Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts: Ein Beitrag zur Standardisierung übertragbarer Güter 9783161520976, 9783161517242

Sachen und die an ihnen bestehenden Rechte, aber auch Wertpapiere sind übertragbare Güter par excellence. Im Sachenrecht

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German Pages 655 [657] Year 2013

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Table of contents :
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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Erster Teil: Einführung und Grundlagen
Kapitel 1: Einführung
Kapitel 2: Grundlagen
A. Typizität als Maß rechtlicher Vereinheitlichung
B. Typizität und benachbarte Grundbegriffe
I. Benachbarte Grundbegriffe
1. Standardisierung
a) Definition
b) Urheber
c) Mittel
d) Intensität
2. Typenfixierung
a) Definition
b) Urheber
c) Mittel
d) Intensität
3. Typenzwang
a) Definition
b) Urheber
c) Mittel
d) Intensität
e) Verstoßfolgen
II. Das Verhältnis der benachbarten Grundbegriffe zueinander und zur Typizität
1. Bezugsobjekt
2. Natur des Aussagegehalts
3. Wechselbeziehungen
a) Typizität und Standardisierung
b) Typizität und Typenfixierung
c) Typizität und Typenzwang
C. Typizität und Typuslehre
I. Die Unterscheidung von Typus und Begriff als Ausgangspunkt der Typuslehre
II. Das Problem der Typengesetzlichkeit im Besonderen
III. Kurze Kritik und Bedeutung der Diskussion für die vorliegende Untersuchung
IV. Zusammenfassung
Zweiter Teil: Sachenrecht
Kapitel 3: Römisches Recht
A. Altrömisches Recht
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
B. Vorklassisches und klassisches Recht
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
C. Nachklassisches Recht
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
D. Die Justinianische Erneuerung
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
Kapitel 4: Die Entwicklung in Deutschland
A. Germanisch-deutsches Recht des Mittelalters
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
4. Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
B. Die Rezeption des römischen Rechts
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast
b) Pfandrecht
c) Näherrechte
3. Treuhand
4. Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
C. Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast
b) Pfandrecht
c) Näherrechte
d) Verdinglichung unbenannter Positionen
3. Treuhand
4. Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
D. Reformen am Vorabend des Bürgerlichen Gesetzbuches
I. Die Ablösungsgesetzgebung
II. Grundbuch und Grundpfandrechte
1. Reformen des Grundbuchwesens im Allgemeinen
2. Formelles und materielles Recht der Grundpfandrechte im Besonderen
III. Zusammenfassung und Würdigung
E. Bürgerliches Gesetzbuch und jüngere Entwicklungen
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
a) Dienstbarkeiten einschließlich Nießbrauch
b) Reallasten
c) Dingliches Vorkaufsrecht
d) Grundpfandrechte
e) Mobiliarpfandrechte
f) Erbbaurecht
g) Anwartschaftsrecht
3. Treuhand
a) Sicherungstreuhand
b) Verwaltungstreuhand
4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
a) Konstruktive Bedeutung von Trennungs- und Abstraktionsprinzip
b) Bedeutung der Publizitätsakte
c) Bedeutung von Formvorschriften
III. Zusammenfassung und Würdigung
F. Das deutsche Sachenrecht unter Nationalsozialismus und Kommunismus und seine Rückkehr zum Modell des BGB
I. Das Sachenrecht unter dem Nationalsozialismus
II. Das Sachenrecht der DDR
III. Zusammenfassung und Würdigung
G. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht
I. Völkerrechtliche Verträge und europäisches Recht
II. Internationales Privatrecht
III. Zusammenfassung und Würdigung
Kapitel 5: Die Entwicklung in Frankreich
A. Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
3. Treuhand
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
B. Revolution und Code civil
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum
2. Beschränkte dingliche Rechte
a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast 156 b) Pfandrecht
c) Numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte? 161
3. Treuhand
4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
3. Drittwirksamkeit
III. Zusammenfassung und Würdigung
C. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht
Kapitel 6: Die Entwicklung in England
A. England bis zum 19. Jahrhundert
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum und Estates
2. Beschränkte dingliche Rechte und funktionsverwandte Institute
a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte
b) Pfandrechte
3. Treuhand
4. Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
B. Reformen in England um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Einführung eines Typenzwangs für legal estates
2. Anfänge der Registrierung von Immobiliarrechten
3. Weitere allgemeine Reformen
4. Reform der Grundpfandrechte
5. Reformen auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten
6. Die floating charge
7. Reformen des Trust
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
C. Jüngste Entwicklungen
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
D. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht.
Kapitel 7: Die Entwicklung in den U. S. A.
A. Autonomes Sachenrecht
I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
1. Eigentum und Estates
2. Beschränkte dingliche Rechte
a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte
b) Kreditsicherheiten
3. Treuhand
4. Verfügungsbeschränkungen
II. Rechtliches Umfeld
1. Prozessrecht
2. Verfügungsgeschäfte
III. Zusammenfassung und Würdigung
B. Völkerrechtliche Verträge sowie Internationales und zwischenstaatliches Privatrecht
Kapitel 8: Ergebnisse und Zusammenhänge
A. Fehlen extremer Lösungen
B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law
C. Begrenztes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte
D. Tendenz zunehmender Typizität
E. Typizität und Publizität
I. Zustandsbezogene Publizität
II. Transaktionsbezogene Publizität
F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen
G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung
I. Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter
II. Erhöhung der Verfügbarkeit möglicher Gegenstände
1. Mobilien
2. Immobilien
III. Wirtschaftliche Entwicklung
H. Zusammenfassung und Prognose
Dritter Teil: Wertpapierrecht
Kapitel 9: Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs
A. Der Wechsel
I. Gemeineuropäische Vorgeschichte
1. Das Wechselgeschäft des Spätmittelalters
2. Die Entstehung des Wechselumlaufs
II. Die Epoche einzelstaatlicher Typisierung
1. Die Entwicklung in Deutschland
a) Partikulare Rechtszersplitterung
b) Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung
c) Die Übernahme durch den Norddeutschen Bund und das Deutsche Reich
d) Zusammenfassung
2. Die Entwicklung in Frankreich
a) Das Wechselrecht der Ordonnance pour le commerce von 1673
b) Das Wechselrecht des Code de commerce von 1807
c) Zusammenfassung
3. Die Entwicklung in England
a) Das Wechselrecht unter der Rechtsprechung
b) Der Bills of Exchange Act von 1882
c) Zusammenfassung
4. Die Entwicklung in den U. S. A.
a) Einzelstaatliche Kodifikation des englischen Common Law
b) Das Uniform Negotiable Instruments Law
c) Der Uniform Commercial Code
d) Zusammenfassung
III. Internationale Wechselrechtsvereinheitlichung und angloamerikanische Abstinenz
1. Die Genfer Wechselrechtsabkommen
2. Angloamerikanische Abstinenz
3. Die UNCITRAL-Konvention von 1988
IV. Zusammenfassung und Würdigung
B. Der Scheck
I. Ursprünge in England
II. Ausbreitung auf dem europäischen Kontinent und in den U. S. A.
III. Einzelstaatliche Kodifikationen
1. Frankreich
2. England
3. Deutschland
IV. Internationale Scheckrechtsvereinheitlichung
1. Die Genfer Scheckrechtsabkommen
2. Das Eurocheque-System
V. Jüngere Entwicklungen
1. Frankreich
2. England
3. Deutschland
4. U.S.A.
VI. Zusammenfassung und Würdigung
Kapitel 10: Wertpapiere des Warenverkehrs
A. Das Konnossement
I. Ursprünge und Hintergründe
II. Erste gesetzliche Regelungen
III. Nationalstaatliche Gesetzgebung
1. Frankreich
a) Die Ordonnance touchant la marine du mois d’août 1681 285
b) Das Seerecht des Code de commerce von 1807
c) Zusammenfassung
2. Deutschland
a) Das Seerecht des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs
b) Das Seerecht des Handelsgesetzbuchs von 1897
c) Zusammenfassung
3. England
4. U.S.A.
IV. Internationale Rechtsvereinheitlichung
1. Die Hague Rules von 1924
2. Die Visby Rules von 1968 und das Protokoll von 1979
3. Die Hamburg Rules von 1978 und die Rotterdam Rules von 2009
V. Zusammenfassung und Würdigung
B. Ladeschein und kombinierter Transport
I. Nationale Regelungen über den Ladeschein
1. Deutschland
2. Frankreich
3. England und die U.S.A.
II. Internationale Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt
III. Die Behandlung des kombinierten Transports
1. Nationale Ebene
2. Internationale Ebene
IV. Zusammenfassung und Würdigung
C. Der Lagerschein
I. Ursprünge in England
II. Heutige Rechtslage
1. England und die U.S.A.
2. Frankreich
3. Deutschland
III. Zusammenfassung und Würdigung
Kapitel 11: Wertpapiere des Kapitalmarkts
A. Die Aktie
I. Historische Ursprünge
1. Das Aufkommen von Aktiengesellschaften und Aktien
2. Die Typizität der ersten Aktien
II. Die Entwicklung in Frankreich
1. Das Jahrhundert vor dem Code de commerce
2. Die erste Regelung im Code de commerce von 1807
3. Vom Konzessions- zum Normativsystem
4. Weitere Ausdifferenzierung durch Praxis und Gesetzgebung
5. Die gesetzliche Zulassung unbenannter Wertpapiere
6. Zusammenfassung
III. Die Entwicklung in England
1. Zögerliche Anfänge im 17. und 18. Jahrhundert
2. Der Weg zur ungehinderten Übertragbarkeit und zum Normativsystem
3. Haftungsbeschränkung und Skepsis gegenüber Vorzugsaktien
4. Ausdifferenzierung der Aktiengattungen und weitere Entwicklung
5. Zusammenfassung
IV. Die Entwicklung in den U.S.A.
1. Vom Konzessions- zum Normativsystem
2. Einzelstaatlicher Rechtswettbewerb und Vereinheitlichungsbestrebungen
3. Shareholder Value-Modell und Debatte um die vertragliche Natur der Corporation
4. Bundesrechtliche Regelungen
5. Geringere Bedeutung der Aktie als Wertpapier
6. Börsenzulassungsregeln
7. Zusammenfassung
V. Die Entwicklung in Deutschland
1. Die Aktie unter dem Konzessionssystem und den ersten gesetzlichen Regelungen
2. Die Änderungen mit Einführung des Normativsystems
3. Das Handelsgesetzbuch und die Mehrstimmrechtsaktien
4. Eigenständige Aktiengesetzgebung
5. Die jüngere Entwicklung
6. Zusammenfassung
VI. Internationalisierung der Aktienmärkte und Rechtsvereinheitlichung
1. Ausländische Aktien im Inland
a) Europa
b) U.S.A.
c) Zusammenfassung
2. Aktienrecht und internationale Rechtsvereinheitlichung
VII. Zusammenfassung und Würdigung
B. Die Schuldverschreibung
I. Ursprünge der Schuldverschreibung als Wertpapier
II. Staatsanleihen
1. England
2. Frankreich
3. Deutschland
4. U.S.A.
5. Zusammenfassung
III. Der Pfandbrief
IV. Herausbildung der klassischen Industrieanleihen
1. Das Vorbild der Staatsanleihen
2. Der Einfluss des Pfandbriefs
3. Genehmigungserfordernis und gesetzliche Vorgaben
a) Deutschland
b) Frankreich
c) England und die U.S.A.
4. Zusammenfassung
V. Zurückdrängung und Auflösung der Typizität
1. Wandel- und Optionsanleihen
2. Schuldverschreibungen mit Gewinnbeteiligung
3. Variabel verzinsliche Schuldverschreibungen
4. Aufgabe des Genehmigungserfordernisses und anderer Beschränkungen
5. Annäherungen an die Aktie von Seiten der Schuldverschreibung
6. Neuere strukturierte Finanzprodukte
a) Inhaltliche Gestaltung
b) Konstruktionsmöglichkeiten
VI. Gegenläufige Erscheinungen
1. Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger
a) England und die U.S.A.
b) Deutschland
c) Frankreich
2. Mittelbar typizitätssteigernde Regulierung
a) Anlagebeschränkungen
b) Risikogewichtung
c) Großkredite und weitere Regulierungen
3. Ausdifferenzierung des Markts
a) Staatsanleihen
b) Pfandbriefe und Covered Bonds
c) Industrieobligationen
d) Bankpapiere
e) Gedeckte Schuldverschreibungen
VII. Zusammenfassung und Würdigung
C. Investmentanteile
I. Gegensätzliche Ausgangspunkte
1. England und die U.S.A.
2. Deutschland
3. Frankreich
4. Zusammenfassung
II. Gesetzliche Erfassung und weitere Entwicklung in den U.S.A.
1. Die Gesetze von 1940
a) Der Investment Company Act
b) Der Investment Advisers Act
2. Weitere Entwicklung in den U.S.A.
a) Immobilienfonds
b) Geldmarktfonds
c) Hedgefonds
d) Anteilsklassen
3. Zusammenfassung
III. Harmonisierung und Liberalisierung in Europa
1. Die gesetzliche Erfassung des Investmentwesens in England
2. Die weitere europäische Entwicklung
a) Immobilienfonds
b) Geldmarktfonds
c) Hedgefonds
d) Anteilsklassen
e) Investmentaktiengesellschaften
3. Zusammenfassung
IV. Die Internationalisierung des Markts für Investmentanteile
1. Traditionelle Abwehrhaltung
2. Innereuropäische Öffnung
V. Zusammenfassung und Würdigung
Kapitel 12: Ergebnisse und Zusammenhänge
A. Stärkere Neigung zu ausgeprägten Positionierungen
B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law
C. Bedeutenderes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte
I. Inhaltliche Beständigkeit der Wertpapiere
II. Tatsächliche Mobilität und mittelbare Einschränkungen
III. Internationale Rechtsvereinheitlichung
D. Gebrochene Tendenz zunehmender Typizität
E. Typizität und Publizität
I. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs
II. Wertpapiere des Kapitalmarkts
F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen
G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung
I. Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter
1. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs
2. Wertpapiere des Kapitalmarkts
II. Zunehmende Begebung von Wertpapieren
1. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs
2. Wertpapiere des Kapitalmarkts
III. Wirtschaftliche Entwicklung
H. Zusammenfassung und Prognose
Vierter Teil: Erklärungsversuche, Bewertung und Ausblick
Kapitel 13: Erklärungsversuche
A. Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle
I. Neoklassische Modellwelt vollständiger Information
1. Grundannahmen
2. Fehlen jeder Erklärungsmöglichkeit
a) Ausklammerung eines eventuellen Zusammenhangs von Typizität und Information
b) Keine ausreichende Erklärung mit bloßen Markterwägungen
II. Property-Rights-Theorie
1. Grundannahmen
2. Fehlende Aussagekraft für die Erklärung von Typizität
III. Transaktionskostenökonomik
1. Grundannahmen
2. Fruchtbarkeit zur Erklärung von Typizität
3. Defizite einer Beschränkung auf Transaktionskosten
IV. Typizität als bloße »verification rule for property rights«
1. Grundannahmen
2. Bedenken gegen diesen Ansatz
a) Wenig überzeugende Ablehnung jeder Bedeutung für die Kommunikation
b) Kein strenger Zusammenhang zwischen Typizität und erleichterter Überprüfbarkeit
B. Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes
I. Qualität der angebotenen Typen
1. Funktionsweise
2. Wirkungen
II. Reduzierung von Informationskosten
1. Funktionsweise
a) Information über die eigene Situation
aa) Information über den Bestand
bb) Information über den Bedarf
b) Information über die Situation Dritter
aa) Information über den Bestand
bb) Information über den Bedarf
2. Wirkungen
a) Information über die eigene Situation
aa) Information über den Bestand als Voraussetzung optimaler Güternutzung
bb) Information über den Bedarf zur Sicherung sinnvoller Austauschgeschäfte
b) Information über die Situation Dritter
aa) Information über den Bestand zum Schutz von Positionen und Erwartungen
bb) Information über den Bedarf zur Zusammenführung von Geschäftspartnern
III. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
1. Funktionsweise
2. Wirkungen
a) Reduzierung des Suchaufwands
b) Verbesserung der Preisbildung.
c) Steigerung der Liquidität
d) Verwirklichung rechtlicher Gleichbehandlung
IV. Missbilligung bestimmter Gestaltungen
C. Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund
I. Sachenrecht, Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs
1. Kreis möglicher Berechtigter
a) Kreis möglicher Berechtigter und Qualität der fixierten Typen
b) Kreis möglicher Berechtigter und Reduzierung von Informationskosten
aa) Information über die eigene Situation
bb) Information über die Situation Dritter
c) Kreis möglicher Berechtigter und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
d) Kreis möglicher Berechtigter und Missbilligung bestimmter Gestaltungen
2. Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere
a) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Qualität der fixierten Typen
b) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Reduzierung von Informationskosten
c) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
d) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Missbilligung bestimmter Gestaltungen
3. Wirtschaftliche Entwicklung
4. Publizität
5. Missbilligung bestimmter Gestaltungen
II. Wertpapiere des Kapitalmarkts
D. Alternativen zur Typizität
I. Alternativen zur Typizität bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts
1. Qualität der gewählten Gestaltungen
2. Reduzierung von Informationskosten
a) Verzicht auf Information
b) Information durch den Emittenten oder Dritte
aa) Information durch den Emittenten
bb) Information durch Dritte
c) Sinkende Grenzkosten
3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
a) Reduzierung des Suchaufwands
b) Verbesserung der Preisbildung
c) Steigerung der Liquidität
II. Beschränkte Verwendung dieser Alternativen bei typisierten Gütern
1. Qualitätssteuerung durch den Markt und durch Anwaltsgutachten
2. Reduzierung von Informationskosten
3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
E. Zusammenfassung
Kapitel 14: Bewertung und Ausblick
A. Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter
I. Vorteile
1. Qualität der angebotenen Typen
2. Reduzierung von Informationskosten
3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
4. Missbilligung bestimmter Gestaltungen
5. Zusammenfassung
II. Nachteile
1. Einschränkung der Privatautonomie
2. Ausschluss gewünschter Gestaltungen
3. Innovationshemmende Wirkung
4. Zusammenfassung
III. Folgerungen
1. Vorrangige Anwendung bei übertragbaren Gütern
a) Übertragbarkeit und Qualität rechtlicher Gestaltungen
b) Übertragbarkeit und Informationskosten
c) Übertragbarkeit und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen
d) Übertragbarkeit, Typizität und Privatautonomie
2. Ausreichendes Angebot verfügbarer Typen
3. Freiräume individueller Gestaltung
4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit
5. Zusammenfassung
B. Typizität im Sachenrecht
I. Sachenrechte als übertragbare Güter
II. Umfassendes Angebot verfügbarer Typen
III. Freiräume individueller Gestaltung
1. Individuelle Gestaltung auf der Ebene einzelner Typen
2. Individuelle Gestaltung in Form schuldrechtlicher Anbindung
IV. Erhaltung der Innovationsfähigkeit
1. Gesetzgeberisches Handeln
2. Innovationsoffenheit der Rechtsprechung
3. Strukturelle Innovationssicherung
V. Zusammenfassung
C. Typizität im Wertpapierrecht
I. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs
1. Übertragbarkeit als Wesensmerkmal dieser Wertpapiere
2. Angebot verfügbarer Typen
3. Freiräume individueller Gestaltung
4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit
5. Zusammenfassung
II. Wertpapiere des Kapitalmarkts
1. Höhere Typizität für auf Übertragung angelegte Kapitalmarktpapiere
2. Nicht abschließendes Angebot typisierter Grundformen
a) Grundidee
b) Ausarbeitung
c) Illustration
d) Abgrenzung
3. Quantitative Beschränkung des Raums individueller Gestaltung?
a) Keine qualitative Beschränkung auf die typisierten Grundformen
b) Grundidee einer quantitativen Beschränkung
c) Weitere Überlegungen
4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit
5. Zusammenfassung
D. Typizität in anderen Rechtsgebieten
I. Schuldverträge
1. Dispositives Recht
2. Herkömmliche Allgemeine Geschäftsbedingungen
3. »Industriestandards« ohne und mit staatlicher Anerkennung
II. Gesellschaftsrecht
III. Rechte des Geistigen Eigentums
IV. Emissionsrechte
E. Zusammenfassung
Fünfter Teil: Ergebnisse
Literatur- und Quellenverzeichnis
Sachregister
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JUS PRIVAT UM Beiträge zum Privatrecht Band 170

Christoph Alexander Kern

Typizität als Strukturprinzip des Privatrechts Ein Beitrag zur Standardisierung übertragbarer Güter

Mohr Siebeck

Christoph Alexander Kern, geboren 1975; Studium der Rechtswissenschaft in Göttingen, Genf (Schweiz) und Freiburg i. Br.; 2004 Promotion; 2006 LL.M. (Harvard); 2011 Habilitation.

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT. e-ISBN PDF 978-3-16-152097-6 ISBN 978-3-16-151724-2 ISSN 0940-9610 (Jus Privatum) Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2013 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen gesetzt und auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2011 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg als schriftliche Habilitationsleistung angenommen. Das Manuskript wurde im Frühjahr 2012 abgeschlossen; wichtige neuere Entwicklungen konnten bis Anfang 2012 noch ergänzt werden. Gegenstand der Arbeit ist die Frage, ob der rechtliche Inhalt übertragbarer privatrechtlicher Rechtsgüter vereinheitlicht sein sollte. Dazu unterzieht die Arbeit zwei Rechtsgebiete, die von übertragbaren Rechtsgütern par excellence handeln, das Sachenrecht und das Wertpapierrecht, einer eingehenden historischen und rechtsvergleichenden Analyse. Auf dem Gebiet des Sachenrechts zeigt sich trotz aller Unterschiede zwischen den Rechtsfamilien und ihren einzelnen Rechtsordnungen eine klare Tendenz hin zu vereinheitlichten Typen bestimmter Rechte. Auf dem deutlich jüngeren Rechtsgebiet des Wertpapierrechts lässt sich bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie den Wertpapieren des Warenverkehrs weltweit eine ganz ähnliche Entwicklung hin zu gesteigerter Typizität beobachten. Nicht in dieselbe Richtung verlief in den letzten Jahrzehnten aber die Entwicklung der Wertpapiere des Kapitalmarkts. Nach Herausbildung der Grundtypen von Aktie, Schuldverschreibung und – später – Investmentanteil ist hier vielmehr eine Auflösung von Typizität zu beobachten. Dieser Befund wirft die Frage auf, warum Sachenrecht und Wertpapierrecht mit Ausnahme der Kapitalmarktpapiere von Typizität geprägt sind, wie sich die Ausnahme der Kapitalmarktpapiere erklärt und ob nicht auch auf diesem Gebiet höhere Typizität wünschenswert wäre. Der sachenrechtliche Aspekt des Themas wurde in den U.S.A. jüngst insbesondere von Hansmann und Kraakman sowie Merrill und Smith heftig diskutiert; in Europa hat Akkermans während der Entstehung dieser Arbeit eine umfangreiche Untersuchung zum numerus clausus vorgelegt. Der wertpapierrechtliche Aspekt und die Gegenüberstellung von Sachenrecht und Wertpapierrecht stehen – soweit ersichtlich – in dieser Form bislang allein. Sie haben durch die derzeitige »Finanzkrise« höchste Aktualität gewonnen. Mein ganz besonderer und herzlicher Dank gilt meinem hochverehrten akademischen Lehrer Professor Dr. Dres. h.c. Rolf Stürner. Er hat das Thema noch vor Beginn der »Finanzkrise« angeregt, das Entstehen der Arbeit während meiner Zeit als akademischer Rat am Institut für deutsches und ausländisches Zivilprozessrecht wohlwollend begleitet und mich auch darüber hinaus stets in großzügigster

VI

Vorwort

Weise gefördert. Großer Dank gebührt des Weiteren Herrn Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Chicago) für die Übernahme des Zweitgutachtens. Zu Dank verpflichtet bin ich auch meinen früheren Kolleginnen und Kollegen am Freiburger Institut, insbesondere Dr. Therese Müller, Dr. Jan Malte von Bargen, LL.M. (U. Mich.), Christian Fix, Barbara Wiechmann und Victoria Marini, die sich zudem um die Korrektur verdient gemacht hat. Schließlich sei dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort für die freundliche Gewährung eines Druckkostenzuschusses und Herrn Dr. Franz-Peter Gillig vom Verlag Mohr Siebeck für die Aufnahme in die Schriftenreihe »Beiträge zum Privatrecht« gedankt. Freiburg, im Juli 2012

Christoph Alexander Kern

Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX

Erster Teil: Einführung und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Kapitel 1: Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

Kapitel 2: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

A. Typizität als Maß rechtlicher Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . B. Typizität und benachbarte Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Typizität und Typuslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 8 27

Zweiter Teil: Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Kapitel 3: Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

A. Altrömisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorklassisches und klassisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Nachklassisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Justinianische Erneuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



36 43 54 62

Kapitel 4: Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

A. Germanisch-deutsches Recht des Mittelalters . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rezeption des römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht . . . . . . . . . . . . . D. Reformen am Vorabend des Bürgerlichen Gesetzbuches . . . . . . . . . E. Bürgerliches Gesetzbuch und jüngere Entwicklungen . . . . . . . . . . F. Das deutsche Sachenrecht unter Nationalsozialismus und Kommunismus und seine Rückkehr zum Modell des BGB . . . . . . . G. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68 81 89 104 111 133 138

VIII

Inhaltsübersicht 

Kapitel 5: Die Entwicklung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A. Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution . . . . . . . . . . . . . 144 B. Revolution und Code civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 C. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Kapitel 6: Die Entwicklung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 A. England bis zum 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Reformen in England um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert . . . C. Jüngste Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

178 195 204 209

Kapitel 7: Die Entwicklung in den U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211

A. Autonomes Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 B. Völkerrechtliche Verträge sowie Internationales und zwischen staatliches Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 Kapitel 8: Ergebnisse und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Fehlen extremer Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law . . . . . . . . . . C. Begrenztes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte . . . . . . D. Tendenz zunehmender Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Typizität und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Zusammenfassung und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



228 230 232 233 235 239 241 251

Dritter Teil: Wertpapierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Kapitel 9: Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs . . . . . . . . . . 254 A. Der Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 B. Der Scheck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 Kapitel 10: Wertpapiere des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Das Konnossement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 B. Ladeschein und kombinierter Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 C. Der Lagerschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301

IX

Inhaltsübersicht 

Kapitel 11: Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 A. Die Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 B. Die Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 C. Investmentanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Kapitel 12: Ergebnisse und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

431

A. Stärkere Neigung zu ausgeprägten Positionierungen . . . . . . . . . . . B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law . . . . . . . . . . C. Bedeutenderes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte . . . . D. Gebrochene Tendenz zunehmender Typizität . . . . . . . . . . . . . . . E. Typizität und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Zusammenfassung und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

431 433 435 437 437 441 443 449



Vierter Teil: Erklärungsversuche, Bewertung und Ausblick . . . . . . 451 Kapitel 13: Erklärungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 A. Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle . . . . . B. Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes . . . . . . . . . . C. Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund . . . . . . . . . . . . . . D. Alternativen zur Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



452 463 483 490 507

Kapitel 14: Bewertung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 A. Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter . . . . . . . . . . . . B. Typizität im Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Typizität im Wertpapierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Typizität in anderen Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



508 518 523 537 543

Fünfter Teil: Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

551

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

607

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIX

Erster Teil: Einführung und Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Kapitel 1: Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

Kapitel 2: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6

A. Typizität als Maß rechtlicher Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . B. Typizität und benachbarte Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Benachbarte Grundbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Urheber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Typenfixierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Urheber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Typenzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Urheber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Intensität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verstoßfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Verhältnis der benachbarten Grundbegriffe zueinander und zur Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bezugsobjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Natur des Aussagegehalts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wechselbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Typizität und Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Typizität und Typenfixierung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Typizität und Typenzwang . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



7 8 9 9 9 9 11 11 12 12 14 15 16 18 18 20 21 22 22



24 24 25 25 25 26 26

XII

Inhaltsverzeichnis

C. Typizität und Typuslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Unterscheidung von Typus und Begriff als Ausgangspunkt der Typuslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das Problem der Typengesetzlichkeit im Besonderen . . . . . . . . III. Kurze Kritik und Bedeutung der Diskussion für die vorliegende Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



27



27 29



30 33

Zweiter Teil: Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Kapitel 3: Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

A. Altrömisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Vorklassisches und klassisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Nachklassisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



36



36 36 38 40 40 40 42 43 43



44 44 46 50 50 50 51 52 53 54



56 56 57 59 59 59 59

XIII

Inhaltsverzeichnis

2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die Justinianische Erneuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .



60 61 62



63 63 63 64 64 64 64 65 65

Kapitel 4: Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

A. Germanisch-deutsches Recht des Mittelalters . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Rezeption des römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast . . . . b) Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Näherrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht . . . . . . . . . . . . .



68



70 70 71 75 75 76 76 77 79 81



82 82 83 83 84 85 86 86 86 86 87 88 89

XIV

Inhaltsverzeichnis

I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast . . . . b) Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Näherrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verdinglichung unbenannter Positionen . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Reformen am Vorabend des Bürgerlichen Gesetzbuches . . . . . . . . . I. Die Ablösungsgesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Grundbuch und Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Reformen des Grundbuchwesens im Allgemeinen . . . . . . . . 2. Formelles und materielles Recht der Grundpfandrechte im Besonderen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Bürgerliches Gesetzbuch und jüngere Entwicklungen . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dienstbarkeiten einschließlich Nießbrauch . . . . . . . . . . b) Reallasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dingliches Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Mobiliarpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Erbbaurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Anwartschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Sicherungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwaltungstreuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Konstruktive Bedeutung von Trennungs- und Abstraktions prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung der Publizitätsakte . . . . . . . . . . . . . . . . .

90 90 92 92 93 94 95 96 96 97 97 97 103 104 104 106 107 108 111 111 112 112 114 116 118 119 119 122 123 124 125 125 127 128 129 129 129 129 130

XV

Inhaltsverzeichnis

c) Bedeutung von Formvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Das deutsche Sachenrecht unter Nationalsozialismus und Kommunismus und seine Rückkehr zum Modell des BGB . . . . . . . I. Das Sachenrecht unter dem Nationalsozialismus . . . . . . . . . . II. Das Sachenrecht der DDR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Völkerrechtliche Verträge und europäisches Recht . . . . . . . . . II. Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

131 131

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138 138 140 143

Kapitel 5: Die Entwicklung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 A. Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Revolution und Code civil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast . . . . b) Pfandrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte? . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Privatautonome Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Drittwirksamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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145 145 147 150 150 150 150 152 153



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XVI

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Kapitel 6: Die Entwicklung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 A. England bis zum 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum und Estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte und funktionsverwandte Institute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . b) Pfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Reformen in England um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung eines Typenzwangs für legal estates . . . . . . . . . 2. Anfänge der Registrierung von Immobiliarrechten . . . . . . . 3. Weitere allgemeine Reformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Reform der Grundpfandrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Reformen auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten . . . . . . . 6. Die floating charge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Reformen des Trust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Jüngste Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XVII

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Kapitel 7: Die Entwicklung in den U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Autonomes Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungs möglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigentum und Estates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beschränkte dingliche Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkte dingliche Nutzungsrechte . . . . . . . . . . . . b) Kreditsicherheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Treuhand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfügungsbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtliches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Prozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfügungsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Völkerrechtliche Verträge sowie Internationales und zwischen staatliches Privatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Kapitel 8: Ergebnisse und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Fehlen extremer Lösungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law . . . . . . . . . . C. Begrenztes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte . . . . . . D. Tendenz zunehmender Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Typizität und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zustandsbezogene Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Transaktionsbezogene Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter . . . . . . . . . . II. Erhöhung der Verfügbarkeit möglicher Gegenstände . . . . . . . . 1. Mobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Immobilien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirtschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Zusammenfassung und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



228 230 232 233 235 236 238 239 241 241 244 244 246 248 251

Dritter Teil: Wertpapierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Kapitel 9: Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs . . . . . . . . . . 254 A. Der Wechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 I. Gemeineuropäische Vorgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Das Wechselgeschäft des Spätmittelalters . . . . . . . . . . . . . 254

XVIII

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2. Die Entstehung des Wechselumlaufs . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Epoche einzelstaatlicher Typisierung . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Partikulare Rechtszersplitterung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung . . . . . . . . . . c) Die Übernahme durch den Norddeutschen Bund und das Deutsche Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entwicklung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Wechselrecht der Ordonnance pour le commerce von 1673 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Wechselrecht des Code de commerce von 1807 . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Entwicklung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Wechselrecht unter der Rechtsprechung . . . . . . . . . b) Der Bills of Exchange Act von 1882 . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Entwicklung in den U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einzelstaatliche Kodifikation des englischen Common Law b) Das Uniform Negotiable Instruments Law . . . . . . . . . . c) Der Uniform Commercial Code . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Internationale Wechselrechtsvereinheitlichung und angloamerikanische Abstinenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Genfer Wechselrechtsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Angloamerikanische Abstinenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die UNCITRAL-Konvention von 1988 . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Scheck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Ausbreitung auf dem europäischen Kontinent und in den U. S. A. . III. Einzelstaatliche Kodifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Internationale Scheckrechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . 1. Die Genfer Scheckrechtsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Eurocheque-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Jüngere Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

257 258 259 259 259 260 261 261 261 262 264 265 265 266 267 267 267 268 268 269 269 269 271 272 272 274 274 275 275 275 276 276 277 277 279 279 280 280 280 280

XIX

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VI. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281

Kapitel 10: Wertpapiere des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 A. Das Konnossement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge und Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Erste gesetzliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Nationalstaatliche Gesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Ordonnance touchant la marine du mois d’août 1681 . . b) Das Seerecht des Code de commerce von 1807 . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Seerecht des Allgemeinen Deutschen Handels gesetzbuchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Das Seerecht des Handelsgesetzbuchs von 1897 . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Internationale Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Hague Rules von 1924 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Visby Rules von 1968 und das Protokoll von 1979 . . . . . 3. Die Hamburg Rules von 1978 und die Rotterdam Rules von 2009 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Ladeschein und kombinierter Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Nationale Regelungen über den Ladeschein . . . . . . . . . . . . . 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. England und die U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Behandlung des kombinierten Transports . . . . . . . . . . . . 1. Nationale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Ebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Lagerschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Heutige Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. England und die U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Kapitel 11: Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 A. Die Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Historische Ursprünge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Aufkommen von Aktiengesellschaften und Aktien . . . . 2. Die Typizität der ersten Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Entwicklung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Jahrhundert vor dem Code de commerce . . . . . . . . . . 2. Die erste Regelung im Code de commerce von 1807 . . . . . . . 3. Vom Konzessions- zum Normativsystem . . . . . . . . . . . . 4. Weitere Ausdifferenzierung durch Praxis und Gesetzgebung . 5. Die gesetzliche Zulassung unbenannter Wertpapiere . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Entwicklung in England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Zögerliche Anfänge im 17. und 18. Jahrhundert . . . . . . . . . 2. Der Weg zur ungehinderten Übertragbarkeit und zum Normativsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haftungsbeschränkung und Skepsis gegenüber Vorzugsaktien 4. Ausdifferenzierung der Aktiengattungen und weitere Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Entwicklung in den U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vom Konzessions- zum Normativsystem . . . . . . . . . . . . 2. Einzelstaatlicher Rechtswettbewerb und Vereinheitlichungs bestrebungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Shareholder Value-Modell und Debatte um die vertragliche Natur der Corporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bundesrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Geringere Bedeutung der Aktie als Wertpapier . . . . . . . . . 6. Börsenzulassungsregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Entwicklung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Aktie unter dem Konzessionssystem und den ersten gesetzlichen Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Änderungen mit Einführung des Normativsystems . . . . 3. Das Handelsgesetzbuch und die Mehrstimmrechtsaktien . . . . 4. Eigenständige Aktiengesetzgebung . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die jüngere Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Internationalisierung der Aktienmärkte und Rechtsverein heitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ausländische Aktien im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307 307 307 309 310 310 312 314 315 317 318 319 319 321 323 325 326 326 326 328 331 332 334 335 336 336 336 340 341 342 344 347 347 347 348

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Inhaltsverzeichnis

b) U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aktienrecht und internationale Rechtsvereinheitlichung . . . . VII. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Ursprünge der Schuldverschreibung als Wertpapier . . . . . . . . . II. Staatsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Pfandbrief . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Herausbildung der klassischen Industrieanleihen . . . . . . . . . . 1. Das Vorbild der Staatsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Einfluss des Pfandbriefs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Genehmigungserfordernis und gesetzliche Vorgaben . . . . . . a) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) England und die U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zurückdrängung und Auflösung der Typizität . . . . . . . . . . . 1. Wandel- und Optionsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schuldverschreibungen mit Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . 3. Variabel verzinsliche Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . 4. Aufgabe des Genehmigungserfordernisses und anderer Beschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Annäherungen an die Aktie von Seiten der Schuld verschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Neuere strukturierte Finanzprodukte . . . . . . . . . . . . . . . a) Inhaltliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Konstruktionsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Gegenläufige Erscheinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger . . . . . . . . a) England und die U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mittelbar typizitätssteigernde Regulierung . . . . . . . . . . . . a) Anlagebeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Risikogewichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Großkredite und weitere Regulierungen . . . . . . . . . . . 3. Ausdifferenzierung des Markts . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Staatsanleihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



350 351 351 352 353 354 354 355 356 357 360 360 361 362 363 363 364 365 367 368 369 369 370 373 375

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b) Pfandbriefe und Covered Bonds . . . . . . . . . . . . . . . . c) Industrieobligationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bankpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gedeckte Schuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . VII. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Investmentanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gegensätzliche Ausgangspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. England und die U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Gesetzliche Erfassung und weitere Entwicklung in den U. S. A. . . 1. Die Gesetze von 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Investment Company Act . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Investment Advisers Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Entwicklung in den U. S. A. . . . . . . . . . . . . . . . . a) Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geldmarktfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hedgefonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anteilsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Harmonisierung und Liberalisierung in Europa . . . . . . . . . . . 1. Die gesetzliche Erfassung des Investmentwesens in England . . 2. Die weitere europäische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . a) Immobilienfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Geldmarktfonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Hedgefonds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anteilsklassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Investmentaktiengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Internationalisierung des Markts für Investmentanteile . . . . 1. Traditionelle Abwehrhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innereuropäische Öffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung und Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Kapitel 12: Ergebnisse und Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Stärkere Neigung zu ausgeprägten Positionierungen . . . . . . . . . . . B. Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law . . . . . . . . . . C. Bedeutenderes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte . . . . I. Inhaltliche Beständigkeit der Wertpapiere . . . . . . . . . . . . . . II. Tatsächliche Mobilität und mittelbare Einschränkungen . . . . . . III. Internationale Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

D. Gebrochene Tendenz zunehmender Typizität . . . . . . . . . . . . . . . E. Typizität und Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Regelmäßigkeiten der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter . . . . . . . . . . 1. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zunehmende Begebung von Wertpapieren . . . . . . . . . . . . . . 1. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wirtschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Zusammenfassung und Prognose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vierter Teil: Erklärungsversuche, Bewertung und Ausblick . . . . 451 Kapitel 13: Erklärungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 452 A. Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle . . . . . I. Neoklassische Modellwelt vollständiger Information . . . . . . . . 1. Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlen jeder Erklärungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausklammerung eines eventuellen Zusammenhangs von Typizität und Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Keine ausreichende Erklärung mit bloßen Markt erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Property-Rights-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fehlende Aussagekraft für die Erklärung von Typizität . . . . . III. Transaktionskostenökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fruchtbarkeit zur Erklärung von Typizität . . . . . . . . . . . . 3. Defizite einer Beschränkung auf Transaktionskosten . . . . . . IV. Typizität als bloße »verification rule for property rights« . . . . . 1. Grundannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bedenken gegen diesen Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wenig überzeugende Ablehnung jeder Bedeutung für die Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



452 452 452 453

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XXIV

Inhaltsverzeichnis

b) Kein strenger Zusammenhang zwischen Typizität und erleichterter Überprüfbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . B. Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes . . . . . . . . . . I. Qualität der angebotenen Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Information über die eigene Situation . . . . . . . . . . . . . aa) Information über den Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Information über den Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Information über die Situation Dritter . . . . . . . . . . . . aa) Information über den Bestand . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Information über den Bedarf . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Information über die eigene Situation . . . . . . . . . . . . . aa) bb)





Information über den Bestand als Voraussetzung optimaler Güternutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Information über den Bedarf zur Sicherung sinnvoller Austauschgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

461 463 465 465 466 467 467 467 468 470 472 472 475 476 476 476

476 b) Information über die Situation Dritter . . . . . . . . . . . . 477

aa) bb)

Information über den Bestand zum Schutz von Positionen und Erwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Information über den Bedarf zur Zusammenführung von Geschäftspartnern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . 1. Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Reduzierung des Suchaufwands . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbesserung der Preisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Steigerung der Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verwirklichung rechtlicher Gleichbehandlung . . . . . . . . IV. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . C. Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrecht, Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kreis möglicher Berechtigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kreis möglicher Berechtigter und Qualität der fixierten Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kreis möglicher Berechtigter und Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Information über die eigene Situation . . . . . . . . . . . . . bb) Information über die Situation Dritter . . . . . . . . . . . .



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Inhaltsverzeichnis

c) Kreis möglicher Berechtigter und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kreis möglicher Berechtigter und Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere . . a) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Qualität der fixierten Typen . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . c) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . d) Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . 3. Wirtschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Publizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Alternativen zur Typizität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Alternativen zur Typizität bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualität der gewählten Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . a) Verzicht auf Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Information durch den Emittenten oder Dritte . . . . . . . . aa) Information durch den Emittenten . . . . . . . . . . . . . . bb) Information durch Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sinkende Grenzkosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . a) Reduzierung des Suchaufwands . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verbesserung der Preisbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Steigerung der Liquidität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Beschränkte Verwendung dieser Alternativen bei typisierten Gütern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Qualitätssteuerung durch den Markt und durch Anwaltsgutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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488 488 489 489 490 490



491 491 493 493 495 495 496 499 500 500 501 501

504

504 505 505 507

Kapitel 14: Bewertung und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508 A. Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter . . . . . . . . . . . . 508 I. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 508

XXVI

Inhaltsverzeichnis

1. Qualität der angebotenen Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reduzierung von Informationskosten . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . 4. Missbilligung bestimmter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einschränkung der Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss gewünschter Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . 3. Innovationshemmende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Folgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorrangige Anwendung bei übertragbaren Gütern . . . . . . . a) Übertragbarkeit und Qualität rechtlicher Gestaltungen . . . b) Übertragbarkeit und Informationskosten . . . . . . . . . . . c) Übertragbarkeit und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Übertragbarkeit, Typizität und Privatautonomie . . . . . . . 2. Ausreichendes Angebot verfügbarer Typen . . . . . . . . . . . . 3. Freiräume individueller Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Typizität im Sachenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachenrechte als übertragbare Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Umfassendes Angebot verfügbarer Typen . . . . . . . . . . . . . . III. Freiräume individueller Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Individuelle Gestaltung auf der Ebene einzelner Typen . . . . . 2. Individuelle Gestaltung in Form schuldrechtlicher Anbindung IV. Erhaltung der Innovationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Gesetzgeberisches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Innovationsoffenheit der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . 3. Strukturelle Innovationssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Typizität im Wertpapierrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übertragbarkeit als Wesensmerkmal dieser Wertpapiere . . . . 2. Angebot verfügbarer Typen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Freiräume individueller Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Wertpapiere des Kapitalmarkts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Höhere Typizität für auf Übertragung angelegte Kapitalmarktpapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhaltsverzeichnis

XXVII

2. Nicht abschließendes Angebot typisierter Grundformen . . . . a) Grundidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ausarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Illustration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Quantitative Beschränkung des Raums individueller Gestaltung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine qualitative Beschränkung auf die typisierten Grundformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Grundidee einer quantitativen Beschränkung . . . . . . . . c) Weitere Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Erhaltung der Innovationsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Typizität in anderen Rechtsgebieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schuldverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dispositives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Herkömmliche Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . 3. »Industriestandards« ohne und mit staatlicher Anerkennung . II. Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechte des Geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Emissionsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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Fünfter Teil: Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 Literatur- und Quellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

607

Abkürzungsverzeichnis A. Atlantic Reporter A.2d Atlantic Reporter, Second Series a. A. anderer Ansicht a.a.O. am angegebenen Ort ABA American Bar Association ABl. Amtsblatt Abh. Abhandlung A. C. The Law Reports, Appeal Cases Acct. Rev. Accounting Review AcP Archiv für die civilistische Praxis ADHGB Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch ADWO Allgemeine Deutsche Wechselordnung ADR American Depositary Receipt a. E. am Ende AfP Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht AG Aktiengesellschaft AHB Allgemeine Haftpflichtbedingungen AIFM Alternative Investment Fund Manager AKB Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung AktG Aktiengesetz AKV Auslandskassenverein Ala. Alabama Ala. L. Rev. Alabama Law Review All E. R. All England Law Reports Am. Bankr. Inst. J. American Bankruptcy Institute Journal Am. Econ. Rev. American Economic Review AMF Autorité des marchés financiers Am. Hist. Rev. American Historical Review Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Am. J. Legal Hist. American Journal of Legal History Am. Jur. 2d American Jurisprudence, Second Edition Am. L. Rev. American Law Review Am. U. L. Rev. American University Law Review A. N. Assemblée Nationale Anh. Anhang Ann. fr. de droit int. Annuaire français de droit international Ann. Rev. Banking L. Annual Review of Banking Law App. Appendix APuZ Aus Politik und Zeitgeschichte (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament)

XXX Arch. f. bügerl. R. Arch. giur. Ariz. Atk. Aufl. Ausg. AuslInvG Bad. L. R. BAFin Banking L. J. BAnz. Barb. BB B. C. C. Bearb. Begr. Beil. Beitr. z. Erl. d. dt. R. ber. BGB BGBl. BGH BGHZ

Abkürzungsverzeichnis

Archiv für bürgerliches Recht Archivio giuridico »Filippo Serafini« Arizona Atkyn’s Reports Auflage Ausgabe Auslandsinvestmentgesetz

Badisches Landrecht Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Banking Law Journal Bundesanzeiger Barbour’s New York Supreme Court Reports Betriebs-Berater British Company Cases Bearbeitung Begründer Beilage Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts bereinigt Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BIDR Bullettino dell’Istituto di Diritto Romano, Nuova serie »Vittorio Scaloja« BinSchG Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt vom 15. Juni 1895 (Binnenschifffahrtsgesetz) BIS Bank for International Settlements BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Bland Ch. (Md.) Bland’s Maryland Chancery Reports Bl.  f. Rechtsanw. Blätter für Rechtsanwendung, zunächst in Bayern BlVerglR. Blätter für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre BPR Butterworths Property Reports BR-Drucks. Bundesrats-Drucksache Bro.C. C. Brown’s Chancery Reports Brook. J. Corp. Fin. Brooklyn Journal of Corporate Finance and Commercial Law   & Com. L. BT-Drucks. Bundestags-Drucksache Bull. Bulletin Bulst. Bulstrode Bus. Law. Business Lawyer BuW Betrieb und Wirtschaft BVerfG Bundesverfassungsgericht BWNotZ Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWpVerwG Bundeswertpapierverwaltungsgesetz bzw. beziehungsweise

Abkürzungsverzeichnis

c. C. C. A. Calif. L. Rev. Cap. Cardozo L. Rev. Cass. civ. 1ère Cass. com. Cass. crim. Cass. req. C. C. D. Me. C. C. M. CDS CESR Ch. Ch. (D.) Ch.App. Chi.-Kent L. Rev. Chron. CIM

XXXI

Chapter Codex Iustinianus Court of Appeal California Law Review Capitulum Cardozo Law Review Cour de cassation, première chambre civile Cour de cassation, chambre commerciale Cour de cassation, chambre criminelle Cour de cassation, chambre des requêtes Circuit Court, District of Maine Corpus Constitutionum Marchicarum Credit Default Swap Committee of European Securities Regulators Chapter The Law Reports, Chancery Division The Law Reports, Chancery Appeals Chicago-Kent Law Review Chronique Règles uniformes concernant le contrat de transport international ferroviaire des marchandises Cl. & Fin. Clark & Finelly C. L. J. Cambridge Law Journal Clunet Journal du droit international, fondé en 1874 par Édouard Clunet CMI Comité Maritime International Cmnd. Parliamentary procedure Command Paper CMNI Convention de Budapest relative au contrat de transport de marchandises en navigation intérieure CMR Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route cmt. Comment Co. Company COB Commission des opérations de bourse Colo. Colorado Colo. Rev. Stat. Colorado Revised Statutes Colum J. Transnat’l L. Columbia Journal of Transnational Law Colum. L. Rev. Columbia Law Review Comp. Law. Company Lawyer Conn. Connecticut Cont. Continuatio Conv. Conveyancer and Property Lawyer Cornell L. Rev. Cornell Law Review Corp. Corporation COTIF Convention relative aux transports internationaux ferroviaires C. P. Court of Common Pleas C. P. D. Common Pleas Division C. R. Compte Rendu CT Codex Theodosianus

XXXII D. DAJV-NL DB DCFR DDR Dec. De G. F. & J. Del. C. DepotG ders. DGWR D. H. DJT DJZ D. Me. DNotZ DNP doctr. D. P. DR Drew. & Sm. DRW DStR Duke L. J. DüngMSaatG

Abkürzungsverzeichnis

DZWir

Digesten Dalloz bzw. Dalloz-Sirey (Recueil) Deutsch-Amerikanische Juristenvereinigung – Newsletter Der Betrieb Draft Common Frame of Reference Deutsche Demokratische Republik December De Gex, Fisher and Jones’ Chancery Reports Delaware Code Depotgesetz derselbe Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht Dalloz Recueil Hebdomadaire de Jurisprudence Deutscher Juristentag Deutsche Juristen-Zeitung District of Maine Deutsche Notar-Zeitschrift Der Neue Pauly doctrine Dalloz Périodique Deutsches Recht Drewey & Smale’s Chancery Reports tempore Kindersley Deutsche Rechtswissenschaft Deutsches Steuerrecht Duke Law Journal Gesetz zur Sicherung der Düngemittel und Saatgutversorgung vom 19. Januar 1949 Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht

ebd. EBK éd. C Edin. L. R. EDR EE EG EGBGB El. & Bl. Emory L. J. Eng. Rep. Eq. ErbbauRG ErbbauVO Europ. Rev. Priv. L. EWG EWHC (Ch) Ex.D. ex p.

ebendort Eidgenössische Bankenkommission édition Commerce Edinburgh Law Review European Depositary Receipt Egers Eisenbahnrechtliche Entscheidungen Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Ellis and Blackburn Emory Law Journal English Reporter Equity Cases Erbbaurechtsgesetz Erbbauverordnung European Review of Private Law Europäische Wirtschaftsgemeinschaft England & Wales High Court (Chancery Division) The Law Reports, Exchequer Division ex parte

Abkürzungsverzeichnis

f. Fasc. F. A. Z. Fed. Res. Bull. ff. FIATA Fin. Analysts J. Fin. Services Rev. Fordham J. Corp.   & Fin. L. FSA F.Supp. Ga. Gai. Gaz. Pal. GDR GDV gem. Geo. Geo. L. J. Geo. Mason U. L.   Rev. GewO ggf. GmbHG GPR Gratt. grds. Gruchot GRUR GSB GSEs GVBl. HansRGZ Harv. Bus. Rev. Harv. J. L. & Pub.   Pol’y Harv. L. Rev. HBG Herm. Hert. L. J. HessAGBGB HGB H. L. Hous. J. Int’l L.

XXXIII

folgende Fascicule Frankfurter Allgemeine Zeitung Federal Reserve Bulletin folgende (Pl.) Fédération Internationale des Associations de Transitaires et Assimilés Financial Analysts Journal Financial Services Review Fordham Journal of Corporate and Financial Law Financial Services Authority Federal Supplement Georgia Gai institutiones Gazette du Palais Global Depositary Receipt Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. gemäß George Georgetown Law Journal George Mason University Law Review Gewerbeordnung gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Grattan’s Virginia Supreme Court Reports grundsätzlich Beiträge zur Erläuterung des deutschen Rechts, herausgegeben von J. A. Gruchot Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen Government Sponsored Entities Gesetz- und Verordnungsblatt Hanseatische Rechts- und Gerichts-Zeitschrift Harvard Business Review Harvard Journal of Law and Public Policy Harvard Law Review Hypothekenbankgesetz Hermogenianus Hertfordshire Law Journal Hessisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Handelsgesetzbuch House of Lords Houston Journal of International Law

XXXIV

Abkürzungsverzeichnis

HRG HUD Hurl. & C.

Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte U. S. Department of Housing and Urban Development Hurlstone and Coltman

ICA I. C. C. L. R. I. C. L. Q. id. i.  d.  F. I & F Ill. Ill. L. Rev. IMF Ind. L. Rev. InsO Inst. InsVV Int’l Bus. Law. Int. Enc. Comp. L. Int’l Fin. L. Rev. Int’l Hist. Rev. Int’l L. Q. Int’l Rev. Fin.   Analysis Int’l Rev. L. Econ. InvG Iowa L. Rev. IPRax IRZ ISDA IStR i. V. m.

Investment Company Act International Company and Commercial Law Review International and Comparative Law Quarterly idem in der Fassung Immobilien & Finanzierung. Der Langfristige Kredit Illinois (Reporter) Illinois Law Review International Monetary Fund Indiana Law Review Insolvenzordnung Iustiniani Institutiones Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung International Business Lawyer International Encyclopedia of Comparative Law International Financial Law Review International History Review International Law Quarterly International Review of Financial Analysis

J. JA Jahrb. f. Nat.-Ök.   u. Stat. J. B. L. J. Bus. & Sec. L. J. Bus. & Tech. L. J. Corp. L. JCP J. Econ. Beh. Org. J. Econ. Hist. JEI J. Econ. Lit. J. Finance J. Fin. Econ.

International Review of Law and Economics Investmentgesetz Iowa Law Review Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung International Swaps and Derivatives Association, Inc. Internationales Steuerrecht in Verbindung mit Jurisprudence Judge, Justice Juristische Arbeitsblätter Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik Journal of Business Law Journal of Business and Securities Law Journal of Business and Technology Law Journal of Corporation Law Juris-Classeur Périodique – La semaine juridique Journal of Economic Behavior and Organization Journal of Economic History Journal of Economic Issues Journal of Economic Literature Journal of Finance Journal of Financial Economics

Abkürzungsverzeichnis

J. Fin. & Quant.   Analysis J. Fin. Reg. &   Compliance J. Fin. Services Res. J. Fin. Transform. Jherings Jahrb.

XXXV

Journal of Financial and Quantitative Analysis Journal of Financial Regulation and Compliance

Journal of Financial Services Research Journal of Financial Transformation Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts J.I.B.L. Journal of International Banking Law (bis 2002; jetzt J.I.B.L.R.) J.I.B.L.R. Journal of International Banking Law and Regulation J. L. & Econ. Journal of Law and Economics J. Legal Affairs & Journal of Legal Affairs and Dispute Resolution in Engineering and   Dispute Resolution Construction   Eng. Constr. J. Legal Stud. Journal of Legal Studies J. Mar. L. & Comm. Journal of Maritime Law and Commerce J.O. Journal officiel de la République Franc˛  aise J. Pol. Econ. Journal of Political Economy J. Soc. Comp. Leg. Journal of the Society of Comparative Legislation JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung KAGG Kans. Kap. K. B. KGaA KonTraG KritV KTS KWG Ky. L La. Law & Contemp.   Probs. Law & Hist. Rev. LCA 1925 Leo Baeck Inst. Yb. Lib. li.Sp. L. J. LM L. M. C. L. Q. Loy. Consumer   L. Rev. Loy. L. Rev.

Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kansas Kapitel King’s Bench Division Kommanditgesellschaft auf Aktien Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft Zeitschrift für Insolvenzrecht Kreditwesengesetz Kentucky Loi Louisiana Law and Contemporary Problems Law and History Review Land Charges Act 1925 (c. 22) Leo Baeck Institute Yearbook Liber linke Spalte Lord Justice Lindenmaier-Möhring Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly Loyola Consumer Law Review Loyola Law Review

XXXVI

Abkürzungsverzeichnis

LPA 1925 LPG L. Q. R. L. R. LRA 1925 LRA 2002 LRPG 19 L. S. Ltd., Ld. LuftFzgG

Law of Property Act 1925 (c. 20) Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft The Law Quarterly Review The Law Reports Land Registration Act 1925 (c. 21) Land Registration Act 2002 (c. 9) Land Registry Practice Guide 19, Nov. 2008 Legal Studies Limited Gesetz über die Rechte an Luftfahrzeugen

Maastricht J. Eur.   Comp. L. Mass. Mass. App. Ct. MBS Md. L. Rev. m.Fn. Mich. L. Rev. Minn. Miss. L. J. MittBayNot

Maastricht Journal of European and Comparative Law

m.Nw. Mo. Mod. L. R. M. R. m.Sp. MTN m. w. N. m.W.v. My. & K. nachf. NASDAQ Nat. Resources J. NAV N. C. N. C. C. N. C. C. U. S. L. N. C. J. Int’l L. &   Com. Reg. N. D. N. E. N. E.2d Nebr. Nebr. L. Rev. Nev.

Massachusetts Appeals Court of Massachusetts Mortgage Backed Securities Maryland Law Review mit Fußnote Michigan Law Review Minnesota (Reports) Mississippi Law Journal Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins, der Notarkasse und der Landesnotarkammer Bayern mit Nachweisen Missouri Modern Law Review Master of the Rolls mittlere Spalte medium term note mit weiteren Nachweisen mit Wirkung vom Mylne and Keen’s Chancery Reports 1832–5 nachfolgende National Association of Securities Dealers Automated Quotations Natural Resources Journal Net Asset Value North Carolina Novum Corpus Constitutionum Prussico-Brandenburgensium Praecipue Marchicarum National Conference of Commissioners on Uniform State Laws North Carolina Journal of International Law and Commercial Regulation North Dakota Northeastern Reporter Northeastern Reporter, Second Series Nebraska Nebraska Law Review Nevada

Abkürzungsverzeichnis

XXXVII

New Eng. L. Rev. N. F. N. H. NJ N. J. N. J. L. N. J. Super. NJW N. M. No. n° Notre Dame L. Nov. N. S., n.s. NVwZ N. W. N. W.2d Nw. J. Int’l L. & Bus. Nw. U. L. Rev. N. Y. NYSE N. Y. U. L. Rev. NZG

New England Law Review Neue Folge New Hampshire Neue Justiz New Jersey New Jersey Law Reports New Jersey Superior Court Neue Juristische Wochenschrift New Mexico Numero numéro Notre Dame Lawyer November New Series, nouvelle série Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht North Western Reporter North Western Reporter, Second Series Northwestern Journal of International Law and Business Northwestern University Law Review New York Reports New York Stock Exchange New York University Law Review Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht

obs. OGAW OLSchVO OPCVM

observations Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren Orderlagerscheineverordnung Organismes de placement collectif en valeurs mobilières

P. P.2d Pa. Pa. Cons. Stat. Pap. Papers & Proc. para(s). PIABA B. J. Pick. Pl. PLI/Comm

Pacific Reporter Probate Division Pacific Reporter, Second Series Pennsylvania Pennsylvania Statutes and Consolidated Statutes Aemilius Papinianus Papers and Proceedings paragraph(s) Public Investors Arbitration Bar Association Bar Journal Pickering’s Massachusetts Reports Plural Practising Law Institute, Commercial Law and Practice Course Handbook Series Plinius der Ältere, Naturalis historia Sextus Pomponius principium Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Preußisches Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerech-

Plin. nat. Pomp. pr. PrALR Preuß. EEG

XXXVIII

Abkürzungsverzeichnis

Preuß. EG PrObTr Publ. L.

tigkeiten vom 5. Mai 1872, Gesetz-Sammlung 1872, S.  433 ff. (»Eigentumserwerbsgesetz«) Preußisches Eisenbahngesetz Entscheidungen des (preußischen) Königlichen Ober-Tribunals Public Law

Q. B.(D.) Q. J. Econ.

The Law Reports, Queen’s Bench Division Quarterly Journal of Economics

RabelsZ

Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Real Property, Probate and Trust Journal

Real Prop. Prob. &   Tr. J. rectif. Reg. Reg.Bl. RegE REIT REITG

Rn. ROHG R. R. Rub. Russ.

rectificatif Regulation Regierungsblatt Regierungsentwurf Real Estate Investment Trust Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen Repertorium rechte Spalte Revue critique de droit international privé Revue critique de droit international Revue critique de législation et de jurisprudence Revue économique Revue des sociétés Revue trimestrielle de droit civil Revue trimestrielle de droit commercial et de droit économique Revue française d’économie Rhode Island Revue Internationale de Droit Comparé Revue Internationale de Droit Économique Rivista di Diritto Civile Recht der Internationalen Wirtschaft Reichsgericht Reichsgesetzblatt Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer(n) Reichsoberhandelsgericht Railroad Rubrica Russell’s Chancery Reports, tempore Eldon

S. s.

Seite(n) Sirey (Recueil) siehe section(s)

Rep. re.Sp. Rev. crit. DIP Rev. crit. dr. int. Rev. crit. lég. jur. Rev. écon. Rev. soc. Rev. trim. dr. civ. Rev. trim. dr. com. RFE R. I. RIDC RIDE Riv. Dir. Civ. RIW RG RGBl. RGZ

Abkürzungsverzeichnis

XXXIX

s. a. SavZ (RA)

siehe auch Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abtheilung SavZ (GA) Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abtheilung S.  Cal. Interdisc. L. J. Southern California Interdisciplinary Law Journal S.  Cal. L. Rev. Southern California Law Review Sch. Schedule ScheckG Scheckgesetz SchVG Schuldverschreibungsgesetz S. D. N. Y. Southern District of New York SDR Special Drawing Right S. E. South Eastern Reporter S. E.2d South Eastern Reporter, Second Series SEC Securities and Exchange Commission SeuffA Seufferts Archiv S. I. Statutory Instrument SICAV société d’investissement à capital variable SIIC société d’investissements immobiliers cotée SMU L. Rev. Southern Methodist University Law Review SolvV Solvabilitätsverordnung Sp. Spalte sr. Senior Stan. L. Rev. Stanford Law Review Stat. Statute Sten. Ber. Stenographische Berichte Stockt. Stockton’s New Jersey Equity Reports S. W. South Western Reporter S. W.2d South Western Reporter, Second Series SZ Süddeutsche Zeitung Tax L. Rev. Temple L. Q. Tex. Tex. L. Rev. TIA Tit. TLATA 1996 Touro Int’l L. Rev. TR Transnat’l L. &   Contemp. Probs. TRG T. R. TranspR Tz.

Tax Law Review Temple Law Quarterly Texas Texas Law Review Trust Indenture Act Titel, Titulus Trust of Land and Appointment of Trustees Act 1996 Touro International Law Review Tijdschrift voor rechtsgeschiedenis = The Legal History Review Transnational Law and Contemporary Problems Transportrechtsreformgesetz Term Reports Transportrecht Textziffer

u. U. C. C.

und Uniform Commercial Code

XL

Abkürzungsverzeichnis

U. Chi. L. Rev. U. Cin. L. Rev. UCLA L. Rev. UCP U. Ill. L. Rev. UKlaG Ulp. Ulp. ep. U. Miami L. Rev. UNCITRAL UNCTAD U. N. I. L. U. Pa. J. Bus. L. U. Pa. J. Int’l Bus. L. U. Pa. L. Rev. U. S. U. S. A. U. S. C.

University of Chicago Law Review University of Cincinnati Law Review University of California Law Review ICC Uniform Customs and Practice for Documentary Credits University of Illinois Law Review Unterlassungsklagengesetz Domitius Ulpianus Epitome Ulpiani University of Miami Law Review United Nations Commission on Uniform Trade Laws United Nations Conference on Trade and Development Uniform Negotiable Instruments Law University of Pennsylvania Journal of Business Law University of Pennsylvania Journal of International Business Law University of Pennsylvania Law Review United States United States Supreme Court Reports United States of America United States Code

v. Va. Va. L. Rev. Va. Tax Rev. VAG Vand. L. Rev. Vand. J. Transnat’l L. Vat. v. Chr. Vern. Ves. Jun. vgl. Vill. L. Rev. Vol. VSWG Vt. VW

versus Virginia (Reports) Virginia Law Review Virginia Tax Review Versicherungsaufsichtsgesetz Vanderbilt Law Review Vanderbilt Journal of Transnational Law Fragmenta Vaticana vor Christi Geburt Vernon’s Chancery Reports Vesey Juniors Chancery Reports vergleiche Villanova Law Review Volume Vierteljahresschrift für Social- und Wirtschaftsgeschichte Vermont (Reports) Versicherungswirtschaft

Wash. Wash. App. Wash. L. Rev. Wash. U. L. Q. WEG WG WiB WiGBl. Wis. W. L. R. WM

Washington Court of Appeals of Washington Washington Law Review Washington University Law Quarterly Wohnungseigentumsgesetz Wechselgesetz Wirtschaftsrechtliche Beratung Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes Wisconsin The Weekly Law Reports Wertpapier-Mitteilungen

Abkürzungsverzeichnis

Wm. Mitchell L. Rev. W. N. WpHG WpPG WürttAGBGB W.Va.

XLI

William Mitchell Law Review Weekly Notes Wertpapierhandelsgesetz Wertpapierprospektgesetz Württembergisches Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch West Virginia

Yale J. on Reg. Yale L. J. Y. B. 33–35 Edw. 1   (R. S.)

Yale Journal on Regulation Yale Law Journal Year Books of the Reign of King Edward the First, Michaelmas Term, Year XXXIII, and Years XXXIV and XXXV, Rolls Series, edited and translated by Alfred J. Horwood, London 1879

ZAkDR z. B. ZBB ZBJV Zeitschr. f. dt. Recht   u. dt. Rechtswiss. ZEuP ZEV ZfB zfbf ZfgK ZfRV ZGB-DDR ZGR ZgS ZHR ZIP zit. ZNR ZRP ZSR z. T. ZVG ZVglRWiss ZZPInt

Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift des Bernischen Juristenvereins Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Betriebswirtschaft Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch der DDR Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift für Handelsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zitiert Zeitschrift für Neuere Rechtsgeschichte Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Schweizerisches Recht zum Teil Zwangsversteigerungsgesetz Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess International

Erster Teil

Einführung und Grundlagen

Kapitel 1

Einführung Um die Jahrtausendwende schien im deutschen Sachenrecht die Welt noch in Ordnung. Wer – etwa angesichts der zunehmenden Aktivität des europäischen Gesetzgebers auf dem Gebiet des Schuldrechts – überhaupt den Blick in die Zukunft richtete, erkannte selbst am Horizont meist keinerlei Anzeichen für bevorstehende Veränderungen. Das Sachenrecht, das sich im Wesentlichen nur mit den jeweiligen rechtlichen Eigenschaften einer geschlossenen Zahl möglicher Sachenrechtstypen sowie deren Begründung, Übertragung und Aufhebung befasste, die Impulse für solche Bewegungen aber regelmäßig aus dem im Fokus der Reformen stehenden Schuldrecht erhielt, schien umso mehr wie ein Fels in der Brandung zu stehen, als frühere Harmonisierungsversuche auf dem Gebiet der Grundpfandrechte nach verbreiteter Meinung endgültig gescheitert waren  . Dem aufmerksamen, auch rechtshistorisch und rechtsvergleichend informierten Beobachter deutete sich indes bereits an, dass dieser Schein trügen könnte. Während für den »dynamischen« Bereich des Sachenrechts, also dessen Regeln über eine Änderung der Rechtszuständigkeit, ein grundlegender Paradigmenwechsel in Gestalt der Aufgabe des – selbst in Deutschland immer wieder und gerade auch von Seiten der Rechtsvergleichung angegriffenen – Abstraktionsprinzips nicht mehr außerhalb jeder Vorstellung lag , war für den »statischen«, mit den einzelnen Typen und deren Inhalt befassten Bereich des Sachenrechts eine vergleichbar grundsätzliche Diskussion allerdings nicht einmal im Ansatz zu ahnen. Vorstellbar waren Reformen auf der Ebene der einzelnen Typen, wie insbesondere eine Neuordnung des Rechts der Mobiliarsicherheiten und die Einführung einer »Eurohypothek« , allenfalls noch die Anerkennung weitergehender dinglicher Wir   Vorläufiger Höhepunkt war sicher die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter. Diese gab in Deutschland nicht nur den Anstoß zur seit langem versuchten Reform des Schuldrechts, sondern führte auch zur Integration zahlreicher anderer Materien, die auf europäischem Richtlinienrecht beruhten, in das BGB (Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001, BGBl.  I, S.  3138). S. weiter Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn.  49 m.Nw.    Dazu näher unten Kapitel 4 G I.    Stürner, JZ 1996, 741, 747; weiter die umfassende Untersuchung von Astrid Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion (1996), die durchaus insgesamt als Plädoyer für das Abstraktionsprinzip gelten kann (explizit S.  742); s. a. die Kontroverse zwischen Wacke, ZEuP 2000, 254–262 und Wieling, ZEuP 2001, 301–307.    Stürner, JZ 1996, 741, 746 f.    Stürner, JZ 1996, 741, 745 f.

Kapitel 1:  Einführung



kungen einer Treuhand . Dass jedoch die Festlegung auf eine geschlossene Zahl möglicher Sachenrechtstypen insgesamt in Frage gestellt werden könnte, war mitnichten zu erwarten. Inzwischen hat nicht nur die Arbeit an dem Gemeinsamen Referenzrahmen für ein europäisches Zivilgesetzbuch, welcher tatsächlich dem Abstraktionsprinzip eine Absage erteilen , das Recht der Mobiliarsicherheiten nach U. S.-amerikanischem Vorbild neu regeln und eine Treuhand mit dinglichen Wirkungen einführen10 will, die frühen Vorahnungen bestätigt. Vielmehr sieht sich mit dem Typenzwang oder numerus clausus dinglicher Rechte ein weiteres sachenrechtliches Grundprinzip, das im Gegensatz zum Abstraktionsprinzip keineswegs nur das deutsche Sachenrecht prägt, einer grundsätzlichen Diskussion ausgesetzt. Auslöser dieser Diskussion ist hier denn auch nicht etwa ein Rechtsvergleich, der europäische Harmonisierung oder Vereinheitlichung vorbereiten soll, oder gar ein auf dieser Grundlage erstellter Normenvorschlag im Gemeinsamen Referenzrahmen11. Vielmehr sind es Autoren der Ökonomischen Analyse des Rechts, die nunmehr auch das Sachenrecht entdeckt12 und – ausgehend von dem Gedanken, dass eine marktmäßige Steuerung individueller Gestaltung effizienter sei als vereinheitlichende Vorgaben – Zweifel an der Effizienz feststehender Typen angemeldet oder zumindest zum Ausgangspunkt ihrer Überlegungen gemacht haben13 . Eine Auseinandersetzung mit diesen Zweifeln ist gewiss auch unter Beschränkung auf das Sachenrecht und sachenrechtliche Typizität im Sinne eines numerus clausus möglich14 . Allerdings engen sowohl die Beschränkung auf das Sachenrecht als auch die Beschränkung auf das Prinzip eines numerus clausus die Auseinandersetzung doch stark ein. Zum einen sind Inhalt und Bewegung von Wirtschaftsgütern nicht mehr nur eine Domäne des Sachenrechts. Dies mag zu einer Zeit der Fall gewesen sein, als die größten Werte in Immobiliarvermögen verkörpert waren, die Aufmerksamkeit von Praxis und Wissenschaft daher besonders dem Inhalt und der Zuordnung immobiliarrechtlicher Positionen galt und es so bewusst oder unbewusst zur Heraus   S. aus jüngerer Zeit z. B. Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 49 f.; Kötz, Trust und Treuhand, S.  166 f., 170; vgl. auch Stürner, KTS 2004, 259, 274.    S. aber im Jahre 1987 schon Weigand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 624 ff.    VIII. – 2:101, 2:201(1) Draft Common Frame of Reference (DCFR); dazu Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  146 f. (S.  966 f.); Stadler, JZ 2010, 380, 385–388.    Book IX DCFR; dazu z. B. Heese, KTS 2010, 405, 408. 10   X. – 1:202, 10:101(1) DCFR. 11   Zu Spezialität, numerus clausus und Typenzwang im Gemeinsamen Referenzrahmen wiederum Stadler, JZ 2010, 380, 383. 12   Dazu insbes. Merrill/Smith, 111 Yale L. J. 357–398 (2001). 13   Grundlegend Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239–263; weiter insbes. Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1–70 (2000); Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373S420 (2002); deutschsprachiger Überblick bei Fleischer, in: Festschrift für Hans-Bernd Schäfer, S.  125, 131–137. 14   So umfassend Bram Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law (2008).



Kapitel 1:  Einführung

bildung vieler sachenrechtlicher Grundprinzipien kam. Inzwischen haben sich indes diese wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert15 . Vor allem in der Gestalt von Wertpapieren werden heute Vermögensgüter verkörpert und bewegt, deren Wert vielfach weit über den Wert gewöhnlicher beweglicher und unbeweglicher Sachen hinausgeht, die von großer Dauer sind und die während ihres Bestehens nicht selten intensiv gehandelt werden. Zum anderen zeigt sich gerade bei den Wertpapieren, dass eine Beschränkung auf das Prinzip des numerus clausus das Bild unnötig verkürzt. Denn bei den Wertpapieren kam es zwar im Laufe der Zeit ebenfalls zur Verfestigung verschiedener Typen. Ein übergreifender Typenzwang hat sich jedoch bislang nicht herausgebildet. Dementsprechend haben die verschiedenen Wertpapiertypen nicht durchweg den Vereinheitlichungsgrad erreicht, der jedenfalls in Deutschland die meisten Sachenrechtstypen auszeichnet. Vielmehr überlassen die Wertpapiertypen teils einen ganz beachtlichen Raum der individuellen Gestaltung. Innerhalb dieses individueller Gestaltung zugänglichen Raums hat die Praxis dann mancherorts wieder vereinheitlichende Regeln unterschiedlicher Intensität entwickelt. Eine Beschränkung der Untersuchung auf die Frage eines von Gesetzgeber und Rechtsprechung geschaffenen Typenzwangs könnte derartige Erscheinungsformen rechtlicher Vereinheitlichung, die im Übrigen bei näherer Betrachtung auch im Sachenrecht eine Rolle spielen, nicht erfassen. Auch bei Verwendung eines weiten, über den numerus clausus hinausgehenden Typizitätsbegriffs ist jedoch nicht zu übersehen, dass gerade auf dem wichtigen Gebiet der Wertpapiere des Kapitalmarkts in den letzten Jahrzehnten die marktmäßige Steuerung individueller Gestaltung ganz im Vordergrund stand und die Rechtsordnung statt auf Typizität vor allem auf Information und Transparenz als Voraussetzungen eines Marktmodells setzte16 . In der Tat erscheint Typizität selbst in Erscheinungsformen, die weit schwächer sind als ein Typenzwang, in diesem Modell als Fremdkörper. Nicht zuletzt die jüngste »Finanzkrise« wirft nun aber die Frage nach möglichen Grenzen dieses Ansatzes17 mit besonderer Dringlichkeit auf und legt eine Gegenüberstellung von Sachenrecht und Wertpapierrecht nahe. Die vorliegende Arbeit versucht, eine solche Gegenüberstellung zu leisten18 , um ihr sodann eine Erklärung für das Phänomen der Typizität zu entnehmen und schließlich dieses Phänomen selbst sowie dessen Ausprägung im Sachenrecht und im Wertpapierrecht zu bewerten. Dabei bedarf die Behandlung derart grundsätzlicher Fragen sowohl der rechtsgeschichtlichen als auch der rechtsvergleichenden Vergewisserung.

  Vgl. nur Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 299 f. (n°  3).   S. nur Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  11–13, 89 ff.; ders., AcP 210 (2010), 105, 124 f.; Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, S.  1191, 1193 ff. 17   Dazu wiederum Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  89 ff.; ders., AcP 210 (2010), 105, 144 f. 18   S. schon Stürner, AcP 210 (2010), 105, 124 f., 134–136, 144 f., 151–153. 15 16

Kapitel 1:  Einführung



Nach der Klärung einiger Grundlagen, die mit dieser Einführung den ersten Teil der Arbeit bildet, soll daher in einem zweiten Teil die Entwicklung der Typizität im Sachenrecht, in einem dritten Teil die Entwicklung der Typizität im Wertpapierrecht nachgezeichnet werden. Neben dem deutschen, dem französischen und dem englischen Recht als den klassischen Mutterrechtsordnungen ist dabei auch das Recht der U. S. A. zu untersuchen, das die jüngere Rechtsentwicklung in Europa vor allem auf dem Gebiet des Wertpapierrechts maßgeblich geprägt hat. Für das Sachenrecht ist zudem das römische Recht als gemeinsame Grundlage nicht nur des kontinentalen, sondern in abgeschwächter Form auch des englischen und U. S.-amerikanischen Sachenrechts an den Anfang zu stellen. Im Weiteren bietet sich bei der Untersuchung des Sachenrechts eine Gliederung nach den einzelnen Rechtsordnungen an, gibt es doch sachenrechtliche Grundentscheidungen, die den Charakter der jeweiligen nationalen Rechte über Jahrhunderte hin maßgeblich geprägt haben. Bei der Untersuchung des deutlich jüngeren Wertpapierrechts scheint hingegen eine topische Gliederung vorzugswürdig, um die von Anfang an stärkeren Gemeinsamkeiten und gegenseitigen Einflüsse deutlich zu machen. Der nachfolgende vierte Teil stellt zunächst verschiedene Erklärungsansätze vor und überprüft diese anhand der Befunde der vorangehenden Untersuchung sowie anhand der größeren Zusammenhänge, in die sich diese Befunde einordnen. Er erörtert sodann allgemein die Vor- und Nachteile von Typizität als einem Strukturprinzip übertragbarer Güter und wendet die gewonnenen Erkenntnisse auf das Sachenrecht und das Wertpapierrecht an. Ein kurzer Ausblick auf weitere Rechtsgebiete rundet diesen Teil ab. Die Arbeit schließt mit einem fünften Teil, der die Ergebnisse der Untersuchung zusammenfasst.

Kapitel 2

Grundlagen Die Begriffe »Typisierung«, »Typizität« und mehr noch der Begriff des »Typs« haben unzählige Bedeutungen, in den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen ebenso wie im Alltagsleben. Selbst die Rechtswissenschaft spricht allein im Zivilrecht in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen von »Typen« . So stehen auf der einen Seite etwa die strengen, inhaltlich festgelegten Typen des Sachenrechts , auf der anderen Seite die Vertragstypen des Schuldrechts, wo die Parteien die vom Gesetz vorgesehenen Regeln weitgehend abändern, die gesetzlichen Typen zusammensetzen und mischen, ganz neue Vertragstypen schaffen und gar gänzlich »atypische« Verträge vereinbaren können . Trotz aller Unterschiede verbindet sich mit dem Begriff des »Typs« indes immer die Vorstellung einer gewissen Einheitlichkeit, eines gemeinsamen Musters. »Typizität« nimmt nun schon begrifflich auf das Vorhandensein oder Fehlen von Typen Bezug. Ein Gebiet, auf dem Typizität herrscht, ist vom wiederkehrenden Auftreten eines oder mehrerer Typen geprägt. Es wäre jedoch zu eng, mit dem Begriff der »Typizität« allein die Frage nach dem »Ob« zu verbinden. Denn wenn man die Anforderungen an die Einheitlichkeit nur allgemein genug formuliert, wird man überall Typen finden und damit Typizität bejahen können. »Typizität« sollte vielmehr auch die Frage nach dem »Wie« umfassen, also die Frage danach, wie stark ein bestimmtes Gebiet von Typen dominiert wird. Nach diesem Verständnis beschreibt Typizität also das Maß an Einheitlichkeit, die Bedeutung der gemeinsamen Muster, für einen bestimmten Bereich. Die Herstellung dieses Zustandes lässt sich dann als »Typisierung« bezeichnen.

   S. nur die Beiträge aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen in der Zeitschrift Studium Generale 1951–1952 sowie den Überblick bei Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 445; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  290 ff.; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  25 ff.    Für eine Auswahl verschiedener Verwendungen des Begriffs »Typ« in der Rechtswissenschaft s. etwa H. J. Wolff, Studium Generale 5 (1952), 195, 196 ff.; Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 446–453; Mengiardi, ZSR 87 II (1968), 1, 64 f. m. w. N.; s. a. unten Fn.  57.    S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  1 Rn.  7 (S.  3 f.).    Überblick bei Stadler, in: Jauernig, BGB, §  311 Rn.  23–33; monographisch Stoffels, Gesetzlich nicht geregelte Schuldverträge, passim.

A.  Typizität als Maß rechtlicher Vereinheitlichung



A.  Typizität als Maß rechtlicher Vereinheitlichung Überträgt man dieses Verständnis in die Rechtswissenschaft, so bezeichnet »Typizität« für sich genommen einen Zustand gesteigerter Einheitlichkeit der rechtlich festgelegten Merkmale und Eigenschaften  , die einen isolierbaren Gegenstand oder ein gegenständlich aufzufassendes Rechtsverhältnis kennzeichnen; verbunden mit einer Maßangabe gibt »Typizität« des Weiteren darüber Auskunft, welchen Stellenwert die rechtliche Festlegung einheitlicher Merkmale und Eigenschaften für einen solchen Gegenstand bzw. ein solches Rechtsverhältnis hat. Der Vorgang, der diese rechtliche Einheitlichkeit entstehen lässt, ist die »Typisierung« . Diese noch immer sehr allgemeine Definition bedarf weiterer Konkretisierung und Erläuterung. Im Element der »rechtlichen Festlegung« kommt zum Ausdruck, dass die einheitlichen Merkmale und Eigenschaften Folge eines als bindend verstandenen Willensaktes sind, der zumindest mittelbar auf den Gesetzgeber, die Rechtsprechung oder die beteiligten Parteien zurückgeht. Damit werden rein der juristischen Gedankenwelt angehörende Gemeinsamkeiten – wie etwa der durch das objektive Recht festgelegte Inhalt eines bestimmten dinglichen Rechts – zweifellos erfasst. Aus der Untersuchung ausgeschieden sind hingegen rein tatsächlich bestehende Gemeinsamkeiten, sofern diese Gemeinsamkeiten nicht Gegenstand einer rechtlichen Vorgabe sind, wie dies zum Beispiel bei der Voraussetzung des »Grundstücks« als Belastungsgegenstand der Hypothek in §  1113 Abs.  1 BGB der Fall wäre; abzustellen ist also hinsichtlich tatsächlicher Gemeinsamkeiten auf das Sollen, nicht das Sein. Bezieht man rechtliche Typizität auf Gegenstände und Rechtsverhältnisse, braucht man sich einerseits nicht mit der Abgrenzung zwischen einem Einzelrecht und einem komplexeren Rechtsverhältnis zu befassen. Denn Einzelrecht und Rechtsverhältnis lassen sich kaum eindeutig voneinander abgrenzen, und für die Frage nach Typizität spielt eine derartige Unterscheidung keine Rolle. So lässt sich etwa ein Pfandrecht entweder, wie schon das Wort nahelegt, als einzelnes Recht verstehen; genauso gut lässt sich jedoch sein Inhalt in zahlreiche Einzelrechte aufspalten, etwa die Rechte des Gläubigers hinsichtlich Übertragbarkeit und Realisierung der Sicherheit. Obsolet wird damit auch die Überlegung, ob das gesamte Gefüge einer rechtlichen Beziehung in jedem einzelnen aus dieser Beziehung fließenden Recht enthalten ist oder nicht: Sind die Einzelrechte zu einem einheitlichen    Durch die Verwendung der beiden Begriffe »Merkmale« und »Eigenschaften« soll sichergestellt werden, dass sich Typisierung bzw. Typizität sowohl auf die Kennzeichnung und Definition von bestimmten Rechtsinstituten (wie den Namen eines Austauschvertrags und seinen Inhalt) als auch auf das »Verhalten« dieser Rechtsinstitute im Sinne ihrer Behandlung durch die Rechtsordnung (wie beispielsweise die Frage von Akzessorietät und Nichtakzessorietät bei Sicherungsrechten) bezieht.    Abweichend die Begriffsverwendung bei Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 634, der schon dann, wenn Wirkungen privatautonomer Vereinbarungen gesetzlich vorgesehen sind, diese als »typisiert« bezeichnet.



Kapitel 2:  Grundlagen

Typ verbunden, macht es keinen Unterschied, auf welcher Ebene nach der Typizität gefragt wird. Andererseits ist es aber auch geboten, den Begriff der Typizität auf Gegenstände und Rechtsverhältnisse zu beschränken. Denn anderenfalls wäre Typizität letztlich mit dem Phänomen jeder rechtlichen Ordnung gleichgesetzt, für bestimmte, allgemein beschriebene Situationen stets dieselbe rechtliche Behandlung vorzusehen. Durch die Beschränkung auf Gegenstände und Rechtsverhältnisse werden Aspekte aus der Betrachtung ausgeschlossen, die zwar rechtlicher Vereinheitlichung unterliegen, aber nicht als Typ in Erscheinung treten. Dies gilt beispielsweise für Fragen der Geschäftsfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder des familienrechtlichen Status natürlicher Personen. Derartige Aspekte unter dem Begriff der Typizität zu erörtern, erschiene höchst ungewöhnlich und brächte keinen Vorteil. Nach dem der Untersuchung zugrunde liegenden Verständnis bezeichnet Typizität mithin das Maß rechtlicher Vereinheitlichung von Gegenständen und Rechtsverhältnissen.

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe Die rechtliche Vereinheitlichung der Merkmale und Eigenschaften von Gegenständen oder Rechtsverhältnissen kann zunächst rein deskriptiv und somit untechnisch als Standardisierung bezeichnet werden . Standardisierte Merkmale und Eigenschaften sind ebenso wie Einzelfallgestaltungen nur Gegenstand rechtlicher Beurteilung; irgendeine Besserstellung bringt die Standardisierung allein nicht. Die Rechtsordnung kann aber auch von sich aus bestimmte Gestaltungsmuster festlegen und zur bevorzugten Verwendung anbieten, ja sogar die von ihr angebotenen Gestaltungsmuster als einzige tolerieren. Hierfür stehen die technischen Begriffe der Typenfixierung und des Typenzwangs.    Vgl. nur Puchta, Geschichte des Rechts bey dem römischen Volk, S.  19: ».  .  . der Zug des Rechts (geht) nach einer Gleichheit, die der rechtlichen Anschauung der Dinge ein hartes und kaltes Ansehen giebt, und der weichen Phantasie, der spielenden Lust der Gefühle unheimlich erscheint. Die Vielseitigkeit des menschlichen Wesens wird im Recht zu dem farblosen Begriff der Person zusammengezogen, es läßt den Reichthum der äußeren Natur zu dem gleichmachenden Begriff der Sachen einschwinden, und für den gesammten, unendlich mannigfaltigen Verkehr der Menschen reichen ihm die Begriffe Forderung und Verbindlichkeit aus.« Coing, Grundzüge der Rechtsphilosophie, S.  201; Betti, in: Festschrift für Leopold Wenger I, S.  249, 262; ders., Studium Generale 12 (1959), 87; Engisch, Die Idee der Konkretisierung .  .  ., S.  200 ff., 270 ff.; Heck, AcP 112 (1914), 1, 18; Gény, Méthode d’interprétation et sources en droit privé positif II, n°  169 (S.  145 ff.) und die bei Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  25 f. genannte Literatur und Rechtsprechung.    Das hier verwendete, deskriptive Verständnis des Begriffs der Standardisierung deckt sich somit nicht mit dem Begriff des »standard« in der jüngeren angloamerikanischen Diskussion (dazu z. B. Kaplow, 42 Duke L. J. 557, 559 ff. [1992]).    Denkbar ist im Gegenteil eine Schlechterstellung, wenn gerade aufgrund der Standardisierung restriktive AGB-Regeln zur Anwendung kommen (vgl. §  305 Abs.  1 BGB); für die vorliegenden Zwecke kann dies aber außer Betracht bleiben.

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe



Im Folgenden soll zunächst der Gehalt dieser Grundbegriffe näher ausgeleuchtet werden. Sodann ist ihr Verhältnis zur Typizität im oben beschriebenen Sinne zu klären.

I.  Benachbarte Grundbegriffe 1.  Standardisierung Standardisierung bedeutet zunächst einmal nichts anderes als Vereinheitlichung. Im Rahmen dieser Untersuchung muss Standardisierung enger definiert werden, bevor danach zu fragen ist, auf wen diese Standardisierung zurückgehen, mit welchen Mitteln sie erreicht werden und welche Intensität sie aufweisen kann. a)  Definition »Standardisierung« kann ebenso wie »Vereinheitlichung« rein sprachlich entweder den Vorgang bezeichnen, mit dem eine solche Einheitlichkeit hergestellt wird, oder das Ergebnis dieses Vorgangs. Im Alltagsgebrauch bezieht man Standardisierung dabei auf die tatsächlichen Merkmale und Eigenschaften eines bestimmten Gegenstandes, etwa eines Industrieprodukts. Nicht gesagt ist damit, ob diese Standardisierung besonders vorteilhaft ist oder auch nur ihren Zweck erfüllt10 . Überträgt man diese Überlegungen auf den Bereich der rechtlichen Merkmale und Eigenschaften, die allein im Rahmen der vorliegenden Untersuchung interessieren, so kann man von einer Standardisierung sprechen, wenn für eine bestimmte Lebenssituation einheitliche rechtliche Regeln existieren, mögen diese Regeln in der betreffenden Situation greifen oder nicht. Bei einem solchen deskriptiven Verständnis kommt es auch nicht darauf an, ob die standardisierten Regeln im Streitfall vor Gerichten Bestand haben. Standardisierung liegt bereits vor, wenn für eine Mehrzahl von Fällen einheitliche Regelungen geschaffen werden. Es ist die tatsächliche oder erwartete einheitliche Wirkung in der Lebenswirklichkeit, die die Standardisierung ausmacht. b)  Urheber Bei einer derart weitgefassten Definition von »Standardisierung« spielt es keine Rolle, wer Urheber dieser Standardisierung ist. Neben dem Gesetzgeber und den Gerichten können dies insbesondere auch beliebige Private sein, wobei es sich um die Parteien einer bestimmten Transaktion handeln kann, aber nicht muss. So ist etwa denkbar, dass die Parteien aus freien Stücken von vornherein eine Vielzahl einheitlicher Gestaltungen schaffen, dass sie ihre zukünftigen Geschäfte unter einen auf Augenhöhe ausgehandelten Rahmenvertrag stellen, der etwa auch die Be10   So mag es etwa für Speichermedien mit denselben Merkmalen nur wenige oder keine passenden Geräte geben; eine Standardisierung liegt dennoch vor. Zu derartigen Kompatibilitätsstandards aus ökonomischer Sicht Wey, Marktorganisation durch Standardisierung, S.  28 ff. m. Nw.

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Kapitel 2:  Grundlagen

stellung künftiger Sicherheiten umfasst, oder dass eine Partei kraft ihrer überlegenen Marktmacht die Bedingungen dauerhaft einheitlich diktiert11. Als Urheber in Betracht kommen aber auch private Dritte, deren Regeln oder Regelwerken sich die Parteien freiwillig unterwerfen12 , deren Dienste und Einrichtungen die Par11   Insoweit kann man angebots- und nachfragebedingte Standardisierung unterscheiden. Angebotsbedingt ist die Standardisierung, wenn eine Seite eine einheitliche Gestaltung aus Überzeugung von deren Qualität oder auch deshalb wählt, um die Kosten individuellen Aushandelns der Konditionen einzusparen (z. B. »take it or leave it«-Angebote); nachfragebedingt ist die Standardisierung, wenn das Interesse an Einheitlichkeit von potentiellen Rechtsnachfolgern ausgeht, etwa weil diese ein besonderes Interesse an der Gestaltung selbst oder auch nur an der von der Einheitlichkeit als solchen bewirkten Liquidität haben (z. B. die Standardisierung von mortgage deeds und zugehöriger promissory notes durch die Government Sponsored Enterprises [GSEs] als Aufkäufer oder Garanten von mortgages, dazu Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  42 f. sowie unten Kapitel 7 A I 2). 12   Dies kann wiederum daran liegen, dass die Parteien von der Qualität des Regelwerks überzeugt sind, aber auch auf dem Wunsch nach Kostenminimierung durch das Einsparen eigener Erarbeitung beruhen oder dem Interesse der Parteien oder potentieller Rechtsnachfolger an erhöhter Liquidität entspringen. Zur freiwilligen Übernahme vorhandener Regeln mit der Folge von Standardisierung können sich die Parteien weiter veranlasst sehen, wenn ihre Transaktion einer Beurteilung durch Unbeteiligte unterliegt und sie sich hiervon eine bessere Akzeptanz versprechen. Solche Unbeteiligten, die die Transaktion beurteilen, können die eigene Controlling-Abteilung, externe Berater oder Prüfer sowie eine Behörde etwa der Steuerverwaltung, der Finanzaufsicht oder der Strafverfolgung und nicht zuletzt die Rechtsprechung sein, aber auch Analysten und Rating-Agenturen. Treffen diese auf ihnen vertraute Strukturen, entsteht kein besonderer Erklärungsaufwand, das Risiko von Fehlentscheidungen ist geringer und eine vielleicht irrationale Skepsis, wie sie gegenüber Unbekanntem häufig anzutreffen ist, kann vermieden werden. Beispiele sind die Verwendung gemeinsamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen eines Branchenverbandes – etwa der Musterbedingungen des Gesamtverbandes für Versicherungswirtschaft, die z. B. Bestimmungen über die Fälligkeit (vgl. §  10 Abs.  1 Nr.  3 VAG) und Anpassung von Beiträgen sowie die Abtretbarkeit von Ersatzansprüchen enthalten (s. etwa AHB Musterbedingungen des GDV, Stand Oktober 2010, Zif. 10.1, 15, 28) – oder die Übernahme von kompletten Regelwerken, die nur noch um die Bezeichnung der Parteien und einige wenige individuelle Daten ergänzt werden müssen – so z. B. bei den ISDA-Mustern für Derivate-Geschäfte (z. B. 2002 ISDA Master Agreement [Multicurrency-Cross border], 1987 ISDA Interest Rate and Currency Exchange Agreement), die den meisten gehandelten Derivate-Kontrakten zugrunde liegen (vgl. a. die Bezugnahme auf ein ISDA CDS Protokoll in den Kontraktspezifikationen für Futures-Kontrakte und Optionskontrakte an der Eurex Deutschland und der Eurex Zürich vom 1. August 2007, sub 1.7). Dabei ist durchaus denkbar, dass innerhalb des von den Parteien gewählten Rahmens ein bestimmtes Verhalten bestimmte Rechtsfolgen hat, ohne dass diese notwendigerweise im einzelnen gewollt und ausdrücklich vereinbart worden wären. Ist etwa für ein Derivatgeschäft, das die Parteien ohne Weiteres hätten individuell aushandeln können, die Geltung des Europäischen Rahmenvertrags für Finanzgeschäfte vereinbart, so richtet sich die Abtretbarkeit nach dessen einschränkender Bestimmung über die Übertragung von Rechten und Pflichten (Nr.  10 Abs.  1 der Allgemeinen Bestimmungen 2004 des Rahmenvertrags für Finanzgeschäfte [Muster S.  8 li. Sp.]: nicht ohne vorherige Zustimmung der anderen Partei. Unter deutschem Recht – Rechtswahl gem. Nr.  11 Abs.  1 der Allgemeinen Bestimmungen i. V. m. Nr.  4 der Besonderen Bestimmungen – hat fehlende Zustimmung Unwirksamkeit zur Folge: BGH, Urteil vom 29. Juni 1989, VII ZR 211/88, BGHZ 108, 172, 174 f.; G. Roth, in: Münchener Kommentar zum BGB, §  399 Rn.  33. Ein ähnliches Abtretungsverbot findet sich etwa auch in Nr.  28 der AHB-Musterbedingungen des GDV), auch wenn die Parteien diese niemals bedacht haben; der deutsche Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte und der Anhang für Rohwarengeschäfte gelten für alle Rohwarenge-

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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teien nur bei Beachtung bestimmter vereinheitlichender Vorgaben in Anspruch nehmen dürfen13 oder die kraft ihrer Marktmacht auf einem Sekundärmarkt eine Einheitlichkeit auf dem Primärmarkt faktisch erzwingen können14 . Da die Frage der Gültigkeit einer bestimmten Gestaltung nicht Voraussetzung für eine so verstandene Standardisierung ist, bedarf der Urheber keinerlei hoheitlicher Rechtssetzungsgewalt. c)  Mittel Die zum Zwecke der Standardisierung zur Verfügung stehenden Mittel sind gleichermaßen mannigfaltig und hängen davon ab, wer konkret die Standardisierung hervorbringt. Während Standardisierung durch den Gesetzgeber regelmäßig in Form einer abstrakt-generellen Rechtsnorm erfolgt und Standardisierung durch die Gerichte dort, wo ihre Entscheidungen nicht unmittelbar gegenüber jedermann bindende Wirkung haben, mittelbar im Wege der Erwartung identischer Entscheidung gleichgelagerter Fälle erfolgt15 , kommen bei Privaten insbesondere Allgemeine Geschäftsbedingungen in allen denkbaren Formen, aber auch individuell ausgehandelte Rahmenverträge in Betracht16 . d)  Intensität Auch in ihrer Intensität kann die Standardisierung ganz unterschiedlich ausfallen. Dabei kommt es allerdings nicht numerisch darauf an, wie viele Merkmale oder Eigenschaften eines Gegenstandes oder Rechtsverhältnisses vereinheitlicht sind. Entscheidend ist vielmehr das jeweilige Gewicht der vereinheitlichten und nicht vereinheitlichten Fragen. So mögen im Falle einer Realsicherheit einige wenige schäfte zwischen den Parteien unabhängig von einer Bezugnahme im Einzelabschluss auf den Rahmenvertrag (Nr.  1 Abs.  3 des Anhangs für Rohwarengeschäfte zum deutschen Rahmenvertrag). S. aber auch Nr.  10 des Anhangs für Rohwarengeschäfte zum deutschen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte; AKB-Musterbedingungen des GDV vom 14.  10. 2004, S.  1 (»Die Verwendung ist fakultativ. Sie haben die Möglichkeit, abweichende Klauseln anzubieten.«) und §  2a bzw. AKB 2008, Stand 17. März 2010, S.  1. 13   Vereinheitlichende Vorschriften des Primärmarktes, die den Transaktionsgegenstand erfassen, finden sich insbesondere an organisierten Märkten. Hier können nur bestimmte Gegenstände gehandelt werden, die vor der Zulassung zum Handel daraufhin überprüft werden, ob sie den abstrakten Zulassungsvoraussetzungen entsprechen (vgl. a. Hopt, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  123, 132). Diese Zulassungsvoraussetzungen sind teilweise rein private Regelwerke; teilweise haben sie die Rechtsnatur materieller Gesetze. Selbst dann entstehen sie aber regelmäßig im privaten Bereich und erhalten ihren hoheitlichen Charakter erst durch die Delegation von Rechtssetzungsbefugnissen, Billigung seitens eines Hoheitsträgers oder Erlass nach Vorlage aus der Privatwirtschaft. 14   Beispiel ist wiederum das Geschäft mit mortgages in den U. S. A., wo die GSEs als wichtigste Akteure auf dem Sekundärmarkt Kreditinstituten und Mortgage Brokern Vorgaben für mortgage deeds und promissory notes machen oder gar Standardformulare für Darlehen und Grundpfandrechte zur Verfügung stellen, die sie für ihr eigenes Portfolio erwerben oder die später in die Deckung einer Verbriefungstransaktion aufgenommen werden sollen; s. schon soeben Fn.  11 m.Nw. 15   S. nur Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  28 ff. 16   Dazu schon soeben Fn.  11 bis 14 mit zugehörigem Text.

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Kapitel 2:  Grundlagen

Differenzen bei der Definition des Sicherungsfalls schwerer wiegen als nicht vereinheitlichte Bestimmungen über die Mithaftung von Zubehör. Die Intensität der Standardisierung mag bei einer einfachen Schuldverschreibung, die ihren Emittenten periodisch zur Zahlung eines festen Zinses und am Laufzeitende zur Rückzahlung des Kapitals verpflichtet, genauso hoch oder gar höher sein als bei einem komplizierten Zertifikat, das auf hunderten von Seiten das Zusammenspiel verschiedener Beteiligter, etwa vom Emittenten verschiedener Sicherungsgeber oder Treuhänder, für alle möglichen Entwicklungen festlegt. 2.  Typenfixierung Anders als der untechnisch-deskriptive Begriff der Standardisierung ist der Begriff der Typenfixierung ein Rechtsbegriff mit normativem Gehalt. Da über den genauen Inhalt dieses Begriffs keine völlige Klarheit herrscht, bedarf es zunächst einer Auseinandersetzung mit dessen Definition. Auf der Grundlage der Defini­ tion sind dann wieder Aussagen über Urheber, Mittel und Intensität der Typen­ fixierung möglich. a)  Definition Ihrem Wortsinn nach bedeutet »Typenfixierung« die Fixierung, mithin die Festlegung, eines Typs. Damit gemeint sein kann entweder der Vorgang, durch den ein bestehender Typ im Hinblick auf ein Bezugsobjekt in eine feste Position gebracht und insofern fixiert wird, oder aber der Vorgang inhaltlicher Festlegung des Typs selbst. Die deutsche Rechtswissenschaft17 verwendet den Begriff der Typenfixierung einhellig in diesem zweiten Sinne18 . Dunkel bleibt aber zumeist, welche Konsequenz diese inhaltliche Festlegung hat. Sicher muss Typenfixierung als Rechtsbegriff mehr bedeuten als die rein de­ skriptive Standardisierung, also das bloße Vorhandensein einheitlicher rechtlicher Regeln. Dies ist ohne Zweifel dann der Fall, wenn man neben den fixierten Typen keine anderen Gestaltungen mehr zulässt. Denn dann ist die Typenfixierung identisch mit einer exklusiven Auswahl unter allen möglichen Resultaten einer vorgegebenen Standardisierung. Ein solches Verständnis liegt denjenigen Äußerungen zugrunde, die Typenfixierung, Typenzwang und numerus clausus gleichsetzen oder den Begriff der Typenfixierung für entbehrlich halten19. 17   S. etwa für das Sachenrecht Baur/Stürner, Sachenrecht, §  1 Rn.  7 (S.  3); Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  110; Vieweg/Werner, Sachenrecht, §  1 Rn.  5 (S.  4); Prütting, Sachenrecht, Rn.  20 (S.  9); für das Wertpapierrecht Lehmann, Finanzin­ strumente, S.  13. Ebenso in den Niederlanden, s. z. B. (unter Verwendung des deutschen Fachbegriffs) Struycken, De numerus clausus in het Goederenrecht, S.  14. 18   Dies liegt schon deshalb nahe, weil es an einem geeigneten Bezugsobjekt fehlt. Man könnte zwar im Sinne der ersten Alternative an eine Festlegung in einem »Koordinatensystem möglicher Inhalte« denken, diese wäre jedoch letztlich eine inhaltliche Festlegung, keine Fixierung im Hinblick auf ein externes Bezugsobjekt. 19   Z. B. H. H. Seiler, in: Staudinger, BGB, Einl. zum SachenR Rn.  38; s. a. Radke, Bedingungs-

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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Bei genauerer Überlegung zeigt sich indes, dass die Typenfixierung auch ohne Gleichsetzung mit Typenzwang und numerus clausus einen eigenständigen rechtlichen Gehalt aufweisen kann. Hierzu reicht es aus, auf das – im Begriff der Fixierung ohnehin nicht zwingend enthaltene – Exklusivitätsmoment von Typenzwang und numerus clausus zu verzichten. Bei einem solchen Verständnis beinhaltet Typenfixierung zwar ebenfalls die Auswahl unter den möglichen Resultaten einer Standardisierung, schließt jedoch nicht alle anderen Gestaltungen aus, sondern versieht nur die ausgewählten Gestaltungen mit einer besonderen Stabilität. Diese besondere Stabilität kann nun allein darin liegen, dass den ausgewählten Gestaltungen die Anerkennung durch die Rechtsordnung sicher ist. Gerade hierin unterscheidet sich eine so verstandene Typenfixierung dann von der rein deskriptiven Standardisierung. Objektive Maßstäbe, nach denen die eine Lösung falsch, die andere richtig wäre, kann es für die Definition der Begrifflichkeit nicht geben. Die Entscheidung zwischen den beiden Verständnismöglichkeiten muss daher nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten erfolgen. Gegen das Verständnis von Typenfixierung als der Festlegung einer Gestaltung, die sich der Anerkennung durch die Rechtsordnung sicher sein kann, könnte insbesondere sprechen, dass im Zusammenhang mit dem Vertragsrecht nirgends von Typenfixierung die Rede ist, obwohl dessen dispositives Gesetzesrecht zahlreiche Gestaltungen nennt, die auf eine Anerkennung durch die Rechtsordnung zählen können und damit als fixierte Typen qualifizieren sollten. Durchaus erwähnt und explizit abgelehnt wird für das Vertragsrecht nur das Bestehen eines Typenzwangs20 . Allzu schwer wiegt dieses Argument indessen nicht. Denn die Verwendung des Begriffs »Typenfixierung« kann auf dem Gebiet des Vertragsrechts kaum erwartet werden, da sich eine Abweichung von dem durch dispositives Recht vorgegebenen Typ in keiner Weise – mangels eines Bezeichnungsschutzes für den Typ nicht einmal terminologisch – bemerkbar macht, solange nur die äußeren Grenzen der Vertragsfreiheit gewahrt bleiben. Gewichtiger wäre es, wenn man ein Verständnis von Typenfixierung, das auf die Sicherheit rechtlicher Anerkennung einer Gestaltung abstellt, für bedeutungslos erklären könnte, da Typenfixierung stets nur gepaart mit Typenzwang auftrete, außerhalb der Geltung eines Typenzwangs aber das Begriffspaar »dispositives und zwingendes Recht« ausreiche21. Zum ersten sind jedoch Typenfixierung in diesem Sinne und dispositives Recht ersichtlich nicht deckungsgleich. Eine Gestaltung, die dem dispositiven Recht entspricht, kann sich zwar der Anerkennung durch die recht und Typenzwang, S.  53, der Typenzwang und Typenfixierung gleichsetzt und dem numerus clausus gegenüberstellt. 20   S. z. B. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts I, S.  52; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I, Rn.  66; Emmerich, in: Münchener Kommentar zum BGB, §  311 Rn.  4; Grüneberg, in: Palandt, BGB, Überbl v §  311 Rn.  11; Stadler, in: Jauernig, BGB, §  311 Rn.  23. 21   Diese Vorstellung liegt wohl der Ansicht (oben Fn.  19) zugrunde, die die Begriffe gleichsetzt oder den Begriff der Typenfixierung für entbehrlich hält; vgl. z. B. Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S.  54.

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Kapitel 2:  Grundlagen

Rechtsordnung sicher sein. Die Typenfixierung geht aber über das dispositive Recht hinaus, da sie gerade auch die Gestaltungen erfasst, die zumindest teilweise zwingenden Rechts sind. Im Übrigen ist schon im deutschen Recht, mehr aber noch in anderen Rechtsordnungen keineswegs immer klar, welche Regeln zwingender und welche dispositiver Natur sind. Demgegenüber herrscht regelmäßig größere Gewissheit darüber, welche Gestaltungen positiv anerkannt werden. Zum zweiten kann die Sicherheit rechtlicher Anerkennung auch außerhalb eines regelrechten Typenzwangs von weitreichender Bedeutung sein, vorausgesetzt, man deutet nicht jede Nichtanerkennung einer Gestaltung als Folge der Missachtung eines Typenzwangs. So können an fixierte Typen zahlreiche weitere Regelungen anknüpfen, wie etwa besondere Erfordernisse der Form 22 und der notariellen Beratung23 beim Bestellungs- oder Verfügungsakt, Genehmigungserfordernisse oder eine geschützte Terminologie24 , ohne dass daneben andere Gestaltungen gänzlich ausgeschlossen sein müssen 25 , wie dies bei gleichzeitigem Bestehen eines Typenzwangs der Fall wäre. Nach alldem erlaubt das Verständnis, das Typenfixierung und Typenzwang unterscheidet, sinnvolle Differenzierungen. Im Folgenden soll daher Typenfixierung im Sinne einer nicht exklusiven Auswahl sicher anerkannter Gestaltungen verstanden sein. Verkürzt ausgedrückt, beantwortet Typenfixierung also die Frage: »Was geht (auf jeden Fall)?« b)  Urheber In der kontinentaleuropäischen Literatur wird Typenfixierung meist als »vom Gesetzgeber vorgegebener Inhalt« beschrieben 26 . Diese Formulierung kann indes nur als eine Verkürzung gegenüber der umfassenderen Bedeutung eines »durch objektives Recht vorgegebenen Inhalts« gesehen, nicht hingegen als eine Einschränkung auf gesetzliche Vorgaben beim Wort genommen werden 27. Denn anderenfalls würde der Begriff zum ersten die selbst unter Geltung kodifizierten Rechts vielfach 22   Für Deutschland z. B. §  1154 BGB: grds. Schriftform der Abtretung einer hypothekengesicherten Forderung und Übergabe des Hypothekenbriefs. 23   Für Deutschland z. B. §  925 Abs.  1 BGB, §§  17–20, 21 Abs.  1 BeurkG: Auflassung vor dem Notar, der Prüfungs- und Belehrungspflichten unterliegt. 24   Vgl. z. B. den Bezeichnungsschutz für Versicherungen in §  4 Abs.  1 VAG, für Pfandbriefe in §  41 PfandBG. 25   So bei gedeckten Wertpapieren, näher unten Kapitel C II 2 c. 26   S. etwa Brehm/Berger, Sachenrecht, Rn.  1.37 (S.  21); Lüke, Sachenrecht, Rn.  28 (S.  10); Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  110; dies., in: Soergel, BGB, Einl Sachenrecht Rn.  41; Prütting, Sachenrecht, Rn.  20 (S.  9); Schreiber, Sachenrecht, Rn.  25 (S.  27); Vieweg/Werner, Sachenrecht, §  1 Rn.  5 (S.  4); Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, §  2 Rn.  4 (S.  15). 27   Anders, aber zu pauschal Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  483, nach dem in den Ländern, in denen die Gesetzgebung in der Normenhierarchie an der Spitze stehe, der Gesetzgeber »exclusive authority« für die Anerkennung und Regelung von Sachenrechten habe. Die Befugnis der Rechtsprechung, neue Ausschließlichkeitsrechte anzuerkennen, ist vor allem in der Literatur zum Geistigen Eigentum umstritten; s. den Überblick bei Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S.  7 ff. m.Nw.

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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bedeutsamen Klarstellungen und Ergänzungen durch die Rechtsprechung ausblenden und so schon die Rechtslage in den Ländern, in denen gesetzliche Inhaltsvorgaben existieren, nicht richtig erfassen 28 . Zum zweiten würde eine nicht auf Gesetzesrecht, sondern auf Rechtsprechung beruhende Typenbestimmung ausgeschlossen, der Begriff der Typenfixierung für die Rechtsordnungen des Common Law mithin weitgehend unanwendbar. Indessen begegnen vom objektiven Recht vorgegebene Normenkomplexe, die die Bezeichnung als Typ verdienen, selbstverständlich auch in den Rechtsordnungen des Common Law29. Man wird also als Urheber von Typenfixierung neben dem Gesetzgeber auch die Rechtsprechung akzeptieren müssen, und dies nicht nur hinsichtlich der Ausfüllung einzelner Lücken, sondern gleichermaßen insoweit, als es um die Fixierung von Typen in einem gesamten Rechtsgebiet geht 30 . Zum dritten schließlich können als bindend verstandene Vorgaben auch dem Gewohnheitsrecht entstammen, das damit ebenfalls eine mögliche Quelle von Typenfixierung darstellt, mag es auch in der Praxis eine geringere Rolle spielen. Ist demnach nicht nur die gesetzliche, sondern umfassender die dem objektiven Recht entstammende Festlegung als Typenfixierung anzusehen, so bleiben doch bestimmte Arten rechtlicher Festlegung ausgenommen, nämlich die allein von den beteiligten Parteien selbst oder von einem Dritten vorgenommene Bestimmung einheitlicher rechtlicher Merkmale und Eigenschaften 31. Eine solche rein privatautonome Festlegung des Inhalts mag Typizität bewirken. Sie stellt jedoch keine Typenfixierung dar, fehlt es doch an der gesicherten Anerkennung durch die Rechtsordnung, die die Typenfixierung nach dem hier gewählten Verständnis auszeichnet. Insofern ist der technische Begriff der Typenfixierung also enger als der beschreibende Begriff der Typizität. c)  Mittel Definiert man Typenfixierung dahingehend, dass sie die gesicherte Anerkennung einer Gestaltung durch die Rechtsordnung beinhaltet, so kann diese Fixierung fraglos durch zwingendes Recht erfolgen. Daneben kann und muss aber auch dispositives Recht Mittel der Typenfixierung sein können. Klare Stellungnahmen zu dieser Frage sind indes selten. Im Schuldrecht werden Typenfixierung und Typen  Vgl. etwa Hopt, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  123, 130 f.   S. einstweilen nur Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1607 Fn.  31 (2008) sowie generell die englische und U. S.-amerikanische Literatur zum numerus clausus (Nachweise oben in Kapitel 1 Fn.  13); vgl. auch Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  173 ff.: »›quasi-legislative‹ Urteile des House of Lords zu Ehegattensicherheiten«. 30   Vgl. Wolff/Raiser, Sachenrecht, §  2 II 1 (S.  10). Die niederländische Diskussion, ob Gerichte von Verfassungs wegen zur Schaffung neuer dinglicher Rechte befugt seien (dazu Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  407 f.), erscheint schon realitätsfern; eine Beschränkung auf vom Gesetzgeber geschaffene Typen ist jedenfalls aber für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung unbrauchbar. 31   Dazu soeben unter B I 1 b; vgl. auch Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  455. 28 29

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zwang meist allenfalls insoweit erörtert, als sie für das Vertragsrecht insgesamt abgelehnt werden; bei der Behandlung der Vertragstypen wird der Begriff der Typenfixierung dann – wie gesehen 32 – konsequenterweise nicht verwandt. Wenig verwundern kann das Fehlen einer Auseinandersetzung mit dem genauen Mittel der Typenfixierung auch im Sachenrecht, wo dispositives Recht ohnehin eher die Ausnahme darstellt und die Typenfixierung daher immer im Zusammenhang mit dem Typenzwang behandelt wird33 . Eher zu erwarten wäre eine Behandlung im deutschen Gesellschaftsrecht, lässt dieses doch trotz des numerus clausus der Gesellschaftsformen der Privatautonomie viel Raum. Allerdings finden sich nur im Zusammenhang mit der Diskussion um die sogleich 34 noch näher zu beleuchtende Typuslehre beiläufige Äußerungen: Autoren, die Raum für eine Typengesetzlichkeit im Gesellschaftsrecht sehen, beschränken verständlicherweise den Begriff der Typenfixierung auf Bestimmungen mit zwingendem Charakter35 und lassen somit der »typologischen Methode« mehr Raum. Ungeachtet dieses Befundes kann jedoch nach der hier verwandten Definition kein Zweifel bestehen, dass als Mittel der Typenfixierung auch dispositives Recht in Betracht kommt, besagt doch die gesicherte Anerkennung einer Gestaltung noch nicht, dass andere Gestaltungen ausgeschlossen sind. d)  Intensität Aussagen zur Intensität von Typenfixierung bedürfen eines Kriteriums, anhand dessen eine Beurteilung möglich ist. Wie schon bei der Standardisierung, kann es nicht allein auf die Zahl der einheitlichen Voraussetzungen rechtlicher Anerkennung ankommen 36 . Vielmehr muss entscheiden, welche theoretischen Gestaltungsmöglichkeiten überhaupt zur Erreichung des abstrakt formulierten Zwecks bestehen und inwieweit ein innerhalb dieses Bereichs einmal gewählter Typ Festlegungen trifft. Die Reichweite der theoretischen Gestaltungsmöglichkeiten wird dabei durch das tatsächliche und rechtliche Umfeld bestimmt. So bestehen beispielsweise bei einem Pfandrecht ganz verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten: Wo kein Register eingerichtet ist, kann man schwerlich aus dem Fehlen einer Äußerung zu Registerpfandrechten oder zu – mangels Registers kaum publik zu machenden – nachran  Dazu soeben unter B I 2 a bei Fn.  20.   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  1 Rn.  7 (S.  3); Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  110; M. Wolf, NJW 1987, 2647, 2650. 34   Unter C. 35   Mengiardi, ZSR 87 II (1968), 1, 106 f. Dies erklärt auch, warum teilweise für diese Form von Typenfixierung der Begriff »Typenzwang« gebraucht wird: Zwingend ist nicht etwa die Wahl eines vom Recht angebotenen Typs, sondern der Inhalt dieses Typs. S. etwa Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 496. 36   S. soeben B I 1 d. Ebensowenig in Betracht kommt ein Vergleich der schieren Länge einer eventuellen gesetzlichen Regelung, würde ein solcher Ansatz doch zum einen andere Rechtsquellen als das Gesetz ausschließen, zum anderen mehr über die sprachliche Ausdrucksfähigkeit des Gesetzgebers, die Systematik der Rechtsordnung und die Struktur der jeweiligen Sprache überhaupt als über den sachlichen Gehalt der Normen aussagen. 32 33

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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gigen Pfandrechten auf schwächere Typizität schließen; vielmehr bestehen diese Gestaltungsmöglichkeiten aufgrund der Umstände gar nicht. Für die Reichweite der Festlegungen innerhalb des Bereichs theoretischer Gestaltungsmöglichkeiten ist insbesondere von Interesse, ob und inwieweit die Fixierung den Zweck mit umfasst, zu dem der Typ Verwendung findet 37. Genaugenommen ist natürlich kein Rechtsinstitut, kein Typ »zweckfrei«38 . Von einer den Zweck mit umfassenden und damit intensiveren Typenfixierung kann man sinnvollerweise nur dann sprechen, wenn einem Regelungskomplex ein eigenständiger Zweck so zugeschaltet ist, dass er sich von dessen Inhalt trennen lässt, ohne die verbleibende Regelung damit ihres Sinns zu berauben39. Ist der Zweck Gegenstand der Typenfixierung, wird dadurch zwar eine Zweckänderung, insbesondere eine Beendigung der Zweckbindung, nicht stets ausgeschlossen. Sie bedeutet dann aber eine Ände-

37   In der deutschsprachigen gesellschaftsrechtlichen Literatur wird die Fixierung auch des Zwecks teilweise als »Typenbeschränkung« oder »gesetzliche Typenbindung« bezeichnet und durchaus als Grundfrage eines jeden Verbandstyps gesehen, allerdings nicht als Unterfall der Typenfixierung, sondern als eigenständige Frage erörtert (s. etwa Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S.  23 ff.; dagegen Mengiardi, ZSR 87 II [1968], 1, 105 Fn.  17). In der schuld- und sachenrechtlichen Literatur begegnen Überlegungen zur Festlegung des Geschäftszwecks meist nur im Zusammenhang mit der Erörterung von Akzessorietät und fiduziarischen Rechtsgeschäften. Dies dürfte sich dadurch erklären, dass das Gesellschaftsrecht einen bestimmten Verbandstyp mit den ihm eigenen Außen- und Innenbeziehungen meist ohne Weiteres losgelöst von dem Zweck sehen kann, den der Verband verfolgt. Fixiert sind nur gewisse Innen- und Außenbeziehungen, eine Festlegung des Zwecks ist eher die Ausnahme und selbst wo sie erfolgt, noch sehr abstrakt. Dies erleichtert es, die Eigenständigkeit einer Fixierung des Zwecks überhaupt zu erkennen. 38   Die Grundschuld dient beispielsweise zunächst einmal dazu, dem Inhaber ein dingliches Recht an einem Grundstück zu verschaffen, aufgrund dessen er die Duldung der Zwangsvollstreckung wegen eines bestimmten Betrages verlangen kann; die Aktiengesellschaft dient dazu, den Beteiligten ein Zusammenwirken in den von Gesetz, Gesellschaftsvertrag und Satzung geregelten Formen zu ermöglichen; das abstrakte Schuldversprechen dient der Begründung einer entsprechenden Forderung. 39   So lässt sich beispielsweise die Grundschuld mittels einer schuldrechtlichen Vereinbarung zu beliebigen Zwecken einsetzen und kann sogar nur um ihretwillen bestellt werden. Die Hypothek hingegen dient immer der Sicherung einer Forderung, sie ist also auf den Sicherungszweck festgelegt (s. zum einen §§  1191 f. BGB, zum anderen §  1113 Abs.  1 BGB: ».  .  . zur Befriedigung wegen einer ihm zustehenden Forderung .  .  .«). Mit einer Aktiengesellschaft oder GmbH, aber auch mit einer kleinen Gesellschaft bürgerlichen Rechts können unter deutschem Recht wirtschaftliche oder nicht wirtschaftliche, ideelle Zwecke verfolgt werden. Ein Idealverein hingegen darf nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet sein, eine eingetragene Genossenschaft nur den Zweck haben, den Erwerb oder die Wirtschaft ihrer Mitglieder oder deren soziale oder kulturelle Belange durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb zu fördern (s. zum einen §§  1 ff. AktG sowie ausdrücklich §  1 GmbHG: ».  .  . zu jedem gesetzlich zulässigen Zweck .  .  .«, weiter §  705 BGB, §§  1, 105 Abs.  1, 2 HGB, zum anderen §  21 BGB, §  1 Abs.  1 GenG). Das zur Sicherung einer Forderung gegen einen Dritten abgegebene abstrakte Schuldversprechen, etwa die Mitteilung der Akkreditivbank an den Verkäufer, ist als solches zweckungebunden. Die Bürgschaft hingegen ist auf den Zweck der Sicherung einer Forderung festgelegt (s. zum einen §  780 Satz 1 BGB: ».  .  . selbständig .  .  .«, zum anderen §  765 Abs.  1 BGB: ».  .  . für die Erfüllung der Verbindlichkeit eines Dritten .  .  .«).

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rung des Typs, mündet also in ein neues Rechtsinstitut, und bringt damit regelmäßig auch ein zumindest in Teilen abweichendes Rechtsregime mit sich40 . Die sehr allgemeine Formulierung dieser Überlegungen zeigt bereits, dass sich die Intensität der Typenfixierung nicht eindeutig oder gar zahlenmäßig fassbar bestimmen lässt. Man wird aber doch vergleichende Aussagen treffen können. Material hierfür liefert nicht zuletzt die Rechtsvergleichung. So lässt sich der deutschen Aktiengesellschaft gegenüber ihrer schweizerischen Schwester durchaus mit Recht stärkere Typenfixierung zuschreiben41. Aber auch dann, wenn der Gesetzgeber bei einem Typ ausdrücklich den Parteien eine Entscheidung von gewissem Gewicht überlässt, bei einem anderen hingegen nicht, oder den Parteien eine den Zweck mitumfassende ebenso wie eine zweckungebundene Form zur Verfügung stellt, wie dies etwa bei Genossenschaft und Aktiengesellschaft der Fall ist, ist ein Vergleich durchaus möglich. Eine Unterscheidung nach der Intensität der Typenfixierung ist also sicher nie völlig eindeutig, aber doch durchführbar und sinnvoll. 3.  Typenzwang Ebenfalls normativen Gehalt hat der Begriff des »Typenzwangs«. Auch hier lässt sich wieder nach dem Urheber, dem Mittel und der Intensität des Typenzwangs fragen. Anders als bei der Typenfixierung, die sich nur mit dem einzelnen Typ befasst und dessen Merkmale und Eigenschaften festlegt, kommt beim Typenzwang indes die Frage nach den Folgen eines etwaigen Verstoßes hinzu. a)  Definition In welcher Beziehung die beiden Teile des Wortes Typenzwang zueinander stehen, liegt nicht auf der Hand42 . Der Zwang könnte von den Typen ausgehen, den Typen gelten oder zu den Typen führen. Während die erste Möglichkeit von vornherein ausscheidet, wird Typenzwang in der Tat manchmal im Sinne der zweiten Mög-

40   So kann zwar unter deutschem Recht eine Hypothek in eine Grundschuld umgewandelt und damit die Belastung als solche von ihrem Sicherungszweck befreit werden, dies aber eben nur bei Umwandlung in eine Grundschuld und nur, weil das deutsche BGB im Unterschied zum Ausland eine solche im Übrigen gleich bleibende (s. nur Chr. Berger, in: Jauernig, BGB, §  1198 Rn.  1) Grundstücksbelastung zur Verfügung stellt. Ebenso kann etwa eine eingetragene Genossenschaft in eine Kapitalgesellschaft – aber auch nur in eine solche – umgewandelt werden (§§  258 ff. UmwG), womit die Zweckbindung entfällt, gleichzeitig aber das Rechtsregime der jeweiligen Kapitalgesellschaft gilt. 41   Vgl. nur Forstmoser, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  254, 256 ff.; allgemein Hopt, ebd., S.  123, 135 f. 42   Ist mit der Endung »-zwang« wie meist ein substantiviertes Verb verbunden – Beispiele sind Zugzwang oder Kontrahierungszwang –, bezeichnet die Zusammensetzung den Zwang, im Sinne des Verbs zu agieren – also einen Zug zu tun, zu kontrahieren. Erst aus dem Sachzusammenhang ergibt sich hingegen das Verhältnis der beiden Wortteile bei einem Substantiv, das keine Tätigkeit bezeichnet; weitere Beispiele neben Typenzwang wären etwa Sachzwang oder Polizeizwang.

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lichkeit – und damit als Synonym für Typenfixierung – verstanden43 . Ganz überwiegend bezeichnet man mit Typenzwang jedoch eine Situation, in der das Handeln des Rechtsunterworfenen in bestimmte, vorgegebene Gestaltungen »gezwungen« wird. Der Zwang führt also zu den zur Verfügung stehenden Formen oder Typen, deren Anzahl notwendigerweise limitiert ist und damit keine anderen, individuell gebildeten Typen zulässt. Adressat dieses Zwangs sind die Rechtsunterworfenen, also die Parteien, die sich im konkreten Fall einer bestimmten Gestaltung bedienen wollen. Damit scheidet – was sich von selbst verstehen sollte – jedenfalls der Gesetzgeber als Adressat des Typenzwangs aus. Er kann also Typen hinzufügen oder abschaffen, auch den Typenzwang insgesamt aufheben. Darüber hinaus darf aber auch die Rechtsprechung nicht uneingeschränkt als Adressat des Typenzwangs angesehen werden. Sie ist zwar an Gesetz und Recht gebunden und muss daher einen vom objektiven Recht vorgegebenen Typenzwang durchsetzen. Schon das objektive Recht kann sich indes selbst ohne Abänderung eines eventuellen Rechtstextes mit der gemeinsamen Rechtsüberzeugung wandeln. Vor allem aber findet die Bindung der Rechtsprechung ihre Grenze in der heute kaum noch grundsätzlich in Frage gestellten Befugnis der Rechtsprechung zur Rechtsfortbildung44 . Typenzwang ist nach diesem Verständnis demnach gleichbedeutend mit einer den Rechtsunterworfenen vorgegebenen geschlossenen Zahl, einem numerus clausus, möglicher Typen. Der Inhalt dieser Typen muss dabei notwendigerweise fixiert sein, denn nur dann ist es sinnvoll, die Rechtsunterworfenen auf eben diese Typen zu verweisen. Typenzwang setzt also immer Typenfixierung voraus. Versucht man wiederum die Verkürzung auf eine Frage, so ließe sich Typenzwang auf ein »Was geht nicht?« reduzieren45 . Dem Wesen eines solchen Typenzwangs ist die Möglichkeit einer Beschränkung auf einen einzigen Typ oder einer völligen Versagung eines Typs immanent. Dies wird deutlich, wenn man sich die Wirkung des Typenzwangs in einem konkreten Fall vor Augen führt. Soll etwa eine akzessorische dingliche Sicherheit an einer beweglichen Sache bestellt werden, kommt nur das Pfandrecht in Betracht. Stellt die Rechtsordnung nun einen denkbaren Typ – wie z. B. in Deutschland das dingliche Vorkaufsrecht an Mobilien – gar nicht zur Verfügung, so ist dies ebenso eine Folge des Typenzwangs. Derartige Fälle muss es unter einem Typenzwang notwendigerweise geben46 . 43   So etwa Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 496; wohl auch Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  241. 44   Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 22. August 2006, 1 BvR 1168/04 (»Marlene Dietrich«), NJW 2006, 3409; Canaris, in: Festschrift für Werner Flume I, S.  371, 376 f.; Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  23 ff.; Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S.  87–90; Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 641 f.; Wolff/ Raiser, Sachenrecht, §  2 II 1 (S.  10). 45   Ob das rechtliche Können oder (nur) das rechtliche Dürfen beschränkt werden, kann offen bleiben; dazu im letztgenannten Sinne nachdrücklich Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S.  70–73. 46   Meist wird der Typenzwang auf ein gesamtes Rechtsgebiet bezogen, in dem Typenzwang

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Kapitel 2:  Grundlagen

b)  Urheber Wenn die Literatur ausführt, die möglichen Typen müssten im Gesetz fixiert sein47, sich aber zum Urheber des Typenzwangs selbst nicht äußert, so ist dies kein gelte oder nicht gelte, etwa »im Schuldrecht«, »im Sachenrecht«, »im Gesellschaftsrecht«. Gemeint ist mit einer solchen Formulierung stets, dass die rechtsgeschäftlich begründbaren Rechte oder Rechtsverhältnisse, mit denen sich dieses Rechtsgebiet befasst, einem numerus clausus unterliegen oder nicht. Bei einem derart auf ein ganzes Rechtsgebiet bezogenen Verständnis ist der im Einzelfall von der oder den Parteien verfolgte Zweck nur insoweit erkennbar, als es offenbar um ein diesem Rechtsgebiet angehörendes Geschäft geht. Spricht man auf dieser Stufe von Typenzwang, stehen den Rechtsunterworfenen doch in aller Regel mehrere Typen zur Verfügung (jedenfalls wenn man davon absieht, auch Grundinstrumente wie das Institut des Vertrages als Typ zu begreifen). Begibt man sich auf eine etwas höhere, konkretere Stufe, auf der der von den Parteien verfolgte Zweck in allgemeiner Form umrissen ist, geht dies regelmäßig mit einer deutlichen Verengung der Zahl möglicher Typen, gelegentlich auch schon mit der Beschränkung auf einen einzigen Typ oder gar dem völligen Ausschluss der angestrebten Gestaltung einher. Soll beispielsweise einem Gläubiger eine Realsicherheit verschafft werden, scheiden nicht zu diesem Zweck verwendbare sachenrechtliche Typen wie die Dienstbarkeiten, das dingliche Vorkaufsrecht oder die Reallast von vornherein aus; für die Vereinbarung einer Personalsicherheit kommen Bürgschaft, Schuldbeitritt, eine Kreditversicherung oder ein Credit Default Swap, nicht aber die übrigen Schuldvertragstypen in Betracht; Aktien können nur von einer Aktiengesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft auf Aktien emittiert werden. Die Zahl der verbleibenden Typen hängt auf dieser Stufe entscheidend davon ab, wie genau der verfolgte Zweck schon spezifiziert ist. Zumeist haben die Parteien indes differenzierte Vorstellungen über den Zweck und die sonstigen angestrebten Merkmale und Eigenschaften des Geschäfts; zudem muss sich das Geschäft in die Rahmenbedingungen des jeweiligen Umfeldes einfügen. Auf dieser höchsten, ganz konkreten Stufe stehen nun bei Geltung eines Typenzwangs oft nur noch wenige, nicht selten auch nur einer oder gar kein Typ mehr zur Verfügung. Wer in Deutschland ein streng forderungsakzessorisches Grundpfandrecht bestellen will, muss die Sicherungshypothek wählen; wer eine persönliche Sicherheit mit den Eigenschaften der Bürgschaft vereinbaren will, muss auch zu dieser greifen und damit insbesondere deren Formerfordernisse erfüllen; ein großes Handelsgewerbe kann ohne Haftungsbeschränkung gemeinsam nur als OHG betrieben werden. Wo unter Geltung eines Typenzwangs mehrere Typen zur Verfügung stehen, wird gelegentlich von »Typenwahlfreiheit«, wo ein bestimmter Typ vorgegeben ist, von »gesetzlicher Typenwahl« gesprochen (z. B. Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S.  22 f.). Wirklich sinnvoll sind diese Bezeichnungen aber nur dort, wo der von den Parteien angestrebte Zweck zumindest in Umrissen feststeht. Denn eine theoretische Wahlmöglichkeit ist ohne Interesse, wenn die zur Auswahl stehenden Typen für die verfolgten Zwecke nicht in Frage kommen. Wer seinem Gläubiger ein Grundpfandrecht verschaffen möchte, für den ist unerheblich, dass er auch eine Reallast oder einen Nießbrauch bestellen könnte, denn für den erstrebten Zweck stehen diese Typen nicht zur Wahl. Können die Begriffe »Typenwahlfreiheit« und »gesetzliche Typenwahl« also nur im Hinblick auf einen bestimmten Zweck verwendet werden, wären sie der Vollständigkeit halber um einen Begriff zu ergänzen, der das völlige Fehlen eines für diesen Zweck geeigneten Typs bezeichnet. Zu denken wäre an einen Begriff der »gesetzlichen Typenversagung«. Allerdings scheint für den herkömmlichen Sprachgebrauch bei Typenzwang und mehr noch bei numerus clausus diese negative Wirkung nicht im Vordergrund zu stehen – vermutlich deshalb, weil das Scheitern einer Gestaltung am Typenzwang meist schon von Anfang an zu vermeiden gesucht wird und sich nachträglich nicht selten durch wirksamkeitsfreundliche Auslegung oder Umdeutung vermeiden lässt. 47   S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  1 Rn.  7 (S.  3); Vieweg/Werner, Sachenrecht, §  1 Rn.  5 (S.  4); Brehm/Berger, Sachenrecht, Rn.  1.37 (S.  21); Lüke, Sachenrecht, Rn.  28 (S.  10); Schapp/ Schur, Sachenrecht, Rn.  6 (S.  3); Schreiber, Sachenrecht, Rn.  25 (S.  27); Westermann/Westermann,

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Zufall: Während sich für die Fixierung der Einzelheiten eines oder mehrerer Typen ein Gesetzestext anbietet, ist der Grundsatz als solcher leicht zu verstehen und zu behalten. Es bedarf daher nicht unbedingt einer expliziten Anweisung seitens des Gesetzgebers; vielmehr reicht aus, wenn der Grundsatz als solcher gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. In der Tat ist die gesetzliche Anordnung eines Typenzwangs für ein gesamtes Rechtsgebiet in einem Gesetz selten48 ; eher noch lässt ein Gesetz in einem eng umgrenzten Bereich nur einen einzigen Typ oder mehrere genannte Typen zu49. Meist ergibt sich der Typenzwang aber erst aus einer Zusammenschau mehrerer Vorschriften oder dem Gesamtsystem, der Rechtstradition und den Gesetzesmaterialien 50 . Andererseits steht aber außer Frage, dass Typenzwang dem objektivem Recht entspringen muss, Private als Urheber eines Typenzwangs mithin ausscheiden. Zwar können Private übereinkommen, in ihrem Verhältnis nur bestimmte Gestaltungen anzuerkennen. Allerdings stünde ihnen eine Abweichung von dieser Vereinbarung oder deren Aufhebung frei; auch würde die Nichteinhaltung der Vereinbarung nur im Innenverhältnis Sanktionen zur Folge haben können. c)  Mittel Dass als Mittel des Typenzwangs nur zwingendes objektives Recht in Frage kommt, ergibt sich, wenn nicht bereits aus dem Begriff selbst, so jedenfalls aus den Ausführungen zum Urheber des Typenzwangs. Die eigentliche Durchsetzung des §  3 III 1 (S.  24); Wolf/Wellenhofer, Sachenrecht, §  2 Rn.  4 (S.  15); Lehmann, Finanzinstrumente, S.  13. 48   S. als Beispiele für das Sachenrecht Art.  1306 Abs.  1 des portugiesischen Código Civil: »Não é permitida a constituição, com carácter real, de restrições ao direito de propriedade ou de figuras parcelares deste direito senão nos casos previstos na lei; toda a restrição resultante de negócio jurídico, que não esteja nestas condições, tem natureza obrigacional.«; Art.  3:81 Abs.  1 Satz 1 des niederländischen Burgerlijk Wetboek: »Hij aan wie een zelfstandig en overdraagbaar recht toekomt, kan binnen de grenzen van dat recht de in de wet genoemde beperkte rechten vestigen. Hij kan ook zijn recht onder voorbehoud van een zodanig beperkt recht overdragen, mits hij de voorschriften zowel voor overdracht van een zodanig goed, als voor vestiging van een zodanig beperkt recht in acht neemt.«; für das Gesellschaftsrecht Art.  2249 des italienischen Codice civile: »Tipi di società. (1) Le società che hanno per oggetto l’esercizio di una attività commerciale devono costituirsi secondo uno dei tipi regolati nei capi III e seguenti di questo titolo. (2) Le società che hanno per oggetto l’esercizio di una attività diversa sono regolate dalle disposizioni sulla società semplice a meno che i soci abbiano voluto costituire la società secondo uno degli altri tipi regolati nei capi III e seguenti di questo titolo. (3) Sono salve le disposizioni riguardanti le società cooperative e quelle delle leggi speciali che per l’esercizio di particolari categorie di imprese prescrivono la costituzione della società secondo un determinato tipo.« S. weiter die Nachweise bei Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239, 243. 49   S. als Beispiel s. 85(1) Law of Property Act 1925: Grundpfandrechte at law an freehold estates nur noch als mortgage by demise und charge by way of legal mortgage; s. 23(1)(a) Land Registration Act 2002: Abschaffung auch der mortgage by demise bzw. sub-demise. Dazu näher unten Kapitel 6 C I. 50   Vgl. für Deutschland Chr. Berger, in: Jauernig, BGB, Vor §  854 Rn.  3: Umkehrschluss aus zahlreichen Vorschriften; ähnlich Wilhelm, Sachenrecht, Rn.  13 (S.  7); Schapp/Schur, Sachenrecht, Rn.  6 f. (S.  3 f.); für die Niederlande Struycken, De numerus clausus in het Goederenrecht, S.  11 f.

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Kapitel 2:  Grundlagen

Typenzwangs kann dabei an sich auf sämtliche Möglichkeiten zurückgreifen, die dem objektiven Recht auch sonst zur Verfügung stehen und wegen ihrer unterschiedlichen Schärfe hier sogleich unter dem Gesichtspunkt der Verstoßfolgen näher beleuchtet werden sollen. d)  Intensität Typenzwang ist umso intensiver, je kleiner der Kreis zulässiger Typen ist. Es kommt mithin darauf an, wie viele verschiedene Typen zur Verfügung stehen. Die Zahl muss geschlossen sein, darf also nicht ins Unendliche gehen. Man wird aber darüber hinaus eine gewisse Überschaubarkeit verlangen müssen, weil ansonsten Typenzwang bedeutungslos wird. Wo von Typenzwang die Rede ist, findet man denn auch stets eine Beschränkung auf eine solche kleinere Zahl. Wie schon bei Standardisierung und Typenfixierung entscheidet aber nicht die bloße Zahl möglicher Typen 51. Vielmehr ist darauf zu achten, dass beim Vergleich mit anderen Rechtsordnungen der Kreis möglicher Gestaltungen gleich gewählt wird, beim Vergleich innerhalb ein und derselben Rechtsordnung Bereiche einander gegenüber gestellt werden, die auf gleicher Stufe stehen. Denn mit zunehmender Konkretisierung des von den Parteien verfolgten Zwecks und des relevanten Umfeldes verengt sich das Feld der Gestaltungsmöglichkeiten, aus dem unterscheidbare Typen zusammengesetzt sein können. Ein ganzes Rechtsgebiet einer konkreten Lebenssituation gegenüberzustellen, kann nicht angehen. Schon die Bestimmung einer einheitlichen Stufe ist indes problematisch, und dies umso mehr, je abstrakter diese gewählt wird. Man wird beispielsweise nicht ohne Weiteres davon ausgehen können, dass »das Gesellschaftsrecht« über ein Feld an Gestaltungsmöglichkeiten verfügt, das demjenigen »des Sachenrechts« entspreche, bestimmt sich die ohnehin wechselhafte Abgrenzung der Rechtsgebiete doch jedenfalls nicht nach deren »Größe«, sondern nach inhaltlichen Gesichtspunkten. Auch hier verspricht daher vor allem die Rechtsvergleichung brauchbare Aussagen über die Intensität eines Typenzwangs. e)  Verstoßfolgen Während beim ebenfalls normativen Begriff der Typenfixierung nach dem hier zugrunde gelegten Verständnis die Rechtsfolge schlicht in der Anerkennung der typisierten Gestaltung liegt, bedarf die Rechtsfolge des Typenzwangs näherer Überlegung. Im Ausgangspunkt ist dabei klar, dass Typenzwang nur dann besteht, wenn die Rechtsordnung an dessen Missachtung nachteilige Folgen knüpft. Ganz allgemein kann der Verstoß gegen zwingende inhaltliche Vorgaben für rechtgeschäftliche Gestaltungen des Privatrechts verschiedene Folgen haben. Am einen Ende der Skala steht der Fall, dass dem Geschäft insgesamt die Wirksamkeit und damit der Rechtsschutz versagt werden. Das andere Ende der Skala markiert der Fall, dass das Geschäft jedenfalls zunächst zwar voll wirksam ist, aber die   S. soeben B I 1 d, 2 d.

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B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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Rechtsordnung mit Sanktionen allgemeiner Art ihre Missbilligung gegenüber der Gestaltung zum Ausdruck bringt. Zwischen diesen beiden Polen liegen die Fälle, in denen sich die Versagung von Rechtsschutz auf einen Teil des ursprünglichen Geschäfts beschränkt. Hier kommen je nach Art der Vorgabe neben ersatzweiser Geltung dispositiven Rechts auch die geltungserhaltende Reduktion, die automatische, einen etwa entgegenstehenden Parteiwillen ignorierende Geltung der vorgegebenen Regelungen oder eine Umdeutung in Betracht. Dass es für einen Typenzwang ausreicht, wenn Folge einer Verfehlung der vorgesehenen Typen die volle Unwirksamkeit des Geschäfts ist, liegt auf der Hand. Zu einer solch drastischen Sanktion kommt es notwendigerweise dann, wenn der Inhalt der gewählten Gestaltung auch nicht teilweise einem der zulässigen Typen entspricht52 . Derartige Fälle sind indes eher selten, ist der Typenzwang doch regelmäßig mit einem Angebot an Typen verbunden, das alle wichtigen Gestaltungen abdeckt. Häufiger verfehlen hingegen nur einzelne Abreden den einschlägigen Typ. Hier ebenfalls als Rechtsfolge volle Unwirksamkeit zu verlangen, erschiene unverhältnismäßig53 . Tatsächlich geht man in einem solchen Fall auch nur von der Unwirksamkeit der entsprechenden Abrede aus, setzt die für den Typ vorgesehene Regelung an ihre Stelle und lässt das Geschäft im Übrigen unberührt54 . Folge einer solchen »Einpassung« ist, dass der auf den ersten Blick vorliegende Verstoß mangels Wirksamkeit der entsprechenden Abrede nicht zum Tragen kommt, der Typenzwang also voll gewahrt bleibt. Auch eine solche Verstoßfolge reicht also ohne Weiteres für einen Typenzwang aus. Anders stellt sich der Fall dar, dass die Unwirksamkeitsfolge erst und nur im Falle hoheitlichen Einschreitens eintritt, wie dies etwa beim nichteingetragenen Verein der Fall ist, sofern dieser doch wirtschaftliche Zwecke verfolgt: Der Verein verliert dann zwar nicht automatisch die Rechtsfähigkeit; sie kann ihm jedoch entzogen werden 55 . Für die Einbeziehung auch dieser Fälle spricht, dass sich auch sonst die Unwirksamkeitsfolge regelmäßig nur in den seltenen Fällen bemerkbar macht, in denen ein Gericht zur Entscheidung angerufen wird. Solange sich die Parteien ihrer Gestaltung gemäß verhalten und Dritte nicht betroffen sind, hängt die Unwirksamkeitsfolge lediglich wie ein Damoklesschwert über der Gestaltung. Dasselbe gilt aber auch für die Fälle, in denen die Unwirksamkeit hoheitliches Einschreiten voraussetzt.

52   Z. B. Grundstücksnutzung oder Warenlieferung als Gegenstand von Grundpfandrechten, vgl. H. H. Seiler, in: Staudinger, BGB, Einl. zum SachenR Rn.  40; s. a. RG, Urteil vom 21. April 1937, V 297/36, RGZ 154, 355, 358. 53   Vgl. Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S.  71. 54   Z. B. RG, Urteil vom 25. Oktober 1933, V 149/33, RGZ 142, 156, 159 f.: Keine dingliche Wirksamkeit der Abrede, dass Tilgungsbeiträge entgegen §  1163 Abs.  1 Satz 2 BGB nicht zur Entstehung einer Eigentümergrundschuld führen; s. a. BGH, Urteil vom 13. Februar 1957, IV ZR 183/56, BGHZ 23, 293, 298 f. 55   §§  21, 43 Abs.  2 BGB.

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Kapitel 2:  Grundlagen

Zu entscheiden bleibt noch, ob auch ganz allgemeine Sanktionen ohne jede Unwirksamkeitsfolge als Verstoßfolge ausreichen. Wo die Rechtsordnung eine Gestaltung bestehen lässt und ihre Missbilligung nicht mit dem Verdikt zumindest drohender Unwirksamkeit unterstreicht, beeinflusst sie zwar den Parteiwillen. Sie zwingt den Parteien jedoch nicht endgültig bestimmte Typen auf, sondern lässt Raum für eine Entscheidung zwischen der Wahl eines Typs und der abweichenden Gestaltung unter Inkaufnahme der Nachteile. Folglich können auch abweichende Gestaltungen dauerhaft wirksam sein. Von einem numerus clausus kann dann aber nicht mehr gesprochen werden.

II.  Das Verhältnis der benachbarten Grundbegriffe zueinander und zur Typizität Wie verhalten sich nun Standardisierung, Typenfixierung und Typenzwang zueinander und zum Begriff der Typizität, wie er hier gewählt wurde? Aufschluss bringt zunächst eine kurze Wiederholung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Bezugsobjekt sowie in der Natur des Aussagegehalts. Auf dieser Grundlage kann der Blick auf mögliche Wechselbeziehungen gelenkt werden. 1.  Bezugsobjekt Bezugsobjekt von Standardisierung und Typenfixierung ist stets eine einzelne Gestaltung, ein einzelner Typ. Hier wird gefragt, ob und gegebenenfalls inwieweit die Rechtsbeziehungen standardisiert oder fixiert sind. Aussagen zur Intensität von Standardisierung und Typenfixierung beziehen sich zu allererst auf einen einzelnen Typ. Wenn sie für ein größeres Rechtsgebiet getroffen werden, knüpfen sie doch immer an das Aussehen – die Merkmale und Eigenschaften – der einzelnen, auf diesem Gebiet anzutreffenden Gestaltungen an, bilden aus dem dort Vorgefundenen eine Summe. Bei Standardisierung und Typenfixierung schaut der Betrachter also gleichsam von innen und fragt, inwieweit die rechtlichen Beziehungen innerhalb einer bestimmten Gestaltung standardisiert oder fixiert sind. Demgegenüber bezieht sich der Typenzwang von vornherein nicht auf einen oder mehrere einzelne Typen als solche, sondern auf ein ganzes Rechtsgebiet. Er beinhaltet, dass den Rechtsunterworfenen auf diesem Gebiet nur ausgewählte Gestaltungen zur Verfügung stehen. Der Blick fällt also von außen auf ein gesamtes Gebiet. Allerdings kommt der Typenzwang nicht gänzlich ohne den Inhalt der einzelnen Typen aus. Vielmehr wirkt die Intensität der Typenfixierung auf den Typenzwang zurück: Bei strenger Typenfixierung finden auf demselben, von einer Lebenssituation bestimmten Feld der Gestaltungsmöglichkeiten mehr unterscheidbare Typen Platz. Damit kann der Typenzwang eine größere Typenzahl zulassen, ohne dass hierdurch der Privatautonomie mehr Raum zugestanden würde als bei kleinerer Typenzahl, aber auch entsprechend geringerer Typenfixierung; umgekehrt gilt selbstverständlich dasselbe.

B.  Typizität und benachbarte Grundbegriffe

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Versteht man nun unter Typizität das Maß, den Stellenwert, der rechtlicher Vereinheitlichung auf einem bestimmten Gebiet zukommt, so kann sich auch die Typizität nicht mit dem Fokus auf einzelne Typen zufriedengeben. Zugleich geht es der Typizität aber, anders als im Ausgangspunkt dem Typenzwang, sehr wohl auch um die Intensität rechtlicher Vereinheitlichung auf der Ebene des einzelnen Typs. Typizität bezieht sich also sowohl auf die Ebene der einzelnen Gestaltung als auch auf die Ebene eines größeren Rechtsgebiets. 2.  Natur des Aussagegehalts Ihrer Natur nach sind Typenfixierung und Typenzwang juristisch-technische Begriffe. Beide sagen etwas darüber aus, wie die Rechtsordnung mit bestimmten Gestaltungen umgeht: Die Typenfixierung versichert die ausgewählten, fixierten Typen der Anerkennung durch die Rechtsordnung, der Typenzwang verweist die Rechtsunterworfenen auf ausgewählte Typen und enthält zugleich Sanktionen für deren Verfehlung. Im Unterschied dazu ist die Standardisierung empirisch-deskriptiver Natur. Sie beschreibt die rechtliche Vereinheitlichung auf der Ebene der einzelnen Gestaltung, ganz gleich, was deren Hintergründe sind. Mag sie auch durch die sichere Aussicht rechtlicher Anerkennung, wie sie die Typenfixierung bietet, oder gar durch den Zwang in bestimmte standardisierte Muster begünstigt sein – primär geht es der Standardisierung lediglich um das Faktum rechtlicher Vereinheitlichung. Auch dem Begriff der Typizität wird hier ein empirisch-deskriptiver Inhalt zugewiesen. Dennoch unterscheidet sich die Typizität in zweierlei Hinsicht von der Standardisierung. Zum einen interessiert sie sich nicht nur für die Vereinheitlichung auf der Ebene des einzelnen Typs, sondern auch für die Vereinheitlichung auf einem bestimmten Gebiet. Zum anderen geht es ihr nicht allein um das Faktum der Vereinheitlichung, sondern um deren Stellenwert. Da dieser aber von Typenfixierung und Typenzwang beeinflusst wird, spielen Elemente juristisch-technischer Natur mittelbar in den Aussagegehalt der Typizität hinein. 3.  Wechselbeziehungen a)  Typizität und Standardisierung Die rechtliche Vereinheitlichung einzelner Gestaltungen, wie sie die Standardisierung beschreibt, ist eine Grundvoraussetzung von Typizität. Ohne Standardisierung einzelner Gestaltungen kann Vereinheitlichung auch auf der höheren Ebene eines gesamten Gebiets keine Bedeutung haben. Denn auch die Beurteilung eines größeren Gebiets hängt davon ab, wie es um die einzelnen Gestaltungen bestellt ist. Das Interesse der Typizität gilt indes nicht nur der einzelnen Gestaltung, sondern einem größeren Gebiet. Wo für einen einzelnen Typ eine weitgehende Vereinheitlichung gegeben ist, muss noch nicht das gesamte Gebiet von standardisierten

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Kapitel 2:  Grundlagen

Gestaltungen geprägt sein. Vielmehr ist durchaus denkbar, dass neben einer oder mehreren standardisierten Formen auch völlig individuell vereinbarte Gestaltungen von erheblicher Bedeutung sind. Typizität setzt also zwar auf der Ebene der einzelnen Gestaltung Standardisierung voraus, verlangt aber dort, wo sie ein ge­ samtes Gebiet charakterisiert, darüber hinaus auch, dass auf dieser höheren Ebene der oder den standardisierten Gestaltungen ein hoher Stellenwert zukommt. b)  Typizität und Typenfixierung Typenfixierung ist zunächst einmal nichts weiter als das Angebot von Gestaltungen, die auf eine Anerkennung durch die Rechtsordnung vertrauen können. Gerade aus diesem Grund wohnt ihr aber eine Tendenz zu erhöhter Typizität inne. Denn die Sicherheit rechtlicher Anerkennung, die die Typenfixierung verspricht, gibt den Parteien einen starken Anreiz, sich auch tatsächlich den fixierten Typen anzuvertrauen. Allerdings bezieht sich die Typenfixierung wie die Standardisierung auf die einzelne Gestaltung; neben den fixierten Typen sind wiederum individuell vereinbarte Gestaltungen ohne Weiteres denkbar. Typenfixierung begünstigt also sicher Typizität auch auf der höheren Ebene eines gesamten Gebiets und lässt in aller Regel auch auf Typizität schließen, bewirkt aber nur dann auf dieser Ebene von sich aus hohe Typizität, wenn auf dem konkreten Gebiet tatsächlich der oder die fixierten Typen eine dominante Rolle spielen. Dies kann sich von selbst so ergeben, aber auch Folge eines angeordneten Typenzwangs sein. c)  Typizität und Typenzwang Am längsten parallel laufen Typizität und Typenzwang. Beide beziehen sich nicht nur auf einzelne Typen, sondern ein größeres Gebiet. Gilt dort ein Typenzwang, so besteht für die Parteien nicht nur ein starker Anreiz, sondern eigentlich ein zwingender Grund, sich auf einen der zugelassenen Typen festzulegen. Folge ist damit notwendigerweise eine gewisse Typizität auf dem gesamten Gebiet, das der Typenzwang erfasst. Typenzwang garantiert aber nicht schon von sich aus hohe Typizität. Vielmehr kommt es für die Typizität auch auf die »Dichte« des Nebeneinanders zulässiger Typen sowie deren inhaltliche Ausdifferenzierung an. Dabei sind rein logisch Dichte der Typen und Ausmaß ihrer inhaltlichen Festlegung kaum voneinander zu trennen, kann doch die Dichte der Typen stets auf Kosten ihrer inhaltlichen Fixierung reduziert, der Grad inhaltlicher Fixierung auf Kosten der Dichte der Typen erhöht werden. Wann ein Typ endet und ein neuer beginnt, ist nicht vorgegeben, sondern stets eine Wertungsentscheidung. Allgemein kann man für das Verhältnis von Typenzwang und Typizität damit formulieren: Je weniger Typen auf einem Gebiet zur Verfügung stehen und je intensiver die Festlegung einzelner Merkmale dieser Typen ist, desto stärker sind die Gestaltungen auf dem betreffenden Gebiet vereinheitlicht, desto höher ist also die Typizität.

C.  Typizität und Typuslehre

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C.  Typizität und Typuslehre Eine Arbeit, die sich der Begriffe »Typizität«, »Typenfixierung« und »Typenzwang« bedient, kommt nicht umhin, schon eingangs ihr Anliegen zu einer Strömung abzugrenzen, die hier – ungeachtet der Unterschiede zwischen den einzelnen Auffassungen – als Typuslehre bezeichnet werden soll. Methodologisch am besten wohl als späte Gegenbewegung zur Begriffsjurisprudenz einzuordnen 56 , hat diese Lehre in Deutschland außer in der allgemeinen Rechtstheorie besonders im Gesellschaftsrecht unter dem Stichwort der »Typengesetzlichkeit« einige Beachtung gefunden.

I.  Die Unterscheidung von Typus und Begriff als Ausgangspunkt der Typuslehre Vor allem in der deutschen Methodenlehre ist ab den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Verständnis des Wortes »Typus« herausgearbeitet worden, das diesen in einen Gegensatz zum abstrakt-allgemeinen, klassifikatorischen »Begriff« setzt57. Damit folgte die Rechtswissenschaft anderen Disziplinen, die seit dem 19. Jahrhundert der klassifizierenden Begriffsbildung die Typologik gegenüberstellten 58 . In Deutschland stand die Typuslehre allerdings zunächst im Banne einer Strömung, die die »Hinwendung zum Konkreten« mit der Durchsetzung nationalsozialistischen Gedankenguts verband59. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gelang es ihr jedoch, diesen historischen Ballast abzuwerfen und sich einen Platz in der Rechtstheorie zu sichern. Nach dem zwischen Typus und Begriff unterscheidenden Verständnis der Typuslehre kennzeichnet den klassifikatorischen Begriff seine Klarheit und Trennschärfe, aber auch eine gewisse Starrheit60 . Sein Inhalt wird definiert durch die 56   Vgl. Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 513–516 mit Verweis auf Parallelbewegungen in Frankreich. 57   S. nur H. J. Wolff, Studium Generale 5 (1952), 195, 198 ff. mit Hinweis auf die Nähe zum »konkreten Ordnungsdenken« (Carl Schmitt, Über die drei Arten des rechtswissenschaftlichen Denkens) und die Institutionentheorie (M. Hauriou, La théorie de l’institution et de la fondation); Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235, 240 ff.; Arthur Kaufmann, Analogie und »Natur der Sache«, S.  47 ff.; Mengiardi, ZSR 87 II (1968), 1, 68 ff.; Strache, Das Denken in Standards, S.  21, 42 f.; Engisch, Die Idee der Konkretisierung .  .  ., S.  237–294, insbes. 284 ff.; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  19, 22 u. insbes. 34 ff. Einige Bedeutung erlangten dabei die 1936 unter dem Titel »Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik« veröffentlichten Untersuchungen von Hempel und Oppenheim zur Konstitutionsforschung und Psychologie, vgl. nur Engisch, a.a.O., S.  243 f.; Mengiardi, ZSR 87 II (1968), 1, 65 f. m. Fn.  5. 58   Vgl. v. Kempski, Studium Generale 5 (1952), 205 ff. m. w. N.; Mengiardi, ZSR 87 II (1968), 1, 65 m.Nw. in Fn.  4; aus der Psychologie etwa Stern, Die differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen, S.  173 ff. 59   Vgl. nur Larenz, Über Gegenstand und Methode des völkischen Rechtsdenkens, S.  45 ff.; ders., AcP 145 = N. F. 25 (1939), 91, 98; ders., DRW V (1940), 279, 293 ff. S. auch unten Kapitel 4 F I. 60   Radbruch, Internationale Zeitschrift für Theorie des Rechts XII (1938), 46 ff.; Hempel/

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Kapitel 2:  Grundlagen

Gesamtheit seiner konstitutiven Merkmale, also derjenigen Merkmale, die notwendig und ausreichend sind, um den bezeichneten Denkgegenstand von allen übrigen zu unterscheiden. Immer und zugleich nur dann, wenn alle begriffsbildenden Merkmale gegeben sind, kann ein Individuum einem Begriff subsumiert, ein engerer Begriff einem weiteren subordiniert werden61. Demgegenüber entscheidet beim Typus der Gesamteindruck, das gesamte Erscheinungsbild62 : Es gibt keine ein für allemal feststehenden Voraussetzungen, die immer sämtlich voll gegeben sein müssten; vielmehr können bestimmte Voraussetzungen schwächer ausgeprägt sein oder fehlen und durch ein besonderes Gewicht der übrigen Voraussetzungen oder gar durch ganz andere ersetzt werden63 . Der Typus kann folglich nicht definiert, sondern nur beschrieben werden; ihn kennzeichnet seine Offenheit64 und Elastizität 65 . Mangels exakter Definition tritt an die Stelle formallogischer Subsumtion und Subordination daher beim Typus die wertend vergleichende Zuordnung, die ihrerseits auf den künftigen Inhalt des Typus zurückwirkt 66 . Die Typuslehre will nun nicht etwa den abstrakten, klassifikatorischen Begriff durch den Typus ersetzen, sondern vielmehr dem traditionellen juristischen In­ strumentarium eine »typologische Methode« hinzufügen und damit tatsächliche oder vermeintliche Unzulänglichkeiten der bisherigen Methoden beheben. Eine solche Ergänzung musste die Frage aufwerfen, ob überhaupt, und wenn ja, wo eine Norm typologisch anstatt begrifflich zu verstehen war. Dies wurde denn auch zum Gegenstand eingehender rechtstheoretischer Untersuchungen67. Wohl nicht von ungefähr beschränkte sich die theoretische Diskussion der typologischen Methode indes weitgehend auf Deutschland68 , der früheren Hochburg der Begriffsjurisprudenz.

Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, S.  2, 6; Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235, 244; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  440 f. 61   S. nur Strache, Das Denken in Standards, S.  35, 41, 52 f. m.Nw. 62   Larenz, in: Festgabe für Hermann und Marie Glockner, S.  149, 158 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  294, 297. 63   Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, S.  21 ff.; Arthur Kaufmann, Analogie und »Natur der Sache«, S.  47; Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235, 245; Strache, Das Denken in Standards, S.  47 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  297 f. 64   Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  33, 34 ff., 54. 65   Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, S.  44, 66. 66   S. etwa Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235, 242; Strache, Das Denken in Standards, S.  53 ff., 82 f. m.Nw. 67   Monographisch neben den schon genannten Arbeiten von Leenen, Typus und Rechtsfindung, und Strache, Das Denken in Standards, v. a. Hassemer, Tatbestand und Typus. 68   Vgl. zum Fehlen einer eingehenden Diskussion in Frankreich Jolidon, ZSR NF 87 II (1968), 421, 460–473, 484, 506 f.; allerdings ging die Institutionentheorie in eine ähnliche Richtung, dazu H. J. Wolff, Studium Generale 5 (1952), 195, 198 ff. und Teichmann, Gestaltungsfreiheit in Gesellschaftsverträgen, S.  26–43. Zu Italien vgl. wiederum Jolidon, a.a.O., S.  473–483, 484, 507.

C.  Typizität und Typuslehre

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II.  Das Problem der Typengesetzlichkeit im Besonderen Unter anderem auf der von der Typuslehre propagierten, grundlegenden methodischen Unterscheidung von Typus und Begriff baute eine speziellere Diskussion auf, die zugleich ihrerseits die allgemeine Debatte in der Methodenlehre befruchtet hat: die Diskussion um die Typengesetzlichkeit im Gesellschaftsrecht69. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob über die Grenzen der gesetzlichen Regelung hinaus zwingende Vorgaben für den Inhalt von Gesellschaftsverträgen und Satzungen existieren, die einer für die gewählte Gesellschaftsform »untypischen« Gestaltung entgegenstehen, zum anderen um die Frage typusgerechter Rechtsanwendung 70 . Als Quelle solcher Vorgaben werden das »Wesen«, die »Natur der Sache«, die »Institution« oder eben der »Typus« einer Gesellschaftsform erörtert. Man fragt, ob sich aus dem »Typus« oder bestimmten anerkannten »Typenreihen« aufgrund darin zum Ausdruck kommender ordnungspolitischer Interessenentscheidungen Folgerungen für die Zulässigkeit künftiger Gestaltungen und die Rechtsanwendung ziehen lassen. Dass diese Frage vor allem in Deutschland lebhaft erörtert wurde, hängt letztlich wohl mit der harten Auseinandersetzung um die germanische und die römisch-pandektistische Verbandsidee zusammen; die verschiedenen Zuordnungsmöglichkeiten wirtschaftlicher Macht und persönlicher Haftung innerhalb einer Gesellschaft und ihre Bedeutung für die Wettbewerbsordnung boten später der ordoliberalen Schule einen Ansatz71. Einen ersten wichtigen und sogleich gescheiterten Testlauf absolvierte die Vorstellung einer Typengesetzlichkeit in der Frage der Zulässigkeit der GmbH & Co. KG, deren Verbreitung ursprünglich durch eine Besonderheit des Steuerrechts motiviert war 72 . Die Gestaltung der GmbH & Co. KG ist insofern untypisch, als voll haftender Komplementär keine natürliche Person, sondern eine Kapitalgesellschaft ist, was zu mittelbarer Drittorganschaft73 69   S. etwa H. P. Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, passim; Paulick, Die eingetragene Genossenschaft als Beispiel gesetzlicher Typenbeschränkung, S.  19 f., 35 ff.; Haupt/Reinhard, Gesellschaftsrecht, §§  13 I 3 (S.  43 f.), 20 III, IV 5 (S.  79 f.); Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.  114 ff.; Aufarbeitung der Diskussion mit ausführlichen Nachweisen z. B. bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  5 III 2 (S.  114–119); Graf, Die Kapitalgesellschaft & Co. KG auf Aktien, S.  147–158. Vgl. a. Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  17 f. 70   K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  5 II 4 c, III (S.  108 ff.). Vgl. allgemein Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  108: Bei der »Regelung von Typen im techn. Sinn« hänge »das Maß der Einschränkung der Privatautonomie einmal vom Grad der Verbindlichkeit der für typische Gestaltungen gegebenen Regelungen ab (Frage der Abdingbarkeit in typischen Fällen), sodann von der Frage, ob und inwieweit das typische Recht auf atypische Fälle zu erstrecken ist.« 71   Vgl. Immenga, Die personalistische Kapitalgesellschaft, S.  115 ff. m.Nw., 425 f.; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S.  53 ff., 79 ff., 89 ff.; nähere Darstellung bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  5 III 2 b (S.  115 ff.). 72   Erstmals in Preußen 1906 und Bayern 1910 (bayerisches Gewerbesteuergesetz vom 14. August 1910, GVBl.  S .  535), vgl. Boesebeck, Die »kapitalistische« Kommanditgesellschaft, S.  77 f. m. w. N. 73   Boesebeck, Die »kapitalistische« Kommanditgesellschaft, S.  18.

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Kapitel 2:  Grundlagen

führen kann und einen für die Personengesellschaften »typischen« Gleichlauf von Herrschaft und unbeschränkter Haftung einer natürlichen Person sprengt. Daher wurde die Zulässigkeit der GmbH & Co. KG bis zu einer höchstrichterlichen Grundsatzentscheidung 74 und teilweise sogar noch danach angezweifelt75 . Auch zahlreiche weitere »atypische« Gestaltungen wurden unter dem Aspekt der Typengesetzlichkeit auf den Prüfstand gestellt. In anderen deutschsprachigen Ländern hat die Diskussion um die Typengesetzlichkeit – teils unter anderen Vorzeichen – einen gewissen Widerhall gefunden76 ; Rechtskreise mit anderem, weniger systematisch-theoretischem Ansatz oder Rechtspersönlichkeit aller Handelsgesellschaften77 kennen sie jedoch in dieser Schärfe nicht.

III.  Kurze Kritik und Bedeutung der Diskussion für die vorliegende Untersuchung Die Diskussion um die Typuslehre im Allgemeinen und das Problem der Typengesetzlichkeit im Besonderen hat ihre Blüte in Deutschland in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt78 . Sie wird zwar bis heute vor allem in den Werken zur Methodenlehre79 und zum Gesellschaftsrecht80 aufgegriffen. An neueren Beiträgen fehlt es jedoch. Schon die methodische Einordnung der Typuslehre ist bis heute wenig geklärt81. Vor allem aber hat sie in der Praxis geringe Bedeutung erlangt82 . Die Rechtsprechung argumentiert zwar gelegentlich mit der Idee des Ty74   RG, Beschluss vom 4. Juli 1922, II B 2/22, RGZ 105, 101; heute vom Gesetzgeber konkludent anerkannt etwa in §§  172a, 177a HGB. 75   Zur früheren Diskussion s. die Nachweise im Urteil des RG (Fn.  74), S.  102 f.; weiter Boesebeck, Die »kapitalistische« Kommanditgesellschaft, insbes. S.  18, 72 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  5 III 1 c (S.  112) m. Fn.  132 f. 76   S. für die Schweiz, wo sich die Diskussion u. a. an den vielen Klein- und Kleinst-Aktiengesellschaften entzündete, eine GmbH & Co. KG hingegen gem. Art.  594 Abs.  2 OR ausgeschlossen ist, Jäggi, SAG 31 (1958), 57, 65–80; Bär, ZBJV 95 (1959), 369, 381–407; Koller, Grundfragen einer Typuslehre im Gesellschaftsrecht; Mengiardi, ZSR NF 87 II (1968), 1, insbes. 66 f., 147–177; klar ablehnend Jolidon, ZSR NF 87 (1968), 427, 454 ff. u. insbes. 533–566. 77   So in Frankreich, s. nur Sonnenberger/Ferid, Das französische Zivilrecht I/1, 1 D 318. 78   Vgl. Engisch, Die Idee der Konkretisierung .  .  ., S.  237 einerseits (».  .  . in neuerer Zeit in allen Wissenschaften zum Modebegriff geworden« [Fn. ausgelassen]), S.  289 andererseits (».  .  . präzise Bestimmung des Typenbegriffs .  .  . in der juristischen Terminologie nicht einzubürgern scheint.«). Hassemer, Tatbestand und Typus, insbes. S.  96 ff., deutet gar strafrechtliche Tatbestände typologisch. S. a. Arthur Kaufmann, Analogie und »Natur der Sache«, der im Typus »eines der aktuell­ sten Probleme der gegenwärtigen Rechtstheorie« sah (S.  47). 79   Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  290 ff.; Vogel, Juristische Methodik, S.  147. 80   K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  5 II 4 c, III (S.  108 ff.). 81   Vgl. (je mit eigenen Vorschlägen) Radbruch, Internationale Zeitschrift für Theorie des Rechts XII (1938), 46, 54; Strache, Das Denken in Standards, S.  20; Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  21 f.; s. schon Stern, Die differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen, S.  174 und Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, S.  7 f. zur allgemeinen Logik; vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  265. 82   Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S.  302: »Der Wert der Ty-

C.  Typizität und Typuslehre

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pus83 . Eine solche Argumentation wird jedoch allgemein akzeptiert und findet in methodischer Hinsicht wenig Beachtung. Dies beruht wohl darauf, dass ein solches Vorgehen auch mit den anerkannten Auslegungsmethoden erklärbar ist, erlauben diese doch heute ebenfalls, eine zu starke Orientierung am Begrifflichen zu vermeiden84 . Die Idee einer Typengesetzlichkeit im Gesellschaftsrecht hat sich als wenig fruchtbar erwiesen85 . Unter weitgehender Zustimmung der Literatur kommt die Rechtsprechung bei der ohnehin schwachen und meist auf andere Fragen abzielenden Kontrolle von Gesellschaftsverträgen ohne den methodischen Überbau einer Typuslehre aus. Die praktische Bedeutungslosigkeit und das Verstummen der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der Typuslehre dürften verschiedene Ursachen haben. Zum ersten erscheint schon theoretisch eine strenge Durchführung der Unterscheidung von Typus und Begriff schwierig: Einerseits zeigen auch die der Welt des Begriffs angehörigen zivilrechtlichen Klassen wie etwa die dinglichen Rechte eine gewisse Offenheit für abändernde Vereinbarungen, die volle begriffliche Strenge auflösen86 ; auch sind juristische Begriffe anerkanntermaßen unscharf und nicht eindeutig bestimmbar87, was dem Typus zumindest nahekommt88 . Andererseits ist auch von Seiten des Typus eine Annäherung zu beobachten, je größer die in der Wirklichkeit zu beobachtende Einheitlichkeit rechtlicher Regelungen in einem bestimmten Bereich ist. Auch ist ungeklärt, ob nicht vermeintliche Typen bei optimaler Ausdifferenzierung der Begriffe doch begrifflich fassbar wären89 oder doch sein müssten, um normative Aussagen treffen zu können90 . Es kann daher nicht verwundern, dass teilweise die Unterscheidbarkeit von Begriff und Typus ganz geleugnet wird91. Zum zweiten zeigen sich in der konkreten Anwenpenbildung für die Erkenntnis der inneren Zusammenhänge der Rechtsordnung ist .  .  . ein begrenzter.« 83   S. etwa die älteren Beispiele bei Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  18 f.: BGHZ 26, 7; BAGE 12, 158, 163; BVerwGE 30, 296. 84   Vgl. Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 532. 85   K. Schmidt spricht vom »desillusionierenden Verlauf der Typenzwangdiskussion« (Gesellschaftsrecht, §  5 III 2 f [S.  125]) und lehnt den Ansatz ab (a.a.O., §  5 III 3 [S.  127]). S. a. Graf, Die Kapitalgesellschaft & Co. KG auf Aktien, S.  158 (»Die Lehre von der gesellschaftsrechtlichen Typengesetzlichkeit ist als Grenze der Rechtsfortbildung im heutigen Gesellschaftsrecht als überholt anzusehen und nicht mehr als einschlägig zu betrachten.«); für die Schweiz Druey, AG 1995, 545, 548: ».  .  . vom ganzen theoretischen Bemühen bleibt jedenfalls nicht viel übrig«. 86   Vgl. nur Boesebeck, Die »kapitalistische« Kommanditgesellschaft, S.  10 unter Verweis auf dispositive Bestimmungen im Gesellschaftsrecht. 87   S. schon Müller-Erzbach, Jherings Jahrb. 61 (1912), 343, 345 ff.; Heck, AcP 112 (1914), 1, 173 mit Fn.  265; Engisch, in: Studi in Onore di Emilio Betti I, S.  313, 322–335; für das Gesellschaftsrecht z. B. Boesebeck, Die »kapitalistische« Kommanditgesellschaft, S.  10 m. w. N. 88   Gegen eine Leugnung des Strukturunterschiedes unter Hinweis auf die Unbestimmtheit Strache, Das Denken in Standards, S.  73–75. 89   Dagegen aber etwa Hempel/Oppenheim, Der Typusbegriff im Lichte der neuen Logik, S.  19 f.; zur Frage gegenseitiger Ersetzbarkeit auch Strache, Das Denken in Standards, S.  51 f. m.Nw. 90   In diesem Sinne insbes. Stolterfoht, Die Selbständigkeit des Handelsvertreters, S.  165 ff. 91   Die Unterscheidbarkeit von Begriff und Typus völlig leugnend Hassemer, Tatbestand und

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Kapitel 2:  Grundlagen

dung keine klaren Vorteile der Typuslehre gegenüber dem klassischen juristischen Instrumentarium. Denn für die Bestimmung von Inhalt und Umfang eines Typus und damit die Frage, ob im konkreten Fall eine Zuordnung möglich ist oder nicht, kann es am Ende keine anderen Maßstäbe geben als die, mit denen sich die klassische Methodenlehre seit langem auseinandersetzt: in gesetzlich erfassten Bereichen Wortlaut und Systematik, Wille des Gesetzgebers und Sinn und Zweck der Norm sowie gegebenenfalls Lückenfüllung durch Analogie oder Kehrschluss, in von Richterrecht geprägten Bereichen Vergleichbarkeit mit früher Entschiedenem. Allenfalls ist bei typologischer Argumentation das Verharren im rein Begrifflichen schwerer möglich; verglichen mit der direkten Offenlegung von Wertungen kann sich der Verweis auf einen Typus aber als Umweg oder gar Einfallstor für eine Ideologie erweisen92 . Letztlich bedarf es für die vorliegende Arbeit keiner grundlegenden Auseinandersetzung mit dieser Diskussion. Denn der Typuslehre geht es vornehmlich um die richtige Methode der Rechtsfindung93 , insbesondere das richtige Verständnis von Gesetzestexten. Sie fragt, ob94 bzw. wann und warum95 ein bestimmtes Tatbestandsmerkmal einer Norm begrifflich oder typologisch verstanden sein will, und sieht im letzteren Fall einen größeren Spielraum für den Rechtsanwender. Demgegenüber interessiert sich die vorliegende Arbeit für die Hintergründe rechtlicher Vereinheitlichung und stellt die Frage, wie sich diese erklärt sowie ob sie wünschenswert und sinnvoll ist. Bei der Bestandsaufnahme wird dabei die jeweils vorherrschende Methode der Rechtsfindung zu berücksichtigen sein96 . So mag die rechtliche Vereinheitlichung bei begrifflicher Normauslegung tendenziell stärker, bei typologischer tendenziell schwächer ausfallen. Auch könnte ein als wünschenswert und sinnvoll erkannter Grad der Vereinheitlichung als Argument bei der Entscheidung zwischen begrifflicher und typologischer Rechtsanwendung dienen, sofern man diesem Ansatz folgen möchte. Im Fokus der Untersuchung steht je-

Typus, S.  86 ff. Eine Trennung ablehnend auch Zippelius, Juristische Methodenlehre, S.  20. Nach Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  56 ff., lassen sich Typus und Begriff zwar nicht begriffslogisch unterscheiden, wohl aber typologisch. 92   Sehr deutlich zur Idee eines Typus, der dem historischen Gesetzgeber vorgeschwebt habe, Jolidon, ZSR 87 II (1968), 427, 507–532; weiter die in Fn.  85 Genannten. 93   S. nur Leenen, Typus und Rechtsfindung, insbes. S.  173; weiter Strache, Das Denken in Standards, insbes. S.  78 ff. 94   Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  117; s. a. Zippelius, in: Festschrift für Karl Engisch, S.  224, 231 f. 95   Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  59. 96   Dies gilt insbesondere für die Untersuchung des Sachenrechts unter dem Nationalsozialismus, wo kurz auf die Typuslehre zurückzukommen sein wird (unten Kapitel 4 F I). Sicherlich nicht außer Acht zu lassen ist auch, dass die Rechtsfindung im angloamerikanischen Rechtskreis weniger auf abstrakten Begriffen beruht. Es kann denn auch kaum überraschen, dass die Vertreter der Typuslehre den angloamerikanischen Rechtskreis als stärker von typologischem Denken geprägt ansehen (Esser, Grundsatz und Norm, insbes. S.  44, 119 f., 183 ff., 218 ff.; ders., Studium Generale 12 [1959], 97, 104 f.; Strache, Das Denken in Standards, S.  8 0–92 m. w. N.).

C.  Typizität und Typuslehre

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doch die Erörterung des »Wo« und des »Warum« rechtlicher Vereinheitlichung, mag diese Vereinheitlichung klassifikatorischer oder typologischer Art sein97. Hält man damit eine grundlegende Auseinandersetzung mit der Typuslehre für entbehrlich, so könnte man sich doch immer noch an der Verwendung der Begriffe »Typizität« und »Typisierung« für die hier interessierende rechtliche Vereinheitlichung stören. In der Tat wird in der Literatur zur Typuslehre eine »falsche« Verwendung dieser Begriffe beklagt, wo der Typus nicht als Gegensatz zum klassifikatorischen Begriff verstanden wird98 . Ist das jeweilige Begriffsverständnis jedoch klar, sollte eine Belegung der Begriffe »Typizität« und »Typisierung« mit dem oben99 vorgestellten Inhalt keiner Kritik begegnen. Auch die selbsternannte Königsdisziplin der Rechtstheorie kann nicht ernsthaft beanspruchen, nur sie sei zur Festlegung des Bedeutungsinhalts der Rechtssprache befugt, zumal dann nicht, wenn sie einen schon viel früher verbreiteten, aber anders verstandenen Begriff100 für ein erst später herausgearbeitetes methodisches Phänomen heranzieht101.

IV.  Zusammenfassung Die Typuslehre stellt neben das herkömmliche, auf mehr oder weniger bestimmten klassifikatorischen Begriffen aufbauende Instrumentarium der Rechtswissenschaft eine typologische Methode, die aus einem definitorisch nicht fassbaren »Typus« normative Folgerungen zieht. Dieser im Wesentlichen auf Deutschland beschränkte Ansatz hat sich als wenig fruchtbar erwiesen. Er findet selbst im Ge­ sellschaftsrecht, wo er zunächst Einfluss gewonnen hatte, heute kaum noch Gefolgschaft. Für eine Untersuchung der Hintergründe rechtlicher Vereinheitlichung von Gegenständen oder Rechtsverhältnissen des Privatrechtsverkehrs ist die Typuslehre zum einen allenfalls am Rande bedeutsam, zum anderen kann aus ihr kein Argument gegen die Behandlung des Themas unter dem Begriff der »Typizität« hergeleitet werden.

97   Normative Verbindlichkeit kommt sowohl abstrakt-begrifflicher als auch typologischer rechtlicher Vereinheitlichung zu; vgl. nur Strache, Das Denken in Standards, S.  67. 98   So z. B. Mengiardi, ZSR NF 87 II (1968), 1, 96, s. aber auch S.  99 sub 4. 99   Unter A, B. 100   Für den Begriff des Typus grundlegend Heyde, Studium Generale 5 (1952), 235, 241. 101   Vgl. a. Engisch, Die Idee der Konkretisierung .  .  ., S.  289 f.

Zweiter Teil

Sachenrecht Der deutsche Jurist wird Typizität zuvörderst mit dem Gebiet des Sachenrechts in Verbindung bringen. Hier herrschen Typenfixierung und Typenzwang, muss der Rechtsunterworfene aus einem numerus clausus dinglicher Rechte auswählen. Die Vorstellung eines geschlossenen Kreises möglicher Sachenrechte erscheint heute so selbstverständlich, dass vertiefte Auseinandersetzungen mit Herkunft und Hintergründen dieses Strukturprinzips eher selten sind. Meist findet sich allenfalls die Andeutung, dass die Figur eines sachenrechtlichen numerus clausus ihren Ursprung im römischen Recht habe und über die »Wiederentdeckung« des römischen Rechts auf direktem Wege zu einem Grundprinzip der heutigen kontinentaleuropäischen Sachenrechtskonzeption geworden sei. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass die sachenrechtliche Typizität in verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedliche Ausprägung gefunden hat und durchaus Schwankungen unterworfen war und ist. Dies wird besonders deutlich, wenn man auch die Rechtsordnungen Englands und der U. S. A. mit einbezieht. Die Befunde der rechtshistorischen Forschung lassen eine hervorgehobene Rolle von Typizität auf dem Gebiet des Sachenrechts erkennen; einer gewissen Relativierung bedarf allerdings die verbreitete Annahme, ein sachenrechtlicher numerus clausus entstamme dem römischen Recht und habe von dort aus in gerader Linie die Entwicklung auf dem Kontinent geprägt.

Kapitel 3

Römisches Recht Im römischen Recht lassen sich drei Epochen unterscheiden, die trotz fließender Grenzen aufgrund ihrer Eigenheiten hervortreten. Das altrömische Recht hat seinen Ursprung in der Siedlungszeit der römischen gentes am Tiber und erfasst die Monarchie sowie die frühe Republik; prägend sind Zwölftafelgesetzgebung und Legisaktionenverfahren. Das vorklassische und klassische Recht fällt in die Zeit der späten Republik und des Prinzipats und zeichnet sich durch die Bedeutung des Edikts, das Formularverfahren und eine blühende Rechtsliteratur aus. Das nachklassische Recht lässt sich grob dem Dominat und der Spätzeit, aber auch den frühmittelalterlichen Reichen auf weströmischem Gebiet zuordnen. Eine Sonderstellung nimmt die Justinianische Erneuerung ein. Das Sachenrecht dieser Epochen ist durch unterschiedliche Grade an Typizität gekennzeichnet.

A.  Altrömisches Recht Eine Untersuchung der Bedeutung von Typizität im altrömischen Sachenrecht steht vor der Schwierigkeit, dass dieses zwar seine Bezugsobjekte in zwei Kategorien – res mancipi und res nec mancipi – einteilt und die verschiedenen Formen ihrer Veräußerung unterscheidet, über den Inhalt der möglichen Rechtspositionen an diesen Gegenständen direkt aber wenig aussagt. Vielmehr wurde wohl jede Berechtigung an einem Gegenstand als eine Art von Eigentum verstanden. Das Eigentum als einziges Sachenrecht umfasste damit auch sämtliche beschränkten Berechtigungen. Nichtsdestotrotz gab es aber der Sache nach durchaus Positionen unterschiedlichen Inhalts, die als Sachenrechtstypen hervortreten. Dass deren Ausgestaltung nicht im Belieben der Parteien stand, dürfte seine Ursache vor allem in den die Verfügungsgeschäfte beherrschenden Regeln sowie im Prozessrecht haben.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Das altrömische Eigentum bezeichnete in einer eher unbestimmten, untechnischen Weise die Rechtsgewalt des pater familias über Sachgüter. Diese unterteilten sich in die – für den bäuerlichen Betrieb besonders wertvollen – res mancipi1, für die

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eine Übertragung durch den Formalakt der mancipatio möglich war, und die res nec mancipi, die sämtliche anderen Güter umfassten und insbesondere durch Kausalgeschäft und einfache traditio übertragen wurden. Verglichen mit dem heutigen, scharf abgegrenzten Eigentumsbegriff ging das altrömische Eigentum weiter; es schloss jedenfalls bestimmte inhaltlich beschränkte Formen rechtlicher Sachherrschaft mit ein  . Besonders deutlich wird dies bei den vier ältesten Feldservituten (servitutes rusticae)  . Da sie res mancipi waren, konnte ihre Bestellung (»Übereignung«) in Form der mancipatio erfolgen. Diese Servituten verstand man offenbar als unselbständigen Bestandteil des begünstigten Grundstücks . Schon deshalb bot sich die Behandlung als Eigentum zu einer Zeit geringerer Ausdifferenzierung durchaus an  . Dem altrömischen Eigentumsbegriff allein sind mithin noch keine Hinweise auf sachenrechtliche Typizität zu entnehmen; mit seiner Weite spricht er eher gegen das Vorhandensein von Typizität. Der Schutz des Eigentums erfolgte durch die rei vindicatio im Verfahren der legis actio sacramento in rem, in dem Kläger wie Beklagter ein meum esse behaupteten. Damit hatte der Richter letztlich nur zu entscheiden, welcher Partei das »bessere« Recht zustand, sodass das Eigentum im Hinblick auf den Vindikationsschutz möglicherweise relativer Natur war . Typischerweise wird die obsiegende Partei aber gegenüber jedermann besser Berechtigter und damit nicht nur relativ, sondern absolut geschützter Eigentümer gewesen sein, sei es aufgrund originären Erwerbs oder aufgrund derivativen Erwerbs von einem seinerseits gegenüber jedermann Berechtigten. Die prozessual bedingte Relativität des altrömischen Eigentums und damit auch ihr Unterschied zur Absolutheit dürfte also kaum praktisch geworden sein; dass sie zu größeren Unsicherheiten über die Person des Berechtigten und den Inhalt seines Recht geführt hätte, ist nicht erkennbar . Umso weniger ist davon auszugehen, dass der nicht zur Theoretisierung neigende römische Jurist hieraus dogmatische Folgerungen gezogen hätte  . 

   Res mancipi sind dem Privateigentum zugängliche Grundstücke und bestimmte Grundstücksrechte, Sklaven, Rinder, Pferde, Esel und Maultiere, vgl. Gai. 2, 15; Ulp. ep.  19, 1 (dazu Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S.  356 ff.); Gallo, Studi sulla distinzione fra »res mancipi« e »res nec mancipi«, passim.    Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  31 I (S.  119 ff.), §  38 (S.  143 ff.); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  22 Rn.  2–6 (S.  110 f.).    Fuß- und Reitweg (iter), Viehtrift (actus), Fahrrecht (via) und Wasserleitungsrecht (aquae ductus); dazu grundlegend Elvers, Die römische Servitutenlehre, S.  2 f f.; weiter Burdese, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  497, 501 ff. m. w. N.    S. aber Möller, Die Servituten, S.  25 ff. m.Nw. zum Streitstand.    Vgl. Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  122; Burdese, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  497, 507 m. w. N.    Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  31 IV (S.  124), §  32 III 1 (S.  129), §  35 II (S.  139); ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 3 ff., 15 ff.; 104 (1987), 53, 72–79; Mayer-Maly, in: Festschrift für Heinz Hübner, S.  145, 150; Wolf, in: Symposion Franz Wieacker, S.  1, 31 f. jeweils m.Nw. zum Streitstand.    Vgl. Birks, Acta Juridica 1985, 1, 28 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  31 IV (S.  124 f.); ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 4, 7 f., 24.    S. nur Birks, Acta Juridica 1985, 1, 2 f.; F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  33.

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2.  Beschränkte dingliche Rechte Die volle Ausdifferenzierung der beschränkten dinglichen Rechte erfolgte erst in einer späteren Epoche. Bereits in der Frühzeit erkannt wurde aber der Unterschied zwischen beschränkten Nutzungsrechten und Pfandrecht. Vergegenwärtigt man sich die Rechts- und Wirtschaftsstruktur der altrömischen Zeit, so kann es kaum verwundern, dass auch inhaltlich beschränkte Gebrauchsrechte als Eigentum verstanden wurden. Schon das gegenüber keiner bestimmten Person beschränkte (Voll-)Eigentum als das Recht, die Sache auf jede Weise zu gebrauchen, sie zu veräußern oder sonst rechtlich oder faktisch über sie zu verfügen, unterlag zahlreichen Beschränkungen. Diese waren nicht nur, wie etwa im Nachbarrecht, zivilrechtlicher Art, sondern entstammten auch dem sakralen und öffentlichen Recht. Gegen Missbräuche, insbesondere unwirtschaftliche Nutzung und Verschwendung, konnten zudem im Einzelfall die Zensoren einschreiten. Gedanklicher Ausgangspunkt des altrömischen Sachenrechts war also sicher nicht die Vorstellung, dass dem Berechtigten ein Freiheitsraum zustehe, innerhalb dessen er nach Belieben schalten und walten könne. Vielmehr wurde beim Zusammentreffen von Nutzungsinteressen bestimmter Einzelpersonen an ein und derselben Sache jedem Berechtigten generell nur derjenige Gebrauch zugestanden, der seinen anerkennenswerten Bedürfnissen entsprach. Insofern lässt sich für eine frühe Entwicklungsstufe von der »Denkform eines funktionell geteilten Eigentums« sprechen10 . Man wird also davon auszugehen haben, dass in erster Linie die jeweiligen Bedürfnisse der Beteiligten maßgeblich waren und folglich der Inhalt ihrer Berechtigungen vom Einzelfall abhing. Allerdings ging damit wohl kaum eine Dominanz freier, individueller Gestaltung einher. Denn zum einen werden diejenigen Bedürfnisse, deren Ausgleich rechtliche Regelung verlangte, in einer ursprünglich agrarisch strukturierten und auf familieninterner Arbeitsteilung aufbauenden Wirtschaft allzu vielfältig nicht gewesen sein. Gab es aber zunächst ein begrenztes Spektrum an Bedürfnissen, das sich nur langsam erweiterte, so kehrten auch die zu ihrem Ausgleich notwendigen Gestaltungen immer wieder. Dies musste zu einer frühen Standardisierung führen, einer Standardisierung allerdings, die mit der Entwicklung der Bedürfnisse im Wesentlichen Schritt hielt11. Zum anderen konnten gewiss nicht alle beliebigen Bedürfnisse auf Anerkennung durch die Rechtsgemeinschaft hoffen. Im Gegenteil übte die Rechtsgemeinschaft zu dieser Zeit noch eine recht strenge Kontrolle über sämtliche Lebensbereiche aus und war keineswegs bereit, alle individuellen Bedürfnisse anzuerkennen12 , mag diese Form der Kontrolle auch nicht stets eigentlich zivilrechtlicher   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  31 V (S.  125 f.).   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  7 II 2 (S.  38), §  38 I (S.  143); ders., TR 44 (1976), 233, 257 ff., 287 f. (zum Pfandrecht); ders., in: Festschrift für Paul Koschaker I, S.  445–478; Levy, West Roman Vulgar Law, S.  72; a. A. Burdese, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  497, 504 m. w. N. 11   Vgl. Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  6 . 12   Vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  31 V 2 (S.  125), §  97 I 2 (S.  401), §  98 I 1 (S.  404). 

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oder überhaupt rechtlicher Art gewesen sein13 . In dieselbe Richtung wirkte das ausgeprägte Traditionsbewusstsein der Römer14 . War dies aber so, dann wird in dieser Zeit eine lediglich tastende, oft unbewusste Weiterentwicklung stattgefunden haben, die mit freier individueller Gestaltbarkeit nichts gemein hatte. Viel eher weisen diese Umstände in Richtung eines von der gesamten Rechts- und Gesellschaftsordnung aufgestellten gemäßigten Typenzwangs. Sowohl das Argument tatsächlich relativ einheitlicher Bedürfnisse als auch das Argument starker inhaltlicher Kontrolle finden sich durch die Entwicklungslinie der beschränkten Nutzungsrechte in gewisser Weise bestätigt. Einheitliche, wiederkehrende und zugleich ohne Zweifel anerkennenswerte Bedürfnisse führten dazu, dass sich die vier ältesten und wirtschaftlich besonders bedeutsamen Feldservituten schon früh zu res mancipi verfestigten. Die erst später abgeschlossene Herausbildung weiterer beschränkter Nutzungsrechte erklärt sich dadurch, dass diese – wie die städtischen Servituten – zum einen neueren Bedürfnissen entsprangen und dass sich zum anderen deren Anerkennung als sinnvoll erst durchsetzen musste. Grundsätzlich verschieden von den beschränkten Nutzungsrechten war wohl seit jeher das Pfandrecht. Ursprünglich an Sachen vermutlich nur als Besitzpfand möglich15 , trat später das besitzlose Pfand hinzu, das auch hypotheca genannt wurde, inhaltlich jedoch ebenso behandelt wurde wie das Besitzpfand16 . Die Anerkennung einer Verpfändung ohne Übergabe besiegelte die Loslösung von den Nutzungsrechten. Denn schon mangels Besitzes konnte hier der Pfandgläubiger die Sache nicht mehr bis zur Einlösung selbst nutzen. Ob sich das Pfandrecht aus der fiducia cum creditore entwickelt hat und ganz ursprünglich ebenfalls im Eigentum aufging, ist offen17. Seinem Inhalt nach wird das Pfand ursprünglich stets ein Verfallspfand gewesen sein; über die weitere Abgrenzung der Befugnisse von Gläubiger und Eigentümer und deren etwaige Standardisierung ist nichts Wesentliches bekannt18 . 13   Vgl. Wieacker, Römische Rechtsgeschichte, §  18 I 2 (S.  378); F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  107 f. Diese Annahme einer Kontrolle der zugrunde liegenden Bedürfnisse bei der Anerkennung sachenrechtlicher Positionen korreliert mit der bereits erwähnten, in altrömischer Zeit durchaus noch praktischen Möglichkeit repressiven Einschreitens durch die Zensoren; vgl. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  102 f. sowie (mit teils schwer erträglichen zeitbedingten Einfärbungen) Kaser, Römisches Recht als Gemeinschaftsordnung, S.  13–18, 21–23. 14   Vgl. nur Baldus, AcP 210 (2010), 2, 10–12; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  46 IV 3 (S.  183) für Vorklassik und Klassik; erst recht wird dies aber auf die altrömische Zeit zutreffen; differenzierend allerdings Nörr, in: Festschrift für Werner Flume I, S.  153, 161 ff. 15   Kaser, TR 44 (1976), 233, 237; s. a. Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  5. 16   Ulp. D. 13, 7, 9, 2 (= libro 28 ad edictum: »proprie pignus dicimus, quod ad creditorem transit, hypothecam, cum non transit nec possessio ad creditorem.«); D. 13, 7, 1 pr. (= libro 40 ad Sabinum: »pignus contrahitur non sola traditione, sed etiam nuda conventione, etsi non traditum est«); Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  18 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  110 I (S.  463). 17   Vgl. Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  119; s. aber Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  4. 18   Vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  35 III (S.  144 f.).

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3.  Treuhand Schon das altrömische Recht kannte Treuhandverhältnisse, bei denen zu einer mancipatio oder einer in iure cessio eine Treuhandabrede (pactum fiduciae) hinzukam19. Sachenrechtlich bedeutsam ist insbesondere die fiducia cum creditore contracta. Hier erwarb der Sicherungsnehmer das Eigentum, verpflichtete sich aber, die Sache nicht zu beeinträchtigen oder weiterzuveräußern und bei Rückzahlung dem Sicherungsgeber durch remancipatio oder in iure cessio zurückzuübereignen; ein automatischer Rückfall etwa infolge einer Bedingung widersprach offenbar den damals noch starken Publizitätsvorstellungen, wie sie in der Form der Übertragungsakte Ausdruck fanden. Die Treuhand mit einem Vertrauensmann (fiducia cum amico contracta) war von den Zwecken des Treuhandverhältnisses (z. B. Weiterveräußerung, Freilassung eines Sklaven) bestimmt, beinhaltete aber ebenfalls die Übertragung. Dass die Treuhandgeschäfte als Eigentumsteilung verstanden worden wären, ist indes – trotz des an sich für einen solchen Gedanken günstigen Umfeldes – schon für die altrömische Zeit nicht erkennbar; über frühere Konzeptionen bestehen nur Vermutungen 20 .

II.  Rechtliches Umfeld Geht man davon aus, dass der Kreis dinglicher Rechte nicht nur deshalb beschränkt blieb, weil für eine Ausdehnung gar kein Bedürfnis bestand, sondern dass zudem dingliche Rechte der Anerkennung durch die Rechtsgemeinschaft bedurften, so stellt sich die Frage, wo eine solche Kontrolle ansetzen konnte, sofern sie rechtlicher Natur war. Für eine Antwort ist der Blick auf das rechtliche Umfeld zu richten, in dem sich die Sachenrechtstypen bewegen. Das rechtliche Umfeld wird vor allem durch den Prozess, in dem sich eine sachenrechtliche Position bewähren muss, sowie durch die Vorgaben für eine gewillkürte Begründung und Übertragung dieser Position bestimmt. Besonders im altrömischen Recht waren das Prozessrecht und die Regeln über Verfügungsgeschäfte von entscheidender Bedeutung für die Frage nach einer etwaigen Typizität. 1.  Prozessrecht Von alters her wurde in Rom das subjektive Recht von der Möglichkeit seiner gerichtlichen Geltendmachung her begriffen 21. Im Legisaktionenprozess der Frühzeit 22 setzte der Prätor im Verfahrensabschnitt in iure nur dann für das Begehren 19   Älterer Überblick z. B. bei Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S.  34 ff. Die mancipatio erfolgte jedenfalls später in Form der mancipatio nummo uno, bei der kein effektiver Geldpreis zugewogen wurde. Zu denkmöglichen Formen eines treuhänderischen Kreditsicherungsgeschäfts mit Zuwiegung Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  38 III 1 (S.  144). 20   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  38 III 1 (S.  144). 21   S. nur Windscheid, Die Actio des römischen Civilrechts, S.  1–6; ders., Lehrbuch des Pandektenrechts, S.  190 f. 22   Vgl. Gai. 4, 16; dazu etwa Keller/Wach, Der römische Civilprocess, S.  53 ff.; Richard

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des Klägers ein Verfahren ein, wenn hierfür eine actio anerkannt war und der Kläger die feierliche Spruchformel richtig gewählt und gesprochen hatte. Diese Wortformeln waren den Gesetzen so genau als möglich nachgebildet, um deren Rechtsfolge nicht zu verfehlen. Bei der durch legis actio sacramento in rem eingesetzten Vindikation von res mancipi trat der Beklagte der vindicatio des Klägers mit einer contravindicatio entgegen 23 . Im zweiten Verfahrensabschnitt apud iudicem erfolgte dann auf Grundlage des vom Prätor festgesetzten Streitprogramms die Beweisaufnahme und Urteilsfällung. Später trat im Formularprozess an die Stelle der feierlich gesprochenen Spruchformel eine meist schriftlich abgefasste Prozessformel, die der Prätor gewährte24 . Zwar kam dem Prätor kraft seiner Amtsgewalt die Befugnis zu, neue Klagen abzufassen, wenn dies nach seiner Auffassung notwendig war. Auch die Formeln des Formularprozesses wurden aber nicht beliebig neu geschaffen. Vielmehr wurde zunächst geprüft, ob für das klägerische Begehren eine der anerkannten Formeln zur Verfügung stand; ähnliches galt für die Aufnahme einer exceptio in die Prozessformel. Neben denjenigen Formeln, die Gesetzen nachgebildet waren, stützten sich die Gerichtsmagistrate dabei auf ihre Edikte, in denen sie zu Beginn ihrer Amtszeit die actiones, exceptiones und sonstigen Rechtsmittel kundgaben, denen sie in ihrer Amtszeit Rechtsschutz zukommen lassen wollten 25 . Formeln, die an die Stelle der legis actio sacramento in rem treten konnten, entwickelte der Formularprozess indes erst spät. Zunächst war wohl nur der Umweg über eine sponsio gegeben, in der präjudiziell über das eigentlich streitige Rechtsverhältnis entschieden wurde26 . Damit konnte zwar letztlich wegen eines jeden Rechtsverhältnisses eine Entscheidung erlangt werden; die typisierende Tendenz der Legisaktionen wirkte jedoch noch fort. Ein Aufkommen neuer Sachenrechtstypen scheint mit der Verbreitung der sponsio nicht einhergegangen zu sein. Die Verteidigung einer neuartigen Rechtsposition durch Klage oder Einrede setzte also stets deren Anerkennung durch den Prätor voraus. Eine solche war im Legisaktionenverfahren nie sicher vorauszusehen und grundsätzlich eher unwahrSchmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  6 I (S.  31 ff.); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  80 Rn.  7–13 (S.  364–366), §  81 (S.  369 ff.); Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  38–40, 107–109; Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  46 f.; Wolf, Die litis contestatio, S.  4 f.; Stürner, in: Festschrift für Alfred Söllner, S.  1171, 1171 f.; ders., in: Festschrift für Andreas Heldrich, S.  1061, 1062. 23   S. näher Wolf, in: Symposion Franz Wieacker, S.  1; Kaser, SavZ (RA) 104 (1987), 53; Keller/ Wach, Der römische Civilprocess, S.  6 4 ff. m.Fn.  204. 24   Zum Formularprozess Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  8 0 Rn.  14–20 (S.  366 f.), §  82 (S.  372 ff.); Keller/Wach, Der römische Civilprocess, S.  110 ff.; Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  6 II b (S.  36 f.); Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  47 ff.; Wolf, Die litis contestatio, S.  5 f.; Stürner, in: Festschrift für Andreas Heldrich, S.  1061, 1062. 25   S. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  2 Rn.  15 (S.  23) m.Nw. 26   Näher Gai. 4, 93–95; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  103 I 4 (S.  435); Keller/Wach, Der römische Civilprocess, S.  123 ff.

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scheinlich. Diese Aussicht wirkte gewiss auch auf das Parteihandeln zurück; sie dürfte die Vereinbarung gänzlich neuer Gestaltungen gehemmt haben. Zur Zeit des frühen Formularprozesses, in dem ebenfalls noch ad hoc über die Gewährung einer neuen Klagformel entschieden werden musste, war die dauerhafte Anerkennung einer bis dahin ganz unbekannten Position als dinglich ebenfalls kaum ohne Weiteres zu erwarten. 2.  Verfügungsgeschäfte Auch die besonderen Formen der Verfügungsgeschäfte stellten für die Anerkennung einer neuartigen, individuell geschaffenen Rechtsposition eine Hürde dar. Die mancipatio war mit ihrer Zuwiegung des Kaufpreises ursprünglich klar auf einen dauerhaften Übergang ins Vermögen des Erwerbers als Ergebnis eines Tausches ausgerichtet; dies sowie das Erfordernis eines Ergreifens der Sache durch den Erwerber27 widersprachen schon auf den ersten Blick der Vorstellung, dass lediglich ein beschränktes Recht an der Sache bestellt oder übertragen werde. Selbst als die Zuwiegung des Kaufpreises nur noch Symbolcharakter hatte und die mancipatio abstraktes Übertragungsgeschäft geworden war, werden die weiterhin notwendigen Zeugen und der »Waagehalter« nicht ohne Weiteres an einem neuartigen Geschäft mitgewirkt haben. Dass – wie gesehen 28 – bei der Sicherungstreuhand das Eigentum am Sicherungsobjekt im Falle der Befriedigung des Gläubigers nicht automatisch wieder dem Sicherungsgeber zufiel, ist bezeichnend. Die einem Legisaktionenprozess nachgeformte, nicht auf res mancipi beschränkte in iure cessio, bei der der Prätor mangels Gegenbehauptung des Veräußerers durch addictio die Eigentumsbehauptung des Erwerbers bestätigte29, setzte wiederum wie beim streitigen Verfahren voraus, dass der Prätor die in Rede stehende Rechtsposition anerkannte. Der formfreien Übergabe (traditio) wurden in altrömischer Zeit noch gar keine verfügenden Wirkungen beigemessen. Vielmehr ging das Eigentum schon kraft des »schuldrechtlichen« Geschäfts über, für das indes seinerseits nur bestimmte Typen zur Verfügung standen; die traditio war nur faktische Übergabe30 . Damit hing in Fällen, in denen nicht mancipatio oder in iure cessio zum Einsatz kamen, die verfügende Wirkung des Geschäfts von der Anerkennung der causa ab. Da aber der Kreis der anerkannten Kausalverhältnisse beschränkt war und Gestaltungen, die als beschränkte dingliche Rechte zu verstehen wären, offenbar nicht kannte, ließ auch hier schon der Übertragungsakt nicht beliebige Gestaltung zu. Lediglich bei den Legaten, mit denen nicht nur bestehende Positionen in ihrer Gesamtheit, sondern auch bestimmte Einzelbefugnisse hieraus übertragen und   Gai. 1, 119.   S. soeben unter A I 3. 29   Gai. 2, 24. S. nur Böcking, Institutionen, S.  84 f.; Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  7 Rn.  16 (S.  47). 30   Dazu etwa Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  24 Rn.  12 (S.  121); Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  35 II 1 (S.  139). 27

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B.  Vorklassisches und klassisches Recht

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damit jedenfalls theoretisch auch neue beschränkte dingliche Rechte begründet werden konnten, gab es keine vergleichbare präventive Kontrolle schon im Zeitpunkt, in dem der Erblasser alle für das künftige Entstehen erforderlichen Handlungen vornahm. Ob es sich um ein Legat zulässigen Inhalts handelte, konnte sich daher nur beim Versuch späterer Durchsetzung erweisen 31. Die dort zu erwartende Kontrolle wirkte aber wiederum gewiss schon auf den Zeitpunkt der Anordnung zurück, musste doch jeder Erblasser bestrebt sein, solche Anordnungen zu treffen, die auch im Falle eines späteren Streits Bestand hatten.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Trotz eines weiten und wenig differenzierten Eigentumsbegriffs und einer erst allmählichen Verfestigung von Positionen, die als Vorläufer beschränkter Sachenrechte anzusehen sind, war in altrömischer Zeit allenfalls sehr begrenzt Raum für individuelle Gestaltung. Die Rechtsgemeinschaft übte schon über die tatsächliche Nutzung der Güter eine strenge Kontrolle aus. Neue, bislang unbekannte Berechtigungen konnten nur dann auf Anerkennung hoffen, wenn sie den berechtigten Interessen aller an der Nutzung interessierten Parteien entsprachen. »Geteiltes Eigentum« mag als Denkform existiert haben; die damit beschriebenen Gestaltungen waren jedoch eher an standardisierten Bedürfnissen ausgerichtete Berechtigungen. Schon die Treuhand war nicht als »geteiltes Eigentum«, sondern als gebundene Vollrechtsübertragung konzipiert. Ein begrenzter Kreis tatsächlicher Bedürfnisse, verbunden mit verschiedenartigen und in ihrer praktischen Wirksamkeit nicht zu unterschätzenden Kontrollmechanismen der Rechtsgemeinschaft – zivilrechtlich vor allem über das Prozessrecht und die Formen der Verfügungsgeschäfte –, wirkte in hohem Maße typisierend. Prozessual erschien das altrömische Eigentum als relatives Recht, praktisch war dies jedoch wenig bedeutsam und wurde wohl kaum theoretisch erfasst. Ein etwa angenommener Parallelismus von Relativität und individueller Gestaltung, Absolutheit und Typizität findet in den heutigen Erkenntnissen über diese Epoche keine Bestätigung.

B.  Vorklassisches und klassisches Recht Für das vorklassische und klassische Recht wird ganz allgemein auf die Sparsamkeit der Typenbildung hingewiesen 32 . Im Sachenrecht allerdings brachte diese Epoche höchster wirtschaftlicher und geistiger Entwicklung die Herausarbeitung eines schärfer abgegrenzten und absoluten Eigentums sowie die Abspaltung und 31   Vermutlich waren Legate ohne Prozess und Urteil vollstreckbar, vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  28 II (S.  110 f. m.Fn.  13, 21 f.). 32   S. nur F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  47; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  46 IV 4 (S.  184).

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Kapitel 3:  Römisches Recht

Verselbständigung der meisten bis heute für das kontinentaleuropäische Recht prägenden Grundtypen der beschränkten Sachenrechte.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum In der späten Republik entwickelte sich das Eigentum zum absoluten Vollrecht an der Sache. Es grenzt sich dadurch vom Besitz als der bloß faktischen Gewalt ab und geht davon aus, dass – abgesehen vom Miteigentum – nur eine Person Eigentümer sein kann, die in ihrer Position gegenüber jedermann geschützt ist. Zeitlich befristetes Eigentum wurde als Widerspruch zu diesem Eigentumsbegriff gesehen und war daher ausgeschlossen 33 . Prozessual stand nur noch demjenigen, der die Sache originär oder derivativ von einem Voreigentümer zu Eigentum erworben hatte, die rei vindicatio zu34 . Allerdings galten auch in vorklassischer und klassischer Zeit zahlreiche Beschränkungen unterschiedlicher Herkunft weiter, weshalb das römische Verständnis von Eigentum vielleicht nie die Totalität des Eigentumsbegriffs der späteren kontinentaleuropäischen Kodifikationen 35 erreichte36 . Die Unterscheidung von beweglichen und unbeweglichen Sachen hatte lediglich insofern Bedeutung, als bestimmte Rechtsinstitute aufgrund der natürlichen Beschaffenheit der Sachen nur hier oder dort denkbar waren: Ein Wegerecht etwa konnte nur an Immobilien sinnvoll sein. Ansonsten spielte diese Unterscheidung aber, abgesehen von den Ersitzungsfristen und dem Besitzrecht, kaum eine Rolle37. Wohnungs- oder Stockwerkseigentum konnte es wegen des Prinzips superficies solo cedit eigentlich nicht geben; lediglich der Superfiziar war in gewisser Weise ähnlich durch ein beschränktes dingliches Recht geschützt38 . An den meisten Provinzialgrundstücken konnte der einzelne kein Eigentum, sondern nur ein Besitz- und Nutzungsrecht erlangen. Dieses wurde jedoch im Wesentlichen wie Eigentum behandelt: Es konnte mit formloser traditio veräußert und durch longi temporis praescriptio quasi ersessen werden und war mit einer der rei vindicatio nachgebildeten ediktalen Klage geschützt. Der Provinzialboden 33   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  61 II 2 (S.  258); s. a. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  227 (S.  543). 34   Wer nicht Eigentümer ist, kann aber durch die actio Publiciana relativen Schutz erfahren. Zu allem Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  91 I 2 (S.  373 f.), §  97 (S.  400 ff.), §  104 (S.  438 f.); ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 25 ff.; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  57. 35   S. etwa Art.  544 Code civil (»La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse pas un usage prohibé par les lois ou par les règlements.«), §  9 03 Satz 1 BGB (»Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.«). Dazu näher noch unten Kapitel 4 E I 1, Kapitel 5 B I 1. 36   Kaser, in: Festgabe für Johannes Sontis, S.  11, 13; Mayer-Maly, in: Festschrift für Heinz Hübner, S.  145, 149–152; F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  102 f.; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  53 f.; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  245 f. 37   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  93 I 2 (S.  382). 38   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  91 II 1 (S.  375).

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selbst war mit einem Bodenzins belastet und galt daher als Staatseigentum 39. Für den Privatrechtsverkehr trat das eigentumsähnliche Besitz- und Nutzungsrecht an die Stelle des Eigentums, sodass sich durch diese Besonderheit weder die Zahl der an diesen Grundstücken möglichen Rechte noch die Gestaltungsmöglichkeiten erweiterten. In gewisser Weise ähnlich war die Situation bei der Erbpacht an Land im Eigentum des römischen Staates oder einer Gemeinde, das dem Erbpächter gegen Zins (vectigal) vererblichen Interdiktenbesitz verschaffte. Der Erbpächter konnte seine Position veräußern und verpfänden, vielleicht auch ersitzen. Rechtsschutz gewährte ihm eine prätorische, der rei vindicatio nachgebildete actio in rem. Allerdings konnte der Staat den Boden jederzeit wieder einziehen. Der Erbpacht, die wohl zumeist kleinere Einheiten von Ödland betraf40 , entsprach das Erbbaurecht auf städtischem Boden41. Neben dem nur römischen Bürgern zugänglichen quiritischen Eigentum entstand ein Eigentum nach prätorischem Recht, etwa wenn die Übertragung von res mancipi im Wege formloser traditio und nicht durch die Formalakte der mancipatio oder in iure cessio erfolgte. Der Erwerber war hier in der Zeit bis zur Ersitzung (usucapio) 42 vor dem Herausgabeanspruch des quiritischen Eigentümers durch die Einrede des Rechtsmissbrauchs (exceptio doli) bzw. die Einrede wegen Kaufs und Übergabe einer Sache (exceptio rei venditae et traditae) geschützt43 ; verlor er die Sache, konnte er sie zwar nicht mit der rei vindicatio, aber mit der ihr nachgebildeten prätorischen actio Publiciana, die wohl im letzten Jahrhundert v. Chr. geschaffen wurde, herausverlangen44 . Der Sache nach war dieses »bonitarische« Eigentum also weithin Vollrecht45 . Damit war auch hier letztlich doch eine klare, einheitliche Zuordnung der Vollberechtigung und nicht etwa ein »geteiltes« Eigentum gegeben46 . Die Vorstellung eines einheitlichen, umfassenden Vollrechts, die sich in allen diesen verschiedenen Ausprägungen von Eigentum deutlich zeigt, erlaubte überhaupt erst eine trennscharfe Definition auch anderer – dann notwendigerweise beschränkter – Rechte an Sachen. Dadurch legte schon der klassische Eigentumsbegriff den Grund für höhere Typizität.

39   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  97 II 2 (S.  402 f.), §  104 III (S.  439); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  22 Rn.  10 (S.  112). 40   Vgl. Mitteis, Zur Geschichte der Erbpacht im Alterthum, S.  20 ff. 41   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  107 (S.  455 f.). 42   Vgl. Gai. 2, 41. 43   Ulp., Pomp., Herm. D. 21, 3; s. Harke, Römisches Recht, Rn.  14.24–26. 44   Gai. 4, 36; s. Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  77 f. 45   Vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  104 II (S.  439); Harke, Römisches Recht, Rn.  14.28; Ankum/Pool, in: Essays for Barry Nicholas, S.  5, 22 f. (bonitarisches Eigentum ausreichend für confirmatio pignoris), 33. 46   In diese Richtung auch Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  28; anders offenbar Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 205 (1953).

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Kapitel 3:  Römisches Recht

2.  Beschränkte dingliche Rechte Angesichts dieses Eigentumsbegriffs liegt es auf der Hand, dass Formen beschränkter Herrschaft über eine Sache nunmehr als selbständig neben dem Eigentum stehend gedacht und als dingliche Rechte verstanden wurden. Für die Servituten ging man zu der Annahme über, sie gewährten dem jeweiligen Eigentümer eines herrschenden Grundstücks ein beschränktes Recht an einem dienenden Grundstück, wonach der jeweilige Eigentümer des dienenden Grundstücks bestimmte Einwirkungen des Berechtigten zu dulden oder bestimmte eigene Handlungen zu unterlassen hatte47. Die Servituten umfassten auch in vorklassischer und klassischer Zeit zunächst die vier typischen Feldservituten, die zwar weiterhin unkörperliche res mancipi blieben, deren inhaltliche Beschränkung gegenüber dem Volleigentum aber erkannt wurde, was in der Zuordnung zu den Servituten deutlich wird. Im Laufe der Zeit kam es nicht nur zu inhaltlichen Erweiterungen dieser vier Servituten, sondern auch zum Entstehen jüngerer, nicht durch ediktale Klagen geschützter landwirtschaftlicher Servituten wie etwa dem Tränk- und dem Weiderecht48 . Die mit der Urbanisierung aufkommenden Gebäudeservituten waren eine Innovation und konnten teilweise schon wegen ihres Inhalts nicht mehr als eine Art Eigentum oder Miteigentum an physischen Teilen des dienenden Grundstücks verstanden werden49. Ausnahmsweise konnte Inhalt der Servitut hier auch die Pflicht sein, eine das Nachbargebäude stützende Mauer zu unterhalten 50 . Neben die durch ediktale Klagen geschützten Rechte traten auch hier andere, außerhalb des Edikts anerkannte Rechte51. Die Quellen dokumentieren eine Vielfalt verschiedener Rechtsinhalte und eine stetige Erweiterung52 . Strenge Typizität war damit sicher nicht gegeben. Indessen waren die Gestaltungsmöglichkeiten aber auch keineswegs unbegrenzt, sondern beschränkten sich auf eine Auswahl unter verschiedenen, ihrerseits mehr oder weniger typisierten Formen der Aufteilung von Nutzungsbefugnissen an einem Grundstück, die bestimmten Kriterien genügen mussten53 . So galt das Erfordernis der utilitas praedii und des grundsätzlichen54 Ausschlusses der servitus in faciendo; weitere allen Servituten 47   Burdese, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  497, 511–523 m. w. N.  Zur Herausbildung der Oberbegriffe servitus und ius praedii s. Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 157–163. 48   Servitus pecoris ad aquam appellendi: Pap. D. 8, 3, 4 (= libro secundo responsorum); Ulp. D. 8, 3, 1, 1 (= libro secundo institutionum); 8, 3, 5, 1 (= libro 17 ad edictum). Ius pascendi: Pap., a.a.O.; Ulp. D. 8, 3, 1, 1; 8, 3, 3 pr. (= libro 17 ad edictum). 49   So etwa bei einer Servitut, dem herrschenden Grundstück nicht das Licht zu nehmen; vgl. Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  125 f., 130 f.; Burdese, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  497, 512, 523 ff. m. w. N. 50   So bei servitus oneris ferendi und servitus tigni immittendi; vgl. Honsell, Römisches Recht, S.  75. 51   S. die Nachweise bei Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  105 II (S.  442); Jolowicz/Nicholas, Historical Introduction to the Study of Roman Law, S.  268. 52   Vgl. insbes. Arangio-Ruiz, Scritti II, S.  483, 492 ff.; s. a. Böcking, Institutionen, S.  98 ff. 53   Vgl. F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  104; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  81; neuerdings ausführlich Cursi, Modus servitutis, passim. 54   S. soeben bei Fn.  50.

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gemeinsame Erfordernisse und Eigenschaften wurden schon in der Klassik herausgearbeitet55 und grenzten dieses Institut erkennbar von anderen beschränkten Sachenrechten ab. Innerhalb des Kreises der Servituten bildeten sich aufgrund häufiger Verwendung gewisse unzweifelhaft anerkannte Regeltypen, von denen aus offenbar mit Analogien gearbeitet wurde56 . Damit zeigt sich die Servitut dieser Epoche unter der Gesamtheit der beschränkten Sachenrechte durchaus als eigenständiger Typ; bei den einzelnen Servituten bewirkte die für ein Fallrecht bezeichnende Ausrichtung an Grundformen eine keineswegs unbeachtliche Typizität57. Der Nießbrauch (ususfructus) als höchstpersönliches dingliches Recht58 , eine – bewegliche wie unbewegliche – Sache oder später auch ein ganzes Vermögen bzw. einzelne Rechte59 zu gebrauchen und die Früchte zu ziehen, hatte ursprünglich Versorgungsfunktion60 und konnte wohl noch vor den Servituten gegenüber jedermann mit einer actio in rem verteidigt werden61. Er ist umfassend angelegt und unterscheidet sich insofern von den Servituten, bei denen der Eigentümer des dienenden Grundstücks jeweils nur bestimmte Einwirkungen zu dulden oder zu unterlassen hat. Dies grenzt den Nießbrauch nicht nur klar von anderen beschränkten dinglichen Rechten ab, sondern fixiert auch seinen Inhalt in der Theorie vollständig, sodass sich die Frage nach rechtlicher Typizität verschiedener Nießbrauchsformen nicht stellen kann. Tatsächlich hatte sich die Kasuistik nur mit der Konkretisierung des Umfangs eines Nießbrauchs im Hinblick auf einzelne Gegenstände und mit den allgemeinen Grenzen des Inhalts der Position des Nießbrauchers zu befassen62 . Als nießbrauchsähnliches, aber auf den Gebrauch der Sache beschränktes dingliches Recht entwickelte sich der usus. Während das Gebrauchsrecht, das er beinhaltete, umfassend gedacht war, musste sich hier die Jurisprudenz insbesondere damit befassen, ob und gegebenenfalls inwieweit der Inhaber eines usus neben dem bloßen Gebrauch auch gewisse Nutzungen sollte ziehen dürfen, war doch die Abgrenzung in der Praxis oft wenig klar63 . Die unterschiedlichen Positionen, die man 55   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  105 III (S.  442 f.); Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  81 f. 56   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  105 II (S.  440 f.). 57   S. nur Rainer, in: Collatio iuris Romani II, S.  415, 416–422; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  20 f. 58   Zur Frage, ob der Nießbrauch ein Recht an der fruchttragenden Sache, ein Aneignungsrecht an den Früchten oder eine Art Eigentum an den Früchten ist, s. Kaser, in: Festschrift für Paul Koschaker I, S.  445, 459 ff. m.Nw. 59   Durch senatus consultum bestätigt, vgl. Ulp. D. 7, 5, 1 (= libro 18 ad Sabinum: »Senatus censuit, ut omnium rerum, quas in cuiusque patrimonio esse constaret, usus fructus legari possit: quo senatus consulto inductum videtur, ut earum rerum, quae usu tolluntur vel minuuntur, possit usus fructus legari«). Dazu Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  167–175. 60   Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  121 f.; Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  83. 61   Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  122 f. 62   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  106 I 3 (S.  450 f.). 63   Vgl. Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 164–165; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed

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Kapitel 3:  Römisches Recht

in den Quellen zu diesen Fragen findet, mögen zwar einerseits Probleme der richtigen Auslegung von Vermächtnissen sein, mit denen ein usus zugewandt wurde. Misst man aber der Ermittlung des Erblasserwillens besonderes Gewicht zu, könnte dies auf Gestaltungsfreiheit hindeuten. Andererseits spricht jedoch die intensive Auseinandersetzung und die Tatsache, dass der usus als eigenständiges In­ stitut und nicht lediglich als in bestimmter Weise beschränkter ususfructus wahrgenommen wurde 64 , doch eher gegen die Annahme freier Gestaltung durch die Beteiligten. Mit habitatio und operae kannte das vorklassische und klassische Recht schließlich zwei weitere beschränkte dingliche Rechte an einer fremden Sache, die direkt an die Person ihres Inhabers und nicht an dessen Stellung als Eigentümer einer herrschenden Sache gebunden waren. Die habitatio war ein dingliches Wohnrecht, operae das Recht auf die Arbeitskraft von Sklaven oder Tieren. Ob es sich um Fälle eines usus oder eines ususfructus handelte, blieb umstritten65 . Weitere Nutzungsrechte, die nicht zugunsten des jeweiligen Eigentümers, sondern zugunsten bestimmter Personen dinglich wirken sollten, scheinen nicht bestanden zu haben66 . Damit war der Kreis dieser persönlichen Nutzungsrechte beschränkt, auch wenn solche Rechte erst viel später einheitlich als Personalservituten verstanden wurden. Das Recht, auf fremdem privatem Boden ein Gebäude (superficies) zu halten, war zunächst wohl nur ein relatives, da der für naturrechtlich angesehene67 Satz superficies solo cedit einem veräußerlichen und vererblichen Nutzungsrecht an sich entgegenstand. Die Position des Superfiziars als des Berechtigten erfuhr jedoch ab einer bestimmten Zeit Schutz durch ein besonderes Interdikt und später offenbar auch durch eine actio in rem, wobei die Position des Erbpächters Modell gestanden haben mag68 . Die Möglichkeit einer Ersitzung, Veräußerung und Verpfändung und damit die Verkehrsfähigkeit des Rechts waren offenbar erst eine jüngere Entwicklung69. Das späte Auftreten dinglichen Schutzes und die Kasuistik weisen einmal mehr darauf hin, dass zwar nicht jede Neuentwicklung ausgeschlossen war, aber beliebige Verdinglichung den Parteien nicht offenstand. Das Pfandrecht begegnet schon in vorklassischer Zeit als ein eigenes, nicht dem ius civile angehörendes Befriedigungsrecht des Gläubigers, das formlos zwischen il dogma del ›numero chiuso‹, S.  151 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  106 II (S.  454); Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  86. 64   Vgl. Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 165; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  152 f. 65   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  106 II (S.  454). 66   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  105 I (S.  440). 67   Vgl. Ulp. D. 9, 2, 50 (libro sexto opinionum: »Qui domum alienam invito domino demolit et eo loco balneas exstruxit, praeter naturale ius, quod superficies ad dominum soli pertinet, etiam damni dati nomine actioni subicitur.«). 68   Vgl. Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  175–182; Böcking, Institutionen, S.  108; Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1072. 69   Vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  107 II (S.  456); Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  180.

B.  Vorklassisches und klassisches Recht

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den Parteien vereinbart werden konnte und durch prätorische Klagen geschützt war 70 . Es begründet am Pfand (pignus) – bewegliche wie unbewegliche Sachen71, aber auch Rechte oder das Vermögen als ganzes72 – ein beschränktes dingliches Recht eigener Art73 . Das Pfandrecht ist an die gesicherte Forderung gebunden (akzessorisch) 74 , legt somit also seinen Zweck fest. Es gewährt dem Pfandgläubiger bei Fälligkeit der Forderung ein dinglich geschütztes Recht zur Befriedigung aus der Pfandsache. Die Pfandverwertung, die in älterer Zeit im Verfall bestand, erfolgte später zumeist im Wege des Pfandverkaufs aufgrund einer Verkaufsabrede (pactum de vendendo) 75 , wenn auch der Pfandverfall zunächst weitergelebt hat76 . Mit dem Schritt weg vom Verfallspfand wurde die mehrfache Verpfändung möglich77. Der Rang verschiedener Pfandrechte bestimmte sich grundsätzlich nach dem Prioritätsprinzip, einigen Pfandrechten kam aber ein Rangprivileg zugute78 . Während damit die Grundgestalt des Pfandrechts schon früh feststand, wurden zahlreiche Einzelfragen in Klauseln geregelt. Bestimmte, ständig verwendete Klauseln wie die Verkaufsabrede wurden später als stillschweigend vereinbart angesehen; teilweise entwickelte sich eine feststehende Geschäftspraxis, die zur Herausbildung verfeinerter Pfandrechtstypen führte79. Insgesamt sind demnach beim Pfandrecht gegenläufige Tendenzen zu beobachten. Eine Abschwächung inhaltlicher Fixierung folgt daraus, dass nachträglich rangbessere Pfandrechte entstehen konnten; rein praktisch war außerdem aufgrund der Möglichkeit eines früher bestellten, besitz- und auch ansonsten publizitätslosen Spezial- oder Generalpfandes der Rang eines bestellten Pfandrechts für den Pfandgläubiger und Dritte nicht erkennbar. Gleichzeitig brachte die Verfestigung zunächst vertraglicher Vereinbarungen zu verschiedenen Pfandrechtstypen aber eine Zunahme inhaltlich gleichartiger Gestaltungen.

70   Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  11 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  38 III 2 (S.  144 f.). 71   Zum Fehlen theoretischer Formulierung des Unterschieds von beweglichen und unbeweglichen Sachen etwa Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  49 f. 72   Ein Pfandrecht war an allem möglich, was verkäuflich war, s. Gai. D. 20, 1, 9, 1 (= libro nono ad edictum provinciale: »quod emptionem venditionemque recipit, etiam pignerationem recipere potest«); s. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  110 II 1 d (S.  465 f.). 73   Zur Kontroverse, ob das römische Pfandrecht als ius in re aliena anzusehen sei, s. Kaser, TR 44 (1976), 233, 254–257. 74   Allerdings bestand wohl keine Akzessorietät im streng dogmatischen Sinne, s. Habersack, JZ 1997, 857, 860. 75   Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  157 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  111 (S.  469 ff.); ders., TR 44 (1976), 233, 244–254. 76   Kaser, TR 44 (1976), 233, 236, 251 f. 77   Vgl. Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  155. 78   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  108 I (S.  458), §  110 III 2 (S.  468); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  31 Rn.  26–29 (S.  153–155); Rabel, Grundzüge des römischen Privatrechts, S.  164 f. 79   Kaser, in: Studi Giuseppe Grosso I, S.  27, 30; ders., TR 44 (1976), 233, 236.

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Kapitel 3:  Römisches Recht

3.  Treuhand Auch im vorklassischen und klassischen Recht bestand die Treuhand aus einer schuldrechtlich gebundenen Vollrechtsübertragung80 . Als fiducia cum creditore contracta gab sie dem Sicherheitsnehmer das Recht, sich aus der Sache zu befriedigen, wenn die gesicherte Schuld nicht getilgt wurde, wobei auch hier die Verkaufsabrede bald den Verfall ablöste 81. Ein eigentlich geteiltes Eigentum ist wiederum nicht erkennbar82 . Auf dem Gebiet des Erbrechts wird unter Augustus die formlose Bitte des Erblassers an seinen Erben oder Vermächtnisnehmer von der bloß sittlichen Verpflichtung zwar zur klagbaren Pflicht. Dieses Fideikommiss wirkt indes nur obligatorisch83 , ist also keine sachenrechtlich relevante, gar die Typizität beeinflussende Form der Treuhand. 4.  Privatautonome Verfügungsbeschränkungen Können Private bestimmte Verfügungen über Gegenstände mit absoluter Wirkung verbieten, ist ihnen die Schaffung neuer dinglicher Rechte möglich. Ob das römische Recht rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen mit absoluter Wirkung kannte, ist bis heute nicht vollständig geklärt. Die früher ganz überwiegende Meinung ging davon aus, dass solche Verfügungsbeschränkungen nur ausnahmsweise dinglich wirkten84 . Demgegenüber meint eine neuere Interpretation der verschiedenen Quellen, die Nichtigkeitssanktion für den Verstoß gegen ein privates Verfügungsverbot sei »in aller Unbefangenheit gehandhabt« worden85 . Allerdings wird auch hier private Gestaltungsfreiheit nur innerhalb eines Rahmens anerkennenswerter Bedürfnisse und damit in bestimmten, typisierten Zusammenhängen wie beim Fideikommiss zum Zuge gekommen sein. Dass im Wege privatautonomer Verfügungsbeschränkungen andere beschränkte dingliche Rechte nachgebildet und abgewandelt worden wären, ist jedenfalls nicht erkennbar.

II.  Rechtliches Umfeld Auch in vorklassischer und klassischer Periode war das römische Rechtsleben geprägt von einem nicht unerheblichen Formalismus, verbunden mit einer alle Lebensbereiche durchziehenden Zurückhaltung gegenüber Neuerungen86 . Konzentriert man sich wiederum auf das Prozessrecht und die Verfügungsgeschäfte als potentiell typisierende Rahmenbedingungen der Zivilrechtsordnung, so zeigen   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  100 II 2, III (S.  415), §  109 (S.  460 ff.).   Vgl. Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  158, 629–631. 82   Anders wohl die Einschätzung von Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 207 (1953). 83   Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  77 Rn.  2 f f. (S.  357 f.). 84   Mitteis, Römisches Privatrecht, S.  254 f.; Schindler, Justinians Haltung zur Klassik, S.  118 ff. 85   Kaser, in: Festgabe für Johannes Sontis, S.  11, 15–31 (Zitat auf S.  31). 86   Allgemein Mitteis, Römisches Privatrecht, §  15 II (S.  289 f.); F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  57 ff. 80 81

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sich zwar gegenüber dem altrömischen Recht einige Veränderungen. Insgesamt ist aber für beide Bereiche noch immer von einer typisierenden Wirkung auszugehen. 1.  Prozessrecht Der Formularprozess, der in immer stärkerem Maße das alte Legisaktionenverfahren ersetzte, erlaubte bei der Redaktion der Prozessformeln eine größere Flexibilität als das Legisaktionenverfahren mit seinen feierlichen Spruchformeln, was sich in vorklassischer und klassischer Zeit zunehmend bemerkbar machte. Die anerkannten actiones wurden nicht mehr nur zu Beginn einer jeden Amtszeit vom Gerichtsmagistrat neu verkündet, sondern sammelten sich im Edikt zu einem festen Grundstock, den jeder Amtsnachfolger unverändert übernahm. Der Umfang dieses edictum tralaticium nahm stetig zu87. Aufgrund der im Edikt enthaltenen Rechtsschutzverheißung des Gerichtsmagistrats brachte das Edikt für die dort genannten Gestaltungen völlige Sicherheit rechtlicher Anerkennung mit sich, so dass man insoweit durchaus von Typenfixierung sprechen kann. Fiel das Begehren des Klägers allerdings unter keine im Edikt vorgesehene actio, konnte Rechtsschutz nur erlangt werden, wenn der Prätor eine actio in factum gewährte oder eine ediktale Formel zu einer actio utilis abwandelte 88 . Mit der Gewährung solcher neuer Klagen, die teils ihrerseits den Weg ins Edikt fanden, waren die Prätoren nun aber nicht so großzügig, als dass jede neue sachenrechtliche Gestaltung auf Anerkennung hätte hoffen können. Im Gegenteil sind eigentlich sachenrechtliche Erweiterungen selten. Der Streit über Eigentum konnte zum einen im Sponsionsprozess ausgetragen werden, wo die Feststellung des Eigentums Vorfrage im Streit über ein Zahlungsversprechen des Beklagten war89 ; zum anderen konnte mit der sogenannten petitorischen Formel Schadensersatz verlangt werden, wenn der iudex in einem Zwischenbescheid die Herausgabe an den Kläger anordnete, der Beklagte dieser aber nicht nachkam90 . Auch wenn diese Klagen, vor allem der Sponsionsprozess durch Abwandlung der Vorfrage, ihrer Struktur nach zum Schutz beliebiger dinglicher Rechte einsetzbar gewesen wären, wurde dies doch so nicht praktiziert. Vielmehr orientierte man sich offenbar stark am Edikt mit seiner Typenfixierung. Im Übrigen gab es etwa für den Streit um den Nießbrauch oder eine Grunddienstbarkeit eigene Klagen: für die Abwehr des Eigentümers die actiones negatoriae, für die Feststellung dieser Rechte die actiones confessoriae 91. Der Pfandgläubiger   S. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  3 Rn.  14–17 (S.  23 f.) m.Nw.   Arangio-Ruiz, Scritti II, S.  483, 491 f.; Betti, in: Festschrift für Leopold Wenger I, S.  249, 259 f.; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  128 f.; Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, §  82 Rn.  4 (S.  373), §  83 Rn.  3 f. (S.  379); Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  110–122; Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, §  22 Rn.  29 ff. (S.  120 f.). 89   Gai. 4, 93 f.; Harke, Römisches Recht, Rn.  13.14 f.; Kaser, SavZ (RA) 102 (1985), 1, 26. 90   Vgl. Gai. 4, 41; Harke, Römisches Recht, Rn.  13.16 f. 91   Vgl. Inst. 4, 6, 2. 87

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konnte das Pfand mit der im ersten Jahrhundert v. Chr. wohl von Servius Sulpicius Rufus als Prätor geschaffenen actio Serviana herausverlangen, die der Eigentumsherausgabeklage verwandt war92 . Schon bei der Ediktsredaktion, aber auch im Vorfeld eines Prozesses und in der Prozesssituation spielten die Rechtsgelehrten eine zunehmende Rolle. Sie berieten sowohl die Parteien als auch den Prätor93 . Diese Rechtsgelehrten waren durchaus innovationsfreudig, allerdings als Kinder ihrer Zeit auch vom starken römischen Traditionsbewusstsein geprägt94 ; ihre Heranziehung wird zudem keineswegs allen Parteien möglich gewesen sein und garantierte vor der Zeit der kaiserlichen Respondierjuristen auch noch nicht den gewünschten Erfolg. Damit ist die typisierende Wirkung des Prozessrechts in vorklassischer und klassischer Zeit sicher geringer zu veranschlagen, aber dennoch gerade auf dem Gebiet des Sachenrechts durchaus gegeben. 2.  Verfügungsgeschäfte Verfügungen durch mancipatio und in iure cessio kamen bis in die klassische Zeit vor und dürften in Grenzfällen wiederum von Rechtsgelehrten beratend begleitet worden sein95 , was Erweiterungen gebracht haben könnte. Diese förmlichen Akte verloren allerdings zunehmend an Bedeutung. An ihre Stelle trat die traditio, die nun nicht mehr nur faktische Übergabe war, sondern als Verfügungsgeschäft verstanden wurde, das aus Besitzverschaffung und gültigem Zuwendungsverhältnis (iusta causa, titulus) bestand96 . Im Falle eines Kaufvertrages trat zudem die Übereignungswirkung vermutlich zunächst nur dann ein, wenn der Kaufpreis entweder bezahlt oder mit stipulatio bindend versprochen war97. Die traditio diente ursprünglich wohl lediglich zur Übertragung quiritischen Eigentums an res nec mancipi sowie zur Übertragung des eigentumsähnlichen Besitz- und Nutzungsrechts an Provinzialgrundstücken. Seit der späten Republik war indes anerkannt, dass die traditio auch bonitarisches Eigentum an res mancipi verschaffen konnte. Da der bonitarische Eigentümer dem quiritischen gegenüber Dritten weitgehend gleichgestellt war und vor dem quiritischen Eigentümer der Sache Vorrang haben

  Kaser, TR 44 (1976), 233, 255–257; ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 28 f.   Bretone, Geschichte des römischen Rechts, S.  120–124, 138 ff.; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  140 ff.; Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  125–128, 143 f., 163 f.; Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, §  22 Rn.  33, 38 (S.  121 f.). 94   Allgemein Mitteis, Römisches Privatrecht, §  15 II (S.  289 f.); F. Schulz, Prinzipien des römischen Rechts, S.  57 ff. 95   Arangio-Ruiz, Scritti II, S.  483, 496 f.; Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  140 ff. 96   S. nur Böcking, Institutionen, S.  9 0 f. 97   In der klassischen Zeit scheint statt der Bezahlung auch die Kreditierung des Kaufpreises ausgereicht zu haben, vgl. Inst. 2, 1, 41; Pomp. D. 18, 1, 19 (= libro 31 ad Quintum Mucium). S. dazu Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  100 IV 3 (S.  418); ders., TR 34 (1966), 410, 413 f. 92 93

B.  Vorklassisches und klassisches Recht

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konnte, bestand rechtstechnisch besehen der Nachteil der traditio gegenüber den förmlichen Geschäften lediglich in ihrer Kausalabhängigkeit. Anders als bei mancipatio und in iure cessio war bei der bloßen traditio die Anerkennung der in Frage stehenden dinglichen Rechtsposition nicht vom sofortigen Urteil unbeteiligter Dritter – Zeugen, Wägemeister oder Prätor – abhängig. Wegen der Notwendigkeit einer Übergabe war die traditio aber zur Begründung solcher beschränkter dinglicher Rechte, bei denen sich an der Besitzlage nichts ändern sollte, letztlich ungeeignet. Da die Verfügungsgeschäfte, die mittels traditio erfolgen konnten, zudem kausal waren, verlagerte sich die Frage der Anerkennung des dinglichen Geschäfts auf die Anerkennung der causa. Damit beinhalteten die verschiedenen Formen der Übertragungsgeschäfte in vorklassischer und klassischer Zeit noch immer entweder ein Element präventiver Kontrolle der in Rede stehenden Rechtsposition – so bei mancipatio und in iure cessio – oder sie waren nur zur Begründung besitzgebundener dinglicher Rechte wirklich geeignet und setzten eine wirksame causa voraus. Auch hier kann der Struktur der Verfügungsgeschäfte daher eine typisierende Wirkung nicht abgesprochen werden, die umso stärker gewesen sein muss, je mehr die Gesamtstimmung auf Bewahrung und Kontinuität angelegt war. In einem gewissen Gegensatz hierzu steht allerdings die Verpfändung, die durch einfachen Vertrag erfolgen konnte, ohne dass eine tatsächliche Besitzübertragung notwendig gewesen wäre; der Gläubiger erhielt »statt des Besitzes das Recht zu willkürlicher Besitzergreifung«98 . Immerhin stand beim Pfandrecht die akzessorische Haftung für eine bestimmte Schuld als Geschäftszweck fest, mochte auch die Ausgestaltung der Gläubigerrechte im einzelnen erst im Prozess geprüft werden; das Akzessorietätserfordernis begrenzte zudem die Haftung ihrem Umfang nach. Der formfreie Bestellungsakt selbst wirkte aber, wenn man von der Notwendigkeit einer Identifikation der gesicherten Schuld absieht, nicht typisierend. Auch bei den Legaten, mit denen insbesondere ein ususfructus zur Versorgung bestimmter Personen häufig bestellt wurde99, fehlte eine dem Begründungsakt innewohnende präventive Kontrolle. In der Praxis ließen sich spätere Erblasser indes – wie die Fülle an Juristenliteratur nahelegt100 – wohl immer häufiger durch Rechtsgelehrte beraten, die ihrerseits mit der Behandlung solcher Fragen in Erbstreitigkeiten vertraut waren. Damit ergab sich faktisch eine Form von Kontrolle, die auf Typizität hingewirkt haben dürfte.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Das vorklassische und klassische Recht brachte zum ersten die Idee der Absolutheit dinglicher Rechte, zum zweiten die Ausdifferenzierung verschiedener be  Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  9 f.   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  106 I 4 a (S.  451), §  183 II (S.  741), §  184 II 1 (S.  743). 100   Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  183 III (S.  742). 98

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schränkter dinglicher Rechte und korrespondierend das Verständnis des Eigentums als flexibles Vollrecht. Damit konnte sich erst so recht eigentlich die Frage stellen, ob das römische Recht Typenfixierung kannte oder gar von einem numerus clausus dinglicher Rechte ausging. Ein systematischer Gesamtplan, der einzelne Typen von vornherein fixieren und alle anderen Gestaltungen mit Sanktionen belegen würde, scheint nun der vorklassischen und klassischen Entwicklung nicht zugrunde gelegen zu haben. Auch lassen die Quellen nicht klar erkennen, dass von einem – womöglich auf das Gebiet des Sachenrechts oder der absoluten Rechte beschränkten – numerus clausus ausgegangen worden wäre, der stets eine wie auch immer geartete normative Zulassung neuer dinglicher Rechte vor deren Anerkennung verlangt hätte101. Vielmehr erlaubte die tastende, auf die Interessenlage des Einzelfalls abstellende Herangehensweise im Ausgangspunkt wohl durchaus individuelle Gestaltung102 . Selbst auf dem Gebiet der Servituten, wo die meisten Neuerungen auftraten, war jedoch stets ein einheitlicher äußerer Rahmen vorgegeben, innerhalb dessen Neuentwicklungen sogleich wieder zu standardisierten Formen wurden. Nimmt man das gesamte Gebiet der dinglichen Rechte in den Blick, so herrschte zu jeder Zeit ein hoher Grad an Typizität103 , der dem Bedürfnis nach Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs einer entwickelten Wirtschaft entsprach104 . Rechtstechnisch folgte diese Typizität aus den spezifischen Rechtsschutzverheißungen des Gerichtsmagistrats und aus den Formen der Verfügungsgeschäfte; letztlich beruhte sie aber auf der alle Lebensbereiche durchziehenden Zurückhaltung der römischen Gesellschaft gegenüber Neuerungen. Die alltägliche Praxis bewegte sich deshalb überwiegend innerhalb der anerkannten Bahnen, die dank des strengen Eigentumsbegriffs und der Ausdifferenzierung beschränkter dinglicher Rechte durch die jeweils zugehörigen Rechtsschutzformen deutlicher als früher hervortraten.

C.  Nachklassisches Recht Das Privatrecht der spätrömischen Periode ist vor allem durch die sogenannte Vulgarisierung gekennzeichnet: Die hochentwickelten Differenzierungen der Klassik 101   Vgl. Giuffrè, L’emersione dei ›iura in re aliena‹ ed il dogma del ›numero chiuso‹, S.  123, 131 f., 135, 162 f., 203 f., 224; Wieling, in: Festschrift für Hans Hattenhauer, S.  557, 560. Zur Frage, ob überhaupt mit solchen modernen dogmatischen Konzepten an das römische Recht herangegangen werden sollte, s. Arangio-Ruiz, Scritti II, S.  483, 485 ff. m.Nw. zum Streitstand. 102   Vgl. Kaser, in: Festgabe für Johannes Sontis, S.  11, 31, der von der Gestaltungsfreiheit des verfügenden Eigentümers als einem »entscheidende[n] Faktor« und einem »bisher zumeist unterschätzte[n] Wesenszug des römischen Rechts« spricht. 103   Im Sinne eines numerus clausus jedenfalls als Prinzip Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  44 f. m. w. N.; wohl auch Betti, in: Festschrift für Leopold Wenger I, S.  249, 258. 104   S. aber Kaser, in: Festgabe für Johannes Sontis, S.  11, 12.

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gingen verloren und machten einem vereinfachten, laienhaften Rechtsverständnis Platz, das auch fremden, nicht in klassischer Tradition stehenden Rechtsvorstellungen ein Eindringen ins römische Recht erlaubte und vermutlich schon zuvor nicht selten das Rechtsleben in den Provinzen bestimmt hatte105 . Dies zeigte sich besonders deutlich gerade im Sachenrecht, wo der scharfe Eigentumsbegriff der vorklassischen und klassischen Zeit wieder aufgegeben wurde. Die Entwicklungen in der westlichen und östlichen Reichshälfte waren zwar nicht identisch, verliefen jedoch über weite Strecken parallel106 . Das nachklassische römische Recht wirkte nach der spätantiken Völkerwanderung im Recht der römisch-germanischen Königreiche auf weströmischem Gebiet, namentlich dem Ostgoten-, dem Burgunden- und dem Westgotenreich, fort. Dies gilt vor allem für die leges romanorum, die in erster Linie für die römische Bevölkerung galten und sich nicht nur formal stark an römische Rechtstexte anlehnten, sondern auch weitgehende inhaltliche Parallelen mit dem nachklassischen römischen Recht aufwiesen107. Das römische Vulgarrecht beeinflusste aber auch die frühen Aufzeichnungen der germanischen Volksrechte, deren »unrömische« Gedanken vielleicht weniger eigentlich »germanisch« waren als vielmehr durch die andere Entwicklungsstufe dieser Völker bedingt108 . Ausschlaggebend für den Einfluss des nachklassischen römischen Rechts war zum einen, dass die Einwanderer nur einen kleinen Teil der Bevölkerung dieser neuen Reiche ausmachten, der überwiegende Teil aber mit der römischen Kultur und Zivilisation aufgewachsen war. Zum anderen suchten die römisch-germanischen Königreiche überall die Anlehnung an das römische Vorbild, dessen Strukturen sie oftmals in ihren Dienst stellten. So beeinflusste das nachklassische römische Recht die Rechtsentwicklung in Westeuropa letztlich bis zur Wiederentdeckung des klassischen römischen Rechts109.

105   S. nur Wieacker, Sitzungsberichte Heidelberger Akademie 1955, 3. Abh.; Levy, West Roman Vulgar Law, S.  6 f., 69–71; Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  193–195; Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, §  40 (S.  233–236); Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  193 (S.  17 ff.); Jolowicz/Nicholas, Historical Introduction to the Study of Roman Law, S.  473 ff.; zum Streit um den Begriff des Vulgarrechts auch D. Liebs, in: Aspects of Law in the Late Antiquity, S.  35 ff. 106   Levy, SavZ (RA) 49 (1929), 230, 249 ff.; 76 (1959), 1, 3 ff.; ders., West Roman Vulgar Law, S.  10 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  193 III 4 (S.  26 f.); Kaiser, Vulgarrecht, DNP 12/2, Sp.  350. 107   Zur Frage, ob dies auf eine Rezeption des römischen Rechts hindeutet oder eher durch schon bestehende Ähnlichkeiten der Rechtsauffassung erklärt werden könnte, insbes. Levy, 48 Am. Hist. Rev. 20, 22 ff., 26 ff. (1942); ders., 25 Wash. L. Rev. 233, 237 ff. (1950); Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  194 f. Gegen die Vorstellung, die Germanen hätten eigenes Rechtsgut mitgebracht, Harke, Römisches Recht, Rn.  1.26 (»in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschürte[s] Vorurteil«). 108   Vgl. nur Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  8 f. 109   Vgl. nur Levy, BIDR (Supplementum post bellum) 55–56 (1951), 222, 224.

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I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Die nachklassische Vermögensordnung ging grundsätzlich weiter von dem Gedanken individuellen Eigentums aus. Allerdings brachte die Nachklassik mit ihrem für einen laienhaften Denkstil typischen Hang zur Gleichsetzung von Anschein und Recht zum ersten den Verlust der klaren Trennung vom Besitz110 , zum zweiten die Wiedereinbeziehung auf Nutzung gerichteter beschränkter Sachenrechte, wie überhaupt die Ausrichtung an individuellen Nutzungsbefugnissen statt an Rechtspositionen111 – eine Betrachtungsweise, die begünstigt wurde durch den Wandel vom freiheitlichen, unantastbaren Eigentum der Republik und des frühen Prinzipats zu einem Eigentum, mit dem vielfältige staatliche Pflichten und Eingriffsmöglichkeiten verbunden waren112 . Man begegnet hier also letztlich einem funktionell geteilten Eigentum113 . Zur Betonung individueller Nutzungsbefugnisse passt, dass dingliche und persönliche Rechte nicht mehr auseinandergehalten, dingliches Geschäft und Kausalverhältnis nicht mehr unterschieden wurden; actio in rem war die Klage auf die Sache selbst, die auch der Gläubiger eines Verschaffungsanspruchs haben konnte, actio in personam die Klage auf das Interesse114 . Allerdings blieben die Unterscheidungen von Recht und tatsächlicher Herrschaft, voller und beschränkter Nutzungsbefugnis der Sache nach durchaus erhalten. Für Eigentum und Besitz fand dies in beschreibenden Zusätzen zu »possessio«115 und der beibehaltenen Trennung von possessorischem und petitorischem Schutz116 Ausdruck, für die beschränkten Sachenrechte in der Umschreibung der jeweils in Rede stehenden Nutzung117. Der Verzicht auf eine einheitliche und abstrahierende Terminologie ließ jedoch die Konturen und damit das Gemeinsame, Typische der einzelnen Positionen in den Hintergrund treten. Eine Vereinheitlichung brachte zwar die Aufgabe der Trennung von quiritischem und bonitarischem Eigentum sowie das Verschwinden der Formalakte, mit denen quiritisches Eigentum bzw. im Fall der mancipatio nur res mancipi 110   S. nur Levy, SavZ (RA) 76 (1959), 1, 23; ders., West Roman Vulgar Law, S.  21–34, 61–71; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  193 III 2 a (S.  23), §  236 I 1 (S.  238 f.), §  238 II (S.  247 f.). 111   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  34 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  193 III 2 a (S.  23), §  236 I 1 (S.  238 f.), §  238 III (S.  248 ff.). 112   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  100–121; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  241 II 2 (S.  264). 113   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  241 V 1 (S.  272); ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 36 f.; s. a. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  114 (für Bergwerke); vgl. a. Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 206 (1953). 114   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  219 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  236 II 2 (S.  240); Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  88 I 2 (S.  578). 115   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  61 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  238 II (S.  247 f.). 116   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  238 II (S.  247), §  240 (S.  256 ff.), §  245 (S.  292 ff.). 117   Vgl. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  56; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  241 I 2 (S.  262).

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übertragen werden konnten118 . Für den Grad an sachenrechtlicher Typizität war diese Entwicklung indes nicht von allzu großer Bedeutung, da sich diese Eigentumsformen inhaltlich nicht wesentlich unterschieden hatten und wegen des Vorrangs bonitarischen Eigentums im Kollisionsfall letztlich keine zwei Eigentums­ typen einander gegenüber gestanden waren119. Die Gesetze der spätantiken römisch-germanischen Königreiche standen insofern klar in römischer Tradition, als sie den Gedanken individuellen Eigentums, insbesondere individuellen Grundeigentums, aufnahmen120 . Gegenüber dem gesamthänderischen Ansatz des germanischen Rechts, das auf Markgenossenschaften, Allmende und Flurzwang aufbaute, bedeutete diese individuelle Zuordnung einen starken Zugewinn an Typizität, mag auch das Eigentum selbst wie im nachklassischen römischen Recht weit und undifferenziert verstanden worden sein und eine klare Trennung zwischen persönlichen und dinglichen Rechten sowie zwischen obligatorischem und dinglichem Geschäft gefehlt haben121. 2.  Beschränkte dingliche Rechte Die dinglichen Nutzungsrechte, insbesondere die Realservituten und der Nießbrauch, aber auch Formen des Erbbaurechts sowie die Erbpacht (emphyteusis) und die Dauerpacht (ius perpetuum) an kaiserlichem Privat- bzw. Kronvermögen, die immer größere Pachtgüter erfassten122 , wurden vom nachklassischen Eigentum mit seiner Ausrichtung an individuellen Nutzungsbefugnissen aufgesogen. Folge war ein Neben- oder Übereinander von Eigentum und beschränktem dinglichem Recht. Der Begriff der Servitut bezeichnete nunmehr vor allem öffentlichrechtliche Baubeschränkungen, hatte aber im privatrechtlichen Bereich keine klaren Konturen123 . Der Begriff des ususfructus fand nicht nur auf rechtsgeschäftliche, sondern vor allem auch auf die zahlreichen neu geschaffenen familienrechtlichen Nutzungsrechte Anwendung; ususfructus wurde als Eigentum oder andere dingliche Berechtigung auf Zeit verstanden124 . Nicht nur Reallasten, sondern auch sonstige   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  236 II (S.  239 f.), §  237 III (S.  245).   S. soeben unter B I 1 a. E. 120   Dies mag auf die Güterverteilung nach dem hospitalitas-System zurückgehen, wonach jedes Anwesen zwischen dem bisherigen römischen Eigentümer und einem germanischen Eroberer bzw. Angesiedelten in einem bestimmten Verhältnis, etwa ein Viertel zu drei Vierteln, geteilt wurde und eine Auseinandersetzung des Bruchteilseigentums zu Individualeigentum möglich war (s. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  84 f.). Ob bei der Ansiedlung der Westgoten in Aquitanien eine Landzuteilung nach dem hospitalitas-System erfolgte, ist allerdings umstritten. 121   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  240 f. 122   Mitteis, Zur Geschichte der Erbpacht im Alterthum, S.  38 ff. 123   Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 210; Levy, SavZ (RA) 76 (1959), 1, 8; ders., West Roman Vulgar Law, S.  55–58; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  246 I (S.  298). 124   Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 210; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  238 III 1 (S.  248 f.), §  247 I (S.  302 f.); ders., SavZ (RA) 102 (1985), 1, 36 f. Vgl. a. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  25 f. (zu Ambrosius, Epistola 82 [Migne 16, 1275D ff.]: besitzloser ususfructus, der letztlich als Reallast zu qualifizieren ist), 34–40. 118 119

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dinglich gesicherte Handlungspflichten waren nun möglich und hatten wohl öffentlichrechtliche Institute wie Grundsteuern oder dem Kaiser geschuldete Grundrenten zum Vorbild125 . Die allenthalben schwankende Terminologie reichte vom Eigentumsbegriff herab bis zu den Umschreibungen der einzelnen Nutzungsformen. Nicht in das vulgarrechtliche Eigentum einbezogen wurde das Pfandrecht. Auch in nachklassischer Zeit verlieh es keine Gebrauchs- oder Nutzungsbefugnisse, sondern lediglich eine bevorzugte Befriedigungsmöglichkeit. Ein Gesetz Konstantins versagte den Parteien dann die Vereinbarung eines Verfallspfandes126 . Gleichwohl verband sich mit dem dem Pfandgläubiger gestatteten Zugriff auf das Pfand zum Zwecke der Befriedigung offenbar nicht die Vorstellung, es handle sich um ein eigenständiges Recht an einer fremden Sache127. Konnte damit das Pfandrecht eine gewisse Eigenständigkeit erhalten, so nahm doch insgesamt die inhaltliche Fixierung der Position des Pfandgläubigers weiter ab: Nicht nur galten weiterhin die bereits aus klassischer Zeit bekannten Abschwächungen inhaltlicher Fixierung, nämlich in rechtlicher Hinsicht die Möglichkeit nachträglicher rangbesserer Pfandrechte, in praktischer Hinsicht das Fehlen von Publizität beim besitzlosen Pfand, was beides zur Folge hatte, dass der Erwerber eines Pfandrechts sich über die tatsächlich erworbene Position keine Klarheit verschaffen konnte. Vielmehr kam hinzu, dass die Zahl gesetzlicher Pfandrechte, die sich teils aus »stillschweigend« begründeten Pfandrechten entwickelt hatten, immer weiter zunahm. Insbesondere in der Form von Generalhypotheken, wie etwa der Generalhypothek der Frau wegen der dos am Vermögen des Mannes oder die des Fiskus’ wegen seiner Steuerforderungen, konnten diese gesetzlichen Pfandrechte den Rang und damit den Inhalt der Position des Pfandgläubigers vielfältig beeinträchtigen128 , womit ein Verlust an Typenfixierung einherging. Die fehlende Erkennbarkeit bereits begründeter und die Unvorhersehbarkeit eventuell später entstehender, vorrangiger Rechte bedeuteten, dass der gegenwärtige und künftige Inhalt der Sachenrechte praktisch nicht mit Sicherheit feststanden. Für das Eigentum galt dies im Hinblick auf eine etwaige Aushöhlung durch Rechte Dritter, für beschränkte dingliche Rechte vor allem hinsichtlich ihres Rangs und damit hinsichtlich ihrer Verlässlichkeit. Bestehen aber derartige Unsicherheiten, so ist der Wert einer Fixierung von Typen ohnehin begrenzt. Dass das nachklassische Vulgarrecht angesichts mangelhafter Publizität und Rangwahrung auf die in der Klassik herausgebildete Typenfixierung verzichtete, kann daher kaum verwundern. Dies alles zeigt einen bedeutenden Verlust an Typizität.   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  25 f., 58 f.   Vgl. CT 3, 2, 1; C. 8, 34, 3. 127   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  59–61; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  250 III 1 (S.  314). 128   Böcking, Institutionen, S.  117 f.; Levy, West Roman Vulgar Law, S.  120 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  250 I (S.  312 f.), §  251 I f. (S.  315 ff.); ders., Das Römische Privatrecht I, §  110 II 3 (S.  466). 125 126

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3.  Treuhand Die fiducia des alten Rechts setzte eine Übertragung durch mancipatio oder in iure cessio voraus, vielleicht weil nur so die für eine zweckfreie, überschießende Rechtsmacht notwendige Abstraktion möglich war. Mit dem Verschwinden dieser Übertragungsakte aus dem Rechtsleben gegen Ende der klassischen Periode verschwand dementsprechend auch die fiducia. Hinzu kam wohl die inhaltliche Annäherung von fiducia und pignus durch die Verkaufsabrede, die auch dem Pfandgläubiger den Verkauf erlaubte129. Schließlich mag zum Ende der fiducia beigetragen haben, dass in der gesellschaftlichen Atmosphäre der nachklassischen Zeit der Treugeber sich nicht mehr darauf verlassen mochte, der Treuhänder werde seine Rechtsmacht nicht missbrauchen130 . 4.  Privatautonome Verfügungsbeschränkungen Ob rechtsgeschäftliche Veräußerungs- und Belastungsverbote in nachklassischer Zeit dingliche Unwirksamkeit zur Folge hatten, scheint nicht vollständig geklärt zu sein131. Wo indes die Trennung zwischen obligatorischem und dinglichem Geschäft verschwimmt, spricht einiges für die Annahme einer Vollwirkung. Gleichwohl fehlt auch hier jeder Hinweis darauf, dass über Verfügungsbeschränkungen neue dingliche Rechte begründet wurden.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht In der Nachklassik löste das Kognitionsverfahren, das schon in der klassischen Periode als kaiserrechtliches Ausnahmeverfahren entstanden war und vermutlich bereits in spätrepublikanischer Zeit in den Provinzen galt, das Formularverfahren zunehmend ab132 . Dem Kognitionsverfahren, das vor einem das Verfahren beherrschenden Beamten stattfand, fehlte die Zweiteilung in die Abschnitte in iure und apud iudicem. Damit brauchte nicht mehr einem privaten Richter ein Prozessprogramm an die Hand gegeben werden. Folglich endete auch die hochentwickelte Kultur der scharf bestimmten, weitgehend feststehenden und in Edikt und Juris  Vgl. Bachofen, Römisches Pfandrecht, S.  628 ff.   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 I 1 (S.  275), §  250 II (S.  313); hierauf mag auch hindeuten, dass Konstantin die Notwendigkeit sah, das Verfallspfand zu verbieten (s. soeben Fn.  126 mit zugehörigem Text). 131   Die gängige Literatur äußert sich hierzu nicht, vgl. z. B. Kaser, Das Römische Privatrecht II §  241 II 7 f (S.  269); die Aufnahme in den kompilierenden Codex (dazu Fn.  157 mit Text) ist aber wohl ein Indiz für Vollwirkung. 132   Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  77 (S.  517 ff.); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §§  87 f. (S.  391 ff.); Kunkel/Schermaier, Römische Rechtsgeschichte, S.  171–174, 186 f.; Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  6 III (S.  38–40); Stürner, in: Festschrift für Alfred Söllner, S.  1171, 1174. 129 130

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tenschriften gesammelten Klagformeln133 . Zu einzelnen Rechtsfragen konnten die Parteien Gutachten (responsa) beibringen, die bindend wirkten, wenn der Kaiser dem Gutachter das Privileg erteilt hatte, ex auctoritate principis zu respondieren134 . Inhalt dieser Gutachten war die Klärung von Rechtsfragen in einem konkreten Fall; durch ihre Überlieferung und Aufzeichnung135 dienten sie aber zugleich der Rechtsfortbildung. An die Stelle einer strengen, technischen Terminologie, die vor allem auf den Klagegrund abstellte, traten verschiedenartige Umschreibungen und Einteilungen nach dem Klageinhalt. Mit der von Konstantin verfügten Beweispflichtigkeit des beklagten Besitzers für den Fall, dass dem Kläger der Nachweis seines Titels nicht gelang, wurde der Herausgabeprozess letztlich wieder zum Streit um das bessere Recht136 . Damit aber genügte es zu prüfen, wessen Position die stärkere war; einer darüber hinausgehenden genaueren Festlegung bedurfte es unter einem solchen Ansatz an sich nicht. Die früher in erster Linie prozessual gedachte actio bezeichnete nun den materiellrechtlichen Anspruch unabhängig vom Verfahren seiner Durchsetzung, die exceptio die materiellrechtliche Einrede; später verschwanden diese Begriffe ganz aus den Rechtstexten137. Mit dem Ende der Prozessformeln und der Abkehr vom »aktionenrechtlichen« Denken verlor das Prozessrecht weitgehend seine typisierende Rolle. 2.  Verfügungsgeschäfte Nach dem Verschwinden der förmlichen Übertragungsgeschäfte in iure cessio und mancipatio verblieb nur noch die traditio, die aber ihrerseits infolge des Übergangs vom differenzierten Trennungsprinzip zum laienhaft-anschaulicheren Einheitsprinzip ihre Rolle als eigenständiger Übereignungsakt wieder verlor. Die Übertragung erfolgte damit durch Kauf, Schenkung oder das sonstige Grundgeschäft138 , wobei beim Kauf der Eigentumsübergang die Zahlung des Kaufpreises voraussetzte139. Mit der Aufgabe der Trennung von Verpflichtungsgeschäft und Verfügungsakt kam den neuen, für das Grundgeschäft geltenden Formvorschriften auch 133   Im Jahre 342 wurden die Klagformeln ausdrücklich verboten, C. 2, 57, 1 (Imperatores Constantius, Constans: »Iuris formulae aucupatione syllabarum insidiantes cunctorum actibus radicitus amputentur.«). Schon zuvor wird der Formularprozess kaum noch eine Rolle gespielt haben. S. Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  88 (S.  577 ff.); Kollmann, Begriffsund Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  60 ff. 134   S. nur Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  2 Rn.  20 (S.  24 f.); Hager, Rechtsmethoden in Europa, 1. Kap. Rn.  20 (S.  11 f.). 135   Dazu D. Liebs, in: Strukturen der Mündlichkeit in der römischen Literatur, S.  83, 84 ff. 136   Vgl. CT 11, 39, 1; s. aber auch Arcadius, CT 11, 39, 12; hierzu Levy, West Roman Vulgar Law, S.  232–238; Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  91 IV 1 (S.  597 f.). 137   Levy, SavZ (RA) 49 (1929), 230, 243 f.; ders., West Roman Vulgar Law, S.  203 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  199 I 1, 2 (S.  65–67); Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  87 Rn.  7 (S.  393); Harke, Römisches Recht, Rn.  1.23. 138   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  127 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 I (S.  274 f.). 139   Levy, SavZ (RA) 76 (1959), 1, 23 f.; ders., West Roman Vulgar Law, S.  131–133; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 III 1 a, c (S.  276–280).

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dingliche Wirkung zu. So bedurfte es ab Konstantin beim Grundstückskauf der Anerkennung der Steuerpflicht durch den Erwerber und des Zeugnisses der Nachbarn für das Eigentum des Veräußerers140 , bei der Schenkung deren Beurkundung, der Übergabe vor Zeugen und der Registrierung141. Die Verbreitung der Schriftform zeigt das Eindringen griechisch-hellenistischer Geschäftspraxis. Interessanterweise spielten neben Kauf und Schenkung andere Übertragungsgeschäfte offenbar kaum eine Rolle142 . Damit scheint die Anbindung an das individueller Gestaltung eher zugängliche Schuldrecht nicht zu einem völligen Verlust der typisierenden Wirkung der Übertragungsakte geführt zu haben. Bei alldem darf nicht außer Acht gelassen werden, dass in nachklassischer Zeit ein auf privaten Transaktionen beruhender Wirtschaftskreislauf an Bedeutung verlor. Die Zahl der Personen, die Güter von einigem Wert besaßen und über diese frei verfügen konnten, nahm ständig ab. In den Städten wurde ein immer größerer Teil der Bevölkerung staatlich versorgt; in ländlichen Gegenden entwickelten sich feudalistische Strukturen zwischen kleinbäuerlichen Grundpächtern und Großgrundbesitzern, die auf Subsistenz- und Naturalwirtschaft beruhten143 .

III.  Zusammenfassung und Würdigung Das nachklassische Recht stellte nicht so sehr auf eine Rechtsposition als ganze, sondern mehr auf die individuellen Nutzungsbefugnisse ab. Dann aber liegt die Vorstellung eines scharf umgrenzten Eigentums und davon zu unterscheidender beschränkter Rechte an einer fremden Sache ebenso fern wie die Vorstellung eines geschlossenen Kreises solcher Rechte. In der Tat scheinen diese Konzeptionen dem nachklassischen Recht fremd144 , was nicht zuletzt das Aufkommen der Reallast und vor allem der unbenannten, zu einem Handeln verpflichtenden Grundstücksbelastungen zeigen. Auch im Prozessrecht und auf dem Gebiet der Verfügungsgeschäfte konnten sich Strukturelemente, die bis dahin der Aufrechterhaltung von Typizität förderlich waren, nicht halten. Die nachklassische Epoche brachte also gegenüber der Klassik einen Verlust sachenrechtlicher Typizität. Allerdings spricht schon die Tatsache, dass zumindest für die neuen Grundstücksbelastungen öffentlichrechtliche Institute Pate standen, gegen die Annahme einer völlig freien Gestaltbarkeit. Insbesondere aber waren es das Wirtschaftssystem und nicht zuletzt das Menschenbild jener Zeit des Niedergangs, der Güter-

140   Vat. 35, 3–5 = CT 3, 1, 2; s. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  128 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 III 1 b (S.  277). 141   Vat. 249, verändert in CT 8, 12, 1 und C. 8, 53, 25; s. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  138 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 III 2 (S.  280–282). 142   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 III 3 (S.  282). 143   Zur wirtschaftlichen Situation in nachklassischer Zeit knapper Überblick bei Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  1 Rn.  15 f. (S.  5 f.); zur staatlich organisierten Lebensmittelversorgung z. B. Sirks, Athenaeum 79 (1991), 215, 216 ff. 144   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  238 III 1 (S.  248).

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Kapitel 3:  Römisches Recht

konzentration und der staatlichen Fürsorge, in denen individuelle Gestaltung selbstbestimmter Individuen in größerem Stil keinen Platz hatte145 .

D.  Die Justinianische Erneuerung Das Kodifikationsprojekt Justinians, das dieser sofort nach seinem Amtsantritt in Angriff nahm, zielte insgesamt sicher auf eine Wiederbelebung der Klassik ab146 . Nur so erklärt sich der Aufwand, innerhalb von nur drei Jahren mit den Digesten einen Auszug aus der gesamten Rechtsbibliothek des klassischen römischen Rechts zu schaffen147. Dennoch bedeutete die justinianische Gesetzgebung keine volle Wiederkehr der Klassik. Während die klassischen Texte eine liberale Gesellschaftsund Wirtschaftsordnung zugrunde legten, konnte Justinian die paternalistische Ausrichtung der römischen Spätzeit nicht voll aufgeben148 . Zudem sah Justinian ausdrücklich bestimmte »Modernisierungen« vor. So sollten zum einen die klassischen Texte von allem befreit (»interpoliert«) werden, was gegenüber dem praktischen Recht veraltet war; zum anderen sollten die Kompilatoren die rechtswissenschaftlichen Streitigkeiten der klassischen Literatur entscheiden, um die für eine Gesetzgebung notwendige Eindeutigkeit und Rechtssicherheit zu schaffen. Der Wille, jegliche wissenschaftliche Auseinandersetzung durch gesetzgeberische Entscheidung zu unterbinden, kam nicht zuletzt im Verbot der Kommentierung zum Ausdruck und stellte trotz aller Orientierung an der Klassik einen Kontinuitätsbruch dar149. Der Rückgriff auf die klassische Literatur stand zwar einer systematisch voll durchgearbeiteten Gesetzgebung, die über die einzelnen Typen und mithin das genaue Ausmaß von Typizität klare Antwort hätte geben können, eher entgegen. Jedoch wirkten die Gesamtumstände stark auf Typizität hin: Eine geschlossene Kodifikation, der die Aufmerksamkeit des Kaisers galt, musste hohe Autorität genießen. Dass neben den dort vorgesehenen Sachenrechtstypen beliebig Raum für individuelle Gestaltung gewesen wäre, erscheint daher kaum vorstellbar.

  Vgl. Kaser/Knütel, Römisches Privatrecht, §  1 Rn.  12, 15 f. (S.  5 f.).   S. nur Levy, West Roman Vulgar Law, S.  13 f.; ders., SavZ (RA) 77 (1960), 1, 12–15; Bretone, Geschichte des römischen Rechts, S.  251 ff. 147   Zur Entstehung aus jüngerer Zeit Kaiser, SavZ (RA) 108 (1991), 330 ff. m.Nw. 148   Vgl. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  121 f. 149   Vgl. insgesamt Schindler, Justinians Haltung zur Klassik (mit zusammenfassender Kennzeichnung als »zwiespältig«, S.  343); Levy, SavZ (RA) 76 (1959), 1, 14 f.; ders., BIDR (Supplementum post bellum) 55–56 (1951), 222, 255–258. 145

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D.  Die Justinianische Erneuerung

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I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Die verschiedenen Anliegen der justinianischen Kodifikation zeigen sich deutlich beim Eigentum. Hier ging Justinian einerseits zum scharf umgrenzten Eigentumsbegriff der Klassik zurück, ohne den die klassischen Texte kaum verwertbar gewesen wären. Auch trennte er wieder zwischen Eigentum und Besitz, unterschied also wieder klar Anschein und Recht. Andererseits blieb er aber beim einheitlichen Eigentumsbegriff und schaffte die altzivilen Formalakte endgültig ab. Dementsprechend wurden die klassischen Texte dahin interpoliert, dass traditio an die Stelle von mancipatio trat150 . Mit dem einheitlichen Begriff des Eigentums verband sich damit immerhin wieder ein klarer Typ. 2.  Beschränkte dingliche Rechte Die Rückkehr zum klassischen Eigentumsbegriff ließ auch die beschränkten Nutzungsbefugnisse wieder als selbständige dingliche Rechte hervortreten. Dies galt etwa für die Servituten, denen Justinian unter dem Einfluss der östlichen Schuldoktrin und wohl in Nachfolge Marcians nun als »Personalservituten« auch die persönlichen Nutzungsrechte, insbesondere den Nießbrauch und den diesem durch Gestattung mäßiger Fruchtziehung angenäherten usus, zuordnete151. Die Bestellung der Personal- wie der Realservituten erfolgte, da mancipatio und in iure cessio außer Übung geraten waren, vor allem durch pactiones et stipulationes zwischen den Parteien, durch Vorbehalt seitens des bisherigen Inhabers im Falle der Veräußerung oder durch traditio et patientia, was als einverständliche Gewährung ebenfalls letztlich nichts anderes als eine formlose Parteivereinbarung darstellte152 . Das Institut der emphyteusis, das sich mit dem ius perpetuum vereinigte, wurde beibehalten. Es war vielfach Gegenstand von Regelungen. Diese betrafen allerdings überwiegend Sonderfragen, z. B. hinsichtlich des Schutzes des Übernehmers oder Pächters oder der Zinsverbindlichkeit gegenüber dem Kaiser; die privatrechtliche Einordnung und Formgebung beschränkte sich im Wesentlichen auf die Übernahme eines Gesetzes Zenos, das das ius emphyteuticarium als ein ius tertium definiert153 . 150   C. 7, 31, 1, 5: (»Cum etiam res dividi mancipi et nec mancipi sane antiquum est et merito antiquari oportet, sit et rebus et locis omnibus similis ordo, inutilibus ambiguitatibus et differentiis sublatis.«). Zu allem Levy, West Roman Vulgar Law, S.  19, 72 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  241 I 2 (S.  262), §  239 I (S.  251 f.); Böcking, Institutionen, S.  77 f., 81. 151   Marcian D. 8, 1, 1 (= libro tertio regularum: »servitutes aut personarum sunt, ut usus et usus fructus, aut rerum, ut servitutes rusticorum praediorum et urbanorum.«); dazu Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 206–209, 211–215, 217; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  246 II 1 (S.  298 f.); Levy, West Roman Vulgar Law, S.  74–77. 152   Bund, SavZ (RA) 73 (1956), 155, 216; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  246 II 3 (S.  300), §  247 II 2 (S.  304 f.). 153   C. 4, 66, 1 (».  .  . neque conductionis neque alienationis .  .  .«); vgl. Inst. 3, 24, 3; Levy, West Roman Vulgar Law, S.  77–80; Harke, Römisches Recht, Rn.  16.11 f.

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Schließlich war auch das Pfandrecht Justinians nach klassischem Vorbild wieder Recht an einer fremden Sache154 . Es konnte durch formfreien Vertrag mit oder ohne Besitzübergabe bestellt werden und war akzessorisch; die Verfallsabrede blieb ausgeschlossen155 . Allerdings war sein Inhalt wegen des Fortbestehens der spätklassischen Pfandrechtsordnung mit ihrem Mangel an Publizität, ihren gesetzlichen Pfandrechten und Rangprivilegien auch nach Justinian nicht gänzlich klar fixiert, sodass auch eine weitergehende Vereinheitlichung nur begrenzt Vorteile für den Rechtsverkehr hätte bringen können. 3.  Treuhand Bereits in nachklassischer Zeit war die fiducia verschwunden. Justinian zeichnete dies lediglich nach, indem er das Wort fiducia in den klassischen Quellen planmäßig mit pignus ersetzte156 . Unter dem Gesichtspunkt der Typizität ergaben sich hierdurch keine Änderungen. 4.  Privatautonome Verfügungsbeschränkungen Für die Zeit Justinians wird allgemein angenommen, dass durch Rechtsgeschäft begründete Veräußerungs- oder Belastungsverbote eine entgegenstehende Verfügung unwirksam machten157. Allerdings finden sich einmal mehr auch hier keine Hinweise, dass als Ergebnis völlig freie Gestaltbarkeit anerkannt gewesen wäre. Zurückführen lässt sich dies vielleicht darauf, dass die vollen Konsequenzen einer solchen Möglichkeit nicht erkannt wurden oder auch darauf, dass die Bedeutung privatautonomer Verfügungen insgesamt nicht allzu groß war; jedenfalls scheint die dingliche Wirkung von Verfügungsbeschränkungen nicht im Sinne beliebiger Gestaltbarkeit genutzt worden zu sein.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Im Prozessrecht stellte Justinian einerseits die alten Klagetypen wieder her, ergänzte sie um neue Klagearten und unterschied wieder actiones in rem und actiones in personam im klassischen Sinne; im Vindikationsprozess musste nun wieder der Kläger sein »absolutes« Eigentum beweisen158 . Andererseits gab Justinian den Klagen kaum verfahrensmäßige Besonderheiten und verstand sie nicht als geschlossenes System; auch kehrte er nicht zu den kunstvollen Klagformeln zurück, sodass actio weiterhin den materiellrechtlichen Anspruch und nicht wie unter dem   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  250 III 2 (S.  314).   C. 8, 34, 3. 156   Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  250 II m.Fn.  4 (S.  313); ders., Das Römische Privatrecht I, §  109 I m.Fn.  1 (S.  460). 157   C. 4, 51, 7; 4, 54, 9; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  241 II 7 f (S.  269). 158   C. 3, 31, 11; Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  91 IV 1 (S.  598). 154 155

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Legisaktionen- und Formularverfahren die Klagehandlung bezeichnete, exceptio (oder praescriptio) die Einrede159. Eine eigenständige typisierende Wirkung kam dem Prozessrecht damit kaum noch zu160 ; die Typenfixierung, die das Edikt mittels seiner Klagformeln für das Sachenrecht mit sich gebracht hatte, war nun in der justinianischen Kodifikation selbst enthalten. 2.  Verfügungsgeschäfte Justinian machte die traditio wieder zum selbständigen Übertragungsakt161, anerkannte aber auch »vergeistigte« Formen der traditio162 . Allerdings ist unklar, ob Kausalität oder Abstraktheit galt. Beim Kauf ging auch unter Justinian das Eigentum erst bei Kaufpreiszahlung über, wobei jedoch Kreditierung ausreichte163 . Bei der Schenkung scheint für den Eigentumsübergang allein die traditio entscheidend gewesen zu sein164 . Für die Bestellung eines Pfandrechts genügte weiterhin formfreier Vertrag, und auch die tatsächliche Übergabe konnte in verschiedenen Fällen vermieden werden165 . Eine typisierende Wirkung der Verfügungsgeschäfte, wie sie für mancipatio und in iure cessio anzunehmen ist, war hier nicht mehr gegeben, hätte aber auch kaum in die Zeit gepasst.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Justinians Versuch einer Wiederbelebung der Klassik war in Kernbereichen des Sachenrechts durchaus fruchtbar und brachte in vielerlei Hinsicht eindeutig einen Zugewinn an Typizität: Eigentum wurde wieder absolut verstanden und grenzte sich schon deshalb von den beschränkten dinglichen Rechten ab. Die beschränkten dinglichen Rechte erhielten ihrerseits eine abstrakte Fixierung ihres Inhalts. Eine weitere, die Typizität stärkende Vereinheitlichung bedeutete der endgültige Verzicht auf den klassischen Dualismus von quiritischem und bonitarischem Eigen159   Collinet, La nature des actions, des interdits et des exceptions dans l’œuvre de Justinien, S.  157 ff., 532 ff.; Levy, SavZ (RA) 76 (1959), 1, 6; ders., West Roman Vulgar Law, S.  202 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  199 I 3 (S.  67 f.); Kaser/Hackl, Das Römische Zivilprozessrecht, §  88 I 3 (S.  578–580), §  89 (S.  582–586); Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  93, 97, 99 f., 105 f. 160   Anders offenbar Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  47–56. 161   Inst. 2, 1, 40; s. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  148 ff. (auch zur Frage, ob durch Zurückbehaltung eines ususfructus für sehr kurze Zeit das Erfordernis tatsächlicher Übergabe umgangen werden konnte). 162   Ins. 2, 1, 44: Interdum etiam sine traditione nuda voluntas sufficit domini ad rem transferendam, veluti si rem, quam tibi aliquis commodavit aut locavit aut apud te deposuit, vendiderit tibi aut donaverit. quamvis enim ex ea causa tibi eam non tradiderit, eo tamen ipso, quod patitur tuam esse, statim adquiritur tibi proprietas perinde ac si eo nomine tradita fuisset. 163   Inst. 2, 1, 41; Levy, West Roman Vulgar Law, S.  150 f.; Kaser, Das Römische Privatrecht II, §  242 IV (S.  282–284). 164   Vgl. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  153 f. 165   Levy, West Roman Vulgar Law, S.  155 f.

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tum. Allerdings lebten unter den gewandelten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umständen teilweise auch nachklassische Entwicklungen weiter, so etwa die komplizierte und stark auf den Einzelfall abstellende Pfandrechtsordnung. Da zudem auch in justinianischer Zeit vielfältige öffentlichrechtliche Pflichten gegenüber Staat oder Kaiser mit dem Grundeigentum verbunden sein konnten, lässt sich eine gewisse Offenheit für die Verdinglichung auch privatrechtlicher Pflichten nicht ausschließen. Trotz des mithin nicht ganz einheitlichen Bildes wird das Sachenrecht dieser Epoche aber insgesamt von hoher, vielleicht gar an einen Typenzwang166 heranreichender Typizität geprägt gewesen sein. Denn das Corpus Iuris Civilis war eine erste Kodifikation, die Anspruch auf Geschlossenheit erhob und diesen Anspruch mit der vollen Autorität eines Kaisers unterstrich, der sich selbst um das Gesetzeswerk bemüht hatte. Die Vorstellung, man dürfe beliebig von den in der Kodifikation vorgesehenen Sachenrechtstypen abweichen, konnte in einem solchen Umfeld schwerlich gedeihen.

166   So z. B. Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  55 m.Nw.

Kapitel 4

Die Entwicklung in Deutschland Während das oströmische Reich samt seinem Recht die Völkerwanderungszeit ohne größere Umwälzungen überstand und in der Zeit nach Justinian immer stärker unter griechisch-hellenistischen Einfluss geriet, konnte sich das weströmische Reich trotz zeitweiliger Rückeroberung durch Ostrom nicht behaupten. Im Süden, in den römisch-germanischen Königreichen der Westgoten, der Burgunden und der Ostgoten, kam es zwar zu einer eigentümlichen Vermischung der nachklassisch-römischen Kultur mit derjenigen der eingewanderten Völker; im Westen beanspruchten die Franken, die unter Chlodwig I. das römische Restreich des Statthalters Syargius um Soissons eroberten, in der Kontinuität römischer Herrschaft zu stehen, und nahmen bei der Bewahrung römischer Kultur quasi eine Mittelstellung ein. In den nord-östlichen Teilen Europas hingegen fehlte es entweder schon an früherer territorialer Zugehörigkeit zum römischen Reich, oder es siedelten sich Völker an, die noch wenig Berührung mit der römischen Kultur erfahren hatten und sich römischen Einflüssen weitgehend verschlossen, etwa indem sie die bisherigen Bewohner vertrieben. Mit der Ausdehnung des Frankenreichs verbreiteten sich zunächst auch dessen aufgezeichnete Volksrechte und Kapitularien über den Rhein hinweg nach Osten. Die Auflösung des fränkischen Reichs ließ diese Rechtstexte und die in ihnen sichtbaren römischrechtlichen Gedanken jedoch wieder in Vergessenheit geraten; altes Gewohnheitsrecht der eingewanderten Stämme veränderte oder überwand römische Ideen. Selbst in Italien verblasste das römische Recht allmählich; die langobardische Rechtsübung etwa war deutlich altgermanisch geprägt. So musste es auch dort später zu einer »Wiederentdeckung« des klassischen römischen Rechts kommen. Auf dem heute deutschen Gebiet galt ab dem elften Jahrhundert für lange Zeit fast ausschließlich wieder mittelalterliches Gewohnheitsrecht. Vor allem dort, wo dieses Recht in Rechtsbüchern, Stadtrechten oder ländlichen Weistümern aufgezeichnet war, konnte es sich auch noch während der ersten Phase der Rezeption des römischen Rechts halten. Trotz seiner starken territorialen Zersplitterung beruhte das mittelalterliche Gewohnheitsrecht doch auf gemeinsamen Grundgedanken und Rechtsinstituten, die nicht unbedingt als speziell germanisch oder gar deutsch hervortreten, aber dank der deutschen rechtgeschichtlichen Forschung gerade für das Gebiet Deutschlands gut erschlossen sind.    S. nur Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I, S.  266 ff.; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  4 f f.

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

Wegen der Fortwirkung dieses mittelalterlichen Rechts bis in die verschiedenen Kodifikationen Kontinentaleuropas sollen zunächst Vorkommen und Ausmaß seiner sachenrechtlichen Typizität näher betrachtet werden, bevor auf die Auswirkungen der ersten Rezeption eingegangen wird. Über die Epoche des Naturrechts führt der Weg dann zur zweiten, von der Pandektistik vermittelten Rezeption römischen Rechts im BGB, das – gestört durch zwei Phasen totalitärer Herrschaft mit Auswirkungen auch auf das Sachenrecht – bis heute das deutsche Zivilrecht prägt.

A.  Germanisch-deutsches Recht des Mittelalters Als Angelpunkt des germanisch-deutschen  Sachenrechts gilt gemeinhin die Gewere, worunter man – so jedenfalls die germanistische Wissenschaft im Rückblick – eine grundsätzlich durch tatsächliche Nutzung oder Innehabung zum Ausdruck kommende, vom Inhaber aufgrund eines dinglichen Rechts beanspruchte Herrschaft über eine Sache verstand . Die Sachherrschaft brauchte nicht kraft »Eigentums« in Anspruch genommen sein. Vielmehr genügte der Wille, die Sache aus irgendeinem rechtlichen Grund für sich zu beherrschen, sodass beispielsweise auch der Pächter, nicht aber der Verwalter, als Gewereinhaber angesehen werden konnte . Jedes dingliche Recht kam in der Gewere zur Erscheinung; seine Übertragung war stets mit der Übertragung der Gewere verbunden. Hier zeigte sich besonders deutlich der mittelalterliche Ansatz, Rechtsbeziehungen nach außen hin sichtbar, sinnlich wahrnehmbar zu machen und damit den Gedanken der Publizität voll durchzuführen  – ein Ansatz, der in gewisser Weise auch das römische Vulgar   Gemeint sein soll das mittelalterliche Recht vor der Rezeption, wie es in einem Gebiet galt, das in etwa dem heutigen Deutschland entspricht; umfasst ist also insbesondere die fränkische Zeit (ca. 500–888) und das beginnende Hochmittelalter (888 bis zur Rezeption).    Grundlegend Albrecht, Die Gewere, passim; weiter z. B. Phillips, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts I, S.  117 ff.; Eugen Huber, Gewere, insbes. S.  22 ff.; Gierke, Sachenrecht, §  113 I (S.  187); Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  73 (S.  19); s. a. Ogris, Gewere, HRG I, Sp.  1659 f.; Floßmann, Österreichische Privatrechtsgeschichte, S.  122 f. Die Informationen über das germanisch-deutsche Recht des Mittelalters und insbesondere sein Sachenrecht sind wenig gesichert und wurden wohl durch die Germanistik des 19. Jahrhunderts gerade auch in den Begrifflichkeiten, insbesondere in der Verwendung des Begriffs der Gewere, verfälscht (vgl. Bader/Dilcher, Deutsche Rechtsgeschichte, S.  62; Kroeschell, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert I, S.  249, 271–276; Schäfer, Juristische Germanistik, S.  495 f., 502 f.). Wenn sich die nachfolgende Darstellung dennoch vor allem auf ebendiese germanistische Literatur stützt und den Begriff der Gewere statt anstelle des weniger belasteten Begriffs des Besitzrechts verwendet, geschieht dies aus Gründen der Tradition und der terminologischen Abhebung sowie in der Hoffnung, dennoch zumindest in Grundlinien dem tatsächlichen Recht jener Zeit nahezukommen.    Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  113 III 1 a (S.  191); Eugen Huber, Gewere, S.  25 f.; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  201–209.    Gierke, Sachenrecht, §  113 II (S.  188 f.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  198–199.

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recht prägte, was auf eine Rezeption der einen wie der anderen Seite hindeuten mag . Als dingliche Rechte, die alle in Form der Gewere zum Ausdruck kamen und sich insofern als »Eigentumssplitter« darstellten, verstand man bei Liegenschaften nun nicht nur die vielfältigsten Möglichkeiten, das Grundstück direkt zu nutzen oder aus ihm einen Vorteil zu ziehen, sondern auch mittelbare Nutzung durch Zins- oder Dienstberechtigungen gegenüber dem tatsächlichen Besitzer und vor allem durch zahlreiche hoheitliche, nach heutigem Verständnis öffentlich-rechtliche Befugnisse der Territorialhoheit, die als grundstücksgebundene Vermögensrechte aufgefasst wurden, beispielsweise Gerichtsbarkeit, Vogteigewalt, Regalien, Bannrechte, Münz- und Zollgerechtigkeiten . Diese verschiedenen Berechtigungen standen indes nicht völlig unabhängig nebeneinander. Vielmehr brachten gerade die Befugnisse der Territorialhoheit die übergeordnete Gewere des jeweiligen Grundherrn am Grundstück zum Ausdruck, womit unter der mittelalterlichen Praxis, Grundstücke in verschiedenen Formen der Leihe zu vergeben und vom Landrecht die Rechtskreise des Lehn-, Dienst- und Hofrechts zu unterscheiden, unmittelbare und mittelbare, mehrfach gestufte Gewere am Grundstück möglich und häufig war. So zeigte sich die landrechtliche Gewere des Grundherrn am Grundstück eines hofhörigen Bauern etwa in den Zinsen, Hand- und Spanndiensten, die ihm der Bauer zu leisten hatte. Die Inhaber der tatsächlichen, direkten Sachgewalt wurden, wenn sie Vasallen, Dienstleute und Hofhörige waren, zunächst nur nach Lehn-, Dienst- und Hofrecht und damit lediglich vor den Lehns-, Dienst- und Hofgerichten, nicht aber nach Landrecht und vor den ordentlichen Gerichten, selbst als Inhaber einer Gewere am Gut angesehen; den Herrn betrachtete man wohl als Inhaber einer Gewere am Zinsoder Dienstrecht. Nicht ganz klar ist, ob in ein und demselben Rechtskreis dem Herrn sowohl die Gewere am Grundstück als auch die Gewere am Zins- oder Dienstrecht zustehen konnte, vor allem, als die besonderen Rechtskreise nach und nach verschwanden und ihre Verhältnisse auch im Landrecht Berücksichtigung fanden10 . Grundsätzlich unterlagen jedenfalls Rechte an Grundstücken und liegenschaftliche Gerechtigkeiten als »unkörperliche Sachen« dem Liegenschaftsrecht und konnten daher Gegenstand einer Rechtsgewere sein11 – wie überhaupt Rechte als unkörperliche Gegenstände aufgefasst und wie körperliche Gegenstän  Vgl. Levy, West Roman Vulgar Law, S.  96–99.   Gierke, Sachenrecht, §  120 IV 7 (S.  359).    Gierke, Sachenrecht, §  101 III 1 (S.  14), §  113 III 1 a (S.  192), §  124 (S.  396 ff.), §  148 III 2 (S.  703 f.); Bund, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§  854 ff Rn.  2.    Gierke, Sachenrecht, §  113 III 2 (S.  198 f.); Eugen Huber, Gewere, S.  26 ff.; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  204 f., 243 f. 10   Bejahend (für den Rentenkauf) Albrecht, Die Gewere, S.  158; ablehnend Eugen Huber, Gewere, S.  26; offen Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  220. S. a. Gierke, Sachenrecht, §  113 III 5 (S.  202); Heusler, Die Gewere, S.  275–277. 11   Gierke, Sachenrecht, §  113 III (S.  201); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  220.  

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de behandelt wurden, sodass etwa auch Rechte an Rechten möglich waren, insbesondere, anders als im römischen Recht, Forderungen ihrerseits als Rechtsobjekte in Betracht kamen. Schon dieser einheitliche Begriff der Gewere deutet auf das Fehlen einer strengen Trennung von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten hin. Zugleich zeigte sich gerade bei der Gewere eine dem römischen Recht so nicht bekannte Unterscheidung zwischen Liegenschaften und Fahrnis12 : Während für die Gewere an Grundstücken eine wirtschaftliche Nutzung ausreichte, die etwa als ideelle, ruhende oder anwartschaftliche Gewere nicht die tatsächliche Innehabung voraussetzte, konnte die Gewere an beweglichen Sachen nicht ohne tatsächliche Sachherrschaft bestehen, weshalb die Weiterverfolgung aus fortbestehender Gewere ausschied und nur bei unfreiwilligem Besitzverlust durch besondere Fahrnisklagen möglich war13 .

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Wie schon das frühe und wieder das nachklassische römische Recht beruhte das mittelalterliche Sachenrecht im Ausgangspunkt wohl nicht auf einem einheitlichen und umfassenden Eigentumsbegriff, dessen abstrakte Natur durch Belastungen in seinem Wesen nicht verändert würde. Vielmehr wird es – vor allem beim Grundeigentum – die Zuordnung der auf bestimmte Nutzungen gerichteten Sachherrschaft in den Mittelpunkt gestellt haben14 . Die verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten einer Sache können nun aber nach der Art oder dem Zeitraum der Nutzung jeweils verschiedenen Personen zustehen, womit eine strenge Trennung zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten kaum möglich ist. Da die Nutzung und nicht das Objekt als Ganzes im Vordergrund stand, konnten sich ohne Weiteres Stockwerkseigentum und sonstiges Sondereigentum an Gebäudeteilen entwickeln15 . Bei Liegenschaften war die Vereinigung aller Nutzungsrechte in einer Hand klar die Ausnahme16 .   S. nur Gierke, Sachenrecht, §  101 (S.  5 f f.), §  120 IV 1 (S.  356).   S. nur Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  179 ff., 198 ff., 430 ff.; Ogris, Gewere, HRG I, Sp.  1660 ff. Ob sich allerdings deshalb die Rechte an Liegenschaften und Fahrnis ganz prinzipiell unterschieden, ist zweifelhaft; gegen die traditionelle germanistische Auffassung z. B. Heusler, Institutionen II, S.  3 f f. 14   Weitaus schärfer im Sinne eines eigenen »germanischen« Eigentumsbegriffs z. B. Gierke, Sachenrecht, §  120 II (S.  349 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  180, 242 ff.; Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §  263 (S.  177). Dagegen aber die Kritik bei Gerber, System des deutschen Privatrechts, S.  175 Fn.  1, nach dem das deutsche Recht sehr wohl die Vorstellung eines absoluten Eigentums kannte; allerdings gesteht auch Gerber zu, dass dieses Eigentum »nicht als scharf begränzter Begriff erfaßt und in seiner Reinheit bewahrt wurde« (a.a.O., S.  175 bei Fn.  2). Zur Lehre vom germanischen Eigentumsbegriff und ihren Defiziten Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34–71. 15   Gierke, Sachenrecht, §  103 II 1 c (S.  41 f.). 16   Gierke, Sachenrecht, §  129 II (S.  352). 12 13

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Somit liegt nahe, dass als Eigentümer – zumindest in einem weiteren, nicht klassisch römischrechtlich gedachten Sinne17 – auch derjenige angesehen wurde, dessen Recht in gewisser Weise beschränkt war. Dies galt insbesondere für die verschiedenen Leiherechte, aber etwa auch für den auf Zeit nutzungsberechtigten Pfandgläubiger oder den Nießbraucher. Rechtsgeschäftliche Beschränkungen oder solche zugunsten der Genossenschaft, der Nachbarn oder Verwandten, wie sie vielfach vorkamen, mussten eine solche Einordnung ebenfalls nicht notwendigerweise stören. Für die Zuordnung der Sache als Ganzes kam es bei Grundstücken auf den jeweiligen Rechtskreis an: Da sich die Position des Vasallen, Dienstmanns oder Grundhörigen wenig von der eines landrechtlichen Eigentümers unterschied, der ja auch durch die übergeordnete Staatsgewalt beschränkt war, mag dem landrechtlichen »Eigen« des Herrn zunächst in den Rechtskreisen des Lehn-, Dienstund Hofrechts ein »Eigen« des Mannes gegenübergestellt worden sein, wenn auch der historische Befund gerade hinsichtlich der Bezeichnung als »Eigen« nicht unzweifelhaft ist18 . Als sich die verschiedenen Rechtskreise vereinigten, musste sich jedenfalls die Frage stellen, welches Eigentum denn nun ausschlaggebend sein sollte. Die Lösung war zum einen durch den auf die Nutzungsmöglichkeiten abstellenden Eigentumsbegriff, zum anderen durch die Zuweisung der Gewere in solchen gestuften Herrschaftsverhältnissen vorgezeichnet: Auch das lehn-, dienstund hofrechtliche Eigentum fand landrechtliche Anerkennung und führte zu mehrfach gestuften Berechtigungen19. Bei alldem unterschied man aber wohl doch zumindest allmählich zwischen einem umfassenderen Eigentumsrecht und beschränkten dinglichen Rechten, auch wenn die Grenze zwischen »Mindereigentum« und beschränktem dinglichem Recht wohl fließend blieb und sich nicht nach dem Wesen, sondern nur nach dem Umfang der jeweiligen Sachherrschaft bestimmte20 . 2.  Beschränkte dingliche Rechte Zunächst verschafften die vielfältigen Leiheverhältnisse des germanischen Rechts, soweit sie dem Lehn-, Dienst- oder Hofrecht angehörten, dem Leihemann innerhalb des jeweiligen Rechtskreises Gewere und Eigen 21. Mit der Anerkennung dieser Rechtskreise vor dem Landgericht, wo bislang nur der Grundherr als Eigentümer »in der Gewere war«, musste die Berechtigung des Leihemanns zu einer Art beschränkten dinglichen Rechts werden, das eine beschränkte Nutzungsgewere 17   Vgl. schon Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen I, S.  77 f.; dazu Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 51 f. 18   Vgl. Duncker, Zeitschr. f. dt. Recht 2 (1839), 177–212; Hohmeyer, Des Sachsenspiegels zweiter Theil II, S.  277, 422 ff.; dazu Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 53 f. 19   Im Sinne gestuften Eigentums Gierke, Sachenrecht, §  121 I (S.  368 f.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  247–249; s. allerdings die vorige Fn. 20   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  120 III, IV 5–7 (S.  355, 358–360); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  243 f., 247. 21   Albrecht, Die Gewere, S.  127 ff.; Gierke, Sachenrecht, §  113 III 2 (S.  198); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  220.

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gab22 . Der Leiheherr hatte als Eigentümer die Eigengewere, die sich im Recht auf Abgaben und Dienste, auf Heimfall und Zustimmung zu Veräußerungen zeigte23 . Auch bei rein landrechtlichen Leiheverhältnissen wie nicht zuletzt bei Miete und Pacht standen sich Eigentum und Eigengewere des Leihgebers einerseits, beschränktes dingliches Recht und Nutzungsgewere des Leihnehmers andererseits gegenüber, sodass der Satz »Kauf bricht nicht Miete« galt 24 . Die Ausgestaltung der Leiheverhältnisse folgte sicher gewissen Grundmustern, war aber doch stark von den jeweiligen Abreden abhängig. Dementsprechend schwach ausgeprägt war die Typizität dieser dinglichen Positionen. Während die Dienstbarkeiten so recht eigentlich erst mit der Rezeption im germanischen Recht heimisch wurden 25 , entwickelten sich die Reallasten aus den privatrechtlichen Abhängigkeitsverhältnissen sowie den aus heutiger Sicht öffentlichrechtlichen Herrschaftsverhältnissen des Mittelalters26 . Die zunehmende Los­ lösung dieser Verhältnisse von Person und Stand des Verpflichteten und ihre Verankerung auf dem jeweiligen Grundstück wurde begünstigt durch die eigentümliche Gewereordnung, wonach ein Dienst- oder Zinsrecht die Gewere des Berechtigten am Grundstück zum Ausdruck bringt. Mit der Annahme einer Gewere an der Reallast selbst löste sich diese von dem umfassenden Herrschaftsrecht am Grundstück ab27. Inhalt der Reallast konnten die verschiedensten Naturalabgaben, insbesondere Naturalzinsen und Zehnten, Arbeitsleistungen – Hand- und Spanndienste und andere Fronden – oder Geldzahlungen sein, die von jedem Eigentümer grundsätzlich mit den Mitteln und Kräften des belasteten Grundstücks zu bewirken waren 28 . Für das Verständnis der Grundzinslast als eine von jedem umfassenderen Herrschaftsverhältnis losgelöste Belastung war vor allem die Entwicklung des Rentenkaufs von Bedeutung, die im zwölften Jahrhundert in den Städten ihren Ausgang nahm 29 und nicht zuletzt als Mittel zur Umgehung des kanonischen Zinsverbots diente30 . Beim Rentenkauf verkaufte der Eigentümer eine Rente aus dem Grundstück. Hierdurch erhielt der Käufer wohl eine besondere Gewere an der Sache, die neben die Gewere des Eigentümers trat31. Das Recht 22   Gierke, Sachenrecht, §  113 III 2, 3 (S.  198 f.); Ogris, Gewere, HRG I, Sp.  1662 f. Zum Lehnsrecht Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  367. 23   Vgl. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  354; Eugen Huber, Gewere, S.  29. 24   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  582 f. 25   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  143 II (S.  634 f.). 26   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  148 II (S.  700 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  384 ff.; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  100 III f. (S.  236 ff.). 27   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  148 III 1 (S.  703); für Gewere nur an der Reallast Eugen Huber, Gewere, S.  26 m.Nw. gegen Albrecht, Die Gewere, S.  158. S. schon oben Fn.  10 mit zugehörigem Text. 28   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  395–402. 29   Gierke, Sachenrecht, §  151 II (S.  753–755); s. a. Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  13. 30   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1448, 1450; Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 518 f., 522–524 (2003). 31   Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  101 (S.  436–438). Ob die Gewere am Grundstück oder der Rentenberechtigung bestand und ob es sich um ein dingliches Recht an

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des Käufers auf die Rente war insofern selbständig, als der Käufer keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kapitals hatte, den dieses Recht hätte sichern können; Leistung und Gegenleistung waren allein die Hingabe des Kapitals und die Begründung der Rentenberechtigung. Allerdings konnte dem Eigentümer die Befugnis eingeräumt werden, die Rente gegen Rückzahlung des Kapitals oder Zahlung eines nach anderen Kriterien bestimmten Betrages abzulösen; später wurde dies vielerorts gesetzlich vorgesehen 32 . Beim Pfandrecht zeigte sich wieder die Trennung von Fahrnis und Liegenschaften. Das ältere Pfandrecht an beweglichen Sachen verlangte wie jedes dingliche Recht an beweglichen Gegenständen unmittelbare (»leibliche«) Gewere des Pfandgläubigers, die beim vertraglichen Pfand durch Übergabe, beim genommenen Pfand durch eigenmächtige Wegnahme erlangt wurde33 . Dem pfandgesicherten Gläubiger haftete zunächst nur diese Sache als Verfallspfand; erst als sich die Übernahme allgemeiner persönlicher Haftung verbreitete, trug er nicht mehr die Gefahr und wurde das Pfand wegen der Notwendigkeit, seinen Wert festzustellen, zum Verkaufspfand34 . Später kam teilweise auch eine Verpfändung ohne Übertragung der leiblichen Gewere auf, die dann aber in einem öffentlichen Formalakt erfolgen musste35 . Anders als Fahrnis waren Grundstücke als Ganzes außerhalb der Städte36 anfangs kaum Objekte des Rechtsverkehrs. Der Wert eines Grundstücks bestand vielmehr in seinen Erträgnissen 37. Diesen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprach es, dass die sogenannte »ältere Satzung« wie das ältere römische Pfandrecht als Besitz- und Nutzungspfand ausgestaltet war. Der Pfandgläubiger erhielt die Satzungsgewere übertragen und zog auf ihrer Grundlage die Nutzungen aus dem Gut. Wo wie zumeist die Nutzungen lediglich Ersatz für die Zinsen des geliehenen Geldes waren und nicht auf das Kapital angerechnet wurden (Zins- oder Ewigsatzung38 ), konnte das Nutzungsrecht auf Dauer beim Pfandgläubiger bleiben und sollte dies oft auch, etwa bei der Verpfändung von Hoheitsrechten durch die kapifremder Sache oder eine Obligation handelte, ist auch hier umstritten; Nachweise bei Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1449. 32   Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1450; s. a. Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 523 f., 529 (2003). 33   Weisl, Deutsches Pfandrecht bis zur Reception des römischen Rechtes, S.  59 ff.; Phillips, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts, S.  266 ff.; Gierke, Sachenrecht, §  169 I 1 (S.  956). Später erst trat an die Stelle der Privatpfändung eine Pfändung unter Mitwirkung des Gerichts mit vorheriger Schuldfeststellung; dazu Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn.  3.9, 3.11; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  470–472; Planitz, Die Vermögensvollstreckung im deutschen mittelalterlichen Recht I, S.  153 ff. 34   Gierke, Sachenrecht, §  169 I 1 (S.  959–961); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  475 f. 35   Phillips, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts, S.  275–277; Gierke, Sachenrecht, §  169 I 2 (S.  961–963); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  476 f. 36   Vgl. Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  74 ff. 37   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  242, 404 f. 38   Phillips, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts, S.  274 f.; in Frankreich mortgage (unten Kapitel 5 A I 1 2), in England mortuum vadium (unten Kapitel 6 A I b 2).

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talsuchenden Fürsten. Bei der sogenannten Todsatzung39 hingegen dienten die vom Pfandgläubiger gezogenen Nutzungen der Tilgung der Schuld. Über die Substanz des Grundstücks konnte der Pfandgläubiger nicht verfügen, sofern kein Verfall- oder Verkaufspfand vereinbart war. Hinsichtlich der Behandlung von Nutzungen und der Art der Befriedigung bestand also durchaus Spielraum für individuelle Gestaltung. Typischerweise haftete dem Pfandgläubiger nur das versetzte Grundstück; gegen den Schuldner und sein Vermögen konnte er nur im Falle einer gesonderten Abrede vorgehen40 . Dies mag man als Ausfluss der Gewerelehre sehen, kam doch in der Übertragung der Sachgewere nur die Haftung ebendieser Sache zum Ausdruck. Das Fronungspfand der »jüngeren Satzung«, das seinen Ursprung im Stadtrecht hat, beließ dem Schuldner Besitz und Nutzung des Grundstücks, verstrickte es aber nach älteren prozessualen Vorbildern mit Gerichtsbann und gewährte so dem Gläubiger das Recht, sich im Verzugsfall durch sofortige Zwangsvollstreckung mit Folge des Verfalls oder gerichtlichen Verkaufs aus dem Gut zu befriedigen41. Am Gut selbst hatte der Satzungsgläubiger lediglich anwartschaftliche Gewere, neben die noch die Rechtsgewere am Pfandrecht trat. Anders als unter der älteren Satzung, die ja unmittelbare Sachgewere des Satzungsgläubigers verlangte, konnte ein Grundstück nun auch mehrfach verpfändet werden42 . Auch die jüngere Satzung war jedenfalls ursprünglich wieder reine Sachhaftung. Die später teils zu findende Hinzufügung eines gesetzlichen Rechts, sich wegen des Ausfalls an das Vermögen des Schuldners zu halten43 , könnte durch die stärkere Vergeistigung der dem Satzungsgläubiger zustehenden Gewereformen begünstigt worden sein. Die Retrakt- oder Näherrechte schließlich gaben dem Näherberechtigten das Recht, das vom Eigentümer an einen Dritten veräußerte Grundstück an sich zu ziehen, allerdings nur gegen Erfüllung der Verbindlichkeiten, die der Käufer übernommen oder erfüllt hatte44 . Näherrechte konnten kraft Gesetzes bestehen, wie das Zugrecht der nächsten gesetzlichen Erben oder das Gespilderecht der Teilgenossen eines ursprünglich einheitlichen Grundstücks, oder auch gewillkürter Art sein. Die dingliche Wirksamkeit der vertraglichen Näherrechte erklärt sich daraus, dass ihre Bestellung durch Einfügung eines entsprechenden Gedinges im Rahmen

39   In Frankreich vifgage (unten Kapitel 5 A I 1 2), in England vivum vadium (unten Kapitel 6 A I b 2). 40   Zu allem Gierke, Sachenrecht, §  155 (S.  8 09 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  404–407; s. a. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1445 m.Nw. zum Streit, ob die ältere Satzung eine Forderung voraussetzte. 41   S. etwa Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1446; von Meibom, Das deutsche Pfandrecht, S.  30, 402 ff. 42   Weisl, Deutsches Pfandrecht bis zur Reception des römischen Rechtes, S.  49–51; Gierke, Sachenrecht, §  155 III (S.  818 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  407–411. 43   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  155 III m.Fn.  81 (S.  823). 44   Walch, Das Näherrecht, S.  14 ff.; Gierke, Sachenrecht, §  152 (S.  766 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  422 ff.; Coing, Europäisches Privatrecht I, §  76 (S.  383 f.).

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des öffentlichen Übertragungsaktes an den künftig belasteten Erwerber erfolgte45 . 3.  Treuhand Ähnlich wie im römischen Recht begegnet auch im mittelalterlichen Recht die Treuhand zu Sicherungszwecken als Vorstufe des Pfandrechts. Allerdings war die Übertragung von Eigentum und Gewere, die zumeist unkörperlich erfolgte, in der Regel aufschiebend bedingt, was auf die Gestaltung als »Kauf auf Wiederkauf« zurückgeht46 . Die praktische Bedeutung dieses Instituts war jedoch aus vielerlei Gründen eher gering. Vor allem bedurfte der Pfandschuldner regelmäßig zu Veräußerungen der Einwilligung der Verwandten oder eines Leiheherrn, die nicht ohne Weiteres zu erhalten war47. An die Stelle der Verwaltungstreuhand traten, sofern dafür ein Bedarf bestand, Leiheverhältnisse. 4.  Verfügungsbeschränkungen Verfügungsbeschränkungen für Grundstücke waren im mittelalterlichen Recht zahlreich und traten oft nicht als eigenständiges sachenrechtliches Institut zutage, sondern als eine von vielen Formen der Eigentumsbeschränkung. Zu nennen sind hier insbesondere Verfügungsbeschränkungen infolge verwandtschaftlicher Mitberechtigung, wie das alte Wartrecht der Söhne oder das sächsische Beispruchsrecht der Erben, die bei Veräußerung bestimmter Güter deren Zustimmung und Mitwirkung notwendig machten48 und sich erst später zu bloßen Näherrechten abschwächten49, oder die Unveräußerlichkeit hochadliger Hausgüter, wenn nicht alle Agnaten zugestimmt hatten; ähnliche Wirkung hatten weiter Familienfideikommisse50 . Wurde ohne Erlaubnis des Berechtigten verfügt, konnte dieser die Verfügung als nichtig »anfechten« und die Sache ohne Gegenleistung jedem Dritten abfordern 51.

  Gierke, Sachenrecht, §  154 I (S.  797); vgl. Walch, Das Näherrecht, S.  122.   Beim »Kauf auf Wiederkauf« erlangt der Sicherungsnehmer als Käufer Eigentum, wodurch er zunächst befriedigt wird; der Sicherungsgeber kann die Sache jedoch zurückkaufen; vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1444. 47   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  403 f. 48   Eckert, Der Kampf um die Familienfideikommisse, S.  37 ff.; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  329, 333; zum Beispruchsrecht aus dem älteren Schrifttum z. B. Lewis, Die Succession des Erben, S.  7 ff., insbes. S.  16 ff.; ders., Das Recht des Familienfideicommisses, S.  22 ff. 49   Gierke, Sachenrecht, §  153 I (S.  785); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  423; Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  209 (S.  9 0 f.). 50   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  336 ff.; Lewis, Das Recht des Familienfideicommisses, S.  23 ff. 51   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  153 I (S.  786 f.). 45

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Neben diesen Verfügungsbeschränkungen konnte vor Gericht oder Rat gelobt werden, »mit allem Erbe und Gut« zu schulden, was dem Gläubiger eine arrest­ ähnliche Sicherheit schuf, die bei Liegenschaften dingliche Wirkung hatte52 .

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Während der römische Legisaktionen- und Formularprozess mit der Zweiteilung in ein Verfahren in iure und ein Verfahren apud iudicem deutlich zwischen dem rechtlichen Streitprogramm und der Beweisaufnahme über die danach erheblichen Tatsachen trennte, stellten die Parteien im germanischen Prozess durch alle seine Stufen hinweg Rechtsbehauptungen zum Beweis. Diese Rechtsbehauptungen bezogen sich grundsätzlich nicht auf die einzelnen erheblichen Tatsachen, sondern auf den »Gesamttatbestand« und damit indirekt auf das streitige Rechtsverhältnis insgesamt53 . Dementsprechend fand auch nur ein einziger Beweisakt statt, etwa eine Beeidigung der Rechtsbehauptung durch Eidhelfer, nicht aber eine Klärung einzelner historischer Tatsachen. Das Gericht nahm – durch die Schöffen des Gerichtsorts oder die Übernahme des Spruchs eines angerufenen Oberhofs54 – nur die rechtliche Würdigung der Rechtsbehauptungen vor. Es prüfte also ähnlich dem römischen Prätor abstrakt, ob sich aus dem vorgetragenen Sachverhalt der geltend gemachte Anspruch ergab. Seine Entscheidungen waren daher regelmäßig sogenannte »zweizüngige« Beweisurteile, die bei Leugnen des Beklagten den Beweis anordneten und bestimmten, was je nach Ausgang des einseitigen Beweisverfahrens geschehen sollte55 . Die Schöffensprüche hatten also überwiegend prozessualen Charakter56 . Ob sich die Schöffen an einem als vorgegeben verstandenen begrifflichen System orientierten oder ihrem Rechtsgefühl und Rechtsbewusstsein folgten, »ohne sich darüber genaue Rechenschaft zu geben, warum sie so und nicht anders entschieden«57, ist schwer zu sagen. Jedenfalls aber stand ihnen kaum eine geschriebene und damit fixierte Quelle zur Verfügung, die stärker typisierend hätte wirken können. Auch traten einzelne tatsächliche Merkmale, an denen eine Typisierung hätte anknüpfen können, in ihrer Bedeutung zurück, da nur die Rechtsbehauptung insgesamt Gegenstand des Beweises, und zwar eines sehr formalisierten und allgemeinen Beweises, war. Immerhin konnten aber die bekannt gewor  Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  411 f.   Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  7 III c 1 (S.  44). 54   Vgl. Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  117 ff.; Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  178, 180 (S.  79 f.). 55   Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  4 Rn.  11 (S.  18 f.); Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  7 III c 1 (S.  43 f.); Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  62 (S.  34). 56   Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  129. 57   Im erstgenannten Sinne Gudian, Ingelheimer Recht im 15. Jahrhundert, S.  3; im zweitgenannten Sinne Stobbe, Geschichte der deutschen Rechtsquellen I, S.  278. 52 53

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denen Schöffensprüche gewisse Anhaltspunkte im Sinne einer ansatzweisen Typenfixierung bieten. Im Sachenrecht kommt ein Weiteres hinzu: Der Streit um dingliche Rechte wurde nach mittelalterlichem Recht in der Form eines Streits um die Gewere geführt58 . Bei Klagen gegen den Inhaber der unmittelbaren, »leiblichen«, oder auch der »ideellen« Gewere kam diesem schon kraft seiner Parteirolle die unter germanischem Prozessrecht vorteilhaftere Stellung des Beklagten zu, der sein Recht beweisen durfte59. Abweichend von der Grundregel verschaffte die »ideelle« Gewere aber auch dem selbst klagenden Gewereinhaber die Beweisvorteile, die sonst nur einem Beklagten zugute kamen. Die »ideelle« Gewere konnte dem Kläger gerichtlich zugesprochen worden sein, nachdem er gewaltsame Entwerung bewiesen hatte, oder aus einer förmlichen Auflassung oder einem Erbfall folgen. Beim Streit zwischen sonstigen Inhabern verschiedener Formen von Gewere entschied die Art der Sachherrschaft, die die jeweilige Gewere verlieh60 . Bei Fahrnis führte der Verlust der Sachherrschaft zwar zu einem Verlust der Gewere; erfolgte der Verlust aber durch Entziehung ohne Recht oder sonst unfreiwillig, gab die frühere Gewere verschiedene »Fahrnisklagen«. Wer die leibliche Gewere an Fahrnis hingegen freiwillig einem anderen hingegeben hatte, konnte nach dem Satz »Hand wahre Hand« die Sache von einem Dritten nicht herausverlangen, gleich ob sie dem ersten Empfänger abhanden gekommen oder von ihm freiwillig hingegeben wurde61. Da nun aber anerkanntermaßen die Gewere auf zahlreiche dingliche Verhältnisse gestützt werden konnte, also als solche über den Inhalt des in Rede stehenden dinglichen Rechts kaum etwas aussagte, konnten die auf die Gewere gestützten Klagen auch aus diesem Grund nicht weiter typisierend wirken. 2.  Verfügungsgeschäfte Auch im Rahmen der Verfügungsgeschäfte kam der Gewere eine entscheidende Rolle zu, äußerte sich doch jedes dingliche Recht in einer Gewere. Die Begründung und Übertragung eines dinglichen Rechts verlangte damit grundsätzlich eine Einräumung der Gewere (sogenannte Translativwirkung der Gewere) 62 . 58   S. insgesamt Gierke, Sachenrecht, §  113 IV 1, 2 (S.  203–207), §  134 I 1 (S.  552–561); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  178, 210 ff.; Eugen Huber, Gewere, S.  8 –19; Bund, in: Staudinger, BGB, Vorbem zu §§  854 ff Rn.  3. 59   S. nur Müller, Besitzschutz in Europa, S.  27. Da der Beweis nicht der Feststellung historischer Tatsachen, sondern der Bestärkung einer Rechtsbehauptung diente, war er einseitig; es fand kein Gegenbeweis statt. S. näher Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  7 III c 1, 2 (S.  44–49); Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  244 (S.  437 f.); Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  73, 4 (S.  21 f.); Stürner, in: Festschrift für Alfred Söllner, S.  1171, 1176. 60   Gierke, Sachenrecht, §  113 IV 1 (S.  204); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  215 f. 61   Müller, Besitzschutz in Europa, S.  28; Gierke, Sachenrecht, §  143 I 1 b (S.  558–560). 62   Gierke, Sachenrecht, §  113 IV 3 (S.  207–208); Eugen Huber, Gewere, S.  19–21; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  216 f.

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Dementsprechend erfolgte die Übereignung von Grundstücken nach altem germanischem Recht anders als nach römischem Recht nicht durch bloße Besitzübertragung, womöglich im Wege der brevi manu traditio, sondern in feierlicher und öffentlicher Form vor den versammelten Gaugenossen: Neben das Veräußerungsgeschäft (sala), das wohl als dinglicher Vertrag zu verstehen ist63 , traten in der Investitur die Bekleidung des Erwerbers mit der Gewere und die Aufgabe derselben durch den Veräußerer. Sinnhaft gemacht wurden die verschiedenen Akte jeweils durch symbolische Handlungen auf dem Grundstück, wie den gemeinsamen Grenzumgang, die Übergabe einer Scholle oder eines Herrschaftssymbols, etwa der festuca, eines Huts oder eines Handschuhs, und das förmliche Verlassen des Grundstücks durch den Veräußerer (»Auflassung«), eventuell durch Wurf der festuca bekräftigt. Ob die Öffentlichkeit dieser Akte primär den Verkehrsschutz bezweckte oder der Obrigkeit die Kontrolle über die stark vom Grundeigentum abhängende politische Stellung des einzelnen sichern wollte, mag dahingestellt bleiben. Viel spricht jedoch dafür, dass die Rechtshandlungen des Grundstücksverkehrs weniger als Instrument einer allgemeinen politischen Kontrolle denn als Einrichtung verstanden wurden, die die Person des Verpflichteten der auf dem Grundstück ruhenden öffentlichen Lasten und Lehnsverbindlichkeiten publik machte64 . Mit zunehmender Komplexität des Rechtslebens, wie sie vor allem der Aufschwung des Handels bedingte, und mit einem erweiterten örtlichen Wirkungskreis des einzelnen verlor die Beteiligung einer lokalen Öffentlichkeit indes ihre Berechtigung. Man ließ es daher genügen, wenn die Investitur vor Gericht erfolgte 65 , zumal sie dann Urkunden mit gesteigerter Beweiskraft hervorbrachte, dem Veräußerer die Anfechtung abschnitt und ein Aufgebotsverfahren enthielt, das den Erwerber bei »Verschweigung« innerhalb bestimmter Fristen vor Ansprüchen Dritter sicherte 66 . Aus der mit dem Gerichtsakt verbundenen Eintragung in amtliche Bücher, wie sie sich insbesondere in den Städten entwickelt hatten67, wurde nach und nach ein konstitutiver Teil des Übertragungsakts selbst, der die Translativrolle der Gewere übernahm68 . Die Begründung eines Lehns ähnelte mit sala und Investitur in die Lehnsgewere der ursprünglichen Form der Grundstücksübereignung, enthielt aber keine Aufgabe des Guts, da der Lehnsherr seine Eigengewere zurückbehielt 69. Andere Ver63   Gierke, Sachenrecht, §  117 II (S.  268) m.Nw. zum Streitstand; a. A. später Brandt, Eigentumserwerb und Austauschgeschäft, S.  22–29. 64   Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §§  259, 261 (S.  174, 175 f.); vgl. a. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  98. 65   Vgl. Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  11; Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  253 (S.  453 ff.). 66   Vgl. nur Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  99 f. 67   Dazu z. B. Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  60, 70 ff. 68   Gierke, Sachenrecht, §  117 (S.  266 ff.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  238, 256–264; s. a. Eugen Huber, Gewere, S.  33–35. 69   Gierke, Sachenrecht, §  117 V 1 (S.  276 f.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  366 f.

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fügungen folgten diesen Mustern70 : Der Pfandgläubiger erhielt die Satzungsgewere der älteren oder die anwartschaftliche Gewere der jüngeren Satzung durch Investitur vor Gericht und Rat, aber wegen der fortbestehenden, wenn auch ruhenden Eigengewere des Verpfänders wiederum ohne eigentliche Auflassung71. Wo die Rente aus dem Rentenkauf als Immobilie galt, konnte sie ebenfalls nur durch gerichtliche Investitur, später auch verbunden mit der Errichtung einer Urkunde oder der Eintragung in das Gerichts- oder ein Rentenbuch, begründet und übertragen werden72 . Auch die Bestellung und Übertragung von Reallasten verlangte zumeist dingliches Rechtsgeschäft und gerichtliche Bestätigung oder Eintragung 73 . Für die Verfügung über Mobilien, sei sie Übereignung oder Pfandrechtsbestellung, war stets die von einem Übereignungswillen begleitete Übergabe als Akt der Übertragung leiblicher Gewere erforderlich74 .

III.  Zusammenfassung und Würdigung Wo Rechten nur, aber auch immer dann dinglicher Charakter zuerkannt wird, wenn sie bestimmten allgemeinen Anforderungen genügen, können diese Anforderungen entweder begrenzend oder aber erweiternd auf die Zahl dinglicher Rechte wirken. Für das germanisch-deutsche Sachenrecht, das die Dinglichkeit an das Vorhandensein von Gewere knüpft, gilt letzteres. Dies hat seine Ursache in der verdinglichungsfreundlichen Struktur der Gewere. Schon die unmittelbare, »leibliche« Gewere schränkte den Inhalt möglicher dinglicher Rechte nur insoweit ein, als sie eine tatsächliche Herrschaft über die Sache verlangte. Hierbei musste es sich aber nicht um die unbeschränkte Sachherrschaft handeln, wie sie in erster Linie dem Volleigentümer, aber etwa auch auf Zeit dem Faustpfandgläubiger zustand. Es genügte vielmehr auch die Nutzung der Sache nur in bestimmten Beziehungen, etwa die Viehtrift über ein fremdes Grundstück 75 . Wenn verschiedene Personen unterschiedliche Nutzungen zogen, lag ersichtlich eine geteilte Sachherrschaft vor. Die Möglichkeiten einer Teilung der unmittelbaren Sachnutzung sind nun aber kaum begrenzt. Dementsprechend konnte schon in der »leiblichen« Gewere eine Vielzahl verschiedener dinglicher Rechte Ausdruck finden.

  Gierke, Sachenrecht, §  117 V 2–4 (S.  277–280).   Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  405 (ältere Satzung), 409 f. (jüngere Satzung); Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1447. 72   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1449 m.Nw. 73   Gierke, Sachenrecht, §  149 I 2, IV (S.  720 f., 729); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  389, 392 f. 74   Gierke, Sachenrecht, §  131 I (S.  518), §  133 I (S.  544 f.); Eugen Huber, Gewere, S.  20. 75   Dass es (abgesehen vom Pfandrecht) an beweglichen Sachen keine beschränkten dinglichen Rechte gab und gibt, ist wohl der Natur der Sache geschuldet: Eine dauerhafte Nutzungsteilung an Fahrnis ist selten und verlangt offenbar nicht nach Verdinglichung. 70 71

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Erst recht ließen die mittelbaren Formen der Gewere, die bei Grundstücken hinzutraten, die verschiedensten dinglichen Rechte zu. Dies gilt insbesondere für diejenigen Formen der Gewere, die auf einer sichtbaren Anerkennung des übergeordneten Rechts seitens des unmittelbaren Sachinhabers durch Zins- oder Dienstleistung oder auf einem besonderen, förmlichen Bestellungs- oder Übertragungsakt beruhten76 . Eine Gewere, die durch die Entgegennahme von Leistungen zum Ausdruck kommt, besagt kaum etwas über die Rechtsposition des Gewereinhabers. Wo die Leistungen in einem Anteil an den Erzeugnissen eines bestimmten Grundstücks bestehen, ist immerhin noch dieses als Gegenstand der Gewere und damit des dinglichen Rechts identifiziert. Selbst hieran fehlt es, wenn Dienstleistungen oder Zinsen in Geld oder vertretbaren Sachen entrichtet werden. In allen Fällen aber ist der Gewere nur zu entnehmen, dass das dingliche Recht des Empfängers dem des Leistenden übergeordnet ist; was genau der Inhalt dieses übergeordneten Rechts ist, gibt diese Form von Gewere hingegen nicht vor, mag es sich auch meist um das landrechtliche Eigentum gehandelt haben. Ähnliches gilt, wenn die Gewere ihren Grund in einem bestimmten Bestellungs- oder Übertragungsakt hat. Anfangs nahm dieser zwar noch direkt und unmissverständlich auf die Sache und den Inhalt des Rechts Bezug, etwa bei förmlichem Umwandern eines Grundstücks durch Veräußerer und Erwerber und nachfolgendem förmlichem Verlassen durch den Veräußerer. Die Verbindung des Bestellungs- oder Übertragungsaktes mit dem jeweiligen Recht löste sich aber mehr und mehr auf, als lediglich symbolische Handlungen, womöglich an beliebigem Ort, ausreichten. Wurde etwa eine Scholle aus einem Grundstück einem anderen übergeben, ohne dass diese Übergabe auf dem Grundstück selbst stattfand, so konnten sowohl das betroffene Grundstück als auch das übertragene Recht nicht mehr ohne Weiteres erschlossen werden. Je mehr die Vereinbarungen der Parteien zukunftsgerichtete Regelungen enthielten, etwa über eine Bedingung oder Befristung, desto weniger ließ sich dies durch momentane tatsächliche Herrschaft oder förmliche Handlung zum Ausdruck bringen. Lediglich davon, dass die Bestellung oder Übertragung durch Rechtsgeschäft vor einer Versammlung, dem Rat oder Gericht erfolgte, wird eine gewisse typisierende Wirkung ausgegangen sein. Zwar kann, wenn nur die Rechtsgemeinschaft bereit ist, ein bestimmtes Recht als dinglich anzuerkennen, jedes denkbare Recht vor ihren Vertretern bestellt oder übertragen werden. Indessen dürften die hinzugezogenen Beisitzer oder Zeugen, ähnlich wie bei der römischen mancipatio, gänzlich neue Gestaltungen nur zögernd anerkannt haben77. Allerdings war aufgrund des gesamten Umfeldes schon von vornherein die Zahl der anerkannten 76   Fortbestehende »ideelle« Gewere nach Bruch einer früheren Gewere ist als Fortsetzung der früheren Gewere in diesem Zusammenhang weniger bedeutsam. 77   Vgl. Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 221 m.Nw.: ».  .  . doch verhielten sich die Gerichte bei diesen Akten nicht rein passiv; es gehörte wesentlich dazu, daß sie nach vorausgegangener Anfrage des Vorstandes an die Beisitzer oder Zeugen, ob die Auflas-

B.  Die Rezeption des römischen Rechts

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Rechte sehr groß, sodass auch insoweit die Regeln über Verfügungsgeschäfte nicht zu erhöhter Typizität führen mussten. Nach alldem ging von dem Erfordernis, dass ein dingliches Recht in einer Gewere zum Ausdruck kommen müsse, kaum eine den Rechtsinhalt typisierende Wirkung aus. Die Bedeutung der Gewere erschöpfte sich vielmehr im Wesentlichen in erhöhter Publizität. Jede aus dem Eigentum herauslösbare Nutzungsmöglichkeit konnte durch Hinzutritt einer Gewere zum dinglichen Recht werden78 , und die Anforderungen hierfür waren gering. Berücksichtigt man, dass die ohnehin zahllosen Nutzungsmöglichkeiten bei Liegenschaften durch das Verständnis persönlicher und öffentlichrechtlicher Berechtigungen als Grundstücksnutzung noch erweitert wurden, war letztlich doch nahezu jedes persönliche Recht einer Verdinglichung zugänglich. Der Kreis der dinglichen Rechte im germanischdeutschen Recht des Mittelalters war damit wohl nicht fest begrenzt79 ; Typizität auf der Ebene der dinglichen Rechte entstand also allenfalls durch die Natur der Sache und eine eventuelle Gewohnheit.

B.  Die Rezeption des römischen Rechts Die Wiederentdeckung des klassischen römischen Rechts und die Einführung eines akademischen Rechtsunterrichts, der es zu seiner Grundlage machte, sollten für die Rechtsentwicklung auf dem Kontinent prägend werden. Das kanonische Recht war schon früh unter den Einfluss des gelehrten römischen Rechts geraten. Ab dem 15. Jahrhundert rezipierte dann auch die weltliche Rechtspraxis »als Stück der das deutsche Geistesleben übermächtig überflutenden Renaissance«80 in regional unterschiedlichem Maße dieses Recht samt seiner wissenschaftlichen Methode. Gegenstand der Rezeption war hierbei das römische Recht in der Form, die es infolge der Bearbeitung durch Glossatoren, Kommentatoren und heimische Wissenschaft angenommen hatte – eine Bearbeitung, durch die es den in vielerlei Hinsicht anderen Verhältnissen der Zeit angepasst worden war. Das »gemeine Recht«, das aus der Verbindung dieses römischen mit dem germanischen und kanonischen Recht hervorging, trat zunächst neben, später immer öfter aber auch an die Stelle der lokalen Partikularrechte. Im Sachenrecht begegnete das nutzungsorientierte, auf Publizität setzende Konzept der germanischen Gewere dem streng zwischen dinglichen und persönlichen Rechten trennenden, dafür aber weitgehend auf Publizität und Formalismus verzichtenden römischen Modell. Wenn auch der Geist bürgerlicher Gleichheit, den sung geschehen könne [.  .  .], ein förmliches Erkenntnis darüber gaben, daß sie recht und gesetzmäßig vorgenommen worden sei.« 78   Gierke, Sachenrecht, §  140 I (S.  608, 610). 79   Gierke, Sachenrecht, §  120 VI 7 (S.  366), §  139 II (S.  599); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  178. 80   Von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S.  1.

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

das klassische römische Recht atmete, an sich im Widerspruch zur mittelalterlichfeudalistischen Gesellschaftsordnung stand, so begünstigte doch gerade die Tatsache, dass unter dieser Gesellschaftsordnung privatrechtliche Gleichordnung und darauf aufbauender Güteraustausch immer seltener geworden waren, den Übergang zu einem abstrakteren, Publizität hintanstellenden Sachenrecht. Der Begriff der Gewere und die ihr eigenen prozessualen Besonderheiten konnten dem starker Vergeistigung zuneigenden römischen Besitzbegriff und seinem Besitzschutz nicht standhalten. Dennoch wirkten wichtige Gedanken des von der Gewere geprägten mittelalterlichen Sachenrechts dank der Partikularrechte in der einen oder anderen Form weiter81. Vor allem aber konfrontierte die Rezeption das verdinglichungsfreundliche germanische Recht mit der Vorstellung eines numerus clausus dinglicher Rechte, den man dem römischen Recht zuerkannte.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Schon das germanische Recht hatte mehr und mehr zu einer Unterscheidung von Eigentum und Rechten an fremder Sache gefunden. Mit der Rezeption des klassischen römischen Eigentumsbegriffs konnte sich die Vorstellung eines umfassenden und flexiblen Eigentums, dessen Wesen sich durch eine Belastung nicht ändert, letztlich wieder durchsetzen. Zugleich standen damit alle anderen dinglichen Berechtigungen, auch diejenigen eigentlich öffentlichrechtlichen Charakters, neben dem Eigentum. Sie rein negativ dadurch zu definieren, was ihnen jeweils verglichen mit dem Eigentum als Vollrecht fehlte, lag fern; vielmehr bot sich auch begrifflich eine positive Definition ihres Inhalts an. Schon die Idee eines umfassenden und ausschließlichen Eigentumsbegriffs wirkte also wieder auf Typizität auch der beschränkten dinglichen Rechte hin. Allerdings ließ sich das mehrfache Eigentum, das im germanischen Recht als Folge der Vereinigung der Rechtskreise entstanden war, mit diesem ausschließlichen Eigentumsbegriff des klassischen römischen Rechts nicht vereinbaren; vielmehr hätte die eine oder andere Seite auf ein bloßes beschränktes dingliches Recht an fremder Sache verwiesen werden müssen. Indes hatten schon die oberitalienischen Glossatoren einen Weg gefunden, der dieses unerwünschte Ergebnis vermied: Aus der vindicatio utilis des Emphyteuta und des Superfiziars im römischen Recht leitete man – allerdings in Verkennung der römischen Quellen – ab, dass diesen ein dominium utile zugestanden habe. Dieses »Untereigentum« wurde dem dominium directum des »Obereigentümers« gegenübergestellt82 . So kam man, 81   Vgl. Heusler, Die Gewere, S.  442–469; Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  251 (S.  450 f.); allgemein einen geringen Einfluss der Rezeption nehmen an Gmür/ Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  213 (S.  91 f.). 82   Grundlegend Lautz, Entwicklungsgeschichte des dominium utile, passim; Gierke, Sachenrecht, §  121 (S.  369 ff.); Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  8 0 (S.  61 f.); Meynial, in: Mélanges Fitting II, S.  409–461; Coing, SavZ (RA) 70 (1953), 348, 354–365; Feenstra, in: Es-

B.  Die Rezeption des römischen Rechts

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wenn die Rechtsstellung des »Pächters« im Einzelfall nur stark genug ausgestaltet worden war, zu einem dem römischen Recht fremden geteilten Eigentum83 . Verwendung fand dieses Institut – mit Unterschieden der einzelnen Länder – nicht nur im Lehnsrecht und bei der bäuerlichen Erbleihe, sondern etwa auch für die Stammgüter und Familienfideikommisse, wo die Rechte der Anwärter als Obereigentum der Familie eingestuft wurden84 . 2.  Beschränkte dingliche Rechte Schon vor der Rezeption hatten die verschiedenen Formen der Berechtigung an Sachen zunehmend ein einheitliches Erscheinungsbild angenommen. Mit der Rezeption kam nun nicht nur der Eigentumsbegriff des römischen Rechts nach Deutschland, der schon allein auf eine Standardisierung der beschränkten dinglichen Rechte hinwirken musste. Vielmehr lag der Rezeption als solcher eine Wertschätzung des römischen Rechts zugrunde, die auch dessen Sachenrechtstypen hohe Autorität verlieh. Dies wiederum veranlasste die am römischen Recht geschulten Juristen dazu, die germanischen Formen dinglicher Berechtigungen in das System der römischrechtlichen Typen einzupassen. Von hier war der Schritt zur Vorstellung eines numerus clausus der Sachenrechte nicht mehr weit. a)  Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast Das gemeine Recht hielt zwar an den zahlreichen vererblichen und veräußerlichen Nutzungsrechten des germanischen Mittelalters fest. Soweit es sich dabei um Rechte handelte, die auch der studierte Jurist als Rechte an einer Sache auffassen konnte 85 , wurden diese aber ganz überwiegend dem aus dem römischen Recht übernommenen Begriff der Servitut unterstellt. Voraussetzung hierfür war lediglich, dass sich das fragliche Recht als dingliches Recht auf die unmittelbare, aber beschränkte Nutzung einer Sache durch Fruchtgenuss oder Gebrauch verstehen ließ; ob es eine entsprechende Servitut im römischen Recht gab, war unerheblich86 . says for Barry Nicholas, S.  111, 112 ff.; ders., in: Fata Iuris Romani, S.  215, 222 ff.; Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 37 f.; Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 119–124; s. a. Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 207 (1953). 83   Zur Ergänzung der oft verwendeten Formulartexte zugunsten des Pächters Theisen, Studien zur Emphyteuse, S.  384 ff. Zur Vorstellung eines geteilten Eigentums auch Kriechbaum, Actio, ius und dominium in den Rechtslehren des 13. und 14. Jahrhunderts, S.  335 ff. 84   Vgl. Gierke, Sachenrecht, §  142 II (S.  623 ff.). 85   S. zu Gewerbegerechtigkeiten und Regalien Gierke, Sachenrecht, §  142 I (S.  621 ff.). Für die Regalien wurde dabei der Katalog Kaiser Friedrichs I. von 1158 als Teil der Libri feudorum mit der Rezeption des langobardischen Lehnsrechts gemeinrechtliche Grundlage (Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  287 f.); er galt z. B. in Württemberg noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts (Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §§  458 f. [S.  32 f.]). 86   Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §  283 (S.  186); Coing, Europäisches Privatrecht I, §  57 (S.  310 f.); s. a. Hugo, Institutionen, §  26 (S.  29): »Einigermaßen kann man auch die superficies und die emphyteusis [.  .  .] zu den Servituten rechnen.«

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Um die zahlreichen verschiedenen Nutzungsrechte germanisch-deutschen Ursprungs als Servitut oder, wie es nun oft hieß, Dienstbarkeit einordnen zu können, mussten freilich einige der Beschränkungen aufgegeben werden, die das römische Recht gekannt hatte. So waren etwa die verschiedenen Befugnisse des Feudalherrn nicht durch das Bedürfnis eines herrschenden Grundstücks begrenzt, weshalb dieser Satz des römischen Servitutenrechts nicht übernommen wurde 87. Auch bei der Bestimmung des Umfangs von Grunddienstbarkeiten wurde meist nicht auf die Regeln von via, actus und iter oder anderen römischrechtlichen Prädialservituten zurückgegriffen, sondern die germanisch-deutsche Ausdifferenzierung beibehalten und fortgebildet88 . Der Nießbrauch, der sich vor der Rezeption als Leibzucht oder Leibgedinge erst allmählich vom zeitlich begrenzten Eigentum zu einem begrenzten dinglichen Recht an fremder Sache entwickelt hatte, wurde nun wieder, wie schon im späten römischen Recht, als Servitut verstanden und nahm auch die familienrechtlichen Nutzungsrechte in sich auf, konnte also auch kraft Gesetzes entstehen89. Selbst die Reallasten wurden – sofern man sie nicht als bloß schuldrechtliche Leistungspflicht deutete, für deren Erfüllung ein Grundstück hypothekarisch hafte – ganz unrömisch als servitutes in faciendo definiert90 . b)  Pfandrecht Größte Veränderungen brachte die Rezeption auf dem Gebiet des Pfandrechts. Das römische Recht mit seiner Gleichbehandlung von Liegenschaften und Fahrnis und dem Verzicht auf Publizität und Förmlichkeit, mit seinen gesetzlichen und richterlichen Privilegien und Pfandrechten, die als Generalhypothek das gesamte Schuldnervermögen erfassen konnten, sowie schließlich mit seiner durchgängigen Akzessorietät stand zum germanischen Pfandrecht mit seiner Gewerelehre und seiner Idee reiner Sachhaftung in einem unüberbrückbaren Widerspruch. Zunächst trat das römische Pfandrecht voll neben die bisherigen Formen91. Bald gewann es aber wegen der Einfachheit seiner Bestellung immer mehr an Boden. Die speziellen oder generellen gesetzlichen Pfandrechte wurden überwiegend ohne Weiteres aus dem fremdem Recht übernommen und vielfach noch vermehrt, aber nur vereinzelt und oft nicht dauerhaft Publizitätserfordernissen germanischer Tradition unterstellt92 . Die ältere Satzung verschmolz mit der römischen Antichre  Gierke, Sachenrecht, §  143 II (S.  635).   Gierke, Sachenrecht, §  146 I 2 ff. (S.  661 ff.). 89   Hugo, Institutionen, §  21 (S.  28); Gierke, Sachenrecht, §  143 II (S.  634 f.); Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §  476 (S.  44). 90   Gierke, Sachenrecht, §  143 II (S.  636), §  148 III 2 (S.  704 f.); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  387 f.; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  101 (S.  240 ff.); Möller, Die Servituten, S.  365–374. 91   Vgl. für Württemberg Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §§  511, 520 ff., 541 (S.  70, 76 ff., 93): öffentliches Pfandrecht durch Gerichtsurkunde oder Eintragung ins Gerichtsbuch, Privatpfandrecht durch bloße Einigung der Parteien; vgl. weiter Hugo, Institutionen, §  28 (S.  30). 92   Z. B. Streichung des Erfordernisses einer Eintragung des Pfandrechts ins Gerichtsbuch in Württemberg durch das dritte Landrecht vom 1. Juni 1610, vgl. Hedemann, Fortschritte II/2, S.  8 87

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B.  Die Rezeption des römischen Rechts

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se, verlor aber zunehmend an praktischer Bedeutung93 . Die jüngere Satzung und das Faustpfand mit ihren von der Gewerelehre bestimmten Publizitäts- und Form­ erfordernissen konnten sich gegen die form- und besitzlose vertragliche Hypothek schwerlich behaupten. Kehrseite der bequemen Verpfändung war wie schon im römischen Recht, dass jedes Pfandrecht nicht nur wegen fehlenden Eigentums des Bestellers unwirksam, sondern vor allem durch ältere Pfandrechte entwertet sein konnte94 . Um diese Unsicherheit auszugleichen, griff man immer öfter sogleich zur Verpfändung allen gegenwärtigen und künftigen Vermögens, »damit der Umfang des Rechtes die Garantien ersetze, welche man in der Verpfändung einzelner Gegenstände nicht fand«95 . Allerdings steigerten diese Generalhypotheken die Unsicherheit nur weiter und schufen lediglich ein Vorzugsrecht vor jüngeren Gläubigern, das seinerseits durch vorrangige Privilegien, die allein an der Art der Forderung anknüpften, durchbrochen wurde. Teilweise stand der gerichtlichen oder vertraglichen Hypothek des römischen Rechts zwar das Partikularrecht entgegen. Vielfach fanden die römischen Formen aber zumindest Anerkennung als Vorzugsrecht, das dinglich wirkte, wenn es auch hinter die alter Form entsprechenden Verpfändungen und die gesetzlichen Pfandrechte und Pfandprivilegien zurücktrat96 . Insgesamt ergab sich eine Fülle dinglicher Sicherungsformen mit unterschiedlichen Graden an Publizität. c)  Näherrechte Den Näherrechten fehlte zwar römischrechtlicher Ursprung. Sie waren aber weit verbreitet und wurden schon im mittelalterlichen Italien Gegenstand theoretischer Bearbeitung. Diese italienische Theorie kam mit dem römischen Recht in die anderen europäischen Länder und stärkte und systematisierte die Institute des germanischen Rechts, die sie vorfand. Allerdings blieben die Näherrechte Partiku­ larrecht, allgemeine Geltung erlangte nur das Lehnsretrakt97. Die dingliche Wirksamkeit der gewillkürten Näherrechte, die im germanischen Recht auf den förmlichen Übertragungsakt zurückging, musste jedoch mit dem Verfall der deutschrechtlichen Formen des Liegenschaftsverkehrs fragwürdig werden und wurde in der Tat zunehmend abgelehnt98 . (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst); s. weiter Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  102 (S.  442–448); Gierke, Sachenrecht, §  156 III 1 (S.  831). S. auch sogleich bei Fn.  96 und 109 f. 93   Gierke, Sachenrecht, §  156 II (S.  827–829); Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §  221 (S.  149). 94   S. nur von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/1, §  74 (S.  549 ff.). 95   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  312 (S.  777). 96   Vgl. Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  154 II (S.  692 f.); Gierke, Sachenrecht, §  156 III 1 (S.  830–832), §  169 II (S.  963 f.); Hedemann, Fortschritte II/2, S.  213 ff. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 97   Gierke, Sachenrecht, §  152 II (S.  767 f.). 98   Gierke, Sachenrecht, §  154 I (S.  797 f.).

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3.  Treuhand Die am römischen Recht geschulten Juristen interpretierten die Reichs- und Territorialpfandschaften nicht als Antichrese, sondern als Verkauf unter Vorbehalt des Wiederkaufs, da der Pfandnehmer die gezogenen Nutzungen nicht auf die gesicherte Schuld anrechnen musste. Von dort war der Schritt zum Verständnis des deutschen Pfandrechts an Nutzungs- und Herrschaftsrechten als fiducia nicht weit99. Diese Gedanken ließen sich auf das Nutzungspfand der älteren Satzung übertragen. Mit der zunehmenden Dominanz der rezipierten formfreien und besitzlosen Hypothek verloren aber die deutschrechtlichen Pfandrechte und mit ihnen das Institut der Sicherungstreuhand an Bedeutung, mag es auch nicht ganz verschwunden gewesen sein. Statt einer Verwaltungstreuhand wird man weiter regelmäßig bestimmte Formen der Leihe angenommen haben. 4.  Verfügungsbeschränkungen Die gewöhnlichen familienrechtlichen Verfügungsbeschränkungen hatten schon vor der Rezeption mit der Abschwächung in bloße Näherrechte abgenommen. Unberührt blieben die Unveräußerlichkeit der hochadligen Stammgüter und – nach anfänglichem Zögern der am römischen Recht geschulten Juristen100 – die Familienfideikommisse; die vom römischen Recht inspirierte eingehende wissenschaftliche Bearbeitung deutete aber bereits auf bevorstehende Änderungen hin101.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Auch im Prozessrecht fand eine Rezeption statt. Vorbild war hier aber nicht etwa der römische Prozess, sondern vielmehr der Zivilprozess der ober- und mittelitalienischen Städte, der seinerseits aus einer Synthese langobardisch-germanischer und römischer Gedanken erwuchs. Römischer Tradition wird dabei etwa der beamtete Richter bei Fehlen der germanischen Gerichtsgemeinde zugeschrieben; das Vertrauen auf feststehende Regeln insbesondere des Beweises könnte in germanischer Tradition stehen, ist aber ein prozessuales Grundmodell und somit sicher keine germanische Eigenentwicklung102 . Prägenden Einfluss auf die Verfahrensgestaltung hatte weiter der spätmittelalterliche Übergang von einer Zeit einzelner Urkunden zur immer größeren Verbreitung der Schriftform und nachfolgend der

  Vgl. von Meibom, Das deutsche Pfandrecht, S.  7 ff. m.Nw.   Dazu Lewis, Das Recht des Familienfideicommisses, S.  24 ff. 101   Vgl. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  338 ff. 102   Zu allem Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  10 (S.  55–58); Stürner, in: Festschrift für Alfred Söllner, S.  1171, 1176 ff. 99

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Aktenführung103 . Mit dem materiellen Recht verbreitete sich auch dieser italienische Prozess auf dem europäischen Kontinent, wobei dem kanonischen Prozess eine Mittlerrolle zukam104 . Nördlich der Alpen nahm er wiederum teils germanische Elemente in sich auf, so in Frankreich und besonders auch im rechtselbischen Deutschland, wo er auf das einflussreiche sächsische Recht stieß und unter dessen Einfluss später zum »gemeinen Prozess« umgeformt wurde105 . Zunächst diente aber in erster Linie der oberitalienische Prozess dem einflussreichen Kammergerichtsprozess als Vorbild. Gekennzeichnet ist dieser Prozess durch eine förmliche Streiteinleitung, gefolgt von schriftlichen Tatsachenbehauptungen in positiones, auf die der jeweilige Gegner durch responsiones antwortete. Nur für die bestrittenen Positionen war Beweis anzutreten; über diese Beweisartikel wurde sodann in einem streng geregelten Verfahren Beweis erhoben. Auf jede einzelne Beweisaufnahme folgte wiederum ein Schriftwechsel. Für alle verschiedenen prozessualen Akte galt eine genaue Reihenfolge mit festgelegten Fristen. Oft dauerte es sehr lange, bis dieses Verfahren abgeschlossen und nach Relation und Korrelation ein Urteil gefällt werden konnte106 . Der Übergang zum gelehrten Richter, die Verbreitung der Schriftform und die Beweiserhebung über einzelne Tatsachen begünstigten die Herausbildung von Typizität. Auch gab es noch spezielle Klagen, etwa die Klage dessen, der sich auf eine ihm zustehende Servitut beruft (confessoria) und die ihr widersprechende Klage des Eigentümers (negatoria) 107, was typisierend auf das materielle Recht zurückgewirkt haben muss. Allerdings trat zugleich die Entscheidung über die Rechtslage nicht mehr so deutlich gesondert hervor, wie dies noch bei einem reinen Beweisurteil der Fall war, galt doch die richterliche Entscheidung nunmehr auch der Tatsachenfeststellung. Hinzu kommt die geringere Wahrnehmbarkeit eines nicht öffentlichen, schriftlichen Verfahrens, dessen Entscheidungsgründe nur für die Fachkollegen bestimmt waren108 . Man wird daher diesem Prozess keine tragende Rolle mehr bei der Frage nach der Typizität zuerkennen können. 2.  Verfügungsgeschäfte Mit der Rezeption ging die durchgehende Publizität von Verfügungsgeschäften, wie sie die germanische Gewerelehre sichergestellt hatte, unter gemeinem Recht in 103   Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  182 f.; Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  11 II d (S.  6 4). 104   Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  182 f., 246; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  4 Rn.  16–18 (S.  20 f.); Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  12 I (S.  67 f.). 105   Vgl. Richard Schmidt, Lehrbuch des deutschen Civilprozessrechts, §  5 (S.  29–31), §  12 II (S.  70 ff.); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  4 Rn.  19, 22 (S.  21 f.); Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  226 (S.  97). 106   Zu allem Stürner, in: Festschrift für Alfred Söllner, S.  1171, 1177 ff. 107   S. etwa Hugo, Institutionen, §  25 (S.  29). 108   Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  4 Rn.  21 (S.  22).

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

weiten Bereichen wieder verloren109. Lediglich einige Partikularrechte hielten an den überkommenen Publizitätsanforderungen, insbesondere der gerichtlichen Auflassung, fest110 . Im Grundstücksrecht verlor die Eintragung in amtliche Bücher an Bedeutung; dies schon deshalb, weil angesichts der Möglichkeiten formfreier Verfügung die Bücher von begrenztem praktischem Wert sein mussten. Damit fehlte es weitgehend an Regeln über Verfügungsgeschäfte, die hätten typisierend wirken können.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Dem kontinentaleuropäischen Sachenrecht brachte die Rezeption des römischen Rechts nicht nur eine klarere Struktur und insbesondere einen strengen, von beschränkten dinglichen Rechten unterschiedenen Eigentumsbegriff, sondern auch die Idee eines numerus clausus der Sachenrechte. Indem Rechtsinstitute germani­ schen Ursprungs, die an sich kein römisches Äquivalent hatten, auf die man aber nicht verzichten wollte, dennoch mehr oder weniger gewaltsam einem der römischen Typen unterstellt wurden, erfuhr der Kreis zulässiger Typen insbesondere im Liegenschaftsrecht eine ganz erhebliche Ausdehnung111. Dies galt vor allem für verschiedene Dienstpflichten des überkommenen Feudalsystems, die in germanischer Tradition weiterhin territorial verstanden wurden. Innerhalb der einzelnen römischen Typen fanden derart viele verschiedene Gestaltungen Platz, dass für eine privatautonome Begründung weiterer dinglicher Rechte kaum ein Bedürfnis bestanden haben wird. Zugleich kam es zum Verlust der durchgehenden Publizität, die Folge der germanischen Gewerelehre mit ihrem Abstellen auf tatsächliche Sachherrschaft, öffentlichen Formalakt oder Bucheintrag gewesen war. Auch dort, wo für bestimmte Verfügungen partikularrechtlich weiterhin Publizitätserfordernisse galten, etwa für die Bestellung eines Grundpfandrechts eine Eintragung in das Hypothekenbuch konstitutiv war, schränkten doch oft nicht erkennbare Generalhypotheken die Verlässlichkeit ein. Der Verzicht auf Publizität wird meist als direkte Folge der Rezeption des römischen Rechts angesehen. Allerdings kannte das klassische römische Recht nicht nur mit mancipatio und in iure cessio durchaus auch Verfügungsformen, die jedenfalls in früher Zeit eine gewisse Publizitätswirkung hatten. Für diese Formen, vor allem aber auch vergleichbare germanische Formen wie die Bestellung und Verfügung durch Gerichtsakt galt jedoch, dass sie unter den gewandelten gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen des ausgehenden Mittelalters nicht in allen Fällen praktikabel waren oder ihre Publizitätswirkung 109   S. etwa Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  255 (S.  457 f.); Gierke, Sachenrecht, §  144 II (S.  6 42) für Grunddienstbarkeiten; Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  392 f. für Reallasten. 110   Ausführlich Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §§  255–257 (S.  457– 462). 111   Renaud, Lehrbuch des gemeinen deutschen Privatrechts I, §  249 (S.  444 f.).

C.  Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht

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nicht mehr entfalten konnten, wenn etwa die Anwesenheit aller Personen vor Gericht, die ein Interesse an Kenntnis von bestimmten Verfügungen haben könnten, aufgrund großräumigerer Rechtsbeziehungen nicht mehr üblich oder schlicht nicht möglich war. Voraussetzung dafür, dass gerade zu dieser Zeit die Idee vom numerus clausus der Sachenrechte Bedeutung erlangen konnte, war die Herausarbeitung eines umfassenden, ausschließlichen Eigentumsbegriffs. Seine Verbreitung verdankt der numerus clausus aber wohl auch gerade dem Verlust an Publizität, den das formfreie römische Recht brachte. Denn wenn schon das Bestehen bestimmter Rechte anders als früher nicht mehr sicher erkannt werden konnte, so war es doch immerhin hilfreich, wenn nicht auch noch Rechte völlig unbekannten und unvorhersehbaren Inhalts zu gewärtigen waren.

C.  Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht Mit dem Ende des 16. Jahrhunderts war die unmittelbare Rezeption des römischen Rechts in Deutschland weitgehend abgeschlossen. In der Folgezeit entwickelte sich, begleitet von einer deutschen Gemeinrechtswissenschaft, ein Bestand an gemeinem deutschem Recht, der sich aus rezipiertem römischem wie auch überkommenem, nicht selten wieder erstarktem heimischem Recht zusammensetzte und mit dem Ausbau der juristischen Bürokratie zu immer stärkerer territorialer Differenzierung führte112 . Dabei emanzipierte sich das deutsche Recht zunehmend von den römischrechtlichen Vorlagen, die im usus modernus pandectarum der »modernen« Zeit angepasst, in der Epoche des Vernunftrechts gar einer Kontrolle am Maßstab der Vernunft unterzogen wurden. Endprodukte dieser Entwicklung waren die großen Naturrechtsgesetzbücher, die letztlich eine Konsequenz des Wunsches nach einem systematischen, übersichtlichen Recht darstellten113 . Im Sachenrecht, wo durch die Rezeption einige Verwirrung entstanden war, erlaubte diese Emanzipation vom rezipierten römischen Recht Versuche der Neuordnung, die sachenrechtliche Regeln auch auf Rechte als »unkörperliche Sachen« anwenden wollten und vielfach als zentrales Element eine Wiedereinführung von Publizitätserfordernissen beinhalteten. Setzte Verdinglichung nur noch Publizität voraus, musste indes der Gedanke eines numerus clausus dinglicher Rechte ins Abseits geraten. Die Vertreter der rationalistischen Theorie unterschieden schließlich nicht mehr zwischen dinglichen und obligatorischen Rechten, sondern bauten das gesamte Rechtssystem auf persönlichen Rechten und Pflichten auf. Dieser Ansatz scheint etwa im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794114 durch, das 112   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  1, 2 (S.  2 f.); Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, §  12 II 2 (S.  207). 113   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  2 (S.  4). 114   Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten vom 5. Februar 1794 (Patent, wegen

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

sachenrechtliche Fragen nicht gesondert, sondern an verschiedenen Stellen behandelt.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Im Ausgangspunkt hielten usus modernus pandectarum und Vernunftrecht an dem rezipierten strengen Eigentumsbegriff fest und formulierten ihn, vor allem unter vernunftrechtlichem Einfluss, als absolute und schrankenlose Macht über Sachen und zumeist auch Rechte mit der Möglichkeit, andere von jeder Einwirkung auszuschließen115 . Die unbeschränkte Herrschaft des Eigentümers war gedankliche Grundlage des Sachenrechts, jede Beschränkung die Ausnahme. Indessen stellte man diesem abstrakten Begriff noch lange häufig eine Aufzählung einzelner Befugnisse zur Seite116 , in der die deutschrechtliche Vorstellung zum Ausdruck kam, wonach Eigentümer derjenige war, der gegenwärtig das ausgedehnteste Nutzungsoder Verfügungsrecht innehatte117. Auch darf der römischrechtliche, vor allem aber dem modernen deutschen Recht entsprechende Ausgangspunkt nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser an sich strenge Eigentumsbegriff aufgrund der naturrechtlichen und partikularrechtlichen Einflüsse, vor allem der teils großzügigen Verdinglichungsmöglichkeit, keine allzu prägende Wirkung entfalten konnte118 , vielmehr in der Unterscheidung von vollständigem und unvollständigem Eigentum und der Vorstellung von dinglichen Rechten als einer Summe verschiedener Zwei-Personen-Verhältnisse119 eine Parallele zur späteren »bundle of rights«-Theorie der Länder des ebenfalls verdinglichungsfreundlichen englischen RechtsPublication des allgemeinen Landrechts für die Preußischen Staaten, N. C. C. IX, 1794, No.  8 , Sp.  1873 ff.). 115   S. etwa I 8 §  1 PrALR: »Eigenthümer heißt derjenige, welcher befugt ist, über die Substanz einer Sache, oder eines Rechts, mit Ausschließung Andrer, aus eigner Macht, durch sich selbst, oder durch einen Dritten, zu verfügen.«; Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §  424 (S.  10). Vgl. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, §  31 II (S.  246); eingehend Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 47 ff. 116   S. etwa Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Pars II, Caput I, §  198 (S.  72 f.); weiter Zweiter Teil, Zweites Kapitel, §  2 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis; I 8 §§  9, 10, 11 PrALR; Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §  425 (S.  11); dazu z. B. Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  10 f. 117   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  181 (S.  414); Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  78 (S.  50 ff.); s. a. Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 128–134, 140. 118   Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 628; vgl. auch Gierke, Sachenrecht, §  120 V (S.  361). 119   Vgl. etwa Grotius, The Jurisprudence of Holland I, S.  84/85, 222/223, 247/248 (»complete/ incomplete ownership«); allgemein zum naturrechtlichen Verständnis der Rechte als Ausfluss von Pflichten bzw. Verbindlichkeiten bei Samuel Pufendorf und Christian Wolff Winiger, Das rationale Pflichtenrecht Christian Wolffs, S.  54, 138, 206 ff., 304 m.Nw.; s. a. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S.  282.

C.  Usus modernus pandectarum und Vernunftrecht

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kreises liegt120 . Nichtsdestotrotz musste der strenge Eigentumsbegriff, den der englische Rechtskreis so nicht kannte, doch typisierend wirken. Denn unter ihm bedarf jede Einschränkung der Befugnisse des Eigentümers als Abweichung vom theoretischen Normalzustand der Begründung. Dingliche Rechte sind dementsprechend eng auszulegen; ihre Ausübung ist so zu wählen, dass sie den Eigentümer am wenigsten belastet121. Dies legt es aber nahe, sich bei der Auslegung und Ausübung von dinglichen Rechten an einer standardisierten, aus der Erfahrung bewährten Verteilung von Befugnissen zu orientieren. Die Teilung in Ober- und Untereigentum lebte, obwohl ihre reale Grundlage in den für das Wirtschaftsleben immer bedeutenderen Städten mit der Beseitigung des früheren Obereigentums des Stadtherrn schon längst weggefallen war, in zahlreichen Abhandlungen und Gesetzbüchern der Zeit zunächst noch fort122 . Als Anwendungsbereich verblieben ihr neben dem Lehnsrecht insbesondere die Familienfideikommisse, bei denen man Obereigentum der Familie und nutzbares Eigentum des Familienfideikommissbesitzers annahm123 . Auch in diesem Festhalten am geteilten Eigentum zeigte sich das Beharrungsvermögen eines nicht qualitativ auf abstrakte Totalherrschaft, sondern quantitativ auf den Umfang der Nutzungsbefugnisse abstellenden Eigentumsbegriffs124 . Aufgrund der starken Verflechtung der Rechtsbefugnisse von Ober- und Untereigentümer, wie sie sich seit dem gemeinen Recht entwickelt hatte, war die freie Verfügung über das Eigentum für beide Teile stark eingeschränkt125 . Erst um die Wende zum 19. Jahrhundert wurde die Lehre vom geteilten Eigentum von der Wissenschaft zunehmend als unrömisch erkannt und verworfen126 . Damit war der Weg frei für den abstrakten, den jünge-

  Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 207 f. (1953).   S. nur I 19 §§  14 ff. PrALR; Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, §  184 (S.  334). 122   Preußen: Proprietät und nutzbares Eigenthum, I 8 §  19 f., I 18 §§  1 f f. PrALR; Österreich: §§  357–359 ABGB (a. F.); dazu z. B. Ofner, Sachenrecht, S.  51 f.; s. a. Baden: Grund- und Nutz­ eigenthum, §§  577aa-577ar Bad. L. R. 1809; zu Württemberg s. von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/1, §  66 (S.  472 ff.); Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §  426 ff. (S.  11 ff.). Dazu Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §  264 (S.  177); Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  8 0 (S.  62 f.); Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 38; Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 124–134; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  10 f. mit Hinweis darauf, dass die enumerative Benennung der Eigentümerbefugnisse die Vorstellung von Teileigentum begünstigt. 123   Z. B. I 18 §§  1–12, II 4 §§  72 f. PrALR; §  629 ABGB a. F.; Dritter Teil, Zehntes Kapitel, §  13 primo Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis; vgl. Lewis, Das Recht des Familienfideicommisses, S.  183–186 m. w. N. 124   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  182 (S.  415). 125   Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 133. 126   Einflussreich Thibaut, Über dominium directum und utile, in: Versuche über einzelne Theile der Theorie des Rechts II, S.  67–99; dazu z. B. Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 38 f. 120 121

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ren Kodifikationen127 und Entwürfen128 und schließlich dem BGB zugrunde liegenden und bis heute in Deutschland herrschenden Eigentumsbegriff129. 2.  Beschränkte dingliche Rechte Mit der Rezeption hatten die beschränkten dinglichen Rechte römischen Vorbilds in das deutsche Recht voll Eingang gefunden. War es ihnen aber schon während der vorangehenden Phase ungetrübter Hochachtung für das römische Recht nie vollständig gelungen, die germanischen Formen zu ersetzen oder zurückzudrängen, so machte sich nun die kritischere Haltung der neuen Epoche gegenüber dem rezipierten römischen Recht und die Rückbesinnung auf ältere Traditionen, insbesondere den der Gewerelehre eigentümlichen Gedanken der Publizität, immer stärker bemerkbar. a)  Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast Beide Tendenzen zeigten sich in der wiedererstarkten Akzeptanz auch privatrechtlicher Rechtsverhältnisse, bei welchen die Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen an ein Grundstück gebunden ist und in dieses vollstreckt werden kann. Die Herausbildung eines eigenen Begriffs für solche Rechtsverhältnisse, des Begriffs der Reallast, und die gleichbedeutende Bezeichnung als Dienstbarkeit des deutschen Rechts130 belegen die Emanzipation vom römischen Recht und die selbstbewusste Rückbesinnung auf eigene Tradition. Während die Wissenschaft weiter über die Rechtsnatur solcher Verhältnisse stritt131, entschieden sich einige Partikularrechte, so das preußische Recht, nun explizit für deren dinglichen Charakter im Sinne einer Verbindung von dinglicher Belastung des Bodens und obligatorischer Verpflichtung des jeweiligen »Besitzers«132 . Damit waren die zahl127   Z. B. §  226 des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Königreich Sachsen (Sächsisches BGB) vom 2. Januar 1863: »Die im Eigenthume enthaltenen Befugnisse können nicht unter mehreren Eigentümern so getheilt sein, daß der eine ein Obereigenthum und der andere ein nutzbares Eigenthum hat. Die Überlassung einzelner Eigenthumsbefugnisse an einen Anderen kann nur Rechte an einer fremden Sache begründen.« 128   Johow, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, Sachenrecht, §  87 (S.  14): »Das Eigenthum an einer Sache kann mehreren Personen zu gleicher Zeit nur ungeteilt zustehen. Insbesondere findet die Theilung des Eigenthums in Ober- und Nutzungseigenthum nicht statt.« 129   Umfassend zur Geschichte Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 118 ff. 130   Z. B. Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, §§  274–281 (S.  182–186); Weishaar, Handbuch des württembergischen Privatrechts II, §  447 (S.  44). 131   Vgl. nur Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S.  44–48 m.Nw.; von Lübtow, in: Festschrift für Heinrich Lehmann (1956), S.  328, 352 ff. 132   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  305, 308 (S.  758 f., 762 ff.); vgl. I 18 §  813 PrALR: »Daraus, daß auf einem Gute, dessen volles Eigenthum dem Besitzer zusteht, ein beständiger und unablöslicher Zins haftet, folgen, außer der Befugniß des Zinsberechtigten, sich deshalb an das Gut und jeden Besitzer desselben zu halten, weiter keine besondere Verhältnisse zwischen ihm und dem Gutsbesitzer.« (Hervorhebung hinzugefügt).

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reichen althergebrachten Reallasten, für die alle besondere Regeln galten, jetzt wieder als beschränkte dingliche Rechte anerkannt. Zugleich gerieten die Reallasten unter den Einfluss des wiederentdeckten Publizitätsgedankens. So wurde ihre Drittwirkung zunehmend von einer Registereintragung abhängig gemacht. Auch auf dem Gebiet der Servituten gab es ein unübersehbares Nebeneinander rezipierter und althergebrachter Formen. War so schon der Praxis die römischrechtliche Konzentration auf standardisierte Typen fremd, kann es nicht verwundern, dass die gemeinrechtliche Theorie Zahl und Arten der Servituten für unbegrenzbar hielt mit dem vernunftrechtlich inspirierten Argument, der Gebrauch und die Nutzung einer Sache seien unbestimmbar133 . Dementsprechend eröffnete sie innerhalb der Grenzen, die durch das Erfordernis der Nützlichkeit gesetzt wurden, den Parteien die volle Gestaltungsfreiheit134 . Immerhin aber bereitete sich die Ausscheidung der Handlungspflichten aus dem Begriff der Servitut in der Wissenschaft vor135 . Das römische Recht, das an vererblichen und veräußerlichen dinglichen Benutzungsrechten nur emphyteusis für die Nutzung landwirtschaftlicher Grundstücke und superficies für die Benutzung einer Anlage auf fremdem Grund kannte, war nicht nur beim geteilten Eigentum schon von der Glosse an die mittelalterlichen Verhältnisse angepasst worden, sondern hatte auch nicht verhindern können, dass neben diese beiden Institute weitere dingliche Nutzungsrechte traten. Diese Rechte – etwa die verschiedenen Kolonatrechte an landwirtschaftlichen Immobilien – entsprachen funktionell dem Untereigentum, indem sie demjenigen, der ein Grundstück unmittelbar bewirtschaftete, immerhin ein dingliches Recht gewährten, wenn dieses auch mit der Leistung von Zinsen, Diensten, Renten oder ähnlichem verbunden war. Das gemeine Recht endete schließlich in einem Geflecht verschiedener dinglicher Nutzungsrechte. Erst mit der Ablösungsgesetzgebung wurde die Rechtslage an Grundstücken bereinigt. b)  Pfandrecht Besonders bedeutende Umwälzungen gab es erneut auf dem Gebiet des Pfandrechts. Hier rückte die Partikulargesetzgebung unter Anknüpfung an gewererechtliche Gedanken entschieden von der Formfreiheit des rezipierten römischen Rechts ab und kehrte zu Formen der Publizität zurück. Bei den vertraglichen Pfandrechten wurde schon früh die Übergabe oder Eintragung als Publizitätsakt

133   Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, §  184 (S.  343) mit Hinweis auf die engere Position des Preußischen Allgemeinen Landrechts, unter dem es im Wesentlichen zusätzlich zu den römischen Servituten nur noch die Reallast gab. 134   S. nur Voet, Commentarius ad Pandectas II, Lib. VIII Tit. III (S.  406), n. 12: »Porro non dubium, quin, hisce jam enumertis servitutibus, novae alae ex voto contrahentium addi possint, si modo servitutum praedialium aut personalium natura in iis inveniatur. .  .  .« Dazu Möller, Die Servituten, S.  376 ff. 135   Möller, Die Servituten, S.  374 ff. m.Nw.

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wieder zu einem konstitutiven Element des Verfügungsgeschäfts136 . Bei den gesetzlichen Pfandrechten musste eine konsequente Durchführung der Publizität die stillschweigenden Pfandrechte zurückdrängen; der mit der Publizität Hand in Hand gehende Gedanke der Spezialität stand zudem im Widerspruch zu den Generalhypotheken am gesamten Vermögen. Tatsächlich setzten immer mehr Partikularrechte für eine Drittwirkung auch der gesetzlichen Pfandrechte deren Publizität voraus und lehnten die Generalhypotheken ab bzw. verliehen ihnen Wirkung nur im Falle der Eintragung und nur im Hinblick auf das jeweils belastete Grundstück137. Auch wenn die praktische Umsetzung der gesetzgeberischen Programme gerade im Immobiliarrecht nur mit einiger Verzögerung erfolgte, weil es nicht zuletzt an einem Kataster als zuverlässiger Vermessungsunterlage für die buchmäßige Identifizierung von Grundstücken fehlte138 , war damit doch die Abkehr von einem System formloser vertraglicher Vereinbarung und nicht erkennbarer richterlicher und gesetzlicher Pfandrechte besiegelt und dort, wo Generalhypotheken abgeschafft wurden, sogleich die Zahl möglicher Typen reduziert. c)  Näherrechte Die gesetzlichen Näher- und Vorkaufsrechte wurden mehr und mehr als Verkehrshemmnis angesehen. Schon vor der eigentlichen Ablösungsgesetzgebung verfügten die Gesetzgeber daher teilweise ihre Beseitigung139 ; soweit sie partikularrechtlich anerkannt waren, behielten sie aber ihren dinglichen Charakter auch ohne Eintragung140 . Gewillkürte Vorkaufsrechte wurden nach ihrem Muster ausgestaltet, konnten dinglich aber nur an unbeweglichen Gegenständen bestellt werden und bedurften der Eintragung141. Im Einzelnen waren verschiedenste Ausgestaltungen von Übertragbarkeit, Vererbbarkeit, Rang, Dauer und anderen Fragen möglich. 136   Ausführlich Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S.  41–134; weiter Brinkmann, Kreditsicherheiten, S.  89 ff.; Löhnig, Treuhand, S.  14. 137   S. für Preußen I 20 §§  390 ff. PrALR (insbes. §  412: »So lange daher ein gesetzliches, oder auch ein durch rechtsgültige Willenserklärungen bestelltes Pfandrecht noch nicht eingetragen ist; so lange hat dasselbe noch nicht die Eigenschaft eines dinglichen Rechts.«); s. a. §  17 der Schlesischen Hypothekenordnung (Allgemeine Ordnung vor das souveraine Herzogthum Schlesien, wornach die Land- und Hypothequen-Bücher über unbewegliche Güter, zur Sicherheit der Eigenthümer und Creditorum, einzurichten sind) vom 4. August 1750, C. C. M. Cont. IV, No.  CIII, Sp.  263, 273; Titel III §§  104, 109 N.  6 , 165–168, 182 ff. der Preußischen Hypothekenordnung (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2619 ff., 2635 ff., 2639 ff. (insbes. §  167: »Der mit einer General-Hypothek versehene Creditor erhält, durch die bewirkte Eintragung, die Rechte eines ingroßierten Gläubigers nur auf diejenigen Güter, auf welche sie wirklich geschehen ist; auf die übrigen aber nicht, wenn sie gleich unter einerley Jurisdiction stehen, und in eben demselben Hypotheken-Buche eingeschrieben sind.«). Dazu von Gönner, Commentar über das Hypothekengesetz für das Königreich Baiern I, S.  31 f. 138   Vgl. Hedemann, Fortschritte II/2, S.  22 ff. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 139   S. etwa für Preußen Edikt vom 9. Oktober 1807; dazu Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  380 Fn.  1 (S.  963). 140   S. z. B. für Preußen I 20 §  573 PrALR. 141   S. für Preußen I 20 §§  570–572 PrALR; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  380 (S.  963 ff.).

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d)  Verdinglichung unbenannter Positionen Der überragende Einfluss des Publizitätsgedankens zeigt sich indes nicht nur bei den benannten beschränkten dinglichen Rechten, sondern vor allem auch in einer großzügigen Verdinglichungsmöglichkeit, wie sie insbesondere das Preußische Allgemeine Landrecht als Endprodukt der vernunftrechtlichen Epoche vorsah. Unter ihm verhalfen die Publizitätsträger Besitz und Registereintragung jedem schuldrechtlichen Anspruch, der die Sache und ihre Nutzung zum Gegenstand hatte, zu dinglichem Charakter142 , und zwar auch über das Institut der Vormerkung hinaus, das jedenfalls dort auftreten musste, wo die Eintragung konstitutiv wirkte143 . Insbesondere begründeten Miet- und Pachtverträge schon mit ihrem Abschluss ein »Recht zur Sache« (ius ad rem), das durch Besitzübergabe dingliche Wirkung erhielt, was wieder ganz der Gewerelehre entsprach144 . Darüber hinaus machte das Preußische Allgemeine Landrecht jeden schuldrechtlichen Anspruch auf Einräumung eines dinglichen Rechts an einer Sache zum ius ad rem, das insofern einem dinglichen Recht angenähert war, als ein Dritter, der von diesem Anspruch wusste, nicht mehr selbst ein widersprechendes dingliches Recht erwerben konnte145 . Die hierin liegende Nähe zur Verdinglichung des schuldrechtlichen Anspruchs sogar ohne Publizitätsträger wird deutlich, wenn man den doch möglichen Erwerb bei fehlender Kenntnis als gutgläubigen Erwerb deutet, mag auch das ius ad rem nicht gegen jedermann, etwa nicht gegen den Dieb, eine Klage und im Konkurs kein Vorzugsrecht gewährt haben146 . Zwar ist trotz dieser Rahmenbedingungen eine individualvertragliche Begründung neuer, zuvor völlig unbekannter dinglicher Rechte in großem Stil nicht erkennbar. In der Praxis spielten vielmehr offenbar nur die jeweils überkommenen dinglichen Rechte eine bedeutendere Rolle147. Doch waren diese allein schon sehr zahlreich. Für die individuelle Entwicklung weiterer dinglicher Rechte wird daher kaum je ein Bedürfnis bestanden haben. 142   S.  I 2 §  135, I 21 §§  2–4, I 19 §§  7 f. PrALR; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  183, 185, 227 (S.  418, 424, 543); Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, §  184 (S.  333); Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S.  66 f.; für Württemberg von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/2, §  111 (S.  1006). 143   So z. B. Österreich, §  438 ABGB; weitere Nachweise bei Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 188 (Mecklenburg); 431, 435 (Weimar), 447 (Entwurf Genf 1827) etc. 144   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  185 (S.  424), §  291 (S.  716); vgl. z. B. Paulsen, Lehrbuch des Privat-Rechts der Herzogthümer Schleswig und Holstein, §  30 (S.  48). 145   Vgl. Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  18; Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S.  65 f. 146   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  184 (S.  419 ff.). 147   Vgl. Titel II §  109 der Preußischen Hypothekenordnung (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2621 (»Die Real-Verbindlichkeiten, welche sich zur Eintragung qualificiren, sind hauptsächlich: 1) Beständige Lasten und Zinsen; 2) Einschränkungen des Eigenthums oder der freyen Disposition des Besitzers; 3) Rückständige Kauf-Gelder, denen das Eigenthums- oder ein hypothekarisches Recht vorbehalten worden; 4) Darlehne, und andere demselben ähnliche Verträge, denen eine ausdrückliche Hypothek bestellt ist; 5) Eben dergleichen Cautionen und Bürgschaften; 6) Gesetzliche und stillschweigende Hypotheken aller Art.«

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3.  Treuhand Schon der Idee eines nach den Maßstäben der Vernunft geordneten Rechts mag die Treuhand mit ihrer überschießenden Rechtsmacht weniger entsprochen haben; erst recht stand ihr das Bestreben jener Zeit entgegen, die Vermögenszuordnung publik zu machen. Tatsächlich wurde die Sicherungsübertragung in jener Zeit teilweise gesetzlich verboten148 oder unter dem Kausalprinzip mangels eines den Eigentumsübergang rechtfertigenden Titels für unwirksam befunden149. Allerdings war, sobald die Vollrechtsübertragung den Publizitätsvorschriften genügte, lediglich die Stellung des Treugebers nicht ersichtlich, sodass insbesondere die Abkehr vom formlosen Vertragspfand nicht notwendigerweise eine Ablehnung der Sicherungstreuhand bedeuten musste. Im Rechtsleben jener Zeit scheinen Treuhandverhältnisse aber, wo sie nicht ohnehin gesetzlich verboten waren, jedenfalls keine wichtige Rolle gespielt zu haben. 4.  Verfügungsbeschränkungen Dem starken Vertrauen jener Zeit in die Publizität durch Besitz oder Eintragung und auch der Vorstellung einer Beschränkung des Eigentums durch Willenserklärung150 hätte es durchaus entsprochen, rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen mit dinglicher Wirkung auszustatten, sobald die Publizität gewahrt war. Allerdings wurde im gemeinen Recht Nichtigkeit eines verbotswidrigen Geschäfts überwiegend nur im Falle der Resolutivbedingung angenommen151 ; lediglich das preußische Recht ging weiter und ordnete auch bei Kenntnis des Dritten vom Verfügungsverbot oder Eintragung ins Hypothekenbuch Nichtigkeit an152 . Indessen kam es wiederum nicht zur Begründung neuer, bislang gänzlich unbekannter dinglicher Rechte, auch wenn dies technisch möglich gewesen wäre153 . Die Verkehrswirtschaft des 19. Jahrhunderts, der Verfügungsbeschränkungen suspekt sein mussten, leitete dann deren »stetiges Abschmelzen« ein154 .

148   S. etwa für Württemberg Art.  16 des Gesetzes, die vollständige Entwicklung des neuen Pfandsystems betr. (Pfandentwicklungsgesetz) vom 21. Mai 1828. 149   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  238 II 2 b (S.  577). 150   I 8 §  25 PrALR; §  358 ABGB (dazu z. B. Stubenrauch, ABGB I, §  358 Anm.  3–4 [S.  719 f.]). 151   Vgl. von Roth, System des deutschen Privatrechts III, §  236 III 1 (S.  171 f.); Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 636 f. 152   I 4 §§  14–19 PrALR (dazu Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S.  24); s. a. Titel II §  109 Nr.  2 der Preußischen Hypothekenordnung (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2621; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  196 (S.  453); Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, §  169 A 3 (S.  155–160); R. Liebs, AcP 175 (1975), 1, 13. 153   Vgl. Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, §  169 A 3 (S.  159): ».  .  . Dagegen schreibt das Gesetz nirgends vor, daß in Folge der Bewilligung jeder beliebige vom Eigentümer formulierte Einschränkungsvermerk in das Grundbuch eingetragen werden kann und soll. Dahin ist das Konsensprinzip nicht zu verstehen .  .  .« 154   Näher Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S.  49–52 m.Nw.

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II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Im Prozessrecht begann noch vor dem materiellen Recht eine partielle Loslösung von den rezipierten Formen. Maßgebende Impulse gingen dabei vom sächsischen Prozess aus, der das Positional- und Artikuliersystem des Kammergerichtsprozesses nicht kannte, stattdessen nach einem Behauptungsstadium ein appellables Beweisurteil vorsah, das die beweisbedürftigen Tatsachenbehauptungen feststellte, die Beweislast regelte und der beweisbelasteten Partei den Beweis aufgab155 . Diese Struktur übernahmen später das Kammergerichtsverfahren und der gemeine Prozess; Nichtöffentlichkeit und Schriftlichkeit blieben. Die Vorstellung, dass es für die Geltendmachung eines Rechts jeweils eine oder mehrere bestimmte Klagen gebe, hielt sich weiter156 und fand ihre Entsprechung im materiell-privatrechtlichen subjektiven Klagerecht (»Actionenrecht«) des gemeinrechtlichen Privatrechtssystems157. Allerdings war die gedankliche Trennung von materiellrechtlichem Anspruch und prozessualer Klage schon weit fortgeschritten; noch vor ihrer vollen Herausarbeitung158 hatte die – im Ausgangspunkt sicher zu Recht angenommene – »Rückwirkung auf den Inhalt und das Daseyn des Rechts selbst«159 jedenfalls im Bereich der dinglichen Rechte keine eigenständige typisierende Wirkung mehr. Die moderne Lehre, die dann die materiellrechtlichen Elemente des Klagerechts dogmatisch aus der römischen actio herauslöst und wo immer möglich als Anspruch ins materielle Recht verweist, mag allerdings zu einer Schärfung der materiellrechtlichen Typizität beigetragen haben. 2.  Verfügungsgeschäfte Die Publizität, die aufgrund der erkannten Defizite der römischrechtlichen Formlosigkeit wieder erwünscht war, konnte sich nicht nur dadurch äußern, dass sie schlechthin für die Zuordnung eines bestimmten Guts zu einer bestimmten Person vorliegen musste160 oder gar mit Strafdrohung erzwungen werden soll  Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, §  4 Rn.  22 (S.  22).   Vgl. etwa Maurenbrecher, Lehrbuch des heutigen gemeinen deutschen Rechts, §§  207 ff. (S.  256 ff.): Vindikation, Publiciana und Reunionsklage aus dem Grundeigentum. 157   S. etwa Savigny, System des heutigen römischen Rechts V-VII: Klage als subjektives Privatrecht im Zustand seiner Verteidigung; dazu z. B. Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozessrecht seit Savigny, S.  46 ff. 158   Windscheid, Die Actio des römischen Civilrechts, vom Standpunkte des heutigen Rechts (1856); dazu z. B. Kollmann, Begriffs- und Problemgeschichte des Verhältnisses von formellem und materiellem Recht, S.  576–582. 159   Savigny, System des heutigen römischen Rechts V, S.  2. Dazu etwa den Überblick bei Bruns, in: Die Bedeutung der Rechtsdogmatik für die Rechtsentwicklung, S.  227, 228. 160   Etwa bei einem Besitzpfand, das mit Besitzaufgabe erlischt und so grundsätzlich Besitz während der gesamten Dauer seines Bestehens verlangt; vgl. I 20 §  105 PrALR: »Wird die Sache in der Naturalgewahrsam des Schuldners gelassen, oder dahin zurückgegeben, damit er sie im Namen des Gläubigers besitzen solle: so ist kein Pfandrecht vorhanden.« S. a. I 20 §  244 PrALR und für dingliche Gebrauchs- und Nutzungsrechte I 21 §  2, 4 f. PrALR. 155

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te161, sondern konnte auch und gerade an die Verfügungsgeschäfte anknüpfen, indem die Vornahme eines Publizitätsakts zur Voraussetzung der Wirksamkeit überhaupt oder gegenüber Dritten gemacht wurde. Mehr und mehr verlangten die Partikularrechte denn auch einen Publizitätsakt gerade im Rahmen des Verfügungsgeschäfts. Im Einzelnen unterschieden sich die Partikularrechte dabei erheblich, was auf der großen Bandbreite unterschiedlicher Lösungsmöglichkeiten beruht: Zum ersten standen mit Übergabe, Registrierung und gerichtlicher oder sonst hoheitlicher Mitwirkung verschiedene Publizitätsakte zur Verfügung. Zum zweiten konnte je nach Art der Verfügung – Übereignung, Verpfändung oder Bestellung eines sonstigen dinglichen Rechts – ein anderer Publizitätsakt gewählt werden. Zum dritten ließ sich dem Publizitätsakt konstitutive Wirkung oder Bedeutung nur für die Drittwirksamkeit zuschreiben. Und zum vierten schließlich war angesichts der Emanzipation vom römischrechtlichen Vorbild mit seiner Gleichbehandlung eine Trennung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen möglich. Die Rückkehr zu Publizität mittels gerichtlicher oder hoheitlicher Mitwirkung allein, die im alten germanischen Recht vor einer Versammlung der Gebietsansässigen erfolgte und dadurch lokale Publizität herstellte, musste indes auf längere Sicht ausscheiden, gewann doch der Güterverkehr derart an Umfang und örtlicher Reichweite, dass eine Information der großen Mehrheit potentiell Betroffener so nicht mehr zu erreichen war. Es blieben Übergabe und Registrierung, wobei letztere wegen der damit verbundenen Kosten und der Notwendigkeit eindeutiger Identifizierung des betroffenen Gegenstandes nur bei Immobilien in Betracht kam. Dabei gingen die deutschen Einzelstaaten, abhängig von der Reformfreudigkeit des jeweiligen Herrschers, der inneren Überzeugung und Überzeugungskraft seiner Berater, der Stimmung in Bevölkerung, Wissenschaft und Landständen oder anderen verfassten Organen und nicht zuletzt der eigenen Rechtstradition, unterschiedliche Wege. Die deutsche Kleinteiligkeit begünstigte indes den ständigen Vergleich der jeweiligen Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungen. So konnte das jeweils für besonders fortschrittlich gehaltene Recht einigen Einfluss auf die übrigen Rechte ausüben. Vor allem Preußen, Bayern und Württemberg traten dabei untereinander und ab 1804 auch mit dem französischen Recht in einen

161   Sog. Zwangstitelberichtigung; s. etwa für Änderungen durch Erbfall §  10 der Schlesischen Hypothekenordnung (Allgemeine Ordnung vor das souveraine Herzogthum Schlesien, wornach die Land- und Hypothequen-Bücher über unbewegliche Güter, zur Sicherheit der Eigenthümer und Creditorum, einzurichten sind) vom 4. August 1750, C. C. M. Cont. IV, No.  CIII, Sp.  263, 271 (Verdopplung der Gebühren bei Fristversäumnis); Titel II §§  49 ff. der Preußischen Hypothekenordnung (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2603 ff.; I 10 §§  12 ff. PrALR, in Preußen beseitigt durch Kabinettsordre vom 31. Oktober 1831; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  199 (S.  458 f.); Hedemann, Fortschritte II/2, S.  217 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst).

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Wettbewerb162 , der erst mit Erlass von Grundbuchordnung und Code civil seinen Abschluss fand, aber doch schon zuvor auf deren spätere Lösungen hinsteuerte. Was die Übereignung angeht, so bedurfte es dort, wo sich nicht – wie in einigen größeren deutschen Städten und Teilen Österreichs – partikularrechtlich die Bucheintragung für Grundstücksrechte hatte halten können und damit ein gewisser Registerapparat zur Verfügung stand, zunächst für Mobilien wie Immobilien gleichermaßen der Übergabe163 . In der einheitlichen Behandlung beweglicher und unbeweglicher Sachen und dem Rückgriff auf die traditio als Konstitutivakt lebte noch klar das römische Recht fort, das ebenfalls zumindest für die Übereignung und die Übertragung von emphyteusis und superficies die Übergabe verlangte164 . Erst mit zunehmender Emanzipation vom römischen Vorbild erlangte bei Immobilien die Registrierung und damit ein Merkmal, das sichtbaren Verfügungsakt und Dauerhaftigkeit vereinte, wieder an Bedeutung. Dabei erfolgte die Registrierung in Deutschland schon früh in der Form einer verkürzenden Eintragung bestimmter Merkmale, nicht in der bloßen Aufnahme oder vollständigen Abschrift der Urkunden über das zugrundeliegende Rechtsgeschäft165 . Allerdings trat die Registrierung anfangs lediglich in einigen Staaten an die Stelle der Übergabe als Konstitutivakt166 . Oft blieb es vielmehr vorerst bei Zwischenlösungen, nach denen eine Verfügung inter partes auch ohne Publizitätsakt wirksam war und nur die Weiterübertragung oder Belastung des Rechts167 oder ganz allgemein die Dritt162   Nähere Darstellung z. B. bei Hedemann, Fortschritte II/2, S.  228 ff. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 163   Vgl. etwa für Preußen, wo bei Immobilien zunächst noch Eigentum durch Titel und Übergabe erworben wurde, I 10 §  1 PrALR und PrObTr 21, 10, 12, 16; 27, 287, 289 ff.; Motive zum Entwurf des Preuß. EEG, wiedergegeben bei Bähr, Jherings Jahrb. 11 (1871), 1, 24; Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  17; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  238, 240, 243 (S.  574 ff., 580 ff., 591 ff.). 164   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  97. 165   S. etwa §§  11 ff. der Schlesischen Hypothekenordnung vom 4. August 1750, C. C. M. Cont. IV, No.  CIII, Sp.  263, 265 ff. (»Eintragung« bestimmter Merkmale der Immobilie und ihres »Besitzers« in »besonderen Colonen«). Einzelne deutsche Staaten kannten durchaus zeitweise Bücher, in die die Verträge vollständig abzuschreiben waren (z. B. das Spezial-Währschafts-Buch nach dem Kasseler Regierungsausschreiben vom 9. Mai 1801; dazu Strippel, Die Währschaftsund Hypothekenbücher Kurhessens, S.  99 ff.). Der Zwiespalt zwischen Genauigkeit einerseits, beschränktem Raum in den Büchern andererseits wurde zugunsten eines verkürzenden Eintrags entschieden, wie er zumeist ohnehin zusätzlich in einem Fundstellenregister (»Generalprotocoll«) vorgesehen war. Der Erfolg dieses Modells war wohl schon durch die Idee eines öffentlich geführten Buchs determiniert. 166   S. etwa für Österreich §§  431, 441, 443 ABGB; dazu Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 178; s. a. unten sub IV 2. Vgl. auch für Baden Sätze 939a, 1002a, 1583a Bad. L. R. 1809; Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  117. Eintragung als einzig maßgebliches Element in Mecklenburg: Revidierte Ritterschaftliche Hypothekenordnung für Landgüter vom 18. Oktober 1848 der beiden Großherzogtümer Mecklenburg; dazu Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der »abstrakten Hypothek«: die Grundschuld als Sonderform der Hypothek im ostelbischen Raum, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  218, 218 f. 167   Vgl. z. B. I 10 §  6 PrALR (Voreintragungserfordernis bei Grundstücksverfügungen); §  10 Abs.  2 der Schlesischen Hypothekenordnung vom 4. August 1750, C. C. M. Cont. IV, No.  CIII,

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wirkung Publizität voraussetzte168 . Dort, wo bei der Übereignung die Registrierung nicht konstitutiv wirkte, zugleich aber das Vertrauen eines Dritterwerbers in den Registerinhalt geschützt wurde, kam es zu einer »Duplizität« von wirklichem, durch Übergabe erlangtem Eigentum und dem den gutgläubigen Erwerber schützenden Bucheigentum169. Oft noch früher als für die Übereignung wurden für die Bestellung von Pfandrechten Publizitätserfordernisse aufgestellt170 , war doch gerade die nach der Rezeption entstandene unbefriedigende Rechtslage auf diesem Gebiet der wichtigste Anlass für Reformen171. Als die Grundstimmung jener Zeit Zweifel und Kritik am römischen Recht erlaubte, lehnten geradezu in einem Befreiungsschlag immer mehr Partikularrechte die formlose Pfandrechtsbestellung nach römischem Vorbild ab und verlangten Publizität. Hierin und in der Wahl der Publizitätsmittel knüpften sie an das germanische Gewererecht an. Publizitätsmittel für das Pfandrecht an beweglichen Sachen war der Besitz bzw. dessen Übertragung, zu der manchmal die Errichtung einer Urkunde über die Verpfändung und deren Übergabe treten musste. Die besitzlose Hypothek wurde auf Immobilien und Gerechtsame beschränkt172 und setzte als Publizitätsakt die Registrierung voraus, die teils rechts-, teils lediglich vorrangbegründend im Verhältnis verschiedener Berechtigter wirkte173 . In manchen Staaten bestanden dabei getrennte Register für Hypotheken und dingliche Belastungen, mit oder ohne Ergänzung durch ein Eigentumsregister, in anderen einheitliche, Eigentum und beschränkte dingliche Rechte erfassende Grundbücher. Zugleich erstarkte mit der Publizität auch die Spezialität; die nur schwerlich publik zu machende Generalhypothek, die summenmäßig unbestimmte Hypothek und die besonderen Privilegien gerieten ins Abseits174 . Sp.  263, 271; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  199, 240 m.Fn.  10 (S.  458 f., 582 f.). 168   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  275 (S.  679 ff.); Maurenbrecher, Lehrbuch des heutigen gemeinen deutschen Rechts, §  202 (S.  250–252). 169   Für Preußen Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  17; s. a. Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, S.  265 f.; Nachweise für die einzelnen Staaten bei Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 259, 261, 298, 301, 310. 170   S. insbes. für Preußen I 20 §§  7 f., 71, 94, 99 f., 104 ff., 411 PrALR; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  317 (S.  791 ff.); für Österreich §  451 Abs.  1 ABGB; für Württemberg Württembergisches Pfandgesetz vom 15. April 1825, das konsequent auch die Generalpfandrechte und die Privilegien für bestimmte Pfandrechte abschaffte; dazu von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/2, §  107 (S.  972 ff., 976 f.). 171   Eindrucksvoll die Schilderung bei von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/1, §  74 (S.  549 ff.). S. schon von Kreittmayr, Anmerckungen über den Codicem juris Bavarici judiciarii, Cap. XX, §  1; dazu Stolleis, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  240, 242–243; weiter Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 150, 152 ff. 172   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  354 (S.  9 04 ff.); von Gönner, Ueber die zweckmäßige Einrichtung des Hypothekenbuchs, S.  4 f., 7; Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts II, §  155, 1 (S.  695). 173   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  317 (S.  791); Strippel, Die Währschafts- und Hypothekenbücher Kurhessens, S.  8 0. 174   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  312 (S.  778); Mittermaier, AcP 18

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Mit einer gewissen Verzögerung erfasste diese Bewegung vielfach auch andere beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken. Ihre Einbeziehung war letztlich nur konsequent, mag auch die Registrierung zunächst öfter nur Voraussetzung der Drittwirkung gewesen sein175 . Grunddienstbarkeiten blieben allerdings in den meisten Teilen Deutschlands vom Eintragungszwang ausgeschlossen176 . Die immer größere Bedeutung, die angesichts der zunehmenden Mobilität des Bodens den Gedanken von Publizität, Gutglaubensschutz und Verkehrsfähigkeit zugemessen wurde, war schließlich auch das Umfeld, in dem sich die für das heutige deutsche Sachenrecht so charakteristische Idee einer »Abstraktion von der causa« verbreiten konnte177. Ihren Ausdruck findet diese Entwicklung in der Umwandlung der deutschrechtlichen Auflassung in ein eigenständiges dingliches Geschäft und der sogleich noch näher zu beleuchtenden Schöpfung einer »abstrakten« Hypothek. Für Mobilien, bei denen mangels eines Registers nur die Übergabe und Besitz­ innehabung als Publizitätsmittel in Betracht kamen, konnte die Rückkehr zur Publizität unmittelbar kaum typisierende Wirkung haben. Allenfalls wäre denkbar, dass gerade wegen des geringen Aussagegehalts von Besitz und Besitzübertragung über den Inhalt des jeweiligen Rechts, das den Empfänger oder Besitzer mit der Sache verband, der starke Wunsch dieser Zeit nach Publizität dahin gewirkt haben könnte, den Kreis der dinglichen Rechte des Besitzers einer beweglichen Sache nicht allzu weit zu ziehen. Ganz im Gegenteil hat allerdings unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht der Besitz allen obligatorischen Gebrauchsrechten zu dinglicher Wirkung verholfen und damit über Nießbrauch und Faustpfand hinaus dingliche Rechte an Mobilien ins Belieben der Parteien gestellt178 . Deshalb kann eine eigenständige typisierende Wirkung der Regeln über Verfügungsgeschäfte bei Mobilien allenfalls dort angenommen werden, wo nicht im Stile Preußens den Parteien eine Verdinglichung ausdrücklich ermöglicht war. Für Immobilien zeigen die Regeln über Verfügungsgeschäfte unter dem Aspekt der Typizität ebenfalls gegenläufige Tendenzen. Einerseits konnten in den neuen Registern nunmehr auch komplizierte, individuelle Gestaltungen durch Aufnahme von Urkunden oder Eintragung publik gemacht werden. In der Tat weist die Verdinglichung von Rechten zur Sache, die unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht mit deren Eintragung eintrat, ebenso in diese Richtung wie das Argument, man könne von der buchführenden Stelle keine Prüfung erwarten, ob eine (1835), 149, 152 ff.; Regelsberger, Studien im bayerischen Hypothekenrechte, S.  78 f.; von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/2, §  107 (S.  977). 175   Vgl. z. B. zu beschränkten persönlichen Gebrauchsrechten an Grundstücken, für die jedenfalls inter partes weiter die Übertragung des »unvollständigen« Besitzes ausreichte, Förster/ Eccius, Preußisches Privatrecht, §  184 (S.  335); Hedemann, Fortschritte II/2, S.  57 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 176   Vgl. nur Finkenauer, ZNR 23 (2001), 220, 224 m.Nw. 177   Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  14 f., 24; Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 307. 178   Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, §  184 (S.  333 f.).

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Eintragung bestimmten Typen entspreche, und ebenso wenig demjenigen, der sich auf das Grundbuch verlasse, später die Unzulässigkeit einer Eintragung entgegenhalten179. Unterstellt man noch für die vorige Epoche eine gewisse, vom Verkehr erzwungene Typizität als Ersatz für die fehlende Publizität, dann könnte die Wiederkehr der Publizität als Strukturprinzip zu einer Abnahme an Typizität geführt haben. Andererseits wurde aber doch nicht nur die grundsätzliche Eintragungsfähigkeit sehr wohl geprüft180 , sondern fand unter dem zunächst fast überall sehr strengen Legalitätsprinzip eine Prüfung auch des Verpflichtungsgeschäfts statt181. Dass diese Prüfung für völlig neuartige Institute ohne Weiteres durchlässig war, mag man doch bezweifeln. Zudem bestand jedenfalls die Notwendigkeit, eine Gestaltung in die vorhandenen Rubriken des Registers einzufügen182 , waren doch die deutschen Register fast durchweg nicht als bloße Urkundensammlung, sondern als Bücher angelegt. Schon in der Anlage des Buchs kommt schließlich ein Verständnis zum Ausdruck, nach dem die verschiedenen, vom jeweiligen Registersystem vorgesehenen Eintragungen immerhin rechtsgeschäftlich begründete Berechtigungen vollständig erfassen sollten. Da man aber beim Registereintrag tendenziell um eine kurze Bezeichnung bemüht war und sein musste, schon um die immensen Kosten der Einrichtung solcher Bücher unter Kontrolle zu behalten183 , wirkte die Einführung von Registern doch auch typisierend. Schließlich verlieh die »Ab­ straktionstendenz«184 , die sich gegen Ende dieser Epoche zeigte, den einzelnen Sachenrechten größere Unabhängigkeit von einer individuellen schuldrechtlichen Grundlage. Die damit mögliche flexible Anbindung sachenrechtlicher Institute im Wege schuldrechtlicher Vereinbarung begünstigte ebenfalls die Herausbildung von Typen. Insgesamt wirkte die Ausgestaltung der Verfügungsgeschäfte auf eine wenn auch schwache und eine Vielzahl von Typen anerkennende Typizität hin; von einem Typenzwang kann aber keine Rede sein.

179   Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  183 (S.  418). Demnach hätte vor Eintragung keinerlei Kontrolle auf Wahrung eines eventuellen numerus clausus stattgefunden. 180   Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht III, §  169 A 3 (S.  159). 181   S. z. B. für Württemberg Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  131; für Preußen Titel II §§  12 f., 135 ff. der Preußischen Hypothekenordnung (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2591 ff.; Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts I, §§  191, 205 (S.  439, 476 f.); ders., Das Sachenrecht des Deutschen Reichs und Preußens, §  32 (S.  96); für Bayern §§  96 f. des Hypothekengesetzes für das Königreich Baiern; von Gönner, Commentar über das Hypothekengesetz für das Königreich Baiern II, S.  22–35. 182   Vgl. etwa Titel II §  111 der Preußischen Hypothekenordnung von (Allgemeine Hypotheken-Ordnung für die gesammten Königl. Staaten) vom 20. Dezember 1783, N. C. C. VII, 1783, No.  59, Sp.  2565, 2621. 183   Zu diesem heute nicht mehr so präsenten Hintergrund eindrucksvoll die Berechnungen bei von Gönner, Ueber die zweckmäßige Einrichtung des Hypothekenbuchs, S.  9 ff. 184   Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 307; ders., Abstraktionsprinzip und Immobiliarrecht, S.  207 ff., 311 ff.

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III.  Zusammenfassung und Würdigung Die Emanzipation vom rezipierten römischen Recht, wie sie in der Epoche des usus modernus pandectarum und des Vernunftrechts einsetzte, erlaubte es gerade dem Sachenrecht, durch Abkehr vom römischen Vorbild den gewandelten Umständen Rechnung zu tragen. Besonders deutlich wird dies hinsichtlich des Gedankens der Publizität, der im rezipierten römischen Recht nicht entwickelt war. Nachdem man den Verkehr von Wirtschaftsgütern aller Art als gesamtwirtschaftlich wünschenswert erkannt hatte und zugleich feststellen musste, dass die heimliche Bestellung dinglicher Rechte eine verkehrsschädigende Unsicherheit hervorrief, scheute man sich in dieser Epoche nicht mehr vor einer Rückkehr zur Publizität, die schon die Gewerelehre geprägt hatte. Publizitätsträger für Mobilien wurde im Ausgangspunkt naheliegenderweise wieder die tatsächliche Sachherrschaft; Unterschiede zwischen früherer Sachgewere und gemeinrechtlichem Besitz bei mehr vergeistigten Formen der Sachherrschaft erklären sich weitgehend aus dem anderen rechtlichen Umfeld, etwa der Stellung im Prozess. Für Immobilien setzte man mit den Grund- und Hypothekenbüchern auf Publizitätsträger, die der Sache nach an Stadtbücher und ähnliche Erscheinungen des späten Gewererechts anknüpften, mögen diese auch keine direkten Vorläufer gewesen sein185 . Dass diese Entwicklung zugleich einen zunehmenden Machtverlust der grundbesitzenden Klasse reflektiert, die das Bekanntwerden ihrer in Wahrheit oft schlechten Vermögenslage fürchten musste186 , unterstreicht nur, welche Wichtigkeit man der Publizität zumaß, wenn sie sich trotz des Widerstandes aus diesen Kreisen schließlich durchsetzen konnte. Das Vertrauen in die verkehrsfördernde Wirkung der Publizität war dabei so stark, dass ein anderes verkehrsförderndes Strukturprinzip, nämlich der numerus clausus dinglicher Rechte, nicht mehr erforderlich schien, vielmehr in Ergänzung zu den vom Gesetz fixierten Typen bereitwillig die parteigeschaffene Verdinglichung zugelassen wurde, wenn nur Publizität gewahrt war. Daher blieb es auch zunächst bei dem Nebeneinander von rezipiertem römischem Recht und mannigfaltigen einzelstaatlichen und oft gar kleinteilig-lokalen Traditionen, aus dem eine kaum übersehbare Vielfalt dinglicher Rechte entstanden war. Erst die vernunftrechtlichen Gesamtkodifikationen wären nach ihrem Geltungsanspruch und ihrer systematischen Grundidee in der Lage gewesen, die dinglichen Rechte auf eine bestimmte Zahl zu begrenzen. Allein so umfassend war der Geltungsanspruch dieser Kodifikationen nicht, wo sie, wie etwa in Österreich187, dem Partikularrecht in vielen Dingen den Vortritt ließen; auch konnte eine zu radikale Wende von ihren Gesetzgebern kaum erwartet werden, waren diese doch bestrebt, überhaupt die Fixierung eines einheitlichen Privatrechts zustande zu bringen. Schließlich 185   Vgl. Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  70 ff.; Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 151. 186   Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 150 f. 187   Vgl. Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 178 f.

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schien es die wiederentdeckte Publizität zu erlauben, dass sich auch das Sachenrecht dem vernunftrechtlichen Gedanken der Vertragsfreiheit öffnete.

D.  Reformen am Vorabend des Bürgerlichen Gesetzbuches Zwei große Reformwerke, die im 19. Jahrhundert zu ihrem Abschluss kamen, waren nicht nur für das Sachenrecht im Allgemeinen von großer Bedeutung, sondern reduzierten die Vielfalt dinglicher Rechte und brachten theoretische Klärung: die Ablösungsgesetzgebung und die Reformen des Grundbuchwesens und der Grundpfandrechte. Ohne sie wäre der Gedanke einer geschlossenen Zahl dinglicher Rechte, wie er dem Bürgerlichen Gesetzbuch zugrunde liegen sollte, bedeutungslos geblieben.

I.  Die Ablösungsgesetzgebung War die Befreiung von der Grundherrschaft in Frankreich Ergebnis der Revolution188 , so erfolgte sie in Deutschland nur allmählich und unter anderen Vorzeichen. In Preußen etwa sollte so zunächst nach der Niederlage gegen Napoleon die Funktionsfähigkeit von Staat und Wirtschaft wiederhergestellt werden189. Wegen des Widerstandes der Grundherren gingen die Reformen anfangs eher schleppend voran190 . Unter dem Eindruck der Freiheitsbewegung und der Ereignisse des Jahres 1848 verabschiedeten die deutschen Einzelstaaten dann aber umfassende Ablösungsgesetze191. Ziel der Ablösungsgesetzgebung war die Beseitigung persönlicher und dinglicher Abhängigkeit. Hierzu bedurfte es außer der Aufhebung der Leibeigenschaft als solcher192 wegen der Radizierung von Lehnsverband und Feudallasten auf Grund und Boden in erster Linie einer Bereinigung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken. So wurden das Institut des geteilten Eigentums abgeschafft und das Obereigentum meist in ein ablösbares Zinsrecht verwandelt, zahlreiche dauernde Lasten entschädigungslos aufgehoben oder gegen Zahlung eines bestimmten Vielfachen ihres teils abstrakt festgelegten Jahresertrages an den Berechtigten oder an eine zwischengeschaltete Ablösungskasse oder Rentenbank ablös  Dazu näher unten Kapitel 5 B.   Statt aller Treue, in: Handbuch der preußischen Geschichte II, S.  449, 496. 190   S. nur Kroeschell, in: Festschrift für Hans Thieme, S.  34, 44 f. 191   Genaue Darstellung bei Judeich, Die Grundentlastung in Deutschland, passim; weiter z. B. Schwarz, Einleitung, in: ders. (Hrsg.), Grundlasten-Ablösungs-Gesetz für das Königreich Württemberg vom 14. April 1848, S.  1, 2 ff.; ders., Erläuternde Bemerkungen, §§  3 f f., a.a.O., S.  28, 32 ff.; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  207 (S.  479–481). 192   Sugenheim, Geschichte der Aufhebung der Leibeigenschaft, S.  350–499; für Württemberg II. Edikt vom 18. November 1817, betreffend die Aufhebung der persönlichen LeibeigenschaftsGefälle, sowie die Ablösung und Verwandlung der Feudal-Abgaben, Reg.Bl.  S .  541; dazu von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/2, §  98 (S.  911 ff.). 188 189

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bar gestellt, gemeinsame Nutzungsrechte an ländlichen Grundstücken, vor allem Weiden und Wäldern (»Gemeinheiten«, »Allmende«), geteilt und schließlich die Begründung neuer Lasten verboten193 . Alle diese Maßnahmen sollten – ganz im Sinne spätabsolutistischer Wohlfahrtsökonomik, aber durchaus auch des liberalistischen Ideals wirtschaftlicher Selbstentfaltung – die richtigen Anreize für intensivere Bewirtschaftung schaffen, die Umlauffähigkeit der Grundstücke erhöhen und ihren Beleihungswert anheben194 . Mit dieser Grundidee der Ablösungsgesetzgebung standen Bestrebungen im Einklang, auch solche Grundstücksbelastungen zurückzudrängen, die nicht feudalistischer Natur waren, aber zu einer dauerhaften Beschränkung des Grundeigentums führen konnten. So war es etwa früher vielfach möglich gewesen, an nicht gebundenen Gütern eine auf die Erträge des Grundstücks begrenzte sogenannte Revenuenhypothek zu bestellen, die eine Befriedigung aus dem Grundstück lediglich im Wege der Zwangsverwaltung erlaubte195 . Wo die Erträge eines Grundstücks aber zu gering waren, um die gesicherte Schuld zu tilgen, musste dies zu einer dauernden Belastung führen, ohne dass der Gläubiger von sich aus auf den Kapitalwert des Grundstücks zugreifen und damit ein Ende der Belastung herbeiführen konnte. Es ist wohl kein Zufall, dass einige Staaten gerade zur Zeit der Ablösungsgesetzgebung den Verzicht auf die Zwangsversteigerung bzw. den Ausschluss der Verkaufsbefugnis des Gläubigers für nichtig erklärten196 . 193   Vgl. etwa für Preußen Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §§  207 ff. (S.  479 ff.); für Württemberg insbes. Art.  1 des Gesetzes, betreffend die Beseitigung der auf dem Grund und Boden ruhenden Lasten, vom 14. April 1848, Reg.Bl.  S .  165; s. a. von Wächter, Geschichte, Quellen und Literatur des Württembergischen Privatrechts I/2, §  109 (S.  997–1001); später dann §§  7–10 der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869, BGBl.  S .  245, sowie z. B. Gesetz vom 10. November 1871 betreffend die Einführung der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes vom 21. Juni 1869 in Württemberg und Baden, RGBl.  S .  392, noch heute §§  7–10 GewO; dazu Stürner, AcP 194 (1994), 265, 285 f.; Münch, ZHR 1993, 559, 564 ff. 194   Vgl. Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  207 (S.  479), §  209 (S.  483); Duvernoy, Begleitungsvortrag, mit welchem der Gesetzentwurf in der Kammer der Standesherren eingebracht wurde, in: Schwarz (Hrsg.), Grundlasten-Ablösungs-Gesetz für das Königreich Württemberg vom 14. April 1848, S.  24, 25. 195   S. etwa I 20 §  26 PrALR: »Ist ausdrücklich verabredet, daß der Gläubiger den Verkauf der verpfändeten Sache zu verlangen nicht berechtigt seyn solle: so ist ein solcher Vertrag so zu deuten, daß der Gläubiger seine Befriedigung nur aus den Früchten und Nutzungen suchen könne.« 196   Z. B. §  45 des preußischen Gesetzes über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke, Bergwerke und selbständigen Gerechtigkeiten vom 5. Mai 1872, GesetzSammlung 1872, S.  433 ff. (»Eigentumserwerbsgesetz«, im folgenden Preuß. EEG), abgedruckt bei Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  31 ff. (»Der Vertrag zwischen dem hypothekarischen oder Grundschuldgläubiger und dem Eigenthümer, durch welchen Ersteren das Recht der Veräußerung zum Zweck ihrer Befriedigung entzogen wird, ist nichtig«); s. dazu aber Gierke, Sachenrecht, §  157 VI 2 Fn.  44 (S.  849); Art.  84 Abs.  2 Großherzoglich Hessisches Gesetz, das Pfandrecht betreffend, vom 15. September 1858, Reg. Bl.  1858, S.  449; dazu Müller, Das Pfandrecht nach dem Großherzoglich Hessischen Gesetze vom 15. September 1858, S.  194 f.

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Ergebnis dieser Reformen war zwar kein völlig freies Grundeigentum. Die an die konkrete Situation des Grundstücks anknüpfenden, mannigfaltigen dinglichen Nutzungsrechte und Leistungspflichten wurden jedoch zurückgedrängt, was zugleich die Grundpfandrechte als die einer zunehmend »kapitalistischen« Wirtschaftsform gemäßen Belastungen aufwertete197. So konnte man sich bei der Schaffung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die Regelung von Grundtypen beschränken, den Einzelstaaten die Verantwortung für die weitere Entfeudalisierung zuweisen und besondere partikularrechtliche Belastungen lediglich nach Maßgabe des Einführungsgesetzes weiterbestehen lassen, ohne dass hierdurch ein völlig falsches Bild gezeichnet worden wäre198 . Bemerkenswert ist schließlich, dass diese Reduzierung möglicher Grundstücksbelastungen mit der Aufhebung von Beschränkungen des Grunderwerbs einherging, die an den Stand des Erwerbers anknüpften. Dies entsprach den der Ablösungsgesetzgebung zugrundeliegenden volkswirtschaftlichen Zielen besserer Umlauffähigkeit und größerer langfristiger Investitionen durch Eigenbesitzer, die auf eine gesicherte und vererbliche Rechtsstellung vertrauen: Die Umlauffähigkeit erhöht sich zweifellos, wenn eine Vielzahl potentieller Erwerber zur Verfügung steht. Die bessere Veräußerungsmöglichkeit, vor allem aber auch die Vererbbarkeit, schaffen zudem Anreize zu Investitionen, die ansonsten vielleicht so nicht vorgenommen würden.

II.  Grundbuch und Grundpfandrechte Demselben Drang nach Transparenz und Ordnung der Rechtsverhältnisse an Grundstücken, der die Ablösungsgesetzgebung hervorbrachte, entsprangen die Reformen der Grundpfandrechte. Hatten schon usus modernus pandectarum und Vernunftrecht die grundsätzliche Rückkehr zur Publizität durch Register gebracht, so war doch noch vieles im Unklaren geblieben199. Dies traf gerade die Grundpfandrechte besonders schwer. Denn im Gegensatz zu anderen, durch wiederkehrende Leistungen dauernd sichtbaren Belastungen werden sie nur im Sicherungsfall erprobt und müssen sich gerade hier bewähren. Die starke Rechtszersplitterung auch innerhalb der einzelnen deutschen Staaten 200 , die schon für sich Anlass genug für Reformen war, tat ein Übriges, eine Klärung offener Fragen zu verzögern und die Rechtsanwendung zu erschweren.

197   Vgl. Stolleis, Das Bayrische Hypothekengesetz von 1822, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  240, 241. 198   Vgl. Heß, AcP 198 (1998), 489, 495 f.; Finkenauer, ZNR 23 (2001), 220, 221–223. 199   S. etwa von Wächter, Erörterungen aus dem Römischen, Deutschen und Württembergischen Privatrechte I, S.  137–282. 200   Vgl. für Bayern Stolleis, Das Bayrische Hypothekengesetz von 1822, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  240, 243 ff.

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1.  Reformen des Grundbuchwesens im Allgemeinen Als Reaktion auf die fortbestehenden Schwierigkeiten verabschiedeten, angeführt von Preußen, seit dem 18. Jahrhundert immer mehr Staaten Gesetze über die Einführung einheitlicher Grund- oder Hypothekenbücher für größere Territorien, was typischerweise mit der katastermäßigen Erfassung des Landes zu Steuerzwecken verbunden war201. Zu umfangreichen Verfahrensregeln über Anlegung und Führung der Bücher traten mehr und mehr auch klarere materiellrechtliche Regelungen hinzu. Für die Grundpfandrechte, die wegen des Übergangs von einer agrarisch geprägten zu einer mehr kapitalistischen Wirtschaftsform an Bedeutung gewannen, waren diese materiellrechtlichen Regelungen besonders wichtig, da Inhalt und Umfang grundpfandrechtlicher Haftung höchst unterschiedlich ausgestaltet sein konnten. Die Verknüpfung von formellem Grundbuchrecht mit materiellem Hypothekenrecht in Sondergesetzen erleichterte schließlich auch eine klare gedankliche Trennung von Mobiliarpfand und Hypothek, die den naturrechtlichen Gesamtkodifikationen noch fehlte202 . Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten alle Staaten erste gesetzliche Grundlagen geschaffen 203 . Gegen Ende des Jahrhunderts folgte dann – nicht zuletzt beeinflusst von der Dynamik der äußeren Ereignisse, die auf eine Reichsgründung unter preußischer Führung hinliefen 204 – eine zweite Welle von Reformen, die die bloßen Hypotheken- oder Pfandbücher endgültig durch komplette, alle Liegenschaften erfassende Grundbücher ersetzten 205 . In diesen Grundbüchern war insbesondere auch das Eigentum verzeichnet 206 . Verbunden mit Regeln über die Konstitutivwirkung der Eintragung und den Gutglaubensschutz konnte so der Gläubiger sicher sein, dass ihm derjenige, der die Liegenschaft verpfändete, auch tatsächlich ein wirksames Grundpfandrecht verschaffte. Was die Fassung der Eintragungsformel selbst angeht, so setzte sich ein System durch, nach dem hierfür allein das Grundbuchamt verantwortlich war, das den Parteiwillen angemessen, klar und kurz in der Eintragung zum Ausdruck zu bringen hatte207. Im Interesse der Übersichtlichkeit und Kürze konnte für manche Einzelheiten auch die Bezugnahme auf die Ein  S. nur Dernburg, Das Sachenrecht des Deutschen Reichs und Preußens, §  39 (S.  116).   Vgl. Stolleis, Das Bayrische Hypothekengesetz von 1822, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  240, 256 f. 203   Überblick z. B. bei Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 172 ff.; 431 ff.; AcP 19 (1836), 126 ff.; von Roth, System des deutschen Privatrechts III, §§  220 f. (S.  13–28). 204   Exemplarisch das Vorwort Bekkers in dessen programmatischer Schrift von 1867: Bekker, Die Reform des Hypothekenwesens als Aufgabe des norddeutschen Bundes, S.  V ff. 205   Kroeschell/Cordes/Nehlsen-von Stryk, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, S.  70 f.; vgl. a. Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 163–167 m.Nw. Eine Ausnahme war Bayern, wo der Übergang zum Grundbuchsystem erst mit der Reichsgrundbuchordnung vom 24. März 1897 erfolgte; vgl. Stolleis, Das Bayrische Hypothekengesetz von 1822, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  240, 261 f.; Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 292 f. 206   Zur wechselnden Rechtslage in Preußen Mittermaier, AcP 18 (1835), 149, 174 f. 207   Dernburg, Das Sachenrecht des Deutschen Reichs und Preußens, §  42 a. E. (S.  128); §  124 des Hypothekengesetzes für das Königreich Baiern: »Die Einträge und Vormerkungen müssen zwar vollständig, jedoch kurz und bündig abgefaßt, und in die denselben zugewiesenen Stellen 201

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tragungsbewilligung genügen. Nicht eingetragen wurde das der Eintragung zugrundeliegende Geschäft; wenn überhaupt, so gaben über dieses lediglich die separat verwahrten Grundakten Auskunft208 . Diese Gedanken sollten schließlich auf dem Weg über den Vorentwurf Johows209 ihren Niederschlag in der reichseinheitlichen Grundbuchordnung vom 24. März 1897210 finden. 2.  Formelles und materielles Recht der Grundpfandrechte im Besonderen Im materiellen Recht der Grundpfandrechte spitzte sich zugleich die Diskussion auf zwei Fragen zu: Akzessorietät und Mobilisierung. Im norddeutschen Raum hatte sich der mittelalterliche Rentenkauf zu einer zweckungebundenen Grundstücksbelastung entwickelt, die dank Verbriefungsformen leicht zirkulieren konnte. Damit erleichterte er den Grundeigentümern die Kapitalaufnahme und bot zugleich dem kaufmännischen Kapital eine attraktive Anlageform. Allerdings bedeutete der Rentenkauf für den verkaufenden Eigentümer eine potentiell dauerhafte Rentenzahlungspflicht, für den Käufer eine dementsprechend gestreckte, nur in periodischen Zahlungen zurückfließende Anlage. Zweckungebundenheit und Verbriefung des Rentenkaufs verbanden sich nun Mitte des 19. Jahrhunderts insbesondere in Mecklenburg mit der Idee der »kapitalistischen« Belastung, wie sie die klassische Hypothek darstellte, zur »abstrakten« Hypothek, die als bloße Kapitalbelastung keine Forderung mehr voraussetzte. Als »Katalysator« für die Neuschöpfung dieser ersten deutschen Grundschuld wirkte dabei das in Mecklenburg streng durchgeführte Publizitätsprinzip: Bestimmte allein die Eintragung über Recht und Rechtsinhalt, lag es nahe, nicht mehr auf das Schuldverhältnis zurückzugreifen, aus dem eine eventuell zu sichernde Forderung und eine Pflicht zur Stellung der hypothekarischen Sicherheit entstanden war211. Diese selbständige, schuldgrundunabhängige Hypothek wurde folgerichtig in Mecklenburg einziges Grundpfandrecht. Im Verständnis der Zeit war sie nicht nur eine schuldrechtlich anzubindende Sicherheit, sondern ein »selbständiges Wertstück«212 . Da der Inhaber dieses rein dinglichen »Wertstücks« nicht zugleich irdes Hypothekenbuchs eingeschrieben werden.«; von Gönner, Commentar über das Hypothekengesetz für das Königreich Baiern II, S.  168 f., 177–179. 208   Dernburg, Das Sachenrecht des Deutschen Reichs und Preußens, §  37 (S.  111); ders., Lehrbuch des Preußischen Privatrechts I, §  197 a. E. (S.  457); von Gönner, Commentar über das Hypothekengesetz für das Königreich Baiern II, S.  51 f., 165 f. 209   Johow, Entwurf einer Grundbuchordnung für das Deutsche Reich, §  59 (S.  10) sowie Begründung, S.  217 ff. 210   RGBl.  S .  139. 211   Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  126 f., Begründung II, S.  1451; Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der »abstrakten Hypothek«: die Grundschuld als Sonderform der Hypothek im ostelbischen Raum, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  218, 219. 212   §  16 der Revidierten Ritterschaftlichen Hypothekenordnung für Landgüter vom 18. Oktober 1848 der beiden Großherzogtümer Mecklenburg: »Das Hypothekenbuch gehört nicht der Person des zeitigen Eigenthümers, vielmehr dem Gute an, ohne alle Rücksicht auf die solcherhalb vorgehenden Veränderungen, und wird nur das Gut durch den Inhalt derselben ergriffen. Dem-

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gendein subjektives Recht gegen den Eigentümer zu haben brauchte und die mit der Eintragung geschaffene Publizität dieses dingliche Recht vom Eigentum unterscheidbar machte, konnte es auch der Eigentümer selbst begründen und halten, ohne dass dem das Fehlen oder das Erlöschen einer aus Akzessorietätsgründen notwendigen Forderung entgegengestanden hätten. Die Möglichkeit eines solchen Eigentümerrechts hatte eine durchaus erwünschte Folge, konnte doch der Eigentümer sich so zunächst »abstrakte« Hypotheken bestellen und durch deren Weiterveräußerung dann je nach Bedarf Teile des Grundstückswerts »mobilisieren«. Zur Übertragung genügten dabei dank der Verbriefung des Grundpfandrechts in einem Hypothekenbrief bloße Einigung und Briefübergabe; nicht einmal bedurfte es durchweg eines Indossaments. Hierdurch war die mecklenburgische Hypothek bestens verkehrsfähig, und tatsächlich entwickelte sich schnell ein liquider Sekundärmarkt. Vor allem in der Zeit von 1830 bis 1860 erfreuten sich die Mecklenburger Hypothekenwerte großer Beliebtheit 213 . Die materiellrechtliche Abstraktheit der mecklenburgischen Hypothek ging mit einer wichtigen Besonderheit im formellen Grundbuchrecht einher: Während in den meisten Partikularstaaten mit ihrem strengen Legalitätsprinzip der Grundbuchrichter auch das Verpflichtungsgeschäft überprüfte, aus dem die gesicherte Forderung folgte, war dies in Mecklenburg überflüssig geworden. Denn mangels Akzessorietät spielte es keine Rolle, ob die »abstrakte« Hypothek überhaupt zur Sicherung einer Forderung diente. Dementsprechend trat an die Stelle eines strengen Legalitätsprinzips ein formelles Konsensprinzip, wonach auf einen Antrag hin nur das Vorliegen der Bewilligung des eingetragenen Berechtigten oder eines die Bewilligung ersetzenden Urteils oder behördlichen Ersuchens geprüft wurde214 . In einer Zeit, in der es den Grundbesitzern immer schwerer fiel, mit klassischen Hypotheken zu akzeptablen Konditionen Kapital zu erhalten, da sich die Anleger vermehrt den Aktien der Eisenbahnen und ersten großen Industrieunternehmen sowie den Staatspapieren zuwandten und selbst das landschaftliche Pfandbriefwesen strauchelte215 , musste das erfolgreiche Mecklenburger Modell Aufmerksamkeit nach werden (1) durch die Eintragung keine bloßen Sicherheitsrechte für eine persönliche Verhaftung des die Eintragung beantragenden, vielmehr selbständige dingliche Belastungen des Gutes existent; und ist (2) der Antrag auf Eintragung durch eine solche persönliche Verhaftung nicht nothwendig bedingt, vielmehr solcherhalb alles der Vereinbarung der Betheiligten überlassen. (3) Ein späterer Eigenthümer des Guts ist als solcher für seine Person nicht verhaftet. (4) Der zeitige Eigenthümer kann für sich selbst und auf seinen eigenen Namen eintragen lassen; auch dürfen bereits eingetragene Forderungen auf ihn cedirt und umgeschrieben werden. Der Lauf der auf solche Pöste eingetragenen Zinsen beginnt jedoch erst von dem Zeitpunkt, wenn entweder das Gut auf einen neuen Eigenthümer übergegangen oder ein solcher Posten an einen Dritten übertragen ist.« S. Bremer, Hypothek und Grundschuld, S.  76 f.; von Meibom, Das mecklenburgische Hypothekenrecht, S.  99 ff. 213   Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 307. 214   §  11 der Revidierten Ritterschaftlichen Hypothekenordnung für Landgüter vom 18. Oktober 1848 der beiden Großherzogtümer Mecklenburg; vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  126; ders., Entwurf einer Grundbuchordnung für das deutsche Reich, Begründung, S.  198 ff.; von Meibom, Das mecklenburgische Hypothekenrecht, S.  124. 215   Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  19 f.;

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erregen. In der Tat waren weite Kreise von der Idee des Bodens als Ware, der Mobilisierung der Bodenwerte fasziniert. So forderten agrarischer Großgrundbesitz und Wissenschaft insbesondere in Preußen Reformen, die an dieses Modell angelehnt waren, oft aber mit der coupontragenden Inhaberhypothek noch eine stärkere Annäherung an die Kapitalmarktpapiere vorsahen. In den verschiedenen deutschen Staaten konnten sich diese neuen Formen in unterschiedlicher Ausprägung durchsetzen 216 . Für die weitere Entwicklung bedeutend war, dass sich Preußen nicht etwa zwischen akzessorischer und nichtakzessorischer Hypothek entschied, sondern verschiedenste Formen nebeneinander, von der Höchstbetragshypothek über die Verkehrshypothek bis hin zur nicht akzessorischen Grundschuld mit Möglichkeit der Blankoabtretung, in sein Eigentumserwerbsgesetz vom 5. Mai 1872 aufnahm 217 mit dem erklärten Ziel, der geldsuchende Grundstückseigentümer solle unter den Sicherungs- und Haftungsformen wählen können 218 . Zugleich folgte Preußen auf dem Gebiet des formellen Grundbuchrechts dem mecklenburgischen Vorbild und schwächte das zuvor strenge Legalitätsprinzip zu einem formellen Konsensprinzip ab219. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Abschwächung keineswegs nur für die nichtakzessorische Grundschuld galt, sondern vielmehr auch bei der Hypothek die bloße Angabe des Schuldgrundes und die Vorlage der Schuldurkunde ausreichten. Auch insoweit sollten der Vorentwurf220 und schließlich die reichseinheitliche Grundbuchordnung dem mecklenburgisch-preußischen Vorbild weitgehend folgen.

Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der »abstrakten Hypothek«: die Grundschuld als Sonderform der Hypothek im ostelbischen Raum, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  218, 223 f.; ders., ius commune VII (1978), 250, 324 f.; Brösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens im 19. Jahrhundert, S.  21; Dernburg, Lehrbuch des preußischen Privatrechts I, §  192 (S.  440); Motive zum Entwurf des Preuß. EEG, wiedergegeben bei Bähr, Jherings Jahrb. 11 (1871), 1, 3 f.; s. a. Martin, VSWG 56 (1969), 499, 505 ff. 216   S. umfassend Buchholz, ius commune VII (1978), 250, 257 ff.; Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  115 ff. 217   §§  19 und 27 (Hypothek und Grundschuld), 24, 67 (Kautionshypothek), 55 (Blankozession) Preuß. EEG. 218   Hierzu und zu den nicht Gesetz gewordenen Vorentwürfen, die die schuldgrundunabhängige, selbständige Hypothek als ausschließliche Grundverschuldungsform vorgesehen hatten, Bähr, Jherings Jahrb. N. F. 11 (1885), 339, 343–346; Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der »abstrakten Hypothek«: die Grundschuld als Sonderform der Hypothek im ostelbischen Raum, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  218, 233 f.; ders., ius commune VII (1978), 250, 309–313; s. a. Bremer, Hypothek und Grundschuld. 219   §§  1 ff., 13 f., 19, 58 ff. Preuß. EEG sowie §  46 Preuß. GBO; dazu Achilles, Die preußischen Gesetze über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, S.  57 f., 174–176; Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  149 f.; ders., Entwurf einer Grundbuchordnung für das deutsche Reich, Begründung, S.  199 f. 220   Johow, Entwurf einer Grundbuchordnung für das deutsche Reich, §  54 Abs.  2 (S.  10) sowie Begründung, S.  198–201.

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III.  Zusammenfassung und Würdigung Das reformfreudige 19. Jahrhundert konnte sich nach erfolgreicher »Bodenbefreiung« durch die Ablösungsgesetzgebung auf die neuen Möglichkeiten des Grundstücksrechts konzentrieren. So kam es zur Entdeckung der nichtakzessorischen Grundschuld sowie einer schärferen Herausarbeitung und Gegenüberstellung verschiedener Grundpfandrechtstypen, wobei eine strengere Durchsetzung von Publizität und Spezialität und ein technisch weiterentwickeltes Grundbuch diese Unterschiede auch wirklich erkennbar machten. Wählte der Gesetzgeber wie in Preußen nicht etwa einen einzigen oder einige wenige dieser Typen aus, sondern stellte er den Parteien eine größere Auswahl zur Verfügung, lässt zwar die Zunahme an Typen einerseits einen Verlust an Typizität erwarten. Andererseits musste sich allerdings ein Gesetzgeber, der verschiedene Typen von Grundpfandrechten regelte, über deren Unterschiede klar geworden sein. Tendenziell brachte ein solches besseres Verständnis auch klarere, inhaltlich schärfer abgegrenzte Regelungen hervor, die zu einer weitergehenden Fixierung der einzelnen Typen führten. Wo zudem mit der Übernahme abstrakter Grundpfandrechte das formelle Registerrecht vom strengen Legalitätsprinzip zum formellen Konsensprinzip überging und zugleich das Grundbuchamt die Fassung der Eintragungen verantwortete, hierbei aber der Kürze und Übersichtlichkeit verpflichtet war, liegt ein weiterer Zuwachs an Typizität nahe: Der Verzicht auf eine genaue Untersuchung des konkreten sachen- und erst recht des schuldrechtlichen Geschäfts beschränkte den Grundbuchrichter bei der Prüfung der Eintragungsfähigkeit und der Vornahme der Eintragung auf den Inhalt der Bewilligung; die Postulate von Kürze und Übersichtlichkeit bei der Fassung der Eintragungsformeln wiesen in Richtung einer Vereinheitlichung221. Vor allem aber musste das alle Reformen tragende Bestreben, »mobile«, umlauffähige Grundpfandrechte zu schaffen, typisierend wirken.

E.  Bürgerliches Gesetzbuch und jüngere Entwicklungen Das 1896 verabschiedete deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) wurde bekanntlich von der Historischen Rechtsschule und ihrer vom geltenden gemeinen Recht losgelösten Neubearbeitung des römischen Zivilrechts stark geprägt. Dies trifft gerade auch für das Sachenrecht zu. Seine Grundlagen, insbesondere die klare Trennung von Sachen und Rechten, der strenge Eigentumsbegriff und die ihm zur Seite gestellten beschränkten dinglichen Rechte, haben sicher im klassischen römischen Recht ihr großes Vorbild. Indessen hat das BGB jüngere Fortentwicklun221   S. nur von Gönner, Commentar über das Hypothekengesetz für das Königreich Baiern II, S.  168 f. (».  .  . diese Kürze und Bestimmtheit wird erzielt, wenn man für die wichtigsten und frequenten Momente gewissen Worten eine bestimmte Bedeutung beilegt, diese entweder in der Instruction oder in den Mustereinträgen festsetzt, und die Hypothekenämter anweist, sich nur dieser und keiner anderen Ausdrücke in den Einträgen zu bedienen; .  .  .«).

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gen, etwa auf dem Gebiet des Pfandrechts, durchaus aufgenommen. Der Gedanke eines numerus clausus dinglicher Rechte, der mit der Rezeption eingedrungen war, sich im usus modernus aber teilweise nur schwer behaupten konnte, wurde dem Sachenrecht trotz starker Kritik von germanistischer Seite222 zugrunde gelegt und gilt bis heute. Allerdings zeigen nicht zuletzt jüngere Entwicklungen innerhalb und außerhalb des BGB, dass eine allzu starre Handhabung dieses Grundsatzes nicht stattfindet. Die deutsche Rechtsentwicklung seit Erlass des BGB hat mit Nationalsozialismus und Kommunismus zwei große Brüche erlebt 223 . Im Sachenrecht wurde jedoch beide Male fast nahtlos an den früheren Rechtszustand bzw. den Rechtszustand in der Bundesrepublik am Ausgang des 20. Jahrhunderts angeknüpft. Dies rechtfertigt eine kontinuierliche Darstellung des eigentlichen, »unverfälschten« Sachenrechts unter dem BGB.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Das BGB geht endgültig von einem »abstrakten«, von der Summe der in ihm enthaltenen Befugnisse verschiedenen 224 und zugleich elastischen Eigentumsbegriff aus, nach dem der Inhalt des Eigentums in der totalen Herrschaft über eine Sache besteht 225 und durch die Herauslösung einzelner, begrenzter Befugnisse nicht berührt wird 226 . Eine Aufzählung der Befugnisse des Eigentümers wird damit überflüssig227, ein zwischen Ober- und Untereigentümer geteiltes Eigentum unmöglich 228 . Eigentum kann nur an einzelnen Sachkörpern, nicht an einer Sachgesamtheit bestehen; es unterscheidet sich streng vom Vermögen 229.

222   S. nur Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das Deutsche Recht, S.  280, 281 f.; Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S.  5–7, 17, 66 f.; ders., Gruchot 46 (1902), 549 ff.; Jacobi, Entstehung und Inhalt des Entwurfs .  .  ., passim; ders., Archiv für bürgerliches Recht 2 (1889), 31, 54. 223   Dazu sogleich unter F. 224   Ehrlich, Das zwingende und nichtzwingende Recht, S.  126; Gierke, Sachenrecht, §  120 VI 1 (S.  361). 225   Die Frage, ob und ggf. inwieweit das Eigentum gesellschaftlicher Bindung unterliegt, kann für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung ausgeklammert bleiben; vgl. auch Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  9 f. 226   Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 141 ff. 227   Vgl. Wiegand, Zur theoretischen Begründung der Bodenmobilisierung in der Rechtswissenschaft: der abstrakte Eigentumsbegriff, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  118, 143–146 m. w. N. 228   Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S.  324. 229   Vgl. Motive III, S.  28 ff.; kritisch Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S.  284–287, 323.

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Das Erbbaurecht, das mit seiner Durchbrechung des Grundsatzes superficies solo cedit der Sache nach in einer unverkennbaren Nähe zum Untereigentum steht, ist schon nach der Urfassung des BGB eine Grundstücksbelastung; um eine dauerhafte Teilung der Nutzungsmöglichkeiten zu vermeiden, verlangte der Gesetzgeber eine zeitliche Beschränkung und erwog sogar, diese durch ein Ablösungsrecht zu flankieren 230 . Die Duplizität des Eigentums an Grundstücken, die sich als Folge der fehlenden Konstitutivwirkung der Eintragung bei gleichzeitigem Gutglaubensschutz ergeben hatte231, war in Preußen mit den Reformen des Jahres 1872 beseitigt worden 232 ; andere deutsche Staaten hatten sich ebenfalls dafür entschieden, vom Pfandbuchzum Grundbuchsystem überzugehen und dort die Eintragung zum Wirksamkeitserfordernis zu machen 233 . Der Vorentwurf hielt an der konstitutiven Wirkung der Eintragung fest. Dem folgte schließlich das BGB, womit sich auch insofern ein einheitlicher Eigentumsbegriff durchsetzen konnte. Bei Erlass des BGB hatte man sich noch ausdrücklich dagegen gewandt, dingliche Rechte an einzelnen Gebäudeteilen, insbesondere Stockwerken, zuzulassen, wie dies vor allem in Süddeutschland seit langem üblich gewesen war234 . Dementsprechend verboten schon der Vorentwurf und in seiner Folge BGB, Erbbaurechtsverordnung und Erbbaurechtsgesetz ausdrücklich die Beschränkung des Erbbaurechts – das als einziges umfassendes und zugleich übertragbares Recht zur Neubegründung von Stockwerkseigentum in Betracht kam – auf einen Gebäudeteil 235 . Indessen lebte nicht nur das partikularrechtliche Stockwerkseigentum erstaunlich lange fort 236 , sondern drängten praktische Bedürfnisse immer stärker danach, Formen des Sondereigentums an Gebäudeteilen anzuerkennen. Denn eine Konstruktion über Miteigentum mit Nutzungsvereinbarungen barg stets die Gefahr einer Aufkündigung mit Teilungsversteigerung. In der Nachkriegszeit war nun die Notwendigkeit, neuen Wohnraum zu schaffen, besonders groß geworden. Zugleich reichte das verfügbare private Kapital zur Finanzierung ganzer Gebäude oder Wohnanlagen selten aus, während die Finanzierung einzelner Wohnungen für deutlich mehr Menschen noch in Reichweite war. Daher schuf der Gesetzgeber im Jahre 1951 mit dem Wohnungseigentumsgesetz237 Formen von Sondereigentum an Gebäudeteilen, die mit einem Miteigentumsanteil am Grundstück und sonsti  Näher sogleich unter 2 f.   Dazu oben bei Fn.  169. 232   §  1 Preuß. EEG. 233   Überblick bei Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  115 ff. 234   S. Thümmel, BWNotZ 1980, 97, 98 f.; ders., JZ 1980, 125, 126–132; Bogenschütz, BWNotZ 2002, 58, 59. 235   §  222 Abs.  2 Vorentwurf Sachenrecht (dazu Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1091); §  1014 BGB a. F.; §  1 Abs.  3 ErbbauVO bzw. heute §  1 Abs.  3 ErbbauRG. 236   Vgl. Thümmel, BWNotZ 1980, 97, 99, 113; Bogenschütz, BWNotZ 2002, 58, 60. 237   Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz, WEG) vom 15. März 1951, BGBl.  I, S.  175, ber. 209. Geschichtlicher Überblick bei Baur/ Stürner, Sachenrecht, §  29 Rn.  5 (S.  375 f.). 230 231

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gen gemeinschaftlichen Eigentum untrennbar verbunden sind 238 . Der Inhalt der jeweiligen Rechte hängt zunächst von den baulichen Gegebenheiten des individuellen Gebäudes ab239. Sodann haben aber die Parteien wiederum zahlreiche Möglichkeiten der Ausgestaltung. Diese betreffen zum einen die Aufteilung des Gebäudes240 , die dann zum Inhalt der jeweiligen Berechtigungen wird und so gegenüber jedermann wirkt. Zum anderen können die Parteien auch das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis weitgehend frei bestimmen und diesen Vereinbarungen durch Eintragung Wirkung gegen Sonderrechtsnachfolger verleihen; Beschlüsse der Eigentümerversammlung und richterliche Entscheidungen in WEGSachen wirken gar ohne Eintragung241. Das Wohnungseigentum ist mithin eine Sonderform des Eigentums, der dessen sonst klar umrissener, von individueller Vereinbarung unabhängiger Charakter als umfassendes Herrschaftsrecht fehlt242 . In der dezidierten Ausgestaltung des Erbbaurechts als beschränktes dingliches Recht, in der Vermeidung einer Duplizität des Eigentums sowie in der anfänglichen Ablehnung des Stockwerkseigentums kommt die Sorge des BGB-Gesetzgebers um ein einheitliches, ungeteiltes Eigentum zum Ausdruck. Hieraus spricht deutlich die Furcht vor einer zu großen Zersplitterung der Rechte an Grundstücken, deren Bereinigung viel Energie gekostet hatte. Die Zulassung des Wohnungseigentums mit seiner Verdinglichung individueller Abreden schuf dann zwar doch eine Eigentumsform mit weitem Raum für individuelle Ausgestaltung, ist aber immerhin auf einen begrenzten Bereich beschränkt und stellt sich insgesamt noch als »typisierte Sonderform des Grundeigentums«243 dar. 2.  Beschränkte dingliche Rechte Der Redaktor des Vorentwurfs zum Sachenrecht, Reinhold Johow, äußerte schon in einer »vertraulich mitgeteilten Skizze« von 1874, die die »Grundsätze für die Bearbeitung des Sachenrechts, abgesehen von den dem Sachenrechtspensum zugewiesenen Spezialfragen« festhielt, dass der Kreis der an fremden Sachen zulässigen Rechte nicht über das System des gemeinen Rechts hinaus erweitert werden solle. Insbesondere sei nicht an der einfachen Verdinglichung persönlicher Ansprüche durch Besitzübertragung oder Eintragung festzuhalten, wie sie das preußische Recht kannte; an beweglichen Sachen solle nur ein Nießbrauch oder Pfandrecht

  §§  1, 6 WEG.   Etwa die Voraussetzung, dass Sondereigentum nur an in sich abgeschlossenen Wohnungen oder sonstigen Räumen begründet werden soll (§  3 Abs.  2 WEG); die Vorgabe, dass für den Bestand und die Sicherheit erforderliche, »tragende« Gebäudeteile nicht Gegenstand des Sondereigentums sein können (§  5 Abs.  2 WEG). 240   Sondereigentumsfähige Gebäudeteile als gemeinschaftliches Eigentum (§  5 Abs.  3 WEG). 241   Vgl. §  5 Abs.  4, §§  10 ff. WEG; näher Baur/Stürner, Sachenrecht, §  29 Rn.  14 (S.  379 f.). 242   Vgl. Stürner, JZ 1993, 1074, 1075: Nachbesserung und Korrektur der »reinen Lehre«. 243   Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, Überschrift von Abschnitt B des 3. Kapitels i. V. m. §  29 (S.  347, 374 ff.). 238 239

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bestellt werden können 244 . Hieran hielt denn auch der Vorentwurf fest 245 . Hinter dieser klaren Entscheidung für einen sachenrechtlichen numerus clausus stand zum einen die in Deutschland von der Pandektistik besonders scharf herausgearbeitete dogmatische Vorstellung, dass das Sachenrecht ein eigenständiges, vom Schuldrecht unterschiedenes Rechtsgebiet sei und aufgrund des absoluten Eigentumsbegriffs jede Einschränkung von Eigentümerbefugnissen besonderer Rechtfertigung bedürfe246 ; zum anderen führte man für einen solchen Typenzwang verschiedene praktische Erwägungen ins Feld, die im Vorentwurf jeweils bei der Erörterung einzelner Institute aufscheinen. So wollte man Streitigkeiten vermeiden, wie sie vor allem eine unklare Zuordnung der jeweiligen Rechte und Pflichten zwischen den an derselben Sache dinglich Berechtigten hervorrufen konnte247. Auch sollte eine aufgrund ihrer Verdinglichung dauerhafte Aufspaltung der Herrschaft über bestimmte Gegenstände, die bei veränderten Rahmenbedingungen wirtschaftlich unvorteilhaft sein könnte, verhindert werden 248 . Schließlich hob man auf die Nachteile ab, die jede Belastung für die Verkehrsfähigkeit des belasteten Gegenstandes mit sich bringt. Wie der Vorentwurf trennt auch das BGB scharf zwischen Schuld- und Sachenrecht und folgt der Idee einer geschlossenen Zahl dinglicher Rechte249. Bei den Rechten selbst und ihrer Ausgestaltung weicht es allerdings teilweise vom Vorentwurf ab. So kennt das BGB als beschränkte dingliche Rechte an Mobilien nur Nießbrauch und Pfandrecht. Bei den Immobilien begegnen Grunddienstbarkeiten, Nießbrauch und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten, das dingliche Vorkaufsrecht, Reallasten sowie Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld als Grundpfandrechte; Erbbaurecht und Wohnungseigentum sind heute spezialgesetzlich kodifiziert. Schon die Absage an die preußische Verdinglichungsfreund244   Johow, Grundsätze für die Bearbeitung des Sachenrechts, abgedruckt bei Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren, Sachenrecht I, S.  X XIX, sub A.3., C.23. 245   Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  7–9. 246   S. schon von Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S.  372–375; dazu Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 627, 631 ff.; ders., AcP 190 (1990), 112, 113–120. 247   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1091 (zur Ablehnung eines Stockwerkseigentums als Erbbaurecht): ».  .  . Keim zu zahllosen, schwer zu schlichtenden Streitigkeiten .  .  .« S. a. ders., a.a.O., S.  1092. 248   Vgl. wiederum Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1085: »Während in der älteren deutschen Rechtsentwicklung die dauernde Fesselung des Grundeigenthums durch Einräumung der verschiedenartigen Rechte an demselben dem individuellen Belieben fast schrankenlos überlassen war, befolgt die moderne durch die wissenschaftliche Entwicklung und die praktischen Erfolge der Volkswirthschaftslehre erleuchtete Gesetzgebung die Tendenz, das System der dinglichen Rechte durch Beseitigung kulturschädlicher Rechtsinstitute und solcher, die nicht einem anerkennenswerthen Bedürfnisse entsprechen, soviel als möglich zu vereinfachen.« Weiter ders., a.a.O., S.  1091 (zur Ablehnung eines Stockwerkseigentums als Erbbaurecht): »Persönliche Bedürfnisse geben keinen genügenden Grund, dass man behufs ihrer Befriedigung die Bestellung vererblicher und veräußerlicher Rechte zulassen sollte, welche in Zeiten hinein fortdauern, wo sie nur noch dem Einen schaden, dem Anderen nicht nützen.« S. a. ders., a.a.O., S.  1092 zum Recht auf Pflanzungen. 249   S. insbes. Motive III, S.  1–3 sowie statt aller Ehrlich, Das zwingende und nichtzwingende Recht, S.  127; Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 625 ff.

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lichkeit sowie die überschaubare Zahl beschränkter dinglicher Rechte, verbunden mit der Idee eines numerus clausus, legen ein hohes Maß an Typizität nahe. Näheren Aufschluss verspricht auch hier die Betrachtung der einzelnen Sachenrechtstypen sowie die Einbeziehung solcher Entwicklungen, die sich nicht im Text des BGB voll niedergeschlagen haben. a)  Dienstbarkeiten einschließlich Nießbrauch Die Dienstbarkeiten, zu denen das BGB in spätklassischer und justinianischer Tradition auch den Nießbrauch schlägt, finden in knapp einhundert Paragraphen eine durchaus detaillierte Regelung. Für den eigentlichen Inhalt des dinglichen Rechts begnügt sich das Gesetz indes mit allgemeinen Rahmenvorgaben. Grunddienstbarkeit und beschränkte persönliche Dienstbarkeit geben dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks bzw. dem persönlich Berechtigten das Recht, das belastete Grundstück in einzelnen Beziehungen zu nutzen, die Vornahme bestimmter Handlungen auf diesem Grundstück zu untersagen oder die Ausübung eines mit dem Eigentum an diesem Grundstück an sich verbundenen Rechts auszuschließen (§§  1018, 1090 Abs.  1 BGB); auf ein positives Tun kann die Dienstbarkeit hingegen nicht gerichtet sein, es gilt also der Grundsatz servitus in faciendo consistere nequit. Allerdings kann mithilfe einer Dienstbarkeit ein positives Tun »gesichert«, also mittelbar erzwungen werden, wenn von einer Unterlassungsdienstbarkeit durch schuldrechtlichen Vertrag eine Ausnahme gestattet wird, so lange der Grundstückseigentümer sich vertragskonform verhält, also etwa bei einer das Betreiben einer Tankstelle untersagenden Dienstbarkeit das Benzin für seine Tankstelle bei dem Mineralölkonzern bezieht, der Inhaber der Dienstbarkeit ist 250 . Bei der Grunddienstbarkeit wird lediglich allgemein ein Vorteil des herrschenden Grundstücks verlangt (§  1019 BGB) 251 ; von der Möglichkeit einschränkender Regelung haben die Landesgesetzgeber keinen nennenswerten Gebrauch gemacht 252 . Es fehlt also an einer – womöglich abschließenden – Aufzählung anerkannter Rechtsinhalte. Vielmehr ist die Parteivereinbarung mit Einschluss des mittlerweile anerkannten, verdinglichten Begleitschuldverhältnisses zwischen Eigentümer und Berechtigtem für den Inhalt des Rechts wesentlich, was eine Vielzahl unterschiedlichster Gestaltungen erlaubt 253 . Zugrunde liegt wieder die Vor250   Grundlegend Stürner, AcP 194 (1994), 265, 271 ff.; weiter Münch, ZHR 157 (1993), 559, 560 ff.; Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  144 ff.; ders., MittBayNot 2009, 230, 231 f.; gegen eine Sicherungsdienstbarkeit unter Verkennung der Bedeutung des Abstraktionsprinzips jüngst Möller, Die Servituten, S.  395 ff., insbes. S.  399 ff.; unklar Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  425 Fn.  172 einerseits (».  .  . work around the Typenzwang of the numerus clausus of property rights«), S.  456 andererseits (».  .  . de facto positive burden on the holder of the servient tenement«). 251   Damit knüpft das BGB an das römische Recht an und wendet sich zugleich gegen die mittelalterliche Ausdehnung dieses Instituts, vgl. o. bei Fn.  87. 252   Art.  113–115 EGBGB; näher Mayer, in: Staudinger, BGB, Art.  113 EGBGB Rn.  95 f., 134– 144; Hönle, in: Staudinger, BGB, Art.  114, 115 EGBGB; Heß, AcP 198 (1998), 489, 496. 253   S. Motive III, S.  479: »Der Umfang der Eigenthumsbeschränkung und des beschränkenden Rechtes wird im Einzelnen durch den Privatwillen bestimmt.«; Stürner, in: Soergel, BGB, §  1018

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stellung, dass die tatsächlichen Nutzungsmöglichkeiten unendlich seien und dasselbe daher auch für die Dienstbarkeiten gelten müsse254 . Lediglich für das als beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingeordnete dingliche Wohnungsrecht stellt das Gesetz einige Sonderregeln auf (§  1093 BGB) 255 . Während die Parteien bei den Dienstbarkeiten den Inhalt des Rechts unmittelbar festlegen müssen, haben sie beim Nießbrauch als dem umfassenden Nutzungsrecht (vgl. §  1030 Abs.  1 BGB) die Möglichkeit, einzelne Nutzungen mit dinglicher Wirkung auszuschließen (§  1030 Abs.  2 BGB). In dieser Regelungstechnik kommt einmal mehr zum Ausdruck, dass das BGB von einer unendlichen Zahl tatsächlicher Nutzungsmöglichkeiten ausgeht, ließe sich doch anderenfalls durch entsprechende positive Formulierung des Inhalts einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit ein beschränkter oder gar unbeschränkter Nießbrauch konstruieren. Innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen, die von der Rechtsprechung vielfach konkretisiert werden mussten, verbleibt den Parteien damit ein weiter Spielraum inhaltlicher Gestaltung256 . Da die jeweilige Dienstbarkeit zu ihrer Entstehung der Eintragung als Publizitätsakt bedarf, setzt bereits an dieser Stelle vielfach eine inhaltliche Kontrolle durch die Rechtsprechung an, was über die Jahre zu einer Ansammlung reichhaltigen Entscheidungsmaterials geführt hat, innerhalb dessen einzelne Fallgruppen hervortreten 257. Eine Gesamtbilanz der Dienstbarkeiten unter dem Aspekt der Typizität muss, da sie sich auf den einzelnen Typ konzentriert, primär der Intensität von Standardisierung und Typenfixierung gelten 258 . Insofern ist der Nießbrauch als umfassendes Nutzungsrecht im Ausgangspunkt klar fixiert. Die Möglichkeit des Ausschlusses einzelner Nutzungen reduziert die inhaltliche Fixierung zwar wieder, hatte aber bislang keine erheblichen Auswirkungen. Bei den Dienstbarkeiten fällt gegenüber dem frühen römischen Recht, das von einem Katalog einzelner Rechtsinhalte ausging, die Typenfixierung im geltenden Recht deutlich geringer aus. Allerdings war die Zahl anerkannter Dienstbarkeiten im römischen Recht in den wirtschaftlich höher entwickelten Epochen groß und mündete schließlich in die Herausbildung derjenigen Grundsätze, die auch heute noch den sachenrechtlichen Rahmen setzen – ein Rahmen, der auch durch die Sicherungsdienstbarkeit 259 nicht gesprengt wird, ist doch ihre mittelbare Zwangswirkung gerade nicht sachenrecht-

Rn.  2 m. w. N.; Münch, ZHR 157 (1993), 559, 560; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S.  406; Heß, AcP 198 (1998), 489, 502 ff. 254   Vgl. oben bei Fn.  133. 255   Das im Wohnungseigentumsgesetz geregelte Dauerwohnrecht hat der Gesetzgeber im Gegensatz zum Wohnungsrecht des BGB als veräußerliches und vererbliches beschränktes dingliches Nutzungsrecht ausgestaltet; hier scheint wieder das geteilte Eigentum durch. 256   S. nur Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  241 ff. 257   Näher Stürner, in: Soergel, BGB, §  1018 Rn.  15–20, 25–30, 35–37, §  1019 Rn.  11 f., §  1090 Rn.  7–15. 258   Vgl. oben Kapitel 2 B I 1 d, 2 d. 259   Dazu soeben bei Fn.  250.

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licher Art 260 . Zudem haben sich innerhalb des fixierten Rahmens Fallgruppen gebildet, die ihrerseits zumindest eine Standardisierung darstellen. Vor allem aber hatte die Rechtsprechung vielfach Gelegenheit, sich zu einzelnen Gestaltungen zu äußern. Wo diese Gestaltungen richterrechtlich eindeutige Anerkennung gefunden haben 261, ist nach dem hier zugrundegelegten Verständnis auch Typenfixierung gegeben; wo ihnen die Anerkennung versagt blieb, zeigt sich sogar der Typenzwang262 . Angesichts dessen wird man im Vergleich mit dem ausdehnenden Verständnis dinglicher Nutzungsrechte und vor allem verdinglichter Pflichten, wie es das germanische Recht und das Mittelalter kannten, heute durchaus wieder von einer nicht unbeachtlichen Typizität sprechen können. b)  Reallasten Die Reallast, die wegen ihrer partikularrechtlichen Verbreitung Eingang ins BGB fand 263 , ist strukturell ähnlich geregelt: Als Rechtsinhalt gibt das Gesetz nur an, dass an den persönlich Berechtigten oder den Eigentümer eines herrschenden Grundstücks »wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu entrichten sind« (§  1105 BGB). Hier bleibt wiederum großer Raum für individuelle Gestaltung durch die Parteien. So müssen die Leistungen zwar wiederkehrend, aber nicht unbedingt regelmäßig geschuldet sein; sie können in Geld-, Sach- oder Dienstleistungen bestehen, jedoch nicht im Dulden oder Unterlassen einer Handlung durch den Belasteten 264 . Die Landesgesetzgeber sehen allerdings bei der Reallast – anders als bei den Dienstbarkeiten – teilweise Einschränkungen vor, was für ihr Gebiet den Typenzwang intensiviert und damit die Typizität der Regelungsinhalte erhöht 265 . In der Praxis hat sich lediglich im Institut des Altenteils eine gewisse Standardisierung ergeben 266 . Insgesamt ist damit auf der Ebene der Reallast selbst kaum Typizität zu verzeichnen. Indessen ist die gegenwärtige Bedeutung der Reallast 260   Vgl. nur Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  162 f. Wollte man dies anders sehen, könnte man auch das Recht des Eigentümers, bei Nichtzahlung der Miete den Mietvertrag zu kündigen und die Sache nach h. M. (z. B. Baldus, in: Münchener Kommentar zum BGB, §  985 Rn.  46 f.) auch aus §  985 zurückzuverlangen, als Verdinglichung der Zahlungspflicht betrachten. 261   S. etwa für die Sicherungsdienstbarkeit BGH, Urteil vom 18. Mai 1979, V ZR 70/78, BGHZ 74, 293, 296; vom 13. Juli 1979, V ZR 122/77, NJW 1979, 2149; vom 25. März 1980, KZR 17/79, NJW 1981, 343, 344; vom 2. März 1984, V ZR 155/83, WM 1984, 820, 821; vom 3. Mai 1985, V ZR 55/84, NJW 1985, 2474; vom 29. Januar 1988, V ZR 310/86, NJW 1988, 2364; vom 8. April 1988, V ZR 120/87, NJW 1988, 2362, 2363; vom 22. Januar 1992, VIII ZR 374/89, WM 1992, 951, 953; OLG Karlsruhe, 6 U 122/07, MittBayNot 2009, 228, 229. 262   Vgl. Heß, AcP 198 (1998), 489, 504 f. 263   Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1376 ff.; dazu Heß, AcP 198 (1998), 489, 494. 264   S. nur Chr. Berger, in: Jauernig, BGB, §  1105–1108 Rn.  1. 265   Wiederum Art.  113–115 EGBGB; dazu Mayer, in: Staudinger, BGB, Art.  113 EGBGB Rn.  95 f., 134–144; Hönle, in: Staudinger, BGB, Art.  114, 115 EGBGB; Heß, AcP 198 (1998), 489, 495 f. 266   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  35 Rn.  2 (S.  429) und ausführlich Stürner, in: Soergel, BGB, §  1105 Rn.  26–28.

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eher gering267, sodass die Einbußen an Typizität bei einer Gesamtbeurteilung des heutigen Sachenrechts nicht ins Gewicht fallen. c)  Dingliches Vorkaufsrecht Zwischen diesen beiden Instituten findet sich ein kurzer Abschnitt über das dingliche Vorkaufsrecht (§§  1094–1104 BGB), das das BGB auf Grundstücke beschränkt (§  1094 Abs.  1 BGB). Auch hier verbleibt den Parteien wieder weiter Spielraum. So können sie wählen, ob das Vorkaufsrecht als subjektiv-dingliches dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks oder als subjektiv-persönliches einer bestimmten Person zustehen, ob sich das Vorkaufsrecht auf Zubehör erstrecken und für wie viele Verkaufsfälle es gelten soll (§§  1094; 1096 Satz 1; 1097 BGB). Ausgeschlossen ist immerhin die Umwandlung eines subjektiv-dinglichen in ein subjektiv-persönliches Vorkaufsrecht (§  1103 BGB). Vor allem aber hat das Vorkaufsrecht schon seiner Natur nach keine allzu große Reichweite, da es sich nur im Veräußerungsfall aktualisiert und hier nur dann wirklich eine Einschränkung darstellt, wenn der Eigentümer an der Person des Erwerbers ein besonderes Interesse hat. Auch hier darf daher die Freiheit der Parteien zur Ausgestaltung nicht überbewertet werden. d)  Grundpfandrechte Die Regeln des BGB über Pfandrechte trennen in germanischer Tradition streng zwischen den Grundpfandrechten und den Pfandrechten an Mobilien. Bei den Grundpfandrechten finden sich nebeneinander allein drei Typen der Hypothek (§§  1113 ff. BGB), nämlich die gewöhnliche Verkehrshypothek gelockerter Akzessorietät (vgl. §  1138 BGB), die streng akzessorische Sicherungshypothek samt Inhaber- und Orderhypothek (§§  1184–1189 BGB) sowie die Höchstbetragshypothek (§  1190 BGB), sodann die vom Gesetz als nichtakzessorisches Recht ausgestaltete Grundschuld (§§  1191–1198 BGB) samt der Sonderform der Rentenschuld (§§  1199–1203 BGB). Alle diese Grundpfandrechte können als Brief- oder Buchrechte bestellt werden (§§  1116, 1192 Abs.  1, 1199 BGB); Umwandlungen vom einen in das andere Grundpfandrecht sind möglich (§§  1116 Abs.  2 f.; 1186, 1198, 1203 BGB). Die Grundschuld kann auch Eigentümerrecht sein; eine derartige Eigentümergrundschuld entsteht durch Bestellung als solche (§  1196 BGB), aber auch bei Nichtentstehung oder Erlöschen der Forderung, für die eine Hypothek bestellt ist, oder vor Übergabe des Hypothekenbriefs (§§  1163, 1177 BGB). Keinen Eingang ins BGB fanden die auf bloße Ertragshaftung beschränkte Revenuenhypothek und die zur Nutzung des belasteten Grundstücks berechtigende Antichrese268 . Gesetzliche Pfandrechte an Immobilien regelt das BGB nicht; das gesetzliche Pfandrecht des Werkunternehmers erfasst nur bewegliche Sachen (§  647 BGB),   Anwendungsfälle bei Baur/Stürner, Sachenrecht, §  35 Rn.  9 –12 (S.  431).   Zur Gestaltung als Sicherungsnießbrauch RG, Urteil vom 3. Februar 1908, Rep. V. 261/07, RGZ 67, 378, 379; kritisch Baur/Stürner, Sachenrecht, §  32 Rn.  6 (S.  411). 267

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während der Bauunternehmer und der Werftinhaber lediglich einen gesetzlichen Anspruch auf Einräumung einer Sicherungshypothek an dem Baugrundstück bzw. einer Schiffshypothek an dem Schiffsbauwerk des Bestellers haben (§  648 BGB), sodass die jeweiligen Hypotheken nur nach rechtsgeschäftlicher Bestellung entstehen 269. Dieses Nebeneinander verschiedener Typen spiegelt nicht nur die Rechtszersplitterung in Deutschland und Europa vor Erlass des BGB wider270 , sondern auch die lokalen Unterschiede und starken zeitlichen Schwankungen in der öffentlichen Wertschätzung der einzelnen Institute271. Denn trotz der Vielfalt verschiedener Lösungen in Deutschland hatte sich der Vorentwurf noch auf eine nichtakzessorische Hypothek als Grundmodell festgelegt, diese ausführlich geregelt und für die akzessorische »Sicherungshypothek« nur einige Einschränkungen vorgesehen 272 . Indessen wollte schon der I. Entwurf von 1888 mit der Aufnahme von Buchhypothek und Briefhypothek, Sicherungshypothek und Grundschuld allen Landesteilen einen vertrauten Typ bieten 273 . Zudem hatte sich seit den Reformen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die politische Grundstimmung gewendet. Die »abstrakte«, durch Verbriefung verkehrsfähig gemachte Hypothek, die der agrarische Großgrundbesitz zunächst als Mittel zur Lösung der Kreditnot gesehen hatte, wurde wegen der mit ihr einhergehenden Wertzersplitterung plötzlich scharf abgelehnt; statt individualistischer Begebung verbriefter Grundpfandrechte suchte man das Heil wieder in kollektiven Formen und dem Institut der Rentenschuld 274 . Auf diejenigen Gesetze, die wie in Preußen akzessorische Hypothek und nichtakzessorische Grundschuld nebeneinander vorsahen, wirkten sich diese Bestrebungen zwar nicht aus; in der Praxis dominierte vor Erlass des BGB jedoch die Verkehrshypothek, also eine Hypothek, bei der die Akzessorietät wegen der Beschränkung der Einwendungen gegenüber dem redlichen Erwerber und der Erhaltung als Eigentümerhypothek bei Untergang der Forderung gelockert war275 . 269   Schon der Vorentwurf wollte gesetzliche Pfandrechte nur an Mobilien zulassen; s. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1457. Der Zweite Teil des Gesetzes über die Sicherung der Bauforderungen vom 1. Juni 1909 (RGBl.  S .  449) mit seinem einer Vormerkung gleichgestellten Bauvermerk (§  11) konnte mangels Erlasses der erforderlichen landesrechtlichen Umsetzungsvorschriften nie wirksam werden, vgl. dazu Bernhardt, Bauplatz Groß-Berlin, S.  138– 144; Stammkötter, GSB, Einleitung Rn.  1–46. 270   Dazu soeben unter C und D sowie Stürner, in: Festschrift für Rolf Serick, S.  377, 379. 271   Dasselbe Phänomen war nach langer Ruhephase wieder bei der Diskussion um das Risikobegrenzungsgesetz zu beobachten, die nach Jahren allgemeiner Popularität der Grundschuld diese nun – in der Sache kaum zutreffend – zum Sündenbock machte. S. dazu nur Stürner, ZHR 173 (2009), 363, 373. 272   §§  367–419 (Hypothek), §§  420–430 (Sicherungshypothek) Vorentwurf Sachenrecht. S. dazu Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1483 ff. 273   Motive III, S.  609–612 (Hypothek und Grundschuld), 617 f. (Buch- und Briefrecht). 274   Buchholz, Zur Entstehung und Entwicklung der »abstrakten Hypothek«: die Grundschuld als Sonderform der Hypothek im ostelbischen Raum, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert III, S.  218, 236 ff. 275   Gierke, Sachenrecht, §  157 IV (S.  842).

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Indem sich der Gesetzgeber des BGB schließlich dazu entschied, mit Hypothek und Grundschuld sowohl ein akzessorisches als auch ein nichtakzessorisches Grundpfandrecht aufzunehmen und der Praxis die Entscheidung zu überlassen, stand er ganz in der preußischen Tradition. Mit der Übernahme der erst von der zweiten Kommission eingebrachten Rentenschuld 276 schuf er sogar einen neuen Sachenrechtstyp. Allerdings scheint der Gesetzgeber trotz der theoretischen Fundierung dieses Instituts, dessen Vorteil in der Verpflichtung zur Zahlung wiederkehrender, im Optimalfall aus dem Grundstück zu erwirtschaftender Geldleistungen statt einer einmaligen Kapitalsumme gesehen wurde277, nicht gänzlich von seiner Neuentwicklung überzeugt gewesen zu sein. Denn er sah als zwingendes Erfordernis die Bestimmung einer Ablösungssumme vor (§  1199 Abs.  2 BGB), was eine einfache Bereinigung versprach. Tatsächlich konnte die Rentenschuld im Rechtsleben nie wirklich Fuß fassen 278 . Hierfür mag nicht zuletzt der Bedeutungsverlust von Grundstücken als unmittelbarer Einkunftsquelle verantwortlich sein, der mit der endgültigen Wandlung zum Industriestaat einherging. Wenn auch nicht ebenso einhellig, so ist doch die Entscheidung der Praxis für die Grundschuld und gegen die Hypothek mit allen ihren Sonderformen ebenso unverkennbar279. Grund hierfür ist letztlich die fehlende sachenrechtliche Akzessorietät der Grundschuld. Allerdings liegt die Bedeutung der Nichtakzessorietät nicht darin, dass der Gläubiger einen typischerweise vorhandenen Sicherungszweck vollständig überspielen könnte. Denn einer den Sicherungszweck missach­ tenden Geltendmachung steht beim ersten Gläubiger die Sicherungsabrede unmittelbar entgegen; bei nachfolgenden Gläubigern unterschieden sich Verkehrshypothek und Grundschuld auch schon vor der Einführung des missglückten §  1192 Abs.  1a BGB hinsichtlich der Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs kaum 280 . Entscheidend war und ist vielmehr die rechtstechnische und praktische Erleichterung, die die Unabhängigkeit von einer Forderung bringt: Dadurch, dass die gesicherten Forderungen frei austauschbar sind und das Grundpfandrecht auch ohne Bestehen einer Forderung bei zu erwartender künftiger Kreditaufnahme als Fremdrecht stehen bleiben kann, wird die immer neue Bestellung in den grundstücksrechtlichen Formen vermieden und kann zugleich der Rang des Rechts ohne zusätzlichen Aufwand dauerhaft fixiert werden 281. Spielraum für dinglich wirksame individuelle Vereinbarung besteht nur in begrenztem Umfang, etwa hinsichtlich der   §§  1108 ff. II. Entwurf; §§  1199 ff. BGB.   Vgl. Dernburg, Das Sachenrecht des Deutschen Reichs und Preußens, §  247 (S.  725 f.). 278   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  47 Rn.  5 (S.  620); Wolff/Raiser, Sachenrecht, §  157 I (S.  6 48). 279   S. nur Stürner, in: Festschrift für Dieter Medicus, 2009, S.  513, 514. 280   S. für die Hypothek §  1138 BGB, für die Grundschuld §§  1192 Abs.  1, 1157 Satz 2 BGB; von den Möglichkeiten, bei teilweiser Nichtvalutierung den Gutglaubensschutz auszuschließen, wurde in der Praxis weder bei Hypotheken (insbes. Teilbefriedigungsvermerk und Teilhypothekenbrief gem. §  1145 BGB) noch bei Grundschulden (Eintragung der Einrede aus dem Sicherungsvertrag) Gebrauch gemacht. Zu allem Stürner, in: Festschrift für Dieter Medicus, 2009, S.  513, 514 ff.; ders., ZHR 173 (2009), 363, 371–373; ders., JZ 2010, 774, 776 f., 779 m.Nw. 281   S. nur Stürner, in: Festschrift für Rolf Serick, S.  377, 380. 276

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Befriedigung. Allerdings sind die Abrede eines Verfallspfandes und die Veräußerung außerhalb der Regeln des Zwangsvollstreckungsrechts vor Fälligkeit unwirksam (§  1149 BGB). Die Präferenz der Praxis für die Grundschuld ist nach alldem durchaus begründet und bringt auch hier die Typizität zurück, zu der sich der Gesetzgeber nicht entschließen mochte. e)  Mobiliarpfandrechte Die Vorschriften über die Mobiliarpfandrechte stehen völlig unabhängig neben denjenigen über die Grundpfandrechte und werden vom BGB in einen ersten Titel über das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§  1204–1259 BGB) und einen zweiten Titel über das Pfandrecht an Rechten (§§  1273–1296 BGB) getrennt. Das gewöhnliche Pfandrecht berechtigt zur Befriedigung aus dem Pfand durch Pfandverkauf, der entweder nach Maßgabe des Gesetzes oder einer Parteivereinbarung zu erfolgen hat; eine Verfallsvereinbarung vor Eintritt der Verkaufsberechtigung ist grundsätzlich nichtig (§  1229 BGB) 282 . An beweglichen Sachen kann auch ein Nutzungspfand bestellt werden. Dabei ist die Anrechnung des Reinertrags der Nutzungen die Regel; abweichende Vereinbarungen sind aber möglich (§§  1213 f. BGB). Pfandrechte an See- und Binnenschiffen sowie Schiffsbauwerken, an Luftfahrzeugen und an Kabeln bedürfen statt einer Übergabe der Registrierung283 , womit sowohl die Schwierigkeiten umgangen werden, die in diesen Fällen mit einem Besitz des Pfandgläubigers verbunden wären, als auch angesichts des typischerweise hohen Wertes dieser Gegenstände verbesserte Publizität hergestellt wird284 . Das Pfandrecht an Rechten, zu dem auch das Pfandrecht an einer Forderung zählt, folgt grundsätzlich den Regeln über das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§  1273 Abs.  2 BGB), unterliegt aber einigen Sonderregeln. Gesetzliche Pfandrechte an Mobilien finden sich im BGB285 , im Handelsgesetzbuch 286 sowie in diversen Spezialgesetzen 287 ; für sie verweist §  1257 BGB auf die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht. Insgesamt präsentieren sich die Mobili282   S. aber den durch Art.  3 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten und zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Gesetze vom 5. April 2004 (BGBl.  I, S.  502, 503) eingefügten §  1259 Satz 1 a. E. BGB für Pfänder mit Börsenoder Marktpreis zwischen Unternehmern, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtlichen Sondervermögen. 283   Schiffsregisterordnung (SchRegO) vom 19. Dezember 1940 i.  d.  F. vom 26. Mai 1994, BGBl.  I, S.  1133; Gesetz über die Rechte an Luftfahrzeugen (LuftFzgG) vom 26. Februar 1959, BGBl.  I, S.  57; Kabelpfandgesetz (KaPfG) vom 31. März 1925, RGBl.  I, S.  37. 284   Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, §  14 Rn.  5 f. (S.  168 f.). 285   §§  233 (Pfandrecht des Berechtigten bei Hinterlegung), 562 (Vermieterpfandrecht), 583 (Pächterpfandrecht am Inventar), 592 (Verpächterpfandrecht), 647 (Werkunternehmerpfandrecht), 704 (Pfandrecht des Gastwirts). 286   §§  397 (Pfandrecht des Kommissionärs), 441–443 (Pfandrecht des Frachtführers), 464 (Pfandrecht des Spediteurs), 475b (Pfandrecht des Lagerhalters), 623 (Pfandrecht des Verfrachters), 674 (Pfandrecht des Beförderers), 726, 726a, 731 (Pfandrecht der Vergütungsberechtigten bei großer und besonderer Haverei), 751 ff. (Pfandrecht des Bergelohngläubigers), 755–764 (Pfandrecht der Schiffsgläubiger). 287   Z. B. §§  77, 89, 97, 102, 103 BinSchG; DüngMSaatG.

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arpfandrechte also klar typisiert, nur in Einzelfragen ist Raum für individuelle Gestaltung. f)  Erbbaurecht Das veräußerliche und vererbliche Erbbaurecht, das ursprünglich seinen Platz in den §§  1012–1017 BGB hatte und heute im Erbbaurechtsgesetz geregelt ist 288 , war von Anfang an als beschränktes dingliches Recht am Grundstück konzipiert289. Dennoch kann es seine Nähe zum früheren Nutzungseigentum nicht verleugnen 290 . Der Inhalt des Erbbaurechts steht in weitem Umfang der Parteivereinbarung offen; es kann seit der Neuregelung von 1919 auch Vereinbarungen umfassen, die, wie eine Instandhaltungsverpflichtung (vgl. §  2 Nr.  1 ErbbauRG), eigentlich schuldrechtlicher Art sind, durch Eintragung aber auch gegenüber Sonderrechtsnachfolgern wirken, also dinglichen Charakter bekommen 291. Allerdings muss das Erbbaurecht stets an das »Haben« eines Bauwerks auf einem fremden Grundstück anknüpfen (§  1 Abs.  1 ErbbauRG, §  1012 BGB a. F.). Nicht übernommen sind damit die zahlreichen weiteren, durch die Ablösungsgesetzgebung aber bei Erlass des BGB schon stark zurückgedrängten veräußerlichen und vererblichen dinglichen Nutzungsrechte des gemeinen Rechts, wie Meierrecht, Erbpachtrecht, Erbzinsrecht und Erbleihe an landwirtschaftlichen Grundstücken oder Stockwerksrechte und sonstige Rechte auf Benutzung einer Immobilie292 . Damit entfällt auch die Möglichkeit, den Inhalt des Erbbaurechts bis zum »Vollgehalt des Eigentums« auszudehnen 293 . Da das Erbbaurecht als grundstücksgleiches Recht behandelt wird, kann es mit beschränkten dinglichen Rechten, sogar einem Untererbbau288   Bis 30. November 2007 Erbbauverordnung intitutliert (Art.  25 des Zweiten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 23. November 2007, BGBl.  I, S.  2614, 2617), vom 15. Januar 1919, RGBl.  S .  72, ber. S.  122, m. nachf. Änderungen. 289   §  1012 BGB a. F.; Wittmaack, Das Erbbaurecht, S.  11. 290   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1079 m.Fn.  1; Wittmaack, Das Erbbaurecht, S.  1 f., 10 f. Die verbreitete Bezeichnung als »Superfizies«, wie sie etwa im Vorentwurf der Überschrift »Erbbaurecht« des Vierten Abschnitts in Klammern beigefügt war, erinnert an die Ableitung des dominium utile aus den Quellen zu Emphyteuta und Superfiziar durch die Glosse; vgl. dazu Gierke, Sachenrecht, §  121 I (S.  370 f.). S. a. §  1125 ABGB i.  d.  F. von 1812– 2006: »Ist ein Eigenthum dergestalt getheilt, daß einem Theile die Substanz des Grundes sammt der Benützung der Unterfläche, dem andern Theile nur die Benützung der Oberfläche erblich gehört; so heißt die jährliche von diesem letztern Besitzer zu entrichtende Abgabe, Bodenzins.«; Motive zu §  287 des Entwurfs eines sächsischen Bürgerlichen Gesetzbuches: ».  .  . Indessen fand man angemessen, das superfiziarische Verhältniß, welches in seiner gegenwärtigen Gestalt zwischen Eigenthum und Dienstbarkeit mitten inne steht und ein getheiltes Eigenthum begründet, den jetzigen Zeitverhältnissen [.  .  .] anzupassen.« (zitiert nach Johow, a.a.O., S.  1077). Stürner, JZ 1993, 1074, 1075 nennt neben dem Wohnungseigentum denn auch das Erbbaurecht als Fall der Nachbesserung und Korrektur der »reinen Lehre«. 291   Zur früher beeinträchtigten Verkehrsfähigkeit, da Eigentümer mangels dinglicher Wirkung das Recht unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritt eines Erwerbers in das Schuldverhältnis bestellten, s. Heß, AcP 198, (1998), 489, 497 f. m.Fn.  57. 292   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1069, 1090. 293   Vgl. Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1087.

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recht 294 , belastet werden, was wieder an das geteilte Eigentum erinnert. Der Vorentwurf scheint noch stark unter dem Eindruck der mühevollen Ablösung des geteilten Eigentums gestanden zu haben, sah er doch ein Vorkaufsrecht des Grundeigentümers vor (§  228 Vorentwurf Sachenrecht), um dem Eigentümer »die Befreiung des Grundstücks von dieser schweren Last durch ein gesetzliches Mittel zu erleichtern«295 . Die schon tatsächliche Abhängigkeit des Inhalts eines Erbbaurechts von den konkreten Umständen des Grundstücks und dem von den Parteien zu bestimmenden Bauwerk, auf das es sich beziehen soll, die Verdinglichung vielfältiger Parteivereinbarungen und schließlich die Möglichkeit der eigentumsgleichen Belastung lassen das Erbbaurecht kaum typisiert erscheinen 296 . Allerdings ist es in der Praxis oft weitgehend einem »Eigentum auf Zeit« angenähert, sodass es im Rechtsverkehr faktisch an die Stelle des Eigentums tritt. g)  Anwartschaftsrecht Die gemeinsame Behandlung verschiedener gesicherter Erwerbspositionen unter dem Begriff des Anwartschaftsrechts ist ein relativ junger Ansatz der deutschen Rechtslehre, der von der Rechtsprechung aufgegriffen wurde und mittlerweile trotz anhaltender Kritik als gefestigt gelten kann 297. Die Figur des Anwartschaftsrechts erlaubt es, sich diese auf dem Zusammenspiel gesetzlicher Regelungen beruhenden Positionen als vollwertige Gegenstände des Rechtsverkehrs vorstellen zu können. Dies musste die Frage aufwerfen, ob es sich beim Anwartschaftsrecht um ein neues dingliches Recht handelt, das mit dem sachenrechtlichen Typenzwang unvereinbar ist 298 . Für die Frage nach der Typizität im hier zugrundegelegten, deskriptiven Sinne braucht dieser Streit indes nicht entschieden zu werden. Das Anwartschaftsrecht bezeichnet jedenfalls stets nur eine gesicherte Erwerbsposition, letztlich mithin die zeitliche Aufspaltung einer dinglichen Berechtigung, die derjenigen des Vormerkungsberechtigten nahe kommt – wobei das Wesen der Vormerkung bekanntlich ebenso umstritten ist 299. Ein anderer Rechtsinhalt kann je294   Dazu BGH, Urteil vom 22. April 1972, V ZR 67/72, BGHZ 62, 179; Stürner, in: Soergel, BGB, §  1 ErbbauVO Rn.  4 m. w. N. 295   Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung II, S.  1102 f. So schon in Württemberg (»Teillosung«) für das Stockwerkseigentum gem. (3.) Landrecht von 1610 Teil  II Tit. 16 §  6 (zitiert nach Thümmel, BWNotZ 1980, 97, 98); s. weiter für Stockwerkseigentum Art.  228 WürttAGBGB vom 29. Dezember 1931, Reg.Bl.  S .  545; Art.  218 HessAGBGB vom 17. Juli 1899, Reg.Bl.  S .  133 und Thümmel, a.a.O., S.  107 f. 296   Vgl. die Kritik bei Wittmaack, Das Erbbaurecht, S.  15. 297   Grundlegend von Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts I, §  9 (S.  180–195); Würdinger, Die privatrechtliche Anwartschaft als Rechtsbegriff, passim; Letzgus, Die Anwartschaft des Käufers unter Eigentumsvorbehalt, passim; Hopp, Eigentumsvorbehalt und Eigentumsanwartschaftsrecht, passim; weiter Raiser, Dingliche Anwartschaften, passim; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  3 Rn.  44–46 (S.  30–32) m. w. N. 298   Dazu Raiser, Dingliche Anwartschaften, S.  54–56; Überblick über den Streitstand m.Nw. bei Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  287–289. 299   S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  20 Rn.  60 f. (S.  267 f.); Canaris, in: Festschrift für

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denfalls nicht vereinbart werden, sodass auf der Ebene des Sachenrechts insgesamt die Typizität kaum beeinträchtigt wird. Auf der Ebene des Anwartschaftsrechts selbst ist eine Fixierung insoweit gegeben, als die Position vom Schutz der jeweils die Sicherung bewirkenden Regeln erfasst sein muss300 . Diese verweisen nun zwar vor allem beim Eigentumsvorbehalt auf schuldrechtliche Verhältnisse, die ihrerseits freier Gestaltung unterliegen. Allerdings beeinflussen diese nur das »Ob« und vor allem das »Wann«, im Falle der noch nicht valutierten Hypothek auch den betragsmäßigen Umfang des gesicherten Erwerbs. Unberührt bleibt hingegen stets das »Was«, also der Inhalt des Anwartschaftsrechts als einer Erwerbsposition, die auf ein bestimmtes, ein für allemal festgelegtes Recht gerichtet ist. Daher muss das Anwartschaftsrecht auch inhaltlich als stark typisiert angesehen werden. 3.  Treuhand Auch wenn das BGB keinerlei allgemeine Regelungen über Treuhandverhältnisse kennt und schon gar nicht die Treuhand als eigene Figur im Sachenrecht behandelt, begünstigt doch schon das Trennungsprinzip die Begründung fiduziarischer Rechtsverhältnisse. Ausdrücklich vorgesehen war im BGB zudem die Grundschuld, die bei Verwendung zu Sicherungszwecken dem Inhaber mangels Akzessorietät überschießende Rechtsmacht verschafft; ebenfalls vorgesehen, wenn auch nicht in seinem sachenrechtlichen Gehalt geregelt, war von Anfang an der Eigentumsvorbehalt als durch die Kaufpreiszahlung aufschiebend bedingte Übereignung301, die ohne Trennungsprinzip schwer erklärlich ist. a)  Sicherungstreuhand Dank dieses Umfeldes konnte vor allem die Sicherungstreuhand in der Form von Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung, welche schon vor Erlass des BGB in der Praxis des 19. Jahrhunderts wieder aufgetaucht waren 302 , überleWerner Flume I, S.  371, 381–392; Heck, Grundriß des Sachenrechts, §  47 IV (S.  203 f.); Wolff/Raiser, Sachenrecht, §  48 VII (S.  163 f.) m. w. N. 300   Die Position muss also etwa Folge einer bedingten Verfügung (§  161 BGB, beim Eigentumsvorbehalt weiter §  107 Abs.  1 InsO), eines Eintragungsantrags nach bindender Einigung (§  878 BGB, §  91 Abs.  2 InsO) oder der Stellung als Hypothekar vor Entstehung der gesicherten Forderung sein, vgl. Raiser, Dingliche Anwartschaften, S.  14–19; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  3 Rn.  45 (S.  30). 301   §  455 BGB a. F. = §  449 Abs.  1 BGB n. F. Die Konkursfestigkeit des Vorbehaltseigentums, die die Motive unterstellten (vgl. die Materialien bei Mugdan, Die gesammten Materialien II, S.  782), wurde denn auch schon früh vom Reichsgericht anerkannt (RG, Urteil vom 12. Oktober 1906, Rep. VII. 641/05, RGZ 64, 334, 336 f.). 302   RG, Urteil vom 9. Oktober 1880, Rep. I. 395/80, RGZ 2, 168 (Grundstück; Frankfurter Recht); Urteil vom 13. Oktober 1880, Rep. I. 662/80 (Miteigentumsteil an einem Schiff; Mecklenburger Recht); Urteil vom 21. Januar 1893, Rep. V. (174/316)/92, RGZ 30, 273, 275 (Grundpfandrecht; Preußen). Näher Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S.  141 ff.; Überblick bei Brinkmann, Kreditsicherheiten, S.  94 ff.; zum Fehlen einer Kontinuität zu vergleichbaren Rechtsfiguren des Mittelalters und der frühen Neuzeit Löhnig, Treuhand, S.  13 ff.

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ben 303 und dank ihrer fehlenden Akzessorietät, aber auch der Vermeidung unerwünschter Publizitätsregeln die Pfandrechte des Gesetzes an Bedeutung überflügeln. Vor allem die Sicherungsübereignung, die anders als das Pfandrecht dem Sicherungsgeber den unmittelbaren Besitz über das Sicherungsgut belassen kann, erlaubt einer kapitalschwachen Wirtschaft, auch Betriebsmittel und Umlaufvermögen als Kreditsicherheit einzusetzen 304 . Dem Gegenargument der Gesetzesumgehung, das angesichts der wirtschaftlichen Realitäten schwach war305 , ließ sich dabei nach Erlass des Bürgerlichen Gesetzbuchs zudem mit Verweis auf die Grundschuld und den Eigentumsvorbehalt begegnen, ist doch beim Eigentumsvorbehalt schon nach dem Gesetz, bei der Sicherungsgrundschuld immerhin typischerweise überschießende sachenrechtliche Rechtsmacht an ein Schuldverhältnis gebunden. Die Anerkennung der Verarbeitungsklausel, die das Sicherungseigentum entgegen der Grundregel nicht wegen originären Erwerbs des Käufers untergehen lässt, sondern vielmehr den Verkäufer zum Erwerber der neuen Sache macht, war nur konsequent, um die Bedeutung des Rechtsinstituts in einer arbeitsteiligen Wirtschaft zu erhalten 306 . Entwickelte die Praxis in der Frühzeit der Sicherungstreuhand unter dem BGB immer neue kautelarjuristische Gestaltungen, so setzte mit der Herausbildung und späteren Kodifikation des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und schließlich der Insolvenzrechtsreform eine »Phase der Bindung und Bändigung«307 durch Rechtsprechung und Gesetzgeber ein, die bis heute anhält und vielleicht am deutlichsten in der Rechtsprechung zur vertragsimmanenten Freigabeklausel bei nachträglicher Übersicherung308 zum Ausdruck kommt. Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung sind indes nicht nur eine Kombination von Vollrechtsübertragung und schuldrechtlicher Vinkulierung. Gerade im prominentesten Sicherungsfall, der Insolvenz des Sicherungsgebers, gewähren sie nämlich nicht das ansonsten dem Vollrechtsinhaber zukommende Aussonderungsrecht 309, sondern wie andere, akzessorische Sicherheiten nur ein Ab303   S. z. B. RG, Urteil vom 15. November 1901, Rep. II. 234/01, RGZ 49, 170; Urteil vom 28. Oktober, 1902, Rep. II. 193/02, RGZ 52, 385, 394; Urteil vom 11. März 1904, Rep. VII. 498/03, RGZ 57, 175, 178; Urteil vom 8. November 1904, Rep. VII. 173/04, RGZ 59, 146, 147; Urteil vom 5. Dezember 1905, Rep. VII. 424/05, RGZ 62, 126, 130; BGH, Urteil vom 13. Juni 1956, IV ZR 24/56, BGHZ 21, 52; dazu Gaul, AcP 168 (1968), 351, 357–361; Schubert, SavZ (GA) 107 (1990), 132, 138 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, Rn.  16 (S.  8 f.). 304   S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  56 Rn.  9 (S.  780 f.); Bülow, Recht der Kreditsicherheiten, Rn.  1092 (S.  368); Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn.  622 (S.  213); zu den wirtschaftlichen Grundlagen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S.  135–141. 305   Hromadka, Die Entwicklung des Faustpfandprinzips, S.  146–167 m.Nw. 306   Schon BGH, Urteil vom 3. März 1956, IV ZR 334/55, BGHZ 20, 159; näher Baur/Stürner, Sachenrecht, §  53 Rn.  15, 22, §  56 Rn.  9 (S.  700 f., 706 f., 780 f.); Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung IV, §  44 III 6 a (S.  151). 307   Stürner, in: Festschrift für Rolf Serick, S.  377, 378. 308   BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 27. November 1997, GSZ 1/97, GSZ 2/97, BGHZ 137, 212; dazu u. a. Stürner, LM BGB §  138 (Bb) Nr.  86 (5/1998). 309   §  47 InsO.

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sonderungsrecht 310 ; zugleich gestatten sie aber dem Sicherungsgeber in der Insolvenz des Sicherungsnehmers, das Sicherungsgut aus der Insolvenzmasse herauszuhalten. Damit handelt es sich letztlich um eigenständige Sachenrechtstypen, bei denen die Parteien allerdings ihre sonstigen Rechtsbeziehungen nicht ohne Weiteres mit Wirkung für Sonderrechtsnachfolger verdinglichen können. b)  Verwaltungstreuhand Bei der Verwaltungstreuhand kann sich zwar der Treunehmer grundsätzlich nicht gegen die Einbeziehung ihm übertragenen Treuguts in die Insolvenz des Treugebers stellen. Der Treugeber kann jedoch in der Insolvenz des Treunehmers die von ihm hingegebenen Güter aussondern, nach der restriktiven Rechtsprechung allerdings nur dann, wenn die Treuhand offenkundig ist und der Treunehmer das Treugut unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers erhalten hat 311. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird dem Treugeber eine Position zugestanden, die dinglicher Natur ist und daher die Behandlung als eigener Sachenrechtstyp verdient. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen der Offenkundigkeit und – in erster Linie – der Unmittelbarkeit, die sich in der Praxis oftmals nicht erfüllen lassen und damit der Treuhand ihre absolute Wirkung versagen, sind der Hauptgrund dafür, dass das deutsche Privatrecht bis heute keine allgemeine Figur einer Treuhand mit dinglichen Wirkungen kennt. Dem hat der Gesetzgeber auf einigen Gebieten abgeholfen und außerhalb des BGB Treuhandverhältnisse eingeführt, die auch insolvenzrechtliche Vollwirkung haben. Diese spezialgesetzlichen Treuhandverhältnisse schaffen letztlich ebenfalls besondere Sachenrechtstypen, wenn sie auch auf ein bestimmtes Geschäftsmodell beschränkt sind. Zu nennen ist hier zum ersten das Depotgesetz, dessen Miteigentumslösung bei Sammelverwahrung in gewisser Weise die Verwaltungstreuhand umkehrt, indem nunmehr dem Treugeber ausdrücklich das (Mit-)Eigentum 312 und damit dessen Aussonderungsrecht 313 zugewiesen ist, die Depotbank als Treunehmer aber kraft Gesetzes bestimmte Befugnisse hat, wie sie bei der ungeregelten Verwaltungstreuhand dem Treunehmer seine Vollrechtsposition verleihen soll314 . Sind unter dem Depotgesetz die Befugnisse der Depotbank noch relativ unbedeutend, sodass ein solcher Rol310   §  51 Nr.  1 i. V. m. §  50 InsO; ebenso unter der KO, s. etwa Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 44 m.Nw. Dies scheint ausländischen Beobachtern gewisse Verständnisschwierigkeiten zu bereiten, vgl. z. B. Dalhuisen, (2001) 5 Edin. L. R. 273, 292: ».  .  . something more akin to a security interest, but weaker, .  .  .« 311   S. nur Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S.  51 ff.; Canaris, in: Festschrift für Werner Flume I, S.  371, 411 ff.; Heinsius, in: Festschrift für Wolfram Henckel, S.  387, 389 ff.; Löhnig, Treuhand, S.  87 ff., 723 ff.; Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 47 f.; Scherer, [2009] J. I. B. L. R. 269, 270 (mit Hinweisen zur Praxis); Stürner, KTS 2004, 259, 260–263. 312   §  6 Abs.  1 DepotG. 313   Allerdings mit Modifikationen, s. §  32 DepotG. 314   §  6 Abs.  2 Satz 1 DepotG (keine Zustimmung der Miteigentümer für Auslieferungen und Entnahmen).

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lentausch naheliegt, wird dies unter dem Investmentgesetz besonders deutlich: Hier stellt das Gesetz ausdrücklich eine Treuhandlösung und eine Miteigentumslösung zur Verfügung315 , macht aber dann in der Behandlung keinen Unterschied, sondern spricht einheitlich vom »Sondervermögen«316 . Auch hier ist also die Frage, wer Eigentümer ist, mehr theoretischer Natur, da die damit verbundenen Rechtsfolgen nach dem Geschäftszweck abgewandelt sind und damit auf beiden Seiten eine vom Eigentum verschiedene Rechtsposition vorliegt. In jüngerer Zeit schließlich hat der Gesetzgeber eine insolvenzfeste Treuhand unter Kreditinstituten geschaffen. Danach fallen bestimmte Werte, die ein Institut treuhänderisch für ein anderes Institut hält und verwaltet, nicht in die Insolvenzmasse des verwaltenden Instituts, wenn diese Werte in ein Refinanzierungsregister eingetragen sind317. Hintergrund der Regelung ist, dass zwischen Banken oft keine Übertragung stattfindet, sondern vielmehr gerade Werte treuhänderisch gehalten und verwaltet werden sollen, die aus dem Vermögen der als Treuhänder agierenden Bank stammen, ja von dieser selbst generiert wurden. Ohne gesetzliche Regelung war aber zweifelhaft, welche Anforderungen die Rechtsprechung stellen würde318 . 4.  Privatautonome Verfügungsbeschränkungen Vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber angestrebten Autonomie des Sachenrechts319 verständlich, versagt das BGB privatautonomen Verfügungsbeschränkungen grundsätzlich die dingliche Wirkung (§  137 Satz 1 BGB); es bewahrt damit die anerkannten Typen davor, auf privatautonomem Wege unübertragbar gestellt zu werden, und schützt so potentielle Erwerber320 . Indessen können die Parteien für Forderungen, die nicht aus einem beiderseitigen Handelsgeschäft stammen oder sich gegen die öffentliche Hand richten, ein gegenüber jedermann wirkendes Abtretungsverbot vereinbaren (§  399 Alt.  2 BGB, §  354a HGB). Aufgrund der entsprechenden Anwendbarkeit dieser Vorschrift für die Übertragung sonstiger Rechte (§  413 BGB) nimmt man nun an, dass sich zumindest bei Pfandrechten die Übertragbarkeit ausschließen lässt 321. Zudem kann bei Erbbaurecht, Wohnungseigentum und Dauerwohnrecht vereinbart werden, dass die Verfügung ohne Zustimmung des Grundstückseigentümers bzw. der Miteigentümer oder eines Drit-

  §  30 Abs.  1 Satz 1 InvG.   Vgl. §  30 Abs.  1 Satz 2, Abs.  2, 3, §  31 Abs.  1–3, 5–7, §§  32 ff. InvG. Zur Treuhänderschaft des Investmentgesetzes z. B. Bitter, Rechtsträgerschaft für fremde Rechnung, S.  38–40. 317   §§  22a bis 22o KWG, eingefügt durch Art.  4a Nr.  4 des Gesetzes zur Neuorganisation der Bundesfinanzverwaltung und zur Schaffung eines Refinanzierungsregisters vom 22. September 2005, BGBl.  I, S.  2809, 2813 ff. 318   Dazu insbesondere Stürner, KTS 2004, 259 ff. 319   Näher Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 635 f. 320   So Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S.  78 f. mit Darstellung des Streitstandes auf S.  66 ff. 321   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  4 Rn.  21 f. (S.  41); Berger, Rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkungen, S.  355 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, Rn.  18 (S.  10). 315 316

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ten unwirksam ist322 . Dass hiervon in nennenswertem Umfang Gebrauch gemacht und insbesondere die Möglichkeit genutzt würde, auf dem Umweg über Verfügungsbeschränkungen »unbenannte« dingliche Rechte zu schaffen, ist jedoch nicht ersichtlich.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Das weitgehend einheitliche Zivilprozessrecht, das seit der Verabschiedung der Reichs-Civilprozessordnung323 in Deutschland gilt und auf der Trennung von Zivilrecht und Zivilprozessrecht beruht324 , differenziert grundsätzlich nicht mehr nach materiellen Anspruchsgrundlagen, sondern unterscheidet die Rechtschutzziele Leistung bzw. Unterlassung, Feststellung und Gestaltung. Dem folgt die herrschende Lehre325 . Zurückgekehrt sind im heutigen Prozessrecht zwar wieder Öffentlichkeit und Mündlichkeit als Prozessmaximen 326 . Dass schon hiervon eine typisierende Wirkung ausgehen würde, kann jedoch kaum gesagt werden. Allein die recht ausführlichen Begründungen und die Veröffentlichungspraxis führen zu einer weiteren Herausarbeitung und Konkretisierung der bestehenden Typen durch die Rechtsprechung. 2.  Verfügungsgeschäfte Allgemein fällt im heutigen deutschen Sachenrecht bei den Verfügungsgeschäften die Geltung von Trennungs- und Abstraktionsprinzip ins Auge; abhängig vom Gegenstand, über den verfügt wird, sieht das Gesetz für Verfügungen weiter mehr oder weniger sichtbare Publizitätsakte und Formerfordernisse vor. a)  Konstruktive Bedeutung von Trennungs- und Abstraktionsprinzip Die Entscheidung gegen ein reines Konsensprinzip, das bereits dem schuldrechtlichen Grundgeschäft Verfügungswirkung zuerkennt, begünstigt die Typizität. Denn schon wenn zusätzlich zum schuldrechtlichen Grundgeschäft noch Weiteres verlangt wird, erst recht aber, wenn es auf das Grundgeschäft gar nicht ankommt,   §  5 ErbbauRG; §§  12, 35 WEG.   Civilprozessordnung vom 30. Januar 1877, RGBl.  Nr.  6 vom 19. Februar 1877, S.  83–243. 324   S. o. bei Fn.  158 sowie Simshäuser, Zur Entwicklung des Verhältnisses von materiellem Recht und Prozeßrecht seit Savigny, S.  71, 149 ff. (mit Kritik hinsichtlich der Prozessrechtswissenschaft). 325   Auch nach denjenigen Autoren, die eine Rückbesinnung auf das materielle Recht befürworten, könnte der Prozess nicht schon von sich aus zu stärkerer Typisierung führen. Denn diese Autoren nehmen den prozessualen Anspruchsbegriff zum Ausgangspunkt und wollen zu einem materiellrechtlichen »Einheitsanspruch« kommen (Überblick bei H. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, vor §  253 Rn.  30 ff.). Ein solcher Einheitsanspruch kann nun aber kaum typisierend wirken. 326   S. nur Leipold, in: Festschrift für Hans W. Fasching, S.  329, 342–347; Stürner, in: Festschrift für Fritz Baur, S.  6 47, 659–664. 322 323

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ist leichter zu erklären, warum ein volles Durchschlagen der schuldvertraglichen Vereinbarung auf die sachenrechtliche Ebene nicht stattfindet. So lässt sich auch konstruktiv die sachenrechtliche Wirkung aus der alleinigen Herrschaftssphäre der Vertragsfreiheit und der mit ihr verbundenen individuellen Gestaltbarkeit herausnehmen. Wo ein Realakt erforderlich ist, kann zudem von dessen Zuweisung zu einem bestimmten Typ oder dessen inhaltlichem Aussagegehalt eine weitere typisierende Wirkung ausgehen. Solange allerdings das schuldrechtliche Grundgeschäft Tatbestandsvoraussetzung der Verfügungswirkung ist, bleibt es konstruktiv möglich, trotz der Notwendigkeit eines oder mehrerer weiterer Akte das Geschäft insgesamt der Vertragsfreiheit zu unterwerfen. Auch sind Mischformen denkbar, die beispielsweise das Bestehen einer schuldrechtlichen, auf eine bestimmte Verfügung gerichteten Vereinbarung fordern, aber nicht alle weiteren, zwischen den Parteien vereinbarten Modalitäten auf die sachenrechtliche Ebene durchschlagen lassen. Die Ablehnung des Konsensprinzips allein besagt also noch nichts darüber, wie weit der Einfluss der Vertragsfreiheit ins Sachenrecht hinüberreicht. Das noch weitergehende Abstraktionsprinzip, unter dem das schuldrechtliche Grundgeschäft nicht mehr Teil des Verfügungsgeschäfts ist, belässt hingegen den sachenrechtlichen Instituten auch konstruktiv ihr Eigenleben. Denn mit der Herausnahme des Grundgeschäfts aus dem Verfügungsgeschäft können die sachenrechtlichen Institute völlig unbeeinflusst von dem konkreten Zweck gedacht werden, den die Parteien schuldrechtlich verfolgen. Ist das schuldvertragliche Grundgeschäft nicht Teil des Verfügungsgeschäfts, so kann die Vertragsfreiheit ins Schuldrecht verwiesen, das Sachenrecht hingegen eigenständig aufgebaut werden. Selbst wenn das Verfügungsgeschäft dann noch seinerseits ein rechtsgeschäftliches Element beinhaltet, braucht für dieses nicht volle Vertragsfreiheit zu gelten. Vielmehr ist es denkbar – und aufgrund der Flexibilität, die durch das schuldrechtliche Grundgeschäft gewährleistet wird, auch ausreichend327 –, dass nur bestimmte Einigungen rechtlich erheblich sind, nämlich solche, die die Bestellung oder Übertragung bestimmter Typen dinglicher Rechte zum Gegenstand haben. Damit bietet das Abstraktionsprinzip zugleich einem numerus clausus der dinglichen Rechte einen stimmigen konstruktiven Unterbau. Mit der Entscheidung für Trennungs- und vor allem Abstraktionsprinzip begünstigen die deutschen Regeln über Verfügungsgeschäfte nach alldem die sachenrechtliche Typizität, und dies sowohl im Sinne einer Typenfixierung als auch im Sinne eines Typenzwangs. b)  Bedeutung der Publizitätsakte Die Publizitätsakte, die außer bei der Forderungsabtretung regelmäßig hinzutreten müssen, sind bei Mobilien Übergabe, bei Immobilien Eintragung. Dass die Übergabe insofern eine gewisse typisierende Wirkung haben kann, als sie die Be  Ausführlich Stürner, AcP 194 (1994), 265, 275 ff.

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gründung und Übertragung nur solcher Rechte sinnvoll publik macht, die mit dem Besitz an der Sache verbunden sind, wurde bereits ausgeführt. Allerdings gibt allein der Besitz keine weitere Auskunft über den Rechtsinhalt. Hinzu kommt, dass das BGB mit den Übergabesurrogaten 328 »vergeistigte« Formen der Besitz­ übertragung kennt, mit denen Positionen begründet werden können, für die eine tatsächliche Sachherrschaft völlig unerheblich sein kann. Die typisierende Wirkung des Publizitätsakts der Übergabe ist also zu vernachlässigen. Stärker typisierend wirkt die Eintragung, die zumindest beim Bestellungsakt nicht durch andere Formen ersetzt werden kann 329. Denn zum einen bewirken schon die technischen Vorschriften für die Eintragung, insbesondere die Einteilung des Registers in verschiedene am Inhalt der Rechte orientierte Abteilungen, eine gewisse Strukturierung. Zum anderen erfolgt die Eintragung durch hierauf spezialisiertes Personal, das Anträge zumindest in formeller Hinsicht prüft und einheitliche Kurzbezeichnungen zu verwenden pflegt. Die Eintragung eines ungewöhnlichen, womöglich ganz neu erfundenen Rechts würde daher auf Widerstände stoßen; der Versuch, durch die Abänderung eines anerkannten und daher problemlos eintragbaren Typs in den Grundakten einen neuen Typ zu schaffen, wäre mit Unwägbarkeiten etwa hinsichtlich der Reichweite eines Verweises auf die Grundakten und der Drittwirkung nur dort zu findender, typenändernder individueller Abreden behaftet. Es erscheint durchaus denkbar, dass die Praxis auch aus diesen Gründen gar nicht erst versucht, ein völlig neues Recht zu bestellen. Eine mittelbar typisierende Wirkung ist dem deutschen Eintragungserfordernis mithin sicher zuzuerkennen 330 . c)  Bedeutung von Formvorschriften Ähnliches gilt schließlich für verschiedene Formvorschriften, die die Einschaltung eines Notars vorsehen, was insbesondere im Immobiliarrecht häufig ist 331. Bei aller kautelarjuristischen Kreativität wird sich der Notar schon wegen seines Haftungsrisikos im Rahmen der anerkannten Bahnen halten und mit der Verwendung von Formularen sogar selbst noch zur Standardisierung beitragen.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Mit der vollen Durchführung eines Eigentumsbegriffs, wonach das Eigentum auch dann nicht in seinem Wesen verändert wird, wenn einzelne Befugnisse mit absoluter Wirkung einer anderen Person zugewiesen werden, legt das BGB den   §§  930, 931 BGB.   Vgl. §§  873 Abs.  1, 1154 Abs.  2, 3 BGB einerseits, §  1154 Abs.  1 BGB andererseits. 330   Stark betont von García Cantero, in: Land Law in Comparative Perspective, S.  97; Mattei, Basic Principles of Property Law, S.  92. 331   S. nur §  925 BGB für die Übereignung von Grundstücken, §  11 ErbbauVO = §  11 ErbbauRG für die Übertragung eines Erbbaurechts, insbesondere aber §  29 GBO; auch §  311b Abs.  1 BGB wird eine gewisse typisierende Vorwirkung zugestanden werden können. 328 329

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

Grundstein für einen sachenrechtlichen numerus clausus. Unter einem solchen Eigentumsbegriff bedeutet die Begründung eines beschränkten dinglichen Rechts für einen anderen nicht, dass nunmehr eben zwei ihrem Wesen nach gleichartige beschränkte dingliche Rechte existieren. Vielmehr bleibt das eine Recht als Eigentum herausgehoben. Es ist darauf angelegt, so lange zu bestehen, wie die Sache selbst besteht. Endet das beschränkte dingliche Recht, fallen die in ihm enthaltenen Befugnisse automatisch wieder dem Eigentum zu; das Eigentum hat damit die Tendenz, beschränkte dingliche Rechte wieder in sich aufzusaugen. Aufgrund dieser Überordnung des Eigentums bedarf jedes beschränkte dingliche Recht besonderer Rechtfertigung. Diese voll ins Belieben der Parteien zu stellen und mit dem Ansatz des Preußischen Allgemeinen Landrechts nur die Wahrung von Publizität durch Übergabe oder Eintragung zu fordern, nähme dem Grundgedanken seine Schärfe. Eher entspricht ihm, die möglichen Formen beschränkter dinglicher Rechte, mit denen das umfassende Eigentum belastet werden kann, im Voraus mehr oder weniger detailliert abstrakt festzulegen 332 . Eine solche abstrakte Festlegung führt nun aber gerade zu einem numerus clausus. Unterstützung bekommt die Idee eines numerus clausus der dinglichen Rechte und damit die Höchstform sachenrechtlicher Typizität durch die Geltung von Trennungs- und Abstraktionsprinzip333 . Dank dieser Prinzipien kann auf der Ebene des schuldrechtlichen Grundgeschäfts uneingeschränkt Vertragsfreiheit herrschen, auf der Ebene des Verfügungsgeschäfts und damit auch im Sachenrecht hingegen individuelle Gestaltung nur in gewissem, abstrakt festgelegtem Umfang zugelassen werden 334 . Im deutschen Zivilrecht enthält derartige abstrakte Festlegungen primär das BGB. Gegenüber früheren Epochen hat es die Zahl möglicher dinglicher Rechte stark reduziert, auch wenn es gelegentlich mehrere Unterformen zur Wahl stellt – prominentes Beispiel sind die verschiedenen Grundpfandrechte. Indessen ist das BGB keineswegs einzige Quelle beschränkter dinglicher Rechte. Vielmehr finden sie sich auch in Spezialgesetzen; einige sind – wie die nichtakzessorischen Mobiliarsicherheiten – sogar gewohnheitsrechtlichen Ursprungs. Auch existiert häufig keine bis in alle Einzelheiten gehende zwingende Regelung, sondern nur eine Fixierung des äußeren Rahmens. Innerhalb dieses Rahmens verbleibt dann den Parteien ein Spielraum, der durchaus unterschiedliche Gestaltungen zulässt, die in Grenzfällen zur Annäherung an einen benachbarten Typ führen können, wie etwa bei einem stark beschränkten Nießbrauch und einer umfangreichen persönlichen Dienstbarkeit. Wenn sonach Gesetzgeber und Rechtsprechung nicht sklavisch an   Vgl. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S.  324.   Vielleicht deshalb wird der sachenrechtliche numerus clausus teilweise als Produkt des deutschen Rechtsdenkens angesehen; s. z. B. Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 210, 212 (1953); vgl. auch de Waal, (2000) 3 Europ. Rev. Priv. L. 439, 440, 442 f. 334   Vgl. (kritisch) Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S.  281 f.: »Vor allem wird nun, wie im Obligationenrecht das Prinzip der Vertragsfreiheit bis an die äußersten Grenzen verwirklicht wird, so im Sachenrecht umgekehrt das Prinzip der absoluten Norm bis zur Vernichtung aller Gestaltungsfreiheit der Beteiligten durchgeführt.« 332 333

F.  Das deutsche Sachenrecht unter Nationalsozialismus und Kommunismus

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den einmal ins BGB aufgenommenen dinglichen Rechten festgehalten haben und die anerkannten dinglichen Rechte auch nicht bis ins letzte der individuellen Gestaltung entzogen sind, so braucht dies doch nicht zu bedeuten, dass damit der numerus clausus über Bord geworfen wäre. Vielmehr bleibt es dabei, dass dingliche Rechte nicht beliebig geschaffen werden können, sondern der Anerkennung durch die Rechtsordnung bedürfen 335 . Dies zeigen die meist zögerliche Reaktion des Gesetzgebers auf »wirtschaftliche Bedürfnisse« und die literarische Diskussion selbst über so traditionsreiche Institute wie die Sicherungsübereignung. Die Praxis hat mithin erkannt, dass eine ein für allemal gültige Festlegung auf bestimmte dingliche Rechte zu einer Versteinerung führen würde, womit die Rechtsordnung ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht werden könnte. Anders als in abgeschwächter Form kann ein numerus clausus daher nur im Modell, nicht aber in der Lebenswirklichkeit existieren. Auch in dieser abgeschwächten Form trägt der numerus clausus aber entscheidend zur hohen Typizität des deutschen Sachenrechts bei. Trennungs- und Abstraktionsprinzip sind mittelbar noch unter einem weiteren Gesichtspunkt für die hohe Typizität des deutschen Sachenrechts von Bedeutung: Die Idee einer Trennung von schuldrechtlichem Grundgeschäft und sachenrechtlicher Verfügung begünstigt auch die Entwicklung zweckungebundener beschränkter dinglicher Rechte, wie sie in den nichtakzessorischen Sicherheiten und dem Recht an eigener Sache begegnen 336 . Dadurch, dass diese Rechte vom frei gestaltbaren Inhalt einer eventuellen Verpflichtung losgelöst sind, weisen sie größere Einheitlichkeit auf. Zwar kommen auch diese zweckungebundenen Rechte nicht gänzlich ohne ein schuldrechtliches Grundgeschäft aus, bedarf es doch stets einer causa für das Behaltendürfen; das Grundgeschäft ist jedoch inhaltlich auf die Bestellung oder Gewährung des Rechts beschränkt und somit in hohem Maße »ausgedünnt«, bringt also keine individuellen Besonderheiten mit sich. Diese »verselbständigten« dinglichen Rechte sind nun aber nicht nur als solche stark typisiert, sondern erhöhen mit steigender praktischer Bedeutung zugleich die Typizität des Sachenrechts insgesamt. Der »Siegeszug« von Grundschuld, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung als nicht- oder doch jedenfalls nur gemäßigt akzessorischen Sicherheiten verstärkt damit das Bild hoher Typizität, das das deutsche Sachenrecht prägt.

F.  Das deutsche Sachenrecht unter Nationalsozialismus und Kommunismus und seine Rückkehr zum Modell des BGB Die Zeiten vorübergehenden totalitären Zugriffs337 auf das deutsche Sachenrecht seitens des Nationalsozialismus’ und des Kommunismus’ brachten in auffallender Parallele starke Einbußen an Typizität, ohne dabei aber freie Gestaltbarkeit vorzu  Vgl. nur Raiser, Dingliche Anwartschaften, S.  55.   Vgl. dazu auch Guhl, in: Berner Festgabe für Eugen Huber, S.  53, 55 ff. 337   Formulierung nach Stürner, JZ 1996, 741, 749. 335

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sehen, die dem Menschenbild eines totalitären Regimes kaum entsprochen hätte. Grundgedanke war vielmehr das ideologisch beeinflusste Bestreben einer optimalen Verteilung der Nutzungsbefugnisse durch einen bevormundenden Staat. Beide Male kam mit der Überwindung des totalitären Staates aber auch die Rückkehr zum Sachenrecht des BGB mit seiner Typizität.

I.  Das Sachenrecht unter dem Nationalsozialismus Das sachenrechtliche Programm des Nationalsozialismus war in seinen Einzelheiten wenig klar338 . Die Ausschließlichkeit und Zweckfreiheit der dinglichen Zuordnung zu einem Einzelnen, die dem Sachenrecht des BGB für das Eigentum sowie für alle anderen dinglichen Rechte zugrundeliegt, stand aber in offenem Widerspruch zu einer Ideologie, die die »Volksgemeinschaft« über das Individuum stellen wollte339. Angesichts der generellen Ablehnung abstrakt-allgemeiner Begriffe durch die regimefreundliche »neue Rechtswissenschaft«340 musste das Sachenrecht des BGB, dessen hohe Typizität untrennbar mit einer abstrakten Begrifflichkeit verbunden war, weiter in die Defensive geraten 341. Die Forderung nach einer neuen, am »Konkreten« orientierten Begriffsbildung samt zugehöriger Auslegungsmethoden 342 , darunter auch die Typenlehre343 , schlugen sich in Versuchen einer ideologiegemäßen Umdeutung der Eigentumsordnung nieder. So wurde von der neuen Lehre der bisher einheitliche, zweckfreie Eigentumsbegriff »gebrochen«344 und in zahllose »Zweckgebundenheiten« aufgelöst 345 . Nach dem Motto 338   S. mit umfangreichen Nachweisen Rüthers, Die unbegrenzte Auslegung, S.  351–360, dem die Darstellung im Wesentlichen folgt. Zeitgenössischer Überblick bei Hedemann, Fortschritte II/2, S.  319 ff. (Anhang »Bodenrecht und neue Zeit«); Wieacker, Wandlungen der Eigentumsverfassung, Hamburg 1935. 339   Exemplarisch Larenz, in: Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft, S.  225, 241: »Nicht als Individuum, als Mensch schlechthin oder als Träger einer abstrakt-allgemeinen Vernunft habe ich Rechte und Pflichten und die Möglichkeit, Rechtsverhältnisse zu gestalten, sondern als Glied einer sich im Recht ihre Lebensform gebenden Gemeinschaft, der Volksgemeinschaft.« 340   Begriff nach dem Titel des Gemeinschaftswerks der Kieler Schule »Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft«, Berlin 1935. 341   Distanziert schon Lange, AcP 148 (1943), 188, 217 f. 342   S. etwa Larenz, DRW I (1936), 31, 32 ff.; ders., Über Gegenstand und Methode des völkischen Rechtsdenkens, S.  43 ff.; ders., DRW V (1940), 279 ff.; Michaelis, in: Grundfragen der neuen Rechtswissenschaft, S.  9, 52 ff., 60; Siebert, DRW I (1936), 204, 205, 246 f.; Schnorr v. Carolsfeld, DJZ 1935, 1475–1479; Wieacker, DRW II (1937), 3, 13 ff.; Schmidt-Rimpler, in: Zur Erneuerung des bürgerlichen Rechts, S.  79, 92; Dahm, ZgS 95 (1935), 181, 188; vgl. dazu auch Lange, Die Entwicklung der Wissenschaft vom Bürgerlichen Recht seit 1933, S.  11 f. 343   Larenz, Über Gegenstand und Methode des völkischen Rechtsdenkens, S.  45 ff.; ders., AcP 145 = N. F. 25 (1939), 91, 98; ders., DRW V (1940), 279, 293 ff. 344   Diener, DR 1935, 175 (im Untertitel; s. a. S.  177: »Vernichtung des bürgerlichen Eigentumsbegriffs«); vgl. auch die Kritik bei Brandt, Eigentumserwerb und Austauschgeschäft, S.  2, 15 u. öfter. 345   Vgl. Würdinger, ZAkDR 1936, 70, 74 (».  .  . Wenn .  .  . Wieacker .  .  . aus dieser Verschiedenheit der Sachverwendung auch eine Verschiedenheit der Rechtsgrundsätze ableiten zu können glaubt, so ist das eine Übersteigerung des Zweckgedankens, der ins Uferlose führt.«).

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»Gemeinnutz geht vor Eigennutz«346 wurde das Eigentum »in den Dienst der Volksgemeinschaft gestellt«347, der Eigentümer war ihr »Treuhänder«348 und musste sein Eigentum durch »sachgerechten und förderlichen Einsatz« rechtfertigen 349. Der Inhalt des Eigentums hing davon ab, um was für eine Sache es sich handelte, in welchem Zusammenhang sie stand und wer ihr Eigentümer war. Letztlich bedeutete dies die Aufgabe eines einheitlichen Eigentumsbegriffs und zugleich eine Nivellierung des Unterschieds zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten. An die Stelle individueller Gestaltbarkeit trat von höherer Warte definierte Bindung im Einzelfall, an die Stelle freier Verfügung staatliche Letztverantwortung der Zuordnung. In die Praxis konnte dieser neue Eigentumsbegriff nur allmählich eindringen. Die Rechtsprechung hielt zunächst an den überkommenen Unterscheidungen fest, was ihr zum Teil erhebliche Kritik einbrachte; das Erlahmen der Privatwirtschaft ging in erster Linie auf direktere staatliche Eingriffe und später die Kriegswirtschaft zurück. Die Gesetzgebung beschränkte sich im Sachenrecht auf verschiedene, privatrechtliche und öffentlichrechtliche Fragen gemeinsam behandelnde Sondergesetze auf dem Gebiet des »Bodenrechts«, insbesondere das Reichserbhofgesetz vom 29. September 1933350 , wonach der Bauer zur Bewirtschaftung verpflichtet war und seine Besitzung nicht mehr veräußern und nicht mehr belasten durfte351. Das Projekt eines »Volksgesetzbuches«352 hingegen scheiterte. Das BGB und insbesondere sein Sachenrecht überstand so wenigstens formell diese Phase der »Verirrung«353 und konnte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder mit freiheitlichem Geist belebt werden. Das Reichserbhofgesetz war mit Kriegsende praktisch bedeutungslos und wurde durch Kontrollratsgesetz Nr.  45 vom 20. Februar 1947354 aufgehoben. Mit alldem war auch die Rückkehr zur sachenrechtlichen Typizität verbunden.

346   Hedemann, Fortschritte II/2, S.  345; Steimle, DGWR 1941, 105, 109; Würdinger, ZAkDR 1936, 70, 73; kurze allgemeine Einordnung bei Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  677 (S.  456). 347   Vgl. Wieacker, in: Eigentum und Enteignung, S.  51 ff. 348   Nellen, DR 1934, 280, 281; vgl. a. Diener, DR 1935, 175 ff. 349   Wieacker, in: Eigentum und Enteignung, S.  51; vgl. auch ders., Wandlungen der Eigentumsverfassung, S.  24 f. 350   RGBl.  I, S.  685; dazu Münkel, Nationalsozialistische Agrarpolitik und Bauernalltag, S.  112–120 und mit empirischem Material S.  192 ff.; Grundmann, Agrarpolitik im »Dritten Reich«, passim. 351   Dazu Hedemann, Fortschritte II/2, S.  360 ff.; Wieacker, Wandlungen der Eigentumsverfassung, S.  60 ff., 67 ff. (Unveräußerlichkeit und Bewirtschaftungspflicht). 352   Dazu zeitgenössisch Lange, Die Entwicklung der Wissenschaft vom Bürgerlichen Recht seit 1933, S.  31–34; Überblick zum Stand des Sachenrechts bei Schubert/Schmid/Regge, Akademie für Deutsches Recht 1933–1945 – Protokolle der Ausschüsse, Bd.  III, 1, S.  27–29, Quellen a.a.O. S.  162–203. 353   Stürner, JZ 1996, 741, 750. 354   Kontrollratsgesetz Nr.  45 (Aufhebung der Erbhofgesetze und Einführung neuer Bestimmungen über land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) vom 25. Februar 1947, in Kraft getre-

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II.  Das Sachenrecht der DDR Nachhaltiger waren die Eingriffe in die sachenrechtliche Struktur des BGB durch den Kommunismus der DDR. Formell brachte das Zivilgesetzbuch 355 1976 eine klare Abkehr vom Sachenrecht des BGB. Inhaltlich baute die Eigentumsordnung der DDR aber schon zuvor nicht mehr auf dem Privateigentum auf, sondern stellte das sozialistische Eigentum in den Mittelpunkt 356 . Dieses begegnete vor allem als Volkseigentum des Staates und als Eigentum der Genossenschaften. An Grund und Boden, die meist in Volkseigentum überführt wurden, konnten Bürger und Genossenschaften ein dingliches Nutzungsrecht erwerben, das zugleich das Eigentum an den Gebäuden auf dem Grundstück verschaffte357. Gebäudeeigentum erlangten auch volkseigene Betriebe, Genossenschaften und ähnliche Organisationen, die privates Land überbauten; zugleich entstand für sie mit dem Überbau ein Miteigentumsanteil am Grundstück 358 . Schon dadurch war die Rechtslage an Grundstücken verwirrend. Hinzu kam, dass Nutzungsrechte nur eintragungsfähig waren, die Eintragung aber nicht konstitutiv wirkte und deshalb oft unterlassen wurde, sodass das Grundbuch keine wirkliche Aussagekraft mehr hatte359. Als beschränkte dingliche Rechte kannte das ZGB der DDR nur noch Mitbenutzungsrechte, Hypotheken und Vorkaufsrechte. Der Inhalt der Mitbenutzungsrechte hing allein von der Vereinbarung mit dem Nutzungsberechtigten ab; auch ohne Grundbucheintragung wirkten die Nutzungslasten gegen Dritterwerber360 . Die Hypothek, die sich trotz der geringen Bedeutung der Kreditwirtschaft ins ZGB hatte retten können, war als streng akzessorische Buchhypothek geregelt. Aus diesem Grund, aber auch angesichts des Vorrangs von »Aufbauhypotheken« für Banken und der allgemein unklaren Rechtslage an Grundstücken, fehlte dieser Hypothek jede Verkehrsfähigkeit 361. Auf dem gesamten Gebiet des Sachenrechts entfernte sich über die Jahre die Rechtswirklichkeit immer stärker von der Vorstellung einer rechtlich klaren, gegenüber jedermann geltenden Ordnung der privaten Güterverteilung362 . ten am 24. April 1947; dazu näher Etzel, Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), S.  112–121. 355   Zivilgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik vom 19. Juni 1975 (ZGB-DDR), GVBl.  DDR I, S.  465. 356   S. §§  17 ff., 22 ff. ZGB-DDR. Zur Eigentumsordnung in der DDR Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  683 (S.  461); Stürner, JZ 1993, 1074, 1075 f.; ders., in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  7, 8 f. und ausführlich Baur/Stürner, Sachenrecht, §  63 Rn.  2–16 (S.  887– 891). 357   §§  287 ff., 291 ff. ZGB-DDR; Überblick bei Baur/Stürner, Sachenrecht, §  63 Rn.  7/8 (S.  889 f.). 358   §  459 ZGB-DDR; §  27 Gesetz über die LPG vom 2. Juli 1982 (LPG-G), GVBl.  DDR I, S.  443. S. a. Diskussionsbeitrag Posch, in: Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, S.  310 f. 359   Vgl. Pleyer, in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  27, 29. 360   §§  321 f., 297 Abs.  2 ZGB-DDR. 361   Pleyer, in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  27, 30; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  63 Rn.  5 (S.  888 f.). 362   Stürner, JZ 1993, 1074, 1075 f.; ders., in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  7, 10–12 (nicht

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Die Wiedervereinigung brachte auch die Ausdehnung des Privatrechts der Bundesrepublik auf das Beitrittsgebiet. Im Sachenrecht und dort insbesondere im Grundstücksrecht bedurfte es eines gesetzlichen wie administrativen Kraftakts, um den vorgefundenen Zustand möglichst gerecht zu bewältigen 363 . Vor allem das Sachenrechtsbereinigungsgesetz364 überführte dabei zahlreiche eigentümliche Gestaltungen und tatsächliche Verhältnisse in die klassischen Typen des deutschen Sachenrechts, wie sie in der Bundesrepublik galten, und stellte damit den Typenzwang wieder her365 . So konnte wohlerworbenes Vertrauen gewahrt werden, ohne eine zu große Einbuße an sachenrechtlicher Typizität hinnehmen zu müssen.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Beide Phasen totalitärer Herrschaft über die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft führten zu einem Einbruch in die überkommene sachenrechtliche Typizität. Dies geschah zum einen durch eine faktische Aufspaltung des Eigentumsbegriffs, zum anderen durch eine Hinzufügung neuer Typen. Das Eigentum unterwarf der Staat jeweils engen, auf die konkrete Sache und ihren jeweiligen Nutzungszusammenhang bezogenen Bindungen, die dem »Volksinteresse« oder dem Interesse der »Arbeiterklasse« dienen sollten. Der Eigentümer konnte daher nur noch in einem sehr begrenzten Rahmen über die Verwendung der Sache entscheiden. Oft war nicht nur die Nutzung festgelegt, sondern auch deren Zuordnung zu einer bestimmten Person oder einem bestimmten Personenkreis, etwa dem »Bauernstand«. Der Sache nach lösten diese situationsbezogenen Bindungen das Eigentum in eine Vielzahl einzelner Typen auf; zugleich ließen die inhaltlichen Vorgaben und der Ausschluss von Verfügungsmöglichkeiten keinen Raum für freie inhaltliche Gestaltung und drängten den Güterverkehr insgesamt zurück.

nur »Unrechtsordnung«, sondern auch »schlichte Unordnung«); Baur/Stürner, Sachenrecht, §  63 Rn.  13–16 (S.  890 f.). 363   Zum Spannungsverhältnis zwischen dem Bemühen um Gerechtigkeit nach der Wende und dem Umgang mit der DDR zur Zeit ihrer Macht allgemein Stürner, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S.  975, 976 ff. 364   Gesetz zur Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet (Sachenrechtsbereinigungsgesetz – SachenRBerG), erlassen als Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung sachenrechtlicher Bestimmungen (Sachenrechtsänderungsgesetz – SachenRÄndG) vom 21. September 1994, BGBl.  I, S.  2457. 365   S. wiederum Stürner, JZ 1993, 1074, 1075 ff.; ders., in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  7, 9–10, 12–16 mit Unterscheidung dreier Phasen: (1) Einigungsvertrag und Art.  233 EGBGB, (2) Vermögensrechtsänderungsgesetz 1992 sowie (3) Sachenrechtsänderungsgesetz 1994 mit Sachenrechtsbereinigungsgesetz in Art.  1; weiter Welter, in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  37, 38 ff.; Heß, AcP 198 (1998), 489, 501 f.; zur positiven Bilanz Schmidt-Räntsch, NJ 2005, 49–54; ausführlich Baur/Stürner, Sachenrecht, §  63 Rn.  17–63 (S.  891–909) mit umfangreichen Nachweisen.

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Neue sachenrechtliche Typen kamen dadurch hinzu, dass der Staat bestimmte zweck- und oft auch personengebundene Nutzungsrechte an einzelnen Sachen schuf. Betroffen waren insbesondere Grund und Boden. Dabei konnten die Nutzungsrechte nicht nur an Sachen begründet werden, die ohnehin im Staatseigentum standen oder deren Eigentum sich der Staat zuvor durch Enteignung verschafft hatte, sondern auch an Sachen in Privateigentum, das dadurch seines Inhalts entleert wurde und als Verkehrsobjekt keine Rolle mehr spielen konnte. Trotz grundsätzlicher Geltung von Typenfixierung und Typenzwang kam es also zu einer Vervielfältigung von Einzeltypen und zugleich zu einer Überlagerung durch ideologisch geprägte Bindungen, was dem gesamten Sachenrecht dieser beiden Epochen die frühere Typizität nahm. Mit der Überwindung der totalitären Systeme ging eine Abschaffung mancher der neugeschaffenen Nutzungsrechte, vor allem aber eine Lösung des Eigentums aus den starken Bindungen und eine gleichzeitige Wiederherstellung der Verfügungsfreiheit einher, die dann auch Typenfixierung und Typenzwang wieder ihren eigentlichen Stellenwert als Rahmenvorgaben individueller Gestaltung zurückgab.

G.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht Der Blick auf die Entwicklung und Gegenwart des deutschen Sachenrechts bliebe unvollständig, wollte man nicht die Einflüsse des internationalen und europäischen Rechts sowie die Behandlung des Sachenrechts im Internationalen Privatrecht mit in die Betrachtung einbeziehen.

I.  Völkerrechtliche Verträge und europäisches Recht Völkerrechtliche Verträge vermeiden es in aller Regel ganz, sachenrechtliche Fragen zu behandeln 366 ; erst recht sehen sie normalerweise keine eigenen Sachenrechtstypen vor. In den letzten Jahren scheint sich hier zwar vor allem für besitzlose Mobiliarsicherheiten ein Wandel anzubahnen, greifbare Erfolge hatte die gesteigerte internationale Aktivität bislang jedoch kaum 367. Deutschland ist immerhin dem Genfer Übereinkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19. Juni 1948368 beigetreten. Es verpflichtet allerdings die Vertragsstaaten in seinem Art.  I lediglich, unter dem Recht des Heimatregisterstaats begründete und eingetragene Rechte – insbesondere das Eigentum sowie besitzlose Pfandrechte – anzuerkennen, sichert diesen Rechten die Priorität vor   Von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, §  12 Rn.  4 (S.  511).   Näher Baur/Stürner, Sachenrecht, §  14 Rn.  6 (S.  168 f.). 368   Convention on the International Recognition of Rights in Aircraft (Text in BGBl.  1959 II, S.  130), für Deutschland in Kraft getreten am 5. Oktober 1959 (Bekanntmachung vom 22. April 1960, BGBl.  II, S.  1506). 366 367

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etwaigen nationalen Rechten am selben Luftfahrzeug und befasst sich in den Art.  V I ff. mit der Zwangsvollstreckung, für die es neben einer Kollisionsregel auch Grundregeln enthält. §§  103–106 LuftFzgG setzen diese Vorgaben in deutsches Recht um. Auch Eingriffe des Europarechts in das nationale Sachenrecht sind bislang selten geblieben 369. Von größter allgemeiner Bedeutung ist sicher das Projekt einer Eurohypothek, das nach früheren erfolglosen Vorstößen der Kommission 370 in den letzten Jahrzehnten vor allem in Deutschland von Seiten der Wissenschaft und der Bankpraxis diskutiert und fortentwickelt wurde371. Ob eines Tages tatsächlich von einem europäischen Rechtstext ein »achtundzwanzigstes Regime« eingeführt wird, ist derzeit schwer abzuschätzen 372 ; jedenfalls würde sich die Eurohypothek in ihrer derzeit diskutierten, der Grundschuld ähnlichen Gestalt 373 ohne Brüche in das deutsche Sachenrecht einfügen. Die »Time-Sharing«-Richtlinie nimmt sich nicht etwa einer Festlegung des Inhalts dieser sachenrechtlich schwer zu fassenden »Teilzeitnutzungsrechte« an, sondern überlässt die Bestimmung der Rechtsnatur dieser Positionen dem nationalen Recht 374 . Das deutsche Recht hat derartige Gestaltungen in die sonstigen Strukturen eingepasst und behandelt sie je nach ihrer Eigenart als dingliche Berechtigung oder als Treuhand, in Betracht kommen aber auch Vereins- oder Genossenschaftsmitgliedschaft und bloß schuldrechtliche

  S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  72, 134–136 m.Nw. (S.  938, 961–963).   Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (Hrsg.), Der Aufbau eines europäischen Kapitalmarkts, Bericht einer von der EWG-Kommission eingesetzten Sachverständigengruppe, Brüssel 1966 (sog. Segré-Bericht), Kapitel 7 Nr.  16, 26 sub 4; Kapitel 8 Nr.  14 sub 1; Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Hypothekarkredits, KOM 84(730) endg., ABl.  C 42 vom 14. Februar 1985, S.  4 ff.; dazu z. B. Kircher, Grundpfandrechte in Europa, S.  418–423, 442–481. 371   Näher Stöcker, Die »Eurohypothek«, S.  216 ff.; Kircher, Grundpfandrechte in Europa, S.  418 f., 422 ff.; Kiesgen, Ein Binnenmarkt für den Hypothekarkredit, S.  38 ff.; Stürner, in: Festschrift für Rolf Serick, S.  377, 387 f.; Wehrens, WM 1992, 557–563; Wolfsteiner/Stöcker, DNotZ 1999, 451–467; Stürner, JZ 1996, 741, 745 f.; Wachter, WM 1999, 49–70; Köndgen/Stöcker, ZBB 2005, 112–120; Drewicz-Tułodziecka (Hrsg.), Basic Guidelines for a Eurohypothec, passim; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  76 f. (S.  939 f.); Nasarre-Aznar, 2 J. Legal Affairs & Dispute Resolution Eng. Constr. 50, 51–54 (2010). 372   S. einerseits das Grünbuch Hypothekarkredite in der EU vom 19. Juli 2005, KOM(2005) 327, das die »Euro-Hypothek« noch diskutiert (Nr.  47 f. [S.  15]), andererseits das Weißbuch über die Integration der EU-Hypothekarkreditmärkte vom 18. Dezember 2007, KOM(2007) 807, das eine Eurohypothek nicht einmal mehr erwähnt und Gesetzgebung zurückstellt. 373   Abweichend (für Akzessorietät) Habersack, JZ 1997, 857, 862; dagegen Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  85 (S.  943). 374   Art.  1 Abs.  2 lit.  d Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufsund Tauschverträgen, ABl.  L 33 vom 3. Februar 2009, S.  10–30; so schon zuvor Art.  1 Abs.  3 Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl.  L 280 vom 29. Oktober 1994, S.  83–87. 369 370

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Nutzungsvereinbarung375 . Da Deutschland keine typische Feriendestination ist, hält sich die praktische Bedeutung im Inland in Grenzen 376 . Der Gemeinsame Referenzrahmen scheint zwar unausgesprochen auf dem Gedanken eines numerus clausus dinglicher Rechte zu beruhen 377 und könnte mit der Neuregelung des Rechts der Mobiliarsicherheiten 378 die Typizität auf diesem Gebiet sogar erhöhen, sofern nicht daneben weiterhin eine Sicherungstreuhand nach den – ebenfalls vorgesehenen – Regeln für den Trust379 möglich bleibt. Allerdings laufen die Regeln über Verfügungsgeschäfte auf ein »abdingbares« Konsensprinzip hinaus; ob sie einen zweiten rechtsgeschäftlichen Akt, wie er das Trennungsprinzip kennzeichnet, überhaupt zulassen, ist unklar, jedenfalls aber stehen sie dem Abstraktionsprinzip entgegen 380 . Damit fehlt dem numerus clausus ein stimmiger konstruktiver Unterbau381. Hinzu kommt, dass ein Trust mit dinglichen Wirkungen Gestaltungen ermöglicht, die bislang nicht denkbar sind, und bei extensiver Nutzung das bestehende Gefüge erheblich stören dürfte. Kann sich das deutsche Sachenrecht diesen Einflüssen nicht entziehen, dürfte auf lange Sicht mit einer Aufweichung des Typenzwangs und damit einem Abbau an Typizität auch im deutschen Recht zu rechnen sein.

II.  Internationales Privatrecht Das deutsche Internationale Sachenrecht folgte seit jeher der weltweit vorherrschenden Regel, wonach der Lageort einer Sache über deren sachenrechtliches Schicksal entscheidet, also stets die lex rei sitae zur Anwendung kommt 382 . Im Grundsatz wahrt diese Regel die Typizität des jeweiligen Belegenheitsrechts. In zwei Fällen kommt jedoch eine Störung der Typizität des Belegenheitsrechts durch das Internationale Sachenrecht in Betracht.

375   Näher Baur/Stürner, Sachenrecht, §  29 Rn.  86–94 (S.  400–402); Mäsch, DNotZ 1997, 180, 182–189; Tonner/Tonner, WM 1998, 313. 376   Vgl. Sparkes, European Land Law, para. 6.02 (S.  249); Baur/Stürner, Sachenrecht, §  29 Rn.  97 (S.  403). 377   Vgl. Stadler, JZ 2010, 380, 383. 378   Book IX DCFR. 379   X. – 1:202, 10:101(1) DCFR. 380   VIII. – 2:101, 2:201(1) DCFR; dazu Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  146 f. (S.  966 f.); Stadler, JZ 2010, 380, 385–388. Dies steht in einem gewissen Gegensatz zum europäischen Rechtsregime des Emissionsrechtehandels, das ohne Rücksicht auf Mängel des schuldrechtlichen Geschäfts eine Transaktion mit Eintragung als abgeschlossen gelten lässt und daher z. B. in den Niederlanden die sektorale Einführung des Abstraktionsprinzips zur Folge hatte; vgl. Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  502 m.Nw. 381   Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  146 f. (S.  966 f.) sowie soeben unter E II 2 a. 382   BGH, Urteil vom 9. Mai 1996, IX ZR 244/95, NJW 1996, 2233, 2234: »Im internationalen Sachenrecht gilt kraft Gewohnheitsrechts grundsätzlich das Recht des Lageorts (lex rei sitae), und zwar auch für bewegliche Sachen .  .  .«; nunmehr Art.  43 Abs.  1 EGBGB; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, §  19 I (S.  765 f.).

G.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht

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Zum einen kann die Anerkennung eines Renvoi auch auf dem Gebiet des Sachenrechts383 dazu führen, dass vor deutschen Gerichten eine sachenrechtliche Frage über einen auslandsbelegenen Gegenstand nicht nach dem Recht des Lageortes, sondern im Falle einer Weiterverweisung dem Recht eines Drittstaates, im Falle der Rückverweisung nach deutschem Recht beurteilt wird. Dies kommt – allerdings nur vor dem deutschen Gericht – der »Einfügung« eines dem Lageort unbekannten Sachenrechtstyps in das rechtliche Beziehungsgeflecht des Ortsrechts gleich und stört damit eine eventuelle Typizität der materiellen lex rei sitae. Allerdings dürften diese Fälle sehr selten bleiben, sodass in ihnen kein besonderes Störungspotential zu erblicken ist. Zum anderen ist denkbar, dass ein dem Belegenheitsrecht unbekannter ausländischer Sachenrechtstyp innerhalb des Belegenheitsstaates Wirkungen entfaltet. Dies setzt allerdings voraus, dass eine Sache, an der im Ausland ein dingliches Recht begründet wurde, ins Inland gelangt und das inländische Recht dieses fremde dingliche Recht anerkennt. Bis zur Kodifizierung des Internationalen Sachenrechts war umstritten, ob dies bei einer Verbringung nach Deutschland grundsätzlich der Fall sein sollte384 , sodass vorbehaltlich äußerster Grenzen fremde Sachenrechte neben die inländischen Typen treten konnten, oder ob das fremde Sachenrecht jeweils in dasjenige deutsche Sachenrecht zu transponieren war, dem es am nächsten kam 385 – eine Lösung, die inländische Typizität weitestmöglich wahren wollte386 . Der neue Art.  43 Abs.  2 EGBGB hat sich für eine »gemäßigte Hinnahme« des fremden Rechts entschieden 387, indem er diesem seine Wirkungen belässt, sofern diese nicht im Widerspruch zur Rechtsordnung des Belegenheitsstaates stehen – eine Einschränkung, deren Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Grundfreiheiten bei Mobilien diskutiert wird, da man in der Versagung von 383   BGH, Urteil vom 6. März 1995, II ZR 84/94, BGHZ 108, 354, 357; Urteil vom 25. September 1996, VIII ZR 76/95, NJW 1997, 461, 464; Hohloch, in: Erman, BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  4; Lüderitz, in: Soergel, BGB, Art.  38 Anh II Rn.  92; Pfeiffer, IPRax 2000, 270, 271 f. 384   So die sogenannte Hinnahmetheorie, vgl. Stoll, IPRax 2000, 259, 262 f.; Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  152 f. 385   In diesem Sinne die sogenannte Transpositionslehre, z. B. Lüderitz, in: Soergel, BGB, Art.  38 Anh II Rn.  50; Kreuzer, IPRax 1993, 157, 159 f.; ders., in: Münchener Kommentar zum BGB (3.  Aufl.), Nach Art.  38 EGBGB Anh. I Rn.  62; ders., RabelsZ 65 (2001), 383, 445; v. Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S.  108; Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S.  9 –12; so (mit Unklarheiten) auch die frühere Rechtsprechung, z. B. BGH, Urteil vom 20. März 1963, VIII ZR 130/61, BGHZ 39, 173, 177; Urteil vom 2. Februar 1966, VIII ZR 153/64, BGHZ 45, 95, 97; Urteil vom 11. März 1991, II ZR 88/90, IPRax 1993, 176, 177; Urteil vom 8. April 1987, VIII ZR 211/86, BGHZ 100, 321, 326; kritisch Stoll, IPRax 2000, 259, 262 f.; vgl. auch Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  149–151. 386   S. nur Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 444 f.; kritisch Stoll, IPRax 2000, 259, 262 (»Prokrustes-Bett«). 387   Pfeiffer, IPRax 2000, 270, 273 (»Ausübungsbeschränkung anstelle der Lehre von der Umwandlung«); Wendehorst, in: Münchener Kommentar zum BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  154; abweichend Kreuzer, RabelsZ 65 (2001), 383, 444: ».  .  . läuft auf die sog. Transpositionslehre hinaus, .  .  .«; differenzierend Hohloch, in: Erman, BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  21.

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Kapitel 4:  Die Entwicklung in Deutschland

Wirkungen, die das Recht des Herkunftstaates vorsieht, eine Beschränkung des innergemeinschaftlichen Handels sehen könnte388 . Art.  46 EGBGB sieht für Luft-, Wasser- und Schienenfahrzeuge eine Sonderregel vor, die ohne Einschränkung auf deren Heimatrecht verweist, gesetzliche Sicherungsrechte aber dem Forderungsstatut unterstellt. Schon nach der gesetzlichen Regelung, erst recht aber bei Geltung eines kollisionsrechtlichen Herkunftslandsprinzips innerhalb der Europäischen Union, kann es mithin im Einzelfall zu einer Störung der sachenrechtlichen Typizität im Inland durch ein unbekanntes dingliches Recht fremder Herkunft kommen. Das Gewicht derartiger Störungen sollte indes nicht überschätzt werden 389. Zum ersten bringt in solchen Fällen oft schon der Rechtsinhaber oder – wohl praktisch bedeutsamer – ein dazu ermächtigter Dritter, etwa der Importeur, das fremde Recht mit einer Verfügung unter deutschem Recht gezielt zum Erlöschen. Zum zweiten wird nicht selten später ein originärer Erwerb infolge Verbindung, Vermischung und Verarbeitung stattfinden, für den stets das Belegenheitsrecht gilt390 . Zum dritten geht das fremde Recht auch dann unter, wenn es zu einem gutgläubigen Erwerb, insbesondere einem gutgläubig lastenfreien Erwerb, oder zu einer Ersitzung kommt. Denn auch für gutgläubigen Erwerb und Ersitzung gilt ex nunc das Belegenheitsrecht, selbst wenn das erlöschende Recht an der Sache einer fremden Rechtsordnung angehört 391. Zum vierten schließlich wird gerade das deutsche Recht hier in der Praxis kaum je große Schwierigkeiten haben, da die typischerweise problematischen Fälle einer ausländischen besitzlosen Mobiliarsicherheit in Deutschland in fast allen denkbaren Konstellationen ohne Weiteres als Sicherungsübereignung konstruiert werden können 392 . Die Figur des anglo-amerikanischen Trust anerkennt das deutsche Internationale Privatrecht bislang nicht als solche393 ; das Haager Übereinkommen über das 388   Zur Vereinbarkeit von lex rei sitae und Grundfreiheiten Basedow, RabelsZ 59 (1995), 1, 41–48; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  136 (S.  962 f.); Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S.  152–214; Körber, Grundfreiheiten und Privatrecht, S.  530 ff.; W.H. Roth, in: The Future of Secured Credit in Europe, S.  36, 54–56; Rott, Vereinheitlichung des Rechts der Mobiliarsicherheiten, S.  56–66; Rutgers, International Reservation of Title Clauses, S.  167 ff.; von Wilmowsky, Europäisches Kreditsicherungsrecht, S.  110 ff. 389   Das große Gewicht, das Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  522 ff. diesen Störungen beimisst (z. B. S.  537: »The effect of Internal Market Law on substantive property law is substantial. .  .  . This analysis shows that there is also serious pressure externally, from outside the national system of property law«), mag auch zur Rechtfertigung des von ihm vorgeschlagenen »access test« (S.  555 ff.) dienen. 390   S. nur Stoll, in: Staudinger, BGB, Int SachenR Rn.  267 f.; Hohloch, in: Erman, BGB, Art.  43 EGBGB Rn.  11. 391   Vgl. BGH, Urteil vom 11. März 1991, II ZR 88/90, IPRax 1993, 176, 177 (Beurteilung des gutgläubig lastenfreien Erwerbs bei italienischer Autohypothek nach §  936 BGB); Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, §  19 III (S.  772). 392   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  130 (S.  959). 393   S. nur BGH, Urteil vom 13. Juni 1984, IVa ZR 196/82, IPRax 1985, 221, 223 f. (insofern in NJW 1984, 1405 ff. nicht abgedruckt); weiter die deutsche Stellungnahme zum Haager TrustÜbereinkommen (Fn.  394), in: Conférence de la Haye/Hague Conference, Actes et documents

G.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht

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auf den Trust anzuwendende Recht und seine Anerkennung394 ist von Deutschland bisher noch nicht einmal gezeichnet worden 395 . Dementsprechend haben die Gerichte die dinglichen Wirkungen eines unter ausländischem Recht begründeten Trust nicht generell anerkannt, sondern in manchen Fällen den Trustee, in anderen den Beneficiary als Inhaber des Vollrechts angesehen 396 . Dass diese inländische Typizität wahrende Rechtsprechung Bestand haben wird, erscheint indes nicht ganz unzweifelhaft 397, zumal der Gemeinsame Referenzrahmen dem Trust dingliche Wirkungen verleihen will. Sollte es zur Anerkennung der dinglichen Wirkungen des Trust kommen, wäre dies ein erheblicher Eingriff in die Typizität des deutschen Sachenrechts.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Bislang hatten völkerrechtliche Verträge, das europäische Recht und das Internationale Privatrecht auf die Typizität des Sachenrechts keinen allzu großen Einfluss. Das größte Potential für zukünftige Veränderungen wird man hier dem Gemeinsamen Referenzrahmen zuerkennen müssen. Er beruht zwar auf der Vorstellung inhaltlich fixierter dinglicher Rechtstypen und mithin wohl auf einem Typenzwang. Da er dies jedoch nicht klar ausspricht, bleibt die Strenge eines solchen Typenzwangs fraglich. Mit der Absage an Trennungs- und Abstraktionsprinzip fehlt ihm zudem eine stimmige konstruktive Grundlage, was durchaus die weitere Entwicklung beeinflussen kann. Schwer vorherzusehen ist schließlich, inwieweit die Anerkennung einer dinglich wirkenden Treuhand die Typizität abschwächen wird. Sollte der Gemeinsame Referenzrahmen tatsächlich die Bedeutung erlangen, die sich seine Protagonisten erhoffen, so dürfte dem deutschen Sachenrecht ein merklicher Abbau an Typizität bevorstehen.

de la Quinzième session/Proceedings of the Fifteenth Session, Vol. II, 1985, S.  206; Wienbracke, ZEV 2007, 413 ff. 394   Convention on the Law Applicable to Trusts and on their Recognition vom 1. Juli 1985, in Kraft getreten am 1. Januar 1992; Text z. B. in RabelsZ 50 (1986), 698–713. 395   Vgl. Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, §  4 III (S.  255) sowie den Überblick über den Stand der Konvention unter (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 396   S. nur Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  362 ff. m.Nw. 397   Vgl. Scherer, [2009] J. I. B. L. R. 269, 272.

Kapitel 5

Die Entwicklung in Frankreich Die Entwicklung in Frankreich verlief zunächst mit derjenigen in Deutschland weitgehend parallel. So traten mit der Völkerwanderung ebenfalls für einige Jahrhunderte germanische Rechtsgedanken in den Vordergrund, die im Sachenrecht auf Publizität durch Gewere setzten. Indessen war in Südfrankreich das römische Recht in seiner nachklassischen Form nie ganz verdrängt worden. Von dort aus konnte es sich im späteren Mittelalter immer größere Gebiete des französischen Territoriums zurückerobern. Die Wiederentdeckung des klassischen römischen Rechts in Oberitalien und der Klassizismus der allgemeinen europäischen Geistesgeschichte taten auch in Frankreich ein Übriges, die Verbreitung des römischen Rechts zu fördern. Allerdings fehlte dieser allmählichen Rezeption die Radikalität, die in vielen Teilen Deutschlands das germanisch-deutsche Recht so stark hatte verdrängen können. Denn das römische Recht erschien in Frankreich weniger als etwas gänzlich Neues oder gar als komplettes Gegenmodell zum bisherigen Recht. Auch war das französische Feudalsystem seit jeher straffer organisiert und stärker zentralisiert, sodass das römische Recht nicht in gleichem Maße wie in Deutschland als Mittel zur Legitimation der Zentralgewalt genutzt wurde. Schließlich dürfte das strengere französische Feudalsystem auch weniger Raum für privatrechtliche Transaktionen zwischen gleichgeordneten Subjekten gelassen haben. Für die heute anzutreffenden Unterschiede zwischen Deutschland und Frankreich gerade auf dem Gebiet des Sachenrechts ist aber vor allem die jüngere Entwicklung verantwortlich: In Frankreich kam es nach Erlass des Code civil nicht mehr zu einer der Historischen Rechtsschule vergleichbaren Befassung mit dem römischen Recht, die über eine von ihr beeinflusste Kodifikation Einfluss auf das Erscheinungsbild des Sachenrechts hätte nehmen können. Erst in den letzten Jahrzehnten ist wieder eine zunehmende Konvergenz zu beobachten, die nicht zuletzt Folge enger wirtschaftlicher Beziehungen ist.

A.  Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution Im französischen Sachenrecht machte sich bis zum Erlass des Code civil die Trennung zwischen einem stark romanisierten Süden, den pays de droit écrit, und einem stärker die germanische Tradition bewahrenden Norden bemerkbar. Königliche    S. nur Ferrière, Nouveau commentaire sur la coutume de Paris, S.  3 f. und allgemein Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, §  6 I (S.  74).

A.  Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution

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Ordonnancen, die Aufzeichnung der coutumes und deren wissenschaftliche Bearbeitung sowie der geringere Formalismus des römischen Rechts begünstigten jedoch auch im Norden das Vordringen römischer Rechtsgedanken und führten zu einer Annäherung der Traditionen in einem später so genannten Ancien Droit, das zugleich den Boden für ein nationales Recht bereitete. Nicht zuletzt wegen der starken Verdrängung des Privatrechtsverkehrs durch das Feudalsystem mit seinen verschiedenen lokalen Besonderheiten konnte jedoch ein wirklich einheitliches Privatrecht ohne einen Umsturz der bestehenden Ordnung schwerlich entstehen  .

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum In den südlichen Teilen Frankreichs vermischte sich der Eigentumsbegriff des nachklassischen römischen Rechts, dem die Strenge des klassischen Rechts fehlte, mit dem ähnlich unscharfen Eigentumsbegriff der eingewanderten germanischen Völker. Stand in germanischer Tradition ursprünglich die Zuweisung von Nutzungsbefugnissen zu einem Personenverband im Vordergrund, so wurde mit der Entstehung stabiler Gemeinwesen die individuelle Güterzuordnung wieder zur zentralen Aufgabe, für die das von den Einwanderern angetroffene römische Recht auch in seiner nachklassisch-vulgarisierten Form durchaus ein geeignetes Instrumentarium bot. Dementsprechend machte man sich im Süden römische Terminologie und römisches Rechtsdenken zunutze . Die Unterscheidung von dominium und iura in re aliena fehlte zwar schon dem nachklassischen römischen Recht. Sie konnte daher auch nicht unmittelbar rezipiert werden . Das römisch geprägte Rechtsdenken, das sich allmählich auch nach Norden ausbreitete, erleichterte jedoch nach der Wiederentdeckung des klassischen römischen Rechts die Übernahme auch seines strengeren Eigentumsbegriffs. Staatliche Verwaltung und Kirche, aber auch die aufblühende Wissenschaft und eine hochentwickelte Rechtspraxis förderten diese Entwicklung. Schon vor der Revolution konnte der Eigentumsbegriff in Frankreich daher seine im Wesentlichen bis heute geltende Ausformung erlangen  .

  Näher Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, §  6 II (S.  74–80).   S. nur Levy, 25 Wash. L. Rev. 233, 237 f. (1950).    Wiederum Levy, 25 Wash. L. Rev. 233, 239 (1950).    Vgl. die Definition von Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction générale, Tz.  100 (S.  47): »On peut définir le droit de propriété, le droit de disposer d’une chose comme bon semble, sans donner atteinte au droit d’autrui, ni aux Loix.«, wiederum gefolgt von einer Aufzählung einzelner Befugnisse: »Ce droit de disposer qu’a le propriétaire, renferme celui de percevoir tous les fruits de la chose, de s’en servir non-seulement aux usages auxquels elle paroît naturellement destinée, mais même à tels usages que bon lui semblera; d’en changer la forme; de la perdre & détruire entièrement; de l’aliéner; de l’engager; d’accorder à d’autres dans cette chose tel droit que bon lui semblera; & de leur en permettre tel usage qu’il jugera à propos.« (Hervorhebung im Original).  

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Kapitel 5:  Die Entwicklung in Frankreich

Allerdings wurde diese Entwicklung überlagert von der vollen Ausbildung eines mehrstufigen Feudalsystems, das zwar teilweise allein auf personenrechtlichen Beziehungen beruhte, überwiegend aber untrennbar mit dem Grundstücksrecht verbunden war und ein so enges Geflecht von Rechten und Pflichten beinhaltete, dass volles, unbeschränktes Eigentum im Sinne dieses Eigentumsbegriffs in der Praxis selten anzutreffen war. Dies gilt insbesondere für Grundstücke, die letztlich dem König oder wenigen großen Grundherren »gehörten« , deren Nutzung aber oft über mehrere Stufen auf die adlige und zuletzt nichtadlige Bevölkerung verteilt war . Die an unterster Stufe stehenden tatsächlichen Besitzer von Grund und Boden unterlagen vielfachen Nutzungs- und Verfügungsbeschränkungen, hatten Natural- oder Geldrenten und andere, teilweise ereignisabhängige Abgaben zu leisten und verschiedene Dienste zu erbringen . Um das Feudalsystem rechtlich einzufangen, bediente man sich auch in Frankreich im Gefolge der Glosse primär der Figuren von Ober- und Untereigentum. Im 17. und 18. Jahrhundert verfestigte sich wiederum die Stellung des Untereigentümers am Grund und Boden immer weiter, während sich die Stellung des Obereigentümers mehr und mehr ihrer Sub­ stanz entleerte und lediglich noch als ein Recht auf bestimmte Abgaben und Dienste in Erscheinung trat. Diese Entwicklung musste, nachdem die wissenschaftliche Befassung mit dem römischen Recht die Idee eines strengeren Eigentumsbegriffs hervorgebracht hatte, das Konzept des geteilten Eigentums in Frage stellen. In der Tat bezeichnete im 18. Jahrhundert etwa Pothier den Untereigentümer als den wahren Eigentümer10 – eine Ansicht, die bezogen auf das einzelne Grundstück allein und dessen Nutzung sicher die Zustände zutreffend beschrieb, aber doch die weiteren Rechtsbeziehungen zwischen Ober- und Untereigentümer, insbesondere die Belastung des letzteren mit Abgaben und Diensten und die Beschränkungen, denen er unterlag, ganz ausklammerte. Das Verständnis des Untereigentümers als wahrer Eigentümer sah sich denn auch einiger Kritik ausgesetzt, welche darauf hinwies, dass dem Untereigentümer trotz umfassender Nutzungsrechte doch nie eine volle und vor allem lastenfreie Position zustehe11. Der    So galt in den meisten nördlichen Gebieten Frankreichs das Sprichwort »Nulle terre sans seigneur«; s. z. B. Loysel, Institutes Coustumières, II. Livre, Titre II, No.  I (S.  19); Pérot, Le Code rural de 1791, S.  X IV ff.    Guter Überblick bei Pérot, Le Code rural de 1791, S.  V-VII.    Auch hierzu Überblick bei Pérot, Le Code rural de 1791, S.  V III ff.    »Domaine éminent« bzw. »domaine direct« oder kurz »la directe« und »domaine utile«; s. etwa Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  15 ff.; Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 220 ff. 10   Pothier, Traité du droit de domaine de propriété I, Tz.  3, S.  4 f. (»Le domaine direct .  .  . n’est autre chose que le droit qu’ont les seigneurs de se faire reconnoître comme Seigneur par les propriétaires & possesseurs des héritages tenues d’eux, & d’exiger certains devoirs & redevances recognitifs de leur seigneurie. .  .  . Celui qui a ce domaine utile, se nomme propriétaire ou Seigneur utile, celui qui a le domaine direct, s’appelle simplement Seigneur. Il est bien le propriétaire de son droit de seigneurie; mais ce n’est pas lui, c’est le Seigneur utile qui est proprement le propriétaire de l’héritage.«); ders., Coutume d’Orléans, Introduction générale, Tz.  105 (S.  52); vgl. weiter ders., Traité des fiefs, S.  4 f. 11   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  1 f., 16 m.Nw. Es geht also wohl etwas

A.  Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution

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freie, nicht in das Feudalsystem eingegliederte Grundbesitz (alleu), der einst in den pays de droit écrit des Südens dominierte, war am Vorabend der Revolution stark zurückgedrängt, und es schien angesichts der anhaltenden, steuerlich motivierten Bestrebungen seitens des Königs nur eine Frage der Zeit, bis auch die verbliebenen Allodialgüter dem Feudalsystem unterworfen wurden12 . 2.  Beschränkte dingliche Rechte Die vielfältigen Nutzungsbefugnisse, die das Feudalsystem hervorgebracht hatte, waren indes keineswegs alle als Ober- und Untereigentum erfasst, konnte doch die Stellung des an unterster Stufe Berechtigten so schwach oder begrenzt sein, dass sich die Bezeichnung als Eigentum verbot13 . Dennoch führten oft bestimmte Eigenschaften dieser Nutzungsrechte gegenüber dem nächst höher Berechtigten, etwa deren unbeschränkte Dauer bei fehlender Kündigungsmöglichkeit, zu einer gewissen Verdinglichung auch dieser Positionen. Die zunehmende Verbreitung eines strengeren Eigentumsbegriffs und die Vermischung mit Instituten und Begriffen des römischen Rechts, wie sie insbesondere in den römischrechtlich geprägten pays de droit écrit vorkam14 , begünstigten schließlich die Unterscheidung von Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten. So verbreitete sich bei denjenigen grundstücksbezogenen Rechten, die schon traditionell als Servituten verstanden wurden, die Unterscheidung von Grunddienstbarkeit und beschränkter persönlicher Dienstbarkeit15 . Die Grunddienstbarkeiten folgten selbst im droit coutumier in ihrer Terminologie und wohl auch ihrer inhaltlichen Ausdifferenzierung stark dem eher typisierten römischen Vorbild der ländlichen und vor allem städtischen Servituten16 ; in ihrem Zusammenhang regelten die coutumes – wie später der Code civil – daher auch das sonstige Nachbarrecht17. Eine deutlich größere Rolle als vertragliche Unterlassungsdienstbarkeiten spielten allerdings die grundherrlichen Zwangs- und Bannrechte (banalités). Zwar verloren sie im Laufe der Zeit an Bedeutung; auch versuchten Wissenschaft und Rechtsprechung, ihre schädlichsten Auswüchse einzugrenzen. Insbesondere der Mühlenbann war aber bis 1789 verbreitet18 . weit, wenn Planiol ausführt, »la grande évolution historique qui a lentement exproprié le seigneur au profit du vassal était déjà achevée en 1789« (Traité élémentaire de droit civil I, n°  2328 [S.  722]). 12   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  11 ff. m.Nw. 13   Vgl. Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 350 (n°  50). 14   Vgl. für die Emphyteuse Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  39–42. 15   Ferrière, Nouveau commentaire sur la coutume de Paris, S.  398: »servitudes réelles et servitudes mixtes = personnelles«; Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction au Titre XIII, Tz.  2 (S.  390). 16   Vgl. Ferrière, Nouveau commentaire sur la coutume de Paris, S.  405 ff. 17   S. etwa Art.  188 ff. Nouvelle Coutume de Paris; Loysel, Institutes Coustumières, II. Livre, Titre III (S.  23 f.) sowie Art.  6 40 ff. Code civil. 18   Vgl. die Erwähnung in der Rede Le Guen de Kerangalls in der Nacht des 4. August 1789, Text bei Aulard, La Révolution Française et le Régime Féodal, S.  88, 91; allgemein Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  56–69.

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Kapitel 5:  Die Entwicklung in Frankreich

Auch bei den auf persönliche Dienste gerichteten Rechten dominierte bis zur Revolution das Feudalsystem: Eigentliche Reallasten als vertraglich vereinbarte »servitudes personnelles« spielten neben den Frondiensten (»corvées«) 19 offenbar keine Rolle, mag auch der Ursprung der Frondienste nach Ansicht älterer Autoren vertraglicher Natur gewesen sein. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts waren allerdings diese feudalistischen Dienstpflichten schon vielfach verschwunden oder in geringfügige Geldzahlungen umgewandelt; lediglich im Elsass und in Lothringen stellten sie noch drückende Lasten dar20 . Auf dem Gebiet des Pfandrechts kannte Nordfrankreich zunächst in gemeingermanischer Tradition nur das Besitz- und Nutzungspfand und unterschied hier zwischen dem vifgage, das durch die Erträge getilgt wurde, und dem mortgage, bei dem die Erträge keine Tilgungswirkung hatten 21. Die Rezeption brachte nicht nur die besitzlosen Pfandrechte, sondern auch eine folgenschwere Vermischung von materiellem Recht und Vollstreckungsrecht: Der Schuldner, nicht der belastete Vermögensgegenstand, trat in den Mittelpunkt 22 . Die Haftung des Schuldners mit seinem gesamten Vermögen wurde mehr und mehr als Pfandrecht des Gläubigers am Schuldnervermögen bezeichnet, um dem Gläubiger überhaupt erst die Zwangsvollstreckung in das Schuldnervermögen zu erlauben 23 . Hatte aber danach schon jeder gewöhnliche Gläubiger ein Pfandrecht am gesamten Vermögen des Schuldners, lag der Gedanke nicht fern, dem Pfandrecht einzelner Gläubiger unter bestimmten Umständen einen besseren Rang zuzugestehen. Ein solcher besserer Rang konnte auf ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung für bestimmte Arten von Forderungen beruhen; er wurde aber auch dem Gläubiger zugestanden, dessen Forderung gerichtliche Bestätigung gefunden hatte, und schließlich reichte sogar die Vereinbarung der Schuld in einer öffentlichen Schuldurkunde aus24 . Da vertragliche Pfandrechte nach rezipiertem römischem Recht durch bloße Vereinbarung ohne jeden Traditionsakt begründet werden konnten, bestand keine praktische Notwendigkeit, sich bei der Begründung auf einzelne Stücke festzulegen; vielmehr ließ sich ohne Weiteres die Haftung des gesamten Vermögens vereinbaren. Dies sowie die Anerkennung gesetzlicher Hypotheken zugunsten von Minderjährigen und Ehefrauen am gesamten Vermögen ihres Vormundes bzw. Ehemanns25 verhalf auch den vertraglichen Generalhypotheken zu weiter Verbrei19   Vgl. Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  51 ff. Die corvées waren zwar überwiegend als die Person belastende Pflichten, teilweise jedoch auch als auf einem Grundstück ruhende Lasten konzipiert. 20   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  56. 21   Loysel, Institutes Coustumières, III. Livre, Titre VII, No.  I und II (S.  41): »Il y a deux sortes de gage; vif & mort. Vifgage est qui s’acquitte de ses issuës, Mortgage qui de rien ne s’acquitte.« 22   Vgl. Hedemann, Fortschritte II/2, S.  67 f., 74 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 23   Vgl. nur Zachariae von Lingenthal, Handbuch des Französischen Civilrechts, §  580 (Bd.  III S.  453) = Le Droit Civil Français, §§  271 f. (Bd.  II S.  47 f.), 786 (Bd.  V S.  120), 841 (Bd.  V S.  277). 24   Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction au Titre XX, Tz.  3, 7 ff. (S.  744 ff.): ».  .  . ou exprimée ou sous-entendue« (Tz.  3); Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 226. 25   S. z. B. Loysel, Institutes Coustumières, III. Livre, Titre II, No.  X VI (S.  42): »Les mineurs

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tung26 . Allerdings durfte die Haftung des gesamten Vermögens nicht zu dessen völliger Immobilisierung führen. Es bot sich daher an, den Gläubigern keine unbegrenzte Weiterverfolgung zwischenzeitlich veräußerter Gegenstände zu gestatten. Dabei ging man so weit, beim Pfandrecht an beweglichen Sachen das Folgerecht von vornherein auszuschließen 27 – eine Lösung, die auch der Code civil übernehmen sollte28 . Der vollstreckungsrechtliche Ansatz und die Beschränkung des Folgerechts sind vermutlich der Grund, weshalb einer verbesserten Gläubigerstellung am Gesamtvermögen nicht selten der Charakter eines eigenständigen dinglichen Rechts mit Folgerecht und Verwertungsmonopol fehlte, was wie im römischen Recht neben den dinglichen Pfandrechten ein System der Vollstreckungsprivilegien zur Entstehung brachte. Neben den Gerneralprivilegien und -hypotheken erhielten sich Spezialpfandrechte vor allem in der Form von Besitzpfandrechten, die dem Gläubiger die Nutzungen des Pfandobjekts zuwiesen. Mit dem vollstreckungsrechtlichen Ansatz steht ferner in Einklang, dass alle Pfandrechte – wie auch in den meisten deutschen Partikularrechten bis zur Entwicklung der Grundschuld – akzessorische Sicherheiten waren 29. Die Belastung, die das Fehlen von Publizität für den Rechtsverkehr bedeutete, war wohl nur deshalb überhaupt tragbar, weil unter dem Feudalsystem ein Großteil des Güteraustausches nicht den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln folgte. Zudem half eine Art Aufgebotsverfahren, das zunächst nur dem Erwerber in der Zwangsvollstreckung, später jedem Erwerber eine »Reinigung« des Grundstücks von den unbekannten Grundstücksbelastungen erlaubte30 und ebenfalls Eingang in den Code civil finden sollte31.

& les femmes ont hypotheque taisible & priuilegee sur les biens de leurs tuteurs & maris du jour de la tutele, & contract de mariage.« 26   Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction au Titre XX, Tz.  4, 6 (S.  744). 27   Loysel, Institutes Coustumières, III. Livre, Titre II, No.  V (S.  41): »Meubles n’ont point de suitte par hypothecque quand ils sont hors de la possession du debteur.« Ebenso Domat, Les Loix Civiles dans leur Ordre Naturel, Livre III, Titre I, Section I (S.  169): »Meuble n’a point de suite par hypotheque«. 28   Art.  2119 Code civil 1804 = Art.  2398 Code civil 2006: »Les meubles n’ont pas de suite par hypothèque.« 29   Domat, Les Loix Civiles dans leur Ordre Naturel, Livre III, Titre I, Section I, No.  2–4 (S.  172–174): »Les hypotheques sont pour l’assurance des obligations«; Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction au Titre XX, Tz.  1 (S.  743): »L’hypothèque, ou droit de gage, est le droit qu’a un créancier dans la chose d’autrui de la faire vendre en Justice, pour, sur le prix, être payé de ce qui lui est dû.« (Hervorhebung hinzugefügt), s. a. Tz.  25 ff. (S.  742 f.). 30   Gesetzgeberische Anerkennung und Verallgemeinerung durch das Edit des hypothèques von 1771, das die »lettres de ratification« (und das Amt des »conservateur des hypothèques«) einführte; dazu Merlin, Répertoire universel VII, Stichworte »Déclaration d’Hypothèque N° II« (S.  93–98) und »Décrets d’immeubles« (S.  129–139); Hedemann, Fortschritte II/2, S.  69 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 31   Art.  2181 ff. Code civil 1804 = Art.  2475 ff. Code civil 2006; dazu unten bei Fn.  78.

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Kapitel 5:  Die Entwicklung in Frankreich

3.  Treuhand Man wird annehmen dürfen, dass auch in Frankreich die Treuhand zu Sicherungszwecken Vorläufer des Pfandrechts war. Später erhielt sie sich aber neben diesem jedenfalls keine größere Bedeutung mehr. Ebenso werden Formen der Verwaltungstreuhand durch Leiheverhältnisse, nicht zuletzt auch solche des Feudalsystems, ersetzt worden sein. Ansatzweise existierte die Treuhand im Recht der Fideikommisse, wo der Erbe oder Vermächtnisnehmer bei voller Rechtsträgerschaft die erlangten Vermögensgüter zu erhalten und nach seinem Tode den Nachkommen der Familie zu hinterlassen hatte; weitere Anwendungsfälle der Treuhand kannte das Ancien Droit hingegen wohl nicht32 .

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Die grundherrschaftliche Gerichtsbarkeit hatte am Vorabend der Revolution außerhalb der Angelegenheiten, in denen feudalistische Rechte und Pflichten in Rede standen, weitgehend ihre Bedeutung verloren; an ihre Stelle waren königliche Gerichte getreten 33 , für die seit der Grande ordonnance sur la procédure von 1667 einheitliche Regeln galten 34 . Man unterschied dingliche und persönliche Klagen 35 . Der Kläger musste sich, ganz im Sinne eines aktionenrechtlichen Verständnisses, für eine bestimmte Klage entscheiden 36 . Dies hatte sicher eine gewisse typisierende Wirkung. Angesichts der untergeordneten Rolle eines Privatrechtsverkehrs zwischen gleichgeordneten Subjekten war deren Einfluss auf das Sachenrecht indes wohl nicht allzu stark. 2.  Verfügungsgeschäfte Eine eigentümliche Entwicklung nahm das Recht der Verfügungsgeschäfte. Mit Ausnahme Nordfrankreichs und Belgiens37 trat an die Stelle der germanischen   Vgl. Bureau, Le contrat de fiducie, Première partie, Text bei Fn.  3.   Vgl. Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  44 ff. 34   Ordonnance civile touchant la réformation de la justice, Grande ordonnance de Saint-Germain-en-Laye vom April 1667, genannt Code Louis (XIV); Überblick bei Glasson/Tissier, Procédure Civile I, S.  58 f. 35   Vgl. Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction générale, Tz.  110 (S.  54). 36   Vgl. etwa Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction générale, Tz.  111 ff. (S.  54 ff.): »Il y a autant d’especes d’actions réelles à l’égard des choses particulières, comme il y a de différents droits dans une chose« (Tz.  112); Introduction au Titre XIII, Tz.  11 (S.  392): action confessoire und action négatoire bei servitudes. 37   Zur Auflassung in Belgien und den nordfranzösischen pays de nantissement s. Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 224 ff. In der Bretagne galt für die Übertragung von Grundeigentum das »régime de l’appropriance«, nach dem es dreier sonntäglicher Proklamationen (»bannies«) nach der »grand’messe« bedurfte; Anwesende mussten innerhalb von acht Tagen, Abwesende innerhalb eines Jahres Einwände erheben (Art.  269 de la coutume de Bretagne); s. Merlin, Répertoire universel II, Stichwort »Appropriance« (S.  1–21). 32 33

A.  Die Rechtslage bis zur Französischen Revolution

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Formalakte schon bald die traditio des römischen Rechts. Zunächst noch als Übertragung des tatsächlichen Besitzes verstanden und daher dem Gewererecht verwandt, ließen nun Wissenschaft und Praxis für die traditio später auch eine rein vergeistigte Form der Besitzübertragung ausreichen. War es aber den Parteien möglich, durch einfache Vereinbarung den Besitz zu übertragen und damit die für den Rechtsübergang erforderlichen Voraussetzungen der traditio zu erfüllen, so bot sich die Möglichkeit, schon in die Urkunde über Kauf, Tausch, Schenkung oder das sonstige Grundgeschäft auch die Vereinbarung des Besitzwechsels (»dessaisine saisine«) oder eines Besitzkonstituts aufzunehmen und so dem Käufer sofort das in Rede stehende dingliche Recht zu verschaffen. Hierdurch erübrigte es sich, zum Schutz des Erwerbers seinen Anspruch auf Erwerb der Sache dergestalt zu verdinglichen, dass – wie unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht – der beeinträchtigende Erwerb eines bösgläubigen Dritten versagt wurde; dem Veräußerer war diese Gestaltung nur bei Kreditierung der Gegenleistung nachteilig, sofern die Gegenleistung nicht selbst Voraussetzung zum Erwerb war. Die in Frankreich schon früh hochentwickelte Kautelarpraxis, die nicht zuletzt einem traditionsreichen qualifizierten Notariat zu verdanken war38 , ging nun bei Immobilien dazu über, standardmäßig mit dem Grundgeschäft zugleich den Besitzwechsel zu vereinbaren. Damit war der Weg zum späteren reinen Konsensprinzip wenn nicht vorgezeichnet 39, so doch jedenfalls geebnet40 . Bis zum Erlass des Code civil blieb indes vielfach doch zumindest noch im Ausgangspunkt das Traditionsprinzip vorherrschend41. Die typisierende Wirkung einer tatsächlichen traditio ist nun aber bereits recht schwach. Im Falle von brevi manu traditio oder Besitzkonstitut in der Urkunde über das Grundgeschäft verweist der Verzicht auf jeglichen eigenständigen Akt, der über deren bloße Vereinbarung hinausging, die Regeln über Verfügungsgeschäfte ganz auf eine eventuelle Typizität der Grundgeschäfte. Eine eigene typisierende Wirkung des Verfügungsgeschäfts fehlt hier mithin. Die Bestellung vertraglicher Pfandrechte setzte nach der Rezeption gemäß dem römischen Vorbild schon keine traditio voraus, sondern erfolgte allein aufgrund der Parteieinigung, bei Hypotheken durch Notariatsakt. Wie auch in Deutschland, führte dies zur zunehmenden Verwendung von Generalhypotheken, die für Dritte nicht erkennbar waren und daher einerseits die Kreditwürdigkeit des   S. nur Murray/Stürner, The Civil Law Notary, S.  15 ff. m.Nw.   So die traditionelle Deutung, z. B. Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 223; Hedemann, Fortschritte II/2, S.  66 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst); s. a. Sacco, Riv. Dir. Civ. 25 (1979), Parte Prima, 442, 461 ff.; Marutschke, Übertragung dinglicher Rechte und gutgläubiger Erwerb .  .  ., S.  19. Dagegen aber Bucher, ZEuP 1998, 615, 638 ff., 651 ff.; Harke, RabelsZ 72 (2008), 326, 350: Konsensprinzip als »elegante« (Bucher, a.a.O., S.  666) Lösung, die traditionelle Gefahrtragungsregel periculum emptoris mit der Eigentümerstellung in Einklang zu bringen. 40   Immerhin eine »höchstens mittelbare Wirkung« für die Mobiliarübereignung anerkennt auch Bucher ZEuP 1998, 615, 641. 41   Vgl. Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  427 f. mit Verweis auf die Schriften Pothiers; auch die Entwürfe Cambacérès’ gingen noch von einer Übergabe aus, vgl. Charmatz, Zur Geschichte und Konstruktion der Vertragstypen im Schuldrecht, S.  145 Fn.  93. 38 39

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Schuldners untergruben, andererseits wegen des Schutzes gutgläubiger Dritterwerber auch für den Hypothekengläubiger in ihrem Wert unsicher waren. Der Versuch des Edikts vom 21. März 167342 , im Interesse des Gläubigerschutzes durch die Einführung von Hypothekenregistern Publizität herzustellen, stieß auf den Widerstand des Adels, der seine Kreditbedürftigkeit nicht offenlegen wollte, und des Notariats, das um seine Pfründen fürchtete. Schon ein Jahr später, im April 1674, wurde das Edikt widerrufen. Damit verblieb es für die Hypothekenbestellung beim Notariatsakt43 . Dieses Erfordernis mag je nach Selbstverständnis des Notars typisierend gewirkt haben; da man für das Grundgeschäft aber zunehmend von Vertragsfreiheit ausging44 , ist schwer vorstellbar, dass die schwachen Regeln über das Verfügungsgeschäft einschließlich des Erfordernisses eines Notariatsakts in nennenswertem Umfang typisierend hätten wirken können.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Das französische Sachenrecht war zunächst Teil der gemeineuropäischen Entwicklung, die vom schwach typisierten, stattdessen die Publizität betonenden germanischen Gewererecht mit seiner Zuweisung verschiedener Nutzungsbefugnisse ausging, unter dem Einfluss des römischen Rechts aber dann Publizität zurückdrängte. Die Wirtschaftsordnung unter dem ausgeprägten Feudalsystem, deren Schwerpunkt nicht auf einem horizontalen Austausch zwischen gleichgeordneten Rechtssubjekten, sondern einer vertikalen Leistungsbeziehung in hierarchischen Verhältnissen lag, erlaubte dabei den Verzicht auf verkehrsfördernde Publizität, ohne im Gegenzug zum Schutz des Rechtsverkehrs wenigstens auf einen strengen Typenzwang hinzudrängen. Zugleich begünstigte die im strengen französischen Feudalsystem angelegte Geringschätzung sachenrechtlicher Publizität und die hochentwickelte Formularpraxis der am römischen Recht geschulten Juristen die Herausbildung des Konsensprinzips, das für die dingliche Rechtsänderung ohne jeden weiteren Akt auskommt. Das Konsensprinzip, aber auch schon die Praxis, eine vergeistigte traditio mit dem Grundgeschäft zu verbinden, lassen die Verfügung nicht mehr deutlich als selbständiges Geschäft in Erscheinung treten; sichtbar ist vielmehr in erster Linie das Grundgeschäft. Bereits vor der Revolution hatte sich indes zunehmend der Gedanke verbreitet, dass für das Grundgeschäft Vertragsfreiheit gelten solle. Die Annahme, für den Inhalt der dinglichen Rechte gelte ein Typenzwang, liegt auch vor diesem konstruktiven Hintergrund nicht nahe. Das Ancien Droit war daher von einer geringen Typizität gekennzeichnet. 42   Edit du 21 mars 1673 portant établissement de greffes pour l’enregistrement des oppositions des créanciers hypothécaires, dit »de Colbert«; vgl. Hedemann, Fortschritte II/2, S.  21 f., 70 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 43   S. zu einem entsprechenden früheren Versuch, dem das gleiche Schicksal bestimmt war, Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 223 f. 44   Überblick bei Busche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, S.  47 f.; näher Grimm, in: La formazione storica del Diritto moderno in Europa, S.  1221, 1232–1238.

B.  Revolution und Code civil

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B.  Revolution und Code civil Während die Französische Revolution im Mobiliarsachenrecht keine grundlegenden Neuerungen mit sich brachte, ließ sich das feudalistisch geprägte Immobiliarsachenrecht des Ancien Droit mit den Gedanken von Freiheit und Gleichheit nicht vereinbaren. Am Vorabend der Revolution war es zwar noch nicht das Feudalsystem, an dem sich die schärfste Kritik entzündete; im Vordergrund stand vielmehr der Ruf nach politischer und bürgerlicher Gleichheit. Um die Unzufriedenheit der Landbevölkerung kümmerte sich das politisch aktive Bürgertum zunächst wenig. Zur Sprache kam das Feudalsystem dann aber in den Eingaben des Dritten Standes an die Generalstände. Dabei forderte der Dritte Stand zunächst nur eine Ablösung der Feudalrechte gegen Entgelt45 . Die Bauernrevolten führten schließlich in der Nacht des 4. August 1789 zu dem eiligen Beschluss, alle Feudalrechte aufzuheben46 . Die Revolution hätte sich indes schwerlich hierauf beschränken können, ohne auch das überkommene Grundstücksrecht neu zu ordnen, waren doch die feudalherrlichen Gerechtigkeiten vielfach mit einem Recht an Grund und Boden verbunden. Während sämtliche reallastartigen, persönlichen Dienstpflichten noch 1789 abgeschafft wurden47, tat man sich mit einer umfassenden Befreiung des Bodens von den verschiedenen Abgaben, Zwangs- und Bannrechten schwerer. Nur der anhaltende Druck der Landbevölkerung sowie die Bedrohung von außen führten über mehrere Stufen48 zur vollständigen Bodenbefreiung durch das Décret du 17 juillet 179349. Damit waren Verfügungen über Grundstücke plötzlich erleichtert. Aufgrund der Teilung und Veräußerung zuvor konfiszierter Güter der Kirche und der Krone (biens de première origine) sowie der Flüchtlinge, der Deportierten und   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  159 ff., 174 f.   Aulard, La Révolution Française et le Régime Féodal, S.  101 ff.; Mignet, Histoire de la Révolution Française, S.  62–64; Thiers, Histoire de la Révolution Française I, S.  125 ff. Louis XVI widersetzte sich zunächst der Unterzeichnung der entsprechenden Dekrete; sie erfolgte erst am 3. November 1789. Zu allem Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  175 ff. 47   Vgl. den Wortlaut des Art.  1 des Décret des 6–11 août 1789: »L’Assemblée nationale détruit entièrement le régime féodal et décrète que tous les droits et devoirs tant féodaux que censuels, ceux qui tiennent à la mainmorte réelle ou personnelle et à la servitude personnelle et ceux qui les représentent, sont abolis sans indemnité; tous les autres sont déclarés rachetables et les prix et le mode de rachat seront fixés par l’Assemblée nationale. Ceux desdits droits qui ne sont pas supprimés continueront néanmoins à être perçus jusqu’au remboursement.« (Zit. nach Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  182). 48   Insbes. Décret concernant les biens et usages ruraux et la police rurale des 28 septembre, 6 octobre 1791 (»Code rural«), Art.  1er: »Le territoire de France, dans toute son étendue, est libre comme les personnes qui l’habitent .  .  .« (Text z. B. bei Pérot, Le Code rural de 1791, S.  1 f f.). 49   Décret qui supprime sans indemnité toutes les redevances ci-devant seigneuriales et droits féodaux, même ceux conservés par le décret du 25 août 1792 (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], Collection Complète des Lois, Décrets, Ordonnances, Réglemens, Avis du Conseil-d’État VI, Paris 1834, S.  19–24). Umfassende geschichtliche Darstellung bei Aulard, La Révolution Française LXV (1913), 5 ff., 104 ff., 289 ff., insbes. 313–325; ders., La Révolution Française et le Régime Féodal, S.  248 ff.; weiter Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  183–242 (Feudalrechte), s. a. S.  257 ff. (Formen der Erbpacht). 45

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der von den Revolutionsgerichten Verurteilten (biens de seconde origine) 50 war zudem die Zahl der verfügbaren Grundstücke sprunghaft angestiegen. Gleichzeitig erlaubte die Aufhebung des Feudalsystems, das auf feste Ansässigkeit hingewirkt hatte, nun örtliche Mobilität. Dies alles rief ein unabweisbares Bedürfnis nach einem leistungsfähigen Grundstücksrecht hervor. Nach der Erörterung verschiedener Modelle entschied man sich schließlich zur Einführung eines Transkriptionssystems, das auf den Registern germanischer Tradition aufbaute, welche sich in den nordfranzösischen pays de nantissement hatten halten können 51. Die Entwicklung verlief dabei indes keineswegs geradlinig. Zunächst schrieb ein Gesetz vom 9. Messidor des Jahres III für ganz Frankreich öffentliche Register auf Ebene der Kommunen vor, in denen zum ersten alle Veräußerungen, zum zweiten alle Hypotheken zu verzeichnen waren52 . Die Umsetzung des Gesetzes scheiterte jedoch 53 , und an seiner Stelle wurde am 11. Brumaire des Jahres VII die Loi sur le régime hypothécaire54 erlassen. Dieses Gesetz hielt zwar an den Grundsätzen von Publizität und Spezialität fest, gab aber den umfassenden Anspruch seines Vorgängers auf. Lediglich für die Drittwirksamkeit bedurfte es danach beim Eigentumsübergang der Transkription, bei Hypotheken der Inskription sowie einer bestimmten Angabe der Haftungssumme und einer bestimmten Bezeichnung der haftenden Grundstücke, die im Eigentum des Schuldners stehen mussten. Auch dieser Ansatz gelangte aber nicht in den Code civil von 1804. Vielmehr fand sich dort – möglicherweise aufgrund eines Redaktionsversehens – keine Vorschrift mehr über die Notwendigkeit einer Transkription für die Drittwirkung von Veräußerungen; das Hypothekenrecht verschrieb sich zwar wieder den Grundsätzen von Publizität und Spezialität, nahm aber – nicht zuletzt aufgrund der Intervention Napoleons – zugleich die Legalhypotheken der Ehefrauen und Minderjährigen vom Eintragungszwang aus55 . Nur in dieser abgemilderten Form fand das neue Grundstücksrecht seinen Weg in den Code civil. 50   Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  166, 171, 176; Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  305 ff. 51   Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 224. 52   Loi du 9 Messidor an III (27. Juni 1795). Interessanterweise kannte dieses Gesetz eine Eigentümerhypothek, die in cédules hypothécaires verbrieft werden konnte, deren Übertragung durch Indossament geschah. S. Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 228 f.; Hedemann, Fortschritte II/2, S.  73–76 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 53   Dazu Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  423, 430. 54   Loi du 11 Brumaire an VII (1. November 1798); dazu Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  420 ff.; weiter wiederum Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 229 f.; Hedemann, Fortschritte II/2, S.  76–79 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 55   S. den Procès verbal de la séance du 12 pluviose an VII (2. Februar 1804), Observations du premier consul, bei Fenet, Recueil complet des travaux préparatoires 15, S.  310: »Ne pourrait-on pas laisser subsister la nécessité de l’inscription pour toutes les hypothèques, hors les hypothèques légales; car la loi doit défendre celui qui ne peut se défendre lui-même? On n’a point répondue à cette question: or la femme, le mineur, sont incapables de veiller à leurs intérêts; et cependant, dans l’état actuel des choses, il ne faut que l’omission d’une formalité pour leur enlever l’hypothèque que la loi a entendu leur assurer.« S. a. die Observations de la section de législation du Tribunat, du 14 ventose an XII (5. März 1804) zu Art.  44 bei Fenet, Recueil complet des tra-

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I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum Mit der Abschaffung des Feudalsystems machte der Revolutionsgesetzgeber das Eigentum auch tatsächlich zu dem individualistischen und absoluten Recht, von dem schon der vorrevolutionäre Eigentumsbegriff des Schrifttums, beeinflusst vom römischen Recht, ausgegangen war56 . Art.  544 des Code civil57 bringt dies in die klassische Formulierung »La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse pas un usage prohibé par les lois ou par les règlements.« Die starke Betonung der Ausschließlichkeit des Eigentums zeigt, dass die die Revolution tragenden Kreise keineswegs eine allgemeine Sozialisierung anstrebten, vielmehr ein wichtiges Ziel gerade der Schutz der Individualgüter vor Enteignung und anderen staatlichen Eingriffen war58 . Dieses Bestreben, das im Widerspruch zu einer entschädigungslosen Abschaffung der patrimonialen Feudalrechte und anderen Grundstücksbelastungen stand, erklärt die letztlich erfolglosen Versuche einer Bodenbefreiung durch Ablösung alter Rechte seitens der zu Eigentümern gewordenen früheren Untereigentümer59. Nur wegen des anhaltenden Drucks der Landbevölkerung wurden schließlich doch alle patrimonialen Feudalrechte und viele andere Lasten ohne Ablösung – und wegen zerrütteter Staatsfinanzen auch weitgehend ohne Entschädigung – aufgehoben. Damit konnte der neue Eigentumsbegriff auch im Immobiliarrecht Wirklichkeit werden. Ober- und Untereigentum, die in allen ihren Formen als Auswüchse des Feudalsystems betrachtet und abgeschafft worden waren, blieben aus dem Sachenrecht verbannt. Selbst bei später wieder anerkannten Instituten vergleichbarer Funktion wie der superficie mit ihrem umfassenden, vererblichen und veräußerlichen dinglichen Nutzungsrecht kehrte die belastete Terminologie nicht zurück, ja die superficie hat nicht einmal eine Regelung im Code civil gefunden60 . Anders als das BGB hatte sich der Code civil indes nicht grundsätzlich gegen Formen des Sondereigentums an Gebäudeteilen gewandt. Er enthielt aber lediglich eine Vorschrift über die Lastentragung61 und ließ im Übrigen Innen- wie Außenvaux préparatoires 15, S.  413–415; weiter Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  426 f.; Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  111 f.; Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 230–232. 56   Vgl. etwa Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction générale, Tz.  100 (S.  47): »On peut définir le droit de propriété, le droit de disposer d’une chose comme bon semble, sans donner atteinte au droit d’autrui, ni aux Loix.« 57   Ursprüngliche Fassung, erlassen durch die Loi 1804-01-27, promulgiert am 6. Februar 1804. 58   Vgl. Art.  X VII der Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen von 1789: »La propriété étant un droit inviolable et sacré, nul ne peut en être privé, si ce n’est lorsque la nécessité publique, légalement constatée, l’exige évidemment, et sous la condition d’une juste et préalable indemnité.« 59   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  194 ff. 60   Vgl. nur Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 18. 61   Art.  664 Code civil 1804: »Lorsque les différens étages d’une maison appartiennent à divers

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verhältnis sowie das Miteigentum an Außenwänden und Dach aufgrund seiner im Schweigen zum Ausdruck kommenden Abneigung gegen jegliches Kollektiveigentum ungeregelt 62 . Eine erste gesetzliche Regelung von 1938 63 wurde 1965 durch ein neues, zwischenzeitlich mehrfach reformiertes Gesetz abgelöst 64 , das die copropriété in Teilen zwingend ausgestaltet, vielfach jedoch auch Raum für individuelle Gestaltung lässt. Den einzelnen Sondereigentümern steht am Gebäude jeweils ausschließliches Eigentum an einer partie privative sowie ein Anteil an den parties communes des Gebäudes zu. Wie in Deutschland begegnet hier also eine Form weniger typisierten Eigentums. Zugleich bereitete diese Regelung der gesetzlichen Rehabilitierung des Miteigentums den Weg, die erst 1976 und somit nach über zwei Jahrhunderten des Abstands zum Ancien Régime erfolgte 65 . 2.  Beschränkte dingliche Rechte Auch bei den beschränkten dinglichen Rechten beobachtet man überall dort einige Kontinuität zwischen vorrevolutionärer Rechtslage und Code civil, wo es sich nicht um Rechtsinstitute handelt, die mit dem Feudalsystem in Verbindung gebracht und daher im Zuge der Bodenbefreiung abgeschafft wurden. a)  Beschränkte dingliche Nutzungsrechte und Reallast Verständlicherweise keine Zukunft im Code civil hatte die Reallast. Sie kann auch nicht auf vertraglicher Grundlage neu vereinbart werden, um eine Rückkehr des Feudalsystems zu verhindern. Die Loi du 11 Brumaire des Jahres VII nahm den ewigen Grundrenten (rentes foncières), die bis dahin von der Bodenbefreiung unberührt geblieben waren, ihren dinglichen Charakter und machte sie zu ablösbaren meubles; ihr Schuldner haftete fortan nur persönlich66 . Art.  529 Abs.  2, 530 des Code civil halten hieran bis heute fest. Die vom Code civil ignorierte Emphyteuse wurde vom Untereigentum zum bloßen Nutzungsrecht 67. propriétaires, si les titres de propriété ne règlent pas le mode de répartitions et reconstructions, elles doivent êtres faites ainsi qu’il suit: Les gros murs et le toit sont à la charge de tous les propriétaires, chacun en proportion de la valeur de l’étage qui lui appartient. Le propriétaire de chaque étage fait le plancher sur lequel il marche; Le propriétaire de premier étage fait l’escalier qui y conduit; le propriétaire de second étage fait, à partir du premier, l’escalier qui conduit chez lui, et ainsi de suite.« 62   Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 317 f. (n°  16). 63   Loi du 28 juin 1938 tendant à régler le statut de la copropriété des immeubles divisés par appartements. 64   Loi n°  65-557 du 10 juillet 1965 fixant le statut de la copropriété des immeubles bâtis, J. O. vom 11. Juli 1965, S.  5950, zuletzt geändert durch Loi n°  2010-788 du 12 juillet 2010, J. O. vom 13. Juli 2010, S.  12905. 65   Loi n°  76-1286 du 31 décembre 1976 relative à l’organisation de l’indivision, J. O. vom 1. Januar 1977, S.  19–23; dazu Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 320 f. (n°  18). 66   Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  155–157 mit Hinweis darauf, dass die Ablösung teilweise schon durch königliche Ordonnancen eingeführt wurde; Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  260–262. 67   Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  263 f.

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Ebenfalls keinen Eingang in den Code civil fand der Begriff der persönlichen Dienstbarkeit. Der Sache nach kennt das französische Recht zwar insbesondere mit dem Nießbrauch, dem Gebrauchsrecht (droit d’usage) und dem Wohnrecht (droit d’habitation) einige solche Institute. Terminologisch werden diese Rechte aber unter dem Begriff der démembrements de la propriété zusammengefasst. Selbst gegenüber den Grunddienstbarkeiten, deren Ausgestaltung – wie die Ausgestaltung der démembrements de la propriété – stark an den Rechtszustand vor der Revolution angelehnt ist68 , ist der Code civil zurückhaltend69. So gilt nicht nur der Grundsatz servitus in faciendo consistere nequit, sondern die Grunddienstbarkeit muss stets dem herrschenden Grundstück selbst zugutekommen; dass sie deren Eigentümer nützt, reicht nicht aus70 . Auch kann die Belastung des dienenden Grundstücks nicht über den ursprünglich gewährten Rechtsinhalt hinaus ausgedehnt werden; ist dessen Eigentümer ausdrücklich zur Herstellung von Einrichtungen oder zur Unterhaltung auf seine Kosten verpflichtet, kann er sich dieser Pflicht immer durch Aufgabe des belasteten Grundstücks an den Eigentümer des herrschenden Grundstücks entledigen71. b)  Pfandrecht Wenig beeinflusst von der Revolution wurden auch die Pfandrechte72 . Schon ihre damalige Einordnung im dritten Buch nach den Schuldverträgen und die Fortführung des vollstreckungsrechtlichen Ansatzes73 weist darauf hin, dass sie als Mittel zur Besicherung einer Forderung akzessorisch blieben74 , was auch angesichts des vom Code civil übernommenen sachenrechtlichen Konsensprinzips naheliegt, begünstigt dieses doch ein Durchschlagen des Geschäftszwecks auf die dingliche Seite. Der Code civil von 1804 trennte dabei die Regelungen des Besitzpfandes (nantissement) an Mobilien (gage) und Immobilien (antichrèse) von denjenigen der »causes légitimes de préférence« am Erlös aus den Gütern des Schuldners, die nur 68   S. z. B. oben Fn.  17 zur Regelung des Nachbarrechts mittels gesetzlicher Servituten; vgl. weiter Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction générale Tz.  106 (S.  52). 69   S. nur Art.  638 Code civil: »La servitude n’établit aucune prééminence d’un héritage sur l’autre.« 70   Art.  686 Abs.  1 Code civil: »Il est permis aux propriétaires d’établir sur leurs propriétés, ou en faveur de leurs propriétés, telles servitudes que bon leur semble, pourvu néanmoins que les services établis ne soient imposés ni à la personne, ni en faveur de la personne, mais seulement à un fonds et pour un fonds, et pourvu que ces services n’aient d’ailleurs rien de contraire à l’ordre public.« (Hervorhebung hinzugefügt). 71   Art.  702, 701 Halbs. 2 sowie Art.  699 Code civil. 72   Vgl. Pothier, Coutume d’Orléans, Introduction au Titre XX Tz.  2 (S.  743 f.) mit Art.  2071 ff. Code civil 1804. 73   S. den an der Spitze der besitzlosen Realsicherheiten (Hypotheken und Privilegien) stehenden Art.  2093 Code civil 1804: »Les biens du débiteur sont le gage commun de ses créanciers; et le prix s’en distribue entre eux par contribution, à moins qu’il n’y ait entre les créanciers des causes légitimes de préférence.« Dazu oben bei Fn.  22 und Hedemann, Fortschritte II/2, S.  68 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 74   S. Art.  2071 (»pour sûreté de la dette«), Art.  2114 (»immeubles affectés à l’acquittement d’une obligation«) Code civil 1804.

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aus gesetzlich vorgesehenen Privilegien oder aus Hypotheken folgen konnten. »Causes légitimes de préférence« waren im Ausgangspunkt – wiederum ganz wie im Ancien Droit – an Mobilien wie Immobilien möglich; die Hypotheken beschränkten sich aber auf Immobilien und den Nießbrauch an Immobilien und zerfielen ihrerseits in solche gesetzlichen, gerichtlichen und vertraglichen Ursprungs. Während die Privilegien und die gesetzlichen und gerichtlichen Hypotheken sowohl alle als auch nur bestimmte Güter erfassen konnten und zur Sicherung einer genau bestimmten Forderung oder auch aller Forderungen aus einem mehr oder weniger eng umschriebenen Rechtsverhältnis in Betracht kamen, galt bei den vertraglichen Hypotheken in beiderlei Hinsicht nunmehr immerhin das Spezialitätsprinzip75 . Neben der gewöhnlichen vertraglichen Hypothek kannte der Code civil noch eine eigene Höchstbetragshypothek 76 , die aber keine besondere Bedeutung erlangte; Inhaber- und Orderhypotheken ist der Gesetzgeber entgegengetreten. Die vielfältigen Privilegien, die den Hypotheken ohne Rücksicht auf deren Bestellungszeitpunkt vorgingen und deren Rang untereinander sich nicht nach dem Prioritätsprinzip, sondern streng akzessorisch nach der Forderungsart richtete77, sowie die gesetzlichen und gerichtlichen Hypotheken waren als solche zwar jeweils typisiert. Sie höhlten aber doch die belasteten Rechte auf schlecht vorhersehbare und uneinheitliche Weise aus, weshalb der Code civil aus gutem Grund das Hypothekenbereinigungsverfahren beibehielt78 . Bis zur letzten großen Reform der Immobiliarpublizität im Jahre 195579 behinderten insbesondere die Privilegien den Bodenkredit, da sie keiner Eintragung bedurften und stets Vorrang genossen. Die Reform schaffte die meisten der allgemeinen Immobiliarprivilegien ab und gestattete den verbliebenen nur subsidiär Zugriff auf das Grundvermögen80 ; die abgeschafften allgemeinen Privilegien und die speziellen Immobiliarprivilegien wur-

75   Zum zwischenzeitlichen Missbrauch summarischer Bezeichnungen, die faktisch einen Bruch mit dem Spezialitätsgedanken darstellten, s. Hedemann, Fortschritte II/2, S.  9 0 f., 126 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 76   Vgl. Art.  2132 Code civil 1804: ».  .  . si la créance .  .  . est indéterminée dans sa valeur, le créancier ne pourra requérir l’inscription .  .  . que jusqu’à concurrence d’une valeur estimative par lui déclaré expressément .  .  .«; s. jetzt Art.  2423 Abs.  1 Code civil 2006. 77   Art.  2095 f. Code civil 1804 = Art.  2324 f. Code civil 2006. 78   Art.  2181 ff. Code civil 1804 = Art.  2475 ff. Code civil 2006; zur Herkunft oben bei Fn.  30 und Hedemann, Fortschritte II/2, S.  92 f. (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst). 79   Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière; Décret n°  55-1530 du 14 octobre 1955 pour l’application du décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière. 80   Art.  2104 f. Code civil 1955 = Art.  2357 f. Code civil 2006: Frais de justice und Arbeitnehmer (zudem Superprivileg gem. Art. L. 3253-2 Abs.  1 Code du travail 2008 [früher Art. L. 143-10 Abs.  1 Code du travail]), weiter urheberrechtliche Ansprüche (Art. L. 131-8 Code de la propriété intellectuelle [früher Art.  58 Loi n°  57-298 du 11 mars 1957 sur la propriété littéraire et artistique]).

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den ausdrücklich81 oder de facto 82 in publikationspflichtige gesetzliche Hypotheken umgewandelt. An der dargestellten Rechtslage hatte sich, abgesehen von den Reformen der publicité foncière 83 und der spezialgesetzlichen Einführung zahlreicher Pfandschein- und Registerpfandrechte 84 , über zweihundert Jahre kaum Wesentliches geändert. Im Jahre 2006 reformierte der französische Gesetzgeber dann umfassend das gesamte Kreditsicherheitenrecht und führte es in einem neuen vierten Buch zusammen85 . Bei den dinglichen Sicherheiten, denen der zweite Titel des vierten Buches gilt, folgt die Systematik des Code civil nun der Unterscheidung von Mobiliar- und Immobiliarsicherheiten und trennt auf einer nächsten Ebene zwischen den Spezial- und Generalprivilegien und den eigentlichen Sicherheiten, zu denen auch der nunmehr in den Code civil überführte Eigentumsvorbehalt gezählt wird. Terminologisch ist gage jetzt das vertragliche Pfandrecht an körperlichen Mobilien, nantissement das vertragliche oder gerichtliche Pfandrecht an unkörperlichen Mobilien. Für Immobilien bleibt es bei der – heute praktisch be-

81   Art.  2121 5° Code civil 1965 = Art.  2400 5° Code civil 2006, Art.  15 Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière; Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 D 403 f. 82   Art.  2103, 2111 Code civil 1955 = Art.  2347, 2383 Code civil 2006. Vgl. Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 D 412–426 m.Nw. 83   Zu den Reformen von 1855, 1935, 1955 s. den Überblick bei Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 C 8–12. 84   Lagerpfandschein: Loi du 28 mai 1858 sur les négociations concernant les marchandises déposées dans les magasins généraux, seit 1945 Art.  24 Ordonnance n°  45-1744, heute Art. L. 52228 Code de commerce 2000; warrant agricole: Loi du 18 juillet 1898 sur les warrants agricoles, heute Art. L. 342-1 Code rural (nouveau); warrant hôtelier: Loi du 8 août 1913 relative au warrant hôtelier, heute Art. L. 523-1 ff. Code de commerce 2000; warrant pétrolier: Loi du 21 avril 1932 créant des warrants pétroliers, heute Art. L. 524-1 ff. Code de commerce 2000; warrant industriel: Art.  2 Loi du 12 septembre 1940 sur le financement des fabrications de démarrage faisant l’objet de lettres d’agrément; Kaufpreissicherung bei bestimmten Kraftfahrzeugen: Décret n°  53968 du 30 septembre 1953 relatif à la vente à crédit des véhicules automobiles, heute allgemein für das Pfandrecht an Kraftfahrzeugen Art.  2351 ff. Code civil 2006; Kaufpreissicherung bei outillage und matériel d’équipement professionnel: Loi n°  51-59 relative au nantissement de l’outillage et du matériel d’équipement, heute Art. L. 525-1 ff. Code de commerce; fonds de commerce: Loi du 17 mars 1909 relative à la vente et au nantissement des fonds de commerce, heute Art. L. 1421 ff. Code de commerce 2000; Binnenschiffe: Art.  11 Loi du 5 juillet 1917 relative à l’immatriculation des bateaux de rivière et hypothèque fluviale, danach Art.  95 ff. Code des voies navigables et de la navigation intérieure vom 16. Oktober 1956, seit 1964 unter dem Titel Code du domaine public fluvial et de la navigation intérieure; Seeschiffe: Loi du 10 décembre 1874 sur l’hypothèque maritime, heute Art.  43 ff. Loi n°  67-5 du 3 janvier 1967 relative au statut des navires et autres bâtiments de mer; Luftfahrzeuge: Art. L. 122-1 ff. Code de l’aviation civile vom 30. März 1967. 85   Ordonnance n°  2006-346 du 23 mars 2006 relative aux sûretés; das bisherige, durch die Ordonnance n°  2002-1476 du 19 décembre 2002 mit Wirkung ab 1. Juni 2004 angefügte vierte Buch mit den Bestimmungen für Mayotte wurde gem. Art.  1 Abs.  1 zum fünften Buch. An der Spitze des gesamten Kreditsicherheitenrechts steht nunmehr die Bestimmung über das »gage commun« (Art.  2285 Code civil 2006), auch wenn die Dogmatik seit langem davon abgerückt ist, die Haftung als ein wirkliches »droit réel de gage« anzusehen (s. nur Simler, JCP G 2006, I, 124 n°  3 [S.  597]: »norme de référence«).

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deutungslosen86 – Antichrese als vertragliches Nutzungspfand und den vertraglichen, gerichtlichen und gesetzlichen Hypotheken. Inhaltlich ließ die Reform die überkommenen Sicherheiten nahezu unangetastet87. Grundsätzlich beibehalten wurde insbesondere die Akzessorietät88 . Allerdings schwächte der Reformgesetzgeber schon die Akzessorietät der gewöhnlichen Hypothek im Interesse des Geschäftsverkehrs deutlich ab89. Darüber hinaus schuf er mit der hypothèque rechargeable eine Form der Vertragshypothek, die im Rahmen des einmal eingetragenen Höchstbetrages nacheinander zur Sicherung verschiedener Forderungen eingesetzt werden kann, welche demselben oder verschiedenen Gläubigern zustehen können90 . Die hypothèque rechargeable erlischt zwar nach dem Gesetzeswortlaut nicht mit der gesicherten Forderung91, sondern kann vom jeweiligen Eigentümer zur Sicherung neuer Kredite unter Beibehaltung ihrer Rangstelle92 wiederverwendet werden. Ohne Valutierung scheint indes lediglich eine formelle Position, nicht aber materiell ein neuartiges dingliches Recht zu existieren93 . Gegenüber der jeweiligen Neubestellung gewöhnlicher Hypotheken wahrt die hypothèque rechargeable damit zum einen die Rangstelle, zum anderen bringt sie dem Schuldner ein einfacheres und kostengünstigeres – allerdings gegenüber der formfreien neuen Zweckabrede bei einer Grundschuld noch immer beschwerliches und teures – Verfahren. Eine weitere Neuerung ist der prêt viager hypothécaire 94 . Hier wird ein hypothekarisch gesicherter Privatkredit so ausgestaltet, dass Kapital und Zinsen nur bei Tod des Kreditnehmers oder Veräußerung der belasteten Immobilie fällig werden, in ihrer Höhe auf den Wert des Grundstücks beschränkt sind und sich der Gläubiger nur aus dem Grundstück befriedigen kann, einen eventuellen Ausfall also zu tragen hat, während ein Überschuss an den Eigentümer geht. Innerhalb der Regelung über die Hypothek war hier lediglich die volle Berücksichtigung aller 86   S. nur Simler, JCP G 2006, I, 124 n°  17; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  14 a. E. (S.  916). 87   S. aber z. B. Art.  2348 Code civil 2006: Zulässigkeit einer Verfallsabrede. 88   Vgl. Art.  2333, 2347 f., 2355 Abs.  1, 2387, 2393 Abs.  1 Code civil 2006. 89   S. etwa Art.  2328-1 Code civil 2006: »Toute sûreté réelle peut être constituée, inscrite, gérée et réalisée pour le compte des créanciers de l’obligation garantie par une personne qu’ils désignent à cette fin dans l’acte qui constate cette obligation.« (wohl nicht nur allgemeine Vertretungsregel, sondern Abschwächung der Akzessorietät Forderungsgläubiger – Sicherheiteninhaber [Treuhand]); Art.  2421 Abs.  1 Code civil 2006: »L’hypothèque peut être consentie pour sûreté d’une ou plusieurs créances, présentes ou futures. Si elles sont futures, elles doivent être déterminables.« (eine Hypothek für mehrere Forderungen); s. a. Art.  2424 Code civil 2006. 90   Art.  2422 Code civil 2006; Überblick bei Simler, JCP G 2006, I, 124 n°  19; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  14 (S.  916). 91   Art.  2488 1° a. E. Code civil 2006. 92   Vgl. Art.  2422 Abs.  5 Code civil 2006: »[La publication de la convention de rechargement] détermine, entre eux, le rang des créanciers inscrits sur l’hypothèque rechargeable.« (Hervorhebung hinzugefügt). 93   Die Lösung ähnelt insofern derjenigen von §  84 des bayerischen Hypothekengesetzes von 1822: »Der Schuldner kann nach erloschener, aber im Hypothekenbuche noch nicht gelöschter Hypothek den Rang dieser Hypothek einem Anderen, auch einem neueren Gläubiger, jedoch für keine größere Summe, einräumen.«). 94   Art. L. 314-1 ff. Code de la consommation 2006; dazu Simler, JCP G 2006, I, 124 n°  20.

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Zinsen und nicht nur derjenigen der letzten drei Jahre mit gleichem Rang wie das Kapital sicherzustellen95 ; im Übrigen schlagen aber die verschiedenen zwingenden Vorgaben im Code de la consommation auf die dingliche Lage durch und geben dieser Hypothek doch einen eigentümlichen Charakter. c)  Numerus clausus der beschränkten dinglichen Rechte? Revolution und Kodifikation begünstigten zweifellos die Idee eines numerus clausus dinglicher Rechte, die zuvor keine bedeutende Rolle gespielt hatte. Das Verbot neuer, vom Code civil nicht vorgesehener dinglicher Rechte ließ sich nun auch damit begründen, eine Rückkehr des Feudalsystems zu verhindern, indem die privatautonome Begründung solcher Rechte, die eine entsprechende Bindung des Vermögens vorsahen, ausgeschlossen wurde96 . Allerdings konnte sich im französischen Recht trotz einer dies nahelegenden Vorschrift97 und des historischen Hintergrunds auch nach der Revolution nicht dauerhaft ein allgemein geltender Typenzwang durchsetzen, der nur die gesetzlich vorgesehenen dinglichen Rechte zuließ. Vielmehr bevorzugte man offenbar den umgekehrten Weg, indem die Neubegründung bestimmter missbilligter Rechte ausdrücklich verboten wurde. Im Code civil findet sich ein solches Verbot in Art.  239498 , der andere als die gesetzlich vorgesehenen besitzlosen Sicherheiten an Immobilien ausschließt. Dementsprechend konnten im Grundsatz dort, wo kein Verbot galt, neue dingliche Rechte begründet werden. So hat das französische Recht in der Folge insbesondere mit superficie und indivision organisée einige gesetzlich nicht explizit vorgesehene dingliche Nutzungsrechte anerkannt, obwohl doch gerade hier die Nähe zum geteilten Eigentum ins Auge fällt99. Der an sich einem sachenrechtlichen numerus clausus günstige Gedanke, dass nicht beliebige Rechte Drittwirksamkeit haben sollten und eine gewisse Publizität sicherzustellen sei, ging mithin nicht in einem Typenzwang auf, sondern behielt seine Selbständigkeit. Daher finden sich in den Diskussionen vielfach unmittelbar die Argumente der Drittwirksamkeit und Publizität; die Frage der Vereinbarkeit von Neuentwicklungen mit einem Typenzwang wird hingegen eher selten gestellt100 oder gar ein Typenzwang ganz abge  Art.  2432 Abs.  2 Code civil 2006.   Vgl. nur de la Marnierre, D. 1993, J., 65, 66 li.Sp.; Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 17. 97   Art.  543 Code civil: »On peut avoir sur les biens, ou un droit de propriété, ou un simple droit de jouissance, ou seulement des services fonciers à prétendre.« Dazu z. B. Wolff, in: Heinsheimer, Die Zivilgesetze der Gegenwart I, zu Art.  543 Code civil (S.  152); Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 353 f. (n°  51), der allerdings von einem Typenzwang ausgeht. 98   Code civil 2006 = Art.  2115 Code civil 1804. 99   S. Ferid, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 20 (insoweit nicht in die 2.  Aufl. übernommen). Auch haben Gerichte Nutzungsrechte anerkannt, die nach Erlass des Code civil, aber vor dem ausdrücklichen Verbot durch den Code forestier von 1857 begründet wurden: Paris vom 31. Oktober 1913, D. P. 1915, 2, 84 (droit de prélever des mousses et des bruyères, begründet am 1. Februar 1831); abweichend Cass. crim. vom 20. Dezember 1902, D. P. 1906, 1, 426 (Weiderecht vom 15. Februar 1835) gegen die Cour d’appel de Pau als Vorinstanz. 100   S. aber z. B. Schnitzer, Rev. crit. DIP 1965, 479, 485 zum Trust. 95

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lehnt101. Schon deshalb muss beim deutschen Beobachter der Eindruck entstehen, dass die Typizität in Frankreich weniger stark ausgeprägt sei als in Deutschland102 . Indes bleibt doch ein Unbehagen gegenüber neuen dinglichen Rechten unverkennbar103 . Die außergesetzlichen Neuentwicklungen beschränken sich im Wesentlichen auf die Formen der superficie und der copropriété; gerade bei den Sicherungsrechten hat hingegen keine Ausdehnung stattgefunden. Im Ergebnis scheint in Frankreich neben einem eher schwachen Typenzwang vielfach der Publizitätsgedanke auf die Möglichkeit individueller Gestaltung eine ähnlich begrenzende Wirkung zu haben, wie der strengere sachenrechtliche numerus clausus des deutschen Rechts104 . 3.  Treuhand Schon im Hinblick auf das Konsensprinzip, dem sich nach den Vorboten am Ausgang des Ancien Régime der Code civil dann voll verschrieb, ließ sich die über den eigentlichen Geschäftszweck hinausgehende Übertragung von Rechten schlecht konstruieren, musste doch der schuldrechtlich vereinbarte, weniger weitgehende Zweck eigentlich auf die dingliche Seite durchschlagen105 . Es kann daher nicht verwundern, wenn die Rechtsprechung gegenüber Formen der Treuhand starke Zurückhaltung zeigte. Zwar wurde das Konsensprinzip in der Diskussion nicht direkt bemüht, vielmehr sah die Rechtsprechung beispielsweise in der Sicherungs­ 101   S. Ghestin, D. 1981, Chron., 1, 8 f. n°  31 mit Hinweis auf Cass. req. vom 13. Februar 1834, S.  1834, 1, 205, 206: »Attendu, en droit, que les art. 544, 546 et 552, Cod. civ., sont déclaratifs du droit commun relativement à la nature et aux effets de la propriété, mais ne sont pas prohibitifs; – Que ni ces articles, ni aucune autre loi, n’excluent les diverses modifications et décompositions dont le droit ordinaire de propriété est susceptible; .  .  .«. S. etwa auch Cass. civ. 3e vom 4. März 1992, D. 1992, J., 386, note C. Atias (caractère »réel et personnel« d’un »droit de jouissance exclusif et privatif« innomé); Cass. civ. 3e vom 25. März 1992, D. 1993, J., 65 note E. S. de la Marnierre (droit aux secondes herbes). Dies entspricht sicher dem Geist einer Rechtsordnung, die der Vertragsfreiheit einen hohen Stellenwert beimisst und dem Konsensprinzip folgt; s. dazu auch unten sowie Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 213 (1953). Zu allem auch Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  161–168. 102   S. etwa Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 16. Dass in Frankreich das Prinzip des numerus clausus nicht gelte, nehmen z. B. auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, §  2 II 1 (S.  9 Fn.  5) an. 103   Vgl. Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 364 (n°  60): »[S]i [le nombre des droits réels] s’accrut de façon significative après 1804, .  .  ., ce fut toujours sous le couvert d’un numerus clausus chaque fois invoqué – qui est à lui seul fort significatif d’un persistant malaise à l’égard du démembrement.« 104   Von der grundsätzlichen Geltung eines Typenzwangs ausgehend auch Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  7 (S.  913). 105   Anders Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S.  206, nach denen das Konsensprinzip »an sich den Weg frei [macht] für die Anerkennung von Vorbehalt und Übertragung des Eigentums zu Sicherungszwecken, ohne dass es einer Einräumung des unmittelbaren Besitzes bedürfte.« Die Unterschiede zwischen Konsensprinzip einerseits, Trennungsund Abstraktionsprinzip andererseits betreffen jedoch weniger die Besitzeinräumung, also den Publizitätsakt, als die Frage, ob der eigentliche, auf Sicherung oder Verwaltung beschränkte Geschäftszweck überschießende dingliche Rechtsmacht erlaubt.

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übereignung einen Verstoß gegen das Verbot der Verfallsabrede106 . Die Gleichsetzung mit der Verfallsabrede, bei der ja der Sicherungsnehmer vor Eintritt des ausbedungenen Verfalls gerade noch kein Vollrecht innehat, deutet aber doch auf ein vom Konsensprinzip geprägtes Verständnis hin. In dieselbe Richtung geht die Geschichte des Eigentumsvorbehalts (clause de réserve de propriété) 107. Unter einem strengen Konsensprinzip müsste es sich um einen bedingten Kauf handeln108 , wobei jedoch eine auflösende Bedingung nach Eröffnung des Käuferkonkurses wohl ihrer Wirkung beraubt wäre109, eine aufschiebende Bedingung hingegen das Bestehen vertraglicher Verpflichtungen vor der vollständigen Zahlung zweifelhaft machen würde110 . Nun wird zwar das Konsensprinzip in Frankreich nicht derart streng gehandhabt. Vielmehr hielten Rechtsprechung und Literatur seit langem die Abbedingung von Art.  1583 Code civil durch die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung nur für den Eigentums­ übergang für zulässig111 und wirksam auch gegenüber Dritten112 . Jedoch scheute sich die Rechtsprechung, dem Verkäufer im Käuferkonkurs ein Aussonderungsrecht zuzugestehen113 , womit der aufschiebend bedingten Übereignung gerade in dem Fall, in dem sich die Drittwirksamkeit bewähren muss, die Anerkennung versagt wurde. Zur Begründung berief sich die Cour de cassation auf den Gedanken der Publizität. Der unmittelbare Besitz des Käufers schaffe eine solvabilité apparente, auf die die übrigen Konkursgläubiger vertrauen dürften. Daher bedurfte es ausdrücklicher gesetzlicher Anerkennung der Konkursfestigkeit, wie sie im Jahre 106   Art.  2078 Code civil 1804; s. z. B. Cass. req. vom 24. Mai 1933, D. H. 1933, 378; S.  1935, 1, 257, note Henri Batiffol; Rev. crit. dr. int. 1934, 142, note J.-P. N.; Clunet 1935, 381, note J. P.; Cass. civ. 1ère vom 8. Juli 1969, JCP 1970, II, 16182, note Hélène Gaudemet-Tallon; Clunet 1970, 916, note Jean Derruppé; Rev. crit. DIP 1971, 75, note Philippe Fouchard; alle die internationalprivatrechtliche Anerkennung einer Sicherungsübereignung an Kraftfahrzeugen, die nach Frankreich verbracht wurden, verneinend. 107   S. etwa Ghestin, D. 1981, Chron., 1 ff.; Brödermann, ZVglRWiss 83 (1984), 178, 182 ff., 187 ff.; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  276 ff.; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S.  52–54; Schulz, Der Eigentumsvorbehalt in europäischen Rechtsordnungen, S.  71 ff., 135 ff. Der Eigentumsvorbehalt wird allerdings teilweise nicht als Form der fiducie angesehen, da es zu Beginn des Verhältnisses an einer Übertragung fehle; s. etwa Bureau, Le contrat de fiducie, Première partie, Text bei Fn.  81–84. 108   Vgl. Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  98. 109   Vgl. Pédamon, D. 1963, Chron., 145, 148 n°  11; Cour d’appel d’Amiens, D. 1974, 2, 363; s. a. Esmein, S.  1935, 1, 337, 338 re.Sp. 110   Vgl. Ghestin, D. 1981, Chron., 1, 6 n°  18 f. m. w. N.  und Hinweis auf die Möglichkeit, eine promesse de vente vorzuschalten. Auch wurde vorgeschlagen, vor dem Eigentumsübergang die Vorschriften über den Verwahrungsvertrag zur Anwendung zu bringen; vgl. Ghestin, a.a.O., S.  8 n°  27; Brödermann, ZVglRWiss 83 (1984), 178, 191. 111   Z. B. Cass. req. vom 22. Juli 1872, S.  1873, 1, 299, 300; D. 1873, 1, 111, 112; Cass. com. vom 20. November 1979, Rev. trim. dr. com. 1980, 43, obs. D. von Breitenstein. 112   Esmein, S.  1935, 1, 337 li.Sp. m. w. N. 113   Cass. civ. vom 4. August 1852, S.  1852, 1, 705, 707; D. 1852, 1, 297, 298; Cass. req. vom 17. Juli 1895, S.  1899, 1, 350; D. 1896, 1, 57, 59, note E. Thaller; Cass. req. vom 21. Juli 1897, S.  1901, 1, 524; D. P. 1898, 1, 269, 271, obs. Cotelle; Cass. civ. vom 28. März und 22. Oktober 1934, D. P. 1934, 1, 151, 157, note Jeanne Vandamme; S.  1935, 1, 337, 339, note Paul Esmein.

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1980 schließlich für Mobilien erfolgte114 . Allerdings wurde zunächst nur der einfache Eigentumsvorbehalt anerkannt; die Waren mussten sich noch »en nature« beim Käufer befinden115 . Seit der Reform des Kreditsicherheitenrechts von 2006 enthält der Code civil allgemeine Regeln über den Eigentumsvorbehalt116 , die auch seine Verlängerung auf die Weiterveräußerungs- und Versicherungsforderung umfassen117 und das Institut nunmehr offen als dingliche Sicherheit einordnen, allerdings keine Registrierung verlangen. Bestrebungen, darüber hinaus die Rechtsprechung von der Wirksamkeit der Treuhand im allgemeinen zu überzeugen oder eine gesetzliche Anerkennung zu erreichen, waren zunächst nicht erfolgreich118 ; es galt die »impossibilité juridique de constituer un ›trust‹ anglo-saxon sous l’empire de la loi française«119. Immerhin möglich war allerdings das Finanzierungsleasing (crédit-bail), bei dem das Eigentum des Leasinggebers auch Sicherungsfunktion hat120 . Im Jahre 2007 fügte der Gesetzgeber dann auf Drängen der Wirtschaft hin schließlich die fiducie als neuen Titel 14 in das dritte Buch des Code civil ein121. Die fiducie setzt die Übertragung auf einen Treuhänder voraus; das Treuhandvermögen wird als Sondervermögen des Treuhänders nicht von dessen Insolvenz berührt122 und haftet grundsätzlich nur für die Forderungen, die aus seiner Erhaltung und Verwaltung entstehen123 . 114   Loi n°  80-335 du 12 mai 1980 relative aux effets des clauses de réserve de propriété dans les contrats de vente (Änderung des Art.  65 der Loi n°  67-563 du 13 juillet 1967; s. nachfolgend Art.  121 Abs.  2 der Loi n°  85-98 du 25 janvier 1985, überführt in Art. L. 621-122 Abs.  2, nunmehr Art. L. 624-16 Abs.  2 Code de commerce); dazu P. Mayer, JCP 1981, I, 3019; Scarano, Rev. trim. dr. com. 1990, 535. Zur Sicherung des Verkäufers einer Immobilie wich die Praxis darauf aus, zunächst nur einen Vorvertrag zu schließen, weshalb hier der Bedarf für einen Eigentumsvorbehalt gering ist. 115   Art.  121 Abs.  2 Satz 1 Loi n°  85-98 (heute Art. L. 624-16 Abs.  2 Code de commerce); dazu z. B. Cass. civ. 1ère vom 8. Januar 1991, D. 1991, 276, note Jean-Pierre Rémery; Klein, RIW 1991, 809. 116   Art.  2329 4°, 2367–2372 Code civil 2006 für Mobilien und Art.  2373 Code civil 2006 für Immobilien; deutschsprachiger Überblick bei Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  91 (S.  945 f.). Die Frage der Konkursfestigkeit ist weiterhin außerhalb des Code civil geregelt, s. soeben Fn.  114. 117   Art.  2372 Code civil 2006; Art. L. 624-18 Code de commerce. 118   S. für die jüngere Zeit Witz, in: Festschrift für Reinhold Trinker, S.  795; Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 369–371 (n°  65); weiter Lepaulle, Traité théorique et pratique des trusts .  .  ., 1932, S.  26, 31, 42 ff. (zitiert nach Motulsky, Rev. crit. DIP 1948, 451, 459); Schnitzer, Rev. crit. DIP 1965, 479, 484 f.; Oppetit, Rev. crit. DIP 1973, 1, 16 f. (n°  18). 119   So der Titel des bekannten Aufsatzes von Motulsky, Rev. crit. DIP 1948, 451. 120   Loi n°  66-455 du 2 juillet 1966 relative aux entreprises pratiquant le crédit-bail, J. O. vom 3. Juli 1966, S.  5652, heute Art. L 313-7 ff. Code monétaire et financier; zum Streit um die Frage, ob es sich um eine »sûreté« handelt, s. M. Cabrillac/Mouly/S.  Cabrillac/Pétel, Droit des sûretés, n°  586. Zu nennen ist auch noch die Sicherungszession unter der Loi Dailly; dazu im Überblick Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  264 f. m.Fn.  87. 121   Loi n°  2007-211 du 19 février 2007 instituant la fiducie, deren Art.  1 die Art.  2011–2031 einfügt. 122   Art.  2024 Code civil 2007: »L’ouverture d’une procédure de sauvegarde, de redressement judiciaire ou de liquidation judiciaire au profit du fiduciaire n’affecte pas le patrimoine fiduciaire.« 123   Art.  2025 Code civil 2007.

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Allerdings handelt es sich bei der fiducie nicht um ein jedermann zur Verfügung stehendes Rechtsinstitut: Als Treuhänder kommen nur Finanzinstitute und Versicherungsunternehmen sowie neuerdings auch Rechtsanwälte in Betracht124 ; zunächst konnten sogar lediglich juristische Personen, die der Gesellschaftssteuer unterliegen, Güter an einen Treuhänder übertragen125 – eine Einschränkung, die zwar nunmehr entfällt, was aber wenig daran ändern dürfte, dass das Institut auf große Wirtschaftsteilnehmer zugeschnitten ist. Die Dauer der fiducie ist beschränkt126 ; sie muss »à peine de nullité« innerhalb eines Monats nach ihrer Vereinbarung in ein Register eingetragen werden127. Trotz der Verortung im Code civil atmet die gesamte Ausgestaltung dieses neuen Instituts mehr den Geist pragmatischer, ergebnisorientierter Finanzmarktgesetzgebung; die strengen materiellrechtlichen Vorgaben, flankiert von entsprechender Besteuerung, verbieten die Annahme, auch außerhalb dieses Spezialgesetzes sei nun eine Treuhand möglich. 4.  Privatautonome Verfügungsbeschränkungen Das Konsensprinzip mit seinem Fehlen einer Trennung von Verpflichtung und Verfügung neigt dazu, jeder Verpflichtung auch dingliche Wirkungen zukommen zu lassen128 . Da es nun unter dem Gedanken der Vertragsfreiheit möglich sein musste, sich zum Unterlassen einer Verfügung zu verpflichten129, war die absolute Wirksamkeit privatautonomer Verfügungsbeschränkungen im System angelegt. Allerdings sprach gegen eine allzu großzügige Handhabung sicher zunächst die Furcht vor einer Rückkehr zu großen, dauerhaft gebundenen Vermögen; weiter erschien es problematisch, den Rechtsverkehr mit nicht erkennbaren Verfügungsbeschränkungen zu belasten. Diese Gesichtspunkte spiegeln sich in der – im Einzelnen nicht ganz klaren – Lösung des französischen Rechts wider. Zunächst erlaubt nach französischem Leistungsstörungsrecht die Verletzung eines dem Übertragungsgeschäft – also dem Kauf oder der Schenkung – beigefügten rechtsgeschäftlichen Verfügungsverbots der anderen Partei die Klage auf Vertragsauflösung nach Art.  1184 Code civil bzw. den Widerruf der Schenkung nach Art.  954 Code civil. Mit einem stattgebenden Urteil entfällt nun unter dem Konsensprinzip auch die dingliche Rechtsstellung des Ersterwerbers und Zweitveräußerers, der dem Verbot zuwider gehandelt hat. Da man dem Urteil ex tuncWirkung zuerkennt, hat der Zweiterwerber von einem Nichtberechtigten erwor-

124   Art.  2015 Code civil 2007, ergänzt m.W.v. 1. Februar 2009 durch Art.  18 I 3° Loi n°  2008776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie. 125   Art.  2014 Code civil 2007, aufgehoben zum 1. Februar 2009 durch Art.  18 I 1° Loi n°  2008776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie. 126   Zunächst auf 33 Jahre (Art.  2018 2° Code civil 2007), nunmehr 99 Jahre (Art.  2018 2° i.  d.  F. von Art.  18 I 3° Loi n°  2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie). 127   Art.  2019 f. Code civil 2007. 128   Vgl. nur Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 215. 129   Vgl. auch Art.  544, 537 Abs.  1 Code civil.

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ben. Damit ist an sich die dingliche Wirkung von Veräußerungsverboten im System angelegt. Bei Mobilien schützt den Zweiterwerber indes der Satz »En fait de meubles, la possession vaut titre«130 , bei Immobilien seit 1955 eine spezielle Publizitätsregel131. Bei Immobilien gewährt die Rechtsprechung zudem eine direkte Nichtigkeitsklage gegen den zweiten Erwerber, allerdings wiederum nur, sofern die Publizität gewahrt war132 . Schließlich verlangt der 1971 eingefügte Art.  900-1 Code civil eine beschränkte Dauer des Verfügungsverbots sowie dessen Rechtfertigung durch ein ernsthaftes und legitimes Interesse. Seinem Wortlaut und seiner Stellung nach betrifft er nur Schenkungen und Vermächtnisse, dieselben Voraussetzungen scheinen aber auch sonst zu gelten. Diese Voraussetzungen verhindern – und zwar schon auf schuldrechtlicher Ebene –, dass bestimmte Güter unbefristet dem Rechtsverkehr entzogen werden. Ein Einfallstor für individuelle Gestaltbarkeit bieten privatautonome Verfügungsbeschränkungen daher auch im französischen Recht nicht.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Das französische Zivilprozessrecht verdankt der Revolution eine neue Gerichtsorganisation133 ; auf das eigentliche Verfahrensrecht hatte die Revolution aber keinen bleibenden Einfluss. Der Code de procédure civile von 1806134 regelte vor allem den Verfahrensablauf und dessen Formalitäten und lehnte sich trotz aller Kritik

130   Art.  2279 Code civil 1804 = Art.  2276 Code civil 2008 (Art.  2 Loi n°  2008-561 du 17 juin 2008 portant réforme de la prescription en matière civile). 131   Art.  28 Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière: »Sont obligatoirement publiés au bureau des hypothèques de la situation des immeubles: .  .  . 2° Les actes entre vifs dressés distinctement pour constater des clauses d’inaliénabilité temporaire et toutes autres restrictions au droit de disposer, ainsi que des clauses susceptibles d’entraîner la résolution ou la révocation d’actes soumis à publicité en vertu du 1°; de même, les décisions judiciaires constatant l’existence de telles clauses; .  .  .« 132   Zu allem Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 A 218 ff. 133   Glasson/Tissier, Procédure Civile I, S.  38 ff. 134   Loi du 14 avril 1806, intitulée: de la justice de paix, sur les citations, sur les audiences et comparutions des parties, sur les jugemens par défaut et les oppositions à ces jugemens, sur les jugemens, sur les actions possessoires, sur les jugemens qui ne sont pas définitifs, sur la mise en cause des garans, sur les enquêtes, sur la visite des lieux, sur la récusation des juges-de-paix, des tribunaux inférieurs, sur la conciliation, sur les ajournemens, sur les constitutions d’avoués, sur la communication au ministère public, sur les audiences, leur publicité et leur police, sur les délibérés et instructions par écrit, sur les jugemens par défaut et opposition, sur les exceptions, sur la vérification des écritures, sur le faux incident civil, sur les enquêtes, sur les descentes sur les lieux, sur les rapports d’experts, sur l’interrogatoire sur faits et articles, sur les incidens, sur les reprises d’instance et constitution de nouveaux avoués, sur le désaveu, sur le règlement de juges, sur le renvoi à un autre tribunal, sur la récusation, sur la péremption, sur le désistement, sur les matières sommaires, sur la procédure devant les tribunaux de commerce.

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stark an die frühere Rechtslage, insbesondere die Ordonnance von 1667, an135 . Das Verfahren war weiterhin teils schriftlich und geheim – dies galt insbesondere für die »enquêtes« –, teils war es mündlich und öffentlich. Vom Code de procédure civile von 1806 wie von seinem Nachfolger, dem (bis 2007 »nouveau« genannten136) Code de procédure civile von 1975137, ging jedenfalls keine weitere typisierende Wirkung aus. Die Unterscheidung der Klagearten nach gegenständlichen Gesichtspunkten hat nur noch Bedeutung für die Zuständigkeit. 2.  Verfügungsgeschäfte Der Code civil entschied sich – sei es in Anknüpfung an die Rechtsentwicklung bis zum Ende des Ancien Droit, sei es in bewusster Abkehr von diesem138 – für ein Modell, nach dem die dingliche Rechtsänderung schon kraft desjenigen Vertrages eintritt, der die dahingehenden Verpflichtungen der Parteien begründet. Trennte aber das vorrevolutionäre Recht teilweise noch gedanklich zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, indem es eine traditio zumindest durch stillschweigendes Besitzkonstitut unterstellte, verzichtete der Code civil nun im Ausgangspunkt ganz darauf, für die dingliche Wirkung mehr als eine einmalige Einigung der Parteien zu fordern. Damit war der Schritt zum Einheits- bzw. Konsensprinzip vollendet. In Reinform durchgeführt, würde allerdings das Konsensprinzip bei Verfügungen über noch nicht individualisierte Gegenstände scheitern und den Rechtsverkehr wegen des Fehlens jeglicher Publizität stark beeinträchtigen. Daher bedarf es bei Gattungsschulden zusätzlich der Aussonderung139. Im Interesse des Rechtsverkehrs wird zwar auch im französischen Recht durchaus und sogar mit großem Nachdruck Publizität verlangt. Der Publizitätsakt hat hingegen meist nicht kon­ stitutive Wirkung, sondern ist lediglich Voraussetzung der Drittwirksamkeit. Eine Ausnahme bildete bis 2006 die Bestellung eines Besitzpfandes, da hierin ein Realvertrag gesehen wurde140 . So bedurfte die Bestellung eines Pfandrechts an beweglichen Sachen früher stets der Übergabe141. Zusammen mit der Regel »En fait de meubles, la possession vaut titre« und einer Begrenzung der Herausgabeansprüche   Glasson/Tissier, Procédure Civile I, S.  55, 57 ff.   Art.  26 II-IV Loi n°  2007-1787 du 20 décembre 2007 relative à la simplification du droit. 137   Décrets n°  71-740 du 9 septembre 1971, n°  72-684 du 20 juillet 1972, n°  72-788 du 28 août 1972, n°  73-1122 du 17 décembre 1973, zusammengeführt und modifiziert im Décret n°  75-1123 du 5 décembre 1975. 138   Ausführlich hierzu (im letzeren Sinne) Bucher, ZEuP 1998, 615–669 m.Nw. zur französischen Literatur auf S.  660 ff.; s. schon oben Fn.  39. 139   Art.  1585 Code civil; s. a. Art.  1587 Code civil; dazu Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  87 (S.  944). 140   Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht, Rn.  3 D 110 (Mobiliarpfand), 3 D 183 (Antichrese). 141   Art.  2071, 2072 Abs.  1, 2076 Code civil 1804. Ebenfalls der Besitzeinräumung bedurfte, wiederum unter der Theorie des Realvertrages, die Bestellung eines Nutzungspfandes an Grundstücken, s. Art.  2071, 2072 Abs.  2, 2076 Code civil 1804. 135

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auf Fälle, in denen die Sache innerhalb der vergangenen drei Jahre gestohlen oder verlorengegangen war142 , schützte dies nicht nur Gläubiger, die zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit auf den Mobiliarbesitz vertrauten, sondern auch dritte Erwerber. Auch bei manchen Registerpfandrechten ist eine Verlautbarung im jeweiligen Register ausnahmsweise konstitutiv143 . Ebenfalls eine Lockerung des Konsensprinzips hat die Praxis für den Grundstücksverkehr entwickelt. Da hier wegen der großen Summen typischerweise keine sofortige Barzahlung bei Geschäftsschluss und auch keine sofortige Beurkundung und Publikation erfolgt, die oft hohen Werte aber schon ein kurzes zeitliches Auseinanderfallen gefährlich machen und ein Eigentumsvorbehalt zumindest nicht konkursfest wäre, schließt man zunächst einen Vorvertrag (compromis de vente). Den eigentlichen Kaufvertrag, der notarieller Form bedarf und dann regelmäßig auch sofort das Eigentum übergehen lässt, verschiebt man auf einen späteren Zeitpunkt, zu dem beispielsweise schon die Zahlung auf ein notarielles Treuhandkonto oder eine anderweitige Sicherung erfolgt ist144 . In den Fällen der Gattungsschulden, der konstitutiven Verlautbarung und des Vorvertrages kommt das französische Recht demnach letztlich einem Trennungsprinzip nahe145 . Allerdings wirken die Elemente, die jeweils zum Konsens über das Geschäft hinzukommen, in unterschiedlichem Maße typisierend: Dem Abwiegen, Abzählen oder Abmessen im Rahmen der Aussonderung kann über den Inhalt des Geschäfts noch weniger entnommen werden als dem Besitz, der doch immerhin für eine mehr oder weniger dauerhafte Zuordnung von die gesamte Sachsubstanz erfassenden Befugnissen zum Besitzer spricht. Die typisierende Wirkung der Regi­ strierung hängt davon ab, was im jeweiligen Register zulässigerweise verlautbart werden kann; sie ist bei einem Register, das nur für die Eintragung einzelner genau bestimmter Rechte gilt, sicher höher als bei einem Register, das Verfügungen verschiedenster Art aufnehmen kann, indem es etwa lediglich als Sammlung beliebiger Privaturkunden ausgestaltet ist. Der Inhalt des durch einen Vorvertrag vorbereiteten Hauptgeschäfts schließlich ist, wenn dieses Hauptgeschäft wiederum nur in einem frei gestaltbaren Vertrag besteht, nicht fixiert. Im Ergebnis kommt also den Durchbrechungen des Konsensprinzips nur ausnahmsweise, insbesondere bei konstitutiver Registrierung festgelegten Inhalts, eine gewisse typisierende Wirkung zu. 142   Art.  2279 Code civil 1804 = Art.  2276 Code civil 2008 (Art.  2 Loi n°  2008-561 vom 17. Juni 2008). 143   S. etwa Art. L. 142-3 Abs.  2, 142-4 Abs.  1 Code de commerce 2000 (fonds de commerce); Art. L. 525-3 Abs.  2 Code de commerce 2000 (outillage und matériel d’équipement professionnel). 144   Zwar setzt der Code civil an sich die promesse de vente dem Kauf gleich (Art.  1589 Abs.  1). Die dinglichen Wirkungen können aber dem Hauptvertrag vorbehalten werden. S. dazu Barret, in: Dalloz, Répertoire de Droit Civil, Vente (3° effets), n°  62. S. a. Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  13 (S.  915); von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  24. 145   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  13, 30, 81 (S.  915, 921, 942) – ebenso in Italien und Spanien; dies., a.a.O., Rn.  21, 27 (S.  918, 920); Harke, RabelsZ 72 (2008), 326, 332 f.

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Damit bleiben für eine Typisierung durch die Regeln über Verfügungsgeschäfte wiederum nur die Formvorschriften, die auch in Frankreich bei Immobiliengeschäften die Einschaltung eines Notars als materielles Wirksamkeitserfordernis146 oder jedenfalls als Voraussetzung der Registrierung147 vorsehen. Infolge des Konsensprinzips findet die notarielle Beteiligung schon auf der Ebene des Geschäfts statt, das auch die Verpflichtungen begründet; sie wirkt sich aber eben deshalb auch direkt auf die sachenrechtliche Ebene aus. 3.  Drittwirksamkeit Tritt die dingliche Wirkung unter dem Konsensprinzip schon mit der Parteieinigung ein, ohne dass es eines weiteren Akts bedürfte, so macht das französische Recht doch meist die Drittwirksamkeit des Geschäfts von solchen weiteren Voraussetzungen abhängig, die in Rechtsordnungen mit Trennungsprinzip oft das zweite Element des Verfügungsgeschäfts darstellen. Dabei geht das französische Recht in der Frage, wer alles als Dritter anzusehen ist, sehr weit, weshalb die »dingliche« Wirkung zwischen den Parteien oft wenig mehr bedeutet, als eine Festlegung des Gefahrübergangs148 . So entschied die Cour de cassation schon früh, dass eine Hypothek ohne inscription selbst den gewöhnlichen Gläubigern gegenüber, eine Grundstücksübereignung ohne transcription zumindest gegenüber einem hypothekarisch gesicherten Gläubiger unwirksam ist149. Kann eine Verfügung aber den Gläubigern des Veräußerers vor Erfüllung des Drittwirksamkeitserfordernisses nicht entgegengesetzt werden, bleibt von der »dinglichen« Wirkung des Konsenses nicht viel übrig. Im Ausgangspunkt verlangt das französische Recht für die Drittwirksamkeit die Erfüllung solcher Voraussetzungen, die die Publizität des Geschäfts sicherstellen sollen; nur wenn diese eingehalten sind, wirkt das Geschäft gegenüber jedermann. Da nach diesem Verständnis trotz allem aber konstitutiv stets nur der – gegebenenfalls formgebundene – Konsens ist, liegt es nahe, das Drittwirksamkeitserfordernis allein auch bei gutem Glauben an einen diesem entsprechenden Konsens oder bei Mängeln des Konsenses nicht ausreichen zu lassen, sondern lediglich das Vertrauen zu schützen, das sich auf das Fehlen des Drittwirksamkeitserfordernisses stützt. Die Behandlung des weiteren Aktes als bloßes Drittwirksamkeitserfordernis, nicht als konstitutiver Teil der Verfügung, erklärt mithin, warum insoweit dann auch Gutglaubensschutz lediglich im Sinne negativer Publi  So bei der Hypothekenbestellung: Art.  2127 Code civil 1804, Art.  2416 Code civil 2006.   Überblick bei Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  11 (S.  915). 148   Bucher, ZEuP 1996, 615, 651–659 will das Konsensprinzip überhaupt mit dem Wunsch erklären, Gefahrübergang und Eigentumsübergang parallel laufen zu lassen. 149   Zur inscription schon Cass. civ. vom 11. Juli 1817, S.  1818, 1, 45; zu Art.  3 der Loi du 23 mars 1855 sur la transcription hypothécaire (dazu sogleich bei Fn.  153) einerseits Cass. req. vom 25. Juli 1877, D. P. 1878, 1, 49, note M. Beudant, sowie vom 18. Dezember 1888, D. P. 1889, 1, 185: créancier hypothécaire als Dritter; andererseits Cass. civ. vom 31. August 1881, D. P. 1882, 1, 17: einfacher Gläubiger auch nach Beschlagnahme kein Dritter. S. a. von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  26; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  261 m.Fn.  72. 146 147

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zität gegeben ist. Bewirkt die Erfüllung des Drittwirkungserfordernisses weder einen Schutz des guten Glaubens an die positive Vornahme des Geschäft überhaupt noch eine Überspielung eventueller Mängel, ist dies zwar für den Rechtsverkehr sicher weniger vorteilhaft als die entgegengesetzte Lösung. Die Parteien selbst und insbesondere der Erwerber haben aber, was ihr eigenes Geschäft betrifft, ungeachtet des Fehlens konstitutiver Wirkung des weiteren Aktes und eines darauf aufbauenden Schutzes positiven guten Glaubens150 ein Interesse daran, die Drittwirksamkeit der Verfügung sicherzustellen. Daher wird das Drittwirksamkeitserfordernis in aller Regel erfüllt werden, sodass dessen Voraussetzungen durchaus typisierend wirken können. Schon seit der Revolution finden sich nun solche zusätzlichen Voraussetzungen für die Drittwirksamkeit im Immobiliarsachenrecht. So wirkte schon nach dem Gesetz vom 11. Brumaire des Jahres VII der Eigentumsübergang nur bei Tran­ skription, die Bestellung von Hypotheken nur bei Inskription gegenüber Dritten. Für Hypotheken blieb es bis heute hierbei; durch Randvermerk publiziert werden müssen seit 1955 auch Verfügungen über die Hypothek151. Für das Eigentum hingegen gab der Code civil das Erfordernis einer Transkription zunächst auf, sodass insoweit sehr zum Schaden des Rechtsverkehrs keinerlei Publizität mehr bestand152 . Erst die große Reform des Jahres 1855153 , der die Einrichtung des Crédit foncier de France vorangegangen war154 , kehrte hier zur Rechtslage am Ende des droit intermédiaire zurück und machte die Transkription wieder allgemein zum Drittwirksamkeitserfordernis155 . Die eigenständige typisierende Wirkung des französischen Registrierungserfordernisses ist allerdings von der einer deutschen 150   Der Schutz des positiven guten Glaubens kommt dem Erwerber nach erfolgtem Erwerb ohnehin nur mittelbar zugute, nämlich dadurch, dass im Falle der Weiterveräußerung durch ihn der spätere Erwerber sich leichter über seine Rechtsstellung vergewissern kann, was sich jedenfalls im Modell in erhöhter Liquidität bzw. einer geringeren Risikoprämie niederschlagen wird. 151   Art.  2149 Code civil 1955 = Art.  2430 Code civil 2006. Auch die »Wiederauffüllung« einer hypothèque rechargeable bedarf zur Drittwirksamkeit des Randvermerks, Art.  2422 Abs.  4, 2430 Code civil 2006. 152   S. zunächst oben Fn.  55 und zugehöriger Text; vgl. weiter Hedemann, Fortschritte II/2, S.  86–88 (insoweit wohl nicht ideologisch beeinflusst); Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  122. Lediglich die Publikation der Schenkungen von Immobilien war schon in Art.  939, 941 Code civil 1804 vorgesehen, wobei hier der Kreis geschützter Dritter weiter ist. 153   Loi du 23 mars 1855 sur la transcription hypothécaire; zur Vorgeschichte Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 234–238 m.Nw. 154   Zum Zusammenhang Nr.  1 f. des Exposé des motifs du projet de loi sur la transcription, D. 1855, 4, 27 re.Sp., 28 li.Sp.; weiter Mittermaier, AcP 35 (1852), 323, 329 ff.; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  19–22. 155   Art.  3 der Loi du 23 mars 1855: »Jusqu’à la transcription, les droits résultant des actes et jugements énoncés aux articles précédents ne peuvent être opposés aux tiers qui ont des droits sur l’immeuble et qui les ont conservés en se conformant aux lois.« Vgl. Duperron, Nouveau Code Napoléon arrangé par ordre alphabétique, Stichwort »Transcription« (S.  590 ff.); Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 244; von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  25. Die Reform von 1955 hat lediglich den Begriff der Transkription aufgegeben; bis heute ist die Publikation für die Drittwirksamkeit notwendig: Art.  28 1° lit.  a , 30 Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière.

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Grundbucheintragung verschieden: Während in Deutschland aufgrund der Eintragungsunterlagen ein kurzer und knapper Eintrag des dinglichen Rechts selbst durch den Grundbuchführer erfolgt, bestand in Frankreich die Publikation traditionellerweise in der wörtlichen, mithin vollständigen Aufnahme des Rechtsgeschäfts, das der Transaktion zugrunde lag; nicht einmal war auszugsweise Wiedergabe zulässig156 . Die Ersetzung des wörtlichen Abschreibens durch das Sammeln der jeweiligen Urkunden157 brachte insoweit keinen Fortschritt. Immerhin musste aber die Trennung in verschiedene Register – das registre des inscriptions für Hypotheken und Privilegien, das registre des saisies immobilières für Pfändungen und das registre des publications für alle anderen auf ein Grundstück bezogenen Rechtsvorgänge – auf eine erste Standardisierung der eintragungsfähigen Geschäfte hinwirken. Die Reform von 1955 führte dann mit dem fichier immobilier ein zusätzliches Register ein, das in seinem Aufbau dem deutschen Grundbuch nähersteht158 . Es ist zwar nur Hilfsregister, entfaltet also selbst keine Publikationswirkung, sondern gibt nur die aus den anderen Registern folgenden rechtlichen Verhältnisse wieder. Hierzu wird jedoch der Inhalt der Register auf einen knappen Eintrag reduziert, was wiederum eine gewisse Standardisierung mit sich bringt und beschränkte inhaltliche Kontrolle auch der vorangehenden Eintragung in das rechtserhebliche Register verlangt. Dementsprechend wurde den zuvor rein passiven conservateurs des hypothèques nun aufgegeben, die eingehenden Publikationsanträge auf ihre formelle Ordnungsmäßigkeit zu überprüfen. Darüber hinaus brachte die Reform mit dem Erfordernis der Einreichung sogenannter bordereaux – von der Verwaltung erstellter Formulare, die nur ausgewählte Informationen enthalten – eine stärkere Typisierung für Privilegien und Hypotheken, für die damals allerdings die Publikation konstitutiv war. Die Reform von 2006, die aus der Inskription ein bloßes Drittwirksamkeitserfordernis machte, hat die Technik der bordereaux beibehalten159. Das ebenfalls 1955 eingeführte Erfordernis einer Eintragung auch der Legalhypotheken brachte endlich im Verhältnis zu Dritten die dringend erforderliche Erkennbarkeit und zugleich eine faktische Spezialität160 . Seit der Reform des Rechts der Kreditsicherheiten ist auch für das Pfandrecht an Mobilien die Publizität nur noch Voraussetzung für die Drittwirksamkeit161 ; das Verständnis der Pfandrechtsbestellung als Realvertrag, dem schon vor 2006 die   Vgl. Warnkönig, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 19 (1859), 218, 243 m.Nw.   S. für Hypotheken die Loi du 1er mars 1918 relative à la suppression du registre des inscriptions en matière hypothécaire; für das Eigentum und sonstige dingliche Rechte Loi du 24 juillet 1921 relative à la suppression du registre de la transcription. 158   S. Art.  1er-7 Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière; Art.  1er ff., insbes. Art.  13 ff., Décret n°  55-1350 du 14 octobre 1955 pour l’application du décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière. 159   Art.  2148 Code civil 1955 = Art.  2428 Code civil 2006. 160   Vgl. Art.  2134 Code civil 1955 = Art.  2425 Code civil 2006; s. a. Art.  2113 Code civil 1955 = 2386 Code civil 2006. 161   Art.  2337 Code civil 2006 (wonach allerdings publicité i. S. d. Abs.  1 als Registerpublizität verstanden [Art.  2338] und dieser in Abs.  2 die Besitzübertragung zur Seite gestellt wird). 156 157

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Lehre zunehmend die Gefolgschaft verweigert hatte, verbietet sich nunmehr. Dabei kann Publizität nun nicht mehr nur durch Besitzübergabe, sondern auch – und nach der Konzeption des Code civil sogar in erster Linie – durch den Eintrag in ein Sicherheitenregister erreicht werden162 , wie dies schon früher spezialgesetzlich für bestimmte Pfandrechte ohne alternative Besitzübergabe vorgesehen war163 . Für diejenigen Registerpfandrechte, bei denen ein Fehlen fristgerechter Eintragung schon zu nullité führt, können dennoch zusätzlich bestimmte Registerhandlungen des Gläubigers zur Drittwirksamkeit erforderlich sein164 . Alle diese Voraussetzungen wirken umso mehr typisierend, je genauer das jeweilige Pfandrecht durch gesetzliche Regelung ausgestaltet ist, gehen aber kaum über die gesetzliche Typisierung hinaus. Eher mittelbar der Typizität dienen Bestimmtheits- und Formerfordernisse, deren Missachtung dem Geschäft die Drittwirksamkeit nimmt oder formelle Voraussetzung zur Herbeiführung registermäßiger Publikation ist. So musste beim Mobiliarpfand die geschuldete Summe in öffentlicher oder privatschriftlicher, registrierter Urkunde festgehalten sein165 ; die Reform hat aus diesem Erfordernis eine konstitutive Schriftformregel gemacht166 , was angesichts der geringen Publizitätswirkung und der hohen Bedeutung, die das französische Recht Urkunden zuweist, durchaus konsequent und stimmig erscheint. Für alle in einem Grundstücksregister zu publizierende Akte oder Gerichtsentscheidungen, etwa einen Grundstückskauf, ist notarielle Form formelle Eintragungsvoraussetzung167. Die Einschaltung eines Notars wirkt auch hier tendenziell wieder typisierend. Insgesamt haben die Regeln über die Drittwirksamkeit einerseits, ähnlich wie konstitutive Erfordernisse unter einem Trennungsprinzip, eine typisierende Wirkung, die umso größer ist, je genauer sie spezifizieren, für welche Rechte sie gelten. Spezielle Regelungskomplexe, wie sie traditionellerweise für besitzlose Sicherheiten an bestimmten Gütern existieren, lassen dabei eher eine detailliertere Fixierung des jeweiligen Rechtsinhalts erwarten, neigen aber auch zu einer Zersplitte-

162   Art.  2337 f. Code civil 2006; dazu und zum nationalen Sicherheitenregister Décret n°  20061804 du 23 décembre 2006 pris pour l’application de l’article 2338 du code civil et relatif à la publicité du gage sans dépossession. Dass Registrierung dem Besitz grundsätzlich gleichsteht, zeigen der Ausschluss der Regel »en fait de meubles .  .  .« in Art.  2337 Abs.  3 und die Erhaltung eines besseren Rangs des früher eingetragenen vor dem später den Besitz erlangenden Sicherungsnehmer in Art.  2340 Abs.  2 Code civil 2006. 163   S. für Luftfahrzeuge Art. L. 122-7 Abs.  1 Satz 2 Code de l’aviation civile; für Binnenschiffe Art.  101 Abs.  1 a. E. Code du domaine public fluvial et de la navigation intérieure. 164   S. Art. L. 525-3 Abs.  4 Code de commerce 2000: »Le nantissement [de l’outillage et du matériel d’équipement professionnel] ne peut être opposé aux tiers si, dans la quinzaine de l’avis à lui notifié ou dans la quinzaine du jour où il aura eu connaissance de la date ou du lieu de la livraison, le créancier nanti n’a pas requis du greffier du tribunal où a été prise l’inscription du nantissement, que mention soit faite de cette date ou de ce lieu en marge de ladite inscription.« 165   Art.  2074 Code civil 1804. 166   Art.  2336 Code civil 2006. 167   Art.  4 Décret n°  55-22 du 4 janvier 1955 portant réforme de la publicité foncière.

B.  Revolution und Code civil

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rung. Auch notarielle Form, und sei sie nur formelle Voraussetzung für die Herstellung des eigentlichen Publizitätsakts, begünstigt Typizität. Andererseits bringt es die Trennung zwischen Wirksamkeit inter partes und Wirksamkeit gegenüber Dritten mit sich, dass dann, wenn die Drittwirkungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, ein und derselbe Sachverhalt je nach Blickwinkel einmal so behandelt wird, als bestehe ein bestimmtes Recht, ein andermal hingegen so, als bestehe dieses Recht nicht; ebenso ist die Frage, wem ein Recht zusteht, je nach Blickwinkel verschieden zu beantworten. Für das Recht selbst bedeutet dies zwar strenggenommen nicht schon deshalb eine Einbuße an Typizität; es besteht eben entweder mit seinem jeweiligen Inhalt oder nicht, steht entweder dem einen oder dem anderen zu. Allerdings erweitert doch die Möglichkeit, dass die Parteien nicht nur ein »perfektes«, sondern auch ein lediglich inter partes wirksames Recht schaffen können, den Kreis der möglichen Rechte.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Das französische Sachenrecht ist seit der Revolution stark vom Konsensprinzip und der Idee der Vertragsfreiheit beeinflusst. Wo die Vertragsfreiheit über die dingliche Wirkung des Konsenses unmittelbar ins Sachenrecht drängt, sind individueller Gestaltung auch der dinglichen Seite im Ausgangspunkt fast keine Schranken gesetzt168 . Einer Rechtsordnung, in der Konsensprinzip und Vertragsfreiheit zusammentreffen, ist – wie nicht zuletzt die Gliederung des Code civil zeigt – schon die Vorstellung eines eigenständigen, vom Schuldrecht scharf abgegrenzten Sachenrechts eher fremd169. Erst recht kann hier ein sachenrechtlicher numerus clausus schwerlich die Bedeutung eines grundlegenden Strukturprinzips erlangen. Dem Bild von den dinglichen Rechten als standardisierten Bausteinen, wie es sich in Deutschland entwickeln konnte170 , ist dieser Ausgangspunkt nicht günstig. Dennoch herrscht im französischen Sachenrecht keineswegs freie individuelle Gestaltbarkeit dinglicher Rechte vor. Zum einen knüpft der Code civil klar an die kontinentale Rechtstradition mit ihren gemeinsamen, meist auf das römische Recht zurückgehenden Grundtypen dinglicher Rechte an. Er stellt damit ein breites Spektrum an Instituten zur Verfügung, das die als zweckmäßig bewährten Gestaltungen abdeckt, und will zugleich aus der historischen Situation seiner Entstehung heraus als Barriere gegen die Rückkehr feudalistischer Strukturen auf dem Weg über beschränkte dingliche Rechte an Grundstücken verstanden werden. Auch wenn sich die Rechtsprechung nicht streng an die Typen des Code civil gebunden fühlt, hat ihr die Praxis doch eine gewisse Zurückhaltung abgespürt und daher nie 168   Lediglich darin, dass unter einem Konsensprinzip die Konstruktion »zweckfreier« nichtakzessorischer Sicherheiten und anderer Treuhandverhältnisse problematisch ist, kann eine Begrenzung gesehen werden. 169   Vgl. nur Johow, Vorentwurf Sachenrecht, Begründung I, S.  109 ff. 170   Dazu oben Kapitel 4 E II 2.

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Kapitel 5:  Die Entwicklung in Frankreich

angenommen, sich auch im Sachenrecht unbeschränkt auf die Vertragsfreiheit berufen zu können. Zum anderen bildet ein Gegengewicht zu Konsensprinzip und Vertragsfreiheit der Gedanke der Publizität, wonach die Wirksamkeit einer Gestaltung gegenüber Dritten grundsätzlich irgendeine Form der Erkennbarkeit verlangt171. Gerade in einem Umfeld, das an sich freie Gestaltung erlaubt, ist Publizität sogar besonders wichtig. Es kann daher nicht verwundern, dass der Code civil für alle ausdrücklich anerkannten dinglichen Rechte vertraglichen Ursprungs irgendeine Form von Publizität vorsieht172 . Publizitätsträger war bei beweglichen Sachen klassischerweise der Besitz; auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten hat die Reform von 2006 nach dem Vorbild der immer zahlreicheren Spezialregister ein allgemeines Sicherheitenregister geschaffen. Bei unbeweglichen Sachen setzte das französische Recht schon seit der Revolution auf Grundstücksregister, deren Funktionsfähigkeit und Aussagekraft zunehmend verbessert wurden, die sich allerdings in ihrer Anlage und Wirkung stark von dem deutschen Grundbuch unterscheiden. Wegen der Begrenztheit möglicher Publizitätsträger und deren ebenfalls begrenzter praktischer Eignung tragen die französischen Regeln über die Publizität wiederum zu einer gewissen, wenn auch unterschiedlich starken Typisierung der Rechtsinstitute bei: Der Besitz publiziert entweder das Vollrecht oder ein umfassendes Nutzungs- oder Verwertungsrecht des jeweiligen Besitzers der Sache. Dass beschränkte dingliche Nutzungsrechte, wie sie beim Grundeigentum in Form eines Wegerechts oder einer Unterlassungsdienstbarkeit begegnen, bei beweglichen Sachen nicht anerkannt sind, mag zwar weniger auf die geringe Eignung des Besitzes zur Publikation solcher Rechte zurückgehen als auf ein fehlendes praktisches Bedürfnis bei beweglichen Sachen. Dennoch ist dem Erfordernis des Besitzes und seiner begrenzten Aussagekraft eine gewisse typisierende Wirkung wohl nicht abzusprechen. Register wären an sich zur Publikation beliebiger dinglicher Rechte geeignet. Sie sind jedoch aufgrund gesetzlicher Vorgaben auf die Verlautbarung einiger, in ihren Umrissen eher standardisierter Rechte ausgerichtet. So kann etwa im nationalen Sicherheitenregister nicht ein beschränktes dingliches Nutzungsrecht an Mobilien publiziert werden. Die typisierende Wirkung von Registern ist also sicher beachtlich, allerdings mit der in Frankreich dominierenden Grundidee einer Urkundensammlung offener für individuelle Gestaltung. In einem Sachenrecht, das infolge der Geltung des Konsensprinzips im Ausgangspunkt der Vertragsfreiheit voll unterliegt, haben die zusätzlichen Anforderungen, die dem Interesse an effektiver Publizität geschuldet sind, den Charakter einer von außen kommenden Einschränkung. Deshalb ist es durchaus naheliegend, die Bedeutung dieser zusätzlichen Anforderungen auf die Frage der Wirkung im Verhältnis zu Dritten zu beschränken. Gerade diesen Weg geht vielerorts das fran  Vgl. zu diesen Zusammenhängen auch Bolgár, 2 Am. J. Comp. L. 204, 213 (1953) m.Nw.   Das anfängliche Fehlen effektiver Publizität beim Grundeigentum war unerträglich und musste 1855 korrigiert werden; dazu oben bei Fn.  55, 152–155. 171

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C.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht

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zösische Recht, wenn es Publizitätserfordernisse lediglich für die opposabilité aux tiers aufstellt und damit eine unterschiedliche Beurteilung der dinglichen Zuordnung inter partes und im Verhältnis zu Dritten in Kauf nimmt – ein Zustand, der auch im partikularrechtlichen Deutschland begegnete und dort als »Duplizität« bezeichnet wurde173 . Da sich der dingliche Charakter eines Rechtsinstituts allerdings gerade in seiner Wirksamkeit gegenüber Dritten zeigt und diese regelmäßig auch von den Parteien gewollt ist, prägen die Erfordernisse der opposabilité aux tiers und die von ihnen ausgehende typisierende Wirkung letztlich das Sachenrecht insgesamt. Aufgrund seiner Regelung der traditionellen sachenrechtlichen Typen und seiner Publizitätserfordernisse lässt im Ergebnis also auch das französische Sachenrecht wenig Raum für individuelle Gestaltung im Sinne der Begründung gänzlich neuer dinglicher Rechte, es erscheint vielmehr nach allem durchaus von Typizität beherrscht. Wenn dem französischen Sachenrecht dennoch im Vergleich mit dem deutschen ein geringeres Maß an Typizität zu attestieren ist, so beruht dies zum einen auf den vielfältigen Privilegien und gesetzlichen und gerichtlichen Hypotheken, die zwar ihrerseits typisiert sind, aber den wahren Inhalt der belasteten Rechte unsicher und wechselhaft machen, zum anderen darauf, dass Konsensprinzip und Akzessorietät Besonderheiten des Grundgeschäfts im Ausgangspunkt stets auf die dingliche Lage durchschlagen lassen, während dies unter einem Abstraktionsprinzip und im Falle von Nichtakzessorietät ausdrücklich vorgesehen werden muss.

C.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht Frankreich hat ebenfalls das Genfer Übereinkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen ratifiziert174 . Die Time-Sharing-Richtlinie ist heute im Code de la consommation ohne größere Unterschiede zur europäischen und deutschen Regelung in französisches Recht umgesetzt175 , dessen Regeln sowohl für die spezialgesetzlich geregelte gesellschaftsrechtliche Lösung176 als

173   S. oben Kapitel 4 C II 2. Die Möglichkeit solcher Duplizität steht der – für das deutsche Recht treffenden – Vorstellung von den dinglichen Rechten als feststehende, stabile »Bausteine« (Stürner, AcP 194 [1994], 265, 275; dazu Kapitel 4 E II 2) entgegen. 174   Ratifiziert am 27. Februar 1964, in Kraft seit 27. Mai 1964 (Décret n°  6 4-318 vom 11. April 1964, J. O. vom 16. April 1964, S.  3420); s. dazu Art. L. 122-1 Code de l’aviation civile. 175   Art. L. 121-60 ff. Code de la consommation 2001, zuvor Loi n°  98-566 du 8 juillet 1998 portant transposition de la directive 94/47/CE du Parlement européen et du Conseil du 26 octo­ bre 1994 concernant la protection des acquéreurs pour certains aspects des contrats portant sur l’acquisition d’un droit d’utilisation à temps partiel de biens immobiliers. 176   Loi n°  86-18 du 6 janvier 1986 relative aux sociétés d’attribution d’immeubles en jouissance à temps partagé, J. O. vom 8. Januar 1986, S.  382, mit nachfolgenden Änderungen.

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Kapitel 5:  Die Entwicklung in Frankreich

auch für andere, etwa sachenrechtliche, Konstruktionen gelten177. Eine nichtakzessorische Eurohypothek, wie sie seit langem diskutiert wird178 , wäre zwar ungeachtet der Einführung der hypothèque rechargeable vor allem in dogmatischer Hinsicht ein Novum für das französische Sachenrecht; ein solches Institut würde aber, wenn denn sein Inhalt klar bestimmt wäre, die grundsätzliche Typizität als solche nicht weiter stören. Das französische Internationale Sachenrecht folgt ebenfalls der lex rei sitae-Regel179. Trotz des Akzessorietätsprinzips gilt dies nach einhelliger Meinung in der Rechtsprechung auch für Mobiliarsicherheiten180 . Die Frage, ob fremde dingliche Rechte in Frankreich Anerkennung finden, hat sich insbesondere im Hinblick auf besitzlose Mobiliarsicherheiten gestellt, vor allem in Fällen, in denen in Deutschland sicherungsübereignete Güter nach Frankreich gelangten181. Trotz ihrer Zurückhaltung in der Frage eines numerus clausus im materiellen Recht bemüht die Literatur auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts durchaus den numerus clausus, um die Frage der Anerkennung fremder dinglicher Rechte und nicht zuletzt die Frage der Anerkennung des anglo-amerikanischen Trust zu diskutieren182 . Frankreich hat das Haager Trust-Übereinkommen zwar gezeichnet, aber bis heute nicht ratifiziert183 . Die Rechtsprechung misst die dinglichen Wirkungen eines unter ausländischem Recht begründeten Trust an in Frankreich belegenen Gegenständen bislang am französischen Recht184 . Mit der Einführung der fiducie dürften künftig indes auch ausländische Treuhandgestaltungen auf Anerkennung hoffen können185 ; sogar eine Ratifikation des Haager Trust-Übereinkommens steht im Raum186 . Im Ausland begründete dingliche Rechte an einer beweglichen   Art. L. 121-60 Code de la consommation.   Oben Kapitel 4 G I. 179   S. nur Art.  3 Abs.  2 Code civil (einseitige Kollisionsregel für Immobilien in Frankreich), zweiseitig ausgebaut etwa von Cass. civ. vom 5. Juli 1933, S.  1934, 1, 337, 340, note J.-P. Niboyet, auf bewegliche Sachen in Frankreich ausgedehnt von Cass. req. vom 24. Mai 1933, S.  1935, 1, 257, 260, note H. Batiffol, zweiseitg ausgebaut von Cass. civ. 1ère vom 9. Dezember 1974, Rev. crit. DIP 1975, 504, 505, note E. Mezger. 180   Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  32–34. 181   Vgl. z. B. Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S.  54 f. 182   Z. B. Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  36–52; unkritisch M. Goré, note sous Cass. civ. 1ère vom 17. Dezember 1996, Rev. crit. DIP 1997, 725, 731. 183   S. wiederum den Überblick über den Stand unter (zuletzt besucht am 29. Febraur 2012). 184   Cour d’appel de Paris, 1ère ch., vom 18. April 1929, Rev. crit. DI 1935, 149, 151; T. civ. Rouen, 1ère ch., vom 19. Dezember 1927, JDI 1928, 1027, 1029 ff.; s. a. Cour d’appel de Paris, 1ère ch., vom 27. Januar 1904, DP 1905, 2, 356; Cour d’appel de Paris, 1ère ch., vom 10. Januar 1970, JDI 1973, 207, 211 ff., note Y. Loussouarn. 185   Vgl. Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  172. 186   Dazu die Question écrite n°  0 6210 von M. Philippe Marini vom 13. November 2008, J. O. Sénat S.  2258, und die Antwort der Justizministerin vom 8. Januar 2009, J. O. Sénat S.  74, abrufbar unter (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 177 178

C.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht

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Sache, die – ohne Transportmittel zu sein – nach Frankreich verbracht wurde, beurteilt die Rechtsprechung nach französischem Recht187, ohne dass dabei ganz klar würde, ob es sich um eine Transposition in einen französischen Sachenrechtstyp handelt oder ob nur nach der Vereinbarkeit der vom ausländischen Recht vorgesehenen Wirkung mit dem französischen Recht gefragt wird188 . Für res in transitu geht außerhalb einiger Sonderregeln die französische Lehre grundsätzlich von einer Geltung des Heimatrechts aus; Rechtsprechung zu dieser Frage fehlt189. Jedenfalls lässt sich nicht ausschließen, dass es auch unter autonomem französischem Kollisionsrecht – und erst recht im Falle einer europarechtlich erzwungenen Geltung des Herkunftslandsprinzips190 – ähnlich wie in Deutschland zur Störung von Typizität durch fremde dingliche Rechte kommen kann. Auch hier wird man aber wiederum davon ausgehen können, dass fremde Rechte nicht selten durch gutgläubigen oder originären Erwerb nach der lex rei sitae191 wieder verschwinden und daher nur ein begrenztes Störpotential beinhalten. Der Gemeinsame Referenzrahmen192 lässt für Frankreich nur geringe Änderungen erwarten. Wie das bisherige französische Recht scheut er sich davor, einen Typenzwang offen auszusprechen, legt einen solchen aber wohl zugrunde. Den Schritt zu einem Register für Mobiliarsicherheiten hat Frankreich mit der Neuordnung des Rechts der Kreditsicherheiten im Jahre 2006 bereits gemacht. Keine Änderungen bringt auch die Festlegung des Gemeinsamen Referenzrahmens auf ein modifiziertes Konsensprinzip; insbesondere war auch in Frankreich schon bislang anerkannt, dass die Parteien den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs bestimmen können.

  S. etwa Cass. civ. vom 14. März 1939, S.  1939, 1, 182.   Vgl. Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  133. 189   Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  173 ff. 190   Dazu oben Kapitel 4 G II. 191   Vgl. Bonnet, Biens, Juris-Classeur Droit international 6, Fasc. 550 (2007), Nr.  69–76, 160 m.Nw. 192   S. dazu bereits oben Kapitel 4 G I. 187

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Kapitel 6

Die Entwicklung in England Zwei Gegensatzpaare sind charakteristisch für das englische und das auf ihm basierende U. S.-amerikanische Sachenrecht: Zum einen die durchgehende, scharfe Trennung von Immobiliar- und Mobiliarrecht (real und personal property) , zum anderen die Überlagerung der Rechtsmasse des Common Law durch die Equity. Diese beiden Gegensatzpaare sowie das damit im Zusammenhang stehende Verständnis dinglicher Rechte als »bundles of rights«, das in England nahelag und später vor allem in den U. S. A. Bedeutung erlangte, können eine Gliederung nach den Kategorien »Eigentum« und »beschränkte dingliche Rechte«, wie sie sich für das deutsche und französische Recht nach deren eigener Systematik anbietet, zweifelhaft erscheinen lassen. Andererseits verspricht eine solche Gliederung aber bessere Vergleichbarkeit und macht so Gemeinsamkeiten und Unterschiede besonders deutlich. Deshalb soll an ihr festgehalten werden. Die Betrachtung des englischen Rechts als der Mutterrechtsordnung legt dabei zugleich die Grundlage für das U. S.-amerikanische Recht.

A.  England bis zum 19. Jahrhundert Wie das gesamte Recht Englands , war auch sein Sachenrecht bis zum 19. Jahrhundert nahezu ungestört ein Produkt der Praxis, die ihrerseits von der Rechtsprechung gelenkt wurde. Für das Sachenrecht besonders bedeutsam war die Tatsache, dass es im Gegensatz zum Kontinent nicht zu einer großen Revolution oder planmäßigen Bodenbefreiung mit nachfolgender Neuordnung des Rechts in einer systematischen, um begriffliche Schärfe bemühten Kodifikation kam, sondern vielmehr das allein von persönlichen Beziehungen getragene Feudalsystem germanischen Ursprungs schon seit dem frühen Mittelalter immer stärker anonymisiert und so nur ganz allmählich zu einem eigentlichen Sachenrecht weiterentwickelt wurde, in dem Herrschaftsbefugnisse nicht nur vertikal innerhalb eines Zweigs    Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  2 und öfter. Zur historischen Anknüpfung daran, ob bei Entziehung der Sache Restitution oder lediglich Schadensersatz angeordnet wurde, und zur Besonderheit für leaseholds, s. z. B. Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 1-011 f.; deutschsprachig Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, S.  15.    Mit England ist hier das Recht von England und Wales gemeint; zum dem deutschen Recht teilweise sehr ähnlichen schottischen Sachenrecht Farran/Cabrelli, 13 Maastricht J. Eur. Comp. L. 403, 406–420 (2006).

A.  England bis zum 19. Jahrhundert

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der Lehnspyramide, sondern auch horizontal zwischen verschiedenen Beteiligten geschützt waren. Im Grundstücksrecht verbindet sich diese Entwicklung mit dem Übergang von einem System der tenures mit stark öffentlichrechtlich geprägtem Charakter zu einem System der estates, in dem das öffentlichrechtliche Element nur noch als theoretischer Untergrund eine Rolle spielte . Die tenure bestimmte, zu welchen Bedingungen, insbesondere gegen welche Dienste oder laufenden und ereignisgebundenen Zahlungen, an jemanden Land vergeben war. An der Spitze dieses Systems stand naturgemäß der König als oberster Lehnsherr. Das estate gab Auskunft über die Dauer der Herrschaftsbefugnis am jeweiligen Land. Es setzte damit schon voraus, dass einem Tenant über eine bestimmte Zeit ein Recht gegenüber seinem Lord zustehen konnte, dessen Dauer vorab bestimmt war. Von dem Zeitpunkt an, zu dem der Tenant trotz des eigentlich persönlich gedachten Bandes zwischen ihm und seinem Lord sein Herrschaftsrecht auf einen Erwerber übertragen konnte, also nicht darauf beschränkt war, seinerseits das Herrschaftsrecht weiter zu vergeben und damit die Pyramide nach unten zu verlängern, trat das estate immer mehr in den Vordergrund. Ab dem Statute Quia Emptores von 1290 mit seinem Verbot der Subinfeudation für grants in fee simple war die Weiterübertragung durch den Tenant sogar die einzige Veräußerungsmöglichkeit und bedurfte fortan keiner Zustimmung des Lords mehr . Also musste sich der Erwerber auf ein – wenn auch abgeleitetes – Recht gegen den Lord berufen können, dessen Dauer von dem ihm übertragenen estate abhing. Parallel zum Erstarken der Position des Erwerbers verloren die auf der tenure beruhenden Verpflichtungen des jeweiligen Grundstücksinhabers an Bedeutung – eine Entwicklung, die in England bereits im 15. Jahrhundert und damit deutlich früher als auf dem Kontinent erfolgte. Entscheidend war dabei die Umwandlung der verschiedenen Dienste in Zahlungspflichten, die dann ihrerseits infolge von Inflation belanglos wurden. Als der Tenures Abolition Act von 1660 nahezu alle noch verbliebenen feudalen Pflichten in Geldzahlungen überleitete und zugleich die meisten ereignisgebundenen Pflichten der Tenants abschaffte, war die Stellung des Lords weitgehend inhaltslos geworden. Die früheren Mittlerstellungen der Mesne Lords zwischen Krone und Landbesitzer gerieten dementsprechend in Vergessenheit. Auch für den Tenant spielte es letztlich keine Rolle mehr, auf welcher Form von   So Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  1.   Vgl. nur Bordwell, 18 Iowa L. Rev. 425, 426 f. (1933); Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  52.    Halsbury’s Statutes, Vol.  37, S.  19 f. Vgl. Bordwell, 33 Iowa L. Rev. 449, 463 ff. (1948); Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 2-014 ff. In früher Zeit gestand auch das englische Recht zudem dem Erben ein interest in the land zu, das einem Näherrecht ähnelte. Zu Verfügungen des Inhabers eines fee simple war demnach die Zustimmung des Erben erforderlich. Schon um 1200 scheint diese Lehre indes verschwunden zu sein. Der tenant in fee simple konnte inter vivos auch zum Nachteil der Erben ohne deren Zustimmung verfügen; Verfügungen von Todes wegen über Land waren spätestens ab dem Statute of Wills von 1540 möglich. S. dazu Megarry/Wade, The Law of Real Property, 6.  Aufl., para. 3-043.  

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Kapitel 6:  Die Entwicklung in England

tenure sein Herrschaftsrecht beruhte ; entscheidend war nur dessen Dauer, wie sie sich aus dem ihm zustehenden estate ergab. Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung aus dem Feudalsystem kam es aber nie zu einem klaren Bruch, der anstelle der Beziehungen zwischen einzelnen Personen die Beziehung einer Person zu einer Sache zum gedanklichen Ausgangspunkt machte. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass alle dinglichen Rechte bis heute letztlich relativ, nicht absolut gedacht sind, ihr Schutz dementsprechend in erster Linie über das Law of Torts erfolgt. So ist etwa, ganz in germanischer Tradition, bei einem Auseinanderfallen von Besitz und Berechtigung der Besitzer gegenüber allen außer dem wahren Berechtigten als der besser Berechtigte geschützt . Nicht zuletzt erklärt der personale Ansatz auch, warum sich die schon früh einsetzende Entstehung der Equity-Gerichtsbarkeit und ihres Rechtsstoffs auf dem Gebiet des Sachenrechts besonders stark auswirken konnte. Beruhte selbst das Common Law, dessen Vermögenszuordnung grundsätzlich gegenüber jedermann galt, letztlich doch auf dem Gedanken persönlicher Beziehung, so war es nichts grundlegend Verschiedenes, wenn unter bestimmten Umständen – insbesondere in Bezug auf Personen, die im Hinblick auf bestimmte Ereignisse bösgläubig waren – die Courts of Equity ein persönliches Ge- oder Verbot aussprachen, wo dies im Einzelfall aus Billigkeitsgründen geboten schien. So wirkte beispielsweise eine legal mortgage unabhängig von Kenntnis und Erwerbsart erga omnes, während eine equitable mortgage dem gutgläubigen entgeltlichen Erwerber (bona fide purchaser for value bzw. purchaser for value without notice) nicht entgegengesetzt werden konnte10 . Für die Frage des guten Glaubens entwickelte sich eine besondere Lehre, die für die Equity prägend werden sollte: die doctrine of notice11. Danach kam es zunächst darauf an, ob beim Erwerber tatsächliche Kenntnis vom Bestehen der in Rede stehenden Rechtsposition vorhanden war (actual notice). War dies nicht der Fall, konnte ihm ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die Kenntnis eines Dritten wie etwa seines Anwalts zugerechnet werden (imputed no   Rechtlich wurde der Bedeutungsverlust der tenures erst mit Verzögerung nachvollzogen, so insbes. durch den Tenures Abolition Act 1660 (c. 24) und schließlich durch s. 128 sowie 12th Sch. para. (1) LPA 1925; s. nur Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 2-014 ff.    Zur Relativität Ocean Estates Ltd. v. Pinder, [1969] 2 A. C. 19, 24 f. per Lord Diplock; Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 4-008 ff.; Smith, Property Law, S.  6 , 47 f.; zum Schutz durch das Law of Torts im Gegensatz zu einer das Recht selbst voraussetzenden rei vindicatio kontinentalen Typs z. B. Gambaro, (1997) 5 Europ. Rev. Priv. L. 497, 502.    Zur Relativität von seisin und der Bedeutung verschiedener rights of entry s. Simpson, A History of the Land Law, S.  42 f.    S. nur Maitland, Equity, S.  17 ff.; Farran/Cabrelli, 13 Maastricht J. Eur. Comp. L. 403, 426 f. (2006). 10   Zur Entstehung Simpson, A History of the Land Law, S.  180 f.; s. etwa London and South Western Railway Co. v. Gomm, (1882) 20 Ch. D. 562, 583; Re Nisbet and Pott’s Contract, [1906] 1 Ch. 386, 403, 405. 11   Vgl. nur Maitland, Equity, S.  118 f.; Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 5-011.

A.  England bis zum 19. Jahrhundert

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tice). Schließlich wurde gefragt, ob der Erwerber vom Bestehen der Rechtsposition hätte wissen müssen (constructive notice). Die Verfestigung dieser Lehre ließ den dinglichen Charakter auch der equitable interests immer stärker hervortreten. Auf diese Weise erklärt sich schließlich auch die dingliche Wirkung, die die Equity den estate contracts beimaß12 . Danach machte ein estate contract den Erwerber eines estate oder lease bereits vor dem Vollzug der vereinbarten Übertragung bzw. Bestellung in den Formen des Common Law zum equitable owner. Denn die Courts of Equity gewährten ihm einen Rechtsbehelf auf specific performance statt des unter Common Law allein verfügbaren Schadensersatzes, und dies nicht nur gegenüber dem Veräußerer, sondern auch gegenüber allen Dritten einschließlich des Konkursverwalters des Veräußerers, aber mit Ausnahme des bona fide purchaser eines legal estate an dem Grundstück, der von dem estate contract keine Kenntnis im Sinne der doctrine of notice hatte. Diese und weitere feste Regeln, die sich aus der Equity-Rechtsprechung entwickelten, führten zu einer Anerkennung des dinglichen Charakters auch der equitable interests. Begünstigt wurde diese Anerkennung sicher nicht zuletzt dadurch, dass die Equity nur einige wenige gänzlich neue dingliche Rechte hervorbrachte, im übrigen aber nach und nach quasi allen dinglichen Rechten des Common Law ein equitable interest zur Seite stellte, das weitgehend denselben Regeln unterlag, wie das entsprechendes legal interest13 . Wo theoretische Grundlage der Vermögenszuordnung nicht die rechtliche Beziehung einer Person zu einer Sache, sondern in feudalrechtlicher Tradition die Beziehung verschiedener Personen untereinander ist, liegt es nahe, jede dingliche Position als ein Bündel von Zweipersonenverhältnissen zu begreifen. Eine dingliche Position beschreibt dann die Summe der Rechte, die dem Inhaber jeweils gegenüber allen anderen Rechtsunterworfenen zustehen. Eine solche personale Betrachtung erschwert die Entwicklung eines umfassenden und dauerhaften Rechts als »Ruhepunkt«, wie man ihn im klassischen kontinentaleuropäischen Eigentum erblicken kann. Vielmehr begünstigt die personale Betrachtung eine weitere Aufspaltung jeder umfassenderen Position in Einzelbefugnisse eines bestimmten Inhalts oder einer bestimmten Dauer. All dies kennzeichnet nun gerade das traditionelle englische Recht und dort insbesondere das Immobiliarsachenrecht mit seinen feudalistischen Ursprüngen, das selbst für die inhaltlich umfassende Herrschaftsbefugnis verschiedene Kategorien zeitlicher Dauer dieser Berechtigung unterscheidet. Daher kann es nicht verwundern, dass sich im englischen und vor allem im U. S.-amerikanischen Rechtsdenken bis heute in unterschiedlicher Ausprägung eine solche »bundle of rights«-Theorie findet, die letztlich auf dem germanischen geteilten Eigentum fußt und nicht von einer vollen Rezeption des

12   Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 5-025, 8-057, 15-051; Smith, Property Law, S.  28 f., 45; deutschsprachiger Überblick bei von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  21. 13   Insoweit galt die Maxime »Equity follows the law«, vgl. Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 5-022; Snell, The Principles of Equity, S.  13–16.

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Kapitel 6:  Die Entwicklung in England

römischrechtlichen Eigentumsbegriffs gestört wurde14 . Ein derartiges Grundverständnis lässt ein detailliertes und hochkomplexes Gefüge erwarten, das nicht einfach in die Kategorien von »Eigentum« und »beschränkten dinglichen Rechten« passt. Der Blick auf die Sachenrechtstypen und sachenrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten bestätigt diese Erwartung15 .

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum und Estates Nach dem soeben Gesagten ist es verständlich, dass die in Kontinentaleuropa durchgedrungene Vorstellung eines einheitlichen und umfassenden Eigentums, welches als Beziehung zwischen einer Person und einer Sache gedacht ist und dem Eigentümer die volle, jeden Dritten ausschließende Herrschaftsmacht über seine Sache zuweist, nicht zu einem prägenden Element des englischen Sachenrechts werden konnte. In der Tat tauchten schon die Begriffe »property« und »ownership« während der bedeutenden Epoche vom Ende des 13. Jahrhunderts bis zum 15. Jahrhundert in der Rechtspraxis überhaupt nicht auf16 . Für bewegliche Sachen entwickelte das englische Recht allerdings schon früh – wohl auch unter dem Einfluss des römischen und kontinentaleuropäischen Rechts – eine Form ausschließlicher Zuordnung. Das moderne kontinentale Eigentum fand somit von Anfang an im ownership an beweglichen Sachen seine Entsprechung17. Anderes gilt hingegen für das Grundstücksrecht. Wohl aufgrund des frühen Verblassens seines germanisch-feudalistischen tenure-Systems und aufgrund des Fehlens eines strengen Eigentumsbegriffs bildete sich im englischen Recht kein ausgefeiltes System von Ober- und Untereigentum heraus. Aus dem System der tenures, in dem der König als oberster Lehnsherr auch die Oberherrschaft über allen Grund und Boden innehatte, übernahm das System der estates stattdessen die Vorstellung, dass alles Land dem König zustehe und der einzelne nur Inhaber verschiedener Herrschaftsrechte sein könne. Konsequent ist daher in jüngeren Formulierungen an die Stelle des Königs als obersten Lehnsherrn der König als einziger Eigentümer allen Landes getreten18 . Die zeitliche Beschränkung, die nur einen Aspekt lehnsrechtlicher tenure ausmachte, wurde im System der estates zum entscheidenden Element19. In der Praxis verfestigten sich für das inhaltlich umfas14   S. nur Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  50 f.; Philbrick, Property, S.  137 ff., 141 ff.; Sparkes, European Land Law, para. 8.63 (S.  373). 15   S. nur Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 1-001. 16   Seipp, 12 Law & Hist. Rev. 29, 31–34, 37 ff. (1994). 17   Seipp, 12 Law & Hist. Rev. 29, 61 (1994); vgl. auch Curwen, (2000) 20 L. S.  181, 184 m. w. N. 18   Dazu Simpson, A History of the Land Law, S.  47 ff. S. aber auch Seipp, 12 Law & Hist. Rev. 29, 40 ff. (1994). 19   S. Walsingham’s Case, (1573) 2 Plowden 547, 555: »An estate in the land is a time in the land, or land for a time.« Weiter Bordwell, 18 Iowa L. Rev. 425 (1933); ders., 33 Iowa L. Rev. 449 (1948); Simpson, A History of the Land Law, S.  85 ff.; Gray/Gray, Elements of Land Law, 5.  Aufl., para.

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sende Herrschaftsrecht, das estate of freehold, drei Formen zeitlicher Beschränkung20 : Das fee simple endete in seiner Grundform als fee simple absolute erst mit dem Tod des Inhabers oder seiner Erben; mit der 1306 endgültig anerkannten Möglichkeit der Übertragung auf einen Erwerber und dessen Erben 21 näherte es sich faktisch zwar stark einem Volleigentum an, blieb aber insofern doch estate, als es beim erbenlosen Tod des »Tenant« an den jeweiligen Lord zurückfiel (escheat). Modifiziert werden konnte das fee simple durch Bestimmungen, die beim Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses entweder automatisch das fee simple an den Veräußerer zurückfallen ließen oder diesem ein Eintrittsrecht gaben (determinable fee mit reverter des grantor und fee simple upon condition mit right of entry des grantor). Das fee tail war auf die Lebenszeit des ursprünglichen Inhabers und dessen direkter Abkömmlinge begrenzt, sicherte also den Grundbesitz für die Familie22 . Das life estate bestand nur für die Lebenszeit seines Inhabers (estate for the life of the tenant) oder eines Dritten (estate pur autre vie) 23 ; wie das fee simple konnte es determinable oder conditional sein. Erst später kam zu diesen drei Formen das im privatwirtschaftlichen Bereich – also außerhalb des Lehnswesens – entstandene leasehold estate hinzu 24 , welches grundsätzlich die volle Herrschaft über ein Grundstück für einen vorherbestimmmten Zeitraum einräumte, allerdings wegen seiner schuldrechtlichen Herkunft auch mit Zahlungs-, Instandhaltungs- und Reparaturpflichten zwischen landlord und tenant verbunden werden konnte, denen Wirkung gegenüber dem jeweils aktuellen Inhaber des leasehold zuerkannt wurde. Einem Denken, das diese verschiedenen Formen zeitlicher Herrschaftsberechtigung mehr neben- als übereinander stellt, entspricht es, schon frühzeitig für den Fall der Beendigung einer beschränkten Herrschaftsberechtigung Vorsorge zu treffen und nicht das »Zurückfallen« an einen höheren, durch die endende Herrschaftsberechtigung lediglich belasteten »Eigentümer« für selbstverständlich zu nehmen. Es passt daher durchaus ins Bild, dass das englische Recht bald nicht nur die aktuelle Inhaberschaft (estate in possession), sondern auch schon die Position dessen, der nach Beendigung des aktuellen Rechtsinhabers zukünftig das Herr-

1.3.5: »slice of time in the land« (Hervorhebung im Original); Megarry/Wade, The Law of Real Property, Ch. 2 f.; deutschsprachiger Überblick bei Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, S.  14–16. 20   Vgl. nur Coke upon Littleton, 43b: »Here it appeareth that tenant in fee, tenant in taile, and tenant for life, are said to have a franktenement, a freehold so called, .  .  .«. 21   S. Simpson, A History of the Land Law, S.  49–55; Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 3-005 mit Verweis auf den Fall Y. B. 33–35 Edw. 1 (R. S.) 358, 362; s. a. Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  14. 22   Zu den Hintergründen (Statute De Donis Conditionalibus von 1285, recoveries and fines) z. B. Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  55 ff.; Simpson, A History of the Land Law, S.  9 0 f. 23   Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  60 ff. 24   Vgl. zur Entwicklung Simpson, A History of the Land Law, S.  71–77, 92 f.; Farran/Cabrelli, 13 Maastricht J. Eur. Comp. L. 403, 422 f. (2006).

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schaftsrecht innehaben sollte, dinglich begriff25 . Unter diesen future interests unterschied es wiederum zwischen dem Rückfall an einen schon früher Berechtigten (reversion) und dem Erwerb dessen, was dem Zuwendenden über die derzeitige und ggf. eine weitere künftige, aber beschränkte Berechtigung hinaus zustand, durch einen bislang nicht Berechtigten (remainder) 26 . Solche future interests, die sowohl letztwillig verfügt als auch unter Lebenden bestellt werden konnten, bargen allerdings die Gefahren dauerhafter Vermögensbindung und großer Rechtsunsicherheit. Dem versuchte die von der Rechtsprechung entwickelte Rule against Perpetuities entgegenzuwirken, indem sie Verfügungen, bei denen nicht spätestens innerhalb einer bestimmten Zeit eine endgültige Zuordnung eintrat, mit einer scharfen Unwirksamkeitssanktion belegte27. Lässt man einmal die übergeordnete Stellung der Krone als Lord Supreme außer Betracht, kommt gemessen an den kontinentaleuropäischen Begriffen das fee simple dem absoluten Eigentum sicher am nächsten 28 , während die anderen estates eher beschränkten dinglichen Rechten entsprechen. Ein solches Verständnis konnte sich im englischen Rechtsdenken indes nicht durchsetzen. Zwar wurden bestimmte dingliche Rechte, die wie zum Beispiel eine Dienstbarkeit keine umfassende Herrschaftsberechtigung beinhalteten, durchaus auch als Rechte an fremder Sache aufgefasst. Für das Estate-System blieb es aber bei der Vorstellung eines gleichrangigen Neben- und Nacheinanders. Während also schon im frühen englischen Recht bei beweglichen Sachen durchaus von einem »Eigentum« gesprochen werden kann, das dem heutigen Verständnis dieses Begriffs als eines im Grundsatz inhaltlich wie zeitlich unbeschränkten Herrschaftsrechts nahekommt, gilt dies für Grundstücke allenfalls im Hinblick auf die Rechtsform des fee simple. Auch das fee simple kennt aber mit dem hypothetischen Rückfall an den nächsthöheren Lord bei Erbenlosigkeit eine immanente zeitliche Beschränkung. Es erscheint daher nicht als herausgehobene Berechtigung, sondern vielmehr als eine besonders weitgehende Variante zeitlich beschränkter, inhaltlich aber umfassender Herrschaftsrechte an Grundstücken. Die zeitliche Beschränkung wiederum konnten die Parteien vielfältig gestalten, indem sie den Kreis potentieller Erben festlegten, die Berechtigung mit einer Bedingung oder einem bedingten Eintrittsrecht versahen oder von vornherein zeitlich befristeten. Im Hinblick auf ihre Dauer waren also die inhaltlich dem Eigentum nahekommenden Berechtigungen wenig typisiert 29.

25   Terminologisch war dieser Wechsel darin erkennbar, dass nicht mehr von »persons to whom the land may revert or remain« die Rede war, sondern direkt von reversions und remainders. Dazu Simpson, A History of the Land Law, S.  87. S. weiter Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  66. 26   Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  65 ff. 27   Ausführlich Gray, The Rule Against Perpetuities, §§  123 ff. (S.  109 ff.). 28   Vgl. zur Bezeichnung des tenant in fee als dominus rei und proprietarius bei Bracton Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  2. 29   Vgl. auch Simpson, A History of the Land Law, S.  63 ff. (insbes. S.  63: »The law of the thir-

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2.  Beschränkte dingliche Rechte und funktionsverwandte Institute Trotz des naheliegenden Verständnisses von dinglichen Rechten als bloßes »bundle of rights« findet sich seit jeher auch im englischen Recht die Vorstellung eines beschränkten Rechts und der korrespondierenden Belastung30 . Dies ist insbesondere dort der Fall, wo ein Recht nicht mit der dauerhaften tatsächlichen Sachherrschaft verbunden ist. a)  Beschränkte dingliche Nutzungsrechte Unter diesen beschränkten dinglichen Rechten, die quasi alle sowohl at law als auch nur in equity bestehen konnten, fanden sich auch in England vielfältige Nutzungsrechte feudalistischer Herkunft, auch wenn diese vielleicht nicht in gleicher Weise wie auf dem Kontinent mit dem Boden verbunden waren. So gab ein profit à prendre das Recht, etwas vom Land eines anderen zu nehmen, wie beispielsweise Fische, Torf oder Holz. Derartige profits konnten zugunsten einer Person (»in gross«) oder zugunsten eines Nachbargrundstücks (»appurtenant«) begründet werden. Die schon beschriebenen estates des fee tail, life estate und leasehold estate gewährten ein umfassendes Herrschaftsrecht, das jedoch zeitlich beschränkt war. Insbesondere das life estate ähnelte insofern dem römisch-kontinentaleuropäischen, höchstpersönlichen Nießbrauch. Unter dem Namen easement kannte das englische Recht weiter die Dienstbarkeit, die als Grunddienstbarkeit nach römischem Vorbild31 stets dem Vorteil eines anderen Grundstücks dienen musste, als beschränkte persönliche Dienstbarkeit (easement in gross) ihren Inhaber zur Nutzung des Grundstücks berechtigte oder andere Berechtigte von bestimmten Nutzungen ausschloss. Den easements nahe standen restrictive covenants, mit denen der Veräußerer eines Grundstücks dem Erwerber bestimmte Nutzungen untersagte und die jedenfalls seit 1848 nach den Regeln der Equity dingliche Wirkung hatten; lediglich dem bona fide purchaser eines legal estate konnten restrictive covenants nicht entgegengehalten werden 32 . Positive covenants, die den Erwerber eines fee simple zu einem positiven Tun, etwa der Instandhaltung eines Gebäudes, verpflichten, konnten demgegenüber teenth century displays a generous freedom in its attitude to variant forms of gifts, for there were then no very precise rules as to the possible forms of gifts of land.«). 30   Vgl. Regina (Lord Chancellor) v. Chief Land Registrar, [2006] Q. B. 795, 804 f.: »What is transferred by a transfer of property is the bundle of rights and obligations relating to that building. The creation of a lease does not transfer any rights or obligations. It subjects the lessor’s rights to those of the lessee. The lessor ceases to be entitled to exclusive possession of the premises because an inconsistent right having priority to his has been conferred to the lessee. On termination of the lease the lessee’s right to possession is not transferred back to the lessor. The lessee’s right to possession comes to an end, so that there is no longer any inconsistent right to the freeholder’s right of possession.« 31   Vgl. zur Beeinflussung durch das römische Recht über Bracton Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  266, 272 f.; Seebo, Servitus und Easement, S.  13 ff., 99 ff. 32   Tulk v. Moxhay, (1848) 2 Ph. 774; s. a. Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 5-026, 32-030.

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auch nach den Regeln der Equity keine dinglichen Wirkungen haben, vielmehr blieb es bei der privity of contract 33 ; anderes galt indes für die bereits erwähnten Zahlungs-, Instandhaltungs- und Reparaturpflichten bei leasehold estates, wofür sich der Begriff privity of estate entwickelte34 . b)  Pfandrechte Die Rechtsnatur der Realsicherheiten war schwankend. Bei den Immobilien zeigen sich im Ausgangspunkt Gemeinsamkeiten mit dem germanisch-deutschen Recht. Wichtigste Immobiliarsicherheit war seit jeher die mortgage. Die frühe mortgage an freehold war, wie die »ältere Satzung« des germanisch-deutschen Rechts, ein Besitz- und Nutzungspfand an Immobilien, dessen Gestaltung vom Wucher- und Zinsverbot beeinflusst war35 . Gewöhnlich bestellte der Sicherungsgeber (mortgagor) dem Sicherungsnehmer (mortgagee) ein besonderes leasehold estate, das nach Ende des lease zum fee simple erstarkte, falls der Sicherungsgeber die Schuld nicht zurückgezahlt hatte. Wo die regelmäßigen lease-Raten die Schuld zurückführten, sprach man vom vivum vadium, anderenfalls vom mortuum vadium, woraus sich der Begriff der mortgage ableitet 36 . Im 15. Jahrhundert ging man jedoch dazu über, das Grundstück – mit einigen Schwankungen in der Entwicklung – dem Sicherungsnehmer in fee simple voll zu übertragen 37, allerdings zunächst auflösend bedingt durch fristgerechte Rückzahlung, ab dem 17. Jahrhundert verbunden mit einem »covenant to reconvey the property«, was eine ausdrückliche Rückübertragung verlangte und so den Nachweis des Titels erleichterte. Bei Nichtleistung des Schuldners konnte ursprünglich das Grundstück entweder sofort oder nach erfolglosem Ablauf einer durch judgment gesetzten Frist dem Gläubiger zufallen 38 . Als später dem Sicherungsnehmer das fee simple übertragen wurde, setzte sich die strenge Regel durch: Zahlte der Schuldner nicht genau zu dem Zeitpunkt, zu dem sein right to redeem entstand, verblieb das estate endgültig dem Gläubiger, und zwar ohne dass damit die persönliche Schuld erlosch 39.

  Haywood v. Brunswick Permanent Benefit Building Society, (1881) 8 Q. B. D. 403, 407 ff.   Lawson/Rudden, The Law of Property, S.  152–154; Eisenhauer, Moderne Entwicklungen im englischen Grundstücksrecht, S.  17. 35   Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 24-007; Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  118–123. 36   Vgl. Simpson, A History of the Land Law, S.  141; Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  118. 37   Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  122. S. a. die Definition von Lindley M. R. in Santley v. Wilde, [1899] 2 Ch. 474: »[A] mortgage is a conveyance of land or an assignment of chattels as a security for the payment of a debt or the discharge of some other obligation for which it is given.« 38   Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  119. 39   Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  71; Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 24-008 f. Überhaupt ist die Frage, ob die mortgage akzessorisch ist, bis heute nicht ganz geklärt; vgl. Jackson, (1978) 94 L. Q. R. 571, 587 f. 33

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Einschneidende Veränderungen bewirkte die Equity-Rechtsprechung40 . Zum einen verpflichtete sie, da ab jener Zeit Zinsen in festgelegter Höhe vereinbart werden konnten und deshalb die mortgage nicht mehr als Ersatz für eine anderweitig unmögliche zinstragende Geldanlage diente, den besitzenden mortgagee zur Zahlung einer Rente41, wodurch dieser das Interesse am Besitz verlor und die besitzlose mortgage entstand. Zum anderen sah sie den mortgagor als equitable owner an und entwickelte ihrerseits als übertragbares und belastbares dingliches Recht die equity of redemption 42 . Hierunter verbarg sich die anwartschaftsähnliche Summe der Rechte des Sicherungsgebers, insbesondere das equitable right to redeem, wonach der Sicherungsgeber das Grundstück auch durch verspätete Zahlung von Kapital, Zinsen und Kosten noch auslösen konnte. Der Sicherungsnehmer konnte zwar vor dem Equity-Court um einen decree of foreclosure nachsuchen, der ihm durch die Erklärung, das equitable right to redeem sei abgelaufen, ein uneingeschränktes fee simple verschaffte43 . Überstieg aber der Wert des Sicherungsguts die Schuld, befahl das Gericht einen Verkauf, befriedigte den Sicherungsnehmer aus dem Erlös und kehrte den Rest an den Sicherungsgeber aus. Ein außergerichtlicher Verkauf wäre dem mortgagee als Inhaber des legal estate zwar möglich gewesen, war ihm aber in equity untersagt, sofern ihm nicht der Vertrag über die Sicherheitenbestellung ausdrücklich eine power of sale einräumte44 . Den Sicherungscharakter unterstrich die Equity-Rechtsprechung noch dadurch, dass sie privatautonome Vereinbarungen durchbrach, die die equity of redemption beim Eintritt oder Nichteintritt bestimmter künftiger Ereignisse, insbesondere bei nicht erfolgter Rückzahlung innerhalb einer bestimmten Zeit, ausschließen wollten (»once a mortgage, always a mortgage«) 45 . Die mortgage war also ab dem 17. Jahrhundert ein fee simple, von dem die Equity nicht viel übriggelassen hatte – ein besitzloses, auf Schuldsicherung beschränktes und der freien Verfügung seines Inhabers weitgehend entzogenes fee simple, neben dem sich die anwartschaftsähnliche equity of redemption eher als Hauptsache ausmachte. Der Einfluss der Equity beschränkte sich nicht darauf, der legal mortgage ihre Schärfe zu nehmen und ihr die equity of redemption des mortgagors gegenüberzustellen. Vielmehr brachte sie auch – ganz im Sinne der Maxime »equity follows the law« – die equitable mortgage hervor, die wiederum formal als Übertragung der gesamten Rechtsposition des Sicherungsgebers an den Sicherungsnehmer konstruiert war, verbunden mit der Vereinbarung einer Pflicht zur Rückübertragung bei 40   Dazu Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  255 ff.; Maitland, Equity, S.  266 ff.; Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 24-010 ff. 41   Maitland, Equity, S.  274. 42   Vgl. Fairclough v. Marshall, (1878) 4 Ex.D. 37, 46, 48 f.; Maitland, Equity, S.  281 f. 43   S. etwa Heath v. Pugh, (1881) 6 Q. B. D. 345, 360; weiter Maitland, Equity, S.  270 f.; zur Beschwerlichkeit dieses Weges Skilton, 17 Temple L. Q. 315, 317 f. (1943); Priest, 120 Harv. L. Rev. 3785, 405–407 (2006). 44   Anschaulich Maitland, Equity, S.  275–277. 45   Howard v. Harris, (1681) 1 Vern. 33, 23 Eng. Rep.  288; Newcombe v. Bonham, (1681) 2 Freeman 67, 22 Eng. Rep.  1063, rev’d on other grounds, (1684) 1 Vern. 232, 23 Eng. Rep.  435.

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Erfüllung. Grundtatbestand ihrer Entstehung war denn auch eine Abrede, durch die der Sicherungsgeber dem Sicherungsnehmer sein gesamtes equitable interest übertrug. Daneben nahmen die Courts of Equity eine equitable mortgage aber auch dann an, wenn die Parteien einen auf Bestellung einer legal mortgage gerichteten estate contract geschlossen, aber noch nicht durchgeführt hatten46 . Die Praxis machte sich dies zunutze, indem sie häufig von vornherein auf die Formalitäten einer Bestellung der versprochenen legal mortgage verzichtete47, auch wenn die equitable mortgage in mancher Hinsicht schwächer als eine legal mortgage war48 . Als Folge dieser Entwicklung trat die equitable mortgage gleichsam wie ein eigenständiger Typ neben die legal mortgage. Schließlich entwickelte die Equity auch das Institut der equitable charge. Die charge unterschied sich von der mortgage darin, dass sie als bloßes Recht auf Zahlung aus der Sache verstanden wurde; sie erforderte also keine Übertragung der Rechtsposition, die der Sicherungsgeber an der Sache bis dahin innehatte. Dem chargee wurde also kein estate übertragen, sondern er erlangte lediglich ein Bündel von Rechten und Befugnissen, wie etwa das Recht zu Besitz und Verkauf der belasteten Sache. Diese Rechte und Befugnisse konnten in den Courts of Equity grundsätzlich gegenüber jedermann durchgesetzt werden49. Damit war die charge eine reine dingliche Belastung. Auf dem Gebiet der beweglichen Sachen schuf das Common Law mit dem bailment ein besonderes Institut, das als »berechtigter Besitz« beschrieben werden kann und je nach Ausgestaltung einer Verwahrung oder Leihe nahekommt, aber dem law of personal property zugerechnet wird. Der bailee hat unmittelbaren Besitz an der Sache und kann diesen gegenüber Dritten ähnlich einem Eigentümer verteidigen; er muss die Sache aber an den bailor, von dem er den Besitz erlangt hat, oder an einen Dritten wieder herausgeben 50 . Das bailment ist damit Grundlage jeder Besitzübertragung beweglicher Sachen auf Zeit. Die Verdinglichung der Position des bailee bewirkt durchaus eine Fragmentierung des Eigentums, was in der überkommenen Benennung als »general property« und »special property« auch 46   Ex p. Wright, (1812) 19 Ves. Jun. 255, 258, per Lord Eldon. Dabei kann man zwischen der (Noch-) Nichteinhaltung der Förmlichkeiten für eine legal mortgage und der Vereinbarung zur zukünftigen Bestellung einer mortgage unterscheiden; Smith, Property Law, S.  559. 47   Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 24-040 f. 48   Näher Maitland, Equity, S.  286 ff. (»Equitable mortgages are not very safe things.«): »Tacking« (eine Art Neu- und Höhervalutierung einer vorrangigen mortgage) und »Consolidation« (eine Art nachträgliche Herstellung einer Gesamthypothek für die Gesamtheit der gesicherten Forderungen). S. weiter Smith, Property Law, S.  559 Fn.  24. 49   Jones v. Woodward, [1917] W. N.  61, per Sargant, J.: »A document like this, which did not convey, and was enforceable only in equity, and which on the face of it was intended to be a security for a merely temporary advance, was not a mortgage but an equitable charge .  .  .«; London County and Westminster Bank, Ltd., v. Tompkins, [1918] 1 K. B. 515; s. a. Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 682. 50   The Winkfield, [1902] P. 42, 53 ff., per Collins, M. R. (insbes. S.  60 f.: »As between bailee and stranger possession gives title – that is, not a limited interest, but absolute and complete ownership, .  .  . . As between bailor and bailee, .  .  . the bailee has to account for the thing bailed, .  .  .«).

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terminologisch zum Ausdruck kommt51. Allerdings tritt das bailment kaum je isoliert zutage; es ist vielmehr überlagert von den spezielleren Regeln etwa der Mobiliarsicherheiten (pledge, lien). Die Rechtsprechung hat sich ausdrücklich Zurückhaltung bei der Anerkennung neuer, auf das bailment gestützter dinglicher Rechte an beweglichen Sachen auferlegt52 . Als bedeutendste Rechte an beweglichen Sachen verbleiben damit die dinglichen Sicherheiten. Diese entwickelten sich ähnlich wie die Sicherungsrechte an Grundstücken. Auch an personal property konnte also eine mortgage durch Übertragung, verbunden mit einer Bestimmung über die Rückübertragung bei Erfüllung, bestellt werden 53 . Für diese chattel mortgage, die danach ebenfalls eine Art Sicherungsübereignung darstellte, galten die entsprechenden Regeln der Equity. Daneben existierte nach Common Law mit dem akzessorischen pledge (auch pawn) ein typisches Besitzpfand54 . Es war nicht als Übertragung des estate, sondern als Übertragung des Besitzrechts konzipiert, gewährte also dem Pfandgläubiger in erster Linie ein Besitzrecht gegenüber dem Pfandgeber und Dritten 55 . Darüberhinaus hatte der Pfandgläubiger aber auch ein »right to sell«56 . Insgesamt wirkte das pledge somit als Belastung und entsprach damit dem klassischen Pfandrecht. Die Equity stellte mortgage und pledge schließlich auch bei Mobilien die charge zur Seite. 3.  Treuhand Wie auch das germanische Recht des Kontinents, kannte das englische Recht seit jeher Treuhandgestaltungen, bei denen eine überschießende Rechtsmacht im Außenverhältnis im Innenverhältnis vinkuliert war. Ein wichtiger Anwendungsfall war die eben geschilderte Übertragung eines Gegenstandes zur Sicherheit. Die viel beschriebene Besonderheit des englischen Rechts bestand aber darin, dass die Equity-Rechtsprechung mit dem Trust das abstrakte Grundmodell einer auch dinglich wirkenden Treuhand entwickelte, die dadurch entstand, dass der Begründer des Trust (Settlor) Rechte auf einen Dritten übertrug oder sich selbst zum Treuhänder (Trustee) erklärte57. Ihren Ursprung hat diese Rechtsfigur wohl im feudalistischen Grundstücksrecht, wo sie unter dem Namen des use dem Be51   Näher Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  177 und ausführlich Bordwell, 29 Harv. L. Rev. 501, 502 ff., 731, 745 (1916). Vgl. auch Curwen, (2000) 20 L. S.  181, 182 ff. 52   S. nur Smith, Property Law, S.  46 f. 53   Vgl. Lindley M. R. in Santley v. Wilde (oben Fn.  37); Pollock/Maitland, The History of English Law II, S.  118, 122; Maitland, Equity, S.  280 f. 54   Zur Notwendigkeit der Übergabe (delivery) s. z. B. Ryall v. Rolle, (1749) 1 Atk. 165, 166 f. per Brunet J. (».  .  . for delivery is the essence of an English pawn, .  .  .« Hervorhebung im Original); s. a. Pennington, (1960) 23 Mod. L. R. 630, 633 m. w. N. 55   S. z. B. Ratcliff v. Davis, [1610] 1 Bulst. 29. Allgemein Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 682. 56   Lawson/Rudden, The Law of Property, S.  190. 57   S. nur Milroy v. Lord, (1862) 4 De G. F. & J. 264, 274 per Turner L. J.; Parker/Mellows, The Modern Law of Trust, Ch. 5; Smith, Property Law, S.  24 ff.; deutschsprachig Middleton, in: Sachenrecht in Europa I, S.  93, 139 ff.

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günstigten eine Position verschaffte, die mit keinen lehnsrechtlichen Lasten und Pflichten verbunden war, und zugleich bei Einsetzung einer Mehrheit von Trustees die Entstehung ereignisgebundener Abgaben vermied58 . Auch konnte über die Stellung des Begünstigten (Beneficiary), anders als zunächst über das estate selbst, von Todes wegen verfügt werden 59. Um dem Verlust lehnsrechtlicher Abgaben entgegenzuwirken, nahm das Statute of Uses von 1536 dem Trustee das legal estate und wies es dem Beneficiary zu60 . Damit wäre die Trennung von legal estate und beneficiary enjoyment aufgehoben worden. Indessen gelang es auch dieser Gesetzgebung nicht, die Weiterentwicklung und Verbreitung derartiger Gestaltungen zu verhindern61. In der Form des Trust, wie er sich schließlich zu Beginn des 18. Jahrhunderts durchgesetzt hatte, ist der Trustee nach den Regeln des Common Law einziger Rechtsinhaber und aufgrund der privity of contract nur dem Settlor verpflichtet. Nach den Regeln der Equity hatte jedoch auch der Beneficiary als Begünstigter des Trust eigene persönliche Rechte gegen den Trustee. Bereits im frühen 16. Jahrhundert wurde diese Position des Beneficiary mit dinglichen Wirkungen ausgestattet, und zwar dergestalt, dass der Beneficiary seine Rechte auch gegenüber dem Erben und sogar einem Erwerber durchsetzen konnte, wenn dieser nicht entgeltlich und in gutem Glauben (»for value and without notice«) erworben hatte 62 . Im Zuge der Entwicklung klarer Regeln über die Fälle tatsächlicher oder unterstellter notice verfestigte sich die Position des Beneficiary wiederum zu einem equitable interest am Trustvermögen, das nach den Regeln der Equity Drittwirkung hatte 63 . Folge dieser Drittwirkung war allerdings, dass der Trustee Gegenstände des Trustvermögens nicht ohne Weiteres lastenfrei veräußern konnte; im Gegenzug konnte außerhalb der klaren Fälle unter der doctrine of notice kein Erwerber sicher wissen, ob nicht einem Dritten an dem erworbenen Gegenstand ein equitable interest zustand, dessen Fortwirkung ihm gegenüber geltend gemacht würde 64 . Die immer größere Freiheit bei der Begründung eines Trust hatte zur Folge, dass der den Trust begründende Settlor verschiedenste equitable interests zur Entstehung gelangen lassen konnte. Damit ermöglichte das Institut des Trust, 58   S. etwa Payne, 7 Ala. L. Rev. 227, 249 f. (1955). So führte beispielsweise das bei Miteigentümern geltende Anwachsungsrecht dazu, dass beim Tod eines der mehreren Trustees kein Erbgang stattfand, sondern sein Anteil auf die verbliebenen Trustees überging. Damit konnten die Abgaben, die bei Vererbung entstanden (relief ), nicht anfallen. Näher Simpson, A History of the Land Law, S.  182–184. 59   Simpson, A History of the Land Law, S.  181 f.; Seipp, 12 Law & Hist. Rev. 29, 42 f., 44 (1994). 60   Vgl. Digby, Introduction to the History of the Law of Real Property, S.  268 ff. 61   Payne, 7 Ala. L. Rev. 227, 256 ff. (1955); insgesamt zur Geschichte Simpson, A History of the Land Law, S.  173–207. 62   S. nur Simpson, A History of the Land Law, S.  180 m.Nw.; Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 679 f. 63   S. zur doctrine of notice bereits oben bei Fn.  11. Vgl. weiter Philbrick, Property, S.  157: »Interests, remedies, rights – this has been the order of legal development.« 64   Vgl. Gray/Gray, Elements of Land Law, 4.  Aufl., para. 2.135: ».  .  . the equitable doctrine of notice [.  .  .] often operated capriciously and unpredictably .  .  .«

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soweit der Schutz durch »notice« greifen konnte, an sich vielfältige individuelle Gestaltungen. Allerdings war die Praxis doch auch hier eher zurückhaltend. Die equitable interests spiegelten im Wesentlichen nur die im Common Law bekannten Berechtigungen wider. Dem Beneficiary zugewandt wurden insbesondere life interests, remainders und reversions; es galt also wiederum die Maxime »equity follows the law«65 . Auch über den Trust kam es so jedenfalls in der Praxis nicht zu völlig freier individueller Gestaltbarkeit dinglicher Rechte. 4.  Verfügungsbeschränkungen Auf dem Gebiet der beweglichen Sachen spielten Verfügungsbeschränkungen im englischen Recht keine Rolle. Für Grundstücke leiteten die englischen Gerichte seit dem 13. Jahrhundert aus der Rechtsnatur von possessory estates in fee simple deren freie Veräußerlichkeit her66 . Die Argumentation mit der Rechtsnatur wurde flankiert von der rechtspolitischen Entscheidung des Statute Quia Emptores von 1290 zugunsten der freien Veräußerlichkeit67. Auf dieser Grundlage erklärten die Gerichte nahezu alle Verfügungsbeschränkungen, die sich auf estates in fee simple absolute bezogen und in einer Übertragungsurkunde (deed) oder einer letztwilligen Verfügung (will) enthalten waren, für unwirksam68 . Dabei machte es keinen Unterschied, ob diese Verfügungsbeschränkungen generell von vornherein eine Übertragung verboten (»disabling restraints«) oder eine solche nach erfolgter Übertragung für unwirksam erklärten (»forfeiture restraints«); anderes konnte lediglich dann gelten, wenn Dauer oder Zweck der Beschränkung begrenzt waren69. Allerdings ließ sich mithilfe von future interests der Sache nach sehr wohl eine Beschränkung der Verfügungsmöglichkeiten künftiger Berechtigter erreichen, soweit die Bestellung dieser future interests nicht an der Rule against Perpetuities scheiterte. Bemerkenswerterweise beschränkte das englische Recht auch über lange Zeit den Zugriff ungesicherter Gläubiger auf das schuldnerische Grundvermögen70 . Eine privatautonome Begründung neuer beschränkter dinglicher Rechte, die über die ohnehin anerkannten estates hinausgegangen wären, erlaubten diese Formen von Verfügungsbeschränkungen indessen nicht.

  Simpson, A History of the Land Law, S.  206 f.   Näher zur Geschichte Pollock/Maitland, The History of English Law I, S.  329–349. 67   Vgl. nur Manning, 48 Harv. L. Rev. 373, 402 (1935). 68   Gray/Gray, Elements of Land Law, paras. 3.1.38 f. m.Nw., s. a. para. 19-076 zu covenants against alienation in leases (».  .  . alienation in breach of covenant cannot by itself invalidate the assignment or sub-lease as against the grantee.«). 69   In re Macleay, 20 Eq.  186, 190 (1875) per Jessel, M. R. einerseits, In re Rosher, 26 Ch.D. 801, 817 (1884) per Pearson, J. andererseits. 70   Priest, 120 Harv. L. Rev. 385, 401–403 (2006). 65

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II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Das writ-System der Common Law Courts, nach dem zur Einreichung jeder Klage ein spezieller writ gewählt und formal korrekt vorgebracht werden musste, weist in Struktur und Wirkungen eine deutliche Parallele zum frühen und klassischen römischen Recht auf. Neue writs durfte der Kanzler unter den Provisions of Oxford von 1258 nur auf Befehl des Königs und seines Council erlassen, nach dem Statute of Westminster II von 1285 darüberhinaus auch in Fällen, die einem schon anerkannten writ ähnelten (in consimili casu). Der unwiderruflich gewählte writ war dabei nicht etwa nur für die Frage der Zulässigkeit bedeutsam, sondern entschied neben mehr verfahrenstechnischen Einzelheiten vor allem auch über die Präzedenzfälle, nach denen der Sachverhalt zu beurteilen war. Dieses System, das eine Klage überhaupt nur in bestimmten Fällen zur Verfügung stellte, musste auf die gesamte Rechtsordnung typisierend wirken; für die Entwicklung eines eigenständigen Sachenrechts war es aber in besonderem Maße bedeutend, da vor dem Königsgericht, zu dem der writ den Zugang eröffnete, nicht wie im seignorial court um die persönlichen Rechte und Pflichten aus dem Lehen, sondern um eigenständige Rechtspositionen von Lord und Tenant mit Wirkung gegenüber jedermann gestritten werden konnte71. Der Equity-Prozess vor dem Kanzler und den Courts of Equity setzte demgegenüber nicht das Bestehen eines auf einen bestimmten Sachverhalt beschränkten writ voraus, filterte also nicht schon auf der Ebene der Klagemöglichkeit. Die strengeren Regeln, die sich schon bald auch in der Equity entwickelten, hatten daher von Anfang an eher materiellrechtlichen Charakter. Dem Equity-Prozess als solchem kam damit keine eigene typisierende Wirkung zu. 2.  Verfügungsgeschäfte In gemeineuropäischer Tradition, aus der der romanische Rechtskreis erst mit dem Code civil von 1804 und seinem Konsensprinzip endgültig ausscherte, kannte das englische Sachenrecht seit langem die Trennung von Verpflichtung und Verfügung 72 . Ursprünglich ging das englische Recht wohl von der sofortigen Verfügung aus; das Institut eines verpflichtenden Vertrages fand erst später Eingang ins Rechtsleben. Nicht zuletzt deshalb blieb es bei eigenständigen rechtlichen Regimes, zwischen denen nicht eine allgemeine Idee – wie in Frankreich die Idee der Vertragsfreiheit – eine durchgehende Verbindung schuf73 . Zwar hatte bei Mobilien 71   Vgl. Simpson, A History of the Land Law, S.  36 f. S. weiter Palmer, 3 Law & Hist. Rev. 1, 19 ff. (1985) in Auseinandersetzung mit Milsom, The Legal Framework of English Feudalism, insbes. S.  65 ff. 72   Zu allem Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  37 ff. m. Nw.; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  35, 103 f. (S.  923, 949 f.). 73   Payne, 7 Ala. L. Rev. 227, 264 (1955).

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in realvertraglicher Tradition74 oft bereits das Grundgeschäft verfügende Wirkung. Allerdings galt dies nur, wenn es – wie insbesondere ein sale – entgeltlicher Natur war, wobei für die Entgeltlichkeit jede consideration ausreichte, oder wenn eine förmliche, gesiegelte Urkunde (deed) über das Geschäft erstellt wurde. Anderenfalls scheiterten Grundgeschäft und Verfügung. Gemeinsamer Ausgangspunkt war aber bei Mobilien stets die Übertragung des Besitzes75 . So konnte bei einer Schenkung – gift – dem Beschenkten außer mittels deed allein durch Übergabe Eigentum verschafft werden. In einer deed konnten die Parteien auch einen anderweitigen Zeitpunkt für den Eintritt der Verfügungswirkung bestimmen. Noch größer war die Bedeutung von deeds bei Verfügungen über Immobilien. Denn nach dem Absterben solemner öffentlicher Akte, wie sie auch das germanisch-deutsche Recht kannte76 , verblieb es doch seit dem 16. Jahrhundert für die conveyance bei dem – vom Statute of Frauds von 1676 noch verstärkten – Erfordernis, dass der Veräußerer oder Besteller eines legal title dem Erwerber eine Übertragungsurkunde (deed) oder die Gesamtheit der über sein Recht Auskunft gebenden Urkunden (title deeds) übergibt77. Rein technisch hätten in einer deed zwar auch individuelle Gestaltungen festgehalten werden können, und in der Tat gab es eine ganze Reihe verschiedener Typen von deeds, die oft sehr umfangreich und komplex waren. Die Unterschiede betrafen indes weniger den Rechtsinhalt, als die verschiedenen Versprechen und Zusagen im Rahmen des Veräußerungsgeschäfts. Das englische Recht maß gerade nicht jeder beliebigen Vereinbarung dingliche Wirkung bei, die in einer deed enthalten war. Vielmehr kam es – insoweit in Parallele zum streng formalen writ-System, das dem richtig gesprochenen Wort entscheidende Bedeutung zumaß – entscheidend auf die richtige Wortwahl in den Urkunden an. So konnte das von den Parteien angestrebte estate nur bei Verwendung der für dieses estate vorgesehenen »Words of Limitation« im Bestellungsakt zur Entstehung kommen. Ein fee simple etwa musste für den Erwerber »and his heirs« bestellt werden; stand »or« an der Stelle von »and« oder fehlte der Verweis auf »heirs« ganz, so wurde lediglich ein life estate bestellt; nicht einmal die Zuwendung »in fee simple« reichte aus78 . Für ein fee tail bedurfte es des Wortes »heirs«, gefolgt von einer Einschränkung auf Abkömmlinge des ursprünglichen Inhabers, wie »to X and the heirs of his body«. Zusätzlich konnte das estate auf die männlichen oder weiblichen Nachkommen, beim special tail sogar auf die Nachkom74   Würdinger, Geschichte der Stellvertretung (agency) in England, S.  183–187, 193–215, 253– 256; Rheinstein, Die Struktur des vertraglichen Schuldverhältnisses, S.  18–20; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  56 f. 75   Smith, Property Law, S.  91. 76   Dazu z. B. Payne, 7 Ala. L. Rev. 227, 238 ff. (1955). 77   S. wiederum Payne, 7 Ala. L. Rev. 227, 243 ff. (1955) mit Hinweis darauf, dass die Übergabe der deed die Übergabe des tatsächlichen Besitzes ersetzen sollte und keinerlei vertragliches Element beinhaltete (»This was a purely property concept without any of the elements of agreement or contract« [S.  245]). 78   Vgl. Coke upon Littleton, 20a a. E.; Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  53; Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 3-024, 3-026.

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men mit einem bestimmten Ehegatten, beschränkt werden. Bei Verfehlung der richtigen »Words of Limitation« wurde lediglich ein life estate zugewandt. Diese Regeln hatten ihren Ursprung bei den legal estates, wurden bald aber auch von der Equity für die Bestellung der entsprechenden equitable interests übernommen. War den Parteien damit schon die Wortwahl genau vorgegeben, so konnten sie erst recht nicht durch bloße Parteivereinbarung neue, bislang unbekannte zeitlich beschränkte Herrschaftsrechte begründen. Bei beschränkten dinglichen Rechten galten zwar keine vergleichbar strengen Regeln, doch spielte auch hier die Wortwahl eine wichtige Rolle. Die Begründung eines Trust beinhaltete in der Regel die Übertragung des künftigen Treuhandvermögens an den Trustee; sie konnte aber auch durch einfache declaration of trust des derzeitigen Rechtsinhabers ohne jede Besitzübertragung, Mitwirkung des Beneficiary, consideration oder Form79 erfolgen. So bereitwillig nun die Equity-Rechtsprechung in manchen Situationen die Entstehung eines Trust unterstellte, ohne dass die Beteiligten dies beabsichtigt oder auch nur entfernt hieran gedacht hatten80 , so zurückhaltend war sie dort, wo eine Verfügung im Raume stand. Weder war sie bereit, bei einer etwa mangels delivery gescheiterten Schenkung darauf zu erkennen, dass der Schenker damit zum Trustee für den Beschenkten wurde 81, noch nahm sie bei einer unwirksamen Übertragung an den vorgesehenen Trustee an, der Settlor habe sich damit jedenfalls selbst zum Trustee erklärt82 . Dies wirkte einer zu starken Vermischung von Übertragung und Trustbestellung entgegen.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Die hohe Komplexität und die Gestaltungsmöglichkeiten, die die Equity insbesondere mit der Figur des Trust eröffnete, lassen das historische englische Sachenrecht auf den ersten Blick wenig typisiert erscheinen. In der Vorstellung vom Eigentum als einem »bundle of rights« ebenso wie in der Relativität der Rechtspositionen lebt deutlich das germanische Recht weiter; wie dort liegt auch im englischen Recht der frühen Zeit das Schwergewicht eher auf einer Verteilung einzelner Nutzungsbefugnisse. Gleichwohl zeigen sich doch schon früh deutliche Tendenzen hin zu einer Standardisierung und Begrenzung der möglichen Gestaltungsformen. Ein erstes Beispiel ist das Verbot der Subinfeudation, das dem Entstehen immer neuer Zwischenstufen mit potentiell immer neuen Bindungen entgegenwirkte; vor allem aber sind hier zu nennen das writ-System der Common Law Courts, der   Für Trusts of Land galt allerdings ein Schriftformerfordernis, vgl. s. 53(1)(b) LPA 1925.   Insbes. »Resulting Trusts«, »Implied Trusts« und »Constructive Trusts«, Überblick bei Smith, Property Law, S.  25 f., 124, 129 ff. 81   S. z. B. Jones v. Lock, (1865) L. R. 1 Ch.App.  25, 28 f.; Richards v. Delbridge, (1874) L. R. 18 Eq.  11, 13–15 mit dem Argument, der Schenker habe sich schließlich der Sache entäußern wollen, nicht aber sie weiterhin – wenn auch nur als Trustee – im eigenen Vermögen halten wollen. 82   Milroy v. Lord, (1862) 4 De G. F. & J. 264. 79

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strenge Formalismus der »Words of Limitation« und der Gleichlauf der equitable mit den legal interests. Diese Tendenzen sollten sich in der Zukunft immer mehr verstärken.

B.  Reformen in England um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert Schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entfaltete der englische Gesetzgeber eine hohe Aktivität. Während die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Prozessrechts mit der Vereinigung der Gerichtsbarkeiten und der Abschaffung des traditionellen writ-Systems dessen typisierende Wirkung stark abschwächte, bewirkte sie auf dem Gebiet des Immobiliarsachenrechts mit der Beseitigung verschiedener überkommener Sachenrechtstypen und der Einführung von Registern eine klare Steigerung von Typizität.

I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Einführung eines Typenzwangs für legal estates An erster Stelle unter den Reformen jener Epoche 83 ist der Law of Property Act von 1925 zu nennen84 , der Arten und Zahl der nach Common Law möglichen Herrschaftsrechte an Grundstücken reduzierte und damit insoweit der Sache nach einen Typenzwang einführte. Nach seinem Inkrafttreten im Jahre 1926 konnten at law als estates in land nur noch entweder ein estate in fee simple absolute in possession (freehold) oder ein term of years absolute (leasehold) bestehen85 . Dabei bedeutete das beiden estates gemeinsame Merkmal der Absolutheit, dass das Herrschaftsrecht seinem Inhaber auf unbegrenzte oder zeitlich genau festgelegte Dauer zustehen sollte 86 ; life estate und fee tail konnten damit nicht mehr als legal estates, sondern nur als equitable interests begründet werden87. Der Zusatz in possession beim fee simple absolute verlangte nicht die tatsächliche Sachherrschaft, sondern stellte auf die gegenwärtige Berechtigung ab, sodass remainders und reversions nicht mehr Geltung at law beanspruchen konnten. Damit sollte sichergestellt werden, dass stets ein gegenwärtiger Inhaber des fee simple zu identifizieren war88 . 83   S. für einen umfassenden Überblick Anderson, Lawyers and the Making of English Land Law 1832–1940, S.  3 ff., 81 ff. 84   Law of Property Act 1925 (15 Geo. 5, c. 20 – LPA 1925). 85   S.  1(1) LPA 1925. Zur Vorgeschichte der Reformen ausführlich Hudson, 34 Harv. L. Rev. 341–360 (1921). 86   Die Möglichkeit der Beendigung eines lease durch Kündigung, kraft Gesetzes oder durch eine besondere Regelung (vgl. s. 205(1)(xxvii) LPA 1925) steht dem nicht entgegen, weshalb Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 6-019 meinen, dass das Wort »absolute« beim term of years »in no intelligible sense« verwendet werde. 87   Vgl. s. 1(3) LPA 1925: »All other estates, interests, and charges in or over land take effect as equitable interests.« 88   Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 6-005.

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Neben der Zahl der legal estates beschränkte der LPA 1925 auch die möglichen interests und charges, die at law existieren konnten. Zu diesen gehören die easements, die profits à prendre und die rentcharges, wenn nur ihre Dauer entweder unbeschränkt oder zeitlich genau festgelegt war, sowie die noch näher zu betrach­ tende charge by way of legal mortgage 89. Alle anderen sachenrechtlichen Gestaltungen an Immobilien wurden in die Equity abgedrängt90 . Vielfach war zu ihrer Begründung nun ein Trust notwendig; zeitlich nacheinander folgende Berechtigungen, etwa »for A for life with remainder to B in fee simple« konnten aber auch als settled land (»strict settlement«) direkt dem jeweiligen Begünstigten zustehen und unterlagen dann dem Settled Land Act von 192591. Abgesehen von Trust und settled land verloren die nur noch in equity möglichen Gestaltungen rasch an Bedeutung. 2.  Anfänge der Registrierung von Immobiliarrechten Ebenfalls in diese Zeit fällt der Beginn einer konsequenten Registrierung von Immobiliarrechten92 . Auch in England schuf man dabei nicht von Anfang an ein einheitliches Register für sämtliche Rechte an Immobilien, sondern trennte – wie ursprünglich auch in den meisten Partikularrechten Deutschlands sowie in Frankreich – zwischen den Belastungen, insbesondere den Grundpfandrechten, sowie dem Vollrecht, das in England indes mangels eines einheitlichen Eigentumsbegriffs wiederum in die verschiedenen Formen von titles zerfiel. Die englische Trennung zwischen der »registration of charges« und der »registration of title« hatte ihren Ursprung in der zunächst sehr punktuellen Gesetzgebung93 , prägte aber auch noch den Land Charges Act und den Land Registration Act von 192594 , in denen die Registrierungsgesetzgebung ihren vorläufigen Abschluss fand. Danach sind viele, wenn auch nicht alle, charges und interests – insbesondere auch estate contracts und restrictive covenants, keineswegs aber nur equitable, sondern auch einige legal interests – eintragungsfähig95 . War ein eintragungsfähiges Recht nicht eingetragen, so konnte ein legal estate und in manchen Fällen sogar ein equitable estate lastenfrei erworben werden, ohne dass es auf die Gutgläubigkeit des Erwerbers ankam; war es hingegen eingetragen, so bestand es auch gegenüber dem gut-

  S.  1(2) LPA 1925.   S. wiederum s. 1(3) LPA 1925 (oben Fn.  87). 91   Settled Land Act 1925 (15 Geo. 5, c. 18). 92   Zu Versuchen im 18. Jahrhundert s. Simpson, A History of the Land Law, S.  272. 93   S. zur »registration of charges«: Judgments Act 1839 (pending actions); Judgments Act 1855 (manche annuities und rentcharges); Land Charges Registration and Searches Act 1888; Land Charges Act 1900; zur »registration of title«: Land Registry Act 1862, Landlord and Tenant Act 1875, Land Transfer Act 1897. Überblick bei Simpson, A History of the Land Law, S.  282 f.; Hudson, 34 Harv. L. Rev. 341, 346 f. (1921). 94   Land Charges Act 1925 (15 Geo. 5, c. 22 – LCA 1925); Land Registration Act 1925 (15 Geo. 5, c. 21 – LRA 1925). 95   Näher s. 49–51 LRA 1925. 89

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gläubigen Erwerber fort96 . Ähnliches galt teilweise für die Registrierung des title; in wichtigen Fällen verlieh der LRA 1925 der Registrierung indes sogar konstitutive Wirkung für den Erwerb eines legal estate oder interest 97 ; nicht registrierte Verfügungen wirkten nur in equity und hatten gegenüber einer späteren, aber eingetragenen Verfügung keinen Bestand98 . War Land registriert, so mussten Belastungen in größerem Umfang als bei nicht registriertem Land eingetragen sein, wenn sie Drittwirkung haben sollten. Beim leasehold kam es zur Differenzierung zwischen mietähnlichen kurzfristigen und erbbaurechtsähnlichen langfristigen leasehold estates. Nur für leasehold estates mit einer Dauer von mindestens 21 Jahren führte der LRA 1925 die Notwendigkeit der Registrierung ein99. Das Abstellen auf die Registrierung drängte nicht nur die jahrhundertealte doctrine of notice mit ihrer grundsätzlichen Offenheit für beliebige Gestaltungen stark zurück100 . Vielmehr hatte die enumerative Aufzählung eintragungsfähiger Rechte auch eine weitergehende typisierende Wirkung, nicht zuletzt dadurch, dass die Unterscheidung von Law und Equity an Bedeutung verlor. 3.  Weitere allgemeine Reformen Bereits 1833, damit aber doch ein Jahrhundert nach Erlass einer entsprechenden Regelung für die amerikanischen Kolonien101, war ungesicherten Gläubigern der Zugriff auf das schuldnerische Grundvermögen ermöglicht worden. Der Gesetzgeber hatte das Grundeigentum damit auch insoweit zu einem vollwertigen Verkehrsobjekt gemacht102 . Die Gesetzgebung des Jahres 1925 brachte nun neben der unmittelbaren Reduzierung möglicher Immobiliarrechte durch Einführung eines Typenzwangs für estates at law und der mittelbaren Typisierung durch die Regeln über Grundstücksregister eine Beschränkung der Zahl von Miteigentümern bei legal estates103 ; für Minderjährige wurde kodifiziert, dass sie nicht selbst, sondern nur mittels eines Trust ein legal estate halten können104 . Desweiteren wurden durch Gesetzesrecht für zahlreiche Verfügungen bestimmte Klauseln als vereinbart unterstellt, die bislang üblicherweise, aber nicht immer von den Parteien ausdrücklich zum Inhalt des jeweiligen Rechtsinstituts gemacht worden waren105 . Mit die-

96   Dazu s. 198, 199(1)(i) LPA 1925 sowie insbes. s. 11, 14 LCA 1925, später s. 4 ff. Land Charges Act 1972 (c. 61). 97   So für die Fälle des sale, s. 19(1), 22(1) LRA 1925. 98   Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 6-045 m.Nw. 99   S.  123(1)(b), (c) LRA 1925. 100   Williams & Glyn’s Bank Ltd. v. Boland, [1981] A. C. 487, 504, per Lord Wilberforce: »The only kind of notice recognised is by entry in the register.« 101   Dazu unten Kapitel 7 A I 1. 102   An act to render Freehold and Copyhold Estates Assets for the Payment of simple contract Debts (3 & 4 Will. 4, c. 104), abgedruckt bei Hayes, An Introduction to Conveyancing, S.  369 f. 103   S.  34(2) LPA; s. 34(2) Trustee Act 1925 (15 Geo. 5, c. 19). 104   S.  1(6), 20, 205(1)(v) LPA 1925. 105   Vgl. Smith, Property Law, S.  50.

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sen einheitlichen Klauseln waren wichtige Quellen individueller Unterschiede beseitigt. 4.  Reform der Grundpfandrechte Abgesehen von diesen das gesamte Grundstücksrecht in den Blick nehmenden Reformen brachte jene Epoche auch für die mortgage als einzelnes Institut wichtige Änderungen. Zunächst standardisierte der Conveyancing Act von 1881 die Realisierung der mortgage, indem er dem mortgagee eine power of sale zugestand, sofern ein entgegenstehender Wille nicht erkennbar war106 . Damit war eine ausdrückliche Vereinbarung überflüssig, ja die neue Regelung sogar vorteilhafter107. Die wichtigsten Änderungen brachte aber wiederum der Law of Property Act von 1925. Denn er schloss die Bestellung einer mortgage an freeholds durch Übertragung des fee simple aus und revidierte damit die Entwicklung, die die mortgage seit dem 15. Jahrhundert genommen hatte108 . Einzig zulässige Formen waren nun die demise for a term of years absolute, subject to a provision for cesser on redemption, und die charge by deed expressed to be by way of legal mortgage (»legal charge«) 109, welche sogleich von der Praxis klar bevorzugt wurde110 . Für mortgages an leaseholds, die schon zuvor nur selten durch Übertragung des lease, sondern meist durch Bestellung eines sub-lease begründet worden waren, schaffte der LPA 1925 ebenfalls die erstgenannte Form ab und sah entsprechende Belastungsformen vor111. Nach seiner Konzeption ging der LPA 1925 somit zwar weiter davon aus, dass der mortgagee im Falle der demise for a term of years absolute ein estate erwarb. Dabei musste es sich aber um ein zeitlich beschränktes estate, also ein lease, handeln. Es war also dem beim mortgagor verbleibenden fee simple (bzw. term of years) untergeordnet112 . Damit fand die Idee einer Beschränkung der Position des mortgagee auch formal wieder Eingang ins englische Immobiliarrecht, was dem tatsächlichen Gehalt der mortgage schon unter der früheren Rechtslage entsprach; legal und equitable ownership fielen wieder beim Sicherungsgeber zusammen, der deshalb weitere, nachrangige legal mortgages bestellen konnte; die eigenständige Bedeutung der equity of redemption verblasste113 . Die neue charge by way of legal 106   Conveyancing Act 1881 (c. 41), aufgehoben und in s. 101, 103 LPA 1925 übernommen (Schutz des Erwerbers in s. 104(2)). 107   Vgl. Maitland, Equity, S.  278. 108   Dazu oben bei Fn.  37–39. 109   S.  85(1) LPA 1925; s. a. Jackson, (1978) 94 L. Q. R. 571, 574 ff. 110   Megarry/Wade, The Law of Real Property, para. 24-036; Smith, Property Law, S.  45, 557. 111   S.  86(1) LPA 1925: subdemise for a term of years absolute, subject to a provision for cesser on redemption, the term being at least one day shorter than the term vested in the mortgagor, und charge by deed expressed to be by way of legal mortgage. 112   Der Begriff der demise for a term of years absolute beinhaltet die Übertragung eines zeitlich beschränkten legal interest. An freehold wird es typischerweise auf extrem lange Zeit (standardmäßig 3 000 Jahre, s. 85 LPA 1925) bestellt, an leasehold muss es kürzer sein als die Dauer des lease. Die Literatur steht dem Festhalten an dieser überkommenen Konzeption kritisch gegenüber, s. Jackson, (1978) 94 L. Q. R. 571, 576; Lawson/Rudden, The Law of Property, S.  192 f. 113   Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  263 f.; Lawson/Rudden, The Law

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mortgage beinhaltete ohnehin nicht die Übertragung eines estate, sondern war – obwohl legal interest – wie die überkommene equitable charge als reine Belastung konzipiert. Hier machte der Gesetzgeber also offen den Schritt zum beschränkten dinglichen Recht. Indem der LPA 1925 die charge by way of legal mortgage in ihren Wirkungen einer demise for a term of years kraft Fiktion gleichstellte114 , waren die Unterschiede zwischen mortgage und charge praktisch beseitigt115 und der Weg zu einer einheitlichen, als Belastung konzipierten mortgage vorgezeichnet. Die Equity-Gerichte taten das Ihre, indem sie individuellen Vereinbarungen, die die equity of redemption beschränkten, die Wirkung versagten116 . Insgesamt erhöhte die Gesetzgebung von 1925 sicher zunächst die Komplexität des Rechts der mortgage, da die detaillierten Regeln das schon bestehende Recht nicht voll ersetzten, sondern teils nur überlagerten117. Die Präferenz der Praxis für die »legal charge«, die Equity-Rechtsprechung und die fortschreitende Registrierung führten aber doch zu einer Vereinheitlichung und bereiteten den Weg für weitere typizitätssteigernde Reformen. 5.  Reformen auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten Auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten drängten die Bills of Sale Acts von 1854 und sodann 1878 und 1882 die chattel mortgage zurück, indem sie eine detaillierte Auflistung aller zur Sicherheit übertragenen Gegenstände und deren Registrierung beim Register of Bills of Sale des Royal Court of Justice innerhalb bestimmter Fristen verlangten und anderenfalls das Recht für »void« erklärten118 . Für companies sahen der Companies Clauses Consolidation Act von 1845 und später der Companies Act von 1862 eine Registrierung von mortgages und charges vor119, eine Gesetzgebung, die sich bis heute fortsetzen sollte120 . Unberührt blieb das pledge als klassisches Besitzpfand. Ein völliges Zurückdrängen nicht registrierter besitzloser of Property, S.  192; Megarry/Wade, The Law of Real Property, paras. 24-021 f.; Smith, Property Law, S.  49: »The abolition of [creating mortgages by transferring the fee simple to the mortgagee] had virtually no practical effect on the parties, but began to place legal analysis of mortgages on a more realistic footing.« 114   S.  87(1) LPA 1925, s. 27(1) LRA 1925; Grand Junction Co. Ld. v. Bates, [1954] 2 Q. B. 160, 168–169; Regent Oil Co. Ltd. v. J. A. Gregory (Hatch End), Ltd., [1966] Ch. 402, 429 F ff. 115   Gray/Gray, Elements of Land Law, 5.  Aufl., para. 6.1.2; s. weiter Smith, Property Law, S.  557 Fn.  14, 559. 116   Farran/Cabrelli, 13 Maastricht J. Eur. Comp. L. 403, 438 (2006) m.Nw. (Fn.  187–190). 117   Sehr kritisch gegen die Gesetzgebung von 1925 deshalb Jackson, (1978) 94 L. Q. R. 571, 573 f., 578; s. a. Smith, Property Law, S.  557: »The 1925 legislation made the position even more confused.« 118   S.  8 , 10 Bills of Sale Act 1878 (c. 31); s. 4, 8 Bills of Sale Act (1878) Amendment Act 1882 (c. 43). Dazu z. B. Thornely, [1953] 11 C. L. J. 355, 365–370; Lawson/Rudden, The Law of Property, S.  191. 119   S.  45 Companies Clauses Consolidation Act 1845 (c. 16); s. 43 Companies Act 1862 (c. 89). 120   S. etwa s. 95(1), (2)(c) Companies Act 1948 (c. 38), s. 395, 396(1)(c) Companies Act 1985 (c. 6), heute s. 860(7)(b), 874 Companies Act 2006 (c. 46).

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Mobiliarsicherheiten gelang indes nicht, erkannte doch die Rechtsprechung gerade für bestimmte Fälle, in denen eine chattel mortgage oder ein pledge nicht gegeben waren, auf eine equitable charge oder hypothecation121. Der Sicherungsnehmer konnte aus ihr allerdings nur mit gerichtlicher Hilfe vorgehen, was durchaus als Ausdruck eines gewissen Unbehagens mit dieser Lösung gedeutet werden darf. 6.  Die floating charge Obwohl nicht eigentlich Mobiliarsicherheit, steht auch die floating charge mit diesen Entwicklungen in einem gewissen Zusammenhang. Erstmals voll anerkannt wurde dieses von der Praxis entwickelte Sicherungsinstrument im Jahre 1870122 . Der Bills of Sale Act (1878) Amendment Act von 1882 nahm incorporated companies von seinen Aufzeichnungs- und Registrierungserfordernissen aus und beschränkte damit dauerhaft den Anwendungsbereich dieses Instituts darauf, lediglich Kredite an solche »Kapitalgesellschaften« zu sichern123 . Die floating charge ist dadurch gekennzeichnet, dass sie zunächst »wie eine Wolke«124 über allen oder – seltener – einer näher spezifizierten Gruppe von Vermögensgegenständen eines Unternehmens schwebt und während dieser Zeit das Unternehmen in seiner Verfügungsfreiheit dinglich nicht beschränkt125 . Erst beim Eintritt eines event of default126 kommt es zur crystallisation, womit die gegenwärtig im Unternehmensvermögen vorhandenen Gegenstände und typischerweise auch alle künftig erworbenen der Verfügung des Unternehmens entzogen werden und der Sicherungsnehmer die Rechte des Inhabers einer gewöhnlichen equitable charge erlangt127. 121   In re Hamilton Young & Co., ex p. Carter, (1905) 2 K. B. 772; weiter Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 682. 122   Re Panama, New Zealand, and Australian Royal Mail Co., [1870] 5 Ch.App.  318, 322 f.; zur weiteren Entwicklung Re Florence Land and Public Works Co., ex p. Moor, [1878] 10 Ch.D. 530, 540 f., 547, 550; Moor v. Anglo-Italian Bank, [1878–79] 10 Ch.D. 681, 687 f.; Re Hamilton’s Windsor Ironworks Co., ex p. Pitman & Edwards, [1879] 12 Ch.D. 707, 710 ff.; Re Colonial Trusts Corporation, ex p. Bradshaw, [1879] 15 Ch.D. 465, 472 ff.; Evans v. Rival Granite Quarries, Ltd., [1910] 2 K. B. 979, 994 ff.; Gregory/Walton, [2001] L. M. C. L. Q. 123, 140 f.; Pennington, (1960) 23 Mod. L. R. 630, 642; Wenckstern, RabelsZ 56 (1992), 624, 626. 123   S.  17 Bills of Sale Act (1878) Amendment Act 1882; Re Standard Manufacturing Company, [1891] 1 Ch. 627, 644 ff.; vgl. Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 689; Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, Rn.  483; Schall, KTS 2009, 69, 73. 124   Z. B. Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 688: ».  .  . security which hovers like a cloud over the designated classes of assets .  .  .«; Gottwald, KTS 1981, 17, 34. 125   Beschränkungen in der Sicherungsabrede, wie negative pledge clauses, wirken lediglich schuldrechtlich; vgl. Wilson v. Kelland, [1910] 2 Ch. 306, 313; Arkins, J. I. B. L. 2000, 198, 200. 126   Insbesondere Liquidation (In re Crompton & Co., Ltd., [1914] 1 Ch. 954, 963), Einsetzung eines administrative receiver oder administrator (Evans v. Rival Granite Quarries, Ltd., [1910] 2 K. B. 979, 1000) und Einstellung der Geschäftstätigkeit (In re Woodroffes (Musical Instruments) Ltd., [1986] Ch. 366, 376 ff.). 127   S. nur In re Yorkshire Woolcombers Association, Ltd., [1903] 2 Ch. 284, 295; Illingworth v. Houldsworth, [1904] A. C. 355, 358 (H. L.) per Lord Macnaghten; N. W. Robbie & Co. Ltd. v. Witney Warehouse Co. Ltd., [1963] 1 W. L. R. 1324, 1336 ff. (C. A.) per Russel L. J.; Überblick bei Jungmann, Grundpfandgläubiger und Unternehmensinsolvenz, Rn.  505; Sparkes, European Land Law, para. 9.53 (S.  414).

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Da eine vor crystallisation bestellte fixed charge einer floating charge zwar vorgeht, die fixed charge aber dem Sicherungsgeber die Verfügungsbefugnis nimmt, erlaubt allein die floating charge eine effektive Besicherung durch Gegenstände des schuldnerischen Umlaufvermögens. Besonders von Interesse war aber, dass die floating charge den Sicherungsnehmer zur Einsetzung eines administrative receiver berechtigte, womit er die Herrschaft über die Verwertung des Schuldnervermögens erlangte und die Eröffnung eines administration-Verfahrens verhindern konnte128 . Ob die Position des Sicherungsnehmers vor crystallisation bereits dinglicher Natur ist, blieb umstritten129 ; jedenfalls danach handelt es sich um ein dingliches Recht eigener Art, das auch Neuerwerb erfasst. Als von der Praxis entwickeltes, der Equity angehörendes Rechtsinstitut war die floating charge ursprünglich in hohem Maße individueller Gestaltung zugänglich. Dies galt insbesondere für den Umfang des Sicherungsgutes, die Festlegung der events of default sowie die Befugnisse des Sicherungsnehmers in einem solchen Verwertungsfall130 . 7.  Reformen des Trust Reformiert wurde nicht zuletzt auch das Recht des Trust. Konnten zuvor die Rechte des Beneficiary eines Trust bei einer Verfügung des Trustee über Trustvermögen auch einen Dritten binden, sofern dieser nicht ein legal estate gutgläubig und entgeltlich erwarb131, sieht der LPA 1925 nunmehr für den Fall der Veräußerung vor, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Erwerber frei von Rechten aus einem Trust erwirbt und sich diese Rechte stattdessen am Erlös fortsetzen (»overreaching«) 132 . Damit bringt jede Verfügung, bei der es zum »overreaching« kommt, zugleich eine Befreiung des übertragenen Grundstücksrechts von equitable interests aus einem Trust. Dies reduziert die Zahl wenig typisierter equitable interests und zugleich die Zahl der von solchen equitable interests belasteten Grundstücksrechten, führt mithin zu einem Anwachsen des Anteils stärker typisierter Rechte. Vor allem die »family interests« wie life interest und remainder, die durch die Gesetzgebung von 1925 als beneficial interests aus einem Trust interpretiert wurden, verdrängte diese Reform aus dem Grundstücksverkehr133 . Zu erwähnen ist schließlich auch die Festigung der modernen Rule against Perpetuities

128   Vgl. Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 700 ff.; Davies, (2006) 4 Hert. L. J. 2, 11; Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, S.  24; Schall, KTS 2009, 69, 74. 129   S. nur Pennington, (1960) 23 Mod. L. R. 630, 644–646; Davis, (2002) 61 C. L. J. 423, 432 ff.; Wenckstern, RabelsZ 56 (1992), 624, 638 f. 130   S. nur Wenckstern, RabelsZ 56 (1992), 624, 626 m.Fn.  12. 131   Vgl. Perham v. Kempster, [1907] 1 Ch. 373, 380; Harpum, (1990) 49 C. L. J. 277, 283–287. 132   Näher s. 2 LPA 1925; dazu Harpum, (1990) 49 C. L. J. 277, 287 ff. (mit Ausdehnung auf Mobilien). Gleiches gilt für Settlements. S.  42(1)(b) LRA 2002 sichert diese Wirkungen, indem sie die Eintragung einer restriction vorsieht, wonach nur so über das Grundstück verfügt werden darf, dass es zum »overreaching« kommt; s. dazu auch Gray/Gray, Elements of Land Law, para. 2.2.50. 133   Vgl. Smith, Property Law, S.  51 f.

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Kapitel 6:  Die Entwicklung in England

durch Rechtsprechung134 und Gesetzgebung135 . Danach ist eine Vermögensbindung unbegrenzter Dauer, wie sie insbesondere durch einen Trust konstruiert werden könnte, ausgeschlossen. Vielmehr muss spätestens nach Ablauf einer perpetuity period von 21 Jahren nach dem Tod einer zum Zeitpunkt der Zuwendung lebenden Person Gewissheit darüber bestehen, ob ein future interest entstanden ist oder nicht. Schon die Möglichkeit, dass dies zu dem genannten Zeitpunkt noch nicht klar sein könnte, macht ein future interest grundsätzlich nichtig. Damit ist einem dauerhaften Auseinanderfallen von legal title und equitable interest vorgebeugt, was typizitätssteigernd wirkt.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Im Prozessrecht kam es nach verschiedenen, weniger einschneidenden Einzelgesetzen mit dem Judicature Act von 1873 schließlich zur Abschaffung des writ-Systems sowie zur Vereinigung der Gerichtsbarkeiten von Common Law und Equity136 . Der Kläger musste nun nicht mehr unter den überkommenen, spezialisierten forms of action die richtige Auswahl treffen, vielmehr wurde ein Prozess von nun an mit einem einheitlichen writ of summons eingeleitet. Bedurfte es aber für Rechtsbehelfe nach Common Law nicht mehr der Auswahl des korrekten writ, so entfiel die eigenständige typisierende Wirkung des Prozessrechts. Dies darf indessen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die inhaltlichen Vorgaben, die früher am writ anknüpften, nunmehr als materiellrechtliche Regeln erschienen und fortlebten137. Effektiv verloren gingen damit wohl vor allem rein verfahrenstechnische Besonderheiten, die auch zuvor kaum auf den Inhalt der jeweiligen Rechte gewirkt haben werden. 2.  Verfügungsgeschäfte Geringfügige Änderungen ergaben sich auch bei den Regeln über Verfügungsgeschäfte. Für Mobilien kodifizierte der Sale of Goods Act von 1893, dass beim Kauf der Zeitpunkt des Eigentumsübergangs vom Parteiwillen abhängt, eine Übereignung mit Vertragsschluss aber vermutet wird138 . Zugleich stellte die Rechtsprechung klar, dass bei einer Schenkung stets erst die Übergabe (»delivery«) den Eigentumswechsel herbeiführt139. Dabei blieben aber durchaus Formen der »con­   Cadell v. Palmer, [1833] 1 Cl. & Fin. 372.   Vgl. Holdsworth, Historical Introduction to the Land Law, S.  226 ff. m.Nw. 136   Supreme Court of Judicature Act 1873 (c. 66); deutschsprachiger Überblick bei Zweigert/ Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, §  14 V (S.  195–197). 137   S. nur den berühmten Ausspruch von Maitland, Equity, S.  296: »The forms of actions we have buried, but they still rule us from their graves.« 138   S.  17 f. Sale of Goods Act 1893 (c. 71). 139   Cochrane v. Moore, (1890) 25 Q. B. D. 57. 134 135

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structive delivery« anerkannt140 . Die Bills of Sale Acts von 1878 und 1882 mit ihrer Registrierungspflicht für solche Verfügungen über bewegliches Vermögen, die lediglich auf einem Dokument beruhen, machten jedoch Übertragungen durch deed gegenüber Gläubigern des Veräußerers unwirksam, falls die vorgeschriebene Auflistung und Registrierung fehlte141. Bei Immobilien blieb nach wie vor die Erstellung und Übergabe einer deed zentral. Doch milderte der Gesetzgeber zunächst die Strenge der »Words of Limitation« ab142 . Mit dem Law of Property Act von 1925 kehrte er dann die Grundregel um, nach der bislang fehlende oder fehlerhafte »Words of Limitation« lediglich zur Bestellung eines life estate geführt hatten. Nunmehr wird in diesen Fällen über das fee simple verfügt143 , eine Änderung, die schon wegen der gleichzeitigen Verbannung von life estate und fee tail in die Equity unumgänglich war. Die eigenständige typisierende Wirkung der »Words of Limitation« entfiel damit nicht ganz, waren diese doch für die Bestellung entsprechender equitable interests weiter notwendig. Im Bereich der estates at law waren sie aber wegen des neuen Typenzwangs nicht mehr vonnöten. Nach dem Land Registration Act von 1925 hatte die Registrierung des title unter Umständen konstitutive Wirkung144 . Allerdings waren noch zahlreiche Verfügungen ohne Registrierung möglich, sodass das Registrierungserfordernis nicht umfassend zum Tragen kam145 . Wo es aber galt, ging von der Notwendigkeit einer Festlegung auf die gesetzlich bestimmten registrierungsfähigen Titel eine typisierende Wirkung aus.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Der englische Gesetzgeber der Jahre um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert verfolgte auf dem Gebiet des Grundstücksrechts das Ziel, Zahl und Arten dinglicher Rechte zu reduzieren. Hintergrund waren nicht nur gewandelte wirtschaftliche und gesellschaftliche Verhältnisse, die den Bedarf nach bestimmten Gestaltungen wie dem fee tail abnehmen ließen, sondern vor allem der Wunsch, falsche Anreizwirkungen zu vermeiden, den Rechtsverkehr zu entlasten und Unsicherheiten zu reduzieren146 . Das einzig verbliebene freehold estate, das fee simple abso140   S. z. B. In re Stoneham, [1919] 1 Ch. 149, 153 ff.; Pascoe v. Turner, [1979] 1 W. L. R. 431, 435 (bestehender Besitz); Official Assignee of Madras v. Mercantile Bank of India Ltd., [1935] A. C. 53, 58 f. (unmittelbarer Besitzer anerkennt neuen Besitzherrn, sog. »attornment«); Marvin v. Wallis, (1856) 6 El. & Bl.  726, 733 ff. (Eigenbesitzer erklärt sich zu Besitzmittler); Thornely, [1953] 11 C. L. J. 355, 358–365. 141   Dazu oben bei Fn.  118. 142   Ab 1881 konnte etwa die Wendung »in fee simple« statt den Worten »and his heirs« für ein fee simple verwendet werden (s. 51 Conveyancing Act 1881); s. a. s. 60(4)(a) LPA 1925. 143   S.  60(1) LPA 1925. 144   S. oben Fn.  97 f. 145   S. ebenfalls oben bei Fn.  93 ff. 146   Smith, Property Law, S.  50.

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lute in possession, kann letztlich von einem kontinentaleuropäischen, absolut gedachten Grundstückseigentum nicht mehr unterschieden werden147. Die estateTheorie ist damit in England heute praktisch nahezu bedeutungslos148 . Im Zusammenhang mit diesen Reformen steht auch das Aufkommen der Registrierung. Dabei folgte der englische Gesetzgeber aber nicht theoretischen Konzepten wie der Idee eines numerus clausus oder dem Prinzip der Publizität; auch wirkt sein Vorgehen aus kontinentaler Sicht eher zögerlich und halbherzig. Allerdings ließ sich der englische Gesetzgeber wohl deshalb auch nicht dazu verleiten, das eine Konzept gegen das andere auszuspielen; insbesondere verzichtete er nicht angesichts der neuen und scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, die die Registerpublizität zu bieten scheint, auf eine Reduzierung der dinglichen Rechte und eine Begrenzung individueller Gestaltungsmöglichkeiten, wie dies ein Jahrhundert zuvor auf dem Kontinent teilweise zu beobachten war. Insgesamt war diese pragmatische, nicht an Prinzipien haftende Entwicklung der Typizität zuträglich und wog den Verlust einiger typisierend wirkender Regelungen im Sachenrecht, wie etwa bei den »Words of Limitation«, und im Prozessrecht durch die Abschaffung des writ-Systems mehr als auf. Nicht nur der Gesetzgeber, auch die Rechtsprechung folgte diesem Ansatz und war mit der Anerkennung neuer dinglicher Rechte zurückhaltend149. Auch die Rechtsprechung stützte sich dabei nicht auf die Idee eines numerus clausus. Ihre Begründung geht aber deutlich in diese Richtung150 .

C.  Jüngste Entwicklungen Nach der Reformepoche am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts kehrte im englischen Recht für einige Zeit mehr Ruhe ein. Gerade die letzten Jahrzehnte haben aber wieder bedeutende Neuerungen gebracht, die oft an die früheren Entwicklungen anknüpfen und sie fortführen.

147   Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  31 (S.  922); ; Sparkes, European Land Law, para. 8.63 (S.  373). 148   Sparkes, European Land Law, para. 8.63 (S.  373). 149   Jüngeres Beispiel ist die Rechtsprechung zu licenses, Herrschaftsrechten an Land, die nicht unter die überkommenen Formen subsumiert werden konnten. So lehnte es das House of Lords ausdrücklich ab, die sogenannte »deserted wife’s equity« als dingliches Recht zu verstehen (National Provincial Bank Ltd. v. Ainsworth, [1965] A. C. 1175, insbes. S.  1247 f.); der Court of Appeal folgte mit einer Ablehnung der Drittwirkung vertraglicher licenses (Ashburn Anstalt v. Arnold, [1989] Ch. 1, 13 ff.). 150   S. z. B. Lord Wilberforce in National Provincial Bank Ltd. v. Ainsworth (Fn.  149), S.  1247 G/1248A): »Before a right or an interest can be admitted into the category of property, or of a right affecting property, it must be definable, identifiable by third parties, capable in its nature of assumption by third parties, and have some degree of permanence or stability.« Weiter Keppell v. Bailey, (1834) 2 My. & K. 517, 535; Hill v. Tupper, (1863) 2 Hurl. & C. 121, 127 f.

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I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten In gewisser Weise in der Tradition von Section 1 des Law of Property Act von 1925 stehen das Verbot neuer und das Auslaufen bestehender rentcharges durch den Rentcharges Act von 1977151 sowie die vollständige Abschaffung des seither als equitable interest noch möglichen fee tail durch den Trust of Land and Appointment of Trustees Act im Jahre 1996 (TLATA 1996) 152 . Weiter können nach dem TLATA 1996 künftige Berechtigungen an Land nur noch im Wege eines Trust und nicht mehr als settlement unter dem Settled Land Act von 1925 begründet werden153 . Freilich zeichnen beide Gesetze damit mehr den praktischen Bedeutungsverlust dieser Institute nach, als dass sie in den Kreis verfügbarer Gestaltungen spürbar eingreifen würden. Immerhin kommt hierin aber doch die anhaltende Lebendigkeit der für die vorangegangene Reformepoche prägend gewordenen Vorstellung zum Ausdruck, dass eine Reduzierung der dinglichen Rechte auch weiterhin wünschenswert sei. Nicht die Abschaffung, aber doch die Zurückdrängung eines oft mit individuellen, verdinglichten Pflichten verbundenen estate ist Gegenstand der Leasehold Reform Acts von 1967 und 1993154 . Diese Gesetze eröffnen dem tenant (»leaseholder«) einer Wohnimmobilie die Möglichkeit, seinen landlord zur Veräußerung des freehold an ihn zu zwingen (»leasehold enfranchisement«). Der Gesetzgeber verfolgte dabei keineswegs nur sozialpolitische Ziele, wie den Wunsch nach einer gerechteren Verteilung des Grundvermögens, sondern wollte auch wegen des an sich entschädigungslosen Rückfalls des Gebäudes nach Ende des lease bessere Anreize für Investitionen schaffen155 . Eine Schärfung der Gestaltungsformen brachte weiter das Schriftformerfordernis für equitable interests aus einem land contract, das der Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act von 1989 einführte156 . Zuvor konnte etwa ein contract to create a mortgage schon der bloßen Hinterlegung der title deeds entnommen werden157, was die Praxis extensiv genutzt hatte. Das Erfordernis schriftlicher Form ist dabei sicher keine große Hürde. Es zwingt aber zur klarstellenden Fixierung des Gewollten und fördert so die Rechtssicherheit der Zuordnung. Mit dem Commonhold and Leasehold Reform Act von 2002 wurde das Stockwerks- bzw. Wohnungseigentum (»flying freeholds«) auf eine sichere rechtliche 151   Ausschluss der Begründung neuer rentcharges nach dem 22. Juli 1977 und Erlöschen bestehender rentcharges zum 22. Juli 2037, s. 2, 3 Rentcharges Act 1977 (c. 30). 152   Näher Sch. 1 s. 5 TLATA 1996 (c. 47): Umdeutung in einen entsprechenden Trust. 153   S.  2(1) TLATA 1996. 154   Leasehold Reform Act 1967 (c. 88); Leasehold Reform, Housing and Urban Development Act 1993 (c. 28). 155   Vgl. ausführlich Eisenhauer, Moderne Entwicklungen im englischen Grundstücksrecht, S.  23 ff. (auch zur »lease extension«). 156   S.  2 Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989 (c. 34); s. a. LRPG 19 para. 3.3.2. Sehr weitgehende Konsequenzen zieht United Bank of Kuwait Plc. v. Sahib, [1997] Ch. 107, 135– 141; dazu Hill, (1990) 106 L. Q. R. 396. 157   S. z. B. Russel v. Russel, (1783) 1 Bro.C. C. 269; weiter Maitland, Equity, S.  285 f.

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Grundlage gestellt. Zuvor war eine verdinglichte Regelung des Zusammenlebens der verschiedenen »Eigentümer« auf große Schwierigkeiten gestoßen158 und daher kaum bedeutsam geworden. Das neue Gesetz schafft nun ein spezielles Institut, das vorher im Wege individueller Gestaltung ganz offenbar nicht erreicht werden konnte159, zugleich aber auch die Konturen klarer als bisher festlegt und damit gewisse typisierende Vorgaben macht. Vor allem aber verdient der Land Registration Act von 2002 (LRA 2002) Beachtung, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Er beschleunigte zunächst die Registrierung bislang unregistrierten Landes und der daran bestehenden Rechte, indem er die Zahl derjenigen Rechte, deren Begründung und Übertragung eingetragen werden müssen, ganz erheblich erhöhte und hierfür Fristen vorsah, bei deren Versäumnis die Verfügung nichtig wird160 . Zugleich hielt er bei Verfügungen über bereits registrierte Rechte am konstitutiven Registrierungserfordernis fest161. Die Begründung und Übertragung von leaseholds ist nun schon dann eintragungsfähig und -pflichtig, wenn die ursprüngliche bzw. verbleibende Laufzeit mehr als sieben Jahre beträgt162 , eine weitere Verkürzung ist möglich163 . Für die eingetragenen Rechte ist aber die Unterscheidung von Common Law und Equity weitgehend obsolet, es gelten vielmehr die gesetzlichen Regeln. Folge ist eine weitere Bereinigung des Dualismus von Common Law und Equity und damit eine erheblich gestärkte Typizität. Schließlich beseitigte der LRA 2002 für registriertes Land die mortgage by demise bzw. sub-demise164 . Allein zulässig ist nunmehr die Begründung einer »legal charge«. Damit erscheint die konzeptionelle Umwandlung von der Rechtsübertragung in eine Belastung für die Zukunft sichergestellt, auch wenn die von der Law Commission geplante vollständige Reform gescheitert ist165 . Auf dem Gebiet des Mobiliarrechts fand um die Mitte des letzten Jahrhunderts der Eigentumsvorbehalt (reservation/retention of title) vom Kontinent aus seinen Weg nach England166 . Der einfache Eigentumsvorbehalt wird nicht als eigenstän158   Vgl. Lord Keith in Sovmots Investments Ltd. v. Secretary of State for the Environment, [1979] A. C. 144, 183 f. 159   Die Literatur betont indessen, dass es sich nicht um ein neues estate handle, sondern um eine Unterart des fee simple (»freehold estate in commonhold land«); s. z. B. Gray/Gray, Elements of Land Law, para. 1.7.13; Smith, Property Law, S.  44. 160   S.  4 ff. LRA 2002 (c. 9). S. schon zuvor die Änderung der s. 123, 123A LRA 1925 durch s. 1 Land Registration Act 1997 (c. 2). 161   S.  27(1) LRA 2002. 162   Insbesondere s. 4(1)(c)(i), (2)(b), 27(2)(b)(1) LRA 2002. 163   S.  118(1) LRA 2002. 164   S.  23(1)(a) LRA 2002. 165   Vgl. Smith, Property Law, S.  557 f. mit Hinweis auf (1991) Law Com. No.  204, Land Mortgages (HC 5), paras. 2.14–2.20, 2.30; House of Lords Debates, 19. März 1998, Hansard 587 (1998) Column WA 214. 166   Lawson/Rudden, The Law of Property, S.  203. Die Equity kannte seit langem das nicht rechtsgeschäftliche equitable lien des Verkäufers. Als Zurückbehaltungsrecht hilft es bei Mobilien nach Übergabe indes nicht weiter; bei Immobilien bedarf es seit 1925 der Registrierung (dazu dies., a.a.O., S.  199–201). Schief und ganz offensichtlich in dem Bestreben geschrieben, die

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dige dingliche Sicherheit verstanden, sondern als Ausübung des Rechts der Parteien, den Zeitpunkt des Eigentumsübergangs festzulegen167. Nach Ansicht der Rechtsprechung ist er nicht registrierungspflichtig, da die Vorbehaltsware aufgrund des Eigentumsvorbehalts vor der Zahlung nicht in das Vermögen des Käufers falle, eine charge aber nur an Schuldnervermögen bestellt werden könne168 . Problematisch sind hingegen die meisten Formen des Eigentumsvorbehalts, die über diese Grundform hinausgehen, namentlich der verlängerte Eigentumsvorbehalt und die Verarbeitungsklausel169. Zwar nahm der Court of Appeal in einem berühmten frühen Fall an, dass der Erlös aus dem Weiterverkauf unmittelbar an die Stelle des Vorbehaltseigentums trete und ohne Registrierung herausverlangt werden könne, wenn der Käufer zur Weiterveräußerung berechtigt und dem Verkäufer gegenüber rechenschaftspflichtig sei170 . Mit der Annahme einer solchen fiduciary relationship zwischen Vorbehaltsverkäufer und Vorbehaltskäufer sind die Gerichte aber seither extrem zurückhaltend, sodass heute wohl alle Verlängerungsformen des Eigentumsvorbehalts der Registrierung bedürfen171. Nicht ohne Belang ist schließlich auch eine gewisse Zurückdrängung der floating charge. Zunächst verlangte schon der Companies Act von 1948 und später derjenige von 1985 eine Registrierung der floating charge im Companies Charges Register innerhalb von 21 Tagen172 ; der Insolvency Act von 1986 bestimmte, welche Vollmachten und Befugnisse einem administrative receiver üblicherweise zuÜberlegenheit des Common Law zu demonstrieren, stellt Sparkes (European Land Law, para. 8.58 [S.  370]) die reservation of title als ein den Common Law systems eigenes Institut dar »joined by a few continental codes«. 167   Vgl. s. 17 Sale of Goods Act 1979. 168   Clough Mill Ltd. v. Martin, [1985] 1 W. L. R. 111, 116 ff. 122, 125 f.; Re Highway Foods International Ltd., [1995] B. C. C. 271, 277; Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 679, 683, 706; Klötzel, RIW 1985, 460, 464. 169   Anerkannt ist indessen die »all monies clause«, nach der auch weitere Forderungen des Verkäufers gesichert sein können; s. Armour v. Thyssen Edelstahlwerke A. G., [1991] 2 A. C. 339 (H. L.). 170   Aluminium Industrie Vaassen B. V. v. Romalpa Aluminium Ltd., [1976] 1 W. L. R. 676; dazu Goode, RabelsZ 44 (1980), 674, 678 f. m. w. N.; ders., (1984) 100 L. Q. R. 234, 247; s. aber auch Hendy Lennox (Industrial Engines) Ltd. v. Grahame Puttick Ltd., [1984] 1 W. L. R. 485; dazu Klötzel, RIW 1985, 460, 462. 171   S. Re Bond Worth, [1980] 1 Ch. 228; Re Peachdart Ltd., [1984] 1 Ch. 131; Borden (U. K.) Ltd. v. Scottish Timber Products Ltd., [1981] 1 Ch. 25, 35 ff.; E. Pfeiffer Weinkellerei-Weinverkauf G.m.b.H. & Co. v. Arbuthnot Factors Ltd., [1988] 1 W. L. R. 150, 159–161; Tatung (U. K.) Ltd. v. Galex Telesure Ltd., (1989) 5 B. C. C. 325, dazu K. Schmidt, RIW 1990, 144; Re Weldtech Equipment Ltd., [1991] B. C. C. 16; Überblick bei Kessel, RIW 1991, 812, 815–818; s. weiter Gregory, (1990) 106 L. Q. R. 550; Turing, (1995) 16 Comp. Law. 119; Davies, (2006) 4 Hert. L. J. 2; Benjamin’s Sale of Goods, paras. 5-143 ff.; Gottwald, KTS 1981, 17, 39–51; Kieninger, Mobiliarsicherheiten im Europäischen Binnenmarkt, S.  86–92. 172   S.  95(1), (2)(f), 96, 98 ff. Companies Act 1948, s. 395, 396(1)(f), 397(1) Companies Act 1985, nunmehr s. 860(7)(g), 874 Companies Act 2006. Ohne Registrierung ist die floating charge gegenüber einem receiver, liquidator oder administrator nichtig, zu letzterem Smith (Administrator of Cosslett (Contractors) Ltd.) v. Bridgend County Borough Council, [2002] 1 All E. R. 292 (H. L.).

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kamen173 . Der Enterprise Act von 2002 nahm dann bis auf wenige Ausnahmen dem Sicherungsnehmer neu bestellter floating charges die Möglichkeit, einen administrative receiver einzusetzen174 . Stattdessen kann der Sicherungsnehmer jetzt zwar noch einen administrator bestellen. Dieser ist aber nicht mehr allein den Interessen des Sicherungsnehmers verpflichtet, sondern soll primär eine Sanierung erreichen und im Übrigen im Interesse der Gläubigergesamtheit handeln. Der Vorteil für den Gläubiger beschränkt sich mithin im Wesentlichen darauf, die Person des administrator auswählen zu dürfen. Damit verlor die floating charge nicht unerheblich an Attraktivität175 .

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Auf dem Gebiet des Prozessrechts hat sich England jüngst mit den Civil Procedure Rules von 1998 dem »Hauptverhandlungsmodell« angenähert176 . Hiervon geht aber ebensowenig wie in Deutschland eine eigenständige typisierende Wirkung aus; auch die verschiedenen Pre-Action Protocols, mit denen eine gewisse Differenzierung wieder aufgenommen ist, wirken nicht derart stark auf das materielle Recht zurück. Das gegenwärtige englische Prozessrecht spielt mithin unter dem Aspekt der Typizität keine Rolle mehr. 2.  Verfügungsgeschäfte Für Verfügungen über Mobilien brachte die jüngste Zeit keine größeren Neuerungen. Die Übereignung beim Kauf ist nun im Sale of Goods Act von 1979 geregelt, in der Sache ergeben sich aber keine Unterschiede zu dessen Vorgänger von 1893177. Der Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act von 1989 verzichtete für deeds bei Geschäften zwischen Privaten auf die Siegelung, führte aber das Erfordernis einer Unterzeichnung vor Zeugen ein178 . Die Notwendigkeit eines Zeugen wird in der heutigen Zeit, wo vom Zeugen allenfalls eine rudimentäre Kontrolle erwartet werden kann, indes keine typisierende Wirkung mehr haben; die Änderung scheint vielmehr ohne Belang für die Frage der Typizität. Anders ist die Situation auf dem Gebiet des Grundstücksrechts: Mit der mittlerweile fast erreichten vollständigen Registrierung von Grundeigentum gelten für Verfügungen hier in weitem Umfang die konstitutiven Registrierungserforder  S.  42 ff. mit Sch. 1 Insolvency Act 1986 (c. 45).   Part III Ch. IV (S.  72A-72H) Insolvency Act 1986, eingefügt durch s. 250 Enterprise Act 2002 (c. 40): Prohibition of Appointment of Administrative Receiver; s. a. Sch. B1. 175   Vgl. Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, S.  23 f.; Schall, KTS 2009, 69, 76. 176   S. nur Stürner, in: Prozessrecht und Rechtskulturen, S.  31, 39. 177   S.  17 f. Sale of Goods Act 1979 (c. 54); dazu Farran/Cabrelli, 13 Maastricht J. Eur. Comp. L. 403, 434 (2006); deutschsprachig Middleton, in: Sachenrecht in Europa I, S.  93, 166 ff. 178   S.  1 Law of Property (Miscellaneous Provisions) Act 1989. 173 174

D.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht

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nisse der s. 27 LRA 2002179. Damit ist es aber auch notwendig, sich auf eines der registrierungsfähigen Rechte festzulegen. Wie schon auf dem Kontinent, bringt die Einführung konstitutiver Registrierung also wiederum deutlich stärkere Typizität der erfassten Rechte mit sich.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Die jüngste Entwicklung des englischen Sachenrechts setzt den bereits in der letzten Reformepoche bewusst eingeschlagenen Weg einer behutsamen Vereinfachung des Sachenrechts fort. Hiermit einher geht eine Reduzierung der Arten und der Zahl dinglicher Rechte. Vor allem auf dem Gebiet des Grundstücksrechts hat die Registergesetzgebung wohl nicht zufällig weitere Fortschritte gebracht und neben der Abschaffung der mortgage by demise die Unterschiede zwischen dinglichen Rechten nach Common Law und nach Equity weiter eingeebnet. Auch die Gerichte sind immer weniger gewillt, auf die Einordnung als legal oder equitable interest zwingende Folgerungen zu stützen180 . Die Rechtsprechung hält insgesamt daran fest, dass dingliche Rechte nicht nach Belieben begründet werden können181. Vielleicht infolge der stärkeren Berührung mit kontinentaleuropäischem Rechtsdenken taucht in der Literatur inzwischen auch der Begriff des numerus clausus auf182 . Damit wird die mittlerweile doch immer stärker fühlbare Reduzierung der Zahl sachenrechtlicher Grundtypen durchaus zutreffend erfasst. Weiterhin großer Raum für individuelle Gestaltung besteht innerhalb der jeweiligen Grundtypen, wobei allerdings auch hier bestimmte Grundmuster immer wiederkehren. Alles in allem ist somit auch die jüngste Zeit von der seit Jahrhunderten zu beobachtenden Tendenz zunehmender Typizität geprägt.

D.  Völkerrechtliche Verträge, europäisches Recht und Internationales Privatrecht Das Vereinigte Königreich hat das Genfer Übereinkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen vom 19. Juni 1948 zwar gezeich  S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  36, 38 (S.  923 f.).   S.  Lord Browne-Wilkinson in Tinsley v. Milligan, [1994] 1 A. C. 340, 371. 181   In re Cosslett (Contractors) Ltd., [1998] Ch. 495, 508 per Millett L. J.: »There are only four kinds of consensual security known to English law: (i) pledge; (ii) contractual lien; (iii) equitable charge and (iv) mortgage.« Für New South Wales s. Clos Farming Estates Pty v. Easton, (2001) 10 BPR 18,845 [29] per Bryson J., (2002) 11 BPR 20,605 [68] (C. A.) per Santow J. A. Jedenfalls keine offene Abkehr hiervon ist Manchester Airport Plc. v. Dutton, [2005] Q. B. 133 (C. A.); s. dazu aber Swadling, (2002) 116 L. Q. R. 354, 360. 182   S. z. B. Swadling, (2002) 116 L. Q. R. 354; Gray/Gray, Elements of Land Law, 4.  Aufl., paras. 2.95 ff., 5.  Aufl., paras. 1.7.12 ff., die ihre Abschnittsüberschrift »The decline of the numerus clausus« (4.  Aufl., para. 2.97) in der 5.  Aufl. zu »The possible decline of the numerus clausus« abgeschwächt haben (5.  Aufl., para. 1.7.14; Hervorhebung hinzugefügt); Sparkes, European Land Law, para. 8.64 (S.  374). 179

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Kapitel 6:  Die Entwicklung in England

net, aber bislang nicht ratifiziert. Auch andere völkerrechtliche Grundlagen für dingliche Rechte sind nicht ersichtlich. Für Time-Sharing-Verträge kannte das englische Recht seit 1992 eine gesetzliche Regelung; sie musste mit Inkrafttreten der europäischen Richtlinie überarbeitet werden und findet sich heute in verschiedenen Rechtstexten183 . Seiner Rechtsnatur nach ist das Time-Sharing in England mangels europäischer Vorgaben typischerweise als Trust ausgestaltet184 , es fügt sich also in die üblichen Strukturen des englischen Rechts ein. Eine nichtakzessorische Eurohypothek185 stünde der legal charge sehr nahe und würde die Typizität kaum abschwächen. Mit dem Gemeinsamen Referenzrahmen steht das englische Recht weitgehend in Einklang. Ein Eigentumsübergang im Moment des Vertragsschlusses, der allerdings durch Parteivereinbarung hinausgeschoben werden kann, entspricht im Wesentlichen den Regeln der Sale of Goods Acts von 1893 und 1979; dem Trust gesteht der Gemeinsame Referenzrahmen dingliche Wirkungen ausdrücklich zu. Impulse für einschneidende Veränderungen, die auf die Typizität des englischen Sachenrechts von Einfluss sein könnten, sind vom Gemeinsamen Referenzrahmen mithin wohl kaum zu erwarten. Das englische internationale Sachenrecht folgt wiederum der lex rei sitae-Regel, sodass im Ausgangspunkt dieselben Fragen auftreten können, die schon bei Deutschland und Frankreich diskutiert wurden186 . Auch hier wird die Bedeutung der Problematik von Renvoi und Transposition gering sein; mit einem eventuell unter fremdem Recht begründeten Trust dürfte es keine grundsätzlichen Probleme geben187.

  Vgl. Sparkes, European Land Law, para. 6.01 m.Fn.  3 (S.  247).   Sparkes, European Land Law, para. 6.48 (S.  273 f.). 185   Oben Kapitel 4 G I. 186   Oben Kapitel 4 G II, Kapitel 5 C. 187   Vgl. Recognition of Trusts Act 1987 (c. 14); s. etwa Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  368, aber auch S.  325 m.Fn.  100 sowie Stürner/Schumacher/Bruns, Der deutsche Pfandbrief und englische Deckungswerte, S.  21 f. 183

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Kapitel 7

Die Entwicklung in den U. S. A. In den einzelnen nordamerikanischen Staaten galt mit Ausnahme Louisianas und Puerto Ricos zunächst überall das englische Recht in der Gestalt, die es vor den großen Reformen am Ende des 19. Jahrhunderts angenommen hatte. Die unterschiedlichen tatsächlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die politische Loslösung von der englischen Krone, aber auch die Einflüsse anderer Rechtsordnungen führten nach und nach zu einer gewissen Abkopplung. Insgesamt bewegte sich dabei die U. S.-amerikanische Entwicklung in dieselbe Richtung wie die Entwicklung in England. Manche Reformen erfolgten indes früher, andere später als im Mutterland; auch waren die Ergebnisse der Reformen nicht immer identisch. Zudem ist das Sachenrecht in den U. S. A. an sich bis heute eine Angelegenheit der Einzelstaaten. Die einzelstaatlichen Sachenrechte unterscheiden sich daher nicht nur vom englischen Sachenrecht, sondern auch untereinander. Allerdings ist das Gewicht dieser Unterschiede meist gering, sodass eine gemeinsame Behandlung möglich bleibt. Mangels einer um begriffliche Schärfe bemühten Kodifikation war auch in den U. S. A. von vornherein die Ausgangslage für eine Herausbildung gesteigerter Typizität ungleich schwieriger als auf dem Kontinent. Zudem hat sich die in den 1930er Jahren vom legal realism wiedererweckte Skepsis gegenüber jedem Denken in Begriffen tief in das amerikanische Rechtsdenken eingeprägt  . Stärker als in England konnte sich schließlich im U. S.-amerikanischen Rechtsdenken unter dem Einfluss der Schriften Wesley Hohfelds die »bundle of rights«-Theorie durchsetzen . Sind danach dingliche Rechte eine Summe verschiedener »interests«, die bei vollständiger oder nahezu vollständiger Vereinigung in einer Hand die Bezeichnung »ownership« verdienen, so scheint einer beliebigen Aufspaltung dinglicher Positionen und damit der völligen Aufgabe von Typizität nichts im Wege zu stehen. Die Praxis lässt denn auch durchaus in englischer Tradition den verschiedenen Abspaltungen des Eigentums große Aufmerksamkeit zukommen. Den Schritt hin zu uneingeschränkter Gestaltbarkeit hat auch das U. S.-amerikanische Sachenrecht   Allgemein etwa Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  5 f.   S. nur Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, §  17 II (S.  241–243).    Hohfeld, 23 Yale L. J. 16–59 (1913) = Fundamental Legal Conceptions, S.  23–114; s. a. Corbin, 29 Yale L. J. 163 (1919).    S. Restatement (First) of Property §§  1–10 with comments (1936); Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  3–7; aus der neueren Literatur z. B. Ellickson, 102 Yale L. J. 1315, 1371 ff. (1993).  

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indessen nicht getan. Vielmehr kam es, ausgehend von der englischen Rechtslage der Kolonialzeit, auch hier zu einer stetigen Zunahme an Typizität, und Teile des Sachenrechts gelten heute im Vergleich mit der übrigen Rechtsordnung gar als Inseln relativ fester und einheitlicher Begriffe . Hervorzuheben sind die Reduzierung der Zahl der estates sowie die Vereinheitlichung und Schärfung auf dem Gebiet der dinglichen Sicherheiten, wofür bei beweglichen Sachen der Uniform Commercial Code, bei unbeweglichen Sachen die Entwicklung des secondary mortgage market eine große Rolle spielten.

A.  Autonomes Sachenrecht I.  Sachenrechtstypen und sachenrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten 1.  Eigentum und Estates Mit der Vorstellung des Eigentums als eines Bündels einzelner dinglicher Rechte steht zwar auch das U. S.-amerikanische Recht in deutlichem Gegensatz zum absoluten, ausschließlichen Eigentumsbegriff kontinentaleuropäischer Prägung. Allerdings liegt dem zumeist ein weit gefasster Eigentumsbegriff zugrunde, der Aspekte der Sachnutzung umfasst, die im kontinentalen Verständnis als öffentlichrechtliche Regelung von außen an das zivilrechtliche Eigentum herantreten . Was das zivilrechtliche Eigentum angeht, macht sich der konzeptionelle Unterschied heute nur noch selten bemerkbar. Dies gilt zunächst einmal für Mobilien. Ebenso wie England kennen auch die U. S. A. seit langem im Ergebnis durchaus ein Volleigentum im Sinne einer absoluten, ausschließlichen Herrschaftsbefugnis über eine Sache, mag auch theoretisch die Bestellung verschiedener estates an personal property möglich sein. Der englischen prozessualen Tradition folgend, genügte zwar zunächst vielfach der Nachweis eines besseren Besitzrechts , womit wie in England das Mobiliareigentum oft mehr als relative denn als absolute Position in Erscheinung trat. Heute scheint aber auch insoweit eine gewisse Annäherung an das kontinentaleuropäische Recht mit seinem absoluten Eigentum stattzufinden. Immobilien hingegen unterlagen zunächst dem System der estates, wie es in England vor den Reformen des Jahres 1925 galt und von den amerikanischen Kolonien übernommen worden war10 . Es fanden sich also wiederum die freehold es   Vgl. Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  16 für das Immobiliarrecht.    Vgl. aus jüngerer Zeit etwa Singer, 52 Loy. L. Rev. 243, 271 (2006) mit einem Beispiel diskriminierender Zugangsbeschränkung.    Vgl. Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  74; Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  158.    S. z. B. Anderson v. Gouldberg, 53 N. W. 636 (Minn. 1892).    Vgl. Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  10 m.Nw. 10   Vgl. nur Kent, Commentaries on American Law III, S.  390; Bordwell, 18 Iowa L. Rev. 425,

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tates des fee simple, fee tail und life estate mit ihren Sonderformen determinable estate, estate subject to a condition subsequent und estate subject to executory limitation sowie daneben das leasehold estate. Auch war ungesicherten Gläubigern wie in England der Zugriff auf die schuldnerischen Grundstücke zunächst verwehrt. Letzteres änderte sich aber noch unter englischer Herrschaft mit dem Debt Recovery Act von 173211, auch wenn die homestead exemption den ungehinderten Vollstreckungszugriff auf Grundvermögen später wieder etwas relativierte12 . Die Amerikanische Unabhängigkeit nahm dann dem System der tenures und estates das Fundament, war doch ein »Obereigentum« der Krone am Grundvermögen in den U. S. A. mit der Loslösung von England hinfällig13 . Der Inhalt des unbeschränkten fee simple entspricht damit auch in den U. S. A. letztlich seit gut 200 Jahren dem des kontinentalen Eigentums14 ; die anderen estates sind nur noch von geringer praktischer Bedeutung. So haben die meisten Bundesstaaten das fee tail schon kurz nach der Unabhängigkeit gesetzlich abgeschafft bzw. interpretieren Verfügungen, mit denen ein fee tail bestellt oder übertragen werden soll, in ein fee simple oder ein life estate um15 . Life estates wiederum sind zwar rechtlich noch möglich, begegnen aber unmittelbar nur selten, da die Praxis zur Schaffung eines estate mit Versorgungsfunktion heute meist einen Trust verwendet16 und im Übrigen auch im Recht der meisten Einzelstaaten in Abweichung von den strengen traditionellen Regeln über die »Words of Limitation« eine gesetzliche Vermutung für die Bestellung eines fee simple gilt17. Prozessual reichte auch bei Immobilien

426 f. (1918); Hudson, 34 Harv. L. Rev. 341, 343–345 (1921); deutschsprachig Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S.  10–14. 11   Act for the More Easy Recovery of Debts in His Majesty’s Plantations and Colonies in America 1732 (Debt Recovery Act, 5 Geo. 2, c. 7); dazu und zu früheren Änderungen in einigen Kolonien ausführlich Priest, 120 Harv. L. Rev. 385, 411 ff. (2006). 12   Friedman, A History of American Law, S.  178. 13   S. nur Kent, Commentaries on American Law III, S.  407 ff. mit Hinweis auf die explizite Abschaffung in den Staaten New York und Connecticut; Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  21. 14   S. schon im Jahre 1798 Root, Reports of Cases I, S. xxxix: »The title of our lands is free, clear and absolute, and every proprietor of land is a prince in his own domains, and lord paramount of the fee. Estates in land are divided into estates in fee-simple, which is an absolute property – estates for life, for years and at will.« S. weiter Kent, Commentaries on American Law III, S.  412 f.; ders., Commentaries on American Law IV, S.  2 f f. Vgl. a. Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  28: ».  .  . comprises full ownership of that land.« Zur nahezu völligen Bedeutungslosigkeit von estates in fee simple determinable und subject to a condition subsequent in der heutigen Zeit s. dies., a.a.O., S.  40, 43. 15   Überblick bei Kent, Commentaries on American Law IV, S.  14 f.; Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  54 ff. m.Nw.; aus der Diskussion um das fee tail, die auch die Frage des Erstgeburtsrechts umfasste und so teils von verfassungsrechtlichen Argumenten dominiert war, z. B. Gillilan v. Gillilan, 212 S. W. 348, 350 (Mo. 1919) einerseits, Wight v. Thayer, 1 Gray 284, 286 (Mass. 1854) andererseits; s. a. Hudson, 34 Harv. L. Rev. 341, 342 mit Fn.  7 (1921); deutschsprachig Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  139. 16   Vgl. Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  28, 74. 17   Vgl. Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  29 m.Fn.  6 , S.  58.

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regelmäßig der Nachweis eines besseren Besitzrechts aus18 ; in jüngerer Zeit geht aber hier die Entwicklung ebenfalls stärker in Richtung Absolutheit19. Anders als in England wurden in den U. S. A. reversion, remainder und andere future interests20 nicht generell durch gesetzgeberischen Eingriff vom Common Law in die Equity verbannt; sie sind aber heute doch wenn überhaupt, dann nur noch dort zu finden 21. Allerdings spielte die Trennung der beiden Rechtskreise in den U. S. A. ohnehin nie eine ebenso bedeutende Rolle wie in England, wofür das Absterben zweier getrennter Gerichtsbarkeiten in fast allen Einzelstaaten mitverantwortlich war. Praktisch wird eine auf längere Dauer angelegte Gestaltung heute aber zumeist unter Einsatz von Trusts und somit nach den Regeln der Equity erreicht; für den Bedeutungsverlust der future interests mag auch eine Rolle spielen, dass der Wunsch, Grundvermögen für die eigenen Nachfahren zu sichern 22 , wegen erweiterter Möglichkeiten der Kapitalanlage oder einer Veränderung in der gesellschaftlichen Bedeutung der Familienbande abgenommen hat. Für Wohnungseigentum kennen alle Bundesstaaten heute »Condominium Statutes«, die die zuvor bestehenden Unklarheiten im Wesentlichen beseitigt haben und Sondereigentum an einem Gebäudeteil sowie Miteigentum am Grundstück vorsehen. Die erste Generation dieser Gesetze basierte vielfach auf einem Modellgesetz der Federal Housing Administration 23 ; jüngere Gesetze folgen dem Uniform Condominium Act 24 oder dem Uniform Common Interest Ownership Act25 . Schließlich haben auch die Akteure des secondary mortgage market die Vereinheitlichung vorangetrieben, indem sie festlegten, unter welchen Bedingungen sie mort­ gages an Wohnungseigentum aufkaufen oder dessen Verbriefung durch Dritte unterstützen würden 26 . Infolgedessen ist der Inhalt des Wohnungseigentums heute in nicht unbeträchtlichem Maße standardisiert. 18   S. z. B. Tapscott v. Cobbs, 52 Va. (11 Gratt.) 172 (1854). S. a. Hovenkamp/Kurtz, Principles of Property Law, S.  1, 3, 13, 64 f. 19   S. z. B. Todd v. Jackson, 26 N. J. L. 525 (1857) sowie Illinois & St. Louis Railroad & Coal Co. v. Cobb, 94 Ill. 55 (1879) einerseits, Winchester v. City of Stevens Point, 17 N. W. 3 (Wis. 1883) andererseits. Vgl. allgemein Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  10. 20   Überblick bei Hay, US-amerikanisches Recht, Rn.  448–452. 21   Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  8 0 f. S. a. Friedman, A History of American Law, S.  173 f. 22   Diese Erklärung für die Bedeutung von future interests in den U. S. A. gibt Merryman, 12 Am. J. Comp. L. 224, 229 ff. (1963), indem er den U. S. A. Italien mit seiner zugunsten der Familienangehörigen eingeschränkten Testierfreiheit (Art.  536 ff. Codice civile) gegenüberstellt. 23   Model Statute for the Creation of Apartment Ownership, verabschiedet 1961 im Zusammenhang mit der Ermächtigung der Federal Housing Administration, mortgages an solchen condominium units zu versichern. 24   Verabschiedet 1977, überarbeitet 1980; ganz oder teilweise übernommen von Ala., Ariz., La., Maine, Minn., Mo., Nebr., N. H., N. M., N. C., Pa., R. I., Tex., Va., Wash. (Stand 2009). 25   Verabschiedet 1982, überarbeitet 1994; Fassung von 1982 ganz oder teilweise übernommen von Alaska, Colo., Minn., Nev., W.Va.; Fassung von 1994 ganz oder teilweise übernommen in Conn., Vt. (Stand 2009). 26   Vgl. z. B. §  234(c) National Housing Act = 12 U. S. C. 1715y(c); dazu die weiteren Regelungen des U. S. Department of Housing and Urban Development (HUD), Home Mortgage In-

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2.  Beschränkte dingliche Rechte a)  Beschränkte dingliche Nutzungsrechte Die vom Restatement (Third) of Property bezeichnenderweise ganz unbekümmert unter dem Titel Servitudes behandelten 27, beschränkten dinglichen Nutzungsrechte wie easements und profits à prendre folgen wie auch die covenants wieder stark dem englischen Vorbild 28 ; dingliche Feudallasten wurden aber größtenteils nicht übernommen oder abgeschafft29. In den letzten Jahren hat nun eine durchaus beachtliche Weiterentwicklung stattgefunden, die auch auf die Abschaffung überkommener Institute wie negative easements, equitable servitudes und executed parol licenses abzielte30 . Mehr denn je treten die dinglichen Nutzungsrechte dem Beobachter heute als deutlich ausgeprägte Typen entgegen 31. b)  Kreditsicherheiten Auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten brachte ab 1962 der bald in allen Einzelstaaten umgesetzte Art.  9 des Uniform Commercial Code (U. C. C.) gegenüber der früheren Vielzahl verschiedener Mobiliarsicherheiten (pledge, chattel mortgage, conditional sales contracts, trust agreements) 32 , die sich durch Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechten noch vergrößerten, einen gewaltigen Fortschritt hin zu höherer Abstraktion und zugleich gesteigerter Typizität33 . Diese Vereinheitlichung umfasst zum einen die Klarstellung des Sicherungscharakters, zum anderen betrifft sie Einzelheiten der inhaltlichen Ausgestaltung. Auch die Neufassung von 2001 ist inzwischen von allen Staaten umgesetzt worden. Gemäß Art.  9 –109(a) U. C. C. begründet jede vertraglich bestellte Mobiliarsicherheit unabhängig von ihrer konkreten Benennung und Form ein diesem Artikel unterliegendes security interest. Für alle diese security interests gelten einheitliche Regelungen, die die Entstehungsvoraussetzungen sowie den drittwirksamen Inhalt surance Condominium Units (4265.1), abrufbar unter (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 27   Restatement (Third) of Property: Servitudes (2000); dazu French, 35 Real Prop. Prob. & Tr. J. 225, 227 (2000). 28   Näher French, 55 S.  Cal. L. Rev. 1261, 1266–1281 (1982); Überblick bei Hay, US-amerikanisches Recht, Rn.  460–466. 29   S. etwa ein Gesetz Massachusetts’ von 1641, wonach ».  .  . all our Lands and Heritages shall be free from all Fines and Licenses, upon Alienations, and from all Hariots, Wardships, Liveries, Primeseizins, year, day and waste, Escheats and forfeitures upon the Death of Parents or Ancestors, natural, unnatural, casual or judicial and that for ever.« Mass. Colonial Laws, S.  88 (zitiert nach Hudson, 34 Harv. L. Rev. 341, 342 Fn.  6 [1921]). 30   S. wiederum French, 35 Real Prop. Prob. & Tr. J. 225, 227 ff. (2000). 31   Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1607 (2008). 32   Gilmore, Security Interests in Personal Property I, ch. 1–8 (S.  1–286). 33   Vgl. Dalhuisen, (2001) 5 Edin. L. R. 273, 294; Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  236 f. Zur Vorgeschichte Gilmore, Security Interests in Personal Property I, ch. 9 (S.  287–294); zu den verschiedenen Überarbeitungen nach dem 1962 Official Text (1972 Official Text, 1994 Amendments, 1999 Official Text) z. B. Duncan/Lyons, The Law and Practice of Secured Transactions: Working with Article 9, §  1.01.

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eines security interest detailliert festlegen. Danach gibt unabhängig von der Ausgestaltung als Sicherungsübereignung oder Pfandrecht jede Mobiliarsicherheit dem Sicherungsnehmer die gleichen Rechte; Unterschiede knüpfen allein an die Art und Weise der Bestellung des security interest an. Der Uniform Commercial Code geht in seiner Ausrichtung am Sicherungscharakter so weit, sogar den einfachen Eigentumsvorbehalt nur als security interest zu behandeln 34 . Der Verkäufer hat daher, anders als etwa in Deutschland, nach Rücknahme der Kaufsache neben dem bereits gezahlten Kaufpreisteil wie bei anderen Sicherungsrechten auch einen etwaigen Wertüberschuss des Sicherungsguts über die gesicherte Forderung an den Käufer herauszugeben (§  9-615 U. C. C.). Er wird damit so behandelt, als stünde ihm an der Kaufsache ein besitzloses Pfandrecht zu. Das Recht der U. S. A. verfügt mithin über einen einheitlichen, stark typisierten Rahmen für die Mobiliarsicherheiten. In gewisser Parallele hierzu steht die Vereinheitlichung auf dem Gebiet der Immobiliarsicherheiten. Klarstellung des Sicherungszwecks und Vereinheitlichung der inhaltlichen Ausgestaltung erfolgten hier zeitlich versetzt. Während in England der Law of Property Act 1925 die mortgage und die land charge als einzige Immobiliarsicherheiten vorsah, konzeptionell als Grundstücksbelastung fixierte und damit die Entwicklung der Equity-Rechtsprechung nachzeichnete, die bis dahin allein angesichts der vormals überwiegenden Konstruktion einer Vollrechts­ übertragung den Sicherungscharakter hatte durchsetzen können 35 , fehlte in den amerikanischen Einzelstaaten eine solche Festlegung. Lediglich die englische equity of redemption wurde noch in der Kolonialzeit infolge des Debt Recovery Acts von 1732 immer stärker zurückgedrängt 36 . Daher wird die mortgage noch heute in manchen Staaten als Übertragung des Vollrechts auf den Sicherungsnehmer verstanden (title theory) 37. In anderen Staaten hingegen hat sich ebenfalls das Verständnis als dingliche Belastung zu Sicherungszwecken durchgesetzt (lien theory) 38 . Während aber dieser Unterschied weniger gewichtig war, da auch unter einer title theory die Equity-Rechtsprechung nach englischem Vorbild39 die Rechte des Vollrechtserwerbers auf diejenigen eines bloßen Sicherungsnehmers zurückführ34   »Purchase money security interest«, §§  2-401(1)(2), 9-103 U. C. C. Vgl. a. Dalhuisen, (2001) 5 Edin. L. R. 273, 291; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  115 (S.  954). 35   Zu allem oben Kapitel 6 B I 4. 36   Näher Priest, 120 Harv. L. Rev. 385, 390, 430, 443 ff. (2006); zu späteren Formen des Wiederauflebens Friedman, A History of American Law, S.  180 f.; Skilton, 17 Temple L. Q. 315, 326 ff. (1943). 37   So z. B. in Massachusetts, s. Maglione v. BancBoston Mortgage Corp., 557 N. E.2d 756, 757 (Mass. App. Ct., 1990); zur Geschichte Kent, Commentaries on American Law IV, S.  129 ff. 38   So z. B. Kalifornien (nur für Mortgages: §  2926 Civil Code: »A mortgage is a lien upon everything that would pass by a grant of the property.«) und die meisten Staaten westlich des Mississippi. Näher zur Unterscheidung z. B. Jennings, Real Estate Law, S.  364–366; deutschsprachig Kaufmann, ZBB 2005, 336, 338–339. 39   Vgl. Kent, Commentaries on American Law IV, S.  136 ff., 153 ff. m.Nw. Zur englischen Equity-Rechtsprechung unter der als Vollrechtsübertragung konstruierten mortgage der Zeit vor 1925 s. a. oben Kapitel 6 A I 2.

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te40 , entwickelten einige Staaten statt der mortgage oder zusätzlich zu ihr eine als »deed of trust« bezeichnete Treuhandlösung41, nach der ein Doppeltreuhänder zwischen Eigentümer und Sicherungsnehmer steht und das Vollrecht oder eine mortgage zum Zwecke der Sicherheit hält42 . Wo diese Lösung galt, brauchte die Equity-Rechtsprechung wieder ihre Zeit, um die Rechte des Treuhänders auf diejenigen eines bloßen Sicherungsnehmers zu beschränken. Auch wenn bis heute in den Einzelstaaten, die beide Konstruktionen kennen, die Treuhandlösung meist vorteilhafter ist, weil dort nur unter ihr der Trustee das Grundstück in der Regel kraft vertraglicher Abrede außergerichtlich verkaufen darf, ist doch die Beschränkung auf den Sicherungszweck mittlerweile wieder überall klar43 . Die konstruktiven Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Grundpfandrechten sind zwar bis heute nicht beseitigt44 . Allerdings bewirkte die Entwicklung des secondary mortgage market der Sache nach doch eine bedeutende inhaltliche Vereinheitlichung. Die Government Sponsored Entities (GSEs) Fannie Mae und Freddy Mac begannen in der Mitte des letzten Jahrhunderts, in großem Stil von Kreditinstituten und Mortgage Brokern grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen zum Verbleib in ihrem eigenen Portfolio oder zum Zwecke späterer Verbriefung aufzukaufen. Zwar traten ihnen auch private Akteure zur Seite; die GSEs behielten jedoch nicht zuletzt dadurch eine dominierende Stellung, dass sie Verbriefungen privater Dritter unter bestimmten Bedingungen unterstützen45 . Den im Primärmarkt aktiven Instituten und Mortgage Brokern machten die GSEs nicht nur genaue Vorgaben für die mortgages und deeds of trust, die sie für ihr eigenes Portfolio 40   Vgl. Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  155; Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  31; zur Maxime »once a mortgage, always a mortgage« z. B. Gavin v. Johnson, 41 A.2d 113, 117 (Conn. 1945); Humble Oil & Refining Co. v. Doerr, 303 A.2d 898, 906, 907 (N. J. Super. 1973); Restatement (Third) of Property (Mortgages) §  3.1 (1997) cmt. a; Preble/Cartwright, 20 Real Prop. Prob. & Tr. J. 821, 826–844 (1985); Stürner/Kern, in: Festschrift für Peter Schlechtriem, S.  923, 927. 41   So kennt z. B. Kalifornien sowohl Mortgage als auch Deed of Trust, die Deed of Trust wird jedoch bevorzugt; im District of Columbia und in Illinois stehen ebenfalls beide Institute zur Verfügung; Massachusetts und New York hingegen kennen nur Mortgages (Kaufmann, ZBB 2005, 336, 338 Fn.  15, dort auch weitere Nachweise). Knapper deutschsprachiger Überblick bei Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  155 f. 42   Ainsa v. Mercantile Trust Co. of San Francisco, 163 P. 898, 901 (Cal. 1917) und Lancaster Sec. Inv. Corp. v. Kessler, 324 P.2d 634, 638 (Cal. App.  1958): »A trustee under an ordinary deed of trust is the common agent of both parties and is required to act impartially.« Näher hierzu Friedman, A History of American Law, S.  180; Skilton, 17 Temple L. Q. 315, 324 f. (1943) mit der Bemerkung »The deed of trust is, however, essentially a mortgage .  .  .«; Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  32 m. w. N. 43   Näher 54A Am. Jur. 2d Mortgages §  146 (2006); Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  55 (S.  929). 44   S. z. B. Skilton, 17 Temple L. Q. 315, 316 (1943): »[I]t is difficult to identify the mortgage as a single instrument: it is rather a class name that may be applied loosely to any one of forty-eight species.« 45   S. nur Forrester, 74 U. Cin. L. Rev. 1303, 1355 (2006): »Through their purchases and securitization of residential mortgage loans, Fannie Mae and Freddie Mac together provide the largest source of home mortgage financing in the nation.«

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erwerben oder deren Verbriefung sie begleiten würden46 , sondern sie entwickelten darüberhinaus gemeinsame Standardformulare, die sie den im Primärmarkt tätigen Kreditinstituten und Mortgage Brokern zur Verfügung stellten47. Da deren Geschäftsmodell zunehmend dahin ging, grundpfandrechtlich besicherte Darlehen möglichst sofort zu verbriefen und sich so zu refinanzieren, fanden diese Formulare schnell große Verbreitung. Dies führte in weiten Teilen des Marktes zu einer inhaltlichen Standardisierung der Grundpfandrechte48 , die allerdings wegen des zeitgleich erfolgten Abbaus früherer Preisregulierung heute nicht mehr durchweg wahrgenommen wird49 und vor allem – wie die Finanzkrise zeigte – nicht in ausreichendem Maße auf die Sicherung der Zahlungsfähigkeit des Schuldners und damit auch die Sicherheit der Grundpfandrechte ausgerichtet war. Der als Title XIV des Dodd-Frank Act50 ergangene Mortgage Reform and Anti-Predatory Lending Act stellt nun im seinem Subtitle B »Minimum Standards for Mortgages« an privatem Wohneigentum auf. Den rechtlichen Inhalt von mortgages betreffen diese Anforderungen vor allem insofern, als sie für die gesicherten Darlehen einige Klauseln, wie bestimmte Vorfälligkeitsentschädigungen und Schiedsvereinbarungen – die mit der Herausnahme der Streitigkeiten aus der Ziviljustiz eine Fortbildung und weitere Typisierung verhindern würden 51 –, verbieten bzw. für unwirksam erklären 52 .

46   S. etwa Ginnie Mae, Ginnie Mae MBS Guide, Ginnie Mae 5500.3, Rev. 1, Chapter 9 (Stand 8. Januar 2011), (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 47   S. schon Jensen, 7 Real Prop. Prob. & Tr. J. 397, 419 ff. (1972); heute Fannie Mae/Freddie Mac: Single Family Uniform Instruments, ; Multifamily Electronic Mortgage Documents, sowie nunmehr (alle zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 48   Zu den Anfängen Jensen, 7 Real Prop. Prob. & Tr. J. 397, 398 ff. (1972). Ausführlich Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  38–45, 57–57 ff., 119 ff. m.Nw., insbes. S.  42 f.; s. a. Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  30. 49   Vgl. Willis, 65 Md. L. Rev. 707, 715–729 (2006). 50   An Act to promote the financial stability of the United States by improving accountability and transparency in the financial system, to end »too big to fail«, to protect the American taxpayer by ending bailouts, to protect consumers from abusive financial services practices, and for other purposes – Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act, H. R. 4173, 124 Stat. 1376, Publ. L. 111–203, July 21, 2010. Zur Entstehungsgeschichte deutschsprachiger Überblick bei Mildner, APuZ 4/2010, 26 ff. 51   Vgl. dazu Murray, ZZPInt 11 (2006), 295, 298 ff. 52   S. insbes. sec. 129C(c) – Prohibition on Certain Repayment Penalties – und (e) – Arbitration – des Truth in Lending Act, eingefügt durch sec. 1414 Dodd-Frank Act; s. a. Subtitle A – Residential Mortgage Loan Origination Standards (u. a. Ermächtigung zur Regulierung von Klauseln in residential mortgage loans in sec. 129B(e) des Truth in Lending Act, eingefügt durch sec. 1405 Dodd-Frank Act); Subtitle C – High-Cost Mortgages.

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3.  Treuhand Auf dem Gebiet des Trust bauten die U. S. A. ebenfalls auf dem englischen Recht auf, wie es vor den großen Reformen zu Beginn des 20. Jahrhunderts galt53 . Die englischen Reformen, die z. B. die Fortsetzung des beneficial interest am Erlös bei gleichzeitigem Freiwerden früheren Trustvermögens (»overreaching«) einführten, wurden in den U. S.-amerikanischen Einzelstaaten so nicht nachvollzogen. Vielmehr bleibt das beneficial interest nach der traditionellen Regel gegenüber einem Dritten bestehen bzw. wird dieser Dritte zum constructive trustee, sofern er nicht als »bona fide purchaser for value« lastenfrei erwirbt 54 . Allerdings gewährte die auf den Harvard College Case55 zurückgehende »prudent investor rule« dem Trustee immer größere Freiheit in der Verwaltung des Treuhandvermögens, insbesondere durfte er es umschichten, solange dies nur den Regeln der Vorsicht entsprach. Bei einem derartigen Trust war daher das Treuhandvermögen dem Wirtschaftskreislauf nicht mehr entzogen. Trotz mittlerweile dreier Restatements of Trusts56 und eines bedeutenden Uniform Law der National Conference of Commissioners on Uniform State Laws57 ist hier eine große Vielfalt geblieben, die – vor allem bei entsprechender Rechtswahl – dem Parteiwillen bei der individuellen Gestaltung von beneficial interests weiten Raum lässt. 4.  Verfügungsbeschränkungen In seiner auf das Statute Quia Emptores gestützten Ablehnung von Verfügungsbeschränkungen bei estates in fee simple folgt das Recht der U. S.-amerikanischen Einzelstaaten voll dem englischen Recht; es geht für »disabling restraints«58 und grundsätzlich auch für »forfeiture restraints«59 sogar darüber hinaus, indem es die-

  Vgl. nur Bordwell, 18 Iowa L. Rev. 425, 426 f. (1918).   Harris Trust and Sav. Bank v. Salomon Smith Barney, Inc., 530 U. S.  238, 250 (2000); Cox v. Waudby, 433 N. W.2d 716, 720 (Iowa 1988); Huber v. Coast Inv. Co., Inc., 638 P.2d 609, 612 (Wash. App.  1981); U. S. v. Dunn, 268 U. S.  121, 132 (1925); Jones v. Van Doren, 130 U. S.  684, 691 (1889); Moore v. Crawford, 130 U. S.  122, 128 (1889); Restatement (second) of Trusts §§  284, 291, 294 f., 297 (1957). 55   Harvard College v. Amory, 26 Mass. (9 Pick.) 446 (1830). 56   Restatement (First) of Trusts (1935), Restatement (Second) of Trusts (1959), zuletzt Re­ statement (Third) of Trusts (2003). 57   Uniform Trust Code (2000) mit Ergänzungen aus dem Jahre 2001. 58   Vgl. z. B. Superior Oil Co. v. Johnson, 171 P.2d 658 (Kans. 1946); Mills v. Blakelin, 30 N. E.2d 873 (Mass. 1941); Triplett v. Triplett, 60 S. W.2d 13 (Mo. 1933); State Bank of Jansen v. Thiessen, 289 N. W. 791 (Nebr. 1940); Wrubel Realty Corp. v. Wrubel, 48 A.2d 793 (N. J. 1946); Buckner v. Hawkins, 52 S. E.2d 16 (N. C. 1949); Goffe v. Karanyianopoulos, 166 A. 547 (R. I. 1933); Barrows v. Ezer, 668 S. W.2d 854 (Tex. App.  1984). 59   S. z. B. Jenne v. Jenne, 111 N. E. 540 (Ill. 1916); Douglass v. Stevens, 200 S. E. 366 (N. C. 1939); Andrews v. Hall, 58 N. W.2d 201 (Nebr. 1953); s. aber auch Turner v. Lewis, 226 S. W. 367 (Ky. 1920); Francis v. Big Sandy Co., 188 S. W. 345 (Ky. 1916); Blevins v. Pittman, 7 S. E.2d 662 (Ga. 1940). 53

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se selbst bei begrenzter Dauer oder begrenztem Zweck nicht anerkennt 60 . Lediglich bei life estates waren die Gerichte großzügiger; allerdings sind life estates aufgrund ihrer Bindung an das Leben eines anderen typischerweise ohnehin nicht sonderlich marktgängig61. Für einzelne bewegliche Sachen spielen Verfügungsbeschränkungen kaum eine Rolle. Insgesamt bietet sich zur längerfristigen Vermögensbindung ohnehin eher eine Trust-Konstruktion an. Auch hier ist damit wiederum keine Gestaltungsfreiheit über die Hintertür der Verfügungsbeschränkung gegeben.

II.  Rechtliches Umfeld 1.  Prozessrecht Ursprünglich hatten die meisten Staaten auch auf dem Gebiet des Sachenrechts die forms of action des englischen Common Law ebenso übernommen wie die verschiedenen equitable remedies 62 . Eine erste Abschwächung des scharfen Gegensatzes von Law und Equity brachte die Ausdehnung des writ of replevin, sodass die Klage auf Rückgewähr beweglicher Sachen in Natur bei jeder unrechtmäßigen Vorenthaltung möglich wurde 63 . Die meisten Staaten gaben die verfahrenstechnische Unterscheidung von Law und Equity schon früh auf und führten eine einheitliche Klage nach dem Vorbild des New Yorker Field Code ein64 ; die Trennung der Gerichtsbarkeit in Common Law Courts und Courts of Equity konnte das 19. Jahrhundert nicht überleben65 . Die endgültige Zusammenführung in ein einheitliches, stark von den Regeln der Equity geprägtes Verfahren erfolgte in den Bundesgerichten zwar erst mit den Federal Rules of Civil Procedure von 1938 66 – einem Regelwerk, dass sich die meisten Einzelstaaten zum Vorbild für eigene Verfahrensregeln nahmen67. Die gedankliche Unterscheidung von Common Law und Equity 60   S. nur Manning, 48 Harv. L. Rev. 373, 381 f. (1935) und allgemein Gray, Restraints on the Alienation of Property, S.  3 f f.; Jones/Swenson, 47 Miss. L. J. 331, 332–336 (1976). 61   Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  72 f. 62   S. nur Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  7–10. 63   Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  8 f.; Plucknett, Concise History of the Common Law, S.  369. 64   §  3339 New York Code of Civil Procedure von 1848 (»Field Code«): »There is only one form of civil action. The distinction between actions at law and suits in equity, and the forms of those actions and suits, have been abolished.« S. dazu Subrin, 6 Law & Hist. Rev. 311, 328 f., 337 f. (1988) m.Nw.; Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1002 (2002) S.  14 f. 65   S. z. B. New York Constitution von 1846, Art.  X IV, Sec. 5 (»On the first Monday of July, one thousand eight hundred and forty-seven, jurisdiction of all suits and proceedings then pending in the present supreme court and court of chancery, and all suits and proceedings originally commenced and then pending in any court of common pleas (except in the city and county of New York), shall become vested in the supreme court hereby established. .  .  .«), Art.  V I, Sec. 3 (»There shall be a supreme court, having general jurisdiction in law and equity.«). Einige Staaten, wie z. B. Pennsylvania, kannten gar keine Courts of Equity. 66   Subrin, 135 U. Pa. L. Rev. 909, 943 ff. (1987). 67   Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, §  1008 (2002) S.  55 f.; Oakley/Coon, 61 Wash. L. Rev. 1367 (1986).

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samt ihrer verschiedenen Rechtsbehelfe, für die jeweils andere Voraussetzungen galten, verlagerte sich insgesamt aber früher noch als in England ins materielle Recht 68 . Sieht man von der materiellrechtlichen Fortsetzung der historischen Klagearten ab, ist dem U. S.-amerikanischen Prozessrecht heute keine weitere typisierende Wirkung zuzuschreiben. 2.  Verfügungsgeschäfte Grundsätzlich gilt in den U. S. A. wie in England kein reines Konsensprinzip, das im Zusammenhang mit der Idee der Vertragsfreiheit typisierungsfeindlich wirken würde, auch wenn unter altem Common Law Eigentum an beweglichen Sachen in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung schon mit Abschluss des Kaufvertrages überging und mit Abschluss eines auf Veräußerung gerichteten Vertrages bei Grundstücken der Erwerber bereits ein equitable interest erlangte. Heute regelt den Eigentumsübergang bei beweglichen Sachen einzelstaatliches Gesetzesrecht, das Art.  2 des Uniform Commercial Code umsetzt 69. Ein Hinausschieben des Eigentumsübergangs zu Sicherungszwecken über den Zeitpunkt der Übergabe hinaus ist unter dem Uniform Commercial Code nicht möglich; dies führt vielmehr zur Entstehung eines bloßen security interest. Dieses security interest ist aber gerade typisiert, ein im Einzelfall abweichender Parteiwille unbeachtlich70 . Die Verfügung über Rechte an Grundstücken erfolgt bis heute nach englischem Muster dadurch, dass der Veräußerer dem Erwerber eine über das Geschäft ausgestellte deed übergibt (»delivery«); zusätzlich bedarf es der Annahme (»acceptance«) durch den Erwerber 71. Der Inhalt der deed bestimmt über den Inhalt des Verfügungsgeschäfts, was zunächst individueller Gestaltung viel Raum gibt. Schon früh wurde der Inhalt dieser deeds indes gegenüber dem englischen Vorbild stark vereinfacht, verkürzt und standardisiert; gebräuchlich waren so bald nur noch zweierlei Arten: warranty deeds, in denen der Veräußerer versprach, good title besitzen und übertragen zu können, und quitclaim deeds, mit denen der Veräußerer ohne ein solches Versprechen diejenigen Rechte übertrug, die er selbst hatte72 . Eine jüngere Standardisierung mittels einheitlicher deeds beruht auf den Formularen für mortgage deeds, die die auf dem secondary mortgage market aktiven Unternehmen vorgeben73 .   S. nur Vanderbilt, Cases and other Materials .  .  ., S.  7.   Deutschsprachiger Überblick bei Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  110 f. (S.  952 f.). 70   Dazu soeben unter A I 2 b (bei Fn.  34). 71   S. nur Jorgenson v. Crow, 466 N. W.2d 120 (N. D. 1991); Winegar v. Froerer Corp., 813 P.2d 104, 110 (Utah 1991); die »delivery« muss nicht notwendigerweise in einer tatsächlichen Aushändigung bestehen; es reicht aus, wenn durch Worte oder Handlungen des Veräußerers dessen Wille deutlich wird, einen endgültigen und bindenden Eigentumswechsel herbeizuführen. S. weiter Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  8 07 ff., 828 ff.; deutschsprachiger Überblick bei von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  21 f. 72   S. nur Friedman, A History of American Law, S.  172 f. 73   Dazu soeben bei Fn.  45–48. 68 69

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Nach chaotischen Anfängen, in denen Land von verschiedenen staatlichen Stellen in unterschiedlicher Form vergeben wurde, Fälschungen und Korruption nicht selten waren, zudem Landzertifikate teilweise wie Wertpapiere gehandelt wurden und nach alldem eine verlässliche Überprüfung der Rechtsstellung eines Veräußerers unmöglich war 74 , werden heute Abschriften der deeds in land records bzw. land registers in zeitlicher Reihenfolge gesammelt. Diese Urkundensammlungen sind meist nach Veräußerer- und Erwerbernamen (grantor/grantee index), seltener nach Grundstücken (tract index) indexiert75 . Zur Wirksamkeit der Verfügung als solcher sind recording bzw. registration zwar nicht erforderlich; die verschiedenen Einzelstaaten knüpfen aber unterschiedliche andere Rechtswirkungen an diese Register. Die meisten Einzelstaaten folgen dem recording system. Unter ihm schützt nur die Aufnahme der deed in die land records vor einem Verlust des erworbenen Rechts oder dessen Priorität durch gutgläubigen Erwerb eines Dritten, der später ebenfalls vom bisher berechtigten Veräußerer erwirbt 76 . Das positive Vertrauen ist beim recording system hingegen nicht geschützt. Im Vertrauen auf das Register können also keine Rechte erworben werden, die nicht existieren oder jedenfalls dem Veräußerer nicht zustehen77. Die Aufnahme in die land records erfolgt ohne jede inhaltliche Prüfung; der recorder ist bloßer Archivar 78 . Es bleibt daher Sache der Parteien, die gesamte Kette von Verfügungen über das Grundstück zu prüfen; angesichts des sehr beschränkten Gutglaubensschutzes und der nicht allzu großen Aussagekraft des Registers empfiehlt sich zudem für Erwerber eines Grundstücks oder einer mortgage der Abschluss einer Versicherung für den Fall eines nicht erkannten Rechtsmangels79. Die auf diese title search und die Versicherung gegen eventuelle Rechtsmängel spezialisierten title insurance companies haben durchaus ein Interesse am Fortbestehen einer gewissen Unsicherheit80 . Eine eigenständige typisierende Wirkung kann von diesem System nicht ausgehen.   Anschaulich Friedman, A History of American Law, S.  176 f.   Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  891 ff.; Note, 47 Iowa L. Rev. 481–495 (1962). 76   Dabei unterscheiden sich die Einzelstaaten darin, welche Voraussetzungen beim Dritten vorliegen müssen. »Notice statutes« verlangen einen bona fide purchaser for value; »notice-race statutes« verlangen zusätzlich, dass dieser vor dem ersten Erwerber registriert; pure »race statutes« stellen allein auf die Reihenfolge der Registrierung, nicht auf den guten Glauben ab. Teilweise gelten verschiedene Regimes für verschiedene Arten von Verfügungen. Näher Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  871 ff.; von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  22 f.; Stürner/Kern, in: Festschrift für Peter Schlechtriem, S.  923, 932 m. w. N. 77   S. nur Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  51 (S.  927 f.). Unter Typizitätsaspekten bedeutet dies zwar, dass an sich nicht mögliche individuelle Gestaltungen nicht durch recording verdinglicht werden können; wenn aber im Ausgangspunkt freie Gestaltbarkeit möglich wäre, würde die fehlende positive Publizitätswirkung ohnehin keine Einschränkung bringen. 78   S. nur Woodward v. Bowers, 630 F.Supp.  1205, 1208 (M. D. Pa. 1986); S&H Petroleum Corp., Inc. v. Register of Deeds for County of Bristol, 707 N. E.2d 843, 845 (Mass. App. Ct. 1999); Proctor v. Garrett, 378 N. W.2d 298 (Iowa 1985). 79   Näher zur Entwicklung Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S.  207– 214. 80   Vgl. Baur/Stürner, Sachenrecht, §  6 4 Rn.  57 (S.  929); Stoebuck/Whitman, The Law of Pro74

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In wenigen Staaten steht neben dem recording system zudem das title registration system oder auch Torrens-System, dessen Überlegenheit zwar in der Literatur anerkannt ist81, dessen Verbreitung aber aus verschiedenen Gründen immer weiter abnimmt82 . Unter dem Torrens-System83 errichtet ein staatlicher oder kommunaler Registerbeamter für ein Grundstück ein certificate of title, aus dem der Eigentümer sowie sämtliche etwaige Belastungen und deren Inhaber hervorgehen. Der Registerbeamte prüft jede zum Register eingereichte deed, bevor er eine Löschung vornimmt bzw. ein neues certificate of title erstellt. Der Inhalt des certificate of title ist dann grundsätzlich aber auch bindend, selbst wenn er unzutreffend sein sollte. Um Fehler auszuschließen, erfolgt die – völlig freiwillige – Aufnahme eines Grundstücks in das Register erst nach einem aufwendigen Verfahren; wegen dessen Dauer, der entstehenden Kosten und der geringen Vorteile, die der gegenwärtige Eigentümer aus einer Registrierung ziehen kann, findet sie selten statt. Vor allem infolge des reduzierten Inhalts eines certificate of title und der jeder Veränderung vorangehenden amtlichen Prüfung wirkt das Torrens-System durchaus typisierend, angesichts seiner geringen örtlichen Verbreitung und der Freiwilligkeit fällt diese Wirkung jedoch, auf die U. S. A. insgesamt bezogen, nicht ins Gewicht. Das Eigentum an beweglichen Sachen geht beim Kauf zu dem Zeitpunkt über, den die Parteien bestimmt haben, ansonsten mit der Erfüllung der Lieferungspflicht durch den Verkäufer84 . Bei der Schenkung ist neben der Schenkungsabsicht im Grundsatz stets die tatsächliche Übergabe erforderlich85 . Diesen Regeln kommt keine besondere typisierende Wirkung zu. Bei der Bestellung dinglicher Sicherheiten an Mobilien verlangt der in allen Einzelstaaten umgesetzte Art.  9 des Uniform Commercial Code für die Wirksamkeit inter partes (attachment) eine Sicherungsvereinbarung (security agreement), für die Drittwirkung (perfection) in der Regel das Einreichen (filing) eines financing statement bei einem Sicherheitenregister86 . Während das security agreement unter Typizitätsgesichtspunkten bedeuperty, S.  924 Fn.  5, die bei einem Werk, das sich kritisch mit dem sogleich zu schildernden Torrens-System auseinandersetzt, auf die mutmaßliche Voreingenommenheit der Autoren hinweisen, welche Berater der title insurance industry sind; s. a. dies., a.a.O., S.  929. 81   Etwa Goldner, 29 UCLA L. Rev. 661, 690 ff. (1982); McCormack, 18 Wm. Mitchell L. Rev. 61, 62 ff. (1992); Cribbet, 35 N. Y. U. L. Rev. 1291, 1303 (1960). 82   Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  924, 929 f. m.Nw.; Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Abstraktion, S.  500–503; Böning, Grundpfandrechte in Deutschland und den USA, S.  214–216. 83   Näher Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  924–930; von Hoffmann, Das Recht des Grundstückskaufs, S.  29–31; Stürner/Kern, in: Festschrift für Peter Schlechtriem, S.  923, 933. 84   Vgl. §  2-401 U. C. C.; nach traditionellem Common Law ging das Eigentum auch in den U. S. A. mangels abweichender Parteivereinbarung schon durch den Kaufvertrag über. 85   Hovenkamp/Kurtz, Principles of Property Law, S.  38 f., 43 ff.; ausführlich Stone, 20 Col. L. Rev. 196 (1920). 86   Näher zum attachment §  9 -203 U. C. C. (security agreement, Berechtigung des Bestellers, value), zur perfection §  9 -303 U. C. C. Vgl. a. Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  269– 271.

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tungslos ist, wirkt das Erfordernis des filing dann typisierend, wenn man von einer gewissen inhaltlichen Kontrolle ausgeht. Allerdings treten derartige, ohnehin eher hypothetische Wirkungen der Regeln über die Sicherheitenbestellung hinter der starken Typisierung des Rechtsinhalts, wie sie im einheitlichen Begriff des security interest zum Ausdruck kommt, ganz zurück.

III.  Zusammenfassung und Würdigung Für das Sachenrecht der U. S. A. lassen sich trotz einzelstaatlicher Unterschiede zwei große Phasen einer Bewegung hin zu höherer Typizität beobachten: zum einen die starke Vereinfachung des aus der Kolonialzeit stammenden englischen Rechts schon im 18. und 19. Jahrhundert, zum zweiten die in jüngerer Zeit von der Praxis vorangetriebene Beseitigung zahlreicher Unterschiede zwischen den Einzelstaaten bei gleichzeitiger Vereinheitlichung der Rechtsinhalte. Zu den Hintergründen der ersten Phase zählt gewiss schon das Fehlen eines derart hochgebildeten und spezialisierten, dabei aber zugleich homogenen Juristenstandes, wie er sich in England unter lokaler Konzentration an den Londoner Königsgerichten in den Inns of Court entwickeln konnte. Nur ein solcher Juristenstand war in der Lage, die gerade auf dem Gebiet des Sachenrechts unendlich komplizierten Regeln des klassischen englischen Rechts zu beherrschen. In Nordamerika gab es stattdessen nur eine relativ geringe Zahl aus England eingewanderter Juristen. Sie und ihre Nachfolger agierten nicht alle vor ein und derselben Gerichtsbarkeit. Auch waren sie nicht in einer Handvoll Inns of Court organisiert, die eine einheitliche Ausbildung und fortdauernde Kommunikation gewährleisteten. Ihnen konnte zwar die Übernahme des Common Law insgesamt gelingen, auf Dauer aber nicht die Erhaltung und Fortentwicklung aller seiner Feinheiten. Hinzu kommen die Unterschiede in der Herkunft der Einwanderer, die ja keineswegs alle aus England stammten, sondern oft auch vom europäischen Festland, sowie die ganz anderen Umstände und Bedürfnisse eines nicht feudalistischen Flächenstaates, in dem kein Obereigentum der Krone an allem Land vorgegeben war. All dies bewirkte in Nordamerika eine frühe Vereinfachung. Der Beginn der zweiten Phase folgt mit einer gewissen Verzögerung dem Aufkommen der industriellen Massenproduktion und dem Handel mit solchen Massengütern. Erst als Güter einer gewissen Dauerhaftigkeit in großem Umfang in den Verkehr gelangten, wurde die Notwendigkeit einheitlicher Behandlung nicht nur auf der Ebene des Handelsgeschäfts, sondern auch auf der Ebene des Inhalts dinglicher Rechte an diesen Gegenständen und der Verfügungen über sie sichtbar. Dies führte zur Ausarbeitung des Uniform Commercial Code und der allgemeinen Übernahme jener Bestimmungen, die sich auf die Übereignung beim Kauf und die Mobiliarsicherheiten beziehen. Gerade die Reduzierung aller Sicherungsrechte an Mobilien auf ein einheitliches security interest verdient hier besondere Beachtung.

B.  Völkerrechtliche Verträge und Kollisionsrecht

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Eine interessante Parallele zu dieser Entwicklung zeigt sich in jüngerer Zeit auf dem Gebiet der Immobiliarsicherheiten. Auch hier wirkte wieder das Entstehen eines überregionalen und umsatzstarken Marktes auf die einzelnen Produkte zurück. Allerdings war dieser Markt nicht etwa der Grundstücksmarkt, sondern vielmehr der Sekundärmarkt für mortgages, um dessen Schaffung und Förderung die verschiedenen Regierungen seit der Großen Depression bemüht waren, der aber erst mit dem Aufkommen der Verbriefung von mortgages in großem Stil durch die Government Sponsored Entities praktische Bedeutung erlangte. Dass nun die Praxis gerade bei mortgages, nicht so sehr aber bei anderen Grundstücksrechten höhere Typizität hervorbrachte, scheint somit im Zusammenhang mit der Handelbarkeit der jeweiligen Rechte zu stehen. So können Rechte, die eine mehr oder weniger dauerhafte Ausübung tatsächlicher Herrschaft beinhalten, aufgrund der naturgegebenen Unbeweglichkeit von Grundstücken und ihrer damit im Zusammenhang stehenden, zumindest typischerweise fehlenden Vertretbarkeit kaum in großem Stil gehandelt werden. Demgegenüber sind mortgages, die nur im Falle der Nichtleistung des Schuldners den Zugriff auf das Grundstück erlauben und erfordern und auch dann nur in einem mehr punktuellen Zugriff bestehen, viel besser handelbar. Als die mortgages mit der Entstehung des Sekundärmarkts auch tatsächlich gehandelt wurden, strebten sie nach Typizität.

B.  Völkerrechtliche Verträge sowie Internationales und zwischenstaatliches Privatrecht Trotz ihrer sonstigen Zurückhaltung gegenüber völkerrechtlichen Verträgen haben die U. S. A. das Genfer Übereinkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen ratifiziert, erkennen also insoweit ausdrücklich fremde Sicherungsrechte ohne Weiteres an. Für die Frage nach potentiellen Störungen heimischer Typizität durch fremde dingliche Rechte sind, da das Sachenrecht überwiegend einzelstaatliches Recht ist, in den U. S. A. die Regeln des zwischenstaatlichen Kollisionsrechts praktisch weitaus bedeutsamer als das Internationale Privatrecht; das Internationale Privatrecht folgt im Übrigen ohnehin meist ihrem Vorbild. Allerdings ist auch das zwischenstaatliche Kollisionsrecht wiederum einzelstaatliches Recht, sodass an sich weiter differenziert werden müsste. Zudem hat die sogenannte »conflicts revolution« eine Abkehr von traditionellen Regeln und die Hinwendung zu abwägungsorientierten Ansätzen gebracht, was abstrakt-generelle Aussagen erschwert87. Indessen folgen

87   S. nur Babcock v. Jackson, 191 N. E.2d 279 (N. Y. 1963); Currie, Selected Essays on the Conflict of Laws, S.  177, insbes. S.  183–187 (Interest Analysis); Baxter, 16 Stan. L. Rev. 1 (1963) (Comparative Impairment); Leflar, 54 Calif. L. Rev. 1584 (1966) (Better Rule); Überblick bei Brilmayer/Goldsmith, Conflict of Laws, Ch. 2 (S.  181 ff.); Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  352–357.

226

Kapitel 7:  Die Entwicklung in den U. S. A.

auf dem Gebiet des Sachenrechts auch heute die meisten Einzelstaaten grundsätzlich weiterhin der traditionellen lex rei sitae-Regel88 . Ein Renvoi ist – mit einer überkommenen, nicht allzu bedeutsamen Ausnahme für Rechte an Grundstücken – kaum anerkannt. In einem anderen Staat begründete Rechte wurden traditionellerweise unter der vested rights theory, wie sie Joseph H. Beales Restatement (First) of Conflicts prägt, ohne Einschränkung anerkannt. Dieser Lösung dürften sich auch heute noch die meisten Gerichte anschließen. Für Mobiliarsicherheiten sieht der Uniform Commercial Code differenzierende Regeln vor, die von den Einzelstaaten weitgehend übernommen wurden. Für das security agreement ist nach der allgemeinen Regel des Uniform Commercial Code in seiner Neufassung grundsätzlich freie Rechtswahl möglich89. Manche Staaten haben allerdings an der früheren Fassung festgehalten, die eine Beziehung zum gewählten Recht verlangte90 . Perfection und priority unterliegen hingegen grundsätzlich dem Recht, in dem der Schuldner seinen Sitz hat, unter Umständen aber auch dem Belegenheitsrecht91. Da Entstehung und Inhalt eines security interest indessen weitgehend einheitlich den Vorgaben des Art.  9 U. C. C. folgen, spielen im zwischenstaatlichen Verhältnis die Kollisionsregeln nur eine untergeordnete Rolle. Die Wirkungen von Mobiliarsicherheiten, die unter ausländischem Belegenheitsrecht begründet wurden, werden grundsätzlich diesem Recht entnommen, wenn für die ausländische Mobiliarsicherheit ein financing statement zum dort zuständigen Sicherheitenregister eingereicht wurde; gibt es dort kein Register, ist hilfsweise das filing im District of Columbia möglich92 . Allerdings ist nicht anzunehmen, dass von Art.  9 U. C. C. gänzlich unbekannte Wirkungen eines ausländischen Rechts hingenommen würden. Insgesamt kann es damit auch in den U. S. A. sowohl unter dem traditionellen Ansatz der vested rights theory als auch unter den neueren Lehren und sogar dem Kollisionsrecht des Uniform Commercial Code zu einer Störung einheimischer Typizität durch ein fremdes dingliches Recht kommen. Das tatsächliche Störpo88   S. z. B. Thomson v. Kyle, 39 Fla. 582 (1897); Restatement (First) of Conflicts, §§  211, 214 ff. (1934) und zur geringen Auswirkung des »New Learning« auf das Sachenrecht etwa Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  356 m.Fn.  19. 89   §  1-301(c)(2) U. C. C. n. F.; s. aber die Vorbehalte in §  1-301(e) (Verbraucher) und §  1-201(f) (ordre public) U. C. C. 90   §  1-105 U. C. C. a. F.: »(1) Except as provided hereafter in this section, when a transaction bears a reasonable relation to this state and also to another state or nation the parties may agree that the law either of this state or of such other state or nation shall govern their rights and duties. Failing such agreement this Act applies to transactions bearing an appropriate relation to this state.« Hierzu etwa Cohen/Smith, 74 Chi.-Kent L. Rev. 1191, 1192–1194 (1999); Hay, US-Amerikanisches Recht, Rn.  255, S.  75 f.; Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  359 f.; Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  67 f. 91   Näher §  9 -301 U. C. C.; Cohen/Smith, 74 Chi.-Kent L. Rev. 1191, 1199 ff. (1999); vgl. a. Burns, 2002 U. Ill. L. Rev. 29, 64; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  281. 92   §§  9 -301(1), 9-307(c) U. C. C.; dazu Cohen/Smith, 74 Chi.-Kent L. Rev. 1191, 1215–1220 (1999).

B.  Völkerrechtliche Verträge und Kollisionsrecht

227

tential dürfte aber wiederum gering sein, da eine großzügige Anerkennung gänzlich unbekannter Rechte kaum zu erwarten sein dürfte und im Übrigen auch in den U. S. A. fremde, unbekannte dingliche Rechte typischerweise bald untergehen93 .

  Vgl. näher oben Kapitel 4 G II.

93

Kapitel 8

Ergebnisse und Zusammenhänge Der Blick auf die Entwicklung des klassischen Sachenrechts in ausgewählten Ländern und Epochen zeigt zunächst, dass Extremlösungen völliger Gestaltungsfreiheit oder strengster Typizität nirgends anzutreffen waren. Betrachtet man sodann näher die beiden großen Rechtsfamilien der Gegenwart, das Civil Law Kontinentaleuropas und das Common Law Englands und der U. S. A., so findet man ein deutliches Typizitätsgefälle. Indessen ist nicht nur eine gemeinsame Tendenz unverkennbar, sondern scheinen auch Regelmäßigkeiten der Entwicklung zu bestehen, die eine vorsichtige Prognose erlauben.

A.  Fehlen extremer Lösungen Entgegen verbreiteter Vorstellung ist zunächst festzuhalten, dass im Sachenrecht keine der beiden Extremlösungen, völlige Gestaltungsfreiheit oder strengste Typizität, jemals praktische Realität waren. Einerseits gab es im Sachenrecht nie einen Zustand schrankenloser Öffnung für freie, individuelle Gestaltung. Das altrömische Recht kannte zwar nur einen umfassenden Eigentumsbegriff, der alle erdenklichen Gestaltungen in sich hätte aufnehmen können. Es wäre jedoch kaum zutreffend, wenn man annehmen wollte, dass deshalb zu jener Zeit dingliche Rechte im großen Stil individuell ausgestaltet wurden. Tradition und Religion wirkten vielmehr dahin, dass eine Erweiterung nur allmählich erfolgte. Über eine sinnvolle, zweckmäßige Nutzung wachte die Gemeinschaft, sowohl durch die gewöhnlichen sozialen Steuerungsmechanismen als auch institutionalisiert in Gestalt der Zensoren  . Auch für die nachklassische Zeit, die nach der stärkerer Typizität zuneigenden klassischen Epoche wieder zu begrifflicher Unschärfe zurückkehrte, kann von freier Verdinglichung schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil dies aufgrund des gleichzeitigen Fehlens ausreichender Publizität das Rechts- und Wirtschaftsleben selbst eines zerfallenden Großreiches zum Erliegen hätte bringen müssen. Vor allem aber entsprach dies nicht mehr dem Menschenbild der nachklassischen Zeit und ihres Rechts, die den    Zur Bedeutung von Tradition und Religion im altrömischen Recht allgemein und für das Sachenrecht näher Kapitel 3 A I 2, A III.    Näher Kapitel 3 A I 2; eine gewisse Parallele, wenn auch politisch unter gänzlich anderen Vorzeichen, findet sich in der Kontrolle über zweckmäßige Nutzung in den beiden Epochen totalitärer Herrschaft in Deutschland, vgl. dazu Kapitel 4 F.

A.  Fehlen extremer Lösungen

229

einzelnen immer mehr als Objekt staatlicher Fürsorge statt als selbstbestimmtes Individuum betrachteten  . Die vielfältigen sachenrechtlichen Gestaltungen des Mittelalters unter der germanischen Gewerelehre und dem im Ausgangspunkt personalen Feudalsystem sind vielleicht am weitesten vom Gedanken der Typizität entfernt . Sie standen aber keineswegs jedermann zur beliebigen Vereinbarung oder Abänderung offen, sondern waren oft das Ergebnis eines als unveränderlich oder gar gottgegeben betrachteten Herkommens und überlebten so auch lange die erste Phase der Rezeption römischen Rechts. Nicht einmal die Verehrung der Vertragsfreiheit in Frankreich nach der Revolution führte dazu, dass auf dem Weg über das Konsensprinzip jede auf Sachen bezogene Parteivereinbarung zugleich dinglich wirkte. Dem stand zum einen entgegen, dass die Wirksamkeit gegenüber Dritten regelmäßig die Wahrung bestimmter Publizitätsformen verlangte, solche Formen aber nur für bestimmte Gestaltungen vorgesehen waren ; zum anderen wandte sich insbesondere das nachrevolutionäre Grundstücksrecht gegen die Anerkennung nicht ausdrücklich im Code civil geregelter Rechte, um eine Rückkehr zu Formen der Feudalherrschaft auszuschließen . Selbst im englischen und U. S.amerikanischen Recht, wo ein sachenrechtlicher Typenzwang nie den Rang eines allgemeinen Prinzips hatte und die Zahl anerkannter Typen schon unter dem Common Law, vor allem aber nach dem Hinzukommen der Equity nur wenigen expliziten Schranken zu unterliegen schien, war doch immer auch eine gewisse Typizität vorhanden. Dies erklärt sich schon aus dem Case-Law-System selbst. Denn aufgrund der schwer zu verallgemeinernden Aussagen der Gerichte mussten sich die Parteien in der Praxis jedenfalls dann, wenn sie kein Risiko laufen wollten, eng an den durch precedent für zulässig erklärten Gestaltungen orientieren. Folge war und ist bis heute eine teils durchaus intensive Typenfixierung, was in der Benennung bestimmter Institute nach einem precedent eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht wird . Schließlich hat sich gezeigt, dass es auch auf dem Wege über die Vereinbarung von Verfügungsbeschränkungen nirgends zu einer durchgehenden Überspielung von Typizität gekommen ist, mag dies auch theoretisch denkbar gewesen sein. Andererseits begegnet man auch nie einer ins Extrem getriebenen Typizität; vielmehr verblieb stets eine gewisse Freiheit und Dynamik sowohl hinsichtlich des Kreises möglicher Typen als auch hinsichtlich ihres Inhalts und des verbleibenden Raums für privatautonome Gestaltung. Selbst in den kodifizierten, einem Typen-

  Näher Kapitel 3 C II 2 und III.   Näher Kapitel 4 A und B; Kapitel 6 A.    Zur Drittwirksamkeit in Frankreich ausführlich Kapitel 5 B II 3.    Näher Kapitel 5 B I 2 und III.    Im Einzelnen Kapitel 6 und 7.    Dies gilt beispielsweise für die »Romalpa Clause« beim Eigentumsvorbehalt (Kapitel 6 C I), s. z. B. Gregory, (1990) 106 L. Q. R. 550; De Lacy, (1992) 13 Comp. Law. 164; Kessel/Herington, (1994) 5 I. C. C. L. R. 335.    Näher Kapitel 4 A I 4, B I 4, C I 4, E I 4, Kapitel 5 B I 4, Kapitel 6 A I 4, Kapitel 7 A I 4.  

230

Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

zwang günstigen Rechtsordnungen Kontinentaleuropas10 herrschte zu keiner Zeit ein numerus clausus, der sich dauerhaft gegen alle Neuentwicklungen stemmen konnte und wollte. Im Gegenteil kam es immer wieder zur maßvollen Erweiterung des Kreises dinglicher Rechte. Schon das klassische römische Recht, in dem an sich durchaus ein hohes Maß an Typizität herrschte, ist zugleich gerade durch die allmähliche Schöpfung neuer Rechtsbehelfe seitens der Prätoren11 oder der Respondierjuristen12 gekennzeichnet. Für das jüngere französische Recht sind in erster Linie Eigentumsvorbehalt und fiducie, für das deutsche Recht die fiduziarischen Mobiliarsicherheiten sowie das Anwartschaftsrecht als neuere Entwicklungen zu nennen13 . Auch der Inhalt der einzelnen Typen war keineswegs unveränderlich. Deutlich wird dies im deutschen Recht beispielsweise an der wechselvollen Behandlung der Übersicherung durch die Rechtsprechung vor der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen14 und nicht zuletzt durch die jüngsten Änderungen bei der Grundschuld15 . Weiter war selbst unter einem Typenzwang teilweise durchaus Raum für nähere individuelle Ausgestaltung. So gaben bestimmte anerkannte Typen, wie die Dienstbarkeiten, den Parteien schon aus rein praktischen, nämlich von der Situation und den Besonderheiten der betroffenen Grundstücke abhängenden Gründen meist nur einen äußeren Rahmen vor, der der individuellen Ausfüllung bedurfte16 . Nicht außer Betracht gelassen werden darf auch die Möglichkeit, dingliche Rechte schuldrechtlich anzubinden, wie dies gerade das deutsche Recht mit seiner scharfen Trennung von Schuld- und Sachenrecht erlaubt. Auf diesem Wege lassen sich vielfach diejenigen Ergebnisse erzielen, für die anderswo eigene sachenrechtliche Institute existieren17.

B.  Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law Auch wenn Extremlösungen nirgends anzutreffen sind und damit zwischen den verschiedenen untersuchten Rechtsepochen und Rechtsordnungen keine völligen Gegensätze bestehen, sondern vielmehr eine weitgehende Parallelität der jeweils verfügbaren Typen ins Auge fällt18 , hat Typizität im Sachenrecht der kontinental  S. für die U. S. A. Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1610–1616 (2008).   Näher Kapitel 3 A II 1, B II 1. 12   Näher Kapitel 3 C II 1. 13   Zu Frankreich Kapitel 5 B I 3 (Eigentumsvorbehalt und fiducie); zu Deutschland Kapitel 4 E I 2 g (Anwartschaftsrecht) und 3 a (Sicherungsübereignung). 14   Näher Kapitel 4 E I 3 b; zur Vorgeschichte ausführlich Baur/Stürner, Sachenrecht, 17.  Aufl., §  57 Rn.  19–27 (S.  715–719). 15   Näher Kapitel 4 E I 2 d. 16   Zu den Dienstbarkeiten im klassischen römischen Recht Kapitel 3 B I 2, zu Dienstbarkeiten unter dem BGB Kapitel 4 E I 2 a. 17   Vgl. Kapitel 4 E II 2 a. 18   Vgl. Kapitel 4–7 sowie für Frankreich, Deutschland, die Niederlande und England Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  417 ff., 482, allerdings auch S.  486. 10 11

B.  Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law

231

europäischen Staaten des »Civil Law« doch insgesamt einen höheren Stellenwert, als dies in England und den U. S. A. als klassischen »Common Law«-Staaten der Fall ist. Nicht nur kennen die kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen seit der Überwindung der nach dem Stand einer Person differenzierenden Rechtskreise germanisch-mittelalterlicher Tradition19 keine verschiedenen Rechtsmassen mehr, die jeweils Quelle dinglicher Rechte sein können, sondern sie haben sich auch – in Frankreich mehr implizit, in Deutschland explizit – einem numerus clausus verschrieben, der zwar von einer Extremlösung weit entfernt ist, aber in seiner Grundanlage doch von vornherein auf eine geringere Zahl dinglicher Rechte hinweist und vor die Anerkennung neuer dinglicher Rechte selbst bei großem praktischen Interesse die recht hohe Hürde gesetzgeberischen Handelns oder einer großen Einigkeit in Wissenschaft und Rechtsprechung stellt. Ein solcher gedanklicher Ausgangspunkt ist den Ländern des Common Law mit ihrer verdinglichungsfreundlichen Equity-Rechtsprechung fremd, auch wenn das neue englische Grundstücksrecht oder Art.  9 des Uniform Commercial Code doch klar in diese Richtung gehen. Schon auf den ersten Blick kann der höhere Stellenwert von Typizität in den kontinentalen Rechtsordnungen kaum überraschen, ist diesen doch dank ihrer um strenge und logische Begrifflichkeit bemühten Kodifikationen eine abstrakte, genau umgrenzte Festlegung der dinglichen Rechte von vornherein leichter als dem aus Fallrecht entstandenen und bis heute nur in Teilbereichen abschließend gesetzlich geregelten Sachenrecht Englands und der U. S. A. Auf höherer Ebene spiegeln sich hierin aber auch die größeren rechtskulturellen Unterschiede zwischen diesen beiden Rechtskreisen wider. Während man auf dem Kontinent insgesamt auf Rechtssicherheit, Rechtsklarheit und Vorhersehbarkeit ebenso einen gesteigerten Wert legt wie auf den damit in engem Zusammenhang stehenden Gedanken der Gleichheit, ist das englische und U. S.-amerikanische Rechtsdenken gegenüber jeder abstrakt-generellen Festlegung zunächst einmal skeptisch, stellt den Einzelnen mit seinen Freiheiten stärker in den Mittelpunkt und bevorzugt tendenziell die repressive private Rechtsdurchsetzung statt der präventiven staatlichen Regulierung20 . Dies zeigt sich auch in der besonders in den U. S. A. ausgeprägten Abneigung gegenüber öffentlich organisierten Einrichtungen wie einem mit weitreichenden Wirkungen ausgestatteten Grundbuchsystem, dessen Nutzung vorgeschrieben ist 21. Abgesehen von dem allgemeinen Misstrauen gegenüber staatlichen Einrichtungen stört hier vor allem, dass für den einzelnen Nutzer Kosten anfallen, die ihm nicht sofort messbare geldwerte Vorteile bringen, sondern diesen Kosten nur abstrakte, kaum monetarisierbare Vorteile wie eine höhere Sicherheit des Verkehrs insgesamt, also letztlich höhere Rechtssicherheit und -klarheit, gegenüber  Dazu Kapitel 4 A.   S. nur Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  33 ff., 98 ff.; Murray/Stürner, German Civil Justice, S.  572, 575 ff.; Kern, ZZPInt 12 (2007), 351, 372–376. 21   Dazu Kapitel 7 A II 2. 19

20

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

stehen 22 . Hierzu steht nicht im Widerspruch, dass in den U. S. A. unter Art.  9 U. C. C. für Mobiliarsicherheiten durchaus ein einheitliches Registersystem mit weitreichenden Wirkungen existiert. Denn die erstmaligen wie laufenden Kosten eines solchen Registers sind deutlich geringer als diejenigen eines Grundbuchs deutscher Prägung: Bei Mobilien entfällt zum einen die Notwendigkeit einer vorherigen staatlichen Landvermessung, die bei einem großem Gebiet besonders kostenintensiv ist, zum anderen muss, da nicht alle Mobilien auch nur annähernd so langlebig wie Grundstücke sind und andere dingliche Belastungen als Sicherungsrechte praktisch keine Rolle spielen, nicht erst aufwendig die derzeitige Rechtslage ermittelt werden. Bei alldem wäre es aber falsch, dem Common Law eine Geringachtung vorheriger Information anzulasten; eher ist das Gegenteil der Fall, wie im Sachenrecht der traditionelle Schutz des equitable title gegenüber all jenen zeigt, die von seinem Bestehen Kenntnis hatten oder haben mussten. Nach dem Ansatz des Common Law ist es aber Sache der Parteien und nicht des Staates, für adäquate Information zu sorgen. Staatlich vorgegebene Typizität zur Verringerung des Informationsbedarfs, die die Privatautonomie beschränken könnte, liegt dem Common Law fern.

C.  Begrenztes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte Typizität wird gestört, wo der Inhalt des dinglichen Rechts an einer Sache nicht nach dem Recht der Sachbelegenheit beurteilt wird, sondern nach einem fremden, inhaltlich abweichenden Recht. Hierzu kommt es angesichts der weltweiten Geltung der lex rei sitae zwar kaum je bei Immobilien, sehr wohl aber bei Mobilien. Verantwortlich für ein solches Eindringen fremder dinglicher Rechte kann ein Renvoi sein, vor allem aber die Hinnahme der dinglichen Wirkungen eines im Ausland begründeten Rechts an einer ins Inland verbrachten Sache. Zunehmender internationaler Güterverkehr könnte die Zahl solcher Fälle durchaus so erhöhen, dass sich hieraus ein Störpotential für das in einer Rechtsordnung erreichte Maß an Typizität ergibt. Internationale Rechtsvereinheitlichung, die dem Eindringen einer Vielzahl fremder Rechte durch die Schaffung eines einheitlichen Instituts entgegenwirken könnte, hat im Sachenrecht wegen geringer Erfolgsaussichten noch keine Rolle gespielt; internationales Einheitsrecht befasst sich lediglich mit der Anerkennung fremder Rechte an Luftfahrzeugen als besonders wertvollen und zugleich mobilen Gütern. Punktuell geblieben ist in Europa bislang der Einfluss des europäischen Rechts, wobei der Gemeinsame Referenzrahmen hier indes eine Wende einleiten könnte. Die wichtigste Abmilderung des Störpotentials internationaler Sachverhalte bringen aber Verfügungen nach dem Belegenheitsrecht oder Fälle originären Eigentumserwerbs sowie die Regeln über die Ersitzung und den gutgläubigen Er  Exemplarisch Stoebuck/Whitman, The Law of Property, S.  924, 929 f. m.Nw.

22

D.  Tendenz zunehmender Typizität

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werb, die sich wohl überall selbst bei Hinnahme eines fremden dinglichen Rechts weiter nach dem Recht des Belegenheitsstaates richten und damit das fremde Recht meist nach einiger Zeit doch erlöschen lassen oder in ein heimisches überführen. Aus diesen Gründen ist das Störpotenzial, das von grenzüberschreitenden Sachverhalten ausgeht, im Sachenrecht als eher gering einzuschätzen 23 .

D.  Tendenz zunehmender Typizität Über diese eher statischen Erkenntnisse hinaus ergibt sich aus den Entwicklungslinien des Sachenrechts weiter eine Tendenz zunehmender Typizität 24 . Dies gilt ansatzweise schon für die Haltung des klassischen sowie des justinianischen römischen Rechts im Vergleich mit der undifferenzierten Sichtweise des altrömischen und nachklassischen Rechts25 , zeigt sich dann auf dem Kontinent in der Einpassung der germanischen Vielfalt in das römische System 26 und später der Abkehr von feudalistischer und naturrechtlicher Verdinglichungsfreundlichkeit durch die französische Praxis und das pandektistisch geprägte deutsche BGB27. Die gelegentliche Anerkennung neuer dinglicher Rechte in diesen Ländern darf dabei keinesfalls als Vorbote einer Abkehr von der sachenrechtlichen Typizität gedeutet werden. Vielmehr zeigen die Diskussion um die Zulassung dieser Institute28 sowie deren teils strenge Erfassung durch die Gesetzgeber29, wie lebendig der Gedanke des Typenzwangs gerade auf dem Kontinent ist. Nicht zu übersehen ist die Tendenz zunehmender Typizität aber auch in den Rechtsordnungen des Common Law, die nach und nach mit durchaus eindrucksvollen legislatorischen Eingriffen in einigen zentralen Bereichen überkommene Vielfalt und Komplexität abgeschüttelt haben, wobei diese Reformen in England das gesamte Grundstücksrecht, in den U. S. A. insbesondere das Recht der Mobiliarsicherheiten und der mortgage betroffen haben 30 . Völlig einheitlich verläuft diese Entwicklung selbstverständlich nicht. So konnte sich einerseits zwar in vielen Bereichen ein Zustand deutlich reduzierter Typizität nicht uneingeschränkt halten. Dies gilt etwa für das englische Trust-Recht, nach dem die in weitem Maße individueller Ausgestaltung zugängliche Position 23   S. zu allem Kapitel 4 G (Deutschland), Kapitel 5 C (Frankreich), Kapitel 6 D (England) sowie Kapitel 7 B (U. S. A.). 24   Anders, allerdings ohne detaillierte historische Analyse, aber Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1618 (2008): »No singular narrative of legal change emerges.« 25   Kapitel 3 B III und D III. 26   Vgl. Kapitel 4 B I 2. 27   Für Frankreich Kapitel 5 B I 2, III; für Deutschland Kapitel 4 E. 28   S. wiederum zu Frankreich Kapitel 5 B I 3 (Eigentumsvorbehalt und fiducie); zu Deutschland Kapitel 4 E I 2 g (Anwartschaftsrecht) und 3 a (Sicherungsübereignung). 29   Zu Frankreich wiederum Kapitel 5 B I 3 (Voraussetzungen für einen insolvenzfesten Eigentumsvorbehalt und Voraussetzungen für eine fiducie); zu Deutschland §  51 Abs.  1 Nr.  1 Var. 1 i. V. m. §  50 InsO (Fixierung der insolvenzrechtlichen Folgen einer Sicherungsübereignung). 30   Zu England Kapitel 6 B, C; zu den U. S. A. Kapitel 7 A I 2, II 1.

234

Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

des Beneficiary eines Trust zwar gegenüber den Gläubigern des Trustee wirkt, nicht aber ohne Weiteres mehr gegenüber einem Dritterwerber31, oder für die großzügige Verdinglichungsmöglichkeit des Preußischen Allgemeinen Landrechts32 , die mit Erlass des BGB wieder verschwand und deren englische Verwandte, das equitable interest aus einem land contract, wegen des neuen Eintragungserfordernisses stark an eigenständiger Bedeutung verloren hat 33 . Andererseits widersetzten sich aber doch gerade das englische Trust-Recht und das preußische Sachenrecht lange erfolgreich dem allgemeinen Trend; überhaupt brachte die Entstehung der Equity aufgrund der von ihr hervorgebrachten Rechtspositionen dinglicher Wirkung zunächst einen großen Verlust an Typizität. Seither hat sich das englische Grundstücksrecht nur zögernd und erst jüngst schneller, das U. S.amerikanische Grundstücksrecht abgesehen vom Bereich der Grundpfandrechte bis heute kaum in die Richtung höherer Typizität weiterbewegt. Diese Ausnahmen stören zwar das Gesamtbild, widerlegen aber nicht die Beobachtung, dass im Sachenrecht insgesamt über die Jahrhunderte Typizität zugenommen hat. Sie sind mehr Ergebnis der jeweiligen rechtskulturellen Gesamtsituation denn Beweis dafür, dass ein funktionierendes Sachenrecht auch ohne Typizität auskommen würde. So erklärt sich die Verdinglichungsfreundlichkeit des Preußischen Allgemeinen Landrechts auch aus einer Überschätzung des neuentdeckten Publizitätsgedankens34 ; die Widerstände gegen die Aufgabe des preußischen Ansatzes durch das BGB kamen nicht so sehr von der Praxis, sondern vor allem von Seiten der germanistischen Rechtswissenschaft, und waren stark von der heftigen Auseinandersetzung zwischen Romanisten und Germanisten geprägt35 . Die Entstehung der equitable interests hängt mit dem generellen Ausbrechen aus dem zu starren Fallrechtssystem des Common Law zusammen; sie brachte aber keineswegs völlige Gestaltungsfreiheit, wie die weitgehende Parallelität zwischen equitable interests und Berechtigungen at law zeigt 36 . Bereits die Herausbildung stärker verobjektivierter Regeln zu der Frage, wann im Hinblick auf ein bestimmtes equitable interest bei einem Erwerber notice vorliegt und damit dieses equitable interest auch ihm gegenüber wirkt 37, führte wieder zu mehr Typizität. Erst recht gilt dies, seit in England immer mehr Land registriert ist, da die an die Registrierung anknüpfenden Regeln die doctrine of notice letztlich obsolet machen 38 . Insge  S. zum »overreaching« Kapitel 6 B I.   S. zur Verdinglichung schuldrechtlicher Verträge, sobald nur Publizität gegeben war, Kapitel 4 C I 2, II 2, III. 33   S. zum land contract sowie dem Erfordernis einer Eintragung für die Drittwirksamkeit Kapitel 6 C I. 34   Dazu Kapitel 4 C III. 35   Kapitel 4 E und allgemein H. Schlosser, Grundzüge der Neueren Privatrechtsgeschichte, S.  160 ff. 36   »Equity follows the law«; dazu Kapitel 6 A, A I 1, 4. 37   Vgl. Kapitel 6 A. 38   Näher Kapitel 6 B I mit Verweis auf Williams & Glyn’s Bank Ltd. v. Boland, [1981] A. C. 487, 504, per Lord Wilberforce: »The only kind of notice recognised is by entry in the register.« 31

32

E.  Typizität und Publizität

235

samt könnte man also die Entstehung der Equity als eine gewisse Überreaktion deuten, deren Korrektur anhält. Zwar erfolgt diese Korrektur insbesondere auf dem Gebiet des Grundstücksrechts in den U. S. A. nur schleppend; auch in England hatten erst die jüngsten Änderungen einen – nunmehr allerdings beachtlichen – Effekt. In diesem Zögern kann indes kein Beleg dafür gesehen werden, dass ein Bedürfnis nach Typizität gering sei. Denn einem Fallrechtssystem fällt die Herausbildung umfassender Typizität naturgemäß schwerer. Gegenüber legislatorischen Vorgaben herrscht aber gerade in der englischen und amerikanischen Rechtskultur stärkere Skepsis, insbesondere dann, wenn diese – wie die Einführung eines flächendeckenden Grundbuchsystems – mit Kosten verbunden sind, deren Nutzen etwa in der Gestalt größerer Rechtssicherheit sich nicht einfach monetär messen lässt und nicht sofort einstellt 39. Schließlich ist auch der Einfluss interessierter Kreise an der Aufrechterhaltung eines weniger typisierten und dadurch weniger klaren, Streitigkeiten fördernden status quo nicht zu übersehen. Man wird den rechtsberatenden Berufen in England und den aus ihrem Kreis kommenden Richtern kein Unrecht tun, wenn man annimmt, dass sich ein nicht unbedeutender Teil ihrer Vertreter einer Weiterentwicklung des Rechts aufgrund berufsständischer Interessen widersetzte. In den U. S. A. ist dieses Phänomen vor allem im Hinblick auf die title insurance companies augenfällig, die ihren Markt auch dadurch zu erhalten versuchen, dass sie durch Veröffentlichungen einer etwaigen Einführung eines Torrens-Registers entgegentreten40 .

E.  Typizität und Publizität Der Überblick über die Entwicklung des Sachenrechts in verschiedenen Epochen und Rechtsordnungen legt es zwar nahe, dass Typizität und Publizität nicht völlig unabhängig nebeneinander stehen. Der genaue Zusammenhang ist indes keineswegs offensichtlich. Einerseits liegt manchmal das Schwergewicht klar nur auf einem der beiden Grundprinzipien. So zeichnet sich das klassische römische Recht durch eine vergleichsweise hohe Typizität aus; zugleich spielt der Publizitätsgedanke allenfalls eine untergeordnete Rolle41. Demgegenüber setzt das Preußische Allgemeine Landrecht voll auf Publizität und lässt eine Verdinglichung lediglich schuldrechtlicher Abreden in weitem Umfang zu, wenn diese nur von einer Übertragung des Besitzes oder einer entsprechenden Registrierung begleitet sind42 . Auch das traditionelle englische Sachenrecht in der Form, die ihm die Equity gegeben hatte, ist in gewisser Weise hier zu verorten. Denn equitable interests aus einem land contract oder einem Trust wirkten gegenüber jedermann, der hiervon Kenntnis (notice)   S. bereits soeben bei Fn.  22.   Näher Kapitel 7 A II 2. 41   Kapitel 3 B. 42   Näher Kapitel 4 C. 39

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

hatte43 . Für derartige Lösungen ließe sich eine einfache Erklärung finden: Wo die Publizität volle Information über den jeweiligen Rechtsinhalt sicherstellt, scheint für Typizität kein besonderes Bedürfnis mehr zu bestehen. Andererseits treffen gerade in jüngerer Zeit Typizität und Publizität nicht selten auch zusammen. Bestes Beispiel ist das deutsche Sachenrecht unter dem Bürgerlichen Gesetzbuch, das sich nicht nur einem Typenzwang verpflichtet sieht, sondern für bewegliche Sachen dem Besitz, für unbewegliche Sachen dem Grundbuch die Rolle des Publizitätsträgers zumisst. Dabei ist zwar die Rolle des Besitzes bei beweglichen Sachen durch die überwiegende Anknüpfung allein am Verfügungsakt44 und die weitgehenden Möglichkeiten einer Vergeistigung45 begrenzt. Die Rolle des Grundbuchs bei unbeweglichen Sachen bedarf hingegen aufgrund der rein tatsächlichen Fortdauer der Eintragung sowie der grundsätzlich fehlenden Substitutionsmöglichkeit46 keiner Relativierung. In diese Richtung entwickelt sich aber auch das englische Grundstücksrecht, wo mit der Einführung des land register eine Reduzierung der Zahl möglicher Rechte einherging47. Wiederum fällt eine Erklärung schon auf den ersten Blick nicht schwer: Typizität erleichtert Publizität, da einfache tatsächliche Merkmale wie der Besitz oder kurze schriftliche Bezeichnungen wie die Eintragung eines bestimmten Rechts im Grundbuch ausreichen, um die Publizitätswirkung herzustellen. Einiges spricht dafür, die zweite Lösung als die fortschrittlichere anzusehen. Allein der historische Befund, der vor allem durch unterschiedliche Mischlösungen gekennzeichnet ist, lässt sich damit nicht hinreichend erklären. Deshalb lohnt sich der Versuch eines etwas genaueren Erklärungsansatzes, der nach der Art der Publizität sowie dem Rechtszustand vor und nach Herstellung von Publizität differenziert.

I.  Zustandsbezogene Publizität Von zustandsbezogener Publizität kann man sprechen, wenn die Wirksamkeit einer rechtlichen Zuordnung gegenüber anderen davon abhängt, ob diese rechtliche Zuordnung gerade zu dem Zeitpunkt publik ist, zu dem eine bestimmte Person mit der Sache in Kontakt tritt. Dabei kann die zu fordernde Publizität der gegenwärtigen Zuordnung entweder abstrakt an bestimmten Publizitätsträgern festgemacht   Kapitel 6 A, A I 4, III.   In gewisser Hinsicht eine Ausnahme bildet §  1253 BGB, wonach das Pfandrecht bei Rückgabe erlischt. 45   S. nur §§  929 Satz 2, 929a, 930 und 931 BGB sowie §  1205 Abs.  1 Satz 2 BGB, nicht ganz parallel §§  1205 Abs.  2, 1206 BGB. 46   Wo eine gewillkürte Rechtsänderung außerhalb des Grundbuchs möglich ist, besteht immerhin aufgrund der grundbuchmäßigen Verankerung die Möglichkeit, sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen; vgl. z. B. für die Hypothek §  1116 (Erkennbarkeit, ob Brief- oder Buchhypothek) i. V. m. §  1154 Abs.  1 BGB (Abtretungserklärung in schriftlicher Form und Briefübergabe) sowie §§  1144, 1145, 1160, 1161 BGB. 47   S. einmal mehr Kapitel 6 B I. 43

44

E.  Typizität und Publizität

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werden oder im Einzelfall darauf abstellen, ob dieser Person die Zuordnung bekannt ist oder bekannt sein muss. Der Blick auf die Entwicklung des Sachenrechts lässt nun erkennen, das Typizität tendenziell dort geringer ist, wo auf einen Publizitätsträger mit frei wählbarem Aussagegehalt oder die tatsächliche oder mutmaßliche Kenntnis des Dritten abgestellt wird. Dies zeigt sich etwa beim Preußischen Allgemeinen Landrecht, das schuldrechtlichen Vereinbarungen gerade dann Drittwirksamkeit zukommen ließ, wenn der Berechtigte bei beweglichen Sachen die fragliche Sache in seinem Besitz hatte und bei Grundstücken die Vereinbarung aus dem Register hervorging48 . Weniger stark, aber doch sichtbar gilt dies weiter für das französische Sachenrecht, das für die meisten Rechte die opposabilité aux tiers einheitlich davon abhängig macht, ob zum entscheidenden Zeitpunkt die Publizitätsvoraussetzungen erfüllt sind: Trotz zustandsbezogener Publizität und grundsätzlich frei wählbaren Aussagegehalts der im Register gesammelten Urkunden entspricht eine beliebige Verdinglichung zwar nicht dem französischen Verständnis. Jedoch ist der Gedanke eines Typenzwangs weder von der Rechtsprechung, noch von der Literatur als tragendes Grundprinzip einhellig anerkannt49. Hier einzuordnen ist schließlich auch die traditionelle Wirkung von equitable interests, die gegenüber solchen Dritten wirkten, die von dem equitable interest Kenntnis (notice) hatten oder haben mussten. Dabei liegt auf der Hand, dass sich Kenntnis auf Rechte beliebigen Inhalts beziehen kann, insofern also eine Parallele zu einem Publizitätsträger frei wählbaren Aussagegehalts besteht. Des Weiteren wird man den Fällen der con­ structive notice eine gewisse Nähe zur Anknüpfung an bestimmte Publizitätsträger nicht absprechen können, wenn auch die constructive notice sich sicher nicht darauf beschränkt. Wird entscheidend auf zustandsbezogene Typizität abgestellt, also darauf, ob gerade zu dem Zeitpunkt Publizität gegeben ist, zu dem ein anderer mit der Sache in Kontakt tritt, ist schon per Definition eine zeitliche Differenzierung vorgegeben. Die Frage, was vor dem Vorliegen der einen bestimmten Dritten bindenden zustandsbezogenen Publizität gilt, beantworten die verschiedenen Lösungen durchaus unterschiedlich. Dabei legt die historisch-vergleichende Zusammenschau hier nahe, dass die Typizität umso geringer ist, je größer der Kreis von Personen gezogen wird, denen gegenüber die Zuordnung schon zuvor Wirkungen entfaltet. Wirkungen lediglich zwischen den Parteien fallen hingegen weniger ins Gewicht, da es in deren Verhältnis keiner besonderen sachenrechtlichen Natur der Rechte des einen gegenüber dem anderen bedarf. Gegenüber einer Vielzahl von Personen, nämlich sowohl gegenüber allen Dritten mit notice als auch gegenüber den Gläubigern im Insolvenzfall, wirken wiederum equitable interests. Diese Spal48   Dabei ist zwar der Besitz hinsichtlich des Rechtsinhalts des Besitzers wenig aussagekräftig; für die Drittwirkung ist dies aber unschädlich, da an beweglichen Sachen ohnehin neben dem Eigentum rein praktisch nur wenige beschränkte dingliche Rechte in Betracht kommen, die zudem kaum je nebeneinander bestehen werden. 49   Vgl. Kapitel 5 B I 2, III.

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

tung, die man sich vor allem beim Trust gerade zunutze macht, ist zu einem Gutteil für die geringere Typizität im englischen und U. S.-amerikanischen Sachenrecht verantwortlich. Demgegenüber ist dort, wo statt an die individuelle Kenntnis allgemein an bestimmte Publizitätsträger angeknüpft wird, keine vergleichbar reduzierte Typizität zu beobachten. Unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht bleibt es vor Besitz oder Eintragung ohnehin bei einer bloß schuldrechtlichen Beziehung zwischen den jeweiligen Parteien. Auch das französische Sachenrecht kommt lediglich zu einer Wirksamkeit inter partes, misst also eventueller Kenntnis eines Dritten vor Erfüllung des Publizitätsakts keine Wirkung bei und sieht unter Umständen selbst den Insolvenzverwalter als Dritten an 50 , sodass nicht einmal gegenüber den Gläubigern des Veräußerers die reine Parteiabrede Wirkungen entfaltet.

II.  Transaktionsbezogene Publizität Transaktionsbezogene Publizität ist gegeben, wenn ein Publizitätsakt konstitutive Wirkung hat, also zwingende Voraussetzung dafür ist, dass eine Verfügung überhaupt Wirksamkeit erlangt. Wo dies der Fall ist, begegnet meist ein höheres Maß an Typizität. Dies mag damit zusammenhängen, dass die Vorstellung eines konstitutiven Publizitätsakts eine gedankliche Unterscheidung von Verpflichtung und Verfügung voraussetzt, was wiederum die Loslösung des dinglichen Rechts von der schuldrechtlichen Abrede begünstigt. Hervorstechendes Beispiel ist das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch, das gegenüber jedermann die Verfügung über bewegliche Sachen von der Übergabe, die Verfügung über Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte von der Eintragung51 abhängig macht. Bei Grundstücken bewirkt die Eintragung zwar zugleich zustandsbezogene Publizität. Doch ist diese eben auch Folge des konstitutiven Publizitätsakts im Rahmen der Verfügung. Bei beweglichen Sachen entscheidet hingegen nur die Übergabe oder die Vornahme eines Übergabesurrogats52 ; ob zu einem späteren Zeitpunkt noch Besitz vorliegt, ist zunächst unerheblich, Besitz eines Dritten kann allerdings gutgläubigen Erwerb zur Folge haben53 . Die Entscheidung des deutschen Rechts für transaktionsbezogene Publizität anstelle von zustandsbezogener Publizität lässt nicht zuletzt die besitzlose Sicherungs­ übereignung trotz ihres in der Insolvenz deutlich werdenden Sicherungszwecks nicht als völlig neues, Typizität und Publizität sprengendes Institut erscheinen, beruht sie doch regelmäßig auf der Vereinbarung eines Besitzkonstituts als Über  Vgl. Kapitel 4 B II 3.   §  873 Abs.  1 BGB; bei Briefrechten bedarf es neben der Schriftform der Abtretungserklärung der Übergabe des Briefs, vgl. §  1154 Abs.  1 Satz 1 BGB (Briefübergabe für die Abtretung der Forderung bei der Hypothek), §  1192 Abs.  1 i. V. m. §  1154 Abs.  1 Satz 1 (Briefübergabe für die Übertragung der Grundschuld). 52   §§  929–931 BGB. 53   §§  932–936 BGB. 50 51

F.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen

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gabesurrogat. Auch im neuen englischen Grundstücksrecht treffen konstitutive Eintragung und höhere Typizität zusammen. Schon im typisierten römischen Recht der klassischen Zeit schließlich stellte lediglich das Verfügungsgeschäft eine gewisse Publizität her. Weniger naheliegend, aber doch auch denkbar, ist unter einer solchen Lösung die Frage, ob und gegebenenfalls gegenüber wem schon vor Vornahme des Publizitätsakts bestimmte Wirkungen in Betracht kommen. Wo solche Wirkungen anerkannt sind, findet man wieder geringere Typizität. Dies gilt etwa für das traditionelle englische Grundstücksrecht: Schon vor der für eine Verfügung nach Common Law erforderlichen Übergabe von deeds, die als transaktionsbezogener Publizitätsakt verstanden werden kann, begründete jeder land contract ein equitable interest des Erwerbers. Da heute indes ein land contract ebenso wie die Verfügung über ein Grundstück selbst registriert werden muss, ist dieses prominenteste Beispiel dinglicher Wirkungen vor Vornahme eines an sich geforderten Publizitätsakts nicht mehr aktuell, was zur insgesamt gesteigerten Typizität im englischen Grundstücksrecht beiträgt. Das deutsche Recht kennt demgegenüber solche dem Publizitätsakt vorangehenden Wirkungen grundsätzlich nicht; wie heute der englische land contract bedarf auch die deutsche Vormerkung der Eintragung54 . Die dingliche Wirkung setzt also jeweils einen eigenen Publizitätsakt voraus.

F.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen Schließlich beruht ein erhöhtes Maß an Typizität gelegentlich auch darauf, dass bestimmte sachenrechtliche Gestaltungen explizit missbilligt werden. Schon seit der Rezeption verwandte man das Fehlen oder die Abschaffung eines bestimmten dinglichen Rechts im römischen Recht und damit den dem rezipierten römischen Recht entnommenen Typenzwang bisweilen dazu, bestimmte dingliche Gestaltungen anzugreifen 55 . Sehr deutlich tritt der Zusammenhang zwischen Typizität und expliziter Missbilligung bestimmter sachenrechtlicher Gestaltungen im französischen Recht zutage. Die Französische Revolution wandte sich insbesondere gegen bestimmte überkommene Feudalrechte, die bis dahin zumeist als dingliche Belastung des Bodens verstanden worden waren. Es galt, die in der Revolution mühsam errungene Befreiung des Bodens von diesen Feudalrechten zu bewahren. Zu diesem Zweck wurden einige als »gefährlich« eingestufte Gestaltungen explizit verboten. Der Code civil entwickelte hieraus nun zwar nicht ausdrücklich einen numerus clausus, legte aber schon durch seine kodifikatorische Geschlossenheit eine solche Interpretation nahe und wurde denn auch gerade in   §§  883, 885 BGB.   Vgl. etwa zu den Näherrechten Gierke, Sachenrecht, §  152 II (S.  768) m.Nw.; Walch, Das Näherrecht, S.  46 f. 54 55

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den Anfangsjahren in diesem Sinne interpretiert56 . Wenn der Gedanke eines Typenzwangs dennoch in Frankreich nicht zu einem selbständigen Grundprinzip wurde, dürfte sich dies dadurch erklären, dass schon aufgrund der hohen Publizitätsanforderungen, an denen die Rechtsprechung bis heute festhält, eine Ausweitung des Kreises dinglicher Rechte praktisch kaum möglich war57. Auch in Deutschland mündete die Bodenbefreiung, mit der bemerkenswerten Ausnahme Preußens, meist in Kodifikationen starker Typizität, mögen diese in den einzelnen Staaten teilweise auch auf das Hypothekenrecht oder das Grundstücksrecht beschränkt gewesen sein58 . Unter dem BGB hat das deutsche Sachenrecht schließlich den Typenzwang zu einem tragenden Grundsatz gemacht. Zwar mag dabei der Wunsch im Vordergrund gestanden haben, der von der Pandektistik herausgearbeiteten scharfen Trennung zwischen Schuld- und Sachenrecht Ausdruck zu verleihen. Das BGB wollte jedoch zumindest auch die Errungenschaften der Bodenbefreiung sichern und eine zu starke Aufsplitterung verhindern. Technisch greift das BGB dabei indes kaum zum direkten Verbot einzelner Gestaltungen, vielmehr wird die Missbilligung anderer als der anerkannten Gestaltungen der unausgesprochenen Grundidee eines numerus clausus entnommen. Nicht zuletzt hat auch der englische Gesetzgeber – insbesondere auf dem Gebiet des Immobiliarsachenrechts – mehrfach nur noch bestimmte Gestaltungen zugelassen und damit einen Typenzwang aufgestellt59. Dabei verfolgte er nicht nur das allgemeine Ziel, das Grundstücksrecht zu vereinfachen und zu modernisieren, sondern wollte auch Entwicklungen der Equity-Rechtsprechung nachzeichnen, die insbesondere auf dem Gebiet der mortgage bestimmte Ergebnisse, die das Common Law hervorrief, nicht akzeptieren wollte und mit den Mitteln der Equity Abhilfe geschaffen hatte 60 . Eine schwächere Form, die gewandelte Wertschätzung gegenüber bestimmten Gestaltungen auszudrücken, war die gesetzliche Änderung der Wirkung verfehlter »Words of Limitation«, die nichtsdestotrotz ebenfalls die Typizität erhöhte 61. Schließlich gehört hierher auch die Umdeutung bestimmter als Kauf und Übereignung getarnter Transaktionen in eine mortgage durch die Gerichte der U. S. A. 62

  Näher Kapitel 5 B I 2, III.   Zu allem Kapitel 5 B II 2, III. 58   Näher Kapitel 4 C-E. Man könnte zwar umgekehrt daran denken, dem Sachenrecht des BGB mit seiner Abstraktheit und seinen Formen nichtakzessorischer Sicherheiten mangelnde Sensibilität gegenüber unerwünschten Gestaltungen vorzuwerfen. Dies würde jedoch zu kurz greifen, da im Schuldrecht mit dem Bereicherungsausgleich oder dem Sicherungsvertrag und im Insolvenzrecht mit dem Verweis auf Absonderung durchaus die erforderlichen Korrekturen gemacht sind. 59   Näher Kapitel 6 B I (Reduzierung der möglichen estates at law). 60   Näher Kapitel 6 B I (mortgage als dingliche Belastung statt als Vollrechtsübertragung), C I (Beseitigung der mortgage by demise). 61   Näher Kapitel 6 B I 2. 62   Näher Kapitel 7 A I 2; in diesem Sinne auch Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1648 (2008). 56 57

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung Betrachtet man schließlich im Detail, wie schwach oder stark die sachenrechtliche Typizität in einzelnen Ländern und Epochen ausgeprägt war, so erkennt man trotz aller Verschiedenheit doch einige Regelmäßigkeiten.

I.  Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter Eine Steigerung sachenrechtlicher Typizität ist regelmäßig dann zu beobachten, wenn sich der Kreis möglicher Berechtigter erweitert, also eine Verbreiterung der Basis potentieller Inhaber von Sachenrechten stattfindet – eine Entwicklung, die sich typischerweise außerhalb des eigentlichen Sachenrechts abspielt und daher einen Blick auf äußere rechtliche, wirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Umstände erforderlich macht. Schon für die römische Zeit lässt sich eine gewisse Parallele zwischen dem Kreis potentieller Berechtigter und dem Grad sachenrechtlicher Typizität beobachten. So, wie aus der dörflichen Siedlung am Tiber ein Stadtstaat und später ein Weltreich wurde, erweiterte sich auch allmählich der Kreis der für das Sachenrecht relevanten Akteure, von den Patriziern um die Plebejer63 , innerhalb dieser Ordnung aber vor allem von den Familienoberhäuptern64 um die Haussöhne und, soweit ihnen ein Pekulium gewährt war, die Sklaven65 . Später vergrößerte sich der Kreis möglicher Berechtigter um die Bürger der Städte und Provinzen, denen Bürgerrecht verliehen worden war, bis schließlich im Grundsatz alle nichtsklavischen Bewohner des römischen Reiches erfasst waren66 . Gerade in die frühe Zeit dieser Erweiterung fällt die Herausbildung eines klaren Eigentumsbegriffs und des typisierten Sachenrechts der römischen Klassik67. Selbst der Niedergang von Typizität in der nachklassischen Zeit68 lässt sich so mit dem zwar nicht rechtlichen, aber doch wirtschaftlichen Ausschluss großer Teile der verarmten Bevölkerung von materiellen Gütern erklären69. Eine Parallele zwischen der Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter und gesteigerter Typizität zeigt sich dann wiederum deutlich zu Beginn der Neuzeit auf dem europäischen Kontinent, der gleichzeitig mit dem Absterben des Feudalsystems und der Leibeigenschaft zunächst im rezipierten römischen Recht zu   Vgl. mit Zweifeln Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  6 I 1 (S.  32).   Zur Position des pater familias als des Oberhaupts über eine Kleinfamilie im frühen römischen Recht Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  11 (S.  50 ff.). 65   Zur fortschreitenden Verselbständigung der einzelnen Familienmitglieder Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  11 I 1 (S.  50), §  63 (S.  268 ff.) sowie zum Pekulium §  67 III 5 (S.  286 f.). 66   Vgl. Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  6 IV (S.  35 f.), §  66 III (S.  282); Apathy, Commercium, DNP 3, Sp.  101; Avenarius, Der pseudo-ulpianische liber singularis regularum, S.  364– 366. 67   Zum klassischen Eigentumsbegriff näher Kapitel 3 B I 1. 68   Zur Nachklassik Kapitel 3 C. 69   Näher Kapitel 3 C III. 63

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stärkerer Typizität fand70 . In Frankreich setzte nach der Revolution, die allen Franzosen liberté und égalité brachte, der Code civil diese Entwicklung fort71. Etwas aus dem Rahmen fällt in dieser Epoche hingegen das verdinglichungsfreundliche Preußische Allgemeine Landrecht, das statt auf Typizität stärker auf Publizität setzte72 , allerdings mit den Gebieten der Gutsherrschaft im Osten auch für einen Landesteil galt, in dem große Teile der Bevölkerung zumindest tatsächlich von der Teilhabe ausgeschlossen waren73 . Das Sachenrecht unter dem Bürgerlichen Gesetzbuch mit seiner ausgeprägten Typizität kann wiederum mit einer Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter in Verbindung gebracht werden: Die – wenn auch im Grundstücksrecht zunächst durch landesrechtliche Vorbehalte gestörte – Rechtseinheit allein führte schon dazu, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzbuches dessen Sachenrecht für alle Menschen in Deutschland galt. Schon zuvor hatten sich in den meisten deutschen Staaten nicht zuletzt aufgrund der Abschaffung der Zünfte und der Aufhebung einer strengen ständischen Ordnung die wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen angeglichen74 ; nach 1880 scheint auch in Preußen das regionale Entwicklungsgefälle abgenommen zu haben75 . Dies lässt insgesamt auf eine Angleichung und damit auf eine Erweiterung des Kreises potentiell Berechtigter schließen76 . Die von der Freizügigkeit ermöglichte, den wirtschaftlichen Veränderungen beschleunigte Zuwanderung in die Städte führte zu einer Konzentration vieler Menschen auf engem Raum, welche ihrerseits klare Güterzuordnung und schnellen Güterumsatz erzwang. Zugleich kam mit der Freiheit des Grunderwerbs, dem wirtschaftlichen Erfolg des Bürgertums und dem gleichzeitigen Verlust des Adels an Wirtschaftskraft, Macht und Ansehen Bewegung in den Grund  Zur Typizität des rezipierten römischen Rechts Kapitel 4 B.   Näher Kapitel 5 B sowie Laferrière, Histoire du Droit Français II, S.  178: »La Révolution a établi l’égalité dans la condition des terres et dans la condition des propriétaires .  .  .«; Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 310 (n°  10). 72   Zur Verdinglichungsfreundlichkeit bei Publizität unter dem PrALR oben Kapitel 4 C I 2, III. 73   Vgl. Borchardt, in: Europäische Wirtschaftsgeschichte IV, S.  135, 142, 151 f.; s. auch die Hinweise auf die Fortdauer von Gutsherrschaften bzw. »gutsherrschaftlichen« Produktionsverhältnissen auf dem Land bei Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  48 (S.  29); Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  57 (S.  38 f.). 74   Vgl. wiederum Borchardt, in: Europäische Wirtschaftsgeschichte IV, S.  135, 164 f.; Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  58–63 (S.  38–42), 72–76 (S.  47–50), 109–126 (S.  72– 83). 75   Zur Entwicklung in Preußen im 19. Jahrhundert H. Hesse, in: Beiträge zu Wirtschaftswachstum und Wirtschaftsstruktur im 16. und 19. Jahrhundert, S.  261, 274 ff. S. aber auch Tipton, Regional Variations in the Economic Development of Germany During the Nineteenth Century, S.  102 ff. 76   Zum Bevölkerungswachstum in Preußen, zunächst durch die Aufnahme von Hugenotten und Protestanten (»Peuplierung«), später auch durch den Zuzug von Juden Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  69 (S.  45), 126 (S.  82). Vgl. auch Orsagh, ZgS 124 (1968), 280, 290 ff., der anhand – nicht ganz unzweifelhafter – statistischer Methoden zur Annahme einer Konvergenz des Pro-Kopf-Einkommens am Ende des 19. Jahrhunderts gelangt. 70 71

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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stücksmarkt77. Nicht unterschätzt werden darf schließlich der Siegeszug der juristischen Person, der sich im deutschen BGB selbst zwar lediglich in Gestalt des Vereinsrechts niederschlug, aber dank der handelsrechtlichen Spezialgesetzgebung, die die Gründung von Aktiengesellschaften als juristischen Personen erleichterte, zu jener Zeit schon gesichert war 78 . Als Träger von Rechten erweiterten die juristischen Personen, deren Zahl immer stärker zunahm, den Kreis potentieller Berechtigter. In den beiden Epochen totalitärer Herrschaft in Deutschland traf hingegen eine stark reduzierte Typizität mit einer Beschränkung von Herrschafts- und Nutzungsbefugnissen auf bestimmte Bevölkerungskreise oder Organisationen zusammen. So wurde etwa der »Bauernstand« im Hinblick auf bestimmte Arten der Grundstücksnutzung hervorgehoben und zugleich das überkommene Typensystem als unnötig eng empfunden79. In England ist, passend zur tendenziell schwächer ausgeprägten Typizität, eine solche Parallele weniger anschaulich. Immerhin erlaubte aber schon die Auflösung des persönlichen Bandes zwischen Lord und Tenant, für die das Statute Quia Emptores einen Meilenstein darstellte, dass nicht mehr nur eine Person als Berechtigter in Frage kam80 ; die allmähliche Verdrängung des personenrechtlich gedachten tenure-Systems durch das System der estates81 lässt sich als eine Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter bei gleichzeitiger Erhöhung von Typizität ansehen. Die große Reformepoche im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, die wieder einen Schub in Richtung Typizität brachte 82 , fiel in jene Zeit, in der England wirtschaftlich erfolgreich war und sich politisch zu einer Massendemokratie entwickelte 83 . Infolge dieser Entwicklung konnten immer mehr Menschen den Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe an materiellem Wohlstand erheben. Eine Zunahme potentiell Berechtigter brachte auch hier die Erleichterung der Gründung juristischer Personen84 . Blickt man schließlich auf die letzten Jahrzehnte, so trifft die weitere Steigerung der Typizität durch den Gesetzgeber   Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  118 (S.  78).   S. schon Art.  207 ff. des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches (ADHGB) vom 31. Mai 1861, insbes. Art.  213 Abs.  1: »Die Aktiengesellschaft als solche hat selbstständig ihre Rechte und Pflichten; sie kann Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben; sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden.« Endgültig aufgehoben wurde das Konzessionssystem durch die Erste Aktiennovelle 1870 (Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 11. Juni 1870, Bundes=Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1870, S.  375). S. weiter Flume, Die juristische Person, S.  31 ff. Zu allem noch Kapitel 11 A V. 79   Näher Kapitel 4 F. 80   Näher Kapitel 6 A. 81   Näher Kapitel 6 A, A I 1. 82   Zur Reformepoche Kapitel 6 B. 83   Niedhart, Geschichte Englands im 19. und 20. Jahrhundert, S.  117 ff., insbes. S.  127 ff. 84   Vgl. insbes. Joint Stock Companies Act 1844 (7 & 8 Vict., c. 110) und 1856 (19 & 20 Vict., c. 47); zur früheren Rechtslage z. B. Laski, 30 Harv. L. Rev. 561, 563 ff. (1917). Dazu noch unten Kapitel 11 A III 2, 3. 77 78

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

mit einer Politik zusammen, die sich die Erhöhung des Anteils privater Grundeigentümer zum Ziel gesetzt hatte 85 . Für die U. S. A. schließlich kann die starke Typisierung der Mobiliarsicherheiten durch Art.  9 U. C. C. in einen Zusammenhang mit dem Aufkommen der Massenproduktion gestellt werden. Die Massenproduktion wiederum wirkte sich insofern auf den Kreis möglicher Berechtigter aus, als sich diese Güter die breite Masse der Bevölkerung wie der Unternehmen tatsächlich leisten konnte 86 . Eine Zunahme des Kreises potentieller Berechtigter hatte sich vor Erlass des Uniform Commercial Code zudem auch dadurch ergeben, dass mit dem Übergang vom Konzessions- zum Normativsystem87 die Zahl rechtsfähiger corporations stark zugenommen hatte. Aber auch die Typisierung der Grundpfandrechte durch Klarstellung des Sicherungscharakters und Vereinheitlichung aufgrund der Erwartungen des Sekundärmarkts88 steht in einem gewissen Zusammenhang mit der Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter, setzt doch die Existenz eines Sekundärmarkts für mortgages voraus, dass ein und dieselbe mortgage nicht notwendigerweise während der ganzen Zeit ihres Bestehens von demselben Gläubiger gehalten wird.

II.  Erhöhung der Verfügbarkeit möglicher Gegenstände Eine Steigerung von Typizität trifft regelmäßig auch damit zusammen, dass sich Zahl und Bedeutung verfügbarer Gegenstände, an denen die fraglichen dinglichen Rechte bestehen können, erhöhen, also eine Verbreiterung der Basis potentiell erfasster Objekte stattfindet. Nicht ganz durchgängig, aber doch auffallend ist zunächst ein regelmäßiges Zusammentreffen der erhöhten Verfügbarkeit beweglicher Sachen mit gesteigerter Typizität. Um vieles deutlicher ist hingegen das Zusammentreffen von gesteigerter Typizität und erhöhter Verfügbarkeit bei Grundstücken. 1.  Mobilien Eine gesteigerte Verfügbarkeit beweglicher Sachen kann ihre Ursache entweder darin haben, dass bereits vorhandene Sachen in stärkerem Ausmaße als zuvor umgesetzt werden, oder sie kann auf die Vermehrung beweglicher Sachen überhaupt zurückzuführen sein, etwa infolge massenhaften Warenimports oder infolge von Massenproduktion. Fragt man für die untersuchten Rechtsordnungen und Epochen nach solchen Entwicklungen, so ist für die römische Zeit hier insbesondere 85   Zur Politik insbesondere der britischen Konservativen, den Anteil privater Grundeigentümer zu erhöhen, s. z. B. Bright, Conv. 1994, 211, 217 m.Fn.  29; Davey, (1994) 57 Mod. L. R. 773, 780; Eisenhauer, Moderne Entwicklungen im englischen Grundstücksrecht, S.  29 f., 55 ff. 86   Dazu Kapitel 7 A I 2, II 1, III. 87   S. einstweilen nur Hurst, The Legitimacy of the Business Corporation .  .  ., S.  13 ff.; Hamill, 49 Am. U. L. Rev. 81, 93 ff., 101 ff. (1999). Dazu noch unten Kapitel 11 A IV 1. 88   Näher Kapitel 7 A I 2, II 1, III.

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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an den Import exotischer Güter, Tiere und Sklaven von außerhalb des Reichs liegenden Regionen oder aus den eroberten Gebieten zu denken89. Auch eine Massenproduktion von Waren, die zu einer erhöhten Verfügbarkeit wertvoller beweglicher Sachen führen konnte, dürfte schon recht früh in Ansätzen vorhanden gewesen sein90 . Verstärkte Wareneinfuhr aus Provinzen und fremden Gebieten sowie erste Formen der Massenproduktion treffen so in der Klassik mit der Herausbildung eines scharf abgegrenzten, absoluten Eigentumsbegriffs zusammen. Das nachklassische römische Recht zeichnet sich zwar trotz Masseneinfuhr und stärkerer Massenproduktion durch geringere Typizität aus. Soweit allerdings Masseneinfuhr und Massenproduktion im nachklassischen Rom zur Versorgung der verarmten Bevölkerung dienten91, handelte es sich bei den fraglichen Gütern vor allem um Agrarprodukte wie Getreide und andere Lebensmittel, die aus den Provinzen in die Städte gebracht wurden, oder um sonstige Verbrauchsgüter des täglichen Lebensbedarfs. Da diese Güter aber zum alsbaldigen Verzehr und Verbrauch bestimmt waren und daher kaum mehr weiter umgesetzt wurden und zudem die Einfuhr und Versorgung der Bevölkerung in weiten Teilen staatlich organisiert war, konnte von dieser Masseneinfuhr und -produktion kein besonderer Impuls für gesteigerte Typizität ausgehen. Im Mittelalter bestimmten demgegenüber für lange Zeit weder Massenhandel noch Massenproduktion das Bild. Gehandelt wurden vornehmlich noch Luxusgüter und Unfreie92 . Erst später traten Klein- und Fernhandel wieder verstärkt auf, wurde wieder für den Markt produziert und entstand eine zunächst auf Tausch basierende Stadtwirtschaft93 . Diese Entwicklungen hatten aber ebensowenig wie der immer wichtiger werdende Import von Waren aus dem Ausland und den Kolonien94 am Übergang zur Neuzeit einen bedeutenderen Einfluss auf das Sachenrecht. Größere Beachtung verdient indes ab dem 19. Jahrhundert wieder die Massenproduktion. Der Code civil von 1804, der am Anfang jenes Jahrhunderts entstand und vielfach an die Tradition anknüpfte, war allerdings von dieser Entwicklung noch nicht beeinflusst. Bester Beleg hierfür ist das Konsensprinzip: Wer eine Regel zum gedanklichen Ausgangspunkt macht, nach der mit dem Moment des Vertragsschlusses das Recht übergeht, hat dabei eine Welt voller individuell verschiedener und daher leicht identifizierbarer Güter vor Augen, deren Austausch sofort 89   Zum Außen- und Fernhandel des römischen Reichs Drexhage/Konen/Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  134 ff. 90   Zu Ansätzen einer Massenproduktion in Rom Drexhage/Konen/Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  102 ff., 243; neuerdings TU München, Archäologie wird mit Neutronen sichtbar: Nippes aus dem alten Rom, Presseinformation vom 15. Mai 2009. 91   S. schon Kapitel 3 C III. 92   Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  83 ff. 93   S. wiederum Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  97 ff.; z. T. kritisch und die Kontinuität von Handelsplätzen betonend Ennen, in: Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte II, S.  552, 556 ff. 94   Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  195 ff.

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

erfolgt95 . Dies wird auf die Verfasser des Code civil und mehr noch auf die älteren Autoren, deren Schriften die Kodifikation prägten, zugetroffen haben. Mit dem Aufkommen zahlloser identischer und damit vertretbarer Güter aus der Massenproduktion und dem verstärkten Einsatz des Kaufvertrags als Planungsgeschäft, das die Versorgung mit zukünftigen, noch gar nicht beim Veräußerer vorhandenen Gütern betraf, war aber der sofortige Austausch individualisierter Güter nicht mehr der Regelfall. Daher erlangte die ursprünglich nur als Ausnahme konzipierte Vorschrift, wonach bei vertretbaren Sachen Eigentum erst mit der Aussonderung übergeht96 , eine dominierende Bedeutung. Die Praxis einer entwickelten Massenwirtschaft muss daher die Entscheidung für das Konsensprinzip anachronistisch erscheinen lassen. Dem fast 100 Jahre jüngeren deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch wird gelegentlich vorgeworfen, es habe diese Entwicklung ebenfalls noch ignoriert, obwohl sie seinerzeit bereits unverkennbar gewesen sei97. Indessen war das Sachenrecht des BGB sehr wohl mit Trennungs- und Abstraktionsprinzip von Anfang an auf den Verkehr mit Massengütern bestens vorbereitet. Die bereits zuvor praktizierte, von diesen beiden Grundprinzipien aber stark begünstigte Sicherungsübereignung ließ sich unschwer auf ganze Warenlager anwenden; die folgerichtige Anerkennung der Verarbeitungsklausel entsprach den Bedürfnissen einer arbeitsteiligen Industrie, die Massenprodukte herstellte98 . Auf das englische Recht hat sich das Phänomen der Massenproduktion hingegen kaum typizitätssteigernd ausgewirkt99. Für die U. S. A. jedoch ist einmal mehr auf den Zusammenhang zwischen Massenproduktion und Art.  9 U. C. C. hinzuweisen100 : Erst das massenhafte Aufkommen wertvoller beweglicher Sachen ließ die unbefriedigende Rechtslage auf dem Gebiet der Mobiliarsicherheiten voll zutage treten und bewirkte schließlich die Reduzierung der früheren Vielfalt auf ein einheitliches security interest. 2.  Immobilien Bei Immobilien ist eine Vermehrung im Sinne eines Landgewinns nur in Form von Eroberung oder Erschließung denkbar. Ansonsten muss die gesteigerte Verfügbarkeit darauf zurückzuführen sein, dass derselbe Kreis an Immobilien häufiger umgesetzt wird. Gerade ein solcher erhöhter Umsatz trifft nun regelmäßig mit einer Steigerung der Typizität zusammen.

  Vgl. Kapitel 5 B II 2.   Art.  1585 Code civil, s. a. Art.  1587 Code civil; näher Kapitel 5 B II 2. 97   Zur Ignoranz der Phänomene einer modernen Massen- und Wirtschaftsgesellschaft durch das BGB etwa H. Schlosser, Grundzüge der neueren Privatrechtsgeschichte, S.  190. 98   Näher Kapitel 4 E I 3. 99   Denkbar ist ein Zusammenhang zwischen Massenproduktion und floating charge als In­ strument zur Besicherung durch Umlaufvermögen; vgl. dazu Kapitel 6 B I 6. 100   S. wiederum Kapitel 7 A I 2, III. 95

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G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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Für die römische Zeit gilt dies indes nur eingeschränkt. Denn zwar kann allgemein auf den ständigen Landgewinn des expandierenden Staates hingewiesen und der Niedergang der Typizität in der Nachklassik mit der Konzentration nahezu sämtlichen Landes in der Hand einiger weniger Eigentümer, des Staates oder des Kaisers und damit dessen Unverfügbarkeit101 in Verbindung gebracht werden. Allerdings darf der Einfluss des Rechtslebens der Provinzen auf das klassische römische Recht nicht überschätzt werden; für die Typizität des römischen Rechts in den verschiedenen Epochen werden diese Veränderungen also kaum verantwortlich gemacht werden können. Unverkennbar ist jedoch die Koinzidenz im revolutionären Frankreich und später in Deutschland. Mit der weitgehenden Enteignung von Adel und Klerus und der Verteilung ihrer Besitzungen im Zuge der französischen Revolution sowie mit der Ablösung fast aller Feudallasten, die mit Grund und Boden verbunden gewesen waren, wurden in Frankreich Grundstücke plötzlich verfügbar. Zugleich wurde das Grundstücksrecht des Code civil gerade in den ersten Jahrzehnten nach der Revolution der Sache nach im Sinne eines numerus clausus interpretiert102 . Die sogenannte Bodenbefreiung in Deutschland103 erhöhte ebenfalls die Verfügbarkeit und Mobilität von Grundstücken. Allerdings war die Entwicklung hin zu gesteigerter Typizität in Deutschland weniger plötzlich und einheitlich, vielmehr verlief sie über mehrere Stufen. Dies wird nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass sich zeitgleich mit der allmählichen Bodenbefreiung ein immer ausgereifteres Registerwesen entwickeln konnte, das mancherorts – so insbesondere in Preußen – den Publizitätsgedanken in den Vordergrund rückte104 . Das Bürgerliche Gesetzbuch schaffte mit der Rechtseinheit auch eine größere Zahl rechtlich einheitlich behandelter Grundstücke. Die Beschränkungen der Verfügbarkeit insbesondere von Agrarland unter den beiden totalitären Systemen ging wiederum mit reduzierter Typizität einher; das Ende dieser Unrechtsregimes brachte jeweils die – gerade im Falle der DDR überaus aufwendig umgesetzte – Wiederherstellung gesteigerter Typizität105 . In England gab es keine Enteignung der großen Landbesitzer, hier führte die Begründung neuer estates, mit dem ein Grundstück weiteren Personen zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden konnte, vielmehr zu einem Verlust an Typizität. In der Siedlungspolitik der letzten Jahrzehnte, die auf eine Förderung von 101   Zur Konzentration von Grund und Boden in spät- und nachklassischer Zeit Plin. nat. 18, 35 (latifundia perdidere Italiam); Drexhage/Konen/Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  84 ff.; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  33 ff. m. w. N. 102   Dazu Kapitel 5 B; s. weiter Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 310 (n°  10); Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  112 (S.  74 f.). 103   Zur Ablösungsgesetzgebung Kapitel 4 D I; s. weiter Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  113 ff. (S.  75 ff.). 104   Zu Typizität und Publizität unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht wiederum Kapitel 4 C I 2, III. 105   Näher Kapitel 4 F.

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

Grunderwerb breiter Schichten der Bevölkerung gerichtet war106 , und den jüngsten Reformen mit ihrer klaren Absicht der Vereinfachung und Vereinheitlichung107 ist indes die Parallele zwischen erhöhter Verfügbarkeit und gesteigerter Typizität sichtbar. In den U. S. A. hatte der ständige Landgewinn im Westen zwar keine typisierende Rückwirkung auf das Grundstücksrecht. Angesichts der stürmischen Entwicklung, die zudem in immer neue, eigenständige Kolonien und später Staaten mündete, kann dies aber kaum verwundern. Für die jüngere Zeit bestätigt jedoch wiederum die Standardisierung der Grundpfandrechte den Zusammenhang zwischen größerer Verfügbarkeit und höherer Typizität: Die Herausbildung des secondary mortgage market hatte zum einen die massenhafte Produktion grundpfandgesicherter Darlehen zur Folge, zum anderen setzten gerade die Akteure dieses Marktes eine stärkere Standardisierung durch108 .

III.  Wirtschaftliche Entwicklung Zu beobachten ist sodann ein Zusammentreffen von gesteigerter Typizität mit einer höheren Entwicklung von Handel und Wirtschaft im Allgemeinen und Handel und Kreditwirtschaft im Besonderen – eine Beobachtung, die mit den beiden bereits erörterten Beobachtungen in einem engen Zusammenhang steht, aber darüberhinaus auch eigenständige Bedeutung hat. Die Beurteilung von Handel und Wirtschaft in der Antike ist zwar seit mehr als einem Jahrhundert Gegenstand eines Schulenstreits109. Dennoch wird man trotz aller Unterschiede zur modernen Wirtschaft annehmen dürfen, dass in klassischer römischer Zeit Handel und Wirtschaft nicht nur erheblich weiter entwickelt waren, als dies in den europäischen Gebieten außerhalb und fern des römischen Reiches oder in der römischen Frühzeit der Fall war, sondern dass Handel und Wirtschaft auch nach objektiven Maßstäben durchaus eine hohe Entwicklungsstufe erreicht hatten. Bereits die frühe Organisation des römischen Wirtschaftslebens, in dem grundsätzlich alles Vermögen dem pater familias zustand, zeigt eine Form der »Entfernung« des Geschäftsherrn von den einzelnen Vorgängen, die als Arbeitsteilung verstanden werden kann. Schon bald beflügelten auch Geldwirtschaft110 sowie günstige und sichere Transportmöglichkeiten zu Lande wie zu Wasser111 den Warenhandel. Der Nutzen ländlicher, vor allem aber städtischer Grundstücke wurde nicht zuletzt durch günstige rechtliche Gestaltung der Bezie  S. nochmals Fn.  85.   Näher Kapitel 6 B, C. 108   Näher wiederum Kapitel 7 A I 2 b. 109   Überblick zum Streit zwischen »Modernisten« und »Primitivisten« bei Drexhage/Konen/ Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  19–21, 41 m.Nw. 110   Vgl. Th. Mommsen, Geschichte des römischen Münzwesens, S.  167 ff.; Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  9 I 1 (S.  42); Drexhage/Konen/Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  24, 37–42. 111   Drexhage/Konen/Ruffing, Die Wirtschaft des Römischen Reiches, S.  22, 28, 138, 141. 106 107

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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hungen zu den Nachbarn, etwa in Form von Wege- oder Durchleitungsrechten, optimiert; zugleich aber blieb die Möglichkeit einer Verfügung über die Grundstücke erhalten. Diese Blütezeit, die mit gesteigerter Typizität einherging, konnte sich in der von wirtschaftlichen Schwierigkeiten geprägten und zugleich wenig typisierten Nachklassik nicht fortsetzen. Vor allem das germanisch-deutsche Mittelalter fällt gegenüber der römischen Blütezeit in seiner Entwicklung stark ab. Es ist in seiner Frühzeit geprägt durch die geschlossene Hauswirtschaft112 ; soweit später wieder vermehrt Warenumsatz erfolgt, ist dieser deutlich geringer und spielt sich außerhalb der Städte noch immer nicht horizontal unter Einschaltung eines Marktes, sondern vertikal innerhalb hierarchischer Strukturen zwischen Lehnsherrn und Lehnsmann ab. Das Wirtschaftsleben ist überwiegend lokal oder regional geprägt; ein Gütertransport über weite Strecken ist beschwerlich und findet kaum statt113 . Der Umsatz von Grundstücken und Grundstücksrechten ist außerhalb der Städte eher selten und dann oft mehr politischer als privatrechtlicher Natur. Die Kreditwirtschaft schließlich ist wegen der allgemeinen Unsicherheit sowie der Wucher- und Zinsverbote gehemmt114 . Zur Zeit der Rezeption, vor allem aber mit der endgültigen Aufgabe der Feudalwirtschaft entwickeln sich Handel und Kreditwirtschaft auf dem Kontinent wieder; ihre Förderung wird vielfach zum politischen Programm. Größere territoriale Einheiten und Perioden größerer Sicherheit begünstigen den Warenverkehr; Zinsund Wucherverbote werden abgebaut115 ; Gold und Silber aus Amerika fördern die Geldwirtschaft, die aber dann unter dem schwankenden Wert des fälschungsanfälligen Münzgeldes leidet116 . Dies wiederum lässt ein privates Banken- und Kreditwesen entstehen117. In Frankreich und Deutschland gestatten Bodenbefreiung und Bodenmobilisierung eine intensivere Nutzung landwirtschaftlicher und städtischer Flächen; die Landvermessung und die Entwicklung von Grundstücksregistern, später insbesondere auch die Erfindung von Hypotheken- und Pfandbriefen, fördern den Realkredit. Gerade die von einer unbekannten schuldrechtlichen Vereinbarung weitgehend gelösten Grundpfandrechte des deutschen Rechts118 be112   Bücher, Entstehung der Volkswirtschaft, S.  92 ff.; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  1 f f. 113   Ganshof, in: Handbuch der europäischen Wirtschafts- und Sozialgeschichte II, S.  151, 189 ff.; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  2, 51 ff., 78 ff. 114   S. nur Neumann, Geschichte des Wuchers, S.  37 ff.; Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S.  28 ff. m.Nw. 115   Wiederum Neumann, Geschichte des Wuchers, S.  474 ff., 506 ff.; Bruns, Haftungsbeschränkung und Mindesthaftung, S.  34 ff.; Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  39– 45 (S.  26–31). 116   Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  329 ff. 117   Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  345 ff.; Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  49–51 (S.  33 f.). 118   S. für die Hypothek §  1138 BGB, für die Grundschuld §  1157 BGB i. V. m. dem Sicherungsvertrag bzw. der Bereicherungseinrede, allerdings auch §  1191 Abs.  1a BGB.

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Kapitel 8:  Ergebnisse und Zusammenhänge

günstigen dabei die »Entfernung« des Sicherungsnehmers und eines etwaigen Erwerbers von dem haftenden Grundstück selbst und damit eine Entpersonalisierung, wie sie für eine entwickelte arbeitsteilige Wirtschaft charakteristisch ist. Mit seiner scharfen Trennung von flexiblem Schuld- und typisiertem Sachenrecht erlaubt das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch aber nicht nur die für das deutsche Kreditwesen ungemein wichtigen Institute des Eigentumsvorbehalts und der nichtakzessorischen Grundschuld, sondern auch andere Formen der schuldrechtlichen Anbindung typisierter sachenrechtlicher »Bausteine«, darunter insbesondere die Sicherungsübereignung als besitzlose und nichtakzessorische Mobiliarsicherheit von überragender Bedeutung. Während der beiden Epochen totalitärer Herrschaft mit ihrer reduzierten Typizität trat demgegenüber eine mehr oder weniger ausgeprägte Zwangswirtschaft an die Stelle freien Handels. Private Kreditvergabe und deren Besicherung wurden marginalisiert119. In beiden Fällen bedeutete das Ende des Unrechtsregimes zugleich die Rückkehr zum Grundmodell einer Marktwirtschaft. In England erlebten Handel und Wirtschaft zwar zur Zeit der großen Reform­ epoche um den Wechsel vom 19. zum 20. Jahrhundert alles in allem eine Blütezeit. Danach folgte jedoch eher eine Phase des Niedergangs. Man mag darüber spekulieren, ob die rechtlichen Reformen nicht weit genug gingen, England also auch insofern den »Modernisierungsschub zu Beginn des 20. Jahrhunderts letztlich verpasste«120 . Interessanterweise waren jedenfalls Handel und Banken zu jener Zeit besonders gut aufgestellt121. In den letzten Jahrzehnten ist aber eine Koinzidenz von insgesamt doch wieder erfolgreicher Wirtschaft und typizitätssteigernden Reformen deutlich erkennbar. Den U. S. A. brachte der Aufschwung der Warenproduktion, des innerstaatlichen Handels und der Kreditwirtschaft im Sachenrecht vor allem das einheitliche Regime dinglicher Sicherheiten nach Art.  9 des Uniform Commercial Code122 . Diese Entwicklung spiegelt das Interesse an einer einheitlichen rechtlichen Behandlung von Waren und Produktionsmitteln wider, die als Kreditunterlage Verwendung finden sollen, wegen ihrer rein tatsächlichen Beweglichkeit aber in viele Hände gelangen oder gelangen können. Im Immobiliarrecht hat zwar der – vielleicht auch als Teil wirtschaftlicher Entwicklung zu begreifende – Lobbyismus der Real Estate Lawyers und Title Insurance Companies unter geschickter Ausnutzung der amerikanischen Skepsis gegenüber präventiver Regulierung Reformen wie insbesondere die Einführung eines voll ausgebauten Grundstücksregisters, die zu höherer Typizität hätten führen können, verhindert. Ein Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Typizität zeigt sich auf dem Gebiet des Immobiliarsachenrechts aber darin, dass das Entstehen eines Sekundärmarkts für Grundpfandrechte deren stärkere Standardisierung bewirkte: Wurden Immo  Näher Kapitel 4 F. S. weiter Pleyer, in: Teilungsfolgen und Rechtsfriede, S.  27, 30.   Niedhart, Geschichte Englands im 19. und 20. Jahrhundert, S.  127. 121   Niedhart, Geschichte Englands im 19. und 20. Jahrhundert, S.  127 f. 122   Näher wiederum Kapitel 7 A I 2, III. 119

120

H.  Zusammenfassung und Prognose

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biliarsicherheiten zuvor regelmäßig vom ursprünglichen Sicherungsnehmer bis zum Ende der Kreditbeziehung gehalten, so konnten sie nun am Sekundärmarkt veräußert und in Verbriefungstransaktionen eingebracht werden; sie entwickelten sich also zu einem übertragbaren Wirtschaftsgut. Im Zuge dieser Entwicklung kam es zu einer Standardisierung, die zugleich Voraussetzung und Folge eines Sekundärmarkts war123 . Nicht zuletzt zeigt sich in der U. S.-amerikanischen Entwicklung des Rechts der Kreditsicherheiten deutlich die Begünstigung einer »Entfernung« der interessierten Personen von der Sache selbst: Der Kreditgeber, der sich nach den Vorgaben des Uniform Commercial Code gesichert hat, kann auf den unmittelbaren Besitz an der ihm als Sicherheit dienenden beweglichen Sache verzichten124 , ebenso der Erwerber eines Pakets standardisierter mortgages insoweit von der individuellen rechtlichen Prüfung absehen, als die Standardisierung reicht.

H.  Zusammenfassung und Prognose Legt man zum einen die allgemeine Tendenz zunehmender Typizität, zum anderen die beobachteten Regelmäßigkeiten der Entwicklung zugrunde, so dürfte das Sachenrecht auch in der Zukunft zumindest keinen Verlust an Typizität sehen. Denn vorbehaltlich fundamentaler Umbrüche erscheint es wahrscheinlich, dass der Kreis möglicher Berechtigter ebenso wie die Verfügbarkeit möglicher Gegenstände künftig eher zu- als abnehmen wird. Auch wird Publizität schwerlich Typizität in großem Stil ersetzen können. Schon die deutsche Entwicklung, die über die auf Publizität setzende Lösung des Preußischen Allgemeinen Landrechts hinwegging, deutet in diese Richtung. Vor allem aber haben die Erfahrungen der Finanzkrise die Grenzen eines Systems aufgezeigt, dass allein auf Information setzt. Dies alles lässt allerdings auch keine unbegrenzte Steigerung von Typizität erwarten, spricht doch das Fehlen von Extremlösungen in der Vergangenheit stark gegen übertriebene Typizität. Größeres Steigerungspotential haben sicher die Rechtsordnungen des Common Law, während es in den Rechtsordnungen des Civil Law eher einer Vergewisserung über die Hintergründe des erreichten Standes bedarf, um ein leichtfertiges Überbordwerfen etwa im Rahmen europäischer Rechtsharmonisierung zu vermeiden. Dem wird nach einer Untersuchung der Parallelen auf dem Gebiet des Wertpapierrechts noch nachzugehen sein.

  Näher einmal mehr Kapitel 7 A I 2 b.   Er muss lediglich in bestimmten Sonderfällen vor demjenigen zurücktreten, der den tatsächlichen Besitz bzw. »control« innehat oder erwirbt, näher §§  9 –322 ff. U. C. C. 123 124

Dritter Teil

Wertpapierrecht Ebenso unzweifelhaft wie die Übertragbarkeit der Rechte an Sachen ist seit jeher die Übertragbarkeit jener Rechte, die in Wertpapieren verbrieft sind. Denn die wertpapiermäßige Verbriefung diente ursprünglich gerade dazu, andere Rechte als Sachenrechte überhaupt übertragbar zu machen. Dabei spielte zum einen eine Rolle, dass das Wertpapier durch die schriftliche Fixierung eine eindeutige und dauerhafte Identifikation des Rechtsinhalts erlaubte, zum anderen war von Bedeutung, dass mit dem Papier eine einfache Zuordnung des Rechts und eine nach außen hin sichtbare Übertragung durch Indossament oder bloße Übergabe möglich wurden. Grundvoraussetzung für das Entstehen des Wertpapiers als Rechtsinstitut war die Verbreitung der Schriftlichkeit. Allerdings konnte nicht jede schriftliche Verlautbarung eines Rechts zur Folge haben, dass dieses Recht mithilfe des Papiers den Sonderregeln des Wertpapierrechts unterfiel, etwa in wertpapierrechtlichen Formen übertragbar wurde, hätte doch sonst die Nutzung der Schriftform auf die Situationen beschränkt werden müssen, in denen die Parteien auch tatsächlich ein Wertpapier schaffen wollten. Es bedurfte also einer Auswahl der Fälle, in denen die Schriftlichkeit auch tatsächlich ein Wertpapier zur Entstehung bringen sollte. Dabei liegt nahe, die erforderliche Auswahl nach dem Inhalt des zu verbriefenden Rechts zu treffen. Dies wiederum lässt eine gewisse Typizität der Wertpapiere erwarten. Der Grad dieser Typizität kann nun aber sehr unterschiedlich sein, ist doch – anders als im auf körperliche Gegenstände bezogenen Sachenrecht – der Inhalt der potentiell verbriefbaren Rechte unbeschränkt. Daher soll im Folgenden auf einer ersten Stufe nicht nach der Entwicklung in einzelnen Ländern, sondern nach den verschiedenen wirtschaftlichen Funktionen der Wertpapiere unterschieden werden. Auf einer zweiten Stufe folgt sodann wieder der Rechtsvergleich, der auch hier Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Tage bringt, die in einen größeren Zusammenhang gestellt werden können.

Kapitel 9

Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs Zu den frühesten Wertpapieren, die als solche in großem Stil gehandelt wurden, gehören Wechsel und Scheck als Wertpapiere des Zahlungs- und Kreditverkehrs. Für diese ist von Anfang an eine Standardisierung zu beobachten, die zu Beginn des letzten Jahrhunderts teilweise in einen länderübergreifenden Typenzwang mündete.

A.  Der Wechsel I.  Gemeineuropäische Vorgeschichte Als Produkt des spätmittelalterlichen und neuzeitlichen Handelsverkehrs hat der Wechsel einheitliche gemeineuropäische Wurzeln, die auch die spätere internationale Vereinheitlichung begünstigen sollten. 1.  Das Wechselgeschäft des Spätmittelalters Die Geschichte des heutigen Wechsels führt zurück in das Europa des 12. Jahrhunderts und damit ins Spätmittelalter. Mit dem aufblühenden Handel hatte der Zahlungsverkehr zwischen den verschiedenen oberitalienischen Städten stark zugenommen. Allerdings war ein tatsächlicher Geldtransport mit Gefahren und logistischen Schwierigkeiten verbunden; hinzu kam die Verschiedenheit der Münzen, die immer auch noch das Geldwechseln am einen oder anderen Ort notwendig machte. Stellte sich somit schon in Oberitalien der Zahlungsverkehr als Problem dar, so galt dies erst recht mit der Ausbreitung des Handels nach Mittel- und Westeuropa, der gerade in Deutschland wegen dessen Kleinteiligkeit fast unvermeidlich »internationaler« Handel war. Gerade dieser europäische Handel, aber auch die starke Zunahme des Reiseverkehrs , machten die Übermittlung immer größerer Summen an einen fremden Ort notwendig. Große Summen mussten auch infolge    Guter Überblick hierzu bei Zöllner, Wertpapierrecht, §  10 I (S.  54 ff.), dem die Darstellung im Wesentlichen folgt; allgemeiner Überblick bei Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  151–154 (S.  98–100); ausführlich Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  1 f f. sowie Grünhut, Wechselrecht I, S.  20 ff.    Nicht zuletzt beruhte der Reiseverkehr darauf, dass Studenten aus ganz Europa an die ober­ italienischen Universitäten mit ihrem Rechtsunterricht kamen; Beispiel bei Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  56 m.Nw.

A.  Der Wechsel

255

der Versendung in ganz Europa erhobener kirchlicher Abgaben an den Sitz des Papstes in Rom oder Avignon transportiert werden  . Eine Rolle mögen schließlich noch die Kreuzzüge und der darauffolgende Osthandel gespielt haben . Bei derart weiten Strecken verbot sich nun aber der Transport von Bargeld gleich aus mehreren Gründen  . Zum einen war er beschwerlich, da nur Münzen oder Edelmetalle zur Verfügung standen, die Reise zu Fuß, zu Pferde oder in der Kutsche aber durch jeden zusätzlichen Ballast aufwendiger, teurer und langsamer werden musste. Zum zweiten stand dem Transport von Barbeständen die große Unsicherheit der Verkehrswege entgegen. Verlustfreie Übermittlung war von vornherein kaum zu erwarten. Zum dritten wäre die Überführung von Münzgeld schon deshalb wenig sinnvoll gewesen, weil am Zielort kaum je in derselben Münze gezahlt werden konnte, es also des Wechselns und des Rücktransports an den Herkunftsort bedurft hätte, sodass ein Geldwechsel kaum zu einem akzeptablen Kurs denkbar gewesen wäre. Endlich war die Ausfuhr von Gold und Silber ohnehin beinahe überall verboten . Das Instrument des Wechsels diente dazu, diese Schwierigkeiten zu vermeiden und zugleich einen Umtausch in die am Zielort gebräuchliche Münzsorte zu bewirken. Dies geschah so, dass am Heimatort ein bestimmter Betrag an einen dortigen Geldwechsler, typischerweise einen italienischen Campsor, gezahlt wurde. Für diese Zahlung erhielt der Einzahlende eine Urkunde, die den Empfang der Zahlung bestätigte und die Leistung einer entsprechenden Summe am Zielort in dortiger Münze versprach. Wenn allerdings derselbe Campsor nicht zufällig auch am Zielort über eine Niederlassung verfügte, bedurfte es zudem noch eines Anschreibens an einen dortigen Geschäftspartner, das den Erhalt des Geldes vom Einzahlenden erwähnte und den Geschäftspartner um Zahlung an den Überbringer des Versprechens in dortiger Münze ersuchte – eine Anweisung, die später zum eigentlichen Wechsel werden sollte. Mit zunehmender Verwendung dieses Instituts entstand unter den Campsoren ein Geflecht gegenseitiger Leistungspflichten, dessen Ausgleich vielfach auf den großen Messen des Spätmittelalters, in der Champagne und in Lyon, durch Verrechnung erfolgte  . Aus der Bestätigung des Ausstellers der Urkunde, das Geld    Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  67 f., 84; Kuhlenbeck, Der Check, S.  17; Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  410.    Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  13 f.; zweifelnd Koch, Wechselrecht, S.  9 ; ausführlich Schaube, Jahrb. f. Nat.-Ök. u. Stat. 3. Folge 15/70 (1898), 603–621; 730–748; 18/73 (1899), 145–184.    S. nur Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  73; Koch, Wechselrecht, S.  7; Lange, Die Wechselgeschäfte, S.  3 f.; von Wächter, Das Wechselrecht des Norddeutschen Bundes, S.  4.    Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  69; Grünhut, Wechselrecht I, S.  37; Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 544 f. (2003) m. w. N.    S. nur Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  403 ff.; Simon, Der Wechsel als Träger des internationalen Zahlungsverkehrs, S.  51 m.Nw.; Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 542 ff. (2003); abweichend aber Schaube, SavZ (GA) 14 (1893), 111, 134 ff.; s. a. ders., ZHR 43 (1894), 1–51; ders., Jahrb. f. Nat.-Ök. u. Stat. 3. Folge 10/65 (1895), 153–191; 511–534.    Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  19 ff., 36 ff.; Grünhut, Wechselrecht I, S.  38 ff.;

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Kapitel 9:  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs

erhalten zu haben, ergab sich, dass der Aussteller bei Nichtleistung des Geschäftspartners diesen Betrag zurückzugeben hatte. Die Bestätigung bildete daher den Ursprung für den wechseltypischen Regress gegen den Aussteller. Die zahllosen Einzelgeschäfte zwischen einer Vielzahl von Campsoren, die alle miteinander verrechnet werden sollten, erzwangen früh eine große Einheitlichkeit, wäre doch sonst ein effizienter Gesamtausgleich der verschiedenen Geschäfte zwischen den verschiedenen Partnern unmöglich gewesen. Abgesehen von dieser technischen Notwendigkeit trug auch die Rechtsprechung der Standes- und vor allem der Messegerichte mit ihren beschleunigten Erkenntnis- und Vollstreckungsverfahren zur Standardisierung des Wechselgeschäfts bei10 . Schließlich schloss auch von außen kommende Regulierung, namentlich das kanonische Zinsverbot, bestimmte an sich denkbare Formen des Wechselgeschäfts aus, die den Wechsel zu einem reinen Kreditinstrument gemacht hätten11. Aufgrund des Zinsverbots durfte der Campsor eine Vergütung nur für die eigentliche Wechsel- und Transportfunktion seiner Dienstleistung erhalten. Daher musste sich das Wechselgeschäft auf Fälle der Ortsverschiedenheit beschränken12 . War damit der Begriff des Wechsels bald klar umrissen, unterschied man doch innerhalb dieser Grenzen mehrere Typen, die jeweils verschiedenen wirtschaftlichen Bedürfnissen zu dienen bestimmt waren und sich auch rechtlich unterschieden13 . Bei diesen frühen Formen des Wechselgeschäfts ging es indessen stets um einen einzelnen Zahlungsakt. Die Urkunde, die der Campsor seinem Kunden ausfertigte, stellt sich aus heutiger Sicht als Eigenwechsel dar, versprach doch der Aussteller, dem Gläubiger oder dessen »Boten«, dem Präsentanten als vierter in der Urkunde benannter Person14 , eine bestimmte Geldzahlung – wenn auch regelmäßig durch einen Dritten – zu leisten15 . Der Wechsel selbst geriet nicht in Umlauf, wurde also nicht zu einem sachähnlichen Verkehrsgegenstand, der durch verschiedene Hände ging. Die durchaus gegebene beachtliche Typizität war noch nicht mit einer Übertragung oder gar Handelbarkeit verbunden.

von Wächter, Das Wechselrecht des Norddeutschen Bundes, S.  4 f f.; Simon, Der Wechsel als Träger des internationalen Zahlungsverkehrs, S.  52–56. Allgemein zur Kompensation von Zahlungsverpflichtungen auf den Messen Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  345.    Grünhut, Wechselrecht I, S.  32 ff.; s. a. Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  87 ff. 10   Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  39 f., 75 ff.; Grünhut, Wechselrecht I, S.  38. 11   S. nur Coing, Europäisches Privatrecht I, §  110 I, II 2 (S.  537 ff.); Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 543 (2003). 12   Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  406; Grünhut, Wechselrecht I, S.  35 f., 48 ff. 13   Insbesondere Messwechsel und Platzwechsel, s. näher Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  91 ff. 14   Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  58. 15   Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  6 .

A.  Der Wechsel

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2.  Die Entstehung des Wechselumlaufs Seit dem 16. Jahrhundert nahmen die Kaufleute, die mittlerweile oft auch in ständiger Geschäftsverbindung standen, das Wechselgeschäft zunehmend in eigene Hände und begannen, selbst Wechsel auszustellen und einzulösen16 . Die Intensivierung des Handels, vor allem dessen Beschleunigung und Verflechtung, brachte um diese Zeit zwei wichtige Neuerungen. Zum einen verzichtete die Praxis dann, wenn die Zahlung durch einen Dritten erfolgen sollte, immer öfter darauf, dem anderen Teil sowohl einen dem heutigen Eigenwechsel entsprechenden Verpflichtungsschein auszustellen als auch eine Anweisung an den Dritten mitzugeben. Vielmehr beschränkte man sich zunehmend allein auf die Anweisung, konnte doch der Angewiesene schon ihretwegen damit rechnen, dass der Aussteller dem anderen Teil gegenüber verpflichtet war. Auch ließen sich so Kosten sparen, da für die Anweisung – anders als für den Verpflichtungsschein – notarielle Mitwirkung unüblich war17. Zum anderen ließen es die intensiveren Handelsbeziehungen praktisch erscheinen, den Empfänger der Zahlung nicht von vornherein festzulegen, sondern dem Gläubiger die Möglichkeit zu gewähren, schon in der Zwischenzeit seinerseits neue Geschäfte zu tätigen und statt des ihm ausgezahlten und im Hinblick auf ein neues Geschäft wieder eingezahlten bzw. zum Ausgleich vorgesehenen Betrages den ursprünglichen Wechsel selbst zur Zahlung zu verwenden. Man sah daher zwar noch immer einen Empfänger vor, fügte jedoch eine Orderklausel bei, die den Bezogenen anwies, auch an eine vom Empfänger benannte Person zu leisten. Diese Benennung des Berechtigten, die Order, erfolgte praktischerweise dadurch, dass ein entsprechender Vermerk auf dem Wechsel selbst, typischerweise als Indossament auf dessen Rückseite, gemacht wurde18 . Allmählich wurde auch anerkannt, dass das Orderpapier eine Anzahl sukzessiver Begebungen gestattete19 ; auch Inhaberwechsel verbreiteten sich 20 . Spätestens der neue Berechtigte konnte nun aber kaum wissen, ob der ursprüngliche Aussteller zu dem Bezogenen tatsächlich in einer solchen Geschäftsbeziehung stand, dass mit der Leistung auf den Wechsel zu rechnen war. Es entstand also ein Bedürfnis nach einer Bestätigung des Bezogenen, auf einen bestimmten Wechsel auch tatsächlich leisten zu wollen – etwa weil der Aussteller dem Bezogenen inzwischen Deckung verschafft hatte oder ihm ein Guthaben bei dem Bezoge16   Vgl. Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  276, 345 ff. 17   Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  7 m.Nw. 18   Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  121 ff.; Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  449 ff.; Grünhut, Wechselrecht I, S.  87 ff.; von Wächter, Das Wechselrecht des Norddeutschen Bundes, S.  6 ff.; Coing, Europäisches Privatrecht I, §  110 IV (S.  541 f.). 19   Vgl. dazu Brunner, Das französische Inhaberpapier, S.  88. 20   Vgl. zum Fall Burton v. Davy (1437) und späteren Entscheidungen Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 551–554 (2003); Beutel, 51 Harv. L. Rev. 813, 818 ff., 830 ff. (1938); kritisch zur Bedeutung von Burton v. Davy aber Rogers, The Early History of the Law of Bills and Notes, S.  45 ff. sowie zu diesem Guth, 40 Am. J. Legal Hist. 385, 386 (1996).

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Kapitel 9:  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs

nen zustand 21. So entwickelte sich die schriftliche Annahme des Wechsels22 . Nicht zuletzt dadurch war der Wechsel als solcher immer besser geeignet, Gegenstand einer oder mehrerer Übertragungen zu sein und damit selbst zum Verkehrsobjekt zu werden.

II.  Die Epoche einzelstaatlicher Typisierung War bis dahin das Wechselrecht überwiegend eine Entwicklung der gemeineuropäischen Handelspraxis und damit Paradebeispiel eines Gebiets, auf dem die lex mercatoria galt 23 , sollte sich dies im 17. Jahrhundert grundlegend ändern 24 . Denn der Verkehr, der die Vorteile der Umlauffähigkeit des Wechsels erkannt hatte, konnte doch auf Dauer nicht ohne äußere Hilfe auskommen, da mit dem gesteigerten Umlauf eine Vermassung und Entpersönlichung der Rechtsbeziehungen einherging, die ein aus Usancen und ständischer Gerichtsbarkeit entstandenes Gewohnheitsrecht überfordern mussten. Dabei waren es verschiedene Probleme, die das Regelungsbedürfnis begründeten. Zu diesen gehörten insbesondere die Frage des Einwendungsausschlusses und die Entwicklung eines angemessenen Verkehrsschutzes. Denn die Verlässlichkeit des Wechsels für den dritten Erwerber, der weder mit dem ursprünglichen Aussteller noch mit dem Bezogenen zu tun gehabt hatte, musste leiden, wenn derjenige, der Zahlung schuldete, seine Leistung aus Gründen verweigern konnte, die für den Erwerber nicht beherrschbar waren. Als solche Gründe kamen einmal Einwendungen in Betracht, die ihren Ursprung in der Rechtsbeziehung des Schuldners zu einem anderen Beteiligten, insbesondere einem früheren Gläubiger, hatten und dem Erwerber unbekannt waren. Zum anderen war denkbar, dass der Wechsel an irgendeiner Stelle verloren oder gestohlen worden oder auch sonst abhanden gekommen war, der Erwerber aber auf die Berechtigung seiner Vormänner vertraut hatte. Konnte der Schuldner diese Einwendungen dem Erwerber entgegenhalten, war die Funktion des Wechsels als verlässliches Kreditierungs- und Zahlungsinstrument in Frage gestellt. Ein Regelungsbedürfnis entstand ferner insoweit, als dem Wechselgläubiger traditionell von der ständischen Gerichtsbarkeit und den Messgerichten ein schnelles und effektives Verfahren zur Verfügung gestellt worden war, mit der Ausdehnung der Teilnehmer am Wechselverkehr aber eine Übernahme dieses Verfahrens in die gewöhnliche Gerichtsbarkeit anstand.

  Vgl. Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  7–9.   Näher wiederum Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  107 ff.; s. a. Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  455 f. 23   Vgl. Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  79 f., 273 ff., 427 ff.; von Wächter, Das Wechselrecht des Norddeutschen Bundes, S.  9. 24   Zu ersten umfassenderen Regelungen Goldschmidt, Universalgeschichte des Handelsrechts I, S.  461 ff. 21

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Um diese Hindernisse zu beseitigen, musste zum einen klargestellt werden, dass und inwieweit der Wechsel zum Ausschluss von Einwendungen führte und welchen Verkehrsschutz er bot. Zum anderen waren für die staatliche Gerichtsbarkeit die verfahrensmäßigen Besonderheiten zu regeln. Da dies der lex mercatoria nicht gelingen konnte, kam es zu einzelstaatlicher Gesetzgebung. 1.  Die Entwicklung in Deutschland a)  Partikulare Rechtszersplitterung Im kleinteiligen Deutschland erließen die Städte und Territorien vielfach ein eigenes Wechselrecht, das meist zunächst die Form und die Merkmale des Wechsels festlegte und sich sodann insbesondere dem Einwendungsausschluss und dem gutgläubigen Erwerb sowie dem Verfahren in Wechselsachen widmete25 . Trotz grundlegender Gemeinsamkeiten unterschieden sich diese Wechselordnungen doch im Detail ganz beträchtlich, etwa hinsichtlich der Frage, ob der Erwerber des Wechsels auch die ursprüngliche Deckungsforderung erwerbe26 . Dies führte zu einer starken Rechtszersplitterung und erschwerte die Verwendung des Wechsels außerhalb ein und desselben Territoriums ganz erheblich 27. Hierunter musste der Handels- und Zahlungsverkehr leiden, weshalb gerade auf diesem Gebiet schon früh Bestrebungen zur Rechtsvereinheitlichung einsetzten. b)  Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung Die Gründung des Deutschen Zollvereins im Jahre 1833 und seine Erweiterungen führten zur Entstehung eines Binnenmarkts und vereinheitlichten die steuerlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen 28 , was in der Folge den innerdeutschen Handel beflügelte. Damit mussten die Probleme des Wechselrechts besonders deutlich werden. So kam es 1847 zu einer Wechselrechtskonferenz aller Staaten des Deutschen Bundes in Leipzig, die auf der Grundlage des preußischen Entwurfs eine allgemeine deutsche Wechselordnung ausarbeitete. Infolge der politischen Ereignisse des Jahres 1848 war es schließlich die Frankfurter Nationalversammlung, die die Allgemeine Deutsche Wechselordnung als Reichsgesetz verkündete29. In der Form eines Reichsgesetzes war der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung indessen kein Erfolg beschert, weil schon bald ernsthafte Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz der Nationalversammlung aufkamen, vor allem aber die Restauration der Folgejahre die Rechtsakte der Nationalversammlung nicht akzeptierte. Da jedoch die Vereinheitlichung des Wechselrechts als dringlich empfunden wur  Vgl. nur Grünhut, Wechselrecht I, S.  118 ff.; Lange, Die Wechselgeschäfte, S.  4 f f.   Vgl. Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S.  461 f. 27   Ausführlich Mittermaier, AcP 25 (1842), 114 ff.; 284 ff.; AcP 26 (1843), 114 ff.; 446 ff.; AcP 27 (1844), 120 ff.; Souchay, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 11 (1847), 1 ff.; s. a. Grünhut, Wechselrecht I, S.  254 ff. 28   S. nur von Treitschke, Die Gründung des Deutschen Zollvereins, S.  172 ff., insbes. S.  190; Weber, Der deutsche Zollverein, S.  92 ff., insbes. S.  99. 29   RGBl.  vom 27. November 1848, S.  19. 25 26

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de, erließen die einzelnen deutschen Staaten identisch lautende Landesgesetze30 . Mit dieser Parallelgesetzgebung war ein gemeinsames deutsches Wechselrecht ebenso erreicht. Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung legte wiederum die Merkmale des Wechsels genau fest und löste die wechselrechtlichen Beziehungen vollständig von den Grundverhältnissen. Damit konnte sie sich auf verhältnismäßig wenige, präzise Regelungen über die aus dem Wechsel hervorgehenden Verpflichtungen beschränken und zugleich den Wechsel zu einem eigenständigen, abstrakten Instrument von höchster Umlauffähigkeit machen 31. Prozessuale Regelungen enthielt die Allgemeine Deutsche Wechselordnung selbst nicht, sie ermächtigte aber in Flankierung ihrer materiellrechtlichen Regeln Remittenten und Indossatar zur Klage gegen den Aussteller und die Vormänner im Wechselprozess32 . Einige Streitfragen, die in den ersten Jahren der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung entstanden waren und die Einheitlichkeit des Wechselrechts hätten beeinträchtigen können, wurden mit der Umsetzung der Nürnberger Novellen durch die Bundesstaaten in den Jahren 1861–1868 beseitigt 33 . c)  Die Übernahme durch den Norddeutschen Bund und das Deutsche Reich Der Norddeutsche Bund von 1867 übernahm schon im Jahre 1869 die Allgemeine Deutsche Wechselordnung unverändert als Bundesgesetz34 , sodass in seinen Mitgliedstaaten nunmehr auch formal derselbe Rechtstext galt. Bei der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurden verschiedene Bundesgesetze, darunter auch die Wechselordnung, zu Reichsgesetzen erklärt 35 . Damit galt das Recht auf der Grundlage der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung bis zum Erlass des Wechselgesetzes von 193336 , das die Genfer Abkommen von 1930 umsetzte37. Ergänzt wurde die Allgemeine Deutsche Wechselordnung durch weitere prozessuale Sonderregeln, die ab 1. Oktober 1879 die Civilprozessordnung des Deutschen Reichs

30   Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  446 ff., insbes. S.  449 f.; Grünhut, Wechselrecht I, S.  254 ff., insbes. S.  258; von Wächter, Das Wechselrecht des Norddeutschen Bundes, S.  13 ff.; ausführlich zur Frage der Gesetzgebungskompetenz Ulrich Huber, JZ 1978, 785 ff. 31   Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  483; Grünhut, Wechselrecht I, S.  261 f. 32   Art.  26 Abs.  1 ADWO. 33   Grünhut, Wechselrecht I, S.  258 f. 34   Gesetz, betreffend die Einführung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung, der Nürnberger Wechsel-Novellen und des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches als Bundesgesetze, vom 5. Juni 1869, BGBl.  des Norddeutschen Bundes 1869, S.  379 ff. mit Anlage A, S.  382 ff. 35   §  2 des Gesetzes betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871, BGBl.  des Deutschen Bundes 1871, S.  63; für Bayern §  2 Nr.  8 des Gesetzes vom 22. April 1871 betreffend die Einführung norddeutscher Bundesgesetze in Bayern, BGBl.  des Deutschen Bundes 1871, S.  87. 36   Wechselgesetz (WG) vom 21. Juni 1933, RGBl.  I, S.  399, in Kraft getreten am 1. April 1934. 37   Dazu sogleich unter III 1.

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enthielt 38 und die im Wesentlichen auch nach der Umsetzung des Genfer Abkommens weitergalten. d)  Zusammenfassung Die Notwendigkeit eines Eingreifens staatlicher Regulierung brachte Deutschland zunächst große Rechtszersplitterung, ab 1848 aber eine Rechtseinheit, die von der Wirtschaft geradezu erzwungen worden war, sich über die Gründung des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Reichs fortsetzte und damit eine früher nicht gekannte Kontinuität aufwies. Schon die partikularrechtlichen Wechselordnungen, aber auch die spätere einheitliche Wechselordnung fixierten dabei nicht nur den Wechsel als eigenes Rechtsinstitut, sondern führten darüber hinaus auch eine Art Typenzwang ein. In diesem Sinne wirkten zunächst schon die besonderen Verfahrensregeln, die nur zur Anwendung kamen, wenn es sich um ein Rechtsin­ stitut des Typs »Wechsel« handelte. Materiellrechtlich galt ein faktischer Typenzwang jedenfalls von dem Moment an, als die Litteralvertragstheorie über die Konsensualvertragstheorie des Wechselkontrakts gesiegt hatte39. Denn danach war klar, dass bestimmte, besonders erwünschte Rechtswirkungen wie der Einwendungsausschluss und der Verkehrsschutz durch gutgläubigen Erwerb einer Anweisung dann und eben auch nur dann zukamen, wenn sie den Voraussetzungen der jeweiligen Wechselordnung entsprach. Charakteristisch für das deutsche Recht war die völlige Loslösung der wechselrechtlichen Beziehungen vom Grundgeschäft sowie in weitem Maße von der Beziehung zwischen Aussteller und Bezogenem. So wurde die Forderung aus dem Wechsel gegen den Bezogenen als völlig eigenständiger Anspruch konzipiert; es kam also nicht darauf an, ob der Aussteller zum Zeitpunkt der Ausstellung eine Forderung in entsprechender Höhe gegen den Bezogenen hatte, die etwa durch die Begebung des Wechsels abgetreten würde. 2.  Die Entwicklung in Frankreich a)  Das Wechselrecht der Ordonnance pour le commerce von 1673 Im zentralistischen Frankreich war die Rechtszersplitterung bei weitem nicht so groß wie in Deutschland. Die Ordonnance pour le commerce Ludwigs XIV. von 167340 betrachtete das Wechselrecht erstmals als vollwertigen Teil des Handelsrechts und war damit auch für die spätere Aufnahme in den Code de commerce richtungweisend41. Sie enthielt allerdings eine eher kursorische und lückenhafte 38   Civilprozessordnung vom 30. Januar 1877, RGBl.  S .  83, §§  565–567 i. V. m. den Regeln über den Urkundenprozess, §§  555 ff. 39   Grünhut, Wechselrecht I, S.  237 ff. 40   Édit du roi servant de règlement pour le commerce des négociants et marchands tant en gros qu’en détail vom März 1673, genannt Ordonannce pour le commerce, Ordonnance de Colbert oder Code Savary. Text z. B. bei Jousse, Commentaire sur l’Ordonnance du commerce, S.  1 f f. Zu ihrer Entstehung Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  147–151. 41   Vgl. Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  3: »Nach französischer Auffassung [.  .  .] schwebt das Wechselrecht nicht über den übrigen Gesetzen als in sich abgeschlossener und sich

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Regelung42 , die etwa die Erfordernisse eines Wechselbriefs (Titre V Art.  1) oder eines Indossaments (vgl. Titre V Art.  23–25) nicht vollständig wiedergab43 und damit weite Bereiche dem überkommenen Gewohnheitsrecht beließ. An sich galt die Ordonnance mit ihren Regeln über den Wechsel in ganz Frankreich, für die Messe in Lyon wurde jedoch einem Règlement von 1667 der Vorrang zugestanden (Titre V Art.  7). Der traditionelle französische Wechsel stellte sich zwar neben die jeweiligen Grundverhältnisse zwischen Aussteller und Bezogenem einerseits, zwischen Aussteller und Wechselnehmer andererseits. Allerdings bestand schon ausweislich des Gesetzestexts keine volle Unabhängigkeit. So verlangte die Ordonnance, dass der Wechselnehmer dem Aussteller einen »Gegenwert« verschafft hatte; auf dem Wechsel war sogar anzugeben, ob dieser in »deniers, marchandises ou autres effets« empfangen war (Titre V Art.  1). Zudem bestand unter der Ordonnance eine Rückgriffshaftung gegen Aussteller und Indossanten nach Versäumung der Fristen für den Protest weiter, wenn diese nicht beweisen konnten, dass ihnen zur Zeit der Fälligkeit des Wechsels der Bezogene etwas schuldete oder sie ihm einen Wert in Höhe der versprochenen Leistung hatten zukommen lassen (»provision«, Titre V Art.  16). Insoweit war wechselrechtlich also keine volle Trennung zwischen der Wechselverpflichtung und den Grundverhältnissen gegeben. Teils mit Regeln stärker materiellrechtlicher Natur vermischt, enthielt die Ordonnance auch verfahrensrechtliche Regelungen. Sie sahen unter anderem nach Protest und Nichtzahlung eine beschleunigte Beschlagnahme beim Aussteller und den Indossanten vor (Titre V Art.  12) und verlangten verschiedentlich richterliche Genehmigung oder Anordnung (z. B. Titre V Art.  12, 19). Der zwischengeschaltete Richter aber kontrollierte, ob die betreffende Urkunde tatsächlich den Erfordernissen eines Wechsels entsprach, bevor er den besonderen Rechtsbehelfen stattgab – dies umso mehr, als es etwa für die Beschlagnahme keiner vorherigen Zustellung oder gar einer Titulierung bedurfte44 . Wer also sicher gehen wollte, dass eine verbriefte Anweisung ihm entsprechende Rechte brachte, musste sich an die Vorgaben der Ordonnance halten, was letztlich in Richtung eines Typenzwangs wirkte. b)  Das Wechselrecht des Code de commerce von 1807 Einige Jahre nach der Revolution ersetzte dann die Regelung im Livre I Titre VIII des Code de commerce von 1807 das Wechselrecht der Ordonnance. Der Code de commerce legte nun Form und Merkmale des Wechsels vollständig fest45 und sah einen Einwendungsausschluss und – in Anlehnung an die Lösung des Code civil selbst genügender Normenkreis. Es ist vielmehr ein in das gesamte Handelsrecht eingegliederter und von ihm beeinflusster Teil des Rechtssystems.« (Hervorhebung im Original). 42   Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  5; allgemein zur Lückenhaftigkeit der Ordonnance Monéger, RIDE 2004, 171, 184. 43   Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S.  157 f. 44   Jousse, Commentaire sur l’Ordonnance du commerce, S.  152. 45   Art.  110 ff. Code de commerce 1807.

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– die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs vor46 . Die Grundverhältnisse waren auch für den Wechsel unter dem Code de commerce nicht völlig unerheblich. So musste wie unter der Ordonnance im Wechsel der geleistete »Gegenwert« angegeben werden47 ; erst 1922 entfiel diese sogenannte Valutaklausel48 . Auch kam es für die Haftung des Ausstellers nach Fristablauf weiterhin darauf an, ob der Aussteller dem Bezogenen eine »provision« als Deckung zur Verfügung gestellt hatte49, wobei unter diesen Begriff jetzt sowohl die Zurverfügungstellung einer entsprechenden Summe als auch das Bestehen einer Forderung des Ausstellers gegen den Bezogenen gefasst wurde50 . Anders als der Aussteller konnten sich die Indossanten nunmehr aber – in Weiterführung einer schon vor dem Code de commerce ergangenen Rechtsprechung – ohne Beweis der »provision« auf die Verspätung berufen 51. Überhaupt war die »provision« nun zu einem zentralen Element gemacht, wenn auch die Konsequenzen ihres Fehlens nicht völlig klar aus dem Gesetzestext hervorgingen 52 . Im Falle eines Akzepts wurde die »provision« vermutet. Für das Verhältnis zwischen Akzeptanten und Wechselinhabern sprach dies der Code de commerce aus53 ; die Rechtsprechung nahm eine solche Vermutung auch für das Verhältnis zwischen Akzeptanten und Aussteller an54 . Aus der dem Gesetz zugrundeliegenden Notwendigkeit einer Deckung erklärt sich vor allem auch die – im deutschen Recht abgelehnte55 – Auffassung der gegen Ende des 19. Jahrhunderts herrschenden Meinung, dem Wechselinhaber werde zugleich die Deckungsforderung zediert mit der Folge, dass er bei bestehender Deckung auch ohne Akzept gegen den Bezogenen vorgehen könne56 , was im Falle einer Insolvenz des Ausstel46   Zur im Vergleich mit dem abstrakten deutschen Wechsel geringeren Abstraktion Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 407 f. 47   Art.  110 Code de commerce 1807: »[La lettre de change] énonce [.  .  .] la valeur fournie en espèces, en marchandises, en compte, ou de toute autre manière.« 48   Loi du 22 février 1922; dazu Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 406. 49   Vgl. Art.  117, 168–170 Code de commerce 1807; dazu Jousse und Bécane, Commentaire sur l’Ordonnance de commerce, Anm.  zu Art.  16 Ordonnance, S.  161–166; deutschsprachig Wasserburg, Wechselrecht nach dem französischen Handelsgesetzbuche, S.  36; Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 409 f. 50   Art.  116 Code de commerce 1807. 51   Näher Bécane, in: Jousse, Commentaire sur l’Ordonnance de commerce, Anm.  zu Art.  16 Ordonnance, S.  164 f. 52   Vgl. Art.  115–117 Code de commerce 1807. 53   Art.  117 Code de commerce 1807. 54   Vgl. Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 405 f. m.Fn.  3. 55   ROHG, Urteil vom 24. September 1875, Rep.  694/75, ROHGE 18, 189, 191 f.; s. a. für die weitere Auseinandersetzung Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  130–146. 56   Cass. civ. vom 14. Mai 1873, S.  1873, 1, 374 f.: »Attendu qu’en résumant l’opinion unanime des auteurs, on définit la lettre de change comme une convention par laquelle une personne vend, cède et transporte à une autre instantanément et irrévocablement les fonds qu’elle a ou qu’elle aura en un autre lieu, pour un prix convenu et payé immédiatement. – Qu’on doit ainsi appliquer à ce contrat les principes généraux de la vente, en reconnaissant au porteur un droit exclusif sur la provision destinée au payement de la lettre dont il est propriétaire. – Que, pour faire valoir ce droit de propriété, le porteur n’a qu’à justifier que la lettre de change a été tirée en vue de cette provision.«; Cass. civ. vom 18. Mai 1868, S.  1868, 1, 292: »Attendu que le tireur d’une lettre de change doit en assurer le paiement par une provision; que les sommes et valeurs formant cette

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lers von Interesse sein konnte57. Nach dem Vorbild des belgischen Gesetzgebers58 hat auch der französische diese Lösung dann 1922 sogar kodifiziert 59. Die verfahrensrechtlichen Regelungen des Code de commerce von 1807 folgten im Wesentlichen der Ordonnance von 1673. So sah beispielsweise Art.  172 wiederum die Notwendigkeit richterlicher Erlaubnis zur schnellen Beschlagnahme bei Aussteller, Akzeptanten und Indossanten vor, was weiterhin typisierend auf die Gestaltung des Wechsels vorwirkte. c)  Zusammenfassung In Frankreich war schon durch das Wechselrecht der Ordonnance pour le commerce von 1673 weitgehend Rechtseinheit hergestellt. Die Ordonnance pour le commerce galt über die Revolution hinweg bis zum Erlass des Code de commerce 1807, der inhaltlich nur geringfügige Neuerungen brachte. Auch in Frankreich war der Wechsel von der Gesetzgebung nicht nur als eigenes Rechtsinstitut fixiert, sondern die Entstehung wechselmäßiger Verpflichtungen an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen geknüpft. Soweit diese Voraussetzungen reichten, war damit wieder ein Typenzwang gegeben. Die Loslösung von den Grundverhältnissen ging dabei in Frankreich von Anfang an weniger weit als in Deutschland, da der Wechsel die Leistung eines »Gegenwerts« an den Aussteller verlangte und nach dem Gesetzestext den Aussteller begünstigte, der eine »provision« an den Bezogenen geleistet hatte, nach der Auslegung der Rechtsprechung aber sogar eine Zession der Deckungsforderung an den Wechselinhaber stattfand60 . Mit dieser Abhängigkeit von den Grundverhältnissen des jeweiligen Einzelfalls war der französische Wechsel weniger typisiert als sein abstrakterer deutscher Bruder, weshalb man ihm geringere Verkehrsfähigkeit attestieren musste61.

provision, dès qu’elles sont entrées dans les mains du tiré, demeurent, à ce titre, exclusivement affectées au paiement du porteur, sans que le tiré ni ses créanciers puissent y prétendre aucun droit .  .  .« Näher z. B. Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  36–41; Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  278 ff., 600, 924 f. m.Nw.; von Wächter, Encyclopädie des Wechselrechts I, Stichwort »Deckung«, S.  197 f., 203. 57   Vgl. Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  279; von Wächter, Das Wechselrecht des Deutschen Reichs, S.  96; Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 408 f. 58   Gesetz vom 20. Mai 1872, Text bei von Wächter, Encyclopädie des Wechselrechts, S.  202 f. 59   Art.  16 Loi du 8 février 1922, durch die dem Art.  116 der folgende zweite Absatz hinzugefügt wurde: »La propriété de la provision est transmise de droit aux porteurs successifs de la lettre de change.« Dazu Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  50 ff.; Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 408 f. 60   S. auch die Vergleiche bei Wasserburg, Wechselrecht nach dem französischen Handelsgesetzbuche, S.  173 f. (Gegenwert), 175 (»provision«); von Wächter, Das Wechselrecht des Deutschen Reichs, S.  96 (»provision«). 61   Vgl. Wahl, RabelsZ 4 (1930), 405, 411: »In überspitzter Formulierung läßt sich deshalb vielleicht sagen, daß die französische Provisionslehre das Wechselrecht des Bankiers für kleine Gewerbetreibende ist, die abstrakte Natur des Wechsels dagegen den Verhältnissen des großen Geschäftsverkehrs entspricht.«

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3.  Die Entwicklung in England a)  Das Wechselrecht unter der Rechtsprechung Im Gegensatz zum Kontinent blieben in England die bills of exchange zunächst lange eine Domäne des Handelsbrauchs und wurden von den Gerichten nach dessen Regeln und den allgemeinen Grundsätzen des englischen Rechts beurteilt62 . Der erste bedeutende Gesetzestext, in dem die bills of exchange auftauchten, stammt von 1705. In ihm wurden indessen nicht die bills of exchange als besondere, eine Anweisung enthaltende Wertpapiere geregelt, sondern vielmehr den heute als Eigenwechsel anzusehenden gewöhnlichen Schuldversprechen ohne Anweisungscharakter (promissory notes) dieselbe Wirkung wie den »inland bills of exchange« zugesprochen63 . Damit verschwammen die Grenzen zwischen den bills of exchange und sonstigen verbrieften Schuldversprechen, und in der Tat sollten die Konturen des Instituts in England weniger scharf bleiben, als auf dem Kontinent. So konnten bills of exchange nicht nur die Form von Orderpapieren, sondern auch die Form von Inhaberpapieren annehmen. Auch wurde der auf eine Bank gezogene und bei Sicht fällige Scheck nicht als eigenständige Gattung, sondern als Unterfall des Wechsels angesehen64 . Nicht zuletzt der Definition Blackstones, die bill of exchange sei »an open letter of request, or an order from one person to another, desiring him to pay, on his account, a sum of money therein mentioned, to a third person«65 , entnahm man die Vorstellung eines »assignment to a third party of a debt due to the person drawing the bill, from the person upon whom it is drawn«66 . Allerdings war damit nicht etwa, wie im französischen Recht, der zusätzliche Übergang der Deckungsforderung gemeint67. Vielmehr sollte nur gesagt sein, dass die Begebung oder Weitergabe des Wechsels den Übergang der Wechselforderung gegen den Bezogenen bewirkte. In Abweichung zu den allgemeinen Regeln konnte dieses assignment, obwohl es sich bei der bill of exchange um eine chose of action handelte, sowohl das legal als auch das equitable interest übertragen68 . 62   Näher Beutel, 51 Harv. L. Rev. 813, 814 ff. (1938); Rogers, The Early History of the Law of Bills and Notes, S.  12 ff. 63   An Act for Giving like Remedy upon Promissory Notes as is now used upon Bills of Exchange, and for the better Payment of Inland Bills of Exchange (3 & 4 Anne, c. 9, Text bei Chitty, A Practical Treatise on Bills of Exchange, S. *415 ff.); dazu auch Beutel, 51 Harv. L. Rev. 813, 841 ff. (1938); Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 556 (2003). 64   Vgl. Chitty, A Practical Treatise on the Law of Bills of Exchange, S. *78 f. 65   Blackstone, Commentaries on the Laws of England, Book II, S.  466. 66   Chitty, A Practical Treatise on the Law of Bills of Exchange, S. *1. 67   Vgl. später s. 53(1) Bills of Exchange Act 1882: »A bill, of itself, does not operate as an assignment of funds in the hands of the drawee available for the payment thereof, and the drawee of a bill who does not accept as required by this Act is not liable on the instrument. This sub-section shall not extend to Scotland.« 68   Chitty, A Practical Treatise on the Law of Bills of Exchange, S. *6; s. 30(1) Bills of Exchange Act 1882; deutschsprachig Thomsen, Die Einwendungslehre im englischen und deutschen Wechselrecht, S.  29 ff.

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Wie auch für andere Verbindlichkeiten, verlangte das englische Recht für die Wechselverbindlichkeiten von Anfang an eine consideration 69. So musste der Aussteller eine consideration für die Annahme durch den Bezogenen, der Wechselnehmer eine consideration für die Begebung des Wechsels an ihn und der Indossant eine consideration für den Erwerb des Wechsels versprochen haben, damit jeweils inter partes wechselmäßige Verbindlichkeiten entstanden. Gegenüber demjenigen, der ohne consideration erworben hatte, konnten alle seine Vormänner und der Bezogene dieses Fehlen einwenden. Hingegen entschied die Rechtsprechung, dass dem Bezogenen gegenüber dem Inhaber keine Einrede fehlender Deckung durch den Aussteller zustand; ebensowenig sollte sich der Indossant gegenüber einem späteren Indossatar darauf berufen können, seinerseits keine Gegenleistung erhalten zu haben. Allerdings stützten die Gerichte auf den Wechsel die Vermutung, dass consideration vorhanden war; ihr Fehlen musste also der jeweilige Beklagte beweisen70 . Gutgläubigen Erwerb im eigentlichen Sinne kennt das englische Recht auch bei Wechseln nicht; ein holder in due course erwirbt den Wechsel aber grundsätzlich frei von Ansprüchen Dritter – auch aus dem Eigentum – und von Einwendungen eines am Papier Beteiligten, mit dem der Erwerber nicht selbst kontrahiert hat71. Holder in due course ist bei Inhaberpapieren der Besitzer, bei Orderpapieren der Bezeichnete, wenn der Wechsel nicht unentgeltlich erworben wurde, und beim Erwerber keine Kenntnis und kein Kennenmüssen vorliegt. Dabei ist die hier verlangte Entgeltlichkeit enger als die consideration, da sie grundsätzlich eine bereits gegebene, also erfüllte, Gegenleistung verlangt. Allerdings ist ein gefälschtes Indossament regelmäßig absolut unwirksam, entfaltet also ungeachtet eines eventuellen guten Glaubens keine Transportfunktion. b)  Der Bills of Exchange Act von 1882 Trotz weitgehender Einheitlichkeit in der Rechtsprechung empfand man in England um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein Bedürfnis, das Wechselrecht zu kodifizieren. Hierbei spielte gewiss der Wunsch nach mehr Rechtssicherheit eine Rolle, wie sie der Kontinent durch den im Ausland bewunderten Code de commerce und mittlerweile auch die Allgemeine Deutsche Wechselordnung, die jeweils von zahlreichen Staaten übernommen worden waren72 , erreicht hatte. Nach einem Entwurf Chalmers wurde schließlich das bis dahin geltende Recht im Bills of Exchange Act von 188273 kodifiziert. Dieses Gesetz war die erste bedeutende Kodifikation auf dem Gebiet des Handelsrechts in England überhaupt74 . Allerdings blieb das eng69   Thomsen, Die Einwendungslehre im englischen und deutschen Wechselrecht, S.  33 ff. mit Hinweis auf die Diskussionen in der Vergangenheit. 70   Chitty, A Practical Treatise on the Law of Bills of Exchange, S. *6 ff.; deutschsprachiger Überblick bei von Wächter, Encyclopädie des Wechselrechts, S.  204. 71   Vgl. Manning, The Law of Bills of Exchange, S.  82. 72   S. nur Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 336, 337 f. (1931). 73   Bills of Exchange Act 1882 (45 & 46 Vict., c. 61). 74   Arden, (1997) 56 C. L. J. 516, 518; Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 336 (1931).

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lische Recht auch unter dem Bills of Exchange Act weniger streng und formal als die kontinentaleuropäischen Wechselrechte. So konnte derjenige, der aufgrund eines unerkennbar und unerkannt gefälschten Indossaments erworben hatte, dennoch keine Rechte geltend machen75 ; die Pflichten des Wechselinhabers zu rechtzeitiger Vorlage und Protest wurden nicht absolut aufgefasst, sondern waren Ausprägungen der allgemeinen Pflicht zu angemessener Sorgfalt und erlaubten daher auch weiterhin die für das englische Recht typische Einzelfallbetrachtung 76 . c)  Zusammenfassung England vertraute bis zum Ende des 19. Jahrhunderts das Wechselrecht allein dem Handelsbrauch an. Selbst die 1882 schließlich erfolgte Kodifikation zeichnete im Wesentlichen nur den von der Rechtsprechung bis dahin entwickelten Zustand auf. So war es dank dieser Gesetzgebung zwar leichter möglich, sich über das geltende Recht zu informieren. Eine höhere Abstraktion der bills of exchange von den Grundverhältnissen ging damit aber nicht einher. Mit der Konstruktion des Wechsels als assignment, dem Erfordernis der consideration und dem Einwendungsausschluss nach den Regeln des holder in due course blieben englische bills of exchange vielmehr im Ausgangspunkt weniger abstrakt als kontinentale Wechsel. Auch wurden die Pflichten des Wechselinhabers selbst nach der Kodifikation weniger formal und absolut verstanden, sondern mehr als eine Ausprägung der Obliegenheit zu angemessener Sorgfalt, womit das englische Recht trotz seiner zunächst typisierenden Kodifikation die Umstände des Einzelfalls betonte. 4.  Die Entwicklung in den U. S. A. a)  Einzelstaatliche Kodifikation des englischen Common Law Die Übernahme der Regeln des englischen Common Law war in den U. S. A. abgeschlossen, bevor England das Wechselrecht im Jahre 1882 im Bills of Exchange Act kodifizierte. Damit waren die Definition Blackstones, die Eingliederung des Wechsels neben der promissory note in das allgemeine Recht der Wertpapiere des Zahlungs- und Kreditverkehrs mit der Möglichkeit des Inhaberwechsels, die Lehre vom holder in due course sowie schließlich das Erfordernis der consideration und deren Vermutung wie selbstverständlich im amerikanischen Recht angekommen77. Allerdings gab es schon zwischen den verschiedenen Kolonien gewisse Unterschiede im Wechselrecht. Dieses Auseinanderdriften verschärfte sich nach der Revolution weiter 78 . Zudem bedurfte es zur Ermittlung der Rechtslage noch immer der Recherche in zumeist englischen Präjudizien. Auch in den U. S. A. konnte ein   Näher z. B. Vis, 27 Am. J. Comp. L. 547, 548 (1979).   Vgl. Chalmers, (1911) 11 J. Soc. Comp. Leg. 278, 279. 77   S. nur Story, Commentaries on the Law of Bills of Exchange, S.  1 f f.; Kent, Commentaries on American Law III, S.  43 ff.; deutschsprachiger Bericht vom Beginn des 19. Jahrhunderts bei Jacobsen, Neue Sammlung handelsrechtlicher Abhandlungen, S.  129–142. 78   Beutel, 34 Ill. L. Rev. 137, 139 ff. (1939); ders., 40 Colum. L. Rev. 836, 837–849 (1940). 75 76

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solcher Zustand dem wachsenden Handel auf Dauer nicht genügen. Dem Bundesgesetzgeber fehlte jedoch zumindest nach damaliger Lesart der Verfassung die erforderliche Kompetenz auf dem Gebiet des Privatrechts. Deshalb waren es die Einzelstaaten und Territorien, die im Laufe des 19. Jahrhunderts allesamt eigene Gesetze mit durchaus unterschiedlichem Inhalt und unterschiedlicher Reichweite erließen79. b)  Das Uniform Negotiable Instruments Law Das Zusammenwachsen der Einzelstaaten führte insbesondere nach dem Bürgerkrieg zu einer starken Zunahme des »Interstate Commerce«, der sich an der unterschiedlichen Handhabung des Wechselrechts stieß. Schon 1884 übertrug man daher der sechs Jahre zuvor gegründeten American Bar Association die Aufgabe, ein einheitliches Regelungswerk für die Handelspapiere zu entwerfen. Die American Bar Association blieb jedoch zunächst untätig, weshalb der Staat New York im Jahre 1890 per Gesetz ein Komitee zur Förderung bundeseinheitlicher Gesetze einrichtete und die anderen Staaten aufforderte, Vertreter zu entsenden. Die daraus hervorgegangene National Conference of Commissioners on Uniform State Laws (N. C. C. U. S. L.) bildete sogleich ein Committee on Commercial Law, das auch tatsächlich 1896 den Entwurf eines Uniform Negotiable Instruments Law (U. N. I. L.) vorlegte. Das U. N. I. L. orientierte sich am englischen Bills of Exchange Act von 1882. Es kodifizierte aber nicht nur das Wechsel- und Scheckrecht, sondern das Recht aller negotiable instruments. Schon 1897 übernahmen Connecticut, New York, Colorado und Florida das U. N. I. L. Dem folgten alle anderen Einzelstaaten nach, sodass erstmals ein gemeinamerikanisches Recht der Handelspapiere existierte 80 . c)  Der Uniform Commercial Code Die mit dem U. N. I. L. erreichte Rechtseinheit währte indes nicht lange 81. Als die National Conference of Commissioners on Uniform State Laws in den Vierzigerjahren des letzten Jahrhunderts mit der Ausarbeitung eines Uniform Commercial Code begann, wurde daher auch eine Neukodifikation des Rechts der Handelspapiere vorgesehen. Der 1956 in einer ersten Fassung verabschiedete, 1962 revidierte und in der Zwischenzeit mehrfach angepasste Uniform Commercial Code regelt seither in seinem Art.  3 das Recht der negotiable instruments. Mit Ausnahme Louisianas wurden diese Regelungen auch sogleich in allen Einzelstaaten übernommen. Negotiable instruments sind insbesondere promissory notes und drafts. Der 79   Beutel, 40 Colum. L. Rev. 836, 845 ff. (1940); Jähnchen-John, Das Wechsel- und Scheckrecht der Vereinigten Staaten von Amerika, S.  17 f. 80   Zu allem Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 337 (1931); Lorenzen, BlVerglR. 2 (1907), 405, 406 ff.; Jähnchen-John, Das Wechsel- und Scheckrecht der Vereinigten Staaten von Amerika, S.  18. 81   Beutel, 27 Nebr. L. Rev. 485, 486–498 (1948) mit der Zwischenüberschrift: »The Net Result, More Confusion« (S.  494); s. zur Diskussion schon Hening, 50 U. Penn. L. Rev. 471, 476 ff.; 532 (1911).

A.  Der Wechsel

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Uniform Commercial Code folgt also dem umfassenden Ansatz des U. N. I. L., worin letztlich die englische Nähe zwischen Schuldversprechen und Anweisungen wiederkehrt82 . Drafts ihrerseits zerfallen in die auf eine Bank gezogenen, bei Sicht zahlbaren Schecks sowie die gewöhnlichen Wechsel, die auf beliebige Personen gezogen sein können und erst zu einem bestimmten zukünftigen Datum fällig sind. Es fehlt also an einer wesensmäßigen Eigenständigkeit des Schecks gegenüber dem Wechsel83 . d)  Zusammenfassung Wie schon in England, so war auch in den U. S. A. das Wechselrecht Schrittmacher der Kodifikationsbewegung; wie in Deutschland, war es zudem auch in den U. S. A. Schrittmacher der nationalen Rechtsvereinheitlichung84 . Einmal mehr belegt diese Kodifikationsgeschichte die von den Zeitgenossen als wichtig empfundene Fixierung der Regeln dieses Rechtsgebiets. Ungefähr zur gleichen Zeit wie in England kodifizierten auch die Einzelstaaten das Wechselrecht, es folgte die Harmonisierung durch das U. N. I. L. und – aufgrund der bald einsetzenden Auseinanderentwicklung – die neuerliche Harmonisierung durch Art.  3 U. C. C. Trotz unterschiedlicher Gesetzestexte besteht die strukturelle Gemeinsamkeit mit England auch unter Art.  3 U. C. C. fort85 . Ähnlich wie im englischen Recht ist daher die Abstraktion des U. S.-amerikanischen Wechsels ebenfalls nicht so vollständig durchgeführt, wie dies schon unter der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung erreicht wurde. Auch hier scheint die Praxis aber mit dieser Lösung zurechtzukommen86 .

III.  Internationale Wechselrechtsvereinheitlichung und angloamerikanische Abstinenz 1.  Die Genfer Wechselrechtsabkommen Die Zunahme des internationalen Handels um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert rief die Frage einer weltweiten Rechtsvereinheitlichung auf die Tagesordnung. Erste Versuche 87, ein »Weltwechselrecht« zu schaffen, scheiterten jedoch

  Dazu soeben bei Fn.  63.   S. nur Jähnchen-John, Das Wechsel- und Scheckrecht der Vereinigten Staaten von Amerika, S.  22. 84   S. a. Morawitz, Das internationale Wechselrecht, S.  19 m.Fn.  50. 85   Schmitthoff, Select Essays on International Trade Law, S.  81, 85. 86   Angesichts der vergleichbaren Rechtslage beim Scheck, der noch immer bedeutsam ist (s. nur Reimann, Einführung in das US-amerikanische Privatrecht, S.  228), lässt sich dies jedenfalls nicht allein mit dem Bedeutungsverlust des Wechsels erklären. 87   Dazu von Caemmerer, in: Wörterbuch des Völkerrechts III, S.  166, 166 re.Sp.; Ellinger, in: Int. Enc. Comp. L. IX, Ch. 4, S.  34 f., Tz.  85; Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 338–341 (1931); Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  13 ff. 82 83

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nicht zuletzt an der Frage der »provision«88 . Zwei Wechselrechtskonferenzen im Haag in den Jahren 1910 89 und 191290 war wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs kein Erfolg beschert. Die Genfer Konferenz des Jahres 1930 konnte indes an die Ergebnisse der Haager Konferenzen anknüpfen und brachte schließlich drei Übereinkommen zustande, die eine weitreichende Rechtsvereinheitlichung zur Folge hatten: das Abkommen über ein einheitliches Wechselgesetz91, das Abkommen über das internationale Wechselprivatrecht92 sowie das Abkommen über das Verhältnis der Stempelgesetze zum Wechselrecht93 . Das materielle Wechselrecht, dem das Abkommen über ein einheitliches Wechselgesetz gilt, brachte für Kontinentaleuropa und Südamerika in weiten Teilen die gewünschte Rechtsvereinheitlichung. Es beginnt im ersten Titel mit einer Festlegung der Merkmale des gezogenen Wechsels und beschäftigt sich sodann mit dessen Indossament, der Annahme, der Wechselbürgschaft und dem Verfall, behandelt Zahlung und Rückgriff bei Nichtannahme und Nichtzahlung und kommt sodann zu Ehreneintritt, Ausfertigungen und Abschriften, Änderungen und schließlich der Verjährung. Der zweite Titel gilt den »eigenen Wechseln«. In Deutschland wurden materielles Recht und Kollisionsrecht der Abkommen im Wechselgesetz umgesetzt94 , das die Deutsche Wechselordnung ablöste 95 . In Frankreich wurde Titel VIII des Code de commerce komplett umgestaltet96 . Rechtsvergleichend bedeutsam ist, dass unter dem Genfer System ein gefälschtes Indossament als vollwirksam betrachtet wird, also das Eigentum am Wechsel und die Wechselforderung überträgt, wenn der Indossatar bezüglich der Fälschung gutgläubig war97. Entsprechend wird auch der Wechselschuldner, der den Wechsel bei Verfall zahlt, ohne dass ihm dabei Arglist oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, von der Wechselverbindlichkeit befreit98 . Alle anderen Wechselgläubiger bleiben 88   Wieland, ZHR 68 (1910), 345, 367 zu den »belgischen Konferenzen« in Antwerpen 1885 und Brüssel 1888. 89   Dazu ausführlich Wieland, ZHR 68 (1910), 345 ff. 90   Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  89 f.; ausführlich wiederum Wieland, ZHR 74 (1913), 1 ff. 91   Convention providing a uniform law for bills of exchange and promissory notes (Genfer Abkommen über das Einheitliche Wechselgesetz) vom 7. Juni 1930, abgedruckt in RGBl.  1933 II, S.  377. 92   Convention for the settlement of certain conflicts of laws in connection with bills of exchange and promissory notes (Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Wechselprivatrechts) vom 7. Juni 1930, abgedruckt in RGBl.  1933 II, S.  444. 93   Convention on the stamp laws in connection with bills of exchange and promissory notes (Genfer Abkommen über das Verhältnis der Stempelgesetze zum Wechselrecht) vom 7. Juni 1930, abgedruckt in RGBl.  1933 II, S.  468. 94   Wechselgesetz (WG) vom 21. Juni 1933 (oben Fn.  36). 95   Art.  3 Abs.  1 des Einführungsgesetzes zum Wechselgesetz vom 21. Juni 1933, RGBl.  I, S.  409. 96   Décret-loi du 30 octobre 1935 unifiant le droit en matière de lettre de change et de billet à ordre. 97   Art.  16 Abs.  2 Genfer Einheitliches Wechselgesetz = Art.  16 Abs.  2 WG. 98   Art.  40 Abs.  2 Genfer Einheitliches Wechselgesetz = Art.  40 Abs.  3 WG.

A.  Der Wechsel

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von der Fälschung unberührt. Ebenso fällt auf, dass das einheitliche Wechselgesetz zwar keinen Inhaberwechsel zulässt, mit dem Blankoindossament aber letztlich dasselbe Ergebnis erzielt. Nationale Vorbehalte erlaubt das einheitliche Wechselgesetz für einige Fristbestimmungen, Förmlichkeiten bei Protest und Notifikation und vor allem für die Beziehungen zu den rechtlichen Grundverhältnissen, insbesondere die Frage der »provision«99. Daher wird etwa in Frankreich der Wechsel nach wie vor so kon­ struiert, dass er den Übergang des Deckungsguthabens des Ausstellers beim Bezogenen, also den Übergang von dessen Forderung gegen den Bezogenen, bewirkt. Der Inhaber kann damit unter französischem Recht noch immer auf die Kausalforderung gegen den Bezogenen zurückgreifen, wenn der Anspruch aus dem Wechsel etwa wegen Verjährung, fehlenden Akzepts oder Insolvenz des Ausstellers scheitert. Unter den Staaten, die das Genfer Wechselrechtsabkommen ratifiziert haben, ist mithin eine weitgehende Vereinheitlichung dieses Rechtsinstituts erreicht worden. Allerdings belassen die Vorbehalte doch Raum für nicht unerhebliche Abweichungen, welche insbesondere dort, wo sie einen engeren Zusammenhang zwischen Wechselverbindlichkeiten und Grundverhältnissen gestatten, die Typizität wieder reduzieren, sodass trotz internationaler Vereinheitlichung auch im Kreis der Signatarstaaten Wechsel unterschiedlicher Typizität begegnen. 2.  Angloamerikanische Abstinenz Sowohl Großbritannien als auch die U. S. A. beteiligten sich zwar an der Aushandlung der Wechselrechtsabkommen100 , vertraten aber von Anfang an einen völlig ablehnenden Standpunkt101 und haben diese Abkommen – mit Ausnahme des Stempelabkommens, dem Großbritannien und Nordirland beigetreten sind – bis heute nicht gezeichnet oder gar ratifiziert. Dies beruhte auf einigen sachlichen Differenzen, im Wesentlichen aber auf der Grundhaltung, dass eine Regel, die einheitlich in der englischsprechenden Welt und dabei vor allem in England und den U. S.-amerikanischen Einzelstaaten unter dem U. N. I. L. galt, nicht verändert werden sollte, um den dort erreichten Zustand nicht wieder zu gefährden102 . Der Verhandlungsspielraum war damit von vornherein so stark eingeschränkt, dass auch 99   Art.  16 der Vorbehaltsbestimmungen in Annex II (RGBl.  1933 II, S.  432, 437); dazu Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  285 Fn.  1. Ebenso schon Art.  12 des Vorentwurfs eines Abkommens zur Vereinheitlichung des Wechselrechts von 1910 sowie Art.  14 des Haager Wechselrechtsabkommens von 1912 (Text in deutscher Übersetzung jeweils bei Wieland, a.a.O.). 100   Die U. S. A. hatten immerhin einen Beobachter entsandt, vgl. Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 333 (1931). Zu Personalien z. B. Chalmers, (1911) 11 J. Soc. Comp. Leg. 278, 278 f. 101   Hirsch, Der Rechtsbegriff ›provision‹ .  .  ., S.  4; Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  14 Fn.  3, 15, 17. 102   Deutlich Chalmers, (1911) 11 J. Soc. Comp. Leg. 278, 279 ff.; Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 341 (1931). In den U. S. A. kam hinzu, dass das Wechselrecht als zur Zuständigkeit der Einzelstaaten gehörig angesehen wurde, vgl. Yntema, 4 Int’l L. Q. 178, 186 (1951); von Caemmerer, in: Wörterbuch des Völkerrechts III, S.  166, 168 re.Sp.

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Vorbehaltsregeln keine Lösung mehr boten. Klar hervor geht aus der Grundhaltung Englands und der U. S. A., dass die Erhaltung der Gemeinsamkeiten im ang­ loamerikanischen Rechtsraum als vordringlich angesehen wurde. Damit unterscheiden sich die beiden großen Wechselrechtssysteme auch weiterhin etwa in der Frage der Risikoverteilung bei Fälschung eines Indossaments, wo das Genfer Abkommen den guten Glauben stärker schützt und damit die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs dem Interesse des vormaligen Eigentümers vorzieht103 , oder bei der Frage der Zulässigkeit eines Inhaberwechsels, die das Genfer Wechselrecht negativ beantwortet, allerdings das Blankoindossament anerkennt104 . 3.  Die UNCITRAL-Konvention von 1988 Das Projekt eines »Weltwechselrechts« war mit dem Fernbleiben der Länder des Common Law von den Genfer Abkommen nicht dauerhaft aufgegeben. Nach längeren Bemühungen wurde am 9. Dezember 1988 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine »Konvention über internationale gezogene Wechsel und internationale Eigenwechsel« verabschiedet105 . Sie neigt dem Vorbild der Genfer Konvention mit ihrer größeren Abstraktheit und höheren Typizität zu, bietet aber in Streitfragen eine Kompromisslösung. So ist etwa bei Fälschung eines Indossaments zwar der gutgläubige Indossatar ebenso wie der gutgläubige Schuldner grundsätzlich geschützt106 ; der wahre Berechtigte kann jedoch nicht nur gegen den Fälscher vorgehen, sondern hat zusätzlich Ansprüche etwa gegen den ersten Indossatar107. Insgesamt würde die Konvention zumindest den Staaten des Common Law höhere Typizität bringen. Die Konvention hat indessen noch nicht die Zahl von zehn Beitritten erreicht, die für ihr Inkrafttreten erforderlich sind108 . Immerhin bemerkenswert ist allerdings, dass Kanada am 7. Dezember 1989 und vor allem die U. S. A. am 29. Juni 1990 die Konvention gezeichnet haben. Die Erfolgsaussichten dieser Konvention sind indes dennoch eher skeptisch zu beurteilen.

IV.  Zusammenfassung und Würdigung Das Wechselrecht erweist sich als ein Gebiet, auf dem die wirtschaftlichen Bedürfnisse früh zu hoher Typizität führten. Dass diese Typizität überall von einer Ko103   Dazu Hudson/Feller, 44 Harv. L. Rev. 333, 354 f. (1931); Vis, 27 Am. J. Comp. L. 547, 548 ff. (1979). 104   Ausführlich Ellinger, in: Int. Enc. Comp. L. IX, Ch. 4, S.  45 ff., Tz.  106 ff. 105   United Nations Convention on International Bills of Exchange and International Promissory Notes, General Assembly resolution 43/165; zu ihr Herrmann, 10 U. Pa. J. Int’l Bus. L. 517, 518 ff. (1988); Schütz, Die UNCITRAL-Konvention .  .  ., passim, mit Text S.  277 ff. 106   Näher Art.  28–32, 72(3) der Konvention. 107   Dazu Schütz, Die UNCITRAL-Konvention .  .  ., S.  121 ff. S. a. Vis, 27 Am. J. Comp. L. 547, 553 ff. (1979). 108   Art.  89 der Konvention. Bislang sind ihr mit Gabun, Guinea, Honduras, Liberia und Mexiko nur fünf Staaten beigetreten.

A.  Der Wechsel

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difikation geschaffen oder jedenfalls aufgegriffen und verstärkt wurde, kann dabei nicht verwundern. Denn die hohe Akzeptanz des Wechsels beruhte auf bestimmten Eigenschaften dieses Papiers, auf die sich der Verkehr umso mehr verlassen konnte, als sie gesetzlich fixiert waren. Zu diesen Eigenschaften gehört insbesondere die Haftung der Beteiligten, in erster Linie die Haftung des Ausstellers, der Indossanten und des Bezogenen, der den Wechsel angenommen hat, sowie die Möglichkeit schneller Rechtsverfolgung in einem besonderen Verfahren. Diese Eigenschaften kommen einem Papier immer dann, aber auch nur dann zu, wenn es den Anforderungen des jeweiligen Wechselrechts entspricht. Wertpapiere, die exakt dieselben Eigenschaften aufweisen, aber den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen, können durch privatautonome Gestaltung nicht geschaffen werden; lediglich einzelne dieser Eigenschaften lassen sich individuell gestalteten Papieren beigeben. Die mit dem verstärkten internationalen Handel aufgekommenen Bestrebungen, ein »Weltwechselrecht« zu schaffen, führten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zur Herausbildung zweier großer Systeme: dem System der Genfer Abkommen und dem anglo-amerikanischen Gegenentwurf, dem der Bills of Exchange Act von 1882 zugrunde liegt. Dabei erscheint die Typizität im Genfer System stärker ausgeprägt. Aufgrund verschiedener nationaler Vorbehalte, die gerade das Verhältnis der Wechselforderungen zum Grundgeschäft betreffen, ist allerdings innerhalb des Genfer Systems keine völlige Einheitlichkeit gegeben. Insgesamt weniger streng und damit schwächer typisiert zeigt sich das anglo-amerikanische Wechselrecht109, das wiederum kleinere Unterschiede zwischen England, den U. S.-amerikanischen Einzelstaaten und anderen Common Law-Ländern kennt. Dabei fällt besonders für die U. S. A. noch ins Gewicht, dass das Wechselrecht Teil einer umfassenden Regelung handelsrechtlicher Wertpapiere ist, während der englische Bills of Exchange Act immerhin nur Wechsel und Scheck, die Genfer Abkommen in kontinentaler Tradition jeweils separat Wechsel und Scheck behandeln. Dass das anglo-amerikanische System im Gegensatz zum Genfer Wechselrecht den Inhaberwechsel kennt, scheint auf den ersten Blick für eine gesteigerte Verkehrsfähigkeit des anglo-amerikanischen Wechsels zu sprechen; dies relativiert sich aber angesichts der Möglichkeit eines Blankoindossaments, die unter dem Genfer System letztlich eine vergleichbare Verwendung zulässt. Die UNCITRAL-Konvention von 1988 kann als Beleg für ein Bedürfnis nach noch größerer Einheitlichkeit, mit ihrer Beschränkung auf das Wechselrecht vielleicht auch als Beleg für die Vorteilhaftigkeit spezieller anstelle umfassender Regelung angeführt werden. Ihr mangelnder Erfolg reflektiert indessen nicht nur die Schwierigkeit, einen Kompromiss überhaupt zu finden und die Staaten sodann zum Abgehen von eingespielten Regelwerken zu überzeugen. Er kann vielmehr möglicherweise auch als Beweis für die abnehmende Bedeutung des Wechsels im 109   S. nur Schmitthoff, Select Essays on International Trade Law, S.  81, 87 ff.; Yntema, 4 Int’l L. Q. 178, 183 (1951).

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Kapitel 9:  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs

internationalen Handel angesehen werden110 . Wenn dem aber so ist, widerspricht die Tatsache, dass bislang trotz eines immensen internationalen Handelsvolumens kein einheitliches »Weltwechselrecht« geschaffen wurde, nicht der Parallele zwischen gesteigertem Umlauf und erhöhtem Drang nach Typisierung, die die Geschichte des Wechselrechts durchzieht.

B.  Der Scheck I.  Ursprünge in England Der moderne Scheck, verstanden als eine abstrakte, wertpapiermäßige Anweisung auf ein Bankguthaben, hat seine Ursprünge im England des 17. Jahrhunderts111. Die zu Reichtum gekommenen Kaufleute brachten ihr Gold zunächst allein zum Zwecke der sicheren Hinterlegung zu den Goldschmieden. Von dieser Praxis nahm das englische Bankwesen seinen Ausgang112 . Während sich später aus den Urkunden über die Hinterlegung (»Goldsmith notes«) die Banknote und damit auf dem Umweg über die Gründung der Bank of England das Papiergeld entwickelte113 , waren es die schriftlichen Anweisungen der Kaufleute an die Goldschmiede, eine bestimmte Goldmenge an denjenigen auszuhändigen, der ihnen die Anweisung vorlegte, die den Scheck hervorbrachten114 . Hierin zeigen sich schon die Besonderheiten des Schecks: Es handelte sich um eine Anweisung, die grundsätzlich ein Guthaben beim Angewiesenen in mindestens dieser Höhe voraussetzte und die bei Sicht zahlbar war. Die Anweisungen hießen zuerst chequers, später cheques, was auf Anweisungen der englischen Könige auf ihre Exchequers (Schatzkammern) zurückgehen dürfte115 . In England wurde der Scheck bald zu einem überaus gebräuchlichen Wertpapier des Zahlungsverkehrs. Bereits 1775 richteten die Londoner Bankiers in der Lombard Street eine gemeinsame Abrechnungsstelle (»Clearing House«) zur Verrechnung der vielen umlaufenden Schecks ein, die zum Clearing House der gesamten Welt werden sollte116 .

  Dazu etwa Welter, in: Festschrift Universität Leipzig, S.  389, 392.   S. aber zu Frühformen Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  11 f.; Zöller, Wertpapierrecht, §  26 II 1 (S.  159). 112   Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  346 f. 113   Schmidt, Geschichte des englischen Geldwesens, S.  144 ff.; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  348. 114   Schmidt, Geschichte des englischen Geldwesens, S.  148. 115   Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  12. 116   Ausführlich zu dessen Tätigkeit sowie der späteren Entwicklung Kuhlenbeck, Der Check, S.  25–38 (»Herzkammer des gesammten großbritannischen Wirthschaftsblutumlaufs«), 44–46; s. a. Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit I, S.  347. 110 111

B.  Der Scheck

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II.  Ausbreitung auf dem europäischen Kontinent und in den U. S. A. Von England aus breitete sich der Scheck zunächst nur langsam auf dem europäischen Kontinent aus. Handel und Banken erkannten auch auf dem Kontinent durchaus die Vorteile einer vereinfachten Geldzirkulation. Allerdings sah sich der Scheck verschiedenen Hindernissen gegenüber. So wurde das Fehlen einer gesetzlichen Grundlage für das materielle Scheckrecht auf dem Kontinent ebenso als störend empfunden wie die einschlägigen Steuervorschriften, die vielfach entweder eine »Stempelsteuer« entstehen ließen oder zu Umgehungen zwangen. Auch konnte sich auf dem Kontinent das breite Publikum – anders als die in England dominierende Londoner Oberschicht117 – mit dem Institut des Schecks nur schwer anfreunden. So war der Scheck auf dem Kontinent zunächst nur unter Banken und großen Kaufleuten in Gebrauch; der Vorsprung Englands war durchaus anerkannt118 . Anders als auf dem Kontinent erfreute sich der Scheck in den U. S. A. schon von Anfang an großer Beliebtheit119. Das Fehlen einer gesetzlichen Regelung erwies sich dort zunächst nicht als Hindernis. Zum Zentrum des Scheckverkehrs wurde New York; doch spielte der Scheck auch auf lokaler Ebene in den verschiedenen Einzelstaaten eine große Rolle.

III.  Einzelstaatliche Kodifikationen Ab dem Ende des 19. Jahrhunderts kam es schließlich auch im Scheckrecht zu einer Welle der Kodifikation. Den Anfang machte hier Frankreich; etwas später folgte England; Deutschland bildete das Schlusslicht. 1.  Frankreich In Frankreich tat sich der Scheck von Anfang an schwer, denn er unterfiel als Anweisung der Stempelsteuer. Um diese zu umgehen, wich man eine Zeitlang auf die Form einer Quittung (chèque reçu, récipissé) aus. Selbst diese wurde aber bald Gegenstand einer Quittungssteuer. Im Jahre 1865 wurde dann ein Scheckgesetz erlassen120 , das eine zunächst befristete Steuerbefreiung vorsah121. Im Gegenzug ignorierte es allerdings die inzwischen eingebürgerte Form des chèque reçu, was einmal

117   Dort soll die Zahlung mittels Hingabe eines Schecks zum »guten Ton« gehört haben; vgl. etwa Pavlicˇ  ek, Der Check, S.  10. 118   Z. B. Kuhlenbeck, Der Check, S.  45 f. 119   Vgl. Pavlicˇ  ek, Der Check, S.  11. 120   Loi concernant les chèques du 14 juin 1865, Text bei Kuhlenbeck, Der Check, S.  178. 121   Art.  7 Loi du 14 juin 1865: »Les chèques sont exempts de tout droit de timbre pendant dix ans à dater de la promulgation de la présente loi.« Bereits 1871 erfolgte indessen die Einführung einer Stempelgebühr von 10 centimes (Art.  18 Loi du 23 août 1871), die 1874 für chèques de place à place auf 20 centimes erhöht wurde (Art.  8 Loi du 19 février 1874).

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mehr eine Weiterentwicklung durch die Praxis störte. Immerhin entstand in Paris im Jahre 1872 ein Clearing House (»chambre de compensations«) 122 . Das französische Recht verstand den Scheck als Verfügung über ein Guthaben bei einem Dritten. Daher war die Bedeutung der Deckung noch größer als schon beim Wechsel. So verlangte das Scheckgesetz, dass der Aussteller dem Dritten, auf den er den Scheck zog, bereits zuvor »provision« verschafft hatte123 . Allerdings war das Gesetz insofern großzügig, als der Scheck nicht auf eine Bank gezogen sein musste. 2.  England In England griff man bei der Kodifikation des Wechselrechts die schon bisher erkannte Nähe zwischen Wechsel und Scheck auf. So enthält der Bills of Exchange Act von 1882 einige, nach einer Entscheidung des High Court124 durch den Bills of Exchange (Crossed Cheques) Act von 1906125 teils geänderte126 , Sonderregelungen über den Scheck127, wie etwa das Erfordernis der Vorlegung binnen »reasonable time« sowie Regeln zum Widerruf und zur Kreuzung von Schecks. Im Übrigen war der Scheck ein auf einen Bankier gezogener Sichtwechsel, auf den dementsprechend die Regeln über den Wechsel Anwendung fanden. 3.  Deutschland In Deutschland führten die großen Aktienbanken um 1850 den Scheck ein. Dennoch verhielt sich das Publikum zunächst sehr zurückhaltend128 . Zwar wurde die – insoweit dem Wechsel ähnliche – Funktion des Schecks, die Geldzirkulation zu vereinfachen, auch hier erkannt und begrüßt129. Allerdings waren mangels gesetzlicher Regelung wichtige Fragen wie die Haftung der Indossanten und des Ausstellers sowie dessen Möglichkeit, den Scheck zu widerrufen, unklar und umstritten130 , was den Verkehr abschreckte – und damit zugleich als Bestätigung des wechselrechtlichen Typenzwangs gesehen werden kann131. Dem von Kaufmannschaft und Reichsbank artikulierten Bedürfnis nach einem Scheckgesetz132 , das   Zu Frankreich Kuhlenbeck, Der Check, S.  39 f.   Vgl. Art.  2 der Loi concernant les chèques: »Le chèque ne peut être tiré que sur un tiers ayant provision préalable; .  .  .« S. a. Art.  6 Abs.  2 (amende von 6% der Wechselsumme bei fehlender vorheriger »provision«). 124   Akrokerri (Atlantic) Mines, Ltd. v. Economic Bank, [1904] 2 K. B. 465. 125   Bills of Exchange (Crossed Cheques) Act 1906 (6 Edw. 7, c. 17). 126   Vgl. Barlow, (1907) 17 The Economic Journal 115, 116 f. 127   Art.  73–82 Bills of Exchange Act 1882; vgl. Cohn, ZVglRWiss 1895, 365, 365 f. 128   Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  12. 129   Vgl. nur Kuhlenbeck, Der Check, S.  20. 130   Vgl. von Canstein, Arch. f. bürgerl. R. 4 (1890), 205, 210; Hoppenstedt, Ein zweites Wort zum Checkgesetz, S.  8 f. 131   Dazu soeben A II 1 d. 132   Zur Rolle der Reichsbank etwa Hoppenstedt, Zum Checkgesetz, S.  1 f f.; Kuhlenbeck, Der Check, S.  41–44. 122 123

B.  Der Scheck

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diese Fragen klären sollte, stand die Befürchtung insbesondere der Banken gegenüber, dass mit einem Scheckgesetz auch eine entsprechende Steuer (»Scheck-Stempel«) eingeführt werden könnte133 . Deshalb kam es in Deutschland – ebenso wie in Österreich und anders als in den meisten anderen kontinentaleuropäischen Ländern134 – trotz zahlreicher Entwürfe135 erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer gesetzlichen Regelung. Das Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch von 1897 etwa behielt das Scheckrecht noch dem Landesrecht vor136 . Nachdem im Jahre 1906 das österreichische Scheckgesetz erlassen worden war137, folgte im Jahre 1908 schließlich auch Deutschland mit einem eigenen Scheckgesetz138 . Es behandelte den Scheck, der zwischenzeitlich wie in Frankreich teils von der Idee des Quittungsschecks dominiert gewesen war139, weitgehend parallel zum Wechsel, sah also insbesondere eine deutliche Abstraktion vom Grundgeschäft vor. Seine Eigenständigkeit erhielt der Scheck aber dadurch, dass er als Verfügung über ein Guthaben bei einer Bank verstanden wurde und dementsprechend auf Sicht zahlbar war.

IV.  Internationale Scheckrechtsvereinheitlichung 1.  Die Genfer Scheckrechtsabkommen Die Idee, neben dem Wechselrecht auch das Scheckrecht zu vereinheitlichen, fand ihren ersten bedeutenden Niederschlag140 in den Ergebnissen der zweiten Haager Wechselrechtskonferenz. Neben der einheitlichen Wechselordnung verabschiedete die Konferenz nämlich auch die »Résolutions de la Conférence sur l’Unification du droit relatif au chèque«141. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurden die Arbeiten an einer Scheckrechtskonvention parallel zu den Arbeiten an einer Wechselrechtskonvention vorangetrieben. Im Anschluss an das erfolgreiche Zustandekommen der Wechselrechtskonvention berief der Völkerbund eine Scheckrechtskonferenz. Sie konnte im März 1931 ihren Entwurf dreier Abkommen präsentieren, welche mit den Wechselrechtsabkommen parallelliefen. So wurde ebenfalls 133   Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  12. Das Wechselstempelgesetz sah für Schecks eine Ausnahme vor, vgl. Kuhlenbeck, Der Check, S.  71. 134   Zeitgenössischer Überblick bei Pavlicˇ  ek, Der Check, S.  10 ff. 135   Näher Cohn, ZVglRWiss 1895, 365, 380–384, 394 ff. 136   Art.  17 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch (EGHGB) vom 10. Mai 1897, RGBl.  S .  437. 137   Gesetz vom 3. April 1906 über den Scheck, RGBl. für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder vom 20. April 1906, S.  715; dazu von Canstein, Der Scheck nach dem österreichischen Gesetze von 1906. 138   Scheckgesetz vom 11. März 1908, RGBl.  S .  71, abgedruckt bei Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  95–109. 139   Vgl. von Canstein, Arch. f. bürgerl. R. 4 (1890), 205, 207 f. 140   Zu früheren Projekten Cohn, ZVglRWiss 1895, 365, 387 f.; Ellinger, in: Int. Enc. Comp. L. IX, Ch. 4, S.  35, Tz.  86. 141   Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  95; die »Résolutions« finden sich z. B. bei Wieland, ZHR 74 (1913), 1, 85–92.

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Kapitel 9:  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs

wieder ein Abkommen über das materielle Recht142 , ein Abkommen über das Internationale Privatrecht143 sowie ein Abkommen über die Stempelsteuer144 verabschiedet145 . Das materielle Scheckrecht folgt unter dem Genfer Abkommen weitgehend dem Wechselrecht; der Scheck ist aber definiert als eine auf Sicht zahlbare Anweisung, die auf einen Bankier gezogen sein soll146 . Anders als beim Wechsel lässt das Genfer Scheckrechtsabkommen den Inhaberscheck ausdrücklich zu147 ; eine Annahme des Schecks durch den Bezogenen ist hingegen ausgeschlossen148 . Deutschland hat die Abkommen über das materielle Scheckrecht und das internationale Scheckprivatrecht 1933 mit dem Scheckgesetz umgesetzt149 ; Frankreich hat das Scheckrecht seinerzeit ebenfalls in einem Spezialgesetz kodifiziert150 und es erst jüngst151 in den Code monétaire et financier152 überführt. Wie das Wechselrechtsabkommen, lässt auch das Scheckrechtsabkommen nationale Vorbehalte zu, die es insbesondere Frankreich wieder erlaubten, die Bedeutung der »provision« aufrechtzuerhalten153 . Damit brachte das Scheckrechtsabkommen wiederum keine vollständige, aber immerhin doch ganz beachtliche Einheitlichkeit. Auch die Scheckrechtsabkommen sind von den Ländern des Common Law nicht übernommen worden. Großbritannien hatte zwar an den Verhandlungen teilgenommen, die U. S. A. hatten zu den Verhandlungen auch hier einen Beobachter entsandt. Letztlich scheiterte die volle Vereinheitlichung indes wieder aus den gleichen Gründen, wie dies beim Wechselrechtsabkommen der Fall war: Die in den Ländern des Common Law auch beim Scheck erreichten Gemeinsamkeiten sollten nicht gestört werden. 142   Convention Providing a Uniform Law for Cheques (Genfer Abkommen über das einheitliche Scheckgesetz) vom 19. März 1931, RGBl.  1933 II, S.  538. 143   Convention for the Settlement of Certain Conflicts of Laws in Connection with Cheques (Genfer Abkommen über Bestimmungen auf dem Gebiete des internationalen Scheckprivatrechts) vom 19. März 1931, RGBl.  1933 II, S.  594. 144   Convention on the Stamp Laws in Connection with Cheques (Genfer Abkommen über das Verhältnis der Stempelgesetze zum Scheckrecht) vom 19. März 1931, RGBl.  1933 II, S.  618. 145   Zur Entstehung s. wiederum den Überblick bei Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, S.  17–19 sowie Ellinger, in: Int. Enc. Comp. L. IX, Ch. 4, S.  39 ff., Tz.  95 ff. 146   Art.  28, 3 Genfer Einheitliches Scheckgesetz. 147   Art.  5 Abs.  1 Var. 3 Genfer Einheitliches Scheckgesetz. 148   Art.  4 Genfer Einheitliches Scheckgesetz. 149   Scheckgesetz (ScheckG) vom 14. August 1933, RGBl.  I, S.  597. 150   Décret-loi du 30 octobre 1935 portant unification du droit en matière de chèques, J. O. vom 31. Oktober 1935, S.  11543. 151   Ordonnance n°  2000-1223 du 14 décembre 2000 relative à la partie législative du code monétaire et financier. 152   Art. L. 131-1 ff. Code monétaire et financier. 153   Vgl. Décret-loi du 30 octobre 1935 Art.  3 Abs.  3, 4 Abs.  2, 34 Abs.  3 und insbes. Art.  17 Abs.  1: »L’endossement transmet tous les droits résultant du chèque et notamment la propriété de la provision.« (S. heute Art. L. 131-4 Abs.  3, 131-5 Abs.  2, 131-37 Abs.  3 und 131-20 Abs.  1 Code monétaire et financier).

B.  Der Scheck

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2.  Das Eurocheque-System Im weiteren Sinne eine Scheckrechtsvereinheitlichung brachte das EurochequeSystem, das Ende der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts ins Leben gerufen wurde und bis zum 1. Januar 2002 existierte154 . Das Eurocheque-System beruhte auf der Erfindung der Scheckgarantiekarte155 . Da nach dem Scheckrecht jedenfalls der Länder des Genfer Abkommens eine Annahme des Schecks nicht möglich war, der Verkehr aber sicher sein wollte, dass der Bankier des Ausstellers den Scheck auch bezahlt, händigten die Banken ihren Kunden eine Scheckkarte aus, auf der sie dem Schecknehmer die Zahlung bis zu einem bestimmten Höchstbetrag garantierten, wenn der Scheckaussteller einen Eurocheque-Vordruck verwandte, die Nummer seiner Scheckkarte eintrug und mit der auch auf der Karte festgehaltenen Unterschrift zeichnete. Dieses zuerst in zahlreichen Ländern auf nationaler Ebene eingeführte System wurde nach zwei Konferenzen im Jahre 1968 auch auf den grenzüberschreitenden Scheckverkehr übertragen, wobei zunächst nur die ausländischen Banken die Einlösung am Schalter versprachen, später aber eine Ausdehnung auf den Nichtbankenbereich und eine immer weitere Vereinheitlichung erfolgte. Der Eurocheque konnte selbstverständlich nur auf eine Bank gezogen werden; er war stets Inhaberscheck. Neben zahlreichen anderen Ländern Europas und Nordafrikas hat auch Groß­ britannien am Eurocheque-System teilgenommen. Ein Widerspruch zur ansonsten ablehnenden Haltung liegt hierin indes nicht, da die Verpflichtung der bezogenen Bank gerade nicht scheckrechtlich, sondern mittels der ausgegebenen Karte, insbesondere ihrer Nummer, sowie einheitlicher Formulare zustande kam. Zum 1. Januar 2002 ist die Garantiefunktion der Eurocheque-Karte entfallen und damit das Eurocheque-System beendet worden. Dies lag keineswegs an mangelnder Akzeptanz. Denn der Eurocheque wurde nicht nur in grenzüberschreitenden Transaktionen verwandt, sondern war auch auf nationaler Ebene der Scheck, der überwiegend eingesetzt wurde. Vielmehr gelang es nicht, den papiergebundenen Eurocheque maschinenfähig zu machen; auch weitere Kostenaspekte spielten eine Rolle. Bankkarten verfügen heute über eine globale Debitfunktion, haben aber mit dem Scheckgeschäft als solchem nichts mehr zu tun.

V.  Jüngere Entwicklungen In jüngerer Zeit sind divergierende Entwicklungen von Scheckrecht und Scheckpraxis zu beobachten. Insgesamt geht der Trend aber wohl überall hin zu anderen Zahlungsformen, weshalb auch das Bedürfnis, eine weitere Vereinheitlichung des Scheckrechts zu erreichen, gering ist.   Zu allem Bülow, JA 1984, 340 ff.; Weiss, Die Bank 1988, 370 ff.   Zur Scheckgarantiekarte Canaris, in: Staub, HGB, Bankvertragsrecht, Rn.  829 ff.; Dütz, DB 1970, 189 ff.; Zöllner, DB 1968, 559 ff. 154 155

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Kapitel 9:  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs

1.  Frankreich In Frankreich hat der Scheck bis in jüngere Zeit eine vergleichsweise große Rolle im Wirtschaftsleben bewahrt, was nicht zuletzt darauf beruhte, dass es den Banken kraft Gesetzes untersagt war, Gebühren für Zahlungen per Scheck zu erheben156 . In rechtlicher Hinsicht ist interessant, dass sich die Bedeutung der »provision« insofern ein wenig abgeschwächt hat, als die strengen Regeln über die Strafbarkeit der Begebung eines ungedeckten Schecks, die 1917 eingeführt worden waren, wieder abgemildert wurden157. Allerdings wird man hierin keine Annäherung an das deutsche Modell sehen können; vielmehr waren die Änderungen durch die praktischen Probleme der extensiven Strafbarkeit motiviert. Insgesamt hat das französische Scheckrecht daher seine Besonderheiten erhalten; die fehlende internationale Einheitlichkeit fällt allerdings angesichts der Abkehr vom Scheck in vielen Ländern nicht mehr stark ins Gewicht. 2.  England Entgegen dem Trend in den meisten Rechtsordnungen des Civil Law ist in England der Scheck noch immer von einiger Bedeutung. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Scheckrecht bis in die jüngste Zeit Gegenstand von Gesetzesänderungen war. Bemerkenswert ist dabei die Tendenz zur Stärkung des Gutglaubensschutzes. So haben sowohl der Cheques Act von 1957158 als auch der Cheques Act von 1992159 die Stellung des gutgläubigen Bankiers gestärkt, der einen Scheck bezahlt, diskontiert oder eine Zahlung entgegennimmt. 3.  Deutschland In Deutschland ist der Scheck von anderen bargeldlosen Zahlungsmethoden, insbesondere der Überweisung und der Zahlung durch Bankkarten mit Debit-Funktion, heute fast vollständig verdrängt worden. Die gesetzliche Regelung hat zwar nach wie vor Bestand, spielt praktisch aber keine Rolle mehr. 4.  U. S. A. Ungeachtet der großen Verbreitung von Kreditkarten stellt der Scheck in den U. S. A. noch immer ein wichtiges Zahlungsmittel dar160 , was sich nicht zuletzt durch das Fehlen eines praktischen und kostengünstigen Überweisungsverkehrs erklärt. Auch inhaltlich hat der reformierte Uniform Commercial Code im Scheck  Vgl. Maier-Bridou/Maier-Bridou, RIW 1993, 540, 540.   Zur Reform von 1975, die die Banken bei der Bekämpfung ungedeckter Schecks einspann­ te, Blaurock, ZHR 139 (1975), 380, 385 ff.; Cabrillac, ZHR 141 (1977), 256 ff.; zur Reform von 1991 Maier-Bridou/Maier-Bridou, RIW 1993, 540, 541. 158   Cheques Act 1957 (5 & 6 Eliz. 2, c. 36). 159   Cheques Act 1992 (c. 32). 160   S. nur Gruson/Fischer, ZHR 153 (1989), 643, 644. 156 157

B.  Der Scheck

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recht kaum Änderungen und schon gar nicht eine Annäherung an das Genfer System gebracht.

VI.  Zusammenfassung und Würdigung Die Entwicklung des Scheckrechts gleicht nach eher verhaltenem Start in vielerlei Hinsicht derjenigen des Wechselrechts. Noch deutlicher als beim Wechsel bedurfte es beim jüngeren Scheck jedenfalls auf dem Kontinent zunächst der Schaffung von Rechtssicherheit und auch nationaler Rechtseinheit durch den Gesetzgeber, bevor das Institut seinen Aufschwung nahm; die Bemühungen um eine internationale Vereinheitlichung folgten. Seine größte praktische Verbreitung als Zahlungsmittel hatte der Scheck wohl unter dem Eurocheque-System. Dieses ließ zwar das eigentliche Scheckrecht unberührt. Doch platzierte es den Scheck samt seiner parallellaufenden Garantie als ein Gesamtprodukt, dessen Einheitlichkeit durch feststehende Formulare noch über die in den verschiedenen Ländern existierenden gesetzlichen Vorgaben hinausging und so weitere individuelle Abweichungsmöglichkeiten nahm. Mit dem Aufkommen anderer bargeldloser Zahlungsformen, insbesondere der Überweisung und der Bankkarte, ist der Scheck in den meisten Ländern stark zurückgedrängt worden. Dies erklärt, warum es weder zu einer Fortführung des Eurocheque-Systems, noch zu neueren Bestrebungen internationaler Rechtsvereinheitlichung gekommen ist. Bis heute unterliegt der Scheck aber jedenfalls detaillierten Vorgaben des nationalen Rechts, die fast überall einem der beiden gro­ ßen Systeme – dem Genfer Scheckrecht oder dem angloamerikanischen System – zuzurechnen sind; ein Wertpapier, das auf Sicht zahlbar ist und ebenfalls eine in einem Spezialverfahren durchsetzbare Haftung eventueller Indossanten mit sich bringt, aber nicht dem jeweiligen Scheckrecht unterliegt, kann privatautonom nicht geschaffen werden.

Kapitel 10

Wertpapiere des Warenverkehrs In gewisser Weise als Pendant zu den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs, die beim Kaufvertrag als dem klassischen Handelsgeschäft die Seite der Gegenleistung betreffen, hat die kaufmännische Praxis auch Wertpapiere über die Ware hervorgebracht und sich damit die Möglichkeiten der wertpapiermäßigen Verbriefung auch für die Seite der Warenlieferung als typischer Hauptleistung zunutze gemacht. In ihrer Bedeutung ebenso wie im Maß ihrer Einheitlichkeit reichen diese Wertpapiere zwar nicht an Wechsel und Scheck heran. Auch hier ist aber eine Tendenz hin zu erhöhter Typizität zu beobachten.

A.  Das Konnossement I.  Ursprünge und Hintergründe Das Konnossement in seiner Funktion als umlauffähige Urkunde, die verschiffte Güter repräsentiert, dürfte das älteste und am besten entwickelte Wertpapier des Warenverkehrs sein. Seinen Ursprung hat das Konnossement in Verzeichnissen, die die an Bord eines Seeschiffes genommene Ladung auflisteten. Dass derartige Ladungslisten in jeder Seehandel treibenden Gesellschaft vorkamen, in der überhaupt die schriftliche Aufzeichnung verbreitet war, liegt auf der Hand. Besondere Bedeutung mussten die Ladungslisten aber bekommen, als der Seehandelskaufmann nicht mehr selbst als Inhaber des Schiffs Waren in einem Hafen kaufte und in einem anderen wieder verkaufte, sondern seine Waren einem fremden Schiff anvertraute. Denn von diesem Zeitpunkt an war mit dem Kaufmann, der die Ware verschifft hatte, eine Person an der Ladungsliste interessiert, die die Waren nicht selbst begleitete und daher die Liste nicht allein zu Zwecken der eigenen Buchführung benötigte, sondern mit ihrer Hilfe in der Lage sein wollte, den Verbleib der Waren nachzuverfolgen und gegebenenfalls zu beweisen. Gemeinhin bringt man daher die Entstehung des Konnossements mit der beginnenden Trennung von Verkehrswirtschaft und Warenhandel im Mittelalter in Verbindung. Dabei handelte es sich zunächst wohl um ein reines Empfangsbekenntnis, das der Kapitän oder ein Schiffsschreiber dem Ablader als Auszug aus dem Ladungsverzeichnis ausstellte    S. etwa Basedow, Der Transportvertrag, S.  353; Krichauff, Die Transportpapiere, S.  8 f.; Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  3 f. Ausführlich Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  654 f.

A.  Das Konnossement

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und in dem der Kapitän den Erhalt bestimmter Waren anerkannte , woraus sich der Name Konnossement erklärt  . Aus dem Empfangsbekenntnis ging aber zugleich hervor, dass der Ablader einen Anspruch auf Wiederauslieferung der dort genannten Güter am Zielhafen hatte . Für den Kaufmann konnte es nun von Interesse sein, diesen Anspruch abzutreten, etwa an einen Geschäftspartner am Zielort. Eine Abtretung nach allgemeinen Regeln – sofern sie überhaupt erfolgen konnte – oder eine die Abtretung wirtschaftlich weitgehend ersetzende Stellvertretung in der Geltendmachung war indes umständlich  . Vielfach setzte sie in romanischer Tradition eine Information des Drittschuldners voraus . Dieser – der Kapitän – war aber während der Schiffsreise gerade nicht zu erreichen. Es lag daher nahe, das Empfangsbekenntnis zur Legitimation desjenigen zu verwenden, der die Waren am Zielhafen sollte verlangen können. Die Rechtsentwicklung blieb jedoch nicht dabei stehen, dem Konnossement Beweisfunktion zuzuerkennen und es für verschiedenste Verträge und Handlungen wie etwa die Versicherung der Ladung zu einer unverzichtbaren Voraussetzung zu machen , sondern stattete es mit materiellrechtlichen Funktionen aus. Zum einen wurde es als Verbriefung eines von den Verfügungen des Abladers und dessen Verhältnis zum Kapitän unabhängigen Herausgabeanspruchs gegen letzteren angesehen, womit die Schwierigkeiten einer Abtretung nach den allgemeinen Regeln umgangen werden konnten; zum anderen maß man ihm auch sachenrechtliche Wirkungen bei – was unter einem sachenrechtlichen Einheitsprinzip zwar ohnehin nahe liegt, unter einem Trennungsprinzip aber durchaus als eigenständige Wirkung ins Gewicht fällt10 . Hierdurch wurde das Konnossement als    Vgl. Guidon de la mer Chapitre XV Art.  V II: »Charte-partie est distinguée d’avec le connoissement, parce que charte-partie est le contract d’affretement de la totalité du navire: connoissement est promesse particuliere que fait le maistre du navire de la reception de telle et telle sorte de marchandise appartenant à tel marchand; et faut autant de connoissemens comme il y a diversité de personnes à qui elles appartiennent. .  .  .« (bei Pardessus, Collection de lois maritimes II, S.  418). Die Rechte verschiedener oberitalienischer Städte sahen ausdrücklich vor, dass die Ladung eines jeden Hochseeschiffes von einem Schiffsschreiber bzw. Schiffsnotar identifiziert werden musste (dazu sogleich bei Fn.  14); weiter Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  655 f. m.Fn.  5 f.; Costa, Arch. giur. 201 (1981), 187–192. Doch nicht nur in den Ländern des Mittelmeerraumes, sondern auch in Nordeuropa waren derartige Verzeichnisse gebräuchlich; vgl. Basedow, Der Transportvertrag, S.  354 Fn.  32 m.Nw.; Goldschmidt, a.a.O., S.  660 Fn.  16.    Von den romanischen Formen des lateinischen cognoscere (erkennen, anerkennen). Zur Etymologie Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  652 ff. Fn.  1.    Näher zu den Quellen Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  654 Fn.  2.    S. nur Brunner, Das französische Inhaberpapier, S.  12 ff.    Deutschsprachiger Überblick bei Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  259 f.    Vgl. a. Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  707.    So etwa die Ordonnance touchant la marine du mois d’août 1681 (näher zu ihr sogleich sub III 1), Livre IV Titre VI Art. LXII f. (bei Pardessus, Collection de lois maritimes IV, S.  378); offenbar noch nicht im Venedig des 15. Jahrhunderts, vgl. Nehlsen-von Stryk, Die venezianische Seeversicherung im 15. Jahrhundert, S.  83 ff. S. a. Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  661 ff.    Vgl. Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  662 m. Fn.  18. 10   Vgl. wiederum Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  709 (Fn.  23).

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Kapitel 10:  Wertpapiere des Warenverkehrs

solches zu einem Gegenstand des Rechtsverkehrs; dies umso mehr, je leichter seine Übertragbarkeit ausgestaltet war.

II.  Erste gesetzliche Regelungen Die ersten Aufzeichnungen des zivilen Seerechts, wie es im Mittelalter galt, waren wohl private Kompilationen, die das Gewohnheitsrecht festhielten. In den »Rôles d’Oléron«11, die vor 1266 aufgezeichnet wurden und nicht etwa das Recht der gleichnamigen Insel darstellen, sondern als erstes Regelwerk europaweit Verbreitung fanden12 , findet sich allerdings noch keine Regelung über das Konnossement13 . Spätestens ab dem 13. Jahrhundert sahen die Gesetze der Seehandelsstädte aber einen Schiffsschreiber vor, der auch Urkunden über die verschiffte Ware auszustellen hatte14 . Ob diese Urkunden mehr als ein Empfangsbekenntnis waren, insbesondere ob ihre Übertragung eigenständige schuld- und sachenrechtliche Wirkungen hatte, wird indes nicht recht deutlich. Ein gewisser Mindestinhalt des Konnossements, wie die Bezeichnung der Waren, des Schiffs und seines Ziels, verstand sich zu jeder Zeit von selbst. Durchaus unterschiedlich beantwortet wurde aber die Frage, ob der Kapitän nur für eigene Schuld und die Schuld seiner Leute haftete oder ob es sich um eine strenge, verschuldensunabhängige Haftung handelte. Während die germanischen Seerechte, insbesondere das Seerecht Visbys, eine mildere, verschuldensabhängige Haftung vorsahen, tendierten die romanischen Rechte in römischrechtlicher Tradition15 zu einer strikten Haftung, die nur dann entfiel, wenn der Schaden auch unter Aufwendung außerordentlicher Sorgfalt nicht hätte verhindert werden können16 . Vor allem aber stand – so unter  Abgedruckt bei Pardessus, Collection de lois maritimes I, S.  323 ff.   Pardessus, Collection de lois maritimes I, S.  283 ff.; ders., Collection de lois maritimes IV, S.  228; Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  140 (S.  91). 13   Eine lediglich beiläufige Erwähnung findet das Konnossement in dem sogenannten Consulat de la mer, Chapitre CCXXXVI (bei Pardessus, Us et coutomes de la mer II, S.  316). Anderes gilt für eine weitere wichtige, aber viel spätere private Aufzeichnung, den »Guidon de la mer« (II/VII-IX, VI/VII, VII/III, XII/II, XV/VII, XVI/III), der aus dem Rouen des Jahres 1671 stammt und, obwohl Lehrbuch eines unbekannten Autors, gesetzesähnliche Beachtung in Frankreich fand. Der Guidon de la mer kommentierte insbesondere Regeln über die Seeversicherung, für die die Ausstellung eines Konnossements verständlicherweise bedeutsam war. Dazu mit Text Pardessus, Collection de lois maritimes II, S.  369 ff.; ders., Collection de lois maritimes IV, S.  230. 14   Vgl. etwa Ordonnance maritime de Trani de 1063 Art.  X VI; Statut de Marseille de 1253 à 1255 Lib. IV Cap. XXVI; Statut Maritime de Venise de 1255 Art. LII; Statutorum Civilium Venedig Lib. VI Cap. LXXV; Partida V de 1266 Titulo IX Ley I; Statut de Gênes du 24 Septembre 1330, Cap. XXVI, XXVIII; Statut Maritime d’Ancône de 1397 Rub. XV, XXIX, L (dazu Costa, Arch. giur. 201 [1981], 187–192); aus jüngerer Zeit etwa Pragmatique de l’île de Malte de 1697 Titolo IV Cap. V (alle abgedruckt bei Pardessus, Collection de lois maritimes IV/V/VI). 15   Ulp. D. 4, 9, 1, pr. (= libro 14 ad edictum: »Ait praetor: ›Nautae caupones stabularii quod cuiusque salvum fore receperint nisi restituent, in eos iudicium dabo.‹«). Dazu Kaser, Das Römische Privatrecht I, §  136 III 3 (S.  585 f.). 16   S. näher Giermann, Die Haftung des Verfrachters für Konnossementsangaben, S.  15 ff. m.Nw. 11

12

A.  Das Konnossement

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schiedlich und umstritten die schuldrechtlichen und sachenrechtlichen Wirkungen unter den jeweiligen Rechten waren – doch offenbar außer Frage, dass hierüber privatautonome Vereinbarungen nicht in Betracht kamen.

III.  Nationalstaatliche Gesetzgebung Bereits am Ende des 17. Jahrhunderts gab sich das absolutistische Frankreich unter Ludwig XIV. ein einheitliches Seehandelsrecht und erregte mit dieser modernen Kodifikation auch im Ausland Aufmerksamkeit. Deutschland konnte in jener Zeit schon wegen seiner politischen Zersplitterung kein eigenes, einheitliches Gesetzeswerk schaffen; die Statuten der Städte, die Seehandel betrieben, insbesondere der Hansestädte17, wiesen allerdings keine allzu großen Unterschiede auf. Ohne eine umfassende gesetzliche Fixierung entwickelte sich der Seehandel in England. Die Handelsgesetzgebung des 19. und 20. Jahrhunderts brachte dann aber überall verstärkte gesetzgeberische Aktivität, die auch dem Konnossement klarere Umrisse gab. 1.  Frankreich a)  Die Ordonnance touchant la marine du mois d’août 1681 In Frankreich waren es nicht zuletzt undurchsichtige Zuständigkeitsregelungen, die im Jahre 1681 von Ludwig XIV. zum Anlass für eine einheitliche Ordnung des Seerechts durch eine Ordonnance genommen wurden18 . Die Ordonnance regelt zunächst in Livre III Titre II19 unter der Überschrift »Des Connoissemens ou Polices de Chargement« deren Ausstellung, das Verhältnis bei Widersprüchen zwischen den Ausfertigungen sowie deren genauen Inhalt, der nur in einer Auflistung von Daten besteht, aber nichts über die rechtliche Funktion aussagt und damit darauf hindeutet, dass auch unter der Ordonnance privatautonome Vereinbarungen über die Rechtswirkungen des Konnossements nicht möglich waren. In der Ordonnance finden sich die Rechtswirkungen des Konnossements an verschiedenen Stellen. So haftet der »Maistre« aufgrund des Konnossements für alle Waren, die auf sein Schiff verladen wurden, und zwar in römischer Tradition streng, also verschuldensunabhängig20 , wenn auch durch Klauseln beschränkbar; die Verteilung des Verlusts, wenn Waren über Bord geworfen werden mussten,

17   Dazu ausführlich mit Texten Pardessus, Collection de lois maritimes II, S.  433 ff. sowie zu Bremen, Hamburg, Lübeck und den preußischen Ländern ders., Collection de lois maritimes III, S.  317 ff. 18   Ordonnance touchant la marine du mois d’août 1681, abgedruckt bei Pardessus, Collection de lois maritimes IV, S.  325 ff. 19   Pardessus, a.a.O., S.  360. 20   Livre II Titre Ier Art.  I X (Pardessus, a.a.O., S.  347 mit dem Hinweis: »Le principe de cette responsabilité est pris du titre IX du livre IV des Digestes Nautae, caupones, etc.« [zu dieser Stelle oben Fn.  15]).

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Kapitel 10:  Wertpapiere des Warenverkehrs

richtet sich grundsätzlich ebenso nach dem Konnossement wie die Versicherung21 ; die aus dem Konnossement hervorgehenden Eigentümer oder Kommissionäre, an die die Waren adressiert sind, können im Falle des Schiffbruchs selbst – ohne Eingreifen durch die Officiers d’Admirauté – Ordnung schaffen 22 . Ob ein Konnossement auch an Order oder auf den Inhaber lauten konnte, war dem Text der Ordonnance nicht zu entnehmen; der Handelsbrauch erkannte dies jedoch an 23 . Auch etwaige schuld- und sachenrechtliche Wirkungen der Übergabe des indossierten Konnossements waren in der Ordonnance allenfalls angedeutet24 . Unter dem damals in Frankreich noch vorherrschenden Traditionsprinzip war indes anerkannt, dass die Übersendung jedenfalls des Ordrekonnossements den Besitz der Ware übertrug und damit im Falle eines Kaufvertrags zum Eigentumserwerb des Empfängers führte25 . b)  Das Seerecht des Code de commerce von 1807 Der Code de commerce von 1807, dessen Livre II eine Neukodifikation des Seehandelsrechts enthielt, lehnte sich stark an die Ordonnance von 1681 an. Dies gilt insbesondere für das nunmehr in Art.  222 definierte Konnossement 26 , das in Titre VII (Art.  281–285) näher geregelt war und wie nach der Ordonnance unter anderem die Versicherung und die Verlustverteilung betraf27. Nach dem letzten Satz des Art.  281 konnte das Konnossement Ordrepapier, Inhaberpapier oder Rektapapier sein, was darauf hinweist, dass ihm über die in Art.  283 aufgeführte Beweiswirkung28 hinaus Bedeutung als Wertpapier zukam 29. Auch wenn sich der Code de commerce wiederum darüber ausschwieg, welche genauen schuld- und sachenrechtlichen Wirkungen das Konnossement hatte, war doch offenbar klar, dass diese nicht privatautonom, etwa durch Vermerk auf dem Konnossement, vereinbart werden konnten, sondern sich wie schon bisher nach 21   Livre III Titre VIII Art.  V III f., XII (Pardessus, a.a.O., S.  382 f.); Titre VI Art. LXII f. (Pardessus, a.a.O., S.  378). 22   Livre IV Titre IX Art.  X VII (Pardessus, a.a.O., S.  402). 23   Touzaud, Effets de commerce, S.  241. 24   Wenn etwa in der letztgenannten Vorschrift der Adressat des Konnossements als Eigentümer bezeichnet wird, könnte man daraus schließen, dass der Eigentumsübergang mit dem Konnossement in Verbindung steht; zwingend ist dies indes nicht, da der Adressat auch auf andere Weise, etwa durch Vereinbarung eines Besitzkonstituts, Eigentum erworben haben könnte. 25   Valin, Nouveau commentaire sur l’Ordonnance de la marine I, S.  606–609; s. a. Touzaud, Effets de commerce, S.  245. 26   Art.  222 Code de commerce 1807: »[Le capitaine] est responsable des marchandises dont il se charge. Il en fournit une reconnaissance: cette reconnaissance se nomme connaissement.« (Hervorhebung im Original). 27   Zur Schätzung im Falle des »Jet« Art.  415, 418, zur Bedeutung für die Versicherung Art.  344 f. Code de commerce 1807. 28   Art.  283 Code de commerce 1807: »Le connaissement, rédigée dans la forme ci-dessus prescrite, fait foi entre toutes les parties intéressées au chargement, entre elles et les assureurs.« 29   S. a. Desjardins, Traité de Droit Commercial Maritime IV, S.  45 ff. (mit Verweis darauf, dass Art.  283 Code de commerce 1807 neben Art.  1320 Code civil überflüssig wäre, wenn man ihm nicht über letzteren hinaus Bedeutung auch im Verhältnis zu Dritten beilegte).

A.  Das Konnossement

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den gewohnheitsrechtlich anerkannten Regeln richteten, wonach die Übersendung jedenfalls des Ordrekonnossements als Tradition verstanden wurde30 . Da unter dem zwischenzeitlich erlassenen Code civil mit seinem Konsensprinzip im Übrigen das Eigentum ohnehin schon mit dem Vertrag und – bei notwendiger Aussonderung von Gattungssachen – jedenfalls der Auslieferung an die Transportperson überging31, kam es auf die sachenrechtlichen Wirkungen des Konnossements nur noch ausnahmsweise an 32 . c)  Zusammenfassung Frankreich entnahm dem Konnossement in römischrechtlicher Tradition seit jeher eine strenge Haftung seines Ausstellers. Die sachenrechtlichen Wirkungen des Konnossements waren in Frankreich nie Gegenstand einer großen Auseinandersetzung; sowohl unter der Ordonnance als auch dem Code de commerce war offenbar klar, dass die Übertragung des Konnossements eine Besitzübertragung – und damit in aller Regel einen Rechtsübergang – hinsichtlich der Ware bewirkte, wenn dieser nicht ohnehin schon früher stattgefunden hatte. Dass abweichende Vereinbarungen im Einzelfall, so sie denn überhaupt vorkamen, vor Gericht Bestand gehabt hätten, kann kaum angenommen werden. 2.  Deutschland a)  Das Seerecht des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs Als erste deutschlandweit einheitliche Regelung des Handelsrechts behandelte das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch auch das Seerecht ausführlich. Für das Konnossement statuierte es die übliche Pflicht zur Ausstellung; es beschrieb – allerdings nicht in zwingender Form – dessen Inhalt33 und erlaubte die Order an den Empfänger oder eine durch den Ablader noch zu benennende Person, erklärte die im Konnossement bezeichnete Person als legitimiert, die Ware in Empfang zu nehmen, und verpflichtete den Schiffer zur Auslieferung nur gegen Rückgabe eines der ausgestellten Konnossemente34 . Für das Rechtsverhältnis zwischen »Verfrachter« – damals regelmäßig zugleich der Reeder, also der Schiffseigentümer 35 – und Empfänger, vor allem für die Pflicht des Verfrachters zur Ablieferung der Waren, sollte allein das Konnossement maßgeblich sein 36 . Dies bedeutete nicht nur eine 30   Cass. vom 11. April 1856, D. 56, 1, 455; vom 17. August 1859, D. 59, 1, 347; s. a. Desjardins, Traité de Droit Maritime IV, S.  69–71 m. w. N. 31   S. o. Kapitel 5 B II 2. 32   Insbesondere im Falle der Insolvenz, vgl. Art.  578 Code de commerce 1807; Touzaud, Effets de commerce, S.  240; weiter Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  709 (Fn.  23). 33   Fehlte einem Konnossement einer der genannten Bestandteile, war es nicht nichtig; allerdings entschied über dessen Qualifikation als Konnossement und über dessen Wert der Richter. Dazu zeitgenössisch z. B. Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  9. 34   Art.  6 44–647, 652 ADHGB; allgemein zur Übertragung von Orderpapieren durch Indossament Art.  302 ff. ADHGB. 35   Vgl. Steingröver, Die Mithaftung des ausführenden Verfrachters .  .  ., S.  16. 36   Näher Art.  653 ff. ADHGB.

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weitgehende Abstraktion vom Frachtvertrag zwischen Ablader und Verfrachter als dem Grundverhältnis, sondern auch eine grundsätzlich strenge Haftung des Reeders aus dem Konnossement (sog. Skripturhaftung), wie sie im 17. und 18. Jahrhundert unter dem Einfluss des römischen Rechts Eingang in die deutschen Landrechte gefunden hatte37. Allerdings erlaubte das Gesetz den Parteien die Vereinbarung verschiedener Haftungsausschlüsse, die als Zusätze zum Konnossement auch Dritten entgegengehalten werden konnten 38 . In seinem Art.  649 legte das ADHGB schließlich fest, dass die Übergabe des an Order lautenden Konnossements an die zur Empfangnahme legitimierte Person für den Erwerb der von der Übergabe der Güter abhängigen Rechte dieselben rechtlichen Wirkungen wie die Übergabe der Güter habe, sobald die Güter wirklich abgeladen sind. Damit wurde die in Deutschland seit langem umstrittene Frage, ob die Übergabe des Konnossements neben schuldrechtlichen auch sachenrechtliche Wirkungen habe und wenn ja, welcher Art diese Wirkungen seien, im Sinne der sogenannten Besitz- oder Traditionstheorie entschieden 39. Die Besitztheorie war schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland und Holland die herrschende gewesen40 , war aber zwischenzeitlich von einigen Gerichten und einem Teil der Literatur aus eher formalistischen Gründen aufgegeben worden41. Der teilweise erbittert geführte Streit um die Besitztheorie macht deutlich, dass man es keineswegs der Praxis und gar individueller Vereinbarung überließ, welche sachenrechtlichen Wirkungen ein Konnossement haben sollte. b)  Das Seerecht des Handelsgesetzbuchs von 1897 Das Seerecht des Handelsgesetzbuches von 189742 folgte inhaltlich weitgehend demjenigen des ADHGB. Auch unter dem HGB haftete aus dem Konnossement zunächst stets der Reeder43 , selbst wenn es von einem Charterer ausgestellt worden war44 . Diese Skripturhaftung war trotz des nun auch gesetzlich nachvollzogenen Übergangs zum Verschuldensprinzip hinsichtlich der allgemeinen Haftung für Verlust oder Beschädigung empfangener Frachtgüter45 weiterhin als strenge, an 37   Giermann, Die Haftung des Verfrachters für Konnossementsangaben, S.  18 f. Auch unabhängig vom Konnossement ging das ADHGB von einer strengen Haftung des Verfrachters für Untergang oder Beschädigung empfangener Güter aus (Art.  607 ADHGB, sog. Rezeptumhaftung), die allerdings in der Praxis vertraglich eingeschränkt wurde. 38   Art.  655 Abs.  2, 656 ff. ADHGB. 39   Vgl. Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  700 ff. 40   Vgl. Pöhls, Handelsrecht I, S.  181 (»symbolische Tradition der Waare«); Jacobsen, Laws of the Sea, S.  179 ff. (der aber selbst der Gegenmeinung folgt); Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  707 ff. Fn.  23. 41   Gegen die Besitztheorie wurde vor allem das gemeinrechtlich-romanistische System des Sachenrechts angeführt; s. z. B. Thöl, Handelsrecht I, S.  334 ff. Weitere Nachweise bei Goldschmidt, Handbuch des Handelsrechts I/2, S.  705 f. Fn.  16. 42   Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897, RGBl.  S .  219. 43   S. etwa Beuth, Die Orderpapiere des HGB, S.  25. 44   Vgl. Steingröver, Die Mithaftung des ausführenden Verfrachters .  .  ., S.  16. 45   §  606 HGB 1897; zur geringen praktischen Bedeutung angesichts der Handhabung durch die Rechtsprechung z. B. Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  27.

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den Inhalt des Konnossements gebundene Haftung konzipiert46 , konnte allerdings auch unter dem HGB 1897 durch verschiedene Zusätze mit Wirkung gegenüber einem Erwerber des Konnossements beschränkt oder ausgeschlossen werden47. Umso bedeutender war aber die sachenrechtliche Wirkung des Konnossements in Form eines Übergabeersatzes, die das HGB beibehielt und nicht mehr auf Orderkonnossemente beschränkte, sondern in Anerkennung bisheriger Gerichtspraxis auf alle Arten von Konnossementen ausdehnte48 . An dieser gesetzlichen Regelung hatte sich im Übrigen zwischenzeitlich ein neuer Theorienstreit darüber entzündet, ob die Übergabe des Traditionspapiers auch dann Besitz verschaffe, wenn der Veräußerer gar keinen Besitz hatte (so die absolute Theorie), ob der Rechtserwerb allein den Regeln des Übergabesurrogats der §§  931, 1205 Abs.  2 BGB folge (so die streng relative Theorie) oder ob die Übertragung des Papiers einen Rechtserwerb nach §§  929 Satz 1, 1205 Abs.  1 BGB ermögliche (so die Repräsentationstheorie) 49 – ein Streit, der letztlich bis heute anhält50 und wiederum zeigt, dass die sachenrechtlichen Wirkungen des Konnossements nicht Gegenstand privatautonomer Vereinbarung sein konnten und können. c)  Zusammenfassung Im deutschen Seehandelsrecht unterscheidet sich die Typizität des Konnossements je nachdem, ob man die schuldrechtlichen oder die sachenrechtlichen Wirkungen betrachtet. Auf dem Gebiet des Schuldrechts, insbesondere der Haftung des Reeders, war eine Begrenzung der grundsätzlich strengen Haftung im Einzelfall möglich, wenn dies aus dem Konnossement durch entsprechende Zusätze hervorging, also insoweit Publizität gewahrt war. Demgegenüber belegt die anhaltende, sehr dogmatische und bisweilen geradezu formalistische Diskussion um die sachenrechtlichen Wirkungen mit ihrem Ringen um die »richtige« Lösung, dass man in Deutschland insoweit von einer unabänderlichen Vorgabe der Rechtsordnung ausging und noch immer ausgeht, die keinen Raum für privatautonome Gestaltung im Einzelfall lässt. 3.  England In England fehlte lange jede gesetzliche Erfassung des Konnossements. Immerhin anerkannte die Rechtsprechung im Jahre 1794 die Funktion der Bill of Lading als »document of title« mit dem ausdrücklichen Verweis darauf, dass Indossament 46   §§  651 f. HGB 1897; dazu aus jener Zeit Makower, Handelsgesetzbuch mit Kommentar II (1900), zu §  652 Anm.  1 (S.  128); s. a. Giermann, Die Haftung des Verfrachters für Konnossementsangaben, S.  29 f. 47   §§  653 Abs.  2, 654 ff. HGB 1897; Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  28 ff. 48   §  6 47 HGB 1897; dazu Makower, Handelsgesetzbuch mit Kommentar II, zu §  6 47 Anm.  1a (S.  124). 49   S. nur den Überblick bei Abraham, Das Seerecht, S.  172 ff.; Beuth, Die Orderpapiere des HGB, S.  77–79. 50   Statt aller Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Kommentar, §  448 Rn.  2–4; K. Schmidt, Handelsrecht, §  24 III 2 (S.  696 ff.); Schnauder, NJW 1991, 1642, 1645–1649.

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und Übergabe der Bill of Lading nach Handelsbrauch das Eigentum an der verschifften Ware übergehen ließen 51. Ein Gesetz von 1842 bestätigte dann mehr beiläufig die besitzübertragende Wirkung derartiger Papiere52 , die bei entsprechendem Parteiwillen zum Eigentumswechsel an der Ware führt53 . Der Bills of Lading Act von 185554 stellte in seinen lediglich drei Sections schließlich klar, dass mit der Übertragung des Papiers auch die Rechte aus dem Vertrag übergehen – was im englischen Common Law wegen des Fehlens einer eigentlichen Abtretung besondere Bedeutung hatte. Auch schloss der Bills of Lading Act 1855 die Einwendung, die Ware sei gar nicht an Bord genommen worden, gegenüber dem gutgläubigen, entgeltlichen Wertpapiererwerber aus, sofern dem Reeder nicht der Nachweis des Betrugs durch den Schiffer, den Inhaber des Wertpapiers oder seine Rechtsvorgänger gelang. Damit war das Institut in seinen Umrissen fixiert. Der Factors Act von 188955 bestätigte in seinem Anwendungsbereich diese Entwicklungen. Nach einer anfänglich recht strengen Haftung des Reeders führten der zunehmende Seehandel mit immer größeren Schiffen und zugleich der internationale Wettbewerb dazu, dass die Reeder auf immer weitere Haftungsbeschränkungen drangen und damit schließlich auch vor den Gerichten Erfolg hatten 56 . Waren diese Haftungsbeschränkungen auf der Bill of Lading vermerkt, konnten sie auch Dritten entgegengesetzt werden. Erst die internationale Vereinheitlichung brachte hier wieder Änderungen. 4.  U. S. A. Auch in den U. S. A. versuchten die Reeder, ihre Haftung durch Klauseln zu beschränken, wurden hierin aber – anders als in England – zumeist von der Rechtsprechung gebremst57. Der Harter Act von 189358 stellte eine Art Kompromiss dar. 51   Lickbarrow v. Mason, (1794) 5 T. R. 683, 686. S. weiter z. B. Bowen L. J. in Sanders Brothers v. Maclean & Co., (1883) 11 Q. B. D. 327, 341: ».  .  . indorsement and delivery of the bill of lading operates as a symbolical delivery of the cargo.« 52   S.  4 des Gesetzes vom 30. Juni 1842 (An Act to amend the law relating to advances bona fide made to agents entrusted with goods [Factors Act 1842], 5 & 6 Vict., c. 39). S. schon das Gesetz vom 18. Juli 1823 (Factors Act 1823) sowie das Gesetz vom 5. Juli 1825 (An Act to alter and amend an Act for the better protection of the property of merchants and others who may hereafter enter into contracts or agreements in relation to goods, wares, or merchandise entrusted to factors or agents, 6 Geo. 4, c. 94). 53   S. nur Treitel, [2003] 119 L. Q. R. 608, 609, 611 (allerdings ohne die Möglichkeit gutgläubigen Erwerbs, s. Treitel, a.a.O., S.  609, 624). 54   Bills of Lading Act 1855 (18 & 19 Vict., c. 111); s. heute Carriage of Goods by Sea Act 1992 (c. 50). 55   Factors Act 1889 (52 & 53 Vict., c. 45). 56   Vgl. Tattersall v. The National Steamship Company, [1884] 12 Q. B. D. 297; In re Missouri Steamship Company, [1889] 42 Ch.D. 321. 57   New Jersey Steam Nav. Co. v. Merchants’ Bank of Boston (The Lexington), 47 U. S.  344 (1848); Bulkley v. Naumkeag Steam Cotton Co. (The Edwin), 65 U. S.  386 (1860); Liverpool & G. W. Steam Co. v. Phenix Ins. Co., 129 U. S.  397 (1889); s. aber auch Robertson v. National Steamship Co., 34 N. E. 1053 (N. Y., 1893); Überblick m. w. N.  bei Sweeney, 24 J. Mar. L. &

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Er statuierte die Pflicht zur Ausstellung eines Konnossements und ordnete an, dass dieses Dokument einen prima facie-Beweis über den Empfang der darin beschriebenen Güter erbringe59. Hiervon abgesehen bestimmte der Harter Act als Reaktion auf die weitverbreiteten Freizeichnungsklauseln in Frachtverträgen und Konnossementen, welche Haftung der Reeder nicht vertraglich ausschließen konnte 60 ; zugleich schützte er unter bestimmten Voraussetzungen aber auch vor der Haftung für Navigationsfehler und andere seefahrtstypische Gefahren61. Von den Gerichten wurde der Harter Act indessen zu Lasten des Beförderers streng ausgelegt 62 . Daneben befassten sich auch der Uniform Bills of Lading Act 190963 , der Federal Bills of Lading Act (»Pomerene Act«) von 1916 64 und schließlich – mit sehr geringem Anwendungsbereich – einzelstaatliches Recht, teils in Umsetzung von Art.  7 U. C. C. 1951, mit dem Konnossement65 , indem sie die Übertragung durch Indossament sowie den damit verbundenen Übergang der Rechte an der Ware auf den Erwerber einheitlich regelten; heute gelten insofern eine 1994 leicht veränderte Fassung des Pomerene Act66 und in den von diesem nicht erfassten Bereichen das Recht der Einzelstaaten, die teilweise nunmehr Art.  7 U. C. C. 2003 folgen. 58

IV.  Internationale Rechtsvereinheitlichung 1.  Die Hague Rules von 1924 Insbesondere die Verschiedenheiten in der Haftungsfreizeichnung waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts Anlass für verschiedene Versuche internationaler Rechtsvereinheitlichung. Den britischen Reedern und ihren Versicherern gelang indes zunächst die Abwehr aller Bestrebungen, bestimmte Freizeichnungsklauseln zu verbieten67. 1924 hatten die Vereinheitlichungsbemühungen dann schließlich Erfolg. Auf der Grundlage von Verhandlungen, die bereits 1921 im Haag stattgefunden und zur Veröffentlichung der Haager Regeln als »freiwilliges« Klauselwerk geführt hatten, wurde am 25. August 1924 in Brüssel das Internationale Comm. 1, 7 ff. (1993) und zur frühen Rechtslage bei Kent, Commentaries on American Law II, S.  470 ff. 58   Act of February 13, 1893 (»Harter Act 1893«), Chap.  105, 27 Stat. 445–46, 46 U. S. C. app. §§  190–196; dazu Wheeler, 33 Am. L. Rev. 801, 802 ff. (1899); Sweeney, 24 J. Mar. L. & Comm. 1, 9 ff. (1993). 59   §  193 Harter Act. 60   §§  190 f. Harter Act. 61   §  192 Harter Act. 62   Näher Sweeney, 24 J. Mar. L. & Comm. 1, 14–25 (1993). 63  3A Uniform Laws Annotated 523 (Master ed. 1981). 64  49 U. S. C. app. §§  81–124 (1988); Überblick bei Mangone, United States Admiralty Law, S.  79 f. 65   Vgl. Winship, in: Yiannopoulos (Hrsg.), Ocean Bills of Lading, S.  263, 269. 66  49 U. S. C. §§  80101–80115 gem. Pub. L. No.  103–272, 108 Stat. 745 (1994). 67   Sweeney, 24 J. Mar. L. & Comm. 1, 29 ff. (1993).

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Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über Konnossemente verabschiedet 68 . Gegenstand des Abkommens war insbesondere die Vereinheitlichung der Haftung des Schiffseigentümers oder Charterers für die übernommenen Güter. Die Beschränkung der Regeln auf solche Frachtverträge, in Bezug auf welche ein Konnossement oder ähnliches »document of title« ausgestellt wurde 69, vor allem aber die umfassend angeordnete Geltung für alle Konnossemente70 zeigt, dass damit jedenfalls auch die Haftung gegenüber einem Erwerber des Konnossements gemeint war. Eine Erweiterung der Haftung über den vom Abkommen vorgesehenen Höchstbetrag von 100 Pfund Sterling pro Stück oder Ladungseinheit hinaus oder für Schäden vor dem Einladen und nach dem Entladen sollte nur wirksam sein, wenn sie in das Konnossement aufgenommen war 71. Regeln über die wertpapierrechtliche oder sachenrechtliche Bedeutung des Konnossements enthielt das Abkommen nicht. Als einer der ersten Staaten setzte England das Abkommen im Carriage of Goods by Sea Act von 1924 um72 ; die U. S. A. übernahmen die Haager Regeln im Wesentlichen in ihren Carriage of Goods by Sea Act von 193673 . Frankreich ratifizierte die Konvention im Jahre 1936; sie trat am 4. Juli 1937 in Kraft74 . In Deutschland wurde das Abkommen noch vor der Ratifikation 75 durch das Seerechtsänderungsgesetz von 193776 ins HGB transponiert. Aus dem Konnossement, das nun nicht mehr der Schiffer, sondern der Frachtführer auszustellen hatte77, haftete 68   Convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement du 25 août 1925, abgedruckt in RGBl.  1939 II, S.  1052. 69   Art.  I lit.  b Hague Rules. 70   Art.  X Hague Rules. 71   Art.  4 §  5, Art.  7 Hague Rules. 72   Carriage of Goods by Sea Act 1924 (14 & 15 Geo. 5, c. 22). 73   Act of April 6/16, 1936 (Carriage of Goods by Sea Act 1936), 49 Stat. 1213, 46 U. S. C. app. §§  1300–1315; dazu Sweeney, 30 J. Mar. L. & Comm. 543, 544 ff. (1999). S. zu Konflikten der Hague Rules mit dem Pomerene Act auch Winship, in: Yiannopoulos (Hrsg.), Ocean Bills of Lading, S.  263, 271. 74   Décret du 25 mars 1937 portant promulgation de la Convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement signée à Bruxelles le 25 août 1924, J. O. vom 8. April 1937, S.  4019. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Konvention (Art.  10) galt indessen das interne Recht weiter (s. nur Kiss, Ann. fr. de droit int. 7 [1961], 904, 937 n°  88), das später aus dem Code de commerce herausgenommen wurde: Loi n°  66–420 du 18 juin 1966 sur les contrats d’affrètement et de transport maritimes sowie Décret n°  66–1078 du 31 décembre 1966 sur les contrats d’affrètement et de transport maritimes. 75   S. für das Deutsche Reich die Bekanntmachung vom 22. Dezember 1939, RGBl.  II, S.  1049 (mit einer Liste der bis zu diesem Zeitpunkt erfolgten Ratifikationen bzw. Beitritte durch Belgien, Spanien, Ungarn, die U. S. A., Rumänien, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland, Portugal). 76   Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über das Seefrachtrecht vom 10. August 1937, RGBl.  I, S.  891, 893 ff. 77   Vgl. §  6 42 Abs.  1 HGB 1897 (».  .  . hat der Schiffer dem Ablader .  .  . ein Konnossement .  .  . auszustellen, .  .  .«; Hervorhebung hinzugefügt) mit §  6 42 Abs.  1 1937 (»Der Verfrachter hat .  .  . dem Ablader .  .  . ein Konnossement .  .  . auszustellen .  .  .«; Hervorhebung hinzugefügt).

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dementsprechend nicht mehr notwendigerweise der Reeder, sondern gegebenenfalls der Charterer, wenn dieser als Frachtführer den Vertrag geschlossen hatte78 . 2.  Die Visby Rules von 1968 und das Protokoll von 1979 Im Jahre 1968 wurden die Hague Rules durch ein am 23. Februar 1968 in Brüssel unterzeichnetes Protokoll79 ergänzt, dessen Inhalt 1963 in Stockholm ausgehandelt und in Visby unterzeichnet worden war80 . Dieses Protokoll trat 1977 in Kraft und brachte Veränderungen und Ergänzungen auf dem Gebiet der Haftungsbegrenzung, insbesondere höhere Haftungshöchstgrenzen81 ; es verschärfte aber auch die Haftung gegenüber dem gutgläubigen Konnossementsinhaber82 . Eine weitere Ergänzung erfolgte durch das sogenannte SDR Protocol vom 21. Dezember 197983 . Während die U. S. A. diese Regeln nicht übernahmen84 , ordnete England bereits mit dem Carriage of Goods by Sea Act von 1971 deren spätere Geltung an85 ; auch Frankreich ratifizierte beide Protokolle 86 . Deutschland fügte – ohne die Protokolle zu ratifizieren87 – unter anderem 1986 in §  656 Abs.  2 HGB einen Satz 2 an88 , der von der Literatur teilweise als Wiedereinführung der Skripturhaftung kritisiert 78   Herber, Seehandelsrecht, S.  288 f.; Steingröver, Die Mithaftung des ausführenden Verfrachters .  .  ., S.  16 f. 79   Protocol to Amend the International Convention for the Unification of Certain Rules of Law Relating to Bills of Lading (Visby Rules), Brussels, 23 February 1968. 80   Vgl. Tetley, in: Int. Enc. Comp. L. XII, Ch. 4, S.  14 Fn.  113. 81   Art.  4 Abs.  5 Hague-Visby Rules (geändert durch Art.  2 Visby Protocol 1968). 82   Art.  3 Abs.  4 Satz 2 Hague-Visby Rules (geändert durch Art.  1 Abs.  1 Visby Protocol 1968). 83   Protocol (SDR Protocol) amending the International Convention for the Unification of Certain Rules of Law relating to Bills of Lading of 25 August 1924 (The Hague Rules), as amended by the Protocol of 23 February 1968 (Visby Rules), Brussels, 21 December 1979. 84   Dazu Mangone, United States Admiralty Law, S.  104 f.; Force/Yiannopoulos/Davies, Admiralty and Maritime Law I, S.  18. 85   Carriage of Goods by Sea Act 1971 (c. 19); Protokoll von 1968 zum 23. Juni 1977 gem. S. I. 1977/981; Protokoll von 1979 gem. s. 2(1) Merchant Shipping Act 1981 (c. 10). 86   Loi n°  72–602 du 5 juillet 1972 autorisant la ratification du protocole fait à Bruxelles le 23 février 1968 portant modification de la Convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement, signée à Bruxelles le 25 août 1924, J. O. vom 8. Juli 1972, S.  7111 sowie Loi n°  86–798 du 3 juillet 1986 autorisant la ratification du protocole portant modification de la convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement du 25 août 1924, telle qu’amendée par le protocole de modification du 23 février 1968, fait à Bruxelles le 21 décembre 1979, J. O. vom 4. Juli 1986, S.  8303 und Décret n°  87–235 du 3 avril 1987 portant publication du protocole portant modification de la Convention internationale pour l’unification de certaines règles en matière de connaissement du 25 août 1924, telle qu’amendée par le protocole de modification du 23 février 1968, fait à Bruxelles le 21 décembre 1979, J. O. vom 5. April 1987, S.  3848. S. a. Tosi, in: Yiannopoulos (Hrsg.), Ocean Bills of Lading, S.  141. 87   Vgl. Plenarprotokoll 10/219 vom 5. Juni 1986, S.  16851, 16950 li.Sp.; zum aktuellen Stand CMI Yearbook 2009, Athens II, S.  447 ff. 88   Art.  1 Nr.  6 des Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) vom 25. Juli 1986, BGBl.  I, S.  1120, 1122.

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wurde 89, und folgte auch ansonsten weitgehend dem Vorbild der beiden Protokolle. Auch in zahlreichen anderen Staaten fanden die Protokolle Gefolgschaft90 . Im Ergebnis ist die grundsätzliche Vereinheitlichung der Regeln über Konnossemente also geblieben. 3.  Die Hamburg Rules von 1978 und die Rotterdam Rules von 2009 Die als UNCITRAL-Konvention91 verabschiedeten Hamburg Rules von 1978 wurden zwar von vielen Staaten ratifiziert; die im internationalen Handel bedeutendsten Staaten sind der Konvention jedoch ferngeblieben92 . In den Hamburg Rules zeigt sich erstmals deutlich eine Loslösung der rechtlichen Regelung des Geschäfts vom Konnossement. Dessen Ausstellung ist nun nicht mehr Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Hamburg Rules und ihres allgemeinen Haftungsregimes überhaupt. Vielmehr bewirkt das Konnossement nur zusätzlich eine Vermutung der Übernahme der Ware in dem beschriebenen Zustand, die bei Übertragung des Konnossements an einen gutgläubigen Dritten nicht widerlegt werden kann93 . Damit sind die Konturen des Rechtsinstituts geschärft. Einen neuen Versuch hat UNCITRAL mit den Rotterdam Rules unternommen94 . Diese wollen die Unterschiede zwischen den Hague/Visby Rules und den Hamburg Rules überbrücken95 und zugleich ein umfassenderes sowie an die heutigen Bedürfnisse angepasstes Regelwerk bieten. Dementsprechend erfassen die Rotterdam Rules neben Konnossementen in Papierform auch »electronic transport records«96 , die ebenfalls »negotiable« sein können97. Wie schon die Hamburg Rules, setzen die Rotterdam Rules nicht mehr die Ausstellung eines Konnossements voraus; ist ein solches ausgestellt, hat dies aber wieder eine Vermutung zur Folge, die in den Rotterdam Rules noch genauer als in den Hamburg Rules beschrieben ist98 . Zudem befassen sich die Rotterdam Rules erstmals mit dem Konnossement nicht nur unter dem Aspekt der Haftung des Beförderers, sondern se­ 89   So Herber, in: Festschrift für Peter Raisch, S.  67, 68; Bästlein, TranspR 1997, 404; dagegen aber Rabe, TranspR 1997, 89. 90   S. wiederum CMI Yearbook 2009, Athens II, S.  447 ff.; Tetley, in: Int. Enc. Comp. L. XII, Ch. 4, S.  14 Fn.  113. 91   United Nations Convention on the Carriage of Goods by Sea, 1978 (Hamburg Rules), angenommen von der UN-Vollversammlung durch Resolution vom 30. März 1978 (A/CON.89/13, annex III); dazu z. B. Force/Yiannopoulos/Davies, Admiralty and Maritime Law I, S.  18 f. m. Nw. 92   Vgl. CMI Yearbook 2009, Athens II, S.  546. 93   Art.  16 Abs.  3 Hamburg Rules. 94   United Nations Convention on Contracts for the International Carriage of Goods Wholly or Partly by Sea (Rotterdam Rules), angenommen von der UN-Vollversammlung durch Resolution vom 11. Dezember 2008 (A/RES/62/122). 95   S. etwa Ramberg, CMI Yearbook 2009, Athens II, S.  277, 280. 96   Art.  1 Nr.  10 lit.  b, Art.  8 Rotterdam Rules. 97   Art.  1 Nr.  19 sowie Art.  1 Nr.  21 f., Art.  9 Rotterdam Rules. 98   Art.  41 Rotterdam Rules. Allgemein zur gesteigerten Klarheit der zwingenden Regeln unter den Hamburg Rules Honka, CMI Yearbook 2009, Athens II, S.  255, 258, 259 ff.

B.  Ladeschein und kombinierter Transport

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hen auch vor, dass dem Inhaber eines »negotiable transport document« oder »negotiable electronic transport record« das näher beschriebene »right of control« über die Ware zusteht99. Geregelt ist auch die Übertragung dieses »right of control«100 . Letztlich handelt es sich hierbei um wertpapierrechtliche Regeln, betreffen sie doch den Inhalt des Rechts aus dem Papier sowie den wertpapiermäßigen Umlauf; einen sachenrechtlichen Einschlag haben diese Regeln insoweit, als sie dem Inhaber zumindest die mit dem »right of control« verbundenen Rechte in Bezug auf die Ware zugestehen. Ob dieser durchaus ambitionierte Ansatz bei den Staaten auf Resonanz stößt, bleibt abzuwarten.

V.  Zusammenfassung und Würdigung Für das Konnossement als ein Wertpapier, welches sich auf per Seefracht transportierte Ware bezieht, waren Rechtssicherheit und internationale Anerkennung von Anfang an zentral. Frühe Regelwerke galten denn auch über einzelne Rechtsräume hinaus. Die spätere nationale Gesetzgebung klärte für die jeweiligen Rechtsordnungen die sachen- und haftungsrechtliche Wirkung des Konnossements, wurde mit ihren Verschiedenheiten dem internationalen Charakter des Seetransports aber nicht gerecht, weshalb schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste international einheitliche, typisierende Regeln geschaffen wurden. Die fortdauernden Bemühungen um eine weitere Vereinheitlichung des Seefrachtrechts im Allgemeinen und des Rechts des Konnossements im Besonderen dokumentieren, dass das Bedürfnis nach einheitlichen Regeln fortbesteht. In den UNCITRAL-Konventionen sind dabei die Konturen des Konnossements insofern geschärft, als es nicht mehr generelle Anwendungsvoraussetzung ist, sondern ergänzende oder abweichende Vereinbarungen enthalten kann; die Rotterdam Rules erfassen und standardisieren es erstmals auch voll in seinem wertpapiermäßigen Charakter. Selbst wenn es nicht zu ihrer Umsetzung kommen sollte, sind sie doch Beleg dafür, dass die Einigung auf einige zwingende Regeln von allen Seiten für erforderlich gehalten wird.

B.  Ladeschein und kombinierter Transport Der Ladeschein ist in gewisser Weise das jüngere Pendant zum Konnossement für den Binnentransport, und zwar insbesondere die Binnenschifffahrt101. Trotz weitaus geringerer wirtschaftlicher Bedeutung ist auch das Recht des Ladescheins auf nationaler Ebene typisiert; für die kontinentaleuropäische Binnenschifffahrt exis99   Art.  50, 51 Abs.  3, 4 Rotterdam Rules; s. a. Art.  51 Abs.  2 für »non-negotiable transport documents«. 100   Art.  51 Abs.  3 lit.  b, c i. V. m. Art.  57 bzw. Art.  51 Abs.  4 lit.  b, c i. V. m. Art.  9 Abs.  1 Rotterdam Rules. 101   S. für Deutschland Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, §  444 Rn.  1 (praktische Bedeutung nur für die Binnenschifffahrt, unüblich im Landverkehr).

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tiert seit neuestem ein international einheitliches Regelwerk. Wo – wie immer öfter – ein Binnentransport mit einem internationalen Seetransport verbunden ist, dokumentieren die Bestrebungen zur Vereinheitlichung des Rechts internationaler kombinierter Transporte das Bedürfnis nach standardisierten Regeln. Ein kurzer Überblick soll hier genügen.

I.  Nationale Regelungen über den Ladeschein 1.  Deutschland In Deutschland war ein dem Konnossement vergleichbares Papier im Warenverkehr auf dem Land und auf Binnengewässern nicht verbreitet, was vor allem auf die kürzere Dauer des Binnentransports zurückzuführen sein dürfte. Dennoch setzte sich bei den Nürnberger Beratungen zu einem Handelsgesetzbuch die Ansicht durch, die ein dem Konnossement vergleichbares Institut für den Binnenverkehr schaffen wollte102 . Auf diese Weise fand der Ladeschein eine erste nationale Regelung im Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch. Dessen Art.  302–305 anerkannten zunächst den Ladeschein als Orderpapier und regelten die Übertragung solcher Papiere, bevor in den Art.  413 ff. Näheres über Ausstellung und Inhalt, die Aushändigung der Ware an die durch den Ladeschein legitimierte Person sowie die Maßgeblichkeit des Ladescheins für die Beziehung zwischen Frachtführer und Empfänger gesagt wurde. Indessen wurde der Ladeschein dem Konnossement nicht völlig gleichgestellt. Dies galt ersichtlich für die schuldrechtliche Wirkung, insbesondere die Frage der Haftung für die Richtigkeit des Inhalts des Ladescheins103 . Auch äußerte sich das ADHGB über die sachenrechtliche Wirkung des Ladescheins nicht. Das Reichsgericht befand aber, dass die Übertragung auch des Ladescheins die Übergabe der Ware ersetze104 ; die Gesetze und Verordnungen der einzelnen Staaten zur Ausführung der Konkursordnung sanktionierten diese Lösung105 . Für die Binnenschifffahrt verlieh schließlich das Binnenschiffahrtgesetz106 dem Ladeschein »konnossementsartigen Charakter«107. Es statuierte ausdrücklich die sachenrechtliche Wirkung108 , legte darüber hinaus fest, inwieweit der Frachtführer aus den Angaben des Ladescheins über Art, Beschaffenheit und

  Vgl. Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  5 f.   Dazu z. B. Meier, Central-Organ für das deutsche Handels- und Wechselrecht, N. F. 9 (1873), 9, 10 ff. 104   RG, Urteil vom 1. Oktober 1881, I. 699/80, RGZ 5, 79, 80; vgl. Goldschmidt, ZHR 29 (1884), 18, 23 ff.; Landgraf, Reichsgesetze betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt und der Flösserei, Anm.  1 zu §  72 BinSchG (S.  222). 105   Vgl. Goldschmidt, ZHR 29 (1884), 18, 19 ff. 106   Gesetz betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt vom 15. Juni 1895, RGBl.  S .  301. 107   RG, Urteil vom 3. Februar 1904, I. 423/1903, Beitr. z. Erl. d. dt. R. 48 (1904), 625, 627. 108   §  72 BinSchG 1895. 102 103

B.  Ladeschein und kombinierter Transport

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Menge der Güter haftete109 und ordnete eine – allerdings abdingbare – verschuldensunabhängige Haftung für Zahl, Maß und Gewicht an110 . Das Handelsgesetzbuch von 1897 übernahm die Regelungen des ADHGB zum Ladeschein111. Darüber hinaus sah es nunmehr auch für alle Ladescheine ausdrücklich die Traditionsfunktion vor112 . Die ergänzenden Vorschriften des Binnenschiffahrtgesetzes über den Ladeschein blieben mit Ausnahme der nun überflüssigen Regelung über die Traditionsfunktion weiter in Kraft113 . Erst das Transportrechtsreformgesetz des Jahres 1998 hat diese zusätzlichen Sonderregeln für den binnenschifffahrtsrechtlichen Ladeschein aufgehoben114 und anstelle der auf Zahl, Maß und Gewicht beschränkten verschuldensunabhängigen Haftung des Binnenschiffahrtgesetzes nunmehr für alle Arten von Ladescheinen die gegenüber einem dritten Erwerber des Ladescheins unwiderlegliche, ansonsten widerlegliche Vermutung aufgestellt, dass der Frachtführer die Güter »wie im Ladeschein beschrieben« übernommen habe115 . Die Gesetzesbegründung sieht hierin ausdrücklich eine Klarstellung und Vereinheitlichung, die »den wertpapierrechtlichen Charakter des Ladescheins hervorhebt«116 . Zugleich wurde die bisher völlig freie Disponibilität des Landfracht- und Binnenschifffahrtsrechts unter anderem zur Eindämmung der Rechtszersplitterung eingeschränkt117, was zumindest mittelbar auch die Typizität des Ladescheins erhöht. 2.  Frankreich Auch Frankreich schuf erst in jüngerer Zeit eigene Regeln für den »connaissement fluvial« genannten Ladeschein der Binnenschifffahrt. Zuvor gab es zwar mit der »lettre de voiture« bereits ein Warenpapier des Binnentransports, das eine grundsätzlich strenge, skripturartige Haftung des Transporteurs bewirkte118 . Es war aber umstritten, ob dieses Papier durch Indossament übertragen werden konnte119 ; unsicher war auch, inwieweit es die Ware vertrat. Die Praxis ging aus steuerlichen Gründen zudem dazu über, anstelle einer »lettre de voiture« ein »récépissé« zu verwenden120 . Auf Drängen von Industrie und Handel schuf dann ein Arrêté vom 109   §§  73 ff. BinSchG 1895; zur Ablehnung einer Analogie zum Konnossement durch das Reichsgericht vor Geltung dieser Regelung Landgraf, Reichsgesetze betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt und der Flösserei, Anm.  1 zu §  73 (S.  223). 110   §  73 BinSchG 1895. 111   §§  444 ff. HGB 1897; vgl. Pfeiffer, Das Konnossement und der Ladeschein, S.  6 . 112   §  450 HGB 1897. 113   Vgl. Lehmann, in: Lehmann/Ring, Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich II, Anm.  zu §  450. 114   Art.  2 Nr.  2 des Gesetzes zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz – TRG) vom 25. Juni 1998, BGBl.  I, S.  1588. 115   §  444 Abs.  3 Satz 2, 3 HGB 1998. 116   BR-Drucks. 368/97 vom 23. Mai 1997, S.  83 li.Sp. 117   §  449 HGB 1998; dazu BR-Drucks. 368/97 (Fn.  116), S.  84 ff. 118   Art.  97 ff. Code de commerce 1807 = Art. L. 132–4 ff. Code de commerce 2000. 119   Befürwortend z. B. Bravard-Veyrières, Traité de Droit Commercial II, S.  386. 120   Bravard-Veyrières, Traité de Droit Commercial II, S.  367 Fn.  3 m. w. N.

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25. Juni 1945, der auf dem Entwurf eines Code fluvial von 1925 beruhte, erstmals ein entsprechendes Ordrepapier, das zugleich einen Eigentumsübergang durch Indossament ermöglichte121 ; abgelöst wurde er durch einen Arrêté vom 20. Juli 1960122 , der die Vorschriften präzisierte. Daneben scheint der Rückgriff auf die Lösungen des Seekonnossements anerkannt zu sein123 . Die von der Praxis empfundene Notwendigkeit gesetzgeberischen Tätigwerdens zeigt, dass man auch in Frankreich nicht davon ausging, ein derartiges Papier privatautonom schaffen zu können. Mit der gesetzlichen Regelung war wiederum die einer Kodifikation eigene erhöhte Typizität verbunden. 3.  England und die U. S. A. Eine strenge Trennung zwischen dem See- und dem Binnenkonnossement ist England und den U. S. A. seit jeher fremd; für »inland bills of lading« gilt wertpapierund sachenrechtlich dasselbe wie für den Seetransport124 . In den U. S. A. erfasst seit 1916 die bundeseinheitliche Regelung des Pomerene Act weitgehend auch den Binnentransport; einzelstaatliches Recht, teilweise in Umsetzung von Art.  7 U. C. C., findet noch Anwendung, wo es sich um einen Transport innerhalb ein und desselben Bundesstaats handelt125 . Insoweit, als es auf eine Unterscheidung zwischen See- und Binnentransport verzichtet, stellt sich damit das englische und amerikanische Recht des Ladescheins stärker typisiert dar als die kontinentalen Rechte mit ihren verschiedenen Regelungen.

II.  Internationale Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet der Binnenschifffahrt Der internationale Transport ist, auch soweit es sich nicht um Seetransport handelt, Gegenstand einer ganzen Reihe verschiedener internationaler Übereinkommen, etwa der CMR für den internationalen Straßentransport126 , des Warschauer

121   Arrêté du 25 juin 1945 relatif aux conventions d’affrètement pour la navigation intérieure et l’organisation de la profession de courtier de fret, J. O. vom 3. Juli 1945, S.  4043; dazu Rodière, Droit des Transports II, n°  531, 557. 122   Arrêté du 20 juillet 1960 relatif au connaissement fluvial, J. O. vom 28. Juli 1960, S.  6975. 123   Vgl. Rodière, Droit des Transports II, n°  557 mit Verweis auf Ripert, Droit Maritime II, n°  1567 f. 124   Vgl. für England den Bills of Lading Act 1855 und den Carriage of Goods by Sea Act 1992, die für alle »bills of lading« gelten wollen; zu den U. S. A. sogleich. 125   Vgl. 49 U. S. C. §  8 0102: »This chapter applies to a bill of lading when the bill is issued by a common carrier for the transportation of goods – (1) between a place in the District of Columbia and another place in the District of Columbia; (2) between a place in a territory or possession of the United States and another place in the same territory or possession; (3) between a place in a State and a place in another State; (4) between a place in a State and a place in the same State through another State or a foreign country; or (5) from a place in a State to a place in a foreign country.« 126   Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route vom

B.  Ladeschein und kombinierter Transport

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und Montrealer Übereinkommens für den internationalen Luftverkehr127 und der COTIF samt CIM für den internationalen Eisenbahnverkehr128 . Diese Übereinkommen sehen zwar allesamt einen Frachtbrief vor, der für bestimmte Tatsachen Beweis erbringt, machen diesen aber nicht zum Wertpapier129. Ein Konnossement auf dem Gebiet des Binnenwasserstraßentransports sieht nunmehr das Budapester Übereinkommen (CMNI) 130 vor, dessen einheitliches Regelwerk mittlerweile in den meisten Anrainerstaaten von Rhein und Donau gilt131. Dieses Konnossement kann als Namens-, Order- oder Inhaberpapier ausgestellt werden, schützt in jedem Fall aber das Vertrauen des Empfängers und hat Traditionswirkung (Art.  13 CMNI). Sachliche Unterschiede zur deutschen Regelung bestehen insoweit nicht132 .

III.  Die Behandlung des kombinierten Transports Beim kombinierten Transport treffen zunächst die jeweiligen Rechtsregimes der verschiedenen Transportarten zusammen; handelt es sich um einen grenzüberschreitenden Transport, können zudem noch eine oder mehrere weitere Rechtsordnungen hinzukommen. Folge kann eine überaus komplizierte Rechtslage sein133 . Sowohl auf nationaler Ebene als auch auf internationaler Ebene wurde daher verschiedentlich versucht, mittels einer Standardisierung Komplexität zu reduzieren. 1.  Nationale Ebene In Deutschland hat das Transportrechtsreformgesetz von 1998 unter dem Einfluss internationaler Regelwerke erstmals Regelungen für den kombinierten (multimodalen) Transport eingeführt134 . Danach gelten für den Frachtvertrag über eine Be19. Mai 1956, abgedruckt in BGBl.  1961 II, S.  1119; geändert durch Protokoll vom 5. Juli 1978, abgedruckt in BGBl.  1980 II, S.  721, 733. 127   Warschauer Abkommen (Convention pour l’unification de certaines règles relatives au Transport aérien international) vom 12. Oktober 1929, abgedruckt in RGBl.  1933 II, S.  1039, mit Zusatzabkommen von Guadalajara vom 18. September 1961, abgedruckt in BGBl.  1963 II, S.  1159; Montrealer Abkommen (Convention pour l’unification de certaines règles relatives au transport aérien international) vom 28. Mai 1999, abgedruckt in BGBl.  2004 II, S.  458. 128   Convention relative aux transports internationaux ferroviaires vom 9. Mai 1980 sowie Règles uniformes concernant le contrat de transport international ferroviaire des marchandises (Appendice B à la Convention) mit nachfolgenden Änderungen. 129   S. ausdrücklich Art.  6 §  5 CIM: »Der Frachtbrief hat nicht die Bedeutung eines Konnossementes.« 130   Convention de Budapest relative au contrat de transport de marchandises en navigation intérieure vom 22. Juni 2001, Text in BR-Drucks. 563/06 vom 11. August 2006, S.  7 ff. 131   Vgl. BGBl.  2007 II, S.  1390. 132   Vgl. BR-Drucks. 563/06 (Fn.  130), S.  39. 133   S. nur Delebecque, RIDC 50 (1998), 527, 528 f. (n°  2 f.); Drews, TranspR 2006, 177, 178; Hoeks, Multimodal Transport Law, S.  9 ff. 134   S. nur K. Schmidt, Handelsrecht, §  32 III 2 (S.  933 ff.); UNCTAD secretariat, Implementation of Multimodal Transport Rules, UNCTAD/SDTE/TLB/2, Report vom 25. Juni 2001,

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förderung mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln grundsätzlich die allgemeinen frachtvertraglichen Regeln; lediglich für bestimmte Fragen enthält das HGB Sonderbestimmungen, die indes nicht den Ladeschein betreffen135 , sodass ein einheitlicher Ladeschein über den multimodalen Transport ausgestellt werden kann, der dann wie ein gewöhnlicher Ladeschein zu behandeln ist, also durch Indossament übertragen werden kann und Traditionswirkung hat136 . Die frühere Unklarheit, ob in Deutschland ein numerus clausus der kaufmännischen Orderpapiere der Anerkennung solcher Papiere entgegenstand, ist also durch das Transportrechtsreformgesetz geklärt. Dass dabei bewusst nicht ein neuer Vertragstyp kodifiziert, sondern der Vertrag als Frachtvertrag eingeordnet wurde137, wahrt die bestehende Typizität nicht nur der Transportverträge allgemein, sondern auch der entsprechenden Warenpapiere. Jedenfalls die Vereinbarung eines einheitlichen Haftungsregimes erlaubt auch der U. S.-amerikanische Carriage of Goods by Sea Act 1936138 ; in Frankreich ist eine Lösung über den Vertrag der commission de transport üblich139. 2.  Internationale Ebene Auf internationaler Ebene gab es verschiedene Vorstöße, die eine einheitliche Regelung des kombinierten Transports erreichen wollten. Unter den völkerrechtlichen Verträgen deckt die CMR140 auch bestimmte Formen multimodalen Transports ab; sie entbehrt aber einer Regelung über ein Warenpapier, das in wertpapier­ rechtlicher Form übertragbar ist und Traditionsfunktion hat. Die Seerechtskonventionen könnten auch einen nachfolgenden Landverkehr abdecken, in der Praxis wird jedoch meist kein einheitliches Konnossement ausgestellt141. Ein unter der Ägide der Vereinten Nationen vorbereitetes Übereinkommen von 1980142 , das als »negotiable multimodal transport documents« auch Order- und Inhaberpapiere vorsah143 , ist gescheitert, da es nicht die erforderliche Zahl an Beitritten erreichte. Erfolgreicher waren hingegen die UNCTAD/ICC Rules for Multimodal TransNr.  198–214, abrufbar unter (zuletzt besucht am 12. Februar 2012). 135   §§  452 ff. HGB. 136   Vgl. Herber, in: Münchener Kommentar zum HGB §  452 Rn.  41. 137   Dazu BR-Drucks. 368/97 (Fn.  116), S.  98 li.Sp. 138  46 U. S. C. app. §  1307; s. a. Mannesmann DEMAG Corp. v. M/V Concert Express, 225 F.3d 587 (5th Cir. 2000): Haftungsbeschränkung des Harter Act gilt zwingend nur für den Teil des Seetransports, Parteien können aber Haftungsbeschränkung ausdehnen. 139   Delebecque, RIDC 50 (1998), 527, 528–531 (n°  3–8); s. Art. L 132–3 ff. Code de commerce. 140   Convention relative au contrat de transport international de marchandises par route vom 19. Mai 1956, BGBl.  1961 II, S.  1119. 141   Delebecque, RIDC 50 (1998), 527, 531 f. (n°  9). 142   United Nations Convention on International Multimodal Transport of Goods, angenommen von der UN-Vollversammlung durch Resolution vom 24. Mai 1980; dazu z. B. Mankabady, 32 I. C. L. Q. 120, 121 ff. (1983). 143   Art.  6 der UN-Konvention; Vermutungsregel in Art.  10 lit.  b der Konvention.

C.  Der Lagerschein

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port Documents von 1992144 , die vorsehen, dass das Transportdokument »negotiable« sein kann, und direkt vereinbart werden können145 , insbesondere aber in das FIATA Multimodal Transport Bill of Lading eingegangen sind. Ein FIATA Bill of Lading kann auf den Namen lauten, aber auch übertragbar gestellt sein. Unter neuem deutschem Recht erfüllt es dann die Voraussetzungen eines Ladescheins146 , ist also kaufmännisches Orderpapier mit Traditionsfunktion147.

IV.  Zusammenfassung und Würdigung Das Recht des Ladescheins hat eine ähnliche Entwicklung hin zu gesteigerter Typizität erlebt wie das Recht des Konnossements. Allerdings war die Bedeutung des Ladescheins als reines Papier des Binnentransports stets nicht allzu groß; sie hat in der jüngeren Vergangenheit weiter abgenommen. Auf internationaler Ebene, wo der Ladeschein beim multimodalen Transport eine Rolle spielt, ist zwar bis heute keine Vereinheitlichung oder Angleichung auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrages oder eines Modellgesetzes erfolgt; in Form standardisierter Vertragsbedingungen hat aber eine Vereinheitlichung stattgefunden, die wiederum in Deutschland letztlich vom Gesetzgeber anerkannt wurde. Die vorangegangene Diskussion um den Verstoß derartiger Papiere gegen den numerus clausus kaufmännischer Orderpapiere, die hiermit obsolet wurde, macht schon als solche deutlich, dass völlig freie, nicht einmal an Usancen gebundene Gestaltbarkeit fernliegend war.

C.  Der Lagerschein Der Lagerschein setzt den Gedanken der transportrechtlichen Wertpapiere fort, bezieht sich aber nicht auf bewegte, sondern auf eingelagerte Waren. Von England aus verbreitete er sich auf dem Kontinent und in der Welt. Die geringere Zirkulation dieser Papiere dürfte auf die Notwendigkeit einer erst noch in Gang zu setzenden physischen Auslieferung zurückgehen. Die Immobilität der Ware selbst, aber auch die abnehmende Bedeutung der Zwischenlagerung erklären das Fehlen internationaler Rechtsvereinheitlichung.

I.  Ursprünge in England Seine Ursprünge hat der Lagerschein im England des 17. und 18. Jahrhunderts. Die englische Ostindien-Kompanie versteigerte die importierten Waren und lieferte sie dem Käufer nicht sofort in Natur aus, sondern übergab ihm einen Warrant.   ICC Publikation Nr.  481.   Vgl. Delebecque, RIDC 50 (1998), 527, 532 (n°  10). 146   Hoffmann, FIATA Multimodal Bill of Lading und deutsches Recht, S.  47 f. 147   Herber, in: Münchener Kommentar zum HGB §  452d Rn.  52. 144 145

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Gegen Vorlage dieses Warrants wurde dem Käufer von den Lagerhäusern der Kompanie die Ware ausgeliefert; ließ er sich nur einen Teil der Ware aushändigen, so wurde dieser Teil auf dem Warrant abgeschrieben, bei vollständiger Auslieferung erhielt die Gesellschaft den Warrant zurück148 . Diese Geschäftspraxis wurde von den großen Dockkompanien übernommen und weitergeführt. Festgehalten war diese Praxis nur in den Reglements der jeweiligen Kompanien; zu einer gesetzlichen Regelung kam es in England zunächst nicht. Im Unterschied zum heutigen Lagerschein bezogen sich die frühen Warrants auf Ware, die der das Lager führenden Gesellschaft zunächst selbst gehörte und von ihr an den ersten Inhaber verkauft worden war. Der Übergang zum Lagerschein als Papier über die Einlagerung fremder Ware vollzog sich erst allmählich149.

II.  Heutige Rechtslage 1.  England und die U. S. A. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts nahmen sich in England einzelne Gesetze der Warrants an, wobei die Warrants typischerweise anderen Warenpapieren, insbesondere Bills of Lading, in bestimmten Beziehungen gleichgestellt wurden150 . Diese Gesetze bestätigten die Praxis, wonach mithilfe des Warrants die Ware selbst veräußert und verpfändet werden konnte und derjenige, dem ein Warrant übergeben worden war, gegenüber gutgläubigen Dritten als Berechtigter galt151. Das Indossament als solches hat dabei nur diese dingliche Wirkung, nicht aber begründet es über die jeweils vertragsschließenden Parteien hinaus irgendwelche Pflichten zwischen den Indossanten, die einem – dem Wechselrecht vergleichbaren – Regress Raum gäben152 . Weder einzelne Gesetzesänderungen und Gerichtsentscheidungen153 noch der Factors Act des Jahres 1889154 haben diese Rechtslage entscheidend verändert; sie gilt im Wesentlichen bis heute, wobei allerdings die verbliebene Bedeutung der Warrants gering ist155 .

148   Zu allem Goldberg, Das Deutsche Lagerhausgeschäft und Lagerhausrecht, S.  24 ff.; Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  2 f.; Levy, Arch. f. bürgerl. R. 2 (1889), 249, 253 ff. 149   Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  4. 150   Z. B. s. 2 des Gesetzes vom 5. Juli 1825 (An Act to alter and amend an Act for the better protection of the property of merchants and others who may hereafter enter into contracts or agreements in relation to goods, wares, or merchandise entrusted to factors or agents, 6 Geo. 4, c. 94); s. 4 Factors Act 1842; s. 3 Factors Act 1877. 151   Vgl. näher Adler, Das Österreichische Lagerhausrecht, S.  25 ff.; Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  25 ff. 152   S. nur Hachenburg, Gutachten, in: Verhandlungen des 21. DJT II, S.  196, 199 f. 153   Vgl. Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  28 f.; Levy, Arch. f. bürgerl. R. 2 (1889), 249, 261 ff. (zu Johnson v. Crédit Lyonnais Co., [1877] 3 C. P. D. 32). 154   S. o. Fn.  55. 155   S. nur Atiyah/Adams/MacQueen, The Sale of Goods, S.  130 f.

C.  Der Lagerschein

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Die U. S. A. folgten zunächst wieder der englischen Praxis. Relativ früh kam es in einigen Einzelstaaten jedoch zu gesetzlichen Regelungen des Lagerscheins, die unter anderem die Übertragung durch Indossament und die dingliche Wirkung festhielten156 . Im nach und nach von allen Einzelstaaten übernommenen Uniform Warehouse Receipts Act von 1906 wurden die Regeln über den Lagerschein dann erstmals vereinheitlicht157. Er sah ebenfalls die dingliche Wirkung des Indossaments sowie einen gegenüber dem früheren Recht weitergehenden Schutz des gutgläubigen Erwerbers eines Lagerscheins vor158 . Heute hat Art.  7 U. C. C. in der Neufassung von 2003 den Uniform Warehouse Receipts Act abgelöst. 2.  Frankreich Anders als in England hatte sich in Frankreich zunächst kein bedeutsames Lagerhauswesen herausgebildet. Im Jahre 1833 wurden zwei Lagerhäuser in Paris eingerichtet, die auch Warrants ausgeben konnten; eine allgemeine Verbreitung fanden diese aber nicht159. Anlass für den Erlass eines ersten Dekrets über das Lagergeschäft160 waren schließlich die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Sommer nach der Februarrevolution 1848161. Durch die Einrichtung staatlich konzessionierter Lagerhäuser, die über die eingelagerte Ware ein quittungsähnliches, durch Indossament übertragbares récépissé ausgeben konnten, sollte dem Kreditmangel der Industrie abgeholfen werden. Allerdings erfüllte dieses System nach dem Ende der unmittelbaren Krise nicht mehr die Erwartungen. Als besonders nachteilig wurden die Beschränkung auf ein einziges Papier sowie die Notwendigkeit der Registrierung eines jeden Indossaments in den Büchern des Lagerhauses empfunden162 . Dementsprechend schuf die Reform des Jahres 1858163 zusätzlich zum récépissé ein zweites Papier, das allein der Verpfändung diente (warrant oder bulletin de gage). Auch bedurfte es nunmehr nur noch einer Registrierung des ersten Indossaments eines Warrants, um 156   S. z. B. §  6 New York Act to prevent the issue of false receipts, L. 1858, Chap.  326 (abgedruckt bei Hecht, Die Warrants, ZHR 29 [1884], Beil., S.  212, 213 f.). 157   Zur Diskussion James, 3 Mich. L. Rev. 282, 287–289 (1905). 158   Vgl. Mohun, 13 Colum. L. Rev. 202, 210 f. (1913); Lamberti, Der Orderlagerschein, S.  43 f. 159   Näher Dubron, Étude sur les magasins généraux, S.  14 ff. Fn.  1 m.Nw. 160   Décret du 21 mars 1848 portant création des magasins généraux, où les négociants et les industriels pourront déposer les matières premières, marchandises et objets fabriqués dont ils sont propriétaires; s. weiter Arrêté du 26 mars 1848; Décret du 23 août 1848 relatif au prêts sur marchandises déposées dans les magasins généraux; Beschreibung und Text bei Touzaud, Effets de commerce, S.  261 ff.; deutschsprachige Darstellung des Inhalts bei Heine, Abhandlung über das Warrant-System, S.  10 ff., 28 ff.; Simonson, ZHR 33 (1887), 207, 214–216. 161   Hierzu und zum Folgenden Dubron, Étude sur les magasins généraux, S.  14 ff.; Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  71 ff.; Simonson, ZHR 33 (1887), 207, 212 ff. 162   Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  73; Simonson, ZHR 33 (1887), 207, 217–219. 163   Loi du 28 mai 1858 sur les négociations des marchandises déposées dans les magasins généraux sowie Décret du 12 mars 1859 portant règlement d’administration publique pour l’application de la loi du 28 mai 1858 sur les négociations des marchandises déposées dans les magasins généraux et sur les ventes publiques.

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das Pfandrecht entstehen zu lassen; für récépissés wurde das Registrierungserfordernis aufgegeben164 . Im Übrigen wurde dieses Zweischeinsystem vom Gesetzund Verordnungsgeber sehr detailliert und in starker Anlehnung an das Wechselrecht ausgestaltet. Dies gilt insbesondere für den Regress gegen vorangehende Indossanten des warrant als des Lagerpfandscheines, der wiederum nur bei rechtzeitigem Protest möglich ist165 . Die kleine Reform des Jahres 1870166 behielt diesen Grundansatz ebenso bei wie die Neuregelung des Jahres 1945167, die im Jahre 2000 schließlich in den Code de commerce überführt wurde168 . 3.  Deutschland In Deutschland kam es erst spät zu einer einheitlichen gesetzlichen Regelung über den Lagerschein, und auch diese war nur rudimentärer Art169. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch sah lediglich die Indossabilität der Lagerscheine vor, sofern sie von einer »staatlich ermächtigten Anstalt« ausgegeben wurden170 . Es regelte aber weder das Lagergeschäft insgesamt noch die Frage, ob und gegebenenfalls welche obligatorischen und dinglichen Wirkungen das Indossament eines Lagerscheins hat. Die dadurch bedingte Unsicherheit über die Rechtsnatur des Lagerscheins empfanden Handel und Gewerbe überwiegend als Hindernis für die weitere Entwicklung. So war etwa in Preußen bis zum Jahre 1887 kein einziger Fall einer staatlichen Ermächtigung bekannt171. Den verschiedenen Reformini­ tiativen bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war jedoch kein Erfolg beschieden, wofür nicht zuletzt die Widerstände aus dem agrarischen Lager verantwortlich waren, die eine ungehemmte Spekulation und eine verstärkte Konkurrenz durch den Import fürchteten172 . Die Diskussion spiegelt sich noch im Handelsgesetzbuch 164   Vgl. näher Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  77 ff.; Simonson, ZHR 33 (1887), 207, 219 ff. 165   Vgl. Heine, Abhandlung über das Warrant-System, S.  35 ff.; Simonson, ZHR 33 (1887), 207, 239–241; Hachenburg, Gutachten, in: Verhandlungen des 21. DJT II, S.  196, 200 f. 166   Loi du 31 août 1870 relative à l’organisation et réglementation des magasins réunis, J. O. vom 1. September 1870, S.  1505. 167   Ordonnance n°  45–1744 du 6 août 1945 relative aux magasins généraux, J. O. vom 7. August 1945, S.  4882. 168   Art. L 522–1 ff. Code de commerce 2000 (Regeln über récépissé und warrant in Art. L 522–24 ff. Code de commerce 2000). Nach dem Vorbild dieses Lagerpfandscheins hat Frankreich noch weitere warrants eingeführt, die eine besitzlose Verpfändung bestimmter Sachen erlauben: warrant agricole (heute Art. L 342–1 Code rural [nouveau]), warrant hôtelier (heute Art. L 523– 1 ff. Code de commerce 2000), warrant pétrolier (heute Art. L 524–1 ff. Code de commerce 2000) sowie warrant industriel (Loi du 12 septembre 1940 sur le financement des fabrications de démarrage faisant l’objet de lettres d’agrément). 169   Das Preußische Allgemeine Landrecht sah einen Lagerschein nur zum Zwecke der traditionslosen Verpfändung vor (I 20 §§  345 ff. PrALR); dazu Heine, Abhandlung über das WarrantSystem, S.  8 ff.; Fleischmann, EE 16 (1900), 273, 275–277. 170   Art.  302 ADHGB. 171   Fleischmann, EE 16 (1900), 273, 280 m.Nw. 172   Vgl. Lieser, Das Lagergeschäft und der Lagerschein (Warrant), S.  12–15; Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  147, 160 ff.

C.  Der Lagerschein

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von 1897 wider, das in seinen §§  416–424 lediglich die Grundzüge des Lagergeschäfts regelte, ohne aber ein ausgefeiltes System der Lagerpapiere zu entwickeln173 . Immerhin übernahm §  424 auch für den Orderlagerschein eines konzessionierten Lagerhalters174 die in der Literatur überwiegend bereits anerkannte Traditions­ wirkung175 , womit einer lange vorgebrachten Forderung nach gesetzlicher Klarstellung nachgekommen wurde. Die deutschen Bundesstaaten, denen eine weitergehende Regelung und insbesondere die Einführung eines Zweischeinsystems überlassen blieb176 , nahmen diese Möglichkeit überwiegend nicht wahr177. In der Wissenschaft, die bis dahin ausführlich die Frage erörtert hatte, ob ein Einscheinsystem nach englischem Vorbild oder ein Zweischeinsystem wie in Frankreich vorzugswürdig sei178 und ob es wie in Frankreich und anders als in England einen Regress gegen die Indossanten geben solle179, verlor das Thema unter der Geltung des Handelsgesetzbuches mehr und mehr an Interesse. Man akzeptierte schließlich, dass in Deutschland lediglich ein Einscheinsystem galt und ein Regress nicht stattfand180 . Die Verordnung über Orderlagerscheine von 1931181, die dem Kreditbedürfnis der Privatwirtschaft in der Wirtschaftskrise entgegenkommen sollte182 , entschied sich dann ausdrücklich für das Einscheinsystem183 . Sie brachte eine umfassende Regelung, die auch eine strenge, aber beschränkbare Skripturhaftung des Lagerhalters ausdrücklich klarstellte184 . Landesrechtliche Regelungen setzte sie »außer 173   Vgl. dazu die Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, S.  266 f. 174   Das fortbestehende Konzessionserfordernis ergab sich aus §  363 Abs.  2 HGB 1900 oder Landesrecht. Dass die Traditionswirkung nur den Lagerscheinen eines konzessionierten Lagerhalters zukam, war nicht unumstritten, aber wohl h. M.; vgl. Beuth, Die Orderpapiere des HGB, S.  38 f.; Lehmann, in: Lehmann/Ring, Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich II, Anm.  6 zu §  424. 175   Vgl. Lieser, Das Lagergeschäft und der Lagerschein (Warrant), S.  55 m.Fn.  1. 176   Art.  16 EGHGB 1897; dazu z. B. Jacobi, Die Wertpapiere, §  50 (S.  310). 177   Zu Bremen (Zweischeinsystem) und Hamburg Hecht, Die Warrants, ZHR 29 (1884), Beil., S.  148 ff.; weiter trat noch in Lübeck am 1. Januar 1900 die Lübecker Warrantordnung in Kraft; dazu Heidemann, Der Orderlagerschein, S.  11 f. 178   S. insbesondere die Diskussion auf dem 21. Deutschen Juristentag 1892 samt Gutachten, z. B. das Referat von Cosack (in: Verhandlungen des 21. DJT III, S.  156, 157–162), das Correferat von Simon (ebd., S.  162, 163–168) und die Erwiderungen (ebd., S.  168–170); weiter Goldberg, Das Deutsche Lagerhausgeschäft und Lagerhausrecht, S.  33–35; Lieser, Das Lagergeschäft und der Lagerschein (Warrant), S.  50 f.; Brügmann, Das Lagergeschäft und der Lagerschein, S.  92–96; Strack, Der Lagerschein, S.  39–46. 179   Dazu insbesondere Hachenburg, Gutachten, in: Verhandlungen des 21. DJT II, S.  196, 202 ff.; Cohn, Gutachten, ebd., S.  242, 256 ff. 180   Vgl. Heidemann, Der Orderlagerschein, S.  13 f. (auch zur zunächst andauernden Diskussion); Lamberti, Der Orderlagerschein, S.  15. 181   Verordnung über Orderlagerscheine (Orderlagerscheineverordnung, OLSchVO) vom 16. Dezember 1931, RGBl.  I, S.  763. 182   Heidemann, Der Orderlagerschein, S.  15 ff.; Heintz, Der Orderlagerschein, S.  7, 9–11. 183   §  33 Abs.  4 OLSchVO: »Dem Lagerhalter ist nicht gestattet, besondere, nur zur Verpfändung des Gutes bestimmte Scheine (Lagerpfandscheine) auszustellen.« 184   §§  40 f. OLSchVO.

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Anwendung«. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt sie zunächst fort. Erst mit der Reform des Transportrechts wurde auch das Lagerhauswesen im HGB geregelt und die Orderlagerscheineverordnung außer Kraft gesetzt185 . An die Stelle der früheren Skripturhaftung bei Orderlagerscheinen ist allgemein die schon bekannte Vermutungsregel getreten, die gegenüber dem gutgläubigen Erwerber keine Widerlegung gestattet186 ; die Traditionswirkung findet sich nunmehr in §  475g HGB 1998. Wesentliche inhaltliche Änderungen hat die Reform nicht gebracht, allerdings sind die neuen Vorschriften über den Lagerschein weit weniger detailliert als unter der Orderlagerscheineverordnung187, was insgesamt die abnehmende Bedeutung des Lagerscheins widerspiegelt. Weggefallen ist auch das Erfordernis einer staatlichen Ermächtigung zur Ausstellung von Orderlagerscheinen188 .

III.  Zusammenfassung und Würdigung Der kurze Überblick über das Recht des Lagerscheins hat einmal mehr eine Tendenz zur Standardisierung und Typisierung gezeigt, die von den Bedürfnissen der Wirtschaft getrieben war. Gerade auch in den U. S. A. gehörte der Uniform Warehouse Receipts Act zur Riege der frühen und flächendeckend umgesetzten Uniform Laws. Wenn in jüngerer Zeit teilweise ein gewisser Abbau an Typizität zu beobachten ist189, so kann dies nicht unabhängig vom generellen Bedeutungsverlust dieses Instruments gesehen werden. Schon auf den ersten Blick zeigt sich vielmehr auch hier eine Parallele zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und Typizität.

  Näher §  45 OLSchVO.   §  475d Abs.  2 HGB 1998. 187   Vgl. BR-Drucks. 368/97 (Fn.  116), S.  30 li.Sp., 31 li.Sp. 188   Art.  1 Nr.  1 TRG; vgl. §  363 Abs.  2 HGB 1998; dazu BR-Drucks. 368/97 (Fn.  116), S.  130. 189   S. soeben betreffend den Orderlagerschein in Deutschland (Text vor Fn.  187). 185

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Kapitel 11

Wertpapiere des Kapitalmarkts Jüngste Gruppe unter den Wertpapieren sind die Wertpapiere des Kapitalmarkts. Dementsprechend konnten sie vielfach auf das Recht der Wertpapiere des Zahlungs- und Kreditverkehrs sowie der Wertpapiere des Warenverkehrs zurückgreifen. Dennoch zeigen diese Wertpapiere vor allem in den letzten Jahrzehnten eine durchaus eigenständige Entwicklung. Von den Wertpapieren des Kapitalmarkts sollen hier die Aktie, die Schuldverschreibung sowie der Investmentanteil herausgegriffen werden, wobei letzterer zwar die Form der Aktie annehmen kann, aber auch dann doch ein eigenes, getrennte Behandlung rechtfertigendes Papier darstellt.

A.  Die Aktie Die Aktie, verstanden als Verkörperung des Mitgliedschaftsrechts an einer Kapitalgesellschaft, zeichnet sich in ihrer Grundform durch die Beteiligung am Gesellschaftskapital, insbesondere dem Liquidationserlös und den erzielten Überschüssen unter Ausschluss vorzeitiger Rückzahlung der Einlage, sowie durch Informations- und Mitwirkungsrechte aus, die ihrem Inhaber zustehen. Typizität spielt für sie damit auf zwei zumeist miteinander verflochtenen Ebenen eine Rolle: auf der Ebene des Rechtsinstituts der Aktie als Wertpapier sowie auf der Ebene der Gesellschaft selbst. Für die vorliegende Untersuchung steht zwar die Typizität auf der Ebene des Rechtsinstituts im Vordergrund; sie berührt sich aber teilweise stark mit jener auf der Ebene der Gesellschaft, die deshalb nicht unberücksichtigt bleiben kann.

I.  Historische Ursprünge 1.  Das Aufkommen von Aktiengesellschaften und Aktien Zu einem Wertpapier des Kapitalmarkts konnte die Aktie erst werden, als es Gesellschaften gab, deren Mitgliedschaftsrechte übertragbar waren, und die Idee der    Zu den verschiedenen »technischen« Bedeutungen des Aktienbegriffs (Quote des Grundkapitals, Aktienrechte) z. B. Jacobi, Die Wertpapiere, §  62 (S.  346); Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  188; Lyon-Caen/Renaud, Traité de Droit Commercial II, n°  515 (S.  359); s. zur Herleitung auch Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  500–502.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts aufkam. Während aber die Verkörperung von Rechten in einer Urkunde etwa in Form des Wechsels schon seit Jahrhunderten praktiziert wurde, beruhten die nach außen hin agierenden Gesellschaften typischerweise auf der Persönlichkeit ihrer Mitgesellschafter. Vereinigungen, bei denen nicht die persönliche Verbindung, sondern lediglich der Kapitalbeitrag im Vordergrund stand, gab es zunächst nur vereinzelt; die Unterscheidung zwischen mitgliedschaftlicher Beteiligung und Gläubigerstellung war noch nicht herausgearbeitet und ist für diese Vereinigungen selbst aus heutiger Sicht zweifelhaft . Die Mittel, die eine überschaubare Personenzahl beibringen konnte, waren für den Geschäftsbetrieb der meisten Unternehmungen ausreichend. Erst die ÜberseeHandelskompanien der Kolonialzeit  und später vor allem die Eisenbahngesellschaften bedurften für Einrichtung und Betrieb ihrer Unternehmungen derartiger Mengen an Kapital, dass sie ein großes Publikum ansprechen mussten, ohne dabei jeden einzelnen Anleger an der Leitung der Unternehmung voll beteiligen zu können. Die verschiedenen Formen von Kommanditgesellschaften erschienen mit ihrer Abhängigkeit von der Person eines einzelnen, feststehenden Komplementärs oder einer Gruppe einzelner Komplementäre für große, auf Dauer angelegte Unternehmungen immer weniger geeignet. Zwar wiesen die frühen Gesellschaften, insbesondere die Übersee-Kompanien, noch eine starke Ähnlichkeit mit Kommanditgesellschaften auf. Denn sie wurden von einigen wenigen, geschäftserfahrenen Personen dominiert, die als »Hauptpartizipanten« die Geschicke des Unternehmens in Händen hielten, während die ganz überwiegende Zahl der Aktionäre keine nennenswerten Mitwirkungsrechte innehatte, die etwa eine Beteiligung an der Lenkung der Gesellschaft beinhaltet hätten . Diese Struktur, die für Seehandelsgeschäfte anfangs zweifellos förderlich war, verlor aber ihre innere Rechtfertigung, als sich Aktiengesellschaften mit anderen, weniger auf tradiertem Wissen aufbauenden Unternehmungen befassten. Da den Übersee-Handelsgesellschaften ohnehin meist staatliche Handelsprivilegien verliehen wurden und die Eisenbahngesellschaften oftmals Befugnisse zur Inanspruchnahme von Grundstücken unbeteiligter Privater erhielten, bot es sich an, sie durch einen Hoheitsakt zu begründen und dabei mit der Fähigkeit auszustatten, Träger von Rechten und Pflichten zu sein; bei dieser Gelegenheit konnte dann auch die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt werden. Die Anteile der einzelnen Anleger wurden zunächst in einem Buch der Gesellschaft nach Betrag der Einlage und Namen des Einlegenden verzeichnet. Aus der quittungsähnlichen Bescheinigung über diese Eintragung entwickelte sich die Aktienurkunde. Dieser Entstehungsgeschichte entspricht es, dass eine Anteilsüber   S. etwa die 1407 in Genua gegründete St. Georgs-Bank; dazu etwa Fick, ZHR 5 (1862), 1, 40 ff.; Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  53; aus der Perspektive der Staatsschulden Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 514 f. (2003).    Coing, Europäisches Privatrecht I, §  107 IV 1 (S.  525 f.); Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  51 (mit chronologischer Liste).    Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  58 f.

A.  Die Aktie

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tragung zunächst dadurch erfolgte, dass sie im Aktienbuch eingetragen und dem neuen Anleger eine neue Urkunde gegen Rückgabe der alten ausgestellt wurde . 2.  Die Typizität der ersten Aktien Diese Grundidee der Aktiengesellschaft und die Behandlung der ersten Aktien mussten für sich genommen indessen weder auf der Ebene des Rechtsinstituts noch auf der Ebene der Gesellschaft notwendigerweise Typizität zur Folge haben, war doch die Eintragung und Quittierung ganz unterschiedlich hoher Einlagen bei ganz unterschiedlich ausgestalteten »Mitwirkungsrechten« denkbar. Tatsächlich war anfangs nicht nur der Nennbetrag bzw. Kapitalanteil der einzelnen Anleger individuell verschieden, da schlicht die jeweilige Einlage eingetragen und verbrieft wurde, sondern auch die Ausstattung der Aktionärsrechte unterschiedlich. Diese Unterschiede betrafen einmal die Mitwirkungsmöglichkeiten, die ursprünglich mangels allgemein vorgesehener Organe, insbesondere einer Hauptversammlung mit Abstimmungsmöglichkeit, nicht allen Aktionären in gleichem Maße zustanden ; des Weiteren oszillierten die vermögensmäßigen Ansprüche aus der Aktie zwischen dem für ein Mitgliedschaftsrecht typischen, gewinnabhängigen Dividendenanspruch und einem festen Zinsanspruch, wie er eigentlich für den Gläubiger eines – eventuell in einer Anleihe verbrieften – Kredits typisch ist ; endlich sahen die Statuten nicht selten die Möglichkeit der Auslosung durch die Gesellschaft vor, wodurch dem Aktionär die Kapitaleinlage zurückgezahlt wurde, er aber zumeist seinen Anspruch auf die Dividende behielt . Wenn dennoch schon im frühen Stadium die Aktie in gewissem Maße typisiert war, so hatte dies insbesondere drei Ursachen. Zum einen erkannte man bald, dass diese Papiere auch an den Waren- und Wechselbörsen gehandelt werden konnten und dies die Attraktivität der Papiere steigerte. Die Handelbarkeit wiederum war umso größer, je mehr gleichartige Papiere am Markt verfügbar waren. Dies schuf einen Anreiz, nicht nur die Rechte der Aktionäre in den Statuten einheitlich auszugestalten, sondern auch eine möglichst einheitliche Stückelung vorzunehmen, und zwar sowohl auf der Ebene der einzelnen Gesellschaft als auch im Vergleich mit anderen Aktiengesellschaften. So bildete sich etwa an der Amsterdamer Börse gegen Ende des 17. Jahrhunderts ein einheitlicher Nennbetrag für die Aktien heraus.    Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  65; Cordes/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  1, 19 (Rn.  36); s. a. Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  149.    Vgl. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  62 f.; Cordes/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  1, 19 (Rn.  37); zu den Brandenburgischen Gesellschaften Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  58 f.    Lévy-Bruhl, Histoire Juridique des Sociétés de Commerce, S.  225–227.    Näher Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  163–166.    Vgl. Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit II, S.  318.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Zum zweiten bedurfte die Aktiengesellschaft, wo nicht des auf die Einräumung von Privilegien abzielenden Octroi, doch der staatlichen Konzession10 . Um diese zu erlangen, musste auch ein Entwurf der Statuten der projektierten Gesellschaft eingereicht werden. Damit nun die Konzession nicht an dieser Stelle scheiterte, orientierten sich die Gründer bei der Aufstellung – ebenso wie die Behörden bei der Prüfung – der Statuten an den Statuten bereits konzessionierter Gesellschaften. Damit ergab sich trotz des Fehlens gesetzlicher Vorgaben eine gewisse Einheitlichkeit11. Zum dritten schließlich wirkte die anfangs noch der Kommanditgesellschaft ähnliche Struktur auf eine Anonymisierung und Vereinheitlichung der Rechte derjenigen Anteilseigner hin, die keine komplementärähnliche Stellung hatten. Diese Struktur bedeutete zwar, dass verschiedene »Klassen« von Anteilseignern existierten. Einen Markt für die Anteile der Hauptpartizipanten konnte es jedoch nicht geben, da die Stellung des Hauptpartizipanten personengebunden war. Damit konnte aber die Aktie für die sonstigen Aktionäre nichts anderes als eine pure Kapitaleinlage sein. Die in ihr verkörperten, rein kapitalbezogenen Rechte wie das Recht auf eine dem Anteil entsprechende Dividende und der anteiligen Vermögensbeteiligung im Falle einer Auflösung ließen sich nun ohne Weiteres standardisieren12 . Insofern wird man die zweigeteilte, »Hauptpartizipanten« und normale Anleger unterscheidende Struktur der frühen Aktiengesellschaften als eine Zwischenstufe auf dem Weg zur prinzipiellen Gleichberechtigung der Aktionäre ansehen können.

II.  Die Entwicklung in Frankreich 1.  Das Jahrhundert vor dem Code de commerce In Frankreich begann der Handel mit weitgehend einheitlichen Aktien in großem Stil zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Der damit im Zusammenhang stehende Skandal um das »Lawsche System«, eine riesige, 1719 geplatzte Spekulationsblase um Banknoten und Inhaberaktien der französischen Fernhandelskompanien13 , zeigt nur, wie sehr die Aktie bereits als gleichförmiger Verkehrsgegenstand und pures

  Zum Unterschied Deutsch, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  46, 80 f. (Rn.  66).   Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  113. 12   Dass die vermögensrechtlichen Ansprüche zunächst im Vordergrund standen, zeigt sich schon bei der Bezeichnung als »Aktie«, was vom römischen »actio« herstammt und damit ursprünglich nur die Benennung für einen Anspruch war. Erst recht gilt dies dort, wo die Aktienurkunde als »Obligation« bezeichnet wurde (dazu Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  150 f.; Cordes/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  1, 8 f. [Rn.  15 f.]). 13   Dazu ausführlich Hautchamps, Histoire du Système des Finances sous la Minorité de Louis XV, passim; Ferguson, The Ascent of Money, S.  138–157; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit II, S.  323 f. Die Compagnie d’Occident John Laws trug trotz des Skandals stark zur Verbreitung der Inhaberaktie bei; s. Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  58; Fick, ZHR 5 (1862), 1, 46–50. 10 11

A.  Die Aktie

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Anlageobjekt verstanden wurde14 . Obwohl damals keineswegs klar war, dass die Aktionäre nur beschränkt haften und keiner Nachschusspflicht unterliegen würden15 , hielt dies offenbar niemanden davon ab, sich an der Gesellschaft zu beteiligen. Nach dem Zusammenbruch des Lawschen Systems wurde es in Frankreich um die Aktiengesellschaft und auch die Aktie ruhiger16 . Zur Gründung von Aktiengesellschaften bedurfte es weiterhin des staatlichen Octroi17, was in Verbindung mit der gewerberechtlichen Regulierung des vorrevolutionären Wirtschaftslebens nur eine langsame Verbreitung der Aktiengesellschaft zuließ. Das Verbot der Inhaberaktie blieb eine Episode18 ; auch bei Inhaberaktien schränkten aber Formalitäten wie das Erfordernis einer Eintragung im Aktienbuch der Gesellschaft die volle Verkehrsfähigkeit ein19. Ohne Konzession möglich war zwar die Gründung von Kommanditgesellschaften, selbst wenn die Anteile der Kommanditisten in Aktien verbrieft wurden. Außer in den Seehandelsstädten, wo Reedereiunternehmungen in Form kleiner Kommanditgesellschaften gegründet wurden, nutzte man aber eher selten die Form der Kommanditgesellschaft auf Aktien, und selbst die Reedereiaktien waren zumeist Namensaktien, die kaum gehandelt wurden 20 . Erst als im Gefolge der Revolution im Jahre 1791 die Gewerbefreiheit proklamiert wurde21, kam es wieder zu einer Gründungswelle, die sogleich in eine damit verbundene Spekulation mündete. Als Reaktion hierauf wurden 1793 zunächst die Aktiengesellschaften ganz verboten 22 . 1795 hoben der Rat der 500 und der Rat der 14   Vgl. nur Savary, Le parfait négociant, S.  554 f.; Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 30 (Rn.  11). 15   Lévy-Bruhl, Histoire Juridique des Sociétés de Commerce, S.  50, 238–249; deutschsprachig Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  65 f.; Coing, Europäisches Privatrecht I, §  107 IV 6 (S.  528); Cordes/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  1, 20 (Rn.  39); Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.  103 f.; Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 31 (Rn.  15). 16   Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  143 (S.  131); Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  60 f. 17   Lévy-Bruhl, Historie Juridique des Sociétés de Commerce, S.  44 f. 18   Vgl. Fick, ZHR 5 (1862), 1, 56 ff.; Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  60 m.Fn.  2. 19   Lévy-Bruhl, Histoire Juridique des Sociétés de Commerce, S.  188 f., 214. 20   Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 43 (Rn.  42); s. weiter Lévy-Bruhl, Histoire Juridique des Sociétés de Commerce, S.  46 f. Die von der Ordonnance de commerce an sich vorgesehene Registrierung galt nur für Gesellschaften unter Kaufleuten, erfasste schon deshalb nicht diejenigen Kommanditgesellschaften, deren Komplementäre wie oft keine Kaufleute waren; auch ansonsten scheint die Praxis sie ignoriert zu haben. Private Aktiengesellschaften waren 1673 ohnehin nicht bedeutsam und daher nicht erfasst. Publizität war daher trotz der vorhandenen Ansätze in der Ordonnance nicht gewährleistet (dazu Lévy-Bruhl, a.a.O., S.  79 ff.). 21   Décret du 2–17 mars 1791, dit d’Allarde, und Loi du 14 juin 1791, dite Loi Le Chapelier. 22   Décret du 24 août 1793 u. insbes. Décret du 26–29 germinal an II: »Les compagnies financières sont et demeurent supprimées. Il est défendu .  .  . de former aucun établissement de ce genre .  .  .« (Volltext z. B. bei Mathiez, Un procès de corruption sous la Terreur: l’affaire de la Compagnie des Indes, S.  365 ff.); dazu Lyon-Caen/Renaud, Traité de Droit Commercial II, n°  667 (S.  511); Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 36 ff. (Rn.  29 ff.).

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Alten dieses Verbot indessen angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen wieder auf23 ; eine gesetzliche Regelung des Instituts der Aktiengesellschaft erfolgte jedoch noch immer nicht. 2.  Die erste Regelung im Code de commerce von 1807 Nach der Wiederzulassung der Aktiengesellschaft begannen erneute Spekulationen 24 ; auch war die Behandlung der Aktiengesellschaft durch die Rechtsprechung überaus schwankend 25 . Aus diesen Gründen nahm sich der napoleonische Code de commerce von 1807 als erste Kodifikation überhaupt der Aktiengesellschaft an, die er in Abweichung vom bisherigen Gebrauch dieser Bezeichnung société anonyme nannte26 . Ziel war es, durch eine gesetzliche Fixierung bestimmter Typen das unübersichtliche Gewirr verschiedener Gesellschaftsformen zu ordnen 27. Trotz der lediglich rudimentären Regelung in den Artikeln 19, 29–37, 40 und 45 war doch die Aktie nunmehr in ihren Grundzügen fixiert. Anerkannt waren zwei Klassen von Aktionären: die Inhaber einer eigentlichen Aktie einerseits, die Inhaber eines bloßen Aktienanteils (Coupon) andererseits28 . Innerhalb dieser zwei Klassen sollten nach dem Code de commerce aber keine weiteren Unterschiede bestehen, was der Code in der Regel zum Ausdruck bringt, dass Aktien und Coupons denselben Wert haben mussten 29. Inhaberaktien wurden ausdrücklich für möglich erklärt und ihre Übertragung durch Tradition vorgesehen 30 , das Konsensprinzip des Code civil insoweit also nicht zur Anwendung gebracht; des Weiteren war klargestellt, dass der Aktionär lediglich mit seinem Gesellschaftsanteil haftete31. Da die Gesellschaft von administrateurs geführt werden sollte, die zur Gesellschaft in einem Mandatsverhältnis standen und den Gesellschaftsgläubigern nicht persönlich hafteten 32 , gab es keine »Großaktionäre« oder »Hauptpartizipanten« mit Sonder23   Loi du 30 brumaire an IV, dazu z. B. Mathiez, Le Directoire, S.  114; Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 38 (Rn.  32). 24   Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 38 (Rn.  32). 25   Lyon-Caen/Renaud, Traité de Droit Commercial II, n°  667 (S.  511); Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  67 m.Nw. 26   Zur Entstehung der Bezeichnung société anonyme etwa Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 42 (Rn.  40); zur früheren Bedeutung Lévy-Bruhl, Histoire Juridique des Sociétés de Commerce, S.  40 f.; deutschsprachig Fick, ZHR 5 (1862), 1, 4 f. m.Fn.  1. 27   Vgl. Deutsch, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  46, 49 f. (Rn.  3 f.); Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 38 (Rn.  33). 28   Vgl. Foureix, Traité des Sociétés Commerciales, S.  114 f., 135 ff.; weiter Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  184 ff. 29   Art.  34 Code de commerce 1807: »Le capital de la société anonyme se divise en actions et même en coupons d’action d’une valeur égale.« Soweit die Praxis weitere Aktiensorten unterschied, kam diesen für den Inhalt des Aktienrechts regelmäßig keine Bedeutung zu; vgl. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  194 ff. 30   Art.  35 Code de commerce 1807: »L’action peut être établie sous la forme d’un titre au porteur. Dans ce cas, la cession s’opère par la tradition du titre.« 31   Art.  33 Code de commerce 1807: »Les associés ne sont passibles que la perte du montant de leur intérêt dans la société.« 32   Art.  31 f. Code de commerce 1807.

A.  Die Aktie

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rechten mehr. Dies brachte eine weitere Vereinheitlichung des Aktieninhalts mit sich 33 . Rein tatsächlich eine gewisse Standardisierung mag auch die für Aktiengesellschaften notwenige notarielle Form des Gesellschaftsvertrags bewirkt haben34 . Schließlich führte das Konzessionserfordernis35 , das an die Stelle des Octroi getreten war, zu einer Beteiligung untergeordneter staatlicher Stellen an der Gründung. Den zuständigen Stellen gaben wiederum ministerielle Erlasse Richtlinien an die Hand36 , womit erstmals abstrakte, einheitliche Normen über die Entstehung der Aktiengesellschaft entschieden 37. Auf dem Weg über die Gesellschaftsstatuten konnten die in der Zulassungspraxis entwickelten Regeln auch auf den Inhalt der Rechtsposition des Aktionärs einwirken und diesen weiter vereinheitlichen 38 . Neben der Aktiengesellschaft konnte indessen auch weiterhin eine Kommanditgesellschaft Aktien emittieren, ohne dass es zur Gründung einer solchen Kommanditgesellschaft auf Aktien einer Konzession bedurft hätte39. Dabei stellte der Code de commerce klar, dass nur der Kommanditanteil, nicht aber der Anteil des Komplementärs oder der Komplementäre in Form einer Aktie verbrieft werden konnte; eine Rückkehr zu Gesellschaftsformen, in denen bestimmten Aktionären als »Hauptpartizipanten« besondere Mitgliedschaftsrechte zustanden, war damit ausgeschlossen. Die Praxis bevorzugte nun diese genehmigungsfreie société en commandite par actions40 , weshalb auch deren Aktien bald verbreiteter waren als diejenigen der eigentlichen Aktiengesellschaften. Zur Vermeidung des Konzessionserfordernisses verwendete man sogar oft nur einen Strohmann41. Diese und andere Missbräuche, die sich insbesondere in zwei Spekulationsblasen Mitte der Dreißiger und Fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts verhängnisvoll auswirkten42 , 33   Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  69 (»prinzipielle Demokratisierung des Instituts« der Aktiengesellschaft). 34   Art.  40 Code de commerce 1807: »Les sociétés anonymes ne peuvent être formées que par des actes publics.« (vgl. demgegenüber Art.  1834 Code civil 1804); dazu Foureix, Traité des Sociétés Commerciales, S.  115 f. 35   Art.  37 Code de commerce 1807. 36   Instruction du 23 décembre 1807, Adressée à MM. les préfets et aux chambres de commerce par le ministre de l’intérieur, sur l’exécution de l’article 37 du code de commerce, relatif aux sociétés anonymes; Ministère de l’intérieur, Instruction, pour la France, du 22 octobre 1817, sur les demandes en autorisation et approbation pour l’établissement des sociétés anonymes; Ministère de l’intérieur, Sociétés anonymes. Questions proposés et solutions de ces questions faisant suite à l’instruction du 22 octobre 1817; Le sous-secrétaire d’état de l’intérieur, comte Chabrol, aux préfets et aux chambres de commerce, 11 juillet 1818; Le ministre de l’intérieur, comte Decazes, aux préfets, 9 avril 1819 (vgl. Malepeyre/Jourdain, Traité des sociétés commerciales, S.  273 ff.). 37   Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.  121. 38   Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  69; Deutsch, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  46, 52 (Rn.  6). 39   Vgl. Art.  38 Code de commerce 1807: »Le capital des sociétés en commandite pourra être aussi divisé en actions, sans aucune autre dérogation aux règles établies pour ce genre de société.« 40   Rothweiler/Geyer, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  23, 44 (Rn.  44); Deutsch, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  46, 88 (Rn.  81); Reich, ius commune II (1969), 239, 242. 41   Vgl. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  71. 42   S. nur Foureix, Traité des Sociétés Commerciales, S.  203, 213 f.; Pont, Commentaire-Traité

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veranlassten den Gesetzgeber im Jahre 1856 schließlich zu einer sondergesetzlichen Regulierung der Kommanditgesellschaft auf Aktien43 , die insbesondere dem Anlegerschutz dienen sollte. Neben anderen Vorschriften etwa über Sacheinlagen und einen »conseil de surveillance« wurde auch ein Mindestnennbetrag der Aktien festgelegt, der weniger bemittelte Kreise der Bevölkerung vor der Verführung, ihr weniges Vermögen in riskante Aktien zu investieren, schützen sollte44 . Zudem waren nach dem Gesetz vor voller Erbringung der Einlage nur Namensaktien möglich45 . Diese Regeln brachten eine gewisse Standardisierung der Aktien von Kommanditgesellschaften mit sich, führten aber, da sie für Aktien von Aktiengesellschaften nicht galten, zugleich zu einer vorübergehenden Spaltung des Rechtsregimes der Aktie. 3.  Vom Konzessions- zum Normativsystem Nach Einführung der société à responsabilité limitée im Jahre 186346 , die bei Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Voraussetzungen keiner Konzession bedurfte, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch für die Aktiengesellschaft das Konzessionserfordernis fiel. Tatsächlich erfolgte dies mit Gesetz vom 24. Juli 186747, was dann auch Anlass gab, die Regelungen für Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien wieder zusammenzuführen. So übernahm dieses Gesetz trotz teilweise starker Gegenstimmen48 für Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaft auf Aktien aus dem Gesetz von 1856 den Mindestnennbetrag der Aktien in Abhängigkeit von der Höhe des Kapitals der Gesellschaft, die Kontrolle der Sacheinlagen und die zusätzlichen Anforderungen an Inhaberpapiere. Die Einhaltung der Normativbedingungen war Voraussetzung dafür, dass die Gesellschaft ihre Geschäfte beginnen durfte; Verstöße wurden streng sanktioniert49. Diese Normativbestimmungen vereinheitlichten damit zugleich den Inhalt des Sociétés Civiles et Commerciales II, S.  33–35; Lyon-Caen/Renaud, Traité de Droit Commercial II, n°  670 (S.  513 f.). 43   Loi du 17 juillet 1856 relative aux sociétés en commandite par actions; deutschsprachiger Überblick bei Schubert, ZGR 1981, 285, 290 f.; ein Gesetzentwurf von 1838, der diese Gesellschaftsform ganz verbieten wollte, scheiterte, vgl. z. B. Fick, ZHR 5 (1862), 1, 58. 44   Art.  1 Loi du 17 juillet 1856: »Les sociétés en commandite ne peuvent diviser leur capital en actions ou coupons d’action de moins de cent francs, lorsque ce capital n’excède pas deux cent mille francs, et de moins de cinq cent francs lorsque il est supérieur.« Dazu Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  146 (S.  133 f.); Foureix, Traité des Sociétés Commerciales, S.  214 f. 45   Art.  2 Loi du 17 juillet 1856: »Les actions des sociétés en commandite sont nominatives jusqu’à leur entière libération.« 46   Loi du 23 mai 1863 sur les sociétés à responsabilité limitée; zu den Hintergründen (Wettbewerbsfähigkeit gegenüber England) Lyon-Caen/Renaud, Traité de Droit Commercial II, n°  672 (S.  515 ff.). 47   Art.  21 Loi du 24 juillet 1867 sur les sociétés en commandite par actions, anonymes et coopératives; dazu Reich, ius commune II (1969), 239, 263 f. 48   Pont, Commentaire-Traité des Sociétés Civiles et Commerciales II, S.  38. 49   Vgl. Pont, Commentaire-Traité des Sociétés Civiles et Commerciales II, S.  11; Schubert, ZGR 1981, 285, 291 f.

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des Mitgliedschaftsrechts und folglich auch der Aktie; die frühere Spaltung zwischen den Aktien von Aktiengesellschaften und Aktien von Kommanditgesellschaften war überwunden. 4.  Weitere Ausdifferenzierung durch Praxis und Gesetzgebung Mit dem Übergang zu einem System der Normativbestimmungen waren der Grundtyp der Aktiengesellschaft50 und der Inhalt des in der Aktie verbrieften Mitgliedschaftsrechts fixiert. Das gesetzliche Regelwerk, dessen zunehmender Detailreichtum im Gesetz vom 24. Juli 1966 51 seinen Höhepunkt fand, wurde fast vollständig für zwingend erachtet, wofür man den Gläubigerschutz sowie den Schutz der Investoren ins Feld führte52 . Dennoch sah sich die Praxis nicht gehindert, neben der Reinform verschiedene Aktien mit besonderen Eigenschaften zu entwickeln, die regelmäßig als besondere Gattung neben einen Grundbestand »normaler« Aktien traten. Diese Abwandlungen konnten zum einen darin bestehen, dass die Aktien nicht sämtliche klassischen Aktionärsrechte verbrieften, zum anderen konnten sie bestimmten Aktionären eine privilegierte Stellung einräumen. Trotz vielfältiger Missbrauchsmöglichkeiten vollzog der Gesetzgeber diese Entwicklungen meist nach; einige Formen wurden indes später wieder verboten oder doch immerhin so ausgestaltet, dass sie nicht mehr als einfaches Instrument zur Benachteiligung der Kleinaktionäre dienen konnten53 . Aktien der ersten Gruppe sind etwa solche, die nur das Recht auf einen Gewinnanteil, nicht aber den Liquidationserlös gewähren 54 ; ebenfalls hierher gehören Aktien ohne Stimmrecht, aber mit allen vermögensmäßigen Rechten, was trotz der Beteiligung am Liquidationserlös eine starke Annäherung an bloße Forderungspapiere darstellt 55 .

50   Auf der Ebene der Gesellschaft selbst schuf der Gesetzgeber im Jahre 1994 einen neuen Typ der Aktiengesellschaft, die »société par actions simplifiée« (Loi n°  94-1 du 3 janvier 1994 instituant la société par actions simplifiée, J. O. vom 4. Januar 1994, S.  129; heute Art. L. 227-1 ff. Code de commerce 2000), die einerseits große Spielräume für individuelle Gestaltung in der Satzung lässt, andererseits aber – von unveräußerlichen Mitarbeiteraktien abgesehen – nur juristische Personen als Aktionäre haben kann und nicht am Kapitalmarkt um Aktionäre werben darf. Damit verliert das Institut der Aktie zwar wieder an Einheitlichkeit, Aktien dieser Gesellschaften spielen aber am Markt quasi keine Rolle (vgl. Schmidt, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  291, 292 f., 296; Guyon, ebd., S.  297, 302). 51   Loi n°  66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales, J. O. vom 26. Juli 1966, S.  6 402. 52   Guyon, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  296, 306. 53   Vgl. Hautcœur, Rev. écon. 50 (1999), 1053, 1065–1067 m.Nw. 54   Vgl. insbes. zu den »actions de jouissance« Foureix, Traité des Sociétés Commerciales, S.  127 f.; Pont, Commentaire-Traité des Sociétés Civiles et Commerciales II, S.  44; s. a. FrançoisMarsal (Hrsg.), Encyclopédie de Banque et de Bourse IV, S.  44, 48 f., wonach die »actions de jouissance« nur fälschlicherweise Aktien genannt werden und in Wirklichkeit »parts de fondateurs« seien. 55   Vgl. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  195 f.

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Zur zweiten Gruppe gehören die in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts aufgekommenen, 1933 aber verbotenen56 Aktien mit Mehrfachstimmrechten 57 sowie insbesondere Vorzugsaktien, die typischerweise bei einer Kapitalerhöhung geschaffen wurden und gegenüber den vorhandenen Aktien Vorzüge hinsichtlich der Dividende und eventuell auch hinsichtlich des Liquidationserlöses gewähren konnten 58 . Den Vorzügen konnte ein zeitweiser, bedingter oder gänzlicher Ausschluss des Stimmrechts gegenüberstehen. Nachdem schon die Rechtsprechung derartige Gestaltungen anerkannt hatte59, erfolgte 1902/1903 schließlich eine entsprechende gesetzliche Klarstellung60 . Im Jahre 1978 wurde für stimmrechtslose Vorzugsaktien ein genauerer gesetzlicher Rahmen geschaffen, der insbesondere deren Ausgabe auf 25% des Kapitals beschränkte, eine mindestens über drei Jahre nachzuzahlende Vorzugsdividende vorsah und bei dreijähriger Nichtzahlung des vollständigen Vorzugsbetrags den Vorzugsaktionären das Stimmrecht zugestand61. Im Wesentlichen gilt dieser gesetzliche Rahmen noch heute62 .

56   Loi du 13 novembre 1933 réglementant le droit de vote dans les assemblées d’actionnaires des sociétés par actions, J. O. vom 15. November 1933, S.  11494. 57   Dazu Laurent, Annuaire de législation française 1934, 131–136; Hautcœur, Rev. écon. 50 (1999), 1053, 1070 f. 58   Vgl. Pont, Commentaire-Traité des Sociétés Civiles et Commerciales II, S.  628 (auf einstimmigen Beschluss der Altaktionäre). S. aber auch das Zitat bei Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  51. 59   Vgl. François-Marsal (Hrsg.), Encyclopédie de Banque et de Bourse IV, S.  46. 60   Loi du 9 juillet 1902 tendant à compléter l’article 34 du Code de commerce et l’article 3 de la loi du 24 juillet 1867 en ce qui concerne les actions de priorité et les actions d’apport; loi du 16 novembre 1903 modifiant la loi du 9 juillet 1902 relative aux actions de priorité (vgl. Scrutton/ Bowsted, The Commercial Laws of the World XXI, S.  236). Art.  34 Code de commerce 1903: »Le capital social des sociétés par actions se divise en actions et même en coupons d’actions d’une valeur nominale égale. Toute société par actions peut, par délibération de l’assemblée générale constituée dans les conditions prévues par l’article 31 de la loi du 24 juillet 1867, créer des actions de priorité, jouissant de certains avantages sur les autres actions ou conférant des droits d’antériorité, soit sur les bénéfices, soit sur l’actif social, soit sur les deux, si les statuts n’interdisent point, par une prohibition directe et expresse, la création d’actions de cette nature. Sauf dispositions contraires des statuts, les actions de priorité et les autres actions ont, dans les assemblées, un droit de vote égal. Dans le cas où une décision de l’assemblée générale comporterait une modification dans les droits attachés à une catégorie d’actions, cette décision ne sera définitive qu’après avoir été ratifiée par une assemblée spéciale des actionnaires de la catégorie visée. Cette assemblée spéciale, pour délibérer valablement, doit réunir au moins la moitié du capital représenté par les actions dont il s’agit, à moins que les statuts ne prescrivent un minimum plus élevé.« 61   Art.  177-1, 269, 269-1 bis 269-9 Loi n°  66-537 i.  d.  F. der Art.  16–18 der Loi n°  78-741 du 13 juillet 1978 dite Monory relative à l’orientation de l’épargne vers le financement des entreprises, J. O. vom 14. Juli 1978, S.  2799, 2800–2801. Die Vorzugsdividende musste zunächst mindestens 5% betragen, seit 1983 sind es 7,5% (Art.  18 der Loi n°  83-1 du 3 janvier 1981 sur le développement des investissements et la protection de l’épargne, J. O. vom 4. Januar 1981, S.  162, 165). Überblick bei Bouloc, Rev. soc. 1983, 501, 504–506 (n°  6 f.). 62   Art. L 228-35-2 bis L 228-35-11 Code de commerce 2004; für Modifikationen s. u. a. die Loi n°  83-1 (Fn.  61).

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Ebenfalls hier zu nennen sind die von der Praxis geschaffenen parts de fondateur63 . Sie gewährten Sonderrechte insbesondere am Gewinn, aber regelmäßig keinen Anteil am Liquidationserlös und kein Stimmrecht. Eine ausführliche gesetzliche Regelung erfolgte im Jahre 192964 , 1966 wurden sie indes nach anhaltenden Missbräuchen wieder verboten65 . Die neuen Aktiengattungen traten meist im Zuge einer Kapitalerhöhung neben die bisherigen Aktien. Während unter dem Konzessionssystem auch die Kapitalerhöhung staatlicher Genehmigung bedurfte und so einer gewissen Kontrolle unterlag, war dies unter dem Normativsystem nicht mehr der Fall. Bald wurde erkannt, dass die Ausgabe neuer Aktien an Dritte für die bisherigen Aktionäre Gefahren barg. Zum einen verloren aufgrund des typischerweise niedrigeren Ausgabekurses der neuen Aktien die alten Aktien an Wert; zum anderen büßten die Altaktionäre ihr bisheriges Stimmgewicht ein. Um dem abzuhelfen, sah die Praxis teilweise in den Statuten oder den Beschlüssen über eine Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht der Altaktionäre vor66 , das diesen bei Übernahme einer entsprechenden Anzahl neuer Aktien die Möglichkeit bot, ihren Einfluss zu erhalten und einen Kursverlust zu vermeiden. Erst nach vielfachen Klagen über Missbräuche wurde schließlich im Jahre 1935 das Bezugsrecht der Altaktionäre kodifiziert; allerdings konnte es weiterhin unter genauer bestimmten, im wesentlichen nur formellen Voraussetzungen ausgeschlossen werden67. Über das Gesetz von 1966 68 fanden diese Reglungen ohne wesentliche Änderungen69 nunmehr Eingang in den Code de commerce70 . 5.  Die gesetzliche Zulassung unbenannter Wertpapiere Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg hatten französische Unternehmen Schwierigkeiten, ausreichend Kapital einzuwerben. Um Investoren zu gewinnen, wurden immer neue Wertpapiere erfunden. Durch ein Gesetz vom 14. Dezember 1985 gestattete der Gesetzgeber schließlich die Schaffung beliebiger »unbenannter« Wertpapiere, die ihren Inhaber sofort oder zu einem späteren Zeitpunkt am Gesellschaftskapital beteiligten, solange nur eine Umwandlung in reine Schuldverschreibungen nicht möglich war und den Aktionären ein Bezugsrecht gewährt 63   Empirische Daten und Hinweise auf die Missbrauchsproblematik bei Hautcœur, Rev. écon. 50 (1999), 1053, 1069 f. 64   Loi du 23 janvier 1929 sur les parts de fondateurs émises par les sociétés, J. O. vom 25. Januar 1929, S.  954; zu allem François-Marsal (Hrsg.), Encyclopédie de Banque et de Bourse IV, S.  49 ff. 65   Art.  264 Loi n°  66-537 (Fn.  51), S.  6 422. 66   Jauffret, in: Rapports Généraux au IXe Congrès international de Droit comparé, S.  419, 427. 67   Décret du 8 août 1935 créant le droit préférentiel au profit des actionnaires de souscrire aux augmentations de capital, J. O. vom 9. August 1935, S.  8685. Vgl. Hautcœur, Rev. écon. 50 (1999), 1053, 1066 m.Nw. 68   Art.  183 ff. Loi n°  66-537 (Fn.  51), S.  6 415 f. 69   Den Vorgaben der Kapitalschutzrichtlinie (dazu unten bei Fn.  338) entsprach das französische Recht weitgehend bereits zuvor. 70   Art. L 225-132 ff. Code de commerce 2004.

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wurde71. Auch wenn daneben die klassische Aktie mit ihren verschiedenen Unterarten weiterexistierte, hatte sie damit ihren Anspruch, alleiniger Vertreter des Gesellschaftskapitals zu sein, endgültig verloren. Nicht uninteressant ist dabei, dass die Zulassung freier Gestaltung nur kurz nach der zum 5. November 1984 umgesetzten »Dématérialisation« des französischen Wertpapiermarktes erfolgte72 , die die bloße kontenmäßige Verbuchung an die Stelle des früheren, auf Papierumlauf beruhenden Systems treten ließ. Bei der Wiedereinfügung des Aktienrechts in den Code de commerce wurden die Regeln über unbenannte Wertpapiere beibehalten73 . Allerdings misst die Praxis ungeachtet aller neuen Produkte der klassischen Aktie weiterhin mit Abstand die größte Bedeutung bei, was nicht zuletzt die noch immer ausführlichen Regelungen des Code de commerce über Aktien im Allgemeinen74 widerspiegeln. 6.  Zusammenfassung Die Entwicklung der Aktie in Frankreich führt zunächst auf der Ebene der Aktiengesellschaften insgesamt von reiner Individualgestaltung bei staatlichem Octroi und staatlicher Konzession zu deutlicher Typizität unter dem Normativsystem, auf der Ebene der einzelnen Gesellschaft zur grundsätzlichen Gleichheit der Aktionäre. Abschwächungen erfährt die so erreichte Typizität in einer ersten Phase durch die vorübergehend geringere Regulierung der Kommanditgesellschaft auf Aktien, in einer zweiten Phase durch die von der Praxis entwickelten, der Rechtsprechung anerkannten und dem Gesetzgeber nachvollzogenen Sonderformen von 71   Art.  339-1 ff. der Loi n°  66-537 i.  d.  F. der Loi n°  85-1321 du 14 décembre 1985 modifiant diverses dispositions du droit des valeurs mobilières, des titres de créances négociables, des sociétés et des opérations de bourse, J. O. vom 15. Dezember 1985, S.  14598; dazu den Diskussionsbeitrag von Renault, rapporteur de la commission des lois constitutionnelles, de la législation et de l’administration générale de la République, in der Sitzung der Assemblée Nationale vom 3. Oktober 1985 (J. O. vom 4. Oktober 1985, N° 62, A. N.  [C. R.], S.  2639), der schon der Loi n°  83-1 (Fn.  61) das »principe de la liberté de création de valeurs mobilières nouvelles« entnimmt und zum Regelungsmodell ausführt: »Il n’apparaît ni possible ni souhaitable de définir par la loi les différentes valeurs mobilières dont certaines seront les innovations des prochaines années et dont il est impossible de dresser une liste en perpétuel devenir. Mieux vaut définir un régime général, un corps de règles, un cadre juridique à l’intérieur duquel pourront se développer et se diversifier les initiatives des agents économiques. Plutôt que de réglementer au coup par coup chaque produit financier que l’imagination de ces agents pourra nous apporter, il est préférable de définir, comme le fait l’article 1er du projet, quelques principes fondamentaux communs à toute nouvelle valeur mobilière dès lors qu’il ne s’agit ni d’une action ni d’une obligation.« (a.a.O. li.Sp.). Überblick bei Bonneau, Rev. trim. dr. com. 41 (1988), 535, 538 f.; Guyon, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  297, 300 f. 72   Art.  94-II Loi n°  81-1160 du 30 décembre 1981 de finances pour 1982, J. O. vom 31. Dezember 1981, S.  3539; Décret n°  83-359 du 2 mai 1983 relatif au régime des valeurs mobilières, J. O. vom 3. Mai 1983, S.  1359; Circulaire du 8 août 1983 relatif à l’application des dispositions de l’art. 94-II de la loi de finances pour 1982 (n°  81-1160 du 30 décembre 1981) et du décret n°  83-359 du 2 mai 1983 relatif au régime financier des valeurs mobilières, J. O. vom 28. August 1983, S.  7945. Überblick bei Lehmann, Finanzinstrumente, S.  61–66. 73   S. insbes. Art. L 228-91 Code de commerce 2004. 74   Art. L 228-7 bis L 228-29-7 Code de commerce 2004.

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Aktien, die mit der Gleichheit aller Aktionäre und damit aller Aktien brechen. Mit der Zulassung unbenannter Wertpapiere im Jahre 1985 verabschiedet sich Frankreich schließlich von einer gesetzlich vorgegebenen Typizität; lediglich ein äußerer Rahmen setzt individueller Gestaltung noch Grenzen. In der Praxis ist allerdings keine völlige Auflösung jeder Typizität zu beobachten, vielmehr ist die klassische Aktie prominentestes Beteiligungspapier geblieben – allerdings mit zahlreichen Unterarten, die wiederum Typizität nur begrenzt verwirklichen.

III.  Die Entwicklung in England 1.  Zögerliche Anfänge im 17. und 18. Jahrhundert In England beginnt die Geschichte der Aktiengesellschaft im siebzehnten Jahrhundert mit den drei großen Seehandelskompanien75 . Die Aktie als Verbriefung des Mitgliedschaftsrechts spielte indes erst am Ausgang dieser Epoche eine größere Rolle, als sich der Staat mit der Englisch-Ostindischen Kompanie und der Bank of England sowie später der South Sea Company, der Mississippi-Gesellschaft und weiteren Gesellschaften selbst Finanzmittel zu beschaffen suchte. Das klassische Common Law legte der Entwicklung von Gesellschaftsanteilen, die sich uneingeschränkt als Anlageobjekt geeignet hätten, allerdings verschiedene Hindernisse in den Weg. So ließ sich in einer gewöhnlichen Personengesellschaft ein Gesellschafterwechsel nicht anders als durch eine Novation des Gesellschaftsvertrags bewerkstelligen, an der neben dem alten und dem neuen auch alle übrigen Gesellschafter beteiligt sein mussten76 . Zudem bedurfte es der Anerkennung von stocks und shares als choses in action, um deren Übertragbarkeit sicherzustellen77. Weiter konnte eine gewöhnliche Gesellschaft nicht unter eigenem Namen klagen und verklagt werden, sondern verlangte prozessual die Beteiligung sämtlicher Gesellschafter 78 . Schließlich war nach allgemeinen Regeln eine Beschränkung der Gesellschafterhaftung auf die bei Subskription versprochene Einlage und eine Befreiung von der Haftung bei Übertragung nicht zu erreichen; umgekehrt blieb auch zweifelhaft, inwieweit ein Gesellschafter oder dessen Gläubiger unmittelbar auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen konnten79. Dementsprechend nahmen sich die Akte, mit denen Krone oder Parlament den Korporationsstatus verliehen, zumeist explizit auch dieser Fragen an und klärten etwa die Übertragbarkeit der Anteile und die – typischerweise eine Eintragung ins Aktionärsregister der Gesellschaft voraus-

75   S. hierzu und zum Folgenden Evans, 8 Colum. L. Rev. 339, 342 ff. (1908); Williston, 2 Harv. L. Rev. 105, 109 ff. (1888), auch zu anderen Vorläufern; deutschsprachig Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften I, S.  83 ff. 76   Vgl. nur Morawetz, Treatise on the Law of Private Corporations I, §§  159 ff. (S.  159 ff.). 77   Dazu Holdsworth, 33 Harv. L. Rev. 997, 1011, 1027 (1920); s. a. Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  70–72. 78   S. nur Williston, 2 Harv. L. Rev. 105, 114 f. (1888). 79   Dazu insbes. Hansmann/Kraakman/Squire, 119 Harv. L. Rev. 1333 (2006).

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setzende 80 – Art der Übertragung, die Haftungsbeschränkung, den Ausschluss jederzeitiger Auflösung durch einen einzelnen Gesellschafter und das Verbot für dessen Gläubiger, direkt auf das Gesellschaftsvermögen zuzugreifen81. Hierdurch ergab sich bereits ein Grundbestand einheitlicher Regeln82 . Obwohl sich der Anteil an einer Gesellschaft, die nicht seitens der Krone oder des Parlaments förmlich den Status einer Korporation erlangt hatte, wegen seiner rechtlichen Defizite eigentlich nicht zur Kapitalanlage eignete, ließen sich zahlreiche Anleger in Phasen wirtschaftlichen Aufschwungs, in denen die Nachfrage nach vielversprechenden Anlagemöglichkeiten das Angebot an Aktien staatlich inkorporierter Gesellschaften weit überstieg, zur Investition in nicht inkorporierte Gesellschaften verleiten. Dass den rechtlichen Risiken nichtinkorporierter Gesellschaften wenig Bedeutung zugemessen wurde, beruhte aber neben der allgemeinen Anlegerstimmung auch darauf, dass die Anleger mit einigem Recht darauf vertrauen konnten, die rechtlichen Unterschiede würden sich praktisch nicht auswirken. Dies galt insbesondere für die Frage der Haftungsbeschränkung. Rechtlich setzte eine Haftungsbeschränkung zwar die Inkorporation voraus. Durch die Ausstellung von shares in blanco, die durch bloße Übergabe transferiert wurden, war im Ergebnis jedoch mit einiger Sicherheit eine Haftungsbeschränkung zu erreichen, da die jeweiligen Inhaber praktisch nicht zu ermitteln waren83 . Nahezu parallel mit dem Zusammenbruch des Lawschen Systems in Frankreich kam es auch in England zu einer ungeheuren Aktienblase, die durch übersteigerte Erwartungen in die South See Company und ihr Projekt zur Übernahme der englischen Staatsschuld ausgelöst wurde 84 . Bereits vor deren Höhepunkt im Spätsommer 1720 war indes mit dem später so genannten »Bubble Act«85 ein Gesetz auf den Weg gebracht und dann auch verabschiedet worden, das die Übertragung von Gesellschaftsanteilen bei allen Gesellschaften, die nicht von der Krone oder dem Parlament inkorporiert worden waren, für unwirksam erklärte und jede nicht so inkorporierte Joint Stock Company zur gewöhnlichen Partnership degradierte 86 . Da damit die unbeschränkte solidarische Haftung der Gesellschafter gesichert war, erschien der Bubble Act später so, als sei er in Reaktion auf die Spekulationskrise 80   S. zur East India Company Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  73; später Companies Act 1862, First Schedule, Table A, Art.  8. 81   Hansmann/Kraakman/Squire, 119 Harv. L. Rev. 1333, 1377 f. (2006). 82   Vgl. Williston, 2 Harv. L. Rev. 105, 116 f. (1888) mit Verweis auf Coke, Blackstone u. a. 83   Vgl. Van Sandau v. Moore, (1826) 1 Russ. 441, 459, 472 ff.; allgemein Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 2. 84   Näher Hamilton, An Inquiry Concerning the Rise and Progress .  .  . of the National Debt of Great Britain and Ireland, S.  8 0; Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit II, S.  320–322; Fick, ZHR 5 (1862), 1, 50–53; Michael, VSWG 6 (1908), 549, 553–565; Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 2. 85   An Act for better securing certain Powers and Privileges, intended to be granted by His Majesty by Two Charters, for Assurance of Ships and Merchandize at Sea, and for lending Money upon Bottomry; and for restraining several extravagant and unwarrantable Practices therein mentioned (6 Geo. 1, c. 18). 86   Id., clause 18–21.

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ergangen. Was auch immer seine wahren Hintergründe gewesen sein mögen87 – der Bubble Act sollte jedenfalls für mehr als ein Jahrhundert die Entwicklung der Aktie zu einem typisierten Massenpapier in England erschweren. Anders als in Frankreich hielt in England die Zurückhaltung gegenüber Aktien dennoch nicht allzu lange an. Vielmehr entwickelte die Praxis mit der »deed of settlement company« eine Ersatzkonstruktion, bei der das Vermögen einer Partnership von einem Trustee zugunsten der Mitglieder gehalten wurde 88 . Dementsprechend waren die shares einer solchen »deed of settlement company« zumindest auch equitable interests am Trust-Vermögen der Partnership. Allerdings war der genaue Inhalt dieser equitable interests nicht ganz klar. Die Mitglieder konnten jedenfalls während der Dauer der Unternehmung auf die Werte nicht zugreifen und auch die Direktoren der Partnership an Verfügungen über das Trust-Vermögen nicht hindern89, Gläubiger der Mitglieder auf das Trust-Vermögen selbst nicht zugreifen90 . Der Konstruktion als Partnership entsprechend, galt für das Stimmrecht die Grundregel, dass jeder Partner eine Stimme hatte 91 – es galt also Gleichheit unter den Aktionären, nicht Gleichheit im Hinblick auf die Rechte aus einem share. Insoweit fehlte den shares selbst auf der Ebene ein und derselben Gesellschaft also die Einheitlichkeit. Auch war lange Zeit überaus zweifelhaft, ob die Versuche der Haftungsbeschränkung durch entsprechende Klauseln in den »deeds of settlement« und einen entsprechenden Hinweis auf dem Briefkopf der Geschäftspapiere gerichtlicher Überprüfung standhalten würden92 . Die Gefahr persönlicher Haftung beeinträchtigte die Handelbarkeit der shares; allerdings waren diese aufgrund des Bubble Act ohnehin nicht frei übertragbar. Die shares der »deed of settlement companies« sorgten aber gemeinsam mit den shares der inkorporierten Gesellschaften für die Aufrechterhaltung des Aktienhandels in London93 . 2.  Der Weg zur ungehinderten Übertragbarkeit und zum Normativsystem Das 19. Jahrhundert brachte die Rückkehr zur grundsätzlichen Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen sowie den Schritt zu einem Normativsystem. 87   Dazu gegen die verbreitete Meinung, die im Bubble Act ein Instrument zur Vermeidung von Spekulationsblasen oder – unter Missachtung der Chronologie – eine Reaktion auf die »South Sea Company Bubble« sah, aus jüngerer Zeit Butler, 6 Int’l Rev. L. Econ. 169, 172 f. (1986); Patterson/Reiffen, 50 J. Econ. Hist. 163, 167 ff. (1990); Harris, 54 J. Econ. Hist. 610, 611 ff. (1994). 88   Dazu Butler, 6 Int’l Rev. L. Econ. 169, 174 f. (1986); Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  85–87; Gower, 18 Law & Contemp. Probs. 535, 535 f. (1953); deutschsprachiger Überblick bei Rajak, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  187, 203. 89   Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, para. 23-2 (S.  815); s. a. Williston, 2 Harv. L. Rev. 149, 150–153 (1888). 90   Hansmann/Kraakman/Squire, 119 Harv. L. Rev. 1333, 1384 (2006). 91   Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  73. 92   Vgl. Letter No.  2 from »A Plain Dealer«, Morning Chronicle, November 16, 1807 (zitiert nach Hunt, 43 J. Pol. Econ. 1, 16 [1935]); Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  87. 93   Vgl. Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit II, S.  324.

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Ungeachtet einer Spekulationsblase in den Jahren 1824/1825, die auf dem Optimismus nach der Unabhängigkeit der meisten südamerikanischen Staaten von Spanien aufbaute und sich von der Rechtsunsicherheit in Fragen der persönlichen Haftung und eventueller Sanktionen gegen die Gesellschafter nicht inkorporierter Gesellschaften nicht aufhalten ließ, wurde im Frühsommer 1825 zunächst der Bubble Act aufgehoben94 . In der Folge konnten auch die Anteile solcher Gesellschaften, die nicht von der Krone oder dem Parlament inkorporiert waren, wieder übertragen werden. Damit war an sich ein breiterer Verkehr mit solchen Anteilen möglich, was ein gesteigertes Interesse an Typizität mit sich bringen konnte. Allerdings blieb aufgrund einer kritischen Äußerung des Lord Chancellor unklar, wie das Common Law zu nicht inkorporierten Gesellschaften stand. Folge war eine ganz erhebliche Rechtsunsicherheit, weshalb sich die Aufhebung der entsprechenden Vorschriften des Bubble Act in der Praxis nicht voll auswirkte95 ; gesteigerte Verkehrsfähigkeit bekam die Aktie damit also nur ansatzweise zurück. Einen kleinen Schritt in Richtung Gründungsfreiheit machten der Trading Companies Act von 1834 und der Chartered Companies Act von 183796 . Auf ihrer Grundlage durfte die Krone nunmehr privaten Gesellschaften einzelne Rechte wie etwa das Recht, unter dem Namen eines Direktors zu klagen und verklagt zu werden, durch einfaches Patent verleihen. Das zuständige Board of Trade stellte hierfür Richtlinien auf, die allerdings kaum Typizität der Gesellschaftsanteile selbst bewirkten, da sie vor allem den Gegenstand der Unternehmung und nicht deren innere Ausgestaltung betrafen. Die restriktive Handhabung dieser Befugnis machte indes weitere Reformen notwendig97. Immerhin haftete nach dem Chartered Companies Act von 1837 der Gesellschafter, der seinen Anteil übertragen hatte, nicht mehr zeitlich unbegrenzt weiter; auch war klargestellt, dass Gläubiger eines Gesellschafters nicht unmittelbar auf Gegenstände des Gesellschaftsvermögens zugreifen konnten98 . Der so genannte Companies Act von 184499 erlaubte dann endlich eine vereinfachte Gründung durch Registrierung beim Board of Trade, sofern bestimmte Voraussetzungen gegeben waren, und strebte so eine klare Unterscheidung zwischen Companies und Partnerships an. Damit hatte auch das englische Recht die 94   Bubble Companies Act of 1825 (6 Geo. 4, c. 91). Ausführlich Harris, 50 Econ. Hist. Rev. 675 (1997) und Hunt, 43 J. Pol. Econ. 1, 22 (1935) mit Darstellung des politischen und wirtschaftlichen Umfelds zu Beginn des 19. Jahrhunderts; Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  95– 109; s. a. Butler, 6 Int’l Rev. L. Econ. 169, 176 f. (1986); Strätling, Die Aktiengesellschaft in Groß­ britannien, S.  34 f. 95   Butler, 6 Int’l Rev. L. Econ. 169, 176, 178 f. (1986); Hunt, 43 J. Pol. Econ. 1, 21, 23 (1935). 96   Trading Companies Act of 1834 (4 & 5 Wm. 4, c. 94); An act for better enabling Her Majesty to confer certain Powers and Immunities on Trading and other Companies [Chartered Companies Act] of 1837 (1 Vict., c. 73). 97   Vgl. Hunt, 43 J. Pol. Econ. 331, 332–335, 357 (1935). 98   Vgl. Hansmann/Kraakman/Squire, 119 Harv. L. Rev. 1333, 1386 m.Fn.  184 (2006). 99   An Act for the Registration, Incorporation, and Regulation of Joint Stock Companies [auch »Joint Stock Companies Act«, »General Incorporation Act«, »Registration Act«] of 1844 (7 & 8 Vict., c. 110). Zusammenfassung bei Evans, 8 Colum. L. Rev. 461, 461–463 (1908).

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bisher extrem skeptische Haltung gegenüber privaten Gesellschaftsgründungen aufgegeben und war zu einem Normativsystem übergeschwenkt. Es setzte jedoch nicht ausschließlich auf normative Vorgaben, sondern flankierte seine – im Vergleich mit dem Kontinent eher schwachen – Vorgaben bereits durch Elemente der Publizität100 . So musste ein bestimmten Anforderungen genügender Prospekt beim Register eingereicht und die Information über bestimmte Finanzdaten regelmäßig erneuert werden; die Gesellschaft musste Geschäftsbücher führen und den Aktionären die Einsicht in diese Bücher gestatten. Als wichtigsten Fortschritt stattete der Companies Act 1844 die Gesellschaften mit der Fähigkeit aus, unter ihrem Namen am Rechtsverkehr teilzunehmen. An der unbeschränkten Haftung aller Gesellschafter hielt der Gesetzgeber indes zunächst noch fest. Ebenfalls ausgeschlossen blieb die Emission von Inhaberaktien101. Was das Stimmrecht angeht, machte der Companies Clauses Consolidation Act von 1845 einen Schritt in Richtung einheitlicher Koppelung an die Aktie, indem er mangels gegenteiliger Vereinbarung von der Regel abwich, dass jeder Aktionär eine Stimme hat102 . Die Zahl der Stimmen sollte vielmehr von der Anzahl der gehaltenen Aktien abhängig sein, wobei eine Gewichtung zugunsten der Kleinaktionäre vorgenommen wurde103 – eine Regelung, die schon zuvor gelegentlich in den Charters zu finden war. Da das gestufte System aber immer seltener den Anlegerinteressen entsprach, setzte sich zunehmend die direkte Verbindung zwischen Anteil und Stimmrecht durch104 , womit die Aktie insoweit an Typizität gewann. 3.  Haftungsbeschränkung und Skepsis gegenüber Vorzugsaktien War auch bislang rein rechtlich eine Haftungsbeschränkung nur bei Inkorporation durch Krone oder Parlament und entsprechender Verleihung mit Sicherheit zu erlangen gewesen, so hielt sich doch die Gefahr einer persönlichen Haftung de facto in Grenzen. Denn nicht nur setzte eine Verurteilung der Partnership voraus, dass die Klage gegen sämtliche Partner erhoben wurde105 , sondern bereits die Feststellung, wer überhaupt Partner war, konnte für den potentiellen Kläger sehr   Schubert, ZGR 1981, 285, 290.   Vgl. Fick, ZHR 5 (1862), 1, 53. 102   Vgl. dazu Williston, 2 Harv. L. Rev. 149, 156 (1888). 103   S.  75 Companies Clauses Act 1845 (8 & 9 Vict., c. 16): »At all general meetings of the company every shareholder shall be entitled to vote according to the prescribed scale of voting, and where no scale shall be prescribed every shareholder shall have one vote for every share up to ten, and he shall have an additional vote for every five shares beyond the first ten shares held by him up to one hundred, and an additional vote for every ten shares held by him beyond the first hundred shares; provided always, that no shareholder shall be entitled to vote at any meeting unless he shall have paid all the calls then due upon the shares held by him.« S. a. Art.  38 Table B First Schedule Joint Stock Companies Act 1856; Art.  44 Table A First Schedule Companies Act 1862. 104   S. nur Williston, 2 Harv. L. Rev. 149, 157 f. (1888); Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  73 f.; Haase, DZWir 2005, 102, 103. 105   Die direkte Inanspruchnahme eines einzelnen Partners ohne vorherige Verurteilung der Gesellschaft scheint nicht praktiziert worden zu sein. 100 101

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schwierig oder gar ganz ausgeschlossen sein106 . Als sich dies mit dem Companies Winding-Up Act von 1848107 zum Nachteil der Aktionäre änderte, wurde der Ruf nach einer gesetzlichen Einführung beschränkter Haftung immer lauter108 . Verschiedene Gesetze der Jahre 1855–1857 erlaubten schließlich die Gründung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung ohne ausdrückliche Verleihung dieses Privilegs durch Krone oder Parlament109. Dabei stellte der Joint Stock Companies Act von 1856 einen Table B zur Verfügung, der ein Muster für Articles of Association enthielt, die mangels anderer Vereinbarung gelten sollten. In diesem Table B waren auch detaillierte Regelungen zu den shares enthalten. Versagt blieb die Emission von Inhaberaktien110 . Mit dem Companies Act von 1862111 erfolgte sodann eine Konsolidierung, die das House of Lords112 weiterführte, indem es entgegen dem Court of Appeal113 die Vorteile einer Inkorporation nicht nur Großunternehmen vorbehielt, sondern auch Gesellschaften mit lediglich sieben Mitgliedern – der damaligen Mindestzahl114 – öffnete. Table A enthielt wieder dispositive Modellregeln für companies limited by shares; dort war erstmals auch ein – insgesamt abdingbares – Bezugsrecht der Altaktionäre vorgesehen115 . Auf die gesetzliche Unterscheidung zwischen dem nur in bestimmter Hinsicht abänderbaren Memorandum of Association und den leichter abänderbaren Articles of Association stütze die Rechtsprechung zunächst auch das Verbot der Emission von – soeben erst erfundenen116 – Vorzugsaktien, sofern diese nicht im Memorandum vorgesehen waren117. Vorzugsaktien spielten daher in den folgenden 30 Jahren eine untergeordnete Rolle, was trotz ihrer grundsätzlichen Möglichkeit doch die Typizität der Aktie insoweit aufrechterhielt.

  S. schon soeben bei Fn.  83.   Joint Stock Companies Winding-Up Act 1848 (11 & 12 Vict., c. 45). 108   Butler, 6 Int’l Rev. L. Econ. 169, 181 (1986). 109   Limited Liability Act 1855 (18 & 19 Vict., c. 133); Joint Stock Companies Act 1856 (19 & 20 Vict., c. 47); Joint Stock Companies Act 1857 (20 & 21 Vict., c. 17). Überblick bei Evans, 8 Colum. L. Rev. 461, 464 ff. (1908); Fick, ZHR 5 (1862), 1, 55; Strätling, Die Aktiengesellschaft in Großbritannien, S.  35 ff. 110   Vgl. Fick, ZHR 5 (1862), 1, 55 f. 111   Companies Act 1862 (25 & 26 Vict., c. 89); dazu Evans, 8 Colum. L. Rev. 461, 469–473 (1908); Reich, ius commune II (1969), 239, 262 f. 112   Salomon v. Salomon & Co. Ltd., [1897] A. C. 22. 113   Broderip v. Salomon, [1895] 2 Ch. 323. 114   S.  6 Companies Act 1862. 115   Companies Act 1862, First Schedule, Table A, Art.  27 (vgl. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften II, S.  462); später Companies (Consolidation) Act 1908, First Schedule, Table A, Art.  42. Anders als in den U. S. A. war in England ein shareholders’ pre-emptive right nie in Form einer common law rule anerkannt, s. nur Gower, 69 Harv. L. Rev. 1369, 1380 (1956); MacNeil, (2002) J. B. L. 78, 84. 116   Vgl. nur Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  7–13. 117   Hutton v. Scarborough Cliff Hotel Co., (1865) 2 Drew. & Sm. 521, 526; dazu deutschsprachig Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  6 . 106 107

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4.  Ausdifferenzierung der Aktiengattungen und weitere Entwicklung Mit dem Aufkommen verschiedener Aktiengattungen ging wiederum eine Abnahme der Typizität einher; zugleich wuchs die Bedeutung der Publizität durch Register und spezielle Bekanntmachungen118 . Für Vorzugsaktien nahm 1897 der Court of Appeal von der früheren Entscheidung des Court of Chancery119 ausdrücklich Abstand120 . Damit stand die Emission von Vorzugsaktien nunmehr letztlich allen Gesellschaften offen. Die Praxis schuf daraufhin vermehrt Vorzugsaktien verschiedenster Art, deren Vorzüge sich auf den Dividendenanspruch, den Anteil am Liquidationserlös und das Stimmrecht beziehen konnten und auch hinsichtlich des »Ob« und des »Wie« einer Umwandlung in gewöhnliche Aktien der Ausgestaltung im Einzelfall offenstanden121. Nicht nur stimmrechtslose Vorzugsaktien, sondern sogar stimmrechtslose Stammaktien wurden schließlich trotz starker Gegenstimmen122 von der Praxis eingeführt und vom Gesetzgeber nicht untersagt. Seit 1929 können zudem Vorzugsaktien, seit 1981 alle Aktien als »redeemable« emittiert werden, wenn die Articles dies vorsehen und es daneben auch Aktien gibt, die nicht »redeemable« sind123 . Allerdings hält sich die Bedeutung dieser Aktiengattung in Grenzen. Während von 1862–1948 in Table A zum Companies Act 1862 bzw. zum Companies (Consolidation) Act 1809 immerhin ein dispositives Bezugsrecht der Altaktionäre vorgesehen war, enthielt die Neuregelung von 1948 keine solche Bestimmung mehr; in den Listing Rules der London Stock Exchange blieb das Bezugsrecht jedoch erhalten124 . Seit der Umsetzung der Kapitalschutzrichtlinie im Companies Act von 1980125 existiert in England nun ein gesetzliches Bezugsrecht der bisherigen Aktionäre, das nur unter näher bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen werden kann126 . Hervorzuheben bleibt, dass auch in England ungeachtet aller Neuerungen doch die gewöhnliche Aktie am wichtigsten ist, die jetzt üblicherweise ein feststehendes

  Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, para. 23-6 (S.  821).   S. soeben Fn.  117. 120   Andrews v. Gas Meter Co., [1897] 1 Ch. 361, 369 ff. 121   Vgl. etwa Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, para. 23-7 (S.  822). 122   Vgl. Board of Trade, Report of the Company Law Committee, cmnd. 1749 (»Jenkins Report«), paras. 123 ff. sowie Note of Dissent concerning shares with restricted or no voting rights, paras. 1–12. 123   Companies Act 1929 (19 & 20 Geo. 5, c. 23) bzw. Companies Act 1981 (c. 62). Dabei kann die Rückzahlung entweder aus dem Erlös einer Neuemission oder aus verteilbaren Gewinnen erfolgen, wobei im zweiten Falle eine Herabsetzung des Gesellschaftskapitals dadurch vermieden wird, dass der entsprechende Betrag in eine »capital redemption reserve« eingezahlt werden muss. Überblick bei Whyte, Principles of Finance and Investment I, S.  82–84. 124   Vgl. MacNeil, (2002) J. B. L. 78, 85. 125   Companies Act 1980 (c. 22); dazu Durham, 4 Nw. J. Int’l L. & Bus. 551 (1982). 126   S.  17 Companies Act 1980; s. 89 ff. Companies Act 1985 (c. 6); heute s. 560 ff. Companies Act 2006 (c. 46); zur geradezu dispositiven Natur dieser lediglich formalen Vorgaben MacNeil, (2002) J. B. L. 78, 85 ff. 118 119

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Stimmrecht gewährt127 und nach wie vor meist nicht als Inhaberpapier, sondern als Namenspapier ausgegeben wird. 5.  Zusammenfassung In England gab es einerseits schon seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts ein entwickeltes Börsenwesen; andererseits waren die englischen Aktien über lange Zeit nicht frei übertragbar und bewirkten zudem die volle persönliche Haftung ihres Inhabers, sofern es sich nicht um eine von der Krone oder dem Parlament inkorporierte Gesellschaft handelte. Mitte des 19. Jahrhunderts waren die freie Übertragbarkeit und die Haftungsbeschränkung erreicht, womit die Aktiengesellschaft nun klar von einer Personengesellschaft geschieden war. Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts begann jedoch eine Ausdifferenzierung durch die verstärkte Emission von Vorzugsaktien, deren Inhalt individuell gestaltet werden konnte. Mit der Verstärkung des Trends zu mehr Gestaltungsfreiheit im englischen Gesellschaftsrecht insgesamt128 verlor auch die Aktie weiter an Typizität. Immerhin scheinen aber die Bedürfnisse des Marktes eine zu starke Diversifikation zu verbieten.

IV.  Die Entwicklung in den U. S. A. 1.  Vom Konzessions- zum Normativsystem Einmal mehr orientierten sich die nordamerikanischen Kolonien auch im Gesellschaftsrecht am englischen Vorbild129. Nach der Unabhängigkeit von England bestand kein Zweifel, dass das Recht zur Verleihung des Korporationsstatus von der englischen Krone und dem englischen Parlament grundsätzlich auf die Gesetzgebungsorgane der Einzelstaaten übergegangen war130 . Vor dem Beginn des neunzehnten Jahrhunderts spielten eigentliche Korporationen dabei aber mit einigen wenigen Ausnahmen, etwa auf dem Gebiet der Banken und Versicherungen sowie der Infrastrukturunternehmungen für den Bau von Straßen und Kanälen, keine

  Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, para. 23-5 (S.  819).   Vgl. Rajak, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  187, 213 f. 129   S. nur Williston, 2 Harv. L. Rev. 149, 166 (1888); Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S.  120; Merkt, ZfRV 37 (1996), 1. Die »colonial companies«, die durchaus für die Staatsorganisation bedeutend waren ( J. P. Davis, Corporations II, S.  157 ff.), hatten auf die weitere Entwicklung des Gesellschaftsrechts keinen prägenden Einfluss ( J. P. Davis, a.a.O., S.  251). 130   Franklin Bridge Co. v. Wood, 14 Ga. 80 (1853); McKim v. Odom, 3 Bland Ch. (Md.) 407, 417 (1829); State v. Village of Bradford, 32 Vt. 50, 53 (1859); Stowe v. Flagg, 72 Ill. 397, 401 (1874); Morawetz, Treatise on the Law of Private Corporations, §  8 (S.  11); Cadman, The Corporation in New Jersey, S.  3; Cooke, Corporation, Trust and Company, S.  93; Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 3; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn.  13 (S.  6 4). Zu früheren Corporations mit amerikanischen Charters, wie z. B. dem Harvard College, s. J. S. Davis, Essays I, S.  49 ff. Unter bestimmten Voraussetzungen konnte auch der Congress zur Verleihung einer Charter befugt sein, s. Morawetz, a.a.O., §  9 (S.  11). 127

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Rolle131. Wo eine entsprechende Charter erteilt wurde, erlangte die Gesellschaft zwar die Fähigkeit, unter eigenem Namen zu klagen und verklagt zu werden, und das Recht, ein Siegel zu führen; auch waren ihre Anteile ohne Notwendigkeit einer allseitigen Novation übertragbar132 . Eine unbegrenzte Dauer sowie eine Haftungsbeschränkung der Gesellschafter blieben den Gesellschaften aber zumeist versagt133 ; das Interesse an der Inkorporation durch Charter galt zumeist in erster Linie den damit verliehenen Monopolrechten134 . Neben den inkorporierten Gesellschaften bediente sich die Praxis auch in den U. S. A. des Instituts der Partnership und gestaltete diese als »joint stock association« aus, wobei wiederum das Gesellschaftsvermögen in einen Trust eingebracht wurde135 . Dabei gingen die Beteiligten schon früh von der freien Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile aus136 , auch wenn diese erst im Jahre 1827 gerichtlich anerkannt wurde137. Als im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts die Belastung der einzelstaatlichen Gesetzgeber durch Anträge auf den Erlass von Charters stieg, verabschiedeten zahlreiche Staaten so genannte »General Regulating Statutes«, die die Rechte und Befugnisse der inkorporierten Gesellschaften allgemein beschrieben. Es bedurfte also im Einzelfall zwar noch immer eines besonderen Legislativakts; dieser brauchte aber nur noch die Gesellschaft zu bezeichnen und gegebenenfalls Abweichungen von den allgemeinen Regeln des »General Regulating Statute« aufzunehmen138 . Bereits hiermit wurde eine erhöhte Typizität der Gesellschaften und mithin auch ihrer Anteile erreicht139. Dies verstärkte sich noch dadurch, dass sich der Gedanke beschränkter Haftung der Gesellschafter immer mehr durchsetzte140 . Die »General Regulating Statutes« blieben indes ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Normativsystem. North Carolina, Massachusetts und New York gaben 131   Butler, 14 J. Legal Stud. 129, 138 (1985); J. P. Davis, Corporations II, S.  260; Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 3; s. aber auch Handlin/Handlin, 5 J. Econ Hist. 1, 4 ff. (1945) mit dem Hinweis, dass in den U. S. A. zwischen 1783 und 1801 knapp 350 Business Corporations gegründet wurden. 132   Burrall v. Bushwick Railroad Co., 75 N. Y. 211, 219 (1878); Morawetz, Treatise on the Law of Private Corporations, §  164 (S.  166). 133   Livermore, 43 J. Pol. Econ. 674, 677 (1934); Butler, 14 J. Legal Stud. 129, 139 f. (1985). 134   Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 480 f. (1969). 135   Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 485 f. (1969). 136   Vgl. Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 482, 487 f. (1969). 137   Alvord v. Smith, 5 Pick. 232 (1827). 138   Cadman, The Corporation in New Jersey, S.  15 ff.; Butler, 14 J. Legal Stud. 129, 140 f. (1985). 139   Butler, 14 J. Legal Stud. 129, 140 f. (1985): »The general regulating statutes were a move toward a standardized product .  .  .« 140   S. z. B. Wood v. Dummer, 3 Mason 308, 311 (C. C. D. Me., 1824); weitere Nachweise z. B. in 11 Yale L. J. 215 (1902); s. a. Hovenkamp, 76 Geo. L. J. 1593, 1651 ff. (1988). Nicht zuletzt unter dem Eindruck des französischen Code de commerce übernahmen einige Einzelstaaten schon früh und lange vor England die Idee einer Kommanditgesellschaft; vgl. Story, Commentaries on the Law of Partnership, §  78 (S.  119 ff.); Hovenkamp, a.a.O., S.  1595 f.; Kent, Commentaries on American Law III, S.  12 f. m.Nw. mit dem Hinweis: ».  .  . it is the first instance in the history of the legislation of this state, that the statute law of any other country than that of Great Britain, has been closely imitated and adopted.« S. weiter Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 487 (1969).

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sich bereits um 1800 eigene »General Incorporation Laws«; bis zum Ende des 19. Jahrhunderts folgten auch die anderen Einzelstaaten141. In der Folge wurde das Normativsystem teils sogar von einem Verbot der Inkorporation durch Sondergesetz flankiert, worin sich nicht zuletzt die mittlerweile verbreitete Abneigung gegen staatliche Monopole widerspiegelte142 . Dabei regelten diese allgemeinen Gesetze viele Fragen so, wie dies schon zuvor in den individuellen, aber inhaltlich bereits standardisierten Charters üblich gewesen war143 . Kontrolliert wurde die Übernahme der Normativbestimmungen in die Satzung typischerweise durch einen Registerbeamten, bei dem einige grundlegende Urkunden über die Gesellschaft eingereicht werden mussten, sowie letztendlich durch die Gerichte. Mit dem Übergang zum Normativsystem war nochmals eine größere Einheitlichkeit der Gesellschaften gesichert, was wiederum auf die Gesellschaftsanteile durchschlug. 2.  Einzelstaatlicher Rechtswettbewerb und Vereinheitlichungsbestrebungen Mit den ersten »General Incorporation Laws« kam es zu erheblichen Rechtsunterschieden zwischen den Einzelstaaten. In einer ersten Zeit boten die Staaten, in denen es bereits derartige Gesetze gab, eine stark vereinfachte Gründung und klare rechtliche Strukturen, während ansonsten um eine Charter nachgesucht oder auf das von der Praxis entwickelte Institut der »joint stock association« mit seiner Rechtsunsicherheit ausgewichen werden musste. Als dann alle Staaten zum Normativsystem übergegangen waren, rückten die inhaltlichen Unterschiede der verschiedenen einzelstaatlichen Gesetze in den Vordergrund. Für Gesellschaftsgründer konnte die Wahl eines besonders »günstigen« Rechts von Interesse sein, sofern das fremde Gründungsrecht einer Geschäftstätigkeit in anderen Staaten nicht entgegenstand. Dies entsprach nach einer Periode strenger Reglementierung zunehmend dem allgemeinen Rechtsempfinden und ließ sich für zwischenstaatlichen Handel auf Äußerungen des U. S. Supreme Court stützen144 . Die einzelnen Bundesstaaten erkannten bald, dass es attraktiv war, wenn sich möglichst viele Gesellschaften dem eigenen Recht unterstellten, ließen sich doch so direkte Gebühren, aber auch höhere Steuereinnahmen dank des größeren Geschäftsaufkommens bei den Angehörigen beratender Berufe im eigenen Staat erzielen. Daher setzte ein Wettbewerb um Gesellschaftsgründungen ein, in dem sich zuerst New Jersey und

141   S. nur Morawetz, Treatise on the Law of Private Corporations, §  27 (S.  27 f.), §  38 (S.  38); Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S.  126 f.; Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 489 ff. (1969). 142   Morawetz, Treatise on the Law of Private Corporations, §§  10 ff. (S.  12 ff.); Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 4; zur Haltung gegenüber staatlichen Privilegien auch Hovenkamp, 76 Geo. L. J. 1593, 1634 ff. (1988). 143   Sowards/Mofsky, 23 U. Miami L. Rev. 476, 484 f., 491 (1969); Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn.  15 (S.  65). 144   Paul v. Virginia, 75 U. S.  168 (1868). S. dazu auch Tung, 32 J. Corp. L. 33, 68 ff. (2006); Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 5.

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Maine einen Namen machten; durch taktisch geschickte Liberalisierung eroberte jedoch nach einiger Zeit Delaware die Spitzenposition und hält diese bis heute145 . Aus diesem Wettbewerb entstanden dann auch die Bestrebungen, das Gesellschaftsrecht der Einzelstaaten wieder einander anzunähern. Ein erstes Modellgesetz, der Uniform Business Corporations Act von 1933, zeigte jedoch noch kaum Wirkungen146 . Mehr Erfolg hatte dann der Model Business Corporations Act der American Bar Association, der erstmals 1950 publiziert und in der Folge mehrfach überarbeitet wurde. Er liegt auf der Linie weiterer Liberalisierung und fand neben Delaware unter anderem auch in New York und Kalifornien Gefolgschaft147. Die Auswirkung dieser Entwicklungen auf das Recht der Aktie war zwar teilweise nur mittelbarer Art. Dies gilt insbesondere für die erste Epoche des Liberalisierungswettbewerbs, dessen Gegenstand etwa Vorschriften waren, die die Dauer einer Gesellschaft kraft Gesetzes beschränkten, eine Obergrenze für das Gesellschaftskapital vorsahen, den Gesellschaftszweck genau festlegten oder den Erwerb von Anteilen an anderen Gesellschaften verbaten148 . Vielfach betrafen die Reformen aber auch unmittelbar den Inhalt des Rechts aus der Aktie149. Dies zeigt sich besonders deutlich in der Ausdifferenzierung verschiedener Aktienklassen und der damit im Zusammenhang stehenden Abkehr150 vom erst kurz zuvor entwickelten Schutz der Altaktionäre bei Kapitalerhöhungen151. So kannten auch die U. S. A. zunächst nur die common shares. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts traten zu diesen als zweite Klasse die preferred shares mit ihrem Vorzug hinsichtlich der Dividendenzahlung hinzu152 . Zunächst konnten unter der vested rights-Theorie 145   S. nur Cary, 83 Yale L. J. 663 (1974); Winter, 6 J. Legal Stud. 251, 254–262 (1977); Conard, 71 Mich. L. Rev. 621, 631 ff. (1973); Romano, 8 Cardozo L. Rev. 709, 740 ff. (1987); dies., 23 Yale J. on Reg. 209 (2006); Wells, 11 U. Pa. J. Bus. L. 573, 576–580 (2009); deutschsprachig bereits Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 102 f.; weiter z. B. Hirte, AG 1991, 166, 167; Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545, 547, 549 ff.; Keßler, in: Festschrift für Horst Baumann, S.  156–158. Neuerdings wird die Bedeutung des Rechtswettbewerbs relativiert; s. z. B. Bebchuk/Hamdani, 112 Yale L. J. 553, 563–585 (2002); Kahan/Kamar, 55 Stan. L. Rev. 679, 684 f. (2002). Ganz ablehnend Roe, 117 Harv. L. Rev. 588, 600 ff. (2003); dagegen wiederum Bebchuk/Hamdani, 106 Colum. L. Rev. 1793, 1795, 1823 f. (2006). 146   Conard, 71 Mich. L. Rev. 621, 627 (1973); s. a. Wells, 11 U. Pa. J. Bus. L. 573, 595, 599 (2009). 147   Macey on Corporation Laws, S. xl (2000 Supplement); Conard, 71 Mich. L. Rev. 621, 628 (1973). 148   Vgl. nur das Votum von Brandeis in Liggett Co. v. Lee, 288 U. S.  517, 559 ff. (1933); Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 5. 149   Vgl. z. B. zu der in den 30er Jahren teilweise zugelassenen Gewinnverteilung bei angegriffenem Eigenkapital Ballantine/Hills, 23 Calif. L. Rev. 229, 261 (1935); Cary, 83 Yale L. J. 663, 689 (1974). 150   Dazu Drinker, 43 Harv. L. Rev. 586, 509 ff. (1929); Frey, 38 Yale L. J. 563, 565 ff. (1929); s. a. Hirte, AG 1991, 166 ff.; Merkt, RabelsZ 59 (1995), 545, 550. 151   S. nur Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  135 (S.  420– 426); Dwight, 18 Yale L. J. 101 (1908); s. a. Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften II, S.  462 m.Fn.  4. 152   Crimmins & Peirce Co. v. Kidder Peabody Acceptance Corp., 185 N. E. 383, 386 (Mass. 1933); Weaver v. Bowers, 179 N. E.2d 50, 52 (Ohio 1962); Ballantine, Ballantine’s Manual of

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Aktien anderer Klassen nur begeben werden, wenn dies bereits in der Gründungsurkunde vorgesehen war; die Rechtsprechung wurde jedoch nach der Jahrhundertwende immer großzügiger und verabschiedete sich von der Vorstellung, die Aktionärsrechte seien im Kern unveränderlich153 . Die Besonderheit der Vorzugsaktien beschränkte sich anfangs oft auf eine Vorzugsdividende; ein damit verbundener Ausschluss des Stimmrechts war bis ins 20. Jahrhundert in manchen Einzelstaaten verboten154 . Auf Betreiben der Praxis ließen die einzelstaatlichen Gesetzgeber dann jedoch in den letzten Jahrzehnten immer weitere Klassen von Aktien zu155 . Diese unterscheiden sich etwa in Fragen des Stimmrechts, des Rechts auf Dividendenzahlungen, der Beteiligung am Liquidationserlös, der Möglichkeit einer Auszahlung durch die Gesellschaft auf deren Initiative oder auf Verlangen des Aktionärs (redemption rights) 156 und der Umwandlung in eine andere Aktienklasse (conversion rights) 157. Besondere Gestaltungen wie conversion rights oder re­demption rights, die ursprünglich nur bei preferred shares möglich waren158 , sind heute vielfach auch bei common shares zulässig159. Nach einer ersten großzügigen Entscheidung des U. S. Supreme Court von 1891160 gestattete zu Beginn des 20. Jahrhunderts New York die Ausgabe nennwertloser Aktien161, was nach kurzer Diskussion bald alle übrigen Einzelstaaten übernahmen162 . Die nahezu unbegrenzten Gestaltungsmöglichkeiten dokumentiert nicht zuletzt die jüngste Überarbeitung des Model Business Corporation Act, der nunmehr gänzlich auf die Unterscheidung von common und preferred shares verzichtet163 . Einige Staaten gehen sogar so weit, eine Bindung des Inhalts der Aktionärsrechte an äußere Ereignisse wie etwa die

Corporation Law and Practice, §§  141 f. (S.  436 ff.); Drinker, 43 Harv. L. Rev. 586, 609 (1929); deutschsprachig Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 104 f. 153   Zur Entwicklung Coffee, 89 Colum. L. Rev. 1618, 1640 f. (1989). 154   Vgl. People v. Emerson, 134 N. E. 707 (Ill. 1922); Film Producers v. Jordan, 154 P. 605 (Cal. 1916); Brooks v. State ex rel. Richards, 79 A. 790, 800 (Del. 1911); Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  142 (S.  441). 155   Näher z. B. Wells, 11 U. Pa. J. Bus. L. 573, 587, 603 ff. (2009). S. auch den Überblick bei Frey, 38 Yale L. J. 563, 566 (1929) sowie deutschsprachig Kalveram, ZfB 1 (1924), 414, 418 ff. 156   Jones, 5 S.  Cal. L. Rev. 83 (1931); Coffee, 89 Colum. L. Rev. 1618, 1641 f. (1989); derartige Aktien waren bis zum Ersten Weltkrieg quasi unbekannt, vgl. ABA, Model Business Corporation Act Annotated I, §  6 .01 Official Comment, S.  6 –14. 157   S. z. B. 8 Del. C. §  151(a)-(e) (Stand 2009). Selbst die Umwandlung von bonds in stock kann möglich sein, s. Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  144 (S.  444 f.). 158   So z. B. für redemption rights bis 1994 Colorado, §  7-4-101 Colo. Rev. Stat. a. F. 159   Vgl. Fletcher, Cyclopedia of the Law of Corporations, §  5086 (2009). 160   Handley v. Stutz, 139 U. S.  417 (1891); dazu Coffee, 89 Colum. L. Rev. 1618, 1636 (1989). 161   New York Laws 1912, c. 351. 162   S. nur Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S.  143–146; N. N., 21 Colum. L. Rev. 278, 279 f. (1921); Wickersham, 37 Harv. L. Rev. 464, 465 ff. (1924); Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 107 ff. m.Nw. 163   ABA, Model Business Corporation Act Annotated I, §  6 .01 Official Comment, S.  6 –5.

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Zinsentwicklung zuzulassen164 . Nach dem aktuellen Model Act165 , der sich in­ soweit an uneinheitliche Rechtsprechung zur Abwehr feindlicher Übernahmen mittels so genannter poison pills anlehnt166 , brauchen nicht einmal innerhalb ein und derselben Klasse die Aktien identisch zu sein, wenn nur die Bestimmung der Differenzierungsmaßstäbe aus den Articles of Incorporation hervorgeht. 3.  Shareholder Value-Modell und Debatte um die vertragliche Natur der Corporation Eine gewisse mittelbare Wirkung auf die Typizität der Aktie hatten in den letzten Jahren auch das Shareholder Value-Modell und die Debatte um die vertragliche Natur der Corporation. Nach der Grundidee des Shareholder Value-Modells167 ist es zentrale Aufgabe der Unternehmensführung, den Kurswert der Aktien und damit den Marktwert des Unternehmens zu maximieren. Von diesem Ausgangspunkt her trieb das Shareholder Value-Modell vor allem Reformen der gesellschaftsrechtlichen Binnenstruktur an und führte mit seiner Ausrichtung an den Aktionärsinteressen zu einer Stärkung der Position des Aktionärs. Insoweit spiegelt es sich in der Aktie wider, ohne dass allerdings unter dem Aspekt der Typizität die Richtung eindeutig zu bestimmen wäre. Im Zusammenhang mit dem Shareholder Value-Modell, aber auch dem einzelstaatlichen Rechtswettbewerb steht die wissenschaftliche Debatte um die vertragliche Natur der Corporation168 , deren Einfluss auf die Praxis allerdings schwer fassbar ist. Unter dem Eindruck stark simplifizierender wirtschaftswissenschaft164   Z. B. 8 Del. C. §  151(a) Satz 2 f. (2009): »Any of the voting powers, designations, preferences, rights and qualifications, limitations or restrictions of any such class or series of stock may be made dependent upon facts ascertainable outside the certificate of incorporation or of any amendment thereto, or outside the resolution or resolutions providing for the issue of such stock adopted by the board of directors pursuant to authority expressly vested in it by its certificate of incorporation, provided that the manner in which such facts shall operate upon the voting powers, designations, preferences, rights and qualifications, limitations or restrictions of such class or series of stock is clearly and expressly set forth in the certificate of incorporation or in the resolution or resolutions providing for the issue of such stock adopted by the board of directors. The term »facts,« as used in this subsection, includes, but is not limited to, the occurrence of any event, including a determination or action by any person or body, including the corporation.« Ähnlich Ga. Code §  14-2-601(a); 15 Pa. Cons. Stat. §  1521(b)(2). S. a. Revised Model Business Corporation Act §§  6 .01(d), 1.20(k) (2002). 165   Revised Model Business Corporation Act §  6 .01(e) (2002). 166   Georgia-Pacific Corp. v. Great Northern Nekoosa Corp., 728 F.Supp.  8 07 (D. Me. 1990). 167   Grundlegend Rappaport, Creating Shareholder Value, passim (vgl. dazu Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S.  293 ff.); zum Einfluss dieser Lehre statt aller Hansmann/Kraakman, 89 Geo. L. J. 439, 440–442 (2001); Überblick bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  26 II 3 c (S.  768). 168   S. die Darstellung bei Bebchuk, 89 Colum. L. Rev. 1395, 1396 ff. (1989); deutschsprachig Wiedemann, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  5, 5 f.; Vagts, ebd., S.  278, 283–285; Binder, Regulierungsinstrumente und Regulierungsstrategien im Kapitalgesellschaftsrecht, S.  70–73.

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licher Theorie169 verbreitete sich der Gedanke, die Aktiengesellschaft sei als ein Vertragsbündel (»nexus of contracts«170 ) zwischen Aktionären und Managern zu verstehen, das dann eine Gewinnmaximierung auf beiden Seiten zur Folge habe, wenn es frei von zwingenden gesetzlichen Vorgaben ausgehandelt werden könne. Die optimale rechtliche Ausgestaltung der Aktiengesellschaft entwickle sich im Einzelfall aus der ungestörten Verhandlung zwischen den Beteiligten, die allein ihre Interessen verfolgten; der Gesetzgeber sei demgegenüber zur Entwicklung einer effizienten Lösung zum einen nicht in der Lage; zum anderen könnten seine abstrakt-generellen Regelungen nicht ausreichend dem Einzelfall gerecht werden. Deshalb solle es im Gesellschaftsrecht im Ansatzpunkt keinerlei zwingende Regeln geben, von denen durch eine ausdrückliche Bestimmung bei der Gründung der Gesellschaft oder aufgrund eines späteren Beschlusses nicht abgewichen werden kann171. Diese Argumentation sieht sich durchaus heftigem Gegenwind ausgesetzt172 . Die Kritiker führen neben theoretischen Argumenten auch empirische Erhebungen ins Feld173 . Der »nexus of contracts«-Ansatz allein erfährt also keineswegs vergleichbar breite Anerkennung wie etwa das Shareholder Value-Modell. Dennoch tritt er im einzelstaatlichen Rechtswettbewerb immer wieder als theoretische Fundierung einer weiteren Liberalisierung im Sinne eines behaupteten »race to the top« zutage174 . Auch wenn er sich bislang nicht unmittelbar der Aktie angenommen hat, wohnt ihm doch auch im Hinblick auf diese klar eine typisierungsfeindliche Tendenz inne. 4.  Bundesrechtliche Regelungen Zahlreiche Rechtsgebiete, die das Gesellschaftsrecht im weiteren Sinne betreffen, sind in den U. S. A. mittlerweile auf Bundesebene geregelt175 . Die Aktie selbst ist aber nicht Gegenstand dieser Regelungen; sie wirken wiederum lediglich mittel169   Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305 (1976); Fama/Jensen, 26 J. L. & Econ. 301 (1983); Jensen, 58 Acct. Rev. 319, 326 ff. (1983) – Principal-Agent-Theorie (vgl. dazu Levinthal, 9 J. Econ. Beh. Org. 153, 155–156 [1988]). S. schon Coase, 4 Economica (N. S.) 386, 393 (1937); Alchian/ Demsetz, 62 Am. Econ. Rev. 777, 794 f. (1972) zum Unternehmen als einer Art »internes Beziehungsgeflecht« im Gegensatz zu externen Austauschverträgen am Markt. Allgemeiner Überblick bei Hart, 89 Colum. L. Rev. 1757 (1989). 170   Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 310 (1976). Eine »Neuentdeckung« bzw. »Revolution« mag dieser Gedanke in den U. S. A. aufgrund der anderen Kategorisierung des Common Law gewesen sein (vgl. z. B. Jensen, 58 Acct. Rev. 319, 326 ff. [1983]; Kornhauser, 89 Colum. L. Rev. 1449 [1989]); dem kontinentaleuropäischen Juristen war die Erklärung der Gesellschaft aus dem Vertrag hingegen natürlich seit langem vertraut (s. nur Wiedemann, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  5, 6). 171   S. nur Butler, 11 Geo. Mason U. L. Rev. 99 (Summer 1989); Butler/Ribstein, 65 Wash. L. Rev. 1, 4 ff. (1990). 172   S. etwa Brudney, 85 Colum. L. Rev. 1403 (1985); Bratton Jr., 74 Cornell L. Rev. 407 (1989); Eisenberg, 89 Colum. L. Rev. 1461, 1486 ff. (1989); Bebchuk, 102 Harv. L. Rev. 1820 (1990). 173   Brown/Gopalan, 42 Ind. L. Rev. 285, 287 ff. (2009). 174   Vgl. nur Winter, 6 J. Legal Stud. 251, 256–258 (1977); ders., 89 Colum. L. Rev. 1526 (1989). 175   Bebchuk/Hamdani, 106 Colum. L. Rev. 1793, 1799–1816 (2006); Merkt, ZfRV 37 (1996), 1,

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bar. Insbesondere in der Bundesgesetzgebung über den Wertpapierhandel aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, die neben Aktien auch für Schuldverschreibungen gilt, wird deutlich, dass die U. S. A. anstelle inhaltlicher Vorgaben vor allem anderen auf umfassende Information setzen176 . So verlangt der Securities Act von 1933177, dass den Investoren bei einem öffentlichen Angebot wichtige Informationen über die angebotenen Wertpapiere und ihren Emittenten zur Verfügung gestellt werden, und errichtet zu diesem Zweck ein System der Registrierung; zugleich sieht er scharfe Sanktionen gegen Täuschung vor. Der Inhalt der Papiere selbst ist nicht Gegenstand einer Vorschrift oder gar einer Prüfung durch die Securities and Exchange Commission (SEC). Allenfalls für ganz ausgefallene Gestaltungen ist denkbar, dass sie durch den Securities Act selbst oder die auf seiner Grundlage ergangenen Verordnungen ausgefiltert werden. Immerhin sind die Informationserfordernisse höher, sofern es sich nicht um eine Emission von gewöhnlichem »capital stock« handelt178 . Der Securities Exchange Act von 1934179, auf dessen Grundlage die SEC ins Leben gerufen wurde, hat vor allem die Aufsicht über die Unternehmen und Vereinigungen zum Gegenstand, die sich mit dem Wertpapierhandel befassen; des Weiteren nimmt er sich bestimmter Verhaltensweisen im Markt an, verleiht der SEC Disziplinargewalt und erlegt den Unternehmen, deren Wertpapiere öffentlich gehandelt werden, bestimmte periodische Berichtspflichten auf. Auch hier ist der Inhalt der Aktie nicht direkt betroffen. Unter den von der SEC erlassenen Regeln betreffen nur wenige unmittelbar die Produkte, die an den Börsen gehandelt werden. Bezeichnenderweise wurde etwa die 1988 verabschiedete Rule 19c-4, die Mindeststimmrechte vorsah180 , von einem Bundesgericht mangels ausreichender Kompetenz für nichtig gehalten181. Immerhin spielen die Vorschriften der SEC auf dem Gebiet des Stimmrechts aber in Form der Proxy-Regeln eine Rolle182 .

8 f.; umfassenderer, aber etwas älterer Überblick bei Conard, 71 Mich. L. Rev. 621, 657 ff. (1973). 176   Zur Kontinuität des Disclosure-Ansatzes an der New York Stock Exchange Mahoney, 83 Va. L. Rev. 1453, 1459–1462, 1466–1470 (1997); deutschsprachiger Überblick bei Bungert/Paschos, DZWir 1995, 133, 135 ff. 177   Securities Act of 27 May 1933, 48 Stat. 74, 15 U. S. C. §§  77a ff.; dazu Douglas/Bates, 43 Yale L. J. 171 (1933). 178   Vgl. Regulation S-K, 17 C. F. R. §  229.202 (a), (d), (e). 179   Securities Exchange Act of June 6, 1934, 48 Stat. 881, 15 U. S. C. §§  78a ff. 180   So genannte »one share, one vote«-Rule, 17 C. F. R. 240.19c-4. Zur Diskussion und den Hintergründen Adrian, 24 New Eng. L. Rev. 589 (1989); Gilson, 73 Va. L. Rev. 807 (1987); Lowenstein, 89 Colum. L. Rev. 979 (1989); O’Neil, 83 Nw. U. L. Rev. 1057 (1989); Flocos, 138 U. Pa. L. Rev. 1761 (1990). 181   Business Roundtable v. SEC, 905 F.2d 406 (D. C. Cir. 1990). 182   Vgl. Bebchuk/Hamdani, 106 Colum. L. Rev. 1793, 1805 ff. (2006).

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Der Sarbanes-Oxley Act von 2002183 und der Dodd-Frank Act von 2010184 haben den Fokus auf korrekte Information noch verstärkt, die Wertpapiere selbst und damit auch den Inhalt einer Aktie regeln sie aber ebenfalls nicht direkt. Auch insoweit ist also im besten Fall eine gewisse mittelbare Wirkung gegeben. 5.  Geringere Bedeutung der Aktie als Wertpapier Anders als in Frankreich und den anderen Ländern des europäischen Kontinents, wo Inhaberaktien schon früh anerkannt waren, dominierte in den U. S. A. stets die Namensaktie. Nicht von ungefähr blieb daher in den U. S. A. die Bedeutung der Aktie als Wertpapier zunächst geringer185 : »Share« war in erster Linie der Gesellschaftsanteil, der gar nicht verbrieft sein musste; die Aktienurkunde stellte in erster Linie ein Beweismittel dar. Wo »certificates of stock« ausgegeben waren, richtete sich die Übertragung zunächst nach der Charter. Üblich war die Übergabe des Papiers mit einem Abtretungsvermerk auf diesem oder in separater Urkunde. Sah – wie meist – die Charter eine Umschreibung in den Büchern der Gesellschaft vor186 , so bedurfte es neben der Abtretungsurkunde regelmäßig noch einer schriftlichen power of attorney187 ; unabhängig vom Erwerb des title am Papier wurde der entsprechende Gesellschaftsanteil erst nach Ausführung der notwendigen Umschreibungsakte erworben. Ohne weitere Vorgabe in der Charter oder im Gesetz setzte eine Übertragung des Gesellschaftsanteils jedoch weder einen schriftlichen Akt noch die Übergabe des Papiers voraus, es genügte vielmehr jede für die Übertragung von choses in action mögliche Form; selbst bei Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form konnte immer noch ein equitable title erworben werden188 . Erster Versuch, insoweit zu einer gewissen Einheitlichkeit zu kommen und die Verkehrsfähigkeit zu verbessern, war der 1909 verabschiedete Uniform Stock Transfer Act, der die Übergabe des Papiers zu einem konstitutiven Teil der Übertragung machte189, durch Indossament und Übergabe sowohl das Recht am Papier 183   An Act to protect investors by improving the accuracy and reliability of corporate disclosures made pursuant to the securities laws, and for other purposes (Sarbanes-Oxley Act of 2002), Publ. L. 107–204. Dazu z. B. Merkt, zfbf Sonderheft 55/06, 24, 31. 184   Oben Kapitel 7 Fn.  50. 185   Vgl. nur Note, 45 Yale L. J. 379 (1935): »The common-law view that shares of stock are merely choses in action having no situs apart from the corporate domicile and that the certificates are only some evidence of the shareholders’ interest still finds considerable support, despite the more recently developed attitude that stock certificates themselves are property like other chattels.« 186   Zu den verschiedenen Formen anschaulich New York & New Haven R. R. Co. v. Schuyler, 34 N. Y. 30, 36–38 (1865); Kenneson, 23 Yale L. J. 193, 199–201 (1914). 187   Dies ist noch heute üblich, vgl. NYSE Listed Company Manual §  501.03(A). 188   Zu allem Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  146 f. (S.  453 ff.). 189   §  1 Uniform Stock Transfer Act 1909: »Title to a certificate and to the shares represented thereby can be transferred only, (a) By delivery of the certificate indorsed either in blank or to a specified person by the person appearing by the certificate to be the owner of the shares represented thereby or (b) By delivery of the certificate and a separate document containing a written

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als auch den Gesellschaftsanteil übergehen lassen wollte190 und weiter gehenden Gutglaubensschutz gewährte191. Als er zur Jahrhundertmitte von Art.  8 des Uniform Commercial Code ersetzt wurde, hatten ihn alle Staaten übernommen192 . Art.  8 des Uniform Commercial Code wiederum fand ebenfalls allgemeine Gefolgschaft. Er vereinheitlichte die Wertpapierübertragung weiter und nahm schließlich auch das Recht der mehrstufigen, papierlosen Verwahrung in sich auf. 6.  Börsenzulassungsregeln Die Regeln, die Börsen und Wertpapierhandelssysteme für die Zulassung von Aktien zum Handel aufstellen, sind im Wesentlichen formeller Natur und haben auf den Inhalt der Aktien so gut wie keinen Einfluss. Eine Ausnahme bilden jedoch in den U. S. A. zum einen die Regeln über die Registrierung, die Namensaktien voraussetzen193 , damit allerdings nur ohnehin bestehende Gepflogenheiten aufgreifen. Zum anderen sind hier die Regeln über Mindeststimmrechte zu nennen, die insoweit die völlige Gestaltungsfreiheit, die die meisten einzelstaatlichen Rechte vorsehen, wieder einschränken194 . Ursprünglich kannte solche Regeln nur die New York Stock Exchange (NYSE) 195 ; die bis 2008 unabhängige American Stock Exchange (AMEX) machte hingegen kaum Vorgaben, die elektronische Handelsplattform NASDAQ ließ auch völlig stimmrechtslose Aktien zum Handel zu196 . Als in den 1980er Jahren Aktien mit verschiedenen Stimmrechten ein populäres Mittel gegen Übernahmen waren und die NYSE aus Furcht vor Wettbewerbsnachteilen gegenüber AMEX und NASDAQ ihre Regeln lockern wollte, erließ die SEC die bereits erwähnte Rule 19c-4, die zwar in der Folge für unwirksam erklärt wurde197, sich auf Druck der SEC nun aber in abgeschwächter Form in den Reglements über die Zulassung zum Handel findet198 . Danach dürfen insbesondere beassignment of the certificate or a power of attorney to sell, assign, or transfer the same or the shares represented thereby, signed by the person appearing by the certificate to be the owner of the shares represented thereby. Such assignment or power of attorney may be either in blank or to a specified person.« 190   Vgl. Israels, 13 Bus. Law. 676, 682 (1958). 191   §  5 Uniform Stock Transfer Act 1909: »The delivery of a certificate to transfer title in accordance with the provisions of Section 1, is effectual, except as provided in Section 7, though made by one having no right of possession and having no authority from the owner of the certificate or from the person purporting to transfer the title.« Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  149 (S.  471 ff.). 192   Vgl. Kamp, 51 SMU L. Rev. 275, 316 Fn.  238 (1998). 193   S. zur Notwendigkeit einer Registrierung an der NYSE NYSE Listed Company Manual §§  600.00 ff. Dazu z. B. Meyer-Sparenberg, WM 1996, 1117, 1118, 1120, 1122. 194   Conard, 71 Mich. L. Rev. 621, 680 ff. (1973); s. a. Berle/Means, The Modern Corporation and Private Property, S.  71 f. 195   S. im Einzelnen Adrian, 24 New Eng. L. Rev. 589, 591 m.Fn.  16 (1989). 196   Vgl. O’Neil, 83 Nw. U. L. Rev. 1057, 1065 (1989). 197   Dazu oben Fn.  180 f. mit dazugehörigem Text. 198   Kahan, 83 Va. L. Rev. 1509, 1514 m.Fn.  30 (1997); Bebchuk/Hamdani, 106 Colum. L. Rev. 1793, 1803 f. (2006); Roe, 117 Harv. L. Rev. 588, 619 f. (2003); Hopt, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  123, 132.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

stimmte Informationsrechte bei non-voting common stock nicht ausgeschlossen werden; preferred stock soll im Falle nicht vollständiger Zahlung von sechs Vierteljahresdividenden bestimmte Mitspracherechte gewähren199. Für die Aktien gelisteter Gesellschaften brachten die Börsenzulassungsregeln so immerhin ein Mindestmaß an Typizität. 7.  Zusammenfassung Das Recht der Aktie in den U. S. A. hat sich früh von inhaltlichen Beschränkungen gelöst, wobei diese Entwicklung abgekoppelt war von der anfangs schwachen Verkehrsfähigkeit. Was Inhalt des Rechts eines Aktionärs ist, lässt sich ohne genaue Prüfung des Gründungsrechts, der Articles of Incorporation und der Bedingungen der jeweiligen Aktiengattung nicht feststellen. In ihrem Zusammenspiel haben Rechtswettbewerb und Shareholder Value-Modell so zwar trotz einiger fortbestehender Unterschiede200 zu einer Vereinheitlichung geführt201. Diese besteht aber nicht etwa darin, dass das Erscheinungsbild der Aktie einheitlich fixiert wäre, sondern im Gegenteil im Abbau nahezu aller denkbaren Beschränkungen für die individuelle Gestaltung, und zwar sowohl auf der Ebene des Rechtsinstituts als auch auf der Ebene der Gesellschaft selbst. Die verbliebenen zwingenden Regelungen des einzelstaatlichen Rechts können meist ohne Schwierigkeiten umgangen werden, und sei es nur durch die Neugründung in einem liberaleren Staat 202 . Mit dieser nahezu völligen Freigabe in die individuelle Gestaltungsmacht, wie sie zumindest in Delaware zu finden ist und dem Revised Business Corporation Act entspricht, ist jede Typizität weit zurückgedrängt. Bundesrechtliche Regulierung und Börsenzulassungsregeln bilden nur ein schwaches Korrektiv.

V.  Die Entwicklung in Deutschland 1.  Die Aktie unter dem Konzessionssystem und den ersten gesetzlichen Regelungen Im zersplitterten Deutschland des 17. und 18. Jahrhunderts spielte die Aktiengesellschaft noch kaum eine Rolle; Beachtung verdienen immerhin die Brandenburgischen Gesellschaften, die sich am holländisch-englischen Vorbild orientierten und erstmals die Ausgabe von Inhaberaktien zuließen 203 . Die preußischen Aktiengesellschaften der frühen Epoche, denen meist die Verwaltung eines staatlichen Monopols übertragen war, wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts wieder aufge199   NYSE Listed Company Manual §§  313.00, 703.05(E); NASDAQ Stock Market Rules, Equity Rules, Rule 5640, IM-5640 (2009). 200   Vgl. Hamermesh, 2 J. Bus. & Tech. L. 409, 411 (2007); Bebchuk/Hamdani, 112 Yale L. J. 553 (2002). 201   S. nur Hansmann/Kraakman, 89 Geo. L. J. 439, 449 ff. (2001). 202   Romano, 89 Colum. L. Rev. 1599 (1989); Black, 84 Nw. U. L. Rev. 542, 562 ff. (1990). 203   Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  58 f.; zum größeren geschichtlichen Hintergrund z. B. Schwenk, Berlinische Monatsschrift 1999/1, 11, 15.

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löst und ihre Aktien in direkte Staatsschuldscheine umgewandelt204 . Ins Leben gerufen wurden diese Gesellschaften auch in Deutschland durch staatlichen Oktroi, der meist zugleich die Beschränkung der Aktionärshaftung auf die Einlage festlegte; eine allgemeine gesetzliche Regelung existierte nirgends205 . Erste gesetzliche Regelung der Aktiengesellschaft in Deutschland war die des Code de commerce von 1807, die nach 1815 in der preußischen Rheinprovinz bis 1843 Geltung behielt 206 . Die danach erforderliche staatliche Genehmigung der Statuten wurde einerseits von den preußischen Beamten im Sinne einer umfassenden Kontrolle verstanden, die sich auch auf Fragen der Wirtschaftlichkeit erstreckte, sodass vom freiheitlichen Geist des Code de commerce wenig übrig blieb. Andererseits versäumten es die Beamten aber, ihren Einfluss dahingehend zu nutzen, Vorkehrungen gegen Missbräuche durchzusetzen und den Aktiengesellschaften ein einheitliches Bild zu geben. Erst recht existierten umfangreiche Kontrollen bei gleichzeitig mangelnder Durchsetzung stabilisierender Regeln in den übrigen preußischen Landesteilen und anderen deutschen Staaten, in denen die Konzessionspflicht auch ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung verbreiteter, wenn auch nicht einheitlicher Auffassung entsprach und von der gewerbepolizeilichen Genehmigung nicht scharf getrennt wurde207. Die Aktien jener Zeit waren denn auch kaum liquide, was ihre Attraktivität für den reinen Kapitalinvestor stark einschränkte208 . Die Gründungswelle bei Eisenbahngesellschaften, denen typischerweise auch besondere Befugnisse etwa zur Landvermessung auf fremdem Grund und zur Enteignung erteilt werden mussten, veranlasste den preußischen Gesetzgeber schließlich zu einer ersten eigenen Regelung im Preußischen Eisenbahngesetz vom 3. November 1838209. Die aktienrechtlichen Bestimmungen jenes Gesetzes, die sich an den französischen Code de commerce anlehnten, erlaubten die Ausgabe von Inhaberaktien, verlangten die volle Einzahlung des »Nominalbetrags« vor Ausgabe der Aktie und sahen vor, dass eine Haftungsbefreiung der Zeichner nur möglich sein sollte, wenn mindestens 40% des Nominalbetrages eingezahlt waren 210 . Damit war implizit die Existenz eines solchen Nominalbetrags und somit die Unmöglichkeit reiner Stückaktien, aber auch die Beschränkung der Aktionärshaf  Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  59.   Eine frühe gesetzliche Erwähnung fand die Aktie in PrALR I 2 §  12. 206   Hierzu und zum Folgenden Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  63 ff.; Reich, ius commune II (1969), 239, 246. 207   Vgl. Martin, VSWG 56 (1969), 499, 510 f.; zeitgenössisch gegen ein Genehmigungserfordernis, allerdings unter Anerkennung anderer Praxis, z. B. Jolly, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 11 (1847), 317, 344–346. 208   Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  47. 209   Königlich Preußisches Gesetz über die Eisenbahnunternehmungen (Preuß. EG) vom 3. November 1838, Gesetzsammlung 1838, S.  505 (abgedruckt bei Koch, Deutschlands Eisenbahnen I, S.  184 ff.); Überblick bei Schäfer/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  217, 236 (Rn.  27); Reich, ius commune II (1969), 239, 249 f. 210   §§  2, 3, 6 Preuß. EG. 204 205

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tung auf die Einlage vorausgesetzt 211. Vorzugsaktien unterschiedlicher Ausgestaltung waren durchaus gebräuchlich, die Grenze zur Schuldverschreibung oft unklar212 . Man unterschied »partizipierende Vorzugsaktien«, bei denen der Inhaber über den versprochenen Vorzug hinaus an einer eventuellen weiteren Gewinnausschüttung teilnahm, und »obligationsähnliche Vorzugsaktien«, die nur die Vorzugsdividende und einen Vorzug bei Liquidation oder Einziehung gewährten 213 , sowie Vorzugsaktien mit und ohne Stimmrecht 214 . Verbreitet waren Aktien, die feste Zinsen versprachen 215 , was die Unternehmen, die wegen einer restriktiven Genehmigungspraxis ohnehin nur ihren gegenwärtigen Kapitalbedarf mehr schlecht als recht decken konnten, zur ständigen Emission von Aktien oder Schuldverschreibungen zwang. Die Papiere mussten dabei jeweils so ausgestattet sein, dass sie am Kapitalmarkt überhaupt untergebracht werden konnten. Dies wiederum führte zu einer unglaublichen Zahl von Papieren mit verschiedenster Ausstattung216 ; dementsprechend schlecht bestellt war es um die Typizität. Mit dem preußischen Aktiengesetz vom 9. November 1843217 kam es sodann zur ersten gewerbeunabhängigen Gesamtregelung des Aktienrechts, die um einiges genauere Regeln als der Code de commerce enthielt. Vorgeschrieben war nun eine Festsetzung der Höhe des Grundkapitals sowie des Nennbetrags der Aktien 218 ; feste Zinsen konnten nicht mehr zugesagt werden. Für die Ausgabe von Inhaberaktien stellte das Gesetz weitere Voraussetzungen auf. Allerdings galten neben dieser Gesamtregelung noch Spezialgesetze für einzelne Bereiche, insbesondere wiederum das Eisenbahnwesen. Sachsen verfügte in dieser Zeit zwar noch über keine Aktiengesetzgebung, jedoch mussten die eingereichten Gesellschaftsstatuten einem »Musterentwurf« entsprechen, den die Verwaltung auch nach außen bekanntgegeben hatte219, wodurch mittelbar auch hier die Anteile an diesen Gesellschaften in ihren Umrissen vereinheitlicht wurden.

  Vgl. Pöhls, Das Recht der Actiengesellschaften, S.  57 f.   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  5 f. m.Nw.; Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  13 ff. 213   S. z. B. für partizipierende Vorzugsaktien §  19 der Prioritätsactien der Rheinischen Eisenbahn (nach Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  20 f. mit Hinweis darauf, dass eine solche »Superdividende« eine Besonderheit sei); s. a. Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  9 –14; Siebel, ZHR 161 (1997), 628, 643. 214   S. z. B. für stimmrechtslose Vorzugsaktien §  12 der Prioritätsactien der MagdeburgCöthen-Halle-Leipziger Eisenbahn, der Berlin-Anhalter Eisenbahn sowie §  13 der Prioritätsactien der Rheinischen Eisenbahn (nach Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  18–20), für Vorzugsaktien mit Stimmrecht die Aufzählung bei Meili, a.a.O., S.  41. 215   Dazu etwa Pöhls, Das Recht der Actiengesellschaften, S.  233–235; Jolly, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 11 (1847), 317, 394–396. 216   Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  139. 217   Gesetz über die Aktiengesellschaften vom 9. November 1843, Gesetzsammlung 1843, S.  341; dazu Reich, ius commune II (1969), 239, 251 f. 218   Stückaktien waren damit weiterhin ausgeschlossen. 219   Martin, VSWG 56 (1969), 499, 509 f. 211

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Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch trug dem Aufschwung der Aktiengesellschaft seit Mitte des 19. Jahrhunderts220 Rechnung. Seine aktienrechtliche Regelung221, die weitgehend auf dem preußischen Aktiengesetz beruhte, gab der Aktiengesellschaft in Deutschland eine gemeinsame, klar und detailliert definierte Grundstruktur222 , konnte aber erst allmählich den Streit in der deutschsprachigen Literatur um die Rechtsnatur der Aktiengesellschaft 223 verstummen lassen. Außer Zweifel stand nun jedenfalls, dass die Gesellschaft als solche Rechte und Pflichten haben und erwerben, klagen und verklagt werden konnte224 und dass der Aktionär nur bis zu seinem »statutenmäßig zu leistenden Beitrag« haftete225 . Was die unmittelbare Ausgestaltung der Aktie selbst angeht, strebte das Gesetz eine klare Unterscheidung von Aktie und Obligation an, indem es das Versprechen fester Zinsen an die Aktionäre verbot und nur die Ausschüttung einer Dividende aus dem bilanziellen Überschuss, gegebenenfalls nach Abzug eines »Reservekapitals«, erlaubte226 . Im Übrigen hielt das ADHGB gleich zu Anfang fest, dass sowohl Namens- als auch Inhaberaktien ausgegeben werden konnten, und dies offenbar auch nebeneinander; selbst eine Umwandlung war möglich, wenn sie nur in den Statuten vorgesehen war227 – wie überhaupt für die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags ein großer Gestaltungsspielraum bestand, so auch hinsichtlich des Stimmrechts228 . Dabei waren Unterschiede im Stimmrecht ganz unabhängig von einem etwaigen Vorzug, der denn auch praktisch nicht mehr im Gegenzug für ein fehlendes Stimmrecht eingeräumt wurde229. Nicht zulässig war die Teilung der Aktien oder Aktienanteile230 . Auch das ADHGB kannte nur Nennbetragsaktien, keine Stückaktien 231. Das Prinzip der Konzession blieb erhalten und galt nunmehr auch für die Kommanditgesellschaft auf Aktien 232 . Diese Regelung wurde aber weder den Erwar220   Näher Blumberg, in: Studien zur Geschichte der industriellen Revolution in Deutschland, S.  165, 167 ff. (mit gewissen ideologischen Einfärbungen); Reich, ius commune II (1969), 239, 254 f. 221   Art.  207 ff. ADHGB 1861. 222   S. aber Art.  249 ADHGB 1861 zur Möglichkeit von Abweichungen. 223   Vgl. nur Fick, ZHR 5 (1862), 1, 8 f. m.Nw. 224   Art.  213 Abs.  1 ADHGB 1861. 225   Art.  219 ADHGB 1861; s. schon zuvor Jolly, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 11 (1847), 317, 320, 329 (».  .  . wichtigste Eigenthümlichkeit in dem Wesen der Actiengesellschaften .  .  .«); Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, 1857, S.  502 f. (»In ihrer [der Gesellschafter] Aussicht und Anwartschaft auf den Gewinn des Unternehmens ohne alle weiteren Haftungspflichten ruht der Grundgedanke des Aktienvereins, [.  .  .] derselbe bildet auch das civilistische Kriterium der Aktienvereinsidee.«). 226   Art.  217 ADHGB 1861. 227   Art.  209 Nr.  5 ADHGB 1861. 228   Art.  209 Nr.  9, 224 Abs.  2 ADHGB 1861. 229   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  7; Siebel, ZHR 161 (1997), 628, 643 m.Rn.  95. 230   Art.  207 Abs.  3 ADHGB 1861. 231   Vgl. Art.  209 Nr.  4 ADHGB 1861: Bestimmung der »Höhe« der einzelnen Aktien oder Aktienanteile. 232   Art.  174 Abs.  1 (KGaA), 208 Abs.  1 (AG) ADHGB 1861. Auf der Grundlage des Art.  249 ADHGB hatten neben den Hansestädten Oldenburg und weitgehend auch Sachsen das Norma-

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tungen des Investorenpublikums an die staatliche Prüfung der Solidität noch den Bedürfnissen der Wirtschaft gerecht 233 . Die Einführung des Normativsystems konnte nur noch eine Frage der Zeit sein. 2.  Die Änderungen mit Einführung des Normativsystems Mit der Aktiennovelle vom 11. Juni 1870 234 ging dann nach England 1862 und Frankreich 1863 auch Deutschland zum Normativsystem über235 . Dabei verzichtete die Aktiennovelle nach heftiger Diskussion im Bundesrat auf allzu strenge zusätzliche inhaltliche Vorgaben, sieht man einmal davon ab, dass von nun an auch ein Mindestnennbetrag der Aktien vorgesehen war236 . Stattdessen setzte die Novelle verstärkt auf verbesserte Publizität und schärfere Haftung237. Dieses Vorgehen erwies sich nicht als glücklich und hat im Zusammenspiel mit den immensen flüssigen Mitteln aufgrund der französischen Reparationen wohl zur »Gründerkrise« der Siebziger Jahre beigetragen 238 . Nach der hierdurch ausgelösten Phase allgemeiner Verunsicherung über das Aktienwesen insgesamt wurde schließlich die »zweite Aktienrechtsnovelle« vom 18. Juli 1884239 verabschiedet, die Gründung und Organisation der Aktiengesellschaft nunmehr doch detaillierter und strenger regelte240 . So wurden bestimmte Fragen, die bislang gänzlich der Regelung durch den Gesellschaftsvertrag offenstanden, wie etwa die Regeln über die Aufstellung der Bilanz, die Gewinnberechnung und deren Prüfung, in ihren Umrissen fixiert 241. Erstmals befasste sich der Gesetzgeber auch mit der Zuteilung neuer Aktien im Fall einer Kapitalerhöhung: Eine Zusicherung von Rechten auf den Bezug neuer Aktien war gegenüber der Gesellschaft nicht mehr bindend, wenn tivsystem eingeführt; auch hatten Württemberg und Baden 1862 die Errichtung von Aktiengesellschaften freigegeben; vgl. Schubert, ZGR 1981, 285, 287 m.Fn.  11, 292 m.Nw. 233   S. nur Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  266 (S.  171). 234   Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 11. Juni 1870, BGBl.  des Norddeutschen Bundes vom 26. Juni 1870, S.  375; dazu insbes. Reich, ius commune II (1969), 239, 264–268; Schubert, ZGR 1981, 285, 292–317. 235   Vgl. für die AG Art.  208 Abs.  2 sowie für die KGaA Art.  174 Abs.  2, 249a §  2 ADHGB 1870. 236   Art.  207a ADHGB 1870: 50 Vereinsthaler bei Namensaktien, 100 Vereinsthaler bei Inhaberaktien; s. für die KGaA Art.  173 Abs.  2 ADHGB 1870: 50 Vereinsthaler, keine Inhaberaktien. 237   S. insbes. für die AG Art.  209a-c, 210a, 211 ff., 225 ff., 239 ff. sowie für die KGaA Art.  178, 198 f., 206 ADHGB 1870; Hopt, in: Wissenschaft und Kodifikation des Privatrechts im 19. Jahrhundert V, S.  128, 155. 238   S. nur Schubert, in: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S.  1, 3 ff.; Hommelhoff, ebd., S.  53, 55 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  26 II 2 (S.  761); Schmoeckel, Rechtsgeschichte der Wirtschaft, Rn.  278 (S.  178); Reich, ius commune II (1969), 239, 268 f.; allgemein z. B. Hübener, Die deutsche Wirtschaftkrisis von 1873, S.  39 ff. (trotz behaupteter Neutralität mit klarer zeitgenössischer Prägung); Stern, Gold und Eisen, S.  233 ff. 239   Gesetz, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 18. Juli 1884, RGBl.  1884, S.  123. 240   Löwisch/von Langsdorff, JuS 1973, 9, 10 und ausführlich Reich, ius commune II (1969), 239, 270–276; Schubert, ZGR 1981, 285, 313 f.; Hommelhoff, in: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S.  53, 62 ff.; Schäfer/Jahntz, in: Aktienrecht im Wandel I, S.  217, 242 ff. (Rn.  38 ff.). 241   Vgl. für die KGaA Art.  185a, für die AG Art.  239b i. V. m. Art.  185a ADHGB 1884.

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sie vor dem Beschluss über die Kapitalerhöhung selbst erfolgte242 . Damit sollte insbesondere der verbreiteten Praxis, den Gründern oder Dritten schon im Voraus zum Nachteil anderer Aktionäre Bezugsrechte ohne adäquate Gegenleistung zu sichern, begegnet werden 243 . Mit dem Grundsatz, dass jede Aktie das Stimmrecht gewähre244 , waren stimmrechtslose Vorzugsaktien, wie sie das Ausland bereits teilweise kannte, nunmehr auch explizit ausgeschlossen 245 . Zugleich wird aus den Vorschriften aber auch klar, dass die Ausgabe von Aktien mit verschiedenen Rechten »betreffs der Zinsen oder Dividenden oder des Antheils am Gesellschaftsvermögen« möglich war, sofern dies nur in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen wurde246 . Auch wenn die Praxis von diesen besonderen Aktienarten eher zurückhaltend Gebrauch machte, zeigte sich hierin doch eine grundsätzliche Offenheit für gesellschaftsvertragliche Ausgestaltung. 3.  Das Handelsgesetzbuch und die Mehrstimmrechtsaktien An dieser Grundhaltung hielt die aktienrechtliche Regelung im Handelsgesetzbuch von 1897247 erkennbar fest. Die Zulässigkeit verschiedener Aktiengattungen, die bis dahin mittelbar aus den Vorschriften über den Inhalt des Gesellschaftsvertrags248 zu erschließen war, wurde nun Gegenstand einer eigenen Vorschrift 249, was im Gegenzug die Gleichbehandlung innerhalb der Gattung implizierte250 . Neu hinzu kam die Möglichkeit, Mehrstimmrechtsaktien auszugeben 251. Hiervon machte die Praxis in einem für den Gesetzgeber wohl nicht erwarteten Maße Gebrauch, sie kombinierte Mehrstimmrechte gelegentlich sogar mit einem Vorzug252 . Mehrstimmrechtsaktien mit gleitendem Stimmrecht, also Aktien, deren Stimmrecht sich bei jeder Kapitalerhöhung zur Erhaltung des Stimmgewichts automatisch erhöht, scheiterten zwar am Widerstand der Börsenzulassungsstellen 253 ; diese typizitätswahrende Intervention blieb jedoch ein Einzelfall. Vom Gesetz als   Für die KGaA Art.  180h Abs.  5, für die AG Art.  215a Abs.  4 ADHGB 1884.   Vgl. Schulze-Osterloh, in: Deutsche handels- und wirtschaftsrechtliche Landesberichte zum IX. Internationalen Kongress für Rechtsvergleichung (Sektion III), Teheran 1974, S.  1, 4; Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften II, S.  463. 244   Für die KGaA Art.  190 Abs.  1 Satz 1, für die AG Art.  221 Abs.  2 i. V. m. Art.  190 Abs.  1 Satz 1 ADHGB 1884; s. a. Siebel, ZHR 161 (1997), 628, 643. 245   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  7. 246   Vgl. für die KGaA Art.  175a Abs.  1 Nr.  4, für die AG Art.  209a Abs.  1 Nr.  4 ADHGB 1884. 247   §§  178–334 HGB 1897; s. zur Kontinuität die Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetztes, S.  199. 248   Art.  175a Abs.  1 Nr.  4, Art.  209a Abs.  1 Nr.  4 ADHGB 1884. 249   §  185 HGB 1897 (heute §  11 Satz 1 AktG). 250   Vgl. heute §  11 Satz 2 AktG; Blaurock, in: Die Bedeutung der Rechtsdogmatik für die Rechtsentwicklung, S.  245, 246. 251   §  252 Abs.  1 Satz 4 HGB 1897. 252   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  7 f.; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  121 f. 253   Vgl. Müller-Erzbach, Recht und Staat 42 (1926), 19 f.; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  122. 242 243

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Regelfall vorgesehen war nunmehr das Bezugsrecht der Altaktionäre254 , es konnte aber durch Beschluss mit der jeweils für Satzungsänderungen nötigen Kapitalmehrheit ohne inhaltliche Vorgaben ausgeschlossen werden 255 ; die bisherige Regelung zur Zusicherung von Bezugsrechten wurde übernommen und ergänzt 256 . Da das Handelsgesetzbuch im Übrigen keine strengeren Vorgaben als das ADHGB machte, brachte es für die Aktie insgesamt eher eine Verringerung der Typizität. Andererseits spielte aber die Liquidität eine immer größere Rolle257, was bis in die Zwanziger Jahre zu starker Differenzierung Einhalt gebot258 . Bedingt durch die Kapitalarmut und den Währungsverfall in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg überwogen indes die Tendenzen einer Schwächung259, als deren Gegenbewegung die eigenständige Aktiengesetzgebung Ende des Jahres 1937 erscheint. 4.  Eigenständige Aktiengesetzgebung Mit dem Aktiengesetz vom 30. Januar 1937 begann die Zeit einer auch äußerlich eigenständigen Aktiengesetzgebung. Vorangegangen war eine starke Unternehmenskonzentration bei gleichzeitigem Kontrollverlust der Kleinaktionäre, für die Mehrstimmrechtsaktien und das Depotstimmrecht der Banken mitverantwortlich gemacht wurden 260 . Dementsprechend nahm sich eine Notverordnung von 1931261 des Aktienrechts an und führte eine Reihe weiterer zwingender Vorschriften ein, die den Erwerb eigener Aktien und Interimsscheine beschränkten sowie die Einziehung von Aktien ausführlich regelten, ansonsten aber vor allem auf weitere Publizität durch genauere Vorgaben für den Jahresabschluss setzten – eine Publizität,

  §  282 HGB 1897; dazu Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften II, S.  463 ff.   S. nur RG, Urteil vom 8. April 1908 (»Hibernia«), I. 595/07, RGZ 68, 235, 245 ff. (Grenze: Sittenwidrigkeit); Ring, in: Lehmann/Ring, Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich I, §  282 Nr.  2. 256   §  283 HGB 1897. 257   S. nur Müller-Erzbach, Recht und Staat 42 (1926), 4: »Die Verbriefung der Mitgliedschaft in der Inhaberaktie, die es ermöglicht, diese Mitgliedschaft selbst zum Gegenstande des Handels zu machen, hat nun aber das hervorgerufen, was man als die entpersönlichende Wirkung des Handels bezeichnen darf. Sie hat das Mitgliedsverhältnis seines persönlichen, verantwortlichen Charakters entkleidet und der Aktiengesellschaft jenes Seelenlose gegeben, das sie so gut in unser alles automatisierendes und schematisierendes Maschinenzeitalter passen läßt« (Hervorhebung im Original). 258   Vgl. Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 104: »Wir haben durchweg nur eine Klasse von Aktien.« (Hervorhebung im Original). 259   Vgl. den Aufsatz von Spiegelberg, Bankarchiv 23 (1923/24), 165, mit dem Titel: »Die Notwendigkeit der Schaffung neuer Wertpapiertypen«; s. a. Hartmann, Bankarchiv 24 (1924/25), 70, 73. 260   Vgl. Müller-Erzbach, Recht und Staat 42 (1926), 7 ff., 10–15. 261   Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie vom 19. November 1931, RGBl.  I, S.  493; Überblick bei Löwisch/von Langsdorff, JuS 1973, 9, 11. 254 255

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die zumindest insofern, als in Geschäftsbericht 262 und Bilanz263 nunmehr nähere Angaben über die ausgegebenen Aktien zu machen waren, mittelbar auch das relative Gewicht und damit den rechtlichen Inhalt der einzelnen Aktie betraf. Das Aktiengesetz von 1937264 , das trotz seiner Verabschiedung unter dem Nationalsozialismus in der Sache im Wesentlichen als Fortführung des Bestehenden 265 unter Aufnahme früherer Reformüberlegungen gelten darf266 , brachte auch für die Aktie einige Neuerungen. Eher beiläufig zu erwähnen ist die Festlegung einer Kapitalmehrheit von drei Vierteln für den Bezugsrechtsausschluss267. Mehr Beachtung verdient, dass das Aktiengesetz von 1937 einerseits den Grundsatz verankerte, jede Aktie habe ein – und auch nur ein 268 – Stimmrecht zu gewähren, und demgemäß Mehrstimmrechtsaktien für unzulässig erklärte269, was insoweit die Rechte der Aktionäre vereinheitlichte. Andererseits verwirklichte das Gesetz aber nicht vollständig die Regel gleichen Stimmgewichts für jede Aktie mit gleichem Nennwert. Denn zum einen waren Mehrstimmrechtsaktien weiterhin möglich, wenn der Reichswirtschaftsminister eine Ausnahme zuließ270 . Zum zweiten konnte das Stimmrecht dann, wenn ein Aktionär mehrere Aktien besaß, begrenzt oder abgestuft werden 271. Vor allem aber führte das Aktiengesetz von 1937 mit der Vorzugsaktie ohne Stimmrecht eine seit 1884 ausgeschlossene Aktiengattung wieder ein 272 . Danach ist die stimmrechtslose Vorzugsaktie eine Aktie, die mit einem nachzuzahlenden Vorzug bei der Verteilung des Gewinns ausgestattet ist und für die das Stimmrecht ausgeschlossen wurde. Der Stimmrechtsausschluss setzte mithin schon seinerzeit voraus, dass ein Vorzug gerade im Hinblick auf die Gewinnverteilung bestand und diese Vorzugsdividende »nachzuzahlen« war, also kumulativ auch für die Vergangenheit verlangt werden konnte. Ein bloßer Vorzug beim Liquidationserlös reichte somit einerseits nicht; andererseits war aber nicht be262   §  260a Abs.  3 Nr.  1–3 HGB 1931 gem. Art.  V Nr.  2 der Verordnung vom 19. November 1931 (Fn.  261). 263   §  261a Abs.  1 sub B I HGB 1931 gem. Art.  V Nr.  4 der Verordnung vom 19. November 1931 (Fn.  261). 264   Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30. Januar 1937, RGBl.  I, S.  107. 265   So hielt das AktG 1937 z. B. an der Unzulässigkeit nennwertloser Aktien fest, vgl. Heider, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, §  8 Rn.  14. 266   S. nur Gmür/Roth, Grundriss der deutschen Rechtsgeschichte, Rn.  483 (S.  194); zur Prägung durch das »Führerprinzip« und der Verpflichtung des Vorstands auf den »gemeinen Nutzen von Volk und Reich« in §  70 AktG Löwisch/von Langsdorff, JuS 1973, 9, 14; unter Typizitätsgesichtspunkten sind diese Änderungen allerdings von geringer Bedeutung. 267   §  153 Abs.  3 AktG 1937. Bis dahin war zwar eine solche Mehrheit für satzungsändernde Beschlüsse der gesetzliche Regelfall, es konnte jedoch anderes vorgesehen sein (vgl. Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S.  6). Im Übrigen entsprechen die §§  153 f. AktG 1937 weitgehend den §§  282 f. HGB 1897. 268   Zum abweichenden Verständnis des HGB 1897 Ring, in: Lehmann/Ring, Das Handelsgesetzbuch für das Deutsche Reich I, §  252 Nr.  1. 269   §  12 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 Satz 1 AktG 1937. 270   §  12 Abs.  2 Satz 2 AktG 1937. 271   §  114 AktG 1937. 272   §  12 Abs.  1 Satz 2, §§  115–117 AktG 1937.

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stimmt, wie genau der Dividendenvorzug auszusehen hatte. Insbesondere war offen, ob das Gesetz von »partizipierenden« oder von »obligationenähnlichen« Vorzugsaktien ausging; die Praxis legte sich jedenfalls auf die erstere Form fest273 . Vorzugsaktien ohne Stimmrecht durften maximal bis zu einem Gesamtnennbetrag in Höhe der Hälfte des Gesamtnennbetrages der anderen Aktien ausgegeben werden 274 . Durch die Einführung der Vorzugsaktie ohne Stimmrecht wollte der Gesetzgeber nach angloamerikanischem Vorbild 275 den Gesellschaften ein neues Finanzierungsinstrument an die Hand geben, das im Gegensatz zur Emission neuer Stammaktien bei günstiger Entwicklung die Machtverhältnisse unberührt lassen sollte, im Gegensatz zur Schuldverschreibung die Gesellschaft vor einer gewinnunabhängigen Zahlungspflicht schützen sollte276 . Die Praxis blieb allerdings gegenüber diesem neuen Institut sehr zurückhaltend 277. 5.  Die jüngere Entwicklung Nationalsozialismus und Kriegswirtschaft beraubten die private Aktiengesellschaft und mit ihr die Aktie vorübergehend ihrer tragenden Rolle im Wirtschaftsleben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Aktienrecht in Form des Aktiengesetzes von 1937 wiederhergestellt und insbesondere mit dem DM-Bilanzgesetz278 und mittelbar auch der Wertpapierbereinigung279 an die neuen Verhältnisse angepasst. Die Anfang der 1950er Jahre eingeführte Arbeitnehmermitbestimmung beschnitt die Repräsentation der Aktionäre in Aufsichtsrat und Vorstand 280 unabhängig von der Art der jeweiligen Aktie, wirkte sich also auf die Typizität der Aktie nicht weiter aus. Kaum direkte Auswirkungen auf die Typizität der Aktie hatte auch die Aktienrechtsreform von 1965281. Immerhin wurden unter Einfluss des Europarechts282 die formalen Anforderungen an einen Bezugsrechtsausschluss weiter erhöht, indem   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  27 f.   §  115 Abs.  2 AktG 1937. 275   Vgl. Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  16 ff., 29; Siebel, ZHR 161 (1997), 628, 644 m.Nw. 276   Vgl. nur Kriebel, AG 1963, 175; Feddersen, in: Festschrift für Peter Ulmer, S.  105, 107. 277   Kriebel, AG 1963, 175, 176 f.; Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S.  32. 278   Gesetz über die Eröffnungsbilanz in Deutscher Mark und die Kapitalneufestsetzung (DMarkbilanzgesetz) vom 21. August 1949, WiGBl.  S .  279. 279   Wertpapierbereinigungsgesetz vom 19. August 1949, WiGBl.  S .  295 mit nachfolgenden Änderungen; Gesetz über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus Aktien während der Wertpapierbereinigung vom 9. Oktober 1950, BGBl.  I, S.  690. 280   Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951, BGBl.  I, S.  347; §§  76 f. des Betriebsverfassungsgesetzes vom 11. Oktober 1952, BGBl.  I, S.  681. 281   Zum Festhalten an der Unzulässigkeit von nennwertlosen Aktien trotz der neu aufgeflammten Diskussion wiederum Heider, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, §  8 Rn.  15. Mittelbar berührt die Stärkung des Individual- und Minderheitenschutzes, die eines der Anliegen des AktG 1965 war, auch die Aktie. 282   Dazu unten bei Fn.  338. 273 274

A.  Die Aktie

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ein Bericht des Vorstandes über dessen Grund notwendig wurde; die Rechtsprechung ging noch beträchtlich weiter und verlangt nunmehr eine sachliche Rechtfertigung283 . Mit der expliziten Verankerung der Satzungsstrenge im Gesetz284 brachte der Gesetzgeber jedoch eindrucksvoll zum Ausdruck, dass ihm im Interesse der Verkehrsfähigkeit der Aktie285 die – schon zuvor von Rechtsprechung und Literatur im Wesentlichen anerkannte286 – grundsätzlich zwingende Wirkung der aktiengesetzlichen Regelung wichtig war. Die Literatur hat denn auch den Zweck der Satzungsstrenge darin gesehen, dass so zum einen Aktionäre und Gläubiger vor unliebsamen Überraschungen geschützt, zum anderen die Handelbarkeit der Aktie durch Standardisierung verbessert werden solle287. Ein wenig entgegen läuft diesem Bekenntnis zur Typizität allerdings die Anhebung des zulässigen Gesamtnennbetrags stimmrechtsloser Vorzugsaktien auf die Hälfte des Grundkapitals288 – was keinem aktuellen Bedürfnis des Verkehrs entsprach, konnte doch die Vorzugsaktie erst ab den achtziger Jahren einen gewissen Bedeutungszuwachs verzeichnen 289, der seinerseits nicht lange anhielt 290 . Für die Aktie selbst bedeutender sind die Änderungen der jüngsten Zeit. So erlaubte zunächst im Jahre 1998 das Stückaktiengesetz291 anstelle der bisher allein möglichen Nennbetragsaktien die Ausgabe so genannter unechter nennwertloser Stückaktien, um die Unternehmen im Zuge einer Umstellung auf glatte Eurobeträge nicht zu einer Veränderung des Grundkapitals zu zwingen 292 . Auch diese Stückaktie verkörpert einen Anteil an einem festen Grundkapital, für den zudem ein Mindestbetrag festgeschrieben ist 293 , sie behält also insoweit die – wenn auch im Alltag weniger bedeutsame – Typisierung der Aktie als einem festen Anteil am Grundkapital bei294 , macht allerdings zur Feststellung der Beteiligungsquote die Ermittlung von Grundkapital 283   Grundlegend BGH, Urteil vom 13. März 1978 (»Kali + Salz«), II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 43; zur Entwicklung der Rechtsprechung z. B. Hirte, Bezugsrechtsausschluß und Konzernbildung, S.  16 ff. 284   §  23 Abs.  4 AktG 1965 (= §  23 Abs.  5 AktG). 285   Pentz, in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, §  23 Rn.  150. 286   RG, Urteil vom 25. September 1901, I. 142/01, RGZ 49, 77, 80; vom 12. Januar 1907, I. 542/06, RGZ 65, 91, 92; zurückhaltender aber RG, Urteil vom 17. Februar 1928, II 275/27, RGZ 120, 177, 180; ausführlich Geßler, in: Festschrift für Martin Luther, S.  69, 70 ff.; Spindler, in: Aktienrecht im Wandel II, S.  995, 1006 ff. (Rn.  14 ff.). 287   S. nur Assmann, ZBB 1989, 49, 59 ff.; Eckardt, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, §  23 Rn.  106, 109; Hommelhoff, ZHR 153 (1989), 181, 212; Hüffer, AktG, §  23 Rn.  34; Mertens, ZGR 1994, 426, 428; kritisch Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 72 ff. 288   §  139 Abs.  2 AktG 1965. 289   Bezzenberger, Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, S, 35 ff. 290   Feddersen, in: Festschrift für Peter Ulmer, S.  105, 106. 291   Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) vom 25. März 1998, BGBl.  I, S.  590. Aus der langjährigen Diskussion um Stück- und Quotenaktie s. nur Kübler, Aktie, Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, S.  10 ff. 292   BR-Drucks. 871/97 vom 7. November 1997, S.  1 f., 19; zum Diskussionsentwurf aus dem BMJ auch Funke, AG 1997, 385, 386 ff.; zur technischen Umsetzung Heider, AG 1998, 1, 5 ff. 293   Vgl. §  8 Abs.  3 Satz 3 AktG 1998. 294   »Fiktiver Nennbetrag«, BR-Drucks. 871/97 (Fn.  292), S.  20 f.

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und Aktienzahl aus der jeweils aktuellen Satzung notwendig. Die Praxis hat sich mittlerweile in weitem Umfang von der Nennbetragsaktie verabschiedet. Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich 295 hat die ministerielle Sondererlaubnis zur Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien abgeschafft 296 und Höchststimmrechte bei börsennotierten Gesellschaften künftig für unzulässig erklärt 297. Diese Zurückdrängung von Stimmrechtsdifferenzierungen sollte schon ausweislich der Gesetzesbegründung der »weiteren Standardisierung der Aktie als Wertpapier« dienen 298 . Der damit verfolgte Ansatz wurde indes nicht konsequent durchgehalten, sondern vielmehr das Verbot von Höchststimmrechten mit einer »kapitalmarktpolitischen«299 Argumentation auf börsennotierte Gesellschaften beschränkt, was die erhöhte Bedeutung der Verkehrsfähigkeit für börs­ lich gehandelte Aktien widerspiegelt, aber der Typizität der Aktie insgesamt abträglich ist. Angesichts zunehmender, durch die Gepflogenheiten der Kapitalmärkte Englands und der U. S. A.300 bedingter Verbreitung von Namensaktien bei deutschen Unternehmen 301 bemühte sich das Namensaktiengesetz302 um eine weitgehende Gleichstellung von Namens- und Inhaberaktien insbesondere im Hinblick auf die Verwahrungstechnik und die Stimmrechtsausübung. Der damit abgebaute, die Typizität der Aktie störende Unterschied zwischen Inhaber- und Namensaktien war bislang wegen der geringen Verbreitung von Namensaktien in Deutschland wenig bedeutsam. Die Bedeutung der Namensaktie scheint aber zu steigen, womit die angestrebte Gleichstellung an Gewicht gewinnt. Die Vorzugsaktie hat in den letzten Jahren nicht nur in der Praxis immer mehr an Bedeutung verloren, sondern war auch wiederholt Gegenstand von Kritik, die den Verlust an Transparenz und die Ungleichbehandlung der Aktionäre durch solche Aktien rügte303 . Bezeichnenderweise wurde herausgestellt, dass bei der Existenz von Stamm- und Vorzugsaktien und erst recht bei Vorzugsaktien verschiedenen Rangs der genaue Inhalt der mit einer Aktie verbundenen Rechte, insbesondere das Verhältnis verschiedener Aktionäre zueinander, schwer erkennbar ist304 . 295   Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998, BGBl.  I, S.  786. 296   Art.  1 Nr.  3 KonTraG. 297   §  134 Abs.  1 Satz 2 AktG i.  d.  F. des Art.  1 Nr.  20 KonTraG. 298   BR-Drucks. 872/97 vom 7. November 1997, S.  29. Interessanterweise argumentierte der Gesetzgeber auch damit, dass die Stimmrechtsdifferenzierungen nur aus der Satzung hervorgingen; er verordnete insoweit aber – anders als sonst im Kapitalmarktrecht – nicht etwa bessere Publizität, sondern strengere Typizität. 299   BR-Drucks. 872/97 (Fn.  298), S.  51. 300   Für England oben A II 4, für die U. S. A. oben A IV 5 und A IV 6 (bei Fn.  193). 301   Vgl. BR-Drucks. 308/00 vom 2. Juni 2000, S.  1, 12. 302   Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) vom 18. Januar 2001, BGBl.  I, S.  123. 303   Feddersen, in: Festschrift für Peter Ulmer, S.  105, 106, 109 ff. 304   Pellens/Hillebrandt, AG 2001, 57, 66; vgl. a. Feddersen, in: Festschrift für Peter Ulmer, S.  105, 111.

A.  Die Aktie

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Dass allerdings diese Kritik praktische Folgen haben könnte, ist nicht zu erwarten. 6.  Zusammenfassung Das deutsche Aktienrecht mit seiner Satzungsstrenge als Grundprinzip führt schon im Ausgangspunkt zu einer höheren Typizität auch der Aktie als Wertpapier. Dabei ist allerdings die grundlegende Freiheit zur Schaffung unterschiedlicher Aktiengattungen auch Teil des deutschen Aktienrechts. Von dieser Gestaltungsfreiheit wurde in manchen Phasen stärker, in anderen weniger Gebrauch gemacht. Nach der Herausarbeitung einer klaren Unterscheidung von Aktie und Schuldverschreibung und einem darauffolgenden Abbau typisierender Vorgaben scheinen die letzten Jahre wieder zu einer Stärkung der Typizität zu neigen.

VI.  Internationalisierung der Aktienmärkte und Rechtsvereinheitlichung 1.  Ausländische Aktien im Inland Der Handel mit Aktien einer unter ausländischem Recht stehenden Gesellschaft konfrontiert den inländischen Markt mit Papieren, deren Ausgestaltung von der Ausgestaltung abweichen kann, die im Inland üblich oder überhaupt zulässig ist. Dies hat wiederum Einfluss auf die Typizität der Aktie als Wertpapier305 . Dass die Aktie einer fremdem Recht unterliegenden Gesellschaft grundsätzlich keine weitergehenden Rechte im Hinblick auf die Gewinnbeteiligung, die Beteiligung am Liquidationserlös und die Mitbestimmung gewähren kann, als dies ihr Heimatrecht vorsieht, liegt auf der Hand306 . Gleichen Inhalt wie inländische Aktien verkörpern die Papiere einer ausländischen Gesellschaft also nur dann, wenn sie sich entweder voll im Rahmen der inländischen Vorgaben halten, indem man sie unter inländischem Recht oder mit Blick auf dieses emittiert, oder wenn ihre andersartigen Rechte modifiziert und insbesondere ihre weitergehenden Rechte »gekürzt« werden, also für die Zeit ihrer Verortung im Inland nicht geltend gemacht werden können 307. Eingreifen kann eine solche Modifikation indes nur mittelbar, nämlich über die Regeln für den inländischen Handel und die inländische Verwahrung. Findet allerdings der Handel im Wege individueller Vereinbarung »over the counter« (»Telefonhandel«) statt und werden die Papiere nicht im Inland verwahrt, hat die inländische Rechtsordnung praktisch kaum eine Möglichkeit, auf den Inhalt der Papiere einzuwirken. Bei der Suche nach Regelungen, die Einfluss auf die Typizität haben, muss mithin das Augenmerk dem organisierten Handel und der inländischen Verwahrung gelten.

  Vgl. Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 79.   Vgl. Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221, 226 m.Sp. 307   Vgl. wiederum Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221, 227 li.Sp. 305

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a)  Europa In Europa erlangte der Verkehr und Handel mit ausländischen Aktien ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an Bedeutung308 ; seit dem Ende des letzten Jahrhunderts hat ihn nicht zuletzt die Zurücknahme extraterritorialer Geltung der U. S.-amerikanischen Registrierungserfordernisse begünstigt309. Rein tatsächlich konnten ausländische Aktien stets ohne Weiteres ins Inland gelangen 310 . Nicht selbstverständlich war hingegen die Zulassung ausländischer Aktien zum Börsenhandel. In Europa stieß indes auch sie nie auf grundlegende Hindernisse311, sie spielte und spielt aber an den verschiedenen Börsenplätzen eine unterschiedliche Rolle. Regelfall ist dabei die Zulassung solcher ausländischen Papiere, die bereits an einer Börse des Heimatlandes zur offiziellen Notiz zugelassen sind312 . Ein jüngeres Phänomen sind hingegen Erstnotierungen ausländischer Gesellschaften im Inland. Im Gegenzug zur großzügigen Zulassung zum Handel wurden vielfach schon früh für ausländische Aktien im Zulassungsantrag und im Emissionsprospekt zusätzliche Angaben verlangt313 . Aus rein praktischen Gründen waren im grenzüberschreitenden Aktienverkehr die – auf dem Kontinent ohnehin bevorzugten – Inhaberpapiere von Anfang an im Vorteil, ist doch die Durchführung und Überwachung der Umschreibung in Aktienregistern, die am ausländischen Verwaltungssitz geführt werden, problematisch 314 . In Deutschland kam hinzu, dass Namenspapiere bis 1997 nicht in die Girosammelverwahrung einbezogen werden konnten, sondern auf die aufwendigere und teurere Streifbandverwahrung angewiesen waren – eine technisch bedingte Erschwerung, die insbesondere U. S.-amerikanische Aktien betraf. Um dem abzuhelfen und zugleich die Kosten einer Bewegung der Originalaktien zu vermeiden, hatte der damalige Auslandskassenverein (AKV) ein Modell entwickelt, nach dem 308   Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  688 (S.  765) mit Hinweis auf die Rolle der Eisenbahn, die den Informationsfluss erheblich erleichterte. 309   Dazu statt aller Bungert/Paschos, DZWir 1995, 133, 141 ff. 310   Vgl. nur Max Weber, Die Börse II, S.  52 zu den »mehrfach recht elenden überseeischen Goldminenaktien, welche unter Umgehung der deutschen Börsen ›eingeschmuggelt‹ werden«. 311   S. etwa Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  685 f. (S.  762 ff.) zu den in Frankreich verfügbaren ausländischen Aktien, n°  688 ff. (S.  765 ff.) m.Nw. zur zunächst stillschweigenden Duldung und späteren Zulassung zum Handel an französischen Börsen durch den Gesetzgeber; s. a. COB, Bulletin mensuel n°  41 (Août–Septembre 1972), S.  11 f. An den deutschen Börsen wurde im Mai 1958 die erste ausländische Aktie nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt; vgl. Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  93. Außer Betracht bleiben hier außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen. 312   Vgl. für Frankreich Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  689 (S.  766) – ausländische Eisenbahnaktien, n°  690 (S.  777) – ausländische Aktien allgemein; für London Wiener, Die Börse, S.  202; Neff, Report on the Trading in American Securities on the British Market, 1940, S.  87 ff. 313   S. die Leitenden Gesichtspunkte der Berliner Börse, Fassung 1894 (wiedergegeben bei Wiener, Die Börse, S.  160 ff.), sub A.1. Abs.  2, B.VI., X., XII. Vgl. für Frankreich, wo der Emissionsprospekt erst viel später eine größere Rolle spielte (vgl. Frohne, Prospektpflicht und Prospekthaftung, S.  123 f., 143 f.), die Erfordernisse an den Zulassungsantrag bei Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  326 (S.  379). 314   Deloison, Traité des Valeurs Mobilières, n°  687 (S.  764).

A.  Die Aktie

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er die ausländischen Papiere treuhänderisch erwarb, hierüber ein Inhabersammelzertifikat als Globalurkunde ausstellte und in einem Girosammeldepot hinterlegte, woran den inländischen Anlegern dann Miteigentum verschafft wurde315 . Die Bedingungen dieser Zertifikate waren für alle ausländischen Aktien weitestgehend dieselben, womit die aktienvertretenden Zertifikate ihrerseits ein einheitliches Bild boten 316 . Die Notwendigkeit einer solchen Zweitverbriefung im Inland entfiel indes im Verhältnis zu den U. S. A. und zahlreichen anderen Staaten mit der Internationalisierung der deutschen Sammelverwahrung, die die rein buchmäßige Übertragung im Ausland sammelverwahrter Aktien zuließ317. Seither sind in Deutschland der unmittelbare Handel und die Verwahrung solcher ausländischer Aktien quasi ohne Einschränkung möglich. Vor dem Hintergrund der nunmehr geltenden Gründungstheorie im Verhältnis zu Europa 318 , aber auch allen U. S.amerikanischen Bundesstaaten 319, ist hier das Tor für den Zugang von unter fremdem Recht emittierten Aktien weit offen. Soweit die ausländischen Aktien nicht direkt im Inland gehandelt werden, kommt weiterhin eine Zweitverbriefung in Betracht. Die ausländische Aktie kann dann in der Form eines – nach dem Vorbild der American Depositary Receipts320 gestalteten – European Depositary Receipt (EDR) bzw. Global Depositary Receipt (GDR) gehandelt und verwahrt werden 321. Wie früher die Papiere des Auslandskassenvereins verwandeln diese Receipts die ausländischen Papiere weitgehend in inländische; für sie gelten aber gewisse Modifikationen und Erleichterungen 322 .

315   Brink, Effektengiroverkehr, S.  117–124; Than, in: Festschrift für Theodor Heinsius, S.  8 09, 832 f.; ders., in: WM-Festgabe für Thorwald Hellner, S.  85, 86–89; Stupp, Aktien-, börsen- und wertpapierrechtliche Fragen, S.  9 f. Knapper Überblick zum Handel mit U. S.-amerikanischen Aktien in anderen europäischen Staaten in den 1960er Jahren bei Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 36 (1962). 316   Than, in: WM-Festgabe für Thorwald Hellner, S.  85, 86. 317   §  5 Abs.  4 DepotG, eingefügt durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren sowie anderer wertpapierrechtlicher Vorschriften vom 17. Juli 1985, BGBl.  I, S.  1507. Vgl. dazu Than, in: WM-Festgabe für Thorwald Hellner, S.  85, 89–91; Stupp, Aktien-, börsen- und wertpapierrechtliche Fragen, S.  10 ff.; Lehmann, Finanzin­ strumente, S.  56 ff. 318   S. nur EuGH, Urteil vom 9. März 1999, C-212/97 (»Centros«), vom 5. November 2002, C-208/00 (»Überseering«), vom 30. September 2003, C-167/01 (»Inspire Art«); zu Liechtenstein BGH, Urteil vom 19. September 2005, II ZR 372/03, BGHZ 164, 148. 319   S. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003, VIII ZR 155/02, BGHZ 153, 353. 320   Zu den American Depositary Receipts sogleich. 321   S. nur Harrer/Devlin, (2009) 30 Comp. Law. 175. 322   Vgl. etwa für das Vereinigte Königreich FSA Handbook, Listing Rules, Chapter 18; für Luxemburg Rules and Regulations of the Luxemburg Stock Exchange, Edition 2009/08, 903– 905; für Frankfurt §  63 Abs.  1, 2, 4, §§  70, 172 f. Börsenordnung FWB sowie Harrer/Devlin, (2009) 30 Comp. Law. 175.

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b)  U. S. A. Der unmittelbare Handel mit fremden Aktien an einem organisierten Markt ist in den U. S. A. seit den 1920er Jahren möglich 323 . Waren es in der Vergangenheit im Wesentlichen englische und kanadische Aktien, die ihrem Inhalt nach denjenigen in den U. S. A. stets sehr nahestanden 324 , hat die jüngere Zeit verstärkt auch Direktemissionen von Aktien aus anderen Ländern gesehen. Aufgrund der Größe des U. S.-amerikanischen Kapitalmarkts, aber auch aufgrund der regulatorischen Vorgaben und der Zulassungsvoraussetzungen schaffen die Emittenten, wenn die Direktemission von diesen ausgeht, typischerweise bestimmte Aktien eigens für den amerikanischen Markt, die dessen Vorgaben entsprechen (»American shares«), während die auf dem Heimatmarkt emittierten und gehandelten Aktien (»ordinary shares«) keinen Eingang in den organisierten Handel in den U. S. A. finden. »American shares« zeichnen sich etwa dadurch aus, dass es sich um Namens- und nicht um Inhaberpapiere handelt, der Emittent die Registrierung bei der SEC vorgenommen hat und ein amerikanischer »Transfer Agent« bestimmt ist325 . Insgesamt spielt die Direktemission von Aktien eines ausländischen Unternehmens in den U. S. A. trotz zunehmender, in den letzten Jahren allerdings gebremster Häufigkeit jedoch eine untergeordnete Rolle. Stattdessen ist seit 1927 die Zweitverbriefung ausländischer Aktien in Form von American Depositary Receipts (ADRs) Mittel der Wahl326 . Dabei emittiert ein U. S.-amerikanisches Institut – Bank oder Trust Company – unter seinem Recht Zertifikate, die die ausländischen Aktien vertreten und mit diesen bei dem Institut selbst oder dessen Korrespondenzbank im Heimatland des Emittenten hinterlegt sind. Diese American Depositary Receipts entsprechen in ihrer Ausstattung weitestgehend den U. S.-amerikanischen Aktien 327, werden wie diese bei der SEC registriert und ziehen Berichtspflichten nach sich, sodass Handel und Verwahrung in den U. S. A. problemlos möglich sind und hinsichtlich bestimmter Fragen wie etwa der Höhe des Nennbe-

323   Vgl. Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 116 mit Hinweis auf den Report von Hoxsey/Meeker/Redmond, The Listing of Foreign Internal Securities on the New York Stock Exchange, 1927; Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 20 (1962). 324   Vgl. Kamm, 6 J. Finance 406, 406–410 (1951); Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 20, 22 (1962); Bungert/Paschos, DZWir 1995, 133, 133 li.Sp.; Liener, in: Festschrift für Johannes Semler, S.  721, 724. 325   Vgl. nur Tomlinson, 32 Bus. Law. 463, 464 m.Fn.  2–3 (1977); aus deutscher Sicht etwa Meyer-Sparenberg, WM 1996, 1117, 1118–1121; Bungert/Paschos, DZWir 1995, 133, 134 li.Sp.; Liener, in: Festschrift für Johannes Semler, S.  721, 724–726. 326   Dazu näher Kamm, 6 J. Finance 406, 410–414 (1951); Note, 65 Yale L. J. 861 (1956); Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 22 ff. (1962); Tomlinson, 32 Bus. Law. 463 (1977); Royston, 10 N. C. J. Int’l L. & Com. Reg. 87 (1985); Saunders, 17 Fordham Int’l L. J. 48 (1993); in deutscher Sprache schon Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 117–119 sowie u. a. Assmann, RIW 1982, 69; Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221; Böckenhoff/Ross, WM 1993, 1781, 1825; Schuster, Die internationale Anwendung des Börsenrechts, S.  394 ff.; Than, in: WM-Festgabe für Thorwald Hellner, S.  85, 92. 327   Nach Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 23 (1962) liegt hierin »one of the important features of ADR’s«.

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trags328 die Markterwartungen bedient werden können. Durchaus mit Recht kann man hier von einer »Americanization« der ausländischen Aktien sprechen 329. c)  Zusammenfassung Verkehr und Handel mit ausländischen Aktien, deren Ausstattung von der im Inland möglichen oder auch nur üblichen abweicht, erhöhen im Inland die Vielfalt dessen, was als Aktie am Markt teilnimmt. Trotz tendenziell strengerer zwingender Vorgaben im Aktienrecht selbst scheinen aber die organisierten Kapitalmärkte in Europa ausländischen Aktien gegenüber aufgeschlossener zu sein, als dies für die U. S. A. gilt 330 , die mit den American Depositary Receipts ein Institut geschaffen haben, das die fremden Aktien mittelbar dem eigenen Recht unterwirft. Ein unlösbarer Widerspruch liegt hierin indessen nicht. Denn auf dem europäischen Kontinent hatten ausländische Aktien zu keinem Zeitpunkt eine solche Bedeutung, dass von ihnen eine ernsthafte Gefahr für die Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes der Aktie hätte ausgehen können. Der U. S.-amerikanische Weg über die Zweitverbriefung war vor allem eine Folge geographisch-technischer Schwierigkeiten und einer Regulierung, die für alle Emittenten gleichermaßen galt, ja für ausländische Papiere unter Umständen sogar Erleichterungen vorsah. Immerhin zeigt das parallellaufende Bestreben, den von den inländischen Aktien determinierten Markterwartungen gerecht zu werden und hierfür ein einheitliches Modell zu schaffen 331, dass der Markt seit jeher eine gewisse Einheitlichkeit verlangt. 2.  Aktienrecht und internationale Rechtsvereinheitlichung Die Aktie und das Aktienrecht waren bislang nicht unmittelbar Gegenstand weltumspannender Rechtsvereinheitlichung. Auf europäischer Ebene hat jedoch zum einen eine Angleichung der Gesellschaftsrechte und des Kapitalmarktrechts stattgefunden, zum anderen wurde mit der Europäischen Aktiengesellschaft (»Societas Europaea«) eine genuin europäische Gesellschaftsform geschaffen 332 , deren Kapital in Aktien zerlegt ist 333 . Auf die Typizität der Aktie hatten diese Entwicklungen 328   So wurde etwa der früher vergleichsweise hohe Mindestnennbetrag deutscher Aktien als Problem einer Direktemission in den U. S. A. angesehen, das sich durch die Ausgabe von ADRs, die lediglich Bruchteile der zugrunde liegenden Aktien verkörperten, vermeiden ließ; s. dazu Meyer-Sparenberg, WM 1996, 1117, 1121; Bungert/Paschos, DZWir 1995, 221, 223 li.Sp., 233 re.Sp.-234 m.Sp. 329   Vgl. den Titel des Beitrages von Royston, 10 N. C. J. Int’l L. & Com. Reg. 87 (1985). 330   Vgl. auch Liener, in: Festschrift für Johannes Semler, S.  721, 723 (mit statistischem Material). 331   Vgl. Moxley, 8 Vill. L. Rev. 19, 22 (1962), der im Zusammenhang mit den unterschiedlichen frühen Versuchen einer ADR-ähnlichen Zweitverbriefung auf die Notwendigkeit einer Standardisierung hinweist. 332   Verordnung (EG) Nr.  2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl.  Nr. L 294 vom 10. November 2001, S.  1 (SE-VO). 333   Art.  1 Abs.  2 Satz 1 SE-VO.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

indessen kaum und allenfalls mittelbar einen gewissen Einfluss: Die verschiedenen gesellschaftsrechtlichen Richtlinien haben das Gesellschaftsrecht in Teilbereichen harmonisiert und dabei notwendigerweise auch die Stellung der Aktionäre tangiert, sich jedoch kaum je direkt mit der Aktie und deren Ausstattung befasst 334 , sondern diese typischerweise dem nationalen Gesetzgeber überlassen 335 . Immerhin verlangte die Kapitalschutzrichtlinie europaweit die – allerdings schon zuvor selbstverständliche336 – Gleichbehandlung derjenigen Aktionäre, auf die die gleichen Voraussetzungen zutreffen337 ; zugleich führt sie einen europäischen Mindeststandard für den Bezugsrechtsausschluss ein 338 , der in deutlichem Gegensatz zur Liberalisierung in den U. S. A. steht, allerdings vor allem formaler Natur ist. Die Verordnung über die Societas Europaea sieht beschränkte Haftung vor, verweist hinsichtlich der Ausstattung der Aktien im Übrigen aber auf das jeweilige nationale Recht 339.

VII.  Zusammenfassung und Würdigung Versucht man nach alldem eine Beurteilung des Instituts der Aktie unter dem Gesichtspunkt der Typizität, so ist zunächst deren Wertigkeit als rein tatsächlicher Bezugspunkt auszuscheiden: Selbst dort, wo die Gründung einer Aktiengesellschaft ein bestimmtes Mindestkapital voraussetzt und Vorschriften über dessen Erhaltung gelten, ist damit dieses Kapital keineswegs als Gegenwert für die Aktionäre gesichert, hängt die Beteiligung am Liquidationserlös doch vor allem von den Verbindlichkeiten und sodann von den Rechten aus der jeweiligen Aktie ab. Erst recht ist unerheblich, ob es sich um Nennbetrags-, Stück- oder Quotenaktien handelt, da der Beteiligungscharakter der Aktie und deren Volatilität stets in gleicher Weise bestehen 340 . Was die Bestimmung des Berechtigten und die Übertragung der Aktie angeht, stehen sich Namens- und Inhaberpapiere gegenüber, wobei allerdings die »Entmaterialisierung« der Aktie zu einer starken Annäherung ge334   Vgl. z. B. Art.  12 Abs.  5 der Ersten Richtlinie 68/151/EWG des Rates vom 9. März 1968 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl.  Nr. L 65 vom 14. März 1968, S.  8 (Verpflichtung der Aktionäre zur Einzahlung bei Nichtigkeit). S. a. das Verbot von Mehrstimmrechtsaktien im (inzwischen zurückgezogenen) Zweiten geänderten Richtlinienvorschlag vom 13. Dezember 1990 für eine Fünfte Richtlinie des Rates .  .  . über die Struktur der Aktiengesellschaft, ABl.  Nr. C 7 vom 11. Januar 1991, S.  4, auf das sich der deutsche Gesetzgeber bei der Abschaffung von Mehrstimmrechtsaktien berief (BR-Drucks. 872/97 [Fn.  298], S.  29). 335   Vgl. z. B. Art.  3 lit.  c , e, f, Art.  35 f., 39 der Zweiten Richtlinie 77/91/EWG des Rates vom 13. Dezember 1976 zur Koordinierung .  .  ., ABl.  Nr. L 26 vom 31. Januar 1977, S.  1. 336   S. nur Blaurock, in: Die Bedeutung der Rechtsdogmatik für die Rechtsentwicklung, S.  245, 246 ff. m.Nw.; Jacobi, Die Wertpapiere, §  62 (S.  349). 337   Art.  42 Richtlinie 77/91/EWG. 338   Art.  29 Richtlinie 77/91/EWG. 339   Art.  1 Abs.  2 Satz 2, Art.  5 SE-VO. 340   Vgl. Claussen, AG 1963, 237; Heider, AG 1998, 1, 3 f.; Funke, AG 1997, 385, 388.

B.  Die Schuldverschreibung

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führt hat, entscheidet doch heute im Regelfall ein Bucheintrag über die Zuordnung und erfolgt dementsprechend die Übertragung im Wege eines Buchungsvorgangs. Eine gewisse Typizität begegnet insofern, als die Aktie typischerweise ein Stimmrecht zumindest in bestimmten, die Gesellschaft betreffenden Fragen sowie ein Recht auf anteilige Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös gewährt. Allerdings können diese Rechte wiederum ganz unterschiedlich auf die Aktionäre verteilt sein – von stimmrechtslosen Aktien bis zu Aktien mit Mehrfachstimmrechten, von Aktien ohne Anspruch auf Dividenden bis zu solchen mit Vorzug, von Aktien ohne bis zu solchen mit überproportionaler Erlösbeteiligung ist heute in Frankreich, England, den U. S. A. und letztlich auch Deutschland nahezu alles möglich 341. Beim Stimmrecht geht zwar ein Trend zum Prinzip des »one share, one vote«. Er richtet sich aber vor allem gegen Mehrfachstimmrechte. Stimmrechtslose Aktien und insbesondere Vorzugsaktien sind bislang nicht von einer Abschaffung bedroht, mag das fehlende Stimmrecht auch in manchen Rechtsordnungen eine Kompensation durch einen nachzuzahlenden Vorzug und das Aufleben des Stimmrechts bei dessen Ausfall voraussetzen. Blickt man schließlich auf das Gesellschaftsrecht überhaupt, das ja die Rechtsstellung des Aktionärs und damit letztlich den Aktieninhalt mitbestimmt, so zeigt sich besonders ausgeprägt in den U. S. A., aber auch in den anderen Staaten eine Tendenz zum Abbau zwingender inhaltlicher Vorgaben, die vielleicht am wenigsten weit fortgeschritten in Deutschland ist342 , allerdings dem deutschen Markt angesichts des direkten Handels ausländischer Papiere, verbunden mit der Geltung der Gründungstheorie in Europa und im Verhältnis zu den U. S. A., nur begrenzt stärkere Typizität sichert. Bei zum amtlichen Handel zugelassenen Aktien soll die fehlende Typizität überall durch Informationspflichten kompensiert werden.

B.  Die Schuldverschreibung Als Wertpapier des Kapitalmarkts charakterisiert sich die Schuldverschreibung dadurch, dass sie eine Forderung verbrieft und so dem wertpapiermäßigen Verkehr zugänglich macht. Dabei kann es sich zwar grundsätzlich um ein beliebiges Forderungsrecht handeln. Am Kapitalmarkt spielen indes vor allem solche Schuldverschreibungen eine Rolle, die Geldforderungen verbriefen und in Form mehrerer gleichlautender Stücke emittiert wurden – eine Beschreibung, der es zwar an Trennschärfe mangelt, die aber schon seit langem aus praktischen Gründen üblich ist 343 . Nach der vollen Herausbildung des endfälligen Papiers mit fixer Verzinsung   Vgl. a. Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 81.   S. nur Hopt, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  123, 135 f. 343   S. schon von Savigny, Obligationenrecht II, S.  130 f. (»vereinzelte« und »vervielfältigte« Zirkulationspapiere); weiter etwa §  1 Abs.  1 des Gesetzes betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899, RGBl.  S .  691 (SchVG): mindestens 300 ausgegebene Stücke. 341

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

als eines stark typisierten Produkts ist hier in den letzten Jahrzehnten eine deutliche Abnahme an Typizität zu beobachten.

I.  Ursprünge der Schuldverschreibung als Wertpapier Die schriftliche Festhaltung einer Verbindlichkeit ist so alt wie die Verwendung von Urkunden selbst. Aus der römisch-byzantinischen Notariatspraxis gelangte die Schuldurkunde über Oberitalien 344 wieder nach Europa und fand dort nicht nur bereitwillige Aufnahme, sondern brachte – wohl unter dem Einfluss germanischer Rechtsgedanken 345 – die Idee der wertpapiermäßigen Verbindung zwischen Schuld und Urkunde in Form der Order- und Inhaberpapiere hervor. Die Rezeption des klassischen römischen Rechts vermochte diesen Gedanken nur zeitweilig zurückzudrängen 346 . Die wertpapiermäßige Verbriefung einer Schuld erlangte zunächst im Mehrpersonenverhältnis des Wechsels größte Bedeutung347. Schriftliche Schuldversprechen oder -anerkenntnisse von Kaufleuten oder Adligen 348 waren zwar ebenfalls häufig. Hier diente die Urkunde indes meist nur zum Beweis, nicht oder jedenfalls nicht primär zur Ermöglichung eines Umlaufs. Ab der Mitte des 16. Jahrhunderts kamen dann in Italien im großen Stil Schuldbriefe auf, die mit einer Inhaberklausel versehen waren; diese fanden bald auch im übrigen Europa Verbreitung349. Wo im Einzelfall eine umlauffähige Schuldurkunde geschaffen werden sollte, um etwa die Schwierigkeiten zu bewältigen, die aus der Ablehnung von Zession und rechtsgeschäftlicher Stellvertretung folgten, stellte zudem das Wechselrecht mit dem Eigenwechsel ein Wertpapier für das Zweipersonenverhältnis zur Verfügung – ein Weg, der vor allem in England und den U. S. A. beschritten wurde und die dortige Nähe der Schuldverschreibung zum Wechselrecht erklärt 350 .

II.  Staatsanleihen Frühe Kreditaufnahmen, die nicht auf einem individuellen Aushandeln zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber beruhten, sondern bei denen der Kreditnehmer selbst oder über einen Intermediär an eine breite Masse potentieller Kreditgeber   Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  55 ff.   Gierke, Sachenrecht, §  108 II (S.  106); Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  55. 346   Brunner, in: Festschrift für Heinrich Thöl, S.  7, 68 f. (»Der starke romanistische Luftzug .  .  . hat dem Rechtsinstitute des Inhaberpapiers die Seele ausgeblasen, indem er das Inhaberpapier zum schlichten Namenspapier degradierte.«); Gierke, Sachenrecht, §  112 II (S.  157). 347   Dazu soeben Kapitel 9. 348   Vgl. etwa die im Codex diplomaticus Brandenburgensis I/4, S.  97 f., wiedergegebenen Schuldverschreibungen von 1442. 349   Vgl. Savary, Le parfait négociant, Ch. VII (S.  203 ff.); Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  63 ff., 94 ff. m.Nw.; von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, S.  11 ff. 350   Vgl. Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  9 0–92. 344 345

B.  Die Schuldverschreibung

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herantrat, waren die Staatsanleihen, mit denen sich – insbesondere ab dem 18. Jahrhundert 351 – die europäischen Fürstenhäuser und Staaten das erforderliche Kapital für diverse kriegerische wie friedliche Unternehmungen verschafften. Dabei versprach der Staat, an seinen Kreditgeber den Nominalwert des aufgenommenen Kapitals zurückzuzahlen und während der Laufzeit einen fixen Zins zu entrichten. Neu gegenüber früheren staatlichen Kapitalaufnahmen war dabei zum ersten das Versprechen voller Rückzahlung352 und eines festen Zinses, der an die Stelle der zu Zeiten des Zinsverbots üblichen, dauerhaften Übertragung von Einkünften aus bestimmten Renten oder Steuern getreten war353 , zum anderen die Stückelung in zahlreiche kleinere, identisch ausgestaltete Kreditbeträge anstelle individueller Bedingungen oder gar Renten auf Lebenszeit und die leichtere Übertragbarkeit 354 . Technisch ließ sich eine solche Kreditaufnahme auf verschiedene Weise abwickeln 355 . An sich bot sich aber bei einer derartigen Kreditaufnahme die Verbriefung der Schuld in einem zirkulationsfähigen Papier geradezu an. 1.  England Noch 1694 erhielt König William III. zur Finanzierung des Kriegs gegen das Frankreich Ludwigs XIV. von den Londoner Goldhändlern einen »gewöhnlichen« Kredit von 1,2 Millionen Pfund, was zur Gründung der Bank of England führte; 1696 wurden dann aber in England die ersten Exchequer Bills begeben, mit denen einer vorübergehenden Zahlungsmittelknappheit während der damaligen Neuprägung der Münzen begegnet werden sollte. Späterer Zweck der Exchequer Bills war aber stets die Kreditaufnahme. Sie waren fest verzinslich und erhielten dadurch eine besondere Liquidität, dass sie einige Zeit nach der Emission unmittelbar zur Begleichung von Steuerforderungen oder anderer Ansprüche des Staates verwandt werden konnten; auch die Bank of England nahm in einem gewissen Umfang Ex351   Zu früheren Anleihen der französischen Könige, für die ebenfalls übertragbare Schuldverschreibungen ausgegeben wurden, s. Schmidt, Die Anfänge der französischen Staatsschulden (-1610), S.  60 ff.; von Zimmermann, Die Teilschuldverschreibung, S.  21–23 m. w. N. 352   Anders bei der so genannten »fundierten Staatsschuld«, bei der der Staat vielfach keine Verpflichtung zur Rückzahlung übernahm; dazu Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  4 f f. 353   Vgl. etwa zu Frankreich Schmidt, Die Anfänge der französischen Staatsschulden (-1610), S.  27 ff.; zu England Hamilton, An Inquiry Concerning the Rise and Progress .  .  . of the National Debt of Great Britain and Ireland, S.  59 ff.; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  13 f.; allgemeiner Hintergrund bei Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 514 ff. (2003). 354   Zur ausgeschlossenen oder schwerfälligen und teuren Übertragung französischer Renten und anderer Formen öffentlicher Schuld Munro, 25 Int’l Hist. Rev. 505, 537, 546 (2003) m.Nw. Zu ewigen Renten einerseits, Staatsanleihen in Form indossabler Namens- und Inhaberpapieren andererseits an der Amsterdamer Börse Riley, International Governmental Finance and the Amsterdam Capital Market 1740–1815, S.  30 ff., 104 ff. 355   So richteten England und nach schlechten Erfahrungen mit dem Assignatensystem auch Frankreich (dazu sogleich) schon früh Staatsschuldbücher ein; s. nur Bender, Ueber den Verkehr mit Staatspapieren .  .  ., Beilagenheft zu AcP 8 (1825), S.  7 Fn.  2; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  16 f.; Welcker, Industrieaktie und Industrieobligation, S.  1 f.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

chequer Bills an. Ähnlich ausgestattet wurden die Navy Bills und die Ordnance Bills356 . Diese Bills waren zwar keine Inhaberpapiere, eine Übertragung jedoch durch Indossament möglich. Als das Parlament die Kontrolle über die Staatsfinanzen übernahm, wurden diese und neuere Papiere – Exchequer Bonds und Treasury Bills – ebenso wie die Finanzierung sowie die Rolle der Bank of England gesetzlich geregelt357. Daneben blieben in England allerdings über lange Zeit noch Anleihen wichtig, die den Gläubigern künftige Einkünfte aus bestimmten Steuern zuwiesen und nicht zu einem bestimmten Termin rückzahlbar waren 358 ; auch diese Anleihen erfolgten indes nunmehr durch Ausgabe von Schuldverschreibungen. Die tatsächliche Emission der Anleihen besorgten zumeist Bankiers, die vielfach auch für eigene Rechnung mit diesen Papieren handelten 359. 2.  Frankreich Der französische Staatshaushalt war nach der Revolution und den sich anschließenden kriegerischen Auseinandersetzungen zerrüttet. Die verschiedenen Revolutionsregierungen sahen sich deshalb ständig vor die Aufgabe gestellt, neue Kapitalquellen aufzutun. Bereits im Dezember des Revolutionsjahrs 1789 wurden daher die ersten so genannten Assignaten (assignats) in Umlauf gebracht, die durch Verkauf enteigneter Liegenschaften der Kirche gedeckt sein sollten 360 . Zwar wurden diese Assignaten nicht eigentlich als Staatsanleihe aufgelegt, sondern vielmehr vom Staat zur Begleichung verschiedenster bestehender Schulden eingesetzt. Sie waren aber klar als Inhaberschuldverschreibung ausgestaltet, versprachen sie doch anfangs eine Rückzahlung im Weg der assignation zu festen Daten sowie eine Verzinsung in Höhe von 5% 361. 1790 wurden die Assignaten indes zum allgemeinen Zahlungsmittel und damit zum Papiergeld erklärt; zugleich wurde die Verzinsung auf 3% reduziert und statt 356   Zu allem Hamilton, An Inquiry Concerning the Rise and Progress .  .  . of the National Debt of Great Britain and Ireland, S.  71, 169 ff. mit Table XII (S.  338). 357   An Act for vesting certain Sums in Commissioners at the end of every Quarter of a Year, to be by them applied to the Reduction of the National Debt (National Debt Reduction Act), 1786 (26 Geo. 3, c. 21); An Act to consolidate and amend the several laws for regulating the preparation, issue, and payment of Exchequer bills and bonds (Exchequer Bills and Bonds Act), 1866 (29 & 30 Vict., c. 25); An Act to provide for the preparation, issue, and payment of Treasury Bills, and make further provision respecting Exchequer Bills (Treasury Bills Act), 1877 (40 & 41 Vict., c. 2); An Act to amend the Law relating to the National Debt (National Debt Act), 1889 (52 & 53 Vict., c. 6); vgl. Ilbert, Legislative Methods and Forms, S.  287 ff.; Schütze, Saling’s BörsenPapiere I, S.  13. 358   Hamilton, An Inquiry Concerning the Rise and Progress .  .  . of the National Debt of Great Britain and Ireland, S.  59 ff. 359   S. etwa Liedtke, N M Rothschild & Sons, S.  23. 360   Décrets des 19–21 décembre 1789 concernant la caisse d’escompte, et portant établissement d’une caisse de l’extraordinaire (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], Collection Complète des Lois, Décrets, Ordonnances, Réglemens, Avis du Conseil-d’État I, S.  72 f.); dazu Vialay, La Vente des Biens Nationaux, S.  52–55. 361   S. näher Alcouffe, Annales historiques de la Révolution française 273 (1988), 254, 255 f.; Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  313 f.

B.  Die Schuldverschreibung

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der Rückzahlung zu einem festen Termin die Auslosung vorgesehen 362 . Später war zeitweise sogar der Besitz und Handel mit herkömmlichem Metallgeld verboten. Da aber die Revolutionsregierungen immer neue Assignaten ausgaben, verloren diese stark an Wert. Bis 1793 war die Kaufkraft auf 50%, bis 1795 gar auf 8% und später noch weiter gesunken 363 . Der daraufhin unternommene Versuch, die Assignaten durch Territorialmandate (mandats territoriaux) zu ersetzen und damit ein neues, stabileres Papiergeld einzuführen 364 , scheiterte kläglich. Zum 21. Mai 1797 wurden alle Assignaten und Mandate für ungültig erklärt 365 ; Frankreich ging damit für lange Zeit wieder zum Metallgeld über und verwandte für eigentliche Staatsanleihen vorwiegend nicht die Form der Inhaberschuldverschreibung, sondern ein Staatsschuldbuch. Emissionen von Staatspapieren nahmen erst ab dem Ende des 19. Jahrhunderts wieder zu366 . 3.  Deutschland Eine derart traumatische, die gesamte Bevölkerung treffende Erfahrung mit Staatsanleihen in Form von Inhaberschuldverschreibungen blieb Deutschland erspart. Im Westen war es hier die aufstrebende Reichsstadt Frankfurt am Main, die aus dem Ausland das Geschäftsmodell der Staatsschuldverschreibungen übernahm – eine Entwicklung, die Frankfurt seiner Stellung als Zentrum des aus dem Münzwechsel hervorgegangenen Wechselgeschäfts verdankte und die eng mit dem Auf-

362   Décret des 16–22 avril 1790 concernant les dettes du clergé, les assignats et les revenus des domaines nationaux: ».  .  . 3. Les assignats crées par les décrets des 19 et 21 décembre 1789, sanctionnés par le Roi, auront cours de monnaie entre toutes personnes dans toute l’étendue du royaume, .  .  . 4. Au lieu de cinq pour cent d’intérêt par chaque année qui leur étaient attribuées, il ne leur sera plus alloué que trois pour cent, à compter du 15 avril de la présente année; et les remboursements, au lieu d’être différés jusqu’aux époques mentionnés dans lesdits décrets, auront lieu successivement par la voie du sort, .  .  .« (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], Collection Complète des Lois, Décrets, Ordonnances, Réglemens, Avis du Conseil-d’État I, S.  147 f.). 363   Vgl. Vialay, La Vente des Biens Nationaux, S.  6 4, 162. 364   Loi du 28 ventôse an IV (18 mars 1796) portant création de deux milliards quatre cent millions de mandats territoriaux (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], Collection Complète des Lois, Décrets, Ordonnances, Réglemens, Avis du Conseil-d’État IX, S.  74–76); Loi du 6 floréal an IV (25 avril 1796) contenant instruction pour l’exécution de celle du 28 ventôse qui crée les mandats territoriaux (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], a.a.O., S.  97–106); Loi du 7 floréal an IV (26 avril 1796) qui termine les coupures des mandats territoriaux, et les opérations relatives à leur fabrication (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], a.a.O., S.  107 f.); Loi du 4 prairial an IV (23 mai 1796) relative à l’échange des assignats au-dessus de cent livres contre des mandats ou des promesses de mandats (Texte z. B. bei Duvergier [Hrsg.], a.a.O., S.  120); dazu Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  320 ff.; Vialay, La Vente des Biens Nationaux, S.  70. 365   Vgl. Loi du 16 pluvoise an V (4 février 1797) portant que les mandats n’auront plus cours forcé de monnaie entre particuliers (Text z. B. bei Duvergier [Hrsg.], Collection Complète des Lois, Décrets, Ordonnances, Réglemens, Avis du Conseil-d’État IX, S.  306); Garaud, La Révolution et la Propriété Foncière, S.  323. 366   Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  17. Zu frühen Emissionen, die von den großen Bankhäusern übernommen und vertrieben wurden, s. wiederum Liedtke, N M Rothschild & Sons, S.  23.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

stieg des Bankhauses Rothschild verbunden war367. Im Osten kamen entscheidende Impulse offenbar aus Kursachsen 368 , wo im 17. Jahrhundert Anweisungen auf künftige Steuereinnahmen zunächst ein Steuerscheinwesen zur Entstehung brachten, das Steuerscheine auf den Namen mit und ohne Inhaberklausel kannte. Dieses Steuerscheinwesen wurde dann 1763 in ein System schlechthin auf den Inhaber lautender »landschaftlicher Obligationes« umgewandelt, das damit die Merkmale einer modernen Inhaberschuldverschreibung aufwies. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts beschafften sich dann die meisten deutschen Einzelstaaten Finanzmittel über die Emission von Schuldverschreibungen 369. Die deutsche rechtswissenschaftliche Literatur – insbesondere die Romanistik –, die einer vollen Durchführung der Idee des Inhaberpapiers vielfach ablehnend gegenüberstand370 , machte teilweise bei Staatsanleihen eine Ausnahme, da solche Papiere vom staatlichen Gesetzgeber selbst geschaffen würden und daher durchaus weitergehende Wirkungen haben konnten als Papiere rein privaten Ursprungs371. Die Ausstattung der einzelnen Anleihen unterschied sich zwar in Einzelheiten erheblich; es bildeten sich jedoch gewisse Grundmuster heraus, die später auch die privaten Schuldverschreibungen über lange Zeit prägen sollten. An erster Stelle zu nennen ist wiederum die Zerlegung der Gesamtsumme in eine große Zahl identischer Schuldverschreibungen, wodurch die Losgröße transformiert und hohe Zirkulationsfähigkeit erreicht wurde. Diese Inhaberpapiere verbrieften das Recht auf die Zahlung eines fixen Zinses372 sowie die Rückzahlung des Kapitals. Dabei stand dem Inhaber kein Recht zur Kündigung zu; er konnte also den Zeitpunkt der Rückzahlung nicht selbst bestimmen. Während anfangs auch in Deutschland der Zeitpunkt der Rückzahlung nicht selten im Ermessen des Staates stand oder

367   Vgl. Achterberg, Der Bankplatz Frankfurt am Main, S.  29 ff.; Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  5 f.; Metzler, Studien zur Geschichte des deutschen Effektenbankwesens, S.  98 ff. 368   Zum Folgenden Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  79 ff.; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  15 f. 369   Vgl. nur Bender, Ueber den Verkehr mit Staatspapieren .  .  ., Beilagenheft zu AcP 8 (1825), S.  7 f. Fn.  2. 370   Vgl. wiederum Bender, Ueber den Verkehr mit Staatspapieren .  .  ., Beilagenheft zu AcP 8 (1825), S.  11. 371   So insbesondere Gensler, Handbuch I, V. Abh., § m Fn.  100 a. E. (S.  166): »Staatspapiere au porteur fallen gar nicht unter die obige Streitfrage, und können am wenigsten nach den Principien des röm. Rechts beurtheilt werden. Diesem sind sie ganz fremd und unbekannt. Mit der Herstellung der Staatsschuldscheine jener Art verpflichtet sich der Staat, und spricht gleichsam als Gesetz aus, ›daß er jeden Besitzer des Schulddocuments als zur Sache legitimirt anerkennen und zahlen wolle‹, – ›daß es einer weiteren Rechtsfertigung, als das Inhaben, nicht bedürfen solle.‹« (Hervorhebungen im Original). S. a. v. Gönner, Von Staats-Schulden .  .  ., S.  182 einerseits, S.  192, 194, 228, 231, 234, 279 andererseits; Nebenius, Der öffentliche Credit, S.  541. 372   Vgl. die Aufstellung bei Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  190 f., die für die öffentlichen Anleihen der Jahre 1853 bis 1871, an denen Kölner Bankhäuser beteiligt waren, fast nur Anleihen mit einem festen Zins von 4%, 4 1/2% oder 5% ausweist.

B.  Die Schuldverschreibung

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eine Rückzahlung in Annuitäten versprochen wurde373 , fand sich später immer öfter die vorherige Bestimmung eines Laufzeitendes374 . Standen in der Frühzeit die Bankhäuser noch voll zwischen dem kreditsuchenden Staat und den Anlegern, indem sie auf der einen Seite dem Staat ein Darlehen gaben und auf der anderen Seite selbst als Schuldner der Schuldverschreibungen auftraten, übernahm man auch in Deutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts die unmittelbare Staatsanleihe, bei der der Bankier auf der Grundlage einer »Hauptschuldverschreibung« für Rechnung des Staates eine große Zahl identischer, auf den Inhaber lautender »Partialobligationen« emittierte – eine Innovation, die das Frankfurter Bankhaus Bethmann nach niederländischem Vorbild 1778 erstmals für eine Anleihe des österreichischen Kaiserhauses über 200.000 Gulden zum Einsatz brachte, welche in Einzelschuldverschreibungen von jeweils 1.000 Gulden zerlegt wurde375 . Auch in der Folge waren es in erster Linie die Frankfurter Bankiers, allen voran das Bankhaus Rothschild, die in Deutschland das Geschäft mit den Staatsanleihen beherrschten 376 . Indem die Banken – oft auch gemeinsam in einem Konsortium 377 – für die Unterbringung der Papiere am Kapitalmarkt sorgten und vielfach auch bei Konversionen älterer Wertpapiere herangezogen wurden, blieben sie weiter auf dem Gebiet der festverzinslichen Wertpapiere aktiv und sicherten sich so Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich später auch für private Anleihen verwenden ließen 378 . Auf dem Gebiet des Staatskredits dominierte in Deutschland und seinen Einzelstaaten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts dann immer stärker das Schuldbuchsystem 379.

  Bender, Ueber den Verkehr mit Staatspapieren .  .  ., Beilagenheft zu AcP 8 (1825), S.  4 f.   Vgl. z. B. das bei Bender, Ueber den Verkehr mit Staatspapieren .  .  ., Beilagenheft zu AcP 8 (1825), S.  13 Fn.  1 wiedergegebene Publicandum d.d. Wien 4. April 1820: ».  .  . Verbindlichkeit, dieses Anlehn innerhalb zwanzig Jahren, das ist mit Einschluß des Jahres 1840, .  .  . baar zurück zu zahlen. .  .  .« 375   Heyn, Private Banking and Industrialization, S.  43 f.; Korach, Das deutsche Privatbankgeschäft, S.  20 f. (mit Hinweis darauf, dass diese Anleihe auch als erste mit einer Reihe Zinsscheine versehen war und dass alle vorhergehenden Anleihen Namensschuldverschreibungen oder gar private Schuldscheinverträge waren); Achterberg, Der Bankplatz Frankfurt am Main, S.  53. Zu weiteren Anleihen Helbing, Die Bethmanns, S.  41, 43 ff.; allgemein zum Ansehen des damals noch jungen Bankhauses unter den deutschen Fürsten a.a.O., S.  19. 376   S. nur Achterberg, Der Bankplatz Frankfurt am Main, S.  61 ff. 377   Zum »Preußen-Konsortium« Reitmayer, Bankiers im Kaiserreich, S.  22 f., 26, 37 ff.; Stern, Gold und Eisen, S.  146; zum »Rothschild-Konsortium« Achterberg, Der Bankplatz Frankfurt am Main, S.  69 f. 378   Vgl. schon die unter keinem Verfassernamen erschienene, tendenziöse Schrift von 1832 mit dem Titel »Die Kehrseite der modernen Finanz-Operationen«, S.  18 f. (Rezension in den Blättern für literarische Unterhaltung, Nr.  298, Mittwoch, 24. Oktober 1832, S.  1258–1260). 379   S. insbes. Gesetz betreffend das preußische Staatsschuldbuch vom 20. Juli 1883, GesetzSammlung 1883, S.  120; Gesetz betreffend das Reichsschuldbuch vom 31. Mai 1891, RGBl.  S .  321; näher Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  18–24 (Staatsschuldbücher), 34 (Stadtschuldbücher). 373 374

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

4.  U. S. A. Die U. S. A. besorgten sich zunächst vor allem über Darlehen von Privatleuten und anderen Staaten, aber auch durch die Ausgabe verschiedenster »certificates« diejenigen Finanzmittel, die nicht oder nicht rechtzeitig durch Steuern und Requisitionen von den Einzelstaaten aufgebracht werden konnten 380 . Eine erste größere Emission von Staatspapieren nach dem Vorbild der englischen Exchequer Bills381 fand zum Zwecke der Finanzierung des Kriegs mit England 1812–1814 statt 382 . Wie die englischen Exchequer Bills waren die U. S.-amerikanischen Treasury Notes verzinslich und hatten einen feststehenden Fälligkeitstermin. Diese Eigenschaften waren es auch, die bei der gut zwanzig Jahre später anstehenden, zweiten Emission dem im Kongress geäußerten Vorwurf, es handle sich um eine Wiedereinführung des gescheiterten 383 Papiergelds, den Wind aus den Segeln nehmen konnten 384 . Von da an war die Emission von Staatspapieren in der Sache kaum mehr Anlass für große politische Diskussion, wurden doch Treasury Notes in immer kürzeren Abständen emittiert 385 . Dies trug gleichzeitig zu der Herausbildung feststehender Ausstattungsmerkmale bei, wie sie heute in den Treasury Securities (T-Bills, TNotes und T-Bonds) begegnen 386 . 5.  Zusammenfassung Der Gedanke der Massenemission von Papieren, die festverzinsliche und rückzahlbare Forderungen verbriefen, wurde in großem Stil zuerst auf dem Gebiet des Staatskredits eingesetzt. England, Frankreich und Deutschland bedienten sich schon im 18. Jahrhundert dieser Form von Staatsanleihen, wobei Frankreich und Deutschland das Inhaberpapier, England und später die U. S. A. das indossable Namenspapier bevorzugten. Mit den modernen Staatsanleihen war eine Finanzierungsform aufgekommen, die zum Vorbild für die Kreditaufnahme privater Unternehmungen werden konnte387.   Näher Studenski/Kroos, Financial History of the United States, S.  29 ff., 51 ff.   Benton, Thirty Years’ View II, S.  32 li.Sp. 382   Vgl. Note, XI (N. S.) The Bankers Magazine 8, 11 (1861); Studenski/Kroos, Financial History of the United States, S.  76 f. 383   Dazu Studenski/Kroos, Financial History of the United States, S.  14–16 (bills of credit; bank notes), 27 f. (paper-money). 384   Eindrucksvoll Benton, Thirty Years’ View II, S.  32–36. 385   So im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg 1846/47, in der Panik von 1857 sowie während des Bürgerkriegs; zur Aufnahme in Deutschland z. B. Korach, Das deutsche Privatbankgeschäft, S.  29 ff. 386   Dazu deutschsprachig Dress, WM 1997, 1977, 1979 ff. 387   Vgl. einstweilen für Deutschland z. B. von Savigny, Obligationenrecht II, S.  115; Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  117 (».  .  . in den Staatsschuldscheinen gleichsam neu auflebende Institut der Inhaberpapiere.«); Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  70 ff.; für die U. S. A. z. B. der Rückgriff auf die Behandlung von Staatsanleihen in der englischen Rechtsprechung zur Begründung, dass Unternehmensanleihen als negotiable anzusehen sind, in Morris Canal & Banking Co. v. Fisher, 1 Stockt. 667, 699 (1855). 380 381

B.  Die Schuldverschreibung

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III.  Der Pfandbrief Ebenfalls lange vor der Verbreitung von Industrieobligationen wurde der Pfandbrief, der ab dem Ende des 18. Jahrhunderts von Deutschland seinen Ausgang nahm, auf den Rentenmärkten des europäischen Kontinents zu einem anerkannten privaten Schuldpapier, das an den Börsen gehandelt wurde. Schon der alte landschaftliche Güterpfandbrief388 versprach dem Inhaber Kapitalrückzahlung und einen regelmäßigen Zins, wobei hier neben der emittierenden Landschaft ein bestimmtes Rittergut dem Inhaber dinglich haftete. In den Umlauf gebracht wurde der Güterpfandbrief demgemäß vom Gutsinhaber selbst, der daher den Zeitpunkt der Veräußerung bestimmen konnte, allerdings auch das schon damals vorhandene Kursrisiko trug389. Mit dem Aufkommen von Darlehensgeberinstituten (sociétés de prêteurs) 390 nach Vorbild der französischen société de crédit foncier, die zur Refinanzierung hypothekarisch gesicherter Gelddarlehen Pfandbriefe ausgaben und dem Inhaber Sicherheit durch ein Vorzugsrecht an der Gesamtheit ihrer Grundpfandrechte sowie durch die Beschränkung ihres Geschäftskreises boten, war die unmittelbare Verbindung zu einem bestimmten Grundstück gelöst 391. Der Pfandbrief dieser neuen Hypothekenbanken erschien nun in der Form einer einfachen Schuldverschreibung392 , was auch die Zulassung weiterer Deckungswerte und entsprechender Pfandbriefe erlaubte393 ; die besondere Sicherheit spielte lediglich im Fall einer Insolvenz der Hypothekenbank eine Rolle. Da die Landschaft oder Hypothekenbank vom Darlehensnehmer einen festen Zins erhielt, zahlte sie einen solchen auch an den Inhaber des Pfandbriefs394 . Denn auf diese Weise ließ sich am einfachsten eine ausreichende Deckung von Nennwert

388   Dazu Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  36–43; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  12 ff., 16–19. 389   Goedecke/Kerl/Scholz, Die deutschen Hypothekenbanken, S.  25. 390   Vgl. Art.  2 Décret du 28 février 1852 sur les sociétés de crédit foncier, Bull., n°  3930, D. P. 52, 4, 120 ff. m. w. Materialien. 391   Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  19–22; zur Beteiligung des Bankhauses Sal. Oppenheim jun. & Co. Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  186. 392   In Deutschland galt daher ab Inkrafttreten des BGB das Genehmigungserfordernis des §  795 für die – ganz vorherrschenden – Inhaberpfandbriefe. Allerdings wurde die Genehmigung vielfach den Hypothekenbanken »ein für allemal« erteilt; vgl. nur Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  6 4, 69; Löhr, Das Hypothekenbankgesetz, S.  134. 393   »Kommunaldarlehen« für »Kommunalobligationen«, »Kleinbahndarlehen« für »Kleinbahnobligationen« (vgl. einmal mehr Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  83–87) sowie in Deutschland später Schiffs- und neuerdings Flugzeugdarlehen für die entsprechenden Pfandbriefe (Gesetz über Schiffspfandbriefbanken [Schiffsbankgesetz] vom 14. August 1933, RGBl.  I, S.  583, nunmehr Abschnitt 3 Unterabschnitt 3 PfandBG; zu Flugzeugpfandbriefen Abschnitt 3 Unterabschnitt 4 PfandBG, eingefügt durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts vom 20. März 2009, BGBl.  I, S.  607; dazu Reuleaux/Reimann, in: Der Pfandbrief 2009/2010, S.  46, 52 ff.). 394   Vgl. Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  69–71; Löhr, Das Hypothekenbankgesetz, S.  133.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

und Zins der ausgegebenen Pfandbriefe395 sicherstellen. Die landesrechtlichen Normativbestimmungen sowie die seit Beginn des 20. Jahrhunderts geltenden gesetzlichen Regelungen enthielten weitere standardisierende Vorgaben 396 . So war etwa unter den neuen Preußischen Normativbedingungen von 1893 sowie unter dem deutschen Hypothekenbankgesetz von 1899 ein Kündigungsrecht der Pfandbriefgläubiger ausgeschlossen 397 ; der Nennwert der französischen lettres de gage durfte nicht geringer sein als 100 Francs398 . Der Pfandbrief war nach alldem seit jeher eine vergleichsweise stark typisierte Schuldverschreibung399 und ist dies auch unter der neuen Pfandbriefgesetzgebung400 geblieben.

IV.  Herausbildung der klassischen Industrieanleihen Schon zu Beginn der Industrialisierung unterschied man zwischen Formen der wertpapiermäßigen Kapitalaufnahme, die in einer dauerhaften Unternehmensbeteiligung bestanden, und anderen, die auf spätere Tilgung angelegt waren und keine Teilnahmerechte gewährten. Zwar gab es Mischformen, wie etwa fest verzinsliche oder rückzahlbare Aktien oder Schuldverschreibungen, die neben dem Zins eine Gewinnbeteiligung versprachen. Auch war die Terminologie anfangs noch nicht gesichert401. Nach und nach kam es jedoch zu einer Klärung; es bildete sich die klassische Industrieobligation als fest verzinsliche Schuldverschreibung402 mit vorab bestimmtem, allenfalls durch Auslosung vorverlegtem Rückzahlungstermin oder laufender Amortisation heraus403 . Für diese Entwicklung dürften verschiedene Faktoren maßgeblich gewesen sein.

  Vgl. etwa §  6 Abs.  1 des Hypothekenbankgesetzes (HBG) vom 13. Juli 1899, RGBl.  S .  375.   Zu allem Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  43–58; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  23 ff. 397   §  2 Abs.  2 der Preußischen Normativbestimmungen von 1893, Ministerialblatt der innern Verwaltung S.  153 (bei Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  293); §  8 Abs.  2 Satz 2 HBG. 398   Art.  15 Décret du 28 février 1852 (Fn.  390). 399   S. a. Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  6 4: »Die Pfandbriefe der deutschen Hypothekenbanken sind zwar nicht gleich, stimmen aber immerhin in der Hauptsache überein, so daß die Verschiedenheit sich im allgemeinen nur auf Nebenpunkte und auf Textfassungen bezieht.« 400   S. für Deutschland das Pfandbriefgesetz (PfandBG), erlassen als Art.  1 des Gesetzes zur Neuordnung des Pfandbriefrechts vom 22. Mai 2005, BGBl.  I, S.  1373, i.  d.  F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts (o. Fn.  393); zu anderen europäischen Ländern Überblick bei Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  77–129. 401   S. nur Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  150 ff.; von Savigny, Obligationenrecht II, S.  122; s. a. oben bei Fn.  212. 402   Vgl. nur Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  21: »Eine Obligation hat nur Anspruch auf ein fixum, .  .  .«; Guyon, ZGR 1995, 208. 403   Für Frankreich Buchère, Traité des valeurs mobilières, n°  490 ff. (S.  243 ff.); Aubry, Des obligations .  .  ., n°  95 (S.  92–95), n°  104 ff. (S.  99 ff.); für Deutschland z. B. Abschn. I Tit. 2 II. §  11 des Vorentwurfs von Kübels, abgedruckt bei Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der 395

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B.  Die Schuldverschreibung

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1.  Das Vorbild der Staatsanleihen Für die Herausbildung der klassischen Industrieobligation spielten die Staatsanleihen gleich in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Sie waren zum ersten Vorbild für die Massenemission von Schuldtiteln. Zum zweiten kamen die auf dem Markt für Staatsanleihen aktiven Händler und Investoren auch als Kapitalgeber für die Industrie in Betracht, sodass es sinnvoll erscheinen musste, sich an den Eigenschaften der Staatspapiere zu orientieren. Zum dritten schließlich betrieben die an der Platzierung von Staatsanleihen beteiligten Bankhäuser oft auch die Industrie- und insbesondere die Eisenbahnfinanzierung, wie überhaupt Eliten der Politik und der Finanzwelt in engsten persönlichen Verbindungen standen404 . Die beteiligten Bankhäuser griffen daher auf dieselben Mechanismen und Techniken zurück, die sie für den Staatskredit nutzten. So wurden die Industrieanleihen schon aufgrund des Genehmigungserfordernisses405 nicht von den Unternehmen selbst durch freihändige Subskription untergebracht, sondern von einem Bankhaus oder Konsortium eine »Generalobligation« übernommen, auf die dann wieder »Partialobligationen« bzw. »Teilverschreibungen« mit dem Giro des Bankiers emittiert wurden406 . 2.  Der Einfluss des Pfandbriefs Zumindest auf dem europäischen Kontinent ist ein gewisser Einfluss auch dem Pfandbrief zuzuschreiben407. Pfandbriefe und Staatsanleihen beherrschten bereits die Rentenmärkte, als Unternehmen begannen, Industrieanleihen in großem Stil zu emittieren. Die Nähe zwischen Schuldverschreibung und Pfandbrief zeigt sich nicht zuletzt darin, dass Industrieanleihen über Jahre hinweg oft mit einer grundpfandrechtlichen Sicherung versehen waren408 . Dies geschah meist dadurch, dass zugunsten des die Partialobligationen ausgebenden Bankhauses oder zugunsten Schuldverhältnisse I, S.  477; Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften II, S.  479; Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  31. 404   S. zum Bankhaus S. Bleichröder Landes, 5 Leo Baeck Inst. Yb. 201, 208–210 (1960); Stern, Gold und Eisen, S.  10, 27 f., 31, 63, 93–95, 136 f., 142, 146 f., 149 f. (vor 1871); 213, 234, 268–275 (im Kaiserreich); zum Bankhaus Bethmann Helbing, Die Bethmanns, S.  29, 82 ff. sowie Achterberg, Der Bankplatz Frankfurt am Main, S.  55 ff.; zu Sal. Oppenheim jun. & Co. Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  69–71, 129 f. Das Bankhaus der Rothschilds konzentrierte sich hingegen nach anfänglichem Interesse an der Eisenbahnindustrie weiter auf Staatsanleihen, vgl. Liedtke, N M Rothschild & Sons, S.  24 f.; Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  16. 405   Dazu und zur Ausnahme für Banken sogleich. 406   Ausführlich N. N., Bl.  f. Rechtsanw. 11 (1846), 1 ff. Vgl. a. Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  145; Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  130 f.; Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, S.  475–477. 407   Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  71 f.; die Parallele zwischen Industrieobligation (»Prioritätsactie«) und Pfandbrief betont schon von Savigny, Obligationenrecht II, S.  115. 408   S. für Deutschland Bösselmann, Die Entwicklung des deutschen Aktienwesens, S.  145; Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  130; Seuffert, SeuffA 7 (1854) Nr.  223 (S.  277); Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  75 f.; aus neuerer Zeit Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungs-

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

eines »Repräsentanten« der Anleihegläubiger an einem Unternehmensgrundstück eine Hypothek bestellt wurde409. Eingetragener Hypothekengläubiger war also der Bankier oder der Repräsentant, nicht der einzelne Obligationeninhaber – eine weitere Parallele zum Pfandbrief410 . Derart besicherte Anleihen waren auch in England und den U. S. A. üblich; an die Stelle eines Repräsentanten trat typischerweise ein Trustee oder eine Trust Company411. Ein direkter Einfluss des Pfandbriefs ist hier sicher nicht zu unterstellen; immerhin wurden aber die Pfandbriefe des Kontinents auch an englischen Börsen gehandelt412 und prägten so auch dort das Bild des Rentenmarktes mit. 3.  Genehmigungserfordernis und gesetzliche Vorgaben Solange für die Aktiengesellschaft das Konzessionssystem galt, konnte dort, wo hohe Anforderungen an die Genauigkeit der Statuten gestellt wurden, die Genehmigung der Gesellschaft zugleich eine Genehmigung der Emission bestimmter in den Statuten genannter Schuldverschreibungen beinhalten; dementsprechend bedurfte es bei Gesellschaften, deren Statuten die Aufnahme von Finanzmitteln durch Emission von Schuldverschreibungen nicht vorsahen, einer nachträglichen Genehmigung413 . Da aber bei Abfassung der Statuten Einzelheiten künftiger Kapitalaufnahmen noch nicht bekannt waren, entfaltete dieses allgemeine Genehmigungserfordernis kaum typisierende Wirkung für die Ausgestaltung späterer Schuldverschreibungen. Überwiegend wurde jedoch ohnehin angenommen, dass eine Handelsgesellschaft auch bei Fehlen einer gesonderten Bestimmung in den Statuten Schuldverschreibungen emittieren durfte414 . Eine standardisierende Wirkung des allgemeinen Konzessionserfordernisses war hier von vornherein ausgeschlossen.

reform begebenen Industrie-Anleihen, S.  29 f.; Stier, Die Sicherung von Industrieanleihen, S.  81; für Frankreich Aubry, Des obligations .  .  ., n°  153 ff. (S.  137 ff.). 409   N. N., Bl.  f. Rechtsanw. 11 (1846), 1, 3, 5; Aubry, Des obligations .  .  ., n°  158–164 (S.  140– 147). Ein Akzessorietätsproblem sah man zwar in Frankreich (Aubry, a.a.O.), offenbar jedoch nicht in Deutschland, obwohl man davon ausging, dass der Bankier seine Rückzahlungsforderung an die Inhaber der Obligationen zedierte; das BGB sollte später in den §§  1187–1189 Sondervorschriften enthalten. 410   Allerdings wurde davon ausgegangen, dass (auch) der einzelne Obligationengläubiger »das ihm cedierte Hypothekenrecht« geltend machen könne; s. N. N., Bl.  f. Rechtsanw. 11 (1846), 1, 9–11. 411   Vgl. nur Cook, A Treatise on the Law of Corporations I, §  14 (S.  69). 412   Ein früher Versuch eigener Pfandbriefgesetzgebung war wenig erfolgreich: Mortgage Debenture Act 1865 (28 & 29 Vict., c. 78); Mortgage Debenture (Amendment) Act 1870 (33 & 34 Vict., c. 20), aufgehoben durch Gesetz vom 23. Juli 1958; dazu Pleyer/Bellinger, Das Recht der Hypothekenbanken in Europa, S.  23 (Gesetze auszugsweise abgedruckt auf S.  297–301). 413   Vgl. für Frankreich Buchère, Traité des valeurs mobilières, n°  486 (S.  240 f.). 414   Vgl. für England In re Inns of Court Hotel Co., (1868) L. R. 6 Eq.  82; Pennington, Company Law, S.  555; für die U. S. A. Cook, A Treatise on the Law of Corporations III, §§  760 ff. (S.  2562 ff.) m. w. N.

B.  Die Schuldverschreibung

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Anders stellte sich die Lage dar, wo zusätzlich – oder nach Ende des Konzessionssystems allein – gerade auch die einzelne Emission der staatlichen Genehmigung bedurfte. Auch konnten sonstige gesetzliche Vorgaben mittelbar typisierend wirken. a)  Deutschland Unter dem Einfluss des römischen Rechts, das eigentliche Inhaberpapiere nicht kannte, nahm die deutsche Rechtswissenschaft – entgegen der verbreiteten Praxis415 – schon für das gemeine Recht vielfach an, dass Inhaberpapiere nur bei besonderer staatlicher Konzession gültig sein könnten416 . In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten dann die meisten deutschen Staaten explizit eine Genehmigungspflicht für die Ausgabe von Inhaberschuldverschreibungen ein; in einzelnen Fällen wurde die private Emission von Inhaberschuldverschreibungen vorübergehend gar gänzlich verboten417. Die Erteilung von Genehmigungen wurde dabei sehr restriktiv gehandhabt, was neben dem Schutz vor Missbräuchen und vor der Einführung eines privaten Papiergeldes nicht zuletzt auch dazu diente, keine Konkurrenz für staatliche Anleihepapiere zu schaffen418 . In Preußen, dem Vorreiter des gesetzlichen Genehmigungserfordernisses, durften aufgrund eines Gesetzes von 1833 Inhaberschuldverschreibungen nur ausgegeben und in Umlauf gesetzt werden, wenn dies zuvor durch landesherrliches Privilegium genehmigt worden war419. Eine Genehmigung wurde indessen kaum je erteilt; die erste Konzessionierung einer Inhaberschuldverschreibung erfolgte 1874 anlässlich der großen KruppAnleihe420 . Ausnahmen galten zum einen für öffentliche Korporationen und einige 415   ROHG, Urteil vom 27. Februar 1875, SeuffA 31 (1876), Nr.  275 (S.  350); Seuffert, SeuffA 7 (1854), Nr.  223 (S.  277). 416   S. etwa von Gönner, Von Staats-Schulden, deren Tilgungs-Anstalten und vom Handel mit Staatspapieren I, §  58 (S.  180 f.); Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S.  458; von Savigny, Obligationenrecht II, S.  122–130; Souchay, Zeitschr. f. dt. Recht u. dt. Rechtswiss. 11 (1847), 1, 16 ff.; vgl. a. ders., AcP 10 (1827), 143, 151 ff.; a. A. von Kerstorf, Über die Schutzmittel des Eigenthums an Papieren au porteur in Deutschland, S.  94. Zu allem umfassend von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, S.  35 ff. m.Nw. 417   Zu den einzelnen deutschen Staaten s. von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, S.  124 ff., sowie von Kübel, Zusammenstellung der in Deutschland in Ansehung der Inhaberpapiere geltenden Rechtsnormen, unter Berücksichtigung der Literatur und fremder Gesetze, Beilage zu den Motiven, betr. die Inhaberpapiere, Motive zu Abschn. I Tit. 2 II. Einseitiges Versprechen, S.  76, 79 ff., abgedruckt bei Schubert (Hrsg.), Die Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse I, S.  558, 561 ff. 418   S. schon von Savigny, Obligationenrecht II, S.  125 f. 419   Gesetz vom 17. Juni 1833, wegen Ausstellung von Papieren, welche eine Zahlungsverpflichtung an jeden Inhaber enthalten, Gesetz-Sammlung für die königlich preußischen Staaten 1833, No.  1439, S.  75 f.; vgl. Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  131. 420   Vgl. Krüger, Das Kölner Bankiergewerbe, S.  102, 161; Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  74 f.; s. a. Welcker, Inhaberaktie und Industrieobligation, S.  14: ».  .  . da diese Genehmigung nur in seltenen Fällen erteilt wurde, .  .  . so kommen Industrieinhaberobligationen praktisch in Wegfall«.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Eisenbahngesellschaften; zum anderen unter Umständen aber auch bei der Einschaltung von Banken421. Durch das Genehmigungserfordernis wurden für die Inhaberpapiere die Möglichkeiten freier Gestaltung nicht unerheblich eingeschränkt; Aussicht auf Zulassung hatten nur Schuldpapiere, deren Ausstattung denjenigen entsprach, die an den Kapitalmärkten bereits bekannt waren422 . Aufgrund eines Gesetzes von 1871 durften zudem »Inhaberpapiere mit Prämien«, also Emissionen, bei denen auf einzelne Papiere durch Auslosung oder sonst nach dem Zufallsprinzip eine Prämie entfallen sollte, »nur auf Grund eines Reichsgesetzes und nur zum Zwecke der Anleihe eines Bundesstaats oder des Reichs ausgegeben werden«423 . Das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch übernahm, wie schon das sächsische Bürgerliche Gesetzbuch von 1865424 , das Genehmigungserfordernis für solche Inhaberschuldverschreibungen, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wurde, unter anderem auch mit dem ausdrücklichen Ziel der Einflussnahme auf die Emissionsbedingungen425 , und ließ den Staatsvorbehalt für Prämienpapiere bestehen426 . Nicht zuletzt wegen des Genehmigungserfordernisses für Inhaberschuldverschreibungen wurden Anleihen auch in Form von Orderschuldverschreibungen begeben. Dabei wurde als erster Nehmer das emissionsführende Bankhaus benannt. Da ein Regress ausgeschlossen und eine Weitergabe durch Blankoindossament möglich war, ließen sich durch eine Orderschuldverschreibung die Wirkungen eines Inhaberpapiers erreichen427. Folgerichtig wurde im Jahre 1954 das Genehmigungserfordernis für Inhaberschuldverschreibungen auf Orderschuld-

421   Mühlenbruch, Die Lehre von der Cession der Forderungsrechte, S.  459 f.; Schuldverschreibungen konnten auf den Namen eines Bankhauses ausgestellt werden, welches die Papiere mit seinem Blankoindossament versah, vgl. Vonberg, Entwicklung und Strukturwandel der Schuldverschreibungen deutscher Unternehmungen unter dem Einfluß nationalsozialistischer Kapitalmarktpolitik, S.  73. 422   Vgl. nur von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, S.  179 f.; Jacobi, Die Wertpapiere, §  42 (S.  258) mit dem Hinweis, durch die Genehmigung konnte »auf Abänderung der Emissionsbedingungen hingewirkt werden.« 423   Gesetz, vom 8. Juni 1871 betreffend die Inhaberpapiere mit Prämien, RGBl.  1871, S.  210. 424   §  1040 Sächsisches BGB. 425   §  795 BGB a. F.; dazu z. B. Jacobi, Die Wertpapiere, §  42 (S.  258 ff.). Zu den Erwägungen Motive II, S.  718 ff. (».  .  . auf die Gestaltung der Emissionsbedingungen einzuwirken .  .  .«); Überblick auch in BR-Drucks. 466/89 vom 8. September 1989, S.  4 f.; zur Aufhebung des Genehmigungserfordernisses im Jahre 1990 s. unten unter V 4 (bei Fn.  505 ff.). Die Durchführungsgesetze enthielten keine inhaltlichen Vorgaben: Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens vom 8. Dezember 1931, Erster Teil, Kap. III, Erster Abschnitt, §  6 (RGBl.  I, S.  699, 703); Gesetz über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen vom 26. Juni 1954 (BGBl.  I, S.  147). 426   Jacobi, Die Wertpapiere, §  42 (S.  257). 427   Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  27.

B.  Die Schuldverschreibung

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verschreibungen ausgedehnt428 . Dabei verfolgte der Gesetzgeber weiterhin unter anderem das Ziel, auf die Anleihebedingungen Einfluss zu nehmen429. Neben dem allgemeinen Genehmigungserfordernis für Inhaberschuldverschreibungen galt bis 1998 ein spezielles Genehmigungserfordernis für Geldschulden in fremder Währung und Geldschulden, die an eine fremde Währung, einen Preis oder eine Menge von Feingold oder anderen Gütern und Leistungen gebunden waren430 . Dieses Genehmigungserfordernis erfasste auch Schuldverschreibungen und wurde zunächst sehr restriktiv gehandhabt431. Zeitweise war zudem der Zinssatz für Industrieobligationen gesetzlich festgelegt, was in einem höheren Zins­ umfeld den Auflegungskurs drückte432 . Schließlich machten der Spiel- und der Differenzeinwand433 Geschäfte mit spekulativem Charakter unverbindlich. Schuldverschreibungen, in die von vornherein ein derivatives Element eingebaut war, schieden schon deshalb praktisch aus. b)  Frankreich In Frankreich konnte sich demgegenüber kein solches Genehmigungserfordernis dauerhaft durchsetzen434 , was von der Literatur teilweise bedauert wurde435 . Die private Ausgabe von Obligationen war allen Gesellschaften erlaubt und setzte lediglich voraus, dass die Bilanz des ersten Geschäftsjahres aufgestellt war. Für eine Vereinheitlichung des Erscheinungsbildes von Industrieanleihen sorgten aber recht genaue gesetzliche Vorgaben, etwa zur Gleichstellung der Obligationengläubiger sowie zum Inhalt der Schuldverschreibungsurkunde436 , und nicht zuletzt

428   §  808a BGB a. F., eingefügt durch §  2 des Gesetzes über die staatliche Genehmigung der Ausgabe von Inhaber- und Orderschuldverschreibungen vom 26. Juni 1954, BGBl.  I, S.  147. 429   BT-Drucks. 2/272. 430   §  3 des Währungsgesetzes vom 20. Juni 1948 (WiGBl.  Beilage Nr.  5, S.  1), aufgehoben durch Art.  9 §  1 des Gesetzes zur Einführung des Euro (Euro-Einführungsgesetz – EuroEG) vom 9. Juni 1998, BGBl.  I, S.  1242, 1253. 431   Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  26. 432   So 1950–1952 auf 6,5%; näher Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  42 f., 52 f. m.Nw. 433   §  762 Abs.  1 Satz 1 BGB: »Durch Spiel oder Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet.« §  764 BGB a. F.: »Wird ein auf Lieferung von Waren oder Wertpapieren lautender Vertrag in der Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Teile an den gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als Spiel anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Teiles auf die Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere Teil aber diese Absicht kennt oder kennen muß.« 434   Zur wechselvollen Geschichte Aubry, Des obligations .  .  ., n°  98 (S.  96 f.); Brunner, in: Festschrift für Heinrich Thöl, S.  7, 69 ff.; von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, S.  227–233 m.Nw.; kurze deutschsprachige Bemerkungen zur jüngeren Zeit bei Ferid/Sonnenberger, Das Französische Zivilrecht II, Rn.  2 M 432 f. (S.  423 f.). 435   Buchère, Traité des valeurs mobilières, n°  496 (S.  248). 436   Décret-loi du 30 octobre 1935 relatif à la protection des obligataires, J. O. vom 5. November 1935, S.  11826.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

auch die Rechtsprechung, indem sie Gestaltungen, in denen dem Zufallselement der Verlosung zu großes Gewicht zukam, als verbotene Lotterie einstufte437. c)  England und die U. S. A. England und in Englands Gefolge die U. S. A. kannten ein solches Genehmigungserfordernis für die einzelne Emission ebenso wenig438 wie genauere inhaltliche Vorgaben, was eine große Vielfalt an Obligationen erlaubte439. Inhaberpapiere waren unter anderem als Inhaberwechsel oder auf den Inhaber gestellte promissory notes derart verbreitet, dass ein generelles Verbot oder auch nur ein Genehmigungserfordernis ausschied; erst recht galt dies für Namenspapiere, die vor allem in den U. S. A. eine bedeutende Rolle spielen. Überdies stand und steht bis heute bei Unternehmensanleihen insbesondere in England nicht deren Wertpapiercharakter im Vordergrund, sondern vielmehr der Aspekt der – typischerweise am Unternehmensvermögen besicherten – Kreditaufnahme. So gilt das Augenmerk von Gesetzgebung, Praxis und Literatur den Voraussetzungen der Bestellung von Sicherheiten für die Obligationengläubiger, und hier insbesondere der floating charge, etwa was die Eintragung in den entsprechenden Registern der Gesellschaft angeht440 . Ob es sich um Inhaber- oder um Orderpapiere handelt, ja selbst ob überhaupt eigentliche Wertpapiere geschaffen werden und deren Emission und Umlauf beabsichtigt sind, fand und findet weniger Aufmerksamkeit. Mangels eines klar abgegrenzten Instituts der Schuldverschreibung441 ist daher auch keineswegs von vornherein ausgeschlossen, dass der Emittent dem jeweiligen Inhaber Einwendungen aus früheren Rechtsverhältnissen, insbesondere Einwendungen gegen den ersten Inhaber, entgegensetzen kann442 . Einen Einwendungsausschluss bei Inhaberpapieren entwickelte die englische Rechtsprechung erst um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert443 . 437   Cass. crim. vom 10. Februar, 24. März und 4. Mai 1866, D. P. 1866, 1, 283–285; Cour d’appel de Paris vom 25. März 1870, D. P. 1870, 2, 165; dazu Buchère, Traité des valeurs mobilières, n°  498 (S.  250); ausführlich auch zur späteren Rechtsprechung Aubry, Des obligations .  .  ., n°  118–146 (S.  107–129). 438   Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in den U. S. A. Überlegungen, Wertpapieremissionen von Eisenbahnen nur nach Genehmigung der Interstate Commerce Commission zuzulassen; hierzu kam es aber nicht (vgl. Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  29). 439   Deutschsprachiger Überblick bei Kalveram, ZfB 1 (1924), 414, 422 ff.; Kuntze, Die Lehre von den Inhaberpapieren, §  23 (S.  9 0–93); von Poschinger, Die Lehre von der Befugniß zur Ausstellung von Inhaber-Papieren, §§  24 f. (S.  233–236); Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  6 –20; s. für England Burn, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  219, 223. 440   Vgl. oben Kapitel 6 B I 6. 441   Unter dem Oberbegriff der debt securities begegnen Unternehmensanleihen in England in der Form von debentures, debenture stock, loan stock und loan notes (vgl. Pennington, Company Law, S.  556–559); in den U. S. A. (Definitionen bei Cook, A Treatise on the Law of Corporations I, §  14 [S.  68 ff.]; Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  7 ff.) ist – anders als in England – der Begriff debenture heute für unbesicherte Anleihen reserviert. 442   Vgl. Pennington, Company Law, S.  609 ff. 443   Bechuanaland Exploration Co. v. London Trading Bank, Ltd., [1898] 2 Q. B. 658; Edelstein v. Schuler & Co., [1902] 2 K. B. 144; Kurzbericht in 12 Yale L. J. 252 (1903).

B.  Die Schuldverschreibung

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Immerhin wurde aber in England angesichts einer Flut von Papieren, die auf sehr niedrige Beträge lauteten und daher sowohl als Geldersatz als auch als Spekulationsobjekt selbst für die ärmsten Teile der Bevölkerung in Betracht kamen, bereits im Jahre 1775 ein Mindestnennbetrag eingeführt444 und diese Gesetzgebung im Jahre 1808 verschärft445 . Für diejenigen Papiere, die an der Londoner Börse notiert waren, verlangten die Börsenzulassungsregeln zudem einen festen Zins446 . In den U. S. A. spielte die Kapitalaufnahme durch Unternehmensanleihen trotz frühzeitiger Anerkennung als negotiable instruments447 zunächst gegenüber der Kapitalaufnahme durch Aktien eine eher untergeordnete Rolle448 . Vielleicht aus diesem Grund bestanden kaum zwingende Vorgaben, man verzichtete insbesondere auf die Festlegung eines Mindestnennbetrags449. Lediglich solche Emissionen, die sich als Lotterie darstellten, waren ausgeschlossen450 . 4.  Zusammenfassung Auch wenn jede Emission von Schuldverschreibungen – seien es Staatsanleihen, Pfandbriefe oder Industrieobligationen – verschieden war, hatte sich doch für eine gewisse, ungefähr in den mittleren Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu verortende Periode ein relativ einheitliches Grundmuster für Schuldverschreibungen herausgebildet: Schuldverschreibungen trugen eine feste Verzinsung; sie wurden periodisch amortisiert oder bei Endfälligkeit zurückgezahlt. Nicht selten war der Emittent zur vorzeitigen Kündigung, unter Umständen nach Auslosung, berechtigt. Unterschiedlich waren naturgemäß die Stückelung, für die es allenfalls Untergrenzen gab, die Laufzeit, der Zinssatz und der Ausgabe- sowie der Tageskurs.

V.  Zurückdrängung und Auflösung der Typizität Bereits während sich auf einigen Gebieten noch eine Steigerung der Typizität vollzog, wurde sie auf anderen Gebieten zurückgedrängt oder gar aufgelöst. Eine Zurückdrängung findet sich überall schon in Gestalt der Entwicklung immer neuer, besonderer Formen von Schuldverschreibungen, von denen hier nur die Wandel444   An Act to restrain the Negotiation of Promissory Notes and Inland Bills of Exchange, under a limited Sum, within that Part of Great Britain called England (15 Geo. 3, c. 51). 445   An Act to restrain the Negotiation of Promissory Notes and Inland Bills of Exchange, under a limited Sum, in England (48 Geo. 3, c. 88), abgedruckt z. B. bei Chitty, A Practical Treatise on Bills of Exchange, S.  666 ff. 446   Pennington, Company Law, S.  623, 632. 447   Vgl. Morris Canal & Banking Co. v. Fisher, 1 Stockt. 667, 699 (1855); White v. Vermont and Massachusetts Railroad Company, 62 U. S.  575, 577 (1858); Colson v. Arnot, 57 N. Y. 253 (1874); Cook, A Treatise on the Law of Corporations III, §  766 (S.  2650 ff.). 448   Vgl. Note, 24 Harv. L. Rev. 389, 390 (1911); s. a. die statistischen Angaben bei Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  81 ff. 449   Vgl. Cook, A Treatise on the Law of Corporations III, §§  760 ff. (S.  2562 ff.) m. w. N.  auch zu einzelstaatlichen Regelungen, die sich auf das Verhältnis von Nennwert und Ausgabepreis bezogen (§  766 [S.  2618–2638]). 450   Cook, A Treatise on the Law of Corporations III, §  762 (S.  2576) m.Fn.  2.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

und Optionsanleihen sowie die Schuldverschreibungen mit Gewinnbeteiligung oder variabler Verzinsung näher betrachtet werden sollen. Handelt es sich bei diesen im Ausgangspunkt aber noch um relativ gut konturierte Institute, so hat die weitere Entwicklung der letzten Jahrzehnte darüber hinaus zum einen die Grenze zwischen Aktie und Schuldverschreibung verwischt, zum anderen mit den Zertifikaten Papiere geschaffen, die zwar als Anleihe auftreten, aber der Sache nach jeden beliebigen Inhalt annehmen können. 1.  Wandel- und Optionsanleihen In England und vor allem in den U. S. A. tauchten Wandelanleihen (convertible bonds bzw. bonds convertible into stock) und Optionsanleihen (bonds with stock purchase warrant) bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf und erlebten um die Jahrhundertwende eine erste Blüte451. Der Anleger erwarb mit einem solchen Papier neben den herkömmlichen Ansprüchen aus einer Schuldverschreibung die Option, seine Gläubiger- in eine Aktionärsstellung zu verwandeln452 . Papiere, die dem Anleger eine derart vorteilhafte Stellung verschafften, wurden zunächst hauptsächlich beim erstmaligen Aufbau risikoträchtiger Großunternehmungen – in den U. S. A. insbesondere im Eisenbahnbau – genutzt, da hier große Mengen Kapitals eingesammelt und daher den Anlegern besonders attraktive Konditionen geboten werden mussten453 ; eine Rolle spielte aber auch der Schutz vor Inflation, wie sie der U. S.-Dollar zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlebte454 . Der Entwicklung und relativen Verbreitung dieser Papiere kam sicherlich zugute, dass das angloamerikanische Recht von Anfang an den Aktie und Obligation einenden Gedanken der Kapitalbeschaffung in den Vordergrund stellte455 . Die mit der Umwandlung der Obligationen in Aktien bzw. der selbständigen Ausübung der Option eventuell verbundene Kapitalerhöhung bedurfte, wenn die Emission von den Aktionären gebilligt war, regelmäßig keiner weiteren Autorisierung und konnte insbesondere dann, wenn das ausgegebene Grundkapital geringer war als der »authorized stock«, ohne Weiteres durchgeführt werden. Unberührt blieben 451   Vgl. z. B. für die U. S. A. Belmont v. Erie R. Comp., 52 Barb. 637 (1869); Hotchkiss v. National Banks, 88 U. S.  354 (1874); Ballantine, Ballantine’s Manual of Corporation Law and Practice, §  144 (S.  444 f.); Hills, 19 Calif. L. Rev. 1 (1930); Rasch, Wandel-Schuldverschreibungen, S.  4 ff.; s. a. die Nachweise in 6 Colum L. Rev. 184–187 (1906); für England Mosely v. Koffyfontein Mines Ltd., [1904] 2 Ch. 508; Pennington, Company Law, S.  250 ff.; s. a. Kalveram, ZfB 1 (1924), 414, 431; Linnhoff, Optionsanleihen, S.  33–35, 89 ff.; Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  16 -18. 452   S. nur Berle, Studies in the Law of Corporation Finance, S.  133 m.Fn.  3. 453   Vgl. Cook, A Treatise on the Law of Corporations I, §  283 (S.  772), dessen Werk von 1908 convertible bonds von Anfang an mit railroad corporations in Verbindung bringt; s. a. Melchior, Bankarchiv 12 (1912/13), 354 re.Sp.; Hartmann, Bankarchiv 24 (1924/25), 70 re.Sp.; Rasch, Wandel-Schuldverschreibungen, S.  4. 454   Garner/Forsythe, 4 S.  Cal. L. Rev. 269 (1931). 455   Vgl. Flechtheim, RabelsZ 3 (1929), 101, 104 f.; Urbanczyk, Aktienähnliche Schuldverschreibungen, S.  6 ff. Selbst stock convertible into bonds war möglich, vgl. Catlin v. Green, 120 N. Y. 441 (1890).

B.  Die Schuldverschreibung

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allerdings die sonstigen Regelungen, etwa über die volle Einzahlung und über eventuelle Vorkaufsrechte bestehender Aktionäre456 ; auch hatte die Rechtsprechung in einer Reihe von Einzelfällen zu klären, wie zwischenzeitliche Veränderungen, beispielsweise in der Kapitalstruktur der Gesellschaft durch Emission neuer Aktien, behandelt werden sollten457. Demgegenüber waren in Deutschland Wandelanleihen um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert offenbar noch gänzlich unbekannt458 . Eine erste Erörterung, die vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs erschien459, musste bis nach Kriegsende warten, um größere Aufmerksamkeit zu finden. Gerade die Kriegsfolgen, insbesondere die Kapitalarmut der deutschen Aktiengesellschaften und die Inflationsgefahr, die die Platzierung gewöhnlicher Anleihen erschwerte, entfachten in den Zwanzigerjahren eine rege Diskussion um gesetzgeberische Erleichterungen der Unternehmensfinanzierung. In dieser Diskussion spielte die Wandelanleihe eine prominente Rolle460 . Dabei ging es einerseits um die Frage, ob ein solches Instrument überhaupt rechtspolitisch wünschenswert war und tatsächlich helfen könnte, ausländisches und insbesondere amerikanisches Kapital anzuziehen461, andererseits wurde überlegt, ob nicht schon unter dem damals geltenden Recht Wandelanleihen begeben werden konnten462 . Schließlich wurden die Wandelanleihen in einer Notverordnung des Jahres 1934463 erstmals kodifiziert und 1937 in das neue Aktiengesetz aufgenommen. Technisch geschah dies so, dass man zum einen die bedingte Kapitalerhöhung erlaubte und für diese besondere Voraussetzungen, insbesondere einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss sowie Registeranmeldung und -eintragung vorsah, zum anderen ein besonderes Genehmigungserfordernis für Wandelanleihen aufstellte464 . Erfasst wurden sowohl Wandelanleihen im engeren Sinne, bei denen den Gläubigern ein Umtauschrecht eingeräumt wurde, als auch Optionsanleihen, bei denen mit der Anleihe ein Recht auf den künftigen Erwerb von Aktien gegen Zahlung eines Bezugspreises verbunden war. 456   Cook, A Treatise on the Law of Corporations I, §  283 (S.  772 f.); Berle, Studies in the Law of Corporation Finance, S.  144 f.; Rasch, Wandel-Schuldverschreibungen, S.  6 ff. 457   Näher Berle, Studies in the Law of Corporation Finance, S.  146 ff. 458   Lehmann, Das Recht der Aktiengesellschaften, S.  459. 459   Melchior, Bankarchiv 12 (1912/13), 354–356. 460   Die Einführung einer gesetzlichen Regelung von Wandelanleihen wurde von Hachenburg und Flechtheim auf dem 33. Deutschen Juristentag in Heidelberg 1924 im Rahmen des Themas »Empfehlen sich Änderungen der Gesetzgebung zur Erleichterung der Kapitalbeschaffung durch Aktiengesellschaften?« vorgeschlagen (s. die Wiedergabe der Thesen nebst Begründung in Bankarchiv 24 [1924/25], 24, 28–30) und auf dem 34. Deutschen Juristentag von Lehmann unterstützt. Zu allem Linnhoff, Optionsanleihen, S.  19 ff.; von Hein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland, S.  159–161. 461   Gegen Hachenburg und Flechtheim etwa Springer, Bankarchiv 24 (1924/25), 4, 6 f.; Hartmann, Bankarchiv 24 (1924/25), 70–73; s. a. Rasch, Wandel-Schuldverschreibungen, S.  75 ff. 462   Netter, Bankarchiv 24 (1924/25), 259–263; Rasch, Wandel-Schuldverschreibungen, S.  11 ff. 463   Achte Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form vom 14. März 1934, RGBl.  I, S.  196. 464   §§  159 ff., 174 AktG 1937.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Das Aktiengesetz von 1965 übernahm diese Regelungen465 , verzichtete jedoch angesichts des damals noch geltenden allgemeinen Genehmigungserfordernisses für Schuldverschreibungen auf die besondere Genehmigung. Die Wandel- und insbesondere die Optionsanleihen brachten ein spekulatives Element in ein Umfeld, das ansonsten mit dem Spiel- und Differenzeinwand jeder Spekulation Einhalt zu gebieten suchte466 . Das gestiegene Interesse an derartigen Papieren in jüngster Zeit467 mag auch Spätfolge der Aufgabe dieser Einwände468 sein. Noch später als in Deutschland, aber ebenfalls durch Inflationsängste bedingt469, erhielt die Wandelschuldverschreibung in Frankreich eine gesetzliche Regelung. Erstmals 1953 ließ man die Emission von obligations convertibles en actions à un moment donné zu470 , welche dem Gläubiger nach einer Laufzeit von typischerweise zwei bis sechs Jahren für eine relativ kurze Zeit das Recht gewährten, die Schuldverschreibung in Aktien umzuwandeln. Allerdings löste dieses Gesetz das Problem zwischenzeitlicher Kapitalveränderungen dahingehend, dass solche Veränderungen ganz ausgeschlossen wurden471. Wegen der daraus folgenden »Lähmung« der Gesellschaft und der in der Praxis meist kurzen und daher wenig attraktiven Umtauschfrist472 schuf man 1966 die obligations échangeables contre des actions, bei denen ein Kreditinstitut treuhänderisch Aktien im erforderlichen Umfang hielt und sich zum Umtausch gegen die Anleihen verpflichtete473 ; gegenüber zwischenzeitlichen Veränderungen waren diese Papiere etwas großzügiger474 . Auf dem Weg über die obligations convertibles à tout moment 475 und die Optionsanleihe (obliga  §§  192 ff., 221 AktG 1965.   S. näher soeben IV 3 a (bei Fn.  433); vgl. zur Nichtanwendbarkeit dieser Einwände selbst auf abgetrennte Aktienoptionsscheine BGH, Urteil vom 16. April 1991, XI ZR 88/90, BGHZ 114, 177. 467   Schanz, BKR 2011, 410. 468   Dazu sogleich unter 4 (bei Fn.  509–512). 469   Vgl. nur Françon, Rev. trim. dr. com. 1954, 513, 514 f. 470   Décret n°  53-811 du 3 septembre 1953 portant règlement d’administration publique pour l’application de l’art. 1er de la loi n°  53-148 du 25 février 1953 et relatif à l’émission d’obligations convertibles en actions au gré des porteurs, J. O. vom 6. September 1953, S.  7908 = D. 1953, Législation, 322, auf der Grundlage von Art.  1er Loi n°  53-148 du 25 février 1953 relative à diverses dispositions d’ordre financier intéressant l’épargne, J. O. vom 26. Februar 1953, S.  1923 = D. 1953, Législation, 76. Vorstellung der Regelung bei Françon, Rev. trim. dr. com. 1954, 513, 533–538; zu den ersten Emissionen Limouzineau, Rev. écon. 11 (1960), 443, 450–452, 470. 471   Art.  5 Abs.  1: »A dater du vote de l’assemblée, il est interdit à la société, jusqu’à l’expiration du ou des délais d’option de faire une nouvelle émission d’obligations convertibles en actions, d’amortir son capital ou de le réduire par voie de remboursement, de distribuer des réserves en espèces ou en titre, de créer des parts bénéficiaires, d’incorporer des réserves ou des bénéfices à son capital et généralement de modifier la répartition des bénéfices.« Dazu Défossé, Les obligations convertibles en actions, S.  11–17; Françon, Rev. trim. dr. com. 1954, 513, 535 f. 472   Kritik bei Françon, Rev. trim. dr. com. 1954, 513, 535, 539; Guyon, ZGR 1995, 208, 209 f. 473   Art.  200–208 Loi n°  66-537 (Fn.  51); dazu Bonneau, Rev. trim. dr. com. 41 (1988), 535, 551. 474   Vgl. Art.  206 Loi n°  66-537 (Fn.  51). 475   Art.  5 Loi n°  69-12 du 6 janvier 1969 modifiant la loi n°  66-537 du 24 juillet 1966 sur les sociétés commerciales, J. O. vom 8. Januar 1969, S.  307; dazu COB, Bulletin mensuel n°  118 (Août– Septembre 1979), S.  20–24; dies., Bulletin mensuel n°  145 (Février 1982), S.  9 –11. 465

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B.  Die Schuldverschreibung

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tions avec bons de souscription d’actions), die die Schuldverschreibung mit einem Bezugsrecht kombinierte476 , kam es schließlich zur bereits dargestellten völligen Freigabe von Wertpapieren aller Art477. Ausdrücklich konnten nun auch Papiere jedweder Art ausgegeben werden, die dem Inhaber das Recht auf den späteren Erwerb einer Aktie oder anderen Kapitalbeteiligung verschaffen478 oder ein solches Bezugsrecht bzw. eine entsprechende Option isoliert verkörpern479. Die seither gegebenen Kombinationsmöglichkeiten480 hatten die Entwicklung diverser Formen von Schuldverschreibungen mit Umwandlungs- oder Bezugsrechten zur Folge481. Veränderungen der Kapitalstruktur oder Gewinnverteilung nach Ausgabe solcher Papiere sind nun nicht mehr kategorisch ausgeschlossen, sondern können von vornherein in den Emissionsbedingungen vorbehalten sein oder nachträglich von einer Versammlung der Inhaber dieser Papiere zugelassen werden, wobei es unter Umständen eines Ausgleichs bedarf482 . 2.  Schuldverschreibungen mit Gewinnbeteiligung Eine Gewinnbeteiligung statt eines festen Zinses war bei Anleihen der frühen Kapitalgesellschaften keine Seltenheit, fehlte es doch noch an einer klaren Abgrenzung zwischen Aktie und Obligation483 . In den U. S. A., wo diese Abgrenzung bis heute nicht streng durchgeführt wird, begegneten Schuldverschreibungen mit voller Kapitalrückzahlung, aber einer gewinnabhängigen Rendite, auch später offenbar keinen grundsätzlichen Bedenken. Eingesetzt wurden diese income bonds insbesondere im Rahmen der Restrukturierung von in Schwierigkeiten geratenen Eisenbahngesellschaften484 . Die genaue Ausgestaltung, insbesondere die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe ein relevanter Gewinn vorlag, war von Anfang an eine – vielfach stark umstrittene – Frage des Einzelfalls und hing von den jeweiligen Anleihebedingungen ab485 . Von einzelnen Phasen – etwa den 1960er Jahren – abgesehen, spielten income bonds allerdings in den U. S. A. bis heute keine große Rolle486 . In Deutschland kannte man mit den Genussrechten früh eine Form der Kapitalzufuhr, die den Anleger an Gewinn und Verlust beteiligte, aber kein Stimmrecht   Art.  194 ff. Loi n°  66-537 i.  d.  F. des Art.  8 der Loi n°  83-1 (Fn.  61).   S. o. Fn.  71. 478   Art.  339-1 der Loi n°  66-537 i.  d.  F. des Art.  1er Loi n°  85-1321 (Fn.  71). 479   Art.  339-5 der Loi n°  66-537 i.  d.  F. des Art.  1er Loi n°  85-1321 (Fn.  71). 480   Vgl. heute Art.  228-91 ff. Code de commerce 2000. 481   Vgl. Guyon, ZGR 1995, 208, 213. 482   Näher Art.  228-98 ff. Code de commerce 2000. 483   S. schon oben bei Fn.  215; weiter Meili, Die Lehre der Prioritätsactien, S.  20 f. 484   Vgl. Dewing, 25 Q. J. Econ. 396 (1911); Robbins, 33 Harv. Bus. Rev. 100, 102 (Nov.-Dec. 1977); Miller, 32 J. Fin. 261, 263 (1977). Von collateral trusts, die Aktien als Sicherheiten hielten, wurden auch participating bonds und profit sharing bonds begeben; dazu Rosenthal, Amerikanische Bonds, S.  15. 485   Cook, A Treatise on the Law of Corporations III, §  773 (S.  2679 ff.); Hansen, 13 N. Y. U. L. Rev. 407, 420 (1936). 486   Vgl. Miller, 32 J. Fin. 261, 263 (1977); Gergen/Schmitz, 52 Tax L. Rev. 119, 154 (1997). 476

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

mit sich brachte487. Gewinnschuldverschreibungen, bei denen der Beteiligung am Gewinn keine Beteiligung am Verlust gegenüberstand, sondern die Rückzahlung des Nennbetrags stets geschuldet war, hielt man hingegen zunächst für problematisch. Nach U. S.-amerikanischem Vorbild fanden sie jedoch in den 1920er Jahren einige Verbreitung. Die erste und inhaltlich bis heute kaum veränderte gesetzliche Regelung brachte das Aktiengesetz von 1937, dessen §  174 für Gewinnschuldverschreibungen wie für Wandelschuldverschreibungen einen Beschluss der Hauptversammlung vorsah und den Aktionären ein Bezugsrecht gab. Anders als die ihnen nahe stehenden Vorzugsaktien gewähren Gewinnschuldverschreibungen jedoch kein Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, auch nicht im Falle von Rückständen; die Inhaber von Gewinnschuldverschreibungen haben zudem kein gesetzliches Bezugsrecht auf Aktien. Die Praxis hat sich in den letzten Jahrzehnten indessen kaum noch der Gewinnschuldverschreibung bedient, sondern Formen der Kapitalbeteiligung mit gewinnabhängiger Rendite als Genussrecht ausgestaltet und gegebenenfalls in einem Genussschein verbrieft. Da Genussrechte nach heute herrschender Auffassung ebenfalls lediglich schuldrechtliche Bindungen zwischen Gesellschaft und Kapitalgeber erzeugen, ist eine Abgrenzung von Gewinnschuldverschreibungen und in Genussscheinen verbrieften Genussrechten letztlich nicht möglich488 . Frankreich war gegenüber Schuldverschreibungen mit Gewinnbeteiligung zunächst sehr skeptisch. Im Vordergrund standen dabei Bedenken, jegliche Papiere ohne festen Zins würden die Währungsstabilität beeinträchtigen; eine Rolle mögen auch die Erfahrungen mit den parts de fondateurs gespielt haben489. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden – anfangs noch recht zögerlich – »partizipierende« und »indexierte« Schuldverschreibungen zugelassen, wobei die französischen Staatsunternehmen der Privatwirtschaft den Weg bereiteten490 . Anlass war auch hier wieder die Zurückhaltung der Anleger angesichts einer hohen und schwankenden Inflation. Dabei ging man davon aus, dass nur eine Anbindung an Kennziffern des emittierenden Unternehmens selbst möglich sei. Trotz verbleibender Rechtsunsicherheit wurde eine ganze Reihe entsprechender Papiere erfolgreich platziert. Die Loi des finances 1959 setzte dem jedoch bereits wieder ein Ende491. Indessen war Frankreich bei den Genussscheinen Vorreiter492 . Als dem Genuss487   Zu den Ursprüngen Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, S.  39 ff., 49 ff. Zur Rolle der Genussrechte im Zusammenhang mit der Aufwertungsgesetzgebung ders., a.a.O., S.  61 f.; Vonberg, Entwicklung und Strukturwandel der Schuldverschreibungen deutscher Unternehmungen unter dem Einfluß nationalsozialistischer Kapitalmarktpolitik, S.  19 ff. (z. T. mit zeitbedingter Prägung). 488   S. nur Heeren, Kapitalgeberschutz und hybride Finanzierungsinstrumente, S.  81 ff. m. w. N. 489   Vgl. oben bei Fn.  63–65. 490   Zu allem Françon, Rev. trim. dr. com. 1954, 513, 515–532. 491   Chartier, JCP 1975, éd. C, II, 11702, n. 2. 492   S. nur von Wolff, Die Genussscheine .  .  ., S.  3–5 zur Suezkanal- und Panamagesellschaft und der weiteren Entwicklung.

B.  Die Schuldverschreibung

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schein ähnliche Papiere mit Gewinnbeteiligung, aber ohne Stimmrecht, gibt es in Frankreich zudem die titres participatifs, die Staatsunternehmen und genossenschaftliche Aktiengesellschaften sowie Versicherungsgesellschaften emittieren können493 . Allerdings versprechen diese keine feste Kapitalrückzahlung, sondern lediglich eine nachrangige Beteiligung am Liquidationserlös; möglich ist auch eine Rückzahlung auf Initiative des emittierenden Unternehmens nach mindestens sieben Jahren. Heute spielen diese 1983 im Zuge der Verstaatlichung durch die sozialistische Regierung eingeführten494 Papiere indes kaum noch eine Rolle. Eine Gewinnbeteiligung, allerdings ganz ohne rückzahlbares Kapital, gewähren schließlich die ebenfalls 1983 eingeführten certificats d’investissement, die aus der Aufspaltung einer Aktie in den Dividendenanspruch und die Kapitalbeteiligung mit dem Stimmrecht und den übrigen Aktionärsrechten (certificat de droit de vote) entstehen495 . 3.  Variabel verzinsliche Schuldverschreibungen Das Fehlen einer kategorischen Unterscheidung zwischen Aktien mit gewinnabhängiger Dividende und Schuldverschreibungen mit festem Zins in England und den U. S. A. erleichterte auch die Entwicklung variabel verzinslicher Schuldverschreibungen496 , die als Floating Rate Notes (FRNs) erstmals 1969/70 emittiert wurden und wenig später im Gefolge der Herstatt-Insolvenz einen ersten großen Aufschwung erlebten497. Hinter dieser Entwicklung stand die Überlegung, dass Schuldverschreibungen, deren Zins über die gesamte Laufzeit derselbe bleibt, in Zeiten stark schwankender Inflation für Anleger wie Emittenten gleichermaßen riskant sind. Die Bindung der Zinshöhe an den Unternehmensgewinn schafft indessen, wie man erkannte, nur begrenzte Sicherheit, müssen doch Unternehmensgewinn und Inflationsentwicklung nicht parallel verlaufen. Daher bedurfte es einer verlässlicheren Referenzgröße, an die der Zins gebunden werden konnte. Als solche wurde zunächst der Preis von U. S. Treasury Bills verwandt, da diesem aufgrund der laufenden, auktionsmäßigen Preisbestimmung ein beachtlicher Aussagegehalt zukommt. Später ging man vermehrt dazu über, auf allgemein anerkannte Indizes zur Zinshöhe am Geld- bzw. Kapitalmarkt zurückzugreifen. In den 1980er Jahren kamen die verschiedensten Unterformen von Floating Rate Notes auf, die den variablen Zins etwa mit einem Recht zur Umwandlung in ein festver493   Heute Art. L 228-36 f. Code de commerce, Art. L 213-32 ff. Code monétaire et financier; dazu Bouloc, Rev. soc. 1983, 501, 506–511 (n°  8 –10), 523–529 (n°  38–48); Bonneau, Rev. trim. dr. com. 41 (1988), 535, 556 f. (n°  32). 494   Art.  283-6 ff. der Loi n°  66-537, eingefügt durch Art.  21 der Loi n°  83-1 (Fn.  61), erweitert durch Art.  3 f. der Loi 85-695 du 11 juillet 1985 portant diverses dispositions d’ordre économique et financier, J. O. vom 12. Juli 1985, S.  7855. 495   Art.  283-1 ff. der Loi n°  66-537, eingefügt durch Art.  20 der Loi n°  83-1 (Fn.  61), heute Art. L 228-30 ff. Code de commerce; dazu Bouloc, Rev. soc. 1983, 501, 506–523 (n°  8 –10, 14–37). 496   Vgl. die Korrespondenz des Federal Reserve Board betreffend die Emission von Floating Rate Notes durch Citicorp.  1974 in 60 Fed. Res. Bull. 527–529 (1974). 497   S. nur Harrington, in: Cavanna (Hrsg.), Financial Innovation, S.  52, 62 f.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

zinsliches Papier kombinierten, Unter- und Obergrenzen vorsahen oder eine Zahlung und Neuberechnung des Zinses schon in weniger als den bis dahin üblichen sechs Monaten versprachen498 . Frankreich übernahm – wohl unter dem Eindruck hoher Inflation, der nach 1959 mit Gewinnschuldverschreibungen nicht mehr begegnet werden konnte – die Idee variabler Verzinsung schon früh. So fand die erste Emission von obligations à taux flottant bzw. variable bereits im Jahre 1974 statt499. In der Folge kam es auch hier zu einer weiteren Ausdifferenzierung und zur Verwendung verschiedenster Referenzkurse500 . Deutschland tat sich mit der Zulassung variabel verzinslicher Schuldverschreibungen schwerer. Über Jahre hinweg war man wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass der Zins einer Schuldverschreibung von vornherein für deren gesamte Laufzeit fest bestimmt und unveränderlich sei 501. Auch war die Inflation in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichsweise niedrig geblieben; die Zinssätze blieben relativ konstant. Daher war das Bedürfnis nach Schuldverschreibungen mit Inflationsschutz geringer. Mit der »Restliberalisierung des DM-Auslandsanleihemarktes« durch die Bundesbank zum 1. Mai 1985502 wurden schließlich variabel verzinsliche Schuldverschreibungen ausdrücklich zuglassen 503 . Inzwischen findet sich auch in Deutschland eine Vielfalt derartiger Schuldverschreibungen 504 . 4.  Aufgabe des Genehmigungserfordernisses und anderer Beschränkungen Im Jahre 1990 wurde schließlich das deutsche Genehmigungserfordernis, das ohnehin im internationalen Vergleich allein stand, mit dem Ziel einer Stärkung des Finanzplatzes Deutschland505 aufgehoben 506 . Damit entfiel eine mittelbare Standardisierung, wie sie jedem Genehmigungserfordernis innewohnt. Allerdings hatte das Genehmigungserfordernis praktisch ohnehin nur noch geringe Bedeutung, da die meisten deutschen Unternehmen ihre Anleihen im Ausland auflegten, das Inverkehrbringen ausländischer Anleihen aber diesen Vorschriften nicht unterlag507. Die Materialien deuten auch darauf hin, dass der Gesetzgeber in der Geneh498   Vgl. den Überblick bei Tufano, 25 J. Fin. Econ. 213, 236 (1989); Kyle, 13 Int’l Bus. Law. 209, 210 (1985). 499   Chartier, JCP 1975, éd. C, II, 11702, n. 7 ff. 500   S. etwa Guyon, Droit des Affaires I, n°  760 (S.  8 07). 501   Vgl. nur Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, S.  97. 502   Erklärung der Deutschen Bundesbank zur Begebung von DM-Auslandsanleihen, Geschäftsbericht der Deutschen Bundesbank für das Jahr 1986, S.  119; s. a. Rudolph, in: Deutsche Börsengeschichte, S.  293, 329. 503   Dazu Meinz, ZfgK 1985, 557, 560, 562. 504   Vgl. nur Grunewald/Schlitt, Einführung in das Kapitalmarktrecht, S.  78 f. 505   BR-Drucks. 466/89 vom 8. September 1989, S.  4. 506   Art.  1 des Gesetzes zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen vom 17. Dezember 1990, BGBl.  I, S.  2839. 507   Vgl. BR-Drucks. 466/89 (Fn.  505), S.  3 f.

B.  Die Schuldverschreibung

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migung und der ihr vorangehenden Prüfung kein Mittel mehr sah, auf die Anleihebedingungen Einfluss zu nehmen, allerdings wohl auch von gewöhnlichen Anleihen mit festem Zins und vollständiger Tilgung ausging und mit der Aufgabe des Genehmigungserfordernisses nicht zur Entwicklung neuer Wertpapierarten ermuntern wollte508 . Nahezu zeitgleich mit der Aufgabe des Genehmigungserfordernisses verloren auch der Spiel- und der Differenzeinwand zunehmend an beschränkender Wirkung. Bereits seit 1989 griffen diese Einwände nicht mehr, wenn eine Person aufgrund formeller Information oder ihrer Stellung als Kaufmann die Termingeschäftsfähigkeit erlangt hatte509. Im Jahre 2002 wurde der allgemeine Differenz­ einwand aufgehoben, der Spieleinwand bei Finanztermingeschäften mit einem Finanzinstitut ausgeschlossen510 und stattdessen noch stärker auf Information gesetzt; 2007 wurden die Informationsanforderungen nochmals verschärft511. An die Stelle typizitätsfördernder Vorgaben ist hier einmal mehr Publizität getreten 512 . 5.  Annäherungen an die Aktie von Seiten der Schuldverschreibung Die scharfe Grenzziehung zwischen der Aktie als verbrieftem Mitgliedschaftsrecht mit gewinnabhängiger Dividende und letztem Rang im Liquidationsfall einerseits, der Schuldverschreibung als verbriefter Gläubigerstellung mit festem Zins und Rang vor den Aktionären im Liquidationsfall andererseits ging – wie schon aus dem Vorstehenden ersichtlich – im Laufe des 20. Jahrhunderts überall verloren. Besonders beschleunigt hat sich diese Entwicklung in den letzten Jahrzehnten durch die Einführung immer neuer so genannter »hybrider Finanzierungsinstrumente«. Die Attraktivität dieser hybriden, also zwischen klassischer Aktie und klassischer Schuldverschreibung angesiedelten Instrumente beruhte nicht zuletzt auf der gestiegenen Bedeutung von Kredit-Ratings für die Banken als Kreditgeber, wofür die Eigenmittelregeln des Basel II-Abkommens verantwortlich waren. Heute kann mit einiger Berechtigung gesagt werden, Unternehmen seien im Austausch gegen billiges Kapital bereit, dem Anleger jede gewünschte Kombination von Zahlungsansprüchen und Kontrollrechten zu bieten, solange sich diese nur in   Vgl. nochmals BR-Drucks. 466/89 (Fn.  505), S.  7.   §§  53, 58 BörsG a. F. i.  d.  F. des Art.  1 Nr.  22, 26 des Gesetzes zur Änderung des Börsengesetzes vom 11. Juli 1989, BGBl.  I, S.  1412, 1415. 510   Art.  2 Nr.  24 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002, BGBl.  I, S.  2010, 2035 (Einfügung des §  37e WpHG: Ausschluss des Einwands nach §  762 BGB), Art.  9 desselben Gesetzes, a.a.O., S.  2059 (Aufhebung des §  764 BGB); zur Einordnung der Entwicklung Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris I, S.  1191, 1196 f.; bedauernd unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen van Randenborgh, ZRP 2010, 76, 78. 511   Art.  1 Nr.  16 f. des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente und der Durchführungsrichtlinie der Kommission (Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 16. Juli 2007, BGBl.  I, S.  1330, 1338 ff. (Neufassung bzw. Einfügung der §§  31 ff. WpHG). 512   Vgl. Stürner, AcP 210 (2010), 105, 136. 508 509

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Worte fassen lasse513 . Allerdings unterscheiden sich die einzelnen Rechtsordnungen doch im Grad der Annäherung. Während es teilweise bei einer mehr insularen Zulassung von Rechtsinstituten blieb, die Elemente der beiden Grundtypen mischen, kam es anderenorts zur offenen Anerkennung stufenloser Übergänge. Im Ausgangspunkt noch klare Institute prägen die deutsche Rechtsvorstellung. Zwar lässt sich von Seiten der Aktie mit den vielfältigen Möglichkeiten der Vorzugsaktien eine Rangverbesserung der Vorzugsaktionäre und eine größere Sicherheit des regelmäßigen Dividendenbezugs bei gleichzeitigem Ausschluss des Stimmrechts erreichen; selbst ein fester Rückzahlungstermin in Gestalt eines Rückkaufs durch die Gesellschaft zu einem vorher festgelegten Preis kommt in Betracht514 . Feste Zinsen sind aber bis heute ebenso wenig möglich515 wie ein völliger, also auch dauerhafter Ausschluss des Stimmrechts516 . Von Seiten der Schuldverschreibung kann ein Nachrang ebenso wie eine gewinnabhängige Verzinsung vereinbart werden; die vollen Mitgliedschaftsrechte, wie etwa das umfassende Stimmrecht, bleiben dem Inhaber einer Schuldverschreibung aber verwehrt. Vor allem durch den Einsatz von Genussrechten lassen sich zwar schon seit langem verschiedenste »hybride« Gestaltungen erreichen 517, die »die Rechtslandschaft zunehmend komplizieren«518 ; Praxis und herrschende Dogmatik halten aber an der klassischen Einteilung fest und leiten aus dieser Grenzen für die privatautonome Gestaltung ab519. Fließender sind die Übergänge in England und den U. S. A., wo sich eine dogmatisch strenge Abgrenzung ohnehin nicht entwickelt hatte und der einende Gedanke der Unternehmensfinanzierung stärker im Vordergrund stand. Zwar blieb die gedankliche Unterscheidung erhalten520 ; unüberwindbare Hindernisse für die beobachtete, nicht zuletzt vom Steuerrecht beflügelte Annäherung521 wurden und

  Hariton, 49 Tax L. Rev. 499, 501 (1994).   S. nur Heeren, Kapitalgeberschutz und hybride Finanzierungsinstrumente, S.  113; Siebel, ZHR 161 (1997), 628. 515   §  57 Abs.  1 Satz 1, Abs.  2 AktG; dazu nur Lutter, Kapital, Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung in den Aktien- und GmbH-Rechten der EWG, S.  417 ff. 516   §  140 Abs.  2 AktG. 517   Zum früheren Streit um deren Rechtsnatur z. B. von Wolff, Die Genussscheine .  .  ., S.  12–30 m.Nw. 518   K. Schmidt, JZ 1984, 771, 782 re.Sp. 519   Vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 1992, II ZR 172/91, BGHZ 119, 305, 309 ff.; aus der Diskussion einerseits Claussen, AG 1985, 77, 78 f.; Gehling, WM 1992, 1093, 1098 f.; Hammen, DB 1988, 2549, 2553; Sethe, AG 1993, 293, 300 ff.; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45 ff.; Heeren, Kapitalgeberschutz und hybride Finanzierungsinstrumente, S.  71–76; andererseits z. B. Reuter, Gutachten B zum 55. Deutschen Juristentag, 1984, S. B 25; ders., AG 1985, 104–107; weiter Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 381 ff.; Hirte, ZIP 1988, 477, 482, 484 f.; ders., ZIP 1991, 1461 ff.; s. a. K. Schmidt, JZ 1984, 771, 782. 520   Vgl. Hansen, 13 N. Y. U. L. Rev. 407, 410 ff. (1936); Uhlman, 23 Wash. U. L. Q. 182, 184 (1938). 521   Vgl. etwa Gower/Davies, Principles of Modern Company Law, para. 23-7 f. (S.  821); Funk, RIW 1998, 138, 140 ff. 513 514

B.  Die Schuldverschreibung

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werden jedoch nicht gesehen. Dementsprechend früh begann die Diskussion um »hybride« Finanzierungsinstrumente522 . Frankreich schließlich hat mit seiner bereits erwähnten Freigabe der Ausgestaltung im Jahre 1985523 die Trennung von Aktie und Schuldverschreibung auch gesetzlich weitgehend eingeebnet und lediglich die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapitalpapiere verboten 524 . 6.  Neuere strukturierte Finanzprodukte Finanzprodukte, die sich in mehrere Basisprodukte unter Einschluss mindestens eines Derivats zerlegen lassen, sind keineswegs ein neues Phänomen, gehören hierzu doch etwa auch die Wandelanleihen, die eine Schuldverschreibung mit einer Option auf eine Aktie kombinieren 525 , oder die variabel verzinslichen Schuldverschreibungen 526 . In den letzten Jahrzehnten ist jedoch neben die lange bekannten Kombinationen eine Vielzahl neuer Produkte getreten, die nicht von dem Emittenten eines der Basisprodukte selbst aufgelegt werden – eine Idee, deren Kern schon in den ersten Partialobligationen auf dem Gebiet der Staatsanleihen angelegt war527 und die auch bei solchen Wandelanleihen begegnet, die nicht von der »Zielgesellschaft« selbst unter Durchführung einer bedingten Kapitalerhöhung oder unter Erwerb eigener Aktien, sondern einer Bank emittiert wurden, die entsprechende Aktien hielt oder sich bei Bedarf beschaffte528 . Diese Idee nun traf mit dem herkömmlichen Optionsschein als dem aus der Optionsanleihe abgetrennten und selbständig verbrieften Optionsrecht in der Form zusammen, dass auch in einem Optionsschein verbriefte Optionen auf andere, nicht unbedingt selbst gehaltene Werte verkauft wurden; mit den Optionsscheinen auf Indizes529 trat der Barausgleich an die Stelle der tatsächlichen Lieferung530 und ebnete so zusammen mit den ereignisbezogenen Optionsscheinen 531 den Weg zu den sogenannten Zertifikaten532 . Emittenten dieser neueren strukturierten Finanzprodukte sind meist Investmentbanken bzw. die entsprechenden Abteilungen der

522   Berl, 76 U. Pa. L. Rev. 814 (1928); Hansen, 13 N. Y. U. L. Rev. 407 (1936); Uhlman, 23 Wash. U. L. Q. 182, 184 (1938). 523   S. o. Fn.  71; Bonneau, Rev. trim. dr. com. 41 (1988), 535, 539. 524   Art.  339-1 Abs.  4 Loi n°  66-537 i.  d.  F. der Loi n°  85-1321 (Fn.  71). 525   S. soeben unter 1. 526   S. soeben unter 3. 527   S. oben unter II 3. 528   S. z. B. oben unter V 1 (bei Fn.  473). 529   Vgl. dazu BGH, Urteil vom 30. April 2009, I ZR 42/07, BGHZ 181, 77. 530   Zur Entwicklung des Markts für Optionsscheine insbesondere in Deutschland s. den Überblick bei Schröder, ZBB 2010, 280, 281–283. 531   Dazu Mülbert/Böhmer, WM 2006, 937, 941 ff.; 985 ff. 532   Lehmann, Finanzinstrumente, S.  110–115, will diese Papiere – wie im Übrigen auch zahlreiche andere, hier unter den Schuldverschreibungen behandelte Papiere (z. B. S.  98–100, 128–132, 139, 144–146) – nicht als Schuldverschreibungen, sondern als Finanzinstrumente sui generis einordnen. Dem wird hier nicht gefolgt.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Universalbanken, teilweise aber auch Zweckgesellschaften, die allein zu diesem Zweck gegründet wurden. Gemeinsam ist diesen Produkten, dass sie sich – sofern körperlich oder buchungstechnisch »verbrieft« – letztlich alle dem Institut der Schuldverschreibung zuordnen lassen 533 , für dessen inhaltliche Ausgestaltung ja bereits Mitte des letzten Jahrhunderts überall traditionelle Schranken gefallen sind. Denn zumindest bei wirtschaftlicher Betrachtung stellen sich diese strukturierten Finanzprodukte stets als ein Bündel verschiedener, ereignisabhängiger Pflichten bei begrenzter, wenn auch nicht notwendigerweise von Anfang an festgelegter Laufzeit dar. Dabei sind die unterschiedlichsten Strukturierungen möglich, welche sich wiederum mit unterschiedlichen Techniken erreichen lassen. a)  Inhaltliche Gestaltung Nimmt man eine klassische Schuldverschreibung als Ausgangspunkt, kann die Abwandlung zum ersten den Zins, zum zweiten die Laufzeit und zum dritten das Kapital betreffen. Beim Zins sind neben »gewöhnlicher«, streng an einen Referenzzinssatz gebundener variabler Verzinsung auch komplexere Gestaltungen denkbar, bei denen sich etwa der Zins in festgelegten Zeitabständen oder abhängig von bestimmten Umständen verändert – typischerweise erhöht – oder nach Willen der einen oder anderen Partei von einem festen in einen variablen bzw. einem variablen in einen festen Zins umwandelt; in manchen Kombinationen besteht gar kein Zinsanspruch. Veränderungen der Laufzeit können die Form eines jederzeitigen oder zu bestimmten Terminen ausübbaren Kündigungsrechts der einen oder anderen Seite annehmen, aber etwa auch vom nicht vorhersehbaren Eingang anderer Zahlungsflüsse beim Emittenten aus bestimmten Referenzforderungen oder einem Referenzportfolio abhängen; möglich ist auch eine unbegrenzte Laufzeit. Das Kapital schließlich kann in voller Höhe zurückzuzahlen sein, jedoch auch an die Zahlungsfähigkeit oder tatsächlichen Zahlungen Dritter auf eine Referenzforderung oder ein Referenzportfolio gekoppelt sein (z. B. Credit Linked Notes534), von der Entwicklung eines einzelnen Basiswerts (Tracker-Zertifikate), eines Korbs von Werten (Basket-Zertifikate) oder eines Indexes direkt abhängen (Index-Zertifikate) oder auch auf Veränderungen in besonderer Weise reagieren (Bonus-Zertifikate, Hebel-Zertifikate, z. B. Knock-Out-Zertifikate, Sprint-Zertifikate, Outperformance-Zertifikate, Garantie-Zertifikate, Equity Linked Notes535) oder schließlich nach Wunsch der einen oder anderen Partei nicht in Geld, sondern in 533   Vgl. nur Mülbert, WM 2007, 1149, 1150; dagegen Lehmann, Finanzinstrumente, S.  108– 115. Die Tatsache, dass ganze Segmente derartiger Produkte nach der Finanzkrise von den Emittenten nun nicht mehr als »Zertifikate«, sondern meist als »strukturierte Anleihen« (»Stufen­ zinsanleihen«, »Zuwachsanleihen«, »Schatzanleihen«, »Step-Up-Anleihen«) bezeichnet werden (vgl. Riedl, Wirtschaftswoche vom 28. Februar 2011, S.  86), lässt erkennen, dass auch der Markt von der Einordnung als Schuldverschreibung ausgeht. 534   Dazu sogleich bei Fn.  635 ff., 646. 535   Weitere Gestaltungen z. B. bei Mülbert, WM 2007, 1149; Beispiel zu Equity Linked Notes bei Funk, RIW 1998, 138, 139.

B.  Die Schuldverschreibung

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Aktien oder sonstigen Gütern oder deren Gegenwert in Geld erfolgen (Wandelanleihen 536 , Aktienanleihen 537, Indexanleihen 538 ). Festgehalten werden diese besonderen Gestaltungen in Anleihebedingungen, die das jeweilige Recht aus dem Papier inhaltlich bestimmen. Je komplexer die Gestaltung, desto länger sind dementsprechend diese Anleihebedingungen539. Die rein tatsächliche Schwierigkeit, derart umfangreiche Bedingungen auf jeder der einzelnen Urkunden festzuhalten540 , ist mit der Einführung der Globalurkunde oder vollständigen Dematerialisierung verschwunden541, sodass jedenfalls die Komplexität möglicher Gestaltungen auch nicht aus ganz profanen Platzgründen eingeschränkt ist. Die Einführung dieser zunächst rein praktischen Neuerungen hat mithin auch die rechtliche Entwicklung zumindest begünstigt. b)  Konstruktionsmöglichkeiten Konstruktiv zunächst einmal einfach sind Papiere, die direkt von Banken ausgegeben werden. Im Geschäft mit Privatkunden wurden diese Produkte in Deutschland bislang Zertifikate genannt, ohne dass es sich hierbei um einen eindeutigen Begriff handelte; nach den schlechten Erfahrungen vermeiden viele Emittenten allerdings nunmehr diesen Begriff542 . Die Bank als Emittent schuldet die Erfüllung der jeweils in dem Papier enthaltenen Verpflichtungen und haftet hierfür mit ihrem gesamten Vermögen. Ob sie selbst voll abgesichert ist, weil sie entweder die gegenläufigen Positionen bereits in ihren Büchern hält oder zum Zweck der Absicherung entsprechende Derivate gekauft hat, ist für den Anleger irrelevant, wenn die Bank nur aus ihrem gesamten Vermögen zahlungsfähig ist. Damit trägt der Anleger zusätzlich zu eventuellen Risiken aus dem strukturierten Produkt aber auch die Risiken aus dem allgemeinen Geschäftsbetrieb der Bank, hängt also voll von deren Bonität ab; eine Abmilderung bringt hier allenfalls die – ja auch bei gewöhnlichen Schuldverschreibungen mögliche – Bestellung von Sicherheiten zugunsten der Anleger, die dann typischerweise von einem Treuhänder gehalten werden. Komplizierter ist die Konstruktion bei strukturierten Finanzprodukten, die von einer Zweckgesellschaft oder einem entsprechend zweckbeschränkten Trust   Dazu bereits oben unter 1.   Dazu sogleich bei Fn.  633. 538   Beispiel bei Funk, RIW 1998, 138. 539   S. zu MBS nur Lutter, ZIP 2009, 197, 198: »Die rechtlichen Bedingungen, die diesen Wertpapieren zugrunde lagen und liegen, sind ungemein komplex, 300 bis 400 Seiten englischen Textes lang und sie enthielten irgendwo auf S.  390 die Bestimmung, dass die Zweckgesellschaft einzelne Darlehen aus dem Bündel herausnehmen und dafür andere hineinlegen dürfe.« 540   Vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1983, II ZR 135/82, NJW 1983, 2772, 2773; Urteil vom 3. Februar 1986, II ZR 201/85, NJW-RR 1986, 1311: »Konnossementsbedingungen, die infolge ihrer drucktechnischen Gestaltung nur mit der Lupe und selbst dann nicht ohne Mühe zu lesen sind, [werden] nicht Bestandteil des Konnossementsvertrags«. 541   Vgl. Than, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  3, 13 f. 542   Vgl. Riedl, Wirtschaftswoche vom 28. Februar 2011, S.  86. 536 537

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emittiert werden, damit aber im Idealfall auch von Risiken aus dem allgemeinen Geschäftsbetrieb Dritter isoliert sind543 . Derartige Konstruktionen sind im großen Stil zunächst als Mortgage-Backed Securities in den U. S. A. in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts entstanden, haben sich dann als Asset-Backed Securities von Grundpfandrechten als Deckungswerten gelöst und sind schließlich zu einer universell einsetzbaren Gestaltungsform geworden544 . Zunächst einmal ist auch hier die Zweckgesellschaft bzw. der Trust als Emittent dazu verpflichtet, die dem Anleger jeweils versprochenen Leistungen zu erbringen; auch hier haftet die Zweckgesellschaft bzw. der Trust als Emittent dem Anleger mit ihrem gesamten Vermögen oder jedenfalls dem Vermögen, das die jeweilige Emission decken soll. Da dieses Vermögen aber auf der Aktivseite im Wesentlichen nur wenige, genau festgelegte Vermögenswerte umfasst und auf der Passivseite neben den Anlegern keine oder nur solche Fremd- oder Eigenkapitalgeber stehen, die ausdrücklich zugelassen sind, schlägt die Entwicklung des Emittentenvermögens viel stärker auf die Position der Anleger durch. Hält der Emittent auf der Aktivseite nur bestimmte Forderungen und stehen auf der Passivseite nur die Anleger, so fließen alle Zahlungen aus den Forderungen direkt an die Anleger weiter; jede Zahlungsverzögerung und jede Zahlung vor Fälligkeit wirkt sich auf die Laufzeit, jede Zinsveränderung und jeder Kapitalausfall auf die Höhe der Einnahmen der Anleger aus. In dieser Grundform (»pass through« securitization), in der die Anleger genau genommen nicht Gläubiger, sondern Anteilsinhaber sind, ist ihre Position schon kraft der Konstruktion derivativer Natur, da sie von der Entwicklung der Aktiva abhängt. Als Aktiva wurden dabei zwar zunächst nur grundpfandrechtlich besicherte und später auch unbesicherte Forderungen verwandt; mittlerweile handelt es sich bei diesen Aktiva aber auch ihrerseits nicht selten wieder um kompliziertere Produkte wie etwa hybride Finanzinstrumente545 oder Asset-Backed Securities selbst (Structured Finance CDOs) 546 . Spricht man bei Emissionen einer Zweckgesellschaft bzw. eines zweckbeschränkten Trusts von Strukturierung, ist damit aber meist nicht diese Grundform gemeint, sondern ein Produkt, bei dem die Zahlungsströme aus den Aktiva weiter »strukturiert« und nicht einfach anteilig an die Anleger durchgeleitet werden 547. Auch hier bestehen wieder verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten. Zum einen können verschiedene Klassen von Anlegern gebildet werden, die mit unterschiedlicher Sicherheit darauf vertrauen dürfen, dass sie die ihnen in Aussicht gestellten Zahlungsströme auch wirklich zu dem jeweiligen Zeitpunkt und in der jeweiligen   Ausführlich Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  136–386 m.Nw.   Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  37 ff. m.Nw. 545   Dazu etwa Rudolph, BB-Beilage 2005, Nr.  15, S.  15, 18 f.; Banik/Ogg/Pedergnana, Hybride und mezzanine Finanzierungsinstrumente, S.  8 0 ff. 546   Vgl. Nugent, Structured Finance CDOs and Event of Default Risk, S.  1 f f.; Hellwig, in: Gutachten E zum 68. Deutschen Juristentag, 2010, S. E 22. 547   S. Kamlah, WM 1998, 1429, 1430 ff.; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  57 ff.; BIS Committee on the Global Financial System, The role of rating in structured finance: issues and implications, S.  4 f f. 543

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Höhe erhalten (»Tranching«) 548 . Faktisch und zumeist auch rechtlich werden die Klasse oder Klassen mit größerer Sicherheit dabei Schuldverschreibungsgläubiger, während mindestens die unsicherste Klasse Eigenkapital darstellt. Zum anderen kann die Zweckgesellschaft bzw. der Trust durch Derivate bestimmte Risiken der Aktiva absichern oder bestimmte Risiken zusätzlich hereinnehmen. Im ersten Fall erfolgt bei Verwirklichung des Risikos eine Leistung der Gegenpartei, die dann statt der Einnahmen aus den zunächst gehaltenen Aktiva zur Weitergabe an die Anleger zur Verfügung steht; im zweiten Fall ist die Zweckgesellschaft bzw. der Trust bei Verwirklichung des Risikos zu einer Leistung an die Gegenpartei verpflichtet, sodass weniger an die Anleger weitergegeben werden kann. Im Extremfall können hier die Risiken aus den eigentlich von dem Emittenten gehaltenen Aktiva ganz hinter die zusätzlich mittels Derivaten hereingenommenen Risiken zurücktreten, so etwa dann, wenn der Emittent den Erlös aus dem Verkauf der Papiere in sichere Staatsanleihen investiert, aber einen Credit Default Swap bezogen auf ein Forderungsportfolio zweifelhafter Qualität abschließt549. Bei allen diesen Gestaltungen spiegelt die Position der Anleger die jeweiligen Aktiva und Passiva des Emittenten wider.

VI.  Gegenläufige Erscheinungen Eine Steigerung von Typizität hat sich auf dem Gebiet der Schuldverschreibungen direkt nur insoweit ergeben, als ungeachtet des primären Inhalts der Gläubigerrechte überall eine Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger ermöglicht wurde; einen indirekten Einfluss haben verschiedene Vorschriften, die für Investoren in Schuldverschreibungen gelten. Letztlich ist auch die Ausdifferenzierung des Markts in verschiedene, in sich mehr oder weniger einheitliche Segmente eine Entwicklung, die zu Typizität hinführt. 1.  Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger Die Inhaber von Schuldverschreibungen selbst ein und derselben Emission sind zunächst nichts anderes als Gläubiger, die zwar dieselben Rechte gegen denselben Schuldner haben mögen, aber gänzlich unverbunden nebeneinander stehen. Ohne weitere Vorgaben ist der einzelne Gläubiger kaum je in der Lage, seine Mitgläubiger ausfindig zu machen und mit ihnen in Kontakt zu treten, was eine gemeinsame und damit wirkungsvolle Geltendmachung seiner Rechte gegenüber dem Schuldner erschwert. Zugleich kann das Fehlen einer gemeinsamen Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger auch für den Schuldner misslich sein, wenn dieser eine Änderung der Emissionsbedingungen anstrebt. Denn nach allgemeinen Re548   S. nur Hellwig, in: Gutachten E zum 68. Deutschen Juristentag, 2010, S. E 18 f.; Kronenberg, ZBB 2010, 241, 245; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  59 ff. 549   Vgl. einstweilen nur Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  71 ff.; näher unten bei Fn.  638.

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geln müsste er sich mit jedem einzelnen Gläubiger verständigen; einzelne Gläubiger könnten eine Gesamtlösung verhindern 550 . Aus diesen Gründen erkannte man im 19. Jahrhundert überall die Notwendigkeit, unabhängig von der Aufnahme entsprechender Regelungen in die Emissionsbedingungen eine zumindest rudimentäre Organisation der Gläubiger vorzusehen. Die aus dieser Strömung in den nächsten Jahrzehnten erwachsenen Gesetze typisieren die Rechtsposition der Schuldverschreibungsgläubiger immerhin in diesem nicht unwichtigen Randbereich. a)  England und die U. S. A. England und die U. S. A. taten sich mit der gemeinsamen Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger relativ leicht. Das Rechtsinstitut des Trust bot die Möglichkeit, mit dem Trustee einen gemeinsamen Vertreter zu bestellen, der gegebenenfalls die Rechte der Schuldverschreibungsgläubiger wahrnehmen konnte. Aufgabe des Trustee war zunächst nur das treuhänderische Halten und Verwalten einer dinglichen Sicherheit. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kam aber die umfassende Wahrnehmung der Gläubigerrechte hinzu551. Die vertragliche Bestellung eines solchen Trustee für die Gläubiger wurde nun regelmäßig in die Anleihebedingungen aufgenommen; zudem sahen – allerdings nur in England – so genannte majority clauses die Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen vor552 . In England ist bis heute keine gesetzliche Regelung über die Notwendigkeit eines Trustee und dessen Rechte und Pflichten erfolgt. Vielmehr gelten neben den Anleihebedingungen weiterhin die eher vagen Regeln der Equity-Rechtsprechung553 . Zu den Befugnissen des Trustee gehört auch die Einberufung einer Gläubigerversammlung; nach den Anleihebedingungen sind dazu aber in aller Regel auch der Emittent und eine bestimmte Mindestzahl an Gläubigern befugt. Die Kompetenzen einer Gläubigerversammlung sind wiederum in den Anleihebedingungen geregelt und meist denkbar weit, jedenfalls nicht durch objektives Recht beschränkt. So kann die Versammlung typischerweise mit bestimmten Mehrheiten auch darüber entscheiden, dass die Gläubigerrechte beschnitten oder abgeändert werden, sodass etwa ein Tausch in Aktien oder ein Schuldnerwechsel möglich ist554 . Demgegenüber kam es in den U. S. A. unter dem fortdauernden Eindruck der Great Depression zur Verabschiedung des Trust Indenture Act von 1939555 . Er ver  S. nur Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S.  197 ff.   Palmer, 41 Colum. L. Rev. 193, 195 f. (1941); Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  116. 552   Billyou, 57 Yale L. J. 595 (1948); Görtz, Auswärtige Anleihen, S.  107 ff. 553   S. nur Pennington, Company Law, S.  606; Burn, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  230–233; s. z. B. Law Debenture Trust Corp. Plc. v. Concord Trust, [2007] EWHC 1380 (Ch). 554   Vgl. nur Burn, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  219, 234 ff. 555   Trust Indenture Act of 1939 (TIA), 15 U. S. C. §  77aaa bis §  77bbbb. 550 551

B.  Die Schuldverschreibung

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langt, dass bei Anleiheemissionen einer bestimmten Größenordnung ein Trustee für die Anleihegläubiger bestellt werden muss, und definiert dessen Rechte und Pflichten 556 . Darüber hinaus stellt er restriktive Voraussetzungen für Mehrheitsentscheidungen auf und entzieht – insofern dem früheren deutschen Recht näher als dem englischen 557 – einige Gegenstände wie das Recht des einzelnen Gläubigers, Zahlung von Zinsen und Kapital zu verlangen, ganz der Mehrheitsentscheidung558 . Dabei ordnete der Gesetzgeber ausdrücklich an, dass die entsprechenden Bestimmungen Teil der Emissionsbedingungen werden und jede entgegenstehende Vereinbarung unwirksam ist559 – ein typisierender Ansatz, der in der sonst auf Publizität setzenden Wertpapiergesetzgebung der U. S. A. keine Parallele hat560 . Bemerkenswerterweise blieb es nicht bei dieser gesetzlichen Typisierung; vielmehr entwickelte die Praxis schon ab den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts »Model Indentures« mit dem Ziel, auch die nicht vom Gesetz eindeutig vorgegebenen Fragen einheitlich zu regeln561. b)  Deutschland Auch in Deutschland fand der Einsatz eines Treuhänders zur Wahrnehmung der Gläubigerrechte Eingang in die Kautelarpraxis562 . Allerdings wurden dahingehende Klauseln nicht zu einer allgemeinen Übung; zudem entstand gerade für besicherte Anleihen eine ganz erhebliche Rechtsunsicherheit563 , sodass man zunächst im Hinblick auf Hypothekenbanken und Eisenbahngesellschaften die gesetzliche Einführung einer gemeinsamen Organisation und Vertretung der Schuldverschreibungsgläubiger diskutierte564 . Nach dem Scheitern einer reichseinheitlichen   Secs. 310 ff. TIA.   Dazu sogleich unter b. Vgl. auch Kenadjian, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  245, 247: »The U. S. law finds itself positioned between German law, under which amendments are difficult or, in some cases, impossible, and English law where all clauses may be amended by a qualified majority.« 558   Sec. 316(a)(2), (b) TIA. Die Praxis verwendet »exchange offers«; dazu Kenadjian, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  245, 263 f. 559   Secs. 318, 327 TIA. Zunächst wurden entsprechende Bestimmungen im Wortlaut aufgenommen; seit der Reform durch den Trust Indenture Reform Act 1990 werden diese Bestimmungen automatisch Teil der vom TIA erfassten Indentures. Dazu Campbell, 11 Ann. Rev. Banking L. 181, 222–224 (1992); Edwards/Bancone, 47 Bus. Law. 571, 589 f. (1992). 560   Vgl. Edwards/Bancone, 47 Bus. Law. 571, 583–585 (1992). 561   Dazu Kennedy/Landau, 22 Bus. Law. 353, 367 f. (1967); s. etwa Model debenture indenture provisions, 1965; Model debenture indenture provisions, all registered issues, 1967; 1983 Model Simplified Indenture, 38 Bus. Law. 741–813 (1983); 2000 Revised Model Simplified Indenture, 55 Bus. Law. 1115–1226 (2000); dazu auch Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genußrechte, S.  275–277. 562   Baums, in: Aktienrecht im Wandel II, S.  955, 973 (Rn.  26). 563   Vgl. RG, Urteil vom 24. Juni 1884, I. 183/84, RGZ 14, 94; Urteil vom 14. Januar 1888, I. 320/87, RGZ 22, 61. 564   Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Faustpfandrecht für Pfandbriefe und ähnliche Schuldverschreibungen, Sten. Ber. über die Verhandlungen des Reichstages, 4. Legislaturperiode, II. Session, Aktenstück Nr.  50; Entwurf eines Gesetzes, betreffend das Pfandrecht an Eisenbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben, Sten. Ber. über die Verhandlungen des Reichs556 557

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Regelung erließen einzelne Bundesstaaten gesetzliche Regelungen, die für Pfandbriefe oder weitergehend für solche Anleihen galten, zu deren Gunsten eine dingliche Sicherheit bestellt war565 . Diese Regelungen, das österreichische »Kuratorengesetz« von 1874566 mit seinem stark gerichtsdominierten Ansatz, das angloamerikanische Trust-Modell sowie die französische Diskussion567 flossen schließlich in das deutsche Schuldverschreibungsgesetz von 1899568 ein, das zugleich mit dem Hypothekenbankengesetz verabschiedet wurde, aber nicht nur Pfandbriefe, sondern alle Schuldverschreibungen erfasste. Nach diesem Gesetz war der Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen zur Einberufung einer Versammlung der Obligationeninhaber verpflichtet, die dann wiederum nach Maßgabe besonderer Vorschriften insbesondere über die erforderlichen Mehrheiten eine Ermäßigung des Zinsfußes oder eine Stundung – allerdings nicht einen Verzicht auf einen Teil des Nennwerts569 – beschließen konnte; auch konnte für andere Anlässe wie etwa eine Klage gegen den Schuldner ein gemeinsamer Vertreter bestellt werden. Gewisse Erleichterungen für die Beschlussfassung brachte eine Notverordnung von 1932570 . Insgesamt ging das Instrumentarium des Gesetzes trotz einiger spektakulärer Anwendungsfälle kurz nach seinem Erlass571 und in der Weltwirtschaftskrise572 aber wohl nicht weit genug; Defizite machte man insbesondere hinsichtlich der Beschlusskompetenz der Gläubigerversammlung aus573 . Die Reform des deutschen tages, 4. Legislaturperiode, II. Session 1879, 5. Band, Aktenstück Nr.  130. Dazu Vogel, ZBB 1996, 321, 323 f.; ders., Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  81–98. 565   Näher von Zimmermann, Die Teilschuldverschreibung, S.  28 f.; Vogel, ZBB 1996, 321, 323; ders., Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  100–106 m.Nw. 566   Gesetz vom 24. April 1874, betreffend die gemeinsame Vertretung der Rechte der Besitzer von auf Inhaber lautenden oder durch Indossament übertragbaren Theilschuldverschreibungen und die bücherliche Behandlung der für solche Theilschuldverschreibungen eingeräumten Hypothekarrechte, österreichisches RGBl.  S .  95. 567   S. etwa den Entwurf des Deputierten der Haute-Garonne, Calvinhac, samt Motiven (Proposition de Loi N° 587), abgedruckt in: Le Droit Financier 1894, N° 22, S.  445–454. Zur seinerzeitigen Rechtslage im Ausland auch von Zimmermann, Die Teilschuldverschreibung, S.  30–36; Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  106 ff. 568   Gesetz, betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (Schuldverschreibungsgesetz, SchVG 1899) vom 4. Dezember 1899, RGBl.  I, S.  691; abgedruckt z. B. bei Sehling, Die civilrechtlichen Gesetze des deutschen Reichs, S.  415–422. Überblick bei Schütze, Saling’s Börsen-Papiere I, S.  77–80. 569   Kritisch z. B. Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  281. 570   Verordnung des Reichspräsidenten über die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 24. September 1932, RGBl.  I, S.  447. 571   Zusammenbruch einiger (noch nicht unter dem Hypothekenbankgesetz gegründeter und nach seinen Regeln tätiger) Hypothekenbanken und insbesondere der »Spielhagen-Banken«; näher Dannenbaum, Deutsche Hypothekenbanken, S.  281 f.; Kritzler, Schriften des Vereins für Socialpolitik 111/7 (1903), 3, 18 ff., 79 ff.; Hecht, ebd., 83, 96 ff.; ders., ebd., 103, 108 ff. 572   Insbesondere kommunale Anleihen der Städte Frankfurt am Main, Köln und Dresden (dazu Hallier, HansRGZ 1933, Abt. A, Sp.  293, 294 ff.). 573   S. etwa Horn, ZHR 173 (2009), 12, 27; Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger, S.  133 f., 137–139, 142–146, 327; ders., ZBB 2010, 211, 214 m.Fn.  19; Schneider, in: Baums/ Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  69, 76 ff.; Leuering/Zetzsche, NJW 2009, 2856, 2857.

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Insolvenzrechts von 1994 beschränkte die Dauer von Sanierungsmaßnahmen, die die Gläubigerversammlung beschließen konnte, sogar noch auf drei Jahre574 . Hinzu kam, dass das Schuldverschreibungsgesetz auf Anleihen ausländischer Emittenten keine Anwendung fand575 . Die praktischen Schwierigkeiten einer nachträglichen Änderung von Anleihebedingungen, die sich aus der Nichtanwendbarkeit des Schuldverschreibungsgesetzes ergaben, hielten die Praxis offenbar zunehmend davon ab, Nebenverpflichtungen und Zusicherungen in Schuldverschreibungen aufzunehmen, die die wirtschaftliche Entwicklung des Emittenten in der Zukunft behindern könnten 576 . Aufgrund des Fehlens solcher Bestimmungen waren die unter deutschem Recht emittierten Schuldverschreibungen deshalb zwar erheblich einheitlicher ausgestaltet als Schuldverschreibungen unter angloamerikanischem und insbesondere englischem Recht. Nicht zuletzt wegen der als rigide empfundenen Haltung des deutschen Rechts wichen aber selbst deutsche Emittenten immer mehr auf das englische Recht und teilweise das Recht des Staates New York aus577. Nach langer Diskussion erließ der deutsche Gesetzgeber schließlich 2009 ein neues Schuldverschreibungsgesetz578 . Dieses beinhaltet auch weiterhin ein zwingendes Grundgerüst für die Organisation und Vertretung der Schuldverschreibungsgläubiger. Zum Schutz der Minderheit sind aber nun nicht mehr bestimmte Gegenstände von vornherein der Beschlussfassung entzogen; vielmehr wird Minderheitenschutz nunmehr durch eine Beschlusskontrolle realisiert, die sich an die entsprechenden Regeln der Kontrolle von Hauptversammlungsbeschlüssen einer Aktiengesellschaft anlehnt. So ist nunmehr insbesondere ein teilweiser Forderungsverzicht oder ein Debt-Equity-Swap möglich 579 ; Änderungen der Anleihebedingungen durch Mehrheitsbeschluss sind dann, aber auch nur dann möglich, wenn dies die Anleihebedingungen vorsehen, wobei eine Abweichung der Anleihebedingungen von den Vorgaben des Gesetzes nur insoweit in Betracht kommt, als dies das Gesetz ausdrücklich erlaubt 580 . Damit ist zwar auch weiterhin eine Organisation und Vertretung der Schuldverschreibungsgläubiger vorgegeben, deren Inhalt steht aber in deutlich größerem Maße der individuellen Gestaltung in den Anleihebedingungen offen; zugleich verliert auch der sonstige Inhalt der 574   §  11 Abs.  1 SchVG 1899 i.  d.  F. des Art.  53 Nr.  1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) vom 5. Oktober 1994, BGBl.  I, S.  2911, 2937 f. 575   Vgl. nur Eidenmüller, Unternehmenssanierung zwischen Markt und Gesetz, S.  198 f., 451 ff. 576   Schneider, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  69, 84; s. a. Vogel, ebd., S.  94, 99 f. 577   Vgl. von Randow, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  25, 26 f.; Schneider, ebd., S.  69, 84; Kenadjian, ebd., S.  245, 246, 251 f. 578   Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG), verabschiedet als Art.  1 des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung vom 31. Juli 2009, BGBl.  I, S.  2512. 579   §  5 Abs.  3 Satz 1 Nr.  3, 5 SchVG 2009. 580   §  5 Abs.  1 SchVG 2009.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Schuldverschreibungen insoweit an Einheitlichkeit, als spätere Veränderungen durch die Gläubigerversammlung in weiterem Umfang in Betracht kommen 581. Mittelbar sind infolge der erweiterten Möglichkeiten auch wieder in höherem Maße Nebenverpflichtungen und Zusicherungen des Emittenten in Schuldverschreibungen deutschen Rechts zu erwarten. c)  Frankreich Trotz früher Diskussionen 582 und verschiedener Anläufe583 kam es in Frankreich erst im Jahre 1935 zu einer gesetzlichen Regelung über die Organisation und Vertretung der Obligationengläubiger584 , die dann aber umso weitgehender ausfiel. Ihr zufolge können sich die Gläubiger zum Zwecke der Wahrnehmung ihrer Rechte zu einer »masse des obligataires« bzw. »masse des porteurs de titres d’emprunt« vereinigen, die Rechtspersönlichkeit besitzt. Die Beschlüsse, die die Generalversammlung dieser Masse trifft, binden sämtliche Gläubiger; Beschlussgegenstand ist dabei neben der Wahrnehmung der Rechte aus der Anleihe auch jede Änderung der Rechtsform der emittierenden Gesellschaft, jede Fusion mit einer anderen Gesellschaft und jede Emission von Schuldverschreibungen, die der betroffenen Anleihe im Rang vorgehen sollen. Auch Änderungen der Gläubigerrechte können beschlossen werden, allerdings scheidet die Auferlegung von Pflichten ebenso aus wie – jedenfalls außerhalb einer Insolvenz – die Umwandlung der Schuldverschreibungen in Aktien 585 . Damit ein Beschluss wirksam ist, muss ein bestimmtes Quorum erreicht sein. Die Masse kann einen Repräsentanten wählen, der die Gläubiger vertritt und insbesondere Sicherheiten entgegennehmen und ihre Eintragung veranlassen kann. Bis heute sind diese Regelungen, mit denen auch Frankreich den Inhalt der Gläubigerrechte in diesem Randbereich zwingend ausgestaltet hat, im Wesentlichen unverändert geblieben 586 . Da bis auf die Umwandlung der Schuldverschreibungen in Aktien weitergehende Abänderungen möglich sind als unter früherem deutschem Recht, dürfte auch das in Deutschland vor der Reform zu beobachtende Fehlen besonderer Bestimmungen 587 für Frankreich nicht zutreffen, was eine geringere Standardisierung erwarten lässt.

581   Vgl. auch Gallagher/Knapp/Janjuah, 29 Am. Bankr. Inst. J. 32, 85 (February 2010): »The new bond regulation offers an unprecedented flexibility for the structuring of a new bond.« 582   S. oben Fn.  567. 583   Vgl. den Bericht zum Décret du 30 octobre 1935, D. H. 1935, 4, 415 Fn.  3 Sp.  1. 584   Décret du 30 octobre 1935 relatif à la protection des obligataires, J. O. vom 4./5. Oktober 1935 (abgedruckt in D. H. 1935, 4, 415–418). 585   Art.  21 des Décret du 30 octobre 1935; Art.  317 Loi n°  66-537 (Fn.  51); Art. L. 228-68 Code de commerce 2000. 586   Art.  293 ff. Loi n°  66-537 (Fn.  51); Art. L. 228-46 ff. Code de commerce 2000. 587   Dazu oben bei Fn.  576 f.

B.  Die Schuldverschreibung

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2.  Mittelbar typizitätssteigernde Regulierung a)  Anlagebeschränkungen Beschränkt auf einen kleinen Ausschnitt der Schuldverschreibungen, nämlich die Pfandbriefe, bewirken verschiedene EU-Richtlinien eine mittelbare Typisierung, indem sie die Pfandbriefe in der Anlagepolitik bestimmter regulierter Unternehmungen privilegieren. Eine derartige Privilegierung wurde erstmals 1988 in die so genannte OGAW-Richtlinie (Investmentrichtlinie) 588 eingefügt589. Danach durften Investmentfonds in größerem Umfang als sonst in Schuldverschreibungen investieren, wenn diese von einem Kreditinstitut mit Sitz in einem Mitgliedstaat ausgegeben wurden und »die Erträge aus der Emission dieser Schuldverschreibungen gemäß den gesetzlichen Vorschriften in Vermögenswerten angelegt werden, die während der gesamten Laufzeit der Schuldverschreibungen die sich daraus ergebenden Verbindlichkeiten ausreichend decken und vorrangig für die beim Ausfall des Emittenten fällig werdende Rückzahlung des Kapitals und der Zinsen bestimmt sind«. Hiermit war zugleich der »europäische Mindeststandard des Pfandbriefs«590 definiert. Eine Begünstigung von Schuldverschreibungen, die diesen Anforderungen entsprachen, wurde in der Folge auch in die Anlagevorschriften der Richtlinien zur Schadens- und Lebensversicherung übernommen591. Diese Regelungen kamen zunächst vor allem dem deutschen Pfandbrief sowie der damaligen französischen obligation foncière592 zugute. In den meisten anderen Mitgliedstaaten fehlte hingegen eine Pfandbriefgesetzgebung ganz oder war praktisch kaum bedeutend. Nicht zuletzt, um den eigenen Finanzinstituten gewinnbringende Geschäfte aus dieser Begünstigung sowie aus weiteren, sogleich noch anzusprechenden regulatorischen Vorteilen zu ermöglichen, kam es vor der Jahrtausendwende in vielen europäischen Ländern zu einer Pfandbriefgesetzgebung593

588   Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl.  Nr. L 375 vom 31. Dezember 1985, S.  3–18. 589   Art.  22 Abs.  4 gem. Richtlinie 88/220/EWG des Rates vom 22. März 1988 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) in bezug auf die Anlagepolitik bestimmter OGAW, ABl.  Nr. L 100 vom 19. April 1988, S.  31 f. Zur Entstehungsgeschichte Bellinger, in: Die Hypothekenbanken und der Pfandbrief in Europa, S.  76–79. 590   Bellinger, in: Die Hypothekenbanken und der Pfandbrief in Europa, S.  69. 591   Art.  22 Abs.  4 der Richtlinie 92/49/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 73/239/EWG und 88/357/EWG (Dritte Richtlinie Schadenversicherung), ABl.  Nr. L 228 vom 11. August 1992, S.  1–23; Art.  22 Abs.  4 der Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10. November 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG (Dritte Richtlinie Lebensversicherung), ABl.  Nr. L 360 vom 9. Dezember 1992, S.  1–27. 592   Dazu Stürner, Hypothekenpfandbriefe und Beleihung in Frankreich, S.  55 ff. 593   Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  28–30.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

und dementsprechend zur Emission von Pfandbriefen, die dem europäischen Standard genügten. Während die Begünstigung von Pfandbriefen für Investmentfonds auch weiterhin gilt594 , traten die entsprechenden Regeln für Versicherungsgesellschaften zum 1. Dezember 2012 außer Kraft, da der neue Ansatz der »Solvabilität II-Richtlinie« keine qualitativen Anlagebeschränkungen mehr vorsieht595 . b)  Risikogewichtung Schuldverschreibungen von Kreditinstituten und insbesondere Pfandbriefe konnten sich in Europa lange unabhängig vom Einzelfall einer günstigen Risikogewichtung erfreuen. Unter dem traditionellen Ansatz596 mussten die mit einem Kreditrisiko behafteten Aktiva mit Eigenmitteln in Höhe des Produkts aus dem Mindestkoeffizienten von 8% und einer schematisierenden, an die Art der Aktiva und den Schuldner anknüpfenden und in Prozent ausgedrückten Risikogewichtung unterlegt werden. Die Risikogewichtung für Forderungen gegen Kreditinstitute betrug dabei in der Regel 20% 597, für Pfandbriefe nach Inanspruchnahme einer von der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme durch den Heimatmitgliedstaat des emittierenden Kreditinstituts sogar nur 10% 598 . Die Mitgliedstaaten, in denen Pfandbrief­ institute ihren Sitz hatten, machten von dieser Ausnahme Gebrauch599. Mit der Umsetzung des neuen, auf das individuelle Risiko abstellenden Ansatzes ist die schematisierende Risikogewichtung entfallen600 . Auch unter dem neuen An594   Art.  52 Abs.  4 der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), ABl.  Nr. L 302 vom 17. November 2009, S.  32–96. 595   Art.  310 der Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II), ABl.  Nr. L 335 vom 17. Dezember 2009, S.  1–155. 596   Basle Committee on Banking Supervision, International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards, July 1988 (Basel I); Richtlinie 89/647/EWG des Rates vom 18. Dezember 1989 über einen Solvabilitätskoeffizienten für Kreditinstitute, ABl.  Nr. L 386 vom 30. Dezember 1989, S.  14–22. 597   Art.  6 Abs.  1 lit.  b der Richtlinie 89/647/EWG. 598   Art.  11 Abs.  2 der Richtlinie 89/647/EWG; die Geltungsdauer der Ausnahme wurde verlängert. 599   S. für Deutschland zuletzt §  13 Abs.  2 Grundsatz I über die Eigenmittel der Institute i.  d.  F. vom 29. Oktober 1997 (BAnz. S.  13555) mit nachfolgenden Änderungen, in Kraft bis 31. Dezember 2006. 600   Basel Committee on Banking Supervision, International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Framework, June 2006 (Basel II); Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), ABl.  Nr. L 177 vom 30. Juni 2006, S.  1– 200; Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (Neufassung), ABl.  Nr. L 177, S.  201–255; s. für Deutschland Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (Solvabilitätsverordnung – SolvV) vom 14. Dezember 2006, BGBl.  I, S.  2926.

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satz werden aber gerade Pfandbriefe in aller Regel günstig gewichtet sein601, womit eine – wenn auch weiter abgeschwächte – typisierende Wirkung verbunden ist. c)  Großkredite und weitere Regulierungen Eine schematische und damit mittelbar typizitätsfördernde Begünstigung erfahren bestimmte Schuldverschreibungen, namentlich Pfandbriefe, auch bei den regulatorischen Vorgaben für Groß- und Millionenkredite. Denn bei der Berechnung der Auslastung der entsprechenden Obergrenzen werden Pfandbriefe etwa in Deutschland602 unter Wahrnehmung einer Ausnahme in der einschlägigen Richtlinie 603 nicht berücksichtigt. Auch sind Pfandbriefe »wegen ihrer institutstypischen Sicherheit«604 von der europarechtlich vorgeschriebenen Einlagensicherung ausgenommen605 ; als Prospekt genügt wegen ihrer Einheitlichkeit ein so genannter »Basisprospekt«606 . Keine nachhaltige Wirkung auf den Inhalt von Finanzprodukten hatte hingegen der deutsche Ansatz, für das Vorliegen eines – nur bestimmten Anlegern offen stehenden – Börsentermingeschäfts unter anderem auch eine gewisse Standardisierung zu verlangen607. Zwar konnte diese Einordnung im Einzelfall ganz erhebliche Folgen haben; auf die Produktgestaltung wirkte sie indes nicht kanalisierend zurück, was auch daran liegen mag, dass es sich um einen im internationalen Vergleich singulären Ansatz handelte.

601   Vgl. Marburger, in: Der Pfandbrief 2004, S.  19, 22–26; s. a. für den Kreditrisiko-Standard­ ansatz §  32 SolvV, für den auf internen Ratings basierenden Ansatz §§  79, 227 SolvV. 602   Näher §  20 Abs.  3 Satz 2 Nr.  3 KWG; s. a. §  35 Abs.  2 der Verordnung über die Erfassung, Bemessung, Gewichtung und Anzeige von Krediten im Bereich der Großkredit- und Millionenkreditvorschriften des Kreditwesengesetzes (Großkredit- und Millionenkreditverordnung – GroMiKV) vom 14. Dezember 2006, BGBl.  I, S.  3065. 603   Art.  113 Abs.  3 lit.  l der Richtlinie 2006/48/EG. 604   Bellinger, in: Die Hypothekenbanken und der Pfandbrief in Europa, S.  72. 605   Art.  1 Nr.  1 Unterabs. 3 der Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 1994 über Einlagensicherungssysteme, ABl.  Nr. L 135 vom 31. Mai 1994, S.  5– 14. 606   Art.  5 Abs.  4 lit.  b der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl.  Nr. L 345 vom 31. Dezember 2003, S.  6 4–89; für Deutschland §  6 Abs.  1 Nr.  2 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 betreffend den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel zu veröffentlichen ist, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 22. Juni 2005, BGBl.  I, S.  1698. 607   Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, S.  6 43 f.; Reiner, Derivative Finanzinstrumente im Recht, S.  9 0, 95; Assmann, ZIP 2001, 2061, 2069; aus der Rechtsprechung BGH, Urteile vom 22. Oktober 1984, II ZR 262/83, BGHZ 92, 317, 321, juris-Tz.  10; vom 16. April 1991, XI ZR 88/90, BGHZ 114, 177, 179, juris-Tz.  13.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

3.  Ausdifferenzierung des Markts Angesichts der geschilderten Vielfalt von Papieren kann seit langem nicht mehr von einem einheitlichen Schuldverschreibungsmarkt gesprochen werden. Jedoch haben sich mit zunehmendem Volumen der emittierten Papiere Teilmärkte gebildet, innerhalb derer die gehandelten Schuldverschreibungen vereinheitlichte Grundzüge aufweisen. a)  Staatsanleihen Zu nennen ist hier zunächst der relativ einheitliche Markt für Staatsanleihen. Zwar werben die staatlichen Schuldner mittlerweile auch mit komplexeren Produkten wie inflationsindexierten Anleihen um Investoren608 . Die Mehrheit der Staatsanleihen entspricht jedoch noch immer dem klassischen Bild einer einfachen Schuldverschreibung609 mit feststehender Rendite und voller Kapitalrückzahlung zu einem definierten Rückzahlungstermin610 . Je nach Fälligkeit lässt sich hier bei den börsennotierten Anleihen weiter ein Markt für Papiere langer, mittlerer und kurzer Laufzeit unterscheiden611. Der Anleger erhält bei Papieren mittlerer oder langer Laufzeit meist einen regelmäßigen, unter Umständen auch einen ansteigenden Zins; vor allem die kurzlaufenden Geldmarktpapiere sind demgegenüber nicht verzinslich, sondern werden unter dem Nennwert ausgegeben. Bei den Staatsanleihen handelt es sich zwar vielfach, so etwa seit den 1940er Jahren in Deutschland612 und seit 1986 in den U. S. A. 613 , nicht um wirkliche Wertpapiere, sondern um Schuldbuchforderungen. Behandelt werden diese Forderungen aber im Wesentlichen wie Wertpapiere; auf die Typizität hat sich diese »Dematerialisierung« nicht nachteilig ausgewirkt.

608   U. S. A.: Treasury Inflation-Protected Securities (TIPS), dazu Fabozzi/Modigliani/Jones, Foundations of Financial Markets and Institutions, S.  295 f.; Deutschland: Inflationsindexierte Obligationen/Anleihen. 609   Vgl. Than, in: Baums/Cahn (Hrsg.), Die Reform des Schuldverschreibungsrechts, S.  3, 13: »spartanische« Anleihebedingungen. 610   So waren z. B. unter den 74 am 25. August 2010 ausstehenden und handelbaren, auf Euro lautenden Bundeswertpapieren i.H.v. insgesamt 1.064.250.000.000 Euro nur drei inflationsindexierte Anleihen (3% der Summe) und 17 unverzinsliche Schatzanweisungen (8% der Summe), vgl. BRD Finanzagentur GmbH, Ausstehende, handelbare Bundeswertpapiere (per 25.  0 8. 2010), (zuletzt besucht am 4. September 2010, inzwischen durch aktuelle Fassung ersetzt). 611   U. S. A.: insbes. »T-Bonds« (zwanzig bis dreißig Jahre), »T-Bills« (ein bis zehn Jahre), »TNotes« (bis zu einem Jahr); Deutschland: insbes. Schatzanweisungen (ein bis zwei Jahre), Bundesobligationen (fünf Jahre), Bundesanleihen (zehn oder dreißig Jahre). 612   Verordnung über die Verwaltung und Anschaffung von Reichsschuldbuchforderungen vom 5. Januar 1940, RGBl.  I, S.  30 u. a.; heute Gesetz zur Neuordnung des Schuldbuchrechts des Bundes und der Rechtsgrundlagen der Bundesschuldenverwaltung (Bundeswertpapierverwaltungsgesetz – BWpVerwG) vom 11. Dezember 2001, BGBl.  I, S.  3519; s. speziell für die Länder §  17 BWpVerwG. 613   Dazu Dress, WM 1997, 1977, 1979–1982.

B.  Die Schuldverschreibung

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b)  Pfandbriefe und Covered Bonds Ein ähnliches Bild zeigt der klassische Pfandbriefmarkt, der allerdings – zu Recht oder zu Unrecht – immer stärker als Teil eines Marktes für covered bonds begriffen wird614 . Pfandbriefe sind in Europa nicht zuletzt aufgrund der soeben beschriebenen, mittelbar standardisierenden Wirkung des Richtlinienrechts von Kredit­ instituten emittierte, mit bestimmten Deckungswerten gedeckte Schuldverschreibungen, die größtenteils wie eine klassische Schuldverschreibung einen festen Zins über eine feststehende Laufzeit bieten und zahlreichen weiteren typisierenden Vorschriften unterliegen615 . Der Pfandbriefmarkt selbst teilt sich – abgesehen von der Unterteilung nach der Art der Deckungswerte, also Hypothekenpfandbriefe, öffentliche Pfandbriefe, Schiffs- und in Deutschland neuerdings Flugzeugpfandbriefe 616 – seit Mai 1995 in einen Markt für so genannte Jumbo-Pfandbriefe617, die wegen ihres großen Emissionsvolumens, ihres einheitlichen Erscheinungsbildes als einfache Festzinsanleihen und der Betätigung von Investmentbanken als Market Maker618 besonders leicht handelbar sind619, und den Markt der nicht hierunter fallenden, kleineren und nicht selten auf einen Investor zugeschnittenen Emissionen. Definiert man covered bonds als gedeckte Schuldverschreibungen, die unmittelbar oder mittelbar von einer Bank begeben werden und für deren Erfüllung neben den Deckungswerten die Bank haftet, so fallen hierunter zusätzlich zum klassischen, auf einer gesetzlichen Isolierung beruhenden kontinentaleuropäischen Pfandbrief auch vertragliche Modelle, die die Pfandbriefgesetzgebung zu imitieren versuchen620 , und schließlich strukturierte Produkte, die zwar eine Deckung aufweisen, aber nicht notwendigerweise nur das Risiko der jeweiligen Deckungsmasse beinhalten. In diesem Markt, der im Jahr 2010 einen neuen Rekord an Emissionen zu verzeichnen hatte 621, ist nicht nur nach Deckungswerten, sondern auch nach etwa zusätzlich hereingenommenen Risiken zu unterscheiden; allerdings gibt es auch hier ein weiter vereinheitlichtes Segment der Jumbo Covered Bonds, das 614   Das EZB-Aufkaufprogramm differenziert nicht; in der Finanzkrise hat sich der Pfandbrief indessen wieder deutlich von sonstigen covered bonds abgesetzt (Winkler, in: Der Pfandbrief 2009/2010, S.  24, 25 ff.). Diese Marktentwicklung sowie die wesentlichen konstruktiven Unterschiede dürften dafür sprechen, weiterhin von einem eigenen Pfandbriefmarkt auszugehen. 615   S. nur Stürner, AcP 210 (2010), 105, 144 f. 616   Zu Flugzeugpfandbriefen oben Fn.  393; zur Unterscheidung zwischen den Pfandbriefarten durch Investoren Winkler, in: Der Pfandbrief 2009/2010, S.  24, 29. 617   Zur Entstehung Munsberg, in: Der Pfandbrief 2005, S.  29 ff. 618   Zur Unterbrechung in der Finanzkrise Winkler, in: Der Pfandbrief 2009/2010, S.  24, 25 f. 619   S. für eine erste Erhebung zu dem von Jumbo-Pfandbriefen dominierten Jumbo Covered Bond-Sekundärmarkt Winkler, in: Der Pfandbrief 2006, S.  22 ff. 620   Dazu Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  75–86 m.Nw.; Croke, 917 PLI/Comm 625, 646 (2009); zum Vorschlag eines U. S.  Covered Bond Act Durrer et al., Banking L. J. 632, 633 (2010). 621   Vgl. Volk, Record covered bond issuance despite end of ECB buying, EUR Liquid Credit Weekly, 27 August 2010.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

den erfolgreichen Jumbo-Pfandbrief nachzuahmen versucht622 . Insgesamt ist der Markt für Covered Bonds aber dennoch in einem solchen Maße fragmentiert, dass der Druck für eine weitere Vereinheitlichung zunimmt623 . c)  Industrieobligationen Im Markt für Industrieobligationen ist im Wesentlichen zwischen den klassischen Anleihen, den Wandel- und Optionsanleihen und den »hybriden« Produkten wie Genussscheinen zu unterscheiden. Bei den klassischen Anleihen begegnet man wiederum einer Aufspaltung nach der Laufzeit. Der Deckung eines kurzfristigen Kreditbedarfs oder der Überbrückung bis zu einer neuen, langfristigen Anleihe dient die Emission von commercial paper. Dabei handelt es sich typischerweise um Inhaberpapiere mit Laufzeiten von unter einem Jahr624 , die keinen Zins tragen, sondern unter ihrem Nennwert ausgegeben werden. Meist legen Unternehmen ganze Commercial Paper-Programme auf, die eine standardisierte »Plattform« für wiederholte Emissionen bieten und so auch eine dauerhafte Finanzierung erlauben, indem zur Bedienung der fälligen Papiere immer wieder neue Papiere emittiert werden625 . Allerdings setzt dies eine entsprechende Aufnahmebereitschaft des Markts voraus. In der Finanzkrise war eine solche zeitweise nicht gegeben, was erhebliche Schwierigkeiten zur Folge hatte 626 . Diesen Geldmarktpapieren gegenüber stehen langlaufende Schuldverschreibungen (corporate bonds), unter denen nach wie vor die einfachen Festzinsanleihen dominieren627. Wegen der langen Laufzeit fällt hier aber die individuelle Ausgestaltung besonders ins Gewicht, so etwa die Frage, ob und gegebenenfalls womit die Schuldverschreibung besichert ist, ob und gegebenenfalls unter welchen Umständen ein Kündigungsrecht der einen oder anderen Seite besteht, ob und wenn ja, wann ein variabler oder regelmäßiger Zins gezahlt wird oder es sich um ein mit Diskont emittiertes Papier ohne Zinsanspruch handelt. Bei Papieren mittlerer Laufzeit stehen die medium term notes (MTNs) im Vordergrund. Dies sind Schuldverschreibungen, die – ähnlich wie commercial paper – meist fortlaufend oder jedenfalls wiederholt im Rahmen eines von den begleitenden Banken betriebenen MTN-Programms emittiert werden. Traditionellerweise handelte es sich um unkündbare, unbesicherte und nicht nachrangige   Vgl. Munsberg, in: Der Pfandbrief 2005, S.  29, 30.   Vgl. Volk, ECB concerned about diversity of covered bonds, EUR Liquid Credit Weekly, 19 February 2010. 624   Vgl. sec. 3(a)(3) Securities Act of 1933 (Fn.  177), 15 U. S. C. §  77c(a)(3). 625   »Rolling over short-term paper«, dazu Fabozzi/Modigliani/Jones, Foundations of Financial Markets and Institutions, S.  402; s. a. von Bernstorff, RIW 1990, 517, 520. 626   S. nur Board of Governors of the Federal Reserve System, Ninety-Fifth Annual Report 2008, (zuletzt besucht am 29. Februar 2012), S.  9 –11, 23, 37, 82, 90. 627   S. nur Fabozzi/Modigliani/Jones, Foundations of Financial Markets and Institutions, S.  415 ff. 622 623

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Schuldverschreibungen, die einen festen Zins trugen und von einem Unternehmen hoher Bonität emittiert wurden; ihre Laufzeit betrug zwischen zwei und zehn Jahren. Mittlerweile findet man aber auch von dieser Urform abweichende Gestaltungen, insbesondere auch deutlich kürzere oder längere Laufzeiten, weshalb die Bezeichnung nur noch wenig besagt628 . Wegen ihrer Besonderheiten sprechen Wandel- und Optionsanleihen sowie andere »hybride« Papiere nur einen bestimmten Investorenkreis an; sie bilden daher einen eigenen, relativ kleinen Markt. Dieser Markt wird teilweise dadurch vom herkömmlichen Anleihemarkt einerseits und dem reinen Optionsmarkt andererseits aufgesogen, dass Optionsanleihen in einen Anleiheteil und einen Optionsteil aufgespalten und getrennt gehandelt werden können. d)  Bankpapiere Banken können selbstverständlich wie Industrieunternehmungen durch Begebung einer gewöhnlichen Anleihe Fremdkapital aufnehmen. Daneben gibt es aber auch banktypische Arten von Schuldverschreibungen, die wiederum eigene Märkte bilden. Unter diesen Bankpapieren sind zunächst die in den U. S. A. als Umgehungsprodukt entstandenen und in anderen Ländern erst später zugelassenen »Certificates of Deposit« zu nennen629, die der Uniform Commercial Code farblos als Papiere definiert, welche das Anerkenntnis einer Bank über den Erhalt einer bestimmten Summe und das Versprechen ihrer Rückzahlung enthalten630 . Typischerweise fehlt bei Certificates of Deposit die verbindende Klammer einheitlicher Emissionsbedingungen, die sich auf eine Gesamt- oder Sammeleinlage beziehen. Näher beschreiben lassen sich Certificates of Deposit als handelbare Inhaberpapiere, die einen einzelnen Anspruch auf Zinsen und Rückzahlung der Einlage bei einem Kreditinstitut verbriefen und – anders als commercial paper – eine weitgehend standardisierte Laufzeit631 haben. Die vom Markt entwickelte einheitliche Ausstattung dieser Papiere ist gesetzlich verschiedentlich sanktioniert632 . Als banktypische Schuldverschreibung ist auch die Aktienanleihe einzuordnen, bei der – gegenüber der Wandelanleihe in umgekehrtem Sinne (daher auch reverse 628   Crabbe, 79 Fed. Res. Bull. 751 ff. (1993); Fabozzi/Modigliani/Jones, Foundations of Financial Markets and Institutions, S.  405–408. 629   S. von Bernstorff, RIW 1990, 517, 520; vgl. a. N. N., VW 1985, 284 und für Deutschland Deutsche Bundesbank, Die Geldpolitik der Deutschen Bundesbank, 1995, S.  50. 630   §  3-104(j) U. C. C.: »›Certificate of deposit‹ means an instrument containing an acknowledgment by a bank that a sum of money has been received by the bank and a promise by the bank to repay the sum of money. A certificate of deposit is a note of the bank.« 631   Regelmäßig findet man Laufzeiten zwischen 30 und 180 Tagen, jedenfalls unter fünf Jahren. 632   S. für die U. S. A. insbes. die einzelstaatlichen Umsetzungen des U. C. C.; für Deutschland etwa §  12 Abs.  1 Nr.  4 der Verordnung über die Rechnungslegung der Zahlungsinstitute (Zahlungsinstituts-Rechnungslegungsverordnung – RechZahlV) vom 2. November 2009, BGBl.  I, S.  3680, 3682; §  8 Abs.  1 der Verordnung über die Rechnungslegung von Versicherungsunternehmen vom 8. November 1994 (RechVersV), BGBl.  I, S.  3378, 3380.

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convertible bond) – nicht der Anleger, sondern der Anleiheschuldner die Befugnis hat, die Anleihe bei Fälligkeit nicht durch Rückzahlung ihres Nominalbetrags, sondern durch Lieferung einer zuvor festgelegten Zahl von Aktien eines bestimmten Unternehmens zu tilgen633 . Auch bei der Aktienanleihe gibt es Sonderformen634 ; diese gehen aber bereits in den uneinheitlichen Markt der Zertifikate über. Die klassische Aktienanleihe zeichnet sich dadurch aus, dass ihr Basispreis unterhalb des Kurses der Aktien am Emissionstag festgelegt wird, sodass der Anleger bei fallendem Aktienkurs einen gewissen Puffer hat, bevor er mit der Andienung der dann weniger wertvollen Aktien anstelle der Rückzahlung des Kapitals rechnen muss. Ein weiteres Bankprodukt in diesem Sinne sind die Credit Linked Notes. Durch die Abhängigkeit der Zins- und Kapitalzahlungen von den Zahlungsströmen aus den Referenzforderungen wird das Kreditrisiko auf die Anleger abgewälzt, was gerade für Banken mit ihren großen Forderungsportfolien interessant ist 635 . Allerdings fehlt es an einer weitergehenden Standardisierung der Credit Linked Notes; im Gegenteil wird deren Flexibilität betont 636 und genutzt, etwa hinsichtlich der Definition der »Kreditereignisse« oder der Frage, ob den Anlegern im Fall des Eintritts eines solchen Ereignisses die Referenzaktiva angedient werden (physical delivery) 637. Hinzu kommt, dass Credit Linked Notes vor allem auch von Emissionsvehikeln emittiert werden, die ihrerseits als Gegenpartei eines Credit Default Swap fungieren638 , was – eventuell nach Zwischenschaltung eines Instituts mit staatlicher Garantie 639 – dem Anleger eine besonders günstige Risikobewertung für die Zwecke der Eigenkapitalunterlegung sichern kann. Der Markt für Credit 633   Assmann, ZIP 2001, 2061, 2063, 2067; Luttermann, ZIP 2001, 1901 f.; Sagasser/Schlösser, in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, §  26 Rn.  672; Schwark, WM 2001, 1973 f. 634   Assmann, ZIP 2001, 2061, 2067 f.; Luttermann, ZIP 2001, 1901, 1905; Schwark, WM 2001, 1973 f. 635   Zur eigenmittelrechtlichen Behandlung unter altem Recht Zahn/Lemke, WM 2002, 1536, 1540 f. 636   Zahn/Lemke, WM 2002, 1536, 1537. 637   Dies ist bei Forderungen weniger praktisch, wohl aber dann, wenn Referenzaktiva die Papiere einer oder mehrerer Anleihen sind (so etwa die Cobold-Anleihen der DZ Bank, vgl. OLG München, Urteil vom 28. Juni 2010, 19 U 1580/10, juris-Tz.  25; Markgraf, F. A. Z. vom 19. Mai 2005). Werden hier dem Anleger im Falle des Eintritts eines Kreditereignisses Papiere der betroffenen Anleihen angedient, nimmt er auch an eventuellen Umschuldungsmaßnahmen des ausgefallenen Unternehmens teil. 638   S. nur Kamlah, WM 1998, 1429, 1431; Auerbach/Roth, WM 2003, 230, 231; Reiner/Schacht, WM 2010, 385, 394; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  72–74. 639   S. die Promise- und Provide-Plattformen der KfW, bei denen die KfW zwischen der verbriefenden Bank und dem Emissionsvehikel steht, sodass die verbriefende Bank nicht das Risiko eines Ausfalls des Emissionsvehikels, sondern lediglich das Risiko eines Ausfalls der KfW trägt und mit Eigenmitteln unterlegen muss; näher (zuletzt besucht am 29. Februar 2012); zum früheren Recht Rundschreiben 1/96 des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen an alle Kreditinstitute in der Bundesrepublik Deutschland vom 26. Januar 1996 (I 3–5 – 15/95); Auerbach/Roth, WM 2003, 230, 231.

B.  Die Schuldverschreibung

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Linked Notes ist in sich noch danach unterteilt, ob es sich um eine »Junior Tranche« (»First Loss Piece«) oder um weniger riskante »Senior Tranches« handelt640 . Als Unterart des Marktes für Bankpapiere erscheint schließlich der in gewisser Weise aus dem Markt für »abgetrennte« Optionsscheine hervorgegangene Zertifikatemarkt 641, den gerade die fast gänzlich fehlende Standardisierung dieser Papiere eint642 , sieht man einmal davon ab, dass es sich um von Finanzinstituten ausgegebene Schuldverschreibungen handelt. Denn die Entwicklung eines Zertifikats knüpft an andere Ereignisse als Kreditereignisse an, die wiederum Folgen haben, welche von einem eventuell um Faktoren erhöhten Bonus über eine garantierte Rendite bis hin zum Totalverlust reichen können und deren Inhalt eventuell sogar nachträglich vom Emittenten geändert werden kann643 . Die Zertifikate mögen sich teilweise als Abwandlung anderer, stärker standardisierter Produkte darstellen; ihre Entwicklung ist aber fast immer weit weniger vorhersehbar, sodass es sich nur um ein scheinbar bekanntes und berechenbares Produkt handelt644 . Erst die Finanzkrise und die nachfolgende Volatilität hat das Fehlen einer Standardisierung so recht eigentlich deutlich gemacht. e)  Gedeckte Schuldverschreibungen Neben dem Markt für Pfandbriefe und Covered Bonds steht der Markt für – sonstige – gedeckte Schuldverschreibungen oder Asset-Backed Securities. Gemeinsam ist diesen Papieren die Deckung, die dadurch erreicht wird, dass das Vermögen des Emittenten der Papiere neben den Deckungswerten keine bedeutenden anderen Aktiva, neben den Ansprüchen oder Rechten der Anleger keine bedeutenden weiteren Passiva beinhaltet. Anders als bei den Covered Bonds, die trotz Deckung auch Ansprüche gegen die Bank gewähren, fehlt aber die parallel laufende Haftung eines »lebenden« Unternehmens. Eine erste Unterscheidung kann bei gedeckten Schuldverschreibungen nach den Deckungswerten und den damit zusammenhängenden Strukturen erfolgen. Hierher gehören einmal die klassischen MortgageBacked Securities, die unter Umständen durch die Beteiligung einer der GSEs noch weiter standardisiert sein können, sodann Forderungen aus Kfz-Verkäufen oder Bildungsdarlehen, aber auch Kreditkartenforderungen, bei deren Verbriefung die Deckungswerte typischerweise revolvieren645 . Papiere, die sich mit einer einfachen Durchleitung der Zahlungsströme begnügen, spielen heute vor allem als Bausteine komplexerer Transaktionen eine Rolle; eine Strukturierung zumindest   Vgl. Auerbach/Roth, WM 2003, 230, 232 ff.   S. oben unter V 6. Teilweise werden auch Credit Linked Notes zu den Zertifikaten gerechnet; Credit Linked Notes heben sich aber aus dem sonstigen Zertifikatemarkt doch deutlich ab. 642   S. nur Mülbert, WM 2007, 1149; Podewils, ZHR 174 (2010), 192, 193 f. Eine gewisse Einheitlichkeit weisen die Zertifikate auf, soweit sie lediglich bestimmte Indices abbilden; näher Meixner, BuW 2001, 423, 424 ff. 643   Dazu Podewils, ZHR 174 (2010), 192, 193 ff. 644   Vgl. z. B. Luttermann, ZIP 2001, 1901, 1904: »Das Risikoprofil eines Anlagetyps kann durch geringfügige Variation erheblich verändert werden .  .  .« (zur Aktienanleihe). 645   S. nur Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  68–70, 387 ff. 640 641

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

in verschiedene Tranchen ist die Regel. Die weitere Unterteilung des Marktes strukturierter Produkte spiegelt die Entwicklungen auf den anderen Märkten in gewisser Weise wieder, können doch die meisten strukturierten Papiere ohne Weiteres auch von Emissionsvehikeln ausgegeben werden. Bereits erwähnt sind die Credit Linked Notes als bereits klassische Form einer synthetischen Verbriefung646 . Neben revolvierenden Strukturen auf Seiten der Deckungswerte werden auch die von Industrieanleihen bekannten, dauerhaften Emissionsprogramme eingesetzt, weshalb etwa Emissionen von Asset-Backed Commercial Paper, bei denen langlaufende Deckungswerte wie Forderungen oder Asset-Backed Securities durch revolvierende Emissionen kurzfristiger Commercial Paper refinanziert werden647, in der Finanzkrise unter ähnlichen Schwierigkeiten zu leiden hatten wie herkömmliche Emissionen von Commercial Paper648 . Immerhin könnten die verschärften Anforderungen an das Risikomanagement von Finanzinstituten und deren Eigenkapital649, vor allem die höhere Unterlegung von Mehrfachverbriefungen650 , in Richtung stärkerer Typizität wirken.

VII.  Zusammenfassung und Würdigung Auf dem Gebiet der Schuldverschreibung zeigt sich bei einer Gesamtbetrachtung erhöhte Typizität lediglich in der Epoche der »klassischen« Anleihen, die sich durch eine von vornherein feststehende Laufzeit, volle Kapitalrückzahlung und einen festen Zins auszeichneten. Noch heute prägen diese Merkmale zwar den größten Teil der Schuldverschreibungen. Ähnlich wie in der Frühzeit sind daneben jedoch Papiere zu finden, die sich mehr oder weniger stark der Aktie annähern. Hinzu kommen neuere strukturierte Finanzprodukte, die individuell ausgestaltet sind und vielfach Merkmale aufweisen, die nur einer einzigen Emission   S. o. bei Fn.  549 sowie Fn.  638–639.   Boulkab/Marxfeld/Wagner, IRZ 2008, 497, 498–501; Croke, 121 Banking L. J. 218 ff. (2004) unter besonderer Berücksichtigung der Regulierung in den U. S. A. 648   Näher Croke, 917 PLI/Comm 625, 631, 634–636, 640–644 (2009); Boulkab/Marxfeld/ Wagner, IRZ 2008, 497; Hellwig, in: Gutachten E zum 68. Deutschen Juristentag, 2010, S. E 26 f.; pointiert Schröder, ZBB 2010, 280, 286. 649   Richtlinie 2009/27/EG der Kommission vom 7. April 2009 zur Änderung bestimmter Anhänge der Richtlinie 2006/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für das Risikomanagement, ABl.  Nr. L 94 vom 8. April 2009, S.  97–99; Richtlinie 2009/83/EG der Kommission vom 27. Juli 2009 zur Änderung bestimmter Anhänge der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit technischen Bestimmungen über das Risikomanagement, ABl.  Nr. L 196 vom 28. Juli 2009, S.  14–21; Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement, ABl.  Nr. L 302 vom 17. November 2009, S.  97–119. 650   Richtlinie 2010/76/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen für Handelsbuch und Wiederverbriefungen und im Hinblick auf die aufsichtliche Überprüfung der Vergütungspolitik, ABl.  Nr. L 329 vom 14. Dezember 2010, S.  3–35. 646 647

C.  Investmentanteile

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anhaften. Dem Institut der Schuldverschreibung als solchem fehlt mithin heute nahezu jede Typizität. Eine schwache gegenläufige Tendenz begegnet bei der Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger, beruht auf regulatorischen Begünstigungen bestimmter Papiere und kann schließlich in der stärkeren Herausbildung von Teilmärkten erblickt werden. Allerdings ist nennenswerte Typizität wohl nur auf dem Pfandbriefmarkt und dem Markt für Staatspapiere erreicht, und auch diese erscheint keineswegs vor weiteren Abschwächungen sicher. Am wenigsten findet man Typizität auf dem Gebiet der Bankpapiere und dort insbesondere der Zertifikate und sonstigen strukturierten Produkte.

C.  Investmentanteile Einen dritten, relativ jungen Teilbereich der Wertpapiere des Kapitalmarkts bilden die Anteile an Investmentfonds. Neben diesen eigentlichen Investmentanteilen gibt es zwar noch andere Formen der fondsgebundenen Kapitalanlage, wie etwa geschlossene Fonds in der Form einer Personengesellschaft mit oft steuerlich motivierter Verlusthaftung. Dort fehlt jedoch die wertpapiermäßige Verbriefung und die damit verbundene leichte Übertragbarkeit, weshalb sich diese als eigene, an dieser Stelle nicht zu behandelnde651 Anlageform darstellen. Auch bei den eigentlichen Investmentanteilen zeigt sich über den Lauf der Zeit und in den verschiedenen Ländern ein unterschiedliches Maß an Typizität. Dabei stehen sich in besonderer Deutlichkeit das angloamerikanische und das kontinentaleuropäische Modell gegenüber.

I.  Gegensätzliche Ausgangspunkte Bekanntlich ist es die Grundidee der Investmentfonds, dem einzelnen Anleger selbst im Falle summenmäßig kleiner Beteiligung den Zugang zu bestimmten Anlageformen bei gleichzeitiger Risikostreuung zu ermöglichen und ihm die günstigeren Konditionen und sonstigen Vorteile eines kapitalstarken Marktteilnehmers sowie nicht zuletzt regelmäßig auch die Sachkenntnis professioneller Vermögensverwalter zugute kommen zu lassen652 . Diese Grundidee ließ sich mit den herkömmlichen Rechtsinstitutionen nicht überall gleich gut umsetzen, was sich wiederum auf die Typizität des Investmentanteils als Wertpapier auswirken sollte.

  Kurze Ausführungen in Kapitel 14 D II.   S. nur Grayson, Investment Trusts, S.  1 f f., 145; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  13; Seischab, Investment Trusts, S.  1 f.; Meyer-Cording, BB 1951, 817; ders., ZHR 115 (1952), 65, 66 f.; von Caemmerer, JZ 1958, 41; Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  12 f.; Lehmann, Finanzinstrumente, S.  115. 651

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

1.  England und die U. S. A. Das englische und auch das in der Anfangsphase tonangebende schottische Recht stellten in Gestalt des Trust ein Rechtsinstitut zur Verfügung, mit dem sich die Idee einer gemeinschaftlichen, durch einen Dritten verwalteten Kapitalanlage problemlos verwirklichen ließ. Der Trustee, der »at law« Inhaber des Trust-Vermögens ist, kann dieses ohne Weiteres in eigenem Namen halten, einzelne Gegenstände veräußern und neue erwerben, während »in equity« das Trust-Vermögen den Anlegern als Beneficiaries zusteht und von diesen durch Veräußerung ihres Anteils oder durch Auszahlung realisiert werden kann. Als Teile der Bevölkerung in England und Schottland in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts immer wohlhabender wurden653 und wegen des niedrigen inländischen Kapitalzinses nach Anlagemöglichkeiten im Ausland suchten, bediente man sich denn auch zunächst dieses Instituts, um den Kosten und Risiken einer Anlage in fremden Ländern zu begegnen654 . Die Position des Anlegers hing bei diesen Investment Trusts sowohl hinsichtlich der Anlage und Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens als auch hinsichtlich seiner eigenen Rechte ganz von der konkreten Trust-Vereinbarung ab. Dem gewöhnlichen Trust-Recht entsprechend, war der Anleger lediglich ein passiver Begünstigter; die Verwaltung des Vermögens oblag den Trustees, welche allerdings in ihren Anlageentscheidungen immerhin insoweit beschränkt wurden, als die zur Anlage geeigneten Wertpapiere bestimmt und eine Höchstgrenze für die Anlage in einem Wertpapier vorgegeben waren. Da Trusts wegen der Rule against Perpetuities nur eine beschränkte Lebensdauer haben konnten, legte man diese schon von Anfang an auf zwanzig bis dreißig Jahre fest, nach deren Ablauf das noch vorhandene Vermögen verwertet und der Erlös unter den Anlegern verteilt werden sollte 655 . Vor dem Hintergrund des allgemeinen Trust-Rechts kann es schließlich auch kaum verwundern, dass diese ersten Investment Trusts kein festes Nominalkapital besaßen, sondern ihre Satzungen meist nur ein Mindest- und ein Höchstkapital vorsahen, bei dessen Überschreitung eine Tochtergesellschaft gegründet wurde 656 . Infolge rechtlicher Unsicherheit im Hinblick auf die Zulässigkeit der TrustKonstruktion657 ging man in England allerdings ab dem Ende des 19. Jahrhunderts dazu über, statt des Trust die Rechtsform der Limited Company zu wählen; beste653   Vgl. (z. T. kritisch) Linhardt, Die Britischen Investment Trusts, S.  30 ff. (mit Datenangaben). 654   S. nur Grayson, Investment Trusts, S.  12–15; Franz, Die Investment Trusts, S.  70–72; Linhardt, Die Britischen Investment Trusts, S.  40 ff.; Liefmann, Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaften, S.  167–171; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  166; Hutson, 14 Int’l Rev. Fin. Analysis 439 (2005). 655   Jörgens, Finanzielle Trustgesellschaften, S.  15; Liefmann, Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaften, S.  168. 656   Jörgens, Finanzielle Trustgesellschaften, S.  15 f.; Franz, Die Investment Trusts, S.  12; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  24. 657   Vgl. Sykes v. Beadon, (1879) 11 Ch. D. 170, 186 ff. (M. R.); die Zulässigkeit bestätigend aber bereits wieder Smith v. Anderson, (1880) 15 Ch. D. 247, 273 ff. (C. A.); dazu Jörgens, Finanzielle

C.  Investmentanteile

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hende Trusts wurden in Limited Companies umgewandelt. Die Limited Company bewirkte ebenfalls eine beschränkte Haftung der Geschäftsführer wie der Investoren. Zusätzlich erlaubte sie eine unbegrenzte Fortdauer der Unternehmung, da die Rule against Perpetuities registrierte Companies nicht erfasste 658 . Der Investmentanteil war hier nichts anderes als der Gesellschaftsanteil, über den nach dem Companies Act 1862 ein certificate ausgestellt wurde 659 und der seinerseits wiederum die Form eines preferred share – des eigentlichen Investmentanteils – oder eines ordinary (common) share als Anteil des Gründungsgesellschafters annehmen konnte 660 . Wie auch im allgemeinen Gesellschaftsrecht, konnten zudem sowohl unter den Stamm- als auch den Vorzugsaktien verschiedene Klassen mit einer jeweils eigenen Bestimmung von Dividende und Liquidationsbeteiligung, Rückzahlungsaufgeld und Stimmrecht gebildet werden. Investment Companies mit Einheitsanteilen, wie sie das Trust-Recht noch eher nahelegt, wurden denn auch stark zurückgedrängt 661. Für das Gesellschaftsvermögen und mithin das Fondsvermögen sahen Anlagebedingungen eine Diversifikation vor. Verwaltet wurde das Fondsvermögen von dem Direktorium, das satzungsgemäß über extrem weitgehende Befugnisse verfügte und die Gesellschafter zu weitgehend passiven Anlegern machte 662 . In Anlehnung an die Trust-Konstruktion wurde die eigentliche Vermögensverwaltung zunehmend nicht von den Mitgliedern eines Gesellschaftsorgans, sondern einer externen Verwaltungsgesellschaft ausgeführt. Auch die Rechtsform der Limited Company erlaubte die Ausschüttung eingenommener Dividenden selbst bei Entwertung des Buchwerts des Fondsvermögens 663 ; mangels strenger Kapitalerhaltungsregeln konnte es zu Rückflüssen aus dem Gesellschaftsvermögen an die Gesellschafter in Form der Auslosung einzelner Aktien oder der Teilrückzahlung kommen664 . Ebenfalls leicht möglich waren Kapitalerhöhungen; auch musste das ursprünglich vorgesehene Kapital nicht sofort eingezahlt werden, was die sukzessive Anteilsausgabe erlaubte. Als gewöhnliche Company konnte die Gesellschaft ohne Weiteres auch Fremdkapital – insbesondere durch die Ausgabe von Obligationen – aufnehmen; allerdings sahen die Gründungsverträge hier regelmäßig gewisse Grenzen vor665 . Zeitweise betrachtete man gar die Obligationen als die eigentlichen Anlagepapiere der Investment Companies666 . Obwohl auch bei der Limited Company im Rahmen der Grenzen des allgemeinen GesellschaftsTrustgesellschaften, S.  18 f.; kritisch zu dieser Begründung Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  26. 658   Vgl. von Caemmerer, JZ 1958, 41, 42. 659   Vgl. s. 31 Companies Act 1862. 660   Näher Grayson, Investment Trusts, S.  48 ff. 661   Ausführlich Seischab, Investment Trusts, S.  104–110, 130–139. 662   Linhardt, Die Britischen Investment Trusts, S.  63, 67. 663   Vgl. Bruppacher, Investment Trusts, S.  116. 664   Liefmann, Beteiligungs- und Finanzierungsgesellschaften, S.  178. 665   Grayson, Investment Trusts, S.  59; Franz, Die Investment Trusts, S.  23–27; Bruppacher, Investment Trusts, S.  126–129. 666   Jörgens, Finanzielle Trustgesellschaften, S.  20.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

rechts eine individuelle Gestaltung möglich war, glichen sich doch die einzelnen Satzungen und auch die finanzielle Konstruktion in hohem Maße 667. Der Kreis zulässiger Tätigkeiten war dabei nicht auf die Kapitalanlage in Wertpapieren beschränkt, sondern deutlich weiter gefasst668 . Nach Exzessen in den 1880er Jahren führte allerdings die Börsenkrise, die durch den drohenden argentinischen Staatsbankrott und die damit im Zusammenhang stehende Schieflage des Bankhauses Baring Brothers ausgelöst wurde669, zu einer Rückbesinnung; bei den überlebenden Investmentgesellschaften hatten diese Nebengeschäfte in den Folgejahren keine größere Bedeutung mehr670 . In den U. S. A. wurden Investment Trusts erst in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts aufgelegt, nachdem die U. S. A. infolge des Ersten Weltkriegs von der Schuldner- zur Gläubigernation geworden waren671. Dabei bediente man sich sowohl der Rechtsform der Corporation als auch der des Trust672 ; ausgegeben wurden einheitliche, überwiegend aber ungleichartige Anteilsscheine 673 . Dementsprechend hielt der Anleger im ersten Fall eine Aktie, im zweiten ein certificate of participation 674 . Wie in England, erlaubten auch der U. S.-amerikanische Trust und das flexible U. S.-amerikanische Gesellschaftsrecht grundsätzlich eine Rückzahlung des Fondsvermögens ohne Begrenzung auf den Gewinnanteil, sodass Ausschüttungen problemlos möglich waren. Auch konnten mithilfe des authorized capital neue Anteile ausgegeben werden, ohne dass die Formalitäten einer Kapitalerhöhung durchzuführen waren; dank der weitgehenden Zulässigkeit des Aktienrückkaufs ließen sich ausgegebene Anteile auch relativ problemlos zurücknehmen675 . Mit derartigen open end companies oder mutual funds, die regelmäßig Anteile ausgaben und zum Beteiligungswert zurücknahmen, war Mitte der 1920er 667   Grayson, Investment Trusts, S.  38; Linhardt, Die Britischen Investment Trusts, S.  56: ».  .  . überraschende Gleichförmigkeit der Satzungen der individuellen Gesellschaften .  .  .«; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  32. 668   Neben der Kapitalanlage in Wertpapieren waren etwa auch die Vergabe und Aufnahme von Krediten genannt, weiter die Betätigung als Underwriter, Treuhänder, Agent, Liquidator und Rechnungsprüfer sowie die Vornahme aller Bankgeschäfte und schließlich die Übernahme und Weiterführung aller Handels- und Industrieunternehmen, soweit das im Interesse der Anleger war; s. nur Franz, Die Investment Trusts, S.  15 f., 45 ff. 669   Mitchener/Weidenmier, 68 J. Econ. Hist. 462, 464–467 (2008). 670   Vgl. Jörgens, Finanzielle Trustgesellschaften, S.  40; Koenig, Investment Trusts, S.  30. 671   Grayson, Investment Trusts, S.  131 ff. (mit der weiteren Erklärung, dass es in den U. S. A. mit dem Investment Banker bereits eine seit langem verbreitete Form professioneller Vermögensverwaltung gab); Franz, Die Investment Trusts, S.  76 f.; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  51 f. 672   S. nur Schonfeld/Kerwin, 49 Bus. Law. 107, 114–116 (1993); Bruppacher, Investment Trusts, S.  161 ff.; Seischab, Investment Trusts, S.  111; R. F. Goldschmidt, Investment Trusts in Deutschland, S.  41 ff.; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  8 0. Zur Bedeutung des »Edge Act« vom 24. Dezember 1919 für die Einführung von Investment Trusts in den U. S. A. Grayson, Investment Trusts, S.  135 f.; Franz, Die Investment Trusts, S.  14 f.; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  52 f.; Koenig, Investment Trusts, S.  30 ff. 673   Seischab, Investment Trusts, S.  110–127, 140–161. 674   Grayson, Investment Trusts, S.  146 ff., 153 ff. 675   Vgl. nur Cook, A Treatise on the Law of Corporations I, §§  280 f. (S.  768–772); Flechtheim,

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Jahre 676 die Form geboren, die später – vor allem in Form der management company mit großer Freiheit der Geschäftsführung bei der Auswahl und laufenden Veränderung des Portfolios – besonders erfolgreich werden sollte. Vorübergehende Bedeutung erlangten aber auch Formen gemeinschaftlicher Kapitalanlage, in denen die Anlageobjekte von vornherein festgelegt waren oder die Verwaltung nur begrenzte Freiheit bei der Anlage des Fondsvermögens hatte677. Aufgrund der verschiedenen einzelstaatlichen Rechte, die teilweise Steuervergünstigungen vorsahen, teilweise eine Inkorporation unter den Bankgesetzen erlaubten und schließlich in ihren »Blue Sky Laws« zur Bekämpfung des Aktienschwindels eine gewisse staatliche Kontrolle einführten678 , gab es zahlreiche kleinere Unterschiede in der Konstruktion der Investment Trusts und damit unmittelbar oder mittelbar auch in der Ausgestaltung der Investmentanteile 679. Insgesamt waren aber die rein rechtlichen Vorgaben überall relativ gering680 , die Unterschiede gerade auch hinsichtlich der Anlagestrategie dementsprechend groß und die Grenze zur Spekulation selbst aus Sicht von Zeitgenossen vielfach überschritten681. Vor allem aber zeichneten sich die U. S.-amerikanischen Investment Trusts von Anfang an dadurch aus, dass sie verschiedene Klassen von Stammaktien mit verschiedenen Nennwerten und Berechtigungen ausgaben, die die Anleger in unterschiedlicher Weise am Erfolg der Unternehmung partizipieren ließen und vor allem den Gründern erhebliche Vorteile sicherten682 – ein Effekt, der sich potenzierte, wo eine bestimmte Klasse von Stammaktien ihrerseits in einen Investment Trust eingebracht wurde, der so die Gewinne einer ganzen Gruppe bei sich konzentrieren konnte683 .

RabelsZ 3 (1929), 101, 111, 113 m.Fn.  3; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  20 f. 676   Vgl. Jackson/Symons, Regulation of Financial Institutions, S.  813; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  32 f. m.Fn.  20. 677   »Bankers’ Share Trusts«, »Financing Companies«; vgl. Grayson, Investment Trusts, S.  140, 143 f.; Franz, Die Investment Trusts, S.  77–79; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  75–80. 678   Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  53 f. 679   Grayson, Investment Trusts, S.  152 ff. 680   S. zu Massachusetts Trusts Franz, Die Investment Trusts, S.  14; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  53 f. 681   S. etwa Grayson, Investment Trusts, S. viii, 85 f. (1928); Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  59, 164 (1929) sowie das Vorwort zu dieser Arbeit von Liefmann, a.a.O., S.  6 ; zu England bereits Jörgens, Finanzielle Trustgesellschaften, S.  22; später Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  18. 682   Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  58. 683   Zum »International Securities Trust of America«, dessen Stammaktien der Klasse B im Besitz des »American Founders Trust« standen, und zu weiteren Fonds der Founders Trust Gruppe, s. Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  63–69 (mit der Aussage, »in den Prospekten dieser Gruppe [werde] es in meisterhafter Weise verstanden, die Benachteiligung der Aktionäre und die Tatsache, dass die Gewinne alle in eine Tasche, nämlich die der Gründer, fließen, zu verschleiern«; a.a.O., S.  68).

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2.  Deutschland In Deutschland kam die Diskussion um die Gründung von Investmentgesellschaften in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf, einer Zeit, in der auch im gewöhnlichen Aktienrecht der Blick in die U. S. A. üblich geworden war684 . Dabei war unter deutschem Recht eine den Trust direkt imitierende Treuhandkonstruktion nicht möglich, erlaubte doch das Unmittelbarkeitsprinzip nicht die insolvenzrechtliche Isolierung solcher Vermögenswerte, die der Treuhänder nicht unmittelbar aus dem Vermögen des Treugebers erhalten hatte685 . In Betracht kam mithin allein das gesellschaftsrechtliche Modell und hier wegen ihrer Haftungsbeschränkung und wertpapiermäßigen Verbriefung der Anteile die Aktiengesellschaft. Tatsächlich versuchte man im Jahre 1931, durch steuerrechtliche Sonderreglungen686 die Gründung von »Kapitalverwaltungsgesellschaften« anzuregen. Dieser Versuch misslang jedoch weitgehend687, da sich auch abgesehen von den steuerlichen Hemmnissen das deutsche Aktienrecht als zu unflexibel erwies688 . Problematisch waren insbesondere das Prinzip des fixen Grundkapitals, das die laufende Ausgabe neuer Anteile praktisch unmöglich machte, da es jeweils eine aufwendige Kapitalerhöhung verlangt hätte, ferner das grundsätzliche Verbot des Erwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft, das einem Rückgaberecht des Anlegers entgegenstand, und schließlich die geltenden Bilanzierungsregeln, die einer Weiterleitung der Dividenden und sonstigen Erträge an die Aktionäre entgegenstehen konnten689. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde zunächst versucht, das angloamerikanische Trust-Modell mithilfe der allgemeinen Regeln zur Übereignung nachzubilden, indem man ein im Miteigentum der Anleger stehendes Fondsvermögen schuf. Allerdings war diese Konstruktion von vornherein nur dann möglich, wenn die Anlageobjekte in beweglichen Sachen – und insbesondere nach sachenrechtlichen Re  Vgl. z. B. oben unter A V 4 (bei Fn.  275), B V I (bei Fn.  461).   Näher Kruhme, Die rechtliche Einordnung der Immobilienfondsgesellschaften, S.  47 ff.; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  114; Stürner, KTS 2004, 259, 260 f. S. schon Kapitel 4 E I 3 b. 686   Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 5. Juni 1931, RGBl.  I, S.  271, 312 f. Dazu sowie zur bis dahin geltenden Steuerbelastung Koenig, Investment Trusts, S.  62–65. 687   Hinweise auf frühe Vorläufer in Form des (nichtrechtsfähigen) Vereins bzw. der Aktiengesellschaft allerdings bei Franz, Die Investment Trusts, S.  15, 82 f. (Deutscher Kapitalverein, gegründet 1923), 18, 23 f., 48, 63, 66 f., 81 f. (Bayerische Investment-Aktiengesellschaft, München, gegründet 1928); Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  157 (Industriebeteiligungs-Aktiengesellschaft, Berlin), 158 (Deutscher Kapitalverein), 158 f. (Bayerische Investment-AG); R. F. Goldschmidt, Investment Trusts in Deutschland, S.  48–58 (Bayerische Investment-AG), 64–68 (Deutscher Kapitalverein); weiter Koenig, Investment Trusts, S.  61 f.; Liefmann, Beteiligungsund Finanzierungsgesellschaften, S.  217–224; der Deutsche Kapitalverein ging in der Inflation zugrunde, die Bayerische Investment-Gesellschaft in der Wirtschaftskrise 1931. 688   Zu allem von Caemmerer, JZ 1958, 41, 43. 689   Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  71; Dürre, Sparkasse 1956, 219, 220. 684 685

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geln zu übereignenden Inhaberpapieren oder Namenspapieren mit Blankoindossament – bestanden, sodass eine konkludente Übereignung mit Abtretung des Herausgabeanspruchs als Übergabesurrogat in Betracht kam; für Immobilien ergaben sich Schwierigkeiten aufgrund der Registerpublizität690 , für nicht verbriefte Forderungen war eine gemeinschaftliche Gläubigerstellung der Anleger nur kompliziert zu begründen691. Ein Rückgaberecht wurde in der Regel eingeräumt, bestand aber nicht notwendigerweise692 ; demgegenüber konnte aber das Recht der Anleger und ihrer Gläubiger, Aufhebung der Miteigentumsgemeinschaft zu verlangen, nicht gänzlich ausgeschlossen werden693 . Angesichts dieser Unsicherheiten wurde der Ruf nach einer gesetzlichen Regelung laut694 . Der Gesetzgeber entsprach dem im Jahre 1957 durch die Verabschiedung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften695 . Ungeachtet der Tatsache, dass in England und den U. S. A. Investment Companies vorherrschten, schuf dieses Gesetz nicht etwa aktienrechtliche Sonderregelungen für Investmentgesellschaften des Gesellschaftstyps, bei dem der Anleger Aktionär der das Fondsvermögen tragenden Gesellschaft ist, sondern entschied sich für den so genannten Vertragstyp, den es sowohl in Gestalt einer Treuhandlösung als auch einer – der depotgesetzlichen Sammelverwahrung ähnlichen696 – Miteigentumslösung anbot. Demgemäß hält eine in ihrem Geschäftskreis beschränkte Kapitalanlagegesellschaft, die einer Zulassung bedarf und staatlicher Aufsicht untersteht, das Fondsvermögen entweder treuhänderisch für die Anleger oder sie verwaltet ein Fondsvermögen, das kraft Gesetzes und damit ohne Notwendigkeit komplizierter Konstruktionen im Miteigentum der Anleger steht697. Anlegen durfte die Kapitalanlagegesellschaft das für ein solches »Sondervermögen« eingesammelte Kapital zunächst im Wesentlichen nur in Wertpapieren, die bestimmten Anforderungen entsprachen und zu nicht mehr als 5% von demselben Emittenten stammen durften; Anteilsscheine an anderen Sondervermögen durfte sie nicht erwerben698 . Im Übrigen mussten die Grundsätze der Anlagepolitik in den von der Bankaufsichtsbehörde zu genehmigenden Vertragsbedingungen näher festgehalten sein699. Die 690   Zur Abhilfe durch Zwischenschaltung einer Immobilien-AG Meyer-Cording, ZHR 152 (1952), 65, 75; gr. Broermann, Der Geltungsbereich der Investmentgesetzgebung, S.  41 f.; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  118. 691   Näher bereits R. F. Goldschmidt, Investment Trusts in Deutschland, S.  50, 54–57; später Meyer-Cording, ZHR 115 (1952), 65, 85–87; Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  59–65; Kruhme, Die rechtliche Einordnung der Immobilienfondsgesellschaften, S.  27 ff.; Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  168 f. m. w. N. 692   Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  17. 693   §§  749 Abs.  2–3, 751 Satz 2 BGB. 694   Darstellung der Diskussion bei Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  25 ff.; Dürre, Sparkasse 1956, 147 ff. 695   Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) vom 16. April 1957, BGBl.  I, S.  378. 696   Vgl. §  6 Abs.  1 Satz 1 DepotG 1937; zur Geschichte Lehmann, Finanzinstrumente, S.  22– 25. S. schon oben Kapitel 4 E I 3 b. 697   §  6 Abs.  1 Satz 2 KAGG 1957. 698   Näher §  7 KAGG 1957. 699   §  14 KAGG 1957.

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Aufnahme von Fremdkapital und die Beleihung von Gegenständen des Sondervermögens waren nicht gestattet700 . Der Anleger konnte zwar nicht die Aufhebung der Gemeinschaft der Anteilsinhaber verlangen, hatte jedoch nach U. S.-amerikanischem Vorbild701 das Recht, sich gegen Rückgabe seines Anteilsscheins seinen Anteil am Sondervermögen auszahlen zu lassen702 . Die Verwahrung der Wertpapiere musste einer Depotbank übertragen werden, der auch sonst gewisse Hilfsund Überwachungsfunktionen zukamen703 . Da die Anleger gerade nicht Aktionäre waren, bedurfte es auch einer expliziten Regelung über die Verbriefung der Beteiligung in Anteilsscheinen und deren weitere Behandlung. Daher bestimmte das Gesetz, dass die Anteilsscheine auf Inhaber oder auf Namen lauten können und sämtliche Ansprüche gegenüber der Kapitalanlagegesellschaft verbriefen. Für die Miteigentumslösung stellte es weiter klar, dass neben der Übertragung eines Anteilsscheins eine andere Art der Verfügung über den Anteil nicht möglich ist. Anteile an ein und demselben Sondervermögen durften nicht verschiedene Rechte gewähren und mussten sämtliche Gegenstände dieses Sondervermögens erfassen704 . Aus der gesetzlich vorgeschriebenen, quotenmäßigen Wertberechnung folgte schließlich, dass die Anteile nennwertlos ausgegeben werden705 . Da deutsche Investmentfonds des open end-Prinzips praktisch nur nach Maßgabe der Regeln des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften tätig werden konnten, bestand insofern ein Typenzwang 706 . 3.  Frankreich Später noch als in Deutschland fand die Idee gemeinsamer, fondsgebundener Kapitalanlage in Frankreich Anklang. Einige frühe Gesellschaften, die sich der Ka­ pitalanlage widmeten707, fanden ebenso wenig Aufmerksamkeit wie ein Gesetz­ entwurf von 1930 708 . Selbst als der Gesetzgeber im Jahre 1945709 steuerliche Hindernisse beseitigte, eine umfassende, auf Anlegersicherheit bedachte Regelung für private Investmentgesellschaften erließ und mit der Société Nationale d’Investissement ein halbstaatliches Vorbild schuf, dessen Aufgabe die Verwaltung der konfiszierten oder auf Grund der nationalen Solidaritätssteuer an Zahlungs  §§  8 Abs.  2, 9 Abs.  2–3 KAGG 1957.   Vgl. Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  132–135. 702   §  10 KAGG 1957. 703   §§  11, 12 Abs.  4, 13 KAGG 1957; dazu Barocka, Investment-Sparen und Investment-Gesellschaften, S.  102–104. 704   §§  17–19 KAGG 1957. 705   Von Caemmerer, JZ 1958, 41, 47. 706   Köndgen/Schmies, WM-Sonderbeilage Nr.  1 zu Heft 11/2004, S.  3. 707   Hinweise bei Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  152 f. 708   Näher R. F. Goldschmidt, Investment Trusts in Deutschland, S.  11 f., 85 f., 91, 95, 108, 115, 128. 709   Ordonnance n°  45-2710 du 2 novembre 1945 relative aux sociétés d’investissement, J. O. vom 5. November 1945, S.  7290 (abgedruckt in D. 1945, Législation, 322), rectif. 7./8. November 1945. 700 701

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statt erhaltenen710 Wertpapiere war, wollten noch immer keine privatwirtschaftlich organisierten Kapitalanlagegesellschaften aufkommen. Man erklärte dies seinerzeit mit der Mentalität des französischen Anlegers711. Es mag aber auch eine Rolle gespielt haben, dass der Gesetzgeber von sociétés d’investissement des Gesellschaftstyps ausging, für die die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln galten. Nach diesen bedurfte jedoch jede Kapitalerhöhung oder -herabsetzung einer Änderung der Statuten nach Einberufung einer Generalversammlung und unter Einhaltung der Publizitäts- und Registervorschriften; zudem hatten die bisherigen Aktionäre ein Bezugsrecht. Dies alles verhinderte eine laufende Ausgabe und Rücknahme der Investmentanteile. Daher konnten die Anteile nur an der Börse erworben und veräußert werden; der Börsenpreis lag jedoch vielfach unter dem mathematischen Wert der Beteiligung (»décote«) 712 . Ende 1957 half der französische Gesetzgeber diesen Schwierigkeiten durch die Zulassung von sociétés d’investissement à capital variable (SICAV) ab, die denn auch tatsächlich die Gunst der Anleger finden sollten713 . Zugleich führte er mit dem fonds commun de placement eine Investmentkonstruktion des Vertragstyps ein, die – befördert durch Mitarbeiterbeteiligungsmodelle – ebenfalls guten Anklang vermelden konnte714 . Der fonds commun de placement ist ein den Anlegern anteilsmäßig zustehendes Zweckvermögen ohne Rechtspersönlichkeit, das von einer in ihrem Geschäftskreis auf derartige Tätigkeiten beschränkten société gérante verwaltet wird. Société d’investissement à capital variable und fonds commun de placement können abhängig von der Nachfrage neue – jeweils nennwertlose715 – 710   Ordonnance n°  45-1820 du 15 août 1945 instituant un impôt de solidarité nationale et édictant diverses mesures de simplification fiscale, J. O. vom 17. August 1945, S.  5090. 711   N. N., Investment Trusts gedeihen nicht in Frankreich, ZfgK 1951, 163 re.Sp. (»Gegen Organe, die in Form anonymer Gesellschaften Kapitalien ansammeln[,] um sie für Rechnung ihrer Aktionäre in gewissen Börsenwerten anzulegen, hegt der Durchschnittsfranzose nun einmal ein traditionelles Mißtrauen«); Baudouin-Bugnet, AcP 152 (1952/1953), 60, 61 ff., 69 (».  .  . empfindet das französische Temperament dieses ›placement collectif‹ als abstoßend .  .  .«); ähnlich schon Bruppacher, Investment Trusts, S.  239; Kilgus, Kapitalanlagegesellschaften, S.  152. 712   Hamel/Lagarde/Jauffret, Droit commercial I/2, n 862 (S.  673). 713   Décret n°  57-1341 du 28 décembre 1957 relatif aux sociétés d’investissement à capital variable, J. O. vom 29. Dezember 1957, S.  11901 f. (Einfügung eines neuen Titre III nach Art.  15 der Ordonnance n°  45-2710); später ersetzt durch Loi n°  79-12 du 3 janvier 1979 relative aux sociétés d’investissement à capital variable, J. O. vom 4. Januar 1979, S.  22–24; wiederum ersetzt durch Loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création de fonds communs de créances, J. O. vom 31. Dezember 1988, S.  16736; heute Art. L 214-15 ff. Code monétaire et financier. Die ersten SICAV wurden 1964 gegründet, da es bis dahin an Ausführungsbestimmungen mangelte; s. zur Entwicklung Serges, Gaz. Pal., 1972, 1, doctr. 299, 301; Paultre de Lamotte, RFE 3 (1988), 81, 82; Hamel/Lagarde/Jauffret, Droit commercial I/2, n 867 (S.  681); Pense, WiB 1995, 585, 586. 714   Décret n°  57-1342 du 28 décembre 1957 relatif aux fonds communs de placement, J. O. vom 29. Dezember 1957, S.  11903 f.; später ersetzt durch Loi n°  79-594 du 13 juillet 1979 relative aux fonds communs de placement, J. O. vom 14. Juli 1979, S.  1831–1834; wiederum ersetzt durch Loi n°  88-1201 (Fn.  713); heute Art. L 214-20 ff. Code monétaire et financier. Daten zur Entwicklung bei Bonneau, Rev. trim. dr. civ. 90 (1991), 1, 3; Laux, ZfgK 1988, 330, 331. 715   Zur SICAV zunächst noch vorsichtig Art.  15-5 des Décret n°  57-1341 (Fn.  713); später allgemein anerkannt, vgl. Serges, Gaz. Pal., 1972, 1, doctr. 299, 300; Hamel/Lagarde/Jauffret,

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

Aktien bzw. Anteile ausgeben oder ausgegebene Anteile zurückkaufen und verhindern so eine vom inneren Wert losgelöste Preisbildung. Damit bestanden in Frankreich schon früh nebeneinander drei gesetzlich geregelte Formen gemeinschaftlicher Kapitalanlage: die »geschlossenen« sociétés d’investissement, die nach verschiedenen Erleichterungen doch noch einen gewissen Erfolg hatten716 , sowie die »offenen« Formen der sociétés d’investissement à capital variable und der fonds commun de placement 717. Wie schon für die sociétés d’investissement der ursprünglichen Ordonnance von 1945, galten für die sociétés d’investissement à capital variable und die fonds communs de placement strenge Vorschriften über mögliche Anlageobjekte und zulässige Tätigkeiten. Vorgesehen war des Weiteren die Verwahrung der Wertpapiere durch einen dépositaire, der auch weitere Treuhänderaufgaben wahrzunehmen hat. Gründeranteile sowie die Ausgabe von Obligationen waren den sociétés d’investissement ausdrücklich verboten718 , bei den fonds communs de placement vermittelte kraft Gesetzes jede part denselben Anteil am Fondsvermögen719. Damit gab es zwar aufgrund der drei verschiedenen Konstruktionen Investmentanteile in der Form gewöhnlicher, lediglich veräußerlicher Aktien sowie in der Form von Aktien und Fondsanteilen mit Rückgaberecht. Über diese drei gesetzlich näher beschriebenen Typen hinaus waren Investmentpapiere aber faktisch unmöglich; auch innerhalb einer Konstruktion war aufgrund der begleitenden, nicht zuletzt auch die Anlagepolitik betreffenden Regelungen eine beachtliche Typizität der Investmentanteile gewährleistet. 4.  Zusammenfassung Während sich in England und den U. S. A. die Rechtsinstitute des Trust und der Limited Company dank ihrer Flexibilität für die gemeinsame Kapitalanlage ohne Weiteres eigneten und großen Raum bei der individuellen Gestaltung gerade auch der zu emittierenden Papiere und ihrer Ausstattung ließen, empfand man in Deutschland und Frankreich mangels eines dinglich wirkenden Treuhandrechts und angesichts der strengeren Regeln des Aktienrechts das Bedürfnis nach einer gesetzlichen Regelung des Investmentwesens. Dabei beschränkte sich der deutsche und französische Gesetzgeber nicht darauf, die Hindernisse auszuräumen, die sich bei Unterstellung des Investmentwesens unter die allgemeinen Regeln ergaben. Droit commercial I/2, n 867 (S.  679 f.); zum fonds commun de placement dies., a.a.O., n 870-1 (S.  688). 716   Hamel/Lagarde/Jauffret, Droit commercial I/2, n 863 (S.  674). 717   Die Beschränkungen, die mit den jeweiligen gesetzlichen Regelungen einhergingen, konnten zwar theoretisch durch die Unterwerfung einer société de placement unter die allgemeinen Regeln vermieden werden, praktisch wirkten diese in Verbindung mit den fehlenden Steuererleichterungen aber prohibitiv; vgl. Hamel/Lagarde/Jauffret, Droit commercial I/2, n 862 (S.  674). 718   Art.  7 Abs.  2 Satz 1 Ordonnance n°  45-2710 (Fn.  709); Baudouin-Bugnet, AcP 152 (1952/1953), 60, 63. 719   Art.  1er Abs.  3 des Décret n°  57-1342 (Fn.  714); Art.  4 Satz 1 der Loi n°  79-594 (Fn.  714).

C.  Investmentanteile

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Vielmehr schuf er jeweils eine Vollregelung, die sich sowohl der gesellschaftsrechtlich-strukturellen Konstruktion als auch der Anlagepolitik annahm und hier – nicht zuletzt unter dem Eindruck der Exzesse in den 1920er Jahren – gleichsam »von innen heraus« enge Vorgaben machte. Dies gilt nicht nur für Deutschland, wo das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften auf der Grundlage der Miteigentums- und der Treuhandlösung des Vertragstyps den Investmentanteil als neues Wertpapier schuf, sondern auch für Frankreich, wo neben dem fonds commun de placement als Ausprägung des Vertragstyps mit der société d’investissement zwar auch eine dem Gesellschaftstyp folgende Gestaltung zur Verfügung stand, diese aber doch nur dank der spezialgesetzlichen Regelung überhaupt möglich war. Auf dieser »konstitutiven« Bedeutung der gesetzlichen Regelung beruht die deutsche Vorstellung eines investmentrechtlichen Typenzwangs720 . Historischer Ausgangspunkt war also in England und den U. S. A. die Nutzung bestehender, privatautonomer Gestaltung zugänglicher Rechtsinstitute, in Deutschland und Frankreich hingegen zurückhaltende gesetzgeberische Neuschaffung. Dementsprechend wenig typisiert waren dort die Investmentanteile, die in der Form von Aktien oder Trust-Zertifikaten oft verschiedener Klassen ausgegebenen wurden, während hier auch die Ausstattung des Investmentanteils vorgegeben war und auf dem Gedanken der Einheitlichkeit aller Anteile eines Fonds beruhte.

II.  Gesetzliche Erfassung und weitere Entwicklung in den U. S. A. Die ersten amerikanischen Investment Trusts, die überwiegend ihren Sitz in Boston hatten, wirtschafteten noch überwiegend seriös. In den 1920er Jahren entdeckte indes die Finanzwelt New Yorks den Investment Trust und machte daraus ein Instrument der Spekulation sowohl auf Seiten der Anlagepolitik der Fonds selbst, als auch auf Seiten des Werts der Fondsanteile, der teilweise ein Vielfaches des Werts des Fondsvermögens betrug. Hinzu kamen Kapitalstrukturen, die hohe Gewinne des Managements zu Lasten der Kleinanleger erlaubten, Interessenkonflikte und nicht selten schlicht betrügerisches Handeln. Die Exzesse, die wohl am Börsenkrach des Jahres 1929 nicht unschuldig waren, kamen mit den nachfolgenden Untersuchungen ans Tageslicht. Ihr Bekanntwerden führte gemeinsam mit den erheblichen Verlusten der Wertpapiere in den Fondsvermögen dazu, dass sich das Publikum von dieser Anlageform abwandte. Da damals aber die wenigsten Investment Trusts den Anlegern ein jederzeitiges Rückgaberecht einräumten, sanken die Kurse der Investmentanteile bis weit unter den »inneren Wert«, der sich aus der quotalen Beteiligung am Fondsvermögen errechnete. Dies wiederum schädigte

720   S. etwa gr. Broermann, Der Geltungsbereich der Investmentgesetzgebung, S.  100; Köndgen/Schmies, WM-Sonderbeilage Nr.  1 zu Heft 11/2004, S.  3.

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die Anleger ebenso wie die Investmentindustrie weiter. Schließlich sah sich der Bundesgesetzgeber zum Einschreiten veranlasst721. 1.  Die Gesetze von 1940 Bereits der Securities Act von 1933 und der Securities Exchange Act von 1934 betrafen die Investment Trusts insofern, als auch sie von den Publizitätsanforderungen erfasst wurden722 . Ein Bericht der neu gegründeten Securities and Exchange Commission speziell über das Investmentwesen723 führte dann im Jahre 1940 zur Verabschiedung des Investment Company Act und des Investment Advisers Act724 . a)  Der Investment Company Act Der Investment Company Act, der sich zugunsten des Rechts der Einzelstaaten jeder Aussage über Rechtsform und Struktur enthält und auf Investmentfonds des Gesellschafts- und des Trust-Typs gleichermaßen Anwendung findet725 , vor allem aber die management companies im Blick hat726 , setzt in erster Linie auf Publizität, sodann auf das Stimmrecht der Aktionäre und ein Board of Directors mit Aufsichtsfunktion sowie schließlich auf Verbote oder eingehende Regulierung einzelner Verhaltensweisen mit Missbrauchsgefahr. So mussten künftig alle Anleger ein uneingeschränktes Stimmrecht haben727 und insbesondere über grundlegende Änderungen der Anlagepolitik abstimmen728 ; selbst die Inhaber von Vorzugsaktien und Schuldverschreibungen erhielten gewisse Rechte bei der Wahl der Mitglieder des Board. Immerhin ein Teil der Directors musste unabhängig sein729 ; die Wertpapiere mussten nunmehr von einer unabhängigen Bank verwahrt werden730 . Eine zunächst von der SEC angedachte Beschränkung des Geschäftskreises von Investment Companies auf den Fondsbetrieb schaffte es nicht in das Gesetz731. Immerhin wurden aber Geschäfte mit nahe stehenden Personen, insbesondere Darlehen 721   Note, 46 Yale L. J. 1211, 1214–1217 (1937); Jackson/Symons, Regulation of Financial Institutions, S.  814–817; deutschsprachig Rosenstiel, ZfgK 1950, 245; G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  36–38. 722   Näher Note, 46 Yale L. J. 1211, 1218 f. (1937). 723   Investment trusts and investment companies, Report of the Securities and Exchange Commission pursuant to section 30 of the Public Utility Holding Company Act of 1935, 1939–1942; dazu North, 44 Notre Dame L. 677, 678–680 (1969). 724   Investment Company Act of 1940 (ICA), 54 Stat. 789, 15 U. S. C. §§  8 0a-1 ff. sowie Investment Advisers Act of 1940, 54 Stat. 847, 15 U. S. C. §§  8 0b-1 ff., Pub. L. No.  76-768 vom 22. August 1940. 725   Sec. 3(a)(1) ICA; zu dieser Konzeption G. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts, S.  38 f. 726   Vgl. sec. 4(3) ICA; Note, 50 Yale L. J. 440, 444 (1941). 727   Sec. 18(i) ICA. 728   Sec. 13(a), (b) ICA. 729   Sec. 10 ICA. 730   Sec. 17(f) ICA. 731   Note, 50 Yale L. J. 440, 445 (1941).

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an solche Personen seitens des Fonds, streng reguliert, der Erwerb von Wertpapieren von einem Emissionssyndikat verboten, wenn zu einem der Mitglieder eine enge Verbindung besteht, und die Beteiligung an anderen Fonds begrenzt732 . Nicht ganz durchsetzen konnte sich die SEC auch mit ihrem ursprünglichen Vorschlag, wonach alle Investment Companies nur common stock ausgeben sollten733 . Gesellschaften, die weder Anteile zum Erwerb anboten noch ausstehende Anteile zurücknahmen – so genannte closed end companies –, durften bei Einhaltung bestimmter Deckungsregeln weiter Schuldverschreibungen und Vorzugsaktien ausgeben. Den immer beliebteren open end companies (mutual funds), also den Gesellschaften, die laufend Wertpapiere ausgaben und zurücknahmen734 , wurde jedoch die Emission von senior securities – zu denen insbesondere Schuldverschreibungen zählen – grundsätzlich untersagt735 . Bei alldem gewährte der Investment Company Act aber dort, wo er Verbote oder strenge Regeln vorsah, der SEC in weitem Umfang zugleich das Recht, bedingte oder unbedingte Befreiungen im Hinblick auf die betroffenen Personen, Wertpapiere oder Transaktionen zu erteilen, und dies sowohl im Einzelfall durch order als auch generell durch rules und regulations 736 . b)  Der Investment Advisers Act Der Investment Advisers Act seinerseits verbot es, die Vergütung der Fondsmanager von den Kapitalgewinnen des Fonds abhängig zu machen. Damit waren Gestaltungen, deren Geschäftsmodell wie bei Hedgefonds eine Gewinnbeteiligung vorsieht, zunächst ausgeschlossen, soweit sie in den Anwendungsbereich des Investment Advisers Act fielen737. Für die Fondsanteile selbst brachte dies aber nur eine äußerst mittelbare Typisierung. 2.  Weitere Entwicklung in den U. S. A. Mit dem Erlass des Investment Company Act und des Investment Advisers Act im Jahre 1940 und der vorangegangenen Herstellung steuerlicher Transparenz von Investment Companies im Jahre 1936738 war es offenbar gelungen, das Vertrauen der Anleger wiederherzustellen. Jedenfalls nahm die Investmentindustrie in den U. S. A. seither einen enormen und nahezu ungebrochenen Aufstieg, wobei die open end companies bald die unter dem Eindruck der Krise in Mode gekommenen closed end companies fast vollständig verdrängten739. Die weitere Entwicklung ist   Secs. 17(a), (d), (e), 21, 10(f), 12(d)(1) ICA.   Vgl. Jackson/Symons, Regulation of Financial Institutions, S.  819; Note, 50 Yale L. J. 440, 449–451 (1941). 734   Das Rücknahmerecht durfte grundsätzlich nicht länger als sieben Tage suspendiert werden, sec. 22(e) ICA. 735   Sec. 18(f) ICA. 736   Z. B. secs. 10(f) Satz 2, 17(b) ICA. 737   Vgl. King, DAJV-NL 2010, 113, 114; Näheres sogleich (bei Fn.  759). 738   Revenue Act of 1936, ch. 690, §  48(e), Pub. L. No.  74-740 vom 22. Juni 1936, 49 Stat. 1648. 739   Jackson/Symons, Regulation of Financial Institutions, S.  821 f.; North, 44 Notre Dame L. 732 733

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von der Ausdehnung des Investmentgedankens auf neue Anlageobjekte und der Einführung neuer Strukturen und Techniken geprägt, die für die Investmentanteile einen Verlust an Einheitlichkeit mit sich brachten. Herausgegriffen werden sollen hier nur die Immobilien-, Geldmarkt- und Hedgefonds sowie die Zulassung verschiedener Anteilsklassen. a)  Immobilienfonds Eine frühe und wichtige Ausdehnung des Investmentgedankens auf andere Anlageobjekte als Wertpapiere war die Einführung steuerbegünstigter Real Estate Investment Trusts (REITs) 740 . Trusts oder Aktiengesellschaften, deren Vermögen überwiegend aus Immobilien bestand, konnten zwar schon zuvor gegründet werden. Dabei fielen aber Steuern auf Gewinne aus dem Geschäftsbetrieb sowohl auf der Ebene des Trust bzw. der Gesellschaft als auch beim einzelnen Anleger an, erfasste doch die seit 1936 geltende Ausnahme nur gemeinschaftliche Kapitalanlagen in Wertpapieren. Im Herbst 1960 ergänzte man deshalb den Internal Revenue Code um Regelungen, die es REITs unter bestimmten Bedingungen erlaubten, Ausschüttungen an die Anleger als Betriebsausgaben abzuziehen, sodass sich im günstigsten Fall die Steuerlast auf Null reduzieren konnte741 ; der Tax Reform Act von 1986 stärkte den Investmentcharakter einer Anlage in REITs742 . Das Portfolio eines REIT kann aus Grundstücken (equity REIT), aus Grundpfandrechten (mortgage REIT) oder aus beidem (hybrid REIT) bestehen. Nach durchwachsenem Start in den 1970er und 1980er Jahren erlebten die equity REITs in den 1990er Jahren einen ungeheuren Aufschwung743 . Dieser stand im Zusammenhang mit der Erfindung steuerlich günstiger Kombinationen von REITs und partnerships 744 . Aufgrund des Verfalls der Immobilienpreise und schwer erfüllbarer Renditeerwartungen der Anleger haben vor allem die mortgage REITs nunmehr wieder stark an Popularität verloren745 . Nichtsdestotrotz stellen REIT-Papiere aber heute ein eigenes Marktsegment dar.

677, 688 (1969); Wharton School, A Study of Mutual Funds, S.  38–44; Rosenstiel, ZfgK 1950, 246 ff.; Meyer-Cording, ZHR 152 (1952), 65, 70. 740   Genau genommen handelte es sich um eine Wiedereinführung, da erste Immobilientrusts bereits um 1880 entstanden, ab den 1930er Jahren jedoch steuerpflichtig wurden; vgl. Daly, 17 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 839, 841 (2008). 741   Secs. 856 ff. Internal Revenue Code, eingefügt durch Sec. 10(a) Pub. L. No.  86-779 vom 14. September 1960, 74 Stat. 1006; dazu Dawson, 40 Tex. L. Rev. 886, 886–890 (1962). 742   Tax Reform Act of 1986 §§  661-69, Pub. L. No.  99-514 vom 22. Oktober 1986, 100 Stat. 2085 (1968); s. dazu Daly, 17 Transnat’l L. & Contemp. Probs. 839, 841 (2008). 743   Vgl. Note, 107 Harv. L. Rev. 1117 (1994). 744   Zu solchen UPREITs (Umbrella Partnership Real Estate Investment Trusts) z. B. Cornell, 145 U. Pa. L. Rev. 1565, 1576–1591 (2007). 745   Näher Monroe, 9 J. Bus. & Sec. L. 239, 240 f. (2009).

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b)  Geldmarktfonds Eine weitere Neuerung war das Aufkommen von Geldmarktfonds in den 1970er Jahren746 . Geldmarktfonds legen das Fondsvermögen überwiegend in Geldmarktpapieren, also in festverzinslichen Wertpapieren mit kurzer Restlaufzeit an. Im Unterschied zu gewöhnlichen Fonds versprechen sie, den Wert747 eines einzelnen Anteils konstant bei einem U. S.-Dollar zu halten, dem Anleger aber bei einer Wertsteigerung des Fondsvermögens entsprechend seiner Beteiligung weitere Anteile gutzuschreiben; eigentlich entscheidend ist also nicht der einzelne Anteil, sondern der Kontostand748 . Die SEC war allerdings der Auffassung, die zur Berechnung verwandten Methoden stünden grundsätzlich im Widerspruch zu den Preis- und Bewertungsvorschriften des Investment Company Act749. Daher beantragten die Fonds zunächst einzelne Ausnahmen. 1983 erließ die SEC dann eine allgemeine Rule 2a-7750 , die den Fonds die für das Geschäftsmodell entscheidenden Berechnungsmethoden erlaubte, sofern das Fondsvermögen bestimmten – seither mehrfach geänderten – Anforderungen an die Liquidität und Qualität seiner Anlageobjekte genügte. Da typischerweise kein Ausgabeaufschlag erhoben wird, erscheinen Geldmarktfonds als Alternative zur verzinslichen, jederzeit verfügbaren Bankeinlage – was mit ein Grund für den Erfolg solcher Fonds zu einer Zeit war, als für die Einlagenzinsen eine Höchstgrenze galt751. In der Finanzkrise kamen diese Konstruktionen ins Wanken, weshalb die SEC eine Aussetzung des Rückgaberechts erlaubte und seitens des Department of the Treasury Stützungsprogramme aufgelegt wurden752 ; als Konsequenz aus der Finanzkrise sind nunmehr die Anlageregeln verschärft worden753 . c)  Hedgefonds Ganz erhebliche Auswirkungen hatte weiter eine rule der SEC, die unter Freistellung vom dahingehenden Verbot in §  205(a) des Investment Advisers Act unter 746   Zu allem die ausführliche Darstellung des U. S. District Court für das Southern District of New York in Gartenberg v. Merrill Lynch Asset Management, Inc., 528 F.Supp.  1038, 1040–1042 (S. D. N. Y. 1981). 747   Genauer: Net Asset Value (NAV). 748   Vgl. nur Gartenberg, a.a.O., S.  1042: »The deposits and withdrawals by participants in the Fund are somewhat euphemistically styled as purchases and sales of shares of the value of those deposits and withdrawals. In a very real sense, an account in a money market fund is more like a bank account than a traditional investment in securities; .  .  .« 749   SEC, Valuation of Debt Instruments by Money Market Funds and Certain Other OpenEnd Investment Companies, Investment Company Act Release No.  9786 vom 31. Mai 1977, 42 Fed. Reg. 28999 vom 7. Juni 1977. 750  17 C. F. R. §  270.2a-7; zuletzt geändert durch SEC, Money Market Fund Reform, Investment Company Act Release No.  29132 vom 23. Februar 2010, 75 Fed. Reg. 10060, 10109 ff. vom 4. März 2010. 751   »Regulation Q«, 12 C. F. R. §  217.3 (1980), abgeschafft durch den Depository Institutions Deregulation and Monetary Control Act of 1980; knapper Überblick bei Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  39 m.Nw. 752   Näher Murphy et al., 126 Banking L. J. 394 ff. (2009). 753   Money Market Fund Reform, s. o. Fn.  750.

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bestimmten Voraussetzungen eine gewinnabhängige Vergütung des Fondsmanagements erlaubte, trug diese Freistellung doch maßgeblich zum Aufstieg der Hedgefonds bei754 . Zwar waren Hedgefonds, die sich durch das vollständige oder doch weitgehende Fehlen jeglicher Vorgaben für die eingesetzten Anlageobjekte, die Risikostreuung und die Anlagestrategie auszeichnen755 , bereits seit langem in den U. S. A. tätig; sie wählten dabei meist die Form einer limited partnership756 . Wegen ihres besonderen Geschäftsmodells, das auf der Hereinnahme von Fremdkapital, dem Einsatz von Derivaten und nicht zuletzt der gewinnabhängigen Vergütung des Fondsmanagements beruhte757, mussten Hedgefonds indes stets so strukturiert werden, dass sie unter die Ausnahmetatbestände von Securities Act und Securities Exchange Act, Investment Company Act und Investment Advisers Act fielen. Dies wiederum setzte ihrer Ausbreitung erhebliche Schranken, über die auch eine Ansiedlung der Fondsgesellschaft im Ausland nicht gänzlich hinweghalf758 . Im Jahre 1985 ließ die SEC dann aber nach verschiedenen Einzelfreistellungen generell innerhalb des Geltungsbereichs des Investment Advisers Act eine gewinnbasierte Vergütung des Beraters zu, sofern nur der Kunde ein »vermögender« Investor war 759. Seit einer Gesetzesänderung von 1997 fallen Fonds zudem dann nicht unter das Registrierungserfordernis für Investment Companies, wenn ihre Anleger ausschließlich sehr wohlhabende Investoren sind760 . Keine greifbaren Folgen hatte der Zusammenbruch des Long-Term Capital Management Funds im Jahre 1998761 ; der Versuch einer weitergehenden Regulierung scheiterte762 . Der als Reaktion auf die Finanzkrise ergangene Dodd-Frank Act763 stellt zwar höhere Anforderungen an das erforderliche Mindestvermögen der Anleger und verlangt grundsätzlich eine Registrierung der Manager, berührt aber ansonsten die bisherige Rechtslage kaum764 .   King, DAJV-NL 2010, 113, 114; Ordower, 58 Am. J. Comp. L. 295, 306 f. (2010).   S. nur Bryce, 13 Fordham J. Corp. & Fin. L. 475, 477 (2008); Wynkoop, 76 Fordham L. Rev. 3095, 3100 f. (2008); EBK, Hedge-Fonds, Positionspapier, September 2007, S.  5, 15; Überblick bei Vaughan, Selected Definitions of »Hedge Fund«, (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 756   Vgl. Hawes, 23 Bus. Law. 576 ff. (1968). 757   Tiffith, 27 Nw. J. Int’l L. & Bus. 497, 498–503 (2007); Gerke/Mager/Kiehn, ZBB 2002, 479, 482; Luttermann/Backmann, ZIP 2002, 1017, 1018, 1020; von Livonius, WM 2004, 60, 60–62. 758   Haskins, 8 Colum. J. Transnat’l L. 79, 82 ff. (1969); Ordower, 58 Am. J. Comp. L. 295, 301–305 (2010). 759   Rule 205-3 = 17 C. F. R. §  275.205-3; zur Vorgeschichte Schultz, 39 Bus. Law. 521, 523–537 (1984). 760   Secs. 3(c)(7), 2(a)(51) ICA; dazu Ordower, 58 Am. J. Comp. L. 295, 300 f. (2010). 761   S. nur Lowenstein, When Genius Failed, passim; President’s Working Group on Financial Markets, Hedge Funds, Leverage, and the Lessons of Long-Term Capital Management, S.  10 ff.; Überblick bei Tiffith, 27 Nw. J. Int’l L. & Bus. 497, 505–507 (2007); Kovas, 10 J. Fin. Transform. 49, 51 (2004); deutschsprachig Luttermann/Backmann, ZIP 2002, 1017, 1020. 762   Goldstein v. SEC, 451 F.3d 873 (D. C. Cir. 2006). 763   S. schon oben Kapitel 7 Fn.  50. 764   Secs. 413, 418 Dodd-Frank Act; vgl. King, DAJV-NL 2010, 113, 114; Spindler/Brandt/ Raapke, RIW 2010, 746, 750. 754 755

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d)  Anteilsklassen Unter dem Aspekt der Typizität bedeutsam war schließlich noch die Zulassung verschiedener Aktienklassen oder »master-feeder«-Konstruktionen, die auf dasselbe Ergebnis hinausliefen. Der Investment Company Act versagte ausdrücklich nur die Emission von senior securities. Nach seinem Inkrafttreten ging man aber unter dem Eindruck der früheren Missbräuche davon aus, dass die Ausgabe verschiedener Aktienklassen insgesamt unerwünscht sei. In den 1980er Jahren begannen jedoch die Investment Companies, die SEC um Einzelerlaubnisse für verschiedene Aktienklassen zu ersuchen, die sich vor allem im Hinblick auf die Art der Erhebung von Vertriebsgebühren unterscheiden sollten. Das Interesse an einer unterschiedlichen Gestaltung der Vertriebsgebühren wiederum beruhte darauf, dass die SEC im Jahre 1980 anstelle der bis dahin üblichen Aus- und Rückgabeaufschläge (front-end und back-end loads) die Bestreitung der Vertriebskosten direkt aus dem Fondsvermögen bei laufender Erhebung erlaubte765 . Zwischen 1985 und 1995 wurden zweihundert solcher Einzelerlaubnisse erteilt766 . Im Jahre 1995 legte die SEC schließlich generell fest, inwiefern und unter welchen Voraussetzungen eine Investment Company Aktien verschiedener Klassen begeben konnte767. Über die Frage der Vertriebskosten hinaus768 konnten sich Aktien nunmehr stets auch hinsichtlich zusätzlicher »Dienstleistungen« wie etwa der Möglichkeit einer Verfügung durch Scheck unterscheiden; generell für zulässig erklärt wurden auch unterschiedliche Umwandlungs- oder Austauschrechte. Dennoch war es die Frage der Vertriebskosten, die auch weiterhin im Vordergrund stand769 ; zahlreiche Investment Companies machten von der Möglichkeit verschiedener Anteilsklassen mit jeweils eigenen Vergütungsstrukturen Gebrauch770 . 3.  Zusammenfassung Mit dem Investment Company Act und dem Investment Advisers Act von 1940 wurde das Investmentwesen erstmals spezifisch erfasst und zahlreichen einzelnen Vorgaben unterstellt. Allerdings wirkten diese Vorgaben eher »von außen« auf die mittlerweile etablierten, im einzelstaatlichen Recht verankerten Strukturen ein; insbesondere wurde kein eigener Typ des Investmentanteils geschaffen. Da die Gesetze somit ihren Geltungsbereich bestimmen mussten, blieben Möglichkeiten,   Rule 12b-1 = 17 C. F. R. §  270.12b-1.   SEC, Exemption for Open-End Management Investment Companies Issuing Multiple Classes of Shares; Disclosure by Multiple Class and Master-Feeder Funds; Class Voting on Distribution Plans, Release No.  IC-20915 vom 23. Februar 1995, 60 Fed. Reg. 11875, 11876 vom 2. März 1995. 767   Rule 18 f-3 = 17 C. F. R. §  270.18 f-3. 768   Zur den üblichen drei Klassen (A/B/C shares) und ihren Charakteristika O’Neal, 10 PIABA B. J. 63, 64–66 (Spring 2003); Morey, 13 Fin. Services Rev. 33, 36 (2004). 769   SEC, Protecting Investors, S.  330. 770   Zu den Schwierigkeiten für den einzelnen Anleger O’Neal, 55 Fin. Analysts J. 76, 79–81 (September/October 1999); ders., 10 PIABA B. J. 63, 67, 70 (Spring 2003); Morey, 13 Fin. Services Rev. 33, 34 f. (2004). 765

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sich ihnen durch entsprechende Gestaltung zu entziehen. Vor allem aber erhielt die SEC in weitem Umfang die Befugnis, Ausnahmen zuzulassen; derartigen Ausnahmen sind etwa der Aufstieg der Hedgefonds und die Rückkehr verschiedener Aktienklassen – die sich allerdings hinsichtlich anderer Gegenstände als früher unterschieden – zu verdanken. Die steuerliche Begünstigung der REITs durch den Gesetzgeber hat schließlich die Grundstrukturen der Immobilienfonds fixiert, allerdings auch hier nur »von außen« kommende Vorgaben gemacht.

III.  Harmonisierung und Liberalisierung in Europa Die europäische Entwicklung folgte derjenigen in den U. S. A. durchweg nach. In Frankreich und Deutschland mit ihrer konstitutiven Spezialgesetzgebung musste dabei von vornherein stets der Gesetzgeber bemüht werden; in England ergab sich diese Notwendigkeit erst mit der genauen gesetzlichen Erfassung seit der zweiten Hälfte der 1980er Jahre. 1.  Die gesetzliche Erfassung des Investmentwesens in England In England waren Investment Companies nach den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln, Investment Trusts nach den allgemeinen Regeln des TrustRechts zwar in ihrem Tätigkeitsfeld und ihrer Ausgestaltung an und für sich nicht eingeschränkt. Der Prevention of Fraud (Investments) Act von 1939771, der wegen der Kriegsereignisse erst 1944 Geltung erlangte, sowie dessen gleichnamiger Nachfolger von 1958 verlangten dann für den Wertpapierhandel grundsätzlich eine Lizenz, nahmen hiervon jedoch den Manager oder Trustee eines authorised unit trusts aus772 . Die Voraussetzungen einer Anerkennung als authorised unit trust, die sich hauptsächlich auf die interne Struktur bezogen und einen Mindestinhalt der Trust Deed vorsahen773 , bewirkten mittelbar eine erste gesetzliche Typisierung der Wertpapierinvestmentfonds774 . Die Festlegung auf das Trust-Modell folgte der Praxis, die in der Zwischenzeit von Investment Companies zunehmend Abstand genommen hatte, da companies nach englischem Recht – wie in Deutschland und Frankreich und anders als in den U. S. A. – nicht ohne Weiteres Aktien ausgeben und zurücknehmen konnten, während dies einem unit trust möglich war 775 . Der Financial Services Act von 1986 nahm sich – auch vor dem Hintergrund der inzwischen ergangenen Investmentrichtlinie – des Investmentwesens in umfassenderer Weise an776 . Er unterschied bei den collective investment schemes zwischen den in   Prevention of Fraud (Investments) Act 1939 (2 & 3 Geo. 6, c. 16).   S.  2(1)(c) Prevention of Fraud (Investments) Act 1958 (6 & 7 Eliz. 2, c. 45). 773   S.  17 sowie Sch. 1 Prevention of Fraud (Investments) Act 1958. 774   Zur relativ geringen Bedeutung dieser Gesetze für das Investmentwesen Fisher/Bewsey/ Waters/Ovey, The Law of Investor Protection, para. 2-003 (S.  14). 775   Vgl. Cornick, 16 Int’l Fin. L. Rev. 29 (1997); Diggle, 5 J. Fin. Reg. & Compliance 118, 123 (1997). 776   S.  75–95 Financial Services Act 1986 (c. 60). 771

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England üblichen unit trust schemes und open-ended investment companies, die es zu jener Zeit zwar nur im Ausland gab, deren Anerkennung aber im Financial Services Act 1986 ebenfalls geregelt wurde777. Ähnlich wie unter den Prevention of Fraud (Investment) Acts regelten der Financial Services Act 1986 und sein Nachfolger, der Financial Services and Markets Act 2000 778 , nicht das Investmentrecht insgesamt. Vielmehr erlaubten diese Gesetze den öffentlichen Vertrieb nur für Investmentanteile aus »autorisierten« Gestaltungen, die ihrerseits detaillierten Anforderungen hinsichtlich Struktur und Anlagepolitik unterworfen wurden779. Dies wirkte wiederum mittelbar typisierend. Die gesetzliche Erfassung in England gleicht damit ihrem Wesen nach derjenigen in den U. S. A., ist sie doch ebenfalls nicht »konstitutiv« für die Organisation gemeinsamer Kapitalanlage, sondern tritt vielmehr »von außen« an die allgemeinen Regeln heran. 2.  Die weitere europäische Entwicklung Die weitere europäische Entwicklung war vor allem geprägt durch die Übernahme neuer Entwicklungen aus den U. S. A. mit ihrer die Typizität reduzierenden Wirkung sowie durch die – meist nur nachvollziehende – Harmonisierung auch der Neuerungen durch europäisches Richtlinienrecht, das sich in der ursprünglichen Fassung der bereits erwähnten Investmentrichtlinie nur mit der Anlage in Wertpapiere durch Gestaltungen des Gesellschafts- wie des Vertragstyps befasst hatte780 . Herausgegriffen werden sollen wiederum das Aufkommen von Immobilien-, Geldmarkt- und Hedgefonds sowie die Zulassung verschiedener Anteilsklassen781 ; für Deutschland und England von Interesse ist weiter die gesetzliche Regelung gemeinschaftlicher Kapitalanlage in der Form des Gesellschaftstyps. a)  Immobilienfonds Auch in Europa kam die Idee einer gemeinsamen Anlage in Immobilien schon früh auf. Der französische Gesetzgeber, der schon für die dauerhafte Organisation der Wohnungs- und Stockwerkseigentümer alle Gesellschaftsformen und damit auch die Aktiengesellschaft zur Verfügung gestellt hatte782 , sah noch vor der U. S.amerikanischen REIT-Gesetzgebung für bestimmte Immobilienaktiengesell  S.  86(8)(b) Financial Services Act 1986; vgl. Cornick, 16 Int’l Fin. L. Rev. 29 (1997).   Part XVII (s. 235 ff.) Financial Services and Markets Act 2000 (c. 8). 779   Insbes. Financial Services – The Authorized Unit Trust Scheme (Investment and Borrowing Powers) Regulations 1988, S. I. 1988 No.  284 und später Financial Services (Regulated Schemes) Regulations 1991; s. jetzt das FSA Handbook. 780   OGAW-Richtlinie (oben Fn.  588). 781   Überblick zur Entwicklung in Deutschland, die etwa auch durch die Zulassung von Finanzderivaten und verschiedenen weiteren Fondstypen geprägt war, bei Köndgen/Schmies, WM-Sonderbeilage Nr.  1 zu Heft 11/2004, S.  3. 782   Vgl. Art.  1er der Loi du 28 juin 1938 tendant à régler le statut de la copropriété des immeubles divisés par appartements, J. O. vom 30. Juni 1938, S.  7578 (abgedruckt in D. H. 1939, 4, 73); Art.  5 der Loi n°  71-579 du 16 juillet 1971 relative à diverses opérations de construction, J. O. vom 17. Juli 1971, S.  7047. 777 778

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schaften, die den Bau und die Verwaltung von Wohnimmobilien zum Gegenstand hatten, eine steuerliche Begünstigung vor 783 – eine Gesetzgebung, die fortgeführt784 und auf andere Immobilien ausgedehnt785 wurde786 , allerdings nicht umfassend galt. Im Jahre 2003 führte Frankreich dann für börsennotierte Immobilienaktiengesellschaften, so genannte sociétés d’investissements immobiliers cotées (SIIC), eine begrenzte steuerliche Transparenz ein, sofern gewisse Vorgaben eingehalten werden787. In Deutschland, wo bereits im Zusammenhang mit dem Erlass des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften eine Zulassung offener Immobilienfonds diskutiert worden war 788 , tat man diesen Schritt im Jahre 1969, allerdings lediglich auf der Basis der – damals allein zur Verfügung stehenden – Miteigentums- und Treuhandlösung 789. Dabei wurde das Recht zur jederzeitigen Rückgabe des Fondsanteils beibehalten, was über Jahre hinweg keine Schwierigkeiten bereitete, im Gefolge der Finanzkrise aber einige Fonds in eine Liquiditätskrise stürzte und zur »Schließung« oder gar Abwicklung zwang 790 . Der Gesetzgeber hat hierauf insbesondere mit einer Beschränkung des Rückgaberechts reagiert791. Steuerlich transparente Immobilienaktiengesellschaften, oft als G-REITs bezeichnet, wurden schließlich 2007 eingeführt792 , dabei jedoch eine Anlage in »Bestandsmietwohnimmobilien« nach heftiger politischer Debatte nicht gestattet793 . Sämtliche Aktien 783   Art.  5 der Ordonnance n°  58-876 du 24 septembre 1958 relative aux sociétés immobilières conventionnées, J. O. vom 25. September 1958, S.  8811. 784   Einführung von sociétés immobilières d’investissement durch Art.  33 der Loi n°  63-254 du 15 mars 1963 portant réforme de l’enregistrement, du timbre et de la fiscalité immobilière, J. O. vom 17. März 1963, S.  2579, 2584. 785   Art.  5 f. der Ordonnance n°  67-837 du 28 septembre 1967 relative aux opérations de créditbail et aux sociétés immobilières pour le commerce et l’industrie, J. O. vom 29. September 1967, S.  9595, 9597. 786   Zu allem Hamel/Lagarde/Jauffret, Droit commercial I/2, n 870-3 ff. (S.  693–700). 787   Art.  208 C u. a. des Code général des impôts i.  d.  F. des Art.  11 der Loi de finances pour 2003 (n°  2002-1575 du 30 décembre 2002), J. O. vom 31. Dezember 2002, S.  22025, 22026; zur Besteuerung deutschsprachig Schimmelschmidt/Tauser/Lagarrigue, IStR 2006, 120, 121 ff. 788   Dürre, Sparkasse 1956, 219, 222 f. 789   »Grundstücks-Sondervermögen«, §§  23 ff. KAGG i.  d.  F. des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile, über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom 28. Juli 1969, BGBl.  I, S.  986, 995 ff. 790   Vgl. BT-Drucks. 17/3628 vom 8. November 2011, S.  18 li.Sp.; Haugwitz, I & F 2012, 117. 791   Art.  3 des Gesetzes zur Stärkung des Anlegerschutzes und Verbesserung der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts (Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz) vom 5. April 2011, BGBl.  I, S.  538, 543–546; dazu BT-Durcks. 17/3628 (Fn.  790), S.  17 f., 26 ff.; Knorr/Möller, I & F 2012, 9, 10 f. 792   Einführung des Gesetzes über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz – REITG) durch Art.  1 des Gesetzes zur Schaffung deutscher Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen vom 28. Mai 2007, BGBl.  I, S.  914. Zur unterschiedlichen Besteuerung von G-REITS und Immobiliensondervermögen z. B. Frey/Harbarth, ZIP 2007, 1177, 1178. 793   Vgl. §  1 Nr.  1 lit.  a , §  3 Abs.  9 REITG; zur Begründung BR-Drucks. 779/06 vom 3. November 2006, S.  25 f.

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einer REIT-AG müssen als stimmberechtigte Aktien gleicher Gattung begründet werden794 , stimmrechtslose Vorzugsaktien scheiden folglich aus. Damit ist insofern keine individuelle Gestaltung möglich. England führte eine steuerliche Sonderbehandlung für companies, die den Voraussetzungen eines REIT entsprachen, mit dem Finance Act 2006 ein795 . Bei den Aktien eines solchen UK-REITs muss es sich entweder um Stammaktien handeln, von denen wiederum nur eine Klasse bestehen darf, oder um stimmrechtslose Vorzugsaktien mit fixer Dividende796 . An europäischer Harmonisierung fehlte es auf dem Gebiet der Immobilienfonds bislang. Unter dem Ansatz der nunmehr verabschiedeten AIFM-Richtlinie (»Hedgefondsrichtlinie«) 797, die grundsätzlich alle nicht unter die Investmentrichtlinie fallenden Fonds erfassen soll, kommt es zu einer sehr zurückhaltenden, das Anlagevermögen, die Fondsstruktur und die ausgegebenen Papiere selbst nicht erfassenden Harmonisierung. b)  Geldmarktfonds Die Übernahme von Geldmarktfonds U. S.-amerikanischen Vorbilds brachte eine weitere Ausdehnung zulässiger Anlageobjekte und -strukturen in Europa, dies umso mehr deshalb, als in Europa neben Fonds mit stabilem Anteilswert (NAV) auch solche mit variablem Anteilswert Verbreitung fanden798 . Vorreiter in Europa war auch hier Frankreich, wo im Jahre 1981 ein erster auf Geldmarkttitel spezialisierter Fonds aufgelegt wurde, der ausschließlich in französische Staatsanleihen mit kurzer Restlaufzeit investierte. Anders als in Deutschland war in Frankreich die Spezialisierung auf Geldmarkttitel schon unter dem seinerzeit geltenden Recht möglich, da dieses keine Anlagegrenze für Staatspapiere vorsah799. In der Folge wurden einige weitere Beschränkungen abgebaut800 , ohne dass es zu einer umfassenden Regelung insbesondere hinsichtlich der Restlaufzeiten der Anlagewerte gekommen wäre. So entstanden Geldmarktfonds mit sehr unterschiedlichen Risi  §  5 Abs.  1 Satz 1 REITG.   Finance Act 2006 (c. 25), Part 4 (s. 103–145); zur früheren Besteuerung z. B. Fabry/Riha, RIW 2006, 528, 529. 796   S.  106(7) Finance Act 2006. 797   Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr.  1060/2009 und (EU) Nr.  1095/2010, ABl.  Nr. L 174 vom 1. Juli 2011, S.  1–73. 798   IMF, Global Financial Stability Report, Oct. 2010, Ch. 2, S.  11. 799   Ausführliche Darstellung bei Laux, ZfgK 1988, 330, 330–332; s. a. Pense, WiB 1995, 585, 586 f. 800   S. etwa Art.  13-1 des Décret n°  89-623 du 6 septembre 1989 pris en application de la loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances (J. O. vom 7. September 1989, S.  11304) i.  d.  F. des Décret n°  91-605 du 27 juin 1991 modifiant le décret n°  89-623 du 6 septembre 1989 pris en application de la loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances, J. O. vom 28. Juni 1991, S.  8345. 794 795

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koprofilen, was zu einer selbst von Rating-Agenturen beklagten starken Heterogenität führte 801. England ließ Geldmarktfonds ausdrücklich in seinen Regulations zum Financial Services Act 1986 zu. Zugleich wurde die Anlagepolitik solcher Fonds bestimmten Beschränkungen unterworfen802 . In Deutschland wurden nach langer Debatte 803 Geldmarktfonds schließlich im Jahre 1994 als »Geldmarkt-Sondervermögen« in das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften aufgenommen und unter Gestattung bestimmter Derivatgeschäfte 804 näher geregelt805 . Mit der »Produktrichtlinie« von 2001806 wurde auch auf europäischer Ebene den Geldmarktfonds durch eine Ausdehnung der zulässigen Anlageobjekte unter anderem auf Bankeinlagen, Geldmarktinstrumente und verschiedene Finanzderivate der Weg geebnet. Das deutsche Investmentgesetz von 2003807 hat in der Folge die klare Typentrennung, wie sie das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften zuletzt prägte 808 , im Geltungsbereich der – geänderten – Investmentrichtlinie aufgegeben und enthält daher auch keine speziellen Regelungen über Geldmarktfonds mehr, sondern spricht jetzt nur noch von »richtlinienkonformen Sondervermögen«, die in alle europarechtlich zulässigen Anlageobjekte investieren dürfen809. Im Gegensatz dazu weist auf europäischer Ebene mittlerweile der Weg hin zu einer stärkeren Typisierung: Schon die »Durchführungsrichtlinie« zur Finanzmarktrichtlinie definiert »qualifizierte Geldmarktfonds« für die Hinterlegung von Kundengeldern810 . Nach der Finanzkrise, die auch in Europa die Geldmarktfonds empfind  Poizot, La lettre du trésorier N° 261/2009, 18.   S.  21–25 Financial Services – The Authorized Unit Trust Scheme (Investment and Bor­ rowing Powers) Regulations 1988 (Fn.  779); s. a. Laux, ZfgK 1988, 330, 333–335. 803   S. etwa Büschgen, ZfgK 1986, 990 ff., 1036 ff.; Laux, ZfgK 1988, 330, 336. 804   Näher (kritisch) Hoppen/Pelzer, DStR 1995, 617, 618 ff. 805   §§  7a ff. KAGG 1994 i.  d.  F. des Art.  3 Nr.  2 des Gesetzes über den Wertpapierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Vorschriften (Zweites Finanzmarktförderungsgesetz) vom 26. Juli 1994, BGBl.  I, S.  1749, 1770. 806   Richtlinie 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) hinsichtlich der Anlagen der OGAW, ABl.  Nr. L 41 vom 13. Februar 2002, S.  35– 42. 807   Investmentgesetz (InvG), eingeführt durch Art.  1 des Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15. Dezember 2003, BGBl.  I, S.  2676. 808   Das KAGG kannte zuletzt Geldmarkt-Sondervermögen (§§  7a–7d), Wertpapier-Sondervermögen (§§  8 –25), Beteiligungs-Sondervermögen (§§  25a–25j), Investmentfondsanteil-Sondervermögen (§§  25k–25m), Grundstücks-Sondervermögen (§§  26–37), Gemischte Wertpa­pierund Grundstücks-Sondervermögen (§§  37a–37g) und Altersvorsorge-Sondervermögen (§§  37h– 37m); das InvG unterscheidet noch Richtlinienkonforme Sondervermögen (§§  46–65), Immobilien-Sondervermögen (§§  66–82), Gemischte Sondervermögen (§§  83–86), AltersvorsorgeSondervermögen (§§  87–90), Infrastruktur-Sondervermögen (§§  9 0a–90f), Sonstige Sonderververmögen (§§  9 0g–90k), Mitarbeiterbeteiligungs-Sondervermögen (§§  9 0l–90r) sowie SpezialSondervermögen (§§  91–95). 809   §§  46 ff. InvG; vgl. RegE Investmentmodernisierungsgesetz, BR-Drucks. 609/03 vom 28. August 2003, S.  155; Lang, WM 2004, 53. 810   Art.  18 Abs.  2 Richtlinie 2006/73/EG der Kommission vom 10. August 2006 zur Durch801

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lich traf, ist von Seiten der Regulatoren wie der Verbände eine weitergehende typisierende Regulierung angestrebt811. c)  Hedgefonds Auf dem Gebiet der Hedgefonds zeigten sich wieder die unterschiedlichen Ausgangspunkte Englands einerseits, des Kontinents andererseits. In England, wo zwar keine Fonds selbst, wohl aber viele Fondsmanager beheimatet waren, sah man zunächst weder Möglichkeit noch Bedarf für eine Regulierung der Fonds und stellte die Manager nur unter die allgemeinen Regeln für Anlageberater; die Financial Services Authority (FSA) beabsichtigte sogar eine Erleichterung der Regulierung und eine bedingte Freigabe des Vertriebs an Privatpersonen812 . Von diesem sehr liberalen Ansatz war die FSA zwar schon vor der Finanzkrise ein wenig abgerückt und hatte die Hedgefonds-Branche genauer in den Blick genommen813 ; die Finanzkrise und die Aufdeckung neuerer Betrugsfälle haben diese Tendenz verstärkt und dazu geführt, dass zunächst nur Dachfonds, die in Hedgefonds investieren, unter bestimmten Voraussetzungen an Private vertrieben werden können814 . Insgesamt setzt die FSA aber stark auf weitere Untersuchungen und laufende Konsultation815 ; Ansatz für die Regulierung sollen nicht die rechtlichen Strukturen der Hedgefonds selbst, sondern vielmehr die Investitionstechniken der Manager sein816 . Auch vor dem Hintergrund der Selbstregulierung der Branche in der Form von »best-practice standards«, verbunden mit einem »comply or explain approach«, ergibt sich nach alldem für England doch eine eher schwache Typizität der Hedgefonds, sodass deren Aufkommen gleichzeitig eine erhebliche Abschwächung der Typizität der in England verfügbaren Investmentanteile mit sich brachte. In Frankreich und Deutschland, die wegen ihres anderen Ausgangspunktes Hedgefonds positiv zulassen mussten, bedeutete diese Zulassung zwar ebenfalls notwendigerweise eine Abschwächung der Typizität; die Anteile an Hedgefonds selbst sind jedoch stärker vereinheitlicht. Frankreich hat nach ersten, noch sehr führung der Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die organisatorischen Anforderungen an Wertpapierfirmen und die Bedingungen für die Ausübung ihrer Tätigkeit sowie in Bezug auf die Definition bestimmter Begriffe für die Zwecke der genannten Richtlinie, ABl.  Nr. L 241 vom 2. September 2006, S.  26–58. 811   Vgl. CESR, A common definition of European money market funds, Consultation paper, CESR/09-850; CESR, CESR’s guidelines on a common definition of European money market funds, Feedback statement, CESR/10-545; IMF, Global Financial Stability Report, Oct. 2010, Ch. 2, S.  19 f.; Poizot, La lettre du trésorier N° 261/2009, 18, 19 f. 812   FSA, Hedge funds and the FSA, Discussion Paper 16 (August 2002); dazu Kovas, 10 J. Fin. Transform. 49, 52–55 (2004). 813   Vgl. FSA, Hedge funds: A discussion of risk and regulatory engagement, Discussion Paper 05/4 (June 2005). 814   FSA, Funds of Alternative Investment Funds (FAIFs), Policy Statement 10/03 (February 2010): insbes. Einfügung einer neuen Section COLL 5.7 in das FSA Handbook. 815   S. etwa FSA, Assessing possible sources of systemic risk from hedge funds (July 2010). 816   Vgl. FSA, Hedge funds: A discussion of risk and regulatory engagement, Discussion Paper 05/4 (June 2005), S.  39 f.

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beschränkten Regeln der Jahre 1988817 und 1998818 im Jahre 2003 sowohl die Anlage in Dachfonds, die in Hedgefonds investieren, reguliert und deren Erwerb allgemein zugelassen819 als auch verschiedene Arten französischer Hedgefonds geschaffen, die nur bestimmten Investoren offenstehen820 . Bei den französischen Hedgefonds handelt es sich zum einen um die organismes de placement collectif en valeurs mobilières à règles d’investissement allégées (OPCVM ARIA), die ihrerseits wieder in diejenigen mit und ohne Hebelwirkung zerfallen821, zum anderen um die organismes de placement collectif en valeurs mobilières contractuels, die nur äußerst geringen Vorgaben unterliegen822 . OPCVM sind dabei sowohl fonds communs de placement als auch sociétés d’investissement, wovon dann auch die rechtliche Natur der Investmentanteile abhängt. Deutschland hat im Investmentgesetz von 2003 erstmals Hedgefonds als eigene Fondsklasse zugelassen und für Dachfonds den öffentlichen Vertrieb gestattet, auf eine Differenzierung nach Vermögen oder Erfahrung des Anlegers aber verzichtet823 . Zuvor waren dem Betrieb eines Hedgefonds deutschen Rechts kaum überwindbare Schwierigkeiten entgegengestanden824 . Prägende Merkmale der Hedgefonds sind nach dem Investmentgesetz zum einen die Erzielung einer Hebelwirkung durch die Aufnahme von Krediten oder den Einsatz von Derivaten, zum anderen die Vornahme von Leerverkäufen. Die Hedgefonds, deren Anlagestrategie und Anlagegegenstände kaum beschränkt sind825 , können ebenso wie die stär817   »Fonds communs d’intervention sur les marchés à terme«, Art.  23 Loi n°  88-1201 (Fn.  713); heute Art. L 214-42, R 214-90 f. Code monétaire et financier. 818   Art.  23-2 der Loi n°  88-1201 i.  d.  F. des Art.  35 der Loi n°  98-546 du 2 juillet 1998 portant diverses dispositions d’ordre économique et financier, J. O. vom 3. Juli 1998, S.  10127, 10133; Décret n°  98-1122 du 10 décembre 1998 modifiant le décret n°  89-623 du 6 septembre 1989 modifié pris en application de la loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances, J. O. vom 12. Dezember 1998, S.  18708 und Décret n°  98-1123 du 10 décembre 1998 modifiant le décret n°  89624 du 6 septembre 1989 pris pour l’application de la loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances, J. O. vom 2. Dezember 1998, S.  18710. 819   Entscheidung der Commission des Opérations de Bourse (COB) vom 3. April 2003, Bulletin mensuel d’Information de la COB, avril 2003, n°  378, S.  11–39; später Art.  14-5 f. Décret n°  89-623 i.  d.  F. des Art.  7 Décret n°  2003–1103 du 21 novembre 2003 modifiant le décret n°  89623 du 6 septembre 1989 pris en application de la loi n°  88-1201 du 23 décembre 1988 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances; heute Art. L 214-35 f., R 214-36 f. Code monétaire et financier. 820   Livre II, titre Ier, chapitre IV, section 1, sous-section 6 (heute: sous-section 9) Code monétaire et financier (Art.  214-35 ff.) i.  d.  F. des Art.  63 der Loi n°  2003-706 du 1er août 2003 de sécurité financière, J. O. vom 2. August 2003, S.  13220, 13248 f. 821   Art.  14 ff. Décret 89-623 i.  d.  F. des Art.  7 Décret n°  2003-1103 (Fn.  819); heute Art. R 21429 ff. Code monétaire et financier (ARIA sans effet de levier: Hebelwirkung bis 2; ARIA à effet de levier: Hebelwirkung größer als 2, aber maximal 4). 822   Art. L 214-35-2 ff. Code monétaire et financier (unbegrenzte Hebelwirkung.). 823   §§  112 ff. InvG; Gstädtner/Elicker, BKR 2006, 91, 94. 824   S. nur Gerke/Mager/Kiehn, ZBB 2002, 479, 484–487. 825   Vgl. §  112 Abs.  1 InvG; nicht erlaubt ist aber insbesondere die Anlage in Immobilien oder Immobiliengesellschaften.

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ker regulierten826 Dachfonds entweder als Sondervermögen im Sinne der Miteigentums- oder Treuhandlösung oder als Investmentaktiengesellschaft ausgestaltet sein827 ; dementsprechend handelt es sich bei den Investmentanteilen entweder um Anteile an einem Sondervermögen oder um Aktien. Auf europäischer Ebene setzt die lang umkämpfte, inzwischen verabschiedete »Hedgefondsrichtlinie«828 nicht bei den Fonds selbst, sondern deren Managern an. Da von dieser Richtlinie im Grundsatz sämtliche bisher nicht regulierten Investmentprodukte erfasst werden sollen, die rechtliche Struktur der Fonds und die Ausgestaltung der Anteile aber unberührt bleiben, wird von dieser Richtlinie keine bedeutendere typisierende Wirkung ausgehen. d)  Anteilsklassen England kannte von jeher Investment Companies und Trusts mit unterschiedlichen Anteilsklassen829. In den Financial Services (Regulated Schemes) Regulations 1991 wurden dann für ausschüttende und nicht thesaurierende Anteilsklassen spezielle Regelungen vorgesehen830 , die später durch Regelungen für Aktienklassen von open-ended investment companies ergänzt wurden831. Das FSA Handbook hat diese Regelungen weiter ausgebaut und ergänzt832 . Dabei ist ausdrücklich festgehalten, dass Vorteile einer Klasse die übrigen Klassen nicht schädigen dürfen833 . Demgegenüber mussten in Frankreich und Deutschland verschiedene Anteilsklassen ausdrücklich zugelassen werden834 . Deutschland ist diesen Schritt 2002 gegangen und hat zunächst nur »verschiedene Rechte hinsichtlich der Ertragsverwendung, des Ausgabeaufschlages, des Rücknahmeabschlages, der Währung des Anteilwertes, der Verwaltungsvergütung oder einer Kombination der genannten Gesichtspunkte« gestattet835 ; allerdings ging die Bundesanstalt für Finanzdienst  §  113 InvG.   Vgl. §§  99 Abs.  3, 112 ff. InvG. 828   Oben Fn.  797; Überblick bei Nölke, I & F 2012, 122 f. 829   Vgl. Diggle, 5 J. Fin. Reg. & Compliance 118, 121 (1997), die einen Vorteil der Einführung von open-ended investment companies in der Möglichkeit verschiedener Aktienklassen sieht. 830   Reg. 2.06, 9.05, 9.06 Financial Services (Regulated Schemes) Regulations 1991 (Release 199). 831   Reg. 39 Financial Services – The Open-Ended Investment Companies (Investment Companies with Variable Capital) Regulations 1996, S. I. 1996 No.  2827. 832   Zunächst CIS 2.4 (classes of shares), 2.6 (classes of units) FSA Handbook; nunmehr zusammengeführt (vgl. die Glossary Definition von unit) in COLL 3.3.2 ff. FSA Handbook. 833   COLL 3.3.2(2)(a): ».  .  . a unit class should not provide any advantage for that class if that would result in prejudice to unitholders of any other class«. 834   Dies gilt auch für Investmentaktiengesellschaften; die Aktiengattungen des allgemeinen Aktienrechts mögen eine Differenzierung erlauben (vgl. Fischer, NZG 2007, 133, 134), Aktiengesellschaften könnten aber in diesen Ländern – wie gesehen – ohne gesetzliche Regelung der Investmentaktiengesellschaft von vornherein nicht zu Investmentzwecken eingesetzt werden. 835   §  18 Abs.  2 Satz 2–4 KAGG i.  d.  F. des Art.  3 Nr.  14 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 21. Juni 2002, BGBl.  I, S.  2010, 2040; dazu RegE, BR-Drucks. 936/01 (neu) vom 14. November 2001, S.  181, 289. 826 827

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leistungsaufsicht von Anfang an davon aus, dass damit auch »Währungskurssicherungsgeschäfte ausschließlich zugunsten einer einzelnen Währungsanteilklasse« zulässig sind836 . Inzwischen hat der Gesetzgeber durch Einfügung des Wortes »insbesondere« die bis dahin geschlossene Aufzählung etwas gedankenlos837 auch für beliebige andere Unterschiede zwischen Anteilsklassen geöffnet838 ; dass damit Gestaltungen ohne Weiteres erlaubt sein sollen, wie sie in den U. S. A. in den 1920er Jahren begegneten, kann aber wohl kaum angenommen werden. Frankreich hat die Möglichkeit verschiedener Anteilsklassen, bei denen es sich entweder um »catégories de parts de fonds commun de placement« oder um »catégories d’actions de SICAV« handelt, im Jahre 2003 in den Code monétaire et financier eingefügt839 und zunächst eine unterschiedliche Verteilung des Erlöses und der Vertriebskosten, unterschiedliche Ausgabeaufschläge und Rücknahmeabschläge, unterschiedliche Nennwerte sowie unterschiedliche Währungen erlaubt. Seit 2006 kann im letztgenannten Fall das entstehende Währungsrisiko nun auch mithilfe von Währungsderivaten abgesichert werden840 ; die zulässigen Abweichungen sind enumerativ aufgezählt und unter das Prinzip der Anlegergleichbehandlung gestellt841. e)  Investmentaktiengesellschaften Lediglich für England und Deutschland zu untersuchen ist die Zulassung von Investmentaktiengesellschaften, war doch in Frankreich mit der société d’investissement von Anfang an eine Gestaltung des Gesellschaftstyps vorhanden. In England existierten zwar Investmentaktiengesellschaften, die untechnisch investment trust genannt wurden; bei diesen handelte es sich aber um closed-end funds, die Anteile nur nach den allgemeinen Regeln des Gesellschaftsrechts ausgeben und zurückerwerben konnten842 . Im Übrigen war nach dem Financial Services Act 1986 der öffentliche Vertrieb nur den authorised unit trust schemes gestattet843 . Im Jahre 1997 führte nun England im Wege von auf den European Communities   BaFin, Fragenkatalog Anteilklassenfonds, Nr.  10–13.   Vgl. RegE, BR-Drucks. 274/07 vom 27. April 2007, S.  156: »Mit der Änderung wird einem Praxisbedürfnis entsprochen, die Anteilklassen auch hinsichtlich der Mindestanlagesumme sowie weiterer Ausgestaltungsmerkmale zu differenzieren. Hierdurch wird eine größere Flexibilität bei der Verwaltung von Sondervermögen erreicht, so dass stärker den Anlegerinteressen entsprochen werden kann.« 838   §  34 Abs.  1 Satz 1 InvG i.  d.  F. des Art.  1 Nr.  35 lit.  a des Gesetzes zur Änderung des Investmentgesetzes und zur Anpassung anderer Vorschriften (Investmentänderungsgesetz) vom 21. Dezember 2007, BGBl.  I, S.  3089, 3101. 839   Art. L 214-2 Abs.  2 Code monétaire et financier, eingefügt durch Art.  62 Loi 2003-706 (o. Fn.  820). 840   Art.  411-11 Abs.  2 Nr.  6 Règlement général de l’Autorité des marchés financiers i.  d.  F. des Arrêté du 3 novembre 2006 portant homologation d’une modification du règlement général de l’Autorité des marchés financiers, J. O. vom 9. November 2006, S.  16811; dazu Revue mensuelle de l’Autorité des Marchés Financiers n°  30, novembre 2006, S.  1 f. 841   Art.  411-11 Abs.  1 Règlement général de l’Autorité des Marchés Financiers (Fn.  840). 842   Lazarides, (1994) 5 I. C. C. L. R. 144, 144 f. 843   Dazu oben bei Fn.  776. 836 837

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Act 1972 gestützten Regulations open-ended investment companies ein844 . Da auf den European Communities Act gestützt, konnten diese zunächst nur in die seinerzeit von Art.  19 der Investmentrichtlinie erfassten Wertpapiere investieren845 . Seit dem Financial Services and Markets Act 2000 sind die authorized open-ended investment companies auch gesetzlich den authorized unit trusts weitgehend gleichgestellt846 . Deutschland hat die Investmentaktiengesellschaft in zwei Schritten verwirk­ licht und in einem dritten nochmals einschneidend verändert. Zunächst wurde im Jahre 1998 die Investmentaktiengesellschaft des geschlossenen Typs (»closed-end fund«) eingeführt847, die lediglich in Wertpapiere und stille Beteiligungen investieren konnte 848 . Diese Investmentaktiengesellschaft war zur Rücknahme der Anteile nicht verpflichtet, zum Ausgleich war aber eine Börsennotierung binnen sechs Monaten zwingend; für die Ausgabe neuer Aktien wie für den Erwerb ausgegebener Aktien griffen die Regeln des allgemeinen Aktienrechts. Steuerlich galten für diese erste Investmentaktiengesellschaft im Gegensatz zum rechtlich unselbständigen Sondervermögen keinerlei Erleichterungen. Von der Praxis wurde diese Form denn auch nicht angenommen849. Das neue Investmentgesetz von 2003 brachte dann die »Investmentaktiengesellschaft mit veränderlichem Kapital«, die neben die bisherige »Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital« trat850 , erweiterte das Anlagespektrum auf alle auch sonst investmentrechtlich zulässigen Vermögenswerte mit Ausnahme von Immobilien und stellte die Investmentaktiengesellschaft steuerlich dem Sondervermögen gleich851. Von Interesse für die Typizität der Investmentanteile – hier in der Form von Aktien – ist das eher erstaunliche und so nicht beibehaltene Verbot von Aktien ohne Stimmrecht und die Bestimmung, dass sämtliche Aktien denselben Anteil am Grundkapital verkörpern müssen852 . Die Investmentaktiengesellschaft mit variablem Kapital des ursprünglichen Investmentgesetzes zeichnete sich dadurch aus, dass bis zur Grenze eines »statutarisch genehmigten Kapitals« Kapitalerhöhungen ohne Hauptverhandlungsbeschluss möglich waren sowie ein Bezugsrecht der Aktionäre nicht bestand, 844   Financial Services – The Open-Ended Investment Companies (Investment Companies with Variable Capital) Regulations 1996, S. I. 1996 No.  2827; Financial Services (Open-Ended Investment Companies) Regulations 1997. 845   Vgl. Cornick, 16 Int’l Fin. L. Rev. 29, 30 (1997); Diggle, 5 J. Fin. Reg. & Compliance 118, 119 (1997). 846   S. insbes. s. 238(4)(a), (b) Financial Services and Markets Act 2000. 847   §§  51–67 KAGG i.  d.  F. des Art.  4 Nr.  52 des Gesetzes zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Drittes Finanzmarktförderungsgesetz) vom 24. März 1998, BGBl.  I, S.  529, 553–556. 848   §§  51 Abs.  3, 55 ff. KAGG 1998. 849   Köndgen/Schmies, WM-Sonderbeilage Nr.  1 zu Heft 11/2004, S.  6 , 16 f.; Thoma/Steck, AG 2001, 330, 331; Steck/Schmitz, AG 2004, 658, 659. 850   §  96 Abs.  2 Satz 1, §§  104 ff. InvG 2003. 851   Überblick bei Steck/Schmitz, AG 2004, 658, 667; näher Sradj/Mertes, DStR 2004, 201– 207. 852   §  96 Abs.  1 InvG 2003.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

dass im Rahmen eines Mindest- und Höchstkapitals die Ausgabe, der Rückerwerb und die Weiterveräußerung jederzeit erlaubt waren und dass der Aktionär von der Gesellschaft den Rückerwerb der Aktien verlangen konnte 853 . Mit dem Investment­ änderungsgesetz von 2007 verabschiedete sich der Gesetzgeber dann von der Investmentaktiengesellschaft mit fixem Kapital854 und änderte das Recht der Investmentaktiengesellschaften so, dass 2010 immerhin 19 Investmentaktiengesellschaften deutschen Rechts anzutreffen waren855 . Die Investmentaktiengesellschaft gibt nunmehr zwei Arten von Aktien aus, nämlich Unternehmensaktien und Anlageaktien, wobei es sich um Stückaktien handeln muss856 . Die für die Gründer und Initiatoren vorgesehenen Unternehmensaktien müssen auf den Namen lauten; sie gewähren stets Stimmrecht und Bezugsrecht, Anlageaktien nur dann, wenn dies die Satzung vorsieht857. Damit sind zweierlei Anteilsklassen hier nunmehr schon gesetzlich vorgegeben, allerdings die Unternehmensaktien nicht als eigentliche Anlagepapiere gedacht. 3.  Zusammenfassung Mit großer Regelmäßigkeit ist Europa den U. S. A. in der Ermöglichung immer neuer Investmentgestaltungen und damit auch immer neuer Arten von Investment­ anteilen nachgefolgt, getrieben nicht zuletzt von einem innereuropäischen Rechtswettbewerb. Frankreich und Deutschland mussten dabei die neuen Gestaltungen positiv schaffen. Für England gilt dies nur insoweit, als die allgemeinen Regeln eine open-ended investment company nicht zuließen; ansonsten war es dort eher eine Zurücknahme von Verboten denn eine positive Schaffung neuer Möglichkeiten, die den Neuerungen zugrundelag. Insgesamt ist in Europa mittlerweile eine ähnliche Ausdifferenzierung des Investmentwesens zu beobachten wie in den U. S. A.

IV.  Die Internationalisierung des Markts für Investmentanteile Mit der Liberalisierung und der Harmonisierung des Investmentrechts in den letzten Jahrzehnten ging auch eine Internationalisierung des Markts für Investmentanteile einher. Dies ist wiederum insofern von Bedeutung, als das Eindringen ausländischer Investmentanteile notwendigerweise einen Verlust an Typizität auf dem Heimatmarkt mit sich bringt. Beim Ausmaß der Internationalisierung unterscheiden sich die U. S. A. und Europa grundlegend.

  §§  104 f. InvG 2003; dazu Steck/Schmitz, AG 2004, 658, 660–662.   Dazu Wallach, Der Konzern 2007, 487, 488. 855   BaFin, Zugelassene Kapitalanlagegesellschaften/Zugelassene Investmentaktiengesellschaften, Stand: 18. Oktober 2010. 856   §  96 Abs.  1 Satz 2–4 InvG 2007. 857   §  96 Abs.  1b Satz 3, 4, Abs.  1c Satz 2, §  104 Satz 2 InvG 2007; näher Wallach, Der Konzern 2007, 487, 489–491. 853

854

C.  Investmentanteile

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1.  Traditionelle Abwehrhaltung In nennenswertem Umfang drangen ausländische Investmentanteile überall erst ab der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in die großen Volkswirtschaften Europas und der U. S. A. ein. Stets riefen sie nach einiger Zeit gesetzgeberische Gegenwehr hervor. In Deutschland waren es vor allem Anteile von Fonds aus der Schweiz und Liechtenstein und später den U. S. A., die seit Mitte der 1960er Jahre oft aggressiv vermarktet wurden858 . Rechtliche Hindernisse standen dem zunächst auf deutscher Seite nicht im Wege, gab es doch weder ein ausgebildetes Wertpapierhandelsrecht, das diese Papiere erfassen konnte, noch eine Investmentgesetzgebung, die sich auf ausländische Anteile erstreckte. Nach und nach wurde bekannt, dass es sich bei den ausländischen Investmentanteilen teilweise um windige oder jedenfalls hochriskante Modelle handelte und die Vermarktung nicht selten auf unseriösen Versprechungen beruhte. Auch war zweifelhaft, wie die Erträge solcher Papiere besteuert werden sollten. Der deutsche Gesetzgeber reagierte hierauf mit dem Auslandsinvestmentgesetz von 1969859. Dieses ließ den öffentlichen Vertrieb ausländischer Investmentanteile nur dann zu, wenn gewisse strukturelle Mindestanforderungen wie die Verwahrung durch eine Depotbank erfüllt waren, der Anleger Vertragsbedingungen und Verkaufsprospekt ausgehändigt erhielt und gewisse Informationen regelmäßig veröffentlicht wurden. Der Vertrieb ausländischer Investmentanteile musste zudem der deutschen Aufsicht angezeigt werden; wer die Anteile außerhalb der ständigen Geschäftsräume des Verkäufers oder Vermittlers gekauft hatte, hatte ein Widerrufsrecht; Ausschüttungen und nicht ausgeschüttete Erträge des Fonds wurden steuerrechtlich als Einkünfte aus Kapitalvermögen definiert. Damit wurde der Zustrom ausländischer Investmentanteile nach Deutschland zwar begrenzt, ihrer Ausbreitung gleichzeitig aber ein sicherer Rahmen geschaffen. In Frankreich durften außereuropäische Investmentfonds ab 1989 mit ministerieller Genehmigung bzw. einem visa der Commission des opérations de bourse (COB) bzw. nunmehr der Autorité des marchés financiers (AMF) vertrieben werden860 , die – nach langsamem Beginn861 – im Jahre 1996 immerhin mehr als 300 858   Zu den Hintergründen von U. S.-amerikanischer Seite (Erlass des Foreign Investors Tax Act of 1966) Note, 83 Harv. L. Rev. 404, 405 f. (1969), von deutscher Seite (mit Verweis auf die bis 1958 fehlende Konvertibilität der DM) BT-Drucks. V/3494 vom 13. November 1968, S.  14 f.; Baur, Investmentgesetze II, vor §  1 AuslInvG Rn.  1. 859   Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvG), eingeführt durch den ersten Teil des Gesetzes vom 28. Juli 1969, BGBl.  I, S.  986 (oben Fn.  789); zur Entstehungsgeschichte Baur, Investmentgesetze II, vor §  1 AuslInvG Rn.  1–7. 860   Art.  14 Décret n°  89-624 du 6 septembre 1989 pris pour l’application de la loi n°  88-1201 relative aux organismes de placement collectif en valeurs mobilières et portant création des fonds communs de créances, J. O. vom 7. September 1989, S.  11305, 11306, geändert durch Art.  9 Décret n°  2002-278 du 26 février 2002 modifiant le décret 89-624 [.  .  .], J. O. vom 28. Februar 2002, S.  3845, 3846; s. a. Art. L 214-1 II Code monétaire et financier.

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

ausländische Fonds erhalten hatten862 . Die Anforderungen an eine solche Zulassung waren indes nicht darauf ausgerichtet, die Typizität der Anteilsscheine zu wahren. Nicht in gleicher Weise steht seit jeher ausländischen Investmentanteilen der Zugang zum U. S.-amerikanischen Markt offen. Der Investment Company Act enthielt von Anfang an ein grundsätzliches Verbot des öffentlichen Vertriebs von Investmentanteilen einer ausländischen Gesellschaft863 . Die anlegerschützenden Vorschriften des Investment Advisers Act gelten zwar nur für Fälle, in denen der Adviser die Mittel des Interstate Commerce nutzt864 , was bei einem ausländischen Fonds mit ausländischem Adviser nicht immer zutreffen muss. Die wertpapierrechtlichen Regelungen des Securities Act und des Securities Exchange Act erfassen aber seit einer Rechtsprechung von 1982 auch ausländische Papiere, womit der Vertrieb reguliert und ein gewisser Anlegerschutz gewährleistet war865 . Auch konnte sich das Fondsvermögen bei einer Beteiligung U. S.-amerikanischer Anleger seit jeher nicht ohne Weiteres einer Besteuerung entziehen866 . Als zu Beginn der 1980er Jahre die verbliebenen Spielräume des Steuerrechts durch geschickte Gestaltungen ausgenutzt wurden, reagierte der Gesetzgeber mit einer umfassenden Besteuerung der Kapitalanlage in »passive« ausländische Gesellschaften (passive foreign investment company, PFIC) 867. Diese nachteilige steuerliche Behandlung, verbunden mit der beschwerlichen Wertpapiergesetzgebung, hat den ohnehin nie allzu bedeutsamen Vertrieb ausländischer Investmentanteile in den U. S. A. noch stärker zurückgedrängt. 861

2.  Innereuropäische Öffnung Innerhalb Europas hingegen sind die Schranken für Investmentanteile weitgehend gefallen. Die Investmentrichtlinie 868 schuf einen »europäischen Pass« für Investmentanteile aus anderen Mitgliedstaaten, wenn nur bestimmte Mindestanforderungen an die Struktur eingehalten sind. Dank dieser Richtlinie konnten sich vor allem Luxemburg und später auch Irland mit ihren – den Wünschen der Finanzbranche schnell und umfassend entgegenkommenden – Gesetzgebern als Heimatstaaten von Investmentfonds profilieren, die vor allem in den anderen Mitgliedstaaten vertrieben wurden869. Die gegenseitige »Anerkennung« von Investmentanteilen wurde inzwischen nicht nur auf Papiere aus den Mitgliedstaaten des   Vgl. Le Masson, Les Echos n°  16000 vom 23. Oktober 1991, S.  30.   Vgl. Le Billon/de Tricornot/Pouzin, L’expansion.com vom 2. Mai 1996. 863   Sec. 7(d) ICA = 15 U. S. C. §  8 0a-7(d). 864   Sec. 206 Investment Advisers Act = 15 U. S. C. §  8 0b-6. 865   Vgl. Hearn, 1982 Duke L. J. 167, 185–190. 866   Näher Note, 83 Harv. L. Rev. 404, 412–422 (1969); Kozusko/Vetter, 32 Vand. J. Transnat’l L. 675, 696 f. (1999). 867   Kozusko/Vetter, 32 Vand. J. Transnat’l L. 675, 697 f. (1999); Cunningham, 21 Va. Tax Rev. 387, 389 ff. (2002). 868   Richtlinie 85/611/EWG (oben Fn.  588) mit nachfolgenden Änderungen. 869   S. nur Zetzsche, ZBB 2007, 438, 453 f. 861

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C.  Investmentanteile

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Europäischen Wirtschaftsraums870 sowie einzelstaatlich auch auf weitere Länder871 ausgedehnt, sofern neben bestimmten inhaltlichen Anforderungen auch eine Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden gewährleistet ist, sondern wird nunmehr auch von einem »europäischen Pass« für Kapitalanlagegesellschaften872 und Hedgefondsmanager873 flankiert. Nach alldem ist davon auszugehen, dass innerhalb Europas die Vielzahl an Investmentanteilen, die jeweils unterschiedlichen, allerdings durch Richtlinienrecht harmonisierten Rechten unterliegen, weiter zunehmen wird.

V.  Zusammenfassung und Würdigung Prägend für die Typizität der Investmentanteile waren zunächst die unterschiedlichen Ausgangspunkte der Rechtsentwicklung. England und die U. S. A. konnten den Gedanken gemeinschaftlicher Kapitalanlage weitgehend bereits unter Nutzung bestehender Rechtsinstitute umsetzen. Zum einen bot sich die Figur des Trust für eine gebündelte Kapitalanlage unter einheitlicher Verwaltung geradezu an. Zum anderen gelang diesen Ländern auch der Übergang zum Gesellschaftstyp, was die vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten der Kapitalgesellschaft, insbesondere die Idee verschiedener Aktienklassen, für das Investmentwesen erschloss. Der Trust und – jedenfalls in den U. S. A. – die corporation erlaubten dann auch sogenannte open-end-Strukturen mit laufender Ausgabe und Rücknahme der Anteile. Die gesetzliche Erfassung des Investmentwesens in den U. S. A. und England setzte als Reaktion auf die Exzesse der 1920er Jahre ein und war dementsprechend darauf ausgerichtet, mithilfe einiger zwingender Vorgaben für Gestaltung und Vertrieb solche Übertreibungen in der Zukunft zu verhindern; für eine Vollregelung neben dem allgemeinen Trust- und Aktienrecht bestand hingegen keine Notwendigkeit. Lediglich für open-end-Strukturen des Gesellschaftstyps bedurfte es in England, wo die allgemeinen Regeln der corporation eine laufende Ausgabe und Rücknahme von Aktien nicht zuließen, positiver gesetzgeberischer Schöpfung. Demgegenüber stand in Frankreich und Deutschland der Trust nicht zur Verfügung; die Aktiengesellschaft mit ihrer feststehenden Binnenstruktur, ihrem fixen und nur mit einigem Aufwand zu veränderndem Kapital und nicht zuletzt ihrer steuerlichen Belastung bot sich selbst für Gestaltungen des closed-end Typs nicht an. Es war daher in diesen Ländern der Gesetzgeber, der zum einen durch Ab  Dazu näher Baur, Investmentgesetze II, vor §  1 AuslInvG Rn.  17 m.Nw.   S. inbes. England, wo collective investment schemes aus designated territories/countries gem. s. 87 Financial Services Act 1986 bzw. jetzt s. 270 Financial Services and Markets Act 2000 generell anerkannt werden können, was etwa für die UK class schemes unter dem Companies Act 1981 von Bermuda gilt; dazu Turner, International Funds, S.  201; Miller/Todd, (1995) 1(4) Trusts & Trustees 7, 10 f.; zu den Cayman Islands auch Bungert, 9 Touro Int’l L. Rev. 141, 171 f. (2001). 872   S. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Weißbuch für den Ausbau des Binnenmarktrahmens für Investmentfonds vom 15. November 2006, KOM(2006), 686, sub 1.4 (S.  9); Art.  16–21 Richtlinie 2009/65/EG (oben Fn.  594). 873   S. Art.  6 Abs.  1 der AIFM-Richtlinie (oben Fn.  797). 870 871

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Kapitel 11:  Wertpapiere des Kapitalmarkts

schaffung der gesellschaftsrechtlichen und steuerlichen Hindernisse die Investmentaktiengesellschaft zuließ, zum anderen mit der Kombination aus Kapitalanlagegesellschaft und Sondervermögen bzw. gérant und fonds commun de placement eine neuartige, dem Trust nachempfundene Vollregelung mit Wertpapieren eigener Art schuf, und in diesem Zusammenhang zahlreiche weitere Aspekte der Tätigkeit – wie etwa die Anlagestrategie solcher Gestaltungen – mitregelte. Insofern, als außerhalb dieser gesetzlichen Regelungen das Investmentgeschäft praktisch nicht betrieben werden konnte, kann man hier von einem Typenzwang sprechen. Beschränkte sich das Investmentgeschäft zunächst auf die gemeinsame Kapitalanlage in Wertpapieren, so dehnte es sich in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts auf immer neue Vermögenswerte aus und entwickelte teilweise eigene, angepasste Strukturen und Strategien; exemplarisch für diese Entwicklung stehen Immobilien-, Geldmarkt- und Hedgefonds. Bemerkenswert ist auch die Rückkehr der Anteilsklassen in den U. S. A., die nach den Missbräuchen der 1920er Jahre zunächst geächtet waren, und ihre großzügige Zulassung auch in den anderen Ländern. Die Internationalisierung des Markts für Investmentanteile ist bislang vor allem in Europa fortgeschritten, in den U. S. A. stehen dem Eindringen ausländischer Anteile große Hürden entgegen. In Europa ging mit der Internationalisierung zwar eine Fixierung gewisser Mindeststandards einher; dennoch bestehen in wichtigen Einzelfragen bedeutsame Unterschiede. Daher hat die europäische Offenheit für ausländische Strukturen zur Folge, dass auch auf den nationalen Märkten eine Vielzahl durchaus unterschiedlicher Papiere angeboten wird, was wiederum eine nicht zu unterschätzende Reduzierung von Typizität bedeutet.

Kapitel 12

Ergebnisse und Zusammenhänge Die nähere Betrachtung der wichtigsten Wertpapiere unter dem Aspekt der Typizität lässt erkennen, dass – verglichen mit dem Sachenrecht – auf diesem Gebiet durchaus eine stärkere Neigung zu ausgeprägten Positionierungen besteht, die in begrenzten Bereichen bis hin zu Extremlösungen geht. Dabei verläuft einmal mehr eine merkliche, aber gleichzeitig immer unschärfere Grenze entlang der Trennlinie zwischen den Rechtsfamilien des Civil Law und des Common Law. Nicht zu übersehen ist weiter, dass die Wertpapiere des Kapitalmarkts aus der ansonsten auch hier sichtbaren, grundsätzlichen Entwicklung hin zu mehr Typizität ausscheren. Abgesehen von diesem Bruch sind aber auch im Wertpapierrecht Regelmäßigkeiten der Entwicklung gegeben, die Grundlage weiterer Überlegungen sein können.

A.  Stärkere Neigung zu ausgeprägten Positionierungen Schon auf den ersten Blick fällt ins Auge, dass sich die hier untersuchten Wertpapiere in der Frage der Typizität durchaus deutlich und dabei keineswegs einheitlich positioniert haben. Eine besonders stark ausgeprägte Typizität kennzeichnet die Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs. In seiner langen Geschichte hat der kaufmännische Wechsel schon früh ein stark vereinheitlichtes Erscheinungsbild entwickelt, den deutschen Partikularismus erster typisierender Kodifikationen überwunden und die Idee eines einheitlichen Kreditpapiers mit Erfolg in die Zeit der Herausbildung nationaler Rechtsräume hinübergetragen. Der Scheck als dem Wechsel verwandtes, auf die Zahlungsfunktion beschränktes Wertpapier hat nach teils zögerlichem Start ebenfalls bald ein hohes Maß an rechtlicher Einheitlichkeit erreicht . Dass die internationale Rechtsvereinheitlichung gerade auf diesem Gebiet mit den beiden Genfer Abkommen einerseits, der Vorbildwirkung des Bills of Exchange Act für die Länder des Common Law andererseits beachtliche Früchte getragen hat , rundet das Bild hoher Typizität ab. Allerdings ist selbst bei Wechsel und Scheck eine

  Näher Kapitel 9 A II.   Näher Kapitel 9 B I–III.    Näher Kapitel 9 A III, B IV.  

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

gewisse Dynamik in der Entwicklung sowie ein begrenzter Bereich individueller Gestaltbarkeit gegeben. Deutliche Typizität ist auch bei den Wertpapieren des Warenverkehrs zu beobachten  . Schon ihr Grundgedanke, die papiermäßige Vertretung der Ware samt eventueller Ersatzansprüche gegen den Beförderer oder Lagerhalter im Handel, lässt keine allzu große Varianz zu. Der Kreis möglicher Gestaltungen, die individuell ausgehandelt werden könnten, ist zwar nicht gänzlich geschlossen, aber doch vom Zweck des Wertpapiers her stark vorgeprägt. Gerade die Traditionswirkung war ohne typisierende gesetzliche Regelung schwer sicherzustellen. Auch Grundentscheidungen zur Haftungsobergrenze und zur Haftungsfreizeichnung verlangen einerseits ein in seinen Umrissen typisiertes Papier, typisieren andererseits den mit diesem verbundenen Inhalt weiter. Innerhalb dieser Grenzen war aber stets gewisser Raum für individuelle Gestaltung. Zudem haben Gesetzgeber und Rechtsprechung die Haftungsregelungen über die Zeit nicht unverändert gelassen. Mit zunehmender Internationalisierung des Warenverkehrs kam auch hier ein Bedürfnis nach länderübergreifend vereinheitlichten Regeln auf, das bislang mit unterschiedlichem Erfolg zur Geltung internationaler Verträge oder diesen folgenden nationalen Regeln geführt hat; eine dahingehende Tendenz scheint aber durchaus anzuhalten . Auffallend geringe Typizität zeichnet demgegenüber die Wertpapiere des Kapitalmarkts aus, wobei hier noch einige Segmente mit höherer Typizität solchen gegenüberstehen, in denen es über die einzelne Emission hinaus kaum noch verlässliche Gemeinsamkeiten gibt. Zwar hat sich zunächst überall die Trennung zwischen der Aktie als Verkörperung eines Eigenkapitalanteils ohne persönliche Haftungsfolge und der Schuldverschreibung als Verbriefung von Fremdkapital herausgebildet. Es blieb aber nicht dabei, dass das Eigenkapital einer Aktiengesellschaft zu gleichen Anteilen in eine einzige Gattung von Aktien identischer Ausstattung zerlegt ist, die Schuldverschreibung stets volle Kapitalrückzahlung zuzüglich eines festen Zinses verspricht. Solche »klassischen« Papiere machen zwar bis heute einen Gutteil aller Emissionen aus. Daneben finden sich aber in wachsendem Maße sowohl bei der Aktie als auch der Schuldverschreibung vielfältige Unterarten, die ihrerseits mehr oder weniger typisiert sein können. Aktiengesellschaften geben häufig neben den Stammaktien noch Vorzugsaktien aus, deren Vorzüge wieder die unterschiedlichsten Formen annehmen können; keineswegs muss es dabei bei zwei Aktienklassen bleiben. Eine starke Annäherung an die Schuldverschreibung sind stimmrechtslose Vorzugsaktien, die aus den Erträgen eine be   S. z. B. Art.  11 Abs.  2 WG (Wechsel »nicht an Order«); Art.  39 ScheckG (Verrechnungsscheck).    Näher Kapitel 10.    Näher Kapitel 10 A IV 1, 2, B II.    Näher Kapitel 11 A II 3, III 3, IV 1, V 2.    Näher Kapitel 11 B IV.    Näher Kapitel 11 A II 4, III 4, IV 2, V 1, 2.

B.  Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law

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stimmte Dividende fest – und damit in zinsähnlicher Weise – versprechen, aus dem Liquidationserlös bevorzugt befriedigt werden und vielleicht sogar an die Gesellschaft zurückgegeben werden können; je geringer das Verhältnis der zusammengenommenen Rechte dieser Vorzugsaktien zu den übrigen Aktien ist und je weniger Fremdkapital aussteht, desto mehr stellen sie ihren Inhaber wie einen Schuldverschreibungsgläubiger. Schuldverschreibungen können im Gegenzug aktienähnlich ausgestaltet sein und Mitspracherechte sowie eine Beteiligung am Unternehmenserfolg vorsehen; darüber hinaus können sie als Wandel- oder Optionsanleihe ein Recht zum Aktienerwerb beinhalten. Unter diesen »hybriden« Papieren sind die Wandel- und Optionsanleihen mit ihrer längeren Tradition noch am ehesten typisiert; ansonsten ist der Gestaltungsspielraum für eine Veränderung der Schuldverschreibung hin zur Aktie kaum noch eingeschränkt10 . Ganz neben diese Abwandlungen treten diejenigen Schuldverschreibungen, die ein an externen Ereignissen anknüpfendes derivatives Element beinhalten, ein solches Ergebnis durch den Einsatz von Verbriefungsstrukturen erreichen oder verschiedene derartige Elemente kombinieren. Diesen Papieren fehlt es nahezu an jeglicher Typizität; allein durch die Herausbildung von Marktsegmenten mit gewissen – meist aber ungeschriebenen – Gemeinsamkeiten kommt es auch hier teilweise noch zu einer gewissen Typisierung11. Immerhin im Ansatz typisiert zeigt sich das Recht der Investmentanteile. Selbst dort, wo eine »konstitutive« gesetzliche Regelung bestimmte Investmentgestaltungen überhaupt erst möglich gemacht hat, ist mittlerweile zwar viel Raum für individuelle Gestaltung, etwa bei der Ausstattung verschiedener Anteilsklassen oder Auswahl der Anlagegegenstände12 . Recht deutlich erkennbar sind jedoch noch einzelne Marktsegmente, innerhalb derer dann mehr oder weniger Typizität begegnet. Zu den stärker typisierten Formen wird man neben traditionellen Aktien- und Rentenfonds heute auch die Geldmarktfonds zählen dürfen. Bei diesen stellen sich nicht nur Anlagegegenstände und Anlagestrategie vergleichsweise einheitlich dar, sondern regelmäßig auch die Investmentanteile selbst. Demgegenüber kennen etwa die Hedgefonds bei relativ einheitlicher, gewinnabhängiger Vergütungsstruktur kaum noch Beschränkungen auf Aktiv- wie Passivseite13 , was zumindest mittelbar auch auf die ausgegebenen Anteile durchschlägt und diese kaum noch typisiert erscheinen lässt.

B.  Unterschiede zwischen Civil Law und Common Law Innerhalb der eben skizzierten, groben Verortung der verschiedenen Wertpapiere ist wiederum zu beobachten, dass der Typizität im Wertpapierrecht der kontinen  Näher Kapitel 11 B V 1, 2, 5.   Näher Kapitel 11 B 6. 12   Näher Kapitel 11 C III 2. 13   Näher Kapitel 11 C II 2 c, III 2 c. 10 11

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

taleuropäischen Staaten des Civil Law traditionellerweise ein höherer Stellenwert zukommt, als dies für England und die U. S. A. als klassischen Common LawStaaten gilt. So hat sich – um ein besonders plastisches Beispiel zu nennen – auf dem Kontinent der Wechsel von Anfang an als eigenständiges Wertpapier mit klaren Konturen entwickelt; Wechselordnungen gehören zu den frühen Errungenschaften der Handelsgesetzgebung14 . Dass die Allgemeine Deutsche Wechselordnung dem deutschen Nationalstaat voranging15 , ist ebenso bezeichnend wie die Tatsache, dass den Ländern des Civil Law eine Vereinheitlichung des Wechselrechts und später auch des Scheckrechts gelang16 . In England und den U. S. A. hingegen traten Wechsel und Scheck zunächst nicht deutlich als eigenständige Institute hervor, sondern waren Handelspapiere neben anderen; auch die englische Kodifizierung des Jahres 1882 schuf ein im Vergleich zum Kontinent weniger strenges und formales Wechselrecht17. Ähnliches gilt auch für die Wertpapiere des Warenverkehrs, die etwa das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch noch vor der nationalen Einigung vereinheitlichte18 . Auf dem Gebiet der Wertpapiere des Kapitalmarkts trennt das Civil Law bis heute im gedanklichen Ansatz strenger zwischen der Aktie als Eigenkapital- und der Schuldverschreibung als Fremdkapitaltitel, was eine gewisse Zurückhaltung dieser Länder gegenüber »hybriden« Instrumenten erklärt; selbst die völlige Freigabe jeglicher Zwischenstufen durch den französischen Gesetzgeber unterliegt der Einschränkung, dass eine Umwandlung von Eigenkapital in Fremdkapital nicht vorgesehen werden kann19. Viele typizitätsverringernde Neuerungen bedurften in Frankreich und Deutschland der Sanktionierung durch den Gesetzgeber, der nicht selten eine intensive rechtsvergleichende und rechtspolitische Diskussion vorherging; kam es dann zur gesetzlichen Einführung eines neuen Instituts, schuf der Gesetzgeber zugleich auch einen gewissen rechtlichen Rahmen. Besonders deutlich wird die typizitätsfördernde Abhängigkeit aller Neuerungen von konstitutiver gesetzlicher Anerkennung im Investmentrecht, wo man aus der ursprünglich sehr präzisen gesetzlichen Zulassung bestimmter Gestaltungen in Deutschland gar auf einen Typenzwang geschlossen hat20 . Hintergrund dieser unterschiedlichen Wertschätzung von Typizität ist gewiss auch hier zunächst der unterschiedliche Stil juristischen Denkens. Den um strenge und logische Begrifflichkeit bemühten Gesetzen des Kontinents entspricht eine abstrakte, genau umgrenzte Festlegung der Charakteristika eines Wertpapiers eher als einer erst im Nachhinein über die Wirksamkeit entscheidenden Rechtsprechung und einer Gesetzgebung, die vielfach nur »von außen kommend«, dann aber bis ins Kleinste reguliert, um einzelnen Missständen zu begegnen. Auf allge  Näher Kapitel 9 A II 1 a.   Näher Kapitel 9 II 1 b, c. 16   S. wiederum Kapitel 9 A III, B IV. 17   Näher Kapitel 9 A II 3, 4. 18   Näher Kapitel 10 A III 2 a. 19   Art. L 228-91 Abs.  5 Code de commerce 2000; zuvor Art.  339-1 Abs.  4 der Loi n°  66-537 i.  d.  F. der Loi n°  85-1321; dazu oben Kapitel 11 A II 5. 20   Dazu Kapitel 11 C I 2, 4, V. 14

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C.  Bedeutenderes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte

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meiner Ebene drückt sich darin wieder das stärkere Gewicht aus, das im Common Law der Eigenverantwortung zukommt, weshalb gleichzeitig auch die einzelfallbezogene Information als Grundlage eigener Entscheidung besonderen Schutz erfährt.

C.  Bedeutenderes Störpotential grenzüberschreitender Sachverhalte Ebenso wie auf dem Gebiet des Sachenrechts grenzüberschreitende Sachverhalte die innerstaatliche Typizität dann störten, wenn eine von einem ausländischen dinglichen Recht erfasste Sache ins Inland kam, kann im Wertpapierrecht eine Störung darin bestehen, dass ein im Ausland emittiertes Papier mit dementsprechend abweichendem Inhalt ins Inland gelangt.

I.  Inhaltliche Beständigkeit der Wertpapiere Eine Störung inländischer Typizität kann nur eintreten, wenn das im Ausland emittierte Wertpapier auch im Inland seinen »fremden« Inhalt beibehält, der Grenzübertritt also keinen Einfluss auf das anzuwendende Recht hat. Dies ist nun aber gerade der Regelfall, kann es doch eigentlich nicht sein, dass dem Wertpapierinhaber allein deshalb mehr, weniger oder anderes zusteht, weil das Wertpapier in den Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung verbracht wurde. Verbrieft ein Wertpapier nach dem zum Zeitpunkt seiner Entstehung maßgeblichen Recht beispielsweise eine bestimmte Geldforderung, wie dies bei Wechsel und Scheck, aber auch der Schuldverschreibung der Fall ist, so ändert sich dadurch, dass das Papier in ein anderes Land gelangt, normalerweise nichts an Höhe und Fälligkeit dieser Geldforderung21 ; verbrieft das Wertpapier wie die Aktie Mitgliedschaftsrechte, so können diese auch weiterhin in gerade dem Umfang geltend gemacht werden, den das Gesellschaftsstatut des Verbands vorsieht. Anders als im Sachenrecht 22 ist auch ein »gutgläubiger Erwerb« oder eine »Ersitzung« mit der Folge, dass fremde Rechte untergehen und sich so der Inhalt des Papiers ändert, nicht möglich, da der Inhalt des verbrieften Rechts nicht der lex rei sitae unter­ liegt.

II.  Tatsächliche Mobilität und mittelbare Einschränkungen Wertpapiere lassen sich nun, sofern es sich um effektive Stücke handelt, ohne größere Schwierigkeiten in einen anderen Staat verbringen als denjenigen, unter dessen Recht sie begeben wurden; auch sofern es sich um nur kontenmäßig verbuchte Positionen handelt, muss die Übertragung in Form der Umschreibung nicht an   Vgl. etwa für den Wechsel Art.  91 ff. WG.   Näher Kapitel 8 C.

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

politischen Grenzen haltmachen. Diese tatsächliche Mobilität hat allerdings praktisch nur dann ein ins Gewicht fallendes Eindringen fremder Wertpapiere in den Geltungsbereich einer anderen Rechtsordnung zur Folge, wenn dem auch von rechtlicher Seite keine unmittelbaren oder mittelbaren Hindernisse entgegenstehen. Unmittelbare außenwirtschaftsrechtliche Beschränkungen wie ein Verbot für Inländer, ausländische Papiere zu erwerben, oder eine Bestimmung, die ausländischen Inhabern die Geltendmachung der Rechte untersagt, sind zwar denkbar, heute aber selten. Gewichtiger sind mittelbare Beschränkungen, die etwa den öffentlichen Vertrieb eines ausländischen Papiers an bestimmte inhaltliche Voraussetzungen knüpfen oder untersagen, den Handel nur unter Zuhilfenahme eines einheimischen »Stellvertreters« zulassen oder durch eine unvorteilhafte Besteuerung der aus dem Wertpapier fließenden Rechte seinen Erwerb unattraktiv machen. Diese früher häufigen Beschränkungen sind innerhalb Europas aufgrund der europarechtlichen Kapitalverkehrsfreiheit in weitem Umfang abgebaut worden, was sich besonders gut am »europäischen Pass« für Investmentanteile23 sehen lässt. Eher zugeknöpft geben sich demgegenüber die U. S. A., soweit sie ausländische Aktien in die Form der American Depositary Receipts zwingen 24 und ausländische Investmentanteile weitgehend prohibitiv besteuern 25 .

III.  Internationale Rechtsvereinheitlichung Internationale Rechtsvereinheitlichung war auf dem Gebiet der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs überaus erfolgreich, hat allerdings England, die U. S. A. und die übrigen Länder des Common Law nicht einzubeziehen vermocht. Diese bilden ihrerseits eine recht homogene Gruppe, ohne dass es sich dabei jedoch um wirkliches Einheitsrecht handelt 26 . Auf dem Gebiet der Wertpapiere des Warenverkehrs gelten einige wichtige, auch England und die U. S. A. erfassende internationale Übereinkommen, um weitere Übereinkommen wird – insbesondere beim multimodalen Transport – gerungen 27. Bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts fehlt hingegen internationale Rechtsvereinheitlichung weitestgehend; innerhalb Europas ist vor allem das Investmentrecht harmonisiert 28 . Für Aktie und Schuldverschreibung ist allerdings angesichts der immer geringeren typisierenden Vorgaben schon der nationalen Rechte kaum erkennbar, inwieweit Raum für eine typizitätsfördernde Vereinheitlichung bliebe; für die Investmentanteile wird es darauf ankommen, wie die künftige Regulierung von Hedgefonds ausfällt.

  Dazu Kapitel 11 C IV 2.   Näher Kapitel 11 A VI 1 b. 25   Näher Kapitel 11 C IV 1. 26   S. einmal mehr Kapitel 9 A III, B IV. 27   Näher Kapitel 10 A IV, B II, III. 28   S. nochmals Kapitel 11 C IV 2. 23 24

E.  Typizität und Publizität

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D.  Gebrochene Tendenz zunehmender Typizität Anders als im Sachenrecht, wo trotz aller Abweichungen und nationalen Unterschiede doch eine den verschiedenen Sachenrechten gemeinsame Tendenz zunehmender Typizität deutlich zutage tritt 29, lässt sich im Wertpapierrecht nur für die Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie die Wertpapiere des Warenverkehrs eine solche Tendenz deutlich ausmachen 30 : Der Wechsel bildete sich als einheitlicher Handelsbrauch, suchte dann die Rechtssicherheit nationalstaatlicher Kodifikationen und erreichte mit staatlicher Hilfe schließlich internationale Einheitlichkeit oder doch jedenfalls Harmonisierung, wenn auch in Form zweier großer Systeme; der Scheck fasste auf dem Kontinent erst Fuß, als er einheitlichen gesetzlichen Regeln unterstand, und entspricht mittlerweile genauso überall einem von zwei international verbreiteten Grundmustern; die Warenverkehrspapiere fanden ebenfalls schon Eingang in frühe handelsrechtliche Kodifikationen, sind heute in wichtigen Bereichen international harmonisiert und drängen nach weiterer Vereinheitlichung. Bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts sind hingegen – nach anfänglicher Herausbildung der Formen der Aktie und der Schuldverschreibung und einer durch beschränkende oder konstitutive Gesetze erreichten Typisierung der Investmentanteile – die letzten Jahrzehnte von abnehmender Typizität geprägt 31 : Zu den klassischen Modellen der Aktie und der Schuldverschreibung sind immer neue Produkte getreten, die sich zwar auf die Grundformen zurückführen lassen 32 , diese aber teilweise ganz erheblich abwandeln; bei den Investmentanteilen wurden in den beschränkenden Gesetzen zwingende Vorgaben abgebaut, in den konstitutiven Gesetzen Möglichkeiten erweitert. Einzelne Teilbereiche haben zwar wieder zu einer gewissen Einheitlichkeit gefunden. Neben diesen stehen aber Bereiche ohne jede verlässliche Typizität.

E.  Typizität und Publizität Ähnlich wie im Sachenrecht, könnte auch im Wertpapierrecht eine Beziehung zwischen Typizität und Publizität bestehen. Der im Zusammenhang mit den Wertpapieren des Kapitalmarkts üblicherweise verwendete Publizitätsbegriff ist allerdings ein anderer als derjenige des Sachenrechts: Während sich sachenrechtliche Publizität auf die dingliche Rechtslage eines Gegenstands bezieht, wird unter kapitalmarktrechtlicher Publizität eine umfassende Bekanntgabe solcher Umstän-

  Zusammenfassend Kapitel 8 D.   Zusammenfassend Kapitel 9 A IV, B VI, Kapitel 10 A V, B IV, C III. 31   Zusammenfassend Kapitel 11 A VII, B VII, C V. 32   Dagegen neuerdings Lehmann, Finanzinstrumente, S.  98–100, 110–115, 128–132, 139, 144– 146 (vgl. schon oben Kapitel 11 Fn.  532 f.). 29

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

de verstanden, die für den Wert des jeweiligen Papiers erheblich sind33 . Hierunter müsste zwar auch die rechtliche Ausgestaltung des Papiers fallen. Nach dem herkömmlichen Verständnis kapitalmarktrechtlicher Publizität sind deren Gegenstand jedoch hauptsächlich Ereignisse und Umstände, die für das emittierende Unternehmen von Bedeutung sind. Wenn in der vorliegenden Arbeit von wertpapierrechtlicher Publizität die Rede ist, soll damit nicht die umfassende kapitalmarktrechtliche Publizität gemeint sein, sondern in Parallele zum sachenrechtlichen Publizitätsbegriff die Publizität der rechtlichen Ausstattung des jeweiligen Papiers.

I.  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs Bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sind Typizität und Publizität jeweils klar voneinander abgegrenzte Bereiche zugewiesen. Die besonderen rechtlichen Wirkungen dieser Papiere können im Grundsatz einzig und allein dann erreicht werden, wenn sich die Parteien voll dem entsprechenden Rechtsregime unterstellen. Diese Entscheidung ist sodann in festgelegter Art und Weise auf dem Papier, das hier als einziger Publizitätsträger in Betracht kommt, publik zu machen. Augenscheinlich ist dies dort, wo die Bezeichnung als Wechsel oder Scheck in das Papier aufgenommen werden muss34 ; Publizität sichert aber auch die Anforderung, das Papier dürfe nur eine unbedingte Anweisung zur Zahlung einer bestimmten Geldsumme und keine Zusätze enthalten 35 . Weitere Gegenstände, ohne deren Fixierung das Papier nicht funktionsfähig wäre, müssen ebenfalls aufgenommen werden 36 und unterliegen so gleichermaßen der Publizität. Dann und nur dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, gilt das vom Gesetz vorge­ gebene, typisierte Rechtsregime. Es ist nicht möglich, durch Publizität allein dieselben Wirkungen hervorzurufen. Die Parteien können also nicht ein beliebiges Papier mit wechselähnlichem Regress oder Einwendungsausschluss ausstatten, indem sie dies durch Aufnahme in das Papier publik machen. Lediglich für bestimmte Fragen bleibt den Parteien die Möglichkeit, mithilfe publik gemachter Angaben den rechtlichen Inhalt des Papiers weiter zu gestalten 37. Publizität ist hier also in erster Linie eine Voraussetzung dafür, dass das typisierte Rechtsregime überhaupt zur Anwendung kommt; lediglich insoweit, als sich die Typizität dann explizit zurücknimmt, haben die Parteien bei Wahrung von Publizität einen Gestaltungsspielraum. So kann der rechtliche Inhalt eines Wechsels oder Schecks von   Vgl. Merkt, Unternehmenspublizität, S.  21 ff.   Z. B. Art.  1 Nr.  1 WG, Art.  1 Nr.  1 ScheckG. 35   S.  3 Bills of Exchange Act 1882. 36   Z. B. Art.  1 Nr.  2–8, Art.  2 WG, Art.  1 Nr.  2–6, Art.  2 ScheckG; s. 3(1), 6(1) Bills of Exchange Act 1882. 37   Z. B. Art.  5 WG (Zinsen); Art.  11 Abs.  2 WG, Art.  14 Abs.  2 ScheckG (»nicht an Order«); Art.  22 (Vorlegungsge- und verbot); Art.  39 ScheckG (Verrechnungsscheck); s. 8(3) – (5) (negotiability), 16 (optional stipulations) Bills of Exchange Act 1882. 33

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E.  Typizität und Publizität

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jedermann mithilfe der typisierenden Kodifikation und der auf dem Papier selbst enthaltenen Angaben vollständig ermittelt werden. Ähnlich ist das Zusammenspiel von Typizität und Publizität bei den Wertpapieren des Warenverkehrs. Die genaue Bezeichnung muss hier regelmäßig nicht auf dem Papier selbst enthalten sein, wird in der Praxis allerdings typischerweise verwandt werden; ansonsten muss sich die Rechtsnatur des Papiers aus den Umständen ergeben. Einen zwingend vorgeschriebenen Mindestinhalt haben diese Papiere ebenfalls nur zum Teil38 ; aus dem Papier muss sich aber all das ergeben, was für seine Funktionsfähigkeit notwendig ist39. Abweichungen von der gesetzlichen Regelung bedürfen auch hier, soweit sie überhaupt zulässig sind, regelmäßig der Aufnahme in das Papier40 . Bestimmte weitere Inhalte des Papiers können zudem einen prima facie-Beweis41 oder inter partes eine Vermutung begründen, die gegenüber einem gutgläubigen Erwerber unwiderleglich ist42 , wobei der gute Glaube – wie auch für den Sacherwerb kraft der Traditionswirkung des Papiers und die Wirksamkeitseinwendungen43 – nicht nur durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Papier selbst zerstört werden kann, sondern durch jegliche Art der Kenntnis oder grobfahrlässigen Unkenntnis. Ansonsten kann der Schuldner dem legitimierten Besitzer des Papiers unter deutschem Recht gem. §  364 HGB nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die »Gültigkeit seiner Erklärung in der Urkunde« betreffen44 , sich aus der Urkunde ergeben oder unmittelbar aus dem Verhältnis zwischen Schuldner und Besitzer folgen45 . Insgesamt lässt sich mithin auch bei den Warenverkehrspapieren deren rechtlicher Inhalt aus dem Papier und der gesetzlichen Regelung entnehmen.

II.  Wertpapiere des Kapitalmarkts Vielschichtiger stellt sich das Verhältnis von Typizität und Publizität bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts dar. Im Ausgangspunkt gilt zunächst, dass bei Aktien neben der einzelnen Urkunde selbst stets auch noch die Gesellschaftsverträge herangezogen werden müssen, soll der genaue Inhalt der Aktionärsrechte ermittelt 38   Vgl. unter deutschem Recht einerseits §  6 43 HGB (Inhalt des Konnossements), andererseits §  444 Abs.  1, 2 HGB (Ladeschein). 39   Vgl. Herber, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  444 Rn.  26 f. 40   Vgl. für das Konnossement oben Kapitel 10 A II 2, 3, IV. 41   Für das Konnossement unter U. S.-amerikanischem Recht §  193 Harter Act, dazu oben Kapitel 10 A II 4. 42   Vgl. für den Ladeschein z. B. §  444 Abs.  3 HGB (oben Kapitel 10 B I 1), für das Konnossement z. B. Art.  16 Abs.  3 Hamburg Rules (oben Kapitel 10 A IV 3) sowie §  656 Abs.  2, 3 HGB. 43   Art.  10, 16 Abs.  2 WG; vgl. Langenbucher, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  364 Rn.  40. 44   Zur Problematik Langenbucher, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  364 Rn.  24, 31 ff. 45   Gegenüber späteren Erwerbern des Papiers wirken solche Einwendungen nur, wenn diese späteren Erwerber bewusst zum Nachteil des Schuldners handeln (Art.  17 WG, Art.  26 ScheckG analog; dazu Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, §  364 Rn.  3; Langenbucher, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  364 Rn.  46 f.).

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

werden. So lassen sich etwa schon die Gewinnbeteiligung und das Stimmgewicht nur feststellen, wenn im Falle der Nennbetragsaktie die Höhe des Grundkapitals, im Falle der Stückaktie die Zahl der emittierten Stücke bekannt ist 46 , wobei die Satzung auch Abweichendes bestimmen kann47, ohne dass dies auf der Aktie vermerkt sein müsste. In Deutschland stellt insoweit immerhin das Handelsregister Publizität her, da die Gründungssatzung ebenso wie alle späteren Änderungen zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden sind, wobei jeweils der vollständige Wortlaut der Satzung beizufügen ist und eine Änderung erst nach Eintragung in das Handelsregister wirksam wird48 . Ähnlich ist die Lage auch bei den Investmentanteilen. Wo es sich um Aktien handelt, kann ohnehin nichts anderes gelten; bei den vom Gesetzgeber erst geschaffenen Investmentanteilen des Vertragstyps sind stets die Vertragsbedingungen zu konsultieren, die nicht vollständig in den einzelnen Anteilsschein aufgenommen werden müssen, aber dem am Erwerb eines Anteils Interessierten sowie dem Anleger zur Verfügung zu stellen sind49 und deren Änderungen veröffentlicht werden müssen50 . Die Schuldverschreibung muss hingegen als solche die Rechte des Gläubigers vollständig umschreiben; bei der Inhaberschuldverschreibung kann der Aussteller dem Inhaber nur solche Einwendungen entgegensetzen, die die Gültigkeit der Ausstellung betreffen, sich aus der Urkunde ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen 51. Mit Ausnahme der Schuldverschreibung wird rechtliche Publizität also bei den Kapitalmarktpapieren jedenfalls nicht mithilfe der Urkunde selbst gesichert. Allerdings werden heute ohnehin kaum noch effektive Stücke hergestellt und gehandelt, sondern Berechtigungen vielmehr nur noch verbucht52 . Durch die Urkunde selbst vermittelte Publizität ist in einem solchen System bedeutungslos. Insofern ist der Rückgriff auf andere Informationsquellen, wie etwa die Satzung einer Aktiengesellschaft oder die Vertragsbedingungen eines Investmentfonds, der einzig gangbare Weg. Für Wertpapiere, die öffentlich angeboten werden oder zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen werden sollen, gilt zudem grundsätzlich die Verkaufsprospektpflicht, die dann auch Schuldverschreibungen erfasst53 . Dass sich die Informationen, die den Marktteilnehmern zur Verfügung zu stellen sind, auch auf die rechtlichen Eigenschaften der emittierten Papiere erstrecken, kann den einschlägigen Regelungen unmittelbar entnommen werden 54 . An46   Für Deutschland §  60 Abs.  1 i. V. m. §  8 Abs.  4 AktG (Gewinnverteilung); §  134 Abs.  1 Satz 1 AktG (Stimmrecht). 47   Für Deutschland §  60 Abs.  3 AktG (Gewinnverteilung), §  134 Abs.  1 Satz 2–5 AktG. 48   §§  36 Abs.  1, 37 Abs.  4 Nr.  1, 41 Abs.  1 Satz 1, 181 AktG. 49   Vgl. für Deutschland §  121 Abs.  1 Sätze 2, 4 InvG. 50   Für Deutschland §  43 Abs.  5 InvG. 51   Für Deutschland §  796 BGB; zur Problematik des Einwendungsausschlusses Habersack, in: Münchener Kommentar zum BGB, §  796 Rn.  2 f f. 52   S. nur Einsele, Wertpapierrecht als Schuldrecht, passim; Lehmann, Finanzinstrumente, S.  20–53. 53   Für Deutschland §§  42, 90j, 90p, 117 InvG; §§  1 f f., insbes. §  2 Nr.  1 lit.  b WpPG. 54   S. nur §  5 Abs.  1 Satz 1 WpPG (».  .  . sämtliche Angaben, die im Hinblick auf den Emittenten und die .  .  . Wertpapiere notwendig sind, um dem Publikum ein zutreffendes Urteil .  .  . über die mit

F.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen

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gestrebt wird ersichtlich die vollständige Information des Publikums; lediglich insoweit, als eine Information nicht »notwendig« ist, kann ihre Aufnahme in den Wertpapierprospekt unterbleiben. Bei einem stärker typisierten Papier mag in diesem Sinne weniger Information »notwendig« sein, bei einem schwächer typisierten Papier dementsprechend mehr Information. Damit stehen hier Publizität und Typizität in einer Wechselbeziehung, in der allerdings die Typizität eine untergeordnete Rolle spielt, ist sie doch nur ein Faktor, der bei der Bestimmung des notwendigen Maßes an Publizität berücksichtigt werden muss. Da diese Publizität nicht aus dem Inhalt des Papiers selbst folgt, sondern aus eigenständigen, externen Quellen, die Veränderungen unterliegen können, ist das Vertrauen auf die so gewonnene Information nicht durch Gutglaubensregeln, sondern lediglich durch Schadensersatzansprüche gegen die Prospektverantwortlichen geschützt. Denn anderenfalls müsste der rechtliche Inhalt des Papiers mithilfe der jeweils aktuellen externen, in ihrer Beständigkeit nur unzureichend gesicherten Quellen ermittelt werden und wäre so zumindest potentiell jederzeitigen und weitgehenden Veränderungen ausgesetzt.

F.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen Keineswegs selten, insgesamt aber doch vereinzelt geblieben ist auf dem Gebiet des Wertpapierrechts eine Missbilligung bestimmter Gestaltungen, die durch deren Ausschluss zu einer Steigerung der Typizität führt. Bei Wechsel und Scheck beruht die erreichte Typizität nicht oder jedenfalls nicht primär darauf, dass bestimmte Gestaltungen missbilligt würden. Vielmehr stand der Aspekt einer nationalen und später internationalen Vereinheitlichung ganz im Vordergrund. Lediglich einzelnen Vorgaben kann eine Missbilligung alternativer Möglichkeiten entnommen werden. Die frühere Regel, wonach ein Wechsel an einem anderen Ort einlösbar sein musste, beruhte auf der damaligen Missbilligung des Zinsnehmens55 . Auf einer Missbilligung alternativer Gestaltungen beruht wohl auch die bis heute geltende kontinentaleuropäische Vorgabe, dass ein Scheck nur auf einen Bankier gezogen werden darf, bei dem der Aussteller ein Guthaben hat56 : Auf beliebige andere Personen gezogene Schecks oder Schecks, die nicht durch ein Guthaben gedeckt sind, wurden offensichtlich als zu gefährlich für den Verkehr angesehen. Interessanterweise hat allerdings die Missachtung dieser Vordiesen Wertpapieren verbundenen Rechte zu ermöglichen«); s. a. Art.  17 Abs.  2, 18 Abs.  2 (»alle Einrichtungen und Informationen, die die [Anleger] zur Ausübung ihrer Rechte benötigen«) Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, ABl.  Nr. L 390 vom 31. Dezember 2004, S.  38–57. 55   Näher Kapitel 9 A I 1. 56   Für Deutschland Art.  3 Satz 1 ScheckG.

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

gaben keinen Einfluss auf die Gültigkeit der Urkunde als Scheck 57. Ähnlich stellt sich die Situation bei den Wertpapieren des Warenverkehrs dar. Bestimmten Klauseln, wie etwa den zwingenden Haftungsregelungen, kann eindeutig eine Missbilligung abweichender Gestaltungen entnommen werden58 . Die Traditionswirkung der Papierübergabe hingegen beruht sicher nicht darauf, dass Urkunden ohne eine solche Funktion missbilligt würden. Die geringe Bedeutung ausdrücklicher Missbilligung einzelner Gestaltungen dürfte auch mit der klaren Zweckgebundenheit dieser Papiere zusammenhängen, die wiederum den Gestaltungsspielraum ganz selbstverständlich begrenzt: Ein Kreditgeschäft muss eben dem einen Teil einen Zahlungsaufschub gewähren, dem anderen Teil nach Ablauf der vereinbarten Zeit aber die Kapitalsumme zukommen lassen; ein an Zahlungs Statt hingegebenes Papier muss in der einen oder anderen Form zur Befriedigung einer Geldforderung führen können; ein Papier, das Waren repräsentiert, die sich im Besitz einer anderen Person befinden, muss zur Entgegennahme und Weiterleitung der Waren sowie bei Untergang oder Beschädigung zur Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs berechtigen. Auf dem Gebiet der Kapitalmarktpapiere war zunächst vor allem die Aktie von der Missbilligung einzelner Gestaltungen betroffen, was durchaus dazu passt, dass sie – zumal in den Phasen der Übertreibung, die Zusammenbrüchen vorangingen – überwiegend zur oft spekulativen Kapitalanlage und nicht zur strategischen Investition genutzt wurde. Denn der Zweck der Kapitalanlage gibt keine engere rechtliche Struktur vor; der Gestaltungsspielraum wird an sich nur dadurch begrenzt, dass sowohl für den Emittenten als auch den Anleger irgendwelche Vorteile zumindest denkbar sind. Innerhalb dieses Rahmens bleibt nun aber derart viel Raum für Missbräuche, dass eine Missbilligung einzelner Gestaltungen durch das Recht eher in Betracht kommt. Allerdings sind viele ältere Vorgaben heute verschwunden. So war das deutsche Verbot stimmrechtsloser Vorzugsaktien von kurzer Dauer59. Bis heute gilt hingegen in Deutschland beispielsweise das Verbot der Rückgewähr und der Verzinsung, das – noch recht junge – Verbot von Mehrstimmrechtsaktien und das besondere Regelungsregime für stimmrechtslose Vorzugsaktien60 ; als zentrale Vorgabe formuliert ist in Frankreich lediglich noch das Verbot einer Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital61. Bei der Schuldverschreibung waren inhaltliche Vorgaben seit jeher minimal; immerhin zeigt die zwingende Geltung eines Regimes zur gemeinsamen Organisation der Obligationengläubiger62 , dass Gestaltungen ohne ein solches Regime missbilligt werden. Bei den Investmentanteilen schließlich fällt unter dem kontinentaleuropäischen An  Für Deutschland Art.  3 Satz 2 ScheckG.   Vgl. unter deutschem Recht für den Ladeschein §  449 HGB, für das Konnossement §§  662– 663b HGB. 59   Näher Kapitel 11 A V 2. 60   §  57 Abs.  1, 2, §  12 Abs.  2, §§  12 Abs.  1 Satz 2, 139 ff. AktG. 61   Art.  339-1 ff. der Loi n°  66-537 i.  d.  F. der Loi n°  85-1321, heute Art. L 228-91 Abs.  5 Code de commerce; dazu Kapitel 11 A II 5. 62   Kapitel 11 B VI 1. 57

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G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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satz mit seiner konstitutiven Gesetzgebung der daraus abgeleitete »Typenzwang« ins Auge. Dieser beruht allerdings nicht primär darauf, dass sämtliche andere Gestaltungen missbilligt würden. Vielmehr ergab er sich in erster Linie daraus, dass für das Investmentgeschäft ein geeigneter rechtlicher Rahmen erst positiv geschaffen werden musste und der Gesetzgeber dabei keine nur rudimentäre, offene Lösung wählte, sondern jeweils den ihm – nicht zuletzt mit Verweis auf die U. S. A. – vermittelten, tatsächlichen oder vermeintlichen Bedürfnissen der Praxis nach und nach Raum gab63 . Nicht dem investmentrechtlichen »Typenzwang« insgesamt, aber einzelnen Vorgaben kann indes sehr wohl die Missbilligung bestimmter, meist vom Gesetzgeber als zu riskant eingestufter Gestaltungen entnommen werden. Solche Vorgaben kennt denn auch das Investmentrecht Englands und vor allem der U. S. A., wo Investment Company Act und Investment Advisers Act in Reaktion auf die Übertreibungen der Zwanzigerjahre gerade auch einzelne Gestaltungen verbannen wollten64 . Wo im Bereich der Kapitalmarktpapiere einzelne Gestaltungen missbilligt wurden, war dies fast immer Reaktion auf einen damit in Zusammenhang stehenden Skandal. Die Folge sind eher punktuelle Verbote, deren Auswirkungen auf das rechtliche Erscheinungsbild der betroffenen Wertpapiere insgesamt gering bleiben. Das Gegenmodell, anstelle des Verbots einzelner Gestaltungen in umfassender Weise positiv festzulegen, welche Gestaltungen allein zugelassen sein sollen, war zwar bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts gedanklicher Ausgangspunkt in Kontinentaleuropa und konnte noch längere Zeit im kontinentaleuropäischen Investmentrecht gefunden werden. Nach zahlreichen Runden der Öffnung trifft dies mittlerweile aber auch hier sowohl für Aktien und Schuldverschreibungen als auch für Investmentanteile nicht mehr zu.

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung Trotz des im Vergleich zum Sachenrecht viel kürzeren Zeitraums, der bei den Wertpapieren untersucht werden kann, fördert doch auch hier der nähere Blick auf die Entwicklung und den größeren Zusammenhang, in dem die jeweilige Epoche steht, einige Regelmäßigkeiten zu Tage.

I.  Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter An den Stand einer Person anknüpfende, mittelalterliche Erwerbsbeschränkungen, deren Wegfall im Sachenrecht mit einer deutlichen Zunahme der Typizität einherging65 , sind im Wertpapierrecht mit seiner jüngeren Geschichte ohne Bedeutung.   Näher Kapitel 11 C III 2.   Näher Kapitel 11 C II 1. 65   Kapitel 8 G I. 63

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

Rein tatsächlich hat die Zahl der Personen, die als potentielle Erwerber eines Wertpapiers in Betracht kamen, aber vielfach parallel mit dem Grad wertpapierrechtlicher Typizität zugenommen. 1.  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs Solange der Wechsel ein Namenspapier unter Kaufleuten war, die auch sonst miteinander in Handelsbeziehungen standen, war der Kreis derer, in deren Hände ein Wechsel gelangen konnte, auf die unmittelbaren Geschäftspartner beschränkt; der Wechsel, der dem privaten Reisenden am ausländischen Zielort, dem Studenten am ausländischen Studienort Geldmittel verschaffen sollte, war jedenfalls auch auf Empfängerseite personalisiert66 . Mit dem Entstehen größerer Handelsnetzwerke aus Kaufleuten, die sich gegenseitig Kredit gewährten, ergab sich die erste bedeutende Erweiterung. Vor allem aber war es die Erfindung des Indossaments, die dann einen Wechselumlauf im großen Stil erlaubte 67. Beschränkte sich der Wechselumlauf im Wesentlichen zunächst noch auf Kaufleute, die auf wiederkehrenden Messen eine Gesamtsaldierung vornahmen, traten später mit den das Wechseldiskontgeschäft betreibenden Bankhäusern neue potentielle Erwerber hinzu, die zur laufenden Diskontierung von Wechseln in der Lage waren und in großem, manchmal auch zu großem Umfang das Wechselgeschäft betrieben68 . Die Internationalisierung des Handels, die in Europa eine der Entstehungsvoraussetzungen des Wechsels war, zwischenzeitlich durch protektionistische Zölle und eine Konzen­ tration des Handels auf die Nationalstaaten gebremst wurde, aber vor allem seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mit Macht einsetzte, erweiterte den Kreis potentieller Erwerber eines Wechsels über Europa hinaus. Der Scheck erfreute sich in England und den U. S. A. von Anfang an großer Beliebtheit. Auf dem Kontinent war er hingegen zunächst nur unter Banken gebräuchlich, fand später dann aber doch auch dort den Weg zum breiten Publikum69. Zumindest in Form des Eurocheques kamen als Erwerber von Schecks schließlich auch die ausländischen Banken hinzu70 . In deutlicher Parallele zu dieser Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter aus Wechsel und Scheck kam es auf internationaler Ebene zur Herausbildung der beiden großen Systeme, des Systems der Genfer Konventionen und des angloamerikanischen Systems71, sodass sich Wechsel und Scheck heute in Parallele zu ihrer allgemeinen Verfügbarkeit als Wertpapiere klar definierten Inhalts darstellen.   Näher Kapitel 11 A I 1.   Näher Kapitel 11 A I 2. 68   Allgemein Kulischer, Allgemeine Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit II, S.  368 f.; s. etwa zur expansiven Kreditvergabe der Banken New Yorks vor der Krise des Jahres 1857 z. B. N. N., Deutsche Vierteljahrs-Schrift 21/1 (1858), 256, 267 f., 288 f., 297; zu England N. N., a.a.O., S.  352 f. 69   Näher Kapitel 9 B II, III. 70   Vgl. Kapitel 9 B IV 2. 71   S. wiederum Kapitel 9 A III, B IV. 66 67

G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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Bei den Wertpapieren des Warenverkehrs ist zwar nicht eine ganze Branche neuer potentieller Erwerber hinzugekommen, wie dies beim Wechsel mit den Banken der Fall war; auch fehlt es bis heute an intensiver Nutzung durch Private. Infolge der wirtschaftlichen Belebung und der Zunahme des Handels, insbesondere des Fernhandels, dank immer besserer Transportmöglichkeiten und nicht zuletzt wegen der immer häufigeren Einschaltung von Zwischenhändlern stieg aber die Zahl derjenigen Kaufleute, durch deren Hände diese Papiere laufen konnten und mussten und die damit als zusätzliche Erwerber in Betracht kamen, stark an. Wiederum brachte hier die immer stärkere Verflechtung des Handels stärker typisierte Papiere hervor 72 . Mit der geringeren Zahl potentieller Berechtigter trifft zusammen, dass bei den Warenverkehrspapieren der Grad an Einheitlichkeit, der im Wechselund Scheckrecht besteht, nicht ganz erreicht ist. 2.  Wertpapiere des Kapitalmarkts Auf dem Gebiet des Kapitalmarkts erweiterte sich der Kreis möglicher Berechtigter zunächst dadurch, dass es mit wachsendem Wohlstand immer mehr Menschen möglich war, überhaupt Aktien oder Schuldverschreibungen und später auch Investmentanteile zu erwerben. Hinzu kam sodann der Eigenhandel der Universal- und Investmentbanken und später zahlreicher weiterer institutioneller Investoren wie Versicherungsgesellschaften und Investment- oder Pensionsfonds73 . Die Vereinheitlichung hat hier aber mit der Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter nicht Schritt gehalten, sondern im Gegenteil nach anfänglicher Herausbildung der klassischen Typen von Aktie, Schuldverschreibung und später auch Investmentanteil durch ständige Abwandlungen und Neuentwicklungen abgenommen. Bemerkenswert ist allerdings, dass regulatorischer Ansatz für die kaum typisierten Anteile an Hedgefonds vielfach gerade eine Beschränkung des Kreises möglicher Berechtigter auf besonders vermögende Anleger ist74 .

II.  Zunehmende Begebung von Wertpapieren Im Sachenrecht schien mit einer Erhöhung der Verfügbarkeit möglicher Gegenstände, an denen dingliche Rechte in Betracht kommen, auch eine Steigerung der Typizität einherzugehen75 . Auf das Wertpapierrecht lässt sich dieser Gedanke zwar nicht unmittelbar übertragen. In ähnlicher Weise ist es aber auch hier zu Veränderungen des tatsächlichen und rechtlichen Umfelds gekommen, die in ständig zunehmendem Maße eine Begebung von Wertpapieren erlaubten. Diese zunehmende Begebung von Wertpapieren geht ebenfalls Hand in Hand mit der Stei  Zu allem Kapitel 10.   S. zu den U. S. A. z. B. Merkt, ZfRV 37 (1996), 1, 9 f. (zu conglomeration und deconglomeration sowie zum Anteil der Aktionäre an der U. S.-Bevölkerung mit einer Statistik für ausgewählte Jahre zwischen 1952 und 1985). 74   Vgl. Kapitel 11 C II 2 c, III 2 c. 75   Kapitel 8 G II. 72

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

gerung von Typizität, wobei wiederum die Kapitalmarktpapiere eine Ausnahme bilden. 1.  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs Der Wechsel als Kreditpapier gewann zunächst mit der Intensivierung und Internationalisierung des Handels an Bedeutung, kam sodann auch bei der Finanzierung der Industrie zum Einsatz und fand in den Banken nicht nur sichere Abnehmer, sondern auch neue Nutzer. Der Scheck wurde nach seinem Herauswachsen aus dem rein kaufmännischen Bereich zu einem auch bei Privatleuten überaus beliebten Zahlungsmittel und verlor lediglich wegen der Entwicklung der Zahlungskarten seinen Rang. Industrialisierung und Massenproduktion, aber auch wichtige Fortschritte im Agrarsektor sorgten für ein steigendes Warenangebot, das durch die Kanäle eines entwickelten Handels lief und dank der Papiere des Warenverkehrs auch ohne physische Präsenz Gegenstand von Geschäften werden konnte. Gerade die zunehmende Nutzung dieser Wertpapiere war es, die zunächst auf dem Kontinent und teilweise selbst in England und den U. S. A., später sogar international zu typisierender Kodifikation führte. Denn in aller Regel wird nur ein zahlenmäßig häufiges Phänomen den nationalen Gesetzgeber und erst recht internationale Gremien zur Tätigkeit veranlassen. Ein Zusammenhang zwischen der zunehmenden Begebung solcher Papiere und gesteigerter Typizität ist hier also ganz deutlich. Dass es zu keinem »Weltwechselrecht« kam und dahingehende Bestrebungen erlahmt sind, passt dabei insofern ins Bild, als auch der Wechselumlauf in den letzten Jahren eher abnimmt76 ; erst recht gilt dies für den immer selteneren Scheck 77 ; bei den Warenverkehrspapieren halten Vereinheitlichungsbestrebungen dagegen an78 . 2.  Wertpapiere des Kapitalmarkts Noch eindrucksvoller ist die Zunahme der begebenen Papiere bei den Effekten des Kapitalmarkts. Neben die Staatsanleihen traten zunächst die Papiere der ersten, konzessionierten Aktiengesellschaften. Das immense Kapitalbedürfnis der neuen Industrien schuf sodann einen Bedarf, immer neue Aktiengesellschaften zu gründen, und erzwang letztlich überall den Übergang zum Normativsystem79. Das Normativsystem mit seiner enormen Erleichterung und Beschleunigung der Gründung verlieh der Aktiengesellschaft einen weiteren Schub80 . Dementsprechend stieg auch die Zahl der von den Aktiengesellschaften emittierten Papiere, wobei anfangs terminologisch, aber auch inhaltlich oft nicht klar zwischen eigent  Dazu Kapitel 9 A III, IV.   Vgl. Kapitel 9 B V, VI. 78   Näher Kapitel 10 A IV 3, B III 2. 79   S. nur Schubel, Verbandssouveränität und Binnenorganisation der Handelsgesellschaften, S.  245 ff.; Großfeld, Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär, S.  132. 80   S. nur Hommelhoff, in: Hundert Jahre modernes Aktienrecht, S.  53, 55 m.Nw. 76

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G.  Regelmäßigkeiten der Entwicklung

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lichen Aktien und Obligationen unterschieden wurde. Diese Entstehungsgeschichte sowie das Vorbild der Staatsanleihen ließen in der Folge auch die Schuldverschreibung zu einem beliebten Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaften werden, was wiederum eine Zunahme der Wertpapiere des Kapitalmarkts mit sich brachte. Stimulierend wirkte zweifellos auch die Einrichtung und immer bessere Organisation der Börsen und später der elektronischen Handelssysteme, versprachen diese doch dem Anleger, er könne das dem Emittenten langfristig zur Verfügung gestellte Kapital ohne größere Schwierigkeiten durch eine Veräußerung des Papiers jederzeit wieder mobilisieren. Abgesehen von Phasen der Spekulation, auf die immer wieder ein mehr oder weniger dramatischer Zusammenbruch folgte, erhielten die Kapitalmarktpapiere von Investorenseite dann durch die stetig wachsende Nachfrage seitens institutioneller Investoren, insbesondere auch der neugegründeten Investmentfonds, weiteren Auftrieb. In jüngerer Zeit schließlich brachten diverse neuere Entwicklungen sowohl bei den Aktien und den teilweise als Sonderform der Aktie konstruierten Investmentanteilen als auch – und vermehrt – bei den Schuldverschreibungen ganze neue Marktsegmente hervor. Die Typizität der Kapitalmarktpapiere hat mit dieser Entwicklung indes nicht Schritt gehalten81. Mit der klaren Herausbildung von Aktie und Schuldverschreibung und später auch mit der – in den einzelnen Rechtsordnungen unterschiedlich starken, aber immerhin überall als notwendig erkannten – Regulierung der Investmentanteile wurden zunächst Grundtypen geschaffen, die als klassische Formen der Aktie, der Schuldverschreibung und des Investmentanteils nach wie vor im Vordergrund stehen. An diesen Grundtypen hielt man jedoch nicht fest; vielmehr wurden sie im Common Law letztlich von Anfang an für abwandelbar gehalten, in Frankreich diese Möglichkeit Mitte der 80er Jahre generell eingeführt und in Deutschland nur für die Aktie bislang an einem strengeren Rahmen festgehalten, während auf dem Gebiet der Schuldverschreibung typisierende Vorgaben weitestgehend fehlen. Papiere, die von den klassischen Formen abweichen, haben zwar nach einiger Zeit meist eigenständige Marktsegmente herausgebildet, innerhalb derer eine gewisse Typizität herrscht. Diese Typizität beschränkt sich jedoch stets auf bestimmte Grundzüge, wie etwa eine allen Papieren des Marktsegments gemeinsame Vorzugsdividende bei fehlendem Stimmrecht, eine kurze Laufzeit oder eine Besicherung durch Deckungswerte einer bestimmten Art.  Individuelle Besonderheiten können indes auch innerhalb eines solchen Segments den Inhalt des Papiers in einer derart gewichtigen Weise abändern, dass in einem entsprechenden Fall die Gemeinsamkeit ganz zurücktritt. Ein Grad an Typizität, wie ihn die anderen Wertpapiere mit zunehmender Begebung erreicht haben, findet sich bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts trotz ihrer ständig anwachsenden Zahl nicht.

  Zu allem Kapitel 11.

81

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Kapitel 12:  Ergebnisse und Zusammenhänge

III.  Wirtschaftliche Entwicklung Dass und inwiefern gesteigerte Typizität mit einer höheren Entwicklung von Handel und Wirtschaft – insbesondere auch der Kreditwirtschaft – zusammentrifft, ist schon aus dem Vorstehenden deutlich geworden, soll hier aber nochmals kurz gesondert betrachtet sein. Ein deutlicher Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und gesteigerter Typizität zeigt sich bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs. Wachsender wirtschaftlicher Wohlstand und florierender Handel bedingen ab dem ausgehenden Mittelalter eine Zunahme der Kreditierungs- und Zahlungsvorgänge zwischen ortsverschiedenen Geschäftspartnern, für die der Wechsel Verwendung findet. Es entsteht ein einheitlicher Handelsbrauch, der sich wegen des weiter steigenden Güteraustauschs der staatlichen Anerkennung in Form von Gesetzen und speziellen Verfahren versichert, die ihrerseits eine Typisierung bringen. Die Bedürfnisse des überregionalen Handels bewirken dann zunächst die deutsche 82 und U. S.-amerikanische 83 Rechtseinheit, rufen später internationale Vereinheitlichungsbestrebungen hervor und münden schließlich in die Genfer Wechselrechtskonvention und das angloamerikanische Gegenmodell84 . In zeitlich gedrängterer Form führt die wirtschaftliche Entwicklung auch zur Typisierung des Schecks85 . In ganz ähnlicher Weise laufen wirtschaftliche Entwicklung und Typizität bei den Warenverkehrspapieren parallel. Warenverkehrspapiere sind eine Begleiterscheinung des Warenverkehrs selbst. Dieser – und damit auch die Zahl der entsprechenden Papiere – steigt mit höherer Warenproduktion oder Wareneinfuhr an. Eine Erhöhung der Warenproduktion oder Wareneinfuhr ist aber Folge steigenden wirtschaftlichen Wohlstands und funktionierenden Handels und mithin ein Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung. Um Rechtssicherheit hinsichtlich ihrer Haftungsregeln und der Traditionsfunktion zu erreichen, unterstellen sich die Warenverkehrspapiere früh staatlicher Gesetzgebung, die dann typisierte Formen dieser Papiere schafft. Mit zunehmender Bedeutung überregionaler und grenz­ überschreitender Warentransporte entsteht Vereinheitlichungsdruck, der bei bestimmten Transportarten zu typisierenden internationalen Regelungen geführt hat, wobei die Regelung der Haftung der Vereinheitlichung sachenrechtlicher Wirkungen vorangeht86 . Die Kapitalmarktpapiere profitieren selbstverständlich ebenso von höherem wirtschaftlichem Wohlstand und einer allgemeinen Steigerung des Handels, erweitern sich doch dadurch die Betätigungsfelder für die Emittenten von Aktien und Schuldverschreibungen sowie das verfügbare Anlagekapital für Investment  Näher Kapitel 9 A II 1 b-d.   Näher Kapitel 9 A II 4 b-d. 84   Näher Kapitel 9 A III. 85   Näher Kapitel 9 B. 86   Zu allem Kapitel 10. 82 83

H.  Zusammenfassung und Prognose

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fonds. Allerdings hat hier die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte immer neue Papiere und damit weniger anstatt mehr Typizität gebracht87.

H.  Zusammenfassung und Prognose Mit seiner Neigung zu deutlicherer Positionierung der einzelnen Produkte in der Frage der Typizität macht das Wertpapierrecht eine Prognose schwierig. Wo – wie bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs und des Warenverkehrs – bereits jetzt hohe Typizität erreicht ist, erscheint eine künftige Steigerung schwer vorstellbar; in Betracht kommt allein noch internationale Rechtsvereinheitlichung. Von einer Beibehaltung des erreichten Stands wird man allerdings ausgehen dürfen. Bei den Kapitalmarktpapieren hingegen brachten die letzten Jahrzehnte eine derart weitgehende Reduzierung von Typizität, dass eine Fortsetzung dieser Entwicklung weniger wahrscheinlich sein dürfte als eine Umkehr. Die nun folgende vergleichende Zusammenschau mit dem Sachenrecht will zumindest eine Erklärung anbieten, versucht sich aber auch in einer Wegweisung.

  Zu allem Kapitel 11.

87

Vierter Teil

Erklärungsversuche, Bewertung und Ausblick Die historisch-vergleichende Untersuchung des Sachenrechts und des Wertpapierrechts hat gezeigt, dass Typizität zu den grundlegenden Strukturprinzipien dieser Rechtsgebiete gehört, mag sie in einzelnen Bereichen, Ländern und Epochen auch unterschiedlich stark ausgebildet gewesen sein. Bereits dieser Befund legt nahe, dass Typizität mehr sein muss als das Produkt einer in sich geschlossenen Dogmatik oder eines überkommenen Formalismus’ – Vorwürfe, die in Deutschland hinsichtlich des sachenrechtlichen Typenzwangs immer wieder den Wegbereitern und Verfassern des BGB mit ihrem zweifellos verkürzenden Verweis auf die Unterscheidung von Schuld- und Sachenrecht gemacht werden. Wer nun die großen wirtschaftswissenschaftlichen Theorien der letzten Jahrzehnte mit ihrem universellen Geltungsanspruch nach einer Erklärung für das doch offenbar grundlegende Phänomen der Typizität befragt, erhält keine befriedigende Antwort. Demgegenüber bietet die Rechtswissenschaft, die sich heute längst nicht mehr auf rein dogmatische Herleitung beschränkt, mit dem Schlagwort besserer »Verkehrsfähigkeit« des in Rede stehenden Wirtschaftsguts durchaus bereitwillig eine Rechtfertigung von Typizität an, führt diesen Gedanken allerdings kaum näher aus. Die Vertreter der Ökonomischen Analyse des Rechts, die für sich die überlegene Fähigkeit zur Synthese in Anspruch nehmen, spiegeln in ihrer Uneinigkeit die Positionen von Wirtschafts- und Rechtswissenschaft wider. Ein Erklärungsversuch, der der Wirklichkeit gerecht werden will, braucht sich nicht im Interesse einer reinen Lehre auf einen Gedanken zu beschränken und muss der Überprüfung anhand des – keineswegs völlig einheitlichen – Befunds möglichst weitgehend standhalten. Gerade die fehlende Einheitlichkeit, die auf das Vorhandensein von Alternativen zu Typizität hindeutet, gibt Anlass zu einer Bewertung. Ein Ausblick auf andere Rechtsgebiete soll der Abrundung dienen.

Kapitel 13

Erklärungsversuche Der rechtsvergleichende Blick auf die Entwicklung des Sachenrechts wie des Wertpapierrechts hat nicht nur ergeben, dass Typizität ein grundlegendes Strukturprinzip ist, das das rechtliche Erscheinungsbild der Sachenrechte und der Wertpapiere seit jeher mehr oder weniger stark prägt. Er hat vielmehr auch Regelmäßigkeiten der Entwicklung erkennen lassen, denen sich nur die Wertpapiere des Kapitalmarkts nicht so recht unterordnen wollen. Diesen Befund gilt es nun zu erklären.

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle Eine Arbeit zur Typizität übertragbarer Güter kommt nicht umhin, nach einer ökonomischen Rechtfertigung dieses Strukturprinzips zu fragen. Stark vereinfachende ökonomische Modelle lassen sich jedoch mit der Rechtswirklichkeit, wie sie in den hier untersuchten Ländern zu Tage getreten ist, nicht vereinbaren oder bieten jedenfalls keine umfassende Erklärung.

I.  Neoklassische Modellwelt vollständiger Information 1.  Grundannahmen Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelten Theorien der Neoklassik, die nach einer zwischenzeitlichen Dominanz durch den Keynesianismus seit den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts wieder eine beachtliche Bedeutung erlangt haben, gehen vom rational handelnden homo oeconomicus aus. Der als isolierter Akteur betrachtete homo oeconomicus trifft – zumindest im Ausgangspunkt – raum- und zeitlos auf der Grundlage vollständiger Information und Voraussicht die für ihn optimale Entscheidung unter Knappheit, wobei seine Präferenzen sich nicht ändern. Lebensraum dieser Modellfigur ist der neoklassische Markt. In ihm sind »Eigentumsrechte« (»property rights«) vollständig ausgebildet und in privater Hand; Ressourcen werden transaktionskostenfrei zu produktiven Zwecken lediglich auf der Grundlage pekuniärer Anreize eingesetzt, was über den Preismechanismus ein effizientes Marktgleichgewicht zur Folge hat. Jegliche Ab   S. z. B. Jevons, The Theory of Political Economy, insbes. S.  3 f f., 85 ff.; Samuelson, Foundations of Economic Analysis, S.  7 ff.; Walras, Éléments d’Économie Politique Pure, insbes. S.  11 ff.;

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle

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weichungen von diesem Ideal sind für die Neoklassik allgemeinschädlich, da sie notwendigerweise einzelne Marktteilnehmer bevorzugen, ihnen mithin Monopolrenten sichern. Methodisch setzt die neoklassische Theorie auf den Formalismus abstrakter Begriffe und mathematischer Präzision, dessen Vorteil in der Klarheit der Argumentation, der Offenlegung der Grundannahmen und Gedankengänge sowie der Konzentration auf das Wesentliche gesehen wird  . Die gewonnenen Erkenntnisse präsentieren sich in der Tradition der Klassik als allgemeingültige, zeitlose Wahrheiten, die im Wege der Deduktion Vorhersagen erlauben sollen  . 2.  Fehlen jeder Erklärungsmöglichkeit a)  Ausklammerung eines eventuellen Zusammenhangs von Typizität und Information Der neoklassische Ansatz erlaubt es schon von vornherein nicht, Typizität mit Information in Zusammenhang zu bringen. Denn die Neoklassik setzt das institutionelle Umfeld stillschweigend als gegeben und unveränderlich voraus; Herkunft, historische Wandlungen, Wirkung und Berechtigung von Elementen des institutionellen Umfelds sind typischerweise nicht Gegenstand der Untersuchung . In einer Modellwelt vollständiger und kostenloser Information sind die Wirtschaftsteilnehmer in der Lage, auch bei singulären, voll auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmten Gütern deren genauen tatsächlichen wie rechtlichen Inhalt und deren Zuordnung zu erfassen und demgemäß zu entscheiden. Ein Bedürfnis, mithilfe von Typizität die Informationsmöglichkeiten der Beteiligten zu verbessern, kann daher nicht bestehen. Dass Typizität und Information völlig unabhängig nebeneinander stehen, widerspricht indessen gleich auf den ersten Blick dem Befund. Denn dieser lässt erkennen, dass sich Typizität und Publizität in verschiedener Weise gegenseitig beeinflusst haben und beeinflussen. So kannte das Sachenrecht Perioden, die den Schwerpunkt auf den einen oder den anderen Mechanismus gesetzt haben, ist heute aber vor allem im Immobiliarrecht zu einer Kombination aus beidem gelangt; das Wertpapierrecht erlaubt bei Wechsel, Scheck und Warenpapieren Abweichungen von den festgelegten Typen nur beschränkt und nur dann, wenn diese auf dem Papier publik gemacht sind; für die Kapitalmarktpapiere gilt bei stark reduBator, 47 Am. Econ. Rev. 22 (1957); vgl. a. Knight, Risk, Uncertainty and Profit, S. vii, 6, 51; Überblicksdarstellungen bei De Alessi, 73 Am. Econ. Rev. 64, 64–65 (1983); H. Leipold, Kulturvergleichende Institutionenökonomik, S.  23. S. schon J. S. Mill, Essays on Some Unsettled Questions of Political Economy, S.  137: »[Political Economy] is concerned with [man] solely as a being who desires to possess wealth and who is capable of judging of the efficacy of means for obtaining that end«.    Vgl. Rutherford, Institutions in economics, S.  7 f.    Vgl. Dugger, 13 JEI 899, 900 (1979); Wilber/Harrison, 12 JEI 61, 62–66 (1978).    Vgl. die Kritik hieran bei Veblen, 17 J. Pol. Econ. 620, 623–624, 630–631 (1909); dazu, dass in einer Welt ohne Transaktionskosten unabhängig von der ursprünglichen Zuweisung der Rechte ein effizientes Ergebnis erreicht wird, grundlegend Coase, 3 J. L. & Econ. 1 (1960).

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

zierter Typizität ein eigenes, strenges Publizitätsregime, mag man auch mit guten Gründen an dessen voller Wirksamkeit zweifeln  . Publizität dient nun aber zweifellos der Fixierung und Übermittlung von Information. Eine Beziehung zwischen Typizität und Publizität, wie sie der Befund aufzeigt, ist deutlicher Beleg für einen von der Neoklassik nicht erfassbaren Zusammenhang von Typizität und Information. b)  Keine ausreichende Erklärung mit bloßen Markterwägungen Auch unter dem neoklassischen Ansatz könnte Typizität noch damit zu erklären sein, dass die durch sie bewirkte Beschränkung von Angebot und Nachfrage auf einzelne Typen den Güteraustausch fördert, indem sie das Zustandekommen von Geschäften auch dann erlaubt, wenn die Interessen der Beteiligten nicht voll korrespondieren. Nach dieser Überlegung würde Typizität eine Situation vermeiden, in der individuelle Gestaltung zwar möglich ist, eine gewünschte Gestaltung aber nicht angeboten oder eine vorhandene Gestaltung nicht nachgefragt wird und Geschäfte deshalb nicht zustande kommen. Von theoretischer Warte aus lässt sich dem indessen schon innerhalb des neoklassischen Ansatzes entgegensetzen, dass voll informierte Parteien auch ohne Beschränkung auf einzelne Typen in der Lage sind, das jeweils nächstbeste Substitut zu erkennen, und als rational handelnde Wirtschaftsteilnehmer dann eben ein Geschäft über dieses Substitut abschließen werden. Die Festlegung auf bestimmte Typen würde also den marktmäßigen Austausch nicht weiter fördern. Im Gegenteil könnte ihr vorgeworfen werden, sie schütze die bisherigen Inhaber von Gütern vor Innovation und sichere ihnen so einen breiteren Abnehmermarkt und mithin eine marktstörende Monopolrente. Rein tatsächlich kommt hinzu, dass der Befund anders ausfällt, als dies im Falle einer allein mit derartigen Markterwägungen erklärten Typizität zu erwarten wäre. Während nämlich mit einer Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter eine Zunahme von Typizität zu beobachten war , müsste unter dem neoklassischen Ansatz Typizität eher ab- statt zunehmen. Denn zum einen kämen mehr Personen gegenwärtig oder künftig als Erwerber für die individuell gestaltete dingliche Berechtigung  bzw. das individuell gestaltete Wertpapier in Betracht, zum anderen gäbe es mehr Personen, die gegenwärtig oder künftig die gesuchte dingliche Berechtigung bzw. das gesuchte Wertpapier innehaben und zur Veräußerung bereit sein könnten . Aus ähnlichen Erwägungen müsste auch bei einer Zunahme der verfügbaren Gegenstände bzw. der Zahl der Wertpapiere entgegen dem Befund   Näher Kapitel 8 E, Kapitel 12 E.   Näher Kapitel 8 G I, Kapitel 12 G I.    Hierunter wäre ggf. auch das »Negativ« einer eingeräumten dinglichen Berechtigung zu verstehen.    Hinzu käme, dass im Sachenrecht mehr Personen zur Einräumung einer entsprechenden Berechtigung, im Wertpapierrecht mehr Emittenten zur Emission entsprechender Papiere in der Lage und bereit sein könnten.    Näher Kapitel 8 G II, Kapitel 12 G II.  

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle

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eher eine Ab- statt einer Zunahme an Typizität zu beobachten sein. Denn die Zahl der Gegenstände, die möglicherweise genau den individuellen Bedürfnissen des Nachfragers entsprechen10 , wäre wiederum größer, weshalb auf die marktfördernde Wirkung von Typizität eher verzichtet werden könnte. Weiter ließe sich auch kaum erklären, weshalb mit der wirtschaftlichen Entwicklung eine Steigerung von Typizität einherzugehen scheint11, wäre doch in einer arbeitsteiligen Wirtschaft mit einer stärkeren Ausdifferenzierung individueller Bedürfnisse und einer korrespondierenden Befriedigung dieser Bedürfnisse durch individuelle Lösungen zu rechnen.

II.  Property-Rights-Theorie 1.  Grundannahmen Die Property-Rights-Theorie12 stellt hinreichend spezifizierte und richtig zugewiesene »property rights« ins Zentrum ihrer Betrachtungen. Auf dem Markt gehandelt wird ihr zufolge nicht das Gut selbst, sondern ein Ausschließlichkeitsrecht an diesem Gut. Für ein einzelnes Gut kann ein ganzes Bündel solcher Ausschließlichkeitsrechte spezifiziert und zugewiesen werden. Einzelne Rechte sind separat übertragbar und erlauben so die Internalisierung von »externalities«, wobei nach dem Coase-Theorem in einer Welt ohne Transaktionskosten unabhängig von der ursprünglichen Zuweisung der Rechte ein effizientes Ergebnis erreicht wird13 . Bei der Begründung und Durchsetzung dieser Ausschließlichkeitsrechte entstehen Kosten, die ökonomische Entscheidungen beeinflussen. 2.  Fehlende Aussagekraft für die Erklärung von Typizität Die Property-Rights-Theorie beschäftigt sich zwar intensiv mit Privateigentum, Gemeinschaftseigentum und Staatseigentum als verschiedenen Stufen der Exklusivität von Eigentumsrechten und mit deren Folgen für die Allokation und Nutzung von Gütern14 . Auch unterscheidet sie Verfügungs-, Nutzungs-, Aneignungs10   Hierher gehörte auch die Erhöhung der Zahl der Gegenstände, die für eine Einräumung der begehrten dinglichen Berechtigung in Betracht kämen. 11   Näher Kapitel 8 G III, Kapitel 12 G III. 12   Grundlegend der vielzitierte Beitrag Harold Demsetz’ über die Entwicklung von Ausschließlichkeitsrechten an Biberfanggründen bei den Labradorindianern: Demsetz, 57 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 347 (1967); s. weiter Alchian/Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16, 24/25 (1973); dagegen McManus, 32 J. Econ. Hist. 36, 46–53 (1972); zu Demsetz’ Lehre Merrill, 31 J. Legal Stud. S331 (2002) und die weiteren Beiträge ebd.; Furubotn/Pejovich, 10 J. Econ. Lit. 1137 (1972); dies. (Hrsg.), The Economics of Property Rights, passim. 13   Demsetz, 7 J. L. & Econ. 11, 17 (1964); ders., 57 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 347 (1967); Alchian/Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16, 17 (1973); zusammenfassend z. B. H. Leipold, Kulturvergleichende Institutionenökonomik, S.  46; Wegehenkel, ZgS 140 (1984), 30, 31 und kritisch Fezer, JZ 1986, 817, 821 f. 14   Demsetz, 57 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 347, 354–359 (1967); Alchian/Demsetz, 33 J. Econ. Hist. 16, 18–24 (1973).

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

und Transferrechte. Eine Diskussion einzelner Erscheinungsformen dinglicher oder obligatorischer Rechte und eine nähere Behandlung der Frage vorher definierter oder nachträglicher Typisierung oder völlig freier Inhaltsbestimmung begegnen hingegen nicht, noch weniger eine übergreifende Betrachtung von Formen rechtlicher Typisierung. Dass eine Veränderung der Rechte allgemein zugelassen werden soll, wenn sich dadurch der Gesamtwert des Guts erhöht15 , scheint zumindest gegen Typizität zu sprechen. Allerdings wird das Problem möglicher »externalities« durchaus in diesem Zusammenhang genannt, und solche könnten auch in den Nachteilen fehlender Typizität liegen. Auch kann darin, dass sich diese Lehre mit einem einheitlichen Begriff der »property rights« begnügt, immerhin insoweit eine typisierende Betrachtung übertragbarer Güter gesehen werden, als diesen der – allerdings kaum näher beschriebene – Ausschließlichkeitscharakter gemeinsam sein soll. Ob und gegebenenfalls weshalb der Ausschließlichkeitscharakter jedoch eine Typisierung der Rechte voraussetzt oder wünschenswert erscheinen lässt, kann der Lehre nicht entnommen werden.

III.  Transaktionskostenökonomik 1.  Grundannahmen Die mit der Property-Rights-Theorie eng verbundene16 Transaktionskostenökonomik widmet sich den von der neoklassischen Theorie ausgeblendeten Kosten, die in der Realität bei jeder Transaktion entstehen und daher eine vollkommen effiziente Güterallokation verhindern. Transaktionskosten sind dabei die »costs of running the economic system«17, also die Kosten der Gestaltung und Nutzung von Institutionen, über die Transaktionen abgewickelt werden18 . Da Transaktionskosten gerade auch beim Austausch über den Markt entstehen und diese Kosten nicht notwendigerweise geringer sind als bei anderen institutionellen Formen des Güteraustausches, wird der neoklassische Glaube an den Preismechanismus von diesem Ansatz nicht voll geteilt19. Ausgangspunkt der wirtschaftswissenschaftlichen Befassung mit Transaktionskosten war die Frage, weshalb in arbeitsteiligen Marktwirtschaften Güterbewegungen nicht nur über den Markt, sondern teilweise auch innerhalb hierarchisch strukturierter Unternehmen stattfinden. Hierauf antwortet diese Theorie, dass die Nutzung des Preismechanismus’ Kosten verursache und eine interne Organisation daher immer dann von Vorteil sei, wenn deren Kosten unter denen einer Markt-

  Demsetz, 7 J. L. & Econ. 11, 19 (1964).   De Alessi, ZgS 146 (1990), 5, 8. 17   Arrow, in: The Analysis and Evaluation of Public Expenditures: The PPB System, S.  47, 48. 18   Vgl. H. Leipold, Kulturvergleichende Institutionenökonomik, S.  47; s. weiter North, 44 J. Econ. Hist. 255, 255–256 (1984). 19   S. nur McManus, 32 J. Econ. Hist. 36, 37–38 (1972). 15 16

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle

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transaktion bleiben 20 . Auch wenn die Theorie sich, ihrer Herkunft entsprechend, besonders dem Vergleich marktmäßiger und anderer, insbesondere hierarchischer Organisation von Abläufen widmet, ist der Ansatz als solcher breit 21 und besagt in allgemeiner Form, dass in einer arbeitsteiligen Welt dann effiziente Strukturen und Prozesse vorliegen, wenn die Kosten der Abwicklung möglichst gering sind. Für die Erklärung von Typizität kann dieser Gedanke durchaus fruchtbar gemacht werden. 2.  Fruchtbarkeit zur Erklärung von Typizität Klassischerweise werden drei Gruppen von Transaktionskosten unterschieden: die Such- und Informationskosten, die etwa bei der Nachforschung anfallen, ob ein bestimmtes Gut am Markt verfügbar ist, wer den besten Preis hierfür verlangt etc., die Verhandlungs- und Vertragsabschlusskosten sowie die Kosten der Überwachung und Durchsetzung22 . Eine einheitliche rechtliche Ausstattung von Sachenrechten wie Wertpapieren kann ersichtlich für Transaktionskosten aller drei Gruppen von Bedeutung sein. Wer feststellen möchte, ob ein Sachenrecht oder ein Wertpapier eines bestimmten rechtlichen Inhalts verfügbar ist und welcher Anbieter den besten Preis hierfür verlangt, muss nach entsprechenden Angeboten suchen und diese miteinander vergleichen. Dazu ist es sicher von Vorteil, wenn sich der Interessent nicht über sämtliche angebotenen Sachenrechte oder Wertpapiere im Detail informieren muss, sondern eine gewisse Einheitlichkeit vorfindet, sich vielleicht gar an ihre »Typenbezeichnung« halten kann. Ebenso erleichtert eine solche Standardisierung und mehr noch eine verlässliche Typenbezeichnung den Aufwand der Verhandlungen und den Vertragsabschluss. Schließlich ist auch die Überwachung und Durchsetzung eines schuldrechtlichen Vertrags über ein typisiertes Wirtschaftsgut einfach. Wenn die Erfüllung nicht schon dadurch eintritt, dass die Parteien unter Bezugnahme auf einen bestimmten Typ die Einräumung oder Übertragung eines Rechts oder Rechtsbündels in den vorgesehenen Formen vereinbaren 23 , ist doch für den

20   Coase, 4 Economica (N. S.) 386, 390–392 (1937); ders., The Firm, the Market, and the Law, S.  6 f. Hierauf hat insbesondere Oliver E. Williamson aufgebaut, der zumeist als eigentlicher Begründer der Transaktionskostenökonomik gilt; s. etwa Williamson, 61 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 112, 114 (1971); ders., 63 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 316, 320 (1973); ders., Markets and Hierarchies, passim; ders., 19 J. Econ. Lit. 1537, 1537–1538, 1543–1551, 1564–1565 (1981); ders., The Economic Institutions of Capitalism, S.  15 ff., 386 ff. 21   Vgl. Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, S.  16, 387; s. z. B. Calabresi, 11 J. L. & Econ. 67, 68–73 (1968); Dahlman, 22 J. L. & Econ. 141, 142 (1979): ».  .  . in the theory of externalities, transaction costs are the root of all evil. But for transaction costs, such perversions of the invisible hand could not even occur much less persist.« S. aber auch S.  156: »The conclusion is rather startling: transaction costs per se have nothing to do with externalities.« 22   S. nur Dahlman, 22 J. L. & Econ. 141, 147–148, 152 (1979); weiter Coase, 3 J. L. & Econ. 1, 15 (1960); Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, S.  20 f. 23   Zum Konsensprinzip näher Kapitel 5 B II 2 und öfter.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

Erwerber, aber auch einen Richter, dank der Typenbezeichnung klar, welche Rechte einzuräumen oder zu übertragen sind. 3.  Defizite einer Beschränkung auf Transaktionskosten Trotz der noch näher auszuführenden Bedeutung dieser Überlegungen 24 kann Typizität nicht ausschließlich mit einer Reduktion von Transaktionskosten im engeren Sinne erklärt werden. Zum ersten ist der rechtliche Inhalt von Wirtschaftsgütern wie etwa Sachenrechten oder Wertpapieren nicht nur im Moment der Anbahnung und Durchführung einer Transaktion relevant, sondern bestimmt regelmäßig den Umgang des Berechtigten mit diesem Wirtschaftsgut über die gesamte oder doch eine erhebliche Dauer seines Bestehens hinweg. Würde Typizität zwar den Umsatz von Gütern erleichtern, deren Nutzungsmöglichkeiten aber über Gebühr einschränken, hätte sie sich gewiss nicht zu einem grundlegenden Strukturprinzip entwickelt. Es ist daher anzunehmen, dass sich Typizität auch aus Gründen rechtfertigen kann, die das Innehaben eines Wirtschaftsguts und nicht nur die Verfügung über dieses betreffen. Zum zweiten verursacht in einer Welt mit Transaktionskosten dann, wenn ein den genauen Bedürfnissen entsprechendes Gut nicht angeboten wird, das Auffinden der nächstgelegenen Substitute Kosten, muss doch jedes Mal das potentielle Substitut in seinem Inhalt erfasst und sodann entschieden werden, ob es noch in Betracht kommt und wie groß die Einbuße gegenüber dem eigentlich Gesuchten ist. Ein Marktteilnehmer wird daher die Suche spätestens dann einstellen, wenn diese Kosten drohen, überhand zu nehmen. Dadurch mögen ihm passende weitere Geschäfte entgehen, was den Markt schmälert. Demgegenüber kanalisiert Typizität den Markt von vornherein; hat der Marktteilnehmer einmal bestimmt, auf welchen Typ er sich konzentrieren möchte, steht ihm insoweit der volle Markt zur Verfügung, was über die Reduzierung von Suchkosten 25 hinaus Vorteile für Preisbildung und Liquidität haben kann. Zum dritten vermag die Transaktionskostenökonomik diejenige Typizität, die aus einer nicht allein von Transaktionskosten motivierten Missbilligung bestimmter Gestaltungen hervorgeht, nicht zu erfassen. Dass aber Ausschluss oder Erschwerung missbilligter Gestaltungen auf Typizität hinwirken und für die Herausbildung von Typen vielfach mitverantwortlich waren, hat der Befund sowohl im Sachenrecht als auch im Wertpapierrecht ergeben 26 .

  Dazu sogleich unter B II, III.   Der Marktteilnehmer muss lediglich den Inhalt der vorgegebenen Typen und deren eventuelle Abweichung von seinen Bedürfnissen bestimmen und beurteilen, nicht jeden Einzelfall gesondert untersuchen. 26   Näher Kapitel 8 F, Kapitel 12 F. 24

25

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle

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IV.  Typizität als bloße »verification rule for property rights« 1.  Grundannahmen Die Überlegung, Typizität diene allein einer leichteren Überprüfung der Rechtszuständigkeit bei zum Erwerb angebotenen dinglichen Rechten, wurde erstmals im Rahmen der jüngst entflammten Diskussion um eine Erklärung des sachenrechtlichen numerus clausus mit den Methoden der Ökonomischen Analyse des Rechts27 präsentiert 28 . Nach diesem Ansatz wird die Möglichkeit zur individuellen Gestaltung dinglicher Rechte nicht mit dem Ziel beschränkt, eine standardisierende Festlegung auf eine bestimmte Zahl genau definierter Formen zu erreichen und damit die Kommunikation zwischen den Personen zu erleichtern, die mit solchen Rechten handeln. Vielmehr stellten die sachenrechtlichen Beschränkungen eine Regulierung der Typen 29 und des Grades von Publizität dar, der zur Begründung der verschiedenen dinglichen Rechte notwendig sei. Ihr Zweck sei allein die Vereinfachung einer Überprüfung der Rechtszuständigkeit derjenigen Rechte, die zum Erwerb angeboten würden 30 . Da die Vorteile beschränkter dinglicher Rechte oftmals gering seien, die Kosten einer Überprüfung aber im allgemeinen hoch, stehe das Sachenrecht allen beschränkten dinglichen Rechten mit Ausnahme einiger weniger grundlegender Kategorien ablehnend gegenüber31. 2.  Bedenken gegen diesen Ansatz a)  Wenig überzeugende Ablehnung jeder Bedeutung für die Kommunikation Dass Typizität die Überprüfung der Rechtszuständigkeit zu vereinfachen vermag, ist sicher richtig. Dass Typizität aber daneben keinerlei Erleichterung der Kommunikation mit sich bringen soll, lässt sich kaum halten. Aus dem Fehlen eines numerus clausus der Schuldverträge kann nichts gegen die Annahme hergeleitet werden, 27   S. insbesondere Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239–263; der Beitrag gilt als Auslöser der Debatte; Überblick bei Munzer, in: The Blackwell Guide to the Philosophy of Law and Legal Theory, S.  148, 156 f. 28   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373 (2002): »[Restrictions on the creation of property rights that deviate from a set of well-recognized forms] serve [.  .  .] to aid verification of the ownership of rights offered for conveyance.« 29   So ausdrücklich Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S374 (2002); was damit gesagt werden soll, wird allerdings nicht deutlich. 30   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S374 (2002): »The law’s limitations on property rights take the form not of standardization into a discreet number of well-defined forms, but rather of regulation of the types and degree of notice required to establish different types of property rights. [.  .  .] These limitations serve not to facilitate communication among persons who transact in rights, but rather to facilitate verification of ownership of the rights offered for conveyance.« In diese Richtung auch Armour, in: The Future of Secured Credit in Europe, S.  3, 25– 28. 31   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S375 (2002): »Because the benefits of partial property rights are often low and the costs of verifying those rights are generally high, property law necessarily takes an unaccommodating approach to all but a few basic categories of partial property rights.«

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

der sachenrechtliche numerus clausus vereinfache die Verständigung über dingliche Rechte32 . Ebenso spricht die Tatsache, dass den Parteien innerhalb eines Typs vielfach noch ein gewisser Gestaltungsspielraum verbleibt, nicht gegen die Annahme vereinfachter Kommunikation 33 , ist doch jedenfalls die Verständigung über den typisierten Rahmen weniger aufwendig. Das Argument schließlich, die Verfügbarkeit weiterer Gestaltungen beeinträchtige diejenigen Parteien nicht, die ein Geschäft über eine der typisierten Formen abschließen wollen 34 , geht in dieser Absolutheit ebenfalls fehl. Zwar bringt Typizität bereits einen Gewinn, wenn neben typisierten Formen auch freie Gestaltungen möglich sind, die Parteien aber eine typisierte Form wählen. In einem solchen Fall ist aber zum einen dort ausführlichere Kommunikation vonnöten, wo die Parteien eine nicht typisierte Gestaltung begründen oder weiterübertragen. Zum anderen wird vielfach selbst einem Geschäft über eine typisierte Form ausführlichere Kommunikation vorangehen, da zu erwarten ist, dass beide Seiten die Möglichkeit einer ihnen noch weiter entgegenkommenden individuellen Gestaltung ausloten 35 . Ob neben einer typisierten   So aber Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S380 (2002).   So aber Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S382 (2002). 34   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S380 f. (2002). 35   Die Überlegung bei Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S381 (2002), niemand brauche die »exotischen« Formen je zu benutzen oder auch nur ihren Namen auszusprechen, hat im Falle eines numerus clausus mit (zu) vielen, aber doch noch unterscheidbaren Typen eine gewisse Berechtigung, weil dann im Normalfall für die Parteien klar ist, dass die – in ihrem rechtlichen Inhalt feststehenden – »exotischen« Formen ihren Interessen nicht entsprechen. In diese Richtung geht denn auch das Argument, eine weitere, zu den vorhandenen vier Formen von leases hinzukommende fünfte Form werde ja wohl kaum so viel Verwirrung verursachen, dass damit die Vorteile einer Nutzung dieser fünften Form verloren gingen (im Übrigen handelt es sich hier um ein »Totschlagsargument«, das in ähnlicher Form gegen jede Grenzziehung verwandt werden kann). Im Falle freier Gestaltbarkeit können aber nicht nur ferne, »exotische« Formen vereinbart werden, sondern auch nur ganz geringe Abweichungen von einem Typ (sofern sich ein solcher noch ausmachen lässt; dazu sogleich). Da eine Partei durchaus Interesse an solchen geringen Abweichungen haben kann, wird sie einen eventuell vorhandenen Typ zunächst kritisch hinterfragen. Stellt sie fest oder vermutet sie auch nur, dass ihr eine Abweichung entgegenkäme, wird sie über das Ob und Wie einer solchen Abweichung verhandeln, mögen die Parteien sich auch am Ende auf den vorhandenen Typ einigen. Dem entgegenzuhalten, dass der Übergang von einer Vielzahl von Typen zu freier Gestaltbarkeit fließend sei und die Beispiele mit den »exotischen« Formen oder der fünften Form eines lease nur der Veranschaulichung dienten, geht nicht an. Denn zum einen begegnet in der Rechtswirklichkeit ein numerus clausus stets nur dergestalt, dass die zulässigen Typen zahlenmäßig eng beschränkt und deutlich voneinander abgegrenzt sind. Zum anderen ist jedenfalls aus Sicht der Beteiligten der Unterschied groß, ob beliebig gestaltet werden kann oder eine bestimmte Form ausgewählt werden muss, verbleibt doch im letzteren Fall immer das Risiko, die Form zu verfehlen, sodass der Inhalt der nahe beieinander liegenden Typen mit wohl noch größerem Aufwand ermittelt werden muss. Hinzu kommt, dass Bekanntheitsgrad und weitere Formung der einzelnen Typen umso stärker abnehmen, je öfter Parteien eine nicht typisierte Gestaltung wählen. Kennen die Parteien aber die Typen nicht oder nicht gut, wird es selbst dann zu ausführlichen Verhandlungen kommen, wenn die Interessen der Parteien ohne Weiteres von einem Typ befriedigt würden. Insofern entsteht sehr wohl die von Hansmann/Kraakman (a.a.O.) lächerlich gemachte »confusion«. Auch deshalb ist es keineswegs »absurd« anzunehmen, dass durch die gerichtliche Anerkennung 32 33

A.  Unzulänglichkeit stark vereinfachender ökonomischer Modelle

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Form weitere Gestaltungen möglich sind, ist mithin sehr wohl von Einfluss auf die Kommunikation selbst zwischen den Parteien, die letztlich ein Geschäft über eine typisierte Form tätigen. b)  Kein strenger Zusammenhang zwischen Typizität und erleichterter Überprüfbarkeit In der Theorie verständlich, mit dem Befund aber nicht voll in Einklang zu bringen ist des Weiteren die Begründung, mit der dieser Ansatz Typizität als »Überprüfungsregel« einordnet. Durchaus nachvollziehbar und nicht ohne historisches Vorbild ist zunächst die Vorstellung, im Falle einer durch Register geschaffenen Publizität bedürfe es deshalb keiner Typizität, weil jedermann und mithin auch ein potentieller Erwerber den Inhalt von Rechten problemlos im Register nachlesen könne36 . Eine solche Argumentation entspricht vollkommen dem Informationsmodell, wie es seit einigen Jahrzehnten die ökonomische wie privatrechtliche Diskussion beherrscht37, allerdings bislang das Sachenrecht weitgehend ausgespart hatte. Der Befund legt jedoch nahe, dass Typizität durch Publizität nicht voll ersetzt werden kann 38 . So hat etwa im Immobiliarsachenrecht Deutschland trotz des vor langer Zeit eingeführten Grundbuchs an hoher Typizität festgehalten 39, sieht man von dem Intermezzo des Preußischen Allgemeinen Landrechts ab40 ; England hat seit der Einführung des land register sogar höhere Typizität erzielt41 ; auch die U. S. A. und selbst Frankreich mit seiner Urkundensammlung verleihen nicht beliebigen Rechten an bestimmter frei gestalteter Formen auch die Kosten der Parteien steigen, die eine andere – typisierte – Form begründen. 36   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S394 f. (2002); in diese Richtung auch Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 40–42 (2000); Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S.  559 f.; s. schon Fuchs, Das Wesen der Dinglichkeit, S.  60 f.; sympathisierend Ehrlich, Das zwingende und nichtzwingende Recht, S.  107; vgl. auch Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  244. 37   S. etwa Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970); Schwarcz, 2004 U. Ill. L. Rev. 1, 7 ff.; für Deutschland z. B. Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, S.  304–322, 413 ff.; Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S.  48 ff.; Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 362 f.; Grundmann, JZ 2000, 1133, 1135 ff.; ders., NJW 2000, 14, 17 f.; Merkt, Unternehmenspublizität, passim; ders., RIW 2003, Heft 12, Die erste Seite; ders., zfbf Sonderheft 55/06, 24 ff.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 303; Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S.  62–107; Eidenmüller, JZ 2004, 24, 27; Rehberg, in: Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, S.  284, insbes. 284–292; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, passim; allgemein zum Informationsmodell Schön, in: Festschrift für ClausWilhelm Canaris, S.  1191, 1193 ff.; Stürner, ebd., S.  1489 ff.; ders., Markt und Wettbewerb über alles?, S.  89 ff.; ders., AcP 210 (2010), 105, 125, 148. 38   Vgl. a. Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1629 (2008): »Despite [numerous technological and policy changes in the past half century that have lowered information costs relating to property transactions], however, the pace of innovation in the numerus clausus does not appear to be rapidly changing.« S. aber auch Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 40 (2000) mit einem Hinweis auf Literatur im England des 19. Jahrhunderts, der angesichts der oben (Kapitel 6 B) geschilderten Entwicklung als Beleg nicht sonderlich tragfähig erscheint. 39   Näher Kapitel 4 D II. 40   Näher Kapitel 4 C I 2, II 2. 41   Näher Kapitel 6 B I, C I.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

Immobilien durch Registrierung Drittwirksamkeit42 . Das Register des Art.  9 U. C. C. setzt voraus, dass es sich um eine Kreditsicherheit handelt, und verding­ licht die registrierte Sicherungsabrede nur insoweit, als die Regeln des Art.  9 U. C. C. noch Raum für individuelle Gestaltung lassen43 . Bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie den Wertpapieren des Warenverkehrs kann nicht schon durch die Festhaltung beliebiger Bestimmungen auf einem Papier deren Wirksamkeit für und gegen jeden Erwerber erreicht werden, obwohl die schriftliche Fixierung auf dem Papier Publizität schaffen würde44 . Es kommt also wohl nicht nur auf die Informationsmöglichkeit, sondern auch darauf an, dass die Information in bestimmter, einfacher Weise vermittelt werden kann45 . Sofern kein Register besteht, bringt die Rechtsordnung nach diesem Ansatz Typizität hervor, wobei weiter danach zu differenzieren sein soll, ob – etwa in Gestalt eines Kennzeichens – eine reduzierte Form von Publizität gegeben ist, der die Rechtsordnung eine Aussage über das Bestehen oder Nichtbestehen bestimmter Rechte entnehmen will. Liege eine solche reduzierte Form von Publizität vor, die Auskunft über das Bestehen oder Nichtbestehen eines bestimmten Rechts gibt, so greife Typizität dergestalt ein, dass der Inhalt des fraglichen Rechts fixiert sein müsse46 . Fehle es auch an einer solchen reduzierten Form von Publizität, bediene sich die Rechtsordnung ebenfalls der Typizität, nun aber, um das Recht mit feststehendem Inhalt47 entweder immer oder gar nie bestehen zu lassen48 , eventuell mit der Möglichkeit abweichender Vereinbarungen inter partes49. Diese Überlegungen, so nachvollziehbar sie auch sein mögen, entsprechen ebenfalls nicht dem Befund, wie er sich im Sachenrecht zeigt. Eine »reduzierte Form von Publizität« beziehungsweise ein »Kennzeichen« in diesem Sinne wäre dort zweifellos der Besitz. In der Tat schreibt nun die Rechtsordnung dem Besitz überall erhebliche Publizitätswirkungen zu50 . Weiter fehlt im Recht der beweglichen Sachen, für das der Besitz die größte Bedeutung hat, ein allgemeines Register. Schließlich zeichnet sich das Recht der beweglichen Sachen auch durch Typizität aus. Obwohl aber damit alle   Näher Kapitel 5 B II 3, Kapitel 7 A II 2.   Näher Kapitel 7 A II 2. Allerdings reklamieren Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S395 (2002), das Sicherheitenregister des Art.  9 U. C. C. als Beleg für ihren Ansatz; Armour, in: The Future of Secured Credit in Europe, S.  3, 27, sieht in Art.  9 U. C. C. ein »generic registration system« im Unterschied zu einem »specific registration system«, das wie das englische companies register eine Liste derjenigen Rechte vorsehe, die registriert werden können. 44   Zusammenfassend oben Kapitel 12 E I. 45   S. einstweilen nur Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 33, 43–45 (2000); Dagan, 91 Cal. L. Rev. 1517, 1566 (2003); näher sogleich unter B II. 46   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S390 (2002), wollen in diesem Fall auch andere als »standard-form rights« zulassen, allerdings nur dann, wenn sie in einer Urkunde festgehalten sind. Ist der Inhalt aber anderweitig fixiert und daher feststellbar, so entspricht die Situation eher der bei Bestehen eines Registers. 47   Dazu Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S386 m.Fn.  34, S388 (2002). 48   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S387 (2002). 49   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S388-S390 (2002). 50   S. nur Heck, Grundriß des Sachenrechts, §  3, 3 (S.  11): »Zeichenfunktion« des Besitzes; Müller, Besitzschutz in Europa, S.  240–242. 42 43

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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Elemente gegeben sind, die das Vorkommen von Typizität nach dem Ansatz von der Typizität als »verification rule« erklären sollten, kann dem Besitz gerade nicht mit Sicherheit entnommen werden, welches Recht der Besitzer innehat51 ; Publizität und Typizität erlauben also gerade nicht eine sichere Überprüfung der Rechtszuständigkeit an einer Sache52 .

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes Die soeben diskutierten ökonomischen Modelle halten zwar allesamt einer Überprüfung an den Befunden der vorangegangenen Untersuchung nicht voll stand. Insbesondere die Transaktionskostenökonomik weist jedoch mit den Informationskosten auf einen Gesichtspunkt hin, der bei der Erklärung von Typizität nicht außer Acht bleiben kann. Auch über die Frage der Information hinaus wird es weiter eine Rolle spielen, dass Typizität durch eine Kanalisierung auf einheitliche Formen die Suche nach dem nächstbesten Substitut gleichsam vorwegnimmt, nicht zuletzt aber auch Gleichbehandlung erreicht. Neben diesen formalen Aspekten spricht die Tatsache, dass sich schon vor gezielter internationaler Rechtsangleichung überall ähnliche Typen ausgebildet haben, diese Typen nur verhältnismäßig langsame Verwandlungen erfuhren und in ihrem Bestand selten durch das Verschwinden alter oder das Auftreten neuer Gestaltungen verändert wurden, für die Qualität der angebotenen Typen selbst. Als weitere materielle Erklärung bleibt schließlich die Missbilligung bestimmter Gestaltungen, wie sie im Befund in Gestalt der Erschwerung oder des Ausschlusses einzelner Formen oder in Gestalt eines Typenzwangs deutlich wurde. Erweisen sich diese vier Aspekte auch bei näherer Untersuchung als tragfähig und vermögen sie nicht nur die gesteigerte Typizität der Sachenrechte und der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs zu erklären, sondern sind sie auch unter Zuhilfenahme weiterer Überlegungen mit der auffallend geringen Typizität der Wertpapiere des Kapitalmarkts vereinbar, so können sie durchaus gemeinsam für das Aufkommen und den Fortbestand von Typizität verantwortlich sein. Ein solcher mehrdimensionaler Erklärungsansatz53 51   Vgl. auch Müller, Besitzschutz in Europa, S.  242: »[Die Rolle des Besitzes] beschränkt sich aber darauf, eine anderweitig vorgegebene Güterzuordnung möglichst effizient durchzusetzen .  .  .«. 52   Dies sehen in anderem Zusammenhang zwar auch Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S385 (2002); sie meinen aber, dass deshalb alle Rechtsordnungen Besitz durch andere »verification rules« ergänzt hätten. 53   Die »pluralistische« Erklärung des sachenrechtlichen numerus clausus durch Davidson (61 Vand. L. Rev. 1597, 1636 ff. [2008]) geht wohl in eine etwas andere Richtung: Für Davidson schafft der numerus clausus eine »regulatorische Plattform«, mit deren Hilfe der Staat im Sachenrecht verschiedene öffentliche Interessen verfolgt. Ob unter diese öffentlichen Interessen auch die hier im Folgenden diskutierten Aspekte der Reduktion von Informationskosten und der Kanalisierung auf bestimmte Typen fallen und fallen können, wird nicht recht deutlich; eher skeptisch ist Davidson jedenfalls gegenüber einem materiellen Argument wie dem der Qualität der

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

erscheint schon deshalb naheliegend, weil kaum anzunehmen ist, dass in verschiedenen Bereichen, in unterschiedlichen Rechtsordnungen und über derart lange Zeit Typizität allein aus einem einzigen, immer gleichen Grund rechtliches Strukturprinzip sein sollte. Das Nebeneinander mehrerer Erklärungen ist zweifellos stabiler, beinhaltet es doch die Möglichkeit, dass das Schwergewicht der Rechtfertigung von Typizität in verschiedenen Bereichen und Rechtsordnungen und zu verschiedenen Zeiten anders liegen kann, ohne zur Aufgabe des Strukturprinzips zu nötigen. Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass der seit langem in der deutschen und mittlerweile auch in der U. S.-amerikanischen Literatur ausgetragene Streit, ob der sachenrechtliche Typenzwang allein der Rechtsklarheit und Rechtsvereinfachung dient und sich damit lediglich formell rechtfertigt oder ihm eine materielle Aussage über die gerechte Güterzuordnung innewohnt54 , neben der Sache liegen dürfte55 . Die Betonung eines einzelnen Aspekts ist sicher jedermann unbenommen. Es kann aber nicht angehen, aus Gründen gedanklicher Reinheit andere, ebenfalls zur Erklärung geeignete Aspekte zu leugnen oder kleinzureden, wie dies in der literarischen Debatte vielfach geschieht. Denn das geltende Recht ist nicht nur keine ökonomische, sondern auch keine rechtstheoretische oder rechtsphilosophische Modellwelt, sondern eine Lebensordnung, die angesichts einer komplexen Wirklichkeit nicht auf einem einzigen einfachen, klaren und reinen Gedanken beruhen kann. Wenn im Folgenden vier Gründe diskutiert werden, die das Aufkommen und den Fortbestand von Typizität erklären, so sollen diese demgemäß nicht als abschließend verstanden werden. Im Gegenteil spielen gewiss noch weitere Gründe wie etwa die Pfadabhängigkeit und nicht zuletzt der Zufall eine Rolle. Die vier ausgewählten Gründe scheinen aber angesichts des Befunds doch ein besonders starkes Gewicht zu haben, weshalb sie näherer Behandlung würdig sind. Dies vorausgeschickt, liegt im Folgenden das Augenmerk darauf, dass Typizität bewährte Typen zur Verfügung stellt und so vor den Nachteilen fehlerhaft ausgestalteter Positionen schützt, dass Typizität in vielfacher Hinsicht die Informationskosten aller Beteiligten reduziert, dass die durch Typizität bewirkte Kanalisierung auf vorgegebene Gestaltungen verschiedene positive Wirkungen mit sich bringt und schließlich dass Typizität auch Ergebnis einer dezidierten Entscheidung der Rechtsordnung sein kann, bestimmte Formen zu missbilligen.

fixierten Typen, wohingegen nach seinem Ansatz ohne Weiteres die Missbilligung bestimmter Gestaltungen als öffentliches Interesse angesehen werden könnte. 54   Für einen Überblick zu Deutschland Stürner, AcP 194 (1994), 265, 276 f.; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  244 ff. m. w. N.; zu den U. S. A. Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1624 ff. (2008) m. w. N. 55   So schon Stürner, AcP 194 (1994), 265, 276.

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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I.  Qualität der angebotenen Typen Typizität wird nur dann dauerhaft Zustimmung finden, wenn die angebotenen Typen in einer Vielzahl von Fällen den Interessen aller Beteiligter gerecht werden. Das Vorhandensein von Typen spricht daher schon seinerseits für deren Wertschätzung seitens der Rechtsgemeinschaft. 1.  Funktionsweise Je häufiger bestimmte Gestaltungen tatsächlich verwandt werden, desto häufiger müssen sie sich in der Rechtswirklichkeit bewähren und desto vielfältiger sind die Situationen, in denen sie auf die Probe gestellt werden. Dabei kommt es zunächst darauf an, dass eine Gestaltung wirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist. Hierher gehört im Sachenrecht nicht zuletzt die Vermeidung einer zeitlichen oder inhaltlichen Fragmentierung, die die Rückkehr zu einfachen Formen gerade wegen der Art der Rechte der mehreren Beteiligten erschwert 56 . Des Weiteren muss die Gestaltung vor Gerichten und Behörden Bestand haben, und zwar zwischen den Parteien wie auch im Verhältnis zu Dritten. Schließlich bedarf jede Gestaltung auch einer gewissen tatsächlichen, »gesellschaftlichen« Akzeptanz. Denn einer Gestaltung, die zwar rechtlich zulässig ist, aber als ungerecht empfunden wird, haftet ein Makel an, der schon ihrer Begründung, vor allem aber ihrer Weiterübertragung entgegenstehen kann und daher ihre Brauchbarkeit mindert57. Sollte eine Gestaltung diese Bewährungsproben wiederholt nicht bestehen, wird dies jedenfalls nach einiger Zeit über die unmittelbar Betroffenen hinaus bekannt. Die Praxis wird dann diese Gestaltung nicht mehr wählen und, wo ihr das möglich ist, durch eine Veränderung selbst Abhilfe schaffen oder aber auf den Gesetzgeber oder die sonstige Stelle, die den Typ geschaffen hat, Einfluss zu nehmen versuchen,

56   Vgl. Ellickson, 102 Yale L. J. 1315, 1374 (1993); Heller, 111 Harv. L. Rev. 621, 640, 688 (1998); ders., 108 Yale L. J. 1163, 1176–1178 (1999). Bei Personenmehrheiten sieht das Recht Mechanismen zur Konfliktlösung und notfalls deren Beendigung vor (z. B. §§  741 ff., 1008 ff. BGB; vgl. auch die Organisation der Schuldverschreibungsgläubiger [Kapitel 11 C VI 1]). Könnten hingegen dingliche Belastungen in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht passgenau auf Einzelsituationen zugeschnitten werden, ließen sie sich nach einer Änderung dieser Situation nicht mehr sinnvoll verwenden, sondern nur noch als Druckmittel zur Verhinderung einer optimalen Sachnutzung einsetzen, ohne dass dem anders als mithilfe des allgemeinen Missbrauchsverbots beizukommen wäre. Die Überlegung, der sachenrechtliche numerus clausus lasse sich nicht mit der Verhinderung unwirtschaftlicher Fragmentierung rechtfertigen, da eine Fragmentierung in Form von Bruchteilsberechtigungen weiter möglich sei (so Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 52 [2000]; Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S418 [2002]), überzeugt daher nicht. 57   Vgl. schon zur Funktion des dispositiven Rechts, für einen gerechten und zweckmäßigen Ausgleich der Parteiinteressen Sorge zu tragen, Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  129–131 m.Nw. Seit dem Aufstieg der Behavioral Economics ist dieser Gedanke auch in Teilen der Wirtschaftswissenschaft wieder salonfähig, vgl. nur Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stanford L. Rev. 1471, 1479, 1493 ff. (1998); deutschsprachig Eidenmüller, JZ 2005, 216, 219; zum bekannten »ultimatum game« grundlegend Güth/Schmittberger/Schwarze, 3 J. Econ. Beh. Org. 367, 373 ff. (1982); aus jüngerer Zeit Henrich et al. (Hrsg.), Foundations of Human Sociality, passim.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

um eine Veränderung zu erreichen58 . Eine solche Selbstkorrektur des Systems ist insbesondere dort zu erwarten, wo unabhängige Spezialisten in die entsprechenden Transaktionen einbezogen sind, wie dies im deutschen Grundstücksrecht und teilweise auch im – für Wertpapieremissionen unter Umständen bedeutsamen – deutschen Gesellschaftsrecht mit dem Notar der Fall ist59. Die angebotenen Typen dürften daher regelmäßig schon von selbst grundlegenden Gerechtigkeitsanforderungen sowie allen wichtigen wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht werden60 . Der geschilderte Mechanismus mag zwar gelegentlich versagen und einen Typ gar nicht oder in die falsche Richtung weiterbilden; auch mag er gelegentlich nicht schnell genug funktionieren. Dennoch wird man nicht zuletzt angesichts des Befunds insgesamt davon ausgehen dürfen, dass infolge dieses Mechanismus’ die Qualität der zur Verfügung stehenden Typen regelmäßig überprüft wird und tendenziell eher steigt 61, sich während zwischenzeitlicher Störungen aber das Festhalten an Typizität jedenfalls durch andere Aspekte erklärt. 2.  Wirkungen Die Wahl einer Gestaltung, deren Funktionsfähigkeit feststeht und die bereits vielfach erprobt wurde, gibt den Beteiligten ein hohes Maß an Sicherheit darüber, dass sich die gewählte Gestaltung in dem erwarteten Sinne verhalten werde und eventuell wichtige Nebenregelungen enthalten sind62 . Andersherum ausgedrückt, schützt die Wahl eines Typs die Erwartungen der Parteien an grundsätzliche Funktionsfähigkeit und interessengerechte Gestaltung. Das im Falle individueller Gestaltung immer verbleibende Restrisiko, eine gänzlich unwirksame oder doch 58   Vgl. vom Standpunkt des Legal Realism aus Dagan, 91 Cal. L. Rev. 1517, 1558 (2003): »[The forms of property] are subject to ongoing normative (and properly contextual) reevaluation and possible reconfiguration.« 59   Näher §§  873 ff., 925 BGB, §  29 GBO sowie §§  23, 130 i. V. m. §§  179, 182 ff. AktG. 60   Vgl. Stürner, AcP 194 (1994), 265, 275 mit Hinweis darauf, dass die Typen in weniger abstrahierenden Rechtsordnungen darüber hinaus die volle inhaltliche Abgrenzung von Freiheitsräumen übernehmen können. 61   In diese Richtung auch Ehrlich, Das zwingende und nichtzwingende Recht, S.  104 f.; Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  245 ff.; Dagan, 91 Cal. L. Rev. 1517, 1559 (2003): »Ideally, the existing property configurations both construct and reflect the optimal interactions among people in given categories of relationships and with respect to given categories of resources«; zu den Vertragstypen z. B. Colin/Capitant, Cours élémentaire de droit civil français II, S.  274: ».  .  . règles qui, .  .  ., étant le résultat de l’expérience des siècles, se trouvent le plus souvent tellement bien adaptées à la plupart des situations contractuelles pour lesquelles elles sont faites, que les parties ne font que les reproduire, lorsqu’elles prévoient elles-mêmes et précisent tous les effets de leur convention«. Vgl. allgemein auch Binder, Regulierungsinstrumente und Regulierungsstrategien im Kapitalgesellschaftsrecht, S.  312 ff. Diese Überlegung bedeutet nicht notwendigerweise eine volle Übernahme der Theorie der kulturellen Evolution von Hayeks (zur Diskussion z. B. Holl, Wahrnehmung, menschliches Handeln und Institutionen, S.  92 ff. m.Nw.). Denn der rechtliche Inhalt übertragbarer Güter lässt sich leichter isolieren und ist dadurch einer – insbesondere auch bewussten – Evolution besser zugänglich als andere, kompliziertere Normengeflechte. 62   Vgl. zur Erwartungssicherheit etablierter Kompatibilitätsstandards Economides/Siow, 78 Am. Econ. Rev. 108, 118 (1988); Wey, Marktorganisation durch Standardisierung, S.  46.

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ungeeignete oder unvollständige Gestaltung geschaffen zu haben, die dann den Rechtsverkehr über längere Zeit erschwert 63 , besteht bei der Wahl eines Typs in viel geringerem Maße. Ist der Typ vom Gesetzgeber oder der Rechtsprechung geprägt, so ist selbst im Falle einer späteren, grundlegenden Rechtsänderung mit einem Schutz des Vertrauens in die bisherige Rechtslage durch Übergangsregelungen oder nach allgemeinen Grundsätzen zu rechnen64 ; handelt es sich um eine rein private, aber doch bekannte Typenbildung, so werden sich Gesetzgeber und Richter ebenfalls kaum der Tatsache verschließen können, dass es eine Vielzahl parallel liegender Fälle gibt65 .

II.  Reduzierung von Informationskosten Informationskosten sind zum einen unmittelbare monetäre Einbußen, die die Beschaffung von Information verursacht, wie beispielsweise Entgelte für den Bezug von Literatur oder die Nutzung von Kommunikationsmitteln, zum anderen mittelbare Kosten, wie insbesondere der für die Informationsbeschaffung, -verarbeitung und -prüfung erforderliche Zeitaufwand66 . Schon dank der Tatsache einer Festlegung überhaupt, regelmäßig aber auch dank der Qualität dieser Festlegung, vermag Typizität diese Kosten zu reduzieren. 1.  Funktionsweise Herkömmlicherweise konzentriert sich die Untersuchung von Informationskosten auf die Kosten, die für die Einholung von Informationen über äußere Umstände entstehen. Im vorliegenden Zusammenhang sind als äußere Umstände vor allem die verschiedenen Rechtspositionen Dritter anzusehen. Richtigerweise muss erster Schritt aber die zutreffende Kenntnis der eigenen Situation sein. In vielen Zusammenhängen lässt sich erst auf dieser Grundlage beurteilen, welche Informationen über äußere Umstände von Interesse sind. Kenntnis über die eigene Situation kann aber ebenfalls nicht erlangt werden, ohne dass Informationskosten entstehen. Typizität erleichtert nun sowohl die Information über die eigene Situation, als auch die Information über die Situation Dritter. In beiden Fällen ist Information für das Halten ebenso wie den Austausch von Gütern von Vorteil. a)  Information über die eigene Situation Information über die eigene Situation spielt als Information über den eigenen Bestand und als Information über den eigenen Bedarf eine Rolle.

  Vgl. Stürner, AcP 194 (1994), 265, 276.   S. nur Heß, Intertemporales Privatrecht, S.  13 ff., 290 ff. 65   Vgl. für Schuldverträge Fairfield, 58 Emory L. J. 1401, 1441–1444, 1445–1451 (2009). 66   Vgl. nur Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 594 f. (1984). 63

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

aa)  Information über den Bestand Nur wer weiß, welchen Inhalt die ihm zustehenden Wirtschaftsgüter haben, kann überhaupt in der Lage sein, diese optimal zu nutzen, die Wahrung seiner Position zu kontrollieren und gegebenenfalls seine Position auch zu verteidigen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich ihrer tatsächlichen, sondern auch hinsichtlich ihrer rechtlichen Merkmale 67. Der Inhaber eines beschränkten dinglichen Rechts, beispielsweise eines Wegerechts, kann dieses nur optimal nutzen, wenn er dessen Umfang kennt, also etwa weiß, dass ihm die Zufahrt auf sein dahinterliegendes Grundstück nicht nur mit Pferdewagen, sondern auch mit Kraftfahrzeugen gestattet ist und er deshalb auf seinem Grundstück einen dringend benötigten Stellplatz einrichten kann68 ; der Erwerber eines Wechsels zieht aus diesem nur dann vollen Nutzen, wenn ihm bekannt ist, dass er im Falle der Nichtzahlung des Bezogenen beim Aussteller und seinen Vormännern Regress nehmen und seine Ansprüche gegebenenfalls in einem schnellen Verfahren durchsetzen kann69, er also die hierdurch reduzierte Ausfallwahrscheinlichkeit sowie Kosten und Dauer der Rechtsdurchsetzung richtig bestimmt und unnötige Rückstellungen unterlässt; der Inhaber einer stimmrechtslosen Vorzugsaktie wird bei Nichtzahlung des versprochenen Vorzugs sein Stimmrecht nur wahrnehmen und so die Geschicke des Unternehmens in seinem Sinne mitbestimmen, wenn er von dem Aufleben des Stimmrechts70 weiß. Ebenso kann der Inhaber eines Rechts dieses nur bei Kenntnis von dessen genauem Umfang effektiv kontrollieren und verteidigen, also beim Wegerecht zum Beispiel darauf achten, dass die Durchfahrtsbreite seines Weges nicht durch eine zu enge Bebauung beschnitten wird71, beim Wechsel zum Beispiel seine Forderung gegen einen insolventen Regressschuldner durch Anmeldung schützen72 und bei der Vorzugsaktie, deren Stimmrecht aufgelebt ist, Beschlüsse rechtzeitig anfechten, die unter Verletzung seines Stimmrechts zustande gekommen sind73 . Um über den eigenen Bestand Kenntnis zu erlangen, muss der Inhaber einer Rechtsposition sich die erforderlichen Informationen beschaffen und diese zutreffend verarbeiten. Hierbei bietet Typizität Kostenvorteile, wenn die Beschaffung und Verarbeitung von Information über eine typisierte Rechtsposition weniger Kosten verursacht, als die Beschaffung und Verarbeitung von Information über eine nicht typisierte Rechtsposition. Insofern ist zunächst festzuhalten, dass Kostenvorteile außer Frage stehen, sofern man unterstellt, dass es für den Aufwand der Informationsbeschaffung und 67   Vgl. Buchanan, The Limits of Liberty, S.  10: »Equipped with [a] set of rights, informed about them, and similarly informed about the rights held by others, the individual is in a position to initiate agreements with other persons, to negotiate trades, or, in more general terms, to behave as a free man in a society of men.« (Hervorhebung hinzugefügt). 68   Näher Stürner, in: Soergel, BGB, §  1018 Rn.  9, 15 m.Nw. 69   Art.  43 WG. 70   Vgl. §  140 Abs.  2 AktG. 71   Vgl. §§  1027, 1004 BGB. 72   Vgl. RG, Urteil vom 5. Dezember 1883, I. 391/83, RGZ 11, 18. 73   Vgl. §§  245 Nr.  2, 246 AktG.

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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-verarbeitung nicht darauf ankommt, ob sich die Information auf eine typisierte oder eine nicht typisierte Rechtsposition bezieht. Denn dann verursacht die Information über den Typ jedenfalls keine größeren Kosten als die Information über eine individuell ausgestaltete Rechtsposition; die Information über den Typ ist aber bei gutem Erinnerungsvermögen nur ein einziges Mal vonnöten, während die Information über eine individuell ausgestaltete Rechtsposition jedes Mal neu eingeholt und verarbeitet werden muss. Der Kostenvorteil von Typizität beruht hier also auf einem klassischen Skaleneffekt74 . Der Annahme, der Aufwand der Informationsbeschaffung und -verarbeitung sei derselbe, gleichviel ob es sich um eine typisierte oder eine nicht typisierte Position handle, könnte man nun zwar entgegenhalten, dass die Parteien in einem System ohne Typizität stets eine die gesamte Information enthaltende Urkunde errichten oder einen Registereintrag veranlassen würden. Dort wären dann alle Informationen an einem Ort gesammelt festgehalten, sodass sie nicht erst aus Gesetzen und gegebenenfalls richterlichen Entscheidungen zusammengesucht werden müssten. Indessen können sich auch für ansonsten nicht näher typisierte Rechtspositionen gewisse Grenzen aus Gesetz und Rechtsprechung ergeben. Ganz ohne einen diesbezüglichen Rechercheaufwand ist daher keine sichere Information zu erlangen. Typizität erleichtert aber das Auffinden der einschlägigen Regelungen und Entscheidungen. Hinzu kommt, dass Typizität eine gewisse »Hintergrundkenntnis« schafft, die ihrerseits das Auffinden präziserer Information erleichtern und die Informationsverarbeitung verbessern kann. Denn die rechtliche Behandlung bestimmter Güter tritt regelmäßig nicht nur gegenüber den unmittelbar Beteiligten zutage, sondern wird auch von einer Vielzahl weiterer Personen direkt oder durch Vermittlung Dritter zur Kenntnis genommen. Zeigt sich hier eine gewisse Einheitlichkeit, so hat dies einen Lerneffekt zur Folge, der in vergleichbaren Fällen berechtigte Erwartungen und damit – gemeinsam mit eigenen Erfahrungen – eine gewisse Orientierungssicherheit75 erzeugt, zum gezielten Nachforschen anregt und den Umgang mit entsprechender Information vereinfacht. Für diese aus beiläufigem Erfahren entstandene »Hintergrundkenntnis« fallen keinerlei zusätzliche Kosten an. Von alldem abgesehen, unterscheidet sich eine typisierte von einer untypisierten Rechtsposition auch dadurch, dass im Falle von Typizität die Informationskosten über den Lauf der Zeit veränderlich sind, regelmäßig aber sinken, während dies ohne Typizität nur ausnahmsweise vorkommen wird. Hintergrund ist, dass selbst bei einer bis in Einzelheiten streng typisierten oder von den Parteien ausgeformten Rechtsposition noch Unklarheiten verbleiben. Deren zwischenzeitliche Behandlung und eventuell deren Klärung durch Literatur und Rechtsprechung ist umso wahrscheinlicher, je mehr derartige Rechtspositionen anzutreffen sind und damit   Vgl. Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 615 (1984).   R. Liebs, AcP 175 (1975), 1, 26 f., 34–36.

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Gegenstand literarischer oder gerichtlicher Befassung sein können. Typizität führt nun gerade dazu, dass sich die Zahl gleichartiger Rechtspositionen erhöht, dementsprechend auch eher mit der Erörterung und Klärung verbliebener Fragen gerechnet werden kann. Bei nicht typisierten Positionen mögen zwar ebenfalls einzelne Fragen erörtert und geklärt werden, allein die Übertragbarkeit der erörterten oder gefundenen Lösungen auf die konkrete Konstellation bleibt doch – vom Zufall einer ganz ähnlichen oder gar identischen Gestaltung abgesehen – noch immer fraglich. Eine nachträgliche Verringerung der Informationskosten in nennenswertem Umfang ist daher allein bei Typizität zu erwarten. bb)  Information über den Bedarf Nur wer seinen eigenen Bedarf kennt, kann sich die Wirtschaftsgüter beschaffen, die er zur Befriedigung dieses Bedarfs benötigt, und die Beschaffung anderer, nicht benötigter Wirtschaftsgüter unterlassen, um nicht nutzlos Ressourcen zu binden. Auch diese Aussage ist wiederum nicht nur für die tatsächlichen, sondern auch die rechtlichen Merkmale von Wirtschaftsgütern zutreffend. Um die Zufahrt zu einem Grundstück zu sichern, dem der Anschluss an das öffentliche Straßennetz fehlt, ist die Bestellung eines Wegerechts an den dazwischenliegenden Grundstücken und nicht die Bestellung einer – als Druckmittel zur Ergänzung einer schuldrechtlichen Abrede allemal einsetzbaren76 – Grundschuld Mittel der Wahl; um Kapital anzulegen, das zu einem bestimmten Zeitpunkt in voller Höhe zurückgezahlt werden und bis dahin Zinsen tragen soll, bietet sich eher eine Schuldverschreibung als eine im Kurs schwankende Vorzugsaktie mit entsprechender Vorzugsdividende an; für ein Grundpfandrecht haften nach heutiger deutscher Vorstellung sinnvollerweise Zubehörstücke mit, um im Falle der Vollstreckung die wirtschaftliche Einheit, die den Wert des Grundstücks ausmacht, zu erhalten77. Andererseits braucht derjenige, dem nur an der Zufahrt zu seinem Grundstück gelegen ist, nicht das Eigentum an den dazwischenliegenden Grundstücken zu erwerben, würde ihn dies doch regelmäßig weit mehr kosten, ohne dass er von den Nutzungsmöglichkeiten, die über die Zufahrt hinausgehen, profitieren würde; derjenige, der einen ihm geschuldeten Betrag nicht sofort benötigt, sondern den Betrag ohnehin auf drei Monate bei einem Dritten anlegen würde, braucht nicht auf einen sofort zahlbaren Scheck zu bestehen, sondern kann sich mit einem Dreimonatswechsel auf einen Bezogenen gleicher Bonität wie der Dritte begnügen und damit seinem Schuldner entgegenkommen, was dieser wiederum in Form einer höheren Wechselsumme honorieren könnte; der Grundpfandgläubiger kann 76   Vgl. Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  145 f.; s. a. Stürner, AcP 194 (1994), 265, 284 f. 77   Für Deutschland §§  1120–1122 BGB; Baur/Stürner, Sachenrecht, §  39 Rn.  2 f. (S.  513); Kollhosser, JA 1984, 196, 198; Ehrlich, Das zwingende und nichtzwingende Recht, S.  109–112 (mit Hinweis auf die »atomistische« Auffassung des römischen und des gemeinen Rechts), 118 f., 158 f.; deutlich enger in England, vgl. Holland v. Hodgson, (1872) L. R. 7 C. P. 328, 334 f.; Rink, Die Sicherheit von Grundpfandrechten in Deutschland und England, S.  8 0–84 (mit der Erklärung, dass sich der Sicherungsgeber in England mit einer floating charge behelfen könne).

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auf Zubehörstücke, die im Rahmen ordnungsgemäßer Wirtschaft vom Grundstück entfernt wurden, berechtigterweise nicht mehr zugreifen78 , sind diese doch offenbar nicht mehr Teil der ihm haftenden wirtschaftlichen Einheit, zugleich braucht er die Zubehörstücke aber nicht gesondert zu erwerben und zu übertragen, wenn er das Grundstück gewinnbringend versteigern lassen will79. Weiter kann der Eigentümer, der auch im eigenen Interesse einen Weg unterhält, durch Einräumung eines Wegerechts aus seinem Grundstück größere Vorteile ziehen, ohne durch den Verzicht auf das Recht, dem Nachbarn die Durchfahrt zu untersagen, Nachteile zu erleiden; der zur Begebung eines Wertpapiers bereite Unternehmer, der kurzfristigen Kredit benötigt, dabei aber Forderungen mindestens gleicher Höhe gegen einen Dritten hat, wird in der Regel besser auf diesen einen Wechsel ziehen anstatt eine Schuldverschreibung zu begeben, deren Befriedigung aus den vom Dritten eingezogenen Mitteln erfolgen soll; der Grundstückseigentümer, der Zubehörstücke im Rahmen ordnungsgemäßer Wirtschaft veräußert und entfernt, erhält seine eigene Zahlungsfähigkeit ebenso wie den Wert des Grundstücks. Auch insoweit erleichtert Typizität die Informationsbeschaffung, wobei hier nicht die Tatsache vereinheitlichender Festlegung allein, sondern auch die Qualität dieser Festlegung eine Rolle spielt. Denn einerseits muss derjenige, der einen bestimmten Bedarf ausgemacht hat, nicht selbst ermitteln, welche Rechtsposition eine optimale Befriedigung seines Bedarfs verspricht, sondern kann sich vielmehr auf ein typisiertes Institut verlassen, in dessen Entstehung und weitere Ausformung die Erfahrungen zahlloser anderer Wirtschaftsteilnehmer eingeflossen sind80 . Andererseits muss derjenige, der zum völligen oder teilweisen Verzicht auf eine von ihm bislang gehaltene Rechtsposition bereit ist, nicht selbst herausarbeiten, auf welche Rechte er verzichten kann und welche Rechte er in jedem Fall behalten sollte; derjenige, der zur Begebung eines Wertpapiers bereit ist, muss nicht selbst bestimmen, welche Rechte er ohne größere Bedenken dem Wertpapiererwerber einräumen kann und welche Rechte für ihn mit großer Wahrscheinlichkeit eine zu große Belastung darstellen würden. Vielmehr steht auch insoweit wieder ein typisiertes und daher in ebendieser Form vielfach erprobtes und bewährtes Institut zur Verfügung, das die Informationskosten umso stärker reduziert, je genauer es den Typ fixiert. Die »geronnene Weisheit« des Typs81 ist es also, die den Überlegungsaufwand verringert, der ansonsten zur Vermeidung eines Zuviel oder Zuwenig an übertragenen oder erworbenen Rechten erforderlich wäre.

  §  1122 Abs.  2 BGB; s. dazu soeben Fn.  77.   Vgl. §§  9 0 Abs.  2, 55, 20 Abs.  2 ZVG, §§  1120 ff. BGB. 80   Vgl. für standardisierte Schuldverträge Fairfield, 58 Emory L. J. 1401, 1437 f. (2009). 81   Vgl. aus Sicht des Legal Realism auch Dagan, 91 Cal. L. Rev. 1517, 1558 (2003): »Existing property forms represent an accumulated judicial experience that is worthy of respect.« 78

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

b)  Information über die Situation Dritter Die Kosten einer Information über die Situation Dritter sind die »klassischen« Informationskosten, die auch die Transaktionskostenlehre sieht82 . Insoweit interessieren ebenfalls wieder der Bestand und der Bedarf. aa)  Information über den Bestand Kenntnis von dem, was einem Dritten zusteht, ist zum einen zur Vermeidung von Verletzungen fremder Positionen von Bedeutung, zum anderen zur Überprüfung, ob ein Dritter tatsächlich Inhaber einer bestimmten Position ist, deren vollständige oder teilweise Übertragung in Frage steht. Eine Verletzung fremder Positionen ist im Sachenrecht besonders anschaulich. Man könnte zwar denken, die Information über den Bestand Dritter falle mit der Information über den eigenen Bestand zusammen, weil immer dann, wenn etwas nicht zum eigenen Bestand zählt, jede Nutzung oder sonstige Einwirkung zu unterbleiben habe 83 ; gesonderte Informationskosten entstünden deshalb nicht. Bei näherer Betrachtung zeigt sich jedoch, dass ein solcher Schluss zu kurz greift. So kann eine Nutzung oder Einwirkung auch kraft eines schuldrechtlichen Vertrags84 wie beispielsweise eines Mietvertrags oder einer Verkaufskommission, also ohne Übertragung einer entsprechenden dinglichen Position85 , gestattet werden; die Gestattung muss jedoch durch den Berechtigten erfolgen, wenn ihre Ausübung keine unzulässige Einwirkung auf die Rechte eines Dritten darstellen soll. Daher sind über die Berechtigung des Gestattenden Informationen einzuholen oder müssen doch so leicht zu erlangen sein, dass eine Täuschung wenig aussichtsreich erscheint. Darüber hinaus kann der Rechtsinhaber eine Verletzung seiner Position besser verhindern, wenn er die Information über seine Rechtsposition dem potentiellen Täter und einem Richter, der über eine Unterlassungsklage oder einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz zu befinden hat, schnell und ohne Schwierigkeiten vermitteln kann. Schließlich muss sich dann, wenn eine Verletzung erfolgt ist, für den Verletzer und gegebenenfalls dessen Haftpflichtversicherer, aber in letzter Konsequenz auch den Richter feststellen lassen, wem die verletzte Position zustand, an wen also Schadensersatz zu leisten ist86 . Analog kann im Wertpapier  Dazu soeben unter A III 2.   In diesem Sinne Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S411 (2002) sowie Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  245. 84   Die gesetzliche Gestattung bestimmter Einwirkungen (s. z. B. §  9 06 BGB) knüpft regelmäßig an die Einwirkung selbst an, ist hingegen unabhängig von dem Inhalt eines Rechts, weshalb insoweit Typizität keinen Vorteil bringt. 85   Der Mietvertrag mag zwar in einer Rechtsordnung auch »dinglich« verstanden werden; jedenfalls aber sind einzelne, nicht auf Dauer gerichtete Gestattungen nirgends dinglich gedacht. 86   Entsprechendes gilt im Vorfeld einer Verletzung für die Aktivlegitimation im Hinblick auf einen Unterlassungsanspruch nur dann, wenn man nicht annimmt, es könne demjenigen, der weiß, dass er nicht Rechtsinhaber ist, egal sein, wer ihn zur Unterlassung bringt; egal wäre dies dann nicht, wenn der auf Unterlassung in Anspruch Genommene glaubt, ihm sei die fragliche Nutzung oder Einwirkung schuldrechtlich vom wahren Berechtigten gestattet worden. In jedem Fall verbleibt die Notwendigkeit, dass sich ein Richter über die genaue Rechtszuständigkeit 82 83

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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recht eine Verletzung fremder Positionen darin bestehen, dass ein in dem Papier verbrieftes Recht nicht geachtet wird. Soweit die Verletzung seitens des Emittenten bzw. seines Insolvenzverwalters droht oder erfolgt ist, beruht sie zugleich auf mangelnder Kenntnis der eigenen Rechte und Pflichten. In Betracht kommt aber auch eine Verletzung seitens Dritter, etwa seitens der Mitaktionäre oder der Mitgläubiger einer Anleiheemission, die unter Verkennung der geschützten Position eines einzelnen Aktionärs oder Gläubigers diesem nachteilige Beschlüsse fassen87. Im Übrigen muss auch in solchen Fällen unter Umständen ein Richter die Positionen der Beteiligten bestimmen. Auf die Notwendigkeit einer Überprüfung der Position eines Dritten zum Zwecke der Feststellung, ob die fragliche Position auch tatsächlich von diesem erlangt werden kann, hat insbesondere die Lehre von der Typizität als Überprüfungsregel zu Recht hingewiesen88 . Insofern ergeben sich keine Unterschiede zwischen Sachenrecht und Wertpapierrecht. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Fälle, in denen ein rechtsgeschäftlicher Erwerb in Frage steht. Vielmehr kann sich diese Frage auch für Vollstreckungsgläubiger stellen, die – wollen sie die Kosten erfolgreicher Rechtsbehelfe eines Dritten vermeiden – vor einem Zugriff prüfen müssen, ob die Position, in die vollstreckt werden soll, tatsächlich dem Vollstreckungsschuldner zusteht; auch ein die Vollstreckung betreibendes Zentralorgan bzw. ein Insolvenzverwalter sind mit dieser Prüfung belastet. Wo zur Erleichterung der Vollstreckung Vermutungen greifen89 oder sonst eine vorherige Prüfung nicht stattfindet, verlagert sich der Informationsbedarf in eine nachträgliche richterliche Prüfung90 . Die Beschaffung von Information über den Bestand Dritter ist wiederum erleichtert, wenn die fragliche Position des Dritten typisiert ist. Denn dann ist in der Information, dass dem Dritten eine bestimmte typisierte Position zusteht, zugleich auch eine Information über den Inhalt dieser Position enthalten, soweit die Typisierung reicht; wo Typizität die Form des Typenzwangs annimmt, muss zudem nur nach einem begrenzten Kreis eventuell störender Rechte Dritter gefragt werden91. Wertvoll ist die Information über eine typisierte Position dabei nicht allein dann, wenn sie – wie etwa eine selbst in Augenschein genommene Registereintragung bei positiver Registerpublizität92 – aus erster Hand stammt und in Kenntnis verschafft. Die Bedeutung der Information über den Bestand Dritter für die »Aufteilung der deliktischen oder negatorischen Anspruchsberechtigung« sieht zwar auch Schön, Der Nießbrauch an Sachen, S.  245. Er misst dieser aber ohne nähere Überlegungen kein Gewicht bei. 87   Vgl. insbes. §  246a Abs.  4 Satz 2 AktG, ggf. i. V. m. §  20 Abs.  3 Satz 4 SchVG. 88   Dazu oben A IV. 89   S. z. B. §  1362 BGB i. V. m. §  739 ZPO (Eigentums- und Gewahrsamsvermutung bei Ehegatten); s. a. §§  808 f. ZPO (Gewahrsam für Zwangsvollstreckung in bewegliche Sachen ausreichend). 90   §§  771, 805 ZPO, §§  47–52 InsO. 91   Vgl. Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 26–34 (2000); ihnen folgend z. B. Fairfield, 58 Emory L. J. 1401, 1416–1419 (2009). 92   S. nur §§  892 f. BGB.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

höchstem Maße verlässlich ist. Sie kann vielmehr auch in Fällen von Bedeutung sein, in denen sie sich lediglich aus Indizien speist, diese aber gerade aufgrund der Typizität den Schluss auf das Bestehen eines bestimmten typisierten Rechts zulassen und so wiederum Rückschlüsse auf die Beantwortung von Einzelfragen erlauben, die sich unmittelbar noch gar nicht manifestiert haben. So gibt die Information darüber, dass der Dritte Inhaber einer erstrangigen Grundschuld über einen Betrag von 1 Mio. Euro ist, nicht nur Auskunft über den maximalen Umfang der Haftung des Grundstücks93 , sondern beispielsweise auch darüber, auf welche weiteren Gegenstände sich die Grundschuld erstreckt94 , unter welchen Umständen der Grundschuldgläubiger Einwirkungen auf das Grundstück und das mithaftende Zubehör abwehren kann95 und welche Einreden aus dem Sicherungsvertrag ihm entgegengesetzt werden können96 ; nicht von der Typisierung erfasst und damit nicht Teil der angeführten Information über die Grundschuld ist aber etwa das Bestehen solcher Einreden. Wird die Information über das Bestehen der Grundschuld dem Grundbuch entnommen, kann auch über die weiteren Inhalte der Position des Grundschuldgläubigers kein Zweifel aufkommen; weiß ein Außenstehender, der sich von einem expandierenden Unternehmen Zubehör zur Sicherheit übereignen lassen will, dass die Expansion des Unternehmens vorwiegend durch Kredite einer Pfandbriefbank finanziert ist, wird er das Geschäft nicht ohne einen Blick in das Grundbuch abschließen, da er aufgrund der Umstände mit einer grundpfandrechtlichen Besicherung97 und damit auch einer vorrangigen Mithaftung des Zubehörs98 rechnen muss. Ohne Typizität ist ein Rückschluss von einzelnen Informationen über die Rechtsposition des Dritten auf weitere Merkmale dieser Rechtsposition nicht möglich. Bei der oben als Beispiel verwandten Grundschuld etwa wäre mit der Information über den Haftungsumfang noch nichts über die weiteren Rechte des Grundschuldgläubigers bekannt. So müssten etwa zu der für den Wert eines Betriebsgrundstücks oft entscheidenden Frage der Mithaftung von Zubehör weitere Informationen eingeholt werden. Selbst wenn man annehmen würde, dass diese Informationen durch kostengünstige internetbasierte Einsicht in ein entsprechendes Register problemlos verfügbar wären, bliebe ein Kostennachteil. Denn die Möglichkeit besonderer Gestaltung müsste stets bedacht, stets müssten entsprechende Informationen eingeholt und vor allem auch zur Kenntnis genommen und in ihren Konsequenzen beurteilt werden. Dass die Beschaffung, vor allem aber die Verarbeitung dieser Information für alle Beteiligten ebenso wie eventuell für einen später zur Entscheidung berufenen Richter Informationskosten verursacht, die bei

  S. dazu auch §§  10 ff. ZVG.   §§  1192 Abs.  1, 1120 ff. BGB. 95   §§  1192 Abs.  1, 1133–1135 BGB. 96   Vgl. §§  1192 Abs.  1, 1157, 1192 Abs.  1a BGB. 97   Vgl. §  1 Nr.  1 PfandBG. 98   §§  1192 Abs.  1, 1120–1122 BGB. 93

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Typizität nicht oder nicht in diesem Umfang entstehen würden, kann kaum ernsthaft in Abrede gestellt werden99. bb)  Information über den Bedarf Ein Austauschgeschäft kommt nur zustande, wenn beide Teile erfahren, dass der jeweils andere Teil gerade die angebotene Leistung nachfragt. Information über den Bedarf Dritter ist damit unabdingbare Voraussetzung für das Zustandekommen von Austauschgeschäften. Dies setzt voraus, dass jede Seite den Inhalt des Geschäfts, das sie bereit ist abzuschließen, so kommuniziert, dass sie von ihrem Gegenüber verstanden wird. Ist Geschäftsgegenstand die Bestellung oder Übertragung eines dinglichen Rechts oder die Begebung oder der abgeleitete Erwerb eines Wertpapiers, muss neben den tatsächlichen Merkmalen auch der rechtliche Inhalt des fraglichen Rechts oder Wertpapiers kommuniziert werden. Typizität erleichtert diese Kommunikation. Denn in dem Umfang, in dem die rechtliche Position typisiert ist, greifen die bereits oben erörterten Informationskostenersparnisse. Insbesondere reicht die Verwendung der Typenbezeichnung aus, um den anderen Teil über den rechtlichen Inhalt des Geschäftsgegenstandes zu informieren. Mit der Verwendung der Typenbezeichnung ist dabei keinerlei Verlust an Information verbunden. Die Typenbezeichnung steht gleichsam als Kurzform für das gesamte Rechtsregime, das den Typ ausmacht, und ist als solche für die Parteien wie auch einen Richter, der im Falle eines Rechtsstreits zur Entscheidung berufen sein könnte, verständlich. Eine Kommunikation über den rechtlichen Inhalt des Geschäftsgegenstandes kann sich mithin auf die Typenbezeichnung beschränken, gegebenenfalls ergänzt um zulässige Abweichungen und notwendige Zusätze in nicht typisierten Fragen. So muss etwa bei einer Hypothek nicht im einzelnen darüber informiert werden, welche Folgen die Zahlung durch den vom Schuldner verschiedenen Eigentümer hat100 ; bei Wechsel und Scheck bedarf es keiner Ausführungen über den Mechanismus des Protests101. Über das hierfür geltende Rechtsregime informiert vielmehr schon die Bezeichnung als Hypothek bzw. als Wechsel und Scheck vollständig und zutreffend. Ohne Typizität ist demgegenüber der volle Inhalt des potentiellen Geschäftsgegenstandes zu kommunizieren, soweit die Parteien nicht einen Irrtum in Kauf nehmen wollen. Bei der Zusammenstellung der Information und deren Übermittlung entstehen ebenso Kosten wie bei der Entgegennahme und vor allem der Verarbeitung der Information102 . Mit ihren vielen einzelnen Schritten ist eine solche Lösung zudem deutlich fehleranfälliger, was sich in Form hoher Überprüfungs99   Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S396 (2002) erwähnen diese Kosten zwar, überlegen aber nicht, dass sie sich durch zusätzliche Typizität deutlich reduzieren ließen. 100   Vgl. §  1143 BGB. 101   Art.  44 ff., 79 ff. WG, Art.  40 ff. ScheckG. 102   Auch diese Kosten werden von Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S396 (2002) zumindest in Form der Kosten der Eintragung, Erhaltung und Überprüfung des Registereintrags erwähnt; wiederum aber fehlt die Überlegung, dass diese Kosten durch Typizität reduziert werden können.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

kosten niederschlägt. Selbst im Falle einer maschinellen Erledigung bleiben neben einer unvermeidbaren, wenn auch sicher kleinen Zeiteinheit die Kosten der Einrichtung und Unterhaltung des Systems. Damit schafft Typizität auch insoweit klare Kostenvorteile. 2.  Wirkungen Fungiert Typizität auf die eben beschriebene Weise als Mechanismus zur Reduktion von Informationskosten, so hat dies verschiedene vorteilhafte Wirkungen. a)  Information über die eigene Situation aa)  Information über den Bestand als Voraussetzung optimaler Güternutzung Insofern, als Typizität dazu beiträgt, dem Inhaber einer Rechtsposition die genaue Kenntnis über deren Inhalt zu erleichtern, trägt sie maßgeblich zu einer intensiveren Güternutzung bei. Denn der Rechtsinhaber wird selten gewillt sein, in die Information über den vollen Umfang der eigenen Rechte größere Beträge zu investieren, ist doch schon fraglich, ob sich überhaupt herausstellt, dass ihm weitergehende Befugnisse als bisher angenommen zustehen, und erst recht ungewiss, welche Vorteile eine intensivere Güternutzung bringen könnte. In der Theorie lässt sich zwar sagen, die Kosten der Information seien gerechtfertigt, so lange sie nicht die mit der Wahrscheinlichkeit ihrer Feststellung multiplizierten Vorteile einer weitergehenden Güternutzung überstiegen. Damit ist für die Praxis jedoch wenig gewonnen. Denn die Wahrscheinlichkeit der Feststellung weitergehender Nutzungsmöglichkeiten kann allenfalls grob abgeschätzt werden; die Höhe der zu erwartenden Vorteile weitergehender Nutzungsmöglichkeiten ist ebenfalls ungewiss; und nur in Abwesenheit sonstiger Hindernisse und bei Unterstellung voll rationalen Handelns kann davon ausgegangen werden, dass der Rechtsinhaber eine solche weitergehende Nutzungsmöglichkeit auch sofort wahrnehmen wird. Aus diesen Gründen liegt es nahe, dass der Rechtsinhaber tendenziell eher zu wenig in die Beschaffung und Verarbeitung von Information über seinen eigenen Güterbestand investieren wird. Sind die Kosten einer Information über den eigenen Bestand aber schon absolut niedrig, reduziert sich die Zahl der Fälle, in denen der Rechtsinhaber aus Kostengründen auf genauere Information verzichtet. Damit ist auch die Gefahr geringer, dass eine mögliche Nutzung aus Unkenntnis unterbleibt. bb)  Information über den Bedarf zur Sicherung sinnvoller Austauschgeschäfte Dadurch, dass Typizität für bestimmte wiederkehrende Zwecke festgefügte rechtliche Formen anbietet, enthebt sie denjenigen, der einen solchen Zweck befriedigen will, der Aufgabe, sich Informationen über eine geeignete Ausgestaltung dessen zu verschaffen, was seinen Zwecken dienen könnte. Der Griff zur typisierten Form gewährleistet zunächst einmal die Funktionsfähigkeit, stellt also sicher, dass nicht Teile der Gestaltung selbst oder des allgemeinen Rechts einer Zweckerreichung

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entgegenstehen. Des weiteren bietet die typisierte Form regelmäßig eine Gestaltung, die für alle Beteiligten tragbar ist und daher zum einen rechtsethischen Ansprüchen genügt, zum anderen ganz praktisch auch bessere Aussicht auf eine Verwirklichung hat, weil sie dem Gerechtigkeitsempfinden entspricht103 . Müsste demgegenüber in jedem Einzelfall Information über die Akzeptanz einer bestimmten Gestaltung eingeholt werden, wäre dies mit hohen Kosten und großen Unsicherheiten verbunden. Schließlich verspricht das typisierte Produkt eine Kombination von Rechten und Pflichten, die im Normalfall für alle Beteiligten sinnvoll und zielführend104 , jedenfalls aber in ihrer Wirkungsweise hinlänglich bekannt ist, was den Informationsaufwand hierüber reduziert. b)  Information über die Situation Dritter aa)  Information über den Bestand zum Schutz von Positionen und Erwartungen Information darüber, welche Rechte einem Dritten zustehen, bewirkt zum einen besseren Schutz dieser Rechtsposition. Denn das normalerweise bei jedermann vorhandene Bemühen, andere nicht zu verletzen, setzt Kenntnis von deren Position beim potentiellen Verletzer voraus; der Erfolg rechtlicher Schritte im Vorfeld oder nach einer Verletzung hängt davon ab, dass der Richter schnell und zutreffend über die Position in Kenntnis gesetzt wird. Dadurch, dass Typizität die Vermittlung solcher Kenntnis fördert, trägt sie mithin zum Schutz erlangter Rechtspositionen bei. Der Schutz erlangter Positionen vor unzulässigen Eingriffen ist aber, wie nicht erst die Property-Rights-Theorie105 erkannt hat, von zentraler Bedeutung für jedes freiheitliche Gesellschafts-, Rechts- und Wirtschaftssystem106 . Information über die einem Dritten zustehenden Rechte bewirkt zum anderen einen besseren Schutz der Erwartungen potentieller Erwerber. Kann der potentielle Erwerber feststellen, dass die ihn interessierende Position seinem Vertragspartner nicht zusteht und auch später nicht zustehen kann oder dürfte, da bei dem oder den derzeitigen Rechtsinhabern nicht mit einer Veräußerung zu rechnen ist, wird er schon nicht den Aufwand der Verhandlung auf sich nehmen, erst recht aber nicht einen Vertrag schließen oder gar in Vorleistung treten. Da Typizität die Feststellung des Inhalts von Rechtspositionen erleichtert und so mittelbar auch etwas über deren Zuordnung besagt, gibt sie potentiellen Erwerbern bessere Möglichkeiten, ihre Erwartungen zu schützen. Dies wiederum spart unnötige Investitionen in Verhandlungen und schützt vor dem Verlust der Gegenleistung, was unter dem Aspekt eines effizienten Mitteleinsatzes, aber auch unter den Aspekten der Disziplinierung, des Vertrauens in den Markt und der Risikobegrenzung wünschenswert ist.

  Vgl. dazu oben Fn.  57.   Vgl. soeben unter I, II 1 a bb. 105   Zu ihr oben unter A II 1. 106   S. nur Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, §§  45 f., 69 (Werke VII, S.  107 f., 167 f.). 103

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bb)  Information über den Bedarf zur Zusammenführung von Geschäftspartnern Angebot und Nachfrage haben nur dann den Abschluss von Geschäften zur Folge, wenn sich potentielle Geschäftspartner auch finden. Das Auffinden geeigneter Geschäftspartner gelingt umso besser, je leichter eine Partei an Informationen über den Bedarf und die angebotene Gegenleistung anderer Parteien gelangt. Indem Typizität die Zahl möglicher Varianten reduziert und die Verwendung einer kurzen Typenbezeichnung ausreichen lässt, wird diese Informationsgewinnung und -verarbeitung erleichtert107. Denn die Verwendung bekannter Typen, insbesondere aber die Beschränkung auf eine einheitliche Kurzbezeichnung erlaubt eine schnellere Übersicht über den Markt und einen schnelleren Abgleich von Angebot und Nachfrage, als wenn stets eine Vielzahl auch nur potentiell voneinander abweichender Merkmale zur Kenntnis genommen und miteinander verglichen werden müsste. Das Zustandekommen von Geschäften wird hierdurch beschleunigt oder gar erst ermöglicht, die Liquidität – im Sinne der optimalen Zeit, die benötigt wird, um ein bestimmtes Gut in Geld einzutauschen108 – also gesteigert.

III.  Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Typizität kanalisiert Angebot und Nachfrage auf die angebotenen Typen, was ganz unabhängig von der Frage der Qualität und der Informationskosten weitere erwünschte Wirkungen hat. 1.  Funktionsweise Schon das bloße Vorhandensein einheitlicher Typen, neben denen noch unbeschränkt freie Gestaltung möglich ist, kann die Beteiligten häufiger zu den typisierten Formen greifen lassen. Entscheidend hierfür ist weniger, ob die Typen gesetzlichen oder rein privaten Ursprung haben, als vielmehr die Größe der Vorteile, die eine Verwendung der Typen verspricht. Relevante Vorteile sind dabei Rechtssicherheit und praktische Bewährung, aber auch die eben erörterte Ersparnis von Informationskosten. Eine Kanalisierung auf die typisierten Gestaltungen liegt dann vor, wenn diese häufiger verwandt werden, als es ohne das Vorhandensein von Typen zu übereinstimmender Gestaltung gekommen wäre. Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst bei gleicher Interessenlage die Beteiligten in einer Welt ohne Typizität nicht notwendigerweise zu derselben Gestaltung gelangen. Denn bestimmte, »neutrale« Fragen können verschieden gelöst werden, ohne dass eine Lösung den Interessen einer Partei mehr entgegenkommt als einer anderen; auch kann sich die volle Erörterung aller Einzelheiten irgendwann nicht mehr lohnen. 107   Vgl. etwa David, in: Economic Policy and technological performance, S.  205, 212: »Private agents’ costs of information acquisition obviously can be reduced by the elimination of variety, so, ›standardization‹ – the action of bringing things to a uniform standard – has the effect of facilitating economic transactions.« 108   Zu diesem Begriff der Liquidität Lippman/McCall, 76 Am. Econ. Rev. 43, 44 ff. (1986).

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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Ist demgegenüber ein bekannter und bewährter Typ vorhanden, so werden sich die Beteiligten dieses Typs in aller Regel auch bedienen, womit eine Kanalisierung auf diesen Typ stattfindet. Erst recht eine Kanalisierung zur Folge hat ein Typenzwang, der auf seinem Gebiet nur bestimmte Typen zulässt109. Hier bleibt den Beteiligten gar nichts anderes, als sich der vorgesehenen Typen zu bedienen, mögen diese auch ihren Zwecken nicht voll entsprechen. Die Interessen sind hier vollständig auf die zulässigen Typen kanalisiert110 . 2.  Wirkungen Die Tatsache, dass Typizität eine Erhöhung von Angebot und Nachfrage der einheitlichen, typisierten Formen zur Folge hat, kann sich unmittelbar positiv auf das Marktgeschehen auswirken, wenn die rechtlich typisierten Güter auch hinsichtlich ihrer tatsächlichen Merkmale substituierbar sind, also Angebot und Nachfrage tatsächlich erhöht werden. Dass dem Käufer gleichgültig wäre, ob er für 1 Mio. Euro das Eigentum an einem Wald- oder einem Villengrundstück erwirbt, kann sicher kaum angenommen werden111. Es ist aber durchaus denkbar, dass für eine Pfandbriefbank erstrangige Hypotheken an beiden Grundstücken austauschbar sind, solange die Grundstücke die gleiche Sicherheit aufweisen; Entsprechendes kann für den Anleger bei Schuldverschreibungen von Emittenten gleicher Bonität in derselben Branche gelten. In derartigen Fällen reduziert die durch Typizität bewirkte Kanalisierung den Suchaufwand, trägt zu einer besseren Preisbildung bei und fördert die Liquidität. Hiervon abgesehen, verwirklicht Typizität per se stets auch rechtliche Gleichbehandlung. a)  Reduzierung des Suchaufwands Nicht nur durch die Verwendung einheitlicher Formen und insbesondere einer kurzen Typenbezeichnung, sondern auch durch die Kanalisierung von Angebot und Nachfrage auf die typisierten Gestaltungen verringert sich der Suchaufwand, was wiederum die Zusammenführung von Geschäftspartnern erleichtert. Denn wenn ein einziger Typ an die Stelle tritt, an der sonst aufgrund zufälliger Unterschiede der Lösung in »neutralen« Fragen oder aufgrund leicht abweichender Interessen verschiedene Gestaltungen vorzufinden wären, sind Angebot und Nachfrage je für sich genommen größer und stimmen zugleich auch in größerem Umfang überein. Wo ohne Typizität mangels genauer Übereinstimmung von Angebot   S. schon Kapitel 2 B I 3 a.   Vgl. Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S.  19: »Der Typenzwang lenkt [.  .  .] den Parteiwillen bildlich gesprochen in die von der Rechtsordnung vorgegebenen Bahnen, .  .  .« 111   Vgl. auch Max Weber, Die Börse I, S.  22: »Will ich ein Haus kaufen, so will ich nicht ein Haus im allgemeinen, sondern ich kaufe ein ganz bestimmtes, bezeichnetes und will dies, kein anderes, auch wenn es ebenso viel wert ist, übereignet erhalten; kaufe ich Fische ein, die ich verzehren will, so will ich wenigstens sie mir vorher ansehen können auf ihre Preiswürdigkeit und dazu sind sie auf dem Markt zugegen.« 109 110

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und Nachfrage nach einem Substitut gesucht werden müsste, kanalisiert nun schon der einheitliche Typ ein ganzes Spektrum leicht abweichender Interessen auf eine Gestaltung112 . Bei einem Typenzwang reduziert sich zudem die Vielfalt auf dem gesamten Gebiet drastisch, sodass auch das einschlägige Marktsegment noch schneller aufgefunden werden kann. b)  Verbesserung der Preisbildung Die Vergrößerung von Angebot und Nachfrage verbessert die Preisbildung. Denn je geringer die Zahl der Marktteilnehmer ist, desto stärker schlagen sich individuelle Besonderheiten auf Seiten eines Marktteilnehmers in einzelnen Preisen nieder, was wiederum falsche Signale für die künftige Bewertung setzen kann. Bei einer größeren Zahl, wie sie die Kanalisierung von Angebot und Nachfrage auf typisierte Formen schafft, ist hingegen mit einer besseren Austarierung zu rechnen. Dies gilt zunächst einmal »konkret« im Hinblick auf einzelne austauschbare Güter, sodann aber insofern auch abstrakt, als die Bewertung einer bestimmten rechtlichen Gestaltung überhaupt in Frage steht. Typizität in der Form des Typenzwangs erleichtert es so im Sachenrecht, eine dauerhafte, unwirtschaftliche Fragmentierung zu vermeiden, da sich ein Preis für die typisierten beschränkten dinglichen Rechte einfacher feststellen lässt und daher eine Bereinigung im Wege des Aushandelns und selbst der Zwangsvollstreckung leichter zu erreichen ist als bei individuell ausgehandelten Gestaltungen, für deren Bewertung nicht einmal allgemeine Kriterien oder Erfahrungswerte zur Verfügung stünden113 . c)  Steigerung der Liquidität Die durch Typizität bewirkte Kanalisierung von Angebot und Nachfrage auf bestimmte Gestaltungen erhöht die Chancen, ein bestimmtes Gut innerhalb angemessener Zeit überhaupt und zu angemessenen Bedingungen erwerben und veräußern zu können, und steigert dadurch dessen Liquidität114 . Denn sobald neben den – typisierten – rechtlichen Merkmalen auch die tatsächlichen Merkmale auf Angebots- und Nachfrageseite übereinstimmen oder Substituierbarkeit gegeben ist, erlaubt die einheitliche rechtliche Ausstattung das Zustandekommen eines Geschäfts. Anbieter und Nachfrager sind damit, was die rechtliche Gestaltung angeht, nicht nur der Beschaffung und Verarbeitung von Information über eine 112   Vgl. zu industrieweiten Kompatibilitätsstandards Wey, Marktorganisation durch Standardisierung, S.  46: »Industrieweite Kompatibilitätsstandards verringern die vorvertraglichen Suchkosten auf Seiten der Benutzer, indem kompatible Komponenten leichter ausfindig gemacht werden können.« 113   In diese Richtung, aber ohne Verortung bei der Preisbildung, z. B. Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239, 259; ähnlich Heller, 108 Yale L. J. 1163, 1176–1178 (1999). 114   Vgl. Max Weber, Die Börse II, S.  60 – Qualität, Quantitäten, Erfüllungszeitpunkte; zur zeitlichen Kanalisierung z. B. auch Garbade/Silber, 34 J. Finance 577, 578 (1979) – Clearing Frequency; Economides/Siow, 78 Am. Econ. Rev. 108 (1988) – Erhöhung der Liquidität durch Reduzierung der Verfallstermine von Futures.

B.  Erklärung mithilfe eines mehrdimensionalen Ansatzes

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Vielzahl ähnlicher Gestaltungen enthoben, sondern auch der Entscheidung darüber, bis zu welchem Grad der Abweichung sie Gestaltungen noch für substituierbar halten. Die dergestalt durch Kanalisierung bewirkte Liquiditätssteigerung tritt somit neben die Liquiditätssteigerung, die auf einer Reduzierung von Informationskosten beruht115 . d)  Verwirklichung rechtlicher Gleichbehandlung Typizität, verstanden als Zustand gesteigerter Einheitlichkeit der rechtlich festgelegten Merkmale und Eigenschaften eines isolierbaren Gegenstands oder eines gegenständlich aufzufassenden Rechtsverhältnisses116 , verwirklicht stets auch rechtliche Gleichbehandlung. Die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen führt zu identischen Ergebnissen, ohne dass es auf die konkret beteiligten Parteien, insbesondere ihre Verhandlungsmacht und ihr Verhandlungsgeschick, oder die Umstände des konkreten Geschäfts, etwa die Bedeutung des Geschäfts für die Beteiligten, ankommt. Schon in der hierdurch erreichten Gleichbehandlung liegt ein Wert, der auf fundamentale Gerechtigkeitsvorstellungen zurückführt und der ganz unabhängig von allen sonstigen positiven Effekten insbesondere ökonomischer Natur Bestand hat. Dabei liegt auf der Hand, dass auch hinsichtlich der rechtlich festgelegten Merkmale und Eigenschaften eines isolierbaren Gegenstands oder eines gegenständlich aufzufassenden Rechtsverhältnisses eine vollkommene Verwirklichung von Gleichheit ausscheiden muss, wäre sie doch ihrerseits ungerecht. Die Gefahr derartiger Ungerechtigkeit ist allerdings selbst bei hoher sachenrechtlicher und wertpapierrechtlicher Typizität gering, da inter partes wirkende schuldrechtliche Abänderungen weiter möglich bleiben und lediglich die dauerhafte Verfestigung individueller Vereinbarungen beschränkt wird. Damit sichern sachenrechtliche und wertpapierrechtliche Typizität auf vermögensrechtlichem Gebiet dem Gleichheitsgedanken einen Raum, der die Freiheit und die mit ihr einhergehende individuelle Gestaltbarkeit anderer vermögensrechtlicher Bereiche, die nach traditioneller deutscher Dogmatik dem Schuldrecht zuzuordnen sind, umso besser erträglich macht.

IV.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen Schließlich kann Typizität auch darauf beruhen, dass missbilligte Gestaltungen ausgeschlossen oder jedenfalls erheblich erschwert werden. Bereits die interpretatorische Zurückdrängung einzelner Gestaltungen, wie sie etwa im englischen Sachenrecht mit der veränderten Regelung bei verfehlten »Words of Limitation« durchaus beabsichtigt war117, reduziert das Vorkommen der nur bei ausdrücklicher Vereinbarung anzunehmenden Lösungen. Die bewirkte   Dazu soeben B II 2 b bb.   Kapitel 2 A. 117   Vgl. Kapitel 6 B I 2. 115 116

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

Standardisierung ist dabei umso größer, je seltener die missbilligte Gestaltung noch zum Zuge kommen kann; insgesamt aber hält sich die Wirkung in Grenzen, da die missbilligten Gestaltungen bei expliziter, alle Voraussetzungen erfüllender Wahl noch immer möglich sind und daher der Rechtsverkehr ihre zumindest theoretische Existenz bedenken muss. In höherem Maße führt das direkte Verbot oder die gezielte Benachteiligung einzelner missbilligter Gestaltungen zu einer Steigerung an Typizität. Ein Verbot, das einer rechtlichen Gestaltung als solcher gilt, wirkt dabei typischerweise nicht nur so, dass dessen Missachtung eine allgemeine Sanktion auslöst, sondern schlägt auf die Gestaltung selbst durch und versagt dieser die gewollte rechtliche Wirkung. Folglich stehen bestimmte, an sich denkbare Gestaltungen überhaupt nicht mehr zur Verfügung und brauchen vom Rechtsverkehr auch nicht in Rechnung gestellt zu werden. Eine gezielte Benachteiligung, wie sie die völlige Vernachlässigung118 , die Unterstellung unerwünschter Gestaltungen unter eine sachfremde Norm119 oder eine prohibitive Besteuerung120 mit sich bringt, erreicht je nach dem Gewicht des Nachteils mittelbar ebenfalls den vollständigen Ausschluss oder jedenfalls eine Zurückdrängung der missbilligten Gestaltung. Sofern allerdings nur einzelne, sehr spezifisch beschriebene Gestaltungen aus einem großen Bereich verboten oder benachteiligt sind, ist der Zugewinn an Typizität nicht allzu hoch zu veranschlagen. Ungleich größer ist der Zugewinn an Typizität hingegen dann, wenn nicht einzelne Gestaltungen herausgegriffen und ausdrücklich untersagt werden, sondern anstelle einzelner Verbote die zulässigen Gestaltungen fixiert, alle anderen Gestaltungen aber ausgeschlossen sind. Unter einem derartigen Typenzwang oder numerus clausus wird in gewisser Weise das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt: Möglich ist nicht alles, was nicht verboten ist, sondern möglich ist nur, was ausdrücklich vorgesehen ist. Auf ein solches Regelungsmuster wird man dort zurückgreifen, wo eine große Zahl von Gestaltungen unerwünscht ist oder die Gefahr einer Umgehung einzelner Verbote hoch eingeschätzt wird und wo zugleich die abschließende Beschreibung dessen, was zulässig sein soll, als möglich erscheint121. Vor diesem Hintergrund ist der Typizitätsschub im Zusammenhang mit der Ab-

118   Vgl. Libchaber, in: Le Code civil 1804–2004, S.  297, 315 f. (n°  15) zum Schweigen des Code civil hinsichtlich jeglicher Form von Kollektiveigentum (dazu auch Kapitel 5 B I 1): »En évitant d’en consacrer ou même d’en reconnaître l’existence, [les rédacteurs du Code civil] la faisaient disparaître dans les limbes du non-dit, du non-droit, d’où ils souhaitaient peut-être qu[e la propriété collective] ne sorte jamais.« 119   Vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  106 mit Verweis auf §  54 BGB und ähnliche Techniken (S.  107 f.). 120   S. z. B. Kapitel 11 C IV 1 zur unvorteilhaften steuerlichen Einordnung ausländischer Investmentfonds als PFIC in den U.S.A. 121   Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  105 f. Vgl. auch den Vorschlag eines Typenzwangs für »gewagte Geschäfte« im Kleinschen Entwurf für ein preußisches Allgemeines Landrecht: Charmatz, Zur Geschichte und Konstruktion der Vertragstypen im Schuldrecht, S.  103.

C.  Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund

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schaffung der Feudallasten durch die Französische Revolution122 und der Ablösungsgesetzgebung in Deutschland123 ohne Weiteres erklärbar. Die hinter der Missbilligung stehenden Gründe sind vielfältig; sie können auf stärker ökonomisch-ordnungspolitisch orientierten Überlegungen beruhen, aber auch auf allgemeinen Gerechtigkeitserwägungen124 . Als einziger Grund für Typizität trägt die Missbilligung sicher auf Dauer nicht, da sich die Bewertung bestimmter Gestaltungen im Laufe der Zeit oft ändert125 . Nicht auszuschließen ist allerdings, dass zunächst von diesem Gedanken getragene Typizität fortbesteht, dann aber mit anderen Gründen gerechtfertigt wird.

C.  Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund Mit der Entwicklung des Sachenrechts und der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs lässt sich dieser Ansatz ohne Schwierigkeiten vereinbaren. Eigene Wege gehen hingegen die Kapitalmarktpapiere.

I.  Sachenrecht, Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs 1.  Kreis möglicher Berechtigter Im Sachenrecht und im Recht der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs fiel eine Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter mit einer Zunahme an Typizität zusammen126 . Dies lässt sich mit dem soeben entwickelten mehrdimensionalen Erklärungsansatz ohne Weiteres vereinbaren. a)  Kreis möglicher Berechtigter und Qualität der fixierten Typen Je weniger Personen als Berechtige eines Sachenrechts oder Inhaber eines Wertpapiers in Betracht kommen, desto weniger Personen können von einer ungünstigen rechtlichen Gestaltung ihrer Position betroffen sein; sollte sich eine Gestaltung als   Näher Kapitel 5 B I 2, III.   Näher Kapitel 4 D I. 124   Vgl. auch Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1639–1644 (2008). 125   Auch wird man schwerlich annehmen können, dass strenge Typizität im Sinne eines numerus clausus sich wenn auch nicht notwendigerweise durch die Missbilligung aller übrigen Gestaltungen, so doch allein schon durch die Erleichterung eventuell notwendiger staatlicher Korrekturen erklärt (so aber Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1636 ff. [2008], der den sachenrechtlichen numerus clausus als »regulatorische Plattform« ansieht, mithilfe derer vor allem öffentliche Interessen durchgesetzt werden sollen). Für die kodifizierenden Gesetzgeber, aber vielfach auch für die Rechtsprechung, war vielmehr gerade die Frage der Verkehrsfähigkeit von zentraler Bedeutung. Besonders deutlich wird dies, wenn man internationale Vereinheitlichungsbestrebungen mit in den Blick nimmt. Im Übrigen wird nicht so recht deutlich, inwiefern genau Standardisierung als »regulatorische Plattform« Vorteile bei der Durchsetzung öffentlicher Interessen bringen soll. 126   Kapitel 8 G I, Kapitel 12 G I 1. 122 123

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

ungünstig erweisen, bestehen gute Aussichten, dass die wenigen Berechtigten untereinander in Kontakt treten und eine nachträgliche Korrektur vornehmen. Zudem hat bei einer kleinen Zahl möglicher Berechtigter eine Gestaltung kaum Gelegenheit, sich zu bewähren und daher auf ihre Qualität hin überprüft und gegebenenfalls verbessert zu werden. Steigt nun die Zahl möglicher Berechtigter, so droht einem größeren Personenkreis die Gefahr einer ungünstigen rechtlichen Gestaltung, die sich wegen zunehmender Entpersonalisierung der Geschäftsbeziehungen nicht ohne Weiteres nachträglich korrigieren lässt; entsprechend steigt der Wert einer ausgereiften Gestaltung. Zugleich vervielfachen sich die Situationen, in denen sich jede einzelne Gestaltung bewähren muss, was wiederum die Herausbildung besonders geeigneter Gestaltungen begünstigt. Mithin steigen sowohl die Qualität der fixierten Typen als auch die Zahl der Personen, die hiervon profitieren, mit einer Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter an. Dass nach dem Befund eine Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter mit steigender Typizität einherzugehen scheint, passt also durchaus zu einer die Qualität der fixierten Typen mit heranziehenden Erklärung. b)  Kreis möglicher Berechtigter und Reduzierung von Informationskosten aa)  Information über die eigene Situation Erweitert sich der Kreis möglicher Berechtigter, erschwert die Entpersonalisierung der Geschäftsbeziehungen die Informationsbeschaffung. Da davon auszugehen ist, dass unter den mehreren, anonym miteinander verkehrenden Berechtigten die jeweiligen Rechtspositionen stärker zirkulieren, besteht eine größere Gefahr, dass eine ursprünglich einmal vorhandene Information über den Inhalt einer Rechtsposition verloren geht. Die Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter lässt also eine erleichterte Informationsbeschaffung über den eigenen Bestand, wie sie Typizität erlaubt, wünschenswert erscheinen. Da die Entpersonalisierung zugleich eine spätere Fehlerkorrektur schwieriger macht, besteht eine stärkere Notwendigkeit, von Anfang an nur ausgereifte Gestaltungen nachzufragen. Umso wichtiger erscheint es daher, sich entsprechende Information möglichst ohne größere Hürden beschaffen zu können. Diesem Bedürfnis kommen bewährte typisierte Gestaltungen ebenfalls entgegen. bb)  Information über die Situation Dritter Der größere Kreis möglicher Berechtigter gibt des Weiteren der schnellen Information über die Rechtspositionen Dritter ein besonderes Gewicht. Wo eine Sache oder ein Recht an einer Sache nach der geltenden Rechts- und Gesellschaftsordnung nur einer kleinen Zahl an Personen zustehen kann, ist es eher möglich, für die Zuordnung von Herrschaftsbefugnissen über eine Sache allein die persönlichen Beziehungen zwischen den Beteiligten entscheiden zu lassen. Denn in einer solchen Rechts- und Wirtschaftsordnung wissen alle potentiell Berechtigten von der jeweiligen Zuordnung oder können sich ohne größeren Aufwand hierüber infor-

C.  Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund

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mieren; eine einmal erlangte Information bleibt tendenziell lange verlässlich, da Veränderungen selten sind127. Entsprechend ist dann, wenn ein Wertpapier nur wenigen Personen zustehen kann, die genaue Feststellung des rechtlichen Inhalts eines solchen Papiers zur Verhinderung von Eingriffen und zur Überprüfung im Vorfeld eines Geschäftsabschlusses einfacher möglich. Hingegen wird die individuelle Ausgestaltung immer problematischer, je größer der Kreis potentieller Berechtigter ist. Persönliche Beziehungen reichen dann nicht mehr aus, um über die Zuordnung bzw. den Rechtsinhalt zu informieren. Eine Abhilfe kann hier die rechtliche Vereinheitlichung schaffen, weil dadurch immerhin der Inhalt der jeweiligen Berechtigung nicht völlig einmalig ist, sondern einem bestimmten Muster folgt, soweit die Vereinheitlichung reicht. Die stärkere Zirkulation bei einer größeren Zahl möglicher Berechtigter verleiht schließlich auch der Information über die jeweils angebotene und nachgefragte Position besondere Bedeutung. Wenn hier in jedem Falle eine Kommunikation über sämtliche Einzelheiten stattfinden müsste, würden im Einzelfall und wegen der gestiegenen Zahl der Transaktionen gerade auch in der Summe hohe Kosten entstehen, die mithilfe von Typizität reduziert werden können. c)  Kreis möglicher Berechtigter und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Bei einer kleinen Zahl möglicher Berechtigter ist davon auszugehen, dass auch Angebot und Nachfrage sehr klein sind und viele Geschäfte mangels geeigneten Gegenübers erst gar nicht zustande kommen. Man könnte deshalb daran denken, dass gerade hier eine Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen vonnöten ist. Allerdings kann der Kanalisierungseffekt bei einer zu kleinen Zahl geschäftswilliger Personen gar keine Wirkung entfalten. Denn zu verschiedene Interessenlagen lassen sich nicht auf ein und dieselbe Gestaltung zurückführen; eine Kanalisierung ähnlicher Interessenlagen wird aber wegen einer zu kleinen Zahl geschäftswilliger Personen allenfalls zufällig stattfinden. Erst ab ausreichender Größe von Angebot und Nachfrage greift daher der Kanalisierungseffekt spürbar ein. Mit zunehmender Zahl potentieller Berechtigter werden aber häufiger ähnliche Interessenlagen auftreten, die mithilfe einer einheitlichen Gestaltung bewältigt werden können und zugleich eine eventuelle Ungleichbehandlung als störend er127   Dies gilt nicht allein dann, wenn überhaupt nur wenige Personen zusammenleben – wofür man sich als Beispiel eine archaische Dorfgemeinschaft vorstellen mag –, sondern auch dann, wenn von den zusammenlebenden Personen nur eine kleine Auswahl aus Rechtsgründen in der Lage ist, bestimmte Positionen innezuhaben. Beispiel hierfür wäre eine Gesellschaft, in der Sklaven nicht als Inhaber von Rechten an Sachen in Betracht kommen, aber auch eine Gesellschaft, in der Grundvermögen nur von einer kleinen nach Stand oder Vermögen privilegierten Schicht erworben werden kann. In diesem Fall wird zwar auch von denjenigen Personen, welche nicht Berechtigte sein können, die Respektierung der Zuordnung erwartet. Da sie diesen Respekt aber stets und generell schulden, birgt ihre bloße Anwesenheit nicht die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung, sofern nur erkennbar ist, wer Berechtigter sein kann und wer nicht. Können nun aufgrund der Begrenztheit des Kreises potentiell Berechtigter die persönlichen Beziehungen zwischen diesen entscheiden, so steht nichts entgegen, den Inhalt einer jeden Rechtsposition individuell zu bestimmen.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

scheinen lassen. Dementsprechend macht sich eine durch Typizität bewirkte Kanalisierung immer stärker bemerkbar und lässt so auch ihre Vorteile bei Suche, Preisbildung und Liquidität sowie ihre gleichheitsfördernde Wirkung immer deutlicher zutage treten. Der Befund stärkerer Typizität bei größerem Kreis möglicher Berechtigter ist also auch mit dem Kanalisierungseffekt unschwer in Einklang zu bringen. d)  Kreis möglicher Berechtigter und Missbilligung bestimmter Gestaltungen Ein Zusammenhang zwischen dem Kreis möglicher Berechtigter und der Missbilligung bestimmter Gestaltungen ist insofern denkbar, als die hinter der Missbilligung stehenden Gründe umso drängender sein werden, je mehr Personen eine missbilligte Gestaltung betreffen kann. Der Befund lässt einen solchen Zusammenhang zwar nicht deutlich hervortreten. Dies dürfte indes damit zu erklären sein, dass ein Ausschluss missbilligter Gestaltungen meist nur punktuell erfolgt und Reaktion auf einen bestimmten Missstand ist, seltener aber planmäßig und ohne Anlass stattfindet – was kaum verwundern kann, ist doch das volle Spektrum möglichen Missbrauchs im Voraus schwer erkennbar. 2.  Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere Auch die Tatsache, dass gesteigerte Typizität regelmäßig mit einer höheren Zahl verfügbarer Gegenstände oder begebener Wertpapiere zusammentrifft, ist mit dem mehrdimensionalen Erklärungsansatz ohne Weiteres vereinbar. Die Erwägungen laufen insoweit mit denjenigen zum Zusammenhang zwischen Typizität und dem Kreis möglicher Berechtigter parallel. Auch das Mehr an Gegenständen bzw. Wertpapieren lässt die Vorteile von Typizität erst so richtig in Erscheinung treten. a)  Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Qualität der fixierten Typen Bei einer kleinen Zahl verfügbarer Gegenstände ist deren optimale Nutzung sicher von besonderer Wichtigkeit. Das gemeinsame Interesse aller Beteiligten hieran wird indes dazu führen, im Falle einer ungünstigen Gestaltung auch nachträglich ohne prohibitive Kosten eine Korrektur vorzunehmen. Im Übrigen kann hier ein breiter Erfahrungsschatz, der als Grundlage für eine Typisierung dienen könnte, schwerlich entstehen. Dies gilt auch für die Wertpapiere, bei denen die Erwägung zu optimaler Güternutzung ohnehin so nicht greift. Mit zunehmender Zahl der verfügbaren Gegenstände und der emittierten Wertpapiere wird die Herausbildung sinnvoll gestalteter Typen erleichtert; gleichzeitig steigt die Gefahr, ungünstige Gestaltungen nicht korrigieren zu können, und damit der Nutzen einheitlicher Gestaltungen von hoher Qualität. Auch hier passt wiederum dieser Aspekt des Erklärungsansatzes mit dem Befund steigender Typi-

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zität bei einer größeren Zahl der verfügbaren Gegenstände und der begebenen Wertpapiere bestens zusammen. b)  Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Reduzierung von Informationskosten Sind nur wenige Objekte verfügbar, auf die sich dingliche Rechte beziehen können, und sind nur wenige Wertpapiere im Umlauf, bleibt der Kreis der Rechtsbeziehungen überschaubar. Dies gilt umso mehr, wenn sich Veränderungen in der Zuordnung dieser Objekte selten ereignen. Denn dann ist es für die Beteiligten wie für Dritte leicht möglich, individuelle Gestaltungen zu kennen oder zu ermitteln. Der praktische Bedarf für Typizität ist also gering. Das Anwachsen der Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere erschwert jedoch den Überblick über die damit verbundenen Rechtsbeziehungen und führt zu einer Entpersonalisierung. Folge ist, dass die Beschaffung von Information über den Inhalt der eigenen Position sowie die Korrektur ungünstiger – weil ohne ausreichende Information begründeter oder erworbener – Gestaltungen größeren Aufwand verur­ sacht. Auch steigt in gleichem Maße die Bedeutung schneller Information über die Rechtspositionen Dritter, sei es zur Verhinderung von Eingriffen oder zur Überprüfung im Vorfeld eines Geschäftsabschlusses. Zugleich werden aber die – vor allem zeitliche – Kapazität und die Bereitschaft der Beteiligten, sich über die rechtlichen Eigenschaften einer jeden Position gesondert zu informieren, mit zunehmender Zahl der im Umlauf befindlichen Positionen immer weiter abnehmen. Schließlich ist bei einer Vielzahl verfügbarer Gegenstände oder begebener Wertpapiere auch die Information über die jeweils angebotene und nachgefragte Position besonders bedeutsam, eine Reduzierung des Informationsbedürfnisses hier also umso willkommener. Die Reduzierung von Informationskosten, die mithilfe von Typizität erreicht werden kann, steht daher im Einklang mit dem Zusammentreffen gesteigerter Typizität und einer größeren Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere. Damit findet sich auch insoweit der entsprechende Aspekt des Erklärungsansatzes durch den Befund bestätigt. c)  Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Können Sachenrechte nur an wenigen Gegenständen bestehen oder sind nur wenige Wertpapiere auf dem Markt, so könnte eine einheitliche rechtliche Ausstattung zwar die Chancen für ein größeres Angebot und größere Nachfrage erhöhen. Allerdings würde es diesen wenigen Gütern wohl noch immer an tatsächlicher Sub­ stituierbarkeit fehlen, sodass mit der einheitlichen rechtlichen Gestaltung wenig gewonnen wäre. Wer zur Pfandnahme eines Goldvorrats bereit ist, wird nicht deshalb auch einen Pelzvorrat nehmen und somit die Nachfrage erhöhen, weil das Pfandrecht gleich ausgestaltet ist; wer den Wechsel eines bestimmten Privatmanns innehat, kann nicht deshalb auf die Möglichkeit jederzeitiger Weiterveräußerung vertrauen, weil Bankwechsel ständig gehandelt werden.

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Ist hingegen eine ausreichende Zahl verfügbarer Gegenstände oder eine Vielzahl an Wertpapieremissionen vorhanden, so werden sich unter diesen Gegenständen auch solche einer größeren tatsächlichen Nähe, unter diesen Wertpapieren auch solche tatsächlich eher vergleichbarer Emittenten finden. Die höhere tatsächliche Substituierbarkeit, die mit einer größeren Zahl an Gegenständen oder Wertpapieren typischerweise einhergeht, bewirkt ihrerseits, dass auch einer rechtlichen Vereinheitlichung und der mit ihr einhergehenden Kanalisierung größere Bedeutung zukommen kann. Dies steht im Einklang mit dem Befund, wonach bei einer größeren Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere auch stärkere Typizität zu beobachten ist. d)  Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und Missbilligung bestimmter Gestaltungen Ein Zusammenhang zwischen der Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere und der Missbilligung bestimmter Gestaltungen ist – ähnlich wie beim Zusammenhang zwischen der Zahl möglicher Berechtigter und der Missbilligung bestimmter Gestaltungen128 – insofern denkbar, als die hinter der Missbilligung stehenden Gründe umso drängender sein können, je größer die Zahl verfügbarer Gegenstände bzw. begebener Wertpapiere ist. Auch hier kann dem Befund ein solcher Zusammenhang zwar nicht mit Deutlichkeit entnommen werden. Allerdings lässt sich dies wiederum damit erklären, dass eine Missbilligung bestimmter Gestaltungen meist nur punktuell erfolgt und Reaktion auf einen konkreten Missstand ist. 3.  Wirtschaftliche Entwicklung Auch die sehr allgemeine Beobachtung, dass die Steigerung von Typizität mit der wirtschaftlichen Entwicklung einhergeht, ist mit dem vorgestellten mehrdimensionalen Erklärungsansatz vereinbar. Indem Typizität Güternutzung, Güterschutz und Güterverteilung verbessert, trägt sie das Ihre zur wirtschaftlichen Entwicklung bei. Gleichzeitig verlangt wirtschaftliche Entwicklung nach Zuständen und Abläufen, die vom Vorhandensein von Typizität profitieren: Schnelligkeit, Vermassung und Entpersönlichung des Geschäftsverkehrs erlauben keine Fehler in der rechtlichen Ausgestaltung, lassen aber auch nicht die Zeit für eingehende Information und verlangen intensive, ungestörte Nutzung. Typizität macht eine ständig neue, eventuell schwierige und kostspielige Ermittlung der Rechtslage unnötig. Dies vereinfacht und beschleunigt nicht nur ganz allgemein die Wirtschaftsabläufe und erhöht die Voraussehbarkeit, sondern erlaubt mit der gewonnenen Sicherheit auch Formen der »Entfernung« des Geschäftsherrn von der zu erwerbenden, zu veräußernden oder zu belastenden Sache oder dem Wertpapier selbst. Letzteres wiederum begünstigt zum einen die arbeitsteilige Organisation, zum anderen die Geld- und Kreditwirtschaft, deren Grundlage das Vertrauen in die   S. soeben unter C I 1 d.

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C.  Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit dem Befund

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Leistungsbereitschaft und -fähigkeit des Geschäftspartners, aber auch die tatsächliche und rechtliche Werthaltigkeit seines Vermögens – als »gemeinsames Pfand« aller Gläubiger oder speziell einem Gläubiger gestellte Sicherheit – ist129. Die starke Abhängigkeit von äußeren Ereignissen bei fehlender Vorratshaltung und fehlendem Risikopuffer drängt des Weiteren auf immer höhere Liquidität. Von tatsächlicher Seite her wird Liquidität durch Massenproduktion und Massenemission begünstigt, im rechtlichen Bereich kommt ihr eine Kanalisierung auf wenige Gestaltungen entgegen. Schließlich ist es Ausdruck lebendiger Entwicklung, wenn immer wieder Übertreibungen auftreten, auf die dann eine gezielte Missbilligung bestimmter Gestaltungen folgt. 4.  Publizität Die Tatsache, dass Typizität auch dort nicht dauerhaft verschwunden ist, wo Publizitätsmechanismen wie insbesondere ein Register an sich beliebigen, individuell vereinbarten Gestaltungen Publizität verleihen könnten130 , macht deutlich, dass Typizität nicht allein mit der erleichterten Informationsmöglichkeit hinsichtlich des eigenen oder fremden Bestands erklärt werden kann. Damit lässt auch der Befund zur Publizität Raum für einen mehrdimensionalen Erklärungsansatz. Zugleich spricht der Befund dafür, dass selbst bei leicht verfügbarer Information der Aufwand ihrer Kenntnisnahme und Verarbeitung berücksichtigt werden muss, wie dies der hier vorgeschlagene Erklärungsansatz erlaubt. Trifft dies aber zu, so ist der Nutzen von Publizität größer, wenn zugleich typisierte Formen vorhanden sind und damit nur die Information über den Typ publiziert werden muss. Tatsächlich gehen das deutsche und das neue englische Grundstücksregister klar diesen Weg; selbst die französische Urkundensammlung hat sich dem letztlich angeschlossen131. Lediglich in den U. S. A. überwiegt im Grundstücksrecht eine Registertechnik, die ohne typisierende Bezeichnungen auskommen will. Bei Wechsel und Scheck sowie den Wertpapieren des Warenverkehrs sind ebenfalls Publizität und Typizität kombiniert: Nur in begrenztem Umfang kann der Vermerk auf dem Papier dessen rechtlichen Inhalt gegenüber dem Regelfall abändern132 . 5.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen Die Missbilligung bestimmter Gestaltungen ist zugleich Befund und selbständige Erklärung für Typizität innerhalb des hier gewählten mehrdimensionalen Erklärungsansatzes, sodass beide von vornherein miteinander vereinbar sind. Da nach dem Befund außerdem keineswegs jede Form von Typizität Folge der Missbilli-

129   S. allgemein Sabourian, money, credit and trust, in: The New Palgrave Dictionary of Money & Finance II, S.  779–781; Tilly, Geld und Kredit in der Wirtschaftsgeschichte, S.  10, 17 f. 130   Vgl. oben A IV 2 b. 131   Vgl. wiederum oben A IV 2 b. 132   Näher Kapitel 12 E I.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

gung bestimmter Gestaltungen ist, steht der Annahme anderer Erklärungen neben diesem Aspekt und damit der Mehrdimensionalität des Ansatzes nichts entgegen. So war im kontinentaleuropäischen Sachenrecht des 19. Jahrhunderts die Missbilligung überkommener Feudallasten mit ein Grund dafür, die in den neuen Kodifikationen geregelten beschränkten dinglichen Rechte als abschließend anzusehen; allein dieser historische Hintergrund würde aber sicher nicht die weltweite, auch das Common Law einbeziehende Verbreitung von Typizität bis heute erklären. Die recht strenge Typizität der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs beruht nur in Randbereichen auf der Missbilligung bestimmter Gestaltungen; die Typizität ist hier vielmehr vor allem der Notwendigkeit einheitlicher Gestaltung zu verdanken.

II.  Wertpapiere des Kapitalmarkts Der hier vorgeschlagene mehrdimensionale Erklärungsansatz scheint nun aber auf den ersten Blick insoweit nicht mit dem Befund vereinbar, als es um die Wertpapiere des Kapitalmarkts geht. Denn dort haben sich zwar einzelne Marktsegmente mit einer gewissen Typizität herausgebildet. Insgesamt aber ist diesem Gebiet schon die Vorstellung feststehender Typen fremd geblieben oder geworden; erst recht fehlt diesem Gebiet ein wirklicher Typenzwang. Da gerade die Wertpapiere des Kapitalmarkts übertragbare Güter par excellence sind, könnte dies die bisherigen Überlegungen in Frage stellen. Indes wird der hier gefundene Erklärungsansatz nicht dadurch widerlegt, dass es Gebiete gibt, in denen keine Typizität herrscht. Denn mit dem Erklärungsansatz wurde nur versucht, Typizität dort, wo sie vorhanden ist, zu erklären; eine Kausalbeziehung, nach welcher bei Gegebensein bestimmter äußerer Umstände Typizität vorliegen müsse, wurde nicht behauptet und kann damit auch nicht falsifiziert werden. Dessen ungeachtet würde der Erklärungsansatz aber gestützt, wenn sich herausstellen sollte, dass bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts tatsächlich oder vermeintlich die vorteilhaften Wirkungen von Typizität mithilfe anderer Mechanismen erreicht werden oder auf diese Wirkungen verzichtet werden kann. Es ist somit nach den Alternativen zur Typizität zu fragen, wie sie insbesondere bei den Kapitalmarktpapieren zum Einsatz kommen dürften.

D.  Alternativen zur Typizität Alternativen zur Typizität sind einerseits Mechanismen, die dieselben erwünschten Wirkungen haben, andererseits aber auch der völlige Verzicht auf einen Mechanismus, dessen Wirkung das Fehlen von Typizität ersetzen könnte. Ausgeklammert bleiben kann dabei der Aspekt der Missbilligung bestimmter Gestaltungen, da eine solche Missbilligung, wenn sie rechtlich zum Ausdruck kommt, nicht anders als durch punktuelles Verbot, Erschwerung oder Typenzwang erfolgen kann und

D.  Alternativen zur Typizität

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letztlich stets typisierende Wirkung hat. Zu untersuchen bleibt einerseits, ob in anderer Weise die Qualität der verwandten Gestaltungen sichergestellt, die Informationskosten reduziert und die Wirkungen einer Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen erreicht werden können; andererseits weshalb sich eventuelle Alternativen nicht auch im Sachenrecht und dem Recht der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs und des Warenverkehrs als den Gütern finden, die von Typizität geprägt sind.

I.  Alternativen zur Typizität bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts 1.  Qualität der gewählten Gestaltungen Gerade beim Kapitalmarkt, der vielfach als beste Annäherung an den optimalen Markt der wirtschaftswissenschaftlichen Theorie angesehen wird, stellt sich die Frage, ob nicht die »unsichtbare Hand«133 des Marktes die Qualität der gewählten Gestaltungen sicherstellt und deshalb nicht nur für Typizität kein Bedarf besteht, sondern diese auch eine optimale Entwicklung verhindert. Nach diesem Gedanken würden unausgereifte Gestaltungen entweder von vornherein keinen Abnehmer finden oder aber dann, wenn sich ihre Defizite herausgestellt haben, jedenfalls nicht mehr nachgeahmt, wohingegen sich qualitativ hochwertige Gestaltungen infolge ihrer höheren Wertschätzung durchsetzen würden134 . Im Ansatz greift der Mechanismus marktmäßiger Qualitätssicherung bei den Kapitalmarktpapieren zweifellos. Gestaltungen, die zwar möglich sind, aber auf keine Gegenliebe stoßen, werden nicht mehr angeboten. Allerdings sind – was hier nicht weiter vertieft werden kann – die Kapitalmärkte so, wie sie sich in der Wirklichkeit darstellen, von einem optimalen Markt weit entfernt. Ganz abgesehen von Informationsasymmetrien, die sich auch durch die umfangreichsten Informationspflichten nicht vermeiden lassen, sind die Kapitalmärkte der wirklichen Welt schon aufgrund der Abweichung ihrer Akteure vom Modell nicht diejenigen der Efficient Market Hypothesis; dementsprechend fehlt es an einer perfekten Erfüllung ihrer Steuerungsfunktion135 . Vor allem aber kann schwerlich angenommen werden, dass eine solche Steuerung gerade hinsichtlich der rechtlichen Merkmale heute tatsächlich noch in nennenswertem Umfang stattfindet136 . In diesem Bereich sind in den letzten Jahren ständig Neuentwicklungen erfolgt, die oft nur wenige 133   Adam Smith, The Wealth of Nations, Book IV, Chap. II (1776); dazu Rothschild, 84 Am. Econ. Rev., Papers & Proc. 319 (1994). 134   Vgl. nur Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 74–76, 80 f. 135   Vgl. z. B. Bebchuk, 89 Colum. L. Rev. 1395, 1406 f. (1989); ders., 105 Harv. L. Rev. 1435, 1458 ff. (1992); Clark, 89 Colum. L. Rev. 1703, 1718 f. (1989); Coffee, 89 Colum. L. Rev. 1618, 1667 f., 1676 f. (1989); s. a. Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 76, 91; zu akteursbedingten Störungen, denen das Interesse der Behavioral Economics gilt, statt aller Jolls/ Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471, 1476 ff. (1998). 136   Vgl. schon Note, 46 Yale L. J. 97, 98 (1936): »Since these provisions could be understood by few investors, and since, in any event, the purchase of securities by well-informed investors is based chiefly on an analysis of the earning position of the issuer, rather than on covenants or

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

Experten verstehen, in ihrer Masse gar nicht mehr getrennt wahrgenommen und nicht ohne immensen Aufwand unterschieden werden können. Die wenigsten dieser Gestaltungen hatten jemals eine gerichtliche Bewährungsprobe zu bestehen137 ; viele einzelne Klauseln sind bislang gar nicht zur Anwendung gekommen. Die Geschwindigkeit, mit der neue Gestaltungen hervorgebracht werden, lässt es schon nicht zu, diese sämtlich zur Kenntnis zu nehmen. Erst recht ist nicht zu erwarten, dass in der Kürze der Zeit gemachte Erfahrungen mit einzelnen Papieren zeitnah in neue Gestaltungen einfließen oder unmittelbar und isolierbar auf den Kurs oder die Liquidität von Einfluss sind, sofern es sich nicht um ganz grundlegende rechtliche Fragen handelt138 . Dies gilt umso mehr, als der rechtlichen Gestaltung neben anderen Faktoren wie der tatsächlichen Entwicklung des Emittenten selbst oder seiner Branche wohl nur ein geringes, überdies aber nicht ein für allemal feststehendes, Gewicht beigemessen wird. Schließlich darf nicht übersehen werden, dass die »unsichtbare Hand des Marktes« immer dann, wenn nicht schon eine Prognose sämtliche Beteiligten von einer bestimmten Gestaltung abhalten wird, einer ausreichenden und wiederkehrenden Zahl an Opfern bedarf, um ihre Steuerungswirkung zu entfalten. Bei ständiger Neuentwicklung bedeutet dies aber ständig neue Opfer, ohne dass deren Erfahrungen die Sicherheit späterer Investoren nennenswert erhöhen würden. Die Praxis verlässt sich dort, wo neue Gestaltungen verwandt werden, denn auch nicht allein auf die Steuerungskräfte des Marktes, sondern lässt die neue rechtliche Konstruktion durch Anwaltskanzleien begutachten139. Allerdings ist die hierdurch erlangte Sicherheit trügerisch. Denn zum einen wird das zentrale Gutachten typischerweise durch die Kanzlei erstellt, die an der Gestaltung des neuen Wertpapiers beteiligt war. Zum anderen ist jedes Gutachten hinsichtlich der rechtlichen Funktionsfähigkeit überall dort auf Mutmaßungen angewiesen, wo es – wie häufig – an einer höchstrichterlichen Klärung fehlt140 . Schließlich umfassen Ausführungen über die rechtliche Funktionsfähigkeit nicht die ökonomische Sinnhaftigkeit der rechtlichen Konstruktion. Dass durch derartige Gutachten die Qualität der gewählten Gestaltung in derselben Weise sichergestellt wäre, wie durch Typizität, ist eher zweifelhaft.

other contractual provisions, there is practically no pressure of purchaser opinion to improve these covenants.« 137   S. z. B. zur Frage der substantive consolidation bei »true sale«-Verbriefungen Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  218 f.; zur anhaltenden Rechtsunsicherheit bezüglich der Einordnung als »true sale« Janger, 4 Brook. J. Corp. Fin. & Com. L. 39, 44 (2009). 138   Zur Überzeugung der Praxis, dass Finanzmärkte zwar rational, aber langsam funktionieren, Spremann, in: Hehn (Hrsg.), Asset Management in Kapitalanlage- und Versicherungsgesellschaften, S.  49, 50. 139   S. nur Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  219 bei Fn.  110; Janger, 4 Brook. J. Corp. Fin. & Com. L. 39, 44 (2009). 140   S. soeben bei Fn.  137.

D.  Alternativen zur Typizität

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2.  Reduzierung von Informationskosten Bei unbefangener Betrachtung entstehen Informationskosten schon nicht, wenn auf die Information verzichtet wird und dieser Verzicht nicht seinerseits Kosten verursacht; sie lassen sich reduzieren, wenn Dritte Teile der Kosten endgültig übernehmen oder wenigstens die Kosten der Informationsbeschaffung dank rechtlicher Vorgaben gering bleiben. a)  Verzicht auf Information Der Verzicht auf zusätzliche und daher kostenverursachende Information kann bewusst und systematisch erfolgen, er kann aber auch auf dem Glauben beruhen, vollständig oder jedenfalls ausreichend informiert zu sein. Richtigerweise wird man aber zu dem Ergebnis kommen, dass Informationskosten auch durch Verzicht auf Information nicht wirklich vermieden werden können. Ein bewusster und systematischer Verzicht auf Information kann bei Wertpapieren des Kapitalmarkts dort beobachtet werden, wo der Anleger von vornherein keine eigene Investitionsentscheidung trifft, sondern beispielsweise einen bestimmten Index oder ein bestimmtes Portfolio abbildet. Kosten für die Information über den eigenen Bedarf fallen hier nur insoweit an, als sie der Anleger für die Entscheidung, einem bestimmten Index oder Portfolio zu folgen, und gegebenenfalls für die laufende Überprüfung dieser Entscheidung benötigt. Ein solches Verhalten ist vielfach bei institutionellen Investoren anzutreffen. Offensichtlichstes Beispiel ist hier sicher der Indexfonds, zumindest soweit er tatsächlich in die Indexwerte investiert und den Index nicht nur mittels Derivaten abbildet141. Auch bei anderen institutionellen Investoren ist indes die Nachbildung von Indices nicht selten Teil der Anlagestrategie142 ; selbst Private bilden gelegentlich einen Index oder – häufiger – ein bestimmtes Portfolio nach, das beispielsweise von einem Wirtschaftsjournal vorgeschlagen und dort medial abgedeckt wird143 . Ein meist weniger bewusster Verzicht auf Information ist bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts vielfach hinsichtlich des eigenen und fremden Rechtsbestands zu beobachten. Hinsichtlich des eigenen Bestands verzichten viele Anleger bei Produkten, die ihnen bekannt erscheinen, auf eine genaue Information, da sie ihre Rechtsposition als bloßes Anlageobjekt betrachten, das die Chance auf eine Wertsteigerung beinhaltet, Zinsen oder Dividenden trägt und durch Weiterveräußerung, bei Schuldverschreibungen auch durch Rückzahlung und bei Investmentpapieren des open end-Typs durch Rückgabe, wieder liquidiert werden kann. Eventuelle Mitwirkungsrechte während der Zeit, in der eine Rechtsposition gehalten wird, stehen für diese Anleger ganz im Hintergrund. Wegen geringer Bedeutung 141   Näher z. B. Mühlbradt, ZfgK 1978, 1182; Lamprecht, Exchange Traded Funds (ETFs), S.  5 ff. 142   Vgl. John, in: Leser/Rudolf (Hrsg.), Handbuch institutionelles Assetmanagement, S.  519, 528 f. 143   Als Beispiel für eine dahingehende Empfehlung an Privatanleger Peterreins, Grundsätze soliden Investierens, S.  52 ff.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

oft nicht eingeholt werden auch Informationen über den Bestand Dritter. Zum einen ist die Gefahr, in Rechtspositionen Dritter versehentlich einzugreifen, bei Papieren nicht sehr groß, die der Dritte selbst in Händen hält oder verwahren lässt144 . Zum anderen erlauben der Besitz oder die Verbuchung im Depot eines Dritten eine einfache Überprüfung der Zuordnung; das Risiko, dass der Veräußerer zur Verschaffung einer bestimmten Position nicht in der Lage ist, wird an organisierten Handelsplätzen mit zentraler Gegenpartei weiter gemindert145 . Lediglich die Frage, ob eine Position auch tatsächlich den versprochenen Rechtsinhalt hat, bleibt zu überprüfen. In der Praxis findet eine genauere Prüfung in aller Regel aber nur bei komplexen Produkten statt. Abgesehen von Informationen über den Bedarf Dritter, die für das Zustandekommen von Erwerbs- und Veräußerungsgeschäften unverzichtbar sind, und den Fällen einer gebundenen Investitionsentscheidung bleiben Informationen über den eigenen Bedarf wichtig. Insoweit kommt es aber nicht selten vor, dass der Anleger im Vertrauen auf eine Marktstimmung oder diffuse eigene Gefühle kauft, wobei so keineswegs nur Privatleute, sondern selbst institutionelle Investoren agieren. Dabei spielt es gewiss eine Rolle, dass sich der Anleger, der ein Papier nicht zu strategischen Zwecken, sondern lediglich als Investitionsobjekt erwirbt, oft keine genauen Gedanken darüber macht, was für eine Art von Kapitalanlage seinen Bedürfnissen am besten entspricht. Sein Interesse gilt – wie schon bei den bereits gehaltenen Papieren – auch bei der Investitionsentscheidung meist allein der Renditeerwartung und vielleicht noch der Bonität des Emittenten, kaum je aber den Einzelheiten der rechtlichen Ausgestaltung. Er schenkt daher der rechtlichen Seite bewusst oder unbewusst keine Beachtung. Mit dem Verzicht auf Information geht nun aber stets das Risiko einher, mangels Information Fehlentscheidungen zu treffen146 . So kann es etwa sein, dass sich der Anleger über den Referenzwert, das Referenzportfolio oder den Referenzindex bestens informiert hat, jedoch mangels Information über die rechtlichen Aspekte die Tatsache verkennt, dass er nicht direkt oder mittels eines Fonds in dieses so genannte Underlying investiert, sondern ein Zertifikat erwirbt und dadurch zusätzlich auch das Bonitätsrisiko des Emittenten trägt147. Das Bonitätsrisiko des Emittenten kann aber durchaus entscheidend dafür sein, ob der Erwerb eines Zertifikats für einen Anleger sinnvoll ist oder nicht148 . Auch mag das Risiko eines 144   Selbstverständlich muss aber der Emittent den Inhalt der Rechtsposition des Inhabers kennen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. 145   S. nur Romano, 55 Md. L. Rev. 1, 16–20 (1996); Scott, 33 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 671, 687 ff. (2010). 146   Auch dort, wo keine eigene Investitionsentscheidung möglich ist und daher Information ins Leere ginge, bleiben selbstverständlich die Nachteile; beim Indexfonds etwa trägt diese dann nicht die notwendigerweise uninformiert handelnde Fondsverwaltung, sondern allein der Anleger. 147   Vgl. oben Kapitel 11 B V 6. 148   Vgl. die Rechtsprechung zu den Lehman-Zertifikaten, z. B. OLG Frankfurt, Urteil vom 17. Februar 2010, 17 U 207/09, WM 2010, 613, 615 f.; Brinckmann, BKR 2010, 45, 46.

D.  Alternativen zur Typizität

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Ausfalls der zentralen Gegenpartei der Information darüber entheben, ob der Veräußerer zur Leistung bereit und in der Lage ist. Allerdings muss stattdessen die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der zentralen Gegenpartei beurteilt werden, was wegen ihrer immens vielen Geschäftsbeziehungen und der Konzen­ tration des Risikos keineswegs einfacher ist149. Informationskosten mithilfe eines Verzichts auf Information einzusparen, ist in der Theorie zwar dann sinnvoll, wenn die Folgen einer Fehlentscheidung, multipliziert mit deren Wahrscheinlichkeit, nicht die eingesparten Kosten übersteigen. Für die Praxis ist eine solche Modellrechnung allerdings kaum brauchbar, weil schon Wahrscheinlichkeit und genaue Folgen einer Fehlentscheidung nie sicher abzuschätzen sind. Der Verzicht auf Information kann daher kein adäquater Ersatz für die Reduktion von Informationskosten sein, die Typizität verspricht. Dass trotz der Gefahr von Fehlentscheidungen vielfach auf Information verzichtet wird, erklärt sich sicher zu einem Gutteil daraus, dass dem Anleger hierdurch bis zum Moment des Erwerbs noch keine Kosten entstehen. Spätere Nachteile, die noch dazu nur mit einer unbekannten Wahrscheinlichkeit und in unbekannter Höhe eintreten, animieren offenbar nicht immer in ausreichendem Maße zur Einholung von Information. b)  Information durch den Emittenten oder Dritte Zumindest die Kosten der Informationsbeschaffung sind im Kapitalmarktrecht oft dadurch reduziert, dass der Emittent oder Dritte bestimmte Informationen zur Verfügung stellen müssen. aa)  Information durch den Emittenten Neben der vom Emittenten auf freiwilliger Basis zur Verfügung gestellten Information erfolgt eine Information durch den Emittenten bzw. das von ihm mit der Markteinführung betraute und daher auf seine Information zurückgreifende Finanzinstitut oder Konsortium vor allem mithilfe des heute fast durchweg vorgeschriebenen Wertpapierprospekts150 . Dabei dient der Prospekt selbst zunächst dazu, dem Interessenten und dem Anleger die Informationsbeschaffung zu erleichtern151 ; die Kosten einer Verarbeitung der im Prospekt enthaltenen Information lassen sich naturgemäß nicht verhindern152 . Eine Erleichterung der Informationsverarbeitung soll dann wieder dort erreicht werden, wo neben einem ausführlichen auch ein vereinfachter Prospekt vorgeschrieben ist153 , der durch eine Reduzierung 149   Ob zentrale Gegenparteien, die derzeit nahezu als Allheilmittel gehandelt werden, gerade in extremen Marktsituationen das halten, was man sich von ihnen verspricht, erscheint ohnehin nicht unzweifelhaft, mag man auch auf ein Einspringen des Staates im Sinne einer »too big to fail«-Lehre hoffen können; vgl. Scott, 33 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 671, 688 (2010). 150   Oben Kapitel 12 E II. 151   S. nur Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, S.  311 f. 152   Vgl. Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, S.  1191, 1206 f. 153   Vgl. §  42 Abs.  1, 2 InvG.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

der vermittelten Information auch die Kosten einer Verarbeitung dieser reduzierten Information senkt154 . Die rechtlichen Eigenschaften eines Wertpapiers sind dem ausführlichen Prospekt weitgehend zu entnehmen, erleichtern hier also tatsächlich die Informa­ tionsgewinnung deutlich155 . Die bei Abfassung, Erstellung und Ausgabe des Prospekts entstehenden Kosten fallen letztlich den Anlegern zur Last156 , sind allerdings jedenfalls hinsichtlich der rechtlichen Eigenschaften des Papiers vergleichsweise gering. Soweit im vereinfachten Prospekt Informationen über die rechtlichen Eigenschaften gar nicht oder nur verkürzt enthalten sind157, reduzieren sich wieder die Kosten der Informationsverarbeitung aufgrund einer Reduzierung der Information selbst. Der europäische Gesetzgeber, der den vereinfachten Verkaufsprospekt eingeführt hat158 , wird damit wohl nicht zum Ausdruck bringen wollen, auf weitere Information könne stets gefahrlos verzichtet werden, sondern eher und durchaus zutreffend davon ausgegangen sein, dass weitere Information vielfach ohnehin nicht mehr verarbeitet werden würde159. Im Vergleich mit der durch Typizität erreichten Reduzierung von Informationskosten ist diese Lösung allerdings nicht sonderlich befriedigend, bedeutet sie doch einen Verlust an Information, der hinsichtlich der rechtlichen Merkmale gewichtiger sein kann als der Verlust an Information hinsichtlich rein tatsächlicher Ereignisse untergeordneter Bedeutung. Die mit dem Verlust an Information verbundenen Risiken bleiben ebenso wie beim Verzicht auf Information160 als Kosten bestehen. bb)  Information durch Dritte Auch Information durch Dritte ist im Bereich der Kapitalmarktpapiere überaus verbreitet, ja war geradezu ein Ansatz des kapitalmarktrechtlichen Informationsmodells161. Neben der allgemeinen Finanzmarktberichterstattung in den Medien existieren insbesondere mit den Analysten und den Rating-Agenturen speziali154   Vgl. allgemein Rehberg, in: Ökonomische Analyse der europäischen Zivilrechtsentwicklung, S.  284, 337 f.; Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, S.  61 ff. 155   Vgl. §  42 Abs.  1 Satz 3 Nr.  6 ff. InvG. 156   S. wiederum Schön, in: Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, S.  1191, 1206. 157   Vgl. §  42 Abs.  2 Satz 1 Nr.  1 lit.  a , b, Nr.  2 lit.  b, Nr.  4 InvG. 158   Art.  27 f. sowie Anh. I Schema C der Richtlinie 85/611/EWG i.  d.  F. des Art.  1 Nr.  8 , 9, 20 der Richtlinie 2001/107/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Januar 2002 zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) zwecks Festlegung von Bestimmungen für Verwaltungsgesellschaften und vereinfache Prospekte, ABl.  Nr. L 41 vom 13. Februar 2002, S.  20–34. 159   Vgl. Erwägungsgrund 15 der Richtlinie 2001/107/EG; s. a. RegE Investmentmodernisierungsgesetz, BR-Drucks. 609/03 vom 28. August 2003, S.  156: »Der vereinfachte Verkaufsprospekt führt damit zu einer erheblichen Verbesserung des Anlegerschutzes, da er anders als der ausführliche Verkaufsprospekt, der vielfach von Anlegern nicht gelesen wird, die für eine Anlageentscheidung erforderlichen Informationen in zusammengefasster Form bereit hält.« 160   Dazu soeben unter D I 2 a. 161   S. nur Merkt, zfbf Sonderheft 55/06, 24, 30, 41. Dazu kritisch Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  95 ff.; ders., AcP 210 (2010), 105, 148.

D.  Alternativen zur Typizität

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sierte Dienstleister, die Informationen über die Wertpapiere des Kapitalmarkts sammeln, aufbereiten und der Öffentlichkeit zugänglich machen162 . Der Rückgriff auf die von diesen Dritten zur Verfügung gestellte Information reduziert zweifellos die Kosten der Informationsbeschaffung. Für die Berichterstattung der Medien entstehen dem Einzelnen nur sehr geringe Kosten der Informationsbeschaffung163 , die oft ohnehin anfallen und jedenfalls nicht im Zusammenhang mit einer konkreten Transaktion stehen, also insoweit nicht hemmend wirken. Die Medien halten sich allerdings mit präzisen Informationen über die rechtliche Gestaltung sehr zurück. Vermittelt werden allenfalls Grundzüge, die die rechtliche Ausgestaltung nur grob erkennen lassen. Der so zu gewinnende Informationsgehalt ist mithin gering. Damit verursacht zwar auch die Verarbeitung dieser Information nur geringe Kosten, die Reduzierung von Informationskosten beruht aber auf einer Reduzierung der Information; es bleibt erheblicher weiterer Informationsbedarf, der entweder anderweitig gedeckt werden muss oder einen Verzicht auf Information mit den damit verbundenen Risiken zur Folge hat164 . Auch die Finanzanalyse befasst sich mehr mit den Unternehmensdaten als mit den rechtlichen Eigenschaften eines bestimmten Wertpapiers. Immerhin ist hier aber doch eine Mitberücksichtigung der rechtlichen Eigenschaften unumgänglich, weil der Analyst eine Empfehlung zum Kaufen, Halten oder Verkaufen eines bestimmten Wertpapiers abgibt165 . Den einzelnen Empfehlungen, die meist im Dreimonatsrhythmus aktualisiert werden, kann jedoch meist keinerlei Information über die rechtliche Ausgestaltung des beurteilten Wertpapiers entnommen werden. Kosten für die Beschaffung der Information entstehen dem Nutzer der Analyse unmittelbar dann, wenn es sich um einen unabhängigen Analysten handelt, der sich für seine Dienste bezahlen lässt166 ; in diesem Fall können sich die Kosten auf die Liquidität des Papiers nachteilig auswirken. Mittelbar entstehen solche Kosten, wenn die Analyse zwar zunächst vom Emittenten oder einem Finanzintermediär finanziert wird, der Anleger aber diese Kosten über eine geringere Dividende oder höhere Gebühren letztlich doch trägt. In diesem Fall fehlt aber jedenfalls ein direkter Einfluss auf eine in Rede stehende Transaktion und damit die Liquidität des Papiers. Gering bleiben die Kosten einer Verarbeitung der Hand162   S. nur Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 604 f. (1984); Habersack, ZHR 169 (2005), 185, 186 mit der sehr optimistischen Formulierung, der Gewinn an Markttransparenz durch Rating könne »nicht hoch genug veranschlagt werden«; Blaurock, ZGR 2007, 603, 608; zur Rolle des Underwriter Gilson/Kraakman., a.a.O., S.  618–621. So genannte »Buy Side Analysts«, die ihre Analyse lediglich zum internen Gebrauch eines institutionellen Investors erstellen (vgl. nur Seibt, ZGR 2006, 501, 504), sind hier ausgeklammert, da diese Form interner Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung gerade keine Reduzierung von Informationskosten zur Folge hat, wenn man nicht von effizienten Kapitalmärkten ausgeht. 163   Vgl. Gilson/Kraakman, 70 Va. L. Rev. 549, 601, 612 (1984). 164   Dazu wiederum soeben unter D I 2 a. 165   Vgl. §  34b Abs.  1 Satz 1 WpHG. 166   Vgl. Möllers, AfP 2010, 107, 110 zur rechtstatsächlichen Schwierigkeit für deutsche Privatanleger, Finanzanalysen zu erwerben.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

lungsempfehlung als solcher, allerdings ist damit Information über die rechtlichen Eigenschaften eines Papiers lediglich äußerst mittelbar verarbeitet. Auch diese Kostenreduzierung beruht also wieder auf einer Reduzierung der Information selbst; eigentlich bestünde hinsichtlich der rechtlichen Eigenschaften weiterer Informationsbedarf. Ähnlich wie in die Finanzanalyse gehen auch in das Rating eines Wertpapiers – im Gegensatz zum bloßen Emittentenrating – die rechtlichen Eigenschaften des Papiers ein. Auch finden sich im Rating Report jedenfalls bei komplexeren Gestaltungen regelmäßig Ausführungen zur Funktionsweise und damit auch zur rechtlichen Ausgestaltung. Das für sämtliche Papiere geltende, in wenigen Buchstaben und Ziffern ausgedrückte Rating167 kommt auf den ersten Blick einem System mit Typizität und kurzen Typenbezeichnungen durchaus nahe. In Wirklichkeit bestehen jedoch entscheidende Unterschiede168 . Zunächst einmal fehlt dem Rating, anders als bei einer von Gesetzgeber oder Rechtsprechung verantworteten Typizität, die volle demokratische Legitimation; nicht einmal eine Legitimation durch einheitliche Marktpraxis kann das im Inneren einer Agentur auf oft schwer nachvollziehbare Weise zustande gekommene Rating für sich in Anspruch nehmen. Auch haben die Rating-Agenturen ein ureigenes Interesse an Vielfalt und ständiger Neuentwicklung169, würde doch sonst die Nachfrage nach ihrer Dienstleistung zumindest insoweit nachlassen, als sie sich auf die rechtliche Struktur bezieht. Vor allem aber kann dem Rating und seiner knappen Erklärung einmal mehr gerade keine volle Information entnommen werden; der Rating Report und erst recht die Benotung reduzieren wiederum Informationskosten durch eine Reduzierung der Information selbst. Bezahlt wird das Rating meist vom Emittenten170 , womit der Erwerber zwar mittelbar die Kosten trägt, aber ein direkter Einfluss auf den Erwerbsvorgang entfällt. Zu alldem kommt hinzu, dass es sich bei diesen Dritten vielfach nicht um unabhängige, von Interessenkonflikten freie Informationsvermittler handelt171 und selbst an sich unabhängige Medien durch ihre Berichterstattung den Markt nachteilig beeinflussen können172 . Dass diese Dritten vorsätzlich falsch oder irreführend gerade über rechtliche Eigenschaften eines Wertpapiers informieren, muss deshalb sicher nicht unterstellt werden; wo allerdings die rechtlichen Eigenschaften lediglich in ein Gesamtergebnis einfließen und dieses Gesamtergebnis bewusst   S. nur Schwarcz, 2002 U. Ill. L. Rev. 1, 7 f.   Vgl. Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  92 f.; ders., AcP 210 (2010), 105, 113 f.,

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  Dies übersieht Schwarcz, 2002 U. Ill. L. Rev. 1, 18–20.   Schwarcz, 2002 U. Ill. L. Rev. 1, 15; Blaurock, ZGR 2007, 603, 604; Möllers, JZ 2009, 861,

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171   S. nur Blaurock, ZGR 2007, 603, 643 f.; Habersack, ZHR 169 (2005), 185, 195–197; Möllers, JZ 2009, 861, 864 ff.; Seibt, ZGR 2006, 501 ff.; Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  11, 274 f. 172   Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  11, 96; Flaig, Wirtschaftsjournalismus und Markt, S.  44 ff.; s. a. Möllers, AfP 2010, 107, 108, 110.

D.  Alternativen zur Typizität

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oder unbewusst verzerrt wird, leidet auch die darin jedenfalls vermeintlich enthaltene Information über die rechtlichen Eigenschaften des Papiers. c)  Sinkende Grenzkosten Sinkende Grenzkosten können sich bei den Kapitalmarkpapieren zum einen insofern ergeben, als einmal erlangte Information ganz oder teilweise mehrfach genutzt werden kann, zum anderen eine Folge ohnehin unvermeidbarer Kosten einer Information über tatsächliche Umstände sein. Verteilen sich die Kosten der Informationsbeschaffung und -verarbeitung auf eine Vielzahl von Erwerbsvorgängen oder eine Vielzahl gehaltener Papiere, fallen sie für das einzelne Wertpapier immer weniger ins Gewicht. Der Erwerb einer großen Anzahl identischer Papiere und die Kumulation einer großen Zahl identischer Papiere in einer Hand werden nun aber durch die Massenemissionen der Wertpapiere des Kapitalmarkts und ihren meist paketweisen Handel stark begünstigt. Hinzu kommt, dass Kapitalmarktpapiere oft in mehreren einzelnen Transaktionen von ein und derselben Partei erworben oder veräußert werden. Hierbei kann es sich um gleichgerichtete oder um gegenläufige Geschäfte handeln: Es ist ebenso denkbar, dass eine Partei ihren Bestand in mehreren Schritten erhöht oder erniedrigt, wie dass sie abwechselnd erwirbt und veräußert. Ein solches Verhalten ist insbesondere bei institutionellen Investoren oder bei Händlern häufig, die aus freien Stücken oder aufgrund einer übernommenen Verpflichtung173 regelmäßig in einem bestimmten Papier handeln; es kann aber auch bei Privatpersonen vorkommen. Die Kostenreduktion beruht darauf, dass sich die rechtlichen Eigenschaften des Wertpapiers im Laufe der Zeit in aller Regel nicht ändern, eine einmal eingeholte und verarbeitete Information also meist ihre Gültigkeit behält. In abgeschwächter Form findet eine Kostenreduktion statt, wenn sich eine Partei regelmäßig in einem bestimmten, in Grundzügen typisierten Marktsegment aufhält, sie sich einmal über die gemeinsamen rechtlichen Eigenschaften der Papiere informiert hat und bei ihr im Einzelfall daher nur noch der Aufwand einer Information über eventuelle Abweichungen anfällt. Das Ausmaß der Kostenersparnis hängt dabei allerdings stark davon ab, wie homogen das jeweilige Marktsegment ist und wie leicht sich Abweichungen zu erkennen geben. Schließlich ist denkbar, dass die Information über rechtliche Eigenschaften ohne erhebliche Zusatzkosten gemeinsam mit einer ohnehin notwendigen Information über tatsächliche Eigenschaften eingeholt werden kann. In einem solchen Fall bleiben zwar die Kosten einer Verarbeitung der rechtlichen Information; die Kosten der Informationsbeschaffung entfallen aber nahezu vollständig, wenn man davon ausgeht, dass die Information über tatsächliche Eigenschaften auf jeden Fall eingeholt wird. Anders als bei den anderen Formen der Reduzierung von Informationskosten führt die Ersparnis durch sinkende Grenzkosten allein nicht zu einer Reduzierung   Näher sogleich unter 3 c.

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

der Information selbst; sie ist auch nicht mit zusätzlichen Bedenken gegen die Zuverlässigkeit der Information verbunden. Letztlich handelt es sich hier aber um Phänomene, auf denen auch die Informationskostenvorteile von Typizität beruhen, setzen diese doch auch die zumindest einmalige Beschaffung und Verarbeitung von Information über den in Rede stehenden Typ voraus, wobei sie von einer gleichzeitig notwendigen Information über tatsächliche Umstände ebenso profitieren174 . 3.  Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Typizität reduziert den Suchaufwand, erleichtert die Preisbildung, fördert die Liquidität und verwirklicht ein Stück weit rechtliche Gleichheit durch die Kanalisierung der verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten auf bestimmte Typen175 . Ohne Typizität findet eine derartige Kanalisierung naturgemäß nicht statt. Eine Verwirklichung rechtlicher Gleichbehandlung ist ohne Typizität daher undenkbar. Immerhin könnten jedoch andere Mechanismen bestehen, die ebenfalls den Suchaufwand verringern, die Preisbildung begünstigen sowie die Liquidität verbessern. a)  Reduzierung des Suchaufwands Während Typizität den Suchaufwand durch Erhöhung von Angebot und Nachfrage nach bestimmten Gestaltungen und erleichterte Identifikation von Geschäftsmöglichkeiten reduziert, reduziert sich der Suchaufwand bei zahlreichen Kapitalmarktpapieren durch die Bündelung von Angebot und Nachfrage an wenigen physischen oder virtuellen Orten, den Börsen und Handelsplattformen176 . Wenn dabei eine gewisse Standardisierung der gehandelten Wertpapiere als Voraussetzung funktionierenden Börsenhandels angesehen wird177, so widerlegt dies weder den Befund geringer Typizität noch die Bedeutung organisierter Märkte als alternativer Mechanismus zur Reduzierung des Suchaufwands. Denn diese Standardisierung beschränkt sich im Wesentlichen auf die Herausbildung einzelner Marktsegmente, die oft stärker von tatsächlichen als von rechtlichen Merkmalen geprägt werden, jedenfalls aber nicht durchweg streng typisieren, wie dies etwa das Vorhandensein von Zertifikatebörsen zeigt178 . Dass ein Wertpapier, das sich als Aktie, Schuldverschreibung oder eine Hybridform darstellt, gar nicht in den Genuss organisierter Marktstrukturen kommen könnte, ist schwer vorstellbar. Eine weitere Reduzierung von Suchkosten ergibt sich durch Intermediäre, die auf die Suche geeigneter Geschäftspartner spezialisiert sind und daher für das Zustandekommen eines Geschäfts geringere Suchkosten aufwenden müssen, als ein   Ausführlich oben B II.   Oben unter B III. 176   Vgl. nur Max Weber, Die Börse I, S.  22. 177   S. schon Max Weber, Die Börse II, S.  59 f. 178   Vgl. nur Mai, AG 2003, R436; ders., AG 2007, R402. 174

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nicht spezialisierter Marktteilnehmer179. Die Kosten, die mit ihrer Einschaltung verbunden sind, liegen demgemäß unter denjenigen, die ein gewöhnlicher Marktteilnehmer aufwenden müsste. Diese Mechanismen reduzieren Suchkosten nicht nur in dem Fall, in dem Angebot und Nachfrage von Anfang an voll übereinstimmen, sondern sie machen auch das Auffinden von Substituten günstiger. Was Typizität insoweit durch eine in das Vorfeld verlagerte Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen leistet, kann also hier mit der Suche selbst verbunden werden. Wo schließlich ein Produkt von vornherein für einen bestimmten Anleger strukturiert wird und dieser die Abnahme zusagt, entstehen Suchkosten schon gar nicht. Allerdings sind die im Vorfeld entstehenden Informationskosten, vor allem die Kosten einer Information über den eigenen und fremden Bedarf, umso größer. b)  Verbesserung der Preisbildung Auf dem Gebiet des Kapitalmarkts existieren weiter über die Zusammenführung an einem Ort hinaus auch Mechanismen, die auf eine Verbesserung der Preisbildung ausgerichtet sind. Zunächst einmal sind hier die Mechanismen zur Preisermittlung zu nennen, die aus den tatsächlich abgeschlossenen Geschäften sowie den Umständen, unter denen bei Marktteilnehmern eine Bereitschaft zum Geschäftsabschluss besteht, einen aktuellen Kurs ermitteln180 . Hinzu kommen Akteure, die sich vornehmlich an den Börsen und Handelsplattformen angesiedelt haben und durch die unverbindliche Stellung indikativer Preise die Preisbildung verbessern181. Allerdings sind die so gebildeten Preise umso weniger verlässlich, je weniger die betreffenden Papiere tatsächlich bewegt werden. c)  Steigerung der Liquidität Schließlich finden sich bei den Kapitalmarktpapieren auch Mechanismen, die die Liquidität steigern und damit zugleich auch Suchkosten reduzieren sowie die Preisbildung sichern. Zu nennen sind hier neben der Einrichtung zentraler Handelsplätze überhaupt zum einen solche Akteure, die bei kurzfristigem Fehlen einer Gegenpartei spontan für eigene Rechnung dazwischentreten und so einen tempo-

179   Vgl. nur Max Weber, Die Börse I, S.  37: »[Der Börsenmakler] ist also nach dem Gedanken, der seiner Stellung zu Grund liegt, das Werkzeug, welches die ausgestreckten Hände von Angebot und Nachfrage zusammenführt, so daß sie sich fassen können.« 180   Vgl. wiederum Max Weber, Die Börse I, S.  37–39; ders., Die Börse II, S.  53. 181   Vgl. z. B. §§  103, 105 der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse (Stand 28. November 2011) sowie für Fondsanteile §  6 der Handelsordnung für den Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse (Stand 23. Mai 2011), beide abrufbar unter (zuletzt besucht am 29. Februar 2012).

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Kapitel 13:  Erklärungsversuche

rären Liquiditätsengpass überbrücken182 , zum zweiten die so genannten Market Maker, die im Voraus die Gewährleistung von Liquidität zusagen. Dass das spontane Einspringen seitens eines Händlers im Falle eines Liquiditäts­ engpasses die Liquidität des betreffenden Papiers verbessert und schon die Aussicht, es könne zu einem solchen Geschäft kommen, positiv auf die Handelsbereitschaft wirkt und damit ihrerseits die Liquidität steigert, steht außer Zweifel. Allerdings werden Händler zu einem solchen Dazwischentreten nur bereit sein, wenn sie erwarten dürfen, dass sie das Geschäft später wieder durch ein Gegengeschäft kompensieren und damit das übernommene Risiko wieder abstreifen können. Gerade bei denjenigen Gestaltungen, die die klassischen Modelle von Aktie, Schuldverschreibung und Investmentanteil weit hinter sich lassen, ist aber wegen der individuellen Besonderheiten und des damit verbundenen zusätzlichen Informationsaufwands keineswegs immer mit anhaltendem Interesse oder auch nur dem spontanen Eigenhandel eines Börsenakteurs zu rechnen. Schon die Aussicht mangelnder Liquidität drückt aber den Preis eines Wertpapiers und schadet zudem der Reputation des Handelsplatzes. Um bereits im Voraus sicherzustellen, dass der Handel in einem bestimmten Wertpapier jedenfalls in gewissem Umfang auch dann möglich ist, wenn dem Markt »von außen« keine Kauf- oder Verkaufangebote zugehen und solche auch nicht in absehbarer Zeit zu erwarten sind, wurde daher die Figur des so genannten Market Maker geschaffen. Der Market Maker übernimmt gegenüber dem Handelsplatz oder dem Emittenten die Verpflichtung, laufend verbindliche An- und Verkaufskurse für ein bestimmtes Wertpapier zu stellen und zu diesen Kursen festgelegte Mengen auch zu veräußern oder zu erwerben. Er sichert damit die Liquidität für dieses Wertpapier183 . An manchen Handelsplätzen muss heute für jedes nicht hochliquide Papier mindestens ein Market Maker bereitstehen184 . Manche Handelssegmente für bestimmte Investmentanteile verlangen, dass der Antrag auf Aufnahme des Handels sogleich von einem Market Maker gestellt wird185 . Im 182   S. nur Demsetz, 82 Q. J. Econ. 33, 38 (1968); Garbade/Silber, 34 J. Finance 577, 579 (1979); Grossman/Miller, 43 J. Finance 617, 620 f. (1988). 183   Grundlegend zu allem Demsetz, 82 Q. J. Econ. 33, 35 ff. (1968); Modelle bei Garbade/Silber, 34 J. Finance 577, 585 ff. (1979) sowie Grossman/Miller, 43 J. Finance 617, 622 ff. (1988); zur Bedeutung auch im elektronischen Handel Venkataraman/Waisburd, 42 J. Fin. & Quant. Analysis 735, 754 f. (2007). 184   So beim elektronischen Handelssystem Xetra (»Designated Sponsor«), vgl. §§  76 f. der Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierbörse (Stand 28. November 2011), abrufbar unter der in Fn.  181 genannten URL; weiter Deutsche Börse AG, Designated Sponsor Guide (28. Dezember 2009), S.  2–4, sowie Designated Sponsor Mustervertrag, früher abrufbar unter (zuletzt besucht am 16. November 2010, dort nicht mehr verfügbar). 185   So für die Aufnahme von Exchange Traded Funds in das Handelssegment ETF Best-X der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse §§  68b Abs.  1, 68c, 68d Abs.  1–2, 68 f der Börsenordnung (Stand 15. November 2010) sowie Zif. 7.1 der Ausführungsbestimmungen für den elektronischen Handel von Anteilscheinen an offenen Investmentfonds und Exchange Traded Funds an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse (Stand 14. Juni 2010); ähnlich die aktuelle

D.  Alternativen zur Typizität

503

Bereich des organisierten Handels mit strukturierten Produkten muss sich teils der Emittent selbst zur Stellung von Kursen und zur Ausführung von Orders eines bestimmten Umfangs verpflichten186 , was sowohl wegen der Erfassung sämtlicher – und nicht nur der wegen ihrer geringen Zahl ohnehin weniger liquiden – Produkte als auch der Verpflichtung gerade des Emittenten bezeichnend ist, deutet dies doch darauf hin, dass alle derartigen Produkte wegen ihrer strukturellen Besonderheit typischerweise nicht ausreichend liquide sind und die Risiken der verbindlichen Stellung von An- und Verkaufspreisen wegen der mit fehlender Typizität einhergehenden Komplexität dieser Produkte nur dem Emittenten selbst zugemutet werden können, der das Produkt konstruiert hat und daher wohl am besten kennt187. So sehr die Figur eines Market Maker die Liquidität erhöht und dabei durchaus effektiver wirken kann, als dies Typizität vermag, haften diesem Mechanismus doch Risiken an, die sich gerade im Ernstfall verwirklichen können. So übernehmen Market Maker die Pflicht zur Bereitstellung von Liquidität verständlicherweise nicht unbeschränkt. Abgesehen von einer volumenmäßigen Begrenzung188 ist auch ihre Pflicht zur Handelsteilnahme meist auf einen bestimmten Anteil der Handelszeit und der Auktionen begrenzt189 und im Fall einer extremen Marktsituation oder sonstiger höherer Gewalt von vornherein ausgeschlossen190 , jedenfalls aber faktisch nicht erzwingbar. In der Vergangenheit haben denn auch Market Maker in Extremfällen oft keine Liquidität mehr bereitgestellt, ja waren dazu schlicht nicht in der Lage191. Selbst außerhalb von Extremsituationen ist aber nicht immer

Regelung, abrufbar unter (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). 186   So beim Handel strukturierter Produkte im Segment Scoach Premium des Freiverkehrs der Frankfurter Wertpapierbörse, vgl. Scoach Europa AG, Teilnahmebedingungen für das Qualitätssegment Scoach Premium (Stand 3. August 2009), §  1, (zuletzt besucht am 29. Februar 2012). Ähnlich beim Handel mit verbrieften Derivaten im Handelssegment EUWAX der BadenWürttembergischen Wertpapierbörse (Antragsteller), s. §  44 Abs.  2 Satz 2–5 i. V. m. §  47 der Börsenordnung (Stand 1. Dezember 2011) sowie Zif. 3.3 der Ausführungsbestimmungen für den elektronischen Handel verbriefter Derivate an der Baden-Württembergischen Wertpapierbörse, insbesondere im Handelssegment EUWAX (Stand 8. Dezember 2011), abrufbar unter der in Fn.  185 genannten URL. 187   Vgl. allgemein Grossman/Miller, 43 J. Finance 617, 620 (1988). 188   S. z. B. §  1 Abs.  2 der Teilnahmebedingungen für das Qualitätssegment Scoach Premium (oben Fn.  186). 189   So für Designated Sponsors an der Frankfurter Wertpapierbörse, vgl. Designated Sponsor Guide (oben Fn.  184), S.  8 –11. 190   S. z. B. §  1 Abs.  5 der Teilnahmebedingungen für das Qualitätssegment Scoach Premium (oben Fn.  186). 191   Zum Börsencrash am 19. Oktober 1987 Grossman/Miller, 43 J. Finance 617, 631–633 (1988); Christie/Schultz, 13 J. Fin. Services Research 205, 207–209 (1998) sowie die bei Stoll, 13 J. Fin. Services Research 183, 186 (1998) in Fn.  2 nachgewiesenen Studien der U. S.-Regierung und der Börsen; zum 15. November 1991 allerdings mit einem guten Zeugnis für die Market Maker Christie/Schultz, a.a.O., S.  209 ff.

504

Kapitel 13:  Erklärungsversuche

gewährleistet, dass Market Maker ihren Pflichten voll nachkommen192 . Da Typizität von individuellen Entscheidungen und individueller Leistungsfähigkeit unabhängig ist und daher auch in Krisensituationen ihre liquiditätsfördernde Wirkung entfalten kann, ist sie dem Mechanismus der Market Maker überlegen.

II.  Beschränkte Verwendung dieser Alternativen bei typisierten Gütern Dass diese Alternativen auf dem Gebiet des Sachenrechts sowie bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs nicht ebenfalls vorrangig oder wenigstens in Ergänzung zur Typizität Anwendung finden, liegt sicher nicht daran, dass dort eine weitere Verbesserung der verwandten Gestaltungen, eine weitere Reduzierung von Informations- und Suchkosten, eine weitere Unterstützung der Preisbildung oder eine weitere Steigerung der Liquidität nicht mehr möglich wäre. Dies wirft die Frage nach einer Erklärung der unterschiedlichen Entwicklung auf. 1.  Qualitätssteuerung durch den Markt und durch Anwaltsgutachten Marktmechanismen spielen sehr wohl auch im Bereich der typisierten Güter eine Rolle. Schon die Herausbildung von Typen überhaupt, aber auch ihre Weiterentwicklung beruhen auf dem Mechanismus ständiger Überprüfung und Bewährung. Zwar ist eine Qualitätssteuerung bei typisierten Gütern dort schwierig, wo aufgrund eines Typenzwangs nur der – an sich verbesserungswürdige – Typ zur Verfügung steht. Gänzlich ausgeschlossen ist sie indes auch hier nicht. In besonders drängenden Fällen nimmt die Rechtsordnung vielmehr die Strenge des Typenzwangs regelmäßig zurück, was beispielsweise in Deutschland mit der Zulassung von Sicherungsübereignung und Sicherungsabtretung erfolgt ist193 . Dass solche Veränderungen selten sind und einen langen Vorlauf haben, ist keineswegs nur nachteilig, weil so ein allzu schneller Wandel, der die Vorteile von Typizität zunichte machen würde, vermieden wird. Anwaltsgutachten, die die Funktionsfähigkeit einer bestimmten Gestaltung bestätigen sollen, sind hingegen bei den typisierten Formen insoweit überflüssig, wie die Typisierung reicht. Denn hier haben Gesetzgeber und Gerichte die Funktionsfähigkeit gerade bestätigt. Sollte tatsächlich eine Änderung beabsichtigt sein, wird diese nur für die Zukunft gelten und gegebenenfalls von Übergangsvorschriften begleitet sein. Bei besonderen Gestaltungen mag sich die Einholung eines Gutachtens zwar lohnen; für das alltägliche Massengeschäft über teilweise auch geringwertige Sachenrechte, Wechsel- und Scheckforderungen oder Waren ist dies aber gewiss keine gangbare Alternative.

  Vgl. Board/Sutcliffe/Vila, 17 J. Fin. Services Research 259, 262 ff. (2000).   Dazu Kapitel 4 E I 3 a.

192 193

D.  Alternativen zur Typizität

505

2.  Reduzierung von Informationskosten Ein Verzicht auf Information ist selbstverständlich auch bei Typizität denkbar. Allerdings erlaubt Typizität gerade eine kostengünstige Informationsbeschaffung, weshalb es für einen Verzicht sicher weniger Anreize gibt. Auch fehlen, wenn man von den Warenbörsen absieht, außerhalb des Bereichs der Kapitalmarktpapiere meist jegliche Indizes oder auch nur eine Marktstimmung, die Grund für eine Entscheidung ohne nähere Information sein könnten. Ebenfalls zu beobachten ist die Information durch den bisherigen Berechtigten und durch Dritte194 , wofür allerdings beim Vorliegen von Typizität wiederum eine geringere Notwendigkeit besteht. Auffallendstes Beispiel ist sicher die Einschaltung eines zur Aufklärung verpflichteten Notars bei Grundstücksgeschäften in den meisten Ländern Kontinentaleuropas. Schließlich sind sinkende Grenzkosten, wie sie sich bei den Kapitalmarktpapieren zum einen aufgrund mehrfacher Nutzung einmal eingeholter Information, zum anderen als Folge ohnehin unvermeidbarer Kosten einer Information über tatsächliche Umstände ergeben, gerade einer der Vorteile, auf die auch Typizität setzt. Dabei reicht der Effekt einzelfallunabhängiger Typizität sicher weiter, als der einer lediglich für eine bestimmte Wertpapierklasse geschaffenen Einheitlichkeit; selbst die privatautonom vereinbarte Festlegung einheitlicher Voraussetzungen für ein bestimmtes Marktsegment reicht in ihrer kostensenkenden Wirkung nicht an eine das gesamte Gebiet erfassende Typizität heran, setzt sie doch immer die Unterwerfung unter die selbstdefinierten Standards voraus. 3.  Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Organisierte Märkte mit ihrem die Suchkosten reduzierenden Effekt sind für typisierte Güter keineswegs ausgeschlossen. Dies zeigen die Warenbörsen ebenso wie die früheren Wechselbörsen. Dass diese Form des Handels bei vielen typisierten Gütern aber nicht dominiert, ist den tatsächlichen Umständen der meisten Transaktionen geschuldet. So fehlt es vielfach an der tatsächlichen Substituierbarkeit, weshalb ein zentraler Handelsplatz kaum Vorteile bringen könnte. Schwer vorstellbar erschiene beispielsweise ein zentraler Handel grundstücksbezogener Rechte, etwa von Wegerechten: Geschäftsgegenstand ist hier nicht irgendein Wegerecht, sondern ein Wegerecht gerade an dem angrenzenden Grundstück. Auch entstehen mangels Substituierbarkeit oft nur solche Suchkosten, die kaum zu vermindern wären. So muss bei Interesse an einem Wegerecht eben der Eigentümer des angrenzenden Grundstücks ausfindig gemacht und angesprochen werden, wofür ein zentraler Markt kaum Vorteile bringt. Dies ähnelt der Situation, dass ein Wertpapier vom Emittenten für einen bestimmten Investor erst strukturiert wird. 194   Vgl. Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  97 mit dem Hinweis darauf, dass es um Neutralität der Evaluation bei Waren wesentlich besser bestellt sei als bei Finanzprodukten und Finanzdienstleistungen.

506

Kapitel 13:  Erklärungsversuche

Hinzu kommt, dass etwa die Warendistribution – vom Fernabsatz abgesehen – oft so organisiert ist, dass der Ort der Übergabe auch der Ort des Geschäftsabschlusses ist. Demgegenüber sind heute Geschäfte über die Wertpapiere des Kapitalmarkts in keiner Weise mehr ortsgebunden, sofern nicht mit effektiven Stücken gehandelt wird. Solche Geschäfte können daher ohne Schwierigkeiten zentralisiert werden. Schließlich verursacht die Einrichtung eines organisierten Markts Kosten, die bei den Kapitalmarktpapieren weniger ins Gewicht fallen als bei anderen Gütern. Denn bei Kapitalmarktpapieren können diese Kosten auf eine große Zahl von Transaktionen mit einem hohen Gesamtwert umgelegt werden; auch lohnt sich für eine größere Emission von Kapitalmarktpapieren das Durchlaufen eines kostspieligen Notierungsprozesses, da die enthaltenen Papiere auf einige Dauer angelegt sind und schon aufgrund der Tatsache einer Massenemission mit mehrfachem Handel zu rechnen ist. Wo Güter nicht substituierbar sind und in irgendeiner Form zentralisiert gehandelt werden, ist eine Unterstützung der Preisbildung durch Indizes, in die eine große Zahl aller getätigten Geschäfte einfließt, oder gar durch Händler, die indikative Preise stellen, schon praktisch kaum möglich. Nur scheinbar bilden Warenbörsen eine Ausnahme, da auf ihnen regelmäßig nur das Eigentum als Vollrecht an der Ware gehandelt wird. Die verbesserte Preisbildung ist also gerade der rechtlichen Typizität zu verdanken; eine Rückwirkung auf die Preisbildung hinsichtlich anderer rechtlicher Gestaltungen fehlt hingegen. Nicht zuletzt scheidet auch eine weitere Steigerung der Liquidität durch Market Maker bei den verschiedenen Sachenrechten und den anderen Wertpapieren rein praktisch fast durchweg aus. Denn die denkbaren Vorteile höherer Liquidität stehen normalerweise in keinem Verhältnis zu den Kosten, die dem Market Maker entstehen würden195 . Weder die Beteiligten noch ein zentraler Handelsplatz wären daher bereit, dem Market Maker seine Kosten zu ersetzen196 . Bemerkenswert ist schließlich, dass sich gerade für das besonders typizitätsorientierte Sachenrecht Kontinentaleuropas ohne Weiteres ein Bezug zum Gedanken rechtlicher Gleichheit, wie er der Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen innewohnt, herstellen lässt. Denn vor allem auf dem Kontinent steht gesteigerte Typi195   Bei den Kosten, die dem Market Maker entstehen würden, sind zunächst die Informationskosten zu nennen. Da der Market Maker ein eigenes Risiko übernimmt, muss er sich wie ein Anleger informieren. Handelt es sich aber um Güter, die trotz rechtlicher Typizität aufgrund ihrer tatsächlichen Unterschiede jeweils einzeln untersucht werden müssen und zudem nicht mehrfach gehandelt werden, kommt dem Market Maker kein positiver Skaleneffekt zugute. Selbst die anderen Wertpapiere werden nicht in Massenemissionen begeben, werden kaum jemals mehrfach oder über längere Zeit gehandelt und sind in hohem Maße von Einzelinformationen abhängig. Daher müsste sich ein Market Maker bei Wechsel und Scheck über die Bonität und Zahlungswilligkeit eines jeden individuellen Schuldners, bei Warenpapieren auch über die Modalitäten des Transports oder der Lagerung sowie der Anfälligkeit der Ware Kenntnis verschaffen. Darüber hinaus entstehen dem Market Maker Kosten für die Risikovorsorge. Auch mithilfe seines Eigenhandels kann ein Market Maker mit derartigen Gütern regelmäßig keine Gewinne erwirtschaften, die diese Kosten decken könnten. 196   Vgl. Venkataraman/Waisburd, 42 J. Fin. & Quant. Analysis 735, 740 f. (2007).

E.  Zusammenfassung

507

zität mit mühsam erkämpfter bürgerlicher Gleichheit im Zusammenhang. Dieser Zusammenhang könnte auch die älteren Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs noch mit geprägt haben. Vielleicht mag für die geringe Bedeutung der Alternativen auf diesen Gebieten auch eine Rolle spielen, dass es Alternativen zur gleichheitsfördernden Wirkung von Typizität nicht gibt.

E.  Zusammenfassung Es hat sich gezeigt, dass Typizität mithilfe stark vereinfachender ökonomischer Modelle nicht befriedigend erklärt werden kann. Aussichtsreich erscheint demgegenüber ein mehrdimensionaler Ansatz, der Typizität mit der Qualität der fixierten Gestaltungen, der Reduktion von Informationskosten, den günstigen Wirkungen einer Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen sowie dem Ausschluss oder der Erschwerung missbilligter Gestaltungen erklärt. Ein solcher Ansatz lässt sich problemlos mit dem Befund in Einklang bringen, den die Untersuchung der Entwicklung im Sachenrecht und im Wertpapierrecht ergeben hat. Weiter gestützt wird dieser Ansatz dadurch, dass die geringe Typizität der Wertpapiere des Kapitalmarkts fast durchweg mit Mechanismen kompensiert werden soll, denen eine Wirkung zugeschrieben wird, wie sie auch Typizität hervorbringt. Dabei fiel auf, dass die Verlässlichkeit dieser alternativen Mechanismen im Ernstfall nicht durchweg gewährleistet ist. Auf die typisierten Güter ihrerseits finden diese Mechanismen teilweise ergänzend Anwendung; vielfach ist ihre Anwendung aber aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen oder bringt keinen Mehrwert.

Kapitel 14

Bewertung und Ausblick Auf der Grundlage der bisherigen Ausführungen, die die Entwicklung der Typizität im Sachenrecht sowie im Wertpapierrecht nachgezeichnet und nach einer Erklärung des Befunds gefragt haben, ist nun eine allgemeine Bewertung des Strukturprinzips der Typizität sowie eine Bewertung ihrer Ausprägung im Sachenrecht und im Wertpapierrecht vorzunehmen. Schließlich soll noch ein Ausblick auf weitere Rechtsgebiete gewagt werden.

A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter I.  Vorteile Die Vorteile von Typizität als einem Strukturprinzip spiegeln im Wesentlichen die Erklärungen wider, die im vorangehenden Kapitel für dieses Phänomen herausgearbeitet wurden. Es bedarf daher hier nur einer kurzen Vergewisserung. 1.  Qualität der angebotenen Typen Typizität erlaubt es, die Beteiligten auf eine Auswahl bewährter Typen zu verweisen, die ihrerseits gerade infolge der verstärkten Nutzung ständig kontrolliert, präzisiert und weiterentwickelt werden. Auf diese Weise lassen sich Gestaltungen eingeschränkter oder gar fehlender Funktionsfähigkeit, wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit oder rechtsethischer Akzeptanz vermeiden. Gleichzeitig gewinnen Gestaltungen, die dem Typ entsprechen, schon allein aufgrund ihres verbreiteten Einsatzes an Wert, liegt hierin doch eine Art Qualitätsgarantie. Rein marktmäßige Steuerung, mag sie auch durch Informationspflichten unterstützt werden, erreicht außerhalb standardisierter Segmente kein vergleichbares Ergebnis . 2.  Reduzierung von Informationskosten Die Verwendung typisierter Gestaltungen reduziert in vielfacher Weise die Informationskosten. Sie erlaubt zunächst eine bessere Kenntnis und damit eine bessere Nutzung des eigenen Bestands, da sich der Inhaber einer typisierten Position eigene und fremde Erfahrungen zunutze machen kann und im Falle einer eindeutigen   Kapitel 13 B.   Vgl. Kapitel 13 D I 1.

 

A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter

509

Kurzbezeichnung einfacher an fremdes Erfahrungswissen gelangt, was wiederum den Wert der Position für ihren Inhaber steigert; sie ermöglicht sodann eine schnellere Identifizierung des eigenen Bedarfs, da der Rückgriff auf einen vorhandenen Typ eine hohe Gewähr der Funktionsfähigkeit, wirtschaftlichen Sinnhaftigkeit und rechtsethischen Akzeptanz bietet; sie erleichtert weiter die Feststellung des Bestands Dritter, den es zu achten und im Vorfeld eines Geschäfts zu überprüfen gilt, wodurch einmal mehr eine typisierte Position für ihren Inhaber an Wert gewinnt; und schließlich vereinfacht sie das Zustandekommen von Austauschgeschäften, da sich Suche und Vergleich auf Anbieter oder Nachfrager der unter einer Kurzbezeichnung aufzufindenden Gestaltung beschränken können. Keine volle Alternative bietet einzelfallbezogene Information. Denn selbst dann, wenn sie verlässlich ist und ihre Bereitstellung geringe Kosten verursacht, bleiben ihr aufgrund des immer neuen Aufwands für die Informationsverarbeitung sowie mangels vielfacher Erprobung wichtige Wirkungen von Typizität verschlossen  . 3.  Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen Die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen, die schon bei einer privaten Standardisierung auftritt, vor allem aber Folge eines Typenzwangs ist, führt über die Reduzierung von Informationskosten hinaus zu einer Reduzierung des Suchaufwands, verbessert die Preisbildung und steigert die Liquidität. Hiervon profitiert wiederum der Inhaber einer typisierten Position, da diese an Attraktivität gewinnt, wenn sie gegebenenfalls ohne größeren Aufwand zu einem nicht von Zufälligkeiten abhängigen Preis wieder veräußert werden kann. Es profitiert aber auch der potentielle Erwerber, der sich ohne Schwierigkeiten das in Rede stehende Gut verschaffen kann. Auch insoweit sind wiederum die in Betracht kommenden Alternativen nicht unbedingt in gleichem Maße verlässlich, wirkungsvoll oder auch nur praktikabel . Über die positiven Effekte auf Suchaufwand, Preisbildung und Liquidität hinaus verwirklicht die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen zudem den Gedanken rechtlicher Gleichbehandlung, der schon als solcher einen Wert in sich trägt und den keine Gesellschaft dauerhaft hintanstellen kann. In dieser Beziehung ist Typizität alternativlos, also eine Entscheidung gegen Typizität immer zugleich ein Verzicht auf ein Stück rechtlicher Gleichbehandlung im vermögensrechtlichen Bereich. 4.  Missbilligung bestimmter Gestaltungen Die Missbilligung bestimmter Gestaltungen hat zwar notwendigerweise gesteigerte Typizität zur Folge, ist aber an sich kein Vorteil, der aus der Typizität selbst fließen würde. Immerhin denkbar erscheint es, Typizität insbesondere in Gestalt   Vgl. Kapitel 13 B II 1, D II.   Vgl. Kapitel 13 D I 3, II 3.

 

510

Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

des Typenzwangs insofern als Vorteil anzusehen, als Rechtsprechung oder Gesetzgeber es in einem typisierten Umfeld leichter haben, missbilligte Gestaltungen zu identifizieren und effektiv gegen diese vorzugehen  . 5.  Zusammenfassung Typizität wäre kein jahrhundertealtes Phänomen, wenn sie nicht über philosophisch-dogmatische Begründungen hinaus handfeste Vorteile böte. Zu diesen zählen gewiss die positiven Wirkungen für die Qualität rechtlicher Gestaltungen, die Informationskosten, die Suchkosten, die Preisbildung und die Liquidität. Auch die maßvolle Verwirklichung rechtlicher Gleichbehandlung, die sich infolge der Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen bei gleichzeitiger Abwandelbarkeit im Verhältnis inter partes ergibt, wird man ebenso als erwünschte Wirkung ansehen können wie die verbesserten Möglichkeiten zur Durchsetzung gesetzgeberischer oder gerichtlicher Entscheidungen, die bestimmte Gestaltungen missbilligen. Verschiedene Alternativen, insbesondere eine Alternativlösung nach dem Informationsmodell, das in seiner Reinform einzelfallbezogene Information ohne typisierende Vorgaben ausreichen lassen will, vermögen diese Vorteile nicht in ihrer Gesamtheit zu bieten.

II.  Nachteile Den soeben nochmals skizzierten Vorteilen von Typizität stehen selbstverständlich auch Nachteile gegenüber. In der bisherigen Erörterung sind diese Nachteile zwar bereits hin und wieder angeklungen. Vor einer Bewertung müssen sie nun aber näher in den Blick genommen werden. 1.  Einschränkung der Privatautonomie Typizität ist stets von Einfluss auf die Privatautonomie. Selbst dort, wo den Parteien privatautonome Gestaltung gänzlich unbenommen bleibt und lediglich ein Angebot einheitlicher Typen besteht, übt deren bloßes Vorhandensein aufgrund der ebengenannten Vorteile schon eine gewisse Sogwirkung aus und mag die Parteien dazu veranlassen, entgegen ihrer eigentlichen, unbeeinflussten Präferenzen einen der angebotenen Typen zu wählen. Eine wirkliche Einschränkung der Privatautonomie liegt hierin freilich nicht, wenn – allerdings auch nur wenn – die Parteien im vollen Bewusstsein ihrer Handlungsalternativen aufgrund seiner der Typizität zu verdankenden Vorteile den Typ wählen. Anders sieht es hingegen dort aus, wo sich die Rechtsordnung für Typizität in Gestalt eines Typenzwangs entscheidet, die Beteiligten also auf einen begrenzten Kreis vorab fixierter Typen festlegt. Hier ist – wenn man nicht von vornherein die    Vgl. Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  105 f.; in diese Richtung auch Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1636 ff. (2008).

A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter

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Privatautonomie als durch die geltende Rechtsordnung begrenzt ansieht  – den Parteien vollumfängliche privatautonome Gestaltung und damit ein Teil ihrer Freiheit genommen. Schon ganz unabhängig davon, ob diese Einschränkung der Privatautonomie den Parteien im Einzelfall eine gewünschte Gestaltung unmöglich macht oder der Rechts- und Wirtschaftsordnung insgesamt und damit auch den unter ihr lebenden Individuen abträglich ist, weil Weiterentwicklungen und Innovationen gehemmt sind, erscheint sie vor dem Hintergrund eines modernen, freiheitlichen Menschenbildes zunächst einmal als Nachteil, der besonderer Rechtfertigung bedarf . Denn nach diesem Menschenbild ist es an sich Sache des Individuums, das eigene Leben zu gestalten, während es Sache des Staates ist, eine Infrastruktur einzurichten und zu erhalten, die aus Respekt vor der Eigenständigkeit der Person deren individuelle Gestaltungskraft gewährleistet und fördert. Eben dieses Menschenbild kann allerdings auch fordern, zur Sicherung von Freiheit – und zwar auch Freiheit effektiver wirtschaftlicher Betätigung – der Privatautonomie durch Form und Typisierung Schranken aufzuerlegen10 . Dies gilt insbesondere insoweit, als durch höhere Typizität – vor allem in Form eines Typenzwangs – die dauerhafte Begründung von Gestaltungen minderer Qualität, die künftigen Beteiligten die Freiheit zu optimalem Einsatz von Ressourcen nimmt, vermieden werden kann11. Bezeichnenderweise kannte gerade das römische Recht, das gewiss nicht im Verdacht einer Geringschätzung der Privatautonomie steht12 , im Sachenrecht und lange Zeit sogar im Vertragsrecht hohe Typizität. Eine generelle Ablehnung jeder Typizität kann also der Privatautonomie sicher nicht entnommen werden. 2.  Ausschluss gewünschter Gestaltungen Es liegt auf der Hand, dass dort, wo Typizität die Parteien streng auf einen begrenzten Kreis möglicher Typen festlegt, eine Gestaltung ausgeschlossen sein kann, die die Parteien im Einzelfall wünschen und die durchaus auch tatsächlich

   In diesem Sinne Flume, in: Hundert Jahre deutsches Rechtsleben I, S.  135, 137: »Die privatautonome Gestaltung von Rechtsverhältnissen kann nur durch Akte erfolgen, welche als Typus rechtlicher Gestaltung von der Rechtsordnung anerkannt sind, und es können nur Rechtsverhältnisse von dem einzelnen gestaltet werden, die als Rechtsfiguren der Rechtsordnung eigen sind.«    Vgl. Struycken, De numerus clausus in het Goederenrecht, S.  382 ff.; grundsätzlich Poscher, Grundrechte als Abwehrrechte, S.  116–118 (Nichterlassen der für einen normgeprägten Freiheitsgegenstand konstitutiven Normen), 133, 137–141.    Vgl. Radke, Bedingungsrecht und Typenzwang, S.  46 f.    S. nur Schmitt Glaeser, Der freiheitliche Staat des Grundgesetzes, S.  60 f.; Bruns, JZ 2007, 385, 390. 10   Vgl. schon Betti, in: Festschrift für Leopold Wenger I, S.  249, 263 ff. unter Verweis auf Jhering, Geist des römischen Rechts II/2, S.  497; zu Jhering auch Hofer, Freiheit ohne Grenzen?, S.  253 ff. 11   Vgl. Merryman, 12 Am. J. Comp. L. 224, 225 f. (1963). 12   S. nur Baldus, AcP 210 (2010), 2, 29.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

ihren Interessen am besten entsprechen mag13 . Selbst außerhalb derart strenger Typizität können sich des Weiteren die Parteien zum Rückgriff auf einen Typ genö­tigt sehen, wenn die an sich erlaubte privatautonome Gestaltung gegenüber den parallel angebotenen Typen nicht konkurrenzfähig ist, etwa weil die Kosten des Aushandelns und der Abschlag im Falle einer Weiterübertragung an Dritte zu hoch sind oder eine abweichende Gestaltung nicht den Marktüblichkeiten entspricht und daher auf Skepsis stößt. In derartigen Fällen sind die Parteien gezwungen, auf eine verfügbare, aber weniger passende Gestaltung auszuweichen; ihnen entstehen also infolge der strengen Typizität »Frustrationskosten«14 , die umso größer sind, je weiter der nächstbeste Typ von der gewünschten Gestaltung entfernt liegt. 3.  Innovationshemmende Wirkung Lässt Typizität keinen Spielraum mehr für individuelle Ausgestaltung, kann sie sich als Innovationshemmnis erweisen15 . Denn Innovation entsteht gerade auch dort, wo eine bekannte oder neue Situation erfolgreich einer neuen Lösung zugeführt wird, die sich sodann gegen bisherige Lösungen durchsetzt oder neben diese tritt. Muss jede neue Gestaltung fürchten, im Streitfall verworfen zu werden, weil sie keinem der vorhandenen Typen entspricht, werden die Parteien seltener das Risiko eingehen, sich einer neuen Gestaltung anzuvertrauen. Diese Gefahr nimmt zugleich den Anreiz, im Wege privatautonomer Gestaltung neue Formen zu entwickeln. 4.  Zusammenfassung Typizität schränkt insbesondere dann, wenn sie die Gestalt eines Typenzwangs annimmt, die Privatautonomie ein; sie kann der Verwendung einer dem Einzelfall am besten gerecht werdenden Gestaltung entgegenstehen und die Innovationsfähigkeit eines Rechtsgebiets beeinträchtigen. Diese Nachteile werden bei der nun anzustellenden allgemeinen Bewertung von Typizität zu berücksichtigen sein.

III.  Folgerungen Für eine Bewertung von Typizität als Strukturprinzip folgt schon auf den ersten Blick aus dem Gewicht der Nachteile, dass eine flächendeckende Verwirklichung 13   Vgl. nur Menger, Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen, S.  144: »[Auf dem Gebiet des Sachenrechts] sind .  .  . die einzelnen dinglichen Rechte von dem Gesetz nach Zahl und Inhalt genau bestimmt, obgleich keinem Zweifel unterliegt, dass dadurch den mannigfachsten individuellen Bedürfnissen die Befriedigung verweigert wird.« 14   Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 35 (2000). 15   Vgl. zum Sachenrecht schon von Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe, S.  70; zum Vertragsrecht zuletzt Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S.  59 f.; Bruns, JZ 2007, 385, 390; allgemein zur Normbildung von Hayek, Recht, Gesetz und Freiheit, S.  10 ff., 24; zu ihm wiederum Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, S.  254 ff.

A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter

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von Typizität, die ins Extrem geht, ausscheiden muss. Denn ein Rechtssystem oder auch nur ein Lebensbereich, in dem jede privatautonome Gestaltung dauerhaft ausgeschlossen ist und den Beteiligten nur die Wahl zwischen vorgefertigten Typen bleibt, würde zum einen dem modernen Menschenbild widersprechen und wäre zum anderen wirtschaftlich untragbar. Gleichzeitig verspricht aber Typizität auch Vorteile, auf die gänzlich zu verzichten nicht empfehlenswert erscheint. Die Bewertung von Typizität muss also davon abhängen, ob die Austarierung von Gestaltungsfreiheit und vereinheitlichender Vorgabe gelungen ist, ob – wenn man denn so sagen will – die Regelung einer »optimalen Standardisierung«16 nahe kommt. Eine abschließende Beurteilung der Austarierung zwischen Gestaltungsfreiheit und Typizität kann jeweils nur für einen konkret zu untersuchenden Bereich stattfinden und muss auch das rechtliche wie tatsächliche Umfeld im jeweiligen Land berücksichtigen. Dennoch erscheint es möglich, gleichsam vorab einige abstrakte Überlegungen anzustellen. 1.  Vorrangige Anwendung bei übertragbaren Gütern Die Vorteile, die Typizität durch die Gewährleistung hoher Qualität, die Reduzierung von Informationskosten und die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen verspricht17, kommen insbesondere bei Gütern zur Geltung, die übertragbar sind und so zum Objekt des Rechtsverkehrs werden können. Es liegt schon von daher nahe, Typizität vor allem bei übertragbaren Gütern einzusetzen. Durch einen weitgehenden Verzicht auf Typizität in den übrigen Bereichen kann im Gegenzug den Nachteilen von Typizität bereits ein Stück weit Rechnung getragen werden. Hinzu kommt, dass die Einschränkung der Privatautonomie, die Typizität mit sich bringt, bei übertragbaren Gütern weniger ins Gewicht fällt. a)  Übertragbarkeit und Qualität rechtlicher Gestaltungen Beschränkte man die Untersuchung auf das Sachenrecht, könnte man qualitätssichernde Typizität vor allem dann für wünschenswert halten, wenn eine Gestaltung Drittwirksamkeit entfaltet, mithin also auch von gänzlich unbeteiligten Dritten Respekt einfordert. Es spricht nun sicher einiges dafür, Dritte nur im Falle sinnvoller Gestaltungen von einem Übergriff auf die in Rede stehende Position ohne Einverständnis ihres Inhabers auszuschließen. Das besondere Interesse an der Qualität rechtlicher Gestaltungen in erster Linie an der Drittwirksamkeit festzumachen, wie dies in der Diskussion um den sachenrechtlichen numerus clausus vielfach geschieht18 , dürfte indes zu kurz greifen, wie der Blick auf das Wertpa­   Vgl. aus Sicht der ökonomischen Analyse Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 38–40 (2000).   Kapitel 13 B I–III. 18   Vgl. Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239, 259 f.; Mattei, Basic Principles of Property Law, S.  39, 55; Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 26 ff. (2000); Hansmann/ Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S378 f. (2002); Smith, 79 N. Y. U. L. Rev. 1719, 1786 (2004); 16

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

pierrecht nahelegt. Denn auch dann, wenn die Gefahr von Übergriffen eher gering ist, können bestimmte Merkmale einer rechtlichen Gestaltung, und zwar insbesondere deren Übertragbarkeit bei gleichzeitigem Vorhandensein einer gewissen Dauerhaftigkeit, ein besonderes Interesse an ihrer Qualität begründen. Eine solche Gestaltung betrifft gerade aufgrund ihrer Übertragbarkeit nicht nur diejenigen Parteien, die an ihrer Begründung beteiligt waren, sondern zum einen auch beliebige Rechtsnachfolger des erwerbenden Teils, denen sie gleichermaßen zu dienen bestimmt ist, zum anderen eventuell auch beliebige Rechtsnachfolger des veräußernden Teils, die sie ebenso binden soll. Eine solche Geltung für Rechtsnachfolger ist nun zwar auch bei nicht typisierten Beziehungen gegeben, etwa bei einer Forderung, die einerseits abgetreten werden kann, sich andererseits gegebenenfalls auch gegen den Erben oder einen sonstigen Rechtsnachfolger richtet. Allerdings fehlt es den meisten Forderungen schon an größerer Dauerhaftigkeit. Auch werden Forderungen regelmäßig nicht gerade mit Blick auf eine Rechtsnachfolge begründet; wo aber dies der Fall ist, begegnet nicht selten auch eine gewisse Typizität19. Hinzu kommt, dass auch und gerade drittwirksame Güter heute regelmäßig übertragbar sind. Nach alldem wird man sagen können, dass die Übertragbarkeit ein besonderes Interesse an der Qualität der in Rede stehenden Gestaltung begründet, das wiederum für Typizität übertragbarer Güter streitet. b)  Übertragbarkeit und Informationskosten Auch die Reduzierung von Informationskosten, wie sie Typizität bewirkt, ist besonders bei übertragbaren Gütern von Interesse20 . Erleichterte Informationsgewinnung und -verarbeitung hinsichtlich des eigenen Bestands sowie hinsichtlich des zu respektierenden Bestands anderer spielt zwar auch unabhängig von jeder Übertragbarkeit eine Rolle. Erleichterte Information über den eigenen Bedarf ebenso wie den Bedarf anderer erhält jedoch gerade dadurch ihren Wert, dass eine Befriedigung dieses Bedarfs möglich ist. Dies wiederum setzt voraus, dass eine Position, auf die sich der Bedarf richtet, übertragbar ist. c)  Übertragbarkeit und Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen In Parallele zur vorstehenden Überlegung sind auch die ökonomischen Wirkungen einer Kanalisierung des Rechtsverkehrs auf bestimmte Gestaltungen – nämlich die Reduzierung von Suchkosten, die Verbesserung der Preisbildung und die Steigerung der Liquidität – nur für übertragbare Güter einschlägig, was einmal mehr gerade hier für Typizität spricht.

ebenso letztlich auch Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  452 ff., 484 und öfter; Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S.  559. 19   Hierzu noch sogleich unter D I 3 a. E. 20   Ebenso wohl auch Mattei, Basic Principles of Property Law, S.  39, wenn er darauf abstellt, dass Publizität gerade bei knappen Gütern von Bedeutung ist, da eine optimale Nutzung dieser knappen Güter ggf. ihre Übertragung beinhaltet.

A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter

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Rechtliche Gleichbehandlung, wie sie durch die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen erreicht wird, setzt zwar Übertragbarkeit nicht voraus. Sie kommt im Falle einer Übertragung der typisierten Position aber besonders deutlich zur Geltung. Zudem wird sie gerade bei übertragbaren Gütern von ökonomischen Erwägungen flankiert, was ihre Akzeptanz auch in einer von Individualismus geprägten Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erleichtert. d)  Übertragbarkeit, Typizität und Privatautonomie Darüber hinaus fällt eine Einschränkung der Privatautonomie, die primär die Frage des Fortbestands einer gewählten rechtlichen Gestaltung nach Weiterübertragung an Dritte betrifft, sicher weniger ins Gewicht als eine Einschränkung im Verhältnis von Personen, die unmittelbar miteinander in Beziehung treten. Denn während es vor dem Hintergrund der Selbstverantwortung einleuchtet, dass einer von den Betroffenen selbst gewollten Gestaltung nicht ohne besondere Gründe die Wirksamkeit versagt werden kann, erscheint deren Wirksamkeit gegenüber Dritten, die an der ursprünglichen Gestaltung in keiner Weise beteiligt waren, weniger selbstverständlich 21. Dass es sich dennoch um eine Einschränkung der Privatautonomie handelt, lässt sich zwar kaum verneinen, wie schon die Parallele zur dauerhaften Gestaltung im Tatsächlichen zeigt. So darf beispielsweise der Eigentümer einer Sache diese grundsätzlich nach Belieben umgestalten, etwa Teile verändern, hinzufügen oder abtrennen. Der Eigentümer kann und darf damit ihre tatsächliche Gestalt dauerhaft und mithin auch gegenüber Dritten bestimmen; jede Einschränkung dieser Möglichkeit stellt einen Eingriff in seine Privatautonomie dar. Dasselbe muss dann auch hinsichtlich einer Einschränkung der Möglichkeit rechtlicher Umgestaltung gelten. Zudem können die Beteiligten ein besonderes Interesse gerade daran haben, dass die von ihnen geschaffene Gestaltung auch gegenüber Dritten gilt; der Verweis auf die Wirksamkeit individueller Gestaltung für das Verhältnis der Parteien hilft hier nicht weiter. Ganz abgesehen davon ist denkbar, dass im konkreten Fall eine Trennung der Wirkung inter partes von der Wirkung erga omnes ausscheidet. Dem allem ist jedoch entgegenzusetzen, dass bei als solchen übertragbaren rechtlichen Gestaltungen die einmal geschaffene Gestaltung dauerhaft Bestand hat, solange nicht sämtliche Beteiligte einverständlich eine bestimmte Gestaltung rückgängig machen oder abändern. Sind aber künftige Beteiligte an die einmal geschaffene Verteilung von Befugnissen gebunden, dann ist wiederum ihre Freiheit zur Neugestaltung beschränkt. Besonders deutlich zeigt sich dies im Sachenrecht 22 , wo unbenannte beschränkte dingliche Rechte eine sinnvolle zukünftige Nutzung erschweren können, wenn die Berechtigten nicht in der Lage sind, sich 21   In diese Richtung auch Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, S.  45 f. Vgl. weiter Keppell v. Bailey, 39 Eng. Rep.  1042, 1049 (Ch. 1834). 22   Vgl. nochmals Merryman, 12 Am. J. Comp. L. 224, 225 f. (1963).

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

auf eine Aufhebung oder Änderung zu einigen, etwa weil ihnen ausreichende Information über ihre Rechte selbst fehlt oder das Fehlen eines Marktes die Bewertung der Berechtigungen erschwert. In Parallele dazu ist im Wertpapierrecht an eine Situation zu denken, in der bei einem verbrieften Forderungsrecht Papierinhaber und Schuldner sich nicht einigen können, bei einer verbrieften Beteiligung eine notwendige Umgestaltung der Innenbeziehungen scheitert, weil Unklarheit über die Position des Wertpapierinhabers oder ihren Wert besteht. Gerade Typizität vermag nun die Nachteile dieser – bei allen als solchen übertragbaren Gütern unvermeidlichen – Beschränkung zu begrenzen. Denn sie bringt im Allgemeinen Typen erhöhter Qualität hervor, die die Last der Beschränkung mildern und im Rechtsverkehr zudem nur geringe Informationskosten verursachen, was ihre optimale Verteilung ebenso wie gegebenenfalls die Aufhebung oder Änderung vereinfacht oder gar erst erlaubt. Auch aus diesem Grund erscheint es mithin gerade vor dem Hintergrund der Privatautonomie sinnvoll, Typizität vorrangig bei übertragbaren Gütern zur Anwendung kommen zu lassen. 2.  Ausreichendes Angebot verfügbarer Typen Die Nachteile von Typizität fallen umso weniger ins Gewicht, je besser das Angebot verfügbarer Typen ist. Denn soweit den Parteien Typen zur Verfügung stehen, die ihren Bedürfnissen und Wünschen entsprechen, kommt die mit Typizität verbundene Einschränkung der Privatautonomie nicht zum Tragen, entfallen »Frustrationskosten« und besteht kein Innovationsbedarf. Dabei kann es jedoch nicht darum gehen, eine möglichst große Zahl an Typen zu schaffen. Denn bei einer zu großen Zahl an Typen könnten die Vorteile von Typizität nicht mehr zur Geltung kommen. Entscheidend ist vielmehr, dass sich mit den in begrenzter Zahl verfügbaren Typen im wesentlichen sämtliche rechtlich anerkennenswerten und wirtschaftlich sinnvollen Ziele erreichen lassen, die in den von dem jeweiligen Rechtsgebiet kontrollierten Lebensbereich fallen 23 . 3.  Freiräume individueller Gestaltung Auch in einem typisierten Bereich müssen dort, wo die tatsächlichen Umstände entscheidendes Gewicht haben, gewisse Freiräume verbleiben, innerhalb derer individuelle Gestaltung eine dem Einzelfall angepasste Lösung erlaubt. Wäre den Parteien hier jede Anpassung an die konkreten Umstände versagt, müssten sie die Einschränkung ihrer Privatautonomie als schmerzlich empfinden, entstünden ihnen hohe »Frustrationskosten« und hätte es die Rechtsordnung schwer, mit einer sich ständig wandelnden Wirklichkeit Schritt zu halten. Wo allerdings besondere tatsächliche Umstände ihren Ursprung allein in der Beziehung der Parteien zueinander und nicht in der Eigenschaft des infrage stehenden übertragbaren Guts haben, dürfte es ausreichen, wenn sich der individu  Vgl. nur Stürner, AcP 194 (1994), 265, 275, 280.

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A.  Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter

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eller Gestaltung zugängliche Freiraum auf das Verhältnis der Parteien beschränkt, ohne auf den rechtlichen Inhalt des Guts selbst durchzuschlagen. Dann kann insoweit Typizität gewahrt werden, ohne dass die Parteien auf eine individuelle Gestaltung ihres Verhältnisses verzichten müssen; lediglich eine insolvenzfeste Drittwirkung lässt sich so nicht erreichen. Ob eine derartige Trennung möglich ist, hängt indes von weiteren rechtlichen wie tatsächlichen Umständen ab; scheidet sie aus, kann es angezeigt sein, individueller Gestaltung auch bei lediglich im Verhältnis der Parteien liegenden besonderen Umständen mehr Raum zu gewähren. 4.  Erhaltung der Innovationsfähigkeit Vor allem unter der Geltung eines Typenzwangs ist die Innovationsfähigkeit zum einen durch einen aufmerksamen Gesetzgeber sicherzustellen, der – unterstützt von Rechtsprechung und Literatur – abgestorbene ebenso wie neue Bedürfnisse erkennt und den Kreis verfügbarer Typen entsprechend anpasst, ohne dabei in Aktionismus zu verfallen. Diese Art von Innovation – planmäßige Innovation per »design« – ist zwar sicher schwerfälliger, als dies bei völliger Gestaltungsfreiheit und rein marktmäßiger Steuerung der Fall wäre. Unter einem System völliger Gestaltungsfreiheit ließen sich jedoch auch die erwünschten Vorteile von Typizität nicht erreichen. Es ist daher von zentraler Bedeutung, wie gut der Gesetzgeber im Einzelfall seiner Aufgabe nachkommt. Selbst bei an sich strenger Typizität vermag ein System seine Innovationsfähigkeit zum anderen dann zu wahren, wenn unter besonderen Umständen doch eine Gestaltung, die keinem der vorgesehenen Typen entspricht, auf Anerkennung durch die Rechtsprechung hoffen kann, also Raum für Innovation per »evolution« verbleibt. Entscheidend ist also, die Rechtsprechung nicht uneingeschränkt als Adressaten eines eventuellen Typenzwangs anzusehen 24 . Dies bereitet dem Juristen, der mit richterlicher Rechtsfortbildung – bis hin zur Rechtsfortbildung contra legem – vertraut ist, selbst in Ländern des Civil Law heute weniger Probleme25 , als einem Wirtschaftswissenschaftler, der das Denken und Argumentieren in Modellwelten gewohnt ist, daher seine Vorstellung eines reinen Modells ohne jedes rechtliche Hintergrundwissen auch auf den Begriff des Typenzwangs anwendet und so eine viel größere Gefahr für die Innovationsfähigkeit sehen muss. Eine zu weitgehende Bereitwilligkeit, individuell gestaltete Lösungen anzuerkennen, hat zwar eine starke Abschwächung der Typizität zur Folge. Will man dies vermeiden, kann die Zulassung neuer Gestaltungen aber auf solche Fälle beschränkt werden, die über den Einzelfall hinaus von erheblichem Interesse sind, sodass die fragliche Gestaltung das Potential zu einer nützlichen Innovation erkennen lässt. Gerade in jungen, im Entstehen befindlichen Rechtsgebieten wird dies öfter der Fall sein, sodass dieser Ansatz durchaus eine gewisse Feinsteuerung   Dazu Kapitel 2 B I 3 a.   Vgl. nur Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 326 f. m.Nw.; Maultzsch, Streitentscheidung und Normbildung durch den Zivilprozess, passim, insbes. S.  2 f f., 23 ff. 24

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

erlaubt. Zwar beinhaltet auch eine solche Lösung im Vergleich zu schwächer ausgeprägter Typizität und erst recht völliger Gestaltungsfreiheit mit rein marktmäßiger Steuerung eine gewisse Einbuße an Innovationsfähigkeit, können doch die Parteien durch die ungewisse Aussicht, ob ein Gericht ihre Neuentwicklung für anerkennenswürdig befindet, abgeschreckt werden oder das Gericht diese Frage falsch entscheiden. Allerdings dürfte diese Einbuße an Innovationsfähigkeit durch die Vorteile der so gesicherten, strengeren Typizität in geeigneten Bereichen leicht aufgewogen werden. Schließlich bleibt die Innovationsfähigkeit der Gesamtrechtsordnung auch dann erhalten, wenn zwar auf einem Rechtsgebiet Typizität vorherrscht, die Typen aber mithilfe frei gestaltbarer Regeln eines anderen Rechtsgebiets zusätzlichen, im typisierten Gebiet nicht vorgesehenen Zwecken nutzbar gemacht werden können. Die Flexibilität dieses anderen Rechtsgebiets erlaubt es dann, im Zusammenspiel mit den feststehenden Typen innovative »Gesamtpakete« zu entwickeln und zu erproben. Solche Innovationen können, wenn sie ihre Sinnhaftigkeit unter Beweis gestellt haben, aber die kombinierte Konstruktion Kosten oder andere Nachteile verursacht, später noch immer als neuer Typ integriert werden. 5.  Zusammenfassung Die Bewertung von Typizität muss davon abhängen, wie gut die Austarierung zwischen den Vor- und Nachteilen im Einzelfall gelungen ist. Allgemein lässt sich aber festhalten, dass Typizität jedenfalls dort gut zu Hause ist, wo sie übertragbare Güter erfasst, dass sie in ihrer strengen Form ein ausreichendes Angebot verfügbarer Typen voraussetzt, dass Freiräume individueller Gestaltung stets verbleiben sollten und der Erhaltung der Innovationsfähigkeit besonderes Augenmerk zu gelten hat.

B.  Typizität im Sachenrecht Legt man die soeben erarbeiteten Kriterien zugrunde, so stellt sich die Austarierung von Typizität und Gestaltungsfreiheit im Sachenrecht trotz gewisser nationaler Unterschiede insgesamt durchaus als musterhaft dar.

I.  Sachenrechte als übertragbare Güter Das Sachenrecht ist das klassische Recht übertragbarer Güter. Eigentum und beschränkte dingliche Rechte sind fast durchweg übertragbar. Auch soweit es ausnahmsweise an der Übertragbarkeit fehlt 26 , wirkt sich bei der Bestellung der unü26   Vgl. für Deutschland – Nießbrauch und beschränkte persönliche Dienstbarkeiten – §§  1059 Satz 1, 1092 Abs.  1 Satz 1 BGB; für Frankreich Art.  595 Abs.  1, 631, 634 Code civil (Nießbrauch grundsätzlich übertragbar, nicht aber Gebrauchs- und Wohnrecht) sowie Kapitel 5 B I 2 a (keine

B.  Typizität im Sachenrecht

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bertragbaren Rechte die Typizität des zu belastenden Rechts ebenso vorteilhaft aus wie die Typizität der Belastung für das belastete Recht. Privatautonom vereinbarte Veräußerungsverbote haben heute regelmäßig keine dingliche Wirkung27 ; gesetzliche oder behördliche Verfügungsverbote sind ihrer Natur nach vorübergehend, die Rückkehr des erfassten dinglichen Rechts in den Verkehr steht fest. Daher ist schon hinsichtlich ein und derselben Sache je nach Lebensdauer durchaus damit zu rechnen, dass die Vorteile von Typizität mehrfach zum Tragen kommen. Vor allem aber profitiert von der Typizität die Gesamtheit der unzähligen Übertragungen dinglicher Rechte, die in einer entwickelten Wirtschaftsordnung laufend stattfinden.

II.  Umfassendes Angebot verfügbarer Typen Dass der Kreis verfügbarer Sachenrechtstypen im Wesentlichen die Gestaltungen abdeckt, an denen ein berechtigtes Interesse besteht, kann schon der auffallenden Parallelität des Bestands dinglicher Rechte in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen entnommen werden, zu der noch eine große historische Konstanz hinzukommt 28 . Zwar gehen die Sachenrechtstypen vielfach auf gemeinsame historische Wurzeln zurück, weshalb man die Parallelität auch als Ergebnis bloßer Pfadabhängigkeit abtun könnte. Die Sachenrechtstypen hätten sich in dieser Zusammensetzung aber wohl kaum so lange gehalten, wenn in dem üblichen Korb dringend benötigte Gestaltungen fehlen, überflüssige Gestaltungen aber enthalten sein würden. Die Formen sinnvoller Verteilung der Sachnutzung sind endlich und daher in ihrer Gesamtheit schon früh erkannt worden; das Sachenrecht ist insofern ein »reifes« Rechtsgebiet. Regelmäßig wird einer der Typen den Parteiinteressen voll oder doch so weitgehend entsprechen, dass sich die Parteien für eine verbleibende, dinglich nicht wirksam zu begründende Abrede mit deren schuldrechtlicher Geltung zufrieden geben können 29. Diskussionen um eine Erweiterung des Kreises dinglicher Rechte sind dementsprechend selten. Für Deutschland als ein Land mit relativ hoher sachenrechtlicher Typizität kann seit der vollen Anerkennung der Sicherungstreuhand30 etwa noch auf die Äußerungen verwiesen werden, die das Fehlen dinglichen Treuhandrechts nach dem Vorbild des angloamerikanischen Trust bemängeln 31. Im Übrigen sind jedoch kaum je Stimmen laut geworden, die zur Schaffung weiterer sachenrechtlicher Typen aufriefen. beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten neben Nießbrauch, Gebrauchs- und Wohnrecht im Code civil). 27   Näher Kapitel 4 E I 4, Kapitel 5 B I 4, Kapitel 6 A I 3, Kapitel 7 A I 3. 28   Vgl. Kapitel 8 B. 29   Vgl. Stürner, AcP 194 (1994), 265, 280 f.; Schapp, JA 2003, 125, 130. S. a. sogleich unter III. 30   Näher Kapitel 4 E I 3 a. 31   S. nur Siebert, Das rechtsgeschäftliche Treuhandverhältnis, S.  417–426 m.Nw. zur älteren Literatur auf S.  411–417; aus jüngerer Zeit z. B. Reinhardt/Erlinghagen, JuS 1962, 41, 49 f.; Kötz, Trust und Treuhand, S.  166 f., 170.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

III.  Freiräume individueller Gestaltung 1.  Individuelle Gestaltung auf der Ebene einzelner Typen Das Sachenrecht lässt auf der Ebene einzelner Typen dort individueller Gestaltung breiten Raum, wo es um die konkrete, von Äußerlichkeiten abhängige Situation einer Sache oder mehrerer Sachen zueinander geht. Dies zeigt sich insbesondere bei Dienstbarkeiten, die auf verschiedenste Befugnisse zur Nutzung eines Grundstücks oder auf den Ausschluss bestimmter, an sich zulässiger Grundstücksnutzungen gerichtet sein können 32 . 2.  Individuelle Gestaltung in Form schuldrechtlicher Anbindung Vor allem das relativ streng typisierte deutsche Sachenrecht erlaubt es mit seinem Trennungs- und Abstraktionsprinzip, die sachenrechtlichen »Bausteine« nahezu ohne inhaltliche Einschränkungen schuldrechtlich zu vinkulieren und damit auch ungewöhnlichen Zwecken nutzbar zu machen, wie dies bei der Sicherungsdienstbarkeit besonders deutlich wird33 . Auch das Common Law steht einer vertraglichen Anbindung dinglicher Rechte grundsätzlich offen gegenüber34 . Mithilfe einer Verpflichtung, die typisierte Rechtsposition nur weiterzugeben, wenn der Erwerber entsprechende schuldrechtliche Vereinbarungen abschließt, ist sogar – bei Befolgung dieser Verpflichtung und außerhalb von Einzelzwangsvollstreckung und Insolvenz – im Ergebnis eine Drittwirkung zu erreichen 35 . Sollten also einmal tatsächlich die verfügbaren Typen allesamt nicht passen, kann vielfach mittels des Schuldrechts ein Ergebnis erreicht werden, das dem Parteiwillen Rechnung trägt und eventuell verbleibende »Frustrationskosten« auf ein tragbares Maß begrenzt36 . In Kombination mit dem flexiblen Schuldrecht, womöglich flankiert von Trennungs- und Abstraktionsprinzip, eröffnen sich also auch und gerade bei typisiertem Sachenrecht weite Freiräume individueller Gestaltung37. Schwerer tun sich mit einer solchen Lösung die vom Einheitsprinzip ausgehenden romanischen Rechtsordnungen 38 . Hier stellt sich stets die Frage, ob nicht die Parteiabrede auf das dingliche Geschäft durchschlagen, dieses dann aber bei strenger Handhabung wegen Verfehlung eines der verfügbaren Typen für unwirk32   Näher oben Kapitel 4 E I 2 a, Kapitel 5 B I 2, Kapitel 6 A I 2, Kapitel 7 A I 2; Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  155 f.; allgemein auch Davidson, 61 Vand. L. Rev. 1597, 1615 f. (2008). 33   Dazu Kapitel 4 E I 2 a. 34   S. für die U. S. A. Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 35–38 (2000); für England Rudden, in: Oxford Essays in Jurisprudence, Third Series, S.  239, 260. 35   Vgl. (allerdings ohne die hier gemachten Einschränkungen und daher zu optimistisch) Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S388-S390 (2002); zutreffend hingegen Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  93–97, 132–143. 36   S. nur Schapp, JA 2003, 125, 130. 37   Grundlegend einmal mehr Stadler, Gestaltungsfreiheit und Verkehrsschutz durch Ab­ straktion, S.  730 ff. 38   Vgl. Kapitel 5 B II 2.

B.  Typizität im Sachenrecht

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sam befunden werden könnte. Dementsprechend zurückhaltend zeigt sich die Praxis gegenüber der Idee einer schuldrechtlichen Anbindung weitergehender dinglicher Rechte39. Allerdings ist im französischen Sachenrecht zwar Typizität durchaus deutlich erkennbar, ob überhaupt ein echter Typenzwang gilt und wie streng dieser gegebenenfalls gehandhabt würde, ist jedoch zumindest zweifelhaft40 . Diese größere Flexibilität dürfte das praktische Fehlen schuldrechtlicher Anbindung teilweise kompensieren, geht allerdings auf Kosten der Vorhersehbarkeit.

IV.  Erhaltung der Innovationsfähigkeit Im Sachenrecht als einem »reifen« Rechtsgebiet, dessen Typen überwiegend eine Jahrhunderte alte Geschichte haben und nur behutsam ergänzt, reduziert und verändert wurden, zeigt sich heute hinsichtlich der Ausprägung von Typen ein vergleichsweise geringer Innovationsbedarf. Dennoch muss natürlich auch hier die Innovationsfähigkeit erhalten bleiben. Sowohl Gesetzgeber als auch Rechtsprechung haben sich dieser Aufgabe gestellt, wobei ihnen in unterschiedlichem Umfang die Strukturmerkmale der Gesamtrechtsordnung zu Hilfe kamen. 1.  Gesetzgeberisches Handeln Im Sachenrecht sind die Gesetzgeber den besonderen Anforderungen, die sich aus der sachenrechtlichen Typizität ergeben, zwar zögerlich, im Ergebnis aber meist doch mit großer Zuverlässigkeit gerecht geworden. So hat in jüngerer Zeit der deutsche Gesetzgeber beispielsweise erkannt, dass sich ein streng einheitlicher Eigentumsbegriff bei Grundstücken schwer halten lässt, und daher zum einen das vom ursprünglichen BGB noch stiefmütterlich behandelte Erbbaurecht einer befriedigenden Regelung zugeführt, zum anderen das anfangs nur landesrechtlich mögliche Wohnungseigentum auf eine einheitliche Grundlage gestellt41. Der französische Gesetzgeber hat im Zuge verschiedener – mehr oder weniger gelungener – Reformen des Grundstücksregisters die Konturen der einzelnen Institute geschärft42 und jüngst insbesondere mit der hypothèque rechargeable immerhin den Versuch unternommen, den Bedürfnissen der Praxis nach einem flexibleren Grundpfandrecht besser gerecht zu werden43 ; auch hat er dem zunächst geschmähten Miteigentum wieder eine Regelung gegeben44 . In England brachte die Einführung des land register für viele überkommene, aber wenig sinnvolle equitable inte39   Vgl. Akkermans, The Principle of Numerus Clausus in European Property Law, S.  425: »The use of contract law, not only to give form and content to property rights, but also the use of contract law in addition to property law, is a concept which is much more developed in German law in comparison with other legal systems.« Überaus sorgfältige Analyse bei Bormann, Wettbewerbsbeschränkungen durch Grundstücksrechte, S.  202–210. 40   Näher Kapitel 5 B III. 41   Näher Kapitel 4 E I 1. 42   Näher Kapitel 5 B I 2, II 3. 43   Näher Kapitel 5 B I 2. 44   Näher Kapitel 5 B I 1.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

rests das Ende45 . Die einzelstaatliche Gesetzgebung in den U. S. A. hat zwar bei Immobilien außer einer stärkeren Orientierung am Inhalt statt an der Form von Grundpfandrechten wenig zuwege gebracht, auf dem Gebiet der Mobilien mit der flächendeckenden Umsetzung von Art.  9 U. C. C. aber ihre Innovationsfähigkeit unter Beweis gestellt46 . 2.  Innovationsoffenheit der Rechtsprechung Aus gutem Grund seltener sind die Fälle, in denen sich die Rechtsprechung innovationsoffen gezeigt hat. Einzelne Entscheidungen, in denen sich ein Gericht nicht an den tradierten Kreis anerkannter dinglicher Rechte gebunden fühlte, begegnen vor allem in den Ländern des Common Law immer wieder47, sind aber auch in Frankreich zu beobachten, wo ebenfalls der Typenzwang nicht offen zum sachenrechtlichen Prinzip erhoben ist48 . Dass hieraus – vielleicht abgesehen von der equitable servitude49 und der superficie50 – tatsächlich bedeutende Innovationen hervorgegangen wären, ist bislang nicht erkennbar; immerhin aber erscheint dies grundsätzlich möglich. Eindrucksvoller hingegen ist die Anerkennung der Sicherungsübereignung durch die deutsche Rechtsprechung, die damit einem Institut die Bahn ebnete, für das ein großer praktischer Bedarf bestand und das das gesetzliche Besitzpfand weitgehend verdrängt hat51. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass diese Entwicklung in einer historischen Sondersituation stattfand, da die Sicherungsübereignung schon zuvor bekannt gewesen war und eine klar ablehnende Stellungnahme der neuen Kodifikation oder des Gesetzgebers fehlte, bleibt doch die Grundentscheidung für die Zulässigkeit dieses Instituts und seine weitere Ausbildung ein beachtlicher Beweis der Innovationsfähigkeit von Rechtsprechung auch und gerade in einem Land, das nicht zum Rechtskreis des Common Law zählt. 3.  Strukturelle Innovationssicherung Wo eine Rechtsordnung die schuldrechtliche Anbindung sachenrechtlicher Typen erlaubt, gewährleistet sie nicht nur Freiräume für individuelle Gestaltung, sondern trägt hiermit zugleich zur Sicherung der Innovationsfähigkeit bei. Denn die Parteien können durch die Kombination typisierter sachenrechtlicher Bausteine mit besonderen schuldrechtlichen Abreden neuartige Lösungen für Situationen schaffen, für die das Sachenrecht allein keinen eigenen Typ vorhält. Wenn derartige Kombinationslösungen in großem Stil Gefolgschaft finden, mag sich auch der Ge  Näher Kapitel 6 B I, C I.   Näher Kapitel 7. 47   Nachweise z. B. bei Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 16 f., 20–23 (2000). 48   Näher Kapitel 5 B I 2, III. 49   Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 16 f. (2000). 50   Näher Kapitel 5 B I 2 c. 51   Kapitel 4 E I 3 a. S. a. Wiegand, in: Wege europäischer Rechtsgeschichte, S.  623, 640 f. 45

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C.  Typizität im Wertpapierrecht

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setzgeber zu ihrer Anerkennung oder der Schaffung eines entsprechenden Typs aufgerufen sehen. Beispiele für eine derartige strukturelle Innovationssicherung hält einmal mehr das deutsche Recht bereit. So beruhen die in Deutschland überaus wichtigen fiduziarischen Sicherheiten gerade auf einer Kombination von Vollrechtsübertragung und schuldrechtlicher Anbindung52 .

V.  Zusammenfassung Das Sachenrecht vereint die Vorteile eines relativ hohen Maßes an Typizität mit Merkmalen, die die Nachteile von Typizität gering halten. Dabei fällt auf, dass gerade im deutschen Recht hohe sachenrechtliche Typizität mit einer beachtlichen und durchaus effektiven Sicherung gegen deren Nachteile zusammentrifft – eine Sicherung, die vor allem den weitgehenden Gestaltungsmöglichkeiten zu verdanken ist, wie sie Trennung und Abstraktion erlauben. Insgesamt ist der sachenrechtlichen Typizität daher ein gutes Zeugnis auszustellen, wobei die deutsche Lösung, die trotz hoher Typizität die Nachteile geschickt vermeidet, sicher die schlechteste nicht ist. Dass die Europäisierungsbestrebungen gerade das deutsche Modell ganz außen vor lassen 53 und das französische Konsensprinzip – wenn auch in gemäßigter Form – favorisieren 54 , stellt sich nicht zuletzt vor diesem Hintergrund als Rückschritt dar und erscheint überaus bedenklich.

C.  Typizität im Wertpapierrecht Nicht einheitlich kann die Bewertung von Typizität im Wertpapierrecht ausfallen, messen doch die einzelnen Wertpapiere der Typizität einen ganz unterschiedlichen Stellenwert bei. Es ist daher zwischen den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs einerseits und den Wertpapieren des Kapitalmarkts andererseits zu unterscheiden.

I.  Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs Die Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs mit ihrer hohen Typizität sehen sich wiederum der Frage ausgesetzt, ob es ihnen gelingt, die Nachteile von Typizität gering zu halten.

  S. nochmals Kapitel 4 E I 3 a.   VIII. – 2:101(1)(d) DCFR. 54   Stadler, JZ 2010, 380, 383 ff. 52 53

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

1.  Übertragbarkeit als Wesensmerkmal dieser Wertpapiere Die Übertragbarkeit der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs steht außer Zweifel. Erleichterte Übertragbarkeit ist hier sowohl in historischer Perspektive als auch im konkreten Fall gerade eigentlicher Zweck der Schaffung des Papiers55 . Im bloßen Zweipersonenverhältnis bedürfte es der Verbriefung allenfalls zur Beweissicherung. Für das Verhältnis gegenüber späteren Erwerbern ließe sich zwar das Pflichtengeflecht eines Wechsels oder Schecks im Wege einer Kombination aus Abtretungserklärungen mit Einwendungsverzicht oder abstrakten Schuldversprechen und Vollmachten grob nachbauen; bei einem Warenverkehrspapier wäre es möglich, zur Erzielung der Traditionswirkung mit besitzrechtlichen Konstruktionen zu operieren56 . Der Griff zu einem leicht übertragbaren, in seinem rechtlichen Inhalt entsprechend typisierten Wertpapier soll aber gerade auch die Schwierigkeiten und Defizite derartiger Konstruktionen vermeiden. 2.  Angebot verfügbarer Typen Wechsel, Scheck und Warenverkehrspapiere gibt es nur in einer einzigen, für den jeweiligen Fall in Betracht kommenden Gestalt57 ; ein Angebot besteht allenfalls insoweit, als innerhalb des Typs Gestaltungsfreiräume bleiben 58 . Allerdings sind diese Papiere auch bereits auf ganz konkrete Situationen zugeschnitten, für die eine Vielzahl konkurrierender Typen schwer vorstellbar erscheint. Sie stehen insoweit eher auf der Stufe des einzelnen sachenrechtlichen Typs, nicht des Sachenrechts insgesamt. Aus dem Fehlen eines größeren Angebots verfügbarer Typen kann schon von daher kaum etwas gegen die Typizität dieser Papiere ins Feld geführt werden. Anstelle der streng typisierten Formen von Wechsel und Scheck könnten die Parteien zudem auf die bürgerlich-rechtliche oder die handelsrechtliche Anweisung ausweichen, die im Gegensatz zu Wechsel und Scheck relativ frei ausgestaltet werden kann, allerdings auch die besonderen Rückgriffsformen und das Protestverfahren nicht kennt59 ; als flexiblerer Ersatz für die klassischen Warenverkehrspapiere ließen sich Verpflichtungsschein und abstraktes Schuldversprechen einset  Kapitel 9 A I 2, B I, II; Kapitel 10 A I, B, C I, II.   Vgl. Kapitel 10 A III 2 b m.Nw. 57   Vgl. etwa zum Wechsel insbes. Kapitel 9 A II 1 d, 2 c. Ein Seefrachtpapier ist für den Landtransport oder die Lagerung schlecht geeignet, ein Scheck dort schlecht geeignet, wo Kreditierung gewollt ist. Durch die Frage nach einem Typenzwang der Orderpapiere (dazu nur K. Schmidt, Handelsrecht, §  24 I 2 b [S.  690 f.], III 1 [S.  695 f.], §  32 III 2 d [S.  936]) wird in diesem Zusammenhang wenig gewonnen, da diese – anders als im Sachenrecht, wo es um die dinglichen Rechte an ein und derselben Sache geht – lediglich die Form der Übertragung eint. 58   S. sogleich unter 3. 59   Vgl. §§  783–792 BGB, §§  363 Abs.  1, 364 f. HGB; in Form eines Vertrages zugunsten des jeweiligen künftigen Erwerbers kann auch ein beschränkter Einwendungsausschluss erreicht werden, vgl. nur Langenbucher, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  363 Rn.  79; für England Kapitel 9 A II 3 a, für die U. S. A. Kapitel 9 A II 4 a. 55

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C.  Typizität im Wertpapierrecht

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zen, da sie durchaus zur Verbriefung eines vertraglichen Anspruchs auf Lieferung – wenn auch nicht notwendigerweise Auslieferung – von Gütern verwandt werden können60 ; lediglich die den Warenverkehrspapieren eigene Traditionswirkung müsste wiederum besitzrechtlich erklärt werden61. Insofern stünde den Parteien stets auch ein Institut zur Verfügung, das zwar nicht sämtliche Vorteile von Wechsel und Scheck bereithält, dafür aber größere Flexibilität aufweist. Dass dieses praktisch keine Rolle spielt, legt indessen nahe, dass mit Wechsel und Scheck Typen angeboten werden, die in aller Regel den Interessen der Beteiligten voll entsprechen. 3.  Freiräume individueller Gestaltung Auf der Ebene der einzelnen Typen lassen die Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs ebenso wie die Wertpapiere des Warenverkehrs auch über unvermeidlich im Einzelfall zu treffende Festlegungen wie Höhe und Zeitpunkt der zu zahlenden Summe oder die Identifikation der betreffenden Ware hinaus gewisse, allerdings recht beschränkte Spielräume für individuelle Gestaltung. So können unter deutschem Recht die Parteien entscheiden, ob das Papier an Order gestellt sein soll62 ; beim Scheck kann die Barzahlung untersagt werden63 ; der Wechsel kann etwa an die eigene Order des Ausstellers lauten, auf diesen selbst und für Rechnung eines Dritten gezogen werden64 ; die Vermutungswirkung des Konnossements lässt sich einschränken65 . Größere Freiräume für individuelle Gestaltung böten die bürgerlich-rechtliche und die kaufmännische Anweisung und der Verpflichtungsschein; eine Notwendigkeit, wegen fehlender Freiräume bei Wechsel, Scheck und Warenverkehrspapieren auf diese wenig typisierten Institute auszuweichen, besteht aber augenscheinlich nicht66 . Neben diesen beschränkten Fällen individueller Gestaltbarkeit auf der Ebene des einzelnen Typs ist individuelle Gestaltung auch mittels schuldrechtlicher Abreden möglich. Schuldrechtliche Abreden können die Typen in einzelnen Punkten ergänzen und im wirtschaftlichen Ergebnis abändern, beispielsweise durch eine intern vereinbarte Freistellung von einer aus dem Papier gegebenenfalls folgenden Haftung. Sie können aber auch die Gestalt komplexer Gebilde annehmen, welche Kredit- und Warenverkehrspapiere mit einbeziehen. Zu denken ist insoweit etwa an ein Dokumentenakkreditiv, in dem sich eine Bank gegenüber einem Exporteur 60   Dies gilt umso mehr dann, wenn man entgegen der in Deutschland h. M. den Begebungsvertrag als einen Vertrag zwischen Frachtführer/Verfrachter und dem Empfänger, vermittelt durch den Absender/Befrachter als Boten, auffasst; dazu Canaris, in: Staub, HGB, §  363 Rn.  59. 61   Zur Frage einer Ausdehnung der Traditionswirkung nochmals Langenbucher, in: Münchener Kommentar zum HGB, §  363 Rn.  82. 62   Vgl. Art.  11 Abs.  2 WG, Art.  14 Abs.  2 ScheckG; §§  363 Abs.  2, 444 Abs.  2, 475g, 647 Abs.  1 HGB. 63   Art.  39 ScheckG. 64   Art.  3 WG. 65   Vgl. §  656 Abs.  3 HGB. 66   S. schon soeben unter 2 a. E.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

verpflichtet, bei Vorlage bestimmter Dokumente, wie einem über die Versendung ausgestellten Konnossement, auf sie gezogene Wechsel zu akzeptieren und gegenüber einem gutgläubigen Erwerber einzulösen67. 4.  Erhaltung der Innovationsfähigkeit Das Wechsel- und Scheckrecht hat in seiner jungen Geschichte schon eine ganze Reihe gesetzgeberischer Reformen erlebt, die zwar keine grundlegende Innovation brachten, aber doch schon durch die erhöhte Rechtssicherheit die Qualität der In­ stitute verbessert haben. Wo – wie insbesondere auf dem europäischen Kontinent und in Teilen Südamerikas – mittlerweile internationales Einheitsrecht auf völkervertraglicher Grundlage gilt 68 , ist die übliche Vorsicht vor einer Versteinerung des Rechts angezeigt. Allerdings mag angesichts der abnehmenden Bedeutung des Wechsels und vor allem des Schecks 69 eine ständige Prüfung vielleicht weniger dringlich sein; die Zurückhaltung gegenüber neueren Vorschlägen internationaler Texte70 legt dies jedenfalls nahe. Immerhin geben diese Vorschläge aber den nationalen Gesetzgebern Anlass, das geltende Recht zu überprüfen. Die Länder des Common Law sind mangels einer Bindung an international einheitliche, nicht ohne Weiteres zu ändernde Texte71 wohl flexibler; vor allem die U. S. A. verfügen mit dem Uniform Commercial Code über einen Mechanismus, der sich in der Vergangenheit als sehr innovationsfreundlich gezeigt hat. Auch auf dem Gebiet der Warenverkehrspapiere bedarf es dort, wo internationales Einheitsrecht gilt, besonderer Wachsamkeit gegenüber Versteinerungstendenzen. Allerdings zeigt sich hier gerade in den letzten Jahren ohnehin eine beachtliche und teils durchaus erfolgreiche Aktivität72 . Ein erhebliches Innovationsdefizit, das einen Verzicht auf Typizität nahelegen könnte, ist jedenfalls nicht ersichtlich. 5.  Zusammenfassung Als übertragbare, auf Verkehrsfähigkeit geradezu ausgerichtete Güter zeichnet vor allem Wechsel und Scheck, aber auch die Warenverkehrspapiere nicht ohne Grund eine vergleichsweise hohe Typizität aus. Die Nachteile, die diese Typizität mit sich bringt, finden sich in der schon vom Sachenrecht bekannten Weise begrenzt, fallen zudem aber wegen der Beschränkung der Typen auf Papiere für ganz spezifische Zwecke weniger ins Gewicht als eine ein gesamtes Rechtsgebiet erfassende Typizität. Wenn die an sich vorhandenen, flexibleren Alternativformen keine Bedeutung 67   Vgl. Art.  7(a)(i), (iv), 8(a)(i), (iv) UCP 600; Art.  9 (a)(iii), 9(b)(iii) UCP 500; Nielsen, in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, §  120 Rn.  36. 68   Näher Kapitel 9 A III 1, B IV 1. 69   Näher Kapitel 9 B V. 70   Näher Kapitel 9 A III 3. 71   Kapitel 9 A III 2, B IV 1. 72   Näher Kapitel 10 A IV.

C.  Typizität im Wertpapierrecht

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erlangen konnten, spricht dies dafür, dass aus Sicht der Beteiligten die Vorteile der typisierten Institute klar überwiegen.

II.  Wertpapiere des Kapitalmarkts Die Wertpapiere des Kapitalmarkts kennen einzelne, stärker typisierte Papiere. Bei der großen Mehrzahl ist jedoch Typizität schwach ausgeprägt; andere Mechanismen, die die Vorteile von Typizität zu ersetzen suchen, neigen dazu, gerade in kritischen Situationen zu versagen73 . Es stellt sich daher die Frage, ob nicht höhere Typizität zumindest in bestimmten Bereichen des Rechts der Kapitalmarktpapiere wünschenswert wäre74 . Nicht außer Acht bleiben dürfen bei dahingehenden Überlegungen allerdings auch die Nachteile von Typizität, die auf dem noch jungen Rechtsgebiet der Kapitalmarktpapiere stärker ins Gewicht fallen könnten als auf den ausgereifteren Rechtsgebieten des Sachenrechts und des Rechts der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs. Deshalb verbietet sich eine einfache, generell strengere Typizität fordernde Antwort. Angezeigt erscheint hingegen eine Lösung, die für die wichtigsten übertragbaren Kapitalmarktpapiere typisierte Grundformen anbietet, daneben aber individuelle Gestaltung zulässt und so die Innovationsfähigkeit erhält. 1.  Höhere Typizität für auf Übertragung angelegte Kapitalmarktpapiere Da höhere Typizität nur um ihrer Vorteile willen wünschenswert sein kann, diese Vorteile sich aber vor allem bei übertragbaren Gütern zeigen, werden sich Bestrebungen zur Einführung höherer Typizität auf diejenigen Kapitalmarktpapiere zu konzentrieren haben, die auf Übertragung angelegt sind. Nun ist zwar eine Steigerung der Verkehrsfähigkeit, die ihrerseits Übertragbarkeit voraussetzt, auch bei den Kapitalmarktpapieren einer der Hauptgründe, überhaupt zur Verbriefung zu greifen75 . Dennoch gibt es Papiere, die ihrer Grundanlage nach nicht auf leichte Übertragbarkeit abzielen. An einer Ausrichtung auf leichte Übertragbarkeit fehlt es allerdings nicht bereits dann, wenn es sich um ein Namens- und kein Inhaberpapier handelt. Denn die Übertragung von Namenspapieren mag technisch aufwendiger sein; unüberwindbare Hindernisse stehen ihr aber nicht entgegen76 . Anders sieht es hingegen bei Papieren aus, bei denen die Übertragung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden ist77. Die Gesellschaft kann hier zwar ihre Zustimmung rein tatsächlich stets geben; dennoch ist eine Beschränkung der Übertragbarkeit im Papier selbst angelegt, was zu besonderer Vorsicht mahnen sollte. Bei derartigen vinkulierten Namenspapieren erscheint geringere Typizität   Vgl. Kapitel 13 D.   Bejahend bereits Hansen, 13 N. Y. U. L. Rev. 407, 437 f. (1936). 75   S. nur Heider, in: Münchener Kommentar zum AktG, §  10 Rn.  9. 76   Vgl. §  67 AktG. 77   Vgl. für die vinkulierte Namensaktie §  68 AktG; es kommen aber auch vinkulierte Schuldverschreibungen in Betracht. 73 74

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

daher tragbar. Ähnliches gilt im deutschen Investmentrecht für die Anteile an Spezial-Sondervermögen, die nur mit Zustimmung der Kapitalanlagegesellschaft übertragen werden dürfen78 . Wer ein solches Papier erwirbt, geht bewusst eine auf unbestimmte Dauer angelegte, nicht einseitig beendbare Beziehung ein. Einer solchen Investition wird gründliche Information über das Produkt vorausgegangen sein. Zudem kommt es dem Anleger auf die Vorteile höherer Verkehrsfähigkeit offensichtlich nicht an; selbst Dritte dürften bei derartigen Formen die Notwendigkeit näherer Information erkennen. Natürlich spricht nichts dagegen, dass sich auch schwerer übertragbare Papiere typisierter Formen bedienen, die für übertragbare Papiere entwickelt wurden. Hierauf mittels rechtlicher Vorgaben gezielt hinzuwirken, erscheint jedoch nicht geboten. 2.  Nicht abschließendes Angebot typisierter Grundformen a)  Grundidee Strenge Typizität etwa in Gestalt eines Typenzwangs für das gesamte Gebiet der Kapitalmarktpapiere erscheint ebenso utopisch wie impraktikabel. Anders als das Sachenrecht eignet sich das Wertpapierrecht hierfür schon deshalb nicht, weil eine natürliche Begrenzung, wie sie sich bei Sachen aus den rein tatsächlich beschränkten Möglichkeiten sinnvoller Sachnutzung ergibt, für Wertpapiere nicht besteht. Im Gegenteil kann in einem Wertpapier an sich jedes Recht verbrieft sein; Beschränkungen ergeben sich lediglich aus außerhalb des Papiers liegenden Umständen, die schon die Begründung eines bestimmten Rechts oder jedenfalls seine Verbriefung sinnlos oder abwegig erscheinen lassen. Bereits bei den Wertpapieren des Kreditund Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs war daher ein Typenzwang im strengen Sinne, der andere als die prominenten Formen gänzlich ausschließen würde, nicht zu beobachten. Andererseits haben sich dort doch die typisierten Grundformen durchgesetzt, womit die Vorteile von Typizität trotz des Fehlens eines eigentlichen Typenzwangs voll zur Geltung kommen79. Eine ähnliche Entwicklung zu praktisch strenger Typizität, wie sie insbesondere bei den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs stattgefunden hat, ist für die Kapitalmarktpapiere nun zwar kaum vorstellbar. Nähere Betrachtung verdient aber die Idee, einige typisierte Grundformen zur Verfügung zu stellen, ohne daneben individuelle Gestaltung ganz auszuschließen. In gewisser Weise auf dieser Schiene lag schon die in den U. S. A. in Reaktion auf die Finanzkrise vom U. S. Department of the Treasury vorgeschlagene behördliche Anerkennung so genannter plain vanilla products (»Standard Consumer Financial Products or Services«), die Kreditinstitute anlagewilligen Verbrauchern vor allen anderen Produkten hätten anbieten sollen80 . Letztlich hat zwar nicht einmal dieser auf das Verhältnis zwischen Banken und Verbrauchern beschränkte Vorschlag in den Dodd-Frank Act   §  92 InvG.   S. soeben unter C I 2, 3. 80   Consumer Financial Protection Agency Act of 2009, H. R. 3126, 111th Cong. §  136 (2009). 78

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C.  Typizität im Wertpapierrecht

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Eingang gefunden81. Der Gedanke, mithilfe eines Angebots typisierter Grundformen auch im Bereich der Kapitalmarktpapiere höhere Typizität zu erreichen, sollte jedoch nicht vorschnell verworfen werden. Ganz im Gegenteil verdient er als grundlegender, keineswegs auf Verbraucher zu beschränkender Ansatz nähere Betrachtung. b)  Ausarbeitung Nach der Idee eines nicht abschließenden Angebots typisierter Grundformen müssten zunächst für alle wichtigen Bereiche der Kapitalmarktpapiere solche Grundformen fixiert werden. Dabei wird man sich nicht auf jeweils eine Grundform der Aktie, der Schuldverschreibung und des Investmentanteils beschränken können, sondern jeweils einige Varianten zulassen, etwa die Grundform einer Stamm- und einer Vorzugsaktie, die Grundform einer fest und einer variabel verzinslichen Anleihe sowie eventuell Grundformen bestimmter Zertifikate, die Grundform eines Investmentanteils mit variablem, vom Investmentvermögen abhängigem Wert (NAV) und eines Investmentanteils mit konstantem Wert bei vom Investmentvermögen abhängiger Zahl der ausgegebenen Anteile nach dem Modell der Geldmarktfonds. Die Fixierung der Grundformen sollte – insoweit in fundamentaler Abweichung vom Vorschlag der plain vanilla products in den U. S. A. 82 – in international koordinierter Form durch den jeweiligen Gesetzgeber erfolgen und nicht die Gestalt einer behördlichen Prüfung und »Anerkennung« einzelner Produkte annehmen, um die jeder Emittent für jedes von ihm entwickelte Produkt ersuchen könnte. Die behördliche Prüfung und Anerkennung mag zwar zur Gewährleistung der Qualität beitragen. Sie kann indessen ein trügerisches Gefühl der Sicherheit verleihen, wenn der Markt nicht zwischen einer Prüfung der rechtlichen Gestaltung und der Solidität des Emittenten trennt. Vor allem aber ließe sich eine Steigerung der Typizität hierdurch gerade nicht erreichen. Im Gegenteil würde die Zahl »anerkannter« Produkte laufend ansteigen und wohl jeder Emittent andere »anerkannte« Produkte anbieten. Neben diesen Grundformen wäre weiterhin im bisherigen Rahmen freie Gestaltung möglich. Im Gegensatz zum herkömmlichen dispositiven Recht sollten sich die typisierten Grundformen aber durch eine eindeutige, geschützte Bezeichnung schon auf den ersten Blick von individuell gestalteten Papieren unterscheiden lassen und damit die Möglichkeit typisierter Güter wahrnehmen, Informationskosten durch eine eindeutige Bezeichnung zusätzlich zu reduzieren. Diese Bezeichnung könnte dabei durchaus auch nur in einer zusätzlichen Angabe zu den bisher Zu den plain vanilla products nach diesem Vorschlag Evans/Wright, 22 Loy. Consumer L. Rev. 277, 278, 320, 323 f. (2010); Graham, 55 Vill. L. Rev. 603, 621 f. (2010). 81   Ob das Consumer Financial Protection Bureau (vgl. Title X Dodd-Frank Act) in diese Richtung gehende Regelungen erlassen wird, ist derzeit noch offen (vgl. Cooley et al., in: Regulating Wall Street, S.  73, 80). 82   Näher oben Fn.  8 0.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

bekannten Benennungen – wie zum Beispiel dem Wortteil »Normal-« – bestehen, die zum Ausdruck bringt, dass das Papier dem typisierten Standard folgt; durch einen solchen einheitlichen Zusatz ließe sich zugleich der Lernprozess verkürzen, der Voraussetzung für die volle Wirksamkeit einer Einführung typisierter Grundformen wäre. Das Argument, durch die Einführung solcher typisierter Grundformen könnten die Beteiligten zur Wahl von Produkten animiert werden, die ihren Interessen nicht voll entsprechen würden83 , ist ein Argument gegen jede Art von Typizität. Es verkennt zum einen in seinem Fokus auf das einzelne Geschäft die Vorteile, die Typizität sowohl für die konkreten Parteien als auch für ein ganzes Rechtsgebiet mit sich bringt84 . Zum anderen geht es letztlich von einem neoklassischen homo oeconomicus aus, der unter voller Information rational handelt. Da nun aber in der neoklassischen Modellwelt bekanntlich kein Platz für Typizität ist 85 , besagt eine neoklassisch begründete pauschale Ablehnung von Typizität für die Realität wenig. Wenn neben typisierten Grundformen individuelle Gestaltung weiter möglich bleibt, ist die Schwelle zur möglicherweise günstigeren individuellen Gestaltung für den Sachkundigen gering. Dass derjenige, dem es an Sachkunde mangelt, diese Schwelle nicht ohne Weiteres übersteigen wird, ist doch wohl gerade wünschenswert86 . Selbst wenn man aber allein auf das konkrete Geschäft abstellt, bringt die Einführung typisierter Grundformen bei weiterhin gegebener individueller Gestaltungsmöglichkeit nur einen äußerst zurückhaltenden Übereilungsschutz mit sich. Dass ein Übereilungsschutz im Einzelfall zu Unrecht ein profitableres Geschäft verhindert, gilt auch bei jeder einfachen Formvorschrift und lässt sich in einer Welt fehlbarer Akteure nicht vermeiden. Insgesamt dürfte aber ein Übereilungsschutz gerade bei Geschäften über Kapitalmarktpapiere nach den Lehren aus der Finanzkrise segensreich wirken, und zwar keineswegs nur bei Verbrauchern, sondern durchaus auch bei professionellen Anbietern oder Nachfragern von Kapitalmarktpapieren. c)  Illustration Dass ein auf Verkehrsfähigkeit ausgerichtetes, strenger typisiertes Wertpapier, welches neben den freien Gestaltungen der sonstigen Kapitalmarktpapiere steht, sehr wohl erfolgreich sein und mit Innovationen aufwarten kann, zeigt im geltenden Recht der Pfandbrief. Ein dem Pfandbrief zumindest ähnliches Produkt ließe sich auch mithilfe der allgemeinen Regeln schaffen: Die unbeschränkte und unmittelbare Haftung der Bank gegenüber dem Wertpapierinhaber kann ohne Weiteres aus einer gewöhn  Vgl. Evans/Wright, 22 Loy. Consumer L. Rev. 277, 323 f. (2010).   S. soeben unter A I. 85   Näher Kapitel 13 A I 2. 86   Vgl. auch Sunstein/Thaler, 70 U. Chi. L. Rev. 1159–1202 (2003), Thaler/Sunstein, Nudge, passim (insbes. S.  4–6), sowie dies., 93 (2) Am. Econ. Rev. 175–179 (2003): »libertarian paternalism«; Camerer et al., 151 U. Pa. L. Rev. 1211 ff. (2003): »asymmetric paternalism«. 83

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C.  Typizität im Wertpapierrecht

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lichen Schuldverschreibung folgen, die die Bank selbst emittiert; die für die Sicherheit der Wertpapierinhaber entscheidende Deckung durch bestimmte dinglich besicherte Forderungen oder Forderungen gegen öffentliche Schuldner kann – wenn auch mit insgesamt doch etwas geringerem Sicherheitsniveau – mithilfe vertraglicher Konstruktionen erreicht werden, bei denen etwa ein Treuhänder der Schuldverschreibungsgläubiger Sicherheiten für deren Forderungen gegen die Bank hält. Konsequent ausgearbeitet und erfolgreich angewandt wurde diese Überlegung erstmals im Zusammenhang mit der Verwendung ausländischer Deckungswerte durch deutsche Hypotheken- bzw. in neuer Terminologie Pfandbriefbanken, wobei es hier im Ausgangspunkt allein um die zusätzliche Absicherung der gesetzlichen Deckungsmasse deutschen Rechts im jeweiligen Belegenheitsstaat ging87 ; kopiert und als freistehender, ohne gesetzlich geschaffene Deckungsmasse operierender Mechanismus verwandt wurde diese Idee in jüngerer Zeit sodann vor allem in Staaten des Common Law, die nicht über eine eigene Pfandbriefgesetzgebung verfügten, deren Banken sich aber so den Pfandbriefmarkt mit seinen günstigen Refinanzierungskonditionen erschließen wollen88 . Trotz der Möglichkeit, Wertpapiere ähnlicher Merkmale auch ohne Verwendung des typisierten Instituts zu schaffen, konnte sich der Pfandbrief bislang gut behaupten. Dies beruht zum einen fraglos auf der besonderen Verlässlichkeit eines gesetzlich typisierten Produkts und insbesondere der gesetzlichen Isolierung der Deckungsmasse, zum anderen sicher aber auch darauf, dass ein Anleger dank der Typizität des Pfandbriefs in Verbindung mit einem Bezeichnungsschutz89 im Ansatz weiß, was er bei einem Pfandbrief zu erwarten hat, während er sich im Falle einer rein vertraglichen Konstruktion aller Einzelheiten vergewissern muss, da auch kleine Abweichungen großen Einfluss gerade auf die Sicherheit des Papiers haben können. Zugute kommt dem Pfandbrief des Weiteren, dass er – nach dem Gesagten durchaus zu Recht – gerade aufgrund seiner gesetzlichen Typizität regulatorische Vorteile etwa in Form geringerer Anlagebeschränkungen bei Investmentfonds genießt90 . Nicht zuletzt haben schließlich Gesetzgeber und Praxis den Pfandbrief nicht versteinern lassen, sondern beispielsweise durch klarere Regeln

87   Grundlegend zur Fragestellung Stürner, Hypothekenpfandbriefe und Beleihung in Frankreich, S.  1; Entwicklung vertraglicher Lösungsmodelle bei Stürner/Stadler, Deutsche Pfandbriefe und Deckungswerte in den Niederlanden, S.  57 ff., 99 ff.; dies., Pfandbriefe und Beleihung in Spanien, S.  95 ff.; dies., Hypothekenpfandbriefe und Deckungswerte in der Schweiz, S.  47 ff.; Stürner/Schumacher/Bruns, Der deutsche Pfandbrief und englische Deckungswerte, S.  76 ff.; Stürner, Deutsche öffentliche Pfandbriefe und Deckungswerte aus Darlehen an U. S.-amerikanische öffentliche Körperschaften, S.  39 ff.; ders., Deutsche öffentliche Pfandbriefe und japanische Deckungswerte, S.  41 ff.; Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  49 ff. 88   Stürner/Kern, Deutsche Hypothekenpfandbriefe und U. S.-amerikanische Deckungswerte, S.  75–85. 89   S. z. B. für Deutschland §  41 PfandBG; für Luxemburg Art.  12-4 Loi du 5 avril 1993 relative au secteur financier. 90   Oben Kapitel 11 B VI 2 a.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

für die Insolvenz der Bank verbessert91, durch die vorsichtige Zulassung von Sicherungsgeschäften und neuen Deckungswerten konkurrenzfähig gehalten92 und die Erfindung des Jumbo-Segments die Liquidität gesteigert93 . d)  Abgrenzung Der Vorschlag eines Angebots typisierter Grundformen bedarf kurzer Abgrenzung zu neueren, von den negativen Erfahrungen der Finanzkrise angestoßenen Entwicklungen. Stärkere Standardisierung von Finanzprodukten ist in der politischen Debatte nicht nur in den U. S. A. vielfach zur Sprache gebracht worden; außer auf dem Gebiet der Derivate 94 sind hier aber praktische Fortschritte nicht erkennbar. Ernstzunehmende Vorschläge, die sämtliche Kapitalmarktpapiere erfassen wollen, sind rar. Die Idee einer Schaffung typisierter Grundformen steht des Weiteren neben dem Versuch, die Information über Finanzprodukte mithilfe eines – mehr oder weniger einheitlichen – Produktinformationsblattes95 , in der öffentlichen Debatte oft auch »Beipackzettel« genannt96 , zu verbessern. Diese Produktinformationsblätter sollen Privatkunden nicht nur über die rechtliche Struktur des infrage stehenden Finanzprodukts informieren, sondern auch die Rendite, die Kosten sowie deren Einfluss auf die Rendite, die Risiken und die Flexibilität des Produkts herausstellen. Dabei enthalten diese Produktinformationsblätter aber lediglich eine stark verkürzte und vereinfachte Darstellung des Produkts selbst97, sie reduzieren insoweit also die Information in ganz beträchtlichem Maße. Demgegenüber erlaubt Typizität, soweit sie reicht, eine erleichterte und zuverlässige Feststellung und Übermittlung voller Information98 . Typizität geht also in diesem Punkt weit über die Produktinformationsblätter hinaus. Produktinformationsblätter mögen auch für typisierte Grundformen sinnvoll sein; die Notwendigkeit einer Informa91   Grundlegend Stürner, Die Sicherung der Pfandbrief- und Obligationengläubiger vor einer Insolvenz der Hypothekenbank, S.  125 ff.; dazu ders., in: Münchener Kommentar zur InsO, Einleitung Rn.  24a (auch zum parallelen Modell des Refinanzierungsregisters); Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  8 0 m.Fn.  7 und zur Vorbildfunktion des Reformvorschlags Stürners für Luxemburg S.  93, für Irland S.  117. 92   Einfügung der §§  6 Abs.  6 , 22 Abs.  1 Satz 2 HBG sowie der §§  2 Abs.  5, 3 des Gesetzes über die Pfandbriefe und verwandten Schuldverschreibungen öffentlich-rechtlicher Kreditanstalten (vgl. heute §§  4 Abs.  3, 19 Abs.  1 Nr.  4, 20 Abs.  2 Nr.  3, 26 Abs.  1 Nr.  5, 26 f Abs.  1 Nr.  5 PfandBG) durch Art.  11 Nr.  2 lit.  b, Nr.  4 lit.  b, 11a Nr.  1 lit.  c , Nr.  2 des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 26. Juni 2002, BGBl.  I, S.  2010, 2060–2062; dazu Hagen, in: Verband deutscher Hypothekenbanken (Hrsg.), Der Pfandbrief – Fakten und Daten 2002, S.  32, 36 f. 93   Oben Kapitel 11 B VI 3 b. 94   Näher sogleich unter D 3. 95   Vgl. §  31 Abs.  3a WpHG i.  d.  F. von Art.  1 Nr.  6 lit.  b sowie §  5a WertpapierdienstleistungsVerhaltens- und Organisationsverordnung i.  d.  F. von Art.  5 Nr.  2 des Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetzes vom 5. April 2011 (Kapitel 11 Fn.  791); dazu BT-Drucks. 17/3628 vom 8. November 2011, S.  8 , 17, 21 f. 96   Z. B. Freiberger, SZ vom 14. Januar 2010, S.  23; Kuhr, SZ vom 1. Dezember 2010, S.  28. 97   S. a. RegE, Begründung Besonderer Teil, BT-Drucks. 17/3628 (Fn.  95), S.  21 re.Sp. 98   Vgl. Kapitel 13 D I 2 d.

C.  Typizität im Wertpapierrecht

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tion über die rechtliche Struktur wird aber in dem Maße abnehmen, in dem sich die Grundformen etablieren und damit auch der Lernprozess über den rechtlichen Inhalt dessen, was sich hinter der Typenbezeichnung verbirgt, Früchte trägt99. 3.  Quantitative Beschränkung des Raums individueller Gestaltung? a)  Keine qualitative Beschränkung auf die typisierten Grundformen Folgt man dem Vorschlag, für alle wichtigen Arten von Kapitalmarktpapieren typisierte Grundformen zur Verfügung zu stellen, ohne die Beteiligten in Form eines Typenzwangs auf die Verwendung nur dieser Grundformen festzulegen, verbleibt neben diesen der bisherige, überaus weite Raum für individuelle Gestaltung, der teilweise durch schuldrechtliche Nebenabreden nochmals erweitert wird100 . Eine den rechtlichen Inhalt sämtlicher Papiere erfassende qualitative Beschränkung ist mit diesem Vorschlag also gerade nicht verbunden. Damit ist der Privatautonomie ein substantieller Bereich reserviert und bleibt situationsangepasste individuelle Gestaltung grundsätzlich möglich. b)  Grundidee einer quantitativen Beschränkung In Betracht kommt jedoch eine quantitative Beschränkung, die nach dem Vorbild der unmittelbaren Regulierung zulässiger Anlagegegenstände bei Investmentfonds oder der mittelbaren Regulierung über die Eigenkapitalausstattung von Finanzinstituten101 Vorgaben macht, nach denen ein bestimmter Mindestanteil des angelegten Wertpapiervermögens in die typisierten Grundformen der Wertpapiere investiert sein muss oder jedenfalls eine solche Investition regulatorisch in deutlich stärkerem Maße als bisher begünstigt wird102 . Eine derartige quantitative Beschränkung des Raums individueller Gestaltung würde im Gegenzug den typisierten Grundformen einen Anwendungsbereich sichern und so gewährleisten, dass die Vorteile von Typizität schnell und dauerhaft zur Geltung kämen. Zugleich würde das Marktvolumen der typisierten Grundformen insgesamt nur geringen Schwankungen unterliegen. Dies dürfte einen Beitrag zur Systemstabilität leisten, würde doch selbst im Falle von Umschichtungen unter den einzelnen Grundformen immer ein bestimmter Anteil des Markts keine größeren Bewertungs- und Liquiditätsprobleme kennen. Die Eingriffsintensität einer solchen quantitativen Beschränkung hielte sich zum einen schon deshalb in Grenzen, weil den Beteiligten die Wahl unter den Grundformen bliebe und hier wie auch sonst ein ausreichendes Angebot solcher Grundformen zu schaffen wäre103 , zum anderen ließe sie sich bei Bedarf durch die Verschiebung des Mindestanteils an typisierten Formen   Vgl. Kapitel 13 B II 1 a aa.   Dazu für das deutsche Recht statt aller Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61, 69 f. m.Nw. 101   Kapitel 11 B VI 2. 102   So schon Stürner, Markt und Wettbewerb über alles?, S.  264 ff.; ders., AcP 210 (2010), 105, 152. 103   Dazu soeben unter A III 2 sowie C II 2 b. 99

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

leicht steuern. Trotz schwieriger Vergleichbarkeit wird man doch sagen können, dass die Eingriffsintensität einer quantitativen Beschränkung gegenüber einer sämtliche Gestaltungen erfassenden, aber inhaltlich entsprechend leichteren qualitativen Beschränkung geringer wäre. Denn jeder betroffene Anleger könnte weiterhin außerhalb des Mindestanteils typisierter Grundformen seiner Privatautonomie freien Lauf lassen, beliebige, den Umständen angepasste Gestaltungen begründen und erwerben und so – wie sogleich noch näher auszuführen ist104 – zur Innovation beitragen. c)  Weitere Überlegungen Die Implikationen einer solchen quantitativen Beschränkung sind komplex und können hier nur grob umrissen werden. Eine erste Schwierigkeit wird sein, die quantitative Beschränkung individueller Gestaltungen bzw. den korrespondierenden Mindestanteil typisierter Grundformen so festzulegen, dass die Vorteile der gesteigerten Typizität nicht von Nachteilen an anderer Stelle übertroffen werden. Dabei könnte ein solcher Nachteil darin bestehen, dass mit der Festlegung eines Mindestanteils typisierter Grundformen der Markt für individuelle Gestaltungen schrumpft, sodass dessen Liquidität abnimmt und sich dementsprechend die Kosten für die Beteiligten erhöhen – eine Überlegung, die ähnlich schon bei der Idee einer bloßen Fixierung von Grundtypen anzutreffen war105 und hier umso mehr einschlägig ist, als mit der Festlegung eines Mindestanteils gezielt auf die typisierten Grundformen hingeführt wird. Über das dort Gesagte hinaus lässt sich dem allerdings entgegenhalten, dass der Sekundärmarkt für individuelle Gestaltungen ohnehin klein ist, lässt man die Aktivitäten von Market Makern mit ihrer beschränkten Verlässlichkeit in Krisensituationen außen vor106 . Der Primärmarkt für individuelle Gestaltungen hat in den letzten Jahren aber insbesondere im Bereich strukturierter Wertpapiere Ausmaße angenommen, die nicht nur dort, wo Endverbraucher Abnehmer derartiger Papiere sind107, schwerlich in vollem Umfang von einem anerkennenswerten tatsächlichen Bedürfnis gedeckt sein dürften. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen erscheint es sinnvoll, individuelle Gestaltung wegen ihrer Risiken und wegen der Nachteile aus dem Mangel an Typizität stärker auf die Fälle zu reduzieren, in denen hierfür ein berechtigtes Bedürfnis besteht. Eine einzelfallbezogene Prüfung, ob für eine bestimmte Gestaltung ein anerkennenswertes Interesse besteht, muss nun bei realistischer Betrachtung sicher ausscheiden. Durch die Einführung eines für typisierte Grundformen reservierten Mindestanteils kann jedoch mittelbar erreicht werden, dass individuelle Gestaltung dort zum Einsatz kommt, wo sie wirklich wichtig ist. Mit dieser mittelbaren Steuerungsfunktion ähnelt der Ansatz den bereits geltenden   Unter 4.   S. soeben unter 2 b (bei Fn.  83 f.). 106   Näher Kapitel 13 D I 3 c. 107   Vgl. zum nach wie vor bestehenden Risiko deutscher Banken aus diesen Positionen z. B. Deutsche Bundesbank, Finanzstabilitätsbericht 2010, S.  7. 104 105

C.  Typizität im Wertpapierrecht

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Anlagevorschriften und Eigenkapitalregeln108 . Konnten diese Gesetz werden, so sollten auch der Festsetzung eines Mindestanteils typisierter Grundformen keine unüberwindbaren Hindernisse entgegenstehen. Wie genau dieser Mindestanteil typisierter Grundformen auszusehen hätte, ist damit noch nicht gesagt. So erschiene es erwägenswert, anstelle eines konstanten Mindestanteils mit einem Stufensystem zu arbeiten. Dadurch könnte beispielsweise sichergestellt werden, dass auch dem Kleinanleger substantieller Raum für individuelle Gestaltungen verbleibt. Zu überlegen wäre auch, ob eine derartige Vorgabe lediglich für bestimmte Anleger wie Finanzinstitute und Investmentfonds gelten, alle institutionellen Investoren erfassen oder auf alle und mithin auch private Investoren ausgedehnt werden sollte. In dieselbe Richtung ginge auch die Frage nach einer Unterscheidung zwischen Finanzinvestoren und strategischen Investoren. Die Übernahme oder der Erwerb der Kontrolle über ein Unternehmen wäre erschwert und verteuert, falls die Aktien dieses Unternehmens nicht den typisierten Grundformen entsprächen, der Erwerber also zusätzlich noch weitere Papiere der typisierten Grundform vorhalten müsste, um die Balance zu wahren. Ein geringer Mindestanteil würde dieses Problem zwar klein halten; dennoch könnten potentielle Übernahmekandidaten durch die Umstellung auf individuell gestaltete Aktien oder die Festhaltung an solchen Aktien eine Übernahme zu verhindern suchen, was der an sich angestrebten höheren Typizität zuwider liefe. Eine Beschränkung der Vorgabe auf Finanzinvestoren erscheint daher naheliegend. Das Abgrenzungsproblem, das eine solche Beschränkung hervorrufen würde, ließe sich dadurch entschärfen, dass man eine Behörde – etwa die ohnehin mit der Sache befasste Kartellbehörde – zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung im Einzelfall ermächtigt. Schließlich bedürfte es im Falle einer Umsetzung dieses Vorschlags längerer Übergangsfristen, damit überhaupt ausreichend Papiere zur Verfügung stehen, die den Grundformen entsprechen. Auch bliebe zu überlegen, welche Sanktion ein Verfehlen der quantitativen Vorgaben nach sich ziehen sollte. Die Einführung einer quantitativen Beschränkung des Raums individueller Gestaltung würde nach alldem eine Reihe von Fragen aufwerfen. Diese wären jedoch angesichts der angestrebten Vorteile einer konstruktiven Diskussion durchaus wert und sollten einer praktikablen Antwort zugeführt werden können. 4.  Erhaltung der Innovationsfähigkeit Ein nicht abschließendes Angebot typisierter Grundformen hätte wegen des neben den Grundformen bestehen bleibenden Raums für individuell gestaltete Papiere allenfalls eine geringfügige Beeinträchtigung der Innovationsfähigkeit zur Folge. Neuartige Gestaltungen bräuchten keineswegs von vornherein zu fürchten, keine Anerkennung zu finden; sie müssten sich lediglich einem härteren Wettbewerb von Seiten der typisierten Grundformen stellen, da diese wegen der Vorteile   S. wiederum Kapitel 11 B VI 2.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

von Typizität, gegebenenfalls verstärkt durch eine quantitative Beschränkung des Raums individueller Gestaltungen, einen gewissen »Attraktivitätsbonus« hätten. Eine neue, individuelle Gestaltung müsste also zumindest in einem Umfang Vorteile versprechen, der das Fehlen des Attraktivitätsbonus’ der nächstgelegenen typisierten Gestaltung kompensieren würde. Hierin ist indessen nicht notwendigerweise eine unerwünschte Verzerrung zu erblicken109. Im Gegenteil spricht einiges dafür, dass das Fehlen höherer Typizität auf dem Gebiet der Kapitalmarktpapiere auch auf ein Versagen marktmäßiger Selbststeuerung zurückzuführen ist, an dem diejenigen Akteure, die mit der Entwicklung immer neuer, keineswegs in jedem Fall aber besserer Gestaltungen ihr Geld verdienen, nicht ganz unschuldig sein dürften110 . Der »Attraktivitätsbonus«, auf den die typisierten Grundformen zählen könnten, würde vor diesem Hintergrund wohl eher dazu beitragen, das Gleichgewicht wiederherzustellen, statt zu einer Verzerrung zu führen. Letztlich könnte der »Attraktivitätsbonus« aber sogar die Innovationsfähigkeit stärken, da individuelle Gestaltungen aufgrund der von ihm errichteten Schwelle dann, wenn sie denn trotzdem gewählt würden, eher das Potential einer wirklich sinnvollen, vielversprechenden Innovation hätten, ihnen daher größere Aufmerksamkeit geschenkt werden könnte und sie so schneller auf Gefolgschaft hoffen dürften, die zu ihrer Etablierung beitrüge. Selbst dann, wenn man zusätzlich zum bloßen Angebot typisierter Grundformen auch noch eine quantitative Beschränkung individueller Gestaltungen einführen sollte, wäre hierdurch die Innovationsfähigkeit nur wenig stärker, ver­ glichen mit einer flächendeckenden Erhöhung von Typizität noch immer ungleich geringfügiger beeinträchtigt. Denn ein gezielter Ausschluss bestimmter Gestaltungen und somit eine inhaltliche Begrenzung der Entwicklungsmöglichkeiten würde nach diesem Vorschlag gerade nicht erfolgen. Lediglich in quantitativer Hinsicht wäre der Markt für innovative Produkte kleiner. Auch dies könnte letztlich die Innovationsfähigkeit der Kapitalmarktpapiere insgesamt stärken, da auf diesem kleineren Markt wirkliche Innovationen leichter wahrgenommen werden könnten. 5.  Zusammenfassung Die geringe Typizität der Wertpapiere des Kapitalmarkts stellt sich im Vergleich mit dem Sachenrecht und den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs nicht nur als Ausnahme, sondern auch als gewisse Schwäche dar. Denn so können die Vorteile von Typizität gerade auf dem Gebiet der Kapitalmarktpapiere mit seiner immensen wirtschaftlichen Bedeutung nicht in dem Maße zur Geltung kommen, wie dies an sich möglich sein müsste. Eine Weiterentwicklung des geltenden Rechts kann indes nicht einfach die flächendeckende Erhöhung von Typizität und womöglich die Einführung eines Ty  Vgl. bereits soeben unter 3 c bei Fn.  106–108.   S. nur Stürner, AcP 210 (2010), 105, 148.

109 110

D.  Typizität in anderen Rechtsgebieten

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penzwangs zum Ziel haben. Vielmehr bedarf es einer behutsamen Anpassung, die mit der Einführung typisierter Grundformen für alle wichtigen Kapitalmarktpapiere beginnen könnte, eventuell flankiert von einem vorgegebenen Mindestanteil, den jeder Anleger in den typisierten Grundformen halten muss, um auch in individuelle Gestaltungen investieren zu dürfen. Eine solche Lösung würde den Wertpapieren des Kapitalmarkts den Zugang zu den Vorteilen von Typizität eröffnen, ohne die Freiräume individueller Gestaltung zu sehr einzuschränken und die Innovationsfähigkeit dieses noch immer vergleichsweise jungen Gebiets ernsthaft zu gefährden.

D.  Typizität in anderen Rechtsgebieten Typizität ist nicht auf das Sachenrecht und das Wertpapierrecht beschränkt, sondern begegnet auch in anderen Rechtsgebieten. Ein kurzer Überblick, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, soll die Untersuchung abrunden.

I.  Schuldverträge Das Recht der Schuldverträge, nach Überwindung des mit dem Aktionensystem zusammenhängenden numerus clausus des klassischen römischen Rechts111 heute gemeinhin als Hort individueller Gestaltbarkeit angesehen, kennt durchaus Erscheinungsformen von Typizität. 1.  Dispositives Recht Dispositives Vertragsrecht, wie es nicht nur alle kodifizierten Rechtsordnungen in Gestalt überall wiederkehrender schuldrechtlicher Vertragstypen kennen112 , sondern auch in den Rechtsordnungen des Common Law in Form von default rules begegnet113 , hat zweifellos eine gewisse Typizität zur Folge, die wiederum erhöhte Qualität erwarten lässt. Allerdings sind bei Schuldverträgen die weiteren Vorteile geringer, wenn man davon ausgeht, dass eine Übertragung der gesamten Stellung eines Vertragspartners oder auch nur einzelner Rechte meist nicht stattfindet: Dritte Erwerber, deren Informationskosten reduziert wären, gibt es dann ebenso wenig wie einen Sekundärmarkt, der direkt von den positiven Effekten einer Kanalisierung auf die dispositiven Typen profitieren könnte. Im Übrigen ist aber re111   Dazu nur Flume, Allgemeiner Teil, §  1 8 a (S.  12 f.); Seuffert, Zur Geschichte der obligatorischen Verträge, passim; dazu von Stintzing, KritV N. F. 4 (1881), 489; Stoffels, Gesetzlich nicht geregelte Schuldverträge, S.  55 ff.; zum römischen Recht Betti, in: Festschrift für Leopold Wenger I, S.  249, 256 ff. (zum Folgenden aber a. A., S.  270 ff.). 112   S. nur Charmatz, Zur Geschichte und Konstruktion der Vertragstypen im Schuldrecht, S.  3 ff.; aus Sicht der Typuslehre Leenen, Typus und Rechtsfindung, S.  118 ff.; für ein neues Nachdenken auf europäischer Ebene Baldus/Schmidt-Kessel, GPR 2005, 157. 113   Zur Debatte in den U. S. A. z. B. die Beiträge in 3 S.  Cal. Interdisc. L. J. 1–421 (Fall 1993).

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

gelmäßig für außenstehende Dritte nicht zuverlässig erkennbar, ob und gegebenenfalls inwiefern die ursprünglichen Parteien vom dispositiven Recht abgewichen sind, da jede Publizität und selbst ein Bezeichnungsschutz fehlt. Hiervon abgesehen, bietet das dispositive Recht zwar für viele, keineswegs aber für alle denkbaren Verträge Regeln114 ; neben verschiedenen Mischformen sind kraft der Vertragsfreiheit im Rahmen der Verbotsnormen und der Regeln des zwingenden Rechts auch unbegrenzt »typenfremde« Gestaltungen möglich115 , für die allenfalls die Praxis eine gewisse Einheitlichkeit entwickelt hat. Die typisierende Wirkung des dispositiven Rechts ist also insgesamt doch recht schwach. 2.  Herkömmliche Allgemeine Geschäftsbedingungen Wo Allgemeine Geschäftsbedingungen auf dem Gebiet der Schuldverträge wiederholt Verwendung finden, hat dies eine Vielzahl einheitlicher Verträge zur Folge. Allerdings greifen auch hier die Vorteile von Typizität nur in abgeschwächter Form. Abgesehen davon, dass einmal mehr Informations- und Kanalisierungsvorteile für einen eventuellen Erwerber meist nicht einschlägig sind, ist bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht ohne Weiteres von einer erhöhten Qualität auszugehen. Einerseits findet zwar laufend und in beachtlichem Umfang eine Klauselkontrolle durch die Rechtsprechung statt, die extreme Überraschung und Übervorteilung vermeiden hilft116 ; andererseits ist aber bei von einer Seite gestellten Geschäftsbedingungen auch innerhalb des rechtlich noch Zulässigen von vornherein eine Tendenz zur Einseitigkeit gegeben, die der anderen Seite ein blindes Vertrauen in die Qualität nicht anempfiehlt117. Die Vorteile von Typizität können weiter wegen der Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsbedingungen, wegen der leichten Möglichkeit des Verwenders, sein Klauselwerk in einer für andere schwer erkennbaren Weise abzuändern, sowie wegen des Fehlens einer verlässlichen Kurzbezeichnung nicht voll zur Geltung kommen. 3.  »Industriestandards« ohne und mit staatlicher Anerkennung Die Defizite herkömmlicher Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind dort erheblich reduziert, wo diese zu einem Industriestandard werden, also keine oder nur wenige konkurrierende Regelwerke existieren. Der Aufstieg zu einem derartigen Industriestandard setzt regelmäßig voraus, dass beide Seiten die Bedingungen insgesamt als ausgewogen ansehen. Zu erwarten ist dies vor allem dort, wo eine Partei   Vgl. zu dieser Frage schon Planiol, Rev. crit. lég. jur. n.s. 33 (1904), 470, 471 ff.   Umfassend hierzu Charmatz, Zur Geschichte und Konstruktion der Vertragstypen im Schuldrecht, passim. 116   S. nur Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl.  Nr. L 95 vom 21. April 1993, S.  29–34; für Deutschland §§  305–310 BGB, §§  1, 3, 5–11 des Gesetzes über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (Unterlassungsklagengesetz – UKlaG) vom 26. November 2001, BGBl.  I, S.  3138, 3173. 117   S. nur Canaris, AcP 200 (2000), 273, 325. 114

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D.  Typizität in anderen Rechtsgebieten

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sowohl auf der einen als auch der anderen Seite stehen kann, der die Regelwerke ausarbeitende Industrieverband daher beide Seiten repräsentiert. Die Vorteile von Typizität kommen in einem solchen Fall insbesondere dann zum Tragen, wenn sich die Regelwerke durch eine eindeutige Bezeichnung identifizieren lassen, nicht allzu häufig geändert werden und Änderungen nach Gegenstand und Datum klar erkennbar sind. Zu derartigen Industriestandards waren in Deutschland unter Geltung der früheren Genehmigungspflicht die Allgemeinen Versicherungsbedingungen geworden118 ; die Einführung eines Europäischen Binnenmarktes für Versicherungen erzwang aber 1994 eine Deregulierung119, sodass Versicherungsbedingungen seither allenfalls noch insoweit eine Sonderstellung genießen, als sie auch tatsächlich den Musterbedingungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. folgen120 . Nach wie vor einen Industriestandard stellt hingegen die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) dar, die in ihrem Teil B Mustervertragsbedingungen für die Ausführung von Bauleistungen enthält. Dieses Regelwerk, für dessen Fortschreibung der von Vertretern der öffentlichen Hand und der Auftragnehmer besetzte Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) verantwortlich zeichnet und das daher trotz seines Charakters als Allgemeine Geschäftsbedingungen eine gewisse Sonderstellung genießt, wird vielfach komplett in Bauverträge einbezogen, allerdings nicht selten noch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der Auftragnehmer ergänzt, was letztlich zu einer ähnlichen Gemengelage wie bei den Versicherungsbedingungen führt. Zu alldem passt, dass normalerweise weder Versicherungen noch Bauverträge bzw. einzelne Ansprüche aus diesen übertragen werden, sich diese also nicht als übertragbare Güter darstellen. Höhere Typizität, die mit Übertragbarkeit im Zusammenhang steht, zeigt sich dann aber bei Darlehensverträgen des Massengeschäfts. Gerade auch mit Rücksicht auf eine künftige Verbriefung verwenden Kreditinstitute hier weitgehend standardisierte Bedingungen. Herausragendes Beispiel sind wiederum grundpfandrechtlich gesicherte Darlehen. So werden in den U. S. A. nicht nur für das Grundpfandrecht, sondern auch für den in der »note« festgehaltenen Darlehensvertrag von den staatlichen oder quasistaatlichen Akteuren des Verbriefungsmarkts Musterbedingungen angeboten121, was die Typizität auch dieser Darlehensverträge stark fördert. In etwas abgeschwächtem Maße hat das Aufkommen des Verbriefungsgeschäfts auch in anderen Bereichen zu stärker typisierten Darlehensverträgen geführt, etwa bei der Finanzierung von Kfz-Käufen, bei Studien118   Zu Frankreich, wo die Versicherungsaufsicht die Verwendung von Musterklauseln anordnen kann, Bruns, in: Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Vorbemerkung vor §§  307–309 BGB Rn.  7 m.Nw. 119   Bruns, in: Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Vorbemerkung vor §§  307–309 BGB Rn.  4. 120   Vgl. dazu schon Kapitel 2 Fn.  12. 121   Näher Kapitel 7 A I 2 b.

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

krediten und nicht zuletzt im Kreditkartengeschäft122 . Ob es im Rahmen einer späteren Verbriefung tatsächlich zur Übertragung der Darlehensforderungen auf eine Zweckgesellschaft im Sinne eines »true sale« kommt oder ein Forderungsportfolio nur als Referenzmasse dient, macht dabei keinen Unterschied, ist doch die Typizität der einzelnen Forderungen in beiden Fällen für die Prognostizierbarkeit der Zahlungsströme von Bedeutung123 . Noch deutlicher zeigt sich ein Zusammenhang von Typizität und Übertragbarkeit im Bereich der klassischen Derivate. Die internationalen und nationalen Rahmenverträge, die schon seit längerem einem großen Teil aller herkömmlichen Derivate zugrunde liegen, sichern in ihrem Anwendungsbereich nahezu völlige Einheitlichkeit124 . Parallel zu dieser von der Praxis entwickelten, hohen Typizität hat sich ein florierender Derivatehandel mit eigenen Handelsplätzen entwickelt. Hierauf bauen die nach der Finanzkrise ergangenen Regelungen auf, die für typisierte Derivate eine Pflicht zur Abwicklung über zentrale Gegenparteien statuieren125 . Allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein großer Teil gerade der Kreditderivate individuell konzipiert wird und zudem das Interesse der Akteure an Transparenz gering ist, weshalb der zentralen Abwicklung einige Hindernisse entgegenstehen126 . Auf diesem Weg weiter voranzuschreiten und Derivate wo möglich zu typisieren, wie dies nunmehr versucht wird, steht mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung voll im Einklang und verdient Zustimmung.

II.  Gesellschaftsrecht Das Gesellschaftsrecht war lange Zeit geprägt von klar geschiedenen Teilgebieten starker und Teilgebieten schwacher Typizität. Die traditionelle Trennlinie verlief zwischen den Personengesellschaften, deren innere Ausgestaltung nahezu vollständig den Parteien überlassen war, und den Kapitalgesellschaften, bei denen auch die Innenbeziehungen gesetzlicher Fixierung unterlagen. So war beispielsweise in Deutschland strenge Typizität nur bei der Aktiengesellschaft zu finden, zunächst aber auch allein die Aktiengesellschaft auf leichte Übertragbarkeit ihrer Mitgliedschaft angelegt. Bei der weniger typisierten Gesellschaft mit beschränkter Haftung hatte der Gesetzgeber eine enge persönliche Verbundenheit und daher eine reduzierte Zahl von Übertragungsfällen vor Augen127 ; was die Personengesell  Überblick bei Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  45, 47 f.   Vgl. nur Kern, Die Sicherheit gedeckter Wertpapiere, S.  401 ff., 426 f. 124   Dazu wiederum Kapitel 2 Fn.  12. 125   Vgl. für die U. S. A. Title VII Dodd-Frank Act (Kapitel 7 Fn.  50) – »Wall Street Transparency and Accountability Act of 2010«; für die EU EU-Kommission, Vorschlag vom 15. September 2010 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, KOM(2010) 484 endgültig, sowie Commission Staff Working Document Impact Assessment, Accompanying document, SEC(2010) 1058/2, Nr.  5.1.4 (S.  36), 6.1.4 (S.  53). 126   Neuere Daten z. B. bei Böschen, Wirtschaftswoche vom 17. August 2009, S.  84, 85. 127   S. nur Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn.  52 m.Nw. 122 123

D.  Typizität in anderen Rechtsgebieten

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schaften angeht, mussten sich Gesetzgeber und Rechtsprechung zur freien rechtsgeschäftlichen Übertragbarkeit erst durchringen128 . Dieses traditionelle Bild des Gesellschaftsrechts harmoniert mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung, nach denen sich Typizität als geeignetes Strukturelement übertragbarer Güter erweist. Die letzten Jahrzehnte haben allerdings die Grenzen verwischt. Dabei lässt sich ein Zuwachs an Typizität, wie er etwa bei den kapitalistisch strukturierten Publikumsgesellschaften in Gestalt einer Inhaltskontrolle durch die Rechtsprechung stattgefunden hat129, ohne Weiteres im Sinne dieser Untersuchung mit einem verstärkten Umlauf der jeweiligen Mitgliedschaftsrechte bei gleichzeitigem Verlust persönlicher Bindung und in den Vordergrund getretener anonymer Kapitalanlage erklären. Zweifelhaft erscheint aber der Abbau von Typizität gerade bei der Aktiengesellschaft, der über den schon dargestellten Typizitätsverlust der Aktie als solcher hinaus das gesamte Aktienrecht erfasst und auch in Deutschland engagierte Unterstützer hat130 . Ebenfalls kritisch ist insofern der Umschwung zur Gründungstheorie zu sehen, für den innerhalb Europas der Europäische Gerichtshof, im Verhältnis zu den U. S. A. der Bundesgerichtshof verantwortlich ist131. Bemerkenswert bleibt immerhin die Tatsache, dass die U. S. A. jedenfalls insofern zu einer strengeren Typizität zu neigen scheinen, als sie keine Kombinationsformen von Personen- und Kapitalgesellschaften wie die GmbH & Co. KG kennen132 , andererseits innerhalb verschiedener Typen aber ein hohes Maß an Flexibilität gewähren und zudem mit dem Business Trust über eine vielfältig einsetzbare Form verfügen, wohingegen das deutsche Recht über lange Zeit nur wenige Grundtypen anbot, allerdings sowohl deren Kombination als auch deren ungewöhnliche Ausgestaltung nahezu schrankenlos zuließ. Diese vieldiskutierte Entwicklung im deutschen Recht kann als Konsequenz eines – in den U. S. A. so nicht erlebten – Mangels einer ausreichenden Zahl von Typen gedeutet werden. Letztlich hat aber – was angesichts der Befunde zum Recht der Kapitalmarktpapiere kaum verwundern kann – auch im Gesellschaftsrecht das typizitätsfeindliche Informationsmodell die Oberhand gewonnen133 . Dies zeigt sich insbesondere in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit, die voll auf Publizität setzt. Die hier für das Recht der Kapitalmarktpapiere vorgeschlagene Lösung in Gestalt typisierter Grundformen erschiene daher für das europäische Gesellschaftsrecht ebenfalls erwägenswert, auch wenn die Geschichte der societas europaea nicht ermutigend sein mag.   S. nur K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  45 III 2 (S.  1321–1323) m.Nw.   Näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, §  57 IV 1 b, c (S.  1682 f.) m.Nw. 130   S. nur Mertens, ZGR 1994, 426, 427 ff.; Hirte, in: Gestaltungsfreiheit im Gesellschaftsrecht, S.  61 ff. 131   Stürner, AcP 210 (2010), 105, 112, 135; s. a. oben Kapitel 11 A VI 1 a. 132   Die Joint Stock Company und die Limited Liability Company verbinden zwar Elemente von Personen- und Kapitalgesellschaften, stellen sich jedoch als eigene Typen und nicht als Kombinationen dar. 133   Vgl. nur Merkt, zfbf Sonderheft 55/06, 24, 28 ff. 128 129

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

III.  Rechte des Geistigen Eigentums Nicht ohne Grund bezieht die angloamerikanische Literatur zum numerus clausus vielfach neben den traditionellen Sachenrechten auch die intellectual property rights in ihre Überlegungen ein134 . Denn diese absoluten Rechte an immateriellen Gütern weisen überall hohe Typizität auf, da sie ihrer Drittwirksamkeit wegen schwerlich ohne gesetzliche Fixierung von Schutzumfang und Dauer des Rechts oder zumindest engagierte schöpferische Rechtsprechung auskommen, was – ähnlich wie ursprünglich beim Investmentrecht in Deutschland135 – auf einen Typenzwang hinausläuft136 . Auch hier ist aber vor allem bei den gewerblichen Schutzrechten der Zusammenhang mit der Übertragbarkeit einerseits des Rechts selbst, andererseits der durch dieses Recht geschützten und gewissermaßen mit dem Recht belasteten Idee sowie gegebenenfalls ihrer Verkörperung unverkennbar. Nicht ohne Grund wird daher diskutiert, ob für beschränkte Rechte an immateriellen Gütern, insbesondere Lizenzen, Typenzwang und Typenfixierung gelten137. Dass in einer Welt immer stärkerer internationaler Verflechtungen bereits Ende des 19. Jahrhunderts internationale Rechtsvereinheitlichung zum Schutz des Geistigen Eigentums einsetzte138 , rundet das Bild ab.

IV.  Emissionsrechte In ihrem Inhalt fixiert und schon deshalb typisiert sind schließlich die Emissionsrechte, die auf eine Idee aus den 1960er Jahren zurückgehen139 und um die Jahrtausendwende in unterschiedlicher Form eingeführt wurden. Ziel dieses umweltpolitischen Instruments ist es, eine Reduzierung von Schadstoffemissionen mit marktwirtschaftlichen Mitteln, nämlich der Ausgabe und dem Handel immer weiter zu verknappender Emissionszertifikate, zu erreichen. Von vornherein war hier also die Einrichtung eines Handels mit den ausgegebenen Emissionszertifikaten und damit die möglichst leichte Übertragbarkeit dieser Zertifikate beabsichtigt. In Europa und einigen weiteren Ländern sind diese Zertifikate gesetzlichen Ursprungs140 ; 134   S. nur Merrill/Smith, 110 Yale L. J. 1, 19 f. (2000); Hansmann/Kraakman, 31 J. Legal Stud. S373, S377 ff. (2000). 135   Oben Kapitel 11 C I 2 a. E. 136   S. nur Jänich, Geistiges Eigentum – eine Komplementärerscheinung zum Sacheigentum?, S.  237–243; Stieper, Rechtfertigung, Rechtsnatur und Disponibilität der Schranken des Urheberrechts, S.  196 f. Zum Streit, ob nur der Gesetzgeber neue Ausschließlichkeitsrechte schaffen darf oder auch eine richterrechtliche Anerkennung ungeschriebener Ausschließlichkeitsrechte möglich ist, s. den Überblick bei Peukert, Güterzuordnung als Rechtsprinzip, S.  7 ff. m.Nw. Zur Problematik absoluter Rechtspositionen auf lauterkeitsrechtlicher Grundlage durch unmittelbaren Leistungsschutz Nemeczek, GRUR 2011, 292 m.Nw. 137   S. nur Kurtz, GRUR 2007, 292, 294; L. Berger, Insolvenzschutz für Markenlizenzen, S.  23 ff. m. w. N. 138   Überblick z. B. bei Haedicke, Patentrecht, S.  47 ff. 139   Crocker, The Economics of Air Pollution Control, 1966 (vgl. ders., 8 Nat. Resources J. 236, 236 Fn.  * [1968]); Dales, Pollution, Property and Prices, passim. 140   Art.  9 ff. der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.

E.  Zusammenfassung

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dass dies aber keineswegs so sein muss, zeigen freiwillige Handelssysteme141. Die Ergebnisse dieser Untersuchung finden sich durch die Kombination aus hoher Typizität, leichter Übertragbarkeit und organisierten Märkten durchaus gestützt.

E.  Zusammenfassung Den mit den Erklärungsansätzen parallellaufenden Vorteilen von Typizität stehen als Nachteile eine Einschränkung der Privatautonomie, ein möglicher Verlust flexibler individueller Gestaltungsmöglichkeiten und eine eventuelle innovationshemmende Wirkung gegenüber. Bei der für jeden konkreten Bereich vorzunehmenden Austarierung wird für Typizität die Übertragbarkeit der in Rede stehenden Positionen sprechen, da gerade dann die Vorteile von Typizität voll zum Tragen kommen; im Übrigen wird zu beachten sein, dass bei einer Gesamtbetrachtung, die insbesondere auch die Möglichkeiten schuldrechtlicher Anbindung und Begleitung mit einbezieht, ausreichend Spielräume für individuelle Gestaltung gewährleistet sind und die Innovationsfähigkeit gesichert bleibt. Im relativ stark typisierten Sachenrecht scheint diese Austarierung im Wesentlichen gelungen zu sein. Im Wertpapierrecht bestätigt die hohe Typizität von Wechsel, Scheck und Warenverkehrspapieren die Bedeutung von Typizität als Strukturprinzip übertragbarer Güter. Nicht überzeugen kann jedoch die insgesamt geringe Typizität der Kapitalmarktpapiere. Dem ließe sich durch die Einführung typisierter Grundformen abhelfen, wobei die Flankierung durch eine quantitative Beschränkung individueller Gestaltungen und eine korrespondierende Pflicht zur Investition eines Mindestanteils in diese Grundformen trotz schwieriger Fragen der praktischen Umsetzung überlegenswert erscheint. Der skizzenartige Blick auf das Schuldvertragsrecht zeigt, dass dort das dispositive Recht und insbesondere Allgemeine Geschäftsbedingungen immerhin eine gewisse Typizität zur Folge haben; anzutreffen ist Typizität vor allem bei den standardisierten Derivaten, was gerade auch im Hinblick auf deren zunehmenden Handel mit den Ergebnissen dieser Untersuchung im Einklang steht. Für das Recht der Personenvereinigungen kann immerhin auf einige interessante Parallelen verwiesen werden; die von der Typizität wegführende Entwicklung ist indes eher skeptisch zu beurteilen. Übertragbarkeit und Typizität treffen schließlich Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates, ABl.  Nr. L 275 vom 25. Oktober 2003, S.  32–46, mit nachfolgenden Änderungen; dazu Schlüter, NVwZ 2003, 1213, 1214 ff.; für Deutschland Gesetz über den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen (Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz – TEHG) vom 8. Juli 2004, BGBl.  I, S.  1578; für Neuseeland Climate Change Response (Emissions Trading) Amendment Act 2008 No.  85 vom 25. September 2008; für New South Wales Part 8A Electricity Supply Act 1995 No.  94, eingefügt durch Electricity Supply Amendment (Greenhouse Gas Emission Reduction) Act 2002 No.  122. 141   S. z. B. die 2003 gegründete Chicago Climate Exchange; dazu Childs, 32 Hous. J. Int’l L. 393, 422–425 (2010).

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Kapitel 14:  Bewertung und Ausblick

auch bei den Immaterialgüterrechten des Geistigen Eigentums und bei den Emissionsrechten in einer Weise zusammen, die mit den vorangehenden Überlegungen harmoniert.

Fünfter Teil

Ergebnisse I.  Die Frage, ob Typizität – verstanden als gesteigertes Maß rechtlicher Festlegung der Merkmale und Eigenschaften isolierbarer Gegenstände oder Rechtsverhältnisse – ein überholtes Dogma oder ein sinnvolles Strukturprinzip übertragbarer Güter darstellt, lässt sich wohl am besten anhand einer rechtsvergleichend-historischen Untersuchung der Rechtsgebiete beantworten, die sich mit übertragbaren Gütern befassen. Zu diesen Rechtsgebieten zählt an erster Stelle das Sachenrecht, sind doch Rechte an Objekten unserer körperlichen Umwelt, also an Grundstücken und beweglichen Sachen, seit jeher Gegenstand von Übertragungsgeschäften. Ein zweites und deutlich jüngeres, in seiner Bedeutung heute aber kaum zu überschätzendes Rechtsgebiet ist das Wertpapierrecht. Die – inzwischen vielfach von bloßen Buchungsvorgängen abgelöste – Verkörperung eines Rechts in einem Wertpapier hatte gerade auch den Zweck, die Übertragbarkeit von Rechten sicherzustellen, welche sich entweder auf nicht präsente Sachen oder auf Rechte bezogen, die keine einzelne Sache zum Gegenstand haben. II.  Das Sachenrecht erreichte schon in der Blütezeit römischer Kultur mit ihrer auf bürgerlicher Gleichordnung beruhenden Wirtschaft ein hohes Maß an Typizität, für das nicht nur die Formen der Verfügungsgeschäfte und das Prozessrecht, sondern vor allem auch die Herausbildung eines absoluten Eigentumsbegriffs verantwortlich zeichneten. Demgegenüber arbeitete das mittelalterlich-germanische Recht weniger mit festgefügten Sachenrechtstypen, sondern setzte primär auf die nach außen erkennbare Zuordnung von Nutzungsbefugnissen. Mit der Rezeption des klassischen römischen Rechts in Kontinentaleuropa nahm die Typizität wieder einen Aufschwung, der allerdings auf Kosten der vom germanischen Recht betonten Publizität ging. Die hierauf folgende Gegenbewegung gipfelte im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794, das grundstücksbezogenen individuellen Parteiabreden dingliche Wirkung beimaß, wenn diese nur eingetragen waren, und bei beweglichen Sachen eine Verdinglichung durch Besitz vorsah, insoweit also Publizität an die Stelle von Typizität treten ließ. Unter dem Eindruck der Französischen Revolution, die auch zur Abschaffung aller mit Grund und Boden verbundenen Feudalrechte und zur Entstehung eines Grundstücksmarkts geführt hatte, machte der Code civil von 1804 den schon vorher von der Wissenschaft anerkannten absoluten Eigentumsbegriff zu seinem gedanklichen Ausgangspunkt und enthielt sich einer Regelung der Reallast und der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit. Die Furcht vor einer Rückkehr des Ancien Régime sowie das Feh-

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Fünfter Teil:  Ergebnisse

len von Publizitätsvorschriften für nicht ausdrücklich anerkannte Rechte hatten zur Folge, dass in Frankreich andere als die im Code civil oder in Spezialgesetzen geregelten dinglichen Rechte nur ganz ausnahmsweise Anerkennung fanden. Noch höhere Typizität brachte nach erfolgreicher »Bodenbefreiung« das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch von 1900 hervor. Gestützt auf den Gedanken einer scharfen Trennung von Schuld- und Sachenrecht wurde ihm in pandektistischer Tradition ausdrücklich ein Typenzwang zugrunde gelegt. Auch unter dem Bürgerlichen Gesetzbuch kam es jedoch zu Fortentwicklungen, als deren wichtigste die fiduziarischen Mobiliarsicherheiten sowie die Figur des Anwartschaftsrechts zu nennen sind; daneben schuf der Gesetzgeber insbesondere ein funktionsfähiges Erbbaurecht sowie das Wohnungseigentum. In England hat sich nicht nur allmählich ein Eigentumsbegriff entwickelt, der dem des Kontinents nahe kommt, sondern vor allem im Zusammenhang mit der Einführung von Grundstücksregistern ein bemerkenswerter immobiliarrechtlicher Typenzwang durchgesetzt. Selbst die U. S. A. zeigen Ansätze stärkerer Typisierung, im Mobiliarrecht vor allem bei den Kreditsicherheiten, deren Begründung und Wirkungen nach dem Modell des Uniform Commercial Code über einzelstaatliche Grenzen hinaus vereinheitlicht wurden, im Immobiliarrecht aufgrund des Standardisierungsdrucks, den die Entwicklung eines Sekundärmarkts für Grundpfandrechte erzeugt. Internationale Rechtsharmonisierung und Rechtsvereinheitlichung sind im Sachenrecht bislang von geringer Bedeutung; die Störungen nationaler Typizität durch internationale Sachverhalte halten sich in Grenzen. III.  Insgesamt ist im Sachenrecht so trotz aller vorübergehender Brüche, nationaler Unterschiede und internationaler Einflüsse eine Tendenz zunehmender Typizität zu konstatieren. Dabei scheinen Steigerungen der Typizität mit einer Erweiterung des Kreises möglicher Berechtigter, einer Erhöhung der Verfügbarkeit möglicher Sachenrechtsobjekte und ganz allgemein dem Fortschreiten der wirtschaftlichen Entwicklung einher zu gehen. Auch ist ein Zusammenspiel von Publizität und Typizität erkennbar, das jedoch nur unter dem Preußischen Allgemeinen Landrecht gesetzlich voll zulasten der Typizität entschieden war; bezeichnenderweise kombiniert der moderne englische Gesetzgeber trotz der heutigen Möglichkeiten einfacher und kostengünstiger elektronischer Registerführung und Registereinsicht Publizität mit Typizität. Eine gewisse typisierende Wirkung hat schließlich stets auch die ausdrückliche Missbilligung bestimmter Gestaltungen. IV.  Das Wertpapierrecht kennt mit den Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs, also Wechsel und Scheck, sowie den Wertpapieren des Warenverkehrs, insbesondere Konnossement, Ladeschein und Lagerschein, rechtlich typisierte Gestaltungen langer Tradition. Als handelbares Papier über eine Geldforderung erlaubte der Wechsel umso mehr eine schnelle Übertragung und erleichterte Gesamtsaldierung, je einheitlicher und verlässlicher die in ihm verkörperten Rechte waren. Nicht von ungefähr war daher das Wechselrecht schon früh Gegenstand

Fünfter Teil:  Ergebnisse

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handelsrechtlicher Gesetzgebung. Die Unterschiede zwischen einzelnen Gesetzen mussten einer zunehmend international verflochtenen Wirtschaft aber hinderlich sein, weshalb es bald zu Rechtsvereinheitlichung auf nationaler und Anfang des letzten Jahrhunderts auch zu Rechtsvereinheitlichung oder Rechtsangleichung auf internationaler Ebene kam. Das jüngere Scheckrecht machte sich die Errungenschaften des Wechselrechts sogleich zunutze. Die Warenverkehrspapiere, die ihrem Inhaber die Rechte an der Ware sowie eventuelle Ersatzansprüche wegen Untergangs oder Beschädigung bereits vor deren Auslieferung verschaffen wollen, strebten in ganz ähnlicher Weise nach rechtlicher Vereinheitlichung und haben inzwischen vor allem im Seehandel über Landesgrenzen hinweg Typizität erreicht; für andere Transportarten und insbesondere den kombinierten Transport wird vielfach um Einheitlichkeit gerungen. Aus dem Rahmen fallen hingegen die Wertpapiere des Kapitalmarkts. Nach erfolgreicher Herausbildung der Idealtypen von Aktie als verkörpertem Mitgliedschaftsrecht und Schuldverschreibung als Gläubigerpapier kamen bald wieder innerhalb dieser beiden Typen Papiere verschiedener Klassen auf, die sich im genauen Inhalt der verkörperten Rechte unterschieden und oft Elemente des jeweils anderen Typs einmischten. Neben diese »hybriden« Instrumente traten dann in den letzten Jahrzehnten Papiere, deren Inhalt infolge der Einschaltung von Zweckgesellschaften oder sogleich mittels derivativer Anbindung in ihren »Bedingungen« von den verschiedensten äußeren Umständen abhängig gemacht wurde. Typizität findet sich heute nur noch insofern, als die Praxis Teilmärkte mit einer gewissen Einheitlichkeit der dort gehandelten Papiere unterscheidet. Die relativ jungen Investmentanteile konnten sich in den Ländern des Common Law bestehender In­ stitute bedienen und erfuhren daher nur durch von außen kommende Vorgaben eine gewisse Vereinheitlichung; diese Vorgaben konnten indessen teils mit der Entwicklung nicht Schritt halten, teils wurden sie bewusst abgebaut, sodass auch hier jedenfalls bis in die jüngste Zeit eine Abnahme von Typizität zu beobachten war. In Frankreich und Deutschland bedurfte es demgegenüber gesetzlicher Initiative, um Investmentanteile überhaupt zu ermöglichen. Dies wirkte zunächst in hohem Maße typisierend. Getrieben vom angloamerikanischen Vorbild kam es jedoch zu einer immer weiteren Dehnung des gesetzlichen Rahmens, weshalb auch hier von der ursprünglich hohen Typizität wenig geblieben ist. V.  Die Gesamtbilanz des Wertpapierrechts ist demnach zweigeteilt. Auf der einen Seite stehen die Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie die Wertpapiere des Warenverkehrs mit ihrer hohen Typizität, bei denen sich dem Sachenrecht ähnliche Regelmäßigkeiten der Entwicklung mit Blick auf den Kreis möglicher Berechtigter, die Zahl begebener Wertpapiere und die wirtschaftliche Entwicklung beobachten lassen. Auf der anderen Seite stehen die Wertpapiere des Kapitalmarkts, die kaum noch typisierenden Vorgaben unterliegen, wenn auch rein tatsächlich innerhalb relativ einheitlicher Teilmärkte eine gewisse Typizität zu beobachten ist. Hier sind denn auch nicht dieselben Regelmäßigkeiten der Ent-

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Fünfter Teil:  Ergebnisse

wicklung wie bei den sonstigen Wertpapieren und im Sachenrecht zu erkennen. Unterschiedliche Schwerpunkte setzen die verschiedenen Wertpapiere zudem hinsichtlich der Publizität. So müssen bei den stark typisierten Papieren des Kreditund Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs besondere Abreden auf der Urkunde selbst vermerkt sein. Demgegenüber bedienen sich die kaum noch typisierten Kapitalmarktpapiere selbständiger Publizitätspflichten, die zwar in den letzten Jahrzehnten getreu dem Informationsmodell immer weiter ausgebaut wurden, allerdings nur beiläufig die rechtlichen Merkmale und Eigenschaften eines Wertpapiers erfassen; in erster Linie gelten diese Publizitätspflichten nicht dem rechtlichen Inhalt des Papiers, sondern den tatsächlichen Umständen des Emittenten. Die ausdrückliche Missbilligung bestimmter Gestaltungen, die bei den typisierten Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs und des Warenverkehrs punktuell bleibt, begegnet bei den Kapitalmarktpapieren häufiger, vermag aber dennoch kaum typisierend zu wirken. VI.  Die Tatsache, dass Typizität über Ländergrenzen und Epochen hinweg im Sachenrecht fast durchweg, im Wertpapierrecht in weiten Bereichen eine prägende Rolle gespielt hat und bis heute spielt, lässt sich weder mit dem Verweis auf eine tradierte Dogmatik noch mithilfe stark vereinfachender ökonomischer Modelle befriedigend erklären. Ursächlich hierfür dürfte vielmehr das Zusammenspiel verschiedener Faktoren sein, die teils auf den der Typizität immanenten Vorteilen, teils auf der Auswirkung externer Gegebenheiten beruhen. So erleichtert Typizität zum ersten eine laufende Kontrolle und Verbesserung der Qualität der typisierten Gestaltungen. Zum zweiten reduziert Typizität die Informationskosten in einem Umfang, der in der bisherigen Diskussion nicht voll erkannt wurde: Nicht nur kann sich ein potentieller Erwerber leichter über das vorhandene Angebot und die Fähigkeit der Anbieter, die versprochenen Güter zu leisten, informieren, ein potentieller Schädiger unbeabsichtigte Beeinträchtigungen fremder Güter leichter vermeiden. Vielmehr befördert Typizität auch das Wissen über den eigenen Güterbestand und trägt so zu dessen besserer Nutzung bei; zudem unterstützt Typizität bei der Erkenntnis dessen, das zu erwerben lohnt. Zum dritten bewirkt Typizität eine Kanalisierung des Markts auf bestimmte Gestaltungen, die in einer Welt, in der nicht allein die konkrete Informationsbeschaffung und -verarbeitung Kosten verursacht, schon als solche die Suchkosten reduziert, die Preisbildung verbessert und die Liquidität fördert; ganz unabhängig von derartigen ökonomischen Erwägungen verwirklicht die Kanalisierung auf bestimmte Gestaltungen von Sachenrechten oder Wertpapieren insoweit auch den Gedanken rechtlicher Gleichbehandlung und bildet damit ein Gegengewicht zum flexiblen, individueller Gestaltung zugänglichen schuldrechtlichen Zweiparteienverhältnis. Zum vierten schließlich beruht Typizität teilweise mit auf einer Missbilligung anderer Gestaltungen, mag auch die Rückwirkung einzelner Missbilligungen auf das gesamte Spektrum möglicher Gestaltungen eher gering sein.

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Ein solcher Erklärungsansatz steht mit dem rechtsvergleichend-historischen Befund zum Sachenrecht und zu den typisierten Wertpapieren des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs ohne Weiteres in Einklang. Er lässt sich aber auch mit dem Befund zu den kaum noch typisierten Wertpapieren des Kapitalmarkts vereinbaren. Denn auf dem Kapitalmarkt begegnen Verhaltensweisen und existieren Mechanismen, die das Fehlen von Typizität zu kompensieren suchen, ihrerseits aber für das Sachenrecht und die typisierten Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs nicht oder jedenfalls nicht gleichermaßen in Betracht kommen. VII.  Eine Bewertung von Typizität muss deren Vorteile, die schon zur Erklärung vorgefundener Typizität herangezogen wurden, den mit ihr verbundenen Nachteilen gegenüberstellen. Solche Nachteile sind die Einschränkung der Privatautonomie, die Gefahr eines Ausschlusses erwünschter Gestaltungen und die innovationshemmende Wirkung, die Typizität entfalten kann. Aus einer solchen Gegen­ überstellung folgt, dass Typizität besonders bei übertragbaren Gütern sinnvoll und gerechtfertigt erscheint, dass ein ausreichendes Angebot an Typen zur Verfügung gestellt werden muss, dass Freiräume für individuelle Gestaltung zu erhalten sind und schließlich der Gefahr für die Innovationsfähigkeit durch gesetzgeberisches Handeln, Innovationsoffenheit der Rechtsprechung und innovationsfördernde rechtliche Strukturen Rechnung zu tragen ist. Legt man diese Maßstäbe an die untersuchten Rechtsgebiete an, so verdient der Einsatz von Typizität im Sachenrecht wie auch im Recht der Wertpapiere des Kredit- und Zahlungsverkehrs sowie des Warenverkehrs insgesamt Zustimmung. Bei den Wertpapieren des Kapitalmarkts hingegen erscheint eine Steigerung von Typizität umso mehr wünschenswert, als die alternativen Verhaltensweisen und Mechanismen, die das Fehlen von Typizität kompensieren sollen, mit nicht unerheblichen Mängeln behaftet sind. Dabei scheidet allerdings Typizität in Gestalt eines Typenzwangs aus. In Betracht kommt indes die international koordinierte gesetzliche Einführung von Grundformen, neben denen individuelle Gestaltung weiterhin möglich ist. Bereits dadurch ließen sich viele Vorteile von Typizität verwirklichen, ohne dass dies mit nennenswerten Nachteilen verbunden wäre. Besonders förderlich wäre dabei die Einführung eines Bezeichnungsschutzes für die angebotenen Grundformen, wie er etwa aus dem Pfandbriefrecht bekannt ist. Wollte man noch weiter gehen, könnte man den Raum individueller Gestaltung zugunsten der Grundformen quantitativ beschränken. Dies ließe sich durch die Vorgabe eines Mindestanteils erreichen, den Anleger in solche Papiere investieren müssten, die den Grundformen entsprechen. Ob eine solche Vorgabe alle oder nur bestimmte Anleger erfassen sollte, bedürfte noch näherer Überlegung. Jedenfalls aber zeigen die Anlagevorschriften etwa der Eigenmittel-, Großkredit- und Investmentfondsregulierung, dass ein solcher Weg nicht ausgeschlossen wäre. Die Erkenntnisse aus der gesamten Untersuchung sprechen jedenfalls dafür, in Typizität ein sinnvolles Strukturprinzip übertragbarer Güter zu sehen, dem – nicht zuletzt zur Vermei-

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dung künftiger Krisen – auch auf dem Gebiet der Wertpapiere des Kapitalmarkts stärker Rechnung getragen werden sollte.

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Sachregister Ablösungsgesetzgebung  93 f., 104–106, 111, 123, 483 Ablösungskasse 104 Absolutheit 44, 53, 64 f., 90, 155, 195, 212, 214, 245, 545 Abstraktheit, Abstraktionsprinzip 2 f., 65, 101 f., 129 f., 132 f., 140, 143, 175, 246, 520, 523 actio 41, 51, 60, 64, 97 – confessoria 51, 87 – in factum 51 – in personam 56, 64 – in rem 45, 47 f., 56, 64 – negatoria 51, 87 – Publiciana 45 – Serviana 52 – utilis 51 addictio 42 AIFM-Richtlinie 419, 423, 429 Aktienanleihe 395 f. Aktienbuch, Aktionärsregister 308 f., 319 Akzessorietät, Akzessorietätsprinzip 49, 53, 64, 84, 108–110, 119–121, 125 f., 132 f., 157 f., 160, 175 f. alleu 147 Allgemeine Deutsche Wechselordnung 259 f., 269, 434 Allgemeine Geschäftsbedingungen 10 f., 126, 538 f., 543 Allmende 57, 105 Altenteil 118 American Depositary Receipt 349–351, 436 Ancien Droit, Ancien Régime 144–152, 153, 158, 162, 167, 545 Anteilsklassen 412, 415, 417, 423 f., 426, 430, 433 Antichrese  84–86, 119, 122, 157, 160 Anwartschaftsrecht 124 f., 230, 546 Anweisung 255, 257, 274, 438, 524 f.

Asset-Backed Commercial Paper 398 Asset-Backed Securities 382, 397 Assignaten 356 f. Aufbauhypotheken 136 Auflassung  78 f., 101 Augustus 50 Auslosung 309, 369 bailment 188 f. Begleitschuldverhältnis 116 Begriffsjurisprudenz 27 f. Beipackzettel – siehe Produktinformationsblatt Beispruchsrecht  75 Beweisurteil  76 – appellables (sächsischer Prozess)  97 Bezeichnungsschutz 531, 538, 549 Bezugsrecht 317, 324 f., 341–345, 407, 425 biens de première origine 153 biens de seconde origine 154 bills of exchange 265, 267 Bills of Exchange Act 266–268, 273, 276, 431 Bodenbefreiung 111, 240, 247, 249, 546 – siehe auch Ablösungsgesetzgebung Bodenzins 45 Bubble Act 320–322 »Bundle of rights«-Theorie  90, 181 f., 185, 194, 211 f. Bürgerliches Gesetzbuch 106, 111 ff., 233 f., 238, 240, 242, 246, 250, 366, 546 Burgunden 55, 67 Campsor 255 f. causa 42, 53, 101, 133 – siehe auch iusta causa, titulus Certificates of Deposit 395 Chlodwig I.  67 Civil Law 228, 230–232, 251, 280, 431, 433–435

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Sachregister

Civil Procedure Rules 208 Clearing House 274, 276 closed end company bzw.  fund 411, 424 f., 429 Coase-Theorem 455 Code Savary – siehe Ordonnance pour le commerce Commercial Paper 394 f., 398 Common Law – im Gegensatz zum Civil Law 15, 224, 228, 230–232, 251, 272, 290, 319, 322, 431, 433–436, 447, 490, 520, 522, 526, 531, 547 – im Gegensatz zur Equity 178, 192, 195, 202, 206, 214, 220 f., 229, 234, 239 f. compromis de vente 168 consideration 193 f., 266 f. Consulat de la mer 284 contravindicatio 41 Corpus Iuris Civilis – siehe Justinianische Gesetzgebung copropriété 156, 162 coutumes 145, 147 Covered Bonds 393 f., 397 Credit Default Swap 20, 383, 396 Credit Linked Notes 380, 396–398 Dachfonds 421–423 Dauerpacht 57, 63 Deckung (beim Wechsel) – siehe  provision deed 191, 193, 203, 205, 208, 221 f., 239 deed of trust 217 dématérialisation 318 démembrements de la propriété 157 Derivat 379–383, 414, 420, 424, 433, 532, 540, 543, 547 Dienstbarkeiten – siehe Servituten Dienstbarkeiten des deutschen Rechts – siehe Reallasten Digesten  62 doctrine of notice 180 f., 190, 197, 234 Dodd-Frank Act 218, 334, 414, 528 Dokumentenakkreditiv 525 f. dominium directum  82 dominium utile  82 Draft Common Frame of Reference (DCFR)

– siehe Gemeinsamer Referenzrahmen für ein europäisches Zivilgesetzbuch Drittwirksamkeit, Drittwirkung 154, 161, 163, 169–173, 189, 215, 462, 513 f., 517, 520, 542 – siehe auch  opposabilité aux tiers Duplizität des Eigentums 100, 113 f., 175 easement 185, 196, 215 edictum tralaticium 51 Edikt 41, 46, 51 f., 59 Efficient Market Hypothesis 491 Eigentum – bonitarisches 45, 52, 56 f., 65 f. – quiritisches 45, 52, 56, 65 f. – unvollständiges  90 – vollständiges  90 Eigentümergrundschuld 119 Eigentümerhypothek 120 Eigentümerrecht 109, 119 Eigentumsvorbehalt 125 f., 133, 163 f., 206 f., 216, 230 Eigenwechsel 256 f., 270, 354 Einheitsprinzip  60, 167, 520 f. – siehe auch Konsensprinzip Einscheinsystem 305 Einwendungsausschluss 258 f., 261 f., 266 f., 368, 438 Einwendungsverzicht 524 Emissionsvehikel 396, 398 – siehe auch Zweckgesellschaft Emphyteuse, emphyteusis – siehe Erbpacht equitable interest 181, 188, 190 f., 194 f., 201, 203, 209, 221, 234 f., 237, 239, 321, 521 f. Equity 178, 180 f., 187 ff., 192, 194, 196 f., 202, 205 f., 214, 216 f., 220, 229, 234 f. equity of redemption 187, 198 f., 216 Erbbaurecht 57, 113–115, 123 f., 128, 521, 546 Erbleihe  83 Erbpacht 45, 48, 57, 63, 82, 93, 99, 156 Ersitzung 45 estate 179 ff., 191, 195 ff., 204, 212 ff., 243, 247 estate contract 181, 188, 196 Eurocheque 279, 281, 444 Eurohypothek 2, 139, 176

Sachregister

European Depositary Receipt 349 exceptio 41, 60, 65 – doli 45 – rei venditae et traditae 45 Fahrnisklagen  70, 77 Federal Rules of Civil Procedure 220 Feldservituten – siehe servitutes rusticae Fideikommisse 50, 75, 83, 86, 91, 150 fiducia cum amico contracta 40, 50 fiducia cum creditore 39 f., 50 fiducie 164 f., 176, 230 Field Code 220 Finanzkrise 4, 218, 414, 420 f., 540 Finanzmarktberichterstattung 496 f. floating charge 200 f., 207 f., 368 Floating Rate Notes 375 f. Flurzwang 57 Folgerecht 149 fonds commun de placement 407–409, 422 Formularprozess, Formularverfahren 41 f., 51, 59, 65, 76 Fragmentierung 465 Franken  67 freehold 183, 195, 198, 203, 205, 212 f. Fremdrecht 121 Frustrationskosten 512, 516, 520 future interests 184, 191, 202, 214 Gebäudeservituten 46 Geldmarktfonds 412 f., 419 f., 430, 433, 529 Gemeiner Prozess  87 Gemeines Recht  81, 89 ff., 114 Gemeinsamer Referenzrahmen für ein europäisches Zivilgesetzbuch 3, 140, 143, 177, 210, 232 General Incorporation Laws 328 General Regulating Statutes 327 Generalhypothek 58, 84 f., 88, 94, 100, 148 f., 151 Generalpfand 49 Genfer Scheckrechtsabkommen 277–279, 281, 431, 444, 448 Genfer Übereinkommen über die internationale Anerkennung von Rechten an Luftfahrzeugen 138 f., 175, 209 f., 225

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Genfer Wechselrechtsabkommen 260 f., 269–273, 278, 431, 444, 448 Genussscheine 374 f., 394 Gesellschaftstyp (Investmentrecht) 405, 407, 409 f., 417, 424, 429 Gespilderecht  74 Geteiltes Eigentum – Abschaffung 104 – im altrömischen Recht 38, 43 – im klassischen römischen Recht 45, 50 – im nachklassischen römischen Recht 56 – in der Glosse und im gemeinen Recht  82 f., 91, 93, 124, 146 f. Gewerbefreiheit 311 Gewere, Gewerelehre  68–81, 82, 85, 88, 92, 95, 100, 103, 144, 151 f., 229 Gewinnschuldverschreibung 374 f. Gewohnheitsrecht 15, 67, 258, 262 Global Depositary Receipt 349 Glossatoren  82 GmbH & Co. KG 29 f., 541 Government Sponsored Enterprises (GSEs) 10 f., 217, 225, 397 Grande ordonnance sur la procédure 150 grantor/grantee index 222 Grundbuch  99 ff., 107 ff., 231 f., 235 f., 461 Grunddienstbarkeiten  84, 101, 115 – siehe auch Prädialservituten Gründerkrise 340 Grundpfandrechte – Harmonisierungsversuche 2 – im BGB 119–122 – Reformen im 19. Jahrhundert 104, 107– 111 Grundschuld 110, 115, 119–122, 126, 133, 230, 470, 474 f. Grundsteuern und Grundrenten 58 Gründungstheorie 349, 353, 541 Guidon de la mer 284 Gutglaubensschutz 101, 107, 113, 196 f., 335 Haager Übereinkommen über das auf den Trust anzuwendende Recht und seine Anerkennung 142 f., 176 habitatio 48 Harter Act 290 f. Hauptpartizipanten 308, 310, 312 f.

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Sachregister

Hedgefonds 411–414, 416 f., 421–423, 430, 433, 436, 445 Hedgefonds-Richtlinie – siehe AIFM-Richtlinie Hinnahme, Hinnahmetheorie 141, 232 Historische Rechtsschule 111, 144 Höchstbetragshypothek 110, 119, 158 holder in due course 266 f. homestead exemption 213 homo oeconomicus 452, 530 hypotheca 39 Hypothek  85 f., 100 f., 107, 115, 119–121, 125, 136, 148, 151, 154, 158 ff., 170, 175, 475, 479 – siehe auch Generalhypothek, Inhaber­ hypothek, Mecklenburgische Hypothek, Orderhypothek, Revenuenhypothek, Verkehrshypothek Hypothekenbanken 361 f., 385, 531 Hypothekenbereinigungsverfahren 149, 158 Hypothekenbuch  88, 96, 103, 107 hypothèque rechargeable 160, 176, 521 Immobilienfonds 412, 416–419, 430 in iure cessio 40, 42, 45, 52 f., 59 f., 63, 65, 88 Indexfonds 493 Indossament 257, 262, 266 f., 270, 272, 297 f., 302 f., 334, 356, 444 Informationsmodell 461, 541, 548 Informationspflichten 353 Inhaberaktie 311 f., 323, 334, 336, 339, 346 Inhaberhypothek 110, 119, 158 Inhaberscheck 278 f. Inhaberschuldverschreibung 365, 367 Inhaberwechsel 257, 271 f. Insolvenzrechtsreform 126 Institutionentheorie 27 Interdikt 48 Interdiktenbesitz 45 Investitur  78 f. Investment Advisers Act 410 f., 414 f., 428, 443 Investment Company 401 f., 405, 415 f. Investment Company Act 410 f., 414 f., 423, 428, 443 Investment Trust 400–403, 409 f., 423 f. Investmentgesetz 420, 425

Investmentrichtlinie 389 f., 417, 420, 425, 428 ius ad rem  95 ius civile 48 ius perpetuum – siehe Dauerpacht iusta causa 52 Johow 108, 114 Justinian  62 ff. Justinianische Gesetzgebung  62–66 Kammergerichtsprozess  87, 97 Kanonischer Prozess  87 Kanonisches Recht  81 Kapitalschutzrichtlinie 352 Kataster  94, 107 Kausalität, Kausalitätsprinzip  65, 96 Klagformel 42, 59 Kognitionsverfahren 59 Kommunismus 112, 133, 136 f. Konkretes Ordnungsdenken 27 Konsensprinzip – bei Verfügungsgeschäften 130, 140, 151 f., 157, 162 f., 165, 167–169, 173–175, 177, 192, 221, 229, 287, 312, 523 – formelles (im Grundbuchrecht) 109–111 Konsensualvertragstheorie 261 Konstantin 58, 60 f. Konstitutivwirkung der Eintragung  88, 94 f., 99 f., 107, 113 Konzession 310 f., 313, 318, 339, 365 Land Registration Act 1925 (LRA 1925) 196 f. Land Registration Act 2002 (LRA 2002) 206, 209 Langobarden  67 Law of Property Act 1925 (LPA 1925) 195 f., 198 f., 201, 203, 205 Lawsches System 310 f., 320 Legal Charge 198 f., 206 legal realism 211 Legalitätsprinzip 102, 109–111 Legat 42 f., 53 legis actio sacramento in rem 37, 41 Legisaktionenprozess, Legisaktionenverfahren 40, 51, 65, 76 Leibeigenschaft 104, 241

Sachregister

Leibgedinge, Leibzucht  84 lex mercatoria 258 f. lex rei sitae 140 f., 176 f., 210, 226, 232, 435 lien theory 216 Liquidität 10 Litteralvertragstheorie 261 Long-Term Capital Management (LTCM) Fund 414 longi temporis praescriptio 44 mancipatio 37, 40, 42, 52 f., 56, 59 f., 63, 65, 80, 88 Marcian  63 Market Maker 393, 502–504, 506 Markgenossenschaften 57 Marktmodell 4 Massenproduktion 224, 244–246, 446 Mecklenburgische Hypothek 108–110 Medium Term Notes 394 f. Mehrfachstimmrecht, Mehrstimmrechtsaktie 316, 341–343, 346, 442 Mitbenutzungsrechte 136 Miteigentumslösung (Depotrecht, Investmentrecht) 127 f., 405 f., 409, 418 Mobilisierung 108–110 mortgage 148, 180, 186–189, 198 f., 216– 218, 221 f., 225, 233, 240, 244, 251 Mortgage-Backed Securities 382, 397 Musterbedingungen 10, 539 mutual fund 402, 411 Näherrechte  74 f., 85 f., 94 Napoleon 104, 154 National Conference of Commissioners on Uniform State Law 268 Nationalsozialismus 112, 133–135, 343 f. Nationalsozialistisches Gedankengut 27 Naturrechtsgesetzbücher  89, 107 negotiable instruments 268, 369 Net Asset Value (NAV) 413, 419, 529 »Neue Rechtswissenschaft« 134 »nexus of contracts«-Ansatz 332 Nießbrauch 47, 51, 57, 63, 84, 114–118, 158 – siehe auch ususfructus numerus clausus 3 f., 12 f., 16, 19 f., 24, 35, 54, 61, 82 f., 88 f., 103, 112, 115 f., 130, 132 f., 140, 161 f., 173, 176, 204, 209, 230 f., 239 f., 247, 300 f., 459 f., 482, 513, 537, 542

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– siehe auch Typenzwang Nürnberger Novellen 260 Nutzungseigentum 123 – siehe auch Untereigentum Nutzungspfand – siehe Antichrese Obereigentum  82 f., 91, 104, 146 f., 155, 182, 213, 224 – siehe auch dominium directum Octroi, Oktroi 310 f., 313, 318, 337 OGAW-Richtlinie – siehe Investmentrichtlinie Ökonomische Analyse des Rechts 3, 451, 459 open end(ed) company bzw.  fund 402, 411, 423, 425 f., 429, 493 operae 48 opposabilité aux tiers 175, 237 – siehe auch Drittwirksamkeit Optionsanleihe 370–373, 394 f., 433 Optionsschein 379 Orderhypothek 119, 158 Orderklausel 257 Ordonnance pour le commerce 261 f. Ordonnance touchant la marine 285 Ostgoten 55, 67 overreaching 201 pactiones et stipulationes  63 pactum de vendendo 48 Pandektistik 115, 546 Parallelgesetzgebung 260 Partialobligationen 359, 363, 379 pater familias 36, 241, 248 pays de droit écrit 144, 147 pays de nantissement 154 Personalservituten 48, 63 Pfadabhängigkeit 464, 519 Pfandbrief 109, 249, 361–364, 369, 386, 389–391, 393, 397, 530–532 Pfandbriefbank 474, 479, 531 Pfandverfall 49 pignus 49, 59, 64 plain vanilla products 528 f. poison pills 331 positiones  87 possessio 56 Prädialservituten  84

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Sachregister

praescriptio  65 Preußisches Allgemeines Landrecht  89, 95, 101, 151, 234 f., 237 f., 242, 251, 461, 545 Primärmarkt 11 Prioritätsprinzip 49 privity of contract 186, 190 privity of estate 186 Produktinformationsblatt 532 f. profit à prendre 185, 196, 215 promissory note 265, 267 f., 368 property rights 452, 455 f. Provinzialgrundstücke 44 provision (beim Wechsel) 262–264, 270 f., 276, 280 Prozessformel 41 Publizität, Publizitätsakte – im Gesellschafts- und Wertpapierrecht 323, 340, 342 f., 385, 407, 410, 437– 441, 453 f., 461 f., 489, 541, 548 – im Sachenrecht 40, 49, 58, 64, 68, 81 f., 84 f., 87–89, 92–104, 106, 108 f., 111, 122, 126, 130 f., 144, 149, 152, 154, 159, 161– 163, 166 f., 169 f., 172, 174 f., 204, 229, 234–240, 242, 247, 251, 453 f., 461 f., 489, 545 f. – im Schuldvertragsrecht 538 Rahmenvertrag  9 ff., 540 Rating 377, 498 Rating-Agenturen 10, 420, 498 Real Estate Investment Trust (REIT) 412, 416–419 Reallasten 57, 61, 72, 79, 84, 92 f., 115, 118 f., 148, 156, 545 Realservituten 57, 63 Rechtsbehauptung  76 Rechtsbücher  67 Rechtsfortbildung 19, 517 Rechtsgelehrte 52 f. Rechtsgewere  69, 74 Rechtskreise, mittelalterliche (Lehn-, Dienst- und Hofrecht, Landrecht)  69, 71, 82, 231 recording system 222 f. Refinanzierungsregister 128 Register, Registrierung  93, 95, 98–102, 122, 159, 164, 168, 171, 174, 196 f., 203 f.,

206, 208 f., 222 f., 234 f., 333, 405, 414, 461 f., 473 f., 489 rei vindicatio 37, 44 f. Reichs-Civilprozessordnung 129 Reichserbhofgesetz 135 Relativität des Eigentums – im altrömischen Recht 37, 43 Renaissance  81 Rentenbank 104 Rentenkauf  72 f., 108 Rentenschuld 115, 119–121 Renvoi 141 res in transitu 142, 177 res mancipi 36 f., 39, 41 f., 45 f., 52, 56 res nec mancipi 36 f., 52 Respondierjuristen 52, 230 responsa  60 – siehe auch Respondierjuristen responsiones  87 Restliberalisierung 376 restrictive covenants 185 f., 196 Revenuenhypothek 105, 119 Rezeption 55, 69, 72, 81–89, 92, 100, 229, 249, 545 Richterrecht 32 Roles d’Oléron 284 Rule against Perpetuities 184, 191, 201 f., 400 Sachenrechtsbereinigungsgesetz 137 sala  78 Sarbanes-Oxley Act 334 Satzung – ältere  73 f., 84 – jüngere  74, 85 Satzungsgewere  73 f., 79 Satzungsstrenge 345, 347 Scheckgarantiekarte 279 Schöffen  76 f. secondary mortgage market 212, 214, 217 f., 221, 225, 248 Securities Act 333, 410, 414, 428 Securities and Exchange Commission (SEC) 333, 335, 350, 410 f., 413–415 Securities Exchange Act 333, 410, 414, 428 security interest 215 f., 221, 224, 246 Sekundärmarkt 11, 244, 250 f., 546 – siehe auch  secondary mortgage market

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Servituten 39, 46 f., 51, 54, 57, 63, 83 f., 93, 115–118, 230, 520, 545 – siehe auch Grunddienstbarkeiten, Personalservituten, Prädialservituten, servitutes rusticae servitus in faciendo 46, 84, 116, 157 servitutes rusticae 37, 39, 46 – siehe auch Prädialservituten Servius Sulpicius Rufus 52 Sicherungsabrede 121 Sicherungsabtretung 125 Sicherungsdienstbarkeit 116–118, 520 Sicherungsgrundschuld 121, 126 Sicherungshypothek 119 f. Sicherungstreuhand 125–127 Sicherungsübereignung 125 f., 133, 142, 246, 250, 522 Skaleneffekt 469 Skripturhaftung 288 f., 293 f., 305 f. Societas Europaea 351 f., 541 société à responsabilité limitée 314 société anonyme 312 société d’investissement à capital variable (SICAV) 407–409 société d’investissements immobiliers cotées (SIIC) 418 solvabilité apparente 163 Sondervermögen 128, 405 f., 420, 423, 425, 430 specific performance 181 Spezialität  94, 100, 111, 154, 158 Spezialpfand 49 Spiel- und Differenzeinwand 367, 372, 377 sponsio 41 Sponsionsprozess 51 Spruchformel 41, 51 Staatsschuldenbuch 357, 359 Stadtrechte  67 Standardisierung  8–12, 16, 22, 24 ff., 38 f., 83, 117 f., 171, 194, 218, 248, 250, 254, 256, 299, 306, 313 f., 345 f., 376, 388, 391, 457, 482, 500, 509, 513, 532 Statute of Frauds 193 Statute Quia Emptores 179, 191, 219, 243 stipulatio 52 Stockwerkseigentum 44, 70, 113, 205 superficie 155, 161 f., 522 superficies 44, 48, 82, 93, 99 superficies solo cedit 44, 48, 113

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Syargius  67 tenure 179 f., 182, 213, 243 Territorialhoheit  69 Time-Sharing 139 f., 175 f., 210 title insurance companies 222, 235, 250 title search 222 title theory 216 titulus 52 Torrens-System 223, 235 tract index 222 traditio 37, 42, 44 f., 52 f., 60, 63, 65, 99, 148, 151 f., 167, 312 – et patientia  63 Traditionsbewusstsein 39, 52 Traditionsprinzip 151, 286 Traditionstheorie 288 Traditionswirkung 299 f., 305 f., 432, 439, 442, 524 f. Transaktionskosten 452, 455–458, 463, 472 Transkriptionssystem 154 Translativwirkung der Gewere  77 f. Transposition, Transpositionslehre 141, 177, 210 Trennungsprinzip  60, 125, 129 f., 132 f., 140, 143, 168 f., 172, 192, 246, 283, 520, 523 Treuhand 3, 40, 50, 59, 64, 75, 86, 96, 125– 128, 150, 162–165, 189–191, 219 f., 519 Treuhandabrede 40 Treuhandlösung (Investmentrecht) 128, 405, 409 f., 418 Trust 140, 142 f., 164, 176, 189–191, 194 f., 201 f., 205, 210, 219 f., 233 f., 238, 321, 327, 381–384, 400–404, 408, 412, 416 f., 429, 519 Typenbeschränkung 17 Typenbezeichnung 457 f., 475, 478 f., 533 Typenbindung 17 Typenfixierung  8, 12–18, 19, 22, 24 ff., 35, 51, 117 f., 130, 138, 542 Typengesetzlichkeit 16, 27, 29 ff. Typenreihen 29 Typenwahl, Typenwahlfreiheit 20 Typenzwang 3 f., 8, 12 ff., 18–24, 24 ff., 31, 35, 39, 66, 115, 118, 124, 130, 137 f., 140, 152, 161 f., 195, 197, 229 f., 236 f., 239 f., 254, 261 f., 264, 276, 406, 409, 430, 434,

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443, 451, 464, 473, 479 f., 482, 490, 504, 509–512, 517, 521, 528, 536 f., 542, 546, 549 – siehe auch  numerus clausus Typisierung  6 ff., 33, 274 Typologik 27 – siehe auch Typologische Methode Typologische Methode 16, 28 – siehe auch Typologik Typuslehre, Typenlehre 27–33, 134 Übereilungsschutz 530 Übergabesurrogate 131 Übersee-Handelskompanien 308, 319 Uniform Commercial Code 215 f., 221, 223 f., 226, 231 f., 244, 246, 250 f., 268 f., 280, 303, 335, 395, 462, 522, 526, 546 Unmittelbarkeitsprinzip (Treuhand) 127, 404 Untereigentum  82, 91, 93, 113, 146 f., 155 f., 182 – siehe auch dominium utile use 189 f. usus 47 f., 63 usus modernus pandectarum  89–104, 106, 112 ususfructus 47 f., 53, 57 – siehe auch Nießbrauch utilitas praedii 46, 84 vectigal 45 Verarbeitungsklausel 126, 246 Verbandstyp 17 Verdinglichung  90, 95, 101, 103, 114–116, 118, 124, 151, 188, 231, 233–235, 242, 462 Verfahrensabschnitt – apud iudicem 41, 59, 76 – in iure 40, 59, 76 Verfallsabrede, Verfallspfand 39, 49, 58, 64, 73 f., 122, 163 Verkaufsabrede, Verkaufspfand 49, 73 f. Verkehrsfähigkeit 101, 115, 264 Verkehrshypothek 110, 119–121 Verkehrsschutz  78, 258, 261 Vermächtnis 48, 166 – siehe auch Legat Vernunftrecht  89–104, 106

Vertragsfreiheit 130, 173 f., 192, 221, 229 Vertragstyp (Investmentrecht) 405, 407, 409, 417, 440 Vertragstypen  6, 16, 537 Verwaltungstreuhand 127 f. vested rights theory – im Internationalen Privatrecht 226 – im Gesellschaftsrecht 329 vifgage 148 vindicatio 41, 82 – siehe auch rei vindicatio Volksgesetzbuch 135 Vollrecht 44 f., 82 Vorentwurf 108, 110, 114 f., 120, 124 Vorkaufsrecht  94, 115, 119, 136 Vorzugsaktie 316, 324 f., 329 f., 336, 338, 341, 343 f., 346 f., 401, 410, 432 f., 442, 468, 470 Vulgarisierung 54 Waagehalter, Wägemeister 42, 53 Wandelanleihe 369–373, 379, 381, 394 f., 433 Warrant 301–304 Wartrecht  75 Weistümer  67 Wertpapierprospekt 495 f. Westgoten 55, 67 Wohlfahrtsökonomik, spätabsolutistische 105 Wohnrecht, Wohnungsrecht 48, 117, 128 Wohnungseigentum 44, 113–115, 128, 205, 214, 521, 546 Words of Limitation 193–195, 203 f., 213, 240, 481 writ 192–195, 202, 204, 220 Zeno  63 Zensoren 38 f., 228 Zertifikat 379 f., 397, 399, 494 Zinsverbot  72, 249, 256, 441 Zivilgesetzbuch der DDR 136 Zugrecht  74 Zweckgesellschaft 380–383, 547 – siehe auch Emissionsvehikel Zweischeinsystem 304 f. Zweitverbriefung 349, 351