Technisches Sicherheitsrecht: Die Probleme des technischen Sicherheitsrechts, dargestellt am Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen (§ 24 GewO) [1 ed.] 9783428421060, 9783428021062


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German Pages 275 Year 1969

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Technisches Sicherheitsrecht: Die Probleme des technischen Sicherheitsrechts, dargestellt am Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen (§ 24 GewO) [1 ed.]
 9783428421060, 9783428021062

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 109

Technisches Sicherheitsrecht Die Probleme des technischen Sicherheitsrechts dargestellt am Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen (§ 24 GewO)

Von

Hans Peter Plischka

Duncker & Humblot · Berlin

Hans Peter Plischka, / Technisches Sicherheitsrecht

S c h r i f t e n zum ö f f e n t l i c h e n Band 109

Recht

Technisches Sicherheitsrecht Die Probleme des technischen Sicherheitsrechts dargestellt am Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen (§ 24 GewO)

Von

Dr. Hans Peter Plischka

DU N C K E R &

HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1969 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1969 bel Buchdruckerei Bruno Luck, Berlin 65 Printed in Germany

Inhaltsübersicht

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

1

1. T e i l :

Das technische Sioherheitsrecht 1. K a p i t e l : Das System des Sicherheitsrechts

13

§ 1: Die technischen Sicherheitsvorschriften als Rechtsnormen

13

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

16

§ 3: Das Sicherheitsrecht der überwachungsbedürftigen Anlagen als Polizeiverordnungsrecht des Bundes

26

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik u n d die Rechtsquellen des technischen Sicherheitsrecht

32

2. K a p i t e l : Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des technischen Sicherheitsrechts

63

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des technischen Sicherheitsrechts

63

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Regelung des technischen Sicherheitsrechts durch Rechtsverordnungen

80

§ 7: Die Vereinbarkeit des technischen Sicherheitsrechts m i t A r t . 12 u n d 14 G G 88 3. K a p i t e l : Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung des § 24 GewO 96 § 8: Die Begrenzung des technischen Sicherheitsrechts auf die Gefahrenabwehr

96

§ 9: Der persönliche Geltungsbereich der technischen Vorschriften, insbesondere die polizeiliche H a f t u n g der Hersteller 126 § 10: Das Regelungsobjekt des technischen Sicherheitsrechts: die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen 139 § 11: Der sachliche Geltungsbereich des technischen Sicherheitsrechts . . 145

VI

Inhaltsübersicht 2. T e i 1 : Das Uberwachungsverhältnis

§ 12: Das ÜberwachungsVerhältnis i m allgemeinen

153

§13: Das Erlaubnisverfahren

160

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

182

§15: Die Typengenehmigung

211

Zusammenfassung

235

Literaturverzeichnis

237

Sachverzeichnis

251

Inhaltsverzeichnis Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

1

A. Der Gegenstand der A r b e i t

1

I. Technik u n d Recht

1

a) Die Bedeutung der Technik f ü r die E n t w i c k l u n g des öffentlichen Rechts 1. Die V e r w a l t u n g als Daseins Vorsorge 2. Die gewandelten Methoden der politischen Willensbildung 3. Die Veränderungen der Kriegsführung u n d der internationalen Zusammenarbeit 4. Die technisch bedingte Rationalisierung der V e r w a l t u n g . . b) Das technische Sicherheitsrecht 1. Die Sicherheitsprobleme der technischen Zivilisation 2. Das technische Sicherheitsrecht als Weiterentwicklung des herkömmlichen Polizeirechts 3. Das technische Sicherheitsrecht als Schranke f ü r die technische Produktion der Wirtschaft I I . Das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen B. Die Methode der A r b e i t I. Die A n k n ü p f u n g an das herkömmliche allgemeine Polizeirecht a) Die polizeirechtlichen Probleme b) Die verfassungsrechtlichen Probleme I I . Die Besonderheiten des technischen Sicherheitsrechts

1 1 1 2 2 2 2 3 3 4 5 5 5 5 6

a) Die Weiterentwicklung alter Rechtsfragen u n d die Herausbildung neuer Rechtsinstitute i m technischen Sicherheitsrecht..

6

b) Die Einheit des technischen Sicherheitsrechts auf dem Boden des Polizeirechts u n d die Gleichheit der sachlichen Problematik

6

c) Die charakteristischen Eigenheiten des technischen Regelungsobjektes 1. Der technische Fortschritt 2. Das technische Sicherheitsrisiko 3. Die Rolle der Wirtschaft u n d der Wissenschaft

6 11 11 11

d) Die besonderen Rechtsinstitute des technischen Sicherheitsrechts

11

VIII

Inhaltsverzeichnis I I I . Die Eingrenzung der A r b e i t a) Die Beschränkung auf das materielle technische Sicherheitsrecht b) Die Neukodifikation des Hechts der überwachungsbedürftigen Anlagen seit 1953

12 12 12

1. T e i l : Das technische Sicherheitsrecht 1. Kapitel: Das System des Sicherheitsrechts § 1: Die technischen Sicherheitsvorschriften

als Rechtsnormen

13

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften Die Notwendigkeit der Verwendung technischer Fachbegriffe i n Rechtsnormen. Die Geltung der Auslegungsgrundsätze auch f ü r die privaten technischen Regelwerke. A . Die Auslegung technisch-wissenschaftlicher Fachbegriffe

16

17

I. Die B i n d u n g der Auslegung an die Begriffe der Fachwissenschaften I I . Die Selbständigkeit der juristischen Methode

18 19

a) Die Rechtsbegriffe als Zweckschöpfungen zur Ordnung des sozialen Zusammenlebens b) Besondere Gesichtspunkte f ü r die Auslegung des technischen Sicherheitsrechts

21

B. Möglichkeiten f ü r die Berücksichtigung des technischen Fortschritts i m Rahmen überholter technischer Begriffsbildungen

21

I . Die Notwendigkeit einer fortdauernden Anpassung des technischen Sicherheitsrechts an den Fortschritt der Technik

22

19

I I . Die F o r t b i l d u n g des technischen Sicherheitsrechts i m Rahmen der Auslegung 23 a) Die Einbeziehung neuer gefährlicher Anlagen 23 b) Die Berücksichtigung neuer technischer Sicherheitsmaßnahmen 24 § 3: Das Sicherheitsrecht lizeiverordnungsrecht

der überwachungsbedürftigen des Bundes

Anlagen

als Po-

26

Die Bedeutung der Einordnung des technischen Sicherheitsrechts i n den Rahmen des gefahrenabwehrenden Polizeirechts. A . § 24 als rechtsverbindliche Ermächtigungsnorm

26

B. Die Geltung der Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts auf B u n desebene

27

C. Die Geltung dieser Grundsätze f ü r die Spezialermächtigung des § 24 GewO

27

Inhaltsverzeichnis I. Die Besonderheiten der Spezialermächtigung f ü r das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen I I . Die subsidiäre Geltung der Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts

29

D. Ergebnis: § 24 GewO als Ermächtigung zu technischen Polizeiverordnungen des Bundes

30

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik quellen des technischen Sicherheitsrechts A. Die I. II. III.

und die

Rechts-

sachliche Problematik eines technischen Sicherheitsrechts Die Berücksichtigung des technischen Fortschritts Die Beteiligung der interessierten u n d sachverständigen Kreise Die Notwendigkeit detaillierter Einzelregelungen

B. Das System der Rechtsquellen des technischen Sicherheitsrechts I. Die staatlich gesetzten Sicherheitsvorschriften a) Das ermächtigende Gesetz § 24 GewO b) Grundverordnungen u n d Technische Verordnungen c) Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften I I . Die privaten technischen Regelwerke a) Die VDE-Vorschriften b) Die D I N - N o r m e n c) Die V D I - R e g e l n d) Sonstige private technische Regelwerke C. Die Rechtsnatur u n d die rechtliche Bedeutung der privaten technischen Regelwerke i m System des technischen Sicherheitsrechts. I h r e unterschiedliche Bedeutung f ü r das öffentliche Recht, das Bürgerliche Recht u n d das Strafrecht I. Die mangelnde Rechtsnormqualität privater technischer Regelwerke a) Ihre Rechtsverbindlichkeit als Rechtsverordnungen b) I h r e Rechtsverbindlichkeit als autonome Satzungen c) I h r e Rechtsverbindlichkeit als Gewohnheitsrecht d) I h r e Rechtsverbindlichkeit als Bestandteil der staatlichen Rechtsverordnungen k r a f t Verweisung auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" 1. Die Voraussetzungen der Verweisung i m allgemeinen aa) Bestimmtheit der Bezugnahme bb) Bekanntmachung der i n Bezug genommenen V o r schriften 2. Unbestimmtheit u n d mangelnde Bekanntmachung der Verweisung auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" I I . Die Bedeutung der privaten technischen Regelwerke als Erfahrungssätze der Technik u n d die Voraussetzungen ihrer A n e r k e n nung Die Zwitterstellung kollektiver gesellschaftlicher Verbandsnormen des Wirtschafts- u n d Arbeitslebens zwischen Privatautonomie u n d staatlichem Recht.

27

32 32 32 32 33 34 34 34 34 37 38 39 40 41 41

41 42 42 43 44 44 44 45 45 46

47

X

Inhaltsverzeichnis a) Die allgemeine methodische Bedeutung der Blankettbegriffe als M i t t e l zur Bezugnahme auf außerrechtliche gesellschaftliche Standards b) Die Auslegung des Blankettbegriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" .. 1. Die Bezugnahme auf allgemeine Erfahrungssätze der Technik als sachverständige gutachtliche Erkenntnismittel 2. Die Voraussetzungen u n d Grenzen der Anerkennung aa) Das Erfordernis der „allgemeinen Anerkennung" aaa) Geltung i n der Praxis der ausübenden Techniker bbb) Geltung als o b j e k t i v kontrollierbare, i n V e r suchen erprobte Erfahrungssätze bb) Die Begrenzung durch den Zweck der „Gefahrenabwehr" aaa) Die Aufstellung privater technischer Regelwerke zu abweichenden Zwecken bbb) Die Gefahr eines unzulänglichen Sicherheitsschutzes bei Überlassung an die interessierten Kreise

49 50 51 51 52 52 53 59 60 61

2. Kapitel: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des technischen Sicherheitsrechts § 5: Die Zuständigkeit heitsrechts

des Bundes zur Regelung des technischen

Sicher-

A. Die Kompetenz des Bundes zur Regelung des materiellen technischen Sicherheitsrechts unabhängig von der einschränkenden Regel u n g des § 24 I I GewO B. Die einzelnen Kompetenztitel I. Die Zuständigkeit f ü r das Recht des Gewerbes (Art. 74 Ziff. 11 GG) I I . Die Zuständigkeit f ü r das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Ziff. 11 GG) a) Die Auslegung des Begriffs „Recht der Wirtschaft" 1. Engere Auffassung 2. Weitere Auffassung b) Die Abgrenzung zur Kompetenz der Länder f ü r die Regel u n g der öffentlichen Sicherheit u n d Ordnung 1. Die sogenannte polizeiliche Annexkompetenz 2. Die Voraussetzungen einer Annexkompetenz f ü r das Recht der Wirtschaft 3. Der I n h a l t des polizeilichen Sicherheitsrechts i m engeren Sinne I I I . Die Zuständigkeit zur Regelung des Arbeitsschutzes (Art. 74 Ziff. 12 GG) I V . Die Zuständigkeit zu Normungsaufgaben (Art. 73 Ziff. 4 GG) . . V. Die Zuständigkeit f ü r besondere Sachbereiche

63

64 65 66 69 70 70 70 71 71 71 74 75 76 76

C. Die Kompetenz des Bundes zur Regelung des formellen technischen Sicherheitsrechts 77

Inhaltsverzeichnis I. Die Zuständigkeit zur Regelung des Überwachungsverhältnisses (§ 24 I Ziff. 1, 2, 4 GewO) I I . Die Zuständigkeit zur Regelung der Organisation der Überwachung a) Die Bestimmung der Behörden (§ 24 d GewO) b) Die Bestimmung der technischen Überwachungsorganisationen (§ 24 c GewO) D. Das Bedürfnis nach bundeseinheitlicher Regelung des techni-

A. Die Ermächtigung zu technischen Sicherheitsvorschriften Ziff. 3 GewO)

(§ 24 I

I. Die Bestimmtheit der Ermächtigung nach Inhalt, Zweck u n d Ausmaß a) Die Auslegung des A r t . 80 I 2 GG, gesehen als Konkretisier u n g der Verfassungsgrundsätze der Rechtsstaatlichkeit u n d der Gewaltenteilung b) Die Vereinbarkeit des § 24 I Ziff. 3 GewO m i t A r t . 80 I 2 GG 1. Die Begrenzung auf die „Gefahrenabwehr" aa) Bestimmtheit k r a f t feststehender Auslegungspraxis i n Rechtsprechung u n d Wissenschaft bb) Notwendigkeit der Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen auf die E x e k u t i v e wegen des Wandels u n d der Vielfalt der Verhältnisse 2. Die Begrenzung durch einen gesetzlich festgelegten A n lagenkatalog i n § 24 I I I GewO 3. Die Begrenzung durch den nach § 24 I 3 GewO möglichen Regelungsinhalt 4. Die Zulässigkeit einer bloßen Rahmenermächtigung I I . Der Adressat der Ermächtigung

§ 7: Die Vereinbarkeit 14 GG

77 77 77 78

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Regelung schen Sicherheitsrechts durch Rechtsverordnungen

B. Die Ermächtigung zur Regelung des (§ 24 I 1, 2 u n d 4 GewO)

77

80 80 81

81 82 82 82 83 84 85 85 86

Überwachungsverhältnisses

des technischen Sicherheitsrechts

mit Art

12 und

A . Die Vereinbarkeit m i t der Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) I. Der polizeirechtliche Grundsatz der Entschädigungslosigkeit des Störers I I . Die Begründung u n d die näheren Voraussetzungen dieses Grundsatzes a) Die Begründung dieses Grundsatzes an H a n d der neueren Theorien zur Abgrenzung von Enteignung u n d entschädigungsloser Inhaltsbestimmung des Eigentums 1. K e i n E i n g r i f f i n schutzwürdige Belange (Bundesverwaltungsgericht) 2. Zurückweisung i n die für alle gleichermaßen geltenden Schranken (Bundesgerichtshof)

86

88 88 88 89 89 90 90

XII

Inhaltsverzeichnis 3. Keine positive nutzbringende Inanspruchnahme privaten Eigentums (Bundesverfassungsgericht) b) Die Entschädigungslosigkeit der Entziehung u n d Vernichtung polizeiwidrigen Eigentums c) Die Geltung des Grundsatzes f ü r die gefahrenabwehrende Staatstätigkeit i m allgemeinen 1. Die Nachprüfung des polizeilichen Charakters eigentumsbeschränkender Vorschriften 2. Das technische Sicherheitsrecht als entschädigungslose Schrankenbestimmung f ü r potentiell gefährliches Eigentum

90 92 92 92 93

B. Die Vereinbarkeit des präventiven Erlaubnisvorbehalts m i t A r t . 14 GG

93

C. Die Vereinbarkeit des technischen Sicherheitsrechts m i t dem G r u n d recht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) . . .

94

3. Kapitel: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung des § 24 GewO § 8: Die Begrenzung des technischen Sicherheitsrechts auf die Gefahrenabwehr 1. Abschnitt: Die Gefahrenabwehr i m technischen Sicherheitsrecht i m allgemeinen Die Problematik der Bestimmung der Gefahrengrenze i m technischen Sicherheitsrecht. Die Bedeutung dieser Wirksamkeitsvoraussetzung für die technischen Verordnungen u n d die allgemein anerkannten Regeln der Technik.

96 96

A. Die Zulässigkeit verbessernder, über den bisherigen Sicherheitsstandard hinausgehender technischer Anforderungen 98 I. Die Gefahrenabwehr als A b w e h r von „Schaden" 98 a) Schadensabwehr als Erhaltung „dessen, was schon da ist" . . 98 b) Die Bestimmung der Ausgangsbasis zur Abgrenzung der gefahrenabwehrenden i m Gegensatz zu wohlfahrtsfördernden Eingriffen 99 I I . Die Unzulässigkeit des „Schutzes gegen sich selbst" 102 B. Die Grenzen eines auf die Gefahrenabwehr beschränkten technischen Sicherheitsrechts ... I. Die sich aus dem Begriff des „Schadens" ergebenden Grenzen gegenüber fortdauernden Immissionsgefahren I I . Die sich aus der notwendigen „Wahrscheinlichkeit" des Schadens ergebenden Grenzen gegenüber unvorhergesehenen U n f a l l gefahren gefährlicher Anlagen a) Die Bestimmung des Wahrscheinlichkeitsgrades 1. Die Bestimmung i m Wege der A b w ä g u n g 2. Die i m einzelnen abzuwägenden Interessen aa) Die Zulässigkeit eines gewissen technischen Risikos wegen der Berücksichtigung des technischen F o r t schritts u n d der Belastungsfähigkeit der Wirtschaft . . bb) Belege dafür aus sonstigen Rechtsvorschriften u n d aus der L i t e r a t u r

103 104

105 107 107 110 110 111

Inhaltsverzeichnis aaa) Der Vergleich polizeilicher u n d zivilrechtlicher Gesetzeslösungen des Problems der technischen Sicherheit, insbesondere der Vergleich zur Gefährdungshaftung 111 bbb) Die Anerkennung des technischen Risikos i n der Literatur 115 3. Einzelne Anhaltspunkte f ü r das Ergebnis der Abwägung aa) Keine einseitige Risikoverteilung bb) Berücksichtigung der bisher üblichen Maßstäbe cc) Die Aufgabe der wissenschaftlichen Unfallforschung

117 117 117 118

b) Die objektive Nachweisbarkeit des drohenden Schadens 119 1. Erfahrungen der Praxis u n d theoretische Berechnungen.. 119 2. Beweislast bei noch unerforschten Gefahren 120 c) Die abstrakte Gefahr bei technischen Verordnungen

121

2. Abschnitt: Die Voraussetzungen der Gefahrenabwehr nach § 24 GewO i m besonderen 122 A. Der I. II. III.

geschützte Personenkreis Der Schutz der Beschäftigten Der Schutz D r i t t e r K u m u l a t i v e r oder alternativer Schutz der Beschäftigten Dritten

122 122 123 und

B. Die geschützten Rechtsgüter

§ 9: Der persönliche Geltungsbereich der technischen besondere die polizeiliche Haftung der Hersteller

124 125

Vorschriften,

ins-

126

A. Die Polizeipflicht des Herstellers überwachungsbedürftiger Anlagen 126 I. Das Fehlen einer besonderen Ermächtigung i n § 24 GewO

127

I I . Der Rückgriff auf die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts a) Die Polizeipflicht k r a f t Zustandshaftung b) Die Polizeipflicht k r a f t Handlungshaftung 1. Theorie von der conditio sine qua non 2. Adäquanztheorie 3. Theorie der unmittelbaren Überschreitung der Gefahrengrenze 4. Theorie der rechtswidrigen Erfolgsverursachung I I I . Die Praxis der Durchführungsverordnungen zu § 24 GewO

129 130 130 130 130 131 132 133

B. Die Polizeipflicht des Betreibers überwachungsbedürftiger Anlagen 134 C. Die Polizeipflicht des Eigentümers überwachungsbedürftiger gen

Anla-

135

D. Die Polizeipflicht der beschäftigten Arbeitnehmer an überwachungsbedürftigen Anlagen 136 I. Die Festsetzung von Verhaltensregeln f ü r die Beschäftigten an überwachungsbedürftigen Anlagen durch die technischen V e r ordnungen 136

XI

Inhaltsverzeichnis I I . Die Verantwortlichkeit für die Einhaltung dieser Verhaltensregeln 137 a) Die Verantwortlichkeit des Betreibers 137 b) Die Verantwortlichkeit der Beschäftigten selbst 137

§ 10: Das Regelungsobjekt des technischen Sicherheitsrechts: nen überwachungsbedürftigen Anlagen

die

einzel-

139

A. Die historische E n t w i c k l u n g des Katalogs der überwachungsbedürftigen Anlagen i n § 24 I I I GewO 139 B. Die Auslegung der technischen Anlagenbegriffe 140 I. Die juristische, nicht technische Methode der Begriffsbildung . . 140 I I . Das Verhältnis von Generalklausel (§ 24 I) u n d Enumeration (§ 24 I I I ) 141 a) Das Erfordernis abstrakter Gefährlichkeit 141 b) Die Unzulässigkeit der analogen Einbeziehung weiterer technischer Anlagen 142 C. Die Zweckmäßigkeit der Enumeration durch Gesetz 143 I. Die Notwendigkeit von Spezialregelungen f ü r das technische Sicherheitsrecht 143 I I . Die Unzweckmäßigkeit einer gesetzlichen Festlegung des A n lagenkatalogs 143 §11: Der sachliche Geltungsbereich

des technischen Sicherheitsrechts

145

A . Die Auslegung des § 24 I I GewO nach dem W o r t l a u t

145

B. Die Auslegung des § 24 I I GewO aus der Entstehungsgeschichte

146

C. Die Abhängigkeit der Begriffsbildung i n § 24 I I GewO von den Begriffen des Kompetenzkataloges des Grundgesetzes i n A r t . 74 Ziff. 11 u n d 12 147 I. Der Begriff des „wirtschaftlichen Unternehmens" 149 I I . Die Begrenzung nach dem Arbeitsschutzzweck 150 I I I . Die durch § 24 I I nicht erfaßten überwachungsbedürftigen A n lagen 150 D. Die allgemeinen Bereichsausnahmen i m technischen Sicherheitsrecht 151 2. T e i 1: Das Überwachungsverhältnis § 12: Das Überwachungsverhältnis

im allgemeinen

153

A. Die Parteien des Überwachungsverhältnisses: die überwachenden Stellen 153 I. Die staatlichen Überwachungsbehörden 153 I I . Die technischen Überwachungsorganisationen, insbesondere die Technischen Überwachungsvereine 154 B. Die durch die Überwachung betroffenen Personen. Die sachbezogene A n k n ü p f u n g der Adressierung 155 I. Die dingliche Adressierung der Rechtssätze 155

Inhaltsverzeichnis I I . Die dingliche Adressierung der Errichtungs- u n d erlaubnisse I I I . Die persönliche Adressierung der Einzelverfügungen

Betriebs-

156 156

I V . Das besondere unmittelbare (dingliche) Überwachungsverhältnis der Aufsichtsbehörden zu den gefährlichen Anlagen 156 C. Der I n h a l t des Überwachungsverhältnisses I. Die einzelnen Überwachungsmaßnahmen

157 157

I I . Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage. K e i n umfassendes allgemeines Überwachungsverhältnis 158 I I I . Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr 159

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

160

A . Die erlaubnispilichtigen Anlagen u n d die Anknüpfungspunkte f ü r die Erlaubniserteilung I. Die Beschränkung der Erlaubnispflicht auf abstrakt gefährliche Anlagen I I . Die Erlaubnispflicht f ü r die „Errichtung" u n d den „Betrieb" der überwachungsbedürftigen Anlagen a) Errichtung u n d Betrieb als zeitlich aufeinander folgende Anknüpfungspunkte b) Errichtung u n d Betrieb als sachlich sich entsprechende E r laubnisgegenstände I I I . Die Erlaubnispflicht des Herstellers I V . Die „Wiedererrichtung" u n d die erneute Inbetriebnahme V. Die Erlaubnispflicht bei „wesentlichen" Änderungen

160 160 162 162 162 164 164 165

B. Die Voraussetzungen der Erlaubniserteilung

166

C. Der Rechtsanspruch auf Erlaubniserteilung I. Die Auslegung der Erlaubnis Vorschriften I I . Abweichende Ansichten

167 167 168

D. Die Zulässigkeit von Auflagen I. Die Auslegung des § 24 I 2 GewO I I . Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Ermächtigung für lagen i m allgemeinen a) Auflagen bei freien Erlaubnissen b) Auflagen bei gebundenen Erlaubnissen

169 169 Auf-

169 170 170

I I I . Der Vergleich zur Zulässigkeit selbständiger polizeilicher V e r fügungen 172 I V . Schranken f ü r die Zulässigkeit von Auflagen

172

E. Die Möglichkeit von Dispensen

173

F. Die Geltungskraft der Erlaubnis I. Die Rechtsnatur der sogenannten dinglichen Erlaubnis a) Die Annahme einer Übertragung der aus der Erlaubnis gewonnenen Rechte b) Die Annahme einer an die Sache geknüpften Berechtigung . .

173 175 175 176

XVI

Inhaltsverzeichnis c) Die Erlaubniserteilung an persona certa u n d incerta d) Die adressatlose Erlaubniserteilung e) Die Untersuchung der Hechtsnatur an H a n d der Abgrenzungskriterien von Verwaltungsakt u n d N o r m 1. Die Abgrenzungskriterien 2. Die dingliche Erlaubnis als konkret-genereller Hoheitsakt aa) Die Regelung eines Einzelfalles bb) Die Betroffenheit einer Vielheit von Personen 3. Die Einordnung konkret-genereller A k t e als Verwaltungsakte aa) Einzelfallregelung bb) Personenmehrheit als Einheit cc) Allgemeine Erwägungen I I . Die Geltung der Erlaubnis für alle dinglich Betroffenen a) Die Bestimmung nach zivilrechtlichen Grundsätzen b) Die Bestimmung nach den Grundsätzen über die polizeiliche Verantwortlichkeit

176 176 177 177 178 178 178 179 179 179 179 180 180 180

I I I . Die dingliche Adressierung der m i t der Erlaubnis verbundenen Auflagen 181 § 14: Besondere

Eingriffsbefugnisse

der Aufsichtsbehörden

182

A. Die Aufsicht über die Einhaltung der technischen Vorschriften (§ 24 d, § 24 a I I GewO) 182 I. Die Bedeutung des § 139 b GewO für die Gewerbeaufsichtsämter a) § 139 b I 2 als Generalermächtigung der Gewerbeaufsicht zu Verfügungen auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes 1. Die Zuständigkeit der Gewerbeaufsicht auf G r u n d einer Vielzahl von Spezialgesetzen 2. Die Verfügungsbefugnis der Gewerbeaufsicht auf G r u n d spezieller Eingriffsermächtigungen 3. Die Auslegung des § 139 b nach seinem Wortlaut 4. Die historische E n t w i c k l u n g des § 139 b 5. Der Zweck des § 139 b b) § 139 b I 2 als Verfügungsbefugnis zur Durchsetzung der einzelnen Arbeitsschutz Vorschriften c) § 139 b I 2 als Ermächtigung zum Gebrauch von polizeilichen Zwangsmitteln

183 184 184 185 185 186 187 189 189

I I . Die Zwangsbefugnisse der Gewerbeaufsichtsämter 190 a) Die Einstellungsanordnung nach § 24 a I u n d I I 190 1. Das Verhältnis zu anderen Zwangsbefugnissen 191 2. Die B i n d u n g eines besonders schwerwiegenden Eingriffs an besondere Voraussetzungen 191 b) Der Umfang der Zwangsbefugnisse i m übrigen 192 I I I . § 139 b als bundesgesetzliche polizeiliche Ermächtigung B. Die Befugnis zu selbständigen, konkrete Gefahren abwehrenden Sicherheitsmaßnahmen I. Die Rechtsgrundlage i n den Durchführungsverordnungen I I . Die gesetzliche Ermächtigung i n § 24 I 3 I I I . Die Grenzen der Verfügungsbefugnis

193 193 194 194 195

Inhaltsverzeichnis C. Die Befugnis zu nachträglichen selbständigen Anordnungen zur Gefahrenabwehr 195 I. Die Rechtsgrundlage 196 a) Die Abgrenzung zu § 25 I I I GewO 196 b) Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit nachträglicher A n ordnungen 199 I I . Der Bestandsschutz für i n Betrieb genommene Anlagen a) Die Berufung auf die grundrechtliche Eigentumsgarantie . . . b) Die Abgrenzung zur gewerberechtlichen Bestandsgarantie des § 51 GewO 1. Die Anwendbarkeit des § 51 auf nichterlaubnispflichtige Anlagen 2. Der Begriff der Untersagung i n § 51 3. Die Gleichstellung eigentumsbeschränkender A n o r d n u n gen m i t der Untersagung des § 5 1 aa) Unmöglich ausführbare Anordnungen bb) Wirtschaftlich nicht mehr vertretbare Anforderungen cc) Vorläufige Betriebseinstellungen

200 200 201 201 202 203 203 204 206

c) Die Abgrenzung zur gewerberechtlichen Bestandsgarantie des § 25 I 1 GewO 206 1. Die bisherige Auslegung des § 25 I 1: Unzulässigkeit nachträglicher Auflagen 206 2. Derogation des § 25 I 1 durch § 25 I I I u n d § 24 I 3 m i t Durchführungsverordnungen 208 D. Die Befugnis zu nachträglichen abhängigen Anordnungen zur Durchsetzung geänderter technischer Verordnungen 209

§15: Die Typengenehmigung A. Die Regelung der technischen Verordnungen I. Die einheitliche Ausgestaltung des ZulassungsVerfahrens

211 211 211

I I . Die verschiedenen Rechts Wirkungen der Typengenehmigung . . 212 a) b) c) d)

Ersatz der Betriebserlaubnis Wegfall der Abnahmeprüfung Verwendungsverbot ohne Typengenehmigung Die Typengenehmigung f ü r einzelne Bauteile einer A n l a g e . .

I I I . Die sachliche Problematik B. Die Rechtsnatur der Typengenehmigung I. Die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts

212 212 212 212 213 214 215

a) Rechtswirkungen der Typengenehmigung n u r i m Verhältnis zu den zukünftigen Betreibern 215 b) Die Typengenehmigung als Verwaltungsakt 216 I I . Die Typengenehmigung als Bescheinigung der Ungefährlichkeit für den Hersteller 217 a) Der I n h a l t und die Rechts Wirkungen der Typengenehmigung 217

Inhaltsverzeichnis

XVIII

1. K r i t i k der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts

218

aa) Mangelnde Bestimmtheit u n d mangelnde B e k a n n t machung gegenüber den Betreibern 218 bb) Mangelnde Berücksichtigung der Stellung des Herstellers 219 2. Bestimmung des Inhalts der Typengenehmigung an H a n d der allgemeinen K r i t e r i e n f ü r die Feststellung der Rechtsnatur eines Hoheitsaktes aa) Zweck u n d F u n k t i o n des Hoheitsaktes bb) Verfahrensmäßige Ausgestaltung cc) Das Verhältnis von Typengenehmigung u n d Einzelerlaubnis b) Die Typengenehmigung als Verwaltungsakt C. Die einzelnen A r t e n der Typengenehmigung I. Der Wegfall der Abnahmeprüfung I I . Verwendungsverbot ohne Typengenehmigung D. Die nähere Ausgestaltung des Typengenehmigungsverfahrens I. Die gesetzliche Grundlage

220 220 223 224 225 227 227 227 228 228

I I . Die Einzelheiten des Verfahrens 229 a) Die Voraussetzungen der Zulassung u n d der Rechtsanspruch auf die Zulassung 229 b) Die Widerruflichkeit der Zulassung 230 I I I . Die Zuständigkeit der Länder zur Erteilung von Typengenehmigungen a) Die Wirksamkeit v o n Verwaltungsakten der Länder i m gesamten Bundesgebiet b) Die bundesweite Wirksamkeit der Typengenehmigung f ü r überwachungsbedürftige Anlagen c) Die Beteiligung von Sachverständigengremien auf Bundesebene

231 231 233 234

Zusammenfassung

235

Literaturverzeichnis

237

Sachverzeichnis

251

Abkürzungen a.A. a.a.O. a.E. A n m . (A.) AöR ArbSch Art. AS AtomG AufzVO

Aufl. AZO BAG BAnz. BArbBl BayObLG BayVBl BayVerfG BB BBahnG Bd. Begr. BGB BGBl BGH BKartA BMA BMin. BOStrab BRat BRatsDrucks BReg BSG BTag BTagsDrucks BVerfG BVerwG DampfkesselVO DAR

anderer Ansicht am angegebenen Ort am Ende Anmerkung A r c h i v des öffentlichen Rechts Arbeitsschutz, Fachteil des Bundesarbeitsblattes Artikel Amtliche Sammlung Atomgesetz v. 23.12.1959 B G B l I S. 814 Verordnung über die Errichtung u n d den Betrieb von Aufzugsanlagen v. 28.10.1961 B G B l I S. 1763, i n der Fassung der 1. Verordnung zur Änderung der Aufzugs Verordnung v. 20. 6. 1967, B G B l I S. 605 Auflage Arbeitszeitordnung v. 30. 4.1938 R G B l I S. 447 Bundesarbeitsgericht Bundesanzeiger Bundesarbeitsblatt Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Bayerischer Verfassungsgerichtshof Der Betriebsberater Bundesbahngesetz v. 13. 12. 1951 B G B l I S. 955 Band Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundeskartellamt Bundesministerium f ü r A r b e i t Bundesminister Verordnung über den Bau u n d Betrieb der Straßenbahnen v. 31. 8. 1965 B G B l I S. 1513 Bundesrat Drucksachen des Deutschen Bundesrates Bundesregierung Bundessozialgericht Bundestag Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Bundesverwaltungsgericht Verordnung über die Errichtung u n d den Betrieb von Dampfkesselanlagen v. 8. 9. 1965 B G B l I S. 1300 Deutsches Autorecht

XX

Abkürzungen

Handbuch der Theorie u n d Praxis der Grundrechte. H e r ausgegeben von Franz Neumann, K a r l August Bettermann, Hans Carl Nipperdey u n d Ulrich Scheuner, 1956—1962 Die V e r w a l t u n g Schriftenfolge zur staatswissenschaftlichen Fortbildung der Beamten u n d Behördenangestellten, begründet von Friedrich Giese Deutsche Industrienormen DIN Deutsche Richterzeitung DRiZ Dissertation (jur.) Diss. Deutscher Normen Ausschuß DNA Deutsches Verwaltungsblatt DVB1 Durchführungsverordnung DVO Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung v. 17. 7.1928 R G B l I I EBO S. 541 Erlaß Erl. eventuell evtl. Frankfurter Allgemeine Zeitung F.A.Z. Goltdammer's A r c h i v für Strafrecht GA Getränkeschank- Verordnung über Getränkeschankanlagen v. 14. 8. 1962 B G B l I S. 561, ber. S. 660 anlagenVO Gewerbearchiv GewArch Gewerbeordnung GewO Grundgesetz f ü r die Bundesrepublik Deutschland GG Preußische Gesetzsammlung GS Güterkraftverkehrsgesetz v. 17.10.1952 B G B l I S. 697 GüKG Gesetz- u n d Verordnungsblatt GVB1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, i n der Fassung GWB v. 3.1.1966 B G B l I S. 37 Reichshaftpflichtgesetz v. 7. 6. 1871 HaftpflG HGB Handelsgesetzbuch Jugendarbeitsschutzgesetz v. 9. 8. 1960 JArbSchG B G B l I S. 665 Juristische Rundschau JR Juristische Schulung JuS Juristische Wochenschrift JW JZ Juristenzeitung KG Kammergericht LM Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, herausgegeben von Lindenmaier, M ö h r i n g u. a. Luftverkehrsgesetz, i n der Fassung v o m 22.10.1965 B G B l I LuftVG S. 1730 LVG Landesverwaltungsgericht MDR Monatsschrift für Deutsches Recht MinBl Ministerialblatt Mutterschutzgesetz v. 24.1.1952 B G B l I 69 MSchG N.F. Neue Folge Neue Juristische Wochenschrift NJW OGH Oberster Gerichtshof f ü r die britische Zone Ordnung O OLG Oberlandesgericht OVG Oberverwaltungsgericht PBefG Personenbeförderungsgesetz v. 21. 3. 1961 B G B l I S. 241

Die Grundrechte

Abkürzungen

XXI

Pr. preußisch PrPVG Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz v. 1. 6. 1931 PrVBl Preußisches Verwaltungsblatt RdA Recht der Arbeit Recht-StaatSchriftenreihe für staatswissenschaftliche F o r t b i l d u n g Wirtschaft Reger Entscheidungen der Gerichte und Verwaltungsbehörden aus dem Rechtsgebiete der inneren V e r w a l t u n g RG Reichsgericht RGBl Reichsgesetzblatt RV Reichsverfassung v. 16. 4.1871 RVB1 Reichsverwaltungsblatt RVO Reichsversicherungsordnung s.a. siehe auch Staat Der Staat, Zeitschrift für Staatslehre, öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte SSVO Strahlenschutzverordnung 1. SSVO v. 15. 10. 1965 B G B l I S. 1654 2. SSVO v. 28. 7. 1964 B G B l I S. 500 StGB Strafgesetzbuch StVG Straßenverkehrsgesetz v. 19. 12. 1952 B G B l I S. 837 StVZO Straßenverkehrszulassungsordnung v. 6. 12. 60 B G B l I S. 898 techn. technisch TÜV Technischer Uberwachungsverein VbF Verordnung über die Errichtung u n d den Betrieb von A n lagen zur Lagerung, A b f ü l l u n g u n d Beförderung brennbarer Flüssigkeiten zu L a n d v. 18. 2.1960 B G B l I S. 83 VDE Verband Deutscher Elektrotechniker VDI Verein Deutscher Ingenieure VerwArch Verwaltungsarchiv VerwRspr Verwaltungsrechtsprechung i n Deutschland VG Verwaltungsgericht VGH Verwaltungsgerichtshof vgl. vergleiche Vorb. Vorbemerkung VO Verordnung VO elektr. Verordnung über elektrische Anlagen i n explosionsgefährAnlagen deten Räumen v. 15. 8.1963 B G B l I S. 697, i n der Fassung der 1. Änderungsverordnung v. 25. 8.1965 B G B l I S. 1029 VVDStRL Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer WRV Weimarer Verfassung v. 11. 8. 1919 WuW Wirtschaft u n d Wettbewerb Ziff. Ziffer

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit A. I. Die Technik gibt unserer Zeit, dem „technischen Zeitalter", ihr charakteristisches Gepräge. Sie bringt neue Lebensformen und Verhaltensweisen m i t sich. Sie ermöglicht einen allgemeinen Wohlstand und erleichterte Lebensbedingungen. Sie schafft eine künstliche stählerne und gläserne Welt, deren Schönheit der alten nicht nachzustehen braucht. Es soll untersucht werden, ob auch das Recht und die rechtliche Ordnung von der Technik berührt werden. a) I n der Tat haben die Leistungen der Technik als der angewandten, auf die Verwirklichung praktischer Ziele gerichteten Naturwissenschaft auch i m Bereich des öffentlichen und staatlichen Lebens — u m das es hier insbesondere gehen soll — vielfältige Verwendung gefunden. Sie haben neue Funktionen und neue Organisationsformen des Staates notwendig gemacht und die alten modifiziert; neue Rechtsfragen sind durch den technischen Fortschritt aufgeworfen worden. 1. So sind wesentlich als Folge der technischen Entwicklung und der mit ihr verbundenen Industrialisierung der staatlichen Verwaltung neue, umfangreiche Aufgaben, nämlich die von Forsthoff beschriebene Daseinsvorsorge zugewachsen1. Hier erbringt die Verwaltung m i t den Mitteln der Technik Leistungen, u m gewissen durch die technische Entwicklung selbst herbeigeführten Notwendigkeiten und nunmehr als lebenswichtig empfundenen Bedürfnissen gerecht zu werden. Durch die Übernahme der Versorgungsaufgaben, etwa der Wasser- und Energieversorgung und der Bereitstellung der Verkehrsmittel, t r i t t neben die traditionelle Aufgabe des Staates zur Wahrung der Ordnung seine nicht minder wichtige Stellung als Garant der Lebensbedingungen. Neue Formen der Organisation der staatlichen Verwaltung und die Herausbildung neuer Rechtsgrundsätze für die Daseinsvorsorgeverwaltung sind Auswirkungen der technischen Entwicklung der letzten Jahrzehnte. 2. Die Wirkungen der Technik sind jedoch nicht auf die Modifizierung der Aufgaben und des Aufbaus der klassischen Verwaltung beschränkt geblieben. Die M i t t e l der Technik haben auch entscheidenden Einfluß auf die Ausübung der Macht und die Gestaltung des politischen 1 Forsthoff, Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 44; Technisch bedingte Strukturwandlungen, S. 213; Lehrbuch, S. 72 f., 491, 524.

1 Plischka

2

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

Willensbildungsprozesses gewonnen 2 . Nachrichten- und Propagandatechnik haben die Macht der Regierenden verstärkt, gleichzeitig aber auch ihre Abhängigkeit von den Regierten vergrößert. Wieder ist es die Technik m i t ihren Möglichkeiten, die Veränderungen i m überkommenen Verfassungsleben bedingt und besondere Organisationsformen voraussetzt. 3. Neben diesen i m innerstaatlichen Bereich auf Regierungs- und Verwaltungsebene eingetretenen, letztlich durch die technische Entwicklung bedingten Veränderungen der rechtlichen Ordnung, sind auch i m internationalen Bereich die Folgen der Technik offenkundig. Neue Waffen verändern die Bedingungen der Kriegführung und sogar die Möglichkeit größerer Kriege überhaupt. Die Entwicklung der Technik und Forschung eines Landes w i r d zum Gradmesser seiner außenpolitischen Macht. Andererseits hat die Technik Aufgaben für die internationale Zusammenarbeit geschaffen, die über die Möglichkeiten des überkommenen Staatensystems hinausgehen und zu neuen Institutionen des zwischenstaatlichen Lebens führen. Erwähnt seien etwa die gemeinsamen technischen Entwicklungsvorhaben europäischer Staaten (EURATOM, Luftfahrtprojekte) und die Koordination ihrer Verkehrsverwaltungen. 4. Schließlich geben die Leistungen der Technik überall die Möglichkeit einer erleichterten und rationelleren Verwaltungsführung. Technische M i t t e l erlauben erst die ausreichende Effektivität der öffentlichen Verwaltung, die nötig ist, u m auch den traditionellen Aufgaben unter den heutigen Bedingungen gerecht werden zu können. Auch hier ergeben sich durch die Anwendung der von der Technik bereitgestellten M i t t e l i n der Folge rechtliche Probleme; es sei an das Problem der Verkehrszeichen oder generell an die „Verwaltung durch Maschinen" erinnert 3 . b) 1. Gegenstand auch dieser Arbeit sind die Besonderheiten des Verhältnisses von Technik und Recht. Jedoch soll die Technik nicht unter dem Gesichtspunkt der weiteren Auswirkungen und Konsequenzen für die rechtliche Ordnung i m politischen Leben und i n der Verwaltung behandelt werden; vielmehr steht die rechtliche Ordnung der Technik selbst unmittelbar zur Diskussion. Der Schutz vor den Gefahren technischer Anlagen und Apparate rückt heute immer mehr i n das Interesse der Öffentlichkeit. Die Zahl der Unfälle, die durch das Versagen technischer Einrichtungen verursacht werden, steht an Bedeutung den Unglücksfällen nicht nach, die die Natur selbst seit je m i t sich 2 3

Forsthoff , Technisch bedingte Strukturwandlungen, S. 214—220.

Zeidler, Über die Technisierung der V e r w a l t u n g ; Bull , V e r w a l t u n g durch Maschinen; Werner , Tendenzen S. 22.

Einleitung: Gegenstand u n d Methode der Arbeit

bringt. Die Schattenseiten der i m übrigen so faszinierenden Technik werden angesichts der Unfallziffern erschreckend deutlich. Nicht an eine kulturkritische Stellungnahme zu den Erfolgen der Technik ist gedacht, etwa i n dem Sinne, daß deren Leistungen angeblich „Gefahren" für den gewohnten und als gut und richtig empfundenen Lebensstil heraufbeschwören. Gegenstand der Arbeit sind vielmehr diejenigen Gefahren, die aus der noch — oder notwendig — unvollkommenen technischen Beherrschung der Kräfte der Natur und aus der Verwertung technischer Erfolge allein gemäß technischem Zweckdenken und unter vorwiegend wirtschaftlichen, den Gewinn einzelner mehrenden Gesichtspunkten herrühren 4 . Die technische Zivilisation, die als konstruierte künstliche Welt Sicherheit vor den Fährnissen der Natur geben soll, w i r d selbst zur Gefahr für die Sicherheit der Menschen, wenn sie ihrer Kontrolle entgleitet. 2. Die unterschiedlichsten A r t e n technischer Anlagen und Apparate bedürfen wegen ihrer potentiellen Gefährlichkeit einer sicherheitstechnischen Überwachung, angefangen von den Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Eisenbahnen zu den Energie- und Atomanlagen, zu den baulichen Anlagen und allen technischen Produktionsmitteln. Die Bewältigung dieser technischen Gefahren fällt grundsätzlich i n den Bereich polizeilicher Gefahrenabwehr i m überlieferten Sinne 5 , zeigt aber charakteristische Besonderheiten der Ausgestaltung i m einzelnen, die es rechtfertigen können, von einem eigenen technischen Sicherheitsrecht zu sprechen. Das Polizeirecht als die klassische Disziplin des Verwaltungsrechts zeigt sich elastisch genug, auch die Sicherheitsprobleme der modernen technischen Zivilisation und ihrer Apparate und Maschinen rechtlich zu bewältigen. 3. Moderne Verwaltung gibt es m i t h i n nicht nur als Wirtschaftsintervention, Planung und Daseinsvorsorge. Vielmehr ist auch auf dem ureigenen Gebiet der Verwaltung, der Gefahrenabwehr, eine Weiterentwicklung ihrer Organisations- und Handlungsformen zu beobachten. Die sich m i t der Erzeugung technischer Produkte befassende Industrie, die bisher weitgehend — i m Gegensatz zu mittelständischem Handwerk und Kleingewerbe — von besonderer staatlicher Regelung und Einflußnahme freigestellt war 6 , findet i n den technischen Sicherheitsnormen i n zunehmendem Maße eine Grenze ihrer Betätigung, öffentlichrechtliche Beziehungen des Staates zur Industrie, ein öffentlichrechtliches „Wirtschaftsrecht" gibt es i n Ansehung der Industrie weitgehend nur 4 Oftinger, Konfrontation, S. 250,255,262ff.; Werner, Tendenzen, S. 19; B u n desarbeitsminister Blank, ArbSch 1959 S. 220, 222. 5 Huber, Recht i m technischen Zeitalter, S. 16; Drews - Wacke, S. 20. • Heinrich, DVB1. 1967 S. 427 u n d A n m . 19; Vgl. Rother, GewArch 1962 S. 145, 146.

l*

4

Einleitung: Gegenstand u n d Methode der Arbeit

als technisches Sicherheitsrecht. Die Tätigkeit der Industrie und W i r t schaft w i r d durch die Kontrollierung der Technik auf einem Gebiete vom Staate reguliert, das für die wirtschaftliche Entwicklung der entscheidende Motor ist. I I . Die Darstellung des technischen Sicherheitsrechts bringt die Schwierigkeit m i t sich, daß dieses Rechtsgebiet nicht i n seiner Gesamtheit übersichtlich i n einer Kodifikation zusammengefaßt ist, sondern sich i n einer Fülle von Spezialgesetzen und technischen Verordnungen für die einzelnen gefährlichen technischen Einrichtungen allmählich entwickelt hat — und zwar entsprechend den praktischen Bedürfnissen und der fortschreitenden technischen Entwicklung. Die modernste größere Regelung technischer Sicherheitsfragen ist das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen des § 24 GewO. Die strukturellen Eigenheiten technischer Sicherheitsvorschriften werden hier besonders deutlich, zumal die Regelung nicht auf bestimmte einzelne technische A n lagen beschränkt und damit einseitig gefärbt ist, sondern der Katalog des § 24 I I I GewO die unterschiedlichsten Anlagetypen enthält und späteren Erweiterungen offen steht. § 24 könnte i m Laufe der Zeit für einen Großteil der technischen gefährlichen Einrichtungen zur sedes materiae ihres Sicherheitsrechts werden, wie auch schon bisher der Katalog langsam und stetig gewachsen ist. Das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen ist weiter unverkennbares Vorbild anderer Spezialregelungen geworden, so etwa des technischen Sicherheitsrechts i m Atomgesetz oder i m Gesetz zum Schutz gegen Baulärm. Es soll ferner i n seinem Rahmen Vorbild aufeinander abgestimmter europäischer Lösungen der Mitgliedstaaten der EWG werden 7 . Die beispielhafte Rolle des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen, seine Aktualität und die Klarheit und Deutlichkeit m i t der hier die strukturellen Eigenheiten eines technischen Sicherheitsrechts vom Gesetz- und Verordnungsgeber erkannt und gelöst wurden, rechtfertigen es, hieran die Eigenheiten des technischen Sicherheitsrechts zu demonstrieren. Eine erneute Behandlung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen, die schon der Referentenkommentar von v. Busch-Trabandt 1955 und i n weitgehender Anlehnung an ihn die gewerberechtlichen Kommentare von Landmann-Rohmer (Bearbeitung: Heigl) und Fuhr unternommen haben, mag gerechtfertigt sein, w e i l erst jetzt — dreizehn Jahre nach dem Erlaß des Gesetzes von 1953 zur Änderung des § 24 GewO — das Vorschriftenwerk durch den Erlaß eines Großteils der Durchführungsverordnungen vollendet und i n seinen Eigenheiten 7 Vgl. Bericht über die E n t w i c k l u n g der sozialen Lage i n der Gemeinschaft i m Jahre 1963 der EWG-Kommission, S. 226, 227 Ziff. 331; vgl. auch Entschließung des Europäischen Parlaments v o m 1. 2. 67 über die Probleme der U n fallverhütung i n der Gemeinschaft, abgedruckt i m ArbSch 1967, S. 88.

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

durchschaubar geworden ist 8 . Das Rechtsgebiet gilt als spröde, unübersichtlich und verwickelt 9 . Eine sytematische Behandlung der wesentlichen Rechtsinstitute und Rechtsprobleme kann gegenüber einer Kommentierung m i t lose aneinandergereihten Anmerkungen Licht i n das für den Juristen ungewohnte technische Sicherheitsrecht bringen, insbesondere dann, wenn zum Verständnis der besonderen Rechtsinstitute und Rechtsfragen stetig die zugrundeliegende sachliche Problematik herangezogen wird. B. Die Methode der Untersuchung des Sicherheitsrechts der überwachungsbedürftigen Anlagen ergibt sich einmal aus der Abhängigkeit der Fragestellungen dieser spezialpolizeilichen Regelung von den Problemstellungen des allgemeinen Polizeirechts. Über diese Ausgangsposition hinaus aber folgt sie zum anderen aus den Besonderheiten der zu regelnden Materie selbst, die zum Teil modifizierte Fragestellungen bedingt, besondere charakteristische Lösungen fördert und teilweise auch eigene Rechtsinstitute hervorgebracht hat. I. a) Die Problemstellungen des herkömmlichen Polizeirechts betreffend die allgemeinen Schranken polizeilichen Eingreifens sollen zum Ausgangspunkt der Darstellung gemacht werden. Nicht auf die Beschreibung der technischen Einzelheiten zur Abwehr technischer Gefahren kommt es für das Recht an, sondern auf die Festlegung der allgemeinen Grenze polizeilichen Handelns und der rechtsstaatlichen Sicherungen sowie auf die Bestimmung der Rechtspflichten der betroffenen Bürger. Das Problem der Begrenzung auf die Gefahrenabwehr, das Problem der Haftung gerade des unmittelbaren Störers, die Möglichkeiten polizeilicher Einzelmaßnahmen und staatlicher Genehmigungspflichten bewegen das technische Sicherheitsrecht wie das allgemeine Polizeirecht. b) Neben die allgemeinen Fragestellungen jeden gefahrenabwehrenden Polizeirechts treten die aus der Verfassung sich ergebenden Schranken eines technischen Sicherheitsrechts. Zu behandeln ist die Frage der Bundeskompetenz i n Abgrenzung zur allgemeinen Polizeikompetenz der Länder, die Befugnis der Exekutive zur Verordnungssetzung i n Abgrenzung zu den Vorbehalten der gesetzgebenden Gewalt, schließlich der Schutz der betroffenen Bürger i n ihren Grundrechten der Eigentums- und Berufsfreiheit gegenüber staatlichen Eingriffen überhaupt.

8 Beginnend 1960 m i t der Verordnung über brennbare Flüssigkeiten. I n Vorbereitung befindet sich noch die Druckgasverordnung u n d die Azetylenverordnung. 9 Landmann - Rohmer, Vorb. § 24 A n m . 8; Herschel, ArbSch 1956 S. 263; B A r B l . 1955 S. 1030, 1032; Arning, ArbSch 1959 S. 258.

6

Einleitung: Gegenstand u n d Methode der Arbeit

II. a) Die Besonderheiten des technischen Sicherheitsrechts sind bedingt durch die Eigenheiten der technischen Regelungsmaterie 10 . Sie zeigen sich i n modifizierten Problemstellungen, eigenen charakteristischen Lösungen allgemeiner polizeilicher Probleme und der Herausbildung besonderer Rechtsinstitute des technischen Sicherheitsrechts. Diese sind Niederschlag und Ausdruck der spezifischen sachlichen Problematik und der konstanten soziologischen Fakten. Die tatsächlichen besonderen Bedingungen müssen deshalb ebenso wie die allgemein geltenden Fragestellungen an die Spitze jeder Einzeluntersuchung gestellt werden. b) Die Besonderheiten der technischen Regelungsobjekte sind der grundlegende gemeinsame verbindende Nenner des gesamten technischen Sicherheitsrechts, das dieses von den überkommenen Lösungen des Polizeirechts abhebt und erst erlaubt, es i n seiner Eigenart zu erkennen. Die Gleichheit der sachlichen Problematik und die Gleichheit des Sicherheitszweckes ermöglichen bei der Verwandtschaft aller Gebiete des technischen Sicherheitsrechts auf dem Boden des Polizeirechts die vergleichende Heranziehung bisher verstreut i n den einzelnen Materien gefundener Erkenntnisse und damit eine breitere Beurteilungsgrundlage. Umgekehrt können die zu § 24 GewO gefundenen Ergebnisse selbst wiederum unter Berücksichtigung der sachlich gebotenen Differenzierungen 11 für die verwandten Materien des technischen Sicherheitsrechts verwertet werden. Fragen, die bei gleichartigen Sachverhalten i n gleicher Weise auftauchen, lassen auch i m wesentlichen gleiche rechtliche Lösungen vermuten 1 2 . Eine Übersicht über die verstreuten technischen Sicherheitsvorschriften, die allerdings nur eine knappe Auswahl bieten kann, und über die i n diesen Vorschriften immer wieder auftauchenden Rechtsfragen mag den umfassenden Zusammenhang deutlich machen:

10 Vgl. Scupin, Handbuch, S. 607, 611; Wolff, Bd. I I I S. 19, 43; Forsthoff , Lehrbuch, S. 72; Begründung der Bundesregierung zur Novelle zu § 24 BTagsDruck Nr. 4170 S. 9. 11 So gilt etwa f ü r den Schutz der Öffentlichkeit v o r dauernden schädlichen Einwirkungen, die ständige Reibungen m i t sich bringen u n d deshalb auf die Dauer nicht erträglich scheinen, nicht die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr i m engeren Sinn, sondern auch der Schutz vor Belästigungen w i r d als staatliche Aufgabe angesehen (§ 1 StVO, § 16 GewO). So gilt etwa f ü r Gefahren, die an der Stelle ihrer eigentlichen A u s w i r k u n g schwer kontrolliert werden können (z. B. Arzneimittel, technische Werkzeuge), nicht die allgemeine Freiheit des Herstellers von sicherheitspolizeilichen Bindungen, sondern schon er w i r d an Stelle der Händler u n d Letztverbraucher polizeilich gebunden. 12

Vgl. beispielsweise B V e r f G v. 15. 3. 60, Bd. 11 S. 6 ff., 16.

Regeln der

§§ 14-16 VbF

§ 3;

§3

I

vgl.

§ 3

I

Änderungs VO

Art. 1 Ziff.

?5aBGBlTsVi?oo' 8' 9'

rungsVO v.' 25.8.65, BGBl I S. 1029

BGBTl^'l-Lde-

VO über elektr. Anlagen in explosionsgefährdeten

GetränkeschankanlagenVO v. 14. 8. 62, BGBl I S. 561, ber. 660; Techn.VO Getränkeschankanlagen v. 15. 3. 66, BAnz. Nr. 56 S. 1—3, ber. Nr. 66 § 3

§ n

§§

4,5

§ 13

§ll

vgl. § 14 VO Aufz.

VbF

Art. 1 Ziff. 3

§ 14;

§ 24c GewO

§20 VO Aufz.

§~25

Änderungs VO

§17

§§12,14,28

§ 8

Überwachungsorganisationen

§ 23 VbF vgl. § 17

Technische J " Ausschusse

§13 VO Aufz.

§§ 6, 7 TVbF

§§15-21 |

§ 10

AufzugsVO v. 28. 9. 61, „ . R« BGBl I S. 1763; Techn! § 2 VO Aufz.; vgl § 2 VO Aufz. v. 6. 10.65, VO Aufz.; §§4—10 BGBl I. S. 1576; 1. An- § 2 Techn. VO vgl. § 2 VO Aufz. derungsVO v. 20. 6. 67, Techn VO U BGB1I. S. 605

§ 6 VbF; § 6 VbF §§ 2,9 TVbF

Technik"

und

Technisches _ , von Herstellern ÜberwachungsBetreibern Verhältnis Genehmigung

Sicherheits-

Polizeipflicht

VO über brennbare Flüssigkeiten v. 18. 2. 60, Y^i l Änderung^O v. 7. 9! 65, BGBl I 1271

Technische Sicherheitsvorschriften

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

Regen der

Technik"

AiiT^»uf n Polizeipflicht Technisches _ . . von Herstellern Überwachungs- „ ^P^' Technische 8 «nd Betreibern Verhältnis Genehmigung Ausschusse

Sicherheits-

anf

.

Technische

überS^gs.

Gesetz

$ j

* 3 11

8

§§ 2,3 II § 2

Gesetz über gesundheitsschädl. od. feuergefährliche Arbeitsstoffe v. 25. 3. 39, RGBl I 581

v. 11. 6. 57, BGBl 1 604

Sicherheitsfilm

Gesetz zum Schutz gegen Baulärm v. 9.9.65, BGBl I 1214

~

53

§21

§§ 2



~T —

5

§6

§8

~~ §4IV § 4 1

§31





~

§§ 7, 11 12, §§1113, 17, 19 AtomG; 17, AtomG; — 33,44 1. SSVO 14—19, 55 1. SSVO; 8—13 2. SSVO

§§ 3 I, 6

§1

~

§ 121 1 AtomG; § 21 1. Strahlenschutz VO v. 15. 10. 65, BGBl. I 1654

Röntgen VO v. 7. 2. 41, RGBl 188

Atom-Gesetz v. 23. 12. 59, BGBl I 814



*





Straßenverkehrszulas§§ 11/2, €1/3 vgl. §§ 18, 22a §§ 1, 6 I 3a) §§ 6I/3b StVG; , 7f LJ§ l1}^ sungsordnung v. 6.12. 60, StVG; Abs. II, StVG, §§ 16, 18, §§ 20, 22, 22a; 11 f. KraftfahrBGB11S. 898 § 30 StVZO, § 30 StVZO 29 StVZO § 7014 StVZO — sachverstandivgl. § 35h u. Fahrzeug1L 56 StVZO teile VO >BGBL1 —— — — S . 855 VO über den Bau und § 57 PBefG v. §§ 5, 6, 8 §§ 5, 9 Betrieb der Straßen21. 3. 61; bahnen v. 31.8.65, § 2 BOStrab. — — BGBl I S. 1513

Technische SicherheitsVorschriften

8 Einleitung: Gegenstand u n d Methode der Arbeit

Technik"

61/66

*

'

§ 4 G. über die

_

§ 7





Bundes auf dem Gebiete der Seeschiff— fahrt v. 12. 11. 50, BGBl I S. 767; § 6 I SchSVO; § 1 VO v. 1956

~~ §§ 2G-28 §32 11



§ 111 §§ 7—19 vgl. § 6 II Aufgaben des SchSVO SchSVO SchSVO

Entwurf eines Gesetzes über technische Arbeits§§ 31, 13 §§ 11,2 III, — mittel (MaschinenschutzIV, 4 I S. 2 gesetz) BRatsDrucks. 141/66 Entwurf eines Bundes- RR T T rr i q * i o waffenG BRatsDrucks. 32IZI 26,27

Schiff ssicherheitsVO v. 31. 5.55, BGBl II S. §§ 5,6 II, 23 f. 645; VO über die Über- 73 SchSVO wachung der SchiffsSicherheit auf BWasserstraßen v. 12.4.56, BGBl II S. 483

§ 2 I 1, II vgl. § 32 III LuftVG; Z. 2 LuftVG; §§ 1—5 § 5 II G. über LuftVZO; das Luftfahrt__ § 2 PrüfO f. bundesamt, ausl. LuftfahrtBGBl I 1954 gerät S. 354

^Zi?^»?»11 Polizeipflicht Technisches _ _ Technische T ,0 SÄS von Herstellern Überwachungs- „ Tf^?*! Überwachungsa und H^eln der Betreibern Verhältnis Genehmigung Ausschusse organisation*n

LuftVG i. d. F. v. 22. 10. § 32 I 2 LuftVG 65, BGBl I 1730; § 1 PrüfO f. LuftVZO v. 19.6.64, ausl. LuftfahrtBGBl 1 370 gerät v. 19.8. 53, BGBl I _ S. 1033 Art. 1VO über die v. Luftfahrtgerät v. 24. 10. 55, BGBl I 690

Technische Sicherheitsvorschriften

Sicherheits-

Einleitung: Gegenstand u n d Methode der A r b e i t

Technik"

1

diu

§

fioTT

4 11

o g

§ 5 1

§

ImmissionsschutzG v. 30. §§ 2,3 Ia, 11 4. 62, GVB1 NW S. 225

VO über die Beleuchtung und die elektr. Anl. in Versamml.stätten v. 27. 11. 61, GVB1 NW S. 361

HeizölbehälterVO v. 23. 3. 61, GVB1 NW S. 171

o.

^ rV : ^ GVB1 Nordr. Westf.

0

VO über den Verkehr mit pyrotechn. Gegen-

VO über Feuerlöschgerate v. 1. 12. 64, GVB1 NW S. 339

7

§ 2

e g

88 1, 9 II

88 1 Ia, 2

Q

vgl. § 3

"

88 2—8



§§47 '

88 1, 4

§§ 3 Ib, 5

«



ft









8 10

Anlage

R 0



ArtIVder

S89

§9

vgl. §§ 23 I, 71 §§ 80, 94 §§ 23—26, 92; § 25 II 2 §§ 76 II, 94 V; Prüfzeichen VO VO über die v. 2. 12.65, bautechnische GVB1 S. 336; Prüfung v. GüteüberwaBauvorhaben chungsVO v. v. 19. 7. 62, 9. 4. 63, GVB1 GVB1 470 S. 232, 326

Polizeipflicht Technisches TWi«i«r»iP Technische fw" von Herstellern Überwachungs- n Typen- a Überwachungsund Regelnder Betreibern Verhältnis Genehmigung Ausschusse organisationen

Bauordnung §§ 3 I S. 1 und Nordr. Westf. v. 25. 6. 62, 2 III, 102 I, II GVB1S. 225

Technische SicherheitsVorschriften

Sicherheits-

10 Einleitung: Gegenstand u n d Methode der Arbeit

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

c) Die charakteristischen Eigenheiten der Technik, soweit sie für das Sicherheitsrecht der technischen Anlagen von Bedeutung sind, können i m folgenden kurz zusammengefaßt werden. 1. Augenfällig ist die besonders schnelle Weiterentwicklung der Technik. Der sogenannte technische Fortschritt, durch spezialisierte Forschung vorangetrieben, schreitet m i t Meilenstiefeln voran und zwar kurzfristiger als der übliche Wandel der sonstigen gewohnten Lebensverhältnisse. Dies führt notwendig zu Mängeln der Anpassung, zum Hinterherhinken der an einen langsameren Rhythmus gewohnten sonstigen Lebensumstände. 2. Der technische Fortschritt ist nur unter Inkaufnahme eines gewissen kalkulierten Risikos möglich. Jede Neuentwicklung ist ein Wagnis über die bekannten Grenzen hinaus und schafft neue, noch unvertraute Gefahrensituationen. Charakteristisch für die technische Entwicklung ist, daß dieses Risiko um des größeren Nutzens w i l l e n i n Kauf genommen wird, soweit es sich i n kontrollierbaren Grenzen hält. 3. Die technische Entwicklung w i r d vorangetrieben durch die Erkenntnisse und Entdeckungen der Wissenschaften und durch das Bestreben nach praktischer ökonomischer Verwertung durch die W i r t schaft. Wirtschaftlich rationelle, systematische, objektiv kontrollierbare Erkenntnisse sind m i t h i n ebenso Grundlage der Technik wie das Streben nach möglichst effektiver Nutzleistung und nach Wirtschaftlichkeit. Daraus folgt, daß generelle Normung und verzweigte arbeitsteilige Spezialisierung ein Kennzeichen der Erzeugung technischer Produkte sind. Da sie i m Schöße der Wirtschaft hergestellt werden, deren Technisierung und Industrialisierung i m letzten Jahrhundert und noch heute sich weitgehend selbständig und unabhängig von staatlicher Einflußnahme nur i n Zusammenarbeit m i t der Wissenschaft vollzogen hat, kann ein staatliches Sicherheitsrecht auch nicht von der Berücksichtigung der Auffassungen und Arbeitsweisen dieser Kreise absehen 15 . Oftmals fallen staatliche Entscheidungskompetenz und gesellschaftliches Fachwissen auseinander; teilweise w i r d den Empfehlungen der Sachverständigen darüber hinaus über eine tatsächliche Entscheidungserheblichkeit auch noch ein starker rechtlicher Einfluß auf die Entscheidungsgewalt eingeräumt. d) Die charakteristischen Grundlagen des technischen Sicherheitsrechts — nämlich i h r Zurückgreifen auf allgemein anerkannte Regeln der Technik, die von nichtstaatlichen Instanzen, nämlich den Kreisen der interessierten Wirtschaft und der sachverständigen Wissenschaft 18 von Busch - Trabandt, S. 12—13; Schäfer , Diss., S. 7, 16; Werner , Tendenzen, S. 20; Forsthoff , Technische Überwachung 1960 S. 64, 65; Technisch bedingte Strukturwandlungen, S. 212, 221, 222, 228—230; Rechtsfragen der leistenden Verwaltung, S. 18; Lehrbuch, S. 72—74.

12

Einleitung: Gegenstand und Methode der Arbeit

ausgearbeitet werden; die besonderen, am kalkulierten Risiko orientierten Grenzen der Gefahrenabwehr; die Konstruktionsfreiheit der Hersteller; die Erteilung genereller, typenmäßig wirksamer Erlaubnisse, schließlich die besondere organisatorische Einrichtung der Technischen Ausschüsse zur Ausarbeitung des staatlichen Sicherheitsrechts und die Anerkennung der privaten Technischen Überwachungsvereine als sachverständige Überwachungsorganisationen bei der Durchsetzung dieses Sicherheitsrechts — erklären sich letztlich aus der Berücksichtigung dieser besonderen soziologischen und historischen Voraussetzungen der Regelungsmaterie durch das technische Sicherheitsrecht. Aufgabe einer Darstellung des technischen Sicherheitsrechts ist m i t hin, i m Rahmen der herkömmlichen Fragen des allgemeinen Polizeirechts über die Grenzen polizeilichen Einschreitens den Besonderheiten der rechtlichen Regelung nachzugehen, die durch die charakteristischen Eigenheiten des technischen Regelungsobjektes bedingt sind. I I I . a) Die Arbeit w i r d sich auf das materielle technische Sicherheitsrecht der überwachungsbedürftigen Anlagen beschränken. Die Einbeziehung auch der organisatorischen Fragen, die die Technischen Ausschüsse und die Technischen Überwachungsvereine aufwerfen, würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Für die Ausschüsse wären Untersuchungen erforderlich, die über das technische Sicherheitsrecht hinausgreifen und die Verwaltung durch Ausschüsse überhaupt umfassen müßten, und für die Technischen Überwachungsvereine müßten Probleme angerührt werden, die überaus kontrovers sind und die schon vielfach monographisch behandelt wurden 1 4 . b) Schließlich geht die Arbeit von der 1953 durch die Neugestaltung des § 24 GewO geschaffenen Rechtslage und den auf dieser Grundlage ergangenen neuen technischen Verordnungen aus. Die Geschichte des technischen Sicherheitsrechts soll nur i m Rahmen der Argumentation zu bestimmten einzelnen Rechtsfragen berücksichtigt werden. Die Daten der Vorläufer der heutigen Verordnungen finden sich i n den dazu ergangenen speziellen Kommentierungen. I m übrigen handelt es sich hauptsächlich um die Geschichte der Technischen Ausschüsse und der Technischen Überwachungsvereine, die jedoch aus der Darstellung des materiellen technischen Sicherheitsrechts ausgeklammert wurden. Die Darstellung des technischen Sicherheitsrechts w i r d vor allem die sachliche Problematik selbst i n den Vordergrund rücken, die dem Recht bestimmte Aufgaben gestellt hat und zu neuem Durchdenken alter Rechtsfragen sowie zur Entwicklung neuer Institute zwingt. Ihre immer schärfere und präzisere Erfassung war letzten Endes das Bemühen aller geschichtlichen Lösungen des Technischen Sicherheitsrechts. 14

s. unten 2. T e i l : Das Uberwachungsverhältnis, § 12 A .

Erster

Teil

Das technische Sicherheitsrecht 1. Kapitel

Das System des Sicherheitsrechts § 1: Die technischen Sicherheitsvorschriften als Rechtsnormen Das technische Sicherheitsrecht, die Flut technischer Verordnungen, die m i t der Ausweitung der Technik immer stärker anschwillt, ist für den Juristen regelmäßig Anlaß des Erstaunens darüber, was nicht alles Gegenstand von Rechtsnormen sein kann. Daneben mag sich der Zweifel regen, ob derartige technische Sicherheitsvorschriften überhaupt „Recht" i m herkömmlichen Sinn sind, ob technische Dinge, ein bloßes Zahlenwerk, überhaupt einer rechtlichen Normierung zugänglich sind 1 . Ihrem Inhalt, der Sprache und der Form nach könnten die technischen Verordnungen auch als Handbücher der Technik gelten. Die Spezialisierung der Materie scheint m i t einer nicht mehr zu überbietenden Präzision gleichsam bis zum letzten Hammerschlag durchgeführt zu sein. Präzise technische Daten, exakt berechnete Anforderungen, gegossen i n die Form des modernen Dezimalstellensystems sind dem Inhalt und der Form nach für den Juristen zumindest eine ungewohnte A r t staatlicher Normsetzung. Die Frage ist deshalb, ob die technischen Vorschriften gleichwohl „Rechtsvorschriften" sind, die nur wegen der Eigenart der Regelungsmaterie besondere Züge aufweisen, auf die i m übrigen aber die für Rechtsverordnungen geltenden Grundsätze über rechtliche Gültigkeit und Auslegung Anwendung finden. Recht w i r d i m allgemeinen definiert als die i n einer sozialen Gemeinschaft verbindlich geltende Ordnung des menschlichen Zusammenlebens, die auf die Idee der Gerechtigkeit h i n ausgerichtet ist 2 . I n Anlehnung an diese Definition könnten aus verschiedenen Gründen an dem Rechtssatzcharakter der technischen Vorschriften Zweifel 1 W. Jellinek, Gesetz, S. 30; vgl. Nickusch, Diss., S. 73, 83, 184, 210 A n m . 6; Schäfer, Diss., S. 114, 115. * Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 65, 144.

14

1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

entstehen. Erstens scheint Objekt der Regelung nicht die Ordnung der menschlichen Gesellschaft und menschlicher Verhaltensweisen, sondern die Ordnung der Technik, der technischen Umwelt der Gesellschaft zu sein. Zum anderen scheint die Ordnung nicht nach menschlichen Gerechtigkeits- und sonstigen Wertmaßstäben durchgeführt zu sein, sondern gemäß den der Technik immanenten naturwissenschaftlichen Gesetzen, gemäß den der Beeinflussung entzogenen Regeln, nach denen das Naturgeschehen abläuft. Die Regelung erscheint nicht als Satzung von Menschen, sondern als Diktat der Natur 3 . Eine Kennzeichnung des Rechts nach dem Objekt der Regelung und ihren Gründen und Zwecken würde jedoch allein noch nicht das Wesen des Rechts erschöpfen. Das Recht ist drittens insbesondere auch Geltungsanordnung und staatliche Verbindlicherklärung. Diesem K r i t e r i u m entsprechen jedenfalls auch die technischen Vorschriften. Sie bestimmen, daß bestimmte Anlagen nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen i n Benutzung genommen werden dürfen. Der Verantwortungsbereich hinsichtlich der technischen Umwelt w i r d durch sie abgesteckt und das technische Verhalten der Menschen geregelt 4 . Auch die technischen Vorschriften enthalten also verbindliche Anordnungen, die unmittelbar das Verhalten von Menschen bestimmen wollen. Schließlich sind die technischen Vorschriften auch ihrem Grunde nach nicht nur Aussagesätze über einen technisch-naturwissenschaftlichen Seinszusammenhang. Der technische Inhalt der Vorschriften w i r d nur zum Teil durch feststehende naturwissenschaftliche Gegebenheiten vorbestimmt. Diese setzen nur den Rahmen und die Grenzen des „technisch möglichen". Entscheidende Regelungsgesichtspunkte sind die menschlichen Wertvorstellungen, die die technischen Möglichkeiten nutzen und der Technik erst die Ziele setzen. Geregelt werden die schädlichen Auswirkungen der Technik, ihre Gefahren für die menschliche Gesellschaft, also ein spezifisch juristisches Problem. Dabei bedient man sich zwar wiederum der M i t t e l der Technik — und daher rührt der eigenartige Charakter der Vorschriften — diese werden aber doch entscheidend durch die richtunggebenden und begrenzenden j u ristischen Prinzipien bestimmt 5 . Der verbindliche „Rechtswert" fehlt nicht etwa den technischen Vorschriften, sondern ist nur verdeckt und überlagert durch die perfektionistische Einzelausgestaltung, die den Rechtswert der Sicherheit des Lebens und der Gesundheit näher konkretisiert und i n der praktischen Welt wirksam schützen soll. 3 4

List, Die Verwaltung, 1951 S. 12. Engisch, V o m W e l t b i l d des Juristen, S. 36 A n m . 63; Drews - Wacke S. 231,

233. 5

269.

Schäfer, Diss., S. 14; Oftinger,

Konfrontation, S. 262—270, insbes. S. 267,

§ 1: Die technischen Sicherheitsvorschriften als Rechtsnormen

15

Da auch die technischen Vorschriften m i t h i n Rechtsvorschriften sind, müssen ihre Voraussetzungen und Wirkungen denen des Rechts, hier insbesondere denen der Rechtsverordnungen entsprechen.

16

1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften Die Auslegung der technischen Vorschriften bringt einige Besonderheiten m i t sich. Sie ergeben sich daraus, daß die technischen Anforderungen — sollen sie Erfolg haben — ins einzelne gehende, sehr spezialisierte Vorschriften enthalten müssen und sich nicht m i t allgemeinen generalklauselartigen Wendungen über Sicherheitsanforderungen begnügen können. Der Perfektionismus der Regelungen, der bei allen Normierungen des technischen Sicherheitsrechts auffällt, scheint die notwendige Bedingung einer effektiven Gefahrenabwehr i n diesem Bereich zu sein. Notwendigerweise muß dann auch eine Vielzahl technischer, physikalischer oder chemischer Fachausdrücke, auch mathematischer Zahlenbegriffe i n die Sprache der technischen Vorschriften übernommen werden, da die allgemeine Umgangssprache den aus der Spezialisierung sich ergebenden sprachlichen Anforderungen nicht i m mer genügen kann und die juristische Fachsprache mangels eigener Begriffsbildungen sich zweckmäßigerweise der Ausdrucksformen des Wissensgebietes bedient, dessen Ergebnisse zur Lösung der Probleme der Gefahrenabwehr herangezogen werden 1 . Es stellt sich erstens das Problem einer angemessenen Methode zur Auslegung der aus der Wissenschaft und Technik übernommenen Begriffe, der „termini technici" i n der Rechtssprache. Die Auslegung außerjuristischer, aus anderen Wissenschaften (neben den Naturwissenschaften etwa auch der Nationalökonomie, der Psychologie) entlehnter und i n Rechtsvorschriften übernommener Begriffe ist ein allgemeines Problem der juristischen Methodenlehre 2 . I m Anschluß daran ist zweitens zu prüfen, ob und i n welchen Grenzen i m Rahmen der Auslegung älterer, vielleicht überholter technischer Begriffsbildungen die ständig fortschreitende technische Entwicklung berücksichtigt werden kann. Wegen der besonderen rechtlichen Ausgestaltung des Systems der technischen Vorschriften für die überwachungsbedürftigen Anlagen des § 24 Gewerbeordnung könnte allerdings das Interpretationsproblem weitgehend ausgeschaltet sein. Denn i n der Praxis hat der staatliche Verordnungsgeber i n weitem Umfang auf die eigene rechtssatzmäßige Festlegung auch der letzten technischen Anforderungen verzichtet und dieses Gebiet anderen, privaten Normenkomplexen, den „allgemein anerkannten Regeln der Technik" überlassen. Vor allem diese Regeln enthalten i n der Masse das eigentliche technische Fachvokabular. Die staatlichen Rechtsnormen beschränken sich regelmäßig auf auch dem Laien verständliche, wenn auch sehr spezialisierte sicherheitstechnische Zielsetzungen und überlassen die nähere Durchführung, die Wahl des 1 2

Vgl. Heck, Gesetzesauslegung S. 47, 124; Schneider, N J W 1962, 1276. Radbruch, Rechtsphilosophie, 4. Aufl., S. 219; Rinck S. 363.

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

1?

konkreten technischen Gegenmittels gegen die abzuwehrenden Gefahren den privaten allgemein anerkannten Regeln der Technik 3 . So lautet die typische Ausdrucksweise der technischen Vorschriften dem Sinne nach entweder „Anlagen müssen so beschaffen sein, daß . . . " bzw. „ A n lagen müssen m i t Einrichtungen versehen sein, die . . . bewirken" 4 . Eine Reihe technisch-wissenschaftlicher Fachausdrücke sind dennoch auch für die staatlichen Rechtsvorschriften selbst unumgänglich. Vor allem, wo es darum geht, den Anwendungsbereich der technischen Vorschriften abzugrenzen, finden sich aus der Technik übernommene Begriffe m i t zwar umfangreichen Legaldefinitionen 5 , die aber bei Verwendung technischer Fachbegriffe wiederum Gegenstand der Auslegung sind 6 . Bedeutung behalten die methodischen Grundsätze aber auch für die i n den privaten allgemein anerkannten Regeln der Techn i k fixierten technischen Fachbegriffe. Denn wenn diese Regeln i n die ministeriellen Verwaltungsanweisungen für die unteren Erlaubnis- und Überwachungsbehörden — üblicherweise durch Verweisung — als allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Konkretisierung der Rahmenverordnungen aufgenommen sind 7 , müssen sie — soweit kraft des Gleichheitssatzes A r t . 3 GG für die Verwaltung auch i m Außenverhältnis bindend — insoweit auch wie Rechtsnormen ausgelegt werden 8 . Daß auch auf dem Boden des Privatrechts entstandene gesetzesähnliche, aber dogmatisch keine Rechtsnormen enthaltende Normenkomplexe Gegenstand einer objektiven juristischen Interpretation wie Gesetze sein können, zeigt etwa die anerkannte gerichtliche Praxis hinsichtlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. A. Bei der Bestimmung des Inhalts außerjuristischer Fachbegriffe könnte auf zweifache A r t verfahren werden 9 . Es könnte die Ansicht vertreten werden, daß technisch-wissenschaftliche Begriffe auch nach Übernahme i n Rechtsnormen ihren ursprünglichen Inhalt unverändert bewahren und der Jurist an diese Bedeutung von vornherein gebunden ist, so daß fachwissenschaftliche Begriffe i n Rechtsvorschriften nur 3

Vgl. Begründung zur TVbF, BRatsDruck 1964/263 S. 61. Vgl. z.B. Anhang zur DampfkesselVO; T V b F Nr, 300 ff. u n d Nr. 400 ff.; A r t . 1 Ziff. 5 V O zur Ä n d . der V O elektr. A n l . 6 Vgl. z . B . §§ 2—5 DampfkesselVO; Ziff. 1.1 T V b F ; Ziff. 100—112 techn. V O Aufz. 6 Larenz, Methodenlehre, S. 234; Engisch, Einführung, S. 94. 7 Z . B . Allgemeine Verwaltungsvorschriften zu den T V b F , BRatsDruck 244/64, passim. 8 B V e r w G v o m 11. 7. 62, Bd. 14 S. 307 ff., 310, DVB1. 1962 S. 756/757; B V e r w G vom 16.5.63, GewArch 1963 S. 270 ff., 271; Vgl. B G H Z v o m 17.1.63, Bd. 39 S. 35 ff., 38; Ossenbühl, AöR 92, S.20,21; H . J . Müller, N J W 1963 S. 506 (Urteilsanmerkung zu B V e r w G ) ; Vgl. aber OVG Münster v. 30.4.63, DVB1. 1963 S. 860 ff., 861. 9 Vgl. vor allem Engisch, Weltbild, S. 14; Rinck S. 361, 364. 4

2 Plischka

18

1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Hohlformen, nur Blankettbegriffe für die Ergebnisse der Spezialwissenschaft sind 1 0 . Demgegenüber w i r d i n der Methodenlehre i m allgemeinen die Unabhängigkeit und Selbständigkeit der juristischen Auslegungsmethode vertreten und zumindest die Möglichkeit inhaltlicher Abweichungen zwischen rechtlich relevanter und naturwissenschaftlicher Begriffsbildung eingeräumt 1 1 . I. Für die Bindung des Juristen an die i n der technisch-wissenschaftlichen Fachsprache geläufige Bedeutung der Begriffe könnte sprechen, daß die Begriffe ihrer Entstehungsgeschichte nach hier ihre erste nähere Ausgestaltung erfahren haben. Durch die Verwendung der Fachterminologie könnte der Gesetzgeber ausdrücklich auf die speziellen Begriffsdefinitionen verwiesen haben 12 . Vor allem wenn moderne technische Begriffe übergangslos aus der Fachsprache i n Rechtsnormen übernommen werden, scheint die Übernahme auch ihres technisch-wissenschaftlichen Bedeutungsinhalts mangels anderer Wortbedeutungen unvermeidlich 1 5 . Die naturwissenschaftlichen Begriffe könnten eine präzise Begriffsbildung garantieren und diesem neuen „Naturrecht" einen sicheren Halt i n den exakten Naturwissenschaften geben 14 . Für die Berücksichtigung des technisch-wissenschaftlichen Sprachgebrauchs könnte weiter angeführt werden, daß Rechtsnormen sich i m Zweifel der Ausdrucksmittel und des Sprachverständnisses der mutmaßlichen Adressaten bedienen sollten, an die sie sich vor allem wenden 1 5 . Von technischen Normen, die unter M i t w i r k u n g der Fachkreise ausgearbeitet werden und i m wesentlichen für diese Fachkreise gelten sollen, könnte angenommen werden, daß sie auch die technisch-wissenschaftliche Sprache dieser Fachkreise sprechen. Diesem Weg zur Inhaltsbestimmung technisch-wissenschaftlicher Begriffe steht jedoch schon — von den Konsequenzen her gesehen — entgegen, daß unabänderliche, zweifelsfreie Erkenntnisse und entspre10 So anscheinend Maunz - Dürig A r t . 74 A n m . 74 GG zum j u r . Begriff der Kernenergie; Zitelmann, Einleitung zu „ I r r t u m u n d Rechtsgeschäft", S. 18 ff., 20; vgl. aber S. 25, wo Zitelmann sich gezwungen sieht, seine eigene Wissenschaft von der Psychologie zu machen, w e i l die bestehende f ü r juristische Zwecke unbrauchbar sei (dazu z. B. S. 84, 240). 11 Engisch, Einführung, S. 109; Radbruch, Rechtsphilosophie, 4. Aufl., S. 219; Rinck S. 366, 367; Thieme, N J W 1966, S. 1436, 1437; Kruse, Gieseke Festschrift, S. 352, 372. 18 Rinck S. 370. 15 Kruse, a.a.O., S. 351, 352. 14 Zitelmann S. 20; Vgl. Engisch, Weltbild, S. 19. 15 Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 171, 188, 264; D R i Z 1959 S. 309; Heck, Begriff sbildung, S. 60; Baumgarten, Methodenlehre, S. 43; Triepel, S t i l des Rechts, S. 90, 134; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 51; Schneider, N J W 1962 S. 1276; de Boor, Festschrift Niedermeyer, S. 34; Schäfer, Diss., S. 68, der auf das Sprachverständnis des praktizierenden einfachen Handwerkers abstellen will.

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

19

chende Begriffsbildungen wegen der allgemeinen Begrenztheit menschlicher Erkennntniskraft i n den „exakten" Naturwissenschaften w o h l ebenso selten sind wie i n der Rechtswissenschaft. Geht es u m die begriffliche Einordnung zweifelhafter Grenzfälle — und das ist regelmäßig das Hauptarbeitsgebiet des Juristen —, so w i r d von den Naturwissenschaften häufig keine einhellige, zweifelsfreie A n t w o r t erwartet werden können 1 6 . Vielmehr müßte der Jurist sich zum Richter über streitende wissenschaftliche Lehrmeinungen aufwerfen 1 7 , was aber unmöglich erscheint, wenn die Entscheidung allein auf Grund naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und i n naturwissenschaftlichen Kategorien zu treffen wäre. Die Notwendigkeit der Auslegung auch für die technischen Vorschriften w i r d durch die Existenz von „AuslegungsUnterausschüssen" i m Rahmen der Technischen Ausschüsse des §24 Abs. 4 GewO sehr deutlich dokumentiert 1 1 . I I . a) Die Auslegung technisch-wissenschaftlicher Begriffe hat vielmehr davon auszugehen, daß diese Begriffe als Bestandteil von Rechtsvorschriften Rechtsbegriffe sind 1 9 . Da die einzelnen Elemente einer Aussage nicht isoliert betrachtet werden können, sondern ihren Sinn erst m i t der Einbeziehung auch des weiteren Zusammenhangs i n die Auslegung erhalten 2 0 , kann die Ermittlung des rechtlich relevanten Sinnes technisch-wissenschaftlicher Begriffe i m Zusammenhang m i t Rechtsnormen nur durch die diesen angemessenen juristischen Auslegungsmethoden erfolgen. Die unterschiedliche Methode naturwissenschaftlicher und juristischer Begriffsbildung folgt aus ihrem unterschiedlichen Zweck, d. h. aus den abweichenden Auswahlprinzipien für die Begriffsmerkmale, auf die es i n den einzelnen Disziplinen ankommt 2 1 . Während naturwissenschaftliche Begriffe der abstrakten, beschreibenden Erfassung von Sein und Notwendigkeit dienen und Erkenntnisaussagen über Naturgesetzlichkeiten geben wollen 2 2 , sind die juristischen Begriffe als normative, auf die Ordnung des sozialen Lebens zielende Zweckschöpfungen gedacht. Die juristische Begriffsbildung, auch soweit sie m i t den den Naturwissenschaften entlehnten Begriffen arbeitet, erfolgt i m wesentlichen 16 Vgl. Zitelmann S. 24; Thieme, N J W 1966 S. 1437; Merländer - Freytag Zachen S. 43, 40; Koenen u. Freytag, ArbSch 1959, S. 204. 17 Vgl. Rincfc S. 371. 18 Vgl. von Busch - Trabandt S. 76, 55. Dazu, daß auch technische D I N - , V D E - , VDI-Vorschriften etc. trotz ihrer vermeintlichen K l a r h e i t nicht selten Anlaß zu Streitfragen der Auslegung geben: Herding - Schmalzl S. 264. 19 Rinck S. 367. Heck, Gesetzesauslegung, S. 46; Larenz, Methodenlehre, S. 244. 11 Baumgarten, Methodenlehre S. 47; Heck, Begriffsbildung, S. 63; Stammler S. 290; Arbab - Zadek, N J W 1967 S. 274. M Engisch, Einführung, S. 9,17.

2*

20

1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

nach teleologischen, an der Ausgestaltung der Rechtsfolgen orientierten Gesichtspunkten 25 . Daß die i n Rechtsnormen verwendeten technischen Fachbegriffe zu einer spezifisch juristischen Bedeutung „ i m Sinne des Gesetzes" umgeformt werden können, zeigt sich anschaulich i n der Übung gerade auch der technischen Vorschriften zur Aufstellung besonderer Legaldefinitionen. U m ein berühmtes Beispiel aus dem Strafrecht anzuführen, kommt es nicht darauf an, ob die Elektrizität nach vergangener oder gegenwärtiger wissenschaftlicher Anschauung eine bewegliche Sache ist oder nicht, sondern entscheidend ist, ob nach Sinn und Zweck der Rechtsnorm die naturwissenschaftliche Erscheinung unter den Rechtsbegriff fällt 2 4 . Was etwa unter „ L ä r m " zu verstehen ist, kann nicht allein auf Grund technischer Phon-Messungen bestimmt werden, sondern ist unter den Gesichtspunkten der Lästigkeit und Zumutbarkeit ein Rechtsbegriff, dessen Grenzen letztlich durch rechtliche Überlegungen festgelegt werden 2 5 . Wie eine spezielle juristische Terminologie dem allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens vorgehen kann, so setzt sie sich gleichermaßen auf speziellen Fachgebieten gegenüber einer abweichenden fachwissenschaftlichen Bedeutung durch 2 6 . I m Ergebnis läßt sich daher sagen, daß zur inhaltlichen Bestimmung technischer Begriffe i n Rechtsnormen allein die juristischen Methoden der Auslegung angemessen sind. Die Begriffe anderer Wissenschaften können eine teleologische Umformung zum Zwecke ihrer juristischen Brauchbarkeit erfahren. Das allgemeine Sprachverständnis bildet zwar die Grenze der Auslegung, läßt aber i m übrigen für eine Auslegung anhand spezifisch juristischer Überlegungen Raum 2 7 . Das bedeutet nicht — was klargestellt sei —, daß sich die Rechtswissenschaft über zweifelsfreie naturwissenschaftliche Erkenntnisse als solche hinwegsetzen kann 2 8 . A n den Tatsachen selbst kann auch der Jurist nicht deuteln. Es soll damit nur gesagt werden, daß der Inhalt der die Ergebnisse 28 Baumgarten, Methodenlehre, S. 46; Radbruch, Rechtsphilosophie, 1. Aufl., S. 199—201; 4. Aufl., S. 220; Stammler, S. 291; Dahm S. 58, 59; Heck, Begriffsbildung, S. 60; Larenz, Methodenlehre, S. 91, 176 A n m . 1, 183, 184; Engisch, Einführung, S. 15, 16; Weltbild, S. 14, 21, Beispiele: S. 26, 27, 37, 42; Rinck S. 364, 367, 368; Jesch, AöR Bd. 82 S. 178, 179, 181; Herschel ArbSch. 1956 S. 264; Huber, Recht der Technik, S. 8; B G H S t v o m 21.11. 50, Bd. 1 S. 1 ff., 3; B G H Z v. 18. 5. 55, Bd. 17 S. 266 ff., 276; RGZ v. 17. 3.1879, Bd. 1 S. 247 ff., 251, 252 (Definition der Eisenbahn); Vgl. Merländer - Freytag - Zachen S. 42, 44. 24 Radbruch, Rechtsphilosophie, 1. Aufl., S. 200. 25 B G H Z v. 29. 6. 1966, N J W 1966 S. 1858. 26 Dahm S. 59; Kruse, Festschrift Gieseke, S. 353, 354; Rinck S. 366; OVG Münster v. 16.12.64, GewArch 1965 S. 161 ff., 162 = D Ö V 1965 S. 500. 27 a. A . f ü r die technischen Vorschriften: Schäfer, Diss. S. 68, 69. 28 W. Jellinek, Gesetz, S. 59; B G H v. 9. 12. 66, N J W 1967 S. 116 ff., 117; O G H v. 9.1. 50, N J W 1950 S. 308; abweichend anscheinend Rinck S. 364, 367, 368.

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

mitteilenden Begriffe — trotz scheinbarer äußerer Gleichartigkeit — entsprechend den unterschiedlichen Zweckrichtungen der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen differieren kann und gleichlautende Begriffe, sollen Mißverständnisse vermieden werden 2®, nicht ohne weiteres sinngleich gesetzt werden können. b) Die Besonderheit der Methoden juristischer Begriffsbildung braucht jedoch nicht zwangsläufig zu einer Unterschiedlichkeit juristischer und naturwissenschaftlicher Begriffsinhalte zu führen. Die juristische Methode kann vielmehr i m Einzelfall zu dem Ergebnis führen, daß der ratio der Rechtsnorm allein die naturwissenschaftlich fixierten Begriffsinhalte entsprechen und unverändert zu übernehmen sind 8 0 . Dies w i r d vor allem der Fall sein, wenn ein eigener juristischer Sinn nicht denkbar i s t 8 1 oder wenn die Zwecke beider Methoden der Begriffsbildung übereinstimmen. Keiner besonderen juristischen Auslegung fähig sind m i t h i n etwa Zahlenbegriffe 8 2 und mathematische Formeln i m Gegensatz zu mehr hypothetischen wissenschaftlichen Begriffsbildungen. Als materielle Auslegungsprinzipien kommen für die i n den technischen Vorschriften enthaltenen Fachbegriffe hinsichtlich des Objekts der Regelung, der technischen Beschreibung gefährliche Anlagen, deren charakteristische Gefährlichkeit und hinsichtlich der Beschreibung der technischen Gegenmittel deren Geeignetheit zur Gefahrenabwehr i n Betracht. Diese den Zweck und die rechtlichen Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung zu technischen Vorschriften bestimmenden Gesichtspunkte sind schon bei der Auslegung der Verordnungen heranzuziehen, da Rechtsnormen zur Vermeidung ihrer Unwirksamkeit möglichst i m Einklang mit den ranghöheren Vorschriften auszulegen sind 8 8 . B. Ein besonderes Problem für die Auslegung technischer Normen ergibt sich aus der häufigen Änderung der durch die Normen geregelten, ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen Verhältnisse. Einerseits werden neue überwachungsbedürftige Anlagen entwickelt bzw. die vorhandenen weiterentwickelt oder bislang unbekannte Gefahren bei ihnen entdeckt, andererseits erfahren auch die Abwehrmittel zur Verhütung bekannter Gefahren eine Vervollkommnung und Verbesserung. Die Frage ist, ob und inwieweit dem Fortschritt der tatsächlichen Verhältnisse schon i m Rahmen der bestehenden Rechtsvorschriften durch " Vgl. Arbab - Zadek N J W 1967 S. 274 zum 1,3 P r o m i l l e - U r t e i l des B G H ; Schäfer, Diss., S. 67. 80

Rinck S. 367, 368, 374; Stammler

81

Rinck S. 370.

S. 292.

82 Heck, Gesetzesauslegung, S. 47; Engisch, Einführung, S. 108; Rinck S. 365; Larenz, Methodenlehre, S. 234; Vgl. W. Jellinek, Gesetz, S. 51, 55. 88

Dahm S. 43; Vgl. Drews - Wacke S. 293; B V e r f G v. 13. 5.53, Bd. 2 S. 287 ff.

22

1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Auslegung und Analogie ohne förmliche Änderung des Rechts Rechnung getragen werden kann. I n der allgemeinen Methodenlehre taucht das Problem der rechtlichen Bedeutung einer Veränderung der faktischen Normsituation i n verschiedenem Zusammenhange auf. Einmal w i r d der auf technischem oder wirtschaftlichem Gebiet gegebene tatsächliche Fortschritt als A n laß für einen möglichen Bedeutungswandel der Rechtsnormen i m Rahmen der allgemeinen Theorie der Auslegung abgehandelt 84 . Er dient i n diesem Zusammenhang vor allem der sogenannten objektiven Auslegungstheorie als Argument für die Notwendigkeit einer entwicklungsfähigen, vom feststehenden, historischen „ W i l l e n des Gesetzgebers" abweichenden „Willen des Gesetzes" 35 . Z u m anderen w i r d die Weiterentwicklung der tatsächlichen Verhältnisse als wesentliche U r sache nachträglicher Lücken i m Recht erkannt und i m Rahmen der Analogielehre behandelt 3 *. Für die praktische Rechtsanwendung mag es zweckmäßig sein, — ausgehend von der spezifischen Struktur des technischen Sicherheitsrechts — die Methoden zusammenzufassen, die schon der Rechtsanwendung die Berücksichtigung des technischen Fortschritts ermöglichen. I. Die Notwendigkeit einer perfektionistischen Regelung der Sicherheitsprobleme gefährlicher Anlagen, die sich daraus ergibt, daß für jeweils ganz bestimmte A r t e n von Anlagen ihnen angemessene ganz spezielle Sicherheitsvorschriften aufgestellt werden müssen, scheint die Notwendigkeit sowohl einer permanenten Abänderung der Sicherheitsvorschriften als auch einer dauernden Anpassung des Katalogs der betroffenen Anlagen an die fortschreitende technische Entwicklung zu bedingen. Je größer die Nähe der technischen Vorschriften zur konkreten Wirklichkeit ist, u m so mehr unterliegen sie der Gefahr, durch den Wandel der Wirklichkeit überholt zu werden. Die Problematik der technischen Sicherheitsvorschriften liegt darin, daß — sollen sie praktischen Erfolg haben — sie ins Detail gehen müssen; genügen sie aber diesen Anforderungen, so hindern sie entweder den Fortschritt oder werden von i h m überrollt, wenn sie nicht rechtzeitig weiterentwickelt werden. Die kontinuierliche Aufhebung und Abänderung der technischen Vorschriften durch den Verordnungsgeber scheint die allein mögliche Methode der rechtlichen Bewältigung der Sicherheitsprobleme des technischen Fortschritts zu sein. 84

Larenz, Methodenlehre, S. 261 ff., 264; D R i Z 1959 S. 307. Vgl. Larenz, Methodenlehre, S. 33; D R i Z 1959 S. 307; vgl. Liver S. 13: Engisch, E i n f ü h r u n g S. 90. •• Larenz, Methodenlehre, S. 279 ff., 286; Engisch, Einführung, S. 141,142; Heck, Gesetzesauslegung, S. 176. 88

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

I I . Dennoch geben die technischen Vorschriften auch den Rechtsanwendern i n gewissem Umfang die Möglichkeit einer Berücksichtigung des technischen Fortschritts sowohl bei der Weiterentwicklung der gefährlichen Anlagen wie bei der Vervollkommnung der Sicherheitsmaßregeln. a) Die Möglichkeit der Einbeziehung von Neuentwicklungen und verbesserten Konstruktionen überwachungsbedürftiger Anlagen i n die Regelungen der technischen Vorschriften folgt daraus, daß § 24 I I I m i t seinen relativ weit gefaßten technischen Begriffen Raum zur Erfassung von Weiter- und Neuentwicklungen dieser Anlagetypen läßt. Die Auslegung der Typenbegriffe ist nicht an eine unveränderlich feststehende Sinngebung gebunden, die ein historischer Gesetzgeber festgelegt oder gar ein technisch-wissenschaftlicher Sprachgebraudi fixiert hat. Denn erstens w i r d die juristische Begriffsbildung, wie gezeigt, nach teleologischen, spezifisch rechtlichen, nicht nach technischen Gesichtspunkten vorgenommen. Für die Erfassung von Neuentwicklungen kommt es daher nicht auf das technische Problem an, ob es sich unter technischen Gesichtspunkten noch um eine Anlage des alten Typs oder schon u m eine neue A r t handelt 3 7 . Solange eine Anlage nach dem auch nur möglichen Wortsinn noch unter einen Typ einer überwachungsbedürftigen Anlage fällt und der Zweck der gesetzlichen Regelung, d.h. der für Anlagen dieses Typs charakteristische Gefahrenschutz, auch hinsichtlich dieser Anlage durchgreift, kann auch die Auslegung zur Einbeziehung neuer Anlagen i n das Vorschriftenwerk führen. Gegenüber den gleichbleibenden juristischen Auslegungshilfen kommt dem technischen Fortschritt als solchem keine selbständige Bedeutung für die Auslegung zu 3 8 . Ebensowenig ist zweitens entscheidend, ob schon der historische Gesetzgeber die Möglichkeit von Weiterentwicklungen der Technik gesehen hat und sie i n seine Regelung einbeziehen wollte, wenn nur der objektive Gesetzeszweck die Einbeziehung auch der Neuentwicklungen fordert, w e i l sie die alte Problematik der bereits geregelten Sachverhalte enthalten 3 9 . Das strenge Festhalten an dem bei der Aufstellung 87 de Boor, Niedermeyer Festschrift, S. 35, 42, 44; J Z 1955 S. 747; Henkel, Rechtsphilosophie, S. 54; B G H Z v. 18.5.55, Bd. 17, 266 ff., 276; a. A. Schäfer, Diss., S. 69. 88 B G H Z a.a.O. Bd. 17 S. 276. 89 Larenz, Methodenlehre, S. 265; D R i Z 1959 S. 309; OVG Münster v. 7.12. 55, B B 1956 S. 715; v. 27.11.57, Bd. 13 S. 130ff., 137, 138; B V e r f G v. 1.7.53, Bd. 2 S. 380 ff., 401; v. 22.4. 58, Bd. 7 S. 342 ff., 351; B G H a.a.O. (Tonband-Urteil); B G H Z v. 9.1.59, Bd. 29 S. 163 ff., 170; B G H S t a.a.O. Bd. 1 S.3; B G H Z v. 24. 6. 55, Bd. 18 S. 44 ff., 49, 50; v. 31. 5. 60 Bd. 33 S. 1 ff., 6; ausdrücklich vgl.: § 4 Abgaben-Ordnung von 1919, § 1 I I Steueranpassungsgesetz, wonach bei der Auslegung der Steuergesetze u. a. die Entwicklung der Verhältnisse zu berücksichtigen ist.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

des Gesetzes denkbarerweise gemeinten Bedeutungsinhalt der Gesetzesbegriffe würde zu einer Versteinerung der historischen Verhältnisse führen, den technischen Fortschritt hindern und dem eigentlichen Normzweck nicht Rechnung tragen können. Da das Recht dem Leben dienen soll, muß es gegenwartsbezogen, wandelbar und anpassungsfähig bleiben, zumal gerade die technischen Vorschriften die gegenwärtige Sicherheit von Leben und Gesundheit bezwecken. Wie gewiß schon die objektive Auslegungstheorie, so kann sich auch die sogenannte subjektive, auf den Willen des historischen Gesetzgebers abstellende Auslegungstheorie i m Ergebnis nicht einem möglichen Bedeutungswandel des Gesetzes verschließen 40 . Da beide u m das letzte Ziel der Auslegung streitende Theorien die Elastizität und Weiterbildung des Rechts gegenüber neuen tatsächlichen Entwicklungen gutheißen, kommt es auf eine Stellungnahme zu der heute allerdings herrschenden objektiven Theorie i m Ergebnis nicht an 4 1 . Neben diesen allgemeinen Bemerkungen zur Weiterentwicklung der Anlagenbegriffe des § 24 I I I i m Wege der Auslegung sind Betrachtungen über Analogiemöglichkeiten i n dieser Allgemeinheit nicht möglich. Die Zulässigkeit und die Grenzen der Analogie lassen sich vielmehr nur i m Rahmen der Auslegung des konkreten Normenkomplexes selbst ermitteln 4 2 . b) I m Gegensatz zur interpretativen Weiterentwicklung der relativ weitgefaßten technischen Anlagenbegriffe w i r d die Anpassung der einzelnen sehr speziell gefaßten Sicherheitsvorschriften an die fortschreitenden sicherheitstechnischen Erkenntnisse regelmäßig die Befugnisse einer bloßen Rechtsanwendung überschreiten. Denn die Auslegung kann nicht zur Korrektur der Zweckmäßigkeit der technischen Vorschriften führen 4 5 . Da die Rechtsvorschriften ein bestimmtes Abwehrm i t t e l verbindlich vorschreiben können, hat die Änderung der faktischen Verhältnisse keinen unmittelbaren Einfluß auf die Anwendbarkeit der Normen. Eine Analogie w i r d für rein technische Spezialregelungen regelmäßig nicht i n Frage kommen, da es an der Vergleichbarkeit entsprechender Lagen fehlen w i r d 4 4 . 40 Vgl. Larenz, D R i Z 1959 S. 307; Engisch, Einführung, S. 91; Liver Heck, Gesetzesauslegung, S. 68, 88, 176.

S. 14, 28;

41 B V e r f G v. 17.5.60, Bd. 11 S. 126 ff., 129, 130; v. 21. 5. 52, Bd. 1 S. 299 ff., 312; B G H Z v. 7.7.1960, Bd. 33 S. 321 ff., 330; O V G Münster a.a.O., Bd. 13 S. 137 u n d B B 1956 S. 715. 42

Larenz, Methodenlehre, S, 286.

48

Larenz, Methodenlehre, S. 264.

44

Engisch, Sauer Festschrift, 1949 S. 98; Larenz, Methodenlehre, S. 303.

§ 2: Die Auslegung technischer Vorschriften

U m die Elastizität und Anpassungsfähigkeit der technischen Sicherheitsvorschriften dennoch zu wahren, beschränken sich die staatlichen technischen Vorschriften zu einem großen Teil auf die Festlegung allgemeiner Sicherheitsziele und verzichten auf die eigene rechtssatzmäßige Fixierung der einzelnen Abwehrmittel gegen die Gefahren. Sie verweisen insoweit auf die „allgemein anerkannten Regeln der Techn i k " . Mittels einer Generalklausel w i r d also auf die wechselnden Zeiterfordernisse verwiesen und ein der rechtlichen Ordnung immanentes Korrektiv geschaffen 45 . Das Gesetz billigt hier ausdrücklich die Möglichkeit eines Wandels der Auslegung. Zusammenfassend läßt sich sagen, daß der Fortschritt sicherheitstechnischer Erkenntnisse ohne unmittelbaren Einfluß auf die technischen Sicherheitsvorschriften ist, sofern nicht eine förmliche Anpassung der technischen Verordnungen erfolgt oder der Fortschritt durch allgemein gehaltene Begriffe, insbesondere durch die Generalklausel der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" aufgefangen wird. Allenfalls kann dem technischen Fortschritt bei groben Anpassungsmängeln durch die Gültigkeitsvoraussetzungen der Verhältnismäßigkeit und der Tauglichkeit der Abwehrmittel Geltung verschafft werden.

45 Heck, Gesetzesauslegung, S. 176; Lareriz, D R i Z 1959 S. 306; Huber, Recht i m technischen Zeitalter, S. 16; Kruse, Gieseke Festschrift, 1958 S. 360.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

§ 3: Das Sicherheitsrecht der überwachungsbedürftigen Anlagen als Polizeiverordnungsrecht des Bundes Z u untersuchen ist, ob die auf Grund des § 24 GewO erlassenen Verordnungen ihrem Inhalt nach der „Gefahrenabwehr" dienende „polizeiliche" Verordnungen der Bundesregierung sind und das technische Sicherheitsrecht als Polizeiverordnungsrecht des Bundes qualifiziert werden kann. Ausdrücklich auf den polizeilichen Charakter der technischen Vorschriften weist der Wortlaut des § 24 I hin, indem er den Zweck der Verordnungen auf den Schutz vor „Gefahren" beschränkt und dieser Gefahrenschutz gerade auch gegenüber solchen Anlagen durchgeführt werden soll, die m i t Rücksicht auf ihre „Gefährlichkeit" einer besonderen Überwachung bedürfen. I n der Verwendung dieser polizeirechtlichen Terminologie kann die Verweisung auf die bekannten polizeilichen Begriffsinhalte der Gefahrenabwehr und darüber hinaus — soweit der Begriff als abkürzende, komprimierte Ausdrucksweise verstanden w i r d — auch eine Einbeziehung der Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts überhaupt gesehen werden 1 . Es braucht nicht jede Norm ausdrücklich als polizeiliche bezeichnet zu sein und kann es ihrem Wesen nach dennoch sein 2 . Eine Einordnung i n den der Gefahrenabwehr dienenden Bereich der Verwaltung, i n das allgemeine Polizeirecht i m materiellen Sinne, würde zur Folge haben 3 , daß grundsätzlich — erweiternde und einschränkende Ausnahmen vorbehalten — die technischen Vorschriften i m Lichte der Rechtsgedanken des allgemeinen Polizeirechts gesehen werden müßten. Möglicherweise unbestimmte Begriffe i n § 24 und seinen Durchführungsverordnungen wären i m Sinne der festen polizeirechtlichen Tradition auszulegen und erhielten damit eine weitgehende inhaltliche Festlegung. Die Lücken einer nicht erschöpfenden spezialgesetzlichen Regelung könnten durch die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts über Polizeiwidrigkeit und Polizeipflichtigkeit, über Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ergänzt werden. A. Gegen die Einordnung des technischen Sicherheitsrechts des § 24 i n den Rahmen des materiellen Polizeirechts könnte aber geltend gemacht werden, daß der erste Halbsatz des § 24 GewO überhaupt keine verbindliche, rechtliche Grenzen setzende Ermächtigung ist, sondern nur den unverbindlichen Charakter einer „Präambel" trägt, die bloß das Motiv des Gesetzgebers wiedergibt 4 . Diese Ansicht widerspricht jedoch 1 Drews - Wache S. 39, 46, 385; Wache, Polizeirecht als Bundesrecht, S. 173; Scupin S. 612. 8 Wache, a.a.O., S. 195, 196. 8 Drews - Wache S. 20, 50, 68; W o l f f Bd. I I I S. 25, 57. 4 von Busch - Trabandt S. 33; vgl. Wolff Bd. I I I S. 44.

§ 3: Das Sicherheitsrecht als Bundespolizeiverordnungsrecht

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dem Wortlaut des § 24, der ausdrücklich von einer Ermächtigung spricht, und außerdem der Entstehungsgeschichte des Gesetzes5. Danach war die Neufassung des § 24 gerade Ausdruck des Willens des Gesetzgebers, entsprechend den strengen Anforderungen des Grundgesetzes an eine Ermächtigung der Exekutive zur Rechtsetzung, Inhalt, Zweck und Ausmaß der Delegation genau abzugrenzen 6 . B. Gegen eine Anwendung der Regeln des allgemeinen Polizeirechts auf die technischen Vorschriften könnte weiter sprechen, daß das allgemeine Polizeirecht als Recht der einzelnen Länder entwickelt wurde und nicht ohne weiteres auf ein Bundesgesetz übertragen werden kann. Indes hat Wacke 7 an Hand einer Vielzahl bundesrechtlicher polizeilicher Spezialbestimmungen und der auf Grund dieser Vorschriften ergangenen Ausführungsvorschriften sowie der Verwaltungsübung nachgewiesen, daß die polizeiliche Generalklausel und die sonstigen Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts i n Bund und Ländern inhaltsgleich verwandt werden. Das Bundesrecht übernimmt i n seinen unbestimmten polizeilichen Begriffen die i m wesentlichen übereinstimmenden, landesrechtlich ausgeprägten Begriffe m i t allem, was Rechtslehre und Rechtsprechung daraus abgeleitet haben. Eine Modifizierung dieser Grundsätze kommt nur insoweit i n Frage, als hinsichtlich einzelner Wirksamkeitsvoraussetzungen, insbesondere formeller A r t , schon das Grundgesetz oder besondere Bundesgesetze eine Regelung für Rechtsverordnungen der Bundesregierung enthalten. C. Schließlich könnte die Geltung der Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts wegen der besonderen Natur der Spezialermächtigung des § 24 verneint werden. Als besondere Spezialermächtigung könnte § 24 möglicherweise nicht nur eine Wiederholung und Konkretisierung der polizeilichen Generalklausel sein, sondern müßte zumindest eine Modifizierung, wenn nicht einen Ausschluß der Grundsätze der Generalklausel bezwecken. Es fragt sich mithin, was der spezifische Zweck und die eigentlichen Besonderheiten der spezialgesetzlichen Regelung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen sind, w o r i n sie von den herkömmlichen Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts abweichen und inwieweit sie m i t ihnen übereinstimmen. I. Diese Eigenheiten der Gefahrenabwehr gemäß § 24 GewO zeigen sich vor allem i n dreifacher Richtung. Erstens liegt eine Übertragung des Verordnungsrechts an eine besondere Stelle — die Bundesregierung — vor, wodurch eine bundeseinheit5

Bundestags-Drucks. 1. Wahlperiode 1949 Nr. 4170 S. 9. • Vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 1; Herschel, B A r b B l 1955, S. 1030. 7 Drews - Wache S. 39, 40, 353, 354; Wache, Polizeirecht als Bundesrecht, S. 173, 183, 190, 202; B G H S t v. 24. 11. 1955, Bd. 8 S. 360 ff., 367; s. auch Wolff Bd. I I I S. 42; a. A . Franz Mayer, D Ö V 1960 S. 88, 92.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

liehe abschließende Lösung der wirtschaftlich bedeutsamen Fragen gesichert werden soll. Zweitens sind Ausgangspunkt der Gefahren ganz bestimmte technische Anlagen. Entsprechend ist das M i t t e l der Gefahrenbekämpfung den spezifischen Gefahren dieser technischen Anlagen angepaßt. Die Aufstellung von Bau- und Betriebsvorschriften und die Einrichtung einer kontinuierlichen perfekten Überwachung sollen gefährliche Konstruktions- und Materialmängel ausschließen und den Gefahren des Materialverschleißes und der Abnutzung sowie des menschlichen Versagens vorbeugen. N u r eine ständige präventive Kontrolle könnte die für eine potenzierte Schadenswirkung ausreichenden geringfügigen U r sachen entdecken und rechtzeitig beseitigen. Als dritte Besonderheit ist die Richtung des Gefahrenschutzes zu nennen, die neben dem Schutz Dritter auch den Schutz der durch die Natur der Gefahren besonders und i n erster Linie betroffenen Beschäftigten bezweckt. Das bedeutet, daß der Gefahrenschutz zu einem großen Teil nicht die weitere Öffentlichkeit betrifft, sondern seine W i r kungen insoweit allein i n der internen Sphäre der Betriebe hervortreten. Werden diese Besonderheiten an den Grundsätzen der allgemeinen polizeilichen Generalklausel gemessen, so zeigt sich, daß die Spezialermächtigung als erschöpfende bundesrechtliche Regelung die landesrechtlichen Generalklauseln ausschließt und daß die Besonderheiten der Spezialklausel inhaltlich über den Rahmen der Generalklausel hinauszugehen scheinen. So gelten Maßnahmen, die der Aufsichtserleichterung der Behörden dienen — und dazu könnten zum Teil auch die Überwachungsmaßnahmen des § 24 zählen — als unzulässig. Ferner sind Zwecke der Förderung der Wohlfahrt, — wozu auch der sozialrechtliche, fürsorgerische Arbeitsschutzzweck i n § 24 rechnen könnte — keine polizeilichen Zwecke i m herkömmlichen Sinn. Nach hergebrachtem allgemeinen Polizeirecht macht die Polizeigewalt vor der Privatsphäre halt, wäre also möglicherweise ein Eingreifen i n betriebsinterne Angelegenheiten nicht zulässig. Eine genaue Begrenzung der auf Grund des § 24 erteilten besonderen Befugnisse und ihres Verhältnisses zum Inhalt der allgemeinen Generalklausel braucht indes noch nicht vorgenommen zu werden. Es genügte zu zeigen, daß die Ermächtigung des § 24 nicht nur eine Konkretisierung, sondern auch bestimmte gesetzliche Erweiterungen der allgemeinen polizeilichen Generalklausel enthält. Die allgemeinen Grundsätze des Polizeirechts könnten insoweit nicht als Begrenzung der Verordnungsgewalt herangezogen werden. Insoweit muß das Gesetz allein aus sich selbst heraus interpretiert werden.

§ 3: Das Sicherheitsrecht als Bundespolizeiverordnungsrecht

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II. Von diesen Besonderheiten abgesehen aber sprechen der Zweck sowie der Wortlaut, die systematische Stellung und die historische Entwicklung der Regelung des § 24 GewO für eine subsidiäre Heranziehung der allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätze. Nichts deutet darauf hin, daß § 24 als autonome Sonderregelung aufgefaßt werden muß, die allein aus sich heraus zu verstehen ist. Zweck des § 24 ist nur, eine technisch spezialisierte Gefahrenabwehr zu ermöglichen, die sich hinsichtlich ihrer Mittel, hinsichtlich der A r t und des Ausmaßes der Befugnisse sowie bezüglich der Schutzrichtung der Gefahrenabwehr den gegebenen besonderen Gefahren anpaßt und den Gefahrenschutz vervollkommnet und verstärkt. Dies ist Ausdruck der seit langem sich vollziehenden Aufteilung der polizeilichen Funktionen nach der Natur der abzuwehrenden Gefahren zum Zwecke ihrer sachgerechteren Bekämpfung. Der allgemeine polizeiliche Aufgabenbereich der Gefahrenabwehr soll durch die spezialgesetzliche Regelung technischer sonderpolizeilicher Materien nicht grundsätzlich verlassen werden 8 . Vielfach w i r d demgegenüber der Arbeitsschutzzweck der Vorschriften zur Charakterisierung i n den Vordergrund gerückt, und zwar unter Bezugnahme auf Zuständigkeitserwägungen der Bundesregierung bei Erlaß des Gesetzes®. Der Charakter der Vorschriften als polizeiliche Sicherheitsvorschriften w i r d darüber dann vernachlässigt. Gefahrenschutz und Arbeitsschutz schließen sich jedoch nicht aus (vgl. § 120 a, d und e GewO), sie betonen nur unterschiedliche Seiten derselben Sache, indem einmal auf den geschützten Personenkreis, zum anderen auf die materiellen Voraussetzungen und den Inhalt des behördlichen Eingreifens abgestellt wird. Zum Teil t r i t t der Arbeitsschutzzweck i n § 24 kaum hervor, z. B. bei den Getränkeschankanlagen 10 , zum Teil decken sich die technischen Anforderungen, die für die Sicherheit Dritter und der Beschäftigten gestellt werden müssen 11 . Soweit für letztere besondere Sicherheitsmaßnahmen nötig werden, ist dies eine Frage der I n tensität des Gefahrenschutzes, berührt aber ihren polizeilichen Charakter als solchen nicht 1 2 . Den entscheidenden methodischen Ansatzpunkt zur systematischen Bewältigung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen gibt nur die Erkenntnis seines Charakters als technisches polizeiliches Sicherheitsrecht. 8 Drews - Wacke S. 20, 50, 520, 526; Scupin S. 607, 612; Wolff, Bd. I I I , S. 19, 25, 57, 58; Zuppinger S. 74; a. A . Gintzel, Diss., S. 50. • Landmann - Rohmer § 24 A n m . 2; Fuhr § 24 A n m . 3 a ; von Busch - T r a bandt S. 33, 88, vgl. aber S. 45; Deutschbein, R d A 1953 S. 461, 462. 10 Deutschbein, a.a.O., S. 462. 11 Landmann - Rohmer, a.a.O.; Vogler S. 57. 12 Vogler S. 33; a. A . Kaskel S. 5 (aber unter Bezugnahme auf das gesamte Arbeitsschutzrecht, nicht n u r den Betriebsschutz).

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Der ausdrücklichen Bezugnahme des § 24 auf den Gefahrenschutz entprechend muß davon ausgegangen werden, daß die Ermächtigung des § 24 I 3 nicht eine Abkehr vom allgemeinen Polizeirecht, sondern nur dessen sachbedingte Weiterentwicklung enthält. Auch die Vorläufer der jetzigen technischen Verordnungen wurden früher ausdrücklich als Polizeiverordnungen auf Grund eines reichsrechtlichen polizeilichen Ermächtigungsgesetzes bzw. als Polizeiverordnungen der Länder i n Anlehnung an preußische Musterentwürfe erlassen 18 . Diese aus Zweck und Wortlaut des Gesetzes folgende Auffassung w i r d gestützt durch die systematische Stellung der auszulegenden Vorschrift i n der Gewerbeordnung. Denn diese beschränkt sich i n ihren Regelungen aus liberalstaatlicher Haltung heraus i m Prinzip auf gefahrenabwehrende staatliche Eingriffe i n die Wirtschaftstätigkeit des Einzelnen 1 4 . Von den allgemeinen polizeilichen, Grundsätzen abweichende, einschränkende oder erweiternde Regelungen wie z. B. der Schutz gegen bloße Belästigungen i n § 16 GewO, sind i n der Gewerbeordnung ausdrücklich kenntlich gemacht 15 . Für den polizeilichen Charakter der technischen Vorschriften spricht weiter, daß zur Durchführung dieser Vorschriften den zuständigen Gewerbeaufsichtsämtern gemäß §§ 24 d S. 2, 139 b I 2 GewO alle „polizeilichen" Befugnisse der Ortspolizeibeamten eingeräumt werden. Schließlich ergibt sich erst bei einer Auslegung der unbestimmten Begriffe i m Sinne des allgemeinen Polizeirechts und durch die Ausfüllung nicht erschöpfend geregelter Gesetzeslücken m i t Hilfe der Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts die notwendige rechtsstaatliche Bestimmtheit und Begrenzung des § 24 und der technischen Vorschriften, insbesondere auch i m Sinne des A r t . 80 GG. Durch die Übernahme können die Rechtsgarantien, die i n der durch eine langjährige Rechtsprechung und Literatur konkretisierten polizeilichen Generalklausel liegen1®, für die Spezialermächtigung nutzbar gemacht werden. D. Als Ergebnis ist festzuhalten, daß die auf Grund der Ermächtigung des § 24 erlassenen Sicherheitsverordnungen technische Polizeiverordnungen des Bundes sind, auf die die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts anwendbar sind, soweit nicht i m einzelnen § 24 eine A b 18 § 24 I I i n der Fassung v o n 1869 sprach ausdrücklich v o n den „allgemeinen polizeilichen Bestimmungen" f ü r Dampfkessel. Vgl. Laband, Staatsrecht, Bd. I I I , 5. Aufl., S. 214 A n m . 3. 14 Wolff, Bd. I I I , S. 6; Fuhr, Einleitung, Abschn. C, S. 45; Landmann - Rohmer, Einl., Ziff. 86; Heinrich, D V B l . 1966 S. 625. 15 Wolff, Bd. I I I , S. 105, 106. » Drews - Wacke S. 23, 46, 385; Vgl. ü l e - Rasch S. 82 A n m . 72.

§ 3: Das Sicherheitsrecht als Bundespolizeiverordnungsrecht

änderung, insbesondere eine weitergehede enthält 1 7 .

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Ermächtigungsgrundlage

I m folgenden werden die allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätze nur insoweit zur Darstellung gebracht, wie es die Erörterung der speziellen, für technische Sicherheitsnormen und insbesondere für § 24 sich ergebenden Fragen erfordert. I m übrigen sind die allgemeinen Begriffe zumeist durch Lehre und Rechtsprechung soweit geklärt, daß es einer Erörterung nicht bedarf. Dies gilt insbesondere für die traditionellen polizeirechtlichen Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.

17 Maunz, Gewerberecht, S. 21; ders., i n : Mang - Maunz - Mayer - Obermeyer S. 501; Vogler S. 33; Scupin, i n : Recht - Staat - Wirtschaft Bd. I I , 1950 S. 304, 306; Drews - Wache S. 38, 39, 388; Jacobi, Arbeitsrecht, S. 437 A n m . 22, 438; Vgl. Herschel, B A r B l 1955 S. 573, 578; Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 47.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik und die Rechtsquellen des technischen Sicherheitsrechts A. Die Regelung des Sicherheitsrechts technischer Anlagen w i r f t besondere Probleme auf, die i n anderen Bereichen des gefahrenabwehrenden Polizeirechts nicht m i t dieser Deutlichkeit zu Tage treten und dort mehr oder weniger vernachlässigt werden können, deren w i r k same Lösung aber hier Voraussetzung der Wirksamkeit des technischen Sicherheitsrechts überhaupt ist. Die sachliche Problematik folgt aus der Eigenart des Regelungsgegenstandes. Für die Charakterisierung der Rechtsquellen des technischen Sicherheitsrechts, der dieser Paragraph gilt, kommt es insbesondere auf die Berücksichtigung folgender Fakten an. I. Bei der Gefahrenabwehr muß erstens von der Tatsache eines permanenten, teils gleichmäßig fortschreitenden, teils sprunghaft sich weiterentwickelnden technischen Fortschritts ausgegangen werden. So tauchen neue Gefahren i m Zuge der Entwicklung neuer technischer Anlagen oder der Weiterentwicklung der alten auf; neue Sicherheitsmaßnahmen lassen bisher i n Kauf genommene Risiken als nicht mehr tragbare Gefahren erscheinen. Der schnelle Wandel der Verhältnisse verlangt eine anpassungsfähige, elastische Normgebung. M i t einem starren und statischen System, das auf konstante tatsächliche Voraussetzungen zugeschnitten ist, kann der moderne Industriestaat die Sicherheitsprobleme der Technik nicht mehr bewältigen, wenn nicht überholte technische Vorschriften zum Hemmschuh einer besseren Entwicklung werden sollen 1 . Die Notwendigkeit dauernder Anpassung scheint eine dauerhafte Regelung des Sicherheitsrechts sogar gänzlich unmöglich zu machen. I I . Zweitens muß berücksichtigt werden, daß die sicherheitstechnisch zu regelnden Anlagen ganz überwiegend i m Schöße der privaten W i r t schaft entwickelt und auch verwendet werden. A u f die Betriebssicherheit technischer Produktionsmittel sind aber die Betroffenen bis zu einem gewissen Grad schon i m eigenen ökonomischen Interesse bedacht. Sie haben diese Aufgaben seit je i n eigene Hände genommen. Die staatliche Gewalt sollte nach liberaler Auffassung nur insoweit i n die Privatwirtschaft eingreifen, als schädliche Auswirkungen auf die A l l gemeinheit und Gefahren für das Publikum zu besorgen sind. Auch als m i t der Zeit ein wirksamer Arbeitsschutz für die Beschäftigten zum Ziel staatlichen Eingreifens wurde, konnte der Staat sich weitgehend 1 Stellungnahme des Bundesrates zum E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes, BRatsDrucks. 141/1/66, S. 6; Begründung der MusterbauordnungsKommission S. 119; Vgl. Forsthoff, Lehrbuch, S. 83, 84; Henkel, Festschrift, S. 260 ff., 267, 309; Recht u n d I n d i v i d u a l i t ä t , S. 30; Wolff, Bd. I I I , S. 22; Scheerbarth S. 424; A r n i n g , ArbSch 1959 S. 259.

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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auf private Vorarbeiten insoweit verlassen, als Fragen der Betriebssicherheit und des Arbeitsschutzes sich decken. Nur unter M i t w i r k u n g der Fachkreise, d. h. insbesondere auch der privaten Wirtschaft und der sachverständigen Techniker kann also eine dem Stand der Technik entsprechende Regelung des Sicherheitsrechts gefunden werden, da der Staat sachlich und personell überfordert wäre, wenn er allein die Rechtsnormen des technischen Sicherheitsrechts bis ins kleinste Detail schaffen müßte 2 . I I I . Schließlich muß drittens die Notwendigkeit einer tief ins Detail reichenden, bis zu einem gewissen Grade perfektionistischen Spezialregelung gesehen werden. M i t einer Generalklausel wie i m allgemeinen Polizeirecht kann hier zur Erfassung des Wandels der Verhältnisse i m Ergebnis nicht gearbeitet werden. Denn je mehr technische Forschung und Entwicklung und die praktische Handhabung dieser Entwicklungen auseinanderfallen, und weite Spezialgebiete entwickelt werden, deren technische Gefahren nur noch von Spezialisten m i t der nötigen Exaktheit beurteilt werden können, u m so mehr muß den Benutzern der Anlagen, die nicht mehr i n der Lage sind, die komplizierten Anlagen sicherheitstechnisch zu beurteilen, eine feste Richtlinie an die Hand gegeben werden, die ihnen die Verantwortung einer selbständigen Einschätzung der Gefahren abnimmt. Der Praktiker kann nicht jeweils wissen, welche Maßnahmen gerade dem neuesten Stand der Sicherheitstechnik entsprechen. Die schriftliche Fixierung und Objektivierung des allgemeinen Sicherheitswissens i n technischen Regelbüchern, die an die Stelle überlieferten Erfahrungswissens treten, schaltet i n geeigneter Weise individuelle Fehleinschätzungen aus eigener Anschauung unbekannter Gefahren aus 3 . Hinter der Klage über einen übertriebenen Perfektionismus steht nur allzu oft die Abneigung gegen jede staatliche Einmischung überhaupt 4 . Trotz aller notwendigen Detailregelung muß die einmal ausgearbeitete Sicherheitsregel immer noch den Charakter des Vorläufigen und Wandelbaren behalten und weithin nicht m i t unbedingter Bindungswirkung, sondern als Richtlinie für das nur regelmäßig richtige technische Verhalten gelten. Die Konstruktion und die Handhabung technischer Anlagen darf nicht i n eine Form angewandter Bürokratie ausarten 5 . 2 Vgl. Empfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates zum E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes, a.a.O.; Musterbau-Kommission S. 113; Forsthoff, Technische Überwachung 1960 S. 63. 3 Vgl. Schäfer, Diss., S. 54, 55, 143; Freytag - Merländer - Zachen, K o m m e n tar VbF, Bd. I, S. 54; ArbSch 1965 S. 67; Rumpf, J W 1932 S. 746; Mangels § 9 A n m . 5; vgl. Begründung der Bundesregierung zum E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes 141/66. 4 Arning, ArbSch 1957 S. 176. 5 Herding - Schmalzl S. 265.

3 Plischka

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

B. Nunmehr ist das System der Rechtsquellen i m technischen Sicherheitsrecht der überwachungsbedürftigen Anlagen darzustellen. A u f der Grundlage des Ermächtigungsparagraphen § 24 GewO baut sich ein mehrstufiges fortschreitend detaillierter ausgestaltetes Normensystem auf. Charakteristisch ist vor allem das Ineinandergreifen staatlicher und privater Sicherheitsvorschriften. Die staatliche Rechtssetzung besteht aus einem — für die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen weitgehend parallel ausgestalteten — aufeinander abgestimmten System von Gesetzesvorschriften, Rechtsverordnungen und Allgemeinen Verwaltungsanweisungen. Dieses ist eng verzahnt m i t den Ausarbeitungen privater Verbände über technische Sicherheitsregeln und bezieht aus diesem verbandsrechtlichen „Unterbau" weitgehend seinen eigentlichen konkreten technischen Inhalt. Zunächst sind die staatlich gesetzten, dann die auf privater Ebene ausgearbeiteten Sicherheitsregeln darzustellen. I m Anschluß daran soll die rechtliche Problematik erörtert werden, die an der Nahtstelle staatlichen Rechts und privat gesetzter Normen entsteht und das Verhältnis der Verbandsregeln zum staatlichen Sicherheitsrecht betrifft. Die verschiedenen Stufen des technischen Sicherheitsrechts sollen zur Veranschaulichung zunächst in gegenüberstehender Skizze erläutert werden 6 . I. a) I m Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen steckt das Gesetz selbst nur die Grenzen des technischen Sicherheitsrechts ab, indem es alle weiteren Vorschriften auf die Gefahrenabwehr als den entscheidenden Sicherheitsmaßstab beschränkt sowie den sachlichen Geltungsbereich bestimmt. b) Die nähere Ausgestaltung des Überwachungsverhältnisses m i t der Festlegung von Erlaubnis-, Prüfungs- und Anzeigepflichten, m i t der Regelung der konkreten Eingriffsbefugnisse und der Dispensmöglichkeiten der Überwachungsbehörden sowie der Einrichtung eines Typengenehmigungsverfahrens w i r d den sogenannten Grundverordnungen überlassen. Nach der Idee des Gesetzes sollen diese formalrechtlichen Fragen, da sie den festen, gleichbleibenden Kern des Sicherheitsrechtes bilden, gesondert von den eigentlichen materiellen technischen Sicherheitsanforderungen i n eine besondere Verordnung aufgenommen werden. Die „technischen Vorschriften" (§ 24 I Ziff. 3 Satz 2) hingegen sollen u m der erleichterten Abänderbarkeit und Übersichtlichkeit willen i n getrennten Verordnungen erlassen werden, für die es nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf (§ 24 VI) und bei denen statt dessen die Vorschläge eines technischen Ausschusses der sachverständigen und betroffenen Kreise (§ 24 IV) berücksichtigt werden 7 . 6

I n Anlehnung an die Skizze der Technischen Regeln f ü r Dampfkessel (TRD) i n ArbSch 1967 S. 49.

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egeln der Technik

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7 Z u r rechtlichen S t r u k t u r der Technischen Ausschüsse als „teilrechtsfähige Verbände des öffentlichen Rechts": Bachof, AöR Bd. 83 S. 208—279; Arning,

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Die Scheidung des gesamten technischen Sicherheitsrechts i n Grundverordnungen und technische Vorschriften ist jedoch nicht rein durchgeführt worden. Einmal wurden Nachträge und Ergänzungen zu den vorab fertiggestellten Grundverordnungen auch i n die später erlassenen technischen Vorschriften eingearbeitet. Zum anderen enthalten die staatlichen technischen Vorschriften durchaus nicht die vollständige Regelung des technischen Regelwerkes, wie dem Sinn des § 24 I 3 entnommen werden könnte (wonach die technischen Bestimmungen abschließend i n technischen Verordnungen festgelegt werden sollen). Vielmehr hat sich i m Laufe der Vorarbeiten zu den technischen Vorschriften allmählich eine moderne Konzeption des technischen Sicherheitsrechts herausgeschält, die den rechtsstaatlichen Einwendungen gegen ältere Systeme Rechnung trägt und Vorbild des weiter auszubauenden technischen Sicherheitsrechts zu werden verspricht. Zum Teil ist sogar auf den Erlaß von besonderen technischen Vorschriften überhaupt verzichtet worden. Die wenigen notwendigen Bestimmungen wurde statt dessen i n einem Anhang zur Grundverordnung aufgenommen 8 . Nach dieser Konzeption des Verordnungsgebers 0 soll das generelle Ziel der technischen Vorschriften — die Wahrung der Gefahrlosigkeit der technischen Anlagen i m allgemeinen — i n eine Reihe speziell gefaßter, begrenzter und m i t Bezug auf die Eigenheiten der Anlagen näher konkretisierter Sicherheitsziele aufgefächert werden. Während diese einzelnen Ziele rechtsverbindlich festgelegt werden, bleiben die jeweiligen M i t t e l zur Erreichung der Sicherheitsmaximen offen und werden aus der rechtssatzmäßigen verbindlichen Festlegung ausgeklammert. Den Anlagebetreibern soll i n der Wahl des geeigneten Gegenmittels möglichst weitgehend freie Hand gelassen werden. Durch den Verzicht auf die abschließende tatbestandliche Fixierung bestimmter Gegenmittel und auf präzise sicherheitstechnische Anforderungen sowie durch die Beschränkung auf die rahmenmäßige Festlegung immer wiederkehrender, konstant bleibender Sicherheitsziele sollen Wandlungen der Sicherheitstechnik ohne Verordnungsänderungen aufArbSch 1959 S. 258 f.; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 31, 32; Fuhr § 24 A n m . 5; von Busch - Trabandt S. 73; Nickusch, Diss., S. 3 ff., 187 ff.; E i n näheres Eingehen auf die organisationsrechtliche Problematik der technischen Ausschüsse würde den Rahmen dieser A r b e i t überschreiten, da ein Eingehen auf die I n s t i t u t i o n der „AusschußVerwaltung" insgesamt notwendig wäre. 8 Vgl. Dampfkessel-Verordnung; 1. Ä n d V O elektr. Anlagen. 9 Schulz, ArbSch 1962 S. 66; Vgl. „Informationen", i n R d A 1965 S. 389; Hagen u n d Nöthlichs, ArbSch 1965 S. 231, 233; Greinert u n d Nöthlichs, ArbSch 1965 S. 236; Hagen, ArbSch 1963 S. 233, 235; Merländer - Frey tag Zachen, K o m m . VbF, Bd. I , S. 54, 55; Dörrscheidt, Technische Überwachung 1960 S. 72; vgl. schon Jaeger - Ulrichs S. 5, 6; Begründung zur Technischen V O f ü r brennbare Flüssigkeiten, BRatsDrucks. 243/64, S. 61; 244/64 S. 38; Wirtschaftsausschuß des Bundesrates zum E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes, BRatsDruck 141/1/66, S. 6.

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gefangen werden. Die Möglichkeit zur Berücksichtigung der neuesten Sicherheitserkenntnisse soll damit gewahrt bleiben 1 0 . Die bewußt nicht abschließend geregelten Sicherheitsfragen erfahren immerhin dadurch eine staatliche generelle Regelung, daß die technischen Vorschriften übereinstimmend bestimmen, daß die Anlagen „nach den Vorschriften der Verordnung und i m übrigen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik errichtet und betrieben werden müssen". M i t der Beschränkung der Rechtsnormen auf die Setzung von Sicherheitszielen und der Überlassung der technischen M i t t e l w a h l an eine konkretisierungsbedürftige, den wandelbaren Anschauungen Rechnung tragende Generalklausel w i r d ein entscheidender Wesenszug der Technik berücksichtigt, nämlich ihre Bestimmung, „ M i t t e l " zu sein zur Verwirklichung anderweitig gesetzter Zwecke 11 , hier zur Gewährleistung der Sicherheit vor der Technik selbst. Während Ziel und Zweck der Regelung der juristischen und gesellschaftlichen Festsetzung überlassen bleiben müssen, kann die Wahl der M i t t e l sachverständigem Fachwissen überantwortet werden. c) I n enger Anlehnung an die auf die Festlegung von Sicherheitszielen und die Schaffung einer Generalklausel sich beschränkenden Rechtsverordnungen wurden ergänzende Allgemeine Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung erlassen. Sie unternehmen die Regelung des Teiles des technischen Sicherheitsrechts, den die Rechtsverordnungen ausgespart haben, nämlich die Bestimmung eines konkret geeigneten Gegenmittels zur Abwehr der dort speziell bezeichneten Einzelgefahren. Sie bestimmen, auf welche Weise die i n den Rechtsverordnungen gestellten Sicherheitsanforderungen erfüllt werden können. Die Überwachungsbehörden werden angewiesen, ein gewisses Sicherheitsziel i n der Regel als erfüllt anzusehen, wenn ein genau bezeichnetes Gegenmittel verwendet w i r d 1 2 . Die umfangreichen Verwaltungsvorschriften binden zwar nur die Behörden verwaltungsintern und nicht die betroffenen Betreiber, werden 10 E i n ähnliches Rechtsinstitut zur Wahrung einer gewissen Selbständigkeit des Normadressaten — w e n n auch zu anderen Zwecken — findet sich i n A r t . 189 I I I des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft B G B l I I 1957 S. 766ff.: „Die Richtlinie ist f ü r jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet w i r d , hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überläßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die W a h l der F o r m u n d der Mittel." 11 Engisch, Einführung, S. 29; Schäfer, Diss., Einleitung; vgl. Krüger, N J W 1966 S. 620. 12 Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur V O über elektrische Anlagen, BAnz 1965 Nr. 167 S. 1; 1963 Nr. 166 S. 1; Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur technischen V O über brennbare Flüssigkeiten, B A n z 1964 Nr. 172; T R D (Technische Regeln Dampfkessel) Beilage zu Heft 9 ArbSch 1965; A l l gemeine Verwaltungsvorschriften zur techn. V O Aufzüge, BRatsDruck 345/65.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

aber dennoch i m Bundesarbeitsblatt, Teil Arbeitsschutz bzw. i m Bundesanzeiger der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Denn damit erhält der Bürger einen wichtigen Hinweis, wie er den technischen Verordnungen genügen kann, ohne mit Beanstandungen der Aufsichtsbehörden rechnen zu müssen. Die Bestimmungen der allgemeinen Verwaltungsvorschriften können zwar nicht für sich allein Hechtsgrundlage eines Einschreitens der Verwaltung gegen die Betreiber sein, vielmehr können diese gegebenenfalls auch auf andere Weise nachweisen, den Sicherheitszielen der Rechtsverordnungen zu genügen. Der Bürger kann aber seinerseits verlangen, gemäß den Verwaltungsvorschriften behandelt zu werden und ist damit der Mühe eigenverantwortlicher Wahl der geeigneten Sicherheitsmittel enthoben. Die Verlagerung eines Teiles des technischen Sicherheitsrechts i n die Ebene der Verwaltungsverordnungen führt damit nicht zu einer Schmälerung, sondern zu einer Stärkung der Position der Betreiber 1 8 . Der Rechtsschutz bleibt ihnen gewahrt, gestärkt w i r d die Selbstverantwortlichkeit der Unternehmensführung. Sowohl die technischen Rechtsverordnungen wie die allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die überwachungsbedürftigen Anlagen sind auf Vorschlag der technischen Ausschüsse (§ 24 I V GewO) ergangen. Für die Dampfkesselanlagen übernehmen die beschriebene Aufgabe der allgemeinen Verwaltungsvorschriften die vom Dampfkesselausschuß ausgearbeiteten Technischen Regeln für Dampfkessel (TRD), auf welche die staatliche allgemeine Verwaltungsvorschrift generell verweist 1 4 . I I . Aber auch dieses mehrstufige staatliche Normensystem enthält noch nicht die abschließende Regelung des technischen Sicherheitsrechts. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften ziehen vielmehr ihrerseits i n weitem Umfang private technische Regelwerke zur Bestimmung der einzelnen Sicherheitsmaßnahmen heran und bestimmen etwa, daß bei Einhaltung der Vorschriften des VDE oder des VDI, der DIN-Normen oder der Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaften 1 5 die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" als erfüllt gel18

Schulz, ArbSch 1962 S. 67; vgl. Schäfer, Diss., S. 163, 164. Allgem. Verw.-Vorschrift zur Dampfkessel-VO, B A n z 1965 Nr. 175 S. 2 Ziff. 1.1. 15 Z u m Verhältnis der technischen Vorschriften zu den Unfallverhütungsvorschriften: Pflaum, Diss., S. 28—31. Die Unfallverhütungsvorschriften, sow e i t sie technische Sicherheitsnormen feststellen u n d nicht unmittelbar menschliches Verhalten normieren, sind ihrerseits wieder großenteils A n w e n dungen der privaten technischen Regelwerke: Pflaum S. 73, 76; Forsthoff, Lehrbuch S. 73; I m übrigen werden die U n f a l l Verhütungsvorschriften i n der Praxis nicht durch die einzelnen öffentlich-rechtlichen Berufsgenossenschaften selbst, sondern durch spezialisierte Fachausschüsse der Zentralstelle f ü r Unfallverhütung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaf14

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ten sollen. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften sind weitgehend nichts anderes als eine detailliert ausgearbeitete Bezugnahme auf die jeweils einschlägigen privaten technischen Regelwerke 16 . Auch soweit die Verwaltungsvorschriften selbst eine bestimmte Regelung enthalten, stützen sie sich inhaltlich doch weitgehend auf die i m Rahmen der P r i vatwirtschaft angestellten Vorarbeiten 1 7 . Zwar tauchen die privaten technischen Vorschriften nicht unmittelbar i n den Rechtsvorschriften der Verordnungen selbst auf; sie scheinen jedoch hinter dem generellen Hinweis auf die Verpflichtung zur Beachtung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" zu stehen und könnten i n diesem Rahmen A n erkennung finden 1 8 . Da die privaten technischen Regelwerke letztlich den Inhalt der Sicherheitsanforderungen konkretisieren und hier der wahre Puls des technischen Sicherheitsrechts zu schlagen scheint — w e i l erst hiermit die Zielsetzungen und allgemeinen Klauseln Leben und Gestalt annehmen —, sollen sie nunmehr näher beschrieben und anschließend i n das System der Rechtsquellen eingeordnet werden. Das Verhältnis des staatlichen Rechts zu den technischen Regelwerken privater Verbände ist eine Kernfrage des technischen Sicherheitsrechts 19 . a) Bei der Regelung elektrotechnischer Sicherheitsfragen w i r d i n der Regel auf die Vorschriften des Verbandes Deutscher Elektriker (VDE) zurückgegriffen, besonders natürlich i n den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Verordnung über elektrische Anlagen i n explosionsgefährdeten Räumen, aber auch i n den Ausführungsbestimmungen zu den anderen Verordnungen. Der VDE ist ein i m Jahre 1893 gegründeter eingetragener Verein des Privatrechts m i t dem Sitz i n Frankfurt am Main. I n i h m haben sich ein wesentlicher Teil der Elektroingenieure, das Elektroinstallateurgewerbe, die elektrotechnische Wissenschaft, die Elektrizitätswerke und die elektrotechnische Industrie zusammengeschlossen. Staatliche Behörden, die Bundespost und die Bunten e. V. ausgearbeitet. Diese Fachausschüsse sind ähnlich strukturiert w i e die genannten technischen und wirtschaftlichen privaten Verbandsgremien. Vgl. Pflaum, Diss., S. 38, 39. 16 Vgl. T R D 001 Ziff. 2 (zum A u f b a u der TRD) ArbSch 1967 S. 49; sowie die Einzelbestimmungen der erwähnten Allgemeinen Verwaltungsvorschriften; vgl. Dörrscheidt, Technische Überwachung 1960 S. 72, 73. 17 Vgl. Begründung zur 1. Ä n d V O zur V O f ü r elektrische Anlagen, BRatsDrucks. 346/65 S. 2. 18 Vgl. § 13 des Entwurfs zum Maschinenschutzgesetz (BRatsDrucks. 141/66): „Der Bundesminister erläßt . . . zur Durchführung dieses Gesetzes allgemeine Verwaltungsvorschriften. I n diesen sind insbesondere die technischen Normen zu bezeichnen, i n denen die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" ihren Niederschlag gefunden haben". 19 Vgl. Bericht des Bundesrates über die 294. Sitzung v o m 13. 5. 66, Anlage 2 S. 93 f. des Bundesratsprotokolles.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

desbahn als technische Großbetriebe des Bundes sowie die Berufsgenossenschaften sind an seinen Arbeiten beteiligt 2 0 . Die Bestimmungen des VDE-Vorschriftenbuches dienen vor allem dem Zweck, eine Gefährdung von Leben und Gesundheit von Personen sowie von Sachwerten zu verhindern. Die Bestimmungen werden i n Fachausschüssen i n einem geregelten Verfahren m i t oft langwierigen Verhandlungen ausgearbeitet. A u f die Entwürfe w i r d öffentlich i n der Verbandszeitschrift und i m Bundesanzeiger hingewiesen und damit eine mehrwöchige Einspruchsfrist i n Lauf gesetzt. Innerhalb dieser Frist kann jedermann aus der interessierten Öffentlichkeit Einwendungen erheben und Anregungen einreichen. Die Eingaben müssen geprüft werden und führen gegebenenfalls zur Abänderung der Entwürfe. Schließlich w i r d auch die Inkraftsetzung öffentlich bekanntgegeben 21 . Hinsichtlich der Bindungsstrenge, des Grades der Dringlichkeit der Einhaltung der Vorschriften gliedert der Verband seine Bestimmungen i n „Vorschriften", „Regeln" und „Leitsätze" auf, so daß zwischen unabdingbaren Forderungen der Elektrosicherheit und bloßen Enmpfehlungen unterschieden werden kann. Die private technische Normung vermeidet also die starre Endgültigkeit; sie nimmt festere Formen erst nach Abschluß einer technischen Entwicklung an und begleitet sie vorher m i t Empfehlungen und Hinweisen. b) Neben den VDE-Bestimmungen werden durch die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften und vor allem durch die TRD noch die Regelwerke weiterer Verbände des privaten Rechts i n Bezug genommen, so insbesondere die DIN-Normen des Deutschen Normenausschusses (DNA) 2 2 . Auch der deutsche Normenausschuß i n Berlin ist ein eingetragener Verein, der i m Laufe des ersten Weltkrieges aus Rationalisierungsbestrebungen der Wirtschaft aus seinem Vorläufer, dem Normalienausschuß der deutschen Industrie entstanden ist. Die in den Ausschüssen des D N A erarbeiteten technischen Bestimmungen sind nur zum Teil als Sicherheitsnormen zum Schutze von Leben und Gesundheit sowie von Sachwerten gedacht. Sie sollen insbesondere auch eine rationelle Ordnung und ein rationelles Arbeiten i n Wissenschaft, Technik, Wirtschaft und Verwaltung ermöglichen, sowie Gütenormen für die Anforderungen an die Qualität von Erzeugnissen 20 Vgl. zum V D E : V D E Nr. 0022/6. 54; Nickusch, Diss., S. 25—27; Schäfer, Diss., S. 54—59; Hamerla, Diss., S. 8—10; Eiser - Riederer - Sieder § 13 Erl. 13); Bundeskartellamt v. 20. 2. 60, W u W Entscheidungssammlung B K a r t A 145; RG v. 11. 7. 31, J W 1932 S. 745; v. 11. 4. 35, J W 1935 S. 2196; Erlaß des Reichswirtschafts M i n . v. 11. 12. 1937 bezüglich des § 1 der 2. D V O zu § 13 I I Energiewirtschaftsgesetz (abgedruckt i n Eiser - Riederer - Sieder). 21 Vgl. z. B. B A n z 1966 Nr. 40 S. 4, Nr. 19 S. 5. 22 Vgl. D I N 820; Schäfer, Diss., S. 54—59; Nickusch, Diss., S. 43—45; Musterbaukommission S. 125; Mang - Simon, BayBauO, A r t . 3 A n m . 54.

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festlegen. Die unterschiedlichen Zweckbestimmungen der einzelnen A r ten von DIN-Normen können auch i n einer einzelnen Norm zusammentreffen. Auch bei den DIN-Normen finden sich unterschiedliche Grade der selbst abgestuften Bindungsstrenge der Vorschriften 23 . Die Mitarbeiter der Ausschüsse werden aus interessierten Fachkreisen, insbesondere der Hersteller, der Verbraucher und des Handels sowie der Verwaltung und der Wissenschaft herangezogen. Diese Gruppen sollen i n einem angemessenen Verhältnis zueinander durch autorisierte Mitarbeiter vertreten sein, die jedoch den Ausschüssen persönlich als Fachleute angehören. Auch hier findet sich ein geregeltes Verfahren für die Ausarbeitung der DIN-Normen. Die Entwürfe der einzelnen Ausschüsse werden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht 24 , Einsprüche und Anregungen werden berücksichtigt und schließlich die endgültige Festsetzung bekanntgegeben. c) Die Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) bezwecken die Schaffung von anerkannten Regeln der Technik i n freiwilliger Selbstverantwortung der Technik 2 5 . Nach der Ausarbeitung von Richtlinien i n den Fachgruppen werden die Entwürfe zunächst veröffentlicht und nach einer bestimmten Einspruchsfrist endgültig bestätigt 2 6 . Auch hier werden hinsichtlich der Bindungsintensität der einzelnen Richtlinien Unterschiede gemacht. d) Die Verwaltungsvorschriften zu den technischen Verordnungen für überwachungsbedürftige Anlagen beschränken sich jedoch nicht auf die Verweisung auf VDE-, D I N - und VDI-Regelwerke. Sie ziehen zwar die technischen Bestimmungen dieser Verbände besonders häufig heran, nehmen jedoch beispielsweise auch auf die technischen Bestimmungen des Deutschen Ausschusses für Blitzableiterbau 2 7 oder auf die Vorschriften des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern (DVGW) 2 8 Bezug. C. Die rechtliche Bedeutung der von privaten Gremien ausgearbeiteten technischen Vorschriftensammlungen i m System des technischen Sicherheitsrechts ist nunmehr i m einzelnen zu untersuchen. Es geht hier nur um die verwaltungsrechtliche Frage, ob allgemein anerkannte technische Vorschriften privater Verbände als Rechtsvor23 Vgl. Äußerung des Präsidenten des D N A , abgedruckt bei Herding Schmalzl S. 170. 24 Vgl. z.B. M i t t e i l u n g i n ArbSch 1960 S. 30; 1961 S. 220; B A n z 1966 Nr. 19 S. 5, Nr. 25 S. 5, Nr. 52 S. 3, Nr. 62 S. 4. 25 Schäfer, Diss., S. 54—59; Nickusch, Diss., S. 55, 56. 26 Vgl. z. B. ArbSch 1967 S. 128; B A n z 1966 Nr. 45 S. 8. 27 Vgl. Nickusch S. 59. 28 Vgl. Nickusch S. 33 ff.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Schriften eine selbständige Eingriffsgrundlage der Verwaltungsbehörden gegenüber dem Anlagenbetreiber bilden, der sich nicht an sie hält. Die Frage ist, ob allein schon ihre Außerachtlassung einen Anlaß zu polizeilichem Einschreiten geben kann. Gegenüber den technischen Normen als Rechtssätzen wäre die richterliche Nachprüfung auf Rechtmäßigkeitsfragen beschränkt, würde aber nicht die Kontrolle ihrer sachlichen Zweckmäßigkeit umfassen 29 . Daneben spielen die privaten technischen Sicherheitsvorschriften noch eine erhebliche Rolle i m Strafrecht und i m Zivilrecht, etwa als Maßstab der verkehrsüblichen Sorgfalt oder als Maßstab für die Feststellung von verkehrsüblichen Mängeln einer Ware und der vom Hersteller zu vertretenden Mindestqualität 3 0 , wovon jedoch hier nicht zu handeln ist. Zunächst soll kurz geprüft werden, ob den technischen Regeln privater Verbände unmittelbare Rechtssatzqualität zukommen könnte, und zwar an Hand der herkömmlichen Kategorien der verwaltungsrechtlichen Rechtsquellenlehre, die vor allem Rechtsverordnungen, autonome Satzungen und Gewohnheitsrecht unterscheidet. I m Anschluß daran ist zu untersuchen, ob die privaten Regeln an der Rechtsqualität von Rechtsnormen als deren ergänzender Bestandteil teilnehmen können und ob sie auf diese Weise mittelbar verbindliche Geltung beanspruchen können 3 1 . Nach Verneinung dieser Möglichkeiten zur Anerkennung einer rechtssatzmäßigen Verbindlichkeit der technischen Regelwerke werden ihre eigentliche positive Bedeutung als allgemeine Erfahrungssätze der Technik und die Voraussetzungen dieser Anerkennung dargestellt. I. Für die untergesetzliche abgeleitete Normsetzung stellt die Rechtsordnung nur das Institut der Rechtsverordnung oder der Satzung zur Verfügung 3 2 . a) Für die Annahme einer Verordnungsgewalt bedürfte es vor allem des Nachweises einer Ermächtigung. Eine bundesrechtliche Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen könnte gemäß A r t . 80 GG nur durch Gesetz erteilt werden, und zwar unmittelbar nur an den i n A r t . 80 I 1 genannten geschlossenen Adressatenkreis. Die Möglichkeit einer Subdelegation an andere Stellen müßte ebenfalls i m Gesetz vorgesehen sein (Art. 80 I 4 GG). 29 Vgl. B V e r w G v. 29. 8. 61, DVB1. 1962 S. 137 f., 138; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 24. 30 Dazu: Schäfer, Diss., S. 125 f.; Hammer, M D R 1966 S. 980; Pflaum, Diss., S. 78 ff.; Herding - Schmalzt S. 167, 173, 371; Rumpf, J W 1932 S. 746; R G v. 11. 7. 1931, J W 1932 S. 745 ff., 746. 31 Vgl. BVerwG, a.a.O.; Hammer, M D R 1966 S. 977 ff.; Schäfer, Diss., S. 100 —124; Nickusch, Diss., S. 196 ff.; N J W 1967 S. 811 ff. 32 Z u r Verbindlichkeit „technischer Gesetze" aus der „ N a t u r der Sache": Bull S. 45, 46.

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Eine Ermächtigung der privaten Verbände zur Setzung technischer Sicherheitsnormen könnte allenfalls i n den technischen Verordnungen der Bundesregierung gesehen werden, die auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" Bezug nehmen und ihnen die weitere Regelung überlassen 33 . Der direkten Bezugnahme i n den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften fehlt selbst die Rechtsnormqualität. Eine förmliche gesetzliche Ermächtigung liegt i n § 24 GewO aber nur für die Bundesregierung bzw. den Bundesminister vor; § 24 spricht nicht von einer Subdelegation an private Verbände. Für die Annahme eines Rechtsverordnungscharakters der privaten technischen Regelwerke fehlt es zudem an einer rechtsstaatlichen Erfordernissen entsprechenden ordnungsmäßigen Verkündung (Art. 82 I 2 GG) 3 4 . Abgesehen von dieser aus den eindeutigen Bestimmungen der A r t . 80 und 82 GG zu entnehmenden Entscheidung 35 muß darüber hinaus bezweifelt werden, ob private Verbände überhaupt Träger von Rechtsetzungsbefugnissen sein können oder ob durch ihre Beleihung m i t Verordnungsgewalt nicht vielmehr das Rechtsstaatsprinzip verletzt würde 3 6 . b) Die Einräumung öffentlichrechtlicher autonomer Satzungsgewalt erfolgt an nichtstaatliche, dem Staate eingeordnete Organisationen — insbesondere Körperschaften des öffentlichen Rechts — zur Regelung der ihnen eigenen besonderen Angelegenheiten durch ausdrückliche Verleihung. Ob Träger dieser Autonomie auch private Verbände sein können, w i r d von der herrschenden Meinung i m Verwaltungsrecht verneint, i m übrigen aber für das Arbeits- und Sozialrecht vielfach anerkannt 3 7 . Zumindest jedoch müßte jede Geltungserstreckung autonomer Satzungen auf Außenstehende — wie sie für ein umfassendes technisches Sicherheitsrecht notwendig wäre — auf einem Gesetz beruhen und gewissen Voraussetzungen hinsichtlich der Bestimmtheit des Adressatenkreises und des Umfangs der Autonomie genügen 38 . Das Gesetz enthält i n § 24 eine solche Ermächtigung wiederum nicht. Soweit 83 Vgl. aber etwa § 1 der 2. D V O zu § 13 I I Energiewirtschaftsgesetz v o m 31. 8. 1937 (RGBl. 1937 I 918): „Elektrische Anlagen u n d Energieverbrauchsgeräte sind ordnungsgemäß, d. h. nach den anerkannten Regeln der E l e k t r o technik einzurichten u n d zu unterhalten. Als solche Regeln gelten die Bestimmungen des Verbandes Deutscher Elektrotechniker (VDE)." 34 S. weiter unten i m T e x t : d). 85 Schäfer, Diss., S. 103, 104; Nickusch, Diss., S. 31, 36, 156, 186, 203. 38 B G H Z v. 14. 7. 54, B B 1954 S. 1043 ff., 1044; Vgl. Nickusch t Diss., S. 37, 153 ff., 158 A n m . 1; B. Wolff, AöR 78 S. 215, 222; Bullinger, Selbstermächtigung, S. 23; Schäfer, Diss., S. 78, 105, 106; Haug, Diss., S. 89; a. A . : Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I , S. 538. 37 Nickusch, Diss., S. 139, 200; Krüger, Staatslehre, S. 491; Haug, Diss., S. 83—85; Vgl. Schneider, Autonome Satzung, S. 533. 88 Schneider, a.a.O., S. 530, 533; Forsthoff, Lehrbuch, S. 130; Nickusch, Diss., S. 131, 132, 199, 200.

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Technische Ausschüsse m i t gesellschaftlicher Beteiligung bei der Normsetzung herangezogen werden (§ 24 I V GewO), sind sie ausdrücklich auf Vorschlags- und Beratungsfunktionen beschränkt. c) Ausgehend von der Tatsache, daß die Vorschriftenwerke der privaten Verbände von den Betroffenen stetig und regelmäßig wie staatliche technische Vorschriften angewandt werden, könnte schließlich an eine Bildung von Gewohnheitsrecht gedacht werden. Aber schon hinsichtlich der zur Bildung von Gewohnheitsrecht erforderlichen longa consuetudo, der dauernden gleichmäßigen Übung der Beteiligten, könnten wegen der laufenden Erneuerung der technischen Regeln Zweifel entstehen 39 . Vor allem aber fehlt es an der Überzeugung, daß die tatsächliche Übung einer rechtlich gebotenen Notwendigkeit entspricht. Die DIN-Regeln wollen ausdrücklich nicht kraft Zwanges, sondern kraft der besseren Einsicht der Betroffenen i n die Zweckmäßigkeit der Regelung gelten. Die m i t der Qualifizierung der Regelwerke befaßten Gerichte und Verwaltungsbehörden haben ihren Rechtscharakter stets verneint und die technische Praxis wendet die Vorschriften zwar i n der Regel an, weicht aber i n besonderen Fällen immer wieder davon ab 4 0 . Ein Rechtsgeltungswille kann m i t h i n nicht festgestellt werden. Auch die gewohnheitsrechtliche Bildung einer umfassenden Regelungskompetenz für die privaten Verbände als solcher, unabhängig von den einzelnen Regelwerken, scheidet angesichts der Notwendigkeit ausdrücklicher gesetzlicher Übertragung der Rechtssetzungsbefugnisse aus. d) Die von den privaten Verbänden aufgestellten technischen Regeln könnten endlich dadurch die K r a f t von Rechtssätzen erhalten, daß sie zum ergänzenden und ausfüllenden Bestandteil der Rechtsverordnungen werden, wenn diese auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" verweisen. Der Verordnungsgeber könnte i m Wege einer Verweisung sich die Verbandsvorschriften zu eigen machen und sie als Bestandteil seiner Vorschriften anerkennen. Sie erhielten damit rechtliche Geltung zwar nicht aus eigener Kraft, w o h l aber kraft Aufnahme i n das staatliche Recht und unter dessen Wirksamkeitsvoraussetzungen. 1. Die rechtliche Zulässigkeit einer Bezugnahme auf außerhalb des Textes eines Rechtssatzes zu findende Vorschriften w i r d unter bestimmten Voraussetzungen anerkannt. Gewisse Mindesterfordernisse ergeben sich aber aus rechtsstaatlichen Grundsätzen, nämlich dem Erfordernis genügender Bestimmtheit und Rechtsklarheit bei der verweisenden 89

Hammer, M D R 1966 S. 978; Schäfer, Diss., S. 118; Bundeskartellamt, Schreiben v. 20. 2. 60, W u W Entsch. B K a r t A 145, 149. 40 Schäfer, Diss., S. 119.

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Norm sowie der Notwendigkeit genügender Bekanntmachung der in Bezug genommenen Vorschriften. aa) E i n Gesetz, das nicht selbst i m Text den gesetzlichen Tatbestand festlegt, sondern auf andere Bestimmungen verweist, muß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts klar zum Ausdruck bringen, daß und welche außenstehenden Normen i m einzelnen rechtliche Geltung erlangen sollen 41 . Gegen eine vereinfachte abgekürzte Form der Einführung außenstehender Vorschriften ohne nochmalige Verkündung m i t der Verweisungsnorm bestehen zwar keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken 42 . Damit aber eine außenstehende Regelung als rechtswirksam i n eine Rechtsnorm einbezogen angesehen werden kann — sofern dadurch eine materielle Regelung überhaupt erst geschaffen w i r d —, muß erstens der Wille der Rechtsnorm feststehen, diese Vorschriften überhaupt an der Gesetzeskraft teilhaben zu lassen und muß zweitens i h r Inhalt und ihre Tragweite bezeichnet sein. Andernfalls ist die verweisende Norm wegen Unbestimmtheit nichtig, m i t h i n auch — was hier interessiert — die außenstehende Regelung durch diesen Rechtsetzungsakt nicht Rechtsnorm geworden. bb) Daneben geht es u m das Erfordernis einer gehörigen Bekanntmachung, dem eine Rechtsnorm i n allen ihren Teilen entsprechen muß. Hinsichtlich des Bekanntmachungserfordernisses verlangt das Bundesverwaltungsgericht — und zwar gerade i n Ansehung der Bezugnahme auf technische Sicherheitsnormen —, daß die Verlautbarung der i n Bezug genommenen Regelung für den Betroffenen zugänglich und darüber hinaus ihrer A r t nach für amtliche Bekanntmachungen geeignet sein muß 4 3 . Die Formvorschriften der Rechtssetzung können nicht dadurch hinfällig gemacht werden, daß eine relativ kurze Notiz i n die Verkündungsblätter aufgenommen wird, die auf einen unverhältnismäßig viel größeren nichtverkündeten Normenbestand verweist. Ohne förmliche Verkündung kommt der ergänzenden Regelung keine Rechtsnormqualität zu. N u n kann zwar der Gesetzgeber nicht gehindert sein, für bestimmte Arten von Rechtsnormen eine ihrer Eigenart angepaßte Verkündungs41 B V e r f G v. 30. 5. 56, Bd. 5 S. 25 f., 31, 33; B V e r f G v. 12. 11. 58, Bd. 8 S. 274 f., 302, 303; B a y V e r f G H v. 8. 6. 51, Bd. 4 I I S. 90 f., 103, 106; B a y O b L G v. 20. 10. 31, D J Z 1932 S. 364; Hess. V G H v. 27. 4. 51, VerwRspr. Bd. 4 S. 540 ff., 542; B V e r w G v. 23. 4. 54, Bd. 1 S. 104 ff., 107; B V e r w G v. 29. 8. 61, DVB1. 62 S. 137 ff., 138. 42 Bullinger, Selbstermächtigung, S. 21; Schäfer, Diss., S. 109, 110; Ossenbühl, DVB1. 1967 S. 402, 408; BayVerfGH, a.a.O., S. 102; BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 302. 43 B V e r w G v. 29. 8. 61, DVB1. 1962 S. 137 f., 138; BayObLG, a.a.O., S. 364 f ü r VDE-Vorschriften; Hess. V G H , a.a.O., S. 543; B V e r w G , a.a.O., Bd. 1 S. 108; v. 28. 11. 63, N J W 1964 S. 512; P r O V G v. 7. 12. 39, Bd. 105 S. 138 ff., 140; Drews Wacke S. 391; Schäfer, Diss., S. 111; Ossenbühl, DVB1. 1967, S. 405.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

form zu ermöglichen, da die nach § 1 des Gesetzes über die Verkündung von Rechtsverordnungen vom 30.1.1950 (BGBl S. 23) vorgesehene Veröffentlichung i m Bundesgesetzblatt oder i m Bundesanzeiger nicht Selbstzweck ist, sondern die regelmäßig bewährte A r t und Weise der Verkündung, u m dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitserfordernis und der Rechtssicherheit zu entsprechen. Eine Modifizierung der allgemeinen Verkündungsgrundsätze 44 liegt aber allein i n der Hand des Gesetzgebers. 2. I m Sinne des Bestimmtheitserfordernisses läßt die Bezugnahme auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" nicht erkennen, ob sich der Verordnungsgeber bestimmte private Vorschriften überhaupt zu eigen machen w i l l . Denn die Bezeichnung als bloße Regeln und die Hervorhebung des Erfordernisses der allgemeinen Anerkennung läßt darauf schließen, daß die rechtliche Bedeutung der Verweisung nicht i n einer generellen Erhebung zu Rechtssätzen gesehen werden kann, vielmehr die Natur der Regeln als private Ausarbeitungen gewahrt bleiben soll 4 5 . Die Bezugnahme läßt nicht erkennen, auf welche technischen Vorschriften welchen Urhebers sie verweist; die Formulierung „allgemein" anerkannte Regeln spricht eher dagegen, die Regeln eines bestimmten Verbandes als anerkannte Regeln gelten zu lassen 46 . I m Sinne des Erfordernisses genügender Bekanntmachung entspricht die von den privaten Verbänden praktizierte Veröffentlichung i n Verbandszeitschriften und i m Buchhandel sowie auch der von den Verbänden selbst veranlaßte nachrichtliche Hinweis i m Bundesanzeiger 47 mangels bundesgesetzlicher Sonderregelung nicht den Mindesterfordernissen der Verkündung. Diese muß vollständig i n den für amtliche Bekanntmachungen geeigneten Blättern erfolgen. Daß den Betroffenen selbst die privaten Regeln nach A r t und Ort der Bekanntmachung geläufig sind und auch ohne förmliche Verkündung etwa durch Verbandszeitschriften und den Buchhandel leicht zugänglich gemacht werden mögen, ist nicht erheblich für die Feststellung des staatlichen Willens, um die es vor allem geht. Der Staatswille muß u m

44 Vgl. A r t . 82 I 2 GG; § 2 des Gesetzes von 1950; § 31 I I I P r P V G f ü r technische Vorschriften; § 3 I V BayBauO; vgl. zu § 2 I der alten Getränkeschankanlagen«V O u n d der dazu ergangenen technischen Grundsätze: Hess. V G H v. 15. 8. 62, GewArch 1963 S. 174 ff., 177; Drews - Wacke S. 394; Volkmar S. 180, 181, 191, 209 u n d A n m . 167; B V e r w G v. 26. 5. 64, DVB1. 1965 S. 810; B A G v. 3. 2. 65, N J W 1965 S. 1624 ff., 1626. 45 48 47

Nickusch, Diss., S. 200. Hammer, M D R 1966 S. 978. Vgl. B A n z 1954 Nr. 144 S. 11 u n d B A n z 1966 s. o.

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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der Rechtssicherheit w i l l e n autoritativ festgestellt sein und unter Kontrolle der Öffentlichkeit gehalten werden 4 8 . Die Bestimmtheit der Verweisung müßte vor allem deshalb infrage gestellt werden, weil sinngemäß sicher nicht auf bei Erlaß der Rechtsverordnungen einmal geltende, vielleicht schon überholte Verbandsnormen verwiesen würde, sondern die jeweils geltende Fassung, d. h. die fortlaufend durch die Verbände weiterentwickelten Vorschriften i n Bezug genommen würden. M i t der automatischen unbesehenen Übernahme aber würde sich der Verordnungsgeber seiner i h m allein zustehenden Rechtsetzungsbefugnis faktisch entäußert haben. Denn eine Verweisung, die nicht auf eine bereits festliegende Ordnung, sondern auf nicht bekannte, zukünftige Vorschriften Bezug nimmt, ist keine Aufnahme i n den eigenen Willen mehr, sondern eine Delegation der Rechtsetzungsbefugnis, die hier unzulässig ist 4 0 . — Nach allem geht es nicht an, den i n Bezug genommenen privaten technischen Regeln als Bestandteil der staatlichen technischen Verordnungen Rechtsnormqualität zuzuerkennen. I I . Steht fest, daß den technischen Regelwerken privater Verbände keine Gesetzeskraft zukommt, so fragt sich, zu welchem Ziel, auf welchem rechtssystematischen Wege und i n welchen Grenzen „außerrechtliche" Beurteilungsmaßstäbe für das Recht bedeutsam werden können, ohne ihren Charakter als nur tatsächlich befolgte Regelwerke zu verlieren. Einen anderen Weg zur Erfassung der privaten Verbandsnormen schlägt Nickusch 50 ein. Nach der Feststellung, daß den technischen Regelwerken unter keinem Gesichtspunkt Rechtsnormqualität zukommen kann, und der weiteren Erkenntnis, daß die privaten technischen Vorschriften faktisch dennoch die staatlichen technischen Normen überwuchern und verbreitete tatsächliche Geltung finden, schlägt er aus rechtsstaatlichen Bedenken den Ausweg einer Institutionalisierung der p r i vaten Gremien i n einem Bundeswirtschaftsrat — einer dritten gesetzgebenden Kammer — und die Schaffung eines neuen Teils I V des Bundesgesetzblattes zur Veröffentlichung der umfangreichen technischen Regelwerke vor. Demgegenüber dürfte es näher liegen zu fragen, was denn die spezifische rechtliche Bedeutung der privaten Regelwerke ist, wenn sie schon 48 BVerwG, a.a.O., N J W 1964 S. 512; v. 16. 1. 64, N J W 1964 S. 1433 ff., 1435; K G , Jahrbuch der Entscheidungen, Bd. 28 S. C 33 ff., 35; Ridder, AöR Bd. 87 S. 315, 316; Schäfer, Diss., S. 112; Ossenbühl, DVB1. 1967 S. 406. 49 BayObLG, a.a.O., S. 364; Drews - Wacke S. 393, 394; Bullinger, Selbstermächtigung, S. 21, 22; Schulz, ArbSch 1962 S. 65; Schäfer, Diss., S. 103, 110; Conradi, Diss., S. 51; Ossenbühl, DVB1. 1967 S. 403, 404, 408. 50 Diss. S. 1, 2, 40, 55, 90, 114, 121, 182, 183, 185, 196 ff., 206, 209, 214, 216 ff.; vgl. auch Schäfer, Diss., S. 179.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

keine Rechtsnormen sind. Das bisher gefundene Ergebnis besagt doch nur, daß der Vergleich der privaten Vorschriften am Maßstab der herkömmlichen staatlichen Rechtsquellenlehre und ihrer überkommenen Kategorien nicht ausreicht, u m ihre Eigenart zu erfassen. Die vielfältigen Erscheinungen gesellschaftlicher Rechtsbildungen, die seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als Verbandsnormen die Lücke i m Recht der Wirtschaft und des Arbeitslebens füllen, die der liberale Staat der privatrechtlich organisierten Erwerbsgesellschaft ließ 5 1 , können i n ihrer Eigenart nicht an Hand eben dieser liberalen Rechtsquellenlehre erfaßt werden, für die es nur das allgemein und für alle geltende Gesetz und die abgeleiteten Befugnisse der Exekutive und bürgerlichen Selbstverwaltungskörperschaften auf der einen Seite und die Privatautonomie des einzelnen Bürgers auf der anderen Seite gab 52 , aber keinen intermediären Bereich. Die Erscheinungen der Tarifverträge, der allgemeinen Geschäftsbedingungen, der Verbandssatzungen, der Wettbewerbsregeln (vgl. § 28 GWB) und schließlich auch der privaten technischen Normsetzung beruhen — so unterschiedlich ihre rechtliche Stellung i m einzelnen ausgestaltet sein mag — auf dem einheitlichen Grund, daß der Staat es den Kräften der Gesellschaft und insbesondere den Verbänden des Wirtschafts- und Arbeitslebens überlassen hat, ihre Angelegenheiten selbst durch Regelungen m i t kollektiver Wirkung zu ordnen 5 3 — nämlich die Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer, die Verhältnisse zu den Lieferanten und Kunden, die eigenen organisationsrechtlichen Fragen der Wirtschaftssubjekte, die Verhältnisse zu den Wettbewerbern und schließlich die Frage der Normung, Sicherheit und Qualitätssteigerung der Wirtschaftsprodukte 54 . Dieser um das Wirtschafts- und Arbeitsleben gelegte Ring kollektiver Rechtsschöpfungen kann weder als Ausfluß reiner Privatautonomie noch als staatliches Recht qualifiziert werden. Vielmehr nehmen die gesellschaftlichen Normen offenbar eine Zwitterstellung sowohl hinsichtlich ihrer Setzung wie ihrer Rechtsfolgen ein. Vor diesem allgemeinen H i n tergrund soll nunmehr die eigenartige Bedeutung der privaten technischen Regelwerke für das staatliche Recht und die besondere Form der Heranziehung und Nutzbarmachung für staatliche Aufgaben untersucht werden 5 5 . 51

Krüger, Lehrbuch, S. 386, 387, 393, 394, 485; N J W 1956 S. 1217, 1219, 1220. Vgl. Jesch, Gesetz, S. 15, 20. 63 Vgl. Werner, Tendenzen, S. 15, 16; Herschel, B B 1967 S. 931. 64 Die Vorschriften könnten auch aufeinander Bezug nehmen; Z. B. sind die technischen Verbandsnormen häufig i n die Allgemeinen Geschäftsbedingungen übernommen worden; vgl. Raiser, Allgemeine Geschäftsbedingungen S. 22, 41, 151. 65 Vgl. Krüger, Lehrbuch, S. 396, 397, 403, 497, 498, 503; R d A 1957, S. 203, 204, 201; N J W 1956 S. 1219, 1220; Jesch, Gesetz, S. 6, 10, 11; Forsthoff, Tech52

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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Als Verknüpfungsbegriff zwischen staatlicher und privater sicherheitstechnischer Regelung kommt der Begriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" i n Frage. Die Struktur dieses Rechtsbegriffs und die allgemeine methodische Bedeutung verwandter Begriffe als M i t t e l der Gesetzgebung sind nunmehr zu beleuchten, sodann die präzise Bedeutung der privaten Vorschriftenwerke für das Recht zu bestimmen. a) I n der rechtswissenschaftlichen Methodenlehre findet die Erscheinung, daß das Recht häufig keine selbständige normative Regelung enthält, sondern — unter gewissen Voraussetzungen — auf eine außerrechtliche tatsächliche Ordnung, auf Anschauungen und Verhaltensweisen des Verkehrs und der Gesellschaft als Maßstab verweist, zunehmend starke Beachtung 56 . Es ist eine besondere A r t der Technik der Normgebung und Begriffsbildung, wenn m i t ausfüllungs- und konkretisierungsbedürftigen Begriffen, m i t als Generalklauseln gefaßten Blankettbegriffen als Tatbestandselementen eine schon vor dem Recht bestehende und außerhalb seiner Normen existente Ordnung unter gewissen Bedingungen i n das Recht einbezogen wird. Die tatsächliche Ordnung ist hier nicht nur Gegenstand und Regelungsobjekt des Rechts, sondern gibt diesem seinen Inhalt und seine materiellen Maßstäbe, an die der Verweisungsbegriff dann Rechtsfolgen knüpft. I n den verschiedensten Teilen der Rechtsordnung finden sich derartige Begriffsbildungen. Begriffe wie Verkehrssitte und Handelsbrauch, der Standard des ordentlichen Kaufmanns und die verkehrsübliche Sorgfalt, i m Familienrecht die „eheliche Lebensgemeinschaft", i m öffentlichen Polizeirecht die „öffentliche Ordnung" 5 7 sind nicht Begriffe m i t eigenem schon vorhandenem, aus ihnen selbst und dem Sinn des Gesetzes zu entwickelnden materiellen Beurteilungsmaßstab, sondern sie werden als „offene" Rahmenbegriffe, als unselbständige Hohlformen, als Fenster des Rechts auf gesellschaftliche, außerrechtliche Standards bezeichnet 58 . nische Überwachung i960 S. 61, 65; Hamann, Autonome Satzung, S. 11, 18, 15 A . 1, 33. 56 Esser, Grundsatz u n d Norm, S. 96—99, 150—151; Larenz, Methodenlehre, S. 132, 218; Henkel, Recht u n d I n d i v i d u a l i t ä t , S. 35—36; Festschrift Meyer, 1954, S. 260, 267, 268, 301 ff., 303, 305; Schmidhäuser, Z w e i Rechtsordnungen, S. 19, 20, 25; Bullinger, Selbstermächtigung, S. 21, 22; Triepel, S t i l des Rechts, S. 95; W. Jellinek, Lehrbuch, S. 135; Gesetz, S. 13, 89, 18, 20, 38, 40, 47, 50, 51, 66, 99, insbesondere S. 59, 60, 61, auch S. 171, 178—188. Jellinek belegt ausführlich, daß viele Blankettbegriffe ihren I n h a l t u n d ihre wechselvollen Grenzen aus der gesellschaftlichen W i r k l i c h k e i t erhalten. Das Gesetz bediene sich der gesellschaftlichen Anschauungen und der Erkenntnisse v o n Wissenschaft und Technik als einer „abgeleiteten Rechtsquelle". Vgl. dazu Jesch, AöR Bd. 82 S. 178 A n m . 62, S. 208. F ü r die Begriffsbildungen des Grundgesetzes: Leisner, Gesetzmäßigkeit der Verfassung, S. 11—16. 57 Drews - Wacke, S. 73; Jellinek, Lehrbuch, S. 136, 437; Gesetz, S. 187. 58 Esser, a.a.O., S. 150; Henkel, Recht u n d I n d i v i d u a l i t ä t , S. 36, 37; Hedemann, Flucht i n die Generalklauseln, S. 57, 58. 4 Plischka

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

A u f dem Gebiet des öffentlichen Sicherheitsrechts w i r d die „öffentliche Ordnung" definiert als der Inbegriff derjenigen vor allem ungeschriebenen gesellschaftlichen Normen, die nach den herrschenden gesellschaftlichen Anschauungen unabdingbare Voraussetzung für ein gedeihliches menschliches Zusammenleben sind. I m Privatrecht werden vielfältig die Übungen des redlichen Wirtschaftsverkehrs i n bezug genommen. So ist die Anknüpfung an die „Verkehrssitte" für die Vertragsauslegung von Bedeutung (§ 157 BGB), die Verkehrssitte gibt auch den Umfang der Leistungspflichten i m Rahmen von Treu und Glauben an (§242 BGB). Nach der verkehrserforderlichen Sorgfalt bestimmt sich gemäß dem herrschenden objektiven Fahrlässigkeitsbegriff das Ausmaß der Sorgfaltspflichten. Der Maßstab der guten Sitten gilt i m Vertrags- und Haftungsrecht (§ 138 und § 826 BGB). Als umfassende tatsächliche Ordnung gilt unter Kaufleuten der Handelsbrauch (§ 346 HGB), i m Eherecht die Verpflichtung zur „ehelichen Lebensgemeinschaft" (§ 1353 BGB). Es liegt nahe, den Begriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" i n die Reihe dieser Verweisungsbegriffe einzuordnen 6811 . Dagegen könnte eingewandt werden, daß die Dinge auf den Kopf gestellt würden, wenn i n ein so schmales Korsett wie die Blankettbegriffe es sind, die Vielfalt und Fülle gesellschaftlicher Maßstäbe und Regeln gezwängt würde, daß die schöpferische K r a f t der Wirklichkeit verkannt würde, wenn sie für das Recht nur als Ausfüllung von Generalklauseln anerkannt würde 5 9 . Jedoch ist es durchaus nicht die A u f gabe dieser Begriffe, die i n der Gesellschaft entwickelten Regeln als Rechtsregeln i n toto zu rezipieren. Damit wären die Blankettbegriffe sicher überfordert. Sie setzen vielmehr den Zweck und die Grenzen der Berücksichtigung gesellschaftlicher Regeln durch das staatliche Recht fest und können dies m i t wenigen grundsätzlichen Strichen erreichen. Die Blankettbegriffe sind eines der Mittel, die gesellschaftliche Normbildung für das staatliche Recht fruchtbar zu machen und es auf seine Zwecke auszurichten. Sie ersparen dem Recht die eigene detaillierte Normierung und schützen es vor Erstarrung. Generalklauseln haben hier als Blankettbegriffe einmal nicht die Funktion der Machtverstärkung des Rechtsanwenders gegenüber dem Normsetzer, sondern enthalten eine Selbstbeschränkung staatlicher Rechtssetzung gegenüber der gesellschaftlichen Wirklichkeit. b) Nunmehr ist die Methode der Interpretation dieser Rechtsbegriffe, d. h. die genaue Bedeutung der außerrechtlichen Maßstäbe für das tech6

®a Herschel, B B 1967 S. 931. Vgl. Krüger, Gutachten zum 46. Deutschen Juristentag, S. 32; Nickusch, N J W 1967 S. 812. 69

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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nische Sicherheitsrecht und Voraussetzungen und Umfang der Verweisung zu untersuchen. 1. Zur Bestimmung der Bedeutung der technischen Regelwerke kann zunächst negativ festgehalten werden, daß es dem Willen des Rechtsetzers, der den privaten Regeln gerade nicht eine durchgängige Rechtsverbindlichkeit verleihen wollte, widersprechen würde, die Regelwerke als empirisch festzustellende außerrechtliche Regel ohne weiteres und unbesehen zu übernehmen. Eine bloße begriffliche Subsumtion eines i n den Rechtsverordnungen nicht näher geregelten Sicherheitsproblems unter die privaten technischen Regelwerke ist jedenfalls nicht zulässig 60 . Setzen die Vorschriften aber nicht selbst die technischen Anforderungen fest, so können sie nur als Überzeugungsmaterial zur anderweitigen Festsetzung dienen. Da der Zweck der Verordnungen und auch der Verweisung auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" die Gefahrenabwehr ist, entspricht es dem Sinn des Blankettbegriffs, den privaten Regelwerken insoweit Bedeutung zuzumessen, als sie allgemeine Erfahrungssätze der Technik, sachverständige gutachtliche Äußerungen und Erkenntnismittel zur Bekämpfimg der Gefahren sind 6 1 . Dem Verordnungsgeber konnte es bei dem Verweis auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik nur darauf ankommen, für noch ungelöste oder noch i m Flusse der Entwicklung befindliche Sicherheitsprobleme, für die feste Rechtsregeln nicht bestimmt werden können, einen Hinweis und A n h a l t 6 2 für die sachgerechte Lösung der vom Rechte offengelassenen Fragen zu geben. Soweit die privaten technischen Regelwerke Niederschlag technischer Erfahrungen sind — und nur als solche —, erlangen sie Bedeutung für die polizeiliche Gefahrenabwehr. N u r i m Zusammenhang m i t einer materiellen Rechtsvorschrift der technischen Verordnungen können sie als deren nähere Ausprägung Grundlagen für Anordnungen der Aufsichtsbehörden sein 68 , denen jedoch der Betroffene durch die Wahl anderer ebenso geeigneter M i t t e l entgehen kann. .2, Nach der allgemeinen Feststellung, daß die privaten technischen Regelwerke rechtliche Bedeutung nur als allgemeine Erfahrungssätze der Technik erlangen können, sind die näheren Voraussetzungen für die Feststellung dieser Eigenschaft zu bestimmen. Die Verordnungen 60 Latenz, Methodenlehre, S. 218; Henkel, Recht u n d I n d i v i d u a l i t ä t , S. 36; Her ding - Schmalzl S. 170, 264. 61 Schäfer, Diss., S. 121; Hagen, ArbSch 1963 S. 235; Mangels § 3 A n m . 3; Vgl. B V e r w G v. 29. 8. 61, DVB1. 1962 S. 137 ff., 138. F ü r die Revisibilität b u n desweiter technischer Regelwerke privater Verbände: R G v. 11. 7. 31, J W 1932 S. 745 f., 746. 62 Vgl. Latenz, Methodenlehre, S. 219. 68 Vgl. Mang - Simon, BayBauO, A r t . 3 A n m . 47, 53.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

verweisen nicht auf irgendbeliebige, auch nicht auf ganz bestimmte, sondern auf die „allgemein anerkannten" technischen Erfahrungsregeln. Neben dieser ausdrücklichen Eingrenzung der möglichen i n bezug genommenen Regeln der Technik ergeben sich stillschweigende materielle Grenzen der Bezugnahme durch Sinn und Zweck der Verordnungen selbst, d . h . durch die Beschränkung auf die Gefahrenabwehr und die damit zusammenhängenden einzelnen Geltungsvoraussetzungen. aa) Was unter „allgemein anerkannten" Regeln der Technik zu verstehen ist, muß m i t Rücksicht auf den Sinn und Zweck dieser Verweisung auf allgemeine Erfahrungssätze i m technischen Sicherheitsrecht bestimmt werden. aaa) Für die Auslegung dieses unbestimmten Begriffs w i r d ganz überwiegend, wenn auch ohne nähere Begründung und zumeist unter gewissen einschränkenden, jedoch nicht näher verfolgten Zweifeln, auf eine Entscheidung des Reichsgerichts aus dem Jahre 1910 zum Begriff der „allgemein anerkannten Regeln der Baukunst" i m Tatbestand der Baugefährdung zurückgegriffen 64 . I n §330 StGB heißt es dazu, daß bestraft wird, „wer bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst dergestalt handelt, daß hieraus für andere Gefahr entsteht". „Allgemein anerkannt" ist nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts 65 eine Regel, wenn die Überzeugung ihrer Richtigkeit sich nicht nur i n der wissenschaftlichen Theorie, sondern auch i n der Praxis der ausübenden Techniker durchgesetzt hat und Gemeingut der betroffenen Kreise geworden ist. Daß eine Regel sich bei völliger wissenschaftlicher Erkenntnis als richtig und unanfechtbar darstellt, genügt i m Sinne dieses Strafgesetzes nicht. Der Kreis, auf dessen Anerkennung es ankommt, ist die Allgemeinheit der Praktiker, die i n dem jeweilig gegebenen Zweig der Technik tätig sind und ihrer Vorbildung nach darin tätig werden dürfen — wobei die Unkenntnis Einzelner oder einzelner Gruppen unerheblich ist. Für ® 4 Merländer - Freytag - Zachen, K o m m e n t a r V b F / T V b F , Bd. I, S. 54; MangSimon, A r t . 3 BayBauO A n m . 45; Nickusch, Diss., S. 211; Herding - Schmalzl S. 138, 264, auf S. 172 aber f ü r eine nach öffentlichrechtlichen Sicherheits- und z i v i l - u n d strafrechtlichen Sorgfaltsanforderungen differenzierende Auslegung des Begriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik". Schäfer, Diss. S. 48, der den Begriff der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" zwar i m Rahmen des Straf-, Z i v i l - u n d Verwaltungsrechts undifferenziert gleich auslegt, dem aber f ü r das öffentliche Sicherheitsrecht doch Bedenken kommen, vgl. S. 50, 52. Vgl. BRegBegr. zur Dampfkessel-VO BRats Drucks. 212/65 S. 3 u n d zum Maschinenschutzgesetz-Entwurf BRatsDrucks. 141/66 S. 7 (Mit der Übernahme der Formulierungen des Leipziger K o m m e n tars zu § 330 StGB, A n m . V). F ü r eine differenzierende Betrachtung auch Herschel, B B 1967 S. 931. 65 RGSt v. 26. 6. 1891, G A Bd. 39 S. 209; RGSt v. 11. 10. 1910, Bd. 44 S. 75 ff., 79; ebenso Schänke - Schröder § 330 A n m . I I 2 b ; Leipziger Kommentar § 330 A n m . V.

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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die Feststellung der allgemeinen Anerkennung würde es eine unzulässige Beschränkung der Anschauungsgrundlage sein, wenn auf die Erkenntnisse besonders qualifizierter Spezialisten abgestellt würde, die sich m i t bestimmten Sicherheitsfragen intensiv befassen und „auf der Höhe der Wissenschaft" stehen. Für die Übernahme dieser Rechtsprechung des Reichsgerichts i n das polizeiliche technische Sicherheitsrecht könnte sprechen, daß i m wesentlichen hier wie dort die gleichen Worte verwandt werden, zudem, daß die nötige „Allgemeinheit" der Anerkennung die Auslegung zü fordern scheint, die das Reichsgericht ihr gab. So w i r d die Formel von der Maßgeblichkeit der Anschauungen der Praxis ungeprüft übernommen, ungeachtet der abweichenden Voraussetzungen i m Strafrecht und i m polizeilichen Sicherheitsrecht und ungeachtet der praktischen Schwierigkeiten, die sich bei ihrer Anwendung i m technischen Sicherheitsrecht insbesondere auch wegen der tatsächlichen Maßgeblichkeit der erwähnten Verbandsvorschriften und ihrer Anerkennung i n den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften ergeben. bbb) Der Entwicklung einer dem technischen Sicherheitsrecht angemessenen Auslegung des Begriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" sollen die besonderen Probleme vorangestellt werden, die es zu bewältigen gilt und die m i t dem Hinweis auf die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu bewältigen beabsichtigt war. Nicht der Wortlaut, sondern vor allem der Zweck des Gesetzes muß seinen Inhalt bestimmen. A u f die eingangs dieses Paragraphen geschilderten, für den Aufbau des gesamten Systems des technischen Sicherheitsrechts bedeutsamen Fakten kann auch i n Ansehung der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" zurückgegriffen werden. Das technische Sicherheitsrecht sieht sich wegen des Fortschritts der Technik häufig neuen unbekannten Gefahren gegenüber, für die es gerade noch keine allgemein bekannten, i n der Praxis erprobten und bewährten Sicherheitsmaßstäbe gibt. Gleichwohl könnte die Verwendung derart gefährlicher Anlagen gestattet werden, wenn etwa die nach letzten wissenschaftlichen Erkenntnissen möglichen Vorsichtsmaßregeln eingehalten würden. Soll es stattdessen zu einem Verbot kommen, weil der Praxis diese Erkenntnisse noch nicht geläufig sind, sie deswegen nicht durchgesetzt werden können und damit eine polizeilich zu bekämpfende Gefahr vorliegt? Sollen durch die Unfallforschung erkannte Gefahren und geeignete Gegenmittel nur deshalb durch das technische Sicherheitsrecht nicht durchgesetzt werden können, w e i l die überholte Praxis sie noch nicht kennt oder nicht beacht e t M ? Der chronische Rückstand der eingefahrenen menschlichen A n w

Vgl. Schäfer, Diss., S. 51; Herding

- Schmalzl S. 175.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

schauungen gegenüber einer neuen zutreffenden Einschätzung der tatsächlichen Veränderungen i n der Welt, der sogenannte cultural lag ist eine soziologische Tatsache; soll dieser Mißstand für das Recht, das die höchstmögliche Sicherheit zu seinem Ziel erklärt hat, sanktioniert werden? Neben der Tatsache des Fortschritts, die den Rückgriff auf die dem Fortschritt ferne Praxis zur Bestimmung der anerkannten Erfahrungssätze verbietet, ist die Tatsache der Spezialisierung und Verwissenschaftlichung der Kenntnisse, auch der technischen Erfahrungssätze, sowie die weitgehende Arbeitsteilung zu berücksichtigen. A u f welchen Personenkreis soll für die Feststellung der Allgemeinheit der Erkenntnis abgestellt werden, wenn „die Praxis" die Gefahren nicht mehr selbständig beurteilen kann, sondern ihr Wissen jeweils aus fremden Quellen, z. B. aus Gebrauchsanweisungen schöpft 67 und sich auf fremdes Urteil und fremde Erkenntnis verlassen muß? Erfahrungssätze werden sich i n einer solchen Situation allein bei den Personen herausbilden, die unmittelbar an der Entwicklung des Fortschritts beteiligt sind, d. h. praktisch doch bei denen, die auf „der Höhe der Wissenschaft" stehen. Zu erwähnen ist schließlich die immer wieder beklagte generelle Schwierigkeit einer Feststellung der „allgemeinen Anerkennung" 6 8 . I m Zweifelsfall w i r d sie sich gerade einer klaren Feststellung entziehen. Das technische Sicherheitsrecht i n seinen verschiedenen Vorschriften spricht zudem ohne erkennbaren Grund einmal von „Regeln der Technik", einmal von „anerkannten Regeln der Technik", dann wieder von „allgemein anerkannten" Regeln der Technik. Die noch unsichere Formulierung des Gesetzgebers allein kann nicht eine unterschiedliche Sinngebung bewirken. Diesen dringenden Fragen könnte durch eine den Zielen und der Struktur des technischen Sicherheitsrechts angepaßte Auslegung des Begriffs der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" begegnet werden. „Allgemein anerkannte" Regeln der Technik wären diejenigen Erfahrungssätze zur Verhütung technischer Gefahren, die von jedem bei genügender Beschäftigung m i t den Problemen erkannt werden können, d. h. die als Erfahrungssätze objektiv nachprüfbar und nach menschlichem Ermessen technisch richtig und gesichert sind. Nicht darauf kommt es an, ob die Praxis sie kennt, sondern ob sie praktisch, d. h. i n Versuchen, erprobt sind. Die objektive wissenschaftliche Kontrollierbarkeit des Erfahrungssatzes i n der Forschung muß für das 67 Vgl. die Auflagen der Typengenehmigungen f ü r die Hersteller, ihren Produkten detaillierte Gebrauchsanweisungen beizugeben. 68 Vgl. die subtilen Differenzierungen Schäfers, Diss. S. 42, 49, 50, 51, 179.

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technische Sicherheitsrecht den tradierten Erfahrungsschatz der Zunft ablösen. Diese Auslegung würde sich noch i n den Grenzen des Wortlauts halten und entspricht allein dem Sicherheitszweck des technischen Sicherheitsrechts. Sie liegt i m übrigen den Meinungen von der Notwendigkeit der Übernahme der Reichsgerichtsrechtsprechung zu § 330 StGB in das polizeiliche Sicherheitsrecht insoweit mittelbar zugrunde, als für diese die vorangestellte strafrechtlich orientierte Auslegung theoretisches Lippenbekenntnis bleibt und sie i n der Durchführung zu Ergebnissen kommen, die denen der hier dargestellten Auslegung entsprechen und erst hierdurch theoretisch erklärt werden können. Zweck des technischen Sicherheitsrechts ist die möglichst effektive Bekämpfung von Gefahren. Für die Gefahrenabwehr von Lebens- und Gesundheitsschäden kann es nicht auf die Meinung vieler über die Richtigkeit technischer Maßnahmen ankommen, sondern nur darauf, ob die Richtigkeit der Maßnahmen objektiv nachprüfbar ist. Zweck des Strafrechts ist es demgegenüber, grob gemeinschaftswidriges Verhalten zu sühnen, und gewisse Mindestvoraussetzungen des menschlichen Zusammenlebens sicherzustellen, deren Einhaltung von jedem, den es angeht, erwartet werden kann. Beide Maßstäbe decken sich nicht notwendig. Das Reichsgericht stellt i n der zitierten Entscheidung 69 ausdrücklich klar, daß es i h m nur u m den Begriff der „allgemein anerkannten" Regeln der Technik i m Sinne des Strafrechts geht, daß strafbare Vernachlässigung von Regeln der Baukunst nur angenommen werden könne, wenn Grundsätze verletzt werden, über deren Bestehen i m Gewerbe kein Zweifel herrschen könne. Denn das Strafrecht wolle nur denjenigen Standard aufrechterhalten, der bei einer erlaubter weise ausgeübten Tätigkeit üblich sei. Dem entspricht es, wenn das Reichsgericht i n einer weiteren Entscheidung 70 zu § 330 StGB ausführt, daß ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln noch nicht i n dem Verstoß gegen Normen der technischen Polizeiverordnungen zu liegen brauche, die positiv ein bestimmtes technisches Verhalten vorschreiben. Hier t r i t t die unterschiedliche Reichweite strafrechtlicher und polizeilicher Anforderungen klar zu Tage. A u f die „allgemeine Anerkennung" i m Sinne des Strafrechts kann es für das technische Sicherheitsrecht nicht ankommen. Nur mittels einer Auslegung des Begriffs der allgemein anerkannten Regeln der Technik, die nicht auf die Anerkennung durch die Mehrheit der ausübenden Praxis, sondern auf die praktische objektive Kontrollierbarkeit der Erfahrungssätze abstellt, kann erklärt werden, warum 69 70

RGSt Bd. 44 S. 79, 80, 81. RGSt v. 5. 1. 1922, Bd. 56 S. 343 ff., 346.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

die technischen Regelwerke privater Verbände eine solche Rolle i m technischen Sicherheitsrecht spielen können und wo die Grenzen der Heranziehung ihrer Vorschriften als Erfahrungssätze liegen. Diese Auslegung erklärt erst, warum neben diesen Regelwerken auch andere Erfahrungssätze, etwa ausländische und internationale Vorschriften herangezogen werden können, die auch den allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen. Die privaten Verbände sind nicht und sie repräsentieren auch nicht die Allgemeinheit der ausübenden Praxis — ganz abgesehen davon, ob die Feststellung der „allgemeinen Anerkennung" i m Sinne der übernommenen Rechtsprechung des Reichsgerichts überhaupt i m Wege der Befragung von Repräsentanten der allgemeinen Anschauung erfolgen dürfte. Vielmehr verstehen sie sich selbst und werden angesehen als Fachgremien, i n denen die Sachverständigen der an einem bestimmten Sicherheitsproblem interessierten Kreise zusammentreffen und das Problem als spezialisierte Fachleute ausgehend von ihren unterschiedlichen Interessenstandpunkten lösen wollen. Die Ausarbeitungen der Fachgremien mögen zum Teil auch die deklaratorische schriftliche Fixierung allseits anerkannter, schon i n der Praxis weit verbreiteter allgemeiner Regeln vornehmen 7 1 , ihre eigentliche Aufgabe aber besteht i n der fortlaufenden Verbesserung der technischen Sicherheitsvorschriften. Hier w i r d sich umgekehrt eine allseitige Übung der Praxis gerade erst i m Anschluß an die Aufstellung solcher Regeln bilden. Die Deklarierung der Auffassung eines Gremiums von Fachleuten als „allgemeine Anerkennung" von Regeln der Technik wäre eine Fiktion. Dennoch gehen die Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung zu den technischen Verordnungen davon aus, wenn sie regelmäßig auf sie verweisen. Da eine konstante Mißachtung des Willens der Verordnungen, die nur die „allgemein anerkannten" Regeln gelten lassen wollen, nicht unterstellt werden kann, müssen die Regelwerke der privaten Verbände i n irgendeiner anderen Weise als „allgemein anerkannte" angesehen werden können — eben wegen der beschriebenen Eigenschaft als objektiv nachprüfbare Erfahrungssätze der Technik. Der allgemeinen Anerkennung i m Sinne der objektiv kontrollierbaren Richtigkeit der Erfahrungssätze kommen die von den privaten Verbänden entwickelten technischen Regelwerke schon kraft der A r t und Weise ihrer Ausarbeitung sehr nahe. Das geordnete Verfahren i n den Ausschüssen der Verbände — bei denen allen an der Lösung technischer Sicherheitsprobleme interessierten Kreisen, nicht nur den Fachverbänden der Hersteller und Betreiber ein Mitwirkungsrecht eingeräumt ist und das auch der interessierten Öffentlichkeit Einwände und Anregungen ermöglicht — bildet eine gewisse Gewähr und läßt eine 71

Schäfer, Diss., S. 60, 61.

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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Vermutung dahingehend zu, daß die dort ausgearbeiteten Regeln der Technik auch inhaltlich einer objektiven Nachprüfung ihrer Sachgemäßheit standhalten. Es ist m i t h i n für die Beurteilung der Qualität der technischen Regelwerke wichtig zu wissen, wer an ihrer Aufstellung mitgewirkt hat. Soweit gegensätzliche Hersteller-, Betreiber-, Beschäftigten- und Öffentlichkeitsinteressen sich gegenüberstehen und m i t Gründen und Gegengründen die Lösung eines gemeinsamen Sicherheitsproblems unternehmen — wobei auch die staatliche Gewalt m i t w i r k t —, ist dies ein Indiz dafür, daß das Ergebnis dieses fachkundigen Wettbewerbs den staatlichen Anforderungen an einen objektiv „richtigen" technischen Erfahrungssatz i m allgemeinen genügt 7 2 . Die Beteiligung gegnerischer, um das richtige Recht kämpfender gesellschaftlicher Interessen ist von Krüger 73 als das allgemeine Prinzip und die Voraussetzung der Selbstbeschränkung staatlicher Tätigkeit zugunsten der A k t i v i t ä t gesellschaftlicher Verbände herausgestellt worden. Diesem allgemeinen Prinzip der Heranziehung von Verbänden ausgearbeiteter Vorschriften durch den Staat entspricht etwa i m kollektiven Arbeitsrecht die Einräumung der Tarifmacht an die miteinander r i n genden Sozialpartner, i m Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Anerkennung von Geschäftsbedingungen als Gewohnheitsrecht (nicht wie üblich als private Willenserklärungen), soweit eine paritätische Ausarbeitung der Vertragsbedingungen vorliegt, wie etwa bei den Allgemeinen Seeversicherungsbedingungen von 1919. Auch das Sicherheitsrecht der Technik kann sich auf die Regelwerke privater Verbände unter der Bedingung stützen, daß die Gewähr für die objektive Richtigkeit i n der Beteiligung aller Fachinteressen liegt. Die Auslegung der „Allgemeinheit der Anerkennung" als „allgemeine Verifizierbarkeit" der Erfahrungssätze erklärt jedoch nicht nur die Zulässigkeit und die Grenzen der i n der Praxis regelmäßig vorgenommenen Verweisung auf Vorschriftenwerke privater Verbände, sie macht auch deutlich, daß den Anforderungen der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" nicht allein die regelmäßig herangezogenen Vorschriftenwerke bestimmter Verbände entsprechen, sondern auch andere technische Regelwerke, vor allem ausländische und international erarbeitete Standards den allgemein anerkannten Regeln der Technik genügen können. Die Möglichkeit der Berücksichtigung ausländischer technischer Regelwerke, die von den Ausarbeitungen deutscher Verbände abweichen, muß gegeben sein, soll nicht der eng verzahnte W i r t 72 RGZ v. 11. 7. 31, J W 1932 S. 745 ff., 746; v. 11. 4. 35, J W 1935 S. 2196 ff., 2197, 2198; vgl. Bad.Württ. V G H v. 9. 12. 64, GewArch 1965 S. 200 ff., 201 zum Verfahren gemäß § 16 GewO. Vgl. Hess V G H v. 19. 12. 65, D Ö V 1966 S. 579; Musterbaukommission, Bericht, S. 125; Schäfer, Diss., S. 60, 63, vgl. S. 82, 141, 142, 156; Mang - Simon, BayBauO, A r t . 3 A n m . 60. 78 Krüger, Staatslehre, S. 495, 497; RdA 1957 S. 203; N J W 1956 S. 1219.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

schaftsverkehr zwischen den Industrieländern seine Grenzen zwar nicht mehr an Zollschranken, w o h l aber an den unmittelbaren Schranken unterschiedlicher nationaler Sicherheitsnormen finden. So war es der Wille des Verordnungsgebers, durch die Aufnahme der Generalklausel der „allgemein anerkannten Regeln der Technik" die starre Festlegung auf bestimmte deutsche Normen zu vermeiden, u m auch abweichende ausländische Regelwerke berücksichtigen zu können 7 4 . Wie sollte für ausländische Vorschriften eine den deutschen Normen parallele „allgemeine Anerkennung" festgestellt werden, wenn nicht als objektive Kontrollierbarkeit der technischen Richtigkeit? Da wegen der Unsicherheit der Erkenntnis durchaus verschiedene Wege zur Lösung konkreter Sicherheitsfragen denkbar sind und selten einer der allein zutreffende sein wird, können nebeneinander verschiedene Erfahrungsregeln, soweit sie objektiv kontrollierbar sind, als „anerkannte" Regeln der Techn i k i n Frage kommen. Die hier vertretene Auslegung des Begriffs der allgemein anerkannten Regeln der Technik erklärt auch die folgende allseits anerkannte Möglichkeit, daß eine individuelle Abweichung von den Vorschriftenwerken privater Verbände zulässig ist, wenn i m Einzelfall sachverständig nachgewiesen werden kann, daß auch auf andere Weise den technischen Gefahren begegnet werden kann. Diese Möglichkeit w i r d insbesondere bei Spezialkonstruktionen und i n Ausnahmefällen, aber auch bei Neuentwicklungen gegenüber möglicherweise überholten technischen Regelwerken i n Frage kommen 7 5 . Da den privaten Verbandsregeln keine rechtliche Geltungskraft zukommt und sie nur wegen ihrer — vermuteten — objektiven Verifizierbarkeit Anerkennung finden, muß einem Einzelgutachen, soweit es denselben Voraussetzungen entspricht, dieselbe Anerkennung zuteil werden. I n diesem Sinne können die privaten Verbandsnormen als allgemeine, vorweggenommene Sachverständigengutachten bezeichnet werden 7 8 . Für die Abweichung von den Regelwerken bedarf es nicht einer behördlichen Ausnahmegenehmigung nach A r t eines Dispenses 77 , sondern eines Sachverständigenbeweises 78 . I m Ergebnis ist damit i m Rahmen der technischen Sicherheits74 Vgl. Informationen, i n : R d A 1965 S. 389; Schäfer, Diss., S. 54, 82, Nickusch, Diss., S. 39 ; Herding - Schmalzl S. 170. 75 Schäfer, Diss., S. 63, 64; Merländer - Freytag - Zachen, Kommentar, Bd. I, S. 54; vgl. Herding - Schmalzl S. 169, 174, 175, 264; Pflaum, Diss., S. 50; Notiz i n ArbSch 1961 S. 322. 76 Schäfer, Diss., S. 121. 77 Greinert - Nöthlichs f ArbSch 1965 S. 236. 78 Herding - Schmalzl S. 264, 172, 265; Merländer - Freytag - Zachen, ArbSch 1965 S. 66; Mang - Simon, BayBauO, A r t . 3 A n m . 60; Schäfer, Diss., S. 52, 53, 62, 83, 84, 146, 156, 157; Vgl. Hess. V G H v. 22. 9. 61, DöV 1963 S. 79. Vgl. die neueste Regelung zum technischen Sicherheitsrecht i m E n t w u r f zum Maschi-

§ 4: Die allgemein anerkannten

egeln der Technik

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Verordnungen eine Möglichkeit gegeben, die das allgemeine Polizeirecht nach herrschender Auffassung dem Adressaten der Polizeiverordnungen versagt, nämlich die Möglichkeit eines Nachweises der konkreten Ungefährlichkeit oder eines abweichenden Gegenmittels gegenüber den auf die abstrakte Gefahr gegründeten Anforderungen der Verordnungen. Den „allgemein anerkannten Regeln der Technik" kann m i t h i n unter der Voraussetzung objektiver Nachprüfbarkeit und Richtigkeit i m H i n blick auf die Gefahrenabwehr sowohl durch die Beachtung technischer Regelwerke privater Verbände als auch durch ausländische oder internationale Standards und durch Sicherheitsmaßnahmen, die auf Einzelgutachten von Sachverständigen gestützt sind, genügt werden. bb) Es bleiben die i n der Bezugnahme auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" stillschweigend enthaltenen (aus der Beschränkung der staatlichen Sicherheitsziele auf den Gefahrenschutz sich ergebenden) Voraussetzungen der Anerkennung privater technischer Regelwerke als allgemeine Erfahrungssätze zu erwähnen. Die technischen Erfahrungssätze können nur insoweit rechtlich bedeutsam werden, als sie den Zielen des Gesetzes und der technischen Rechtsverordnungen entsprechen und sich i n den auch dem staatlichen Recht gesetzten Grenzen halten. I n weiterem Umfang konnte das staatliche Recht durch den Hinweis auf die „allgemein anerkannten Regeln der Technik" eine Verweisung nicht aussprechen. Die wesentliche Begrenzung des staatlichen Sicherheitsrechts ergibt sich aus der Beschränkung auf die Gefahrenabwehr. Die technischen Regelwerke privater Verbände scheinen sich ihrerseits nicht durchweg auf den Sicherheitszweck zu beschränken. Zunächst kann von der Tatsache ausgegangen werden, daß, solange die menschliche Erkenntniskraft auch auf dem Gebiet der Technik unvollkommen ist, eine einzige allein als richtig anzuerkennende Lösung der Sicherheitsprobleme kaum zu ermitteln ist, sondern mehrere technisch gleichermaßen vertretbare Wege dem Ziel einer hinlänglichen technischen Sicherheit dienen können 7 9 , vielleicht der eine dem Ziele näher, der andere i h m weniger nahe kommt, dafür aber ändere Vorteile bietet. Angesichts dieses faktisch vorhandenen Spielraums der nenschutzgesetz § 3 I 2 (BRatsDruck 141/66 S. 5): „ V o n den allgemein anerkannten Regeln darf abgewichen werden, w e n n der Gefahrenschutz auf andere Weise gewährleistet u n d das technische A r b e i t s m i t t e l von einem anerkannten Sachverständigen daraufhin geprüft worden ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Der Sachverständige hat über das Ergebnis der Prüfung eine Bescheinigung auszustellen." 79 Schäfer, Diss., S. 9, 10, 48; Bullinger, Selbstermächtigung, S. 23; Nickusch, Diss., S. 208; vgl. Forsthoff, Technisch bedingte Strukturwandlungen, S. 228.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

Entscheidung des sachverständigen Technikers ist die Möglichkeit gegeben, daß letztlich seine anderweitigen Interessen den Ausschlag geben. Die Gefahr besteht, daß bei der Aufstellung allgemeiner technischer Erfahrungssätze durch private Gremien, die Sachverständige der verschiedenen beteiligten Interessen zusammenführen, neben der für den staatlichen Verordnungsgeber allein erheblichen bestmöglichen Gefahrenabwehr auch andere Gesichtspunkte mitsprechen. Bullinger spricht von der Gefahr einer faktischen Auslieferung der Rechtsunterworfenen an die einseitigen Interessen einer Wirtschaftsgruppe 80 . Diese Gefahr könnte sich i n zwei Richtungen verwirklichen: als Zweckentfremdung und als mangelnde Zweckverwirklichung der privaten technischen Regelwerke. aaa) Der Zweck privater technischer Normen — wie er teilweise sogar ausdrücklich die Ziele der Verbandsarbeit bestimmt — könnte etwa auch sein, eine einheitliche rationelle Normung der technischen Produkte zu schaffen, oder eine Qualitätssteigerung durch Gütenormen durchzusetzen, die nicht unbedingt Sicherheitszwecken dient. A l l e i n eine zentrale tatsächliche Normung, ganz abgesehen von Sicherheitserwägungen, kann für sich schon ein berechtigtes Anliegen der privaten technischen Regelwerke sein. Denn eine einheitliche Normung kann für eine spezialisierte arbeitsteilige Wirtschaft und deren reibungsloses Funktionieren als faktische Ordnung lebenswichtig werden 8 1 . Der Zweck technischer Normung könnte sich auch auf die Förderung rein wirtschaftlicher Gewinn- und Absatzinteressen beschränken, um entweder durch Schaffung neuer Normen und die Außerkraftsetzung der bisher geltenden die Nachfrage zu stimulieren 8 2 oder umgekehrt durch Festhalten an den alten schon überholten Normen zunächst einmal das investierte Kapital sich rentieren zu lassen, schließlich aber auch, um ausländische Konkurrenz durch Schaffung besonderer deutscher Normen zu benachteiligen 83 . 80

Bullinger, Selbstermächtigung, S. 23; Conradi, Diss., S. 52. Hierzu können sich Grenzen aus dem Kartellrecht ergeben: vgl. § 5 I und § 38 I I I G W B über die grundsätzliche Zulässigkeit technischer Rationalisierungskartelle. 81

82 Vgl. die anläßlich der Abschaffung der Doppelstecker geäußerten Z w e i fel: von Renthe-Fink, W u W 1960 S. 254 f.; Drews-Wache S. 394; Brief des Bundeskartellamtes v o m 20. 2. 60, W u W Entsch., B K a r t A 145, 149, 152, der von der Möglichkeit einer Umgehung des Zwecks des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen durch marktpolitische Maßnahmen mittels „Sicherheitsnormen" spricht. Vgl. Kartellbericht der BundesReg, BTagsDrucks. I V 617 Ziff. 1, 2. 83 Vgl. Anfrage eines französischen Abgeordneten i n der Versammlung der E W G zum deutschen E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes: „Die W e l t " v. 6. 12. 66 „Technische Handelshemmnisse durch Bonner Gesetzentwurf?" Vgl.

§ 4: Die allgemein anerkannten Regeln der Technik

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Da die genannten Zwecke außerhalb der staatlich zu gewährleistenden Gefahrenabwehr für Leben und Gesundheit der Beschäftigten und des Publikums liegen, können die Hegelwerke privater Verbände i m technischen Sicherheitsrecht insoweit nicht als allgemeine technische Erfahrungssätze herangezogen werden 8 4 . Häufig w i r d die abweichende Zielsetzung i n Kennzeichnung und Formulierung dieser privaten Regeln deutlich gemacht. Soweit sie aber einmal nach außen als Sicherheitsvorschriften firmieren, können sie dennoch nicht als technische Erfahrungssätze, als „allgemein anerkannte Regeln der Technik" zur Gefahrenabwehr herangezogen werden. Entweder sieht die Verwaltung i n den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften von einem Hinweis auf diese Vorschriften überhaupt ab oder zumindest w i r d der betroffene Einzelne, der zur Einhaltung der Regeln angehalten werden soll, den Beweis ihrer Unsachgemäßheit antreten. I m Ergebnis kann eine Gefährdung staatlicher Belange durch die Übernahme privater technischer Regelwerke nicht eintreten. Soweit sie die Vermutung der Eigenschaft als allgemeine Erfahrungssätze der Technik für sich haben, dienen sie nur der vereinfachten Anwendung der technischen Verordnungen und der erleichterten Gebarung der Verwaltung, die i n der Regel diese Normen als allgemein anerkannte Regeln der Technik durchsetzen kann. bbb) Das Problem der Heranziehung der privaten technischen Regelwerke liegt weniger i n der Gewährleistung genügenden Rechtsschutzes der Betreiber gegenüber Vorschriften, die dem eigentlichen Ziel des Gefahrenschutzes entfremdet sind. Die offene Frage ist vielmehr vor allem, ob durch die Überlassung der Bestimmung der konkreten technischen Anforderungen an private Verbände ein ausreichender Gefahrenschutz der Beschäftigten und Dritter gewährleistet ist, ob der Staat sich nicht der Möglichkeit eines wahrhaft effektiven Gefahrenschutzes begibt, wenn er letztlich den Betroffenen selbst die für sie kostspielige Regelung überläßt. Hinter der Unzahl privater technischer Regelungen könnte sich i n Wahrheit ein bares sicherheitstechnisches M i n i m u m verbergen, das als noch gerade technisch erreichbar ausgegeben wird, aber nur den wirtschaftlichen Interessen der betroffenen Industrie entgegen kommen w i l l und den staatlichen Anforderungen nicht genügen kann. Inwieweit Erwägungen der Erhaltung der Lebensfähigkeit und Konkurrenzkraft der Wirtschaft sowie die Herabschraubung des Sicherheitsstandards auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß legitimerweise i m Rahmen der Gefahrenabwehr berücksichtigt werden können, w i r d Gegenstand des § 8 über die Grenzen der GefahIntervention der EWG-Kommission wegen der Verschärfung technischer Sicherheitsnormen f ü r K f z i n den U S A : F.A.Z. v. 20. 1. 67, 26. 1. 67, 31. 1. 67. 84 Schäfer, Diss., S. 60, 61, 106.

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1. Teil, 1. Kap.: Das System des technischen Sicherheitsrechts

renabwehr sein. Die dort gewonnenen Ergebnisse für den staatlichen Ermächtigungsrahmen können auch für die Bestimmung der Anforderungen an die privaten technischen Regelwerke herangezogen werden. I m übrigen ist die Möglichkeit weitergehender sicherheitstechnischer Anforderungen durch Verfügung i m Einzelfall i n den Durchführungsverordnungen zu § 24 GewO vorgesehen, wenn es die Abwehr besonderer Gefahren i m Einzelfall erfordert.

2. Kapitel

Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen des technischen Sicherheitsrechts § 5: D i e Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des technischen Sicherheitsrechts

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen setzt voraus, daß ein Titel des K o m petenzkataloges der A r t . 73—75 des Grundgesetzes gegeben ist und daß — i m Falle konkurrierender Zuständigkeit — ein Bedürfnis nach einer bundeseinheitlichen Regelung besteht (Art. 72 I I GG). Der Katalog der Gesetzgebungskompetenzen ist auch für die Durchführungsverordnungen zu § 24 GewO zur Anwendung zu bringen. Für sie als untergesetzliche, auf der Grundlage eines Gesetzes ergehende Rechtsnormen kommt es darauf an, ob der Ermächtigungsrahmen des förmlichen Gesetzes i n der Zuständigkeit des Bundes liegt. Daß die Gesetzgebungskompetenz i m Sinne der A r t . 73—75 GG auch die Rechtsetzung durch Rechtsverordnungen einschließt, ergibt sich aus der systematischen Stellung des Rechts der Rechtsverordnungen i n A r t . 80 GG i m Abschnitt über die „Gesetzgebung des Bundes" 1 . Die Zuständigkeit des Bundes könnte deshalb zweifelhaft sein, weil der Bund hier die Regelung materiellpolizeilicher Sicherheitsnormen unternimmt, d. h. nach herkömmlicher föderaler Auffassung die Regelung eines der letzten traditionellen Gesetzgebungsreservate der Länder. Die spezialpolizeiliche Regelung der technischen Gefahren überwachungsbedürftiger Anlagen ist gerade der K e r n des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen nach § 24 I 3 GewO. A l l e übrigen Bestimmungen der §§24 ff. sind letztlich auf diesen K e r n bezogen und die Zuständigkeit des Bundes dazu ergibt sich ohne Schwierigkeiten, wenn seine Zuständigkeit zu § 24 I 3 dargetan ist. Die übrigen Vorschriften enthalten einerseits Ermächtigungen zur Regelung eines eingehenden Kontroll- und Überwachungssystems m i t Anzeige-, Erlaubnis- und Prüfungspflichten nebst Gebührenordnung (§ 24 I 1, 2, 4, 5) sowie andererseits Bestimmungen über die Organisation der staatlichen Überwa1 Maunz - Dürig, A r t . 73 A n m . 2, A r t . 74 A n m . 7 GG; von Mangoldt - Klein S. 1334; Drews- Wache S. 15; B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 216; Fonh, DöV 1958 S. 23.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

chungsbehörden und der sonstigen Prüfungsstellen (§ 24 d und c) und über ihre jeweiligen Befugnisse (§ 24 a und b). Der Schwerpunkt der nachfolgenden Untersuchung liegt i n der Prüfung der Bundeskompetenz zur Regelung materiellpolizeilicher Sicherheitsnormen. Vorab muß die Frage näher präzisiert werden, wozu der Bund eine Regelungskompetenz beanspruchen kann, ob nämlich zur Regelung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen i n bestimmten Bereichen ihrer Verwendung oder umfassend i n allen Lebensbereichen allein auf Grund der technischen Gefährlichkeit der Anlagen. Schließlich ist die Bundeskompetenz zur Regelung der Überwachungsbefugnisse und der Organisation der Überwachung zu untersuchen und die Frage des Bedürfnisses zu bundeseinheitlicher Lösung anzuschneiden. A. Die Zuständigkeit des Bundes scheint auf der Hand zu liegen, wenn die Regelung des § 24 I I GewO herangezogen wird. Denn § 24 I I nimmt eine allseitige Eingrenzung des sachlichen Anwendungsbereichs des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen gerade dadurch vor, daß er an Gesichtspunkte für die Bundeszuständigkeit anknüpft. Gemäß § 24 I I gilt die Ermächtigung der Bundesregierung zu polizeilichen Sicherheitsbestimmungen — und damit auch alle sonstigen hierauf bezogenen Vorschriften des Überwachungssystems — nur für Anlagen, die i m Rahmen der Wirtschaft Verwendung finden oder wo wegen der Beschäftigung von Arbeitnehmern Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes eine Rolle spielen. Die inhaltliche Abstimmung m i t den Kompetenzartikeln A r t . 74 Ziff. 11 (Recht der Wirtschaft) und A r t . 74 Ziff. 12 (Arbeitsschutzrecht) ist offenkundig und war beabsichtigt 2 . Dennoch w i r d die Untersuchung weiter ausholen und fragen müssen, ob eine Bundeszuständigkeit zur Regelung polizeilicher Sicherheitsvorschriften für gefährliche technische Anlagen auch unabhängig davon besteht, ob sie gerade ihrer konkreten Zweckbestimmung nach i n Lebensbereichen verwendet werden, für die der Bund Regelungen treffen kann. Denn die rein technischen Gefahren der Anlagen hängen nicht davon ab, i n welchem betrieblichen Zusammenhang die Anlagen schließlich Verwendung finden. Das Sicherheitsbedürfnis vor gefährlichen Anlagen besteht unabhängig von den Gesichtspunkten der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern. U m zu einem umfassenden sachlichen Anwendungsbereich des technischen Sicherheitsrechts zu kommen, muß geprüft werden, ob nicht für die Zuständigkeitsfrage statt auf die konkrete Verwendung der gefährlichen Anlagen, auf ihre Herkunft und ihren Ursprung abgestellt werden kann und der Bund zumindest insoweit für zuständig gehalten werden kann, als es sich u m industriell, handwerklich oder gewerblich hergestellte gefährliche Anlagen handelt. A m zweckmäßigsten wäre darüber hinaus 2

Siehe unten § 11.

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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eine Lösung, wenn Anknüpfungspunkt für eine bundeseinheitliche Regelung die technische Natur der Anlagen sein könnte. Insbesondere würde es um folgende Lebensbereiche gehen, i n denen überwachungsbedürftige Anlagen zwar tatsächlich Verwendung finden, für die aber infolge der Regelung des § 24 I I zweifelhaft sein könnte, ob die Ermächtigung der Bundesregierung sich auch auf sie bezieht: Anlagen i n landwirtschaftlichen Betrieben, Anlagen i n der hoheitlich geführten öffentlichen Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden, Anlagen i n Forschungsinstituten, Krankenhäusern und sonstigen nichtwirtschaftlichen Unternehmen und schließlich Anlagen privater Bürger. Es muß geprüft werden, inwieweit das Grundgesetz dem Bund die Möglichkeit gibt, die umfassende Einhaltung der Sicherheitsvorschriften i n allen Verwendungsbereichen zu bestimmen. Inwieweit der Bund durch § 24 GewO von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, w i r d dann i n einem anderen Paragraphen zu untersuchen sein 3 . Die Suche nach einer möglichst umfassenden Kompetenz für bundeseinheitliche technische Sicherheitsnormen w i r d immer wieder akut, wenn der Staat sich vor die Aufgabe gestellt sieht, den Gefahren der technischen Zivilisation zu begegnen. Die Frage tauchte jüngst wieder i n den Erörterungen um das Maschinenschutzgesetz auf 4 . Für den technischen Fortschritt, für die technische Sicherheit und für den Handelsverkehr eines Industrielandes ist die Einheitlichkeit der Sicherheitsnormen gleich lebenswichtig. Voneinander abweichende, nicht aufeinander abgestimmte Sicherheitsnormen können die effektive Einheitlichkeit des Lebens- und Wirtschaftsgebietes — i n nationaler wie i n internationaler Hinsicht — zerstören und die tatsächliche „Freizügigkeit der Dampfkessel" i n Frage stellen. B. Für umfangreiche technische Sachgebiete wurde dem Bund durch das Grundgesetz ausdrücklich die Zuständigkeit eingeräumt. So steht dem Bund insbesondere die Kompetenz zur sicherheitstechnischen Regelung für die technischen Verkehrsmittel und für die Energieanlagen zu 5 . Da für die Regelung der Sicherheitstechnik allgemein gefährlicher bzw. überwachungsbedürftiger Anlagen ein spezieller sachlicher Titel des Bundes fehlt, muß die Prüfung der Bundeszuständigkeit bei den generalklauselartigen Kompetenzartikeln des A r t . 74 Ziff. 11 und 12 GG ansetzen, d. h. der Zuständigkeit für das Recht der Wirtschaft — insbesondere das Recht des Gewerbes — und der Zuständigkeit für die Regelung des Arbeitsschutzes. 8

Siehe unten § 11. BRatsDrucks. 141/66. 5 F ü r das Kraftfahrtwesen: A r t . 74 Ziff. 22 (§ 6 StVG i n Verb, m i t § 16 ff. StVZO; § 57 PBefG; § 103 G ü K G ) ; f ü r das Luftfahrtwesen: A r t . 73 Ziff. 6 GG (§ 32 L u f t V G m i t LuftverkehrszulassungsO); f ü r die Schiffahrt: A r t . 74 Ziff. 4

5 Plischka

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

I. Es liegt nahe, für die Neuregelung des § 24 der Gewerbeordnung die Zuständigkeit des Bundes aus seiner Gesetzgebungsbefugnis für das Recht des Gewerbes herzuleiten. Was unter Gewerberecht i m Sinne des A r t . 74 Ziff. 11 GG zu verstehen ist, kann i n Anlehnung an die traditionelle gewerberechtliche K o difikation, die Gewerbeordnung von 1869, bestimmt werden 6 . Denn dafür, daß der Verfassungsgeber den überkommenen Anwendungsbereich der alten Gewerbeordnung bei Aufnahme des Rechts des „Gewerbes" i n die Zuständigkeit des Bundes schmälern wollte, besteht kein Anhalt 7 . I m Gegenteil zeigte er durch die Aufnahme zahlreicher weiterer wirtschaftlicher Teilgebiete und die Voranstellung eines umfassenden Oberbegriffs „Recht der Wirtschaft" das Bestreben, die Zuständigkeit des Bundes über die herkömmliche Kompetenz zur Gewerbegesetzgebung i n den A r t . 4 Ziff. 1 RV und A r t . 7 Ziff. 16 WRV hinaus zu erweitern 8 . Daß die Verfassung damit an Begriffe anknüpft, die i n einem einfachen Gesetz vorgeformt sind, obwohl die inhaltliche Ausfüllung entsprechend der Rangfolge der Rechtsquellen den umgekehrten Weg gehen müßte, ist jedenfalls für die traditionell feststehenden Rechtsbegriffe i n den Kompetenzartikeln ohne Bedenken 9 . Für den Umfang der Bundeskompetenz zur Gewerbegesetzgebung gemäß A r t . 74 Ziff. 11 GG muß m i t h i n geprüft werden, i n welchem U m fang herkömmlicherweise das Recht der überwachungsbedürftigen A n lagen i n der Gewerbeordnung geregelt worden ist. Z u m feststehenden traditionellen Bestandteil der Gewerbeordnung gehört seit knapp 100 Jahren, seit 1869, der § 24 über das Dampfkesselwesen. Er bestimmte i n seiner ersten Fassung, daß „zur Anlegung von Dampfkesseln, dieselben mögen zum Maschinenbetriebe bestimmt sein 21, vgl. B V e r f G v. 10. 7. 62, Bd. 15 S. 1 ff., 12, 17. F ü r das Eisenbahnwesen: A r t . 73 Ziff. 6, A r t . 74 Ziff. 23 GG (BBahnGes m i t EBO; § 57 PBefG m i t BOStrab); für Energieanlagen: A r t . 74 Ziff. 11, I I a (§ 13 I I EnergieWG m i t 2. u n d 4. DVO sowie Atomgesetz und zwei StrahlenschutzVOen); s. Bullinger, Mineralölfernleitungen S. 62; f ü r das Fernmeldewesen u n d Empfangsanlagen: A r t . 73 Ziff. 7 (vgl. B V e r f G v. 28. 2. 61, Bd. 12 S. 205 ff., 226, 227, 240; MaunzDürig, A r t . 73 Ziff. 104); f ü r ein sehr wichtiges Gebiet des technischen Sicherheitsrechts, das Baupolizeirecht für bauliche Anlagen, sind demgegenüber die Länder, nicht der B u n d zuständig, vgl. B V e r f G v. 16. 6. 54, Bd. 3 S. 407 ff., 433. Vgl. Schäfer, Diss., S. 37—40. • B V e r f G v. 30. 4. 52, Bd. 1 S. 264 ff., 271; v o m 30. 5. 56, Bd. 5 S. 25 ff., 29; vgl. schon Preuß. O V G v. 17. 4. 1916, Bd. 71 S. 394 ff., 396 f ü r A r t . 4 der Reichsverfassung; Landmann - Rohmer, § 16 A n m . 25. Zweifelnd: Maunz i n Mang - Maunz - Mayer - Obermayer S. 500. 7 Jahrbuch des öffentlichen Rechts N F Bd. 1 (1951) S. 516. 8 B V e r f G v. 30. 5. 1956, Bd. 5 S. 25 ff., 28, 29; v. 20. 7. 1954, Bd. 4 S. 7 ff., 13; v. 29. 4. 1958, Bd. 8 S. 143 ff., 148; Bullinger, Mineralölfernleitungen, S. 61. • Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 15, 16; vgl. Leisner, Gesetzmäßigkeit der V e r fassung, insbes. S. 5, 64, 65.

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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oder nicht" eine Genehmigung erforderlich ist 1 0 . Schon unter der Geltung dieser Fassung stellte sich die Frage nach dem sachlichen Geltungsbereich des § 24; schon damals tauchte das Problem auf, ob nur gewerblich betriebene Dampfkesselanlagen erfaßt werden oder ob unabhängig von der konkreten wirtschaftlichen Zweckbestimmung, vom Zusammenhang m i t einem Gewerbebetriebe, allein die technische Natur einer Anlage ausschlaggebend für die Anwendung des § 24 ist. Dem Wortlaut des Gesetzes ließ sich damals keine Bestimmung seines A n wendungsbereiches i m gesuchten Sinne entnehmen. Die Feststellung der Unerheblichkeit gerade der Verwendung „zum Maschinenbetriebe" ist aus der geschichtlichen Entwicklung der Dampfkesselüberwachung zu erklären, wonach zunächst die Dampfkessel nur i n Verbindung m i t Dampfmaschinen der Genehmigung unterworfen waren, gibt aber für die gestellte Frage nichts her 1 1 . Aus der sytematischen Stellung i n der Gewerbeordnung konnte zwar gefolgert werden, daß, w e i l diese i n Ausführung der Gewerbefreiheit nur gerade das Recht der gewerblichen Betriebe regeln sollte, auch für § 24 diese Begrenzung gelten müßte. Aber während für die entsprechend zu behandelnden lästigen Anlagen nach § 16 GewO die Begrenzung auf gewerblich betriebene Anlagen noch lange streitig blieb, wurde für § 24 eine umfassende A n wendbarkeit schon frühzeitig allgemein anerkannt. Unter Führung der Verwaltungspraxis konnten sich Rechtsprechung und L i t e r a t u r 1 2 dem immer wiederkehrenden praktischen Argument nicht verschließen, daß die technische Gefährlichkeit der Anlagen nicht von der A r t ihrer konkreten betrieblichen Verwendung abhängt, vielmehr die Gleichheit der Gefahr eine gleiche Behandlung aller Anlagen fordert. Das Preußische Oberverwaltungsgericht ging i n seiner grundlegenden Entscheidung über die umfassende Anwendbarkeit des § 16 GewO von der weiten Auslegung des §24 schon als einer anerkannten Tatsache aus und zog sie sogar als Argumeiit für die entsprechend zu behandelnden lästigen Anlagen des § 16 heran 1 8 . Seine Gründe zu § 16 können auch zur Erklärung der umfassenden Anwendbarkeit des § 24 dienen. Zweck des Gesetzes, wie er i m Gesetzeswortlaut zum Ausdruck kommt, ist die Abwendung von Gefahren, die bestimmte technische 10

Gewerbeordnung f ü r den Norddeutschen Bund, B G B l . 1869 S. 245 ff., 251. Jaeger - Ulrichs, 5. Aufl., S. 2, 28; von Busch - Trabandt, S. 25; B a y V G H v. 3. 5. 1935, Reger Bd. 55 S. 484 ff,, 486; vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes, 1869, Bd. I I , S. 1074; a. A. Landmann - Rohmer, 10. Aufl., 1952, S. 252. 12 P r O V G v. 17. 4. 1916, Bd. 71 S. 394—407; Jaeger - Ulrichs, S. 29; Landmann - Rohmer, 3. Aufl., 1897, 'S. 198; vgl. 12. Aufl., § 24 A n m . 6; v. Schicker, Bd. I, 4. Aufl., 1901, S. 80a; Laband, Bd. I I I , 5. Aufl., 1913, S. 209 A n m . 5; Thomas S. 114 ff., 121; v. Busch - Trabandt S. 48. 13 PrOVG, a.a.O., S. 406. 11

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

Anlagen m i t sich bringen. Die Gefahren bestehen aber gleichermaßen für gewerbliche wie nichtgewerbliche Anlagen. Daß der nichtgewerbliche Betrieb entscheidend geringere Gefahren m i t sich bringt als die auf Gewinn berechnete gewerbliche Nutzung — etwa wegen größerer Sorgfalt der nicht am Gewinn interessierten Betreiber —, kann kaum vertreten werden 1 4 . Diesem Schutzzweck des Gesetzes muß Rechnung getragen werden 1 5 , auch unter Absehen von einem unvollkommenen Wortlaut des Gesetzes16. Die systematische Stellung i n der Gewerbeordnung ist nicht beweiskräftig, da diese sich nicht nur auf die Regelung von begrifflich als „Gewerbe" aufzufassenden Tätigkeiten beschränkt 17 . Aus diesem Grund stand auch die Fassung der Kompetenzartikel der Reichsverfassung einer weiten Auslegung nicht entgegen, die i n A r t . 4 Ziff. 1 der Gesetzgebung des Reichs die Bestimmungen über den Gewerbebetrieb zugewiesen hatte 1 8 . Denn damit sollte die Gewerbegesetzgebung so, wie sie bei Erlaß der Reichsverfassung vorhanden gewesen war, i n die Reichskompetenz übernommen werden. Die Entstehungsgeschichte der Gewerbeordnung aber läßt nach den eingehenden Nachprüfungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts den Schluß auf eine umfassende Anwendung der Bestimmungen über technische Anlagen zu 1 9 . Auch die A r t und Weise der gesetzestechnischen Lösung deutet darauf hin. Denn die vorgesehene Genehmigung knüpft gerade an die Anlage selbst m i t dinglich wirkendem Charakter an, nicht aber an den einzelnen Unternehmer, der die Anlage verwendet 2 0 . Der Auslegung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts folgten später das Thüringische Oberverwaltungsgericht und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof 21 . Eine Änderung der Gewerbeordnung 22 sanktionierte diese Auffassung, indem i n § 25 I I und § 147 I 2 GewO, die ausdrücklich auf „gewerbliche" Anlagen Bezug nahmen, das Wort „gewerbliche" gestrichen wurde 2 3 . Zugleich erhielt § 24 i m Jahre 1937 die 14

PrOVG, a.a.O., S. 405. Vgl. Äußerung Delbrücks, Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes, Bd. I I , 1869, S. 1074; PrOVG, a.a.O., S. 406. 16 B a y V G H v. 3. 5. 1935, Reger Bd. 55 S. 484 ff., 486. 17 PrOVG, a.a.O., S. 305, 396; Thür. O V G v. 31. 1. 1934, RVB1. Bd. 55 S. 680; Bay V G H , a.a.O., S. 486. 18 Laband, Bd. I I I , 5. Aufl., 1913, S. 209 A n m . 5; PrOVG, a.a.O., S. 396. 19 PrOVG, a.a.O., S. 400 ff. 20 Schicker, 4. Aufl., 1901, S. 48; PrOVG, a.a.O., S. 406; siehe unten § 13 F. 21 Thür. O V G v. 31. 1. 1934, RVB1. Bd. 55 S. 680; B a y V G H v. 3. 5.1935, Reger Bd. 55 S. 484 ff., 486. 22 V O v. 30. 8. 37, RGBl. I S. 918. 28 Vgl. Landmann - Rohmer, 10. Aufl., 1952, S. 179. 15

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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Fassung, die er bis zur Änderung der Gewerbeordnung i m Jahre 1953 behalten sollte. Danach bedurfte „die Anlegung und der Betrieb von Dampfkesseln" der Genehmigung. Der Reichswirtschaftsminister wurde ermächtigt, „entsprechende Regelungen auch für andere Anlagen zu treffen, die m i t Rücksicht auf ihre für die Allgemeinheit bestehende Gefährlichkeit einer technischen Überwachung bedürfen". Von einer Einschränkung auf gewerblich betriebene Anlagen konnte nicht mehr die Rede sein. Muß man m i t h i n die Regelung der technischen Gefahren bestimmter gefährlicher und überwachungsbedürftiger Anlagen ohne Einschränkung als traditionellen Bestandteil der Gewerbeordnung betrachten 24 , so ist davon auszugehen, daß i n A r t . 74 Ziff. 11 GG an diese überlieferte Auffassung angeknüpft wurde. Die Verweisung i n A r t . 74 Ziff. 11 GG nimmt auf die traditionelle Gewerbegesetzgebung und die Staatspraxis Bezug, nicht aber allein auf den engeren wissenschaftlichen Begriff des Gewerbes 25 . Die Herausarbeitung eines besonderen wissenschaftlichen Begriffs des „Gewerbes" t r i f f t zwar für einen großen Teil der Gewerbegesetzgebung zu, nicht aber für den relativ eigenständigen und bedeutsamen Teil der lästigen und überwachungsbedürftigen A n lagen. I m Ergebnis kann also die Geltung der technischen Vorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen auf alle Lebensbereiche erstreckt werden, auch wenn diese als solche nicht der Regelung des Bundes unterliegen würden. Insbesondere könnten kraft der Bundeskompetenz zur Gewerbegesetzgebung die überwachungsbedürftigen Anlagen i m Bereich der Landwirtschaft, aber auch i n öffentlichen, z.B. gemeindlichen Verwaltungen erfaßt werden. Die umfassende bundeseinheitliche Zuständigkeit i n A r t . 74 Ziff. 11 GG kann auch dann nicht i n Zweifel gezogen werden, wenn es i m Zuge der technischen Entwicklung zur Aufnahme neuer technischer A n lagen i n den Katalog des § 24 I I I kommt. Der traditionelle K e r n der Regelung bleibt m i t der Festlegung auf die „Überwachungsbedürftigkeit" der Anlagen, also auf den notwendigen Überwachungsapparat bei solchen Anlagen, gewahrt. Eine unzulässige stillschweigende gesetzgeberische Verfassungserweiterung würde darin nicht liegen, da eine Weiterentwicklung der Kompetenzbegriffe unter Aufrechterhaltung ihres Bedeutungskerns möglich ist 2 6 . II. Neben der historischen Ableitung aus der traditionellen Gewerbegesetzgebungskompetenz läßt sich aus der Kompetenz für das „Recht 24 Begr. zur Neufassung des § 24 BTagsDrucks. 1949 Nr. 4170 S. 10, 11; Landmann - Rohmer, § 24 A n m . 6, § 16 A n m . 21, 25; Nöthlichs, ArbSch. 1961, S. 48; a. A . w o h l Deutschbein, R d A 1953 S. 461. 25 Landmann - Rohmer, § 16 A n m . 25. 26 Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 16; Vgl. Pelzer, D Ö V 1959 S. 53.



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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

der Wirtschaft" (Art. 74 Ziff. 11) eine allgemeine Zuständigkeit des Bundes für die Bestimmung technischer Sicherheitsnormen industriell oder handwerklich hergestellter oder gewerblich gehandelter technischer Einrichtungen herleiten. Nach der näheren Bestimmung des Begriffs „Recht der Wirtschaft" ist auf die für technische Sicherheitsnormen bedeutsame Abgrenzung zum „Recht der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" der Länder einzugehen und schließlich das technische Sicherheitsrecht des § 24 GewO dem Recht der Wirtschaft zuzuordnen. a) Die Begriffe „Recht der Wirtschaft" und daneben „Recht der I n dustrie, des Handwerks, des Gewerbes und des Handels" könnten in einem engeren und i n einem weiteren Sinne verstanden werden. 1. Einmal könnte eine rechtliche Regelung sich allein auf die unmittelbare Ordnung dieser Sachbereiche selbst als abgeschlossener Lebensbereiche beziehen, z. B. durch Bestimmung ihrer Organisation oder durch wirtschaftslenkende Maßnahmen, die allein auf die Förderung dieser Lebensbereiche selbst abzielen. 2. Andererseits könnte das Recht der Wirtschaft i n umfassender Auslegung auch die Ausstrahlungen und Beziehungen dieser besonderen Lebensbereiche zu anderen Bereichen und zur Gesellschaft insgesamt regeln, insbesondere auch die Leistungen und Erzeugnisse der für die allgemeine Öffentlichkeit produzierenden Wirtschaft betreffen. Allgemein w i r d diese letztere weite Auslegung der generalklauselartigen Bundeskompetenz befürwortet. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Beschußgesetz (welches die Sicherheitsanforderungen und Prüfungspflichten für Schußwaffen und Munition festlegt) sind unter „Recht der Wirtschaft" nicht nur — i n einem engeren Sinne — alle Normen zu begreifen, die das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regeln, sondern vor allem auch diejenigen Vorschriften dazuzurechnen, die sich i n irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des w i r t schaftlichen Bedarfs beziehen 27 . Danach kann es nicht darauf ankommen, i n welchem Lebensbereich die Wirtschaftsgüter — wenn gerade sie Objekt der Regelung sind — letztlich Verwendung finden, sondern nur, von wo sie ausgehen, ob ihr Ursprung i m Bereich der Wirtschaft liegt. Den Sicherheitsvorschriften würde damit ein umfassender Geltungsbereich gewährleistet sein, unter effektiver Einbeziehung auch der i n der Landwirtschaft und i n denjenigen Sachbereichen verwendeten Anlagen, die als solche nicht durch das „Recht der Wirtschaft" erfaßt werden könnten.

87 B V e r f G v. 29. 4. 1958, Bd. 8 S. 143 ff., 148, 149; Maunz - Dürig, Ziff. 61; v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 1581.

A r t . 74

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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b) Diese weite Hegelungskompetenz bedarf insbesondere der Abgrenzung zum Recht der allgemeinen öffentlichen Sicherheit, das den Ländern zusteht (Art. 30, 70 GG). Nicht alles, was irgendwie m i t der W i r t schaft zusammenhängt, kann von der Bundeskompetenz erfaßt werden 2 8 . 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bilden solche Sicherheitsnormen einen selbständigen Sachbereich i m Sinne der Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern, bei denen die A u f rechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist 2 9 . Diese polizeiliche Gefahrenabwehr i m engeren und herkömmlichen Sinn, als Sicherheitspolizei i m Gegensatz zur Verwaltungspolizei, steht ausschließlich den Ländern zu 8 0 . I m übrigen aber erhalten sonstige materiellpolizeiliche Bestimmungen ihre verfassungsrechtliche Qualifikation i m Sinne der Kompetenzverteilung durch ihre spezifische Beziehung zu einem besonderen Sachbereich des Zuständigkeitskataloges. Die Polizeigewalt ist Annex — genauer gesagt: immanenter Bestandteil 8 1 — der Kompetenz für ein bestimmtes Sachgebiet, da sie nur eine besondere A r t und Weise der Ausübung des umfassenden Gesetzgebungsrechts ist, bei der die staatlichen Eingriffe auf ein gefahrenabwehrendes Mindestmaß beschränkt werden. Polizeiliche Vorschriften durch den Bund sind zulässig, wenn der Sicherheitszweck nicht der ausschließliche alleinige gesetzgeberische Grund ist, sondern die Regelung i n einem notwendigen Zusammenhang m i t einem besonderen, dem Bunde ausdrücklich zugewiesenen Sachbereich steht und auch dessen besonderen Regelungszwecken dient. 2. Für die Zuordnung materiellpolizeilicher Regelungen zu dem Sachbereich der Bundeskompetenz „Recht der Wirtschaft" muß m i t h i n über die bloße Herkunftsbeziehung zur Wirtschaft hinaus eine besondere Beziehung zum Sachgebiet „Recht der Wirtschaft" bestehen, u m eine Bundeskompetenz zum Erlaß auch gefahrenabwehrender Sicherheitsvorschriften für Wirtschaftsprodukte gegenüber der allgemeinen Länderkompetenz auf diesem Sachbereich zu rechtfertigen. Notwendig ist die Berücksichtigung wirtschaftlicher Zielsetzungen, insbesondere der diesem Sachbereich eigenen wirtschaftsfördernden und -ordnenden Re88

Gieseke, DÖV 1956 S. 682. BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 150; Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 12; v. MangoldtKlein, Bd. I I , S. 1409, 1562; ablehnend: Franz Mayer, DÖV 1960 S. 92. n

80 BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 149, 153; Weitergehend, f ü r die Anerkennung einer t e i l weisen Bundeskompetenz auch i n diesem Bereich: Wacke, Bundesrecht, S. 200; vgl. Bundesverwaltungsgericht v. 21. 12. 54, Bd. 1 S. 303 ff., 304. 81

B V e r f G v. 16. 6. 54, Bd. 3 S. 407 ff., 433; Wacke, Bundesrecht, S. 182.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

gelungszwecke 32 . Denn Maßnahmen der Wirtschaftsordnung und der Wirtschaftsförderung bilden den eigentlichen K e r n dieser Bundeskompetenz 33 . Für Gesetze, die sowohl wirtschaftsfördernde bzw. wirtschaftsordnende wie rein gefahrenabwehrende Gesichtspunkte verwirklichen, bedarf es einer Abwägung der gesetzgeberischen Schwerpunkte 34 . Die Einordnung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen ist nach dem Zweck dieser Regelung sowie nach der sonstigen näheren gesetzlichen Ausgestaltung — insbesondere der Adressierung und der verwaltungsmäßigen Durchführung — vorzunehmen. Ihrem Zweck nach dienen nicht wenige Normen des Wirtschafts- und Gewerberechts mittelbar oder unmittelbar der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und werden gleichwohl als w i r t schaftsrechtliche Normen vom Bund erlassen 35 . Die Gewerbeordnung als das Wirtschaftsgesetz des Liberalismus sieht ihren wirtschaftspolitischen Zweck gerade darin, die Eingriffe des Staates i n die Wirtschaft auf ein gefahrenabwehrendes M i n i m u m zu begrenzen 36 . Das Bundesverfassungsgericht zieht als Beispiel gerade die Regelung der §§ 16 ff. und 24 ff. GewO heran 3 7 und geht i n einem späteren Urteil wie selbstverständlich von dem wirtschaftsrechtlichen Charakter bestimmter technischer Sicherheitsvorschriften für Dampfkessel aus 38 . Die Sicherheitsbestimmungen für gefährliche Anlagen dienen aber nicht nur dem Schutz vor Gefahren, sondern ihr Normzweck liegt gleichermaßen i n der Förderung der Wirtschaft. Die äußerliche Anknüpfung des Geltungsbereichs der Vorschriften an die Verwendung i n w i r t schaftlichen Unternehmungen soll dabei — entsprechend dem Zweck der Untersuchung nach einer weiten Bundeskompetenz — noch außer Acht gelassen werden. Schon i n der Regierungsbegründung zur Neuregelung des § 24 GewO heißt es, daß die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrieerzeugnisse auf dem internationalen M a r k t gestärkt werden solle, indem die Normen sowie garantierte Mindestqualitäten für deutsche Güter sichergestellt würden, auf die sich die Erwerber verlassen können 3 0 . Außerdem komme die damit zu erreichende einheitli32 B V e r f G v. 31. 1. 62, Bd. 13 S. 367 ff., 371, 372; B V e r w G v. 20. 11. 59, GewArch 1963 S. 19 ff., 20. 33 v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 16, 26, 1581. 34 Hans Schneider, N J W 1965 S. 939, 940. 35 Wacke, Bundesrecht, S. 196; B V e r f G v. 30. 4. 52, Bd. 1 S. 264 ff., 272. 36 Wolff, Bd. I I I , S. 6; vgl. La band, Bd. I I I , 5. Aufl., S. 206. 37 BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 149; vgl. auch v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 1561, 1590. 38 B V e r f G v. 15. 3. 60, Bd. 11 S. 6 ff., 14; vgl. B V e r w G v. 20. 11. 59, GewArch 1961 S. 156. 39 BTagsDrucks. 1949 Nr. 4170 S. 10; vgl. auch Begründung der BReg. zum Maschinenschutzgesetz BRatsDrucks. 141/66.

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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che Normung der Rechtssicherheit und der Wirtschaftseinheit zugute und erleichtere eine rationelle Fertigung und den Handel. Die Einheitlichkeit der sicherheitstechnischen Regelung, die erst die „Freizügigkeit der Dampfkessel" garantiert, ist notwendig zur Erhaltung der Wirtschaftseinheit des Bundesgebietes. Diese spezifisch wirtschaftsrechtlichen Erwägungen lassen sich auch i n der Beschränkung auf die Gefahrenabwehr erreichen. Ein sich auf die Gefahrenabwehr beschränkendes Gesetz kann zugleich i n seiner Wirkung auch wirtschaftsfördernden Charakter haben, ohne bestimmte spezifisch wirtschaftsfördernde Maßnahmen vorsehen zu müssen. Sicherheitsvorschriften garantieren zugleich eine erhöhte Qualität und schließen kraft staatlichen Zwanges eine unlautere Konkurrenz aus, die zu Lasten des Unfallschutzes minder sichere, aber billigere Ware auf den M a r k t bringt. Dazu kommt, daß die materielle Begrenzung der Anforderungen, die i n jeder bloßen Gefahrenabwehr liegt, wiederum der Konkurrenzfähigkeit der Industrie zugute kommt. I m Rahmen der Gefahrenabwehr ist zudem das öffentliche Interesse an einem möglichst wirksamen Schutz der Allgemeinheit m i t dem öffentlichen Interesse an einer insgesamt lebensfähigen Industrie — also m i t wirtschaftlichen Erwägungen — abzuwägen 40 . Wirtschaftsförderung und Gefahrenabwehr sind m i t h i n eng miteinander verknüpft. Auch i n der sonstigen Ausgestaltung des technischen Sicherheitsrechts t r i t t die wirtschaftsfördernde Absicht hervor. Die Einführung der Genehmigungspflicht gemäß §§ 16 und 24 GewO für lästige und überwachungsbedürftige Anlagen hatte von vornherein nicht nur eine besondere polizeiliche Kontrolle dieser Anlagen i m Auge, sondern auch den Schutz der Gewerbetreibenden selbst, die durch bundeseinheitlich festgelegte Anforderungen von nachträglichen Anforderungen örtlicher Dienststellen befreit werden und eine verstärkte Rechtsposition erlangen sollten 4 1 . Schließlich gibt die A r t der Aufstellung und der Durchführung der technischen Sicherheitsvorschriften ein weiteres I n diz für den wesentlichen wirtschaftsrechtlichen Charakter dieser Vorschriften 42 . Nicht das für polizeiliche Fragen zuständige Innenministerium, sondern der Arbeits- oder Wirtschaftsminister arbeitet m i t Hilfe von Ausschüssen, i n denen Kreise der Wirtschaft und Wissenschaft m i t sprechen, die Vorschriften aus. Die Durchführung liegt i n den Händen besonderer Gewerbeaufsichtsämter, die historisch gesehen m i t voller 40 Vgl. Grewe, Der M a r k e n a r t i k e l 1951 S. 244; vgl. Rabeneick, S. 497; siehe unten § 8.

DVB1. 1960

41 Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes, 1869, Bd. I I I , S. 115. 42

Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 151.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

Absicht aus der Zuständigkeit der allgemeinen Sicherheitspolizei herausgenommen worden sind. Für die Bundeskompetenz zu wirtschaftsrechtlicher Regelung kann es auch keinen Unterschied machen, ob Adressat der Sicherheitsvorschriften die herstellende oder handeltreibende Wirtschaft selbst ist — die abweichende Anlagen nicht herstellen oder i n Verkehr bringen darf —, oder ob erst die Betreiber der Anlagen, auch soweit sie nicht i n der Wirtschaft stehen, zur Einhaltung der Sicherheitsvorschriften verpflichtet werden. Diesen Weg gehen die Sicherheitsvorschriften nach § 24 GewO, u m i m Interesse des technischen Fortschritts die produzierende Wirtschaft möglichst von starren Reglementierungen freizuhalten. Sie beziehen Hersteller und Händler immerhin zumindest mittelbar i n ihre Regelung ein, da sie für sie ein besonderes Typengenehmigungs- bzw. Bauartzulassungsverfahren schaffen 43 . Dem materiellen Inhalt nach bleiben die Sicherheitsvorschriften auch weiterhin ihrem wirtschaftsfordernden Zweck verpflichtet; das Gesetz könnte an sich auch die Verpflichtung der Hersteller und Händler selbst vorgesehen haben. Von der Unerheblichkeit solcher unterschiedlicher formalrechtlicher Gestaltungsformen ist das Bundesverfassungsgericht stillschweigend durch die Erklärung des Beschußgesetzes i n seiner Gesamtheit zu Bundesrecht ausgegangen. Das Gericht hat auch die nicht an den Hersteller, sondern an die privaten Waffenbesitzer gerichteten Prüfungsund Nachbesserungspflichten gemäß § 8 Beschußgesetz zum W i r t schaftsrecht gerechnet. 3. Die weite Interpretation der Bundeskompetenz zur Regelung des „Rechts der Wirtschaft" führt dennoch nicht zu einer uferlosen Ausdehnung und bewirkt nicht die Aushöhlung der Gesetzgebungsbefugnisse der Länder. Eine ausschließliche sicherheitspolizeiliche Tendenz — und damit die Zuständigkeit der Länder — würde gegeben sein, wenn Sicherheitsvorschriften nicht für die bestimmungsgemäße und übliche Verwendung der Anlagen selbst getroffen würden, sondern Vorschriften ergingen, die hauptsächlich das Verhalten der Betreiber und Inhaber dieser Anlagen gegen mißbräuchliche Verwendung regeln wollten. Hier wäre die Beziehung zur herstellenden oder handelnden Wirtschaft nur noch eine ganz entfernte. Wesentlicher Schutzzweck wäre die Aufrechterhaltung der Sicherheit der Allgemeinheit vor dem „bösen Willen" ihrer Mitglieder, wie zur Charakterisierung des Polizeirechts i m engeren Sinne gesagt worden ist 4 4 . Das Bundesverfassungsgericht stellt i n diesem Zusammenhang das „Beschußgesetz" über die Waffenqualität dem „Waffengesetz" über das mißbräuchliche Verhal48

siehe unten § 15. Drews - Wacke S. 521; Wolff, Bd. I I I , S. 13, 14; vgl. Scupin, Recht - Staat Wirtschaft, Bd. I I , 1950, S. 299, 300. 44

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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ten des Waffenträgers gegenüber, das i n die Zuständigkeit der Länder für die allgemeine Sicherheit fällt 4 5 . Die i m Atomrecht gebrauchte Gegenüberstellung der Begriffe „safety" und „security" mag die unterschiedliche Abwehrrichtung der Gefahrenbekämpfung deutlich machen, die einmal beim Bund, einmal bei den Ländern liegt 4 6 . M i t den allein aus dem individuellen mißbräuchlichen Verhalten der Betreiber entspringenden Gefahren befaßt sich das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen jedoch nicht. Aus der sogenannten Annexkompetenz des Bundes für die Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der Wirtschaft folgt nach allem seine Befugnis, technische Sicherheitsvorschriften für gefährliche Anlagen zu erlassen, die i n der Wirtschaft hergestellt oder gehandelt werden, und zwar auch wenn sie nicht an die Wirtschaft selbst, sondern an die Betreiber gerichtet sind, sofern nur die Anlagen selbst und nicht ein mißbilligtes Verhalten der Betreiber eigentliches Regelungsobjekt sind 4 7 . I n Ausübung dieser weitgehenden Bundeskompetenz w i r d zur Zeit ein Gesetz über technische Arbeitsmittel ausgearbeitet. A u f Grund dieses Gesetzes sollen i n umfassender Weise Sicherheitsvorschriften für alle technischen Arbeitsmittel, d. h. für alle Werkzeuge und Maschinen, aber auch für Sport- und Haushaltsgeräte sowie Spielzeug getroffen werden und gewerblichen Herstellern und Importeuren das Inverkehrbringen ungenügend gesicherte Ware untersagt werden. Der Bundesrat hat unter Zurückstellung seiner früheren restriktiven Auslegungsgrundsätze 48 grundsätzlich keine Bedenken mehr gegen die Bundeskompetenz geltend gemacht 49 , obwohl sogar der Schutz vor den Unfallgefahren i m privaten Haushalt Zweck des Gesetzes ist. I I I . Gemäß A r t . 74 Ziff. 12 GG ist der Bund zuständig zur Regelung des Arbeitsschutzes. Diese Kompetenz kann i n besonderem Maße dazu beitragen, einen den technischen Gefahren adäquaten Anwendungsbereich der Sicherheitsvorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen zu gewährleisten. Denn Schutzzweck und Anwendungsbereich der technischen Vorschriften können m i t Hilfe dieser Bundeskompetenz zumindest insoweit zur Deckung gebracht werden, als unter Abkehr von einer Regelung nach der wirtschaftlichen Verwendungsart auf die besonderen Gefahren der Anlagen selbst abgestellt werden kann. Gerade u m eine um45 B V e r f G v. 31. 1. 62, Bd. 13 S. 367 ff., 371, 372, 373; a.a.O., Bd. 8 S. 152, 153; vgl. auch dazu B V e r w G v. 8. 3. 62, DVB1. 1963 S. 151, 152. 49 Fischerhoff, Atomgesetz, S. 114, 150. 47 Bullinger, Mineralölfernleitungen, S. 71, 78. 48 Katzenstein, D Ö V 1958 S. 595; vgl. Bullinger, Mineralölfernleitungen, S. 61. 49 BRatsDrucks. 141/66, Stellungnahme des Bundesrats S. 2.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

fassende Kompetenz des Bundes rechtfertigen zu können, betonte die Begründung des Regierungsentwurfs zur Neufassung des § 24 GewO den Arbeitsschutzcharakter der technischen Vorschriften 50 . Ausgenommen wären allerdings die Bereiche, für die nur der Schutz der Allgemeinheit mangels eines Bedürfnisses nach Arbeitsschutz i n Betracht kommt (z. B. private Haushalte, Einmann-Werkstätten oder automatisierte Betriebe). Unter „Arbeitsschutz" ist die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen Normen zu verstehen, die vom Staat zum Schutze der Arbeitnehmer, d. h. der unselbständigen, i n persönlicher Abhängigkeit Beschäftigten erlassen werden 5 1 . I n Anlehnung an die Aufführung des „Arbeitsrechts" i m selben Kompetenzartikel kann das Arbeitnehmerschutzrecht allgemein für alle Lebensbereiche geschaffen werden, i n denen Arbeitnehmer i m Sinne des Arbeitsrechts Schutz bedürfen 52 . IV. Schließlich steht dem Bund gemäß A r t . 73 Ziff. 4 GG die ausschließliche Kompetenz zur Durchführung von Normungsaufgaben zu. Da aber den technischen Sicherheitsvorschriften die Normungsfunktion allenfalls als Nebenwirkung zugedacht ist und Sicherheits- und Qualitätsanforderungen ihr eigentlicher Zweck sind, deckt diese Zuständigkeit allein nicht die Regelung der §§ 24 ff. GewO 5 8 . V. Sachlich begrenzte Kompetenzen des Bundes zur Festsetzung von Sicherheitsanforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen ergeben sich aus seiner Zuständigkeit für verschiedene große Sachbereiche, i n denen die Anlagen Verwendung finden. Für ihren technischen Bereich kann der Bund die Anwendung bestimmter Sicherheitsvorschriften vorschreiben. Hier kommen insbesondere die großen technischen Bundesverwaltungen i n Betracht, so die Ausrüstung der Bundeswehr (Art. 73 Ziff. I ) 5 4 , der Bundeseisenbahnen (Art. 73 Ziff. 6) und der Bundespost (Art. 73 Ziff. 7), ferner die Sondersachgebiete des Schiffahrtswesens und des Bergbaues (Art. 74 Ziff. 21 und 11). Für den Bereich der Landwirtschaft allerdings besitzt der Bund keine Kompetenz schlechthin, sondern nur zu bestimmten Zwecken, nämlich zur Förderung der landwirtschaftlichen Erzeugung und zur Sicherung der Ernährung (Art. 74 Ziff. 17 GG). Der Betriebsschutz vor Gefahren der überwachungsbedürftigen Anlagen, soweit sie i n der 50

BTagsDrucks. 1949 Nr. 4170 S. 9; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 2. Hueck - Nipperdey Bd. I, S. 804, 805; Maunz-Dürig, A r t . 74 Ziff. 78; v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 1603, 1604. 52 Vgl. Anschütz, WRV, 14. Aufl., zu A r t . 7 Ziff. 9, S. 79. 63 Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 153, 154; Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 70, 71; v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 1481. 54 B V e r f G v. 30. 7. 1958, Bd. 8 S. 104 ff., 116; Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 43; v. Mangoldt - Klein, Bd. I I , S. 1465. 61

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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Landwirtschaft Verwendung finden, kann nicht darauf gestützt werden. Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung des technischen Sicherheitsrechts der überwachungsbedürftigen Anlagen i n § 24 GewO läßt sich nach allem insbesondere aus A r t . 74 Ziff. 11 und 12 begründen, daneben kommen die A r t i k e l 73 Ziff. 1, Ziff. 6, Ziff. 7 und A r t . 74 Ziff. 21 i n Betracht. C. Die Kompetenz des Bundes zum Erlaß technischer Sicherheitsbestimmungen bedingt eine Reihe weiterer Zuständigkeiten, die eng dam i t zusammenhängen. I. I n die Gesetzgebungskompetenz zu materiellen Sicherheitsbestimmungen eingeschlossen ist die Möglichkeit zur Festsetzung von A n zeige», Erlaubnis- und Überwachungspflichten, die der Durchsetzung der Sicherheitsvorschriften dienen 55 . I I . a) Der Bund ist weiter zuständig, besondere fachlich geeignete Behörden der Länder auszuwählen, die die von den Ländern als eigene Angelegenheit auszuführende Gewerbeordnung durchführen sollen. Die aus A r t . 84 I GG i n Verbindung m i t der gesetzgeberischen Zuständigkeit nach A r t . 73 ff. sich ergebende organisationsrechtliche Kompetenz 5 6 ermöglicht dem Bund diese Eingriffe i n die Organisationsgewalt der Länder, sofern der Bundesrat — wie bei § 24 GewO geschehen — zustimmt 5 7 . Sie deckt die Bestimmung der Gewerbeaufsichtsbehörden als Aufsichtsbehörden durch § 24 d S. 1, wie auch die gesetzliche Ermächtigung 5 8 zur Bestimmung der Erlaubnisbehörden gemäß § 24 I 2 GewO. Diese bundesgesetzliche Zuweisung der Aufgaben an das Gewerbeaufsichtsamt kann nicht durch Vorschriften der Länder, zumal durch Verwaltungsvorschriften, beseitigt werden, wie es für die Getränkeschankanlagen» Verordnung geschehen ist, deren Durchführung den Polizeibehörden übertragen ist 5 9 . b) Die Regelung der Grundzüge der besonderen Überwachungsorganisationen gemäß § 24 c, die i m übrigen weitgehend den Länderregierungen überlassen bleibt 6 0 , findet ebenfalls ihre Grundlage i n der Einwirkungsmöglichkeit des Bundes auf die Organisation des Vollzugs von Bundesgesetzen gemäß A r t . 84 I GG i n Verbindung m i t A r t . 73, 74 GG. 65

Maunz - Dürig, A r t . 73 Ziff. 12, A r t . 84 Ziff. 29. Maunz-Dürig, A r t . 74 Ziff. 8, A r t . 83 Ziff. 12, A r t . 73 Ziff. 25; Klein, AöR Bd. 88 S. 401—406; Haas, AöR Bd. 80 S. 85—87. 57 Vgl. Maunz - Dürig, A r t . 84 Ziff. 20; a. M . Haas, AöR Bd. 80 S. 93, 95. 68 Vgl. Maunz - Dürig, A r t . 84 Ziff. 11; Haas, AöR Bd. 80 S. 90. 69 Mangels § 12 A n m . 1, § 3 A n m . 5, § 6 A n m . 2; vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 96. 60 Vgl. OVG B e r l i n v. 23. 11. 55, GewArch 1955/56 S. 184 ff., 185. M

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

Die von besonderen technischen Stellen, entweder staatlichen Überwachungsämtern m i t amtlichen Sachverständigen oder privatrechtlich organisierten Technischen Überwachungsvereinen m i t amtlich anerkannten Sachverständigen, vorgenommenen technischen Prüfungen laufen dem staatlichen Erlaubnis- und Überwachungsverfahren parallel und bereiten es sachverständig vor. Auch auf die Beteiligung der Sachverständigen muß der Bund durch die Regelung ihrer Organisation und ihrer verfahrensmäßigen Heranziehung beim Ländervollzug Einfluß nehmen können 6 1 . Denn gerade durch die Einschaltung von überregionalen Sachverständigengremien — den Technischen Überwachungsvereinen — soll die nötige Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis gewährleistet werden 6 2 . Das Bundesverwaltungsgericht hat anläßlich der eingehenden Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 24 c die Frage der Zuständigkeit des Bundes für die Regelung der Überwachungsorganisationen nicht besonders angeschnitten, sondern hat sich — w o h l unter stillschweigender Bejahung — auf die Prüfung der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigung beschränkt 68 » 64 . D. Ein Bedürfnis zur bundeseinheitlichen Regelung (Art. 72 I I 3 GG) des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen kann unter Bezugnahme auf die oben dargelegte Bedeutung des technischen Sicherheitsrechts für die Einheitlichkeit der Rechts- und Wirtschaftsverhältnisse i n der Bundesrepublik bejaht werden 6 5 . Technik und Wirtschaft verlangen ein gleichmäßiges und einheitliches Recht auf Bundesebene — u m so mehr als schon die übernationale Vereinheitlichung zur Debatte steht. Betrachtet man neben der eigentlichen materiellrechtlichen Regelung die Vielfalt der i m Gesetz und seinen Durchführungsverordnungen getroffenen verfahrensmäßigen und organisatorischen Bestimmungen und zieht man auch noch die für die Durchführung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen wesentlichen, von der Bundesregierung erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften (Art. 84 I I GG) i n die Betrachtung ein, so kann wohl gesagt werden, daß der Bund sich dieser 91

Vgl. Maunz - Dürig, A r t . 84 Ziff. 21 am Ende, 20, 23 A n m . 2; Kratzer, AöR Bd. 77 S. 268; auch Haas, AöR Bd. 80 S. 100, scheint § 24c zu billigen; vgl. aber S. 92. M B V e r f G v. 15. 3. 1960, Bd. 11 S. 6 ff., 20, 21. 68 B V e r w G v. 28. 9. 1965, i n : Buchholz, Nachschlagewerk B V e r w G 451.20 § 24 c GewO Nr. 3, S. 12, 13—16. 04 Z u r Zuständigkeit zu Gebühren Verordnungen gemäß § 241 5: Maunz - D ü rig, A r t . 105 A n m . 9; Haas, AöR Bd. 80 S. 100; Landmann - Rohmer, § 24 A n m . 28; Fuhr § 24 A n m . 4 f ) ; B V e r f G v. 8. 6. 60, Bd. 11 S. 192 ff., 198; B V e r w G v. 13. 1. 59, Bd. 8 S. 93 ff., 94; OVG B e r l i n v. 10. 12. 65, Bd. 8 S. 162 ff., 167. 95 Schäfer, Diss., S. 36, 39; vgl. Hesse, Bundesstaat, S. 13.

§ 5: Die Zuständigkeit des Bundes

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Materie wahrhaft gründlich bemächtigt hat und seine Zuständigkeit bis zur Neige ausgeschöpft hat. Nicht nur die materiellrechtlichen Normierungen hat er selbst getroffen, sondern auch für den landeseigenen Vollzug des Bundesgesetzes kaum eigenen Spielraum gelassen 66 — und das i m Bereich der Gefahrenabwehr, der dem Kernbereich der Länderkompetenzen so nahe steht, und i m Rahmen des landeseigenen V o l l zugs, der von der grundsätzlichen Verwaltungsverantwortung der Länder ausgeht. U m so weniger überzeugend w i l l die durch den Bundesrat erzwungene Beschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen i n § 24 I I GewO erscheinen, die — auf verlorenem Posten, w e i l der Eigengesetzlichkeit der Materie nicht gemäß — an die Selbständigkeit der Länder erinnern soll«7.

•• Vgl. Hesse, Bundesstaat, S. 18, 23. • 7 Siehe unten § 11.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zur Regelung des technischen Sicherheitsrechts durch Rechtsverordnungen Steht die Zuständigkeit des Bundes zur gesetzlichen Regelung polizeilicher Sicherheitsvorschriften an überwachungsbedürftigen Anlagen fest, so fragt sich, i n welchen Grenzen der Bundesgesetzgeber diese Rechtsetzungsbefugnis auf die staatliche Exekutive delegieren kann. Denn die §§ 24 ff. GewO enthalten nur zum geringeren Teil eine selbständige materielle Regelung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen, sind vielmehr i m wesentlichen als gesetzliche Ermächtigungsvorschrift gestaltet. Das Kernstück der Regelung, der § 24, hat nur die Aufgabe, Inhalt, Zweck und Ausmaß sowie die weiteren Bedingungen einer rechtsstaatlichen Verordnungsgebung näher zu bestimmen. N u r i n Absatz I V enthält er eine eigene knappe Regelung von Organisation und Aufgaben der Technischen Ausschüsse. Eigene Regelungen enthalten weiter § 24 a und § 24 d über die Zuständigkeit und die Befugnisse der Verwaltung zur Durchsetzung der zu erlassenden Rechtsvorschriften und § 24 c I sowie § 24 b über die Organisation und die Befugnisse der technischen Überwachung. Die Einzelheiten der Organisation der staatlichen Aufsicht wie der technischen Überwachung werden durch § 24 d S. 3 und 4 und durch § 24 c I I — V wiederum der Verordnungsgebung durch die Exekutive überlassen. Die Voraussetzungen einer rechtsstaatlichen, dem Prinzip der Gewaltenteilung Rechnung tragenden Rechtsetzungsbefugnis der Exekutive werden durch A r t . 80 GG näher bestimmt. Es fragt sich, ob § 24 — ein scheinbar blutleeres Rahmengesetz, das i m wesentlichen nur einen umfangreichen Katalog spezieller Ermächtigungen und komplizierte A b grenzungsregelungen enthält — den Anforderungen des A r t . 80 GG an ein rechtsstaatliches Ermächtigungsgesetz genügt 1 . Von den i m Katalog des § 24 I Ziff. 1—5 enthaltenen Einzelermächtigungen soll zunächst die weitestgehende Ermächtigung, der § 24 I Ziff. 3, der zur Festsetzung bestimmter Anforderungen an Anlagen, vor allem von technischen Bauund Betriebsvorschriften ermächtigt, auf seine Vereinbarkeit m i t A r t . 80 geprüft werden. Sodann bedürfen die Ermächtigungen zur Festsetzung von Anzeige-, Erlaubnis- und Prüfungspflichten einer Untersuchung. A. Die Voraussetzungen eines wirksamen Ermächtigungsgesetzes sind gemäß A r t . 80 I S. 1 und 2, daß erstens Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung i m Gesetz selbst bestimmt sind und weiter, daß die Ermächtigung bestimmten Adressaten erteilt wird, wobei eine Weiterübertragung nur zulässig ist, wenn schon das Gesetz selbst sie vorsieht. 1 Vgl. Landmann - Rohmer, Vorb. § 24 A n m . 6, § 24 A n m . 1 ; Fuhr A n m . 3 a); v. Busch - Trabandt S. 32.

§ 24

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zu Rechtsverordnungen

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I. a) Eine exakte Scheidung der einzelnen i n A r t . 80 I 2 genannten Kriterien — der Bestimmung des Zwecks sowie der Festsetzung von Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung — läßt sich kaum durchführen 2 . Wie sich aus der Bestimmung des Zwecks eine Begrenzung des Ausmaßes der Ermächtigung ergeben kann 8 , so mag die Bestimmung des Ausmaßes den Inhalt begrenzen und schließlich auch der Zweck einer Regelung ihren Inhalt näher bestimmen 4 . Daher ist zur näheren Bestimmung der Grenzen der Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf den Normzweck des A r t . 80 zurückzugreifen. A r t . 80 dient dem Schutz und der Konkretisierung der durch das Grundgesetz verstärkt zur Geltung gebrachten Prinzipien des Rechtsstaates und der Gewaltenteilung 5 . A n diesen beiden Verfassungsgrundsätzen sind die immer wiederkehrenden Formeln des Bundesverfassungsgerichts zu A r t . 80 ausgerichtet. Entsprechend dem Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das die Bestimmtheit und Meßbarkeit des staatlichen Eingriffes verlangt, darf die Ermächtigung nicht so unbestimmt sein, daß nicht mehr vorausgesehen werden kann, i n welchen Fällen und m i t welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden w i r d und welchen Zweck die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können 6 . Entsprechend dem Prinzip der Gewaltenteilung, welches verlangt, daß die Legislative sich nicht ihrer Verantwortung zu Gunsten der Exekutive begeben kann 7 , muß der Gesetzgeber i m Ermächtigungsgesetz selbst die Entscheidung treffen, welche bestimmten Fragen geregelt werden sollen, muß die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel die Regelung dienen soll 8 . Hinter den einander verwandten, sich ergänzenden Gesichtspunkten der Festlegung von Inhalt, Zweck und Ausmaß steht m i t h i n i m Grunde dieselbe rechtsstaatliche Forderung: der Gesetzgeber selbst hat eine bestimmte, i n ihren Wirkungen 2

Maunz - Dürig, A r t . 80 A n m . 13; Wacke, D Ö V 55 S. 457, 458. B V e r f G v. 14. 7. 59, Bd. 10 S. 20 ff., 53; v. 20. 7. 54, Bd. 4 S. 7 ff., 22; v. 12. 11. 58, Bd. 8 S. 274 ff., 318. 4 Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 315, 324. 5 B V e r f G v. 23. 10. 51, Bd. 1 S. 14 ff., 60; v. 10. 6. 53, Bd. 2 S. 307 ff., 334; v. 13. 6. 56, Bd. 5 S. 71 ff., 76; v. 5. 3. 58, Bd. 7 S. 282 ff., 301, 302 vgl. LS 2 u n d 3; v. 2. 6. 64, Bd. 18 S. 52 ff., 59; B V e r w G v. 4. 7. 56, Bd. 4 S. 24 ff., 46; Klein, Übertragung, S. 50, 51, 88; Scheuner, Übertragung, S. 119, 160; vgl. Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 220; B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 214; dazu Schack, DöV 1962 S. 653 A n m . 13 u n d 45; vgl. schon Jacobi S. 242. 3

6 BVerfG, a.a.O., Bd. 1 S. 60; Bd. 2 S. 334; Bd. 4 S. 21; Bd. 5 S. 76; Bd. 7 S. 302; v. 15. 12. 59, Bd. 10 S. 251 ff., 258; Maunz - Dürig, A r t . 80 A n m . 13; Jesch, a.a.O., S. 214. 7 BVerfG, a.a.O., Bd. 1 S. 60; Bd. 8 S. 325. 8 BVerfG, a.a.O., Bd. 2 S. 334; Bd. 5 S. 76; Bd. 7 S. 301, 304; v. 18. 10. 66, Bd. 20 S. 283 ff., 291; Maunz - Dürig, A r t . 80 A n m . 13; B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 198.

6 Plischka

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

vorausberechenbare Entscheidung zu treffen; er muß — i n den Worten des Bundesverfassungsgerichts — das „Programm" der Regelung selbst bestimmen 9 . b) Daraufhin ist nunmehr die Ermächtigung des § 24 I Ziff. 3 zu untersuchen. Relativ umfassend ermächtigt sie zu Verordnungen, die zum Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren überwachungsbedürftiger Anlagen bestimmte Anforderungen festsetzen können. 1. Inhalt und Zweck der Verordnungen werden durch den ersten Halbsatz des § 24 näher bestimmt, wonach die Anforderungen dem Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren dienen sollen, die durch überwachungsbedürftige Anlagen entstehen. Damit w i r d die „Gefahrenabwehr" für ein besonderes Sachgebiet zum Inhalt der Ermächtigung gemacht. Ob die partielle Generalklausel des § 24 zu Verordnungen zum Zwecke der Gefahrenabwehr hinreichend bestimmt i m Sinne des A r t . 80 I 2 ist, kann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der allgemeinen Polizeirechtslehre entschieden werden 1 0 . Sie bejaht sogar für die umfassende polizeiliche Generalermächtigung ganz überwiegend die Vereinbarkeit m i t A r t . 80 GG bzw. m i t den entsprechenden Länderbestimmungen 11 . Hauptsächlich zweier Argumente bedienen sich die Befürworter der polizeilichen Generalermächtigung, welche es hier an den zu A r t . 80 entwickelten Maßstäben zu messen gilt. aa) Zur Begründung w i r d erstens angeführt, daß m i t dem Gebrauch des Wortes „Gefahr" implizite eine Verweisung auf den gesamten Komplex der durch Rechtsprechung und Wissenschaft i n jahrzehntelanger Entwicklung herausgearbeiteten Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts verbunden sei. Damit werde den Anforderungen an eine rechtsstaatliche Konkretisierung des Willens des Gesetzgebers genügt und eine — wie die konstante gerichtliche Praxis zeige — hinreichende Voraussehbarkeit der Befugnisse der Verwaltung ermöglicht. Die Zulässigkeit einer solchen stillschweigenden Bezugnahme auf nicht ausdrücklich niedergelegte, jedoch feststehende Auslegungsgrund9 BVerfG, a.a.O., Bd. 5 S. 77; Bd. 8 S. 313, 323; Bd. 10 S. 53; Bd. 18 S. 62, 64; Bd. 20 S. 291; v. 11. 10. 66 Bd. 20 S. 257 ff., 270; Maunz-Dürig, A r t . 80 A n m . 13; B. Wolff , AöR Bd. 78 S. 197; Hamann, Autonome Satzungen, S. 80, 81. 10

Vgl. Werner Weber, D Ö V 1957 S. 36. Drews - Wacke S. 385, 386, 45; Wacke, DÖV 1955 S. 457 ff.; Wolff , Bd. I I I , S. 43, 69; Scupin, Handbuch, S. 627; Ule - Rasch § 24 A n m . 12; Friesenhahn, Recht - Staat - Wirtschaft, 1950, S. 255; Gintze I, Diss., S. 19, 20, 84; Auert, Diss., S. 85; W. Weber, D Ö V 1957 S. 35; vgl. Schack, D Ö V 1962 S. 652 A n m . 8 u n d 50; Bachof, V V D S t R L Bd. 12 S. 66, 68; Wolff , V V D S t R L Bd. 9 S. 166, 174, 180; Dürig, AöR Bd. 79 S. 80 A n m . 70; Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 221; O V G Lüneburg v. 10. 7. 56, Bd. 11 S. 29i2 ff., 294; v. 25. 10. 56, Bd. 11 S. 360 ff., 362; V G H Württ.-Bad. v. 19. 6. 57, Bd. 7 S. 43 ff., 46; vgl. B V e r w G v. 23. 4. 54, 11

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zu Rechts Verordnungen

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sätze und somit immanente 1 2 Ermächtigungsgrenzen muß m i t der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt werden. Danach brauchen die Grenzen der Ermächtigung nicht ausdrücklich i m Text des Gesetzes bestimmt zu sein, sondern können — wie der Inhalt jedes Gesetzes überhaupt — auch i m Wege der Auslegung ermittelt werden 1 3 . Der polizeiliche Gefahrenbegriff ist i n langjähriger Gerichtspraxis hinreichend bestimmt worden 1 4 . Für § 24 muß die Bestimmtheit der Ermächtigung u m so eher bejaht werden, als hier die für die Generalklausel vor allem angegriffene unbestimmte Ermächtigung zum Schutze der öffentlichen Ordnung 1 5 fehlt und nur zum Schutze bestimmter Rechtsgüter, die den Beschäftigten oder Dritten zustehen, eingegriffen werden darf, die einzelnen Eingriffsmittel darüber hinaus enumerativ i n § 2411—4 festgelegt sind. bb) Darüber hinaus w i r d zweitens die unabweisliche Notwendigkeit allgemeiner Ermächtigungen zur Gefahrenabwehr betont, da das sowohl schwerfällige wie auch notwendig von Einzelheiten absehende Gesetzgebungsverfahren der Kompliziertheit der Verhältnisse und der Raschheit der Entwicklung nicht Rechnung tragen könne 1 6 — was insbesondere auch für die äußerst spezialisierten, einer permanenten Weiterentwicklung bedürftigen technischen Vorschriften zutrifft. Eine Ermächtigung, die ordnungssichernden Zwecken zu dienen bestimmt ist, könne auf die Verwendung allgemeiner Formeln, auf anpassungsfähige generalklauselartige Formulierungen nicht verzichten 17 . Handelt es sich bei der Delegation der Gefahrenabwehr auf die Exekutive aber u m eine sich aus der Natur der Sache ergebenden NotwenBd. 1 S. 104 ff., 112, 113; zweifelnd: B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 209; a. A.: Titzck, D Ö V 1955 S. 454 ff. m i t weiteren Nachweisen; neuestens: Rupp, Grundfragen, S. 202 A n m . 328. 12 Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 20 S. 270. 13 BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 307; Bd. 10 S. 51; Bd. 20 S. 293; v. 27. 11. 62, Bd. 15 S. 153 ff., 160, 161; B V e r w G v. 5. 9. 63, GewArch 1964 S. 8; vgl. B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 200; a. A.: Titzck, D Ö V 1955 S. 456; Klein, Übertragung, S. 68; Maunz - Dürig, A r t . 80 A n m . 13; Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 215 A n m . 176, S. 216, 226 A n m . 238; B V e r w G v. 4. 7. 56, Bd. 4 S. 24 ff., 40, 45. 14 Weitergehend, aber f ü r die Vereinbarkeit m i t A r t . 80 I Ziff. 2 nicht n o t wendig, nehmen O V G Lüneburg, a.a.O., Bd. 11 S. 294 u n d V G H Württ.Bad., a.a.O., Bd. 7 S. 46 Gerichtsgewohnheitsrecht f ü r die allgemeinen Grundsätze des Polizeirechts an. 15 Titzck, D Ö V 1955 S. 455. 16 Drews - Wacke S. 44, 45, 386; Wacke, D Ö V 1955 S. 458, 459; Gintzel, Diss., S. 88, 133; vgl. Scupin, Recht—Staat—Wirtschaft, Bd. I I , S. 315, 316; Wolff, W D S t R L Bd. 9 S. 166, 167; B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 194; vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 311, 321; B V e r w G v. 16.7.1965, DVB1. 66 S. 496; V G H München v. 11.1. 67, N J W 1967 S. 1146 ff., 1148; Herschel, B B 1967 S. 931. 17 BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 310, 311, 326; v. 10.10.61, Bd. 13 S. 153 ff., 161, 162; B V e r w G v. 28.5.63, GewArch 1963 S. 202; vgl. Maunz-Dürig, A r t . 80 A n m . 34 a m Ende.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

digkeit und können — über die Festlegung eines Programms hinaus — die anstehenden technischen Probleme nicht angemessen durch notwendig auf eine dauernde Geltung angelegte 18 Gesetze geregelt werden, so kann nach der ratio des A r t . 80 eine „Flucht des Gesetzgebers aus seiner entscheidenden Verantwortung" 1 9 gar nicht i n Frage kommen. Das Argument der Unentbehrlichkeit einer Generalermächtigung ist insoweit nicht nur ein Gesichtspunkt der bloßen Zweckmäßigkeit 20 , sondern muß auf die Frage der rechtlichen Vereinbarkeit m i t A r t . 80 Einfluß haben 21 . Dem Gesetzgeber des § 24 GewÖ, der sich 1953 gerade auch wegen der Anpassung des alten § 24 an die (wegen A r t . 129 GG nur vermeintlich) durch A r t . 80 GG geschaffene Rechtslage zur Novellierung entschlossen hat 2 2 , w i r d mangelndes Bedenken der Ermächtigungsgrenzen nicht vorgeworfen werden können. 2. Sachliche Schranken für das Ausmaß der Ermächtigung ergibt schließlich die Bestimmung, daß die Ermächtigung nur für Anlagen gilt, die m i t Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen. Der Anwendungsbereich der technischen Vorschriften w i r d weiter durch die Absätze I I und I I des § 24 noch näher dahin begrenzt, daß nur bestimmte, einzeln aufgeführte Anlagen, und auch nur, soweit sie zu bestimmten Zwecken Verwendung finden, den technischen Vorschriften unterliegen. Damit ist der Kreis der durch die Verordnungen Betroffenen genügend bestimmt. Weil die Zweckmäßigkeit einer gesetzlichen Enumeration der einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen i n § 24 I I i n Zweifel gezogen werden kann, könnte gefragt werden, ob A r t . 80 GG überhaupt eine derart bestimmte Ermächtigung fordert. Denn eine Ermächtigung braucht nicht so bestimmt zu sein wie irgend möglich, wenn sie nur hinreichend bestimmt i m Sinne des A r t . 80 GG ist 2 8 . Die rechtlichen Grenzen der Ermächtigung ergeben sich schon zur Genüge aus § 24 Abs. 1, wodurch sie auf die „überwachungsbedürftigen Anlagen" beschränkt w i r d und erkennbar ist, daß nur Anlagen i n Frage kommen, die gerade einer kontinuierlichen besonderen Aufsicht bedürfen. Ist da18

BVerfG, a.a.O., Bd. 7 S. 302. BVerfG, a.a.O., Bd. 1 S. 60; Bd. 7 S. 301; Klein, Übertragung, S. 85. 20 Titzck, D Ö V 1955 S. 456; vgl. Wolff, Bd. I I I , S. 43; Klein, Übertragung, S. 57, 58, aber auch S. 64, 80, 83; Hamann, Autonome Satzungen, S. 60; vgl. B V e r w G v. 4. 7. 56, Bd. 4 S. 24 ff., 45. 21 Vgl. Scheuner, Übertragung, S. 136,13®, 141, 142,162. 22 Regierungsbegründung zu § 24 GewO, BTagsDrucks. 1949 Nr. 4170 S. 9, 11; Müller, D Ö V 1965 S .123; vgl. B V e r w G v. 28.5. 63, GewArch 1963 S. 202. 25 BVerfG, a.a.O., Bd. 8 S. 312; a. A.: Klein, Übertragung, S. 68; Jesch, Gesetz u n d Verwaltung, S. 227. 19

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zu

echtsverordnungen

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mit die spezifische Gefahr und das allgemeine K r i t e r i u m für die Auswahl der Anlagen angegeben, so ist die bestimmte Angabe des konkreten Anlasses der Gefahr, die Angabe der einzelnen Gefahrenobjekte i m Gesetz selbst nicht erforderlich 24 . 3. Die durch das Wörtchen „insbesondere" als bloß beispielhaft gekennzeichnete, detaillierte Aufzählung des Regelungsinhalts der technischen Verordnungen i n § 24 I 3 kann allerdings noch nicht als genügende inhaltliche Begrenzung der Ermächtigung aufgefaßt werden 2 6 . 4. Charakteristisch für § 24 ist, daß das Gesetz nur i n geringem Maße selbst abschließende Regelungen trifft, i m wesentlichen aber als Rahmen — und Ermächtigungsgesetz zum Erlaß technischer Verordnungen gedacht ist. Enthält aber das Ermächtigungsgesetz selbst die richtunggebende inhaltsbestimmende Entscheidung und dienen die Verordnungen nur der Ausführung des Programms des Gesetzgebers, so fordert A r t . 80 nach seinem Wortlaut und Zweck darüber hinaus nicht, daß das Gesetz selbst auch eine eigene materielle, unmittelbar normierende Regelung enthält. A r t . 80 stellt überhaupt nicht auf bestimmte typische Arten von Rechtsverordnungen ab (wie etwa A r t . 129 I I I GG), sondern auf die Bestimmtheit des ermächtigenden Gesetzes. A r t . 80 läßt zu, daß das Gesetz nur einen Ermächtigungsrahmen setzt und die eigentliche Normierung i m wesentlichen den Verordnungen überläßt, wenn nur dem Verordnungsgeber eine bestimmte Direktive mitgegeben ist 2 6 . Zwar muß nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts i m Bereich der Grundrechtsausübung der Gesetzgeber selbst die der staatlichen Eingriffsmöglichkeit offenliegende Rechtssphäre abgrenzen 27 , doch ist damit nicht gesagt, daß er diese Bestimmung ausschließlich selbst und nicht i n einer verfassungsrechtlich einwandfreien, d. h. hinreichend bestimmten Verordnungsermächtigung vornehmen darf 2 8 . Die Ausübung grundrechtlicher Befugnisse des Einzelnen soll nur nicht i n das Ermessen der Verwaltungsbehörden gestellt sein, was bei dem wenn auch unbestimmten Begriff der „Gefahr" nicht der F a l l ist. Auch 24 Vgl. Wacke, D Ö V 1955 S. 459; demgegenüber folgert Fuhr § 24 A n m . 3a) die genügende Bestimmtheit der Ermächtigung allerdings gerade aus der Enumeration des § 24 I I I GewO. 25 Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 10 S. 256. 28 B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 196, 200, 201, 203, 204, 207; Strauss, Diskussionsbeitrag, S. 171, 172, 187, 217; Sturmhöfel, Diss., S. 15, 16, 74, 75; vgl. Schack, D Ö V 1962 S. 652 A n m . 8 u n d 50; B V e r w G v. 4.7.56, Bd. 4 S. 24 ff., 48, 49; v. 26.1.62; GewArch 1962 S. 228, 229 a. E.; Z u m „Rahmen- oder Ermächtigungsgesetz" i m Gegensatz zur Delegation zu Ausführungsverordnungen: Jacobi S. 242, vgl. S. 250. 27 B V e r f G v. 16.1. 57, Bd. 6 S. 32 ff., 42; v. 8.1. 59, Bd. 9 S. 83 ff., 87; v. 3. 5. 66, Bd. 20 S. 150 ff., 158, 161, 162; BVerfG, a.a.O., Bd. 13 S. 160. 28 B V e r w G v. 16. 5. 63, GewArch 1963 S. 270 ff., 271.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

als bloßes R a h m e n g e s e t z e n t s p r i c h t § 24 d e n G r u n d s ä t z e n des A r t . 80 GG. I m E r g e b n i s k a n n f e s t g e h a l t e n w e r d e n , daß d i e E r m ä c h t i g u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g z u m E r l a ß technischer S i c h e r h e i t s a n f o r d e r u n g e n a n überwachungsbedürftige A n l a g e n nach I n h a l t , Zweck u n d Ausmaß h i n reichend b e s t i m m t ist29. I I . H i n s i c h t l i c h d e r A d r e s s i e r u n g d e r E r m ä c h t i g u n g e n t s p r i c h t § 24 G e w O d e m A r t . 80 I 1 G G . D a d u r c h d i e E r m ä c h t i g u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g n a c h h e r r s c h e n d e r M e i n u n g n i c h t auch b e r e i t s d e r z u s t ä n d i g e E i n z e l m i n i s t e r e r m ä c h t i g t w i r d 8 0 , b e d u r f t e es z u d i e s e m Z w e c k des § 24 V G e w O , d e r i n A u s f ü h r u n g des A r t . 80 I S. 4 d i e W e i t e r ü b e r t r a g u n g der Ermächtigung r e g e l t 8 1 ' 8 2 . B . E n t s p r i c h t schon d i e r e l a t i v w e i t e E r m ä c h t i g u n g des § 24 I 3 z u r Festsetzung v o n B a u - u n d B e t r i e b s v o r s c h r i f t e n d e n A n f o r d e r u n g e n des A r t . 80, so k a n n f ü r d i e w e i t e r e n i n § 24 I Z i f f . 1, 2 u n d 4 besonders a n g e f ü h r t e n E i n z e l e r m ä c h t i g u n g e n n i c h t s anderes g e l t e n 8 8 . D u r c h sie w i r d d e r V e r o r d n u n g s g e b e r z u r F e s t s e t z u n g ganz b e s t i m m t e r e i n z e l n e r Ü b e r w a c h u n g s m a ß n a h m e n e r m ä c h t i g t . Diese A n z e i g e - , E r l a u b n i s - u n d P r ü f u n g s p f l i c h t e n k ö n n e n n u r z u m Z w e c k e d e r G e f a h r e n a b w e h r fest29 Landmann-Rohm er § 24 A n m . 1; Fuhr § 24 A n m . 3a); v. Busch -Trabandt S. 32. 30 Maunz - Dürig, A r t . 80 A n m . 7; B. Wolff, AöR Bd. 78 S. 218; Klein, Übertragung, S. 38; Strauss, Diskussionsbeitrag, S. 190. 31 Vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 12—15. 32 Über die sich aus der Begrenzung des Adressatenkreises i n A r t . 80 I 1 ergebenden Schranken f ü r die Beteiligung unabhängiger selbständiger Ausschüsse an der Verordnungsgebung: Bettermann, Posttarifhoheit, S. 5—8 u n d A n m . 7 m i t weiteren Nachweisen; vgl. Bachof, AöR Bd. 83 S. 222, auch S. 225, der die Vereinbarkeit des § 24 I V u n d I 3 GewO m i t A r t . 80 bejaht. 33 Die Ermächtigung des § 24 I 5 zu Verordnungen über die „Gebühren" f ü r die von den technischen Überwachungsorganisationen durchgeführten Prüfungen (nicht f ü r die staatlichen Verwaltungsgebühren) soll nicht näher auf ihre Vereinbarkeit m i t A r t . 80 G G untersucht werden. Die neuerdings v o m B V e r f G v. 11.10.66, Bd. 20 S. 257 ff., 268 ff. für Gebührenverordnungen aufgestellten weitgehenden Bestimmtheitserfordernisse an die gesetzliche Ermächtigung gehen davon aus, daß es sich u m die Einziehung von Gebühren i m Rahmen eines staatlichen Verwaltungsverfahrens, d. h. u m „öffentliche Abgaben" handelt. Ob dazu auch die „Gebühren" f ü r die Prüfleistungen der privaten Technischen Überwachungsvereine gehören, oder ob diese nicht v i e l mehr privatrechtliche Leistungsentgelte darstellen, hängt von der rechtlichen Einordnung der Funktionen der T Ü V u n d ihres Rechtsverhältnisses zu den Betreibern ab u n d k a n n i n dieser A r b e i t nicht näher behandelt werden. Vgl. Bettermann, Posttarifhoheit, S. 40 ff.; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 30 a. E., 64; Fuhr § 24 A n m . 4 f.) a.E.; Vgl. O V G B e r l i n v. 28.2.58, GewArch 1959/60 S. 37 ff., 38; A G Siegburg v. 26.4.60, GewArch 1961 S. 84; s. auch Hess. V G H v. 18.11. 60, D Ö V 1961 S. 345. V O über die Gebühren f ü r die Prüfung der überwachungsbedürftigen Anlagen v o m 15.4.64, B A n z Nr. 75/194; ÄnderungsVO v. 23.12.66, B A n z Nr. 242/1966; vgl. dazu Greinert, ArbSch. 1967 S. 29 ff.

§ 6: Die Ermächtigung der Bundesregierung zu Rechtsverordnungen

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gesetzt werden und nur soweit es der Schutz der Rechtsgüter der Beschäftigten und Dritten erfordert. Insbesondere dürfen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Genehmigungspflicht und die Versagungsgründe nur der Gefahrenabwehr dienen. Die einzelnen Maßnahmen können auch nur für die überwachungsbedürftigen Anlagen angeordnet werden, wobei die Absätze 2 und 3 des § 24 eine weitere Eingrenzung der Ermächtigung vornehmen. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung hat der Gesetzgeber damit m i t genügender Deutlichkeit bestimmt. Dies muß u m so mehr gelten, wenn bedacht wird, daß für das allgemeine Polizeirecht die Ermächtigung zur Festsetzung von Genehmigungsvorbehalten durch den Verordnungsgeber schon als i n der Generalermächtigung enthalten gilt 3 4 , i n § 24 I 2 jedoch besonders bestimmt wird.

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Drews - Wacke S. 313, 315.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

§ 7: Die Vereinbarkeit des technischen Sicherheitsrechts mit Art. 12 und 14 GG Die aus der Verfassung sich ergebenden Hechtmäßigkeitsvoraussetzungen für die gesetzliche Ermächtigung und die Durchführungsverordnungen zum Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen bestehen — neben dem Erfordernis der Zuständigkeit des Bundes und der gehörigen Ermächtigung der Exekutive — vor allem i n der Wahrung der Grundrechte des betroffenen Bürgers. Z u untersuchen ist die Vereinbarkeit des § 24 GewO und der Verordnungen m i t den Grundrechten der Eigentums- und der Berufsfreiheit (Art. 14 und 12 GG). A. Die Frage ist zunächst, ob die polizeilichen Sicherheitsanforderungen, die gemäß § 24 I 3 an die überwachungsbedürftigen Anlagen gestellt werden können, noch eine zulässige Beschränkung der i m Eigentum gelegenen Gebrauchs- und Verfügungsbefugnisse enthalten und außerdem, ob auch die formalen Überwachungsvorschriften über Anzeige-, Erlaubnis- und Prüfungspflichten m i t der Eigentumsgarantie vereinbar sind. Da die technischen Vorschriften auch an schon bestehende Anlagen kostspielige Sicherheitsanforderungen stellen können, die möglicherweise den Betrieb einzelner Anlagen unrentabel machen, oder da die Vorschriften den Gebrauch einzelner Typen sogar gänzlich untersagen können, w i r d immer wieder geltend gemacht, daß solche Anforderungen — sollen sie m i t A r t . 14 I I I S. 2 GG vereinbar sein — nur gegen Ausgleich und staatliche Entschädigung gestellt werden dürfen. Gleiches gilt, wenn m i t nachträglichen Einzelverfügungen — zu denen die Verordnungen ermächtigen — verstärkte und oft aufwendige Sicherheitsanforderungen durch das Gewerbeaufsichtsamt gestellt werden. I. Auch für diese grundrechtlichen Fragen w i r d für die Beurteilung der Rechtslage der überwachungsbedürftigen Anlagen eine sichere Ausgangsposition durch Besinnung auf die geläufigen Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts gewonnen. Hier gilt herkömmlicherweise der Grundsatz, daß niemand der A l l gemeinheit gegenüber berechtigt ist, den Zustand seiner Sachen so einzurichten oder zu belassen, daß daraus Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung entstehen. Daß ein polizeilich i n Anspruch genommener Störer für den i h m dadurch entstehenden Schaden keine Entschädigung verlangen kann, w i r d i n Rechtsprechung und Literatur als „ganz unstreitig" und „absolut gesichert" anerkannt 1 . 1

Preuss. OVG v. 5.12.1881, Bd. 8 S. 327 ff., 329, 330; v. 4.4.1891, Bd. 21 S. 411 ff., 413, 414; v. 31.1.1013, Bd. 65 S. 360 ff., 375; RGZ v. 20.10.1909, Bd. 72 S. 85 ff., 90, 91; V G H Württ.Bad. v. 18.12. 56, VerwRspr. Bd. 9 S. 492 ff., 493; OVG Koblenz v. 25.8.55, DVB1. 1955 S. 782 ff., 783; B G H , B V e r w G u n d B V e r f G s. unten. Otto Mayer, Bd. I I , S. 306, 307, 314; Anschütz, WRV, S. 706;

§ 7: Die Vereinbarkeit m i t A r t . 12 und 14 GG

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II. Es bleiben die näheren Bedingungen dieses Grundsatzes der Entschädigungslosigkeit des Störers zu bestimmen. So ist zu klären, ob der Störer nicht nur Beschränkungen seines Eigentums und finanzielle Nachteile hinzunehmen hat, sondern äußerstenfalls auch den gänzlichen Entzug der Verfügungsmacht bzw. die Vernichtung seines Eigentums entschädigungslos dulden muß. Gerade diese Konsequenz der ausgleichslosen Vernichtung polizeiwidrigen Eigentums erweckt zum Teil Bedenken 2 . Insbesondere ist i m Hinblick auf § 24 I 3 zu prüfen, ob der Grundsatz der Entschädigungslosigkeit des Störers auch Geltung außerhalb des engeren Kreises des allgemeinen Polizeirechts, dem Recht der Generalklausel zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat — wo er i m allgemeinen abgehandelt w i r d 3 —, etwa überall dort, wo polizeiliche Elemente eine gesetzliche Regelung bestimmen und der Zweck der Eigentumsbeschränkungen die Gefahrenabwehr ist. Schließlich bedarf der fragliche Grundsatz auch als ein i m wesentlichen unangefochtenes überliefertes Dogma wenn auch nicht einer neuerlichen Begründung, so doch der Einpassung i n das gegenwärtige dogmatische System der grundrechtlichen Eigentumsgarantie. Nur i m A n schluß an die Grundrechtsproblematik selbst können überdies die streitigen Grenzfragen gelöst werden. Damit ist zu beginnen. a) A r t . 14 GG bestimmt i n Abs. I S. 2, daß es Sache des Gesetzgebers ist, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, erklärt aber i n Abs. I I I eine Enteignung durch das Gesetz nur bei gleichzeitiger Bestimmung einer Entschädigung für zulässig. A n Hand der Theorien zur Abgrenzung bloßer gesetzlicher Inhalts- und Schrankenbestimmungen und entschädigungspflichtiger, als Enteignung zu qualifizierender Eingriffe i n das Eigentum wurde die Verfassungsmäßigkeit des erwähnten Grundsatzes von Quaritsch geprüft und i m Ergebnis für jede der unterschiedlichen Auffassungen bejaht 4 . Nachzutragen ist, daß das BundesStödter S. 41 m i t weiteren Nachweisen auf älteres Schrifttum; Schade, AöR Bd. 25 S. 266, 383; Dürig, J Z 1954 S. 5 A n m . 6, S. 10, 11; Maunz - Dürig, A r t . 2 N. 82; Drews-Wacke S. 205, 206, 235, 465 m i t weiteren Nachweisen auf neuere Polizeirechtsliteratur; Quaritsch, DVB1. 1959 S. 455; Schnur, DVB1. 1962 S. 3, 8; Hurst, AöR Bd. 83 S. 59, 60; kritisch neuerdings: Schack, DVB1. 1956 S. 670 A n m . 9 u n d 48; Menger, VerwArch. 1959 S. 85, 86; Rupp, G r u n d fragen, S. 230, 231; Lerche, Übermaß, S. 117 ff., 119, 121; vgl. auch W. Weber, Grundrechte, Bd. I I S. 364. 2 Menger, a.a.O.; Scupin, Handbuch, Bd. I I , S. 620, 643; Vorinstanz zu BVerwG, DVB1. 65 S. 767; Vorlagegericht zu BVerfG, Bd. 20 S. 354. 3 Vgl. aber Stödter S. 42; W. Weber, Grundrechte, Bd. I I , S. 333 A n m . 1; Drews - Wacke S. 465. 4 DVB1. 1959 S. 456 ff.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

Verfassungsgericht und das Bundesverwaltungsgericht neuestens diese Vereinbarkeit ausführlich begründet haben und der Satz auch vom Bundesgerichtshof wiederholt bestätigt worden ist. 1. Das Bundesverwaltungsgericht 5 begründet den Satz, daß die Inanspruchnahme eines Störers durch rechtmäßiges Polizeihandeln von Verfassungs wegen ohne Entschädigung zulässig ist, damit, daß dieser nichts verliert, was i h m rechtlich zugestanden hat, m i t h i n nicht i n schutzwürdigen Belangen verletzt wird, vielmehr nur gemeinschädliches, rechtlich mißbilligtes Eigentum verliert. Denn die sich i m Rahmen der Ausgestaltung der Sozialpflichtigkeit haltenden Polizeigesetze bestimmen gemäß A r t . 14 I 2 die Schranken des verfassungsrechtlich gewährleisteten Eigentums. Innerhalb dieses Rahmens darf der Eigentümer sein Eigentum überhaupt nur nutzen, da das Eigentum nicht eine absolute, sondern nur eine durch die Gesetze näher bestimmte Herrschaftsmacht gibt. 2. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 6 w i r d der polizeiliche Stör er lediglich i n die jedem Eigentum ganz allgemein, und zwar durch das Polizeirecht gezogenen Schranken zurückgewiesen. Dem Recht entsprechende, es vollziehende Polizeiverfügungen legen dem Störer kein besonderes, den übrigen nicht zugemutetes Opfer zugunsten der Allgemeinheit auf, da sie nur die allgemein und für jeden Eigentümer verbindlichen Schranken der Rechtsordnung geltend machen, die die Sozialbindung des Eigentums konkretisieren. Der nur eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung konkretisierende einzelne Vollzugsakt bedeutet auch dann keine Enteignung, wenn die Maßnahme tatsächlich einen Eigentümer besonders trifft, w e i l die Gleichheit i m Rechtssinne auf Grund der zugrunde liegenden Eingriffsnorm hier gewahrt bleibt 7 . 3. Das Bundesverfassungsgericht 8 hat neuestens als entscheidenden Gesichtspunkt für die Ausscheidung der Eigentumseingriffe i m Rahmen der Gefahrenabwehr aus dem grundrechtlich gewährleisteten Eigentumsschutz — ohne zu den Abgrenzungskriterien i m allgemeinen Stellung zu nehmen 9 — den wesentlichen Unterschied i n der typischen Interessenlage hervorgehoben, der Eingriffe zum Zwecke der Gefahren5 B V e r w G v. 25. 5.1965, DVB1. 1965 S. 766 ff., 767; v. 8.12. 55, Bd. 3 S. 28 ff., 29; vgl. B a y O b L G v. 5. 3. 63, D Ö V 1964 S. 560 ff., 561. 6 B G H Z v. 14. 2. 52, Bd. 5 S. 144 ff., 151; v. 5. 3. 53, DVB1. 1953 S. 367 ff., 368; v. 12. 2. 62, L M Nr. 27 zu § 839 B G B (Fg) a. E.; v. 30. 9. 63, Bd. 40 S. 355 ff., 361; v. 25.6.64, Bd. 43 S. 196 ff., 202, 203; v. 20.1.1966, Bd. 45 S. 23 ff., 25; vgl. B G H Z v. 10. 6. 52, Bd. 6 S. 270 ff., 279, 280. 7 Vgl. BGH, a.a.O., Bd. 6 S. 285, 286, 289; Bd. 40 S. 361; Bd. 43 S. 203; Quaritsch, DVB1. 1959 S. 456. 8 B V e r f G v. 17.11. 66, Bd. 20 S. 351 ff., 359. 9 Vgl. B V e r f G v. 25. 7. 60, Bd. 11 S. 294 ff., 296.

§ 7: Die Vereinbarkeit m i t A r t . 12 u n d 14 GG

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abwehr und Fälle entschädigungspflichtiger Eigentumsbeschränkungen trennt. Während hier die öffentliche Gewalt gegen das Privateigentum aktiv vorgeht, w e i l sie das Eigentum für öffentliche Zwecke braucht, selbst am Eigentum interessiert ist und es i n irgendeiner Weise positiv nutzen w i l l und dies nur i m Ausgleich gegen eine Entschädigung tun kann, verhält sich der Staat dort defensiv und geht nur vor, um Schäden und Gefahren von den Hechtsgütern der Gemeinschaft abzuwenden, die durch den Störer verursacht wurden und die ein Rücksicht nehmender Bürger schon von sich aus, u m Schäden seiner Mitbürger zu vermeiden, beseitigen müßte 1 0 . Wegen dieser gänzlichen Verschiedenheit der Zweckrichtung könne die rechtmäßige Gefahrenabwehr niemals enteignenden Charakter i m Sinne des A r t . 14 I I I GG haben. Diese einleuchtende Begründung der Entschädigungslosigkeit des Störers kann durch eine Besinnung auf den historischen Ursprung der Ausdehnung der Entschädigungspflicht des Staates bei Eigentumsbeeinträchtigungen gestützt werden. Gesellschafts- und staatspolitische Erwägungen können sehr wohl bei der Abgrenzung von Eigentumsinhaltsbestimmung und Enteignung mitbestimmend sein, da das Rechtsinstitut des Eigentums auch i n seiner staatspolitischen Bedingtheit und historischen Wandelbarkeit verstanden werden muß 1 1 . I m historischpolitischen Zusammenhang gesehen findet der Grundsatz des Bundesverfassungsgerichts seine Begründung darin, daß die Erweiterungen des Enteignungsbegriffs i n der Weimarer Zeit — die zu der Abkehr vom engen sogenannten klassischen Enteignungsbegriff als Güterbeschaffungsvorgang führten und auch eigentumsbeschränkenden Gesetzen unter Umständen enteignenden Charakter zuerkannten — vor allem einen umfassenden Schutz der bürgerlichen Eigentumsordnung gegen drohende wohlfahrtsstaatliche, sozialistisch inspirierte Maßnahmen bezweckten 12 . Jedenfalls aber sollten die herkömmlich anerkannten polizeilichen Beschränkungen des Eigentums damit durchaus nicht i n Frage gestellt werden, obwohl auch sie zumindest begrifflich gleichermaßen i n den neuen Dualismus von entschädigungsfreier Eigentumsbindung und entschädigungspflichtigen enteignenden Maßnahmen eingeordnet werden könnten 1 3 . Dem Sinne nach sollte die polizeiliche Gefahrenabwehr niemals am erweiterten Eigentumsschutz gemessen werden. 10 Vgl. schon Dürig, J Z 1954 S. 11; Drews - Wacke S. 205; Lerche, Übermaß, S. 122 A n m . 83. 11 B V e r f G v. 30. 4. 52, Bd. 1 S. 264 ff., 278; B G H v. 10. 6. 52, Bd. 6 S. 270 ff., 279; v. 25. 6. 64, Bd. 43 S. 196 ff., 205, 206. 12 Anschütz, Weimarer Reichsverfassung, S. 709, 710, vgl. S. 714, 715; Fleiner S. 317; Apelt S. 341—344; Dürig, J Z 1954 S. 4, 12; vgl. C. Schmitt, J W 1929 S. 497; Drews - Wacke S. 206; B G H , a.a.O., Bd. 6 S. 277 ff., 281, 282. 18 Vgl. Anschütz, bei Otto Mayer, Bd. I, S. 307 A n m . 20.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

Damit ist i m K o n f l i k t der Meinungen über die Abgrenzung und die Wesensmerkmale der Enteignung jedenfalls die gefahrenabwehrende Staatstätigkeit dem Streite entzogen und allgemein als entschädigungsfreie Sozialbindung des Eigentums anerkannt. b) Die neueren Entscheidungen von Bundesgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht und Bundesverfassungsgericht zur Entschädigungslosigkeit des polizeilichen Störers wurden vor allem durch Zweifel an der Zulässigkeit entschädigungsloser Entziehung und Vernichtung polizeiwidrigen Eigentums ausgelöst 14 . Die obersten Gerichte traten diesen Billigkeitserwägungen entgegen. So betont das Bundesverwaltungsgericht 1 5 , daß rechtmäßiges, insbesondere verhältnismäßiges polizeiliches Vorgehen gegen den Störer auch dann nicht den Charakter einer enteignenden Maßnahme erhält, wenn es zur Folge hat, daß der Unternehmer aus Gründen der Rentabilität auf die wirtschaftlich sinnvolle Nutzung seines Eigentums verzichten muß, um die Polizeiwidrigkeit zu beheben. Das Bundesverfassungsgericht 16 läßt bei Einhaltung der Grenzen der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes 17 als entschädigungslos zulässiges polizeiliches Einschreiten äußerstenfalls auch die Vernichtung des Eigentums zu, wenn die Gefahrenlage dies zwingend erfordert. Die Entscheidungen sind nur konsequent i n der Anwendung des Grundsatzes der Entschädigungslosigkeit des polizeilichen Störers. Wie schon niemand sein Eigentum gefahrbringend nutzen darf, so kann er erst recht nicht seine Lebensgrundlage, die durch die gänzliche Entziehung der Eigentumsbefugnisse betroffen werden könnte, auf die Gefährdung anderer aufbauen. I h r Verlust ist sein Risiko, das i h m nicht wegen seines höheren Einsatzes aus Billigkeitsgründen abgenommen werden kann. Das Korrektiv liegt hier allein i n der Frage der Rechtmäßigkeit des polizeilichen Vorgehens. c) 1. Soweit es um die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit spezialpolizeilicher, nicht durch das allgemeine Polizeirecht gedeckter gefahrenabwehrender Eigentumsbeschränkungen geht, legt der Bundesgerichtshof besonderes Gewicht auf die Prüfung, ob die eigentums14 Vgl. Vorinstanz zu B V e r w G , DVB1. 1965 S. 767; Vorlagegericht zu BVerfG, Bd. 20 S. 354; Menger, V e r w A r c h 1959 S. 86; Scupin, Handbuch, Bd. I I , S. 620, 643; V G Gelsenkirchen v. 25.2.65, B B 1965 S. 725 zu § 25 I I I GewO. 15 BVerwG, a.a.O., DVB1. 65 S. 767. 16 BVerfG, a.a.O., Bd. 20 S. 359, 361; so auch B G H Z , a.a.O., Bd. 43 S. 203; B V e r w G v. 28.2.61, Bd. 12 S. 87 ff., 96; v. 14.10. 58, Bd. 7 S. 257 ff., 260, 261; O V G Koblenz v. 25. 8. 55, DVB1. 1955 S. 782 ff., 783. 17 Vgl. P r O V G v. 27.11.28, RVB1. 50, 211; v. 8.4.37, Bd. 100, S. 127 ff., 130, 131; Bez.Verw.Gericht B e r l i n v. 30.9.49, VerwRspr Bd. 2 S. 110 ff., 111; Schach, DVB1. 56, 673 A n m . 48; Lerche, Übermaß, S. 136, 137.

§ 7: Die Vereinbarkeit m i t A r t . 12 u n d 14 GG

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beschränkenden Regelungen auch tatsächlich die Abwehr von „Gefahren" bezwecken 18 . Die Berufung auf den polizeirechtlichen Grundsatz der Entschädigungslosigkeit des Störers kann nicht für jede Regelung zum Zuge kommen, die irgendwelche „polizeilichen" Elemente enthält. Ohne die Prüfung solcher Sonderregelungen daraufhin, ob sie tatsächlich der Abwehr von Gefahren für polizeilich zu schützende Interessen des Gemeinwohls dienen, bestünde die Möglichkeit einer unkontrollierten Aushöhlung des Eigentums. Wohl sind die allgemeinen Polizeigesetze i n ihrer Beschränkung auf die Gefahrenabwehr m i t der Eigentumsgarantie vereinbar, i m übrigen aber können Eigentumsregelungen sich nicht selbst allein durch die Bezeichnung von Tatbeständen als „gefährlich" der genaueren verfassungsrechtlichen Prüfung entziehen 19 . 2. I m Falle des § 24 I 3 GewO dienen die spezialpolizeilichen Sicherheitsanforderungen der Abwehr von Gefahren für die Rechtsgüter der Beschäftigten und Dritter, insbesondere also von Gefahren für die öffentliche Gesundheit. M i t h i n kommt der Grundsatz der Entschädigungslosigkeit des Störers auch hier zur Anwendung. Die überwachungsbedürftigen Anlagen unterliegen schon wegen ihrer natürlichen potentiellen Gefährlichkeit 2 0 , wegen der ihnen immanent anhaftenden Schadenslage 21 von vornherein einer besonderen „Pflichtigkeit". Der Eigentümer, der aus für andere Menschen gefährlichen Sachen seinen Nutzen zieht, trägt von vornherein das Risiko, daß sein Eigentum den nötigen Schutzmaßnahmen i m Interesse der Allgemeinheit unterworfen w i r d 2 2 . Polizeiliche Sicherheitsvorschriften, auch wenn sie das Eigentum über ein „wirtschaftlich vertretbares" Maß hinaus beschränken, sind also bei Verhältnismäßigkeit von Gefahr und Abwehrmittel von Verfassungs wegen zulässige Konkretisierungen der Sozialbindung des Eigentums. Das schließt nicht aus, daß der Gesetz- oder Verordnungsgeber selbst i n freier Entschließung, also aus Billigkeits- oder Zweckmäßigkeitsgründen dem Eigentum einen stärkeren Schutz verleiht 2 3 . Dies ist insbesondere auch i n der Gewerbeordnung durch besondere Bestandsschutzgarantien geschehen24. B. Steht fest, daß materiellpolizeiliche technische Sicherheitsanforderungen keinen entschädigungspflichtigen Eingriff i n die grundrecht18 BGH, a.a.O., Bd. 43 S. 203, 205; vgl. Württ.Bad. VGH, a.a.O., VerwRspr. Bd. 9 S. 493; O V G Koblenz, a.a.O., DVB1. 55 S. 784; Dürig, J Z 1954 S. 10; ders. AöR Bd. 81 S. 149. 19 BGH, a.a.O., Bd. 43 S. 203, 205; anders: B V e r w G , a.a.O., Bd. 7, 262. 20 Vgl. BVerwG, a.a.O., Bd. 12 S. 96; Bd. 7 S. 260. 21 Vgl. BGH, a.a.O., Bd. 43 S. 208. 82 Vgl. Quaritsch, DVB1. 1959 S. 459; B G H , a.a.O., Bd. 45 S. 26; Bd. 40 S. 366. 23 Vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 20 S. 360. 24 Vgl. § 51, 25 I GewO.

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1. Teil, 2. Kap.: Die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen

lieh geschützte Eigentumsfreiheit enthalten, so ergibt sich damit zugleich die Zulässigkeit solcher formaler Anforderungen, die zur Durchsetzung dieser materiellen Sicherheitsbestimmungen notwendig sind, insbesondere die Verfassungsmäßigkeit der Erlaubnispflicht (§ 24 I 2). Das Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt dient nur präventiven Kontrollzwecken bei Anlagen, die regelmäßig gewichtige Gefahren m i t sich bringen und die vorbeugend auf ihre Ungefährlichkeit und die grundrechtsgemäße Nutzung kontrolliert werden müssen. Das Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt enthält aber keinen zusätzlichen Eingriff i n die Substanz der Grundrechte unter der Voraussetzung, daß es der Gefahrenlage angemessen und ein Hechtsanspruch bei Nachweis der Ungefährlichkeit gegeben ist 2 5 . Sowohl die Verbotstatbestände wie die Anordnung der Präventivkontrolle überhaupt halten sich i m Rahmen der grundrechtlichen Grenzen. C. Durch die technischen Sicherheitsvorschriften w i r d regelmäßig — soweit Anforderungen an gewerblich genutzte Produktionsmittel gestellt werden — das Grundrecht der Berufsfreiheit der Anlagenbetreiber (Art. 12 Abs. I GG) betroffen 26 . Die Vorschriften berühren aber nicht die Freiheit der Wahl des Berufs, sondern enthalten eine Regelung der Berufsausübung. Sie bestimmen i m einzelnen die A r t und Weise wie die gewerbliche Tätigkeit ohne Gefährdung anderer ausgeübt werden kann, insbesondere die Bauweise von Anlagen, die zur Berufsausübung gebraucht werden. Nach der vom Bundesverfassungsgericht i m Apothekenurteil 2 7 entwickelten und allgemein anerkannten „Stufentheorie" kann die Freiheit der Berufsausübung i m Wege der Regelung gemäß A r t . 12 I 2 GG beschränkt werden, soweit sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen. Das technische Sicherheitsrecht dient insbesondere dem Schutz von Leben und Gesundheit der Beschäftigten und der Öffentlichkeit und w i l l Gefährdungen der Volksgesundheit verhindern. Notwendige polizeiliche Einschränkungen der Freiheit der Berufsausübung zum Schutze dieses wichtigen Gemeinschaftsgutes sind gerechtfertigt 28 . Außerdem kann es für sicherheitspolizeiliche Bestimmungen, die eine zulässige Beschränkung des » B V e r f G v. 7.5.1953, Bd. 2 S. 266 ff., 279; v o m 22.2.1956, Bd. 6 S. 32 ff., 42; v. 5.8.66, Bd. 20 S. 150ff., 161; v. 10.7.1958, Bd. 8 S. 71 ff., 76; B V e r w G v. 4. 4.1961, GewArch 1961 S. 152. 26 Vgl. Vogel, Wirtschaftseinheiten, S. 243; B V e r w G v. 16. 5.1963, GewArch 1963 S. 270, 271; O V G Berlin, GewArch 1967 S. 169. 27 23

B V e r f G v. 11. 6. 1958, Bd. 7 S. 377 ff., 405, 406.

B V e r f G v. 18.10.1966, Bd. 20 S. 263 ff., 295; B V e r w G v. 25. 5.1965, DVB1. 1965 S. 766 ff., 767; Ule - Rasch § 14 A n m . 44; Vgl. Landmann - Rohmer § 16 A n m . 30; Fuhr § 16 A n m . 4.

§ 7: Die Vereinbarkeit m i t A r t . 12 u n d 14 GG

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Eigentumsinhalts nach A r t . 14 I 2 GG enthalten, keinen Unterschied machen, ob eine berufliche oder eine nichtberufliche Nutzung des Eigentums geregelt w i r d ; sie müssen auch vor A r t . 12 Bestand haben 29 .

29 B V e r w G v. 4. 7.1957, Bd. 5 S. 171 ff., 174, 176, 177; Vgl. B V e r f G v. 14.2. 1967, N J W 1967 S. 1175 ff., 1177.

3. Kapitel

Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung des § 24 GewO § 8: Die Begrenzung des technischen Sicherheitsrechts auf die Gefahrenabwehr 1. Abschnitt Die Gefahrenabwehr im tedmischen Sicherheitsrecht i m allgemeinen

Für alle technischen Sicherheitsvorschriften steht i m Mittelpunkt des Interesses die Frage nach dem zulässigen Ausmaß der Sicherheitsanforderungen. Wieweit dürfen Sicherheitsvorschriften gehen, können sie einen gleichsam absoluten Schutz der Rechtsgüter verlangen oder müssen die technischen Vorschriften notwendigerweise einen gewissen Gefahrenspielraum belassen, u m nicht den Fortschritt und die technische Zivilisation überhaupt unmöglich zu machen? Schon die Eingangsworte der Ermächtigung des § 24 I GewO zeigen, daß die Festlegung der Sicherheitsgrenze gegensätzliche Interessen berührt. Einerseits ist von dem Schutz der Beschäftigten und Dritter die Rede, der doch umfassender A r t sein soll, andererseits klingt m i t dem Schutz vor „Gefahren" gleichermaßen die Begrenzung an, die traditionell aller Gefahrenabwehr innewohnt. A u f der einen Seite werden heute immer schärfere Sicherheitsanforderungen gegen die Gefahren der Technik gefordert, auf der anderen Seite wehren sich die Betroffenen gegen überspannte, ihnen weltfremd oder überholt erscheinende Sicherheitsmaßnahmen 1 . Trotz der Schwierigkeit der Festlegung einer zumutbaren Gefahrengrenze, muß diese Frage i m grundsätzlichen Ansatzpunkt, wenn auch nicht i n den Einzelheiten der technischen Durchführung, durch das Recht entschieden werden. Sie ist eine Rechtsfrage, denn sie betrifft die Grenzen des rechtlich zulässigen Verhaltens der für die Anlagen Verantwortlichen. Wo die Sicherheitsgrenze verlaufen soll, legt die gesetzliche Ermächtigung i n § 24 durch den Begriff der „Gefahrenabwehr" fest. Der Verlauf der Sicherheitsgrenze mag zwar für den Gesetzgeber weitgehend eine Frage der politischen Entscheidung sein, die er i m Rahmen seines verfassungsrechtlichen Gestaltungsspielraums enger 1

Vgl. V G H München v. 11.1.1967, N J W 1967 S. 1146 ff., 1148, 1150.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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oder weiter ziehen kann 2 . Die Verordnungsgewalt jedoch — und i n deren Händen liegt faktisch die konkrete Setzung aller Sicherheitsnormen — ist an den Rahmen ihrer engeren gesetzlichen Ermächtigung gebunden. I n der Begrenzung auf die Gefahrenabwehr liegt die zentrale Wirksamkeitsvoraussetzung der technischen Vorschriften 8 . I n soweit ist die Entscheidung des Gesetzgebers gegeben; darüber hinausgehende technische Vorschriften könnte nicht der Verordnungsgeber, sondern nur der Gesetzgeber selbst, evtl. auch mittels einer erweiterten Ermächtigung schaffen. Bedeutung hat die Begrenzung auf eine Gefahrenabwehr und die daraus i m einzelnen abzuleitenden Gültigkeitsvoraussetzungen nicht nur für die staatlichen technischen Vorschriften, sondern sie setzt auch den inhaltlichen Rahmen für die zulässige Übernahme der „allgemein anerkannten Regeln der Technik". Wenn die von privaten Stellen ausgearbeiteten technischen Normen zur näheren Ausfüllung der staatlichen Verordnungen herangezogen werden sollen 4 , müssen sie ihrem Zweck nach den staatlichen Vorschriften entsprechen und sich i n den diesen gesetzten Grenzen halten. Die Auslegung des Begriffs der Gefahrenabwehr hat sich an der traditionellen Auffassung dieses terminus technicus des Polizeirechts zu orientieren, soweit sich nicht Besonderheiten aus der Spezialermächtigung oder aus der Natur der zu regelnden Materie ergeben. Dabei ist weitgehend auf die Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zurückzugreifen, die dem Begriff der Gefahrenabwehr seinen noch heute maßgeblichen Inhalt gaben. Sie enthalten bereits Auseinandersetzungen m i t dem heute akut werdenden Problem der Gefahren technischer Anlagen und der Bestimmung einer angemessenen Sicherheitsgrenze. I m Gegensatz etwa zur eingehenden Arbeit von Scholz 5 über das Wesen der polizeirechtlichen Gefahr haben sich die gegenwärtigen Kommentierungen zu den einzelnen Polizeigesetzen der Länder einer den Zeitproblemen angepaßten Weiterentwicklung der Lehre von der Gefahrenabwehr noch nicht angenommen. I n Anlehnung an den dargestellten Interessengegensatz bei der Bestimmung der Sicherheits- oder Gefahrengrenze ist zu prüfen, ob überhaupt i m Rahmen einer Gefahrenabwehr eine bewegliche, auf eine ständige allgemeine Verbesserung des Sicherheitsstandards abzielende 2

Vgl. Thieme, N J W 1966 S. 1438; Hueck - Nipperdey, Bd. I , S. 27; vgl. B V e r w G v. 16. 7. 65, DVB1 1966 S. 496 ff., 497. 8 A u f die Betonung dieser inhaltlichen Grenze der Sicherheitsnormen w i r d deshalb Gewicht gelegt, w e i l die erschienenen Kommentierungen zu § 24 dies nicht ausreichend berücksichtigen; vgl. Landmann - Rohmer § 24 A . 25. 4 Siehe oben § 4. 5 V e r w A r c h Bd. 27 (1919), S. 1—84. 7 Plischka

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

Verordnungsgebung möglich ist, sodann, wo die Grenzen einer solchen Verordnungsgebung liegen, ob sie insbesondere zu Lasten der Lebensfähigkeit von Industrie und Wirtschaft einen quasi absoluten Sicherheitsschutz durchsetzen kann. Auch hier ist wiederum den Eigenheiten einer technischen Zivilisation Rechnung zu tragen: für die erste Frage ist der ständige technische Fortschritt zu berücksichtigen, für die zweite die Anerkennung eines kalkulierten Risikos, einer immanenten Gefährlichkeit der technischen Zivilisation. Ausgegangen werden soll von der Begriffsbildung des allgemeinen Polizeirechts, das eine „Gefahr" annimmt, wenn der E i n t r i t t eines „Schaden" stiftenden Ereignisses m i t einer gewissen „Wahrscheinlichkeit" objektiv zu besorgen ist — wobei für die abstrakt-generellen Regelungen der Verordnungen eine sogenannte „abstrakte" Gefahr hinreicht 6 . A. Zur Bestimmung der Sicherheitsgrenze ist zunächst zu prüfen, ob trotz der Begrenzung auf die Gefahrenabwehr die technischen Schutzmaßnahmen über den herkömmlichen Sicherheitsstandard hinausgehen dürfen, ob überhaupt schärfere und weitergehende Sicherheitsanforderungen zulässig sind als für Anlagen dieser A r t bisher üblich und zugelassen waren. Die Unzulässigkeit verbessernder Arbeitsschutzmaßnahmen könnte sich daraus ergeben, daß für eine „Wohlfahrtspflege" i m Rahmen bloßer Gefahrenabwehr kein Raum ist sowie daraus, daß herkömmlicherweise ein „Schutz gegen sich selbst" nicht i m Rahmen polizeirechtlicher Maßnahmen liegt. I. a) Z u untersuchen ist, was unter dem „Schaden" verstanden werden muß, dem die technischen Sicherheitsvorschriften vorzubeugen haben. Gefahrenabwehr als Abwehr eines Schadens w i r d allgemein und i m wesentlichen übereinstimmend definiert als die Erhaltung und Bewahrung des Bestehenden, „dessen, was schon da ist", als negative Abwehr einer Verschlechterung des „tatsächlich vorhandenen bisherigen Bestandes" und der bisherigen Ordnung 7 . Wohlfahrtspflege und nicht mehr Abwehr von Schaden ist demgegenüber die Förderung und positive Verbesserung der bestehenden Lage. Begreift man die Gefahrenabwehr als Erhaltung und die Wohlfahrtspflege als Förderung, so kommt es entscheidend auf den Bezugspunkt an, darauf, was als zu schützender Bestand anzusehen ist, der die Aus• Wolff , Bd. I I I , S. 44; Drews -Wache S. 51, 52; Scholz, Verwaltungsarchiv Bd. 27 S. 6, 15. 7 Drews - Wache S. 51, 53, 56; Wache, DöV 1955 S. 458; Drews - Wache S. 22, 55; Wolff, Bd. I I I , S. 12, 45; Ule - Rasch S. 42 A n m . 4; Zuppinger S. 45; Dröge, Diss., S. 7,10; Rosin, V e r w A r c h Bd. 3 S. 308, 312; Biermann, Privatrecht u n d Polizei, S. 17, 18, 130, 131; Müller - Heidelberg u n d Claus, 2. Aufl., S. 38; Rietdorf S. 28; Klausener - Kerstiens - Kempner, PrPVG, 1932, § 1 4 I V 7 S. 115; vgl. K g l . V O v. 26.12.1808 u n d Ausführungsanweisung, zit. nach Drews - Wache S. 5.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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gangsbasis für die Beurteilung sein soll, ob eine bloße Bewahrung des „Bestehenden" oder dessen Förderung vorliegt. Die Formel von der Erhaltung dessen, was schon da ist, verleitet bei schematischer Anwendung dazu, die bloße Faktizität als Ausgangsbasis für die Bestimmung eines Schadens anzunehmen und damit verbessernde Schutzmaßnahmen als unvereinbar m i t der Gefahrenabwehr abzulehnen. Demgegenüber könnte auch von den polizeilich zu schützenden Bechtsgütern selbst ausgegangen werden und alle Maßnahmen, die unmittelbar ihrem Schutz dienen, zur Gefahrenabwehr gezählt werden, auch wenn sie Verbesserungen des tatsächlichen status quo nötig machen. Danach könnte polizeilich zum Schutze von Leben und Gesundheit immer eingegriffen werden 8 , mag auch i n der realen Wirklichkeit der Schutz dieser Güter i n einer mehr oder weniger langen tatsächlichen Übung faktisch sehr unvollkommen sein. b) Die Aufrechterhaltung des bloß Faktischen, der jeweiligen, notwendigerweise einem Wandel unterworfenen tatsächlichen Verhältnisse kann nicht sinnvoller Zweck einer normativen Ordnung, einer Rechtsordnung sein, die eine Eigenbedeutimg behalten und nicht nur die jeweiligen Tatsachen sanktionieren w i l l . Zudem mag die Formel für die Aufrechterhaltung der guten Ordnung i n einer statischen Gesellschaft ihren Sinn haben, den Bedürfnissen der Gefahrenabwehr i n einer dynamisch fortschreitenden technischen Zivilisation aber w i r d sie nicht gerecht. Als Anknüpfungspunkt für die Qualifizierung einer Veränderung i n der Außenwelt als Schaden, zu dessen Abwehr auch i m Rahmen der Gefahrenabwehr eingeschritten werden darf, können vielmehr nur menschliche Wertvorstellungen dienen, die bestimmen, was als „bestehende Lage" anzusehen ist und aufrechterhalten bleiben soll und die zudem wandelbar m i t der Zeit gehen. Diese Präzisierung der Formel von der „Erhaltung dessen, was schon da ist" als Aufgabe der Gefahrenabwehr ist noch weiter zu begründen. Für neu auftretende Gefahrenquellen, wie sie gerade die technische Entwicklung ständig zeigt, würde eine tatsächliche Übung, die Bezugspunkt für ein polizeiliches Einschreiten sein könnte, nicht bestehen 9 . Diese Auffassung hätte andererseits möglicherweise die Sanktionierung einer nachlässigen Übung oder gar die Verewigung überkommener, als schädlich erkannter Verhältnisse zur Folge 1 0 . 8 So ausdrücklich: Wolff, Bd. I I I , S, 45, vgl. aber S. 94, 95; Franzen, L e h r kommentar, 1932, S. 171; Friedrichs, PrPVG, 2. Aufl., 1932, S. 71; vgl. B V e r w G v. 27. 3. 1958, Bd. 6 S. 294 ff., 297. 9 10

7*

Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 32. Vgl. Biermann,

Privatrecht u n d Polizei, S. 163.

100

1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

Eine Beschränkung der Polizei auf die Erhaltung des tatsächlich vorhandenen Bestandes w i r d — auch wenn sie i m Grundsätzlichen unangefochten ist — i m einzelnen von Rechtsprechung und Literatur nicht durchgeführt. So ist für den Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere der Sittenordnung anerkannt, daß auch eine jahrzehntelange tatsächliche Übung — sogar unter gegebener Duldung der Polizei — den Betrieb z. B. eines Bordells nicht zu einem Bestandteil der öffentlichen Ordnung machen kann 1 1 . M i t Rücksicht auf die maßgebenden gesellschaftlichen Anschauungen w i r d zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch zur Verbesserung dessen, „was da ist" eingegriffen 12 . I m Sinne der Zulässigkeit fördernder, verbessernder Maßnahmen zum Schutze bestimmter Polizeigüter kann die oft nur unvollständig zitierte Äußerung Pütters herangezogen werden, der i m übrigen schon zur Zeit der Aufklärung die Beschränkung der Polizei auf die Gefahrenabwehr befürwortete: promovendae salutis cura proprie non est politiae, „nisi quatenus ea mente agitur, ut tanto lautior sit status isti malo, quod metuebatur, directe oppositus" 18 . Offenbar erkennt Pütter eine Einschränkung der strengen Beschränkung der Polizei auf die Wahrung des Bestehenden an, denn indem er auf die Verhinderung von „Übelständen" abstellt und eine Festlegung auf die „tatsächlich bestehende Lage" vermeidet, kann er unter dem Sicherungszweck auch fördernde Maßnahmen zulassen, die die jeweils als Übel empfundenen Verhältnissö bekämpfen. Zur Bestätigung ist schließlich auf die historischen Anfänge und den staatspolitischen Zweck der Begrenzung der polizeilichen Tätigkeit auf die Gefahrenabwehr zu verweisen. Der Begriff der Gefahrenabwehr i m Sinne des Polizeirechts wurde zur Zeit der Aufklärung als Gegensatzbegriff zur Wohlfahrtspflege entwickelt 1 4 . Er soll die Ablehnung staatlicher Vorsorge für die Privatglückseligkeit des angeblich unmündigen „beschränkten" Untertanen als Staatszweck zum Ausdruck bringen. Er soll den Widerstand gegen polizeistaatliche Bevormundung des sich selbst verantwortlich fühlenden Individuums und der freien gesellschaftlichen Entwicklung theoretisch fundieren 1 5 . Seine eigene „Wohlfahrt" sollte jedermann selbst i n die Hände nehmen und „nach seiner Fasson selig werden". Insoweit sollte die Wohlfahrt nicht Staats11 Drews-Wacke, S. 55; O V G Münster v. 18.5.54, AS Bd. 8 S. 320 ff., 324; W ü r t t . Bad. V G H v. 27. 3. 58, J Z 1058 S. 446 ff., 448. 12 Wolff, Bd. I I I , S. 45; Rosin, V e r w A r c h Bd. 3 S. 316. 18 Pütter, Institutiones j u r i s p u b l i c i Germanici, editio I V , 1787, L i b V I I , Cap I I I , § 331 V, S. 389; vgl. dazu Wolzendorff S. 71; Kleinheyer S. 116 A n m . 214, S. 119; Franz Mayer, A ö B Bd. 88 S. 106. 14 Drews - Wache S. 4. 15 Wolzendorff S. 76, 79; Franzen, Lehrkommentar, 1932, S. 11; Wolff, Bd. I I I , S. 3; vgl. Drews - Wacfce S. 21.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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zweck sein. Diese staatspolitische Forderung, auf dem Höhepunkt des Liberalismus erneut anerkannt i m Kreuzbergurteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts 16 , muß dem Verständnis der begrifflichen Definition zugrunde gelegt werden. Denn der Schadensbegriff ist nicht a priori gegeben, sondern den Grundprinzipien der Verfassungsordnung und den besonderen Zwecken der einzelnen Rechtsgebiete, die i h n verwenden, angepaßt und muß von dieser ratio her verstanden werden 1 7 . Die Formel von der Aufrechterhaltung des Bestehenden ist nur die liberalstaatliche Ausformung und Weiterentwicklung des erwähnten aufklärerischen Ausgangsprinzips 18 . Nach liberalstaatlicher Auffassung (laisser faire Prinzip) sollte der Staat sich nicht i n gesellschaftliche D i n ge mengen und nur gegen die Verletzung des bestehenden, sich selbst eigengesetzlich regulierenden Organismus einschreiten, u m den Bestand dessen, was schon da ist, als dessen „Nachtwächter" zu sichern. Es ist jedoch auch eine andere, i n gleicher Weise der ursprünglichen aufklärerischen Idee der Begrenzung der polizeilichen Tätigkeit Rechnung tragende Bestimmung der Gefahrenabwehr möglich. Soll die Tätigkeit des Einzelnen um seiner Freiheit w i l l e n nicht vom Staate bevormundet werden, so braucht doch der Schutz seiner und seines Nächsten Güter, vor allem Leben und Gesundheit, nicht auch den tatsächlich gegebenen Verhältnissen überlassen zu werden. Der unmittelbare Schutz dieser grundrechtlich geschützten Lebensgüter kann auch i m Rahmen der Gefahrenabwehr über das Maß des tatsächlich Bestehenden hinausgehen, ohne zu einer „Bevormundung" der privaten Freiheit zu führen. N u r seine sonstigen Interessen darf die Polizei nicht bevormunden wollen; nur das wäre „Wohlfahrtspflege". Heute kann die Wandlung des Staatszwecks, die i n der Abkehr vom Liberalismus und i n der Entwicklung zum Sozialstaat liegt, nicht außer Betracht bleiben. Das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 I I I GG) fordert insbesondere auch für Arbeitsschutzgesetze eine verfassungskonforme Auslegung, die auch den sozialen Bedürfnissen gerecht w i r d 1 0 . Für die in sozialer Abhängigkeit lebenden Beschäftigten der Anlagenbetreiber kann die Ablehnung staatlicher fördernder Schutzmaßnahmen nicht i n gleichem Umfange gelten wie für den dem liberalen Staatsbild entsprechenden, frei handelnden und frei wirtschaftenden Einzelnen. Die zur Aufrechterhaltung eines angemessenen Bestandes seiner Rechts16

P r O V G v. 14. 6.1882, Bd. 9 S. 353 ff. Vgl. Drews - Wacke S. 72; Rosin, V e r w A r c h Bd. 3 S. 256, 257; Wolzendorff S. 184; Werner, DVB1. 1957 S. 807; Knemeyer, AöR Bd. 92 S. 178, 179. 18 Vgl. Wolzendorff S. 209. 19 Forsthoff, V V D S t R L Bd. 12 S. 27, 28; Bachof, V V D S t R L Bd. 12 S. 43; Schäfer, Diss., S. 31, 32; Herschel, ArbSch 1958 S. 202 (Vortragsbericht); B A r b B l 1955 S. 572, 577, 582; Fechner, R d A 1955 S. 161, 166. 17

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

güter und zur realen Verwirklichung seiner Grundrechte ergehenden Schutzmaßnahmen können insoweit i m Rahmen der Gefahrenabwehr nicht als unzulässige Wohlfahrtspflege qualifiziert werden 2 0 . Die eingefahrene Abwehrstellung gegen jegliche Eingriffe des Staates muß insoweit einer Auffassung weichen, die den Staat als Garanten menschenwürdiger Lebensbedingungen gegenüber privaten Sonderinteressen ansieht. M i t h i n können die technischen Vorschriften zum Schutze von Leben und Gesundheit über das bisher für vergleichbare technische Anlagen übliche Maß an Sicherheitsanforderungen, über das, was schon da ist, hinausgehen — auch i m Rahmen einer Gefahrenabwehr 21 . Ob allerdings ein absoluter Schutz der Rechtsgüter durchgesetzt werden kann, bleibt später noch zu prüfen 2 2 . I I . Die generelle Zulässigkeit von fördernden, verbessernden Sicherheitsmaßnahmen zum Schutze von Leben und Gesundheit steht auch nicht i m Widerspruch zu der i m Polizeirecht allgemein anerkannten Unzulässigkeit polizeilichen „Schutzes gegen sich selbst" 23 . Da die Beschäftigten regelmäßig i n Kenntnis der Gefährlichkeit der Anlagen i n einem Betrieb ein Arbeitsverhältnis eingehen, wäre es möglicherweise nicht Aufgabe der Polizei, sie gegen freiwillig übernommene Gefahren zu schützen. Aber abgesehen davon, daß § 24 GewO ausdrücklich einen solchen Schutz anordnet, hindert diese Argumentation des Manchester-Liberalismus nicht, Schutzmaßnahmen dennoch als zum eigentlichen Bereich der Gefahrenabwehr gehörig anzusehen. Einmal sind die polizeilichen Vorschriften über die Sicherheitsanforderungen an Anlagen nicht an die Beschäftigten selbst adressiert, sondern enthalten unmittelbar nur polizeiliche Pflichten für die Betreiber. Stellt man jedoch wegen des zwingenden, für die Beschäftigten unverzichtbaren Charakters der technischen Vorschriften nicht auf die förmliche Adressierung, sondern auf den Schutzzweck einer polizeilichen Vorschrift ab zur Feststellung 20 Vgl. P r O V G v. 21.4.1938, Bd. 102 S. 235 ff., 236, 237; Dürig, AöR Bd. 79 S. 85 A n m . 82; vgl. Rabeneick, DVB1. 1960 S. 499 unter I V ; Oftinger, K o n f r o n tation, S. 269, 270; Scheerbarth S. 28; Bericht der Musterbauordnung-Kommission, 1960, S. 121, 122, 129. 21 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 33, 83; Friedrichs, PrPVG, § 14 A n m . 8; Franzen, Lehrkommentar, 1932, S. 171; Wolff, Bd. I I I S. 45; vgl. Jellinek, Gesetz, S. 272 ( „ w i r sind heute keine Barbaren mehr, deshalb höherer A b w e h r standard"); P r O V G v. 19.9.1885, Bd. 7 S.29ff., 31; v. 5.6.1884, P r V B l Bd. 5 S. 326, 327. f * siehe unten B). 23 Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 435; Zuppinger S. 1, 23; P r O V G v. 11.5. 1903, P r V B l Bd. 25 S. 161, 162; vgl. B G H V e r w A r c h Bd. 5 S. 319, v. 22.12.1952; Drews - Wacke S. 60.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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eines unzulässigen „Schutzes gegen sich selbst" gegenüber den m i n destens unmittelbar Betroffenen 24 , so bleibt zu beachten, daß die technischen Vorschriften i n weitem Umfang gleichzeitig den Schutz der unbeteiligten Dritten bezwecken. Insoweit scheidet der Gesichtspunkt eines unzulässigen Schutzes gegen sich selbst jedenfalls aus. Darüber hinaus ist das Arbeitsschutzrecht als Ausdruck des Sozialstaatsprinzips gerade geschaffen, u m i n Überwindung des Liberalismus durch staatliche Schutzvorschriften den sozial Schwächeren das zu gewährleisten, was ihnen ihre eigene i n weitem Umfang fiktive rechtliche Freiheit tatsächlich nicht zu sichern vermochte. Dem äußeren B i l d nach mag die perfektionistische Ausgestaltung des Arbeitsschutzes an die enge polizeistaatliche Reglementierung aller Wirtschaftsbereiche erinnern, der innere Zweck ist jedoch verschieden, da es nicht mehr u m obrigkeitliche Bevormundung, sondern u m den sozialen Schutz der gesellschaftlich Schwächeren geht 2 5 . Die Grenze des unzulässigen Schutzes gegen sich selbst könnte allenfalls für den auch tatsächlich i n vollem Umfang selbstverantwortlich Wirtschaftenden zum Zuge kommen. Selbst dann bliebe zu berücksichtigen, daß kein Staat die Gefährdung einer großen Zahl seiner Bürger — sei sie auch freiwillig übernommen — hinnehmen kann 2 6 . Auch der Gesichtspunkt unzulässigen Schutzes gegen sich selbst steht m i t h i n der Zulässigkeit fördernder Schutzmaßnahmen i m Rahmen einer Gefahrenabwehr nicht entgegen. B. Es bleibt zu prüfen, ob polizeilich ein absoluter Schutz der betroffenen Rechtsgüter sichergestellt werden kann oder ob ein gewisses Gefahrenrisiko bzw. die Hinnahme gewisser technischer Beeinträchtigungen der Preis jeder technischen Zivilisation sind. Die Bestimmung des Ausmaßes des Rechtsgüterschutzes hängt zusammen m i t der A r t und Weise der Beeinträchtigung der Rechtsgüter, muß also nach der A r t der auftretenden Gefahren differenzieren. Eine Beeinträchtigung der durch technische Sicherheitsvorschriften zu schützenden Rechtsgüter durch die Auswirkungen gefährlicher technischer Anlagen kann vor allem auf zweierlei A r t erfolgen. Einmal können fortdauernde, nicht zu gegenwärtigen und unmittelbaren Verletzungen der Rechtsgüter führende Immissionsgefahren m i t der normalen und üblichen Benutzung der Anlage verbunden sein. Man denke an die fort24

233.

Zuppinger

S. 79, 83, 86; vgl. B V e r f G v. 29.11.1961, Bd. 13 S. 230 ff., 232,

25 Wolzendorff S. 216; Zuppinger S. 72, 75, 83, 90; Hueck - Nipperdey, S. 9, 26, 803; Esser, Gefährdungshaftung, S. 84. 28 Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 436; Gesetz, S. 275; Drews-Wacke Zuppinger S. 49 A n m . 65.

Bd. I, S. 61;

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

laufende schleichende Verschmutzung und Verseuchung der L u f t oder des Wassers und an andere dauernde, am Bestand langsam zehrende Eingriffe. Charakteristisch für die Gefahren der überwachungsbedürftigen Anlagen sind jedoch die m i t ihnen verbundenen außergewöhnlichen Unfallrisiken 2 7 . Zwar scheinen die Gefahren dieser Anlagen i n hohem Maße gebändigt, jedoch können außergewöhnliche — d. h. seltene, wenn auch möglicherweise geringfügige — Anlässe mit potenzierter Wirkung zu außergewöhnlichen Schäden führen. Ein mangelhaftes Sicherheitsventil mag Anlaß zu einer Explosion von Druckbehältern geben, ein Kurzschluß Feuer bei elektrischen Anlagen auslösen. Die Bestimmung der Gefahrengrenze für die besonderen Risiken ist i m Unterschied zu den „lästigen" Anlagen des § 16 GewO das eigentliche Problem der „überwachungsbedürftigen" Anlagen des § 24 GewO. Es fragt sich, ob schon wegen der geringen bloßen Möglichkeit außergewöhnlicher Schäden die Verwendung dieser Anlagen überhaupt untersagt oder zumindest an welche besonderen Sicherheitsvorschriften sie gebunden werden kann 2 8 . Dazu ist daran zu erinnern, daß jede Beschränkung auf die Gefahrenabwehr eine Begrenzung insbesondere in zweifacher Richtung enthält: es darf nur zur Abwehr eines wirklichen „Schadens" eingegriffen werden und es kann eine Schadensabwehr erst eintreten, wenn m i t hinlänglicher „Wahrscheinlichkeit" der Schadenseintritt objektiv befürchtet werden muß. Die Sicherheitsgrenze, die das erlaubte Risiko von der unzulässigen Gefährdung abgrenzt, ist für beide Gefahrenarten auf der Grundlage dieser Kriterien zu bestimmen. I. Für die fortdauernden, m i t dem gewöhnlichen Betrieb der gefährlichen Anlagen verbundenen, schleichenden Immissionsgefahren ergibt sich eine Begrenzung der Gefahrenabwehr aus dem Begriff des „Schadens", also schon für den polizeilich zu schützenden Bestand der Rechtsgüter selbst. E i n Schaden liegt anerkannterweise nur vor, wenn das normale, übliche und zumutbare Maß durch eine Beeinträchtigung überschritten w i r d 2 9 . So ist der Schutz gegen sogenannte bloße Belästigungen nicht Aufgabe der Polizei, ebensowenig wie der Schutz der übernormalen Empfindlichkeit einzelner Personen. Hier interessiert, worin diese Beschränkungen polizeilicher Eingriffe ihren Grund finden und auf welche Weise die Grenzziehung vorgenom27 Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 456, 457 spricht von ihnen als Gegenstand der besonderen „Unfallpolizei". Vgl. zur Zweiteilung der charakteristischen Gefahren: Esser, Gefährdungshaftung, S. 78; Herschel, ArbSch 1956 S. 101; Oftinger, Konfrontation, S. 249, 254. 29 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 23, 27; vgl. Otto Mayer, Bd. I, S. 224. 2 ® B V e r w G v. 27.3.1958, B B 1958 S. 570 1., f ü r Anlagen nach § 16 GewO; Drews - Wacke S. 54; Dröge, Diss., S. 12, 13; Ule - Rasch § 14 A n m . 7.

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men wird. Daraus können sich Hinweise auch für die Gefahrengrenze für die außergewöhnlichen Risiken der gefährlichen Anlagen ergeben. Man könnte daran denken, die Aufgabe der Polizei zur Abwehr von bloßen Belästigungen schon wegen der Geringfügigkeit und Unerheblichkeit der Beeinträchtigungen zu verneinen 3 0 : minima non curat praetor. Ob dies der entscheidende oder jedenfalls alleinige Grund ist, muß aber bezweifelt werden, da i n den Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts auch solche „Belästigungen" ausgenommen werden, die sich nicht mehr als Minimaleingriffe charakterisieren lassen — z. B. auch „erhebliche" bzw. „hochgradige" Belästigungen m i t Steigerungen „bis zur Unerträglichkeit". Andererseits mag auch das, was den Prätor nicht beschäftigt, sehr wohl den Ädil, die Polizei etwas angehen. Als Begründung w i r d aber auch angegeben, daß es sich bei den bloßen Belästigungen um die normalen Risiken des gesellschaftlichen Zusammenlebens handelt, die als unvermeidbar hingenommen werden müssen, weil sie z. B. notwendig mit erlaubten wirtschaftlichen Betätigungen verbunden sind und die Betroffenen damit rechnen müssen 31 . Die Entscheidungen zum Problem der Belästigungen können als Beginn der Auseinandersetzung der Rechtsprechung m i t den zulässigen Anforderungen an Wirtschaftsbetriebe wegen ihrer — vor allem technisch bedingten — ungünstigen Ausstrahlungen i n die Öffentlichkeit verstanden werden 3 2 . Sie grenzen für eine Zeit, i n der der unmittelbare Arbeitsschutz noch nicht i m Vordergrund stand, die zumutbaren Risiken für diejenigen Beeinträchtigungen ab, die die allgemeine bürgerliche Öffentlichkeit betreffen. Das Preußische Oberverwaltungsgericht 33 verfährt dabei nach der Methode, i m Wege der Abwägung der beteiligten Interessen die Frage nach der Zumutbarkeit von Belästigungen zu entscheiden. Zur näheren Bestimmung der Gefahrenschwelle w i r d auch auf die allgemeinen Anschauungen der Gesellschaft zurückgegriffen 34 . I I . Für die eigentlichen Gefahren der überwachungsbedürftigen A n lagen, für ihre außergewöhnlichen Explosions- und Feuergefahren aber kann die Sicherheitsgrenze für das noch zumutbare Risiko nicht m i t Bezug auf die Rechtsgüter selbst bestimmt werden. Eine Abwägung 80 Jellineh, Verwaltungsrecht, S. 437; Gesetz, S. 284; Zuppinger S. 45; Rietdorf S. 28. 81 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 8; Rosin, V e r w A r c h Bd. 3 S. 310; Drews Wache S. 53; Dröge, Diss., S. 12; Ule - Rasch § 14 A n m . 7; P r O V G v. 7.2.29, J W 1929 S. 1161. 82 s. insbes. P r O V G v. 27.4.1882, Bd. 9 S. 344 ff., 351 als pleading case"; v. 3.12. 25, P r V B l Bd. 47 S. 224; Biermann, Privatrecht und Polizei, S. 36, 40. 33 P r O V G v. 27. 4.1882, Bd. 9 S. 344 ff., 351; vgl. auch Bay O b L G v. 24. 4. 63, GewArch 1963 S. 248 ff., 249; OVG B e r l i n JR 1963 S. 277, 278; Heinrich, DVB1. 1966 S. 431 A. 46. 84

Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 9; Drews - Wache S. 54.

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noch hinzunehmender Hechtsgüterbeeinträchtigungen läßt sich angesichts dieser besonderen Gefahren nicht vornehmen, da sie i m Falle ihrer Realisierung gerade den gesamten Bestand der betroffenen Rechtsgüter angreifen können und sich nicht auf für den Einzelnen noch zumutbare Beeinträchtigungen beschränken. Man kann nicht sagen — jedenfalls ließe es sich nicht rechtfertigen —, daß der Tod tausender i n technischen Unfällen ums Leben kommender Menschen vom Staat als zumutbares Opfer u m der technischen Zivilisation w i l l e n in Kauf genommen wird. Denn ein Staat, der das Leben seiner Bürger aufs Spiel setzt, setzt sich selbst aufs Spiel, da er nur u m der Menschen willen da ist. Die individuell Betroffenen könnten i h n nicht mehr als ihren Staat anerkennen, sondern müßten i n i h m ihren Todfeind sehen. Wohl aber kann man sagen, daß zwar nicht ein bestimmter Schaden selbst i n Kauf genommen wird, dennoch aber die ungewisse Möglichkeit, das Risiko eines Unglücksfalles hingenommen werden kann um den Preis anderer sicherer Vorteile. Die Bestimmung der Sicherheitsgrenze kann deshalb für die außergewöhnlichen Gefahren nur i m Rahmen der Frage erfolgen, welcher Grad von „Wahrscheinlichkeit" des Schadenseintritts gegeben sein muß, um die technischen Sicherheitsvorschriften zu stützen. Maßstäbe dafür, wann eine „Wahrscheinlichkeit" des Schadenseintritts i m Sinne der polizeilichen Gefahrenabwehr vorliegt, wann die Besorgnis des tatsächlichen Eintritts eines Schadens als begründet anzusehen ist, sind mangels einer gesetzlichen Festlegung von der Rechtsprechung herausgearbeitet worden. Ob eine Gefahrenlage gegeben ist, hängt danach sowohl von einem bestimmten Grad der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ab wie von einer bestimmten A r t der Feststellung dieses Wahrscheinlichkeitsgrades. Ein polizeiliches Einschreiten ist berechtigt, wenn eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht nur eine entfernte Möglichkeit eines Schadens besteht und diese Wahrscheinlichkeit durch objektiv nachprüfbare Tatsachen, nicht nur m i t der subjektiven Annahme der Behörde belegt werden kann 8 5 . Für polizeiliche Verordnungen wie die technischen Vorschriften ergibt sich eine Besonderheit daraus, daß die Verordnung als Rechtsnorm nicht der Abwehr einzelner, individuell bestimmter Gefahrenquellen dient, sondern typische abstrakt normierte Gefahrenlagen bekämpfen soll. Entsprechend muß die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gerade für den durch die Verordnung zu regelnden typischen Sachverhalt bestehen. Unter Absehen von i n Ausnahmefällen vorliegenden gefahrausschließenden Sonderumständen rechtfertigt schon eine sogenannte abstrakte Gefahr den Erlaß polizeilicher Verordnungen, d. h. 85

Drews - Wache S. 56; P r O V G v. 15. 5.1930, Bd. 87 S. 301 ff., 310; v. 26. 3. 1936, Bd. 98 S. 81 ff., 86; OVG Lüneburg AS Bd. 10 S. 341 ff., 342.

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eine Gefahr, die ein gewisser abstrakter Tatbestand der Regel nach begründet, mag sie auch ausnahmsweise durch die Besonderheit einzelner Fälle ausgeschlossen werden 5 6 . Diese allgemein anerkannten Grundsätze sind für das technische Sicherheitsrecht, insbesondere das Recht der überwachungsbedürftigen technischen Anlagen näher zu erläutern. a) Was den polizeirechtlich relevanten Grad der Wahrscheinlichkeit betrifft, m i t dem auf den E i n t r i t t eines Schadens geschlossen werden muß, muß festgestellt werden, daß er zumeist sehr vage und auf mannigfaltige A r t und Weise umschrieben wird. Man verlangt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, eine mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit, läßt die entfernte bloße Möglichkeit nicht genügen und hält andererseits eine Gewißheit und Sicherheit der Vorhersehbarkeit des Schadenseintritts für unnötig 3 7 . Diese vagen Formulierungen gewinnen Konturen erst m i t der Verdeutlichung der Gründe, die zu dieser oder jener Grenzziehung führen und die den Grad der rechtlich bedeutsamen Wahrscheinlichkeit letztlich bestimmen. Warum die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts für die m i t potenzierter Wirkung sich realisierenden Gefahren der technischen Anlagen nicht hinreichen soll, ist gerade das Problem dieser Anlagen. Die Schwierigkeiten würden übergangen, wenn allein die begriffliche Einordnung ihrer Gefahren als „bloß möglich" über die Zulässigkeit von Schutzmaßnahmen entscheiden soll. Als sicher oder überwiegend wahrscheinlich voraussehbare Schadensursachen werden die privaten Betreiber schon aus Gründen ihres Eigeninteresses, der wirtschaftlichen Rentabilität ihrer Betriebsanlagen durch Vorkehrungsmaßnahmen zu verhindern suchen. N u r der Bereich des bloß Möglichen bleibt für die polizeilich zu wahrenden Interessen praktisch von Bedeutung. 1. Welcher bestimmte Grad an Sicherheit der Erkenntnis für das technische Sicherheitsrecht i m einzelnen verlangt werden muß, läßt sich nur i m Wege des Abwägens nach rechtlichen Maßstäben ermitteln 3 8 . A u f einen bestimmten, allein nach naturwissenschaftlicher Me36 Drews - Wache S. 390; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 48, 49, 58; Dröge, Diss., S. 60; P r O V G a.a.O. Bd. 87 S. 310; v. 18.11.1937, Bd. 101 S. 142 ff., 143; v. 18.10. 1928, P r V B l Bd. 50 S. 302 ff., 303; OVG Münster v. 20.5.1958, AS Bd. 13 S. 280 ff., 282. 37 Drews - Wache S. 56, 57; Scupin, Handbuch, S. 616 A n m . 2; Dröge, Diss., S. 18, auch A n m . 3; B G H v. 7. 10. 1954, DVB1. 1954 S. 813; O V G Lüneburg v. 29. 9.1955, AS Bd. 10 S. 341 ff., 342; PrOVG, a.a.O., Bd. 98 S. 86; v. 15.10.1894, P r V B l Bd. 16 S. 125, 126. 38 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 20, 26—29, 35, 36, 57, 58; v. Müller, RVB1 1930 S. 93; Thieme, N J W 1966 S. 1438; Dröge, Diss., S. 19, 20; vgl. Drews - Wache S. 170; PrOVG, a.a.O., P r V B l Bd. 32 S. 119, 120, 121; vgl. aber PrOVG, a.a.O., P r V B l Bd. 7 S. 29 ff., 31, das die Aufgabe des Abwägens als außerhalb der Kompetenz des Verwaltungsrichters ansieht; a. A. V G Augsburg v. 15./17.3. 66, DVB1. 1966 S. 506 ff., 510.

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thode errechneten Wahrscheinlichkeitsgrad kann die polizeiliche Gefahrenabwehr nicht festgelegt werden. Je größer der Wert eines der Verletzung ausgesetzten Gutes ist, u m so eher kann die Möglichkeit seiner Verletzung als Gefahr angesehen werden. Denn daß überhaupt ein geringerer Grad von Wahrscheinlichkeit als die sichere Gewißheit eines Schadenseintritts polizeiliche Maßnahmen rechtfertigen kann, folgt daraus, daß die polizeiliche Tätigkeit den Bedürfnissen des praktischen Lebens dienen soll und präventiv eingreifen kann. Solange die Möglichkeit menschlicher Erkenntnis i n die Gesetzmäßigkeit zukünftigen Geschehens — auch auf naturwissenschaftlichtechnischem Gebiet 3 9 — noch nicht als so sicher gelten können, daß rechtzeitig zur Abwehr eines Schadens der E i n t r i t t des Schadensereignisses sicher berechnet werden kann, solange muß eine wirksame Gefahrenabwehr, die nicht riskieren w i l l zu spät zu kommen, auch Wahrscheinlichkeitsberechnungen zum Anlaß ihrer Maßnahmen nehmen können. Ebenso aber wie das Absehen von einer Sicherheit der Erkenntnis durch die allgemeine Notwendigkeit wirksamer Prävention gerechtfertigt wird, müssen auch für den des näheren erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad die gerade zu schützenden polizeilichen Interessen i m Auge behalten werden. Ebenso wie für das Problem der Belästigungen letztlich eine Abwägung der zumutbaren Schäden notwendig ist, muß auch für die Zerknall- und Brandgefahren die Bestimmung des zulässigen Wahrscheinlichkeitsgrades m i t Bücksicht auf die beteiligten Interessen erfolgen. Abzuwägen und i n ein Verhältnis zu setzen sind der zu verhindernde Schaden und die durch eine vorbeugende Gefahrenabwehr herbeigeführten Nachteile. Auch diese Schäden, die ihrerseits durch Unterdrückung der Umstände entstehen, die andere Rechtsgüter zu beeinträchtigen drohen, müssen bei der Feststellung der Sicherheitsgrenze berücksichtigt werden 4 0 . Für die Bestimmung des i m Sinne des Polizeirechts relevanten Wahrscheinlichkeitsgrades kann außerdem die objektiv-naturwissenschaftlich feststellbare Möglichkeit und Nähe des jeweiligen Schadens, die tatsächliche Wahrscheinlichkeit der Verletzung der jeweiligen Rechtsgüter nicht unberücksichtigt bleiben 4 1 . Denn eine Abwägung der Rechtsgüter allein nach ihrer abstrakten Ranghöhe müßte für den regelmäßig höher zu bewertenden polizeilichen Schutz von Leben und Gesundheit sonst immer auch schon die bloße naturwissenschaftliche Möglichkeit des Schadens ausreichen lassen. Zudem wurde gezeigt, daß nicht das Leben und die Gesundheit selbst aufs 39

Schäfer, Diss., S. 10, 24; vgl. z. B. Könemann, ArbSch 1956 S. 14. Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 27, 28, 36; vgl. Thieme, N J W 1966 S. 1438. 41 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 20, 26 27; Württ.Bad. V G H v. 18.12.1956, VerwRspr. Bd. 9 S. 492, 494, 495. 40

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Spiel gesetzt und damit i n die Abwägung einbezogen werden können, sondern nur die Möglichkeit ihres Verlustes hingenommen werden kann. Je nach dem Ergebnis der Abwägung w i r d ein größerer oder geringerer Wahrscheinlichkeitsgrad für die polizeilichen Schutzmaßnahmen erforderlich sein. Der für das polizeiliche Einschreiten notwendige Wahrscheinlichkeitsgrad der Verwirklichung des Schadens ist m i t h i n nicht unveränderlich und ein für allemal fixiert, sondern aus einer Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und Interessen sowie der naturwissenschaftlichen tatsächlichen Wahrscheinlichkeit ihrer Beeinträchtigung zu ermitteln — also aus der tatsächlichen Nähe und aus der Größe der zu erwartenden Schäden. Wenn die Rechtsprechung i n der Regel von dem Erfordernis eines ganz bestimmten, nicht durch Abwägung erst ermittelten Wahrscheinlichkeitsgrades, eben der hinreichenden oder überwiegenden Wahrscheinlichkeit wie selbstverständlich ausgeht, so ist dabei zu berücksichtigen, daß regelmäßig normale Gefahrenlagen für polizeiliche Verfügungen Anlaß der Entscheidungen zum Wahrscheinlichkeitsgrad waren und dabei die widerstreitenden Interessen nicht so beschaffen waren, daß entweder die Gefahr eines außergewöhnlich großen Schadens schon die bloße Möglichkeit seiner Verwirklichung ausreichen ließ oder die Möglichkeit einer Beeinträchtigung besonders wichtiger Interessen durch eine Gefahrenabwehr eine quasi Sicherheit des zu verhütenden Schadens verlangte. Für das Verbot eines Schießplatzes i n einer Wohngegend hat aber das Sächsische Oberverwaltungsgericht schon die ganz entfernte Möglichkeit des Abirrens einer Kugel für ausreichend gehalten 42 , weil eben das sportliche Interesse hinter dem Schutz des Lebens unbedingt zurückstehen muß. U m ein Gegenbeispiel zu bilden, mag man unterstellen, daß polizeiliche Grundsätze auch für die Zulässigkeit gefährlicher militärischer Einrichtungen gelten. Dann könnte auch die erhebliche Wahrscheinlichkeit von Menschen- und Materialverlusten bei modernen, vielleicht noch nicht genügend erprobten Waffensystemen 48 aus Gründen nationaler militärischer Verteidigungsbereitschaft gerechtfertigt sein. Der theoretische Ausgangspunkt auch der Rechtsprechung — einerseits die Anerkennung präventiver Tätigkeit, andererseits auch wieder die Beschränkung auf eine Gefahrenabwehr — müßte zu den dargelegten Folgerungen der Bestimmung des rechtlich relevanten Wahrscheinlichkeitsgrades i m Wege der Abwägung der 42 Sächs.OVG v. 1.11. 37, Bd. 41 S. 35, 36; P r O V G v. 22.1.1901, P r V B l Bd. 23 S. 246, 247; vgl. Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 23, 27, 30. 43 Vgl. die Serie der Abstürze des Starfighters der L u f t w a f f e der Bundeswehr, die dennoch nicht zur Aufgabe dieser Waffen führte u n d eben n u r aus Gründen der Landesverteidigung sachlich zu rechtfertigen ist.

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beteiligten Interessen führen. Wenn allgemein für die verschiedenartigen gefahrenabwehrenden Maßnahmen (z. B. bei Notstandsmaßnahmen oder polizeilichen Standardmaßnahmen) verschiedene Grade der Wahrscheinlichkeit anerkannt sind 4 4 , so beruht auch deren nähere Bestimmung letztlich auf einer Abwägung der jeweils betroffenen Interessen. 2. aa) Für die Bestimmimg der Gefahrengrenze speziell für die überwachungsbedürftigen Anlagen ist insbesondere zu berücksichtigen, daß Leben und Gesundheit der Beschäftigten und Dritter auf dem Spiel stehen. Die Sorge u m die Erhaltung von Menschenleben fordert die Berücksichtigung auch geringerer Möglichkeiten der Gefahrenverwirklichung 45 . Die Anforderungen wachsen m i t der Schwere des Eingriffs, zumal auch die bloße Möglichkeit eines Schadens bei der durch polizeiliche Verordnungen zu regelnden Vielzahl gleichliegender Fälle i n einem bestimmten Prozentsatz zu tatsächlicher Verwirklichung der Gefahr führen kann. Eine bloße technisch-konstruktive Unvermeidbarkeit einer Gefahrenlage könnte noch nicht ein Absehen von polizeilichen Verboten und wirtschaftlich nicht erfüllbaren Auflagen für den absoluten Schutz dieser Rechtsgüter rechtfertigen. Vielmehr müssen bestimmte Interessen der Allgemeinheit die Aufrechterhaltung einer gewissen Risikolage unumgänglich fordern und somit die Möglichkeit außergewöhnlicher Unglücksfälle nicht als „Gefahr" erscheinen lassen. Allgemein mag die Notwendigkeit lebenswichtiger Versorgung der Bevölkerung oder auch die Möglichkeit eines erheblichen zivilisatorischen Fortschritts gewisse Risikolagen rechtfertigen 46 . Eine vollständige Beseitigung aller Risikolagen würde zu einer Lähmung des Lebens und des Fortschritts führen. Für die Bestimmung der Gefahrengrenze und des erlaubten Risikos bei den überwachungsbedürftigen Anlagen kommt besonders i n Betracht, daß auch die Belastungsfähigkeit der Industrie, die Konkurrenzfähigkeit und die Entwicklungsmöglichkeiten der Wirtschaft eines auf seine Wirtschaft lebenswichtig angewiesenen Industriestaates berücksichtigt werden müssen, bevor durch extreme Sicherheitsbestimmungen ein absoluter Arbeitsschutz gefordert w i r d 4 7 . Wirtschaftlich nicht 44

Wolff, Bd. I I I , S. 46. Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 26; PrOVG, a.a.O., PRVB1 Bd. 32 S. 119, 121. 46 P r O V G v. 30.9.1890, Bd. 20 S. 403 ff., 408; v. 27.4.1882, Bd. 9 S. 344 ff., 351; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 27, 28; Jellinek, Gesetz, S. 288; Hueck-Nipperdey, Bd. I S. 27; Dröge, Diss., S. 12, 13, 52; vgl. Esser, Schuldrecht, 2. Aufl., S. 222, 934, 830. 47 Hueck-Nipperdey, Bd. I, S. 27, 31, 396, 807; Nikisch, Bd. I, S. 16, 476; v. Busch - Trabandt S. 36, 45; Landmann - Rohmer § 18 A n m . 20; Deutschbein, R d A 1953 S. 461; Küppers, Diss., S. 96; vgl. Pflaum, Diss., S. 60, 61; Be45

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mehr vertretbare Auflagen, insbesondere auch einseitige nationale Erweiterungen des Arbeitsschutzes können die internationale Wettbewerbsfähigkeit eines auf den Export ausgerichteten Industrielandes treffen 4 8 und letztlich zu einem Verlust der Arbeitsplätze führen, an dem allen Beteiligten nicht gelegen ist. Sofern es nicht nur um Sicherheitsauflagen, sondern überhaupt u m Verbote bestimmter Anlagen geht, muß ihre wirtschaftliche Notwendigkeit und technische Unentbehrlichkeit bei der Festlegung der Sicherheitsgrenze berücksichtigt werden. Dabei darf die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit, die aus der Berücksichtigung des Allgemeininteresses an einer funktionierenden Wirtschaft hergeleitet wird, allerdings nicht gemäß der individuellen Ertragslage einzelner Betriebe bestimmt werden, sondern muß als objektiver Maßstab für Durchschnittsunternehmen m i t entsprechenden Anlagen aufgestellt werden 4 9 . Die Versuchung einer Vernachlässigung der Sicherheitsbelange aus rein ökonomischen Gründen mag erheblich sein, da die Technik i m Schöße der Wirtschaft entwickelt w i r d und vor allem nach den Gewinnprinzipien der W i r t schaft ausgerichtet ist 5 0 . Aber nur aus dem Grunde einer Vermeidung der Lähmung des heutigen gesellschaftlichen Lebens und als Preis für den notwendigerweise unvollkommenen, unsicheren technischen Fortschritt können gewisse Beeinträchtigungen und Risiken hingenommen werden. bb) Diese abwägende Bestimmung einer immanenten Schranke für technische Sicherheitsvorschriften, die i n den Grenzen der Gefahrenabwehr erlassen werden, ist durch die systematische Heranziehung entsprechender gesetzlicher Regelungen und durch Stimmen i n der Literat u r näher zu belegen. aaa) Die Rechtsordnung geht heute i n weitem Umfang von der Zulässigkeit technisch bedingter Gefahrenlagen aus. Beispielsweise werden der Straßenverkehr, der Eisenbahn- und Luftverkehr, die Elektrizitäts- und Atomenergieanlagen, schließlich Wasser und L u f t verunreinigende oder sonst gefährliche Industrieanlagen nicht als polizeiwidrige Zustände angesehen, obwohl sie zahlreiche Opfer fordern oder doch i n Ausnahmefällen fordern könnten. Dieses technische Instrumentarium gründung der Bundesregierung zur T V b F l . BRatsDrucks. 243/64 S. 61; Pr. Techn. A n l e i t u n g zu § 16 GewO, abgedruckt bei Landmann - Rohmer, A n hang I I 4, S. 12; P r O V G v. 30. 9.1890, Bd. 20 S. 403 ff., 408. 48 So w a r es seit je ein besonderes Anliegen der internationalen A b k o m men über Arbeitsschutzfragen, durch internationale Gleichschaltung der A n forderungen zu einer Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen zu kommen u n d damit ein Argument gegen die Erhöhung der Sicherheitsanforderungen zu entkräften; vgl. Nikisch, Bd. I, S. 17. 40 Vgl. Begründung des Berichterstatters i m Bundestag zur Neuregelung des § 25 I I I GewO; DBTag 3. Wahlperiode, 89. Sitzung, S. 4854, 4855. 50 Schäfer, Diss., S. 17.

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der heutigen Zivilisation erfährt zwar eine eingehende Regelung i n Spezialgesetzen, aber untersagt w i r d seine Verwendung trotz der augenfälligen Gefahren nicht. Bei Anerkennung der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher technischer Einrichtungen sorgt die Rechtsordnung auf andere Weise für eine mögliche Abhilfe und für den nötigen Ausgleich, nämlich sowohl durch Schaffung eines besonderen polizeilichen Systems von Präventivmaßnahmen, eines Überwachungsverhältnisses zu den gefährlichen Anlagen wie durch Festsetzung neuer zivilrechtlicher schadensausgleichender Haftungsvorschriften der Gefährdungshaftung. Den engen inneren Zusammenhang von polizeilichem präventiven Überwachungssystem und den Haftungsbestimmungen gemäß dem Prinzip der Gefährdungshaftung übersieht Larenz 5 1 , wenn er die Zersplitterung der Gefährdungshaftungstatbestände i n zahlreichen Sondergesetzen und ihre Regelung i n demselben Gesetz m i t Fragen, „die gar nichts m i t Fragen der Schadenshaftung zu t u n haben" beklagt. A u f polizeilichem Gebiet w i r d die Vorsorge gegen gefährliche technische Anlagen durch ein umfassendes Prüfungs- und Überwachungssystem durchgeführt, das an die Stelle polizeilicher Verbote und w i r t schaftlich nicht erfüllbarer Auflagen tritt. Ein umfassendes sicherheitstechnisches System von Revisionen und Kontrollen w i r d seit langem als adäquates polizeiliches Gegenmittel gegen die nur möglichen, aber wegen ihres Ausmaßes gleichwohl i m Bereich polizeilicher Gefahrenabwehr liegenden Gefahren nützlicher technischer Anlagen angesehen 5 2 . Bei Möglichkeit von Überwachungsmaßnahmen scheidet ein generelles Verbot aus. Durch vielfältige Anzeige- und Prüfungspflichten, durch Verpflichtungen zur Bereithaltung von Urkunden und Betriebsbüchern und schließlich durch die Festsetzung einer Erlaubnispflicht als schärfster überwachungsrechtlicher Maßnahme 53 soll die fortdauernde Sorge für die gefährlichen Anlagen und die rechtzeitige Information der Behörde von drohenden Gefahren gesichert werden. Ein Vergleich m i t der „Aufsichtserleichterung", die grundsätzlich außerhalb polizeilicher Befugnisse liegt 5 4 , scheint nahe zu liegen. Jedoch ist — ganz abgesehen von der speziellen Ermächtigung i n § 24 I 1, 2, 4 GewO 61 Versicherungsrecht 1963 S. 593; vgl. Esser, Gefährdungshaftung, S. 68 A n m . 2, S. V I I unter § 9. 52 Svarez, Kronprinzenvorträge, S. 487; Otto Mayer, Bd. I, S. 224; Jellinek, Gesetz, S. 282, 283; vgl. Drews - Wacke S. 314, 315; PrOVG, a.a.O., PRVB1. Bd. 23 S. 246, 247; W ü r t t . Bd. V G H v. 13.12.1951, VerwRspr Bd. 4 S. 486 ff., 493; vgl. z.B. auch 2. Abschnitt des Atomgesetzes (insbes. § 11, 12 Atomgesetz m i t 1. Strahlenschutzverordnung) u n d 1. Abschnitt des Straßenverkehrsgesetzes (insbes. § 6 StVG m i t § 16 ff. StVZO). 63 Otto Mayer, Bd. I, S. 240. 54 Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 436; Gesetz, S. 280; Drews - Wacke S. 395, 396; Zuppinger S. 43 A n m . 43.

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— der Zweck der Schaffung umfassender präventiver Überwachungsverhältnisse ein ganz anderer, da durch sie erst die polizeiliche Zulässigkeit potentiell gefährlicher technischer Anlagen gerechtfertigt ist 5 5 . Das Überwachungssystem ist das notwendige Gegenstück zur polizeilichen Zulässigkeit gefährlicher technischer Anlagen. Der Darstellung dieses Überwachungsverhältnisses gilt der zweite Teil der Arbeit. Kommt es trotz aller Überwachungsmaßnahmen zur Realisierung der Gefahr, so stehen den Geschädigten aus den besonderen Tatbeständen der Gefährdungshaftung Schadensersatzansprüche zu für alle m i t den typischen Gefahren der gefährlichen Anlage zusammenhängenden Schäden. Die Haftungstatbestände der Gefährdungshaftung wollen vor allem jenes besondere Risiko einfangen, daß trotz aller Vorsichtsmaßregeln und Sorgfalt und m i t h i n ohne menschliches Verschulden (mit der Folge der Unanwendbarkeit der Deliktshaftung) nach der Eigenart der technischen Anlagen dennoch Schäden entstehen. I m Zuge der I n dustrialisierung und der Entwicklung der Technik w i r d i n zahlreichen Spezialgesetzen und charakteristischerweise jedesmal i m Anschluß an die Festsetzung eines polizeilichen Überwachungssystems neben die grundsätzliche zivilrechtliche Verschuldenshaftung, neben die Haftung für menschliches Versagen eine Haftung schlechthin für technisches Versagen gestellt 56 . Für eine Reihe der i m Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen erfaßten gefährlichen technischen Anlagen w i r d zur Zeit an der haftungsrechtlichen Seite des Problems durch Schaffung von Tatbeständen der Gefährdungshaftung i n Erweiterung des Reichshaftpflichtgesetzes gearbeitet 57 . Die Rechtfertigung der weitgehenden Haftung der Betreiber (Halter) ohne Verschulden w i r d darin gesehen, daß sie zu ihrem Vorteil, wenn auch erlaubter- und rechtmäßigerweise 58 eine gefährliche Anlage i n Betrieb nehmen und für deren spezifische nicht beherrschbare Risiken i m Ausgleich schlechthin einzustehen haben 5 9 . Es geht nicht u m die Vorwerfbarkeit rechtswidrigen Verhaltens, sondern u m die Zurechnung von nicht mehr beherrschbaren technischen Risiken, von Wagnissen und Unglück 6 0 . Für Arbeitnehmer besteht schon die Haftung der von den Betreibern getragenen Unfallversicherung der Berufsgenossenschaften für Betriebsunfälle nach der Reichsversicherungsordnung i n ähnlich weitem, über das Verschulden hinaus55

Jellinek, Gesetz, S. 282, 283; Zuppinger S. 85; Gintzel, Diss., S. 45 A n m . 4. Vgl. z. B. 4. Abschnitt des Atomgesetzes; 2. Abschnitt des StVG. 57 Vgl. Zweigert - Kötz S. 1 u n d 2; Esser, Schuldrecht, S. 939, 940; vgl. schon § 1 a Reichshaftpflichtgesetz v o n 1871. 58 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I I , S. 483 A n m . 1; Versicherungsrecht 1963 S. 597; Esser, Gefährdungshaftung, S. 91. 69 Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd. I I , S. 483-—485; Esser, Schuldrecht, S. 222, 933, 934, 830; Zweigert - Kötz S. 49. 60 Esser, Gefährdungshaftung, S. 1, 5, 51. 56

8 Plischka

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

gehenden Ausmaße. Der vorbeugende Arbeitsschutz ist das Gegenstück zur ausgleichenden sozialen Versicherung 61 . Sollte demnach das weitgehende System der polizeilichen Vorbeugungsmaßnahmen versagen, so t r i f f t doch die Hechtsordnimg Vorsorge dafür, daß die Folgen ausgeglichen werden. Nach allem kann gesagt werden, daß die Rechtsordnung allgemeine technische Gefahrenlagen und ein gewisses begrenztes Risiko der technischen Zivilisation kennt und, indem sie die Folgen und Auswirkungen regelt, grundsätzlich als rechtmäßig anerkennt. Die Ermächtigung des § 24 GewO selbst gibt für eine inhaltliche Begrenzung der Sicherheitsvorschriften insofern einen Anhalt als bei der Ausarbeitung dieser Vorschriften gemäß § 24 I V Vertreter der W i r t schaftsinteressen — neben sonstigen Sachverständigen — i m Technischen Ausschuß herangezogen werden. Daraus w i r d man auch auf die Absicht schließen dürfen, wirtschaftliche Belange auch materiell zu berücksichtigen 62 . Auch das historisch immer wieder hervortretende Streben nach einer Begrenzung der Gewerbeaufsicht geht auf die Sorge u m die wirtschaftlichen Belange der Betreiber zurück 6 8 . Ein Vergleich m i t anderen gesetzlichen Vorschriften, die sich wie § 24 gleichfalls m i t den Sicherheitsanforderungen für gefährliche Anlagen oder gefährliche Arbeiten befassen 64 , zeigt, daß auch sie eine gleichsam immanente Begrenzung des Gefahrenschutzes kennen. Sie wollen keinen absoluten Schutz gewähren, sondern verweisen auf die „nach der Natur der Arbeit möglichen" Sicherheitsmaßnahmen 65 . § 25 I I I S. 3 GewO, der wesentliche der genannten Beschränkungen der Sicherheits-

61

S. 3.

Vgl. Nikisch,

Bd. I, S. 424; Hueck - Nipper dey, Bd. I, S. 402, 403; Kaskel

62 v. Busch - Trabandt S. 46, vgl. S. 32, 34, 45; a. A.: Nickusch, Diss., S. 17 A n m . 2; Herschel, B A r b B l 1955 S. 1031; vgl. Bachof, AöR Bd. 83 S. 226 u n d A n m . 20. 68 Hueck-Nipper dey, Bd. I , S. 807; Nikisch, B A r b B l 1953 S. 641.

Bd. I S. 16; vgl.

v.Busch,

84 z.B. § 120d GewO; auf privatrechtlicher Ebene: § 618 BGB, § 62 H G B ; auch § 848 RVO i n der Fassung des 2. Änderungsgesetzes v. 14. 7.1925 R G B l I S. 97 A r t . 43 (fortgelassen i n der Fassung des 5. Änderungsgesetzes v o m 17.2. 1939); vgl. § 3 I E n t w u r f zum Maschinenschutzgesetz, BRatsDrucks 141/66; vgl. §§ 47, 49 StVZO. 65 Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 813; Herschel, B A r b B l 1955 S. 572, 573; H e r schel verweist i n diesem Zusammenhang auf die Lehre von der sozialen Adäquanz. Sie mag zur Bestätigung der hier gefundenen Ergebnisse dienen. Jedoch ist die F o r t b i l d u n g der traditionellen Gedankenbahnen des öffentlichen Sicherheitsrechts einer Übernahme von i n anderen Rechtsgebieten entwickelten Rechtsgedanken vorzuziehen.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

115

Vorschriften für nachträgliche Auflagen an technische Anlagen expressis verbis enthält, kann wegen des dort zu berücksichtigenden besonderen Bestandsschutzes genehmigter Anlagen nur bedingt zum Vergleich herangezogen werden. bbb) I n der Literatur hat schon Svarez die für gefährliche Anlagen gegebenen Beschränkungen der polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten i n seinem zweiten Grundsatz des Polizeirechts anerkannt: „Der Schaden, welcher durch die Einschränkung der Freiheit abgewendet werden soll, muß bei weitem erheblicher sein als der Nachteil, welchen das Ganze oder auch die einzelnen durch eine solche Einschränkung leiden 6 6 ." Das zur Erläuterung angeführte Beispiel zeigt, daß die Stelle i m Sinne einer Beschränkung der polizeilichen Gefahrenabwehr gegenüber gefährlichen gewerblichen Betrieben aus Gründen der Berücksichtigung eines sonstigen höherwertigen öffentlichen Interesses zu verstehen ist 6 7 . Nach Svarez müssen feuergefährliche Betriebe trotz ihrer Feuersgefahr für die Stadt i n ihren Mauern geduldet werden, w e i l die Gesellschaft durch die Ausweisung einen Nachteil erleiden würde, welcher die Gefahr, daß durch die Betriebe zuweilen Feuersbrünste veranlaßt werden könnten, überwiegt. Hier könnten nur Überwachungsmaßnahmen helfen. Später haben vor allem Scholz und JelltneJc 68 die Ansicht vertreten, daß für die Frage, ob überhaupt eine polizeilich zu verhütende Gefahr vorliegt, alle für das öffentliche Interesse m i t einem polizeilichen Einschreiten zusammenhängenden schädlichen Nebenfolgen zu berücksichtigen sind, daß insbesondere nicht alle gefährlichen technischen A n lagen — wegen ihres überwiegenden Nutzens — als polizeilich zu verhindernde Gefahren angesehen werden können. Drews - Wacfce 69 kommen zu demselben Ergebnis der Unzulässigkeit polizeilichen Einschreitens gegen die normalen technischen Risiken, behandeln die Frage aber isoliert unter dem besonderen Gesichtspunkt des Gebots der Verhältnismäßigkeit polizeilicher Maßnahmen. Der Straßenverkehr z.B. — und insbesondere etwa die erwiesenermaßen häufig i n Unfälle verwickelten Motorräder — sei „an sich" eine polizeiliche Gefahr und nur wegen der unverhältnismäßigen Auswirkungen einer Untersagung sei polizeiliches Eingreifen wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig. 66

Vorträge an den Kronprinzen, S. 39, 486, 487. a. A., i m Sinne einer Anerkennung der Wohlfahrtspflege der Polizei durch Svarez: Rosin, V e r w A r c h Bd. 3 S. 280; Kleinhey er S. 119, 120. Diese Ansicht t r i f f t jedoch nicht den unmittelbaren Sinn der Stelle; vgl. Scholz V e r w A r c h Bd. 27 S. 28 A n m . 96. 68 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 28, 36; Jellinek, Gesetz, S. 288; vgl. auch Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 27; Landmann - Rohmer § 18 A n m . 20; Dröge, Diss., S. 12, 13. 67

69

8*

Drews - Wacke S. 168, 169, 314, 315.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

Diese Ansicht stimmt i n der Sache m i t der hier vertretenen überein. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Abwägung der Angemessenheit eines gewählten Mittels zum erstrebten Zweck, als Abwägung von Rechtsgütern ist nur ein öffentlichrechtlicher Anwendungsfall des allgemeinen Rechtsprinzips der Güterabwägung 70 . Ob die gleiche sachliche Erwägung i n diesem oder jenem rechtssystematischen Zusammenhang geprüft wird, muß bei Übereinstimmung der Ergebnisse ohne Belang sein. Für die Einbeziehung der Abwägung i n den Gefahrenbegriff selbst mag aber sprechen, daß die Qualifizierung der erlaubten, rechtmäßigen technischen Risiken der heutigen technischen Zivilisation als „polizeiliche Gefahren", gegen die nur aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht eingeschritten wird, der tagtäglich gelebten, als normal empfundenen und rechtlich gebilligten Wirklichkeit nicht entspricht 71 . Allerdings könnte die Zulässigkeit formaler Überwachungsmaßnahmen (§ 24 I 1, 2, 4 GewO), die nach dem Gesetz auf demselben Gefahrenbegriff wie die materiellen Sicherheitsmaßnahmen (§ 24 I 3) aufbauen, zu der Annahme führen, daß doch zumindest sie auf der Einordnung der technischen Risiken als eigentlicher polizeilicher Gefahren beruhen. Aber sie dienen nicht der eigenständigen Abwehr selbständiger Gefahren, sondern nur der Kontrolle und Überwachung eben jener hinausgeschobenen, tolerierten Sicherheitsgrenze, nehmen also doch auf denselben Gefahrenbegriff Bezug wie die materiellen polizeilichen Abwehrmaßnahmen. Die Berechtigung zu polizeilichen Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen für an sich außerhalb der polizeilichen Gefahrenabwehr liegende erlaubte technische Risiken folgt aus der ausdrücklichen Anordnung solcher Maßnahmen i m Gesetz selbst und braucht nicht aus dem begrenzten Gefahrenbegriff hergeleitet zu werden. N u r der Prüfungsmaßstab ist die Gefahrenabwehr, und zwar in jenem begrenzten Sinne. Schließlich spricht für die Einbeziehung der Abwägung i n den Gefahrenbegriff selbst, daß letztlich jede wahre juristische Entscheidung auf eine Güterabwägung hinauslaufen muß. I n der Masse der zweifelsfreien Fälle kann zwar häufig die Entscheidung unmittelbar der Norm i n einfacher begrifflicher Subsumtion entnommen werden; die Lösung der Grenz- und Konfliktsfälle aber muß auf die ratio der Norm, d. h. auf die Vielheit der ineinander verwobenen Gründe und Gegengründe, die ihren Inhalt bestimmen, zurückgreifen und erneut den Ausgleich i m Sinne des Normgebers vollziehen. I n dieser Weise muß auch die innere Struktur aller Rechtsbegriffe, auch des Gefahrenbegriffs aufgedeckt werden. Nur i n der Offenlegung der zugrunde liegenden Wertentscheidungen und der Interessenlage auch 70

Lerche, Übermaß, S. 22, 224.

71

Vgl. Larenz, Versicherungsrecht 1963 S. 597, 598.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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bei dem nur scheinbar so eindeutigen Gefahrenbegriff 72 kann die zutreffende Entscheidung auch der Regelfälle gefunden werden. Dies spricht dafür, die von Drews - Wacke i m Rahmen des Gebots der Verhältnismäßigkeit vorgenommene Abwägung i n die Auslegung des Gefahrenbegriffs selbst zu verlegen 73 . Zusammenfassend kann gesagt werden, daß es für das technische Sicherheitsrecht letztlich nicht darum geht, eine völlig ungefährliche Welt zu schaffen, die es auch vor dem Aufkommen der Technik nicht gegeben hat, sondern abzuwägen, m i t welchem Grad von Gefährlichkeit gelebt werden soll. 3. Für die nähere Feststellung der Sicherheitsschwelle und die Bestimmung, ob ein polizeilich zu verhütender Schaden droht, können insbesondere noch folgende Gesichtspunkte einen Anhalt geben. aa) Mag die Feststellung des Wahrscheinlichkeitsgrades für die einzelnen Gefahrensachverhalte auch schwierig sein, so ergibt sich aus der Notwendigkeit des Abwägens jedenfalls schon die Unzulässigkeit einseitiger Entscheidungen m i t einseitiger Verteilung der Risiken 7 4 . So w i r d z. B. die wirtschaftliche, von den einzelnen Betreibern selbst i n Kauf genommene Verlustquote nicht verbindlich sein für die Festlegung der Gefahrengrenze für Leib und Leben der Beschäftigten und Dritter. bb) Bei der Bestimmung der Gefahrengrenze ist auf die gesellschaftlichen Anschauungen und Maßstäbe Rücksicht zu nehmen 75 . Sie geben einen Anhalt für das Ergebnis der notwendigen Abwägung und spiegeln das „vertraute" technische Risiko wieder. Eine Abweichung vom bisher als üblich anerkannten Risikomaßstab nötigt zu besonderer Prüfung der Zulässigkeit 76 . I n diesem Zusammenhang bekommt die Berücksichtigung „dessen, was da ist" als Bezugnahme auf die tatsächliche herkömmliche Übung ihre Bedeutung 7 7 : polizeilich kann nicht ohne nähere Prüfung über bisher übliche Maßstäbe hinweggegangen werden, auch wenn die Maßnahmen dem Schutz polizeilicher Rechtsgüter dienen. Diese allgemeinen Anschauungen über die Voraussetzungen eines gefahrlosen gesellschaftlichen Zusammenlebens bleiben nicht i m 72

Vgl. Drews - Wacke S. 51. siehe auch Drews - Wacke S. 170. 74 Thieme, N J W 1966 S. 1438. 75 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 31; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 434; Gesetz, S. 46, 284; Zuppinger S. 39, 40, 46; V G Bremen v. 14. 8.1959, GewArch 1959/60 S. 267 ff., 268. 76 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 33, 38. 77 PrOVG, a.a.O., Bd. 20 S. 403 ff., 408; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 31, 33, 81, 83; Drews - Wacke S. 54, 85. 78

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzugen der gesetzlichen Ermächtigung

mer dieselben, sondern körinnen sich verschärfen oder auch abschwächen 78 . Unabhängig von diesen allgemeinen gesellschaftlichen kann die Polizei aber auch neuen Erkenntnissen über Abwehrmöglichkeiten zur Durchsetzung verhelfen, auch nicht durchgängig allgemeine Anerkennung, vor allem der täglichen Praxis gefunden haben7®.

Anschauungen Gefahren und wenn sie noch noch nicht i n

cc) Ein Gefahrenrisiko kann jedenfalls nur solange als unumgänglich angesehen werden, als es auch auf technischer Notwendigkeit beruht. Durch fortschreitende Erkenntnisse der Unfallforschung über wirtschaftlich vertretbare technische Gegenmittel zu bestimmten Gefahren kann m i t der Zeit der polizeilich zulässige Gefahrenspielraum, das rechtlich zulässige Risiko enger werden 8 0 . Die Gefahrenabwehr folgt der wissenschaftlichen Erkenntnis 8 1 . Die Industriebetriebe, die die Vorteile der neuesten technischen Entwicklung ausnutzen können, müssen auch ihre Sicherheitsvorkehrungen an der neuesten technischen Entwicklung ausrichten. Sowohl für die Erkenntnis der Gefahren wie für die Erarbeitung wirtschaftlich vertretbarer Abhilfen kommt m i t h i n der wissenschaftlichen systematischen Unfallforschung entscheidende Bedeutung zu. Trotz allem werden für neu auftretende Gefahrenrisiken, bei denen sich noch keine festen Maßstäbe für das Ausmaß der Zulässigkeit gebildet haben, Unsicherheiten und Schwankungen i n der Bestimmung der Sicherheitsgrenze naturgemäß schwer zu vermeiden sein 82 . Sie führen dann zu den eingangs dieses Paragraphen angeführten öffentlichen Protesten, sei es der geschädigten Öffentlichkeit, sei es der überlasteten Unternehmen, bis sich die Festsetzimg der Sicherheitsgrenze erneut eingespielt hat. Es ist jedoch zu beachten, daß ungeachtet der Tatsache, daß eine bei Erlaß einer polizeilichen Maßnahme nach objektiven Maß78

Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 32, 35; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 434. P r O V G v. 21. 4.1938, Bd. 102 S. 235 ff., 236, 237; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 32, 84; vgl. aber Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 434; Gesetz, S. 60. 80 Vgl. zum Bundesinstitut f ü r Arbeitsschutz i n Koblenz: Bekanntmachung des B M A v o m 5. 6.63, ArbSch 1963 S. 133 u n d ArbSch 1958 S. 51; vgl. zur Bundesanstalt f ü r Materialprüfung i n B e r l i n : Erlaß des B M W v. 2. 9. 64, A r b Sch 1965 S. 1; vgl. MinErlaß Nrdr.Westf. v o m 21.8.64, ArbSch 1964 S. 370. Z u r Unfallforschung vgl. z. B. Freytag, ArbSch 1956 S. 89—92, 1961 S. 264— 271; Schön, ArbSch 1957 S. 67—76; Konschak, ArbSch 1958 S. 72—74; Holemann, ArbSch 1960 S. 248—250; Schulz u. Dittmar, ArbSch 1963 S. 259—266; Heidelberg u. Schön, ArbSch 1960 S. 242—244; Leuschke, ArbSch 1967 S. 1—6. 81 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 32; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 135; Zuppinger S. 39, 40; Drews - Wacke S. 85; P r O V G v. 21. 4.1938, Bd. 102 S. 235 ff., 236, 237; PRVB1 Bd. 7 S.29ff., 31; L V G K ö l n v. 17.12.56, GewArch 1957 S. 128 ff., 130. 82 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 33. 79

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

119

Stäben anzunehmende Gefahrenlage i n der Weiterentwicklung tatsächlich nicht zu einem Schaden führt oder sich polizeiliche Maßnahmen wegen nachträglichen Fortschritts der Erkenntnisse als zu weitgehend oder gar als unnötig erweisen, dies nichts an der ursprünglichen Berechtigung der Polizei zum Einschreiten ändert 8 8 . Die strengen Sicherheitsanforderungen etwa an Atomanlagen sind also nicht „umsonst" und ungerechtfertigt, wenn tatsächlich nichts passiert. b) Eine weitere wesentliche Garantie der Anlagenbetreiber gegen unbegründete polizeiliche Sicherheitsanforderungen neben dem Erfordernis der Abwägung auch ihrer Belange folgt aus dem Erfordernis des allgemeinen Polizeirechts, daß das Vorliegen einer Gefahr auf Grund objektiver Tatsachen durch die Behörde nachgewiesen werden muß. A u f Grund einer allgemeinen unbestimmten Angst vor der Techn i k 8 4 oder auf Grund bloßer Vermutungen können auch bei gutem Glauben der Verwaltung keine technischen Vorschriften erlassen werden, da die Gefahr Voraussetzung für den Erlaß von Verordnungen bildet. Damit ist einem immer wiederkehrenden Einwand der Praxis gegen die i n ihren Augen überängstlichen oder rückständigen Ansichten der Verwaltung begegnet. Für das Vorliegen einer Gefahr i m abstrakt normierten typischen Tatbestand müssen objektive Belege und nicht nur nach der subjektiven Ansicht der Behörde dahin zu deutende Anzeichen vorhanden sein 85 . I h r Vorliegen kann als Hechtsfrage von den Gerichten überprüft werden. Diese Grundsätze sind i m Hinblick auf die Eigenarten des technischen Sicherheitsrechts zu präzisieren. 1. I m Allgemeinen w i r d das Erfordernis der objektiven Nachweisbarkeit der Wahrscheinlichkeit näher dadurch erläutert, daß die Gefahr nach den Erfahrungen „des täglichen bzw. praktischen Lebens" bestehen muß 8 6 . Diese Formulierung mag ihre Berechtigung für die durch die allgemeine Polizei zu behandelnden Gefahren des täglichen Lebens haben, für die technischen Gefahren ganz spezieller technischer Anlagen aber ist sie zu einseitig gefaßt. Denkbar wäre, daß die Wahrscheinlichkeit eines Schadens sich nicht nur aus einem schon vorhandenen Erfahrungswissen, sondern auch aus theoretischen Berechnungen exakt ergeben kann, was gerade für noch unerprobte Neuentwicklungen wich85 Drews - Wac/ce S. 292; BGH, a.a.O., DVB1. 1954 S. 813; P r O V G v. 28. 6. 34, Bd. 93 S. 87 ff., 91; P r V B l Bd. 16 S. 125, 127; v. 26.1.1910, Bd. 32 S. 119, 120; v. 30.4.1915, Bd. 38 S. 360, 361; OVG Lüneburg, a.a.O., AS Bd. 10 S. 341, 343. 84 Vgl. PrOVG, a.a.O., P r V B l Bd. 32 S. 119, 120. 85 Drews-Wacke S. 58, 390, 293, 291; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 18; B G H , a.a.O., DVB1. 1954 S. 813; P r O V G v. 13.2.1901, Bd. 39 S. 292 ff., 294, 295; v. 28. 6.1934, Bd. 93 S. 87 ff., 89; Bd. 77 S. 333, 338; P r V B l Bd. 38 S. 360, 361; OVG Lüneburg v. 29.11.1955, AS Bd. 10 S. 34ll ff., 342, 346. 86 Drews - Wacke S. 56, 390; Dröge, Diss., S. 17; P r O V G v. 15. 5.1936, Bd. 87 S. 301 ff., 310, 315.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

t i g ist. Da es nur auf die objektive Erkennbarkeit und Nachprüfbarkeit der Gefahren ankommt 8 7 , können auch nachprüfbare theoretische Berechnungen nicht ausgeschlossen werden — mag ihnen letztlich auch nicht die Überzeugungskraft praktischer Erfahrungen zukommen 88 . Die objektive Erkennbarkeit der Gefahren braucht nicht für jedermann, sondern nur für die Kundigen, die Sachverständigen zu bestehen 8 9 . Da die Kenntnis der technischen Gefahren auf besonderem Fachwissen beruht, was den die technischen Vorschriften erlassenden staatlichen Stellen zum Teil fehlen wird, ergibt sich i n einem solchen Fall die Notwendigkeit der Zuziehung von Sachverständigen 90 . Durch die Einrichtung besonderer Ausschüsse bei den Bundesministerien gemäß § 24 I V GewO wurde diese Beteiligung von Sachverständigen sogar besonders institutionalisiert. 2. Die fortschreitende, ständig neue Gefahren schaffende technische Entwicklung bedingt, daß mangels ausreichender Erfahrung die Gefahren neuer Techniken zunächst schwer abzuschätzen sind. Diese Tatsache w i r f t zwar keine Probleme auf, wenn alle Neuentwicklungen solange zurückgehalten und erprobt würden, bis ihre Gefahren mit dem genannten Wahrscheinlichkeitsgrad bestimmt werden könnten. Der Kampf u m wirtschaftliche Marktanteile und sonstige tatsächliche Notwendigkeiten führt aber häufig dazu, möglichst frühzeitig schon die eigenen Neuentwicklungen zu verwerten, auch wenn sie noch nicht völl i g ausgereift sind. A n die Stelle endgültiger Erkenntnisse auf Grund langer Erfahrungen können hier nur vorläufige Voraussagen treten. I n einer sich wandelnden technischen Welt ist das Zeitelement, d. h. das Problem der Behandlung der zeitlichen Zwischenphasen relativ unsicherer Erkenntnis der technischen Gefahren — der Kinderkrankheiten und auch der bösartigen Fehlentwicklungen — von wesentlicher Bedeutung. Die Frage ist, wer die Beweislast langer Prüfungsfristen trägt 9 1 . I m allgemeinen Polizeirecht gilt, daß die Verwaltung für ihre Maßnahmen als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung den Nachweis einer objektiven Gefahrenlage erbringen muß. Sie muß Untersuchungen darüber anstellen, bevor sie eingreift 9 2 . Solange die Gefahren von Neuentwicklungen noch 87

PrOVG, a.a.O., P r V B l Bd. 16 S. 125, 126. V G Bremen v. 14. 8.1959, GewArch 1959/60 S. 267 ff., 268. 89 Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 41, 42; P r O V G P r V B l Bd. 16 S. 125, 126. 90 B V e r w G v. 20.12.1963, Bd. 17 S. 342 ff., 343; vgl. P r O V G P r V B l Bd. 38 S. 360, 361; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 41, 43. 91 Thieme, N J W 1966 S. 1438. 92 BGH, a.a.O., DVB1. 1954 S. 813, 814; Württ.Bad. V G H , a.a.O., VerwRspr Bd. 6 S. 71, 75; PrOVG, a.a.O., Bd. 77 S. 333 ff., 338; P r V B l Bd. 16 S. 125, 127; v. 2.2.1912, Bd. 61 S. 157, 160; P r V B l Bd. 6 S. 380, v. 11. 5.1885; Drews - Wacke S. 58; vgl. Hoppe, B B 1966 S. 1377. 88

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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nicht genügend bekannt sind und noch kein endgültiges Urteil auf Grund objektiver Tatsachen über sie abgegeben werden kann, können i m Rahmen der Gefahrenabwehr staatliche Anforderungen an diese Anlagen i m Wege polizeilicher Verordnungen, die eine Dauerregelung schaffen wollen, noch nicht gestellt werden. Das bedeutet allerdings nicht, daß die Verwendung solcher Anlagen ungehindert zulässig wäre; denn das würde geradezu auf eine Privilegierung der gefährlicheren Neuentwicklungen hinauslaufen. Soweit eine Regelung durch technische Vorschriften schon besteht, ist sie vielmehr als Rechtsnorm auch für Neuentwicklungen des gleichen Typs verbindlich — vorbehaltlich besonderer Dispensmöglichkeiten 98 . Die Rechtsverbindlichkeit überkommener technischer Vorschriften führt i m Ergebnis dazu, daß Neuentwicklungen i n dem Maße sicher sein müssen, wie auch alle alten schon bekannten technischen Anlagen und daß die Gefahrengrenze wie dort i m Wege der Abwägung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgebots gefunden werden muß, bevor ein Dispens i n Betracht kommt. I n diesem Maße t r i f f t den Antragsteller die „Beweislast" 9 4 . Soweit eine staatliche allgemeine Verordnungsregelung aber nicht besteht, könnten für Neuentwicklungen zunächst durch Einzelverfügungen vorläufige Vorsichtsmaßregeln getroffen oder auch befristete, m i t besonderen Auflagen verbundene Zulassungen erteilt werden. Die Maßnahmen können auf Grund der Regeln über polizeiliches Einschreiten bei begründetem, nach den vorläufig erkennbaren Tatsachen objektivem „Verdacht" einer Gefahr ergehen 95 . Da es sich hierbei aber wegen des Fehlens einer eine endgültige Feststellung erlaubenden objektiven Urteilsgrundlage nur u m vorläufige polizeiliche Maßnahmen handeln kann 9 6 , kommen diese Grundsätze für die eine dauernde Regelung bezweckenden technischen Verordnungen nicht i n Betracht. c) Das Erfordernis der besonderen sogenannten abstrakten Gefährlichkeit hat zur Folge, daß eine polizeiliche Verordnung, die diesem Erfordernis genügt, ihrem eigenen Inhalt gemäß und nach den von ihr 93 Z u r Verpflichtung zur Anpassung überholter, den neuen technischen E r kenntnissen nicht mehr entsprechender Rechtsvorschriften: Pelzer, Festgabe f ü r Erler, S. 371—373. 94 Vgl. V G H München v. 11.1. 67, N J W 1967 S. 1146 ff., 1150. 95 Drews - Wache S. 58, 291, 292; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 42, 43; vgl. Thieme, N J W 1966 S. 1438; v. Busch - Trabandt S. 43; B G H , a.a.O., Bd. 5 S. 144 ff., 148, 149; PrOVG, a.a.O., Bd. 77 S. 333, 338, 339; B V e r w G v. 10.6.60, DVB1. 1960 S. 725, 726; vgl. BVerfG, a.a.O., Bd. 20 S. 283 ff., 294 zur v o r l ä u figen Zulassung unerforschter Gefahren bei grundsätzlichem Verwendungsverbot k r a f t Gesetzes. 96 Drews - Wache S. 59, 292; B G H Z v. 25. 6. 64, Bd. 43 S. 196 ff., 204; PrOVG, a.a.O., Bd. 77 S. 333 ff., 338, 339; BGH, a.a.O., DVB1. 1954 S. 813.

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normierten Tatbeständen anzuwenden ist, ohne daß es darauf ankommt, ob i m Einzelfall besondere Umstände eine konkrete Gefahr ausschließen. Die durch eine ausnahmslose Anwendung von Polizeiverordnungen i m Einzelfall entstehenden Härten werden von der herrschenden Meinung auch heute noch i n Kauf genommen 97 . Die Auswirkungen dieser Grundsätze sind jedoch für die technischen Vorschriften erstens dadurch stark gemildert, daß alle Verordnungen allgemeine Dispensvorschriften enthalten und außerdem bei der weitgehenden Verweisung auf „allgemein anerkannte Regeln der Technik" i m Ergebnis eine richterliche Nachprüfung i m Einzelfall zum Zuge kommt. I m übrigen dürfte für die Konstruktion und die Betriebsweise der einzelnen Anlagen der durch die Verordnungen geregelte typische Gefahrensachverhalt m i t der Gefahrenlage i n concreto bei jeder einzelnen Anlage eines Typs übereinstimmen, so daß sich Härten aus der generellen Anwendung der Norm nicht ergeben. 2. Abschnitt Die Voraussetzungen der Gefahrenabwehr nach § 24 GewO im besonderen

Nach der Erörterung der sich aus den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts ergebenden Wirksamkeitsvoraussetzungen des technischen Sicherheitsrechts sind die besonderen Grenzen der Spezialermächtigung des § 24 durch Prüfung des Kreises der geschützten Personen und der geschützten Rechtsgüter zu erläutern. A. Die Sicherheitsvorschriften können „zum Schutze der Beschäftigten und Dritter" erlassen werden (§ 241 GewO). I. Der Sinn des Schutzes der „Beschäftigten" ist m i t Rücksicht auf den Schutzzweck der technischen Vorschriften zu klären. Sie sollen insbesondere dem Arbeitsschutz dienen und setzen öffentlichrechtliche Pflichten des Betreibers und Arbeitgebers gegenüber dem Staat zum Schutze der bei i h m gefährdeten Arbeitnehmer fest. Ob die zu schützenden Beschäftigten i n einem privatrechtlich w i r k samen oder überhaupt i n einem Arbeitsvertragsverhältnis zum Betreiber stehen, darauf kommt es i n diesem Zusammenhang nicht an. Denn die Betreiber werden zu bestimmten Maßnahmen verpflichtet wegen der tatsächlichen Gefährlichkeit der Arbeitsplätze, nicht nur zum Schutz von bestimmten, zu ihnen i n einem besonderen rechtlichen Verhältnis stehenden Personengruppen. Die technischen Vorschriften setzen also nur die tatsächliche Beschäftigung, ein sogenanntes faktisches •7 Drews - Wacke S. 293, 390; Bachof, VerfR, Bd. I I , S. 375, 376.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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Arbeitsverhältnis voraus und gelten ohne Rücksicht auf das Vorliegen eines privatrechtlich wirksamen Arbeitsvertrages 98 . I I . Neben dem Schutz der Beschäftigten sollen die technischen Vorschriften auch den Schutz „ D r i t t e r " gewährleisten. Die Frage ist insbesondere, ob zu den „Dritten" auch die einzelnen Betreiber selbst zu zählen sind, ob auch ihr Schutz oder nur der Schutz der unbeteiligten außenstehenden Allgemeinheit von den technischen Vorschriften bezweckt w i r d und werden darf. Der Schutzzweck der technischen Vorschriften kann i n Schadensfällen bedeutsam werden i m Hinblick auf Amtshaftungsansprüche oder Ansprüche aus § 823 Abs. I I BGB. Nach juristischem Sprachgebrauch w i r d als Dritter üblicherweise der Unbeteiligte, Außenstehende bezeichnet. Daß die Betreiber selbst nicht zu den Unbeteiligten i n diesem Sinne gehören, ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Dritten zu den Beschäftigten: gelten die Beschäftigten nicht als Unbeteiligte, so offenbar deswegen, w e i l sie die zunächst und vor allem Betroffenen eines Schadens sind. Das t r i f f t jedoch auch auf die Betreiber zu, die m i t h i n nicht als unbeteiligte Dritte i m Sinne des § 24 gelten können. Der überwiegende Arbeitsschutzcharakter der Vorschriften, der i n der Regel die Annahme einer unmittelbaren Schutzwirkung zugunsten der Arbeitgeber ausschließen würde 9 9 , läßt für sich noch nicht den Schluß zu, daß die technischen Vorschriften nicht unmittelbar den Schutz der Betreiber bezwecken. Denn neben dem Arbeitsschutzzweck ist auch der allgemeine polizeiliche Schutz der Sicherheit berechtigter Zweck der technischen Vorschriften. Jedoch ergibt sich auch aus den allgemeinen Grenzen der Polizeigewalt, die mangels ausdrücklicher weitergehender Ermächtigung auch für § 24 GewO gelten, daß Polizeiverordnungen nicht dem Schutz der Betroffenen, d. h. hier der Betreiber vor sich selbst dienen dürfen 1 0 0 . Denn aus der Beschränkung der Polizei auf die Wahrnehmung des öffentlichen Interesses folgt, daß sie die Rechtsgüter des Einzelnen regelmäßig nicht vor einer Gefahr, die er freiwillig übernommen hat, schützen kann. Damit ergibt sich, daß die technischen Vorschriften nicht primär i m Interesse der einzelnen Betreiber erlassen werden dürfen, wenn auch ihre Gesamtinteressen als „wirtschaftliche Vertretbarkeit" i m Rahmen der Abwägung zur Bestimmung des Wahrscheinlichkeitsgrades zu be98 Vgl. Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 805, 114 A n m . 2; Amann, Diss., S. 28; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 2; Mangels § 5 Anm. 4 a; B A G v. 19.12.66, N J W 1967 S. 1102. 99 Vgl. Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 5. 100 Drews - Wacke S. 60; Zuppinger S. 1.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

rücksichtigen ist. Soweit der Schutz der technischen Verordnungen auch ihnen mittelbar zugute kommt, sei es wegen der erhöhten Betriebssicherheit oder wegen der Wirkung der Normung oder der Ausschaltung unlauterer Konkurrenz, liegt diese Reflexwirkung doch außerhalb des Schutzzwecks der Vorschriften. I I I . Z u untersuchen bleibt, ob durch die technischen Vorschriften nur solche Gefahren verhindert werden dürfen, die Beschäftigte und Dritte gemeinsam bedrohen oder ob auch der Schutz vor solchen Gefahren i m Rahmen der Ermächtigung liegt, die speziell entweder nur die Beschäftigten oder Dritte treffen. Fraglich ist also, ob der Schutz der Beschäftigten und Dritter kumulativ oder alternativ gemeint ist 1 0 1 . Läßt man eine Beschränkung der Gefahrenabwehr auf den reinen Arbeitsschutz nicht zu, so würde unter Umständen eine Reihe von Gefahrenquellen durch die technischen Vorschriften nicht bekämpft werden können, z. B. diejenigen, die nur wegen der ständigen Nähe und der fortwährenden Berührung der Beschäftigten m i t den gefährlichen Anlagen zu Gefahren werden. Einige Gründe mögen gegen die Möglichkeit einer Gefahrenabwehr ausschließlich zum Schutze der Beschäftigten angeführt werden: so der ausdrückliche Gebrauch des „oder" i n ähnlichem Zusammenhang i n § 24 a I I GewO, so eine systematische Gegenüberstellung zu § 120 e GewO, der ein ähnliches Verordnungsrecht allein zum Schutze der A r beiter statuiert. Die systematische Stellung i m gewerbepolizeilichen und nicht i m arbeitsschutzrechtlichen Teil der Gewerbeordnung könnte zu der Annahme führen, daß nur solche Gefahren durch die technischen Vorschriften bekämpft werden können, die neben dem Interesse an einem sicheren Arbeitsschutz auch allgemein polizeiliche Sicherheitsbelange betreffen. Demgegenüber sprechen bessere Gründe für eine weite Auslegung des § 24 I, daß der Arbeitsschutzzweck auch alleiniger Zweck der technischen Vorschriften sein kann. Die Formulierung des § 24 a I I muß so verstanden werden, daß bei einem Verstoß gegen die technischen Vorschriften auch schon jede Gefährdung der Beschäftigten einen Eingriff rechtfertigt. Die Vorschrift läßt sogar einen Gegenschluß zu: wenn die technischen Vorschriften nur vor solchen Gefahren schützen sollten, die sowohl Beschäftigte wie auch Dritte treffen, so könnte — wie i n § 24 a I I vorgesehen — allein durch Nichteinhalten dieser Vorschriften nicht eine Gefahr ausschließlich für die Beschäftigten entstehen, was § 24 a I I aber gerade vorsieht. Eine auf mehrere Schutzzwecke gestützte Regelung braucht nicht immer alle diese Zwecke zu verwirklichen. Vor allem würde durch das Erfordernis des kumulativen Beschäftigten101

Deutschbein,

R d A 1952 S. 463; Mangels § 6 A n m . 2, vgl. § 5 A n m . 5 a.

§ 8: Die Begrenzung auf die Gefahrenabwehr

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und Drittschutzes die Ermächtigung des § 24 weitgehend ihres Wertes beraubt, da viele Gefahrenlagen sich nicht über den Bereich größerer Betriebe hinaus auswirken 1 0 2 . B. Eine Differenzierung und Beschränkung auf den Schutz bestimmter Rechtsgüter sieht §24 unmittelbar nicht vor. Welche Rechtsgüter als schutzwürdig erachtet werden, ergibt sich jedoch mittelbar aus der Beschränkung des Schutzes auf bestimmte Personengruppen und vor bestimmten Gefahren. Nur diejenigen Rechtsgüter, die für Beschäftigte oder Dritte von Bedeutung sind, also Leben und Gesundheit sowie Eigentum und Vermögen dieser Personenkreise, werden vor dem Schaden geschützt, der durch die überwachungsbedürftigen Anlagen unmittelbar an diesen Rechtsgütern entsteht. Das bedeutet eine Einengung der polizeilichen Befugnisse insofern, als nicht generell zum Schutze der „öffentlichen Sicherheit und Ordnung" eingegriffen werden kann 1 0 8 . Technische Vorschriften ausschließlich zu Ordnungszwekken, etwa zur Normung und Standardisierung der technischen Anlagen, werden deshalb durch die Ermächtigung des § 24 GewO nicht gedeckt.

102

Schäfer, Diss., S. 168; v. Busch - Trabandt S. 33. Z u r Begrenzung auf die A b w e h r bestimmter Gefahren entsprechend dem Zweck der Verordnungen: W ü r t t . Bad. V G H v o m 17. 2.62, GewArch 1963 S. 17; B V e r w G v. 16.7.65, DVB1. 1966 S. 496; vgl. Merländer - FreytagZachen, Komm., Bd. I , S. 100. 108

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

§ 9: Der persönliche Geltungsbereich der technischen Vorschriften, insbesondere die polizeiliche Haftung der Hersteller Für die technischen Vorschriften stellt sich die Frage, wer durch sie unmittelbar zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet werden kann, wer Adressat der technischen Verordnungen ist. Als mögliche Adressaten polizeilicher Anordnungen kommen sowohl die Eigentümer und die Betreiber der überwachungsbedürftigen Anlagen als auch schon die Hersteller dieser Anlagen und außerdem noch die Beschäftigten der Betreiber i n Betracht. Gemäß dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung darf die Verwaltung zwangsweise m i t Geboten und Verboten gegen den Bürger nur vorgehen, wenn ein Gesetz zur Festsetzung dieser Verhaltenspflichten ermächtigt. Wer für einen polizeiwidrigen Zustand als polizeipflichtige Person i n Anspruch genommen werden kann, ergibt sich entweder aus einer ausdrücklichen speziellen Rechtsgrundlage oder bei Stillschweigen der Spezialregelungen ergänzend auch aus den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts, die bei diesen besonderen Regelungen i m Hintergrunde stehen. Da die technischen Durchführungsverordnungen zu § 24 GewO i n der Regel nicht den Personenkreis bestimmen, der an ihre technischen Anforderungen rechtlich gebunden sein soll, ist zur Auslegung auf die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts über die Polizeipflichtigkeit zurückzugreifen 1 . Zuvor aber ist zu fragen, ob nicht die spezialgesetzliche Regelung des § 24 selbst eine besondere — einschränkende oder erweiternde — Regelung für die Möglichkeiten einer Erstreckung des persönlichen Geltungsbereichs der technischen Vorschriften insbesondere auf die Produzenten gefährlicher Anlagen enthält. Die Rechtslage nach dem Gesetzes«, Verordnungs- und Allgemeinen Polizeirecht ist gesondert für Hersteller, Eigentümer und Betreiber sowie für die Beschäftigten zu untersuchen. A. Die Frage der Bindung des Herstellers an technische Sicherheitsnormen ist bedeutsam, weil neben der Strafbarkeit gemäß § 148 I 2 GewO ganz allgemein die Konstruktionsfreiheit des Herstellers auf dem Spiele steht. Die Freiheit der Neuentwicklung unabhängig von Strafdrohung und polizeilichem Zwang ist für den technischen Fortschritt unerläßlich. Außerdem kann bei für den Export bestimmten Produkten die Einhaltung abweichender ausländischer technischer Bestimmungen die Abweichung von den entsprechenden deutschen Sicherheitsvorschriften notwendig machen 2 . Die Schwierigkeit einer unmittelbaren rechtlichen Bindung des Herstellers an technische Sicherheitsnormen w i r d weiterhin daran deutlich, daß die Gefährlichkeit tech1

Vgl. Mangels § 9 A n m . 5. Vgl. B G H v. 29.8.1958, 1 StR 618/58, zit. i n ArbSch 1960 S. 113; Schäfer, Diss., S. 159, 172; Jaeger - Ulrichs S. 32. 2

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

127

nischer Anlagen nicht nur durch die vom Hersteller zu verantwortende Bauart, sondern vielfach entscheidend auch durch die A r t ihrer Verwendung bedingt ist. Ein und dieselbe Anlage kann bei unterschiedlicher Verwendung ganz unterschiedliche Gefahren herbeiführen. Wollte man hier den Hersteller eines Anlagetyps an die Einhaltung von technischen Sicherheitsvorschriften binden, so wären einheitliche Anforderungen i m Hinblick auf die unterschiedlichen Gefahren bei der Verwendung entweder unnötig scharf oder unvertretbar milde. Berücksichtigt man jedoch die A r t der Verwendung für das Maß technischer Sicherheitsanforderungen, so kann — geht man von einem freien Handel technischer Produkte und der Freiheit der Beschaffung durch die Betreiber aus — eine effektive Kontrolle der Einhaltung der unterschiedlichen Sicherheitsnormen für einen bestimmten Anlagetyp zweckmäßigerweise auch nur bei den Verwendern, nicht beim Hersteller ansetzen3. Andererseits w i r d für eine rechtliche Bindung des Herstellers geltend gemacht, daß gerade eine wirksame Gefahrenabwehr die Quelle der Gefahren selbst i n Angriff nehmen müsse und durch eine möglichst weite Vorverlegung des Sicherheitsschutzes die Gefahren an der Wurzel ausgerottet würden. Die Kontrolle einiger weniger Herstellerbetriebe sei wesentlich leichter und lückenloser als die Überwachung einer Vielzahl von Betreibern 4 . I. Zunächst ist zu prüfen, ob eine spezielle gesetzliche Ermächtigung die Verpflichtung der Hersteller durch die technischen Vorschriften rechtfertigt. Die Möglichkeit der Verpflichtung des Herstellers durch die technischen Verordnungen bejahen die Kommentare zur Gewerbeordnung von Landmann-Rohmer 5 und von Fuhr 6 , sie w i r d verneint vom Heferentenkommentar zu § 24 von v. Busch-Trabandt 7. Nähere Begründungen werden nicht gegeben. — Eine Ermächtigung zur Bindung des Herstellers könnte i n § 24 I 3 gesehen werden. Danach kann die Bundesregierung zum Schutze der Beschäftigten und Dritter vor Gefahren durch überwachungsbedürftige Anlagen bestimmen, „daß solche Anlagen, insbesondere die Errichtung, die »Herstellung 4 , die Bauart, die Werkstoffe, die Ausrüstung und die Unterhaltung sowie i h r Betrieb bestimmten Anforderungen genügen müssen". 3

Vgl. Herschel, B B 1967 S. 933. Herschel, B B 1967 S. 933; Banik, B A r b B l 1950 S. 384, 385; vgl. v. Mangoldt - Klein S. 1651. 5 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 25. 6 Fuhr § 24 A n m . 4d. 7 v. Busch - Trabandt S. 44; so auch Schäfer, Diss., S. 172; Merländer - Freytag-Zachen, Komm., Bd. I, S. 108; vgl. Begr. der BReg. zum E n t w u r f eines Maschinenschutzgesetzes, BRats Drucks. 141/66, die von der bisherigen F r e i stellung des Herstellers von Arbeitsmitteln gegenüber den Arbeitsschutznormen ausgeht. Vgl. B V e r f G v. 15.3. 60, Bd. 11 S. 6 ff., 16. 4

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

Der Wortsinn mag nahelegen, daß, wenn die technischen Vorschriften Bestimmungen über die „Herstellung" der überwachungsbedürftigen Anlagen treffen können, auch eine unmittelbare Pflichtigkeit der Hersteller dieser Anlagen angeordnet werden könnte 8 . Daß die Hersteller auch sonst i n das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen m i t einbezogen werden, zeigen i m übrigen die §§ 24 I V , 24 I 5 und 24 b. Danach sind i n die bei der Ausarbeitung der technischen Vorschriften beteiligten Technischen Ausschüsse auch Vertreter der Hersteller zu berufen und können die Hersteller i m Rahmen der technischen Prüfungen zur Zahlung der Gebühren herangezogen werden, wie sie auch zur Duldung solcher Prüfungen verpflichtet sind. Dennoch ergeben Systematik und Zweck des Gesetzes, daß eine spezielle Abgrenzung der Polizeipflichtigkeit, insbesondere die ausdrücklich angeordnete Möglichkeit einer Polizeipflichtigkeit der Hersteller, durch § 24 I 3 nicht gewollt war. Die Ermächtigung zur Regelung der „Herstellung" i n § 24 I 3 könnte nämlich auch i n dem Sinne aufgefaßt werden, daß darunter nicht die Herstellung als Produktionsvorgang®, sondern die A r t und Weise der baulichen Ausführung der Anlagen zu verstehen ist. Diese Wortdeutung gibt der bunten Aufzählung i n § 24 I 3 über die Gegenstände, die die technischen Vorschriften regeln können, erst einen durchgängigen gleichförmigen Sinn. Wollte man hier den Begriff der Herstellung — und damit die parallel verwendeten Begriffe der „Errichtung, Unterhaltung und des Betriebs" — gerade als zeitlich nacheinander eintretende Stadien i n der Existenz der technischen Anlagen auffassen, so wäre die gleichzeitige Ermächtigung zur Regelung von „Bauart, Werkstoffen und Ausrüstung", die sich nur auf die A r t und Weise der baulichen Ausführung beziehen kann, i m selben Atemzug allzu unausgewogen und wenig wahrscheinlich. Faßt man „Herstellung" dagegen i m hier verstandenen Sinne auf, so können die unmittelbar folgenden drei Begriffe als nähere Erläuterung dieses Begriffs der Herstellung verstanden werden. Der Nebensatz ist also so zu lesen, daß „insbesondere die Errichtung, die A r t und Weise der Herstellung — d. h. die Bauart, die Werkstoffe, die Ausrüstung — und die Unterhaltung sowie der Betrieb bestimmten Anforderungen genügen müssen". Dafür, daß m i t der „Herstellung" der überwachungsbedürftigen Anlagen nicht deren Fertigstellung i n einem zeitlichen Sinne gemeint sein kann, spricht auch die Stellung des Wortes hinter der „Errichtung", wo sonst folgerichtig die umgekehrte Reihenfolge der Begriffe erwartet werden könnte. Schließlich ergibt sich der eigentliche Sinn des § 24 I 3 aus der — gegenüber den Ziff. 1 und 2 des § 24 I — auffallenden Umkehrung des Ermächtigungswortlauts, wonach „solche 8

Fuhr § 24 A n m . 4d. • Vgl. v. Busch - Trabandt

S. 44.

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

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Anlagen, insbesondere . . b e s t i m m t e n Anforderungen genügen müssen. Die überwachungsbedürftigen Anlagen sollen als Regelungsobjekt herausgestellt und i m Nebensatz zur Erläuterung umfassende Ansatzpunkte zur Regelung von Teilaspekten dieser Anlagen bestimmt werden. Der Zweck dieser Ermächtigung ist aber nicht, die möglichen Adressaten der technischen Vorschriften, insbesondere eine Polizeipflichtigkeit der Hersteller, besonders zu bestimmen. Auch die Heranziehung der Hersteller zu den Technischen Ausschüssen zur Ausarbeitung der technischen Vorschriften, die § 24 I V ermöglicht, besagt nichts dafür, daß §24 auch ihre unmittelbare Verpflichtung i m Rahmen der Abwehr der Gefahren zuläßt. Die Beteiligung läßt sich auch aus dem besonderen wirtschaftlichen Interesse und der besonderen Sachkunde der Hersteller rechtfertigen — wie auch sonst interessierte, aber nur mittelbar betroffene Kreise zu den Ausschüssen herangezogen werden, z. B. die Versicherer durch § 23 VbF. Die Erwähnung der Hersteller schließlich als mögliche Gebührenschuldner und Auskunftpflichtige i m Rahmen des technischen Prüfungsverfahrens gemäß § 24 I 5 und § 24 b hängt i m übrigen insoweit i n der L u f t und ist gegenstandslos, als gemäß § 24 I 4 die Prüfungen von überwachungsbedürftigen Anlagen erst für die Inbetriebnahme angeordnet werden können, also gerade noch nicht den Hersteller als solchen betreffen. Einen Sinn haben diese Vorschriften nur für diejenigen aus der Zeit vor 1953 überkommenen technischen Verordnungen, die auf Grund spezieller Ermächtigungen eine Herstellerhaftung anordnen sollten. Die Auslegung der speziellen gesetzlichen Ermächtigung ergibt m i t hin, daß die Möglichkeit einer Polizeipflichtigkeit des Herstellers nicht besonders vorgesehen ist. Dieses Ergebnis mangelnder Polizeipflichtigkeit des Herstellers w i r d gestützt durch die noch darzulegende Freiheit des Herstellers nach allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen. II. Ob die technischen Vorschriften eine unmittelbare Verantwortlichkeit der Hersteller anordnen können, ist deshalb den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts zu entnehmen, die die Spezialregelung des § 24 insoweit ergänzen. Danach können polizeiliche Anordnungen — auch polizeiliche Verordnungen 1 0 — nicht jeden Beliebigen verpflichten, vielmehr ergeben sich Grenzen aus den Grundsätzen über die Polizeipflichtigkeit, insbesondere den Regelungen der Handlungs- und der Zustandshaftung 11 . 10

Drews - Wacke S. 394, 395.

11

Vgl. §§ 18—20 P r P V G u n d die entsprechenden Nachfolgebestimmungen der Länder. 9 Plischka

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

a) Die Zustandshaftung begründet die Verantwortlichkeit für Gefahren, die von Sachen ausgehen für denjenigen, der über sie rechtlich und tatsächlich Gewalt auszuüben i n der Lage ist 1 2 . Eine Zustandshaftung des Herstellers für die noch i n seiner Verfügungsmacht befindlichen Anlagen könnte nur i n Frage kommen, wenn von der Beschaffenheit dieser Sachen schon i n diesem Zeitpunkt unmittelbar polizeiliche Gefahren ausgehen würden. Gefahren entstehen durch den Zustand der überwachungsbedürftigen Anlagen jedoch regelmäßig erst i m Zusammenhang m i t ihrer Inbetriebnahme; vorher werden sie zumeist lebloses, ungefährliches Material sein 15 . Davon geht auch die Ermächtigung des § 24 aus, wenn sie die Festsetzung von präventiven Erlaubnis-, Anzeige- und Prüfungspflichten erst m i t der Errichtung und Inbetriebnahme ermöglicht. b) Die Handlungshaftung schafft eine Verantwortlichkeit für die Gefahren, die von dem Verhalten von Personen ausgehen. Sie t r i f f t denjenigen, der sie „verursacht" hat 1 4 . Für eine mögliche Polizeipflichtigkeit des Herstellers kommt es insbesondere auf das Problem der „Veranlassung" an 1 5 . Die Frage ist, wann bei einem an sich polizeimäßigen Verhalten die Polizeipflichtigkeit einer Person deshalb begründet ist, wenn aus Anlaß dieses Verhaltens fremde Personen ihrerseits die eigentliche polizeiwidrige Gefahr herbeigeführt haben. A u f Grund welcher Kriterien eine Abgrenzung der polizeilichen Verantwortlichkeit von polizeilich noch irrelevantem T u n vorzunehmen ist, ist umstritten. 1. Nach der am weitesten reichenden, i n dieser Schärfe nicht vertretenen Bedingungstheorie wäre ein polizeiwidriger Zustand schon dann durch eine Person verursacht, wenn diese durch ihr Handeln irgendeine, auch entfernte, aber für den Erfolg logisch nicht wegzudenkende Bedingung gesetzt hätte. Verursacher könnte danach auch der Hersteller von den technischen Vorschriften zuwider konstruierten Anlagen sein, wenn Eigentümer und Betreiber solcher Anlagen m i t ihnen polizeiwidrige Gefahren herbeiführen. 2. Auch die Adäquanztheorie 1 *, die nur diejenigen Ursachen als rechtserheblich ansieht, die nach der Lebenserfahrung allgemein geeignet sind, den polizeiwidrigen Zustand herbeizuführen, müßte konsequenterweise zu einer Verantwortlichkeit des Herstellers führen. Denn es ist nicht ungewöhnlich, daß gebrauchsfertige und etwa nur hinsichtlich kostspieliger Kontrollgeräte nicht den technischen Vor12

Vgl. § 20 P r P V G ; Drews - Wache S. 231. Schäfer, Diss., S. 26, 65. 14 Vgl. § 19 I P r P V G ; Drews - Wache S. 217. 16 Drews - Wache S. 226, 228, 221. 18 Rietdorf § 16 A n m . 6, S. 102; Müller - Heidelberg A n m . 1, S. 61. 13

u n d Claus, 2. Aufl., § 6

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

131

Schriften entsprechende Anlagen von Unternehmern verwendet werden, ohne daß sie nachträglich vielleicht nur schwer und m i t großen Kosten zu bewerkstelligende Anpassungen an die technischen Vorschriften vornehmen. Die Ergebnisse der Bedingungs- und der Adäquanztheorie werden jedoch gerade für das Problem der „Veranlassung" vielfach als zu weitgehend und für das Polizeirecht nicht angemessen angesehen. Danach kann mittels des Begriffs der Verursachung die Verantwortlichkeit nicht so weit gespannt werden, daß durch die Einbeziehung sämtlicher oder doch aller nicht ganz ungewöhnlichen Ursachen die nahe und unmittelbare Beziehung zu dem begrenzten Zweck des Polizeirechts, der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, verloren geht 1 7 . 3. Nach der Theorie der unmittelbaren Verursachung ist für das Po^ lizeirecht entscheidend nur diejenige Ursache, die bereits selbst unmittelbar die polizeiliche Gefahrengrenze überschreitet. Als unwesentlich ist dasjenige Verhalten auszuscheiden, das noch nicht selbst unmittelbar die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet 18 . Für die Polizeipflichtigkeit des Herstellers ist also zu fragen, ob die Herstellung von Anlagen, die den technischen Vorschriften nicht entsprechen, regelmäßig bereits selbst schon einen polizeiwidrigen Zustand erzeugt, den die technischen Vorschriften verhindern können. Das wurde bereits verneint unter Hinweis auf die gewöhnliche Ungefährlichkeit noch toten, nicht i n Betrieb befindlichen technischen Materials 1 *. Die Ermächtigung des § 24 GewO sieht als Gefahr erst die Inbetriebnahme, allenfalls schon die Errichtung der überwachungsbedürftigen Anlagen an, wie sich aus den Bestimmungen über die Erlaubnis-, A n zeige- und Prüfungspflichten ergibt. M i t Hilfe der Grundsätze über die Polizeipflichtigkeit kann eine Vorverlegung dieser besonders festrgelegten Gefahrengrenze nicht vorgenommen werden. Für den Hersteller von Anlagen, die erst durch ihre Inbetriebnahme Gefahren erzeugen, muß bedacht werden, daß die Verantwortlichkeit des für die tatsächliche Inbetriebnahme Verantwortlichen gegenüber der des Herstellers i n einem Maße überwiegt, daß jener allein als polizeipflichtig angesehen werden muß 2 0 . Das Verhalten des Herstellers ist i m Sinne der polizeilichen Veranlassungshaftung nur mittelbare Vorbedingung und äußerer Anlaß für das polizeiwidrige Verhalten eines anderen. Eine polizeiliche Verantwortlichkeit des Herstellers kann nur 17 18 19 20

9*

Drews - Wacke S. 224, 226. Drews - Wacke S. 223. Vgl. Drews - Wacke S. 221; Freytag, ArbSch 1957 S. 123, 124. a. A.: Herschel, B B 1967 S. 933.:

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

für solche Anlagen i n Betracht kommen, die schon an sich selbst und nicht erst durch ihre Verwendung eine Gefahr für Leben und Gesundheit sind. Der Hersteller steht m i t dem polizeiwidrigen Geschehen auch nicht i n einem solchen inneren Zusammenhang, daß er als Zweckveranlasser polizeipflichtig würde, der die Polizeiwidrigkeit geradezu herausgefordert hätte 2 1 . Der Hersteller kann vielmehr davon ausgehen, daß der für die Inbetriebnahme Verantwortliche selbst sich rechtmäßig verhält und allen polizeilichen Anordnungen nachkommen w i r d 2 2 . N u r eine Informationspflicht zur Offenbarung der verdeckten, den Betreibern nicht ohne weiteres erkennbaren und insoweit vom Hersteller veranlaßten Gefahren könnte auch dem Hersteller unmittelbar auferlegt werden 2 5 . 4. Nach der neuerdings entwickelten Theorie der „rechtswidrigen Erfolgsverursachung" kann für eine Polizeiwidrigkeit nur derjenige verantwortlich gemacht werden, der die Gefahr selbst i n rechtswidriger Weise herbeigeführt hat 2 4 . Auch hiernach ist die bloße Verursachung, auch die adäquate Verursachung kein entscheidender Zurechnungsgrund für die Polizeipflicht, insbesondere nicht bezüglich des polizeiwidrigen Verhaltens anderer. Statt jedoch wie die Unmittelbarkeitstheorie auf den Rechtsgüterschutz abzustellen, begründet hier die Pflichtwidrigkeit die polizeiliche Verantwortung; rechtswidrig ist dabei diejenige Erfolgsverursachung, die unter Überschreitung des eigenen — insbesondere auch des grundrechtlich geschützten — Rechtskreises gegen das Verbot zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verstößt 25 , das eine immanente Grundrechtsschranke ist. Da der Hersteller durch die Bindung an die technischen Vorschriften in seinen Rechten, der Gewerbe- und Berufsausübungsfreiheit, beeinträchtigt wird, kommt seine Polizeipflichtigkeit für fremdes polizeiwidriges Verhalten nur i n Betracht, wenn er dieses durch eigenes polizeiwidriges Verhalten verursacht hat. Wenn die Herstellung aber regelmäßig selbst keine Gefahr darstellt, sondern nur i m Zusammenhang m i t der A r t und Weise der Verwendung gefährlich ist, liegt auch kein Pflichtverstoß des Herstellers vor. Er macht nur von seinen Rechten innerhalb der diesen gesetzten Grenzen Gebrauch. Er kann deshalb nicht wegen bloßer Veranlassung für fremdes polizeiwidriges Verhalten verantwortlich gemacht werden 2 «. 21 22 28

269. 14 25 26

Vgl. Drews - Wacke S. 227. Vgl. O V G Lüneburg v. 10. 7.1956, AS Bd. 11 S. 292 ff., 296, 297. Vogler S. 70; vgl. aber V G Bremen v. 14. 8. 59, GewArch 1959/60 S. 267 ff., Wolff, Bd. I I I , S. 61; Schnur, DVB1. 1962 S. 3, 8. Wolff, Bd. I I I , S. 61. Schnur, DVB1. 1962 S. 3, 5, 8; Friedrichs § 19 A. 2, S. 137.

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

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Da auch die Vertreter der Adäquanztheorie i m Ergebnis die Polizeipflichtigkeit des bloßen Veranlassers auszuschließen suchen 27 , erübrigt sich eine Stellungnahme zum Theorienstreit. Denn keine der Theorien würde zu einer Polizeipflichtigkeit des Herstellers kraft Handlungshaftung führen. Eine Verpflichtung des Herstellers zur Einhaltung der technischen Vorschriften des § 24 I 3 ist m i t h i n nicht möglich, da weder eine ausdrückliche spezielle Rechtsgrundlage gegeben ist, noch die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts über die Polizeipflichtigkeit sie zulassen. Eine rechtliche Bindung des Herstellers mag zwar möglicherweise zweckmäßig sein, w e i l sie einen vorgreifenden Gefahrenschutz gestattet, der die Gefahr gewissermaßen an der Wurzel ausrottet, die notwendige Berücksichtigung der Sicherheitsbelange schon i m Stadium der Konstruktion der Anlagen fördert und schließlich die Durchsetzung der technischen Vorschriften wegen der Beschränkung auf wenige überwachungsbedürftige Personen erleichtert. Aber schon angesichts des eigenen Absatzinteresses des Herstellers, angesichts seines w i r t schaftlichen Interesses an der praktischen Verwertbarkeit seiner A r beit w i r d die Einhaltung der technischen Vorschriften i n der Regel gesichert sein 28 . Nach der Systematik des technischen Sicherheitsrechts w i r d erst durch das Typengenehmigungsverfahren die der nötigen Freiheit des Produzierens adäquate Einordnung des Herstellers i n das technische Sicherheitsrecht vollzogen. Jedenfalls können Zweckmäßigkeitsargumente und Argumente der Erleichterung der polizeilichen A u f sicht, bei Fehlen spezialgesetzlicher Ermächtigung, gegenüber den rechtlichen Grenzen der Polizeipflichtigkeit i m allgemeinen Polizeirecht nicht eine Vorverlegung des Sicherheitsschutzes auf den Produzenten rechtfertigen. I I I . Demgemäß spricht auch keine der neu erlassenen technischen Vorschriften des näheren von einer Polizeipflichtigkeit des Herstellers. Sie w i r d sogar teilweise ausdrücklich ausgeschlossen. So heißt es in verschiedenen Verordnungen, daß sie nicht gelten für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die probeweise i m Herstellerwerk errichtet und i n Betrieb genommen Werden 29 . Wenn aber die technischen Vorschriften wegen der Konstruktionsfreiheit der Hersteller sogar hinsichtlich der an sich eine Gefahr erzeugenden Inbetriebnahme beim Hersteller nicht gelten sollen, so können die Hersteller erst recht nicht 27 28

Rietdorf § 16 A . 6 S. 102; Müller - Heidelberg B V e r f G v. 15. 3.1960, Bd. 11 S. 6 ff., 16.

u. Claus § 6 A n m . 1, S. 61.

20 § 1 Abs. 3 Ziff. 1 der DampfkesselVO, § 1 Abs. 2 der V O über elektr. A n lagen, A r t . 1.1 der 1. ÄnderungsVO zur Aufzugsverordnung. Vgl. Hagen ArbSch 1963 S. 233.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

bei der an sich ungefährlichen bloßen Herstellung an die Konstruktionsbestimmungen der technischen Vorschriften gebunden sein. Statt einer unmittelbaren rechtlichen Bindung des Herstellers sehen vielmehr alle technischen Vorschriften ein sogenanntes Typengenehmigungsverfahren bzw. Bauartzulassungsverfahren vor. Dieses zentralisierte Prüfungsverfahren w i r d auf Antrag des Herstellers eingeleitet und bescheinigt i h m die Unbedenklichkeit der geplanten Anlagentype entsprechend den für die Verwendung — und damit für den i h n interessierenden wirtschaftlichen Absatz der Anlagen — geltenden Sicherheitsvorschriften. Dadurch w i r d ein gerade der Freiheit des Herstellers angepaßtes Verwaltungsinstitut geschaffen. Soweit ältere, noch nicht auf Grund des § 24 GewO n. F. ergangene technische Vorschriften eine Pflichtigkeit des Herstellers vorsehen, mag dies auf einer umfassenderen Spezialermächtigung beruhen und ist insoweit auch weiterhin rechtswirksam. B. Fragt man, an wen die technischen Vorschriften unmittelbar adressiert sind, wenn nicht an den Hersteller, so kommen vor allem diejenigen Personen i n Betracht, die die Anlagen i n Betrieb nehmen, die sogenannten Betreiber. Daneben wäre auch an eine Bindung der Eigentümer der Anlagen zu d e n k e n die bedeutsam würde, wenn Eigentümer und Betreiber nicht identisch sind : — z. B. bei einer Verpachtung des Unternehmens. Wie festgestellt, enthält § 24 GewO keine besondere Regelung der Polizeipflichtigkeit, sondern muß insoweit durch das allgemeine Polizeirecht ergänzt werden. Eine Polizeipflichtigkeit des Betreibers kommt nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts als Handlungshaftung sowie als Zustandshaftung i n Betracht. Durch den polizeiwidrigen Betrieb der Anlagen verursacht er unmittelbar die drohende Gefahrenlage und hat auch für seine Verrichtungsgehilfen einzustehen 80 . Soweit — aber auch nur insoweit 8 1 — der Betreiber rechtlich und tatsächlich die Gewalt über die Anlagen ausübt, ist er außerdem aus Gründen der Zustandshaftung für die Polizeimäßigkeit der Anlagen verantwortlich. Die Ausführungsverordnungen gehen regelmäßig von einer Verantwortlichkeit des Betreibers aus, wenn sie bestimmen, daß die Anlagen „nach den Vorschriften dieser Verordnung errichtet und betrieben werden müssen". Ausdrücklich auf die Pflichtigkeit des Betreibers w i r d jedoch nur i m Zusammenhang m i t besonderen Betriebspflichten, z.B. 80 Vgl. § 19 I I I P r P V G ; zur Verantwortlichkeit der Stellvertreter: vgl. § 151 GewO. 31 Drews - Wache S. 232, 237.

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

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Anzeige- und Prüfungspflichten, hingewiesen. Dieser spezialgesetzliche Begriff des Betreibers ist i m Sinne des nach allgemeinem Polizeirecht Verantwortlichen auszulegen 32 . Für die polizeiliche Verantwortlichkeit des „Betreibers" bei den überwachungsbedürftigen Anlagen findet sich eine parallele Erscheinung i n der zivilrechtlichen Gefährdungshaftung des „Halters" und „Betriebsunternehmers" 3 3 . „Halter" und „Betreiber" sind i m Recht der gefährlichen Anlagen sowohl i n sicherheitspolizeilicher wie i n haftungsrechtlicher Sicht der charakteristische Anknüpfungspunkt der Rechtspflichten. Ihnen ist gemeinsam, daß gerade sie die Gefahrenquelle allgemein beherrschen, ohne daß es i n diesem Zusammenhang auf die rechtliche Herrschaftsbeziehung des Eigentums ankommt 3 4 . C. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Polizeipflichtigkeit ist auch die Verantwortlichkeit des Eigentümers für den polizeimäßigen Zustand seiner Sachen gegeben. Der Eigentümer haftet aus Gründen der Zustandshaftung neben dem Betreiber, auch wenn der Betreiber durch die Inbetriebnahme allein die Gefahr verursacht haben sollte 3 5 . Bei Auseinanderfallen von Eigentümer und Betreiber muß die Verantwortlichkeit des Eigentümers jedoch den Einschränkungen seiner Verfügungsmacht angepaßt werden. Polizeiliche Anforderungen können an den Eigentümer nur i m Rahmen des i h m auch zivilrechtlich Möglichen gestellt werden 3 6 . Eine Pflichtigkeit des Eigentümers der überwachungsbedürftigen Anlagen könnte insbesondere nicht für die i m Zusammenhang m i t dem Betrieb sich ergebenden Nebenpflichten — wie Prüfungspflichten und Pflicht zur Aufstellung eines Wartungsdienstes — festgelegt werden, da er hiermit zu unbefugten Eingriffen i n den ausschließlichen Rechtskreis des Betreibers verpflichtet würde. Die Ausführungsverordnungen beschränken demgemäß insoweit auch die Polizeipflichtigkeit auf die Betreiber. I m übrigen jedoch schließen die technischen Vorschriften für den polizeimäßigen Zustand der Anlägen selbst eine parallele Verantwortlichkeit 3 7 des Eigentümers nicht aus. Wenn sie die Zulässigkeit der Errichtung einer überwachungsbedürftigen Anlage von der Einhaltung der technischen Vorschriften abhängig machen, gehen sie offenbar von einer Polizeipflichtigkeit des Eigentümers aus, da es einen Betreiber 82 I n der Sache ebenso: Merländer - Freytag - Zachen, Komm., Bd. I, S. 73; Mangels § 11 A n m . 1; vgl. v. Busch - Trabandt S. 77. 88 z. B. §§ 7, 23 I I StVG; §§ 33, 60 I 1, 2 L u f t V G ; § 1 H a f t P f l G ; § 1 SachhaftPflG. 84 Vgl. Larenz, Lehrbuch, Bd. I I , S. 483, 484; Esser, Lehrbuch, S. 223, 942. 85 Drews - Wacke S. 233. 88 Drews - Wache S. 232, 237, 285; Rietdorf § 18 A . 2, S. 111. 87 Drews - Wache S. 245, 246.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

dieser Anlage zu diesem Zeitpunkt noch nicht gibt. Daß nach der I n betriebnahme nur noch die Betreiber verantwortlich sein sollen, läßt sich den technischen Vorschriften nicht entnehmen. Ein grundsätzliches Nebeneinander der Haftung von Eigentümer und Betreiber entsprechend den Sätzen des allgemeinen Polizeirechts w i r d also von den technischen Vorschriften stillschweigend beibehalten, wenn auch eine vorzugsweise Haftung des Betreibers bejaht werden dürfte 8 8 . Bedeutung hat die Verpflichtung des Eigentümers zur Achtung auf den vorschriftsmäßigen Zustand seiner Anlagen aber nur für die Verwaltungsmaßnahmen, die auch gegen ihn — i m Rahmen seiner rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten — zur Erzwingung eines polizeimäßigen Zustandes gerichtet werden können. Strafrechtlich sanktioniert sind nach den technischen Verordnungen nur die besonderen Verhaltenspflichten der Betreiber 8 9 . D. Schließlich ist die Möglichkeit einer Polizeipflicht der Beschäftigten für die Erfüllung der technischen Verhaltenspflichten zu prüfen. Vorab muß untersucht werden, ob die „technischen" Vorschriften überhaupt ihrem Gegenstand und Inhalt nach die Festsetzung spezieller „Verhaltensregeln" für die Beschäftigten zulassen. I. Die Frage, ob auch besondere Vorsichtsmaßregeln gegen menschliches Versagen i n technische Vorschriften aufgenommen werden können, ist für die praktische Gefahrenverhütung von einiger Bedeutung. Denn nach den Erkenntnissen der Unfallforschung ist ein wesentlicher A n t e i l der technischen Unfälle weniger auf technische Mängel als auf menschliches Versagen zurückzuführen. Unachtsamkeit und Leichtsinnigkeit oder auch Unkenntnis der unmittelbar an den technischen A n lagen Beschäftigten führen ebenso zu Unfällen wie Konstruktionsmängel, Materialfehler und Funktionsstörungen der technischen Anlagen selbst 40 . Außerdem könnte durch die ständige Präsenz von Aufsichtspersonen eine Steigerung der Betriebssicherheit, zusätzlich zu den technischen Sicherungen, erreicht werden. § 24 GewO ermächtigt zum Schutz vor Gefahren „durch Anlagen, die m i t Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen". § 24 I 3 ermöglicht Bestimmungen, wonach „solche Anlagen, insbesondere die »Unterhaltung sowie ihr Betrieb 4 bestimmten Anforderungen genügen müssen". Daraus ergibt sich zwar, daß Gegenstand der Gefahrenabwehr vor allem die technischen Gefahren der Anlagen selbst sind; daraus folgt aber weiter, daß der Gefahrenherd gerade 38

Drews - Wacke S. 245. § 33 DampfkesselVO; § 22 V O f ü r brennbare Flüssigkeiten; § 22 AufzugsV O ; § 20 V O elektr. Anlagen; § 15 GetränkeschankanlagenVO. 40 Sander, Diss., S. 60 ff., 151; Koch, ArbSch 1958 S. 13; Begrich, ArbSch 1961 S. 116. 39

§ 9: Die polizeiliche Haftung der Hersteller

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auch i n der mangelnden Überwachung, d. h. aber i n fehlsamem menschlichen Verhalten gesucht werden muß. Die Gefahrenabwehr durch die technischen Vorschriften kann sich m i t h i n sachlich auch auf die Festlegung von Verhaltenspflichten erstrecken, soweit sie i m Zusammenhand m i t der Überwachung, „der Unterhaltung und dem Betrieb" der Anlage stehen, und braucht sich nicht auf technische Konstruktionsmängel zu beschränken. Wenn § 24 I 3 aus den allgemeinen Anforderungen, die an die Anlagen gestellt werden können, die Anforderungen technischer A r t besonders hervorhebt, so w i r d damit mittelbar die Zulässigkeit nicht technischer, d . h . vor allem unmittelbarer Verhaltensvorschriften anerkannt. Vorschriften m i t diesem Inhalt werden denn auch häufiger von den technischen Vorschriften getroffen 41 . I I . Es ist nunmehr auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen, ob auch die Beschäftigten für die Einhaltung der Wartungs- und Anzeigepflichten polizeilich verantwortlich gemacht werden können. Die Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Betriebsvorschriften brauchte möglicherweise nur den Betreiber zu treffen, der kraft seines Anleitungs- und Weisungsrechts allein für seine Verrichtungsgehilfen einzustehen hätte. Wie festgestellt enthält § 24 GewO keine besondere Regelung der Polizeipflichtigkeit, so daß die Grundsätze des allgemeinen Polizeirechts heranzuziehen sind. a) Danach gilt zunächst der Unternehmer als verpflichtet, seinen Beschäftigten sachgemäße Weisungen für ein polizeimäßiges Verhalten zu erteilen und für deren Einhaltung zu sorgen. Es kann weiter von i h m verlangt werden, daß er Beschäftigte, die bei der Ausführung der Dienstverrichtungen sich polizeiwidrig verhalten, nicht mehr zu Beschäftigungen dieser A r t verwendet 4 2 . Entsprechende auf den Unternehmer beschränkte Verpflichtungen sprechen die Dampfkesselverordnung i n § 27 und die Aufzugsverordnung i n §§ 16 und 17 aus, die die Anstellung von Wärtern vorschreiben und die Weisungspflicht des Betreibers regeln, insbesondere auch eine Abberufungspflicht bei Unzuverlässigkeit des Wärters 4 8 . b) Polizeipflichtig sind nach den Grundsätzen der polizeilichen Handlungshaftung aber auch die Beschäftigten, wenn durch i h r vorschriftswidriges Verhalten Gefahren verursacht werden 4 4 . Zwar können die m i t der Wartung der gefährlichen Anlagen betrauten Beschäftigten 41

§ 27 DampfkesselVO; § 16 AufzugsVO. Drews - Wacke S. 219. 45 Über Ausnahmen bei automatisch geregelten Dampfkesseln: Schreiben des B M A v. 18. 6. 64, ArbSch 1964 S. 178; dazu Greinert, ArbSch 1964 S. 198 ff. 44 Vgl. Drews - Wacke S. 219. 42

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

mangels tatsächlicher und rechtlicher Verfügungsmacht als bloße Besitzdiener nicht umfassend für den polizeimäßigen Zustand der Anlage verantwortlich gemacht werden. N u r soweit sie Einfluß auf die Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes der Anlagen haben — d. h. bei der Anzeige von Besonderheiten und der regelmäßigen Wartung — kommt ihre eigene unmittelbare Verantwortlichkeit i n Betracht. Die Einhaltung der sie selbst betreffenden, i n ihrer Macht liegenden Verhaltensnormen über den Inhalt der Überwachungsarbeit kann unmittelbar auch gegenüber dem Beschäftigten durchgesetzt werden, nicht nur auf dem Umweg über das Weisungsrecht der Betreiber. Arbeitsschutzvorschriften ergehen zwar herkömmlicherweise regelmäßig an den Unternehmer und betreffen die Arbeitnehmer nur als Schutzobjekt, nicht als Adressaten 45 . Polizeirechtliche Schranken stehen einer Pflichtigkeit der Beschäftigten jedoch nicht entgegen, insbesondere auch nicht das Verbot eines Schutzes gegen sich selbst. Wenn auch die auf Grund des § 24 erlassenen technischen Vorschriften von der Ermächtigung zur unmittelbaren Verpflichtung der Beschäftigten noch keinen Gebrauch gemacht haben, so kann die rechtliche Möglichkeit doch von Bedeutimg werden, wenn — wie die Unfällforschüng fordert — die Verhütung technischer Unfälle vor allem auf dem Gebiet der menschlichen Verhaltensregelung verbessert werden muß 4 6 . A u f anderen Gebieten des Betriebsschutzes ist diese Möglichkeit ausdrücklich gegeben, so i n § 120 e I 2 GewO und i n § 708 I 2 RVO, eingefügt durch das Unfallversicherungsneuregelungsgesetz von 1963.

45 46

Zuppinger S. 79, 90; Hueck - Nipperdey, Sanders, Diss., S. 60 ff., 151.

Bd. I, S. 802, 803.

§ 10: Die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen

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§ 10: Das Regelungsobjekt des technischen Sicherheitsrechts: die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen Der Gegenstand und die eigentliche Regelungsmaterie der technischen Verordnungen werden durch § 24 I und I I I GewO bestimmt. Danach dienen sie dem Schutz vor „Anlagen, die m i t Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen". Welche A n lagen i m einzelnen als „überwachungsbedürftige Anlagen" i m Sinne dieser generalklauselartigen Legaldefinition anzusehen sind, bestimmt das Gesetz selbst i n einer detaillierten Aufzählung i n § 24 I I I . Die historische Entwicklung und die Zweckmäßigkeit dieser Regelung sind zu besprechen, vor allem aber sind die Grundsätze über die Auslegung der Anlagenbegriffe nachzuholen, die oben i n § 2 B. zurückgestellt w u r den. A. Die Verbindung einer Generalklausel mit dem Enumerationsprinzip ist neu für die Abgrenzung des Anwendungsbereichs des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen. Die ursprüngliche Regelung von 1869 beschränkte sich auf Dampfkessel. Die Fassung von 1937 stellte neben die spezielle Nennung der Dampfkessel die allgemeine Ermächtigung, daß für andere Anlagen, die m i t Rücksicht auf ihre für die Allgeineinheit bestehende Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen, entsprechende Regelungen getroffen werden könnten. Damit war das übergreifende gemeinsame Prinzip gefunden, als dessen bloßer Anwendungsfall seit 1953 auch die Dampfkessel erscheinen. Erwägt man die Bedeutung der einzelnen Anlagen i n der Geschichte der modernen Technik, so zeigt sich, daß wesentliche Meilensteine des technischen Fortschritts der letzten 150 Jahre und ein großer Teil des heutigen Bestandes der technischen Zivilisation hier ihre sicherheitstechnische Regelung finden. Die Anfänge der technischen Entwicklung, die Dampfmaschinen m i t ihren Dampfkesselanlagen, sind erfaßt 1 , wie auch die letzten Fortschritte der Technik, die Kernenergieanlagen, i m ursprünglichen Gesetz von 1953 enthalten waren und erst später spezialgesetzlich geregelt wurden. § 24 GewO wurde i m Laufe der Zeit zur sedes materiae der Sicherheitsvorschriften für die i n der Wirtschaft genutzten technischen Anlagen, deren Betrieb einer permanenten Überwachung bedarf 2 . Andererseits werden entsprechend dem allgemeinen 1 Vgl. zuerst: Allerhöchste Kabinettsorder, die Anlage und den Gebrauch von Dampfmaschinen betreffend, v o m 1. 1. 1831, pr. GS S. 2431. 2 Unter anderem werden durch § 24 z. B. geregelt: Tanklager; vgl. 25 000 Tankstellen (Merländer - Freytag - Zachen, Bd. I S. 67); alle A r t e n von A u f zügen; vgl. 70 000 Selbstfahreraufzüge (Greineri, ArbSch 1965 S. 17); ca. 46 000 Dampfkessel i n Elektrizitätswerken, Wäschereien, Landwirtschaft etc. (Greinert, ArbSch 1964 S. 199); ca. 160 000 Schankbetriebe (Mangels, V o r w o r t ) ; vgl. zu Sprühdosen: Bekanntmachung des Hess. Min. für A r b e i t v. 2.9.64,

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

Auswahlprinzip des § 24 — grob gesprochen — solche technischen A n lagen nicht erfaßt, die entweder keiner besonderen fortlaufenden Überwachung bedürfen oder Anlagen, die regelmäßig durch jedermann, d. h. nicht überwiegend i m Wirtschaftsprozeß, benutzt werden. Dazu gehören vor allem Kraftfahrzeuge und überhaupt alle technischen Verkehrsmittel. Einer Spezialregelung unterliegen außerdem die Energieanlagen nach dem Energiewirtschaftsgesetz (vgl. § 24 Abs. I I I letzter Satz) sowie Kernenergieanlagen nach dem Atomgesetz. Auch das technische Baupolizeirecht für bauliche Anlagen hat eine Spezialregelung i m Bauordnungsrecht der Länder gefunden. B. Eine besondere technische Beschreibung der einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen kann aus Mangel an technischem Fachwissen nicht gegeben werden. Für eine juristische Betrachtung kommt es auch weniger auf die technischen Einzelheiten an, als auf die Herausarbeitung der allgemeinen methodischen Gesichtspunkte für die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs der technischen Vorschriften. Dies soll i n Fortführung der oben dargestellten allgemeinen Auslegungsregeln für technische Vorschriften sowie i n Anlehnung an die i n Rechtsprechung und Literatur zu § 16 GewO entwickelten, auch für § 24 verwendbaren Grundsätze nunmehr unternommen werden. I. Für die Auslegung der i n § 24 I I I sowie i n den Durchführungsverordnungen verwendeten technischen Bezeichnungen der Anlagen ist daran zu erinnern, daß sie nicht nach technischen Kriterien vorgenommen werden kann, sondern daß es für die juristische teleologische Begriffsbildung allein auf die für die rechtliche Regelung maßgebenden Zwecke — d. h. hier auf die Gefahrenabwehr — ankommt 3 . Solange eine technische Einrichtung dem Typ einer durch die techniArbSch 1964 S. 371; f ü r die nähere Z u k u n f t ist z. B. an eine Einbeziehung der überall i n Übung kommenden Bäulastkräne gedacht. 8 F ü r lästige Anlagen nach § 16 GewO: P r O V G v. 14.12'. 1922, Reger Bd. 43 S. 397 ff., 400; RGZ v. 16. 2.1922, Bd. 104 S. 81 ff., 83; O L G München v. 22.12. 1885, Reger Bd. 6 S. 376 ff., 377; L V G K ö l n v. 17.12.1956, GewArch 1957 S. 128 ff., 130; vgl. B V e r w G v. 10.7. 64, GewArch 1964 S. 244 ff., 245; B G H v. 23.12. 66, N J W 1967 S. 1131 ff., 1132; Berschel, ArbSch 1956 S. 264; a. A.: OVG Münster v. 12. 8.1959, AS Bd. 15 S. 140 ff., 143; Die Bezugnahme des OVG Münster auf das bekannte U r t e i l des P r O V G v. 17. 4.1916, Bd. 71 S. 394 ff. = Reger Bd. 37 S. 121 ff. (s. dazu auch oben § 5 A . I.) zur Stützung seiner Ansicht, daß es f ü r die Auslegung der Anlagenbegriffe nach § 16 GewO allein auf die technische N a t u r der Anlagen ankommt, nicht aber auf die der ratio entsprechende spezifische Gefährlichkeit, geht fehl. Das P r O V G a.a.O. S. 129 stellte n u r deshalb auf die „technische N a t u r " der Anlagen ab, w e i l es herausarbeiten wollte, daß die „gewerbliche" oder „nichtgewerbliche" Verwendung f ü r § 16 unerheblich ist, also auch Anlagen der öffentlichen V e r w a l t u n g erfaßt werden — eben w e i l die „Gefahren" dieser Anlagen dieselben sind (S. 130). Damit ist i m Gegenteil das K r i t e r i u m der Gefährlichkeit (in abstracto) als Auslegungsrichtschnur anerkannt (vgl. Drews - Wacke S. 293).

§ 10: Die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen

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sehen Vorschriften geregelten Anlage i n ihrer spezifischen Gefährlichkeit entspricht 4 , solange kommt es nicht darauf an, ob die technische Wissenschaft sie als Anlage anderer A r t bezeichnet, etwa wegen neuerer, juristisch aber irrelevanter Konstruktionselemente. Deshalb können auch technische Neu- und Weiterentwicklungen durch die alten Begriffsbildungen noch gedeckt sein 5 . Die herrschende Meinung zur Regelung des § 16 drückt dies so aus, daß es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf die Natur der Anlagen ankommt 6 . Wenn i m Rahmen des § 16 für die Bestimmung des Inhalts der technischen Begriffe generell auf die Verkehrsanschauung und den allgemeinen Sprachgebrauch verwiesen w i r d 7 , so w i r d dieses Auslegungsmittel allerdings bei komplizierten Sachverhalten regelmäßig versagen, da wie dem Laien die Anschauung, so der Umgangssprache die Ausdrucksmöglichkeit fehlt. Die ratio der Rechtsvorschriften muß entscheiden. II. Bedeutsame Folgerungen für die Abgrenzung des sachlichen A n wendungsbereichs der technischen Vorschriften ergeben sich aus dem Verhältnis der Enumeration i n § 24 I I I zur Generalklausel des § 24 I : Nämlich einmal für die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung der Begriffe der Anlagenliste, zum anderen für die Zulässigkeit analoger Einbeziehung von nicht i n der Liste aufgeführten Anlagen. a) Da die Anlagen des § 24 I I I nach dessen ausdrücklichem Wortlaut überwachungsbedürftige Anlagen „ i m Sinne des Abs. I " sein müssen, d. h. nach der Legaldefinition „ m i t Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit" ausgewählt wurden, können Anlagen nur insoweit durch die technischen Vorschriften geregelt werden, als sie i m Sinne des Polizeirechts „abstrakt gefährlich" sind. N u r u m der einfacheren Ausdrucksweise willen dehnt das Gesetz i n § 24 I I I den Kreis der überwachungsbedürftigen Anlagen scheinbar ohne Rücksicht auf die abstrakte Gefährlichkeit der Anlagen aus — was an sich i n der Macht des Gesetzes stünde. Die notwendige, aus dem Zusammenhang des § 24 I I I zu § 24 I folgende Einengung ergibt aber die Gesetzesauslegung. Soweit das Gesetz den Durchführungsverordnungen die nähere Abgrenzung der Anlagen überläßt, können m i t h i n nicht unterschiedslos alle Anlagen den tech4 Vgl. zur Anpassung des überholten Anlagenkatalogs zu § 16: Landmann Rohmer § 16 A n m . 62. 5 B V e r w G v. 5.2.1960, GewArch 1960 S.253; L V G K ö l n , a.a.O., GewArch 1957 S. 130; OVG Münster v. 12. 8.1959, AS Bd. 15 S. 140 ff., 141. 6 Landmann - Rohmer § 16 A n m . 58, 17; Fuhr § 16 A n m . 2 c); Nelken, Bd. I, S. 355; BVerwG, a.a.O., GewArch 1960 S. 253; OVG Münster, a.a.O., Bd. 15 S. 141; Bay V G H v. 27. 9. 49, DÖV 1950 S. 64. 7 Landmann - Rohmer § 16 A n m . 58; Fuhr § 16 A n m . 2 c); L V G Köln, a.a.O., S. 129, vgl. aber S. 130.

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

nischen Verordnungen unterworfen werden 8 , sondern nur solche, die allgemein m i t Wahrscheinlichkeit — typischerweise — Gefahren m i t sich zu bringen pflegen. Damit ist einer allzu ausdehnenden Auslegung der Begriffe des § 24 Abs. I I I durch Rückgriff auf den Gefahrenabwehrzweck vorgebeugt 9 . Die Verordnungsgebung entspricht diesem Rechtserfordernis durch die Schaffung unterschiedlicher Gefahrenklassen bei den einzelnen A n lagen und nimmt weniger gefährliche ganz von ihrer Regelung aus. Die Ansichten zu § 16 tragen dem K r i t e r i u m abstrakter Gefährlichkeit i n anderer Weise stillschweigend dadurch Rechnung, daß sie den Begriff der „Anlage" näher eingrenzen und die für die Abwehr der Emissionsgefahren unbedeutenden Einrichtungen (vor allem die nur vorübergehend aufgestellten Anlagen) davon ausnehmen 10 . Auch w i r d betont, daß es nicht auf die konkrete i m Einzelfall bestehende Gefährlichkeit einer Anlage ankommt, sondern daß die Zugehörigkeit zu einem allgemein, abstrakt als gefährlich geltenden Anlagetyp ausreicht 1 1 — und wie zu ergänzen wäre: notwendig ist. Dies gilt auch für die Anlagen des § 24; jedoch kommt es für die Brand- und Explosionsgefahren nicht auf eine auf die Dauer angelegte Einrichtung der A n lagen an 1 2 . b) Aus dem Verhältnis von § 24 I, der generellen Definition der überwachungsbedürftigen Anlagen, zu § 24 I I I , der enumerativen Nennung der vom Gesetz als überwachungsbedürftig angesehenen Anlagen, folgt weiter die Unzulässigkeit analoger Erstreckung der Ermächtigung auf ungenannte, wenngleich tatsächlich der Überwachung bedürftige Anlagen. Die Möglichkeit einer Analogie würde voraussetzen, daß ein nach dem Plan des Gesetzgebers umfassend geregelter Normenkomplex sich als lückenhaft erweist, d. h. für einzelne, an sich einer Regelung harrende Fragen tatsächlich keine Regelung enthält 1 8 . Die allgemeine Gefährlichkeit einer Anlage i m Sinne des §24 I, die insoweit gegebene Vergleichbarkeit eventuell nicht geregelter m i t den i n der Enumeration aufgeführten Anlagen, soll aber nach dem durch die A u f 8 W ü r t t . Bad. V G H v. 19.4.51, Verw. Rspr. Bd. 4 S. 440 ff., 445; vgl. OVG Lüneburg v. 17.10. 63, Verw. Rspr. Bd. 16 S. 661 ff., 662, 663; a. A.: Fuhr § 24 A n m . 1 a), w o allerdings u n k l a r bleibt, ob n u r der E i n w a n d konkreter Ungefährlichkeit oder auch das Vorbringen abstrakter Ungefährlichkeit ausgeschlossen sein soll. • Vgl. Drews - Wacke S. 293. 10 Landmann - Rohmer § 16 A n m . 18, 19; Fuhr § 16 A n m . 1 a), am Ende. 11 OVG Münster, a.a.O., S. 143; Fuhr § 16 A n m . 2d). 12 Landmann - Rohmer § 24 Anm. 4; Fuhr § 24 Anm. 1 b); v. Busch - Trabandt S. 38. 13 Larenz, Methodenlehre, S. 279, 282, 285, 286; Dahms S. 50.

§ 10: Die einzelnen überwachungsbedürftigen Anlagen

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Stellung der Spezialliste zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzes allein noch nicht die analoge Ausdehnung der Ermächtigung zu technischen Vorschriften auf sie rechtfertigen. Die Enumeration ist ihrem Zweck nach bewußt als abschließend und erschöpfend, nicht als nur beispielhafte Aufzählung gedacht. Möglicherweise m i t Rücksicht auf eine sich angeblich aus A r t . 80 GG ergebende Notwendigkeit der Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung oder m i t Rücksicht auf die Kompetenzen der Länder, w i l l der Bundesgesetzgeber selbst durch die Enumeration die Ergänzung der einzelnen Typen überwachungsbedürftiger Anlagen i n der Hand behalten. Die Regelung nimmt eine etwa entstehende Regelungslücke i n Kauf und läßt also eine analoge Ausdehnung nicht zu 1 4 . C. Die Zweckmäßigkeit der Regelung könnte unter einem doppelten Aspekt gerügt werden: einmal w e i l i m Ergebnis eine spezielle Enumeration den Umfang der Regelung bestimmt, zum anderen weil diese Enumeration durch ein formelles Gesetz festgelegt wird. I. Die Zweckmäßigkeit eines abschließenden Spezialkatalogs w i r d für die zivilrechtlichen Probleme der Gefährdungshaftung für gefährliche Anlagen bezweifelt 15 . Denn hier läßt ein einheitliches Schadensausgleichsprinzip i m allgemeinen gleichartige Lösungen zu. Das Prinzip des numerus clausus für die (noch) nicht i n die Regelung einbezogenen Anlagen führt zu wenig angemessenen Ergebnissen. Aber wenn auch die derzeitige privatrechtliche Praxis der Gefährdungshaftungstatbestände m i t ihrer Fülle spezialgesetzlicher Lösungen zur K r i t i k herausfordert, die öffentlichrechtliche Seite des Problems — die polizeilichen Sicherheitsforderungen an gefährliche Anlagen — läßt sich wegen der unabweislich perfektionistischen, den einzelnen Gefahren der Anlagen angepaßten Regelung des Sicherheitsrechts nicht anders als durch Spezialregelungen lösen. Den einzelnen Anlagen muß notwendig eine ihnen jeweils adäquate Sicherheitsregelung entsprechen. I I . N u r darüber könnte gestritten werden 1 6 , ob die Fixierung des Spezialkatalogs durch ein förmliches Gesetz zweckmäßig ist oder ob nicht zur Erleichterung der Anpassungsfähigkeit diese Bestimmung dem Verordnungsgeber überlassen werden sollte. Das Grundgesetz fordert die formellgesetzliche Festlegung nicht 1 7 . Entsprechend wurde etwa 14

Vgl. f ü r Anlagen nach § 16: Landman - Rohmer § 16 A n m . 14, 55; § 24 Anm. 4,10; Fuhr § 16 A n m . 2 a), § 24 A n m . l a ) ; v. Busch - Trabandt S. 33, 37, 50; RG, a.a.O., Bd. 104 S. 82; Bay V G H , a.a.O., S. 64; OVG Münster, a.a.O., Bd. 15 S. 141. 15

Zweigert

16

Schäfer, Diss., S. 168.

17

siehe oben § 6 A . I. b).

- Kötz S. 59, 60, 61.

144

1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

die Aufstellung der Enumerativliste zu § 16 GewO 1 8 dem Verordnungsgeber überlassen.

18 Landmann Diss., S. 162.

- Rohmer

§ 16 A n m . 3, 56, 57; Fuhr, § 16 A n m . 2 b); Schäfer,

§ 11: Der sachliche Geltungsbereich des Sicherheitsrechts

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§ 11: Der sachliche Geltungsbereich des technischen Sicherheitsrechts Der sachliche Geltungsbereich der Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen w i r d durch § 24 I I GewO und § 6 GewO abgegrenzt. Gemäß § 24 I I gilt die Ermächtigung des § 24 I „auch für A n lagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen, sofern sie i m Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden oder soweit es der Arbeitsschutz erfordert". Die Formulierung der Vorschrift ist i n ihrer Negation und den einschränkenden Nebensätzen schwerfällig und auf den ersten Blick nicht eben durchsichtig. Der Auslegung des § 24 I I rein aus dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang soll der Rückgriff auf die Entstehungsgeschichte der Abgrenzungsregelung folgen, die erst den eigentlichen Sinn und Zweck des § 24 I I deutlich werden läßt. A. Die Schwierigkeiten der Auslegung beginnen damit, daß es heißt: „Absatz 1 gilt ,auch* für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen." Diese Ansicht würde voraussetzen, daß Abs. 1 an sich nur für Anlagen gilt, die gewerblichen Zwecken dienen. Tatsächlich spricht aber Abs. 1 schlechthin von „Anlagen, die m i t Rücksicht auf ihre Gefährlichkeit einer besonderen Überwachung bedürfen." Daß damit nur gewerbliche Anlagen gemeint sind, entspricht weder dem Wortlaut noch dem Gefahrenschutzzweck der Vorschrift, ließe sich allenfalls aus ihrer Stellung i n der Gewerbeordnung herleiten, ist aber nicht m i t der jahrzehntelangen Auslegung der insoweit nicht abweichend formulierten Vorgänger dieses Paragraphen zu vereinbaren 1 . M i t dieser durch das Wörtchen „auch" verursachten Unklarheit über den sachlichen Geltungsbereich des § 24 hängt eine weitere zusammen. Für eine selbständige Festlegung des Geltungsbereiches ist es wenig sinnvoll zu sagen, daß die Vorschriften einerseits zwar für alle A n l a gen gelten sollen, ganz gleich ob sie gewerblichen oder „nichtgewerblichen" Zwecken dienen, andererseits aber doch wieder auf ein einschränkendes K r i t e r i u m der Verwendung abzustellen, nämlich auf die Verwendung i n „wirtschaftlichen Unternehmen". Beide Kriterien für den Geltungsbereich der Ermächtigung stellen gleichermaßen darauf ab, ob es für die Gefahrenbekämpfung auf den Verwendungszweck der gefährlichen Anlagen ankommen soll. Durch die Erstreckung der Ermächtigung auch auf Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen, w i r d der Geltungsbereich unter Absehen von jeder Bindung an die Verwendung umfassend festgelegt; dadurch, daß die Ermächtigung nur für Anlagen gelten soll, die i m Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, w i r d der Geltungsbereich der Ermächtigung aber wieder entscheidend eingeschränkt. Die Vorschrift „gibt m i t h i n und 1

siehe oben § 5 A . I .

io PUschka

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

nimmt zugleich", wo es präziserweise nur der Festlegung des einen entscheidenden Kriteriums bedurft hätte — nämlich der sich aus dem einschränkenden Nebensatz ergebenden Beschränkung der Ermächtigung. Das erste Abgrenzungskriterium scheint überflüssig zu sein. B. Mittels einer bloßen Wortinterpretation kann das Verhältnis von Haupt- und Nebensatz i n § 24 I I S. 1 und der Sinn des sehr vagen und i n die Gewerbeordnung erstmalig 2 aufgenommenen Begriffs der „ w i r t schaftlichen Unternehmung" kaum geklärt werden. Die Zusammenhänge zwischen den anscheinend zusammenhanglos gebrauchten Begriffen des § 24 I I werden erst durch eine Betrachtung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes deutlich. Der Entwurf der Bundesregierung zu § 24 I I lautet: „Abs. 1 gilt auch für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen 3 ." I n der Regierungsbegründung hieß es dazu, der Absatz solle die schon nach bisherigem Recht umfassende Anwendbarkeit der Ermächtigung des § 24 klarstellen 4 . Damit sollte also an die traditionelle Auslegung angeknüpft werden, wonach es für § 24 nicht auf die konkrete wirtschaftliche Verwendung, sondern allein auf die technische Natur der Anlage ankommt 5 . Schon für diesen ersten Regierungsentwurf spielte die Frage nach der Kompetenz des Bundes eine wesentliche Rolle, die die Bundesregierung allerdings noch i m Rahmen des § 24 I, nicht i n Absatz I I lösen zu können glaubte. Die Kompetenz des Bundes sollte insbesondere dam i t begründet werden, daß der Arbeitsschutzcharakter der technischen Vorschriften i n den Vordergrund gerückt wurde (vgl. A r t . 74 Ziff. 12 GG)*, obwohl § 24 i n seinen bisherigen Fassungen noch niemals den Schutz der Beschäftigten als den eigentlichen Gesetzeszweck bezeichnet hatte, vielmehr die Fassung von 1938 ausschließlich auf den Schutz der Allgemeinheit abgestellt hatte und die eigentlichen Arbeitsschutzbestimmungen i n der Gewerbeordnung ihren systematischen Platz stets hinten i m siebenten Abschnitt hatten. Der Bundesrat jedoch bestand darüber hinaus i m ersten Durchgangsverfahren auf einer Änderung des Abs. I I des § 24, die die Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs i n der jetzt vorliegenden Fassung brachte 7 . Ursprünglich sollte Abs. I I nach den Vorschlägen des Rechts2

Landmann - Rohmer § 16 A n m . 27. Bundestagsdrucksachen, 1. Wahlperiode, 1949, Nr. 4170 S. 3. 4 BTagsDrucks. 1. Wahlperiode, Nr. 4170 S. 11. 5 siehe oben § 5 A . I. 6 BTagsDrucks. a.a.O. S. 9. 7 BTagsDrucks. a.a.O. S. 23 (Änderungsvorschläge des Bundesrates); Land' mann - Rohmer § 24 A n m . 6. 3

§ 11: Der sachliche Geltungsbereich des Sicherheitsrechts

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ausschusses des Bundesrates sogar lauten: „Abs. I gilt auch für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen, soweit sie i n wirtschaftlichen Unternehmungen Verwendung finden." Erst ein Änderungsvorschlag Niedersachsens machte darauf aufmerksam, daß diese m i t Rücksicht auf eine angeblich enge Bundeszuständigkeit gewählte Fassung übersehe, daß der Bund gemäß A r t . 74 Ziff. 12 GG auch die Zuständigkeit zur Regelung des Arbeitsschutzes besitze 8 . Die beiden ungleichen Anhängsel an die ursprüngliche Fassung des Gesetzentwurfs sind m i t h i n aus der Sorge u m die Wahrung der Länderkompetenzen entstanden. Insoweit mag ihr Sinn deutlich sein, i m übrigen berücksichtigen sie durch das bloße Anhängen von Ausnahmen nicht genügend die Struktur des Gesetzentwurfs der Bundesregierung. Dieser war auf eine umfassende Geltung der Ermächtigung zugeschnitten, die Länder wollten aber sachliche Begrenzungsmerkmale. Indem beide auseinanderlaufenden Absichten einfach nebeneinander gestellt wurden, kam es zu der etwas verbauten Regelung des § 24 I I . Gewollt war i m Entwurf nur eine deklaratorische Anknüpfung an die herrschende traditionelle Auslegung, zustande gekommen ist aber schließlich durch die Einfügung neuer begrifflicher Abgrenzungsmerkmale eine konstitutive Festlegung und Einschränkung des sachlichen Geltungsbereichs der Ermächtigung. Sie muß nunmehr als bindender Gesetzesspruch aus ihrem eigenen Sinnzusammenhang heraus ausgelegt werden. C. Mangels eines sicheren, feststehenden Bedeutungsinhaltes der Begriffe hat die Auslegung von der Tatsache auszugehen, daß die Einschränkungen des Anwendungsbereichs m i t Rücksicht auf die grundgesetzliche Abgrenzung von Bundes- und Länderkompetenzen erfolgten. Von dort her sind die Begriffe zu verstehen®. Indem man auf die Verwendung i n wirtschaftlichen Unternehmungen abstellte, wurde an die Bundeskompetenz zur Regelung des „Rechts der Wirtschaft" angeknüpft; indem man das Arbeitsschutzerfordernis zum Abgrenzungsmerkmal erhob, hatte man die Bundeskompetenz zur Regelung des „Arbeitsschutzes" i m Auge. Nicht ein Zurückgreifen auf volkswirtschaftliche Begriffsbildungen 1 0 lag m i t h i n i m Willen des Gesetzgebers, auch nicht die Analogie zu Unternehmensbegriffen i n an8 Sitzungsberichte des Bundesrates, 96. Sitzung, 1952, S. 539 A ; BRatsDrucks. Nr. 435/4/52 S. 1 = Nr. 435/52 S. 2. 9 Vgl. Niederschrift über die Besprechung von Rechtsfragen aus der Durchführung der Paragraphen 16—25 GewO am 13. u n d 14. J u l i 1961 i m Bundesarbeitsministerium S. 1, 2, 3; vgl. M i n B l Nordr. Westf. 1961 S. 1700; von Ebner, GewArch 1963 S. 241, 242; v. Busch - Trabandt S. 49; M i n . Erlaß Bayern v. 16. 4. 1962, ArbSch 1962 S. 157 Ziff. 2. 10 M i n . Erlaß Nordr. Westf. v. 23.10. 61, ArbSch 1962 S. 2 Ziff. 2.4; vgl. aber Fuhr, Einleitung, Abschn. B I ; Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 43.

10*

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

deren Gesetzen — w i e später etwa i m Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (§ 1) oder i m Hecht der verbundenen Unternehmen (§§ 281 ff. Aktiengesetz) —, sondern die A n k n ü p f u n g an Begriffe des Grundgesetzes. Einen M i t t e l w e g zwischen wirtschaftswissenschaftlicher u n d juristischer Begriffsbildung schlägt Nöthlichs 11 ein. Der Beg r i f f des „wirtschaftlichen Unternehmens" w i r d von i h m unter Rückgriff auf wirtschaftswissenschaftliche Lehrmeinungen gebildet; da er aber anerkennt, daß verfassungsrechtliche Kompetenzgründe die U r sache dieser Begriffsbildung waren, schränkt er den gefundenen Unternehmensbegriff auf diejenigen Unternehmen ein, die auf Gebieten der Bundeskompetenz t ä t i g werden, welche wiederum hauptsächlich der K l a m m e r a u f zählung von Wirtschaftsbereichen i n A r t . 74 Ziff. 11 GG entnommen werden. Der unmittelbare Rückgriff auf den umfassenden Begriff des „Rechts der Wirtschaft" i n A r t . 74 Ziff. 11 GG u n d die A n lehnung des Unternehmensbegriffes hieran scheint jedoch dem W i l l e n des Gesetzgebers eher zu entsprechen. Weiterhin muß bei der Auslegung des § 24 I I bedacht werden, daß der Bundesrat die Bundeskompetenz zur Regelung des Rechts der W i r t schaft nach der hier vertretenen Ansicht unnötig r e s t r i k t i v auslegte. Schon die ursprüngliche Fassung des Regierungsentwurfs w a r durch die Kompetenz zur Regelung des Rechts der Wirtschaft gedeckt. Auch ist der Bundesrat i n der Folgezeit von seiner ursprünglichen restrikt i v e n Auslegung abgegangen. Angesichts dieser Verfassungslage u n d der i n § 5 A ) I erwähnten Gründe f ü r die umfassende A n w e n d u n g des § 24 (nämlich der Gleichartigkeit der Gefahrenlage) erscheint eine w e i te Auslegung 1 2 gerechtfertigt. Die Auslegung des § 24 I I hat m i t h i n seine Verfassungsbezogenheit zu beachten; eine extensive Auslegung erscheint angebracht. Diese Abhängigkeit des sachlichen Anwendungsbereichs der Gewerbeordnung von der Verfassungsordnung ist nicht neu. Schon i n der Begründung zu § 6 GewO 1 3 , der den sachlichen Anwendungsbereich der Gewerbeordnung regelt, heißt es, daß die Herausnahme einzelner Sachgebiete sowohl m i t Rücksicht auf bundeseinheitliche Spezialregelungen erfolge, als auch m i t Rücksicht auf die den Gliedstaaten nach der Reichsverfassung verbliebenen Zuständigkeiten. Ähnliche Gesichtspunkte spielen auch sonst i m Gewerberecht, z. B. bei der Definition des Gewerbes eine Rolle 1 4 . Das heute i m m e r wieder verwendete K r i t e r i u m 11

Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 43, 44. Vgl. Min. Erlaß Bayern ArbSch 1962 S. 157 Ziff. 1). 18 Motive zum E n t w u r f der Gewerbeordnung: Drucksachen des Reichstages des Norddeutschen Bundes von 1869, Nr. 13 S. 50, 51. 14 Landmann - Rohmer, Einleitung, Ziff. 87, 88; Fuhr, Einleitung, Abschn. 12

DI.

§ 11: Der sachliche Geltungsbereich des Sicherheitsrechts

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der „wirtschaftlichen Unternehmung" 1 5 ist Ausdruck der gewandelten Verfassungslage, die nicht mehr allein auf den „Gewerbetrieb" wie A r t . 4 RV oder das „Gewerbe" wie A r t . 7 WRV abstellt, sondern das „Recht der Wirtschaft" der bundeseinheitlichen Regelung zuweist. I. Wirtschaftliche Unternehmungen sind m i t h i n — i n Anlehnung an die Definition des „Rechts der Wirtschaft" i n A r t . 74 Ziff. 11 GG — Einrichtungen (Zusammenfassungen von persönlichen und sächlichen Mitteln), die sich m i t der Erzeugung, Herstellung oder Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs — sei es von Sachgütern oder sonstigen Leistungen — befassen und am Wirtschaftsverkehr teilnehmen 1 6 . Die Änderung, die i n der Abkehr vom Begriff des Gewerbebetriebes liegt, kommt vor allem darin zum Ausdruck, daß allein auf den Produktions- oder Verteilungszweck der Einrichtung, auf die Erbringung wirtschaftlicher Leistungen abgestellt wird, nicht aber auf die Rechtsform des Betriebes und seiner geschäftlichen Betätigung. Er kann also privatrechtlich oder öffentlichrechtlich ausgestaltet sein 17 . Damit w i r d der Entwicklung Rechnimg getragen, daß neben der Privatwirtschaft auch der Staat als Wirtschaftssubjekt auftritt, und zwar nicht nur als privater Unternehmer durch fiskalisches Handeln, sondern auch als Erbringer von Versorgungsleistungen — sei es i n privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Rechtsform. Entsprechend heißt es schon i n § 2 Abs. I I des Energiewirtschaftsgesetzes, der auch den Geltungsbereich der dort auf Grund des § 13 I I des Gesetzes ergangenen technischen Sicherheitsvorschriften abgrenzt: „Energieversörgungsunternehmen i m Sinne dieses Gesetzes sind ohne Rücksicht auf Rechtsform und Eigentumsverhältnisse alle Unternehmen und Betriebe, die andere m i t . . . versorgen." Die Frage, ob auch öffentlichrechtlich organisierte Versorgungsunternehmen — etwa der Gemeinden — i n den Geltungsbereich der technischen Sicherheitsvorschriften fallen, muß m i t h i n bejaht werden. Nicht zu den „wirtschaftlichen Unternehmungen" i m Sinne des § 24 I I zählen aber die rein privaten Endabnehmer der technischen Anlagen, ferner nicht die hoheitliche, auf die Erbringung nichtwirtschaftlicher Leistungen eingerichtete Verwaltung, z. B. der Bundeswehr, und schließlich zählen auch nicht hierher die landwirtschaftlichen Betriebe. Rein begrifflich könnten landwirtschaftliche Betriebe zwar auch als wirtschaftliche Unternehmungen angesehen werden. Diese Auffassung würde jedoch nicht genügend die methodische Abhängigkeit des 15

Vgl. § 16 I I GewO. M i n . Erlaß Bayern, a.a.O., Ziff. 2a); v. Ebner, GewArch 1963 S. 242; i n der Sache ebenso Landmann - Rohmer § 16 A . 27, § 24 A n m . 6. 17 Landmann - Rohmer, a.a.O; v. Ebner, GewArch 1963 S. 243. 16

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1. Teil, 3. Kap.: Die Voraussetzungen der gesetzlichen Ermächtigung

§ 24 I I GewO von der Auslegung des A r t . 74 Ziff. 11 GG berücksichtigen. Zum Recht der Wirtschaft gehört wegen der Sonderregelung des A r t . 74 Ziff. 17 GG nach einhelliger Meinung auch bei weitester Auslegung nicht das Recht der Landwirtschaft. Landmann - Rohmer meinen, daß die Abhängigkeit der Auslegung von A r t . 74 Ziff. 11 GG einer Einbeziehung der landwirtschaftlichen Betriebe nicht entgegenstehe, da nach richtiger Auslegung des A r t . 74 Ziff. 11 GG die Zuständigkeit zur Regelung des Rechts des Gewerbes umfassend und unabhängig von den Verwendungszwecken sei 18 . Einmal knüpft jedoch der Begriff „wirtschaftliche Unternehmung" ersichtlich nicht an den Begriff „Gewerbe", sondern an „Wirtschaft" i n A r t . 74 GG an, zum andern stimmt diese „richtige" Auslegung der Bundeskompetenz nicht m i t der Auffassung des Gesetzgebers des § 24 I I überein, der für die Auslegung des Gesetzes der Vorzug vor den dem Wandel unterworfenen Verfassungsauslegungen eingeräumt werden muß (vgl. aber II). I I . Soweit nicht von einer Verwendung i m Rahmen wirtschaftlicher Unternehmen gesprochen werden kann, muß auf die Frage abgestellt werden, ob Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes eingreifen 19 . Sobald Beschäftigte, d. h. Arbeitnehmer i m Sinne des Arbeitsrechts (Art. 74 Ziff. 12 GG) durch die Gefahren der überwachungsbedürftigen Anlagen betroffen werden können, kann auch für die Betreiber der Anlagen die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften vorgeschrieben werden. Gerade u m auch die Landwirtschaft i n den Anwendungsbereich einzubeziehen, wurde durch den Bundesrat noch das Arbeitsschutzerfordernis i n § 24 I I hinzugefügt, so daß auch landwirtschaftliche Arbeitnehmer geschützt werden 2 0 . Eine ausdrückliche Anwendbarkeit der technischen Vorschriften auf Betriebe der Viehzucht und Fischerei ordnet ohne Begrenzung auf die Notwendigkeit eines Arbeitsschutzerfordernisses darüber hinaus § 6 GewO an. Durch diese Ausdehnung des sachlichen Anwendungsbereichs werden auch nichtwirtschaftliche, sozialen und kulturellen Zwecken dienende Betriebe, wie z. B. Krankenhäuser, regelmäßig erfaßt werden können 2 1 . I I I . Soweit aber auch keine Arbeitnehmer durch den Betreiber überwachungsbedürftiger Anlagen, der auch nicht ein wirtschaftlicher Unternehmer ist, beschäftigt werden, kann die Geltung der technischen 18 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 6, § 16 A n m . 25; Merländer - Freytag Zachen, B d I, S. 36; v. Busch - Trabandt S. 49; so auch Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 48. 19 Vgl. Min.Erlaß Hessen v. 9.9.64, ArbSch 1965 S. 2. 20 BTagsDrucks. 1949, Nr. 4170, S. 23; Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 46; Deutschbein, R d A 1952 S. 463. 21 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 6, § 16 A n m . 27; Nöthlichs, ArbSch 1961 S. 48.

§ 11: Der sachliche Geltungsbereich des Sicherheitsrechts

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Vorschriften auf Grund der Ermächtigung des § 24 nicht angeordnet werden. Vor allem rein private Betreiber, die ausschließlich die Allgemeinheit gefährden könnten, werden durch die Bundesratsfassung des § 24 I I ausgenommen. Auch staatliche technische Verwaltungen, die ausschließlich hoheitlichen Zwecken dienen, fallen nicht unter § 24 I I . I n Ansehung der Bundeswehr heißt es i n den Durchführungsverordnungen zu § 24 vielfach 22 , daß die Verordnungen nur Anwendung finden, wenn zivile Arbeitnehmer beschäftigt werden. Diese Begrenzung stellt nicht etwa nur eine mangelnde Ausnutzung des Ermächtigungsrahmens aus Zweckmäßigkeitserwägungen der Geheimhaltung und militärischen Sicherheit dar 2 3 , sondern eine Ausdehnung des Geltungsbereichs auch auf die ausschließliche Beschäftigung von Soldaten ist nach dem derzeitigen Ermächtigungsrahmen des § 24 I I — trotz Bundeszuständigkeit gemäß A r t . 73 Ziff. 1 GG — rechtlich nicht möglich 24 . Ansatzpunkte für eine an sich wünschenswerte extensive Auslegung des § 24 I I sind nicht ersichtlich. Die entgegenstehende positive Entscheidung des Gesetzes kann nicht mit dem Hinweis auf die herkömmliche umfassende Anwendbarkeit außer K r a f t gesetzt werden. D. Einschränkungen des Geltungsbereichs der technischen Vorschriften ergeben sich schließlich für Sachbereiche, auf denen die Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes zwar gegeben sind, bei denen aber besondere sachliche Gründe für eine Herausnahme aus der allgemeinen Regelung sprechen. Z u diesen „Bereichsausnahmen" des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen gehören die Deutsche Bundesbahn mitsamt den übrigen nicht bundeseigenen Eisenbahnen 25 und der Bergbau 2 6 . Die Bundesbahn als größtes technisches Unternehmen hat selbst einen Überwachungsapparat entwickelt. Der Bergbau unterliegt traditionell der besonderen Bergaufsicht. Für die Energieanlagen i m Sinne des § 2 I des Energiewirtschaftsgesetzes gelten technische Vorschriften schon auf Grund des § 13 I I dieses Gesetzes und schließen die Anwendung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen für bestimmte Anlagetypen aus (vgl. § 24 I I I letzter Satz) 27 . 12 § 1 I V DampfkesselVO; § 1 I I V O elektr. Anlagen; § 1 I V V O f ü r brennbare Flüssigkeiten. 23 Vgl. Bullinger, Mineralölfeuerleitungen, S. 91; Zierlein, ArbSch 1964 5. 107. 24 Landmann - Rohmer § 16 A n m . 27; Erlaß des B M i n . f ü r Verteidigung v. 6. 5. 64, ArbSch 1964 S. 177. 25 § 24 I I 2. Satz, ebenso § 41 BBahnGes.; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 7; Greinert, ArbSch 1962 S. 19, 20; vgl. dazu B V e r w G v. 20. 5.1958, GewArch 1959/60 S. 10. 20 § 6 I Satz 2, 1. Halbsatz; vgl. dazu Landman - Rohmer § 24 A n m . 6 a. E.; Amann, Diss., S. 19—21. 27 Gerth, DÖV 1961 S. 52, 54; vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 8.

2.

Teil

Das Uberwachungsverhältnis § 12: Das Überwachungsverhältnis im allgemeinen Der Name schon weist darauf h i n und die Prüfung der Besonderheiten der Gefahren überwachungsbedürftiger Anlagen hat gezeigt 1 , daß die Eigenart dieser Anlagen und des für sie geschaffenen Sicherheitsrechts i m Überwachungssystem liegt. Die Anlagen werden von einem engmaschigen Netz vielfältiger, der Intensität nach abgestufter polizeilicher Aufsichtsmittel erfaßt. Der näheren Ausgestaltung dieses Überwachungsverhältnisses ist der überwiegende Teil der Bestimmungen der staatlichen Durchführungsverordnungen zu § 24 GewO gewidmet. Diese Bestimmungen lassen eine weitgehende Parallelität der Aufsichtsmittel für die einzelnen Arten der überwachungsbedürftigen Anlagen erkennen. Das Überwachungssystem soll systematisch nach den beteiligten Parteien — überwachenden und überwachten —, nach seinem Inhalt und dem Aufsichtsmaßstab sowie nach dem Bestand von Befugnissen beschrieben und damit i n seiner Eigentümlichkeit erkannt werden. A. Die Überwachung der gefährlichen Anlagen nach § 24 teilen sich mehrere Stellen — staatliche und private. I. § 24 d 1 weist die Aufsicht über die Ausführung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen den Gewerbeaufsichtsämtern zu. Das sind staatliche Behörden der Länder, Sonderpolizeibehörden, die nicht zur kommunalen Ordnungsverwaltung gehören 2 . Für Anlagen i m Bereich der Bundesverwaltung bestimmen die Durchführungsverordnungen i n Ausführung des § 24 d 3, daß Aufsichtsbehörde für Anlagen der Deutschen Bundespost, der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes sowie der Bundeswehr der zuständige Bundesminister oder die von i h m bestimmte Stelle ist 3 . Für die sonstigen Anlagen der Bundesverwaltung sind wiederum die Gewerbeaufsichtsämter zuständig. 1

siehe oben § 8 B. I I a). Vgl. dazu die Dissertation von Amann: Funktionen u n d Organisation der Gewerbeaufsicht; Wietfeldt, ArbSch 1960 S. 83 ff. ; s. auch z.B. Dienstanweisung f ü r die hessische Gewerbeaufsichtsverwaltung, ArbSch 1959 S. 185. 3 § 30 DampfkesselVO; § 19 V O Aufzüge; § 6 T V Aufzüge; § 19 V O für brennbare Flüssigkeiten; § 16 V O elektr. Anlagen; vgl. § 155 I I I GewO. 2

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Z u der staatlichen Seite der Aufsicht zählen weiter die i n § 24 I 2, § 24 a I angedeuteten Erlaubnisbehörden, deren Aufgaben gemäß den Ausführungsvorschriften der Länder den Gewerbeaufsichtsämtern übertragen sind 4 . II. Einen wesentlichen Teil der Aufsichtstätigkeit, nämlich die regelmäßige, wiederholte Prüfung der Anlagen auf ihre technische Sicherheit, weist § 24 c I den „technischen Überwachungsorganisationen" bzw. den i n ihnen zusammengefaßten technischen Sachverständigen zu. Die Ausführungsvorschriften der Länder zur Organisation dieser spezifischen technischen Überwachung haben auf Grund des § 24 c Abs. I V — m i t Ausnahme von Hamburg und Hessen5 — die technischen Überwachungsvereine (TÜV) als zuständige Organisationen anerkannt 6 . Dam i t sind die auf privatrechtlicher Ebene erfolgten Zusammenschlüsse der betroffenen Wirtschaftskreise an der Überwachung i n einer A r t Selbstverwaltung der Technik beteiligt worden. Während Hamburg und Hessen nur eine einheitliche staatliche Aufsicht kennen, entschieden sich die übrigen Länder für das bei ihnen überlieferte zweigleisige Überwachungssystem staatlicher und privater Zusammenarbeit.

4 Vgl. Landmann - Rohmer § 24 a A n m . 6; v. Busch - Trabandt S. 80, vgl. z . B . f ü r Nordrhein-Westfalen V O von 1960, GVB1 S. 337; dazu OVG Münster v. 3.3.61, AS Bd. 16 S. 238 ff., 241; Niedersächsisches Gesetz über die Regel u n g von Zuständigkeiten i m Gewerbe- u n d Arbeitsschutzrecht sowie i n anderen Rechtsgebieten v. 26. 4. 65, GVB1 S. 91, nebst V O v. 30. 6. 65, GVB1 S. 151 u n d V O v. 5. 9. 66, GVB1 S. 187. 5

F ü r Hessen: Staatliche Technische Überwachungsämter, vgl. Gesetz über die Neuordnung des Technischen Überwachung v. 19. 8.1947, GVB1 Hess. 1947 S. 78, u n d A n o r d n u n g hierzu v. 29.9.1947; s. auch dazu: U r t e i l des Staatsgerichtshofes des Landes Hessen, GVB1 1949 S. 153; vgl. Dienstanweisungen f ü r die Technischen Überwachungsämter v. 15.12.1960, Hess. StAnz. 1961 S. 9, 255; F ü r Hamburg: A m t f ü r Arbeitsschutz — Abt. Aufsicht über Dampfkessel u n d Maschinen. I n H a m b u r g - A l t o n a ist auch der f ü r Norddeutschland zuständige T Ü V ansässig, unbeschadet dessen, daß H a m b u r g selbst eine staatliche Überwachungsorganisation besitzt. Demgegenüber werden die Prüfungen nach der GetränkeschankanlagenVO i n allen Ländern von einer staatlichen Überwachungsbehörde vorgenommen (§ 10 I I I ) . 6

Siehe die i m wesentlichen übereinstimmenden „Verordnungen über die Organisation der technischen Überwachung": Bayern v. 4. M a i 1959, GVB1. 1959 S. 158; Rheinland-Pfalz v. 24. J u n i 1959, GVB1. 1959, S. 188; GVB1. 1965 S. 209; Nordrhein-Westfalen v. 2. Dez. 1959, GVB1. 1959 S. 174; geändert GVB1. 1961 S. 266; Saarland v. 31. M a i 1960, Amtsblatt 1960 S. 459; SchleswigHolstein v. 29. Okt. 1960, GVB1. 1960 S. 191; Bremen v. 28. Nov. 1961, GesBl. 1961 S. 221; Niedersachsen v. 22. Aug. 1962, GVB1. 1962 S. 144; Berlin v. 18. J u n i 1963, GVB1. 1963 S. 633; Baden-Württemberg v. 6. J u l i 1965, Ges.Bl. 1965 S. 177. Ministerielle Anerkennungen der T Ü V : z. B. i n ArbSch 1961 S. 60, 160; 1962 S. 26, 114; 1963 S. 193, 194; vgl. Landmann - Rohmer § 24c A n m . 5.

§ 12: Allgemeine Kennzeichnung des Überwachungsverhältnisses

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Die Arbeit muß sich auf die gegebene kurze Darstellung der Rechtsgrundlagen der Organisation der Überwachung beschränken, da ein Eingehen auf die m i t der Rechtsstellung der T Ü V und der Rechtsnatur ihrer Überwachungsaufgaben zusammenhängenden Probleme den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Diese Fragen waren i n Gutachten, Festschriftbeiträgen und Habilitationsvorträgen Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung, blieben dennoch bis i n die jüngste Zeit sehr kontrovers und an ihrer Lösung dürften w o h l auch erhebliche w i r t schaftliche Mächte interessiert sein. Die Verweisung auf einschlägige Literatur und Rechtsprechung mag hier genügen 7 . B. Die Frage, gegen wen sich das Aufsichtsverhältnis richtet, steht i n engem Zusammenhang m i t derjenigen, welche Gefahren es abzuwehren gilt. Da die Gefahren m i t dem Betrieb der Anlagen entstehen und diese Anlagen eigentliches Aufsichtsobjekt sind, zeigt sich auch i n der Adressierung der Überwachungsvorschriften und Einzelmaßnahmen eine Sachbezogenheit, die die — als Subjekte von Rechtspflichten allerdings noch immer unentbehrlichen — Adressatpersonen nur nach ihrer Beziehung zu dem eigentlichen Herd der Gefahren kennzeichnet 8 . Die dingliche Orientierung, d. h. die Sachbezogenheit der Adressierung kann sowohl bei den Rechtsnormen wie bei einigen Einzelmaßnahmen festgestellt werden. I. So knüpfen insbesondere die Rechtssätze m i t ihren Überwachungspflichten an den jeweiligen Inhaber der Sachherrschaft über die ge7 Forsthoff , Stellung u n d Aufgabe der Technischen Überwachungsvereine insbesondere i n ihrem Verhältnis zum Staat, Rechtsgutachten, 2. Aufl., 1952; Herschel, Freier Beruf u n d Arbeitsverhältnis (Dargestellt am Beispiel der Wirtschaftsprüfung u n d der Technischen Überwachung), 1964; Staatsentlastende Tätigkeit i m Arbeitsschutz, Festschr. Nipperdey, Bd. I I S. 221 ff.; MaunZy Rechtsgutachten über die Rechtsnatur der Technischen Ü b e r w a chungsvereine, 1954; H.Peters, Veränderung der Bezirke der Technischen Überwachungsvereine durch staatliche Hoheitsakte, Rechtsgutachten, 1963; öffentliche u n d staatliche Aufgaben, Festschrift Nipperdey, Bd. I I , S. 877 ff., 886 ff.; Rupp, Privateigentum an Staatsfunktionen? 1963; Siebert , Technische Überwachungsvereine u n d Dampfkessel-Überwachungsvereine, Rechtsnatur, Identität u n d Rechtsnachfolge, Rechtsgutachten, 1956; Rechtsstellung u n d Haftung der technischen Überwachungsvereine i m Kraftfahrzeugprüfungswesen, 1957; Wissel , Gutachten über den T Ü V Berlin, 1948. B G H v. 30.9.1957, Bd. 25 S. 266ff.; B V e r w G v. 20.11.1959, GewArch 1961 S. 156; v. 28. 9.1965, B B 1966 S. 430; B a y V G H v. 17. 5. 66, B a y V B l 1966 S. 286 ff.; B a y O b L G v. 3. 5.1955, N J W 1955 S. 1042; P r O V G v. 8. 7.1902, Bd. 42 S. 66ff.; L A r b G Leipzig v. 13. 4.1937, D J 1937 S. 1291; Sächs. OVG v. 18.11.1932, Reger Bd. 55 S. 321; K G v. 19. 6.1902, D J Z 1902 S. 534; O V G H a m b u r g v. 14.12.1932, Reger Bd. 56 S. 300 ff.; Hess. S t G H v. 7.10.1949, GVB1 1949 S. 153, VerwRspr Bd. 2 S. 136 ff.; O L G Celle v. 9.2.1953, M D R 1953 S. 676; O V G Münster v. 22. 6.1954 N J W 1954 S. 1663; O V G B e r l i n v. 23.11.1955, GewArch 1956 S. 184 ff.; O L G Düsseldorf v. 17.1.1957, D A R 1957 S. 353; OVG Koblenz v. 24.3.1965, N J W 1965 S. 1622; V G Münster v. 22. 7.1966 N J W 1967 S. 171; L G B e r l i n v. 28. 4.1967, N J W 1967 S. 1663 ff. 8 Vogel , öffentliche Wirtschaftseinheiten, S. 215.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

fährlichen Anlagen an, ohne i h n persönlich zu individualisieren, häufig sogar, z. B. wenn es heißt, daß die Anlagen diesen oder jenen Anforderungen genügen müssen, ohne überhaupt einen Adressaten zu nennen. Jeder Wechsel i n der Eigentümer- oder Betreiberstellung zu den überwachungsbedürftigen Anlagen läßt die polizeilichen Verpflichtungen der Verordnungen aufs neue für den entstehen, der die tatbestandlichen Adressatvoraussetzungen erfüllt. Damit werden „subjektiv-dingliche" Verpflichtungen der jeweiligen, nach den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts verantwortlichen Sachherren geschaffen 9. I I . Auch die einzelne Erlaubnis zum Betrieb einer Anlage hat Geltung nicht nur für den ersten Antragsteller und Betreiber, sondern i m Falle eines Wechsels gleichermaßen für alle Nachfolger, für den jeweiligen Eigentümer oder Betreiber also, solange nur die Anlage selbst unverändert bleibt (§ 25 I 1 GewO). Sie w i r d daher auch als „dingliche", sachbezogene Erlaubnis bezeichnet. I I I . Nur die durch Verwaltungsakt begründeten polizeilichen Pflichten können nicht den jeweiligen Eigentümer oder Betreiber erfassen, sondern bedürfen der persönlichen Eröffnung an jeden einzelnen und müssen damit beim Wechsel der Person durch erneute Verfügung wiederholt werden 1 0 . IV. Über diese „Dinglichkeit" des Aufsichtsverhältnisses hinaus, die den tatsächlichen Gefahren Rechnung trägt und i n der sachbezogenen Adressierung der Rechtsnormen und Erlaubniserteilungen an Eigentümer und Betreiber zum Ausdruck kommt, hat Niehues ein allgemeines, umfassendes dingliches Zuordnungsverhältnis öffentlicher Verwaltungsträger zu den ihrer Aufsicht unterliegenden gefährlichen Sachen konstruiert 1 1 . Aus theoretischem Interesse an der Darstellung eines „öffentlichen Sachenrechts" — eines Rechts der unmittelbaren Beziehungen öffentlichrechtlicher Verwaltungsträger zu Sachen — läßt er Aufsichtsverhältnisse nur insoweit als „dingliche" gelten, als sie durch die Zuordnung der gefährlichen Anlagen direkt unter die unmittelbare Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden entstehen 12 . A l l e i n die unmittelbare dingliche Zuordnung i n den Aufgabenbereich der A u f sichtsbehörden w i l l er als „dinglich" und dem öffentlichen Sachenrecht unterfallend anerkennen. Eine „Dinglichkeit" i m eigentlichen Sinne könne dort nicht anerkannt werden, wo die Beziehungen der Aufsichts9 Otto Mayer, Bd. I, S. 228, 238; Jellinek, Verwaltungsrecht S. 196; vgl. Vogel, öffentliche Wirtschaftseinheiten S. 224; B V e r w G v. 9.5.1960, Bd. 10 S. 282 ff., 285, 286. 10 Otto Mayer, Bd. I, S. 238; Drews-Wacke S. 210, 334; Volkmar, Diss., S. 206, 207. 11 Niehues, Diss., S. 50, 55, 103, 144. 12 Niehues, S. 81, 84, 104, 105, insbes. 108; 115, 124.

§ 12: Allgemeine Kennzeichnung des Überwachungsverhältnisses

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behörden zur Sache nur mittelbar, über einen anderen vermittelnden Rechtsträger bestehen und nur die Bestimmung des Subjekts der Rechtspflicht nach dinglichen Anknüpfungspunkten erfolgt 1 3 . Niehues erkennt jedoch an, daß die Ausübung der Aufsicht durch die Verwaltung i n der Praxis sich zumeist an eben diese Zwischenpersonen, die privatrechtlich Berechtigten der zu überwachenden Anlagen, wendet und daß die Rechtsvorschriften über das „dingliche" Aufsichtsverhältnis zumeist die Rechtsstellung dieser Privaten, ihre Berechtigungen und Verpflichtungen regeln 14 . Eine Aufsicht, die über sie hinweg- oder an ihnen vorbeigeht, scheidet schon deshalb aus, w e i l die Gefahren der Sachen gerade auch auf Veranlassung und durch Sorgfaltsverletzungen der Betreiber verursacht werden. Das aus rechtsstaatlicher Sicht vordringliche Problem liegt zudem i n der Darstellung der Befugnisse der Verwaltung gegenüber Eigentümern und Betreibern sowie — umgekehrt — der den Privaten verbliebenen Freiheitssphäre. Die Sachbezogenheit und dingliche Orientierung spielt nur als Eigenart der Adressierung der staatlichen Beschränkungen der Eigentumsund Handlungsfreiheit der Privaten eine Rolle und soll insbesondere für die „dingliche" Erlaubnis untersucht werden 1 5 . Ob daneben noch ein umfassendes, unmittelbares dingliches Rechtsverhältnis der zuständigen Aufsichtsbehörde zu den gefährlichen Sachen i m Sinne von Niehues angenommen werden kann 1 6 , ist aus der Sicht der Betroffenen, der Eigentümer und Betreiber, unbeachtlich. Denn jedenfalls könnte gegen sie nur auf gesetzlicher, d. h. bestimmte Maßstäbe setzender Grundlage vorgegangen werden, nicht aber auf der Grundlage eines umfassenden, theoretisch konstruierten dinglichen Zuordnungsverhältnisses — quasi eines „besonderen Gewaltverhältnisses" — aller gefährlichen Sachen zur Aufsichtsbehörde. C. Das Gesetz und seine Durchführungsverordnungen stellen ein umfassendes Instrumentarium vielfältiger Überwachungsmaßnahmen zur Gefahrenabwehr zur Verfügung. I. Eine Systematisierung der Aufsichtsbefugnisse kann zwischen präventiven und repressiv verwendeten Mitteln, zwischen den einfachen Informationsrechten 17 und den polizeilichen Anordnungsbefugnissen der Überwachungsbehörden unterscheiden. 18 14 15 16 17

Niehues , S. 75, 76, 78, 122. Niehues , S. 80, 82, 92, 95, 107, insbes. 109. siehe unten § 13 F. Niehues S. 82, 43, 115, 124. Vgl. dazu Amann, Diss., S. 95—97.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Der Schwerpunkt des Überwachungsverhältnisses liegt i n der präventiven Kontrolltätigkeit, wie sie von den staatlichen Behörden i m Rahmen eines umfassenden Erlaubnisverfahrens durchgeführt w i r d und als fortlaufende technische Überprüfung i n der Hand der technischen Überwachungsvereine liegt. Die Anzeigepflicht und Pflichten zum Halten von Betriebsbüchern und Aufbewahren von Urkunden führen zu der präventiven besonderen Kontrolltätigkeit der Prüfungen h i n und erleichtern sie. Die unmittelbaren Anordnungsbefugnisse i m Einzelfall wiederum dienen der Beseitigung der anläßlich dieser regelmäßigen Kontrollen festgestellten Mängel, sofern nicht schon die Betreiber i m eigenen Sicherheitsinteresse dafür sorgen. Der Schwerpunkt der folgenden Untersuchung der materiellen Voraussetzungen der einzelnen Überwachungsbefugnisse liegt auf denjenigen Eingriffen i n die Freiheit der Betroffenen, die aus rechtsstaatlicher Sicht am schwerwiegendsten und einschneidendsten erscheinen 18 , nämlich dem Erlaubnisverfahren und der Anordnungsbefugnis i m Einzelfall. Mögen die laufenden Kontrollen auch die eigentliche tagtägliche Verwaltungspraxis ausmachen, durch sie allein w i r d der Betroffene doch nur selten sich i n seinen Rechten verletzt fühlen. I I . Grundlage der einzelnen Aufsichtsbefugnisse gegen Eigentümer und Betreiber können nur das Gesetz oder die gesetzlich fundierten Verordnungen selbst, nicht aber die Berufung auf ein allgemeines Überwachungsverhältnis oder auf das Wesen der Aufsicht sein 19 . Das ergibt sich aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Eine allgemeine Generalklausel zu allen zweckmäßigen Aufsichtsmaßnahmen kennen weder das Gesetz i n § 24 noch die Durchführungsverordnungen. Die nähere Ausgestaltung des Überwachungsverhältnisses war für den Gesetzgeber von 1953 noch Neuland. Trotz der detaillierten Ermächtigungsvorschriften des Gesetzes sind wichtige Überwachungsbehelfe nicht genannt und erst von der Verordnungsgebung entwickelt worden. § 24 GewO nennt i m Katalog der Ziff. 1—4 nur bestimmt bezeichnete, einzelne Überwachungsmittel 20 . Die Liste w i r d von v. Busch Trabandt sogar als erschöpfend bezeichnet 21 . Da die Verordnungen manche i m Gesetz zumindest nicht ausdrücklich genannte Aufsichtsbehelfe vorsehen, bedarf es einer besonderen Prüfung der gesetzlichen Grundlagen dieser Verordnungsbestimmungen. Dies gilt vor allem für die Bestimmungen über die Einrichtung besonderer Typengenehmi18 19 20 11

Vgl. Otto Mayer, Bd. I , S. 240. Vgl. Schäfer, Diss., S. 35, 36; Herschel, B A r b B l . 1955 S. 578. Vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 20; Mangels § 11 A n m . 1. v. Busch - Trabandt S. 32,

§ 12: Allgemeine Kennzeichnung des Überwachungsverhältnisses

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gungsverfahren sowie die Befugnisse zu selbständigen, konkrete Gefahren beseitigenden Einzelanordnungen der Gewerbeaufsichtsämter. I I I . Der Inhalt des Überwachungsverhältnisses, Ziel und Maßstab der einzelnen Befugnisse müssen nach der gesetzlichen Ermächtigung des § 24 I Ziff. 1—4 auf die Gefahrenabwehr beschränkt sein. Die Abwehr von Gefahren ist die Grenze nicht nur der Anordnung materieller Sicherheitsanforderungen, sondern ebenso aller sonstigen formalen Überwachungsmaßnahmen. Andere Staatszwecke, etwa Ziele staatlicher unternehmerischer Mitverantwortung und wirtschaftlicher Lenkung — die mittels Betriebspflichten oder Genehmigungsvorbehalten zu Betriebsveräußerungen und sonstigen wirtschaftlichen Veränderungen durchgesetzt werden könnten — sind nicht Inhalt des Überwachungsverhältnisses.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

§ 13: Das Erlaubnisverfahren Die Errichtung und die Benutzung technischer Anlagen ist grundsätzlich ohne besondere Erlaubnis zulässig 1 . Jedoch gibt § 24 I 2 GewO der Bundesregierung die Ermächtigung, durch Verordnungen festzusetzen, daß bei überwachungsbedürftigen Anlagen für die Errichtung, den Betrieb sowie die Vornahme von Änderungen eine Erlaubnis eingeholt werden muß. Z u untersuchen sind die rechtlichen Grenzen der Festsetzung der Erlaubnispflicht, die materiellen Voraussetzungen der Erlaubniserteilung, die Zulässigkeit und Grenzen von Auflagen und Dispensen und die Frage, ob ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis besteht. Die Untersuchung der besonderen rechtlichen Natur der Erlaubnis gemäß § 24, ihr sogenannter dinglicher Charakter, bildet den Schluß dieses Paragraphen. Verfahren und Prüfungsmaßstab des Erlaubnisverfahrens bestimmen sich nur nach den auf Grund des § 24 erlassenen Verordnungen, nicht etwa nach § 18 GewO 2 . Es findet also für die überwachungsbedürftigen Anlagen kein förmliches öffentliches Bekanntmachungs- und Anhörungsverfahren statt. § 18 ordnet die Prüfung der konkreten Gefahr und der Beachtung sonstiger polizeilicher Vorschriften nur für die lästigen Anlagen des § 16 GewO an. Das ergibt der Wortlaut der Vorschrift m i t seiner Bezugnahme auf die nur dem § 16 eigenen Kriterien der „Nachteile und Belästigungen" sowie die Stellung i m Rahmen des nur für § 16 geltenden besonders ausgestalteten Genehmigungsverfahrens, schließlich der Vergleich m i t § 25 GewO, wo die Geltung auch für die gefährlichen Anlagen des § 24 ausdrücklich kenntlich gemacht ist. A. Zunächst ist zu untersuchen, für welche Anlagen und für welche Betriebsvorgänge eine Erlaubnispflicht festgesetzt werden kann. I. Die Erlaubnispflicht für überwachungsbedürftige Anlagen w i r d nicht durch das Gesetz selbst i n § 24, sondern durch Rechtsverordnungen festgesetzt 8 . Sie bestimmen, welche Arten überwachungsbedürftiger Anlagen und welche Betriebsvorgänge einer Erlaubnis oder auch nur einer Anzeige bedürfen. Damit w i r d erreicht, daß das Netz der staatlichen Kontrolle nicht starr und unterschiedslos über alle überwachungsbedürftigen Anlagen und alle Betriebsvorgänge gelegt wird, sondern durch die Verordnungen der unterschiedlichen Gefährlichkeit der Anlagen und Vorgänge angepaßt werden kann. 1 Landmann - Rohmer, Vorbemerkung zu § 16 A n m . 3; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 714. 2 Landmann - Rohmer, § 18 A n m . 1, § 24 A n m . 57; Bochalli S. 234; Jaeger Ulrichs S. 40; Entscheidung des Sächs.Min. des Innern, Reger Bd. 29 S. 502 ff.. 503, v o m 8. 2. 1909. 8 Vgl. Otto Mayer, Bd. I, S. 239, 240; Fleiner S. 407; Drews-Wacke S. 307.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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Welche Tatbestände durch den Verordnungsgeber erlaubnispflichtig gemacht werden können, steht nicht i n seinem Belieben 4 , sondern ist durch den Ermächtigungsrahmen vorbestimmt. Die Festsetzung der Erlaubnispflicht muß als ein besonders wirksames M i t t e l präventiver polizeilicher Überwachung den sich aus der Ermächtigung des § 24 ergebenden Zielen der Gefahrenabwehr dienen. Danach gilt zunächst, daß Anlagen, die nach der Erfahrung überhaupt nicht geeignet sind, polizeiliche Gefahren herbeizuführen — bei denen es also an einer abstrakten Gefahr fehlt — nicht an einen Erlaubniszwang gebunden werden können 5 . Das t r i f f t vor allem für die kleineren, weniger gefährlichen Typen der i n § 24 Abs. I I I aufgeführten überwachungsbedürftigen Anlagen zu. Darüber hinaus ist zu beachten, daß nicht alle als Dampfkessel zu qualifizierenden Anlagen, nicht alle unter den Begriff „Aufzug" etc. fallenden Einrichtungen gleich gefährlich sind und nicht unterschiedslos einer gleich intensiven Sicherheitskontrolle unterliegen können. Mögen kleinere, weniger gefährlichere Typen ohne polizeiliche Sicherheitsvorschriften auskommen, für andere A r t e n zumindest die Festsetzung materieller Bau- und Konstruktionsvorschriften erforderlich werden, deren Einhaltung aber noch i n der ausschließlichen Verantwortlichkeit der Betreiber gelassen w i r d (etwa w e i l die Überwachung einen zu umfangreichen staatlichen Apparat erfordert), so w i r d schließlich für die größeren und gefährlicheren der Anlagetypen der Staat sich eine genaue vorherige Kontrolle i m Rahmen eines Erlaubnisverfahrens vorbehalten müssen. Die Häufung der polizeilichen Maßnahmen, die i n der Festsetzung materieller Sicherheitsvorschriften und formeller Erlaubnispflichten liegt, kann m i t h i n nicht unterschiedslos für alle rein begrifflich unter einen Typ der überwachungsbedürftigen Anlage nach § 24 I I I fallenden Anlage festgesetzt werden, sondern es muß entsprechend der von ihnen ausgehenden Gefahr differenziert werden. Neben diesen Grenzen der Verordnungsgewalt, die sich aus der Beschränkung der Ermächtigung auf die Gefahrenabwehr ergeben, kann auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Begrenzung einer A n ordnung von Erlaubnispflichten herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Gebot der Verhältnismäßigkeit muß ein präventives Erlaubnisverfahren der Gefahr angepaßt sein, der es begegnen soll. A r t und Umfang der staatlichen Kontrolle müssen der tatsächlichen Situation, für die sie geschaffen w i r d adäquat sein 6 . 4

So anscheinend v. Busch - Trabandt S. 50, 51. Drews-Wacke S. 308, 313; P r O V G v. 15.5.1930, Bd. 87 S. 301 ff., 315; v. 11.10.1934, RVB1 Bd. 56 S.342; Württ.Bad. V G H v. 10.4.1951, VerwRspr. Bd. 4 S. 440 ff., 445. 6 B V e r f G v. 7. 5. 1953, Bd. 2 S. 266 ff., 280, 281; v. 5. 8. 1966, Bd. 20 S. 150 ff., 155; Otto Mayer, Bd. I, S. 240. 5

11 Plischka

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Die Durchführungsverordnungen zu § 24 entsprechen durchweg diesen rechtlichen Grenzen für die Festsetzung der Erlaubnispflicht m i t der Unterscheidung verschiedener Anlagetypen und Gefahrenklassen je nach dem Gefahrengrad, an die sie sowohl unterschiedliche materielle Sicherheitsvorschriften wie auch unterschiedliche formelle Erlaubnis» oder auch Anzeigepflichten knüpfen 7 . Nicht die außergewöhnlichen, sondern die gewöhnlichen, regelmäßigen Gefahren wollen die technischen Sicherheitsvorschriften abwenden 8 . II. Bezüglich der Anknüpfungspunkte für die Erlaubnispflicht spricht § 24 I 2 von der Möglichkeit, „die Errichtung, den Betrieb und die Vornahme von Änderungen an bestehenden Anlagen" erlaubnispflichtig zu machen. Von den Durchführungsverordnungen, die ein Erlaubnisverfahren vorsehen, bestimmen die Getränkeschankanlagenverordnung 9 und die alte Fassung der Verordnung für brennbare Flüssigkeiten 10 , daß der Betrieb und die Vornahme wesentlicher Änderungen einer Erlaubnis bedürfen; die Dampfkesselverordnung 11 und die Verordnung für brennbare Flüssigkeiten neuer Fassung 12 gehen darüber hinaus und verlangen eine Erlaubnis für die Errichtung und den Betrieb, außerdem für wesentliche Änderungen und den Betrieb nach solchen Änderungen. Die Begriffe der „Errichtung" und des „Betriebs" können i n verschiedenem Sinne ausgelegt werden. a) Regelmäßig werden sie ohne weiteres i m Sinne einer zeitlichen Folge von Anknüpfungspunkten für die Erlaubnispflicht verstanden. Danach wäre die „Errichtung", der Bau und die Bereitstellung der A n lage und der „Betrieb" dementsprechend ihre Verwendung und zweckgemäße Inswerksetzung 13 . b) Denkbar wäre aber auch, Errichtimg und Betrieb nicht als zeitlich aufeinanderfolgende Entstehungsstufen, sondern als inhaltlich unterschiedliche Gegenstände der Erlaubnis als sich ergänzende Gesichtspunkte für den Umfang der einen unteilbaren Erlaubnis aufzufassen 14 . 7 § 12 DampfkesselVO; §§ 2, 7—10 V b F ; §§ 6 u n d 7 GetränkeschankanlagenV O ; vgl. § 1 A u f z V O ; § 8 V O elektr. Anlagen; Begründung der Bundesregier u n g zur TVbF, BRatsDrucks. 243/64 S. 62. 8 Begründung der Bundesregierung zur DampfkesselVO, BRatsDrucks. 212/ 65 S. 4; Begr. zur T V O Aufzüge, BRatsDrucks. 344/65 S. 3. 9 § 5 I GetränkeschankanlagenVO. 10 §§ 9 I I , 13 I VbF. 11 §§ 10, 11 DampfkesselVO. 12 I n der Fassung der T V b F von 1964 § 9 Ziff. 2. 13 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 21, 52; Fuhr § 24 A n m . 4 b); v. Busch Trabandt, S. 37, 38; vgl. Schäfer, Diss., S. 26; Herschel, B A r b B l . 1955 S. 1031; OVG Münster v. 15. 4. 1964, DVB1. 1964 S. 681 ff., 682, 683. 14 Entsprechend § 9 I Personenbeförderungsgesetz v o m 21. 3. 61; § 60 I G ü terkraftverkehrsgesetz v o m 17. 10. 52; vgl. auch § 25 I 3 GewO; Schäfer, Diss., S. 26.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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„Errichtung" beträfe danach das statische Element der Anlage, die A r t und Weise des Baus und seine Struktur, „Betrieb" entsprechend das dynamische Element, die A r t und Weise der Verwendung und die Funktion. Sowohl für die Errichtung wie den Betrieb könnte die Erlaubnispflicht festgesetzt werden; regelmäßig müßten sogar beide Gesichtspunkte zusammen erlaubnispflichtig gemacht werden, da eine bestimmte Betriebsart eine bestimmte Bauart erfordert und umgekehrt auch eine bestimmte Bauart nur eine bestimmte Betriebsart zulassen kann. Die Möglichkeit einer Erlaubnispflicht für die Vornahme von Änderungen würde den beiden ersten Begriffen des § 24 I 2 gegenüber zu stellen sein und sich auf beide gleichermaßen beziehen. Dieser Auslegung steht jedoch der Wortlaut des § 24 I 2 entgegen, der zwar nicht wie § 24 I 1 von der „Inbetriebnahme" spricht, aber ohne Unterschied an die Aufzählung von Errichtung und Betrieb die Vornahme von Änderungen als erlaubnispflichtigen Tatbestand anknüpft, diese Begriffe m i t h i n auch einheitlich i n einer zeitlichen Folge verstanden wissen w i l l . Auch die Praxis des Verordnungsgebers spricht dafür, da z. B. die Getränkeschankanlagen-Verordnung nur den Betrieb und die Vornahme wesentlicher Änderungen, nicht aber die Errichtung (wie die frühere Getränkeschankanlagen-Verordnung) erlaubnispflichtig macht. Sicher muß aber i n dieser Erlaubnis auch die A r t und Weise des Baus der Getränkeschankanlagen berücksichtigt werden, so daß Betrieb hier nicht ausschließlich als A r t und Weise des Betreibens, sondern als zeitliche Phase, als die Verwendung der Anlage aufgefaßt werden muß. Errichtung bezeichnet m i t h i n den Zeitpunkt der Bereitstellung, Betrieb den der zweckentsprechenden Nutzung der Anlage. Sinn und Zweck der zweifachen Erlaubnis ist der, daß eine Erlaubnis nach § 24 nicht — wie etwa eine Bauerlaubnis — nur für die Anlegung des Vorhabens erforderlich ist und m i t dessen Ausführung gegenstandslos w i r d 1 5 , sondern zugleich auch der fortdauernde „Betrieb" erlaubnispflichtig bleibt, es sich also u m eine „Betriebserlaubnis" handelt. Die Bestimmung einer zweifachen Kontrolle — zunächst bei der Errichtung, dann beim Betrieb —, die i n der Verdoppelung der Erlaubnisse bei materiell gleichbleibender Prüfungsgrundlage liegt 1 6 , ist aus mehreren Gründen gerechtfertigt. Denn einerseits w i r d der Verwaltung schon vor der Inbetriebnahme und nicht erst nach vollzogener Errichtung die Kontrollmöglichkeit gegeben und damit bleiben auch den Betreibern nachträgliche kostspielige abändernde Anforderungen erspart 1 7 . Andererseits bedarf auch gerade die Inbetriebnahme noch einer 16

Scheerbarth, 2. Aufl., S. 356. Vgl. Landmann - Rohmer § 16, S. 177. 17 Vgl. O V G Münster v. 15.4.1964, GewArch 1964 S. 154 ff., 155; Begründung der Bundesregierung zur T V b F , BRatsDrucks. 243/64 S. 63. 16

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2. Teil: Das Ü b e r w a u n g s v e r h ä l t n i s

speziellen Abnahmeprüfung, denn erst nach der Errichtung einer A n lage kann die Prüfung auf ihre tatsächliche sichere Verwendbarkeit erfolgen 18 . Die Aufspaltung i n Errichtungs- und Betriebserlaubnis gibt zudem die Möglichkeit elastischer Anpassung an i m Augenblick der Errichtung noch nicht übersehbare technische Gefahren, deren Behandlung bis zur Betriebserlaubnis noch offen gelassen werden kann 1 9 . Dem Bedürfnis, den „Betrieb" der Anlage i m Sinne der jeweiligen Verwendung zum jeweils vorgesehenen Zweck kontrollpflichtig zu machen, w i r d dadurch genügt, daß diese Zweck-Mittel Relation Bestandteil der materiellen technischen Sicherheitsnormen nach § 24 I Ziff. 3 sein kann und damit generell der Prüfung unterliegt. I I I . Erlaubnispflichtig gemacht werden kann nur die Errichtung oder der Betrieb i m Rahmen des Betriebs der Eigentümer oder Betreiber der Anlagen 2 0 . Das ergeben die allgemeinen Grundsätze über die Polizeipflichtigkeit, wonach der Hersteller nur Veranlasser ist und noch außerhalb der polizeilichen Eingriffsmöglichkeit — auch der Möglichkeit zur Festsetzung formeller Erlaubnispflichten — steht. N u r soweit der Hersteller selbst zum Betreiber wird, z.B. durch versuchsweise Inbetriebnahme, könnte auch er zur Einholung einer Betriebserlaubnis verpflichtet werden, w i r d jedoch insoweit zum Teil ausdrücklich von den Durchführungsverordnungen ausgenommen 21 . I V . Als Errichtung und als Betrieb ist nicht nur die erstmalige A n legung, sondern auch eine notwendig werdende erneute Rekonstruktion oder erneute Wiederinbetriebnahme der Anlagen nach Zerstörung oder Stillegung (mit der Folge des Erlöschens der Erlaubnis nach § 49 I I I GewO) anzusehen. Auch Wiedererrichtung und Wiederinbetriebnahme bedürfen der besonderen Erlaubnis. Für die Wiedererrichtung und den Einbau von Ersatzstücken ist dies für § 24 unter Hinweis auf die gegenteilige Rechtslage zu § 16 streitig, wenn nämlich die Anlage genau i n der ursprünglichen A r t und Weise wiedererrichtet werden soll. Man h i l f t sich damit, die Erneuerung als Änderung der bestehenden Anlage anzusehen und aus diesem Grunde für erlaubnispflichtig zu halten 2 2 . Die unterschiedliche Behandlung lästiger und überwachungsbedürftiger Anlagen findet aber ihre Er18 §§ 15 I , 10 I I I DampfkesselVO; § 10 I Ziff. 1 GetränkeschankanlagenVO; vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 52. 19 § 11 Dampf kesselVO. 20 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 21, 25; v. Busch - Trabandt S. 37, m i t anderer Begründung. 21 § 1 I I I Ziff. 1 DampfkesselVO; § 1 I I V O elektr. Anlagen. 22 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 21, 49; § 16 A n m . 174; Fuhr § 24 A n m . 4 c); Jaeger -Ulrichs S. 27, 28; vgl. Herschel, B A r b B l . 1955 S. 1031; a. A.: v. Busch - Trabandt S. 37, 38; Mangels § 5 A n m . 6.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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klärung i n der Verschiedenheit der durch §§ 16 und 24 abzuwehrenden Gefahren. Während bei den Emissionsgefahren davon ausgegangen werden kann, daß jede Anlage gleichen Typs unter denselben örtlichen Verhältnissen dieselben Gefahren hervorruft und deshalb einer erneuten Erlaubnis bei Wiedererrichtung nicht bedarf, muß bei Explosions» und Korrosionsgefahren für jedes individuelle Stück auch desselben Typs gerade seine eigene spezielle Sicherheit festgestellt werden. Die Gefahrenlage gibt bei der erstmaligen Errichtung und der Wiedererrichtung der überwachungsbedürftigen Anlagen i n gleichem Maße Anlaß zur vorbeugenden Prüfung. V. Streitig ist schließlich, ob auf der Grundlage des § 24 I 2 jede Änderung oder nur jede wesentliche Änderung erneut erlaubnispflichtig gemacht werden kann. Die Erlaubnisvorschriften der Durchführungsverordnungen beschränken sich selbst auf die „wesentliche" Ä n derung. Für die Auslegung des § 24 I 2 ist neben dem Wortlaut, der keine Einschränkung enthält, insbesondere die Entstehungsgeschichte und der Vergleich zu § 25 I 2 GewO nutzbar zu machen. § 25 I 2 galt bis zur Neufassung des §24 auch für die überwachungsbedürftigen Anlagen. Während der Regierungsentwurf zur Neufassung des § 24 noch von „wesentlichen" Änderungen sprach 28 , wurde diese Fassung m i t Rücksicht auf § 25 geändert, u m für § 25 I ein mögliches argumentum e contrario auszuschalten 24 . Denn § 25 I betrifft nach einhelliger Meinung trotz seines gegenteiligen Wortlauts nur wesentliche Änderungen 25 . Diese Auslegung des § 25 I, die Anlaß zur Formulierung i n § 24 gab, muß dann — entgegen dem Wortlaut — auch für § 24 I 2 übernommen werden 2 6 . Aber auch eine wortgetreue Auslegung des § 24 I 2, daß „jede" Ä n derung erlaubnispflichtig gemacht werden kann, würde zu Ergebnissen führen, die der Beschränkung auf „wesentliche" Änderungen i m Sinne der traditionellen Auslegung des § 25 I gleichkommen. Denn „wesentlich" i m Sinne des § 25 I sollen Änderungen sein, wenn sie von Einfluß auf die für die Genehmigungspflicht bedeutsamen Gesichtspunkte des § 16 I sein können 2 7 . N u r eine Änderung, die die bestehenden Gefah28

Bundestagsdrucksachen 1949, Nr. 4170, S. 3, 22. Vgl. Fuhr § 24 A n m . 4 c). 25 Landmann - Rohmer § 25 A n m . 7; Fuhr § 25 I Ziff. 2; P r O V G v. 17. 12. 1883, Bd. 10 S. 277 ff., 279; B V e r w G v. 10. 7. 1964, GewArch 1964 S. 244 ff., 245. 26 Landmann - Rohmer § 24 A n m . 21, 50; a. A.: Fuhr § 24 A n m . 4c); v. Busch - Trabandt S. 39. 27 Landmann - Rohmer § 25 A n m . 9; Jaeger - Ulrichs S. 47; B V e r w G v. 27. 3. 1958, Bd. 6 S. 294 ff., 295; PrOVG, a.a.O., Bd. 10 S. 282; zur Schwierigkeit der Abgrenzung: Vossen S. 33 ff.; vgl. Kasuistik zur V O f ü r brennbare Flüssigkeiten i n der Bekanntmachung des B M A v. 13. 1. 61, ArbSch 1961 S. 33. 24

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

ren, Nachteile oder Belästigungen für die Nachbarn oder die Allgemeinheit verändern kann, bedarf nach § 25 I 2 einer erneuten Genehmigung. Bei wesentlichen Änderungen braucht es sich m i t h i n nicht notwendig u m bedeutsame oder größere Änderungen zu handeln. Eben diese Begrenzung auf „wesentliche" Änderungen ergibt sich für § 24 I 2 aber schon aus den Ermächtigungsgrenzen des § 24, wonach Änderungen nur dann erlaubnispflichtig gemacht werden können, wenn es zum Schutze vor Gefahren für die Beschäftigten und Dritten notwendig ist. B. Z u untersuchen ist, unter welchen materiellen Voraussetzungen die Erlaubnis erteilt w i r d und ob die Versagungsgründe i m Rahmen der Ermächtigung des § 241 2 liegen. Die Durchführungsverordnungen zu § 24 — soweit sie ein Erlaubnisverfahren vorsehen — bestimmen, daß die Erlaubnis zu erteilen ist, wenn die Anlage „den Anforderungen der Verordnung entspricht". Diese Anforderungen kommen an anderer Stelle dadurch zum Ausdruck, daß die Anlagen „gemäß den i n den technischen Vorschriften oder i m Anhang zu der Verordnung aufgeführten Vorschriften und im übrigen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik" errichtet und betrieben werden müssen (vgl. z. B. § 6 DampfkesselVO). Manche Verordnungen machen die Erteilung der Erlaubnis außerdem ausdrücklich davon abhängig, daß durch den Betrieb nicht „Gefahren" zu befürchten sind bzw. ein „ordnungsgemäßer" Betrieb gewährleistet ist 2 8 . Hier erfolgt also eine Prüfung der konkreten Gefährlichkeit i m Erlaubnisverfahren. A l l e Vorschriften, die ein Erlaubnisverfahren vorsehen, geben darüber hinaus der Verwaltung die Befugnis, die Erlaubnis zur Abwendung konkreter Gefahren für Beschäftigte oder Dritte nur unter Auflagen zu erteilen 2®. Die Frage ist, ob § 24 eine ausreichende gesetzliche Grundlage für diese Bestimmungen bietet, daß i m Erlaubnisverfahren nicht nur die Beachtung der bestehenden Vorschriften kontrolliert wird, sondern daß auch die konkrete Gefährlichkeit einer Anlage geprüft werden und zu besonderen Anforderungen an die einzelne Anlage führen kann. Dieser Prüfung der konkreten Gefährlichkeit kommt u m so größere Bedeutung zu, als etwa bei Neuentwicklungen besondere technische Vorschriften und auch allgemein anerkannte Regeln der Technik, die Prüfungsmaßstab sein könnten, noch gar nicht bestehen werden. Aus der Prüfung, ob die konkrete, aus den Umständen des Einzelfalles sich ergebende Gefährlichkeit einer überwachungsbedürftigen Anlage 28

§ 9 I I I V b F ; § 5 I I GetränkeschankanlagenVO; siehe dagegen § 10 DampfkesselVO. 29 § 9 I I I V b F ; § 5 I I GetränkeschankanlagenVO; § 10 I V DampfkesselVO.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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Gegenstand der Kontrolle i m Erlaubnisverfahren sein kann, ergeben sich zudem Rückschlüsse auch für den Umfang der gesetzlichen Zulässigkeit von Auflagen (s. u.). Nach dem Wortlaut des § 24 I 2 kann durch Rechtsverordnungen angeordnet werden, daß bestimmte Betriebsvorgänge an bestimmten A n lagen „der Erlaubnis bedürfen". Nach dem Inhalt der Ermächtigung kann die Erlaubnispflicht nur die Aufgabe einer präventiven Kontrolle von „Gefahren" haben. I m Rahmen dieser Grenzen läßt es die gesetzliche Ermächtigung offen, auf der Grundlage welcher rechtlicher Vorschriften, nach welchen näheren tatbestandlichen Voraussetzungen die Prüfung i m Erlaubnisverfahren vorzunehmen ist. Insbesondere ist das Erlaubnisverfahren gemäß § 24 I Ziff. 2 nicht an die Kontrolle der Einhaltung der technischen Vorschriften gekoppelt, die gesondert auf Grund des § 24 I Ziff. 3 erlassen werden können, sondern allein an die Generalklausel des § 24 gebunden. Daß den Verordnungen die Anordnung einer Überprüfung auch der konkreten Gefährlichkeit der erlaubnispflichtigen Anlagen freistehen muß, ergibt schließlich der Zweck der Erlaubnispflicht. Denn der Sinn eines besonderen Erlaubnisverfahrens, das nicht an die Überwachung polizeilicher Vorschriften gekoppelt ist, kann nur der sein, über die Einhaltung der allgemeinen Vorschriften hinaus auch die i n besonderen Fällen sich ergebende konkrete Gefährlichkeit zu prüfen. Da die technischen Vorschriften für alle Anlagen unabhängig von einer Erlaubnispflicht gelten sollen, kann es nicht bloß Aufgabe der Erlaubnispflicht sein, für einen Teil dieser Anlagen die Übereinstimmung m i t den Vorschriften i n einem besonderen Erlaubnisverfahren zu prüfen. Wortlaut, systematische Stellung und Zweck der Ermächtigung des § 24 I 2 ergeben m i t h i n die gesetzliche Zulässigkeit der Anordnung einer Prüfung der konkreten Gefahr i m Erlaubnisverfahren 30 . C. Erfüllt der Betreiber die sich aus den technischen Vorschriften ergebenden Mindesterfordernisse und die wegen konkreter Gefahren notwendig werdenden weiteren Anforderungen, so fragt sich, ob er einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat oder ob deren Erteilung i m Ermessen der Erlaubnisbehörde steht. Der Referentenkommentar von v. Busch - Trabandt verneint ausdrücklich einen Rechtsanspruch; die Kommentare zur Gewerbeordnung von Landmann - Rohmer und Fuhr widersprechen dem entschieden 31 . I. Der Wortlaut der Durchführungsverordnungen, soweit sie eine Erlaubnispflicht vorsehen, bestimmt: „Die Erlaubnis ist zu erteilen, 30 Württ.Bad. V G H v. 12. 7. 1962, GewArch 1963 S. 17, zur Begrenzung der Gefahrengesichtspunkte nach der Verordnung f ü r brennbare Flüssigkeiten. 31 v. Busch - Trabandt S. 41; Landmann - Rohmer § 24 A n m . 23; Fuhr § 24 Anm. 4 c); Mangels § 5 A n m . 3; Herschel, B A r b B l . 1955 S. 1031.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

wenn . . . 8 2 " M i t dieser Fassung w i r d zum Ausdruck gebracht, daß ein Rechtsanspruch auf Erlaubnis gewährt werden soll. Der Zweck der Anordnung der Erlaubnispflicht ist nicht, eine materielle Beeinträchtigung des Rechts, etwa ein repressives Verbot m i t Befreiungsvorbehalt zu schaffen. Der Erlaubnisvorbehalt als Überwachungsmaßnahme 33 für gefährliche Anlagen soll nur dem Zweck einer präventiven Kontrolle der Gefährlichkeit dienen. Die Verpflichtung, eine Erlaubnis einzuholen, hat allein die Bedeutung, daß m i t der Ausübung des Rechts erst begonnen werden darf, wenn die Gesetzmäßigkeit des Vorhabens in einem geordneten Prüfungsverfahren festgestellt ist 3 4 . Für eine abwägende Ermessensentscheidung der Behörde ist bei der Prüfung der Gefährlichkeit kein Raum 3 5 . Bei Vorliegen aller Erlaubnisvoraussetzungen kann das aus dem Grundrecht — dem Eigentum — fließende Freiheitsrecht wieder zur Geltung kommen und gibt dem Betroffenen ein Recht auf Aufhebung der i m Erlaubnisvorbehalt liegenden vorläufigen Schranke der Rechtsausübung, d. h. einen Anspruch auf die Erlaubnis 3 6 . Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muß der Bürger, dessen Grundrechte durch einen Genehmigungsvorbehalt eingeschränkt werden, einen Rechtsanspruch auf Genehmigung haben, wenn keine gesetzlich vorgesehenen Versagungsgründe vorliegen 3 7 . Wortlaut und Zweck der Erlaubnisvorschriften sowie die Berücksichtigung eines umfassenden Grundrechtsschutzes sprechen m i t h i n für die Gewährung eines Rechtsanspruches auf die Erlaubnis 3 8 . I I . Demgegenüber verweisen v. Busch-Trabandt darauf, daß nur mit der Gestaltung als freie Erlaubnis m i t Ermessensspielraum der Erlaubnisbehörde eine genügende Elastizität der Rechtsanwendung gesichert sei 39 . Diese Elastizität sei wegen der fortschreitenden technischen Entwicklung erforderlich, die durch starre Normen behindert würde. Offenbar aber würde dieser Schutzerwägung zugunsten von Herstellern und Betreibern besser durch eine Dispensmöglichkeit als durch die A n 88 88

§ 10 I V DampfkesselVO; § 5 I I GetränkeschankanlagenVO; § 9 I I I VbF. Otto Mayer, Bd. I, S. 240.

84 BVerfG v. 5.8.1966, Bd. 20 S. 150 ff., 155; Drews-Wacke Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I , S. 698. 85

S. 305, 315;

Drews - Wacke S. 311; Ule - Rasch § 40 A n m . 12.

88

BVerfG, a.a.O., Bd. 20 S. 155; O V G Lüneburg v. 17. 10. 1963, VerwRspr. Bd. 16 S. 661 ff., 662. 87 B V e r f G v. 10. 7. 1958, Bd. 8 S. 71 ff., 76; dagegen: Lerche, Übermaß, S. 188. 38 Württ.Bad. V G H v. 12. 7. 1962, GewArch 1963 S. 17, zum Rechtsanspruch nach der V O f ü r brennbare Flüssigkeiten; Herschel, ArbSch 1956 S. 264. 89 v. Busch - Trabandt S. 41.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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nähme einer freien Erlaubnis gedient sein, wodurch die Rechtsstellung des Antragstellers gerade verschlechtert würde. Soweit aber die Erlaubnisbehörde über die möglicherweise rückständigen technischen Vorschriften hinaus Anforderungen soll stellen können, ist dem m i t der Möglichkeit der Berücksichtigung konkreter Gefahr genüge getan. Unter diesen Umständen braucht ein Rechtsanspruch aber nicht ausgeschlossen zu werden. D. Die Erlaubnisvorschriften der Durchführungsverordnungen sehen sämtlich die Zulässigkeit von Auflagen i m Rahmen des Erlaubnisverfahrens vor 4 0 . I n der gesetzlichen Ermächtigung des § 24 I 2 GewO ist dagegen die Möglichkeit von Auflagen i m Rahmen der Erlaubniserteilung nicht besonders erwähnt. Da für Auflagen als belastende Verwaltungsakte eine gesetzliche Ermächtigung vorhanden sein muß, sind die gesetzliche Grundlage und die Schranken für die Befugnis der Erlaubnisbehörden zur Anordnung von Auflagen näher zu bestimmen. Die Frage der Zulässigkeit von Auflagen spielt für die Erlaubnisverfahren überwachungsbedürftiger Anlagen eine besondere Rolle; wegen der schwierigen generellen Festlegung der Sicherheitsbedürfnisse w i r d häufig von der Befugnis zu Auflagen i m Einzelfall Gebrauch gemacht 41 . I. Der Wortlaut des § 24 I 2 läßt nicht ohne weiteres den Schluß zu, daß die Ermächtigung zur Begründung eines Erlaubnisvorbehaltes — wenn sie auch notwendigerweise weit gefaßt ist — stillschweigend die Befugnis zur Bestimmung von Auflagen m i t einschließt. Da andere Punkte der Ermächtigung durchaus i n allen Einzelheiten i m Gesetz aufgeführt werden (vgl. § 24 I Ziff. 3 u. 5), könnte auch bezüglich der Auflagen eine ausdrückliche Ermächtigung erwartet werden. II. Der Lösung der Frage, inwieweit die Bestimmungen der Durchführungsverordnungen über die Erteilung von Auflagen einer besonderen gesetzlichen Ermächtigung i n § 24 bedürfen, kann eine Untersuchung darüber dienen, inwieweit überhaupt die Anordnung von A u f lagen i m Rahmen eines Erlaubnisverfahrens einer besonderen gesetzlichen Grundlage bedarf. Die Zulässigkeit von Auflagen i m Rahmen eines Erlaubnisverfahrens bei Fehlen einer besonderen gesetzlichen Grundlage w i r d je nach der A r t der Erlaubnis — ob freie oder gebundene — und nach dem Umfang der Anordnungen — ob sie sich i m Rahmen der rechtlichen Voraussetzungen der Erlaubnis halten oder darüber hinausgehen — unterschiedlich beurteilt werden müssen. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage bedarf nach herrschender Meinung durchaus nicht jede Auflage 4 2 , auch wenn sie an sich als ein be40

§ 10 I V DampfkesselVO; § 9 I I I V O f ü r brennbare Flüssigkeiten; § 5 I I Getränkeschankanlagen VO. 41 v. Busch - Trabandt S. 41. 42 Wolff, Bd. I, S. 286; vgl. aber Stern, JZ 1962 S. 299.

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2. Teil: Das

berwachungsverhältnis

lastender, i n die Rechte des Bürgers eingreifender Verwaltungsakt anzusehen ist 4 3 . Z u prüfen sind die Modifikationen des Prinzips der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die für Auflagen aus ihrer besonderen Verbindung m i t einer gesetzlich vorgesehenen Erlaubnispflicht entstehen. Diese besondere Beziehung besteht darin, daß Auflagen erst dann verbindlich werden, wenn von der Erlaubnis entsprechender Gebrauch gemacht worden ist 4 4 und daß auch sonst Auflagen i n ihrem rechtlichen Bestand von dem Hauptverwaltungsakt abhängen — mögen sie auch i m übrigen selbständig durchsetzbar sein. a) Handelt es sich u m eine freie Erlaubnis, so liegt nach herrschender Meinung i n der Ermächtigung, daß eine den Bürger begünstigende Erlaubnis i m Rahmen des Ermessens erteilt oder versagt werden kann, auch die Befugnis, sie — weniger weitgehend — auch eingeschränkt, d. h. unter Auflagen zu erteilen 4 5 . Eine besondere gesetzliche Grundlage ist dann für die Auflagen nicht erforderlich. b) Anders ist die Rechtslage bei der gebundenen Erlaubnis. Zu den gebundenen Erlaubnissen, die bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen erteilt werden müssen, gehören auch die Erlaubnisse auf Grund der Durchführungsverordnungen zu § 24. Besteht ein Rechtsanspruch auf die Erteilung der Erlaubnis, so können Auflagen der Behörde nicht beliebig zulässig sein, weil die i n den Rechtsvorschriften festgelegten Voraussetzungen der Erlaubnis selbst das Höchstmaß der zulässigen Anforderungen an den Antragsteller festlegen wollen 4 6 . Dennoch kann auch hier die Beifügung von Auflagen ohne besondere gesetzliche Grundlage zulässig sein, wenn sie gerade die Erfüllung der Erlaubnisvoraussetzungen sichern wollen 4 7 , also etwa einen Versagungsgrund ausräumen und ohne die Auflage die Erlaubniserteilung abgelehnt werden müßte. Innerhalb des Rahmens und zur Sicherung der Voraussetzungen für die Erteilung oder Versagung der Erlaubnis ist auch die Anordnung von Auflagen durch das Gesetz gedeckt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann die Hinzufügung einer Auflage rechtfertigen und statt einer Versagung der Erlaubnis ihre 48

Wolff, Bd. I, S. 285; a. A.: Badura, JuS 1964 S. 103. P r O V G v. 1. 2. 1934, Bd. 92 S. 209 ff., 210; v. 25. 11. 1937, Bd. 101 S. 224 ff., 226; v. 30.7.1883, Bd. 23 S. 321 ff., 325; v. Mangoldt S. 107; Jellinek, V e r w a l tungsrecht, S. 251; Kormann S. 144; Huber, Diss., S. 34, 118. 45 Vgl. Krüger, DVB1 1955 S. 451; Wolff, Bd. I , S. 286; Huber, Diss., S. 79; Fachinger, D V 1949 S. 121; so auch: v. Busch - Trabandt S. 41. 46 v. Mangoldt, V e r w A r c h Bd. 37, S. 119. 47 v. Mangoldt, V e r w A r c h Bd. 37, 120, 127; Huber, Diss., S. 81, 85, 87, 88; Otto Mayer, Bd. I, S. 249, 250; Fleiner S. 409, 410; Scholz, V e r w A r c h Bd. 23, 250 A n m . 95; Krüger, DVB1 1955 S. 451 A n m . 6, 522; Forsthoff, Lehrbuch,; S. 210; Schulz - Schaeffer, GewArch 1959/60 S. 273; GewArch 1964 S. 1; P r O V G v. 9. 3. 1909, Bd. 54 S. 436 ff., 438; dazu Scholz, VerwArch, Bd. 24, 227 A n m . 100; Fuhr, Vorb. § 16 S. 22. 44

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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Erteilung unter Auferlegung besonderer Anforderungen nötig machen 48 . Man könnte zweifeln, ob eine ausräumende Nebenbestimmung i n diesen Fällen überhaupt als Auflage und nicht vielmehr als aufschiebende Bedingung qualifiziert werden muß. Denn wenn Versagungsgründe vorliegen, dürfte doch die Erlaubnis überhaupt nicht erteilt werden. Die ausräumende Auflage würde die sofortige Rechtswirksamkeit der unter Absehen von einzelnen Voraussetzungen erteilten Erlaubnis nicht hindern können; dies wäre nur i m Wege einer Bedingung zu erreichen 49 . Die Frage ist aber, wann ein Versagungsgrund „vorliegt" bzw. wann eine Erteilungsvoraussetzung „gegeben" ist. Für eine normative Ordnung kann schon die m i t der Auflage gegebene Verpflichtung, ihre selbständige Erzwingbarkeit und die Widerruflichkeit der Erlaubnis bei Nichterfüllung die notwendige Erteilungsvoraussetzung — vor allem hinsichtlich künftigen Verhaltens — ersetzen 50 . Auflagen zu Erlaubnissen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, sind m i t h i n auch ohne besondere gesetzliche Grundlage zulässig, soweit sie das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen sichern. Z u weit geht es deshalb, wenn bei Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Zulässigkeitserklärung neben einer sogenannten gebundenen Erlaubnis A u f lagen gänzlich als unzulässig oder nur insoweit als gerechtfertigt angesehen werden, als sie den Umfang der Erlaubnis bzw. ihrer Verwendung näher bestimmen 5 1 — wobei es sich i m übrigen dann nicht mehr um besondere Auflagen, sondern um bloße Inhaltsbestimmungen der Erlaubnis handeln würde 5 2 . Eine Auflage jedoch, die bei einer gebundenen Erlaubnis über die rechtlich vorgesehenen Voraussetzungen der Erteilung hinausgeht, bedarf einer besonderen gesetzlichen Grundlage 55 . Da die Prüfung konkreter Gefahren i m Erlaubnisverfahren auf der gesetzlichen Grundlage des § 24 GewO zulässig ist, sind auch Auflagen i n diesem Rahmen möglich und bedürfen keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung. Darüber hinausgehende Auflagen sind mangels besonderer gesetzlicher Ermächtigung nicht zulässig 54 . 48 v. Mangoldt, V e r w A r c h S. 37, 123 A n m . 65; Huber, Diss., S. 87; Krüger, DVB1. 1955 S. 451. 49 Fachinger, D V 1949 S. 119. 50 Vgl. Schulz - Schaeffer, GewArch 1959/60 S. 273; 1964 S. 2; O V G L ü n e b u r g v. 17. 4. 1952, D Ö V 1952 S. 536 m i t A n m . Franzen; B G H v. 7. 12. 1954, B B 1955 S. 8; V G Bremen v. 11. 11. 1964, N J W 1964 S. 1196 ff., 1198 a. E. 51 Fachinger, D V 1949, S. 120; vgl. Fuhr, Vorb. § 16 A. V I I I 2. 52 v. Mangoldt, V e r w A r c h Bd. 37 S. 101; Huber, Diss., S. 45; Drews - Wacke S. 318. 53 p r o v G v. 3. 10. 1929, Bd. 85 S. 263 ff., 268; Drews - Wacke S. 318. 54

Vgl. Mangels § 5 A n m . 4 b) bb); Heß, B a y V B l 1961 S. 111.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

I I I . Die Zulässigkeit der Anordnung von Auflagen zur konkreten Gefahrenabwehr folgt außerdem aus der allgemeinen Zulässigkeit polizeilicher Verfügungen zur konkreten Gefahrenabwehr i m Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen. Denn soweit die gesetzliche Möglichkeit zu selbständigen Verwaltungsakten gegeben ist, sind damit auch bedingte, an die Ausübung von Erlaubniserteilungen gebundene Anordnungen gerechtfertigt 55 . Nach allem liegen die Bestimmungen der Durchführungsverordnungen über die Befugnis zur Erteilung von Auflagen innerhalb der durch das Ermächtigungsgesetz gesteckten Grenzen 56 . IV. Besondere Schranken 57 für die Zulässigkeit von Auflagen ergeben sich aber aus ihrem Verhältnis zu den auf Grund des § 24 I 3 erlassenen technischen Vorschriften. Die Verordnung für brennbare Flüssigkeiten 5 8 z. B. weist i n ihrer Ermächtigung für Auflagen ausdrücklich darauf hin, daß die Auflagen nur zulässig sind, soweit es „ i n besonderen Fällen" für den Schutz der Beschäftigten und Dritter gegen Gefahren erforderlich ist. Ergibt die Auslegung von Bestimmungen der technischen Vorschriften, daß sie die an die polizeiliche Zulässigkeit eines Zustandes zu stellenden Voraussetzungen abschließend und erschöpfend regeln wollen, so dürfen darüber hinausgehende Mehrverpflichtungen durch Auflagen nicht gestellt werden 5 9 . Wenn die technischen Vorschriften etwas ausdrücklich als ungefährlich und noch innerhalb der Toleranzgrenze befindlich zulassen wollen, kann nicht die Auflage als polizeiliche Einzelmaßnahme denselben Sachverhalt untersagen 60 . Insbesondere können polizeiliche EinzelVerfügungen nicht generell und allgemein i n jedem Einzelfall den Anforderungen der technischen Vorschriften hinzugefügt werden, da damit unzulässigerweise eine Lücke der technischen Vorschriften ausgefüllt werden würde, die nur durch Änderung der technischen Vorschriften selbst geschlossen werden kann 6 1 . Das Anwendungsgebiet der Auflagen sind damit vor allem die von den Durchführungsverordnungen nicht genügend berücksichtigten Gefahrenlagen, die sich aus besonderen sachlichen oder örtlichen Verhältnissen ergeben. Damit w i r d dem Vereinheitlichungszweck der technischen Vorschriften genüge getan. 55

Scholz, V e r w A r c h Bd. 23, 250; Drews - Wacke S. 318. Vgl. v. Busch - Trabandt S. 41; Otto Mayer, Bd. I, S. 251 A n m . 22; Huber, Diss., S. 37. 57 Siehe dazu auch Wolff, Bd. I, S. 286; O V G Hamburg vom 15.5.1959, VerwRspr Bd. 12 S. 739. 58 § 9 I I I VbF. 59 Korman S. 158; Drews - Wacke S. 294, 318. 80 Drews - Wacke S. 380; Wolff, Bd. I I I , S. 70. 81 Drews - Wacke S. 294; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 432. 58

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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E. Ergibt die behördliche Überprüfung, daß der Betreiber nicht alle Anforderungen der technischen Vorschriften erfüllt und ist an sich die Versagung der Erlaubnis gerechtfertigt, so kann i h m dennoch mittels der Erteilung eines Dispenses die Aufnahme des Betriebes gestattet werden. Die Ermächtigung der Verwaltung zu Dispenserteilungen von an sich zwingenden Vorschriften der technischen Verordnungen ist i n den einzelnen Erlaubnisvorschriften ausdrücklich vorgesehen 62 . So heißt es z. B. i n § 19 der Verordnung für elektrische Anlagen: „Die Aufsichtsbehörde kann i m Einzelfall aus besonderen Gründen Ausnahmen von Vorschriften dieser Verordnung zulassen, wenn die Sicherheit auf andere Weise gewährleistet ist". Zweck der Dispenserteilung ist es, die Härten zu mildern, die i m Einzelfalle durch die schematische Anwendung der auf eine bloße abstrakte Gefährlichkeit zugeschnittenen technischen Vorschriften entstehen können, wenn die individuelle Fallage eine konkrete Gefahr ausschließt 63 . Die Dispenserteilung kann ebenso wie die generalklauselartige Verweisung auf die allgemein anerkannten Hegeln der Technik — nur i n engeren Grenzen, nämlich i m Einzelfall — dazu dienen, dem Fortschritt der Technik Rechnung zu tragen 6 4 . Da aber die technischen Vorschriften als zwingende repressive Polizeinormen i n der Regel auch durchgesetzt werden sollen, darf die Behörde i n Ausnahmefällen 65 und bei Vorliegen der weiteren Dispensvoraussetzungen 68 ihr Ermessen ausüben. Es besteht kein Rechtsanspruch auf Dispenserteilung 67 , anders als auf die Erlaubnis selbst 68 . F. Die besondere Natur der „dinglichen", sachbezogenen Gewerbeerlaubnis kommt i n § 25 I 1 Halbsatz 2 GewO durch die Bestimmung zum Ausdruck, daß die Erlaubnis unter der Voraussetzung, daß keine Änderungen an der Anlage vorgenommen werden, keiner Erneuerung bedarf, wenn die Anlage an einen neuen Erwerber übergeht 6 9 . Daß die Erlaubnis ihrem Inhalt nach allein die Anlagen selbst erfaßt und die jeweiligen Eigentümer oder Betreiber als beliebig auswechselbar und 62 § 8 I DampfkesselVO; § 10 I I I VbF, § 4 I Techn. V b F ; § 19 V O elektr. A n lagen; § 3 I Getränkeschankanlagen V O ; § 4 I Techn. V O Aufzüge. 68 Drews - Wacke S. 306; Scholz, V e r w A r c h Bd. 27 S. 53; vgl. Mussgnug S. 23, 111. 64 Vgl. Mussgnug S. 29, 70; S. 58, 86; Herschel, B B 1967, S. 932. 65 Mussgnug S. 65, 71, 78. 66 Mussgnug S. 87, 107. 67 Mussgnug S. 84, 93 f., 130 f. 68 Mussgnug S. 89. 69 Vgl. ähnlich für Kraftfahrzeug-Betriebserlaubnisse: Müller StVG 21. Aufl. S. 143; für die Bauerlaubnis: Scheerbarth S. 357; Schuegraf, B a y V B L 1966 S. 47.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

austauschbar ansieht, w i r d des weiteren durch die gesamte Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens belegt. Schon die Stellung der Erlaubnisvorschriften unter dem Titel „Anlagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen" weist darauf hin. Die Überwachungsvorschriften sprechen übereinstimmend nur davon, daß „die Errichtung und der Betrieb" einer Anlage erlaubnispflichtig ist, lassen aber den jeweiligen Sachherrn unerwähnt. Auch die materiellen Prüfungsmaßstäbe stellen allein auf die technische Sicherheit der Anlagen ab; die Erlaubnis ist nicht vom Vorliegen persönlicher Eigenschaften des Antragstellers abhängig 7 0 . Da der Zweck des präventiven Erlaubnisvorbehaltes i n der umfassenden vorherigen Überprüfung der Anlagensicherheit besteht und dabei die Persönlichkeit des Sachherrn ohne Belang ist, ist eine dingliche Orientierung, eine Sachbezogenheit der Rechtswirkungen der Erlaubnis, wie sie i n § 25 I 1 zum Ausdruck kommt, die notwendige Folge. Die eigentümliche dingliche Wirkung der Erlaubnis w i r f t einige Probleme auf — rechtstheoretische und solche der praktischen Rechtsanwendung. Die Frage nach dem Adressaten der dinglichen Erlaubnis stellt sich nicht nur für den von § 25 I allein behandelten Teil des Wechsels der privatrechtlichen Verfügungsbefugnis über die Anlage vom ersten Antragsteller und Erlaubnisinhaber auf seine Rechtsnachfolger. Sie stellt sich etwa auch dann 7 1 , wenn von Anfang an eine Mehrzahl von Personen die Anlage zu Eigentum besitzt oder betreibt und nur einer den Antrag auf Erlaubnis gestellt hatte und i h m allein die Erlaubnis erteilt wurde. Weiter fragt es sich, ob die Erlaubnis auch dann, wenn etwa die Anlage vom letzten Eigentümer derelinquiert wurde 7 2 , fortbesteht und auch für den demnächst originär Erwerbenden die (unveränderte) Anlage zugelassen bleibt. Über diese Fragen sagt § 25 I 1 unmittelbar nichts aus. Deswegen braucht jedoch nicht angenommen zu werden, daß § 25 I 1 die einzige und erschöpfende Folgerung aus der der Natur der Sache und der Ausgestaltung des Erlaubnisverfahrens entsprechenden Dinglichkeit der Erlaubnis ist. Die A n t w o r t auf nicht ausdrücklich geregelte Fragen sowie das Problem des Adressaten der dinglichen Erlaubnis kann nur durch Zurückgehen auf Wesen und allgemeine Rechtsnatur der dinglichen Erlaubnis und ihre Einordnung i n die typischen Formen des Verwaltungshandelns 70 Vgl. Otto Mayer, Bd. I, S. 245; Fleiner S. 153; P r O V G v o m 10. Hl. 1903, Bd. 44 S. 409 ff., 411; Mangels § 12 A n m . 5; § 5 A n m . 5c); anders z. B. die A n lagengenehmigung nach § 7 des Atomgesetzes, die auch auf die Zuverlässigkeit des Antragstellers abstellt. 71 Vgl. P r O V G v. 24. 3. 1902, Bd. 41 S. 372 ff., 374. 72 Das dürfte f ü r die überwachungsbedürftigen Anlagen zwar weniger praktisch werden, für andere durch dingliche Erlaubnisse zugelassene A n lagen (etwa Kraftfahrzeuge) ist es aber bedeutsam.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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gefunden werden 7 3 . Es gilt, die i n § 25 I 1 statuierte Rechtswirkung der Erlaubnisse als (unvollkommenen) Ausdruck der spezifischen Eigenart „dinglich orientierter" Verwaltungsakte zu erklären 7 4 . I n den gewerberechtlichen Kommentaren w i r d die Rechtsnatur der dinglichen Erlaubnisse kurz abgetan und allenfalls m i t der bildlich gemeinten Wendung „die Erlaubnis folgt der Anlage" und „bleibt an ihr haften" illustriert 7 5 . Auch ist die Einordnung der dinglichen Erlaubnisse als Verwaltungsakte nicht bestritten 7 6 . Dennoch ist die W i r kung, daß eine für einen konkreten Einzelfall erteilte Erlaubnis für unbestimmt viele Personen, u. a. für alle Nachfolger des Antragstellers, generell gelten soll, für einen Verwaltungsakt zumindest ungewöhnlich 7 7 und eines näheren Hinsehens wert. Zugleich w i r d durch die theoretische Durchleuchtung der dinglichen Verwaltungsakte ein wichtiger Baustein zur Klärung der Rechtsnatur der Typengenehmigung gewonnen. I. Die Frage ist, ob eine einzelne Erlaubnis, ein Verwaltungsakt die adäquate Form ist, u m Rechtswirkungen gegenüber einer unbestimmten Anzahl von Personen, die i n Beziehung zu einem abschließend geregelten, konkreten Sachverhalt treten, zu erzeugen oder ob die W i r kung der immer erneuten, auch künftigen Erfassung von Personen, die Veränderlichkeit der Zahl der Betroffenen nicht wesensmäßig den Rechtsnormen vorbehalten ist 7 8 . a) Ausscheiden für die Erklärung der i n § 25 I 1 beschriebenen dinglichen Wirkung der Erlaubnis muß die Annahme einer Übertragung der aus der Erlaubnis gewonnenen Berechtigung vom jeweils letzten Inhaber an den neuen Sachherrn der Anlage 7 9 . Denn eine Rechtsnach73 Scheerbarth S. 357 A n m . 418 ist f ü r die ebenfalls dingliche, für u n d gegen den „Rechtsnachfolger" wirkende Bauerlaubnis (vgl. § 93 I I Musterbauordnung) der Meinung, daß die gesetzliche Anordnung der W i r k u n g f ü r den Rechtsnachfolger eine rechtstheoretische Einordnung erübrigt. Jedoch regelt das Gesetz n u r einen T e i l der Fälle dinglicher W i r k u n g für andere Personen als den Antragsteller. F ü r die übrigen Zweifelsfälle muß auf die allgemeine S t r u k t u r der dinglichen Erlaubnis zurückgegriffen werden. Siehe auch Schuegraf, B a y V B l 1966 S. 47; Er prüft, ob die W i r k u n g der Baugenehmigung f ü r und gegen den Rechtsnachfolger auch f ü r den F a l l der Ablehnung der Genehmigung gilt. Auch hier müßte auf das allgemeine Wesen dinglicher V e r w a l tungsakte zurückgegriffen werden. 74 Vgl. B V e r w G v. 27. 3. 1958, Bd. 6 S. 294 ff., 296. 75 Landmann - Rohmer, Vorb. § 16 A n m . 1; Fuhr, Vorb. § 16 I I I ; § 25 A n m . 1; vgl. Otto Mayer, Bd. I, S. 247 A n m . 13. 76 W ü r t t . Bad. V G H v. 8. 5. 1957, Bd. 6 S. 200 ff., 203; vgl. aber Niehues, Diss., S. 139, 140 A n m . 2. 77 Vgl. Thieme, Festschrift f ü r Schack, S. 161. 78 Vgl. Otto Mayer, Bd. I , S. 238; Volkmar S. 32; Fuss, N J W 1964 S. 947; Obermayer S. 76. 79 Otto Mayer, Bd. I, S. 246; Scholz, V e r w A r c h Bd. 24, 216.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

folge und Übertragbarkeit subjektiver öffentlicher Rechte würde dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des allgemeinen Verwaltungsrechts 80 widersprechen und w i r d durch § 25 I 1 GewO auch nicht ausdrücklich zugelassen — mögen auch die betroffenen Privaten selbst von einer „Übertragung der Erlaubnis" sprechen. Die dingliche W i r k i m g der Erlaubnis w i r d durch §25 I 1 vielmehr eindeutig als Rechtswirkung des ursprünglichen Verwaltungsaktes selbst angesehen 81 . b) Auch die Konstruktion einer „an die Sache geknüpften Berechtigung", die m i t der Übertragung der Sache eo ipso dem neuen Erwerber zusteht, scheidet schon aus diesem Grunde zur Erklärung der verbindlichen Wirkung für die Nachfolger aus. Dies ergibt sich auch daraus, daß bei der bloßen Feststellung der Vereinbarkeit m i t öffentlichem Sicherheitsrecht, m i t der Aufhebung der vorläufigen Verbotsschranke, ein subjektives Recht nicht erst durch die Erlaubniserteilung selbst begründet wird, dieses vielmehr Ausfluß der (unübertragbaren) Grundrechte ist 8 2 . E i n Recht, das „ m i t der Sache selbst" verbunden ist, w i r d durch die Erlaubnis nicht begründet. c) U m die generelle Wirkung der „dinglichen" Erlaubnisse m i t ihrer Einordnung als Verwaltungsakte vereinbaren zu können, griff Otto Mayer 83, der Vater des Instituts „Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt", auf die dem Zivilrecht entlehnte Konstruktion zurück, daß die Erlaubnis einer bestimmten Person gegenüber gilt, neben der ersten persona certa zugleich aber auch an die weiteren personae incertae erteilt wird, die als Nachfolger an die Stelle des ersten Antragstellers treten werden. Dieser Erklärung der dinglichen Wirkung mittels einer Auflösung der ersten Erlaubnis i n ein Büschel i n die Zukunft wirkender gleichlautender Einzelerlaubnisse hat sich seinerzeit Fleiner 8 4 angeschlossen 85 . d) Neuestens hat — geradezu i n direktem Gegensatz zu der Auffassung Otto Mayers — Niehues 86 die „dinglich" wirkenden Erlaubnisse 80 Forsthoff, Lehrbuch, S. 185; Drews-Wacke S. 209; Fleiner S. 152; OVG H a m b u r g v. 1. 2. 1956, DVB1. 1957 S. 548. 81 Vgl. V G H Bebenhausen v. 27. 7. 1956, VerwRspr. Bd. 10 S. 501 ff., 503; Sächs. OVG v. 11. 9. 1909, D J Z 1911 S. 224. 82 Vgl. B V e r w G v. 28. 5. 1963, Bd. 16 S. 116 ff., 120; Haselau, D Ö V 1965 S. 450, 453, 454. 88 Otto Mayer, Bd. I S. 247. 84 Fleiner S. 153; vgl. Scholz, V e r w A r c h S. 24, 216 A n m . 73. 85 Etwas vage — w e i l n u r auf die W i r k u n g u n d nicht ihre Ursache u n d theoretische E r k l ä r u n g eingehend — spricht Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 212, 213 (vgl. aber Gesetz, S. 152) von der „Nachfolge k r a f t Dinglichkeit"; er behandelt sie jedenfalls aber getrennt v o n der Gesamtrechtsnachfolge u n d rechtsgeschäftlichen Übertragung; ähnlich Forsthoff, Lehrburch, S. 185. 88 Niehues, Diss., S. 91 113 A n m . 3, 114, 136, 138; D Ö V 1965 S. 321, 322; vgl. demgegenüber Wolff, Bd. I , S. 271 V I I I a. E.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

177

als primär adressatlose Verwaltungsakte bezeichnet. Es soll sich u m sachenrechtliche Zustandsregelungen handeln, die sich unabhängig von der Person des Sachherrn allein unmittelbar auf die Anlage selbst beziehen. Damit wäre die sich wegen der Unbestimmtheit der Zahl der aus der Erlaubnis Berechtigten ergebende Problematik der Annahme eines Verwaltungsaktes überhaupt aus der Welt geschafft, da es anerkanntermaßen auch gänzlich „adressatlose" Maßnahmen gibt, die Verwaltungsakte sind (vgl. die Widmung) 8 7 . Bedenken ergeben sich gegen diese Auffassung daraus, daß die Erlaubnis — die ja neben der Feststellung der Vereinbarkeit eines Objektes m i t den Normen des öffentlichen Rechts außerdem die unmittelbare Wirkung hat, die für den Sachherrn vorläufige Schranke zu beseitigen, die das Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt zunächst errichtet h a t 8 8 — diese Verbotsschranke zumindest einmal 8 9 aufheben muß und — da das Verbot sich gegen Personen richtet — als Einzelerlaubnis auch unmittelbar gegenüber Personen ausgesprochen werden muß. Es geht m i t hin nicht ausschließlich u m die rechtliche Qualifizierung von Sachen. Die „Adressatlosigkeit" der dinglichen Erlaubnis stimmt m i t den anerkannten Grundsätzen über das Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt nicht überein. Soweit Niehues neben der von i h m behaupteten primären Adressatlosigkeit der Erlaubnis jedenfalls eine „mittelbare" Wirkung gegenüber bestimmten Personen anerkennt 9 0 — u m m i t der Rechtswirklichkeit i n Einklang zu bleiben —, bleibt insoweit bei i h m aber gerade offen, warum auch solche Maßnahmen als Verwaltungsakte, also Einzelverfügungen, Wirkungen gegenüber unbestimmt vielen künftigen Personen erzeugen können. e) Die Natur der dinglichen Erlaubnis als Verwaltungsakt läßt sich jedoch an Hand der traditionellen Kriterien zur Abgrenzung von Norm und Verwaltungsakt klarstellen. 1. Man unterscheidet auf der einen Seite die Hoheitsakte m i t allgemeiner Geltung, auf der anderen Seite die Einzelregelungen. Geht man von einer Unterscheidung aus, die die Abgrenzung einerseits nach der Bestimmtheit oder Unbestimmtheit des Adressatenkreises (individuell — generell), andererseits nach der bestimmten oder unbestimmten Zahl der geregelten Fälle vornimmt (konkret — abstrakt) 9 1 , so ergeben sich 87

Forsthoff, Lehrbuch, S. 197; Wolff, Bd. I , S. 276. Otto Mayer, Bd. I, S. 245 A n m . 10; Scheerbarth S. 349 m i t Nachweisen; BVerfG Bd. 20 S. 155; anders allerdings Niehues S. 110 A n m . 3. 89 Vgl. Scholz, V e r w A r c h S. 24, 216. 00 Niehues, Diss., S. 113, 136; D Ö V 1965 S. 322. 91 Bachof, Laforet-Festschrift, S. 315; Wolff, Bd. I, S. 259; Volkmar S. 75— 77, 79, 73 A n m . 15, 107, 62, 63; Maunz - Dürig, A r t . 20 Ziff. 94 u n d A n m . 1; Fuss, N J W 1964 S. 946, 948; vgl. B V e r w G v. 3. 5. 1956, Bd. 3 S. 258 ff., 259, 260; B a y V G H v. 15. 5. 1964, A S I S. 57 ff., 60. 88

12 Plischka

2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

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zwei reine Formen, nämlich die abstrakt-generellen und konkret-individuellen Regelungen, die eindeutig als Norm bzw. Verwaltungsakt einzuordnen sind. Außerdem entstehen durch Kreuzung der Begriffspaare zwei weitere Kategorien konkret-genereller und abstrakt-individueller Regelungen, die die i n der Verwaltungspraxis vorhandenen Mischformen zumindest rechtstheoretisch erfassen helfen. Die endgültige Einordnung dieser Zwischenformen kann entweder dadurch erfolgen, daß man einem Unterscheidungskriterium (entweder dem Fall oder dem Adressatenkreis) den Vorrang einräumt oder dadurch, daß auf die dem Dualismus von Norm und Verwaltungsakt zugrunde liegenden allgemeinen Rechtsgedanken zurückgegangen w i r d und Rechtsschutz — sowie Praktikabilitätserwägungen den Ausschlag geben 92 . 2. Die Anwendung dieser Grundsätze auf die dinglichen Erlaubnisse ergibt, daß sie als konkret-generelle Hoheitsakte eingeordnet werden müssen, die m i t der Regelung eines Einzelfalles Rechtswirkungen für unbestimmt viele Personen erzeugen. aa) Es handelt sich u m die Regelung eines Einzelfalles, w e i l sich die Wirkung der Erlaubnis, die Befreiung vom Errichtungs- und Betriebsverbot, auf eine ganz bestimmte individuelle Anlage i n einer ganz bestimmten Eigenschaft beschränkt und i n der Regelung dieses abgeschlossenen Falles erschöpft. Künftige Änderungen der Anlage lassen diese Wirkung hinfällig werden (§ 25 1 1 GewO). bb) Der von der Erlaubnis betroffene Personenkreis ist demgegenüber unbestimmt und veränderlich und kann nur generell, nach allgemeinen begrifflichen Merkmalen bezeichnet werden. Zwar w i r d der Antragsteller und erste Erlaubnisinhaber namentlich genannt, alle übrigen aber, die zu der somit individualisierten unveränderten A n lage i n Beziehung treten, bleiben ungenannt (personae incertae) und werden nur durch ihre Beziehung zur Sache gekennzeichnet. Sowohl für die gegenwärtigen als auch für alle zukünftigen Eigentümer, Pächter und sonstige Nutzungsberechtigte als Betreiber hat die Erlaubnis ohne weiteres Geltung und ihre Zahl i m Zeitpunkt des Erlasses 93 der Erlaubnis ist nicht bestimmt feststellbar 94 . Für die überwachungsbedürftigen Anlagen w i r d die Zahl der durch die Erlaubnis Berechtigten zwar praktisch gering sein — weshalb man von einer „nur formal als generell zu bezeichnenden" Regelung m i t praktisch geschlossenem 92

Vgl. B V e r w G , a.a.O., Bd. 3 S. 262.

93

Volkmar

94

S. 62; Fuss, N J W 1964 S. 947.

Vgl. Württ.Bad. V G H , Beschluß der Vollversammlung Bd. 6 S. 200 ff., 203; BVerwG, a.a.O., Bd. 3 S. 261; v. 10. 6. 1960, Bd. 11 S. 14 ff., 17; Bachof, W D S t R L Bd. 18 S. 186—188; Wolff, Bd. I , S. 275 V I d) 2., S. 276 V I I I a); Volkmar S. 190; Obermayer S. 80.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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Adressatenkreis sprechen könnte 9 5 . Theoretisch jedoch ist nach dem Inhalt der Erlaubnis eine beliebige Vermehrung möglich und damit die Unbestimmtheit des Adressatenkreises gegeben. Das mag etwa das Beispiel der nicht anders zu behandelnden Kraftfahrzeugzulassung für ein Leihwagenunternehmen — bei dem die Mieter zu Kraftfahrzeughaltern werden — zeigen. 3. Die Einordnung der als „konkret-generelle" Hoheitsakte erkannten dinglich wirkenden Erlaubnisse i n die Formtypik des Verwaltungshandelns bestätigt nach jeder der für die Mischformen vertretenen A b grenzungstheorien die bisher schon herrschende, wenn auch nicht näher erläuterte Auffassung, daß es sich u m Verwaltungsakte handelt. aa) Stellt man ausschlaggebend auf die Bestimmtheit des geregelten Sachverhaltes ab, auch wenn eine unbestimmte Vielheit von Personen betroffen sein sollte, so t r i t t dies ohne weiteres zu Tage 96 . bb) Aber auch die entscheidend auf die Bestimmtheit oder Unbestimmtheit des Adressatenkreises abstellende Meinung von Jellinek 97 kommt zu demselben Ergebnis, da sie die Unbestimmtheit der Person durch die Beziehung zu einem ganz konkreten Einzelobjekt als zu einer Einheit zusammengefaßt und vorbestimmt ansieht. Die jeweiligen Betroffenen würden nur als „Vertreter" dieser konkreten Sache angesprochen 98 . cc) Z u diesem Ergebnis der Einordnung der dinglichen Erlaubnis als Verwaltungsakt führen außerdem auch Rechtsschutz- und Praktikabilitätserwägungen 99 . Die dingliche Wirkung der Erlaubnis erweist sich m i t h i n als die Konsequenz der Adressierung der Maßnahmen nach begrifflich-abstrakten, sachbezogenen Merkmalen. Sie ist auch dem Verwaltungsakt möglich, sofern er einen bestimmten abgeschlossenen Einzelfall regelt und den Adressatenkreis m i t Hilfe der Besonderheiten dieses Einzelfalles begrifflich festlegt 1 0 0 . Die Erlaubnis gleicht insoweit der sogenannten 95

Fuss, N J W 1964 S. 1600; vgl. Bettermann, Preisrecht, S. 94. Wolff, Bd. I , S. 268, 269; Volkmar S. 171, 173, 174, 175; a. A.: Obermayer S. 78, der jede Erweiterung des Personenkreises i n der Z u k u n f t strikt als u n vereinbar m i t dem Charakter eines Verwaltungsaktes ansieht. 97 Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 117. 98 Jellinek, Gesetz, S. 150—152; auch Vogel, öffentliche Wirtschaftseinheiten, S. 224; vgl. B V e r f G v. 15. 3. 60, Bd. 11 S. 6ff., 17; a. A . : Vogel, Staat 1965 S. 116, der aber die Existenz konkret-genereller A k t e überhaupt bezweifelt; vgl. auch Fuss, N J W 1964 S. 950, auch A.59. 99 Fuss, DÖV 1964 S. 526; vgl. auch N J W 1964 S. 1600; Volkmar S. 173, 174. 100 Vgl. Wolff, Bd. I, S. 268, 271. 101 BayVerfGH, Bay V B L 1964 S. 292; Bettermann, R d A 1959 S. 245, 250; Nipperdey, i n : Staatsbürger u n d Staatsgewalt, Bd. I , S. 211, 228. 96

12*

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Allgemeinverfügung. Der sachbezogene (begünstigende) Verwaltungsakt kann jeden, der zu einem von i h m primär geregelten Einzelfall i n Beziehung t r i t t , jeweils erneut erfassen 101 . Er steht hinsichtlich der Adressierung einer Norm insoweit nahe, als Adressat jeder ist, der — auch erst i n Zukunft — unter den Adressattatbestand fällt. Man könnte m i t Otto Mayer sagen, daß damit von vornherein die Erlaubnis an jeden potentiellen Adressaten gerichtet wird, da dies dem Willen der Erlaubnisbehörden entsprechen wird. II. Nach Klärung der theoretischen Struktur der dinglichen Erlaubnis als eines konkret-generellen Verwaltungsaktes ist auf die eingangs gestellten praktischen Fragen zurückzukommen, die erst den Anstoß zur rechtstheoretischen Erörterung gaben. Die Frage war, ob nur für die Rechtsnachfolger des ersten Antragstellers — von denen i n §25 Abs. I 1 GewO allein die Rede ist — die erteilte Erlaubnis gilt oder ob auch andere Personen, die gleichzeitig m i t dem ersten Antragsteller oder i n zeitlicher Folge auf i h n die Anlage betreiben oder zu Eigent u m besitzen, von der alten Erlaubnis ohne erneute Erteilung Gebrauch machen können. M i t h i n ist genauer zu bestimmen, nach welchen K r i terien die zwar generelle, aber auf eine einzelne konkrete Sache bezogene Adressierung der dinglichen Erlaubnis vorzunehmen ist, d. h. welcher A r t die Rechtsbeziehung sein soll, nach der der betroffene Personenkreis zu individualisieren ist. a) Otto M a y e r 1 0 2 und i h m folgend Fleiner gingen ohne weiteres davon aus, daß hier das Zivilrecht bestimmt, für wen außer dem A n tragsteller die dingliche Erlaubnis gelten soll. Für den Regelfall der Eigentumsnachfolge i n die Anlage mag das i m Ergebnis zutreffen. Aber schon wenn gefragt wird, ob auch der vom Eigentümer verschiedene Betreiber berechtigt sein soll, versagt diese Lösung. Denn die Betreiberstellung des technischen Sicherheitsrechts ist nicht identisch m i t der zivilrechtlichen Eigentümer- oder Besitzerstellung. b) Da die dingliche Erlaubnis die Vereinbarkeit m i t polizeilichen Sicherheitsvorschriften ausspricht und öffentlich-rechtliche formelle Verbotsschranken aufhebt, liegt nichts näher, als die Bestimmung dessen, der von der dinglichen Erlaubnis betroffen ist, auch nach diesen öffentlich-rechtlichen polizeilichen Vorschriften vorzunehmen. A l l e i n die Auslegung dieser Vorschriften ergibt, für wen die dingliche Erlaubnis wirken soll. M i t h i n bestimmen die Grundsätze über die polizeiliche Verantwortlichkeit — wie sie für das technische Sicherheitsrecht der überwachungsbedürftigen Anlagen gelten — nicht nur, wer für eine Anlage verantwortlich ist, sondern auch, für den die Erklärung der

102

Otto Mayer, Bd. I , S. 246; Fleiner S. 153.

§ 13: Das Erlaubnisverfahren

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Vereinbarkeit m i t diesen Vorschriften g i l t 1 0 3 . I m Ergebnis mag regelmäßig diese Bestimmung der Adressaten der dinglichen Erlaubnis m i t der privatrechtlichen Lösung Otto Mayers übereinstimmen, da die polizeiliche Zustandshaftung auch an das private Eigentum und die tatsächliche Besitzherrschaft anknüpft. I n Fällen aber, i n denen eine Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge i m zivilrechtlichen Sinn nicht vorliegt, sind die polizeilichen Grundsätze über die polizeilich Verantwortlichen die maßgebenden Kriterien für die Bestimmung des Adressatenkreises der dinglichen Erlaubnis. Berechtigt aus der dinglichen Erlaubnis ist m i t h i n jeder, der auch polizeilich hinsichtlich der genehmigten Anlage verantwortlich wäre. I I I . Schließlich ist hinsichtlich des inhaltlichen Umfangs der dinglichen Wirkung zu erwähnen, daß ebenso wie die Erlaubnis selbst nebst Bedingungen und Befristungen auch die m i t ihr verbundenen A u f lagen gegenüber den Nachfolgern des ursprünglichen Sachherrn w i r ken 1 0 4 . Da die Auflage ihrer Natur nach ein belastender Verwaltungsakt ist, stellt dies eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, daß ein belastender Verwaltungsakt den Nachfolgern des ursprünglichen Adressaten gegenüber erneuert werden muß und nicht von sich aus seine Rechtswirkungen auf sie erstreckt 105 . Die dingliche Wirkung der A u f lage rechtfertigt sich aber aus ihrer engen Verbindung zur dinglichen Erlaubnis. Gilt die Erlaubnis weiter, muß der Nachfolger, wenn er nicht auf die Erlaubnis verzichtet, auch die einschränkenden Auflagen gegen sich gelten lassen.

103 Scholz, V e r w A r c h S. 24, 209; vgl. P r O V G v. 24. 3. 1902, Bd. 41 S. 372 ff., 375; BVerwG, a.a.O., Bd. 3 S. 261; Bd. 11 S. 17. 104 Otto Mayer, Bd. I, S. 251; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 196; Scheerbarth, 2. Aufl., S. 357; Jaeger - Ulrichs S. 51; P r O V G v. 20. 4. 1915, Bd. 69 S. 395 ff., 399. 105 Otto Mayer, Bd. I, S. 238, 251 u n d A n m e r k u n g 18; Drews - Wacfce S. 209, 210, 334.

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2. T e i l : Das Überwachungsverhältnis

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden Die technische Überwachung der Anlagen kann zu unterschiedlichen Feststellungen führen. Wegen des natürlichen Verschleißes und aus Gründen betrieblicher Nachlässigkeit kann sich ein Verstoß gegen die i n den staatlichen technischen Vorschriften enthaltenen Anforderungen herausstellen. Unabhängig von diesem Verstoß gegen Hechtsnormen kann aber auch eine sonstige Gefahr beim Betrieb einer Anlage festgestellt werden, die durch besondere Umstände des Einzelfalles bedingt ist. Eine systematische Behandlung der Eingriffsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörden hat zu fragen, welche Befugnisse i n diesen Fällen gegeben sind. Rechtsgrundlage und Voraussetzungen dieser Befugnisse sind wegen des möglicherweise zu berücksichtigenden Gesichtspunktes des Bestandsschutzes für schon bestehende Anlagen gesondert daraufhin zu untersuchen, ob es sich u m die Durchsetzung der von A n fang an bei Erlaubniserteilung oder sonstiger Inbetriebnahme der A n lagen gestellten Anforderungen handelt, oder ob nachträglich unter Umständen weitergehende Anforderungen gestellt werden sollen — sei es auf Grund geänderter technischer Vorschriften, sei es, w e i l sich nachträglich besondere Gefahren herausstellen. Zunächst ist also zu prüfen, wie die Einhaltung der ursprünglichen rechtssatzmäßigen Anforderungen gesichert wird. I m Anschluß an die hier gewonnenen Ergebnisse läßt sich eine A n t w o r t darauf geben, auf welcher Rechtsgrundlage und unter welchen Voraussetzungen selbständige Sicherheitsverfügungen bei Inbetriebnahme der Anlagen wegen einer konkreten Gefahr i m Einzelfall erlassen werden können. Schließlich ist drittens zu prüfen, ob besondere Gefahren nachträgliche selbständige Anforderungen an eine genehmigte und den ursprünglichen Vorschriften entsprechende Anlage rechtfertigen können, und zuletzt, wann eine nachträgliche Anpassung an weiterentwickelte technische Verordnungen verlangt werden kann. A. Die Befugnisse der Behörde zur Aufsicht über die Einhaltung der technischen Verordnungen richten sich nach §§ 24 d und 24 a I I GewO. Während § 24 a I I die Voraussetzungen für einen besonders weitgehenden Eingriff — die Einstellung des Betriebs der Anlage — speziell regelt, verweist für die allgemeinen Aufsichtsbefugnisse § 24 d auf § 139 b GewO. Dieser § 139 b enthält neben hier nicht interessierenden, w e i l schon durch § 24 d Satz 1 geregelten besonderen Zuständigkeitszuweisungen die Vorschrift, daß den Behörden bei Ausübung der Aufsicht über die ihrer Zuständigkeit zugewiesenen Vorschriften „alle amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden" zustehen. Daneben ist das Recht zur jederzeitigen Revision genannt, weiterhin die Pflicht zur Geheimhaltung und zur Erstattung von Jahresberichten. Die Frage

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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ist, welche Befugnisse § 139 b den Gewerbeaufsichtsämtern gewährt und welche Bedeutung der besonderen Regelung des § 24 a zukommt. I. Die Bedeutung des § 139 b I 2 als zentraler Vorschrift für die A r beit der Gewerbeaufsichtsbehörden folgt daraus, daß die wichtigsten, den Gewerbeaufsichtsbehörden zur Durchführung zugewiesenen A r beitsschutzvorschriften gleichlautend auf diese Ermächtigung Bezug nehmen, u m damit die rechtlichen Befugnisse dieser Behörden zu beschreiben 1 . Es scheint daher angebracht, die Verweisung des § 24 d S. 2 auf § 139 b nicht isoliert zu betrachten, sondern i m Rahmen des gesamten Arbeitsschutzrechtes den Sinn und die Bedeutung dieser Verweisungen zu untersuchen. I n der Literatur und der Verwaltungspraxis bestehen weitgehend keine präzisen Vorstellungen über Bedeutung und Inhalt des § 139 b. Z u m Teil w i r d die rechtliche Funktion des § 139 b überschätzt, zum Teil w i r d diesem i n den Arbeitsschutzgesetzen vielfach herangezogenen Paragraphen aber auch kaum eine eigene Bedeutung beigemessen. Obwohl i n den Arbeitsschutzgesetzen immer wieder zitiert, führt die Bestimmung doch i n der Literatur noch ein Schattendasein 2 . Eine umfassende Bedeutung käme § 139 b zu, wollte man den H i n weis auf die „amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden" als Gewährung der polizeilichen Generalermächtigung zur Gefahrenabwehr auf dem Gebiet des Arbeitsschutzes auslegen 8 . Demgegenüber könnte bei einschränkender Deutung i n der Übertragung aller amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden eine Gewährung lediglich der polizeilichen Zwangsbefugnisse gesehen werden 4 ; m i t h i n würde § 139 b ausschließlich eine bundesrechtliche Regelung des Vollstreckungsverfahrens sein. Nach Wortlaut, systematisch vergleichender Auslegung und Gesetzesentstehung sowie dem sich aus der Geschichte der Arbeitsschutzverwaltung ergebenden Gesetzeszweck scheint jedoch allein eine mittlere Auffassung gerechtfertigt. Danach gibt § 139 b I 2 der zur A u f sicht über die einzelnen Arbeitsschutzgesetze bestellten Behörde die Be1 Vgl. § 27 I I I Arbeitszeitordnung: „ A u f die Befugnisse u n d Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften des § 139 b GewO Anwendung." § 27 I A Z O : „Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften der A r beitszeitordnung u n d der auf G r u n d der Arbeitszeitordnung erlassenen Bestimmungen obliegt den Gewerbeaufsichtsbehörden." Ä h n l i c h : § 19 Mutterschutzgesetz; § 60 Jugendarbeitsschutzgesetz; § 22 L a denschlußgesetz; auch § 25 I V GewO. Vgl. Landmann - Rohmer § 24 d A n m . 1: Stahlhacke § 139 b A n m . I V 1. 2 Selbst die Dissertation von Amann: Funktionen u n d Rechtsbefugnisse der Gewerbeaufsicht, Würzburg 1961, geht nicht näher auf die spezifische Bedeutung des § 139 b ein. 3 Wacke, Bundesrecht, S. 186, 188; vgl. Drews - Wacke S. 526; Brennberger Bauernfeind, § 60 Jugendarbeitsschutzgesetz, A n m . 2. 4 Bochalli, Verwaltungsrecht, Bes. Teil, S. 248.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

fugnis, unselbständige, abhängige polizeiliche Verfügungen zur Durchsetzung der i n den einzelnen Arbeitsschutzgesetzen und ihren Durchführungsverordnungen selbst näher bestimmten Verpflichtungen der A r beitgeber zu erlassen. Den Beamten der Gewerbeaufsicht soll neben der m i t der Revisionsbefugnis gegebenen bloßen Kontrolltätigkeit die Möglichkeit gegeben sein, die Einhaltung der Verpflichtungen aus den einzelnen Arbeitsschutzgesetzen durch polizeiliche Verfügungen zu erzwingen. Der vorab bestimmten Zuständigkeit zur Ausführung der Arbeitsschutzvorschriften (§ 139 b I 1, § 24 d 1 GewO, § 27 I A Z O , § 60 I JSchG, § 19 I MschG) folgt jeweils die anschließende Gewährung der hoheitlichen Befugnisse zur Durchsetzung dieser Aufgabe i n Satz 2 bzw. A b satz I I oder I I I der genannten Bestimmungen. Von den drei möglichen Auffassungen über die Bedeutung des § 139 b ist zunächst die erste zu widerlegen. Dabei zeigt sich, daß allein die mittlere Meinung gerechtfertigt ist, die i m Ergebnis auch m i t der zuletzt genannten übereinstimmt. a) Die Annahme einer Generalklausel i n § 139 b I 2 würde bedeuten, daß — soweit die einzelnen besonderen Arbeitsschutzvorschriften i m konkreten Fall nichts bestimmen — die Aufsichtsbehörde von sich aus besondere Anforderungen zur Gefahrenabwehr stellen kann. 1. Diese umfassende Ermächtigung könnte aus einer umfassenden Aufgabenzuweisung gefolgert werden, nämlich daß die Gewerbeaufsicht als eine technische Sonderpolizeibehörde auf dem ihr angeblich zugewiesenen umfassenden Aufgabengebiet „Arbeitsschutz" auch befugt sein muß, alle notwendigen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen®. Dem steht entgegen, daß erstens von der Aufgaben- und Kompetenzzuweisung nicht ohne weiteres auf die Eingriffsermächtigung geschlossen werden dürfte 6 und daß zweitens eine Zuständigkeitsvorschrift, die der Gewerbeaufsicht das umfassende Aufgabengebiet „ A r beitsschutz" zuweist und die möglicherweise auch als Eingriffsermächtigung ausgelegt werden könnte, nicht besteht. Vielmehr beruht die Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes auf einer Vielzahl — neuerdings stark vermehrter — Spezialgesetze7, denen zwar der allgemeine Charakter als Arbeitsschutzbestimmungen gemeinsam ist, die jedoch jeweils nur Sonderregelungen einzelner Aspekte des gedachten umfassenden Gebietes „Arbeitsschutzrecht" sind. Vor allem hinsichtlich 5 Vgl. Wacke t Bundesrecht, S. 186, 188; Drews -Wache § 139 b A n m . I V .

S. 526; Stahlhache

6 Forsthoff, Lehrbuch, S. 419; Drews -Wache S. 42; Mayer, i n : M a n g Maunz - Mayer - Obermayer S. 366. 7 Stephany, DVB1 1954 S. 625; Wolff , Bd. I I I , S. 105; Stahlhache § 139 b A n m . I 2; Herschel, Handbuch, Bd. I , S. 256; Amann, Diss., S. 6, 36—70; vgl. schon Kashel, 3. Aufl., 1938, S. 260.

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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des persönlichen Geltungsbereiches differieren die Spezialvorschriften voneinander und schließen weite Berufsbereiche von ihrem Geltungsbereich aus. Der durch bundes- und landesrechtliche Spezialregelungen festgelegte „Wirkungskreis" 8 des Gewerbeaufsichtsamtes umfaßt also schon als Zuständigkeit nicht das gesamte Arbeitsschutzwesen. 2. Allenfalls für die erwähnten partiellen Zuständigkeiten könnte die Frage aufgeworfen werden, ob eine Generalklausel bzw. generalisierende Ermächtigung zum Erlaß der notwendigen Maßnahmen bei konkreter Gefahr i n ihrem begrenzten Sachbereich besteht. Spezielle Ermächtigungen dieser A r t enthalten aber schon die jeweiligen einzelnen Arbeitsschutzvorschriften — so daß auf § 139 b I 2 nicht zurückgegriffen werden muß 9 . So heißt es etwa i n § 1 a V Mutterschutzgesetz, daß, wer eine werdende Mutter beschäftigt, bei der Einrichtung des A r beitsplatzes die erforderlichen Maßnahmen zum Schutze von Leben und Gesundheit zu treffen hat und daß die Aufsichtsbehörde i m Einzelfall anordnen kann, welche Maßnahmen zur Durchführung dessen zu treffen sind 1 0 . Z u demselben Zweck bestimmen die Durchführungsverordnungen zu § 24, daß die Anlagen den über die Vorschriften der technischen Verordnungen hinausgehenden Anforderungen genügen müssen, die i m Einzelfall zur Abwendung besonderer Gefahren gestellt werden 1 1 . Damit soll i n enger inhaltlicher Anlehnung an die privatrechtliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer durch die Möglichkeit hoheitlichen Vorgehens gegen den Arbeitgeber die Durchsetzung des Arbeitsschutzes verstärkt, aber nicht eine allgemeine Generalermächtigung der Aufsichtsbehörde geschaffen werden 12 . 3. Die Annahme, daß neben diesen generalisierenden Bestimmungen der Spezialgesetze auch der von ihnen i n Bezug genommene § 139 b die Ermächtigung der Gewerbeaufsicht zum Erlaß selbständiger A n ordnungen bei konkreter Gefahr ausspricht, steht schon der Wortlaut der Vorschrift entgegen. Denn daraus, daß sich die Eingriffsbefugnis an die Feststellung der Zuständigkeit für die Ausführung von Schutzvorschriften anschließt, geht hervor, daß den Gewerbeaufsichtsbeamten die amtlichen Befugnisse der Ortpolizeibehörde nicht allgemein, son8

Vgl. Landmann - Rohmer § 139 b A n m . 2. Amann, Diss., S. 104,122 ff., 127; Herschel, Handbuch, Bd. I, S. 260; Brennberger - Bauernfeind, JSchG, § 60 A n m . 5; vgl. Schulte Langforth - Welzel, JSchG, § 60 A n m . 4. 10 Ä h n l i c h : § 4 V 2 MschG; § 37 I I I , § 40 I I I JSchG; § 120a u n d § 120d GewO. 11 § 7 DampfkesselVO; § 3 Techn. V b F ; § 3 Techn. V O Aufzüge; § 3 I I V O elektr. Anlagen i n der Fassung der ersten ÄnderungsVO von 1965; vgl. § 14 I I GetränkeschankanlagenVO. 12 Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 804, 812; Nikisch, Bd. I, S. 477. 9

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

d e m nur bei Ausübung ihrer Aufsicht über die genannten Arbeitsschutzbestimmungen zustehen sollen. Nur der Durchsetzung der näher bezeichneten Rechtssätze mittels unselbständiger polizeilicher Verfügung können die Befugnisse dienen 13 . Insbesondere verweist § 24 d in Satz 2, der die Eingriffsbefugnis durch Hinweis auf § 139 b statuiert, ausdrücklich durch das Wörtchen „hierbei" darauf hin, daß diese Befugnis gerade die abhängige Ausführung der Rechtsverordnungen sichern soll. Eine besondere Eingriffsbefugnis zur Durchsetzung der i n den technischen Vorschriften näher konkretisierten Anforderungen ist nach rechtsstaatlichen Grundsätzen neben der Zuständigkeitszuweisung an das Gewerbeaufsichtsamt durch § 2 4 d Satz 1 erforderlich. Sie gibt § 24 d Satz 2 i n Verbindung m i t § 139 b I 2. 4. Der Annahme einer Generalermächtigung der Gewerbeaufsicht durch § 139 b I 2 steht schließlich die allgemeine Bedeutung der A r beitsschutzgesetzgebung i n der Geschichte des Arbeitsrechts sowie die besondere Entstehungsgeschichte des § 139 b entgegen. Der Staat hat sich i n der Frühzeit der industriellen Entwicklung nur zögernd und nur bruchstückweise der Regelung des Arbeitsschutzes angenommen 14 . Der aufkommende Liberalismus war einer staatlichen Schutzregelung der Verhältnisse der arbeitenden Klasse überhaupt abgeneigt. Später wurde unter dem Einfluß Bismarcks der soziale Ausgleich vorrangig durch die Entwicklung der Sozialversicherung, durch den Ausgleich nach dem Schadensfall gesucht. Nach dem 1. Weltkrieg lenkte die Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechtes von einer umfassenden Regelung des vorbeugenden Arbeitsschutzes ab. Der Entw u r f eines allgemeinen Arbeitsschutzgesetzes von 1926 wurde nicht verwirklicht. A n Stelle einer einheitlichen umfassenden Arbeitsschutzgesetzgebung, der eine Generalklausel zur Gefahrenabwehr auf diesem Gebiet entsprechen könnte, besteht statt dessen auch heute noch eine Zersplitterung der Rechtsmaterie i n viele Einzelgesetze, die nur für die naheliegendsten Nöte den Stand des politisch Erkämpften fixieren 1 5 . Die Ermächtigung des § 139 b hat ihren speziellen, i n dieser Beziehung fast gleichlautenden Vorläufer i n einer Zeit, i n der an eine Gene13 Vgl. Landmann - Rohmer § 139 b A n m . 2 u n d 8; Stahlhacke § 139 b A n m . I ; Amann, Diss., S. 33, 37, 41, 46, 51, 56, 62; Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 700; Wolff, Bd. I I I , S. 105. 14 Vgl. Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 806—808; Stephany, DVB1 1954 S. 621; Pechan, A r t i k e l „Arbeitsschutz" I , i n Handbuch der Sozialwissenschaften S. 245 ff. 15 Vgl. Pechan, a.a.O., S. 249; Herz, Handbuch der Sozialwissenschaften, a.a.O., S. 254; Deutschbein - Vogler, B A r b B l 1954 S. 26; Kaskel S. 4, vgl. S. 18.

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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ralermächtigung einer besonderen Fachbehörde zu notwendigen Maßnahmen auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes noch gar nicht gedacht werden konnte. § 11 des Gesetzes vom 16. 5.1853 16 betreffend einige Abänderungen des Regulativs vom 9. 3.1839 17 über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter i n Fabriken — der ersten deutschen Arbeitsschutzbestimmungen — bestimmte und die Vorschrift führte damit zum ersten Male eine besondere noch fakultative Gewerbeaufsicht zur Verbesserung der Durchsetzung der genannten Schutzvorschriften ein: „Die Ausführung dieser Bestimmungen soll, wo sich dazu ein Bedürfnis ergibt, durch Fabrikinspektoren als Organ der Staatsbehörden beaufsichtigt werden. Diesen Inspektoren kommen, soweit es sich u m die Ausführung der Vorschriften dieses Gesetzes handelt, alle amtlichen Befugnisse der Ortpolizeibehörden zu." Diese Bestimmungen wurden 1869 i n den § 132 der Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund übernommen 18 . Das Gesetz betreffend die Abänderung der Gewerbeordnung von 187819 brachte eine Änderung nur insoweit, als die Gewerbeaufsicht i n § 139 b nunmehr zur obligatorischen Einrichtung wurde. Durch den weiteren Ausbau des Arbeitsschutzes i m Wege von Änderungen der Gewerbeordnung — insbesondere durch das Arbeitsschutzgesetz von 1891 nach Bismarcks Abgang 2 0 — und durch die ersten speziellen Arbeitsschutzgesetze wurden zwar der Gewerbeaufsicht Zuständigkeiten und Aufgaben vermehrt zugewiesen, die Eingriffsermächtigung aber blieb dieselbe. Sie bezog sich von Anfang an nur auf die Durchführung konkret bestimmter Zuständigkeiten und kann deshalb auch heute nicht als Generalermächtigung auf dem Gebiete des Arbeitsschutzes ausgelegt werden. Der Rückblick auf die historische Entwicklung des Arbeitsschutzrechtes als eines spezialgesetzlich geregelten Sondergebietes zeigt, daß die Annahme einer Generalermächtigung i n § 139 b I 2 nicht zutreffend sein kann. Die Generalermächtigung für den Arbeitsschutz zu schaffen bleibt immer noch Aufgabe der politischen Entscheidung des Gesetzgebers. 5. Der Zweck der Anordnung einer Eingriffsbefugnis durch § 139 b I 2 und den vorgehenden § 11 des Gesetzes von 1853 und § 132 der Gewerbeordnung von 1869 muß i n einer anderen Richtung gesucht werden. Nicht eine zusätzliche selbständige Generalklausel neben den speziellen Arbeitsschutzvorschriften sollte geschaffen werden, sondern die Steigerung der Effektivität dieser Schutzvorschriften erreicht werden, 15 17 18 19 20

Preußische Gesetz-Sammlung S. 225. Preußische Gesetz-Sammlung S. 156. B G B l S. 245, 269. R G B l S. 199. R G B l S. 261.

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2. Teil: Das

berwachungsverhältnis

um den bestehenden Vorschriften überhaupt erst einmal Geltung zu verschaffen. Die Bedeutung des § 139 b I 2 liegt i n seiner Regelung der A r t und Weise der Verwirklichung der Arbeitsschutzbestimmungen durch die Gewährung von Befehlsgewalt. Denn historisch waren die Kontrollorgane zur Durchführung der Arbeitsschutzvorschriften zunächst auf eine bloß anregende, beratende und vermittelnde Funktion beschränkt worden 2 1 , als sie neben die anfänglich allein zuständigen allgemeinen Polizeibehörden gestellt wurden 2 2 . Sie hatten die letztlich entscheidende Anordnungsbefugnis den ordentlichen Polizeibehörden überlassen müssen, die auf ihre Anregung hin tätig wurden. I n der mangelnden eigenen Eingriffsbefugnis der allein sachkundigen Gewerbeaufsicht zur effektiven Durchsetzung der Arbeitsschutzvorschriften wurde der Grund für das anfängliche Fehlschlagen dieser neu eingerichteten Institution gesehen. Als Maßnahme gegen die Abhängigkeit und Ohnmacht einer bloß begutachtenden Gewerbeaufsicht muß m i t h i n die Bestimmung verstanden werden, daß auch ihr bei Ausübung ihrer Aufsicht alle amtlichen Befugnisse der Ortspolizeibehörden zustehen sollen 25 . Bezeichnend ist, daß unter der Gegnerschaft Bismarcks gegen die staatliche Gewerbeaufsicht versucht wurde, dem § 139 b GewO, auf den der Reichstag gegen den Willen der Regierung gepocht hatte, dadurch die Schärfe zu nehmen, daß durch verwaltungsinterne Dienstanweisungen die Gewerbebeamten auf eine „vornehmlich wohlwollend" kontrollierende, beratende und vermittelnde Tätigkeit beschränkt w u r den 2 4 . Auch daran w i r d deutlich, daß eigentlicher Streitpunkt die A n 21

Poerschke S. 5, 10, 11 ff. Poerschke S. 6. 23 Poerschke S. 20 ff.; Wietfeldt, ArbSch 1960 S. 83; H. Rasch S. 7, 29, 30, 37; vgl. Amann, Diss., S. 31, 94; Landmann - Rohmer § 139 b A n m . 4, a. E.; Stahlhacke § 139 b A n m . I , a.E.; vgl. heute § 71 I I I JSchG, wo die Befugnisse der Aufsichtsbehörden zum Schutze verwandter K i n d e r u n d Jugendlicher auf die M i t t e i l u n g des Gesetzesverstoßes an das Jugendamt beschränkt w i r d u n d die Anwendung polizeilicher Zwangsmittel ausgeschlossen ist. 24 Bundesratsbeschluß v. 19. 12. 1878, dazu Pr. Dienstanweisung v. 24. 5. 1879, M i n B l S. 152 § 2 u n d § 4; Pr. Dienstanweisung v. 23. 3. 1892, M i n B l S. 160, § 6 u n d § 8; vgl. Stephany, DVB1 1954 S. 623; Deutschbein und Vogler B A r b B l 1954 S. 21; Vogler S. 18, 24, 36, 100. Auch heute noch treffen manche verwaltungsinterne Dienstanweisungen an die Gewerbeaufsichtsämter eine einschränkende Regelung der Zwangsbefugnisse und verweisen die Beamten auf eine vorwiegend beratende u n d vermittelnde F u n k t i o n : vgl. Runderlaß des Hess. Min. für Arbeit v. 5. 4. 65, ArbSch 1965 S. 150; Schreiben des B u n desministers für A r b e i t B A r b B l 1957 S. 141; vgl. Stephany DVB1. 1954 S. 623; Bauer, Handwörterbuch der Staatswissenschaft, 4. Aufl., S. 469; Stahlhacke § 139 b A n m . I ; Herschel, Handbuch, S. 259; Vgl. zur Praxis von Verwaltungsanordnungen i m Gewerberecht, die das Gesetz unangewendet lassen w o l l e n : Bundesverwaltungsgericht v. 21. 7. 59, GewArch 1959/60 S. 132 ff., 133. Durch Verwaltungsanordnungen können die 22

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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ordnungsbefugnis der Gewerbeaufsichtsbeamten war, eine Generalklausel aber noch gar nicht zur Diskussion stand. b) § 139 b I 2 dient der wirksamen Überwachung einzeln aufgezählter Arbeitsschutzvorschriften und gibt der Gewerbeaufsicht die Befugnis, i m Wege sogenannter unselbständiger polizeilicher Verfügungen zur Beseitigung rechtswidriger Zustände einzuschreiten 26 . Für § 24 GewO dient der § 139 b I 2 nur der Durchsetzung der tatbestandlich bestimmt gefaßten Schutzvorschriften i n den technischen Verordnungen, die eine Reihe typischer Gefahrenlagen positiv festlegen. Die zur Durchsetzung der technischen Vorschriften erlassenen Verfügungen sind ihrer Rechtsgrundlage nach auf § 24 d Satz 2 / § 139 b I Satz 2 i n Verbindung m i t der verletzten technischen Vorschrift zu stützen. c) Abweichend davon w i r d i n einzelnen Kommentierungen 2 6 zu den speziellen Arbeitsschutzgesetzen die rechtliche Bedeutung des § 139 b darin gesehen, daß er als Grundlage der Verwaltungsvollstreckung, als Ermächtigung der Aufsichtsbehörde zu polizeilichem Zwang, d. h. zu den Zwangsmitteln des Zwangsgeldes, der Ersatzvornahme und des unmittelbaren Zwanges dient 2 7 . Es fragt sich, ob nicht auch diese Meinungen i m Grunde dasselbe sagen wollen, wie die oben vertretene A n sicht, daß nämlich § 139 b I 2 für die Gewerbeaufsicht die gesetzliche Grundlage abhängiger Einzelverfügungen zur Durchsetzung öffentlichrechtlicher Schutzvorschriften bietet. Eine bloße Ungenauigkeit scheint i m Spiel zu sein, denn wer der Aufsichtsbehörde die Befugnis zur Anwendung von Zwangsmitteln zubilligen w i l l , gesteht ihr offenbar auch das Recht zum Erlaß von Vergesetzlichen Befugnisse jedoch nicht geschmälert werden; gegebenenfalls können bei ungenügender Durchsetzung der Schutzbestimmungen Amtshaftungsansprüche der möglicherweise mangelhaft Geschützten i n Frage k o m men. 25 Vgl. Fuhr § 24 d A n m . 2; gegen eine Generalermächtigung auch Stahlhacke § 139 b A n m . I V 1; Schulte Langforth - Welzel, JSchG, § 60 A n m . 2, 4, 24 u n d das dort zitierte U r t e i l des B V e r w G v. 15. 7. 64, V C 130/62; Bullinger, V V D S t R L Heft 22 S. 271. 26 Vgl. Riedel, JSchG, S. 423. 27 Teilweise werden der Gewerbeaufsicht überhaupt die A n w e n d u n g von Zwangsmitteln zur Durchsetzung der i n Gesetzen konkret normierten Schutzvorschriften aberkannt u n d diese n u r für die gesetzlich besonders zugelassenen Einzelanordnungen der Aufsichtsbehörde gewährt. Vgl. Brennb erger Bauernfeind, JSchG, § 60 A n m . 5; Natzel t JSchG, S. 329. Dies widerspricht dem eindeutigen Wortlaut des § 139 b, wonach die Befugnisse gerade der Durchsetzung der Schutzbestimmungen des ganzen Gesetzes dienen sollen, sowie dem aus der Entstehungsgeschichte sich ergebenden Zweck der V o r schrift. Die etwaige ausweichende Berufung auf die Möglichkeit von V e r f ü gungen auf G r u n d der landesrechtlichen polizeilichen Generalklausel scheidet für diese bundesrechtlichen spezialgesetzlichen Regelungen aus. I m Ergebnis ebenso: Schreiben des Bundesministers für Arbeit, ArbSch 1957 S. 141; Amann, Diss., S. 104, 105, 106.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

waltungsverfügungen zu, die durch die Zwangsmittel durchgesetzt werden sollen. Denn nach den Grundsätzen des rechtsstaatlichen Verwaltungsvollstreckungsverfahrens ist der Anwendung staatlicher Zwangsmaßnahmen i n der Hegel eine Verfügung vorgeschaltet, die bestimmt, was nach dem Gesetz zu geschehen hat und die es zu realisieren g i l t 2 8 . Die Anwendung von Verwaltungszwang zur Erzwingung gesetzmäßigen Verhaltens setzt die Befugnis zum Erlaß von Verwaltungsakten voraus 29 , sei es, daß der Verwaltungsakt vor Durchführung des Vollstreckungsverfahrens erlassen wird, oder als i m Vollstreckungsakt enthalten gilt 3 0 . Die Vollstreckungsgewalt reicht (nur) soweit wie die Verfügungsgewalt 31 . Vorrangig auch i m Hinblick auf die Befugnis zu Zwangsmitteln muß also nach der Möglichkeit zum Erlaß von Verwaltungsakten überhaupt gefragt werden. Denn wenn diese Befugnis zweifelhaft ist, kommt auch ein Vollstreckungsverfahren nicht i n Betracht. Wenn das Bundesarbeitsministerium i n seinem erwähnten Rundschreiben prüft, ob § 139 b zu Zwangsmitteln zur Durchsetzung der einzelnen Arbeitsschutzbestimmungen ermächtigt, und nach Anerkennung dessen weiter fragt, i n welchen Fällen der Pflichtige vor der Anwendung des Zwangsmittels vorab durch Verwaltungsakt zu einem gesetzmäßigen Verhalten besonders aufgefordert werden muß, so wäre zumindest für eine theoretische Fragestellung das Problem i n umgekehrter Reihenfolge zu stellen: nämlich zunächst, ob eine Ermächtigung zu hoheitlichen Anordnungen vorhanden ist, erst danach, welche Zwangsmittel gegeben sind und wann ausnahmsweise sofortige Ausführung i m Zwangsverfahren gestattet ist. II. § 139 b GewO gibt, wie gezeigt, die Befugnis zu unselbständigen Anordnungen zur Durchsetzung der technischen Vorschriften. Z u untersuchen bleibt, ob die Gewährung „aller Befugnisse der Ortspolizeibehörden" darüber hinaus auch Rechtsgrundlage für alle Vollstrekkungsmaßnahmen zur zwangsweisen Durchsetzung dieser Anordnungen sein kann. a) Eine einschränkende nähere Regelung der Zwangsbefugnisse könnte § 24 a I I GewO enthalten. Danach kann die Aufsichtsbehörde bestimmen, „daß der Betrieb von überwachungsbedürftigen Anlagen » Forsthoff, Lehrbuch, S. 278, 281; Wolff , Bd. I I I , S. 80, 282; Drews - Wacke S. 360, 400; Scheerbarth S. 74; Jellinek, Verwaltungsrecht, S. 333, 341; OVG Münster v. 25. 9. 1963, D Ö V 1964. S. 682. 29 Haueisen, N J W 1956 S. 1458 u n d A n m . 20; v. Rosen-v. Hoewel, V w V G S. 28; OVG Münster v. 3. 10. 1963, DVB1 1964 S. 683 ff., 684. 30 Forsthoff, Lehrbuch, S. 277; Wolff, Bd. I I I , S. 281, 282; Drews -Wacke S. 300, 358; O V G Münster, a.a.O. 31 Vgl. Anschütz, V e r w A r c h Bd. 1 S. 446, 449; Haueisen, N J W 1956 S. 1457.

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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bis zur Herstellung des den Vorschriften oder behördlichen Anordnungen entsprechenden Zustandes einzustellen ist, wenn durch Nichteinhalten dieser Vorschriften oder Anordnungen eine erhebliche Gefährdung der Beschäftigten oder Dritter herbeigeführt w i r d " . 1. Die Vorschrift könnte so aufgefaßt werden, daß § 24 a I I die nähere zwangsweise Durchsetzung der technischen Vorschriften abschließend regelt und daß nur unter den genannten erschwerten Voraussetzungen zwangsweise eingegriffen werden darf. Sie könnte bedeuten, daß die Herstellung eines vorschriftsmäßigen Zustandes der Anlage i m Betrieb eines Unternehmens nicht durch unmittelbar i n den Betrieb eingreifende Maßnahmen gefordert, sondern nur mittels einer Einstellung, d. h. Stillegung der Anlage e r w i r k t werden kann 8 2 . 2. Die Bedeutung des § 24 a I I liegt jedoch i n der spezialgesetzlichen Regelung einer besonderen Maßnahme, die als schwerer Eingriff i n die Rechtssphäre der Betreiber an erschwerte Voraussetzungen geknüpft werden soll. Nur die besondere Maßnahme der Betriebseinstellung soll an die doppelte Voraussetzung der Vorschriftsmäßigkeit und der erheblichen konkreten Gefahr i m Einzelfall gebunden sein 33 . Die Bedeutung des § 24 a I I würde nicht zutreffend gesehen, wollte man die i m Text der Vorschrift an das Ende gerückten Rechtsvoraussetzungen an den Anfang stellen und nur unter diesen Voraussetzungen gerade nur die erwähnten Eingriffsmöglichkeiten zulassen. § 24 a I I enthält für eine der mannigfaltigen nach der allgemeinen Eingriffsermächtigung des § 24 d 2 / § 139 b I 2 an sich möglichen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr eine spezielle gesetzliche Regelung, w e i l der besonders weitgehende Eingriff der Stillegung einer gewerblichen Anlage wegen bloßer Vorschriftswidrigkeit nicht gerechtfertigt erscheint 34 . Andere unmittelbar der Herstellung eines vorschriftsmäßigen Zustandes dienende Maßnahmen bleiben daneben auf der Grundlage des § 24 d I I / § 139 b I 2 — und zwar unter den dort genannten Voraussetzungen — zulässig 85 . Der Regelung des § 24 a I I entsprechen andere Bestimmungen i m A r beitsschutzrecht, so § 147 I V GewO für die Eingriffe auf Grund der §§ 120 ff. GewO und § 25 I I I AZO für einige Regelungen der Arbeitszeitordnung 36 . Zu demselben Zweck eines verstärkten Schutzes des Bürgers wurden etwa auch i m allgemeinen Polizeirecht besonders schwerwiegende Eingriffe i n Freiheit und Eigentum — die sogenannten 82

P r O V G v. 17. 12. 1914, Bd. 68 S. 308 ff., 312, 313.

88

Vgl. Amann, Diss., S. 107.

84

Vgl. Enderling , Handbuch, S. 706.

85

Vgl. Hueck - Nipperdey, Bd. I, S. 871; Kaskel , 3. Aufl., 1928, S. 264; Schulte Langforth - Welzel, JSchG, § 60 A.66. 86

Amann, Diss., S. 106—111.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

polizeilichen Standardmaßnahmen wie Vorladung, Sicherstellung — an besondere Eingriffsvoraussetzungen gebunden, die über die allgemeine polizeiliche Generalklausel hinausgehen 87 . Die besonders geregelte Einstellungsbefugnis kann ihrer Natur nach nicht als bloßes Zwangsmittel i m engeren Sinn angesehen werden 3 8 . Echte Zwangsmittel dienen der Durchsetzung einer zur Gefahrenabwehr angeordneten bestimmten Maßnahme. Die Anordnung der Einstellung aber ist selbst eine der vielen zur Herstellung eines polizeimäßigen Zustandes denkbaren polizeilichen Verfügungen 89 . Die polizeilichen Zwangsmittel dienen vielmehr ihrerseits der effektiven Durchsetzung der Einstellungsanordnung, z.B. durch Vorgehen m i t tels unmittelbaren Zwanges i m Wege der polizeilichen Schließung. § 24 a I I enthält somit nicht eine abschließende Regelung zulässiger Zwangsmittel zur Durchsetzung der technischen Vorschriften, sondern die Voraussetzungen eines besonders einschneidenden Eingriffs zur Durchsetzung dieser Verordnungen. Zur Sicherung der Einhaltung der formalen Vorschriften über die Erlaubnispflicht kann gemäß § 24 a I ein gleich schwerwiegender Eingriff schon bei NichtVorliegen der Erlaubnis erfolgen. Die Regelung entspricht dem § 15 Abs. I I 1 GewO und dem § 147 I I I GewO. b) Indem § 139 b I 2 auf die „Befugnisse" gerade der Ortspolizeibehörden verweist, t r i f f t er neben der Gewährung der Anordnungsbefugnis auch eine bestimmte Regelung des Umfangs der Zwangsbefugnisse. Nicht nur die Zwangsmittel der allgemeinen Verwaltung sollen gemäß § 139 b I 2 Anwendung finden, sondern auch die möglicherweise weiterreichenden Zwangsrechte der Polizeibehörden — wenn auch nur der untersten Instanz, was für die Höhe des Zwangsgeldes bedeutsam ist 4 0 . So können neben den eigentlichen Zwangsmitteln wie Zwangsgeld, Ersatzvornahme und unmittelbarem Zwang auch die besonderen Eingriffsbefugnisse der Polizeibehörden, die polizeilichen Standardmaßnahmen wie Vorladung von Personen oder Sicherstellung gefährlicher Sachen i n Betracht kommen 4 1 . Eine besondere polizeiliche Maßnahme ist durch § 24 d m i t § 139 b I 2 Halbsatz 2 und Abs. I V ausdrücklich 87

Drews - Wache S. 173; Wolff, Bd. I I I , S. 43, 76. P r O V G v. 26. 10. 1883, Bd. 10 S. 260 ff., 270; vgl. aber Huech - Nipperdey. Bd. I, S. 871; Kashel, 3. Aufl., S. 263; Fuhr § 24 a A n m . 4, § 24 d A n m . 2. 89 Drews - Wache S. 282, 359, 360; vgl. Fuhr § 147 Ziff. 5; Scupin, Handbuch, S. 633. 40 Vgl. Wolff, Bd. I I I , S. 106d) m i t S. 105b); zur Rechtslage i n Bayern: Amann, Diss., S. 102, 103; vgl. Ministerialerlaß Niedersachsen v. 10. 3. 1964, ArbSch 1964 S. 149; Ministerialerlaß Schleswig-Holstein v. 6.5.1964, ArbSch 1964 S. 213; Scupin, Recht - Staat - Wirtschaft, Bd. I I 1950 S. 312. 41 Vgl. Amann, Diss., S. 97; Ministerialerlaß Hessen v o m 5. 4. 1965, ArbSch 1965 S. 150. 38

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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hervorgehoben worden, nämlich das Recht zur jederzeitigen Revision der Anlagen 4 2 . I I I . § 139 b I 2 ist eine bundesgesetzliche polizeiliche Ermächtigung. Die Vorschrift w i l l die Gewerbeaufsicht zur Durchführung der bundesrechtlichen Arbeitsschutznormen m i t Befugnissen kraft Bundesrecht ausstatten. Zwar knüpft die Gewerbeordnung inhaltlich an die Regelung i n den Landesgesetzen an und bemessen sich die Befugnisse materiell nach Maßgabe landesrechtlicher Bestimmungen 4 8 . Ihrem Geltungsgrund nach sind es jedoch kraft Bundesrechts gewährte polizeiliche Befugnisse 44 . Zwar richtet sich i n der Regel, auch bei Ausführung von Bundesgesetzen, die Vollstreckung von Verwaltungsakten der Landesbehörden nach Landesrecht 45 . Jedoch ist der Bund gemäß A r t . 84 I GG befugt zu der — durch § 139 b auch nur rahmenweise erfolgten — besonderen Regelung des Vollstreckungsverfahrens zur Durchführung bestimmter Bundesgesetze. Sie kann als Teil einer Regelung des allgemeinen Verwaltungsverfahrens angesehen werden 4 6 . Als Ergebnis kann festgehalten werden, daß § 139 b i n Verbindung mit den auf i h n verweisenden arbeitsschutzrechtlichen Spezialvorschriften (z. B. § 24 d) der Gewerbeaufsicht kraft Bundesrecht die Ermächtigung gibt, zur Durchsetzung dieser Vorschriften unselbständige Verfügungen zu erlassen und zu deren Vollstreckung m i t polizeilichen Zwangsmitteln vorzugehen. § 24 a I I enthält die spezialgesetzliche Normierung eines besonders weitgehenden Eingriffs zur Durchsetzung der Vorschriften. B. Weil die Befugnisse gemäß § 24 d 2 / § 139 b I 2 nur für die Durchsetzung der technischen Verordnungen durch abhängige, unselbständige Verfügungen reichen, fragt sich, ob auch selbständige Verfügungen zur Abwendung konkreter, aus besonderen Umständen erwachsender Gefahren der überwachungsbedürftigen Anlagen zulässig sind. Es wurde bereits gezeigt, daß bei Einrichtung eines Erlaubnisverfahrens der Erlaubnisbehörde die Möglichkeit gegeben ist, mittels Auflagen, d. h. durch Einzelverfügungen i m Rahmen der Erlaubniserteilung, diesen konkreten Gefahren zu begegnen. Aber auch bei Anlagen, die 42 Amann, Diss., S. 99—102; Rohlfing, Der Betrieb, 1953 S. 127; vgl. § 24 b GewO, der dieses Recht für die technischen Sachverständigen näher k o n k r e t i siert; vgl. Landmann - Rohmer § 24 b A n m . 2; Fuhr § 24 b A n m . 4. 48 Landmann - Rohmer § 139 b A n m . 4. 44 Wache, Bundesrecht, S. 186; a.A.: Stahlhache § 139b A n m . I V 1, der die Ermächtigungsgrundlage i n landesrechtlichen Polizeigesetzen sieht. Ebenso Brennberger - Bauernfeind , § 60 JSchG A n m . 7, § 61 JSchG A n m . 5. 45 Haueisen , N J W 1956 S. 1459. 46 Maunz - Dürig, A r t . 84 Ziff. 29; vgl. v. Rosen - v. Hoewel S. 16.

13 Pllschka

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

keinem besonderen Erlaubnisverfahren unterworfen sind, muß die Möglichkeit gegeben sein, auf die Anzeige von der Errichtung oder I n betriebnahme der Anlage h i n wegen besonderer Gefahren i m Einzelfalle Maßnahmen zu ergreifen. I. Die unmittelbare gesetzliche Regelung des § 24 GewO enthält keinen Hinweis auf derartige Befugnisse. Die ordnungsbehördlichen (polizeilichen) Generalklauseln der Länder sind durch die abschließende bundeseinheitliche Regelung des § 24 verdrängt. Als maßgebliche Ermächtigungsnormen bleiben die einzelnen auf Grund des § 24 erlassenen Verordnungen selbst. Sie enthalten übereinstimmend die Bestimmung, daß die Anlagen den über die Einzelvorschriften der Verordnungen hinausgehenden Anforderungen genügen müssen, die von der nach Landesrecht zuständigen Behörde i m Einzelfall zur Abwendung besonderer Gefahren für Beschäftigte oder Dritte gestellt werden 4 7 . Damit ist den Aufsichtsbehörden ausdrücklich die Befugnis zu selbständigen, unabhängigen Verfügungen zur Bekämpfung besonderer konkreter Einzelfallgefahren gegeben. I I . Die Frage, ob diese „Generalklauseln" der technischen Verordnungen zur konkreten Gefahrenabwehr durch die gesetzliche Ermächtigung des § 24 gedeckt sind, könnte deshalb gestellt werden, w e i l § 24 nur der Bundesregierung eine Ermächtigung, und zwar nur zum Erlaß von abstrakt-generellen Verordnungen gibt. Darin könnte der Wille des Gesetzgebers gesehen werden, das Rechtsgebiet ausschließlich auf Grund bestimmter allgemein geltender Verordnungsvorschriften zu regeln, etwa um die Gleichmäßigkeit der Wettbewerbsbedingungen strikt zu wahren 4 8 . Denn die Ermächtigung zur abstrakten Rechtsetzung umfaßt nicht die Ermächtigung zum Erlaß konkreter Staatsakte — etwa als ein minus des Eingriffs 4 9 . Wenn aber § 24 I 3 zur Festsetzung „bestimmter Anforderungen" ermächtigt, so liegt darin auch, daß bestimmt werden kann, daß „keine konkreten Gefahren" i m Einzelfall entstehen dürfen. Entsprechend enthalten die Durchführungsverordnungen die besondere Verpflichtung der Betreiber, die Anlagen nicht zu nutzen, wenn „Gefahren" für Beschäftigte oder Dritte zu befürchten sind 5 0 , m i t h i n nicht nur die Verpflichtung, die Anlagen gemäß den Vorschriften der Verordnungen zu betreiben. Nach dem Sinn der Rahmenermächtigung soll der Verordnungsgeber das begrenzte Rechtsgebiet 47 § 7 DampfkesselVO; § 3 Techn. V b F ; § 3 I I V O elektr. Anlagen; § 3 Techn. V O Aufzüge; vgl. § 14 I I 2 GetränkeschankanlagenVO (vgl. dazu aber Mangels, § 14 A.2). 48 Vgl. V G H München v. 11. 1. 1967, N J W 1967 S. 1146, 1149. 49 Otto Mayer, Bd. I, S. 230, 231; Wolff, Bd. I, S. 144. 50 § 26 Dampf kesselVO; § 15 V O elektr. Anlagen; § 15 I I V O Aufzüge i n der Fassung der TVAufz. v. 1965; § 20 VbF.

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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umfassend gestalten können, wozu auch die Ermächtigung der A u f sichtsbehörden zu Einzelverfügungen gehört. Schließlich kann der Grundsatz der Nichtvertauschbarkeit von Verordnungsermächtigung und Ermächtigung zu Einzelmaßnahmen nur für die Ausübung durch die ermächtigte Stelle selbst gelten, die nicht m i t der Möglichkeit unmittelbarer Einzelfallentscheidungen sich dem Zwang zu genereller Normierung entziehen soll. Die Ermächtigung der Rechtsverordnungen an die Aufsichtsbehörde zum Erlaß selbständiger Anordnungen zur Abwehr von Einzelfallgefahren geht m i t h i n nicht über die E r mächtigung des § 24 I 3 hinaus. Die Regelung hätte zwar zweckmäßigerweise schon i m Gesetz selbst getroffen werden können, entsprechend § 24 d 2 / § 139b I 2; einmal mehr zeigt sich aber an der Regelung erst i n den Durchführungsverordnungen, daß erst diese die eigentliche materielle Regelung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen enthalten. I I I . Wie schon hinsichtlich der Zulässigkeit von Auflagen i m Rahmen des Erlaubnisverfahrens gezeigt, ergeben sich auch hier — sogar ausdrücklich als Voraussetzung i n den Verordnungen genannt — Grenzen für die Zulässigkeit selbständiger Verfügungen aus ihrem Verhältnis zu den technischen Verordnungen. Soweit nämlich die allgemeinen Vorschriften Gefahren abschließend regeln wollen, kommen daneben besondere Verfügungen nicht i n Betracht. Zudem können die Einzelverfügungen nicht Lücken der Verordnungen durch eine Vielzahl gleichlautender Einzelverfügungen schließen 51 . C. Für erlaubnispflichtige wie für erlaubnisfreie Anlagen stellt sich die Frage, ob selbständige und unselbständige Verfügungen noch nachträglich an schon i n Betrieb befindliche Anlagen gerichtet werden können, wenn sich erst i m Laufe der Zeit durch neue Erkenntnisse Gefahren herausstellen bzw. wegen veränderter Verhältnisse auftreten oder aber die technischen Verordnungen ihre Anforderungen verschärfen. Dieses Problem bedarf einer eigenen Betrachtung, da Fragen des Bestandsschutzes eine besondere Rolle spielen — nachdem oben zunächst geklärt wurde, ob überhaupt und unter welchen Voraussetzungen selbständige und abhängige Verfügungen der Aufsichtsbehörde zulässig sind. Die Bestimmungen der Durchführungsverordnungen über die Zulässigkeit selbständiger Anordnungen — die zunächst untersucht werden sollen — enthalten keine Einschränkung dahin, daß die Verfügungen nicht oder nur unter erschwerten Voraussetzungen an schon bestehende Anlagen gerichtet werden können. Nach ihrem Wortlaut können sie jederzeit auch nachträglich zur Abwehr besonderer Gefahren er51

13*

Vgl. B a y O b L G v. 27. 3. 1909, GewArch Bd. 9 S. 483; Amann, Diss., S. 124.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

lassen werden. Diese umfassende Möglichkeit zu nachträglichen polizeilichen Verfügungen widerstreitet allerdings dem herkömmlichen Verständnis, daß Anlagen nach § 24 ebenso wie lästige Anlagen nach § 1 6 GewO einen besonderen Bestandsschutz genießen, der nur durch eine entschädigungspflichtige Untersagung gemäß § 51 GewO angetastet werden kann 5 2 . Bevor jedoch auf die näheren Voraussetzungen für die Zulässigkeit nachträglicher Verfügungen und ihre Abgrenzung zu den besonderen Bestandsschutzvorschriften eingegangen werden kann, muß geklärt werden, ob die genannten Bestimmungen der Durchführungsverordnungen überhaupt die zutreffende Rechtsgrundlage für nachträgliche Anforderungen sind. I. Zwar sind sich Rechtsprechung und Literatur i m Ergebnis einig über die Möglichkeit nachträglicher Anforderungen an überwachungsbedürftige Anlagen, aber entweder enthält man sich einer Stellungnahme über die maßgebliche Rechtsgrundlage 53 oder stützt die nachträglichen Verfügungen — und zwar i n analoger Anwendung — auf den neu eingefügten § 25 Abs. 3 GewO 5 4 . Z u klären ist, ob § 25 I I I oder die i n den Durchführungsverordnungen zu § 24 gegebenen Befugnisse die Grundlage für nachträgliche Verfügungen zur Abwehr konkreter Gefahren sind. a) Die Vorschrift des § 25 I I I wurde 1959 als wesentlicher Teil einer Novelle zur Gewerbeordnung eingefügt, die die gesetzliche Handhabe für die Reinhaltung der L u f t gegenüber den Emissionen industrieller Anlagen geben sollte. Sie brachte die für das Recht der genehmigungspflichtigen gewerblichen Anlagen umstürzende, dem bisherigen ausdrücklichen Gesetzeszweck widerstreitende Neuerung der gesetzlichen Zulässigkeit nachträglicher Anordnungen an schon bestehende Anlagen. Da die genehmigungspflichtigen Anlagen nach § 16 und diejenigen nach § 24 seit jeher i n Parallele gesetzt wurden, mochte es nahe liegen, durch Betonung des systematischen Zusammenhangs die Neuerung des § 25 I I I und den darin zum Ausdruck kommenden allgemeinen Gedanken der Abkehr vom überkommenen besonderen Bestandsprivileg auf alle Anlagen des einheitlich zu behandelnden Abschnitts über genehmigungsbedürftige Anlagen zu übertragen 55 . 52 Motive zur Gewerbeordnung, Stenographische Berichte über die V e r handlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes, 1869, Bd. I I I , S. 115; Jaeger - Ulrichs S. 40; Vossen, 1911, S. 19, 27. 63 Wolff, Bd. I I I , S. 110. 54 OVG Münster v. 1. 9. 1965, DVB1 1966 S. 82 ff. = ArbSch 1965 S. 327 ff.; Hoppe, B B 1966 S. 1327; Landmann - Rohmer § 25 A n m . 32, § 51 A n m . 16, § 18 A n m . 23, § 1 A n m . 83: Danach soll § 25 I I I analog für alle gewerblichen A n lagen gelten, vorbehaltlich ausdrücklicher Vorschriften. Solche werden aber f ü r § 24 nicht genannt. 55 OVG Münster, a.a.O., DVB1 1966 S. 82.

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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Dabei w i r d jedoch übersehen, daß das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen seit 1953 eine weitgehend selbständige Sonderregelung gefunden hat 5 6 , deren materieller Schwerpunkt i n den Durchführungsverordnungen liegt. Daß die unmittelbare gesetzliche Regelung der §§ 24—24 d keine Bestimmung über nachträgliche Anforderungen enthält, sagt noch nicht, daß diese Frage für die überwachungsbedürftigen Anlagen überhaupt nicht geregelt und somit eine Lücke vorhanden ist, die durch entsprechende Heranziehung anderer Vorschriften zu schließen wäre 5 7 . Seinem eindeutigen Wortlaut nach bezieht sich § 25 I I I nur auf A n lagen nach § 16 58 . Der systematischen Stellung nach knüpft er an § 25 I I an, der besondere Prüfungen nur für Anlagen nach § 16 zuläßt. Die Voraussetzungen, unter denen nachträgliche Anforderungen zulässig sein sollen, entsprechen offenbar den Kriterien des § 18 und des § 16 I l 5 9 . Würde § 25 I I I auch Rechtsgrundlage für die nachträglichen A n forderungen an überwachungsbedürftige Anlagen sein, so käme man zu dem merkwürdigen Ergebnis, daß schon bloße Nachteile und Belästigungen nachträgliche Anordnungen rechtfertigen können, obwohl nach § 24 nur Gefahren zu Eingriffen berechtigen sollen, daß m i t h i n die Anlagen nach Erteilung der Erlaubnis größeren Anforderungen unterliegen als vorher. Würde damit § 25 I I I einerseits zu viel zu weit gehenden Anforderungen berechtigen, so ließe er andererseits Anforderungen zum Schutze der Beschäftigten überhaupt nicht zu, was aber nach § 24 gerade ein wesentlicher Zweck der Schutzvorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen sein soll. Schließlich würde die entsprechende Anwendung des § 25 I I I für überwachungsbedürftige Anlagen dazu führen, daß wohl an erlaubnispflichtige überwachungsbedürftige Anlagen, nicht aber an erlaubnisfreie Anlagen nachträgliche A n forderungen gestellt werden könnten. Denn da es der Zweck des § 25 I I I ist, gerade die bisher einen besonderen Bestandsschutz gewährende Genehmigung zu schwächen, könnte nur soweit dieser Grundgedanke reicht eine Analogie für die überwachungsbedürftigen Anlagen statthaft sein. Ist damit § 25 I I I seinem Wortlaut, seiner systematischen Stellung und seinem gesamten Aufbau nach nicht geeignet für eine Anwendung auch auf überwachungsbedürftige Anlagen nach § 24, so kann schließlich auch der vom Oberverwaltungsgericht Münster herangezogenen Entstehungsgeschichte des § 25 I I I kein Hinweis auf die umfassende 56

Vgl. v. Busch - Trabandt S. 39. O V G Münster, a.a.O. 68 Vgl. Landmann - Rohmer § 25 A n m . 32. 69 Vgl. Landmann - Rohmer § 25 A n m . 38; Rasch, DVB1 1961 S. 813; Rabeneick, DVB1 1960 S. 499. 57

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Geltung des § 25 Abs. I I I entnommen werden. Zwar hieß es i m ersten Entwurf des § 25 i n dessen Abs. I V : „Absatz I I und I I I S. 1 und 3 finden auf die i n § 24 bezeichneten Anlagen m i t der Maßgabe Anwendung, daß die auf § 24 I 2 beruhende Erlaubnis der Genehmigung nach § 16 gleichgestellt w i r d 6 0 . " Dieser Absatz wurde jedoch später ausdrücklich wieder gestrichen. Auch lag der Grund dafür nicht nur i n redaktionellen Erwägungen, wie das Oberverwaltungsgericht Münster annimmt 6 1 , sondern nach den Erläuterungen des Berichterstatters i m Bundestag wurde der alte § 25 I V durch die Neufassung des § 16 I 2 entbehrlich gemacht 62 . I n seinem Verhältnis zu der ursprünglichen Fassung des § 16 I 2 des Gesetzentwurfs muß m i t h i n der besondere Sinn des fraglichen ursprünglichen § 25 I V gesucht werden. N u r m i t Rücksicht auf diesen § 16 Abs. I 2 war § 25 I V eingefügt worden und sollte seinem Zweck nach nicht allgemein für alle überwachungsbedürftigen Anlagen die Anwendbarkeit des § 25 I I I festsetzen. I m ursprünglichen § 16 I 2 hieß es i m Anschluß an die Bestimmung der Genehmigungspflicht i n Satz 1: „Das gilt nicht für Anlagen, die Teile von Anlagen sind, für die eine auf § 24 beruhende Erlaubnis erforderlich ist 6 3 ." Damit sollte die Verdoppelung von Genehmigung und Erlaubnis verhindert werden und insbesondere für Großfeuerungen die Erlaubnis für die Dampfkesselanlage, deren Bestandteil sie sind, als ausreichend angesehen werden 6 4 . Diese der Verwaltungsvereinfachung dienende Maßnahme sollte jedoch nicht dazu führen, diese (Teil-) A n lagen gänzlich aus der Neuregelung des § 16 und insbesondere des für ihn neu geschaffenen § 25 I I I herauszunehmen. Auch für sie sollte die Möglichkeit gegeben werden, schon wegen nachträglicher Belästigungen, Nachteile oder Gefahren für Nachbarn oder Publikum nachträgliche Anforderungen zu stellen. Deshalb sollten die i n § 16 I 2 zunächst unter § 24 gestellten Anlagen für § 25 I I I wieder den Vorschriften für Anlagen nach § 16 gleichgestellt werden. War dies der Zweck des alten § 25 I V , so geriet die Fassung doch wesentlich weiter und schien tatsächlich alle (erlaubnispflichtigen) überwachungsbedürftigen Anlagen dem § 25 I I I zu unterstellen. Dies wurde i n Stellungnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesregierung zum ursprünglichen parlamentarischen Gesetzentw u r f erkannt und m i t den oben i m wesentlichen wiedergegebenen Gründen bemängelt 65 . Daraufhin kam es zu der gegenwärtigen Fassung 60

BTagsDrucks., 3. Wahlperiode, Nr. 301, S. 2. O V G Münster, a.a.O., DVB1 1966 S. 82 = ArbSch 1965 S. 328. 62 Sten. Berichte des Bundestags, 3. Wahlperiode, 89. Sitzung, S. 4854, 4855. 68 BTagsDrucks., 3. Wahlperiode, Nr. 301, S. 1. 64 Vgl. Begründung der Drucksache Nr. 301, a.a.O., S. 3. 65 Stellungnahme der Bundesregierung: Niederschrift der Konferenz für Arbeitsschutz am 14./15. Okt. 1958 i n Königswinter — Az. 406-20-02 — S. 4 61

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des § 16 I 2, wonach „für Anlagen, die Teile von Anlagen sind, für die eine auf § 24 beruhende Erlaubnis erforderlich ist, die Genehmigung zur Errichtung und wesentlichen Veränderung nach den Vorschriften des Erlaubnisverfahrens erteilt w i r d " . Da nunmehr die besondere Genehmigung nach § 16 nicht mehr zu Gunsten der Erlaubnis nach § 24 gänzlich entfällt, sondern — dem begrenzten Zweck der Verwaltungsvereinfachung entsprechend — aufrechterhalten bleibt und nur i n demselben Verfahren erteilt w i r d 6 6 , war i n § 25 I V die Einbeziehung der Erlaubnisse nach § 24 nicht mehr notwendig und konnte entfallen. Daraus erklärt sich die Streichung des § 25 I V . Durch die Ablehnung der Anwendung des § 25 I I I auf überwachungsbedürftige Anlagen entsteht auch keine Lücke, die deshalb geschlossen werden müßte, w e i l das, was für § 16 möglich ist, erst recht für die Anlagen des § 24 gelten muß 6 7 . Vielmehr findet sich die Regelung der Zulässigkeit nachträglicher Anforderungen an bestehende überwachungsbedürftige Anlagen i m Recht der überwachungsbedürftigen A n lagen selbst, nämlich i n den Durchführungsverordnungen zu § 24. Die erwähnten Befugnisse der Aufsichtsbehörden für Anordnungen zur Abwehr besonderer Gefahren i m Einzelfall sind Rechtsgrundlage also sowohl für anfängliche wie für nachträgliche Anordnungen. b) M i t h i n müssen die überwachungsbedürftigen Anlagen den A n forderungen genügen, die nachträglich nach ihrer Inbetriebnahme von den Gewerbeaufsichtsämtern i m Einzelfall zur Abwendung nachträglich auftretender besonderer Gefahren für Beschäftigte oder Dritte gestellt werden, auch wenn sie über die Vorschriften der technischen Verordnungen hinausgehen. Dies gilt auch und gerade für den Fall, daß die Anlagen den ursprünglich an sie gestellten Anforderungen noch entsprechen — deren Einhaltung ja schon gemäß § 24 d 2 i n Verbindung m i t § 139 b I 2 erzwungen werden könnte —, aber eine Gefahr entweder überhaupt erst jetzt erkannt w i r d oder sich durch Veränderung der Umstände ergibt. Der Unterschied der Regelung für überwachungsbedürftige Anlagen zu der Regelung des § 25 I I I für lästige Anlagen liegt vor allem darin, daß für die Anlagen nach § 24 keine ausdrückliche Beschränkung auf „wirtschaftlich vertretbare" nachträgliche Anforderungen besteht. Dabei ist jedoch zu beachten, daß für überwachungsbedürftige Anlagen nachträgliche Anforderungen nur bei Gefahren möglich sind, nicht und 9; Stellungnahme des Arbeits- u n d Sozialministers des Landes N o r d rhein-Westfalen zur Bundestagsdrucksache Nr. 301 v. 2. 8. 1958 — Az. I I I B 6 — 8802 — Tgb Nr. 87/58 — ; vgl. K u r z p r o t o k o l l der 38. Sitzung des W i r t schaftsausschusses v. 4. 3. 1959, Bundestag, 3. Wahlperiode, S. 6. w Vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 5. 67 OVG Münster, a.a.O., DVB1 1966 S. 83.

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schon bei Nachteilen oder Belästigungen wie i n § 25 I I I . Zudem sind auch hier die berechtigten Interessen der Betreiber i m Rahmen des Gefahrenbegriffs und bei Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. „Wirtschaftlich vertretbar" i m Sinne des § 25 I I I bedeutet insbesondere auch nicht, daß hier schon das subjektive individuelle Leistungsvermögen des einzelnen Unternehmens die Grenze für nachträgliche Anordnungen bildet, sondern ist nach dem Willen des Gesetzgebers 68 i n einem objektiven Sinne zu verstehen. Die durchschnittliche Leistungsfähigkeit des einschlägigen Wirtschaftszweiges, aber nicht die Nöte von Grenzkostenbetrieben sind der Maßstab für die Zulässigkeit nachträglicher Anforderungen. Die übrigen durch § 25 I I I angeordneten Grenzen für nachträgliche Anforderungen, nämlich technische Erfüllbarkeit und Innehaltung des Rahmens bundeseinheitlicher allgemeiner Normen, gelten als Sätze des allgemeinen Polizeirechts, nämlich als Verbot unmöglicher polizeilicher Anforderungen und als Vorrang übergeordneter Rechtssätze, ohnehin schon für die überwachungsbedürftigen Anlagen. Die Regelung der Durchführungsverordnungen geht also i m Ergebnis nicht weiter als die gesetzliche Regelung für lästige A n lagen i n § 25 Abs. I I I . Der stärkste Schutz der Betreiber gegen übertriebene, örtlich variierende Anforderungen der unteren Verwaltungsbehörden kann sich gerade aus der Verpflichtung der Aufsichtsbehörden zur Innehaltung des Rahmens bundeseinheitlicher Sicherheitsanforderungen ergeben. Denn gleichmäßig und bundeseinheitlich durchgesetzte Sicherheitsmaßnahmen, die nur engen Raum für besondere örtliche Einzeleingriffe lassen, berühren die Wettbewerbslage der Betriebe untereinander nicht. I I . Z u prüfen ist, ob eine Begrenzung der möglicherweise einschneidenden nachträglichen Sicherheitsanforderungen über die genannten Voraussetzungen hinaus unter Berücksichtigung eines „Bestandsschutzes" für schon i n Betrieb genommene Anlagen i n Frage kommt. a) Eine restriktive Auslegung unter Berufung auf die grundrechtliche Eigentumsgarantie 69 scheidet aus, da polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die den Störer nur i n die immanenten, die Sozialpflichtigkeit konkretisierenden Schranken des Rechtes verweisen, allgemein nicht entschädigungspflichtig sind und sogar bis zur Vernichtung des Eigentums reichen können 7 0 . 60 Sten. Protokolle des Bundestags, 89. Sitzung, S. 4854; Landmann - Rohmer § 25 A n m . 33; V G Arnsberg v. 11. 11. 1965, DVB1 1966 S. 83 ff., 85. 69 So aber f ü r § 25 I I I : V G Gelsenkirchen v. 25. 2. 1965, B B 1965 S. 725, 726; L G Dortmund, zitiert bei Hoppe, B B 1966 S. 1376; dagegen O V G Münster, B B 1966 S. 1371. 70 Siehe oben § 7 A.; f ü r § 25 I I I : O V G Münster B B 1966 S. 1371 u n d A r b Sch 1965 S. 328; Landmann - Rohmer § 25 A n m . 31, vgl. aber § 16 A n m . 168;

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b) I n Betracht kommt jedoch der weitergehende gesetzliche Schutz, der den überwachungsbedürftigen Anlagen durch die Gewerbeordnung selbst gemäß §§ 25 I 1 und 51 gewährt ist. Auch bei der Einführung der Möglichkeit nachträglicher Anordnungen wurden diese Schutzvorschriften unverändert aufrechterhalten. Z u untersuchen sind die Rückwirkungen der Vorschriften der §§ 51 und 25 I 1 auf die Befugnisse des Gewerbeaufsichtsamtes gegenüber überwachungsbedürftigen Anlagen. § 51 GewO bestimmt, daß die „Untersagung der ferneren Benutzung" einer jeden gewerblichen Anlage unter anderem zwar wegen Gefahren für das Gemeinwohl zu jeder Zeit möglich ist, daß sie aber nur durch die höhere Verwaltungsbehörde und nur gegen Ersatz des erweislichen Schadens erfolgen darf. Damit sind der Zuständigkeit der Gewerbeaufsichtsbehörden Grenzen gesetzt 71 . Die Frage ist, inwieweit ein nachträgliches polizeiliches Einschreiten gegen gefährliche Anlagen m i t § 51 vereinbar ist, was m i t h i n Untersagung i m Sinne dieser Vorschrift bedeutet. 1. Schon über den sachlichen Anwendungsbereich des § 51, über die Frage, ob er alle gewerblichen Anlagen oder nur genehmigungspflichtige und genehmigte Anlagen erfaßt, besteht eine alte Kontroverse. Da überwachungsbedürftige Anlagen nach § 24 sowohl erlaubnisfreie wie erlaubnispflichtige Anlagen sein können, könnte die Streitfrage i n diesem Zusammenhang Bedeutung gewinnen. Sie wurde durch eine Entscheidung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts von 189172 ausgelöst, der ein Teil des Schrifttums widersprochen hat. Bis heute ist der Streit nicht ausgetragen; noch jüngst haben der Bundesgerichtshof und das Bundesverwaltungsgericht das Problem offengelassen 78 . Das Preußische Oberverwaltungsgericht 74 hatte über das Verhältnis der allgemeinen Befugnisse der Polizeibehörden gegenüber gewerblichen Anlagen zu den aus der besonderen Bestimmung des § 51 sich ergebenden Schranken zu entscheiden. Das Gericht kam für die zweite Alternative des § 51, den hier interessierenden Fall der Untersagung Sievers , DVB1 1961 S. 147; a. A.: Rabeneick , DVB1 1960 S. 499; vgl. den A u s schluß der Entschädigungspflicht bei W i d e r r u f der Atomanlagen-Genehmigung aus Gründen der Gefahrenabwehr i n § 18 I I 3 AtomG. 71 B V e r w G v. 25. 5. 1965, DVB1 1965 S. 766 ff., 767, 768; O V G Münster B B 1966 S. 1372, ArbSch 1965 S. 328; Fuhr § 51 A n m . 2 b). 72

P r O V G v. 12. 11. 1891, Bd. 23 S. 254 ff.

73

B G H v. 20. 1. 1966, N J W 1966 S. 649 ff., 651; B V e r w G , a.a.O., DVB1 1965 S. 768; vgl. insbes. f ü r den überlieferten Streitstand: Thomas , Diss., S. 94— 110. 74 So auch: Quaritsch, DVB1 1959 S. 459; Fuhr § 51 A n m . l c ) ; Scheuer , GewArch 1955/56 S. 201; Otto Mayer , Bd. I I , S. 316; Sächs. O V G v. 16. 4. 1915, Reger Bd. 36 S. 324 ff., 326.

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aus Gründen überwiegender Gefahren 75 , zu dem Ergebnis, daß § 51 nur für Anlagen gilt, zu deren Betrieb der Unternehmer durch die erteilte Genehmigung nach § 16 GewO ein Hecht erlangt hat. Dagegen sei § 51 nicht betroffen und habe keine Bedeutung, wenn gegen nicht genehmigungspflichtige Anlagen, die gesetzlichen oder polizeilichen Vorschriften zuwiderlaufen, auf Grund der allgemeinen polizeilichen Ermächtigung aus Gründen der Gefahrenabwehr eingeschritten werde, auch wenn bis zur völligen Untersagung der ferneren Benutzung solcher Anlagen geschritten würde. Dieser i n Abweichung von einem früheren U r t e i l des Gerichts 76 ergangenen Entscheidung treten Landmann - Rohmer entgegen 77 . Nach ihnen kann sowohl bei genehmigungspflichtigen wie auch bei (rechtmäßig errichteten) genehmigungsfreien gewerblichen Anlagen die Untersagung aus Gründen nachträglicher Gefahr nur gemäß § 51 erfolgen, der insoweit weitergehende Befugnisse der allgemeinen Polizeibehörden verdrängt. Das Problem des Anwendungsbereichs des § 51 — ob eine restriktive Auslegung i h m wirklich nur die Bedeutung geben kann, allein für genehmigte gewerbliche Anlagen die Möglichkeit einer Untersagung wegen nachträglicher Gefahren zu regeln — braucht an dieser Stelle jedoch nicht entschieden zu werden 7 8 . Denn selbst wenn dem § 51 auch für nichtgenehmigungspflichtige gefährliche Anlagen Sperrwirkung zugeschrieben wird, würde doch diese Grenze erst für die Untersagung selbst gelten. 2. Über die Auslegung des Begriffs der Untersagung besteht jedoch kein Streit. § 51 w i r d insoweit übereinstimmend auf die Untersagung als solche, auf die dauernde, endgültige Untersagung beschränkt 79 . Gegenstand der Untersagung kann i n erweiternder Auslegung dabei sowohl die Anlage insgesamt als auch ein so wesentlicher Anlageteil bzw. 75 Z u weitgehend Quaritsch, DVB1 1959 S. 459, nach dem das Preußische Oberverwaltungsgericht den § 51 insgesamt, also auch bei Untersagung w e gen bloßer Nachteile, auf genehmigungspflichtige Anlagen beschränkt haben soll. Das Gericht hat dies jedoch wegen des ausdrücklichen Wortlauts u n d der systematischen Stellung i m 3. Abschnitt, nicht unmittelbar i m 2. Abschnitt des 2. Titels der Gewerbeordnung bei den gefährlichen Anlagen selbst, nicht behauptet. Wie Quaritsch aber auch die Problemstellungen des B G H , a.a.O., N J W 1966 S. 651 u n d des BVerwG, a.a.O., DVB1 1965 S. 768. 76 p r o V G v. 29. 10. 1883, Bd. 10 S. 261, 271. 77 Landmann - Rohmer § 51 A n m . 3; Fleiner S. 413 A n m . 30; Privatrecht u n d Polizei, S. 44 ff.; Rabeneick, ArbSch 1958 S. 177.

Biermann,

78 Vgl. P r O V G v. 25. 10. 1886, Bd. 14 S. 323 ff., 330; B G H , a.a.O., N J W 1966 S. 651. 79 O V G Münster, B B 1966 S. 1371; RGZ v. 30. 10. 1912, Bd. 80 S. 298 ff., 303; Fuhr § 1 A n m . 13 b), § 51 A n m . l c ) a. E., 2 c); vgl. Landmann - Rohmer § 51 A n m . 16, 17, 19.

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ein so wesentlicher Betriebsvorgang sein, daß ohne diesen Teil die fernere Benutzung der Anlage i m ganzen i n Frage gestellt wäre 8 0 . Demgegenüber gehen aber die besonderen Ermächtigungsvorschriften für überwachungsbedürftige Anlagen nur dahin, „über die Vorschriften der technischen Verordnungen hinausgehende Anforderungen zu stellen", u m i m Einzelfall besondere Gefahren abzuwehren. Nach dem eindeutigen Wortlaut, der insoweit auch der gesetzlichen Regelung des § 25 I I I für die verwandten lästigen Anlagen des § 16 entspricht, ist damit nicht die Gefahrenabwehr schlechthin, nötigenfalls m i t dem M i t tel endgültiger Untersagung zur Aufgabe der Behörden gemacht, sondern nur die Gefahrenabwehr mittels konkret durchführbarer, verbessernder einzelner Herstellungsanordnungen zur Abänderung der A n lage oder zum Anbringen besonderer Vorrichtungen 8 1 . N u r auf Grund der allgemeinen polizeilichen Generalklausel könnte — sieht man von den durch das Gewerberecht (§§ 1 und 143) bedingten Besonderheiten ab 8 2 — i m Gefahrenfalle bei Nichtdurchführbarkeit konkreter Gegenmaßnahmen äußerstenfalls auch die gänzliche Beseitigung der Gefahrenquelle selbst gerechtfertigt sein. Die allgemeine polizeiliche Generalklausel ist jedoch für die überwachungsbedürftigen Anlagen durch die Spezialregelung des § 24 und der Durchführungsverordnungen verdrängt. Die Frage, ob mittels selbständiger nachträglicher Verfügungen gegen nichtgenehmigungspflichtige Anlagen nach § 51 bis zur Untersagung eingeschritten werden kann, stellt sich m i t h i n mangels ausreichender Ermächtigung nicht. Diese Unzulässigkeit entschädigungsloser nachträglicher Untersagung bedeutet schon für sich die Gewährung eines besonderen Bestandsschutzes 88 . 3. Es fragt sich, ob zumindest gewisse nachträgliche, nach den Spezialregelungen zulässige Anordnungen der „Untersagung" i m Sinne des § 51 gleichgestellt werden müssen, w e i l sie i n ihrer Wirkung tatsächlich auf eine Betriebseinstellung hinauslaufen würden, und ob insoweit eine Sperrwirkung des § 51 für nachträgliche Anordnungsbefugnisse bei überwachungsbedürftigen Anlagen i n Frage kommt. aa) Denkbar wäre einmal, daß den Betreibern aufgegeben wird, bestimmte gefährliche Erscheinungen abzustellen, was sich aber für sie aus tatsächlichen, insbesondere technischen oder aus rechtlichen Gründen als nicht durchführbar erweist, so daß ihnen zur Befolgung einer solchen Anordnung nur die Konsequenz einer Betriebseinstellung ver80 RG, a.a.O., Bd. 80 S. 304; OVG Münster B B 1966 S. 1372; BVerwG, a.a.O., DVB1 1965 S. 768; vgl. B G H v. 8. 10. 1958, Bd. 28 S. 225 ff., 228; LandmannRohmer § 51 A n m . 19; Fuhr § 51 A n m . 2c), 3 a). 81 Vgl. Landmann - Rohmer § 51 A n m . 16. 82 P r O V G v. 22. 2. 1934, Bd. 92 S. 99 ff., 106; v. 8. 10. 1936, Bd. 100 S. 217. 85 Vgl. Landmann - Rohmer § 16 A n m . 166.

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bleibt 8 4 . Solche insbesondere nach dem Stande der Technik unmöglich ausführbare Anforderungen sind jedoch schon nach den allgemeinen polizeilichen Grundsätzen über die Unmöglichkeit unzulässig, ohne daß es auf die Zulässigkeit gemäß § 51 ankommt und die Frage der Grenzziehung zwischen der Eingriffsermächtigung und der Schranke des § 51 angeschnitten werden muß 8 5 . U m die Gefahr dennoch abzuwehren, bliebe der Aufsichtsbehörde unter Absehen von der Anordnung konkreter Gegenmaßnahmen nur der Weg der Beseitigung der Gefahrenquelle selbst 86 , also die Untersagung als solche, die jedoch durch die speziellen Ermächtigungsvorschriften für überwachungsbedürftige A n lagen nicht gedeckt ist. Hier käme nur § 51 als gesetzliche Grundlage i n Betracht; es könnte m i t h i n nur gegen Entschädigung eingeschritten werden. bb) Denkbar wäre auch, daß die konkreten polizeilichen Anforderungen zwar nach dem Stand der Technik tatsächlich durchführbar sind, die Verwirklichung jedoch m i t so kostspieligen Aufwendungen — etwa wegen der Anschaffungskosten oder wegen der Betriebsstörungen beim Einbau der Vorrichtungen — verbunden ist, daß diese die Rentabilität der Anlage insgesamt i n Frage stellen und den Betreiber i m Ergebnis zur Einstellung des Betriebs veranlassen würden. Hier mag allenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Anforderungen verbieten, die den Wert der gefährlichen Anlage selbst übersteigen — sofern nicht Menschenleben ernstlich gefährdet sind 8 7 — oder aber schon der Tatbestand der Ermächtigungsnorm nur „ w i r t schaftlich vertretbare" Anforderungen ermöglichen 88 . § 51 GewO jedoch steht wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren, wegen drohender Unrentabilität praktisch zur Betriebseinstellung zwingenden nachträglichen Sicherheitsanforderungen nicht entgegen. Darüber besteht i n der Auslegung des § 51 ernstlich kein Streit 8 9 . Schon der Wortlaut der Vorschrift läßt darauf schließen, daß eine Untersagung i m Sinne des § 51 nur vorliegt, wenn die Untersagung selbst unmittelbarer Inhalt der Verbotsverfügung ist, nicht aber, wenn die 84

Vgl. Landmann - Rohmer § 51 A n m . 17. So aber PrOVG, a.a.O., Bd. 10 S. 271; Biermann, Privatrecht u n d Polizei, S. 47; auch Landmann - Rohmer § 51 A n m . 17 (quasi-Untersagung, w e n n der Betrieb einer Anlage „geradezu" unmöglich gemacht wird). 86 Dafür dann P r O V G v. 25. 10. 1886, Bd. 14 S. 323 ff., 324, 331. 87 Württ.Bad. V G H v. 2. 7. 1957, Bd. 7 S. 60 ff., 66. 88 Siehe oben § 8; vgl. § 25 I I I GewO. 89 RGZ v. 20. 5. 1896, P r V B l Bd. 18 S. 23; RGZ v. 12. 11. 1887, Bd. 19 S. 353 ff., 355, 361; PrOVG, a.a.O., Bd. 10 S. 266; Bd. 14 S. 331; vgl. BVerwG, a.a.O., DVB1 1965 S. 768; Landmann - Rohmer § 1 A n m . 85, § 51 A n m , 17; a. A . : Vossen S. 54. 85

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Betriebseinstellung die bloße Folge sonstiger auf die Gewerbeausübung bezogener Anordnungen ist. Bei den Untersagungsverfügungen des § 51 kann es sich nur u m Verfügungen handeln, die von der höheren Verwaltungsbehörde ausgehen könnten. I n deren Kompetenz fallen jedoch nicht allgemeine polizeiliche Ausübungsregelungen, die bloß i n ihrer Folge zur Unrentabilität führen. Die restriktive Beschränkung auf die Untersagung als solche sei es der ganzen Anlage, sei es eines wesentlichen Teils folgt daraus, daß § 51 jedenfalls i n seiner A l t e r native der Untersagung wegen überwiegender Gefahren eng auszulegen ist 9 0 . Denn für die Gefahrenabwehr stellt der hier gewährte Entschädigungsanspruch eine Ausnahme von der Entschädigungslosigkeit des polizeilichen Störers dar. Der Anspruch w i r d nicht durch die grundrechtliche Eigentumsgarantie gefordert; er ist keine Enteignungsentschädigung, kein positiver gesetzlicher Ausdruck des A r t . 14 I I I GG, sondern von einem wohlwollenden Gesetzgeber aus Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen i m Interesse der industriellen Entwicklung gewährt 9 1 . Die Berufung auf den Grundrechtsschutz der Betreiber, der angeblich eine weite Auslegung fordert, scheidet m i t h i n aus 92 . Auch soweit § 51 i m Zusammenhang m i t den §§ 1 I und 143 I GewO gesehen w i r d 9 3 , und demgemäß eine bundesrechtliche Ausnahme von dem Grundsatz der Gewerbeaufnahme-Freiheit statuiert, muß § 51 auf die Untersagung als solche beschränkt werden. Denn die korrespondierende Gewerbefreiheit bezieht sich auch nur auf die freie Zulassung zu der Aufnahme bzw. Fortführung eines Gewerbes, betrifft jedoch nicht Regelungen der A r t und Weise der Betriebsausübung 94 . Schließlich entspricht es den Grundsätzen des allgemeinen Polizeirechts, daß die sogenannte wirtschaftliche Unmöglichkeit die Rechtmäßigkeit polizeilicher Anforderungen nicht beeinträchtigt 95 . Der von F u h r 9 6 für den parallelen Fall des § 25 I I I GewO aufgestellten These, daß § 25 I I I nicht zu einer Umgehung des § 51 führen dürfe, und daß nachträgliche, über das wirtschaftlich vertretbare Maß hinaus90

Sächs. OVG, a.a.O., Reger Bd. 36 S. 326. Reise , Diss., H a m b u r g S. 56; Stödter S. 43; Quaritsch, DVB1. 1959 S. 459; Schnur , DVB1 1962 S. 5; vgl. Thomas , Diss., S. 60, 88, 91; Dürig , J Z 1954 S. 11; Kreit , DÖV 1955 S. 520; RG v. 30. 10. 1912, Bd. 80 S. 298 ff., 303; v. 14. 10. 1901, Bd. 50 S. 4 ff., 7; RG, a.a.O., P r V B l Bd. 18 S. 23; a . A . : Menger , V e r w A r c h 1959 S. 86. 92 F ü r undifferenzierten Grundrechtsschutz sowohl bei Untersagung wegen Gefahr w i e bei Untersagung wegen bloßer Nachteile: Landmann - Rohmer § 51 A n m . 3, 20; Scheuer , GewArch 1955/56 S. 202; vgl. Thomas , Diss., S. 127. 93 Landmann - Rohmer § 51 A n m . 2a) 11. Aufl.; Wolff, Bd. I I I , S. 105, 106. 94 Landmann - Rohmer § 1 A n m . 5; Fuhr § 1 Ziff. 13 a). 95 Drews - Wache S. 234, 285; Württ.Bad. V G H , a.a.O., Bd. 7 S. 66. 9f t Fuhr § 25 A n m . 7 S. 12c, Einleitung, S. 35 ff.; i m Anschluß an i h n : Hoppe, B B 1966 S. 1372. 91

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

gehende Anordnungen wegen Unvereinbarkeit m i t § 51 nicht oder nur entschädigungspflichtig zulässig seien, daß somit § 51 auch eine Aussage über Betriebseinstellungen wegen wirtschaftlicher Unmöglichkeit enthalte, kann nicht zugestimmt werden. Denn nachträgliche Anordnungen und die Untersagung der ferneren Benutzung stehen i n keinem inhaltlichen Zusammenhang 97 und können nicht als korrespondierende, ineinandergreifende und sich gegenseitig ergänzende Vorschriften ausgelegt werden. cc) Von vornherein auszunehmen aus dem Anwendungsbereich des § 51 für die überwachungsbedürftigen Anlagen ist schließlich die vorläufige Betriebseinstellung zur Durchsetzung — tatsächlich und rechtlich möglicher — sicherheitspolizeilicher Anforderungen. Gemäß § 24 a I I kann bis zur Herstellung des den Vorschriften oder behördlichen Anordnungen entsprechenden Zustandes die Einstellung des Betriebs von Anlagen bestimmt werden, wenn durch Nichteinhalten dieser Vorschriften oder Anordnungen eine erhebliche Gefährdung der Beschäftigten oder Dritter herbeigeführt wird. I n Fällen erheblicher Gefahr soll ohne Rücksicht auf den Abschluß eines Untersagungsverfahrens sofort vorläufig eingeschritten werden können. Die entschädigungslose Befugnis zur vorübergehende Schließung, die § 24 a I I als Ausnahmeregelung zu § 51 ausdrücklich ermöglicht, war auch schon bisher i m Rahmen des § 51 durch restriktive Interpretation des Begriffs der Untersagung anerkannt 9 8 . Das endgültige Untersagungsverfahren bleibt allerdings weiterhin der höheren Verwaltungsbehörde gegen Entschädigungsleistung vorbehalten. c) § 25 I 1 GewO bestimmt für die überwachungsbedürftigen Anlagen — soweit sie erlaubnispflichtig sind —, daß die Erlaubnis „so lange i n K r a f t bleibt", als keine Änderung i n der Lage oder Beschaffenheit der Betriebsstätte vorgenommen wird. Z u prüfen ist, ob diese Vorschrift nicht nur die Unwiderruflichkeit der einmal erteilten Erlaubnis festlegt, sondern auch eine Aussage über die Unzulässigkeit nachträglicher einzelner Anordnungen an genehmigte Anlagen enthält und, wenn ja, wie sich diese Regelung zu der i n § 24 I 3 i n Verbindung m i t den Durchführungsverordnungen 99 getroffenen Neuregelung der Zulässigkeit solcher Maßnahmen verhält. 1. I n der gewerberechtlichen Literatur w i r d dem Inhalt der durch § 25 I 1 gesetzlich gewährten besonderen Bestandsgarantie für eine 97

Vgl. Landmann - Rohmer § 25 A n m . 31, § 16 A n m . 165, § 18 A n m . 24. Landmann - Rohmer § 51 A n m . 17, vgl. § 1 A n m . 40; Jaeger - Ulrichs S. 54; vgl. Fuhr § 51 2 c); PrOVG, a.a.O., Bd. 10 S. 271; vgl. PrOVG, a.a.O., Bd. 23 S. 257. 99 bzw. der Regelung des § 25 I I I GewO. 98

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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einmal erteilte Erlaubnis unter Berufung auf die Gesetzesmaterialien eine umfassende Bedeutung beigelegt. Obwohl es an einem ausdrücklichen Hinweis i m Wortlaut der Vorschrift fehlt, soll durch § 25 I 1 nicht nur die Genehmigung als solche i n ihrem Bestand geschützt sein, sondern auch ein Schutz gegen alle sonstigen nachträglichen „Erschwerungen" der Betriebsausübung, gegen künftige „Anfechtungen" durch nachträgliche Auflagen und polizeiliche Verfügungen gewährt werden 1 0 0 . Die Bedingungen der Genehmigung sollen die Grenze des polizeilichen Einschreitens bestimmen. Die Motive zur Gewerbeordnung sahen i n der Freistellung von nachträglichen Einzelverfügungen sogar den maßgeblichen Zweck der Bestandsgarantie: „Dadurch, daß vor der Errichtung der Anlagen i m Wege eines geordneten Verfahrens eine Prüfung der Einwendungen und Beschwerden erfolgt, soll der Gewerbetreibende gegen nachträgliche Auflagen und Beschwerden gesichert sein 1 0 1 ." Gerade dieses Schutzes vor nachträglichen Einzelverfügungen bedurfte der investierende Unternehmer, da eine gänzliche Entziehung der gewerberechtlichen Erlaubnis durch die örtlichen Verwaltungsbehörden auf Grund polizeilicher Vorschriften schon wegen §§ 1 I, 143 I GewO nicht i n Frage k a m 1 0 2 , m i t h i n einer besonderen Bestätigung i n § 25 I 1 kaum bedurfte. Sieht man i n § 25 I 1 den gesetzlichen Ausschluß der Widerruflichkeit 1 0 3 der Erlaubnis für lästige und überwachungsbedürftige Anlagen, so kann ein unzulässiger „Widerruf" nicht nur i n der ausdrücklichen Rückgängigmachung sämtlicher Rechtswirkungen der Erlaubnis liegen, sondern als Widerruf muß auch die nachträgliche teilweise 1 0 4 Änderung oder Beseitigung einzelner rechtlicher Wirkungen des ersten Verwaltungsaktes gelten, die durch eine die alte Genehmigung sachlich betreffende neue Polizeiverfügung erfolgt 1 0 5 . Auch nachträgliche Auflagen und Verfügungen sind nur unter den Voraussetzungen des Widerrufs zulässig, d. h. für überwachungsbedürftige Anlagen gemäß § 25 I 2 unzulässig. 100 Landmann - Rohmer § 16 A n m . 21, § 25 A n m . 4, 32; Fuhr § 25 A n m . 1, § 18 A n m . 3, 6, Vorb. § 16 A n m . V I I I 3; Scholz , V e r w A r c h Bd. 30 S. 271, 272; PrOVG, a.a.O., Bd. 10 S. 263, 264; P r V B l v. 1. 7. 1895, Bd. 17 S. 147 ff., 148; v. 29. 9, 1927, Bd. 82 S. 351 ff., 357; R G v. 24. 9. 1906, Bd. 64 S. 117 ff., 119; Württ.Bad. V G H , a.a.O., Bd. 7 S. 65; a. A.: Arndt , V e r w A r c h Bd. 10 S. 194. 101 Sten. Berichte über die Verhandlungen des Reichstags des Norddeutschen Bundes (Motive zur Gewerbeordnung), Bd. I I I , Anlagen, S. 115. 102 Drews - Wache S. 206; Huber , Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 696. 103 Landmann - Rohmer § 18 A n m . 26; Vossen S. 50; vgl. v. Busch-Trabandt S. 42. 104 Ipsen S. 18, 21; Korman S. 324; Krüger , DVB1 1955 S. 455; Scheerbarth S. 87, 358; Eyermann - Fröhler, Komm., 4. Aufl., § 42 Ziff. 31; vgl. O V G H a m burg v. 26. 7. 1953, VerwRspr. Bd. 6 S. 81; vgl. §§ 18 I I I , 8 I Atomgesetz. 105 Ipsen S. 19, 20, vgl. aber S. 181; Korman S. 327, 328; Scholz , V e r w A r c h S. 271, 272 (1925); vgl. Drews-Wache S. 323; Fuhr , Vorb. § 16 A n m . V I I I 3, § 16 A n m . 5e), § 25 A n m . 7, 8; Scheerbarth S. 87, 358; vgl. aber Forsthoff S. 252, 255, 262; vgl. O V G Münster v. 24. 11. 1953, Bd. 9 S. 38 ff., 42.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Nach bisheriger Auslegung des § 25 I 1 betreffen nach allem auch nachträgliche Einzelverfügungen die Bestandsgarantie der Erlaubnis und sind unzulässig. 2. Gerade diese bedeutsamste Wirkung des § 25 I 1 wurde nun durch die Novellen zur Gewerbeordnimg i n § 25 I I I und i n § 24 I 3 i n Verbindung m i t den Durchführungsverordnungen weitgehend beseitigt, dennoch aber die ursprüngliche Fassung des § 25 I 1 aufrechterhalten. Bei diesem Normenwiderspruch muß der spezielleren und später erlassenen Norm der Vorzug gegeben werden. Die gegenüber § 25 I 1 rangniederen Regelungen der Durchführungsverordnungen sind insoweit durch das Gesetz § 24 I gedeckt; soweit hier die gesetzliche Ermächtigung zu nachträglichen Eingriffen i n die ursprüngliche Erlaubnis reicht, muß § 25 1 1 zurückstehen. Die Bedeutung der gewerberechtlichen Genehmigung für den Unternehmer ist damit entscheidend geschwächt worden 1 0 6 . Der besondere, allein durch das Gesetz selbst geschaffene Bestandsschutz der Erlaubnis war der gesetzgeberischen Disposition unterworfen geblieben 107 und konnte — i n den verfassungsrechtlichen Grenzen — durch das Gesetz auch wieder abgeschafft werden. Der Grund für die weitgehende Abkehr des Gesetzgebers von der Gewährung einer bevorzugten Stellung für genehmigte industrielle Anlagen dürfte darin liegen, daß der Ausgleich durch ein vorhergehendes, abschließend entscheidendes Genehmigungsverfahren sich bei einer i n ständiger Entwicklung begriffenen und immer erneut verbesserte Sicherheitsvorkehrungen ermöglichenden Technik als unzureichend erwiesen hat. Ein weiterer Grund kann darin gesehen werden, daß der Bestandsschutz schon durch die bisherige Verwaltungspraxis 1 0 8 ausgehöhlt worden war, die schon bisher weitgehende Vorbehalte für nachträgliche Auflagen i n die Genehmigungen aufgenommen hatte. Diese waren gerade wegen der mangelnden Voraussehbarkeit der Gefahren neuer Anlagen erforderlich geworden. Zu diesen tatsächlichen Erfahrungen, die eine Neuverteilung des Gefahrenrisikos forderten, kommt hinzu, daß i n Ausführimg des Sozialstaatsprinzips, insbesondere der Sozialpflichtigkeit des Eigentums, eine stärkere Berücksichtigung der Interessen schutzbedürftiger Arbeitnehmer und der weiteren Öffentlichkeit gegenüber den Interessen der Industrie geboten erscheint 109 . 108

Küppers, Diss., S. 186. Vgl. Landmann - Rohmer, Vorb. § 16 A n m . 6; R G v. 24. 9. 1906, Bd. 64 S. 117 ff., 119. 108 Jaeger - Ulrichs S. 41; Landmann - Rohmer § 25 A n m . 29, 36; Fuhr § 18 A n m . 6 S. 17; Merk, Verwaltungsrecht, Bd. I , S. 858. 109 Vgl. Stephany - Oels, ArbSch 1960 S. 16, 14; Fuhr § 18 S. 18 A n m . 6; B V e r f G N J W 1967 S. 550; vgl. Arndt, V e r w A r c h Bd. 10 S. 188. 107

§ 14: Besondere Eingriffsbefugnisse der Aufsichtsbehörden

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Speziell für die Erlaubnisse gemäß § 24 GewO gilt, daß mangels eines den Garantien der §§ 17—19 GewO gleichkommenden — und wegen der Natur der Gefahren auch nicht zweckmäßigen — Erlaubnisverfahrens die Parallele zu dem besonderen Bestandsschutz der Anlagen nach § 16 i n der Sache als zweifelhaft erscheinen muß. Ein solches einfaches gewerberechtliches Erlaubnisverfahren kann billigerweise nicht stärkeren Schutz als andere polizeiliche Erlaubnisse auch gewähren 1 1 0 . Außerdem wäre eine wesentlich unterschiedliche Behandlung erlaubnispflichtiger und erlaubnisfreier überwachungsbedürftiger Anlagen bei dieser geminderten Bedeutung des Erlaubnisverfahrens nicht gerechtfertigt — zumal auch manche nicht erlaubnispflichtige Anlagen einer vorgängigen Prüfung i m Verfahren der Typengenehmigung unterliegen. Weder § 51 noch § 25 I 1 GewO setzen m i t h i n der Befugnis zu nachträglichen selbständigen Sicherheitsanforderungen unmittelbar besondere Grenzen. D. Schließlich sind noch die Voraussetzungen für nachträgliche unselbständige Verfügungen zu nennen, die eine Anpassung schon bestehender Anlagen an weiterentwickelte und möglicherweise verschärfte technische Verordnungen durchsetzen wollen. Sie sind i n den Übergangsvorschriften der Verordnungen jeweils genau festgelegt. Danach gelten die Vorschriften der Verordnungen grundsätzlich zwar auch für „alte Anlagen", insbesondere hinsichtlich der Prüf- und Anzeigepflichten 111 . Nach den bisherigen Vorschriften erteilte Erlaubnisse gelten aber als Erlaubnis i m Sinne der neuen Verordnungen 1 1 2 . Soweit bisher für den Betrieb einer Anlage keine Erlaubnis erforderlich war, werden neu eingeführte Zulassungserfordernisse i m Zweifel nicht für den bisher berechtigten Betrieb gelten (§ 1 I I GewO) 1 1 3 . Die Durchsetzung materieller Sicherheitsanforderungen, die über die bisher gestellten Anforderungen hinaus gehen, w i r d durch die Übergangsvorschriften regelmäßig beschränkt. Eine Anpassung kann nur verlangt werden 1 1 4 , wenn entweder erhebliche Gefahren i m Einzelfall zu befürchten sind oder eine Änderung, eine Erweiterung oder ein Umbau an der alten Anlage vorgenommen wird, der dann gemäß den neuen Vorschriften zu beurteilen ist. Eine Beseitigungsmöglichkeit ist nicht vorgesehen. 110

Vgl. EG, a.a.O., Bd. 64 S. 119; Arndt , V e r w A r c h Bd. 10 S. 187, 188. § 32 I DampfkesselVO; § 21 I VbF. 112 § 32 I I Dampf kesselVO; § 21 I I V b F ; § 14 I I 1 GetränkeschankanlagenV O ; vgl. § 18 V O elektr. Anlagen. 113 Vgl. DampfkesselVO § 32 I I I ; vgl. OVG Münster v. 15. 4. 1964, DVB1 1964 S. 681 ff., 683. 114 § 32 V DampfkesselVO; §§ 21 I I 2 VbF, 10 T V b F (vgl. Heß, B a y V B l 1961 S. 112); § 8 T V O Aufzüge; § 4 TVO-Getränkeschankanlagen, 111

14 Pllschka

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Eine abweichende verschärfte Regelung der polizeilichen Anforderungen an schon bestehende Anlagen wäre dem Verordnungsgeber allerdings aus Rechtsgründen nicht verwehrt und würde insbesondere nicht gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot i m engeren Sinne verstoßen. Denn die neuen Vorschriften treffen lediglich Maßnahmen gegen die zukünftigen Gefahren aus dem zukünftigen Betrieb technischer Anlagen und greifen nicht i n abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände ein 1 1 5 . Aber auch ein Vertrauensschutz des Bürgers gegenüber staatlichen Eingriffen m i t sogenannter „unechter Rückwirkung" 1 1 6 kommt hinsichtlich der Gefahrenabwehr nicht i n Betracht. Soweit sich die unselbständigen nachträglichen polizeilichen A n forderungen auf die Durchsetzung nachträglicher Anpassungen m i t einzelnen abändernden Verfügungen beschränken, steht auch § 51 GewO nicht entgegen. Das Gefahrenrisiko bleibt m i t h i n ebenso wie das Rentabilitätsrisiko ein Risiko des Unternehmers.

115 Vgl. V G H München v. 11. 1. 1967, N J W 1967 S. 1146 ff., 1151; Schäfer, Diss., S. 65, 66. 116 Vgl. B V e r f G v. 24. 7. 1957, Bd. 14 S. 288 ff., 297—300.

§ 15: Die Typengenehmigung

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§ 15: Die Typengenehmigung Die Verordnungen zu § 24 GewO sehen für einen Teil der überwachungsbedürftigen Anlagen neben oder an Stelle der Einzelerlaubnis ein besonderes Verfahren vor, die sogenannte Bauartzulassung, die von älteren Verordnungen noch Typengenehmigung genannt wurde 1 . Die rechtliche Regelung ist kurz zu skizzieren, bevor eine theoretische Erfassung dieses Rechtsinstituts versucht werden soll. A. I. Das Zulassungsverfahren w i r d auf Antrag des Herstellers eines Anlagetyps oder des genormten Bauteils eines solchen Typs i n Gang gebracht. A n die Stelle des Herstellers t r i t t bei technischen Anlagen ausländischer Herkunft der Importeur 2 . Nach vorheriger Einholung eines Gutachtens der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt bzw. des technischen Sachverständigen des § 24 c GewO unter Beifügung einer Stellungnahme des zuständigen technischen Ausschusses des § 24 I V GewO kommt es auf Veranlassung und auf Kosten des Antragstellers zu einer Entscheidung der Zulassungsbehörde über die bauartliche „ Z u lassung" dieses Anlagetyps. Zuständig sind die Zulassungsbehörden der Länder, d . h . zumeist die Arbeitsministerien. Die Zulassung w i r d erteilt, wenn die Anlage der Bauart nach den Sicherheitsanforderungen der technischen Vorschriften entspricht. Dem Antragsteller w i r d eine „Bescheinigung über die Zulassung" erteilt. Die Zulassungsbehörde bestimmt außerdem das Kennzeichen und die Nummer der zugelassenen Bauart und stellt den Technischen Ausschuß eine Abschrift der Zulassungsbescheinigung zu. Obwohl sie i n den Bestimmungen der Verordnungen nicht vorgesehen ist 5 , erfolgt schließlich regelmäßig eine Bekanntgabe der erteilten Bauartzulassungen unter genauer Angabe der Adresse des Herstellers und des Kennzeichens sowie der Nummer des 1 §§ 14, 19 I I I u. 28 DampfkesselVO; §§ 6, 7 I , I I techn. V O brennbare Flüssigkeiten; § 13 V O Aufzüge; §§ 4, 5 V O elektr. Anlagen; § 8 GetränkeschankanlagenVO; Sachlich entsprechende Bauartzulassungsverfahren f ü r typenmäßig hergestellte technische Anlagen sind i n zahlreichen Vorschriften des technischen Sicherheitsrechts vorgesehen. Wegen der zum T e i l eingehenderen oder doch i n einzelnen Punkten deutlicheren Ausgestaltung dieser Verfahren bei i m wesentlichen gleicher sachlicher Problematik sollen sie i m folgenden illustrierend m i t herangezogen werden: vgl. §§ 20, 22 StVZO m i t Fahrzeugteile-Verordnung; § 2 I 1 LuftGes u. § 4 I L u f t V Z O , § 6 I P r ü f Ordnung f ü r Luftfahrtgerät v o n 1936; § 11 1 3 , I I Atomgesetz, §§ 14—19 1. StrahlenschutzVO, §§ 8—12 2. SSVO; vgl. auch §§ 27—30, 97 Musterbauordnung u n d die entsprechenden Landesbauordnungen. Vgl. Meerländer - Freytag - Zachen, Bd. I , S. 107. 2 I m folgenden soll n u r noch der Hersteller genannt werden. Z u r A n e r k e n nung ausländischer Typprüfungen: A r n i n g , Arb.Schutz 1960 S. 61, 62; vgl. § 1 I I FahrzeugteileVO v o m 30. 9. 1960, B G B l I S. 782. 3 Anders z. B. aber § 17 der 1. StrahlenschutzVO, w o Bekanntgabe i m B u n desanzeiger vorgeschrieben w i r d .

1*

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

zugelassenen Anlagetyps durch den Bundesarbeitsminister i m Bundesarbeitsblatt, Teil Arbeitsschutz 4 . II. Das umfangreiche technische Prüfverfahren selbst ist von den Verordnungen i m wesentlichen einheitlich ausgestaltet worden. H i n sichtlich der Rechtswirkungen der Bauartzulassungen i m einzelnen können allerdings verschiedene Unterarten dieses technischen Prüfverfahrens unterschieden werden. a) So bestimmt die Dampfkesselverordnung 5 i m Anschluß an die Festsetzung einer Erlaubnispflicht für die Errichtung und den Betrieb der Dampfkessel, daß bei einigen weniger gefährlichen Dampfkesseltypen diese Erlaubnispflicht entfällt und durch eine Anzeigepflicht ersetzt wird, wenn die Bauart des Dampfkessels zugelassen ist und außerdem ein Abdruck der dem Hersteller von der Zulassungsbehörde erteilten Bescheinigung vorliegt, auf der der Hersteller seinerseits bescheinigt hat, daß der einzelne Dampfkessel m i t der i n der Bescheinigung beschriebenen Bauart übereinstimmt. Die Betriebserlaubnis für die einzelnen konkreten Anlagen w i r d durch die Zulassung ihres Musters ersetzt, die für alle Anlagen gilt, die m i t der einen geprüften Anlage i n ihrer Ausführung identisch sind. b) I n manchen Verordnungen 6 — nämlich dann, wenn vor der Inbetriebnahme der Anlagen nur eine technische Abnahmeprüfung durch den Sachverständigen, nicht aber ein behördliches Erlaubnis verfahren stattfindet — sind an die Bauartzulassung weniger weitgehende Rechtswirkungen geknüpft. Bei Vorliegen der Zulassung und der erwähnten Bescheinigungen des Herstellers kommt hier die technische Abnahmeprüfung i n Wegfall. c) Soweit i n den Verordnungen für bestimmte Anlagen oder Anlageteile keine besonderen individuellen Erlaubnisverfahren vor der Inbetriebnahme vorgesehen sind, enthalten sie doch teilweise Verbotsbestimmungen dahingehend, daß „die Anlagen nicht i n Betrieb genommen bzw. die Anlagenteile nur verwendet werden dürfen, wenn sie i m Bauartzulassungsverfahren zugelassen worden sind und dazu ein A b druck der dem Hersteller erteilten Bescheinigung sowie dessen Bescheinigung vorliegen" 7 . d) Die Bauartzulassung m i t diesen verschiedenen Rechtswirkungen kann sich entweder auf den Typ einer überwachungsbedürftigen A n 4

Vgl. z.B. die Veröffentlichungen i n ArbSch 1956 S. 97; 1963 S. 78; 1965 S. 31; 1966 S. 7, 78, 316; 1967 S. 24, 25. 5 § 12 DampfkesselVO. 6 § 4 I I I V O Aufzüge; § 7 I I I tedin. VbF. 7 § 28 DampfkesselVO; § 4 V O elektr. Anlagen; § 8 GetränkeschankanlagenVO; § 6 techn. VbF.

§ 15: Die Typengenehmigung

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läge insgesamt oder auf einzelne, besonders wichtige Anlageteile beziehen. Die Typenzulassung einer Vielzahl genormter Anlageteile kommt einer neueren technischen Entwicklung entgegen. Danach w i r d nicht mehr die Anlage als Ganzes genormt, vielmehr werden nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzte Anlagen zur Berücksichtigung individueller Wünsche geschaffen. Die unterschiedlichen Hechtswirkungen des Typengenehmigungsverfahrens ergeben sich aus der Anpassung an die verschiedenen rechtlichen Ausgestaltungen des technischen ÜberwachungsVerhältnisses; sie sprengen aber i m Ergebnis nicht die Einheitlichkeit dieses Rechtsinstituts. Die sachliche Problematik und die wirtschaftliche Funktion der Bauartzulassung ist i n jedem Falle die gleiche. Zunächst soll diejenige Variante besprochen werden, nach der die Typengenehmigung spätere Genehmigungsverfahren für die einzelnen Anlagen überflüssig macht. Die beiden anderen Unterarten des Verfahrens sind i m Anschluß daran abzuhandeln. I I I . Die tatsächliche Situation, die die Ausgestaltung dieser neuen Form des Verwaltungshandelns erst veranlaßt hat, ist die, daß serienmäßig gefertigte gefährliche Anlagen auf ihre sicherheitstechnisch gefahrlose Verwendung überwacht werden sollen. Erstens kann also von der Möglichkeit einer Typisierung der Gefahren ausgegangen werden, so daß sich allgemein gültige Normwerte der Gefährlichkeit unabhängig von jeweiligen örtlichen Verhältnissen der Verwendung aufstellen lassen8. Wichtig ist zweitens, daß die Gefahren der Anlagen, die es abzuwehren gilt, regelmäßig erst m i t der Verwendung auftreten. Die rechtliche Konsequenz daraus ist, daß die Hersteller selbst nach allgemeinem Polizeirecht — mangels ausdrücklicher weitergehender gesetzlicher Ermächtigung — nicht an die technischen Sicherheitsnormen unmittelbar gebunden sind 9 . Nur wenn von der rechtlichen — nicht notwendig wirtschaftlichen — Freiheit des Herstellers vom materiellen technischen Sicherheitsrecht ausgegangen wird, kann die Eigentümlichkeit der Bestimmungen des formellen Überwachungsrechts, insbesondere des Typengenehmigungsverfahrens, verstanden werden, wonach Rechtswirkungen dieser Zulassung erst für die Betreiber und nicht schon für die Hersteller eintreten. Wäre der Hersteller unmittelbar an das materielle technische Sicherheitsrecht gebunden, so bedürfte schon er der Genehmigung für den Bau seiner Anlagetypen. Davon sprechen jedoch die Vorschriften über die Typengenehmigung nicht; sie sind kein bloßes gewöhnliches Erlaubnisverfahren für den Hersteller genormter technischer Anlagen. 8 Vgl. demgegenüber die Gefahren der lästigen Anlagen nach § 16 GewO; Landmann - Rohmer § 18 A n m . 10. • Siehe oben § 9.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Auffällig an der rechtlichen Ausgestaltung einerseits des Verfahrens, andererseits der Rechtswirkungen der Typengenehmigung ist gerade das Auseinanderfallen von Verfahrensbeteiligten und rechtlich Betroffenen. A m Verfahren ist nur der Hersteller als Antragsteller beteiligt; die rechtliche Wirkung der Zulassung aber t r i f f t nach dem Text der Verordnungen die Betreiber der Anlagen. Die Verfahrensbeteiligten scheinen nicht rechtlich betroffen, die rechtlich Betroffenen nicht am Verfahren beteiligt zu sein. B. Die Typengenehmigung ist nunmehr als ein charakteristisches Rechtsinstitut des technischen Sicherheitsrechts dogmatisch zu untersuchen und i n den Rahmen der Techniken des Verwaltungshandelns einzuordnen. Einer Untersuchung bedarf erstens die Frage, w o r i n genau der Inhalt und die unmittelbare Rechtswirkung der Bauartzulassung bestehen. Nach dem Text der Verordnungen könnte es naheliegen, Rechtswirkungen der Typengenehmigung allein i m Verhältnis zu den Betreibern der Anlagen und ihren Erlaubnisverfahren zu suchen. Die folgende Darstellung macht es sich demgegenüber vor allem zur A u f gabe, die Rechtsstellung des Herstellers zu klären. Obwohl er die eigentliche Schlüsselposition i m Typengenehmigungsverfahren innehat, ist es doch unklar, inwieweit er überhaupt von diesem Verfahren rechtlich betroffen ist. I m Anschluß an die Bestimmung von Inhalt und Rechtswirkungen der Typengenehmigung ist die Einordnung dieses Hoheitsaktes i n den Dualismus von Rechtsnorm und Verwaltungsakt vorzunehmen. Sie könnte wegen der vielfachen W i r k u n g der Zulassung auf unbestimmt viele künftige Erlaubnisverfahren bei den Betreibern zweifelhaft sein. Je nachdem, ob die unmittelbaren Rechtswirkungen der Bauartzulassung auch und schon i n der Herstellerrichtung oder erst und allein i m Hinblick auf die Betreiber gesehen werden, ergeben sich unterschiedliche Ausgangspunkte für die Qualifizierung der Bauartzulassung als Rechtssatz oder Verwaltungsakt. Die Übereinstimmung aller Ansichten i m Ergebnis — nämlich die Einordnung der Typengenehmigung als Verwaltungsakt — macht wegen der unterschiedlichen Einschätzung der Rechtsstellung des Herstellers überhaupt eine Untersuchung nicht überflüssig. I n der Literatur finden sich nur vereinzelt Stellungnahmen zum Problem der Typengenehmigung 10 . Die Praxis der Gerichte hat sich 10 Siehe insbesondere die Problemstellung bei Thieme, Festschrift für Schack, S. 162. Ohne nähere Erörterung qualifizieren alle Kommentierungen zu sonstigen technischen Sicherheitsvorschriften die jeweiligen Typengenehmigungen als Verwaltungsakte: Scheerbarth S. 240; Mattern - Ratsch, A t o m gesetz S. 187, 190; vgl. Floegel - Härtung, StVZO § 20 A n m . 7, § 20 A n m . 1; Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 561 A n m . 3 a); Bouska, D A R 1964 S. 151; Mangels § 8 Vorb.; Arning, ArbSch 1959 S. 260; vgl. v. Busch - Trabandt S. 47.

§ 15: Die Typengenehmigung

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schon verschiedentlich m i t dem Typengenehmigungsverfahren beschäft i g t 1 1 ; eine eingehende Erörterung der Rechtsnatur dieses Instituts findet sich jedoch nur i m Dampfkesselurteil des Bundesverfassungsgerichts 12 . Zunächst ist die Auffassung des Bundesverfassungsgerichts von der rechtlichen Bedeutung der Typengenehmigung und ihre Qualifizierung als Verwaltungsakt darzustellen, sodann eine eigene Lösung dieser beiden Fragen zu entwickeln. I m Anschluß daran ist schließlich die nähere Ausgestaltung des Zulassungsverfahrens nach seiner gesetzlichen Grundlage, den Widerrufs- und Rechtsschutzmöglichkeiten sowie der Verwaltungszuständigkeit zu zeigen. I. a) Das Bundesverfassungsgericht 13 vertritt die Meinung, daß die Typengenehmigung unmittelbare Rechtswirkungen ausschließlich gegenüber den Betreibern der zugelassenen Anlagen erzeugt. Das Gericht hatte i n einem Bund-Länder-Streit über die Zuständigkeit des Bundes zur Erteilung von Typengenehmigungen zu entscheiden, nämlich darAusführung des dazu ermächtigenden Bundesgesetzes ist — ob diese über, ob die Erteilung solcher Maßnahmen eine „verwaltungsmäßige" Maßnahmen also Verwaltungsakte oder Rechtsverordnungen sind. Zum Zwecke dieser Qualifizierung suchte das Gericht zunächst die unmittelbare rechtliche Bedeutung der Typengenehmigung zu ergründen. Ausschlaggebend stellte das Bundesverfassungsgericht auf den Sinn und Zweck der Typengenehmigung ab; die aus der Gestaltung des Verfahrens sich ergebenden Gesichtspunkte wurden zurückgestellt. Daß das Verfahren der Typengenehmigung auf Antrag eines bestimmten Herstellers i n Gang gesetzt w i r d und die daraufhin ergehende Entscheidung an diesen Antragsteller gerichtet wird, hätte schon die Annahme der Rechtsnatur als Verwaltungsakt nahegelegt. Das Bundesverfassungsgericht — das schließlich auch zu diesem Ergebnis kam — begnügte sich jedoch nicht m i t dieser Erklärung. Denn dem Gericht kamen Zweifel, ob nicht doch eine Rechtsverordnung vorliegt, aus dem 11 Der Hess. V G H (v. 15. 8.1962, GewArch 1963 S. 174 ff.) geht ohne weiteres von der Qualifizierung einer Bauartzulassung als Verwaltungsakt gegenüber dem Hersteller aus — obwohl mehrfach betont w i r d , daß die Zulassung n u r zur betrieblichen Nutzung der geprüften Bauart erforderlich ist (siehe auch Hess. V G H v. 22.10.1954, AS Bd. 4 S. 87 ff., 88). Ebenso behandelt das Bundesverwaltungsgericht (vom 16.5.1963, GewArch 1963 S. 270 ff.) die Bauartzulassung von Spielgeräten, die erst f ü r den Aufsteller der Geräte gem. § 33 d GewO rechtlich notwendig ist, ohne weiteres als Verwaltungsakt gegenüber dem sie beantragenden Hersteller. 12 B V e r f G v. 15. 3. 1960, Bd. 11 S. 6 ff., 15—17, 19. 18 B V e r f G a.a.O.; die Entscheidung erging f ü r die Vorläufer der heutigen Vorschriften über das Bauartzulassungsverfahren, die jedoch sachlich einander entsprechen. Das Gericht hatte sich zwar m i t der Zulassung von A u s nahmen i m Rahmen einer Typengenehmigung zu befassen; f ü r diese ergeben sich jedoch dieselben Probleme der dogmatischen Einordnung w i e f ü r die Zulassung selbst (s. unten D). I m Anschluß an das Bundesverfassungsgericht: Landmann - Rohmer § 24 A n m . 27, auch 81, 93.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Grunde, weil es den Zweck der Typengenehmigung allein darin sah, daß diese die für die Inbetriebsetzung der einzelnen Anlagen von den zukünftigen Betreibern einzuholenden Einzelgenehmigungen überflüssig macht. Der Hersteller brauche eine „Genehmigung" nicht. Seine Herstellungstätigkeit sei rechtlich nicht beschränkt, nur die Inbetriebnahme sei gefährlich und deshalb erlaubnispflichtig gemacht. M i t h i n könne sich die Typen-,»Genehmigung" auch nur auf diese Genehmigungen der künftigen Betreiber beziehen. Der Hersteller aber sei nur durch seine bloß wirtschaftlichen Absatzinteressen an der Typengenehmigung interessiert. b) Diese Bestimmung der Rechtswirkungen der Typengenehmigung führt zu besonderen Konsequenzen für die Einordnung als Norm oder Verwaltungsakt. Die derart vorgenommene Fixierung der rechtlichen Wirkung der Typengenehmigung, die eine unbestimmte Zahl von Einzelgenehmigungen für eine i m Augenblick nicht feststellbare Zahl von Betreibern ersetzen soll, könnte für ihre Qualifizierung als Rechtsverordnung, als an die Allgemeinheit gerichteter Rechtssatz sprechen 14 . Dennoch kam das Bundesverfassungsgericht zu einer Einordnung der Typengenehmigung als Verwaltungsakt, weil sie sich auf ein bestimmtes, typenmäßig gekennzeichnetes Objekt beziehe und („zu Händen des Herstellers") für eine zwar i m Augenblick nicht feststellbare Zahl von Personen erteilt sei, diese aber doch als künftige Betreiber des Anlagetyps einen umgrenzten Personenkreis bildeten. Die allgemeine Erlaubnis (Typengenehmigung) könne als Parallele zur sogenannten Allgemeinverfügung angesehen werden 1 5 . Unter stillschweigender Übernahme der entscheidenden Prämisse des Bundesverfassungsgerichts, daß die Rechtswirkungen der Typengenehmigung allein i n der zentralen Vorwegnahme unbestimmt vieler Betriebserlaubnisse für die künftigen Erwerber eines Anlagetyps liegen, hat Volkmar in der eingehendsten neueren Untersuchung über die A b grenzung von Norm und Verwaltungsakt K r i t i k an der Qualifizierung der Typengenehmigung als Verwaltungsakt geübt 16 . Die Entscheidung sei in sich umklar 1 7 , weil sie hinsichtlich des betroffenen Adressatenkreises einerseits von einer i m Augenblick des Erlasses nicht feststellbaren Zahl zukünftiger Betreiber spreche, andererseits aber diesen Adressatenkreis als umgrenzten Personenkreis ansehe, weil nur die 14

Arning, ArbSch 1959 S. 259. Ebenso Nickusch, Diss., S. 20 A n m . 1; Conradi, Diss., S. 51; vgl. B a y V G H v. 15. 5. 1964, AS I, S. 57 ff., 62. 16 Volkmar, Allgemeiner Rechtssatz u n d Einzelakt; vgl. Bettermann, Preisrecht, S. 93, f ü r die Festsetzung eines Verkaufspreises f ü r eine ganz bestimmte Ware. 17 Volkmar S. 62 A n m . 49. 15

§ 15: Die Typengenehmigung

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Betreiber eines bestimmten genehmigten Objektes betroffen würden. Die Entscheidung sei ungenau 18 , wenn sie als Gegenstand der Regelung durch die Typengenehmigung die Genehmigung eines „bestimmten Objektes" bezeichne, obwohl doch nach dieser Auffassung gerade die Zulassung einer unbestimmten Vielzahl zwar dem Typ entsprechender, aber doch individueller Einzelanlagen geregelt wird. Die Typengenehmigung hätte nach dieser Ansicht 1 9 vom Bundesverfassungsgericht konsequent wohl als abstrakt — genereller Hoheitsakt, m i t h i n als Rechtssatz qualifiziert werden müssen 20 . II. Jedoch ist auch eine andere Auffassung vom Inhalt und von der rechtlichen Bedeutung der Bauartzulassung möglich, die, indem sie die Prämisse des Bundesverfassungsgerichts — die ausschließlich auf die Betreiber bezogene Rechtswirkung der Typengenehmigung — angreift, das allein entscheidungserhebliche Ergebnis selbst, die Eigenschaft als Verwaltungsakt, klar bestätigt. a) Die dogmatische Einordnung eines Hoheitsaktes als Norm oder Verwaltungsakt läßt sich präzise nur vornehmen, wenn Klarheit über seinen Inhalt und seine Rechtswirkungen geschaffen ist 2 1 . Für die Typengenehmigung ist deshalb vorrangig die Annahme des Bundesverfassungsgerichts zu prüfen, daß sie rechtliche Bedeutung nur als zentrale Vorwegnahme zukünftiger Einzelbetriebserlaubnisse hat. Denkbar wäre auch eine Auffassung, wonach die Bauartzulassung als „Bescheinigung" an einen bestimmten Hersteller angesehen wird, die diesem für ein unbestimmt oft zu erstellendes, jedoch gleichartiges Objekt (Typ) bescheinigt, daß es den öffentlichrechtlichen Sicherheitsanforderungen genügt und an welche Bescheinigung die Verwaltung infolge der Dinglichkeit, d. h. ausschließlichen Sachbezogenheit ihrer Wirkung, auch noch i m Erlaubnisverfahren anläßlich der Inbetriebnahme gebunden ist. Schon der Zulassungsbescheinigung an den Hersteller würde für diesen rechtliche Bedeutung zukommen. Danach wäre die Bauartzulassung als abstrakt-individueller Verwaltungsakt an den Hersteller zu kennzeichnen, der infolge der Dinglichkeit des Inhalts und der Adressierung Rechtswirkungen auch für die künftigen Betreiber erzeugt. Zunächst sollen noch die notwendigen und i m Ergebnis nicht zu billigenden Konsequenzen der Auffassung des Bundesverfas18

Volkmar

19

Vgl. Volkmar

20

S. 111 A n m . 137, vgl. S. 109 A n m . 132. S. 204.

Als Rechtsverordnungen werden z.B. allgemeine lebensmittelrechtliche Zulassungen bestimmter gefährlicher Stoffe u n d Verfahren erlassen, die nicht n u r einem bestimmten Hersteller erteilt werden, sondern gemäß derer k ü n f t i g jeder Hersteller den zugelassenen Stoff verwenden darf. §§ 4a I, 5a I 1, 4 c I Lebensmittelgesetz, § 7 Abs. I I Arzneimittelgesetz. 21 Vgl. Volkmar S. 203, 204.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

sungsgerichts dargestellt werden, sodann ist die skizzierte eigene dogmatische Einordnung der Typengenehmigung zu begründen. 1. Die Annahme einer unmittelbaren rechtlichen Wirkung der Typengenehmigung allein gegenüber den Betreibern führt nicht nur hinsichtlich der Einordnung als Verwaltungsakt zu bedenklichen Konstruktionen, sondern hat auch sonst kaum annehmbare Konsequenzen, sowohl für die Betreiber wie für die Seite der Hersteller. aa) Ein Verwaltungsakt muß seinen Adressaten bezeichnen, er muß angeben, an wen er sich richtet 2 2 , wenngleich für die Allgemeinverfügung die generelle Kennzeichnung ausreichen mag. Gegen dieses Bestimmtheitserfordernis aber dürfte es verstoßen, wenn weder auf die eine noch auf die andere Weise verfahren wird, sondern der Verwaltungsakt förmlich an einen bestimmten Dritten gerichtet ist, der materiell überhaupt nicht von i h m betroffen sein soll 2 3 . Eine gesetzliche oder rechtsgeschäftliche Vertreterstellung des Herstellers, „zu Händen" dessen die Allgemeinverfügung ergeht, ist nicht ersichtlich — abgesehen davon, daß auch i m Falle der Stellvertretung Adressat des Verwaltungsaktes nicht der Vertreter, sondern der Vertretene zu sein hätte 2 4 . Als an die zukünftigen Betreiber gerichteter Verwaltungsakt müßte die Zulassung diesen bekanntgemacht werden. Läßt man bei Allgemeinverfügungen die öffentliche Bekanntmachung genügen 25 , so kann doch die verwaltungsgerichtliche Anfechtungsfrist für denjenigen, der von dem an i h n gerichteten Verwaltungsakt aus dem „Büschel" der Verwaltungsakte der Allgemeinverfügung nichts erfährt, erst m i t seiner wirklichen Kenntnisnahme zu laufen beginnen 26 . Eine zeitlich unbegrenzte Möglichkeit gerichtlicher Anfechtbarkeit der Bauartzulassung durch die Betreiber wäre die Folge, obwohl dieses Rechtsinstitut gerade der zentralen Vorwegnahme vieler Einzelerlaubnisse dienen soll. Jedoch fehlt es überdies an einer geregelten öffentlichen Bekanntmachung. Der Zulassungsbescheid w i r d allein dem Hersteller zugestellt. Die für die Zulassung zuständigen Länderbehörden veröffentlichen daneben die erfolgte Zulassung nur i n der Minderzahl der Fälle i n ihren Amtsblättern. Die Bekanntmachungen durch den an Stelle der Länder nicht zuständigen Bundesarbeitsminister i m Bundesarbeitsblatt, die periodisch die i n einem größeren Zeitraum erfolgten Zulassungen der Länder zusammenstellen 27 , können nur der besseren Übersichtlichkeit 22

Forsthoff, Lehrbuch, S. 213. Vgl. B V e r f G v. 7. 4. 1964, Bd, 17 S. 306 ff., 318. Forsthoff, Lehrbuch, S. 176. 25 Forsthoff, Lehrbuch, S. 123; Ipsen, D Ö V 1956 S. 196; Bettermann, Preisrecht S 95 A n m 119. 2 « Öbermeyer S. 79; BGHSt v. 4.12.1964, N J W 1965 S. 308 ff., 309. 27 Vgl. Arbeitsschutz 1956 S. 97; 1963 S. 78; 1965 S. 31; 1966 S. 7, 78, 316; 1967 S. 24, 25. 28 24

§ 15: Die Typengenehmigung

219

und der Statistik dienen 28 . Sie machen aber nicht etwa schon lange vorher erteilte Bauartzulassungen erst m i t dieser Bekanntgabe w i r k sam. bb) Führt die Annahme einer ausschließlich gegenüber den Betreibern vorhandenen Rechtswirkung der Bauartzulassung schon auf der Seite der Betreiber zu rechtsstaatlich bedenklichen Folgerungen, so ergeben sich schwerwiegendere Einwendungen noch aus der ungenügenden Berücksichtigung der Rechtsstellung des Herstellers. Einerseits müßten von einer Bauartzulassung, die einen bestimmten Typ m i t Wirkung für alle zukünftigen Betreiber dieses Typs zuläßt, aber nicht gerade einem bestimmten Hersteller für seine Fertigungen dieses Typs erteilt wird, folgerichtig alle Hersteller Gebrauch machen dürfen, die ebenfalls einen Typ herstellen wollen, der i n den prüfungswesentlichen Teilen m i t dem zugelassenen Typ übereinstimmt. Denn einer solchen Zulassung könnte es allein auf die Sache ankommen. Dam i t könnte sich mancher Hersteller die Mühen und Kosten seines Konkurrenten u m die Bauartzulassung — abgesehen von privatrechtlichen Hindernissen — ohne weiteres zunutze machen und sich auf die allgemeine Zulassung berufen. Für die Verwaltung entstände die Schwierigkeit, die jeweiligen Hersteller eines Typs nicht ohne weiteres ausfindig machen zu können, was jedoch bedenklich wäre, weil m i t der Zulassung auch erhebliche Pflichten für den Hersteller verbunden sind. Die eingeräumten Befugnisse ziehen nämlich auch Verantwortung nach sich, da der Hersteller sich einer Überwachung auf die dem genehmigten Typ konforme Fertigung der Anlagen unterwerfen muß. Die Verwaltungspraxis lehnt es deshalb ab, die Typengenehmigung für andere als die von dem Inhaber der Typengenehmigung gefertigten Anlagen anderer Hersteller gelten zu lassen 29 . Für ein gleichartiges Gerät muß eine entsprechende besondere Zulassung ausgesprochen werden. Vor allem jedoch werden durch die Qualifizierung der Bauartzulassung als allein und unmittelbar an die Betreiber gerichtete Maßnahme die erheblichen Belange des einzelnen Herstellers an der Erlangung einer rechtlich geschützten Position, an einer gewissen Beständigkeit der Zulassung außer Acht gelassen. Erstens könnte ein Rechtsanspruch auf die Typengenehmigung für denjenigen nicht angenommen werden, an den die Zulassung gar nicht zu richten wäre, der durch ihre Erteilung oder Versagung allein i n seinen wirtschaftlichen Absatzinteressen berührt, aber nicht i n seinen Rechten betroffen würde. Zweitens könnte ein Widerruf der Typengenehmigung denjenigen nicht i n seinem rechtlich zu schützenden Besitzstand treffen und nach den Regeln über den 28 29

Vgl. Meerländer - Freytag - Zachen, Bd. I , S. 110. Vgl. auch § 7 I, I I der Prüfordnung f ü r Luftfahrtgerät.

220

2. Teil: Das

berwachungsverhältnis

Widerruf deshalb unzulässig sein, gegenüber dem die Zulassung keine rechtliche Regelung enthält, dem sie erst recht kein Recht verliehen hat, dem auch der Gesichtspunkt der Inswerksetzung nicht helfen könnte, da nur derjenige eine Erlaubnis ins Werk setzen kann, dem sie erteilt wurde 3 0 . Zwar wäre die allgemeine Anfechtungsbefugnis gegen die Widerrufsverfügung nicht auf den Adressaten des Verwaltungsaktes beschränkt 31 , zumindest aber muß der Nichtadressat i n seinen Rechten betroffen sein. Diese rechtliche Betroffenheit des Herstellers w i r d durch die Annahme einer ausschließlichen Regelung der Rechtsstellung der Betreiber aber gerade verneint. Die für i h n fremden Rechte der Betreiber könnte der Hersteller nicht geltend machen. A n der mangelnden Berücksichtigung der Rechtsstellung des Herstellers muß die K r i t i k an der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vor allem ansetzen. 2. Die Bestimmung des wesentlichen rechtlichen Inhalts der Bauartzulassung setzt eine Besinnung auf die Kriterien voraus, nach denen die Einordnung von Hoheitsakten i m allgemeinen erfolgt. Als Kriterien für die Feststellung der Rechtsnatur eines Hoheitsaktes — hier insbesondere seiner Richtung und Adressierung — dienen i n erster Linie der Zweck und die materielle Funktion der Maßnahme, die rechtlichen Folgen, auf die sie zielt und hilfsweise auch die formelle Adressierung des Hoheitsaktes 32 . aa) Historisch mag die Herausbildung des Instituts der Typengenehmigung so vor sich gegangen sein, daß der Hersteller die für den Betrieb notwendigen Genehmigungen vorweg selbst besorgte und seine technischen Anlagen m i t diesen Erlaubnisscheinen i n den Verkehr brachte, wobei die Verwaltung aus Rationalisierungsgründen schließlich dazu überging, statt der Vielzahl wiederholter Genehmigungen nur noch eine einzige Bescheinigung auszustellen und den Hersteller zur Ausstellung von Abdrucken ermächtigte 33 . Daraus könnte gefolgert werden, daß es sich bei den den Herstellern erteilten Typengenehmigungen tatsächlich nur um antizipierte Betriebserlaubnisse für die Betreiber handelt. 80

Forsthoff, Forsthoff, S. 309. 81

Lehrbuch, S. 259. Lehrbuch, 8. Aufl., S. 495; Bachof,

Festschrift für

Laforet,

82 BVerfG, a.a.O., Bd. 11 S. 16; B V e r w G v. 1. 10. 1963, Bd. 18 S. 3; BGH, a.a.O., N J W 1965 S. 309; BayVGH, a.a.O., AS I, Bd. 17 S. 63, 64; Vgl. Mörtel, B a y V B l 1957 S. 48; Mussgnug, Diss., S. 122. 33

Vgl. schon die Motive zum E n t w u r f einer Gewerbeordnung von 1869, Sten. Berichte über die Verhandlungen des Reichstages des Norddeutschen Bundes, Bd. I I I , 1869, S. 116 zu § 24; vgl. Abraham, Luftrecht, Bd. I I , 3 Aufl., S. 31.

§ 15: Die Typengenehmigung

221

Für die rechtliche Qualifizierung muß jedoch heute von den Rechtsvorschriften selbst ausgegangen und aus ihnen ihr Sinn und Zweck gewonnen werden. Unmittelbare Rechtswirkungen eines Hoheitsaktes gegenüber einer Person und damit eine „Regelung", ein Verwaltungsakt gerade gegenüber dieser Person liegen dort vor, wo Rechte und Rechtspflichten dieser Person unmittelbar betroffen, d. h. begründet, aufgehoben oder verändert werden bzw. ein Rechtsverhältnis ihr gegenüber verbindlich geregelt wird. Welche Rechtsfolgen ein Verwaltungsakt gegenüber einer Person erzeugt, läßt sich regelmäßig an Hand der Rechtsvorschriften ablesen, i n Anwendung derer er ergeht und die er vollzieht. Diese Rechtsvorschriften enthalten für die Bauartzulassung, als deren möglicher Antragsteller und Adressat allein der Hersteller vorgesehen ist, eine eingehende rechtliche Regelung. Es w i r d bestimmt, daß ein Rechtsanspruch auf ihre Erteilung bei Erfüllung der Sicherheitsvoraussetzungen besteht 84 und daß ein Widerruf nur unter bestimmten genau bezeichneten Voraussetzungen zulässig ist. Diese Vorschriften bestehen neben den Vorschriften für das allgemeine Erlaubnisverfahren für die Betreiber. Nach der Erteilung der Zulassung hat der Hersteller regelmäßige Sachverständigenkontrollen daraufhin zu dulden, ob bei der Fertigung der Typenserie die Genehmigungsbedingungen der Bauartzulassung beachtet werden 8 5 . Sind m i t der Inhaberschaft der Erlaubnis aber bestimmte Pflichten verbunden und w i r d daran ein besonderes rechtlich geregeltes Überwachungs Verhältnis geknüpft, das allein den Hersteller angehen kann, so muß auch die Erlaubnis als i h m gegenüber erteilt gelten. Die unmittelbare Betroffenheit des Herstellers ergibt sich weiter aus dem Zweck der Bauartzulassung, aus den Aufgaben, die sie erfüllen soll. Die Rechtsvorschriften über die Typengenehmigung bestimmen zwar, wenn auch i n einem getrennten Paragraphen, daß die Typengenehmigung die Einzelerlaubnisse bzw. Einzelprüfungen bei den zukünftigen Betreibern der Anlagen des genehmigten Typs überflüssig macht. Das besagt aber nicht, daß dies die alleinige Rechtsfolge der Typengenehmigung ist und daß allein i m Hinblick auf diese Teilwirkung die Qualifikation des gesamten Hoheitsaktes vorgenommen werden kann. Sicher verfolgt die Bauartzulassung auch eine Vereinfachung 84

Vgl. Hess. V G H v. 15.8.1962, GewArch 1963 S. 174 ff., 177; u n k l a r : Hess. V G H v. 22.10.1954, A S Bd. 4 S. 87 ff., 91; Fuhr § 24 A n m . 1b) S. 10 b, d ; Mangels § 8 A n m . 5; Meerländer - Freytag - Zachen, Bd. I, S. 109. 85 Vgl. die Bekanntmachung des Bundesarbeitsministeriums betreffend das Verfahren bei der Bauartzulassung, ArbSch 1966 S. 67 Abschn. I V ; vgl. Typengenehmigungen i n ArbSch 1963 S. 111; 1964 S. 66, 131, 179, 215; 1957 S. 41; vgl. § 20 V I StVZO; § 12 P r ü f Ordnung für Luftfahrtgerät; vgl. Scheerbarth S. 241 f ü r die Güteüberwachung bei zugelassenen Baustoffen.

2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

222

des Verfahrens, indem sie für die Verwaltung eine zentrale einmalige Vorwegnahme unbestimmt vieler gleichlautender Einzelgenehmigungen ermöglicht und dem zukünftigen Betreiber die eigene Mühe u m die Erteilung der Einzelgenehmigung erspart. Deshalb braucht jedoch eine andere Wirkung der Bauartzulassung, die Sicherungswirkung für den dritten Beteiligten, den Hersteller, nicht vernachlässigt zu werden. Der Hersteller braucht die Gewißheit, daß er die auf Grund eines zugelassenen Typs von i h m nachgebauten Serien auch noch als zugelassene A n lagen verkaufen kann, ohne daß schon eine Meinungsänderung der Behörde — und nicht erst später auftretende neue Gefahrenmomente — bewirken kann, daß er auf seinen Erzeugnissen sitzen bleibt. Der Hersteller trägt die volle Last des Zulassungsverfahrens und gibt nicht bloß den äußeren Anstoß dazu. Er hat unentgeltlich die Muster zu stellen und auf seine Kosten die Gutachten einzuholen, auf Grund derer dann die Zulassungsstelle i h m gegenüber die Zulassung ausspricht. Der Hersteller würde kaum zur Übernahme dieser Aufwendungen zu bewegen sein, wenn die Zulassung allein i m Interesse der Betreiber liegen sollte, u m diesen einen Weg zur Zulassungsstelle zu ersparen und i m Interesse der Verwaltung, um dieser eine übersichtliche, einfache, zugleich i n besonderem Maße wirkungsvolle Präventivkontrolle zu ermöglichen. Sogar bei ausschließlicher Berücksichtigung der Interessen von Verwaltung und Betreibern ergibt sich aber, daß diese nicht ohne gleichzeitige Verwirklichung der Interessen des Herstellers erreicht werden können. Denn eine vorweg erteilte allgemeine Zulassung, die zukünftige Erlaubnisse ersetzen soll, muß bis dahin Bestand haben, wenn der Betreiber darauf vertrauen soll, daß sie bei Inbetriebnahme noch besteht und die Verwaltung damit rechnen kann, daß sie sich nicht nochmals m i t derselben Sache zu befassen braucht. Daß dieses allseitige Interesse an der Beständigkeit der Bauartzulassung nur als Ausdruck des Interesses der Betreiber und der Verwaltung, aber gerade nicht i m Interesse der Hersteller gedacht ist, dafür ergeben sich aus den Rechtsvorschriften über das Bauartzulassungsverfahren keine Anhaltspunkte. Antizipierte Teil- bzw. Grundgenehmigungen wie etwa die Bebauungsgenehmigung i m Baurecht oder die Teilgenehmigung i m Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach § 16 GewO — denen die Bauartzulassung wegen der Vorabentscheidung allgemein vorweg beurteilbarer Sachverhalte entspricht 86 — werden anerkanntermaßen auch i m Interesse des Antragstellers geschaffen. Sie haben gerade den Zweck, i h m durch die Erklärung einer grundsätzlichen Zulässigkeit des Vorhabens bei Vorbehalt der endgültigen Genehmigung der Einzelheiten eine gewisse Sicherheit vor aufwendigen Investitionen und einem un86

Vgl. Wolff,

Bd. I I I , S. 119.

§ 15: Die Typengenehmigung

223

angemessenen Kostenrisiko zu geben 87 . Diese schützende Beständigkeit liegt insbesondere darin, daß die gleichen polizeilichen Gesichtspunkte, die schon einmal geprüft wurden, bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage nicht noch einmal selbständig geltend gemacht werden können 3 8 . Da schließlich der Inhalt des Begriffs des Verwaltungsaktes, wenn auch nicht ausschließlich, so doch maßgeblich durch Gesichtspunkte des Rechtsschutzes bestimmt w i r d 3 9 , können die Rechtsschutzinteressen des Herstellers bei der Frage, ob i h m gegenüber ein Verwaltungsakt vorliegt, nicht unberücksichtigt bleiben. Bei umfassender Berücksichtigung der Ziele des Typengenehmigungsverfahrens ist die Auslegung unvermeidlich, daß die Typengenehmigung ihrem Zweck nach auch die Rechtsstellung des Herstellers regeln soll, m i t h i n unmittelbar i h m gegenüber als Verwaltungsakt ergeht 4 0 . bb) Diese auf den wesentlichen sachlichen Inhalt und die objektive Funktion der Bauartzulassung abstellende Einordnung als Verwaltungsakt gegenüber dem Hersteller w i r d bestätigt durch die A r t und Weise, wie die Maßnahme getroffen w i r d und durch die verfahrensmäßige Ausgestaltung. Die nominelle Adressierung eines Verwaltungsaktes, die Förmlichkeiten seiner Erteilung können zwar nicht das Wesen der Maßnahme ausschlaggebend festlegen 41 , da nur die „objektiven Sinnbezüge" des Verwaltungsrechts 42 , nicht jedoch die Selbstqualifikation des Hoheitsaktes über seine Einordnung entscheiden. Sie sind jedoch ein Indiz zur Bestimmung ihrer Natur 4 3 , da äußere Gestaltung und materielle Struktur eines Hoheitsaktes i n der Regel übereinstim87 B V e r w G v. 29. 3.1966, B B 1966 S. 963 = ArbSch 1967 S. 11 ff. m i t A n m e r k u n g v o n Siegers; B a y V G H v. 28. 5.1953, D Ö V 1953 S. 510; O L G Bremen v. 15.6.1955, B B 1955 S. 779, 780; Scheerbarth S. 305—307; Clasen N J W 1959 S. 1617. 88 B V e r w G , a.a.O., B B 1966 S. 963, 964; Otto Mayer, Bd. I , S. 244; Scheerbarth S. 307. 89 B V e r w G v. 3. 5.1956, Bd. 3 S. 258 ff., 262; v. 1.10.1963, Bd. 18 S. 1 ff., 4, 5; Forsthoff, Lehrbuch, S. 189, 196; Bachof, JZ 1962 S. 668, 669; vgl. aber Mörtel, B a y V B l 1957 S. 48; Fuss, N J W 1964 S. 948 N. 40. 40 Vgl. W ü r t t . Bad. V G H v. 25. 5.1950, DRZ 1950 S. 500 ff., 501, wo eine V e r letzung des Herstellers i n seinen Rechten anerkannt w i r d , w e n n den B a u herren verboten w i r d , die Produkte des Herstellers zu verwenden. Dazu Bachof, Festschrift für LafQret, S. 309. 41 B V e r w G v. 29. 5. 1964, Bd. 18 S. 318 ff., 321, 322; B a y V G H , a.a.O., Bd. 17 S. 63, 64; Forsthoff, Lehrbuch, S. 197; Bachof, Festschrift f ü r Laforet, S. 309; Obermayer S. 72; Fuss, N J W 1964 S. 329. 42 Forsthoff, Lehrbuch, S. 201. 48 BVerwG, a.a.O., Bd. 18 S. 5; O V G Rheinland-Pfalz D Ö V 1964 S. 745; Menger, V e r w A r c h 1964 S. 383, 181; Obermayer S.70; Fuss, N J W 1964 S.329; Volkmar S. 204, 210, 211.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

men werden. Antragsteller und Adressat der Bauartzulassung ist aber der Hersteller. I h m gegenüber w i r d auch die Hechtsmittelbelehrung ausgesprochen 44. Damit w i r d die Annahme eines Verwaltungsaktes gegenüber dem Hersteller nahegelegt. cc) Das Bundesverfassungsgericht verneint schließlich unmittelbare rechtliche Wirkungen der Typen-„Genehmigung" gegenüber dem Hersteller, weil dieser keine „Genehmigung" brauche. Da er durch die technischen Sicherheitsvorschriften nicht rechtlich gebunden ist, können i n der Tat die Vorschriften über das Bauartzulassungsverfahren nicht als ein der Kontrolle der Einhaltung der Sicherheitsvorschriften beim Hersteller dienendes Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt und die Zulassung als Aufhebung dieses Verbots für den Hersteller angesehen werden. Aber es fragt sich, ob Inhalt der Typen-„Genehmigung" wirklich eine „Genehmigung" ist. Es kann unterschieden werden: nur die i n einer Genehmigung liegende Aufhebung des formalen Verbotes der Ausübung der erlaubnispflichtigen Tätigkeit ist für den Hersteller rechtlich bedeutungslos. Eine Regelung liegt insoweit nicht vor. Damit steht jedoch noch nicht fest, daß die Genehmigung für den Hersteller jeder rechtlichen Wirkung ermangeln muß. Die i n jeder Genehmigung enthaltene Feststellung, daß das konkrete Vorhaben m i t den Vorschriften des öffentlichen Rechts vereinbar ist, kann auch m i t Wirkung für den Hersteller getroffen sein, dergestalt, daß auch i h m gegenüber die Behörde bei gleichbleibender Sach- und Rechtslage nicht ohne weiteres von ihrer vorgängigen Entscheidung abrücken könnte. Gemäß der oben vorgenommenen Auslegung der Genehmigungsvorschriften nach ihrem Sinn und Zweck unter Berücksichtigung der formalen Ausgestaltung muß vielmehr angenommen werden, daß die Feststellung der Vereinbarkeit eines bestimmten Typs m i t den öffentlichrechtlichen Sicherheitsvorschriften auch für den Hersteller gelten soll. Die TypenGenehmigung" m i t dem Inhalt einer Unbedenklichkeitserklärung i n sicherheitstechnischer Hinsicht ist für den Hersteller eine rechtlich vorgesehene, rechtsverbindlich feststellende „Bescheinigung" 45 . Dies mag i n dem neuerdings verwendeten Ausdruck „Bauartzulassungsbescheinigung" 4 6 anklingen. Die Bezeichnung als „Genehmigung" kann nicht den Inhalt des Hoheitsaktes präjudizieren. Die Typen-„Genehmigung" besitzt m i t h i n gegenüber dem Hersteller unmittelbare rechtliche W i r 44 Vgl. Typengenehmigungen, abgedruckt i n ArbSch 1957 S. 41, 61, 81, 102; 1963 S. 111; -1964 S. 66, 131, 179, 215; 1965 S. 74; 1966 S. 68; vgl. § 9 Fahrzeugteileverordnung zur StVZO; vgl. B a y V G H a.a.O., AS I, Bd. 17 S. 64. 45 Meerländer - Freytag - Zachen, Bd. I, S. 108. 46 Vgl. ArbSch 1965 S. 158; 1967 S. 25; Die Bezeichnung als Unbedenklichkeitserklärung findet sich z.B. i n ArbSch 1957 S. 22, 23, 62; 1958 S. 2; 1959 S. 4, 98, 189; 1960 S. 74, 126; 1962 S. 57.

§ 15: Die Typengenehmigung

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kungen dadurch, daß für i h n bindend festgestellt wird, daß der genehmigte Typ bzw. die dem Muster entsprechenden, serienmäßig nachgebauten Einzelanlagen m i t den öffentlichrechtlichen Sicherheitsvorschriften übereinstimmen. Zur Erklärung der Hechtswirkungen für die zukünftigen Betreiber ist vorweg der Gegenstand der Typengeriehmigung zu präzisieren. Denn nur abkürzend kann von der Zulassung eines „Typs" gesprochen werden, als ob es sich u m die Bescheinigung der Gefahrlosigkeit nur eines einmaligen abgeschlossenen Verhaltens, eines gedachten begrifflichen Planbildes der Produktion handelt. Genauer gesagt enthält die Bauartzulassung die Feststellung, daß alle Anlagen, die von dem Hersteller entsprechend diesem Muster gebaut werden, also ein unbestimmt oft wiederholbarer, aber gleichförmiger Sachverhalt, den Anforderungen des öffentlichen Sicherheitsrechts genügen. Für jede einzelne dieser Anlagen gilt die Feststellung 47 . Die Bauartzulassung hat i m Hinblick auf den Hersteller also die Wirkung, daß einer einzelnen Person für ein unbestimmt oft wiederholbares gleichförmiges Verhalten, für eine unbestimmte Zahl von Objekten die Übereinstimmung m i t den Sicherheitsvorschriften bescheinigt wird. Die Rechtsfolgen für die zukünftigen Betreiber der einzelnen Anlagen können als Folge einer dinglichen Wirkung der Einzelbescheinigungen — die i n der allgemeinen Zulassung sinngemäß enthalten sind — erklärt werden. Die Erlaubnisvorschriften der technischen Verordnungen verzichten für gewisse Anlagen auf das Erlaubnisverfahren und lassen eine zentrale Bescheinigung der Ungefährlichkeit genügen. Genau gesehen ersetzt also nicht die Typengenehmigung spätere Einzelerlaubnisse, sondern die Verordnungen verzichten auf die Erlaubnispflichtigkeit, wenn eine Unbedenklichkeitserklärung vorliegt. Diese w i r d zwar dem Hersteller erteilt, gilt jedoch, weil sie ausschließlich sachbezogen ist, unabhängig von der Person des ersten Adressaten auch für dessen Nachfolger. Demgemäß erhalten die Betreiber auch A b drucke der dem Hersteller erteilten ursprünglichen Typengenehmigung, auf denen der Hersteller die Übereinstimmung m i t dem zugelassenen Muster bescheinigt. Die dingliche Wirkung ist der Ausgestaltung der Prüfungsvoraussetzungen allein nach sachbezogenen Sicherheitskriterien adäquat. b) Die Einordnung der Typengenehmigung i n den Dualismus von Rechtssatz und Verwaltungsakt — von der mannigfaltige Rechtsfolgen abhängen — hat nach allem davon auszugehen, daß Rechtswirkungen der Zulassung sowohl gegenüber dem Hersteller eines Typs wie gegen47 Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 143; Abraham, Luftverkehrsgesetz, Bd. I I , 3. Aufl., S. 31; a. A.: Beck, K o m m , zur 1. Strahlenschutzverordnung, S. 204; vgl. Scheerbarth S. 365.

15 Plischka

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über den künftigen Betreibern der dem Typ entsprechenden Einzelanlagen eintreten. Deswegen jedoch ist es nicht erforderlich, sich zur Einordnung i n eine der beiden überlieferten Kategorien schwerpunktmäßig für die eine oder andere letztlich ausschlaggebende Seite der Typengenehmigung zu entscheiden 48 oder der technischen allgemeinen Bauartzulassung etwa einen doppelten Rechtscharakter oder überhaupt eine Sonderstellung als Zwischenform zuzuerkennen 40 . Vielmehr lassen sich beide Seiten der Rechtswirkung auf einen Nenner bringen, wenn die Rechtswirkung auf der Seite der Betreiber als dinglich wirkende Folge der Rechtswirkungen für den Hersteller betrachtet wird. I m Sinne der zur Abgrenzung von Norm und Verwaltungsakt oben dargestellten Begriffspaare ist die Typenzulassung gegenüber dem Hersteller ein abstrakt-individueller Hoheitsakt 5 0 . Abstrakt-individuelle Hoheitsakte aber sind nach herrschender Lehre als Verwaltungsakte zu qualifizieren. Das ergibt sich für die Meinungen, die für die Einordnung der Mischformen entscheidend auf die Adressierung des Hoheitsaktes abstellen, aus der Adressierung an eine bestimmte Person. Diese Einordnung w i r d aber auch sonst aus zwingenden teleologischen und verwaltungspraktischen Gründen anerkannt 5 1 . Gegenüber einer Einzelperson kann nicht der Erlaß einer Verordnung i n Betracht kommen; dennoch aber muß die Möglichkeit zur einmaligen Regelung eines immer wiederkehrenden gleichartigen Sachverhalts bei einer Person gegeben sein. Für die Qualifizierung als Verwaltungsakt spricht schließlich, daß die Bauartzulassung ein A k t bloßer Rechtsanwendung ist, nicht aber selbst Setzung neuen Rechts. Da die fortwirkende dingliche Wirkung eines Hoheitsaktes seine Qualifikation als Einzelakt unberührt läßt 5 2 , kann auch die Einordnung der Bauartzulassung als abstrakt-individueller Verwaltungsakt nicht davon abhängen, daß eine unbestimmte Zahl von Personen — die Betreiber der unbestimmten Anzahl typenmäßiger Anlagen — durch sie kraft Dinglichkeit berechtigt wird. Die Bauartzulassung bleibt ein Verwaltungsakt. Die Anerkennung der rechtlichen Wirkung der Typengenehmigung sowohl gegenüber dem Hersteller wie gegenüber den Betreibern sowie die Kombination der rechtlichen Qualifizierung dieser doppelgleisigen Rechtswirkungen — auf der einen Seite als abstrakt-individueller Verwaltungsakt, auf der anderen Seite als Nachfolge kraft Dinglichkeit — 48

Vgl. B V e r w G v. 28. 2.1961, Bd. 12 S. 88 ff., 89; Volkmar S. 204. Vgl. Thieme, Festschrift f ü r Schack, S. 162. 50 Siehe oben § 13 F ; Mussgnug S. 78, 79 A n m . 59, 108 A n m . 151 für den entsprechend zu behandelnden Typendispens. 51 Wolff, Bd. I , S. 259, 261, 268; Volkmar S. 43, 83, 120, 149, 150—154; Obermayer S. 74. 52 Siehe oben § 13 F. 49

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führt m i t h i n zwanglos zu dem Ergebnis, das für das Bundesverfassungsgericht allein entscheidend sein mußte: die Einordnung der Typengenehmigung als Verwaltungsakt und nicht als Norm. Diese Konstruktion hat zudem den Vorteil, die Rechtsstellung des Herstellers zu berücksichtigen und sie nicht als ein rechtliches Nichts zu übergehen. Nicht an die zukünftigen Betreiber w i r d die Typengenehmigung erteilt und nur zu Händen des Herstellers ausgestellt, sondern dem Hersteller selbst w i r d sie gegeben und w i r k t kraft Dinglichkeit auch für die Betreiber. „Allgemein" ist die Erlaubnis m i t h i n deswegen, w e i l sie eine Vielzahl von Objekten i n ihren allgemeinen übereinstimmenden typischen Eigenschaften zuläßt, und nicht, weil sie sich an eine Allgemeinheit von Personen wendet. Folgt man der anschaulichen Theorie Otto Mayers zur Einordnung der Wirkungen dinglicher Erlaubnisse i n das Schema des Verwaltungsaktes — der Theorie von der Erlaubnis an persona certa und an personae incertae —, so ließe sich zudem eine Ähnlichkeit zur Konstruktion des Bundesverfassungsgerichts feststellen. Die persona certa, der erste Adressat, ist der Hersteller, die personae incertae, die späteren Nachfolger i n die Rechtsstellung, sind die Betreiber. Nur hat das Bundesverfassungsgericht ohne Not den ersten Adressaten, den Hersteller, übergangen, wenn es ihn auch gleichsam als „Vertreter" 5 3 der Anlagenserie behandelt, dem „zu Händen" die Erlaubnisse an die Betreiber erteilt werden. C. Schließlich sind die Rechtswirkungen der anfangs erwähnten beiden anderen Unterarten des Typengenehmigungsverfahrens kurz zu umreißen. I. Soweit die Bestimmungen über die Bauartzulassung vorsehen, daß ihre Wirkung i n der Ersetzung der vorherigen besonderen technischen Abnahmeprüfung besteht 54 , kommt darin der die Ordnungsmäßigkeit feststellende Charakter der Zulassung als einer Bescheinigung deutlich zum Ausdruck. Diese Feststellungen gelten wegen ihrer ausschließlichen Sachbezogenheit über den Hersteller hinaus auch für die zukünftigen Betreiber. I I . Häufig setzen die Verordnungsbestimmungen ein Verbot der Verwendung bestimmter Anlagen fest, wenn nicht dem Hersteller oder Importeur eine Bauartzulassungsbescheinigung erteilt wurde — ohne daß aber überhaupt ein individuelles Erlaubnisverfahren für die einzelnen Betreiber vorgesehen ist 5 5 . Es handelt sich hier sachlich u m die 58 Otto Mayer, Bd. I, S. 247; vgl. Jellinek, Wirtschaftseinheiten, S. 215, 221, 222. 54 65

Gesetz, S. 152; Vogel, öffentliche

§ 4 I I I V O Aufzüge; § 7 I I I techn. VbF.

§ 4 V O elektr. Anlagen; § 6 techn. V b F ; § 28 Dampfkessel-Verordnung; § 8 GetränkeschankanlagenVO. 15*

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Festsetzung einer formellen Verbotsschranke, die statt i n vielen Einzelverfahren i n einem zentralen Prüfungsverfahren durch Feststellung der sicherheitstechnischen Unbedenklichkeit des Typs beseitigt werden kann. Das Verfahren gleicht einem Verbot m i t Erlaubnisvorbehalt, bei dem die Adressaten des Verbots und der rechtlich vorgesehene Antragsteller zu seiner Aufhebung auseinanderfallen. Die Zentralisierung der Prüfung der technischen Sicherheit ist hier konsequent zu Ende geführt worden. Die rechtliche Stellung des Herstellers ist auch hier die gleiche. Er w i r d nicht unmittelbar durch die Erlaubnisvorschriften selbst betroffen, vielmehr geht das Verwendungsverbot und dessen Wegfall durch die Typengenehmigung unmittelbar nur die Betreiber etwas an. Gleichwohl erhält der Hersteller doch die Bescheinigung der Vereinbarkeit seiner Produkte m i t dem technischen Sicherheitsrecht, die i h m eine gewisse Sicherheit für den künftigen Absatz seiner einmal zugelassenen Anlagenserie gibt. Problematisch aber dürfte bei dieser Ausgestaltung des technischen Prüfverfahrens die Stellung der Betreiber sein, die nichtzugelassene, aber gleichwohl dem technischen Sicherheitsrecht entsprechende Anlagen verwenden wollen, die sie von einem Hersteller erworben haben, der sich — zulässigerweise — u m eine typenmäßige Zulassung nicht bemüht hat. Denn da das Typengenehmigungsverfahren nach den Vorschriften der Verordnungen nur auf Antrag des Herstellers oder I m porteurs, nicht aber des Betreibers i n Gang gesetzt werden kann, könnte sich die Lage ergeben, daß ein Betreiber von seinem Eigentum, das den materiellen Sicherheitsnormen entspricht, allein aus Gründen des formellen Überwachungsrechts keinen Gebrauch machen darf und nicht einmal die Möglichkeit hat, selbst das Zulassungsverfahren durchzuführen. Hier w i r d die Eigentumsgarantie des A r t . 14 GG fordern, daß auch den Betreibern durch die Verordnungen die Möglichkeit gegeben werden muß, selbst den entgegenstehenden formalen Gründen Genüge zu t u n und selbst Antragsteller i m Genehmigungsverfahren zu sein 5 5 a . D. I. Nachdem an Hand der umfangreichen Vorschriften der Durchführungsverordnungen die Rechtswirkungen und die Rechtsnatur der Typengenehmigung untersucht wurden, könnte gefragt werden, ob für dieses bedeutsame Rechtsinstitut des technischen Sicherheitsrechts eine Grundlage i n der gesetzlichen Ermächtigungsnorm des § 24 GewO ge55a Sogar die auf die Bewältigung großer Serien eingerichtete Straßenverkehrszulassungsordnung kennt neben dem auf A n t r a g des „Herstellers" eingeleiteten Typengenehmigungsverfahren immer auch die Möglichkeit der E r teilung von Einzelbetriebserlaubnissen an jeden „Verfügungsberechtigten" einer Anlage, vgl. §§ 21, 22 a I V .

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geben ist. Wie für das andere wichtige Bauelement des technischen Sicherheitsrechts, die „allgemein anerkannten Regeln der Technik", ist jedoch i n § 24 eine nähere gesetzliche Regelung der Typengenehmigung nicht getroffen worden. Die Vorschrift des § 24 I 2, daß Errichtung, Betrieb und Änderungen der überwachungsbedürftigen Anlagen erlaubnispflichtig gemacht werden können, ist nicht einschlägig, da die Bauartzulassung gerade nicht eine Erlaubnispflicht für den Hersteller dieser Anlagen begründet. Sie soll vielmehr den Gang des Erlaubnisverfahrens bei den Betreibern vereinfachen und dem Hersteller Schutz durch eine gewisse Beständigkeit garantieren. Als begünstigender, die Rechte der Betroffenen stärkender Verwaltungsakt 5 6 , der nicht wie die Festsetzung einer Erlaubnispflicht einen belastenden Eingriff i n Freiheit und Eigentum enthält, bedarf die Typengenehmigung auch gar keiner besonderen gesetzlichen Ermächtigung 5 7 , wie sie das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Gesetzesvorbehalt) allein für belastende Verwaltungsakte fordert. Es liegt i n der Hand der Verwaltung, das gesetzlich vorgesehen« Erlaubnisverfahren nach Zweckmäßigkeit zu gestalten und die Möglichkeit von Teilgenehmigungen vorzusehen. Gesetzliche Hindernisse stehen antizipierten Grund- oder Teilgenehmigungen nicht entgegen 58 . I I . A u f die für den Hersteller wichtigen Einzelheiten des Bauartzulassungsverfahrens, nämlich die Voraussetzungen der Erteilung sowie die Geltungsdauer, insbesondere die Gewährung eines Rechtsanspruchs und die Beschränkung des Widerrufs, wurde schon kurz hingewiesen 59 . a) Der Anspruch auf Erteilung der Zulassung ist allein von der Erfüllung der Sicherheitsanforderungen abhängig gemacht, so daß bei deren Einhaltung ein Rechtsanspruch auf die Typenzulassung besteht. Von den Sicherheitsvorschriften können zudem, „soweit dies der technische Fortschritt fordert und die Sicherheit auf andere Weise gewährleistet ist", sogenannte allgemeine Ausnahmen zugelassen werden 6 0 . Die Typendispense teilen die Rechtsnatur der Bauartzulassung als Verwaltungsakt, wenn sie wie diese m i t Rechtswirkung für einen bestimmten Typ und seine Nachbauexemplare die Rechtslage i m konkreten Fall bestimmen 61 . 56

Vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 561 A n m . 3 a). Wölfl Bd. I , S. 275. 58 BVerwG, a.a.O., B B 1966 S. 963, 964. 59 Siehe oben S. 221. 60 § 8 I I DampfkesselVO; § 4 techn. V O Aufzüge; § 19 I I V O elektr. Anlagen i n der Fassung der 1. ÄnderungsVO von 1965; § 8 V GetränkeschankanlagenVO; vgl. z. B. ArbSch 1961 S. 82, 218; 1962 S. 260; 1964 S. 66. 61 BVerfG, a.a.O., Bd. 11 S. 15, 17; Mussgnug, Diss., S. 78, 79 A n m . 59, 108 A n m . 151; vgl. Herschel, ArbSch 1956 S. 264. 57

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Dagegen gehört die „Zuverlässigkeit" des Herstellers nicht zu den Voraussetzungen der Typengenehmigung i m Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen. Wegen der verantwortungsvollen Stellung des Herstellers, dem es überlassen ist, eigenverantwortlich die Serie entsprechend dem zugelassenen Muster zu bauen und selbst die Übereinstimmung der konkreten Anlage m i t dem genehmigten Typ i n A b drucken der i h m erteilten Bauartzulassung zu bestätigen, wäre das Zuverlässigkeitserfordernis — daß nämlich der Hersteller die Gewähr für die ordnungsgemäße Beachtung der i h n betreffenden Vorschriften bietet — an sich sachgemäß und w i r d i n anderen Zulassungsvorschriften des technischen Sicherheitsrechts auch verlangt 6 2 . Die Zulassungsbestimmungen mancher anderer technischen Sicherheitsvorschriften gehen sogar soweit, dem Hersteller nicht einmal einen Rechtsanspruch auf die Typengenehmigung bei Vorliegen aller Voraussetzungen zu gewähren, belassen vielmehr die Erteilung i m Ermessen der Verwaltung 6 3 . Auch insoweit erweist sich das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen als eine fortschrittliche und rechtsstaatlich unbedenkliche Lösung des technischen Sicherheitsrechts. b) Widerrufsvoraussetzung ist nach der ausdrücklichen Regelung der Verordnungen, daß die Voraussetzungen der Typenzulassung entweder nicht gegeben waren oder nachträglich weggefallen sind und außerdem die Anlage bei Inbetriebnahme eine polizeiliche Gefahr für Beschäftigte oder Dritte herbeiführen würde. Entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit w i r d angeordnet, daß vor einem — auch teilweisen — Widerruf zunächst versucht werden muß, der Gefahren durch nachträgliche Auflagen und Bedingungen an die Zulassung Herr zu werden 6 4 . M i t der Anknüpfung an die allen Privatinteressen vorgehende polizeiliche Gefahrenabwehr und an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit m i t der Verpflichtung zur Anwendung des mildesten Mittels ist den berechtigten Interessen des Herstellers hinsichtlich der Geltungsdauer der Typenzulassung genüge getan. Nach der Einrichtung der serienweisen Fertigung kann i h m die Sicherheit für den Absatz des einmal zugelassenen Typs nicht ohne weiteres wieder entzogen werden 6 5 . I n diesem Zusammenhang ist noch zu erwähnen, daß die Zulassung gemäß den Durchführungsverordnungen zu § 24 befristet erteilt wer62

z. B. § 20 I, I I I StVZO; § 12 2. StrahlenschutzVO. Vgl. §§ 28 I, 97 I 2 der Musterbauordnung, dazu Scheerbarth S. 240, 365; § 20 I StVZO, dazu Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 561 Ziff. 3), s. aber S. 144; vgl. Floegel - Härtung, StVG § 1 A n m . 13, StVZO, § 19 A n m . 2; vgl. B V e r w G v. 16. 5. 1963, GewArch 1963 S. 271, 272. 64 Vgl. § 14 V DampfkesselVO; § 5 V V O elektr. Anlagen; § 6 V techn. VbF. 65 Vgl. Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 561 Ziff. 3 d). 63

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den kann und häufig auch befristet erteilt wird, u m nachträglichen Fortschritten der Sicherheitstechnik durch erhöhte Anforderungen Rechnung tragen zu können. I I I . Die bundeseinheitlichen Vorschriften über die Bauartzulassung sehen die Zuständigkeit von Landesbehörden zur Erteilung der Zulassungsbescheinigungen vor. Dies entspricht dem Grundsatz des A r t . 83 GG, wonach die Bundesgesetze durch die Verwaltungen der Länder als eigene Angelegenheit ausgeführt werden. Dennoch hatte der Bund bis 1959 die Verwaltungszuständigkeit 6 6 zur Gewährung von Typenzulassungen auf Grund der alten technischen Vorschriften für sich i n A n spruch genommen. Er begründete die bundeseinheitliche zentrale Verwaltungszuständigkeit m i t der notwendigerweise überregionalen W i r kung der Zulassung, deren Rechtswirkungen i n allen Ländern und nicht nur i m zulassenden Lande eintreten müßten, wenn die W i r t schaftseinheit des Bundesgebietes nicht gesprengt und die „Freizügigkeit der Dampfkessel" gewahrt bleiben sollten 6 7 . Die Verwaltungszuständigkeit des Bundes kraft notwendiger Überregionalität hat das Bundesverfassungsgericht i n seinem schon zitierten, sich m i t dieser Verwaltungspraxis auseinandersetzenden Dampfkesselurteil jedoch an enge Voraussetzungen geknüpft 6 8 und für die Typenzulassungen überwachungsbedürftiger Anlagen i m Ergebnis verneint. Seither werden die Bauartzulassungen durch die Länder, zumeist die Arbeits- und Sozialministerien erteilt 6 9 . a) Bei einer Zuständigkeit der Länder ergibt sich die Frage, ob die Verwaltungsakte eines Landes Rechtswirkungen auch i n einem anderen Lande hervorbringen, ob insbesondere eine Typengenehmigung auch Erlaubnisverfahren i n anderen Ländern als dem Lande ihrer Erteilung überflüssig machen kann. Denkbar wäre auch, daß Verwaltungsakte nicht über die Grenzen des Ursprungslandes hinauswirken bzw. dazu einer besonderen Anerkennung ihrer Geltung durch die betroffenen Länder bedürften 7 0 . Die Konsequenz einer eigenen undurchdringlichen Staatlichkeit der Länder wäre, daß ein Land i n seiner Verwaltungshoheit grundsätzlich auf sein eigenes Gebiet beschränkt ist 7 1 . 66

BVerfG, a.a.O., Bd. 11 S. 9, 10; Hess. V G H v. 22.10.1954, AS Bd. 4 S. 87 ff., 88, 90. 67 Vgl. Füßlein, DVB11951 S. 35 u. A n m . 11. 68 BVerfG, a.a.O., Bd. 11 S. 17, 18; s. dazu Bullinger, JuS 1964 S. 229. 60 Z u der Frage, welches L a n d jeweils zuständig ist: B a y V G H B a y V B l 1965 S. 351; Runderlaß Nordrhein-Westfalen v. 21. 10. 1964, ArbSch 1964 S. 391. 70 So z. B. für die Zulassung von Baustoffen nach den Landesbauordnungen, vgl. § 28 V I der Musterbauordnung; Scheerbarth S. 240, 365; Bericht der Musterbauordnungs-Kommission S. 131. 71 BVerfG, a.a.O., Bd. 11 S. 19; O V G Münster v. 25.1.1956, N J W 1956 S. 1252 ff., 1253; Ipsen, D Ö V 1956 S. 197; UZe, J Z 1961 S. 623.

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

Dieser Grundsatz würde jedoch die besondere Stellung der Länder als Gliedstaaten eines Bundesstaates unberücksichtigt lassen und bedarf unter diesem Gesichtspunkt gewisser Einschränkungen. Das Bundesverfassungsgericht hat den Satz aufgestellt, daß ein zum Vollzug eines Bundesgesetzes ergangener Verwaltungsakt eines Landes „grundsätzlich" i m ganzen Bundesgebiet, also i n allen Ländern Geltung hat und keiner besonderen Anerkennung durch die Verwaltungen der jeweils betroffenen Länder bedarf. Begründet hat das Gericht diesen nicht näher belegten 72 Satz damit, daß die allseitige Geltung solcher Verwaltungsakte „ i m Wesen" des landeseigenen Vollzugs von Gesetzen des Bundes liege. Des näheren ergibt sich die Möglichkeit bundesweiter Geltung von Landesvollzugsakten daraus, daß der Bund es i n der Hand hat, nicht nur den materiellen Inhalt seiner Gesetze, sondern auch die Wirksamkeit und den Geltungsbereich der i m Bundesgesetz vorgesehenen Vollzugsmaßnahmen zu bestimmen. Die Abgrenzung des Anwendungsbereichs der einzelnen i m Gesetz vorgesehenen Maßnahmen ist ein wesentlicher Teil der Inhaltsbestimmung des Gesetzes selbst 78 . Dem Bund steht es frei, eine bundesweite Geltung für sein gesamtes Staatsgebiet anzuordnen. Die Länder sind verpflichtet, die Bundesgesetze m i t diesem rechtlich fixierten Inhalt auszuführen; die Vollzugsmaßnahmen erhalten aus dem Bundesgesetz ihre Wirkungskraft 7 4 . Entgegenstehende, aus der eigenen „Staatlichkeit" der Länder sich ergebende allgemeine Einschränkungen ihrer Verwaltungshoheit werden insoweit durch die Bundesgesetze beiseite geschoben. Die bundeseinheitliche Wirkungskraft von Landesvollzugsakten zu Bundesgesetzen ist somit eine Frage der Auslegung des zu vollziehenden Bundesgesetzes75. Wegen der Intention des Bundesgesetzgebers zur Schaffung und A u f rechterhaltung einer Rechts- und Wirtschaftseinheit i m ganzen Bundesgebiet kann sogar „grundsätzlich" eine bundesweite Wirkungskraft als Gesetzeszweck angenommen werden 7 6 . Die grundsätzliche bundesweite Geltung von Landesvollzugsakten zu Bundesgesetzen w i r d von Ule 77 aus der i m Grundgesetz vorgesehenen 72 Z w a r äußert sich die staatsrechtliche L i t e r a t u r nicht zu diesem Problem, jedoch w a r die Frage i n speziellen verwaltungsrechtlichen Abhandlungen schon vorher angeschnitten worden. Jellinek, DVB1 1955 S. 48; Ipsen, DÖV 1956 S. 197; BSG v. 3.5.1955, Bd. 1 S. 17 ff., 28; O V G Münster, a.a.O., N J W 1956 S. 1253; B a y V G H v. 11.11.1955, B a y V B l 1956 S. 58 ff., 59. 73 Vgl. B V e r f G v. 6. 5.1958, Bd. 8 S. 155 ff., 170. 74 Ipsen D Ö V 1956 S. 198, 199. 75 OVG Münster, a.a.O., N J W 1956 S. 1253; vgl. B a y V G H , a.a.O., Bay VB1 1956 S. 60. 76 Ipsen t D Ö V 1956 S. 199; BSG, a.a.O., Bd. 1 S. 28. 77 Ule, J Z 1961 S. 624.

§ 15: Die Typengenehmigung

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Bundesaufsicht gefolgert, die Ausdruck des Prinzips sei, daß ein einheitlicher Vollzug der Bundesgesetze i m ganzen Bundesgebiet gewährleistet werden müsse. Das durch das Grundgesetz gesteckte Ziel eines einheitlichen und gleichmäßigen Vollzugs der Bundesgesetze würde durch eine bloß landesinterne Wirkung der Vollzugsakte zunichte gemacht und widerspreche damit dem stillschweigenden Willen des Grundgesetzes. Aber einmal hat das Grundgesetz m i t der grundsätzlichen Überlassung der Verwaltung an die Länder durchaus auch einen unterschiedlichen, der Eigenart der Länder entsprechenden Landesvollzug — i m Rahmen der Gesetzmäßigkeit (Art. 84 I I GG) — i n Kauf genommen 78 . Zum anderen wäre diese Ansicht zu wenig elastisch, u m der Praxis, die durch die Bundesgesetze selbst bestimmt wird, gerecht zu werden. Zwar ergibt sich das Verhältnis von Bund und Ländern i m grundsätzlichen aus der Verfassung; i n diesem Rahmen jedoch bleibt die nähere Ausgestaltung dieses Verhältnisses den einfachen Gesetzen des Bundes vorbehalten. Neben den beiden aus der spezifischen Struktur des Bundesstaates folgenden Argumenten für eine bundesweite Wirkung von auf Bundesgesetze gestützten Länderverwaltungsakten w i r d ein sogenannter allgemeiner Rechtssatz herangezogen, wonach grundsätzlich der W i r kungsbereich eines Verwaltungsaktes i n Anlehnung an den Geltungsbereich der Norm zu bestimmen ist, auf Grund derer er erlassen ist und die er vollziehen soll — sofern nicht gerade die Auslegung des betreffenden Gesetzes etwas anderes ergibt 7 9 . I m übrigen geht die Staatspraxis von derselben Annahme aus 80 ; auch enthalten zahlreiche Bundesgesetze einen ausdrücklichen Hinweis auf die bundesweite Wirkungskraft der Vollzugsakte 81 . b) I m Wege der Auslegung des Rechts der überwachungsbedürftigen Anlagen, des § 24 GewO und seiner Durchführungsverordnungen, ist m i t h i n die Frage nach einer bundesweiten Wirksamkeit der Bauartzulassungen zu beantworten. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß historischer Zweck bundeseinheitlicher technischer Bestimmungen und auch das Ziel des § 24 ist, eine effektive Einheitlichkeit der technischen und wirtschaftlichen Rechtsvorschriften i m Bundesgebiet zu sichern. Die Freizügigkeit der Dampfkessel wurde seit langem durch 78 Maunz-Dürig, A r t . 83 Ziff. 31; Bullinger, JuS 1964 S. 232; BSG, a.a.O., Bd. 1 S. 27. 79 Bay V G H , a.a.O., Bay VB1 1956 S. 59; vgl. Ipsen, D Ö V 1956 S. 197; Weingart, B a y V B l 1960 S. 175; Ule, J Z 61 S. 622. 80 Vgl. Jellinek, DVB1 1955 S. 48; Ule, J Z 1961 S. 622; s. aber Ipsen, D Ö V 1956 S. 198. 81 I n der Gewerbeordnung z. B.: § 31 I I 2, § 34 b I I I , § 35 I 2, § 60 I 2, § 60 a I I , vgl. auch § 34 I I 1, § 34 a I I 1, § 55 d I I .

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2. Teil: Das Überwachungsverhältnis

die bundesweite Geltung der Zulassungsbescheinigungen gewährleistet 8 2 . Wenn i n den Verordnungen auch eine ausdrückliche Geltungserstreckung auf das ganze Bundesgebiet fehlt, so w i r d die überregionale Wirkung i n diesem Hechtsgebiet offenbar doch als selbstverständlich angenommen, wie die Verwaltungspraxis zeigt 8 3 und das Dampfkesselurteil des Bundesverfassungsgerichts bestätigt hat. c) Die notwendige Koordinierung der Zulassungspraxis w i r d durch die gutachtliche Einschaltung zentraler Stellen auf Bundesebene gewährleistet, so durch die obligatorische Einholung von sicherheitstechnischen Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt oder der zuständigen Technischen Ausschüsse nach § 24 I V GewO 8 4 . Diese Sachverständigenstellen wirken auch bei der einheitlichen Kennzeichnung der zugelassenen Anlagen mit. Ihre M i t w i r k u n g ist notwendig, soll nicht doch eine Bundesverwaltungszuständigkeit kraft Überregionalität aus dem Grunde gerechtfertigt sein, weil andernfalls der einheitliche Verwaltungsvollzug i n Frage gestellt wäre 8 5 . Die bundesgesetzliche Festsetzung der Verpflichtung zur gutachtlichen Anhörung bundeszentraler Sachverständigenstellen ist auch bei einem landeseigenen Vollzug von Bundesgesetzen m i t den Vorschriften des Grundgesetzes über den Aufbau der Verwaltung vereinbar. Denn die rechtliche Entscheidung bleibt bei den Landesbehörden, nicht etwa w i r d damit ein Rechtsmittel an Bundesstellen gegeben 86 .

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Vgl. schon die Motive zum E n t w u r f der Gewerbeordnung, Drucksachen des Reichstages des Norddeutschen Bundes von 1869, Nr. 13, S. 62. 83 Vgl. einzelne Typengenehmigungen: ArbSch 1957 S. 41; 1964 S. 66, 131, 179, 215; 1966 S. 68; Runderlaß des Arbeitsministeriums Nordrhein-Westfalen, ArbSch 1964 S. 390; Hess. V G H , a.a.O., AS Bd. 4 S. 89; vgl. Landmann - Rohmer § 24 A n m . 41, 47, 53; Jaeger - Ulrichs S. 35; Mangels § 5 A n m . 11, § 8 A n m . 9; siehe auch § 68 I I 3 StVZO; Müller, Straßenverkehrsrecht, S. 143; Abraham, Luftrecht, Bd. I I , 3. Aufl., S.28; Beck, 1. StrahlenschutzVO, Bd. I, S.205; Fischerhoff, Bd. I I zur 2. StrahlenschutzVO, S. 213. 84 § 14 I DampfkesselVO; § 5 I V O elektr. Anlagen; §§ 6 I , 7 I techn. V b F ; § 13 I V O Aufzüge; § 8 I I I Getränkeschankanlagen V O ; vgl. die Bekanntmachung des Bundesarbeitsministeriums über das Verfahren bei der B a u a r t zulassung, ArbSch 1966 S. 68, unter I I I . 85 BVerfG, a.a.O., Bd. 1,1 S. 20, 21; vgl. Forsthoff, Technische Überwachung 1960 S. 63. 89 Vgl. Maunz - Dürig, A r t . 83 Ziff. 31, 37; Maunz, Staatsrecht, S. 228; Siehe oben § 5 B I I zur Zuständigkeit des Bundes zur Regelung der Beteiligung von Sachverständigen am Verwaltungsvollzug.

Zusammenfassung Die Sicherheitsprobleme der technischen Zivilisation haben zur Entwicklung eines technischen Sicherheitsrechts geführt. Die Bewältigung der Gefahren technischer Anlagen und Apparate fällt grundsätzlich i n den Bereich der polizeilichen Gefahrenabwehr i m überlieferten Sinne. Sie hat aber auch neuartige Rechtsinstitute und neue Formen staatlichen Handelns i m traditionellen Kernbereich der Staatsverwaltung, der Gefahrenabwehr, m i t sich gebracht und zu charakteristischen L ö sungen überlieferter Probleme geführt. Die modernste umfassende Regelung technischer Sicherheitsfragen und zugleich beispielhaft für die Spezialregelungen des Sicherheitsrechts anderer technischer Anlagen ist das Recht der überwachungsbedürftigen Anlagen nach § 24 GewO. Zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit hat der Bund zu einem großen Teil die Regelung des für die technische Produktion der Wirtschaft bedeutsamen technischen Sicherheitsrechts i n seine Hände genommen. Gestützt auf die Zuständigkeit zur Regelung des Rechts der Wirtschaft und des Arbeitsschutzes t r i t t der Bund m i t der Regelung des technischen Sicherheitsrechts i n Konkurrenz zur allgemeinen Polizeikompetenz der Länder. Der Schwerpunkt des staatlichen technischen Sicherheitsrechts liegt i n den Verordnungen der Exekutive; das formelle Gesetz besitzt weitgehend nur die Aufgabe einer detaillierten, Schranken ziehenden und richtungsweisenden Ermächtigungsgrundlage. Durch die Einrichtung von Ausschüssen bei den Bundesministerien, die bei der Ausarbeitung der staatlichen technischen Verordnungen herangezogen werden, w i r d der Mitarbeit der betroffenen und sachverständigen Kreise aus Wirtschaft und Wissenschaft ein institutioneller Rahmen gegeben. Die staatliche Normsetzung beschränkt sich i n der Hauptsache auf die Ausgestaltung des formalen technischen Überwachungsverhältnisses m i t der Festsetzung von Erlaubnisvorbehalten, technischen Eingriffsbefugnissen und laufenden technischen Sicherheitskontrollen. Das materielle technische Sicherheitsrecht w i r d dagegen i n den Einzelheiten der technischen Durchführung weitgehend den Regelwerken privater Verbände überlassen, wobei nur die allgemeinen Sicherheitsziele durch das staatliche Recht vorgegeben werden. Die privaten technischen Regelwerke haben die Bedeutung einer Sammlung sachverständiger Erfahrungssätze. Die Voraussetzungen und die Grenzen des technischen Sicherheitsrechts folgen i m wesentlichen aus dem Begriff der Gefahrenabwehr.

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Zusammenfassung

Für die Sicherheitsprobleme einer i n ständiger Entwicklung begriffenen technischen Zivilisation, die auf der einen Seite ein gewisses Gefahrenrisiko notwendig i n Kauf nehmen muß, auf der anderen Seite ein Höchstmaß von technischer Sicherheit gewährleisten w i l l , erweist sich eine Fortbildung des überkommenen polizeilichen Begriffs der Gefahrenabwehr als notwendig. Die Gefahrengrenze für das staatliche Einschreiten kann hier nicht durch Bezugnahme auf eine feststehende, i n ihrer Unverletzlichkeit zu wahrende Ordnung bestimmt werden. Der Gefahrenbegriff muß vielmehr einerseits eine Weiterentwicklung und Verbesserung des Sicherheitsstandards ermöglichen, andererseits überspannte Sicherheitsanforderungen zum Schaden der Lebensfähigkeit der Wirtschaft ausscheiden können, d. h. bei der Bestimmung der Gefahrengrenze muß für eine Güterabwägung Raum sein. Das technische Sicherheitsrecht knüpft die Verpflichtung zur Einhaltung der Sicherheitsnormen an die polizeiliche Verantwortlichkeit der Betreiber der überwachungsbedürftigen Anlagen. Eine Haftung der Hersteller überwachungsbedürftiger Anlagen kömmt nicht nach allgemeinen polizeilichen Grundsätzen, sondern nur bei besonderer gesetzlicher Ermächtigung i n Betracht. I m Rahmen des technischen Überwachungsverhältnisses, das die jeweiligen Betreiber der überwachungsbedürftigen Anlagen verpflichtet, ist ein engmaschiges Netz staatlicher Überwachungsmaßnahmen zur Sicherung der technischen Anlagen entwickelt worden. Ein der Konstruktionsfreiheit des Herstellers angemessenes überwachungsrechtliches Institut ist die Typengenehmigung. Sie ist ein besonderes technisches Prüfverfahren für serienmäßig hergestellte Anlagen und verbindet m i t der Bescheinigung an den Hersteller, daß die Anlagen seines Fabrikationstyps den Sicherheitsanforderungen entsprechen, Rechtswirkungen auch für die Betreiber der einzelnen Anlagen, indem sie von individuellen Erlaubnis- bzw. Prüfungsverfahren befreit. Bei der technischen Kontrolle der überwachungsbedürftigen Anlagen werden private Überwachungsorganisationen — i n ihrem Ursprung Zusammenschlüsse der Betreiber — durch den Staat beteiligt. Der Selbstverwaltung der Wirtschaft und Technik ist m i t h i n sowohl bei der Ausarbeitung der technischen Normen wie bei der Kontrolle ihrer Einhaltung ein weiter Raum belassen. Die Arbeit wurde als Dissertation von der Universität Hamburg — Erstgutachter: Professor Dr. Werner Thieme — angenommen. Das Manuskript wurde i m August 1967 abgeschlossen.

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averzeichnis Abstrakte Gefahr 59, 98, 106, 121, 173 „ A l l g e m e i n anerkannte Regeln der Technik" 11, 16, 17, 19 A n m . 18, 25, 32 f., 97, 122, 166, 173 Allgemeine Geschäftsbedingungen 17, 48, 57 Annexkompetenz 71 f. Arbeitsschutz 29, 32, 75, 76, 103, 110, 122, 124, 138, 146, 150, 183, 184 Auflagen 169 f., 181 Ausländisches Sicherheitsrecht 56, 57, 58, 59, 60, 65, 111, 126, 211 Auslegungsmethode 16 f., 21, 51, 59, 125 A n m . 103 Bauartzulassung siehe Typengenehmigung Berufsfreiheit 94, 132 Belästigungen 6 A n m . 11, 30, 103 f. Beschäftigte 102, 122, 136 Bestandsschutz 88, 93, 182, 196, 200 f., 223 Betreiber 14, 134 f., 156, 157, 178, 180, 214 Beweislast 120 f. D I N 40 f. Dinglichkeit 68, 156 f., 173 f., 217, 225, 226 Dispens 58, 121, 122, 173 f., 229 Eigentümer 135 Eigentumsschutz 88 f., 168, 200, 205 Eingriffsgrundlage 42, 51, 157, 158, 169, 184 f., 189, 194, 196, 229 Erlaubnis 77, 86, 94, 156, 158, 160 f., 209 Ermächtigung 26, 27, 30, 34, 42, 80 f., 158 Errichtung 162 f. E W G 4, 60 Fortschritt 11, 16, 21, 22, 32, 53, 98,

111, 120, 126, 208

Gebrauchsanweisung 132 Gebühren 78 A n m . 64, 86 A n m . 33

Gefahr 2 f., 5, 11, 14, 21, 26, 28, 29, 32, 53, 55, 61, 96 f., 127, 136, 159, 213 Gefährdungshaftimg 112, 113, 135, 143 Geschichte 12, 30, 48, 66, 84, 91, 100, 101, 105, 139, 146, 186, 220 Gewerbeaufsicht 30, 77, 114, 153, 183, 184 Gewerberecht 66 f. Gewohnheitsrecht 44 Güterabwägung 105, 107, 108, 109, 116 Halter 113, 135 Handlungshaftung 130 Herstellerhaftung 6 A n m . 11, 126 f., 164, 213, 214 f., 219, 224

74,

Inbetriebnahme 128,130, 131,162 f. Kartellrecht 60 Konkrete Gefahr 166, 167, 193 f. Lästige Anlagen 6 A n m . 11, 67, 69, 104, 164, 165, 196, 213 Nachträgliche Anforderungen 195 f. N o r m u n g 40, 60, 76, 124, 125

88,

Perfektionismus 13, 16, 22, 33, 143 Polizeiliche Generalklausel 27, 28, 80, 184 Polizeipflichtigkeit 26, 92, 129 f. Polizeirecht 3, 5, 12, 26 f., 29, 63, 71,

88, 126

Preußisches Oberverwaltungsgericht 67, 97, 101, 105, 201 Rechtsanspruch 167, 173, 221, 229 Rechtsverordnung 15, 42, 63, 80, 85 Risiko 11, 98, 103, 110, 111, 114 Sachverständige 11, 33, 58, 78, 120, 154, 234 Satzungen 43 Schadensbegriff 98 f.

252

Sachverzeichnis

Sozialstaat 28, 101, 103, 208 Strafrecht 52, 55 Technik 1, 11, 13, 14, 37, 98, 99, 103, 139 Technisches Sicherheitsrecht 2, 6, 11, 12, 13, 26, 29, 34, 39, 48, 55, 57 T Ü V 12, 77, 78, 86 A n m . 33, 154, 155 Typengenehmigung 11, 133, 134, 175, 211 f. Übergangsregelung 209 Überwachungsbedürftige Anlagen 4, 7 f., 21, 23, 24, 64, 65, 84, 93, 104, 139 f., 153, 161 Überwachungsverhältnis 3, 28, 34, 63, 69, 77, 86, 94, 112, 153 f. Überregionaler Verwaltungsakt 231 f. Unfallforschung 118, 136 Unfallverhütungsvorschriften 38 V D E 39 f. V D I 41

Verkehrssitte 42, 49, 50 Verkündung 45, 46, 218 Verwaltungsakt 156, 175, 177 f., 217,

218, 220, 226

Verwaltungsvorschriften 17, 37, 38,39, 78 Verweisung 44 f., 50, 149 Wahrscheinlichkeit 98, 106 f., 119 Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft 61, 98, 110, 111, 123, 200 Wirtschaft 3, 4, 11, 32, 60, 61, 72, 73, 111,114,153 Wirtschaftliches Unternehmen 64, 145 f. Wissenschaft 11, 235 Wohlfahrtsförderung 28, 98 f.

Zivilrecht 42, 123 Zuständigkeit 29, 63 f., 146 f., 231f. Zustandshaftung 130 Zwangsbefugnisse 183, 189 f.