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German Pages 250 [259] Year 1966
DEUTSCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU B E R L I N SCHRIFTEN DER SEKTION FÜR VOR- UND FRÜHGESCHICHTE BAND 21
TORNOW UND VORBERG EIN BEITRAG ZUR FRÜHGESCHICHTE DER LAUSITZ
von
JOACHIM HERRMANN mit Beiträgen
von
H.-J. BAUTSCH, H. JACOB, K.-D. J Ä G E B und H.-H. M Ü L L E B
Mit 56 Textabbildungen, 44 Tafeln und 13 Beilagen in Einlegemappe
AKADEMIE-VERLAG• 19 6 6
BERLIN
Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, 108 Berlin, Leipziger Straße 3—4 Copyright 1965 by Akademie-Verlag GmbH Lizenznummer: 202 • 100/30/66 • M d l der D D R Nr.: 1440/64 Gesamtherstellung: V E B Druckhaus „Maxim Gorki", Altenburg Bestellnummer: 2044/21 • E S 14 C / E • 1 0 0 , -
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung II. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow A. Die urgeschichtliche Besiedlung B. Die Burg A 1. Ausdehnung und Größe 2. Die Befestigung a) Die Wehrmauer S. 13 b) Der Graben S. 18 c) Das Tor S. 19 3. Die Bebauung des Burghofes a) Südteil des Kasemattenberinges S. 21 b) Gebäude am Tor S. 22 c) Mahlhaus S. 22 d) Brunnen S. 22 e) Getreidesilo S. 23 4. Die Funde der Burg A a) Getreide S. 24 b) Keramik S. 24 c) Eisengegenstände S. 27 d) Mahlsteine S. 27 5. Die Zerstörung der Burg A 6. Die Bekonstruktion der Burg A C. Die Burg B 1. Ausdehnung und Größe • . . 2. Das zeitliche Verhältnis der Burg B zur Burg A 3. Die Befestigung der Burg B 4. Zugang und Tor der Burg B 5. Die Innenbebauung a) Die Bauten hinter dem Wall S. 37 b) Der Inhalt der Speicherbauten S. 43 c) Das Zentralgebäude S. 48 d) Der Brunnen S. 51 e) Weitere Bauten im Innenraum S. 52 6. Die Funde a) Keramik S. 53 b) Lehmwannen S. 78 c) Spinnwirtel S. 86 d) Geräte aus Stein S. 86 e) Metallgegenstände S. 88 f) Mahlsteine S 92 g) Knochen- und Horngeräte S. 95 h) Funde aus organischem Material S. 95 III. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg A. Die Burg A 1. Ausdehnung und Größe 2. Die Befestigung 3. Die Bebauung des Burghofes 4. Die Funde der Burg A 5. Das Ende der Burg A
5 8 8 11 11 13 21
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53
97 97 97 97 100 101 103
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Inhaltsverzeichnis
B. Die Burg B 1. 2. 3. 4. 5.
103
Ausdehnung und Größe Die Befestigung Die Bebauung des Burginnenraumes Die Funde der Burg B Das Ende der Burg B
103 103 104 105 105
C. Die Siedlung westlich der Burg
106
IV. Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Tornower und Vorberger Funde und die Datierung der Burgen
108
A. Die Metallfunde
108
B. Die Datierung der Burgen
116
C. Die Keramik vom Tornower Typus
117
1. Verbre tung 2. Datierung 3. Die Herkunft des Tornower Typus V. Die geschichtliche Bedeutung der Burgen von Tornow und Vorberg
117 122 124 . . 127
A. Das Stammesgebiet der Lusizi
127
B. Die historische Bedeutung der Burg A von Tornow
130
C. Die Burg B von Tornow und das Problem früher slawischer Grundherrschaft 134 VI. Zusammenfassung
141
Abkürzungsverzeichnis
143
Literaturverzeichnis
144
Anhang 1. H.-J. Bautsch, Petrographische Untersuchungen der Gesteinsproben von den in Tornow gefundenen Drehmühlen 155 2. H. Jacob, Die Ergebnisse der pollenanalytischen Untersuchungen von Material aus den Burganlagen Tornow und Vorberg 161 3. K.-D. Jäger, Die pflanzlichen Großreste aus der Burgwallgrabung Tornow, Kr. Calau 164 4. H.-H. Müller, Die Tierreste der slawischen Burgen von Tornow und Vorberg, Kr. Calau 190 Tafeln 1 - 4 4 Beilagen 1—13
I. Einleitung
Tornow und Vorberg liegen im Niederlausitzer Braunkohlengebiet, 9 km südwestlich bzw. 4 km süd-südwestlich von Lübbenau im Kreise Calau, Bez. Cottbus. Die flachbewegte Altmoränenlandschaft aus Geschiebemergeln, zumeist jedoch Geschiebesanden des Luckauer und Calauer Beckens (E. Scholz 1962, S. 16ff.) findet eine natürliche Südgrenze im sogenannten Lausitzer Grenzwall, einem schmalen Hügelrücken, der sich aus der Gegend von Dahme in Fortsetzung des Flämings nach Ostsüdost über Spremberg und Weißwasser nach Muskau erstreckt. Die nördliche und nordöstliche Landschaftsscheide bildet das Glogau-Baruther Urstromtal, in dessen Verlauf sich der Oberspreewald zwischen Cottbus und Lübben gleichermaßen als nordöstliche Barriere vor das Niederlausitzer Siedlungsgebiet legt. An kleinen Flüssen, die im Lausitzer Grenzwall entspringen und z. T. in breiten Tälern dem nördlichen Urstromtal zufließen, bildeten sich in slawischer Zeit Siedlungskammern (unten S. 127 Abb. 53). An der Schräke entstand u. a. die Burg von Tornow (Mbl. 4149, W 7,0; S 7,5) (Taf. 1), an der Dobra u. a. die Burg von Vorberg (Mbl. 4149, 0 16,5; S 15,5) (Taf. 32). Der Untergrund der Niederlausitz ist reich an Braunkohle. Zwei Drittel aller Braunkohlenvorräte der DDR lagern hier. In den letzten Jahren wurden im Zusammenhang mit dem Energieprogramm der DDR und der Errichtung der Großkraftwerke Lübbenau und Vetschau besonders die Kohlevorkommen im Kreis Calau in den Tagebauen Schlabendorf-Nord und Seese-West durch den V E B Braunkohlenwerk „Jugend" aufgeschlossen (E. Schultze 1960, S. 359ff.). Die Anlage des Tagebaues Schiabendorf führte zu einer Gefährdung des mitten im geplanten Auskohlungsgebiet gelegenen Burgwalles von Tornow. Die Gefährdung des Burgwalles von Vorberg trat durch die Anlage des Tagebaues Seese ein. Während das Dorf Vorberg, auf dessen Gemarkung der Burgwall liegt, bereits im Abbruch begriffen ist, kommt der Burgwall selbst unmittelbar an der Tagebaukante zu liegen, und nur ein Teil des Siedlungsgeländes vor der Burg wird abgebaggert. Eine völlige Sicherheit für die Erhaltung des Burgwalles ist jedoch unter diesen Bedingungen nicht gegeben. Daher sah sich das Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin veranlaßt, in Übereinstimmung mit dem Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam, dem als Forschungsstelle für die Bezirke Potsdam, Frankfurt und Cottbut die Wahrnehmung der Bodendenkmalpflege obliegt, beide Burgwälle zu untersuchen. Diese Arbeiten wurden im Jahre 1961 im Rahmen der Burgwallaufnahme im Bezirk Cottbus und ab 1962 als selbständiges Forschungsunternehmen innerhalb des Institutes für Vor- und Frühgeschichte der DAW vom Verfasser durchgeführt. Der Burgwall von Tornow war bis auf einen alten Einschnitt an der nördlichen Wallböschung, der jedoch keine größeren Zerstörungen verursacht hatte, und bis auf die Spuren einer älteren Ausgrabung im Wallkessel sehr gut erhalten. Die Wälle überragten den Wallkessel noch um 4 m und das umliegende Wiesengelände um 5 m. Das Burgareal ist zuletzt als Weide genutzt worden, eine ackerbauliche Nutzung hatte nie stattgefunden. Die erste Beschreibung des Burgwalles veröffentlichte Hirschberger (ZfE X I I , 1880, S. 292). E. Siehe führte 1885 (ZfE Verh. X V I I , S. 154f.) eine kleinere Ausgrabung im süd-
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Joachim Herrmann
östlichen Teil des Burginnenraumes durch, deren Spuren sich bei unseren Arbeiten feststellen ließen (Beilage 5, m—m', n—n', o—o'). E r gelangte damals n u r bis in den Oberteil des Speicherschuttes der Burg B und stellte dort angeblich einen Herd von 3 m 2 Ausdehnung (die während unserer Ausgrabungen beobachtete Gesteinsschicht, die vom Oberbau des Walles B abgestürzt war) und Asche, Holzkohle sowie „bedeutende Lager verkohlter Getreidekörner" (Roggen und Weizen) fest. Spätere Erwähnung fand der Burgwall bei H . Jentsch (1885, S. 19), H . Söhnel (1886, S. 49) und R. Behla (1888, S. 110). Während der Ausgrabungen vom 29. 5 . - 2 9 . 7. 1961 wurden der Wall im Norden und die westliche Hälfte des Burginnenraumes untersucht (J. Herrmann 1962, S. 126ff.; J . Knebel 1962, S. 126). Vom 5.6. bis 4. 8. 1962 konnten der südliche Wallteil und die Tore durch größere Schnitte erforscht werden. Außerdem wurde der Ostteil des Burginnenraumes abgedeckt (J. Herrmann 1962 A, 5. 63ff.; 1963, S. l ö l f f . ) . Ungünstiger war die Erhaltung des Burgwalles von Vorberg. Bereits um 1872 sind große Teile des Walles im Osten und Westen zum Zwecke der Wiesenmelioration abgetragen worden (Abb. 43; Taf. 32). R . Virchow besuchte den Burgwall von Vorberg in dieser Zeit. E r beobachtete u. a. den Aufbau des Walles aus Ton, Mergel und Wiesenkalk sowie an der Wallbasis gut erhaltene Äste und junge Stämme aus Elsenholz. Auch die „mit Moorerde gefüllte Vert i e f u n g " inmitten des Kessels (Brunnen — unten S. 51) konnte damals bereits festgestellt werden. Knochen von Haustieren (Schwein, Schaf, Ziege, Huhn), seltener von Wildtieren (Reh), Keramik und Fischschuppen wurden geborgen. Die gefundene Keramik bestimmte R . Virchow als Burgwallkeramik, d. h. als slawisch (ZfE Verh. IV, 1872, S. 233). I n der folgenden Literatur wurde der Burgwall von Vorberg mehrfach erwähnt (H. Jentsch 1885, S. 19; H . Söhnel 1866, S. 49; R. Behla 1888, S. 110), eingehendere Untersuchungen fanden jedoch nicht statt. Nach Ankauf des Geländes des Burgwalles und der westlich davon gelegenen unbefestigten Siedlung durch das B K W „ J u g e n d " stand es uns zur Untersuchung zur Verfügung. Vom 14. 5.—20. 7. 1963 konnte durch einen großen Wallschnitt der Aufbau des Walles, ein großer Teil des Innenraumes sowie ein Teil der westlich der Burg gelegenen unbefestigten Siedlung untersucht werden. Da die Fundverhältnisse ungünstig wären u n d die Ausgrabungsergebnisse entsprechend lückenhaft blieben, ist auf vollständige Freilegung von Burg und Siedlung verzichtet worden (J. Herrmann 1964, S. 143ff.). Grundlage f ü r die Vermessungsarbeiten war in beiden Burgen ein annähernd nach der Nord—Südrichtung orientiertes Koordinatensystem (Beilage 1,2; Abb. 43). Zur Vereinfachung der Vertikalvermessung wurde jeweils an der höchsten Stelle des Walles ein P u n k t mit T. 10 m angenommen (Beilage 2; Abb. 43). I n Tornow war dieser P u n k t identisch mit einem Vermessungspunkt des topographischen Dienstes. Ausgehend von diesen P u n k t e n erfolgte die Schichten- und Fundvermessung. T. 6,5 bedeutet z. B., daß der betreffende Meß• p u n k t 3,5 m unterhalb von T. 10 m liegt usw. Eine Umrechnung auf die absoluten Höhenwerte ist im Bedarfsfalle leicht durchführbar. Der P u n k t T. 10,0 m liegt in Tornow 64,50 m über NN, in Vorberg 59 m über N N . Zur Erleichterung der Orientierung f ü r den Benutzer wurden alle veröffentlichten Profilschnitte und Plana an den Seiten jeweils mit großen oder kleinen Buchstaben bezeichnet. Die gleichen Buchstaben sind, wenn es sich u m Abbildungen von der Ausgrabung Tornow handelt, auf Beilage 2 in den Grundplan von Tornow, wenn es sich um Abbildungen von Vorberg handelt, auf Abb. 43 in den Grundplan von Vorberg eingetragen. Das Ziel der Ausgrabungen in der Niederlausitz war von Anbeginn die vollständige Untersuchung einer slawischen Burganlage, u m eine verläßliche Grundlage f ü r die Bestimmung der Funktion u n d der historischen Rolle der in größerer Anzahl in der Niederlausitz vorhandenen Burgwälle zu gewinnen. Die besonders günstigen F u n d u m s t ä n d e in Tornow förderten diese Zielsetzung. So konnte in der vorliegenden Veröffentlichung nicht nur eine Darlegung des Grabungsbefundes erfolgen, sondern der Versuch unternommen werden, ein archäologisch-kulturelles Gebiet, das sich in altslawischer Zeit über die Niederlausitz,
Einleitung
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das mittlere Odergebiet, Niederschlesien (VR Polen) und vielleicht auch die Oberlausitz ausdehnte, zu erfassen. Für die Lösung des Problems der slawischen Einwanderung in dieses Gebiet scheinen sich einige neue Aspekte zu ergeben. Das Bemühen um eine sozialökonomische Analyse konnte sich vor allem auf die eingehenden Aufschlüsse über den Aufbau der beiden Burgen von Tornow sowie auf die Ergebnisse der botanischen, mineralogischen und zoologischen Untersuchungen stützen. So erbrachten die Ausgrabungen in Tornow und Vorberg nicht nur einen Einblick in die Entwicklungsgeschichte zweier slawischer Burgen des 7.—10. Jh., sondern sie führten zu einigen bemerkenswerten Ausblicken auf die Geschichte der Niederlausitz in der Frühzeit1). l
) Die Forschungsarbeiten in Tornow und Vorberg wurden von verschiedenen Seiten tatkräftig unterstützt. Der VEB Braunkohlenwerk „Jugend" half durch zeitweise Überlassung eines kleinen Baggers vom Typ ÜB 20, einer Planierraupe S 100 und eines Förderbandes für die Erledigung grober Erdarbeiten sowie durch verschiedene kleine Dienstleistungen. Besondere Förderung erfuhr das Unternehmen durch den Werkdirektor Bräuniger und H. Müller, der mit der Wahrnehmung der Bodendenkmalpflege im Braunkohlenwerk beauftragt war, sowie durch den technischen Direktor Schröder und Tagebauleiter Kummer. Die Grabungsarbeiten selbst wurden vor allem mit Schülern und Abiturienten der Erweiterten Oberschule Luckau (Direktor S. Kühnast) sowie mit Studenten der Pädagogischen Hochschule Potsdam (Betreuer Dr. W. Padberg) und der Humboldt-Universität Berlin durchgeführt. Im Jahre 1961 nahm Dipl. phil. J . Knebel vom Institut für sorbische Volksforschung der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Bautzen als fachwissenschaftlicher Mitarbeiter teil, während 1963 Dipl. phil. V. Weber und Dipl. phil. D. Warnke, Absolventen am Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften, einen Teil der wissenschaftlichen Dokumentationsarbeiten durchführten. Die Zeichenarbeiten besorgte zum größten Teil K. Lücke von der Pädagogischen Hochschule in Potsdam. Vielfältige Unterstützung gewährten Dipl. phil. G. Krüger, Direktor des Spreewaldmuseums Lübbenau und seine Mitarbeiter. Allen genannten Institutionen, ihren Mitarbeitern und den Fachkollegen, die die Forschungen in Tornow unterstützten, möchte ich an dieser Stelle verbindlich danken. Mein Dank gilt auch Frau Dr. Jacob und den Herren Dr. H.-J. Bautsch, Dr. H.-H. Müller und K.-D. Jäger, die die naturwissenschaftliche Bearbeitung des entsprechenden Fundmaterials durchführten, sowie den zahlreichen Damen und Herren, die während ihrer Besuche durch ihre Anregungen und Hinweise die kritische Interpretation der Ausgrabungesergebnisse förderten. Dies geschah im besonderen Maße durch die Teilnehmer der internationalen Tagung „Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" vom 1.—6. Oktober 1962 in Berlin, deren Exkursion u. a. nach Tornow führte (W. Hensel 1963, S. 436; St. Staniev 1963, S. 69).
II. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow A. Die urgeschichtliche Besiedlung Unter den slawischen Siedlungsschichten wurden in der ganzen Burgfläche Reste einer grauen bis olivgrünen Humusschicht festgestellt. Durch die jüngeren Burgenbauten war diese Humusschicht teilweise zerstört, in einigen Fällen sogar vollständig abgetragen (Beilage 3—6; Abb. 14). In dieser Humusschicht, die vor Beginn des slawischen Burgenbaues den Vegetationshorizont bildete, fanden sich urgeschichtliche Funde sowie Grubenreste und Pfostenspuren, die von dieser Schicht ausgingen, also ebenfalls der urgeschichtlichen Zeit angehörten (Beilage 5, t—t'. Beilage 6, 0—P, bei 8,30; Pfostenplan Abb. 1). Die urgeschichtlichen Pfostenstellungen und Gruben waren durch das in ihnen enthaltene völlig andere Fundmaterial, das vollständige Fehlen von Holzkohleteilchen, die andersartige hellgrau-grünliche Färbung sowie durch die stratigraphischen Verhältnisse gut von denen der jüngeren Bauperioden abzutrennen. Die Pfosten reichten zumeist nur 20—40 cm in den anstehenden Sandboden hinein, hin und wieder waren sie sogar weniger als 20 cm eingetieft. Die Stärke der Pfosten betrug nach den Beobachtungen an den Pfostengruben nicht über 15—20 cm, zumeist blieb sie — im Gegensatz zu den Pfosten der slawischen Periode — sogar darunter. Es ist daher kaum anzunehmen, daß die Pfosten zu großen Bauwerken gehörten. Die Anordnung der Bauwerke ist infolge jüngerer Überbauung nicht lückenlos zu erkennen. Besonders durch die zahlreichen, zum großen Teil tiefer gegründeten Pfosten der Burg A (Abb. 3) und der Burg B (Beilage 7) wurden die älteren Pfosten zerstört. Dennoch entsteht der Eindruck, als ob die Bauten nicht eckig, sondern z. T. als Rundbauten oder in Hufeisenform ausgeführt waren. Im Nordostteil der untersuchten Fläche (Abb. 1) scheint nordöstlich der Grube ein solches Rundgebäude gestanden zu haben. Reste eines weiteren lassen sich im Südteil der Fläche erkennen. Dagegen lag an der Spitze der keilförmig nach Süden vorstoßenden Grabungsgrenze anscheinend ein in nordwest-südöstlicher Richtung orientiertes Gebäude mit geraden Wänden. Nordwestlich davon befand sich innerhalb der erhaltenen Schicht H eine größere Anhäufung von Eisenschlacken (Nr. 10; Beilage 3,; Abb. 1). In den beiden Gruben (Abb. 1) lagen nur wenige Keramikbruchstücke. Die Anzahl der gefundenen Keramikreste war gering. Die wenigen Randstücke und größeren Gefäßteile sind auf Abb. 2 dargestellt. Es handelt sich z. T. um Reste von großen, dickwandigen handgearbeiteten Gefäßen von gelblich-grauer Farbe aus grobgemagertem Ton. Sie gehörten vor allem zu Gefäßen mit eingezogenem Rand, Schalengefäßen und Terrinen. Verzierungen wurden nur zweimal beobachtet. Eine gelblich braune Scherbe (Abb. 2e) wies eine Strichverzierung auf, während ein zum großen Teil erhaltenes Gefäß durch Fingereindrücke auf dem Rand mit einer Tupfenverzierung versehen worden war (Abb. 2 g). Besondere Beachtung verdient ein schwarzgraues Bruchstück eines Drehscheibengefäßes. An der Innenseite sind deutlich fast wulstartig-erhabene Drehspuren zu erkennen. Der Ton ist fein geschlämmt und hart gebrannt, die Farbe des Wandungskernes weißlich. Die engsten Gemeinsamkeiten weist die Tornower Keramik zu der älteren Siedlungskeramik von RöthaGeschwitz bei Leipzig auf. In beiden Fundplätzen fanden sich gleichartige Gefäßformen und Randbildungen mit breiter Mündungskrempe (Abb. 2a bzw. W. Jörns 1942, Abb. 9/16, 12,
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die urgeschichtliche Besiedlung
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Abb. 1. Tornow. Kaiserzeitliche Siedlungsspuren unter der slawischen Burg
24; 10/22), Oberteile von situlaartigen Gefäßen mit deutlichem Schulterumbruch, kurzer Schulter und kurzem Rand (Abb. 2b bzw. W. Jörns 1942, Abb. 9/18), Gefäße mit eingezogenem Oberteil (Abb. 2c, f, h bzw. W. Jörns Abb. 1942, Abb. 9/1, 15, 27) und Kammstrichverzierung (Abb. 2e bzw. W. Jörns 1942, Abb. 9/29). Alle diese Merkmale könnten die Tornower Keramik auch mit der jüngeren Phase der Siedlung von Rötha-Geschwitz aus dem 3. Jh. verbinden. Dagegen scheint der Tupfenrand dort nur in der älteren Phase in Fortsetzung latenezeitlicher Tradition vorzukommen (Abb. 2 g bzw. W. Jörns 1942, Abb. 9/3). Das Bruchstück einer auf der Drehscheibe hergestellten Schale (Abb. 2i) ist zu unbestimmt, um eine Entscheidung über die Zugehörigkeit zur spätlatenezeitlich-frühkaiserzeitlichen oder zur spätkaiserzeitlichen Drehscheibenkeramik zu gestatten 1 ). Zur spätlat&ie-frühkaiserzeitlichen und spätkaiserzeitlichen Drehscheibenkeramik in den Nachbargebieten der Niederlausitz vgl. W. Schulz 1928, S. 31ff.; R. v. Uslar 1935, S. 249ff.; derselbe 1938, S. 83ff.; K.-H. Otto und H. Grünert 1958, S.389ff.; T. Voigt, JS Halle 45, S. 226 ff.; 41/42, S.409ff.; M.Jahn 1924; K.Tackenberg 1925, S. 76ff.; S. 80ff.
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JOACHIM HERRMANN
Abb. 2. Tornow. Kaiserzeitliche Keramik, a) Nr. 825; b) Nr. 862; c) Nr. 418; d) Nr. 125; e) Nr. 410; f) Nr. 911; g) Nr. 825; h) Nr. 411; i) Nr. 824. 1: 4
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
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Die ältere Phase der Siedlung von Rötha-Geschwitz gehörte vorwiegend in das 1. J h . u. Z., wie die archäologische Datierung (W. Jörns 1942, S. 81) und auch die Radiokarbondatierung 2 ) erbracht haben. Folgt man den Übereinstimmungen des Tornower Fundkomplexes mit dem dieser Siedlung, so dürften auch die Siedlungsreste von Tornow in das 1. J h . u. Z. zu datieren sein. Die Siedlung von Tornow war offenbar nicht allzu umfangreich, denn das Gelände setzte bereits einer Siedlungsausdehnung Grenzen. Da auch die Anzahl der Fundgegenstände nur sehr gering ist (außer den auf Abb. 2 gezeigten Randstücken sind ca. 20 weitere unverzierte Gefäßreste gefunden worden), darf mit keiner allzu intensiven Besiedlung des Platzes gerechnet werden. Möglicherweise bestand hier — wenn man die Eisenschlackenfunde gebührend berücksichtigt — in der frühen Kaiserzeit eine Saisonniederlassung von germanischen Eisenschmelzern.
B. Die Burg A 1. Ausdehnung und Größe Die erste slawische Burg wurde auf der Talsandschwelle angelegt, die von Südwesten nach Nordosten die Ausbuchtung des Schraketales gegen die Lugniederung im Westen durchzieht. Das Gelände wies ursprünglich eine Buschvegetation auf, wie die Pollenanalyse und die Bestimmung der Holzarten ergeben hat. Vor Beginn der Bauarbeiten an der Burg wurde der Platz vorbereitet. I n der alten Vegetationszone, soweit sie unter dem Wall der ersten Burg erhalten war, fand sich wiederholt Holzkohle in kleinen Partikeln eingesprenkelt. Besonders deutlich war das unter der Sohle des ersten Tores. Da sich oberhalb der Vegetationsschicht mit den Holzpartikeln der unverbrannte und ungestörte Fußbodenbelag befand, ist eine sekundäre Herkunft dieser Holzkohle aus dem Burgbrand ausgeschlossen (Beilage 6, Profil M—N, unterhalb von A 4 und A 1; Abb. 7, A 1). I n einigen Fällen liefen wurzeiförmige Holzkohleschichten von der alten Oberfläche in den Boden. Desgleichen traten Holzkohlestückchen auch im Nordschnitt unter der Wallbasis wiederholt auf. Da sie bis unmittelbar unter den beginnenden Auftrag der Wallkonstruktion reichten, ist eine Zugehörigkeit dieser Brandspuren zur germanischen Siedlung nicht möglich. Sie wären auch nicht recht erklärbar, da die Bauten dieser Siedlung nicht durch Feuer zerstört worden sind. Wir müssen also folgern, daß der Burgplatz vor Beginn des Burgenbaues durch Feuer, d. h. durch Brandrodung von der Vegetation befreit worden ist. Eine solche Vorbereitung ist offenbar öfter angewendet worden, auch wenn sie bisher kaum beobachtet wurde. G. Neumann berichtete über Spuren, die von Brandrodung vor der Errichtung der slawischen Burg auf dem Johannisberg bei Jena-Lobeda herrühren 3 ). Auf dem gesäuberten Baugrund wurde der Burgplatz abgesteckt 4 ). Die Grundform bildete ein Polygon, die Anzahl der Ecken konnte jedoch nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Es ließen sich im Planum des n. und des s. Wallschnittes Seitenlängen von 3—4 m für die Rückfront beobachten (Abb. 4). Werden diese Längen zugrunde gelegt, so ergeben sich 30 bis 2
) Die Siedlung von Rötha-Geschwitz setzte sich wahrscheinlich auf der Gemarkung Rüben fort. Holzkohle aus einer Ofenanlage dieser Siedlung wurde vom Berliner Radiokarbonlabor 15 ^ 100 u. Z. datiert — G. Kohl, H. Quitta 1963, S. 292. 3 ) Vortrag von G. Neumann auf der Arbeitstagung für Vor- und Frühgeschichte in Erfurt vom 28.—31. 5. 1958 — AuF 3, S. 408. Allgemein zur Brandrodung H. Nietsch 1939, S. 70ff.; PZ 26, 1935, S. 127ff.; S. 163. A. Reinbacher, Börnicke. Ein ältereisenzeitlicher Urnenfriedhof im Havelland. Teil I, Berlin 1963, S. 5. 4 ) Der um 965 die slawischen Länder bereisende Jude Ibrahim ibn Jacub berichtete u. a. auch über den slawischen Burgenbau: „Sie gehen zu Wiesen, reich an Wasser und Gestrüpp, stecken dort einen runden oder viereckigen Platz ab nach Form und Umfang der Burg, wie sie sie beabsichtigen . . ." G. Jacob 1927, S. 12.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
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Die ältere Phase der Siedlung von Rötha-Geschwitz gehörte vorwiegend in das 1. J h . u. Z., wie die archäologische Datierung (W. Jörns 1942, S. 81) und auch die Radiokarbondatierung 2 ) erbracht haben. Folgt man den Übereinstimmungen des Tornower Fundkomplexes mit dem dieser Siedlung, so dürften auch die Siedlungsreste von Tornow in das 1. J h . u. Z. zu datieren sein. Die Siedlung von Tornow war offenbar nicht allzu umfangreich, denn das Gelände setzte bereits einer Siedlungsausdehnung Grenzen. Da auch die Anzahl der Fundgegenstände nur sehr gering ist (außer den auf Abb. 2 gezeigten Randstücken sind ca. 20 weitere unverzierte Gefäßreste gefunden worden), darf mit keiner allzu intensiven Besiedlung des Platzes gerechnet werden. Möglicherweise bestand hier — wenn man die Eisenschlackenfunde gebührend berücksichtigt — in der frühen Kaiserzeit eine Saisonniederlassung von germanischen Eisenschmelzern.
B. Die Burg A 1. Ausdehnung und Größe Die erste slawische Burg wurde auf der Talsandschwelle angelegt, die von Südwesten nach Nordosten die Ausbuchtung des Schraketales gegen die Lugniederung im Westen durchzieht. Das Gelände wies ursprünglich eine Buschvegetation auf, wie die Pollenanalyse und die Bestimmung der Holzarten ergeben hat. Vor Beginn der Bauarbeiten an der Burg wurde der Platz vorbereitet. I n der alten Vegetationszone, soweit sie unter dem Wall der ersten Burg erhalten war, fand sich wiederholt Holzkohle in kleinen Partikeln eingesprenkelt. Besonders deutlich war das unter der Sohle des ersten Tores. Da sich oberhalb der Vegetationsschicht mit den Holzpartikeln der unverbrannte und ungestörte Fußbodenbelag befand, ist eine sekundäre Herkunft dieser Holzkohle aus dem Burgbrand ausgeschlossen (Beilage 6, Profil M—N, unterhalb von A 4 und A 1; Abb. 7, A 1). I n einigen Fällen liefen wurzeiförmige Holzkohleschichten von der alten Oberfläche in den Boden. Desgleichen traten Holzkohlestückchen auch im Nordschnitt unter der Wallbasis wiederholt auf. Da sie bis unmittelbar unter den beginnenden Auftrag der Wallkonstruktion reichten, ist eine Zugehörigkeit dieser Brandspuren zur germanischen Siedlung nicht möglich. Sie wären auch nicht recht erklärbar, da die Bauten dieser Siedlung nicht durch Feuer zerstört worden sind. Wir müssen also folgern, daß der Burgplatz vor Beginn des Burgenbaues durch Feuer, d. h. durch Brandrodung von der Vegetation befreit worden ist. Eine solche Vorbereitung ist offenbar öfter angewendet worden, auch wenn sie bisher kaum beobachtet wurde. G. Neumann berichtete über Spuren, die von Brandrodung vor der Errichtung der slawischen Burg auf dem Johannisberg bei Jena-Lobeda herrühren 3 ). Auf dem gesäuberten Baugrund wurde der Burgplatz abgesteckt 4 ). Die Grundform bildete ein Polygon, die Anzahl der Ecken konnte jedoch nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Es ließen sich im Planum des n. und des s. Wallschnittes Seitenlängen von 3—4 m für die Rückfront beobachten (Abb. 4). Werden diese Längen zugrunde gelegt, so ergeben sich 30 bis 2
) Die Siedlung von Rötha-Geschwitz setzte sich wahrscheinlich auf der Gemarkung Rüben fort. Holzkohle aus einer Ofenanlage dieser Siedlung wurde vom Berliner Radiokarbonlabor 15 ^ 100 u. Z. datiert — G. Kohl, H. Quitta 1963, S. 292. 3 ) Vortrag von G. Neumann auf der Arbeitstagung für Vor- und Frühgeschichte in Erfurt vom 28.—31. 5. 1958 — AuF 3, S. 408. Allgemein zur Brandrodung H. Nietsch 1939, S. 70ff.; PZ 26, 1935, S. 127ff.; S. 163. A. Reinbacher, Börnicke. Ein ältereisenzeitlicher Urnenfriedhof im Havelland. Teil I, Berlin 1963, S. 5. 4 ) Der um 965 die slawischen Länder bereisende Jude Ibrahim ibn Jacub berichtete u. a. auch über den slawischen Burgenbau: „Sie gehen zu Wiesen, reich an Wasser und Gestrüpp, stecken dort einen runden oder viereckigen Platz ab nach Form und Umfang der Burg, wie sie sie beabsichtigen . . ." G. Jacob 1927, S. 12.
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JOACHIM HEERMANN
Tornow Burg A 0
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4m
Abb. 3. Tornow. Planum im Inneren der Burg A
35 Seiten. Das Polygon, hervorgerufen zweifellos durch die Art des Baumaterials Holz, erfuhr dadurch eine Annäherung an eine Kreisform bzw. einen leicht verschobenen Kreis. Der Burginnenraum hatte einen Durchmesser von etwa 30—31 m. Um einen kreisförmigen Burghof von 25—26 m Durchmesser zog sich ein etwa 2,4 m breiter Gürtel von regelmäßig angenordneten Unterkünften. Daran schloß der Wallkörper an, der eine Basisbreite von 6 m auf der Wiesenseite und 9 m auf der Angriffsseite aufwies. Eine schmale Berme von etwa 1,50 m Breite lag zwischen Wall und Bur'ggraben. Dieser umgab die Burg in wenigstens 4,2 m Breite, nach dem Richtungsverlauf der Grabensohle (Beilage 3 a) tatsächlich wohl in etwa 6 m Breite. Die Gesamtburg war folglich kreisförmig und hatte einen Durchmesser von etwa 65 m mit einer Grundfläche von 33,20 a; davon kamen auf Bewehrung (Wall, Berme, Graben) etwa 26,14 a, auf die Unterkünfte am Wall etwa 2,16 a und für den freien Innenhof verblieben etwa 4,91 a.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
2. Die
13
Befestigung
Den größten Raum der Burgfläche nahm die Befestigungsanlage ein (79%). Der wichtigste Teil der Befestigung war die Wehrmauer, der heutige Wall. a) Die
Wehrmauer
Die Anlage der Wehrmauer geschah in sogenannter Rostkonstruktion. Auf dem durch Brandrodung vorbereiteten Baugrund wurden in dem für den Bau der Wehrmauer vorgesehenen Teil des Grundrisses zunächst in Längsrichtung des geplanten Wehrmauerverlaufs Eichenstämme 6 ) an der Basis niedergelegt, und zwar im Verlauf der vorgesehenen Außenfront und Rückfront sowie zwischen beiden im Abstand von 1,80 bis 2,20 im Bereich des nördlichen Wallzuges (Beilage 3a, A, 1 — 3). I m Südschnitt waren die Einzelheiten infolge ungünstigerer Schichtverhältnisse (Unterlagerung der älteren Kulturschicht H) nicht im gleichen Maße deutlich zu erkennen. Wahrscheinlich waren hier jedoch nur drei Längslagen von Stämmen im Abstand von etwa 3 m eingebracht (Beilage 3 a ; Abb. 4; Taf. 2a, b). Diese Unterzüge
Abb. 4. Tornow. Rostkonstruktion im Südwall der Burg A; 1 verkohlte bzw. vermoderte Stämme; 2 Erdfüllschichten; 3 Reste der Kasematten von Burg A s
) Die Holzbestimmungen führte Herr K.-D. Jäger, Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften aus — vgl. dazu auch den Beitrag von K.-D. Jäger.
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JOACHIM HERRMANN
sind in Erde eingebettet worden. Darüber wurden sodann quer zur Wallrichtung Stämme gelegt, deren durchschnittliche Stärke 20—30 cm betrug. Im Unterschied zu den Unterzügen längs zur Wallrichtung, die in größeren Abständen angelegt waren, lagen die Querbalken dicht nebeneinander als geschlossene Decke. Durch Krümmungen des verwendeten Bauholzes und durch nicht sauber abgeputzte Äste wurden stellenweise Zwischenräume bis zu 50 cm hervorgerufen (Abb. 4; Taf. 2b). Auf diese Weise entstand ein asymmetrischer Balkenrost, dessen Zwischenräume mit Erde ausgefüllt wurden. Diese ist aus dem Bereich des geplanten Grabens und aus dem nördlichen und nordöstlichen Yorgelände entnommen worden. Hier verlief die erwähnte Sandschwelle durch die Niederung. Sie wurde nach dem Oberflächenbefund teilweise abgetragen, so daß eine stark zerrissene, unregelmäßig-kuppige Geländeoberfläche entstand. Im Innenraum der Burg kann keine größere Erdentnahme für den Wallbau erfolgt sein, da die germanische Kulturschicht zum größten Teil — von lokalen Beeinträchtigungen durch Brunnen, Pfosten und den wenigen anderen Ein tiefungen abgesehen — ungestört vorhanden war. Auch die bei slawischen Burgen häufig anzutreffende Eintiefung einer Mulde unmittelbar hinter dem inneren Wallfuß unterblieb in Tornow, wohl unter Rücksicht auf das nicht allzu tief liegende Grundwasser. Da an den Erdentnahmestellen für die Wallfüllung unter einer dünnen Humusschicht überall heller Sandboden anstand, machte der Körper des ersten Walles insgesamt einen sehr hellen Eindruck, in dem die dunklen Moderbänder der Holzbalken sich sehr klar abhoben. Innerhalb der allgemein hellen Farbe des Sandes im Wallkörper kommen jedoch wiederum Graduationen sowohl in horizontaler wie auch in vertikaler Richtung vor (Abb. 4; Taf. 2a, b; Taf. 4), die durch leichte humose Beimengungen innerhalb des verwendeten Sandes oder bei der Sandentnahme hervorgerufen wurden. In einem Schnitt in Wallrichtung (Nordschnitt, W-Profil) ließ sich dabei eine deutliche Vertikalgrenze zwischen zwei verschiedenen Schichtengruppen erkennen. Wahrscheinlich ist sie durch die Tätigkeit von verschiedenen Arbeitstrupps während der Arbeiten am Wall verursacht worden. Sichere Beobachtungen über die Länge solcher durch Vertikalgrenzen trennbaren Wallsegmente ließen sich jedoch nicht vornehmen. Nach dem Planum im S-Schnitt (Abb. 4) ist ein solcher Bauabschnitt vielleicht identisch gewesen mit einem Konstruktionssegment des Walles. Die Höhe einer Balkenrostlage aus Längs- und Querstämmen mit der entsprechenden Erdfüllung betrug, gehen wir von der nachweisbaren Stammstärke von 15—25 cm aus, 30—50 cm. Diese Werte lassen sich an der Hinterfront des Walles ohne weiteres ablesen, da hier die Balkenkonstruktion verkohlt erhalten geblieben war (Beilage 3; Taf. 2, 3). Im Nordschnitt waren 10—11 derartige Rosteinheiten zu erkennen. Sie haben heute noch eine Höhe von etwa 2,20 m. Wenn wir berücksichtigen, daß die Holzbalken teilweise zu papierstarken Moderstreifen zusammengepreßt worden sind, so gelangen wir bei ihrer Ergänzung und Ausdehnung auf die alte Stärke und unter Berücksichtigung der im Unterteil beobachteten 30—40 cm starken Rosteinheiten auf eine Wallkernhöhe von 3—4 m. Auf der 10. bis 11. Horizontalschicht lag im Nordschnitt auf der Feldseite des Wallkörpers eine kräftige Brandschicht; da auch der anliegende Boden z. T. starke Rötungen aufwies, muß diese Brandschicht an Ort und Stelle entstanden sein, d. h. wir haben hier eine Fortsetzung des Wallkörpers als Hohlkörper aus Holz, wohl als überdachten Wehrgang, zu erschließen. Die Breite dieses Absatzes auf dem Wallkörper betrug 2,0—2,40 m. Das Zentrum des Wallkörpers und der burghofseitige Wallteil setzt sich in einer Breite von etwa 2,8—3 m als Balkenrostkonstruktion mit Erdfüllung um weitere 4—5 Schichten nach oben fort, so daß wir hier eine Wallhöhe von insgesamt 14—16 Rostschichten oder 4,5—6 m erhalten. Erst auf der oberen Holzrostschicht mit Erdfüllung lag eine kräftige Brandschicht, die gleichfalls auf Zerstörung eines Hohlkörpers als oberen Wallabschluß zurückgehen muß. Die Überhöhung des Wallkernes um 4—5 Schichten entsprach einer Höhe von 1,50—2,0 m (heute noch 1 m) (Beilage 3; Abb. 5; Taf. 2).
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
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Am wahrscheinlichsten ist nach diesen Beobachtungen zum Walloberbau die Annahme eines 2 —2,5 m breiten Wehrganges auf der vorderen Abtreppung des Wallkörpers, der von einer nicht mehr im einzelnen erkennbaren Holzkonstruktion geschützt war. Ein zweiter Wehrgang verlief auf der Wallkrone, gleichfalls, wie die Brandschichten ergaben, durch Holzkonstruktion (Brustwehr und Überdachung) geschützt. Weitere Einzelheiten des Oberbaues sind jedoch nicht mehr zu erschließen. Die Rückfront des Walles war deutlich nach oben mit jeder Rostlage ein wenig weiter eingezogen, so daß eine leichte Schräge entstand (Beilage 3). Reste oder Verfärbungen von senkrechten Hölzern im Wall wurden nicht festgestellt.
2,0
1
4,8
1
2,5
Abb. 5. Tornow. Bauschema von Wall A
Die Querstämme des Rostes ragten über die Längsstämme an der Außen- und Innenseite der Wehrmauer etwa 20—30 cm hinaus. Eine gegenseitige Verbindung durch Verblattung ließ sich nicht nachweisen, ist jedoch nicht auszuschließen. Mit Sicherheit wurde als Konstruktionselement zur Verbindung von Quer- und Längsbalken der Asthaken angewendet. Im Nordschnitt fanden sich zwei Exemplare auf der Sohle des ersten Burggrabens unmittelbar an der wallseitigen Böschung in sekundärer Lage (Abb. 10; Beilage 3). Sie lagen recht tief in der Grabensohle, und die Torfschicht, die sich während des Bestehens des ersten Grabens gebildet hatte, zog über die Asthaken hinweg. Somit können sie schwerlich erst während der Zerstörung der Burg dorthin gelangt sein, sondern müssen bereits unmittelbar nach Anlage des Grabens, am ehesten wohl während der Bauarbeiten, hier verlorengegangen sein. Das Vorkommen von zwei in ihrer Größe ganz verschiedenen Asthaken dürfte ein Hinweis auf ihre häufige und allgemeine Verwendung sein, wobei die großen Exemplare entsprechend der ermittelten Stammesstärke am Unterbau des Walles, die stangenstarken Stücke dagegen wohl in der Konstruktion des Walloberbaues Verwendung fanden. Der große Asthaken wies eine oberflächliche Verkohlung auf. Da das Stück jedoch in der Grabensohle unter den Sedimentschichten des Grabens lag, die im Verlauf des Bestehens der Burg entstanden und
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JOACHIM H E E R M A N N
von den Schuttschichten der Zerstörung von Burg A bedeckt waren, ist eine Verkohlung des Asthakens beim Brand dieser Burg nicht möglich gewesen. Zunächst schien es daher nicht erklärbar, wie ein Konstruktionselement der Erbauungszeit der Burg in verkohltem Zustand in die Erde gelangen konnte. Eine Erklärungsmöglichkeit zeichnete sich ab, als im Jahre 1962 der Südwall geschnitten wurde. Im Kern des Walles ergab sich im wesentlichen der gleiche Befund wie im Nordschnitt. Die Balken des Rostes waren, soweit die Luft Zutritt hatte, verbrannt und als Balkenköpfe oder Holzkohlelagen erhalten geblieben, die in den Erdkörper des Walles als braun-graue Moderschichten weiterliefen. In diesen Moderbändern, die von verrotteten Stämmen des Balkenrostes herrührten, traten nun unvermittelt an mehreren Stellen wieder kurze Stücke von Holzkohle in geringem Umfang, z. T. nur als Sprenkel auf. Sie verliefen in Richtung der ehemaligen Stämme und waren Teil dieser Stämme gewesen. Es ist unmöglich, daß diese partielle Verkohlung der Balken durch Schwelbrand von den Wallfronten aus erfolgt war. Dann hätte sich eine Holzkohleverbindung zu den verkohlten Balkenköpfen an diesen Fronten zeigen müssen. Das jedoch war nirgends der Fall (Beilage 3). Die Pfosten beider Burgen wiesen ebenfalls teilweise Holzkohlepartikel noch auf der Sohle des Pfostenloches auf, obwohl ein Hineinbrennen des Schadenfeuers in die Pfosten nur bis wenig unter die offenliegende Oberfläche erfolgt war. Die Holzkohlepartikel im Unterteil der sonst vermoderten Pfosten können also nicht erst bei der zerstörenden Feuersbrunst entstanden sein; die Verkohlung muß vielmehr auf die Zeit vor dem Einbau der betreffenden Balken bzw. Pfosten zurückgehen. Vielleicht war die Verkohlung das Werk des Zufalls; denkbar wäre z. B., daß die verarbeiteten Stämme mit Hilfe von Mottfeuern gerodet worden sind. Die Verkohlung kann jedoch auch das Ergebnis zielgerichteter Konservierungsversuche gewesen sein. Das verwendete Bauholz wurde ja in Konstruktionseinheit mit größeren Erdmassen verbaut. Dieser Umstand förderte seinen Fäulnisprozeß. Um ihm entgegenzuwirken, hat man die Hölzer ganz oder teilweise karbonisiert. Um das schon mit Sicherheit zu entscheiden, reichen jedoch die Beobachtungen nicht aus 6 ). Einen Teil des Wallbaues bildeten die An- oder Einbauten an seiner Innenfront. Der Innenraum der Burg A konnte 1961 und 1962 zum größten Teil freigelegt werden. Da sich die Absturzschichten des Walles A und der Wallbau der Burg B in z. T. 4 m Mächtigkeit, besonders auf der Westseite darübergelegt hatten, war nur eine Untersuchung durch einen Nord- und Südschnitt in 11 m Breite und eine teilweise Untersuchung des dem Burghof zugekehrten Bereiches dieser Bauten im Süden und Osten möglich (Beilage 2; Abb. 3, 4). Unmittelbar hinter der inneren Wallbasis fand sich jeweils ein zum Innenraum der Burg auslaufender Keil von Brandschutt, der aus Holzkohle, durchglühter Erde und Asche bestand. I m Nordschnitt war dieser Keil mächtiger und fiel durch eine starke Holzkohleanreicherung besonders ins Auge, während im Süden der Holzkohlegehalt zurücktrat zugunsten bräunlichsandiger Schichten, die von vermodertem Holz verursacht worden sind (Beilage 3 ACD). Diese Schutt- und Brandschichten hatten im Ostprofil des Nordschnittes auf etwa 2,0 m Breite einen 5—10 cm starken Lehmestrich begraben, auf dem sich wenig Keramik und vereinzelt einige Knochen fanden. Der Lehmestrich war infolge starker Hitzeeinwirkung aufgetrieben und teilweise stark deformiert. Der Abschluß des Lehmestrichs gegen den Burghof erfolge am Rande eines kleinen Gräbchens von etwa 10 cm Tiefe, das nach Westen zu ungleichmäßig in unregelmäßiger Tiefe verlief. In diesem etwa 20—30 cm breiten Gräbchen endete auch die Brandschicht (Beilage 3 ACD, A 5). Der Lehmestrich konnte nur im Bereich des Ostprofiles im Nordschnitt beobachtet werden, dagegen fand sich die Mulde bis zum Südprofil und auch im Süden der Burg (Beilage 3). 6
) Ergänzend hierzu sei auf eine ältere Beobachtung an einer Holzkonstruktion vor der Fischerinsel im Tollensesee verwiesen. Die dort verwendeten Brückenpfähle hatten Längen von etwa 3,50 m und waren etwa 14 cm stark. Die Spitze eines dieser Pfähle war angebrannt (Mecklenburger Jahrbücher 52, 1887, S. 26ff.).
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
Die Funde in dem aufgedeckten Teil dieser Bauten waren sehr gering und auf einige Keramikreste und Knochen beschränkt. Dagegen ist der Phosphatgehalt im Nordschnitt/ Ostprofil z. T. sehr hoch gewesen. Die Phosphatanalyse ergab folgende Werte 7 ): Proben-Nr.
Schicht
PA-
0/ lim
1 17 10 11 12 13 2 6 20 21. 3 5 19 4 7 8 9 15 16 18 14
Schicht H unter der Basis von Wall A Schicht H unter der Basis von Wall A Kulturschicht der Burg B südlich von Speicher 10 desgl. desgl. in Nähe des Brunnens desgl. Untergrenze der Siedlungsschicht der Burg A Siedlungsschicht A unterhalb von Speicher 10 Unterteil der Kasematten hinter Wall A desgl. Absturzschicht von Wall A Absturzschicht von Wall A unter Speicher 10 Verkohlter Balken von Wall A Speicher 10, nahe der Rückwand Brandschutt von Speicher 10 Unterteil des Brandschutts von Speicher 10 Brandschutt von Speicher 10 nahe der inneren Wand Brandschutt von Speicher 10 desgl. Absturzschicht von Wall B Humus unterhalb der Rasendecke
0,08 0,12 0,10 0,09 0,08 0,09 0,21 0,19 1,01 0,11 0,19 0,16 0,16 0,42 0,09 0,30 0,11 0,12 0,16 0,06 0,07
Dem P 2 0 5 -Gehalt der humosen Schicht H mit höchstens 0,12 steht maximal ein neunfach höherer Wert in den Kasematten gegenüber, bei einer anderen Probe liegt er jedoch im Schwankungsbereich der Werte aus der Schicht H. Die Werte der Siedlungsschicht A sind höchstens um das Doppelte erhöht gegenüber denen in der Schicht H und etwa gleichhoch wie die aus den Absturzschichten von Wall A. Im allgemeinen werden die Werte zu erklären sein durch den P 2 0 6 -Gehalt des an den Probeentnahmestellen überall vorhandenen Holzmoders von der Wallkonstruktion. Von einer anhaltenden echten Siedlungstätigkeit zeugen sie nicht. Lediglich der wesentlich höhere Wert in den Kasematten dürfte als solcher „Siedlungsanzeiger" zu werten sein, der jedoch, wie die folgende Probe aus dem gleichen Bauwerk (Nr. 21) ergab, allein steht. Der Befund hinter dem Wall ist nur so zu deuten, daß hier eine Zone von hölzernen Bauten bzw. ein Hohlkörper bestanden hat, bei dem es sich nach der Intensität des Brandes, der Masse und Art des Brandschuttes und dem Wandgräbchen an der Burghofseite um Blockbauten gehandelt hat. Der Boden dieser Bauten war nur im Ostprofil (Beilage 3 ACD, A 4) durch einen besonderen Lehmestrich ausgeschlagen. Während des Bestehens dieser Bauten drang aus dem Wallkörper, wohl durch nicht sehr paßgerechte Stellen der Rostkonstruktion, Erde in diesen Hohlraum ein (Beilage 3 ACD, unterhalb A 6). Das geschah nach der Anlage des Estrichs und vor dem Brand des Gebäudes. Herdstellen wurden in dem untersuchten Teil der Bauten nicht angetroffen. Die geringe Fundfrequenz, das Fehlen von Herdstellen und die Beobachtung, daß der im Nordschnitt eingedrungene Sand nicht wieder ausgeräumt wurde, zeigen, daß mit keiner ständigen Besiedlung in diesen Bauten zu rechnen ist. Vielmehr dürfte es sich bei ihnen lediglich um Unterkünfte für einen zeitweiligen Aufenthalt gehandelt haben. 7
) Die Phosphatanalyse wurde freundlicherweise von Herrn Chemie-Ingenieur F. Maiwald durchgeführt.
2
Herrmann, Tornow und Vorberg
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JOACHIM H E E R M A N N
Die Höhe dieser Anbauten und ihre Bedachung erscheinen fraglich. Ausgehend von dem engen Zusammenhang zwischen diesen Bauten und dem Wallkörper ist anzunehmen, daß dieser Zusammenhang auch in der Konstruktion bestand. Die festeste Konstruktion konnte zweifellos erreicht werden, wenn eine der quer zum Wall verlaufenden Balkenschichten als obere Abdeckung der Anbauten durchgeführt war. Dadurch hätten die Anbauten eine große Stabilität gewonnen; andererseits wäre so eine Abtreppung des Walles auf der Burghofseite entstanden, die sein Besteigen für die Verteidiger erleichterte. Die Anbauten wären dann als Hohlräume des Walles aufzufassen und könnten als Kasematten bezeichnet werden. Diese Anbauten waren mit Erde bedeckt. Nur auf diese Weise sind die verhältnismäßig großen Erdmassen, die auf dem Brandschutt der Anbauten lagen und deren Erklärung zunächst große Schwierigkeiten bereitete, zu deuten. Denn ihre ausschließliche Herkunft aus dem Wallkern ist nicht klar ersichtlich und nicht zu begründen; verläuft doch die Brandschicht des oberen Wallaufbaues deutlich und nahezu waagerecht bis nahe an die Hinterfront des Walles ohne wesentliche Verwerfungen (Beilage 3 ACD, A 8; Taf. 2a). Die Wehrmauer der ersten Burg war, um die vorhergehenden Beobachtungen zusammenzufassen, eine Holz-Erdemauer in asymmetrischer Rostkonstruktion unter Verwendung von Asthaken und Abtreppungen nach der Feld- und nach der Burghofseite. Eine schematische Darstellung zeigt Abb. 5. Eine besondere Verkleidung der Außenseite des Walles ließ sich an der Burg A nicht nachweisen. Vor dem Wall verlief eine flache Berme, die im Norden 2 m, im Südosten noch etwa 1,0 m breit war. Ihre Breite nahm also im gleichen Maße wie die Stärke des Walles auf der Wiesenseite ab. Die Berme diente als Schutz gegen Abrutschen oder Unterhöhlen der Wallbasis vom Graben aus. b) Der Graben
Der Graben schloß unmittelbar mit einer ungleichmäßig eingeschnittenen Böschung an die Berme an. Eindeutige Böschungssicherungen ließen sich nicht erkennen. Im Nordschnitt (Beilage 3a; Taf. 3b) fand sich jedoch ein kleines Gräbchen an der wallseitigen Grabenböschung, von dem in den Graben hinein ein Holzkohleband ausging. Diese Beobachtung ließ sich in anderen Schnitten nicht wiederholen. Im Südschnitt (Beilage 3b) fanden sich einige graue Verfärbungen, die die Grabensohle im Spitzen Winkel durchschnitten und den Eindruck erweckten, als ob sie Teile einer ehemaligen Böschungssicherung waren. Einzelheiten und Struktur dieser vermuteten Sicherung waren nicht mehr zu erkennen. Die Breite das Grabens ist noch mit 4,20 m im. Nordschnitt und annähernd 7 m im Südschnitt meßbar (Beilage 3 a). Auf der Nordseite (Wiesenseite) ist ein Teil durch den späteren Graben der Burg B zerstört worden. Legt man den Böschungsverlauf der Grabensohle im erhaltenen Teil des Grabens zugrunde, so ergibt sich hier eine ehemalige Breite von 5—6 m. Unterschiedlich war die Tiefe des Grabens. Während er auf der nördlichen Wiesenseite nur etwa 0,80 m tief unter die Basis des Walles (T. 5, 10), d. h. unter das Niveau des Burghofes hinabreichte, lag seine Sohle im Süden auf der Angriffsseite etwa 1,60 m tief unter dem Niveau der Wallbasis (T. 4, 30). Die Sohle des südlichen Burggrabens lag damit nur 0,20 m höher als die des Brunnens (T. 4, 10), wird also stets mit Wasser bedeckt gewesen sein. Wie der Vergleich der beiden Profile des Nordschnittes zeigt (Beilage 3a und 3b), fand der Übergang zwischen flachem Graben auf der Wiesenseite und tiefem Graben auf der Angriffsseite im Bereich dieses Schnittes statt. Nehmen wir die drei Elemente der Befestigung — Wall — Berme — Graben — zusammen, so ist deutlich zu erkerinen, daß die kreisförmige Befestigung im Hinblick auf ihre Stärke asymmetrisch aufgebaut war. Auf der Angriffsseite war sie breiter und höher als auf der Wiesenseite.
+
Abb. 6. Tornow. Planum im Tor der Burg A. A Kern von Wall A; T In den Tortunnel gestürzte Erd- und Holzschichten; Tx Torwangen
c) Das Tor Von Süden führte ein Tor durch den Befestigungsring in die Burg. Das Tor war organisch in den Wallkörper unmittelbar bei dessen Errichtung eingefügt worden, und zwar so, daß die Basis des Walles auch die Basis der Tordurchfahrt bildete. Das Tor war folgendermaßen aufgebaut (Beilage 6, Schichten A; Taf. 4; Abb. 6; 7): In den durch Brandrodung vorbereiteten Baugrund wurden beiderseits der geplanten Torgasse in lichtem Abstand von 2 m zueinander zwei Gräbchen ausgehoben, in die dicht bei dicht nach Art der Stabbautechnik Rundhölzer in einer Stärke von etwa 15—20 cm eingesetzt worden sind. Die beiderseits der 2»
20
Joachim Hekbmann + T7m
Stabwände verbleibenden Gräbchenteile wurden sodann verfüllt und wahrscheinlich zugestampft. Diese Bauweise der Torwangen ist deutlich aus den Profilen und Plana (Beilage 6; Abb. 6) zu erkennen. Die beiden in Stabbautechnik aufgeführten Torwangen waren im Oberteil durch Riegel quer zur Torrichtung verbunden, wie einige hereingebrochene Balkenreste zeigten. Über die Art und die +2 Häufigkeit dieses Verbandes waren keine Beobachtungen möglich. Auf diesen Querriegeln haben mit Sicherheit jedoch stangenstarke Hölzer längs zur Torrichtung gelegen, die nach ihrer Häufigkeit eine geschlossene Schicht gebildet haben +0 + +0 2 4 müssen und den Tortunnel auf Abb. 7. Tornow. Schnitt und Planum durch die Wangen vom Tor diese Weise abdeckten. Als Boder Burg A. A Kern von Wall A: 1 Holzkohle von der Brandrodung; denbelag für die Tordurchfahrt 2 Reste der Rostkonstruktion; 3 Stämme der Torwangen; 4 Estrich; haben Holzbohlen gedient, von de5 Torverfüllung; a anstehender Boden; b) Wangengräbchen; 6 Längsnen einige geringe Verfärbungen schnitt durch das östliche Wangengräbchen zurückgeblieben sind (Abb. 7, 4). Die Breite des Tortunnels betrug etwa 2 m ; die Höhe der zusammengestürzten Wangen war noch mit 2 m zu ermitteln (östliche Torwange, Beilage 6, Profil M—N, A3). Die Holzkohleschichten und Absturzschichten der Torwangen setzten unmittelbar in Höhe des noch erhaltenen Wallkörpers der Burg A ein, d. h. es kann keine wesentliche Erdschicht über der Stangenholzabdeckung des Tortunnels gelegen haben. Die Schichten, die den Tunnel bei und nach der Zerstörung ausgefüllt haben, rühren eindeutig vom Wallkörper her, der beiderseits der Torwangen angrenzte. Lediglich im Unterteil der verfüllten Torruine fanden sich Erdschichten, die keine Brandspuren aufwiesen. Ihre Lage und Schichtung wechselten sehr stark. Bei dem Füllmaterial handelt es sich um Sand, der gleichfalls im Wallkörper vorhanden ist, der jedoch nach seiner stratigraphischen Beziehung im Profil (Beilage 6, M—N) älter als der Brandschutt des Tores sein müßte. Wohl wäre an eine Verfüllung des Tores bei beginnender Belagerung durch die Verteidiger zu denken. Dagegen spricht jedoch die Ungleichmäßigkeit der Schichtenlage und ihre relative Schwäche. Die einfachste Erklärung dürfte sein, daß bei Einsturz des Tores hier ein Hohlraum entstand, der sekundär bei weiterem Einsturz der allmählich verrottenden unteren Wallhölzer von den angrenzenden Erdschichten des Walles gefüllt wurde. Als Tortyp in Burg A ist ein hölzernes Tunneltor mit Stab wänden und Stangenholzbedachung zu rekonstruieren, das wahrscheinlich bis in die Höhe des Wehrganges hinaufgeführt war (Abb. 8). Wie der Schnitt in P 3 ergab (Abb. 6), ist auch im Bereich des zweiten, höher gelegenen Wehrganges der Tortunnel wahrscheinlich bis zu dessen Sohle durchgeführt gewesen. Der Zugang zum Tor wird über eine Brücke von der benachbarten Siedlung aus erfolgt sein. Es war jedoch nicht mehr möglich, besondere Schnitte zur Feststellung ihrer ehemaligen Trasse und ihres Aussehens anzulegen. Der weitere Verlauf des Tores durch das Wallinnere ließ sich z. T. aus dem Planum P 3 entnehmen sowie aus den entsprechenden Untersuchungen im Burginnenraum (Abb. 6).
GL—
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
21
I n gradliniger Verlängerung der Torgasse über die hintere Wallfront hinaus wurde als Bestandteil der Kasemattenbauten ein Keller angetroffen. Durch diesen und das dazugehörige Gebäude wurde folglich der gradlinige Zugang vom Tor zum Innenraum der Burg verwehrt (Beilage 6 oben; Abb. 3; Abb. 53). I m Planum P 3 zeigte die westliche Torwange eine deutliche Abknickung, während die östliche Wange und damit der Wallkörper noch gradlinig weiterverlief, wahrscheinlich bis zu dem unterkellerten Bauwerk an der Tormündung. Bedauerlicherweise war eine detaillierte Untersuchung des fraglichen Tormündungsbereiches nicht möglich, und genaue Maße und Formen sind daher nicht ermittelt. Insbesondere war nicht zu klären, wie weit der Kasemattenbering von Westen her die abgeknickte Torgasse einengte. Auf dem schematisierten Grundriß (Abb. 53) ist der gleiche Wert für die Breite der Durchfahrt angenommen, wie er für das Tor selbst ermittelt wurde. Ein besonderer Überbau der inneren Tormündung war nicht feststellbar. Torverrammlungen konnten nicht nachgewiesen werden. Sie sind anzunehmen in der äußeren Wallflucht, an der hinteren Wallflucht und evtl. nochmals in der rückwärtigen Flucht der Kasematten. Auf diese Weise wären die Verteidigungsmöglichkeiten, die das vorliegende Torschema bot, voll ausgenutzt worden.
3. Die Bebauung a) Südteil
des
des
Burghofes
Kasemattenberinges
Der Kasemattenbering um den Burghof und die Konstruktion dieser Bauten wurden bereits im Zusammenhang mit der Wallkonstruktion erörtert. Eine besondere Ausbildung innerhalb dieses Beringes erfuhr der Teil, der dem Tor im Osten benachbart war. Im letzten Bauwerk vor dem Tordurchgang wurde eine eingetiefte Holzkonstruktion angetroffen. Sie war in Blockbautechnik aus 10—15cm starken Rundhölzern in einer vorbereiteten Grube 1,80m tief eingelassen worden. Die meßbare lichte Breite betrug 1,15—1,20 m an der Nordseite, die
H
2,0m
h
Abb. 8. Tornow. Bauschema vom Tor der Burg A
22
JOACHIM H E R R M A N N
West- und Ostseiten konnten nur zum Teil, die Südseite gar nicht freigelegt werden. Die Sohle des Bauwerkes lag bei T. 4,80, d . h . 40—50cm höher als die Sohle des Burggrabens und 70 cm höher als die Brunnensohle. Eine Verwendung der Kastenkonstruktion als Brunnen dürfte danach ausscheiden, vielmehr handelt es sich um einen Keller. Die Holzwände waren noch in 4 1 / 2 Lagen verhältnismäßig gut erhalten, der Oberteil war verrottet. Die Freilegung des Innenraumes des Kellers war wegen der ungünstigen Schichtenverhältnisse nicht mehr möglich. Vom Oberbau des Gebäudes ließen sich in der grau-schwarzen Humusschicht keine Einzelheiten mehr erkennen (Beilage 6 O—P, A 1). b) Gebäude am Tor Nordöstlich dieses Gebäudes schloß ein wohl rechteckiges Bauwerk an. Seine Ausdehnung war nach einer kräftigen Brandschicht verhältnismäßig gut zu bestimmen. Der Brandschutt war an den Rändern aufgewölbt (Beilage 6 O—P, A 2). Von der Brandschicht gingen mehrere Pfosten aus (Abb. 3), die annähernd in Nord-Südrichtung unregelmäßig gesetzt waren. In der Brandschicht fand sich mehrfach in Linsen gehäuft Getreide (Nr. 396, 402, 412, 415, 422 u. a.), Keramik in größerer Menge, hin und wieder guterhaltene Gefäßreste (unten S. 26), die Pfeilspitze und eine Eisenschüssel (Abb. 9). Bei dieser Stelle, die die fundreichste in der ganzen Burg war, handelt es sich um die Reste eines Bauwerkes, das im Gegensatz zu den übrigen Gebäuden ständig benutzt wurde. c) Mahlhaus Ein weiteres Gebäude lag im Nordwesten des Burghofes (Abb. 3). Es war nicht mit dem Kasemattenbering verbunden. Das Bauwerk nahm nach der Ausdehnung der rötlich gebrannten unterlagernden Erde und den Pfostensetzungen am Rande der Brandschicht eine Fläche von etwa 2,20 x 5,00 m, wohl mit überbautem Zugang im Osten ein. Es war ebenerdig, ein besonderer Bodenbelag war nicht nachzuweisen. Nach den spärlichen Hinweisen auf die Wandkonstruktion war eine Kombination von Block- und Pfostenbau, ebenso wie im Gebäude am Tor, verwendet worden. Firstpfosten fehlten. Im Westteil des Hauses befand sich eine Grube von etwa 1,20 X 1,50 m Durchmesser, die wahrscheinlich mit organischem Material ausgekleidet gewesen ist. Auf andere Weise wäre die Erhaltung der Abgrabungskanten der Baugrube nicht möglich gewesen., Die Tiefe der Grube betrug etwa 80 cm. Darin fand sich eine komplette Drehmühle (Nr. 273) (Beilage 5, Profil i—i'). Beide Steine lagen leicht geneigt noch aufeinander, d. h. die Mühle muß im Bereich der Eintiefung ursprünglich ihren Platz gehabt haben. Bei einem Sturz aus größerer Höhe hätten sich die Steine wohl kaum zusammengehalten, wie die Verhältnisse in der zweiten Burg gezeigt haben. Oberhalb der Mühle hatte sich die Brandschicht des Oberbaues des Gebäudes abgelagert. Auf eine ehemalige Überdeckung der Grube, auf der die Mühle hätte stehen können, fanden sich keine Hinweise. Am wahrscheinlichsten ist daher, daß die Mühle ursprünglich am Rand der Grube stand und daß in dieser entweder ein Behälter zum Auffangen des Mehls oder der Standplatz des Mahlenden sich befunden hat (Mahlgrube) 8 ). Das besprochene Gebäude ist somit als Mahlhaus zu deuten. Außer der Mühle fanden sich in dem Haus nur noch wenige Keramikreste. d) Brunnen Annähernd in der Mitte des Burghofes lag der Brunnen. Seine Zugehörigkeit zur ersten Burg ist dadurch gesichert, daß sich über seiner Baugrube Spatenstiche bzw. Erdentnahmespuren fanden, die unterhalb der Kulturschicht der Burg B lagen. Diese können nur ent8
) Eine derartige Mahlgrube mit Drehmühle wurde auch in der jungslawischen Siedlung von Booßen, Kr. Lebus, beobachtet. - A. Götze 1920, S. 7.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg A
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standen sein, als die Burg B auf der Ruine der Burg A angelegt wurde durch Beseitigung des Brandschuttes und bei der Herrichtung des Innenraumes für die neue Burg (Taf. I I a ) . Der Brunnen war lang-viereckig und hatte die Form eines Trapezes (Taf. I I b ; Abb. 17). Die Brunnensohle lag bei T. 4,10, d. h. der Brunnen war im Verhältnis zur Oberfläche etwa 2 m tief. Seine lichte Länge betrug auf der Sohle 2,22 x 0,8 m bzw. 0,9 m. Die Maße an der höchsten Stelle des etwa 1,15 m hohen erhaltenen Holzkastens: Länge 2,40 bzw. 2,60 m ; Breite 1,10 bzw. 1,20 m. Der Brunnenkasten war folgendermaßen aufgebaut. Eine Lage gespaltener Kiefernstämme bildete den unteren Kranz. Darüber waren Bohlenwände aus 25—45 cm breiten und 4—8 cm starken Eichenbohlen gesetzt, die mit dem Beil aus entsprechenden Stämmen sehr sauber herausgetrennt worden waren. Der untere Kranz aus gespaltenen Stämmen wurde in seiner Lage durch Eckpfosten gehalten, die aus Viertelstämmen von Eichen bestanden. Sie waren so getrennt, daß die runde Stammoberfläche nach innen wies und an den Spaltseiten die Wandstämme anlagen (mit Ausnahme der Nordostecke) (Taf. 11c; Abb. 17). Die Stirnseiten der Spaltstämme des unteren Kranzes stießen gegen vier lange Eckpfosten, die ursprünglich bis zur Mündung des Brunnenschachtes hinaufgereicht haben. Ihre später abgeknickten Oberteile fanden sich in der Schuttfüllung des Brunnens. Diese Eckpfosten waren gleichfalls durch Spaltung von Eichenstämmen gewonnen, jedoch zu annähernd viereckigen Kanthölzern behauen. Hinter diesen vier Eckpfosten lag die eigentliche aufgehende Brunnenwand aus Eichenbohlen. Die Schmalseiten dienten dabei als zusätzliche Versteifung für die über die Ecken 10—20 cm hinausgeführten Bohlen der Längsseiten. Der Boden des Brunnens, besonders die an den unteren Kranz angrenzenden Teile, war mit Steinen verschiedener Größe ausgelegt. Diese Steine verhinderten einerseits, daß übermäßig viel Sand in den herabgelassenen Schöpfeimer geriet. Andererseits ließen sie es nicht zu, daß der Brunnen durch das Ausschöpfen von Sand weiter vertieft, dabei infolge des von den Seiten nachfließenden Sandes der untere Kranz unterhöhlt und dadurch schließlich ein Nachsinken des umgebenden Bodens hervorgerufen wurde. Der Brunnen erhielt sein Wasser aus der umgebenden kiesig-sandigen, z. T. aus sehr grobem Material bestehenden Schicht. Die Sohle des Brunnens lag 30 cm tiefer als die Sohle des Burggrabens an seiner tiefsten Stelle. Wir haben also eine einigermaßen stetige Wasserführung des Brunnens anzunehmen. Hinweise auf einen Steinkranz als oberen Abschluß des Brunnenschachtes oder eine Überdachung des Brunnens der ersten Burg ließen sich nicht gewinnen. Der Brunnen überstand zumindest in seinem Unterteil den Brand der ersten Burg und wurde bei Errichtung der Burg B geräumt und ausgebaut. Funde der ersten Burg ließen sich daher im Brunnen nicht mehr nachweisen. e)
Getreidesilo
Unmittelbar südlich des Brunnens befand sich ein kleines Getreidesilo. Eine fast dreieckige Grube von etwa 1 m Seitenlänge war muldenförmig 30—40 cm eingetieft und mit Stroh (?) oder einem anderen organischen Material ausgelegt. In diesem Silo lag eine etwa 10—15 cm starke Schicht verkohlten (gerösteten?) Getreides (Taf. l l d ; Beilage 3 b ; Abb. 3). Abgedeckt war das Getreide mit einer Sandschicht, die in der Mitte stärker war und an den Rändern schwächer auslief (Beilage 3b, Schicht A3). Außer diesen Spuren einer Innenbesiedlung und Innenbebauung der Burg A fanden sich nur noch verstreut einige z. T. schwache Pfosten, deren funktionelle Deutung nicht möglich war. Der größte Teil des Burginnenraumes war unbebaute Freifläche (Abb. 3; Abb. 53).
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JOACHIM H E R R M A N N
4. Die Funde der Burg A a) Getreide Getreidefunde sind in dem lang-rechteckigen Bau am Tor innerhalb des Brandschuttes geborgen worden. Das Getreide befand sich hier in großen Anhäufungen, z. T. rein, z. T. stark mit Brandschutt vermischt. Besonders gehäuft lag es an den Rändern der Brandschicht, also wohl im ehemaligen Wandbereich. Neben Roggen, Weizen und Gerste wurde mehrfach Hirse (unten S. 175) beobachtet (Beilage 6, O—P, A 2). Den zweiten Getreidefund enthielt das Silo im Süden des Brunnens (Abb. 3; Nr. 63). Es waren hier insgesamt 26,6 kg Roggen mit Vorfrucht Weizen und Gerste im gerösteten Zustand eingelagert worden. Die Form des flachen Silos ist im übrigen in Tornow unbekannt. Zur Getreideaufbewahrung dienten im slawischen Bereich entweder tiefe, birnenförmige Gruben mit organischer Verkleidung, die eine Luftzufuhr und damit Beeinträchtigung der Qualität des Getreides verhinderten 9 ), oder die trockene Aufbewahrung an der freien Luft. Die in Tornow gewählte Form erklärt sich nur aus der Grundwasser nähe, die die Anlage eines tiefen Silos nicht zuließ, und war wohl auf kurze Zeit berechnet. Die zweite Form der Aufbewahrung an einem gutdurchlüfteten Ort war die zuverlässigere Art bei den in Tornow bestehenden Grundwasserverhältnissen. Auf diese Weise sind die Getreidefunde am Tor zu erklären. Die Getreidelinsen, die angetroffen wurden, lagen sekundär im Brandschutt. Entweder war das Getreide in Tongefäßen, von denen eine größere Anzahl hier z. T. im Getreide gefunden wurde, in organischen Gefäßen oder auf einer Dielung aufgeschüttet. Die Konzentration in der Nähe der ehemaligen Wand könnte für eine Schüttung besonders in deren Bereich sprechen. Möglicherweise war das Gebäude auch zweistöckig, und das Getreide lag auf dem Oberboden. b) Keramik Außer Getreide fand sich in Burg A verhältnismäßig wenig Keramik, die vereinzelt in den Anbauten hinter dem Wall, wie auch in dem Gebäude mit Mühle angetroffen wurde. Der größte Teil der Keramik — vor allem nahezu vollständig erhaltene Gefäße — wurden in dem Gebäude unmittelbar östlich des Tores, z. T. zwischen dem Getreide angetroffen. Eine ausführliche Behandlung der Keramik, ihre Klassifizierung und Einordnung erfolgt im Zusammenhang mit der Keramik aus Burg B, da zwischen beiden Fundkomplexen keine wesentlichen Unterschiede bestanden haben. Von dem Formenschatz der Tornower Burgen (vgl. Beilage 8) sind in der ersten Burg vertreten: Form A 1 A2 A3 A4 B1 B2 B3 C1 C2 C3 Dl D2 D3 E
mit 18 Gefäßresten mit 2 Gefäßresten mit 3 Gefäßresten mit 3 Gefäßresten mit 6 Gefäßresten mit 4 Gefäßresten
,—
mit 39 Gefäßresten mit 12 Gefäßresten mit 1 Gefäßrest mit 3 Gefäßresten mit 13 Gefäßresten mit
1 Gefäßrest 105 Gefäßreste
') Vgl. J . Kudrnaö 1958. Ähnliche birnenförmige Silos sind aus Frankfurt/O. (R. Breddin, AuF4, 1959, S. 86ff.) und Lebus (W. Unverzagt, NB117, 1941, S. 251 f.) bekannt,
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Lehmwannen ließen sich in der ersten Burg nicht mit Sicherheit feststellen. Die Zahl von 105 Gefäßresten gibt jedoch keineswegs die Zahl der Gefäße an, die in der Burg tatsächlich zur gleichen Zeit vorhanden waren. Bei der verschiedenen Farbe ein und desselben Gefäßes, die z.T. durch sekundären Brand verursacht worden ist, ist es nicht immer möglich gewesen, die zu einem Gefäß gehörenden Teile als solche zu identifizieren. Eine größere Anzahl von Gefäßen erscheint dadurch mehrfach. Einen verläßlichen Anhaltspunkt über die Zahl der tatsächlich ehemals vorhandenen Gefäße ergibt die Zahl der gefundenen Gefäßböden. Danach sind insgesamt nur 16 Gefäße zur Zeit der Zerstörung der Burg in den untersuchten Bauwerken vorhanden gewesen. Selbst wenn wir berücksichtigen, daß der eine oder andere Boden infolge des sekundären Brandes zersprungen ist und sich später aufgelöst hat (die Böden sind dafür besonders anfällig, sie spalteten sich nach mehrfacher Beobachtung in ihre ursprünglichen Schichten auf und zerbröckelten), wird auf diese Weise kein allzu großer Schwund verursacht worden sein. Eine zweite Fehlerquelle liegt darin, daß die Anbauten hinter dem Wall nicht vollständig freigelegt worden sind. Nach den Bedingungen, die in den untersuchten Abschnitten angetroffen wurden, ist jedoch ein erheblicher Verlust in diesem Bereich nicht zu erwarten. Es wurden geborgen: a) Aus dem untersuchten Teil der Kasematten bzw. der schwachen Kulturschicht im Innenraum: Form
Anzahl
AI A2 A3 A4 B 1 B 2 B 3
C1
7
5, 11, 429, 488, 975
2 3 3
5, 11 5, 496 5, 8, 473
29 6
C 2 C 3 Dl D2 D 3
Inv. Nr.
4
5, 8, 11, 277, 330, 331, 332, 363, 364, 488, 496, 521 5, 328, 339, 371, 824, 966 292, 363, 371, 975
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b) Aus dem Gebäude am Tor: Form AI A2 A3 B 1 B 2 B 3
C1
C 2 C3 Dl D 2 D3
Anzahl
Inv. Nr.
6 2 2 3 1
397,409, 439,445,992 403,409 397 397,427 445
9 6 1 2 9
397, 399, 400, 445, 521, 992 399, 408, 409, 413 407 445 409, 413, 427, 515, 521, 989
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JOACHIM HERRMANN
Dieses Verhältnis 54 zu 41 Gefäßresten besagt noch wenig zu der Frage, wieviele Gefäße in den einzelnen Teilen der Burg zur Zeit des Brandes sich befunden haben. Das wird sehr deutlich, wenn wir die Fundumstände der Gefäßböden vergleichen. Es wurden gefunden: Anzahl
Inv. Nr.
a) in den Anbauten hinter dem Wall und der angrenzenden Kulturschicht: Ohne Achseindruck Mit verschmiertem Achseindruck Achspositiveindruck Achsnegativeindruck
363 1
277
1 3 1 9
430 480, 409, 426 445 181, 403, 427, 418, 423, 181, 445, 515
b) In dem Gebäude am Tor: Ohne Achseindruck Mit verschmiertem Achseindruck Achspositiveindruck Achsnegativeindruck
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Es besteht also eine offensichtliche Diskrepanz zwischen der Fundstreuung von Gefäßoberteilen und Bodenstücken. Die Gefäßoberteile, die in der Gruppe Tabelle A zusammengefügt sind und die im Bereich der Kasematten gefunden wurden, sind verhältnismäßig klein, während aus dem Gebäude am Tor Gefäßhälften und große Stücke von Gefäßen vorliegen, z. T. mit Böden (Taf. 18c; Abb. 23e; 24a, f; 25c; 26d; 28e, f). Aus diesen Beobachtungen ergibt sich die Schlußfolgerung, daß tatsächlich nur das Haus am Tor bewohnt war bzw. zu Speicherzwecken benutzt wurde, soweit Keramik dabei zur Verwendung kam. Die übrigen Scherbenfunde sind als Streufunde zu betrachten, die in ihrer Mehrzahl nicht von ganzen Gefäßen, die bei Vernichtung der Burg zerschlagen wurden, herrühren, sondern die im Verlauf längerer Benutzung der Burg sich nach und nach angesammelt haben bzw. von zerschlagenen Gefäßen nachgeblieben sind. Von 16 Gefäßböden wiesen 11 noch meßbare Eindrücke der Drehscheibe auf. Die Achseindrücke hatten folgende Maße:
a) Achsnegativeindruck
b) Achspositiveindruck
Tiefe
Durchmesser mm
Inv. Nr.
0,5 2 4-5 2 3 4-6 4-6 3 4-6 3 0,5
12 12 12 15 15,5 15,5 15,5 20 24 27 22
277 181 181 403 427 418 418 423 515 445 445
Bis auf Nr. 277 kommen alle Böden aus dem Gebäude am Tor. Die Gefäße sind, wie die z. T. recht unterschiedlichen Maße der Eindrücke und darüber hinaus ihre Formen deutlich zeigen, auf verschiedenen Drehscheiben hergestellt worden. Lediglich die beiden Böden Nr. 418 dürften ein und derselben Scheibe ihre Negativeindrücke verdanken. So läßt sich feststellen, daß in dem Torgebäude zur Zeit seiner Zerstörung von 14 dort vorhandenen Ge-
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fäßen mit Sicherheit 8 auf verschiedenen u n d nur 2 auf derselben Drehscheibe hergestellt worden sind. Bei 4 Gefäßen war eine Entscheidung wegen der Unkenntlichkeit der Abdrücke nicht möglich. c) Eisengegenstände I m Brandschutt des Gebäudes am Tor fanden sich einige Metallfunde: eine eiserne Schüssel (Nr. 444), Randdurchmesser 196 mm, Gewicht 670,0 g; eine eiserne Pfeilspitze (Nr. 433) und der Rest eines Eiseisens (Nr. 500) (Abb. 9).
Abb. 9. Metallfunde aus Burg A. a) Nr. 444; b) Nr. 500; c) Nr. 443. 1: 2
d) Mahlsteine I n der Grube im Nordwestteil der Burg fanden sich die kompletten Steine einer schon erwähnten Drehmühle (Nr. 273, Abb. 42, Beilage 5, Profil i—i'). Mahlsteinbruchstücke lagen außerdem am Tor (Nr. 501) und im Westteil des Innenhofes (Nr. 746), Nach der mineralogischen Bestimmung waren die Mahlsteine Nr. 273 und 746 aus Geschiebe hergestellt, und zwar aus Biotitgranit und Charnockit. Dagegen bestand Nr. 501 aus „rotem FeldspatSandstein (möglich Rotliegend NW-Sachsens, Porphyrherkunft benachbart)" (unten S. 158). 5. Die Zerstörung der Burg A Die Burg A fand in einer ausgedehnten Brandkatastrophe, deren Spuren sich in allen Schnitten beobachten ließen, ihr Ende. I m Verlauf des Brandes wurden die wenigen Bauten der Innenfläche (Haus am Tor, Mahlhaus und Kasematten) restlos zerstört. Ebenso brannten
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JOACHIM HERRMANN
alle Teile der Wehrmauer nieder, die aus Holz bestanden und die der L u f t Zutritt gewährten ; das waren vor allem die Hohlkörper des Oberbaues der Wehrmauer, von denen n u r eine starke Brandschicht übrig blieb (Beilage 3 a, Taf. 2), vor allem aber auch die Rückfront der Wehrmauer. Hier boten besonders die Hohlräume der in Blockbauweise errichteten Kasematten dem Feuer reichlich Nahrung. Die Hitzewirkung war daher beträchtlich und f ü h r t e zu einer Rötung der unterliegenden Erdschichten. Auf diese Weise konnten auch die Balken der Rückfront des Walles verhältnismäßig stark angegriffen werden. Die z. T. 30 cm vorstehenden Balkenköpfe der Rostkonstruktion brannten zumeist ganz ab und verkohlten noch bis zu 30 cm in den erdegefüllten Wallkörper hinein. Die Balken, die längs der Wallrichtung verliefen, wurden hingegen häufig nur auf ihrer Außenseite vom Feuer angegriffen (Taf. 3a). Durch den Brand wurde jedoch die Hinterfront des Walles und ihre konstruktive Festigkeit so stark erschüttert, daß sie dem Druck der im Wallkörper vorhandenen Erdmassen nicht mehr standhielt, sondern in den Innenraum hineingedrückt wurde. Die herabstürzenden Schuttmassen bildeten zusammen mit dem Schutt der Kasematten einen etwa 6 m weit den Innenraum überdeckenden Erdkeil. Die Vorderfront des Walles scheint nicht im gleich starken Maße vom Feuer beeinträchtigt worden zu sein, weder im Südschnitt noch im Nordschnitt ließen sich im erhaltenen Unterteil Brandspuren feststellen. Dagegen war im Nordschnitt der obere Teil der Vorderfront sicher verbrannt und zerfallen (Beilage 3 a). Das Tor wurde vollständig vernichtet. Das Oberteil des Tortunnels verbrannte, u n d die hinter den Tunnelwänden aufgeschüttete Erde des Walles stürzte hinein und füllte den Hohlraum. Das Feuer wurde auf diese Weise erstickt, u n d der Unterteil der Tunnelwände blieb zunächst erhalten, einschließlich kleiner Hohlräume, die durch sperrig gestürzten Brandschutt entstanden waren. Erst nach und nach vermoderte das Holz der unteren Tunnelwände und ließ den dahinterliegenden Sand in die restlichen Hohlräume eindringen. Auf diese Weise entstand d a n n der archäologische Schichtenaufbau (Beilage 6, M—N). Auf Grund der Art und Verteilung der Brandspuren ist anzunehmen, daß der Brand entweder im Innenraum der Burg oder auf dem Wall in den aufgesetzten Hohlkörpern ausbrach. Eine Brandlegung am äußeren Wallfuß ist nicht wahrscheinlich, dagegen k a n n sie am Tor erfolgt sein. Vom Tor aus wurde ja auch Arkona 1168 niedergebrannt 1 0 ); hier bestand f ü r den Angreifer wahrscheinlich die günstigste Stelle für eine Brandlegung, da der Tunnelbau mit dem entsprechenden Luftzug eine Anfachung und schnelle Ausdehnung des Feuers bewirkte. Das Feuer in der Burg m u ß überraschend f ü r die Benutzer ausgebrochen sein. Bei einer von der Besatzung geplanten und vorgenommenen Zerstörung wäre der immerhin beträchtliche Umfang des nachgelassenen magazinierten Getreides schwer zu erklären. Die Pfeilspitze, die im Brandschutt des Hauses am Tor gefunden wurde, k a n n zur Ausrüstung der Verteidiger gehört haben. D a sie jedoch relativ hoch im Oberteil des Schuttes gefunden wurde, könnte man in ihr einen Zeugen feindlichen Beschüsses sehen. Gegen eine feindliche Eroberung und Niederbrennung spricht, daß sich in der Burg keine Skelettreste von Menschen fanden. Das könnte damit erklärt werden, daß die Insassen bei Ausbruch des Brandes die Burg übergaben und sie verließen — auch hier mag der Verweis auf das spätere Arkona und sein Schicksal gestattet sein. So ist die Annahme, daß die Burg A von Feindeshand zerstört wurde, nicht unberechtigt, auch wenn ein letzter Beweis nicht möglich ist. 6. Die Rekonstruktion der Burg A Als Grundlage f ü r die Rekonstruktion der Burg A dienen der im großen und ganzen sicher zu erfassende Grundriß (Abb. 3, 53) und die Einzelbeobachtungen zum Wallbau und zum Oberbau der Gebäude. Die Wallbauweise wurde oben erläutert. Die Konstruktion seines 10
) Saxo Grammaticus XIV, p. 832.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Körpers ist im Prinzip klar, fraglich bleiben die Verbindungsstellen der Rostbalken im Einzelfall (Asthaken a n der Vorderfront!) und der Walloberbau. Die Konstruktion des Tores konnte in den Grundzügen geklärt werden, offen blieb auch hier die Verankerung der einzelnen Teile miteinander im Einzelfall. Nicht erkannt werden konnte die Art der Torverrammlung, u n d nicht zu klären waren das Ausmaß und die genaue F o r m der inneren Tormündung. Die Ausmaße der Kasematten hinter dem Wall waren zu erkennen, ebenso die Hinweise auf die Blockwand auf der dem Innenhof zugekehrten Seite. Die Höhe dieser K a s e m a t t e n u n d ihre Verbindung mit dem Wall blieben im einzelnen problematisch. Von den Innengebäuden ist jeweils nur der Grundriß durch Brandschutt, grubenförmige Eintiefung bzw. Pfostenstellung erkennbar. Das Aufgehende wird nach Maßen u n d Art des Brandschuttes in Blockkonstruktion, verbunden mit Pfostenbau, ausgeführt gewesen sein. Eine Überdachung des Brunnens ließ sich f ü r diese Zeit nicht nachweisen. Mit diesen Einschränkungen ist eine Rekonstruktion der Grundzüge der Burg A möglich, ohne daß alle Einzelheiten des Oberbaues zu belegen sind (Taf. 37).
C. Die Burg B 1. Ausdehnung und Größe Gegenüber der Burganlage A waren die Größenverhältnisse der auf ihren Trümmern neu errichteten Burg B beträchtlich verändert. Durch den Absturz der Erdmassen des Walles der Burg A in den I n n e n r a u m war dieser kleiner geworden. Außerdem war ein Teil des Walles nach außen über die Berme in den Graben gestürzt. Die Erbauer der neuen Burg fanden also eine weitgehend vom eingestürzten Wall bedeckte Burgfläche vor. Bei der Neuanlage wurden diese Geländeformen berücksichtigt. Der von der neuen Wehrmauer umgebene Innenraum war nun wesentlich kleiner als der der ersten Burg. E r war wiederum polygonal durch die große Zahl von etwa 20 Ecken, jedoch im großen gesehen eher rundlich in Form eines verschobenen Kreises, dessen Südbogen im Bereich der Tormündung abgeschnitten war (Beilage 7, Abb. 54). Die Breite des neuen Walles betrug 10—14 m an der Basis, die Breite der Berme 2—3 m. Der Graben war 5—8 m breit. Insgesamt n a h m die Burg ein kreisförmiges Areal von 38,90 a in Anspruch. Davon entfielen auf die Befestigung (Graben, Berme, Wall) etwa 34,40 a. Die Nutzfläche des Innenraumes betrug insgesamt n u r 4,52 a, war also noch kleiner als der freie Innenhof der Burg A allein. Der nicht bebaute und tatsächlich freie I n n e n r a u m der Burg B betrug weniger als 1 a (höchstens 0,95 a). Vergleicht m a n die Größenverhältnisse der beiden Burganlagen, so ergibt sich:
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Körpers ist im Prinzip klar, fraglich bleiben die Verbindungsstellen der Rostbalken im Einzelfall (Asthaken a n der Vorderfront!) und der Walloberbau. Die Konstruktion des Tores konnte in den Grundzügen geklärt werden, offen blieb auch hier die Verankerung der einzelnen Teile miteinander im Einzelfall. Nicht erkannt werden konnte die Art der Torverrammlung, u n d nicht zu klären waren das Ausmaß und die genaue F o r m der inneren Tormündung. Die Ausmaße der Kasematten hinter dem Wall waren zu erkennen, ebenso die Hinweise auf die Blockwand auf der dem Innenhof zugekehrten Seite. Die Höhe dieser K a s e m a t t e n u n d ihre Verbindung mit dem Wall blieben im einzelnen problematisch. Von den Innengebäuden ist jeweils nur der Grundriß durch Brandschutt, grubenförmige Eintiefung bzw. Pfostenstellung erkennbar. Das Aufgehende wird nach Maßen u n d Art des Brandschuttes in Blockkonstruktion, verbunden mit Pfostenbau, ausgeführt gewesen sein. Eine Überdachung des Brunnens ließ sich f ü r diese Zeit nicht nachweisen. Mit diesen Einschränkungen ist eine Rekonstruktion der Grundzüge der Burg A möglich, ohne daß alle Einzelheiten des Oberbaues zu belegen sind (Taf. 37).
C. Die Burg B 1. Ausdehnung und Größe Gegenüber der Burganlage A waren die Größenverhältnisse der auf ihren Trümmern neu errichteten Burg B beträchtlich verändert. Durch den Absturz der Erdmassen des Walles der Burg A in den I n n e n r a u m war dieser kleiner geworden. Außerdem war ein Teil des Walles nach außen über die Berme in den Graben gestürzt. Die Erbauer der neuen Burg fanden also eine weitgehend vom eingestürzten Wall bedeckte Burgfläche vor. Bei der Neuanlage wurden diese Geländeformen berücksichtigt. Der von der neuen Wehrmauer umgebene Innenraum war nun wesentlich kleiner als der der ersten Burg. E r war wiederum polygonal durch die große Zahl von etwa 20 Ecken, jedoch im großen gesehen eher rundlich in Form eines verschobenen Kreises, dessen Südbogen im Bereich der Tormündung abgeschnitten war (Beilage 7, Abb. 54). Die Breite des neuen Walles betrug 10—14 m an der Basis, die Breite der Berme 2—3 m. Der Graben war 5—8 m breit. Insgesamt n a h m die Burg ein kreisförmiges Areal von 38,90 a in Anspruch. Davon entfielen auf die Befestigung (Graben, Berme, Wall) etwa 34,40 a. Die Nutzfläche des Innenraumes betrug insgesamt n u r 4,52 a, war also noch kleiner als der freie Innenhof der Burg A allein. Der nicht bebaute und tatsächlich freie I n n e n r a u m der Burg B betrug weniger als 1 a (höchstens 0,95 a). Vergleicht m a n die Größenverhältnisse der beiden Burganlagen, so ergibt sich:
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Burg A Befestigung (Wall, Berme, Graben) Freier Innenhof Innenbebauung Gesamtfläche
78% 15% 7% 33,20 a
Burg B 88% 2% 10% 38,90 a
Die Abnahme der freien Innenfläche war sowohl absolut wie auch relativ, ebenso wie der Umfang der Bewehrung und der Innenbauten absolut und relativ zunahm. Daß diese Zahlenverhältnisse nicht Ausdruck von Zufälligkeiten sind, sondern tatsächlich zwei verschiedene Bautypen repräsentieren, wurde im Verlauf unserer Untersuchung immer offensichtlicher. 2. Das zeitliche Verhältnis der Burg B zur Burg A
Einen ersten Anhaltspunkt für das zeitliche Verhältnis der Burg B zur Burg A gaben einige Beobachtungen in der Wallkonstruktion. Als in der Ruine des Walles A die Baugrube des Tores für den Wall B angelegt wurde, ist das Holz der Rostkonstruktion von Wall A noch intakt gewesen. Auf der östlichen Seite der Baugrube besonders konnte mehrfach beobachtet werden, daß aus dem Wallkörper von Wall A die bräunlichen Moderbänder, die von dem vergangenen Holz herrühren, in die verfüllte Baugrube über deren Grenze hineinreichten. Eine solche Erscheinung ist nur möglich, wenn zur Zeit der Anlage von Tor B die Balken von Wall A noch erhalten, also nicht vermodert waren. Die Erde zwischen den Hölzern fiel heraus, die Baugrubengrenze sprang hier also vor, während die Balken in die Baugrube hineinragten und erst hier abgetrennt werden konnten (Beilage 6 M—N, bei B 1). Auf der Ruine des ersten Walles ließ sich an keiner Stelle eine Vegetationszone nachweisen, wie sie entstanden wäre, wenn die zerstörte Burg längere Zeit brachgelegen hätte. Diese Beobachtungen und dazu das Ergebnis der Keramikanalyse (vgl. unten S. 53) zeigen, daß bald nach der Zerstörung der Burg A die Burg B errichtet worden ist. 3. Die Befestigung der Burg B
Die Wehrmauer der Burg B wurde im Anschluß an die Ruine des Walles A und unter Ausnutzung seiner Formen geschaffen. Nach der Zerstörung der Burg A hatte der Wall wenigstens noch eine Höhe von 3 m, wahrscheinlich aber von 4—5 m, da die Rostkonstruktion in seinem Inneren noch intakt gewesen sein muß. Die Aufgabe, der sich die Erbauer der neuen Burg gegegenüber sahen, war, vor allem der breitgeflossenen Ruine des alten Walles eine neue steile Außenfront zu verleihen, eine neue innere Wallböschung zu schaffen sowie einen neuen Graben anzulegen, da der alte Graben durch die abfließenden Schuttmassen des ersten Walles nahezu verfüllt worden war. Die von Meter zu Meter wechselnde Form der alten Wallruine erschwerte diese Aufgabe offenbar und verhinderte die durchgehende Anwendung einer bestimmten neuen Konstruktionstechnik. Vielmehr wendete man verschiedene Methoden an, um den Wiederaufbau zu erreichen. Wir betrachten zunächst die Vorderfront. In allen untersuchten Teilen war zu beobachten, daß die neue Vorderfront wesentlich nach außen über den ehemaligen Graben vorgeschoben wurde. In keinem Fall konnte jedoch mehr eine sichere Erkenntnis über Einzelheiten der Konstruktion dieser feldseitigen Wallfront erzielt werden. Am Ostprofil im Nordschnitt (Beilage 3 a) entstand der Eindruck, als ob hier der älteste Wall senkrecht abgegraben worden war und durch die Einsetzung eines etwa 2,50 m breiten Blockes in Rostkonstruktion eine Neuböschung erreicht wurde. Wenige Meter westlich, am Westprofil, hatte es hingegen den Anschein, als ob hier noch eine alte Böschung stehen geblieben war, die man benutzen konnte. Am Ostprofil im Südschnitt
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wiederum verlief deutlich ein etwa 0,7 m tiefer, muldenförmig ausgehobener Graben, der als Widerlager für die neue Vorderfrontkonstruktion gedient hat (Beilage 3 CD, bei 20 m). Sowohl im Nordsehnitt wie auch im Südschnitt wurde vor der im einzelnen nicht näher erkennbaren feldseitigen Wallböschung eine hohe Berme als dreieckiger Keil angelegt bzw. aus der Ruine von Wall A erhalten. Diese Berme wurde mit einer Lehmschicht, die teilweise 50 cm Stärke erreichte, belegt (Beilage 3 a, B 2 ). Diese Lehmschicht verhinderte die Solifluktion der Hochberme und erschwerte ein Unterhöhlen der neuen Vorderfront des Walles. Vor der hohen Berme verlief eine 2 m breite flache Berme, gebildet von den planierten Schuttmassen des Walles A. Davor begann die Eintiefung des Grabens. Die Form und die Breite des Grabens waren unterschiedlich. I m Norden, also auf der Wiesenseite der Burg, war er nur 5 m breit und wenig über 20 cm in den unterlagernden Talsand eingetieft. Dagegen erreichte er auf der der Siedlung, d. h. dem höheren Gelände zugekehrten Angriffsseite der Burg eine Breite von etwa 8 m. E r setzte vor dem Wall als flache Eintiefung von 0,20 m ebenso wie im Norden ein und erfuhr, nachdem die Grabensohle in dieser Tiefe etwa 5 m waagerecht verlaufen war, eine nochmalige muldenförmige Eintiefung um etwa 0,40 m auf T. 4,60. Der Graben hat nach den Beobachtungen über die Wasserhaltung (vgl. S. 23) mit großer Wahrscheinlichkeit wenigstens in seinen tiefsten Teilen ständig unter Wasser gestanden, so daß sich noch zur Zeit des Bestehens der Burg Torf zu bilden begann, der durch abfließende Erde nach der Zerstörung des Walles B überdeckt worden ist (Beilage 3 a ; 3 b ; Taf. 3 b). I m Nordschnitt fand sich an der wallseitigen Grabenböschung ein Palisadengräbchen, in dem noch die Reste einer Palisade erhalten waren. Diese bestand aus etwa 1,80 m langen Eichenpfählen, die schräg nach außen geneigt waren. Die Pfähle waren durch zwei Stammlagen in Wallrichtung gehalten bzw. verkeilt (Beilage 3a; Taf. 3b). Kleine Pflöcke scheinen die liegenden Hölzer wiederum in ihrer Lage gehalten zu haben. Die Beobachtung der Palisade war nur im Nordschnitt möglich, im Südschnitt, hinter dein sehr breiten Graben, ließ sie sich nicht nachweisen. Die Konstruktion des Wallkörpers selbst war im einzelnen nicht mehr festzustellen. Wie die starken Erdschichten oberhalb der Brandschicht von Wall A zeigen, ist beim Neuaufbau wiederum Erde zur Verfestigung der Holzkonstruktion aufgeschüttet worden. Diese Erdschicht erreichte eine Stärke von 1 — 1,50 m. Der Wallzug westlich des Tores bis kurz vor dem Nordschnitt war in seinem Oberteil in bedeutendem Maße aus Geschiebeblöcken von 5 bis etwa 30 cm Durchmesser aufgebaut. Die Geschiebe waren unbearbeitet und haben ursprünglich auf der Wallkrone gelegen. Von dort waren sie zusammen mit umfangreichen Holzkohleresten, also Brandschutt, in den Innenraum der Burg herabgestürzt. Sie überdeckten dort die ganze Westhälfte des Burginnenraumes als Schicht, die keilförmig nach innen auslief, an der Basis des Walles jedoch bis 0,5 m Stärke erreichen konnte. Beobachtungen in situ zur konstruktiven Verwendung der Geschiebe waren wegen der ungünstigen Erhaltungsbedingungen nicht mehr möglich. Als Trockenmauer können sie, da keine bearbeiteten Steine angetroffen wurden, kaum gedient haben. Hingegen weisen sie vielfach Spuren von Feuereinwirkung auf; teilweise waren die Steine völlig zermürbt und zerfielen bei der Freilegung. Sie kommen außerdem immer zusammen mit mehr oder weniger umfangreichen Resten von Holzkohle, zumeist in einer regelrechten Holzkohleschicht vor. Westlich des Tores fanden sich Geschiebe außer in der rückwärtigen Absturzschicht des Walles B vor allem im Bereich der ehemaligen hinteren oberen Wallböschung. Die Steine dienten auf Grund dieser Beobachtungen am ehesten als Belag für den Oberteil der Wallhinterfront. Die rückwärtige Wallböschung war in direktem Zusammenhang mit der Innenbebauung angelegt worden. Die breitgeflossenen Schuttmassen des Walles wurden hier, ebenso wie an der Vorderfront, nahezu senkrecht abgegraben. Die Abgrabungskanten sind in allen Schnitten deutlich zu erkennen gewesen (vgl. die kräftig ausgezogenen Linien zwischen Schichten A und B) (Beilagen 3 ACD). In den auf diese Weise vorbereiteten Baugruben, die in den meisten Fällen 0,5—0,7 m oberhalb der Kulturschicht der ersten Burg bzw.
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über dem Niveau des Burghofes ausliefen, wurden in Richtung der neu zu schaffenden Wallhinterfront 2,40—5 m lange Wände in Blockbaukonstruktion aufgebaut. Sie standen im Verband mit den Anbauten des Burginneren. Als Baumaterial dienten Eichen- und Kiefernstämme, Rundhölzer von etwa 15—25 cm Stärke. In Wallsektion 12 war eine solche Rückwand nach innen umgedrückt und der Brand von den nachstürzenden Erdmassen erstickt worden. I n Resten sind hier noch 8—9 Stammlagen erhalten gewesen (Taf. 7d). Umgedrückte, jedoch nicht mehr so gut wie im vorhergehenden Fall erhaltene Wände fanden sich in allen anderen Wallsektionen, vor allem in s—s', t—t', (Beilage 5). Die Schnitte p—p' und q—q' konnten jeweils durch die Verbindungsstelle zwischen der rückwärtigen Wand des Walles und der seitlichen Wand eines Speicherbaues geführt werden, also durch die Nahtstelle zwischen zwei Sektionen. Der Schnitt zeigte eindeutig, daß die Verbindung zwischen beiden Wänden im Blockverband erfolgt war. Die Querwände zwischen dem Bering der Anbauten hinter dem Wall, die auf diese Weise mit der Wallhinterfront verzahnt gewesen sind, verliehen dieser gleichzeitig einen hohen Grad von Widerstandskraft gegen die dahinter liegenden Erdmassen des Walles. Diese Sicherung wurde jedoch vom Burgenbauer als nicht ausreichend angesehen. Vielmehr setzte man unmittelbar vor den Wallsektionen in mehr oder weniger regelmäßigem Abstand Pfosten ein. Diese standen am regelmäßigsten im Bereich der Sektionen 11 — 16, besonders in 15 und 16. Der Abstand der Pfosten untereinander betrug hier 40—60 cm (Sektion 16). Sie waren 0,6—1,0 m eingetieft, häufig auch mit Steinen besonders verkeilt (Beilage 5, o—o' und Beilage 7). Die Stärke der Pfosten betrug 15—25 cm (Taf. 7b, 9d). Außer ihrer Funktion als Stützen der Wallhinterfront hatten die Pfosten noch eine weitere Aufgabe im System der Bauten zu erfüllen, auf die unten eingegangen wird. Die einzelnen Wallsektionen stießen nicht immer an ihren Enden gegeneinander, sondern häufig liefen sie aus bzw. waren mit den Querwänden verbunden (Beilage 7; Taf. 6—7). Dadurch entstanden vielfache Abwinklungen und Unregelmäßigkeiten in der Führung der hinteren Wallfront, die mit etwa 1,2 m zwischen Sektion 18 und 19 besonders große Ausmaße annahmen. Die Höhe der Wände über der Sohle der Anbauten bzw. des Burghofes ließ sich annähernd ermitteln. Die umgestürzte Wand in Sektion 12 wies die Reste von 8—9 Balkenlagen auf, also eine Höhe von ungefähr 1,8—2,0 m (Taf. 7d). Diese Höhe ergibt sich auch aus weiteren
Walloberbau
Abb. i l . Tornow. Bauschema des Walles und der Speicherbauten von Burg B
Die Ergebnisse der Ausgrabungeil in Tornow. Die Burg B
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Beobachtungen, besonders im Schnitt 1—1' (Abb. 15). Die Wand war hier weitgehend verbrannt. Holzkohlespuren gaben jedoch ihren ehemaligen Standort und Verlauf noch genügend deutlich an (Abb. 15, B. 2). Etwa 1,80 m über der Sohle des Anbaues fand sich ein Absatz, der bei Abgrabung der Ruine des Walles A angelegt worden war, und auf diesem gleichfalls eine Holzkohleanhäufung bzw. Brandschutt (Abb. 15, B 5). Ein Teil des Brandschuttes war mit der darunterliegenden Erde nach Zerstörung der Hinterfront abgestürzt, der wallseitige Teil war jedoch gut ausgeprägt erhalten. Ein gleichartiger Befund ließ sich im Nordschnitt (Beilage 3b B 1) und im Südschnitt (Beilage 3a, rechts von B 1), besonders ausgebildet auch im Bereich von Sektion 19 ermitteln (Beilage 6, O—P, B 7; Taf. 5a). Dieser Absatz war etwa 1,5—1,8 m breit und führte am gesamten Wall entlang (Taf. 6a, c). Nach den Beobachtungen in den genannten Schnitten, besonders 1—1' und am Tor war er mit Holz belegt, das Verbindung zu der hinteren Wallfront hatte. Es entstand dadurch ein regelrechter Umgang von 1,5—1,8 m Breite auf einer inneren Wallabtreppung in ungefähr 1,8—2,0 m Höhe über dem Niveau des Innenhofes. Die Baugrube, die vor der Anlegung der Hinterwand ausgehoben worden war, wurde nicht immer verfüllt, wie besonders Schnitt H — J (Beilage 3 b, B 2 —4) ergab. Wäre die Baugrube hier geschlossen gewesen, hätte die Füllmasse beim Brand der Hinterfront nachstürzen und den Brandschutt bedecken müssen. Stattdessen aber sind von der Wallkrone die oben als Füllmaterial beschriebenen Geschiebe abgestürzt und haben den Brandschutt des Gebäudes bedeckt und die noch offene Baugrube, also den nicht ausgefüllten Raum unterhalb des Umganges und der Wallhinterfront verschüttet, der nach der Brandzerstörung der Holzkonstruktion freigelegen hat. Die gleiche Beobachtung ergibt sich aus 1—1' (Abb. 15). Auch hier sind nicht die angrenzenden Schichten in den Hohlraum des Gebäudes nach dessen Zerstörung eingedrungen, wie das bei unmittelbar hinter die Hinterfront geschütteten Erdschichten hätte geschehen müssen; sondern Erdmassen, die von der Wallkrone abgestürzt sein müssen, haben einen Teil des Brandschuttes vom Umgang und die darunterliegenden Erdschichten mitgerissen und den Brandschutt bedeckt. Wallseitig des beschriebenen Umganges verlief eine weitere aus der Ruine von Wall A herausgarbeitete Stufe, die zur Wallkrone hinaufführte. Die Stufe ist wohl durch eine Holzverkleidung gesichert gewesen, sonst hätte sich die steile Böschung der Abgrabungskante nicht erhalten können. Der direkte Nachweis für eine solche Konstruktion ist nur an einer Stelle im Schnitt O—P gelungen. I m Westteil dieses Schnittes wird in der Schicht B 4 (Beilage 6) der Brandschutt der Sektionen 1 und 2 bzw. weiter östlich der des Umganges im Bereich des Tores und schließlich dessen Mündung durchschnitten. Östlich davon führte der Schnitt durch den rückwärtigen Teil der Sektion 19. Durch die gradlinige Weiterführung des Schnittes wurde der eigentliche Wallkörper etwa 1,15—2,0 m südlich der Hinterfront in Sektion 18 angeschnitten. Die Schicht B 7 verlief etwa im Bereich der Schicht B 7 des Südschnittes (Beilage 3a), d. h. etwa in Richtung der angenommenen Hinterfront des Umganges. Die Schicht B 7 war eine Brandschicht. Einzelheiten ihrer Zusammensetzung waren freilich nicht mehr zu ermitteln. Dagegen zeigte der Schnitt 0 — P hier deutlich die Spuren zweier bis 1,0 m eingetiefter Pfosten (Beilage 6, B 6), die an dieser Stelle offenbar mit der Konstruktion der Wand, wohl als Stützpfosten, im Zusammenhang gestanden haben. Oberhalb dieser zweiten oberen Wallhinterfront begannen die Wallaufbauten, von denen Einzelheiten nicht mehr erhalten sind. Die Höhe des heutigen Erdwalles der Burg B beträgt etwa 4—5 m. Zur Zeit seines Bestehens muß die Substanz der Rostkonstruktion des Walles A nach den oben dargelegten Beobachtungen noch vorhanden gewesen sein. Die Höhe dieser Ruine hat dann etwa 4—5 m betragen. Auf diesen Rest des Walles A wurde der Oberbau von Wall B errichtet, der immerhin noch 1 — 1,50 m starke Erdschichten hinterlassen hat, die von einer Holz-Erde- bzw. Holz-Steinkonstruktion herrühren. Dazu kommt zweifellos ein Wehrgang auf dem Scheitel, alles in allem also ein Aufbau, der wenigstens 3,5 m hoch, eher aber noch höher war. Wir erhalten so die stattliche Höhe von 8—9 m für den Wall der zweiten Burg bei einer Basisbreite 3
Herrmann, Tornow und Vorberg
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von etwa 12 m (Abb. 11). Entsprechend der Anlage der Hinterfront aus Sektionen war die Form der Burg, wie schon bei der Burg A, polygonal (Abb. 54). 4. Zugang und Tor der Burg B Ebenso wie bei der Burg A befand sich auch das Tor der Burg B im Süden auf der der Siedlung zugekehrten Seite. Eigenartigerweise wurde es nicht in der nach der Zerstörung des Tores A entstandenen flachen Mulde der Wallruine, sondern knapp 2 m östlich davon angelegt. Welche Erwägungen dafür im einzelnen maßgebend waren, ließ sich nicht feststellen. Vielleicht behinderte der unregelmäßig im Tor A vorhandene Brandschutt die Eintiefung des neuen Tores. In der Ruine des Walles A wurde zunächst eine Baugrube von etwa 3 m Breite und wenigstens 1,60 m Tiefe in Richtung des vorgesehenen Zuganges ausgehoben (Beilage 6 0—P, B 1; Taf. 4). ZurZeit der Anlage dieser Baugrube war die Holzkonstruktion des Walles A offenbar noch intakt, wie der in die Baugrube hineinragende Balkenrest — später Moderband — zeigt (Beilage 6, östlich von der Zahl B l ) (vgl. oben, S. 30). In der vorbereiteten Baugrube wurde in Richtung des geplanten Torverlaufs auf jeder Seite ein Balken als Unterzug niedergelegt, darauf durch Verfüllung mit Erde eine Ebene in Höhe der Oberkante dieser Unterlage geschaffen. Quer zur Wallrichtung legte man nunmehr auf diese vorbereitete Grundfläche eichene Spaltbohlen von 2,10 m Länge, 5—10 cm Stärke und durchschnittlich 40 cm Breite. Eine Befestigung dieser Bohlen auf den Unterzügen ließ sich nicht nachweisen. Die Bohlen waren im Schnitt M—N im verkohlten Zustand noch deutlich erhalten (Beilage 6; Taf. 4), im Schnitt Q—R erschienen sie als braune vermoderte Schicht mit vereinzelten Brandspuren (Abb. 12, B 1; Taf. 5 a). Wagenspuren ließen sich auf den verkohlten Bohlen nicht erkennen. Über dem Unterbau erhob sich der Tortunnel. Beiderseits des Bodenbelages waren Stempel eingesetzt, die entweder auf dem Grund der Baugrube oder auf einer Holzunterlage in dieser Höhe gestanden haben müssen. Als Pfosten waren sie sicher nicht eingebracht. Die Stempel, deren Abstand gegeneinander 2,10 m lichte Weite betrug, standen senkrecht und waren von Kappen überdeckt (Beilage 6, Profil M—N, B 5). Hinter den'Stempeln waren Eichenbohlen von 20—40 cm Breite und 5—10 cm Stärke gelegt (Beilage 6, Profil M—N, B 2). Sie wurden durch den Erddruck in ihrer Lage gehalten, der durch die Wiederverfüllung der Baugrube 0
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Abb. 12. Tornow. Schnitt durch das Tor der Burg B. A Schichten des Walles A; B 1 Bohlen der Torsohle; 2 Schuttreste im Tortunnel; 3 Pfosten am Übergang von Torrampe und Umgang; 4 Steinrampe; 5 Brandschicht, 6 Absturzschichten von Wall B
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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entstand. Für eine sofortige Wiederverfüllung der Baugrube spricht, daß der Balken aus der Konstruktion des Walles A, der die Baugrubengrenze überschritt, als waagerechter Moderstreifen in diese weiterverläuft, d. h. als der Balken vermoderte, war die Grube wieder fest verfüllt. Die Kappen bildeten die Unterzüge für die Abdeckung des Tortunnels, die aus Rundhölzern von 10 bis 15 cm Stärke bestand. In Schnitt M—N waren es 15—20 derartiger Rundhölzer, die herabgestürzt waren und längs zur Torrichtung die Kappenhölzer im Brandschutt überdeckten (Beilage 6, B 6; Taf. 4). Daraus darf mit Sicherheit gefolgert werden, daß der Tunnel in seiner ganzen Breite mit diesen Rundhölzern abgedeckt gewesen ist. Die Höhe des Tortunnels ließ sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Die in situ erhaltenen Wandteile waren noch über 1,50 m hoch. 10a ) Die Bohlen der westlichen Tunnelwand sind bis 0,15—0,20 m unter der heutigen Walloberfläche, also bis zum Vegetationshorizont, zu verfolgen gewesen. Über dem Brandschutt des Tores lag nur verhältnismäßig wenig Erde (0,40—0,50 m). Aus dieser Beobachtung und aus dem weiten Aufreichen der westlichen Tunnelwand darf der Schluß gezogen werden, daß der Tortunnel ursprünglich wohl nicht mit Erde, sondern nur mit den genannten Rundhölzern abgedeckt war und als Hohlraum bis nahe an den Scheitel des Walles gereicht hat. Es ist daher anzunehmen, daß die Überdeckung des Tortunnels in Höhe des Fußbodens des Wehrganges geschehen war. Dessen Höhe ließ sich nicht eindeutig ermitteln. Die Mindesthöhe war jedoch bestimmt durch die Brandschicht des Walles A; diese Brandschicht lag östlich und westlich der Torsenke 2,20—2,50 m höher als die Sohle des Tortuimels (Abb. 13). Die Sohle des Tores B lag in der Mitte des Walles etwa 1,50 m höher als die des Tores A und 1,60—2,0 m über dem Niveau des Burghofes und der Fußböden einiger Bauten in der Burg. Diese hohe Lage der Sohle des Tores wurde etwa dort erreicht, wo es in die Ruine des alten Walles A eintrat. Der bedeutende Geländeunterschied zwischen dem Vorgelände und der Torsohle, der etwa 2,50 m betrug, mußte bei der Anlage des Zuganges überwunden werden. Das scheint zunächst durch einen Damm geschehen zu sein, der von einer vorspringenden Nase des Siedlungsgeländes ausging und die schmale Niederung zwischen Siedlung und Burggraben durchquerte. Der Damm ist in undeutlichen Spuren zu erkennen, eine Untersuchung durch eine Ausgrabung war nicht möglich. Spätestens im Bereich der äußeren Grabenböschung endete der Damm, in dem im Graben angelegten Schnitt K—L war er nicht mehr nachzuweisen. Statt dessen fand sich hier über der torfigen Ablagerung des Burggrabens der Burg B und unter der Absturzschicht vom Wall B eine 15—20 cm starke Holzkohleschicht, die an einer kleinen, unregelmäßig abgearbeiteten Erdbrücke ihren Ausgang nahm und nach Südosten abgeweht zu sein schien (Beilage 6, K—L, B 5; Taf. 4d). Zunächst glaubten wir in dem stehengelassenen Erdrücken die Reste eines Dammes vor uns zu haben. Die geringe Breite und seine ganz unregelmäßige Bearbeitung, das Fehlen jeder Oberflächenbehandlung, die hohe Lage der Torsohle und die 2,40 m große Höhendifferenz zwischen seiner Oberfläche und der nur 7 m entfernten Torsohle lassen die Deutung als unwahrscheinlich erscheinen. Dagegen kann die lokal begrenzte Holzkohleschicht in Fortsetzung des Torverlaufs nur entstanden sein durch Brand eines Bauwerkes, das oberhalb des Grundwasserspiegels und des Grabens gelegen hat und der Luft Zutritt bot. Die Verwehung der Holzkohle nach Südosten spricht gleichfalls von der hohen Lage eines solchen Bauwerkes. Scheidet ein Damm für den Zugang zum Tor aus, so bleibt nach den dargestellten Befunden nur die Annahme einer Brücke, die entweder schon an der Dorfsiedlung, spätestens aber am Grabenrand einsetzte und in leichter Steigung die Höhe der Torsohle erreichte. Einzelheiten dieser Konstruktion sind freilich nicht nachzuweisen gewesen. 10a
) Eine ähnliche Torkonstruktion wurde in Brohna, Kr. Bautzen, beobachtet. Für die freundliche Überlassung der Bildandrucke der in Vorbereitung befindlichen Veröffentlichung danke ich herzlich Herrn Dr. W. Coblenz, Dresden.
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Die Torsohle in T. 7,80 m durchlief den Wallkörper etwa waagerecht bis zu dem etwa in gleicher Höhe von T. 7,80 m verlaufenden Umgang auf der hinteren Wallabdachung. Auf diesen Umgang mündete die Torgasse. Jenseits dieses Umganges in Verlängerung der Torgasse befand sich ein Abgang zu dem 1,6—1,8 m tiefer gelegenen Innenhof. In einer etwa 1,0 m tiefen Baugrube war eine 1,50—1,60 m breite Schüttung aus Geschieben angelegt worden, die an Mächtigkeit nach Norden zum Innenhof zu abnahm und 3 m vom Umgang entfernt keilförmig auslief. Die Anlage hatte also die Form einer Rampe (Abb. 12, B 4; Beilage 6, O—P, B 1; 7; Taf. 4c; 5c). Auf ihrer Oberfläche verlief eine Holzkohleschicht, die wiederum von Absturzsteinen, die von der Wallkrone herrührten, überdeckt war. Nicht zu entscheiden war, ob die Holzkohleschicht von einem Holzbelag dieser Abgangsrampe, etwa in Form einer Treppe, herrührte oder ob sie entstanden war durch den Absturz der höhergelegenen Holzkonstruktion des Torhauses (Abb 12, B 5). Die Sicherungsanlagen des Tores konnten infolge des nicht übermäßig günstigen Erhaltungszustandes nicht in Einzelheiten erkannt werden. Etwa 3,50 m südlich des Umganges war ein plötzliches Nachlassen der Brandspuren und eine auffallende Querlage von Hölzern festzustellen. Nördlich davon ließen sich die Torwangen nur noch durch Erdverfärbung und einzelne Holzkohlenreste sowie die Moderbänder der Fußbodenbohlen (Abb. 12, Q—R; Taf. 5 a ; Beilage 7) verfolgen. Die Brandschicht setzte erst wieder an der Mündung der Torgasse in den Umgang ein, und zwar in einer Linie, in der ein Pfosten nahe der östlichen Torwange nachgewiesen werden konnte (Abb. 12, B 3). Das Aussetzen der Brandspuren im Tortunnel auf 3,50 m Länge ist am besten zu erklären, wenn an beiden genannten Grenzlinien eine Torsicherung in Form einer Verrammelung bestand. Bevor das von beiden Seiten vordringende Feuer diese Verrammelung vernichten konnte, war der vom Feuer ergriffene Tunnel schon so weit zerstört, daß die hinterlagernden Erdschichten einfielen und das Feuer erstickten. Auf die3e Weise blieb ein Teil des Tunnels zunächst erhalten und vermoderte erst später. Die steinerne Abgangsrampe zum Innenraum war offenbar durch ein Torhaus überbaut, wenigstens aber durch eine Überdachung geschützt. Auf beiden Seiten dieser Rampe fanden sich drei (Westseite) bzw. vier (Ostseite) Pfosten, deren Durchmesser 20 bis 30 cm betragen hat. Sie waren bis zu 1,0 m eingetieft. Die beträchtliche Stärke der Pfosten und ihre tiefe Gründung sind nur erklärbar, wenn es sich um Pfosten mit besonderen statischen Aufgaben gehandelt hat, d. h. wenn sie einen Oberbau zu halten bzw. zu tragen hatten. I m Abstand von 1,0 m im Westen bzw. 0,6 m im Osten befand sich jeweils eine weitere zweite Pfostenreihe mit gleichartigen Wehrgang Merkmalen. Diese Pfosten stehen jedoch im Westen bereits in der Flucht der Wand von Speicher 1, und im Osten fällt der dritte Pfosten ebenfalls schon in die Wandflucht des Speichers 19 (Beilage 7). So ist nicht zu entscheiden — zumal die Beschaffenheit der Pfosten der Speicher denen an der Torrampe gleich war —, ob diese äußeren Pfosten primär zu einer Torüberbauung oder zu den anschließenden Speichern gehörten. Sie dürften beiden Bauwerken gedient 2.20m haben, und wir hätten dann auch eine konstruktive VerAbb. 13. Tornow. Bauschema vom Tor der Burg B
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bindung des Oberbaues über der Abgangsrampe mit den angrenzenden Bauten Nr. 1 und Nr. 19 anzunehmen. Einzelheiten des Oberbaues waren selbstverständlich nicht mehr zu erkennen. Die beim Brand übrig gebliebenen Reste dürften sich in der Brandschicht B 5 (Abb. 12) befinden, die unmittelbar auf der Steinrampe lag und von den von der Wallkrone herabgestürzten Geschieben überdeckt wurde. Da eine Überdachung der Steinrampe den ungehinderten Abgang auf dieser gewährleisten mußte, müssen wir die Höhe der Überdachung mit wenigstens 1,8—2 m über der Höhe des Umganges annehmen, d. h. etwa in Höhe der zweiten Stufe hinter dem Wall. Von dieser Höhe d ü r f t e auch die Abdeckung der Speicher ausgegangen sein. Diese war dadurch ohne Schwierigkeit über die R a m p e hinwegzuführen; das Torhaus unterschied sich dann wahrscheinlich rein äußerlich nicht von den angrenzenden Speichern. I m Inneren fehlte lediglich der f ü r diese charakteristische Dachboden. Damit stimmt überein, daß im Bereich der Torrampe keine wesentlichen Metall-, Keramik- oder Getreidefunde beobachtet worden sind. Auf eine Verrammelung des Abganges im Bereich des Torhauses fanden sich keine Hinweise.
5. Die Innenbebauung a) Die Bauten hinter dem Wall Ein Bering wechselnder Breite unmittelbar hinter der inneren unteren Wallfront enthielt bis zu 1 m dicke Lagen von Brandschutt, der von zerstörten Gebäuden herrührte. Bis auf zwei Stege im Norden und Süden wurden der gesamte Innenraum und damit auch diese ehemaligen Bauten untersucht. I n der Westhälfte waren die herabgestürzten Erdmassen des Walles so groß, daß sie nicht vollständig abgeräumt werden konnten, und so wurde die Rückfront des Walles und damit der Bauten zumeist nicht vollständig freigelegt. I h r ehemaliger Verlauf ist jedoch mit ziemlicher Sicherheit durch den Verlauf einer Eintiefungslinie, die sich nach den Erfahrungen in den untersuchten Teilen höchstens 1—2 m vor der Hinterwand entlangzog (Beilage 4; 5; 7), festzulegen. Die Anbauten hinter dem Wall waren in engem Zusammenhang mit der Wallhinterfront errichtet worden. Diese bildete gleichzeitig, wie bereits dargestellt, die wallseitige Begrenzung der Bauwerke. Die im Blockverband mit dieser Rückwand verbundenen Querwände (vgl. oben und Beilage 5, 7) bildeten die Querwände der Bauten. Die Länge dieser Querwände und d a m i t die Tiefe der Bauten war unterschiedlich. Am geringsten war sie mit 3 m neben dem Tor in Speicher 1, am größten im Bereich von Speicher 12 (8 m). I m allgemeinen waren die Bauten im östlichen Teil der Burg tiefer als im Westteil, in erster Linie wohl bedingt durch die übrige Raumaufteilung und die Anlage eines Zentralgebäudes. Zum Innenhof hin waren die Bauwerke zumindest zum Teil abgeschlossen, wahrscheinlich durch eine W a n d in Blockbautechnik, wie die hin und wieder anzutreffenden Wandgräbchen, kleine Steinpackungen und der z. T. beträchtliche Brandschutt in diesem Bereich angeben (Abb. 14; Beilagen 3 a, A - C , B 3; 3b, E — F - G , B 3; 5, o - o ' , p - p ' ; f - f ' ; Taf. 6; 7). Da Lehmbewurf von Hauswänden usw. fehlte, ist hier am ehesten eine Blockbauwand anzunehmen, wie sie für die wallseitige Begrenzung eindeutig nachzuweisen ist. Weil der Brand im wallfernen Bereich nicht durch herabstürzende Erdmassen des Walles im gleichen Maße erstickt wurde wie im wallnahen Bereich, konnte er seine Zerstörung fortsetzen, und die hinterlassenen Holzkohlereste sind kleiner und unzusammenhängender. Den 19 Sektionen der Wallhinterfront entsprachen auch 19 in Blockbautechnik ausgeführte kammerartige Anbauten verschiedener Tiefe, die den gesamten I n n e n r a u m umgaben, n u r unterbrochen von der steinernen Abgangsrampe des Tores, die jedoch wahrscheinlich überdacht und so äußerlich in den Bering mit einbezogen war. Die Bauten werden westlich vom Tor beginnend und im Uhrzeigersinn fortlaufend als Speicher 1 —19 bezeichnet. Ein
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immer wiederkehrendes Merkmal der Bauten in den Tornower Burgen war die Verwendung der Blockbautechnik in Kombination mit Pfostenbau. Bereits in Burg A konnte dieses Verfahren bei dem Haus am Tor und dem Mahlhaus festgestellt werden. I n der zweiten Burg wurde dieses Verfahren durchgehend bei allen Bauten im Innenraum angewendet. Auf die Sicherung der Blockwand an der Wallhinterfront durch davorgesetzte Pfosten in etwa 60 cm Abstand wurde bereits hingewiesen. Derartige Pfosten fanden sich jedoch auch in Verbindung mit anderen Wänden und regellos im Innenraum. Eine eindeutige Verbindung mit der Führung der Querwände ist erkennbar zwischen Sp. 16/17, 15, 14, 13, 11/12, Sp. 1/Torhaus, 4, 8, 11/12, 13, 14, 15, 16/17. Hier standen die Pfosten unmittelbar an der Wand. I n anderen Fällen (Sp. 5, 8, 19) fanden sie sich parallel zur Querwand in etwa 50 cm Abstand, in einigen Fällen konnten sie parallel zur inneren Wand festgestellt werden (Sp. 1, 11/12, 14, 19) (Beilage 7). Außer diesen mit gewisser Regelmäßigkeit angeordneten Pfostensetzungen in Verbindung mit den Wänden fanden sich eine große Anzahl von Pfosten ohne Zusammenhang mit diesen und ohne jede Regelmäßigkeit über den Innenraum der Bauten verstreut (besonders Sp. 2, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 15). Ihr Abstand zueinander betrug teilweise weniger als 60 cm. Die Verbindung dieser Pfosten mit den genannten Bauten ist sicher. Fast alle Pfosten waren ausgebrannt, ihre verkohlten Oberteile ragten teilweise noch bis zu 60 cm in den Brandschutt hinein (Abb. 14, C—T; Beilage 4 und 5 m—m', i—i', a—a', c—c', q— q', r—r', s—s'; Taf. 7). Sie waren daher bereits von den oberen Schichten des Brandschuttes an bis auf die Sohle der Bauten zu verfolgen. An der Zugehörigkeit dieser Pfosten zu den Bauten ist also kein Zweifel möglich. Die Pfosten waren unterschiedlich tief gegründet. Sie reichten in einzelnen Fällen bis 1,20 m (Beilage 4, d—d'), wenigstens aber 60—80 cm tief hinab. Nach den Maßen, die an den verkohlten Pfostenköpfen genommen werden konnten, betrug ihre Stärke 15 bis 25 cm (Taf. 7). Die Pfosten waren sehr häufig mit Steinen verkeilt; diese umgaben kranzförmig den Pfosten in mehreren Lagen, ganz im Unterschied zur Burg A oder zur kaiserzeitlichen Besiedlung, aus der derartige Pfostenverkeilungen nicht bekannt sind (Abb. 14, C—T; Beilage 4, a—a', c—c'; Taf. l l e ) . Die besondere Sicherung der Pfosten und ihre tiefe Verankerung weisen auf eine besondere Funktion hin, die ihnen zugekommen sein muß. Pfosten, die die unteren Lagen von Blockbauten in ihrer Lage halten, sind aus slawischen Blockbauten häufiger bekannt. Zumeist handelt es sich jedoch dabei um kleinere Pfosten, mehr Pfähle, die außerhalb des Gebäudes standen 11 ). Die in Tornow angetroffenen Pfosten standen jedoch eindeutig an der Wandinnenseite bzw. im Innenraum der Bauwerke. Ihre Funktion muß also eine andere gewesen sein. Aus späteren Siedlungen kennen wir die Kombination von Block- und Pfostenbau mehrfach. I n Wroclaw auf der Dominsel z . B . wurden bis zu 2 m aufgehende Pfosten z . T . an der Innenseite der Wände festgestellt 12 ). Die Pfosten dürften hier also den Oberbau der Gebäude, vor allem das Dach, getragen haben. Die Wände waren dann nicht dachtragend. Diese Bauweise entspricht dem späteren Umgebindehaus. Da sie in Tornow bereits sehr früh nachzuweisen ist, dürfte die Auffassung von W. Radig, derzufolge das Umgebindehaus aus dem Amalgam von slawischem Blockbau und fränkischem Ständerbau entstanden ist, kaum aufrechtzuerhalten sein (1958, S. 120). Damit sind jedoch noch nicht die in großer Anzahl über den Innenraum der Tornower Speicherbauten verteilten Pfosten erklärt. Die Bauweise des Umgebindes allein kann sie schwerlich bedingt haben. Weiter führt die Analyse des Brandschuttes. An einigen Stellen wurden günstige stratigraphische Verhältnisse angetroffen. Besonders wesentlich war hierzu der Befund in u
) Ausführlich vgl. zum slawischen Pfostenbau 6. Behm 1942. ) E. Ostrowska 1961, S. 164ff.; Ähnlich waren die Verhältnisse in Zehdenick, Kr. Gransee. H. Schübler beobachtete am Haus Ib jeweils innerhalb der Blockwand mehrere Pfosten (NB114, S. 228ff., Taf. 71/2; Abb. 1, S. 271). Die Eckpfosten waren besonders stark. Pfostenbau mit steinverkeilten Pfosten fand sich in Rerik (NBl 11, S. 107 - R. Beltz).
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Speicher 19. I n diesem Speicher befanden sich 3 Lehmwannen und 1 Mühle. Die südliche Lehmwanne (Nr. 986, Beilage 7; Taf. 8 und 9; Abb. 14, B 1) war nur unwesentlich beim Brand zerstört worden. Auf der Lehmwanne lag etwa 40 cm Brandschutt, in der Wanne selbst fanden sich Getreidereste. Unter der Lehmwanne wurde eine dünne Holzkohleschicht angetroffen, die nur noch in einzelnen Teilen erhalten war. Diese Schicht lag auf einer mit Holzkohle vermischten Ascheschicht, darunter folgte wiederum etwas Holzkohle und darunter durchglühtes Erdreich. Die Lehmwanne zeigte deutliche Bohlenabdrücke auf der Unterseite. Die Teile der Lehmwanne, die beim Aufstampfen durch die Fugen der Holzdielung hindurchgedrungen waren, waren vom Feuer verschlackt, z. T. sogar verglast. Diese Verhältnisse wiederholten sich fast in jedem Speicher (Taf. 12), nur zumeist nicht so eindeutig, da die Lehmwannen fast stets zerbrochen, umgestürzt und teilweise über eine weite Fläche verstreut waren. Zuunterst fand sich häufig eine dünne Holzkohle-Ascheschicht mit wenigen Funden, darüber folgten dann die Reste der Lehmwannen und der Drehmühlen, Tongefäße usw. I n einigen Fällen überdeckten die Bruchstücke von Lehmwannen oder Drehmühlen sogar die verkohlten Stümpfe von Pfosten (Sp. 19 südliche Wanne und Schutt der beiden anderen Wannen sowie Mühlstein; Sp. 4 Lehmwanne; Sp. 6 Mühle; Sp. 9 Lehmwanne; Sp. 15 Lehmwanne — Beilage 7; Beilage 4, c—c'); in anderen Fällen lagen größere Mengen Getreide auf den zur Seite gedrückten Pfostenstümpfen (Beilage 5, s—s'). I m Speicher 1 wurde eine größere Anzahl von Gefäßen angetroffen, die fast in gleicher Weise mit den Böden nach oben Süden zeigten, das Getreide, das sie enthalten hatten, war verschüttet. Sie lagen nicht auf dem Boden des Bauwerkes, sondern höher im Brandschutt. Die Lehmwannen sind fast alle bei dem Brand der Burg zerstört und über mehrere Quadratmeter verstreut worden. Das hätte nicht geschehen können, wenn sie sich auf dem Fußboden der Bauten befunden hätten und der Brandschutt auf sie gestürzt wäre. Das gleiche gilt für die Mühlen. Von der großen Anzahl der entdeckten Mühlen waren nur zwei insofern vollständig, als Läufer und Block annähernd übereinander lagen (Nr. 56; 250). In den meisten Fällen lagen beide Teile mehrere Meter voneinander entfernt, häufig waren sie sogar infolge der Feuereinwirkung mehrfach, z. T. bis zum Zerbröckeln, zersprungen (Beilage 7). Wir dürfen also feststellen, daß Lehmwannen und Mühlen in keinem Fall in situ an ihrem ursprünglichen Standort angetroffen worden sind. Vielmehr sind sie infolge des Brandes aus diesem entfernt, über größere Entfernungen verstürzt und dabei in den meisten Fällen beträchtlich zerstört worden. Das gleiche gilt für die Tongefäße. Das Gefäß Abb. 35 c (Sp. 16) war z. B. über 3—4 m im Brandschutt der Speicher 15 und 16 verstreut. Anderseits fanden sich in Sp. 10, 16 und 4 dicht auf dem Boden, noch unterhalb des Brandschuttes einige Funde, die vom Feuer weniger beeinträchtigt bzw. durch den Versturz weniger zerstört worden sind. I n Sp. 4 lagen auf engem Raum zusammen 3 Spinnwirtel (Abb. 37b, c, d), ein Messer (Abb. 40a), eine Gürtelschnalle (Abb. 40e) und zwei Sicheln (Abb. 38e, f). Daneben befand sich eine Steinanhäufung, wohl ein Herd (Taf. 9e). I n Speicher 10 stand auf dem Boden unter dem Brandschutt ein Tongefäß, das durch den herabstürzenden Schutt leicht zerdrückt und umgeworfen war. Es enthielt einen Dolch oder Feuerstahl (Abb. 39e) und einen Schleifstein (Abb. 37 m; Taf. 26a), desgl. fanden sich unter dem Brandschutt in Speicher 16 einige Spinnwirtel (Abb. 37f, j), ein Messer und ein Teil eines Hiebmessers (Abb. 39a). I m Brandschutt über diesen Funden lagen in Speicher 4 eine umgestürzte und zerbrochene Lehmwanne, Reste einer Mühle und Getreide, das aus der Lehmwanne herrührte. I n Sp. 10 fanden sich oberhalb des Gefäßes im Brandschutt eine Mühle, mehrere zerschlagene Tongefäße und größere Mengen Getreide. I n Sp. 16 konnten oberhalb dieses Fundhorizontes im Brandschutt neben Getreide und den Resten einer Mühle 40 Gefäße festgestellt werden (Abb. 3 1 - 3 6 ) . Aus den dargestellten stratigraphischen und sonstigen Befunden im Bereich der Bauten hinter dem Wall ergibt sich eindeutig, daß Lehmwannen, Mühlen und ein großer Teil der Tongefäße sowie die Getreidevorräte nicht auf dem Fußboden dieser Bauten, sondern höher
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gelegen haben müssen. Wir dürfen diese Höhe nicht zu niedrig ansetzen, und zwar aus zwei Gründen. Der stratigraphische Befund in Speicher 19 (vgl. oben) zeigte, daß unter den Lehmwannen ein beträchtliches Feuer mit starker Hitzeentwicklung gebrannt haben muß, das die Rötung des Fußbodens bewirkte und die unter der Lehmwanne vorhandenen Holzeinbauten sowie den Pfosten bis auf die Asche vernichtete und die Dielung, auf der die Lehmwanne stand, von unten angriff. Ohne eine solche Feuereinwirkung von unten hätte die Holzkohleschicht über der Aschenschicht und die Verschlackung bzw. Verglasung der über den Dielenritzen befindlichen Wannenteile nicht entstehen können. Unter der Lehmwanne hat sich folglich ein größerer Hohlraum befunden, der erst zusammenstürzte, nachdem das Feuer ihn weitgehend ausgebrannt hatte, wohl nachdem der unter der Wanne verschüttete Pfosten verbrannt war. Vorher hätte der Sturz der Lehmwanne nicht in dieser Weise erfolgen können. Die Streuung der Wannen- und Mühlenbruchstücke über eine größere Entfernung konnte nur bei einer beträchtlichen Höhe erfolgen, hätten die Mühlen niedriger, etwa auf einem Sockel des Fußbodens gestanden, wären sie nur abgerutscht und hätten schwerlich in dem starken Maße, wie es tatsächlich der Fall ist, durchglühen können. Die Lehmwannen, Tongefäße und Mühlen haben also im wesentlichen auf einem Boden gestanden, der nicht unbeträchtlich über dem Fußboden der Bauten lag. Seine Höhe läßt sich durch zwei Beobachtungen erschließen. Erstens ist es oben gelungen, die Höhe der hinteren Wallfront mit 1,8—2,0 bzw. 1,6 — 2,0 begründet festzulegen und einen Umgang nachzuweisen, der auf dieser Stufe des Walles rund um den Burginnenraum verlief. Wenn dieser Umgang einen Sinn haben sollte, so kann er nur mit den Speicherbauten in Zusammenhang gestanden haben. Drei Untergeschosse der Speicher 4, 10 und 16 wiesen unterhalb des Brandschuttes besondere Funde auf, die auf eine Benutzung dieser Bauten zu Unterkunftszwecken hindeuten (Herd, Sichel, Messer, Spinnwirtel, Gürtelschnalle in Speicher 4, Messer, Wetzstein, in Sp. 10 und wiederum Spinnwirtel, Messer in Sp. 16). Gleichzeitig war aber in allen drei Fällen nachzuweisen, daß diese Bauten ein Obergeschoß gehabt haben müssen. Wenn eine Begehung des Untergeschosses überhaupt möglich gewesen sein soll, dann muß es eine Mindesthöhe gehabt haben, die einem erwachsenen Menschen die aufrechte Bewegung ermöglichte, wohl kaum unter 1,80 m. Wir kommen also hier auf das gleiche Minimalmaß, das etwa der Umgangshöhe entspricht. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß beträchtlich höher gebaut worden ist, denn dann wäre der Versturz des Brandschuttes wohl noch weiter in den Innenraum erfolgt. Am begründetsten sowohl von den Fundbeobachtungen wie auch von der übrigen Konstruktion her ergibt sich danach eine Höhe des Untergeschosses von 1,8—2,0 m und eine Zwischendecke in dieser Höhe, d. h. in Höhe des Umganges. Durch diese Konstruktion war gleichzeitig die Frage des Zutritts zu den Obergeschossen gelöst. Er konnte vom Umgang her ohne Schwierigkeiten erfolgen oder war wohl nur von dort aus möglich und von vornherein bei der Anlage des Walles und Tores auf diese Weise geplant. Über die Höhe des Obergeschosses gibt es keine direkten Hinweise mehr. Die Mindesthöhe dürfte auch hier bestimmt worden sein von der Körperhöhe der sie benutzenden Menschen. Bei der engen Verbundenheit der Konstruktion der Anbauten (Speicher) mit der Wallkonstruktion ist es naheliegend, daß die Höhe der Speicher mit der zweiten Stufe des Walles abschloß und daß hier eine Überdachung aufsetzte, die sowohl den Umgang wie auch die Speicher bedeckte. Die Bedachung selbst dürfte mit Hilfe von Balken oder Bohlen (Schindeln) erfolgt sein, da sich im Brandschutt trotz besonderer Bemühungen niemals Reste von Stroh oder Rohr nachweisen ließen (Abb. 11). Durch diese Konstruktion der Speicherbauten, wie sie sich in großen Umrissen nachweisen ließ, findet die große Anzahl der unregelmäßig verstreuten Pfosten im Innenraum ihre Erklärung. Sie dienten als Stützen für die Decken der Oberböden, die durch die Anhäufung von Vorräten, vor allem Getreide (siehe unten) einer nicht unerheblichen Belastung aus-
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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gesetzt waren. Damit erklärt sich auch die in den einzelnen Speichern verschieden starke Häufung der Pfosten. Diese war besonders umfangreich in den Speichern, die eine große Fläche einnahmen (11, 12, 13, 15) bzw. bei denjenigen, die sich durch besondere Breite auszeichneten (Sp. 6). Eine regelmäßige Gruppierung fand sich nur in den schon erwähnten Speichern 4, 10 und 16. Die übrigen Untergeschosse waren wohl kaum wegen der unregelmäßigen und dichten Pfostenstellung zu nutzen. Dadurch erklärt sich die wenig sorgfältige oder völlig fehlende Behandlung des Fußbodens der Speicher. Der Fußboden verlief leicht geneigt auf der Oberkante der Absturzschicht des Walles A. Lediglich im Bereich der Hinterwand des Walles hatte man bei ihrer Gründung in allen Fällen eine annähernde waagerechte Fläche von etwa 1—2 m Breite hergestellt, auf der die Blockwand aufgebaut worden ist (Beilage 4 und 5, r—r', q—q'; 7). I n Speicher 19 war der Teil, auf dem die Hinterwand stand, sogar leicht eingetieft (Beilage 3b, H—J). I n gleicher Weise wurden die Standorte der inneren Wände durch Planierung des Untergrundes bzw. Anlage eines Gräbchens vorbereitet. Auch für die Zwischenwände scheint man hin und wieder Planierungen vorgenommen zu haben (zwischen Sp. 14 und 15, Sp. 18/19, Beilage 7). Die Fußböden der Unterkunftsräume im Sp. 4, 10 und 16 waren gleichfalls nur unwesentlich und nicht durchgängig planiert. Der Absatz zur ebenen Basis der Wallhinterfront bestand auch hier in allen drei Fällen, jedoch verlief dann der Fußboden annähernd waagerecht bis zur inneren Wand (Beilage 3; 4; 5; m—m', c—c', EFG). Im Unterteil von Speicher 10 wurde ein besonders hoher P 2 0 5 -Gehalt gemessen (oben S. 17 Proben Nr. 4, 8). b) Der Inhalt
der
Speicherbauten
Die Anbauten hinter dem Wall dienten im wesentlichen wirtschaftlichen Zwecken, und zwar besonders ihre 19 Oberböden. Der Inhalt dieser Oberböden bestand aus Lehmwannen, Holzkisten, Mühlen, Tongefäßen und großen Mengen von Getreide. Durch ihren Absturz um etwa 2 m und die Vermischung mit Brandschutt bzw. die dabei eintretende Zerstörung der Gefäße hatte sich das Bild sehr unübersichtlich gestaltet. I m Brandschutt fand sich über einer dünnen Lage von Holzkohle oder Asche zumeist ein recht wirres Durcheinander von Lehmwannenresten, Mahlsteinen bzw. Mahlsteinresten, Gefäßen und Gefäßresten, Resten von Holzkisten und Getreide. Einen wichtigen Platz in den Bauten nahmen die Lehmwannen ein. Sie waren durchweg annähernd rechteckig und quadratisch mit 70—90 cm Seitenlänge und 10—15cm Randhöhe. Die Wandstärke schwankte z . T . beträchtlich von etwa 2—6 cm. Diese Wannen waren aus Lehm hergestellt, der mit organischem Material, wahrscheinlich Stroh, gemagert gewesen ist. In der Bodenplatte fanden sich hin und wieder runde langgestreckte Hohlräume von etwa 1,5—2 cm Stärke, die von vergangenen, ehemals hier eingearbeiteten Eschenruten herrührten. Die Lehmwannen sind primär bei ihrer Herstellung nicht gebrannt gewesen. Sie wurden vielmehr auf dem Estrich des Oberbodens der Speicher aufgestampft, der aus Rundhölzern oder aus gespaltenen kleinen Bohlen oder Stämmen bestand. Die Herstellung der Lehmwannen muß an Ort und Stelle in den Speichern erfolgt sein, denn der zur Zeit der Herstellung noch feuchte und elastische Lehm wurde durch das Aufstampfen auf die Dielung durch deren Fugen und Ritzen hindurchgepreßt bzw. paßte sich deren Unebenheiten an. Das könnte nun zwar auch auf einer gedachten Unterlage außerhalb der Burg geschehen sein. Dagegen spricht jedoch, daß die Wannen zur Zeit der Zerstörung der Burg noch auf dieser Unterlage standen, und zwar so, daß diese einen größeren Hohlraum überbrückt haben m u ß ; anders ist nicht zu erklären, wie durch die Spalten der Unterlage (Dielung) gedrungenen Lehmmassen bis zur Verschlackung bzw. Verglasung brennen konnten, während die von der Dielung bedeckten Teile nur unwesentliche Brandspuren und eine leichte Härtung erfuhren, vor allem an den oberen Mündungsrändern. An der Wanne Nr. 757 ließen sich diese Verhältnisse besonders gut beobachten. Der gelbliche Lehm war an den genannten Spalten glasig-grünlich gebrannt. Außerdem waren einige Teile
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JOACHIM HERRMANN
des Randes, wenige Teile der Außenseite und einige kleine Abschnitte der Innenseite in gleicher Weise verschlackt. In den Fällen, in denen der Absturz der Wanne aus nicht im einzelnen zu klärenden Ursachen schon in einer frühen Phase des Brandes erfolgte, die Hitzeeinwirkung auf diese nicht so intensiv gewesen ist, hatte sie sich durch Sickerwasser zum großen Teil aufgelöst, ihre Reste waren wie roher Lehm zu schneiden. Es läßt sich zusammenfassend mit Sicherheit festhalten, daß die Lehmwannen stationär und an die Obergeschosse der Speicher gebunden hergestellt worden sind. Sie wurden auf die Dielung aus rohem, mit Stroh gemagertem Lehm aufgestampft ohne primäres Brennverfahren. Lehmwannen bzw. deren Reste wurden in folgenden Speichern festgestellt: Speicher
Inv. Nr.
Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp.
424 122, 303, 258, 307, 300 68, 189 88, 234, 220, 108, 110, 246, 226 448 465, 1, 2, 288, 475, 452, 473, 447 449,6 709, 745, 763 757, 753, 823 855, 861 986 960, 972 983, 985, 988, 467, 468 116 96
1 4 5 6 8 9 10 11 12 15 19
Brunnen:
Wandstärke cm
Breite der abgedrückten Dielen cm
3,5-5 2-3 1,7-4,5
6
1,5-2,5 2,5-2,7 1,2 2,5-4 2,5-4,5 2.3-2,5 1,6-2,7 1,3-4,5 2,5-4,0 2,5-6,0
4-8,5 5 9,6 9,5 5,8 11,2-14,5 5,5-6 1 Rundholzabdruck, 6 cm Dm. Diele, 8,4 cm
Soweit es sich um größere Stücke handelt, sind sie im Grundplanum verzeichnet (Beilage 7). Aus der Zusammenstellung geht hervor, daß nicht jeder Speicher eine Lehmwanne aufwies, und daß ihre Zahl in den einzelnen Speichern zwischen 1 und 3 schwankte. Insgesamt waren in 11 Speichern 15 Lehmwannen vorhanden. Ihr genauer ursprünglicher Standort in den Speichern ist selbstverständlich kaum zu bestimmen gewesen, da alle in sekundärer und verstützter Lage angetroffen worden sind. Häufig scheinen sie jedoch an den Querwänden gestanden zu haben, in Speicher 19 waren sie über die ganze Fläche verteilt. Die Aufgabe dieser Wannen konnte durch verschiedene Beobachtungen geklärt werden. Die Wanne in Speicher 4 war umgeschlagen und z. T. zerbrochen. Unter ihren Trümmern und in Umschlagrichtung verstreut fand sich eine größere Menge von Getreide (Roggen). Im Speicher 19 war die südliche Wanne nahezu senkrecht zusammen mit dem Rest der Dielung abgestürzt. Die Wanne war wenig gebrannt und enthielt Getreide. Ein Teil davon war über ihren Rand hinweggestreut und fand sich unter dem Brandschutt. In gleicher Weise ließ sich in nahezu allen übrigen Fällen ein Zusammenhang von Getreidevorkommen und Lehmwannenresten erkennen (Speicher 1, 9, 10, 11, 12, 15). Die großen Lehmtröge dienten also in erster Linie zur Aufbewahrung von Getreide. In Speicher 19 fand sich in der südlichen Ecke der nördlichen Lehmwanne Nr. 988 neben der Mühle Nr. 985 (Taf. 9b) eine größere Anhäufung von Mehl (Nr. 992; unten S. 179). Da diese Wanne nahezu senkrecht abgestürzt ist, ist ein sekundäres Eindringen des Mehles in diesen Trog nicht wahrscheinlich. In den Speichern, in denen sich keine Lehmwannen fanden, ließen sich oft Holzkisten von etwa 1 m2 Größe nachweisen. Solche Holzkisten waren in Speicher 2, 3, 6, 18 erhalten (Beilage 7). Sie bestanden aus Bohlen bzw. Brettern und enthielten gleichfalls größere Mengen
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Getreide. Die Höhe dieser Kisten ließ sich nicht ermitteln, da sie verständlicherweise stärker durch den Brand in Mitleidenschaft gezogen worden sind als die Lehmwannen. Auch ist es nicht ausgeschlossen, daß die Zahl der Holzkisten ursprünglich größer war als hier angegeben. Vielleicht h a t in Sp. 12, wo sich größere Getreidevorräte in zwei gesonderten Lagern ohne nachweisbares Gefäß im Brandschutt fanden, noch eine solche Kiste gestanden. Auch in den Speichern 7 , 1 3 u n d 14, in denen sich weder Wannen noch andere Gefäße in nennenswerter Anzahl fanden, können derartige Behälter aus organischem Material bestanden haben. I m Speicher 6 stand unmittelbar neben der Drehmühle aus Rochlitzer Quarzporphyr (Nr. 250) eine Holzkiste (Beilage 7). Zwischen den Steinen der Mühle fanden sich Roggen, Weizen und Reste von Mehl (Nr. 254/255 — unten S. 179). I m Speicher 11 wurden Reste eines Flechtwerkes neben u n d unter den Mahlsteinbruchstücken angetroffen. Das Flechtwerk (Nr. 980) bestand aus etwa 0,5—0,6 cm starken R u t e n oder Bändern aus dem Holz des Spindelbaumes (Euonymus europaea). Die Gesamtstruktur des Flechtwerkes war nicht mehr zu erkennen. Nach der Masse der verkohlten Rutenreste und ihrer kreuzweisen Überlagerung m u ß es sich u m einen größeren K o r b gehandelt haben. Über dem Flechtwerk befand sich verkohltes Mehl, das auch an diesem h a f t e t e (Nr. 719). Nach den F u n d u m s t ä n d e n diente der K o r b sehr wahrscheinlich zum Auffangen des aus der Mühle herausgemahlenen Mehles 13 ). Außer diesen großen Gefäßen befanden sich in jedem Speicher in unterschiedlicher Anzahl Tongefäße verschiedener Form und Größe (vgl. Abb. 22 — 36; Beilage 7). Besonders aufschlußreich war der Befund in Speicher 16. Hier wurden weder eine Lehm wanne noch eine Holzkiste festgestellt, dagegen standen hier zur Zeit der Zerstörung der Burg wenigstens 40 Tongefäße. Das Volumen dieser Gefäße war ganz unterschiedlich. Es u m f a ß t e sowohl kleine Einheiten mit n u r wenigen cm Höhe und Durchmesser (Abb. 31 — 36) wie auch große Gefäße von 50 cm Durchmesser (Abb. 35 c). Der größte Teil der Gefäße h a t t e ein Volumen von etwa 2 Litern. I n den anderen Speichern war die Zahl der Tongefäße wesentlich geringer. I n Speicher 19 mit drei Lehmwannen fanden sich z. B. n u r wenige Tongefäße. Dabei darf nicht übersehen werden, daß die Bestückung der Speicher mit Tongefäßen nur auf die Zeit unmittelbar vor der Zerstörung der Burg zurückgeht. Sie konnte in den einzelnen Zeiten wahrscheinlich sehr verschieden sein, während die großen, z. T. ortsgebundenen Wannen und Kisten stationär an einen Speicher gebunden waren. Die Tongefäße h a t t e n offenbar verschiedene Aufgaben. Die großvolumigen Gefäße dienten zur Getreideaufbewahrung, wie sich immer wieder aus dem Zusammenfund ihrer Reste mit Getreide ergab. Von diesen großen Gefäßen ist bei der Zerstörung kein einziges ganz geblieben. Dagegen überdauerten einige Gefäße mittlerer Größe den Brand. Sie waren teilweise noch mit Getreide gefüllt (Nr. 900, 821, 822, 769, 223, 41, 43, 55, 344, 349), teilweise fand sich in mittelgroßen Gefäßen Hirse (Nr. 382, 478) bzw. der Befund legte nahe, daß Hirselinsen zu zerschlagenen benachbarten Gefäßen gehörten. Am Gefäß Nr. 713 (Taf. 16d) war Mehl (Nr. 712) angebacken. I m Speicher 7 fand sich ein Gefäß (Nr. 263, Taf. 15e), das einen kalzinierten Mittelfußknochen, einen Zehenknochen und unbestimmbare Reste von Ziege (Schaf oder Reh?) enthielt (frdl. Bestimmung von H . H. Müller). Die Knochen machten den Eindruck, als ob sie bearbeitet bzw. gespalten waren, evtl. durch Anwendung eines Fleischerbeils (?). Das Gefäß Nr. 453 in Speicher 8 enthielt eine schwammartige verkohlte Masse. Eine größere Anzahl anderer Gefäße ist zur Zeit der Auffindung ohne Inhalt bzw. mit Erde angefüllt gewesen. Nicht ausgeschlossen ist, daß diese Gefäße andere Vorräte, wie etwa Honig, F e t t , Wachs oder ähnliche leicht vergängliche Stoffe enthielten. Wie die Analyse der Keramik der einzelnen Speicher, besonders des Speichers 16, ergab (vgl. unten), sind die Tongefäße in den Speichern offenbar häufiger ausgewechselt, bzw. die Speicher sind hin und wieder gesäubert und von den zerschlagenen Tongefäßen — was ja im Laufe der Zeit bei la
) Funde vom Holz des Spindelbaumes in Getreidelagern sind mehrfach beobachtet worden, in keinem Fall ließ sich jedoch eine Erklärung für die Verwendung des Holzes geben (unten S. 187).
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JOACHIM H E R R M A N N
ihrer Masse nicht ausbleiben konnte — geräumt worden. In den Obergeschossen der Anbauten der Tornower Burg stand also ein umfangreiches Gefäßsystem verschiedener Zusammensetzungen, das zum größten Teil zur Bevorratung von Getreide (Roggen, Hirse, Weizen, Gerste, Hafer) gedient hat. Wenn wir als Durchschnittsmaß für eine Lehmwanne 85 cm Seitenlänge bei 15 cm Höhe zugrunde legen, so ergibt das ein Volumen von 108,375 cdm oder Liter, ohne daß dabei die Möglichkeit der Volumenvergrößerung durch Füllung über den Rand berücksichtigt worden ist, oder rund 110 1. Für 15 Lehmwannen ergibt das 16501. Wenigstens das gleiche, wenn nicht gar ein höheres Volumen, muß für die nachgewiesenen vier Getreidekisten angenommen werden. Insgesamt ergibt das dann für die 19 Großgefäße ein Gesamtvolumen von 20901. Das spezifische Gewicht für Brotgetreide liegt nach P. Pelshenke, G. Hampel und W. Schäfer (1953, S. 4) bei 125—140. Danach ergäbe sich, umgerechnet in kg, allein für das nachgewiesene Speichervolumen der Wannen und Kisten eine Menge von 2612,50—2926 kg oder 2,6—2,9 t. Im Durchschnitt würden auf den Speicher dann 1,37 bis 1,54 dt entfallen. In Speicher 12, wo die Getreidemassen besonders kompakt auftraten, wurde das Volumen des Getreides nach Litern ermittelt. Der Speicher enthielt trotz der sekundären Schrumpfung des Getreides, die nicht berücksichtigt worden ist, und der durch Brand und Verwehung bei der Zerstörung entstandenen Verluste noch 1201 Roggen, 121 Weizen und 21 Roggen mit geringem Gerstenanteil (Proben Nr. 720a, 717, 711, 758), insgesamt also 1341. Das entspricht einer Getreidemenge von 1,68—1,88 dt. Obwohl in diesem Speicher nur eine Lehmwanne stand, liegt die Menge des tatsächlich vorhandenen Getreides beträchtlich über dem ermittelten Durchschnittswert pro Speicher. Der Getreideinhalt der Speicher 1, 2, 3, 4, 9, 10, 11 und 18 (vgl. Beilage 7) war nicht geringer als der von Speicher 12, während Speicher 5, 7, 8, 13, 16 und 17 kein Getreide oder nur geringe Mengen enthielten. Auch in Speicher 1, 6, 14, 15, 19 war der Anfall von Getreide bei weitem nicht so umfangreich wie in den zuerst genannten Speichern. Die Ursache muß darin bestehen, daß diese Speicher entweder schon ganz oder weitgehend leer waren bzw. noch nicht vollständig gefüllt waren, als die Burg abbrannte. Bei dem Überschlag über die gespeicherten Getreidemengen ist nicht die Kapazität berücksichtigt worden, die in den mit Getreide gefüllten bzw. zur Getreideaufbewahrung bestimmten Vorratsgefäßen vorhanden war. Außerdem konnte Getreide auf dem Boden oder in nicht mehr nachgewiesenen Kisten aufgeschüttet worden sein. An der Mündung der Torrampe auf den Umgang hinter den Speichern fanden sich auf diesem die Reste eines verkohlten Stoffbeutels mit anhaftenden Spelzen (Nr. 431, Taf. 43 e; unten S. 173). Diese Speicherkapazität ist nicht mehr in Zahlen zu erfassen, wir werden jedoch nicht fehlgehen, wenn wir sie wenigstens halb so hoch wie die tatsächlich allein in den Großgefäßen nachweisbare veranschlagen. Es ergäben sich dann etwa 40—45 dt. Bei einem pro-KopfVerbrauch von rund 43 kg pro Monat, wie ihn F. Noack (1927, S. 196, S. 312) angibt, hätte diese Menge für 100 Mann rund einen Monat oder für 8—10 Mann etwa 12 Monate, also von Ernte zu Ernte, gereicht. Nach H. Preidel (1961, S. 56, S. 122) benötigte ein Mann pro Monat etwa 30 kg Getreide. Aus den ermittelten Getreidelagern in Tornow hätten danach sogar 12 Mann ein J a h r lang ernährt werden können. Eine wesentliche Seite der Funktion der Anbauten hinter dem Wall ist damit bestimmt. Sie dienten zu Speicherzwecken, vor allem zur Aufbewahrung von Getreide in großem Umfang. Darin erschöpfte sich ihre Bedeutung jedoch nicht. Ebenso, wie beinahe zu jedem Speicher eine Lehmwanne oder Holzkiste gehörte, stand in fast jedem Speicher wenigstens eine Drehmühle. Die Zerstörung der Mühlen war infolge des Versturzes und der Brandeinwirkung sehr beträchtlich, so daß nur in zwei Fällen Läufer und Bodenstein noch annähernd übereinander lagen, auch wenn sie nicht mehr komplett geborgen werden konnten, da das Gestein völlig zergrust war (Nr. 56 in Sp. 10; Nr. 250 in Sp. 6) (Taf. 8d). In allen anderen Fällen fanden sich Bodenstein und Läufer getrennt, oft mehrere Meter voneinander entfernt und mehr oder weniger stark zerstört (vgl. Beilagen 3, 4, 5, 7 und Taf. 9b).
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Es wurden in den einzelnen Speichern folgende Bruchstücke bzw. ganze Mahlsteine gefunden: Sp. Sp. Sp. Sp.
1: 2: 3: 4:
Sp. 5: Sp. 6: Sp. 7: Sp. 8: Sp. 9: Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp. Sp.
10: 11: 12: 13: 14: 15: 16:
Sp.17: Sp. 18: Sp. 19:
Nr. 437, Bodenstein und Läuferreste; 359, 393, 390, Bodensteinrest Nr. 334, Läuferrest; 377, 378, 338 Nr. 176 Nr. 310, Bodenstein-und Läuferbruchstücke Nr. 306, Läufer Nr. 189, Bodensteinrest; Nr. 232, Läufer; Nr. 105, Nr. 77 a) Nr. 209, Bodenstein- und Läuferbruchstücke, Nr. 89, Nr. 177 b) Nr. 250, Bodenstein und Läufer Nr. 179, Bodenstein- und Läuferbruchstücke; Nr. 178 Nr. 124, 475, 465 ohne Nr., aus dem Wallprofil, Bodenstein- und Läuferbruchstücke; Nr. 486, Bodenstein- und Läuferreste Nr. 56, Mühle komplett, jedoch zerbrochen Nr. 732, Bodenstein- und Läuferreste Nr. 749, Läuferreste; Nr. 707, Läufer- und Bodensteinreste Nr. 752, Bodenstein- und Läuferbruchstücke Nr. 810, Bodensteinreste; Nr. 808, Läuferreste Nr. 858, 919, Bodenstein- und Läuferreste Nr. 497, Läuferbruch; Nr. 913, Bodenstein- und Läuferbruchstücke; Nr. 928, Läuferreste Nr. 958, Läuferreste, Nr. 974, Bodensteinreste Nr. 985, Läufer (Taf. 9b); Nr. 963, Läuferrest Nr. 957, Bodensteinrest
Bis auf die Mahlsteine Nr. 378 (Sp. 2) und 178 (Sp. 7) sind alle in den Speichern der Burg B gefundenen Mahlsteine aus Rochlitzer Porphyr bzw. Nr. 306 (Sp. 4) aus „rotem FeldspatSandstein (möglich Rotliegend NW-Sachsens, Porphyrherkunft benachbart)" angefertigt worden (unten S. 158). Außerdem fand sich ein ganz erhaltener Läufer (Nr. 457, Taf. 8b) in der Absturzschicht des Walles B. Wahrscheinlich wurde er aus den Speichern während einer Belagerung entnommen und ist bei Zerstörung der Burg mit den oberen Wallschichten abgestürzt. Aus der großen Zahl der Mahlsteinfunde und den Fundumständen ergibt sich, daß in 18 von 19 Speichern eine bzw. in Speicher 6 und 19 sogar 2 Mühlen gestanden haben. Der Speicher 17 ist nur zum Teil ausgegraben, und es kann sich in dem noch stehenden Steg eine weitere Mühle befinden. Die Drehmühlen sind infolge des Versturzes in keinem Falle an ihrem ursprünglichen Standort angetroffen worden. Sie müssen sich, nach den Fundumständen, ebenfalls im Obergeschoß unmittelbar neben den Lehmwannen bzw. Getreidelagern befunden haben. Sie waren, wie sich aus den Mehlfunden in den Speichern 6, 11 und 19 (unten S. 179) eindeutig ergab, hier aufgestellt worden zur Verarbeitung des Getreides. Über die Beschaffenheit ihres Unterbaues liegen keine Beobachtungen vor. Die Untergeschosse der Speicher waren wegen der dichten und unregelmäßigen Pfostenstellung unbenutzbar. Lediglich in den Untergeschossen der Speicher 4, 10 und 16 waren die Pfosten und Wände so angeordnet, daß dort größere Unterkunftsräume von 22 m 2 , 20 m 2 und 15 m 2 entstanden. Nur aus diesen Untergeschossen sind Funde, die auf ihre fortwährende Benutzung hinweisen, bekannt (oben S. 42). Der Unterkunftsraum unter Speicher 10 wies einen hohen Phosphatgehalt von 0,42 bzw. 0,30°/ 000 auf (Proben Nr. 4, 8), während die Siedlungsschicht südlich von Speicher 10 im Innenhof der Burg nur einen Phosphatgehalt von 0,10 bzw. 0,09 °/ 000 (Proben Nr. 10, 11) hatte. Der Phosphatgehalt des Schuttes des Ober-
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baues von Speicher 10 lag vergleichsweise bei 0,11—0,160/ooo (Proben Nr. 9, 15, 16) (oben S. 17). c) Das
Zentralgebäude
Der durch die weit in die Innenfläche hineingeführten Speicherbauten schon verhältnismäßig kleine Innenhof von 14—16 m Durchmesser wurde von einem größeren, unterkellerten Gebäude, im folgenden Zentralgebäude genannt, und einem Brunnen zum größten Teil ausgefüllt. Das Zentralgebäude war durch vier konstruktionsbedingte Merkmale in Umfang und Ausdehnung zu erfassen: 1. durch die Lage und Art seiner zwei Kellerräume; 2. durch die Wandpfosten; 3. durch die leichte Eintiefung des Gebäudeinneren; 4. durch eine Steinschicht, die in diese Eintiefung gestürzt war. Das Gebäude war mit zwei Kellerräumen versehen. Zunächst bestand ein langgestreckter Kellerraum von wenigstens 4 m Länge und 0,7 — 1,2 m Breite mit verschobenen Seitenwänden. Die Wände waren aus langen eichenen Spaltbohlen von 6—10 cm Stärke und 20—40 cm Breite aufgebaut. Sie wurden von eingerammten Pfählen bzw. kantig behauenen Eichenpfosten an der Innenseite der Wand in ihrer Lage gehalten. Die Kellersohle lag wenigstens 70—80 cm unterhalb des anzunehmenden Hausfußbodens und wurde von einer dünnen, nicht überall gleichmäßig aufgetragenen Tonschicht gebildet. Darauf lag eine dünne Sandschicht. Auf diese Weise war, ohne daß besondere Holzbauten notwendig waren, ein fester und sauberer Untergrund entstanden. Noch zur Zeit des Bestehens dieses Kellers und des Gebäudes wurde eine Vergrößerung des Kellers durch Anlage eines zweiten Raumes vorgenommen. Das zu diesem Zweck angewandte Bauverfahren und die Konstruktion waren anders. Zunächst wurde eine nur sehr knapp bemessene Baugrube im Süden des alten Kellers unter gleichzeitiger Beseitigung seiner südlichen Querwand bis auf die Tiefe der Sohle von Keller 1 (T. 4,90—4,95) ausgehoben. I n diese vorbereitete Grube wurde ein Holzkasten in Blockkonstruktion aus Buchenholz von etwa 1,70 bis 1,15 m lichte Weite eingesetzt. Diese Konstruktion konnte bereits außerhalb des Gebäudes zusammengepaßt werden, und man war nicht gezwungen, bei den sicher beengten Raumverhältnissen im Inneren größere Ramm- oder Zuschnittarbeiten vorzunehmen. Sowohl von Keller 1 wie von Keller 2 waren die untersten Holzlagen verhältnismäßig gut erhalten (Taf. 10). Beide Keller müssen bis zur Zerstörung des Gebäudes nebeneinander bestanden haben, da sie beide unter der gleichen Brandschicht lagen. Das konnte nur geschehen, wenn Keller 1 zur Zeit der Anlage von Keller 2 und bei Zerstörung des Gebäudes noch offen war. Beide Keller sind von einem Holzbelag abgedeckt gewesen, wie aus dem Versturz des Brandschuttes und den darunterliegenden Resten eines solchen Belages sichtbar wurde (Beilage 4, Profile b—b', c—c', d—d'). Die Minimallänge des über dem Keller vorhandenen Gebäudes ist durch dessen Länge — 6,2 m — bestimmt. Die tatsächliche Ausdehnung wird durch einige Pfosten angegeben, die im Abstand von wenigstens 1 —1,5 m vom Keller eingebracht waren. Es handelte sich in den meisten Fällen um verhältnismäßig große Pfosten, die 60—80 cm eingetieft gewesen sind. An der Ostseite verliefen sie annähernd in einer Flucht, im Norden konnte ein Pfosten nicht sicher beobachtet werden, da hier durch den Rand der Getreidegrube der ersten Burg das Erdreich gestört worden war und sich spätere Verfärbungen nicht mehr deutlich abzeichnen konnten (Beilage 7). I m Norden waren die Pfostenlöcher wenig breit, die Pfosten also wohl schwächer. Aus der an den Speicherbauten gewonnenen Erkenntnis, daß die Pfosten in der Regel, wenn sie zu einer Wand in Beziehung zu bringen waren, auf deren Innenseite standen, müssen wir eine solche Bauweise als Umgebindehaus auch für das Zentralgebäude annehmen. Die Führung der Wand zwischen Pfostenstellung und Keller, also außerhalb der Wand stehende Pfosten, muß zudem ausscheiden, weil sonst im Süden die Wand nahezu auf der südlichen Kellerwand verlaufen würde. Bei der schwachen Ausführung der Kellerwände ist das eine
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
Abb. 16. Tornow. Aufriß und Schnitte der Keller des Zentralgebäudes von Burg B
4 Herrmann, Tornow und Vorberg
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nicht wahrscheinliche Konstruktion. Die leicht eingetiefte Ausbuchtung im Westen reichte bis an die Pfosten heran. Wollte man die Pfosten auf der Außenseite der Wand annehmen, so ergäbe sich eine Konstruktion, die wegen fehlender Basis für die Wand kaum möglich gewesen sein dürfte. Der Innenraum des Gebäudes stellte sich als leichte Mulde dar, die ihre größte Tiefe in den zusammengestürzten Kellern fand. Diese Eintiefung ist nur in der Ausbuchtung im Westen und im Norden primär gewesen. Im Westen war das Gebäude mit seiner westlichen Ausbuchtung bereits in die Absturzschichten des Walles A bzw. dessen Kulturschicht hineingebaut. Eine Eintiefung betrug nur wenige cm (10—15 cm; vgl. Beilage 4, b—b') und ist im Vergleich zum eigentlichen Niveau des Innenraumes nicht so sehr eine Eintiefung, sondern eine Planierung des Baugrundes gewesen. Eine tatsächliche Eintiefung war im Norden vorhanden, sie betrug im Vergleich mit der westlichen Ausbuchtung 40—50 cm. Wahrscheinlich führte hier ein Ausgang aus dem Gebäude zum benachbarten Brunnen (Taf. 10 c). Da der Brunnen in der Flucht der östlichen Wand lag, muß das eigentliche Gebäude vor diesem abgeschlossen gewesen sein. Die Eintiefung im Norden gehörte dann zu einem wahrscheinlich überdachten Vorbau. Die Eintiefung unmittelbar neben dem Keller ist sekundär und dadurch entstanden, daß nach Vernichtung des Gebäudes zunächst die Kellerwände stehengeblieben sind. Im Laufe der Zeit vermoderten sie im Oberteil, und die angrenzenden Erdschichten flössen in den vom Brandschutt nicht vollständig gefüllten Hohlraum der Keller. Diese sekundär eingeflossene Erde überdeckte den von der Zerstörung des Gebäudes noch vorhandenen Brandschutt (Beilage 4, b—b'; c—c'; d—d'). Zusammen mit diesen Veränderungen gelangten auch Steine in größerer Menge in die Vertiefung. Ihre Herkunft im einzelnen zu erklären, ist nicht möglich. Sie können entweder als Fußbodenbelag oberhalb der Kellerüberdeckung gedient haben oder als Unterbau der Wände, wie das der Befund am nördlichen Eingang (Taf. 10 c) zeigt. Auf jeden Fall lagen sie so, daß sie nicht sogleich während der Zerstörung des Gebäudes in größerem Maße verstürzen konnten. Nach den vorgetragenen Beobachtungen stand inmitten des Burginnenhofes ein Blockbau mit doppelter Unterkellerung von etwa 7 x 4,5 m Seitenlänge, einem Anbau im Westen und einem Ausgang im Norden zum Brunnen. Für die Funktionsdeutung dieses Gebäudes sind in erster Linie die Funde heranzuziehen. Im Keller 1 befanden sich zur Zeit der Zerstörung der Burg, also unter dem Brandschutt, zwei Sicheln (Abb. 38g, h). Sie lagen unmittelbar auf der erwähnten Tonschicht, und das Eisen war restlos vergangen, dagegen die Verfärbungen und die Holzgriffe noch sehr gut erhalten (Nr. 247). Außerdem lagen im Keller 2 auf der steinharten, 5—10 cm starken Tonschicht eine Schicht von Fasern (wahrscheinlich Flachs Nr. 228, 236 oder Bastfasern Nr. 238), ein Rötelstein (Nr. 163), Reste von Strohgeflecht und Teile eines Rindengefäßes, von dem nur der Boden noch zusammenhängend erhalten war. Er war aus sich kreuzenden Birken- oder Pappelrindenstücken zusammengenäht (Taf. 23b). Kleine glatte Stäbchen aus Weide, so wie sie bei der Herstellung von Weidenkörben verwendet werden, fanden sich in größerer Anzahl als einzige Reste dieser Körbe. Eine breiartige Masse mit Samenkörnern (Nr. 237) war über die Reste des Rindengefäßes verteilt. Vereinzelt fanden sich Hülsenfrüchte (Nr. 159) und Getreidekörner. Mehr oder weniger stark vergangene Holzbretter, z. T. angekohlt, leiteten zum Brandschutt über, der diese ursprüngliche Kellerfüllung überdeckte. Sicher ist nach diesem Befund, daß im Keller 2 mehrere Gefäße aus organischem Material standen, die verschiedene Lebensmittel — wohl schon im zubereiteten Zustand (Breireste) — enthielten. Das Ganze stand wahrscheinlich auf einer Unterlage aus Stroh oder Flachs. Die über der Kellerfüllung liegende Brandschicht enthielt gleichfalls eine Anzahl von Funden, die im Oberbau des Gebäudes gestanden haben bzw. aus den benachbarten Speichern hineingestürzt sind. Im Brandschutt des Kellers lagen u. a. die beiden ganz erhaltenen und in ihrer Form einheitlichen Gefäße (Nr. 157 und 158; Taf. 14e; 16b) neben einer Anzahl von
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Scherben (Taf. 10a). I n den oberen Teil des Brandschuttes waren weiterhin Getreidelinsen geringer Ausdehnung und Bruchstücke von Mahlsteinen eingeschlossen, diese vor allem im Südteil des Gebäudes (Nr. 153, 125, 136, 202, 141, 195, 225). Von den Mahlsteinen können nach ihrer Lage im Brandschutt höchstens die Bruchstücke Nr. 195, 202, 225 von einer im Haus ehemals aufgestellten Mühle herrühren. Die entsprechenden Reste eines Läufers fehlen jedoch in dieser Schicht. Es bleibt nur die Annahme eines Obergeschosses für das Zentralgebäude, in dem Mühlen gestanden haben können, oder ihre Herkunft aus den benachbarten Speichern. Dafür könnte sprechen, daß die infolge ihrer Größe und leichteren Zerbrechlichkeit weniger weit verstürzenden Lehmwannen nicht im Zentralbau gefunden worden sind. Eine Herdstelle ließ sich im Zentralbau nicht nachweisen. Falls sie vorhanden war, kann sie durch den Erdrutsch, der im Zusammenhang mit der Zerstörung des Kellers einsetzte, vernichtet worden sein. Herdsteine aus dem Wirrwarr der zahlreichen sekundär gelagerten und mehr oder weniger stark gebrannten Steine zu erkennen, erwies sich als unmöglich. Die Art und Weise der Anlage des Gebäudes mit einem direkten Ausgang zum Brunnen und schließlich seinen Kellern, in denen zubereitete Nahrungsmittel aufbewahrt wurden, erlaubt, dieses Gebäude als Wohnhaus zu deuten, auch wenn noch sicherere Anhaltspunkte dafür wünschenswert gewesen wären. d) Der Brunnen Unmittelbar an der Nordostecke des Zentralbaues befand sich der Brunnen. Er war bereits in der ersten Burg vorhanden und ist offenbar beim Brand der Burg, ebenso wie der übrige Innenraum, mit dem Brandschutt vom Wall bzw. von den wenigen Innenbauten gefüllt oder zumindest verunreinigt worden. Seine Stelle muß jedoch kenntlich und sein Unterbau intakt geblieben sein. Bei der Anlage der neuen Burg wurde er deshalb beibehalten. Die Arbeiten, die im Zusammenhang mit dem Abräumen des Brandschuttes der Burg A durchgeführt wurden, haben deutliche Spatenstichspuren in der Baugrube des Brunnens hinterlassen (Taf. 11). Außerdem scheint die gedrängte Lage des Zentralgebäudes im Südwestteil des Burghofs durch den schon vorhandenen Brunnen bestimmt worden zu sein. Der Brunnen wurde also geräumt und sein Oberteil neu hergestellt. Die Grundkonstruktion blieb dabei erhalten. Um die Brunnenmündung wurde ein Steinkranz aus Geschieben angelegt, der in
Abb. 17. Tornow. Grundriß des Burgbrunnens 4*
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JOACHIM HERRMANN
den verschiedenen Plana und Schnitten gut zu beobachten war, und eine Überdachung geschaffen. Zu diesem Zweck setzte m a n vier Pfosten in der Nähe der Ecken des Brunnens ein. Da sich im Brunnen eine Astgabel aus Birkenholz von 70 cm Länge fand, die am ehesten als Firstträger anzusprechen ist (Abb. 18), müssen wir einen R ä h m annehmen, der die vier Pfosten verband u n d auf dessen Schmalseiten die Firstgabeln eingelassen waren, wie das eine entsprechende Bearbeitung des Fußes der Gabel zeigt. Die Bedachung ist sicher mit Bohlen oder Schindeln erfolgt. Obwohl sich im Brandschutt des Brunnens viele Teile des Oberbaues erhalten konnten, fand sich in keinem Falle Stroh oder Schilf. Dagegen waren Bretterreste von einigen Zentimetern Stärke recht häufig vorhanden.
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Abb. 18. Tornow. Eckpfosten des Brunnens und Firstgabel vom Brunnendach
Der Brunnen, d. h. der untere Teil des in den Brunnen gestürzten Brandschuttes, enthielt eine größere Anzahl von verschiedenen Holzgegenständen bzw. Holzgefäßen, die soweit erhalten blieben, wie sie unter dem Wasserspiegel des Brunnens vor dem Verbrennen bewahrt wurden. Diese Gegenstände müssen bei Ausbruch des Feuers unmittelbar neben dem Brunnen, auf dem Brunnenrand oder einer Vorrichtung unter dem Brunnendach (Abstellbrett o. ä.) abgelegt gewesen sein. Ähnlich wie im Zentralbau fand sich auch im oberen Teil des Brandschuttes in der Brunnenfüllung eine größere Menge von verstreuten Getreidekörnern, Hirse, Keramikreste u n d Mahlsteinreste in größerer Zahl, die von einigen Mühlen herrührten. Durch allmähliche Verrottung der nicht im Grundwasser liegenden Teile der hölzernen Brunnenwände stürzte das Oberteil des Schachtes allmählich ein, und die von der Seite eindringenden Erdmassen sowie die Steine des Brunnenkranzes füllten ihn aus. e) Weitere Bauten im Innenrawm I m Norden von Brunnen u n d Zentralbau verlief eine Reihe von Pfosten, die Anschluß an Speicher 11/12 im Osten und die Ausbuchtung des Zentralbaus im Südwesten fand. Die Zweckbestimmung dieser Pfosten ist nicht zu klären gewesen. Vielleicht verlief hier ein Zaun oder eine Trennwand, hinter der eine begrenzte Anzahl Vieh, vielleicht Pferde, in besonderen Zeiten eingepfercht werden konnte. Die Phosphatanalyse der zwischen den Pfosten u n d dem Beginn der Speicher liegenden Schichten ergab allerdings mit 0,08—0,10 keinen sicheren
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Hinweis auf den längeren oder ständigen Aufenthalt von Vieh (Proben Nr. 10 — 13, oben S. 17). Die Frage nach der Bedeutung dieses Raumes muß also offen bleiben.
6. Die Funde a) Keramik Umfang des Materials. Die Mehrzahl aller Funde aus den Tornower Burgen bestand aus Keramik. Von den unzähligen verzierten und unverzierten Bruchstücken und Gefäßen konnten 1764 Gefäßoberteile und 80 vom Boden bis zum Profil erhaltene Gefäße zur Auswertung herangezogen werden (davon 105 Fundstücke aus der Burg A). Außerdem wurden 16 Gefäßböden aus der Burg A und 470 Böden aus der Burg B, vor allem um Ergebnisse über die Art der Herstellung der Keramik zu gewinnen, analysiert. Ein derartiger umfangreicher und guterhaltener Komplex von Keramik, wie er durch die nahezu vollständige Untersuchung der beiden Burgen in Tornow gewonnen wurde, liegt bisher aus dem Gebiet der Lausitz nicht vor. Der Komplex gewinnt dadurch an Wert, daß seine Zusammensetzung im wesentlichen den tatsächlich zur Zeit der Zerstörung der Burgen vorhandenen Bestand umfaßt und nicht, wie in den meisten Fällen, eine vom jeweiligen Umfang der Grabung abhängige Auswahl. Stratigraphie und Zeitverhältnisse innerhalb der Keramikfunde. Stratigraphisch ließen sich die beiden Horizonte der Burgen A und B deutlich durch z. T. meterstarke Zwischenschichten aus Wallabsturzmassen unterscheiden (Taf. 2; Beilagen 3—5). Innerhalb der Burg A bzw. der Burg B war keine weitere stratigraphische Trennung möglich. Das Material in seiner Gesamtheit entstammt also der ganzen Benutzungsdauer der jeweiligen Burg. Im Material sowohl der Burg A wie der Burg B ist darüber hinaus jedoch eine sehr sichere Abtrennung der Keramik möglich, die zum Zeitpunkt der Zerstörung der Anlage in Gebrauch gewesen ist. Die ganzen Gefäße bzw. die zum größten Teil erhaltenen Gefäße standen in den Speichern, in der Regel im Obergeschoß und waren trotz des Versturzes noch oft mit Getreide angefüllt. Im Speicher 16 sind es 40 Gefäße verschiedener Form gewesen, die, da sie in jedem Fall gleichzeitig in Gebrauch waren, hier abgebildet werden (Abb. 31 — 36). Wir besitzen somit einen guten und verläßlichen Anhaltspunkt, um zu entscheiden, welche Unterschiede in der Keramik chronologisch bedingt sein können und welche nicht auf zeitliche Differenzen, sondern auf unterschiedliche Produktion und verschiedene Tradition der Hersteller zurückzuführen sind. Rein theoretisch wäre es möglich, alle ehemals in der Burg B zur Zeit ihrer Zerstörung vorhandenen Gefäße wieder zusammenzusetzen. Praktisch ist das bei der Unmenge der Keramik nicht durchführbar. Diesem Umstand mußte bei der Bearbeitung des Materials Rechnung getragen werden. So wurden grundsätzlich alle Gefäßbruchstücke mit Randprofilen erfaßt, soweit sie nicht offensichtlich zu einem Gefäß gehörten. Dabei war nicht auszuschließen, daß manches Gefäß doppelt bzw. mehrfach in der Materialaufnahme erschien, zumal die Bruchstücke ein und desselben Gefäßes oft einander wenig ähnlich sein können. Dieser Umstand betrifft jedoch das gesamte Material gleichmäßig. Das Ergebnis nach der prozentualen Seite der Materialzusammensetzung kann daher nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Hingegen gestattet diese materialbedingte Arbeitsweise keine sicheren Aussagen zur Quantität der Gefäße in den einzelnen Speichern bzw. in den Burgen zur Zeit ihrer Zerstörung. Die Zahl der tatsächlich in einem bestimmten Speicher und in der ganzen Burg zur Zeit ihrer Vernichtung vorhandenen Gefäße gibt allein die Anzahl der vorhandenen Gefäßböden einigermaßen verläßlich an. Im Speicher 16, in dem die Fundumstände besonders günstig waren und eine intensive Durcharbeitung der Keramik vorgenommen wurde, deckte sich die Zahl der Böden mit der Zahl der Gefäßoberteile, die z, T. aus verschiedenen Einzelteilen
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JOACHIM HEERMANN
zusammengesetzt worden sind. Neben den auf diese Weise für den Speicher 16 belegten 40 Gefäßen aus der Zeit der letzten Benutzung dieses Speichers fanden sich jedoch Randstücke von einer größeren Anzahl weiterer Gefäße, die verstreut im Brandschutt lagen (Beilage 9). Sie waren z. T. sehr klein und wiesen alte Brüche auf. Diese Reste rühren also von Gefäßen her, die bei Ausbruch der Katastrophe nicht mehr vollständig, sondern nur als Bruchteile in diesem Speicher vorhanden waren — offenbar in der Dielung bzw. in den Winkeln der Speicher. Sie können nur einer Zeit vor der Katastrophe angehören und repräsentieren damit einen älteren Keramikbestand der Burg B. Zweifellos sind diese Gefäßreste nicht als Scherben in den Speicher 16 geraten, sondern erst nach der Zerschlagung ganzer Gefäße während ihrer Benutzung im Speicher. Der Verbleib einzelner Scherben ist so zu erklären, daß die z. T. zertrümmerten Gefäße aus den Speichern entfernt wurden, am ehesten wohl bei einer anzunehmenden Generalreinigung vor der Ernte. Die gefundenen Scherben wurden dabei anscheinend nicht miterfaßt. Das singuläre Auftreten von Gefäßresten im Speicher 16 gibt damit einerseits einen untrüglichen Hinweis auf die Gepflogenheiten bei Benutzung und Reinigung der Speicher. Für die Erörterung der Keramikzusammensetzung dagegen unterstreicht dieser Befund, daß wir es bei den ganz erhaltenen oder ergänzbaren Gefäßen mit einem Horizont unmittelbar vor der Zerstörung der Burg zu tun haben. Da man den als Speichergefäßen benutzten Töpfen höchstens eine Lebensdauer von 10 Benutzungsjahren zubilligen möchte, haben wir es bei dem größten Teil der auf den Abbildungen und Tafeln dargestellten Keramik, sicher aber bei der auf Abb. 31 — 36 gezeigten, mit dem keramischen Bestand höchstens des letzten Jahrzehnts vor der Katastrophe zu tun. Andererseits kann das Ergebnis der Analyse der verschiedenen, in den Burgen A und B vorhandenen Keramik nach Prozenten nicht den Anspruch erheben, die tatsächlichen Verhältnisse in diesem begrenzten Zeitraum wiederzugeben. Es drückt vielmehr die Zusammensetzung der Keramik der ganzen Zeit des Bestehens der Burgen aus, wobei die letzte Phase durch ihr umfangreiches Material selbstverständlich dieses Bild entscheidend bestimmt. Die Differenz, die bei der prozentualen Auswertung entstehen kann, wird deutlich durch das in Speicher 16 gewonnene Anteilsverhältnis bei Berücksichtigung des Gesamtmaterials (Beilage 9, rechts) und bei alleiniger Berücksichtigung der zur Zeit des Brandes im Speicher 16 tatsächlich vorhandenen Gefäße (Beilage 9, links). Allgemeine Merkmale der Keramik. Die Keramik setzt sich aus verschiedenen Formengruppen zusammen, macht insgesamt jedoch einen relativ einheitlichen Eindruck. Die Herstellung der Gefäße ist zum größten Teil sehr sorgfältig erfolgt, die Gefäße sind zumeist symmetrisch, die Wandungen in der Regel glatt nachgearbeitet, häufig jedoch weisen sie auch noch die Spuren der Herstellungstechnik auf. Die Magerung des Tones ist fein bis mittelgrob, ausgesprochen grobe Magerung ist selten. Die Farbe schwankt zwischen tiefem Dunkel bis Schwarz über Grau und Ledergelb bis Gelb. Oft zeigt ein und dasselbe Gefäß verschiedene Farbtönungen, die teilweise jedoch sicher durch die sekundäre Feuereinwirkung bei Zerstörung der Burg entstanden sind 14 ). Unter den 486 Böden fand sich keiner, der eine Töpfermarke oder Spuren davon aufwies, dagegen hatten 252 Gefäße der Burg B und 11 Gefäße der ersten Burg meßbare Achseindrücke neben anderen Spuren der Drehscheibe. Solche Spuren fanden sich auch auf der Mehrzahl der übrigen Gefäße, sie waren hier jedoch undeutlich und bei der Abnahme des Gefäßes von der Scheibe verwischt oder absichtlich verschmiert worden. Nur 37 Böden der Burg B, also weniger als 7,8%, hatten solche Spuren einer Drehscheibe nicht. Wir dürfen daraus folgern, daß die Tornower Keramik auf der Drehscheibe hergestellt worden ist, die nach der von R. Jakimowicz (1930) begründeten und auch von H. A. Knorr (1937) dargestellten Auffassung mit der Hand angetrieben wurde. ") Die Versuche von T. Reyman (1936, S. 147 ff.) haben gezeigt, daß graue Keramik ihre Farbe bei einem Brand von 600 °C erhält. Bei niedrigeren Temperaturen wird Keramik schwarz, bei höheren Temperaturen rötlich, gelb usw.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
Die Herstellung
der Keramik
und die Beschaffenheit
der Drehscheiben.
55 Die A n f e r t i g u n g
der Gefäße erfolgte, wie zahlreiche Spuren zeigen, in Wulsttechnik. Zu diesem Zweck wurden in den einzelnen Fällen wechselnd etwa 2—2,5 cm starke Wulste bzw. Streifen aus Ton hergestellt, die auf einer Bodenplatte übereinandergelegt und zur gewünschten Gefäßform aufgewulstet wurden. Diese Grundtechnik der ersten Formung der Gefäßkörper läßt sich bei allen keramischen Formen von Tornow nachweisen (Abb. 22e, f; 23a, b ; 24d, g; 25a, b ; 27c; 29a, b, c, h ; 31a, c, d, h; 32g; 33h; 34a; 35a, c; 36d, e, g; Taf. 13a, b, d, e; 14a, b ; 15c, d, e; 16a; 19a, c, e; 20a, b, c; 21a). Bei unsauberer Nacharbeit hat dieser technische Vorgang die äußere Form der Gefäßwandung z. T. noch nachhaltig bestimmt (Abb. 29h; 27 c; 34a; 35c). Ihr Verlauf ist in diesen Fällen nicht gerade, sondern gewellt. Die Aufwulstung der Gefäße geschah in der Regel bereits auf der Drehscheibe, wie die Achseindrücke auf den kaum nachgearbeiteten Gefäßen (Abb. 29 h oder 34 g) zeigen. Dem Arbeitsgang der ersten rohen Aufwulstung folgte eine mehr oder weniger intensive Bearbeitung, die zur festen Verbindung der Wulste untereinander und teilweise zu einer gleichmäßig starken Wandung führte. Diese Bearbeitung geschah auf der Drehscheibe, nachdem das vorher aufgewulstete Gefäß bereits einer längeren Zeit der Lufttrocknung ausgesetzt gewesen ist. Für das Bestehen einer Phase der Trocknung zwischen Aufwulstung und Nachbearbeitung sprechen mehrere Beobachtungen. Einige Gefäßböden wiesen nicht nur den schwachen Quellrand auf, sondern sie ragten, wie die Negativeindrücke zeigen, bis 5 cm über die Drehscheibe hinaus. Während das Drehbrett nur ca. 8 cm Durchmesser hatte, lagen die Durchmesser dieser Gefäßböden bei 12—14 cm. Ein Aufsetzen eines solchen großen Gefäßbodens auf die kleine Drehscheibe ist nur möglich, wenn der Boden oder das Gefäßskelett durch Austrocknung bereits eine gewisse Stabilität erreicht hatte. Diese Beobachtung konnte mehrfach gemacht werden. I n einigen Fällen wiesen Böden zwei Achseindrücke auf, d. h., das betreffende Gefäß ist wenigstens zweimal auf die Drehscheibe gestellt worden. Die Beobachtung von doppelten Achseindrücken ist bekannt, und man erklärte sie mit einem Verrutschen des Gefäßes bei der Herstellung und dadurch notwendig gewordenem neuem Aufsetzen (H. A. Knorr 1937, S. 118). In manchen Fällen wurde zur Aufwulstung des Rohlings eine andere Drehscheibe benutzt als zur Schlußbearbeitung. Der Abdruck von zwei verschiedenen Scheiben auf ein und demselben Gefäßboden ist mehrfach einwandfrei nachgewiesen (Taf. 28—30). Der zweite, den ersten Eindruck überschneidende Scheibenabdruck, erfolgte häufig schon auf lederzäh angetrocknetem Ton; dadurch erklärt sich die eigenartige Glätte mancher Abdrücke (Taf. 28—30). Die beiden Arbeitsphasen fielen hier also nicht nur zeitlich auseinander, sondern fanden auch auf verschiedenen Drehscheiben statt 1 5 ). Einige Beobachtungen liegen zur Beschaffenheit und Arbeitsweise der benutzten Drehscheiben vor. Wie die am Ende dieses Abschnittes wiedergegebene Untersuchung gezeigt hat, war eine große Anzahl von Drehscheiben an der Keramikproduktion beteiligt (wenigstens 69 Stück bei 252 Gefäßen der Burg B). Aus der großen Zahl der meß- und auswertbaren Bodenabdrücke (252 Stück) geht hervor, daß die Keramik auf Drehscheiben hergestellt wurde, die aus einem Drehbrett und einer Achse, auf der dieses Drehbett befestigt war, bestand. Eine Überdeckung der Achse 15
) In diesem Zusammenhang sei auf die interessanten Beobachtungen von R. Hampe und A. Winter in Kreta, Messenien und Zypern verwiesen (1962). Das Töpfern eines Gefäßes in mehreren Phasen ist dort allgemein üblich. Beim Pithosbau in Zypern erstreckt sich der Herstellungsvorgang über 45 — 65 Phasen (S. 93), in Messenien über 15—30 Phasen und selbst bei Wandertöpfern auf Kreta über 5—6 Phasen. Zwischen den einzelnen Arbeitsphasen liegen Trockenphasen von 10 Minuten bis zu mehreren Stunden oder einem Tag. Um die Zeit der Trockenphasen zu nutzen, werden mehrere Gefäße gleichzeitig auf jeweils einer eigenen Scheibe bearbeitet (Taf. 4). Das einzelne Gefäß bleibt in der Regel auf ein und derselben Scheibe bis zum Ende des Herstellungsprozesses stehen.
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JOACHIM HEKRMANN
durch aufgelegte Platten oder Buckel war nicht nachzuweisen. Die Geschichte der westslawischen Töpferscheibe ist vor allem von polnischen Forschern eingehend untersucht worden. R. Jakimowicz (1930, S. 351, Abb. 10) unterschied vier verschiedene Typen von Drehscheiben; eigentlich sind es nur unterschiedliche Formen hinsichtlich des Verhältnisses von Achskopf zur Ebene des Drehbrettes. Bei der ersten Form ist das Drehbrett durchbohrt, die Achse durchragt dieses oder bleibt unter der Tischebene. Auf dem Gefäß entsteht ein entsprechender Abdruck der Achse. Bei der zweiten und dritten Form sind die Achsköpfe durch Brettchen oder Buckel überdeckt, bei der vierten Form endet die Bohrung für das Achslager unterhalb der Tischebene (H. A. Knorr 1937, S. 116ff.). Die älteste Art der Scheibe charakterisierte R. Jakimowicz folgendermaßen: „Anfangs wurde dieses Brettchen ziemlich grob auf die ein wenig, aber nicht immer über die Öffnung hinausragende Achse gesetzt. In diesem zweiten Fall kennen wir nicht näher den Sitz dieses Brettchens auf der Achse. Das war die erste Scheibe; sie wurde von den Händen des Töpfers selbst oder seines Gehilfen gedreht. Der weitere Fortschritt ist eine langsame geklammerte Drehscheibe. Auf einer unbeweglichen, in die Erde geschlagenen Achse ist die Scheibe oben befestigt worden mit Hilfe einiger Sprossen von einem unteren großen Rad aus, das eine für die Achse ausreichende Durchlaßöffnung aufwies. Für die Arbeit auf dieser Scheibe hat der Töpfer beide Hände frei und dreht mit den Füßen" (1930, S. 367ff., S. 387). In der zweiten Hälfte des 10. Jh. und am Anfang des 11. Jh. wurde diese älteste Scheibe verbessert, es blieb jedoch bei der langsamen Drehscheibe. Die Typen 2—4 kamen zur Anwendung (S. 389). W. Holubowicz (1950) gelangte in seiner Arbeit über das belorussische Töpfereiwesen zu der Auffassung, daß im frühen Mittelalter die auf einer festen Achse sich drehende Scheibe in Gebrauch kam. Er unterschied auf Grund seiner Untersuchungen am ethnographischen Material in Weißrußland folgende Drehscheibenarten: I. Scheiben auf fester Achse, I I . Scheiben auf beweglicher Achse. Zur ersten Gruppe gehören a) Scheiben mit einem Drehtisch ohne Zubehör; b) Scheiben mit Anhänger; c) Scheiben mit zwei Rädern und Speichen. Bei den Scheiben auf beweglicher Achse sind die Drehtische fest mit der Achse verbunden, diese dreht sich mit den Scheiben. Diese Scheiben sind grundsätzlich ohne Speichen. Er unterteilt sie: 1. Töpferscheiben mit einem Tisch, handgetrieben; 2. Töpferscheiben mit zwei Scheiben, fußgetrieben. Die älteste im slawischen Gebiet im 9. Jh. vorhandene Scheibe sei ein Drehbrett auf unbeweglicher Achse (S. 245). Die Töpferscheibe mit Speichen erschien später und die zwei Scheiben und Speichen auf fester Achse sogar erst im 13. J h . Aus dem Tornower Fundmaterial läßt sich die Anwendung folgender Drehscheiben erkennen : 1. Fest mit der Achse verbundene Drehbretter. Diese waren aus Brettern, die in Längsrichtung aus dem Holz, wohl Eichenholz, herausgetrennt worden waren, hergestellt. Selten finden sich Hinweise auf das Ausschneiden eines Drehbrettes quer zur Holzfaser, so daß sich die Jahresringe in den Böden abgedrückt haben. Infolge der festen Verbindung mit der Achse vollführten Achse und Brett eine gleichlaufende Bewegung, d. h. weder Brett noch Achse bewegten sich gegenüber dem Gefäßboden. Die Drehstelle des Gerätes, d. h. das Achslager, hat im Achshalter gelegen. Über die Form des Achshalters sind keine Aussagen möglich (Abb. 19b). Nach volkskundlichen Parallelen kann es ein einfaches Brett, ein zugeschlagener Stamm oder auch ein Tisch gewesen sein. 2. Die Achse war fest mit dem Achshalter verbunden, und das Drehbrett drehte sich auf dem entsprechend hergerichteten Achskopf. Der Gefäßboden ruhte fest auf den Drehbrett, bewegte sich aber mit diesem gegenüber dem feststehenden Achskopf. Dadurch entstanden außer dem allgemeinen Eindruck der Achse regelmäßig konzentrische Rillen im Achseindruck, Drehspuren, die durch kleine Unebenheiten des Achskopfes hervorgerufen wurden. Da auf
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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den Gefäßböden irgendwelche Spuren, die auf ein Drehen oder drehendes Abnehmen der Gefäße von der Scheibe hinweisen, nicht vorhanden sind, ist eine andere Rekonstruktion der Scheibe als die vorgeschlagene nicht möglich (Abb. 19a). Die Tornower Keramik ist u. a. auf wenigstens 13 Drehscheiben dieser Konstruktion hergestellt worden (Scheiben Nr. 5, 10, 11, 14, 25, 28, 32, 36, 37, 40, 46, 47, 55; vgl. Zusammenstellung unten). Der Achskopf konnte, ebenso wie bei der ersten Scheibe, flach oder gewölbt zugeschnitten sein. Diese Scheibe deckt sich im Prinzip mit der von R. Jakimowicz als Typ IV bezeichneten, bei der die Achse jedoch nicht durch den Drehtisch hindurchtritt. Für uns ist ihr Nachweis neben der einfacheren Scheibe, bei der Drehbrett und Achse fest verbunden waren, insofern von Bedeutung, als diese Scheibenart bereits zu einer technisch zweifellos vollkommeneren Scheibe überleitete, die eine schnellere Rotation gestattete. Zum erstenmal wurde Verfasser auf die Möglichkeit der Existenz einer solchen Scheibe aufmerksam bei
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Betrachtung eines altslawischen fundortlosen Gefäßes im Museum Brandenburg. Die Drehspuren im Achseindruck waren hier nicht zu übersehen. Das Gefäß ist nicht näher zu datieren. Das gleiche Prinzip der Drehscheibe muß jedoch auch im großmährischen Gebiet bekannt gewesen sein. Unter den Gefäßen vom Gräberfeld Dolni Vestonice (Taf. 31c) 16 ) z. B. finden sich einige, auf deren Böden Drehspuren in den Achseindrücken die Anwendung dieser Drehscheibenart verraten. Zeitlich sind die Gefäße durch ihr Auftreten im Verband des Gräberfeldes in das 9. J h . zu datieren. Zweifellos werden sich im Material der verschiedenen Forschungsstellen weitere Hinweise auf die Anwendung der hier besprochenen Drehscheibe schon in altslawischer Zeit finden. Von dieser Scheibe führte offenbar eine direkte Verbindung zu einer dritten Drehscheibenart, die sich in Tornow nachweisen läßt. 3. Die Achseindrücke der Scheiben Nr. 4 und 51 weisen außer den im Vorhergehenden bereits gekennzeichneten typischen Drehspuren, die von einer ruhenden Achse im Verhältnis zum Drehtisch herrühren, in der Mitte jeweils einen Zentralpunkt auf, der durch Zusammendrehen des Tones entstanden ist (Taf. 31a, b).
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Abb. 20. Volkskundliche Töpferscheiben. Sowjetunion
Um die Bedeutung dieser Erscheinung zu verstehen und richtig deuten zu können, sei hier auf die Arbeit von A. A. Bobrinskij verwiesen (1962, S. 33ff.). A. A. Bobrinskij hat, ausgehend von den volkskundlich in Rußland nachweisbaren Töpferscheiben (Abb. 20), umfangreiche Versuche vorgenommen. Dabei stellte sich heraus, daß eine derartige Zentralpunktbildung nur unter ganz bestimmten Bedingungen zustande kam. Sie entstand bei den Versuchen in ersten Anfängen, sobald eine Achse von 70 cm Länge und 4 cm Stärke mit einem auf 2 cm reduzierten Kopf, auf dem der Drehtisch lief, eingesetzt wurde. Die Geschwindigkeit hatte keinen Einfluß auf die Zentralpunktbildung, sondern lediglich die Höhe des Arbeitsgerätes. Die besprochene Erscheinung wurde durch eine bei Verwendung einer langen Achse einsetzende Vibration hervorgerufen. J e dünner die Achse wurde, um so mehr wuchs die Höhe des Zentralpunktes im Achsabdruck auf dem Gefäßboden. Für eine mit der Hand angetriebene Drehscheibe ist diese erschlossene Achslänge völlig unnötig und in keinem ethnographischen Beispiel belegt. A. A. Bobrinskij zog daher den Schluß, daß Gefäße, die Abdrücke dieser Art aufweisen, auf einer Töpferscheibe mit Fußantrieb hergestellt worden sind, wohl auf einer Scheibe mit Speichenrädern, wie er sie im ethnographischen Material des alten Rußlands von Beschenkowitsche, Gubernement Witebsk, festgestellt hat (Abb. 20e). Als dritte Drehscheibenform, die an der Produktion der Tornower Keramik beteiligt war, 16
) J. Poulik 1950, Abb. 120ff. Archeologicky üstav ÖS. Akademie Ved, Brno.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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haben wir also m i t einiger Wahrscheinlichkeit zwei bereits durch F u ß a n t r i e b arbeitende Töpferscheiben vorauszusetzen; sie sind mit insgesamt 5 Gefäßen im Tornower Material vertreten. Bedauerlicherweise sind die Gefäßoberteile nicht mit den Böden zusammenzubringen gewesen, so daß auf die produzierte Gefäßform keine Rückschlüsse möglich sind. Neben den allgemeinen groben Merkmalen, die jede der drei besprochenen Drehscheibenarten auf den Gefäßböden hinterlassen hat, h a t jede Scheibe dem von ihr produzierten Gefäß ihre individuellen Merkmale auf den Boden aufgedrückt. Diese Merkmale sind am sichersten und regelmäßigsten (in 252 Fällen) in den Achseindrücken zu erfassen. J e d e Achse h a t t e infolge ihrer individuellen Bearbeitung und Einpassung in den Drehtisch ihren eigenen Kopfdurchmesser. Außerdem befand sich bei fast jeder Scheibe das Achskopfende in einer anderen Ebene als die Standfläche des Drehtisches. Sie lag über oder unter der Ebene des Drehtisches (Negativ- bzw. Positiveindruck im Gefäßboden), und dieses Verhältnis bildete wiederum — verursacht durch die individuelle Herstellung der Scheibe — ihre Eigenheit. Dazu konnte der Achskopf gerade oder gewölbt, unregelmäßig oder glatt beschnitten worden sein. Diese Art der Beschneidung der Achse ist ein weiteres Kennzeichen einer Drehscheibe, das sich in der Regel im Gefäßboden abzeichnet. Die Kombination dieser Besonderheiten macht die Individualität einer Töpferscheibe aus. Diese Besonderheiten wurden daher festgestellt und benutzt, u m die Gefäße zu ermitteln, die auf ein und derselben Töpferscheibe hergestellt worden sind. E s wurde zu diesem Zwecke jeweils der Durchmesser der Achse (in mm) u n d der Betrag ermittelt, u m den die Ebene des Achskopfendes über bzw. unter der des Drehtisches lag (Kolumne 2 in der Zusammenstellung; 11/1,5 z. B. bedeutet, daß der Achsdurchmesser 11 m m und die Höhe des Achsendes über der Drehtischebene 1,5 mm betrug). U n t e r „Kennzeichen" werden in der Zusammenstellung die Form des Achskopfes (AK) angeführt sowie die Spuren, die die Drehscheiben mit feststehender Achse auf dem Gefäßboden hinterlassen haben. F ü r die Auswertung dieser Art eigneten sich die Böden mit Achsnegativeindruck (Taf. 28—31) besser als die mit positivem Abdruck. Bei der letzten Art waren die Spuren, die die Besonderheit der Scheibe ausmachen, durch ihr Herausstehen unter dem Gefäßboden verhältnismäßig leicht zu verwischen und unkenntlich zu machen. Dagegen schützte der Negativeindruck Feinheiten wesentlich besser 17 ). Beobachtungen zum Umfang und, zur Organisation der Produktion der Keramik. I n der Burg B standen etwa 470 Gefäße. Auf den Böden von 252 Gefäßen waren meßbare Eindrücke der Drehscheiben vorhanden, die einen Vergleich der Gefäßböden untereinander und Beobachtungen zur Technik der Herstellung gestatten. Die übrigen Böden wiesen keine Achseindrücke auf bzw. sie wurden nach der Herstellung der Gefäße vor dem Brand verschmiert (in den meisten Fällen) und waren nicht auswertbar. ") Der alteingesessene Lausitzer Töpfermeister Herr Natusoh, Calau, teilte mir freundlicherweise seine reichen Erfahrungen bei der Verarbeitung des Lausitzer Tones mit. Zur Trocknung der Gefäße: Nach dem Rohaufbau müssen die Gefäße 1—2 Tage antrocknen. Sie werden dazu von der Scheibe genommen und auf einen Rost gesetzt. Auf der Scheibe bleiben sie nicht stehen, weil 1. der Boden schlechter trocknet, 2. die Scheibe für die weitere Arbeit benötigt wird. Erst nachdem der Ton lederhart ist, erfolgt die Feinbearbeitung. Herr Natusch hält es für unmöglich, daß frisch aufgewulstete Gefäße sogleich weiterverarbeitet werden konnten. Zur Schrumpfung des Tones beim Trocknen und Brennen: bei gemagertem Ton beträgt die Schrumpfung während der Trocknung und des Brennens etwa höchstens 5%. Bei gleichgemagertem Ton ist dieser Quotient bei allen Gefäßen gleich. Bei einem Achseindruck von 10 mm Durchmesser würde die durch Schrumpfung entstehende Differenz höchstens 0,5 mm betragen. Wenn bei der Herstellung von Gefäßen annährend gleich gemagerter Ton verwendet wird, wie das in Tornow der Fall war, so werden die einzelnen Gefäße faktisch vom gleichen Schrumpfungsquotienten betroffen. Im extremen Fall, daß völlig unterschiedlich gemagerter Ton zur Anwendung gelangte, was tatsächlich jedoch nicht geschah, hätte die durch Schrumpfung entstehende Maßabweichung bei Achseeindrücken von 10 mm Durchmesser auf Gefäßböden, die auf ein und derselben Scheibe hergestellt worden sind, max. 0,5 mm betragen. Bei der vorgenommenen metrischen Auswertung der Achseindrücke kann also der Schrumpfungsquotient vernachlässigt werden.
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JOACHIM HERRMANN
Die Kennzeichen der Drehscheiben der Burg B Die Böden mit doppeltem Eindruck erscheinen in der Zählung nur einmal. Als Abkürzungen werden in der Zusammenstellung verwendet: fl. AK gew.
— flach — Achskopf — gewölbt
Drehsp. — Drehspuren im Achseindruck ZP — Zentralpunkt
Die Inventarnummern der im ganzen Profil erhaltenen Gefäße halbfett gedruckt Nr. d. Scheibe a) mit
Maße d. Achse
Zahl d. Böden
Kennzeichen
Inv.-Nr.
fl. AK fl. Ak gew. AK Drehsp. u. ZP gew. AK, Drehsp. fl. AK fl. AK fl. AK gew. AK fl. AK, Drehsp. fl. AK, Drehsp. breiter Positivwulst fl. AK
15, 864, 929 86, 807 267 907, 930, 954 122, 281 117, 124, 961, 753, 859 168 191 743 403, 417, 417, 960 510, 526, 726, 956* 971
Keramikform
Abb.
Achmegativeindrvck
1. 2. 3. 4. 5. 67. 8. 9. 10. 11. 12.
11/1,5 11/4 12/6 13/1,5 13/2 13/0,5 13/3 14/1 14/2 14/3 14/5 14/5
13.
15/0,5-1
14. 15. 16. 17. 18. 19.
15/2 15/2 15/3 15/5 16/0,5 16/1
20. 21.
16/1 17/1
1 14
gew. AK fl. AK
22. 23.
17/2 17/4
3 6
gew. AK gew. AK
24.
17/5
12
gew. AK
25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.
18/0,5 18/3 18/3 18/5 18/8 19/0,5 19/1
5 3 6 5 1 1 10
fl. AK, Drehsp. fl. AK gew. AK gew. AK, Drehsp. gew. AK gew. AK fl. AK
32.
19/3
8
gew. AK, Drehsp.
33. 34.
19/4 19,5/8
1 1
fl. AK gew. AK
3 2 1 3 2 5 1 1 1 4 4 1 17
5 5 1 4 1 9
gew. AK, Drehsp. fl. AK gew. AK fl. AK
16, 86, 140, 267, 337, 337, 377, 377, 465, 475, 522, 803, 860, 910, 960, 965, 979 16, 357, 475, 501, 803 368, 469, 475, 479, 483 478 141, 305, 465, 852 452 70,102,112,146,167, 230, 248, 266, 524 753 21, 66, 110, 141, 141, 336, 355, 473, 493, 507, 527, 527, 755, 971 59, 481, 753 464, 472, 377, 468, 528, 926 62, 131, 150, 168, 193, 194, 261, 194, 418, 718, 715, 520 224, 515, 523, 529, 743 19, 755, 985 154, 227, 316, 355, 608 92, 118, 172, 242, 263 820 110 121, 223, 337, 369, 475, 530, 530, 722, 743, 807 107, 125, 189, 208 300, 524, 809 461 125
C 1( B 1 ; Cx Taf. 19a; Abb. 23b
A,
C2 \ At
Abb. 22f
Ct
Aj
Taf. 16d
C t bzw. D Taf. 18 c
A!
Taf. 15e
A C
Taf. 13c Taf. 20 c
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B Nr. d. Scheibe
Maße d. Achse
Zahl d. Böden
Kennzeichen
Inv.-Nr.
35.
20/2,5
12
gew. AK
15, 124, 125, 88, 184, C 189, 208, 355, 475, 485, C 909, 915 60, 140, 261,418,437, a3 486, 722 Ax 261, 753 482, 531 Henkelgef. 131, 220, 354, 469, 475, 515, 532, 532, 738, 954 5, 437 A 4, 43, 451, 662, 990 405, 473, 533, 705 88, 534, 969, 971 224, 387, 524 140 Ai 166, 535 220, 358, 917 4,150,439,475,475, 803 15 7,15,475,534 a, 809,705 141, 525
7
36.
20/5
37. 38. 39.
20/5 20/6 20,5/0,5
2 2 11
40. 41. 42. 43. 44. 45. 46. 47. 48. 49. 50. 51.
20,5/9 21/3 21/3 21/6 22/2 22/6 23/2,5 23/6 24/0,5 25/0,5 25/3 25/3
2 5 4 4 3 1 2 4 6 1 6
52. 53. 54. 55. 56.
25/3 26,5/2,5 27/5 28,5/7,5
2 1 2 1 2
b) mit
57. 58. 59. 60. 61. 62. 63. 64. 65. 66. 67. 68. 69.
gew. AK, Drehsp. fl. AK, Drehsp. gew. AK fl. AK gew. AK, Drehsp. fl. AK, Drehsp. gew. AK gew. AK fl. AK fl. AK fl. AK, Drehsp. gew. AK, Drehsp. fl. AK gew. AK fl. AK gew. AK, Drehsp. und ZP gew. AK gew. AK gew. AK Drehsp. Ohne Achseindruck,jedoch m. gleichen Brettspuren
246, 700 42 88, 224 454 258, 258
Keramikform
A
61 Abb.
Abb. 36 c Abb. 23e Tai. 13 c Abb. 30b
Taf. 13d
Taf. 13e
Taf. 16c
Achspositiveindrvek
15/2 18/2,5 20/2 20/3 22/2 22/2 23/3,5 24/1,5 24/2,5 24/3,5 25/2 27/1 28/2
2 1 5 1 1 3 2 1 4 1 1 1 1
fl. AK gew. AK
475, 113 124, 705 910 147, 469, 803 907, 299 19 267 821
760 316, 475, 475, 954
856, 978 475
Aj, Cj Cx
912, 926, 321
Ax
Auch die übrigen Spuren der Drehscheibe waren in den zuletzt genannten Fällen so undeutlich und so stark verwischt worden, daß die Heranziehung dieser Böden zu einem Vergleich untereinander nicht mehr möglich gewesen ist (mit Ausnahme von Nr. 56). Die Zahl von 470 Gefäßböden entspricht, wie oben dargelegt, einer Zahl von ehemals 470 Gefäßen, die bei der Zerstörung der Burg B in dieser bestanden, und zwar vorwiegend in den Speichern, gefüllt mit Vorräten, vor allem Getreide. Sie waren also zur gleichen Zeit in Benutzung. Ihre Lebensdauer nach dem Zeitpunkt der Produktion wird im einzelnen unterschiedlich gewesen sein. Die Analyse der Keramik des Speichers 16 hat jedoch gezeigt, daß diese nicht allzu hoch gelegen haben kann, da sonst schwerlich das völlig unterschiedliche
62
JOACHIM H E R R M A N N
Bild des Typenbestandes zu erklären wäre. Mit anderen Worten, wir haben keine erheblichen Zeitunterschiede hinsichtlich des Produktionstermins der Gefäße zu erwarten. Die große Frequenz der Drehscheiben, auf denen die Gefäße der Burg B hergestellt worden sind, kann also nicht in erster Linie auf Zeitunterschieden beruhen (wenn das in dem einen oder anderen Fall natürlich durchaus zu erwägen ist), sondern auf der tatsächlich zur gleichen Zeit vorhandenen großen Anzahl von Drehscheiben in dem von der Burg beherrschten Bereich. Mehrfach treten auf Gefäßböden doppelte Achseindrücke auf, eine Erscheinung, die durch das zweimalige Aufsetzen der Gefäße auf die Drehscheibe während des Herstellungsprozesses hervorgerufen wurde. I n einigen Fällen rühren die Eindrücke von der gleichen Achse her, d. h., das Gefäß ist zweimal auf die gleiche Scheibe gestellt worden: Scheiben Nr.
Inv. Nr.
6 13 27
696 140 608
Häufiger sind jedoch Eindrücke von zwei verschiedenen Achsen auf ein und demselben Gefäßboden, das Gefäß hat also während der ersten Phase seiner Herstellung auf einer anderen Scheibe gestanden als während der Endbearbeitung. Durch derartige Eindrücke sind verbunden: Scheiben Nr.: 2 schneidet 11 21 schneidet 19 35 schneidet 19 32 schneidet 13 19 und 32 52 schneidet 41
Inv. Nr. 807 110 208 125, 809 266 700
Taf. 28 29a 30a 29b 30b
Dieser Wechsel der Drehscheiben ist nur möglich gewesen, wenn die betreffenden Scheiben an einem Ort, d. h. in einer Werkstatt gestanden haben. Die Scheibe 19 hat am häufigsten ihren Abdruck hinterlassen, und zwar in Verbindung mit den Scheiben Nr. 21, 32, 35. Scheibe 32 aber schneidet auch einen Abdruck der Scheibe 13. Das erlaubt den Schluß, daß die fünf Scheiben 13, 19, 21, 32 und 35 in einer Werkstatt gestanden haben (Werkstatt A). Gleichfalls in einer Werkstatt standen jeweils die beiden Scheibenpaare 2 und 11 (Werkstatt B) bzw. 41 und 52 (Werkstatt C). Es lassen sich also 3 Werkstätten nachweisen, in denen jeweils wenigstens 2 bis 5 Drehscheiben gestanden haben müssen. Bevor wir eine Erklärung für diese Erscheinung versuchen, sei zunächst unter Berücksichtigung dieser soeben festgestellten Konzentration von Drehscheiben nochmals die Frequenztabelle betrachtet. Von den 252 ausgewerteten Gefäßböden sind allein 60 Gefäßböden und damit Gefäße auf den Scheiben der Werkstatt A hergestellt worden, das entspricht einem Anteil von 24% (Abb. 21, schwarze Säulen). Die Werkstatt B (Scheibe 2 und 11) ist mit 6 Gefäßen, die Werkstatt C (Scheibe 41 und 52) mit 7 Gefäßen vertreten. Beide stehen damit erheblich hinter der Werkstatt A zurück, ebenso aber auch hinter der Frequenz einer Anzahl von einzelnen Scheiben, von denen Nr. 24 z. B. mit 12 Gefäßen vertreten ist. Nach diesem Ergebnis über die Höhe der Produktivität einzelner Werkstätten, so wie sie sich im Material der Burg B widerspiegelt, ist die Frage zu untersuchen, ob in den erschlossenen Werkstattbereichen auch bestimmte keramische Typen hergestellt worden sind. 27 Gefäße von den vollständig erhaltenen bzw. zusammengesetzten Gefäßen weisen auswertbare Eindrücke der Drehscheibe, besonders der Achse, auf (die Inventarnummern dieser Gefäße sind in der Zusammenstellung S. 60 halbfett gedruckt). Aus der Werkstatt A liegen nur insgesamt vier Gefäße vor, also kaum 7% ihrer Produktion. Sichere Schlüsse lassen sich darauf nicht aufbauen. Von den vier Gefäßen gehört das auf Scheibe 13 hergestellte zur Form
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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A 1; das Gefäß von Scheibe 19 zur Form Cx und die beiden Gefäße von der Scheibe 35 zu Form C bzw. D. Werkstatt B ist unter den ganz erhaltenen Gefäßen gar nicht, Werkstatt C nur einmal mit einem Gefäß der Form A„ vertreten. In der erschlossenen Werkstatt A wurden also mindestens die Keramikformen A, C und D hergestellt. Ob innerhalb der Werkstatt eine Spezialisierung bestand, etwa derart, daß auf einer bestimmten Scheibe von einem Töpfer gleichartige Formen produziert wurden, läßt sich aus dem zur Verfügung stehenden Material nicht ablesen. An den übrigen Werkplätzen, auf denen nur eine Scheibe nachweisbar ist, sind sowohl die Formen A wie auch C bzw. D vertreten, von Scheibe 31 die Form C und A, wobei allerdings die Form C recht starke Anklänge an A durch eine kaum wahrnehmbare Abdrehung des Oberteiles mit Tendenz zu leichter Wulstung aufweist. Auffallend bleibt die große Zahl von 5 Drehscheiben in einer Werkstatt. Oben konnte die Beobachtung festgehalten werden, daß die Herstellung eines Gefäßes vor dem Brand wenigstens 3 Phasen durchlief und längere Zeit gedauert haben muß. Nach der Aufwulstung des Gefäßkörpers und der ersten Grobformung des Rohlings folgte eine Phase, in der der Rohling antrocknete. Danach erst wurde in der dritten Phase die Feinformung und Verzierung des Gefäßes vorgenommen. Zwischen der ersten und zweiten Herstellungsphase eines Gefäßes lag also eine mehr oder weniger lange Ruheperiode für den Produzenten. Diese Zeit konnte er für die Neuformung weiterer Gefäße ausnutzen. Der Rohling mußte dann von der Scheibe entfernt und zum Antrocknen abgestellt werden. Dieser Vorgang ließ sich bei den Scheiben 6, 13 und 27 nachweisen. Im großen und ganzen war das aber wohl eine Ausnahmeerscheinung, möglicherweise, weil der frischgeformte Rohling dabei leicht beschädigt werden konnte. Ein anderer Weg zu höherer Produktion in gleicher Zeit ergab sich durch die Aufstellung mehrerer Töpferscheiben in einer Werkstatt. Der aufgewulstete Rohling konnte auf der Unterlage, die zu seinem Aufbau benutzt wurde, antrocknen, während der Produzent auf weiteren Drehscheiben andere Gefäße aufwulsten bzw. endgültig ausformen konnte. Nur in seltenen Fällen wurde der Rohling zum Antrocknen von der Scheibe herabgenommen und zur Schlußbearbeitung nach dem Trocknen wieder aufgesetzt, und zwar auf die Scheibe, die gerade frei geworden war. Auf diese Weise konnten verschiedene Drehscheiben auf ein und demselben Gefäßboden ihre Spuren hinterlassen. Mit der Erkenntnis, daß das Abnehmen des frischgewulsteten Rohlings von der Drehscheibe zum Trocknen eine Ausnahme war, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, daß auch von den Scheiben, die jeweils einzeln in Erscheinung treten, noch einige in einer Werkstatt zusammengefaßt waren. In erster Linie ist das wohl für die Scheiben mit hoher Frequenz zu erwägen. Als gesichertes Ergebnis der Analyse der Abdrücke der Töpferscheiben auf den Gefäßböden dürfen wir festhalten, daß drei Werkstätten bestanden haben, in denen mehrere Drehscheiben aufgestellt und zu gleicher Zeit in der Produktion eingesetzt waren. Daneben hat offenbar eine größere Anzahl von Werkplätzen bestanden, von denen jteweils nur wenige Gefäße in die Burg gelangten. Die Einteilung der Keramik. Für die Darstellung der verschiedenen Formen der in Tornow vertretenen Keramik wird ihre Unterteilung nach folgenden Gesichtspunkten vorgenommen: 1. Nach technischen Merkmalen. Wie oben gezeigt werden konnte, ist bei dem größten Teil aller Gefäße die Anwendung der Drehscheibe in zwei bzw. drei Arten nachzuweisen. Die Technik des Gefäßaufbaues mittels breiter Wulste oder Streifen und anschließender Nacharbeit auf der Drehscheibe ist bei einer großen Zahl von Gefäßen noch abzulesen. Auf diese Weise sind sowohl die sehr großen Gefäße von etwa 50 cm Durchmesser des Mündungsrandes und 40—50 cm Höhe (Abb. 35c; 36a) wie auch die sehr kleinen Gefäße von nur 5—6 cm Höhe hergestellt worden. Abb. 36c zeigt deutlich die beiden Wulste, aus denen das kleine Gefäß auf einer Drehscheibe (Achseindruck!) aufgebaut worden ist. Selbst das kleine uncharakteristische und rohe Gefäß Taf. 22 f läßt deutlich die Wulstung erkennen, obwohl man bei Gefäßgrößen dieser Art zunächst einen Aufbau mittels Klopftechnik an-
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JOACHIM
HERRMANN
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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nehmen würde. Der häufige deutliche Nachweis der Wulstung bei allen Gefäßgrößen spiegelt die Einheitlichkeit der in Tornow angewandten Technik wider. I n der Tonmagerung u n d im Brand sind, von dem Gefäß Abb. 30 c, das sich durch besondere H ä r t e auszeichnet, abgesehen, bei den einzelnen Gefäßen keine großen Unterschiede vorhanden. U n t e r dem Gesichtspunkt der Herstellungstechnik und der technischen Beschaffenheit der Keramik handelt es sich bei dem Tornower Material danach u m eine geschlossene, nicht unterteilbare Gruppe. 2. Eine Aufteilung des Keramikmaterials ist vor allem durch die Berücksichtigung des Aufbaues u n d der F o r m der Gefäßkörper möglich. Diese Merkmale gestatten die Zusammenfassung der Keramik zu einzelnen Gruppen. 3. Durch die Berücksichtigung der Ausbildung der Randteile der Gefäße ist rein typologisch eine weitere Untergliederung möglich. 4. Als viertes Merkmal wird die Verzierung der Gefäße berücksichtigt. Die Grundform der Keramik ist der Doppelkonus in verschiedener Ausbildung. Der Umbruch liegt zumeist im oberen Drittel des Gefäßes u n d k a n n vom scharfen Knick bis zur leichten R u n d u n g reichen. Die Gefäßhöhe des Doppelkonus beträgt 5 cm bis über 40 cm, entsprechend variieren die übrigen Maße. H . A. Knorr (1937, S. 124) unterschied zwei Formen des Doppelkonus. ,,A. Hoher schlanker, sich trichterförmig erweiternder Topf, im oberen Drittel k a n n die Wandung leicht geknickt sein, so daß eine k a u m sichtbare doppelkonische Form entsteht. Der R a n d ist steil und die Lippe rundlich . . . B. der Doppelkonus mit hohem Unterteil u n d scharfem Schulterknick, eine zweigliedrige Form, der H a u p t t y p des Nordgebietes. Der Oberteil der W a n d u n g ist meist sehr steil oder n u r leicht einwärts gebogen . . ." Beide von H. A. Knorr genannte Varianten sind in Tornow häufig vertreten und bilden die Masse der Gefäßformen. Die Bezeichnung „Doppelkonus" f ü r die mit A bezeichnete Variante erscheint allerdings wenig zutreffend. Die Töpfe sind steilwandig (Abb. 29h; 30b), bzw. sie vertreten Formen, die zu den bauchigen Töpfen des Elbgebietes überleiten. Wir möchten daher die Einteilung der Gefäßformen von Z. Vana (1960) übernehmen, der unter den Doppelkoni Formen mit Bauchknick und solche mit Schulterknick unterschieden hat. Beide Varianten sind in Tornow vertreten und kommen unmittelbar nebeneinander in einem Horizont vor. Die erste Variante mit Bauchknick ist verhältnismäßig selten (Abb. 22a, b, 23e, 24c, Taf. 18a, b). Dagegen überwiegt die Variante mit Schulterknick in verschiedener Abwandlung, die durch unterschiedliche H ä r t e u n d Höhe des Knickes sowie verschiedene Gestaltung der oberen W a n d u n g erreicht wurde. Die Form Vana B sind Töpfe mit abgerundet e m Profil in großem Variantenreichtum. Daneben kommen vereinzelt Sonderformen vor wie eine Flasche, Henkelgefäße, Teller und Schalen. I n Verbindung mit der Gestaltung der Gefäßteile im einzelnen läßt sich das Material in folgende Formenreihen aufteilen. Form A Zu dieser Form werden alle doppelkonischen Gefäße zusammengefaßt, bei denen der Umbruch zwischen Bauch und Schulter liegt (Gefäße mit Bauch- und Schulterknick), wobei alle Übergangsmöglichkeiten vom Umbruch unterhalb der mittleren Höhe des Gefäßkörpers (Abb. 23e) bis oberhalb des oberen Drittels des Gefäßkörpers auftreten. Der Umbruch k a n n metallisch h a r t (Abb. 22e), aber auch recht weich gestaltet sein (Abb. 31 d). Alle Gefäße besitzen einen, wenn auch im einzelnen verschieden ausgeprägten Mündungsrand, ihr Aufbau ist also dreigliedrig (Unterteil, obere Wandung, Mündungsrand). Das ausschlaggebende Charakteristikum, das alle diese Gefäße zu einer Form zusammenzufassen gestattet und sie gleichzeitig von den anderen Gefäßen gleicher Form unterscheidet, ist die Verzierung des Gefäßoberteiles mit plastischer Gurtung. H . A. Knorr (1937, S. 135) faßte diese Formen als „Brandenburger Übergangsformen" auf, und Z. Vana rechnete sie als Variante zu den doppelkonischen Formen mit Bauchknick (1960, S. 138). Sowohl die eine wie auch die andere Definition erscheint uns nach dem vielfältigen Tornower Material zu eng und allein von der Form des Gefäßkörpers nicht zu behandeln (vgl. dazu unten). Die Gefäße der Form A sind in der Regel sehr gut und gleichmäßig gearbeitet. Sie umfassen in der Burg A 25% des 5
Herrmann, Tornow und Vorberg
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JOACHIM H E E R M A N N
Gesamtmaterials und in der Burg B 28,6% der gesamten Keramik (Abb. 22, 23a—e; 31, 32a—c; Taf. 13—16; Beilage 8). Nach Einzelheiten der Randausbildung und der Verzierung können typologisch folgende Varianten innerhalb der Form A unterschieden werden: Variante A 1: Der Mündungsrand ist kantig ausgebildet und steht zum Teil rechtwinklig aus der oberen Wandung heraus. Häufig weist der Rand eine wohl technisch bedingte Lippenbildung auf, die als kleine Einsattlung umläuft (Abb. 22c, Taf. 14c). Variante A 2: Der Mündungsrand ist rundlich ausgebildet und z. T. aus der oberen Wandung herausgezogen (Abb. 22a, f, h; 23a; Taf. 16a, b; 13d). Die Form wirkt dadurch weniger streng. Häufig ist in Verbindung mit einer derartigen Gestaltung der Gefäßmündung auch der Umbruch weniger kräftig ausgebildet (Abb. 22h). Variante A 3: Der Mündungsrand setzt ohne scharfen Knick an der oberen Wandung an und erscheint als deren Fortführung. Er ist lang ausgezogen und keulenartig verdickt (Abb. 23 e). Variante A 4: Unter dieser Variante sind die Gefäße zusammengefaßt, die außer der plastischen Gurtverzierung auf der oberen Wandung noch eine zusätzliche Strichverzierung aufweisen. Mehrfach sind es Wellenlinien, die den oberen Abschluß der plastischen Gurtung bilden (Abb. 23 c; 32a), teilweise sind die plastischen Gurtfurchen durch Einstiche gekerbt (Abb. 23d), hin und wieder ist eine Verzierung auf bzw. unmittelbar unter dem Umbruch in Form von Einstichen angebracht (Abb. 22g; 31f; Taf. 15c, 16c). In einem Fall ist das ganze Unterteil eines Gefäßes der Form A unterhalb der Kerben auf dem Umbruch durch unregelmäßiges Kammstrichmuster verziert (Abb. 23 b). Über den Umfang, den die einzelnen Varianten im Gesamtmaterial einnehmen, unterrichtet Beilage 8. Alle diese Varianten sind zeitgleich und treten, abgesehen von A 3, in beiden Burgen und in Burg B im gleichen Horizont auf. Sie haben daher keine chronologische Bedeutung. Es war auch nicht möglich, mit ihrer Hilfe einzelne Werkstätten zu erkennen. Form B Die Grundform ist der Doppelkonus, bei dem der Umbruch zwischen Bauch und Schulter liegt. Sie entspricht damit auch der Form A. Die Varianten reichen hier wie dort vom Doppelkonus mit Umbruch in der Gefäßmitte (Abb. 24c; 33f) bis zum Umbruch oberhalb des letzten Gefäßdrittels. Der Umbruch ist auch hier metallisch hart oder weich und verwaschen, so daß manche Gefäße dieser Form schon fast an eiförmige spätslawische Topfformen anklingen, zumindest zu ihnen überleiten könnten (Abb. 25a). Durch die Art der Verzierung erscheint im allgemeinen der Umbruch weniger hart als bei den Gefäßen der Form A. Die Verzierung beschränkt sich in der Regel auf den Gefäßoberteil und besteht in Gurtfurchen, die z. T. sehr tief und fast plastisch eingegraben sind. Im Unterschied zu der plastischen Gurtung der Gefäße der Formen A sind jedoch die Kanten dieser Gurtung nicht abgerundet. Die Gurtung ist bei weitem nicht so regelmäßig angeordnet wie die plastische Gurtung der Form A (wenige Ausnahmen, Abb. 24b z. B.). Die Gurtfurchen umziehen die obere Gefäßhälfte z. T. als unsaubere Spiralführung, teilweise sind sie ringförmig angeordnet und geschlossen. Beide Arten können auf ein und demselben Gefäß vorkommen, z.B. Taf. 17b. Gegenüber der vollendeten Ausbildung der plastischen Gurtung wirkt also diese Art der Verzierung in den meisten Fällen weniger sauber und gekonnt. Zwischen der Verzierung in plastischer Gurtung und der einfachen Gurtung bestehen mehrfache Zwischenstufen, die durch tiefes Eingraben derGurtung undTeilabrundung der Kanten erreicht wurden (Abb. 32d; 33b). Die Formen A und B haben also neben der gemeinsamen Grundform auch das Prinzip der horizontalen Gliederung der oberen Wandung gemeinsam. In gleicher Weise wie bei der Form A lassen sich nach der Randausbildung verschiedene Varianten erkennen: Variante B 1: Kräftig ausgebildeter dreigliedriger Doppelkonus. Der Mündungsrand setzt oft mit scharfem Knick an der oberen, oft leicht eingezogenen Wandung an (Abb. 23 g; 24 a, e; Taf. 16d, 17, 18a, b).
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Abb. 22. Tornow. Keramik der Form A. a) 989; b) 355; c) 429; d) 418; e) 316; f) 478; g) 360; h) 375. 1: 3
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JOACHIM HERRMANN
Abb. 23. Tornow. Keramik der Formen A (oben) und B (unten), a) 377; b) 859; c) 414, A 6; d) 391; e) 418; f) 374; g) 386. 1: 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Variante B 2: Die Form des Doppelkonus ist weniger kräftig gegliedert oder verwaschen; die Umbruchsteilen sind weich ausgebildet. Der Mündungsrand ist direkt, ohne besonderen Ansatz und ohne Knick, aus der oberen Wandung herausgezogen. Die Art der Gurtverzierung auf der oberen Wandung unterstreicht jedoch in allen Fällen die doppelkonische Grundform (Abb. 24f, h; 25b, c; 33b). Variante B 3: Dazu gehören einige große Vorratsgefäße, bei denen der Umbruch weit oben lag und die obere Wandung verhältnismäßig steil aufstieg. Kein Gefäß dieser Art war ganz erhalten (Abb. 25d). Entsprechend der Variante A 4 kommt bei allen Varianten von B vereinzelt eine zusätzliche Strich- oder Kerb- und Stichverzierung vor. Sie ist mehrfach auf dem Umbruch ohne besondere Leistenbildung als Kerbreihung angebracht (Abb. 24b, d; 25d), einmal war eine Stichverzierung zwischen weiter Gurtung in die von der Gurtung bewirkte Zonengliederung des Gefäßoberteiles mit einbezogen (Abb. 33e). Der Doppelkonus (Abb. 24c) weist eine einfache Strichverzierung unterhalb des Umbruches auf. Da jedoch diese Verzierungen im Gegensatz zu denen auf der Variante A 4 wenig hervortreten und selten sind, wurde von der Zusammenfassung derartig verzierter Gefäße zu einer eigenen Variante abgesehen. Über den Anteil der verschiedenen Varianten am Gesamtmaterial vgl. Beilage 8. Die Formen A und B sind zusammen mit 825 Gefäßresten bzw. Gefäßen vertreten, sie bestimmen mit einem Anteil voii 49,7% am Gesamtmaterial durch ihre relative Einheitlichkeit in Form und Verzierung den Charakter der Keramik von Tornow. Form C Die Grundform ist, wie bei den Formen A und B, der Doppelkonus bzw. dreigliedrige Topf mit seinen Varianten. Von den Formen A und B ist Form C jedoch durch ihre völlig andersartige Verzierungstechnik und ihre andere optische Wirkung zu unterscheiden. Waren die Formen A und B durch die verschiedene Art der Gurtung vertikal zumeist sehr sorgfältig gegliedert, so füllt bei den Formen C in der Regel ein Strichornament die obere Wandung, seltener treten Einstiche oder Grübchen auf. In einigen Fällen fehlt eine Verzierung ganz. Von der reichen Skala der Linienornamente, die H. A. Knorr (1937, S. 127f.) zusammengestellt hat, kommen alle Motivarten, z. T. in reicher Kombination, vor. Vielfach sind mehrere Motive auf ein und demselben Gefäß vertreten (Abb. 33h; 35c). Weniger häufig kommen Wellenornamente vor. Es sind einfache und mehrfache Wellenbänder, manchmal Wellenlinien, die in Gurttechnik ausgeführt sind (Abb. 27e), geknickte Wellenbänder, senkrechte und schräge Wellenbänder (Abb. 27f, h; 29g; 33g; 35b; 36a), z. T. in Kombination mit Linienornamenten (Abb. 28a; 26a) oder Stichornamenten (Abb. 26b). Von den Stichornamenten sind regelmäßig (Abb. 26b) und unregelmäßig angeordnete Grübchen (Abb. 35 c) vertreten. Das Stichmuster tritt mehrfach in Verbindung mit Linienund Wellenverzierung auf. Bei den unverzierten Gefäßen dieser Form treten auf der oberen Wandung hin und wieder sehr deutlich Drehspuren auf. Der Gefäßrest Inv.-Nr. 191 z. B. zeigte vom Ansatz der kantig abgestrichenen Lippe bis zum kräftig ausgebildeten Umbruch Drehspuren. Der untere Abschluß im Bereich des Umbruches erfolgte durch eine deutliche Gratbildung. Im Gefäßinneren fanden sich dagegen keine Drehspuren. Der Töpfer bediente sich also offenbar eines zugerichteten Holzes, eines Formholzes, das jedoch weniger Schablonencharakter, sondern eher die Form einer Spachtel hatte. Ähnliche Drehspuren fanden sich auf den Gefäßen Tafel 19a und b (Inv.Nr. 117 und 750), Tafel 21a (Inv.Nr. 146). Bei einigen Gefäßresten bzw. Gefäßen (Taf. 19a, Inv.Nr. 117) zeigten sich über dem Umbruch Ansätze plastischer Gurtung, allerdings nur in einliniger Ausführung. Derartige Gestaltungen weisen auf gewisse Beziehungen typologischer Art zwischen den unverzierten oder wenig verzierten Gefäßen der Form C zu denen der Form A hin. Ebenso wie bei den ersten beiden Gruppen ist die Technik der Schnitt- oder Kerbverzierung auch bei den Gefäßen der Form C vertreten. Die Kerben oder Einschnitte finden sich
Abb. 24. Tornow. Keramik der Form B. a) 418; b) 460; o) 761; d) 377; e) 406; f) 418; g) 355; h) 377. 1: 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Abb. 25. Tornow. Keramik der Formen B (oben) und C (unten), a) 475; b) 475; c) 418; d) 475; e) 340; f) 465; g) 375; h) 465. 1: 3
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zumeist auf dem Umbruch, vor allem bei wenig verzierten Gefäßen (Taf. 19a), ohne daß jedoch eine Kerbleiste ausgebildet wäre. I n einem Fall ist Kerbverzierung in Verbindung mit Wellenbändern zur Horizontalgliederung der oberen W a n d u n g verwendet worden (Taf. 21b). So finden wir eine mannigfaltige Verzierung, wie sie uns bei den anderen Formen nicht begegnet. Die Größenunterschiede bei den Gefäßen der Form C sind sehr beträchtlich. Die kleinsten Gefäße sind nur wenige Zentimeter hoch (Abb. 27g). Zur Form C aber gehörte eine große Anzahl von Vorratsgefäßen, deren Höhe und Mündungsdurchmesser bei 50 cm lag (Abb. 35). Sie haben in keinem Falle die Zerstörung der Burgen ganz überstanden, und das Zusammensetzen dieser Gefäße bereitet infolge ihrer großen und unverzierten, oft ganz verschieden gebrannten Wandteile, große Schwierigkeiten. Der durchschnittliche Mündungsdurchmesser betrug 15—30 cm. Die F o r m C läßt sich nach der Ausbildung des Oberteiles, vor allem des Randes, in mehrere typologische Varianten unterteilen: Variante C 1: Dreigliedrige Gefäße mit dem Umbruch zumeist im oberen Drittel, bei den großen Gefäßen auch im oberen Fünftel des Gefäßkörpers. Die Randlippe ist deutlich von der oberen Wandungspartie abgeknickt (Abb. 25e—h; 26a—c; 27a—h; Taf. 2 1 b ; 19a, b). Variante C 2: Dreigliedrige Gefäße mit weichem Profil. Der Schulterknick liegt im oberen Drittel, die Randlippe ist aus der oberen W a n d u n g ohne besonderen erkennbaren Absatz oder ohne Abknickung herausgezogen. Durch diese Formgebung entsteht der Eindruck einer leicht eingeschwungenen oberen Wandung (Abb. 28a—h; 36d). Variante C 3: Der Schulterumbruch ist verhältnismäßig weich, die obere Wandung steigt steil aus dem Umbruch auf. Die deutlich ausgebildete Randlippe ist gegenüber der oberen W a n d u n g durch eine Einkehlung abgesetzt (Abb. 28g, i). Form D Töpfe mit abgerundetem Profil und bauchige und steilwandige Gefäße. Die typologischen Beziehungen dieser Gefäße zu den vorhergehend behandelten doppelkonischen Formen sind unverkennbar, in einigen Fällen k a n n m a n über ihre Zuweisung zur Formengruppe C oder D im Zweifel sein. Das Profil ist hier jedoch so verwaschen, daß von einem Doppelkonus kaum noch gesprochen werden kann. Gefäße, die H. A. Knorr (1937, S. 124) unter seinem Typ A des Doppelkonus versteht, sind hierunter zu finden. Z. Väna (1960, S. 140) machte jedoch bereits darauf aufmerksam, daß dieser Typ „ k a u m als doppelkonisch bezeichnet werden" kann. Die Verzierung unterscheidet sich nicht wesentlich von der auf den Gefäßen der Gruppe C, sie ist jedoch bei weitem nicht so reichhaltig, wohl dadurch bedingt, daß diese Form in Tornow verhältnismäßig selten ist (111 Fundstücke, d. h. 6,6% vom gesamten Material der Burg B und 16 Fundstücke, d. h. 17% des Materials der Burg A — vgl. Beilage 8). E s lassen sich wiederum, diesmal deutlicher als bei den Formen A—C, mehrere Varianten unterscheiden: Variante D 1: Steilwandiges Gefäß mit hochgelegener, schwach angedeuteter Schulter und schwach aus der oberen Wandung herausgezogenem Mündungsrand. Das Profil ist weich, eine Gliederung nur schwer zu erkennen (Abb. 29a, f ; Taf. 21c). Die Formenverbindung zu den Formen C 2 ist unverkennbar. Variante D 2: Steilwandige Gefäße mit leicht eingebogener oberer Wandung über einem n u r wenig angedeuteten Schulterumbruch. Die Randlippe ist gegen die meist verzierte obere Wandung deutlich abgesetzt und rundlich bzw. kantig ausgebildet. Die Größe der Gefäße scheint beträchtlich gewesen zu sein, der Mündungsdurchmesser liegt zumeist zwischen 20 u n d 50 cm (Abb. 29g; 3 6 b ; Taf. 22d). Variante D 3: Steilwandige, roh gearbeitete Gefäße ohne Gliederung des Gefäßkörpers in Unterteil, Oberteil und Mündungsrand. Die W a n d u n g ist hier nahezu gradlinig vom Bodenansatz bis zum Mündungsrand durchgeführt. Das Gefäß Abb. 29h ist bis zum gewissen Grade durch noch erkennbare Wulststreifen gegliedert, bei dem kleinen Gefäß Abb. 36 c ist die Randlippe zugespitzt u n d wirkt dadurch unwesentlich nach außen abgebogen (Taf. 22 e).
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
Abb. 26. Tornow. Keramik der Form C. a) 397; b) 465; e) 318; d) 418; e) 413. 1 : 3
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Abb. 27. Tornow, Keramik der Form C. a) 316; b) 337; e) 475; d) 388; e) 465; f) 336; g) 445; h) 352. 1: 3
Abb. 28. Tornow. Keramik der Formen C a)465; b)465; c)486; d)465; e)409; f)409; h) 418; g) 377; i) 375. 1 : 3
Abb. 29. Tornow. Keramik der Form D. a) 465, D l ; b) 471, D l ; c) 451, D l ; d) 226, D l ; e) 374, D l ; f) 417, D l ; g) 246, D2; h) 476, D3. 1: 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Die Wandungen sind jedoch — soweit nachweisbar — immer leicht nach außen geneigt gewesen, so daß regelrechte Tonnengefäße nicht vorkommen. Form E Doppelkonische Gefäße mit weichem Umbruch, darüber eine nach innen geneigte obere Wandung, die ohne erkennbare Randlippe in gleicher Richtung in den unprofilierten Mündungsrand ausläuft. Die Verzierung besteht aus Kammstichen (Inv.Nr. 355), Grübchen, kombiniert mit Wellenbändern (Inv.Nr. 926, Abb. 36d) bzw. Linien-Zickzackbändern (Sektor 5). Weiterhin kommen verschiedene Linienmuster und mehrfach hängende Wellenbänder vor. Eine Sonderform ist das Gefäß Abb. 30 c, das sich durch wesentlich härteren Brand, Gurtfurchenverzierung und sehr glatt gearbeitete Oberfläche von der allgemeinen Beschaffenheit der Formen E unterscheidet. Es erweckt den Eindruck, als ob die Gefäße dieser Art in Formgebung und Ornamentik auf gedrechselte Holzgefäße zurückzuführen sind, wie sie bereits in altslawischer Zeit in der Lausitz in Gebrauch gewesen sein müssen 18 ). ls
) Vgl. das gedrechselte doppelkonische Holzgefäß, das etwa der Form A oder B entsprach, vom Burgwall Repten, Kr. Calau — Staatliches Museum für Vor- und Frühgeschichte, Berlin — II 11627 (Verlust).
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Hlonderformen Außer den oben beschriebenen Formen kommen, zumeist nur jeweils in einem Exemplar, einige Sonderformen vor. Viermal sind Henkelgefäße belegt, die jedoch ihrer Form nach eine ganz unterschiedliche Tektonik aufweisen. Das Gefäß Taf. 19c ist lediglich ein Doppelkonus der Form C 1 mit angesetzten Wursthenkeln. I n gleicher Weise scheint das Gefäß Abb. 30d aufgebaut gewesen zu sein. Seine Grundform entspricht der Form B 1. Dagegen gehört die Grundform des Henkelgefäßes Abb. 30b zu den steilwandigen Gefäßen der Form D 3, der Henkel ist organisch mit dem Gefäß verbunden, das Gefäß hat, unter Verarbeitung der technischen Merkmale der Wulstung, eine facettierte Wandung. Vom vierten Henkelgefäß ist nur ein zoomorpher Henkel mit Wandungsansatz erhalten (Abb. 30e). Flaschen: Einmal fanden sich an den Absturzschichten des Walles, entweder bereits aus der ersten Burg herrührend oder aber vom Wehrgang der zweiten Burg herabgestürzt, Bruchstücke einer Flasche (Abb. 30). Schalen: I m Speicher 16 der Burg B fanden sich drei Schalen. Die Schale Abb. 36e entspricht am ehesten dem Typ I I a von Z. Vana (1958, S. 193, Abb. 7), die beiden Schalen Abb. 36f und g gehören zu den Typen mit abgerundeter Wandbiegung und geschweiftem Hals nach Z. Vana, sie entsprechen dem alt- und mittelburgwallzeitlichen T y p I l l a l , der vor allem im Elbe-Saale-Gebiet und Lausitzer R a u m verbreitet ist (Abb. 36g). Die Schale Abb. 36f gehört zum Typ der doppelkonischen Schalen, Variante mit gerundetem Umbruch ( T y p I V a l ) nach Z. Vana, die breite Gurtfurche auf dem Umbruch erinnert an die Umbruchleiste der brandenburgischen Lokalform T y p IV a 3 nach Z. Vana. Teller: I m Schutt der Speicher 9/10 fand sich, durch den sekundären Brand des Gebäudes deformiert, der Rest eines Tellers (Inv.Nr. 475). Der Boden war flach, der R a n d etwa 1 cm hochgezogen und auf der Innenseite mit kurzen Kammstrichgruppen verziert. Jungslawische und frühdeutsche Keramikreste: Siebenmal wurden unmittelbar unterhalb der Rasendecke, besonders im Bereich des Brunnenversturzes, jüngere slawische Gefäßteile gefunden. Die Ränder waren verdickt und untergriffig. Sie entsprechen der Form 5 der Köpenicker Keramik, die dort vom 11. bis zum 13. J h . in Gebrauch war (J. Herrmann 1962, Abb. 22) und zusammen mit frühdeutschen Kugeltopfgefäßen vorkam. I n Tornow fanden sich oberflächlich ähnliche Fundstücke auf dem Gelände der offenen Siedlung vor der Burg und in den Grundstücken hinter der südlichen Gehöftzeile des heutigen Ortes. Zwei frühdeutsche blaugraue Randstücke von Kugeltopfgefäßen weisen keulenartig verdickte Mündungsränder, in einem Fall mit Einsattlung, auf. Sie entsprechen den Formen 2 u n d 5 von Berlin-Köpenick, die dort in das 13. J h . gehörten. Die Funde sind sicher erst nach Zerstörung der Burg B in den Innenraum und in die E r d e gelangt, wohl bei zeitweiliger Benutzung des Burgwalles als Lagerplatz oder bei einem anderen Anlaß. Der jüngste F u n d dieser Art, der unmittelbar unter der Grasnarbe über dem Zentralgebäude der Burg B lag, war ein zerschlagener gußeiserner Topf in einer alten Feuerstelle, die u. a. Reste von brikettierter Braunkohle enthielt. Die jungslawischen Funde sind nur insofern von Bedeutung, als sie zeigen, daß auch in Tornow nach Zerstörung der Burg seit dem 11. J h . eine ausgesprochen spätslawische Keramik hergestellt worden ist. b)
Lehmwannen
Ein wichtiger Bestandteil der Tornower Gefäßsystems waren große Lehmwannen, die, wie oben (S. 41) gezeigt werden konnte, in den Obergeschossen der verschiedenen Speicher standen. Bei der Zerstörung der Bauten waren sie zusammen mit dem übrigen Brandschutt abgestürzt, zumeist sehr unregelmäßig, und dabei in mehr oder weniger große Stücke zersprungen. Immerhin reichen die ganz erhaltenen Wannen und eine Reihe von großen Bruchstücken mit Ausmaßen von 1 / 3 m 2 aus, um sichere Angaben über ihr Aussehen, Aufbau, Technik der Herstellung, Standort u n d Funktion zu ermitteln.
Abb. 31. Tornow. Keramik aus Speicher 16. a) 908; b) 907; c) 911; d) Sektor 5; e) 926; f) Sektor 5; g) 907; h) 909. 1: 3
Abb. 32. Tornow. Keramik aus Speicher 16. a) 910; b) 910; c) Sektor 5; d) Sektor 5; e) 903; f) 900; g) 912. 1 : 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
Abb. 33. Tornow. Keramik aus Speieher 16. a) 907; b) 492; c) 925; d) 926; e) 912; f) Sektor 5; g) 912; h) 924. 1: 3 6
Herrmann, Tornow und Vorberg
Abb. 34. Tornow. Keramik aus Speicher 16. a) 907; b) 911; c) 903; d) 907; e) 908; f) 912; g) 492. 1 : 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
Abb. 35. Tornow. Keramik aus Speicher 16. a) 912; b) 924; c) 492. 1: 3 6*
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Abb. 36. Tornow. Keramik aus Speicher 16. a) Sektor 5; b) 920; c) 909; d) 926; e), f), g) Sektor 5, 1 : 3
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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I n den verschiedenen Speichern der Burg standen wenigstens 14 Lehmwannen. Die ganzen oder nahezu ganzen Wannen sowie die größeren Bruchstücke sind in dem Planum Beilage 7 mit L bezeichnet. Besonders günstig waren die Erhaltungsbedingungen in Speicher 4 (umgestürzte Lehmwanne auf Pfosten — Beilage 4, c —c') und im Speicher 19 (Taf. 9). In diesem waren drei Lehmwannen nahezu senkrecht abgestürzt. Sie lagen in den Brandschuttresten des Oberbodens. Dabei waren im Nordteil zwei Lehmwannen ineinandergestürzt, ihre Seitenlängen waren jedoch noch zu ermitteln (Beilage 7; Taf. 8 und 9). Bruchstücke von Lehmtrögen fanden sich auch im Brandschutt des Brunnens. Sie waren bei dem Brand der Burg B mit den Versturzmassen der Speicher in den Brunnen hineingeraten. Die Wannen von Tornow waren verhältnismäßig einheitlich. Die Grundform war viereckig mit leicht abgerundeten Ecken. Auf einer 4—6 cm starken Bodenplatte war eine nach oben sich leicht verjüngende Wandung aufgebaut, deren Gesamthöhe zwischen 10,5 und 17 cm, die lichte Höhe zwischen 9,5 cm (Inv.Nr. 861) und 14 cm (Inv.Nr. 503) schwankte. An ein und derselben Wanne konnten Unterschiede von mehreren Zentimetern auftreten. Ebenso unterlag die Stärke der Wände beträchtlichen Schwankungen. Im allgemeinen waren die Wände 1,6 cm (Inv.Nr. 960) bis 6 cm (Inv.Nr. 96) stark. Die Böden waren im allgemeinen schwächer, ihre Stärke betrug 1 cm (Inv.Nr. 288) bis 3,8 cm (Inv.Nr. 983). Die Seitenlänge der quadratischen Wanne Nr. 986 konnte mit 1,04 m Gesamtlänge und 0,98 m lichte Länge ermittelt werden (Taf. 8a). Eine Lehmwanne im Nordteil des Speichers 19 hatte eine Seitenlänge von 0,82 (0,78) m, die darunterliegende maß nur 0,60 m (Taf. 9a, b). Die umgestürzte Wanne im Speicher 4 hatte 0,90 m Seitenlänge. Die Herstellung der Wannen geschah in Stampflehmtechnik, und zwar in ähnlicher Weise, wie bis in die neueste Zeit auf dem Lande die Tennen der Scheunen gestampft worden sind. Als Rohmaterial wurde Lehm verwendet (die von H. A. Knorr eingeführte Bezeichnung „Tonwannen" trifft für unsere Wannen nicht zu), der mit Stroh und kleinen Reisigstücken gemagert wurde, ähnlich wie bei der Herstellung von Hausbewurf. Das Aufstampfen der Wannen geschah auf fester Unterlage an dem gewünschten Standort, in Tornow auf der Dielung der Speicherböden. Die Dielungsbretter bzw. in einigen Fällen Rundhölzer von etwa 8—10 cm Durchmesser haben sich teilweise sehr deutlich auf dem Boden der Wannen abgedrückt. Der aufgestampfte Lehm drang dabei weit in die Fugen und Ritzen zwischen den Dielungsbrettern, meist sogar mehrere Zentimeter, ein und bildete auf den gefundenen Stücken gratförmige Erhöhungen (Taf. 12). Diese feste Unterlage erlaubte es, die Bodenschicht der Wannen verhältnismäßig dünn, im Durchschnitt dünner als die der aufgehenden Wände zu halten. Zur weiteren Festigung der Stampflehmschicht, insbesondere zur besseren Sicherung des Wandansatzes an den Boden wurden mehrfach Ruten mit eingestampft. Ihre Stärke konnte bis zu 2 cm betragen. Auf der Bodenplatte wurden dann die Wände in oben angegebener Höhe aufgebaut. Der Randabschluß war zumeist rundlich; deutlich ließen sich die Spuren der formenden Hände feststellen. Da die Herstellung einer solchen Wanne aus freier Hand offenbar ohne jede Schablone geschah, sind die verschiedenen Größen der Wannen wie auch die an ein und derselben Wanne zu beobachtenden verschiedenen Wand- und Bodenstärken ohne weiteres zu erklären. Die fertig aufgestampften Gefäße trockneten an der Luft, sie wurden nicht gebrannt. Das geht eindeutig daraus hervor, daß größere Teile z. B. der im Grundriß gut erhaltenen Wanne Taf. 8 a durch Sickerwasser aufgelöst worden sind, und zwar die Stellen, die vom Brand der Burg weniger betroffen waren. Der Boden der Wanne bestand, trotz einer geringen Feuerein Wirkung während desBrandes, in den meisten Teilen noch aus ungebranntem Lehm. Lediglich die Teile des Bodens wiesen an der Unterseite größere Brennspuren auf, die zwischen den Dielenritzen gelegen hatten. Ähnliche Beobachtungen ließen sich in zahlreichen weiteren Fällen machen. Alles weist darauf hin, daß die Brennspuren erst während der Zerstörung der Burg entstanden, die Wannen dabei aber nur oberflächlich und partiell betrafen, so daß die Konsistenz dieser Gefäße sehr mangelhaft wurde, nachdem sie ihre
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JOACHIM H E R R M A N N
Unterlage, die Dielung der Speicher, verloren hatten. I n einigen Fällen h a t t e der sekundäre Brand, wie oben bereits ausgeführt wurde, bis zur Verglasung der zwischen den Ritzen und Fugen der Dielung gelegenen Bodenteile und einzelner Wandteile geführt. Wir ziehen aus allen diesen und den oben angeführten Beobachtungen den Schluß, daß die Lehmwannen, in den Speichern der Burg als stationäre Gefäße auf der Dielung des Obergeschosses hergestellt worden sind und bis zur Vernichtung der Burg dort gestanden haben. Die Funktion dieser Wannen war dank der günstigen F u n d u m s t ä n d e eindeutig zu bestimmen: I n fast allen Wannen bzw. ihren Resten, zumindest aber in engem Zusammenhang mit ihnen, fand sich Getreide. Die Wannen in Tornow dienten also zur Getreideaufbewahrung. I h r fester Stand in den geschlossenen hölzernen Speichern der verhältnismäßig kleinen Burg in so großer Zahl spricht dagegen, daß sie zum Rösten des Getreides benutzt worden sind. Ebensowenig ließ sich der von H. A. Knorr vermutete Verwendungszweck „als Backbzw. Teigwannen' 1 nachweisen (1939, S. 29). Soweit während der Ausgrabungen Mehl angetroffen wurde, befand es sich nur einmal in einer derartigen Lehmwanne (Speicher 19 — vgl. S. 44). I m Speicher 11 z. B. lag das Mehl in einem K o r b aus dem Holz des Spindelbaumes, der ursprünglich neben der Mühle gestanden h a t t e (S. 45). H. A. Knorr (1939) und T. Malinowski (1959) haben gezeigt, daß diese W a n n e n in verschiedenen Formen, länglich rechteckig, quadratisch oder rundlich, auftreten können, vor allem in altslawischer Zeit. Ihre Verbreitung geht über den gesamten slawischen Siedlungsraum, und in jüngerer Zeit sind derartige Wannen noch im südslawischen Gebiet zum Getreidedörren in Gebrauch gewesen (T. Malinowski 1959, S. 54). Möglicherweise dienten dieser Aufgabe auch eine Reihe von Wannen in den offenen Siedlungen unseres Bereiches in altslawischer Zeit. Dazu wäre die Konstruktion derartiger Wannen zu prüfen 1 9 ). F ü r die in Tornow gefundenen Wannen scheidet diese Deutung aus. Der gleichen Aufgabe wie die Wannen in der Tornower Burg könnten die zahlreichen Wannen im Burgwall von Kliestow gedient haben, die im Brandschutt der Bauten hinter dem Wall gefunden wurden (W. Unverzagt 1940, S. 80). c)
Spinnwirtel
Außer den erwähnten Gefäßen aus Ton und Lehm sind in der Burg B einige Spinnwirtel gefunden worden. Sie lagen in den Speichern 4 (Abb. 37 a, b, c, d), Speicher 6 (Abb. 37e), Speicher 8/9 (Abb. 37k), Speicher 13/14 (Abb. 37g) und Speicher 16 (Abb. 37f, j). Speicher 4 und Speicher 16, die jeweils mehrere Spinnwirtel enthielten, waren diejenigen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Untergeschoß ständig bewohnt gewesen sind. Sp. 4 enthielt einen Herd. Die Spinnwirtel sind zumeist doppelkonisch, sowohl kräftig profiliert wie auch mit abgerundetem Umbruch. Drei Exemplare (Abb. 37i, j, k) haben jeweils eine glatte oder sogar leicht eingezogene Unterseite, das Oberteil ist gerundet oder konisch. d) Geräte aus Stein I m Tor der Burg B lag ein zerbrochener Wetzstein, der auf der Oberseite und Unterseite je eine tief eingewetzte Rille aufwies (Abb. 37, 1). Weitere Wetzsteine fanden sich in den Speichern 6, 10, 11/12 und 16 (Abb. 37 m—p, r). Ein rundlicher Stein mit geringen Wetzspuren gehört in die Burg A. Unter den Wetzsteinen lassen sich große, parallelogrammartige Formen von kleinen, schmalen Formen mit Durchbohrung an einer Seite unterscheiden. 19
) G. Behm unterschied bereits während der Ausgrabungen auf der jungslawisohen Siedlung von Berlin-Kaulsdorf gebrannte und ungebrannte Lehmwannen (1942, S. 265). Vgl. zu den Wannen jetzt auch L. Skuiny, Pekäöe — jejich vyskyt, funkce a datovani. Pam. arch.55, 1964, S. 370ff. Das dort erwähnte „Mühlendorf, Kr. Luckau" ist Möllendorf, Kr. Fmsterwalde,
Abb. 37. Tornow. Spinnwirtel und Steingeräte: a) 129, Sp. 4; b) 248, Sp. 4; c) 248, Sp. 4; d) 248, Sp. 4; e) 91, Sp. 6; f) 918, Sp. 16; g) 804, Sp. 13/14; h) 61; i) Sektor 2/3; j) 907, Sp. 16; k) 475, Sp. 8/9; 1) 470, im Tor B ; m) 476, Sp. 10; n) 211, Sp. 6; o) 926, Sp. 16; p) 377, Sp. 10; q) 328, Burg A; r) 710, Sp. 11/12. 1 : 2
88
JOACHIM H E R R M A N N
Im Unterteil von Speicher 10 lag ein Wetzstein der letztgenannten Art zusammen mit einem Dolch oder Feuerstahl (Taf. 26a) in dem Gefäß der Form D 3 (Abb. 29h). e)
Metallgegenstände
Mehrfach wurden Messer gefunden, z. T. stark zerstört und unkenntlich. I n zwei Fällen handelt es sich offenbar um Teile von Hiebmessern (Abb. 39a, c; 40f). Bei vier weiteren kleineren Messern ist die Angel regelmäßig sowohl gegenüber dem Rücken wie auch gegen die Schneide abgesetzt (Abb. 40a, b, d, g), bei einem Exemplar ist die Schneide an der Spitze rundlich nach oben ausgezogen (Abb. 40a), bei einem anderen ist die Spitze durch Abknickung des Rückens abgeschrägt. Dieses Messer weist außerdem auf einer Seite eine Kehlung der Rückenpartie auf (Abb. 40g). In einem Fall setzt die Angel ohne Absatz am Rücken an und ist gegenüber der Schneide abgesetzt (Abb. 38b), ähnlich ein zweites, etwas größeres und offenbar verbogenes Fragment, bei dem die Angel ohne jeden Absatz allmählich aus Rücken und Klinge herausgezogen erscheint (Abb. 381). Im Speicher 10 lag in einem Tongefäß ein Dolch oder Feuerstahl mit Spiralgriff, wie das Röntgenbild ergab (Abb. 39e; Taf. 26a). Neben dem Herd in Speicher 4 lagen zwei Sicheln (Abb. 38e, f; Beilage 7). Sie gehören nach M. Beranovä (1957, S. 101) zum Typ B I. Zwei weitere Sicheln ließen sich im Keller 1 des Zentralbaues nachweisen. Das Eisen der Klingen war hier fast aufgelöst und nur noch als mehr oder weniger substantieller Schatten im Tonboden des Kellers erhalten. Die Form ließ sich jedoch ohne Zweifel festhalten (Abb. 38g, h). Bei einem Exemplar war der hölzerne Sichelgriff noch sehr gut erhalten. Sie gehören, ebenso wie das fünfte Sichelfragment (Abb. 38j), zu dem gleichen Typ. Eiserne Schüssel: I m Speicher 7 fand sich der Rest einer eisernen Schüssel von den gleichen Abmessungen wie die aus Burg A bekannte Schüssel. Durchmesser des Randes ca. 20 cm; Gewicht 277 g (Abb. 38k). Eiserne Äxte: In den Speichern 5 und 19 (Abb. 39d, f) fand sich je eine Axt (unten S. 116). Waffen: Außer den möglicherweise als Waffen benutzten Hiebmessern und Äxten, die oben beschrieben wurden, fanden sich in den Brandschichten der Speicher mehrfach Pfeilspitzen. Es sind eiserne Spitzen mit eckigem Querschnitt (Abb. 40 h—j), von denen nur noch (?) ein Exemplar einen Tüllenrest aufweist (Abb. 40c). Gürtelschnallen: I m Untergeschoß von Speicher 4 fand sich neben dem Herd außer den Sicheln und Spinnwirteln auch der Rest einer Gürtelschnalle mit schräggestellten Rahmenleisten. Der Dorn war nur noch als stark korrodiertes Eisenstückchen ohne Verbindung zum Rahmen zu bergen (Abb. 40e). Im Speicher 1 lag ein stark verrosteter Riemenbeschlag aus Eisen (Nr. 509, Abb. 39b). Eine Deutung dieses Stückes schien zuerst nicht möglich. Das nach der Konservierung hergestellte Röntgenbild (Taf. 26 b) zeigte, daß es sich um einen Gürtelbeschlag handelt, bei dem der Riemen durch eine rechteckige Öffnung in der Kopfplatte durchgeschoben bzw. eingehakt werden konnte. Ein schmaler Bügel verbindet diese Kopfplatte mit einer verbreiterten Fußplatte, die die Form eines Vogelkopfes hat. Die Vernietung der Fußplatte erfolgte so, daß die Nietköpfe die Vogelkopfform als Auge bzw. Schnabelteil unterstreichen. Eine weitere Vernietung auf der Riemenunterlage ist an der Kopfplatte erfolgt. Eine weitere Gürtelschnalle fand sich im Bereich des Speichers 16 (Abb. 38d; Taf. 27a). Der Fund lag unmittelbar an der Grenze der Kulturschicht und einer alten Störung, die durch die Grabung von E. Siehe im Jahre 1885 verursacht worden war (Beilage 5, m, n, o). Es ist nicht ausgeschlossen, aber nicht wahrscheinlich, daß diese Gürtelschnalle aus jüngeren Schichten mit in den Boden gelangt ist. Das Exemplar ist aus Bronze und besteht aus einem Rahmen, dessen seitliche Stege über die Querstege auf beiden Seiten hinausgeführt sind. Auf dem vorderen Quersteg befindet sich ein feststehender Dorn, offenbar als Auflage für einen nicht mehr vorhandenen beweglichen Dorn. Um den anderen Quersteg greift ein Bronzeband
Abb. 38. Tornow. Metallfunde aus Burg B ; a) Nr. 508, Eisen; b) Nr. 84, Eisen; c) Nr. 242, Sp. 6, Eisen; d) Nr. 905, Sp. 16, Bronze; e) Nr. 247, Sp. 4, Eisen; f) Nr. 247, Sp. 4, Eisen; g) Sichel, Keller 1, Eisen; h) Sichel, Keller i, Eisen; i) Nr. 977, Eisen; j) Nr. 165, Eisen; k) Nr. 170, Sp. 7; 1) Nr. 86, Eisen; m) Nr. 805, Eisen. 1: 3
Abb. 39. Tornow. Metallfunde aus Burg B; a) Nr. 921, Sp. 16; b) Nr. 509, Sp. 1; c) Nr. 4, Sp. 10; d) Nr. 982, Sp. 19; e) Nr. 476, Sp. 10; f) Nr. 79, Sp. 5. 1: 2
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
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Q
Abb. 40. Tornow. Metallfunde aus Burg B; Messer, Pfeilspitzen, Gürtelschnalle; a) Nr. 262, Sp. 4; b) Nr. 247, Sp. 4; o) Nr. 233; Sp. 4; d) Nr. 299, Sp. 4; e) Nr. 188, Sp. 4; f) Nr. 324, Sp. 3; g) Nr. 161, Sp. 1 - 2 ; h) Nr. 295; i) Nr. 126; j) 247. 1: 2
herum. Es ist aus einem 7,6 cm langen und 1,5 cm breiten Bronzestreifen so ausgeschnitten, daß zwei scheibenförmige, in der Mitte leicht aufgetriebene Buckel entstanden, die durch einen schmalen und kurzen Steg miteinander verbunden sind. An der Stelle, an der das Band um den Steg der Schnalle gelegt ist, ist eine 0,35 cm breite und 0,7 cm lange rechteckige Öffnung eingeschlagen worden, die Platz für den Dorn ließ. Das Bronzeband verläuft unter den Buckeln etwa in gleicher Breite wie zwischen den Buckeln zum Ausgangspunkt zurück. Hier, sowie zwischen dem letzten Buckel und dem Rahmen, ist es mit dem Lederriemen vernietet gewesen, und zwar so, daß die Zierseite oberhalb, der zurücklaufende Steg unterhalb des Leders lag. Eiseisen? (Abb. 38a): I n den Absturzmassen des Walles B, neben dem Tor, fand sich ein dreizinkiges Gerät aus Eisen. Die Länge der Zinken beträgt 0,5—1 cm. Derartige Stücke sind in slawischen Siedlungen mehrfach gefunden worden. Ihre Deutung ist nicht völlig gesichert. J . Kostrewski (1914, S. 351) bezeichnet ähnliche Geräte als Stiefelabsatzbeschläge. Eimerbügel: I n dem Innenraum der Burg B sind zwei Reste von Eimerbügeln gefunden worden (Abb. 381, m). Derartige Bügel waren an Attaschen von Holzeimern, deren Reste auch aus Tornow bekannt sind, eingehängt. Attaschenfunde wurden in Tornow nicht geborgen.
92
JOACHIM HERRMANN
f ) Mahlsteine Bei den zahlreichen Mahlsteinen (vgl. die Zusammenstellung oben S. 47) handelt es sich durchweg um Drehmühlenreste. Die Steine hatten bis zu 50 cm Durchmesser, mehrfach waren sie beträchtlich abgemahlen. Ein großer Teil der Mahlsteine, von 127 untersuchten Mahlsteinen bzw. Mahlsteinresten 90%, war aus Rochlitzer Porphyr hergestellt worden (unten S. 155). Dieser Porphyr steht im Gebiet um Rochlitz und Mügeln in Sachsen an und wurde anscheinend besonders südwestlich von Rochlitz, auf dem sogenannten Rochlitzer Berg, frühzeitig abgebaut. Am östlichen F u ß des Rochlitzer Berges, am Ufer der Zwickauer Mulde, liegt der Ort Sörnzig. Bereits im Jahre 1208 wird er als Zorneske erwähnt. Ebenso wie der Ortsname Sornzig (als Surnezec 1220 erwähnt) bei Mügeln im gleichen Porphyrgebiet ist der Ortsname aus dem pluralisch zusammengesetzten Bewohnernamen „Zornoseky — Mühlsteinhauer" gebildet worden (H. Walther 1957, S. 132). Innerhalb dieses großen, frühzeitig zur Mahlsteinherstellung ausgebeuteten Porphyrgebietes sind auf Grund des Vergleichsmaterials, das H.-J. Bautsch aus verschiedenen Aufschlüssen studieren konnte, die Tornower Mahlsteine sehr wahrscheinlich in der Gegend von Colditz, Kr. Grimma, gebrochen worden. Außer einem Steinbruch 0,5 km nördlich von Colditz führt ein zweiter Steinbruch 2 km südlich von Colditz, am Fuße des slawischen Burgberges von Lastau, Porphyr gleicher Struktur. Hingegen scheiden die Porphyrvorkommen am Lausicker Berg, an der Parthequelle, bei Grimma, bei Alt-Oschatz und am Rochlitzer Berg südlich Rochlitz als Herkunftsorte der Tornower Mahlsteine aus. Die zahlreichen Tornower Mühlen aus Rochlitzer Porphyr sind sorgfältig bearbeitet. Die Unterseiten der Bodensteine sind zu einer Standfläche geglättet, die auch ein sicheres Aufstellen der Mühlen auf fester Unterlage ermöglichte (Taf. 32 a, 33 a). Die Bodensteine waren in der Mitte vollständig durchbohrt; im allgemeinen geschah das durch das Auspicken sanduhrförmiger Löcher (Abb. 42). Die Mahlfläche der Bodensteine war immer konvex (Abb. 42) bzw. die der Läufer konkav (Abb. 41). Die Läufer selbst sind nur verhältnismäßig dünn ausgeschlagen worden, eine zusätzliche Gewichtsverminderung wurde durch eine Abrundung der äußeren Kanten erreicht (Abb. 41, Nr. 153/8; 177, 985). Der Mahlmund war immer rund, teilweise trichterförmig geöffnet (Abb. 41). Das durch den Mahlmund in die Mühle gelangende Getreide wurde auf dem Teil der Mahlfläche, die dem Mahlmund zugekehrt war, zunächst grob zerkleinert, da zwischen Bodenstein und Läufer hier ein mehr oder weniger großer Zwischenraum (Schluck) bestand. Die Mahlsteine liefen in diesem Bereich nicht fest aufeinander. Dadurch trat eine weitere Erleichterung des Mahlganges ein (Taf. 33). Erst im äußeren Bereich der Mahlfläche, etwa 10—15 cm vom äußeren Rand beginnend, setzte die eigentliche Mahlbahn an, auf der die Steine hart aufeinanderrieben und das grob zerkleinerte Korn zu Mehl verarbeiteten (Taf. 33a—d; Taf. 32a). Die Läufersteine wurden sicherlich von der Peripherie aus bewegt, auch wenn Einarbeitungen für Handgriffe oder Ringe nicht vorhanden waren. Die Läufer waren anscheinend in einen Rahmen aus organischem Material gefaßt, über den sie in Bewegung gesetzt werden konnten. Die Mantelflächen der Läufer waren wohl daher stets so behauen, daß sie parallel der Mühlenachse verliefen. Es ist daher an einen Lederrahmen, vielleicht in Kombination mit besonders zubereitetem Holz, zu denken. Die Fortführung dieses Rahmens über die Läuferoberfläche hinaus mochte gleichzeitig ein Behältnis für das auf die Mühle geschüttete Getreide gebildet haben. Von alledem sind jedoch weder in Tornow noch an anderen Orten bisher irgendwelche Reste nachzuweisen. Eine einwandfreie Detailkonstruktion der Mühlen ist daher vorerst noch nicht durchführbar 2 0 ). Immerhin ist sicher, daß es spätestens am Anfang des 9. J h . im Rochlitzer Prophyrgebiet eine spezialisierte Mahlsteinherstellung gab, von der 20
) Die Rekonstruktion einer slawischen Mühle von Biskupin vgl. bei W. Szafranski 1957, Abb. 4 und 13. Vgl. weitere Literatur bei H. Lies 1963, S. 321 ff. Besonders sei auf die Arbeit von K. Cernohorsky (1957) verwiesen. Nachzutragen sind F. Hörter, F. X. Michelis und J. Röder 1950/51 sowie M. Beranovä 1963.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
93
115/2
177
153/8
817
113/1
56
915
153/1
2 /
985
965
457
113/7 0
5
10
15
20
25 cm
Abb. 41. Tornow Burg B. Läufersteine der Drehmühlen. 153/8, 985 aus quarzreichem Granodioritporphyr äq. dem Rochlitzer Porphyr. 177 aus sanidinführendem Granitporphyr äq. dem Rochlitzer Quarzporphyr. 457 Granitporphyr (Roter Ostseeporphyr, Geschiebe)
734
3
V / / / / / / J ) V77777A
ZZZZZZZZ) V7777T77)
250
957
113/5
113/5
273/5
209
5
10
15
20
25 cm
209/5
273
Abb 42 Tornow. Formen der Mahlsteine aus Burg A (Nr. 273) und Burg B. 113/2, 113/6, 136/28,200 aus Granodioritporphyr äq. dem Rochlitzer Porphyr. 250, 957 aus s a n i e r e n d e m Granitporphyr aq. dem Rochhtzer Porphyr. H 5 / 3 Granodiorit (Geschiebe). 273 Biotitgranit (Geschiebe)
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Tornow. Die Burg B
95
ein bestimmter Mühlentyp produziert wurde, der sieh durch leichten Mahlgang auszeichnete. Die Vorstellung, die sich H. Lies über den frühesten Gebrauch der Drehmühlen bei den Slawen westlich der Oder zu vermitteln bemüht („Nach der Übernahme des Getreideanbaues wird m a n in einem ersten Arbeitsgang die Körner weiterhin in der Hirsestampfe zerquetscht haben, u m d a n n erst das grobe Mahlgut in einem zweiten Arbeitsgang auf der Mühle zu vermählen") (1963, S. 320), dürfte besonders durch die Befunde in Speicher 6 von Tornow zu korrigieren sein. Dort fanden sich zwischen den Mahlsteinen unzerquetschte Roggenkörner, Weizenkörner und Mehl (S. 180). Die im Rochlitzer Gebiet hergestellten Mühlen gehörten alle zu einem Typ, der dem Typus VI b von H. Lies (1963) entspricht. Neben diesen offenbar von Spezialisten hergestellten Drehmühlen wurden in Tornow auch einige Mühlen gefunden, die aus verschiedenen Geschieben, die auch in der Umgebung Tornow vorkommen, hergestellt worden sind (S. 158). Dazu gehört vor allem die einzige Mühle aus Burg A, deren Steine aus Biotitgranit bestanden (Abb. 42, Nr. 273). Ihre Mahlfläche verlief horizontal, der Läuferstein zeichnete sich durch besondere Schwere aus. Außerdem fehlte dieser Mühle die Teilung der Mahlfläche in eine Bahn zur Grobzerkleinerung u n d in eine besonders ausgebildete Mahlbahn (Taf. 32c). Diese Form läßt sich dem Typus V I a von H . Lies zuordnen. Der Nachteil dieser groben, aus Geschiebe angefertigten Mühle liegt auf der Hand. Der schwere Läuferstein m i t undifferenzierter Mahlfläche verursachte einen arbeitsaufwendigen Mahlgang. Aus diesem Grunde versah man zur Zeit der Burg B von Tornow auch die aus heimischen Geschieben hergestellten wenigen Mühlen mit einer differenzierten Mahlfläche (Abb. 42, N r . 115/3; Taf. 32b). Der schwere Läuferstein jedoch wurde auch weiterhin beibehalten (Abb. 41, Nr. 457).
g) Knochen- und Horngeräte Die Zahl der gefundenen Knochen- u n d Horngeräte ist sehr klein. E s wurden einige Spitzen von Pfriemen gefunden, die aus Knochen u n d Geweih hergestellt worden sind (Taf. 27): Nr. 960 aus einer Hirschgeweihsprosse; ein weiteres Stück aus einem Metatarsus von Schaf/Ziege (Nr. 135). Nr. 721 war kalziniert, es handelt sich u m einen ursprünglich sehr kleinen Knochenpfriem, der jedoch durch den starken Brand weißliche F a r b e angenommen h a t u n d zu zerbröckeln beginnt. Nicht mehr zu deuten ist ein kleines rechteckiglängliches Stück Knochen, das fast die Form eines kleinen Wetzsteins hat, jedoch nur noch zu einem Teil erhalten geblieben ist. An einer Schmalseite ist das Stück in gleicher Weise wie die Wetzsteine durchbohrt. Offenbar wurde es an einer Schnur getragen (Nr. 718). Eine Rinderrippe (Nr. 53) zeigt Abschliffspuren am hetero vertebralen Teil des unteren Randes. Außerdem wiesen weitere Tierknochen Schliffspuren oder Schnittspuren auf, ohne daß sie als Geräte zu bestimmen wären (Bestimmung der Knochen- und Geweihfunde von H.-H. Müller). h) Funde aus organischem
Material
Außer vielen Zentnern Getreide fanden sich in der Burg B Mehlreste sowie verschiedene Fasern von Flachs, Hirsebreireste im Keller des Zentralgebäudes u n d eine große Anzahl Fragmente von Holzgegenständen, Gefäßen u n d Geräten. Die botanischen Reste, vor allem Proben aus den umfangreichen Getreidefunden, wurden von K.-D. J ä g e r untersucht und in einem gesonderten Beitrag behandelt. Nach seinen Untersuchungsergebnissen waren in der B u r g B vorhanden: Roggen (36 Proben); Hirse (22 Proben); Gerste (3 Proben); Weizen (2Proben); Hafer (1 Probe). Außerdem fanden sich in den einzelnen Proben Beimischungen der jeweiligen Vorfrucht der vorliegenden. Getreideart. Daher ist Weizen in 25 Roggenproben und 1 Hirseprobe beigemischt, Gerste f a n d sich in 4 Roggen- und 1 Hirseprobe.
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JOACHIM HERRMANN
Reste von Holzgegenständen fanden sich im Brunnen der Burg B (Taf. 23—25) und im Keller des Zentralgebäudes, vor allem im Keller 2 (Taf. 23). Diese Gegenstände haben teilweise im Oberbau des Brunnenhäuschens oder auf seinem Rand gestanden, als der Brand ausbrach. Dadurch sind sie zum größten Teil verbrannt. Erst als der Oberbau zusammenstürzte und mit seinem Brandschutt den Brunnen füllte, wurden diese Geräte mit in den Brunnen hineingerissen und blieben nun, soweit sie noch nicht verbrannt waren und in den Wasserspiegel gerieten, erhalten. Die Gefäße aus Rinde hatten bei Ausbruch des Brandes im Keller gestanden, sie wiesen keine Brandspuren auf, waren jedoch infolge der höheren Lage oberhalb des Grundwassers nur sehr schlecht erhalten. Im Brunnen wurden die auf Taf. 24 und 25 gezeigten Gegenstände gefunden. Die einzelnen Geräte waren aus folgenden Holzarten hergestellt: Boden eines Gefäßes aus Rinde (Nr. 552, Taf. 23b) aus Keller 2: Birkenrinde. Brunnenfunde: Holzgriff (Nr. 537, Taf. 24a): Birke; Stockknauf (Nr. 538, Taf. 24b): Hasel; Schaufelrest (Nr. 544, Taf. 24d): Birke; Handgriff (Nr. 545, Taf. 34g): Erle (Grauerle); Schaufelrest (Nr. 546, Taf. 34h): Ahorn (Spitzahorn); Haken (Nr. 539, Taf. 24i): Erle (Schwarzerle); Schöpfkelle (Nr. 535, Taf. 25a): Eiche (Traubeneiche); Kerbstock (Nr. 536, Taf. 25b): Eiche (Traubeneiche); Eimerdauben (Nr. 541—542, Taf. 25 c - e ) : Kiefer (Waldkiefer); Eimerboden (Nr. 543, Taf. 25f): Eiche (Traubeneiche); Brettreste (Nr. 550): Eiche (Traubeneiche).
III. Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg
Die Grundlage f ü r die frühgeschichtliche Besiedlung bot ein langgestreckter flacher Höhenrücken im Wiesengelände des Flüßchens Dobra. Wie die zahlreichen Aufschlüsse, die in Vorbereitung des Tagebaues angelegt worden sind, gezeigt haben, verdankt das Wiesengebiet einer Flachmoortorfbildung von durchschnittlich 50 cm Stärke seine Entstehung. Der Untergrund sowohl des Höhenrückens wie auch des umgebenden Wiesengebietes besteht aus Ton, Lehmmergel und teilweise aus Sand. Die schwereren Bodenarten überwiegen jedoch, sie erschwerten die Ausgrabungsarbeiten außerordentlich. Der etwa 250 m lange und 100 m breite Rücken ist längere Zeit beackert worden. Auf dem Horst wurden von den slawischen, d. h. lusizischen Einwanderern feste Bauten und eine ständige Besiedlung angelegt 1 ). Auf dem Ostteil des langgestreckten Horstes entstand eine Burg, westlich davon eine unbefestigte Siedlung (Taf. 34).
A. Die Burg A 1. Ausdehnung und Größe Ähnlich wie in Tornow wurde auch in Vorberg das f ü r den Burgenbau vorgesehene Gelände mit Hilfe von Feuer gerodet und gesäubert. Kleine Holzkohlepartikel, die von diesen Arbeiten herrührten, fanden sich hin und wieder im Oberteil der natürlichen Humusschicht. I m Anschluß daran steckte m a n den wahrscheinlich polygonalen Burggrundriß ab. Der Durchmesser des Burginnenraumes in Ost-Westrichtung betrug 30—35 m, der Gesamtdurchmesser der Burg einschließlich des Burggrabens 90—100 m. 2. Die Befestigung Der Wall, der heute im Westen der Burg den eingeackerten I n n e n r a u m u m 4 m u n d den Graben fast um 6 m überragt, wies mehrere Bauphasen auf. Der K e r n des Walles A bestand aus einer ßostkonstruktion von etwa 4,80—5 m Breite (Beilage 10 A—B, zwischen 1 und 2). An der Stelle der I n n e n f r o n t des Wallkernes verlief ein kleines Gräbchen (Beilage 10, A 1). Östlich davon begann die Siedlungsschicht des Burginnenraumes (A 12). E t w a 12 untere Lagen der Rostkonstruktion ließen sich a n den vermoderten Holzbändern und der in ihrer Zusammensetzung stark wechselnden Füllerde sicher erkennen. Das ergäbe, wird die an der Vorderfront des Walles A nachweisbare durchschnittliche Stammstärke von 20 cm zugrunde gelegt, einen etwa 4,80 m hohen Wallkern (heute noch 2,3 m hoch). Als Füllerde, besonders *) Lediglich zwei Gefäßreste sind mit Sicherheit vorslawisch. Eine Scherbe (Nr. 130) fand sich unter den slawischen Funden im Schnitt V 10, die zweite (A 29) in der Schicht der Burg A. Allem Anschein nach handelt es sich um jungbronzezeitliche Keramikreste, vielleicht um Teile von Lausitzer Terrinen. 7
Herrmann, Tornow und Vorberg
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JOACHIM HEERMANN
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Burg A
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an der Wallbasis, an der Rückfront und im Oberteil fand grünlicher Ton Verwendung, der im Untergrund des Horstes ansteht. Die auf der Feldseite hervorstehenden Balkenköpfe der Rostkonstruktion umgab man mit einer 20—40 cm starken Tonschicht (Beilage 10, A 2). Diesen Tonschichten verdankte der Wallkern seine hohe Formbeständigkeit. Vor dem Wallkern setzte man einen zweiten Holzrost, der jedoch nur 2,40 m breit war. Die Stammenden an der Vorderfront dieses Rostes waren ebenfalls mit einer 15—20 cm starken Ton- und Lehmschicht übermantelt (Beilage 10, A 3). Während der Wallkern direkt auf der annähernd waagerechten alten Oberfläche aufgesetzt werden konnte, mußte vor Anlage des zweiten Rostes der Untergrund planiert werden. Die Ursache dafür lag in dem westlich des Wallkernes einsetzenden Geländeabfall. Erst durch die Abtragung eines Teiles des Humusbodens erhielt man für die zweite Wallsektion eine waagerechte Bauebene. Da der Geländeabfall nach Nordwesten in einen alten Wasserlauf überging, erwies sich zur Sicherung der Vorderfront des Walles die Gründung einer besonderen Berme als notwendig. Das geschah durch die Anlage eines unregelmäßigen Rostes aus teilweise 35 cm starken Eichen- und Kiefernstämmen. Senkrechte Pfosten hielten diese Konstruktion in ihrer Lage und verhinderten ihr Abgleiten in den Wasserlauf. Gleichzeitig entstand auf diese Weise eine Uferböschung. Auf diesem, noch in gutem Zustand erhaltenen Unterbau (Beilage 10, A 3—4, Taf. 35a, b) errichtete man wiederum einen Holzrost, von dem jede höhere Lage gegenüber der darunterliegenden um 20—30 cm zurückgezogen wurde. Die Balkenköpfe, d. h. die Vorderfront dieser Konstruktion, wurde wiederum mit Ton verstrichen (Beilage 10, A 4). An der Vorderfront des ersten Walles entstand so eine schräge Hochberme, deren Böschung nach der erhaltenen Böschungsrichtung etwa in halber Höhe auf die Vorderfront des Walles traf. Der erste Wall war also aus den drei Konstruktionsteilen Kernrost von 4,80—5,0 m Breite, davorgesetztem Balkenrost von 2,40 m Breite und schräger Berme aufgebaut. Über die Anlage des Oberbaues dieses Walles liegen keine Beobachtungen vor. Mit einer Holzkonstruktion als Wehrgang wird zu rechnen sein. Spuren davon fanden sich jedoch nicht. Ebensowenig ließ sich eine Abtreppung oder Höhenstaffelung des Walloberteiles wie in Tornow nachweisen. Die Berme war auf einer 20—30 cm dicken Schwemmsandschicht gegründet, die sich westlich davon fortsetzte, durch Abgrabungen jedoch gestört war. Vor Anlage der Berme des ersten Walles floß hier also sehr wahrscheinlich die heute nur 30 m entfernte Dobra. Erst nach der Anlage der Berme und der Böschungssicherung wurde eine Vertiefung des Wasserlaufes und sein Ausbau als Burggraben vorgenommen. Die tiefere Lage des Flußbettes, vielleicht auch ein Stau, der das Wasser im Graben zurückhielt, bewirkte Stagnierung und Torfbildung. Während des Bestehens des ersten Walles wurde 30—40 cm Torf abgelagert. Etwa 6,5 m vor dem Fuß der Berme lag ein Flechtwerkzaun (Beilage 10, A 9). Da die Gründung des Zaunes bis auf die Sohle des Torfes reichte, ist anzunehmen, daß es sich bei diesem Zaun um ein Annäherungshindernis gehandelt hat, das bei der Anlage des Grabens der ersten Burg geschaffen wurde. Es stand inmitten des Grabens und erschwerte sein Durchwaten. Die stratigraphischen Verhältnisse schließen jedoch nicht völlig aus, daß dieser Flechtwerkzaun erst in der Burgphase Ax angelegt wurde. Aus einem nicht zu ermittelnden Grund — sicher fand keine Brandzerstörung statt — mußte die Vorderfront des Walles A erneuert werden. Das geschah durch Gründung einer neuen Berme auf dem vertorften Graben. Wiederum wurde ein 3,60 m breiter Balkenrost auf die Torf Schicht gelegt. Die darüber folgenden Rostlagen waren jeweils um 20—30 cm gegenüber der liegenden zurückversetzt und die Böschung mit Torfsoden belegt (Beilage 10, A 7, 8). Auf diese Weise entstand wiederum eine schräge Hochberme, die in halber Wallhöhe auf die Wallvorderfront traf (Beilage 10, A 7). 1,80 m vor dem F u ß der Berme wurde eine Böschungssicherung aus senkrechten Pfosten und dahintergelegten Stämmen eingebracht, hinter die man Erde schüttete. Vor der schrägen Berme entstand so eine Flachberme (Beilage 10, A 8). Es ließ sich nicht mit Sicherheit feststellen, ob diese Bauphasen zusammengehören oder ob zwischen der Anlage beider ein längerer Zeitraum verstrich. Sowohl an der 7*
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JOACHIM HERRMANN
Vorderfront der Berme des Walles A wie auch an der Außenseite des Walles Aj wurden im größeren Maße Asthaken verwendet, die die längs in Wallrichtung verlaufenden Vorderbalken des Rostes in ihrer Lage hielten (Beilage 10; Taf. 35a, b; Abb. 44). Teilweise waren die sich kreuzenden Balken des Rostes an der Vorderfront ausgekehlt und überblattet. Im Gegensatz zu der asymmetrischen Rostkonstruktion der Burg A in Tornow war der Rost in Vorberg symmetrisch aufgebaut, d. h. sowohl g1 längs wie auch quer zur Wallrichtung lagen die Stämme dicht nebeneinander (Beilage 10; Taf. 35a). Die beiden Bauphasen des Walles der Burg A ließen sich auch in den Schnitten E —F und C—D an den jeweiligen Rückfronten Abb. 44. Vorberg. Asthaken und Stamm mit Kehlung der des Walles erkennen. Im Westprofil des Vorderfront des Walles A, Schnittes E — F zeigte sich trotz starker Zerstörung durch jüngere Wallabtragung deutlich ein Pfosten, der zur Rückfront des Walles A gehörte und an dem die Kulturschicht der ersten Burg endete (Beilage 10, A 3). In die Absturzschichten des Walles A waren erneut einige Pfosten eingetieft, die anscheinend mit der neuen Wallhinterfront in Verbindung standen (Beilage 10, E—F). Die gleiche Beobachtung ließ sich im Ostprofil des gleichen Schnittes (Beilage 10, G—H, A 6, bei 28 m) und im Schnitt C—D (Beilage 10, A 6, bei 6 m) machen. Durch diese Umbauten bzw. Erneuerungsbauten verringerte sich der Durchmesser des Innenhofes der Burg A um 2 —5 m. 3. Die Bebauung des Burghofes In den Schnitten im Burginneren ließ sich jeweils an der Hinterfront des Walles A und A1 eine 10—30 cm starke Kulturschicht feststellen (Beilage 10, A 12 bzw. A I ) . Zu dieser Kulturschicht gehörte eine Anzahl von Pfosten in unregelmäßiger Anordnung, die oftmals nicht von solchen der jüngeren Burg zu unterscheiden waren. In der südwestlichen Burghälfte stand ein unterkellertes Gebäude. Seine Zuordnung zur Wallphase A oder Aj war jedoch nicht möglich. Der Keller dieses Gebäudes war 1,20—1,40 m tief (bis T. 4,0 m) und etwa 8 m lang. Eine besondere Sicherung oder Verschalung der Kellerwände gab es nicht (Abb. 45). Allem Anschein nach erlaubte die hohe Standfestigkeit des lehmigen und mergeligen Bodens den Verzicht darauf. Bei der Ausgrabung war die Bearbeitung dieses Bodens im trockenen Zustand nur mit Picke und Meißel möglich. Eine Holzbohlenschicht, deren herabgebrochene Reste sich oberhalb der ehemaligen Kellersohle beobachten ließen, deckte den Keller ab (Abb. 44). Rings um die Kellergrube, zumeist im Abstand von 30—40cm, standen größere Pfosten. Sie waren im Durchschnitt 70—80 cm unter die ehemalige Geländeoberfläche (bis T. 4,70) eingetieft und häufig mit Steinen verkeilt. Sie gehörten damit zweifellos zum aufgehenden Gebäudeteil. Anhaltspunkte über dessen Konstruktion fanden sich kaum. Da kein Lehmbewurf vorhanden war, muß die Wandfüllung aus Holz bestanden haben. Nach den Kenntnissen, die die Tornower Ausgrabungen vermittelten, sind Blockbauwände anzunehmen, die außerhalb der Pfostenreihen verliefen. Die Bestimmung der übrigen Bauwerke, die sich nach der Pfostenverteilung hinter dem Wall häuften, ist nicht möglich.
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Burg A
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Abb. 45. Vorberg. Grundriß des Hauptgebäudes aus Burg A und Schnitte durch die Kellergrube
4. Die Funde der Burg A In der Kellergrube fanden sich einige Keramikreste und Knochen, im oberen Teil des Hausschuttes ein awarenzeitlicher Trensenknebel (Taf. 35 c) sowie ein Spinnwirtelrest (Nr. 43). 3 m östlich des Hauses wurde in der Kulturschicht eine eiserne Schüssel (Nr. 52, Randdurchmesser 20 cm; Gewicht 655,5 g) gefunden (Abb. 46k). Außerdem fanden sich eine kleine eiserne Spitze (Nr. 31, Abb. 46i) sowie im Wallprofil der Rest eines Eimerbügels (Nr. 12, Abb. 46f).
Abb. 46. Metallfunde aus Tornow (a und d) und Vorberg (b, c, e—k). a) Sichelrest Nr. 275; b) Messer Nr. 71, Burg B; c) Sichelrest Nr. 71, Burg B; d) Messer Nr. 218, Burg B, Sp. 6; e) Siedlung, Grube in Schnitt V 8; f) Eimerbügel Nr. 12, Burg A; g) Pfriem Nr. 87, Burg B; h) Nadel mit verdicktem Kopf Nr. 62, Burg B; i) Eisenspitze Nr. 31, Burg A; k) Schüssel Nr. 52, Burg A 1:2
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Burg B
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5. Das Ende der Burg A Weder im Wall noch in der Kulturschicht im Burghof wurden Brandspuren bemerkt, die auf einen plötzlichen katastrophalen Untergang der Burg hinweisen könnten. Der Wall der Burg A verfiel trotz der Erneuerungsbauten des Walles Aj allmählich. Auch dieses Bauwerk verrottete jedoch nach und nach, der Wallschutt breitete sich vor der Wallvorderfront aus und verfüllte teilweise den Graben (Beilage 10, A—B) oder floß über die Wallhinterfront in den Burginnenraum ab. Im Verlaufe dieses allgemeinen Verfallsprozesses wurden anscheinend alle Gegenstände, die von Bedeutung waren, aus der Burg entfernt. Weder Vorräte noch nennenswerte andere Überreste der materiellen Kultur konnten daher gefunden werden. Der Zeitraum, in dem die Burg A erbaut wurde, ihr Wall zerfiel, schließlich erneuert wurde und wieder zerfiel, darf nicht zu kurz bemessen werden, zumal der zur Verwendung gelangte Boden und der Tonverstrich an den Außenfronten dem Wall eine hohe Standfestigkeit verliehen. Mit 100—200 Jahren wird dieser Zeitraum daher kaum zu lang veranschlagt sein. Beim Zerfall der Burg A geriet der Trensenknebel (Taf. 35 c) in die Schuttschichten des Hauptgebäudes. Seine Parallelen kommen vorwiegend im awarischen und fränkischen Bereich im 6 . - 8 . Jh. vor. Die Burg A wäre danach etwa in das 7 . - 8 . Jh. zu datieren, d. h. etwa in die gleiche Zeit wie die Burg A von Tornow (unten S. 108).
B. Die Burg B 1. Ausdehnung und Größe Dem Zerfall der ersten Burg folgte eine generelle Erneuerung nach einem wahrscheinlich etwas anderen Grundriß. Die Burginnenfläche nahm an Umfang ab und betrug nur noch etwa 25 m im Durchmesser, die Breite der Befestigung dagegen (Wall, Berme, Graben) stieg auf wenigstens 30 m an. Das Burgareal von 55,4 a teilte sich auf in Befestigung (Wall, Berme, Graben): 50,5 a oder 91% Innenhof: 4,9 a oder 9%. 2. Die Befestigung Die Erneuerung der Befestigung ging folgendermaßen vor sich. Auf der Außenböschung der Wallruine wurde bei B 1 (Beilage 10 A—B) eine Eintiefung bzw. Planierung vorgenommen, auf der die neue Vorderfront gegründet wurde. Ein Teil der Absturzschichten von Wall A blieb als Berme oberhalb des alten Grabens erhalten (Beilage 10, A 11, B 2), während man westlich davon einen neuen 7 m breiten, jedoch sehr flachen Graben .(B 4) aushob. Zusätzliche Böschungssicherungen waren dank der inzwischen abgelagerten starken Erdschichten nicht mehr notwendig. Die rückwärtige Wallfront wurde ebenfalls um mehrere Meter in den Innenhof zurückversetzt. In den einzelnen Schnitten war sie deutlich entweder an einzelnen besonders tief gegründeten und stark verkeilten Pfostenstellungen (Beilage 10, A—B, B 1; C—D, E—F, G—H jeweils B 3) oder am Aufhören der Kulturschicht B 12 bzw. B 1 zu erkennen. Durch die im 19. Jh. erfolgten Abtragungen sind jedoch nahezu alle Einzelheiten der Wallkonstruktion vernichtet worden. Selbst an dem noch 6 m hoch erhaltenen westlichen Wallabschnitt ist der rückwärtige Wallbereich stark zerstört. Die rückwärtige Wallfront wurde mindestens in einigen Teilen von kräftigen, tiefgegründeten senkrecht stehenden Pfosten gehalten. Auch an der Vorderfront des Walles scheinen hin und wieder Pfosten eingesetzt gewesen zu sein. Ähnlich wie in Tornow hatte man anscheinend auch in Vorberg eine Anpassung des neuen Walles an die Ruine des alten Walles vorgenommen,
Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Burg B
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5. Das Ende der Burg A Weder im Wall noch in der Kulturschicht im Burghof wurden Brandspuren bemerkt, die auf einen plötzlichen katastrophalen Untergang der Burg hinweisen könnten. Der Wall der Burg A verfiel trotz der Erneuerungsbauten des Walles Aj allmählich. Auch dieses Bauwerk verrottete jedoch nach und nach, der Wallschutt breitete sich vor der Wallvorderfront aus und verfüllte teilweise den Graben (Beilage 10, A—B) oder floß über die Wallhinterfront in den Burginnenraum ab. Im Verlaufe dieses allgemeinen Verfallsprozesses wurden anscheinend alle Gegenstände, die von Bedeutung waren, aus der Burg entfernt. Weder Vorräte noch nennenswerte andere Überreste der materiellen Kultur konnten daher gefunden werden. Der Zeitraum, in dem die Burg A erbaut wurde, ihr Wall zerfiel, schließlich erneuert wurde und wieder zerfiel, darf nicht zu kurz bemessen werden, zumal der zur Verwendung gelangte Boden und der Tonverstrich an den Außenfronten dem Wall eine hohe Standfestigkeit verliehen. Mit 100—200 Jahren wird dieser Zeitraum daher kaum zu lang veranschlagt sein. Beim Zerfall der Burg A geriet der Trensenknebel (Taf. 35 c) in die Schuttschichten des Hauptgebäudes. Seine Parallelen kommen vorwiegend im awarischen und fränkischen Bereich im 6 . - 8 . Jh. vor. Die Burg A wäre danach etwa in das 7 . - 8 . Jh. zu datieren, d. h. etwa in die gleiche Zeit wie die Burg A von Tornow (unten S. 108).
B. Die Burg B 1. Ausdehnung und Größe Dem Zerfall der ersten Burg folgte eine generelle Erneuerung nach einem wahrscheinlich etwas anderen Grundriß. Die Burginnenfläche nahm an Umfang ab und betrug nur noch etwa 25 m im Durchmesser, die Breite der Befestigung dagegen (Wall, Berme, Graben) stieg auf wenigstens 30 m an. Das Burgareal von 55,4 a teilte sich auf in Befestigung (Wall, Berme, Graben): 50,5 a oder 91% Innenhof: 4,9 a oder 9%. 2. Die Befestigung Die Erneuerung der Befestigung ging folgendermaßen vor sich. Auf der Außenböschung der Wallruine wurde bei B 1 (Beilage 10 A—B) eine Eintiefung bzw. Planierung vorgenommen, auf der die neue Vorderfront gegründet wurde. Ein Teil der Absturzschichten von Wall A blieb als Berme oberhalb des alten Grabens erhalten (Beilage 10, A 11, B 2), während man westlich davon einen neuen 7 m breiten, jedoch sehr flachen Graben .(B 4) aushob. Zusätzliche Böschungssicherungen waren dank der inzwischen abgelagerten starken Erdschichten nicht mehr notwendig. Die rückwärtige Wallfront wurde ebenfalls um mehrere Meter in den Innenhof zurückversetzt. In den einzelnen Schnitten war sie deutlich entweder an einzelnen besonders tief gegründeten und stark verkeilten Pfostenstellungen (Beilage 10, A—B, B 1; C—D, E—F, G—H jeweils B 3) oder am Aufhören der Kulturschicht B 12 bzw. B 1 zu erkennen. Durch die im 19. Jh. erfolgten Abtragungen sind jedoch nahezu alle Einzelheiten der Wallkonstruktion vernichtet worden. Selbst an dem noch 6 m hoch erhaltenen westlichen Wallabschnitt ist der rückwärtige Wallbereich stark zerstört. Die rückwärtige Wallfront wurde mindestens in einigen Teilen von kräftigen, tiefgegründeten senkrecht stehenden Pfosten gehalten. Auch an der Vorderfront des Walles scheinen hin und wieder Pfosten eingesetzt gewesen zu sein. Ähnlich wie in Tornow hatte man anscheinend auch in Vorberg eine Anpassung des neuen Walles an die Ruine des alten Walles vorgenommen,
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Das Ergebnis war ein Wall von wenigstens 13 m Basisbreite, einer 8—10 m breiten Berme, vor der ein etwa 8—10 m breiter Graben lag. Die ursprüngliche Höhe des Walles wird, berücksichtigt man die über Berme und Graben beim Zerfall dieser Burg abgeflossenen Erdschichten (Beilage 10 B 3), wenigstens 6—8 m betragen haben. Zuzüglich eines anzunehmenden Wehrganges ergäbe sich eine Gesamthöhe von 8—10 m. Ebensowenig wie in Burg A ließ sich in Burg B ein Tor nachweisen. Es dürfte in dem im 19. Jh. abgetragenen Wallteil gegenüber der Siedlung gelegen haben.
3. Die Bebauung des Burginnenraumes Inmitten der Innenfläche von etwa 25 m Durchmesser lag eine Grube von etwa 2,20 m Tiefe (T. 3,15—3,30). Bei ihrer Anlage ist die Ruine des unterkellerten Hauptgebäudes der Burg A durchschnitten worden (Abb. 45; Beilage 10 E—F, B 4). Die obere Längsausdehnung der Grube betrug etwa 5 m, die Breite in der freigelegten Fläche etwa 1,60 m. Der Nordteil konnte nicht untersucht werden, Maßangaben über die tatsächliche Breite sind also nicht möglich. Die Eintiefung war trichterförmig geböscht, erst im Unterteil wurden die Wände nahezu senkrecht. Auf dem Boden der Grube waren tonige und sandige Schichten abgelagert, während die oberen Schichten aus Füllmaterial bestanden, die nur wenige Funde enthielten. Die Sohle der Grube lag 30—40 cm unter der des Grabens. Die Torfschicht im Graben der Burg B war bis zu 0,50 m mächtig, d. h. Torf bildete sich bis etwa 0,8 m oberhalb der Grubensohle. Die Grube reichte also soweit in das Grundwasser hinein und dürfte daher stets Wasser geführt haben. Bei der Grube handelt es sich also um ein Wasserloch oder einen einfachen Brunnen. Spuren irgendeiner Verschalung ließen sich nicht nachweisen. Da der Grundwasserspiegel bis zum Beginn des Aufschlußbetriebes des Braunkohlentagebaues noch etwa 0,80 m oberhalb der Brunnensohle lag, ist nicht damit zu rechnen, daß ehemalige Holzeinbauten vollständig zerfallen sind. Im Wall waren die Hölzer der Rostkonstruktion sogar bis zu einer Höhe von 1,20 m oberhalb der Brunnensohle (T. 4,50) erhalten. So ergibt sich die Schlußfolgerung, daß, ebenso wie der Keller des Hauptgebäudes der ersten Burg, auch der Brunnen der zweiten Burg keine Holzausschalung erhalten hatte. Damit mußte man allerdings trotz des standfesten Bodens ein allmähliches Verflachen der Böschungen in Kauf nehmen. Der vom Brunnen beanspruchte Teil der Burginnenfläche wurde dadurch verhältnismäßig groß. Spuren eines Zentralgebäudes oder eines anderen größeren Bauwerkes wurden in der Burg B nicht angetroffen. Da etwa ein Viertel bis ein Drittel des Innenraumes durch den Schnitt E—F und der verbleibende Teil durch den Schnitt C—D bzw. die Verlängerung des Wallschnittes abgedeckt worden ist, dürfte ein solches Bauwerk, vergleichbar dem der Burg B von Tornow, nicht bestanden haben. Freilich ist bei den angetroffenen Erhaltungsbedingungen das ehemalige Bestehen eines ebenerdigen Blockbaues nicht auszuschließen. Unmittelbar in dem an den Wall anschließenden Teil der Innenfläche standen mehrere Bauwerke. Bis zum Abstand von 4—6 m hinter der Wallhinterfront fanden sich zahlreiche mehr oder weniger tief eingesetzte Pfosten, deren Standfestigkeit teilweise durch Steinverkeilung erhöht wurde (Beilage 10, E — F ; G—H; C—D). Die tiefe und feste Gründung der Pfosten deutet darauf hin, daß sie den Oberbau von Gebäuden zu tragen hatten. Im Schnitt G—H (Beilage 10) zwischen 14 m und 21 m wurde ein solches Bauwerk einschließlich dazugehörender Pfosten geschnitten. Es war etwa 20 cm in den Verfallshorizont der Burg A (Schicht A 2) eingetieft. Bei 14,20 m fand sich eine kleine Steinanhäufung. Es «ntsteht der Eindruck, als ob hier eine Blockbauwand bestanden hat. Die Bodenverhältnisse waren jedoch so ungünstig, daß eine sichere Kenntnis von Ausdehnung und Aufbau dieses Bauwerkes nicht zu erlangen war. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Baureste in ähnlicher Weise wie in Tornow als Teile von Anbauten an der inneren Wallfront zu interpretieren sind. Herdstellen oder Hinweise auf längeres und intensiveres Wohnen fanden sich nicht.
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Burg B
4. Die Funde der Burg B Die Zahl der Funde ist sehr gering. Aus Eisen waren lediglich ein Messer, ein Sichelrest (Nr. 71, Abb. 46b, c), ein Pfriem (Nr. 87, Abb. 46g) und eine Nadel mit verdicktem Kopf (Nr. 62, Abb. 46h). Die Keramik entsprach bis in Einzelheiten der Keramik von Tornow (Taf. 36). Auf die dort gegebene Beschreibung kann daher verwiesen werden. Abgesehen von den Sonderformen A 3 , B 3, D 3 waren in Vorberg die gleichen Formen in gleichartiger Variationsbreite vorhanden. Das zur Verfügung stehende Material war jedoch ungleich geringer, ganze Gefäße oder größere Gefäßteile wurden nicht gefunden. Folgende Fundstücke standen zur Verfügung: Formen AI A2 A3 A4 B1 B2 B3 C1 C2 C3 Dl D2 E Sonderformen Gefäßböden
Burg A oder Burg B 17 1 1 1 1 17 9 1 — 12
Burg A
Burg B
45 11 2 4 1 60 18 -
13 4 1 6 2 23 4 5 .
_ 2 3 — 14
1 -
2 20
Summe 75 16 1 3 11 4 100 31 5 2 2 3 2 36
Selbst wenn berücksichtigt wird, daß nur etwa ein Drittel der Burgen ausgegraben wurde, bleibt im Vergleich zu Tornow der Umfang der Keramikfunde sehr gering. Der prozentuale Anteil der einzelnen Formen am Gesamtmaterial ist aus Abb. 47 zu ersehen. Der Anteil der Formen A und B am keramischen Material lag in Vorberg Burg A (43%) höher als in Tornow Burg A (35%). Dem Anteil dieser Formen in Vorberg Burg B von 42% entsprach in Tornow Burg B ein Anteil von 49,6%. Die Konzentration auf einige Hauptformen scheint in der Burg A von Vorberg größer als in der Burg B gewesen zu sein, während in Tornow die Verhältnisse sich umgekehrt darstellten. Außer den Gefäßresten fanden sich in Vorberg Burg B Bruchstücke einer Lehmwanne (Nr. 70) und der Rest eines Mahlsteines (Nr. 47). 5. Das Ende der Burg B Ebenso wie Burg A zerfiel auch die Burg B allmählich. Die Holzeinbauten des Walles verrotteten, und die Erde des Wallkörpers floß breit über den Innenraum und in den Graben. Spuren gewaltsamer Zerstörung ließen sich nirgends beobachten. Die Burg wurde also aus freien Stücken geräumt. Daraus erklärt sich wahrscheinlich der sehr geringe Umfang des Fundmaterials, das völlige Fehlen ganzer oder zusammensetzbarer Gefäße, von Lehm wannen, Mahlsteinen sowie das nur sehr vereinzelte Vorkommen von Eisengeräten. Dagegen war die Zahl der Tierknochen verhältnismäßig groß (vgl. den Beitrag von H.-H. Müller). Nach dem Zerfall der Burg wurde das Gelände der Ruine anscheinend hin und wieder aufgesucht. Es fanden sich einige Keramikreste aus jungslawischer Zeit, die den Formen 5 aus Berlin-Köpenick entsprachen und in das 11. —13. Jh. zu datieren sind (Nr. 7; J . Herrmann 1962, S. 36). Einige Keramikbruchstücke gehörten zur blaugrauen mittelalterlichen Keramik
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Joachim H e r r m a n n Burg A
Burg B
Abb. 47. Vorberg. Anteil der einzelnen Formen an der Zusammensetzung der Keramik von Burg A und B
andere zum mittelalterlichen Steinzeug (Nr. 93/94). Da bereits die spätslawische Keramik in den oberen Zerfallsschichten der Burg lag, ist der Zerfall der Burg B in jungslawischer Zeit im wesentlichen wohl abgeschlossen gewesen, d. h. sie bestand zwischen dem 8. —10. J h . Eine weitere Eingrenzung dieses Zeitraumes ist nicht möglich.
C. Die Siedlung westlich der Burg Auf dem großen Restteil der Lehm- und Mergelscholle westlich des Burgwalles lag zur Zeit des Bestehens der Burgen eine Siedlung. Durch die Schnitte V 1—V 14 wurde ihre Ausdehnung annähernd mit etwa 100 m in Ost-Westrichtung und 80 —90 m in Nord-Südrichtung bestimmt, d. h. sie nahm eine Fläche von ungefähr 0,9 ha ein (Abb. 43). Auf diesem Gelände fanden sich oberflächlich auf dem Acker große Mengen von Keramik, die der aus den Burgen A und B entsprach. Die Siedlungsschicht selbst war durch langandauernde Beackerung bis zu einer Tiefe von 0,40 m zerstört (Abb. 48, Profile a —f). Erhalten blieben nur wenige darunter gelegene Eintiefungen. Da jedoch bereits bei etwa 80 cm Tiefe der mittlere Grundwasserspiegel lag (oben S. 104), konnten k a u m eingetiefte Häuser erbaut werden. Aus diesem Grunde scheinen ebenerdige Gebäude vorgeherrscht zu haben, die nur selten mit Kellergruben versehen wurden (Abb. 48e—f). Diese waren höchstens 70 —80 cm tief. I n der oberen humosen Ackerschicht fanden sich in allen Schnitten zahlreiche Siedlungs-
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Burg B
Abb. 47. Vorberg. Anteil der einzelnen Formen an der Zusammensetzung der Keramik von Burg A und B
andere zum mittelalterlichen Steinzeug (Nr. 93/94). Da bereits die spätslawische Keramik in den oberen Zerfallsschichten der Burg lag, ist der Zerfall der Burg B in jungslawischer Zeit im wesentlichen wohl abgeschlossen gewesen, d. h. sie bestand zwischen dem 8. —10. J h . Eine weitere Eingrenzung dieses Zeitraumes ist nicht möglich.
C. Die Siedlung westlich der Burg Auf dem großen Restteil der Lehm- und Mergelscholle westlich des Burgwalles lag zur Zeit des Bestehens der Burgen eine Siedlung. Durch die Schnitte V 1—V 14 wurde ihre Ausdehnung annähernd mit etwa 100 m in Ost-Westrichtung und 80 —90 m in Nord-Südrichtung bestimmt, d. h. sie nahm eine Fläche von ungefähr 0,9 ha ein (Abb. 43). Auf diesem Gelände fanden sich oberflächlich auf dem Acker große Mengen von Keramik, die der aus den Burgen A und B entsprach. Die Siedlungsschicht selbst war durch langandauernde Beackerung bis zu einer Tiefe von 0,40 m zerstört (Abb. 48, Profile a —f). Erhalten blieben nur wenige darunter gelegene Eintiefungen. Da jedoch bereits bei etwa 80 cm Tiefe der mittlere Grundwasserspiegel lag (oben S. 104), konnten k a u m eingetiefte Häuser erbaut werden. Aus diesem Grunde scheinen ebenerdige Gebäude vorgeherrscht zu haben, die nur selten mit Kellergruben versehen wurden (Abb. 48e—f). Diese waren höchstens 70 —80 cm tief. I n der oberen humosen Ackerschicht fanden sich in allen Schnitten zahlreiche Siedlungs-
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Die Ergebnisse der Ausgrabungen in Vorberg. Die Siedlung
spuren, Keramik, Holzkohle und durchglühte Herdsteine. Es war jedoch in keinem Falle möglich, einen Herd festzustellen. Die Hausruinen waren also durch die Ackerarbeiten zum großen Teil zerstört worden. Von einer Abdeckung der Gesamtfläche der Siedlung wurde unter diesen Umständen abgesehen. Da sich keine Spuren von Lehmbewurf u. a. Wandresten fanden, ist anzunehmen, daß der Blockbau die vorherrschende Baumethode war. Eine besondere Frage, die durch die Ausgrabungen entschieden werden mußte, galt einer evtl. vorhandenen Befestigung der Siedlung. Die heutigen Geländeverhältnisse und die sich aus dem Luftbild ergebenden Beobachtungen (Taf. 34) führten zunächst zu der Annahme, daß das Gelände der Siedlung durch einen Graben geschützt wurde. Tatsächlich bestand im Süden der Siedlung im Bereich des Schnittes V 7 ein etwa bis T. 3,70 eingetiefter Graben, der in den unteren Teilen Schwemmsand aufwies und sich schließlich mit Torf gefüllt hatte. Die Art der Böschung im anstehenden Boden wies auf eine künstliche Eintiefung hin (Abb. 48, g—h). Weder in den Schwemmsandschichten noch in den Torf schichten wurden Funde beobachtet. Nichts spricht daher für einen Zusammenhang mit der Siedlung, zumal er etwa 25 m südlich von deren Grenze verlief (Abb. 43). So ist es sehr wahrscheinlich, daß es sich bei dem Graben um den Vorläufer des bis zu Beginn des Braunkohlenaufschlusses nur 2 m südlich davon verlaufenden modernen Entwässerungsgrabens gehandelt hat. In den übrigen Schnitten wurden gleichfalls keine Grabenspuren aus der Zeit der Siedlung angetroffen. Mehrere Schnitte (V 10, 3, 5, 14) dienten u. a. zur Ermittlung einer evtl. Randbefestigung der Siedlung. Das Ergebnis dieser Schnitte schließt das Bestehen einer Randbefestigung der Siedlung aus (Abb. 48). Ihr natürlicher Schutz bestand in der umgebenden großen, versumpften Wiesenfläche und der Dobra, die mindestens von Nordosten nach Nordwesten die Siedlung umfloß. Aus den ungestört erhaltenen Schichten der Siedlung sind nur sehr wenige Fundstücke, vor allem Keramik bekannt. Diese gehörte zu den Formen A 1, C 1 und C 2. Die große Zahl der in der Ackerschicht gefundenen Keramikreste entspricht den Funden in der Burg. Die Siedlung scheint danach ebenfalls am Ende der altslawischen Zeit aufgegeben worden zu sein. TMO*"
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Abb. 48. Vorberg. Profile aus der Siedlung westlich der Burg, Schnitte V 7—V 10
8.
IV. Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Tornower und Vorberger Funde und die Datierung der Burgen A. Die Metallfunde Unter den Metallgegenständen befinden sich drei eiserne Schüsseln, je eine aus den Burgen A und B in Tornow und eine aus Yorberg, Burg A. Derartige Schüsseln waren im Siedlungsbereich der slawischen Stämme westlich der Oder und Neiße bislang nicht bekannt. Die drei Schüsseln (Abb. 9 a ; 38k; 46k) finden ihre Parallelen in gleichartigen polnischen, vor allem niederschlesischen Funden. Zumeist kommen sie in ganzen Sätzen vor. Der Fund von Zlotoryja enthielt 14 derartige Schüsseln, in Mysliborz waren es 7, in Kaszyce Milickie 4, in Zmigorod ebenfalls mehrere (vgl. Fundzusammenstellung). Im Burgwall von Gostyn wurden 13 Schüsseln ausgegraben, weitere 11 waren bereits aus zufälligen Fundbergungen bekannt. Die Form der schlesischen Schüsseln ist immer einheitlich. Sie sind rund, kalottenartig gewölbt und bestehen aus 1 — 3 cm starkem Eisen, ihre Höhe überschreitet kaum 4 cm. Die Unterschiede in der Größe der Schüsseln jedoch sind beachtlich. In Gostyn hatten die kleinsten Schüsseln 5,5 — 6 cm, die größten 15—20 cm Randdurchmesser. Charakteristisch für die Schüsseln ist, daß schräg aufsteigende Wandung und Bodenteil eine Einheit bilden, ja die Wandung oft nur als leichte Anwölbung des Bodens erscheint. Bei dem verarbeiteten Material handelt es sich um Schmiedeeisen, jedoch steht eine Metallanalyse noch aus. Diese Schüsseln sind massenhaft, d. h. zu mehreren in einem Fundkomplex nur in Niederschlesien verbreitet. Darüber hinaus kommen Funde mit jeweils nur einem Exemplar auch in Kleinpolen, Großpolen und Mittelpolen vor. Ihre Verbreitung hängt wahrscheinlich zusammen mit der Zunahme der Beziehungen zwischen Polen und Schlesien in der frühpiastischen Zeit (Abb. 49). Zu dieser Gruppe der eisernen Schüsseln mit dem Verbreitungszentrum in Niederschlesien gehören auch die Funde aus der Lausitz von Tornow und Vorberg und der verschollene Fund von Stargard Gubinski. Ein unsicherer und daher nicht kartierter Fund, es wäre der nordwestlichste, ist möglicherweise in einer altslawischen Siedlung von Friesack, Kr. Nauen, geborgen worden 1 ). Verzeichnis der eisernen Schüsseln nördlich der Mittelgebirge (Abb. 49). 1. Gostyn, Kr. Glogöw (Gustau) 2. Zlotoryja (Goldberg) 3. Mysliborz, Kr. Jawor (Moisdorf) 4. Kaszyce Milickie, Kr. Milicz (Herr nkaschütz) 5. Zmigröd, Kr. Milicz (Trachenberg) 6. Niemcza, Kr. Dzierzonöw (Nimptsch)
K. Langenheim 1937; 1939; J . Pätzold S. 61 ff. H. Kurtz 1936, S. 33 H. Kurtz 1936, S. 33 H. Kurtz 1936, S. 33
1939,
H. Kurtz 1936, S. 33 K. Langenheim 1937, S. 88
Im Katalog des Märkischen Museums Berlin ist unter Vietznitz-Karolinenhof bei Freisack, Kr. Nauen, außer altslawischen Gefäßresten eine Schale aus Eisen verzeichnet (Nr. 25258). Das Fundstück ist anscheinend verlorengegangen.
Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Funde und die Datierung der Burgen
7. Tornow, Kr. Calau 8. Stargard Gubiriski 9. Bystrzycy, Kr. Olawa (Peisterwitz) 10. Opole, Kr. Opole 11. Wilowies, Kr. Krotoszyn
Oben Abb. 9a; 38k ZfE 24, 1893, S. (567) Altschlesien II, S. 142f.
12. Oreszköw, Kr. Miedzychöd 13. Gniezno 14. Biskupin 15. Karna, Kr. Wolstyn 16. Niedzwiedzia, Kr. Lipno 17. Giecz 18. Dzierzaznia, Kr. Plonsk 19. Poznan 20. Nowa H u t a 21. Vorberg, Kr. Calau 22. Boleslawiec (Bunzlau)
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H. Kurtz 1936, S. 33 J . Kostrzewski 1949, S. 523, Anm. 209; R. Burkowa 1949/50, S. 152 J . Kostrzewski 1949, S. 523, Anm. 209; R. Burkowa 1949/50, S. 152 J . Kostrzewski 1949, S. 523, Anm. 209; W. Hensel 1960, S. 35 R. Burkowa 1949/50, S. 152 J . Kostrzewski 1949, S. 523, Anm. 209 J . Kostrzewski 1949, S. 523, Anm. 209 B. Kostrzewski 1962, Abb. 25 Wystawa P P P Warszawa 1961 J . Slaski, St. Tabaczynski 1959, S. 50 W. Hensel 1963A, S. 112, Abb. 72 Oben Abb. 46 k K. Langenheim 1937, S. 274
Abb. 49. Verbreitung der Eisenschüsseln
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Die Verbreitung der Schüsseln nach Süden läßt sich bisher nicht deutlich erkennen. Ähnliche tellerartige oder schüsseiförmige Eisenscheiben sind in Böhmen in einem kleinen, durch einen awarischen Steigbügel datierten Hort von Prachow gefunden worden (R. Turek 1946, S. 148fF.). Das Stück ist in der Bodenmitte beschädigt. Gleichartige Fundstücke kennen wir aus Mähren von der großmährischen Burganlage Brno-Lisen (J. Poulik 1950, S. 105, Abb. 552). R. Turek nennt als weitere Fundorte Iwanovica, Prasklice, Krumovire. Auch in der Slowakei fehlen sie nicht (Boseca, Pustatina Vrablicova, Gajary (J. Eisner, 1946, Abb. 5, Abb. 7). Die Eisenschalen bzw. Eisenscheiben treten hier häufig in den im Marchraum weit verbreiteten Eisenhortfunden (J. Eisner 1941, S. 167; 1948, S. 393, L. Öervinka 1928) der frühen und mittleren Burgwallzeit auf. Die mährischen und slowakischen Fundstücke unterscheiden sich jedoch von denen nördlich der mährischen Pforte. Die Stücke in den Hortfunden von Pustatina Vrablicova (J. Eisner 1946, Abb. 7/27, 28) weisen an der Stelle der großen Auswölbung eine Öffnung bzw. einen Ansatz für eine Befestigug auf. Das Stück von Stare Mesto (J. Eisner 1948, S. 374, Abb. 3/7) hat einen Griff und wird als Gefäßdeckel gedeutet. Im einzelnen ist diese Frage nur am Museumsmaterial nachzuprüfen, nach J . Eisner ist jedoch diese zweckgebundene BefestigungsVorrichtung in der Mitte der Schüsseln im mährisch-slowakischen Gebiet'häufiger. Wir werden also zwischen der niederschlesischen Gruppe der eisernen Schüsseln, zu denen die beiden Tornower Stücke und das Vorberger Exemplar gehören, und einer Gruppe gewölbter eiserner Scheiben im Marchgebiet zu unterscheiden haben. Bisher ist dieser Unterschied kaum beachtet worden. Die gewölbten Eisenscheiben des Marchgebietes wurden mit den niederschlesischen als Einheit behandelt (vgl. R. Turek 1946, S. 148ff.). Bei Z. Väna (1958, S. 239ff.) findet sich auch die Erörterung ähnlicher formverwandter Schälchen aus Keramik. Die Blütezeit dieser Tonschüsseln ist das 5 . - 8 . J h . Ob wirklich ein genetischer Zusammenhang zwischen den Eisenschüsseln und diesen Tonschüsseln besteht, erscheint mir jedoch zweifelhaft. Im Unterschied zu Niederschlesien treten die Eisenscheiben im Marchgebiet nicht hortbildend auf. Zur Funktionsdeutung der gewölbten Eisenscheiben der Marchgruppe haben die reichen Funde der slawisch-awarischen Gräberfelder, besonders in Devinska Nova Ves einen überzeugenden Beitrag geleistet. I n verschiedenen Reitergräbern dieses ausgedehnten awarisch beeinflußten Friedhofes aus der Zeit von 625 bis 800 fanden sich runde, unverzierte Schmuckscheiben aus Weißmetall, flach oder schüsseiförmig mit einer runden Durchbohrung in der Mitte der Wölbung (J. Eisner 1952, Taf. 47/7; 48/7; 49/5; 69/6; 82/4; 83/5). Der Durchmesser dieser Scheiben schwankt zwischen 6,5—9,2 cm. I m Grab 842 trugen zwei gewölbte Eisenscheiben mit Durchlochung in der Mitte auf der gewölbten Schauseite Einlagen aus vergoldetem Kupferblech (J. Eisner 1952, Taf. 86 und 87 2)). Die häufig auftretenden gewölbten Schmuckscheiben mit mittlerer Durchbohrung in der Marchgruppe dienten also zumeist wohl als Pferdeschmuck in der frühen und mittleren Burgwallzeit. Die niederschlesischen Schalen versuchte E, Petersen (1939, S. 220f.) an bronzene und tönerne Vorbilder des Reihengräbergebietes aus dem 6 . - 7 . J h . anzuschließen. F. Tischler veröffentlichte als mögliches fränkisches Vorbild eine Eisenschale aus Duisburg-Beeck, die in das 7. Jh. gehören soll (1940, S. 223). Von den von E. Petersen genannten Schalen hat nur die Bronzeschale aus Weimar Grab 35 (J. Werner 1935, Taf. 2/B/7) Ähnlichkeit mit den schlesischen EisenschüSseln. Die Wandung scheint jedoch auch hier steiler. Die eiserne Schale von Duisburg-Beeck hat durch die klare Trennung von Boden und steiler Wand eine völlig andere Form und dürfte als Parallele nicht in Frage kommen. Wenn eine Herleitung der niederschlesischen Schüsseln aus einem anderen Gebiet vorgenommen werden muß, dann kommt wohl in erster Linie doch das awarische Kulturgebiet in Betracht, in dem seit dem 7. Jh. ähnliche Schmuckteller in Gebrauch waren. Dafür könnte u. E. der Fund von Boleslawiec (Bunzlau) herangezogen werden. In der Bobr-Aue wurde hier 1934 eine früh2
) In den Phaleren aus slawisch-awarischen Gräberfeldern in der Slowakei vgl. zuletzt Z. Cilinskä 1961, S. 325ff.; V. Budinski-Kriöka 1956, S. 85.
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slawische Siedlung z. T. untersucht. Dabei fand sich u. a. eine eiserne Schüssel in einer Siedlungsgrube. Aus dieser Siedlung aber ist auch eine awarische Riemenzunge und ein Hakensporn mit nach innen umgeschlagenem Haken bekannt. K. Langenheim (1937, S. 274) weist auf den offensichtlichen awarischen Einfluß hin. Die Siedlung ist in das 8. J h . datiert. J . Eisner hingegen nimmt an, daß die Schüsseln im Odergebiet auf Grund tönerner Vorbilder — Tonschälchen von Klenica, die E. Petersen 1937 veröffentlicht hat — entstanden sind. Die Datierung der niederschlesischen Schüsseln ist durch die Fundverhältnisse in Gostyn und Boleslawiec in das 7./8. J h . gesichert. I n Bystrzycy (Nr. 9) fand sich eine Schale bei einem Silberschatz, der am Anfang des 11. Jh. vergraben worden ist, die Schüssel von Poznan (Nr. 18) lag bei einem nach 961 vergrabenen Hacksilberfund, die von Dzierzaznia (Nr. 18) gar bei einem um 1033 vergrabenen Silberschatz. I n Kleinpolen gehört die Schüssel von Nowa-Huta (Nr. 20) in einen Hortfund von Bodenbaugeräten aus dem 9. —10. Jh. Die niederschlesischen Eisenschüsseln umfassen also den langen Zeitraum vom 7. J h . bis in die erste Hälfte des 11. Jh. Das massenhafte Auftreten der Schüsseln in Horten scheint jedoch der früheren Zeit des 7 . - 9 . Jh. anzugehören. Aus den großen Grabungen in Wroclaw, Opole u. a., deren Schichten im 9. —10. Jh. beginnen, sind sie bisher nicht bekannt. Für die Schüsseln der Lausitz ergibt sich somit als mögliche Datierung die Zeit vom 7. bis frühen 11. Jh., das Vorkommen in beiden Burgen an der westlichen Peripherie ihrer Verbreitung ist jedoch am ehesten zu verstehen, wenn es in die Zeit des massenweisen Vorkommens dieser Schüsseln im 7 . - 9 . J h . fällt. Die Funktionsbestimmung dieser Schüsseln der niederschlesischen Form und Gruppe ist nicht sicher. In ihnen soll Aschkuchen (Brot) gebacken (J. Kostrzewski 1949, S. 233) oder Getreide geröstet worden sein (K. Langenheim 1937, S. 88; R. Burkowa 1949/50 S. 151). Die kleinen Schalen werden als Räucherschalen bezeichnet (K. Langenheim 1937, S. 88). H. Kurtz (1936, S. 34) faßte sie als Rohmaterialvorräte und Zahlungsmittel auf. Zur Bestimmung der Schalen als Gebrauchsgegenstände zum Rösten von Getreide oder zum Räuchern wird der Befund von Gostyn angeführt, nach dem auf den Schüsseln Getreidekörner bzw. Hirse oder Mohn (?) eingebrannt waren. Für diesen Zweck sind die Schüsseln von nur 5,5 cm Randdurchmesser eigentlich zu klein. Bevor nicht ein sicherer Nachweis für diese Verwendung vorliegt, wird man dieser Deutung gegenüber sehr skeptisch bleiben, zumal die Fundumstände dagegen sprechen. Damit soll nicht bestritten werden, daß die Schüsseln möglicherweise Gebrauchsgegenstände sein konnten. In Jarowscina in Nordrußland soll z. B. eine eiserne Schüssel bzw. ein eiserner Teller auf einem Herd neben einem wikingerzeitlichen Grabhügel gelegen haben (U. J . Raudonikas 1930, S. 60, S. 76, Abb. 67). Aus der Abbildung und Beschreibung ist nicht zu ersehen, ob dieses als Eisenpfanne bezeichnete Gerät den Eisenschüsseln in der Niederlausitz und Polen entspricht. Die Schalen traten, wie oben gezeigt, in der Regel in Hortfunden auf, also in ganzen Sätzen. Selbst in Gostyn wurden sie mehrfach angetroffen, in einem Fall waren drei kleine eiserne Schälchen in einem Gefäß (K. Langenheim 1937, S. 82, Nr. 28) aufbewahrt, sie wurden auch hier nicht wie Gebrauchsgegenstände behandelt, sondern wie ein Schatz bzw. Silber in anderen Fundzusammenhängen. So kommt eine eiserne Schüssel in einem anderen Hortfund der altslawischen Zeit von Nowa H u t a neben einem mährischen Eisenbarren vor, für den der allgemeine Äquivalentcharakter von R. Pleiner (1961) nachgewiesen worden ist. In Prachow lag eine Eisenschüssel — ihr Typ war nicht eindeutig zu bestimmen — in einem Hortfund mit eisernen Gebrauchsgeräten. Zu Beginn der Zeit der Silberschatzfunde treten dreimal derartige Schüsseln vom niederschlesischen Typ als Teile von Silberhortfunden auf (Nr. 9, 18, 19). Diesen Beobachtungen stehen die Funde von Gostyn mit Getreideabdrücken auf den Schüsseln gegenüber. Aber diese Kornabdrücke mußten bei dem Brand der Burg ganz selbstverständlich entstehen. Waren doch in dieser Burg in teilweise wohl unterirdischen Speichern sowohl Getreide wie auch die genannten Schüsseln deponiert. Speicher waren aber nicht nur Räume zur Aufbewahrung
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von Nahrungsmitteln oder Gebrauchsgütern, sondern sie bargen im gleichen Maße auch den übrigen Reichtum ihrer Besitzer. Endgültig wird die Frage des Gebrauchswertes der eisernen Schalen erst durch neue Fundbeobachtungen und metallographische Analysen zu klären sein. Vorerst scheint uns die Deutung der Schüsseln in erster Linie als Träger von thesauriertem Wert, d. h. Tauschwert, mit den beobachteten Fundumständen am besten in Einklang zu stehen. Ihre Herstellung in verschiedener Größe könnte in dem jeweiligen Lokalgebiet Ergebnis bestimmten Übereinkommens gewesen sein. Wir haben in den Schalen dann aller Wahrscheinlichkeit nach ein allgemeines Äquivalent vor uns, das sich in Niederschlesien und der Niederlausitz zur Zeit des Bestehens der Tornower und Vorberger Burg herausgebildet hat. Die in Tornow und Vorberg gefundenen Schüsseln waren auffallend gleichartig beschaffen (oben S. 88). Ihr Randdurchmesser betrug übereinstimmend etwa 20 cm, das Gewicht 655,56 g (Vorberg Burg A), 670,0 g (Tornow Burg A) und bei der zu etwa 1/3—3/8 erhaltenen Schüssel von Tornow Burg B 277,0 g. Für die ganze Schüssel läßt sich daraus ebenfalls ein Gewicht von 650—700 g erschließen. Diese Übereinstimmungen in Maß und Gewicht sind um so auffallender, als die drei Schüsseln drei verschiedenen Burgen angehörten. Grundlage für das Entstehen dieser Eisenschüssel-Äquivalentform war wohl eine ausgedehnte Eisenproduktion, die bisher jedoch nicht in ihrem ganzen Umfang zu erfassen ist. Die Form dieser Schüsseln könnte dann aus der Form der eiserner Luppe herzuleiten sein, in die nach dem Ausschmieden der Schmied sein Rohprodukt wieder brachte. (Derartige Luppenformen vgl. bei R. Pleiner 1962, S. 136, Abb. 21/22 von Vasilewski.) Mit Vorbehalt möchten wir daher diese allgemeine Äquivalentform „Eisenschüssel" in Niederschlesien mit den gleichzeitigen mährisch-slowakischen Axtbarren vergleichen, die für das Gebiet des großmährischen Reiches eine ganz ähnliche Bedeutung hatten (R. Pleiner 1961, S. 405; J . Sejbal 1960, S. 73ff.). Aus der Burg B in Tornow ist ein Eisengegenstand bekannt, der zunächst den Eindruck einer Fibel machte. Die Röntgenaufnahmen zeigten jedoch, daß es sich eindeutig um eine Riemenzunge mit Riemenöse handelt (Inv. Nr. 509, oben S. 88, Abb. 39b, Taf. 26b). In der Öse ist noch ein Teil des Hakens, der hier eingriff, erhalten. Charakteristisch für das Fundstück ist seine Dreigliedrigkeit. Es besteht aus annähernd rechteckiger Ösenplatte mit rechteckiger Öse, langem, schmalem Bügel, der nach dem Röntgenbild wahrscheinlich verziert war und einer länglich auslaufenden, vom Bügel deutlich abgesetzten Fußplatte. Die Nietung ist am rundlich ausgebauchten äußersten Ende der Fußplatte durch einen Niet, am Ansatz des Bügels an die Fußplatte und in der Kopfplatte beiderseits der Öse durch jeweils zwei Niete erfolgt. Gleichartige Funde sind aus dem slawischen Kulturbereich bisher nicht bekannt. Riemenbeschläge mit Öse gibt es in der wikingischen Kultur, sie haben jedoch eine völlig andere Form und nicht mehr als das Prinzip der Öse mit dem Tornower Fundstück gemeinsam (M. Strömberg 1961, S. 144, Taf. 41/2, Fund von Strärddarheden, Ksp. Rieseberga). Ein solcher Riemenbeschlag ist auch in Lutomiersk, Grab 10, als Bestandteil eines Sattels gefunden worden (A. Nadolski, A. Abramowicz, T. Pökle wski 1959, Taf. 44 und 98/d,e; A. Nadolski 1954, Taf. 39, S. 279). Er gehört in das Ende des 10. J h . und besitzt zu dem Exemplar von Tornow keine andere Ähnlichkeit als die Riemenöse. Der Friedhof von Eutomirsk wird von A. Nadolski als Bestattungsplatz auswärtiger Krieger bestimmt. Unter den zahlreichen Schnallen und Beschlagstücken aus den großen polnischen und tschechischen Ausgrabungen gibt es ebenfalls keine dem Abb. 50. Riemenbeschlag mit Riemenöse, Tornower Fund ähnlichen Stücke. Dagegen sind a) Reichenhai]; b) Tornow Nr. 509
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ähnliche Formen in großer Anzahl in der Völkerwanderungszeit, vor allem in Österreich, West- und Südwestdeutschland, bekannt. Die veröffentlichten Fundstücke sind aus Bronze. Die Anregung zur Entstehung derartiger Riemenbeschläge geht vielleicht auf den Südosten, vor allem den Donauraum zurück. Hier waren Ösenhaken und Osenbeschläge verschiedener Form seit sarmatischer Zeit verbreitet (G. Hampel 1905, Bd. 1, S. 340). Ihre spezifisch dreigliedrige Ausbildung mit rechteckiger Ösenplatte und zwei Niete beiderseits der Ösenöffnung haben sie jedoch offenbar im germanischen Reihengräberkreis erfahren. Aus dem langobardischen Fürstengrab von Civezzano liegen zwei bronzene Beschläge, allerdings noch in unausgeprägter Gliederung mit rechteckiger Riemenöse vor (F. Wiesner 1887, Taf. 5). Sie werden in das 6 . - 7 . J h . datiert. Vier ähnliche bronzene Beschlagstücke enthielt das Grab 100 in Bülach. Sie dienten als Halter des Saxgehänges und gehören ebenfalls in das 6 . - 7 . J h . (J. Werner 1953, Taf. 251, d—g). I n die gleiche Zeit wird ein Einzelfund vom alamannischen Gräberfeld Hailfingen gesetzt, der mit drei Nieten auf dem Riemen befestigt war (H. Stoll 1939, Taf. 25). K. Böhner (1958, Teil II, Taf. 36/8 a, b) veröffentlicht aus Grab 6 in Minden einen dreigliedrigen bronzenen Gürtelbeschlag mit rechteckiger Riemenöse, rechteckiger Platte und deutlichem Fuß sowie einer Nietung beiderseits der Öse und an der Fußspitze. Ein ähnliches Stück findet sich bei G. Behrens (1947, S. 73, Nr. 03038). K. Böhner datiert derartige Beschläge in die Stufe IV, d. h. etwa in das 7. J h . (1958, T. 1, S. 194). Aus Clos (Nausberg) in Tirol sind versilberte Bronzeappliquen mit rechteckiger Kopfplatte, rechteckiger Riemenöse, Bügel und F u ß bekannt. Der Fuß ist abgeknickt und als schematisierter Tierkopf dargestellt. Die Nietung erfolgte beiderseits der Öse und am F u ß (L. Franz 1944, S. 28). Stilistisch haben diese Beschlagstücke, auch das Tornower, starke Ähnlichkeit zu den völkerwanderungszeitlichen Schnallen mit feststehendem Rahmen (z.B. Hellmitzheim, Kr. Scheinfeld - H. Dannheimer 1962, Taf. 77, Grab 18; G. Thiry 1939, Taf. 30, Abb. 49; Rittersdorf, Kr. Bitburg, Nr. 114). Auch diese Schnallen gehören in das 6. —7. J h . Das in Form und Gliederung dem Tornower Exemplar ähnlichste Stück ist aus dem Reihengräberfeld von Reichenhall, Oberbayern, Grab 21 bekannt (M. v. Chlingensperg — Berg 1890, Taf. XV, S. 104). An einem Ledergehänge über der Schulter eines Mannes waren 4 Beschlagstücke in Abständen von jeweils 15 cm genietet. Bis auf die bei dem Tornower Stück längere Ausziehung des Fußes entsprechen die Beschläge aus Grab 21 dem Fundstück aus Tornow sowohl in den Proportionen von Platte und Bügel wie auch in der Verzierung des Bügels (Abb. 50). Ein ganz gleichartiges Stück wie das von Reichenhall ist als Einzelfund aus der Gegend von Mainz bei L. Lindenschmitt (Teil I, 1880—1889, S. 377, Fig. 397) abgebildet. Ähnlich wie beim Tornower F u n d ist auch hier die annähernd rechteckige Ösenplatte mit einem Rahmen umgeben. Der Bügel ist mit Linien verziert. Die Fundstücke der beschriebenen Art waren in der Völkerwanderungszeit offenbar zumeist Bestandteil des Wehrgehänges. Daneben konnten derartige Riemenösen aber wohl auch als Gürtelbeschlag Verwendung finden. A. v. Jenny zeigt eine komplette Garnitur, vergoldete Bronze, aus Taplow, Buckinghamshire (1940 Taf. 75c), bei der das Gegenstück zum Riemenösenbeschlag in Form eines Gürtelhakens erhalten ist. Allerdings ist die Form des Beschlagstückes anders als die des Tornower Exemplars. Das Fundstück aus Tornow kann also auf Grund der mehrfachen Parallelen aus dem germanischen Reihengräbergebiet in die Merowingerzeit, d. h. in das 6 . - 7 . Jh. datiert werden. Aus späteren Fundverbänden sind derartige Beschlagstücke nicht mehr bekannt. Immerhin ist bei der geringen Kenntnis slawischer Metallarbeiten aus der älteren Zeit mit einer Weiterverwendung derartiger Riemenbeschläge bis in spätere Zeit zu rechnen. Da sie jedoch unter den zahlreichen Gürtelschnallen, die wir seit dem 9. —10. J h . kennen, nicht mehr vorkommen, dürfen wir kein zu langes Andauern dieser Form annehmen. Nach dem derzeitigen Stand unserer Kenntnis ist eine Datierung in das 7 . - 8 . J h . am besten gerechtfertigt. 8
Herrmann, Tornow und Vorberg
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JOACHIM HERRMANN
Diese Form würde in Tornow, da im Südosten, Osten und Norden solche Stücke bisher fehlen, auf einen Einfluß aus dem Reihengräbergebiet, evtl. direkten Import, zurückgehen. Die bronzene Gürtelschnalle (Abb. 38d, Inv. Nr. 905) findet annähernde Parallelen in der awarisch-slawischen Kultur. Schnallenrahmen mit einseitig überstehenden Seitenstegen sind hier recht häufig verbreitet (J. Hampel 1905, Bd. III, Taf. 95, 7; 156/8; J. Eisner, 1952, Abb. 49/7, 9). Die Schnalle aus dem Grabfund von Abony (J. Hampel 1905, Bd. II, S. 795/96, Taf. 470/1) zeigt die leicht eingeschwungenen Seitenstege und die ausladenden Stegenden. Ebenso beschaffen ist die Schnalle von Alattyan (Ungarn), Grab 484 (J. Kovrig 1963, Taf. LV, 17). Das Gräberfeld gehört in das 7. Jh. bis in die 1. Hälfte des 9. Jh. Weit über den Rahmen hinausstehende Seitenstege finden sich an der Schnalle aus dem Grab 47 von öskü, Ungarn (G. Rhe, N. Fettich 1931, Taf. 15/34). Schnallenrahmen mit Dornauflage finden sich häufig in awarischen Gräberfeldern (N. Fettich 1951, Taf. 48/6; V. BudinskyKricka 1956, Taf. 22/1; Taf. 24/9). Die weite Verbreitung kalottenförmiger bzw. tellerförmiger Schmuckscheiben aller Größen in awarischen Gräberfeldern ist bekannt. Mehrfach sind die Schnallenbleche mit solchem halbkugelförmigem Schmuck verziert, der jedoch durch entsprechende Nietköpfe erreicht wurde (z. B. V. Budinsky-Kricka 1956, Taf. 24/3—4). In gleicher Art wie in Tornow geschnittene und gelegte Schnallenbleche sind mir nicht bekannt geworden. I m Gesamthabitus läßt sich die Schnalle mit den awarischen Schnallen in Verbindung setzen. Aus eindeutig slawischem Fundverband liegt eine ähnliche Schnalle nicht vor. W. t ? g a veröffentlicht zwei anscheinend einzeln gefundene Schnallen mit überstehenden Seitenstegen von Bakowo (Bankau) und Pruszcz (Praust), ehem. Mus. Danzig 14233 und 14296 aus Bronze bzw. Eisen (1930, S. 191, Abb. 266). Das Tornower Fundstück wird man daher am ehesten als Ausdruck awarenzeitlichen oder gar awarischen Einflusses aufzufassen haben. Die Zeit, in der diese Einflüsse wirksam waren, könnte nach den oben angeführten Beispielen das 7 . - 8 . J h . gewesen sein. Ähnliches mag für den Trensenknebel von Vorberg (Nr. 45, Taf. 35c) gelten. Es handelt sich um den Bestandteil einer im awarischen Bereich des 7. und 8. Jh. 3 ) und in fränkischen Gräbern des 6 . - 7 . Jh. 4 ) mehrfach vorkommende Trensenart. Als Halter für die Trensenstange war in den Trensenknebel in konisch zulaufenden Löchern ein u-förmiger Bügel eingenietet. Seit dem 9. Jh. wurde diese Form durch einen Trensenknebel mit blattförmigem Halter ersetzt, von G. Hampel als ungarische Varietät bezeichnet (1905, Bd. 1, S. 24). Zwei ähnliche Fundstücke wie Vorberg Nr. 45 sind in L^czyca gefunden worden. Anscheinend ist über die Fundumstände wenig bekannt. A. Abramowicz (1955, S. 335ff., Taf. 140a, b) weiß keine Parallelen zu nennen und hält sie für Schmuckstäbe des 12. —13. Jh. Aus dem slawischen Gebiet westlich der Oder und Neiße sind bisher nur Ringtrensen 5 ) oder Trensenknebel mit blattförmigem Halter 6 ) bekannt 7 ). Ein im slawischen Fundmaterial bisher einmaliges Fundstück ist der Dolch oder Feuerstahl (Abb. 39e; Nr. 476). Seine nächsten Parallelen findet er in der Gruppe eiserner Dolchmesser mit Griffangel, die in Form zweier nach unten eingerollter Voluten ausgebildet ist. Solche Funde sind in zwei Exemplaren aus Biskupin, je einem Exemplar aus Bonikowo und Gl^dzianowka bekannt. In dem Silberschatz von Szilagy-Samlyo (J. Hampel 1905, Bd. III, Taf. 14 oben) ist ein Miniaturdolch ganz gleicher Art als Anhänger angebracht. Z. Holowinska (1956) verweist auf eine weitere Parallelform in dem awarischen Gräberfeld des 3
) G. Hampel 1905, Bd. 1, S. 243ff.; J. Eisner 1952, S. 402, Taf. 8/1, 15/8, 19/1, 74/14, 110/9 u. a.; Z. Cilinska 1963, S. 112, Taf. 2/31, 3/20, 4/6, 6/11, 10/19, 27. *) K. Böhner 1949, S. 146ff., 154, Anm. 18. 5 ) Ringtrenaen wurden z. B. gefunden: Priort, Kr. Nauen, jungsl. Siedlung — F. A. Potsdam; Altlübeck, jungsl. Burgwall, - Mus. Lübeck Nr. 807; Burg, Kr. Cottbus, jungsl. Burgwall - Mus. Cottbus, PZ IV, Taf. 31/11; Karstadt, Kr. Perleberg, altsl. Burgwall - W. Böhm 1937, S. 182, Taf. 83/13; Mus. Perleberg. Teterow, Burgwall des 10.-12. Jh. - W. Unverzagt, E. Schuldt 1963, Taf. 47. 6 ) Teterow - W. Unverzagt, E. Schuldt 1963, Taf. 47c. Vgl. zu den Trensen auch A. Nadolski 1954, S. 280ff. ') Zu den awarischen Funden in Polen vgl. W. Szymanski 1962, S. 283 ff.
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7. —8. J h . in Zellingtal, Burgenland (J. Caspart 1935, S. 35, Taf. I I I , 29); das Fundstück hier ist aus Eisen und wird als Feuerstahl bezeichnet. Ein tordiertes Eisengerät (Bohrer) mit breitem Oberteil, dessen Enden spiralig eingerollt sind, bilden H. Dannheimer und W. Torbrügge (1961, Taf. 20/25) von Grafing ab. Es lag in einem Männergrab und wird in die zweite Hälfte des 7. J h . datiert. Die Ausbildung des Oberteiles ist die gleiche wie bei den genannten polnischen Dolchmessern. K. Jazdzewski hat versucht, die kulturelle Stellung dieser Dolche zu erfassen. Nach seiner Meinung sind sie aus frühkaiserzeitlichen römischen Vorbildern in der späten Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit u. a. bei Gepiden und Franken bekannt geworden. Sie nahmen dort Schmuckcharakter an. Im Verlauf des 6. Jh., wahrscheinlich zu Anfang der zweiten Hälfte, seien sie von der westslawischen Kultur aufgenommen worden (1960, S. 75, Anm. 36. Dort 5. 64, Abb. 8, 1—4 die 4 polnischen Dolchmesser dieser Art). Der Tornower Dolch ist von den polnischen Exemplaren verschieden. Es ist kein Dolchmesser, sondern offenbar ein zweischneidiger, spitzer Dolch gewesen, auf dessen Griffangel ein Eisensteg als Griff aufgeschmiedet war. Die überstehenden Enden dieses Stabes sind als Spirale nach oben aufgerollt worden (Taf. 26a). Gemeinsam sind dem Tornower Stück und den polnischen die Funktion als Dolch, etwa die Größe und die als Spirale ausgebildeten Griffenden. Ähnlich nach oben eingerollte Griffenden finden sich bei einem schwertartigen Hiebgerät in J u t a s (Ungarn). Es lag in einem Frauengrab (Grab 196) und wurde beim Weben gebraucht. Die Ähnlichkeit zu den skythischen Akinakes ist wahrhaftig groß. Das Gerät gehört in das 6 . - 7 . Jh. (G. Rhe, N. Fettich 1931, S. 35/36; Taf. X/7; VIII/18). In Vendel in Schweden fand sich in einem Grab aus der ersten Hälfte des 9. Jh. (Grab IV) eine Fleischgabel; aus der Griffangel sind hier wie in Tornow zwei nach oben eingerollte Spiralen angebracht (0. Lundberg 1938, S. 20; Abb. 24). Die Einrollung freier Enden zu Spiralen findet sich an Feuerstählen in Gustau (K. Langenheim 1939, S. 110, Abb. 3/2) wie auch an solchen der Wikingerzeit (M. Strömberg 1961, S. 168; E. Kivikski 1947, Taf. 116, Abb. 941, 942), später auch in Nowgorod (B. A. Kolcin 1959, S. 101, Abb. 84). Hin und wieder kommt diese Gestaltungsart auch an Waffen des 15. —16. Jh. in Westeuropa vor (W. Szafranski 1951, S. 17ff.). Einige Male sind die Griffenden von Feuerschaufeln spiralig gerollt gewesen (E. Kivikski 1947, Teil II, S. 28;). J . Petersen (1919 Abb. 71) bildet ein Wikingerschwert aus der 1. Hälfte des 9. Jh. von Dale ab, dessen Parier- und Knaufstange als Spiralen ausgerollt sind. Am ehesten wird man den Tornower Dolch in Zusammenhang mit den Dolchen aus polnischen Fundplätzen sehen müssen. Er wäre dann entsprechend in das 7 . - 8 . J h . zu datieren. Zu Anfang des 9. J h . ist eine dem Tornower Dolch entsprechende Ausbildung der Griffangel in Vendel nachgewiesen. Der Fund von J u t a s zeigte, daß die Einrollung der Griffenden nach oben schon im 6 . - 7 . Jh. üblich war. Später als in das 9. J h . möchten wir den Dolch nicht mehr ansetzen, da Parallelen in dem seit dieser Zeit zunehmenden reichlichen Fundmaterial nicht mehr vorkommen. Unter den Messern von Tornow befindet sich ein Stück mit einer gegenüber Schneide und Rücken abgesetzten Griffangel und einseitigem Kehlstreifen am Rücken (Abb. 40 g; Nr. 161). Die Spitze ist abgeschrägt. Ein fast gleichartiges Messer ist aus Gostyn bekannt (K. Langenheim 1939, S. 110, Abb. 3). Ein ähnliches Stück lag in der ältesten Schicht von Biskupin (Z. Rajewski 1959, S. 66; K. Jazdzewski 1960, S. 64, Abb. 7, 12; 1959, Abb. 5/22). Es ist dort in das 6 . - 7 . J h . datiert. Eine etwas andere Form hat das Messer aus dem Ende des 8. J h . aus einem Brandgrab von Vosocany a. d. (Thaya (J. Kral 1959, S. 206, Abb. 8, Grab V). Außerdem sind dort zwei Kehlungen unterhalb des Rückens eingetieft. I n völkerwanderungszeitlichen Gräbern sind Messer mit Kehle oder Blutrinne nicht selten (z.B. B. G. Gjessing 1934, Taf. 6; H. Dannheimer 1962, Taf. 40, 61, 70, S. 99). Möglicherweise sind die Blutrinnen vom Sax auf die Messer übergegangen. I n slawischer Umgebung sind Kehlungen des Messerrückens selten und fast nur in den drei genannten frühen Fundkomplexen anzutreffen. Aus späterer Zeit ist unter der Vielzahl von Messern ein einziges Exemplar von Kalisz-Zawodzie 8»
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bekannt (W. Hensel 1959, S. 24, Abb. 8/14). Die Messer mit Rückenkehle sind danach für die jüngere slawische Zeit uncharakteristisch, sie scheinen hingegen in eine frühe Zeit mit starker völkerwanderungszeitlicher Traditionen oder in diese selbst zu gehören. Die eiserne Axt mit langem, schlankem Hals, schmaler Schneide und mit Schaftlochlappen, die zusammen mit dem Helm eine Einheit bilden (Abb. 39f), hat ihre recht genaue Parallele in der Axt aus der unteren Schicht von Pqpice (Poppschütz) (M. J a h n 1937, S. 111, Abb. 6). Eine gleichartige Ausbildung von Schaftlochlappen und Helm findet sich bei der Schaftlochaxt aus Rittersdorf, Grab 48 (K. Böhner 1958, Teil II, Taf. 33/5). Sie ist dort gut in das 6. Jh. datiert. Abgesehen von der gleichartigen Ausbildung des Schaftloches ist die Schneide jedoch breit ausgezogen, so daß insgesamt ein Vergleich mit dem Tornower Stück nicht möglich ist. Das gilt für die Bartaxt aus dem Gräberfeld von J u t a s ( 6 . - 7 . Jh.) in Ungarn (G. Rhe, N. Fettich 1931, S. 40, Abb. 16) oder Schkeuditz, Kr. Leipzig (6. Jh.) (B. Schmidt 1960, S. 149). Unter den wikingerzeitlicheh Äxten (P. Paulsen 1939) oder den slawischen Äxten des 10. —12. J h . (A. Nadolski 1954) sind diese Axtform und diese Art der Schaftlochbildung nicht mehr anzutreffen. Das gleiche gilt für die zweite Axt von Tornow mit vierkantigem Schaftloch, das gegenüber der Bahn durch einen Schaftlochlappen abgeschlossen ist (Abb. 39d). Die Schneide ist abgebrochen, wahrscheinlich handelte es sich um eine Bartaxt. Ein ähnliches Exemplar aus Nitra bildet J . Eisner (1933, Taf. 96/14 bzw. Obzor Prehistoriczny IV, S. 59, Abb. 1/6) ab. A. Stroh (1954, Taf. 15/24, 25) veröffentlicht zwei ähnliche Äxte von Neustadt a. K. Aus dem altslawischen Burgwall von Köllmichen, Kr. Grimma, befindet sich eine gleichartige Axt im Mus. Dresden. Die übrigen Metallfunde sind weniger charakteristisch. Bei dem kleinen Eisenfragment (Abb. 9b) aus Burg A könnte es sich um den Rest eines Eisennagels handeln, wie sie in Birka u. a. Orten mehrfach vorkommen (G. H. Arbmann, Birka I, Taf. 40/2, 3, 4; Gullberg in Östergötland, A. Norden 1929, Abb. 242, S. 285). Unter den Spinnwirteln fallen die beiden Stücke Abb. 37 i und j durch ihre konische, für die slawische Zeit ungewöhnliche Form auf. Derartige Formen sind hingegen im völkerwanderungszeitlichen Material recht häufig verbreitet (z. B. Jahresschrift Halle 31, Taf. IV; H. Dannheimer 1962, T. 25; Pam. arch. 49, 1958, Abb. 4, 11, 16). Aus slawischem Fundverband sind diese Formen aus der Siedlung mit frühslawischer Keramik vom Prager Typus bei Dessau-Mosigkau bekannt (frdl. Mitt. von Dr. B. Krüger, der die Siedlungsgrabung durchführt). Da bisher eine Bearbeitung der zahlreichen slawischen Spinnwirtel aussteht, ist es immerhin möglich, daß diese Form auch länger vorkommt. Ihr anscheinendes Fehlen im Material der großen polnischen und tschechischen Grabungen fällt immerhin auf. Von den übrigen Fundgegenständen hat evtl. die Flasche Abb. 30a für die Datierung einen gewissen Wert. Unter den zahlreichen von Z. Vana zusammengestellten Flaschen findet sie ihre beste Entsprechung in der Flasche von Vicmilice, Kr. Bucovice, in Mähren (Z. Väna 1956, S. 119, Abb. 8). Diese ist in einem Brandgrab der älteren Burgwallzeit gefunden worden (S. 118). Z. Väna ordnet sie seinem Typ II, Formen mit faßähnlichem Gefäßkörper, Variante c, schlankere Formen mit niedrigerem und breiterem Hals zu. Die anderen in dieser Gruppe angeführten Formen haben einen anderen Aufbau und eine andere Ausbildung des Oberteiles. Die Form dieser Flasche ist in der Völkerwanderungszeit dagegen häufig verbreitet (z. B. H. Dannheimer 1962, Taf. 52).
B. Die Datierung der Burgen Das Material der Burgen von Tornow wäre überfordert, wollten wir darauf eine in Jahrzehnte gehende Datierung aufbauen. I m Gebiet zwischen Oder und Elbe steht es darüber hinaus fast allein. Dennoch sind die Anknüpfungspunkte, die die Metallfunde von Tornow bieten, in ihrer Gesamtheit zahlreich genug, um eine späte Datierung in das 10.—11. Jh.,
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bekannt (W. Hensel 1959, S. 24, Abb. 8/14). Die Messer mit Rückenkehle sind danach für die jüngere slawische Zeit uncharakteristisch, sie scheinen hingegen in eine frühe Zeit mit starker völkerwanderungszeitlicher Traditionen oder in diese selbst zu gehören. Die eiserne Axt mit langem, schlankem Hals, schmaler Schneide und mit Schaftlochlappen, die zusammen mit dem Helm eine Einheit bilden (Abb. 39f), hat ihre recht genaue Parallele in der Axt aus der unteren Schicht von Pqpice (Poppschütz) (M. J a h n 1937, S. 111, Abb. 6). Eine gleichartige Ausbildung von Schaftlochlappen und Helm findet sich bei der Schaftlochaxt aus Rittersdorf, Grab 48 (K. Böhner 1958, Teil II, Taf. 33/5). Sie ist dort gut in das 6. Jh. datiert. Abgesehen von der gleichartigen Ausbildung des Schaftloches ist die Schneide jedoch breit ausgezogen, so daß insgesamt ein Vergleich mit dem Tornower Stück nicht möglich ist. Das gilt für die Bartaxt aus dem Gräberfeld von J u t a s ( 6 . - 7 . Jh.) in Ungarn (G. Rhe, N. Fettich 1931, S. 40, Abb. 16) oder Schkeuditz, Kr. Leipzig (6. Jh.) (B. Schmidt 1960, S. 149). Unter den wikingerzeitlicheh Äxten (P. Paulsen 1939) oder den slawischen Äxten des 10. —12. J h . (A. Nadolski 1954) sind diese Axtform und diese Art der Schaftlochbildung nicht mehr anzutreffen. Das gleiche gilt für die zweite Axt von Tornow mit vierkantigem Schaftloch, das gegenüber der Bahn durch einen Schaftlochlappen abgeschlossen ist (Abb. 39d). Die Schneide ist abgebrochen, wahrscheinlich handelte es sich um eine Bartaxt. Ein ähnliches Exemplar aus Nitra bildet J . Eisner (1933, Taf. 96/14 bzw. Obzor Prehistoriczny IV, S. 59, Abb. 1/6) ab. A. Stroh (1954, Taf. 15/24, 25) veröffentlicht zwei ähnliche Äxte von Neustadt a. K. Aus dem altslawischen Burgwall von Köllmichen, Kr. Grimma, befindet sich eine gleichartige Axt im Mus. Dresden. Die übrigen Metallfunde sind weniger charakteristisch. Bei dem kleinen Eisenfragment (Abb. 9b) aus Burg A könnte es sich um den Rest eines Eisennagels handeln, wie sie in Birka u. a. Orten mehrfach vorkommen (G. H. Arbmann, Birka I, Taf. 40/2, 3, 4; Gullberg in Östergötland, A. Norden 1929, Abb. 242, S. 285). Unter den Spinnwirteln fallen die beiden Stücke Abb. 37 i und j durch ihre konische, für die slawische Zeit ungewöhnliche Form auf. Derartige Formen sind hingegen im völkerwanderungszeitlichen Material recht häufig verbreitet (z. B. Jahresschrift Halle 31, Taf. IV; H. Dannheimer 1962, T. 25; Pam. arch. 49, 1958, Abb. 4, 11, 16). Aus slawischem Fundverband sind diese Formen aus der Siedlung mit frühslawischer Keramik vom Prager Typus bei Dessau-Mosigkau bekannt (frdl. Mitt. von Dr. B. Krüger, der die Siedlungsgrabung durchführt). Da bisher eine Bearbeitung der zahlreichen slawischen Spinnwirtel aussteht, ist es immerhin möglich, daß diese Form auch länger vorkommt. Ihr anscheinendes Fehlen im Material der großen polnischen und tschechischen Grabungen fällt immerhin auf. Von den übrigen Fundgegenständen hat evtl. die Flasche Abb. 30a für die Datierung einen gewissen Wert. Unter den zahlreichen von Z. Vana zusammengestellten Flaschen findet sie ihre beste Entsprechung in der Flasche von Vicmilice, Kr. Bucovice, in Mähren (Z. Väna 1956, S. 119, Abb. 8). Diese ist in einem Brandgrab der älteren Burgwallzeit gefunden worden (S. 118). Z. Väna ordnet sie seinem Typ II, Formen mit faßähnlichem Gefäßkörper, Variante c, schlankere Formen mit niedrigerem und breiterem Hals zu. Die anderen in dieser Gruppe angeführten Formen haben einen anderen Aufbau und eine andere Ausbildung des Oberteiles. Die Form dieser Flasche ist in der Völkerwanderungszeit dagegen häufig verbreitet (z. B. H. Dannheimer 1962, Taf. 52).
B. Die Datierung der Burgen Das Material der Burgen von Tornow wäre überfordert, wollten wir darauf eine in Jahrzehnte gehende Datierung aufbauen. I m Gebiet zwischen Oder und Elbe steht es darüber hinaus fast allein. Dennoch sind die Anknüpfungspunkte, die die Metallfunde von Tornow bieten, in ihrer Gesamtheit zahlreich genug, um eine späte Datierung in das 10.—11. Jh.,
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wie sie nach dem Schema der Keramikentwicklung von H. A. Knorr für dieses Gebiet erfolgen müßte, auszuschließen. Die Verbindungslinien verlaufen vielmehr immer und beinahe allein zu Fundgruppen, die in das 6 . - 8 . Jh., spätestens aber in die erste Hälfte des 9. Jh., zu datieren sind. Daraus scheint sich zu ergeben, daß die Burg B von Tornow, zu der der größte Teil der untersuchten Metallgeräte gehörte, kaum länger als bis in die erste Hälfte des 9. Jh. bestand. Ihre Errichtung würde dann in das 8. J h . fallen. Die Burg A wäre dann in das 8. Jh. und vielleicht noch 7. Jh. zu setzen. Diese Datierung der Tornower Burgen findet eine Stütze durch den Fund eines awarenzeitlichen Trensenknebels in der Zerfallsschicht der Burg A von Vorberg. Für Vorberg Burg A würde sich daraus eine Datierung in das 7 . - 8 . J h . ergeben. Dem folgte die Burg B von Vorberg, die ebensowenig wie Burg A zerstört wurde, sondern allmählich zerfallen ist. Die Burg B läßt sich dann, da der Zerfallsprozeß sich über eine längere Zeit erstreckt haben dürfte, in das 9. und 10. J h . datieren. Die Burgen von Tornow und Vorberg bestanden also sehr wahrscheinlich zeitweise nebeneinander, die Burg B von Vorberg überdauerte dann jedoch die Burg B von Tornow bis zu ihrem völligen Zerfall, der spätestens am Ende des 10. J h . abgeschlossen war, da keine jungslawische Keramik in den entsprechenden Burgschichten gefunden worden ist. Durch das Radiocarbon-Labor der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (G. Kohl, H. Quitta 1963) wurde das Alter von zwei Getreideproben aus den Burgen von Tornow gemessen. Der Roggen aus dem Gebäude am Tor (Nr. 518) der Burg A, der in das J a h r der Zerstörung der Burg gehört, war in den Zeitraum von 500—850 zu datieren. Das Alter des Getreides aus einer Holzkiste im Speicher 3 der Burg B (Nr. 354) wurde mit 825 ± 100 (Bin 162) bestimmt. Diese Probe entstammt dem Zerstörungsjahr der BurgB. Die Ergebnisse der Radiocarbondatierung unterstreichen also die auf anderem Wege gewonnene Zeitbestimmung der Burgen von Tornow. Dieser frühen Datierung scheint zunächst die relativ entwickelte Keramik, die fast durchgängig auf der Drehscheibe hergestellt wurde, zu widersprechen. Die typologische Betrachtung derartiger Formen veranlaßte ja gerade H. A. Knorr, sie in das Ende des 10. und den Beginn des 11. J h . zu datieren.
C. Die Keramik vom Tornower Typus Die Bearbeitung der reichen Keramikfunde der Tornower Burgen, die einen guten Überblick über die zur Zeit des Bestehens dieser Anlagen produzierte Keramik gab, zeigte das Vorherrschen von doppelkonischen Gefäßen, die, auf der Drehscheibe hergestellt, sehr symmetrisch gebildet und sauber gearbeitet waren. Charakteristisch war die regelmäßige, zumeist gleichmäßige Gliederung der Wandung oberhalb des Umbruches durch zumeist plastische Gurtung, die aus dem Gefäßkörper herausgearbeitet ist (Formen A und B). Durch ihren Anteil von 49,7% am Gesamtmaterial und durch ihre relative Einheitlichkeit bestimmte sie im wesentlichen den Charakter der Tornower Keramik. Da bisher kein untersuchter Fundkomplex mit ähnlicher Häufigkeit dieser spezifischen Keramik bekannt ist, wird vorgeschlagen, sie als Keramik vom Tornower Typus zu bezeichnen. Diese Bezeichnung wird in Anlehnung an die bereits von H. A. Knorr und dann besonders von E. Schuldt vorgenommene Benennung der einzelnen Typen nach Fundorten gewählt, für die diese Keramik jeweils besonders charakteristisch war. 1.
Verbreitung
Zum erstenmal hat H. A. Knorr (1937, S. 135ff.) auf ähnliche Keramik aufmerksam gemacht, die er als „Brandenburger Übergangsformen" bezeichnete. „Diese bemerkenswerte Erscheinung, wo auf der Form der älteren ungedrehten Gefäße die Verzierung der neu auf-
Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Funde und die Datierung der Burgen
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wie sie nach dem Schema der Keramikentwicklung von H. A. Knorr für dieses Gebiet erfolgen müßte, auszuschließen. Die Verbindungslinien verlaufen vielmehr immer und beinahe allein zu Fundgruppen, die in das 6 . - 8 . Jh., spätestens aber in die erste Hälfte des 9. Jh., zu datieren sind. Daraus scheint sich zu ergeben, daß die Burg B von Tornow, zu der der größte Teil der untersuchten Metallgeräte gehörte, kaum länger als bis in die erste Hälfte des 9. Jh. bestand. Ihre Errichtung würde dann in das 8. J h . fallen. Die Burg A wäre dann in das 8. Jh. und vielleicht noch 7. Jh. zu setzen. Diese Datierung der Tornower Burgen findet eine Stütze durch den Fund eines awarenzeitlichen Trensenknebels in der Zerfallsschicht der Burg A von Vorberg. Für Vorberg Burg A würde sich daraus eine Datierung in das 7 . - 8 . J h . ergeben. Dem folgte die Burg B von Vorberg, die ebensowenig wie Burg A zerstört wurde, sondern allmählich zerfallen ist. Die Burg B läßt sich dann, da der Zerfallsprozeß sich über eine längere Zeit erstreckt haben dürfte, in das 9. und 10. J h . datieren. Die Burgen von Tornow und Vorberg bestanden also sehr wahrscheinlich zeitweise nebeneinander, die Burg B von Vorberg überdauerte dann jedoch die Burg B von Tornow bis zu ihrem völligen Zerfall, der spätestens am Ende des 10. J h . abgeschlossen war, da keine jungslawische Keramik in den entsprechenden Burgschichten gefunden worden ist. Durch das Radiocarbon-Labor der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin (G. Kohl, H. Quitta 1963) wurde das Alter von zwei Getreideproben aus den Burgen von Tornow gemessen. Der Roggen aus dem Gebäude am Tor (Nr. 518) der Burg A, der in das J a h r der Zerstörung der Burg gehört, war in den Zeitraum von 500—850 zu datieren. Das Alter des Getreides aus einer Holzkiste im Speicher 3 der Burg B (Nr. 354) wurde mit 825 ± 100 (Bin 162) bestimmt. Diese Probe entstammt dem Zerstörungsjahr der BurgB. Die Ergebnisse der Radiocarbondatierung unterstreichen also die auf anderem Wege gewonnene Zeitbestimmung der Burgen von Tornow. Dieser frühen Datierung scheint zunächst die relativ entwickelte Keramik, die fast durchgängig auf der Drehscheibe hergestellt wurde, zu widersprechen. Die typologische Betrachtung derartiger Formen veranlaßte ja gerade H. A. Knorr, sie in das Ende des 10. und den Beginn des 11. J h . zu datieren.
C. Die Keramik vom Tornower Typus Die Bearbeitung der reichen Keramikfunde der Tornower Burgen, die einen guten Überblick über die zur Zeit des Bestehens dieser Anlagen produzierte Keramik gab, zeigte das Vorherrschen von doppelkonischen Gefäßen, die, auf der Drehscheibe hergestellt, sehr symmetrisch gebildet und sauber gearbeitet waren. Charakteristisch war die regelmäßige, zumeist gleichmäßige Gliederung der Wandung oberhalb des Umbruches durch zumeist plastische Gurtung, die aus dem Gefäßkörper herausgearbeitet ist (Formen A und B). Durch ihren Anteil von 49,7% am Gesamtmaterial und durch ihre relative Einheitlichkeit bestimmte sie im wesentlichen den Charakter der Tornower Keramik. Da bisher kein untersuchter Fundkomplex mit ähnlicher Häufigkeit dieser spezifischen Keramik bekannt ist, wird vorgeschlagen, sie als Keramik vom Tornower Typus zu bezeichnen. Diese Bezeichnung wird in Anlehnung an die bereits von H. A. Knorr und dann besonders von E. Schuldt vorgenommene Benennung der einzelnen Typen nach Fundorten gewählt, für die diese Keramik jeweils besonders charakteristisch war. 1.
Verbreitung
Zum erstenmal hat H. A. Knorr (1937, S. 135ff.) auf ähnliche Keramik aufmerksam gemacht, die er als „Brandenburger Übergangsformen" bezeichnete. „Diese bemerkenswerte Erscheinung, wo auf der Form der älteren ungedrehten Gefäße die Verzierung der neu auf-
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JOACHIM HERRMANN
kommenden Drehscheibenware benutzt wird, beruht auf dem n u r schrittweisen Eindringen der schnellrotierenden Drehscheibe" (S. 135). Die Verbreitung dieser Brandenburger Übergangsformen umfaßte nach H. A. Knorr „das weitere Ausstrahlungsgebiet des Oderraumes, wobei die starke Verteilung in der Niederlausitz auffällt" (S. 137). E r datierte diese Gruppe in das Ende des 10. und den Beginn des 11. J h . (S. 138). Z. Väna (1960) sah in diesen Formen nur „eine andere Form der Variante mit ausgezogenem R a n d e " (S. 138) und setzte sie den Gefäßen der Woldegker Gruppe gleich. Auch er schloß sich im wesentlichen der Datierung von H. A. Knorr an, wenn er auch, mit J . Neustupny, eine genetische Verwurzelung in der Keramik der Völkerwanderungszeit nicht ablehnte. Bevor wir auf die Frage der Genese und Zeitstellung dieser Gruppe eingehen, sei nochmals das Material und seine Verbreitung betrachtet. Es sind folgende Fundplätze b e k a n n t : Bez. Gottbus 1. 2. 3. 4.
Böhlitz, K r . Calau Kittlitz, K r . Calau Raddusch, K r . Calau Repten, K r . Calau
Siedig. Siedig. Siedig. am B W Siedig.
Mus. Cottbus, A. Mus. Lübbenau Inst. Slg. H. A. Knorr 1937, S. 137 H. A. Knorr 1937, S. 137
Abb. 51. Verbreitung der Keramik vom Tornower Typus
Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Funde und die Datierung der Burgen
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20.
Tornow, Kr. Calau Vorberg, Kr. Calau Schönfeld, Kr. Calau Babow, Kr. Cottbus Leuthen-Wintdorf, Kr. Cottbus Sielow, Kr. Cottbus Striesow, Kr. Cottbus Zahsow, Kr. Cottbus Möllendorf, Kr. Finsterwalde Gr. Breesen, Kr. Guben Kremitz, Kr. Jessen Freesdorf, Kr. Luckau Gehren, Kr. Luckau Görlsdorf, Kr. Luckau Waldow, Kr. Lübben Muskau, Kr. Weißwasser
Bez. Frankfurt und
21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32.
BW, BW, BW BW, BW,
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Siedig. Siedig.
Inst. Slg. Inst. Slg. Inst. Slg.; St. M. If 6781 (Verlust); Mus. Cottbus Mus. Cottbus 1907; Inst. Slg. BW, Siedig. BW, Siedig. Inst. Slg. BW, Siedig. Inst. Slg. E. Petersen 1939, Abb. 179 BW NM 18, 384, Abb. 11 BW, Siedig. Inst. Slg. Siedig. Töpferofen Mus. Potsdam 1956 BW, Siedig. Mus. Luckau K. H. Marschalleck 1944, Abb. 55 Siedig. Mus. Luckau Inst. Slg. BW Siedig. Mus. Görlitz HK 10969 Siedig. Siedig.
Groß-Berlin
Dobberzin, Kr. Angermünde Trebatsch, Kr. Beeskow Coschen, Kr. Eisenhüttenstadt Lossow, Kr. Eisenhüttenstadt Neuzelle-Wellmitz, Kr. Eisenhüttenstadt Wiesenau, Kr. Eisenhüttenstadt Arensdorf, Kr. Fürstenwalde Lebus, Kr. Seelow Neuhof, Kr. Seelow Reitwein, Kr. Seelow Berlin-Malchow Berlin-Köpenick
Siedig. BW BW BW BW BW, Vorburg BW, Siedig. BW Siedig. BW Siedig. Burg B
Mus. Angermünde Inst. Slg. Inst. Slg. Inst. Grabungsakten Inst; NM 19, 123fF., Abb. 8 Inst. Slg. Mus. Fürstenwalde Inst. H. A. Knorr 1937, S. 137 Inst. Mark. Mus., Negativ-Archiv X 353 Inst.
Bez. Potsdam
33. Wust?, Kr. Brandenburg 34. Mittenwalde, Kr. Königs Wusterhausen 35. Luckenwalde, Kr. Luckenwalde 36. Potsdam 37. Stücken, Kr. Potsdam
Einzelfund
H. A. Knorr 1937, Taf. 18a; Mus. Brandenburg BW, Pennigsberg Kr. Kalender Teltow 1930, S. 55 BW
Mus. Luckenwalde
BW BW
Mus. Potsdam Mus. Potsdam
Siedig.
H. Rempel 1959, S. 181
Bez. Halle
38. Priesnitz, Kr. Naumburg
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JOACHIM H E E R M A N N
Bez. Magdeburg 39. Schönfeld/Beerboom, Siedig. Kr. Havelberg 40. Neuwartensleben, Kr. Havelberg Siedig.
Mus. Genthin Nr. 0341 Mus. Genthin o. Nr. und Nr. 0343
Bez. Dresden 41. 42. 43. 44.
Bautzen, Proitschenberg Bautzen, Gr. Brüdergasse Bautzen, Weite Bleiche Brohna, Kr. Bautzen
45. Kl. Seitschen, Kr. Bautzen 46. Niedergurig, Kr. Bautzen
BW BW
Mus. Bautzen MB 63/58 Mus. Bautzen MB 60/57 Mus. Bautzen Y. 1692 Mus. Dresden; W. Coblenz 1951, S. 75if., Taf. 23, 25, 26 Mus. Dresden S 1256/54 Mus. Dresden S 1269/54, S 1273/54
Siedig. BW Siedig.
H. Rempel 1959, S. 181 G. Neumann 1960, S. 240 ebenda, S.243
BW Siedig. BW BW
Bez. Gera 47. Bodelwitz, Kr. Pößneck 48. Jena-Lobeda 49. Milda, Kr. Jena
Bez. Schwerin 50. Gandow, Kr. Ludwigslust
Mus. Lenzen Nr. 888
Bez. Rostock 51. Neklade, Kr. Rügen
Deutsche
Städt. Museum Greifswald 1932/2
Bundesrepublik
52. Hamburg
Siedig.
R. Schindler 1957, S. 22, Abb. 4/17; PZ 37, S. 190, Abb. 2/1
53. Gostyn, Kr. Glogów (Gustau)
BW
54. Klenica, Kr. Zielona Gòra (Kleinitz) 55. Stargard Gubinski, Kr. Gubin (Stargard) 56. Popeszyce, Kr. Kozuchów (Poppschütz) 57. Krosno odrzariskie (Krossen) 58. Bonikowo, Kr. Koscian
BW
Mus. Wroclaw; Altschlesien 8, 1939, S. 104ff. Mus. Wroclaw; Altschlesien 7, 1938 S. 65 ZfE 14, 361 f.
Volksrepublik
Polen
59. Objezierze, Kr. Oborniki
BW Siedig. BW BW
Mus. Wroclaw 1517—1556: 27; Altschlesien 7, 1938, S. 93ff., Taf. 13/9 E. Dabrowski 1962, S. 27ff. Z. Holowinska 1956 Z. Hilczerowna 1962, S. 64£f. J . Kostrzewski 1955, Abb. 801
Die archäologisch-kulturellen Beziehungen der Funde und die Datierung der Burgen
60. Poznan
61. 62. 63. 64.
BW
Kostrzyn (Clößnitz b. Küstrin) BW Kargowo, Kr. Babimost BW Ujscie Siedig Szczecin—Msci^cino
121
Z. Pieczynski 1963, S. 269, Abb. 1; Poznan w wczesnymsredniowiczuIII, S. 203, 210 H. A. Knorr 1937, S. 137 W. Hensel 1959, S. 33f. L. Leciejewicz 1961, Abb. 110/2 W. Garczynski 1955, Taf. l i l a
Die Verbreitung der Keramik vom Tornower Typus (Abb. 51) reicht also von der Saale bis zur Warthe und von Hamburg bis in die Oberlausitz. Zunächst scheint die Herausstellung der oben beschriebenen Keramik als eigener Typus daher für die Darstellung kultureller Verhältnisse ohne größere Bedeutung zu sein. Das Verbreitungsbild wird jedoch beredt, sobald der quantitative Anteil dieser Keramik in den Fundkomplexen Berücksichtigung findet. Tornow ist bisher die einzige Fundstelle, aus der das gesamte oder fast gesamte Material einer Burg bekannt ist. Der Anteil der hier behandelten Formen am Gesamtmaterial betrug nahezu 50%. Die andere Hälfte besteht aus einer Vielzahl von anderen Formen, so daß die recht einheitlich ausgeprägten Formen A und B als charakteristisch und das Bild bestimmend gelten können. In Vorberg wurde nur etwa die Hälfte der Burg B und ein Drittel der Burg A ausgegraben. Dennoch gehörten in beiden Burgen je 42,5% zur Keramik vom Tornower Typus. Ein ähnliches Bild ergeben die in den Sammlungen vorhandenen oder während der Burgwallaufnahmen geborgenen Funde. Auf einer großen Anzahl der Ringwälle der Niederlausitz, die in ihrer Größe und Anlage etwa denen von Tornow und Vorberg entsprechen, fand sich Keramik der Tornower Formen A und B, z. T. überwiegend, immer jedoch in großer Anzahl. Diese Keramik erweist sich also als charakteristisch für die kleinen Lausitzer Ringwälle. Das gleiche wurde am Neiße- und Odertal von Guben bis Reitwein nördlich Frankfurt-Oder beobachtet. Die kleinen Burgwälle von Gr. Breesen, Coschen, Wiesenau und Trebatsch an der Spree sowie Arensdorf führen diese Keramik in großer Menge. Ebenso fand sie sich in den durch Ausgrabungen erforschten Oderburgen von Lossow, Lebus und Reitwein. Der Tornower Keramik entsprach die Keramik in der kleinen Niederungsburg von Brohna bei Bautzen in der Oberlausitz (W. Coblenz 1951, S. 80, Taf. 23, 25, 26; Mus. Dresden). Häufig kam sie in den sehr kleinen Burgwällen von Gostyn, Kr. Glogöw (11 —13 m Dm des Innenraumes), Klenica (100 m Gesamtdurchmesser) und Bonikowo vor. Auf der Karte sind diese Fundstellen mit einem größeren Anteil der Tornower Keramik durch volle, kräftige Zeichen gekennzeichnet. Ihre Beschränkung auf die Lausitz und Niederschlesien bis zum mittleren Odergebiet ist, vom Burgwall Bonikowo abgesehen, eindeutig. Bemerkenswert ist, daß bereits in den genannten niederschlesischen Burgwällen, soweit sie ausgegraben sind, ebenso wie in Bonikowo die Vorrangstellung dieser Keramik nicht mehr so eindeutig wie in der Lausitz ist. Das gleiche gilt für die Oderburgen unterhalb Frankfurt. Es ergibt sich also ein relativ geschlossenes Verbreitungsgebiet des gehäuften Vorkommens dieser Keramik. Einzelne Funde sind darüber hinaus verbreitet. Gegenüber dem Elbgebiet bestand offenbar eine recht scharfe Grenze, die unmittelbar westlich des Stammesgebietes der Lusizi verlief. Der Töpferofenfund von Kremitz, Kr. Jessen, und die dazugehörende Siedlung im unteren Elstergebiet (P. Butzmann 1959, S. 82ff.) beispielsweise enthielten unter vielen Hunderten von Fundstücken nur noch einen Gefäßrest mit Merkmalen des Tornower Typus, und zwar nicht einmal mit plastischer Gurtung, sondern mit der für die Form B charakteristischen scharf eingeschnittenen Gurtung. Die Datierung dieses Materials in die altslawische Zeit ist sicher, und eine Zeitgleichheit mit der Tornower Keramik muß bestanden haben. Nach den Ergebnissen der siedlungsarchäologisch-historischen Forschung hat Kremitz bereits im Stammesgebiet Nizizi gelegen, gehörte also zum westlichen Nachbarstamm der Lusizi (W. Hessler 1Ö57, S. 139; J . Herrmann 1964 A, S. 407). Die Grenze zwischen beiden Stämmen bildete an-
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JOACHIM HEBEMANN
scheinend auch die Grenze für eine unterschiedliche keramische Produktion. Auch die Begehungen während der Burgwallaufnahme erbrachten von den Anlagen dieses Gebiets keine Keramik vom Tornower Typ. Das Fundmaterial von Meißen, das sicher mit dem Jahr 929 einsetzt, enthält bisher keine Formen, die den Tornower Typ entsprechen, obwohl die Entfernung von der Niederlausitz nur 50 — 60 km beträgt. Ähnlich stark wurde die Grenze der Lausitz nach Nordwesten und Norden eingehalten. Durch zwei Ausgrabungen in Burgwällen der benachbarten Stammesgebiete Ploni (Mörz, Kr. Beizig) und Sprewa (Berlin-Köpenick) ist das keramische Fundmaterial von dort annähernd bekannt. In Mörz (J. Herrmann 1957) wurden im Burginnenraum zwei altslawische Schichten angetroffen, der Tornower Typ fand sich jedoch nicht unter der zahlreichen Keramik. Aus Köpenick ist in der Burg B (10. Jh.) (J. Herrmann 1962, S. 25) ein einziger Gefäßteil gefunden worden, der entfernte Anklänge zur Tornower Keramik aufweist. Die plastische Gurtverzierung auf dem Gefäßoberteil eines Doppelkonus ist vorhanden, jedoch durch Einstiche und Verzierung des Mündungsrandes bereits wieder der Tornower Keramik unähnlich. Häufiger kommen Formen des Tornower Typus hingegen auf dem Burgwall in Mittenwalde vor (A. Kiekebusch 1930, S. 55, Abb.). Bedauerlicherweise ist die Schichtenzugehörigkeit nicht mehr nachprüfbar. Nach der Fundliste (im Inst.) scheinen jedoch derartige Scherben auch in den unteren Schichten gelegen zu haben. Mittenwalde ist damit der einzige nördliche Burgwall außerhalb des engeren Verbreitungsgebietes des Tornower Typus mit häufigen Funden dieser Art. Die übrigen Funde außerhalb des engeren Verbreitungsgebietes bestehen oft nur aus einem Gefäßrest vom Tornower Typ in mehr oder weniger fremden Fundverbänden. Das gilt besonders für die Funde von Hamburg, Jena-Lobeda und Szczecin-Msci^cino, die durch Ausgrabungen geborgen worden sind und ein sicheres Urteil erlauben. Ebenso vereinzelt stehen die Gefäße bzw. Gefäßreste von Poznan und Objezierze in Polen. Die Verbreitung der Funde unter Berücksichtigung ihres quantitativen Vorkommens und der Qualität des Fundkomplexes, dem sie angehören, zeigt also die Verbindung des Tornower Typus mit der Besiedlungsgeschichte der Lausitz und des mittleren Odergebietes. Der Tornower Typus ist in reicher und massenhafter Ausprägung charakteristisch für den Stamm der Lusizi, für Selpoli an der unteren Neiße und Oder und für die Dadosane in Niederschlesien. Wie weit er sich für die Milzane der oberen Lausitz in älterer Zeit als charakteristisch erweisen wird, bleibt durch zukünftige Ausgrabungen zu entscheiden. 2. Datierung Die Datierung des Tornower Typus ist durch verschiedene Fundzusammenhänge und Grabungsergebnisse verhältnismäßig sicher möglich. In Bonikowo (Z. Holowinska 1956; Z. Hilczeröwna 1962, S.64ff.; 1963A, S.343ff.) bestimmte die Keramik vom Tornower Typus nicht das Bild des Inventars, war jedoch häufiger vertreten, und zwar vor allem in der unteren älteren Siedlungsschicht (Schicht IV), vereinzelt noch in den höheren Schichten I I und I I I . Die Keramik aus den höheren Schichten entsprach jedoch nur noch entfernt dem Tornower Typus (Z. Holowinska 1956, Abb. 24, B, C, 20f). Klare Formen vom Tornower Typus hat nur die Schicht IV erbracht (Z. Holowinska 1956, Abb. 25A, c; Abb. 30B; Z. Hilczeröwna 1962, Abb. 3). Die Schicht IV ist verhältnismäßig gut durch den Rest einer völkerwanderungszeitlichen Fibel datiert, deren Parallelen in das 5. J h . gehören. In Schicht V, die mit Schicht IV etwa einen Horizont bildet, lag ein Antennendolchmesser, dessen Datierung in einen früheren Horizont ebenfalls gesichert ist (vgl. oben). So wird man der Ansetzung der unteren Siedlungsschicht mit Keramik des Tornower Typus in Bonikowo in das 6 . - 7 . Jh. zustimmen können. In die gleiche Zeit führt das Material der Ausgrabung von Szeligi, Kr. Plock (W. Szymanski 1962, S. 76fF.). Unter dem durch mehrere völkerwanderungszeitliche Metallfunde in das 6 . - 7 . J h . datierten Material befindet sich zwar keine Keramik des Tornower Typus im eigentlichen Sinne, jedoch weist ein Gefäß (W. Szymanski 1962, Abb. 6) eine sorg-
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fältig ausgeführte Gurtverzierung in Kombination mit Winkelband auf. Das Gefäß ist abgedreht und hat die Form eines verwaschenen Doppelkonus mit ausladendem Rand. Die Ergebnisse der neueren polnischen Forschung haben die schon früher vorgenommene Datierung der Burgwälle und Siedlungen mit Keramik vom Tornower Typ in Niederschlesien bestätigt. E. Petersen datierte den Burgwall von Klenica (Kleinitz) auf Grund typologischer Erwägungen in das 7. J h . (E. Petersen 1937, S. 72). K. Langenheim konnte nach einer Grabung in Gostyn (Gustau) diese Datierung durch entsprechende Metallfunde erhärten (1939, S. 104ff.; E. Petersen 1939, S.63ff.; S. 160). Die Datierung des Tornower und Vorberger Fundmaterials selbst in das 7. bis spätestens frühe 9. J h . konnte dank einer Reihe von Metallfunden oben wahrscheinlich gemacht werden. I n dem Burgwall von Sielow, Kr. Cottbus, fand sich neben der Keramik vom Tornower Typus auch ein Hakensporn mit nach außen umgeschlagenen Schenkelenden (Mus. Cottbus), der von J . 2ak 1959 in das 10. J h . datiert worden ist (S. 95, Nr. 25). Bedauerlicherweise sind die Fundstücke vom Tornower Typus aus dem Fundverband des Pennigsberges bei Mittenwalde nicht mehr einzuordnen. Immerhin ist der Pennigsberg, wie der Fund einer im Stil Salin I I verzierten Riemenzunge und ein Hakensporn ergeben haben, seit dem 7. J h . besiedelt gewesen (E. Petersen 1939, S. 188; B . K r ü g e r 1960, S. 49ff.; A. v. Müller 1963, S. 171ff.). Ein weiterer Hakensporn fand sich im Burgwall von Stargard Gubinski (Niederlausitzer Mitteilungen III, H. 1, 10, Nr. 5). J . Zak datiert den Fund in die Mitte des 9. J h . (1959, Nr. 30; Taf. VII/4). Der Überblick ergab, daß in dem Bereich, in dem die Keramik vom Tornower Typus als charakteristische Keramik auftritt, ihre Anfangsdatierung in das 7 . - 8 . Jh. durch einige Metallfunde gesichert erscheint 8 ). Gleichzeitig zeigt sich, daß auch in Fundverbänden, die für spätere Jahrhunderte charakteristische Funde enthalten, die Tornower Keramik noch vorkommt. Das war anscheinend besonders im mittleren Odergebiet der Fall. I n Arensdorf war die Tornower Keramik, nach der großen Zahl von Oberflächenfunden im Museum Fürstenwalde und Potsdam zu urteilen, für das Burg- und Siedlungsinventar geradezu charakteristisch. Gleichfalls aus dem Burg-Siedlungskomplex Arensdorf jedoch sind auch Sporen vom Typ I I nach Z. Hilczeröwna (1956, S. 34ff.), die in das 11. J h . gehören, bekannt. Ins 11. J h . ist auch der Spinnwirtel aus Owrutscher Schiefer zu setzen, der hier von W. Binder gefunden worden ist (J. Herrmann 1960, S. 139fF.). Bedauerlicherweise ist das reiche Material aus den Oderburggrabungen von W. Unverzagt für chronologische Zwecke infolge fehlender Metallfunde und Verlust der Unterlagen über die stratigraphischen Verhältnisse nicht für die Zeitstellung des Tornower Typus auswertbar. Die aus dem polnischen und lausitzischen Material gewonnene Datierung des Tornower Typus in das 7. und 8. J h . wird erhärtet durch das vereinzelte Auftreten der Keramik dieses Typus in anderen Fundverbänden außerhalb seines eigentlichen Verbreitungsgebietes. G. Neumann (1960, S. 240f.) stellte ein Gefäß dieser Art unter dem Material des Burgwalles auf dem Johannisberg bei Jena-Lobeda fest. Dieser Burgwall ist zugleich der westlichste Burgwall in Thüringen und der westlichste mit Keramik, die dem Tornower Typus entspricht, überhaupt. Das schalenförmige Gefäß kommt dort im Fundverband mit Keramik vor, die an den Prager Typ, ebenso aber auch an die sogenannte mittelslawische Keramik anknüpft. G. Neumann datiert den Burgwall auf Grund historischer Erwägungen im wesentlichen in das 8 . - 9 . J h . (751-937). Einen weiteren sicheren Anhaltspunkt für die Datierung bieten die Ausgrabungsergebnisse von Hamburg. I n der Schicht b wurde bei der Domgrabung neben Keramik, die vor8
) Die Ergebnisse der polnischen Ausgrabungen im Süden Großpolens und in Schlesien führten Z. Hilczeröwna (1963) zur Absonderung einer besonderen keramischen Gruppe von der Gruppe A des polnischen Schemas der slawischen Keramikentwicklung. Diese Gruppe, von Z. Hilczeröwna als A 1 bezeichnet, kommt in Südwestpolen vor und enthält neben handgemachter Keramik der Gruppe A andere scheibengedrehte Keramikformen, die nach Meinung von Z. Hilczeröwna in irgendeiner Art die Tradition der spätrömischen Keramik fortzuführen scheinen. Zu dieser Gruppe AI rechnet Z. Hilczeröwna auch Formen, die dem Tornower Typus entsprechen (Abb. 1, S. 323).
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wiegend an entsprechende Formen des Elbgebietes anzuschließen ist, auch ein Gefäßrest gefunden, der Anklänge an die Keramik von Tornow, Form A 3 besitzt (R. Schindler 1959, S. 190, Abb. 2/1; derselbe 1957, S. 22, Abb. 4/17). Die slawische Schicht b in H a m b u r g ist in die Zeit u m 800 datiert. Auch unter dem Material der früslawischen Siedlung von DessauMosigkau (7. Jh.) (B. Krüger 1964) ist vereinzelt Keramik vom Tornower Typus vorhanden. Die Streufunde an der westlichen Peripherie des slawischen Siedlungsgebietes an der Saale bzw. Elbe sichern eine Datierung des Tornower Typus in das 8. J h . oder schließen sie doch nicht aus. Ebenso sicher wie der Tornower Typ im 8. J h . vorhanden gewesen ist, ebenso sicher steht auch seine längere Dauer bis in das 10. oder gar den Beginn des 11. J h . fest (H. A. Knorr 1937, S. 138). Außer den Funden von Arensdorf spricht f ü r diese lange Chronologie das Vorkommen eines Gefäßes dieses Typus auf der Dominsel in Poznan in der Schicht IVc, die in die Mitte des 11. bis in das 13. J h . datiert wird (W. Hensel 1961, S. 210, Taf. 8/8), und in der Schicht VI unter dem Dom, die vor 968 liegt, nach Z. Pieczynski (1963, S. 247) jedoch erst in der Mitte des 10. J h . beginnt. Dagegen ist das Münzgefäß von Sonnewalde, K r . Finsterwalde (H. A. Knorr 1937, S. 138; S. 22, Abb. 19) nicht zum Tornower Typ zu zählen. E s ist sowohl in der Form wie auch im H a b i t u s anders gebildet; es belegt jedoch das Fortbestehen der Tradition der plastischen Wulstung bis in die Mitte des 11. J h . Die relativ kleine Anzahl von datierten Fundgruppen erlaubt noch kein abschließendes Urteil über die Länge des Zeitraumes, in dem die Keramik vom Tornower Typus f ü r die obengenannten Stammesgebiete der Lusizi, Selpoli u n d Dadosane charakteristisch war. Auffallend ist immerhin das Fehlen jeglicher Spur dieser Keramik im 10. J h . in Meißen (W. Coblenz 1962, S. 94/95). Meißen war seit 968 Bistumssitz und Sitz des deutschen Markgrafen, dem die Lausitz unterstand und an den sie Tribut und Zehnt lieferte. Wir meinten oben, daß das Fehlen dieser Keramik in Meißen auf ihre starke Stammesgebundenheit zurückzuführen ist. Das gilt f ü r alle Fundverbände, in denen Tornower Keramik als charakteristisch hervortritt, schließt aber nicht aus, daß einzelne Gefäßreste bei der in anderem Zusammenhang bezeugten Abgabenlieferung in Tongefäßen mit diesen Abgaben auch hierher gekommen sein müßten. Da Tornower Keramik hier dennoch nicht vorkommt, möchte man folgern, daß sie im 10. J h . bereits weitgehend im Verschwinden begriffen war. E s ist bei dem derzeitigen Forschungsstand jedoch noch nicht endgültig möglich, eine sichere obere Zeitgrenze für das massenweise Auftreten des Tornower Typus zu erhalten. Zusammenfassend darf mit der Ausbildung der Keramik vom Tornower Typus im 7. bis 8. J h . gerechnet werden, während im 9. —10. J h . schon ihr Rückgang einzusetzen scheint.
3. Die Herkunft des Tornower
Typus
Nachdem es gelungen ist, den Beginn des Tornower Typus in das 7., vielleicht in einigen Gebieten schon in das 6. J h . zu datieren (Z.Rajewski 1955, S. 197 datiert Bonikowo ,,in das 6., vielleicht sogar in die Übergangszeit vom 5. zum 6. J h . " ) , besteht die Möglichkeit, die kulturelle und traditionelle Stellung dieser Keramik zu erörtern. Nach dem bisherigen Forschungsstand durch höchstens 100—150 J a h r e von der schlesischen Keramik der Völkerwanderungszeit getrennt, ist die Auffassung ausgesprochen worden, daß das Fundmaterial der oben genannten schlesischen Burgwälle an das Fundmaterial der Völkerwanderungszeit anzuschließen sei (vgl. dazu erstmalig E . Petersen 1937, S. 59ff., S. 70): „Offensichtlich ist hier eine im feintonigen gedrehten Geschirr der Völkerwanderungszeit beliebte Fasenbildung auf gröberen Ton übertragen und h a t sich in die frühgeschichtlich-slawische Zeit hinein v e r e r b t " . I n der T a t kommen in der völkerwanderungszeitlichen Keramik Schlesiens Formen vor, von denen typologisch eine Ableitung des Tornower Typus ohne weiteres möglich ist. Verwiesen sei auf die Zusammenstellung von W. Boege 1937, besonders auf das plastisch verzierte Gefäß
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von Niemcza (Nimptsch) (S. 48, Abb. 2/13). Die horizontale Gliederung der Gefäßoberteile ist charakteristisch für diese Keramik, die plastische Gurtung ist auch bei Krausengefäßen nicht selten. Übereinstimmung bestand offenbar auch in der Herstellungstechnik, wie der Fund von Rososznica, Kr. Zabkowice (Olbersdorf) zeigt. Unter völkerwanderungszeitlichen Gefäßresten befand sich auch ein Bodenstück mit einem für den Tornower Typus geradezu charakteristischen Achseindruck (W. Boege 1937, S. 51, Abb. 5/7). Einen ähnlichen Achseindruck wies der Boden eines völkerwanderungszeitlichen Krausengefäßes von P^pice, Kr. Brzeg (Pampitz) auf (W. Boege 1937A, S. 272f.). Unter den Siedlungsfunden von Pgpice befand sich auch ein Gefäß mit plastischer Gurtung, die allerdings auch die Wandung unterhalb des Umbruches noch bedeckte. Achseindrücke fanden sich auch auf der Keramik aus der Siedlung von Koscieliska, Kr. Olesno (Hedwigstein), die von Z. Trudzik in Fortführung der von F. Hufnagel begonnenen Ausgrabung (1940, S. 84—112) untersucht worden ist 9 ). Während F. Hufnagel zwei Siedlungsperioden durch einige Überschneidungen von Hausgruben erkannte, konnte J . Trudzik in der neuen Grabung zeigen, daß beide Keramikarten nebeneinander in ein und demselben Haus in Gebrauch waren. Er datiert — auf Grund typologischer Analyse — die Siedlung in das 5. J h . Die Häuser in Koscieliska waren Halbzemljanken mit Pfosten auf der Schmalseite. Zur Dobrodziener Gruppe (Guttentager Gruppe) gehörten die Grabfunde von Olsztyn. In einem Gräberfeld des 4 . - 5 . Jh., das dem von Dobrodzien in der Anlage entsprach, lag u. a. gute Drehscheibenware und handgearbeitete Keramik. Die Drehscheibenkeramik ist graugelb im Ton, ein doppelkonisches Gefäß, das zwar deformiert aber doch weitgehend ganz erhalten war (H. ca. 11 cm), weist auf der Wandung oberhalb des Umbruches kräftige plastische Gurtung auf, die unterhalb des ausladenden Randes aufhört. Die doppelkonischen Typen mit ausladendem Rand kamen recht häufig vor, waren zumeist jedoch unverziert (Material im Museum Bytom; J . Szydlowski 1963, S. 306ff.; 1964, S. 42ff.). Unter der in das 6. J h . durch ein awarisches Gürtelblech datierten grauen Keramik der Siedlung von Chorula, Kr. Krapkowice (Mus. Bytom) kamen Krausengefäße, hohe unverzierte Töpfe, Gefäße mit Verzierung des Mündungsrandes und auch Gefäßböden mit Achseindrücken auf grob gebrannter Keramik vor. Krausengefäße waren z. T. in Handarbeit hergestellt und wiesen den Ton der übrigen groben Keramik auf. Hin und wieder fanden sich Reste von großen Lehmwannen. So gibt es im schlesichen und kleinpolnischen keramischen Material der Völkerwanderungszeit (vielleicht muß auch noch das Gebiet um Krakau als Ausgangsgebiet für die Keramik vom Tornower Typus einbezogen werden) 10 ) eine Vielzahl von Formen, an die die Keramik vom Tornower Typus direkt oder doch von der Technik der Herstellung gesehen anzuschließen ist. Für eine breitere Grundlage, die Aufbau, Form und Verzierung der Tornower Keramik in der völkerwanderungszeitlichen Keramik fanden, zeugt der Fund von Noslac in Siebenbürgen. In einem Gräberfeld des 6 . - 7 . J h . gab es sowohl gut gedrehte graue Keramik aus feinem Ton wie auch Keramik aus grobgemagertem Ton, die jedoch auf der Drehscheibe 9
) Muzeum Slaskie Wroclaw; Z. Trudzik 1959, S. 69 ff.; besonders ein doppelkonisches Gefäß von etwa 25 cm Höhe, 9 cm Mündungsdurchmesser, 12 cm Bodendurchmesser, grau-rosa in der Farbe, der Ton grob gemagert. Die charakteristische Gurtung liegt oberhalb des Umbruches. In der Form entspricht es in allen Einzelheiten dem Tornower Typus. Vgl. zu dieser Problematik der Verbindung ähnlicher Formen mit völkerwanderungszeitlichen Funden in Schlesien jetzt besonders J. Kostrzewski 1965. 10 ) Dazu L. Gajewski 1959, S. 101 ff.; A. Niew?gloski 1962, S. 107ff. mit Literatur. Immerhin sind in diesem Gebiet ausgesprochene Vorformen des Tornower Typus und dieser selbst in späterer Zeit nicht nachgewiesen. Vielmehr wird hier die älteste slawische Keramik von hohen eiförmigen Töpfen repräsentiert, die abgedreht sind. Dazu J. Machnik 1957, S. 314ff. So hat die Drehscheibe auch hier die Völkerwanderungszeit überdauert und ist in die Produktion der frühmittelalterlichen Keramik übernommen worden. Als erster dazu T. Reyman 1936, S. 173ff. Neue Literatur und zusammenfassend K. Jazdzewski 1958, S. 153ff.; W. Hensel 1959, S. 200ff. Z. Hilczeröwna 1963 faßt in der Gruppe A 1 sowohl diese südpolnischen Formen wie auch die Formen vom Tornower Typus zusammen.
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hergestellt und hart gebrannt worden war. Der Oberteil des Doppelkonus ist von spiralig verlaufenden Gurtfurchen verziert. In Aufbau, Form und Verzierung entsprechen die auf diese Weise entstandenen Gefäße dem Tornower Typus (M. Rusu 1962, Abb. 5/6). Anscheinend gab es also in der Völkerwanderungszeit mehrere Gebiete, in denen die Vorformen der Tornower Keramik erzeugt wurden. Zur typischen slawischen Keramik vom Tornower Typus bildete sie sich jedoch nur in den oben genannten Gebieten an der mittleren Oder fort. Freilich ist nicht zu übersehen, daß trotz aller Neufunde der letzten Jahre, deren Publikation noch weitgehend aussteht, die Verbindungslinien gerade in den ersten Anfängen sichtbar werden. Die Enddatierung der grauen Keramik ist immer noch nicht völlig geklärt (vgl. A. Niew^gloski 1962, S. 107ff.), die Übergänge, die von ihr zur weniger sorgfältig gearbeiteten, gröber gemagerten Keramik führen, sind nicht immer sicher zu verfolgen. Nichtsdestoweniger dürfen wir nach den bisherigen Funden mit guten Gründen den Ursprung der Tornower Keramik in der völkerwanderungszeitlichen Produktion dieser Gebiete, vor allem Schlesiens, suchen. Von hier wurde die Art der Herstellungstechnik und die Formgebung der Gefäße einschließlich der plastischen Gurtung ganz entschieden angeregt und bestimmt. Der Tornower Typus ist die Keramik, die die völkerwanderungszeitlichen Traditionen der gut gearbeiteten Drehscheibenware bis zu einem gewissen Grade bewahrt und in Niederschlesien und in der Lausitz im 7 . - 9 . J h . zu eigener Ausbildung gebracht hat. Dabei bleibt der ethnische Hintergrund der Überlieferung dieser vollkommeneren Technik an die drei genannten slawischen Stämme bei dem derzeitigen dürftigen Fundmaterial noch außerordentlich problematisch und erst nach neuen, umfassenden Ausgrabungsergebnissen zu entscheiden. Andererseits setzte die Tornower Keramik als Drehscheibenkeramik auf verhältnismäßig hohem Niveau offenbar eine geeignete Produktionsform und gesellschaftliche Organisationsform voraus. Diese Form gab sich in Tornow zum erstenmal zu erkennen als dörfliche, an eine Burgsiedlung gebundene Werkstattproduktion. Daneben bestand eine große Anzahl kleinster Keramikhersteller, die offenbar innerhalb ihrer familiären Produktionseinheiten für den Eigenbedarf töpferten. Im allgemeinen ist der Tornower Typus wohl das Ergebnis einer Töpfereiproduktion auf der Grundlage des Dorfhandwerkes.
V. Die geschichtliche Bedeutung der Burgen von Tornow und Vorberg A. Das Stammesgebiet der Lusizi Im Norden des Lausitzer Grenzwalles und im wesentlichen im Süden und Südwesten des Spreewaldes wohnten die Lusizi. Dieses Gebiet war bereits in altslawischer Zeit verhältnismäßig dicht besiedelt. Besonders charakteristisch ist die sehr starke Häufung von Burgwällen auf engstem Raum. Sie liegen oft nur 3—4 km voneinander entfernt. Zumeist gehören sie in die altslawische Zeit (Abb. 52). I n jungslawischer Zeit gab es nur wenige Burgen in der Niederlausitz. Dazu gehörten der Schloßberg bei Burg und das Burglehn bei Lübben/Steinkirchen, die im Osten des Gebietes der Lusizi an alten Spreewaldpässen lagen. Beide sind in der Zeit deutsch-polnischer Kämpfe um die Lausitz (1002—1033, Thietmar V/9, 18 u. a.) angelegt worden. Die Errichtung von Burgen an den östlichen Zugangswegen der Lausitz dürfte im Zusammenhang mit dem Aufbau einer polnischen Burgenorganisation in diesem zeitweilig
Abb. 52. Karte der altslawischen Fundplätze der Niederlausitz
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zum polnischen Staat gehörenden Gebiet erfolgt sein 1 ). Im Westen der Lausitz sind zwei Burgen bekannt, die in diesen Kämpfen von deutscher Seite eine Rolle spielten: Gehren an der Westgrenze der Lausitz (. . . ad Luzici pagum, in cuius fronte urbs quaedam Jarina stat. — Thietmar VI/57) und Liubusua. Während Gehren von deutscher Seite als ausgedehnte dreieckige Höhenburg anscheinend aus wilder Wurzel angelegt worden ist 2 ), war Liubusua ein altslawisches Burgzentrum, das 932 durch Heinrich I. zerstört wurde (Thietmar 1/16). Heinrich II. ließ die Burg im Januar 1012 wieder aufbauen. Sie unterlag jedoch dem ersten polnischen Angriff am 20. August 1012 (Thietmar VI/80). Die Burgen von Burg, Lübben und Gehren unterscheiden sich in Form, Größe und Zeitstellung von der großen Mehrzahl der anderen älteren Burgwälle der Lusizi, die alle im Niederungsgelände angelegt wurden, rundliche Formen und kaum mehr als 30—40 m Durchmesser aufwiesen. Während die drei zuerst genannten Burgen in die Zeit gehören, in der die politische Selbständigkeit der Lusizi dem deutschen oder polnischen Feudalstaat zum Opfer gefallen war und ihr Gebiet ein staatliches Territorium des einen oder anderen Feudalstaates bildete 3 ), gehören die zahlreichen kleinen Burgwälle — etwa 20 lassen sich zählen (Abb. 52) — in die Periode der eigenständigen gesellschaftlichen und politischen Entwicklung. Zu diesen Burgen sind auch die beiden Burganlagen von Tornow und Vorberg zu rechnen. Das Stammesgebiet der Lusizi zerfiel in drei größere Siedlungsgruppen: eine westliche im Luckauer Becken an dem Flüßchen Berste, eine mittlere an Dobra und Schräke bis zum Spreewald zwischen Lübben und Lübbenau. In diesem Teil lagen die Burgen von Tornow und Vorberg. Eine östliche Siedlungsgruppe lag im Süden des Oberspreewaldes bis in die Gegend von Cottbus (Karte Abb. 52). Diese Siedlungszentren und das Siedlungsgebiet der Lusizi als Ganzes waren von ausgedehnten Wäldern umgeben, die sich gegen Süden z. B. über 50 km Breite erstreckten und erst in jungslawischer Zeit vereinzelt aufgesiedelt worden sind (O. F. Gandert 1934, S. 107ff.). In diesen Grenzwäldern waren noch einige Siedlungskammern eingestreut, die ebenfalls zu Lusizi gezählt wurden: Doberlugk im Südwesten (Thietmar VI/22), Möllendorf/Finsterwalde im Süden und Leibsch und Trebatsch im Norden 4 ). Auf dem Schloßberg in Burg wurde in einer noch in Besten erhaltenen jungbronzezeitlichen Anlage eine kleinere slawische Burg von etwa 70 m Durchmesser in der Zeit um 1000 erbaut — A. Götze, PZ IV, 1912, S. 269ff.; Lübben entstand an einem im ganzen Mittelalter benutzten Paß über die Spree im Norden des Oberspreewaldes, der einen Zutritt zur Lausitz vor allem vom mittleren Odergebiet her erlaubte. Das Burglehn von Lübben hat bisher nur jungslawisc'he Keramik ergeben. Die Befestigung der Burg wies drei Bauphasen auf. Vgl. dazu R. Virchow, ZfE 1871, S. 103; ZfE 1880, S. 163. Nach den Ausgrabungsergebnissen von Weineck (ZfE 1889, S. 516ff.; NM 1, 1889, S. 524ff.) war der erste Wall in Rostkonstruktion aus gespaltenen Eichenstämmen erbaut; außer wenigen altslawischen Gefäßresten fand sich hart gebrannte Drehscheibenkeramik. Auch der zweite Wall war in Rostkonstruktion aufgeführt, während die letzte Befestigung aus dem 12./13. Jh. aus einer Steinmauer bestand. Die erhaltenen oder identifizierbaren beschriebenen Funde sind jungslawisch und frühdeutsch: Mus. Potsdam 1955; 3; 1955; 1958; 1950: 10. 2 ) Ausgrabungen unter der Aufsicht von W. Unverzagt (NB11941, S. 254) wiesen eine in Kastenbauweise errichtete einschichtige Holz-Erdemauer nach. Es wurde in der dazu gehörenden Burg vor allem jüngere altslawische und frühdeutsche Keramik, jedoch keine vom Tornower Typus gefunden. Gehren hat also kaum vor der zweiten Hälfte des 10. Jh. bestanden. — K. H. Marschalleck 1944, S. 241; Funde im Mus. Luckau. Im späten 12. oder 13. Jh. wurde das Gelände der Burg erneut besiedelt — Götze-Archiv, Steinsburg bei Römhild. Ein Neubau der Befestigung fand jedoch anscheinend in dieser Zeit nicht mehr statt — Restbestände der Grabungsakten im Inst. 3 ) Wahrscheinlich schon 932 mit der Eroberung von Liubusua von Heinrich I. unterworfen (Thietmar 1/16), 948 zur Diözese Brandenburg gerechnet (F. Curschmann 1906) unterwarf Markgraf Gero 963 die Lausitz erneut (Thietmar 11/16; Widukind III/66ff.). Seit dieser Zeit gehörte die Niederlausitz zum deutschen Reich (G. Labuda 1960). 1002 erhielt Boleslaw Chrobry von Polen die Lausitz und das Milzenerland als Lehen (Thietmar V/18). Die folgenden Kämpfe zwischen deutschem und polnischem Feudalataat um die Lausitz, das Milzenerland und die Mark Meißen bis zur Elbe vgl. vor allem bei Thietmar. W. Coblenz, Slavia antiqua X, 1963. 4 ) Die Lage der beiden 1004 erwähnten Burgwardien Triebus et Liubocholi (MG DD H II, 83a) ist nicht völlig gesichert. Liubocholi ist auf Grund der 1179 miterwähnten Orte sicher südlich des Neuendorfer Sees zu suchen (Leibsch?) — Quellen zur ältesten Geschichte des Städtewesens in Mitteldeutschland I, Weimar 1949, S. 32. W. Schlesinger, Kötzschke-Festschrift 1937, Karte, kartiert Liubocholi bei Leibsch, Triebus bei Trebatsch am Schwielochsee. Von R. Moderhack 1936, S. 24 wird Triebus in Trebbus b. Sonnenwalde vermutet.
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Die Bodenverhältnisse in diesem verhältnismäßig geschlossenen Siedlungsgebiet der Lusizi waren nicht besonders günstig. Das Ackerland hat heute im Durchschnitt die Wertzahlen 5—6, besserer Boden mit der Wertzahl 4 ist selten (W. Kasch, W. Jacke, K. Knotte 1952; R . M a t z 1956; C.Schott 1955). Durch jahrhundertelange Düngung oder lokal begrenzte Meliorationen ist höchstens eine Aufbesserung erfolgt, und die Bodengüte darf daher für die altslawische Zeit sicherlich nicht höher veranschlagt werden. Die Lusizi werden zum ersten Mal in der Mitte des 9. Jh. in der schriftlichen Überlieferung erwähnt. Der sogenannte Bayerische Geograph berichtet, daß zu ihrem Gebiet 20 civitates — d. h. Burgbezirke — gehörten (B. Horak, D. Travnicek 1956). Mit großer Wahrscheinlichkeit waren auch Tornow und Vorberg Vororte derartiger Civitasbereiche oder Burgbezirke. Damals wurden die Lusizi nicht zu den Sorben im Elbe-Saalegebiet gerechnet. Sie bildeten ebenso wie die Milzener in der Oberlausitz anscheinend einen selbständigen politischen Verband. In der archäologischen Kultur der Lusizi gibt es einige Züge, die darauf hinweisen, daß diese Eigenständigkeit und ihre Unterscheidung von den Sorben des Elbe-Saalegebietes in älterer historischer Tradition begründet war. Die Analyse der Keramik vom Tornower Typus zeigte deren ausgesprochene Gebundenheit an die Gebiete der Lusizi, Selpoli, Dadosane und eventuell Milzener. Die Herstellung dieser Keramik scheint — mindestens teilweise — Aufgabe von dörflichen Spezialisten, wohl Dorfhandwerkern, gewesen zu sein (oben S. 59). I m Gegensatz dazu herrschte im benachbarten sorbischen Elbe-Saalegebiet in ältester Zeit die einfache, fast kaum auf der Drehscheibe hergestellte Keramik vom Prager Typus 6 ). Die Sitte der Brandbestattung in Urnen vom Prager Typus und in großen Gräberfeldern, die für das sorbische Elbe-Saalegebiet charakteristisch war, ist außerhalb dieses Gebietes nicht bekannt 6 ). I n der benachbarten Lausitz findet sich nicht der geringste Hinweis auf eine solche Grabsitte in altslawischer Zeit. Weiterhin entwickelten die Dadosane, Selpoli und Lusizi anscheinend ein besonderes Eisenschlüsseläquivalent, das bei anderen Stämmen westlich der Oder keine Verbreitung fand (oben S. 108). I n den vier von der Keramik des Tornower Typus eingenommenen Gebieten der Lusizi, Dadosane, Selpoli und Milzener bestanden in altslawischer Zeit verhältnismäßig kleine Burganlagen von höchstens 30—40 m Durchmesser des Innenraumes. Sie lagen z. T. in enger Nachbarschaft beieinander. I n der Lausitz und in Selpoli sind sie ausschließlich in der Niederung angelegt worden, in Dadosane und dem Milzenerland dagegen häufiger auf höherem Gelände, auf Bergvorsprüngen oder Berkuppen 7 ). Die Wälle dieser Burgen waren in Rostkonstruktion aufgebaut (Tornow, Vorberg, Uckro 8 ), Klenica (Kleinitz — E. Petersen 1937), Popeszyce (Poppschütz — M. J a h n 1938) und vielleicht auch Brohna (W. Coblenz 1951). I n Tornow und Vorberg ließen sich Asthaken als Bauelemente nachweisen (oben S. 15, 97). Allerdings ist die Anzahl der untersuchten Burgen noch recht gering, und daher läßt sich die Art und Weise der Anordnung der Innenbebauung bisher kaum vergleichen. Einen anderen Aufbau hatten jedoch die Burganlagen im sorbischen Elbe-Saalegebiet. Abgesehen davon, daß hier die Höhenburgen dominierten, waren die Burgen dort zumeist wesentlich größer. P. Grimm (1960, S. 18) stellte für die Burg5
) Zur Keramik vom Prager Typus in Mitteldeutschland vgl. u. a. H. A. Knorr 1939; Th. Voigt, NB11942; PZ 1959 zusammenfassend. W. Hoffmann, PZ 1959 über Dessau-Mosigkau. B. Krüger 1964. B. Schmidt 1960 mit älterer Literatur. 6 ) Die einzige Ausnahme bildet das kleine Gräberfeld von Prützke, Kr. Brandenburg. Seine Entstehung wurde auf einen sorbischen Nordvorstoß über den Fläming zurückgeführt (W. Unverzagt, J. Herrmann, AuF 3, 1958, S. 107ff.; Th. Voigt, P Z 37, 1959, S. 157ff.). 7
) Zu den Burganlagen der Lusizi, Selpoli und Milzener vgl. die Burgwallkartei im Inst. Der Band über die Bezirke Frankfurt und Cottbus des Handbuches Vor- und frühgeschichtlicher Wall- und Wehranlagen, in dem ausführlich die Burgen der Selpoli und Lusizi behandelt werden, wird durch den Verfasser vorbereitet. Zu den Burgen der Milzener vgl. W. Coblenz 1951, 1955, 1960 mit älterer Literatur. Grabungsunterlagen, Ortsakten und Funde vor allem in den Museen Bautzen, Görlitz und Dresden. Zu den Burgen der Dadoäsane: K. Langenheim 1937, 1939; E. Petersen 1937; M. Jahn 1937. Burgwallkartei im Mus. Wroclaw. a ) Beobachtung des Verfassers 1960 während der Geländearbeiten für die Burgwallaufnahme. 9
Herrmann, Tornow und Vorberg
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JOACHIM HBRRMAKN
mittelpunkte der sorbischen civitates z. B. durchschnittliche Größen von über 100 m Durchmesser des Innenraumes fest. Die Art und Weise der Wallkonstruktion ist bisher nur schwer zu vergleichen, da aus dem sorbischen Elbe-Saalegebiet nur geringe Anhaltspunkte vorhanden sind. Typisch war im Elbe-Saalegebiet die Verwendung von Steintrockenmauern als Blendmauern vor Wällen, die teilweise in Holzkastenkonstruktion9) oder anderer Holz-Erdekonstruktion aufgebaut waren10). In einigen Fällen scheinen weitgehende Übereinstimmungen der Wallbauweise des Elbe-Saalegebietes mit böhmischen Burgen bestanden zu haben (M. Solle 1953, S. 347ff.). So ergibt sich mit ziemlicher Gewißheit, daß in altslawischer Zeit die Lusizi, Selpoli, Dadosane und eventuell Milzener ein besonderes kulturelles und sozialökonomisches Gebiet bildeten, das im Zusammenhang mit oder bald nach der Wanderzeit entstanden ist. Es ist gegenwärtig geographisch am besten durch die kompakte Verbreitung der Keramik vom Tornower Typus in kleinen Burganlagen von 20—40 m Durchmesser abzustecken (Abb. 51). Für die in der Frühzeit zwischen Sorben des Elbe-Saalegebietes und Milzenern und Lusizi bestehenden Unterschiede scheinen auch die neuesten Ergebnisse namenkundlicher Forschung zu sprechen. Namen wie Kosobody, Krolupy, Tupadly sind typisch sorbische Altnamen in den Gebieten westlich der Elbe. Sie fehlen östlich der Elbe. Namen wie Radogosc usw. sind in der Oberlausitz seltener als in den Altlandschaften an und westlich der Elbe ; zweigliedrige Namen fehlen in der Lausitz. Auch die Pluralbezeichnung Podgrodici, die im sorbischen Gebiet an Elbe und Saale mehrfach in den Ortsnamen vorkommt, ist in der Lausitz unbekannt (E. Eichler 1961, S. 32f.; S. 43f.; 1963, S. 811ff.).
B. Die historische Bedeutung der Burg A von Tornow Das Ergebnis der Ausgrabungen war, kurz zusammengefaßt, folgendes: Hinter einem starken, in Rostkonstruktion unter Verwendung von Asthaken erbauten Wall befanden sich 30—35 kasemattenartige An- oder Einbauten von etwa 2,40 m Tiefe und jeweils 3—4 m Länge. Diese Bauten wurden nur zeitweise aufgesucht. Es fanden sich in ihnen keine Spuren ständiger Benutzung oder ständigen Wohnens. Sie umgaben einen freien Innenhof von 25—26 m Durchmesser, in dessen Mitte ein Brunnen lag. Außerdem befand sich an der nordwestlichen Hofseite ein Mahlhaus. Das einzige Gebäude in der Burg, das anscheinend ständig bewohnt oder benutzt wurde, lag am Tor. Bei Ausbruch der Brandkatastrophe, die die Burg vernichtete, fielen hier größere Vorräte und andere Gegenstände des täglichen Gebrauches (oben S. 21) der Vernichtung anheim. Burgaufbau und Fundumstände zeigen, daß in der Burg höchstens eine kleine Gruppe von Menschen, vielleicht eine Familie, ständig im Haus am Tor wohnte und die Burg bewachte oder verwahrte (Burgverweser). Die übrigen Unterkünfte waren weiteren Bevölkerungsgruppen, vielleicht Familien vorbehalten. Die Länge der Verteidigungsfront der Burg betrug etwa 160 m. Für die böhmische Fürstenburg Kourin hat M. Solle (1963, S. 73) für je 5 m Verteidigungslinie einen Verteidiger gerechnet. Wird dieser Wert den Tornower Verhältnissen zugrunde gelegt, so ergäbe das etwa 33 notwendige Verteidiger oder einen Verteidiger pro Kasematte. Das führt zu der Überlegung, ob vielleicht für die Verteidigung der 30—35 Wallsektionen jeweils eine Gruppe mit vielleicht 1 — 2 Männern verantwortlich war, die auch die an den Wall angebauten Unterkünfte in Notzeiten benutzte. Dem ständigen Burgverweser, der im Gebäude am Tor wohnte, ) P. Grimm 1958, S. 76f.; H. Vogt, W. Baumann 1960, S. 101; W. Coblenz, Die Wiprechtsburg bei Groitzsch. Arbeitstagung „Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" des Inst. f. Vor- und Frühgeschichte der DAW Berlin 1. bis 6. 10. 1962, S. 74ff. 10 ) W. Coblenz, Burg"berg Zehren. In: Arbeitstagung „Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" des Inst. f. Vor- und Frühgeschichte der DAW, Berlin 1.—6. 10. 1962, S. 71ff.; W. Coblenz, AuF 3, 1958, S. 34ff. 9
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mittelpunkte der sorbischen civitates z. B. durchschnittliche Größen von über 100 m Durchmesser des Innenraumes fest. Die Art und Weise der Wallkonstruktion ist bisher nur schwer zu vergleichen, da aus dem sorbischen Elbe-Saalegebiet nur geringe Anhaltspunkte vorhanden sind. Typisch war im Elbe-Saalegebiet die Verwendung von Steintrockenmauern als Blendmauern vor Wällen, die teilweise in Holzkastenkonstruktion9) oder anderer Holz-Erdekonstruktion aufgebaut waren10). In einigen Fällen scheinen weitgehende Übereinstimmungen der Wallbauweise des Elbe-Saalegebietes mit böhmischen Burgen bestanden zu haben (M. Solle 1953, S. 347ff.). So ergibt sich mit ziemlicher Gewißheit, daß in altslawischer Zeit die Lusizi, Selpoli, Dadosane und eventuell Milzener ein besonderes kulturelles und sozialökonomisches Gebiet bildeten, das im Zusammenhang mit oder bald nach der Wanderzeit entstanden ist. Es ist gegenwärtig geographisch am besten durch die kompakte Verbreitung der Keramik vom Tornower Typus in kleinen Burganlagen von 20—40 m Durchmesser abzustecken (Abb. 51). Für die in der Frühzeit zwischen Sorben des Elbe-Saalegebietes und Milzenern und Lusizi bestehenden Unterschiede scheinen auch die neuesten Ergebnisse namenkundlicher Forschung zu sprechen. Namen wie Kosobody, Krolupy, Tupadly sind typisch sorbische Altnamen in den Gebieten westlich der Elbe. Sie fehlen östlich der Elbe. Namen wie Radogosc usw. sind in der Oberlausitz seltener als in den Altlandschaften an und westlich der Elbe ; zweigliedrige Namen fehlen in der Lausitz. Auch die Pluralbezeichnung Podgrodici, die im sorbischen Gebiet an Elbe und Saale mehrfach in den Ortsnamen vorkommt, ist in der Lausitz unbekannt (E. Eichler 1961, S. 32f.; S. 43f.; 1963, S. 811ff.).
B. Die historische Bedeutung der Burg A von Tornow Das Ergebnis der Ausgrabungen war, kurz zusammengefaßt, folgendes: Hinter einem starken, in Rostkonstruktion unter Verwendung von Asthaken erbauten Wall befanden sich 30—35 kasemattenartige An- oder Einbauten von etwa 2,40 m Tiefe und jeweils 3—4 m Länge. Diese Bauten wurden nur zeitweise aufgesucht. Es fanden sich in ihnen keine Spuren ständiger Benutzung oder ständigen Wohnens. Sie umgaben einen freien Innenhof von 25—26 m Durchmesser, in dessen Mitte ein Brunnen lag. Außerdem befand sich an der nordwestlichen Hofseite ein Mahlhaus. Das einzige Gebäude in der Burg, das anscheinend ständig bewohnt oder benutzt wurde, lag am Tor. Bei Ausbruch der Brandkatastrophe, die die Burg vernichtete, fielen hier größere Vorräte und andere Gegenstände des täglichen Gebrauches (oben S. 21) der Vernichtung anheim. Burgaufbau und Fundumstände zeigen, daß in der Burg höchstens eine kleine Gruppe von Menschen, vielleicht eine Familie, ständig im Haus am Tor wohnte und die Burg bewachte oder verwahrte (Burgverweser). Die übrigen Unterkünfte waren weiteren Bevölkerungsgruppen, vielleicht Familien vorbehalten. Die Länge der Verteidigungsfront der Burg betrug etwa 160 m. Für die böhmische Fürstenburg Kourin hat M. Solle (1963, S. 73) für je 5 m Verteidigungslinie einen Verteidiger gerechnet. Wird dieser Wert den Tornower Verhältnissen zugrunde gelegt, so ergäbe das etwa 33 notwendige Verteidiger oder einen Verteidiger pro Kasematte. Das führt zu der Überlegung, ob vielleicht für die Verteidigung der 30—35 Wallsektionen jeweils eine Gruppe mit vielleicht 1 — 2 Männern verantwortlich war, die auch die an den Wall angebauten Unterkünfte in Notzeiten benutzte. Dem ständigen Burgverweser, der im Gebäude am Tor wohnte, ) P. Grimm 1958, S. 76f.; H. Vogt, W. Baumann 1960, S. 101; W. Coblenz, Die Wiprechtsburg bei Groitzsch. Arbeitstagung „Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" des Inst. f. Vor- und Frühgeschichte der DAW Berlin 1. bis 6. 10. 1962, S. 74ff. 10 ) W. Coblenz, Burg"berg Zehren. In: Arbeitstagung „Aufnahme und Erforschung vor- und frühgeschichtlicher Burgen" des Inst. f. Vor- und Frühgeschichte der DAW, Berlin 1.—6. 10. 1962, S. 71ff.; W. Coblenz, AuF 3, 1958, S. 34ff. 9
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Abb. 53. Tornow. Schematicher Grundriß der Burg A
fiel damit gleichzeitig die Sicherung des zweifellos am stärksten bedrohten Torabschnittes zu. Die Kasematten dürften dann den vor der Burg ständig ansässigen Familien zugeordnet gewesen sein. Selbst wenn man der in der Burg ansässigen Familie eine besondere gesellschaftliche Rolle zuerkennen will, so fand diese anscheinend doch noch ihre Grenzen in der Beschränkung durch die Gemeinschaft. Diese war nicht nur am Bau der Burg beteiligt, sondern ihr stand die gleichberechtigte Nutzung zu. Aus den Berechnungen von P. A. Rappoport (1956, S. 96ff.) über Kiew ergibt sich, daß für den Einschlag und die Verarbeitung von 1 m 3 Eichenholz im Wall etwa 6—10 Tagewerke aufgewendet werden mußten. Für die Aufschüttung von 1 m 3 Erde wurden etwa 1 / 2 bis 1 Tagewerk benötigt. Der Wall der Burg A von Tornow hatte bei einer durchschnittlichen Höhe von 6 m und einer Breite von 7 m ein Volumen von etwa 7500 m3. Etwa die Hälfte davon bestand aus Bauholz. Legt man die oben genannten Normen zugrunde, so müßten 19500 bis 37500 Tagewerke für den Holzeinschlag 9*
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und die Holzverarbeitung im Wall sowie 1875—3750 Tagewerke für die Erdaufschüttung, insgesamt also 21375—41250 Tagewerke aufgewendet werden. Wird vorausgesetzt, daß wenigstens 30—35 Mann daran gearbeitet haben ( d . h . die erschlossene Mindestzahl der Verteidiger), so ergibt das 610—1375 Tagewerke pro Mann, das ist bei 300 Arbeitstagen im J a h r eine Bauzeit von 2—4 Jahren. Sollte es sich bei den Kasematten hinter dem Wall tatsächlich um Familiengaden gehandelt haben, und setzt man pro Familie zwei Arbeitskräfte an, so vermindert sich die Bauzeit auf 1 — 2 Jahre. Es. ist selbstverständlich, daß die oben angegebenen Werte lediglich annähernde Vorstellungen von der Bauzeit und auch vom Arbeitsaufwand vermitteln können. Für exakte Berechnungen fehlen sowohl Angaben über die tatsächlichen Leistungen wie auch über die genaue Anzahl der mitwirkenden Arbeitskräfte. Ähnliche Werte dürften sich für Vorberg Burg A ergeben. Der Arbeitsaufwand für die Erbauung der kleinen Burgen der Lusizi war, abgesehen von den dazu erforderlichen technischen und planerischen Spezialkenntnissen und Spezialarbeiter für die damalige Zeit also nicht unerheblich. Der Aufbau der Tornower Burg A erinnert sehr an die spätmittelalterlichen dörflichen Kirchenburgen in den verschiedenen Gebieten Deutschlands und im rumänischen Siebenbürgen 11 ). Das Zentralgebäude der Kirchenburgen war die Kirche, in Tornow fehlte es. Dagegen lassen sich die kasemattenartigen Anbauten in Tornow sehr wohl mit den Familienspeichern und Unterkünften hinter den Mauern der Kirchenburgen, den Gaden, vergleichen. I m Haus am Tor, das beim Burgbrand zerstört wurde, fanden sich verschiedene Getreidefunde, von denen einige ehemals in Tongefäßen gelegen hatten (Nr. 396, 412, 402, 415, 416, 422, 429, 440, 518). In drei Fällen handelte es sich um Hirse mit der Vorfrucht Roggen (396, 402, 412), einmal um Roggen mit der Vorfrucht Weizen (Nr. 415), dreimal um Roggen mit geringen Hirsebeimengungen (Nr. 416, 429, 440) und einmal um Roggen nach der Vorfrucht Gerste (Nr. 518). In einem Fall ließ sich im Roggen keine Beimengung feststellen (Nr. 422) (unten S.170ff.). Soergibt sich,daß in dem Haus am Tor wenigstens 5 Proben eine verschiedene Zusammensetzung aufwiesen, die auf unterschiedliche Wachstumsbedingungen zurückzugehen scheinen. Anhand des umfangreichen Materials der Burg B ließ sich ein Fruchtfolgezyklus von Gerste/Weizen — Roggen — Hirse ermitteln, der für ein und dasselbe Feld offenbar über längere Zeit bestand (unten S. 173). Außerdem war in einigen Fällen anzunehmen, daß die in der Probe vertretene Ernte die erste auf jungfräulichem Boden war. Die Getreidefunde der Burg A zeigen, daß diese Fruchtfolge wohl schon in dieser Zeit bestand ; im Haus am Tor repräsentierte sich jede Phase dieser Fruchtfolge. Da alle Funde aus einer Ernte stammen, müssen also wenigstens vier verschiedene Felder allein auf Grund des unterschiedlichen Standes der Proben innerhalb des Fruchtfolgezyklus vorhanden gewesen sein, möglicherweise waren es sogar mehrere Felder, auf denen das Getreide gewachsen war. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob alle diese Felder von demjenigen bewirtschaftet wurden, der das Haus am Tor nutzte oder ob sie zu anderen Wirtschaften gehörten und sich nur durch Abgaben, die an den Burgverweser zu entrichten waren, anzeigen. Der geringe Umfang der untersuchten Proben läßt eine sichere Entscheidung nicht zu. Für die letzte Möglichkeit ist geltend zu machen, daß die im Haus am Tor gefundene Keramik, die ebenfalls aus dem Zerstörungsjahr der Burg stammt, auf wenigstens 10 verschiedenen Drehscheiben hergestellt worden ist. Nur zwei Gefäße hatten auf der gleichen Scheibe gestanden (oben S. 26). Da jedoch kaum anzunehmen ist, daß im Bereich der Wirtschaft des Burgverwesers n
) Über ehemalige Kirchenburgen im mittleren Elbgebiet vgl. K. Bischoff, Sachsen und Anhalt 17, 1943, S. 129ff. Einzelheiten über dieses Gebiet sind anscheinend nicht mehr bekannt. Dagegen über Thüringen E. Fritze, Neue Beiträge zur Geschichte des deutschen Altertums. Hsg. von dem Hennebergischen altertumsforschenden Verein in Meiningen. 20. Lieferung. Dorfbilder. Meiningen 1906, mit zahlreichen Beschreibungen und Plänen von Kirchenburgen. Th. Scheffer, Der Kirchenbau in Thüringen. Erfurt 1932; F. Scheven, Die mittelalterliche Befestigung der Dorfkirchen im Regnitzgau. Diss. Erlangen 1914. G. Oprescu, Die Wehrkirchen in Siebenbürgen. Dresden 1961.
Die geschichtliche Bedeutung der Burgen von Tornow und Vorberg
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10 Drehscheiben gleichzeitig in Gebrauch waren, deuten diese Beobachtungen darauf hin, daß auch die Keramik dem Burgverweser von einer größeren Anzahl von Produzenten zufloß. In den Tongefäßen jedoch befand sich das Getreide (Nr. 422, 416, 429). So sprechen mehrere Umstände dafür, daß die Versorgung des Hauses am Tor nicht aus einer, sondern aus mehreren Wirtschaften erfolgte. Die Ursachen, die zur Errichtung der Burg führten, sind im einzelnen wohl kaum zu ergründen. Die Burg wurde anscheinend bereits im Zusammenhang mit der ersten Ansiedlung, wohl zu Anfang des 7. Jh. erbaut. In der gleichen Zeit geschah die Errichtung der Burg A von Vorberg und vielleicht mancher anderer, bisher nicht untersuchter Burg, deren Reste sich heute unter den 20 Burgwällen der Niederlausitz verbergen. Der Burgenbau ist in altslawischer Zeit eine häufige Erscheinung, d. h. die politischen und sozialen Unsicherheiten in dieser Zeit waren latent. Es ist nicht anzunehmen, daß der Burgenbau durch einen einmaligen Einfall eines fränkischen Heeres, eines Heeres aus dem Samoreich in Böhmen/ Mähren oder aus dem Großmährischen Reich hervorgerufen wurde 12 ). Mehr Wahrscheinlichkeit kommt der Annahme ständiger Auseinandersetzungen zwischen den benachbarten Stämmen zu. Vielleicht fanden auch innere Stammesfehden zwischen der Gentilaristokratie statt. Auf jeden Fall war es eine durch Waffenlärm und Kämpfe beunruhigte Zeit, die die Lusizi zur Errichtung eindrucksvoller Verteidigungsbauten veranlaßte. Die Burg von Tornow war nicht voll besetzt, als sie niedergebrannt wurde. Es war nur das Haus am Tor bewohnt. Da die Vorräte in diesem Haus mitverbrannten, muß der Burgbrand überraschend ausgebrochen sein, sei es infolge eines feindlichen Überfalles oder durch ein plötzlich entstandenes Schadenfeuer. Zur gleichen Zeit, als in Tornow die Fluchtburg A bestand und zugrunde ging, gab es eine wohl ähnlich aufgebaute Burganlage in Vorberg. Auch dieser Anlage scheint ein größerer freier Innenhof nicht gefehlt zu haben. Dem Gebäude am Tor der Burg A von Tornow entsprach das Gebäude in der Nähe des vermuteten Tores der Burg A von Vorberg. Allerdings war es mehr in den Mittelpunkt des Hofes gerückt, wohl auch größer und unterkellert. Die Tierknochenfunde aus der Burg A von Vorberg wiesen Besonderheiten auf, die sonst erst in der Burg B von Tornow beobachtet wurden. Die oder der Burgbewohner der Burg A von Vorberg aßen zwar vorwiegend das Fleisch von Haustieren (Schwein, Rind, Schaf, Ziege). Außerdem ging man jedoch einer Jagd auf ausgesuchtes Hochwild nach, die den Bewohnern der vor der Burg gelegenen Siedlung anscheinend nicht zustand (vgl. unten S. 197). Bedauerlicherweise sind die Beobachtungsmöglichkeiten in Vorberg zu begrenzt gewesen, um zu einem genügend gesicherten Urteil zu gelangen. Immerhin ist das Zusammenfallen der verschiedenen Umstände bemerkenswert. Die Burg A von Vorberg bestand über einen längeren Zeitraum ohne Zerstörung. Sie war am Ende des 8. J h . oder am Anfang des 9. J h . soweit zerfallen, daß sie nicht mehr benutzt werden konnte. Spätestens in dieser Zeit aber sind die Burgen B von Vorberg und Tornow angelegt worden. Wie sich die tatsächlichen Geschehnisse auch immer zugetragen haben mögen, die Ausgrabungsbefunde von Tornow Burg A und Vorberg Burg A führten mitten hinein in die Problematik des Uberganges zur Klassengesellschaft. Es fällt schwer, zu einer Definition der historischen Stellung dieser Burgen zu gelangen und darüber zu befinden, ob sie noch Ausdruck späturgesellschaftlicher Verhältnisse sind ober ob sie schon in den Bereich frühklassengesellschaftlicher Entwicklung verwiesen werden sollen. Die Grenze zwischen beiden Epochen war anscheinend so labil, daß vorerst allzu feste Schemavorstellungen besser vermieden werden. Immerhin ist der Schlußfolgerung nicht auszuweichen, daß bereits kurze Zeit nach der slawischen Einwanderung stabile und konsolidierte Gemeinwesen entstanden waren, die zu ihrem Schutz so umfang12
) Die Lausitz gehörte vielleicht im 9. Jh. zeitweise zum großmährischen Reich — V. Vaneßek, Der Staat der Mährer, das Großmährische Reich. In: Das Großmährische Reich, Praha 1963, S. 30. Thietmar VI/99:Boemii regnante Zuetepulco duce quondam fuere principes nostri, Huic a nostris parentibus quotannis solvitur census . . .
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reiche Werke wie die Errichtung von Burgen auszuführen vermochten. I n diesen Gemeinwesen hatte sich bereits eine soziale Schichtung herausgebildet in burggesessene Familie und vor der Burg angesessene Dorfbewohner, die lediglich in Gefahrenzeiten den Schutz der Burg aufsuchten. Sie hatten dem Burgverweser anscheinend bereits Abgaben von Getreide, vielleicht auch Vieh zu leisten. Die Burg A von Tornow und wahrscheinlich auch die Burg A von Vorberg waren Fluchtburgen von dörflichen Gemeinwesen, in denen der burggesessene Teil (Familie) die dominierende Stellung einnahm und mit der Schaffung von Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnissen begonnen hatte.
C. Die Burg B von Tornow und das Problem früher slawischer Grundherrschaft Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man geneigt sein, die Burg B lediglich als Neubau der zerstörten Burg A anzusehen und ihr gleiche oder ähnliche funktionelle Eigenschaften zuzusprechen. Die große Menge Getreide, die in dem Speicher hinter dem Wall gefunden wurde, selbst das Bestehen des Zentralgebäudes würden dem nicht widersprechen. Es gibt jedoch gewichtige Beobachtungen, die eine solche Deutung erschüttern. Das Anlageschema der Burg B unterschied sich gründlich von dem der Burg A. Der unbebaute Burginnenhof war weniger als 1 a (0,95 a) groß; er bestand nur als Umgang um das Zentralgebäude (Abb. 54, Taf. 38). Es war also keine größere Freifläche in der Burg vorhanden. Der Zugang zum Innenhof wies gleichfalls eine Besonderheit auf. Die Sohle des Tortunnels verlief etwa 2 m oberhalb des Niveaus des Innenraumes und 2,50 m oberhalb des umliegenden Geländes. Während der Tunnel bis zum Auftreffen auf den Umgang hinter den Speichern etwa 2 m breit war, führte von diesem Umgang nur eine etwa 1,50—1,60 m breite schräge Abgangsrampe in den Hof und zum Zentralgebäude hinab. Die Speicher hinter dem Wall waren nur vom Umgang auf dem Wall, d. h. von hinten zu füllen. Die Untergeschosse der Speicher waren bis auf drei Ausnahmen von vornherein nicht als Wohn- oder Unterkunftsräume eingerichtet. Damit aber entfallen alle Merkmale einer Fluchtburg, die ja gerade darin bestanden, größeren Menschengruppen in kurzer Zeit mit Hab und Gut schnellen Eingang und sichere Unterkunft zu gewähren. Diese Erfordernisse waren, wie die Anlage von Tornow Burg A zeigte, auch den Lusizi bekannt. Dem Wesen einer Fluchtburg widersprechen auch die Befunde in den 19 Speichern. Die regelmäßige Verteilung der Mühlen über fast alle Speicher der Burg scheint zunächst für die Deutung der Speicher als Familienspeicher o. ä. zu sprechen. Bei näherer Analyse zeigt sich jedoch, daß der Verbrauch der in den Speichern vorhandenen Getreidevorräte systematisch von drei Stellen aus gleichzeitig und in jedem angefangenen Speicher jeweils restlos erfolgte. Bei Familienspeichern einer Fluchtburg aber wäre ein Leeren der Speicher zur gleichen Zeit und aller Speicher zu etwa gleichen Teilen zu erwarten. I n den Speichern 11, 19 und 6 fanden sich neben den Drehmühlen größere Mehlfunde, die z. T. an Korbteilen hafteten. Der Wechsel von gefüllten und geleerten Speichern ergibt das auf Abb. 55 dargestellte Bild. In jedem der aus gefüllten und geleerten Speichern bestehenden Burgdrittel war jeweils ein Speicheruntergeschoß als Aufenthaltsort oder Wohnraum ausgebaut (Nr, 4, 10, 16; oben S. 42). Es ist also naheliegend, daß die Speicher je eines Burgdrittels den in dem jeweiligen Unterkunftsraum Untergebrachten in besondere Obhut gegeben waren, und daß diese auch für die Verarbeitung des eingelagerten Getreides zu Mehl Sorge zu tragen hatten. Die Besatzung der Burg war also allem Anschein nach auf drei Herdgemeinschaften aufgeteilt. Sowohl die Grundrißanlage, die Konstruktionseigenheiten und die Einzelbeobachtungen zu den Gepflogenheiten bei der Benutzung der Tornower Burg B erlauben, die Deutung der Tornower Burg B als Fluchtburg mit Sicherheit auszuschließen. Welchen Bedingungen verdankt diese Burg aber dann ihren Ursprung und welchen Anforderungen hatten sie zu genügen?
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reiche Werke wie die Errichtung von Burgen auszuführen vermochten. I n diesen Gemeinwesen hatte sich bereits eine soziale Schichtung herausgebildet in burggesessene Familie und vor der Burg angesessene Dorfbewohner, die lediglich in Gefahrenzeiten den Schutz der Burg aufsuchten. Sie hatten dem Burgverweser anscheinend bereits Abgaben von Getreide, vielleicht auch Vieh zu leisten. Die Burg A von Tornow und wahrscheinlich auch die Burg A von Vorberg waren Fluchtburgen von dörflichen Gemeinwesen, in denen der burggesessene Teil (Familie) die dominierende Stellung einnahm und mit der Schaffung von Herrschaftsund Ausbeutungsverhältnissen begonnen hatte.
C. Die Burg B von Tornow und das Problem früher slawischer Grundherrschaft Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man geneigt sein, die Burg B lediglich als Neubau der zerstörten Burg A anzusehen und ihr gleiche oder ähnliche funktionelle Eigenschaften zuzusprechen. Die große Menge Getreide, die in dem Speicher hinter dem Wall gefunden wurde, selbst das Bestehen des Zentralgebäudes würden dem nicht widersprechen. Es gibt jedoch gewichtige Beobachtungen, die eine solche Deutung erschüttern. Das Anlageschema der Burg B unterschied sich gründlich von dem der Burg A. Der unbebaute Burginnenhof war weniger als 1 a (0,95 a) groß; er bestand nur als Umgang um das Zentralgebäude (Abb. 54, Taf. 38). Es war also keine größere Freifläche in der Burg vorhanden. Der Zugang zum Innenhof wies gleichfalls eine Besonderheit auf. Die Sohle des Tortunnels verlief etwa 2 m oberhalb des Niveaus des Innenraumes und 2,50 m oberhalb des umliegenden Geländes. Während der Tunnel bis zum Auftreffen auf den Umgang hinter den Speichern etwa 2 m breit war, führte von diesem Umgang nur eine etwa 1,50—1,60 m breite schräge Abgangsrampe in den Hof und zum Zentralgebäude hinab. Die Speicher hinter dem Wall waren nur vom Umgang auf dem Wall, d. h. von hinten zu füllen. Die Untergeschosse der Speicher waren bis auf drei Ausnahmen von vornherein nicht als Wohn- oder Unterkunftsräume eingerichtet. Damit aber entfallen alle Merkmale einer Fluchtburg, die ja gerade darin bestanden, größeren Menschengruppen in kurzer Zeit mit Hab und Gut schnellen Eingang und sichere Unterkunft zu gewähren. Diese Erfordernisse waren, wie die Anlage von Tornow Burg A zeigte, auch den Lusizi bekannt. Dem Wesen einer Fluchtburg widersprechen auch die Befunde in den 19 Speichern. Die regelmäßige Verteilung der Mühlen über fast alle Speicher der Burg scheint zunächst für die Deutung der Speicher als Familienspeicher o. ä. zu sprechen. Bei näherer Analyse zeigt sich jedoch, daß der Verbrauch der in den Speichern vorhandenen Getreidevorräte systematisch von drei Stellen aus gleichzeitig und in jedem angefangenen Speicher jeweils restlos erfolgte. Bei Familienspeichern einer Fluchtburg aber wäre ein Leeren der Speicher zur gleichen Zeit und aller Speicher zu etwa gleichen Teilen zu erwarten. I n den Speichern 11, 19 und 6 fanden sich neben den Drehmühlen größere Mehlfunde, die z. T. an Korbteilen hafteten. Der Wechsel von gefüllten und geleerten Speichern ergibt das auf Abb. 55 dargestellte Bild. In jedem der aus gefüllten und geleerten Speichern bestehenden Burgdrittel war jeweils ein Speicheruntergeschoß als Aufenthaltsort oder Wohnraum ausgebaut (Nr, 4, 10, 16; oben S. 42). Es ist also naheliegend, daß die Speicher je eines Burgdrittels den in dem jeweiligen Unterkunftsraum Untergebrachten in besondere Obhut gegeben waren, und daß diese auch für die Verarbeitung des eingelagerten Getreides zu Mehl Sorge zu tragen hatten. Die Besatzung der Burg war also allem Anschein nach auf drei Herdgemeinschaften aufgeteilt. Sowohl die Grundrißanlage, die Konstruktionseigenheiten und die Einzelbeobachtungen zu den Gepflogenheiten bei der Benutzung der Tornower Burg B erlauben, die Deutung der Tornower Burg B als Fluchtburg mit Sicherheit auszuschließen. Welchen Bedingungen verdankt diese Burg aber dann ihren Ursprung und welchen Anforderungen hatten sie zu genügen?
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Abb. 54. Tornow. Schematicher Grundriß der Burg B
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Der Burgaufbau schloß die Benutzung der Anlage durch die breite Öffentlichkeit aus. Im Mittelpunkt der Burg lag daher nicht, wie in der Burg A, der freie, große Innenhof, sondern ein für die damaligen Zeitverhältnisse großes Zentralgebäude mit zwei Kellern. Bedauerlicherweise sind die Fundbedingungen in diesem Zentralgebäude durch die sekundären Kellereinstürze sehr ungünstig beeinflußt worden, so daß sich eine Erkenntnis von Einzelheiten und Lebensweise seiner Bewohner nicht ergab. Einen Hinweis auf die soziale Stellung des hier Ansässigen geben die beiden Sichelfunde (oben S. 50). Sicheln dienten nicht nur als Erntegeräte, sondern sie gehörten bereits in altslawischer Zeit zur Ausstattung von Reiterkriegern. In Stare Mesto fanden sich in Grab 277/49 als Ausrüstung des Toten Schwert, Messer, Feuerstahl, Eimer und Sichel (V. Hruby 1955 Taf. 65/10, 12 S. 454). Grab 122/51 enthielt u. a. einen Eimer, Perlenketten u. a. Schmuck sowie eine Sichel (ebenda Taf. 65/2, S. 508). I n Voiscina bei Smolensk, einer kleinen Burg, die im Anlageschema weitgehend der Burg B von Tornow entsprach, wurde u. a. ein zweiräumiges Gebäude untersucht, von dem ein Raum als Pferdestall gedient zu haben scheint. Dort fanden sich u. a. zwei Pferdegebisse, Eisenschnalle und Ring vom Pferdegeschirr und eine Sichel (V. V. Sedov 1960, S. 69). I n der 1171 von den Dänen Überfallenen Burg Otimars in Zirzipanien (wahrscheinlich Behren-Lübchin) steckten die Krieger in der Burg Sicheln auf die Lanzenschäfte und entrissen damit den anstürmenden Dänen die Schilde (Saxo XIV, p. 883f.). Die Sicheln gehörten anscheinend auch hier zur Ausrüstung der Burgmannschaft. Auch im deutschen Gebiet waren Sicheln Bestandteile der Reiterausrüstung (Göttinger J b . 1960, S. 22). I m Zentralgebäude war also sehr wahrscheinlich ein Reiterkrieger ansässig. Der gleichen Schicht lassen sich vielleicht die Bewohner der Unterkunftsräume unter den Speichern 4, 10 und 16 zuordnen. In 4 fand sich ein Herd, westlich davon lagen zwei Sicheln vom gleichen Typus wie im Zentralbau (Abb. 38f). Außerdem lagen in diesem Raum eine Gürtelschnalle (Abb. 40e), Messer (Abb. 40a, b, d), ein Pfeilspitze (Abb. 40c) und Spinnwirtel (Abb. 37a—d). In Raum 10 lagen Messer (Abb. 39c), Wetzstein (Abb. 37m, p) und in einem Tongefäß ein Dolch oder Feuerstahl mit Spiralgriff (Abb. 26a). In Raum 16 fanden sich Spinnwirtel (Abb. 37 f) und evtl. die bronzene Gürtelschnalle (Abb. 38d; Taf. 27 a). Vor dem Raum lag der Rest eines eisernen Hiebmessers (Abb. 39a). Die Anzahl der Bewohner der drei Unterkunftsräume ist nicht sicher zu bestimmen. Die Räume waren etwa 22, 20 und 15 m 2 groß. Es ist kaum anzunehmen, daß in einem Raum mehr als 4—5 Krieger lebten. Dazu kamen die Bewohner des Zentralgebäudes. Folgt man der Berechnung der Getreidevorräte (oben S. 46) und ihrer Verzehrdauer, so konnten von den in den 19 Speichern eingelagerten Vorräten wenigstens 11 — 12 Mann ein J a h r leben. Diese Zahl von potentiellen Verteidigern erscheint zunächst gering. Gegenüber der Burg A war jedoch die Befestigungsmauer bedeutend verstärkt und erhöht worden. Durch die Verkleinerung der in die Verteidigung einbezogenen Fläche hatte sich auch die Verteidigungslinie verkürzt. Sie betrug nur noch etwa 75—100 m. Wird wiederum für je 5 m Verteidigungslinie ein Verteidiger veranschlagt (oben S. 130), so ergibt das eine Zahl von 15—20 notwendigen Verteidigern. Diese Zahl deckt sich also beinahe mit der auf anderem Wege ermittelten Stärke der Burgbesatzung. Da die Burg auf drei Seiten durch das umgebende Niederungsgelände wohl nahezu sturmfrei gehalten war, konnten sich diese Verteidiger auf der südlichen Angriffsseite auf einer Länge von etwa 20—30 m konzentrieren. Die aus verschiedenen Überlegungen und Berechnungen übereinstimmend gewonnenen Angaben über eine Burgbesatzung von 10—20 Mann dürften also zutreffend sein. Die Burgbesatzung war, berücksichtigt man die verschiedene Art der Unterkunftsräume, in sich gegliedert in Bewohner des Zentralgebäudes, also wohl Burgherr, und in Bewohner der drei Unterkünfte unter den Speichern, also wohl Gefolgschaftsmitglieder. Die Burg von Tornow bildete dann allem Anschein nach das Zentrum einer Burgherrschaft. Die historische Bedeutung und Rolle derartiger Burgherrschaften wird sich erst eingehender bestimmen lassen, wenn es gelingt, ihre ökonomische Grundlage zu erfassen sowie Umfang und
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Organisation ihres Herrschaftsbereiches und die Art und Weise der entstandenen Ausbeutungsverhältnisse zu bestimmen. Schriftliche Quellen dazu sind so gut wie nicht vorhanden. Die wenigen Hinweise auf eine soziale Schichtung der Lusizi sind erst im 12. J h . (F. Kindscher 1859, 1861) oder in noch späterer Zeit entstanden (W. Schlesinger i960, S. 92ff.)- W. Schlesinger (1941,1, S. 235, 239; 1961, S. 252) zog sogar die Fähigkeit der sorbischen Bevölkerung zu geregelter Ackerbauwirtschaft vor der deutschen Ostexpansion in Zweifel. Deutsche Königsknechte und ihre Frauen hätten die Bevölkerung zu „nutzbringenderer Wirtschaft anzuleiten vermocht" (1962, S. 252). Allein die Tatsache, daß spätestens seit dem Anfang des 9. J h . im Rochlitzer Porphyrgebiet spezialisierte Mahlsteinhauer tätig waren, zeigt, welch beachtliche Rolle der Getreideanbau gespielt haben muß. Die Ergebnisse der Tornower Ausgrabung sind geeignet, die sachlichen und ökonomischen Verhältnisse, die einer solchen Burgherrschaft zugrunde lagen, zu beleuchten. Aus der Burg B konnten 71 verschiedene aussagefähige Getreidelager festgestellt und untersucht werden. Die 71 Getreide vorkommen lagen zum größten Teil in den Speichern und stammten aus der letzten Ernte vor dem Burgbrand. Das bedeutet, daß das hier eingelagerte Getreide in dem Herrschaftsbereich der Burg im letzten J a h r des Bestehens der Burg gewachsen ist. Die Untersuchung der Getreidevorräte aus Tornow durch K.-D. Jäger wies als Hauptgetreide in 36 Proben Roggen nach. I n 22 Proben war Hirse als Hauptgetreide vorhanden, dreimal Gerste, zweimal Weizen und einmal Hafer. Aus den unterschiedlichen Beimischungen von wenigen Getreidekörnern zu den Hauptgetreidearten, die in gleicher Weise in den unterschiedlichsten Proben aus verschiedenen Speichern und Speichergefäßen häufig wiederkehrt, zog K.-D. Jäger folgende Schlußfolgerung: „Im Vorjahr der in der untersuchten Probe dokumentierten Ernte samten einzelne Halme, wie das auch heute zuweilen noch geschieht, schon vor der Feldräumung aus. So kamen vereinzelte Körner der vorjährigen Feldfrucht in den Boden, die zusammen mit der neuen Saat keimten und schließlich ihrerseits wieder fruchttragende Halme aufwachsen ließen. Deren Körner mußten sich dann der neuen Ernte beimischen. Wenn nun diese beigemischten Körner im allgemeinen der gleichen Getreideart angehören, ist zu folgern, daß der jeweiligen Hauptgetreideart regelmäßig dieselbe Vorfrucht vorausging, d. h. mit anderen Worten, es erfolgte ein jährlicher Fruchtwechsel, wobei die einzelnen Getreidearten in einem bestimmten Zyklus aufeinander folgten". Dieser Zyklus verlief so, daß auf einem Feld nach Weizen oder Gerste Roggen und nach Roggen Hirse angebaut wurde. Auf Roggen folgte wiederum Gerste/Weizen usw. Da in einigen Proben beigemischte Getreide fehlen und andererseits Unkräuter vorhanden sind, die nicht auf Ackerböden gedeihen, ist in diesen Fällen mit der Bestellung von jungfräulichem Boden, d. h. von Rodungsland zu rechnen. Das ließ sich jedoch bei den vorliegenden Untersuchungen nur wenige Male beobachten. Roggen wurde höchstens 9mal, Hirse höchstens 5mal auf jungfräulichem Boden angebaut. Für eine Brache innerhalb des Fruchtfolgezyklus gibt es also keinen Hinweis. Es ist eher wahrscheinlich, daß die Hirse an Stelle der Brache stand und eine Regeneration des Getreideanbaulandes ermöglichte. Die aus der Zeit der Burg B bekannte Fruchtfolge war anscheinend schon in der Burg A üblich. Sie dürfte zur Zeit der Burg B allgemeiner Bestandteil der Landwirtschaft gewesen sein. In den einzelnen Speichern der Burg lag Getreide, das hinsichtlich seiner Zusammensetzung allem Anschein nach auf Feldern geerntet wurde, die innerhalb des Fruchtfolgezyklus zur Zeit der Ernte jeweils eine verschiedene Stellung einnahmen. Besonders anschaulich zeigte sich das in den Speichern 10, 13/14 oder 16 (Tabelle S. 172). Daraus darf abgeleitet werden, daß die Ernteerträge zahlreicher Felder zur Füllung der Speicher der Burg beisteuerten. Das Getreide wurde in unterschiedlichen Mengen in Tongefäßen oder Säcken in die Burg gebracht (oben S. 43). Solange die großen Speichergefäße der Burg (Lehmwannen, Holzkisten) noch aufnahmefähig waren, wurde es in diese geschüttet. In anderen Fälle stellte man das eingebrachte Getreide samt den Behältnissen in die Speicher.
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Sowohl die Zusammensetzung der Getreidefunde wie auch die Art und Weise der Einbringung der Vorräte deuten darauf hin, daß das eingelagerte Getreide nicht in einer einzigen größeren Wirtschaft mit größerer Getreideanbaufläche sondern von einer Vielzahl von kleinen Wirtschaften auf einer Anzahl kleiner Felder mit jeweils bestimmter Fruchtfolge angebaut wurde. Die unterschiedliche Größe der Getreidegefäße steht möglicherweise im Zusammenhang mit der Höhe der Leistungen, die die einzelnen Wirtschaften zu erbringen hatten. Zu dem gleichen Ergebnis über die Abgabepflicht von vielen Kleinproduzenten an die Burgherrschaft führt auch das Ergebnis der Keramikanalyse (oben S. 59). Ein Vergleich der in den einzelnen Speichern vertretenen Töpferscheiben zeigt, daß in der Regel die Gefäße Unterkunft
von einzelnen Scheiben über alle Speicher der Burg verstreut sein können. Besonders gilt das für die Scheiben der Werkstatt A (Nr. 13, 19, 21, 32, und 35) (Beilage 11). Da die Gefäße als Behältnisse für Vorräte, z. T. Getreide, in die Burg geliefert wurden, verwundert diese Verteilung nicht, sie zeigt nur, daß ein weiterer Kreis von Produzenten der Vorräte bereits Gefäße aus der Werkstatt A bezog. Andererseits lassen sich jedoch einige Male Gruppen von Gefäßen feststellen, die auf nicht werkstattgebundenen Drehscheiben, d. h. wohl im Hauswerk angefertigt worden sind, und die sich in bestimmten Speichern häufiger finden. Die Scheibe 4 ist in der südöstlichen Speichergruppe mit dem Unterkunftsraum 16 häufiger nachweisbar. Die Scheiben 14—16 und 48—50 ließen sich nur in der nördlichen Speichergruppe um den Unterkunftsraum 10 nachweisen, während sich Gefäße von den Scheiben 27, 30, 54—56 häufig im Südwesten und Westen der Burg um den Unterkunftsraum 4 fanden. Die Dreiteilung des Speicherbereichs, die sich oben im Zusammenhang mit der Lage der Unterkunftsräume, der Mahlstellen und der Füllung der Speicher feststellen ließ, umfaßte vielleicht auch gewisse feststehende Lieferverpflichtungen von Produzenten außerhalb der Burg in einen bestimmten Teil der Burg. Vielleicht haben derartige Verhältnisse das Überwiegen von Rinderknochen in den Speichern 1 — 12, die die beiden ersten Burgdrittel umfassen, und das Überwiegen der Knochen vom Schwein in den Speichern 13/14
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bis 19, d . h . im letzten Burgdrittel, bewirkt (S. 198). Dem steht andererseits jedoch wieder die Verteilung einer großen Anzahl von Gefäßen von verschiedenen Drehscheiben über alle drei Teile des Speicherbereichs entgegen. Eine bündige Entscheidung läßt sich daher in dieser Frage nicht herbeiführen (vgl. Beilage 11). Sicher schließt jedoch die Art und Weise der Verteilung der Keramik über die Burg erneut die Benutzung eines bestimmten Speichers durch eine bestimmte dörfliche Gruppe, die vor der Burg ansässig war, aus. Nach den Ergebnissen der Getreideuntersuchung nahm der Weizen in der Fruchtfolge eine feste Stellung ein. Unter 36 Roggenproben war er 25mal als vorherrschende oder alleinige Beimischung, d. h. als letzte Vorfrucht vertreten. Dem entspricht der hohe Weizenanteil im Pollenspektrum (S. 161). I n den Speichern der Burg dagegen fand er sich nur zweimal als Hauptgetreide. Befriedigend ist dieser Widerspruch aus dem vorliegenden Material nicht zu klären. Es bieten sich verschiedene Interpretationsmöglichkeiten an. Denkbar wäre, daß Weizen aus dem Abgabesystem ausgeklammert war und dem Produzenten verblieb. Die Gründe dafür sind nicht anzugeben. Eine andere Möglichkeit könnte darin gesehen werden, daß Weizen besonders als Exportgetreide verwendet wurde 13 ). Schließlich ist auch nicht ausgeschlossen, daß durch natürliche Unbilden im Jahre der Burgzerstörung die Weizenernte nur sehr gering war oder weitgehend ausfiel. Für keine dieser Möglichkeiten wird man sich jedoch mit Sicherheit entscheiden können. Die Erträge von einer Vielzahl von kleinen Wirtschaften fanden sich in einer Burg, deren Schutz diese Produzenten nicht genossen und unter Umständen, die ihre Teilnahme an der Konsumtion dieser Vorräte ausschließen. Wenn sie unter diesen Bedingungen dennoch die Speicher füllten, so müssen dem sehr reale Machtverhältnisse zugrunde gelegen haben. Dem Burgherrn muß die Macht zu Gebote gestanden haben, den Produzenten einen Teil des von ihnen erzeugten Mehrproduktes abzuverlangen, d. h. die Bauern im Bereich seiner Burg auszubeuten. Die Vielzahl der unterschiedlich großen Tongefäße, in denen das Getreide in die Burg gebracht wurde, sowie der starke Anstieg des Rindfleischkonsums in der Burg B legt nahe, an ein festes, geregeltes Abgabensystem zu denken, dem die einzelnen Bauern unterworfen waren. Getreide- und Viehabgaben waren sicher nur ein, wenn auch wesentlicher Bestandteil in diesem System. Dazu mögen Abgaben von Honig, Flachs, vielleicht auch Textilien, Felle u. a. gehört haben. Die Errichtung und Instandhaltung der Burg selbst dürfte dazuzurechnen sein. Es ist gänzlich unwahrscheinlich, daß die kleine Anzahl ihrer Bewohner diese Arbeit auch nur annähernd bewältigen konnte. Eine exakte Berechnung der Burgbauarbeit ist zwar nicht durchführbar, da die Aufwendungen am Wallbau ganz unterschiedlich waren. Sie dürfte jedoch kaum geringer gewesen sein als bei der Errichtung der Burg A. I m Besitz der Naturalabgaben konnte der Burgherr offenbar im Austausch gegen einen Teil davon u. a. Mahlsteine aus dem Rochlitzer Gebiet (um Colditz) im Gau Chutizi beziehen. 90% von den 127 untersuchten Mahlsteinen oder Mahlsteinresten der Burg B waren aus diesem Gebiet eingeführt (vgl. den Beitrag von H.-J. Bautsch). In der Siedlung südlich der Burg entwickelte sich allem Anschein nach eine dorfhandwerkliche Spezialisierung. Es gab eine oder mehrere Töpferwerkstätten, möglicherweise auch Böttcher, Zimmerleute und Korbmacher (oben S. 59ff.). So entsteht in oft noch unscharfen Umrissen das Bild einer kleinen, offenbar einfach organisierten Grundherrschaft aus dem Ausgang des 8. Jh., die von einem burggesessenen Grundherren und seiner kleinen Gefolgschaft von 10 bis 20 Kriegern aufrechterhalten und beherrscht wurde. Ihre ökonomische Grundlage bildeten kleine bäuerliche Eigenwirtschaften. Bisher stehen die Ausgrabungsergebnisse von Tornow, die zu dieser Deutung führen, allein. Wohl sind in manchen Burgwällen der Lausitz Ausgrabungen durchgeführt worden, aber eine begründete Bestimmung ihrer sozialgeschichtlichen Funktion läßt sich danach 13
) Zu den schriftlichen Zeugnissen über elbslawischen Getreideexport seit dem 10. Jh. vgl. J. Brankatschk, Untersuchungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Westslawen zwischen Elbe/Saale und Oder aus der Zeit vom 9. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Diss. phil. Leipzig 1961, S. 57.
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nicht vornehmen. Es ist daher nicht möglich, Umfang und Begrenzung des Herrschaftsbereichs der Burg von Tornow annähernd zu erfassen und ihr Verhältnis zu benachbarten ähnlichen Einrichtungen oder übergeordneten Institutionen auf dem Territorium der Lusizi zu bestimmen. Einige Burgwälle, die sich durch ihre Kleinheit — Innenräume von nur 20—30 m Durchmesser — auszeichnen, sind vielleicht ebenfalls als Ausdruck dieser grundherrschaftlichen Entwicklung zu interpretieren. Als Fluchtburgen waren sie zweifellos zu klein. Die Burg B von Tornow fand in der ersten Hälfte des 9. J h . ihr Ende. War damit auch das Ende der oben zu erfassen versuchten grundherrschaftlichen Entwicklung vollzogen? Oder wurde das Zentrum der Grundherrschaft in eine andere Burg oder in einen unbefestigten Hof verlegt? Eine begründete Antwort läßt sich bisher nicht geben. Neben der Burg B von Tornow bestand gleichzeitig die Burg B von Vorberg. Die weniger günstigen Erhaltungsbedingungen lassen eine eingehendere historische Interpretation der dortigen Verhältnisse nicht zu. Es ist nicht einmal mit Sicherheit zu entscheiden, ob die Burg B von Vorberg nicht dem Typus der Burg A von Tornow, d. h. dem Typus einer Fluchtburg entsprach. Immerhin haben auch die Herren der Vorberger Burg B Mahlsteine aus Rochlitzer Porphyr importiert (unten S. 159). Trotz der Vielzahl neuer und ungeklärter Fragen darf die Schlußfolgerung gezogen werden, daß die Lusizi im 8./9. J h . bereits soziale Institutionen, Burg- oder Grundherrschaften geschaffen hatten, deren Organisationsprinzipien weit über urgesellschaftliche Verhältnisse hinausführten. Wenigstens im begrenzten lokalen Rahmen waren frühklassengesellschaftliche Ausbeutungsverhältnisse entstanden, deren Organisationsform die Grundherrschaft mit Burgmittelpunkt war.
VI. Zusammenfassung
I n der vorstehenden Arbeit werden die Ergebnisse von zwei Ausgrabungen in slawischen Burgwällen der Niederlausitz veröffentlicht. Der Burgwall von Tornow, Kr. Calau, konnte fast vollständig, der Burgwall von Vorberg, Kr. Calau, zu einem beträchtlichen Teil untersucht werden. An beiden Orten bestanden im 7. und 8. Jh. Burganlagen, die Gemeinwesen des slawischen Stammes der Lusizi, der Vorfahren der heutigen Niederlausitzer Sorben, waren. Die Burg A von Tornow (7. —8. Jh.) war folgendermaßen aufgebaut. Um einen großen freien Innenhof lagen 30—35 nur zeitweise benutzte Kasematten oder Unterkunftsräume, die in enger Verbindung mit einem bis zu 9 m hohen Wall in Rostkonstruktion erbaut worden waren. I m Innenraum der Burg standen ein Mahlhaus und am Tor ein ständig benutztes Gebäude, in dem wahrscheinlich der Burgverweser wohnte. Ähnlich war anscheinend die Burg A in Vorberg aufgebaut, jedoch lag im Innenraum der Burg ein großes unterkellertes Gebäude. Die Burg A von Tornow brannte vollständig ab, die Burg A von Vorberg zerfiel nach einmaliger Erneuerung (Wall A 1) allmählich. Bei der Anlage einer neuen Burg in Tornow (Burg B) kamen vollständig andere Bauprinzipien zur Anwendung. Im Mittelpunkt der Burg B wurde ein Zentralgebäude errichtet, in dem wahrscheinlich der Burgherr wohnte. Um einen sehr kleinen Innenhof gruppierten sich in Konstruktionseinheit mit dem Wall 19 Speicherbauten. In den Oberböden der Speicher war u. a. Getreide eingelagert, in den Untergeschossen der Speicher 4, 10 und 16 befanden sich Unterkunftsräume, wahrscheinlich für Reiterkrieger (Taf. 38) 1 ). Die Burg B von Tornow wurde sowohl auf Grund der archäologischen Vergleichsfunde wie auch nach der C 14-Datierung spätestens am Anfang des 9. Jh. durch einen überraschend ausgebrochenen oder während eines Überfalls angelegten großen Brand vernichtet. Die Burg B von Vorberg bestand zur gleichen Zeit wie die Burg B von Tornow, überdauerte diese jedoch und zerfiel allmählich vor dem Ende der altslawischen Zeit (10. Jh.). Die Gesamtrekonstruktion der Burg von Vorberg war nicht möglich. Die umfangreichen Reste der materiellen Kultur, vor allem aus der Burg von Tornow, die infolge günstiger Umstände einen breiten Ausschnitt aus dem zum Zeitpunkt der Zerstörung der Burg benutzten Inventar darstellen, wurden einer eingehenden Analyse unterzogen. In ihrem Verlauf konnte unter Berücksichtigung anderer Fundkomplexe ein archäologisch-kulturelles Gebiet abgegrenzt werden, das die Stammesgebiete der Lusizi, Selpoli, Dadosane (VR Polen) und wahrscheinlich auch Milzener in der Oberlausitz umfaßte (Abb. 52). Besonders charakteristischen Ausdruck fand die kulturelle Gemeinsamkeit dieses Gebietes in der Keramik vom Tornower Typus (S. 117). Da jedoch für die genannten Stammesgebiete auch Hinweise auf gleichartige wirtschaftliche und soziale Verhältnisse vorhanden sind, wurde das Gebiet der drei bzw. vier Stämme als besonderes sozialökonomisches Gebiet Für die sorgfältige Anfertigung des Modells der Burg B möchte ich Herrn H. Kelch, Museum für Deutsche Geschichte, Berlin, danken.
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definiert. Die Ausbildung der kulturellen und sozialökonomischen Einheit ist wahrscheinlich zu einem erheblichen Teil den besonders aus Schlesien und Kleinpolen wirksamen progressiven Traditionen zu verdanken. Durch diese auf die Einwanderungszeit der Stämme zurückzuführenden besonderen kulturellen und sozialökonomischen Verhältnisse unterschied sich vor dem 10. Jh. das Gebiet des Tornower Typus von dem von sorbischer Bevölkerung besiedelten Elbe-Saalegebiet. Die Auswertung der Ausgrabungsergebnisse unter Einbeziehung der naturwissenschaftlichen Untersuchungen der Mahlsteine (H.-J. Bautsch), der Pollen (H. Jacob), der botanischen Großreste (K.-D. Jäger) und der Tierknochenfunde (H.-H. Müller) führten zu dem Ergebnis, daß die erste Burg von Tornow die Fluchtburg einer vor der Burg in einer unbefestigten Siedlung ansässigen Dorfgemeinschaft war. Die Burg B von Tornow hingegen war Mittelpunkt einer Burgherrschaft, die von einem Burgherren und einer Gefolgschaft von 10—20 Kriegern beherrscht wurde. Die ökonomische Basis dieser Burgherrschaft bildeten kleine bäuerliche Wirtschaften, die dem Burgherren und seiner Gefolgschaft Abgaben zu leisten hatten. Die bäuerlichen Wirtschaften beruhten auf einem geregelten Feldbau, in dem nach fester Fruchtfolge Weizen/Gerste — Roggen — Hirse in dreijährigem Zyklus einander ablösten. Im Bereich der Burgherrschaft entwickelten sich Anfänge des Dorfhandwerkes (Töpfereiproduktion, evtl. Böttcher, Korbmacher, Zimmerleute). Die Burgherrschaft wurde zum Pol des Fernhandels; nachweisbar ist vor allem der Mahlsteinimport aus dem Gau Chutizi in Westsachsen (Rochlitzer Porphyr). Der in ersten Umrissen erkennbare Komplex ökonomischer Abhängigkeit und sozialer Differenzierung wurde als einfache Grundherrschaft bestimmt. Diese sowie die in ihrem Bereich bestehenden Ausbeutungsverhältnisse hielt ein burggesessener Grundherr mit Hilfe seiner Gefolgschaft aufrecht. Die sozialökonomische Entwicklung im Gebiet der Lusizi hatte auf Grund dieser Ergebnisse spätestens im 8 . - 9 . Jh. die Schwelle der Urgesellschaft überschritten und zur Entstehung frühklassengesellschaftlicher Beziehungen geführt.
Abkürzungsverzeichnis
AuF
Ausgrabungen und Funde, Berlin 1956ff.
BW
Burgwall
Dm
Durchmesser
F. A. Potsdam
Ortsakten im Museum für Ur- und Frühgeschichte Potsdam
Inst.
Institut für Vor- und Frühgeschichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin
Jb.
Jahrbuch, Jahrbücher
JS Halle
Jahresschrift für mitteldeutsche Vorgeschichte, Halle
Mus.
Museum
n.
nördlich
NB1
Nachrichtenblatt für deutsche Vorgeschichte
NM
Niederlausitzer Mitteilungen
ö.
östlich
Pam. arch.
Pamätky archeologické, Praha
PZ
Prähistorische Zeitschrift, Berlin
s.
südlich
Sie.
Sammlung
Sp.
Speicher
T.
Tiefe
Verh.
Verhandlungen
w.
westlich
Wystawa P P P
Wystawa Pocz^tköw Panstwa Polskiego, Warschau
ZfE
Zeitschrift für Ethnologie, Berlin
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1. Petrographische Untersuchungen der Gesteinsproben von den in Tornow gefundenen Drehmühlen Von Hans-Joachim Bautsch, Berlin
Einleitung Von der großen Zahl der zur Verfügung stehenden Proben wurden 18 zur mikroskopischen Untersuchung ausgewählt. Die übrigen Proben wurden lediglich megaskopisch beurteilt. Die megaskopische Betrachtung zeigte schon, daß der überwiegende Anteil aus porphyrischen Effusivgesteinen bestand. Dabei waren zwei Typen zu unterscheiden: 1) Einsprenglingsreicher poröser Porphyr mit viel Quarz, meistens in Korngrößen zwischen 2—6 mm und dichten, z. T. rechteckigen Einsprenglingen in der gleichen Größe. Anteil und Größe der Einsprenglinge sowie die Porosität können dabei in gewissen Grenzen stärker variieren. 2) Einsprenglingsreicher schwach poröser Porphyr mit Quarz (1 — 5 mm) und Kalifeldspat (2—6 mm). In der Ausbildung einheitlicher als 1). Es stellte sich heraus, daß die vom kräftigen violettbraun über rotbraun, braun, gelb, graugrün bis zum hellen grau reichende Färbung der einzelnen Proben nicht als Unterscheidungsmerkmal heranzuziehen ist. Die unterschiedliche Färbung ist auf eine wechselnde Intensität der Verwitterungsvorgänge am jetzigen Fundort zurückzuführen und weniger eine primäre Erscheinung und betrifft beide Porphyrvarietäten in gleichem Maße. Bei den wenigen restlichen Proben handelt es sich stets um Einzelfälle, so daß schon daraus abzuleiten ist, daß lediglich die Porphyre aus einem entsprechenden Steinbruchgebiet stammen. Mikroskopische Beschreibung der Porphyre 1) Dünnschliffe: Inv. Nr. 707—1, 7 0 7 - 2 , 124, 1 7 8 - 2 , 77, 9 7 - 1 1 , 70, 1 5 3 - 9 , 153-11, (Taf. 39a—c). Rundliche Quarzeinsprenglinge (20—30%, 0,6—5,5 mm), Anteil und KG wechselnd, nicht undulierend, unregelmäßige Sprünge und Risse, z. T. Bruchstücke, häufig die üblichen Korrosionsbuchten, gelegentlich als typische Dihexaeder ausgebildet, vereinzelt schmale Quarz-Feldspat-Reaktionssäume. Meist unregelmäßig geformte Einsprenglinge (5—30%, 0,2—5,0 mm) mit gelegentlich rechteckigen Umrissen haben höhere Lichtbrechung als Quarz, isotrop, durch den Schleifprozeß oft herausgearbeitet. Es handelt sich hierbei um Kaolinitaggregate, die als weiße, weiche Einsprenglinge megaskopisch zu beobachten sind. Es sind sicher Pseudomorphosen nach Feldspat (Plagioklas). Frischer Einsprenglingsfeldspat ist nur noch sehr selten vorhanden (z. B. Proben 70 und 77 einige Sanidinkörner). In diesen Pseudomorphosen bilden sich lokal relativ grobschuppige z. T. radiale Sprossungen von Kaolinit und/oder Serizit und/oder Hydroglimmer. Sie finden sich auch nesterartig in der Grundmasse oder als Porenausfüllung (hier nur Kaolinit). Die Grundmasse mit n ~ Quarz und > Kanadabalsam ist stets granophyrisch ausgebildet mit einer wechselnd intensiven, aber immer kennzeichnenden Pigmentierung durch Fe-O-OH.
156
HANS-JOACHIM BAUTSCH
Durch sie wird häufig eine (wirbelige) Fluidaltextur abgebildet. Die Texturen und die felsitische bis feingranophyrische Grundmasse werden lokal von gröber granophyrischen Quarzsprossungen überlagert. Eine charakteristische Besonderheit sind die ozellaren stark pigmentierten Quarzausfüllungen (KG = 0,2 mm). Mehrmals wurden Fremdeinschlüsse beobachtet, darunter ein Gneis (Probe 178—2), mit denen in einzelnen Körnern oder Aggregaten Chlorit, Epidot und Pyroxen vergesellschaftet sind. Biotit ist in schwankendem Verhältnis (0,5—3%) ein ständiger Bestandteil, im allgemeinen nicht mehr frisch, sondern zu Chlorit, Kaolinit, vereinzelt Epidot oder Hydroglimmer unter Fe-Oxidabscheidung pseudomorphosiert. Neben den opaken Anteilen wurden an weiteren Akzessorien Zirkon, Apatit und Leukoxen in sehr geringen Mengen beobachtet. Die überall vorhandenen Poren in der Größenordnung der Einsprenglinge sind der Fluidaltextur mit der Längsachse parallel geordnet. Die mikroskopisch nicht sehr genau zu ermittelnde Porosität beträgt bis zu 30%. Nach den Untersuchungsergebnissen ist unter Berücksichtigung des potentiellen Plagioklas/Kalifeldspat-Verhältnisses das Gestein als quarzreicher Granodioritporphyr zu bezeichnen (nach den Klassifikationsprinzipien von Schüller 1957). 2) Dünnschliffe: Inv. Nr. 9 7 - 4 , 9 7 - 9 , 378 (kleines Stück), (Taf. 39d und e). Der Anteil an porphyrischem Quarz ist gegenüber 1) etwas geringer, sonst die gleichen Erscheinungen wie dort. Idiomorphe Einsprenglinge und Bruchstücke von Kalifeldspat sind in ungefähr gleicher Menge vorhanden mit KG zwischen 0,5—5 mm. E r ist ungetrübt und nur in wenigen Fällen einfach verzwillingt (Karlsbad) mit ausgeprägter Spaltbarkeit nach (001) und (010). Nach den optischen Merkmalen (2 V x = 0—10°, A.-E.//(010)) liegt der Kalifeldspat als relativ Na-reicher Hochsanidin vor (Tröger 1956). Die Einsprenglinge zeigen oft Säume von Feldspat-QuarzReaktionen. Plagioklaseinsprenglinge als Pseudomorphosen sind nur spärlich enthalten. Über die feingranophyrische Grundmasse mit nur selten erkennbarer Fluidaltextur sprossen oft grobgranophyrische Quarzaggregate in gelegentlich sphärolithischer Anordnung. Der sehr wenige Kaolinit ist auf dünne Zementierungsbahnen zwischen den feinen Körnern der Matrix beschränkt. Häufiger ist hier eine Bildung von Chlorit und olivfarbenem Hydroglimmer auf unregelmäßigen Bahnen. Die Fe-O-OH-Pigmentierung ist schwächer ausgeprägt. Fremdgesteinseinschlüsse sind selten. Der dunkelbraune Biotit ist weniger zersetzt als in 1) und nur lokal in Chlorit oder olivgrünen Hydroglimmer pseudomorphosiert. An im Korn etwas größeren Akzessorien wurden Epidot in Kornansammlungen, Zirkon und Apatit gefunden. Die Porosität ist geringer als in 1). Die länglichen Poren sind gleichfalls ± parallel struiert. Entsprechend dem höheren Kalifeldspatanteil ist dieses Gestein als sanidinführender Granitporphyr zu benennen. Die Gleichheit einer Reihe von Mineral- und Gefügeeigenschaften weisen auf die engen genetischen Zusammenhänge der beiden Porphyrtypen, so daß sie lediglich als zwei petrochemische Varietäten eines Effusionsvorganges aufzufassen sind. Mikroskopische Beschreibung der übrigen Proben 3) Dünnschliff: Inv. Nr. 498, (Taf. 39f). Porphyroblastischer Metagranitgneis mit viel Quarz ( > 35%), granoundulös bis granoblastisch (Mosaikgefüge) und viel Mikroperthit ( > 30%), meist in teilmikroklinisierten Xenoblasten mit randlicher Myrmekitbildung. Der geringe Anteil an Plagioklas ( > 10%) ist stark saussuritisiert. Der dunkelolivbraune, kataklastisch beanspruchte Biotit ( < 10%) ist opazitisiert und z. T. chloritisiert. Wenig Akzessorien.
Petrographische Untersuchungen
157
4) Dünnschliff: Inv. Nr. 1 1 5 - 3 , (Taf. 39g). Mittel- bis grobkörniger Granodiorit mit reichlich Plagioklas (Andesin-Oligoklas) ( > 30%), manchmal in zonarer Ausbildung und stark saussuritisiert, und größeren schwach kataklastischen Quarzkörnern. Der Orthoklasanteil zeigt oft eine geringe Serizitisierung. Opakpigmentierung der Feldspäte und des ziemlich grob ausgebildeten, kräftig olivbraunen Biotit durch beginnende Opazitisierung. Akzessorisch Apatit. 5) Dünnschliff: Inv.Nr. 178—1, (Taf. 39h). Grobkörniger Granodiorit mit wechselnd zersetztem Plagioklas und größeren undulierenden Quarzkörnern, z. T. mit Einlagerungen von feinen Rutilnadeln. Der Orthoklasanteil ist fast vollständig mikroklinisiert. Der olivbraune Biotit ist teilweise chloritisiert. Dazu kommt Muskovit in ungefähr gleicher Menge. Der Anteil an akzessorischem Apatit und Zirkon ist relativ hoch. 6) Dünnschliff: Inv.Nr. 378, (großes Stück) (Taf. 40a). Grobkörniger Metagranitgneis mit gelängten und extrem undulierenden Quarzkörnern in z. T. ultragranoblastischer Verwachsung (Mörtelstruktur). Die intensive kataklastische Beanspruchung weisen auch die übrigen primären Bestandteile auf. Dabei entstehen häufig poikilitische Implikationen von Quarz und Feldspäten. Der Mikroklinperthit findet sich in Form größerer Poikiloblasten. Der ehemals idiomorphe kleinkörnige Plagioklas ist stark zersetzt unter Bildung von größeren postdeformativen Epidotanhäufungen und Muskovitsprossungen. Der schmutzigolivgrüne Biotit ist von zahlreichen pleochroitische Höfe erzeugenden Einlagerungen von Apatit durchsetzt. Bläulichgrüner Chlorit tritt in Form randlicher Pseudomorphosen und selbständiger Körner in den Bewegungsbahnen auf. Titanit findet sich reichlich in z. T. großen idiomorphen Körnern neben wenigen größeren Orthitkörnern, vielen kleinen Apatitprismen und opaken Bestandteilen. 7) Dünnschliff: Inv.Nr. 760 (Taf. 40b). Megaskopisch plattiger feinkörniger Charnockit (Pyroxen-Granulit) mit Plagioklas, Orthound Klinopyroxen und Granat in charakteristischer Verwachsung. Neben den Opaken sind noch rotbrauner Biotit und feinschuppiger Muskovit als Zersetzungsprodukte von Pyroxen bzw. Plagioklas vorhanden.
Folgerungen zur Herkunft des Materials Die in der Tabelle 1 zusammengestellten mikro- und megaskopischen Untersuchungsergebnisse zeigen die eingangs angeführte Tatsache, daß nur von den Porphyren größere Mengen einheitlichen Materials verwendet wurden. Das übrige Material an verschiedenen Einzelproben stellt nichts weiter dar als eine kleine Auswahl kristalliner nordischer Geschiebe. Die mikroskopischen Untersuchungen belegen ihre nordische Herkunft eindeutig. Es ist auch nur verständlich, daß für bestimmte Bauteile geeignetes ortsständiges Material Verwendung fand. Einen größeren Arbeitsaufwand erforderte die Herkunftsbestimmung der Porphyre, da keinerlei andere als petrographische Anhalte vorlagen. Es wurden dabei sämtliche karbonen bis permischen Porphyrvorkommen der hinreichend benachbarten Gebiete (Schlesien, böhmischer Raum, Erzgebirge, Nordwest-Sachsen, hallischer Raum, Thüringen) in Betracht gezogen. Unter Auswertung der vorliegenden regionalgeologischen Literatur und unter Verwendung von leider nur in geringem Maße zu beschaffendem Vergleichsmaterial wurde
158
HANS-JOACHIM BAUTSCH
Tabelle 1. Zusammenstellung der mikro- und megaskopisch untersuchten Gesteinsproben 1. Quarzreicher Granodioritporphyr äq. dem Rochlitzer Quarzporphyr mik.: Inv. Nr. 70, 77, 9 7 - 1 1 , 124, 153-9/11, 1 7 8 - 2 , 7 0 7 - 1 / 2 , meg.: 58, 60, 7 7 - 1 - 3 / 5 / 6 , 97-3/6/7/10/11, 100/1/4, 1 1 3 - 2 / 6 , 115-1/8/13/16/18, 1 2 5 - 1 / 2 , 1 3 6 - 1 / 2/7, 141, 144, 145, 153 - 2 - 4 / 6 - 8/10, 176, 194, 195/1/2, 202, 209/1-3/5, 225, 232, 241, 310, 334, 338, 351, 358, 365, 377, 390, 393, 425, 437, 449, 465, 475, 486, 497, 700 (2 x), 732, 746 (gr. St.), 749, 752 (2x), 754, 810, 858, 913, 919, 950, 974, 9 8 5 - 1 .
92 St.
2. Sanidinführender Granitporphyr äq. dem Rochlitzer Quarzporphyr mik.: Inv. Nr. 9 7 - 4 / 9 , 378 (kl. St.), meg. : TO 61 (BrunnenN-Hälfte), Inv. Nr. 1 0 0 - 2 / 3 / 7 / 8 , 1 0 5 , 1 1 5 - 4 / 5 , 1 5 3 - 5 , 1 7 7 , 1 7 9 - 1 / 2 , 189, 250, 434, 808, 928, 957, 963. 22 St. 3. Metagranitgneis a (Geschiebe) mik.: Inv.Nr. 498
1 St.
4. Granodiorit a (Geschiebe) mik.: Inv.Nr. 1 1 5 - 3
1 St.
5. Granodiorit b (Geschiebe) mik.: Inv.Nr. 1 7 8 - 1
1 St.
6. Metagranitgneis b (Geschiebe) mik. : Inv.Nr. 378 (gr. St.)
1 St.
7. Charnockit (Geschiebe) mik.: Inv.Nr. 760
1 St.
8. Roter Feldspat-Sandstein (möglich Rotliegend NW-Sachsens, Porphyrherkunft benachbart) meg. : InvNr. 306, 501, 700 (1 x )
3 St.
9. Granitporphyr (Geschiebe — roter Ostseeporphyr) meg. : Inv.Nr. 457
1 St.
10. Metagranitgneis c (Geschiebe) meg.: Inv.Nr. 1 2 5 - 3
1 St.
11. Amphibolit (Geschiebe) meg. : Inv.Nr. 750
1 St.
12. Biotitgneis mit Kfs-Blasten (Geschiebe) meg. : Inv.Nr. 746
1 St.
13. Biotitgranit (Geschiebe) meg. : Inv.Nr. 273
1 St.
insgesamt 127 Proben, davon 90% Rochlitzer Porphyr.
dabei nach dem Ausschließlichkeitsprinzip verfahren, wie es als Beispiel an den porphyrischen Effusiva Nordwest-Sachsens in der Tabelle 2 demonstriert ist. Diese umfangreiche Arbeit führte zu dem Ergebnis, daß alle in den betrachteten Gebieten vorkommenden porphyrischen Gesteine — soweit mir darüber ausreichende petrographische Angaben in der Literatur oder Vergleichsmaterial zugänglich waren — auszuschließen sind, bis auf die Porphyre der Rochlitzer Effusivdecke. Sowohl die Angaben in der Literatur als auch die Beobachtungen an Yergleichsproben stimmen in ausreichendem Maße mit den dargestellten Untersuchungen für beide Varietäten überein. Um diese Verhältnisse zu veranschaulichen, seien einige Angaben von Danzig (1916) zitiert: „Der normale Rochlitzer Quarzporphyr ist meist bräunlichrot oder -violett — nimmt bei der Verwitterung eine hellziegelrote, blaßviolette, grünliche, gelbliche oder hellgraue Farbe an. Die Einsprenglinge sind meist ziemlich zahlreich und überwiegen häufig die Grundmasse. Der Orthoklas bildet gewöhnlich ziemlich frische Kristalle. Der Plagioklas ist meist völlig kaolinisiert. Der Quarz bildet bis etwa erbsengroße, rundliche bis eckige Körner oder
159
Petrographische Untersuchungen Tabelle 2. Porphyre
Nordwest-Sachsens
(nach Pietsch
1962)
Nr.
Bezeichnung
Char.
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.
Seifersdorfer Q-P. Leisniger Q-P. Rochlitzer Q-P. Dornreichenbacher Q-P. Altenburger P. Grimmaer Q-P. Gangporphyre Frohburger Q-P. Buchheimer Q-P. Hohburger Q-P. Pyroxen-Q-P. Pyroxen-Granitp. (quarzreiche Varietät)
Q + Or (Einspr.) PI (6—7 mm, zers.), < Or, < Q > Q (3 mm), PI (zers.), Or Q, Or (r), PI (gn)
aq.
+ (?)
Q, PI
Or ( 5 - 6 mm), PI, < Q < Einspr. (Q, Or, PI zers.)
(?)
Q-reiche Abart des Py-Q-P.
(?)
(?)
auch gut ausgebildete Dihexaeder. Die mikro- bis kryptokristalline Grundmasse zeigt gewöhnlich Mikrofluktuationsstruktur. Der Rochlitzer Quarzporphyr enthält parallel zu seiner Bankung gelagerte, langgestreckte, flache Blasenräume." Kennzeichnend für den Rochlitzer Quarzporphyr ist seine Veränderlichkeit in der Ausbildung, so daß trotz der großen Verbreitung über mehrere Meßtischblätter zwischen Rochlitz und Dahlen eine genauere Lokalisierung durch eingehende Probenahme in diesem Gebiet möglich wäre. Die beiden Varietäten stammen entweder aus zwei verschiedenen Brüchen oder aus unterschiedlichen Horizonten eines Bruches. Der Grund für die Verwendung des Rochlitzer Porphyrs sind neben möglichen anderen Faktoren seine häufig vorhandene bankige oder plattige Absonderung, die eine Fertigung von Mahlsteinen mit primitiven Mitteln leichter gestatten, und die geringe Entfernung im Vergleich zu anderen geeigneten Vorkommen. Die vom Heimatmuseum Rochlitz zur Verfügung gestellten Proben vom Rochlitzer Berg sind nicht identisch mit den Mahlsteinproben der Gruppen 1) und 2) (quarzreicher Granodioritporphyr und sanidinführender Granitporphyr, äquivalent dem Rochlitzer Quarzporphyr). Es handelt sich vielmehr um Material des Rochlitzer Porphyrtuffs. Trotzdem können sie zur Bestätigung der dargestellten Untersuchungsergebnisse dienen: Mineralbestand (z. B. Sanidin, zersetzter Plagioklas, Biotitpseudomorphosen), Gefüge der Lapillis (z. B. granophyrische Grundmasse, Fluidaltextur) und die an postvulkanische Vorgänge geknüpften Erscheinungen (z. B. aderförmige, grobgranophyrische Quarzsprossungen, ozellare Quarzausfüllungen, Opakpigmentierung) sind unbedingt vergleichbar. Durch das freundliche Entgegenkommen von Herrn Dipl.-Geol. J . Wasternack (1964), dem ich dafür zu Dank verpflichtet bin, konnte weiteres Vergleichsmaterial von den nordwestsächsischen Effusiva studiert werden. Diese Vergleiche belegen eindeutig die Untersuchungsergebnisse. Eine sehr große Ähnlichkeit besteht mit dem Material aus der Umgebung von Colditz/Sa. (Stbr. 0,5 km nördlich Colditz am Muldeufer und Stbr. am Burgberg bei Lastau südlich Colditz). So ist eine Herkunft der Mahlsteine aus diesem Gebiet wahrscheinlich, bzw. es kommen danach allgemein Vorkommen aus den Basispartien des Rochlitzer Effusivkomplexes als möglicher Ursprung des Materials in Frage. Auszuschließen sind die Vorkommen des Rochlitzer Porphyrs vom Lausicker Berg, von der Parthequelle, den Stbr. am Bahnhof Grimma und dem Stbr. bei Alt-Oschatz. Der Mahlsteinrest Nr. 47 aus Vorberg besteht aus sanidinführendem Granitporphyr.
160
HANS-JOACHIM BAUTSCH
Literaturverzeichnis Danzig, E. 1916 Pietsch, K. 1962 Schüller, A. 1957 Tröger, W. E. 1956 Wasternack, J . 1964
Erläuterungen zur geologischen Spezialkarte, Blatt Mutzschen, 2. Aufig. — Leipzig Geologie von Sachsen. — Berlin Petrographische Grundlagen für die geologische Kartierung. — Z. angew. Geol., Bd. 3, S. 221-227 Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale, 2. Aufig. — Stuttgart Petrographische Untersuchung der Effusivgesteine NW-Sachsens. — Bericht beim ZGI. Berlin
2. Die Ergebnisse der pollenanalytischen Untersuchungen von Material aus den Burganlagen Tornow und Vorberg Von Helga Jacob, Jena
Während der Ausgrabungen 1961 — 1963 wurden aus den Gräben der Burgen Tornow und Vorberg auch Proben für die Pollenanalyse entnommen. Die Pollenanalysen sollten vor allem Aufschlüsse geben über die Zusammensetzung der Vegetation der Umgebung der Burganlagen, deren älteste in das 7 . - 8 . J h . nach der Zeitenwende (A) und die jüngere in das 8 . - 9 . J h . (B) datiert werden. Außerdem erhoffte man sich Aussagen über Lage und Ausdehnung der Acker- und Wiesenflächen, deshalb sind Proben aus verschiedenen Teilen der Burggräben (nördlich, südlich) entnommen worden. Tornow und Vorberg liegen im Luckau-Calauer Beckensandgebiet, südlich davon verläuft der Lausitzer Grenzwall mit Laubwäldern von Buche, Eiche, Hainbuche, etwa 10 km nördlich beginnt der Oberspreewald mit Erlenwaldgesellschaften, Erlenbrüchen und feuchten bis nassen Wiesen. Das Material für die Pollenanalysen war durchwegs mehr oder weniger sandig, so daß eine Aufbereitung mit H F erfolgen mußte. Vom groben mineralischen Anteil wurden die Proben durch Dekantieren getrennt und weiter mit KOH, H F und Azetolysegemisch aufbereitet. Die Pollen sind in fast allen Proben gut erhalten, und die Pollendichte ist gut bis befriedigend. Die Tabelle enthält die auswertbaren Zählungen aus den verschiedenen Teilen des Burggrabens von Tornow und von zwei Proben aus dem etwa 5 km östlich gelegenen Vorberg. Die Proben 1 und 2, 5 und 6, 7 und 8 sind jeweils Parallelproben, zeigen aber in einigen Fällen erhebliche Abweichungen (z. B. die Proben 5 und 6). Dies ist vielleicht so zu erklären, daß hier in wenigen Zentimetern die Sedimentation einiger Jahrzehnte vereint sein kann und bei den Parallelproben doch ein anderer Zeitpunkt mit veränderter Pollenzusammensetzung vorliegt. Außerdem ist es möglich, daß Blütenteile (z. B. Erlenkätzchen) in den Graben gefallen sind und dadurch das Zählergebnis entstellt wird; so sind vielleicht bei Probe 5 die 70% Erlenpollen zu erklären. Die Anteile von Buche, Hainbuche und Eiche lassen auf einen Mischwald mit diesen Arten in der Umgebung schließen. Obwohl die Untersuchungsorte innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Fichte (Scamoni 1951 nach Dengler und Militzer) liegen, konnte kein Fichtenpollen gefunden werden. Die Tanne hingegen findet sich mit Werten von 1—3% fast in jeder Probe. Da .Großreste nicht nachgewiesen werden konnten, kann nur vermutet werden, daß die Tanne im Gebiet nicht gefehlt h a t ; die absolute Nordgrenze der Tanne verläuft (nach Dengler und Militzer) jedoch weiter südlich. Arme, trockene Standorte haben von jeher Kiefernbestockung getragen, die Pollen von Heide (Calluna vulgaris) und Sporen von Adlerfarn (Pteridium aquilinum) weisen auf diese Gesellschaft hin; Funde von Kiefernholz bestätigen das nahe Kiefernvorkommen. I m Südwesten von Tornow werden die feuchten Standorte von Erlenwaldtypen, z. T. mit Ulme, Birke, Esche, gemeinem Schneeball (Vibumumopulus), Weiden und Pulverholz (Rhamnus frangula) besiedelt gewesen sein. Auch die Vergesellschaftung von Eiche und Birke ist für das Gebiet anzunehmen (Stieleichen-Birkenwald ). Von besonderer Bedeutung sind aber bei den Zählungen von Tornow und Vorberg die Nichtbaumpollen (NBP), die in ungewöhnlich reicher Menge und Artenzahl vorkommen. Da 11
Herrmann, Tornow und Vorberg
162
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Holz und Spaltöifn. von Pinus Equisetum
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Pteridium, Equisetum Holz v. Pinus
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Pteridium Viburnum
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Sambucus Pteridium
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Holzkohlen von Quercus
Pteridium, Calluna
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Zweige von Sorbus und Salix
Pteridium, Calluna Lycopodium
Besondere Pollen und Sporen Holzreste
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172
KLAUS-DIETER J Ä G E R
Tabelle 4. Die Vertretung der Hauptgetreidearten
Burg
A
9
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1 5
7 2
36
22
-
46
1 26
-
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1
1 1
1 1
2
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Summe der Proben
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1
2
Roggen
—
Burg B insgesamt
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Hauj tgetreide art 2 )
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B
Speicher bzw. Fundstelle1)
in den einzelnen Fundkomplexen
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3
86 Proben
) Angaben auf Grund der Grabungsunterlagen von J . Herrmann ) Die angegebenen Ziffern bezeichnen die jeweilige Probenzahl
Die meisten Proben lassen neben einer Getreideart, die die übergroße Mehrzahl der zugehörigen Körner umfaßt, geringfügige Beimengungen von Körnern einer anderen Getreideart, zuweilen auch mehrerer anderer Getreidearten, erkennen. Dieser Umstand legt es nahe, in Tabelle und Auswertung zwischen der jeweiligen Hauptgetreideart und den hinzukommenden Beimischungen zu unterscheiden. In der Tabelle 3 ist die Hauptgetreideart für jede einzelne untersuchte Probe durch Fettdruck hervorgehoben. Die zugehörigen Beimischungen sollen hier der Kürze wegen als Beigetreide bezeichnet werden. Die oben unterschiedenen 7 Getreidearten und 5 Gramineen-Gattungen treten mit unterschiedlicher Häufigkeit als Hauptgetreide auf. Die Weizenarten, d. h. im wesentlichen Triticum aestivum L. mit der ssp. aestivocompactum SCHIEM., treten im allgemeinen, wie schon oben ausgeführt, miteinander vergesellschaftet in Mischpopulationen auf. Sie erlangen jedoch nur in 2 Proben aus BurgB den Rang einer Hauptgetreideart (Inv.-Nr. 254 aus Speicher 6 und Inv.-Nr. 816 aus Speicher 13/14). Der Hafer (Avena sativa L.) bildet sogar nur einmal
Die pflanzlichen Großreste aus Tornow
173
in einer Probe aus Burg B (Inv.-Nr. 44/V aus Speicher 10) die Hauptgetreideart. Auch die Gerste, nach der oben gegebenen Bestimmung Hordeum vulgare L. in der convar. hexastichon ALEF., tritt nur einmal in einer größeren Probe in dieser Bedeutung auf (Inv.-Nr. 720 aus Speicher 11), dazu zweimal in sehr kleinen Proben (Inv.-Nr. 715 aus Speicher 11 und Inv.Nr. 821 aus Speicher 13/14) und einmal mit einem Halm- und Ährenbruchstück an einem Tuchbeutel aus dem Torbereich von Burg B (Inv.-Nr. 431). Auch die wenigen Funde mit Gerste als Hauptgetreideart gehören also sämtlich zur Burg B. Nur Roggen und Hirse erscheinen in dieser Rolle auch in Burg A. Im übrigen stellen sie ebenso in Burg B in der übergroßen Mehrzahl der Proben die Hauptgetreideart, wobei in beiden Burgen die Roggenproben wieder vor den Hirseproben überwiegen. Der Roggen bildete also der Probenzahl nach in Tornow die häufigste Getreideart. Zu den Roggenproben zählen dabei die größten Einzelproben des gesamten Materials (z. B. Inv.Nr. 63 aus Burg A und Inv.-Nr. 392 aus Speicher 2 der Burg B), so daß bei einem Vergleich der in der Burgsiedlung vertretenen Getreidearten nach dem Gewicht dem Roggen in noch höherem Maße der Vorrang zukommt als bei einem Vergleich nach der Probenzahl. Die Angaben von Wollin 5 ), Zantoch 6 ) und Vipperow 7 ), wo Hirse in slawischen Siedlungsfunden die Hauptgetreideart bildete, dürfen also nach dem Befund von Tornow nicht mehr ohne weiteres verallgemeinert werden. Die an die Funde von Zantoch und Wollin geknüpfte Auffassung von W. v. Stokar 1955 (S. 49), wonach die Hirse „die Hauptgetreidefrucht der Slawen" darstellte, kann in Tornow nicht bestätigt werden. I n 6 Proben erlangen nebeneinander 2 Getreidearten so hohe Anteile an der Zusammensetzung der gesamten Proben, daß sie beide als Hauptgetreidearten zu bewerten sind. Die Verteilung der Hauptgetreidearten auf die beiden Burganlagen von Tornow sowie auf die Speicher und Fundstellen in Burg B geht aus Tabelle 4 hervor.
IV.
Zur Frage der
Fruchtfolge
Die meisten untersuchten Proben sind so zusammengesetzt, daß eine bestimmte Getreideart die Masse der Probe ausmacht, dazwischen aber in geringer Kornzahl eine andere Getreideart vertreten ist. Seltener weist eine Probe, ebenfalls mit geringen Kornzahlen, neben der Hauptgetreideart gleichzeitig mehrere Arten beigemischten Getreides auf. Dann aber zeigen diese in der Regel wiederum Unterschiede hinsichtlich der relativen Häufigkeit. Auffällig ist bei diesen Befunden, daß in allen Proben mit bestimmten Hauptgetreidearten die relativ häufigsten Beimischungen anderen Getreides regelmäßig derselben Art angehören. Die auftretenden Kombinationen sind aus Tabelle 5 (Beilage 13) ersichtlich. I m einzelnen erscheint es zweckmäßig, die Relationen von Hauptgetreide und Beimischungen für die Getreidefunde aus Burg A und Burg B getrennt zu untersuchen, um eventuelle Unterschiede zwischen beiden Anlagen zu erfassen. Hierbei soll zunächst mit Burg B begonnen werden, da diese Burg mit 71 von 84 aussagefähigen Einzelproben den Hauptteil des Materials, nämlich 84,52% der Gesamtzahl an Getreideproben umfaßt und dank der größeren Probenzahl ein klareres Bild zu vermitteln vermag. I n diesen Zahlen sind die nur Mehl ohne unvermahlenes Getreide führende Probe Nr. 992 und die nur ein Kornfragment umfassende Probe Nr. 981 aus Speicher 19 nicht enthalten. Zu den 71 verwertbaren Proben zählen jedoch auch noch 6 Proben, in denen 2 Getreidearten mit bedeutsamen Anteilen vertreten und gleichermaßen als Hauptgetreidearten aufzufassen sind, sowie eine weitere Probe, die keine Hauptgetreideart auszuscheiden gestattet. Auch diese 7 Proben wurden aus der folgenden Übersicht ausgenommen, die sich somit auf b
) Vgl. W. V. Stokar 1951 (S. 49). ) Vgl. J. Baas 1936 (S. 125). ') Vgl. I. Wessely 1957 (S. 143).
8
174
K L A U S - D I E T E R JÄGER
ein Material von 64 innerhalb der Burg B unterschiedlich lokalisierten Proben stützt. Die Getreidekörner liegen in allen diesen Proben in verkohltem Zustand vor. Unverkohlt sind lediglich die Hirseährchen in den Proben 159 und 198, die in die Auswertung nicht mit eingeschlossen wurden. Roggen bildet in 36 Proben (d. h. in 51,4% der Proben) aus Burg B die vorherrschende Getreideart. Ihren Beimischungen nach verteilen sich diese Proben wie folgt: Vorherrschende oder alleinige Beimischung >)
)J
5)
3)
>}
J)
33
33
Weizen Gerste Hirse
ohne ,, Beimischung nicht mehr zu ermitteln
25 4 1 5 1
Proben Proben Probe Proben Probe.
Hirse tritt als vorherrschende Getreideart in 22 Proben (also 31,0% der 71 Proben aus Burg B) auf. Die Beimischungen zu diesen Proben zeigen'folgende Verteilung: Vorherrschende oder alleinige Beimischung „ „ ,, ,, „ ,, „ „ ohne festgestellte Beimischung
Roggen Weizen Gerste
15 1 1 5
Proben Probe Probe Proben.
Gerste liegt dreimal als Hauptgetreideart vor, und zwar einmal mit einer Beimischung von Roggen (Probe Nr. 720 aus Speicher 11) und zweimal ohne Beimischung (Probe Nr. 715 aus Speicher 11 und Nr. 431 mit einem verkohlten Tuchbeutelchen aus dem Tor; Taf. 43e). Zweimal erscheint Weizen als Hauptgetreideart, doch entfällt von den beiden Proben die Nr. 254 aus dem Mahlstein Nr. 234 in Speicher 6 für die Auswertung, da sie nach der Bergung mit der Roggenprobe Nr. 255 vermischt wurde. Die Probe Nr. 816 aus dem Bereich der Speicher 13/14 enthält Hirse als vorherrschende Beimengung. Hafer bildet in einer Probe (Nr. 44/V aus Speicher 9) die Hauptgetreideart. Die vorherrschende Beimischung darin bildet Hirse. Die beigemischten Getreidearten (Beigetreide) erreichen in ihrer Häufigkeit in den Proben etwa die Größenordnung der gleichzeitig darin festgestellten Unkrautsämereien. Dies gab zusammen mit der Regelmäßigkeit, in der die beobachteten Kombinationen auftreten, zu folgender Deutung Anlaß: Hirse I m Vorjahr der in der untersuchten Probe dokumentierten Ernte samten einzelne Halme, wie das auch heute zuweilen noch geschieht, schon vor der Feldräumung aus. So kamen vereinzelte Körner der vorjährigen Feldfrucht in Roggen den Boden, die zusammen mit der neuen Saat keimten und schließlich ihrerseits wieder fruchttragende Halme aufwachsen ließen. Deren Körner mußten sich dann der neuen Ernte beimischen. Wenn nun diese beigemischten KörWeizen/Gerste ner im allgemeinen der gleichen Getreideart angehören, ist zu folgern, daß Abb. 1. Schema des Fruchtfolgeablaufs in der Feldflur der der jeweiligen Hauptgetreideart regelslawischen Burgsiedlung bei Tornow nach der Aussage der Getreidefunde mäßig dieselbe Vorfrucht vorausging,
\
) /
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Die pflanzlichen Großreste aus Tornow
d. h. mit anderen Worten, es erfolgte ein jährlicher Fruchtwechsel, wobei die einzelnen Getreidearten in einem bestimmten Zyklus aufeinander folgten. Die Stellung der wichtigsten in Tornow festgestellten Getreidearten in diesem Zyklus-geht aus Abb. 1 hervor. Für die Umgebung der slawischen Burgsiedlung Tornow darf also eine regelmäßige Fruchtwechselwirtschaft mit wahrscheinlich dreijährigem Zyklus angenommen werden. Auffälligerweise hat nun zwar der Anbau von Weizen und Gerste in dieser Abfolge seinen festen Platz, und von der Nutzung dieser Getreidearten zeugen auch der Weizenfund Nr. 254 aus der Drehmühle Nr. 234 in Speicher 6 sowie der beachtliche Gerstenanteil an dem verkohlten Mehl der Doppelprobe 712/719 aus Speicher 11, aber die Zahl der Proben mit diesen Getreidearten als Hauptfrucht entspricht der demnach zu erwartenden Häufigkeit solcher Proben in keiner Weise. Diese Getreidearten müssen deshalb als unterrepräsentiert gelten, d. h. es ist anzunehmen, daß ihr Anteil an der Feldflur größer war als am vorliegenden Probenbestand. Die geringe Probenzahl mit Weizen und Gerste als Hauptfrucht erschwert aber zunächst auch deren schlüssige Einordnung in das Fruchtfolgeschema. Das gleiche gilt auch für den Hafer. Nach den jeweils vereinzelten Proben könnte Roggen als Vorfrucht für Gerste (daher der in Abb. 1 unterbrochen ausgezogene Abschnitt des Zyklus vorläufig nur für die Weizenvorfrucht gesichert!) und Hirse als Vorfrucht für Hafer erwartet werden, doch bedürfte es weiteren Materials aus anderen Fundstellen, um hier wirklich zu klaren Aussagen zu gelangen. Aus Burg A stammen insgesamt 12 Proben. Sie repräsentieren 15,48% der gesamten Probenzahl. Hierbei tritt Roggen als Hauptgetreideart in 9 Fällen ( = 75% der Proben aus Burg A) auf. Davon zeigen als vorherrschende oder alleinige Beimischung „ „ „ ,, „ „ „ „ keine „
Weizen Gerste Hirse
4 Proben 1 Probe 3 Proben 1 Probe.
Allerdings sind in einigen Fällen nun die Proben gerade hier sehr klein und dementsprechend die Körnerzahl der Beigetreidearten gering. Das gilt für wenigstens 2 der 4 Proben mit Weizenbeimengung (je. 1 Korn!) und für alle Proben mit Hirse als Beigetreide (416:3Körner; 429: 16 Körner), was hier um so mehr ins Gewicht fällt, als die Hirse mit ihren relativ zahlreichen Körnern nach der Kornzahl eher über- als unterrepräsentiert in den Proben erscheint. Für den Nachweis einer entsprechenden Vorfrucht reichen darum die genannten Proben nicht aus. Immerhin darf aber 2 x Weizen und 1 X Gerste als wahrscheinliche Vorfrucht gelten. Hirse bildet in 3 Proben aus B u r g A ( = 25% der Gesamtmenge) die Hauptgetreideart. Beigemischt tritt in allen 3 Proben nur der Roggen auf. Im Prinzip bestätigt sich demnach an den Proben aus Burg A das für Burg B abgeleitete Bild. Offenbar war das oben an Hand der Funde aus Burg B ermittelte Fruchtfolgesystem bereits zur Zeit von Burg A eingespielt.
V. Beimischungen von Unkrautsämereien und ihre Aussage Im Gehalt an Früchten und Samen von Unkräutern, die im folgenden zusammenfassend als Unkrautsämereien bezeichnet werden sollen, bestehen zwischen den vorliegenden Proben verkohlten Getreides im Fundgut von Tornow beträchtliche Unterschiede sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht. Neben Proben, in denen Unkrautsämereien nur ganz vereinzelt oder auch gar nicht gefunden werden konnten, treten andere, die an derartigen Beimengungen sehr reich sind. Diese Unterschiede können durch die Unkrautbesatzziffer (UBZ) zum Ausdruck gebracht werden, die die Zahl der in einer Getreideprobe festgestellten Unkrautsämereien zur Gesamtmenge ver-
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KLAUS-DIETER J Ä G E R
kohlten Getreides in der gleichen Probe in Beziehung setzen soll. Die Berechnung der Unkrautbesatzziffer wurde nach folgender Formel vorgenommen: UBZ = — . 1000 G In dieser Formel bezeichnet n die Zahl der in der jeweiligen Probe beobachteten Unkrautsämereien, G dagegen das Gesamtgewicht der darin vorhandenen, mehr oder weniger vollständig erhaltenen Getreidekörner, letzteres zur Erleichterung der Berechnung immer auf volle Gramm auf- oder abgerundet. Die Multiplikation des Quotienten mit 1000 erfolgt, um für die einzelnen Proben in jedem Falle ganzzahlige Kennziffern zu erreichen. Die UBZ kann allerdings nur unter der Voraussetzung zur objektiven Kennzeichnung einer Probe dienen, daß die darin enthaltenen Unkrautsämereien und vollständig vorliegenden Getreidekörner wenigstens annähernd vollzählig erfaßt sind. Deshalb ist bei der Durchsicht der Proben von Tornow versucht worden, die Unkrautsämereien möglichst restlos auszulesen. Kornbruch und Bruchmaterial von Unkrautsämereien wurde durch Siebung und Auslese abgesondert und in die Berechnung nicht mit einbezogen. Besonders hohe Werte der UBZ sind mehrfach mit Proben verknüpft, in denen Roggen als Hauptgetreideart erscheint. Noch weiter gehende Möglichkeiten der Aussage als die UBZ bietet die qualitative und quantitative Zusammensetzung des Unkrautbesatzes in den einzelnen Proben. Ihre Ermittlung bildete den Gegenstand karpologischer Analysen der aus den Getreidefunden ausgesonderten Teilproben mit den Unkrautsämereien. Bei deren Bestimmung leisteten vor allem die geminologisch-karpologischen Handbücher Bestimmungsschlüssel und Bildatlanten von K. Bertsch 1941, W. Beijerinck 1947, W. Brouwer & A. Stählin 1955, O. Heinisch 1955, A. Vodäk 1956, J. Brecher 1958, Wl. Kulpa 1958 und W. Lampeter 1962 treffliche Dienste. Dort finden sich auch teilweise hervorragende Abbildungen (vorzüglich bei Beijerinck 1947, Heinisch 1955, Vodäk 1956, Brecher 1958, Kulpa 1958 und Lampeter 1962) und Beschreibungen (besonders bei Brouwer & Stählin 1955 sowie bei Heinisch 1955) der angeführten Sämereien, so daß hier auf die Wiedergabe diesbezüglicher Einzelheiten weitgehend verzichtet werden kann. Der Bezeichnung der durch Sämereien belegten Unkrautarten liegt im folgenden die von W. Rothmaler 1.961 verwendete taxonomische Nomenklatur zugrunde. Für zwei der in den slawenzeitlichen Getreidefunden von Tornow auftretenden Hauptgetreidearten ist im Ergebnis der karpologischen Analysen im Unkrautbesatz ein sehr deutliches Überwiegen chrakteristischer Arten der Centauretalia cyani TX.'öO festzustellen, die für Winterfruchtäcker kennzeichnend sind: Unter den Unkrautsämereien von den slawenzeitlichen Roggenäckern in der Umgebung von Tornow dominieren mit weitem Abstand die Samen der aus der Niederlausitz inzwischen nahezu verschwundenen Kornrade (Agrostemma githago L.). Mit den Samen anderer Caryophyllaceen, besonders der Gattungen Lychnis, Silene und Melandrium sind diejenigen der Kornrade (Taf. 44 f) durch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der rundlich-nierenförmigen Umrißgestalt und der „igelstacheligen" Oberflächenskulptur durch konzentrisch angelegte Reihen kleiner spitzer Höcker verbunden, die allerdings bei dieser Art eine besonders deutliche Ausbildung zeigen. Vor allem aber sind die Einzelsamen mit einem Durchmesser zwischen 2 und 4 mm merklich größer als die ansonsten weitgehend ähnlich gestalteten Samen anderer Caryophyllaceen-Gattungen. In verhältnismäßig vielen Proben sind neben der Kornrade weitere Unkrautarten nur ganz untergeordnet vertreten. So erreicht der Anteil der AgrostemmaSamen an der Gesamtzahl der Unkrautsämereien z. B. in einer Probe aus Speicher 3 der jüngeren Burganlage (Inv.-Nr. 343; UBZ 7778) mit 601 Exemplaren unter insgesamt 661 Unkrautsämereien einen Wert von 91%.
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Unter den Sämereien der übrigen aus Roggenfunden belegten Unkrautarten verdienen nach Häufigkeit und Aussagevermögen die Caryopsen der Roggentrespe (Bromus secalinus L.) besondere Aufmerksamkeit (Taf. 44g, links). An Stelle einer in das Endosperm eingesenkten Falte zeigen die flachen Früchte im Querschnitt bauchseitig einen auswärts geöffneten stumpfen Winkel und gewinnen dadurch eine löffelähnliche Gesamtform, die sie auch von den Caryopsen der nahe verwandten Tauben Trespe (Bromus sterilis L.) ausreichend deutlich (Taf. 44g) unterscheidet (vgl. auch I. Natho 1957, S. 101 — 112). Kornrade und Roggentrespe waren noch in der ersten Hälfte des 19. J h . in der Niederlausitz häufig und überall unter der Saat zu finden (vgl. zuletzt A. Arndt 1955). Sie sind dort erst in jüngster Vergangenheit durch die in zunehmendem Maße verbesserte Saatgutreinigung selten geworden. Beide Unkrautarten sind in hohem Maße an die Standortsverhältnisse auf Halmfruchtäckern angepaßt und treten in der Gegenwart als obligate Ackerunkräuter ausschließlich auf beackertem Kulturland auf. Überragende Häufigkeit gerade dieser Unkrautarten wertet M. Beranovä 1962 als Kennzeichen von Ackerflächen, die sich bereits seit langem unter Kultur befinden. Beide Arten sind überdies nach Rothmaler 1961 (S. 91 und 200) einjährig-überwinternd (winterannuell), d. h. die im Sommer oder Herbst aufkeimenden Pflanzen gelangen erst im folgenden J a h r zu Blüte und Frucht, und zwar nur unter der Voraussetzung, daß ihre Entwicklung nicht vorzeitig durch eine Feldbestellung im Frühjahr beendet wird. Demzufolge darf starkes Hervortreten winterannueller Unkrautarten in ur- und frühgeschichtlichen Getreidefunden, wie z. B. von Kornrade und Roggentrespe in Tornow, in Übereinstimmung mit I. Natho 1957 (S. 134) und M. Beranova 1962 (S. 200 und 202) als Hinweis auf Winterfruchtanbau derjenigen Getreidearten gewertet werden, in deren Begleitung sie auftreten. Für die Umgebung von Tornow darf deshalb in slawischer Zeit der Anbau von Winterroggen angenommen werden. Diese Annahme wird durch das Auftreten weiterer winterannueller Unkrautarten, wie z. B. der Kornblume (Gentaurea cyanus L.), in Roggenfunden aus dem dortigen Burgwall (Burg B, Speicher 3: Inv.-Nr. 343) bestätigt. Der Keimling der Agrostemma-S&men ist infolge seines Gehaltes an Githagin (Agrostemin) stark giftig. Githagin ist ein glykosidisches Saponin von narkotischer Wirkung, dessen Anwesenheit sich im ausgebackenen Brot durch blaugrüne Färbung und bitteren Geschmack kundtut. Genuß von Brot aus ungereinigtem Getreide mit hohem Besatz durch Kornrade kann zu Vergiftungen mit tödlichem Ausgang führen, wie sie für das deutsche Mittelalter auch überliefert sind (Hinweis bei Lampeter 1962, S. 119). Der häufig hohe AgrostemmaBesatz in den Roggenproben von Tornow (z. B. Burg B, Speicher 3, Inv.-Nr. 343: in 10 g verkohlten Getreides durchschnittlich mehr als 70 Samen der Kornrade) verdient unter diesem Gesichtspunkt besondere Aufmerksamkeit. I m gleichen Zusammenhang bedarf auch das Auftreten von Sklerotien des Mutterkornes (Claviceps purpurea TULASNE) in einem Roggenfund aus Burg B (Speicher 12/13: Inv.-Nr. 758) der Erwähnung (Taf. 431). Mit den angeführten winterannuellen verbinden sich mehr vereinzelt auftretende sommerannuelle und mehrjährige Ackerunkräuter, wie z. B. der Acker-Wachtelweizen (Melampyrurn arvense L.) und der Ackermeister (Asperula arvensis L.) (Taf. 44e). Deren Teilfrüchtchen sind von ovaler Gestalt, ca. 1,5—2 mm lang sowie bauchseitig mit einer tief eingesenkten Grube und oberflächlich mit einer feinen wabig-netzigen Oberflächenskulptur versehen. Der Acker-Wachtelweizen gehörte nach Arndt 1955 auch im 19. J h . noch zu den häufigen Ackerunkräutern der Niederlausitz. Gerste bildet im Fundgut aus dem slawenzeitlichen Burgwall von Tornow nur einmal die Hauptgetreideart einer größeren, mit Unkrautsämereien verunreinigten Probe. Diese stammt aus der jüngeren Burganlage ( B u r g B : Speicher 11, Inv.-Nr. 720). Ihre Unkrautbesatzziffer beläuft sich auf 1964. Die Kornrade tritt dabei völlig zurück. Sie ist unter den aus dieser 12
Herrmann, Tornow und Vorberg
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Probe ausgelesenen 110 Unkrautsämereien nur einmal vertreten. An ihrer Stelle gewinnt jedoch mit der Roggentrespe wiederum ein winterannuelles Ackerunkraut mit 38 Caryopsen an der Gesamtmenge der Unkrautsämereien erhöhten Anteil. Sie wird in ihrer Aussage bestätigt durch das Hinzutreten eines der kennzeichnenden dreikantigen Samen des Windenknöterichs (Polygonum convolvulus L.), so daß auch für die Gerste von Tornow auf Winterfruchtanbau geschlossen werden darf. Der auch von den Tornower Roggenäckern jener Zeit belegte Ackermeister erlangt in der Gerstenprobe ebenso wie die Roggentrespe eine auffallende relative Häufigkeit. Mit einer Frucht ist ein Hahnenfuß (Ranunculus spec.) vertreten. Auch vom Weizen stand für die karpologische Analyse des Unkrautbesatzes nur eine Probe aus der jüngeren Burganlage (Burg B, Speicher 13/14: Inv.-Nr. 816) zur Verfügung. Aus dieser Probe liegen insgesamt 100 Unkrautsämereien vor, die Unkrautbesatzziffer beläuft sich auf 1236. In dieser Probe stehen 5 Samen der Kornrade 90 Sämereien (Früchten und Samen) vom Weißen Gänsefuß (Chenopodium album L.) gegenüber, der als Ordnungscharakterart der Chenopodietalia albi TX. et LOHM.'50 für einjährige Pionierphytocoenosen kennzeichnend ist, denen auch die Unkrautgesellschaften der Hackfruchtflächen in Gärten, der Weinberge und der Sommerfruchtäcker mit Halm- und Hackfruchtanbau (Verband Polygono-Chenopodion W. KOCH '26 em. SISS. '46) zuzuordnen sind. Die Samen sind flach zusammengedrückt, von linsenähnlicher Gestalt, mit nahezu kreisförmigem Umriß, jedoch deutlich abgesetztem Würzelchen in der Aufsicht bei einem Durchmesser von etwa 1 mm, und zeichnen sich durch eine glatte, glänzende Oberfläche aus. An kleine Apfelsinenscheiben erinnern in ihrer Gesamtform zwei ca. 1,5 mm lange, oberflächlich netzig gerunzelte Teilfrüchtchen einer Malve, die nach Gestalt und Oberflächenskulptur sowohl mit solchen der Wilden Malve (Malva sylvestris L.) als auch mit solchen der Nordischen Malve (Malva pusilla SM.) verglichen, ihrer Größe nach aber vielleicht eher auf die letztgenannte Art bezogen werden können. Beide Malven-Arten sind sommerannuell. Außer den angeführten Sämereien liegt aus der Weizenprobe auch eine Compositen-Achäne (Fam. Asteraceae) vor. Mehr noch als die besprochene Weizen-Probe erhalten die durch Unkrautbesatz ausgezeichneten Hirsefunde aus dem Burgwall von Tornow im Spektrum der Sämereien durch den Weißen Gänsefuß ihr Gepräge. Die Unkrautbesatzziffern sind bei diesen Funden, anders als bei den Roggen-Proben allgemein niedrig. Die Spektren selbst zeigen eine gewisse Eintönigkeit. Mehrfach tritt der Weiße Gänsefuß als einzige Unkrautart auf. Seltener bestimmen Polygonaceen das Unkrautspektrum von Hirseproben (Burg B, Speicher 6: Inv.-Nr. 221 mit Polygonum, convolvulus L., P. lapathifolium L. und P. persicaria L.). Winterannuelle Sippen fehlen sonst vollständig. Das ergibt in Verbindung mit dem relativ starken Hervortreten einer Charakterart der Sommerfruchtäcker einen deutlichen Hinweis auf Sommergetreide und Frühjahrsbestellung, der etwa in der Ackerfläche ausgesamte winterannuelle Unkräuter zum Opfer fielen. Der auffällig hohe Anteil sommerannueller Arten am Unkrautspektrum der Weizen-Probe regt zunächst die Annahme an, daß auch diese Getreideart in slawischer Zeit als Sommerfrucht angebaut worden sei. Das gleichzeitige Auftreten der winterannuellen Kornrade im Weizen spricht jedoch für eine andere Deutung dieses Spektrums: Die Chenopodium-Samen können nämlich in diesem Falle auch als fruchtwechselbedingter Chenopodietea-Rest im Weizenacker verstanden werden, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß in der damaligen Fruchtfolge dem Weizen eine Sommerfrucht vorausging. Als solche kommt im Ergebnis der karpologischen Analysen an den Unkrautbeimengungen zu den verschiedenen Hauptgetreidearten von Tornow in erster Linie die Hirse in Betracht, während für Roggen und Gerste soeben Winterfruchtanbau wahrscheinlich gemacht werden konnte. Das Unkraut-
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spektrum der Weizen-Probe läßt also die Deutung zu, daß Winterweizen mit Kornradebesatz die Folgefrucht von Hirse darstellte, die zusammen mit dem Weißen Gänsefuß als kennzeichnendem Begleit-Unkraut unter dem Weizen noch als Beigetreide nachlebte. Da derartige fruchtwechselbedingte Reste einer Phytocoenose von Hirseäckern in den untersuchten Unkrautbeimengungen zu Roggenproben vermißt wurden, müßte weiter gefolgert werden, daß im Fruchtwechselzyklus zwar der Weizen, nicht aber der Roggen als direkte Folgefrucht der Hirse auftrat. Diese Folgerungen aber stehen in guter Übereinstimmung mit dem bereits auf Grund anderer Überlegungen an Hand der Getreidefunde von Tornow erschlossenen Fruchtwechselzyklus (Abschn. IV). Die einzige Probe aus Burg B, in der Hafer als Hauptgetreideart auftritt, ist praktisch frei von Unkrautsämereien. Angaben über die Jahreszeit der Aussaat sind darum für den slawenzeitlichen Haferanbau in der Umgebung von Tornow bisher nicht möglich. Neben der Jahreszeit der Feldbestellung und neben der Vorfrucht mögen bis zu einem gewissen Grade auch unterschiedliche Standorte innerhalb des Herkunftsgebietes der Getreidefunde von Tornow in der ungleichen Zusammensetzung der zugehörigen Unkrautspektren zum Ausdruck kommen. Die von anderer Seite bereits aufgenommene phytocoenologische Bearbeitung und Kartierung der rezenten Unkrautvergesellschaftungen in der Niederlausitz läßt für die Zukunft noch weiter reichende Möglichkeiten für historische Aussagen an Hand der Unkrautsämereien aus den slawenzeitlichen Getreidefunden erhoffen, und zwar im günstigsten Falle Hinweise für eine Identifizierung von Anbaustandorten der verschiedenen Getreidearten, die in slawischer Zeit in der Umgebung von Tornow kultiviert worden sind.
B. Reste verkohlten Mehles Über die Verarbeitung des Getreides in der Burgsiedlung bei Tornow geben nicht nur die von J. Herrmann in diesem Band besprochenen Mühlen, sondern auch Funde von verkohltem Mehl und Schrot Auskunft, die in einigen Proben festgestellt werden konnten. Diese Funde gehören sämtlich zur zweiten Burganlage (Burg B). In zwei Fällen bildet das Mehl im verkohlten Zustand eine feste, schwarze Masse mit unzähligen feinen Poren, die von vereinzelten unzermahlenen Getreidekörnern und häufigeren Kornbruchstücken durchsetzt wird. Derartige Funde liegen vor aus Speicher 19 (Inv.-Nr. 992) und Speicher 11 (Inv.-Nr. 712/719, vgl. Taf. 43a). Von etwas anderer Beschaffenheit sind Funde einer ähnlichen festen, schwarzen Masse aus den Speichern 3 (Inv.-Nr. 251), 6 (Inv.-Nr. 254/255) und wiederum 11 (Inv.-Nr. 712/719, d. h. gemeinsam mit den für diese Probe schon genannten Funden verkohlten Mehles geborgen, vgl. Taf. 43c). Im Unterschied zu den eben angeführten Beispielen verkohlten Mehles ist bei diesen Funden die Grundmasse dichter und praktisch frei von feinen Poren, dafür aber stark durchsetzt mit zahlreichen, nach allen Seiten mehr oder weniger unregelmäßig begrenzten, zumeist abgeflachten, blasigen Hohlräumen in der Größenordnung weniger Millimeter. Vereinzelt auftretende Getreidekörner und zahlreiche, in der Regel verhältnismäßig große Kornbruchstücke sind jedoch auch in diesen Fällen kennzeichnend. Damit ergibt sich bei Betrachtung des Materials unter dem Auflichtmikroskop ein Bild, das mit dem heutigen Vollkornbrotes eine bemerkenswerte Ähnlichkeit zeigt. Im übrigen ist es auch gut vergleichbar mit Brotresten der skandinavischen Wikingerzeit aus dem Kirchspiel Kvillinge in Schweden, die W. v. Stokar 1951 (S. 135, Abb. 19) abbildet. Dennoch sind die hier angeführten Funde von Tornow offenbar nicht als Reste verkohlten Brotes zu deuten. Einer 12*
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dieser Funde stammt nämlich aus einer Getreideprobe (Doppelprobe Nr. 254/255), die nach Aussage der Grabungsunterlagen zwischen den Mühlsteinen einer Drehmühle (Inv.Nr. 250) im Speicher 6 angetroffen wurde. Die Steine zeigten Spuren starker Hitzeeinwirkung. Die übrigen hierher gehörigen Funde wurden in der unmittelbaren Nachbarschaft von Mahlsteinbruchstücken gefunden, so in Speicher 3 (Inv.-Nr. 251) unweit Mahlstein Inv.-Nr. 176 und in Speicher 11 (Inv.-Nr. 714/719) unweit den Mahlsteinresten mit der Inv.-Nr. 734. Durch diese Fundumstände wurde die Frage aufgeworfen, ob Mehl auch ohne Durchlaufen des normalen Backvorganges unter der Einwirkung hoher Temperaturen, wie sie offenbar beim Brand der Burg entstanden sind, eine verkohltem Brot ähnliche Beschaffenheit anzunehmen vermag. Verkohlungsversuche unter Verwendung von Weizenschrot führten in der Tat zu einer den Funden aus Tornow gut vergleichbaren festen kohligen Masse (Taf. 43d), obgleich die Verkohlungsbedingungen im Experiment sicher nicht völlig denen für Mehl bzw. Schrot während des Brandes der Burg entsprochen haben. Alle hier besprochenen Funde sind also offenbar auf die Verkohlung von Mehl zurückzuführen, wobei die Unterschiede in der Struktur und besonders in der Größe der Hohlräume in der verkohlten Masse auf Unterschiede in den Verkohlungsbedingungen an den verschiedenen Fundstellen deuten, wie sie z. B . zwischen Mehllager und Mühleninhalt zweifellos gegeben waren. Dieses Mehl war, wie die zahlreich darin enthaltenen großen Kornbruchstücke sowie die gelegentlich vorkommenden unzermahlenen Einzelkörner ausweisen, das Ergebnis einer ziemlich groben Ausmahlung. Diese Körner und Kornbruchstücke boten nun auch eine Möglichkeit, die vermahlenen Getreidearten zu ermitteln. In dem verkohlten Mehl aus Speicher 11 (Doppelprobe 712/719) sind Roggen und Gerste im Verhältnis 3 : 1 unter den aus der verkohlten Masse herauspräparierten Körnern vertreten (Taf. 43b). Durch diesen Befund wird die Annahme nahegelegt, daß nicht ein durch etwas Gerste verunreinigter Roggen vermählen wurde, sondern daß die Mischung von Roggen- und Gerstenmehl beabsichtigt war. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß die in Tornow vertretene Gerste als ßzeilige Gerste im Anschluß an W. v. Stokar 1951 (S. 32) als „reine Mehlgerste" zu bewerten ist, ,,da sie wegen ihres Kleberreichtums zum Brauen nicht geeignet ist". An dieser Stelle ist nochmals der Befund in Speicher 6 heranzuziehen, wo die vollständig erhaltene Mühle (Inv.-Nr. 250) mit dem Mehl zusammen gleichzeitig in bedeutender Menge Weizen- und Roggenkörner enthielt (Proben Inv.-Nr. 254 und 255). Hier wurde also offenbar von vornherein ein Getreidegemisch vermählen in der Absicht, ein Mischmehl ähnlich dem aus Speicher 11 geborgenen, aber mit anderen Komponenten, zu erzielen. Möglicherweise sollte durch die Beimischung von Weizen oder Gerste zum Roggen vor der Ausmahlung eine Verbesserung von Geschmack und Bekömmlichkeit des letztlich gewünschten Brotes gegenüber dem Roggenbrot erzielt werden. Auch in der Backfähigkeit des Mehles der hier genannten Getreidearten bestehen nach den Erfahrungen des heutigen Bäckereiwesens im Vergleich zu imvermischtem Roggenmehl beträchtliche Unterschiede 8 ).
C. Samen weiterer Kulturpflanzen (Leguminosen und Flachs) Über die sieben bisher angeführten Getreidearten hinaus konnten durch die botanische Untersuchung in dem Fundgut von Tornow noch vier weitere Arten von Nutzpflanzen an Hand ihrer Samen nachgewiesen werden, und zwar 3 Arten von Leguminosen und außerdem der Flachs (Linum usitatissimum L.). Die Leguminosen-Samen gehören sämtlich zu Proben aus Burg B und liegen in allen Fällen in verkohltem Zustand vor. Nachweise für den Flachs fanden sich dagegen in beiden Burganlagen. 8
) Vgl. dazu im einzelnen W. v. Stokar 1951 (S. 78—79 sowie in Sonderheit zur Gerste S. 50).
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a) Die Leguminosen von Tornow 56 Samen der Erbse ( P i s u m sativum L.) waren zusammen mit Weizenkörnern einer Roggenprobe aus Speicher 10 (Inv.-Nr. 44/IV) beigemischt (Taf. 44a). Weitere 3 Erbsensamen fanden sich in einer Hirseprobe aus dem gleichen Speicher (Inv.-Nr. 71). Je einen Samen erbrachten außerdem der Speicher 7 (Inv.-Nr. 156/III) und der Zentralbau (Inv.-Nr. 197). Die mehr oder weniger kugeligen bis kubischen Samen zeichnen sich durch eine flache oberflächliche Mulde neben dem Nabel (Hilum) aus, in welcher das sogenannte Würzelchen (Radicula) gelegen ist. Im Durchmesser zeigen die kleinsten der Erbsensamen von Tornow 3,5 mm, die größten 4,5 mm. Der Mittelwert liegt bei 3,8—3,9 mm. Die Erbse ist eine alte Kulturpflanze, die schon den Bandkeramikern in Mitteleuropa bekannt war9). Auch in späteren Perioden konnte sie des öfteren nachgewiesen werden10). Funde aus slawischen Siedlungsplätzen veröffentlichten u. a. Buschan 1895 für die Burgwälle von Pop^szyce (Poppschütz) in Schlesien und Treuenbrietzen in Brandenburg, Neuweiler 1905 von weiteren schlesischen Fundorten, Neuweiler 1935 von Spittwitz (Krs. Bautzen) in Sachsen, Dohnal 1958 (S. 508—509) von Klucov bei Öesky Brod in Böhmen und Klichowska 1962 aus Kolobrzeg (Kolberg) in Pommern. Ferner gibt sie Holubowicz 1956 (S. 222) für das 10. —12. Jh. in Opole (Oppeln) an. Weiterhin sind in diesem Zusammenhang nach Jakubciner 1955 (S. 22) Erbsenfunde der gleichen Zeit aus Novgorod und solche des 5 . - 6 . Jh. aus Pskov zu erwähnen. Durch den Bericht von Burian, Opravil & Tempir 1963 über die Funde pflanzlicher Großreste aus der Kartause von Dolany bei Olomouc (Olmütz) in Mähren ist die Geschichte der Erbse bei den slawischen Stämmen in Mittel- und Osteuropa an Hand von Samenfunden bis in das 15. Jh. hinein zu verfolgen. Die Ackerbohne (Vicia faba L.), auch bekannt unter den Namen Saubohne und Pferdebohne, ist mit einem Samen in einer Roggenprobe aus dem Zentralbau der Burg B (Inv.Nr. 159) vertreten (Taf. 44 c). Dieser zeigt die Form einer Walze mit abgerundeten Enden, die in der Länge 4,5 mm, im Durchmesser 3,5 mm mißt. Kennzeichnend ist die Lage des länglichen Nabels an dem einen Ende des Samens. Als Kulturpflanze tritt die Ackerbohne in Mitteleuropa seit der Bronzezeit auf 11 ). Funde slawischer Herkunft wurden durch I. Wessely 1957 (S. 146) von Vipperow veröffentlicht. Gemessen an der mittleren Länge der dortigen Samen (6,5 mm) muß der Samenfund aus Tornow als klein bezeichnet werden. Aus dem mittelalterlichen Opole (Oppeln, 10. bis 12. Jh.) gibt Holubowicz 1956 (S. 222) die Pferdebohne an. Nach Jakubciner 1955 (S. 22) wurde die Ackerbohne spätestens seit dem 5. Jh. in Lettland und seit dem 6. Jh. in Weißrußland kultiviert. Die gleiche Probe erbrachte außerdem 7 Samen der Saatwicke (Vicia sativa L,), die auch noch in drei weiteren Getreidefunden aus dem Zentralbau der Burg B (Inv.-Nr. 197: 15 Samen; Inv.-Nr. 198: 3 Samen; Inv.-Nr. 237A: 5 Samen) auftritt. Aus dem Brunnenbereich derselben Burg stammen 2 Samen (Inv.-Nr. 94/11). Je ein weiterer Same dieser Wickenart liegt aus Speicher 7 (Inv.-Nr. 156/III) und aus Speicher 10 (Inv.-Nr. 44/Y) vor. Diese Samen sind alle (vgl. Taf. 44b) mehr oder weniger deutlich linsenförmig abgeflacht und in der Aufsicht wie Linsensamen von annähernd kreisförmiger Umrißgestalt, doch fehlt ihnen der scharfe Randknick der Linsen, an dessen Stelle ein stumpfer Umbug tritt. Der kleinste gemessene Kreisdurchmesser beträgt bei den Samen von Tornow 2,5 mm, der größte 3,5 mm. Im Mittel ergeben sich 3,0 mm. Die Testa ist mehrfach aufgerissen. 9
) Siedlungsfunde von Heilbronn (K. & F. Bertsch 1949, S. 166), Eisenberg, Westeregeln und Zwenkau (W. Rothmaler & I. Natho 1957, S. 77—78, 94 und 95) und Dresden-Nickern (unveröffentlicht). 10 ) Zur Geschichte der Erbse als Kulturpflanze vgl. F. Netolitzky 1931 (S. 4 9 - 5 0 ) , K. & F. Bertsch 1949 (S. 165 bis 170), H. L. Werneck 1961 (S. 115) und Zd. Tempir 1964 (S. 89-90). n ) Einzelheiten und Nachweis von Fundstellen bei K. & F. Bertsch 1949 (S. 159—165). Ergänzend dazu jetzt H. L. Werneck 1961 (S. 45) und K.-D. Jäger 1965.
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Ur- und frühgeschichtliche Samenfunde der Saatwicke sind bisher verhältnismäßig selten. Die älteren Funde dieser Art stellte zuletzt Netolitzky 1931 (S. 45) zusammen. Sie setzen mit dem Neolithikum ein. Andererseits reichen sie wenigstens bis in das späte Mittelalter hinein. So hat Tempir 1961 (S. 173) noch in einer Haferprobe aus dem 14. Jh. von Uhersky Brod in Mähren die Saatwicke mit einem Gewichtsanteil von knapp 3% des Gesamtgewichtes dieser Probe festgestellt. b) Flachs (Linum usitatissimum L.) 7 Samen vom Flachs (Linum usitatissimum L.) fanden sich in der Roggenbeimischung der Hirseprobe Inv.-Nr. 44/1 aus Speicher 10 der Burg B. Die Länge des abgebildeten Samens (Taf. 44d) beträgt 4 mm, die Breite ca. 1,5 mm, die Höhe knapp 2 mm. Schnabel, Nabel und seitliche Abflachung sind gut erkennbar. In geringer Zahl traten Leinsamen auch in anderen Getreidefunden aus dem gleichen Speicher zutage (Inv.-Nr. 44/11: > 3; Inv.-Nr. 44/111: 4; Inv.-Nr. 44/V: 22). Dagegen erbrachte eine weitere Hirseprobe dieses Speichers (Inv.-Nr. 71) nicht weniger als 587 Samen der gleichen Art mit einem Gesamtgewicht von 1,34 g. Mehr als 80 Samen dieser Art wurden ferner in einer Hirseprobe aus Burg A (Inv.-Nr. 402) gezählt. Das relativ spärliche Auftreten von Leinsamen in den Funden von Tornow entspricht den Verhältnissen in einigen anderen Fundkomplexen slawischer Herkunft. Aus Vipperow gibt I. Wessely 1957 (S. 146) vom Flachs ein Samenbruchstück an und folgert aus der relativen Seltenheit von Leinsamen ebenda: „Wahrscheinlich muß also der Lein nicht mit dem Getreide in Berührung gekommen sein." Auch aus Opole (Oppeln) in Oberschlesien wird durch Holubowicz 1956 (S. 221) ein einzelner Samen angegeben. Dagegen lagen in Zantoch nach Baas 1936 (S. 123) Samen und Kapseln vom Lein in großer Menge vor. Flachsstroh wird von Klichowska 1962 (S. 330) aus Kolobrzeg (Kolberg) in Pommern angegeben (Schicht 4: II. Hälfte 9. Jh./I. Hälfte 10. Jh.). Auch in Opole wurde Flachsstroh nach Holubowicz 1956 (S.221), und zwar reichlich gefunden. Vergleichbare Funde aus dem Zentralbau der Burg B dürften jedoch auf Gramineen-Halme zurückgehen (Inv.-Nr. 228, Taf. 43f). Der Lein ist eine sehr alte Kulturpflanze, deren Anbau in Mitteleuropa bis in das Neolithikum zurückgeht. Eingehendere Darstellungen zu deren Geschichte finden sich bei Netolitzky 1931 (S. 62-64), bei K. & F. Bertsch 1949 (S. 201—210, mit Fundstellennachweis) sowie bei Hjelmqvist 1955 (S. 145—147, mit weiterführenden Hinweisen). I). Früchte von Obstbäumen Hinweise auf den Anbau von Obstbäumen fanden sich kaum. Nur in der Probe 966 war dem Getreide (in diesem Falle Roggen mit Beimischungen von Weizen, Gerste, Hirse und Unkrautsämereien) ein Bruchstück vom putamen einer Kirsche (Taf. 441) beigemischt. Innerhalb der Gattung Prunus wird die Zuweisung des Fruchtsteinbruchstücks zu einer Kirsche durch dessen glatte Oberfläche und dünne Wandung (Wandstärke ca. 1 mm) ausreichend begründet. Einer genaueren Bestimmung seiner Artzugehörigkeit steht jedoch die fragmentarische Erhaltung des Fruchtsteins entgegen. Der Getreidefund Nr. 966 gehört zur ersten Burganlage von Tornow und stellt im Gebiet der Slawen zwischen Elbe und Oder den bisher frühesten Hinweis auf den Genuß der Kirsche dar. Da aber nicht auszuschließen ist, daß das Fundstück letztlich auf eine Frucht der wilden Vogelkirsche (Prunns avium L.) zurückgeht, kann es nicht als einwandfreier Nachweis für den bewußten Anbau einer Kirsche in der Slawenzeit der Niederlausitz bewertet werden. Erwähnt sei, daß Kirschenreife und Erntezeit einander im Jahresgang etwa entsprechen, ein Umstand, der hinlänglich geeignet ist, das Vorkommen des ,,Kirschkern"-Bruchstückes im Getreidefund ausreichend zu erklären.
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E. Holzanatomische Untersuchungen Ebenso wie die Funde verkohlten Getreides erwiesen sich auch solche verkohlten Holzes in dem Fundmaterial aus Tornow als außerordentlich häufig. Reste von den Holzkonstruktionen der Burganlage und Gegenstände aus Holz kamen darüber hinaus zum Teil auch im unverkohlten Zustand zutage. Die Menge der Holzreste nötigte von vornherein dazu, die holzanatomischen Untersuchungen auf eine Auswahl von Funden zu beschränken. Quantitative Untersuchungen an Holzresten aus urgeschichtlichen Siedlungen, wie sie z. B. F. Fukarek 1955 an Hand von Funden aus der Dünengrabung Wahlitz vorgelegt hat, sind ohnehin weitaus weniger geeignet, die Anteile der einzelnen Holzarten an den ur- und frühgeschichtlichen Waldbeständen richtig widerzuspiegeln als z. B. Pollenanalysen, wenngleich sie deren Ergebnisse in groben Zügen bestätigen mögen 12 ). Die durchgeführten holzanatomischen Untersuchungen dienten also in erster Linie der Feststellung der für bestimmte konstruktive Elemente bei der Errichtung der Burganlage sowie der für die Anfertigung bestimmter Holzgegenstände verwendeten Holzarten. Diese Aufgabenstellung bestimmte die Auswahl der untersuchten Funde. Außerdem wurden von den Beimischungen verkohlten Holzes zu den Getreidefunden Stichproben untersucht. Die Untersuchung der Holz- und Holzkohlefunde ging in allen Fällen von einer Musterung der Holzquerschnitte unter Auflicht aus, die teils am Forschungsmikroskop Lu des VEB Carl Zeiss Jena, teils unter dem Stereomikroskop SM X X aus dem gleichen Herstellerbetrieb bei Vergrößerungen zwischen 6,3mal und lOOmal erfolgte. Nötigenfalls wurden die Untersuchungen unter Auflicht ergänzt durch die Anfertigung von Dünnschnitten in der Radial-, Tangential- und Querschnittebene, die im Durchlicht am Lu zur Untersuchung kamen. An Vergleichsmaterial wurden außer den Holzproben in der Sammlung des Verfassers am Institut für Vor- und Frühgeschichte der DAW in Berlin die Holzatlanten von Schmidt 1941 und Greguss 1955 sowie 1959 herangezogen. Im folgenden soll zunächst eine Übersicht über die an Hand der oben umrissenen Auswahl von Holz- und Holzkohlefunden festgestellten Holzarten mit den für ihre Bestimmung entscheidenden holzanatomischen Merkmalen gegeben werden. In der Nomenklatur der Gehölzarten folgt der Verfasser der Exkursionsflora von W. Rothmaler 1961. Die untersuchten Holzgegenstände und Holzkohlefunde verteilen sich auf folgende Holzarten : Pam. Pinaceae Pinns cf. sylvestris L. (Kiefer) Querschnittbild unter Auflicht: Nadelholz mit relativ zahlreichen deutlichen Harzgängen. Radialschnitt im Durchlicht (Dünnschnitt) : Markstrahlparenchym mit jeweils einem Tüpfel im sog. Kreuzungsfeld, Randzellen der Markstrahltracheiden mit zackigen Wandverdickungen. Große Hoftüpfel auf den Wänden der Tracheiden. Diagnose: Die angeführten holzanatomischen Merkmale sichern in Mitteleuropa die Zugehörigkeit des Holzes zu einer 2-nadeligen Kiefer der Sektion Eupitys, jedoch ist eine sichere Entscheidung zwischen den beiden dieser Sektion angehörigen einheimischen Arten, der Waldkiefer (Pinus sylvestris L.) und der Bergkiefer oder Latschenföhre (P. mugo TURRA = P. montana MILL.) nach dem gegenwärtigen Stand der holzanatomischen Diagnostik nicht möglich. Beispiele : Funde Nr. 284 und 383, aus Getreidefunden, verkohlt ; Funde Nr. 541 und 542, Eimerdauben (vgl. Taf. 25 c—e), unverkohlt; Fund Nr. 183, Pfahlspitze, unverkohlt. 12
) Vgl. auch W. R. Müller-Stoll 1936 (S. 15—22), dazu im vorliegenden Band den pollenanalytischen Beitrag von H. Jacob.
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Fam. Salieaceae (Weidengewächse) Quersohnittbild unter Auflicht: Zerstreutporiges Laubholz mit durchweg sehr schmalen, auch unter starker Vergrößerung nur schwer erkennbaren Markstrahlen und undeutlichen, allerdings durch Porenhäufung im Frühholz noch einmal zusätzlich hervorgehobenen Jahresringgrenzen; gegen das Herbstholz hin Abnahme der Porendichte bei etwa gleichbleibenden Gefäß weiten um 0,1 mm, dadurch im Spätholz mancher Jahresringe ein relativ breiter, porenamer bis porenfreier umlaufender Streifen aus Libriformzellen; ansonsten Poren häufig zu 2- bis 4-gliedrigen, radial verlaufenden Porenstrahlen zusammengeordnet; keine Schemstrahlen. Querschnittbild im Durchlicht (Dünnschnitt): Im Querschnitt durchgängig Markstrahlbreiten von einer Zellreihe. Gute Vergleichbarkeit mit rezentem Weidenholz. Radialschnitt im Durchlicht (Dünnschnitt): Sehr hohe Markstrahlen aus zahlreichen übereinanderliegenden Zellschichten. Diagnose: Die Merkmalsverbindung von Zerstreutporigkeit, Markstrahlbreiten von konsequent einer Zellreihe und fehlenden Schemstrahlen spricht für ein Salicaceen-Holz. Dazu paßt die Übereinstimmung des Querschnittbildes mit dem rezenten Weidenholzes. Mit Rücksicht auf den Erhaltungszustand des Holzes und die Schwierigkeiten einer Artdiagnose bei Salicaceen-Hölzern muß jedoch die Frage der Zugehörigkeit des Holzes zu einer bestimmten Weiden- oder Pappelart offen bleiben. Beispiel: Aststücke von ca. 1 cm 0 mit der Inv.-Nr. 553, unverkohlt. Fam. Betulaceae (einschließlich Corylaceae) Corylus avellana L. (Hasel) Querschnittbild unter Auflicht: Zerstreutporiges Laubholz mit deutlicher Jahresringgrenze und stets schmalen Markstrahlen; die Gefäße vielfach in langen, radialen Porenreihen, häufig langen 3- und mehrgliedrigen Porenstrahlen (mit bis zu 11 Gliedern), aber auch Zwillings- und Drillingsporen, im übrigen im Frühholz häufiger, aber kaum weiter als im Spätholz. Diagnose: Die Angabe von Hasel erhält auf Grund der langen Porenstrahlen ihre Berechtigung, wenngleich die für diese Holzart gleichfalls kennzeichnenden Scheinstrahlen nicht festzustellen waren. Dies kann jedoch durch den relativ schlechten Erhaltungszustand des Holzes bedingt sein, zumal schon bei gut erhaltenem Haselholz nach E. Schmidt 1941 (S. 34) „falsche Markstrahlen in allen Schnittrichtungen schlecht erkennbar" sind. Beispiel: Inv.-Nr. 538, Stockknauf o. ä. (vgl. Taf. 24b), schwach angekohlt. Betula cf. pubescens E H R H . (Moorbirke) Querschnittbild unter Auflicht: Zerstreutporiges Laubholz mit deutlichen Jahresringgrenzen und schmalen Markstrahlen; die Gefäße erheblich breiter als die Markstrahlen, häufig als Zwillings- und Drillingsporen in kurzen radialen Porenstrahlen, aber auch vereinzelt; ohne besondere Häufung und Erweiterung im Frühholz an den Jahresringgrenzen. Querschnittbild im Durchlicht (Dünnschnitt): Markstrahlbreiten von 1 bis 4 Zellreihen, sonst wie unter Auflicht. Tangential- und Radialschnitte im Durchlicht (Dünnschnitt): Auffällig sind leiterförmige Gefäßdurchbrechungen. Diagnose: Leiterförmige Gefäßdurchbrechungen und die Häufigkeit von Zwillings- und Drillingsporen weisen in ihrem Zusammentreffen auf eine Betulaceen-Art. Das Fehlen von Scheinstrahlen spricht jedoch gegen ein Vorliegen der Gattungen Alnus (Erle), Corylus (Hasel) und C'arpinus (Hainbuche). Überdies fehlen die kennzeichnenden langen radialen Porenstrahlen und -aufreihungen des Haselholzes, während Erlenholz durch das Auftreten mehrreihiger Markstrahlen ausgeschlossen wird. Demnach kommt nur Birkenholz in Betracht. Auf Grund des Auftretens von bis zu 4 Zellreihen in der Markstrahlbreite ist mit P. Greguss 1955 (S. 79) vielleicht eher an die Moorbirke (Betula pubescens EHRH.) als an die Sandbirke (B. pendula ROTH = B. verrucosa EHRH.) zu denken. Beispiele: Inv.-Nr. 537, Holzgriff (vgl. Taf. 24a), unverkohlt; Inv.-Nr. 544, Schaufelrest (vgl. Taf. 24d), angekohlt.
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Alnus cf. gluiinosa (L.) GAERTN. (Schwarzerle) Querschnittbild unter Auf licht: Zerstreut- bis halbringporiges Laubholz mit Scheinstrahlen zwischen den sehr schmalen Markstrahlen; Frühholzgefäße stellenweise entlang der Jahresringgrenze umlaufend aufgereiht, im übrigen aber mit gleichen Lumina wie die Spätholzgefäße; zwischen den Einzelporen vereinzelt kurze radiale Porenstrahlen aus 2 (Zwillingsporen) bis 4 Gliedern. Querschnittbild im Durchlicht (Dünnschnitt): Die Markstrahlen sind in allen Fällen einreihig. Diagnose: Die Merkmalsverbindung von Scheinstrahlen mit ansonsten einschichtigen Markstrahlen ist nach B. Huber 1951 (S. 131 nebst S. 138) holzanatomisch kennzeichnend für die Gattung Alnus unter Ausschluß der Grünerle (Alnobetula viridis [CHAIX] LAMK. et DC.). Die offenbar konsequente Einhaltung der Einreihigkeit bei den schmalen Markstrahlen mag mit P. Greguss 1955 (S. 81) innerhalb dieser Gattung zugunsten der Schwarzerle interpretiert werden. Beispiel: Inv.-Nr. 539, Haken (vgl. Taf. 24i), unverkohlt. Alnus cf. incana (L.) MOENCH (Grauerle) Querschnittbild im Durchlicht (Dünnschnitt): Zerstreutporiges Laubholz mit schmalen Markstrahlen von 1—2 Zellreihen Breite, zwischen denen vereinzelt Scheinstrahlen auftreten, ohne besondere Häufung von Gefäßen an der Jahresringgrenze, ansonsten neben Einzelporen auch Zwillings- und Drillingsporen. Tangential- und Radialschnitte im Durchlicht (Dünnschnitte): Gefäße mit leiterförmigen Durchbrechungen. Diagnose: Leiterförmige Gefäßdurchbrechungen sprechen zusammen mit dem Vorhandensein von Scheinstrahlen für ein Betulaceen-Holz, schließen jedoch gleichzeitig die Gattungen Carpinus (Hainbuche) und Ostrya (Hopfenbuche) wegen des ersten Merkmals, Betula (Birke) und Alnobetula (m. Alnobetula bzw. Alnus viridis [CHAIX] LAMK. et DC., der Grünerle) wegen des zweiten Merkmals aus. Gegen Hasel spricht die Abwesenheit langer radialer Porenstrahlen und -reihen, wogegen Erlenholz (Gattung Alnus ohne Alnobetula) durch das Überwiegen einreihiger Markstrahlen wahrscheinlich gemacht wird. Das Vorkommen von 2-reihigen Markstrahlen zwischen den einschichtigen soll nach Greguss 1955 (S. 81) ein geeignetes Kriterium für die holzanatomische Unterscheidung der Grauerle von der Schwarzerle abgeben. Dies als richtig vorausgesetzt, wäre die Angabe beider Erlenarten für Tornow zu begründen. Beispiel: Inv.-Nr. 545, Handgriff (Taf. 34g), unverkohlt. Fam. Fagaceae Fagus sylvatica L. (Rotbuche) Querschnittbild unter Auflicht: Zerstreutporiges Laubholz mit vielen schmalen, nur unter Vergrößerung sichtbaren und zwischen diesen vereinzelten sehr breiten, schon für das unbewaffnete Auge sehr auffälligen Markstrahlen, hohe Porendichte. Diagnose: Die beschriebene Merkmalskombination ist kennzeichnend für Buchenholz (in Mitteleuropa Fagus sylvatica L.). Beispiel: Annähernd rechteckiges Stück Holz mit ausgebrochenen Ecken (30 X 24 mm, wohl von einem Brett) aus dem Getreidefund Inv.-Nr. 925, verkohlt. Quercus petraea LIEBL. [ = Q. sessilifiora SMITH in SALISB.] (Traubeneiche) Querschnittbild unter Auflicht: Ringporiges Laubholz mit vielen schmalen, nur unter Vergrößerung sichtbaren und zwischen diesen vereinzelten sehr breiten, schon für das unbewaffnete Auge sehr auffälligen Markstrahlen; die großen Frühholzporen in 1—2 umlaufenden Reihen entlang den Jahresringgrenzen, schroff abgesetzt gegenüber den sämtlich etwa gleich großen, radial angeordneten Spätholzporen. Diagnose: Die Merkmalsverbindung von Ringporigkeit mit dem Auftreten breiter echter Markstrahlen ist kennzeichnend für die mitteleuropäischen Eichenarten. Die schroffe Abgrenzung von Früh- und Spätholz, die radiale Anordnung der Spätholzporen und die auf 1 bis 2 Porenreihen beschränkte Ausbildung des Frühholzes dürfen nach einer Untersuchung von Huber, Holdheide & Raack 1941 sowie nach den von
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Huber 1951 (Abb. 39/40) abgebildeten Beispielen von Eichenholzquerschnitten in der Regel als besondere Merkmale für das Holz der Traubeneiche gelten. Beispiele: Häufig verwendet für verschiedene Gegenstände, z. B. Inv.-Nr. 535, Schöpfkelle (vgl. Taf. 25a), unverkohlt; Inv.-Nr. 536, Kerbstock (vgl. Taf. 25b), unverkohlt; Inv.-Nr. 543, Eimerboden (vgl. Taf. 25f), unverkohlt; Inv.-Nr. 549, Knaufstück, schwach angekohlt; Inv.-Nr. 550, Brettreste, angekohlt. Verkohlte Reste unter der Inv.-Nr. 246 aus Speicher 4 der Burg B. Quercus robur L. [ = Q. pedunculata EHRH.] (Stieleiche) Querschnittbild unter Auflicht: Ringporiges Laubholz mit vielen schmalen, nur unter Vergrößerung sichtbaren und zwischen diesen vereinzelten sehr breiten, schon für das unbewaffnete Auge sehr auffälligen Markstrahlen; mit breitem, 3- bis 4-reihigem Frähholzporenring und allmählicher Verengung der Gefäßlumina vom Frühholz zum Spätholz, daher auch allmählicher Übergang vom Frühholz zum Spätholz; vielfach Gabelung der radialen Porenreihen im Spätholz. Diagnose: In der kennzeichnenden Merkmalskombination mitteleuropäischer Eichenarten mit Q. petraea übereinstimmend. Durch die allmählichen Übergänge vom Frühholz zum Spätholz und den mehrreihigen Frühholzporenring auf Grund der Angaben bei Huber, Holdheide & Raack 1941 sowie bei Huber 1951 (Abb. 39/40) verhältnismäßig sicher von dieser Art zu unterscheiden. Beispiele: Verkohlte Holzreste aus Getreidefunden der Burgen A (Inv.-Nr. 434) und B (Inv.-Nr. 137) sowie Holzspitze aus Speicher 13/14 der Burg B (Inv.-Nr. 803). Fam. Aceraceae Acer platanoides L. (Spitzahorn) Querschnittbild im Durchlicht (Dünnschnitt): Zerstreutporiges Laubholz mit deutlicher Jahresringbegrenzung und entlang jeder Jahresringgrenze mit einem konzentrischen Band radial verflachter Holzfaserzellen, aber ohne auffällige Porenhäufung im Frühholz; Markstrahlen schmal, 2 bis 5, zumeist 4 Zellreihen breit, mit freiem Auge gerade noch erkennbar, keine breiteren Markstrahlen, keine Scheinstrahlen; die Poren überwiegend freistehend, gelegentlich auch Zwillings- und Drillingsporen, gleichmäßig über die Jahresringbreite verteilt, ohne auffällige Größenunterschiede zwischen Früh- und Spätholzporen. Gute Übereinstimmung mit Querschnittbildern rezenten Ahornholzes. Diagnose: Innerhalb der Gattung Acer spricht das Merkmal der 2 bis 5 Zellreihen breiten Markstrahlen nach E. Schmidt 1941 (S. 80) und B. Huber 1951 (S. 139—140) für eine Zuweisung zu A. platanoides L. (A. pseudoplatanus L. 5—8; A. campestre L. 2—4). Beispiel: Inv.-Nr. 546, Schaufelrest (vgl. Taf. 34h), unverkohlt. Fam. Oleaceae Fraxinus excelsior L. (Esche) Querschnittbild unter Auflicht: Ausgeprägt ringporiges Laubholz mit ausnahmslos schmalen Markstrahlen sowie sehr lockerer und gleichmäßiger Streuung der im Vergleich zum Frühholz in den Lumina engeren Spätholzporen, die in der Regel als Einzelporen freistehen, gelegentlich aber auch zu Zwillingsporen zusammengeordnet sind. Diagnose: Die angegebenen Merkmale begründen ausreichend die Angabe von Eschenholz. Beispiel: Verkohltes Bruchstück eines Rundstabes aus dem Randstück eines Lehmtroges in Speicher 19 der Burg B (Inv.-Nr. 989), Astholz. Fam. Celastraceae Euonymus europaea L. (Spindelbaum, Pfaffenhütchen) Querschnittbild unter Anflicht: Zerstreutporiges Laubholz mit sehr zahlreichen und dichtstehenden, außerordentlich englumigen Gefäßporen ( 0 < 0,05 mm) und noch schmäleren, etwa gleichmäßig schmalen Markstrahlen, die noch bei 4facher Vergrößerung unter dem SM X X überhaupt nicht zu erkennen sind.
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Diagnose: Von Weidenholz, auf das den Fundumständen nach zunächst Verdacht bestand, vor allem durch die noch wesentlich engeren Gefäßlumina und die damit verbundene höhere Porendichte unterschieden. Beispiele: Zweigstücke von ca. 4 mm 0 aus Getreidefunden in Speicher 11 (Inv.-Nr. 980 zum Getreidefund Inv.-Nr. 719) und 15 (ohne Inv.-Nr.) der Burg B, offenbar Reste von Flechtkörben für Getreide. Holzfunde des Spindelbaumes treten auffallend häufig in frühgeschichtlichen Getreidefunden slawischer Herkunft auf, so außer in Tornow z. B. auch an folgenden Plätzen: Usedom (Lkrs. Wolgast), spätslawischer Getreidefund von Gerste (Hordeum vulgare L.) mit Beimischung von Hafer (Avena sativa L.) und Holzresten von Kiefer (Pinus cf. sylvestris L.) und Spindelbaum, verkohlt; Bestimmung durch den Verfasser; Veröffentlichung durch A. Leube 1964. Dolany nahe Olomouc (Olmütz) in Mähren, Kartause des 15. Jh., Getreidefund mit Roggen (Seeale cereale L.), Saatweizen (Triticum aestivum L.), Gerste (Hordeum spec.) und Unkräutern sowie Holzresten von Tanne (Abies alba MILL.), Eiche (Quercus spec.), Hasel (Corylus aveUana L.), Wacholder {Juniperus communis L.), Hainbuche (Carpinus betulus L.), Apfel (Malus sylvestris [L.] MILL.) und Spindelbaum, z. T. verkohlt; Veröffentlichung von Burian, Opravil & Tempir 1963 (S. 13).
An dieser Liste der holzanatomisch nachgewiesenen oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit belegten Holzarten aus dem Fundgut von Tornow 13 ) sind Gehölzarten sehr verschiedenartiger Standorte beteiligt. Von stark grundwasserbeeinflußten Auen- und Niederungsstandorten dürfte das Holz von Schwarzerle (Alnus glutinosa [L.] MOENCH), Grauerle (A. incana [L.] GAERTN.), Moorbirke (Betula pubescens EHRH.), Esche (Fraxinus excelsior L.) und teilweise vielleicht auch der Stieleiche (Querem robur L.) herbeigeholt worden sein. Auch das artmäßig nicht genau bestimmte Holz von Weide oder Pappel (Inv.-Nr. 553) wird seiner Herkunft nach am ehesten einem derartigen Standort zuzuweisen sein. Nährstoffarme Sandböden kommen ebenso wie lehmige und lehmunterlagerte Sande als wahrscheinliche Herkunftsstandorte für das Holz der Kiefer (Pinus sylvestris L.) und der Stieleiche (Quercus robur L.), bei etwas höherer Bodengüte auch von Traubeneiche (Quercus petraea LIEBL.) und Rotbuche (Fagus sylvatica L.) in Betracht. Daß diese aber wenigstens zu einem Teil schon von sehr guten Standorten, beispielsweise mit tiefgründigen Lehmböden, stammen dürften, geht aus dem Vorkommen von Spitzahorn (Acer platanoides L.) und Hasel (Corylus avellana L.) zusammen mit der Traubeneiche hervor. Danach darf als wahrscheinlich gelten, daß auch Moränenstandorte mit Traubeneichen-Hainbuchen-Wäldern (TilioGarpinetum) an den von der slawenzeitlichen Holznutzung in der Umgebung von Tornow betroffenen Waldungen beteiligt waren. Für die Rekonstruktion des Waldbildes in der Umgebung der slawischen Burg vermögen somit die holzanatomischen Untersuchungen gewisse Hinweise zu geben 14 ). Darüber hinaus lassen sie erkennen, daß offenbar die verschiedensten Waldstandorte in der Umgebung der Siedlung der Nutzung unterlagen. Zweifellos bestanden aber Unterschiede in der Verwendung der Holzarten, die sich z. B. in der relativen Häufigkeit des Eichenholzes, und zwar genauer gesagt, des Holzes der Traubeneiche, als Werkstoff bei der Herstellung von Holzgegenständen ausdrückt. Als Besonderheit sei das wiederholte Vorkommen verkohlter Zweigreste des Spindelbaumes in den slawenzeitlichen Getreidefunden von Tornow und anderen Fundorten vermerkt. Anscheinend wurde dieses Holz, ähnlich wie heute Ruten von Weide, zur Korbflechterei benutzt. Die Zweigreste könnten dann auf Körbe für das Getreide zurückgehen. Allerdings scheint diese Verwendung von Spindelbaumholz in der Zeit seither außer Gebrauch gekommen zu sein. 13
) Von den angeführten Gehölzgattungen sind Kiefer {Pinus), Eiche {Quercus) und eine Salicacee (letztere mit Gattungsangabe Salix) auch mit Holz- bzw. Holzkohlefunden aus dem Burggraben vertreten, die H. Jacob im Verlauf der pollenanalytischen Bearbeitung von Sedimentproben aus dem Graben antraf und bestimmte (vgl. die Tabelle zu deren Beitrag im vorliegenden Band). Darüber hinaus werden von der Bearbeiterin aus dem gleichen Material auch Zweige von Sorbus (Fam. Rosaceae) angegeben. Durch diese Feststellungen eines Pomoideen-Holzes werden die holzanatomischen Nachweise des Verfassers ergänzt. 14 ) Eine Übersicht über die Vegetationsverhältnisse Brandenburgs in slawischer Zeit bietet H.-D. Krausch 1961.
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Owoce i nasiona chwastöw — Klucze do oznaczania. Warszawa Unkräuter in der Saatguterzeugung. Berlin Ausgrabungen auf einer spätslawischen Siedlung bei Usedom, Kr. Wolgast. In: Ausgrabungen und Tunde 9, S. 215—219 Untersuchungen urgeschichtlicher Holzreste nebst Anleitung zu ihrer Bestimmung. I n : Praehistorische Zeitschrift 27, S. 3—57 Die neolithischen Pflanzenreste aus Burgliebenau bei Merseburg. In: Beiträge zur Frühgeschichte der Landwirtschaft 3, S. 99—138 Die Hirse aus antiken Funden. I n : Sitzungsberichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien 123, Abtlg. I, S. 725 bis 759 Unser Wissen von den alten Kulturpflanzen Mitteleuropas. In: Deutsches Archäologisches Institut, Römisch-Germanische Kommission, Zwanzigster Bericht 1930, S. 14—76 Die prähistorischen Pflanzenreste Mitteleuropas mit besonderer Berücksichtigung der schweizerischen Funde. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 50, S. 2 3 - 1 3 4 Nachträge urgeschichtlicher Pflanzen. In: Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 80, S. 98—122 Die Fruchtmorphologie der Weizen-Arten. I n : Feddes Repertorium Specierum novarum Regni vegetabilis 57, S. 209—216 Exkursionsflora von Deutschland, Bd. I I : Gefäßpflanzen. 2. Aufl., Berlin Bandkeramische Kulturpflanzenreste aus Thüringen und Sachsen. In: Beiträge zur Frühgeschichte der Landwirtschaft 3, S. 73—98 Weizen, Roggen, Gerste — Systematik, Geschichte und Verwendung. Jena Mikrophotographischer Atlas der mitteleuropäischen Hölzer ( = Schriftenreihe des Reichsinstitutes für ausländische und koloniale Forstwirtschaft, Nr. 1). Neudamm Neue Daten zur Verbreitung des Spelzes (Triticum spelta L.) in prähistorischer Zeit. In: Monatsberichte der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin 6, S. 786—787 Vgl. Anm. 1 Die Urgeschichte des Hausbrotes. Leipzig Archeologicke nälezy obilnin na üzemi Ceskoslovenska (Archäologische Getreidefunde auf dem Gebiete der CSSR). In: Vedecke prace Zemedelskeho Muzea . . . CSAZV, einschl. russ. u. dt. Zusammenfassung S. 159—200 Beiträge zur ältesten Geschichte des Pflanzenbaus in Ungarn. In: Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 16, S. 65—98 Semena nebo plody nasich kulturnich rostlin a nejöastejSich plevelü. In: Vodäk, Rropäd & Nejedlä 1956, Kliö semena a plody kulturnich rostlin a nejöastejSich plevelü, Praha, S. 5—102 nebst Tai. 1 - 2 9 Ur- und frühgeschichtliche sowie mittelalterliche Kulturpflanzen und Hölzer aus den Ostalpen und dem südlichen Böhmerwald (Nachtrag 1949—1960). I n : Archaeologia Austriaca 30, S. 68—117 Frühgeschichtliche Pflanzenreste aus der slawischen Siedlung Vipperow, Kreis Röbel. In: Bodendenkmalpflege in Mecklenburg, Jahrbuch 1955, S. 142—154 Die Kornmorphologie der wichtigsten Getreidearten. Biologische Diplomarbeit Greifswald 1957, Maschinenschrift, ungedruckt Vgl. Anm. 2
4. Die Tierreste der slawischen Burgen von Tornow und Vorberg, Kr. Calau Von Hanns-Hermann Müller, Berlin
Bei den Ausgrabungen in den Burgen von Tornow und Vorberg wurden zahlreiche Tierknochen geborgen, die nachstehend gemeinsam besprochen werden sollen, da beide Burgen aus dem gleichen Zeitabschnitt stammen und gleiche Bauphasen und Baukonstruktionen aufweisen, wie den vorstehenden Ausführungen von J . Herrmann entnommen werden kann. Sowohl in Tornow als auch in Yorberg gehört die erste Phase — im folgenden Burg A genannt — dem 7 . - 8 . Jh. an. Diese erste Burg wurde in Tornow durch eine Brandkatastrophe zerstört und bald danach in völlig anderer Manier wieder aufgebaut. Die 2. Phase — im folgenden Burg B genannt — gehört in Tornow dem 8 . - 9 . J h . an und endete ebenfalls durch eine Brandkatastrophe. In Vorberg ist dagegen Burg A verfallen. Burg B wurde dann nach dem gleichen Prinzip wie Burg B von Tornow errichtet und ist allmählich, etwa im 10. Jh., verfallen. Obwohl in Tornow durch die Brandkatastrophe die Fundverhältnisse im allgemeinen sehr günstig waren, betrug die Zahl der geborgenen Tierkochen nur 696, in Vorberg waren es dagegen fast doppelt soviel, nämlich 1272 Stück. Der Prozentsatz der nichtbestimmbaren Bruchstücke erscheint relativ hoch — in Vorberg sind es 523 ( = 41,1%) und in Tornow 260 ( = 37,4%) —, doch befinden sich unter ihnen oft sehr kleine Bruchstücke. Gewichtsmäßig würde der Prozentsatz der nichtbestimmbaren Stücke kaum mehr alslO —15% betragen. Auf die Bearbeitung des Materials wirkte sich ungünstig aus, daß die Fundverbände getrennt untersucht werden mußten und erst anschließend die Zuweisung des Materials zur Burg A und Burg B vorgenommen wurde. Dadurch konnte z. B. die Mindestanzahl der Individuen nicht bestimmt werden. Andererseits war auf diesem Wege die genauere Untersuchung der in den Speichern der Burg B von Tornow gefundenen Tierknochen möglich. I n den Faunenlisten (Tab. 1 und 2) sind die nachgewiesenen Tierarten für die beiden Burganlagen getrennt aufgeführt. Gleichzeitig ist angegeben, wieviel bestimmbare Knochen aus der Burg A bzw. der Burg B stammen. Ein Teil der Knochen, deren Schichtzugehörigkeit nicht eindeutig bestimmt werden konnte, ist in der Spalte „Burg A oder B " aufgeführt. Von Vorberg liegt zudem noch ein geringes Material aus der unweit der Burg gelegenen unbefestigten Siedlung vor, das in Tabelle 2 in einer gesonderten Spalte erwähnt ist. Bevor auf die kulturgeschichtlichen Schlußfolgerungen eingegangen wird, sollen die einzelnen Tierarten kurz besprochen werden. Eine eingehende osteologische Behandlung des Materials kann jedoch nur in einem größeren Rahmen erfolgen, da von den einzelnen Fundplätzen relativ wenig metrisch auswertbare Stücke vorliegen. Es wird daher in diesem Zusammenhang auch auf ausführliche Vergleiche mit anderen Fundorten verzichtet. Haustiere Hund — Canis
familiaris
Vom Hund wurde lediglich in Vorberg ein Knochen gefunden. Es handelt sich um ein proximales Bruchstück eines linken Radius. Vergleicht man die wenigen Maße, die an dem
Die Tierreste
191
Tabelle 1. Aufgliederung der Tierknochen von Tornow nach Tierarten und Fundkomplexen
Burg A Anzahl
Burg B
in%
Burg A oder B
Anzahl
in%
Anzahl
4 4 139 44 66 8 5
1,5 1,5 51,2 16,2 24,3 3,0 1,9
—
—
2 16 3 5
7,2 57,0 10,8 17,8
—
—
Summe Anzahl
m%
4 6 194 77 132 8 11
0,9 1,4 44,5 17,7 30,3 1,8 2,5
3
0,7
Haustiere Katze Pferd Rind Schaf/Ziege Schwein Gans Huhn
—
—
—
—
39 30 61
28,5 21,9 44,5
—
—
5
3,6
1
0,75
1
3,6
1
3,6
Wildtiere Elch Hirsch 1 ) Stockente
1
(1,75
1
0,4
(4)
—
—
—
—
—
—
-
—
(4) 1
Summe
137
271
28
436
nicht bestimmbar
101
141
18
260
—
0,2
Tabelle 2. Aufgliederung der Tierknochen von Vorberg nach Tierarten und Fundkomplexen
Burg A Anzahl
Burg B
in%
Anzahl
in%
Burg A od. B Anzahl
in%
Summe Anzahl
in%
Siedlung Anzahl
in %
Haustiere Hund Pferd Rind Schaf/Ziege Schwein Gans Huhn
1 1 134 51 142 2 4
0,3 0,3 36,7 13,9 38,9 0,55 1,1
— —
110 30 89 2 1
•
—
—
—
—
—
—
45,3 12,4 36,6 0,8 0,4
49 26 65 —
32,5 17,2 43,0 —
3
2,0
1 1 293 107 296 4 8
0,1 0,1 38,7 14,1 39,0 0,5 1,0
—
—
1 18 2 4
4 72 8 16
— —
— •
—
Wildtiere Bär Elch Hase Hirsch 1 ) Reh Wildschwein Elster Stockente
2 1 3 2 20 —
2
0,55
—
—
—
—
—
—
—
0,3 0,8 0,55 5,5 —
0,55
(+2)2 1 7 1 -
0,8 0,4 2,9 0,4
—
—
2 —
1,3 —
(+1)2 1 3 -
—
1,3 0,7 2,0 — -
2 2 1 (+3)7 4 30 1 2
0,3 0,3
—
—
—
—
0,1 0,9 0,5 4,0 0,1 0,3
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
-
-
Summe
365
243
151
759
25
nicht bestimmbar
271
125
127
523
13
Die Zahl der Geweihreste, die auch von Abwurfstangen herrühren können und somit keinen Beleg für die Jagd darstellen, wurde jeweils in Klammern gesetzt.
192
HANNS-HERMANN M Ü L L E R
Stück abgenommen werden konnten, mit den Angaben von Wagner (1930), so findet man am ehesten Parallelen unter den Knochen der mittelgroßen Hunde, ähnlich einem Pointer oder einem Setter. Es ist sehr fraglich, ob der Hund dem Menschen der damaligen Zeit zur Nahrung diente. Katze — Felis catus Skelettreste der Katze stammen nur aus Tornow. Sie fanden sich dort vorwiegend im Speicher 10 der Burg B. Es handelt sich um Bruchstücke von Unterkiefer, Radius, Femur und Tibia. Vermutlich rühren sie alle von nur einem Individuum her. Bei den Extremitätenknochen fehlen die Gelenkepiphysen, das Tier war also noch nicht voll ausgewachsen. Am Diaphysenteil des Femur sind Schnittspuren nachzuweisen, die darauf schließen lassen, daß die Katze verzehrt worden ist. Für Vergleichszwecke konnten lediglich am Unterkiefer Maße abgenommen werden. Die Länge der Backzahnreihe (P 3 —MJ beträgt 19 mm und die Höhe vor P 3 9 mm. Beide Werte liegen im Variationsbereich der Katzen von Haithabu (Requate, 1960). Pferd — Equus caballus Pferdeknochen sind sowohl in Tornow als auch in Vorberg nur sehr gering vertreten. Es hat danach den Anschein, daß Pferdefleisch in der dortigen Gegend nur ausnahmsweise gegessen wurde. In Vorberg fand sich in der Siedlung ein stark abgekauter Backenzahn, der auf ein Tier hinweist, das in höherem Alter geschlachtet worden war. Aus dem Burgbereich (Burg A) stammt ein Bruchstück einer 3. Phalanx, die in den Variationsbereich der Pferde von Großörner (Müller, 1955) fällt. Die Pferdeknochen von Tornow weisen dagegen auf wesentlich schlankwüchsigere Tiere hin. Für einen in ganzer Länge erhaltenen Metacarpus ließ sich z. B. der Stärke-Index mit 38,7 berechnen, bei den Pferden von Großörner schwankte dieser Index zwischen 41,6 und 45,4. Auch eine 1. Phalanx weist auf ein schlankwüchsiges Tier hin. An Hand des Metacarpus konnte die Widerristhöhe eines Pferdes von Tornow nach der Methode von Kiesewalter (1888) mit 122,5 cm und nach der von Vitt (1952) mit 123 cm bestimmt werden. Es handelte sich also um ein relativ kleines und schlankwüchsiges Pferd. Bemerkenswert ist, daß ein Oberkiefermolar und ein Unterkiefermolar von Tornow eine einfache, unkomplizierte Zahnzeichnung aufweisen. Ein proximales Radiusbruchstück ist besonders zu erwähnen, da es an der Dorsalseite des Knochens etwas abgeschliffen ist. Möglicherweise rührt das Stück von einem Schlittknochen her, denn diese wurden häufig aus Radien des Pferdes hergestellt (Müller, 1965 a). Rind — Bos taurus Vom Rind liegen von beiden Fundorten die meisten Knochen vor, in Tornow sind es 194 und in Vorberg 311 Stück. Da die Knochen — wie es bei Küchenabfällen allgemein zu sein pflegt — stark zerschlagen sind, ist die Zahl der meßbaren Stücke nur gering, doch stimmen die nichtmeßbaren Knochen größenmäßig mit ihnen überein. Die Maße liegen in dem bisher festgestellten Variationsbereich der mittelalterlichen Rinderknochen. Die Widerristhöhe der Rinder von Tornow und Vorberg konnte an Hand einiger in ganzer Länge erhaltener bzw. nahezu vollständiger Metapodien nach der Methode von Boessneck (1956 a) bestimmt werden, wie aus Tabelle 3 zu ersehen ist. Der Variationsbereich der Widerristhöhe ist wahrscheinlich noch um ein geringes weiter gewesen, da einige Knochenbruchstücke auf etwas größere Tiere hinweisen. Das Maximum lag schätzungsweise bei 120 cm.
Die Tierreste
193
Tabelle 3. Bind: Berechnung der Widerristhöhe _ , Fundort
größte Lange , ® (mm)
Vorberg Tornow Vorberg Vorberg Tornow
(ca. 155) (161) 166 173 (ca. 180)