Thomas Sydenham: Über seine Bedeutung in der heilenden Kunst [Reprint 2020 ed.] 9783111644493, 9783111261508


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Thomas Sydenham: Über seine Bedeutung in der heilenden Kunst [Reprint 2020 ed.]
 9783111644493, 9783111261508

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Thomas Sydenham. Uebrr

seine Bedeutung in der heilenden Kunst.

Von

Dr. Hans Adolph Goeden.

Berlin, 1827. Gedruckt und verlegt bei G. Reimer.

Nachricht vs«

dem Leben

und den Schriften des

Verfassers.

V ans Adolph Soeben wurde geboren in Friedland in Mecklenburg, am 14ten May 1785. Sein Vater war der dortige Secretair Gorden, der aber bald nach des Kindes Geburt starb. Die Mutter sandte den Knaben auf die dortige Hochschule, wo er bis zum 20sten September 1802 verweilte. Er bezog darauf die Universität Jena, und wid­ mete sich daselbst 3 Jahre hindurch den medicinischen Wissen­ schaften; promovirte daselbst und ging sodann noch auf ein halbes Jahr nach Halle. Nach seinem Abgänge von dieser Universität kgm er nach seiner Vaterstadt zurück, und war dort praeticirender Arzt bis zum Jahr 1814. Darauf be­ gab er sich nach Berlin, wo er als Lazareth-Arzt ange­ stellt wurde. Von Berlin aus wurde er noch in demsel­ ben Jahre als Kreisphysicus nach Bunzlau gesandt, wo er bis 1817 blieb. Er reifete in diesem Jahre dort ab, um einem Rufe als Professor nach Bonn zu folgen. Auf dieser Reife besuchte er seine Vaterstadt wieder, und theils durch die Unruhen, die damals auf den preußischen Academieen herrschten, theils durch die Bitten seiner Mutter ließ er sich bewegen in der Vaterstadt zu bleiben, in einem für seinen Geist sehr eingeschränkten Wirkungskreise. Dort wid­ mete er sich mit Eifer den Wissenschaften, und schrieb von 1818 an einige kleine Aufsätze in der Isis und in Hu­ felands Journal. Im Jahr 1820 ernannte ihn die medicinisch - chirurgische Gesellschaft in Berlin zu ihrem Mitgliede. Im Jahr 1822 gab er sein erstes Werk her­ aus, das den Titel führt: „Von dem Wesen und der Heil­ methode des Scharlachfiebers. Ein Versuch in der wissen-

IV Gastlichen Praxis." Drei Jahre später, 1825, erschien zweite Schrift: „Von dem Delirium tremensvon cher der Recensent in der Isis bemerkt, daß jeder kende Arzt dieselbe nicht anders als mit Hochachtung

seine wel­ den­ und

Dankgcfühl für das viele Neue, was er darin lernt, aus den Händen legen werde. — Schon zu Ende dieses Jah­ res wurde er öfter von Krankheiten heimgesucht, und sein überdieß schon schwacher Körper wurde noch mehr durch das Umwerfen des Wagens auf einer seiner Geschäftsreisen angegriffen, daß ihm sogar die rechte Seite etwas gelähmt wurde. Diesen Unfall erlitt er im Februar 1826 und nie war er seit dieser Zeit wieder der alte lebensfrohe Mann. Jm November desselben Jahres ward er wiederum von ei­ ner dem Anscheine nach nicht gefährlichen Krankheit befal­ len, deren Keim er aber schon früher in sich getragen, und die er durch Erfüllung seiner Amtspflicht noch verschlim­ merte. Er legte sich am 6ten November und klagte nur über Schwäche des Körpers, er war mürrisch und sprach sehr wenig. Zn diesem Zustande war er ungefähr 7 Tage; tn der Nacht vom 13tcn auf den 14ten November ward die Krankheit gefährlicher und der ihn behandelnde Arzt fürchtete für sein Leben. Am Morgen des 14ten verlor er schon die Sprache und um j Uhr vor 11 machte der Tod seinem Leben ein Ende. — Der Nachruhm eines genialen Denkers, gründlichen Gelehrten und nützlichen Schriftstellers ehrt seine Asche. — Friedland in Mecklenburg, im Januar 1827.

Oe. praktische Medizi« ist ein Erzeugniß bet Zeit und ih­ rer Geschichte, keine Schöpfung des Verstandes und der menschlichen Willkühr; ste ist nicht Ge­ genstand des Begriffes oder eines geschlossenen Systems, das Leben der Zdee in ihrer Unendlichkeit, das Lebendige in seiner unendlichen Verwandlung, in seinen unermeßli­ chen Entwickelungen, das Leben in der unergründlichen Fülle seiner Formen und vielseitigen Bildung ist ihr Ge­ genstand. Es giebt eine Wissenschaft vom Leben Und sei­ ner Erscheinung, aber diese ist nur die Geschichte de« Lebens, die Darstellung von der Art wie es jur geistigen Erscheinung kommt, wie es flch in bet Seele aus­ bildet, und die Einsicht in die Gesetze, wonach es feinen unendlichen Cyklus beschreibt. Die Darstellung de« Lebens im Geiste ist die Wissenschaft, oder seine Geschichte zu Ge­ setzen, zu geistigen Formen des Bewußtseyns erhoben. Un­ endliche Bewegung, Wandel und Veränderung ist das Le­ ben in seiner Erscheinung, aber in diesem Wechsel seiner Formen, in den stets lebendigen Uebergängen von Gestalt zu Gestalt, waltet ein stiller, ruhiger Geist, das Gesetz der Stetigkeit und der Ordnung; es ist das der stetigen, ungetrübten Einheit bei der größten Mannigfaltig­ keit, oder da« wlffenschatfliche, geistige Element in der GcA

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schichte der Dinge. ES giebt keinen Stillstand im Reiche des Lebens, unendliche Entwickelung und aufstelgenbes Fort« schreiten von dem Niedern zu dem Höheren, von Stufe zu Stufe in dem unermeßlichen Kreise der Verwandlung der einen Kraft und ihrer unsterblichen und unwandelba, ren Elemente ist die Zdee des Lebens und seiner Geschichte. Wl» das menschliche Leben sich verwandelt, wie seine ewigeü Elemente sich bilden und in der Mannigfaltigkeit der lebendigen Form gestalten, wie in der unermeßlichen Fülle und Tiefe der Erscheinung bei dem beständigen Wech­ sel und Wandel das Gesetz der Ruhe und Stetigkeit wal­ tet, das ist Gegenstand der Wissenschaft vom Leben, das soll sie im geistigen Typus bilden und darstellen, das soll sie aus dem Reiche der Naturnothwendigkeit zum Bewußt, seyn bringen, und im geistigen Gesetze, in ideeller Form gestalten. Die Willkühr des Verstandes gilt hier nicht; das ewige Naturgesetz soll in geistiger Form zum Bewußt, seyn kommen, und mit Freiheit in seiner Entwickelung er, kann! und angeschauer werden. Die Willkühr des Verstau, des, die Hypothese, die einseitige Meinung ist das schädliche Element für die Wissenschaft, nicht der Götzendienst der Begriffe, sondern das Verständniß der göttlichen Zdeen in den Erscheinungen ist ihr Gegenstand. Ein reiner, unbe, fangen« Natursinn gilt mehr als der todt« Begriff, er hat bas höhere Element der Wissenschaft, wenn gleich unbewußt, tnstinktartig in sich, und läßt sich nicht blenden und einseitig verführen. Wie das Leben der Völker, so hat auch das der Wissenschaft feste Gesetze seiner Bildung, es zeigt zu den verschiedenen Zeiten verschiedene und eigenthümliche Cha, raktere, Formen welche zu den verschiedenen Zelten den all, gemeinen Geist der Bildung auf endliche Weis« In sich auf, nehmen und fesseln. Dies sind die nothwendigen Bildungsstufen im Leben der Völker, und in der Form der Wissenschaft stellen sie sich dar. Die verschiede.

3 neu Formen, Theorien und Systeme, worin die Dissenschafr sich in de» verschiedenen Zeiten gestaltete, bezeichnen nur verschiedene Bildungsstufen des Geistes, und geben die Charaktere in der Entwickelungsgeschichte des geistigen Lei­ ben«; sie sind keine Schöpfungen der Willkühr, sondern gesetzlich begründete, nothwendige Erzeugnisse einer Innern Bildung, Erscheinungen in welchen der Geist der Zeiten und die Charaktere ihrer Bildungsstufen sich darstel» len und äußern; es sind die Erscheinungen eines innern, geistigen Blldungstrtebes, wie er in den Geschlechtern und in den Zeiten waltet. Kein« Idee und Theorie, welche zu einer Zeit die Wissenschaft gewann, welche ein Zeitalter al« Zeichen und Charakter der Bildung beherrschte, ist will, kührlich oder äußerlich und zufällig, sondern gesetzlich und innerlich begründet, als Zeichen von dem innern Geiste der Bildung, von ihrem Character, worin sie die Zelten be­ wegt und nach dessen Norm die Geschlechter sich bilden. Vor allen hat die Medizin diese Bedeutung. Der Cy­ klus lhrer Bildung Ist ein unendlicher, wie der Umlauf des Lebens in brr Natur, und wie der Gang In der Entwicke­ lung des geistigen Lebens. Sie hat keine Beschränkung und keine endliche Grenzen, weil ihre Zdee, das Leben und feine Erscheinung eine unendliche ist; sie ist gesetzlichen und nothwendigen Verwandlungen unterworfen, well ihr Wesen und ihre Zdee sich fortbllbet auf unendliche Weise, weil das Leben der Gestirne, der Erde und der psychischen Welt da« Gesetz einer unendlichen Metamorphose anerkennt, und diesem unterworfen ist. Ein feststehendes, fertiges, unwan­ delbares System der Medizin ist ein Unding, weil das Le­ ben der Natur nicht das Gesetz der Starrigkeit, nicht das Wesen des Starren hat, sondern eine unendliche Bewe­ gung ist, und in einer Fülle von Verwandlungen erscheint. Was fest ist und starr, was keinen Trieb zum Forrschret, ten, zur Verwandlung In höhere Formen hat, was nicht di« Zd«e einer unendlichen Bewegung und Verjüngung in A a

4 sich hat, das ist tobt, erstarrt, und nicht Gegenstand

des Lebens und der Wissenschaft, denn das wissen,

schaftllche Prinzip in den Dingen und in den Erscheinun­

gen ist ja nur das Wesen des Lebendigen, die innere Kraft und der unergründliche Trieb zum Fvrtschreiten,

zur lebendigen Entwickelung

und Bewegung.

Das Le­

ben hat keinen Begriff, denn es ist nicht von dem todten,

starren Wesen,

unendliche Entwickelung ist seine

Idee, die sich auf unendliche Weise in der Fülle der Farm

und der Erscheinung

als wandelbar, in starken Metamor­

phosen darstellende Bewegung, ist das Gesetz und das We­ sen des Lebendigen.

Den Umlauf des Lebens in

seinen Bildungsepochen

hat die Medizin zum Gegenstände, sie ist die Wissenschaft

von den gesetzlichen Veränderungen, von den unendlichen Formen der Entwickelung, worin das Leben der Natur, der

Gestirne, der Erde, der cosmischen und elementarischen, der physischen und psychischen Kräfte, in den verschiedenen Zei­

len sich barstelir, und wie es sich dem Geiste der Geschlech­ ter und Völker offenbarte.

Diese verschiedenen Oft

fenbarungsw eisen sind die verschiedenen For­

men der Wissenschaft, steme und Theorien;

die innern Elemente der Sy­

die Gesetze der geistigen Bildung der

Völker in den verschiedenen Zeiten sind auch die der »er, schiedenen Systeme, des Lebens

der nothwendigen Anschauungsweisen

und feinet Erscheinung,

die vorherrschenden

Characlere in den Verwandlungen der Naturkräfte sind die Elemente der wissenschaftlichen Anschauungen, als Zdeen

sollen sie in dem geistigen Leben sich reflectiren und wieder­

holen, und so den ersten Grund der Wissenschaft legen. Was die Natur erstrebt, in welchem Kreise sie sich bewegt,

welche Anlage zur Zeit hervorstechend

zur

Entwickelung

dringt, welcher Lebenscharacter im Werden ist, zu welcher Richtung die Metamorphose sich neigt, kurz was Haupt­

zweck und Bedürfniß

de« Leben« ist

zu

einer

Zeit, da« soll dl« Wissenschaft erkennen und In klaren Ideen erfassen, denn der Geist ist ja nur der Spiegel, worin die Natur sich selbst erscheint und sich selbst erkennt. Zu allen Zelten und in allen Bildungsstufen des Men­ schengeschlecht« gab e« einzelne Geister, als die wahren Or< gane de« HLHern Lebens und der Wissenschaft; sie waren der Spiegel, in dem das Leben der Natur, der Character ihrer Bildung, die innern, bewegenden Kräfte ihrer Erschel« nung sich offenbarten, zur Selbsterkenntniß, zur Selbstan» schauung, zum Bewußtseyn kamen; es waren die Dollmet« scher der Natur und ihre Priester, die Geheimnisse de« Le, beus waren ihnen aufgeschlossen, und als Idee faßten sie mit Bewußtseyn auf die dunkle und stille Kraft, welche ha« Leben der Gestirne und der Erde beherrschte, das innere Gesetz, was in den Bewegungen der Völker und der Gei« ster waltete, und die Zeiten regierte- Wie jede Erscheinung de« Leben«, de« geistigen wie des leiblichen, eine höhere, allgemeinere Bedeutung, eine universelle Beziehung hak, wie alles Einzelne wurzelt und enthalten ist in einer höhern Einheit, in einem allgemeinen Gesetze, wie e« die« fern höhern Umlaufe folgt und seine Lebensbahn nach die» fern allgemeinen Cyclus und seinem Gesetze beschreibt, so auch die Krankheit in ihrer Erscheinung, Denn e« ist nur einer und derselbe Lebensprozeß, dieselben Ele« mente, welche wiederkehren und sich reflecriren In der un­ endlichen Mannigfaltigkeit de« Lebendigen, dieselben Gesetze und Dlldungsepochen, welche nachgebildek sind auf den per« scheideneu Stufen der Entwicklung, in die unergründliche Fülle der Formen, dasselbe Gesetz wa« sich darstellt in den Bewegungen der Gestirne, und wonach das Cryptogam ent« sieht und vergeht. Wie e« KrankheilSprozesse giebt, wel« che al« Zeichen und Folgen die Ausbildung de« einzelnen Lebens, die Entwickelung seiner höheren aus den niedern Formen, die Ausbildung der Lebenscharactere, der Grundgebilde im Gebiete des individuellen Organismus be«

6 -leiten, und auf seinen verschiedenen Leben-stufen entstehen, eben so erkennen wir höher« und allgemeine Krankheit«« formen al« Ausdrücke von den Metamorphosen und Entwickelungen der großen Organismen des Universums, in dem universellen, kosmischen Leben, die al« das weltgeschichtliche Element der Krankheitsgenesi« die Ausbildung-stufen des allgemeinen Lebens tm Universa bezeichnet, und als allgemeine für eine Reihe von Zähren stehende Krankheitsanlage im Thler, und Menfchenorgani-mu- sich darstellt. Denn dieser Reflex, diese Nachbildung deS allgemeinen Leben-character tm Co«, mischen in der Form des Organischen Ist das Wesen und die Bedeutung der Diathesis stationaria, die Krankheit«' anlage. Eben so finden wir allgemeine KrankheitSanla, gen und KrankheitSprozesse, welche die organische Ausbtl« düng einzelner Völker und Geschlechter bezeichnen und bre gleiten, welch« tn denselben Cyclus, wie diese Entwickeiun, gen verlaufen, und in dem Epidemien und Volkekrankheiten sich darstellen. Sie geben dieselben Erscheinungen und sind Reflexe, gleichzeitige Nachbildungen von den allgemeinen Metamorphosen und Entwickelungen der Erde, welche sich hier in großartigen und außerordentlichen physischen Bewe, gnngen und Naturerscheinungen auedrücken, und al« epi, demische Krankheit-processe oder Anlage dazu in der orga, Nischen Form wiederholen. Wa« dort in den Erdbeben er, scheint, In den Stürmen und Orkanen, in den Wasserst», then und Ueberschwemmungen, tn den wilden kriegerischen Bewegungen der Völker gegen einander, was im speciel, lern Ausdruck als Krankheiten der Pflanzenwelt im Miß, wach« und tn den Mangeljahren zur Erscheinung kommt, das stellt sich tm Cyclus des höhern thierischen Leben« in den Epidemien und Seuchen dar. Aus dieser Zdee von der Bedeutung der Krankheit und der Grundverschiedenheit ihre« Wesen« und Charakter«, wodurch sie in ihrer Metamorphose aufntmmr und barstellt

bk weltgeschichtlichen Entwickelungen Im großen Leben bet Universum-, und die Bewegungen und Deränderuru gen im Leben der Völker, als die cvemischen, welk« geschichtlichen, und tellurischen, epidemischen Elemente der KrankheitSgenesis und ihrer Dia, theils, ergiebt sich auch, daß, nach diesen allgemeinen Ver, hältnissen und ihrer Verschiedenheit, die Methoden , der Praxis und die Arten und Gesetze des Heilverfahren- ver, schieben seyn müssen, gleichlaufend dem verschiedenen Charakter«, Bildung-trieben und Anlagen, welche in den höher» weltgeschichtlichen Epochen, und in den niedern tel, lurischen Umläufen der Krankheit-proceß und seine Form darstellt. Wie dir Krankheit-genesis hat auch dle Praxirin iveitgeschichtlichtS «nd ein trilurtsche- Gr, setz für dir Behandlung der Krankheiten, wir die- längst anerkannt ist im Gebiet« de- Besondern, in brm Heilverfahren bet den einzelnen Krankheiten der Zndlvi» duen. Zn diesem Gesetze von der wesentlichen Verschieden, Helt der Krankheit-genesis und den Elementen ihrer Cha, rackermetamorphose ist die Verschiedenhrit der Sy, (lerne der Praxis wissenschaftlich begründet, und die Ursache gefunden von den verschiedenen Heilmethoden «nd Ansichten, welche in den verschiedenen Perioden der weltgeschichtlichen Ausbildung, und in den Hauptepochen der Metamorphosen de- physischen Lebens als herrschendes Gesetz der Kunst ganze Zeitalter beherrschten, und dem Grundtypus, das Grundgesetz für das Heilverfahren ga» den. So wenig wie die Theorien und Ideen von dem Wesen der Krankheit und den Gesetzen ihrer Erscheinung Erzeugnisse der menschlichen Willkühr und Geschöpfe des Verstandes sind, eben so wenig sind es die verschiedenen Heilmethoden und Systeme der practischen Medizin, wi« sie als Gesetze der Kunst in den verschiedenen Zeitaltern walteten. Cs waren die Erzeugnisse einer Hähern Ahnung, einer grheimnißvollen tiefen Erkenntniß

8 von den Anlagen und Wesen das Lebendigen, von 6#n in* nern Trieben, die In seinen Bewegungen walteten, und in abnormen Metamorphosen und Anlagen zur Entwickelung drangen; tt war die ahnende Einsicht von dem Bedürfnisse des Lebens, von der Richtung, in welcher dieses zur Ent, Wickelung strebte und zur Sättigung seines drängenden Bil, dungstrlebes; es war bas Resultat einer tüchtigen Ersah, rung, hervorgegangen aus einem echten Kunstgefühl, In des, sen Seele der Character und bas Bedürfniß des coömischen, tellurischen und organischen Lebens zur Anschauung kam, wenn auch nicht zur klaren Entwickelung und freiem Selbst, bewußtseyn. Trister dieser Art sind di« Spiegel der Zeiten; In solchen Erfahrungen kommen die höher», allgemeinen Formen und Characlere des Lebens zur geisti, gen Erscheinung und zur Selbsterkenntniß ihres Wesens, -um Bewußtseyn ihres Strebens; in ihnen kommen zur geistigen Offenbarung hie hohen Anlagen, Triebe und Be, dürfnisse des Lebens, sie enthalten die Grundelemente und wesentliche Gesetze für hie heilende Kunst. Erfahrungen dieser Art geben die Grundlage für !dl« Haupkmethoden der Praxis, wie sie eine Reihe von Iah, reu hindurch ganze Geschlechter als Kunstgesetze galten und angemessen den Anlagen und Bedürfnissen des Leben­ für die kranke Natur ergänzend, erquickend und wohlthä, lig waren. Es flnd dieß die Carhialmerhoden und Grundgesetze aller Heilung, der Grunbtypu« aller praktischen Kunst, wie sie unter Umständen für all« Geschlechter und Zeiten gelten, wo nur immer, sey es im Einzelnen oder im Ganzen, in den Krankheiten der Zeiten, in den epidemischen der Völker und Geschlechter, in den be, sondern der Individuen, die Anlagen und Methamorpho, sen wiederkehren, wo sie angemessen sind dem Streben und den Bedürfnissen des getrübten organischen Lebens. Es sind dieß die Erfahrungen, wie sie sich offenbart den gro, ßen Mistern der Kunst, in deren Geist die Weltseel» und

9 die Charakter« des kosmischen und tellurischen Lebens zur Anschauung, jum Bewußtseyn kamen, und wie in ihre« unsterblichen Werken aufbewahrt sind die Car di atme, thoden der Heilung, die ewigen Grundtypen der Praxis. Nur bet den Erfindern lernt man diese kennen, nur bei ihnen darf man die wahren Element» praktischer Weisheit suchen; nicht mit glänzenden Theorien und ivlfr kührlichen Hypothesen trieben sie prunkenden Götzendienst, nicht ergötzten sie sich an dem helllosen Treiben der blin, den, kurzsichtigen Empirie, sie waren echte Priester des hellenden Gottes, sie waren begeisterte Seher und lebendige Organe der Natur und ihrer heilenden Kraft. Wenn auch das Heilverfahren des Hippocrates, des Sy, denham, des Stahl nicht unbedingt und als feste Regel für alle Zeitalter gilt, so ist darin doch immer der Gründ, typus der Praxis enthalten, indem Im Ganzen und Im Einzelnen zu allen Zelten Krankheitsanlagen unb' Meta, morphofen vorkommen werden, wie die Heilmethode jener Meister als Grundgesetz der Kunst feststehen wird. So wenig die Praxis wie das Leben fügt sich der starren, tob# ten Regel, es folgt dem Gesetze der innern selbstständigen Bildung, es nimmt in sich auf die Bewegungen und Der, Lnderungen, in deren Cyklus da« Leben der Natur sich ent, faltet. Wer e« erfahren, wie das kranke Leben zu Zei­ ten in dem Sturm der Krankheit mit Nachsicht und Scho, nung behandelt seyn muß, wie man mit Ruhe und Geduld ohne störende Eingriffe den Gang und die Bewegungen der hellenden Naturkraft beobachten und abwarten muß, wie so, ohne alle äußere Bestimmung,! die Natur selbstständig aus innerer Kraft sich in die Genesung wendet, und die Geschichte der Krankheit im gesetzlichen Cyeluö beschreibt, der wird in den Werken des Hippocrates, in seinen leben, dlgen Krankheitögeschichten die Art kennen lernen und die Wege, warauf die Natur aus eigner Kraft die Krankhet, ten heilt. Wer es ferner lernen will, wie man da« in wil