Theoretische Linguistik in Osteuropa: Originalbeiträge und Erstübersetzungen 9783110935547, 9783484220171


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German Pages 243 [244] Year 1976

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Table of contents :
Inhalt
Vorbemerkungen
In defense of YOU and ME
Die semantische Sprache als Mittel der Erklärung lexikalischer Bedeutungen
Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl ⇔Tekst' [Inhalt ⇔ Text]
Applikative Grammatik und generative Phonologie
Derivational word-structure in the applicative grammar and the typology of homonyms
Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR
Sprachbeschreibung und sprachliche Universalien
Zum Stand der Thema-Rhema-Forschung in der Tschechoslowakei
On the Place of Statistical Methods in Contemporary Linguistics
Zur Soziolingustik der 60er und 70er Jahre in der UdSSR
Linguistic Theory in Yugoslavia
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Theoretische Linguistik in Osteuropa: Originalbeiträge und Erstübersetzungen
 9783110935547, 9783484220171

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Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft

Herausgegeben von Klaus Baumgärtner und Peter von Matt

Theoretische Linguistik in Osteuropa Originalbeiträge und Erstübersetzungen

Herausgegeben von Wolfgang Girke und Helmut Jachnow

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976

Herausgeber für Sprachwissenschaft Klaus Baumgärtner (Universität Stuttgart) Herausgeber für Literaturwissenschaft Peter von Matt (Universität Zürich)

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Theoretische Linguistik in Osteuropa : Orig. Beitr. u. Erstübers. / hrsg. von Wolfgang Girke u. Helmut Jachnow. - 1. Aufl. - Tübingen : Niemeyer, 1976. (Konzepte der Sprach- und Literaturwissenschaft ; 18) ISBN 3-484-22017-1 NE: Girke , Wolfgang [Hrsg.]

ISBN 3-484-22017-1 © Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany. Satz: Rothfuchs Dettenhausen

Inhalt

Vorbemerkungen der Herausgeber A. Wierzbicka In defense of YOU and ME

VII

1

Ju. D. Apresjan Die semantische Sprache als Mittel der Erklärung lexikalischer Bedeutungen (übers, von W. Girke)

22

I.A. Mel'cuk Ein linguistisches Modell des Typs Smysl o Tekst [Inhalt ·» Text] (übers, von W. Girke) i

49

ν

S.K. Saumjan Applikative Grammatik und generative Phonologie (übers, von H. Jachnow)

68

P.A. Sobo leva Derivational word-structure in the applicative grammar and the typology of homonyms 90 Α. V. Bondarko Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR (übers, von W. Jachnow)

123

ν

B. Uspenskij, V. Zivov Sprachbeschreibung und sprachliche Universalien (übers, von W. Jachnow)

140

Ρ Sgall Zum Stand der Thema-Rhema-Forschung in der Tschechoslowakei . .

163

VI

Inhalt

KM.

Frumkina

On the Place of Statistical Methods in Contemporary Linguistics (transi, by E. Klenin) L.P.

Krysin

Die Soziolinguistik der 60er und 70er Jahre in der UdSSR (übers, von H. Jachnow) M.

183

197

Ivic

Linguistic Theory in Yougoslavia

217

Vorbemerkungen

Der vorliegende Sammelband enthält Beiträge führender osteuropäischer Linguisten, die Einsicht in die aktuelle Forschungssituation und den aktuellen Forschungsstand in verschiedenen linguistischen Bereichen geben. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um Originalbeiträge, die speziell für diesen Band geschrieben wurden. Die Beiträge von Apresjan, Mel'cuk und Saumjan, die ebenfalls für die theoretischen Konzeptionen und Forschungsziele der jeweiligen Forscher repräsentativ sind, stellen erstmalige Übersetzungen neuer und neuester Arbeiten dar. Der Themenkatalog wurde zum Zweck einer möglichst umfassenden Information bewußt breit angelegt, so daß theoretische, methodische, Wissenschaft shistorische und slavistische Leserinteressen befriedigt werden. Im einzelnen befassen sich die Beiträge mit Problemen der Semantik, Phonologie, Morphologie, Aspektologie, Universalienforschung, Textlinguistik, Sprachstatistik, Soziolinguistik und der linguistischen Wissenschaftsgeschichte. Wir danken den Autoren für ihre Mitarbeit und dem Max Niemeyer Verlag für die schnelle Publikation des Bandes. Im folgenden stellen wir die Autoren kurz vor: A. Wierzbicka. Das Spezialgebiet der polnischen Linguistin ist die Semantik. Wichtige Ergebnisse ihrer Forschung wurden in Semantic Primitives, Frankfurt 1972 im größeren Zusammenhang veröffentlicht. Die hier abgedruckten Arbeit repräsentiert den neuesten Stand ihrer semantischen Untersuchungen. Anna Wierzbicka lehrt zurzeit in Canberra an der Australian National University. Ju. D. Apresjan beschäftigt sich seit Jahren mit semantischen und lexikologischen Problemen. Über die Grenzen der Sowjetunion hinaus bekannt geworden ist er außer durch eine Überblicksarbeit über Strömungen und Problemstellungen in der modernen Linguistik vor allem durch Arbeiten zu dem sog. kombinatorisch-erklärenden Wörterbuch. Der in den vorliegenden Band aufgenommene Beitrag charakterisiert einige wichtige Prinzipien der lexikalischen Methode Apresjans. Zu den größeren Arbeiten dieses Linguisten ge-

Vili

Vorbemerkungen

hören: Idei i metody sovremennoj strukturnoj lingvistiki, Moskva 1966, Eksperimental'noe issledovanie semantiki russkogo glagola, Moskva 1967, Leksiceskaja semantika — sinonimiceskie sredstva jazyka, Moskva 1974. I.A. Mel'cuk ist einer der vielseitigsten sowjetischen Linguisten. Neben Arbeiten zur mathematischen Linguistik, automatischen Übersetzungen und zu Spezialproblemen der spanischen, ungarischen und russischen Linguistik ist er vor allem durch die Entwicklung des sog. Smysl ** Tekst — Modells (in Zusammenarbeit mit A . K . Zolkovskij, Ju. D. Apresjan u.a.) international hervorgetreten. I. A. Mel'cuk ist Mitarbeiter am Institut für russische Sprache an der Akademie in Moskau. Zu seinen umfangreicheren Veröffentlichungen gehören: Avtomaticeskij sintaksiêeskij analiz. Novosibirsk 1964, Opyt teorii lingvisticeskich modelej. „Smysl · Y' eine Abkürzung für 'Zeit t 2 von Y ist größer als die Zeit t, von X', vgl. die volle Notation in Β 2

Ein linguistisches

Modell des Typs 'Smysl o Tekst [Inhalt

Text]

53

und A 2—3; analog dazu ist die SE scitat [annehmen] (im Quadrat C 2) eine Abkürzung für 'eine vage Information haben über', 'Masa' (D 3) = 'dieser Mensch weiblichen Geschlechts mit Namen MaSa' (vgl. C 1 und Β 1 : die vollständige Notation für Vanja), und die SE vkljucen' [enthalten] = 'eine Untermenge sein' (A 2, Β 4, C 4) entspricht einem ziemlich schwerfälligen vollständigen Ausdruck — der Definition des Begriffs Untermenge (X ist die Untermenge von Y =' alle Elemente von X sind Elemente von Y'); es ist einsichtig daß die SE 'prinimat'II [empfangenll] (C 2), 'dru2eljubno' [herzlich] (C 3) 'kasat'sja 2 ' [betreffen] (D 2) usw. ebenfalls nichtelementar sind. Durch eine vollständige Zerlegung in Seme würde der semantische Graph unübersichtlich w e r d e n 3 . Die SE werden in zwei Klassen eingeteilt: Konstanten, repräsentiert durch Namen für Objektklassen oder konkrete Objekte ('Mensch', 'Wasser', 'Bleistift', 'Mond', 'Maia',...); auf diese SE können die Pfeile der semantischen Verbindungen nur zeigen. Prädikate oder Funktoren, zu denen gehören: 1) Namen eigentlicher Prädikate ('weinen', 'kausieren', 'lieben', 'breit', 'höher', 'Teil', 'über', . . . ) , 2) Namen von Quantoren ('alle', 'es existiert', 'es existiert genau n', . . . ) und 3) Namen logischer Verknüpfungen ('und', 'oder', 'wenn' . . . ) . Die Pfeile der semantischen Verbindungen können sowohl auf diese SE zeigen als auch von ihnen ausgehen; die Richtung des Pfeils verläuft vom Prädikat zu seinem Argument. Die Semprädikate sind ein- oder zweistellig; die nichtelementaren SEPrädikate können bis zu sechs Stellen haben. Gehen mehrere Pfeile von einem Gipfel aus (etikettiert mit dem Symbol des Prädikats) werden sie unterschiedlich numeriert; kausieren

(dies bedeutet, X ist das erste Argument des Prädikats 'kausieren' und Y das zweite, X ist die Ursache: das, was zu Y führt (es hervorruft); Y ist die Folge oder das Resultat: das, was durch X hervorgerufen wird). 2. Informationen über die kommunikative Organisation (KO) der Äußerung: T h e m a ( 1 ) — R h e m a (H), d . h . das, worüber gesprochen wird, und das, 3

Die semantischen Einheiten (SE) werden der Einfachheit halber mit russischen Wörtern in Gänsefüßchen bezeichnet; es ist jedoch immer daran zu denken, daß dies keine realen russischen Wörter mit ihrer Mehrdeutigkeit, ihren konkreten morphologischen und syntaktischen Eigenschaften usw. sind, sonder willkürliche Etiketten, deren Bedeutung eindeutig angegeben werden muß.

54

I.A. Mel'cuk

was tatsächlich kommuniziert wird (andere gebräuchliche Bezeichnungen sind: , „aktuelle Satzgliederung", „funktionale Satzperspektive"); Altes - Neues, d.h. das, worüber schon in vorausgehenden Äußerungen gesprochen wurde und das, worüber zum ersten Mal gesprochen wird; Emphase, d.h. die emotionale Hervorhebung. Entsprechende Hinseise kennzeichnen bestimmte Subgraphen des ganzen SG; sie verhalten sich zum SG etwa so, wie sich die prosodischen Erscheinungen (Betonung, Intonation, ...) zur Phonemkette, die die Phrase bildet, verhalten. NB: in unseren vereinfachten Beispielen sind nur Hinweise auf Thema und Rhema enthalten. Die Gliederung in Thema und Rhema kann hierarchisiert sein; in (2) ist das Rhema der ersten Schicht ^ wiederum in X 2 — H2 gegliedert.

Kurzer Kommentar zur SemD (2) 1) 'Explizit kausieren anzunehmen 2 ' * (B1 - B2 - C2) = 'wissen lassen', 'mitteilen'. Das Element 'explizit' unterscheidet diese Bedeutung von 'verstehen lassen' = implizit kausieren anzunehmen 2 '. 2) Das Element 'betreffen 2 ' (D 2) ist wesentlich für die Bedeutung von 'versprechen' im Unterschied zu einfach 'mitteilen': man verspricht einem Menschen nur das, was für ihn wünschenswert/nicht wünschenswert ist; im gegensätzlichen Fall teilt man mit oder verpflichtet sich vor ihm (etwas zu tun). 3) 'Tagesabschnitt von 17 bis 23 Uhr' (C 4) = Abend [vgl. Um vier Uhr nachmittags um 5, 6..., 10, 11 Uhr abends - um 12 Uhr nachts] 4) 'Dieser eine Mensch männlichen [Geschlechts] mit dem Namen Vanja' = Vanja [reguläre Mehrdeutigkeit von Eigennamen: Vanja = a) 'Name'; b) 'Mensch, der diesen Namen trägt'] 5) 'Zeit' (B 2, C 3) - Bezeichnung der entsprechenden Skala (= Koordinaten), ähnlich 'Gewicht', 'Länge', 'Geschwindigkeit'. 6) 'Die Zeit von X t 3 ist im Abend enthalten' (C 2—4) = X ist am Abend. 7) 'Eins' (C 1) = 'einmal' (B 2, D 3) - Sg. der Substantive und vollendeter Aspekt der Verben. Hier liegt in Wirklichkeit ein und dasselbe Sem vor, das wir der Anschaulichkeit halber mit unterschiedlichen Wörtern darstellen. 8) 'Die Zeit t 2 dieser Rede ist größer als die Zeit ti von X' (A 3 — A 2 Β 2) = 'X geht dem Moment der Rede voraus': Vergangenheitsform der Verben. * Bezug genommen wird hier auf die deutsche Version und nicht auf den russischen Originaltext

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl o Tekst [Inhalt

Text]

55

9) 'Wissen über einen Empfang vor dem Empfang' (C 2 - Β 2) empfangen im Futur. 10) X sagte, daß er abends empfangen wird — es geht um den Tag, an dem X spricht; deshalb ist 'die Zeit der Kausierung des Wissens' (B 2— A 2) 'im Tag enthalten' (A 2 — 4), in dem auch der Abend (B 4 — C 4), von dem die Rede ist, enthalten ist. Wir machen noch auf folgende zwei wesentlichen Besonderheiten der SemD aufmerksam: Die SemD stellt den Inhalt ohne Aufgliederung in Phrasen und Wörter dar, ohne Spuren der Konstruktionen zu bewahren, mit denen dieser Inhalt geformt werden kann. Die SemD (2), Zeichn. 1, kann mit einer (1) oder mit zwei Phrasen ausgedrückt werden: (3) Vanja dal Pete tverdoe obescanie. On poobescal vecerom prinjat' Masu samym teplym obrazom. [Vanjy gab Petja ein festes Versprechen. Er versprach, Masa abends auf herzlichste zu empfangen] ; man kann auch unterschiedliche Wörter und Konstruktionen wählen (s. (5) und (6)) oder die SemD in einer anderen Sprache ausdrücken: völlig gleichbedeutende Äußerungen in verschiedenen Sprachen müssen identische SemD haben. — „Lexikalische" (Wörter) und „grammatische" (Affixe) Bedeutungen werden im SG im Prinzip auf die gleiche Weise wiedergegeben; wesentliche Unterschiede gibt es vom semantischen Standpunkt zwischen solchen Bedeutungen nicht. Ebenso werden auch die Intonationsbedeutungen wiedergegeben: in die SemD der Phrase (4) Vanja tverdo obscal Pete, cto vecerom on primet Masu samym teplym obrazom? [Versprach Vanja Petja fest, Masa abends aufs herzlichste zu empfangen?] wird ein Subgraph folgender Art hinzugefügt: 'der Sprecher will, daß der Hörer ihm mitteilt, ob die Behauptung „P" wahr ist', wobei Ρ = SemD (2) 4 .

4

Die Grundgedanken, die in der SemD des Modells „Inhalt T e x t " enthalten sind, wurden im Sammelband Mas. perevod i prikL lingvistika (vyp. 8, 1964), vorgelegt und' ausgearbeitet, vor allem im „ V o r w o r t " von Α. K. Zolkovskij und in dessen Artikel „Leksika celesoobraznoj dejatel'nosti". In diesem Zusammenhang sind auch die semantischen Untersuchungen Ju. D. Apresjans von besonderer Bedeutung; s. seine Aufsätze Tolkovanie leksiceskich znacenij kak problema teoretiœskoj semantiki, in: Izv. AN SSSR, ser. lit. i jazyka 1969, t. 28, Nr. 1, S. 1 1 - 2 3 ; O jazyke dlja opisanija znacenij slov, ebenda, 1969, t. 28 Nr. 5, S. 4 1 5 - 4 2 8 ; O reguljarnoj mnogoznacnosti, ebenda, 1971, t. 30, Nr. 6, S. 5 0 9 - 5 2 3 ; Sinonimija i sinonimy, in: Voprosy jazykoznanija,

I.A. Mel'éuk

56 Die syntaktische Ebene

II A. Auf der Ebene der Tiefensyntax (und auf allen der Oberfläche näheren ι Ebenen) wird die Äußerung phrasenweise dargestellt; jeder Phrase wird ihre tiefensyntaktische Darstellung TSD zugeordnet, s. Zeichn. 2 und 3: die TSD (5) und (6) zweier synonymer Phrasen, die der SemD (2), Zeichn. 1, entsprechen. Die TSD der Phrase besteht aus folgenden vier Komponenten. 1. Der tiefensyntaktischen Struktur oder TSS. Sie ist ein Abhängigkeitsbaum, dessen Knoten mit Symbolen der tiefenlexikalischen Einheiten (TLE) versehen sind, die ihrerseits Indizes der semantisch belasteten morphologischen Charakteristika bei sich haben, während die Kanten durch Symbole der tiefensyntaktischen Beziehungen (TSB) markiert sind: bestimmte Knoten können dabei zusätzlich als zu einer syntaktischen Gruppe gehörig ausgezeichnet werden (= Konstituente; diese Information ist für die seltenen Fälle notwendig, in denen die syntaktische Struktur irgendeiner Kette nicht problemlos in der Abhängigkeitssprache ausgedrückt werden kann, vgl. ζ. B. den Ausdruck lang-

same Protonen und Neutronen entweder [langsame Protonen] und Neutronen oder langsame [Protonen und Neutronen. Die TSS ist die zentrale Komponente der TSB, deren übrige Komponenten sie, gleichsam von außen, zusätzlich charakterisieren. NB: eine lineare Ordnung der Knoten der TSS wird nicht angegeben. Dadurch werden die eigentlich syntaktischen Beziehungen (was mit wem wie verknüpft ist) konsequent von Beziehungen ganz anderer Natur unterschieden, von Beziehungen mit linearer Anordnung (was rechts/links von etwas ist). Diese letztgenannten Beziehungen werden auf der tiefenmörphologischen Ebene der Phrasendarstellung und auf allen der Oberfläche näheren Ebenen fixiert. 2. Informationen über die Koreferenz (= Identität der Denotate) bestimmter Gruppen von Wörtern. In den Zeichnungen 2 und 3 sind die koreferenten Knoten („diese selbe Vanja", „diese selbe Masa") durch einen gestrichelten Pfeil verknüpft, der auf diese Weise eine anaphorische Verbindung wiedergibt.

3. Informationen über die „semantische" Prosodik - die Intonationen der Behauptung, der Frage, der Drohung, des Erstaunens, . . . ; Satzbeto5

Ausführlicher zu den LF s.: Zolkovskij, A.K., Mel'cuk, I.A., Osemanti&skom sinteze. „Problemy kibernetiki", 1967, vyp. 19; Mel'cuk, I.A., O „vnesnich" razliòitel'nych élementach (o semantiíeskich parametrach). - In: To Honor Roman Jakobson... The Hague, 1967, S. 1340-1361.

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl o Tekst [Inhalt o Text]

57

nung usw. NB: auf den Zeichnungen 2—3, 5 - 7 bezeichnet die Abkürzung „NBI" neutrale Behauptungsintonation.

Zeichnung 2

4. Informationen über die kommunikative Organisation (Anzeigen von Thema/Rhema, Altem/Neuem, Emphase usw.). Vanja tverdo obescal Pete, - cto vecerom on primet Maki samym teplym

Zeichnung 3

58

I.A. Mel'ëuk

Ja i t.d. [fordert, daß ich weggehe «·FORDERN 2 -> WEGGEHEN1 -+Ichu.s.f.] Fiktives Lexem, d. h. ein Lexem, das von der Symmetrie des lexikalischen Systems her gegeben ist, für verschiedene Umbildungen geeignet ist, aber real in der Sprache nicht vorkommt. * VACHTIT' zu VA CHT Α, wie DEZURIT' zu DEZURSTVO, *GAMIT' zu GAM wie $UMET' zu ÊUM usw. CULOK,...) — Idiom ( I M E T ' Z U B , DAT'PO SAPKE, SINIJ — Symbol der lexikalischen Funktion (s. unten) Beim Symbol der TLE sind Indizes für jene morphologischen Besonderheiten notwendig, die Bedeutung tragen, d. h. nicht syntaktisch bedingt sind - durch Kongruenz und Rektion (im Russischen sind bekanntlich der Numerus des Substantivs oder Aspekt, Modus und Tempus des Verbs semantisch belastet, im Gegensatz zu solchen syntaktisch bedingten Charakteristika wie Kasus des Substantivs, Genus, Numerus und Kasus des Adjektivs, Person, Numerus und Genus des Verbs), s. Zeichnungen 2 und 3. Die lexikalische Funktion (LF)f ist eine Abhängigkeit, die ein Wort oder eine Wortfügung (Argument von LF) mit einer Menge von Wörtern oder Wortfügungen f (C) (Bedeutung von LF) so verbindet, daß: -sich für beliebige C 1 und C 2 , wenn nur f ( C ! ) u n d f ( C 2 ) existieren, f ( C ' ) bezüglich der Bedeutung und der (tiefen-)syntaktischen Rolle im Test sich so zu C 1 wie f ( C 2 ) zu C2 verhält. — für verschiedene C in den meisten Fällen f(C) ebenfalls unterschiedlich sind, d. h. f ( O mit C phraseologisch gebunden ist. Es wurden bisher etwa 50 Standard-LF (elementare) ermittelt und verwendet — solche, bei denen die Menge der möglichen Argumente und möglichen Bedeutungen ziemlich groß ist; es wurden weiterhin eine Reihe komplexer LF ermittelt, die aus Standard-LF bestehen. Beispiele für LF = 1) Synonym: Syn (priglasat0 = zvat' II [einladen - rufen] ; 2) Antonym: Anti (privintit') = otvintit [anschrauben — abschrauben] ; 3) Konversiv: Conv 21 (speredi) = szadi [von vorn - von hinten], Conv 132 (obucat') = prepodavat' [unterrichten - lehren], Conv 2 i 3 {obescat') = byt' obescannym [versprechen -

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl o Tekst [Inhalt o

59

Text]

versprochen sein] ; 4) nomen actionis: S 0 ( o b e s c a t = obesianie [versprechen Versprechen],*S 0 (prinimat' II) = priem [empfangen - Empfang], S 0 (prepira t'sja) = prepiratel'stvo [streiten — Streit] ; 5) nomen patientis: S 2 (ucitr) = uâenik [lehren — Schüler], S2 (obsluzivat0 = klient [bedienen — Kunde] ; 6) Magn (obescat') = tverdo [versprechen — fest], Magn (obescanie) = tverdoe [Versprechen - festes], Magn (prinimat'II) = teplo (serdecno, radusno) (samym) teplym (serdecnym, radusnym> obrazom [empfangen - warm, herzlich, aufs wärmste, herzlichste], Magn (berec') = kak zenicu oka [hüten — wie ein Augapfel], Magn (belyj) = oslepitel'no, snezno - ['ocen"] [weiß — beiendend, Schnee, sehr] ; 7) Operi (priem II) = okazyvat' [Empfang — erweisen] , Operi (obescanie) = davat' [Versprechen — geben], Oper t (prikaz) = davat', otdavat' [Befehl -geben], Operi (vostorg) = byt'v ['byt' sub-ektom'] [Begeisterung — sein in, Subjekt sein] ; Oper 2 (prikaz¡obescanie) = polucat' [Befehl/Versprechen — erhalten], Oper 2 (priem II) = nachodit', vstrecat' [Empfang — finden, haben] ; 9) Reali (obescanie) = sderzivat' ['vypolnjat buduci sub-ektom'] [Versprechen — halten [als Subjekt erfüllen] ] ; 10) Real2 (sovet1) = prinimat', sledovat' [vypolnjat', buduci ob-ektom] [Rat — erhalten, befolgen [als Objekt erfüllen] ]. Die LF spielen eine wichtige Rolle bei der Beschreibung der lexikalischen Verknüpfbarkeit, da sie ganz speziell gewährleisten, daß Phraseme eines bestimmten Typs im Wörterbuch systematisch und folgerichtig angegeben werden. Sie sind auch für die Beschreibung des synonymischen Paraphrasierens von Bedeutung. Die tiefensyntaktische Beziehung (TSB) ist eine der universalen syntaktischen Beziehungen, die unter Bezug auf folgende, wohl für alle Sprachen charakteristischen Oppositionen eingeführt wurde: (i) beiordnende Verbindungen (d. h. Anreden, Interjektionen, Schaltausdrücke) vs. strukturelle Verbindungen; (ii) koordinierende vs. subordinierende Verbindungen; (iii) prädikative vs. attributive Verbindungen; (iv) Verbindungen des Prädikats mit seinen unterschiedlichen Argumenten; vgl. Zeichn. 4: strukturelle subordinierende beiordnende

koordinierende

prädikative attributive

1.

2.

3.

60

I.A. Mel'öuk

Gemäß dem in der TSS Gesagten wird vorgeschlagen, 9 verschiedene TSB zu verwenden: Die TSB „1—6" (1., 2., . . . 6. prädikative) verbinden das prädikative Lexem mit seinem ersten, . . . , sechsten Argument:

Spat' [schlafen]

Snit'sja [träumen]

Arenda [Pacht]

ψ X (kto) [wer]

X (cto) [was]

Ϋ (komu) [wem]

Ζ U (u kogo) (za skol'ko) (na kakoj srok) [bei wem][fiir wieviel] [für welche Zeit]

Komandirovat' [kommandieren]

U (kuda) [wohin]

W (zacem) [warum]

(na kakoj srok) [fur wélche Zeit

Die Existenz sechsstelliger Prädikate ist (zumindest in bestimmten Sprachen) eine empirische Tatsache (darauf hat Ju. D. Apresjan den Autor hingewiesen). Im Prinzip kann es auch Prädikate mit mehr Stellen geben 6 . Die TSB „attr" verbindet ein beliebiges Determinandum mit seinem Determinans oder Attribut (im weitesten Sinne des Wortes): 6 Apresjan, Ju. D., Ob éksperimental'nom tolkovom slovare russkogo jazyka. - „Voprosy jazykoznanija", 1968, Nr. 5, S. 43; derselbe, O jazyke dlja opisanija sintaksiíeskich svojstv slova. - In: „Problemy strukturnoj lingvistiki. 1972", M., 1973.

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl ·» Tekst [Inhalt ·» Text] TOCKA

• ^

[Punkt]

· ÈTOT,

PRINIMAT'II•

^i* ·

61

Loqn,

[dieser, empfangen]

Magn ^ [versprechen] Die TSB „coord" koordiniert Einheiten, speziell homogene Elemente: OBESCAT'·

VANJA



• PETJA · 502íá>

. ¡.

, MASA

( = Vanja, Petja i Masa)

Die TSB „append" verbindet den Gipfel der Phrase mit „freien", außerstrukturellen Einheiten (Appellen, Interjektionen, Schaltwörtern): Vanja •

Prichodit'

. .

sov, iz-jav, bud [kommen vollend., indik., fut.]

MASA

yanja^ fßaia pfidet} [Vanja, Masa kommt]

II B. Auf der Ebene der Oberflächensyntax wird der Phrase ihre oberflächensyntaktische Darstellung (OSD) zugeordnet; s. Zeichn. 5 die OSD, die der TSD (5) entspricht und die Zeichnung 6—7 mit zwei verschiedenen (= synonymen) OSD, die der TSD (6) entsprechen. Die OSD einer Phrase ebenso wie ihre TSD besteht aus vier Komponenten. voll, indik, verg, nichtrefl.

'TVERDYJ VANJA .

NBI

Zeichnung 5

62

I.A.

Mel'cuk

Vanja tverdo obescal Pete, Sto veíerom on primet Masu samym serdecnym obrazom. [Vanja versprach Petja fest, daß er abends Masa aufs herzlichste empfangen werde].

Abkürzung in der OSB: 1.2 kompl.- 1., 2. Ergänzung; umst. — Umstandsbestimmung; determinativ; präd. — prädikativ; hilfs. — Hilfswort

Zeichnung

6

Vanja dal Pete obescanie vecerom objazatel'no okazat' Mase samyj teplyj priem [Vanja gab Petja das Versprechen, am Abend MaSa unbedingt einen warmen Empfang zu geben] Vanja dal Pete obescanie, cto vecerom on objazatel'no okazet Mase samyj teplyj priem [Vanja gab Petja das Versprechen, daß er am Abend Masa unbedingt den wärmsten Empfang gibt]. 1. Die oberflächensyntaktische Struktur oder OSS ist ein Abhängigkeitsbaum, dessen Knoten mit Symbolen realer Lexeme (einer gegebenen Sprache) markiert sind, die ihrerseits mit Indizes für semantisch beladene morphologische Charakteristika versehen sind, während die Kanten mit Symbolen der oberflächensyntaktischen Beziehungen (OSB) etikettiert sind; außerdem kön-

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl «· Tekst [Inhalt

DAVAT

63

Text]

voll, indik, verg, nichtrefl.

çt'àà VANJA,sg

KOMPL.

.

OBE§CANIESg PETJA sg

dekonjunkt. umst. -—'(OKAZYVAT'

O N w ^ u ¿ Z R I E M "¿g*

f NBI

VE&ROM voU)

rndlk)

MASA

S9

futi

nichtrefl

(9)

Zeichnung 7

nen (wie in der TSS) bestimmte Knoten als zu einer Konstituente gehörig gekennzeichnet werden. Analog zur TSS und ihrer Rolle in der TSD ist die OSS die zentrale Komponente der OSD. NB l : in der OSS werden alle Lexeme der Phrase wiedergegeben, einschließlich der Hilfswörter; gleichzeitig gibt es in der OSS keine Knoten, die nicht irgendeiner Wortform der Phrase entsprechen (mit Ausnahme einiger Spezialfälle wie den Nullformen: Nullkopula oder Nullsubjekt in unbestimmt-persönlichen Konstruktionen). NB 2: Wie in der TSS wird auch in der OSS die lineare Ordnung der Knoten nicht angegeben. 2—4. Die Informationen über die Koreferenz, die semantische Prosodik und die kommunikative Organisation sind denen der Komponenten in der TSD völlig analog 7 . 7

Eine konsequente Unterscheidung von tiefen- und oberflächensyntaktischen Darstellungen wurde von A.K. Zolkovskij in „Sintaksis somali" (M., 1971) an umfangreichem Material durchgeführt und untersucht.

64

I.A.

Mel'cuk

Jede oberflächensyntaktische Beziehung entspricht einer oder mehreren (komplementär distribuiert oder frei variierend) konkreten syntaktischen Konstruktionen einer gegebenen Sprache, d. h. einem Komplex formaler Mittel (Wortfolge, Prosodeme, morphologische Merkmale), der mit dem Ausdruck eines Komplexes inhaltlicher Beziehungen verbunden ist. Ein Beispiel aus dem Russischen: die prädikative OSB repräsentiert die Konstruktion „Subjekt — Prädikat" (formal: in der NichtVergangenheit kongruiert das Prädikat mit dem Subjekt in Person und Numerus, in der Vergangenheit in Numerus und Genus, während das Subjekt in der Regel im Nominativ steht . . . ; semantisch: es werden die Beziehungen «Agens - Handlung» [Ivan sägt Holz], «Objekt Handlung» [Das Holz wird von Ivan gesägt], «Träger eines Zustands — Zustand» [Ivan ist krank], «Ort der Handlung — Handlung» [Der Keller wimmelt von Ratten] ....) wiedergegeben. Andere Beispiele für OSB des Russischen sind: die agentive Beziehung (von Ivan gebaut), die determinative (grüne Wiese), die 1. appositive (raketa-nositel") [Trägerrakete], die 2. appositive (das Dorf Monino), die quantitative (sechs Tage), die approximative (sutok fest' [etwa sechs Tage] ), . . . Für die Beschreibung der Oberflächensyntax einer natürlichen Sprache können einige verschiedener OSB erforderlich sein.

III.

Die morphologische Ebene

III A. Auf der Ebene der Tiefenmorphologie wird der Phrase ihre tiefenmorphologische Darstellung T M D ^ , die aus zwei Komponenten besteht, zugeordnet: 1. Die Abfolge der TMD aller Wortformen der Phrase. Als TMD der Wortform fungieren das Lexem und die vollständige morphologische Charakteristik, die die konkrete Wortform eindeutig (bis hin zum freien morphologischen Variieren) angibt: STOLBEC [Säule] pl., gen. (stolbcov) SVOJSTVENNYJ [eigen] sg, mase, Kurzform (svojstvenen, svojstven) usw. 2. Informationen über die Prosodik der Phrase — rhythmische Gruppen (bedingt durch die syntaktische Struktur), ihre Intonationskonturen, emphatische Hervorhebungen usw. Hinsichtlich des geschriebenen Textes werden noch Hinweise zu den Satzzeichen gegeben, s. (10) - die T M D ^ , die der OSB (7) entspricht: III VANJAsg^om* (10) PETJA^faS

TVERDO OBESCAT\0\\, 3

H CTOVECEROM 1

indik., nichtrefl,, sg, masc.

CW sg) noni

PRINIMA T' . . . . . . , t voll, indik., fut, nichtrefl., 3 Ps

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl MASA sg, akk 4 SAMYJ OBRAZ

Tekst [Inhalt o Text]

mase, sg, instr. SERDECNYJ

65

mase, sg, instr.

sg, instr. 1 |||

Kurzer Kommentar zur T M D P h r (10) 1) Die vertikalen Striche zeigen Pausen unterschiedlicher Länge an, d . h . die Grenzen zwischen rhythmischen Gruppen. Die Ziffer am Ende einer rhythmischen Gruppe soll ihre Intoneme bezeichnen, d. h. die Menge der äquivalenten (hinsichtlich des Bedeutungsausdrucks) konkreten Intonationskonturen 8 , die Akzentzeichen bezeichnen die emphatische Hervorhebung der betreffenden Wörter. 2) Im Unterschied zu den syntaktischen („Baum"-) Darstellungen der Phrasen, wo die lineare Abfolge der Knoten nicht angegeben wird, werden in der T M D ^ r a n e TMD der Wortformen genau in der Reihenfolge angeordnet, die die entsprechenden Wortformen in der Phrase haben. 3) Informationen zur kommunikativen Gliederung (Komponente 4 in der TSD und OSD) werden in der T M D P ^ r nicht gesondert gegeben: sie werden hier durch die Wortfolge und Prosodie ausgedrückt; vgl. die Emphasebetonung auf SAMYJ und SERDECNYJ, die M2 wiedergeben 4) Informationen zur Koreferenz (Komponente 3 in der TSD und OSD) werden in der TMD^^ 1 ebenfalls nicht speziell angegeben: sie werden teils durch die Wortfolge (Postposition des anaphorischen Pronomens), teils durch die morphologische Form des Pronomens ausgedrückt (Vanja - ori) usw. III B. Auf der Ebene der Oberflächenmotr>ho\ogiz wird der Phrase ihre oberflächenmorphologische Darstellung OMD , die wie die T M D P h r aus zwei Komponenten besteht, zugeordnet: 1. Die Abfolge der OMD aller Wortformen der Phrase. Als OMD der Wortformen fungieren die Kette der Morphemsymbole und die Symbole der morphologischen (bedeutungsvollen) Operationen, die die konkrete Wortform eindeutig (bis hin zur freien morphologischen Variierung) angeben: { STOLBEC } + { PL. GEN, } { TRUDJASCJJSJA

(stolbcov)

} + { PL.DAT.}

+ {SJÀ)( trudjascimisja) usw.

2. Informationen über die Prosodik der Phrase (oder ihre Satzzeichen, wenn es um einen geschriebenen Text geht), s. (11) — die O M D * ^ , die der T M D P h l (10) entspricht: 8

Der Autor kennt keine allgemein akzeptierte Menge von Intonemen für das Russische (abgesehen von der Arbeit E. K. Bryzgunovas). Die hier angeführten Ziffern sind rein illustrativen Charakters.

I.A. Mel'éuk

66

(11)

III { VANJA } + { SG. ΝΟΜ.} 41 { TVERDO ) {OBESCAT) + { VOLL } + {THEMA}+ { VERG.} + {MASC. {PETJA } + {SG. DAT}31| {CTO} { VECER0M}3\ {ON} + {SG. ΝΟΜ.} ÍPRINIMAT'} + {VOLL.} + {INDIΚ. NICHTVERG. 3 SG.} {MASA} + {SG. ΑΚΚΥI {SAMY J } + {MASC. SG. INSTR) + {MASC. SG. INSTR.} {OBRAZ} + { SG. INSTR.} 1 \\\

SG.)

{SERDECNYJ}

IV. Die phonologische Ebene: die phonologische Darstellung der Phrase P h D ^ , d.h. die Kette der Phoneme mit dem Aufzeigen der Wortabschnitte und der fresamten Prosodik in Form von Prosodemen, s. P h D ^ r (12), die der O M D ™ (11) entspricht. (12) /ván'a 4 I tv'órdo ób'escál p'ét'e 3 II cto v'écorom 3 I ón pr'im'ot másu 4 I samim s'efcféínim óbrazom 1 III/ V. Die phonetisch/graphische Ebene: die phonetische Darstellung (Transkription) der PhD^^ r , d . h . die Kette der Lautsymbole mit allen Prosodien oder entsprechend, die gebräuchliche orthographische Schreibung mit den notwendigen Satzzeichen, s. (13) und (14). (13)

[II Ivan'b Itv'órdu Ab'lS'al p ' e t l || Stbv'éÓ'lróm | ón pr'im'itmàïu | sámim s'ird'éc'nim óbrazbm |||]

(14) Vanja tverdo obescal Pete, cto vecerom on primet Ma.su samym serdecnym obrazom. NB 1: Die Menge der aufgezählten Ebenen ist nicht endgültig. Es ist nicht auszuschließen, daß es im Verlauf der weiteren Ausarbeitung des STM zweckmäßig sein kann, weitere Ebenen, z.B. eine Ebene, die zwischen der oberflächensyntaktischen und der tiefenmorphologischen liegt („Ebene der Satzglieder") oder eine Ebene, die zwischen der semantischen und tiefensyntaktischen liegt („oberflächensemantische Ebene") usw. einzuführen. NB 2: für jede Ebene η der Darstellung von Äußerungen, für die Regeln der Bildung von Objekten dieser Ebene angegeben werden können, müssen diese angegeben werden. Anders ausgedrückt, jede linguistische Sprache L n muß z.B. durch eine entsprechende generative Grammatik oder ein anderes äquivalentes Verfahren, wenn es möglich ist, beschrieben werden. Die Sprache der semantischen Darstellungen, die Sprache der tiefensyntaktischen Darstellungen und die Sprache der oberflächensyntaktischen Darstellungen wer-

Ein linguistisches Modell des Typs 'Smysl ·»· Tekst [Inhalt o Text]

67

den so im STM durch Aufzählung der Richtigkeitsbedingungen für die SemD, TSD und OSD angegeben. Die Frage der morphologischen Sprachen, auch der phonologischen und phonetischen Darstellungen enthält gewisse Schwierigkeiten, auf die wir hier nicht eingehen. 9

9

Eine umfangreiche Literatur zur Frage der Ebenenunterscheidung ist im Buch „Obscee jazykoznanie. Vnutrennjaja strukture jazyka" (M., 1972, S. 1 1 6 - 1 1 9 ) zu finden.

Aus: Izvestija Akademii Nauk SSSR, ser. Literatury i jazyka 1974, 5, S. 4 3 6 - 4 4 7 (Übersetzt von W. Girke)

Sebastian Κ. èaumjan (Moskau) Applikative Grammatik und generative Phonologie

Vorbemerkung Bislang wurde die generative Phonologie vornehmlich im Rahmen der transformationeilen generativen Grammatik ausgearbeitet. Da neben der transformationellen generativen Grammatik auch andere Typen generativer Grammatiken möglich sind, muß die generative Phonologie auch obligatorische Komponente eines beliebigen Typs von generativer Grammatik sein. Es versteht sich von selbst, daß wir es innerhalb der verschiedenen Typen generativer Grammatiken auch mit verschiedenen Typen von generativer Phonologie zu tun haben werden. In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, die generative Phonologie als Teil des von mir vorgeschlagenen neuen Typus der generativen Grammatik, der applikativen generativen Grammatik, zu betrachten. Um diese Aufgabe zu lösen, ist es notwendig, mit einer kurzen Beschreibung der Grundzüge der applikativen generativen Grammatik zu beginnen, denn die generative Phonologie hängt als Teil der applikativen generativen Grammatik unmittelbar von den Besonderheiten dieses neuen Typus von generativer Grammatik ab.

Die Aufgaben der applikativen generativen Grammatik Die applikative generative Grammatik, die ich im weiteren einfach applikative Grammatik nennen werde, stellt den Versuch zur Konstruktion einer universellen Grammatik dar. Unter einer universellen Grammatik verstehe ich eine abstrakte Theorie natürlicher Sprachen. Es wird die Hypothese aufgestellt, daß sämtliche Sprachen eine bestimmte allgemeine semiotische Basis besitzen, die ihre Invariante ist. Zu den Aufgaben der applikativen Grammatik als abstrakter Theorie natürlicher Sprachen gehört:

Applikative Grammatik und generative Phonologie

69

1. Die Rekonstruktion eines universellen sexniotischen Systems, das genotypische Sprache genannt wird. 2. Die Erforschung der formalen Eigenschaften des universellen semiotischen Systems. 3. Die Erforschung der Umwandlung des universellen semiotischen Systems in die konkreten semiotischen Systeme natürlicher Sprachen. Die Ausarbeitung semiotischer Zwischensysteme, die als Übergangsglieder von dem universellen semiotischen System zu den konkreten semiotischen Systemen dienen. 4. Eine semiotische Typologie natürlicher Sprachen unter dem Gesichtspunkt von Typen der Umwandlung und des universellen semiotischen Systems. Der Entwurf typologischer Charakteristika natürlicher Sprachen in Raum und Zeit. 5. Die Erforschung der Gesetze, die das Funktionieren semiotischer Systeme regulieren. 6. Die Erklärung der Umwandlungen universeller semiotischer Systeme unter dem Gesichtspunkt semiotischer Gesetze und die Vorhersage möglicher Typen semiotischer Systeme. Zu den gestellten Aufgaben müssen folgende Erläuterungen gegeben werden: Die genotypische Sprache existiert objektiv, jedoch ist sie nicht in der unmittelbaren Beobachtung gegeben. Deshalb müssen wir sie gewissermaßen neu konstruieren, auf hypothetischer Ebene. In eben diesem Sinn muß der Terminus „Rekonstruktion" verstanden werden. Genau wie unsere Rekonstruktion einer genotypischen Sprache hypothetisch ist, sind natürlich im Prinzip auch andere Hypothesen möglich. Wichtig ist lediglich, daß die genotypische Sprache einen objektiv existierenden Forschungsgegenstand darstellt. Die Frage, welche Rekonstruktion der genotypischen Sprache der objektiv existierenden genotypischen Sprache näher steht, muß durch die Anwendung der hypothetisch-deduktiven Methode gelöst werden. Es gibt eine bestimmte Analogie zwischen dem Problem der Rekonstruktion der genotypischen Sprache und dem Problem der Rekonstruktion der Ursprache in der historisch vergleichenden Grammatik. Genau wie die historisch vergleichende Grammatik verwandte Sprachen als unterschiedliche Umwandlungen ein und derselben Ursprache, die einer gegebenen Gruppe verwandter Sprachen zugrundeliegt, betrachtet auch das abstrakte linguistische Modell die natürlichen Sprachen als unterschiedliche Umwandlungen ein und desselben semiotischen Systems.

70

S.K. Saumjan

Es können jedoch auch wichtige Unterschiede zwischen beiden Problemen festgestellt werden: 1. Im ersten Fall haben wir es mit genetischer Verwandtschaft zu tun, im zweiten mit allgemein semiotischer Verwandtschaft. 2. Keine einzige Ursprache (wenn sie nicht gerade in Schriftdenkmälern bezeugt ist), wird als funktionierendes System rekonstruiert, die genotypische Sprache, von der weiter unten die Rede sein wird, besitzt hingegen diese Eigenschaft. 3. Ursprachenrekonstruktionen sind Resultate eines induktiven Prozesses, der im Vergleich realer Formen existierender natürlicher Sprachen besteht, während die genotypische Sprache auf deduktivem Wege aus allgemeinen Vorstellungen darüber abgeleitet wird, welcher Art universelle Züge natürlicher Sprachen sein müssen. Genau wie wir den Abweichungsgrad gegebener verwandter Sprachen von der Ursprache erforschen können, können wir den Abweichungsgrad genetisch nicht verwandter Sprachen von dem universellen semiotischen System erforschen. Die zu rekonstruierende genotypische Sprache wird in mathematischer Form beschrieben. Die genotypische Sprache wird als Semionenkalkül angegeben. Ein Semion (von griech. σημεόν „Zeichen") ist die elementarste semiotische Einheit, die,wie mir scheint, die gleiche Bedeutung für die Semiotik hat wie das Gen für die Biologie. Genau wie in der Biologie die Invarianz in einer bestimmten Menge von Genen erscheint, erscheint die Invarianz in der Semiotik in einer bestimmten Menge von Semionen. Von daher schien es angebracht zu sein, aus der Biologie die Termini „Genotyp" und „Phänotyp" in die Semiotik einzuführen. Unter mathematischem Gesichtspunkt kann jedes Semion als Funktion betrachtet werden und das Semionenkalkül als Kalkül von Funktionen einer bestimmten Art.

Die Inhaltskomponente

der applikativen

Grammatik

In der applikativen Grammatik werden die Ebenen des Bezeichneten und des Bezeichnenden oder, in der Terminologie von L. Hjelmslev, Inhalts- und Ausdrucksebene streng unterschieden. Die applikative Grammatik modelliert die Inhaltsebene natürlicher Sprachen und abstrahiert dabei von der Ausdrucksebene. Die Modellierung der Inhaltsebene nenne ich die Bedeutungskompo-

Applikative Grammatik und generative Phonologie

71

nente der applikativen Grammatik. Die genotypische Sprache stellt nichts weiter dar als ein b e s t i m m t e s Modell der Inhaltsebene natürlicher Sprachen. Bei der Einrichtung der Hypothese von der genotypischen Sprache ben u t z e n wir ein G e d a n k e n e x p e r i m e n t . Wenn m a n von all d e m in natürlichen Sprachen abstrahiert, was als für die K o m m u n i k a t i o n zwischen Sprecher u n d Hörer peripher betrachtet werden m u ß , so k a n n man die f u n d a m e n t a l e n grammatikalischen Kategorien unter zwei primitiven Kategorien zusammenfuhren: Die Bezeichnungen von O b j e k t e n oder T e r m e und die Bezeichnungen von Situationen oder Sätze. (In dieser Hinsicht ähnelt die applikative G r a m m a t i k den sogenannten Kategorialgrammatiken). Wir wollen an k o n k r e t e n Beispielen zeigen, wie die f u n d a m e n t a l e n grammatikalischen Kategorien auf die genannten primitiven Kategorien zurückgeführt werden k ö n n e n . Was ist z . B . ein Adjektiv? Ein Adjektiv ist eine Kategorie, die wenn sie an einen b e s t i m m t e n T e r m adjungiert wird, erneut einen b e s t i m m t e n T e r m generiert: Adjungieren wir das Wort mochnatyj [zottig] an das Wort pes [ K ö t e r ] , so erhalten wir mochnatyj pes [zottiger K ö t e r ] , das genau wie das Wort pes als T e r m dient. Adjungieren wir an den erhaltenen Term das Wort bol'soj [groß], so erhalten wir den neuen T e r m bol'soj mochnatyj pes usw. Benutzen wir die mathematischen Termini „ F u n k t i o n " , „ A r g u m e n t " und „ B e d e u t u n g " , so k ö n n e n wir das Adjektiv als F u n k t i o n b e t r a c h t e n , die, wenn man sie an ihr A r g u m e n t , an ihren T e r m adjungiert, als Bedeutung neuerlich einen Term hat. Wenn wir von A d j u n k t i o n oder Applikation sprechen, so meinen wir die Applikation einer F u n k t i o n an ihr A r g u m e n t . Der Terminus „applikative G r a m m a t i k " wurde ausgewählt, um zu verdeutlichen, daß unsere Sprachtheorie aus mathematischer Perspektive ein Funktionenkalkül ist. Betrachten wir andere Beispiele: Was ist ein Prädikat? Ein Prädikat ist eine F u n k t i o n , die, w e n n sie auf einen T e r m , der ihr Argument ist, angewendet wird, einen Satz erzeugt, der ihre Bedeutung darstellt. Adjungiert m a n beispielsweise das Wort guljaet [geht spazieren] an das Wort mal'cik [ J u n g e ] , so erhält man den Satz Mal'-

cik guljaet. Was ist ein Adverb? Es gibt zwei Arten von Adverbien: 1. Eine F u n k t i o n , die, wird sie an ein Prädikat adjungiert, das ihr Argument ist, ein neues Prädikat erzeugt, das ihre Bedeutung darstellt. ( b y s t r o chodit [er geht schnell]), 2. eine F u n k t i o n , die, wird sie auf ein Adjektiv angewendet, erneut ein Adjektiv erzeugt, das ihre Bedeutung darstellt (ocen' krasivyj [sehr s c h ö n ] ) . Die eben angestellten Überlegungen k ö n n e n als Ausgangspunkt für die K o n s t r u k t i o n eines formalen Systems dienen. Unser formales System wird

72

S.K.

Saumfan

von zwei Teilen gebildet: 1. Das Episemionenkalkül und 2. das Semionenkalkül. Ich bezeichne grammatische Kategorien als solche Episemionen, d. h. grammatische Klassen, die als abstrakte Objekte betrachtet werden. Als Semionen bezeichne ich grammatische Objekte, die zu einer bestimmten grammatischen Klasse gehören, d. h. zu einer bestimmten grammatischen Kategorie. Wenn wir Terme mit den Symbolen T, T 1 , T 2 , . . . , bezeichnen und die grammatische Kategorie, zu der sie gehören, mit dem Symbol α, so können wir vereinbaren, daß die Notation a T gelesen wird: Das Semion Τ (zu interpretieren als Term) gehört zu dem Episemion a (zu interpretieren als Kategorie oder Termenklasse). Allgemein soll gelten, daß die Notation eX gelesen wird als: Das Semion X gehört zum Episemion e. Wir wollen einen Episerpionenkalkül konstruieren. Der Episemionenkalkül hat zwei Ausgangsobjekte a und ß, die elementare Episemionen heißen, und ein Hilfsausgangsobjekt Δ. Von den elementaren Episemionen werden alle übrigen Episemionen nach folgenden Regeln erzeugt: 1. Elementare Episemionen α, β sind Episemionen, 2. wenn ρ und q Episemionen sind, dann ist Δρς auch ein Episemion. Die Regel 2. kann in Form eines Schemas geschrieben werden, das Baumdiagramm heißt: Β

Δρς

a

Die horizontale Linie symbolisiert hier die Folge, d. h. daß aus ρ und q Apq folgt. Die Formel des Episemions Apq muß folgendermaßen gelesen werden: Die Semionenklasse, die die Semionen, die zur Semionenklasse ρ gehören, in Semionen, die zur Semionenklasse q gehören, umwandelt. Der Konstruktionsprozeß der Episemionen wird in Schritte untergliedert. Einen Schritt der Episemionenkonstruktion nenne ich jeden Übergang von den Episemionen pq zu dem Episemion Apq. Mit dem ersten Schritt erhalten wir Episemionen des ersten Ableitungsgrades Δαα, Δ/3/3, Δα/3, Aßa. Mit dem zweiten Schritt erhalten wir Episemionen des zweiten Ableitungsgrades, z . B . ΑΑοφα, AAaßAaß, Δ α Δ a ß . Mit jedem Schritt des Konstruktionsprozesses werden Episemionen aus Episemionen gewonnen, die man mit allen präkurrenten Schritten erhalten hat. Jedes Episemion, das mit dem n-ten Schritt erhalten wurde, heißt Episemion des n-ten Ableitungsgrades.

Applikative

Grammatik

und generative Phonologie

73

Wir g e b e n n u n eine empirische I n t e r p r e t a t i o n einiger E p i s e m i o n e n . D i e Interpretation e i n e s j e d e n der u n t e n angeführten E p i s e m i o n e n ist partiell, da sie nur auf die russische Sprache a n w e n d b a r ist.

Episemionen

Interpretation

a

Substantive, die Gattungs- und Eigennamen bezeichnen Sätze Adjektive oder Affixe, die Substantive von Substantiven bilden Affixe von obliquen Substantivkasus, die andere Substantive bestimmen (ohne Präposition oder mit Präposition), Affixe, die Adjektive von Substantiven bilden Persönliche Formen von intransitiven Verben Persönliche Formen von Verben mit einem Objekt, verbale Kopulae Persönliche Formen von transitiven Verben mit zwei Objekten Die Konjunktion cto [daß, was] Negation oder Fragepartikel Unterordnende Konjunktionen, die zwei Sätze verbinden Adadjektivische Adverbien. Affixe, die Adjektive von Adjektiven bilden Kasusaffixe (ohne Präposition oder mit Präposition), die Substantive von Adjektivdeterminatoren bilden Affixe, die Verben in abstrakte Substantive umwandeln Adverbien, die intransitive Verben bestimmen. Affixe, die intransitive Verben von intransitiven Verben bilden. Affixe, die Adverbien von Substantiven bilden.

ß Aaa ΔαΔαα

Aaß AaAaß AaAaAaß Aßot Aßß AßAßß AAaaAaa AaAAaaAaa ΑΔαβα AAaßAaß

AaAAaßaß

Wir k o m m e n n u n z u m S e m i o n e n k a l k ü l . Für d e n S e m i o n e n k a l k ü l w e r d e n A u s gangsobjekte a n g e g e b e n , die wir e l e m e n t a r e S e m i o n e n n e n n e n . F o l g e n d e R e geln der S e m i o n e n k o n s t r u k t i o n e n w e r d e n gegeben: 1. Elementare S e m i o n e n sind S e m i o n e n 2. Wenn X ein S e m i o n ist, das z u d e m E p i s e m i o n Δ ρ ς g e h ö r t , u n d Y e i n Sem i o n , das z u d e m E p i s e m i o n ρ g e h ö r t , d a n n ist X Y ein S e m i o n , das z u d e m E p i s e m i o n q gehört. D i e Regel 2. kann in F o r m f o l g e n d e n B a u m g r a p h s dargestellt w e r d e n :

74

S.K.

ApqX

àaumjan

pY qXY

Wir nennen X den Operator (oder die Funktion), Y den Operanden (oder das Argument), und XY das Resultat der Applikation von X an Y. Die Regel 2. nennen wir die Regel der Semionenapplikation. Die Semionenkonstruktion erfolgt in Schritten. Einen Schritt der Semionenkonstruktion nenne ich jeden Übergang von den Semionen X und Y zu dem Semion XY. Mit dem ersten Schritt erhalten wir Semionen, die aus zwei elementaren Semionen bestehen; mit dem zweiten Schritt Semionen, die aus drei oder vier elementaren Semionen bestehen usw. Jedes Semion, das mit dem n-ten Schritt erhalten wurde, heißt Semion n-ten Ableitungsgrades. Die Gesamtheit aller Semionen, die konstruiert werden können, stellen nichts anderes dar, als das, was wir genotypische Sprache genannt haben. Die eben betrachteten Regeln der Semionenkonstruktion kann man als Syntax der genotypischen Sprache bezeichnen. Außer den Semionenkonstruktionsregeln gibt es auch Regeln der Semionenumbildung. Die Regeln der Semionenumbildung geben die Beziehung der inhaltlichen Inklusion zwischen den Semionen an. Wenn die Beziehung der inhaltlichen Inklusion zwischen zwei Semionen in beiden Richtungen gegeben ist, dann befinden sich die entsprechenden Semionen in einer Beziehung der Äquivalenz oder Synonymie zueinander. Die Umbildungsregeln der Semionen können als die Semantik der genotypischen Sprache bezeichnet werden. Die Semantik der genotypischen Sprache stellt den zentralen Teil der applikativen Grammatik dar, da gerade mit der Semantik aufgezeigt werden kann, wie komplexe inhaltliche Strukturen aus einer kleinen Zahl primitiver inhaltlicher Strukturen abgeleitet werden können. Wir werden uns hier jedoch nicht mit dem formalen Apparat der Semantik befassen, da dies für die weiteren Ausführungen nicht notwendig ist. Die genotypische Sprache modelliert also die Inhaltsebene natürlicher Sprachen. Für die Beschreibung der Inhaltsebene natürlicher Sprachen mit Hilfe der genotypischen Sprache müssen wir Semionen, die abstrakte universelle Einheiten der Inhaltsebene darstellen, in ihre konkreten Abbilder auf der Inhaltsebene einer jeden konkreten natürlichen Sprache umwandeln. Diese konkreten Abbilder von Semionen werden wir phänotypische Semionen nennen. Im folgenden Text werden wir dort, wo aus dem Kontext klar wird, daß es sich um phänotypische Semionen handelt, einfach von „Semionen" sprechen. Zu den phänotypischen Semionen gehören beliebige Lexeme einer konkreten Sprache, aber auch nicht universelle grammatische Kategorien,

75

Applikative Grammatik und generative Phonologie

ζ. Β. die Kategorie des männlichen, weiblichen und sächlichen Geschlechtes oder die Kategorie der Belebtheit und Unbelebtheit. Zu Zwecken der Anschaulichkeit zeigen wir an einem konkreten stark vereinfachten Beispiel, in welcher Weise Bäume der genotypischen Sprache Bäume der Inhaltsebene einer bestimmten konkreten Sprache abbilden können. Nehmen wir den genotypischen Baum AotßPj

αΤ βΡιΤ

wo P\ als einstelliges Prädikat und Τ als Term interpretiert werden kann. Der gegebene Baum kann in den folgenden Baum der Inhaltsebene im Englischen umgewandelt werden: ΔΔαβΔαβ Past Δαβ 'walk' Δαβ Past 'walk'

Δαα PI α 'boy'

αΡΙ 'boy' β Past 'walk' PI 'boy'

Die einfachen Anführungsstriche bei walk und boy werden von uns als Symbole benutzt, die angeben, daß es sich um reine Einheiten der Inhaltsebene handelt. Wir sehen, daß die oberen Knoten des genotypischen Baums bei der Umwandlung in einen phänotypischen in die entsprechenden Unterbäume aufgeteilt wurden. Bis jetzt haben wir die Semionenkonstruktion in Form von Bäumen dargestellt. Die Notation in Form eines Baumes ist jedoch, wenngleich außerordentlich anschaulich, nicht immer wegen der damit verbundenen Umständlichkeit angebracht. Zum Zwecke einer kompakten Notation wird eine lineare Darstellung des Baumes notwendig. Für die Überführung des Baumes in eine lineare Notation formulieren wir die Regel 2. der Semionenkonstruktion und benutzen dabei Klammern. Regel 2. wird nun in Form des folgenden Baumes dargestellt: ApqX

pY q(XY)

Jetzt können wir den gegebenen Baum durch eine lineare Notation (XY) ersetzen, in der die entsprechenden Episemionen bei den Semionen Χ, Y und XY mitverstanden werden, wenn man in Betracht zieht, daß von uns ein Semionenwörterbuch zusammengestellt wurde, in dem jedem Semion ein bestimmtes Episemion zugeschrieben ist. Am Beispiel der oben angeführten Bäume wollen wir zeigen, in welcher Weise die Einführung der Klammern den Ersatz des Baumes durch eine lineare Notation gestattet. Wenn

76

S.K. Saumjan

wir in den angeführten genotypischen Baum Klammern einführen, so nimmt dieser folgende Gestalt an: ΔαβΡ1

aT β (Ρ, Τ)

Jetzt können wir den gegebenen Baum durch eine lineare Notation (P¡ Τ) ersetzen. Führen wir in den angeführten phänotypischen Baum Klammern ein, so hat dieser folgendes Aussehen: ΔΔαβΔαβ Past

Δαβ 'walk'

Δαα PI α 'boy'

Δαβ (Past 'walk')

α(Ρ1) 'boy' β ((Past 'walk') (PI 'boy'))

Nun können wir den gegebenen Baum durch die lineare Notation ((Past *walk') (PI 'boy')) ersetzen. Es ist unschwer zu erkennen, daß wir bei Anwendung der Regel 2. mit der linearen Notation die entsprechenden Bäume nachvollziehen können, wenn uns bekannt ist, zu welchen Episemionen die gegebenen elementaren Semionen gehören. Wenn in einer linearen Notation das Semion die Form'(. . . ( ( X Y ' ) Y 2 ) . . . Y n ) hat, so können wir vereinbaren, daß die Klammern nach dem Prinzip der Linksgruppierung ausgelassen werden. Dementsprechend schreiben wir das Semion wie folgt: XY'Y2 . . . Yn. Wendet man die Konvention auf das eben angeführte phänotypische Semion an, so hat dieses folgendes Aussehen: Past

'walk'

(PI 'boy')

Die Möglichkeit, Semionen sowohl in Form eines Baumes als auch in Form einer linearen Notation darstellen zu können, führt uns zu dem abstrakten Begriff des Semions, der nicht davon abhängt, in welcher graphischen Weise das Semion dargestellt wird: In Form eines Baumes oder in Form einer linearen Notation. Das Semion muß als abstraktes Objekt bezüglich der Umwandlung eines Semionenbaumes in eine lineare Semionendarstellung und umgekehrt als Invariante betrachtet werden.

Applikative Grammatik und generative Phonologie

77

Die Operator en linearer Umbildungen In der applikativen Grammatik wird eine Standardabfolge der Notation von Semionenkomplexen benutzt, so, daß der Operator dem Operanden stets vorangeht. Eine analoge Elementenabfolge wird innerhalb der Unterkomplexe eingehalten, die zu den komplexen Komplexen gehören. Ist ein Komplex einfach, dann sieht die Standardnotation seiner Elemente die Auslassung der Klammern vor, ζ. B.: (((WX)Y)Z) = WXYZ Ist ein Komplex komplex, dann werden die Klammern, die den einen Unterkomplex vom anderen trennen, nicht ausgelassen. Innerhalb der Unterkomplexe jedoch werden die Klammern ausgelassen, ζ. B.: (AW)((BC)X) ((((DE)F)G)Z) = AW(BCX)(DEFGZ) Die strenge Elementenabfolge in der genotypischen Sprache eröffnet weite Möglichkeiten, die reale Wortabfolge in natürlichen Sprachen zu erforschen. Quantität und Charakter möglicher Abweichungen von der genotypischen Standardabfolge der Elemente in einer bestimmten Sprache können als typologische Charakteristika einer gegebenen Sprache dienen. Als Beispiel vergleichen wir den genotypischen Komplex P 2 T 1 T 2 und seine Analoga im Russischen und Englischen, ζ. B. mal'cik citaet knigu und the boy reads a book. Im Russischen entspricht einer Standardabfolge citaet knigu mal'cik (1), die für das Russische übrigens absolut annehmbar ist. Möglich sind auch die übrigen fünf Umstellungen: citajut deti knigi knigi citajut deti knigi deti citajut deti citajut knigi deti knigi citajut

(2) (3) (4) (5) (6)

Im Englischen hingegen ergibt sich ein grammatikalischer Satz nur bei einer der möglichen Umstellungen des standardisierten genotypischen Komplexes: ((read books) children)* read children books* books read children*

(1) (2)

(3)

78

S.K. Saumjan

books children read*· children read books children books read'*

(4) (5) (6)

Akzeptabel ist nur die Umstellung (5). Die Abweichung von der genotypischen Wortabfolge wird einem strengen Kalkül unterworfen. Unten betrachten wir einen solchen Kalkül. Eingeführt werden zwei Operatoren M und Μ χ , mit deren Hilfe von einem beliebigen Standardkomplex, der aus η Unterkomplexen besteht, n! Umstellungen seiner Unterkomplexe erhalten werden können. Eine beliebige Umstellung oder, was dasselbe ist, eine beliebige Abweichung von der standardisierten genotypischen Wortfolge erhält nun ihren Operatorenausdruck. Die Umstellungsoperatoren haben folgendes Aussehen:

M ( X n Xj ; . . . ; X ^ ) = X! ... Xn.,, X n Μχ (X, ; . . . ; Xn-i, Xn» Xn-i)

_

Xi · · · Xn-2 > Xn-i » Xn

Im linken Teil der Gleichung sind die Komplexe in Klammern gefaßt, weil vor ihnen Operatoren stehen. Wir zeigen die Wirkung der Operatoren M und M x an einem dreigliedrigen Komplex des Typus XYZ (für den zweigliedrigen Komplex des Typus YZ ist ein Operator ausreichend, gleichgültig, ob M oder Μχ). Der dreigliedrige Komplex des Typus XYZ kann als Analogon eines zweistelligen Prädikats des Typus mal'tik citaet knigu P 2 T ' T 2 dienen. Auf den Ausgangskomplex XYZ wenden wir M, M x und die Operatorenverbindung M und M x an. Folgende Abfolge der Operatorenanwendung ist möglich:

M(ZXY) = X Y Z MM(YZX) = M(ZXY) = X Y Z M K (XZY) = X Y Z ΜχΜ(ΖΥΧ) = M(ZXY) = X Y Z ΜχΜΜ(ΥΧΖ) = MM(YZX) = M(ZXY) = X Y Z

(1) (2) (3) (4) (5)

Die Menge der Operatoren vor jedem permutierten Komplex zeigt eindeutig, welche Umstellungen in welcher Reihenfolge über dem Ausgangsstandardkomplex vorgenommen wurden. Der Ausgangsstandardkomplex wurde am Ende jeder Gleichung notiert, um den gegebenen permutierten Komplex zu erhalten. Es kann eine verkürzte Notation für die Operatorenmenge eingeführt werden:

Applikative Grammatik und generative Phonologie

79

MM . . . M = Mk In den Gleichungen (2), (4) und (5) können die mittleren Glieder ausgelassen werden, weil sie nach einer konsequenten Überführung der Operatoren von links nach rechts leicht wieder eingesetzt werden können. Die oben angeführten Gleichungen können nun in folgender Weise notiert werden: M(ZXY) = X Y Z M 2 (YZX) = XYZ MK(XZY) = XYZ MKM(ZYX) = XYZ M x M 2 (YXZ) = XYZ

(1) (2) (3) (4) (5)

Jetzt können wir einer beliebigen Wortumstellung der Phrase {{citajut knigi) deti) eine konkrete Menge von Operatoren zuschreiben: M{deti citajut knigi) M2(knigi citajut deti) M ^{citajut deti knigi) MxM(ctei2 knigi citajut) ΜχΜ2(£«4ί'

citajut deti)

citajut knigi deti (1) M{deti citajut knigi) = citajut knigi deti (2) citajut knigi deti (3) M{deti citajut knigi) = citajut knigi deti (4) {knigi deti citajut) = M{deti citajut knigi) = citajut knigi deti (5)

Für das Englische gilt: M(children read books) M2{books children read) read books children* M^{read children books*) MKM{children books read)x read books children* MxM2(òoo^i read children) M {children read books)

read books children* M{children read books)

(1)

(2) read books children* M(children read books) M2 {books children read*): read books children

(3) (4)

(5) Wie aus dem Beispiel ersichtlich ist, erweist sich für das Englische nur der Operator M als wirksam. Im Russischen ist die ganze Menge der Operatoren, einschließlich des Null-Operators (d. h. Fehlen eines Operators) wirksam.

80

S.K. Saumjan

Die morphologische

Komponente

Als Resultat der linearen Umbildung von Komplexen phänotypischer Semionen erhalten wir für jede natürliche Sprache spezifische linear geordnete Strukturen der Inhaltsebene. Die weitere Arbeit des generativen Mechanismus der applikativen Grammatik besteht darin, die Strukturen der Inhaltsebene auf Einheiten der Ausdrucksebene, d. h. auf phonologische Objekte abzubilden. Bekanntlich dienen als elementare phonologische Objekte die distinktiven Merkmale. Eben mit Hilfe einer universellen Menge von distinktiven Merkmalen wird die ganze Vielfalt der Strukturen der Inhaltsebene kodiert. Was das Phonem angeht, so ist es im Rahmen der generativen Grammatik angebracht, dieses einfach als verkürzte Benennung für ein Bündel distinktiver Merkmale anzusehen. Die elementare Einheit der Morphologie ist das Morph.1 Das Morph ist die minimale Einheit, die bei der Abbildung eines elementaren Semions oder eines Bündels elementarer Semionen auf ein bestimmtes phonologisches Objekt entsteht. Folglich besteht das Morph aus Bezeichnetem und Bezeichnendem. Das Bezeichnete des Morphs ist nichts anderes als ein einfaches oder komplexes Semion, d. h. eine einfache oder komplexe Einheit der Inhaltsebene. Das Bezeichnende des Morphs ist ein einfaches oder komplexes phonologisches Objekt, d. h. eine bestimmte hinsichtlich des Verhältnisses zur Inhaltsebene nicht weiter teilbare Einheit der Ausdrucksebene. Die Klasse der Morphe mit identischen Bedeutungen und variierenden Ausdrücken heißt Morphem. Morphe, die ein und dasselbe Morphem repräsentieren, heißen Allomorphe eines Morphems. In der applikativen Grammatik heißen die Regeln, nach denen die Inhaltsebene auf die Ausdrucksebene abgebildet wird, morphologische Regeln. Im Rahmen der transformationeilen generativen Grammatik werden die morphologischen Regeln als Teil der phonologischen Komponente betrachtet. In der transformationeilen generativen Grammatik fehlt eine morphologische Komponente. Die Einbeziehung der morphologischen Regeln in die phonologische Komponente stößt auf ernsthafte Schwierigkeiten. Nehmen wir ζ. B. die Allomorphe [i], [a], [e] in den Formen des Plurals solcher russischer Wörter wie stoly [Tische],goroda [Städte], krest'jane [Bauern]. Der Unterschied zwischen diesen Allomorphen ist nicht phonologisch bedingt, er hat einen völlig anderen Charakter als der Unterschied zwischen Allomorphen wie [got] und [god] in den russischen Wörtern god [Jahr] und 1

(...)

Applikative Grammatik und generative Phonologie

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gody [Jahre]. Die letzteren Allomorphe sind möglich, da im Russischen die stimmhaften Konsonanten im Wortauslaut stimmlos werden. Nehmen wir jetzt die Wortbildung. Im Deutschen ist die Bildung von Deminut ivsub stanti ven mit dem Umlaut verbunden. Vgl. z. B. Wort: Wörtchen und Hut: Hütchen. Die Unterschiede zwischen den Allomorphen Wort und Wort, Hut und Hiit sind nicht phonologisch bedingt. Es gilt also, zwei prinzipiell voneinander verschiedene Typen der Morphemvariierung zu unterscheiden: Die phonologisch nicht bedingte und die phonologisch bedingte Variierung. Mit dem ersten Varrierungstyp muß sich die Morphologie befassen, mit dem zweiten die Phonologie. Der Fakt der Semionenabbildung, d. h. der Abbildung von Einheiten der Inhaltsebene auf phonologische Objekte, d. h. auf Einheiten der Ausdrucksebene gehört nicht in den Bereich der Phonologie, sondern in den der Morphologie. Die Morphologie ist der Bereich der Prozesse, die die Inhaltsebene in die Ausdrucksebene umsetzen. Die Phonologie ist der Bereich der Prozesse auf der Ausdrucksebene selbst, unabhängig von der Inhaltsebene. Nehmen wir als einfaches Beispiel die Allomorphe [s], [z] und [iz], die das Pluralmorphem von Substantiven im Englischen repräsentieren. Der Unterschied zwischen diesen Allomorphen ist bekanntlich phonologisch bedingt: 1. nach [s], [ζ], [fa], [ζ], [c] und [j] haben wir das Allomorph [iz] (vgl. [glaziz] glasses, [saizis] sizes, [busiz] bushes, [ruziz] rouges, [bAnciz] bunches, [d3ad3iz] judges; 2. Nach Vokalen oder stimmhaften Konsonanten haben wir das Allomorph [z] (vgl. [su:z] shoes, [bedz] beds, [egz] eggs; 3. Nach stimmlosen Konstonanten haben wir das Allomorph [s] (vgl. [kaets] cats, [buks] books usw. Daß diese Unterschiede tatsächlich phonologisch bedingt sind, geht daraus hervor, daß die gleichen Unterschiede zwischen Allomorphen des verbalen Morphems Singular Präsens auftritt (vgl. 1) [fiSiz] fishes, [ri:ciz] reaches, 2. [si:ζ] sees, [digz] digs, 3. [piks] picks, [mi:ts] meets und auch zwischen Allomorphen des possessiven Morphems (vgl. 1) [d30unziz] Joness, 2. [mu:nz] moons, [bilz] Bill's, 3. [a:nts] aunt's. Die Morphologie muß sich nicht nur mit Morphemen im Wortrahmen beschäftigen, sondern auch mit Morphemen im Satzrahmen. Dies bezieht sich vor allem auf die Sprachen, wo die lineare Abfolge die Rolle des Bezeichneten spielt. Vergleichen wir zwei Sätze im Englischen Ann sees Irene und Irene sees Ann In diesen Sätzen unterscheiden sich die Bedeutungseinheiten

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S.K. Saumjan

„Subjekt" und „Objekt" durch die Abfolge der Morpheme Ann und Irene. Die Rolle des Ausdrucks für die Bedeutungseinheiten „Subjekt" und „Objekt spielt hier die Abfolge. Im Russischen dient in entsprechenden Sätzen [a] als Ausdruck der Bedeutungseinheit „Subjekt" und [u] als Ausdruck für die Bedeutungseinheit „Objekt", vgl. Anna vidit Irina und Irina vidit Annu. Von daher folgt, daß wir nicht nur von einer Morphologie des Wortes sprechen können, sondern auch von einer Morphologie des Satzes. In Verbindung mit dem eben Gesagten muß angemerkt werden, daß streng zwischen Abfolge der linguistischen Objekte der Inhaltsebene und der Abfolge der linguistischen Objekte der Ausdrucksebene unterschieden werden muß. Die Abfolge der linguistischen Objekte spielt eine semantische Rolle und ist vor allem aus semantischer Perspektive essentiell. Beispielsweise sind die Sätze Anna vidit Irinu und Irinu vidit Anna hinsichtlich ihrer Referenzen synonym: Sie unterscheiden sich jedoch hinsichtlich der sogenannten funktionalen Perspektive, d. h. durch ihre unterschiedlichen Themata und Rhemata. Im ersten Fall ist das Thema Anna, das Rhema vidit Irinu. Im zweiten Fall ist das Thema Irinu, das Rhema vidit Anna. Wir haben es hier mit der Abfolge linguistischer Objekte der Inhaltsebene zu tun. Anders verhält es sich mit den oben angeführten englischen Sätzen. Hier liegt vor allem eine unterschiedliche Abfolge linguistischer Objekte der Ausdrucksebene vor, und eben diese unterschiedliche Abfolge spielt die Rolle des Bezeichnenden für die Bedeutungseinheiten „Subjekt" und „Objekt". Natürlich zieht eine unterschiedliche Abfolge linguistischer Objekte der Inhaltsebene eine unterschiedliche Abfolge linguistischer Objekte der Ausdrucksebene nach sich und vice versa. Einerseits müssen die eine und die andere Abfolge streng voneinander unterschieden werden, und andererseits müssen die Wechselbeziehungen beider Abfolgen daraufhin untersucht werden, welche von beiden die Hauptrolle spielt und welche die untergeordnete. In den angeführten englischen Sätzen spielt beispielsweise die Abfolge der linguistischen Objekte der Ausdrucksebene die Hauptrolle, während in den russischen Sätzen die Abfolge der linguistischen Objekte der Inhaltsebene die Hauptrolle spielt. Auf der Basis des Dargelegten können wir die morphologische Komponente der generativen Grammatik als Komponente definieren, die die Inhaltsebene der Sprache auf die Ausdrucksebene abbildet, wobei doppelseitige Einheiten entstehen — Morpheme, Wörter und Sätze. (In der Bedeutungskomponente wird der Satz als einseitige Einheit verstanden, in der morphologischen hingegen als zweiseitige.)

Applikative Grammatik und generative Phonologie

Die phonobgische

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Komponente

Die generative Phonologie, wie wir sie im Rahmen der applikativen Grammatik verstehen, hat zur Aufgabe, Unterschiede zwischen Allomorphen mit Hilfe von Hypothesen über das hypothetische abstrakte phonologische System und über hypothetische phonische Prozesse, die das abstrakte phonologische System in konkrete phonologische Systeme überfuhren, zu erklären und vorherzusagen. Wir erläutern diese Aufgabe der generativen Phonologie an konkreten Beispielen. Nehmen wir die Allomorphe [got] und [god] in den russischen Wörtern god [Jahr] und gody [Jahre]. Betrachten wir die analogen Unterschiede zwischen den Allomorphen: [grup] [gas] [nos] [druk]

und und und und

[grub] [gaz] [noz] [drug]

in in in in

den Wörtern grub und grubyj den Wörtern gaz und gazy den Wörtern rtoz und nozik den Wörtern drug und druga

Betrachten wir die gewaltige Menge analoger Korrelationen, so können wir schlußfolgern, daß die Unterschiede zwischen den gegebenen Allomorphen durch den Prozeß der Stimmloswerdung stimmhafter Konsonanten im Wortauslaut bedingt sind. Um diese Verallgemeinerung zu erklären, können wir die Hypothese aufstellen, daß im Russischen zwei phonologische Ebenen existieren: Eine abstrakte und eine konkrete. Auf abstrakter phonologischer Ebene unterscheiden sich stimmhafte und stimmlose Konsonanten im Wortauslaut. Der Unterschied zwischen stimmhaften und stimmlosen Konsonanten wird auf der konkreten phonologischen Ebene in der Folge der Stimmloswerdung von stimmhaften Konsonanten im Wortauslaut eliminiert. Mit anderen Worten, unsere Hypothese behauptet, daß auf der abstrakten phonologischen Ebene eine Neutralisierung von stimmhaften und stimmlosen Konsonanten fehlt. Eine solche Neutralisierung gibt es nur auf konkreter phonologischer Ebene. Nehmen wir jetzt das Beispiel mit den Allomorphen [ζ], [iz] und [s] im Englischen. Angesichts der großen Menge von Gebrauchsfällen dieser Allomorphe können wir die Hypothese aufstellen, daß im Englischen auf abstrakter phonologischer Ebene Konsonantenverbindungen wie Sz, zz, cz, jz oder tz, kz möglich sind. Aïs Resultat der Einfügung von Vokalen zwischen Sibilanten und der Stimmloswerdung stimmhafter Konsonanten nach stimmlosen erhalten wir auf konkreter phonologischer Ebene die Phonemverbindungen siz, ziz, ciz, jiz und ts, ks.

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Auf der Basis dieser Hypothese können wir das Allomorph [z] als abstrakten Repräsentanten des entsprechenden Morphems betrachten, aus dem die Allomorphe [iz] und [s] erhalten werden. Auf konkreter phonologischer Ebene erhalten wir als Resultat der eben gezeigten phonologischen Prozesse der Einfügung eines Konsonanten zwischen Sibilanten und der Stimmloswerdung stimmhafter Konsonanten nach stimmlosen die Allomorphe [iz] und [s]. Wenn wir noch andere Fakten heranziehen würden, könnten wir die Bedingungen der eben gezeigten phonologischen Prozesse noch präzisieren. Insbesondere könnten wir angesichts des Gebrauches der Allomorphe des Morphems der Vergangenheit [t], [d] und [id] konstatieren, daß die Einfügung von Vokalen offensichtlich nicht nur zwischen Sibilanten erfolgen kann, sondern überhaupt zwischen gleichartigen Konsonanten. Jetzt interessiert uns jedoch nic'it die Präzision unserer Verallgemeinerung, sondern der Fakt selbst, daß die Hypothesen über die phonologischen Prozesse des eben betrachteten Typs als Resultat der Verallgemeinerung beobachtbarer Fakten entstehen. Die Verallgemeinerung beobachtbarer Fakten macht es notwendig, zwei phonologische Ebenen zu postulieren, eine abstrakte und eine konkrete, und entsprechende Hypothesen über die phonologischen Prozesse zu formulieren. Die Hypothesen über die phonologischen Prozesse, die nicht über die Verallgemeinerung der beobachtbaren Fakten hinausgehen, nennen wir summierende Hypothesen, da sie gewissermaßen unsere Beobachtungen summieren. Außer den summierenden Hypothesen über die phonologischen Prozesse muß die generative Phonologie Hypothesen eines prinzipiell anderen Typus aufstellen, die man als postulative Hypothesen bezeichnen kann. Fakten stellen die Grundlage beliebiger hypothetischer Konstruktionen dar, deshalb stützen sich sowohl postulative Hypothesen als auch summierende Hypothesen auf Fakten. Der prinzipielle Unterschied zwischen postulativen und summierenden Hypothesen besteht aber darin, daß die summierenden Hypothesen aus der Verallgemeinerung, der-Summierung beobachtbarer Fakten hervorgehen, während es die postulativen Hypothesen mit konstruierten phonologischen Objekten und phonologischen Prozessen zu tun hat, die auf einer gegebenen Entwicklungsstufe einer bestimmten Sprache prinzipiell nicht beobachtet werden können. Nehmen wir ein Beispiel aus dem Russischen. Im Russischen können wir Alternationen von Phonemen beobachten, die nicht durch direkt beobachtbare phonische Prozesse bedingt sind, z.B.: k: S: c (vgl. durah: durac'e: durackq), g: ζ: ζ (vgl. drugu: druzeskoj: druz'ja), e: o: ty(vgl. procest':procol: procla) und viele andere. Wenn wir die russische Sprache im synchronen

Applikative Grammatik und generative Phonologie

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Schnitt erforschen, so können wir die Phonemalternation beschreiben, indem wir zeigen, im Kontext welcher Morpheme sie auftreten. Diese Beschreibungsmethode der Phonemalternation wird weitgehend in den synchronen Grammatiken angewendet. Die Ungeeignetheit dieser Methode besteht darin, daß sie letztlich zu langen Aufzählungen von morphemischen Kontexten fuhrt. Diese Methode bringt die synchrone Erforschung der Sprache nicht über ein einfaches Beschreiben, über ein bloßes Konstatieren empirischer Fakten hinaus. Um das bloße Beschreiben zu überwinden, müssen wir die Hypothese aufstellen, daß die Ebene der Phonemalternationen eine äußere Erscheinung innerer, in der direkten Beobachtung nicht gegebener phonischer Prozesse ist. Genauso verfährt die generative Phonologie. Auf diese Weise reduzieren wir die Alternation von Phonemen auf eine begrenzte Zahl phonologischer Regeln, die ein geschlossenes System bilden. Dies wird freilich nur unter der Bedingung erreicht, daß wir Konstruktphoneme und konstrukthafte phonische Prozesse postulieren. Was die russische Sprache angeht, so wurde zur Erklärung der Phonemalternationen bereits die Hypothese aufgestellt, daß im modernen Russisch ein inneres phonologisches System existiert, in dem kurze und lange Ausgangsvokale, darunter die reduzierten VokaleT> o gegeben sind; gegeben sind auch die Ausgangskonsonanten ohne Affrikaten Und palatale Konsonanten. Gegeben werden konstrukthafte phonische Prozesse, die es gestatten, beobachtbare Morphemstrukturen aus hypothetischen Morphemstrukturen zu erhalten, die durch Kombinationen von Ausgangsphonemen,durch Kombination von ausgangshaften distinktiven Merkmalen dargestellt werden (unter Phonemen verstehen wir - wie oben bereits gezeigt - einfach eine verkürzte Bezeichnung von Bündeln distinktiver Merkmale). Eben solche Art von Hypothesen nenne ich postulative Hypothesen, und gerade sie bilden das Wesen einer generativen Phonologie, wie wir sie verstehen. In der generativen Phonologie werden summierende und postulative phonologische Hypothesen in ein einheitliches abstraktes phonologisches System integriert, mit dessen Hilfe die zwischen den Allomorphen eines beliebigen Morphems beobachtbaren Unterschiede, oder mit anderen Worten, die beobachtbare Variierung der Morpheme, die in Phonemalternationen unterschiedlichen Typs besteht, erklärt werden. Die Spezifik der phonologischen Komponente in der applikativen generativen Grammatik besteht darin, daß das Verhältnis Operator — Operand, das die Grundlage des formalen Apparates der Inhaltsebene darstellt (wie oben gezeigt wurde, ergibt sich die Konstruktion einer beliebigen komplexen Struktur der Inhaltsebene hier als Resultat sukzessiver Applikationen von Operatoren auf Operanden), auf die Ausdrucksebene übertragen wird. Entsprechend der Unterscheidung von Operatoren und Operanden auf der Inhaltsebene unterscheiden wir Operatoren und Operanden auf der Ausdrucksebene (wenn wir von

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Operatoren und Operanden auf der Ausdrucksebene sprechen, so meinen wir die Ausdrucksebene zweiseitiger Einheiten - der Morphe, die das Resultat der Abbildung der Inhaltsebene auf die Ausdrucksebene sind). Freilich gibt es keine eineindeutige Entsprechung zwischen Operatoren und Operanden der Inhaltsebene und Operatoren und Operanden der Ausdrucksebene. Doch dies ist unwesentlich für die phonologische Komponente der applikativen Grammatik. Für sie ist wesentlich, daß die Wort- und Formenbildungsaffixe,von ihrer Ausdrucksebene her betrachtet, als Operatoren angesehen werden können, als deren Operanden entweder elementare Basen (Wurzeln) oder Basen unterschiedlichen Ableitungsgrades dienen, die mit Hilfe der Applikation eines oder mehrerer Operatoren auf elementare Basen erhalten werden. Folglich besitzt jedes Wort, das in seinem Bestand wenigstens ein Affix ( ein Wort- oder Formenbildungsaffix) hat, eine applikative Struktur. Entsprechend der Quantität von Affixen, die auf die Wurzel appliziert werden, können wir den Derivationsgrad eines Wortes bestimmen. Ein Wort, das aus einer Wurzel und η Affixen besteht, (. . .) nennen wir ein Wort n-ten Ableitungsgrades. Eine Wortbasis, die aus Wurzel und η Affixen besteht, (. . .) nennen wir Basis n-ten Ableitungsgrades. Bei der Bestimmung des Ableitungsgrades eines Wortes nach der Zahl der Affixe, die auf die Wurzel appliziert sind, werden wir nicht zwischen Wortbildungs- und Formenbildungsaffixen unterscheiden, da dieser Unterschied für die phonologische Komponente als unwesentlich gewertet werden muß. Für die phonologische Komponente ist die Definition des Ableitungsgrades nur unter dem Gesichtspunkt der Menge der Operatoren, die auf die Wurzel appliziert sind, wesentlich, gleichgültig, ob als Operatoren Wortbildungs- oder Formenbildungsaffixe dienen. Nach der eben angeführten Definition des Ableitungsgrades des Wortes und der Wortbasis können wir die These aufstellen, daß die phonologischen Prozesse iterativen Charakter haben. Entsprechend dieser These kann jede Menge phonologischer Regeln auf Wörter in einer gegebenen Reihenfolge wiederholt angewendet werden, entsprechend der Zahl der Schritte, in denen ein gegebenes Wort generiert wurde. Die Iteration phonologischer Regeln wird in Schritte aufgegliedert. Im ersten Iterationsschritt werden die phonologischen Regeln auf die Wurzel angewendet, im zweiten Iterationsschritt auf die abgeleitete Basis des ersten Grades, im dritten Schritt auf die abgeleitete Basis des zweiten Grades usf. Den letzten Iterationsschritt stellt die Anwendung einer phonologischen Regel auf das ganze Wort dar. Zur Stützung der Hypothese über den iterativen Charakter phonologischer Prozesse kann man folgende Überlegungen anführen. Das System der phonologischen Regeln stellt im synchronen Schnitt gewissermaßen in Schich-

Applikative Grammatik und generative Phonologie

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ten zerlegte diachronische phonologische Gesetze dar. Zieht man einen Vergleich aus der Biologie heran, so kann man davon sprechen, daß sich in einem bestimmten Sinn die generative Phonologie so zu der diachronen Phonologie verhält, wie die Ontogenese zur Phylogenese. Aus der diachronen Phonologie ist bekannt, daß nach der Beendigung der Wirkungsperiode eines bestimmten Lautgesetzes die Wirkung éiner sogenannten morphologischen Analogie einsetzte, als deren Ergebnis ein Ausgleich der Basen erfolgte. Beispielsweise gab es in der russischen Sprachgeschichte eine Zeit, als nach dem sogenannten Jer-Ausfall ein phonetisches Gesetz wirksam wurde, nach dem ungespanntes e vor velaren Konsonanten in o überging. Entsprechend diesem Gesetz veränderte sich med in med [Honig], pes in pës [Köter], nesem in nesëm [1. Pers. Plur präs. von tragen] etc. Diese Lautveränderung konnte nicht bei den Wörtern mede (Lokativ sing, von med), pesik und nesete eintreten, da sich in diesen Wörterrre vor palatalen Konsonanten befand. Nach Beendigung der Wirkungszeit des eben genannten phonetischen Gesetzes vollzog sich jedoch ein Ausgleich der Basen unter dem Einfluß morphologischer Analogie, wodurch nun die Wörter mëde, pësik und nesete möglich wurden. Soweit zur russischen Sprachgeschichte. In der synchronen phonologischen Beschreibung der modernen russischen wie auch jeder beliebigen anderen Sprache, sind wir jedoch nicht berechtigt, auf die Wirkung morphologischer Analogie zu verweisen, da unsere Aufgabe darin besteht, unter der Oberfläche des synchronen Schnittes der Sprache die inneren rein phonologischen Prozesse aufzudecken. Einen Ausweg aus den entstehenden Schwierigkeiten bildet die Behandlung der synchronen phonischen Veränderungen als iterative phonologische Prozesse. Wir wollen zeigen, wie aus synchroner Perspektive die eben betrachteten Resultate der diachronischen Veränderungen beschrieben werden können. Wir stellen die Hypothese auf, daß die Wörter mëde, nesëte und pësik im modernen Russisch aus folgenden abstrakten Ausgangswörtern gewonnen werden können: (méd®é), ((nes®é)®te), (pós®ik). (Das Symbol ® bezeichnet die Applikation eines rechts stehenden Operators auf einen links stehenden Operanden.) Wir benutzen folgende phonologischen Regeln: 1. s

s'

Harte Konsonanten werden zu weichen Konsonanten in der Position vor hohen (vorderen) Vokalen. 2.1.lu* o 2.1.2 D ' ^ e

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S.K.

èaumjan

Wenn die betonten reduzierten Konsonanten a/b nicht am Ende des Wortes stehen, dann werden sie zu o bzw. e. 2.2.1 D -> o 2.2.2 D - » e Unbetonte!) und D werden zu o bzw. e, wenn die folgende Silbe eint) oder D hat. 2.3.1 "b -*• q> 2.3.2 b ->• 0 Die reduzierten Vokale t> und d werden zu Null, wenn ihnen eine Silbe mit nicht reduziertem Vokal folgt oder wenn sie am Wortende stehen. 3. e ->· o Der Vokal e wird zu o in der Position vor harten Konsonanten. 4. ë^

e

Länge wird zu Kürze. 5. o, a, e

i

Die unbetonten o, a, e werden nach weichen Konsonanten zu i (ikan'e). Wir leiten nun die entsprechenden konkreten phonologischen Repräsentationen der angeführten Wörter ab. Alle angeführten Regeln müssen in einer gegebenen Reihenfolge angewendet werden. Ausgangswort: (méd®ë~) 1. Iterationsschritt: 1. m'ed nach Regel 1 2. m'ed nach Regel 3 Zweiter Iterationsschritt: 1. m'ód'®e m'ód'®e nach nach Regel Regel 41 2. 3. m'ód'®i nach Regel 5 Ausgangswort: ((nes®é)®te) Erster Iterationsschritt: 1. n'es nach Regel 1

Applikative Grammatik und generative Phonologie 2. n'os nach Regel 3 Zweiter Iterationsschritt: 1. n'os'®e nach Regel 1 2. n'os'®ó nach Regel 3 Dritter Iterationsschritt: 1. ((n'os®ó)®t'e) nach Regel 1 2. ((n'is'®ó)®t'i) nach Regel 5

(angewendet zweimal)

Ausgangswort : ((pt>s®ik)©b) Erster Iterationsschritt: 1. p'bs nach Regel 1 2. p'es nach Regel 2.1.2 3. p'os nach Regel 3 Zweiter Iterationsschritt: 1. ( p ' o s'®ik) nach Regel 1 Dritter Iterationsschritt: 1. ((p'os'®ik)®Q) nach Regel 2.3.1 Wie die angeführten Beispiele phonologischer Ableitungen zeigen, verletzt die Anwendung der phonologischen Regeln die applikative S t r u k t u r des Wortes nicht, d . h . sie beeinträchtigt nicht die Beziehungen „Operator — O p e r a n d " , die zwischen den K o m p o n e n t e n des Wortes gegeben sind. Ihrer F o r m nach repräsentieren phonologische Regeln P r o d u k t i o n e n im Sinne von E. Post, die abstrakte applikative phonologische S t r u k t u r e n in k o n k r e t e applikative phonologische S t r u k t u r e n umwandeln.

Aus: „Problemy strukturnoj linguistiki" 1972, Moskva, 1973, S. 5 - 2 5 (Übersetzt von H. Jachnow)

Polina A . Soboleva (Moscow) Derivational word-structure in the applicative grammar and the typology of homonyms

The typology of homonyms suggested in this paper has the quality of universality, hence it can be applied to any language. The specific feature of the method used in the paper is correlation of the observable word-forms with the relator formulae of the applicative model which serve to objectivize their derivational structures. The question of homonymy versus non-homonymy of the derivational formants is solved by placing in correspondence the derivational formants of the observable word forms with the derivational steps of the applicative model. The use of the relator language of the applicative model for the purpose of drawing the demarkation line between homonymy and nonhomonymy is the main feature which distinguishes our approach from the traditional approach to homonymy. A most important contribution to traditional research in the sphere of homonymy has been made, as we believe, by L. V. Scerba, L.A. Bulachovsky and, especially by V. V. Vinogradov, A. I. Smirnitsky, and 0 . S. Akhmanova. By analysing the results of their research we shall be able to compare our view-point with the traditional view on homonymy. Since the authors we relied upon used examples from the Russian language (and partially English), we considered it reasonable to rely also upon the same examples for the sake of clearness. This, we believe, will make it possible to reveal the contrast in our view-points to advantage.

1. Homoforms, homomorphs and homonyms. The problem of homonymy in Russian has been discussed by a number of Russian linguists, such as L. V. Scerba (Scerba 1940), L.A. Bulachovsky (Bulachovsky 1928, 1953), V. V. Vinogradov (Vinogradov 1940, 1960, 1968). The problem of grammatical homonymy in Russian was treated in Vinogradov 1940. Prominent place in this paper was given to the question of homoformness i. e. homonymy, appearing in morphological grammatical processes. A detailed classification of homoforms was given in Vinogradov 1968. According to V. V. Vinogradov it is necessary to distinguish between the following concepts: homonymy of lexical units which is a complete coincidence of all word-

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forms of the words differing in meaning but coinciding in sound; partial lexicomorphological homonymy — coincidence of all forms of one word (possibly the only form) with one or several forms of another word; homoformness — coincidence of separate forms of one and the same word or different words belonging to the same parts-of-speech category or to different parts-of-speech categories; homomorphness is coincidence of the sound forms of inflexional morphemes or root-morphemes with different meanings. Of these concepts only homoformness was given a detailed classification. As to homonymy and homomorphness V. V. Vinogradov gave a large number of examples without taking up the problem of their classification. Lists of homonyms in Vinogradov 1968 are grouped within the principal parts of speech but are not ordered otherwise. Separate remarks are made however, concerning the morphological and derivational processes which had to do with their formation. Homonyms, cardinally different in structure and meaning are often grouped together and words which are far from being homonyms at all are thrown in with homonyms proper. V. V. Vinogradov writes: "The following words may serve as an example of "reflected" derivational homonymy: splav ('alloy' from the word splavit' 'to alloy' and splav ('float, floating' from splavit' 'to float', also 'to get off one's hands'); obmer (cheating from obmerit' 'to cheat in measuring') and obmer (measuring); pereocenka (from perecenit' 'overestimate, overrate') and pereocenka (from pereocenit "revalue').. .etc" (Vinogradov 1968, p.81). The only common feature shared by these homonyms is the fact that they are deverbative nouns. However, the difference between them is quite essential: splav is a term derived from homonymous verbs (splavit' metally — alloy metals and splavit'les —float timber), whereas obmer and pereocenka are obtained as a result of two derivational steps from the same verbs: merit' (measure) -*• obmerit' (1. measure, 2. cheat in measuring) obmer (1. measuring, 2. cheating in measuring) and cenit' (value, estimate) -*• pereocenit' ( 1. revalue, 2. overestimate) pereocenka (1. revaluation, 2. overestimation). Both meanings of the prefixed verbs have been retained by the deverbative nouns. The polysemy of the prefixed verbs is due to the polysemy of the prefixes ob= and pere=. Is the polysemy of prefixes a sufficient reason for the homonymy of the prefixed verbs and, hence, the homonymy of the deverbative nouns? Here the opinions clash. For instance, L. A. Bulachovsky believes that in spite of the fact that prefixes introduce very different meanings in word formation, meanings which are quite remote from each other, the derived words must be considered polysemantic rather than homonymous. He gives such examples as vyzit': 1) survive and 2) drive off, get rid of; uchodit' 1) go away and exhaust, torture (Bulachovskij 1953, pp46—49). Whatever the solution of the question about the homonymy or polysemy

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P.A. Soboleva

of the prefixed verbs such as obmerit', pereocenit' it is beyond any doubt that the "reflected" homonymy, i. e. homonymy obtained from absolutely different words such as plavit' (melt, fuse) and plavat' (float, swim) differs from the homonymy (or non-homonymy) which is obtained from one and the same word - merit' (measure), cenit' (value, estimate). In the same list we also find such pairs as slet ('gathering, rally' from sletat'sja 'gather, rally') and slet ('downward flight' from sletat ' fly down'), traced back to the same verb let et ' (fly); tocka (point) and toëka (sharpening, grinding) or tacka (wheel-barrow) and tacka ('stitching together' from 'stitch together'), where one is an underived noun and the other is a deverbative noun. In the same list we find smolka (tarring' from smolit' 'tar, tarring of a boat'), smolka ('milling' from smolit' 'mill, milling flour'), smolka (bot. a kind of herb) and smolka (pine- or fir-tar), where the first and the last words are derived from the word smola (tar), the second one — from molot' (mill) and the third one is obviously a simple underived word. Here we also find oklad (salary, wages) and oklad (setting, framework, oklad ikony setting of the ikon) where both homonyms are probably at present simple underived words. Such an indiscriminate unification of homonyms so dissimilar in meaning and structure leads one to believe in the necessity of classifying homonyms according to some definite distinctive features. In order to specify these features we shall first dwell upon V. V. Vinogradov's classification of homoforms and A. I. Smirnitsky's classification of homonyms. Both classifications are based on the differentiation between lexico-semantic and structurally-morphological aspects of homonymy (Smirnickij 1956, pp.159-174). As we shall see below, both these classifications have played an important role in further classifications of homonyms (0. S. Achmanova 1957, A.N. Tichonov 1971, O.S. Achmanova 1974). According to Vinogradov's classification homoforms are: a) coinciding forms of one and the same word, e.g. organizacii — genetive, dative case singular and nominative, accusative plural; zivoj - nominative, accusative masculine, and genetive, dative, instrumental, singular, feminine. b) coinciding forms of different but cognate words, e. g. supruga - gen. sg. from suprug and supruga - nom. sg. fm.; c) coinciding forms of different words belonging to either one or different parts of speech, e. g. vodit'-vozu (to lead — I lead) and vozit'-vozu (to bring, carry I bring, carry): pila (saw/noun) and pila (drank, past tense from pit' 'drink'); kosa - a short-form adjective fm. from kosof (squinting) and kosa -noun (three homonyms: plait, scythe, spit of land). We shall now compare the above classification with the classification of homonyms by A. I. Smirnitsky. According to Smirnitsky homonyms are subdivided

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into grammatical, lexical (complete and partial) and lexicon-grammatical (simple and complex). Grammatical homonyms are coinciding forms of one and the same word, e.g. light's and lights pi. (Smirnickij, 1956, p.170). Complete lexical homonyms are homonyms which coincide in all forms, e. g. mass (coherent body of matter of indefinite shape, dense aggregation of objects) and mass (celebration of the Eucharist; liturgy used in this etc). Partial lexical homonyms are words like lie (be or put oneself in a horizontal or resting position) and lie (make an untrue statement). The dictionary forms of these verbs coincide but the other forms do not. The coinciding forms of different words are called lexico-grammatical homonyms — simple if they belong to the same part of speech, e. g. found (establish, set up) and found (past tense from find), and complex if they belong to different parts of speech, e. g. rose (a flower) and rose (past tense from rise). Lexico-grammatical homonymy can be only partial. According to Smirnitsky partial complex lexico-grammatical homonyms include convertion pairs such as looky and loodn, lovey and loven etc. It is possible to establish correspondence relations between Vinogradov's homoforms and Smirnitsky's homonyms: a) Coinciding forms of the same words are grammatical homonyms; b) Coinciding forms of cognate words within the same part of speech (supruga nom. and supruga - gen.) are simple lexico-grammatical homonyms. Lexical - because they are different words. Grammatical - because the nominative flexion = -a is homomorphic with the genetive flexion = -a c) Coinciding forms of different (non-cognate) words referring to the same part of speech (vodit'-vozu and vozit'-vozu) is partial lexical homonymy: d) Coinciding forms of different words belonging to different parts of speech {ko saI adj. and fcosa/noun) is a complex lexico-grammatical homonymy 1 . Vinogradov's classification does not envisage conversionpairs (look y — lookn). As has been pointed out above such cases are treated also as complex lexicogrammatical homonymy. As we see, Vinogradov's homoforms overlap Smirnitsky's homonyms, almost covering all the types. 1 Usually when we speak about lexical homonyms we mean words which are semantically incompatible, i. e. which have no semantic features in common. Cognate words such as suprug and supruga or looky and lookn do not meet this requirement because they possess a bundle of common semantic features. Therefore, being lexical homonyms proper, (i.e. being different words), they are by no means lexico-semantic homonyms. So as not to break with the tradition we shall speak below about lexical homonyms, meaning in fact lexico-semantic homonyms.

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P.A. Soboleva

Let us now consider the scope of phenomena embraced by the concept homoformness from the point of view of samenesses and differences between the morphemes constituting the words, i. e. we shall try to establish correspondences between homoformness and homomorphness. In the case of (a), i. e. the coincidence of different case-forms of one and the same noun (organizacii - gen. dat. sg. and nom, acc. pi) we find the identity of lexical morphemes — root-morphemes and the difference, i. e. homonymy (homomorphness) of grammatical morphems-flexions. In the case of (b), i. e. the coincidence of cognate words of the same part of speech (supruga - nom, fm. and gen. msc.) we find the same phenomenon the identity of the lexical morphemes - roots (here we disregard the difference between roots and stems) and the difference, i. e. homonymy (homomorphness) of the grammatical morphemes-flexions. In the case of (c), i.e. the coincidence of the forms of different (non-cognate) words (vodit'-vozu and vozit'-vozu) we see the reverse phenomenon — the homonymy (homomorphness) of the lexical morphemes — roots and the identity of the grammatical morphems-flexions. In the case of (d) i. e. the coincidence of the word-forms referring to different parts of speech (kosa from kosoj and ko sa from ko sit} there is a double homonymy — homomorphness of the root-morphemes (fcosj and kos^) and the flexions (=aj — flexion of a short-form adj. fm. and = a j ~~ flexion of noun fm. nom.). In pila (from pit') and pila (from pilit') the noun root pil= is homonymous with the combination of the root pi = and the past tense suffix = 1. The flexion =aj - fm. sg. pt. is a homomorph of =^2 ~~ nom. fm., sg. Thus, homoformness, according to Vinogradov presupposes a) identity of lexical morphemes or their difference, i. e. homonymy ( homomorphness) b) identity of grammatical morphemes or their difference, i. e. homonymy (homomorphness) Homoforms are either words with identical lexical morphemes and different (homonymous) grammatical morphemes, or words with identical grammatical morphemes and different ( homonymous) lexical morphemes or, finally, words with homonymous both parts — lexical and grammatical. Note: Vinogradov's interplay of identities and differences in his classification of homoforms influenced immensely the further classifications of homonyms, especially O.S. Akhmanova's (Achmanova, 1974) and A.N. Tichonov's (Tichonov 1971).In her dictionary of Russian homonyms (Slovar' omonimov russkogo jazyka M. 1974) Olga Akhmanova writes that homonymy in Russian

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is principally caused "by semantic incompatibility either of the lexical or of the formal part of the word or by the incompatibility of both lexical and formal parts of words" (Achmanova 1974, p.6). Vinogradov's term homoformness embraces and thus brings together such hetergeneous phenomena as a) lexical homonymy (partial) not complicated by grammatical homonymy: vodit'-vozu and vozit'-vozu b) grammatical homonymy, not complicated by lexical homonymy: organizacii gen. dat. sg. and nom. acc. pi. c) simultaneous lexical and grammatical homonymy (lexicogrammatical homonymy) which is always partial: kosa from kosoj (squinting) and kosa (scythe, plait etc.); dolg from dolgij (long) and dolg (debt, duty). We should like to stress the difference between Vinogradov's homoformness of the organizacii type and our interpretation of Smirnitsky's idea of grammatical homonymy. Grammatical homonymy, as we believe, should not be only coinciding forms of the same word, or cognate words, but also words which sound quite differently but possess homomorphic flexions. Thus, grammatical (or better morphological) homonyms are not only light's — poss. and lights pl., but light's - poss. and nights - pl., or light's - poss. and jumps -. 3d person sg. That is, grammatical (morphological) homonyms are not only homoforms but also different words with homonymous (homomorphic) flexions. The identity or difference of lexical morphemes is not taken into account because what is essential for homoforms is irrelevant for grammatical homonyms. As far as cases with identical lexical morphemes are concerned suchas light's — lights, sup ruga j - supruga2,2 lookv - lookn they may be considered irrelevant 2 The lexico-grammatical homonymy of the supruga j and suprug02 type differs from the above lexico-grammatical homonymy proper because there are no less semantic features in common between them than those which distinguish one word from the other. If by lexical homonymy we really mean semantic incompatibility then the supruga type homonymy is a purely grammatical one. So it ought to be placed under point (b), i.e. grammatical homonymy proper. The same arguments can be advanced in favour of regarding conversion pairs as purely grammatical homonyms. The root morphemes in the pairs looky - lookn are identical whereas homonymous are only the zero inflexions of the infinitive and the common case. For the time being we shall disregard the homonymy of the stems of these words (P. A. Soboleva, 1963, pp. 6 4 - 7 2 ) which will be discussed when we come to derivational homonymy. The underlying verb look and its derivative noun look are related by regular semantic ties typical of the verb and deverbative noun (P. A. Soboleva, 1959, 1964). The presence of the typical semantic ties between conversion pairs prevents us from seing any semantic homonymy between them. Though they are undoubtedly different words they are by no means lexico-semantic homonyms.

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in a sense that they may accompany grammatical homonymy and may not. The same can be said about morphological identities or differences accompanying lexical homonymy. That is, not only kosa (plait) and kosa (scythe) are lexical homonyms, but also kosy (plaits pi.) and kosu (scythe-acc.) are lexical homonyms too (the latter are not homoforms of course). When illustrating grammatical homonymy by word-forms with identical lexical morphemes such as light's - lights linguists wish to represent grammatical homonymy in its pure form divested of accompanying lexical phenomena. Similarly syntactic homonymy is illustrated by such examples as Visiting relatives can be tiresome, Flying planes can be dangerous or (in Russian) priglasenie ucitelja where the identity of the surface structures is brought out more vividly because of the lexical identity. However, for the essence of syntactical homonymy - the identity of the surface structure and the difference of the deep structure — lexical insertion is irrelevant. The surface syntactic structures may be interpreted by the same or different lexical items. For example, in order to prove that the combination of the deverbative noun with the genetive case has two different syntactic meanings we may compare such phrases as ¿tenie knig (reading of the books) and penie ptic (singing of the birds). What has been said above had the aim to show that lexical and grammatical (morphological and syntactical) homonyms have their own objects of study, and that the identity or difference of lexical morphemes, when illustrating morphological and syntactic homonymy, or the identity or difference of grammatical morphemes, when illustrating lexical homonymy, is irrelevant and has but an illustrative purpose.

2. The semantic structure of the derivative, derivational polysemy and derivational homonymy Of late, besides lexical and grammatical homonymy, attention has been given to the so-called derivational homonymy (Tichonov 1971, Dorosevskij 1973, p.227).

We must also place them under point (b), i.e. grammatical homonyms proper (at present we disregard derivational homonyms in conversion pairs).

Derivational word-structure in the applicative grammar

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2.1. Derivational processes, homonymy and polysemy Derivational homonymy is usually treated as the kind of homonymy which springs up as a result of derivational processes. A. N. Tichonov suggests the following classification of derivational homonyms (Tichonov 1971, pp.88-93): 1) derivational homonyms obtained from lexical homonyms; 2) cognate derivational homonyms; 3) derivational homonyms obtained from words similar in form, but neither homonyms nor cognate words. The first group includes such pairs as podusit' (smother, stifle) and poduiit' (scent, perfume), toplenie (heating, firing), toplenie (melting) and toplenie (drowning, sinking). This type of homonymy was called "reflected homonymy" by V. V. Vinogradov (Vinogradov, 1968, p.81) because here derived homonyms reflect the homonymy of the underlying words: dusit' (smother, stifle) and dusit' (scent, perfume), top it' (heat, light, fire) and top it' (drown, sink). The derivational homonymy of the second type is illustrated by such examples as a) scetcik (animate/teller) and scetcik (inanimate/meter, counter), korrekt irovscik (animate/spotter) and korrektirovscik (inanimate/spotting aircraft); b) ptiünik (animate/poultry man) and pticnik (inanimate/poultry yard/house); molocnik (animate/milk man) and moloënik (inanimate/milk-jug); c) zabryzgat' (begin to sprinkle) and zabryzgat' (splash, bespatter); zadut' (begin to blow) and zadut' (extinguish). d) ρ ilka (deverbative/sawing) and pilka (from pila, fret-saw, nail-file). The third group of derivational homonyms includes words which became such in the process of derivation. For example, met la — metel'nyj (of a broom), e.g. metel'nye prut'ja, metel'nye palki (broom withes, broom stick) and metel' metel'nyj (of a snow-storm) e.g. metel'naja zima, metel'naja noè' (winter, night with snow-storms). From the point of view of similarities and dissimilarities the above classification of homonyms almost fully repeats the correlation of similarities and dissimilarities of V. V. Vinogradov's homoforms: In such pairs as toplenie (melting) and toplenie (sinking) the difference in meaning is accounted for by the homomorphic roots, whereas the suffix and flexion =eni=e are identical in both words. The same is true about metel'nyj. The reverse phenomenon, i. e. the homonymy of the affixes and the identity of the roots is seen by the author in such pairs as pilka (sawing) and pilka (fret-saw, nail file). The same about komsomolka (girl) and komsomolka (newspaper). A.N. Tichonov (as well as O.S. Akhmanova) also sees homonymy of

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this type moloönik (milkman) and molocnik (milk-jug), pticnik (poultry-man) and pticnik (poultry-yard), the same in zabryzgat' (begin to sprinkle) and zabryzgat' (splash, bespatter, cover with sprinkles), zadut' (begin to blow) and zadut' (extinguish) etc. In such pairs as zatopit' (to heat) and zatopit' (to flood) the author finds homonymy (homomorphness) in both parts of the word — its prefix and root. Thus, the various types of "derivational" homonyms are reduced to the same three categories which were established by V. V. Vinogradov for homoforms, i. e. a) the homonymy (homomorphness) of the roots and the identity of the affixes; b) the homonymy (homomorphness) of the affixes and the identity of the roots; c) the homonymy of the roots and the affixes. Derivational homonyms are for Tichonov always separate words. As a matter of fact such words as potopit' (heat for some time) and potopit' (sink, drown down) as well as metel'nyj (of, pertaining to a broom) and metel'nyj (of, pertaining to a snow-storm) are really different words because there are no common semantic features in their meanings. They are, in fact, real lexical homonyms. The only characteristic feature which distinguishes them from the typical lexical homonyms of the "kosa" type is that their existence in the language is conditioned by derivational processes: some of them retain the homonymy of their derivational bases ("reflected homonyms") and others acquire homonymous forms in the process of derivation. As to the pairs of the type scetcik (teller and counter), molocnik (milkman and milk-jug), and also zabryzgat' (begin to sprinkle and splash, cover with sprinkles) etc. the lexical (lexico-semantical) homonymy is more than doubtful. In our opinion, they are different meanings of the derivatives connected with each other not directly but through one or more meanings of the underlying word: scetcik (he who tells, counts) and scetéik (that which counts) are connected through the underlying verb scitat' (to count), pticnik (poultryman) and pticnik (poultry-house) are connected through the underlying noun ρ tica (poultry). Zabryzgat' (begin to sprinkle) and zabryzgat' (splash, cover with sprinkles) are connected through the underlying verb (sprinkle, splash). The suffixes =cik\ und =c/&2are no homomorphs because they realize the agentive and instrumentative meanings which are quite compatible in deverbative nouns. The agentive and instrumental =cik realizes the individual derivational meanings of the general derivational meaning "substance pertaining to process" which is associated with the derivational step R2R1X. The locative and instrumental =nik realizes the individual derivational meanings of the general mean-

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Derivational word-structure in the applicative grammar

ing "substance pertaining to substance" which is associated with the derivational step R2R2X· The prefix za= realises the individual derivational meanings of the general meaning "process pertaining to process" of the derivational step R J R J X ( P.A. Soboleva 1973, p.81). Since the affixes =cik, =nik, za= are polysemantic rather then homonymous the derivatives themselves are also polysemantic and not homonymous. We are prepared to go so far as to consider such cases as gorodiice (enormous city) and gorodisce (site of ancient town) to be separate meanings of one and the same derivative because they are connected with each other through the underlying noun gorod (city, town). The same holds for toporisce (big axe) and toporisce (axe-handle) and similar cases. In both cases the denominative suffix - see corresponds to one and the same derivational step R2R2X·

2.2.

Multiple derivation as a source of derivational

polysemy

The specific feature of the semantic structure of a polysemantic derivative is an indirect connection between its meanings, the intermediary being one or more meanings of the underlying word. That is, the meanings of polysemantic derivatives, besides the radial and chain connections typical of primary words, are connected by "parallel" ties through the meanings of the underlying word. This phenomenon can be accounted for by the fact that the semantic structure of a derivative develops mostly under the influence of multiple derivation acts according to the same derivational pattern, rather than by gradual development of its primary meaning. No wonder, the referents of such meanings may be very much unlike each other. See the examples above and also: izoljator (insulator and isolation ward), rogai (stag, stag-beetle and cuckold), rezec (cutter, chisel and incisor, cutting tooth), sal'nik (epiploon and stuffing box, gland), tjaga (draught, traction and thirst for, craving for). See also Polish plywak (swimmer, waterfowl, float), English water (sprinkle or wet with water, give drinking water to, (of engines, ships etc.) take in a supply of water etc.) tramp (a wandering beggar, a long walk, the sound of heavy footsteps etc.). 3 The indirect type of meaning connections (the intermediary being a cognate word) can be even used as a criterion of the direction of derivation where derivation relations are not expressed overtly (P.A. Soboleva 1959, p.94). Such a wide variety of denotates makes linguists waver as to the polysemy 3 The examples have been borrowed from O. S. Akhmanova, "Ocerki po obscej i russkoj leksikologii", Moskva 1957, pp. 1 2 2 - 1 2 3 where they are all treated as homonyms.

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or homonymy of the corresponding words. For example, V. V. Vinogradov is not certain about the polysemy or homonymy of such words as vertuika (rotator and flirt, coquette), htun (idler, loafer and connecting rod), boltun (chatterer and addle egg), vosstanovitel' (repairer and hair restorer), korrektirovsfok (spotter and spotting aircraft), provodnik (conductor, guard and conductor, conducting substance); razvedcik (intelligence officer and scout plane); scetcik (teller and counter, meter) (V. V. Vinogradov, 1968, pp.85-86). Judging by her dictionary of homonyms 0 . S. Akhmanova is positive that all these words (with the exception of vertuîka) are homonyms. Sometimes one and the same author treats similar cases in a different way. For example, Witold Doroszewski treats the word pìywak as polysemantic and the word bfyszczka (spoonbait, and phytometra gamma: a butterfly with shining silvery wings) as two derivational homonyms (Dorosevskij 1973, p.227). V. V. Vinogradov is inclined to regard boltun and vertuska as polysemantic words but skat (slope, descent, declivity and wheel) as two homonyms (Vinogradov 1968, pp.82). In our opinion all the above cases of meaning connections through an intermediary are examples of typical derivational polysemy, the polysemy characteristic of the semantic structures of derived words. Lexical homonymy is not to be suspected even in such cases as pilka (sawing) and pilka (fret-saw, nail file), komsomolka (girl-member of the Young Communist League) and komsomolka (name of the newspaper for the Young Communist League readers). Cf. also amerikanka (an American woman) and amerikanka (snack bar), vengerka (a Hungarian woman) and vengerka (Hungarian tunic; Hungarian dance), smolka (tarring) and smolka (pine, fir-tar from smola tar). In all the above pairs one can admit homomorphic suffixes = kaj (pilka, smolka/deverbatives), = ka2 (komsomolka, amerikanka, vengerka from komsomolec, amerikanec, vengr) and = kaj (komsomolka, amerikana, vengerka from komsomol'skij, amerikanskij, vengerskif. The suffix = ka j realizes the deverbative nominative deri4

O. S. Akhmanova writes... "in the studies devoted to homonymy the most controversial are the cases of the finka, pol'ka type. However, since the main criterion is the type of systematic relations (the spacing is ours), finka I (related to finn) and poljak I (related to poljak) cannot be united in the semantic structure of one and the same word with finka II (knife) and pol'ka II (dance)" (O.S. Achmanova, 1974, p.5). In our opinion this statement is too strong, the more so since it has to do with the semantic structure of derived words, where "the systematic relations" have not yet been subjected to a systematic study. Why e.g. not consider that to stone (throw stones at; put to death by throwing stones at), to stone (remove the stones from fruit) and to stone (face or line with stone, as to stone a well) are three lexical homonyms? All three actions denoted by the verb to stone are quite unlike each other. Or, say, the.verb to dust which simultaneously means "to cover with dust" and "to remove dust".) Or the noun lift which means lifting, one layer of leather in boot-heel, eleva-

Derivational word-structure in the applicative grammar

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vational R^R^X, the suffix = k a j — denominative-nominative derivational step R2R2Xand = k a 3 — deadjective-nominative derivational step R2R3X. (P.A. Soboleva 1973, pp. 80-81, S. K. Saumjan iP. A.Soboleva 1968, p. 50-54). Hence, it is homomorphic. The = ka words cannot be regarded as lexico-semantic homonyms because of vivid semantic ties between them (common semantic feature). The ties are of the type: "pertaining to saw", "pertaining to the Young Communist League", "pertaining to Hungary" etc. The connection between the meanings of the =ka words is not immediate but is effected through the underlying words and some other derivatives of the same derivational families. Besides, the homonymy of derivational morphs is not sufficient reason to regard words with identical lexical morphemes (roots) as lexico-semantic homonyms.

2.3. Derivational structures and derivational polysemy An interesting phenomenon can be observed in =ka= ending words, the phenomenon of combining more than one derivational structure in one and the same word (if we do agree that it is one and the same word). The phenomenon is not altogether new. In discussing the process of "osciallation" between English conversion pairs O. Jespersen noticed that such words as cable, sail, brush, smoke etc. are simultaneously concrete nouns and abstract or resultative deverbative nouns. Oscillation enriches the primary word with new meanings and new derivational structures e. g. cable (strong, thick rope and a cablegram), sail (piece of canvas . . . extended on rigging to catch wind and voyage or exursion in sailing vessel, for example to go for a sail), brush (implement for scrubbing or sweeping and application of brush, brushing, for example to give a brush), smoke (volatile products of combustion) and spell of tobacco-smoking (e. g. must have a smoke) etc. In all cases the first meaning corresponds to the derivational structure R2O and the second to R2R1R2O· In the =ka -words each derivational structure also corresponds to a separate meaning of the word. So pilka (sawing) is a deverbative noun with the derivational structure R2R1O and pilka (fret-saw, nail-file) is a denominative noun with the derivational structure R2R2O· Komsomolka (a girl-member of the YCL) is a denominative noun with the structure R2R2R2® (komsomol - komtor, rise in the ground, upward pressure which the air exerts on an aircraft, counteracting a force of gravity? A wide range of items and processes denoted by a derived word can hardly be a proof of homonymy.

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somolec - komsomolka), and komsomolka (newspaper of the YCL) is a deadjective noun R2R3R2O (komsomol - komsomol'skij komsomolka) We shall now represent graphically the substructures of the derivational families with the =ka words. See figures 1 and 2 Fig. 1 pila pilit ' pilka2 (R2R2O)

pilka ! (R2R1O) Fig. 2 komsomol

komsomol'skij komsomolec Ò • komsomolkai

komsomolka 2

φ V

(Derivational graphs are discussed in detail in Saumjan i Soboleva 1968, cast' I, S. 1 - 2 2 0 , P.A. Soboleva 1970, 1973). Fig. 1 shows the indirect connection between the two meanings of the noun pilka — the intermediary being the underlying word pila and its derivative pilit'. Fig. 2 shows the same kind of connections between the two meanings of the noun komsomolka — through the head word komsomol and its derivatives komsomolec and komsomol'skij. As we see now the intermediary members of the chain of meanings are either the underlying words themselves (pticnik, scetëik, zabryzgat' etc.) or the underlying word and one or more derivates of the derivational family {pilka, smolka, komsomolka, finka, pol'ka). A. N. Tichonov believes that the bulk of derivational homonyms are presented by such words as pticnik, korovnik, zabryzgat', zadut', pilka, komsomolka. Judging by O. S. Akhmanova's dictionary of the Russian homonyms she is of the same opinion. Above we have attempted to show that these words are polysemantic rather than homonymous, and that their meanings are held together within one and the same derived word by common semantic features and by one or more intermediary words of the derivational family. In the lat-

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ter case each meaning of the derived word has a derivational structure of its own (finka, pol'ka, smolka, pilka) etc. The polysemantic affixes e. g. =nik, =scik, =cik, =tel' and even h o m o n y m o u s affixes of the =ka type d o not affect the identity of the derivatives. The polysemy of the affix is usually a result of multiple derivation f r o m one and the same underlying word according to one and the same derivational p a t t e r n . The h o m o n y m y (grammatical h o m o n y m y ) of the affixes is a testimony that the word enters more t h a n one derivational chains within its derivational family. See figures 1 and 2 where the words pilka and komsomolka get simultaneously into more than one point of the tree. Below we shall give several more examples of derivational polysemy which is o f t e n treated as lexical h o m o n y m y (by O. S. Akhmanova and V. V. Vinogradov, for example): Rezak (chopping knife, cutter, pole-axe) and rezak (slaughter man). The deverbative n o u n rezak combines the agentive and instrumentative meanings, its derivational structure is R ^ R i O . Bumaznik (paper-maker) and torfjanika (peatboag). In the above t w o examples the n o u n combines agentive and locative meanings. Derzatel' (holder) and derzatel' (clamp, clutch); nocnik (night-flyer) and nocnik (night-lamp); satun (idler) and satun (connecting rod); bega (races) and bega (hiding). Obmer (measuring) and obmer (cheating in measuring). Both meanings correspond t o the derivational structure R 2 R 1 R 1 O (cenit' - pereocenit' -pereocenka). The polysemy of the verb and n o u n is due t o the polysemy of the prefix ob= - the action of going r o u n d smth. and the action connected with deceiving smb. Pereocenka (revaluation) and pereocenka (overestimation). Both meanings correspond to one derivational structure R 2 R ] R ] O (cenit'-pereocenit'-pereocenka). The polysemy is also due to the polysemy of the prefix pere= which corresponds to the Englis re= and over=. Nalet (flying, raid) and nalet (thin coating, film). The derivational structure is also R 2 R 1 R 1 O (letet' - mietet' - nalet). The deverbative n o u n nalet combines t w o meanings - an action and an instrument (that which flies) or result (that which sets d o w n ) of an action 5 . To stone ( t h r o w stones at), to stone (remove the stones f r o m fruit), to stone (face or line with stones). Thus, the so-called "derivational h o m o n y m y " is entirely dissolved between: 5

Most examples are taken from O. S. Akhmanova's dictionary. They are all treated there as homonyms.

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lexical homonymy: zatopit' pec' - light the furnace and zatopit' higa - flood the meadows; metel'naja palka - broom-stick and metel'naja noe' - tempestuous night; - and derivational polysemy. If this is the case, there is no necessity in the introduction of the term — "derivational homonymy". However, if in considering the linguistic levels we recognize a seperate level of derivational structures, then this derivational level has the right to a homonymy (or ambiguity) of its own, i. e. the identity of the surface structure and the difference of the deep structure. To put it in different terms, derivational homonymy must have an object of its own, differing from the morphological and the syntactical homonymy. 2.4. The object of derivational homonymy Homonymy always presupposes the identity of the surface structure and the difference of the deep structure. In morphology it is the identity of the morphs belonging to different morphemes. In syntax it is the identity of the surface IC structures and the difference of their deep IC structures. In the lexicon it is the identity of lexical morphs and the absence of the common semantic features (kosa\ — plait, kosaj — scythe, kosaj — spit of land). What are the analogues of the surface structure and the deep structure at the derivational level? The surface i. e. observable structure at the derivational level is, as we believe, the morphemic composition of the word, and the deep or unobservable structure, is the derivational structure of the word (which can be objectivised by relator-notation). It follows then, that if two or more derivational structures can be ascribed to one (morphemically divisible or indivisible) word; then we can speak about derivational homonymy. We have already come across some examples of derivational homonymy in discussing the semantic structures of such words as cable, sail, brush, smoke, pilka and komsomolka. The English examples correspond to the derivational structures R2O and R2R1R2O. The two meanings of pilka correspond to R 2 R j 0 . a n d R2R2R1O (of the underlying word is ρ ilit ' and the two meanings of komsomolka - to R2R2R2O a n d Below are given several more examples of pure derivational homonymy, which in our opinion is not complicated by lexical homonymy ( the only doubtful case is smolka): smolka (deminutive from smola - tar, pitch and the action of tarring, pitching). The derivational structures are R2R2O (smola-smolka) and R2R1R2O (smola - smolit' - smolka)·, boj (battle, combat; breakage; chimes). The derivational structures are R2R1R1O for battle, combat (bit' vraga bit'sja s vragom -*• boj s vragom), and R2R1O for breakage and chimes (bit' boj casov)6. jajca -*• jajca=boj, easy b 'jut 6

In the Russian-English dictionary edited by A. I. Smirnitsky there are two lexical

Derivational word-structure

in the applicative

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grammar

Some English examples illustrating derivational homonymy: oiler (oil-can and lubricator, greaser), the derivational structures are R2R2O (oil oiler) and R2R1R2O (oil to oil oiler); unfingered (without fingers and not touched by fingers), the derivational structures are R3R2O (finger ->• unfingered) and R 3 ( R j ) R j R 2 0 (finger to finger -*• to unfinger* unfingered) or R3(R3) R1R2O (finger -*• to finger fingered* -*• unfingered). A certain interest is presented by the semantic structure of the English verb to black formed by convertion from the adjective black and the noun black (black paint, black shoepolish). The verb to black means both, 'make dark, make black and cover with black shoe-polish'. The first two meanings correspond to the derivational structure R1R3O (blacky - to blacky), the second two meanings correspond to the derivational structure R1R2R3O (blacky —blackn - to blacky). Figure 5 shows the different derivational structures, corresponding to the two meanings of the verb to black. Other examples of derivational homonyms are lakej=stvo (servants collectively as a social layer, and servility), uci=tel'=stvo (collective body of teachers and the activity of a teacher). Lakejstvo (collective body of servants) corresponds to the derivational structure R2R2O (lakej-lakejstvo) and lakejstvo (servility, corresponds to the derivational structure R2R1R2O (lakej - lakejstvovat' — lakejstvo). Ucitel'stvo (collective body of teachers) corresponds to the derivational structure R2R2R1O (ucit' - ucitel' - ucitel'stvo) and ucitel'stvo (the activity of a teacher) - R2R1R2R1O (uéit' - ucitel' - uiitel'stvovat' - ucitel'stvo). On the graphs of the corresponding derivational families the two meanings of lakejstvo and ucitel'stvo get into two different points, see figures 3 and 4. Q lakej lakejstvovat'



ucit'

lakejstvo 1

ucitel' uiitel'stvovat' 4

lakejstvo 2 Fig. 3

uiitel'stvo [

ucitel'stvo 2 Fig. 4

homonyms for bit' a separate entry for bit'sja and three homonyms for boj. In our opinion bit' is polysemantic rather then homonymous and boj ought be treated as one lexical entry, with two different derivational structures corresponding to its meanings (Cf. Slovar' russkogo jazyka ν cetyrech tomach, torn I, pp. 121-122).

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black black ¡ black black2 Fig. 5

In all the examples given above we do not find any lexical (lexico-semantic) homonymy i.e. the identity of the derivative is not affected, we deal with one polysemantic rather than several monosemantic words. The meanings of the polysemantic derivatives are connected not directly, but through one or several meanings of the underlying word or one or two other derivatives of the same derivational family. Sometimes derivational homonyms are supported by the shades of meanings rather than separate meanings of the word. For example, the verb razbojnicat may be interpreted both as "commit robberies" and "act like a robber". The first interpretation corresponds to the derivational structure R j I ^ O (razboj razbojnicat') and the second - to R^R^R^O (razboj - razbojnik razbojnicat'). The verb modnicat' may have several interpretations and each will correspond to an individual derivational structure: 1) sledovat' mode — follow the fashion R J R 2 O (moda-modnicat') 2) byt' modnikom - be a fashionable person R1R2R2O (moda-modnik-modnicat') 3) no sit ' modnuju odezdu - wear fashionable clothes R1R3R2O (moda modnyi-modnicat '); Figure 6 shows the derivational homonyms corresponding to the three shades of meaning of the verb modnicat'.

Q mod-a mod-(n-ic-at') y Vi ·Τ mod (-n-ik) (mod-n-ic-j (-a-t')3 Fig. 6

yO mod-(n-yj) (mod-η) (-ic-a-t')i

Derivational word-structure in the applicative grammar

107

It goes w i t h o u t saying, t h a t neither bilingual nor explanatory dictionaries are expected to include all these interpretations. This greatly d e p e n d s o n the linguistic intuition of the compilers.

2.5.

Derivational homonyms and derivational formants

The structure of the derivational f o r m a n t of the last derivational step depends on the derivational structure ascribed t o the word (or its meaning, shade of meaning). Thus, the first interpretation of the word modniëat' corresponds to the f o r m a n t n=ic=at ', the second — t o ic=at' and the third — t o =at'. (Derivational f o r m a n t s m a y be p o l y m o r p h e m i c , m o n o m o r p h e m i c and even zero-morphemic). The m o r p h e m i c composition of the word belongs t o a different (morphemic) level of the language and it remains the same irrespective of the derivational structures ascribed to the word or its interpretations. T o p u t it differently, — the immediate constituents of the word m a y differ b u t the ultimate constituents remain the same. On figure 6 each derivative is given with its ultimate constituents — m o r p h e m e s ( h y p h e n a t e d ) and immediate constituents (bracketed). Perhaps, it is reasonable t o speak about t w o levels of divisibility — m o r p h e m i c (ultimate constituents) and derivational (immediate constituents). These t w o levels are quite obvious in such cases as mod=n=ic=at', uci=tel'=stvo=ovat' where derivation is agglutinative. However, this is n o t the case where such w o r d s as lakej=stv=ovat\ pil=ka, fin=ka are concerned. Linear bracketing will not help here because derivational processess are n o t always linear (we mean not only conversion b u t various cases of affix-clipping, affixinterchange, affix-superposition etc. (Soboleva 1970, pp.70—71, Soboleva 1973, pp. 83—84). We claim that even in such cases as pil=ka, fin=ka and lakej=stvo derivational f o r m a n t s are different irrespective of the same m o r p h e m i c composition. By the derivational f o r m a n t we mean the bundle of morphonological operations applied t o a word in order t o o b t a i n a derivative (Soboleva 1972, pp.167—169, 179—182). In pil=ka (the process of sawing) the f o r m a n t is composed of the i/4 -flex-deletion (pilit ') and the addition of the deverbative =ka. In pil=ka (fret-saw, nail-file) the f o r m a n t consists of the n o u n flexion deletion (pilk=a) and the addition of the denominative =ka. In lakejstvo (collective b o d y of servants) the f o r m a n t is composed of the flexion deletion (ìakej-φ) and the addition of the denominative suffix and flexion =stvo. In lakejstvo (servility) the f o r m a n t is composed of the =stvovat' deletion lakej=(stv=ovat'j and the addition of the deverbative =stvo. This f o r m a n t may be described also as suffix-interchange (stvovat' is clipped off and stvo is substituted). Simple words, primarily underived, m a y later o n acquire new meanings and

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new derivational structures. This phenomenon is more typical for English than Russian. In English with its productivity of conversion new meanings of primary words (mainly nouns) are developed as a result of oscillation (see above). In Russian this phenomenon is less frequent and regular, however see chmel' (a kind of herb used for preparing ale, beer etc. and the state of being tipsy). The second meaning corresponds to the derivational structure RJR3R2O (chmel' - chmel'noj - chmel').

2.6.

Derivational homonymy pure and derivational homonymy

complicated

Now we may claim that we have established the sphere of derivational homonymy. It is the sphere of correlation between the morphemic composition and the derivational structure of words (The absence of one-to-one correspondence between them is treated in Soboleva 1970, p.70 and Soboleva, 1973, p.83). Derivational homonymy springs up where one and the same morphemic composition corresponds to more than one derivational structures. Derivational homonymy is in no way the same as lexico-semantic homonymy· Derivational homonyms can either correspond to lexico-semantic variants of one and the same word (lakejstvo, ucitel'stvo, to black, brush, cable, sail etc.) or to different words if derivational homonymy is superimposed on lexicosemantic homonymy. For example, ,zavodcik (manufacturer) R2R2O (zavod zavodcik) and zavodcik (ringleader, instigator) R2R1O (zavodit' (sja) - zavodeft).

(In Modern Russian zavod (manufacture) and zavodit' (wind up, instigate) are not connected by derivational relations. Therefore zavodcik (manufacturer) is denominative and zavodcik (ring-leader, instigator) is deverbative). Derivational homonymy similar to morphological and syntactic homonymy is indifferent either to identity or homonymy of the lexical morphemes. The identity concerns merely the derivational morphemes. Derivational homonyms may not necessarily be only ρ ilka ¡ and ρ ilka 2 or smolka\ and smolka2• We may find derivational homonymy between ρ ilka j and smolka2 or, vice versa, pilka2 and smolka\. However, only the identity of the root-morphemes in derivational homonyms is the condition for the identity of the word itself. On the contrary, the homonymy of the root-morphemes (cf. zavodcik \ and zavodöik2) is a proof that we have to do with two different words. For the sake of clarity we have illustrated derivational homonyms by the forms of the same word rather than forms of different words, i.e. we took for granted the identity of the root-morpheme. We do the same in morpho-

Derivational word-structure in the applicative grammar

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logy when we compare the grammatical forms of one and the same word (vizu slona and net slona rather then the grammatical forms of different words vizu kota and net kozla) though from the point of view of morphological homonymy it is absolutely the same. Derivational homonymy may be pure or it may be complicated by lexical or grammatical homonymy or by both — lexical and grammatical homonymy. Words related by conversion in English are an example of derivational homonymy complicated by grammatical homonymy, e.g. lookw ( R j O ) and lookn (R2R1O), trampw ( R ¡ 0 ) and trampn (R2R1O). These words have identical root-morphemes, different derivational structures and at the same time they refer to different grammatical categories. Their zero inflexions are morphological homonyms. They are by no means lexico-semantic homonyms because they are connected by regular semantic ties. Simultaneous derivational and grammatical homonyms are different words. Cf. also the Russian nastro] (imperative/ tune up) and nastroj (noun-mood, from the verb nastro it'sfa have an inclination) prekrasnoe (beautiful, fine) and prekrasnoe (beauty, the beautiful). The grammatico-derivational homonyms in Russian are also the short forms of Russian adjectives and the corresponding adverbs, e.g. gluboko (deep, profound), èto zamecanie gluboko (this remark is profound) and gluboko (deeply, profoundly), gluboko oìibat 'sfa. (be utterly mistaken). Regular correlations between the short forms of Russian adjectives and cognate adverbs, as well as substantivization of adjectives is a constant source of the grammaticoderivational homonymy in Russian. The correlates are usually semantically very close to each other. So though they are different words they are by no means lexico-semantic homonyms. Derivational homonymy may be complicated by lexico-semantic homonymy and in this case we have to do with different words rather than word-forms. Zavodcik (manufacturer R2R2O) and zavodcik (ringleader, instigator R2R1O) are an example of this type of homonymy. Lexicosemantic derivational homonyms are words with different derivational structures and no common semantic features, Very often one of the homonyms is a derived word while the other is underived, e.g. mocka (lobe of the ear R2O) and moika (soaking, macerating, e.g. mocka jablok R2R1O), predlozenie (proposal, offer, suggestion R2R1O) and predlozenie (sentence R2O); rubka (felling, hewing, slaughter R2R1O) and rubka (deckhouse R2O); tocka (sharpening, grinding, wetting etc. R2R1O) and tocka point R2O). The same category of semantico-derivational homonyms includes a large class of homonyms one of which is a4 derived word and the other is divisible but underived e.g. lopatka (shoulder-blade R2O) and lopatka (small spade R2R2O), rucka (a handle R2O) and rucka (small hand R2R2O)· • Derivational homonymy may be simultaneously combined with lexico-se-

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mantic and grammatical homonymy. It is such cases as kosa (short of kosoj squinting RJR3O) and kosa (scythe, plait etc R2O); do lg (short of dolgij long R1R3O) and dolg (debt, duty R2O); zapoj (imperative of zapet ' - begin to sing R j R j O ) , {poj - zapoj) and zapoj - (vbl.n. from zap it' - drinking bout R2R1R1O), (pit ' - zapit' - zapoj). 2.7.

Terminology

The phenomenon which we call "derivational homonymy" has been touched upon by other linguists. However, it was discussed under different names. V. V. Vinogradov pointed out that one and the same word may be decomposed differently depending on its immediate derivational base; Vinogradov 1938, pp.115-119 G. 0 . Vinokur called this "the homonymy of derivational forms" (Vinokur, 1959, p.439). A.N. Tichonov calls this phenomenon "the ambiguity (mnozestvennost') of the derivation structure of the word" (Tichonov, 1970, pp.83— 88). I. S. Uluchanov calls it "the ambiguity (mnozestvennost") of motivation (Uluchanov 1971 part III). G. O. Vinokur's term is appealing because it introduces the concept "derivational form of a word". It seems reasonable that alongside of the grammatical and lexico-semantic forms of the word one may speak about its derivational forms. A word may have as many derivational forms as it has derivational structures, ascribed to it. Primary underived words have, as a rule, one derivational form (cf. however, the English oscillation). Derived words may have more than one derivational structure. Tichonov's term is no less appealing because it emphasises the ability of a word to have several derivational structures. And Uluchanov's term emphasises the simultaneous correlation of one derived word with several derivational bases. Our term "derivational homonymy"is also appropriate because it places this phenomenon among similar phenomena, i.e. refers it to the sphere of homonymy — the identity of the surface structure as against the difference of the deep structure. 3. Typology of homonyms A systematic treatment of homonyms presupposes a well defined set of distinctive features which combinations determine typological groups of homonyms. These distinctive features, as we believe, are the following: a) Absence of common semantic features between words which is reflected in the homonymy of their lexical morphs (roots). We call it lexico-semantic homonymy.

Derivational word-structure in the applicative grammar

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b) Identity of the morphemic composition of a word, difference in the derivational structures ascribed to it and the homonymy of the derivational morphs (if the derivation is overt). We call it derivational homonymy. c) Homonymy of the inflexional morphs which we call grammatical homonymy. Below is given a typological classification of homonyms according to the combination of these distinctive features. A typological group of homonyms is specified by all the three distinctive features simultaneously, two of them, one of them or none of them. In the last case we deal with different meanings of one and the same word rather than different words. Let us denote the lexico-semantic homonymy by L, derivational homonymy by D and grammatical homonymy by G. Having calculated all the possible combinations of these features — their presence and absence, we shall get a table of typological groups of homonyms, including the group with the absence of all these features. The latter will be called quasi-homonyms. See table 1. In table 1 the first column contains the conventional names of the typological groups of homonyms (a, b, c, d, e, f, g, h), the second column, consisting of three subcolumns, contains bundles of distinctive features which constitute each typological group. In the third column there are examples illustrating each typological group. The last column shows whether the homonymy corresponds to different words or different words or different wordforms of the same word. The sign + indicates the identity of the word and the sign — indicates the difference of the words in question. Typological group "a" is a purely grammatical homonymy. If the grammatical homonyms are forms of one and the same word the identity of the word is not affected. Typological group " b " is a purely derivational homonymy. We may speak about derivational forms or variants of the word (or, better, derivationally-semantic because each derivational structure is supported by a lexico-semantic form or variant of the word, i.e. a meaning or a shade of meaning) just like we speak about grammatical or lexico-semantic forms or variants of the word. The identity of the word is not affected. Whether there is any regular system of derivational (derivationally-semantic) word forms still has to be found out. Typological group "c" is a derivational and grammatical homonymy (grammatico-derivational or derivationally-grammtical). This is the type of homonymy possessed by the English conversion pairs, or Russian short forms of adjectives, category of state words, and adverbs e.g. Mne cholodno (I am cold) and vzgljanul cholodno (looked coldly). Also adjectives and their nominalized forms. Grammatico-derivational homonyms are different but always cognate words. Typological group " d " is a purely lexical homonymy. Three categories of words are included in this group:

112 Table 1

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1) underived homonyms of the type topit' (heat, burn, light) and topit' (flood). 2) words derived from homonyms by the same derivational pattern e.g. zatopit' pec' (light a stove) and zatopit' luga (flood the meadows) 3) words which became homonyms in the process of derivation, e.g. planirovat' (to plan from plan - plan) and planirovat' (to glide from planer - glider) Typological group "e" is a lexico-grammatical homonymy. Here we find such English examples as found (lay base of) and found (from find), fell (cut down) and fell (from fall). The Russian examples of the lexico-grammatical homonyms, e.g. brak (marriage) in say, neravnyi brak (misalliance - nom. case) and brak (spoilage, waste) in vypuskafbrak (turn out spoilage - accus, case). Grammatical homonymy here is provided for by the zero homomorph of the nominative and the accusative cases. Other examples of lexico-grammatical homonymy will be given later. Typological group "f" or lexico-derivational homonymy are lexico-semantic homonyms possessing different derivational structures. For example rubka lesa (chopping wood R^R-iO) and rubka na korable (deckhouse of the ship R2O); mocka jablok (soaking apples R2R1O) and mocka ucha (lobe of the ear R2O), rucka (handle R2O) and ruika (small hand R2R2O). Typological group "g" are lexico-semantic, derivational and grammatical homonyms simultaneously. Homonyms of this group must have no common semantic features, they must possess different derivational structures and have different grammatical meanings. Here we can mention belye (white) and belye The White Guard. Also zapoj (drinking-bout) from zapit ' (begin to drink) and zapoj (do sing!) imperative from zap et ' (begin to sing). Homonymy of the "g" type are different words referring to different parts of speech. Typological group "h" are quasi-homonyms. They are, in fact, different meanings of the underlying word. Here we have a large number of derivatives whose semantic structures developed as a result of multiple derivation according to the same derivational model e.g. moloénik, pticnik, korrektirovscik, derzatel\ zabryzgat', obmerit', zadut' etc. The lengthy lists of homonyms given in V. V. Vinogradov's paper cited above can be ordered by being distributed between these eight typological groups. In O. S. Akhmanova's dictionary we can find all our typological groups except one — type "a" or purely grammatical homonymy. Widely represented is group "h" or quasi-homonyms. Below are given examples chosen mainly from O.S. Akhmanova's dictionary in order to illustrate our eight typological groups. Typological group "b" or purely derivational homonyms:

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PRIPEK Pripek I, Gen.-a, Engl, place in the very heat of the sun, sunny spot, Fr. place en plein soleil, Germ, sonnige Stelle. Pripekat', pripec'. Stojat', sidet', lezat' na samom ~ e, poludenyj ~. Pripek II, Gen.-a, -u, Engl, surplus, excess in'weight, Fr. surcroit de poids, surpoids, Germ. Gewichtszunahme Po lue it' 100 grammov ~ una kibgramm mukL Both f o r m s of the word pripek are deverbative nouns. They are formed f r o m the two meanings of the verb pee': So Ine e pecet (The sun is hot) and pec' chleb (bake bread). T w o derivational steps are necessary t o get the first derivational f o r m : Solnce pecet ( R ] 0 ) ->• Solnce pripekaet ( R j R j O ) -> solnecnyj pripek ( R 2 R 1 R 1 O ) . Only one step is necessary to obtain the second f o r m : pec' chleb ( R j O ) -»• pripek chleba ( R 2 R 1 O ) . Both meanings of the verb pripek are supported by two derivational structures of the n o u n : R 2 R J R J O and R 2 R 1 O .

PODKOVKA Podkovka I (Deverb. noun). Engl, shoeing (horses), Fr. ferrage, Germ, beschlagen. ~ losadej, kvalificirovannaja, nadeznaja Podkovka II (Dim. of podkova), Engl, small horseshoe, Fr. petit fer à cheval, Germ, kleines Hufeisen. The first meaning of the word podkovka has the derivational structure R2R1R1O kovat' - podkovat' - podkovka. The second meaning corresponds to R 2 R 2 R 1 R 1 O (kovat' - podkovat' - podkova podkovka).

POL'KA Pol'kal anim. ( F e m . of poljak), Engl. Pole, Fr. Polonaise, Germ. Polin. Pol'ka II ( F r o m pol'skij), Engl, polka, Fr. polka, Germ. Polka . . . izvestnaja "Pol'ka"Rachmaninova. There are many similar examples in O . S . Akhmanova's dictionary. " H o m o n y m s " of the pripek type are explained as having different "covert" structures, " h o m o n y m s " of the podkovka and pol'ka type are supposed to have h o m o n y m o u s morphemes = ka ] 2Graphs in figures 7, 8 and 9 — show the derivational structures of the above h o m o n y m s . Typological group " c " or grammatico-derivational h o m o n y m s (derivationallygrammatical).

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Derivational word-structure in the applicative grammar kovat podkovat'

pripec

podkova

podkovkai

podkovka2

Fig. 8 Q Pol'sa

:

pol'skij

poljak

pol'ka

pol'ka 2

Fig. 9

POKORNO Pokorno I, adj. short form. Engl, submissive, obedient, Fr. humble, soumis, Germ, unterwürfig, gehorsam, Ego semejstvo emu vo vsem Pokorno II, adv., Engl, humbly, submissively,Fr. humblement,avec résignation, Germ, ergeben, unterwürfig, gehorsam.

BESPRIZORNYJ Besprizornyj I adj., Engl, neglected, abandoned, Fr. délaissé, Germ, elternlos; verwahrlost, 'ν rebenok, ^ sad. Besprizornyj II noun, Engl, waif pi. waifs and strays, Fr. sans-abri, enfant délaissé, Germ. Elternloser, Verwahrloster, Gruppi besprizornych, rabota's besprizornymi. Words of this typological group refer to different grammatical categories and have different derivational structures, but they are cognate words. Typological group " d " , or purely lexical homonyms.

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KAR'ER Kar'er I only sg., (Fr. carrière), Engl, full gallop, Fr. grand galop, Germ. Karriere, gestreckter Galopp. Perejti s rysi na pustit' losad' ν ^ ... Kar'er II pl. kar'ery, (Fr. carrière) Engl, quarry, Fr. carrière, Germ. Steinbruch, Tagebau. Pescanyj, izvestkovyj, kamennyj ^ ...

KAR'ERNYJ Kar'ernyj I (Adj. of kar'er I) Kar'ernyj II (Adj. of kar'er II). Kar'ernyj III (Adj. of kar'era) Engl, self-seeking, Fr. de carrière, d'arriviste, Germ, streberhaft, kar'erist, kar'eristskij, kar'erizm, Kar'ernye rascety, soobrazenija.

KOSH' Kosit' I, kosu, kosis', Engl, mow (down), Fr. faucher, Germ, mähen. Κo sa II, kosec, kosilka, ^ roz', oves, chleb, travu ... Kosit' II, kosu, kosis, Engl, squint, Fr. loucher, Germ, schielen, Rosina, kosilka, kosoj. In the dictionary the underived homonyms kar'er I and II, kosit' I and II belong to the category of "originally different words" and their derivatives kar'ernyj I, II, III belong to the category of words with homomorphic stems. According to our classification the words and their derivatives are included in the same category of purely lexical homonyms. In each pair (triple) of homonyms derivational structures are the same, and the grammatical category as well. Typological group "e" or lexico-grammatical homonymy. In Russian it is mainly the homonymy of voice and aspect:

ZARY VAT'SJA Zaryvat'sja I (Impf, of zaryt'sja; pass.voice of zaryvat'), Engl, bury oneself, dig in, Fr. être enfoui, Germ, sich vergraben, Vryvat'sja I, doryvat'sja. Zaryvat'sja II (Impf, of zarvat'sja), Engl, go too far, Fr. perdre toute mesure, Germ, zu weit gehen, sich übernehmen, jedes Maß vergessen.

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Doryvat'sja III, dorvat'sja II, Nel'zja davat' emu sliskom on zaryvaetsja bez kontrolja. Lexico-grammatical homonyms are zaryvat'sja I pass voice and zaryvat'sja II impf., cf. Jascik zaryvaetsja ν zemlju (kem-to) and On sliskom zaryvaetsja. (The box is dug in the ground (by smb.) and He goes too far).

ZASALIVAT'SJA Zasalivat'sja I (Impf, of zasalit'sja: pass, voice of zasalivat' I), Engl, become greesy/soiled, Fr. se salir, être sali, Germ, fettig werden, Odezda bystro zasalivaetsja ot takoj raboty.Zasalivat'sja II (Impf, of zasolit'sja; pass, voice of zasalivat' II) Engl, be salted, Fr. être salé, Germ, (ein)gesalzen werden, Griby, ogurcy zasalivajutsja na zimu ν bol'sich kolicestvach. Lexicogrammatical homonyms are zasalivat'sja I impf, and zasalivat'sja II, pass, voice, Ogurcy zasalivajutsja (kemto) and Odezda zasalivaetsja ot noski (Pickles are salted by smb. and Clothes become soiled from wear). In the dictionary this kind of homonyms is qualified as the homonymy of stems. Typological group " f " or lexico-derivational homonymy. Here we have words with different derivational structure and no common semantic features. VYGLJADET' Vygljadet' I intrans., Engl, look, Fr. avoir l'air de, avoir bonne/mauvaise/mine, Germ, aussehen, ' ν choroío, plocho, molodoj; ' ν storse, moloze ( R j O ) . Vygljadet' II intrans. (vy+gljadety, impf, vygljadyvat', Engl, spy out, find discover, Fr. observer, examiner; trouver; choisir, Germ, erspähen; ausspähen, On tarn vse vygljadel, nado chorosen 'ko vse ~ ; on vygljadel kust pobol'se, Ztoby za nego sprjatat'sja ( R j R j O ) . DONESTI Donesti I (do+nesti I), Engl, carry as far as or to bring (take to), Fr. porter jusqu'à, Germ, tragen bis ( R j R j O ) , ~ mesok, korzinu, cemodan, uzel do domu, do standi. Donesti II, Engl, report, inform against, denounce, Fr. faire un rapport sur; dénoncer, Germ, melden, berichten anzeigen; denunzieren, Donesenie, donos, donoscik, donoscica, ~ komu-L o slucivsemsja ...

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GRANKA Granka I (Deverò, noun.), Engl, cutting, faceting, grinding, Fr. tailler, facettage, Germ. Fazette, granit',granente, gran, (R2R1O) ~ chrustalja, ural'skich kamnej. Granka II, Engl, galley-proof, slip, Fr. placard, épreuve, Germ. Korrekturfahne, Bezgranicnyj (Citât', pravit' granki; prosmotret' granki pered verstkoj) (R20).

KASKA Kaska I (Dim. of ka sa), Engl, porridge, pap, Fr. bouillie, gruan, kacha, Germ, dünner Brei. Kasevidnyj, kaseobraznyj. Mannaja, zidkaja, vodjanistaja kusaj kasku. Kalka II, Engl, clover, Fr. trèfle, Germ. Klee, Rozovaja, belaja, dusistaja lug, porossij kaskoj (R2O). The homonyms given above differ in their derivational structures. One word of the pair is a derived word, the other is underived and sometimes divisible kaska II, granka II. Lexico-derivational homonyms include the words both divisible and derived but having different derivational structures. Here we can mention pajscik (R2R1O) from pajat' (solder, sweat, braze) and pajscik (R2R2O) from paj (share) or zavodcik (manufacturer R2R2O) and zavodcik (ring-leader, instigator R2R1O). In O. S. Akhmanova's dictionary the latter category is placed together with purely lexical homonyms of the toplenie (heating) and toplenie (flooding) type. They are all treated equally as words with homonymous stems. However, the derivational difference in the pajscik and zavodcik type is disregarded as well as derivational equality in the toplenie type. Typological group "g" or lexico-derivationalgrammatic homonymy:

KORENNOJ Korennoj I Adj. Engl, principal; indigenous, Fr. principal, autochthone, Germ, eingeboren; Grund-, (R3O) ~ ζ it el, ~ vopros. Korennoj II noun, Engl, shaft-horse, taill-horse, Fr. limonier, cheval limonier, Germ. Gabelpferd. Vyprjac' korennogo, korennuju (R2R3O).

Derivational word-structure in the applicative grammar

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NAKLADNAJA Nakladnaja I adj., Engl, laidon, super-imposed, Fr. superposé; postiche, Germ, aufgelegt; künstlich, ~ skoba; ~ boroda. Nakladnaja II noun, Engl, invoice, way-bill, Fr. facture, lettre de voiture, Germ. Frachtbrief. Polucit' tovar po nakladnoj, vypisat' nakladnuju. In the dictionary homonyms of this type are thrown in together with the so-called "functional" homonyms (in our classification - derivationally — grammatical homonyms, cognate words). They are not distinguished from such pairs as e.g. ljubimyj (favourite, loved) and ljubimyj (one's beloved, sweetheart). Typological group "h" or quasi-homonyms include words which many linguists as well as O. Akhmanova consider lexical homonyms on account of a wide variety and unlikeness of their denotation. Numerous word-pairs from 0 . S. Akhmanova's dictionary get into this typological group. Above we have already discussed a number of such quasi-homonyms: pticnik, korovnik, bumaznik, molocnik, torfjanik, korrektirovscik, derzatel', nocnik etc. O. S. Akhmanova considers them to be lexical homonyms because of the "homonymy" of their affixes =nik, =sëik, =teV As we have already pointed out above, we consider these words polysemantic and we believe that their meanings appeared as a result of multiple derivation from the same word and by the same derivational pattern. Below are given several more examples from the dictionary of homonnyms:

NAKOLOT' Nakolot' I (na 1+ kolot' I), Engl, pin on/to, stick/fasten with a pin, Fr. épigler, fixer avec des épingles, Germ, anstechen, befestigen,~ cvety na lljapu, orden na podusku, baboZku na buiavku. Nakolot' II (na II + kolot' I), Engl, pin on/up, stick with a pin; stab, kill (a quantity of), Fr. épingler, piguer; fiaré; égoryer, Germ, anstecken, befestigen; abstechen (in best. Menge), ~ (mnogo) cvetov, babocek; ~ dyr, otverstij; ~ gusej, svinej, icuk (ostrogamij... Both meanings of the verb nakolot'. appeared as a result of the double process of prefixation. One and the same prefix na = with the meaning of ^direction of action and 2) spreading the action on to a number of objects, was affixed twice to the verb kolot'

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P.A.

Soboleva

ZAKRUZIT' Zakruzit' I (za II + kruzit'), Engl, make dizzy, drive off his feet, Fr. faire tourner; tourner la tête à qu.,Germ. j-n vernarrt machen, j-m den Kopf verdrehen, Οπα sovsem zakruzila emu golovu; ego sovsem zakruzili - on sam ne svoj. Zakruzit' II (za I + kruzit'), Engl, begin to circle; begin to whirl or to spin, Fr. commencer à tourner, Germ, anfangen sich zu drehen; anfangen zu wirbeln/kreisen. Samolet zakruzil nad poljanoj ... Both meanings of the word zakruzit' were formed from the verb kruzit' by means of the double application of the prefix za= in its two different meanings: za ι - indicating the beginning and za2 - indicating the completion of the action.

UGAR Ugar I, Engl, fumes of charcoal, charcoal poisoning, Fr. vapeur de charton, oxyde de carbone; ivresse, enivrement, Germ. Kohlengas; Kohlengasvergiftung; Taumel, Rausch. Ugarno, ugoret' I, ~ i cad ot pecki, ot utjuga ... Ugar II spec., Umen'lenie pri plavke, gorenii, Engl, loss of weight through oxidation, Fr. perte de poids par oxidation déchet, Gerin. Abbrand, ugoret'... Both meanings of the deverbative noun ugar appeared on the basis of the two meanings of the verb ugoret', which in their turn came from the verb goret' by means of prefixing u= in its two different meanings — direction of the action inside smth. and diminishing, contraction of smth.

GAZOCHOD Gazochod I Engl, gas-pipe, Fr. conduite de depart du gaz, Germ. Gasabzug, Gasabführung. Otrabotannye gazy vypuskajutsja cerez ~ ... Gazochod II Engl, gas-propelled ship, ship with a gas engine, Fr. navire à turbines à gaz, Germ. Gasturbinenelektrolokomotive, Gasturbinenlokomotive, Gasturbinenwagen. Plyt' na ~ e. In the above case the deverbative noun combines the locative and the instrumental meanings7. 7

R. A. Budagov writes .. In modern Russian technical terminology there are two different concepts bearing the same name gazochod. Gazochod is a part of a boiler for letting out the gases. It is formed in such a way: chod dlja gaza, gazovyj chod. But, on the other hand, gazochod is a gas-propelled ship. Gazovyj means here "pro-

Derivational Word-structure in the applicative

grammar

121

The typology of homonyms described in our paper is built as a calculus of the possible combinations of the three distinctive features L, D and G. Bundles of their combinations form eight groups. The homonyms of group (a) and (b) are different forms (grammatical and derivational) of the same words. Group " h " is quasi-homonyms - lexico-semantic variants or forms of the same words. The rest of the groups, i.e. "c", "d", "e", " f \ "g" are different words. If the bundle of distinctive features contains L, the homonyms are always different words. If the bundle does not contain L, i.e. it has L, it does not mean that the words are necessarily the same. Thus, derivationally-grammatical homonyms, i.e. containing L are different words. In conclusion we must stress the fact that the typology of homonyms discussed above is homogeneous and strictly synchronic. The specific feature of the typology is that we took into account the difference in the semantic structures between primary and derived words. We considered the fact that the meanings of the derived words are connected through the meanings of the underlying words and, thus, are closer to them than to each other. The different meanings of the derivatives are sometimes supported by different derivational structures. This fact allows us to speak about derivationally-semantic forms or variants of words. Another specific feature of our typology is that a new typological parameter of homonymy has been used that of the derivational structure of words.

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122

P.A. Saboleva

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Aleksandr V. Bondarko (Leningrad)

Stand und Perspektiven der Aspektologie in dér UdSSR

In der UdSSR bietet sich in der Theorie des Verbalaspektes heute folgendes Bild: Einerseits gibt es Arbeiten, die schwerlich unter einer gemeinsamen grammatischen Konzeption zusammengefaßt werden können. In diesen Arbeiten werden unterschiedliche Ansätze der russischen Grammatiktradition weiterentwickelt, wie sie in den Werken von Forschern wie G. K. Ul'janov, F. V

v

F. Fortunatov, A. A. Sachmatov, Α. M. Peskovskij und V. V. Vinogradov vertreten wird. Zu den interessantesten und wichtigsten Arbeiten, in denen konkrete Fragen des russischen Verbalaspektes behandelt werden, gehören die Forschungen von B. N. Golovin, I. P. Mucnik, Α. N. Tichonov und N. S. Avilova (von diesen Arbeiten wird weiter unten im Zusammenhang mit der Betrachtung von Grundproblemen der Aspektologie die Rede sein). Andererseits bildete sich in der UdSSR eine Aspektologieschule mit Ju. S. Maslov an der Spitze heraus (Leningrader aspektologische Schule). Diese stellt eine relativ geschlossene Richtung in der Aspektologie dar. Auch sie stützt sich auf die grammatische Tradition (vor allem auf eine Reihe wesentlicher Thesen von A. A. Potebnja, L. P. Razmusen, S. Agrell und S. O.Karcevskij). Zugleich wird hier aber auf theoretischer Ebene die Tendenz zum Neuen deutlicher. Die Verbindung von Traditionellem und Neuem zeigt sich in Form einer allgemeinen Theorie des slavischen Aspektes, die sich auf ein geschlossenes System von Grundbegriffen stützt. 1 Im Folgenden versuchen wir die Positionen dieser Richtung (zu der auch der Autor dieses Artikels zählt) bei der Lösung von Grundfragen der russischen — und allgemeiner — der slavischen Aspektologie aufzuzeigen. Dabei werden aber auch andere Gesichtspunkte berücksichtigt. Wir gehen davon aus, daß die Entwicklung der Aspektologie durch die Vielfalt der Ansätze in dieser Disziplin gefördert wird, da sie unterschiedliche Möglichkeiten der theoretischen Reflexion der verschiedenen Eigenschaften dieses komplexen Forschungsobjektes darstellt. Wir merken an, daß die Bezeichnung „Leningrader aspektologische Schule" 1 Maslov, Ju. S., Sistema osnovnych ponjatij i terminov slavjanskoj aspektologii. In. Voprosy obscego jazykoznanija. Leningrad, 1965, S. 5 3 - 8 0

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Α. V. Bondarko

in einem gewissen Sinn willkürlich ist: Zu dem Leningrader wissenschaftlichen Zentrum gehören auch Forscher aus anderen Städten, die die Grundprinzipien dieser Richtung teilen (G. K. Venediktov, 0 . P. Rassudova (Moskau), M. A. Seljakin (Voronez), P. S. Sigalov (Tartu), L. P. Demidenko (Minsk), L. P. Birjukova (Ceboksary); diese Forscher studierten meist in Leningrad und sind auf die eine oder andere Weise mit dem Leningrader Zentrum in ihrer Forschungstätigkeit verbunden).

Die grammatische Kategorie des Aspektes und der Aktionsarten Ju. S. Maslov legt in einer Weiterentwicklung der Gedanken Potebnjas, Agrells, Jakobsons, Porzigs und Hermanns eine detailliert argumentierte Konzeption der Wechselbeziehung von Verbalaspekt und Aktionsart vor. Der Aspekt ist eine grammatische Kategorie, die bestimmte Vorstellungstypen (tipy predstavlenija) vom Verlauf einer Verbalhandlung grammatisch verallgemeinert. Im Unterschied zum Aspekt verbleibt die Aktionsart in den Grenzen der lexikalischen Verschiedenheit, wenngleich sich diese Verschiedenheiten hinsichtlich der Grammatik auch nicht indifferent verhalten. Die Aktionsarten werden als semantische Klassen der Verben behandelt. Diese Klassen werden auf Ähnlichkeitsbasis in Typen des Verlaufs und in solche der Distribution der Verbalhandlungen in der Zeit ausgegliedert. Aspekt und Aktionsart stellen keine streng getrennten Klassen dar, sondern überschneiden sich. Die Wechselwirkung zwischen Aktionsarten und Aspekten zeigt sich in der Erscheinung der aspektualen Defektivität und, in speziellen Fällen, bei besonderen Aspektbedeutungen, die bestimmten Verbalformen eigen sind. Ju. S. Maslov unterscheidet Aktionsarten, die (1) morphemisch charakterisiert sind (2) nicht morphemisch charakterisiert sind und lediglich durch ihr spezifisches Funktionieren in Erscheinung treten Dazu kommt noch eine Zwischengruppe von Aktionsarten (3) die nur in einem bestimmten Teil der Lexik morphemisch charakterisiert ist Eine andere Art der Aktionsartenunterteilung erfolgt nach dem Prinzip (1) verbunden mit aspektualer Defektivität (intraaspektual) (2) nicht verbunden mit aspektualer Defektivität (interaspektual) 2 2 Maslov, Ju. S., GlagoPnyj vid ν sovremennom bolgaiskom literaturnom jazyke (znace-

Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR

125

Das System der russischen Aktionsarten in seinem Verhältnis zum Aspekt wurde in Anlehnung an die Theorie Ju. S. Maslovs von dem Verfasser dieses Artikels in dem entsprechenden Abschnitt des Buches „Russkij g l a g o l " beschrieben 3 . Die hier vorgestellte Klassifikation der verbalen Aktionsarten ging in die „Grammatika sovremennogo russkogo literaturnogo j a z y k a " , 1970 -

4

ein . In den letzten Jahren wurde in einer Reihe von Monographien die Problematik der Aktionsarten in Verbindung mit dem Aspekt eingehend behandelt. Die vollständigste Beschreibung der Aktionsarten bei präfigierten Verben (auf theoretischer Grundlage von Ju. S. Maslov) liegt in der Dissertation von M. A . Seljakin v o r 5 . Der A u t o r liefert eine funktionale und semantische T y p o l o g i e der Aktionsarten. Die von Verben gebildeten präfigierten Aktionsarten sind in drei große Gruppen zu unterteilen: ( 1)

terminativ-temporale

(2)

terminativ-durative und intensive (terminativ-graduelle)

(3)

iterative

Aktionsarten präfigierter Verben, die von terminativen Verben gebildet sind, zerfallen in drei Gruppen: ( 1)

quantitativ-resultative

(2)

qualitativ-resultative

(3)

prospektive

Den einzelnen Aktionsarten sind zahlreiche Artikel und Dissertationen gewidmet6. nie i upotreblenie). In: Voprosy grammatiki bolgaiskogo literaturnogo jazyka. Moskva, 1959, S. 158-160; 165-202 3 4

Bondarko, Α . V., Bulanin, L. L., Russkij glagol. Leningrad, 1967, S. 1 1 - 2 9 Grammatika sovremennogo russkogo literaturnogo jazyka (ed. Svedova, Ν. Ju.), Moskva, 1970, S. 346-350 *

y

5

Seljakin, M. Α., Pristavocnye sposoby glagol'nogo dejstvija i kategorija vida ν sovremennom russkom jazyke (k teorii funkcional'no-semanticeskoj kategorii aspektual'nosti). Avtoreferat doktorskoj dissertacii. Leningrad, 1972. Hier werden auch die vom Verfasser publizierten Arbeiten genannt.

6

vgl. z.B.: Bykova, L. Α., O vidovoj sootnositePnosti pristavocnych glagolov nesoversennogo vida so znaíeniem sloznogo dlitel'nogo dejstvija. In: Ucenye zapiski Char'kovskogo universiteta, T. CIX, Trudy filol. fakul'teta, T . 8, Char'kov, 1960, S. 9 4 - 9 6 ; Demidenko, L. P., Sposoby vyrazenija nacala glagol'nogo dejstvija ν russkom jazyke. In: Ucenye zapiski Leningradskogo gosudarstvennogo pedagogiceskogo instituía im. Α . I. Gercena, T. 248, 1963; Sigalov, P. S., Russkie inchoativnye glagoly. Avtoreferat kand. diss., Lenningrad, 1963; Venediktov, G. K., Glasgoly dvizenija ν bolgarskom jazyke. Avtoreferat kand. diss., Moskva, 1963; Jakovlev, V . N . , Mnogokratnye

126

Α. V. Bondarko

Die von einer Reihe von Forschern geschaffene u n d von Ju. S. Maslov beträchtlich weiter entwickelte Konzeption der Korrelation zwischen Aspekt und Aktionsart besitzt eine über die Aspektologie hinausgehende Bedeutung. Diese Konzeption war Ausgangspunkt für eine Theorie, die einen noch größeren Faktenbereich erfaßte: die Korrelation von morphologischen Kategorien und lexiko-grammatischen Klassen 7 . Durch die Untersuchung dieser Problematik wurde die Aktualität einer ganzen Reihe bisher ungenügend erforschter Probleme offenbar. Dazu gehören folgende: (1) die Erforschung der systemhaften Organisation der Aktionsarten: systemhafte und nichtsystemhafte Phänomene, zentrale und periphere, die Beziehung zwischen einzelnen Aktionsarten und ihren Gruppierungen, das Auftreten von Aktionsarten in Oppositionen und außerhalb von Oppositionen, die Gesetzmäßigkeiten bei Intersektionen und Überlagerungen von Aktionsarten, die semantischen Konzentrationszonen und die Zonen der „Verdünnung" von Aktionsarten, die Fakultativität des morphemischen Ausdrucks bei bestimmten Typen des Handlungsverlaufs usw. (2) die Korrelation von Resultativität, Delimitativität und perfektiver Aspektbedeutung, (3) der Einfluß der Aktionsarten auf die Realisierung der Aspektbedeutungen (die Nuancen, die durch die Aktionsarten zu der konkreten Realisierung der Aspektbedeutungen in den Wortformen hinzukommen, (4) eine Aufstellung der Ursachen und Bedingungen für die Aspektkorrelativität/ -nichtkorrelativität in jenen Fällen, wenn ein und dieselbe Aktionsart eine Aspektkorrelativität zuläßt, sie jedoch nicht immer realisiert (vgl. zalezat'sja: zalezivat'sja, zasmotret'sja:zasmatrivat'sja u. a., aber zabegat'sja, zachvastat'sja usw., (5) Aufzeigen aller Aspekte von grammatischer Relevanz morphemisch nicht charakterisierter Aktionsarten, (6) eine Abgrenzung der charakterisierten Aktionsarten von jenen Wortbildungsklassen, die keinen Bezug zu Aktionsarten haben etc. Die Aktionsarten und ihre Gruppierungen nach den abstrakten Merkmalen terminiert/aterminiert bilden jenen Analysebereich und sind diejenigen Begriffe, die bei der Lösung des noch immer aktuellen Problems, in welchem Verhältnis sich der Aspekt zur Lexik befindet, im Vordergrund stehen. 8

7

8

(mul'tiplikativnye) glagoly ν sovremennom russkom jazyke. Avtoieferat kand. diss., Novosibirsk, 1973; Fetiskina, M. D., Κ problème syjazi sposobov dejstvija i vidovoj sootnositel'nosti (Gruppirovka sposobov dejstvija so znaceniem intensivnosti). In: Funkcional'nyj analiz grammati?eskich kategorij, Leningrad, 1973, S. 7 1 - 9 0 Bondarko, Α. V., Kategorii i razrjady slavjanskoj funkcional'noj morfologii (morfologiceskie kategorii i leksiko-grammaticeskie razrjady). In: Slavjanskoe jazykoznanie. VII. mezdunaiodnyj s-ezd slavistov. Varsava, avgust 1973 g. Doklady sovetskoj delegacii, Moskva, 1973, S. 4 2 - 6 2 . vgl. zu dieser Fragestellung eine der älteren Arbeiten von Ju. S. Maslov: Vid i

Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR Die Typen der Aspektkorrelationen

und die

127

Aspektkategorie

Es gibt folgende Haupttheorien von den Aspektkorrelationen: (1) Glieder der Aspektkorrelationen sind immer verschiedene Wörter 9 . Daraus wird gefolgert, daß der Verbalaspekt eine grammatische Kategorie klassifikatorischen Typs (lexikalisch-grammatische Kategorie) ist 1 0 . (2) Die Glieder der Aspektkorreklationen sind in jedem Fall Formen ein und desselben Wortes. Daraus ergibt sich, daß der Verbalaspekt eine grammatische Kategorie wortverändernden Typs ist. 11 (3) Als Formen e i n e s Wortes werden nur Korrelationsglieder vom Typ raskryt '.•/YKÄ;ryve?'(Imperfektivierung) akzeptiert; in den Fällen vom Typ pisat': napisat' wird entweder die Existenz eines Aspektpaares geleugnet 1 2 oder es wird für möglich gehalten, von Aspektpaaren zu reden, aber solchen, deren Glieder verschiedene Wörter sind. 1 3 Daraus ergeben sich unterschiedliche Schlußfolgerungen: 1. der Aspekt als Ganzes ist eine wortverändernde Kategorie. 14 2. der Aspekt ist eine Mischkategorie - z. T. eine wortverändernde, z. T. eine klassifizierende (ursprüngliche Auffassung des Verfassers) 15 leksiceskoe znacenie glagola ν sovremennom lusskom literaturnom jazyke. In: Izvestija otdelenija literatury i jazyka AN SSSR, T. 7,1948, vyp. 4, S. 303-316 9 Sovremenyj russkij jazyk. Morfologia. Moskva, 1952, S. 323 (Kapitel zum Verb, geschrieben von P. S. Kuznecov); Janko-Trinickaja, Ν. Α., Vozvratnye glagoly ν sovremennom russkom jazyke, Moskva, 1962, S. 5 - 2 1 10 vgl.: Grammatika . . . [4]*, S. 339; Avilova, N. S., Kategorija vida glagola ν ee otnosenii k slovoizmeneniju. In: Izvestija AN SSR, Serija literatury i jazyka, T. 31, 1972, vyp. 3, S. 264-271 *Hier und im weiteren werden Verweise auf schon erwähnte Arbeiten mit Hilfe von Zahlen in eckigen Klammern gegeben, die auf die entsprechenden Fußnoten hinweisen. 11 In letzter Zeit verteidigt diesen Standpunkt Α. N. Tichonov; vgl. seine Artikel: Cistovidovye pristavki ν sisteme russkogo ivovogo formoobrazovanija. In: Voprosy jazykoznanija, 1964, Nr. 1, S. 4 2 - 5 2 ; ïleny vidovych korreljacij - grammatiieskie formy odnogo slova. In: Filologiceskie nauki, 1965, Nr. 2, S. 93-104 12 vgl.: S. Karcevskij [aus dem Buch Sistema russkogo glagola]. In: Voprosy glagol'nogo vida (ed. Maslov, Ju. S.), Moskva, 1962, S. 222-230 13 Ju. S. Maslov betrachtet die Korrelationen des Typus pisat' - napisat', belet' - pöbelet' ais ungefähre Aspektpaare, die aus Verbalsynonymen bestehen; vgl. seinen Aufsatz: Zametiki o vidovoj defektivnosti (preimuscestvenno ν russkom i ν bolgarskom jazykach). In: Slavjanskaja filologija, Leningrad, 1964, S. 86 14 Ju. S. Maslov [2],S. 172 15 Α. V. Bondarko, L. L. Bulanin [3], S. 48. Ein ähnlicher Standpunkt wird in Smirnov, L. N., Glagol'noe vidoobrazovanie ν sovremennom slovackom literaturnom jazyke, Moskva, 1970, S. 19-22 vertreten.

128

Α. V. Bondarko

Wenden wir uns der ersteren zu: P. S. Kuznecov entwickelte, ausgehend von der Auffassung der verschiedenen Aspekte als verschiedene Wörter, einen wichtigen Grundsatz: „Die semantische Nähe allein reicht nicht aus, um verschiedene Bildungen auf ein Lexem zurückzuführen. Strukturell-grammatische Begründungen sind notwendig" 16 . Diese These wird folgendermaßen konkretisiert: „Jedes der Aspektpaarglieder bildet ein ganzes, ihm eigenes Formensystem (Tempora, Modi, Personen, Genera Verbi, Partizipien, Gerundien), ebenso wie jedes der beiden Verben die sich in lexikalischer Hinsicht zweifellos unterscheiden (ζ. B. nesti:prinesti), ein solches bildet". 17 Diese Konkretisierung der These Kuznecovs wurde unserer Ansicht nach zu Recht von Ju. S. Maslov kritisiert: „Jede beliebige Verbalbasis bildet natürlich ein .ganzes, ihr eigenes Formensystem', ebenso wie das Substantiv sowohl im Singular als im Plural alle einer bestimmten Sprache eigenen Kasusformen besitzt. Daß beispielsweise Genitiv und Dativ im Russischen sowohl im Singular als auch im Plural gebildet werden und bei den Singularia tantum genauso wie bei den normalen Substantiven im Singular (z. B. muzestva, muzestvu wie stola, stolu) wie auch bei den Pluralia tantum und den normalen Substantiven im Plural (stanov, itanam wie stolov, stolam) auftreten, ist kein Grund, stol und stoly für verschiedene Wörter zu halten. Weshalb aber sollten wir an das Verb ein anderes Maß anlegen?" 18 Argumente, die denen von Kuznecov teilweise entsprechen, sind in die Grammatik der modernen russischen Standardsprache von 1970 eingegangen: „Der Aspekt als grammatische Kategorie drückt sich nicht in den Formen ein und desselben Verbs aus, sondern in verschiedenen Verben. Das wird 1) dadurch unterstrichen, daß die Aspektpaare bildenden Suffixe und Präfixe nicht formenbildend sind; es handelt sich um wortbildende Morpheme (s. § 27), 2) Verben, die ein Aspektpaar bilden, unterschiedliche Konjugation und verschiedene Infinitive haben" 19 Diese Argumente überzeugen nicht ganz. In § 27, auf den sich der Verfasser bezieht, wird unter anderem davon gesprochen, daß die Suffixe im Russischen vorwiegend wortbildend sind, wortverändernd sind die Suffixe des Komparativs, der Vergangenheit, des Infinitivs, der Partizipien und der Gerundien. 20 So werden hier keinerlei Fakten angeführt, die dagegensprechen,

16 17 18 19 20

S o v r e m e n n y j russkij jazyk . . . [9], S. 323 eben d o r t Maslov, J u . S. [ 2 ] , S . 181 G r a m m a t i k a . . . [4], S. 3 3 9 eben d o r t , S. 32

Stand und Perspektiven der Aspektologie

in der UdSSR

129

daß die imperfektivierenden Suffixe als wortverändernd zu bewerten sind. Es wird lediglich ein Verzeichnis von Bildungen von wortverändernden Suffixen gegeben, ohne Berücksichtigung der Aspektsuffixe. Unserer Ansicht nach besitzen die imperfektivierenden Suffixe, insofern sie regulär den imperfektiven Aspekt vom perfektiven bilden, lediglich eine grammatische Funktion und können ohne weiteres als wortverändernde Suffixe definiert werden. Der Hinweis darauf, daß die ein Aspektpaar bildenden Verben unterschiedliche Konjugationsformen und unterschiedliche Infinitive besitzen, ist unseres Erachtens ebenfalls nicht überzeugend genug. Wenn wir Ju. S. Maslov folgen und uns der Numeruskategorie bei den Substantiven zuwenden, stellen wir fest, daß die Substantive im Singular und Plural (plod-plody) verschiedene Deklinationsformen besitzen. Dies hindert aber Forscher, die wortverändernde und klassifizierende Kategorien unterscheiden, nicht daran, den Numerus als wortverändernde Kategorie zu werten (wenn versucht wird, den Numerus der Substantive als klassifizierende Kategorie aufzufassen, wird auf andere Fakten rekurriert — vor allem auf die Fälle lexikalischer Nichtkorrelation). Indikativ, Imperativ und Konjunktiv des Verbs werden gelegentlich als unterschiedliche Konjugationsformen angesehen, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Veränderung des Verbs nach Tempus, Person und Genus. Dies hat jedoch keinen Einfluß darauf, den Modus als wortverändernde Kategorie zu betrachten. Überhaupt widerspricht die Tatsache, daß unterschiedliche Aspekte unterschiedliche Konjugationsformen (unter dem Gesichtspunkt der Verbveränderung nach den Tempora, der Zugehörigkeit zur 1. oder 2. Konjugation, zu einer bestimmten Verbalklasse) und unterschiedliche Infinitive besitzen, unserer Ansicht nach nicht prinzipiell einer Bewertung verschiedener Aspekte (wir verstehen darunter den Korrelationstyp raskazat':raskazyvatr) als Formen e i n e s Wortes. Sowohl verschiedene Wörter als auch verschiedene Formen eines Wortes können unterschiedliche Konjugationsformen besitzen. Wenn die weiter oben angeführte Theorie die lexiko-semantische Identität der Aspektglieder für nicht ausreichend hält, um sie als Formen e i n e s Wortes zu akzeptieren, und die Bedeutung der strukturell-grammatischen Kriterien unterstreicht, dann betont die zweite Theorie, die die verschiedenen Aspekte als Formen eines Wortes behandelt, die lexiko-semantische Identität der Verben von Aspektpaaren. Gemeinsam ist beiden Theorien, auch wenn sie in ihren Endresultaten diametral entgegengesetzt sind, daß sie Aspektpaare und Aspektkategorie unabhängig von den Unterschieden, die zwischen den Imperfektivierungs- und Perfektivierungsprozessen existieren, bewerten. Die dritte Theorie basiert auf den Unterschieden zwischen den aufgezeigten

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Prozessen vor allem unter dem Gesichtspunkt jenes allgemeinen strukturellen grammatischen Prinzips von P. S. Kuznecov. Innerhalb der vorliegenden Theorie erhält dieses Prinzip jedoch eine völlig andere Interpretation. Ju. S. Maslov schreibt: „ . . . im Fallperepisat' - perepisyvat' liegt nicht nur „semantische Nähe" vor, sondern genauer: Identität der lexikalischen Bedeutungen, gleichzeitig sind aber alle Voraussetzungen einer „strukturell-grammatischen Klasse" gegeben, um von den Formen eines Verbs zu sprechen (grammatische „Regularität" der Form perepisyvat'). Umgekehrt ist in den Fällen vom Typ pisat' - napisat' lediglich die „semantische Nähe" gegeben und keinerlei grammatische „Regularität" zu beobachten. Deshalb sprechen wir in diesen Fällen auch nicht von Formen eines Wortes, sondern von nahen Synonymen." 2 1 Diese Auffassung scheint richtig zu sein. Wie bereits gesagt, werden unterschiedliche Schlußfolgerungen gezogen, wenn man zwischen Aspektpaaren, die ein Resultat der Imperfektivierungsbzw. Perfektivierungsprozesse sind, prinzipiell unterscheidet. Ju. S. Maslov verteidigt seine Schlußfolgerung von dem wortverändernden Charakter der Aspektkategorie folgendermaßen. Wenn in den Fällen vom Typ sdut' — sduvat', opisat' — opisyvat', resit' - resat' usw. „der Aspekt als Kategorie auftritt, die eine grammatische Opposition innerhalb einer lexikalischen Bedeutung schafft, d.h. als Wortveränderungskategorie, dann handelt es sich ganz allgemein und prinzipiell um eine derartige Kategorie." 22 Jene Fälle jedoch, in denen irgendeine lexikalische Bedeutung in beiden Aspekten realisiert werden kann, sind folglich Beispiele für Defektivität. Sogar die relativ zahlreichen Verben der perfectiva und imperfectiva tantum widersprechen dem wortverändernden Charakter der Aspektkategorie nicht, sondern beweisen nur, daß diese Kategorie von der Lexik nicht völlig unabhängig ist. 23 Unserer Ansicht nach sind die Unterschiede zwischen dem Imperfektivierungs- und Perfektivierungsprozeß nicht nur für die Behandlung der Aspektpaare, sondern auch für die Charakterisierung der Aspektkategorie insgesamt wesentlich. Diese Charakterisierung erhalten wir, indem wir die morphologischen Kategorien nach dem Merkmal der Korrelativität klassifizieren. Nach diesem Merkmal können die morphologischen Kategorien in drei Typen unterteilt werden: (1) Kategorien, die durchgehend durch die korrelierenden Formen ein und desselben Wortes repräsentiert werden — durchgehend korrelativ (Modus, Teiripus, Person, Numerus, Genus Verbi, Kasus der Substantive und anderer Wortarten und Genus, Numerus der Adjektive); (2) Kategorien, die 21 Maslov, Ju. S., [2], S. 181 22 Maslov, Ju. S., [2], S. 172 23 eben dort

Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR

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korrelierende Formen e i n e s Wortes vorweisen, gleichzeitig aber auch durch Formen verschiedener Wörter repräsentiert werden — nicht durchgehend korrelativ (Aspekt, Genus Verbi, Numerus der Substantive, Steigerungsformen der Adjektive und Adverbien); (3) Kategorien, die keine korrelierenden Formen eines Wortes vorweisen können, d.h. die immer von Formen verschiedener Wörter repräsentiert werden — nicht korrelativ (Genus der Substantive, Person der Pronomen). Für die nicht durchgehend korrelativen Kategorien ist es charakteristisch, daß die Paradigmata derartiger Kategorien in hohem Maß von der Lexik abhängig sind. In den Kategorien Aspekt und Genus Verbi werden zwei Arten von Beziehungen zwischen den Formen, die eine Grammemopposition darstellen, repräsentiert: 1) der grammatisch reguläre Typ, bei dem die Formen ein und desselben Worts auftreten (vgl. Aspektpaare vom Typ zakryt' - zakryvat', die ein Imperfektivierungsergebnis sind, Genusverbi-Paare vom Typ zakryl byl zakryt; zakryvajus&j - zakryvaemyj, Resultat einer Partizipialpassivierung; 2) der nichtreguläre Typ, bei dem man von verschiedenen Wörtern sprechen kann (vgl. die Aspektpaare vom Typ stavit' - postavit', die das Ergebnis einer Perfektivierung sind und die vom Typ zakryvat' - zakryvat'sja, die aus einer reflexiven Passivbildung resultieren. Die Besonderheiten dieser Klassifikation hängen von der Spezifik der Aspekt- und Genusverbi-Kategorie in den slavischen Sprachen ab, d.h. von Kategorien, die sich nicht in den Rahmen der Opposition von wortverändernd und klassifizierend einordnen lassen. Es ist nicht überzeugend, die Aspektund Genusverbikategorie als wortverändernden Typ anzusehen, weil diese Kategorien (wenn man all ihre Erscheinungsformen betrachtet) nicht mit den Kategorien Modus, Tempus, Person, Kasus usw. gleichgesetzt werden können, da diese in allen Aspekten der Formenbildung eine Wortveränderung aufweisen — eine reguläre und durchgehende Veränderung der grammatischen Formen unter Bewahrung der Wortidentität. Werden die angeführten Kategorien dem klassifikatorischen Typ zugerechnet, bilden sie eine Gruppe mit dem Genus der Substantive; übrigens unterscheidet die mögliche Korrelativität unterschiedlicher Aspekte und Genera Verbi bei gleichzeitig identischer lexikalischer Bedeutung dieser Kategorien deutlich vom Genus der Substantive. Aspekt und Genus Verbi (aber auch der Numerus der Substantive, die Komparationsgrade von Adjektiv und Adverb) sind Kategorien, die im Russischen und anderen slavischen Sprachen eine derartige qualitative Spezifik besitzen, daß (hinsichtlich dieser Sprachen) ein besonderer Typ von

Α. V. Bondarko

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morphologischen Kategorien eingerichtet und gleichzeitig die gesamte Klassifikation geändert werden muß. 2 4 Die weitere Untersuchung des Aspekts als grammatischer Kategorie muß u.a. darauf eingehen, wie sich die oben genannte Charakteristik des Aspekts zu den anderen Merkmalen dieser Kategorie verhält. Es geht dabei um Merkmale wie: (1) Derivationstyp (nicht alternativ wie bei einer Reihe anderer Kategorien) der Beziehung zwischen Wortformen verschiedener Aspekte, (2) syntagmatische Bedeutung (wir rechnen diesen Typ zu den syntagmatisch schwachen Kategorien), (3) syntaktische Bedeutung (u.E. gehört der Aspekt zu den Kategorien mit veränderlicher syntaktischer Bedeutung), (4) Rolle des Aspekts bei der Aktualisierung des Satzes — Übermittlung des Verhältnisses von Satzinhalt und Wirklichkeit vom Standpunkt des Sprechenden (dazu gehört das mit dem Aspekt verbundene Merkmal der Konkretheit/Abstraktheit einer Handlung, Lokalisierung/Nichtlokalisierung in der Zeit), (5) die Korrelation von reflektierenden und interpretierenden Elementen in der Aspektsemantik. Es ist eine systemhafte ganzheitliche Charakteristik der grammatischen Aspektkategorie notwendig, die die Verbindungen zwischen den einzelnen Merkmalen aufdeckt. Wichtig ist die Untersuchungen der funktionalen und paradigmatischen Verbindungen des Aspekts mit anderen grammatischen Kategorien.

Bedeutung und Funktionieren

der

Aspekte

In der heutigen Grammatikliteratur werden in etwa folgende Standpunkte vertreten (bei der Definition der Bedeutungen spielt der perfektive Aspekt gewöhnlich die fuhrende Rolle, da der imperfektive Aspekt, als vom perfektiven abgeleitet, gewöhnlich eine neutrale oder Nullcharakteristik erhält): (1) die Bedeutung des perfektiven Aspekts wird als resultativ definiert; 2 5 (2) seine Bedeutung wird als innere Begrenztheit der Handlungen verstanden 2 6 ; (3) die Bedeutung wird als unteilbare Ganzheit der Handlung qualifiziert 2 7 ; (4) der Verfasser selbst definiert den Inhalt von perfektivem und imperfekti24 Ausführlicher s. Bondarko, Α. V., Formoobrazovanie, slovoizmenenie i klassifikacija morfologiceskich katcgoiij (Na materiale russkogo jazyka). In: Voprosy jazykoznanija, 1974, Nr. 2, S. 3 - 1 4 25 Mucnik, I. P., Grammaticeskie kategorii glagola i imeni ν sovremennom russkom literaturnom jazyke, Moskva, 1968, S. 1 0 0 - 1 0 4 26 vgl. ζ. Β.: Vinogradov, V. V., Russkij jazyk (grammaticeskoe ucenie o slove), Moskva, 1972, S. 3 9 3 - 3 9 4 ; Grammatika ... [4], S. 337 27 Maslov, Ju. S., [2], S. 3 0 7 - 3 1 2

Stand und Perspektiven der Aspektoìogie in der UdSSR

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vem Aspekt aufgrund mehrerer distinktiver semantischer Merkmale — Ganzheitlichkeit, Prozeßhaftigkeit, Dauer, zeitliche Lokalisierung der Handlung 2 8 . Die Definitionen (1) und (2) haben wir bereits kritisch bewertet. 2 9 Die Definition (3) ist zutreffend, spiegelt aber nur eine Seite des Inhalts der Aspekte wider. Die von uns vorgeschlagene Definition geht auf die Komponentenanalyse zurück, wobei die Verbindbarkeit der Aspektformen mit bestimmten Worttypen, die sich gegenüber dem perfektiven Aspekt unterscheiden, berücksichtigt wird. Bezüglich der Semantik des perfektiven und imperfektiven Aspekts interessiert uns ihre Dominante (ihr Kern). Diese Dominante besteht darin, daß der perfektive Aspekt die Handlung in ihrer Ganzheit und nicht in ihrem Verlauf ausdrückt, während der imperfektive Aspekt, der über dieses Merkmal nicht verfügt, die Handlung als Prozeß ausdrücken kann. Neben der allgemeinen kategorialen Bedeutung der Aspekte, die die Dominante ihres Inhalts ist, spielen auch die sog. partiellen Aspektbedeutungen eine wichtige Rolle. Ihre Erforschung ist nicht nur von theoretischem, sondern auch von unterrichtspraktischem Interesse, besonders für Ausländer, die Russisch oder andere slavische Sprachen lernen. Es geht hier um die Bedeutungen des perfektiven und imperfektiven Aspekts unter den verschiedenen Verwendungsbedingungen, um Positions-(Kontext-)varianten oder Nuancen der kategorialen Bedeutung der Aspekte 3 0 . Wichtig für die Untersuchung der einzelnen Aspektbedeutungen (wir lassen terminologische Unterschiede außer acht) waren die Arbeiten B.N. Golovins 3 1 . Sehr detailliert wurde dieses Problem von Maslov am Material des Bulgarischen ausgearbeitet. 3 2 Ausgehend von der Konzeption Ju. S. Maslovs (mit einigen Änderungen und Ergänzungen) haben wir die einzelnen Aspektbedeutungen im Russischen, einschließlich der sogenannten Aspektkonkurrenz, beschrieben. 33 Beim perfektiven Aspekt sind folgende Teilbedeutungen zu unterscheiden: 28 Bondarko, A. V., Vid i vremja russkogo glagola (znacenie i upotreblenie), Moskva, 1971, S. 1 0 - 2 1 29 vgl. z.B.: Bondaiko, A. V., Bulanin, L. L., [3], S. 3 0 - 3 1 ; Bondarko, A. V., Vidy glagola i sposoby dejstvija ν russkom jazyke. In: Russkij jazyk ν nacional'noj Skole, 1971 Nr. 2, S. 1 2 - 1 3 30 Maslov, Ju. S., [ l ] , S. 6 8 - 7 0 31 Golovin, Β. Ν., O vidovych i vnutrividovych grammaticeskich znacenijach sovremennych russkich glagolov. In: Ucenye zapiski Vologodskogo pedagogiceskogo instituta, T. 7, 1950, S. 2 4 9 - 2 8 7 ; derselbe, O piistavocnych foimach vyrazenija vnutrividovych znacenij ν sovremennom russkom glagole. In: Ucenye zapiski Moskovskogo gosudarstvennogo pedagogiceskogo instituta im. V. I. Lenina, T. 64. Kafedrarusskogo jazyka, vyp. 3 , 1 9 5 2 , S. 3 7 - 7 6 32 Maslov, Ju. S., [2], S. 2 3 1 - 2 3 6 , 2 3 9 - 2 4 5 , 2 5 1 - 2 7 1 , 3 0 7 - 3 1 2 33 Bondaiko, Α. V., Bulanin, L. L., [3], S. 5 2 - 6 1 ; Bondaiko, Α. V. [28], S. 21:42

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1. konkret-faktisch ( G r u n d b e d e u t u n g ) , 2. anschaulich-beispielhaft, 3. potentiell, 4. summarisch. Der imperfektive Aspekt hat folgende Teilbedeutungen: 1. k o n k r e t - p r o z e ß h a f t , 2. unbegrenzt-iterativ, 3. generalisierend-faktisch, 4. kontinuierlich-durativ, 5. potentiell-qualitativ, 6. begrenzt-iterativ. In der Hierarchie dieser Bedeutungen n e h m e n die Bedeutungen 1. u n d 2. die höchste Position ein. Die einzelnen Aspektbedeutungen im Sinne der Maslovschen Konzeption wurden speziell für den Fremdsprachenunterricht bei Nichtrussen ausgearbeitet u n d interpretiert. 3 4 Die Leningrader aspektologische Schule verwendet bei der funktionellen Analyse eine Reihe von Begriffen, die ihre wesentlichsten Positionen bestimmen. Dazu gehören solche wie Situationstyp (eingeführt von E. Koschmieder) und die Zeitkorrelation von Handlungen innerhalb einer Situation (ein Terminus, der von J u . S. Maslov u n d anderen Aspektologen verwendet wird). Wir benutzen einen anderen, allerdings mit dem oben angeführten verbundenen Begriff, den T y p des Aspektkontextes. Es handelt sich u m den T y p der Korrelation von Handlungen, der durch V e r b f o r m e n in Verbindung mit anderen lexikalischen u n d syntaktischen Elementen des K o n t e x t e s , die das Funktionieren des Aspektes beeinflussen, ausgedrückt wird, z.B.: „N solange nicht S " — „Dauer — Eintritt eines F a k t u m s als Grenze der D a u e r ! " Dieser Terminus erfordert keine Untersuchung u n d Klassifikation außersprachlicher Situationen, sondern er verlangt die Untersuchung und Klassifikation deren sprachlichen Ausdrucks innerhalb systematischer, sich regelmäßig wiederholender Kontextbedingungen. Die Typen des A s p e k t k o n t e x t e s können als Varianten des von uns eingeführten weitgefaßten Begriffes ,,Typ des grammatisch bedeutungsvollen K o n t e x t e s " aufgefaßt werden, d. h. eines K o n t e x t e s , der grammatische und lexikalische Elemente enthält, die für einen bestimmten T y p der grammatischen Semantik relevant sind. Ein weiterer wichtiger Begriff ist die zeitliche (oder modal-zeitliche) Ebene. 3 5 Es handelt sich u m Positionen besonderer Art, in denen die Aspektopposition unterschiedlich realisiert wird (beispielsweise sich als nicht möglich erweist). Vgl. ζ. B. solche Zeitebenen wie die Vergangenheit einer konkreten einmaligen Handlung u n d die einer sich wiederholenden u n d üblichen

34 Rassudova, O. P., Upotreblenie vidov glagola ν russkom j a z y k e , Moskva, 1 9 6 8 ; vgl. Spagis, Α . Α., Obrazovanie i upotreblenie vidov glagola ν russkom j a z y k e , Moskva, 1961 35 Terminus und Begriff werden eingeführt v o n Bondarko, Α. V . , Opyt obscej Charakteristik) v i d o v o g o protivopostavlenija russkogo glagola. In: U c e n y e zapiski Instituía slavjanovedenija A N S S S R , T. 2 3 , Moskva, 1 9 6 2 , S. 1 8 4 - 2 0 2

Stand und Perspektiven der Aspektologie in der UdSSR

135

Handlung, die präsentisch-aktuelle und die präsentisch-nichtaktuelle Handlung. Die oben angeführten Termini und Begriffe sind nicht nur für die Analyse der Aspektfunktion bei vorhandenen formalen Indikatoren der Aspektzugehörigkeit wesentlich, sondern auch für die Analyse des Gebrauchs von doppelaspektigen Verben. 3 6 Wollen wir Bedeutung und Funktionieren der Aspekte im Russischen oder in anderen slavischen Sprachen untersuchen, so sind folgende Aufgaben zu lösen: (1) es muß untersucht werden, wie die Realisierung einzelner Aspektbedeutungen mit den Aktionsarten verbunden ist (2) es müssen die fließenden Übergänge zwischen einzelnen Aspektbedeutungen, die Vermischungen (Überlagerungen) von zwei und mehr Bedeutungen in einem bestimmten Text untersucht werden (3) die Aspektkonkurrenz in allen Formen und in allen Positionen ist zu analysieren (4) das System der Variierungsmöglichkeiten einzelner Aspektbedeutungen ist zu definieren und ihre kontextuellen und lexikalischen Bedingungen sind zu präzisieren (5) die Typen des Aspektkontextes und ihre Varianten in allen Positionen sind zu beschreiben (6) das gesamte System der zeitlichen und modal-zeitlichen Ebenen in ihrem Verhältnis zum Aspekt sind zu untersuchen (7) die Besonderheiten des Funktionierens der Aspekte in Negationskonstruktionen muß erforscht werden (8) die Verbindbarkeit von Aspekten mit aspektual bedeutungstragenden Elementen muß untersucht werden 3 7 (9) die Gesetzmäßigkeiten des Funktionierens von Aspekten im kohärenten Text (außerhalb der Satzgrenzen und des komplexen syntaktischen Ganzen) muß betrachtet werden

36 Siehe Birjukova, L. P., Funkcionirovanie dvuvidovych glagolov ν sovremennom russkom jazyke. Avtoreferat kand. diss., Leningrad, 1973 37 Siehe Anikina, Α. Β., O socetaemosti glagolov nesoversennogo i soversennogo vida s narecijami i drugimi leksiceskimi edinicami, charakterizujuscimi sposob desjstvija. Avtoreferat kand. diss., Moskva, 1964; Bojko, Α. Α., Socetanija s infinitivom nesoversennogo vida ν sovremennom russkom jazyke, Leningrad, 1973

Α. V. Bondarko

136 Der Begriff der

Aspektualität

Die Erforschung der Wechselwirkung zwischen der grammatischen Aspektkategorie, den Aktionsarten und anderen sprachlichen Mitteln zum Ausdruck des Handlungsverlaufes macht es notwendig, den Begriff der Aspektualität einzuführen und zu begründen. Dieser Begriff (er ist nach dem Vorbild ,Modalität' konstruiert,...) wurde vom Verfasser seit 1966 in einer Reihe von Arbeiten verwendet und interpretiert. 38 Unter Aspektualität verstehen wir ein funktional-semantisches Feld, das nicht nur den Aspekt (grammatisches Zentrum, Kern eines gegebenen Feldes) umfaßt, sondern auch andere Ausdrucksmittel für den Handlungsverlauf — Aktionsarten, nichtverbale lexikalische Mittel vom Typ dolgo, ves'den', inogda, casto usw. und syntaktische Mittel (z. B. die sich wiederholende Konjunktion to im Fall von Ogonek to vspychnet, to pogasnet)39. Wesentliche Gedanken zur Aspektualität, insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer typologischen und vergleichenden Sprachuntersuchung, äußerte Ju. S. Maslov in einem seiner Artikel. 40 Hier werden Konstruktionsprinzipien für einige universale Komponenten der Aspektualität dargestellt, die für das Funktionieren der grammatischen Kategorie des perfektiven/imperfektiven Aspekts in den slavischen Sprachen relevant sind. Der Verfasser unterscheidet zwischen der „qualitativen" und „quantitativen" Aspektualität. Es werden solche semantischen Elemente der qualitativen Aspektualität wie Handlung/Nichthandlung (Zustand, statisches Verhältnis), innerhalb der Handlungen — Termination — Erreichen/Nichterreichen der Grenze — hervorgehoben und analysiert. Die Zustände werden unterteilt in „Primär-" oder „Einfachzustände" und „Sekundärzustände" oder Zustände als Handlungsresultat. Diese semantischen Aspektmerkmale korrelieren mit den Formen des 38 vgl. z.B.: Bondarko, Α. V., O nekotorych tipach ivoljucii grammaticeskich kategorij ν ich otnosenii k kategorijam ponjatijnym. In: Materialy vescsojuznoj konf'erencii po obscemu jazykoznaniju „Osnovnye problemy èvoljucii jazyka", Samarkand 1966, S. 8 2 - 8 5 ; derselbe, Κ problematike funcional'no-semanticeskich kategorij (Glagol'nyj vid i „aspektual.nost' " ν russkom jazyke). In: Voprosy jazykoznanija, 1967, Nr. 2, S. 1 8 - 3 1 39 Zum Begriff des funktional-semantischen Feldes s.: Bondarko, Α. V., Grammaticeskaja kategorija i kontekst, Leningrad, 1971, S. 3 - 7 5 ; derselbe, Princip polja pri analize grammaticeskich kategorij. In: Proceedings of the Eleventh International Congress of Linguists, Bologna-Florence, Aug. 28 - Sept. 2, 1972, Vol. I. Bologna 1974 4 0 Maslov. Ju. S., Universal'nye semanticeskie k o m p o n e n t y ν soderzanii grammaticeskoj kategorii soversennogo/nesoversennogo vida. In: Sovetskoe slavjanovedenie, 1973, Nr. 4, S. 7 3 - 8 3

Stand und Perspektiven der Aspektologie

in der UdSSR

137

perfektiven und imperfektiven Aspekts. Es wurde gezeigt, daß zwischen den ausgesonderten Aspektbedeutungen und den Oppositionsgliedern des perfektiven/imperfektiven Aspekts eine bestimmte Verbindung besteht, daß aber eine Beziehung der eineindeutigen Korrelation, ein Isomorphismus zwischen den Oppositionen der semantischen Merkmale und der Opposition der grammatischen Aspektformen fehlt. In analoger Weise werden die semantischen Komponenten der „quantitativen" Aspektualität analysiert: die Bedeutungen der einmaligen, mehrmaligen, ständigen und andauernden Handlungen mit zusätzlichen Nuancen wie begrenzte und unbegrenzte Wiederholung, reguläre und nichtreguläre Wiederholung usw. Es wurden Grundregeln für die Korrelation zwischen diesen Merkmalen und den Aspektformen aufgestellt. In dem Artikel wird auch die Frage nach der Korrelation zwischen den universalen und nichtuniversalen (spezifischen, idioethnischen) Komponenten der Aspektsemantik gestellt. Der Begriff der Aspektualität kann bei der vergleichenden Sprachuntersuchung verwendet werden, besonders beim Vergleich der russischen und anderen slavischen Sprachen mit jenen, in denen die grammatische Aspektkategorie fehlt oder einen anderen Charakter hat (hinsichtlich der Bedeutung, der Struktur, dem Grad der Grammatikalisierung usw.). Dabei dient nicht nur das Feld der Aspektualität als Ganzes dem Vergleich, sondern auch einzelne funktional-semantische Mikrofelder (die speziell auf den semantischen Merkmalen und ihren Komplexen basieren, die im Slavischen als partielle Aspektbedeutungen auftreten). 41 Es scheint daß die vergleichende und typologische Aspektologie heute in der Lehre vom Verbalaspekt und von den anderen Komponenten der Aspektualität die perspektivenreichste ist. Untersuchungen auf diesem Gebiet können viel Neues für die slavische und die allgemeine Aspektologie erbringen. ***

In diesem Artikel konnten wir nicht allen Fragen der Aspektologie unsere Aufmerksamkeit widmen. Vor allem haben wir keine Arbeiten zum Problem der Entstehung und historischen Entwicklung der Aspektkategorie berücksichtigt. 42 Ebensowenig haben wir die Problematik des formalen Mechanismus des 41 vgl. z.B.: Nguen-Nam, Funkcionirovanie vidov russkogo glagola (castnye vidovye znacenija ν ramkach iz-javitel'nogo naklonenija) i aspektual'nost' vo v'etnamskom jazyke. Avtoreferat kand. diss., Leningrad, 1972 42 vgl. z.B.: Borodic, V. V., Κ voprosu o formirovanii soversennogo i nesoversennogo

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Aspektes erläutert. Wir erwähnen nur, daß für diesen Bereich der slavischen Aspektologie das Buch v o n Ju. S. Maslov große B e d e u t u n g hat, das der Aspektmorphologie im Bulgarischen g e w i d m e t ist. 4 3 In dieser Monographie wird eine detaillierte Beschreibung des S y s t e m s der m o r p h o l o g i s c h e n Ausdrucksmittel v o n A s p e k t b e d e u t u n g e n in der m o d e r n e n bulgarischen Standardsprache gegeben, und es werden die Gesetzmäßigkeiten zur Einteilung v o n Aspektbasen in die Gruppen der Perfectiva tantum, der Imperfectiva tantum u n d der doppelaspektigen Basen bestimmt. Der von Maslov eingeführte Begriff der Aspektbasis als der Teil des Verbums, der nach der Eliminierung aller Formenbildungsmorpheme außer d e m Imperfektivierungssuffix übrigbleibt, wird überzeugend argumentiert. Die Aspektbasis als materieller Träger der Aspektbedeutung ist ein Ausgangsbegriff, der eine strenge und vollständige Beschreibung der A s p e k t m o r p h o l o g i e gestattet. Diese Beschreibung basiert auf der Gesamtheit deutlich unterschiedener paradigmatischer, syntagmatischer und Basisbildungskriterien der Aspektzugehörigkeit von Verben. Im Bereich der formalen A s p e k t m o r p h o l o g i e ist o f f e n s i c h t l i c h eine Forschung unter A n w e n d u n g v o n Formalisierungsmethoden m ö g l i c h , die bei der Arbeit zur automatischen Übersetzung angewendet werden. Insgesamt verharrt die Aspektologie in der U d S S R in ihrer gegenwärtigen Entwicklungsetappe j e d o c h im R a h m e n der traditionellen und „klassischen strukturellen" (nicht strukturell-mathematischen) Sprachwissenschaft. vida ν slavijanskich jazykach. In: Voprosy jazykoznanija, 1953, Nr. 6, S. 6 8 - 8 6 ; Kuznecov, P. S., Κ voprosu o genezise vido-vremenych otnosenij drevnerusskogo jazyka. In: Trudy Instituía jazykoznanija, T. 2, Moskva, 1953, S. 2 2 0 - 2 5 3 ; derselbe, Ocerki istoriceskoj morfologii russkogo jazyka, Moskva, 1959, S. 1 7 2 - 2 6 6 ; derselbe, Ocerki po morfologii praslavjanskogo jazyka, Moskva, 1961, S. 1 0 3 - 1 4 4 ; Maslov, Ju. S., Roi' tak nazyvaemoj perfektivacii i imperfektivacii ν processe vozniknovenija slavjanskogo glagol'nogo vida. In: IV Mezdunarodnyj s-ezd slavistov. Doklady, Moskva, 1958; derselbe, Voprosy proischozdenija glagol'nogo vida na IV Mezdunarodnom s-ezde slavistov. In: Voprosy jazykoznanija, 1959, Nr. 2, S. 1 5 1 - 1 5 7 ; Cesko, Ε. V., Κ istorii slavjanskich glagol'nych vidov. Osnovy glasgolov dvizenija ν Zografskom kodekse. In: Ucenye zapiski Instituta slavjanovedenija AN SSSR, T. 3, 1951, S. 3 2 8 - 3 4 4 ; Bondarko, Α. V., Κ voprosu o sostojanii vidovoj differenciacii glagola ν drevnerusskom jazyke (formy tipa potecet', vnidet', potekla, voila ν geograficeskich opisanijach). In: Istoriceskaja grammatika i leksikologija russkogo jazyka. Materialy i issledovanija, Moskva, 1962, S. 7 6 - 8 4 ; derselbe, Κ opredeleniju vida bespristavocnych glagolov dvizenija ν drevnerusskom jazyke (v sopostavlenii s cesskim). In: Slavjanskaja filologija. Sbornik statej, Leningrad, 1969, S. 3 9 - 4 9 43 Maslov, Ju. S., Morfologija glagol'nogo vida ν sovremennom bolgarskom literaturnom jazyke, Moskva-Leningrad, 1963; von den anderen Arbeiten zur formalen Morphologie des Aspektes ist der Artikel von Venediktov, G. Κ., O morfologiceskich sredstvach imperfektivacii ν russkom jazyke. In: Voprosy jazykoznanija, 1961, Nr. 2, S. 8 8 - 9 6 wichtig.

Stand und Perspektiven der A spektologie in der UdSSR

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Es scheint, daß die Möglichkeiten der weiteren Entwicklung von Forschungen in dieser Richtung bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind. Das bei der Analyse der feinsten Nuancen aspektueller Semantik ausgearbeitete Verfahrenssystem kann in bestimmtem Maße auch außerhalb der Aspektologie angewendet werden, z.B. bei der Erforschung von Modalität und Personalität der Genus verbi-Bedeutungen, des Numerus usw. Die sich in vielen Hinsichten positiv entwickelnde Methodik der aspektologischen Analyse ist vor allem deshalb perspektivenreich, als sie auf die Erforschung gerade der grammatischen Semantik gerichtet ist. Diese Semantik kann unter Verwendung bestimmter Begriffe der tiefensemantischen Ebene analysiert werden, insbesondere basiert der Begriff der Aspektualität auf einer bestimmten semantischen Tiefenzone. Das unmittelbare Objekt der Analyse ist jedoch die Bedeutung, die zur Inhaltsebene einer gegebenen konkreten Sprache gehört, d.h. das, was als „Oberflächensemantik" bezeichnet werden kann. Die Aspektologie erforscht eben diese Semantik in reinster Form, mit besonderem Akzent auf den nichtuniversellen, ideoethnischen Elementen des sprachlichen Inhalts (im Unterschied zu der Redebedeutung, zu der Bedeutung der Aussage, zu der allgemeinen Semantik usw.). Gerade darin besteht die Spezifik der Aspektologie und ihre Bedeutung für die allgemeine G rammatiktheorie. (übersetzt von W. Jachnow)

ν

Boris Uspenskij, Viktor Zivov (Moskau) Sprach besch re i bung und sprachliche Universalien

0. Die einen Linguisten beschäftigen sich mit der Beschreibung konkreter Sprachen oder ihrer Entwicklung, die anderen mit dem (typologischen, arealen oder genetischen) Vergleich von Sprachen. Bei oberflächlicher Betrachtung scheint es, daß es sich, wenigstens was die Synchronie betrifft, um ganz unterschiedliche Studien handelt, die sich auf verschiedene Gebiete der Sprachwissenschaft beziehen. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu zeigen, wie und wodurch diese zwei Aspekte der Sprachforschung verbunden sind, wie diese Verbindung auf den verschiedenen Ebenen verwirklicht wird, angefangen bei der praktischen Arbeit des Linguisten bis hin zum gemeinsamen Ziel aller sprachwissenschaftlichen Untersuchungen. 0.1 Der praktische Aspekt der uns interessierenden Verbindung wird deutlich, sobald man über das vorliegende Phänomen nachdenkt. Eine Typologie, die mit einer kleinen Zahl von Sprachen operiert, ist wenig effektiv; die allgemeinen, in derartigen Untersuchungen enthaltenen Schlußfolgerungen zeugen häufig von falschen Vorstellungen des Linguisten von der Sprache, eben aufgrund der begrenzten Anzahl der Sprachen, die berücksichtigt werden. Die Zahl der Sprachen, von der aus man zuverlässige Schlußfolgerungen bei einer typologischen Untersuchung gewinnen und für die universale Bedeutung beansprucht werden kann, ist das Vielfache dessen, was ein einzelner Mensch zu beherrschen vermag. Deshalb basiert gegenwärtig jede typologische Untersuchung mehr oder minder auf Beschreibungen von Sprachen, die von anderen gemacht wurden, und dies o f t im Rahmen von sehr heterogenen Konzeptionen. Von daher wird deutlich, warum die Typologie von der konkreten Sprachbeschreibung abhängt ( . . . ) : e i n e r t y p o l o g i s c h e n U n t e r s u c h u n g k ö n n e n n u r s o l c h e P h ä n o m e n e u n t e r z o g e n w e r d e n , die a u s r e i c h e n d vollständig u n d a u s r e i c h e n d einheitlich für eine a u s r e i c h e n d große Anzahl von Sprachen beschrieben w u r d e n . Gleichzeitig existiert eine Abhängigkeit direkt entgegengesetzten Charakters und zwar: bei d e n k o n k r e t e n S p r a c h b e s c h r e i b u n g e n w i r d im Prinzip nur das fixiert, was dem Linguisten typologisch wesentlich e r s c h e i n t . Es ist also denkbar, daß der Linguist, der eine konrekte Sprache

Sprachbeschreibung

und sprachliche

Universalien

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beschreibt, sogar dann, wenn er keine deutliche Vorstellung von einer typologischen Untersuchung hat, sich auf seine typologische Erfahrung stützt, die natürlich auch eine Form von Typologisierung ist. Der Einfluß einer Typologisierung auf die Beschreibung konkreter Sprachen geht jedoch noch weiter, was offensichtlich wird, wenn wir den vorhandenen Isomorphismus der intersprachlichen und intrasprachlichen Methoden berücksichtigen (Uspenskij, 1965, 15—16). Diese Ähnlichkeit zwischen den intra- und interlinguistischen Methoden könnte zufällig sein oder keine Bedeutung haben, wenn sie sich nicht auf die Ähnlichkeit zwischen den interund intralinguistischen Beziehungen im sprachlichen Material selbst stützte, d.h. auf den Gegenstand selbst (dazu Ivanov, 1973,242-248). Insbesondere kann man vom Isomorphismus der Sprachsysteme einerseits und der Untersysteme einer einzelnen Sprache andererseits sprechen. So findet z.B. in den skandinavischen Sprachen bei der Opposition zwischen dem allgemeinen und dem sächlichen Genus ein Synkretismus der Genusoppositionen statt, die im Russischen in Form des masc., fem., und neutralen Geschlechtes vorhanden sind. Dieselben Wechselbeziehungen können auch innerhalb einer Sprache beobachtet werden. „Thus, in special subsystems of the Old Church Slavonic noun, existent in the forms of the plural and the dual, all possible binary oppositions of the masc., fem., and neuter genders are represented: in one subsystem masc. is opposed to non-masc., in another femin. is opposed to nonfemin. and finally, in a third neuter to non-neuter; in this respect different subsystems that are realized in Old Church Slavonic are in correspondence with representatives of various types of languages possessing a two-gender segmentation (cf. Gondi as an example of a language in which the masc. and non-masc. genders are in opposition, Hausa with its opposition of the femin. and non-femin. genders and Hittite that distinguishes the neuter from the non-neuter gender)" (Uspensky, 1972, 54-55). Eine derartige Ähnlichkeit zweier Ebenen ist besonders wesentlich, um das Funktionieren von Sprache in jenen Fällen zu verstehen, wenn es um die Ähnlichkeit der inter- und intralinguistischen Hierarchien sprachlicher Einheiten geht. So ist z.B. bekannt, daß das Vorhandensein von initialen Geräuschlautgruppen, die sich hinsichtlich der Stimmhaftigkeit unterscheiden, Verbindungen der Art „stimmhafter Geräuschlaut + stimmhafter Geräuschlaut" verlangt, was seinerseits Verbindungen von Typ „stimmloser Laut + stimmloser Laut" voraussetzt (s. Grinberg, 1964, 48,54). Diese intersprachliche Hierarchie findet sich entsprechend in den innersprachlichen (in den Gruppen jedes dieser Typen, in den mannigfaltigen Verbindungsformen innerhalb jedes dieser Typen usw.), (vgl. dazu ausführlicher Zivov, 1975, s. auch weiter unten).

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Β. Uspenskij,

V. ¡fcivov

Wenn wir diese Korrelation im Auge haben, können wir von „Typologie" innerhalb einer Sprache als von einer bestimmten Methode der Sprachbeschreibung sprechen. Eine derartige Ähnlichkeit zwischen Inter- und Intralinguistischem (bei der Untersuchungsmethode und beim Gegenstand selbst) bedingt eine permanente Wechselwirkung zwischen den typologischen und den konkretsprachlichen Untersuchungen. Als Ergebnis dieser Wechselwirkung entstehen die Vorstellungen von typologisch Bedeutsamem, Vorstellungen, die wie wir oben behaupteten, die Gesamtheit jener bei der Beschreibung einer konkreten Sprache vom Linguisten fixierten Momente bestimmen. Man kann sagen, daß im Endeffekt gerade die Typologisierung jenen Fragenkatalog bestimmt, den der Linguist bei der Sprachbeschreibung an die Sprache heranträgt. 0.2. Wir haben also zwei Thesen entwickelt. In der einen wird gesagt, daß die typologische Untersuchung von der Beschreibung konkreter Sprachen abhängt, daß die Typologisierung eines beliebigen Phänomens ein umfangreiches Material von unter einem bestimmten Aspekt beschriebenen Sprachen voraussetzt, wobei solche Beschreibungen hinreichend vollständig und gleichzeitig „übersetzbar" sein sollten, und zwar mit Hilfe von gegenseitig austauschbaren Termini. In der anderen These wird behauptet, daß die Beschreibung konkreter Sprachen von der Typologisierung abhängt. Es wird lediglich das beschrieben, was typologisch wesentlich ist. Die Erklärung dessen, was gerade typologisch relevant ist, basiert auf einer (wenn auch verdeckten) typologischen Erforschung der entsprechenden Phänomene. Nur die Typologisierung gestattet uns zu erkennen, daß es nötig ist, eine gegebene Erscheinung zu beschreiben, bzw. diese überhaupt zu erkennen. So muß ein beliebiges Phänomen, um beschrieben werden zu können, typologisch untersucht werden. Dafür ist aber die Beschreibung dieses Phänomens in den konkreten Sprachen notwendig. Es ist offensichtlich, daß die hier angesprochenen Thesen einander widersprechen, sie führen die linguistische Untersuchung in einen circulus vitiosus. Es ist klar, daß der auf diese Weise aufgezeigte Widerspruch nicht allein rein praktischen Charakter hat, daß es durchaus nicht nur darum geht, wie die Grammatik konkreter Sprachen beasi geschrieben wird oder wie die Objekte einer typologischen Untersuchung auszuwählen sind. Der oben aufgezeigte circulus vitiosus bezieht sich nicht auf Beschreibungsprobleme, sondern auf unsere eigene Spracherkenntnis. 1 Somit ist unser Pro1

Auf einen solchen circulus vitiosus wurde bereits häufig in den verschiedenen Arbeiten zur Gnoseologie hingewiesen (z.B. Kogen, Cassierer oder Husserl), angefangen bei Hegel, der über die Methode der Ausführung schrieb:

Sprachbeschreibung und sprachliche Universalien

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blem ein Problem der Sprachtheorie. Gleichzeitig zeigt uns alles, was weiter oben über die konkreten Sprachbeschreibungen und die typologischen Untersuchungen gesagt wurde, daß dieses Problem die gesamte Praxis der linguistischen Arbeit durchzieht und daß es sich keinesfalls um eine spekulative Frage handelt. Die ganze weitere Darstellung wird der Erklärung der verschiedenartigen Aspekte des aufgezeigten Problems, der Betrachtung der verschiedenen Manifestationen des oben beschriebenen circulus vitiosus und der Suche nach einem Ausweg aus ihm gewidment sein. 1. Wir zeigten auf, daß bei den Beschreibungen nur das fixiert wird, was sich als typologisch wesentlich erweist. Für die weiteren Erörterungen wäre es wichtig zu klären, was man unter „typologisch wesentlich" versteht, wodurch sich typologisch Wesentliches von typologisch Nichtwesentlichem unterscheidet. Es ist klar, daß nur das typologisch wesentlich sein kann, was in den einen Sprachen vorhanden ist, in anderen aber fehlt, das heißt das, was in der Sprache nicht als selbstverständlich erscheint. Dieser Umstand reicht jedoch noch nicht aus, um typologisch Wesentliches von Nichtwesentlichem zu unterscheiden. So beginnt ζ. B. durchaus nicht in allen Sprachen das Personalpronomen der 2. Pers. Sg. mit einem Vorderzungenkonsonanten, es ist allerdings relativ klar, daß diese Tatsache nicht typologisch bedeutsam ist. Im Walapai gibt es ein spezifisches allophonisches Vokalvariieren, weil die Sprachträger beim Sprechen mit den Lippen gestikulieren (siehe Redden, 1966, 16). Obwohl eine derartige Variierung unikal ist, wird sie wohl kaum jemand fur ein bedeutsames typologisches Charakteristikum der Sprache halten.

„Diese Darstellung als ein Verhalten der Wissenschaft zu dem erscheinenden Wissen und als Untersuchung und Prüfung der Realität des Erkennens vorgestellt, scheint nicht ohne irgend eine Voraussetzung, die als Maßstab zugrunde gelegt wird, stattfinden zu können. Denn die Prüfung besteht in dem Anlegen eines angenommenen Maßstabes, und in der sich ergebenden Gleichheit oder Ungleichheit dessen, was geprüft wird, mit ihm, die Entscheidung, ob es richtig oder unrichtig ist; und der Maßstab überhaupt, und ebenso die Wissenschaft, wenn sie der Maßstab wäre, ist dabei als das Wesen oder als das Ansich angenommen. Aber hier, wo die Wissenschaft erst auftritt, hat weder sie selbst, noch was es sei, sich als das Wesen oder als das Ansich gerechtfertigt; und ohne ein solches scheint keine Prüfung stattfinden zu können" (1921,58-59). Die Fixierung dieses circulus vitiosus diente als Ausgangspunkt für verschiedene gnoseologische Konstrukte. Natürlich hängt die Lösung der vorliegenden Frage in den konkreten Wissenschaften in bestimmter Weise mit ihrer allgemeinen logischphilosophischen Lösung zusammen. Gleichzeitig ist klar, daß die Untersuchung dieses Problems inbezug auf die Sprache spezifische Züge besitzt und einen speziellen linguistischen Apparat verlangt. Mit diesem speziellen Bereich begnügen wir uns auch.

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Β. Uspenskif, V. Zivov

Wenn wir die Unbestimmtheit dieses Ausdrucks in Rechnung stellen, können wir sagen, daß typologisch wesentlich nur das ist, was mit der allgemeinen Sprachstruktur verbunden ist, was als Kriterium zur inhaltlichen Klassifizierung von Sprachstrukturen dienen kann. Es ist klar, daß bei einem Element dann und nur dann eine Verbindung mit der Sprachstruktur oder die Möglichkeit, eine bestimmte Sprachstruktur zu charakterisieren, vorhanden ist, wenn aus seinem Vorhandensein in der Sprache irgendwelche anderen Sprachcharakteristika geschlußfolgert werden können, nämlich die Existenz irgendeines Elements, das von dem untersuchten unterschieden ist. Daraus geht hervor, daß der Begriff des typologisch Wesentlichen präzisiert werden muß: typologisch wesentlich ist ein derartiges Sprachcharakteristikum, dessen Vorhandensein bestimmte universale Folgen in Bezug auf die Sprachstruktur hat. Technisch bedeutet das, daß für j e d e s ( t y p o l o g i s c h - s t r u k t u r e l l ) bed e u t s a m e S p r a c h c h a r a k t e r i s t i k u m im Prinzip ein implikatives Universale a n z u t r e f f e n ist, das einerseits auf die E x i s t e n z des gegebenen C h a r a k t e r i s t i k u m s h i n w e i s t , u n d aus dem die E x i s t e n z eines anderen Charakteristikums andererseits geschlußfolgert werden k a n n , das sich von dem g e g e b e n e n u n t e r s c h e i d e t . (In der Praxis hat der Linguist, wenn er behauptet, daß etwas typologisch wesentlich ist, nicht nur das im Auge, was zu diesem Zeitpunkt bekannt ist, sondern auch das, was als auffindbar gilt). Jedes implikative Universale korreliert mit einer bestimmten hierarchischen Klassifikation der Sprachen. Wenn wir behaupten, daß in einer Sprache die Genuskategorie die Numeruskategorie voraussetzt, aber nicht umgekehrt, klassifizieren wir gleichzeitig die Sprachen hinsichtlich der in ihnen vorhandenen Kategorien so, daß eine Klassifizierung nach dem Genus einer Klassifikation nach dem Numerus hierarchisch untergeordnet wird. Aus der angeführten Gesetzmäßigkeit ergibt sich auch, daß eine Klassifizierung nach der Genuskategorie inhaltlich ist, da sie die Vorhersage bestimmter anderer Eigenschaften (hier das Vorhandensein der Numeruskategorie) der klassifizierten Sprachen ermöglicht. Wir werden feststellen, daß dies im Prinzip bei jeder denkbaren typologischen Klassifizierung geschieht, auch bei den verschiedenen Versuchen der traditionellen morphologischen Klassifikation von Sprachen. Eine typologische Klassifizierung berücksichtigt in den meisten Fällen insgesamt höchstens einige (und oft nur ein einziges) Merkmale. Diese Merkmale werden jedoch so ausgewählt, daß mit ihnen der,Sprachtyp definiert wird. Was auch unter diesem Begriff verstanden wird, so wird doch immer vorausgesetzt, daß die Vorstellung von einem Sprachtyp es ermöglicht, gleichzeitig über viele seiner wechselseitig verbundenen Charakteristika zu sprechen.

Sprachbeschreibung

und sprachliche

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Welche Mängel die klassischen morphologischen Sprachklassifikationen auch haben mögen, die Klassifizierungen zielen immer auf die Bloßlegung eines gewissen Geistes der Sprache ab, was sich praktisch darin ausdrückte, daß aus den der Klassifikation zugrunde gelegten Sprachcharakteristika andere deduziert werden konnten. So bemerkt E. Sapir als er die Resultate seiner typologischen Klassifizierung zusammenfaßt: ,,We are here concerned with the most fundamental and generalized features of the spirit, the technique, and the degree of elaboration of a given language. Nevertheless, in numerous instances we may observe this highly suggestive and remarkable fact, that languages that fall into the same class have a way of paralleling each other in many details or in structural features not envisaged by the scheme of classification" (1921, 152). Es wird deutlich, daß im Lichte einer solchen Methode jede typologische Untersuchung zu einer Betrachtung von universalen Gesetzmäßigkeiten reduziert wird. Eine Klassifikation ist nur soweit sinnvoll, als in ihr einige implikative Universale angenommen werden, die als Voraussetzung die einer Klassifikation zugrundeliegenden Merkmale haben. Von daher wird es verständlich, warum in typologischer Hinsicht Bedeutsames als Universale definiert werden muß, gerade als Voraussetzung für ein potentielles implikatives Universale. 1.2. Also wird das beschrieben, was in typologischer Hinsicht bedeutsam ist; typologisch bedeutsam ist das, was ein beliebiges Universale bedingt. Folglich muß man, um definieren zu können, was in einer konkreten Sprache beschrieben werden soll, sich den Universalien zuwenden. Es ist jedoch klar, daß die Universalien nicht den konkreten Sprachbeschreibungen vorausgehen können, denn um Universalien festzustellen, muß man konkrete Sprachen untersuchen, d.h. wiederum beschreiben (in der einen oder anderen Form). Wir gelangen erneut in einen ciroulus vitiosus, der — lediglich in einer anderen Formulierung — das von uns bereits Erörterte wiederholt: Um C h a r a k t e r i s t i k a einer k o n k r e t e n S p r a c h e a u f z u z e i g e n u n d zu bes c h r e i b e n , sind Universalien n o t w e n d i g ; u m die für diese A u f g a b e n o t w e n d i g e n Universalien a u f z u z e i g e n , ist die B e s c h r e i b u n g k o n kreter Sprachen notwendig. Diese Überlegung ruft einen natürlichen Widerspruch hervor, der darin besteht, daß wir über eine bedeutende Anzahl von konkreten Sprachbeschreibungen verfügen, daß diese Beschreibungen unabhängig von typologischen Untersuchungen erfolgten (darunter auch solche vor Beginn irgendwelcher typologischer Untersuchungen in der Sprachwissenschaft), daß die Verschiedenartigkeit der in solchen Beschreibungen betrachteten Phänomene um vieles einen Universalienkatalog übersteigt, wie er bis heute aufgestellt wurde. So sehr dieser Widerspruch für die Praxis gelten mag, in einem absoluten Sinn

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Β. Uspenskij,

V. Zivov

erweist er sich als falsch. Es handelt sich darum, daß alle v o r h a n d e n e n Beschreibungen z w e i Charakteristika b e s i t z e n , die diese a b s o l u t g e s e h e n z u „ N i c h t - B e s c h r e i b u n g e n " m a c h e n — sie sind unvollständig u n d unzuverlässig. Tatsächlich stellt sich k e i n e der uns b e k a n n t e n S p r a c h b e s c h r e i b u n g e n die A u f g a b e , alle t y p o l o g i s c h w e s e n t l i c h e n S p r a c h p h ä n o m e n e u n d nur sie z u beschreiben. Die g e w ö h n l i c h e n Beschreibungsaufgaben h a b e n im Prinzip e i n e anderen Charakter. 2 Wenn wir die These de Saussures b e a c h t e n , daß alles in der Sprache verb u n d e n sei, d . h . j e d e s E l e m e n t durch seine B e z i e h u n g z u d e n anderen Elem e n t e n der Sprache definiert wird, k ö n n t e n wir sagen, daß absolut g e s e h e n jede U n v o l l s t ä n d i g k e i t in der B e s c h r e i b u n g eine völlige N i c h t b e s c h r i e b e n h e i t nach sich z i e h t . Andererseits würde u n s eine s o l c h e T h e s e dazu führen, daß wir w e d e r über die k o n k r e t e n Sprachen n o c h über Sprache überhaupt e t w a s 2

Diese Aufgaben können dreierlei Art sein: (a) Pragmatische Aufgaben, d.h. Zusammenstellen von Beschreibungen, nach denen man eine Sprache lernen kann. Selbstverständlich sind bei einer solchen Aufgabenstellung weder Vollständigkeit noch Zuverlässigkeit garantiert. Die Grammatik „ h i l f t " die Sprache zu erkennen, vermittelt aber niemals ein vollständiges Wissen von Sprache. Das Ziel solcher Beschreibungen ist es, dem Lernenden zur Beherrschung einer Fremdsprache zu verhelfen. Allein die Aneignung erfordert die Hinwendung zu Texten, zur sprachlichen Kommunikation usw. Da das in solchen Grammatiken Mitgeteilte auf spätere Korrekturen und Ergänzungen seitens der die Sprache Erlernenden angelegt ist, sind die angeführten Fakten und die Darstellungsmethoden ziemlich willkürlich. (b) die Aufgaben der Beschreibung stimmen niit der angelegten Prozedur überein. Dieser Beschreibungsmodus zeigt sich vor allem in den deskriptivistischen Arbeiten. Es ist unnötig zu erwähnen, daß die Prozedur in bedeutendem Maße vorherbestimmt, was beschrieben wird, wobei das, was beschrieben wird in bestimmten Aspekten vorausgeahnt werden kann, wenn man von der Prozedur ausgeht. Diese Art sprachlicher Phänomene, die für den Linguisten, der diese Prozedur geschaffen hat, irrelevant ist, kann ohne weiteres von den Fakten, die die Prozedur entdeckt, ausgeschlossen werden. Das Verfahren bestimmt gleichermaßen das Beschreibungsverfahren, das typologisch nicht optimal sein muß. So überträgt die Forderung nach der Stimmigkeit des Verfahrens, was fur eines letzteres auch sei, lediglich die Willkürlichkeit aus dem unmittelbaren Beschreibungsprozeß auf die vorweggenommenen Lösungen. (c) Aufgaben einer den Text generierenden Beschreibung. Solche Beschreibungen (es gibt übrigens noch keine vollständige für irgendeine Sprache) erheben den Anspruch auf Vollständigkeit und Zuverlässigkeit, weil sie den Mechanismus der Redeerzeugung und Redewahrnehmung durch den Träger modellieren. Da jedoch die Auswahl der elementaren Einheiten der Ausdrucks- und Inhaltsebene bei einem solchen Vorgehen willkürlich bleibt, genauso der Wirkungsbereich und die Form der einzelnen Regeln willkürlich bleiben, vermittelt dieser Zugang, wenn er auch „Unbekanntes" in der Sprache aufzudecken vermag, den Beschreibungen keine Eindeutigkeit und folglich weder Vollständigkeit noch Zuverlässigkeit.

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wissen. Diese Schlußfolgerung widerspricht jedoch dem gesunden Menschenverstand, widerspricht jener unserer unmittelbaren Wahrnehmung, die uns, nachdem wir die Grammatik einer beliebigen Sprache durchgelesen und auch ihre Unvollständigkeit bemerkt haben, dennoch fühlen läßt, daß wir etwas über die beschriebene Sprache erfahren haben. Man könnte schlußfolgern, daß wir, basierend auf diesem Teilwissen, in begrenztem Maß typologisieren können, wobei wir, wenn wir bei der Typologisierung neue Beziehungen zwischen den Sprachelementen aufdecken, neue Aspekte der Sprache aufzeigen können, die einer Beschreibung unterliegen. Und so können wir die durch unser beschränktes Wissen bedingten Grenzen überschreiten. 1.3. Ein solcher Schluß wäre möglich, wenn die Beschreibungen konkreter Sprachen, über die wir verfugen, lediglich unvollständig wären. Sie sind jedoch auch noch unzuverlässig. Das führt uns zur Erörterung einer weiteren wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Universalien und Beschreibungen, die uns das Methodenproblem in seinem ganzen Umfang enthüllt. Betrachten wir folgendes Beispiel: In den Beschreibungen verschiedener Sprachen wird die Statusfrage des Vokativs unterschiedlich behandelt. In den einen wird der Vokativ zu den Kausus gerechnet, in den anderen nicht. Von einem Kasussystem kann in jenen Fällen nicht gesprochen werden, wenn es nur die OppositionNominativ und Vokativ gibt (vgl. die Bantusprachen). Folglich wird der Vokativ in derartigen Fällen nicht als Kasus betrachtet, soweit überhaupt zweigliedrige Kasussysteme postuliert werden können (vgl. Systeme mit einem nichtobliquen und einem obliquen Kasus bei den indoiranischen Sprachen, z.B. Nepalesisch). Es wäre denkbar, daß der Vokativ in das Kasussystem einbezogen wird, wenn seine Formen auf Grund ihrer Struktur den Formen der anderen obliquen Kasus ähneln, wie z.B. im Lateinischen. Jedoch auch im Alt-Griechischen, wo der Vokativ durch eine für das Nomen anomale Morphonologie der Betonung (rezessive Betonung) charakterisiert ist, wird er ins Kasussystem einbezogen. Andererseits wird im Lakischen, wo es keinerlei Anomalien in der Vokativform gibt, diese von L. I. ¿irkov auf Grund ihrer semantischen Besonderheiten von den anderen Kasusformen getrennt (Zirkov, 1955, 44). Aus diesen Beispielen wird deutlich, daß es keine eindeutige Lösung für die uns interessierende Frage gibt, was die Unzuverlässigkeit bei der Beschreibung eines gegebenen Phänomens bedingt. Diese Nichteindeutigkeit kann auch durch keine Kasusdefinition überwunden werden, da man prinzipiell sowohl eine solche Definition geben kann, die den Vokativ ausschließt, als auch eine solche, die den Vokativ einschließt. Um den Status des Vokativs zu definieren, muß man sich den universalen die Kasussysteme betreffenden Gesetzmäßigkeiten zuwenden. Wenn bei einer Untersuchung der Kasussysteme mit Vokativ (darunter auch die zweigliedri-

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Β. Uspenskij, V. Zivov

gen aus Nominativ und Vokativ bestehenden Kasussysteme) dieselben Universalien festgestellt werden wie bei Kasussystemen ohne Vokativ (zweigliedrige Systeme aus Nominativ und Vokativ werden überhaupt nicht berücksichtigt, bei der Untersuchung der übrigen wird der Vokativ aus dem Kasusbestand ausgeschlossen), dann besitzt der Vokativ Kasusstatus, wenn aber eine solche Kongruenz nicht zu beobachten ist, besitzt er keinen solchen. Dieses Kriterium für die Statusdefinition folgt logisch aus der Vorstellung von der Universalität der Kasusdefinition. Wenn wir sagen, daß in zwei Sprachen ein und dieselbe Kategorie existiert, dann setzen wir voraus, daß ihre innere Struktur und ihre Verbindung mit anderen Kategorien sich bestimmten allgemeinen Gesetzmäßigkeiten unterordnet. Diese allgemeinen Gesetzmäßigkeiten müssen auch dann existieren, wenn der Bestand der Kategorienrepräsentanten unterschiedlich ist (z.B. ist die Zahl der Oppositionen in den Pluralformen nicht größer als die der Singularformen, unabhängig davon, ob das System einen Dual hat oder nicht). Wenn bei unterschiedlichen Mengen von Kategorienrepräsentanten allgemeine Gesetzmäßigkeiten fehlen, dann haben wir es mit unterschiedlichen Kategorien zu tun. Zur Klärung des Vokativstatus können wir uns solch einem Universale zuwenden wie: „Where there is a case system, the only case which ever has only zero allomorphs is the one which includes among its meenings that of the subject of the intransitive verbs" (Greenberg, 1966 a, 95). Man kann meinen, daß sich für Systeme, in die der Vokativ eingeht, diese Gesetzmäßigkeit nicht erfüllt, insofern der Vokativ dazu tendiert, mit der reinen oder isolierten Basis zusammenzufallen, d.h. er besitzt Nullallomorphe. So entspricht im Pitjantjatjara der Vokativ bei vokalischem Stammauslaut dem Nominativ, bei konsonantischem der reinen Basis (im Unterschied zum Nominativ), (siehe Glass and Hacket, 1970, 3 4 - 3 5 ) . Mit dieser Methode kann festgestellt werden, ob der Vokativ ein Kasus ist und wenn ja, wie er zu beschreiben ist. Ein Moment jedoch macht die Anwendung dieser Methode kompliziert: Bei dem betrachteten Universale stoßen wir auf Begriffe wie einzelner Kasus, Nullallomorph, Subjekt eines intransitiven Verbs, die ihrerseit eine Statusbestimmung erfordern. Genauso wie wir im vorhergehenden Fall den Umfang der Kasuskategorie erhellten, so müssen wir den Umfang der Kategorie des intransitiven Verbes klären usw., was aber wiederum die Hinwendung zu den Universalien verlangt. Solange die Kategorien, die das untersuchte Universale betreffen, nicht einer typologischen Verifizierung dieser Art unterzogen wurden, können wir auch das Universale selbst nicht für zuverlässig und folglich auch den Vokativstatus nicht für endgültig halten. Kraft der Verbundenheit der Elemente in der Sprache (vgl. die oben angeführte These von de Saussure) finden wir keine Elemente, die durch

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sich selbst und nicht durch ihre Beziehung zu anderen Elementen definiert werden. Deshalb verlangen alle Universalien, die zur Statusklärung eines Elements herangezogen werden, für ihre eigene Verifizierung die Statusklärung von anderen Elementen, was seinerseits die Heranziehung anderer Universalien erfordert usw. Wir stehen vor einem neuen circulus vitiosus, der folgendermaßen formuliert werden kann: Um zu einer e i n d e u t i g e n B e s c h r e i b u n g ( d . h . einem S t a t u s ) von s p r a c h l i c h e n P h ä n o m e n e n zu k o m m e n , sind zuverlässige Universalien u n u m g ä n g l i c h ; u m d e r e n V a l i d i t ä t f e s t z u s t e l l e n , sind e i n d e u t i g e B e s c h r e i b u n g e n von s p r a c h l i c h e n P h ä n o m e n e n n o t w e n d i g . 1.4 Wie wir sehen, entsteht der circulus vitiosus als Resultat der gegenseitigen Abhängigkeit der Sprachelemente und der sich daraus ergebenden gegenseitigen Abhängigkeit der Universalien. Nichts kann zuverlässig beschrieben werden, solange nicht alles beschrieben ist. Die Zuverlässigkeit keiner der Universalien kann bewiesen werden, solange es keine zuverlässige Beschreibungsmethode von Sprachphänomenen gibt. Es wird deutlich, daß dieser circulus vitiosus durch keine apriori gegebenen Definitionen von Sprachphänomenen aufgelöst werden kann, da diese Definitionen selbst auf ihre Zuverlässigkeit überprüft werden müssen. Die Situation des circulus vitiosus ist überhaupt sehr charakteristisch für die linguistische Beschreibung. Ein anschauliches Beispiel für einen solchen circulus vitiosus finden wir in der Lexikographie, wenn im erklärenden Wörterbuch die Bedeutung der einen Lexeme durch die Bedeutungen anderer definiert wird, die ihrerseits wieder durch erstere erklärt werden. Die von uns erörterte typologische Kontroverse unterscheidet sich im Prinzip nicht von dieser Situation: in beiden Fällen beschreiben wir ein System mit seinen eigenen Mitteln. Gewöhnlich findet der Linguist einen Ausweg aus dem circulus vitiosus, indem er willkürlich irgendwelche Phänomene als Ausgangsbasis annimmt und deren ideale und unabhängige Beschreibung voraussetzt. So wird ζ. B. bei einer typologischen Untersuchung die Möglichkeit einer idealen Beschreibung von konkreten Sprachen (von der ausgehend sprachliche Universalien konstatiert werden) vorausgesetzt, bei der lexikographischen Beschreibung wird die Bedeutung der Ausgangswörter als fixiert angenommen. Natürlich sind diese Bedingungen im Prinzip nicht realisierbar, und folglich wird es in Wirklichkeit keinen Ausweg aus dem circulus vitiosus geben. Überhaupt kann allein die Annahme irgendwelcher Teile eines Ganzen als Ausgangsbasis nichts anderes sein als ein rein relatives Beschreibungsverfahren. Gleichzeitig kann man annehmen, daß die Situation des circulus vitiosus in den vorliegenden Fällen nicht einfach ein zufälliger Beschreibungsdefekt ist, sondern sich aus der eigentlichen Beschaffenheit des zu beschreibenden

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Β. Uspenskij, V. Zivov

Gegenstandes ergibt. Doch genauso können auch die logischen Paradoxa entweder nur als formale Widersprüche oder, unter einem allgemeinen Aspekt, als Ausformungen gewisser wesentlicher Eigenschaften des zu beschreibenden Inhalts selbst angesehen werden. Da diese Eigenschaften sich anders nicht ausdrücken, sind die logischen Paradoxa, gleich dem circulus vitiosus bei der linguistischen Beschreibung, Ausgangspunkt fur ein vollkommenes Verständnis des Gegenstandes. Wenn wir an unsere Problematik denken, können wir sagen, daß ein circulus vitiosus dann entsteht, wenn wir die Rechtfertigung einer der Beschreibungsvarianten in einer anderen suchen, d.h. insbesondere, wenn wir eine essentielle Ungleichwertigkeit dieser Varianten voraussetzen (das Primat der einen vor der anderen). Wenn wir aber annehmen, daß der circulus vitiosus hier nicht zufällig ist, dann sind diese Varianten für uns gleichwertig und korrelieren nicht direkt miteinander, sondern über ihre Beziehung zu dem zu beschreibenden Gegenstand (zur Invariante, in unserem Fall zur Sprache generell). Wenn wir davon ausgehen, so wird deutlich, daß der vorliegende Widerspruch nicht dadurch gelöst werden kann, daß mit einer neuen Methode die Beschreibungen von den Universalien und die Universalien von den Beschreibungen getrennt werden, sondern dadurch, daß diese Varianten einer Sprachdarstellung mit der Invarianten in Korrelation gesetzt werden. Sobald es uns gelingt, irgendein Moment aus einer der Variantenbeschreibungen mit dem Gegenstand in Korrelation zu setzen, kommen wir gerade dank dieser wechselseitigen Abhängigkeit zwischen Beschreibungen und Elementen, die den circulus vitiosus schafft, aus diesem heraus. In unserem Fall kann der circulus vitiosus durchbrochen werden, wenn aufgrund der wechselseitigen Verbindung der Sprachelemente wenigstens für ein Element der Status zuverlässig zu bestimmen ist und — übergehend von einem zum anderen Element — der Status anderer Elemente festgelegt werden kann. Entsprechend muß der Nachweis der Zuverlässigkeit, wenigstens eines Universale den circulus vitiosus sprengen und ermöglichen, daß sowohl der Status von Sprachelementen festgelegt wird, als auch andere aufgedeckte Gesetzmäßigkeiten der allgemeinen Sprache valide gemacht werden. 2. Obwohl schwerlich die a b s o l u t e Validität irgendeines Universale nachgewiesen werden kann, genügt es prinzipiell, um aus dem circulus vitiosus herauszukommen, lediglich seine r e l a t i v e Validität festzustellen. Anders gesagt, es genügt hinsichtlich eines beliebigen Universale festzustellen, daß bei einer Veränderung der Definitionen der für es relevanten Sprachelemente, die durch es beschriebene Gesetzmäßigkeit eintreten wird, d.h., das Universale ist nicht ganzes Resultat einer fehlerhaften Definition der für es relevanten Elemente. In der Tat, wenn es bezüglich einer beliebigen Gesetzmäßigkeit zu

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zeigen gelingt, daß sie keine Beschreibungsfiktion ist, dann wird sie, so unvollkommen ihre ursprüngliche Formulierung auch sei, in dem Maße, in dem der Status der von ihr erfaßten Elemente festgelegt und die anderen Universalien überprüft wurden, immer genauer beschrieben werden können. Also hängt die Lösung der betrachteten Antinomie davon ab, ob Universalien, die von der Beschreibung unabhängig sind, gefunden werden können. In dem unten dargestellten Beispiel werden wir versuchen, solche Universalien zu finden. 2.1. Wir wollen Universalien im Bereich der Distribution von laringalen Spiranten im Wort betrachten. Für den typologischen Vergleich werden fünf Konsonantenpositionen im Wort herausgearbeitet: die Wortanfangspositionen (I), die Wortendposition (F), die Sflbenendposition, die nicht der Wortendposition entspricht (Mv_c), die Silbenanfangsposition nach einer offenen Silbe, d.h. eine intervokalische (Mv_v) und eine Silbenanfangsposition nach einer geschlossenen Silbe (MH)3. Es gibt folgende vier Universalien, die die Distribution des laringalen Spiranten betreffen: (a) wenn /h/ in F vorhanden, dann auch in Mv_c ; (b) wenn /h/ in Mv_c, dann auch in Mc_v; (c) wenn /h/ in Mc_v, dann auch in M v „ v ; (d) wenn /h/ in Mv_v, dann auch in I. Wir können dies durch folgendes Schema darstellen: F => M v . c => Mc_v => M v . v => I Diese Universalien werden am Beispiel vieler Sprachen bestätigt, es gibt hier aber auch einige Ausnahmen. Für uns ist jedoch etwas anderes wesentlich: In einer ganzen Reihe von Sprachen kann die Distribution von /h/ unterschiedlich beschrieben werden. So kann für das Englische angenommen werden, daß /h/ in den Positionen I, Mv_v und Mc_v anzutreffen ist. Zu einer solchen Lösung kommt man, wenn die gesamte Lexik ungegliedert untersucht wird, d.h. Lehn- und originäre Wörter, morphologisch gegliederte und ungegliederte Bildungen betrachtet werden. Wenn wir aber die Lehnwörter (Typ inhibit, inhabit, Pankhurst) ausschließen und die mit deutlich hervorgehobener Präfix f u g e (Typ unhorse, mishap, outhouse) ausschließen, dann zeigt sich, daß im Englischen /h/ nur in den Positionen I und Mv_v stehen kann. Wenn wir weiterhin solche Wörter ausschließen, deren Morphem f u g e 3 Daß gerade diese fünf Thesen hervorgehoben werden, ist damit zu begründen, daß eine geringe Zahl von Thesen keine Verallgemeinerungen zuläßt. Eine größere Zahl führt weder zu irgendwelchen neuen Verallgemeinerungen (z.B. zeigt die Aufteilung der Silbenanfangsposition in die Positionen mit offener und geschlossener Silbe bei allen Universalien, daß diese Positionen gemeinsam zu behandeln sind), noch kann sie in den Termini einer unteren Ebene formuliert werden (ζ. B. Aufteilung der Positionen nach Sonoren und Geräuschlauten).

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nur etymologisch festgestellt werden kann, was sich in der Morphonologie des Akzentes ausdrückt (siehe solche Wörter wie behind, behold), dann ist für /h/ einzig die Position I möglich. So ist bei verschiedenen Beschreibungsmodi phonologischer Systeme die Distribution von /h/ unterschiedlich, aber - und das ist das wichtigste - bei allen diesen Entscheidungen wurde die Präferenzordnung der Positionen von /h/ beachtet, d.h. bei den verschiedenen Beschreibungsarten wurde jene Gesetzmäßigkeit einbezogen, die weiter oben in dem Schema F =* Mv_c =» Mc_v => Mv_v =· I dargestellt wurde. Der Aneignungsmodus von Entlehnungen ist im Englischen ebenfalls dieser Gesetzmäßigkeit unterworfen. Und so hängt die Realisierung der betrachteten Universalien für das Englische nicht vom Grad der Assimilierung ab, der die in der Beschreibung zu berücksichtigenden Entlehnungen von den nicht zu berücksichtigenden scheidet. Man kann behaupten, daß unter gleichen Assimilationsbedingungen /h/ um so schneller verschwindet, je näher seine Position im Lehnwort an den Anfang der aufgezeigten Kette rückt. Dem entspricht, daß die Wahrscheinlichkeit, ein Lehnwort mit /h/ zu entdecken, um so größer ist, je näher die Position von /h/ dem Ende dieser Kette ist. So wird das /h/ der Lehnwörter nicht in den Positionen F und Mv_c bewahrt (vgl. Sarah ['sears], brahmanism ['braimanizsm]), in der Position M c . v wird /h/ manchmal in der Morphemfuge oder bei geringer Assimilierung bewahrt (z.B. in Eigennamen, vgl. Schopenhauer oder bei national gefärbter Aussprache, vgl.Sanhedrim ['ssenidrim] und [saen'hedrim] in der Aussprache von Juden). In der Position Mv_v wird /h/ bewahrt, wenn ihm eine aktuell empfundene Morphemfuge vorausgeht und geht umgekehrt im Assimilierungsprozeß verloren (z.B.jouhannes wird [djou'senis] gesprochen, wenn das Geldstück und [jou'haenis], wenn der Eigenname gemeint ist. In der Position I wird /h/ praktisch in allen Fällen bewahrt. Die Gesetzmäßigkeit der Positionspräferenzen wird für das Englische nicht nur bei unterschiedlichen Beschreibungen erfüllt, sondern die Verschiedenheit der möglichen Beschreibungen selbst spiegelt eben diese Gesetzmäßigkeit wider, und zwar: je enger das von uns untersuchte Subsystem der Lexik ist, desto begrenzter sind die Positionen, in denen /h/ vorkommt, wobei die Art der Einschränkungen mit der Art der Positionspräferenzen zusammenfällt. So tritt die uns interessierende Gesetzmäßigkeit auch in der Korrelation sprachlicher Subsysteme auf, die unter dem Aspekt des in ihnen in unterschiedlichen Positionen vorhandenen /h/ untersucht wurden. Dies wird auf die eine oder andere Weise durch eine beliebige Beschreibung über ein strukturiertes Herangehen an die Lexik fixiert. Diese Korrelation der Subsysteme kann nicht nur als solche, sondern auch statistisch beschrieben werden. Tatsächlich zeigt sich bei einer statistischen

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Erforschung des englischen Textes, die von einer unstrukturierten Behandlung der Lexik ausgeht, daß /h/ häufiger in I anzutreffen ist als in M v _ v , und in Mv_v öfter als in M c _ v . Folglich liefert uns auch diese Beschreibungsform Daten hinsichtlich der uns interessierenden Gesetzmäßigkeit. Das, was wir über das Englische sagten, könnte man mit unbedeutenden Abweichungen auch von den anderen germanischen Sprachen oder über eine solche Sprache wie das Arapacho sagen (vgl. Salzman, 1956, S. 5 2 - 5 3 ) . Derartige Überlegungen aber fuhren auch zu dem Schluß, daß die auszuwählende Gesetzmäßigkeit nicht von der Methode einer Wortgrenzendefinition abhängt. Wenn sich herausstellt, daß in einer Sprache das Wort nicht auf Grund von phonetischen Kriterien (z.B. durch Sandhi) gekennzeichnet wird, und in dieser Sprache die Phrase dem phonetischen Wort am ehesten analog ist, dann ändert sich auch hier bei den unterschiedlichen Wortdefinitionen (z.B. grammatischen und phonetischen) lediglich der Grad der Begrenztheit der Positionen, die /h/ zulassen. Aber die Realisierung der Gesetzmäßigkeit selbst wird davon nicht berührt. Wenn beispielsweise bei grammatischer Behandlung der Grenzdefinition /h/ in einer Sprache nur in I stehen kann, dann kommen bei phonetischer noch Mv_v oder Mv_v und Mc_v hinzu. Die Präferenz aber wird in beiden Fällen beachtet, wobei die Zunahme der Positionen selbst, die für /h/ möglich sind, bei dem Übergang von der einen Behandlungsart zur anderen eben dieser Präferenz untergeordnet wird. Ein weiterer Aspekt der Unabhängigkeit der angeführten Gesetzmäßigkeit von der Beschreibung kann am Beispiel des Deutschen demonstriert werden. Wenn wir im Deutschen nur nichtentlehnte Wörter ohne Affixe untersuchen, dann ist /h/ nur in I anzutreffen (mit Ausnahme von Einzelfällen, vgl. Ahorn). Dann sind [h] und [x] / [ç] komplementär distribuiert ( [h] in I, [x] / [ç] aber in den übrigen Positionen) und können wegen ihrer phonetischen Nähe zu einem Phonem vereinigt werden. 4 Bei einer solchen Beschreibung des Phonems ist /h/ auch in den Positionen am Silbenende möglich, und damit erscheint das Deutsche als eine Sprache, in der eine distributive Beschränkung für /h/ fehlt. Das bedeutet nicht, daß das Deutsche in diesem Fall den formulierten Universalien widerspricht, es ist lediglich kein positiver Beweis fur die Verifizierung der postulierten Positionspräferenz.

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Wir halten es für möglich, [x] und [9] als Allophone eines Phonems zu behandeln, wenn wir ihre Kontrastfalle als peripher ansehen (vgl. Issatschenko, 1973). Die Vereinigung dieser Allophone in einem Phonem mit [h] ist augenscheinlich weniger selbstverständlich, jedoch sind ähnliche Interpretationen tatsächlich anzutreffen. So behandelt z.B. Adamus (1966) [x] und [ç] als phonematische Oppositionen, vereinigt aber [h] und [x] in einem Phonem.

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Das gilt so lange, wie wir die Wirkung einer bestimmten Gesetzmäßigkeit nur auf die Phonemebene allein beschränken. Die postulierte Positionspräferenz für /h/ wird auch auf der allophonischen Ebene realisiert. Hier kann folgende Gesetzmäßigkeit formuliert werden: Wenn sich in einer Sprache der laringale Spirant in komplementärer Distribution mit einem Spiranten einer anderen Bildungsstelle befindet, dann verteilen sich /h/ und der andere Spirant so auf die Positionen, daß [h] eine Position entsprechend der Positionspräferenz einnimmt, die für die Phonemebene aufgestellt wurde, d . h . wenn [h] in F, dann auch in M v _ c usw. (schematisiert F M v . c => M c _ v => M v _ v => I). So ist z.B. das Phonem /h/ im Kitsai durch das Allophon [h] in I, M v _ v und Mc_v und durch das Allophon [x] in M v _ c und F vertreten (Bucca und Lesser, 1969, 9 - 1 0 ) . Dieselben Verhältnisse können wir im Bretonischen, Zuni, Quechua, Pawnee, Chontal beobachten. Im T o b o wird /h/ durch das Allophon [h] in I und [y] in Mv_v vertreten, in den übrigen Positionen fehlt es. Dieselben Verhältnisse liegen in den Sprachen Mindik, Burum, Komba und Timbe vor (Mc Elhanon, 1967, 18). Im Kaiinga variieren [h] und [s] frei in den Silbenanfangspositionen, während am Silbenende nur [s] auftritt (Geiser, 1958, 22). Die Beispiele könnten vermehrt werden. So fällt das Deutsche, selbst wenn im ausgewählten Fall [h] und [x] / [ç] in einem Phonem vereinigt werden, nicht aus dem Wirkungsfeld der untersuchten Gesetzmäßigkeit heraus, was zusätzlich deren Unabhängigkeit von der Beschreibungsart demonstriert. 2.2. Das weiter oben betrachtete Beispiel zeigt uns, wie Gesetzmäßigkeiten, unabhängig von der Beschreibung, aufgefunden werden können. An dem vorliegenden Beispiel können wir versuchen, jene Eigenschaften der Universalien zu erhellen, die ihnen diese Qualität vermitteln, und so zu der Erörterung des Validitätsproblems zurückkehren. Das Universale, das die Positionspräferenz für den laringalen Spiranten fixiert, wurde aus einem Vergleich der Phonemsysteme verschiedener Sprachen gewonnen. Es zeigte sich, daß dieselbe Präferenz auch innerhalb einer Sprache wirksam ist, wenn lexikalische Subsysteme unterschiedlichen Umfangs verglichen werden. Sie zeichnet sich in der Textstatistik ab. Schließlich war diese von uns auf der Phonemebene entdeckte Präferenz auch auf der Allophonebene wirksam. Ohne speziell darauf einzugehen, können wir sagen, daß sie sich auch in den morphologischen Regeln verwirklicht, die einen bestimmten Laut als Resultat einer Umbildung ergeben (vgl. z.B. im Singhalesischen den Übergang von Endungs-„s" des Morphems zu [h} wenn sich das Morphem in vorvokalischer Position befindet, was dem Universale M v _ c M v . v entspricht). In eben dieses System von wechselseitigen Verbindungen können auch die diachronen Korrelate der

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nachgewiesenen Gesetzmäßigkeiten einbezogen werden (vgl. Greenberg, 1966c; 1969). Für jeden dieser Fälle kann ein besonderes Universale formuliert werden, wobei aber völlig klar ist, daß alle diese Universalien ein u n d dieselbe G e s e t z m ä ß i g k e i t in ihren v e r s c h i e d e n e n M a n i f e s t a t i o n e n f i x i e r e n . Von daher wird verständlich, warum die vorliegende Gesetzmäßigkeit von der Beschreibungsart unabhängig ist: Bei unterschiedlichen Beschreibungsverfahren ein und derselben Sprache werden unterschiedliche konkrete Universalien realisiert (in diesem Sinn bleibt die gewöhnliche Abhängigkeit der Universalien von den Beschreibungen erhalten). Da aber diese verschiedenen Universalien ein und dieselben Gesetzmäßigkeit beschreiben, vollzieht sich die Feststellung dieser Gesetzmäßigkeit für eine beliebige Sprache ohne Bezug zur Form ihrer Darstellung. So ist die Feststellung der Gesetzmäßigkeit von den Beschreibungen deshalb unabhängig, weil die Gesetzmäßigkeit viele Manifestationen universalen Charakters besitzt. Diese Schlußfolgerung gestattet folgende These: nämlich, daß j e n e universalen G e s e t z m ä ß i g k e i t e n , die zahlreiche universale M a n i f e s t a t i o n e n b e s i t z e n , valide sind. Das bedeutet natürlich nicht, daß alle jene Gesetzmäßigkeiten, für die wir nur eine Manifestation kennen, nicht valide sind (eine solche Situation sagt an sich noch nichts aus, sie kann einfach die Fol^e unserer begrenzten Kenntnisse sein, aber auch durch irgendwelche von uns nicht unterscheidbare Eigenschaften der Gesetzmäßigkeit bedingt sein). Sobald aber für eine bestimmte Gesetzmäßigkeit das System ihrer Manifestationen aufgezeigt wird, können wir annehmen, daß ihre Validität nachgewiesen ist. Daraus ergibt sich das Problem, Gesetzmäßigkeiten mit vielen Manifestationen zu untersuchen und die potentiellen Mengen von Manifestationen als bestimmte Systeme zu erforschen. Man sieht sofort, daß, obwohl, wie man meinen könnte, ziemlich viele verschiedene Systeme in wechselseitig verbundenen Manifestationen vorhanden sind, über die Konstruktion (ja und selbst über die Existenz) solcher Systeme fast nichts bekannt ist, was übrigens ihre Erforschung nur umso dringender macht. Schon das betrachtete Beispiel ist ein solches System. Ein anderes System von korrelierenden Manifestationen ist in der Sprachwissenschaft bekanntlich die Gesamtmenge der durch Markiertheit bedingten Gesetzmäßigkeiten (dann, wenn unter der Markiertheit eines Elementes in Bezug auf andere verstanden wird: gleichzeitige Erfüllung einer bestimmten Menge von Bedingungen, s. Greenberg, 1966b). Wenn wir sagen, daß implosive Verschlußlaute bezüglich nichtimplosiver (einfacher) markiert sind, generalisieren wir eine ganze Reihe sehr konkreter Gesetzmäßigkeiten universalen Charakters (über die Typologie der Implosive vgl. Greenberg, 1970). Als synchrone Gesetzmäßigkeiten dieser Art sind anzusehen: (1) wenn in der

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Sprache implosive Verschlußlaute existieren (Verschlußphoneme, die implosive Allophone haben), dann existieren auch nichtimplosive Verschlußlaute (Phoneme, die implosive Allophone besitzen), aber nicht umgekehrt. (2) Implosive Konsonanten besitzen nicht mehr Allophone als die nichtimplosiven. (3) Wenn in einer beliebigen Position (nicht als Resultat von Assimilation oder Dissimilation) die Opposition inbezug auf die Implosivität neutralisiert wird, dann ist der Vertreter des Archiphonems nichtimplosiv. Anders formuliert heißt das, es sind keine Sprachen möglich, in denen in einer (beliebigen) Position Implosive aber keine Nichtimplosiven auftreten. (4) Die Zahl der implosiven Verschlußlaute in einem System ist nicht höher als die Zahl der nichtimplosiven. (5) Die Qualität der Oppositionen im Subsystem der implosiven Verschlußlaute ist nicht größer als die der Oppositionen im Subsystem der nichtimplosiven. (6) Die Häufigkeit der Implosiven (sowohl im Lexikon als auch im Text) übertrifft nicht die der Nichtimplosiven. (7) Wenn in einer Sprache die Opposition von implosiven und nichtimplosiven Konsonanten fehlt, aber Phoneme vorhanden sind, die sowohl implosive als auch nichtimplosive Allophone besitzen, dann sind für ein jedes solcher Phoneme nichtimplosive Allophone in ebenso vielen Positionen möglich wie implosive. So sehen wir an diesem weiteren Beispiel, wie eine Reihe wechselseitig verbundener Manifestationen die Unabhängigkeit des Universale von der Beschreibung gewährleistet und damit für deren Validität zeugt. Man kann offensichtlich voraussetzen, daß derartige Manifestationssysteme auf verschiedenen Sprachebenen zu finden sind. Wir haben sowohl für das System von Manifestationen, das nach den Gesetzen der syntagmatischen Phonologie realisiert wird, wie auch für das durch Markiertheit verbundene nachgewiesen, daß synchrone Manifestationen ihre diachronen Parallelen haben. So entspricht z.B. dem Universale, das behauptet, daß das Phonem /α/, wenn es in der Position X vorhanden ist, auch in der Position Y vorhanden sein m u ß , das diachrone Universale nach dem das Phonem /α/, wenn es in der Position Y schwindet, auch in der Position X schwinden muß. Wir können hier sogar nicht nur von diachronen, sondern allgemein von evolutionären Entsprechungen reden, d.h. wir können neben den historischen Entwicklungsgesetzen der Sprache auch die Gesetzmäßigkeiten des Spracherwerbs in der Ontogenese oder des Sprachverlustes bei Aphasie betrachten. Es ist bekannt, daß die ersten zielgerichteten Universalienuntersuchungen gerade mit den synchronen Entsprechungen bei den Gesetzmäßigkeiten von Ontogenese und Regression bei Aphasie begannen (vgl. Jakobson, 1943; 1953). Daraus kann gefolgert werden, daß die wesentlichsten (zuverlässigsten) universalen Gesetzmäßigkeiten sich im Idealfall gleichermaßen auf die synchrone wie diachrone Ebene der Sprache beziehen und in diesem Sinn panchronischen Charakter besitzen.

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3. So kann das Auffinden von relativ sicheren Universalien jene Antinomie zwischen der Universaliensuche und der Beschreibung von konkreten Sprachen auftreten, über die wir weiter oben sprachen (Ausweg aus dem circulus vitiosus). Wir wollen nun jene allgemeine Perspektive betrachten, die sich für die Untersuchung von Sprache dadurch ergibt. Jene wechselseitige Verbindung von Universalien und Beschreibungen, die den circulus vitiosus bedingte, erhält, wenn die Bedingungen für den circulus vitiosus beseitigt werden, einen anderen zyklischen — Charakter. Entsprechend wird der Prozeß der Spracherkenntnis selbst zu einer zyklisch-rekursiven Prozedur. Weiter unten werden wir einige Aspekte dieses Prozesses betrachten, die seinen zyklischen Charakter belegen. 3.1. Universalien, von deren Validität wir überzeugt wurden, stellen einen gewissen Eigenwert als gesichertes Wissen von Sprache dar. Andererseits dienen die Universalien der Statusüberprüfung sprachlicher Elemente oder Kategorien, d.h. der Verifizierung von Ausgangsbegriffen. Wenn wir nichtzuverlässige Universalien zur Statusüberprüfung verwenden, ist die Überprüfung selbst natürlich auch nicht zuverlässig. Werden dagegen zur Überprüfung zuverlässige Universalien verwendet, ist sie zuverlässig. Eine Statusüberprüfung mittels Universalien besteht darin, für zwei alternative Definitionen (z.B. für ein Kasussystem mit oder ohne Vokativ) zu klären, in welcher von ihnen die gegebene Gesetzmäßigkeit angesiedelt ist. Dies ermöglicht uns, die Definition der Elemente zu präzisieren. So erhalten wir z.B., nachdem wir geklärt haben, daß der Vokativ nicht zum Kasussystem gehört und daß also Systeme, die den Vokativ zur Grundform in Opposition setzen, keine Kasussysteme sind, eine genauere Vorstellung vom Kasussystem. Wenn wir eine Definition der Kasuskategorie geben, müssen wir es so tun, als ob der Vokativ nicht zu den Kasus gerechnet wird. Eine solche Konstruktion darf nicht nur auf Grund der Einführung einer durch das von uns verwendeten Universale beschriebenen Eigenschaft realisiert werden (beispielsweise so, daß nur der Subjektkasus eines intransitiven Verbes gleich der reinen Basis sein kann), es müssen auch andere Parameter eingeführt werden, die das ausgeschlossene Element kennzeichnen (z.B. können in die Kasusdefinition Parameter eingeführt werden, die den Vokativ auf Grund seiner syntaktischen oder semantischen Eigenschaften ausschließen). Eme solche neue Definition muß erneut hinsichtlich anderer Gesetzmäßigkeiten überprüft werden. Wichtig ist jedoch, daß sie — bedingt durch die Validität des zur Kontrolle verwendeten Universale — der W a h r h e i t n ä h e r kommt als die vorhergehende. Das Überprüfungsergebnis für den Status von Sprachelementen (Kategorien) hat noch eine andere Bedeutung, es gestattet uns, im Prinzip neue Uni-

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versahen implikativen Charakters aufzudecken und die alten zu präzisieren. Tatsächlich führt die Statusüberprüfung dazu, daß zwei Phänomene, die ein und dieselbe Bezeichnung tragen (sagen wir, die Systeme mit Vokativ und die normalen Kasussysteme) unterschieden werden. Mit anderen Worten, das Überprüfungsresultat besteht darin, daß zwei Phänomene, A und B, die vorher von uns als eines wahrgenommen wurden, als verschiedene begriffen werden, d . h . die Vermischung von Begriffen (Phänomenen) wird aufgehoben. Es ist einzusehen, daß gerade die Vermischung von Phänomenen ein Grund für die Verborgenheit der universalen Gesetzmäßigkeiten ist. Angenommen, aus dem Vorhandensein der Erscheinung A folgt universell C und aus Β D. Wenn wir A und Β unterscheiden, entdecken wir die Existenz zweier Universalien (A =*• C und Β => D); unterscheiden wir aber A und Β nicht, dann sind für uns ganz allgemein diese beiden Universalien unzugänglich, da aus dem Vorhandensein von A oder Β in der Sprache weder dies von C noch das von D folgt. Wenn wir neue Universalien entdeckt haben, überprüfen wir erneut den Status der Elemente, und der Zyklus wiederholt sich. s 3.2. Es scheint uns wesentlich, noch bei einem Moment der Korrelation zwischen Universalien und den Beschreibungen konkreter Sprachen zu verweilen, und zwar bei dem Fall, daß die Beschreibung eine Ausnahme inbezug auf eine universale Gesetzmäßigkeit aufdeckt. Solche Ausnahmen können prinzipiell sowohl real als auch fiktiv sein. Selbstverständlich müssen die fiktiven Ausnahmen bei der Uberprüfung der Universalien und der Verifizierung der Definition beseitigt werden. Neben den fiktiven Ausnahmen kann es jedoch auch reale geben, d.h. solche, die weder bei einer Vervollkommnung der Universalien oder der Definitionen der entsprechenden Elemente beseitigt werden. In diesen Fällen 5

Ein zyklischer Untersuchungsprozeß vermindert die Unzuverlässigkeit der Definitionen von Sprachbegriffen, d.h. daß die verschiedenen Sprachelemente mehrfach bezüglich ihres Status überprüft werden. Ergibt die Überprüfung ein negatives Resultat, so heißt das, daß irgendeine Definition falsch ist. Wiederholte Entdeckungen dieser Art können Grundlage für ein Kriterium sein, das Falschheitsparameter der Definition eines Sprachelementes enthält. Die Frage, welche Form diese Parameter haben können, geht über die Grenzen der vorliegenden Arbeit hinaus. Als mögliches Beispiel erinnern wir an den Parameter, der erklärt, ob die Definition eines bestimmten Elementes fur die eindeutige Beschreibung in einer Sprache geeignet ist. Ein Kriterium der Definitionsfalsifizierung schafft selbstverständlich zusätzliche Möglichkeiten für eine Statusüberprüfung von Elementen. Andererseits kann dieses Kriterium selbst während der Überprüfung von Status und Universalien vervollkommnet werden und sich zu einem Kriterium für die Verifizierung von Definitionen entwickeln. Dies ist lediglich eines der Momente des zyklischen Untersuchungsprozesses.

Sprachbeschreibung

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treffen wir auf Systeme, die tatsächlich anders als alle anderen aufgebaut sind. In der Tat sind die sprachlichen Universalien (wenn man nicht von Gesetzmäßigkeiten deduktiver Art spricht) keine absoluten Gesetze, die für jede konkrete Sprache verbindlich sind; sie sind eher eine Tendenz, ein bestimmter Existenzmodus von verschiedenen Elementen in der Sprache, der uns zeigt, wie überhaupt bestimmte Erscheinungen in der Sprache in Beziehung treten. Der Existenzmodus aber besagt durchaus nicht die prinzipielle Unikalität eben einer solchen Beziehung. Bei einer solchen Darstellungsweise unterstreicht die Existenz realer Ausnahmen nur den empirischen Wert jener von ihnen verletzten Universalien. Tatsächlich können wir immer, wenn es um ein konkretes Universale geht, zu Recht vermuten, daß die ein solches Universale beschreibende Gesetzmäßigkeit aus einigen sehr einfachen und unbestreitbaren Prinzipien des Sprachbaus als eines funktionierenden Zeichensystems folgt, und daß wir einfach nicht in der Lage waren, die logische Folgerung aus diesem Universale zu ziehen. Offensichtlich ist es in einem solchen Fall völlig überflüssig, sich den konkreten Sprachen zuzuwenden, die Charakteristika des zu untersuchenden Phänomens für jede von ihnen zu klären, mit einem Wort, die gesamte eigentlich linguistische Arbeit zum Beweis dieses Universale zu leiten. Wenn für ein Universale eine reale Ausnahme gefunden wird, entfallen sofort Vermutungen der obigen Art. Wir sehen, daß Sprache existieren kann, ohne daß eine bestimmte Gesetzmäßigkeit erfüllt ist, und mithin diese Gesetzmäßigkeit nicht die Folge von elementaren Prinzipien ihres Aufbaus ist. Das Vorhandensein realer Ausnahmen zeigt, daß die beobachtete Gesetzmäßigkeit inhaltlicher Natur ist. Die reale Ausnahme erstaunt uns, aber diese Verwunderung wird übertroffen von der Tatsache, daß die meisten Sprachen einen einheitlichen Aufbau haben, wobei diese Einheitlichkeit nicht absolut verbindlich ist. Die Entdeckung eines solchen Sachverhalts bildet jedesmal die Basis für die Erklärung, warum gerade die gegebene Möglichkeit für die Verbindung sprachlicher Elemente realisiert wird, d.h. fur Überlegungen zu einer Teleologie der Sprache, die hier Material für eine konkrete, nicht spekulative Untersuchung findet. Es kann verschiedene Ursachen für die realen Ausnahmen geben. Auf der synchronen Ebene ist die wichtigste Quelle der Widerspruch zwischen zwei unterschiedlichen universalen Tendenzen (siehe dazu Melikasvili, 1974, 102—103). So werden z.B. in der Opposition der stimmhaften und stimmlosen Geräuschlaute die stimmhaften auf Grund vieler Merkmale als markierte definiert. Andererseits begünstigt eine intervokalische Position das Auftreten gerade von stimmhaften. Diese zwei Tendenzen zeigen sich darin, daß in Sprachen mit einer Reihe von Geräuschlauten diese entweder in allen Po-

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sitionen stimmlos oder in allen Positionen außer der intervokalischen, in denen stimmhafte Allophone auftreten, stimmlos sein können. Allgemein ausgedrückt, wenn wir zwei Reihen von Geräuschlauten haben, die hinsichtlich der Stimmhaftigkeit kontrastieren, dann ist das Vorhandensein von stimmlosen als unmarkierten in einer beliebigen der möglichen Positionen selbstverständlich, daraus folgt, daß das Vorhandensein von stimmhaften die Realisierung der Opposition stimmhaft — stimmlos in einer bestimmten Position garantiert. Damit ist das Universale, nach dem die Opposition Stimmhafte — Stimmlose in einem System die Opposition in intervokalischer Position voraussetzt, verifiziert. Jedoch kann die Tendenz zum Auftreten von Stimmhaften in dieser Position der Nichtmarkiertheit der Stimmlosen widersprechen und es dadurch zur Ausnahme für das gegebene Universale kommen, und das gerade in Sprachen mit zwei Reihen von Geräuschlauten, wo in Mv_v nur stimmhafte auftreten (siehe solche Sprachen wie Barua und Dogon — dazu Lloyd und Healey, 1970, 43—45 ; Calame-Griaule, 1968, X I I - X I I I ) . Wird ein solcher Grund für die Ausnahme entdeckt, führt das natürlich zur Entdeckung neuer Gesetzmäßigkeiten, die eine zweite antinomische Tendenz bedingen. Diese Quelle für Ausnahmen in der Synchronie hat ihre Entsprechung in der Diachronie. Universalien, die eine Korrelation zweier Elemente in der Sprache beschreiben, müssen auf der diachronen Ebene untersucht werden, vor allem muß die Entstehung des vorausgesetzten (z.B. des markierten) Elementes geklärt werden (siehe dazu Greenberg, 1969). Hier können die Ausnahmen dadurch bedingt sein, daß ein Element nicht auf gewöhnlichem Weg, sondern als Resultat irgendeines unikalen Prozesses in einer Sprache erscheint. Solche unikalen Prozesse können aus der Expansion einiger allgemeiner Veränderungsprozesse in der Sprache auf ein außerhalb von ihnen gelegenes Gebiet resultieren. So entsteht die Ausnahme als Resultat eines Widerspruches von zwei diachronen Tendenzen. Also müssen uns die Ausnahmen und ihre gegebene Quelle zur Betrachtung eines allgemeinen diachronen Prozesses führen und von da aus zur Entdeckung neuer diachroner Universalien. Die Suche nach deren synchronen Entsprechungen usw. führt uns zu einem neuen Zyklus linguistischer Untersuchungen. Schließlich können Sprachkontakte der Grund für eine reale Ausnahme sein. Z.B. kann ein Universale, das behauptet, aus A folgt B, nicht erfüllt werden, wenn A ein aus einem anderen System hereingetragenes Element ist. Man m u ß beachten, daß nicht nur die Kontakte zwischen verschiedenen Sprachen hierzu gehören, sondern auch die Interferenzen von Hoch- und Umgangssprache. Da die Hochsprache stets mehr oder weniger in Opposition zur Umgangssprache steht, und sie in gewissem Sinn künstlich ist, kann man in ihr prinzipiell Verletzungen jener universalen Gesetzmäßigkeiten erwarten, die die natürliche Sprachverwendung regulieren.

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3.3. Wir fassen zusammen: Die zyklische Natur empirischer Universalienforschung wurde bereits von Ch. Hockett festgestellt, (1966,3). Diese zyklische Natur ist vor allem mit der wechselseitigen Abhängigkeit von Universalien und Beschreibungen konkreter Sprachen verbunden. Die Entdeckung neuer Universalien führte zu einer „Umschreibung" der Sprachbeschreibungen und das wiederum zur Aufdeckung neuer Universalien. Wenn wir die Validität von Universalien (oder Beschreibungen) nicht überprüfen könnten, würde diese zyklische Natur zu einem circulus vitiosus führen. Wenn man Verfahren für die Überprüfung der Validität findet, kann man aus dem circulus vitiosus herausfinden, und dies führt im Untersuchungsverlauf zu immer neuen Möglichkeiten, zu einem neuen Forschungszyklus überzugehen. Dabei kommen wir (möglicherweise nicht direkt) von den Universalien zu den Beschreibungen und von den Beschreibungen zu den Universalien, was der These Ch. Hocketts entspricht, nach der „the study of individual languages and the search for universals thus stand in dialectic complementation" (1966,8). Dieser zyklische Untersuchungsprozeß führt uns zu einer immer vollständigeren und zuverlässigeren Beschreibung konkreter Sprachen und gleichzeitig zu einer immer vollkommeneren und zuverlässigeren Darstellung der allgemeinsprachlichen Gesetzmäßigkeiten. Es ist klar, daß dieser Prozeß kein Ende hat und uns keine absoluten /

Resultate bringt. Er schafft jedoch eine allgemeine Perspektive für die Entwicklung der Sprachwissenschaft, durch die die verschiedensten konkreten Untersuchungen einen Sinn erhalten.

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Β. Uspenskij, V. Zivov

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Petr Sgall (Prag)

Zum Stand der Thema-Rhema-Forschung in der Tschechoslowakei

Es ist schon längst bekannt, daß es in der Satzstruktur neben der eigentlichen syntaktischen Hierarchie noch eine andere Artikulation gibt, denn die Frage /1 / z.B. kann nur mittels des Satzes /2/, nicht mittels /3/ beantwortet werden, obwohl /2/ und /3/ doch dieselbe Satzgliederstruktur und dieselbe lexikalische Besetzung haben. 1

/1/ Was verursachte ihre NIEDERLAGE? ¡21 Ihre Niederlage wurde von der Überlegenheit der GEGNER verursacht. 13/ Die Überlegenheit der Gegner verursachte ihre NIEDERLAGE. Die Dichotomie zwischen dem „hypokoimenon" und dem „kategoroumenon" die Aristotoles geprägt hat /später als „subiectum" und „praedicatum" latinisiert/, stand der heutigen Thema-Rhema-Gliederung /TRG/ viel näher als der Subjekt-Prädil^at-Dichotomie der Syntax. 2 Viele Jahrhunderte wurde dann jedoch diese grammatische Hierarchie als die einzige Grundlage des Satzbaus angesehen, bis Henri Weil und nach ihm Georg v.d. Gabelentz die Wichtigkeit der /vom letzten so genannten/ Differenz zwischen dem „psychologischen Subjekt" und „psychologischen Prädikat" bemerkten, d.h. zwischen dem, , „worüber der Sprechende den Hörenden denken lassen, worauf er seine Aufmerksamkeit hinleiten will", und dëm, „was er darüber denken soll". 3 Erst seit den sechziger Jahren wurde jedoch diese Artikulation in der theoretischen Linguistik wirklich aktuell, vor allem in der Chomsky sehen Gestalt 1

Die Intonation wird als eine inhärente Charakteristik des Satzes betrachtet und die Majuskeln bezeichnen die Stellung des Intonationszentrums. 2 Vgl. dazu Bemerkungen aus der Diskussion auf der Konferenz über die TRG /auch aktuale Satzgliederung oder funktionale Satzperspektive genannt/ in Mariánské Lázné 1970, jetzt in Danes / 1974b, S. 217f/. 3 Diese Formulierung von G.v.d. Gabelentz, hier nach Paul / 1886, § 8 7 / zitiert / der neben Gabelentz auch an einen polemischen Aufsatz von Marty anknüpft und im § 88 auch über die üblichen Ausdrucksmittel dieser Dichotomie schreibt / ist mit ihrem Nachdruck auf dem Standpunkt des Hörenden eigentlich nicht weit von der heutigen Formulierung entfernt, die wir unten / § 6.7 / benutzen.

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P. Sgall

von „Presupposition" und „ F o k u s " /die für die Auseinandersetzung zwischen seiner „extended standard t h e o r y " und Lakoffs generativen Semantik höchst relevant erscheint/, und weiter im Zusammenhang mit der heute so rasch sich entwickelnden Textlinguistik/ denn für die Stellung des Satzes im Kontext und somit auch für die Textstruktur ist die Theme-Rhema-Artikulation von höchster Wichtigkeit/. Da in den letzten fünfzig Jahren gerade in der tschechischen Sprachwissenschaft diese Fragen im Rahmen der strukturellen und dann auch der generativen Methode intensiv studiert wurden, halten wir es für interessant, hier den Stand der Erforschung dieses Problemkreises durch tschechische Linguisten zu charakterisieren. Nach einer kurzen historischen Übersicht /1 / folgt eine Erörterung einiger der wichtigsten Fragen, in denen die tschechische Linguistik zu positiven Ergebnissen gelangt ist / 2 / , eine kurze Charakterisierung der Auffassung von Firbas, die mit der Skala des sog. kommunikativen Dynamismus arbeitet / 3 / , weiter der textlinguistischen Konzeption von Danes / 4 / , und der Theorie der russischen Wortfolge von Adamec /5/; zuletzt wird eine Möglichkeit der expliziten Beschreibung der betreffenden Phänomena vorgestellt und mit der Konzeption von Chomsky und Jackendoff kurz verglichen /6/. 1. Mathesius /1929, S. 202ff; 1939/ löste die betreffenden Begriffe vom unberechtigten Psychologismus los und zeigte ihren linguistischen Charakter, indem er in hohem Maß auch die Stellung der Artikulation in der Stratifikation der Ebenen des Sprachsystems klärte: in der Prager Terminologie von „ F u n k t i o n " und „Ausdrucksmittel" /die er als einer der ersten benutzte/, zeigte er, daß z.B. die hauptsächlichste Funktion des Subjekts im Englischen das Thema ist. In seinen Aufsätzen hat er auch dargelegt, daß die Wortfolge zu den wichtigsten Ausdrucksmitteln der Thema-Rhema-Gliederung gehört, auch in Sprachen, in denen sie grammatisch gebunden ist: das englische Passiv dient o f t dazu, das thematische Patiens als Subjekt vor dem Verb erscheinen zu lassen. Die Konfrontation des Englischen mit dem Tschechischen, die Mathesius /1928; 1942a; b, S. 5 8 - 7 5 / vollzieht, führt zu Feststellungen wie der einer „schwächeren Empfindlichkeit" des Englischen gegenüber der Thema-Rhema-Gliederung, die im Tschechischen mittels der „freien" Wortfolge so konsequent ausgedrückt wird, daß die Sätze, die nicht die normale, „objektive" Reihenfolge Thema-Rhema aufweisen, sondern das Rhema vor das Thema stellen, hier wegen dieser „subjektiven" Wortfolge als emotional markiert bezeichnet werden können. /In solchen Sätzen wird das Rhema mittels einer spezifischen Intonation ausgedrückt, mit dem Intonationszentrum auf dem ersten Satzglied/. 2. Seit den fünfziger Jahren setzen andere die Tradition von Mathesius auf eine intensive und fruchtbare Weise fort.

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2.1. Die Stellung der TRG im Sprachsystem, vor allem in der Hierarchie der verschiedenen Ebenen des Sprachbaus wurde von mehreren Forschern diskutiert. Es gibt hier einerseits Konzeptionen, in denen man eine spezifische Ebene für diese Gliederung ansetzt. Bei Trnka /1964, S. 38/ und Horejsi /1961/ ist es die Ebene der Aussage /die als die einzige Sprachebene in einer unmittelbaren Beziehung zum außerlinguistischen Inhalt der Äußerung steht/, bei Dokulil und Danes /1958, S. 237 f/konstituiert die Gliederung eine spezifische Ebene, ähnlich auch bei Firbas /1974/ und anderen. Andererseits wurde in Sgall /1967, S. 2 0 5 - 2 1 2 ; 1974a, S. 5 9 - 6 2 / zur Diskussion gestellt, ob die Gliederung nicht als ein Teilaspekt des semantischen Satzbaus angesehen werden soll /vgl. darüber ausführlicher § 6/. 2.2. In jedem Fall gehört die TRG zu den „höheren" /oder, in einer neueren Terminologie, zu den „tieferen"/ Sprachebenen, so daß die Frage von ihren Ausdrucksformen in der phonetischen /sowie graphematischen/ Gestalt des Textes wichtig ist. Mit diesen Fragen hat sich vom Gesichtspunkt der Satzintonation schon Danes /1957, S. 5 5 - 8 2 / beschäftigt, der auch über speziellere lexikalisch bedingte Varianten der Gliederung schrieb /Danes, 1954/, sowie über die Beziehung zur Wortfolge /Danes, 1959/, die auch in den obenangeführten Studien von Mathesius und Firbas vom Aspekt eines analytischen Vergleichs des Tschechischen und des Englischen charakterisiert wurde. 4 2.3. Viele Arbeiten wurden den Beziehungen der TRG zur Satzstruktur und zu den Sat^typen gewidmet. Im Zusammenhang mit der Modalität werden Fragen der TRG vor allem mit Rücksicht auf die spezifischen Probleme der Fragesätze studiert, s. Firbas /1972/ und Krízková /1972/. Die Aussagedynamik und die Wortstellung der modalen Zeitwörter im Tschechischen hat Benesová /1971, S. 187—195/ charakterisiert; fur eine statistische Bearbeitung einiger syntaktischer Aspekte der TRG s. Uhlírová /1972, vor allem S. 1 1 5 - 1 2 3 / . Fragen der TRG im komplexen Satz hat vor allem Svoboda /1968/ analysiert. Er hat gezeigt, daß jeder Satzteil /der im ganzen Satz eine bestimmte Rolle in der Skala der Aussagedynamik usw. spielt/, wenn er eine komplexe innere Struktur aufweist /sei es ein Nebensatz, eine ihm entsprechende nominale Konstruktion usw./, auch eine eigene thematische Struktur enthält. Im Ganzen des komplexen Satzes muß man also neben der primären Perspektive auch sekundäre Stufen /Kommunikationsfelder/ unterscheiden. Einige von

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Zu morphologischen Ausdrucksmitteln der Gliederung in verschiedenen Sprachen s. auch Novák /1959; 1974/.

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P. Sgall

diesen können durch die grammatischen Regeln der Sprache mehr oder weniger in den Hintergrund gerückt werden; so ist z.B. innerhalb einer Nominalphrase das Attribut im primären Fall dynamischer als das regierende Substantiv /das auch dann zum Träger des Intonationszentrums der Phrase wird, wenn die Phrase als ein Ganzes in der Aussagedynamik des Satzes auftritt/. 3. Firbas / 1 9 5 7 ; 1964a; b; 1968/ bringt eine vielseitige und detaillierte komparative Analyse der Wortfolge des Englischen und des Tschechischen unter diesem Gesichtspunkt. Er begnügt sich nicht mit der bloßen Dichotomie des Themas und Rhemas, sondern arbeitet noch mit einer dritten Einheit, dem sog. Übergang /s. vor allem Firbas, 1961 ; 1965/, die mehr oder weniger neutral zwischen den beiden Hauptteilen liegen soll und zu der primär die temporalen und modalen Elemente, o f t aber auch der lexikalische Kern des Verbs gerechnet werden. Noch wichtiger ist eine andere Neuerung, die ausführlich in Firbas /1971/ beschrieben wird, aber auch schon in seinen früheren Arbeiten in verschiedenen Aspekten charakterisiert wurde: auch die Trichotomie genügt nicht zu einer völligen Beschreibung der TRG, sondern man muß — vor allem innerhalb des Rhemas — noch mit einer detaillierteren Abstufung arbeiten, mit einer Skala oder /im komplexen Satz/ einer ganzen Hierarchie, die hier kommunikativer Dynamismus genannt wird. Auch die breit angelegten und dabei minutiösen Analysen von Firbas und der systematische Aufbau seiner Terminologie sind leider nicht ganz frei von einer bildhaften Ausdrucksweise. Zu den klarsten Formulierungen des Kerns seiner Konzeption gehört die folgende /Firbas, 1965, S. 170f/: By functional sentence perspective we understand the distribution of various degrees of communicative dynamism /=CD/ over the elements within the sentence, this distribution being determined by the co-operation of the g r a m m a t i c a l and s e m a n t i c structures of the sentence under certain conditions of c o n t e x t u a l d e p e n d e n c e . By the degree of CD carried by a sentence element, we understand the extent to which the sentence element contributes to the development of the communication, to which, as it were, it 'pushes' the communication forward. 5 The elements carrying the lowest degrees of CD constitute the theme, those carrying the highest degrees, the rheme, the element carrying the very lowest degree of CD functioning as theme proper, the one carrying the very highest degree of CD as rheme proper;... 5

This conception is based on the fact that... communication is not a static, but a dynamic phenomenon. By communicative dynamism, we understand a quality displayed by communication in its development /unfolding/ of the information to be conveyed and consisting in advancing this development.

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Firbas exemplifiziert dann seine Begriffe am Beispiel des Satzes /4/, wo my brother als eigentliches Thema und with a fever als eigentliches Rhema aufgefaßt werden.

/4/ In Prague my brother was suddenly taken ill with a fever. Auch ill gehört zum Rhema, trägt aber einen niedrigeren Grad des CD /der Aussagedynamik/ als with a fever. Solche Wendungen wie In Prague in diesem Satz oder die /nicht-rhematischen/ Zeitadverbialien in anderen Beispielen werden von Firbas Kulissen genannt. Die Kulisse unterscheidet sich vom eigentlichen Thema dadurch, daß sie oft nicht vom Ko-Text, sondern von der Situation des Gesprächs abhängt ¡heute, im vorigen Jahr, bei uns, in Paris usw./, das kann jedoch grundsätzlich auch vom eigentlichen Thema gelten ¡wir, Sie, meine Frau usw./. Die Kontextbedingtheit soll also nicht auf Ko-Text-Bedingtheit beschränkt werden, es muß eher der Kontext im Sinne der Konsituation von Mirowicz /1949, S. 65/ verstanden werden. Die Beziehung zwischen der semantischen Struktur und der TRG wird von Firbas /1974, S. 17—22/ als besonders eng angesehen, dadurch daß der semantische Satzbau oft die funktionale Satzperspektive, vor allem die Skala der Aussagedynamik /des kommunikativen Dynamismus/, determiniert. Hier und in seinen anderen Studien und Aufsätzen macht Firbas darauf aufmerksam, daß es Satztypen gibt, in denen nicht die sonst übliche Anordnung Subjekt /Agens/ — Verb — Objekt /Patiens/ primär ist, sondern die /im neutralen Kontext, am Textanfang u. ähnl./ die Reihenfolge Verb — Subjekt aufweisen; es handelt sich vor allem um Existenzsätze und um Sätze des „Betretens der Bühne", wie /5/ oder /6/.

¡5/ Es lebt ein anders denkendes Geschlecht. 161 Es kam ein Mädchen ins Zimmer. Die grammatischen Regeln führen freilich in manchen Sprachen oft dazu, daß in solchen Sätzen die Wortfolge Subjekt — Verb unter diesen oder anderen Bedingungen doch herrscht /z.B. im Deutschen mit dem formalen Subjekt es, im Englischen mit der Wortfolge von A girl came into the room, wo der unbestimmte Artikel den rhematischen Charakter des Subjekts erkennen läßt/. Die zuletzt zitierte Arbeit von Firbas gibt auch eine ausführliche und höchst inhaltsreiche Übersicht der tschechischen Arbeiten über Thema und Rhema /von Mathesius bis zum Ende der sechziger Jahre/. Mit anderen in demselben Band erschienen Arbeiten /von Danes, Filipec, Sgall, Svoboda, sowie von Halliday, Dressier, Dahl, Lapteva, Dezsö und Szépe u.a./, die für ein Symposium in Mariánské Lázne /1970/ geschrieben wurden, gibt die genannte Studie von Firbas die beste Einsicht in das, was bis zu dem gegebenen Zeitpunkt in diesem Fragenkreis geleistet wurde, und informiert auch über den Anklang, den die tschechischen Theorien in anderen Ländern fanden.

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4 . Die Beziehungen der T R G zur T e x t s t r u k t u r wurden vor allem von Danes untersucht. D a n e s / 1 9 7 0 , S. 7 5 - 7 8 ; 1974a, S. 1 1 4 - 1 2 7 / fragt, nach welchem Prinzip die einzelnen T h e m e n einer Aussagefolge gewählt werden, welche Wechselbeziehungen zwischen den T h e m e n der Aussagen innerhalb eines Absatzes bestehen, u n d findet — nach einer Analyse tschechischer F a c h t e x t e und anderen Materials — daß m a n verschiedene T y p e n von sog. thematischen Progressionen unterscheiden m u ß : die einfache lineare Progression / w o das R h e m a des vorhergehenden Satzes oder Aussage z u m T h e m a des nächsten wird/, wie in / 7 / , die Progression mit einem durchlaufenden T h e m a , wie in / 8 / , die Progression mit T h e m e n , die von demselben „ H y p e r t h e m a " abgeleitet sind, ferner die ein gespaltenes R h e m a entwickelnde Progression usw.

/7/ Alle Stoffe bestehen aus Atomen. Diese winzig kleinen Teilchen der Materie machen freilich ihrem Namen keine allzugroße Ehre... /8/ Goethe war überzeugt von dem Fortschritt der menschlichen Entwicklung. Er trat für die Erziehung des Menschengeschlechts. . . .ein... Goethes Humanismus ging aus von dem Glauben an das Gute im Menschen. .. Die Wichtigkeit dieser Klassifikation der thematischen Progressionen für das Studium der T e x t s t r u k t u r und der T e x t t y p e n , sowie für verschiedene Applikationen /in der Stilistik, aber auch im Z u s a m m e n h a n g mit den technischen Anwendungen der m o d e r n e n Linguistik/ geht schon daraus hervor, daß die genannten Arbeiten von Danes schon kurze Zeit nach ihrem Entstehen in verschiedenen Teildisziplinen der Textlinguistik /sowie in der Poetik/ b e n u t z t wurden u n d ermöglichten, zu k o n k r e t e n Ergebnissen zu gelangen /s.u.a. Hrbácek, 1973/. 5. Wir haben bisher nur über Arbeiten gesprochen, in denen das Tschechische /allein, oder in einer K o n f r o n t a t i o n mit dem Englischen/ als Unterlage theoretischer Studien diente. Viel Wichtiges wurde aber auch mit Material aus anderen Sprachen geleistet. U m /aus rein äußerlichen Gründen/ im R a h m e n der Slawistik zu bleiben, m ö c h t e n wir hier nur noch die slowakistische Monographie von Mistrík / 1 9 6 6 / u n d besonders das theoretisch gut f u n d i e r t e u n d empirisch weit gefaßte, auf reichem Material beruhende russistische Buch von Adamec / 1 9 6 6 / erwähnen. Wie schon Worth / 1 9 6 7 , S. 173/ konstatierte, gelang hier eine gründliche Übersicht der zahlreichen u n d disparaten F a k t o r e n von verschiedenen Bereichen / S p r a c h s t r u k t u r , Semantik, Situation, Stil/, die die Folge der Satzteile beeinflussen; es werden hier die einzelnen Kombinationen von Wortfolge und Satzakzent im Hinblick auf ihre F u n k t i o n e n in der T R G charakterisiert, was zur Unterscheidung von verschiedenen „aktual-syntaktischen" Satztypen f ü h r t ; u n t e r den F u n k t i o n e n , die für die einzelnen Satztypen charakteristisch sind, ist die „gesamt-informationelle" F u n k t i o n der

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primären /keine kontextbedingten oder kontextuell eingegliederten Teile enthaltenden/ Variante der TRG der anderen Forscher sehr nahe, während die „teil-informationelle" /aber auch die „teil-verifikative"/ Funktion fur die Sätze charakteristisch ist, die einen thematischen und einen rhematischen Teil haben; die „gesamt-verifikative" Funktion entspricht Sätzen, in denen nur die Modalität eigentlich rhematisch ist. Adamec zeigt auch /S. 21f/, daß zwischen dem eigentlichen Thema und dem, was Firbas als Situationskulisse bezeichnet, eine ganze Skala von Übergangstypen besteht, was es unmöglich macht, die beiden Arten des Themas ganz und genau voneinander zu trennen. Das Verb wird von Adamec /z.B. S. 23/ als primär rhematisch, in einigen Typen jedoch als thematisch bezeichnet /S. 27/, was uns eher geeignet erscheint als der Standpunkt, nach dem das Verb z.B. in Klim hörte diesen Worten aufm erksam zu, als Übergang gedeutet werden soll. Es muß jedoch gesagt werden, daß es sich hier im Grunde um eine terminologische Frage handelt: Firbas definiert, wie wir oben gesehen haben, das Thema und das Rhema aufgrund der Skala der Aussagedynamik, während andere /ohne klare Definitionen/ oft den Unterschied zwischen dem „vom Kontext /der Konsituation/ bekannten" und „neuen" oder ähnlich als hauptsächlichste Charakteristik des Themas und des Rhemas benutzen. 6. Die Unklarheit der benutzten Termini /und ihrer Definitionen/, die der Theorie der Thema-Rhema-Gliederung von vielen Linguisten vorgehalten wird, kann u.E. nur dadurch beseitigt werden, daß bei der Beschreibung eines so komplizierten Fragenkreises die Methoden angewendet werden, die für die Analyse komplexer Systeme in der Logik und Mathematik geschaffen wurden. Eine solche Fragestellung wird von der Prager Gruppe der algebraischen Linguistik angestrebt, die eine neue Form der Sprachbeschreibung, die sog. funktionale generative Beschreibung/FGB/konstruiert. 6.1. Im Unterschied zu den Konzeptionen von Trnka, Danes und anderen /vgl. darüber oben § 2/ wird in der FGB die TRG nicht als besondere Ebene des Sprachsystems gedeutet. Die betreffenden Regeln werden hier als ein Bestandteil des Apparats betrachtet, der in der Form einer generativen Sprachbeschreibung charakterisiert wird. Da die TRG, wie wir schon gesehen haben, semantisch relevant ist, wird sie der ersten /eigentlich generativen/ Komponente der generativen Beschreibung zugerechnet, die die semantischen Repräsentationen der Sätze definiert /enumeriert/, denen dann die anderen Komponenten der Beschreibung entsprechende Übersetzungen auf anderen Ebenen zuschreiben. 6 6

Eine ausfuhrlichere Analyse der TRG ist in Sgall, Hajicová, Benesová /1973/ zu finden; das System der FGB wurde in Sgall, Nebesky, Goralciková, Hajicová /1969/ be-

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Es wird hier einerseits die Hierarchie der Aussagedynamik im Sinne von Firbas in Betracht gezogen, die mit Hilfe einer linearen Anordnung der Knoten des Abhängigkeitsbaums formal dargestellt ist /d.h. die Lexikaleinheiten des Strukturbaums, der die semantische Struktur des Satzes als Dependenzstruktur widergibt, sind von links nach rechts linear geordnet/; andererseits werden die Lexikaleinheiten dieser /der semantischen oder tektogrammatischen/ Ebene in thematische /kontextuell eingegliedert, kontextbedingt/ und rhematische /nicht eingegliedert/ geteilt. Als thematisch oder eingegliedert werden hier nicht nur die vom vorhergehenden Text, sondern auch die von der gegebenen Situation bekannten Teile des Satzes verstanden, nicht nur die eigentlichen Themen, sondern auch die Kulissen /die bei Firbas und anderen nicht ganz klar vom eigentlichen Thema abgegrenzt werden, vgl. darüber oben, § 3 u. 5/. Die Distinktion der thematischen und rhematischen Einheiten könnte nach einigen Ansichten nur der Performanz, der parole, dem sprachlichen Handeln und nicht dem eigentlichen Sprachsystem zugerechnet werden, denn in den europäischen Sprachen 7 ist die Stellung der Grenze zwischen dem Thema und dem Rhema nicht eindeutig von der phonetischen Form des Satzes bestimmt, so daß derselbe Satz in verschiedenen Kontexten mit verschiedener Einteilung in Thema und Rhema vorkommen kann. So kann z.B. schon der einfache Satz 8 Karl brachte Zucker das bloße Wort Karl als Thema enthalten /z.B. wenn der Satz als die Antwort auf eine Frage wie Warum ist Karl gekommen? fungiert, also synonym mit Er brachte Zucker./, oder aber es kann neben Karl auch das Verb zum Thema gehören /z.B. wenn der Satz die Frage Was brachte Karl? beantwortet, d.h. in einer Position im Dialog steht, wo alternativ auch nur Zucker vorkommen könnte/. Man könnte also behaupten, daß die Grenze zwischen dem thematischen und dem rhematischen Teil des Satzes nicht für den Satz als eine Einheit der Sprache Ilangue, der sprachlichen Kompetenz/ charakteristisch ist, sondern erst im Text, im Funktionieren der Sprache, d.h. im kommunikativen Prozeß entsteht.

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schrieben, und in monographischen Arbeiten und Studien, von denen manche jetzt in Klein und von Stechow /1974/ zugänglich sind. Den Termin „semantisch" gebrauchen wir im traditionellen Sinn, also dem heute beliebten „semantiko-pragmatisch" mehr oder weniger synonym. In manchen asiatischen Sprachen, wo es auch morphematische Mittel der TRG gibt I s . jetzt vor allem Kuno, 1972, für das Japanische; auch Novak, 1974/, könnte man für das Studium dieses Fragenkreises höchst interessante empirische Ausgangspunkte finden. - In diesem Zusammenhang sind auch solche Arbeiten wichtig, die die Frage des Satzes als eines Elements des Sprachsystems analysieren, wie Danes /1951/, Pitha /1967/, Hrbâîek/1971; 1972/. Die Majuskeln bezeichnen auch hier die Stellung des Intonationszentrums.

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Es wurde jedoch gezeigt9, daß die Stellung der Grenze zwischen Thema und Rhema für die Semantik der Negation relevant ist, daß sie also in der semantischen Repräsentation des Satzes erscheinen muß, wenn hier die entscheidenden semantischen Eigenschaften des Satzes wirklich angegeben werden sollen. Man kann nämlich mindestens drei verschiedenen Situationen unterscheiden, drei Typen der semantischen Satzstruktur, für die die semantische Wirkung der Negation nicht identisch ist: Im primären Fall ist das Hauptverb des Satzes rhematisch, es gehört zu dem, was vom Thema ausgesagt /„prädiziert" im traditionellen Sinn des Wortes/ wird, und im entsprechenden Negativsatz wird dann gerade die Beziehung zwischen dem Thema und dem Rhema negiert, es wird hier ausgesagt, daß das Rhema vom gegebenen Thema nicht gilt: Unsere Niederlage wurde nicht durch Mangel an Erfahrung verursacht. Hier wird vorausgesetzt /präsupponiert/ und zum Thema der Aussage gewählt, daß wir eine Niederlage erlitten, und es wird behauptet, daß die Ursache davon nicht im Mangel an Erfahrung lag. Wenn aber — was in einer sekundären Variante des Satzbaus vorkommen kann — das Hauptverb zum Thema gehört /d.h. es wird über ein Geschehnis, eine Beziehung usw. als über etwas schon Gegebenes gesprochen/, dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder wird auch hier die Beziehung des Rhemas zum Thema negiert ¡Ich begegnete nicht Marie, sondern Betty./, oder die Negation gehört /zusammen mit dem Verb/ zum Thema, d. h. es wird über eine Handlung gesprochen, von der man schon weiß, daß sie nicht stattfand oder ähnlich /Georg ist deswegen nicht gekommen, weil seine Frau krank ist/. Ein Paradox,Ijnd eine Unadäquatheit der traditionellen Terminologie, kann man darin sehen, daß eben der letzte Fall als Satznegation bezeichnet wird /obwohl hier die Negation einer lexikalischen Negation des Verbs nahesteht/, während der vorletzte Fall der Oberflächenstruktur nach als Satzgliednegation klassifiziert wird /obwohl eben hier die Aussage als solche, d.h. die Beziehung zwischen Thema und Rhema des Satzes, negiert wird/. Diese drei Möglichkeiten der semantischen Geltung der Negation können allerdings nur dann auseinandergehalten werden, wenn die Stellung der Grenze zwischen Thema und Rhema in der semantischen Repräsentation des Satzes angegeben ist; deshalb muß nicht nur die Hierarchie der Aussagedynamik, sondern auch der Unterschied zwischen thematischen und rhematischen Elementen des Satzes als dem Sprachsystem angehörend betrachtet werden, d.h. Sätze wie Karl brachte Zucker müssen als homonym 9

Hajicová /1973; im Druck/; andere Argumente wurden in Sgall /1967, S. 205f/ formuliert /enklitische Formen der anaphorischen Pronomina im Tschechischen können nur thematisch sein/.

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/ambig/ bezeichnet werden, denn jeder solche Satz entspricht mindestens zwei semantischen Satzrepräsentationen, die bezüglich der Grenze zwischen Thema und Rhema voneinander verschieden sind. 6.2. Es gilt zwar, daß in unserem Beispiel die beiden Deutungen des Satzes dieselben Wahrheitsbedingungen haben, man kann aber ihre Strukturen nicht als völlig linguistisch gleichbedeutend /semantisch identisch/ ansehen, denn Unterschiede in der TRG und der Aussagedynamik sind semantisch relevant, wie wir an Beispielen mit einer komplizierteren Quantifikation zeigen können:

/9/ Der Lehrer bekam für seine zwanzig Schüler zwanzig verschiedene Aufgaben. Jedem Schüler legte er eine der Aufgaben mit der Forderung vor, sie in zehn Minuten zu lösen. Im zweiten Satz kann man /im gegebenen Kontext/ die beiden Nominalphrasen jedem Schüler und eine der Aufgaben als thematisch betrachten, ihre Stellung in der Skala der Aussagedynamik ist hier aber semantisch relevant, was dadurch klargemacht werden kann, daß die Verwechslung der Positionen dieser Phrasen in der Skala /die in diesem Fall durch die Wortfolge ausgedrückt wird/ zu einem Satz mit anderen Wahrheitsbedingungen/ also mit einem anderen Inhalt/ führt: Eine dieser Aufgaben legte er jedem Schüler mit der Forderung vor,... Nur dieser Satz /der sich von der oben angeführten Variante nur in der Aussagedynamik, nicht in der eigentlichen Syntax unterscheidet/ besagt, daß alle Schüler dieselbe Aufgabe bekamen. 6.3. Der Unterschied zwischen den beiden Grundschichten der TRG wird in der FGB folgendermaßen gedeutet: Es wird vorausgesetzt, daß für die Partizipanten jedes Verbs der gegebenen Sprache eine bestimmte lineare Anordnung definiert ist /die also mittels der Grammatik der Sprache, wenn nicht in der allgemeinen Theorie, charakterisiert werden kann/, die der Hierarchie des sogenannten kommunikativen Gewichts von Firbas entspricht und überall dort erscheint, wo sie nicht durch eine kontextbedingte Thematisierung entstellt wird. Aufgrund der vorliegenden empirischen Erkenntnisse rechnet man mittlerweile mit der folgenden /unvollständigen/ Skala des kommunikativen Gewichts: Agens - Zeit - Ort - Art - Mittel - Dativ - Objekt vom Typ „worüber" — Patiens — Richtung — prädikative Ergänzung Diese primäre, merkmallose Reihenfolge kann, wie gesagt, in der Aussage entweder direkt realisiert werden /dort, wo kein Glied thematisch ist, oder auch dort, wo alle thematischen Glieder ein geringeres kommunikatives Gewicht als die rhematischen Glieder haben/, wobei dann also die Skala der Aussagedynamik mit der des kommunikativen Gewichts im Satz identisch ist, oder die Skala der Aussagedynamik unterscheidet sich von der des kommuni-

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kativen Gewichts darin, daß ein Glied thematisiert ist, das ein größeres kommunikatives Gewicht hat als ein anderes, Thematisches Glied des Satzes. Beispiele der primären Schicht /Aussagedynamik mit dem kommunikativen Gewicht identisch/ : /10¡ Dein Freund schickte im Juli dem Lehrer einen Brief. 111 ¡Die Anwesenden haben Georg einstimmig zu ihrem Sprech er gewählt. ¡121 Ich habe meinen Eltern über Elsa gesagt, sie sei krank. Beispiele der sekundären Schicht /mit Thematisierung/: / 1 3 / D e m Lehrer schickte dein Freund im Juli einen Brief. 114/Einen Brief schickte dein Freund dem Lehrer im Juli. /Nur einen Brief ist hier thematisiert, wenn auch die anderen Konstituenten - ausgenommen im Juli — unter gewissen Bedingungen thematisch sein können./ /1S ¡Im Juli schickte dein Freund dem Lehrer einen Brief. /Mit der Kulisse im Juli, die in der hier benutzten Terminologie als thematisch bezeichnet wird./ / 1 6 / Z u ihrem Sprecher haben die Anwesenden einstimmig Georg gewählt. 117¡Georg haben die Anwesenden einstimmig zu ihrem Sprech er gewählt. IIS/ Über Elsa habe ich meinen Eltern gesagt, sei sei krank. /19/Meinen Eltern habe ich über Elsa gesagt, sie sei krank, usw. Obwohl die gegebene Skala des kommunikativen Gewichts empirisch vor allem am tschechischen Material studiert wurde, also an einer Sprache mit freier Wortfolge, zeigen unsere Beispiele wohl doch, daß die hier nur kurz skizzierte Theorie auch für das Deutsche /und andere Sprachen/ einen nützlichen Ausgangspunkt bietet. 1 0 6.4. Ein operatives /testbares/ Kriterium für die Identifikation der Stellung der Grenze zwischen Thema und Rhema, sowie fur die Unterscheidung von Stufen der Aussagedynamik ist die sog. Fragenmethode: Man nimmt an, daß der Sprachbenutzer imstande ist zu entscheiden, ob der gegebene Satz /mit festgelegter Wortstellung und Intonation/ als Antwort auf eine bestimmte Frage gesprochen werden kann. Für jeden Satz kann dann eine Menge von Fragen festgelegt werden, die mit diesem Satz in verschiedenen Kommunikationssituationen beantwortet werden können. Diejenigen Glieder des Satzes, die

10 Es scheint, daß es zwischen den einzelnen Sprachen Unterschiede z.B. in der Stellung des Instruments gibt, vgl. Sgall, Hajicová, Benesová /1973, S. 291, Fußn. 16 und 17/; fur die freien Adverbialergänzungen sind die Fragen einer solchen Skala allerdings weniger klar als bei den eigentlichen Aktanten /zur Grenzziehung zwischen diesen zwei Ergänzungstypen und testbaren Kriterien dazu s. jetzt Panevová, 1974/.

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in jeder Frage aus dieser Menge enthalten sind, sind thematisch, die, die in keiner Frage aus der Menge vorkommen, sind rhematisch, und die Glieder, die in manchen Fragen enthalten sind, in anderen nicht, bilden einen potentiellen Bereich des Themas, wobei man eine Anordnung vom T y p „wenn A in der Frage vorkommt, muß in ihr auch Β vorkommen" beobachtet, die eben der Anordnung der Aussagedynamik entspricht. So kann z.B. der Satz /20/ die Fragen /21 /, /22/, /23/ und andere, nicht aber /24/ oder /25/ beantworten:

/20/ Den Ring hat dein Freund meiner Schwester als ein Geschenk gewidmet. /21 / Was ist mit dem Ring geschehen ? /22/ Was hat mein Freund mit dem Ring getan? /23/ Hat jemand den Ring einer Frau gewidmet? /24/ Was hat deine Schwester bekommen? /25/ Was hat mein Freund deiner Schwester gewidmet? Das Ergebnis des Fragetests kann /etwas verkürzt/ so formuliert werden: in einem Satz mit der primären Intonation ist die erste Nominalphrase thematisch, die letzte rhematisch /mit maximaler Aussagedynamik/, während die Zwischenstufen in der Skala der Aussagedynamik so aussehen, daß in einem Satz wie /20/ der Dativ dynamischer als der Agens erscheint und die Beziehung zwischen dem Agens und dem Verb vom Satz nicht eindeutig bestimmt wird / d . h . der Satz entspricht wenigstens zwei semantischen Repräsentationen, mit verschiedener Aussagedynamik; daneben gibt es natürlich weitere Verschiedenheiten, die nur die Stellung der Grenze zwischen Thema und Rhema betreffen, die mit jeder Stufe der angeführten Skala — zwischen der ersten und der letzten Nominalphrase — identisch sein kann/. 6.5. Es wird /für die semantische Satzrepräsentation/ angenommen, daß das Verb /thematisch oder nicht, doch unter Ausschließung der zweiten Instanz von Bolinger/ immer dynamischer ist als seine thematische Ergänzung /sei es ein innerer Aktant, Filimores Kasus, oder ein freies Adverbiale, Zirkumstant/, und weniger dynamisch als jede seiner rhematischen Ergänzungen. Dann, wenn kein Satzteil thematisch /kontextuell eingegliedert/ ist, d.h. in Textanfängen ohne Kulissen u.ähnl., nimmt das Verb in der semantischen Repräsentation die Anfangsstellung ein. Die Oberflächenwortstellung muß allerdings nicht immer im Einklang mit der Anordnung der Aussagedynamik stehen. So ist beispielsweise für das Deutsche charakteristisch, daß das Verb in der Oberflächenform des Hauptsatzes auch in solchen Fällen an zweiter Stelle steht /auch wenn das vorangehende Subjekt — wie die anderen Satzteile - rhematisch, oder, umgekehrt, wenn nicht nur das Subjekt, sondern auch einige dem Verb nachfolgende Elemente thematisch sind/.

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Beispiele : Ein junges Mädchen begegnet im Wald einem alten Mann. IOhne thematische Elemente; auch Voranstellung des Verbs ist möglich: Es begegnete ein junges Mädchen .. ./ - Mein Bruder hat den Brief dem Onkel gegeben. /Wenn dieser Satz in einer solchen Kommunikationssituation verwendet wird, wie z.B. als Antwort auf die Frage Was hat dein Bruder mit dem Brief getan?, dann entspricht er einer semantischen Repräsentation, in der die Elemente mein Bruder und Brief als thematisch auftreten, nach den grammatischen Regeln des Deutschen muß hier aber das Verb, auch wenn es rhematisch ist, vor Brief stehen/. 6.6. Die untersuchten Verhältnisse innerhalb der Syntax und Semantik der natürlichen Sprache sind so reich und vielfältig, daß sie ohne einen formalen Rahmen /dessen Grundlage ein korrekt aufgebautes mathematisches System bilden soll/ nicht verläßlich beschrieben werden können. Das ausgewählte formale System soll dem zu beschreibenden Objekt möglichst gut entsprechen, um empirisch adäquat zu sein; eine absolute Vollständigkeit ist allerdings nicht zu erwarten /was auch von anderen, unformalen, mehr oder weniger bildhaften Beschreibungsweisen gilt, die methodologisch nicht so verläßlich sind und vieles der Intuition des Benutzers, seiner persönlichen Interpretation, überlassen/. In der FGB bildet den formalen Rahmen der Satzsemantik eine Abhängigkeitsgrammatik, die beim Generieren einer semantischen Satzrepräsentation — im Unterschied zu einer Grammatik, die mit unmittelbaren Konstituenten arbeitet /d.h. vom Anfangssymbol Schritt nach Schritt die zugrundeliegende Konstituenten- oder Phrasenstruktur des Satzes deriviert und erst dann zu lexikalischen Einheiten gelangt/ — vielmehr von links nach rechts vorgeht, von einer bestimmten, als eigentliche Mitteilungsbasis /Thema/ angenommenen Benennung ausgeht und dann eine Kette weiterer Benennungen /einzelnen Knoten des Abhängigkeitsbaums zugeordnet/ ableitet, und zwar immer so, daß eine neu eingeführte lexikalische Einheit ein höheres Maß an Aussagedynamik besitzt als die vorangehende. Die thematischen Einheiten werden dabei mit dem oberen Index b bezeichnet, fur ,,/contextually/ bound"; untere Indexe geben die syntaktischen Funktionen /innerhalb der semantischen Ebene an, also Agens, Patiens, temporale und Richtungsergänzungen, usw./ und eventuell auch die sog. morphologischen Bedeutungen /Plural, Präteritum, usw./ der einzelnen lexikalischen Elemente ; vgl. ein Beispiel des Abhängigkeitsbaums, der als eine der semantischen Repräsentationen des SatzesDer kleine Knabe brachte den Brief gestern zur Po st in der Abb. I 1 1 anzusehen ist. 11 Die deutschen Wortformen in der Abb. müssen als vorläufige Angaben verstanden werden, die hier die eigentlichen semantischen Symbole vertreten.

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P. Sgoli bring-Fxil

Knabe

Briefe

klein

Knabe

(Knabe^

SesternTemp,Post

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Rieht) A b b . 1.

Kompliziertere A b h ä n g i g k e i t s b ä u m e e n t s p r e c h e n allerdings S a t z g e f ü g e n m i t e i n g e b e t t e t e n S ä t z e n / o d e r ihnen s y n o n y m e n K o n s t r u k t i o n e n / , w o einer der u n t e r g e o r d n e t e n K n o t e n selbst anderen K n o t e n übergeordnet ist, die ihre eigene A u s s a g e d y n a m i k / d u r c h die links-rechts-Anordnung a n g e g e b e n / u n d ihre eigene Teilung in T h e m a u n d R h e m a a u f w e i s e n . D a s f o r m a l e S y s t e m m u ß deshalb / a u c h w e g e n der Koordinierungsrelation u s w . / rekursive Eigenschaften haben.12 12 Fragen des technischen Apparats werden in Sgall, Hajicová, Benesová /1973, S. 2 0 4 - 2 3 8 / diskutiert. Die Eingliederung der rekursiven Eigenschaften in die semantische Komponente und ihre Deutung als des eigentlich generativen Bestandteils der ganzen Beschreibung, sowie die Anordnung der Ebenen /als Input- und Outputsprachen der einzelnen Komponenten/ von der Semantik zur Phonetik /d.h. Ansichten, die in der transformationellen Grammatik erst mit der generativen Semantik auftreten/ wurden hier seit 1963 als nützlich gezeigt und dann systematisch ausgearbeitet; vgl. jetzt Klein und von Stechow /1974, S. 3 8 2 - 5 / . Auch Fragen der Beziehung zwischen Syntax und Intonation, wie sie z.B. von Bierwisch /1968/ analysiert werden, sollten mit denen der TRG verknüpft werden /es handelt sich hier um solche Probleme, wie die Formulierung von Regeln, die die Stellung des Intonationszentrums einer Phrase oder auch einer Reihenfolge von Phrasen sichern könnten; solche

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6.7. Die Verwendung der FGB ermöglichte es nicht nur, die testbaren Kriterien der Negation, der Fragenmethode und der Pronominalisierung /vgl. Fußn. 9/ in verhältnismäßig breitem Umfang mit Erfolg anzuwenden, 13 sondern bietet auch /zusammen mit einem tieferen Verständnis der Quantifikation und der sog. Delimitationsmerkmale, /vgl. Bierwisch, 1971 ; Krííek, 1973/ einen geeigneten Ausgangspunkt für eine wissenschaftliche Erklärung und eine methodologisch rein semantische Deutung der hier betrachteten Phänomena: Wir nehmen /mit Öim, 1973/ an, daß der Sprechende, wenn er eine Behauptung in der Form eines Aussagesatzes äußert, im allgemeinen bestrebt ist, den Hörer dazu zu bringen, einige Elemente der in seinem Gedächtnis gespeicherten Information in einer bestimmten Weise zu modifizieren /es kann sich darum handeln, die identifizierten Elemente in neue Beziehungen zu anderen Elementen zu bringen, ihnen neue Eigenschaften zuzuschreiben, die Verhältnisse zwischen ihnen neu zu deuten usw. usw./. Das menschliche Gedächtnis ist aber ein riesiges, kompliziert strukturiertes Ganzes, und wenn die Kommunikation effektiv sein soll, darf die Interpretation einer Aussage von Seiten des Hörers nur eine minimale Anstrengung beanspruchen; es ist also verständlich, daß, erstens, die „identifizierten" Elemente vom Sprecher so ausgewählt werden, daß sie der Hörer unter denen findet, die gerade im Zeitpunkt der Kommunikation in seinem Gedächtnis aktiviert sind /d.h. von der gegebenen Konsituation, vom Kontext in den Vordergrund gerückt/, und zweitens, daß die regelmäßige Form einer Aussage in der Sprache — der Satz - die Dichotomie der „identifizierten" und der neuen Elemente /Beziehungen/ in seiner semantischen Struktur widerspiegelt — eben durch die Dichotomie des Themas und Rhemas. Für die einfachsten Sätze stimmt diese Dichotomie im primären Fall mit der in der ältesten Grammatik sowie in der ältesten Logik benutzten Dichotomie von Subjekt und Prädikat überein ¡Der Vater wartet. Das Buch ist schön./. Auch viele andere, verwickeitere, von der einen oder anderen Seite merkmalhafte Sätze können mittels einer elaborierteren Variante dieser Prädikationsdichotomie charakterisiert werden, wenn nämlich der semantiBegriffe wie Aussagedynamik und kommunikatives Gewicht würden hier vielleicht nützlich sein/. 13 Auch verschiedene Satztypen, die von manchen Forschern als spezifisch hinsichtlich der TRG bezeichnet werden, finden in diesem Rahmen eine adäquate Beschieibungsweise, ohne daß der Formalismus mittels ad-hoc-Mitteln „bereichert" werden müßte; so entspricht z.B. das, was Kuno /1972/ als „neutral listing" bezeichnet /und teilweise auch die sog. thetischen Sätze anderer Forscher/ dem, was mittels unseres Apparats — s. § 6.5 - als Sätze ohne thematische Elemente klassifiziert wird.

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sehe Satzbau /mit einer Modifikation des performativen Hypersatzes von Ross und Sadock/ als „Ich sage dir hier jetzt über X, daß S" verstanden wird, wo X für das Thema des Satzes /seine kontexteingegliederten Elemente/ steht, die dann im eigentlichen Satz S noch einmal vorkommen /z.B. ,J)arüber, daß Georg nicht gekommen ist, sage ich, daß es deswegen dazu kam, weil seine Frau krank ist"/. Für noch kompliziertere Fälle kommt man allerdings auch mit solchen Oberflächenparaphrasen der semantischen Struktur nicht aus, und es ist hier ein Formalismus notwendig, der auch eine in der allgemeinen Form bestimmbare und ädaquate semantische Interpretation hat. Den Weg zu einer solchen Theorie, deren explanative Kraft auch eine feste Verbindung mit der formalen Logik sichern könnte, kann man darin sehen, daß man einen Übersetzungsalgorithmus von den semantischen Satzrepräsentationen /den obenangeführten Abhängigkeitsbäumen oder ihren Linearisierungen/ in die Formeln der Prädikatenlogik formuliert, deren semantische Eigenschaften und Beziehungen /Synonymie, Tautologie, Analytizität, Folgerung usw./ in der logischen Theorie schon ziemlich eingehend studiert wurden. Der Ausgangspunkt eines solchen Übersetzungsalgorithmus kann in einer Prozedur gesehen werden, 14 die die semantisch interpretierten Abhängigkeitsbäume so in die Formeln überführt, daß erstens /als die Hauptdichotomie des ganzen Satzes/ die Grenze zwischen Thema und Rhema, zweitens /innerhalb dieser zwei Teile/ auch jede solche Dichotomie eines eingebetteten Satzes mittels eines neuen Operators wiedergegeben wird, der „so, daß ... darüber gilt" gelesen werden kann. Die Reihenfolge der Satzteile stellt dabei sicher, daß auch die komplizierte Quantifikation in Sätzen wie den folgenden richtig gedeutet werden kann: Viele Bücher werden von wenigen Leuten gelesen. John sprach mit wenigen Mädchen über viele Probleme. Das Ziel wurde von vielen Pfeilen getroffen. Mindestens zwei Sprachen können wir alle fließend sprechen. Bekanntlich ist eine Änderung der Wortfolge /im Englischen obligatorisch mit einem Wechsel der Diathese verbunden, was im Deutschen nicht immer notwendig und z. B. im Tschechischen allenfalls fakultativ ist/ oder der Intonation in solchen Sätzen mit einer semantischen Änderung verbunden, die in einer bestimmten Weise der Änderung der Anordnung der Quantoren in einer Formel der Prädikatenlogik entspricht. Man muß allerdings noch mit einer anderen Bedeutung rechnen, die z.B. den beiden Varianten des zuletzt angeführten Satzes gemeinsam ist und auch für Logiker immer noch ein offe14 Ein Formalismus, der als Grundlage für eine solche Prozedur dienen kann, wurde in Sgall /1974b, S. 4 1 - 4 5 / und Hajicová, KxEek, Sgall /im Druck/ vorgelegt.

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nes Problem dargestellt, da siç zur Anordnung der Quantoren neutral ist. 15 Es soll auch bemerkt werden, daß die Prädikatenlogik nicht für eine ädaquate Analyse der modalen, temporalen, pragmatischen und anderen Beziehungen ausreicht die, im semantischen Satzbau der natürlichen Sprachen eine wesentliche Rolle spielen, so daß man mit einer Übersetzung nicht nur in die Prädikatenlogik, sondern in eine Sprache der intensionalen Logik rechnen muß /vgl. Dazu aus der heutigen Literatur vor allem Montague u. Schnelle, 1972, S. 2 9 - 3 3 u. 5 0 - 5 4 / . 6.8. Die soeben angeführten Beispiele sind für die Diskussion zwischen Chomsky und anderen Anhängern der ursprünglichen Variante der transformationellen Grammatik einerseits und den Verfechtern der generativen Semantik andererseits höchst relevant. Es ist also nicht überraschend, daß innerhalb dieser Diskussion auch die Transformationalisten in den letzten Jahren den Fragen von Thema und Rhema viel mehr Aufmerksamkeit widmen, als vor dem großen Lakoffschen Schisma üblich war. In einigen Aspekten von Chomskys /1968/ Fokustheorie kann man allerdings auch den indirekten Einfluß einiger tschechischen Konzeptionen sehen, den Hallidays /1967/ Lehre vermittelt hat. Wie wir anderswo zu zeigen versuchen /Hajicová u. Sgall, vorb./, kann die Auffassung der FGB in diesen Fragen mit den transformationalistischen Ansätzen gut verglichen werden: Chomskys "range of permissible focus" entspricht zwar zu einem gewissen Grad der Skala der Aussagedynamik, ist aber nicht präzis formuliert worden /u.a. erlauben Chomskys Formulierungen die Analyse jedes Satzes als nur aus Fokus /oder Rhema/ bestehend, was für Sätze mit dem Intonationszentrum vor der letzten Nominalphrase nicht adäquat ist; auch die Formulierungen von Jackendoff, 1972, bringen in dieser und anderen Hinsichten keine definitive Lösung/. Was Kuno /1972/ "exhaustive listing" nennt, wird in unserer Konzeption dadurch beschrieben, daß die Übersetzungsprozedur im Fall, wo das Hauptverb thematisch ist, zu einer logischen Formel führt, die semer Interpretation eines solchen Satzes nahesteht. Wir glauben, daß auch andere Konzeptionen, die einen generativen Rahmen anwenden /Dahl, 1974a; Vennemann, im Druck; Petöfi, 1974/, in dem, was heute die tschechische Linguistik bieten kann, wichtige neue Impulse finden können.

15 Zu den Diskussionen zwischen Logikern s. jetzt Hintikka /1974/.

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Acta Universitatis Carolinae Brno Studies in English Prague Bulletin of Mathematical Linguistics Prague Studies in Mathematical Linguistics Slovo a slovesnost Sborník pracífilosofické fakulty brnenské university Travaux linguistiques de Prague

Revekka M. Frumkina (Moscow) On the Place of Statistical Methods in Contemporary Linguistics

The present essay is intended for the reader who has no experience using statistical methods in language study. The author's goal is to demonstrate to the reader that statistical methods are of fundamental value to linguistics. In this connection we discuss the nature of those properties of linguistic objects and relations which necessitate operating with plausible conclusions and studying regularities of a special type: statistical regularities. * *

*

1. Basic trends of application of statistical methods in linguistic investigations. The thoroughgoing penetration into linguistics of the methodology of mathematical statistics and probability apparently dates from the 1950's. With some degree of artificial oversimplification, we may point to three basic trends which took shape shortly before this time. Trend 1: The acquisition of quantitative data about various units of language and speech, i.e., a kind of inventorying of the elements of a text (by text we shall mean here and elsewhere both the written and oral form of speech). In investigations of this kind the following questions might be considered typical: How often are given words (combinations of words, syllables, sounds) encountered in texts? What is the average length of a sentence in the literary language of a given period? How are the frequencies of given morphological categories distributed in texts? The greater part of all work using statistical methods from the 1950's on is, in the author's opinion, of this type. Trend 2: The construction of mathematical models of isolated fragments of language, speech, or verbal behavior with the application of the methods of probability theory and mathematical statistics. Such models usually make use of results obtained within the framework of works belonging to the

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first type just described. Thus, without frequency dictionaries and data about the statistical structure of the text it would be impossible to construct such models as "Zipf-Mandelbrot's law" (Mandelbrot 1961, Srejder 1967), the models of Fucks (Fucks 1955) etc. The construction of a mathematical model of vocabulary change over time assumes the accumulation of huge masses of experimental data about the frequencies of words and their ranks in frequency dictionaries: in the first place, these data serve as an empirical base for the construction of the model; in the second place, they are essential for verification of the correspondence between the model and the real evolution of the vocabulary over time (Arapov and Xerc 1974;Dyen 1973). Research into the probabilistic characteristics of style and statistical methods of attributing anonymous texts is possible only when there exist fairly complete data about the statistical structure of the texts of the authors under consideration (Yule 1944). Works of this type strive to answer questions such as the following: What is the probability that a word having the rank r in a frequency dictionary Τ arose no later than the point in time t Q ? If a given text has a length L, then what is the probability that it contains not more than k distinct lexemes? Trend 3: Instead of listing problems solved within the framework of this trend, we will restrict ourselves for the time being to the following citation from Ashby 1956. It could be applied to all works of this type: "Statistics is the art of saying things which have to do with a certain aspect or part of the whole, when the entire truth is too cumbersome for direct use". It is safe to say that this is an art which all linguists ought to command; after all, hypotheses about the regularities of language and speech are always made on the basis of a limited number of observations. It is clear that representatives of other sciences concerned with observations and experiments are in the same position, irrespective of whether the corresponding hypotheses are formulated in qualitative or quantitative terms. This aspect of the application of statistical methods in linguistics (which is not different in principle from the application of such methods in many other sciences, as will be discussed in more detail below) may be characterized as the method of statistical verification of hypotheses. With respect to the tripartite classification proposed above, we should note that a possibility of confusion may rest in the fact that the classification of the first two types is differently based from the classification of the third. The purpose of works of the first type is to establish quantitative characteristics of linguistic units, while the purpose of those of the second type is to establish certain quite complex statistical dependencies among

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corresponding units. The third group, on the other hand, unites works not from the point of view of their substantive problems, but rather from the point of view of the application of certain methods in them, methods which, in the first place, are not specific to linguistics, but are applied in the other sciences as well, and, in the second place, which can (and in the author's opinion, essentially must) be applied in the most various linguistic works. The reason for proposing such an unusual classification is that the concept of statistical methods in linguistics (linguostatistics, statistical linguistics) has gradually become identified almost exclusively with works of the first and second types. This almost universal reduction of the role of statistical methods in linguistics either to the establishment of quantitative correspondences or to the solution of problems of a purely applied nature (information search, automation of concordance composition and so forth) has in the author's opinion fostered the belief that statistical methods themselves are peripheral to the basic problems of theoretical linguistics. I will try to show in the discussion that follows that the role of statistical methods in linguistics is defined first of all by their direct relation to the problem of verification of linguistic assertions, and that therefore these methods are closely tied to the specific nature of linguistics as a science. 2. The contemporary level of development of linguistics and the problem of the specific character of the scientific method. The significance of statistical methods in scientific investigation lies in the fact that with their help the investigator may draw conclusions with a specific and specifiable degree of trustworthiness in a situation where the information about the phenomenon being investigated is known to be incomplete. (Neyman 1950). The introduction of statistical methods into any field of knowledge is usually conditioned by two groups of factors: 1) the specific character of the given science's subject; 2) the historically conditioned level of development of the science itself, the character of its methods and tools. These factors determine which of the various divisions or branches of statistics are used in the given science. Thus, if the subject of the science is the description of objects which form a uniform aggregation (as, for example, in demography or in the descriptive branches of biology), it is natural that even in comparatively early stages of the development of these scientific disciplines so-called descriptive statistics is applied. The development of scientific disciplines which have to do with measurements and experiments (this concerns practically all natural and technical sciences) in itself is a stimulus to the development of a statistical

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theory of processing the results of observations. A n d , finally, m a n ' s striving t o understand the most complex processes unfolding in nature and society has aided the f u r t h e r refinement of the m e t h o d s of probability theory and the appearance of new scientific disciplines, which have developed on the basis of it: such disciplines as game theory, statistical decision t h e o r y , multivariate statistical analysis and so f o r t h . What is the role of statistical m e t h o d s in linguistics? What defines their specific character and the limits of their application? Taking into account the above-mentioned factors influencing the introduction of statistical m e t h o d s into any field of knowledge, we m a y try to answer these questions on t w o levels: 1) f r o m the p o i n t of view of the specific character of the subject of linguistics; 2) f r o m the point of view of the internal structure of linguistics as a science, the specific character of its m e t h o d s and tools of investigation. If one approaches b o t h questions historically, one m a y say that there has been a change not only in the internal structure of linguistics and in its m e t h o d s (this is characteristic of any scientific discipline) b u t also, in the very conception of the subject of linguistics itself. The subject of scientific linguistics was for m a n y years defined primarily by its traditional applications: in the first place, linguistics was the study of one's native or a non-native language, and in the second place, it was used to provide particular linguistic i n f o r m a t i o n for investigations in other fields of the humanities. The inventory of linguistic m e t h o d s was also in m a n y ways defined by these applications. At the end of the 1940's and beginning of the 1950's extremely important changes t o o k place in linguistics; these changes were, in the m o s t general sense, a reflection and a consequence of the revolution effected by cybernetics in the approach to the investigation of the m o s t divers aspects of reality. The influence of cybernetics on linguistics was not limited to changes in the direction taken by research, caused by the development of new applications, even t h o u g h these changes were themselves very i m p o r t a n t . It is generally k n o w n , for example, t h a t w o r k s o n a u t o m a t i c analysis and synthesis of texts in the natural languages brought into being a new approach to the investigation of language: the creation of dynamic models of language, principally realized using electronic computers. Far more i m p o r t a n t , however, is the fact that linguists for m a n y reasons (which cannot be discussed here) were faced with the need to answer questions a b o u t the nature of the subject of linguistics, a b o u t the structure and tasks of their science. These were questions such as: Is there a system of preliminary undefineable concepts and initial

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assertions similar to axioms in linguistics? How can one verify whether a given linguistic assertion is true? What is the correspondence between the directly observable phenomena of verbal activity and the theoretical concepts and constructs which are related to the linguistic system? And further: Is it possible for linguistics to answer the question of what we really do when we speak? (Here we use the title of a work by Kaiser and Halle, in Recognizing Patterns 1963). It seems to us that the framing of such "naive" questions reflects quite well the most fruitful aspect of the influence of the ideas and methods of cybernetics on linguistics. Properly speaking, under the influence of these very same ideas quasinaive questions were framed in other sciences as well, mainly in those sciences studying the structure and behavior of living systems. The title of a classic work by Lettwin and his co-authors may serve as an example: "What the Frog's Eye Tells the Frog's Brain". It is important to keep in mind that in linguistics the majority of newly-arisen questions concerned the structure both of language itself and of the science that studies it. It is well know that the conception of the subject of a science, or more precisely, about what should actually be studied in order to come to understand a given object, evolves along with the development of individual sciences. At the same time new ties are formed between the given field of knowledge and other sciences, while new forms of use of the achievements of the given science in human activity also arise. Extending the borders of the subject of a science carries with it the need for new methods, while the appearance of new methods permits one to answer questions that formerly had no answers. Of course all these processes function interrelatedly during the development of a given science; it is not often possible to foretell precisely which method may be likened to Archimedes' lever in the future. Then too, today it is understood that without computers the modelling of certain aspects of man's intellectual activity would be impossible. But even today it is not yet clear which particular methods ought to be used in order to learn more about what, for example, makes up the mechanism of phonemic hearing. The history of how the theory of speech perception developed may serve as a very clear example of the interrelatedness of the processes of altering the boundaries of the subject of a science and the evolution of its methods. As is well know, the Jakobson-Halle theory of distinctive features was long accepted as a plausible model of human speech perception. This model

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was economical, elegant, and simple; but the character of the discussion about whether it was effective in describing "what we actually do when we listen" remained of necessity purely speculative: linguists did not have the methods at hand which would have permitted them to formulate this question experimentally and advance experimentally verifiable hypotheses. The feeling of "cognitive dissonance" intensified considerably as the result of unsuccessful attempts to construct a mechanism for recognizing verbal images on the basis of the theory of distinctive features. When it became clear that the reason for these failures lay not in technology but in the inadequacy of the theory, this served as a stimulus for turning to ideas and methods which formerly were the property of the natural sciences. Here we have in mind not only the subtle psycho-acoustic and other psychophysiological methods, but also mathematical methods of analyzing the results of an experiment, including the methods of psychometry. As a result of a great cycle of complex investigations linguists (and psychologists, mathematicians, communications engineers and other investigators along with them) asked themselves the following "heretical" question: Why is it so natural to think that these 12 distinctive features, which are so elegantly described by Halle, are those very "subjectively useful" features which are used in the process of perception by the individual speaker-hearer of the language in order to distinguish one sound unit from another? Leaving aside the question of what working hypotheses may be formed on the basis of this "naive" question, we emphasize that the very possibility of advancing working (i.e. experimentally verifiable) hypotheses is ensured first of all by broadening the methods of linguistic investigation — to a significant degree by means of methods used in other sciences, including those which linguists had never before viewed as germane. We would also like to note that most often by "productive use of the methods of neighboring sciences" one ought to understand not the equipping of laboratories with complex apparatus and not even the use of computers, but rather a richer approach to the framing of the problem itself, to the analysis of its "physical" essence, to determining which of the observed results might be capable of refuting the hypothesis being tested and so forth. It is also important that, although the "heretical" questions themselves change just as do the fields of knowledge, methods, and ideas which are employed to discuss complex problems, nevertheless one can precisely characterize the main thrust of this process: the subject of linguistics is gradually coming to include not only language as a system of signs, examined independently of its uses, but also the very complex processes themselves, by which

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language functions as a living system, existing first of all in the actual life and communication of speaking individuals. 3. Lingustics and the method of plausible reasoning. We have already spoken of the fruitful effect on linguistics of general cybernetic ideas and methods. It is well know that linguistics was prepared for this by its own autonomous development; in particular, by the development in the twentieth century of so-called functional linguistics. Nevertheless, it was the cybernetic approaches to the creation of functional models of language and verbal activity which permitted the discovery of a certain "inadequacy" in traditional linguistic methods. This "inadequacy" showed itself first of all when it became clear that the majority of descriptions and assertions which make up the substance of theoretical linguistics are not strictly true. Of course, assertions which are not strictly formulated are by their very essence unverifiable — but after all, the scientific cognitive method is a continuous process of verification of ideas and theories and their alteration to correspond with new facts. In this regard it is customary to separate two fundamental methods of verification of the truth of scientific assertions, each of which has its own sphere of usage. 1. If a certain assertion is formulated within the framework of a given formal theory, then it is verified according to the axioms and rules of logical inference contained in that theory. We may note that what is verified is not the truth of the assertion in general (this procedure is simply meaningless in the given circumstances), but its truth in the framework of the given formal theory, and in this case all that we need is the rules of logical inference. Here we are concerned with so-called "demonstrative" reasoning. We may note that it is this type of reasoning which is prevalent in mathematical linguistics — a discipline which is a branch of mathematics (See Gladkij and Mel'cuk 1969; Ginsburg 1966). 2. There is a theory (a system of hypotheses), the embodiment of which is a model of a certain system of objects. The relationship between the model and the real system of objects is verified. The natural criterion for the "truth" of the model is, obviously, the degree of its correspondence with the reality under investigation. For example, if definite consequences are deducible from the given model, then they must be fullfilled in those real objects whose model is being examined. It is intuitively clear that if in case (1) an assertion is evaluated either as true or as false, then in case (2) one may speak only of a "degree of truth" in the sense that the model may correspond to the real phenomenon to a

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greater or lesser degree. Observation and experiment verify the degree of correspondence between the model of a phenomenon and reality. In this case at all stages of investigation, from the formulation of the theory as a system of hypotheses and including the comparison of theoretically expected consequences with experimental data, we are concerned with so-called "plausible" reasoning. Polya characterizes the distinction between "demonstrative" reasoning and "plausible" reasoning in the following way: if within the framework of demonstrative reasoning (any theorem in geometry may serve as an example) we must strictly differentiate proof from guesses (suppositions), in the framework of plausible reasoning our task is rather to distingpish the more likely guess from the less likely (Polya 1954). (The formal presentation usual in linguistic writing often keeps the reader from realizing that the author is operating with plausible conclusions.) As an example we will examine below a discussion from an area traditionally belonging to linguistics: historical lexicology. The investigator decided to trace how the meaning (Sinn) of two English lexemes "can" and "may" changed in various periods of the existence of the literary language. Both verbs may be used in the meaning " t o have the possibility, there are no obstacles." We will call this meaning B. If we compare two synchronic slices, excerpts from texts of Shakespeare (1) and texts of contemporary literature (2), it turns out that the correspondence between each of these verbs in the meaning Β changes in a definite direction: the number of occurrences of "can" in meaning Β increases, while the number of occurrences " m a y " decreases. On the basis of these observations the following conclusion is made: in the contemporary literary language "can" in meaning Β is supplanting " m a y " in meaning B. This appears to be a conclusive judgment. But in fact the information which is provided by the linguist makes possible the following assertions: a) Received from observations: In text

the correspondence

holds.

Text 2 represents a later period than text 1. b) It is plausible that the same correspondences hold in other texts of these periods. c) It is plausible that texts can be found where a different correspondence than that given in a) will be observed. d) If b) is true, then the conclusion is made more plausible that "can B" tends to be substituted for "may B" across time in the language

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If c) is true, then this conclusion is less plausible. We note that on the basis of a), b) and c) are in principle equally plausible. Only a special statistical analysis would permit one to evaluate the degree of plausibility of b) or c) on the basis of a). By their very nature, observations and experiments are material for plausible reasoning. After all, the object of direct observation or experiment is always only that " p a r t " of the phenomenon which is accessible to direct investigation. It is clear that the more strictly plausible reasoning is formulated, the more likely is the possibility (in principle) of experimental verification; a hypothesis which cannot be affirmed or denied is meaningless by its very nature. Examples of such hypotheses are t o o numerous in linguistics to need mention. It would seem that a significant number of linguistic discussions are fruitless precisely because the alternative (and mutually exclu ι sive) hypotheses advanced are so vaguely formulated: they are non-unique formulations, lack substantive links in argumentation, and so forth. Thus, let us suppose that a certain assumption about the properties of a given phenomonon seems to us in principle to be plausible. The purpose of an investigation, obviously, is to obtain new, supplementary information about the phenomenon under investigation, either making the assumption more plausible, or else reducing its plausibility to such an extent that the assumption must be rejected. Let us examine in more detail how the verification of plausible assumptions takes place, on the basis of a concrete linguistic investigation (Frumkina 1974). It is known that descriptive statistics of texts and dictionaries has amassed sufficient information about the distribution within texts of the frequencies of letters, syllables and words of a natural language. It has been shown in the experiments of Shannon that the speaker-hearer of a language has a " c o m m a n d " of the corresponding frequencies in the sense that he can guess the continuation of a message using his information about the structure of the linguistic code. Furthermore, various scholars have shown that in many situations connected with the processing of verbal information (both during the perception of verbal speech and during the visual perception of a text or its separate elements) a person behaves as though he " k n e w " both the frequencies of words and the frequencies of letters and even the frequencies of letter-combinations to which no meaning is assigned (summary data may be found in Frumkina 1971). On the basis of these facts the following hypothesis seems to be plausible: if one asks a person to give his judgment on how often certain elements are encountered in his speech experience, it is quite likely that these evaluations

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will reflect a certain reality. The expression "will reflect a certain reality" should be understood thus: it is always possible to find a group of people, among whom there will be significant agreement in the evaluation of the frequencies of textual elements, of words, for example. On the basis of the judgments obtained, one can predict, if not the probability of each individual word, then at least the ordering of these words, according to their probability of occurrence, in the consciousness of other speaker-hearers of the language. This prediction can be experimentally verified in conditions where the reactions observed in the text subjects will differ depending on how the stimulant words differ in frequency of encounter. The production of words for recognition through noise is an example of such a situation. If in an experiment of this type we obtain the expected differentiation in the reactions of the test subjects, then all of the assumptions made above become more plausible. Then we have the possibility of reformulating our preliminary assumptions in the form of plausible conclusions which may be expressed thus: the experimental facts are compatible with the assumption that in the consciousness of each person there exists a definite hierarchical order of elements of a text (letters, syllables, words) in correspondence with the frequency of encounter in the verbal experience of the individual. On reading this description of a series of our investigations the reader may ask: where were statistical methods applied here? The statistical analysis employed in each stage of this work is described in detail in Frumkina (1971). We may point out here, however, that it was precisely statistical analysis that allowed us to reach plausible conclusions with a definite, rationally chosen degree of trustworthiness, each time on the basis of a limited number of experiments (observations). In other words, we were able to make a definite deduction about the given phenomenon, based on incomplete information. Moreover, the degree of plausibility of each of the conclùsions (deductions) was evaluated numerically, and the strategy of further investigation was based on these evaluations. Our imaginary skeptic's viewpoint, however, is in fact justified both by the history of the development of linguistics and by the ways in which statistical methods were introduced into linguistics. It is a prevalent assumption that the task of statistics in linguistics is to "count something": the frequency of words, constructions, the length of phrases, the probability of the combined appearance of several linguistic units and so forth. In other words, the best that we can obtain from all our clever statistical methods is still only an answer to the question "how much?" or "how many?" Even if this opinion is less widespread than it was, say, ten years ago, still it is common enough to require comment. It is a view apparently based

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on the fact that statistical methods really are applied to investigations of collections of uniform events or objects, and the examination of certain material in order to find its inherent statistical regularities does presuppose a series of observations in which several events are repeated consistently. However, repetition, the mass nature of uniform events, or the treatment of an isolated event as the member of a theoretically conceivable series with definite properties, all this is just a condition for the applicability of statistical methods, but it is in no way the purpose of such application. Measurements include any number of diverse operations: calculating the frequency of a certain element of a text, recording the number of correct recognitions of a given phoneme produced in conditions hindering such recognition, calculating the proportion of grammatical phrases obtained by applying a series of transformations to an initial phrase. One can measure the most diverse properties of objects; moreover, it is in no way mandatory to express the results of the measurement as a number: the partition of objects into classes according to presence or absence of a given feature, or the ordering of objects according to the intensity of a given feature (e.g. the ordering of vowels with respect to degree of openness) can also be viewed quite naturally as measurement. There are various ways of conducting measurements (the object of a special science, the theory of measure, a subject which partially intersects with statistics), and measurements can be made for all kinds of purposes and their results expressed in a variety of ways. However, it is not correct to identify the measurement of characteristics of objects with the application of statistical methods per se. In any scientific investigation measurements are not the purpose, but the means of acquiring understanding. As the tasks of a science grow more complex, the subject of analysis is represented by progressively more complex objects, the number and complexity of the characteristics which are being measured grows, and, correspondingly, the methods of analysis must become more complex. In particular, in the process of investigating a language, problems now arise which previously were not recognized and - more important for the present discussion - despite the fact that these problems do not involve calculation of frequency, still without the application of contemporary statistical methods not one step can be taken toward their resolution. Lack of space prevents any detailed discussion of this point; however, it may be hoped that the following example will make it sufficiently clear. As stated above, scholars working with current theory of speech perception reject the theory of distinctive features as the basis for models of the transition processes from an acoustic signal to its subjective description in

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terms of verbal units. But how, then, can one describe the subjectively unseful features used by the speaker-hearer of the language in classifying the sounds of his native language, or of a foreign language, as identical, similar, or different. This question is discussed by various scholars from so many points of view that we cannot even list them here. One of the approaches (we believe an extremely productive one) is the following: A "naive" subject, who has never heard of phonemes, features, and so forth is nonetheless always able to answer the question as to what sounds produced for him seem to be identical and which ones are different. Some sounds seem to be more similar than dissimilar, while others are completely disparate. Thus, without introducing into the framework of the experiment any a priori hypotheses about features which are used by the subject, the experimenter can always obtain a set of evaluations of similarity. Moreover, the linguist knows beforehand that the Englishman will evaluate [ ae ] and [e] as different sounds, while for the Russian they will be very similar to one another. The most that can be done without resorting to methods of multivariate statistical analysis is to write out a series of assertions of the following form: of 100 subjects, 20 consider χ to be similar to y; 30 consider χ similar to z, and so forth. The use of statistical methods, on the other hand, allows one to obtain quite trustworthy statements about which particular features were used by the subjects in deciding about the similarity or nonsimilarity of the sounds. Such an analysis is especially interesting as a method for investigating the perception of the phonetic system of a foreign language, since in that case it is clear in advance that in principal the "subjective picture" of the sound system of the foreign language is created by passing it through the prism of the sound system of one's native language. (See Singh and Becker 1972). In order solve problems of this type one can utilize various statistical methods, first of all methods of multivariante scaling and other psychometric methods (for summary of the data see Frumkina 1974). Certain methods allow one not only to obtain a summary picture of information according to group of subjects, but also to obtain data about the nature of the decisions reached by individual subjects. For example, one may establish that some subjects oppose vowels primarily according to their openness or closeness, whereas others are more strongly guided in their judgments by the point of articulation ( f r o n t , back, etc.). One can approach in the same way any other problem dealing with the features or properties according to which speech elements are organized by speakers into equivalence classes. One such problem is the search for experimental analogs for the phenomenon of lexical synonymity (Fillenbaum and Rapoport 1971).

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Let us imagine what happens if we ask fifty subjects to express their opinion about the degree of similarity of the elements of a certain synonymous series of words. Each series contains six elements, and we want the subject to say for each word χ whether it is similar in meaning to a word y or whether it is closer in meaning to the word z. From this experiment we obtain six 5 0 x 5 matrices. Such data, generally speaking, are poorly accessible and although it is obvious that they contain much information, it is nevertheless unclear how to extract that information in usable form. The task of statistics in this case is to produce a rational arrangement of the data, namely, to make them easily comprehensible, selecting the most important information and making linguistically substantive conclusions on its basis about the similarities and differences among the objects of the set which is being examined. We may note that the very idea of applying statistical methods in linguistics is usually connected in the minds of linguists with a need for adducing a large number of observations and, thus, for making huge efforts to process these observations. In reality the job of statistics is to aid in obtaining a maximum of information at the expense of minimal effort; moreover the trustworthiness and plausibility of the conclusions drawn may in every case be numerically evaluated. Let us summarize what has been said. The linguist in his everyday investigatory work must analyze data influenced by a multitude of factors. His usual purpose is to form on the basis of his analysis of the data a plausible inference about which factors are substantive and can be regarded as having conditioned the data. It is here that the scholar can be aided by methods of mathematical statistics. We may add also the following, perhaps trivial, remark. The application of even the newest and most universal mathematical apparatus, to the study of a complex living system like natural language always means that we intend to cram a real object into the rigid framework of a mathematical schema. A most important condition for success is to start with an understanding of the "physics" of the problem and of the degree to which the real situation is in each case idealized. Only then can a linguist apply to himself the following words of the great contemporary statistician Box: "I don't know whether the process of optimization of scientific investigations is a science, but it is, in my opinion, what we are trying to attain." (G. E. Box, in The Future of Statistics 1968; cited according to Nalimov 1974). (Translated by E. Klenin)

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Leonid P. Krysin (Moskau) Zur Soziolingustìk der 60er und 70er Jahre in der U d S S R

Die Soziolinguistik in der UdSSR hat eine lange Tradition. Schon zu Anfang des Jahrhunderts äußerte I. A. Baudouin de Courtenay (Baudouin de Courtenay 1908) den Gedanken von der „horizontalen" (territorialen) und „vertikalen" (d.h. der eigentlich sozialen) Gliederung der Sprache. In seinen Arbeiten finden sich auch konkrete Beobachtungen zur sozialen Bedingtheit sprachlicher Fakten (Baudouin de Courtenay 1963, Bd. I, S. 365, 367, 369 und passim.). Der Erforschung der Beziehung von sprachlicher Entwicklung und sprachlichem Funktionieren einerseits und gesellschaftlicher Prozesse und Erscheinungen andererseits sind viele Arbeiten russischer Linguisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewidmet (vgl. Vinokur 1923, 1929; VoloSinov 1929; Zirmunskij 1936; Karinskij 1927, 1936; Larin 1928; Peterson 1927; Polivanov 1931; Seliscev 1928; Sor 1926 u.a. Zu einem Uberblick über diese Arbeiten siehe Barannikova 1970; Guchmann 1972; Orlov 1969). Für die sowjetische Sprachwissenschaft war es von Anfang an charakteristisch, die Veränderungen in der russischen Sprache nach der Oktoberrevolution und die Besonderheiten des Funktionierens der russischen und anderer Sprachen bei unterschiedlichen sozialen und kulturellen Bedingungen unter Berücksichtigung sozialer Momente zu betrachten. Für die sowjetische Sprachwissenschaft bedeutete daher die Intensivierung der soziolijiguistischen Forschung, die vor etwa zwanzig Jahren überall einsetzte, eine Fortsetzung und Entwicklung jener wissenschaftlichen Tradition, die bereits in den zwanziger Jahren begründet wurde. Zur Zeit gibt es in der UdSSR mehrere wissenschaftliche Zentren, in denen eine systematische Soziolinguistik mit unterschiedlichen Ausrichtungen betrieben wird: Das Institut für Sprachwissenschaft der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (allgemeine Probleme der Soziolinguistik, theoretische und experimentelle Erforschung des Bi- und Multilinguismus anhand von Material der Sprachen von Sowjetvölkern), das Institut für russische Sprache der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Erforschung der Umgangssprache [razgovornaja ree'] und auch von Varianten der modernen russischen Hochsprache aus soziolinguistischer Perspektive, Ausarbeitung von Methoden der

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soziolinguistischen Forschung), das Institut für Orientalistik der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Erforschung der Sprachsituation in asiatischen und afrikanischen Ländern), das Institut fiir russische Sprache „A. S. PuSkin" (linguistisch-landeskundliche Forschung), die Universität Saratov (Erforschung der Wechselbeziehungen zwischen Dialekten u n d Hochsprache, Analyse der Umgangssprache), das Novosibirsker Institut für Philosophie, Philologie u n d Geschichte der sibirischen Abteilung der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Ethnolinguistische Erforschung der Völker des Nordens und Sibiriens), das Pädagogische Institut von Krasnojarsk (Erforschung sozialbedingter Unterschiede in der russischen Standardaussprache) usw. In den letzten Jahren wurden einige Konferenzen abgehalten, die unmittelbar oder mittelbar der Diskussion soziolinguistischer Fragen dienten. Das Material dieser Konferenzen w u r d e in F o r m einer Reihe von Sammelbänden herausgegeben, die verschiedene Aspekte des Problems „Sprache u n d Gesellschaft" beleuchteten (Vzaimodejstvie 1969, V o p r o s y 1962, V o p r o s y 1969, Lingvistika teksta 1974, N o r m a 1969, Osnovnye problemy 1966, Problemy 1970, Problemy 1972, Razvitie literaturnych jazykov 1965, Sociolingvisticeskie problemy 1971, Teorija i praktika 1966, Jazyk i obscestvo 1968 usw.). Die vom Institut für russische Sprache der Akademie der Wissenschaften der UdSSR herausgegebenen Sammelbände „Razvitie russkogo j a z y k a " (Razvitie 1963, 1964, 1966a, 1965, 1968b, 1968, 1971) u n d die Ausgaben „Jazyk i obscestvo" der Universität Saratov (Jazyk i obscestvo 1967, 1970, 1974) sind vor allem der Erforschung der russischen Sprache unter soziologischem Aspekt gewidmet. In der gegenwärtigen sowjetischen Soziolinguistik k a n n man folgende Forschungsrichtungen unterscheiden: (1) Theoretische Probleme der Soziolinguistik. (2) Erforschung sozialbedingter Veränderungen in der russischen Sprache nach der Oktoberrevolution. (3) Erforschung der Entwicklung und Wechselwirkung der Sprachen der Völker der UdSSR. (4) Die Wechselbeziehung der russischen Hochsprache u n d der Dialekte in der Sowjetzeit. (5) Erforschung der sozial bedingten sprachlichen Subsysteme (Jargon, Soziolekte, Argot) u n d der Umgangssprache. (6) Normalisierung u n d Kodifizierung der Sprache. (7) Erforschung sprachlicher Varianten. (8) Erforschung von Fragen der Sprachpolitik. (9) Soziolinguistischer Aspekt der f u n k t i o n a l e n Stilistik. (10)Sozialer Aspekt der interpersonalen K o m m u n i k a t i o n .

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(11) Ausarbeitung von Methoden der soziolinguistischen Forschung. Empirische Erforschung der Sprecher in großen Quantitäten. (1) Wie auch in vielen anderen Ländern, wo eine Intensivierung der soziolinguistischen Forschung zu beobachten ist (USA, Tschechoslowakei, BRD, Ungarn, Polen), ist vor allem die Gegenstandsdefinition der Soziolinguistik aktuell, die Bestimmung der Problemkreise und ebenso der Grundbegriffe dieser sprachwissenschaftlichen Disziplin. Nach Nikol'skij 1974a fallen folgende Fragen in den Kompetenzbereich der Soziolinguistik: Soziale und nationale Form des sprachlichen Seins, Sprachpolitik, die Schaffung nationaler Standardsprachen, ihre Kodifikation und Normierung, Bi- und Multilinguismus sowie Diglossie und der soziale Aspekt sprachlicher Kommunikation und sprachlichen Verhaltens. L. B. Nikol'skij betrachtet als Hauptobjekt der Soziolinguistik die Erforschung der Sprachsituationen in den verschiedenen Ländern (vor allem in den Entwicklungsländern, und hier in den multilingualen) (vgl. auch Avrorin 1973). Andere Autoren betonen die Wichtigkeit von Fragen des Funktionierens einer Sprache und der Wechselwirkung ihrer Subsysteme. In diesem Zusammenhang wird der Erforschung der Wechselbeziehungen von Sprach- und Redeaspekten und der unterschiedlichen „Achsen" soziolinguistischer Dimensionen — der sozialen (stratifikationellen) und der situativ-stilistischen besondere Aufmerksamkeit zuteil (Svejcer, im Druck). Vor allem A. D. Svejcer unterstreicht die Notwendigkeit, Sprachgemeinschaft und Redegemeinschaften zu unterscheiden. (Redegemeinschaften sind kleinere Einheiten, die ihm Rahmen einer Sprachgemeinschaft existieren können und die sich durch die spezifische Benutzung von Sprachmitteln, die einem gegebenen nationalen Sprachkollektiv gemeinsam sind, auszeichnen). Bei der Betrachtung unterschiedlicher Typen der Variativität sprachlicher Einheiten unterscheidet er stratifikationelle Variativität, die durch soziale Unterschiede der Sprechenden bedingt sind, und situative, die von unterschiedlichen Bedingungen der Kommunikation abhängen. Bei der Statusbewertung der Soziolinguistik sind einige Autoren der Ansicht, daß es notwendig ist, eine linguistische Soziologie, die soziale Erscheinungen unter linguistischem Aspekt erforschen muß — z.B. sprachliche Charakteristika sozialer Gruppen, die linguistische Relevanz unterschiedlicher sozialer Faktoren in der Sprachevolution (Panov 1968b, Band I, S. 49) oder die Rolle der Sprache in sozialen Prozessen und solchen der Nationwerdung (Ivanov, 1969, Nikol'skij 1974b) — von einer Soziolinguistik zu unterscheiden, die Sprache unter soziologischem Aspekt erforscht (z. B. sprachliche Veränderungen, die durch soziale Faktoren bedingt sind, sozial markierte Unterschiede in der Sprache und im Redeverhalten der Sprecher).

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( 2 ) Die Richtung, die am konsequentesten den Ideen und Prinzipien der Arbeiten der 20er Jahre folgte, erforschte die Entwicklung des Russischen im 2 0 . Jahrhundert unter soziologischem Aspekt. Am klarsten ist diese Richtung durch die vierbändige Monographie „Russkij jazyk i sovetskoe obScestvo" [Die russische Sprache und die sowjetische Gesellschaft] (Panov 1 9 6 8 b ) repräsentiert. Die schöpferische Weiterentwicklung der Ergebnisse vorangehender soziolinguistischer Forschungen verbindet sich hier mit neuen Ansätzen in der Problemstellung und Problemlösung. Anhand von umfassendem Material, das verschiedene Genres der schriftlichen und mündlichen Rede reflektiert, werden mit Hilfe soziolinguistischer Analyse spezifische Prozesse aufgedeckt, die sich in der russischen Sprache nach der Oktoberrevolution, direkt oder indirekt bedingt durch Veränderungen in der sozialen Wirklichkeit, vollzogen. Dabei geht man von dem theoretischen Postulat aus, nach dem sich Sprache gemäß ihren inneren Gesetzen entwickelt und äußere Faktoren die Wirkung dieser Gesetze nur beschleunigen oder hemmen (jedoch die Sprachstruktur nicht zerstören — Panov 1 9 6 2 , S . 4, Panov 1 9 6 8 b , Band I, S. 3 5 ) . Die Autoren der Monographie betrachten die sprachlichen Antinomien, Gegensätze, die die sprachliche Evolution vorantreiben, unter soziologischem Aspekt: Antinomien von Code und T e x t , von Sprecher und Hörer, von System und Norm etc. Es wurde gezeigt, daß die konkrete Lösung von Antinomien auf einer bestimmten Entwicklungsstufe der Sprache sozialen Faktoren gegenüber nicht indifferent, sondern im Gegenteil ihrer Einwirkung unterworfen ist: In Abhängigkeit von dem größeren "sozialen K o n t e x t " wird jede Antinomie einmal zu Gunsten des einen, ein andermal zu Gunsten des anderen kontradiktorischen Elementes aufgehoben — einmal zu Gunsten des Codes, das andere Mal zu Gunsten des Textes, einmal zu Gunsten des Sprechers, ein andermal zu Gunsten des Hörers etc. (Panov 1 9 6 8 b , Band I, S. 2 9 - 3 4 , Smelev 1 9 6 2 , 1 9 6 8 ; vgl. auch Krysin 1 9 7 2 ) . Die Analyse der Veränderungen in der russischen Sprache des 2 0 . Jahrhunderts demonstriert anschaulich die ungleichmäßige Zugänglichkeit der verschiedenen Sprachebenen für die Einwirkung sozialer Faktoren: Am stärksten sensibel sind das Lexikon und die phonetische Ebene, am wenigsten sensibel ist die morphologische Ebene. Es bestätigt sich der bereits früher geäußerte Gedanke (Polivanov 1 9 3 1 ) , daß soziale Faktoren nicht nur quantitative, sondern auch qualitative Veränderungen in der Sprache bedingen können. In diesem Fall ist der Einfluß sozialer Faktoren nur sehr indirekt: Sie wirken hier nicht direkt auf die Sprache, sondern auf das Trägerkontingent der Standardsprache, das diese demokratisiert, und dann darauf, wie das neue Sprecherkollektiv die Sprache in unterschiedlich sozial

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markierten Redesituationen benutzt. Dabei vollzieht sich häufig innerhalb kurzer Redesegmente eine Aufhebung stilistischer Kontraste sprachlicher Einheiten (Suchotin 1939, Panov 1963), was seinerseits zu einer Veränderung der stilistischen Werte eines Wortes führen kann (Petrisceva 1968), und zu einer Veränderung semer Semantik sowie seiner Inkorporierung in neue paradigmatische Reihen (Smelev 1968). Zur Entwicklung des Russischen in Verbindung mit Veränderungen im sozialen Bereich vgl. auch Vzaimodejstvie 1969, Razvitie 1967. ( 3 ) Besonders interessant für die Forschung sind die Veränderungen, die sich im 20. Jahrhundert in den zahlreichen Sprachen der Sowjetvölker vollziehen. Stimulus dieser Veränderungen sind die erheblichen Verschiebungen im sozio-ökonomischen und kulturellen Leben dieser Völker. Früher schriftlose oder sehr spät verschriftete Sprachen gewinnen in der Sowjetzeit gesellschaftliche Funktionen: Sie werden zu Unterrichtssprachen in der Schule und zu Kommunikationsmitteln im offiziellen Bereich. Bei gleichzeitig stärker werdendem Einfluß der russischen Sprache auf die anderen Sprachen vollzieht sich eine Ausdifferenzierung ihrer Funktionen. ( ... ) Die Linguisten, die diese Prozesse erforschen, unterstreichen die Notwendigkeit, die elementare Einwirkung sozialer Faktoren auf die Entwicklung der Sprachen und die bewußte Einflußnahme öffentlicher Institutionen auf diese Prozesse zu unterscheiden. Zu den letzteren gehören vor allem die Kodifikation und die Standardisierung nationaler Hochsprachen [literaturnye jazyki], die Schaffung eines Schrifttums für schriftlose Völker und die Regulierung der funktionalen Wechselwirkung dieser Sprachen (Abaev u.a. 1972, Beloded 1969, Deseriev 1966, 1970, Deseriev und Protcenko 1968, Isaev 1970, Filin 1969, Filin u.a. 1969, Chanazarov 1972). Im Zusammenhang mit diesen Veränderungen und Prozessen und der ständig größer werdenden Rolle des Russischen als Staatssprache und als Mittel der Internationalitäten-Kommunikation werden Fragen des Bi- und Multilinguismus außerordentlich aktuell. Die Ausarbeitung des theoretischen Aspektes dieser Erscheinungen (Metody 1973, Problemy 1972, Rozencvejg 1 9 6 3 ) verbindet sich mit der konkreten Erforschung des bilingualen Mechanismus, des Switchings von einer Sprache in die andere bei verschiedenen Kommunikationsbedingungen (Avrorin 1 9 6 0 , 1967, 1970a, 1973, Guboglo 1 9 6 9 , 1972, Metody 1973, Problemy 1 9 7 2 , Sbor i razrabotka 1969). Die Forscher weisen darauf hin, daß die Erforschung von Bilinguismus-Problemen große soziale Bedeutung hat, da diese nicht nur rein linguistische Fragen beantworten muß, sondern auch praktische, vor allem Fragen des Funktionierens kontaktierender Sprachen, der Durchführung des Schulunterrichtes unter multilinguistischen Bedingungen und des „Anteils" jeder einzelnen

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Sprache im Leben der großen und kleinen ethnischen und sozialen Gruppen usw. Es gilt eine allgemeine Gesetzmäßigkeit: Die russische Sprache wird vor allem in offiziellen Situationen benutzt, die Muttersprache hingegen in der intrafamilialen Kommunikation, aber auch verschiedenen anderen ungezwungenen Kommunikationssituationen, in denen keine „soziale Distanz" zwischen den Kommunizierenden vermutet wird. Diese Gesetzmäßigkeit wird durch differenziertere Beobachtungen zur Korrektion der Funktionen der verschiedenen Sprachen von Bilingualen im Individual- und Gruppenbereich präzisiert. So ist beispielsweise der nichtrussisch-russische Bilinguismus abhängig vom Alter (je jünger der Sprecher ist, um so besser beherrscht er das Russische) und vom Beruf (beispielsweise benutzen Bauern in Lettland das Russische bei weitem weniger als Arbeiter, Matrosen oder Vertreter der Intelligenz). Unterschiedlich ist auch der Status der zweiten (russischen) Sprache in der familialen Kommunikation, er hängt ab von den sozialen Charakteristika der Familie: Nur 3,6 Prozent der lettischen bäuerlichen Familien benutzen das Russische für die intrafamiliale Kommunikation, während in Arbeiter- und Intellektuellen-Familien der Prozentsatz bei 9,8 bzw. 6,3 liegt (Cholmogorov 1972). (4) Bilinguismus als soziolinguistische Erscheinung wird nicht mehr länger nur am Beispiel des Kontaktes verschiedener Sprachen betrachtet, sondern auch bezüglich des Beherrschens unterschiedlicher Subsysteme ein und derselben Sprache (Krysin 1973a). Stimulus für dieses erweiterte Verständnis des Bilinguismus war die Erforschung der Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Bereichen einer Ethnosprache, vor allem zwischen Standardsprache und Dialekten. Über so wirksame Mittel sprachlicher Beeinflussung wie Bücher, Presse, Radio, Fernsehen und Kino nivelliert die Standardsprache die spezifischen Züge von Mundarten und professionellen Jargons und engt die dialektische Sprechweise ein ( . . . ) (vgl. Barannikova 1967, Orlova 1968, Ossoveckij 1968, Sokolova 1971). Trotzdem beherrschen die Dialektsprecher in unterschiedlichem Maße die Standardsprache, und dies hängt besonders vom Alter und von der beruflichen Tätigkeit ab. Es ist eine ähnliche Funktionsdistribution des Dialektes und der Standardsprache zu beobachten, wie sie hinsichtlich der Muttersprache und der Zweitsprache gegeben ist: Sprachmittel der Standardsprache werden überwiegend in offiziellen und „öffentlichen" Situationen benutzt (in staatlichen Institutionen, in der Schule, in Kolchosversammlungen etc.), der Dialekt bewahrt sich in der Kommunikation innerhalb der Familie und zwischen Dorfbewohnern, besonders der älteren Generationen. Die intensive Einwirkung der Standardsprache auf die Dialekte und Jargons

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sowie die Nivellierung und das allmähliche Verschwinden dieser Subsysteme der Ethnosprache veranlassen die Linguisten, diese im Rückgang befindlichen Erscheinungen aktiv zu erforschen, und das Material, das in einigen Jahrzehnten nicht mehr der direkten Beobachtung zugänglich sein wird, zu fixieren. Zum Teil erklärt sich dadurch auch die Aktivierung der dialektologischen und sprachgeographischen Forschung in den letzten Jahren (diese Thematik ist traditionell nicht in den Bereich der Soziolinguistik eingeschlossen, es muß jedoch erwähnt werden, daß die Soziolinguistik gerade aus der Dialektologie einige Verfahren und Methoden der Erforschung der sprachlichen Wirklichkeit übernommen hat). Auch die Erforschung der professionellen Argots und der sozialen Jargons ist mit gleicher Motivation verstärkt worden (Alekseev 1965, Bondaletov 1965, 1966, 1969, Kopylenko, im Druck, Lichacev 1964, Skvorcov 1966). (5) Einen eigenen Forschungsbereich stellt die Erforschung der Umgangssprache dar. Die einen Autoren betrachten die Umgangssprache als einen Stil der Standardsprache (vgl. z.B. Lapteva 1966), andere sehen in ihr ein eigenständiges System, das sich von der Standardsprache durch eine Menge von Einheiten und syntaktischen Regeln unterscheidet (Zemskaja 1968, 1973). Wieder andere unterstreichen schließlich die Schwierigkeit, die Umgangssprache als linguistisches Objekt zu qualifizieren (Sirotinina 1969). Alle jedoch verweisen auf die besonderen kommunikativen und sozialen Bedingungen, unter denen die Umgangssprache benutzt wird : Die Rede ist nicht vorbereitet (spontan), die Redekonstellation ist ungezwungen, soziale Divergenzen zwischen den Kommunizierenden fehlen, es besteht zwischen ihnen eine nichtoffizielle Beziehung. Als fruchtbar für die Erforschung umgangssprachlicher Varianten erwies sich die Redetypologie von Α. A. Cholodovic 1967). Diese Typologie arbeitet mit fünf Merkmalen, die in unterschiedlicher Weise realisiert werden können: 1) Das Ausdrucksmittel (Laut, Schriftzeichen, Geste) 2) Die Anwesenheit / Abwesenheit des Gesprächspartners 3) Die Orientiertheit des Redeaktes (vgl. Bekanntmachung, Reklame und verschiedene Arten der dialogischen Rede) 4) Die Zahl der Hörer 5) Die Kontaktdichte des Redeaktes (vgl. ein Gespräch bei Tisch und ein Gespräch per Telefon) Der größte Teil dieser Merkmale erweist sich bei der situativ-stilistischen Klassifikation unterschiedlicher Arten von Umgangssprache und bei der Abgrenzung der letzteren von der schriftlichen Rede als relevant. Die Arbeiten der letzen Jahre zeigen mit aller Deutlichkeit, daß sich die Umgangssprache als besonderes Subsystem, das von Trägern der Standard-

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spräche benutzt wird, erheblich von der kodifizierten Rede unterscheidet. Unterschiede lassen sich auf allen Ebenen beobachten — auf der phonetischen, der morphologischen, der syntaktischen und der lexikalischen. Die Forscher (Zemskaja 1973) sprechen von für die Umgangssprache spezifischen Normen, die nicht als „Abweichungen" von den Normen der kodifizierten Sprache zu betrachten sind, sondern als besondere Systeme, die eine erhebliche Variativität der Mittel zulassen (im Unterschied zu der strengeren Norm der schriftlichen Standardsprache). (6) Für die sowjetische Sprachwissenschaft der letzten Jahrzehnte ist die dialektische Betrachtung der Norm charakteristisch, d.h. die Betrachtung der Norm als einem Regulativ einer in der Kommunikation zweckgerichteten Benutzung sprachlicher Mittel (Kostomarov 1968, Kostomarov und Leont'ev 1966). Auf diese Weise werden die Auffassungen von der Sprachnorm sowohl sowjetischer Linguisten der älteren Generation (vgl. Vinokur 1929) als auch der Vertreter der Prager Schule weiterentwickelt. In vielen Arbeiten, die der Normalisierung und Kodifizierung der russischen Hochsprache sowie anderer Sprachen und Probleme der Redekultur gewidmet sind, wird die Notwendigkeit unterstrichen, die Norm selbst von ihrer Potenz (oder „Intensität") abzugrenzen. Diese Intensität ist abhängig von solchen Faktoren wie soziale Bedingung, Bereich der Kommunikation, Redeziel und Beziehungen der Kommunizierenden etc. (Aktual'nye problemy 1970, Voprosy 1973, Voprosy kul'tury reci I — Vili, Norma 1969 usw.). Die Termini Normalisierung und Kodifizierung werden in diesen Arbeiten in folgender Weise unterschieden: Normalisierung ist „eine aktive Intervention in den sprachlichen Prozeß" (bei einem solchen Verständnis ist allerdings das Verhältnis von Normalisierung und Sprachpolitik nicht ganz klar, vgl. (8)), und Kodifikation ist „die Reflektierung der objektiven Sprachgegebenheit in Regeln" (Aktual'nye problemy 1970, S. 14; Kostomarov, Leont'ev, Svarckopf 1974, S. 305). Begründungen für die Empfehlung bestimmter sprachlicher Mittel als „richtig" oder wenigstens perspektivenreich müssen sowohl im Sprachsystem, in den Gesetzmäßigkeiten ihrer Entwicklung, als auch im Usus, in der Korrelation verschiedener sozialer, psychologischer und ästhetischer Momente, die die Verbreitung (oder Reduzierung) konkreter sprachlicher Fakten begleiten, gesucht werden (Panov 1968a, Teil 3; Panov 1971). (7) Sorgfältig erforscht werden von der Standardnorm zugelassene

Varianten vom Typ sagi / iyègi, s 'η 'eg / sn 'eg, traktory / traktord, gasnul / gas u.ä., um die sozialen Unterschiede im Gebrauch dieser Varianten (Barinova 1966; Ganiev 1971; Graudina 1966, 1968;Krysin 1970, 1973b, 1974; Panov 1968b), ihre territoriale Verbreitung (Erofeeva 1971; Parikova 1966,

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Tulina 1966; Burkina 1969), ihre stilistischen Charakteristika und ihre ungleichartige Existenzdauer in der Standardsprache zu erklären (Gorbacevic 1971). Es konnte festgestellt werden, daß ungeachtet der Einheitlichkeit der Standardnorm fur alle Sprechenden lokale Besonderheiten beim Gebrauch standardsprachlicher Mittel existieren, die aus dem Einfluß umgebender Dialekte oder Fremdsprachen auf das Sprechen von Standardsprachenträgern zu erklären sind. Hinsichtlich des Varianten-Gebrauches lassen sich frequentielle Unterschiede beobachten, die von solchen Merkmalen der Sprecher abhängen wie Alter, Bildungsgrad, soziale Situation und einigen anderen. Die Forscher vermuten eine unterschiedliche Wirkungskraft der einzelnen Charakteristika und eine unterschiedliche Abhängigkeit der phonetischen und morphologischen Varianten von der Wirkung dieser sozialen Variablen (Krysin 1974). Die Variantenforschung ist sowohl vom theoretischen als auch vom praktischen Gesichtspunkt her aktuell: Ohne ausreichende wissenschaftliche Begründungen ist eine normative Qualifizierung konkurrierender Varianten unmöglich. Es können weder die einen Varianten zum Gebrauch empfohlen noch die anderen verboten werden. Forschungen wie die oben angeführten gestatten es, bestimmte sprachliche Mittel als perspektivenreich und andere als im Redegebrauch peripher zu bewerten. Derartige Bewertungen sind ein wichtiges Instrument bei der Lösung sprachpolitischer Fragen. (8) Zur Notwendigkeit einer bewußten Einflußnahme auf sprachliche Prozesse äußerten sich sowjetische Linguisten bereits in den 20er Jahren (Vinokur 1929; Jakubinskij 1925, 1931). Mit dem Terminus „Sprachpolitik" wird die Gesamtheit bewußter, auf die Regulierung sprachlicher Prozesse gerichteter Aktivitäten der Gesellschaft bezeichnet (Vinogradov 1961; Grigor'ev 1963; Nikol'skij 1968). Die Sprachpolitik \jazykovaja politika oder jazykovoe stroitel'stvo] stützt sich nicht nur auf eine objektive wissenschaftliche Erforschung sprachlicher Erscheinungen, sondern auch auf eine Erforschung sozialer, psychologischer, demographischer, ethnographischer und anderer Phänomene. Nur bei einer sorgfältigen Berücksichtigung des gesamten Bedingungskomplexes sprachlicher Existenz ist eine effektive Planung sprachlicher Entwicklung und eine Prognostizierung linguistischer Tendenzen möglich (Nikol'skij 1970). Davon kann man sich am Beispiel der Entwicklung der Sprachen der Sowjetvölker (vgl. die Arbeiten unter (3)) und der Erforschung der Sprachsituationen in asiatischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern überzeugen. Die richtige Einschätzung der angegebenen Faktoren ermöglicht es, soziale Konflikte zu vermeiden, die mit der Sprachpolitik in diesen Ländern und mit der Schaffung von Standardspra-

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chen und Mittlersprachen (bei Multilingualismus) verbunden sind ( Z u k o v 1971, 1973; Nikol'skij 1974b; Problemy izucenija 1970; Sovremennye literat u r n y e j a z y k i 1965; Jazykovaja situacija 1967). Andererseits k ö n n e n eine nicht ausreichende E i n f l u ß n a h m e der Gesellschaft auf die Sprache, falsche Vorstellungen von den sprachliche Entwicklung stimulierenden Kräften zu vom gesellschaftlichen S t a n d p u n k t aus unerwünschten Resultaten in sprachlichen Prozessen führen, was seinerseits ein skeptisches Verhältnis zu der Möglichkeit einer b e w u ß t e n Sprachpolitik selbst hervorruft (Steblin-Kamenskij 1968). A u ß e r d e m k a n n eine spontane, von der Gesellschaft unbeeinflußte Entwicklung sprachlicher Bereiche der Gesellschaft, die ohne weiteres einer b e w u ß t e n Regulierung unterworfen werden k ö n n e n , zur Folge haben, daß die sprachlichen Ressourcen stereotyp u n d ganz ungenügend genutzt werden (vgl. die Begrenztheit des Personennamenrepertoires in der m o d e r n e n russischen Sprachgemeinschaft in den unterschiedlichen Stadien ihrer Entwicklung, Nikonov 1974). (9) Einige Forscher sehen in der Ausarbeitung von Problemen der funktionalen Stilistik einen Weg zur f r u c h t b a r e n Entwicklung der Soziolinguistik (Vinokur 1974; Nikol'skij 1966; Semenjuk 1974; Svejcer 1974). Die Bereiche der Soziolinguistik und die der Stilistik sind in vieler Hinsicht identisch, da die Variativität sprachlicher Mittel u n d F a k t o r e n , die die Abwahl von Varianten im K o m m u n i k a t i o n s p r o z e ß bedingen, Forschungsgegenstand sowohl der einen als der anderen Disziplin sind (Svejcer 1974, S. 182). Es wird die Meinung vertreten, daß es eine Interdependenz zwischen der Erfüllung bestimmter sozialer Rollen u n d der Benützung der Mittel bestimmter Stile gibt. Die Abwahl expressiver Mittel und die Stillage der K o m m u n i k a t i o n sind mit dem R o l l e n t y p gekoppelt, den der Sprecher „spielt": Eine h o h e Stillage findet sich u n t e r den Kommunikationsbedingungen der Offizialität, bei der Ausführung ritualer Rollen (vgl. die Situation der E i d a b n a h m e , die der Aushändigung eines Ordens o.ä.). Die neutrale Stillage ist die der G r u n d m e n g e normativer, standardisierter sozialer Rollen, und die familiäre Stillage wird gewöhnlich bei der Ausführung von Rollen praktiziert, die außerhalb der Grenzen formaler Gesellschaftsstrukturen a n z u t r e f f e n sind (Tarasov 1974, S. 2 7 2 - 2 7 3 ; vgl. auch Tarasov 1969). Je genauer definiert u n d kategorischer die von der Gesellschaft sanktionierbaren A n f o r d e r u n g e n an eine gegebene Rolle sind — z.B. die Rollen des Richters, des Vorsitzenden einer Versammlung, des K o m m a n d a n t e n einer militärischen G r u p p e —, desto begrenzter sind die stilistischen R a h m e n der Rede. Aber bei der Realisierung „ f r e i e r " Rollen, die einer sozialen Kontrolle nicht u n t e r w o r f e n sind (vgl. die Rolle von Freunden oder von Liebespaaren), ist die Abwahl stilistischer Mittel nicht völlig

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frei: Auch sie ist an bestimmten stilistischen Bereichen orientiert — am Stil der Umgangssprache —, und die Mittel buchsprachlicher Stile können hier nur als markierte Mittel - in scherzhaften, ironischen und ähnlichen Kontexten verwendet werden (Krysin, im Druck). (10) Da die unter (9) diskutierten soziolinguistischen Richtungen gerade erst in Angriff genommen wurden, können nur wenige Arbeiten genannt werden, in denen eine konkrete stilistisch-soziolinguistische Analyse unterschiedlicher Formen der interpersonalen Kommunikation vorgenommen wird. Von Kopylenko 1972 und Nikolaeva 1972 werden die Faktoren erforscht, die auf die Abwahl von Anredeformen sowie auf die Fremd- und Eigenbenennung von Personen in der heutigen russischen Gesellschaft Einfluß nehmen. Es wird erläutert, daß die Abwahl der Anredeformen (devuska, grazdanka, tetja ..., drug, tovarisc, djadja...) vom Geschlecht und Alter sowohl des Adressaten als auch des Adressanten und von der Kommunikationssituation abhängt. Die Formen der Benennung und Selbstbenennung (nach Vornamen, nach Vor- und Vatersnamen, nach Familiennamen, nach Familiennamen und Titel usw.) hängen von den Beziehungen zwischen den Sprechenden und der Situationsart ab (offizielle, neutrale, solidarische Situationen). Wie bekannt, sind die Etiketten im menschlichen Redeverhalten, verglichen mit anderen Redeformen, Veränderungen der sozialen und psychischen Kommunikationsbedingungen gegenüber am sensibelsten. Deshalb erwecken vor allem die Besonderheiten des Rede-Etiketts, die die sozialen Unterschiede zwischen den Sprechenden, ihr Alter, ihr Geschlecht usw. symbolisieren, das' Interesse der Forscher; z.B. kann der asymmetrische Gebrauch des Anredepronomens der 2. Person in einem Kommunikationsakt, in dem der eine Gesprächspartner den anderen mit vy anredet, selbst aber mit ty angeredet wird, die Ungleichheit ihrer sozialen Status anzeigen (Untergebener — Vorgesetzter), Altersunterschiede (Kind — Erwachsener) oder irgendwelche anderen Unterschiede. Die Abwahl einer Sprache bei Bilingualen symbolisiert das Verhältnis zu dem Gesprächspartner: Beispielsweise redet man in einem azerbaidschanischen Dorf den Älteren in der Muttersprache an und nicht auf Russisch. Im städtischen Milieu ist diese Restriktion weniger stark ausgeprägt (Tarasov 1973, S. 51). Die Erforschung der sozialen Bedingtheit des Grußes, der Anrede, der Äußerung von Bitten und anderer ähnlicher Redeformen, in denen Sprache in ihrer appelativen Funktion eingesetzt wird, ist besonders wichtig fur Ziele der Fremdsprachenvermittlung. Wie Beobachtungen und Spezialuntersuchungen zeigen (Akisinaund Formanovskaja 1968, 1969a, 1969b; Verescagin und Kostomarov 1973), reicht für die richtige Verwendung sprachlicher Etiketten die Kenntnis ihrer sprachlichen Eigenheiten nicht

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aus, unbedingt notwendig sind auch mehr oder weniger umfassende Einsichten in die Bedingungen ihrer Benutzung: Situationstypen, Beziehungen zwischen Kommunizierenden und soziale, alters- und geschlechtsbedingte Charakteristika von Adressaten und Adressanten. Die Regeln der Benutzung nichtverbaler Kommunikationsmittel (Gesten, Mimik, Kinesik), die häufig ebenfalls in Verbindung mit Redeetiketten beschrieben werden, schließen noch Restriktionen ein, die durch nationale Spezifika dieser Mittel bedingt sind (Verescagin und Kostomarov 1973, Kap. 3; Nikolaeva 1969; Nikolaeva und Uspenskij 1966). (11) Die gegenwärtige Entwicklungsetappe der Soziolinguistik in der UdSSR ist dadurch charakterisiert, daß unterschiedliche Methoden und Prozeduren ausgearbeitet werden, die es gestatten, postulierte Hypothesen zu bestimmten soziosprachlichen Dependenzen am konkreten Material zu überprüfen. Die Soziolinguistik wendet sich ab von der spekulativen Betrachtung einzelner Fakten, die bestimmten Arbeiten in der Vergangenheit eigen war, und hin zu einer vertieften und systematischen Erforschung konkreter sprachlicher Erscheinungen. Aus diesem Grunde erlangen Methoden der Erforschung großer Sprecherkontingente u n d auch verschiedene Arten der experimentellen Erforschung sozial markierter Redetypen große Bedeutung. Dabei werden bestimmte Methoden aus der Soziologie und Psychologie übernommen (schriftliche und mündliche Befragung, Interview, verschiedene Testarten). Entsprechend der Spezifik des Untersuchungsobjektes (die Sprache) und den Analysezielen werden diese Methoden jedoch einer grundlegenden Modifikation unterzogen. In den 60er Jahren wurde eine breit angelegte Erforschung der Völker Sibiriens und des Nordens mit dem Ziel durchgeführt, die funktionale Wechselwirkung des Russischen und der Muttersprachen dieser Völker aufzudecken. Als gewichtigstes Instrument dieses Unternehmens wurde ein speziell für diese Zwecke ausgearbeiteter Fragebogen benutzt (Avrorin 1970a, 1970b; Guboglo 1973; Sbor i razrabotka 1969; Strakac 1969; Strakac und Tugolukov 1969). Während der Forschungsarbeit wurde dieser Fragebogen komplettiert. Die Antworten wurden maschinell bearbeitet und mit Hilfe mathematisch-statistischer Kriterien bewertet (Feiinger 1969). Als Resultat erhielt man valide Einsichten in das Wesen des russisch-nichtrussischen Bilinguismus der entsprechenden Völkerschaften. Einen erheblichen Beitrag zur Ausarbeitung soziolinguistischer Forschungsmethoden leistete M. V. Panov. 1960 erarbeitete er einen „Fragebogen zur Standardaussprache im gegenwärtigen Russisch". Dieser Fragebogen enthält einen soziologischen Teil (mit Fragen zum Alter, zum Bildungsstand, zum Beruf und zu anderen Charakteristika des Informanten), Filterfragen, deren Beantwortung es

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gestattet, für den weiteren Forschungsgang unbrauchbares Material auszusondern, und einige Dutzend unterschiedlich formulierter Fragen zu Aussprachevarianten. (Zur Methode der Abfassung eines Fragebogens vgl. Barinova und Panov 1971 ; Panov 197 lb). Danach wurden ein „Fragebogen zur Morphologie des gegenwärtigen Russisch", ein „Fragebogen zur Wortbildung des modernen Russisch" und ein „Fragebogen zur Lexik der modernen russischen Sprache" entwickelt. Sie alle fanden Anwendung bei Trägern der modernen russischen Standardsprache. Die Materialien der Forschung sind bei Panov 1968b, Krysin 1974; Krysin und Smelev, im Druck, veröffentlicht. Die Befragungsmethoden werden in diesen Forschungen durch andere Methoden ergänzt, deren Ziel es ist, die Validität des mit Hilfe von Fragebögen gesammelten Materials zu überprüfen. Dazu gehören das mündliche Interview nach einem zuvor vorbereiteten Programm und die Methode „der Sprechprovozierung": Mit Hilfe spezieller Fragen provoziert der Forscher den Informanten zur Benutzung bestimmter sprachlicher Einheiten (Krysin 1968, S. 50—56, auch prilozenie 3). Ein Vergleich der mit Hilfe von Fragebögen ermittelten Daten und der Interviewresultate erbrachte, daß die Methode der schriftlichen Befragung ausreichend verläßlich ist (Krysin 1974, S. 162—165). Das gleiche zeigte sich bei einem Vergleich von a) Antworten auf die Fragen in den Fragebögen und b) von Magnetophonaufzeichnungen der Aussprache der gleichen Informanten. (Sie lasen Textausschnitte, die phonetische Varianten enthielten (Barinova, Il'ina und Kuz'mina 1971.) Magnetophonaufzeichnungen der spontanen Rede werden in großem Maße bei der Erforschung der Umgangssprache benutzt. Dabei werden optimale Verfahren ausgearbeitet, um möglichst valide linguistische Informationen von Personen mit unterschiedlichen sozialen Charakteristika zu erhalten (Zemskaja 1973, S. 3 4 - 3 5 ; Nikol'skij 1967). (12) Dieser notwendigerweise kurz gehaltene Überblick gestattet die Schlußfolgerung, daß in der UdSSR Fragen der Soziolinguistik zweifellos intensiv erforscht werden. Zugleich muß aber erwähnt werden, daß bestimmte Gebiete — vor allem das der Mikrosoziolinguistik — noch wenig bearbeitet sind. Dazu gehören beispielsweise Probleme der sprachlichen Sozialisation, die Kommunikation in kleinen Gruppen, die Ausarbeitung von Modellen und Regeln des sozial bedingten Redeverhaltens und einige andere Gebiete. Die erwähnten Gebiete sind nur schwer einer Analyse zu unterziehen; zudem muß sich eine solche Analyse auf Resultate der soziologischen und psychologischen Forschung stützen. Bis jetzt gibt es sowohl in unserer Soziologie und Psychologie als auch im Ausland außerordentlich wenige Arbeiten, die eine strukturelle Beschreibung der Sozialisation und

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K o m m u n i k a t i o n in k l e i n e n G r u p p e n liefern. Aller Wahrscheinlichkeit n a c h kann die E r f o r s c h u n g v o n P r o b l e m e n der Mikrosoziolinguistik am e f f e k t i v sten durchgeführt w e r d e n , w e n n die Vertreter verschiedener Disziplinen — Linguisten, S o z i o l o g e n u n d P s y c h o l o g e n — ihre B e m ü h u n g e n vereinen. G e h t m a n v o n einigen bereits v o r l i e g e n d e n A r b e i t e n aus, s o ist dieser Weg erfolgreich. ( Ü b e r s e t z t v o n H. J a c h n o w )

Literatur

A

bkürzungsverzeichnis

IAN IJaS ISOAN NAAv RJaNS RJaS RJaZR SE VAN VF VJa VKR

-

"Izvestija AN SSR. Serija literatury i jazyka" "Inostrannye j a z y k i v skole" "Izvestija Sibirskogo otdelenija AN SSSR. Serija obscestvennych n a u k " "Narody Azii i Afriki" "Russkij jazyk ν nacional'noj skole" "Russkij jazyk ν skole" "Russkij jazyk za rubezom" "Sovetskaja e t n o g r a f i a " "Vestnik AN SSSR. Serija obscestvennych n a u k " "Voprosy filosofii" "Voprosy jazykoznanija" "Voprosy kul'tury reci"

Abaev i dr. 1972: V. I. Abaev, Ν. A. Baskakov, Β. Ch. Balkarov, L. I. Skvorcov. Voprosy normirovanija literaturnych jazykov narodov Kavkaza. - VJa, 1972, 6 Akisina i Formanovskaja 1968: A. A. Akisina, Ν. N. Formanovskaja. O recevom etikete. - RJaZR, 1968, Nr. 3 Akisina i Formanovskaja 1969a: A.A. Akisina, N.N. Formanovskaja. Vyrazenie privetstvija ν russkom jazyke. RJaZR, 1969, Nr. 2 Akisina i Formanovskaja 1969b: A.A. Akisina, N.N. Formanovskaja. Formy obrascenija i privlecenija vnimanija. - RJaZR, 1969, Nr. 4 Aktual'nye problemy 1970: Aktual'nye problemy kul'tury reci. M., 1970 Alekseev 1965: D.I. Alekseev. Uslovnyj jazyk dorogobuzskich remeslennikov. "Voprosy russkoj dialektologii". Kujbysev, 1965 Avrorin 1960: V. A. Avrorin, Ekspedicionnoe izucenie jazykov malych narodnostej Severa. - VAN, 1960, vyp. 4 Avrorin 1967: V. A. Avrorin. Sociologo-lingvisticeskoe inzucenie funkcional'nogo vzaimodejstvija jazykov narodov Sibiri, — In: Problemy izucenija nacional'nych otnosenij ν Sibiri na sovremennom étape. Novosibirsk, 1967

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Milka Iviè (Novi Sad) Linguistic Theory in Yugoslavia

In the early sixties Horace G. Lunt depicted the linguistic situation in Yugoslavia in the following way: "The primary fact of recent Yugoslav linguistics is that its direction remained until about 1950 firmly in the hands of men who had been the leading professors in old Yugoslavia. Their chief training had been gained in the Austrian and German universities before 1918. Linguistics there fore was nearly synonymous with historical and comparative studies, while the point of view remained fairly orthodox Neogrammarian." 1 . As a matter of fact, it was the year 1945 which turned out to be a dividing point in the history of Yugoslav linguistics. Indeed, the period before 1945 was characterized in general by a striking lack of interest in theoretical thinking, while in the subsequent period impetus has been given to the study of linguistic problems of more general relevance. Credit for this goes to Aleksandar Belie (1876—1960) who was Professor at Belgrade University and a leader of the Serbian Academy of Sciences and Arts 2 . The history of.linguistic work in Yugoslavia is in many respects associated with his name. Belie was the leading personality in Yugoslav linguistics (to quote Lunt again: the Yugoslav linguist who had "the broadest international reputation" 3 ) before and after World War II up to his passing in 1960. At first theoretical preoccupations did not play a prominent part in his scholarly activities which focused mainly on empirical investigations in the field of Slavic languages, especially Serbocroatian (SC). In the thirties the emphasis of his scholarly interest started to switch more and more towards general linguistics. From 1945 onwards he remained completely devoted to linguistic theory. This was the year in which his major work, the book entitled O jezickoj prirodi ijezi1

Horace G. Lunt, "Yugoslavia", Current Trends in Linguistics, I. Soviet and East European Linguistics, edited by Thomas A. Sebeok, The Hague, 1963, 5 6 3 - 5 6 4 . 2 For more details on Belic's life and work see Pavle Ivic's article on Aleksandar Belie in Portraits of Linguists. A Biographical Source Book for the History of Western Linguistics 1746-1963, edited by Thomas A. Sebeok, Bloomington and London, 1966, 393-399. 3 Ibid., 564.

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ckom razvitku ("On the Nature and Development of Language") became available to the Yugoslav reader 4 . The book contains a clear exposition of his main views on the nature of language, but it remained practically unknown to the West since it had the disadvantage of being written in SC 5 . It is quite uncertain whether Belic's book could have gained international recognition even if it had been written in a more accessible language. By 1945 when the book first appeared the main stream of theoretical thinking had already fallen away from the Neogrammarian positions. Belic's view on language and his model of linguistics, formed rather within a Neo-grammarian framework, may therefore be of limited interest to the linguistic public abroad. Nevertheless, it must be stressed that in spite of all its handicaps it is still a valuable book. To Lunt's statement that it is "surely ... capable of arousing in a student an interest in linguistics and stimulating to read on" 6 I would add: it is also capable of inspiring many insightful thoughts on language, especially as regards its semantic aspects. Belic's attitude towards language was basically mentalistic. He always emphasized the complexity of language itself, viewing it as a unity of "function", "meaning" and "form". In his ranking of these three aspects of language, the first place is given to "function", the second to "meaning". The distinction between these two notions was never precisely defined by Belie. It appears that "function" concerns primarily the use of words in sentences; in some instances by using the term he simply refers to meaning in context. In general, one of the greatest shortcomings of Belic's theoretical work is his lack of a sense for the stringency of definition. Belic's mentalistic approach is also reflected in his fundamental distinction between autonomous and non-autonomous words, the former, in his opinion, obligatorily referring to "nounness". It is interesting to note that 4

5

6

It was published in Belgrade by the Serbian Academy of Sciences already in 1941 but because of the war conditions it could not be distributed until 1945 (655 pp.). A second printing was issued in 1958. The second part of the book appeared in 1959 (183 pp.). A reader with no knowledge of SC may get informed about Belic's basic theoretical tenets from his articles: "Priroda jazyka i ego izucenie", Izvestija Akademii nauk SS$R, vyp. 5 (Moskva, 1947), 4 2 5 - 4 2 9 ; "Constant Features in Language", Archivimi Linguisticum, Vol. IV, fase. 1, (Glasgow, 1952), 1 7 - 2 6 ; „Der Satz und das Syntagma im Lichte der Belgrader linguistischen Schule", Wiener slavistisches Jahrbuch, IV (1955), 5 - 1 4 ; „Zur Entwicklung der Sprachrelationen", Die Welt der Slaven, I, 1 (1956), 4 - 1 0 ; "A Letter on Linguistics", For Roman Jakobson. Essays on the Occasion of His Sixtieth Birthday, Morris Halle, Horace G. Lunt, Hugh Mclean, Cornelius H. van Schooneveld (eds.), The Hague, 1956, 3 1 - 3 3 . Horace G. Lunt, op. cit., 564.

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in his consideration of nouns he came close, at least in some details, to the modern semantic theory. According to him, "the true representatives" of the grammatical category called " n o u n " are characterized by a bundle of distinctive semantic features, which fact must consistently be taken into account in any syntactic analysis. Indeed, some of his observations, not only in this connection, sound almost modern and are, no doubt, highly insightful, in spite of his basically Neogrammarian framework. Curiously enough, although he spent the last three decades of his scholarly life in an atmosphere of exciting disscusions on structural linguistics, and sometimes even took part in them, he nevertheless remained untouched by the new trends of linguistic endeavor. The Prague School concept of the phoneme did not mean much to him. Generally speaking, it seems that the discovery of the significance of notions such as "invariance" and "variation" had no marked effect on his theoretical outlook. As to the current proposals for interdisciplinary scientific collaboration, Belie was firm in his disapproval as far as linguistics was concerned. In his opinion, linguistics should remain an autonomous and independent discipline. To summarize, Belic's views obviously owe a great deal to the general ideas about language propounded by those outstanding European linguists of the Neo-grammarian background (mostly of German and Slavic origin) whose valuable observations promoted the field of general linguistics in the pre-structural period. Some of his proposals might therefore sound familiar to one who is well acquainted with current topics in general linguistics during the first decades of our century. Nevertheless, the particular way in which they were chosen and inter-connected made them function as an original system of thinking, usually known as "Belic's School" or "the Belgrade School". Lunt, among others, pointed out that "Belie himself had few good students during his prime years, and his immediate successors in Belgrade University are narrow Serbists with few undistinguished publications to their credit" 7 . As a matter of fact, those linguists were already working in the inter-war period in the narrow field of SC, looking up to Belie as their teacher. Before the thirties, however, Belic's interest was, as we have already pointed out, predominantly directed towards concrete language phenomena. Although it is true that the collection of facts was never done by him for its own sake (since he always tried to interpret SC material within a larger frame of reference, searching for a better understanding of language itself), nevertheless language theory was by no means his main concern. Thus the older gene7

Ibid.,

see.

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ration of his inter-war students did not get any systematic training in general linguistics. Having no particular inclination for theoretical thinking, they remained until 1945 on traditional, strongly Neo-grammarian ground, without any knowledge of current discussions on linguistics theory and method. In the post-war period, after Belic's substantial interest in linguistic research had already displayed a significant shift in emphasis, bringing general linguistic problems to the fore as the central topic of his publications and teaching, they made an effort to follow him faithfully and so adopted his theoretical tenets which progressively came to be matters of orthodoxy to them. However, their reluctant attitude towards all novelties from abroad 8 and their complete indifference towards questions of linguistic method are characteristics which should by no means be invariably associated with the name of "the Belie School". First of all, Belie himself was a man of broad outlook and great tolerance, far from supporting conservatism in matters of theory. Secondly, among the protagonists of "the Belie School" in the late forties and the early fifties we find those of Belic's students "who came to him immediately after the w a r " 9 . In Lunt's opinion, "it is they who brighten the whole picture of Yugoslav linguistics" 10 . In view of the chronology of Belic's involvment in general linguistics it is by no means surprising that he did succeed in communicating his enthusiasm for theoretical thinking primarily to those of his students who enrolled at the University in the immediate post-war years. He was an excellent scientific educator to them. He consistently encouraged them to read works on linguistic topics of more general relevance, trying to arouse in them a keen interest in theoretical problems. Belic's emphasis on general linguistics which captured their imagination came to be reflected also in their search for new information about current issues in linguistic theory. Indeed, it is only among these students that he found his direct followers, not in his view on particular problems, but in the general attitude towards linguistic studies. The constant endeavor to advance linguistic theory when dealing with aspects of SC, which later became one of the main characteristics of their linguistic approach, stems directly fromBelié's inspiration. 8 Lunt's criticism chiefly concerns this attitude which, in his opinion, characterized not only Belic's immediate successors in Belgrade but also other Yugoslav linguists who held key positions in teaching and publishing activities; cf.: "The young people ... have separately and collectively discovered exciting notions in the work of Czech, Polish, Russian and even American linguists, and they are pressing to hear more about the new ideas precisely because of the reluctance, or even active opposition, of most of their professors" — ibid., 569. 9 Ibid., 566. 10 Loc. cit.

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In the middle and late forties Belió's students got a solid training in traditional linguistics and learned to appreciate the observation of factual material. Of course, their conceptions of language and linguistics at that time were strongly influenced by Belic's teachings. Still, the assimilation of Belió's model did not make them adhere blindly to his approach. While following his theoretical guidelines they started, already in their early work, to introduce some novelties in the treatment of SC linguistic topics. Thus, for example, in 1954 two doctoral dissertations came to be published by the Serbian Academy of Sciences: Irena Grickat's investigation of the use of the SC perfect tense form without the auxiliary verb 1 1 , and Milka Ivic's work "On the Meanings of the Instrumental Case and their Evolution in Serbocroatian" 12 . The treatment of SC data by these two post-war students of Belic's by no means corresponded exactly to the model of syntactic analysis offered by their teacher. In 1955 another of his students, Ivan Popovic (1923-1961), attracted the attention of Yugoslav linguists with his "History of the Serbocroatian Language", 1 3 which was followed in 1960 by a largely expanded and revised German version 14 . In spite of its numerous shortcomings 15 , Popovic's book was one of the most interesting works on the history of SC to appear in the post-war period 1 6 . In the early fifties dialectology was the most developed branch of linguistic studies in Yugoslavia. Pre-war linguistic activities had been largely 1 1 0 perfektu bez pomocnog glagola u srpskohrvatskom jeziku i srodnim sintaksiZkim pojavama / =Posebna izdanja Srpske akademije nauka knj. CCXXIII/, Belgrade, 1954, 234 pp. 12 Znaíenja srpskohrvatskog instrumentala i njihov razvoj /=Posebna izdanja Srpske akademije nauka knj. CCXXVII/, Belgrade, 1954, 298 pp. 13 Istorija srpskohrvatskog jezika, Novi Sad, 1955,164 pp. 14 Geschichte der serbokroatischen Sprache, Wiesbaden, 1960,687 pp. 15 Pointed out by Lunt in his review of Popovic's book (the version from 1960) - see Language 37 (1961), 4 2 4 - 4 3 3 . 16 Having received his initial training in linguistics at Belgrade University with A. Belie, Popovic soon became acquainted with the writings of German etymologists, primarily those working in the field of Romance philology, whose views and linguistic method greatly influenced his approach to language. His interest in etymology received a strong impetus from the publications of two linguists from Belgrade, specialists in Indo-European, who advanced our knowledge of the Pre-Slavic linguistic situation in the Balkans: Hentik Baric (1888-1957; after World War II Professor at the University of Sarajevo) ánd Milan Budimir (born in 1891). Popovic was also deeply influenced by the late Petar Skok (1888-1956), Professor of Romance Philology at Zagreb, whose research was mainly concerned with the Romance traces in SC lexical material, especially in toponyms.

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devoted to dialectology and a strong tradition of solid fieldwork had already been created in the country. The credit for important contributions t o the improvement of theoretical and methodological aspects of dialectological research belong to Milivoj Pavlovic, the only linguist in Yugoslavia, except Belie, who was in the inter-war period seriously concerned with theoretical problems. Milivoj Pavlovic ( 1 8 9 1 - 1 9 7 4 ) started his linguistic career in France. A former student of Belgrade University, he went to France during World War I and after the war continued to study linguistics under distinguished French professors, such as Antoine Meillet and Albert Dauzat. He remained faithful to the French linguistic school all his life. Already in the early twenties he got a wide international reputation for having successfully brought to the attention of linguists the problem of language acquisition by a bilingual child in his doctoral dissertation Le language enfantin. Acquisition du serbe et du français par un enfant serbe11. In the inter-war period he was Professor at the University of Skopje and after World War II at the University of Novi Sad. His teaching and publishing activities deserve special mention in view of the innovations he sought to introduce in linguistic theory and method. He was a man of a strikingly inventive mind, always ready to put forward challenging and original ideas, but he was not able to organize them into a well-defined system of theoretical and methodological proposals. This is the reason why he failed to make as great an impact on Yugoslav linguistics as might have been expected. A wide range of topics was tackled by Pavlovic, but the views advanced by him vary greatly as regards their impact on linguistic theory. To the average Yugoslav linguist he is best known for his enthusiasm for the psychology of language and stylistics although his major contribution consists in his innovations in the field of dialectology. Bearing in mind that mass migrations of the population played an essential role in the formation of the dialectal picture peculiar to SC, he elaborated methods of analyzing microdialects in the light of the regional origin of the local population. He suggested to Yugoslav dialectologists doing fieldwork that they should invariably take into account the psychological and social factors that might have conditioned the verbal behavior of their informants 1 8 . A new era of Yugoslav dialectology opened in the fifties with the publi17 Published in Paris in 1920; 203 pp. 18 See Govor Sretecke lupe /=Srpski dijalektoloski zbomik VIII/, Belgrade, 1939, 352 pp. and Govor Janjeva. Medudijalekatski i miksoglotski procesi, Novi Sad, 1970 208 pp.

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cations of Pavle Ivic who started his teaching career at the newly established University of Novi Sad in 1954 1 9 . The founding of Novi Sad University was in fact an important event in the recent history of Yugoslav linguistics. For some years this University was the only scholarly institution in the country where structural linguistics was know, appreciated, applied and even included in the curriculum 20 . Pavle and Milka Ivic developed in Novi Sad a teaching activity predominantly concerned with the presentation of SC data in the structuralist way. Although they both received their initial linguistic training (1945—1949) from Belie, neither worked quite along Belic's lines. The systemic and structural conception of language, and especially the ideas of the Prague School, very soon drew their attention and began to influence their writings. In course of time they created a theoretical framework developed from the basic Jakobsonian model of linguistic approach. The Jakobsonian orientation still prevails in their works although, as Roland Sussex pointed out 2 1 , within recent years some research has been done in the field of Slavic syntax by Milka Ivic on the basis of a methodology which is rather generative (or, as Sussex more precisely put it, "more transformational than generative" 22 ). Pavle Ivic's scholarly interest in the early fifties was devoted primarily to dialects. In 1956 he published his "Serbocroatian Dialectology" 23 , which was followed in 1958 by an extended and revised version, Die serbokroatischen Dialekte24. This German version of Ivic's book is one of the most comprehensive and detailed structural surveys of the dialects of any language. P. Ivic called attention to the fact that, as regards their structural characteristics, SC dialects are more diversified than the dialects of any other European language; they are very interesting from a typological viewpoint, especially in view of their prosodie reality (within these dialects we find 19 Since 1972 P. Ivic is Professor at Belgrade University. 20 See Lunt, op. cit., 5 6 7 - 5 6 8 . 21 Roland Sussex, "The Role of Transformational-Generative Grammar in Modern Slavonic Linguistics", Slavic Transformational Syntax /=Michigan Slavic Materials No 10/, edited by Richard D. Brecht and Catherine V. Chvany, Ann Arbor, 1974, on p. 7. 22 "There is an unmistakable unity of interest between the work of Isacenko and some other European Slavicists like KÏizkovâ, Hrabï, Adamec and Ivic, and a number of American linguists, notably Andersen, Van Campen and Worth, all of whom are working in approximately the same theoretical framework (roughly, more transformational than generative)" - Sussex, op. cit. on p. 12, fn. 24. 23 Dijalektologija srpskohrvatskog jezika. Novi Sad, 1956, 218 pp. 24 Die serbokroatischen Dialekte, ihre Struktur und Entwicklung. I. Band. Allgemeines und Die Stokavische Dialektgruppe, The Hague, 1958, 325 pp.

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almost all the basic types of prosodie system existing in Europe). His examination of SC material soon led him to make some theoretical generalizations. He introduced the notion of "the typology of linguistic landscape", defining parameters (such as "density of differentiation", "relations among isoglosses", etc.) by which the characteristics of landscapes could be indentified 2 5 . P. Ivic's views on dialects, basically structural, have been expounded on a number of occasions 26 . Special mention should be made of his paper "Phonemic Differences and Re-Write Rules" 2 7 where he tries to apply the generative method to the comparative study of phonological patterns in dialects 28 . Very early P. Ivió's scholarly attention began to center on phonological research. Adopting the Jakobsonian conceptions of phonology in general, he advanced, however, some proposals of his own for the refinement of the distinctive feature theory 2 9 . His theoretical interest focuses mainly on prosodie problems. Thus he tries to define more precisely the relationship between prosodie and inherent phenomena. He points out the quantitative and relational character of prosodie phenomena as well as the fact that their perception depends on syntagmatic comparisons within the spoken chain. According to him, all this results from the fact that prosodie phenomena are based on variations concerning the dimensions of the sound signal (i.e. its duration and the amplitude and frequency of vibrations). Since these dimensions are indispensible to the signal, variation in this domain cannot display a yes-or-no character (i.e., it is always quantitative, relational, etc.) 3 0 . His attempt to 25 See "On the Structure of Dialectal Differentiation", Word, 18 (1962), 3 3 - 5 3 . 26 See "Importance des caractéristiques structurales pour la description et la classification des dialectes", Orbis XII, Fase. 1, Louvai, 1963, 117-131, as well as his reviews of Voprosy teorii lingvisticeskoj geografii (edited by R. I. Avanesov) in International Journal of American Linguistics 32 (1966), No 2, 201-204 and of Goossens's Stukturelle Sprachgeographie in Language Vol. 47 (1971), No 3, 685-691, and especially his article "Dialects" published in Encyclopaedia Británico, 1974,696-701. 27 Published in Zeitschrift für Mundartforschung, Beihefte, Neue Folge Nr. 4, Verhandlungen des Zweiten Internationalen Dialektologenkongresses Marburg/Lahn 5.-10. September 1965, II, Wiesbaden, 1968, 407-412. 28 Under the inspiration of P. Ivic's approach Ronelle Alexander Leibman wrote "Phonemic Re-write Rules and Balkan Slavic" (in: International Journal of Slavic Linguistics and Poetics XIV, 1971,5 - 2 0 ) . 29 See "Roman Jakobson and the Growth of Phonology", Linguistics 18, The Hague, 1965, 3 5 - 7 8 . 30 See "On the Nature of Prosodie Phenomena", Acta Universitatis Carolinae - Philologica 1 , Phone tica Pragensia III, 1 9 7 2 , 1 1 7 - 1 2 0 and "The Place of Prosodie Phenomena in Language Structure", Sciences of Language No. 4, edited by Roman Jakobson and Shiro Hattori, Tokyo, 1973,103-138.

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characterize prosodie systems in languages by introducing the notion of prosodie possibilities in words of a given length measured in syllables has received wide international recognition31. By means of formulas in which the number of prosodie possibilities appears as a function of the number of syllables, P. Ivic establishes a typological classification of languages32. His research in the field of phonology has led P. Ivió to conclude that purely phonological processes never increase the distinctive power of phonological patterns; the number of distinctive possibilities is increased by the influence of extra-phonological factors (morphological analogy and lexical innovations) 33 . Such a conclusion, having considerable theoretical importance, was called "Ivic's Law" and interpreted in terms of mathematical linguistics by the Soviet linguist 1.1. Revzin 34 . From the first Milka Ivic's chief interest has been syntax. Starting to teach general linguistics in the fifties, she also got very much involved in the study of linguistic theory and methods. In 1963 appeared her book Pravci u lingvistici35, better known abroad in its later versions, in English 36 , in German 37 , and some other languages38. It offers a survey of developments in linguistics with an emphasis on more recent theoretical and methodological 31 See "The Functional Yield of Prosodie Features in the Patterns of Serbocroatian Dialects", Word 17 (1961), 293-308. 32 Following P. Ivic, Ilse Lehiste described the corresponding situation in Finnish and Estonian (in "The Function of Quantity in Finnish and Estonian", Language, Vol.41, No. 3 (1965) 4 4 7 - 4 5 6 ) and Gunnar Jacobson the characteristics of Swedish (in "The Prosodie Pattern in Isolated Words in a Slavic and non-Slavic Language" The Slavic Word, edited by Dean S. Worth, The Hague-Paris, 1972, 388-401). 33 See "Apparition de nouveaux phonèmes et le nombre des possibilités distinctives", Actes du Xe Congrès international des linguistes, vol. IV, Bucarest, 1970, 5 7 - 6 0 , "Rassirenie inventara fonem i cislo distinktivnych vozmoznostej", Voprosy jazykoznanija, vyp. 3, 1970, 3 - 9 and "Sound Laws and the Distinctive Power of Phonological Patterns", Language Sciences, No. 24, 1973, Bloomington, Indiana, 1-6.

34 I. I. Revzin, "K verojatnostnoj interpretacii zakona Ivica", Zbornik za filologiju i lingvistiku XIII/1, Novi Sad, 1 9 7 0 , 1 9 - 2 5 . Accepting Ivic's basic ideas, Revzin gave them a probabilistic interpretation. However, Ivic insisted on his view on the obligatory character of the law in his article "U vecini slucajeva ili uvek?", Zbornik za filologiju i lingvistiku XIII/1. 35 Published in Ljubljana 186 pp.; the second, revised and expanded edition with additional chapters - Ljubljana, 1969, 289 pp.; a new and further expanded version is forthcoming. 36 Trends in Linguistics, The Hague, 1965, 260 pp.; second printing 1970. 37 Wege der Sprachwissenschaft, München, 1971, 282 pp. 38 The book has also been published in the follwing versions: Polish (1966), Finnish (1966), Estonian (1969), Lithuanian (1973) and Japanese (1974).

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achievements. The book was in the first place intended to improve the understanding in Yugoslavia of non-traditional modes of linguistic thinking 39 . Since the sixties she has remained interested in the new trends in linguistics, trying to present them in a comprehensive way to international readers 40 , as well as to Yugoslavs. In her studies of SC and Slavic grammar, Milka Ivic applies the Jakobsonian approach to language. Jakobson's influence is most noticeable in her constant endeavor to distinguish between the marked and unmarked nembers of particular grammatical (sub)systems that are explained in terms of binary oppositions 41 . The appearance of particular sentence types in Slavic, such as the sentence model exemplified in Russian by sentences like (ego zavalilo snegom, is explained by her according to the Jakobsonian principles elaborated within the field of historical phonology: there was an "empty slot" in the system and the new sentence model has been introduced in order to fill it 4 2 . Taking part in the lengthy discussion among Russian syntacticians on the criteria of distinguishing between "one —membered" and "two-membered" sentences, she pointed out the relevance of the incompatibility feature by which a Slavic predicate may be either marked or unmarked: the marked predicate, representing the "one-member" sentence type, is invariably incompatible with a subject form on both the "deep" and "surface" levels, while the unmarked predicate gets invariably combined with a "deep" subject form which is not always materialized; if it is materialized without the subject, the predicate form functions as "combinatory variant" of the full unit subject form + predicate form (e.g. sly sis - ty slysis)43. However, one of her theoretical works which is closer to the American structuralist approach than to the

39 Cf. Lunt, op. cit., on p. 568. 40 Cf. "General Syntax in Europe - Currently", Sciences of Language /=Gengo no kagaku/, No. 3, edited by Roman Jakobson and ShirS Hattori, Tokyo, 1972, 9 3 - 1 3 0 and „Geschichte der Linguistik", Lexikon der Germanistischen Linguistik, herausgegeben von Hans Peter Althaus, Helmut Henne, Herbert Ernst Wiegand, Tübingen, 1973,80-93. 41 Cf. for example: "Sistem liínih glagolskih oblika za obelezavanje vremena u srpskohrvatskom jeziku", Godisnjak Filozofskog fakulteta u Novom Sadu III, Novi Sad 1958, 1 3 9 - 1 5 2 and "The System of Serbocroatian Cases Denoting Spatial Relations", Acta Linguistica Hafniensia IX, 1, Copenhagen, 1965, 5 0 - 5 5 . 42 Cf. "On the Origin of the Russian Sentence Type '(ego) zavalilo snegom' ",Die Welt der Slaven X , 3 - 4 , 1 9 6 5 , 3 1 7 - 3 2 1 . 4 3 "On the Structure of the Slavic Simple Sentence.", International Journal of Slavic Linguistics and Poetics IX, The Hague, 1965, 20—24 and "Oppozicija 'odnosostavnoe predlozenie' / 'dvusostavnoe predloienie' ", FilologiHeskie nauki 4, Moskva, 1965, 181-184.

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Jakobsonian one has received the widest international recognition. In it she states the principle of omissibility non-omissibility of some determiners in syntax 4 4 . This principle has later been further explored and discussed 4 5 . The non-omissibility phenomenon has been subsequently viewed by her as a specific aspect of the part-and-whole relation problem and explained on semantic grounds 4 6 . Some of her recent research on SC has been done within the framework of transformational grammar 47 in the way described by Sussex 4 8 . However, regardeless of the method applied by her to SC material,

44 She started to work on this problem already in the late fifties ("The relationship between bound and free form i the Serbo-Croat cases", Cercetari de lingvistica III. Melanges linguistiques offerts ά Emil Petrovici. Editura A cademiei Republicii Populare Romihe, Bucure§ti, 1958, 217—226), but her endeavor got a wider recognition only in 1964 when her paper submitted to the Ninth International Congress of Linguists became published: "Non-omissible Determiners in Slavic Languages", Proceedings of the Ninth International Congress of Linguists, The Hague, 1964, 476-479. The paper has been reprinted in Syntactic Theory 1. Structuralist. Selected Readings, edited by Fred W. Householder, Harmondsworth, Middlesex, England, 1972, 135-139. 45 See for example: Alexander V. Isacenko, „Das syntaktische Verhältnis der Beziehungen von Krperteilen im Deutschen", Studia Grammatica V. Syntaktische Studien, Berlin, 1965, 7 - 2 7 ; G. G. Pocheptsov, "Indispensable Attributive Adjuncts in English", Lingua 20, No 1, 1968, 1 - 1 4 ; Charles Fillmore, "The Case for Case", Universals in Linguistic Theory, edited by E. Bach and R. Harms, New York, 1968, the chapter entitled "Grammar of inalienable possession", 61-81. Examplification by new linguistic facts was introduced by Kalina Ivanova in "Vtoricno semanticno natovarvane pri dva tipa konstrukcii", Baigarski ezik XIX, 3, Sofija, 1969, 267-272. 46 See "Les causes sémantiques du phénomène syntaxique nommé 'déterminant obligatoire' ", Actes du Xe Congrès international des linguistes, vol. II, Bucarest, 1970, 831-834. Another syntactic aspect of the part-and-whole problem has been interpreted by her again on semantic grounds in "On the Part-Whole Relation and Its Linguistic Consequences", Studies in General and Oriental Linguistics Presented to Shirô Hattori on the Occasion of His Sixtieth Birthday, edited by Roman Jakobson and Shigao Kawamoto, Tokyo, 1970, 281-286. 47 See, for example, "Types of Direct Object in Serbocroatian", To Honor Roman Jakobson. Essays on the Occasion of His Seventieth Birthday, Vol. II, The Hague, 1967, 989-994 and "O dubinskoj strukturi slovenske proste recenice s oblezjem 'anonimnosti subjekta' ", Knjizevnost ijezik, XV, 2 (1968). 5 - 1 2 . 48 Sussex points out that, in contrast to "the typical modern Western tendency in TG", "the East European method is to take a fairly well defined body of data say, verbs, in German (Bierwisch (1963) ) or specific topics in Russian (Ruzicka (1965, 1966) Serbo-Croat (Ivic (1967) ) or Slavonic typology (Ruziika (1963) ), and to attempt to describe the internal structure and cohesion of data within the framework of a given theory" — op. cit., on p. 7.

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she always tries to bring out new evidence utilizable in further theoretical explorations 49 . The journal Zbomik za filologiju i lingvistiku50 meant a great deal for the affirmation of Novi Sad as a creative center 51 . Many of the most distinguished Slavicists from all over the world, besides Yugoslav authors, have contributed with their papers to the good reputation of the journal. When the era of contrastive studies started in Yugoslavia, Novi Sad soon became an active center of contrastive studies as well". However, the credit for the advancement of typological research on the basis of a contrastive SerbocroatianHungarian analysis goes not to a Yugoslav but to László Dezsö, a Slavicist from Hungary, under whose leadership the contrastive Serbocroatian-Hungarian project started in the late sixties 53 . A stimulating linguistic atmosphere continues to pervade Novi Sad. Among the youngest generation of linguists there is a particular interest in general linguistes54. The impact of Belic's teaching was less dominant outside Serbia. In the other parts of the country the traditional Neo-grammarian views on language prevailed until the late fifties when the penetration of the new linguistic conceptions started to show itself more or less clearly55. Interest in theoretical problems has been the greatest in Croatia, the least in Macedonia. The main stream of linguistic activities in Macedonia has been concentrated on the establishment and development of the newly founded literary language 49 Her article "Nekotorye pioblemy slovoporjadka ν dopolnitel' nom pridatocnom predlozenii", Grammaticeskoe opisanie slavjanskich jazykov. Koncepcii i metody, Moskva, 1974, 228-234 is typical in this respect. 50 Founded by Matica srpska in 1957. 51 It is worth mentioning that, when speaking of transformational grammar of the European brand, Sussex calls attention to the contributions to Ceskoslovenskà rusistika (Czechoslovakia), Zeitschrift für Slawistik (DDR), Zbornik za filologiju i lingvistiku (Yugoslavia) and the Yugoslav Serbo-Croatian-English Contrastive Project publications" - op. cit., on p. 11, fn. 5. 52 Sussex (op. cit., on p. 7) mentions three contrastive projects "whose aims are partly pedagogical and partly theoretical": "Polish-English (Poznan), Serbo-CroatEnglish (Zagreb) and Serbo-Croat-HungarianOudapest and Novi Sad)" (op. cit., on p. 13, fn. 32). 53 See his "Studies of Typology" (Tipoloska razmatranja) published in the series Kontrastivna gramatika srpskohrvatskog i madarskog jezika 1, Novi Sad, 1971,108 pp. 54 Thus, a young Slavicist, Milorad Radovanovic, in his M.A. thesis entitled "Nonomissible determiners in syntax and their general linguistic aspect" ("OpstelingvistiZki aspekt kategorije 'obavezni determinator' u sintaksi", Godisnjak Filozofskog fakulteta u Novom Sadu XV/1, 1972, 211-240) gives a survey of the research on this problem and advances some interesting proposals of his own. 55 See Lunt, op. cit., especially on pp. 566 and 568.

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as well as o n the description o f Macedonian dialects. None-the-less, during the sixties the notion o f the phoneme became k n o w n and applied in linguistic investigation throughout the country. The influence o f the Prague School theory has been reflected in the linguistic ideas of t w o scholars w h o in the sixties were teaching at Zadar University, namely the Romanicist Zarko MuljaZic56 and the Slavicist Dalibor Brozovic. From the first Muljacic has been devoting himself to phonological research, mostly championing the views o f Jakobson and Martinet. He is best k n o w n for his excellent survey o f general phonological conceptions and for his phonological treatment o f I t a l i a n " . The scope o f Brozovic's interest is more diversified. Starting as a dialectologist s 8 , he soon became involved in phonemic investigations. In his writings 5 9 he gives some new proposals for a refinement o f Jakobson's distinctive feature analysis o f SC phonemes. However, his major contribution is in the domain of sociolinguistics. He has elaborated principles for the characterization of standard languages 60 and other sociolinguistic formations (such as substandard language, interdialects 61 and vernaculars 6 2 ), taking into account a very

56 Now University Professor in West Berlin. 57 Appeared first in 1964, in dittoed form, at the University of Zagreb, under the title Opea fonologija i fonologi/a suvremenog talijanskog jezika. The book Fonologia generale e fonologia della lingua italiana (Bologna: Il Mulino, 1969, 595 pp.), which received international recognition, is a greatly expanded revision of it. The Serbocroatian version of Fonologia generale e fonologia della lingua italiana appeared in Zagreb in 1972 (320 pp.). 58 See "O strukturalnim i genetskim kriterijima u klasifikaciji hrvatskosrpskih dijalekata", Zbomik za filologiju i lingvistiku III, Novi Sad 1960, 6 8 - 8 8 . 59 See "Some Remarks on Distinctive Features Especially in Standard Serbocroatian", To Honor Roman Jakobson. Essays on the Occasion of His Seventieth Birthday, Vol. I, The Hague-Paris, 1967, 4 1 2 - 4 2 6 ; "SulT inventario dei fonemi serbocroati e i loro tratti distintivi", Die Welt der Slaven, XII, 2 (1967), 161-172. 60 See "Slavjanskie standartnye jazyki i sravnitel' nyj metod", Voprosy jazykoznanija, XVI,1 (1967), 3 - 3 3 (the Serbocroatian version is published in his book Standardni jezik, Zagreb, 1 9 7 0 , 9 - 6 2 ) . 61 See "O tipologiji supstandardnih i interdijalekatskih idioma u slavenskom jezicnom svijetu", Govornite formi i slovenskite literaturni jazici. Materiali od vtoroto zasedanie na medunarodnata komisija za slovenskite literaturni jazici, Skopje, 1973, 31-68. 62 He also introduced the notion of "unspecified idiom" (which has been adopted, for example, by N.N.Semenjuk - see Obscee jazykoznanie (formy suscestvovanifa, funkcii, istorija jazyka), Moskva, 1970, Chapter IX) to refer to any linguistic system utilized as communication vehicle by a certain social community and unspecified as regards the particular sociolinguistic parameters he proposed.

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rich range of parameters (historical, sociolinguistic, psychological, etc.) 63 . Special attention should be called to Zagreb as an active linguistic center64 . An internationally recognized scholarly activity is displayed there by Radoslav Katicic, Professor at Zagreb University, a specialist in the field of Indo-Euroean. His book Λ Contribution to the General Theory of Comparative Linguistics65 aims to investigate the foundations of comparative linguistics in the light of recent views in linguistic theory. According to him, "linguistic variety is function of time variety and/or space variety and/or social variety. Changes in these three sets of data imply also changes in languages. The substitution of languges in a place and/or community is thus to be viewed as a part of a bigger complex of mapping relations" 66 . He proposes a more formalized method of analysis in historical and comparative linguistics based on the principles of the set theory. Katicic belongs to the famous "Zagreb Group", namely a group of linguists who have, for the last two decades, at their weekly gatherings, discussed new linguistic theories and methods promoting their dissemination. The spiritus movens of the group is the Slavicist Bulcsú Ldszló, a man of great knowledge and ingenuity. Although himself not oriented towards publishing, he has inspired many of his colleagues to tackle interesting problems and to adopt some of the most recent novelties in the field of linguistic theory and methods. Many contributions of "the Zagreb Group" have been published in Suvremena lingvistika, the only journal in Yugoslavia devoted 63 This is highly regarded by some linguistis from the USSR and Czechoslovakia - see Brozovic, Standardni jezik, Zagreb, 1970, on p. 170. For a concise survey of Brozovic's views see Vladimir Barnet, "Diferenciace národního jazyka a sociálníkomunikace", Govornite formi i slovenskìte literaturni jazici. Materiali od vtoroto zasedanie na medunarodnata komìsija za slovenskìte literaturni jazici, Skopje, on pp. 2 2 - 2 3 . 64 In the early sixties Lunt (op. cit., 566) pointed out that "In Zagreb one hears of a group of young people discussing the works of contemporary linguistics, but evidence of a change from the old and safe practices is so far lacking. Dalibor Brozovic, at present teaching in Zadar and working principally in dialectology, shows promise of organizing in new and original ways the data he is assiduously collecting. Otherwise Zagreb has produced only a series of philological publications of older linguistic texts and dictionaries and some dialect descriptions in the traditional style". In the early seventies Sussex (op. cit., 7) notes: "In this fairly conservative framework, East European slavica have made important contributions of analysis and description. There have been several attempts, notably in East Germany, to adapt Fillmore's "Case for Case" theory to transformational slavica, and there are important schools of TG in Prague, Poznan, Zagreb, Leipzig, East Berlin and Budapest". 65 The Hague-Paris, 1 9 7 0 , 1 6 0 pp. Katicic's general views on language are expounded also in his book Jezikoslovni ogledi, Zagreb, 1971, 271 pp. 66 A Contribution to the General Theory of Comparative Linguistics, on p. 31.

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exclusively to the modern trends in linguistics 6 7 . In the sixties Zagreb became the center o f contrastive SerbocroatianEnglish studies. The work on the contrastive project has been organized by the distinguished Anglicist Rudolf Filipovic, Professor at Zagreb University 6 8 , whose scholarly interest focuses on language contact p h e n o m e n a 6 9 . The American linguist Wayles Browne, a specialist in the field o f SC w h o gained high international reputation for his theoretical contributions, 7 0 has for some years been involved in the project. His presence in Zagreb proved t o be o f greatest importance not only for the promotion of the contrastive analysis but also for the propagation of generative grammar among Yugoslav linguists. One might say that it is mostly owing to his activities that Zagreb could be ranked among "important schools o f T G " 7 1 . A n excellent proponent of generative grammar is to be found in Janez Orésnik, a specialist in the field o f Icelandic from Ljubljana. By explaining some o f its main theoretical notions he helped the generative approach to become better understood in Slovenia. 7 2 More importantly, in collaboration with the American linguist David Perlmutter as the chief author, he contributed to the development o f the generative theory by making

67 The numbers 1—4 (1962-1967) were published in a dittoed form and aimed primarily to explain the main tenets of current linguistic theories and to present important foreign publications. The new series starting with No 5 - 6 (1972) contains mostly original contributions of Yugoslav authors. 68 This work has been carried out not only by linguists from Zagreb but also by linguists from the English Department in Belgrade, Novi Sad, Nis and Sarajevo. The results of the project are being published in three series: A. Reports; B. Studies; C. Pedagogical Materials (published in Zagreb with Rudolf Filipovic as chief editor). The collection Trends in kontrastiver Linguistik I. Interimssprache und kontrastiver Analyse. Das Zagreber Projekt zur angewandten kontrastiven Linguistik /= Forschungsberichte des Instituts für deutsche Sprache 16/, Horst Raabe (Hrsg.), Mannheim, 1974, 229 pp., offers a choice of writings of linguists working on the project. 69 See Kontakti jezika u teoriji i praksi, Zagreb, 1971, 142 pp., "Some Problems in Studying the English Elements in the Main European Languages", Studia Anglica Posnaniensia, IV, 1 - 2 , 1 9 7 2 , 1 4 1 - 1 5 8 and "Prilog metodi proucavanja anglicizama " u evropskim jezicima", Suvremena lingvistika 7 - 8 , Zagreb, 1973, 3 - 1 0 . 70 See his theoretical discussion in Linguistic Inquiry: Vol. I, No 3 (1970) 359-362; Vol. Ill, No 2 (1972), 223-226; Vol. V, No 4 (1974), 619-620. 71 Sussex, op. cit., on p. 7. 72 See his articles in Problemi semantike, sintakse in obravnave tekstov /=Report P-277 of the Institute "Jozef Stefan"/, Ljubljana, 1972: "Formalizacija semanticnih definicij najmanjsih jezikovnih enot s pomenom','37-45; "Formalizacija stavcnih pomenov", 46—54; "T.i. 'presupozicije' ν semantiki naravnih jezikov", 55—67; "O t.i. transformacijskem ciklu ν sintaksi engleskega jezika", 6 8 - 7 4 .

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some generalizations on the basis of an analysis concerning a particular linguistic detail of Slovenian 73 . As regards the linguistic situation in Slovenia, although there is not much work being done in the field of linguistic theory, the prospects are obviously much brighter than they were in the days depicted by Lunt 7 4 . It is noteworthy that in many places in the country the first to get involved in the new modes of linguistic thinking were the specialists in the field of Western European languages, because the sources of information on modern linguistics were more accessible to them. It is not surprising therefore that, for example, the Bloomfieldian approach was introduced in Yugoslav linguistics in the fifties by the Anglicist Ljubomir Mihailovic, Professor at Belgrade University, who startet his teaching career in Novi Sad. His paper "Analysis of selections" (1958) 75 deserves special mention. In it the author discusses some problems of the analysis of word selections and proposes a method for describing selectional similarities that may be regarded as a further development of distributional analysis. Another Anglicist from Begrade,Ranko Bugarski, who is now best known for his book "Language and Linguistics" 76 dealing with the changes in emphasis within general linguistic studies, has recently been engaged in making Chomsky's approach to language more familiar to the Yugoslav reader 77 . Vladimir Ivir, an Anglicist from Zagreb, and Midhat Ridanovic, an Anglicist from Sarajevo, have also promoted the understanding of modern linguistics in Yugoslavia 78 . 73 Janez Oresnik and David M. Perlmutter, "Language particular rules and explanantion in syntax", Festschrift for Morris Halle, New York, 1 9 7 3 , 4 1 9 - 4 5 9 . 74 "In Ljubljana the most promising students perished in accidents or the war. Both Ramovs and Nahtigal were too ill after 1945 to carry the many burdens that fell on them in coping with the appalling problems of reorganizing Slovene cultural life and educating a new generation. The young people have managed to carry on, but they have been forced to try to teach others while struggling to teach themselves. The search for new methods can be perceived in some of the published discussions in both the frankly popular and the semi professional daily and periodical press, but the traditionalists remain in control. Serious attempts to look at Slovene from a phonologyslanted point of view can be discerned in the few articles so far published by Joze ToporiSií (e.g. "Probleme der slovenischen Schriftsprache", Scandoslavica 6. 5 3 - 7 4 , Copenhagen, I960)" - Lunt, op. cit., 566. 75 "Analiza selekcija", Godisnjak Filozofskog fakulteta u Novom Sadu III, Novi Sad, 1958, 1 5 3 - 1 6 7 . 76 Jezik i lingvistika, Belgrade, 1972, 296 pp. 77 Cf. Noam Comski, Gramatika i um, Belgrade, 1972, 286 pp. This is an edition in SC of some of Chomsky's writings with Bugarski's highly competent and instructive comments. 78 See Ivir's articles in Suvremena lingvistika 3 , 1 9 6 4 : "Transformad]ska teorija Noama

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An original theoretical contribution was made already in the sixties by a young Italianicist from Belgrade, Ivan Klajn. In his article "A loanword — what is it? he defines the parameters by which the difference between loanwords and indigenous words could be identified within any language. While Yugoslav non-Slavicists are today, as a rule, primarily influenced in their linguistic thinking by theoretical models prevailing in the West, studies of the languages of Yugoslavia develop under the impact of theoretical novelties from both the West and the East 8 0 . New approaches continue to be most vigorously absorbed and disseminated in such linguistic centers as Zagreb or Novi Sad, although a vivid interest in new linguistic trends is more and more noticeable among younger Slavicists all over the country. Of course, traditionalists still exist, but they are by no means dominant. On the whole, the contrast between the modern and the traditional has nowhere grown into a sharp conflict. Thus, structural and traditional linguistes coexist in Yugoslavia today, as well as the structural and generative approaches to language. There has never been either antagonism between different schools of structural linguistics, or conflict between the two varieties of generativists (Chomsky vs. generative semanticists). The non-traditional Yugoslav Slavicists is generally rather eclectic as regards linguistic theory and methods. He tries first of all to bridge the many gaps in theoretical thinking as best he can in order to be able to adopt such novelties as are utilizable in the promotion of linguistic research in his own field.

Chomskog" (72—82), "Metodoloïki pristup pojmu oyjerenosti u proizvodnoj gramatici" ( 8 3 - 8 8 ) , and Ridanovic's article "Bit i znafaj generativne teorije i lingvistike" in Filoloikipregled I - I V , Belgrade, 1971, 8 5 - 9 9 . Both Ivir and Riitanovic work on the Serbocroatian-English contrastive project and their writings are included in the collection Trends in kontrastiver Linguistik I. Special mentioning deserves here Ivir's contribution "Generative and taxonomic procedures in contrastive analysis" (67—78) in view of the topic concerned. 79 "Strana ree - sta je to? ", Zbornik za fllologiju i lingvistiku Χ, 1967, 7 - 1 4 . 80 Current views on syntactic problems of Czech and Soviet Slavicists have been, for example, recently introduced and successfully applied to Serbocroatian by Ksenija Milosevic, Professor at Sarajevo University; see: "Neki aspekti semantickog odnosa konstrukcija pasivne (sa trpnim pridjevom) i refleksivne u savremenom srpskohrvatskom jeziku", Knjizevni jezik, 3 - 4 , Sarajevo, 1972, 6 3 - 8 6 ; "Temporalno znacenje i sintaksicka vrijednost konstrukcija Cop (praes. perf.j + part. pass, u srpskohrvatskom jeziku", Juznoslovenski filolog X X X / 1 - 2 , Belgrade, 1973, 425-437.