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German Pages 136 [144] Year 1950
Sammlung Göschen Band 1094
Systematische Modulation Von
Professor Robert Hernried
Zweite Auflage
Walter deGruyterLCo. vormals G. I. Göschen'sche Verlagshandlung - I. Guttentag, Verlags buchhandlung • Georg Reimer - Karl I. Trübner • Veit L Comp.
Berlin
1950
Alle Rechte, insbesondere das Nbersetzungsrecht, von der Berlagshandlung vorbehalten.
Copyright 1950 by Robert Hernricd
Archiv-91r. 111094. Druck - Buch- und Offset-Druck ©mbs\ Frnnkfutt-Maii,
Inhaltsverzeichnis. Seite
Literaturnachweis.............................................................................. 5 Einleitung............................................................................... I. Kapitel: Grundlegende Vorübungen ...... 12 1. Tonleiterkenntnis.........................................................12 2. Intervall- und Akkordbestimmung...........................13 3. Erkennen von Akkordverschleierungen .... 15 4. Die Kunst des Kadenzierens................................ 16 5. Umdeutung der Akkorde............................................19 6. Bestimmung der Modulationsrichtung .... 26 Erstes Hauptstück: Die diatonische Modulation.......................... 30 A. Modulation mit Dreiklängen.................................................... 30 II. Kapitel: Von Dur nach Dur....................................... 30 1. Modulation in die nächste Quinttonart .... 30 Zwischenstück: Modulation in die Paralleltonart 34 2. Modulation in die Durtonart der zweiten Quinte 35 3. Modulation in die Durtonarten der dritten und vierten Quinte.............................................................36 4. Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte.........................................................38 a) Verwendung der Mollsubdominante einer Durtonart................................................................. 39 b) Verwendung der Durdominante der par allelen Molltonart.................................................... 42 c) Terzverwandte Akkorde als Tonartbrücken . 46 III. Kapitel: Von Moll nach Moll................................... 54 Zwischenstück: Der „neapolitanische Sextakkord" als Modulationsmittel........................................................ 56 . IV. Kapitel: Von Dur nach Moll und umgekehrt . . 59 a) Im Quintenzirkel aufwärts...............................59 b) Im Quintenzirkel abwärts...................................62 V. Kapitel: Kirchentonale Akkorde als Hilfsmittel, zur Modulation........................................................ .... . . 64
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Inhaltsverzeichnis. Seite
VI. Kapitel: Tonalitätserweiterung durch Akkorde des melodischen Moll....................... 69 VII. Kapitel: Modulation mit Wechseldominanten . . 70 VIII. Kapitel: Modulation mit Zwischendominanten . 76 IX. Kapitel: Modulation nach Tonarten der achten und weiterer Quinten................... 85 B. Modulation mit Septimenakkorden.....................................89 X. Kapitel: Praktische Anwendung.................................89 C. Modulation mit fünf- und mehrstimmigen Akkorden. . 96 XI. Kapitel: Anweisung zur praktischen Verwendung 97 D. Tonartrückungen.................................................................... 97 XII. Kapitel: Beispiele aus Meisterwerken. ..... 98 Zweites Hauptstück: Chromatik und Enharmonik...................... 104 XIII. Kapitel: Akkord-Alterierung zwecks Umdeutung . 105 A. Einfache Alterierung. ........................................... 106 B. Doppelte Alterierung...........................................110 C. Dreifache Alterierung...........................................110 D. Vierfache Alterierung...........................................111 E. Die Arten des reinen Chromas...........................111 F. Der Vorhalt als Bindeglied.............................124 XIV. Kapitel: Reine Enharmonik ....................................... 126 XV. Kapitel: Chromatisch-enharmonische Modulation . 131 Schlußwort.......................................................................................134 Verzeichnis besonderer Fachausdrücke......................... 135
Literaturnachweis. F. Geminiani: Dictionaire harmonique ou Guide sur lavraie Modulaison. Amsterdam 1756. ©raun1): The Art of Modulation thro’ the various Keys by means of the Flat Seventh, the Flat fifth, by the Sharp Sixth and two-four-six. London, o. I. G. F. Lingke: Die Sitze der musicalischen Hauptsätze in einer harten und weichen Tonart und wie man damit fortschreitet und ausweichet in 2 Tabellen. Leipzig 1766. Ph, I. Frick: Ausweichungs-Tabellen, wie man aus einer Tonart in eine andere übergehen könne; für Clavier und Orgelspieler. 1. Theil. Wien 1772. — L’art de moduler en musique. Paris, o. I. I. G. Albrechtsberger: Inganni (Trug-Schlüsse) per l’organo o pianoforte. Leipzig, o. I. Chr. Fr. Herr mann: Anweisung, aus jedem Accord in alle Durund Moll-Tonarten nach den Regeln des Generalbasses aus zuweichen. Leipzig, o. I. B. Rollfus: Modulations-Beispiele. Leicht verständliches Ver fahren, um nach allen Dur- und Moll-Tonarten schnell und ziel bewußt überleiten zu lernen. Dresden, o. I. Fr. Kühmstedt: Harmonieen- und Ausweichungs-Lehre. Eisenach 1838. J. C. Planitzer: Die Lehre von den Übergängen. Leipzig 1838. H. Wohlfahrt: Modulation-Schule. 3. u. 4. Aufl. Leipzig 1859 bzw. 1887. R. Widmann: Theoretisch-praktische Anleitung zur Modulation und freien Phantasie, mit leichter Methode zum Selbstunter richt. 1. u. 2. Aufl. Leipzig 1877 bzw. 1889. Nach Eitner (Quellen-Lexikon, Leipzig 1901) dürfte der Berfasser keiner der bekannten Graun sein, da das Werk in London auf Kosten des Autors (printed for the Author) erschien.
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Literaturnachweis.
L. Bußler: Partitur-Studien. Modulation der klassischen Meister usw. Berlin 1882. H. Riemann: Systematische Modulationslehre. Leipzig 1887. — Handbuch der Harmonie- und Modulationslehre, 8. Ausl. Leipzig 1920. E. W. Degner: Anleitung und Beispiele zu Cadenzen und Modu lationen. 1. Teil. Leipzig 1902. M. Reger: Beiträge zur Modulationslehre. Leipzig 1903. R. Stöhr: Praktische Modulationslehre. Leipzig 1905. R. Marquardt: Winke zur Modulation, 4. Aufl. Berlin, o. I. *R. Heu berget): Anleitung zum Modulieren. Wien 1910. B. Härtel: Theoretische und praktische Modulationslehre. Han nover, o. I. *G. Güldenstein: Modulationslehre, 1. u. 2. Aufl. Stuttgart 1917 bzw. 1929. H. M. Michalitschke: Theorie des Modus. Regensburg 1923. P. Juon: Anleitung zum Modulieren. Berlin, o. I. *G. Haren: Thematisches Modulieren. Leipzig 1931. *E. v. d. Nüll: Moderne Harmonik. Leipzig 1932. *G. Wilcke: Tonalität und Modulation im Streichquartett Mendels sohns und Schumanns. Leipzig 1933. I. Montnacher: Problem des Akkordes der neapolitanischen Sexte. Leipzig, o. I. *P. Dickenmann: Die Entwicklung der Harmonik bei A. Skrjabin. Bern und Leipzig 1935. Außerdem enthalten sämtliche Harmonielehren und eine Reihe von Lehrbüchern des Kontrapunktes und der Formenlehre Kapitel über die Modulation. 0 Nur die mit einem Sternchen bezeichneten Werke wurden benutzt.
Einleitung. Die Begriffe „Modulation" und „modulieren" sind aus dem lateinischen Worte modus (modulus) — Tonart gebildet. Sie bedeuten demnach das Übergehen von einer Tonart in die andere. Somit sagt uns bereits der Name des musika lischen Entwicklungsvorgangs, den wir zu schildem haben, daß von einer „Modulation" erst die Rede sein konnte, nachdem sich das Bewußtsein der Tonalität (Tonartlichkeit) verankert hatte. Ist doch „modulieren" gleichbedeutend mit einem Wechsel der Tonika, des Zentralpunktes einer Tonart. Der Übergang von einem Tetrachord in einen anderen in der griechischen Musik kann wohl als Vorläufer der Modulation (als melodische Ausweichung) betrachtet werden, nicht aber als Modulation selbst, da ein harmonisches Tonartbewußtsein zu jener Zeit nicht bestand. Den Beginn modulatorischen Ver fahrens erblicken wir erst in der sogenannten „Agitation" (mutari — verändern), dem Wechsel der Tonartbasis im Hexachordsystem, wie sie von Guido von Arezzo im 11. Jahr hundert n. Chr. gelehrt wurdet). Wie zwischen Kirchentonalität und Dur-Moll-Tonalität grundsätzlich zu unterscheiden ist, so auch zwischen linearer (melodischer) und akkordischer (harmonischer) Modulation. In strenger Kirchentonalität vollzog sich der Übergang von einer Tonart in die andere vor allem durch veränderten melodischen Ablauf, der in die sogenannte Klausel (Schluß klausel) mündete. Die gelegentliche Einführung eines Strebel) Grundlegendes hierüber sowie über den weiteren Inhalt dieser Einleitung siehe Krehl-Hernried: Allgeineine Musiklehre (Sammlung Göschen, Bd. 220, S. 94),
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Einleitung.
tones zur neuen Tonika (subsemitonium modi) in den Ton arten dorisch (cis—d), mixolydisch (fis—g) und äolisch (gis—a) bezeugt bereits den Durchbruch harmonisch-funktionalen Den kens, also das Verlassen des diatonischen Melodiereichs echter Kirchentonalität. Während so in der reinen Kirchentonalität der melodische Ablauf den Tonartcharakter entschied, ist in der Dur-Moll-Tonalität der Übergang in eine neue Tonart stets von dem Auftreten neuer Leitetöne (Strebetöne) ab hängig, die für die Zieltonart kennzeichnend sind. Denn die einzelnen Dur- und ebenso die Molltonleitern unter scheiden sich voneinander nur durch die Lage ihrer Tonika, während die Intervalle zwischen den einzelnen Stufen die gleichen bleiben (Fis-Dur ist ein transponiertes C-Dur), wo gegen bei den Kirchentönen die relative Lage der Halb- und Ganztöne in der Leiter eine verschiedene ist. In der Dur-Moll-Tonalität kann sich der modulatorische Ablauf auf zwei verschiedene Arten vollziehen: durch reine Mordik und durch melodischen (linearen) Verlauf, wobei jedoch gleichfalls jeder Ton der Melodie in Beziehung zu einem Akkord zu denken ist. Während wir also bei einer Modulation zwischen unharmonisierten Kirchentönen von rein linearer Modulation sprechen können, gibt es in der DurMoll-Tonalität die Wege der rein akkordischen und der harmonisch-linearen Modulation. Die Hauptbedeutung des modulatorischen Geschehens als eines Funktionswechsels brach sich somit erst in der Dur-Moll-Tonalität Bahn. *
Galt diese Gruppierung dem Stil der musikalischen Aus führung," so gewinnen wir eine weitere Gliedemng du.rch Betrachtung der Mittel, die zum Übergang von einer Tonart in eine andere dienen. Hier unterscheiden wir: a) Diatonische Akkord-Umdeutung. Ein Akkord (voll ständig oder unvollständig) wird auf eine neue Tonika be zogen, und zwar infolge der Möglichkeit seines Erscheinens, in
Einleitung.
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verschiedenen Tonarten. Zum Beispiel: der C-Dur-Akkord er scheint nicht nur als Tonika in C-Dur, sondern auch (u. a.) als Dominante in F-Dur und als Subdominante in G-Dur. Somit kann in einem C-Dur-Stück dieser Akkord mit einem Male ent weder auf F- oder auf G-Dur bezogen werden (CI = F V oder CI = GIV). Dieser rein geistige Vorgang eines logischen Auffassungswechsels tritt aber erst dann in Erscheinung, wenn anschließend der charakteristische Unterschied zwischen C- und F-Dur bzw. zwischen C- und G-Dur durch die Einführung eines neuen Strebetones (Leitetones) klargemacht wird. Folgt auf den C-Dur-Akkord ein Akkord, der den Ton b enthält, so wird der Hörer sich sofort in den Bereich von F-Dur versetzt fühlen; folgt ein Akkord mit dem Ton fis, so wird dieser Strebeton das Gefühl der erreichten G-Dur-Tonalität in ihm auslösen. b) Akkord-Alterierung zwecks Umdeutung (chroma tische Akkordveränderung und Umdeutung). Ein oder mehrere Töne eines Akkords werden alteriert (= verändert), also chro matisch hoch- oder tiefgefärbt. Der so entstandene Mord, dessen Bedeutung noch nicht festliegt (bei jeder Alterierung handelt es sich um den Beginn einer chromatischen Durch-' gangsbewegung), wird auf eine neue Tonika bezogen. Zum Beispiel: in einem C-Dur-Stück wird der Akkord c eg durch Hochalterierung der Quinte in ce gis umgefärbt, sodann dieser neue Akkord als 3. Stufe von a-moll umgedeutet. Schließt sich an ihn eine Kadenz (Schlußformel) in a-moll an, so wird die Umdeutung dem Hörer klar. Auch hier geht also, wie bei jeder Modulation, der geistige Umdeutungs vorgang beim Komponisten oder Spieler dem des Hörers voran. c) Reine Enharmonik. Auch die sogenannte „Enhar-monik" ist eine Mordumdeutung, doch anderer Art als unter a) und b) geschildert. Denn hier handelt es sich um einen Vorgang, der an das temperierte Tonsystem gebunden ist,
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Einleitung.
in dem e — his = deses gesetzt wird. Der einfachste Vor gang der reinen Enharmonik ist der, durch Gleichsetzung solcher verschiedennamiger Töne den Akkord umzubenennen und ihn sodann anders, gemäß den neu gewählten Tonnamen, zu hören, wodurch er eine veränderte tonartliche Beziehung ge winnt. Zum Beispiel: In einem ^s-Dur-Stück wird der tonische Dreiklang as c es nach gis his dis umgedeutet. Dieser Akkord kann nun als neue Tonika in Gis-Dur dienen, aber auch zur Kadenzierung (Schlußbildung) in jeder Tonart ver wendet werden, in der die drei Töne gis, his und dis vor kommen. d) Chromatisch-enharmonischer Weg. Hier herrscht ein gemischtes Verfahren vor: die unter b) und c) angeführten Systeme werden miteinander vereinigt. Zum Beispiel: In einem Tonstück wird der leitereigene Akkord d fis a nach d fis ais alteriert (chromatisches Verfahren). Im Augenblick wird der Ton ais als neuer Strebeton in Aufwärtsrichtung empfunden. Statt daß der Akkord nun z. B. nach d fis h „aufgelöst" würde, werden die Töne fis und ais nach ges und b umgedeutet (enharmonisches Verfahren). Sofort ver liert der Ton ais int Empfinden des Spielers sein Aufwärts-streben. Die neue Einstellung auf ges und b bewirkt, daß eine neue Tonartvorstellung Platz greift, in der nicht der früher als Strebeton angesehene Ton ais einen Bewegungsvorgang auslöst — „b" wirkt jetzt als Ruheklang —, sondern der ein zige unverändert gebliebene Ton d als Fremdkörper.erscheint. Dieses d, das früher als Grundton des Ausgangsakkords ruhevoll wirkte, gewinnt ein Bewegungsstreben und wird als neuer Leite- oder Strebeton den musikempfindlichen Hörer zwangsläufig nach es führen, so daß der nun zu spielende konso nante Molldreiklang es ges b ein neuer Ruheklang wird. *
Jedes der genannten vier Verfahren ist in Meisterwerken unserer großen Tondichter mit Glück angewendet worden.
Einleitung.
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Es ist daher müßig, über Wert oder Unwert des einzelnen zu rechten. Denn nicht die angewandten Kunstmittel, sondern der Gehalt und — mit diesem eng verbunden — die Art der Anwendung solcher Kunstmittel bedingen den Wert eines Tonstückes. Für die Lehre aber steht, wohl unbestritten, der zuerst genannte Weg der diatonischen Akkord-Umd^utung an erster Stelle. Verlangt er doch vor allen anderen tiefe Ein sicht in die inneren Zusammenhänge zwischen den verschie densten Tonarten. Nur wer diesen Kern zu tiefst begreift, wird die übrigen, letzten Endes von solchen Grunderkenntnissen abgeleiteten Wege voll erfassen; wer solches Wissen aber nicht sein eigen nennt, verfällt der Gefahr ungezügelten und daher ungeregelten Modulierens, durch das jeder klare Aufbau, jede innere Folgerichtigkeit unmöglich wird Daß die Umdeutung leitereigener Akkorde die Grundlage tieferen Wissens um die Akkordverbindungen, und daher die vielleicht wichtigste Voraussetzung kompositorischen Schaffens ist, geht auch daraus hervor, daß die Mehrzahl unserer herr lichen deutschen (und zahlreicher ausländischer) Volkslieder in ihrem Melodieverlauf und -aufbau ebenso darauf bemhen, wie die berühmtesten Themen in den Werken der großen Tonmeister. Dies allein begründet schon einen Lehrweg, der vom Natürlichen zum Kunstvollen schreiten und hierdurch folgerichtige Entwicklung gewährleisten will. Aus diesem Streben ergibt sich eine zwiefache Folge: 1. Die gmndlegenden (und daher breitesten) Erklärungen und Übungen müssen dem Wesen der diatonischen Modulation gelten. 2. Im Rahmen dieses Verfahrens wird der Lernende zuerst den Akkord als unteilbares Ganzes zu empfinden und zu gebrauchen, dann erst den harmonischen Zusammenklang auch in linearer (also aufgelöster) Gestalt in sich aufzunehmen haben.
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Grundlegende Vorübungen.
Eine weitere Begründung für das Voranstellen der dia tonischen Modulation liegt in der Erkenntnis, daß nur sie streng systematisch dargestellt werden kann, während die Wege, die sich des Chromas oder der enharmonischen Umdeutung bedienen, eine Systematik weit weniger zulassen. Denn sie sind mehr subjektiver Art und daher eher nach Belieben ver änderlich, während die diatonische Akkordbetrachtung bis zu einem hohen Grade als „objektiv" gewertet werden kann, da sie auf der festen Grundlage diatonischer Beziehungen beruht. In diesem Buche soll ein Modulationssystem folge richtig entwickelt werden, das der Verfasser seit fünfzehn Jahren lehrt, das aber noch der Aufzeichnung harrte. Es geht von den einfachsten Voraussetzungen aus und beruht durchweg auf praktischer Anleitung zum Modulieren. Voraussetzung für das Aufnehmen dieses Wissensstoffes ist aber die freie geistige Beherrschung der Akkordik in ihrer funktionellen Auswirkung. Sie zu erlangen, bedarf es grund legender Vorübungen; ihnen sei daher das erste Kapitel gewidmet. Denn dieses Buch ist aus der Praxis und für die Praxis geschrieben. I. Kapitel.
Grundlegende Vorübungen. 1. Tonleilerkenntnitz. Auch heute noch kommt es vor, daß die Tonleitern, beson ders im Klavierunterricht, mechanisch eingedrillt werden. Geschieht dies, so bleibt die Kenntnis der Tonleitern an das Instrument gebunden, von dem sich der Musiker oder Musik freund begrifflich nicht frei machen kann. Er beherrscht in gedächtnismäßiger Namengebung oft nicht einmal die mit fünsl bis sieben Kreuzen oder Been versehenen Dur- und Moll tonarten in Aufwärtsbewegung, ohne sein Instrument zu Hilfe zu nehmen, geschweige denn in Abwärtsbewegung. Und den meisten würde es Schwierigkeiten bereiten, Ton-
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Intervall- und Mordbestimmung.
leitem auf- oder abwärts bei Beginn von einer anderen als der ersten Stufe mühelos herzusagen oder Leitern von der achten Quinte an (also mit Doppelkreuzen oder Doppelbeen) mühelos zu bilden. Zur Behebung dieser Mängel ist vor allem anzuraten: 1. Klarstellung der Lage aller Halbtonschritte auf- und abwärts. . 2. Bildung von Dur- und Molltonleitern auf- und abwärts ohne Instrument von einem beliebigen Grundton an (z. B. b-moll harmonisch aufwärts von f, Des-Dur abwärts von b, cis-moll melodisch abwärts von ais). Die hier als Beispiele in Klammern angegebenen Übungen sollen, obwohl sie noch Tonarten innerhalb des sieben Quinten umfassenden Zirkels auf- und abwärts umfassen, keineswegs die ersten sein, die zur Erlangung grundlegender Erkenntnis dienen. Vielmehr erscheint es selbst bei Vorhandensein größerer Ton leiterkenntnis notwendig, von einfachen Beispielen (in C-Dur, a-moll sowie den ersten Kreuz- und L-Tonarten) auszugehen. Unerläßlich erscheint die Erzielung lebendiger Klangvorstellung. Sie wird durch praktische Ausübung, also durch Singen oder Spielen, erreicht. Zum Beispiel werde die oben gestellte erste Frage folgender maßen gefaßt: Singe b-moll harmonisch aufwärts von f! Sie soll folgende Gedankenkette in dem also Gefragten hervorrufen: a) Harmonisches Moll aufwärts. Die Halbtonschritte (kleine Sekunden) liegen zwischen 2. und 3., 5. und 6., 7. und 8. Stufe, der übermäßige Sekundschritt zwischen 6. und 7. Stufe. Große Sekunden (Ganztöne) gibt es also nur zwischen 1. und 2., 3. und 4., 4. und 5. Stufe. b) f, der vorgeschriebene Ausgangston, ist die 5. Stufe der d-moll-Tonart. Soll ich die Tonleiter aufwärts singen, so habe ich folgende diatonische Schritte zu durchmessen: f
'/-
ges
7-
a
b
7i
c
V,
des
7i
es
7i
f
2. Intervall- und ANordbestimmung.
Die Kenntnis der Intervalle bis zu einem gewissen Schwierigkeitsgrade ist Vorbedingung für die Tonleiterbildung.
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Grundlegende Vorübungen.
Wenn die Jntervallbestimmung trotzdem erst hier berührt wird, so geschieht dies um ihrer inneren Verbindung mit der Akkordbestimmung willen. Der terzenmäßige Aufbau der abendländischen Akkordik bringt es mit sich, daß die durch ungerade Zahlen ausgedrückten Intervalle 3, 5, 7, 9, 11, 13 die Hauptgeltung in Anspruch nehmen. Denn die Terz größen gelten als Bausteine, aus deren Türmung sich dann der Terzquintakkord (sehr unpräzise „Dreiklang" genannt), der Septimen-, Nonen-, Undezimen- und Terzdezimenakkord entwickeln*). Grundlegend ist daher die Erkenntnis, daß im Gefüge eines Akkordes, der dem abendländischen Musiksystem entspricht, nur ungerade Jntervallzahlen Akkordbestand teile in der Grundstellung bilden k>"nnen (können, nicht „müssen"), daß jedoch die geradzahligen Intervalle, also 2, 4 6, 8, 10, 12, 14, entweder a) Umkehrungsverhältnisse bezeichnen, oder b) harmoniefremde Töne zum Ausdruck bringen, oder c) auf ein anderes Musiksystem (z. B. moderne Quarten harmonien oder freie Sekündenhinzufügung zum Stammakkord) deuten lassen. Die Größe eines Akkordes ist nur aus seiner Zusammen setzung aus Intervallen zu erkennen; sie ist somit von den Jntervallgrößen abhängig. Das überlegene- Wissen um die Akkordgrößen, und zwar in Anschauung der Akkorde auf- und abwärts, befähigt erst dazu, sie als zu modulatorischen Zwecken geeignet zu erkennen und fallweise heranzuziehen. Darum ist als grundlegende Vorübung die Bildung von Drei-, Vier und Fünfklängen verschiedenster Größen von wechselnden Tönen auf- und abwärts sowie von unterschiedlichen Intervallstufen aus anzuempfehlen. Als Muster mögen folgende, auf l) Über den Mangel an Selbständigkeit, der den fünf- bis siebenstimmigen Akkorden zumeist eigen ist, vgl. Krehl-Hernried: Allgemeine Musiklehre, S. 124f.
Erkennen von Mordverschleierungen.
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die Dreiklänge bezogene Fragen dienen, die entsprechend auch auf Vier- und Fünfklänge anzuwenden sind: 1. Nenne die vier Arten von Dreiklängen (besser: Steig» Quint-Morden). 2. Bestimme ihre Jntervallgrößen in Richtung auf- und abwärts. 3. Bilde diese Akkorde a) vom Grundton aufwärts, b) vom Quintton abwärts, c) von der Terz aus, wobei abwechselnd einmal die höhergelagerte Terz (Quinte des Akkords) zuerst zu bilden ist, das andere Mal die tiefergelagerte Terz (Gmndton des Mords). Bielen wird die Bildung von Mer- und Fünfklängen schwer fallen, da die Verschiedenheit der Akkordgrößen keineswegs allen Musikern klar ist. Hier empfiehlt sich zuerst eine systematische Auf stellung der Akkordgrößen; als Muster können die Notenbeispiele bei Krehl-Hernried: „Allgemeine Musiklehre", S. 115—118, dienen.
3. Erkennen von Akkordverschleierungen. In jedem tonartlich deutbaren Tonstück, somit in allen Werken der Klassik und Romantik, gibt es Akkordverschleie rungen ohne Zahl. Analytisches Verfahren vermag sie zu enthüllen. Es ist darum unerläßlich, sich im Herausschälen leitereigener Harmonien aus der Verbrämung durch harmonie fremde Töne verschiedenster Art (Durchgangs-, Wechsel- urid Nebennoten, Vorhalt, Borausnahme usw.) zu üben. Man beginne hier mit Tonstücken, deren akkordische Grund lage klar zutage liegt, also etwa mit einem Menuett von Haydn oder einem Lied von Robert Schumann; dann steigere man den Schwierigkeitsgrad zu größeren, in Liedform ge haltenen Sätzen der Wiener Klassiker oder Siebern von Schubert, in denen es oft auch gilt, Mordbrechungen wahr zunehmen, also drei oder mehrere aufeinanderfolgende Töne
Grundlegende Borübungen.
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als ausgelösten Wkord zu empfinden (Musterbeispiel: die Be gleitung von Schuberts „Lob der Tränen"). Alle harmonie fremden Töne sind als solche zu kennzeichnen, das Harmonie gefüge durch Hinzusetzung von Tonartbezeichnung und Ton stufe kenntlich zu machen. Hierauf gehe man zu mehr linear gehaltenen, mehr stimmigen Tonstücken über, die aber durchweg harmonisch fundiert sein müssen. Muster: Bachs „Wohltemperiertes Klavier". Den dritten Schwierigkeitsgrad bilden ein-, mitunter auch zweistimmig gehaltene Tonstücke. Bei ihnen gilt es, die immanente Harmonik trotz fehlender Akkordtöne zu er fühlen. Muster: Bachs Partiten für Violine allein. Bei allen drei Gmppen möge der Anfänger den Tonart wechsel, soweit er ihn wahmimmt, zunächst einfach bezeichnen, später aber, nach Durcharbeitung dieser Modulationslehre, das Aufgezeichnete entsprechend verbessern, vor allem durch Klarlegung der zur tonartlichen Umdeutung dienenden Über gangsakkorde.
4. Die Kunst des Kadenzierens. Für die Praxis des Modulierens — wobei übtet „Praxis" auch die schriftliche Fixierung verstanden wird — ist die Kunst des Kadenzierens unerläßliche Voraussetzung. Denn die Kadenz ist nichts anderes als die Kennzeichnung der Tonart, und eine richtige Modulation wird einen solchen Vorgang sowohl in bezug auf die Ausgangstonart wie im Hinblick aus die Zieltonart in sich schließen. Man gehe von einfachen Akkordfolgen aus und erweitere sie nach und nach.. Zum Beispiel: I I I I
11° V I 11° (IV) Q 11° (IV) V 11° neap. V2
(I IV V V7 I VI IV7 (II) 1° 11° I|
I) V I V I
Die Kunst des Kadenzierens.
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An Stelle der Subdominante oder Subdominant-Parallele lasse man auch den Subdominant-Quintsextakkord (nach der alten Harmonielehre: erste Umkehrung des Septimenakkords der zweiten Stufe) treten. Aus dem Sextakkord der Sub dominante ist der neapolitanische Sextakkord leicht zu ent wickeln, aus dem Sextakkord der Subdominante oder vom kadenzierenden Quartsextakkord aus der übermäßige Sext-, Terzquint- und Terzquartsextakkord zu erreichen (der bei einfachen Übungen zweckmäßig wieder in den kadenzieren den Quartsextakkord aufgelöst werden kann). Wichtiger fast als diese Steigerungen der Mordzahl, das Übergehen auf dissonante Akkorde (Vierklänge) usw. sind: a) die Ausschmückung der Kadenz durch harmoniefremde Töne, b) die Gewinnung zwei- und dreiteiliger Liedform aus der Kadenz, wobei zur Erzielung zweiteiliger Liedform oft schon ein Trugschluß in die Tonika-Parallele ge nügt, da diese in der Regel eine zweite, gleich große Akkordgruppe nach sich zieht, die in die Tonika zu münden hat. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, daß die oben vorgeschla genen Übungen keineswegs allein für den Klavierspieler erdacht sind, sondern in gleicher Weise für Sänger und Jnstrumentalisten aller Art. Sänger und Spieler einstimmiger Instrumente müssen naturgemäß Akkorde eben in Brechung (Zerlegung) wiedergeben; aus diesem nur scheinbaren „Mangel" erwächst ihnen ein viel stärkerer Antrieb zur Bildung von Melodien, da sie fast zwangs läufig die einzelnen Töne eines Akkordes durch Zwischentöne ver binden oder durch Wechselnoten umschreiben werden. Ebenso drängt jede Einstimmigkeit, und sei sie auch, wie beim Singen kadenzartiger Folgen, nur eine scheinbare, zu formaler Rundung durch Bildung liedförmiger Sätze. Das hervorragendste Beispiel für Melodiebildung auf der Grundlage .einfacher Kadenz-Akkorde, zugleich auch für die Bildung einer 16taktigen Periode, ist die Arie der Gräfin im dritten Akt von Mozarts „Die Hochzeit des Figaro". Der Anfang, sei hier wiedergegeben: H e r n r i e d, Systematische Modulation. 2
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Grundlegende Vorübungen.
Andantino.
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bist du ver - schwun-den, i bei mo - men - ti
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NB. Man beachte in vorstehendem Notenbeispiel die Bezeich nung des kadenzierenden Quartsextakkordes (c'j als DH. Die ältere Harmonielehre (vor Riemann) bezog diesen Akkord nicht auf die Dominante, sondern betrachtete ihn als Umkehrung des tonischen Dreiklangs (If oder TJ). Tatsächlich tritt er aber in der Kadenz als Doppelvorhalt-Akkord vor der Dominante auf (c e vor h d).
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Umdeutung der Akkorde.
Wenn wir im weiteren Verlauf unserer Darstellung die als un richtig erkannte Bezeichnung wählen, so geschieht es aus Rück sicht auf die Gewöhnung der meisten Musiker und Musikfreunde.
Die Fertigkeit, von einer Tonika-Basis aus zu kadenzieren, genügt jedoch nicht zur Vorbereitung des modulatorischen Verfahrens. Denn die neue Tonart wird keineswegs immer mit der I. Stufe erreicht. Daher gilt es, Kadenzen (knapp gefaßte wie ausgebreitete) von allen Tonstufen einer Tonart aus zu beginnen, in weiterer Folge auch von Septimenakkorden aus. Die Anleitung hierzu wird in der 4. Musteraufgabe des nächsten Abschnittes (S. 24ff.) gegeben.
5. Umdeutung der Akkorde. Die diatonische Modulation beruht, wie in der Einleitung ausgeführt, darauf, daß ein Akkord (sei er vollständig oder unvollständig) auf eine neue Tonika bezogen, somit in seiner harmonischen Funktion „umgedeutet" wird. Wer modu lieren will, muß daher in der Lage sein, jeden Mord als tonartlich nicht einmalig gebunden anzusehen. Die Gmndlage für diese Anschauung gewinnen wir aus der Feststellung, auf welchen Stufen eines Tonarttypus gleiche Mordgrößen vorkommen. Wir ziehen vorläufig nur reines Dur und harmonisches Moll heran und stellen fest: a) Durdreiklänge. Durdreiklänge kommen in jeder Durtonart auf der I., IV. und V. Stufe vor, in jeder harmonischen Molltonart auf der V. und VI. Stufe. Logische Folgerungen: Jeder große Dreiklang besitzt somit die Fähigkeit, einmal auf der I. Stufe einer Durtonart, ein zweitesMal auf der IV., ein drittes Mal auf der V. Stufe einer Durtonart zu stehen, ein viertes Mal auf der V. Stufe einer harmonischen Molltonart und ein fünftes Mal auf der VI. Stufe einer harmonischen Molltonart. Auffinden der Tonarten: Gegeben ist der große Drei2*
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Grundlegende Vorübungen.
klang ceg. Steht er auf der I. Stufe einer Durtonart, so ruht er auf der reinen Prime. Die Tonart heißt somit C. Steht er auf der IV. Stufe einer Dürtonart, so ist dies die reine Quarte; seist Grundton c ist somit die reine Quarte der Tonart. Will ich die Tonart finden, so muß ich eine reine. Quarte abwärts schreiten. Das ergibt die Tonart G, und tat sächlich kommt der Dreiklang ceg mü)t nur auf der I. Stufe von C-Dur vor, sondern auch auf der IV. Stufe von G-Dur. Soll der Akkord ceg als auf der V. Stufe einer Dur tonart stehend aufgefaßt werden, so muß er folgerichtig auf der reinen Quinte ruhen. Der Grundton der gesuchten neuen Tonart liegt somit eine reine Quinte tiefer und muß heißen: F. Dieselbe Betrachtung ergibt sich aus der Feststellung, daß auch im harmonischen Moll auf der V. Stufe ein Durdreiklang steht. Auch hier gilt es, eine reine Quinte abwärts zu schreiten, und es ergibt sich die Tonart f. (Hieraus ist zu ersehen, daß die Dominantdreiklänge gleichnamiger Dur- und Moll tonarten gleich sind.) Schwieriger ist die logische Gewinnung der neuen Tonart, wenn der Dreiklang c e g als auf der VI. Stufe einer Moll tonart stehend betrachtet wird. Denn bei den Terz- und Sext intewallen gilt es, ihre in Dur und Moll verschiedene Größe zu berücksichtigen, während alle übrigen Tonstufen in beiden Tongeschlechtern gleich sind. Wir haben in Dur und har monischem Moll, vom Grundton -aus gerechnet, eine reine Prime, große Sekunde, reine Quart, reine Quinte und große Septime, dagegen in Dur eine große Terz und große Sext, in Moll eine kleine Terz und kleine Sext. Wissen wir das, so werden wir bei Betrachtung des Dreiklangs ceg als VI. Stufe einer Molltonart eine kleine Sexte abwärts schreiten (oder in Umkehrung eine große Terz aufwärts), um den neuen Grundton zu finden. Er heißt also: e. Zusammenfassend ergibt sich also:
C I = G IV = FV = fV=e VI.
Umdeutung der Akkorde.
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b) Molldreiklänge. Molldreiklänge kommen vor: in Dur auf der II., III., VI., in Moll auf der I. und IV. Stufe. Nehmen wir als Beispiel den Dreiklang a c e, so ergibt sich: 1. Wenn er auf der II. Stufe einer Durtonart steht, ein Abwärtsschreiten um eine große Sekunde. Ergebnis: G II. 2. Steht er auf der III. Stufe einer Durtonart, ein Abwärtsschreiten um eine große Terz. Ergebnis: F III. 3. Steht er auf der VI. Stufe einer Durtonart, ein Ab wärtsschreiten um eine große Sexte. Ergebnis: C VI. 4. Steht er auf der I. Stufe einer Molltonart, so steht er auf der reinen Prime. Ergebnis: a I. 5. Steht er auf der IV. Stufe einer Molltonart, ein Abwärtsschreiten um eine reine Quart. Ergebnis: e IV. Zusammenfassung: G II - F III = C VI = a I = e IV. c) Verminderte Dreiklänge. Der verminderte Dreiklang kommt in Dur auf der VII., in Moll auf der II. und VII. Stufe vor. Uns diene der Mord b ä k als Beispiel. Es ergibt sich: 1. Wenn der Akkord ayf der VII. Stufe einer Durtonart steht, ein Abwärtsschreiten um eine große Septime (oder ein Aufwärtsschreiten um eine kleine Sekunde): C VII. 2. Steht er auf der II. Stufe einer Molltonart, so ist ein Abwärtsschreiten um eine große Sekunde erforderlich. Er gebnis: a II. 3. Steht er auf der VII. Stufe einer Molltonart^ ist ein Abwärtsschreiten um eine große Septime (oder ein Aufwärts schreiten um eine kleine Sekunde) erforderlich. Ergebnis: c VII. Zusammenstellung: C VII = a II = c VII. Aus den Feststellungen 1 und 3 ist zu folgern, daß in gleich namigen Tonarten (z. B. C-Dur und c-moll) die verminderten Dreiklänge der VII. Stufe einander gleich sind, ebenso wie die Dominantdreiklänge einander gleichen, was oben (unter a) ge zeigt wurde.
22
Grundlegende Vorübungen.
d) Der übermäßige Dreiklang. Beim übermäßigen Dreiklang ergibt sich, wenn er nicht (was das einzig richtige wäre) als Alterierung des Dur dreiklangs angesehen, sondern als „leitereigener Akkord" be trachtet wird, keine Umdeutungsmöglichkeit. Im weiteren Verlaufe unserer Darstellung soll auch ihm die gebührende Funktion als Modulationsmittel zugewiesen werden.
Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse: (Die in Dur und gleichnamigem Moll gleichen Dreiklänge sind in Kreise gestellt.)
Durdreiklänge.
InDur: I,IV,(?) JnMoN:(v), VI
Molldreiklänge. InDur:II, III, VI JnMoll:I,IV Berm. Dreiklänge. JnDur:(VU) JnMoll:II,(Vll) Überm.Dreiklänge. InDur:— JnMoll:III Je gründlicher diese Erkenntnisse verarbeitet werden, desto leichter wird der Modulationsvorgang gelingen. Wir bieten darum eine Reihe von Musteraufgaben und Musterlösungen: 1. Musteraufgabe: Bestimme vomTonea auf- bzw. ab wärts Dur-, Moll-, verminderte und übermäßige Dreiklänge und stelle fest, in welchen Tonarten jeder einzelne vorkommen kann. Lösung: a) Vom Tone a aufwärts heißen die vier Dreiklangsgrößen: a cis e, a c e, a c es, a cis eis. b) Vom Tone a abwärts heißen sie: a fis d, a f d, a fis dis, a f des. Zu a) a cis e (Durdreiklang) kommt vor als: A I = E IV = D V = d V = cis VI. ace (Molldreiklang) kommt vor als: G II = F III = C VI = a I = e IV. a c es (verm. Dreiklang) kommt vor als: B VII = g II = b VII. a cis eis (überm. Dreiklang) kommt vor als: fis III.
Umdeutung der Akkorde.
23
Zu b)1) d fis a (Durdreiklang) kommt vor als: D I = A IV = G V = g V = fis VI. d f a (Molldreiklang) kommt vor als: CII = B III = F VI = d I = a IV. dis fis a (verm. Dreiklang) kommt vor. als: E VII = cis 11= e VII. des f a (überm. Dreiklang) kommt vor als: b III. 2. Musteraufgabe: Dasselbe vom Tone as aus (zwecks Erzielung selten gebrauchter Akkorde und Tonarten). Lösung: a) Aufwärts vier Dreiklangsgrößen: as c es, as ces es, as ces eses, as c e. b) Abwärts vier Dreiklangsgrößen: as f des, as fes des, as f d, as fes deses. Zu a) as c es (Durdreiklang) kommt vor als: As I = Es IV = Des V = des V = c VI. as ces es (Molldreiklang) kommt vor als: Ges II = Fes III = Ces VI = as I = es IV. as>ees eses (verm. Dreiklang) kommt vor als: Heses VII — ges II — heses VII. as c e (überm. Dreiklang) kommt vor als: f III. Zu b) des f as (Durdreiklang) kommt vor als: Des 1= As IV = Ges V = ges V = f VI. des fes as (Molldreiklang) kommt vor als: Ces II — Heses III = Fes VI — des I — as IV. d f as (verm. Dreiklang) kommt vor als: Es VII = c II = es VII. . Jeses fes as (überm. Dreiklang) kommt vor als: heses III. 3. Musteraufgabe: Bilde alle Dreiklangsgrößen von einem gegebenen Terzton aus (z. B. von fis) und bestimme darauf bei jedem einzelnen Akkord, in welchen Dur- und Moll tonarten er Vorkommen kann. * *) Die Akkorde werden hier zur Erleichterung der Aufgabe in der Grund stellung angegeben, obwohl sie vom Quintton abwärts zu bilden waren.
24
Grundlegende Vorübungen.
Lösung: a) Durdreiklang: b) Molldreiklang: c) verm. Dreiklang: d) überm. Treiklang Zu a) d fis a kommt vor als : DI = AIV = G V= g V = fis VI. Zu b) dis fis ais kommt vor als: Cis II = H III = Fis VI = dis I = ais IV. Zu c) dis fis a kommt vor als: E VII — cis II — e VII. Zu d) d fis ais kommt vor als: h III. 4. Musteraufgabe: Benütze einen Mord zum Kaden zieren in verschiedenen Tonarten. Zum Beispiel den O-Vur-Akkord (ceg).gomct: CI = GIV = FV= f V= eVI. Lösung: 1. Als Tonika von C-Dur: a) In akkordischer Darstellung*).
b) Melodisch, einstimmig.
CI--------II9
—
I£
V
I
l) Der Anfänger übe das zuerst ohne harmoniefremde Töne.
Umdeutung der Akkorde.
26
2. Ms Subdominante in G-Dur1):
GIV
I
VI
II6
V
b)
GIV
I ----------oder VI
II6
V
I
IV
I
3. Als Dominantdreiklang in F-Dur2):
fäil-ls r £T r
FV I — IV — 16 v I Anmerkung. Hier wie im folgenden Beispiel empfiehlt es sich der Einstimmigkeit wegen, als Anfangston e oder g und nicht e zu wählen, da dieser Ton in einer F-Tonart meist als Quinte der Tonika gedeutet würde. *) Der Subdominantdrettlang muß zuerst auf unbetontem Takttetl erscheinen, da seine Betonung (Akzentuierung) den Eindruck von C I V hervorrufen würde. *) Auch hier empfiehlt sich auftaktiges Verfahren.
26
Grundlegende Vorübungen.
4. Als Dominantdreiklang in f-moll:
I6
fV
I
IV
(VI) II6
IV
V
6. Als Tonikaparallele (VI. Stufe) in e-moll: a)
■r
\ f
qsj-a-»e VI6
ye
3
6
fY / i
(VE)
s
16
II« —
II«
V—
V
I
b)
¥-{
r» m 1 t y p |
6 VI
f
ti* HP tip «p
V -------
I -------
I
Anmerkung. Hier empfiehlt sich der auftaktige Beginn mit dem Melodietone c (oder mit g), weil e als Tonika von e-moll gedeutet würde.
6. Bestimmung der Modulationsrichtung.
Unter „Modulationsrichtung" ist die Richtung der tonartlichen Fortschreitung im Quintenzirkel (auf- und abwärts) zu verstehen. Wer modulieren will, d. h. wer von einer be stimmten Tonart nach einer anderen, gleichfalls vorher-
Umdeutung der Akkorde.
27
bestimmten Tonart gelangen will, muß, um die richtige Wahl der Übergangs- wie der Kadenzakkorde treffen zu können, volle Klarheit darüber besitzen, ob sich die Modulation in dominantischer Richtung, also im Quintenzirkel aufwärts, oder in subdominantischer Richtung, also im Quintenzirkel abwärts, bewegt. Die Bestimmung der einzuschlagenden Modulationsrich tung ist für jeden, der die Tonarten genau beherrscht, sehr leicht. Enthält die Zieltonart gegenüber der Ausgangstonart Hochalterierungszeichen, so ist eine Modulation in domi nantischer Richtung erforderlich; enthält die Zieltonart gegenüber der Ausgangstonart jedoch Tiefalterierungszeichen, so bewegt sich die Modulation in subdominantischer Rich tung. Zum Beispiel: Man will von C-Dur nach Fis-Dur modulieren. Fis-Dur weist gegenüber C-Dur Hochalterierungs zeichen auf; es kaum von C-Dur aus nur im Quintenzirkel aufwärts erreicht werden, die Modulation bewegt sich somit in dominantischer Richtung. Eine Modulation bcm C-Dur nach Ges-Dur aber bewegt sich in subdominantischer Rich tung, da Ges-Dur gegenüber C-Dur Tiefalterierungszeichen aufweist und von C-Dur aus nur im Quintenzirkel abwärts zu erreichen ist. Wie das vorstehende Beispiel klar zeigt, ist zwischen enharmonisch umdeutbaren Tönen (wie fis und ges) streng zu unterscheiden. Gewiß sind die Fälle keineswegs selten, in denen diese Töne und die auf ihnen aufgebauten Akkorde einander gleichgesetzt werden. Die Heranziehung solcher Gleichsetzung zu Zwecken des tonartlichen Übergangs gehört aber in das Gebiet der enharmonischen Modulation, die später noch zu behandeln sein wird. Sie ist, wie bereits in der Einleitung gesagt, mehr oder weniger willkürlich; Grundlage alles Modulierens bleibt die diatonische Modulation.
Bei Bestimmung der Modulationsrichtung ergeben sich für den Anfänger zwei Schwierigkeiten: a) bei Bestimmung der Modulationsrichtung von einer Molltonart aus,
28
Grundlegende Vorübungen.
b) bei Modulation von einer Dur- nach einer Mollton art oder umgekehrt. Beide Schwierigkeiten werden in dem Augenblicke aus dem Wege geräumt, da sich der Modulierende darüber klar ist, daß die Stellung einer Molltonart im Quintenzirkel dieselbe ist wie die der parallelen Durtonart: a-moll ist in bezug auf seine Stellung im Quintenzirkel C-Dur gleichzusetzen, fis-moll der parallelen Tonart A-Dur, es-moll der parallelen Tonart Ges-Dur und so fort. Es ergibt sich daraus: Zu a) Bildet eine Molltonart den Ausgangspunkt einer Modulation, so bestimme man deren Lage im Quintenzirkel nach der Lage ihrer parallelen Durtonart (also nach ihren Vorzeichen). Zu b) Moduliert man von einer Dur- nach einer Molltonart, so wird die Richtung so bestimmt, als wollte man von der gleichen Ausgangstonart nach der Durparallele der angestrebten Molltonart modulieren (und umgekehrt). Zum Beispiel: Von D-Dur nach d-moll. Die Zieltonart d-moll ist die Paralleltonart von F-Dur; dieses liegt drei Quinten tiefer als D-Dur. Die Modulation bewegt sich somit im Quintenzirkel abwärts. Oder: Von c-moll nach F-Dur. Die Ausgangstonart c-moll ist die Paralleltonart von Es-Dur; die Zieltonart F-Dur liegt zwei Quinten höher als Es-Dur. Die Modulation bewegt sich daher im Quinten zirkel aufwärts. Als äußere Erkennungszeichen für die Modulations richtung dienen, wie oben erwähnt, die zur Erreichung der Zieltonart erforderlichen neuen Vorzeichen bzw. die Vor zeichen der Tonarten, zwischen denen sich die Modulation vollziehen soll. Neu hinzutretende Kreuze sind immer Er höhungszeichen, deuten also auf die Bewegungsrichtung „Quintenzirkel aufwärts" hin; neu hinzutretende Been sind stets Vertiefungszeichen und daher bezeichnend für die Be wegungsrichtung „Quintenzirkel abwärts". Auflösungszeichen
29
Umdeutung der Akkorde.
können sowohl Erhöhungs- als Vertiefungszeichen sein. Was sie im konkreten Falle sind, ist aus ihrem Verhältnis zur Aüsgangstonart zu erkennen: treten sie in einer Kreuztonart auf, so sind sie Vertiefungszeichen (Richtung „Quintenzirkel abwärts"), in einer B-Tonart dagegen Erhöhungszeichen (Richtung „Quintenzirkel aufwärts"). Wr geben den Quintenzirkel (zu deutsch: Quinten-Kr eis) in den nachstehenden Zeichnungen zwecks größerer Anschaulichkeit nicht als geschlossenen Kreis, sondern als Spirale wieder. Die Dur tonarten sind mit großen Buchstaben (C, G, D usw.) bezeichnet, ihre parallelen Molltonarten mit kleinen Buchstaben (a, e, h usw.). Die "Gegenüberstellung der Ausgangs- und Endpunkte beider Zeich nungen zeigt klar, daß man nach zwölf Quintschritten bei den im temperierten Tonsystem gleichzusetzenden Tonarten anlangt (C — His bzw. — Deses, a — gisis bzw. = heses).
Quintenzirkel „aufwärts von C". „abwärts von C".
des/ Fes Dis/his Sy
Eite,
gesVHeses \Eses Asas
Deses
1. BonG DurnachA - Dur: G-Dur hatein Kreuz, A-Durderen drei. Um die Tonika der Zieltonart A-Dur von der Tonika G-Dur aus zu erreichen, ist ein zweimaliger Quintenschritt aufwärts nötig: die Modulation bewegt sich im Quintenzirkel aufwärts. 2. Von B-Dur nach Des-Dur: B-Dur hat zwei Been, DesDur deren fünf. Um die Tonika Des-Dur von der Tonika B-Dur aus zu erreichen, sind drei Quintenschritte abwärts nötig: Die Modulation bewegt sich somit im Quintenzirkel abwärts.
30
Modulation mit Dreiklängen.
3. Bon a-moll nach Fis-Dur: a-moll hat weder ein Kreuz noch ein Be, Fis-Dur dagegen sechs Kreuze. Die Ausgangstonart a-moll ist modulatorisch gleichzusetzen C-Dur. Um von C-Dur a\ß Fis-Dur zu erreichen, ist die Durchmessung von sechs Quinten aufwärts nötig: Die Modulation bewegt sich im Quintenzirkel aufwärts. 4. Von E-Dur nach b-moll: E-Dur hat vier Kreuze, b-moll (wie Des-Dur) fünf Been. Um von der Tonika E-Dur nach der Tonika Des-Dur zu gelangen, sind somit „neun Quintenschritte abwärts erforderlich: Die Modulation bewegt sich'im Quinten zirkel abwärts.
Erstes Hauptstück.
Die diatonische Modulation. A. Modulation mit Dreitlängen. Die Modulation mit Dreiklängen erscheint grundlegend, vor allem die mit konsonanten (also Dur- und Moll-) Drei klängen. Denn hier ist die Möglichkeit geboten, bei Vermei dung jeder durch dissonante Töne bedingten Zwangsläufig keit, den Modulierenden zu innerer Umstellung auf die zu erreichende Tonart, also zu mitschöpferischer Tätigkeit zu zwingen. Wenn wir neben den Dur- und Molldrei klängen im folgenden Abschnitt auch den verminderten und den übermäßigen Dreiklang, somit dissonante Gebilde, be handeln, so geschieht es um der Geschlossenheit der Lehre willen, die durch eine Zerreißung des Stoffes beeinträchtigt würde. II. Kapitel.
Bon Dur nach Dur. 1. Modulation in die nächste Quinttonart. Der quintenmäßige Aufbau unseres Tonartensystems be weist, daß zwei im Quintenzirkel einander benachbarte Ton arten den höchstmöglichen Verwandtschaftsgrad aufweisen.
Modulation in die nächste Ouinttonart.
31
(Paralleltonarten sind auf Grund ihres ursprünglich gleichen Tonbestandes einander gleichzusetzen.) Dieser höchste Ver wandtschaftsgrad herrscht somit zwischen jeder Tonart und ihrer Dominant- bzw. Subdominanttonart (Beispiel: 0 G-Dur int Verhältnis zu G- bzw. F-Dur). | Jede dieser Tonarten der nächsten Quinte enthält I einen der Ausgangstonart fremden Ton (G-Dur das fis, |~c~| F-Dur das b). Jeder Ton einer Tonatt kann aber einmal Gmndton, das andere Mal Terz, das. dritte Mal { Quinte eines Dreiklangs sein. Es werden daher sowohl p in der Dominanttonart wie in der Subdominanttonatt drei Dreiklänge von den Dreiklängen der Ausgangstonatt ab weichen. In jeder Tonart gibt es insgesamt sieben Dreiklänge. Da zwischen C-Dur einerseits und G- bzw. F-Dur andererseits je drei Dreiklänge verschieden sind, müssen vier Dreiklänge gleich sein. Diese logische Folgerung wird durch das folgende Notenbeispiel bestätigt, in dem wir unter fallweiser Hinzu fügung der Vorzeichen alle Dreiklänge von G-Dur, C-Dur und F-Dur vom Tone c aus untereinanderstellen (gemeinsame Akkorde sind in Kästchen gesetzt): te—■
a iit)
G-Dur-*- IV
V
VI
vn
i
ii
ra
n
n
r—1
V
VI
CH
r»
n
III
O"
C-Dur-*V
I
n
S-
Q o
V
VI
/TA
F-Dur—
ui
IV
I—
vn
i
vn r*---- B
IV
32
Modulation mit Dreiklängen.
Folgerungen: 1. Gemeinsame Morde: a) zwischen C- und G-Dur: CI = GIV, CIII = G VI, C V = GI, C VI = GII; b) zwischen C- und F-Dur: CI = F V, GII = F VI, CIV = FI, C VI = FIII. Ordnen wir diese Reihen nach ihrer funktionellen Bedeu tung (T und Tp, D und Dp, 8 und 8p), so ergibt sich: a) Von C-Dur nach G-Dur, somit von einer Durtonart «ach der Dominanttonart, führen T und Tp, D und Dp. b) Von C-Dur nach F-Dur, somit von einer Durtonart nach der Subdominanttonart, führen T und Tp, 8 und 8p. Tonika und Tonikaparallele erstrecken ihre Wirksamkeit also nach dominantischer und subdominantischer Richtung, während D und Dp nur dominantisch, 8 und Sp nur subdominantisch wirken. Die in dem obigen Notenbeispiel in Kästchen zusammengefaßten Akkorde zeigen die vorstehenden Erkenntnisse deutlich: Die Be ziehung vonT (I) und Tp (VI) zu beiden Quinttonarten ergibt sich aus der Zusammenfassung des C-Dur» und a-moU-Akkords in allen drei Systemen. Dagegen konnten D (V) und Dp (III) von C-Dur nur mit den gleichlautenden Akkorden der Dominanttonart G-Dur, 8 (IV) unb Sp (II) von C-Dur nur mit den gleichlautenden Akkorden der Subdominanttonart F-Dur zusammengefaßt werden; hier erscheinen gleiche Akkorde also nur in zwei Systemen.
Haichtlehre: D wtb Dp (V und IQ) führen in die Oberdominantrichtung, 8 und Sp (IV und II) führen in die Snbdominantrichtung. Will man also von einer Durtonart in die Durtonart der nächsthöheren oder nächsttieferen Quinte modulieren, so gibt es je vier Umdeutungsakkorde. Die Modulation selbst besteht: a) aus der Kadenz in der Ausgangstonart, b) aus dem umzudeutenden Mkord (der mitunter auch mit einem Kadenzakkord zusammenfallen kann) und c) aus der Kadenz in der Zielwnart.
Modulation in die nächste Quinttonart.
33
Die Kadenz in der Ausgangstonart muß hierbei bis zu dem benötigten Umdeutungsakkord hingeleitet werden. a) Modulation von C-Dur nach G-Dur: 1. CI II6 V I 3. CI II6 V = G IV V I = G 1 IV V I 2. CII16 V VI 4. CI II6 V I III = G II V I - GVIIV V I Man führe diese Beispiele in Noten und auf dem Instrument aus. Beispiel 1 und 3 gleichen dann einander vollkommen, und doch ist die Bedeutung der Akkorde in jedem eine andere, da sich das erstemal die Umdeutung von der Tonika, das zweitemal von der Dominante aus vollzieht. Sehr anzuempfehlen ist Erweiterung der Kadenzen durch Ein schiebung weiterer bezeichnender Akkorde. Als Muster für den Verlauf einer Modulation nach der Do minanttonart und Rückkehr nach der Ausgangstonart führen wir die folgende Stelle aus dem zweiten Finale von Mozarts „Zauberflöte" an. Aus der Melodie ist die Harmonie klar zu erkennen. Ihre Ver schärfung durch Septimenakkorde (in unserer harmonischen Analyse in Klammern gesetzt) ist für den Modulationsvorgang unerheblich. Andante
Pamina (Tamino umarmend).
Tamino.
ü Ta-mi - no— mein! FV I ---------- V
ß
mi F IV —
ÄL na__ mein! VG
I
O welch ein Glück! PaVI(7> = C II(7) V — I = FV
O welch ein Glück! II® V (V7) I
b) Modulation von C-Dur nach F-Dur: 1. CI II6 V I 3. CI II6 V I IV6 = F V I6 IV V I = F I6 IV V I 2. C I II6 V VI 4. CI IV V VI II = F III I IV V I = F VI IV V I Hernried, Systematische Modulation. 3
34
Modulation mit Steiflängen.
Auch diese Beispiele sind in Noten und auf dem Instrument auszuführen. Sodann wähle man andere Tonarten als Ausgangs punkt und moduliere (stets aus je vier Arten) nach der Dominantwje nach der Subdominanttonart.
Zwischenstück: Modulation in die Parallelionart.
Die Betrachtung der Modulationswege in die Parallel tonart wird hier eingeschoben, weil sich zwischen zwei Parallel tonarten gleichfalls vier Umdeutungsakkorde ergeben. Ursprünglich war der Toninhalt beider gleicht): Reines Dur: cdefgahc Reines Moll: ahcdefga Durch die Entstehung eines Leitetones der VII. Stufe in Moll, einer Mteriemng also, kam ein Fremdton auf, der tvohl in der Tonartvorzeichnung nicht berücksichtigt, sondem fallweise notiert wird, aber doch ebenso die Bildung dreier von der parallelen Durtonart verschiedener Akkorde verursacht, wie wir es oben bei Bettachtung der Dominant- und der Sub dominanttonart gesehen haben. Im harmonischen a-moll heißen diese drei von C-Dur abweichenden Akkorde c e gis, e gis h, gis h d (III., V., VII. Stufe). Die Modulation zwischen C-Dur und a-moll (natürlich auch umgekehrt) kann also auf folgende vier Sitten vollzogen werden: C II = aIV, CIV = a VI, CVI=aI, C VII0 = II0. Von irgendeiner Gegenseitigkeit (genauer Entsprechung) im Verhältnis zweier Paralleltonatten zueinander kann jedoch nicht die Rede sein, da das Tonattgeschlecht ver schieden ist. Ausgabe: Führe obige vier Modulationen schriftlich aus l) Die Verschiedenheit der Bewegungsrichtung (Airchentöne abwärts, DurMoll-Svstem aufwärts) kann in diesem Zusammenhange nicht berücksichtigt werden.
Modulation in die Durtonarl der zweiten Quinte.
36
und moduliere überdies, ausgehend von anderen Dur- oder Moll tonarten, nach deren Paralleltonart. Beispiel einer Modulation in die Paralleltonart: Franz Schubert: „Am Feierabend" (Nr. 5 des Zyklus „Die schöne Müllerin", op. 26).
AG Je
- der
m
usw.
£
Knap-pe tut mir's
nach.
usw.
aV
IV« (mtt
O
Vorhalt,
CII"(
) V7
I
2. Modulation in die Durtonart der zweiten Quinte. Nach den unter 1 entwickelten Leitsätzen ist es klar, daß es der Wege zum direkten Übergang von einer Durtonart nach einer Durtonart der zweiten Quinte (also z. B. von C-Dur nach D- bzw. B-Dur), sofern man von der Tonika aus geht, nur zwei gibt: m die zweite Quinttonart aufwärts führen Dominant und Dominantparallele, in die zweite Quinttonart abwärts Subdominant und Sub dominantparallele. 1. Musterbeispiel: Bon C-Dur nach D-Dur.
a) 01 II6 V " = D IV V I
b) CI 11°VVI III =DDVI
2. Musterbeispiel: Bon C-Dur nach B-Dur.
a) CI II» V 1° IV b) CIIV VI II = BV VIII« V I = Bill I« IV V I 3*
36
Modulation mit Dreiklängen.
Matt entwerfe die Formeln für die Modulation in umgekehrter Richtung, also von D-Dur nach C-Dur und von B-Dur nach C-Dur, und führe dann sämtliche in Formeln gebrachte Modulationen schriftlich und praktisch auf dem Instrument aus. Sodann wähle man andere Durtonarten als Ausgangspunkte für Modulationen nach der zweiten Quinttonart im Zirkel auf- und abwärts und führe auch diese Modulationen schriftlich und praktisch aus. In Ansehung des uns zur Verfügung stehenden beschränkten Raumes verzichten wir bei diesem und einigen der folgenden, auf Grund unserer Tabellen leicht verständlichen Kapitel auf Noten beispiele, die in desto größerer Zahl im zweiten Hauptteil dieses Buches folgen. Doch sei jeder Studierende darauf hingewiesen, daß die Aufsuchung entsprechender Modulationen aus der Musik literatur notwendig ist, um aus dem Beispiel der großen Meister zu lernen.
3. Modulation in die Durtonarten der dritten und vierten Quinte. Bisher ergaben sich für den Übergang von einer Tonart zur anderen stets direkte Wege: Zwischen Ausgangs- und Ziel tonart gab es gemeinsame Akkorde, die zur Umdeutung benutzt werden konnten. Von der dritten Quinte an hört diese enge Be ziehung zwischen Ausgangs- und Zieltonart auf, denn weder A-Dur noch Es-Dur haben einen Akkord mit C-Dur ge mein. Daher ist es notwendig, eine Vermittlungstonart heranzuziehen, das ist eine Tonart, die mindestens einen Mord mit der Ausgangs- und mit der Zieltonart gemein hat. Um geeignete Vermittlungstonarten wählen zu können, muß man sich den Verlauf der Modulation nach Tonarten der dritten und vierten Quinte klarmachen. Hierzu diene die Zeichnung aus Seite 37 (A = Tonika der Ausgangston art, Z — Tonika der Zieltonart, D = Dominante, 8 = Sub dominante; später werden auch die üblichen Abkürzungen: Dp — Dominant - Parallele, Sp — Subdominant -Parallele verwendet; man beachte die Pfeilrichtung).
Modulation in die Durtonarten der dritten und vierten Quinte. 37
1. Modulation in die V-Richtung.
2. Modulation m die 8-Richtung.
Erklärung der Zeichnungen: Zu 1. In die Dominantrichtung führt die Dominante der AuSgangStonart. Bon den Akkorden der Zieltonart liegt am nächsten der Subdominantdreiklang. Zu 2. In die Subdominantrichtung führt die Subdominante der AuSgangStonart. Bon den Akkorden der Zieltonart liegt am nächsten der Dominantdreiklang. Wenn man bei einer Modulation in die Dominantrichtung als geistigen Ausgangspunkt nicht die Tonika, sondern die Dominante der Ausgangstonart ansieht, und als geistigen Zielpunkt nicht die Tonika, sondern die Subdominante der Zieltonart, so werden zwei Quintenschritte eingespart; denn die Modulation bewegt sich nicht mehr von Tonika zu Tonika, sondern von der Dominante der Ausgangstonart zur Subdominante der Zieltonart. Genau so werden zwei Quintenschritte eingespart, wenn man bei Modulationen in die Subdominantrichtung als geistigen Ausgan^punkt die Subdominante der Ausgangstonart ansieht, als geistigen Zielpunkt die Dominante der Zieltonart. Will man also ohne Umweg über die parallele Molltonart und ohne Heranziehung anderer Tonartthpen als des reinen Dur und des harmonischen Moll nach Tonarten modulieren, die drei oder vier Quinten von der AuSgangStonart entfernt find, so empfiehlt eS sich stets, nicht die Tonika als geistigen AuSgangS- und Zielpunkt anzusehen, sondern je nach der ModulationSrichtung den Dominant- oder den Subdominantdreiklang.
38
Modulation mit Dreiklängen. Beispieles: 1. Bon C-Dur nach A-Dur (dritte Quinttonart aufwärts):
C I IV
V
— D IV I Vermittlungstonart: D-Dur. = A IV V I Von A-Dur nach C-Dur (dritte Quinttonart abwärts):
Anw
i
= D V VI IV Vermittlungstonart: D-Dur. = C V I« IV V I
2. Von C-Dur nach E-Dur (vierte Quinttonart aufwärts): C I IV V = D IV V Vermittlungstonart: D-Dur. = E IV (Ij) V I Von E-Dur nach C-Dur (vierte Quinttonart abwärts): E I II« V VI IV — D V 1« IV Vermittlungstonart: D-Dur. = C V V2 I« IV V I Man führe diese Modulationen schriftlich und auf dem Instru ment (auch gesanglich) aus, bilde sodann die Formeln für Modu lationen in Subdominantrichtung und übe auch diese auf die ver schiedenste Art.
NB. Abkürzungtzwege für Modulationen nach Tonarten der dritten und vierten Quinte enthält der nächste Abschnitt!
4. Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. So einfach liegen die Verhältnisse aber nur bei Modulation nach der dritten und vierten Quinte, und auch dann nur, wenn von Dur nach Dur moduliert wird. Schon bei diesen Modu lationen bieten sich drei Mittel zu weiteren Wegen, die bei *) Alle von uns aufgestellten Modulationstabellen zeigen aus wohlerwogenen Gründen den jeweilig kürzesten Modulationsweg, geben also nur das Gerippe einer Modulation. Daß in der Praxis noch andere als die notwendigsten Akkorde eingeschaltet wsrden können (und sollen), sei darum ausdrücklich erwähnt. Auch die bei Musiktheoretikern der älteren Schule so beliebte Einschaltung des kaden zierenden Quartsextakkordes zwischen Subdominante und Dominante ist nicht unbedingt zu verwerfen, jedoch auf das ästhetisch erträgliche Maß zu beschränken. @tn Borhalt vor dem Leiteton (int Dominantdreiklang) wirkt oft weit kräftiger.
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 39
Modulationen in die Tonarten der fünften und weiterer Quinten unerläßlich erscheinen. Diese Mittel sind: a) Verwendung der Mollsubdominante einer Durionart. b) Verwendung der Durdominante der parallelen Moll tonart. c) Terzverwandte Akkorde als Tonartbrücken. a) Verwendung der Mollsubdominante einer Durtonart. Die Berechtigung, von einer Mollsubdominante in Dur tonarten zu sprechen, wird von älteren Musiktheoretikern nicht ganz zu Unrecht bestritten. Liegt dach tatsächlich eine Um schaltung nach der Tonart der Mollsubdominante vor, wenn man in einer Durkadenz einen Mollakkord als Subdominante gebraucht:
In einer derartigen Kadenz sind folgende Umdeutungen möglich:
C I =fV I = cIV
V =CV I
Diesen umständlichen Vorgang hat man längst dadurch ersetzt, daß man die Subdominante einer Durtonart auch als Mollakkord leitereigen ansah. Louis und Thuille sprechen hier von „Durmoll", der Verfasser zieht die Bezeichnung „harmonisches Dur" (als Gegen stück zum harmonischen Moll) vor. Auf alle Fälle hat die Musik praxis den Gebrauch des Molldreiklangs als Subdominante einer Durtonart seit etwa 200 Jahren gerechtfertigt. Wir bezeichnen im folgenden mangels einer brauchbareren Ab kürzung die Subdominante als Durdreiklang mit IV* oder 8*, die Subdominante als Molldreiklang mit IV* oder 8» und benützen diese Abkürzungen sogleich zur Erweiterung der auf S. 37 wiedergegebenen Zeichnungen:
40
Modulation mit Dreiklängen.
3. Modulation in die Dominantrichtung.
4. Modulation in die Subdominantrichtung.
Die Zeichnungen erweisen, welche Bereicherung die Ver wendung einer Mollsubdominante bedeutet: Es ergeben sich bei Modulationen in die Dominantrichtung Wege nicht nur von der Tonika und der Dominante der Ausgangstonart zur Dursubdominante der Zieltonart, sondern auch zur Moll subdominante derselben. Daß den Wegen la) und 1b) in Zeichnung 3 nur ein Weg (1) in Zeichnung 4 gegenübersteht, erklärt sich daraus, daß man, von der Tonika der Ausgangs tonart in dominantischer Richtung vorstoßend, beide Formen der Subdominante (Dur- und Molldreiklang) anstreben kann, umgekehrt aber nur eine Form der Dominante (Durdreiklang) als Ziel erscheint, da eine befriedigende Kadenz nur mit ihrer Hilfe möglich ist. Wir besprechen die in Zeichnung 3 angegebenen Wege domi nantischer Richtung. Das hier zu Sagende gilt mit obiger Ein schränkung in subdominantischer Richtung (umgekehrter Folge) auch für Zeichnung 4. Die in der Zeichnung 3 mit la), 1b), 2a)und 2b) bezeichneten Wege sind keineswegs gleichwertig. Weg la) (von T der Ausgangsnach S* der Zieltonart) verspricht kaum Erfolg, wenn Modulation in die vierte oder eine höhere Quinttonart verlangt wird. Weg 2a) wurde bereits auf S. 38 behandelt. Zu erörtern sind demnach noch die Wege 1b) und 2b), in denen die Mollsubdominante einer Durtonart zur Umdeutung herangezogen wird.
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 41 Weg 1b) (von T der Ausgangs- zu 8" der Zieltonart) wird den Weg in die Durtonarten der 3.—5. Quinte bedeutend ab kürzen; man gelangt direkt (ohne Heranziehung von Zwischen tonarten) zum Ziel: 1. Bon C-Dur nach A-Dur (anzustreben der ä-moll-Akkord): C I IV V I II = A IV* V I 2. Bon C-Dur nach E-Dur (anzustreben der a-moII-Akkord): C I IV V VI --EIV V I 3. Bon C-Dur nach H-Dur (anzustreben der e-moU-Akkord): C I IV V VI III = HIV> V I
Die Tonarten der 6. und 7. Quinte von der Tonika der Ausgangstonart, aus direkt zu erreichen, ist auch bei Ver wendung derLKollsubdominante der Zieltonart nicht möglich. Hier führt Weg 2b) zum Ziel, der nicht von der Tonika, sondern von der Dominante der Ausgangstonart nach der Mollsubdomi nante der Zieltonart strebt: 1. Bon C-Dur nach Fis-Dur (anzustreben der b-moll-Akkörd, in dem der Ton fis schon auf G-Dur als Vermittlungstonart hinweist): C I IV V =G I III = Fis IV* V I 2. Bon C-Dur nach Cis-Dur (anzustreben der fis-moll-Akkord, in dem die beiden Kreuze fis und eis schon darauf hinweisen, daß D-Dur die Bermittelungstonart sein wird): C I IV
V = D IV I III = Cis IV> V I
Anmerkung. Modulationen nach Tonarten der achten und weiterer Quinten bedürfen der Heranziehung weiterer Kunstmittel, vor allem der im folgenden Abschnitt behandelten Dominante der
42
Modulation mit Dreiklängen.
parallelen Molltonart. Derartige Modulationen kommen ja nicht gerade von C-Dur aus vor, da Gis-Dur und Fes-Dur nur vorüber gehend gebraucht werden; wohl aber erstrecken sich zahllose Modu lationen von einer B- nach einer Kreuztonart (und umgekehrt) in die achte bis vierzehnte Quinte. Zum Beispiel: Von Es-Dur nach Fis-Dur — 9 Quinten, oder von Fis-Dur nach Des-Dur — 11 Quinten.
b) Verwendung der Durdominante der parallelen Molltonart. Bei Modulationen in die Dominantrichtung wird von der dritten Quinte an (also z. B. von C-Dur nach A-Dur und den int Quintenzirkel aufwärts folgenden Durtonarten) eine be deutende Abkürzung des Weges zu erzielen sein, wenn man die Dominante der Paralleltonart der Ausgangstonart heran zieht (von C-Dur aus den L-Dur-Wkord, zu dem man über den a-moll-Dreiklang leicht gelangt). Der umgekehrte Weg wird aber nicht zu empfehlen sein, da man dann gezwungen wäre, den Dominantdreiklang oder den verminderten Drei klang (VII. Stufe) der Ausgangs-Durtonart dem Dominant dreiklang oder verminderten Dreiklang der gleichnamigen Molltonart gleichzusetzen und in dieser fortzufahren. (In einer derartigen Modulation von A-Dur nach C-Dur führen nach der Vermittlungstonart a-moll nur die Dreiklänge e gis h und gis h d). Eine solche Gleichsetzung ist an bestimmte Be dingungen geknüpft, die im nächsten Abschnitt gezeigt wer den sollen. Es erscheint auch unlogisch, zum Übergang in die Subdominantrichtung (z. B. von A-Dur nach C-Dur) den Dominant -Dreiklang der Ausgangstonatt zu benützen. Will man eine ähnliche Abkürzung beim Rückweg (Subdominanttichtung) erzielen, so kann dies durch Verwendung der Mollsubdominante der Ausgangstonika (von A-Dur aus also durch den ä-moll-Dreiklang) geschehen. Wir erweisen das durch die späteren Beispiele, die folgendem Leitsatz ent sprechen:
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 43
Ablürzungswege ergeben sich bei Modulationen in weiter entfernte Tonarten, besonders in die dritte, vierte und fünfte Oninttonart: aufwärts durch Verwendung der Dominante der Mollparalleltonart, abwärts durch Einführung der Mollfubdominante der Ausgangstonart. Schema zum Beispiel 1. Modulationsrichtung „aufwärts"**)
„abwärts"*)
la) Von C-Dur nach A-Dur:
lb) Von A-Dur nach C-Dur:
B
61------ © Ausführung: 1 a) Von C-Dur nach A-Dur: CI IV V VI =a I V = A V VI II6 V I
lb) Von A-Dur nach C-Dur: A I II6 V I IV* = C II V I oder (gleiche Akkorde, anders bezeichnet): AI ID V I =dV I = C II V I
*) -- „im Quintenzirkel aufwärts". *) -- „im Quintenzirkel abwärts".
44
Modulation mit Dreiklängen. Schema zum Beispiel'2:
2a) Von C-Dur nach E-Dur:
2b) Von E-Dur nach C-Dur:
© A
a
E
©
© Ausführung:
2a) Von C-Dur nach E-Dur:
2b) Von E-Dur nach C-Dur:
C I IV V VI =a I V6 = E F IV V I
E I II6 V I IV = C VI IV V I ober: E I II6 V I =aV I = C VI IV V I
Schema zum Beispiel 3: 3a) Von C-Dur nach H-Dur:
3b) Von H-Dur nach C-Dür:
E
e
E
©
©
Modulation in die Durtonarten der fünfte# bis siebenten Quinte. 45
Ausführung: 3a) Von C-Dur nach H-Dur: 3b) Von H-Dur nach C-Dur: c I 116 v VI H I II6 V I IV> =aI V = C III VI II6 V I = H IV V I oder: H I II6 V I =eV I = C III VIII6 V I
Schema zum Beispiel 4: 4a)
Von C-Dur nach Fis-Dur:
4b)
Bon Fis-Dur nach C-Dur :
H
h Dermit» / telungs/ tonart •
©
—
Ausführung: 4a) Von C-Dur nach Fis-Dur: 4d) Von Fis-Dur nach C-Dur: a) C III6 V VI Fis IIV V VI IV = e IV (I) V = G III I = Fis IV VI =C Will6 VI ß) CJ II6 V
VI = al V =E I V = Fis IV V I
Anmerkung. Weg ß ist nicht zu empfehlen, da sich die Modu lation durch quintenweises Fortschreiten vollzieht.
46
Modulation mit DreMingen.
Schema zum Beispiel 5: 5a) Von C-Dur nach Cis-Dur:
5b) Von Cis-Dur nach C-Dur:
Fis fis Deimit' ) telungs* fönart: G D-Dur
M—©
(£) Ausführung:
5a)VonC-DurnachCis-Dur: 5b) Bon Cis-Dur nachC-Dur: Cis IIP V P IV CI IPV VI = D III I IV =aI V V = C V P IV V I = H IV Cis IV V I
ober (Besser):
C I IP V VI =a I V =AV VI (= E I II) = Cis IV> V I
Man führe alle vorstehende« Beispiele schriftlich und auf dem Instrument, sowie gesanglich auS, bilde dann nach Muster der Zeichnungen wettere Modulationen nach Tonarten mit gleichem Quintabstand und führe auch diese prakttsch auS. c) Terzverwandte Akkorde als Tonartbrücken. Diatonisch terzverwandte Morde sind Dreiklänge, die eine Terz miteinander gemeinsam haben, z. B. c eg und ace bzw. e g h, oder c es g und as c es bzw. es g b. Von diesen Akkorden sind ace und esg b Parallelakkorde, d.h. Grund-
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 47
dreiklänge von Paralleltonarten, und zwar ersterer zu C-Dur, letzterer zu c-moll. Die Mollparallele einer Durtonart haben wir bereits im vorigen Abschnitt als Tonartbrücke für Modulationen nach Tonarten der dritten und weiterer Quinten gezeigt (Folge der Dreiklänge c eg, a c e, e gis h). Ebensogut können wir aber auch die übrigen terzverwandten Akkorde als Tonartbrücken verwenden, z. B. von C-Dur aus den e-moll-Dreiklang (CIII = e I) zur Erreichung des H-Dur-Dreiklangs. Die ser ist Dominante in E-Dur, Tonika in H-Dur und Sub dominante in Fis-Dur, bietet also bereits den Übergang in die Tonarten der 4. bis 6. Quinte aufwärts. In weiterer Folge sind auch die mit der Dominante und der Subdominante terzverwandten Dreiklänge als Tonart brücken zu gebrauchen. Zum Beispiel: Von C V (dem G-DurAkkord) aus ist außer dem Parallelakkord egh, den wir ja be reits von C I aus erzielten, auch der mit C V terzverwandte h-moll-Akkord zu erreichen. Er bietet die Brücke zum FisDur-Dreiklang, der wieder Dominante in H-Dur, Tonika in Fis-Dur und Subdominante in Cis-Dur sein kann, ermöglicht also Modulation nach den Tonarten der 5. bis 7. Quinte. Beispiel: Modulation von C-Dur nach Cis-Dur. C I IV V =G I III -hl V - Cis IV V I
Von C IV aus wirken als Parallel-Akkorde der d-mollund der a-nioll-Dreiklang; deren Dominanten, die Akkorde A-Dur und E-Dur, eröffnen den Weg zu Modulationen nach den Tonarten der 2. bis 4. bzw. der 3. bis 5. Quinte aufwärts. Soweit die Auswirkungen in dominantischer Richtung. Die auf S. 48 links stehenden Zeichnungen 1a), 2a) und 3a) zeigen deutlich, daß diatonisch terzverwandte Akkorde („dia-? tonische Medianten") dann in die Dominantrichtung
48
Modulation mit Dreiklangen.
la) Von der Durtonika aus:
lb) Von der Molltonika aus:
Des ob des
2 a) Von der Durdominante aus:
2 b) Von der Molldominante aus:
C 1 ob. c I fc V (G$
3a) Von der Dursubdominante aus:
Es ob.es
3b) Von der Mollsubdominante aus:
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 49
führen, wenn sie von einer Durtonika, Durdominante oder Dursubdominante aus erreicht werden. In die Subdominantrichtung führen diatonische Medianten dagegen, wenn sie von einer Motttonika, Molldominante oder Mollsubdominante aus erreicht werden (Zeich nungen Id), 2b) und 3b) auf S.48). Der Molltonika ei diatonisch terzverwandt sind der Es-Dur- und der As-DurDreiklang. Jeder dieser Durdreiklänge hat die Fähigkeit. Dominante einer Dur- öder einer Molltonart zu sein, und zwar der Es-Dur-Dreiklang Dominante von As-Dur oder as-moll, der As-Dur-Dreiklang von Des-Dur oder des-moll. Beide können also zur Modulation in die Subdominant richtung benutzt werden. — Ähnlich verhält es sich, wenn man als Ausgangspunkt für die Gewinnung der diatonisch terzverwandten Akkorde eine Molldominante (in Zeichnung 2 b) den §-rnolI-Dreiklang als Dominante von C-Dur oder c-moll) oder eine Mollsubdominante (in Zeichnung 3b) den f-mollAkkord als Mollsubdominante von C-Dur oder c-moll) wählt. Als Gegenwirkung gegen die in Dominantrichtung ver mittelnden terzverwandten Akkorde kann auch der Umweg über die Mollsubdominante gelten. Führen wir näm lich nach dem C-Dur-Dreiklang den I-moll-Dreiklang ein, so bildet er die Brücke sowohl zur Erreichung des Es-Dur-Dreiklangs (f I = Es II) als auch zur Erreichung des As- DurDreiklangs (f I = As VI). Der Es-Dur-Hreiklang ist Sub-dominant in B-Dur, Tonika in Es-Dur und Dominant in As-Dur, ermöglicht also den Übergang in die 2. bis 4. Quinte abwärts, der As-Dur-Dreiklang reicht naturgemäß um eine Quinte weiter, führt also direkt in die 3. Pis 5. Quinte abwärts. Beide Morde sind mit dem C-Dur-Dreiklang nicht dia tonisch terzverwandt, sondern zeigen eine chromatische Ver schiedenheit. Man spricht in solchem Falle von „chroma tischer Terzverwandtschaft": ein Ton der „verwandten" Terzen bleibt unverändert, der andere wird alteriert. Vom H e r nri e d, Systematische Modulation.
4
60
Modulation mit Dreiklängen.
C-Dur-Mord aus können vier chromatisch terzverwandte Akkorde gebildet werden, und zwar je einer auf der großen Ober- und Unterterz und je einer auf der kleinen Ober- und Unterterz. Da sie etwa die Mitte (lat. medium) zwischen Tonika und Dominante bzw. Subdominante bilden, nennt man sie Medianten:
gr. Oberterz
gr.
kl.
V
Von diesen Morden sind die aus der kleinen Terz auf gebauten (der A-Dur» und der Ls-vur-Akkord) vom Ausgangs akkord C-Dur drei Quinten entfernt, die auf der großen Terz aufgebauten (der As-Dur= und der L-Dur-Akkord) vier Quinten. Da jeder dieser Durdreiklänge sowohl Tonika als Dominante oder Subdominante einer Durtonart sein kann, erstreckt sich die Reichweite der aus kleiner Terz aufgebauten Medianten in die 2. bis 4. Quinte, die Reichweite der auf großer Terz aufgebauten Medianten in die 3. bis 5. Quinte. Die Einführung dieser Akkorde verbürgt also eine Abkürzung des Modulationsweges. Chromatisch terzverwandte Dreiklänge nennen wir „chro matische Medianten" oder kurzweg „Medianten". Fol gen sie unmittelbar aufeinander, so ergibt sich bereits das Bild chromatischer Modulation. Wenn wir die Möglich keit der Verwendung derartiger Morde schon im Rahmen der diatonischen Modulation erwähnen, so geschieht es, weil wir ja in den unmittelbar voranstehenden Ausführungen wie durch die erklärende Zeichnung auf S. 51 zeigen, daß chromatisch terzverwandte Morde auch auf diatonischem Wege gewonnen werden können (z. B. von der C-Dur-Tonika aus der As-Dur«5Drei!lattg durch Vermittlung des f-moll-
Modulation in die Durtonarten der fünften bis siebenten Quinte. 51
Dreiklangs, der Mollsubdominante von C-Dur). Der Ge brauch chromatischer Medianten stellt also nur einen Abkürzungsweg des diatonischen Verfahrens vor. 9hm stellen wir durch zwei Zeichnungen die Auswir kungen der in Dominantrichtung wirkenden terzverwandten Morde dem konträr wirkenden Weg über die Subdominante gegenüber. Diese Auswirkungen sind größer als man vermutet, denn jeder der erreichten Durdreiklänge kann bei Modulation im Quintenzirkel aufwärts wieder als Subdominant einer Durtonart aufgefaßt werden (z. B. der ll-Dur-Dreiklang als Fis IV), bei Modulation im Quintenzirkel abwärts aber als Dominante einer Dur- oder einer Molltonart (z. B. der ^s-Dur-Dreiklang als Des V oder des V). a) Ausgangspunkt C-Dur. b) Ausgangspunkt c-moll Zielionart in Dominant-Rid)tung i?is, äi8 ob.ähnlich) Fis
H
H
dicltonortin Subbomm2Bforb). Er hat auf die, beiden Tonarten gemeinsame Dominante nach Art eines „Trugschlusses" (V, VI) zu folgen. Geradezu falsch wäre dagegen die neue Molltonika, da ihr Eintritt ohne vorherige Kennzeichnung des Moll geschlechts als gewaltsames Herabdrücken der Dur terz wahrgenommen würde. Wenn trotzdem zumal die Wiener Klassiker Moll unmittelbar nach gleich namigem Dur brachten, obwohl nur der beiden gemeinsame Dominantakkord dazwischenstand, so geschah es in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle, entweder als Echowirkung, die ein Herabdrücken der Terz natürlich erscheinen läßt, oder nach for malem Einschnitt (Zäsur nach einer Taktgruppe oder gar Doppelstrich). Die Modulationsformel C — c muß normalerweise also lauten: C I IV V = c V VI IV V I 4. C — i (direkter Weg): 61 IW I = f V V8 I® IV V I 5. C-b (direkter Weg): C III6 VI IV = b V V8 I® IV V I 6. C —es: C I II« V IV® = B V® I = es V V8 I® IV V I Anmerkung. Dieser Weg führt innerlich freilich in den sonst verpönten „Qumtenzirkel", denn er bringt die Akkorde C-Dur, F-Dur (— C IV), B-Dur und es-moll, die letzten drei sogar un mittelbar nacheinander. Die Sextakkordstellung des F-Dur-Dreiklangs und der darauffolgende Eintritt der Molltonila mildern aber die Wirkung, da die Gleichartigkeit der quintenweisen Fortbewegung gestört wird. Vornehmer ist freilich folgender Weg:
G I II® V I® IV = b V IV® = es I« IV V I
64
Modulation mit Dreiklängen.
7. C —as: 6 I 11° V I6 IV —B V IV6 = as V6 V7 I II6 (If) V I Gründliche schriftliche und praktische Übungen auf Grund der vorstehenden Modulationsschemata seien dringend empfohlen.
V. Kapitel.
Kirchentonale Akkorde als Hilfsmittel zur Modulation. Die kirchentonale Komposition führte zu akkordischen (nur im übertragenen Sinne „harmonischen") Wirkungen durch den Zusammenklang verschiedener linear geführter Stimmen. Der Zusammenklang (die Harmonie) erwuchs aus dem Konsonanz prinzip, die Akkordbildung war daher keineswegs eine zu fällige, erscheint aber bei rückblickender Betrachtung im Prin zip als eine sekundäre Erscheinung, während sie im Durund Mollsystem durchaus als primär anzusehen ist. Die Heranziehung von Akkorden, die aus dem Toninhalt der Kirchentöne nach den: Grundsatz des Dur-Moll-Aufbaus konstmiert werden, ist dämm vom Standpunkt harmonischer Funktionslehre nur mit Vorbehalt zu rechtfertigen. Aus dem merkwürdigen Nebeneinanderwirken der Kirchentonalität und des Dur-Moll-Prinzips sowie aus den Bestrebungen der letzten Jahrzehnte, Spannungsverhältnisse der Kirchentöne nach dem Dur-Moll-System zu verpflanzen, ergab sich aber ein Mischstil, der sich als so brauchbar erwies, daß die Heran ziehung kirchentonaler Spannungsverhältnisse zu Modulations zwecken ebensowenig vemachlässigt werden kann, wie der Ge brauch einzelner, aus Kirchentönen gebildeter Akkorde im Rahmen der Dur-Moll-Tonalität. Das äolische Moll wird gemeinhin „reines Moll" genannt. Das erscheint in bezug auf die inneren Spannungsverhältnisse wie im Hinblick auf den gleichen Toninhalt des „reinen Dur" verständlich. Übertragen wir das harmonische Prinzip auf den äolischen Kirchenton, so erscheint er uns deshalb als „In-
Kirchentvnale Akkorde als Hilfsmittel zur Modulation.
65.
kamation des Mollbegriffes", weil alle drei Hauptdreiklänge (T, D und 8) Molldreiklänge sind, genau so wie der jonische Kirchenton als „Inkarnation des Durbegriffes" angesehen werden kann, weil die drei Hauptdreiklänge (T, D und S) Durdreiklänge sind*). Bei Heranziehung des „reinen Moll" zu Mordbildung und Umdeutung ergeben sich als Unterschiede gegenüber dem har monischen Moll folgende Akkordbildungen: a III wird Dur dreiklang, a V Molldreiklang, a VII Durdreillang. Schon daraus ist ersichtlich, daß derartige Spannungsverhältnisse mit dem Dur-Moll-Prinzip nicht direkt zu tun haben. Setzen wir C-Dur in akkordische Umdeutungsbeziehung zum „reinen" a-moll, so ergibt sich folgende Umdeutungstabelle, in der wir die im Vergleich zu S. 20 ff. neu hinzugekommenen Um deutungen durch Fettdruck hervorheben: CI = GIV = F V = a III = f V = e VI = d YII CII = BIII = F VI = d ! = a IV = g V CIII = D II = G VI = e I = h IV = a V CIV=FI=BV = d III = b V = a VI = g VII CV=GI=DIV=eIII=cV=hVI=a VII C VI = G II = FIII = a I = e IV = d V C VII0 = a 11° = c VII0
Das ergibt die auffallende Erscheinung, daß jeder der DnrdreiMnge (CI, IV und V) in neuer Umdeutung dem DreMang der III. Stufe seiner Paralleltonart sowie der VII.St«se von deren Subdominant-Tonart gleichgesetzt wird, jeder der Molldreiklänge (C II, III und VI) aber dem Dominantdreillang seiner Subdominant-Tonart. Einen Durdreiklang gleichzusetzen der III. oder VII. Stufe einer Molltonart kann nur mit der Einschrän kung empfohlen werden, daß die neue Tonika folgt, weil sich dann auch ohne Heranziehung des „reinen Moll" tonartliche *) Näheres (mit Notenbeispielen) in Krehl-Hernried: Allgemeine Musiklehre, 3. Ausl. (Sammlung Göschen, Bd. 220, S. 92). Hernried, Systematische Modulation.
5
66
Modulation mit Dreiklängen.
Beziehungen ergeben. Sind doch z. B. der C-Dm> und der a-moIl-Dreiklang (CI = a III laut obiger Tabelle) und ebenso der C-Dur* und der ä-molI-Dreiklang (CI = d VII) einfach über die Brücke des gemeinsamen Erscheinens in C-Dur zu erreichen. Die beiden Nebenstufen III und VII eignen sich auch in ihrer äolischen Färbung kaum zum präzisen Ausdruck eines tonartlichen Überganges*). Modulatorisch wirksamer ist die Auffassung eines Moll dreiklangs als- V. Stufe (Dominante) einer Molltonart. Auch hier ergibt sich die Möglichkeit, beide Tonarten ohne Heran ziehung der äolischen Tonart in Beziehung zu setzen, denn die Beziehung einer Durtonika zu ihrer Molldominante (V) kann durch Vermittlung der Subdominant-Tonart hergestellt werden (CI, CII = FVI, F1I —CV"). Aber auch ohne Heranziehen der Vermittlungstonart hat sich die Molldominante in Moll eingebürgert. Vielleicht ist das ein neuer Gegenbeweis gegen die Lehre vom Dualismus^), weil die Mollterz einer Domi nante meist als ein Herabdrücken der Durterz empfunden werden wird, und dieses den Kernpunkt der „monistischen" Anschauung bildet. Die „Molldominante in Moll" wird also ein willkommenes Modulationsmittel sein, wobei ausdrücklich festgestellt sei, daß diese „Molldominante" sich nicht nur bei (konstruktiver) Akkordbildung im äolischen, sondem auch im dorischen Moll ergibt. Denn auch hier lassen sich sowohl auf der ersten als auf der fünften Stufe Molldreiklänge bilden. *
*) Das gleiche kann gesagt werden von der Heranziehung bet mixolydischen VII. Stufe zur Bildung eines Durdreiklangs zwecks modulatorischer Umdeutung. Derartige Wendungen sind gewiß in freien Kompositionen verwendbar, können aber nicht zur Grundlage eines modulatorischen Verfahrens gemacht werden. 2) Vgl. Krehl-Hernried: Allgemeine Musiklehre, S. 130ff.
Kirchentonale Morde als Hilfsmittel zur Modulation.
67
Wichtig erscheint noch die Heranziehung eines auf den Tönen des dorischen Moll aufgebauten SubdominantDreiklangs. Dieser erscheint nämlich — immer nur, wenn wir die harmonischen Verhältnisse des Dur-Moll-Systems auf den Kirchenton verpflanzen — als Dursubdominante in Moll.
Die Gegenüberstellung der oben gezeigten „Molldominante in Moll" mit dieser „Dursubdominante in Moll" zeigt bereits, daß es sich bei Heranziehung des Kirchentons vornehmlich um Gewinnung neuer Hauptdreiklänge handelt. Er weitert wird dieses, bereits in der Spätromantik geübte System durch Hinweis auf den Gebrauch der üblichen, auf auf S. 39 ff. geschilderten Mollsubdominante in Dur.
Es stehen also in Dur und Moll sowohl Dur- als auch Moll-Dominanten und -Subdominanten zur Verfügung, was zweifellos eine Reihe klanglich origineller Modulationswege gewährleistet. Aufgabe. Man gehe wechselnd von einer Dur- und von einer harmonischen Molltonart aus und fasse die vorkommenden Durund Molldreiklänge einmal als Dominanten, das andere Mal als Subdominanten einer Dur- und einer Molltonart auf. Beispiel: a) In C-Dur haben wir drei Durdreiklänge (I, IV, V) Es ergeben sich die Umdeutungen: CI = FV = fV (Durdominante einer Molltonart). C I = GIV = g IV (Dur-Subdominante einer Molltonart). CIV = BV = bV (Durdominante einer Molltonart). C IV = c IV (Dur-Subdominante einer Molltonart). C v = c V (Durdominante einer Molltonart). C V = D IV = d IV (Dur-Subdominante einer Molltonart). b) In C-Dur haben wir drei Mottdreiklänge (II, III, VI). Es ergeben sich die Umdeutungen: CII = GV = gV (Molldominanten beider Tonarten). C II = A IV (Moll-Subdominante einer Durtonart) = a IV. 5*
68
Modulation mit Dreiklängen.
C III = A V = a V (Molldominanten beider Tonarten). C III = H IV (Moll-Subdominante einer Durtonart) — h IV. CVI = DV = dV (Molldominanten beider Tonarten). C VI = E IV (Moll-Subdominante einer Durtonart) = e IV. Man übe diese Umdeutungen, stets mit Einleitungs- und Schluß kadenz, auf dem Instrument und schriftlich. *
Die Erweiterung der Tonalität durch Einbeziehung von Akkorden kirchentonaler Färbung kann natürlich ad libitum weitergeführt werden. Welche Willkür bei solchem Verfahren — das, mäßig angewandt, klangliche Reize bietet — Platz greifen kann, ersehen wir aus der folgenden Gegenüberstellung der Dreiklangsgrößen, die sich auf den Tönen der phrygischen und der harmonischen Molltonleiter aufbauen lassen:
Von sieben Akkorden jeder Reihe stimmen nur drei mit den auf gleicher Stufe aufgebauten Akkorden der anderen Reihe überein (I, IV und VI). Die übrigen zeigen auffallende Größenunterschiede. Aus der phrygischen Reihe werden die auf der zweiten und dritten Stufe aufgebauten Durdreiklänge noch am ehesten zu modulatorischen Zwecken zu verwenden sein. Denn der Durdreiklang auf der zweiten Stufe gleicht in seinem Spannungsverhältnis zur Molltonika dem so genannten „neapolitanischen Sextakkord" — daß er ihm nicht völlig gleichzusetzen ist, sei ausdrücklich betont! —, und der auf der dritten Stufe aufgebaute Durdreiklang entspricht der äolischen (reinen) Form der dritten Stufe.
Tonalitätserweiterung durch Akkorde des melodischen Moll.
69
VI. Kapitel.
Tonalitiitsertveiterung durch Akkorde des melodischen Moll. Stellen wir die Dreiklänge einer harmonischen Molltonart den Dreiklängen der gleichnamigen melodischen Molltonart gegenüber, so wird der Größenunterschied besonders an schaulich: m V Ü M D D V a-moll
H-..--------^
^------ g-z==:t
harmonisch: ffirLg----- -g—
a-moll
-g-
M
M
Ü
^rz^zziz==z_.
D
--%=E%4E3l
D
"~ ^
V
V
^
melodisch:
Abweichungen zwischen den Akkorden beider Tonarten zeigen sich auf den Stufen II, IV und VI. Im harmonischen Moll trägt II einen verminderten Dreiklang, im melodischen Moll einen Molldreiklang; im harmonischen Moll trägt IV einen Molldreiklang, im melodischen Moll einen Dur dreiklang; im harmonischen Moll trägt VI einen Durdrei klang, im melodisch en Moll einen vermindertenDreiklang. Daraus ergibt sich die Möglichkeit einer Erweiterung der Umdeutung dreier Akkordgrößen *): a) seder Durdreikluug kann auch als IV. Stufe (S) einer me lodischen Molltonart aufgefaßt werden, b) jeder Molldreiklang auch als II. Stufe (Sp) und c) jeder verminderte Dreiklang auch als VI. Stufe (Tp) einer melodischen Molltonart. Man kann also z. B. mit dem Durdreiklang C I auch nach g-moll modulieren (CI = g IV melod.), kann den Dur*) Bei Abwärtsbewegung im melodischen Moll ergibt sich Tongleich heit mit dem äolischen Kirchenton. Da dieser bereits im vorhergehenden Ka pitel behandelt wurde, werden die als „äolisch" betrachteten Akkorde in der oben folgenden Anleitung nicht nochmals erwähnt. Bringt dock die Feststellung der Akkordgletchheit (z. B. a VII äol. = a VII melod. abwärts) keine Erweiterung des Tonalitätsbegriffes.
70
Modulation mit Dreiklängen.
dreiklang 6IV bei vorsichtigem Gebrauch v IV gleichsetzen und den Durdreiklang C V nach d IV melod. umdeuten. Den Molldreiklang GII kann man unter Umständen c II melod. gleichsetzen (hier gilt das bei CIV Gesagte), den Molldreiklang CIII in d II melod. verwandeln und ebenso den Molldreiklang C VI in g II melod. Der verminderte Dreiklang C VII0 kann auch nach d VI melod. umgedeutet werden. Von den Morden des melodischen Moll, die sich vom harmonischen unterscheiden, wird in der Praxis vor allem die
Dur-Subdominante In Moll herangezogen (vgl.S.67), weniger zurüberleitung von Mollnach gleichnamigem Dur als zur Erreichung einer Molltonart durch einen Durdreiklang, dessen Gmndton eine Quarte über dem Gmndton der zu erreichenden Molltonart steht. Zum Beispiel: Von G-Dur nach d-moll. ^ „-Ul--- 1-------|------- 1---- -U,pfc=j*=t=| "usw. L^----- J----- *---Gl
IV
V I = dIV« V2
I6
IV>
V
Wie aus diesem Beispiel ersichtlich, wird es sich empfehlen, nach Erreichung der Zieltonart den Mollcharakter durch Wiedereinführung der Mollsubdominante im Rahmen der Kadenz zu festigen. VII. Kapitel.
Modulation mit Wechseldominanten. Die Notwendigkeit systematischer Entwicklung der Modu lationswege hat es gefügt, daß selbst von den chromatisch terzverwandten Akkorden, den sogenannten „Medianten",
Modulation mit Wechseldominanten.
71
früher die Rede war, als von den im Rahmen diatonischer Modulation weit häufiger gebrauchten Doppeldominanten oder Wechseldominanten. Unter solchen versteht man, wie schon der erstgebrauchte Name „Doppeldominanten" zeigtdie Dominanten der Dominanten, somit Durdreiklänge, die zwei Quinten von der Tonika entfernt sind (von der C-DurTonika aus also den D-Dur-Akkord). Bei gleichem Abstand in subdominantischer Richtung ergibt sich die Doppel subdominante oder Wechselsubdominante (von der 6-vur-Tonika aus der B-Dur-Dreiklang). Im folgenden ersetzen wir die etwas umständlichen Bezeichnungen durch Abkürzungen, und zwar für Wechseldominante WD, für Wechselsubdominante WS. Die Doppel- oder Wechseldominanten sind deshalb ein sehr verwendbares Modulationsmittel, weil durch ihre Ein führung unmittelbar nach der Tonika bereits eine Quinte übersprungen wird. Der erreichte neue Durdreiklang enthält gegenüber der Ausgangswnart bereits einen Fremdwn: die WD enthält das Hochalterierungszeichen der nächsthöheren Quinttonart, von C-Dur aus also ein Kreuz (fis), die WS das Tiefalterierungszeichen der nächsttieferen Quinttonart, von C-Dur aus ein Be (b). Der erreichte Akkord bietet daher bereits wieder die Basis für etwa nötige neue Umdeutungen. Die Berechtigung, unmittelbar von einer Durtonika aus WD oder WS einzu führen, ergibt sich aus jfo ~~~ dem gemeinsamen Vor- s3t==r£Fz kommen beider in der Dominant- bzw. Subdominanttonatt: Wir sehen: es handelt sich um Durdreiklänge, die im Grund tonabstand der großen Sekunde oufemmtbetfolgen und daher stets IV. und V. (oder V. und IV.) Stufe einer Durtonart darstellen.
72
Modulation mit Dreiklängen.
Der C-Dur-Dreiklang, unser Ausgangsakkord, ist Subdominant in G-Dur und Dominant in F-Dur. In G-Dur kann auf ihn G V folgen, in F-Dur F IV. Jeder dieser Dreiklänge gestattet wieder eine ganze Reihe von Umdeutungen, so daß Tonarten erreicht werden können, die sonst von C-Dur aus nicht so rasch zugängig sind.
WD (= G V) = DI = AIV = cis II neo*. = h m fort. = a IV bot. oder melod. = gV hatm.odermelob. = fisVI Harm. = e VII Sol. ober melob. abwärts. WS (= FIV) = BI = Es V = all neap. = gIH Sol. = f IV bor. ober melob. = esVtymtt. ober melob. = d VI Harm. = c VII Sol. ober melob. abwärts. In alle diese Tonarten kann man also ohne weiteres modu lieren, wenn man auf C I unmittelbar die WD bzw. WS folgen läßt. Man muß sich aber klar darüber sein, daß es sich hier, ungeachtet der im folgenden gebrauchten Abkürzung C I WD oder C I WS, nicht um einen direkten Übergang, sondern um einen heim lichen Gebrauch der Dominant- bzw. Subdominant-Tonart als Tonartbrücke handelt. Denn die Abkürzung CI WD bedeutet: C I = G IV V, die Abkürzung C I WS bedeutet: C I = FV IV.
©
Die Möglichkeit schnellerer Modulation und einer Weitung der tonartlichenAuswirkung ist aus der nebenstehenden Zeichnung ersichtlich, die wie WS (lob» der aus logischer Erweiterung und Zusammen fassung unserer Zeichnungen von S. 37 entstan den ist (A = Ausgangstonika, Z = Zieltonika): WD Grob gerechnet, ergeben sich aus dieser Zeichnung dreimal drei Wege, unter denen man die besten auszuwählen hat: D la) Von A nach Z l b) Von A nach 8 (# und b) Io) Von A nach WS (# und b) 2a) Von D nach Z 3a) Von WD nach Z 2b) Von D nach S (# und b) 3b) Von WD nach 8 (tt und b) 2 c) Von D nach WS (j) und b) 3c) Von WD nach WS(# u.b) 8 (| ob»
Ä
Modulation mit Wechseldominanten.
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Dazu muß erwähnt werden, daß die unter lc), 2 c) und 3c) verzeichneten Wege noch keine Lösung der Modulationsaufgabe (von A nach Z) bilden, da in diesen Fällen die WS der Zieltonart erreicht wird — ein Akkord also, der in der Zieltonart nicht be heimatet ist. Er kommt aber in der Subdominant-Tonart der Ziel tonart vor und hat somit eine starke Annäherung an diese zur Folge.
Wir setzen nunmehr in der folgenden Zeichnung an die Stelle der Funktionsbezeichnungen die Namen der einzelnen Akkorde und beziehen, um gleichzeitig die wichtigsten Ab kürzungswege zu zeigen, der Tonika terzverwandte diatonische Akkorde in unsere Darstellung ein. Als Muster diene die Darstellung der Modulationswege bon Fis-Dur ms) C-Dur oder umgekehrt : Die Vielfalt der Wege geht aus der Zeichnung hervor; sie bedarf keiner beson deren Erklärung. Neu erscheint dagegen, daß wir auch im Rahmen der WD-Erklärung in dieser Zeichnung Mollakkorde heranziehen. Es handelt sich um den h-mollAkkord (die Moll-Subdominante von FisDur, vgl. S. 39) und den e-moll-Akkord. Dieser ist nicht nur als Subdominant vom K-moll-Dreiklang, sondern auch als MollSubdominant vom 8-Dur-Dreiklang aus zu erreichen und überdies direkt vom FisDur-Akkord aus, denn:
Fis I = hV IV =eI Es handelt sich also hier um eine MollWechselsubdominante. Zwischen ihr und der Ausgangstonart steht deren Moll-Subdominante, genau wie zwischen der Dur-W8 und der Ausgangstonart die DurSubdominante steht.
Um eine Quinte weiter gelangt man, wenn man bei Mo dulationen in die Dominantrichtung statt der WD der Tonika die WD der Dominante heranzieht, und bei Modu lationen in die Subdominantrichtung die WS der Sub-
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Modulation mit Dreiklängen.
dominante (Dur- oder Molldreiklang). Die folgenden Zeich nungen veranschaulichen diesen Vorgang: Von C-Dur nach Fis-Dur mit Benützung der WD von C V.
Heö.h E
Von C-Dur nach Ges-Dur mit Benützung der WS (# oder b) von CIV.
F ob. f
e
k
\ ÄUWDoohCV)
Eso6.es (WS [j|o6.kj von 6IV)
( (t
© Im Prinzip läßt sich die Modulation durch Heranziehung der Wechseldominanten von Nebenstufen ausdehnen. Hier ergibt sich aber ein auffallender Gegensatz zwischen Wechsel dominanten und Wechselsubdominanten. Das beweist die folgende Aufstellung, in der die fehlenden WS durch Pünkt chen ersetzt sind: Ausgangspunkt: Erreicht werden: CI (C-Dur-Dreiklang) WD = D, WS = B oder b C V (G-Dur-Dreiklang) WD = A, WS = F oder f CII (ä-moll-Dreiklang) WD = E, WS................... C VI
——
CIF = a IV7
I
V2
i6
Mt C IIP: Kadenz: X
Bon C nach D:
g. C IIF
» 1 3 g—r =*=“-g I C IIF IP V$ =D IF
VI*
Bon C nach G
Harr
r l
^
t%="
V*
1
Bon C nach h:
£-g------p— —ps-~ CIIF = GVF VIF V7
Jl I
K CIIF =h IV7
ug
v
I
Mit CIV7: .Q
Kadenz: ■■■** 1 CIV7 Hg V
Bon C nach F:
Bon C nach a:
■
T
civ7 *■ CIV7 = FF IV* VIF I =a VI7 11$ V7 I
96
Modulation mit fünf- und mehrstimmigen Morden.
Mit C V7:
Von C nach c (Wechsel des Tongeschlechts):
Kadenz: 1
g
%
C V7 VI
~g~TJ g
IF
V
I
)%,
L CV7 =c V7
^—1&=1 0
VI
~
IF
» JJ V
I
Mit CVF: Von C nach 0:
Kadenz:
L
4 . - g— H ^—a= - s A^----- 8------->--- l ^ » "g l f CVF CVF II* V7 g
= GIF Vg Von C nach e:
Von C nach F:
i
i
CVF = F IIP
bis
M
VJ
IV2
I
I
CVF = e IV7
VII*
I6
Mit C VII7: Kadenz:
I
C VIF
Vf
Bon C nach a:
I
C VIF = a IF
V*
I
C. Modulation mit fünf-und mehrstimmigen Akkorden. Die Betrachtung des tonartlichen Übergangs mit Hilfe fünf- und mehrstimmiger Morde kann ganz kurz ausfallen. Nicht nur, weil die Umdeutungsmöglichkeiten sehr beschränkte sind, wird eine solche Modulation selten vorkommen, sondem auch deshalb, weil sogar schon Nonenakkorde, fast immer aber Undezimen- und Terzdezimenakkorde nicht als selbständige Tongebilde aufgefaßt, sondem als Akkorde mit einem oder mehreren Vorhalten gedeutet werden können.
Tonartrückungen.
97
XL Kapitel.
Anweisung zur praktischen Verwendung. Jedem, der den voranstehenden Abschnitt über die Modu lation mit Septimenakkorden genau studiert hat, muß es ein leichtes sein, eine Tabelle der Nonenakkord-Größen usw. zu entwerfen, und zwar nach dem Muster unserer Tabells der Septimenakkorde auf S. 92. Es wird ihm dann sofort klar werden, welche Akkorde umgedeutet werden können, klar aber auch, welche weitere Schrumpfung der Umdeu tungsmöglichkeiten durch den Hinzutritt der None erfolgt, und wie unselbständig die meisten der Nonen-, Undezimenund Terzdezimenakkorde im Grunde sind. Nach Aufstellung solcher Tabellen von Nonen-, Undezimenund Terzdezimenakkorden versuche man, vor allem schriftlich, mit ihrer Hilfe modulatorische Übergänge zu bewerkstelligen. Der Vorteil, den diese Übung bringt, wird mehr auf dem Gebiete der Stimmführung liegen als auf dem der Modulation.
D. Tonartrückungen. Unsere Betrachtung der diatonischen Modulation verlangt noch eine Ergänzung in bezug auf Freiheiten im tonartlichen Übergang, die seit Beethoven Eingang in die deutsche (und von hier in die ausländische) Musik gefunden haben. Diese Freiheiten scheinen die Grenzen der Tonalität zu sprengen, weil sie nicht ein Nacheinander, sondem ein Nebeneinander zweier Tonarten darstellen. Stets aber han delt es sich hier um Tonarten (und Akkorde oder Mord bestandteile), die durch diatonische Umdeutung zu verbinden sind. Deshalb gehören derartige Tonartrückungen in das Gebiet der diatonischen Modulation, mag auch ihren Schöpfern aus tondichterischer Eingebung ein Abgleiten oder Aufsteigen in eine benachbarte Tonart, nicht aber ein Übergang in diese vorgeschwebt haben. Hernried, Systematische Modulation.
98
Tonartrückungen.
XII. Kapitel.
Beispiele aus Meisterwerken. Einige Beispiele aus Werken großer Meister mögen den Gebrauch von Tonartrückungen klären: Beethoven, IX. Sinfonie d-moll, op. 125, I. Satz.