Das Arbeitsrecht der Bühne: Systematische Darstellung der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts [2., erw. Aufl. Reprint 2019] 9783111477831, 9783111110813


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German Pages 357 [360] Year 1956

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Table of contents :
Vorwort zur 2. Auflage
Inhalt
Schrifttum
Abkürzungen
Das Arbeitsrecht der Bühne
Einleitung: Rechtsgrundlagen
1. Teil: Arbeitsrecht des Solopersonals
2. Teil: Arbeitsrecht des Chor- und Tanzpersonals
3. Teil: Verfahrenarecht
Anhang
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Das Arbeitsrecht der Bühne: Systematische Darstellung der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts [2., erw. Aufl. Reprint 2019]
 9783111477831, 9783111110813

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R I E P E N H A U S E N • DAS A R B E I T S R E C H T DER B Ü H N E

DAS ARBEITSRECHT DER BÜHNE Systematische Darstellung der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts von

DB. JUR. B E R N H A R D

RIEPENHAUSEN

Rechtsanwalt und Notar in Bad Nauheim

Zweite, erweiterte Auflage

B E R L I N 1956

W A L T E R DE G R U Y T E R & CO. vormals G. J . Göschen'sche Verlagshandlung • J . Guttentag, Verlagsbuchhandlung Georg Reimer * Karl J . Trübner • Veit & Comp.

Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 — Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin SW 29 — Archiv-Nr. 248856 — Alle Bechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Herstellung von Mikrofilmen und der Übersetzung, vorbehalten

PROF. DR. A L B E R T O S T E R R I E T H (t 1926)

ZUM GEDÄCHTNIS

Vorwort zur 2. Auflage I. Die 1. Auflage war 1943 erschienen und bedeutete die beabsichtigte Erhaltung des Materials der neueren Rechtsprechimg des Bühnenoberschiedsgerichts, das im weiteren Verlauf des Krieges — da seit 1933 nicht mehr veröffentlicht — alsdann verloren gegangen ist. Nach 1945 knüpfte das neue Bühnenoberschiedsgericht an jene Rechtsprechung in allen Streitfällen an, so daß nunmehr eine inzwischen um ein weiteres Jahrzehnt bereicherte Gesamtübersicht über das Arbeitsrecht der Bühne vorgelegt werden kann, beginnend 1933 (Solo) und 1924 (Chor und Tanz), als den Zeitpunkten der heute noch geltenden Fassungen tarifrechtlicher Regelungen. Diese Tarifverträge bestanden als Tarifordnungen fort und sind jetzt wieder Tarifvertragsrecht oder weitergeltendes Tarifordnungsrecht, ein Beweis für die Konstanz des Bühnenrechts, das sich mit dem Hauptmerkmal des künstlerischen Rechtsschutzes, dem Beschäftigungsanspruch, sogar gegenüber gewissen Tendenzen „politischer Führung" mit selbständiger Bewußtheit behauptete. Das Wesen des Bühnenrechts, seine im künstlerischen Gemeinschaftsschaffen verankerte, personenrechtliche Bindung, hat es seit je zum typischen, feinnervigen Arbeitsrecht geprägt, das es nicht schwer hatte, mit seinen Grundsätzen in dem sich erweiternden Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts zu verbleiben, getragen letzten Endes von dem öffentlichen Interesse an der Entfaltung der Kunst, also der künstlerischen Kraft und mithin der sozialgesicherten Existenz der Künstler. II. Die Grenzen der vorliegenden Darstellung sind mit denjenigen der Rechtsprechung selbst gezogen: nur soweit Fragen der RechtsanWendung zur schiedsgerichtlichen Behandlung gelangt sind, werden sie hier — von gelegentlichen, unvermeidbaren Erweiterungen abgesehen — erörtert. Dies ist nicht nur durch den Zwang zur Beschränkung des großen Rechtsgebietes bedingt, sondern hat darin seine innere Begründung, daß mit der Einführimg von Schiedsgerichten, in denen neben dem richterlichen Vorsitzenden fachkundige Beisitzer mitwirken, gerade die Notwendigkeit der Fachverständigkeit betönt worden ist. Dies ist die überzeugende Stärke der Schiedsgerichtsbarkeit, die darin — bestehend seit 1860 — ein Vorläufer der Arbeitsgerichtsbarkeit überhaupt gewesen ist.

VIII

Vorwort

Kein Jurist wird Dinge der Bühnenrechtsgestaltung einer maßgebend abschließenden, rechtlichen Beurteilung unterziehen dürfen, ohne daß hierbei der Berufsmann selbst mitgewirkt hat, wie das bei der Auswertung von Schiedssprüchen gewahrt bleibt. Diese Methode vermittelt nicht nur eine theoretische Wissenschaft vom Bühnenrecht, sondern bietet durch die eingehende Berücksichtigung des Tatbestandlichen bei der Wiedergabe der Schiedssprüche in Ausschnitten auch die Voraussetzungen dafür, daß der dem Thema ferner stehende Jurist selbständige Gedankenarbeit leisten kann. Das Werk soll in diesem Sinne dem Fortschritt des Bühneiirechts auch außerhalb des üblichen Instanzenweges der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit dienen, zwar eng angelehnt an die Resultate dieser Rechtsprechung, aber doch auch bezogen auf die richtungsweisenden Grundsätze neuer, höchstrichterlicher Erkenntnisquellen. Schon lange vor dem Tarifvertragsrecht hat sich Bühnenrecht in „Bühnenbräuchen" gewohnheitsmäßig gebildet (vgl. Opet, Deutsches Theaterrecht, 1897). Diese Rechtsgrundlage hat heute noch Bedeutung und eine Ergänzung im rechtsbildenden Prinzip der Fürsorge- und Treupflicht. Langwierige tarifvertragliche Bemühungen der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen mit dem Deutschen Bühnenverein und ihre Ergebnisse sind nicht immer der Weisheit letzter Schluß für das, was im Bühnenleben rechtens sein sollte, ist doch der Vorgang tarifvertraglichen Fortschritts vielfach dadurch gehemmt, daß der solistische Künstler — getreu seiner Überzeugung, zur Kunst „berufen" zu sein — von dem Mittel des Streiks keinen Gebrauch zu machen pflegt. Seine äußersten Kampfmittel sind das öffentliche Interesse an seiner Kunst und das R e c h t , das seit Jahrzehnten in spezieller Rechtsprechung, und zwar keineswegs ausschließlich auf Tarifrecht beruhend, mit allen Nuancen personenrechtlicher Ausstrahlung feingeschliffen bleiben muß. III. Wenn heute arbeitsrechtliche Schiedsgerichte nur noch beschränkt und gerade für die Bühne zulässig sind, so bedeutet dies eine gesetzliche Anerkennung ihrer Notwendigkeit, aber auch ihres bisher erfolgreichen Wirkens, übrigens von jeher auch der anwaltlichen Mitwirkung erschlossen. In der Tat sind es stets hohe Berufsrichter mit besonderem Einfühlungsvermögen für den künstlerischen Arbeitsbezirk gewesen, die als Vorsitzende in langen Rechtsprechungsperioden tätig waren und deren persönliche Formulierung allen Schiedssprüchen eigen ist. Es seien genannt: die Senatspräsidenten am Kammergericht Berlin Dr. Heinrich L i n d e n a u (1922—1933), Leo Q u e c k (bis 1939), Dr. Kuno S c h w a r z e (bis 1945) und Hermann K a u f f m a n n , Vizepräsident a. D. des Landesarbeitsgerichts Frankfurt/M. (1948 bis heute).

Vorwort

IX

Zugleich — und das ist künftig möglicherweise von Bedeutung — hat das neue Arbeitsgerichtsgesetz das staatliche Aufhebungsverfahren durch Erweiterung seiner Voraussetzungen (Verletzung jeglicher Rechtsnormen) ausgedehnt. Denkbar, daß dies bei der Neigung der Tarifvertragsverbände, sich dem Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts zu beugen, theoretisch bleibt. Im Bewußtsein des Oberschiedsgerichts wird gleichwohl die Verpflichtung obwalten, sich mit seinen Rechtsfindungen jederzeit dem obersten, staatlichen Arbeitsgericht aussetzen zu können. Auch aus diesem Gesichtspunkt entspricht die Neuauflage des erweiterten Werkes dem Beginn eines neuen Abschnitts im gerichtlichen Schicksal dieses Arbeitsrechts. Darüber hinaus haben sich in benachbarten Gebieten (Film, Funk, auch Artistik) Erscheinungen gebildet, die vielfach mit dem Maß des herkömmlichen Arbeitsrechts der Bühne gemessen und erfaßt werden müssen. Das Bühnenrecht erscheint sozusagen als Urrecht der darstellenden, künstlerischen Berufe von individueller Prägimg. An der modernen Frage des Leistungsschutzrechtes wird es in dieser Bedeutung derzeit erneut erprobt. IV. Es ist nicht die Absicht, die verschiedenartigen Rechtsauffassungen der Wissenschaft zum allgemeinen Arbeitsrecht mit den Ergebnissen dieser Schiedsgerichtsbarkeit in Vergleich zu setzen. Die einzelnen Sprüche und ihre systematische Erörterung bringen zwar oft entsprechende Berührungen und Hinweise, zielen aber keineswegs auf eine erschöpfende Rechtsvergleichung und Begriffsangleichung, die ohnehin noch in der Entwicklung ist, ab. Dem Wunsche der Praxis folgend ist das Stichwortverzeichnis in der neuen Auflage besonders eingehend und aufgliedernd bearbeitet worden, um das Buch möglichst praktikabel zu machen und zugleich den Schiedsgerichten 1. Instanz mit dem weiten Kreis aller schiedsgerichtlichen Beisitzer ein Auskunftsmittel zu geben, das der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der schöpferischen Rechtsfortbildung auf der Grundlage des Gewachsenen, Überprüfbaren dient. Die Spaltung Deutschlands bedingt einen, wenn auch kurzen Hinweis im Anhang auf den Zustand des Bühnenrechts an der Saar und jenseits der Elbe. Die in äußersten Umrissen gegebene Übersicht über das Recht der Bühnen im deutschsprachigen Ausland (Österreich, Schweiz) wird hoffentlich als sinnvolle Ergänzung des Stoffes begrüßt. Dem Verlag Walter de G r u y t e r & Co. ist dafür zu danken, daß er dem Bühnenrecht erneut sein Interesse bekundet. Bad Nauheim, im Februar 1956 Bernhard Riepenhausen

Inhalt Seite

Vorwort zur 2. Auflage Schrifttum Abkürzungen

VII XIV XVI

Das Arbeitsrecht der Bühne Einleitung: R e c h t s g r u n d l a g e n 1. Materielles Recht a) Tarifverträge, gesetzliches Arbeitsrecht b) Bühnenbräuche 2. Verfahrensrecht 3. Schiedssprüche, Urteile 1. Teil: A r b e i t s r e c h t des S o l o p e r s o n a l s I. Anwendung des Normalvertrages 1. Bühnendienstvertrag a) Rechtsnatur, Zweckbestimmung b) Grenzfälle c) Gastspielvertrag 2. Unternehmer (Theaterveranstalter) 3. Bühnenmitglieder

1 1 1 5 8 12 15 15 15 15 18 21 22 23

II. Abschluß des Arbeitsvertrages

26

1. Schriftformfragen a) Vertrag als ganzer b) Sondervereinbarungen c) Vereinbarte Schriftform .

26 27 29 34

2. Beweis des Vertragsabschlusses a) Vertragsurkunde, Korrespondenz b) Mündlichkeit, schlüssige Handlung

37 37 39

3. Vertragsabschluß durch Vertreter a) Theaterveranatalter b) Bühnenmitglieder

43 43 48

4. Verschulden bei Vertragsverhandlungen . a) Haftungsgrundsatz b) Tatbestände

48 48 50

Inhalt,

XI Seite

c) Mitverschulden d) Schadenshöhe III. Inhalt des Arbeitsvertrages . 1. Vertragsnotwendige Abreden a) Kunstgattung b) Theater c) Zeitdauer d) Gage 2. Sonstige Abreden a) Vorbehaltene Vertragsgültigkeit b) Bedingte Vertragsgeltung c) Verlängerungs- und Kündigungsklauseln d) Leistungspflichten, Beschäftigungsanspruch IV. Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages 1. Beschäftigung a) Vertragsfremde Beschäftigung b) Angemessene Beschäftigung c) Eingeschränkte Beschäftigung d) Schadensersatz 2. Sonstige Vertragsrechte a) Gage b) Nebenvergütungen c) Urlaub . . 3. Vertragsbruch 4. Sonstige Vertrags-und Rechtsverletzungen a) Verzug b) Ruhezeiten, Nachtproben c) Krankmeldung, Residenzpflicht d) Urheber- und Leistungsschutzrechte e) Verschiedenes V. Aufhebung des Arbeitsvertrages 1. Aufhebungsvertrag, Verzicht 2. Unmöglichkeit 3. Anfechtung . . ; . VI. Kündigung des Arbeitsvertrages 1. Befristete (ordentliche) Kündigung 2. Fristlose (außerordentliche) Kündigung a) Unzumutbare Vertragsfortsetzung b) Verschulden, Betriebsrisiko c) Anhörungs-, Ermittlungs- und Abmahnungspflicht d) Suspendierung e) Mitteilung der Kündigungsgründe f) Schadensersatz bei Unwirksamkeit

55 56 .

59 59 61 64 64 68 73 73 74 79 81

86 87 87 91 99 105 110 . 110 . 112 .114 121 . . 122 122 123 125 126 129 130 130 132 134 139 139 141 142 . 145 148 151 .154 . 157

XII

Inhalt Seite

VII. Verlängerung und Nichtverlängerung des Arbeitsvertrages 1. Das Problem 2. Verschulden bei Vertragsverhandlungen a) Mitteilungspflicht (Bühnenbrauch) b) Unterlassene und unzulässige Mitteilung c) Sonderfragen d) Entwicklung 1945—1947



3. Regelung der Mitteilungspflicht von 1947 a) Klarstellungs- und Schutzfunktion b) Verlängerungsvermutung bei Stillschweigen c) Formen der Mitteilung d) Doppeldeutige Mitteilung e) Vorzeitigkeit der Mitteilung, Vorverlegung der Mitteilungspflicht f) Berechnung der Beschäftigungszeit g) Einfluß von Rechts- und Betriebsnachfolge h) Unzulässige Mitteilung i) Mitteilung und Kündigungsbegriff, Kettenvertrag

159 159 161 161 164 166 170 173 174 175 175 178 182 183 185 188 191

VIII. Grundsätze des allgemeinen Arbeitsrechts 197 1. Fürsorge- und Treupflicht 197 2. Unzulässige Rechtsausübung 198 3. Gleichbehandlung 199 4. Verwirkung 205 5. Einzelne Leistungs- und Unterlassungspflichten auf Grund Fürsorgern«! Treupflicht 209 6. Wiedereinstellung 212 2. Teil: A r b e i t s r e c h t d e s C h o r - u n d T a n z p e r s o n a l s (Zu den Paragraphen des Normalvertrages Chor und Tanz) § 1 (Vertragsabschluß durch Vertreter) § 2 Ziff. 3 (Vertragszeit) § 3 I (Gage) § 3 I I (Sondervergütungen f ü r vertragliche Sonderleistungen) § 4 I (Veranstaltungen des Theaters) § 5 I (Vertragliche und außervertragliche Leistungen) § 5 I I (Dienste nach billigem Ermessen) § 5 I I I (Angemessene Beschäftigung) § 6 I (Krankheit) § 6 I I I (Anrechnung von Krankengeld auf Gage) § 8 I I (Schriftform der Kündigung) § 11 (Fristlose Kündigung) § 14 I I I (Ruhezeit bei Gastspielen) § 14 IV (Probenteilnahme) § 14 V (Freie Tage) Sonstiges (Verweisungen)

215 215 216 216 219 221 226 231 231 232 233 234 235 239 241 241 245

Inhalt

XIII Seite

8. Teil: V e r f a h r e n a r e c h t I. Schiedsgerichtsverfahren

246 246

1. Zuständigkeit 246 a) Schiedsgerichtsklausel. . 246 b) Zusammenhangsklage, Teilzuständigkeit 250 c) Verhältnis zum Tarifausschuß 251 2. Klagerhebung 253 a) Feststellungsklage 253 b) Leistungsklage mit unbestimmtem Antrag 255 c) Widerklage 255 3. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand 257 4. Prozeßkosten 259 a) Allgemeines 259 b) Rücknahme der Klage oder Berufung, Erledigung der Hauptsache 259 260 c) Ermessensentscheidung nach § 287 ZPO d) Kostenfestsetzung 263 5. Streitwert 264 a) Feststellungsklage 264 b) Leistungsklage 266 6. Wirksamkeit und Rechtskraft des Schiedsspruchs II. Arbeitsgerichtliches Aufhebungsverfahren III. Schiedsgerichtliches Nachverfahren 1. Zuständigkeit 2. Bindung an Aufhebungsurteil 3. Prozeßkosten des schiedsgerichtlichen Vorverfahrens

267 268 270 270 272 273

Anhang: 1. Bühnenarbeitsrechtliche Bestimmungen in der Bundesrepublik Deutschland 2. Bühnenarbeitsrecht in deutschen Gebieten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland 3. Bühnenarbeitsrecht in kartellvertragsverbundenen Ländern (Österreich, Schweiz) 4. Verzeichnis der Schiedssprüche 5. Paragraphen-Verzeichnis 6. Stichwort-Verzeichnis

275 314 316 324 326 329

Schrifttum B a u m b a c h - L a u t e r b a c h , Zivilprozeßordnung, Kommentar, 1954, 23. Auflage. B r ü c k n e r , Die rechtliche Stellung der Bühnenkünstler in geschichtlicher Entwicklung, Diss. Greifswald, 1930. D e r s c h , Die Urlaubsgesetze, Kommentar, 1954. D e r s c h - V o l k m a r , Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 1955, 6. Auflage. D i e n s t a g - E l s t e r , Handbuch des Deutschen Theater-Film-Musik- und Artistenrechts, 1932. D i e s s , Die Ablaufklausel im Bühnendienstvertrag, Archiv für Urheber-Film- und Theaterrecht, 13. Bd., S. 205ff. D i e t z , Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, 1955, 2. Auflage. D i e t z - N i k i s c h , Arbeitsgerichtsgesetz, Kommentar, 1954. F i n k e l s t e i n , Das Recht des Bühnen- und Filmschauspielers auf Beschäftigimg, 1930. G a l p e r i n , Betriebsverfassungsgesetz, Kommentar, 1953. H a e n s e l , Leistungsschutz oder Normalvertrag, 1954. H e r s c h e l - S t e i n m a n n , Kündigungsschutzgesetz, Kommentar 1951. H u e c k , Kündigungsschutzgesetz, Kommentar, 1952, 2. Auflage. H u e c k - N i p p e r d e y , Tarifvertragsgesetz, Kommentar, 1951, 2. Auflage. H u r s t , Die Bühnendienstverträge als befristete Verträge, Recht der Arbeit 1952, S. 455 ff. K a e s s l e r , Der Beschäftigungsanspruch des Bühnenkünstlers, Recht der Arbeit, 1953, S. 309ff. K a u f f m a n n , Bühnenarbeitsrecht und Bühnenschiedsgerichtsbarkeit in der Bundesrepublik Deutschland, Das Recht der Arbeit (Wien), 1954, 14. Heft, S. 8 ff. K u t z e r , Das Dienstrecht der Bühnenmitglieder, 1931. M o l i t o r , Die Kündigung, 1951, 2. Auflage. M o l i t o r , Kritisches zum Problem der Kettenverträge, Der Betriebsberater 1955, S. 504ff. M ü l l e r , G., Zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, Der Betriebsberater 1955, S. 577 ff. N e u m a n n - D u e s b e r g , Das gesprochene Wort im Urheber- und Persönlichkeitsrecht, 1949. N i k i s c h , Arbeitsrecht, 1. Bd., 1955. R e i c h s g e r i c h t s r ä t e - K o m m e n t a r zum BGB, 2. Teil, 1953, 10. Auflage. R o s e n m e y e r - A s s m a n n , Bühnenvertragsrecht, 1926. S i e b e r t , Unternehmerrisiko, betriebliche Übung und Arbeitsvertrag. Der Betriebsberater 1955, S. 869ff. U l m e r , Urheber- und Verlagsrecht, 1951.

Schrifttum

XV

W a s c h m a n n , Der Umfang der Dienstleistungspflicht des Bühnenmitglieds nach der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts, Diss. Hamburg, 1934. W e h n e r , Der Bühnenbrauch als Rechtsquelle, Diss. Köln, 1954. E n t s c h e i d u n g e n : Die Sprüche des Bühnenoberschiedsgerichts (Berlin, später Frankfurt/M.) von 1933 (Solo), bzw. 1924 (Chor u. Tanz) bis 1955 (Aktenzeichen bis einschl. 1954 vollständig, von 1955 nur 1—3/55); die Zitate im Text bringen die Aktenzeichen gekürzt, nämlich nur die Ziffern mit Jahreszahl, ohne die Vorbezeichnung „O." oder „OSch." oder „BOSch.", bei Chor und Tanz für die frühere, gesonderte Abteilung des Oberschiedsgerichts (1924—1945) mit dem Zusatz „CT". Benutzt wurden die Originalausfertigungen der Geschäftsstelle, auch vollständige Abdrucke im Archiv f ü r Urheber-, Film- und Theaterrecht (Die Sammlung von K a e s s l e r , herausgegeben f ü r Mitglieder des Deutschen Bühnenvereins, bringt eine gekürzte Auswahl von 1948 bis 1952, doch ohne Kenntlichmachung der Auslassungen im Text der Sprüche). Das Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts von H u e c k - N i p p e r d e y - D i e t z wird mit dem Nebentitel Arbeitsrechtl. Praxis (AP) zitiert. Anmerkungen zu Entscheidungen des Bühnenoberschiedsgerichts und staatl. Gerichte von B o d e n , H e r s c h e l , H u r s t , N e u m a n n - D u e s b e r g in verschiedenen, im Text zitierten jur. Fachblättern und in AP. Z e i t s c h r i f t e n : u. a. Die Bühnengenossenschaft (Organ der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen, Hamburg) mit Beiträgen von B o d e n , K l a n g , R i e p e n h a u s e n , R o s e n m e y e r , W a s c h m a n n , Z a r t h ; jeweils im Text zitiert.

Abkürzungen AGG AP ARiSt ARS BAG BB BGB BGHZ BOSchG BRG BSchGO BVG CT DBV GDBA GG KSchG LAG NJW NV RdA RGZ TVG UG UO ZPO

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Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrechtliche Praxis (s. S. X V „Entscheidungen") Arbeitsrecht in Stichworten Arbeitsrechtssammlung Bundesarbeitsgericht Der Betriebsberater Bürgerliches Gesetzbuch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bühnenoberschiedsgericht Betriebsrätegesetz Bühnenschiedsgerichtsordnung Betriebsverfassungsgesetz Chor und Tanz Deutscher Bühnenverein Genossenschaft Deutscher Bühnenängehörigen Grundgesetz Kündigungsschutzgesetz Landesarbeitsgericht Neue Juristische Wochenschrift Normalvertrag Recht der Arbeit Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Tarifvertragsgesetz Umstellungsgesetz Urlaubsordnung Zivilprozeßordnung

DAS ARBEITSRECHT DER BÜHNE Vor der Erörterung dieses Rechtsgebiets, wie es in den Schiedssprüchen seinen Niederschlag gefunden hat, ist ein kurzer Überblick über die Grundlagen des materiellen und prozessualen Rechts der Bundesrepublik Deutschland einschl. West-Berlin erforderlich.

Einleitung: Rechtsgrundlagen 1. Materielles Recht a) T a r i f v e r t r ä g e , g e s e t z l i c h e s A r b e i t s r e c h t Die Rechtsbeziehungen zwischen Theaterveranstaltern und Mitgliedern des künstlerischen Bühnenpersonals sind geregelt durch die seinerzeit für allgemeinverbindlich erklärten T a r i f v e r t r ä g e der Berufsverbände, des „Deutschen Bühnenvereins" mit der „Genossenschaft der deutschen Bühnenangehörigen", in der ab 1.9. 1933 geltenden Fassung vom 20. 1. 1933 (für das S o l o p e r s o n a l ) und mit dem „Deutschen Chorsängerverband und Tänzerbund" in der ab 1. 6. 1924 geltenden Passung vom 19. 6. 1924 (für das Chor- und T a n z p e r s o n a l ) einschließlich der dazugehörenden N o r m a l v e r t r ä g e , Sonderabkommen für technische Vorstände u. a., Hausordnungen und Abkommen über die Wanderbühnen. Ihre normativen Teile galten dann auf Grund der Anordnung des Reichsarbeitsministers vom 28. 3. 1934 (RArbBl. I, 85) als Tarifordnungen im Sinne der §§ 33, 32 AOG und § 18 AOGö. weiter (vgl. Verzeichnis der als Tarifordnungen weitergeltenden Reichstarifverträge, RArbBl. 1937 VI, Beilage zu Nr. 19 S. 8). Die Bestimmungen der Normalverträge gelten schon nach Ziffer I I Abs. 5 des Tarifvertrages für das Solopersonal nicht für Beschäftigte, deren Dienstverhältnis durch öffentlichrechtliche Vorschriften bestimmt wird, wie z. B. für einen Teil des Personals durch Besondere Dienstordnungen der einzelnen Theater der öffentlichen Hand. Im Zuge ihrer Auflösung wurden die Berufsverbände 1935 in die Reichstheaterkammer, Fachschaft Bühne mit den Fachgruppen der Theaterveranstalter und des künstlerischen Personals eingegliedert. Nach Kriegsschluß 1945 lebten die Berufsverbände mit den früheren Bezeichnungen wieder auf, wobei der Deutsche Chorsängerverband und Tänzerbund in der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen mit1

R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

2

Einleitung: Rechtsgrundlagen — Materielles Recht

gliedsmäßig aufging und rechtspersönlich nicht wieder selbständig erstand. Auf der 3. Tagung des Arbeitsausschusses des Deutschen BühnenVereins und der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen am 22. und 23. 8. 1947 wurde folgender Beschluß gefaßt (Auszug aus dem Protokollbuch des jetzigen Tarifausschusses der Berufsverbände): „Tagesordnung: Gegenseitige Anerkennung als alleinige und ausschließliche Vertretung von Bühnenleitern und Bühnenangehörigen. Unveränderte Geltung des Normalvertrages gemäß Kontrollratsverordn. Nr. 56 vom 30. 6. 1947 und Direktive Nr. 74. Verpflichtung zur Mitgliedschaft bei der Münchener Versorgungsanstalt. Es wurde folgende Pressenotiz aufgenommen: Auf Einladung des Präsidenten des Deutschen Bühnenvereins, Oberbürgermeister Dr. Pünder, berieten am 22. und 23. August in Köln Delegierte der Deutschen Bühnengenossenschaft und des Deutschen Bühnenvereins wichtige Fragen des Theaters. Getreu einer mehr als 70jährigen Tradition erkannten die Verbände sich gegenseitig als ausschließliche Vertretungen der Bühnen und ihrer Leiter einerseits und der Bühnenangehörigen andererseits an und beschlossen, in den grundsätzlichen Fragen des Theaterlebens künftig wieder gemeinsam zu handeln. Bei dieser ersten Zusammenkunft wurde festgestellt, daß der Normalvertrag zwischen Theater und Bühnenmitglied unverändert in Geltung ist. Die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit wurde bestätigt. Eine Musterbetriebsvereinbarung zwischen den beteiligten Verbänden wurde in Aussicht genommen. Die katastrophale Ernährungslage gefährdet die Theater ernsthaft, da . . ." usw.

Inwieweit hierdurch allerdings bereits eine tarifvertragliche Neuverbindlichkeit derart eingeleitet wurde, daß die spätere Regelung des § 9 TVG über die F o r t g e l t u n g der Tarifordnungen zur Verdrängung durch neue Tarifverträge gegenstandslos gemacht wurde, bedürfte näherer Prüfung unter Beachtung der Gesetzgebung des Kontrollrates und der Länder in der Übergangszeit sowie etwa erfolgter Anmeldungen zu'Tarifregistern der Länder, bzw. Bizone. Dies ist wohl zu verneinen, da der Beschluß —als „Pressenotiz" —lediglich eine bestätigende Erweiterimg des Kontrollratsrechtes über die Fortgeltung der Tarifordnungen zum Inhalt hat. Ob und inwieweit die später erfolgte Bezugnahme der Verbände auf das Tarif- und Normalvertragsrecht eine tarifvertragliche Neukonstitution bedeutete, ist eine für die Zukunft unter Umständen wichtige Frage. Eine Neueintragung der vorerwähnten Tarif- und Normalverträge im Tarifregister beim Bundesarbeitsministerium ist jedenfalls bisher nicht erfolgt; es fehlt insbesondere auch eine neue Allgemeinverbindlichkeitserklärung, die früher (vor Deklarierung als Tarifordnungen) vorlag, aber bei derzeitiger Fortgeltung der Tarifordnungen als Tarifverträge zunächst überflüssig erscheint1). l ) Die bundesrechtliche Einheitlichkeit einschl. West-Berlin ist im Anschluß an die Teilgeltung im Rahmen des Vereinigten Wirtschaftsgebietes (ohne franz. Zone) durch das Gesetz zur Erstreckung des Tarifvertragsgesetzes v. 23. 4 . 1 9 5 3 (BGBl. 1953, I, S. 156) hergestellt worden, womit auch die Anmeldungen zum Tarifregister beim Bundesarbeits-

Alte und neue Tarifverträge, fortgeltende Tarifordnungen

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Lediglich tarifrechtliche Z u s a t z r e g e l u n g e n aus der Zeit nach 1945 sind — neben Verfahrens- und altersversorgungsrechtlichen Tarifverträgen — im Bundes-Tarifregister als Überlandtarifverträge neu eingetragen worden, so die Regelungen über die M i t t e i l u n g s p f l i c h t im Falle der NichtVerlängerung von Bühnendienstverträgen vom 10. 10. 1947 (XXX/Ü/lla), über die Änderung des Tarif- und Normalvertrages betr. Zuschläge für Mehrarbeit vom 14.10. 1948 (XXX/Ü/llb) 1 ), über die Errichtung von S c h i e d s s t e l l e n aus Anlaß des § 27 UG vom 31. 5. und 12.12.1949 (XXX/Ü/34 undll), der Tarifvertrag (Mantelvertrag) für T e c h n i s c h e B ü h n e n v o r s t ä n d e vom 18. 2. 1955 ( X X X / Ü / l l k , Verzeichnis Nr. 915/1955), die R ü c k n a h m e der Kündigung2) der Tarifvereinbarung über die Mitteilungspflicht vom 10. 10. 1947 durch den Deutschen Bühnenverein vom 11.3. 1955 ( X X X / Ü / l l e l , Verzeichnis Nr. 1753/1955), der Tarifvertrag betr. Zahlung von Bezügen, bzw. Zuschüssen im K r a n k h e i t s f a l l e (Änderung der Normal vertrage) vom 15. 9. 1955 ( X X X / Ü / l l n , Verzeichnis Nr. 2891/1955), alles gültig für die Bundesrepublik Deutschland einschl. West-Berlin. Auch die B e s c h l ü s s e des T a r i f a u s s c h u s s e s stellen ergänzendes Recht dar, soweit sie im Rahmen seiner Zuständigkeit zur Vertragsauslegung, -ergänzung und -ausnähme Hegen (Ziff. III der Tarifverträge für Solo, Chor und Tanz). Beispiele finden sich im Text (S. 252 zu § 27 UG; S. 228 zu § 5 des Normalvertrages für Chor und Tanz). Zu dem normativen Charakter der Beschlüsse der Tarifausschüsse vgl. S. 252. Auf den I n h a l t der Tarif- und Normal vertrage braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Er wird als bekannt vorausgesetzt und im Hauptteil an Hand der Schiedssprüche vielseitig erörtert werden. Herministerium vereinheitlichende W i r k u n g erhielten. D a s TVG ist durch das Tarifvertragsgesetz f ü r Groß-Berlin v. 12. 9. 1950 (GVB1. 1950, S. 417) auf West-Berlin ausgedehnt worden, während in der Sowj. Zone u n d Ost-Berlin die Verordnung über Kollektivverträge v. 8. 6 . 1 9 5 0 (GBl. d. D D R 1950, S. 493) mit Außerkraftsetzung aller bisherigen Tarifordnungen (§ 23) gilt. ') Seit 1. 1. 1955 aufgehoben durch Tarifvertrag vom 30. 4. 1955. ») Die GDBA h a t t e der „ K ü n d i g u n g " widersprochen, soweit es sich u m einen in der Tarifvereinbarung festgestellten und seinem Wesen n a c h unkündbaren „ B ü h n e n b r a u c h " handele. Die R ü c k n a h m e erfolgte, weil sich die GDBA auf Verlangen des D B V zur Rückn a h m e der Berufung in einem grundsätzlichen Aufhebungsverfahren über die U n k ü n d b a r keit von Betriebsratsmitgliedern beim LAG F r a n k f u r t / M . nach § 110 AGG verpflichtete (vgl. Schiedsspruch des Bühnenoberschiedsgerichts 2/53, S. 194). Der D B V h a t t e seinem Verlangen dadurch Nachdruck verliehen, daß er bereits in alle Engagementsverträge u n t e r Beunruhigung der Mitglieder einen Vermerk über die ungeklärten Folgen der K ü n d i g u n g der Tarifvereinbarung betr. Mitteilungspflicht hineinnehmen ließ; in der T a t würde die streitige Auseinandersetzung hierüber bei Durchschreitung aller Instanzen eine bedrohlich lange Zeit gedauert haben. Jedenfalls eine neue A r t des arbeitsrechtlichen Kampfes auf breitester Basis. Ob die R ü c k n a h m e jener Kündigung angesichts des BühnenbrauchC h a r a k t e r s der Regelung nötig war, bleibt offen. Sie wirkte zumindest f ü r die Z u k u n f t klarstellend, d a die vorsorglich erfolgte Zustimmung der GDBA zur R ü c k n a h m e eine evtl. erforderliche Neuvereinbarung tarifrechtlicher Art b e d e u t e t ; daher ist die R ü c k n a h m e der K ü n d i g u n g im Tarifregister vermerkt, aber unter Beachtung des hier Gesagten für die Zuk u n f t n i c h t mißzuverstehen. 1»

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Einleitung: Rechtsgrundlagen — Materielles Recht

vorzuheben ist, daß die Tarifvorschriften nicht nur durch ihre Unterstreichung des sozialwirtschaftlichen Schutzes der Bühnenmitglieder, sondern gerade auch durch die Gewährleistung der künstlerischen Arbeits- und Entfaltungsbedingungen gekennzeichnet sind. Damit zielen sie nicht nur auf das Wohl des einzelnen Bühnenmitglieds, sondern des ganzen künstlerischen Theaterbetriebes ab und bieten so dem Bühnenleben als Kulturerscheinung überhaupt eine Garantie. An der Spitze steht hier das „Beschäftigungsrecht" des Bühnenkünstlers, das zu einer modernen Frage des Arbeitsrechts überhaupt geworden ist 1 ). Dem Bühnenkünstler, der sich im Vordergrund aller vom Tarifrecht erfaßten Berufsgruppen des Bühnenarbeitsrechts befindet, kommt außer der Gage auch und vor allem die künstlerische Arbeitsmöglichkeit zu. Im Aufstieg zum besseren und besten Künstler liegt nicht nur dessen persönliche Befriedigung, sondern eine Erfüllung der Kultursehnsucht der Umwelt. Der Maler, der Dichter kann zunächst einsam vor sich hin schaffen, der Bühnendarsteller ist Künstler nur mit anderen zugleich und nur in Aktion vor der Öffentlichkeit. Hierin liegt ein besonderes Problem seines künstlerischen Schaffens und seines arbeitsrechtlichen Schutzes. Die Tarifordnung über die A l t e r s - und H i n t e r b l i e b e n e n p f l i c h t v e r s i c h e r u n g vom 27. 10. 1937 sowie die U r l a u b s o r d n u n g vom 8. 10. 1938 und 6. 2. 1940 (RArbBl. 1937 VI, 1080; 1938 VI, 1408; 1940IV, 425) gelten nach § 9 TVG weiter und sind durch diesbezügliche Z u s a t z - T a r i f v e r t r ä g e über die Altersversorgungs- und Sozialabgabe vom 21. 8. 1948 und 6. 12. 1949 (XXX/Ü/33 und 10), über Ausnahmen von der Versicherungspflicht vom 10. 12. 1949 ( X X X / Ü / l l d ) sowie über die Pflichtversicherung bei Privattheatern vom 7. 3. 1951 und 14. 7.1952 ( X X X / Ü / l l e und i) ergänzt worden. Inwieweit das Abkommen der Verbände über die Regelung der A n f ä n g e r f r a g e n und den P r ü f u n g s z w a n g vom 10.2. 1949 ( X X X / Ü / l l c ) als Tarif-Normenvertrag anzuwenden ist, bleibt im Einzelfall festzustellen; die Eintragung im Tarifregister entscheidet hierüber nicht. Die sozialen Bedingungen des Bühnenberufsstandes sind heute in ihren vordringlichsten Forderungen erfüllt — als Ergebnis einer langen Geschichte von der gesellschaftlichen Verfemtheit der Bühnenkünstler bis zu ihrer betonten Herausstellung in vielen Beziehungen des öffentlichen Lebens und Interesses 2 ). Stellt das Tarifrecht das engere Gesetz des bühnenkünstlerischen Lebens dar, so ist aus dem allgemeinen bürgerlichen Recht das D i e n s t v e r t r a g s r e c h t (§§ 611 ff. BGB) neben den sonstigen allgemeinen Bestimmungen über den Vertragsverkehr, soweit sie mit arbeitsrechtlichem ') N i k i s c h , Arbeitsrecht, S. 436. •) B r ü c k n e r , Die rechtliche Stellung der Bühnenkünstler in geschichtlicher Entwicklung, S. 74 ff.

Dienstvertragsrecht, Allgemeines Arbeitsrecht, Bühnenbräuche

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Denken vereinbar sind, zur weiteren Klarstellung von Zweifelsfragen heranzuziehen. Es ist von wenig praktischer Bedeutung, ob dies hinsichtlich des Dienstvertragsrechts unmittelbar oder analog geschieht. Denn auch im ersteren Falle hat dies seine Grenzen am Buchstaben oder Geiste des Tarifrechts als spezieller Verbots- oder Gebotsnorm von Gesetzeskraft, wobei das Tarifrecht wiederum entscheidend von den heutigen personenrechtlichen, nicht nur „schuldrechtlichen" Grundsätzen des Arbeitsrechts beherrscht wird1). Das a l l g e m e i n e , g e s e t z l i c h e A r b e i t s r e c h t ist der Rahmen, in den das Arbeitsrecht der Bühne eingepaßt werden muß. Da nach der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts nicht alle allgemeinen Arbeitsgesetze im Bühnenrecht zur Anwendung gelangen (z. B. für den meist vorliegenden Zeitvertrag nicht die Kündigungsschutzbestimmungen der Kündigungsschutz-, Betriebsverfassungs-, Mutterschutz- und Schwerbeschädigtengesetze, S. 194), gilt dies jedenfalls für allgemeine „Grundsätze", wie es ausdrücklich in Ziff. IV Abs. 1 der beiden Tarifverträge für Solo bzw. Chor und Tanz heißt: „Die Schiedsgerichte urteilen nach den für die Arbeitsgerichte maßgebenden Grundsätzen."

Dies ist materiellrechtlich zu verstehen, da die prozessuale Regelung des Schiedsgerichtsverfahrens im vorhergehenden Satz der Ziff. IV Abs. 1 besonders erwähnt ist 2 ). Derartige Grundsätze, ausgehend von der Fürsorge- und Treupflicht, sind im 1. Teil, VIII (S. 197ff.)näher behandelt. b) B ü h n e n b r ä u c h e Zur Rechtsauslegung oder Anspruchsbegründung dienen ebenso wie im sonstigen Rechtsverkehr so auch im Bühnenrecht die besonderen Verkehrssitten, die örtlich oder allgemein sich bilden können. Im Sinne der Einheitlichkeit, die für die Künstler mit ihren wechselnden Engagements anzustreben ist, liegt es, wenn gerade solchen allgemeinen Sitten Beachtung geschenkt wird, wozu die Schiedsgerichte auf Grund ihrer Fachkunde in der Lage sind. Solch B ü h n e n b r a u c h , dessen rechtlich verschiedene Bedeutimg hier der Erörterung bedarf, ist jedenfalls nicht ausschließlich als bloße Auslegungsregel für den Vertrag denkbar, auch nicht nur eine tatsächliche Verkehrssitte. Freilich kann er als Grundlage für die Annahme eines zu v e r m u t e n d e n , beiderseitigen P a r t e i w i l l e n s dienen 3 ). Er kann lokal ') N i k i s c h , Arbeitsrecht, S. 134. ') Wegen der Bindung des Schiedsgerichts an das materielle Recht vgl. auch S. 10, Anm. 2. •) K u t z e r , Das Dienstrecht der Bühnenmitglieder, S. 7, stellt es im Zeichen früheren Rechtsdenkens nur auf den vermuteten Parteiwillen ab: „Das Wesen des Bühnenbrauchs als Sitte im Rechtsverkehr ist also, daß ein bestimmter Inhalt des Dienstverhältnisses selbstverständlich ist. Es wird .vermutet", daß die Parteien diesen Inhalt wollten, weil er üblich ist."

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Einleitung: Rechtgrundlagen — Materielles Recht

beschränkt oder räumlich umfassend sein und nach einem Spruch des Bühnenoberschiedsgerichts 12/41 hierüber hinaus zum festen Rechtssatz werden: „Daß ein Bühnenbrauch, d. h. eine im Bühnenleben tatsächlich herrschende Übung, in der sich niederschlägt, was im Verkehr bei gleichen Fällen tatsächlich Regel ist (Entscheidung des Oberschiedsgerichts vom 13. 11. 1928— Ufita 2, 113ff.), eine verbindliche Rechtsquelle ist, kann gewiß nicht zweifelhaft sein, und davon ist natürlich hier auszugehen. Seine Bedeutsamkeit zu leugnen, hieße an einer Grundlage des Bühnenrechts rütteln und eine in aller Regel gesunde Entwicklung, deren Ergebnis Befriedung und Sicherheit im Bühnenleben gewährleistet, zum Nachteil aller Beteiligten ungeschehen machen."

Dem Bühnenbrauch kann sogar u n a b d i n g b a r e Kraft zukommen, wie das Gericht in bedeutsamer, jedoch noch wenig ausgewerteter Weise anerkennt (11/53): „Ein Bühnenbrauch würde eine solche Sonderabrede nur dann aussehließen, wenn etwa jede Abweichung, sei es nach oben oder unten, nach seiner Inhaltsnorm nichtig sein soll. Wenn dieses Merkmal der Unabdingbarkeit in einem Bühnenbrauch zum festen Rechtssatz werden soll (vgl. BOSch 0. 12/41), so bedurfte es immerhin hierzu einer eindeutigen Übung, die sich aus der Beweisaufnahme nicht feststellen läßt."

Bei den konstruktiven Grenzen der Unabdingbarkeit würde näher zu prüfen sein, ob die Überschreitung der Gewohnheitsnorm nach oben —also nicht nur nach unten — wirklich ausgeschlossen bleiben müßte. Denn außerhalb der gewollten Normenweite werden einzelvertragliche Abweichungen durch das Verbot der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB oder durch die Wahrung der Fürsorgepflicht doch wohl nur nach unten, zum Schutz des sozial Schwächeren, zu begrenzen sein, so daß die evtl. Unabdingbarkeit arbeitsrechtlichen Gewohnheitsrechts (Bühnenbrauchs) nur in dieser Richtung abgesichert werden müßte. Der Hinweis des Gerichts in 11/53 ist umso wichtiger, als der Tarifvertragskampf durch das Institut eines derartigen Bühnenbrauchs gemildert werden und andererseits eine Fortentwicklung des Arbeitsrechts trotz tarifrechtlichen Rückstandes stattfinden kann 1 ). So ist es manchmal von Wert, festhalten zu können, daß eine tarifvertragliche Regelung unter Umständen nichts anderes als ein tarifvertraglich gefaßter Bühnenbrauch ist, der hierdurch entweder seine Unabdingbarkeit gewinnt oder bestätigt erhält (vgl. den in der Tarifvereinbarung vom 10. 10. 1947 über die Mitteilungspflicht bei NichtVerlängerung von Verträgen sogar ausdrücklich genannten, aber modifizierten „Bühnenbrauch"). Hier eröffnet ') Diese Frage hat den DBV in eine Auseinandersetzung mit der Deutschen Orchestervereinigung e. V. gebracht, die die „gewollte Tarifunfähigkeit" des DBV wegen mangelnder Wahrnehmung des Rechts zum Abschluß von Tarifverträgen mit der GDBA behauptete, aber hiermit vor dem ArbG Köln (BV 7/55, vgl. S. 47, Anm. 1) nach erfolgter Beweisaufnahme nicht durchdrang; rechtskräftig bestätigt vom LAG Düsseldorf 2a BV-Ta 6/55.

Bühnenbräuche (Normenwirkung, Entstehung)

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sich nach vielen Richtungen hin eine arbeitsrechtliche Problematik, besonders in der Frage der Kündbarkeit von Tarifverträgen, die an dieser Stelle nur angedeutet werden kann (S. 3)1). Nach alledem kann heute der „Bühnenbrauch" in verschiedenen Erscheinungen auftreten: als beiderseitiger, vermuteter, aber nicht ausgesprochener Parteiwille des Einzelvertrages oder als selbständiges Gewohnheitsrecht mit abdingbarem, evtl. unabdingbarem Normeninhalt 2 ). Die E n t s t e h u n g eines Bühnenbrauchs kann lokal oder generell durch Beschlüsse des Tarifausschusses der Berufsverbände in Auslegung der Tarifverträge oder durch einseitige Empfehlungen der Verbände, insbesondere auf Seiten der Theaterveranstalter, erfolgen, ein Weg, der vielfach im Tarifvertragskampf ausweichend gegangen wird, dann aber ebenso oft die bestätigende Wirkung eines tatsächlich folgenden Bühnenbrauchs vermissen läßt (z. B. Empfehlung über den O b m a n n s c h u t z vom 22. 4. 1950), wohl auch angesichts der Vorsicht des Oberschiedsgerichts bei entsprechender Brauch-Peststellung. Ein Beispiel für positiv entwickelten Bühnenbrauch bildet die seinerzeitige Richtlinie des Präsidenten der Reichstheaterkammer vom 27. 12. 1939 über die N i c h t v e r l ä n g e r u n g v o n V e r t r ä g e n 3 ) . Im Anschluß an eine in der Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichte seit langem festgestellte Bühnenpraxis über die rechtzeitige Mitteilung der NichtVerlängerung von befristeten Engagementsverträgen ist hier erstmals näher festgelegt worden, welche verschiedenen Mitteilungstermine für Verträge je nach der Beschäftigungsdauer als angemessen gelten können, während bei einem über 15 Jahre an einer Bühne tätigen Mitglied sogar grundsätzlich die Beibehaltung „erwartet" wird, sofern nicht eine Pensionierung oder eine anderweitige Verwendung erfolgt. Ein weiteres Beispiel ist die Regelung der Berliner S t ü c k d a u e r - V e r t r ä g e vom 22. 6. 1937 gewesen3). Auch und gerade die F ü r s o r g e p f l i c h t ist Quelle etwa zunächst einzelbetrieblicher, dann aber sich verallgemeinernder, konkreter Übun*) F i n k e l s t e i n , Das Recht des Bühnen- und Filmschauspielers auf Beschäftigung, erkennt das Beschäftigungsrecht der Bühnenkünstler „abgesehen von der positiven Regelung des Tarifvertrages — auf Grund bestehenden Gewohnheitsrechts" an (S. 55) und benutzt gegenüber der Feststellung als Gewohnheitsrecht die tarifvertragliche Regelung nur als bestätigendes Argument (S. 56); Hinweis auf KG 1917 S. 488. >) W e h n e r , Der Bühnenbrauch als Rechtsquelle, behandelt 39 Bühncnbräuche und stellt davon 6 unabdingbare fest (Mitteilungspflicht; Beschäftigungsanspruch mit Ausschluß der Versagenshaftung, aber mit Recht auf Proben; Kunstgattungsbestimmung; Anstellungsurlaub; Spielzeitvertrag bei unklarer Vertragsdauer; Allein-Vertretungsrecht des Intendanten); weitere 10 Bühnenbräuche werden als abdingbar (dispositiv), 7 als Verkehrssitten, 7 als allgemeine Rechtssätze und 5 als nicht (mehr) bestehend erörtert. Die systematische Aufgliederung verdient Zustimmung, die einzelne Eingliederung ist auf Grund der persönlichen „Umfrage"methode des Verfassers kaum endgültig-stichhaltig, soweit sie sich nicht auf Sprüche der Schiedsgerichte, sondern auf Auskünfte einzelner Bühnenangehörigen stützt. Das rechtliche Nebeneinanderbestehen von Bühnenbrauch und tarifvertraglicher Regelung wird wissenschsaftlich näher begründet (S. 27, 34). ') Abgedruckt in Das Arbeitsrecht der Bühne, 1943. 1. Aufl., S. 226, 228.

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Einleitung: Rechtsgrundlagen — Verfahrensrecht

gen bei der Vertragserfüllung im Sinne gewohnheitsrechtlicher Normensetzung 1 ). Damit eröffnet sich durch die Fürsorgepflicht auch beim Bühnenbrauch als Rechtsgrundlage ein rechtsförderlicher, neuer Weg (S. 198). Bei Beachtung solcher Grundsätze liegt alsbald ein entsprechender Bühnenbrauch vor. Mit der Bildung dieser Gewohnheiten entstehen auf Grund des beiderseitigen Bewußtseins, daß sie der Ordnung dienen sollen, schließlich Rechtssätze in den verschiedenen, oben erwähnten Bedeutungen. Wenn das Oberschiedsgericht die Anforderungen an den Bühnenbrauch streng faßt, ja sogar — wie es scheint —• teilweise entgegen der ausdrücklichen Absicht tarifvertraglicher Vereinbarung wie bei der Regelung der Mitteilungspflicht (S. 177), so muß wohl beachtet werden, daß die restlose Vollständigkeit der Erscheinungen und ihrer Kongruenz kaum verlangt werden kann; es kommt auf die übereinstimmende Uberzeugung in den großen Linien an, die in ihrer überwiegenden Maßgeblichkeit nicht durch Abweichungen oder Unterbrechungen entscheidend negativ beeinflußt werden können, vielmehr einem nunmehr einsetzenden Regulativ durch die Rechtsprechung oder die Tarifvertragsparteien auszusetzen sind. Sonstige zahlreiche positive Beispiele, gerade aus bloßer Rechtsprechung (ohne leitende „Empfehlungen"), sind im folgenden immer wieder anzutreffen, vor allem bei der Intendanten-Vollmacht für den Vertragsabschluß (S. 44), Arbeits- und Urlaubszeitfragen (S. 242), Sondervergütungen (S. 220) usw. (vgl. Stichwortverzeichnis „Bühnenbrauch"). In jedem Fall ist der Bühnenbrauch jeweils als Tatbestand von derjenigen Partei, die sich auf ihn beruft, n a c h z u w e i s e n , soweit er nicht — gerade bei den Bühnenschiedsgerichten — als gerichtsbekannt vorausgesetzt werden kann. 2. Verfahrensrecht Das Bühnenarbeitsrecht ist durch die B ü h n e n s c h i e d s g e r i c h t s o r d n u n g im Tarifvertrag für die Bühnenschiedsgerichte vom 1. 10. 1948 (Tarif-Reg. Nr. XXX/Ü/1) der Arbeitsgerichtsbarkeit gemäß § 101 I I AGG entzogen, soweit es sich um tarifgebundene oder solche Personen handelt, die ohne Mitgliedschaft zu den Tarifverbänden die Schiedsgerichtsklausel ausdrücklich und schriftlich in Verbindung mit der Anwendung des Tarifvertrages (als Arbeitsvertragsgrundlage infolge Allgemeinverbindlichkeit oder infolge vertraglicher Bezugnahme) vereinbart haben. Die staatlichen Gerichte, insbesondere die Arbeitsgerichte haben auf Einrede (§ 102 AGG) derartige Streitsachen an das zuständige Bühnenschiedsgericht abzugeben. Hierbei entsteht allerdings keine Verweil ) S i e b e r t , Unternehmerrisiko, betriebliche Übung und Arbeitsvertrag, Der Betriebsberater, 1955, S. 871.

Bühnenschiedsgerichtsbarkeit (Zuständigkeit)

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sungsmöglichkeit mit Bindung des — nichtstaatlichen — Schiedsgerichts, so daß es in der Zuständigkeitsprüfung frei bleibt und gegebenenfalls die Sache wieder an jenes abgeben (nicht verweisen) kann (§§ 11, 275 ZPO, § 48 AGG). Das gleiche gilt für den umgekehrten Fall. Die Grenzen der Z u s t ä n d i g k e i t hegen oft in fachlichen Fragen richtiger Berufseinordnung, so daß der Auffassung der Schiedsgerichte zur Zuständigkeitsfrage im Einzelfall erhöhte Bedeutung zukommt. Jedenfalls sind Dauer- und Gastspielverträge der Schiedsgerichtsklausel fähig, da letztere nicht Werkverträge, sondern ebenfalls Dienstverträge bühnenarbeitsrechtlicher Art sind (S. 21). Die S c h i e d s g e r i c h t s k l a u s e l 1 ) hat folgenden Wortlaut: „§1 Geltungsbereich 1. Über bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Theaterveranstaltern und Bühnenangestellten im Sinne des Artikel 2 des Arbeitsgerichtsgesetzes entscheiden unterAusschluß der Arbeitsgerichtsbarkeit ständige Schiedsgerichte."

Absatz 2 definiert die Bühnenangestellten im Sinne der Schiedsgerichtsordnung als „alle kulturell schaffenden Personen an deutschen Theatern", wozu insbebesondere folgende Berufsgruppen gezählt werden: Einzeldarsteller, Kapellmeister, Spielleiter, Dramaturgen, Singchordirektoren, Repetitoren, Inspizienten, Souffleure und Personen in ähnlicher Stellung, technische Vorstände (die Vorstände des Maschinenwesens, des Dekorations- und Kostümwesens und Personen in ähnlicher Stellung, soweit sie dem Betrieb verantwortlich vorstehen), ferner künstlerische Beiräte, Mitglieder des Chors und der Tanzgruppe und Theaterfriseure. Da diese Berufsabgrenzung des „Bühnenkünstlers" im weitesten Sinne seit Jahrzehnten besteht, dürfte sie auch für den gleichlautenden Begriff in § 101 I I AGG maßgeblich sein, zumal hier auch noch Filmschaffende und Artisten genannt sind, ebenfalls weitgesteckte Begriffe. Es muß also der Organisationsrahmen entscheiden. Absatz 3 der Schiedsgerichtsklausel bestimmt, daß zu den Bühnenangestellten nicht der Bühnenleiter („Intendant" des öffentlichrechtlichen, „Direktor" des privatrechtlichen Betriebes) rechnet 2 ). § 2 AGG ist einschränkungslos in bezug genommen worden, so daß gewisse zurückhaltende Rechtsmeinungen, die hinsichtlich der Frage der schiedsrichterlichen Unterwerfung von Rechtsstreitigkeiten wie z. B. über Zustandekommen oder Nachwirkungen eines Arbeitsvertrages oder ') Da die Bühnenschiedsgerichtsordnung als tarifvertraglicher Nachtrag (in Schriftform) zum bestehenden materiellen Tarifrecht gelten soll, ergeben sich daraus, daß sie selbst keine materiellen Regelungen trifft, keine Gültigkeitszweifel, D e r s c h - V o l k m a r , AGG Komm. § 101 Anm. 4b. a ) Er scheidet, wenn er als Schauspieler o. dgl. Mitglied der GDBA ist, aus dieser wegen der Leitungsfunktion regelmäßig aus und wechselt in den DBV über. Wegen der damit verbundenen Frage der Gegnerreinheit der Tarifvertragsverbände, vgl. S. 47.

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Einleitung: Rechtsgrundlagen — Verfahrensrecht

über Verschulden bei Vertragsabschluß bestanden, keine Stütze erhalten haben 1 ). Es besteht hiernach auch kein zwingender Anlaß, die Klausel etwa dahin einzuengen, daß, wie man aus der bloßen Gegenüberstellung der Hauptparteien (Theaterveranstalter—Bühnenmitglieder) in der Schiedsgerichtsklausel entnehmen zu müssen glauben könnte, nicht die Streitigkeiten der Beschäftigten untereinander aus gemeinsamer Arbeit (in ein und demselben Betriebe) von ihr miterfaßt sein sollen. Es fallen allerdings nicht hierunter Streitigkeiten des Mitglieds mit dem Bühnenleiter, da dieser nach § 1 I I I nicht „Bühnenangestellter" im Sinne der Bühnenschiedsgerichtsordnung ist, das Mitglied mit solchen Ansprüchen aus „gemeinsamer Arbeit" also vor das Arbeitsgericht zu gehen hätte, sofern die Schiedsgerichtsbarkeit nicht vereinbart wird. Die Bühnenschiedsgerichtsordnung trifft auf s ä m t l i c h e T h e a t e r v e r a n s t a l t e r zu, mag es sich um öffentlichrechtlich geführte Betriebe oder private Unternehmungen handeln. Da im übrigen die Schiedsgerichtsklausel k e i n e r l e i m a t e r i e l l r e c h t l i c h e B e s c h r ä n k u n g auf bestimmte Vorschriften — etwa die des Normalvertrages — enthält, bezieht sie sich auf sämtliche materiellrechtlichen Rechtsvorschriften für das Arbeitsverhältnis aus Gesetzes- oder Tarifrecht, soweit nicht gesetzliche Ausnahmen statuiert sind (z. B. S. 248). Das Schiedsgericht ist an das materielle Recht gebunden 2 ). Auch eine Streitigkeit über eine Provision- aus der Bühnenvermittlung kann von der tariflichen Schiedsklausel erfaßt werden, sofern der Streit z. B. darin besteht, daß der Veranstalter einen Provisionsabzug von der Gage macht, den das Mitglied für ungerechtfertigt hält. Hier würde ein Streit aus dem Arbeitsverhältnis nach § 2 AGG vorliegen. Schließlich sind auch die an Dritte abgetretenen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis von der Schiedsgerichtsklausel erfaßt (§ 2 IV AGG). Der Deutsche Bühnenverein und die Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen sind T r ä g e r der Schiedsgerichte und richten sie ein, verwaltungs- und aufsichtsmäßig. Das bedeutet nicht, daß sie gegenüber den richterlichen Vorsitzenden und deren Vertretern, die die Befähigung zum Richteramt haben müssen, aber außerhalb dieser Berufung nicht Angestellte oder Beamte von Theaterveranstaltern oder Städten sein dürfen ( § 6 1 BSchGO), oder gegenüber den sachverständigen, von den Berufsverbänden zu stellenden Beisitzern irgendwelche Anweisungsbefugnisse hätten. Diese genießen vielmehr völlige r i c h t e r l i c h e U n a b h ä n g i g k e i t , die durch die Unabsetzbarkeit auf zunächst ein Jahr, dann weitere drei Jahre garantiert ist (§§ 2, 5, 6 BSchGO). B e z i r k s s c h i e d s *) So jetzt auch D e r s c h - V o l k m a r , AGGKomm. § 101 Anm. 5b. ') D i e t z - N i k i s c h , AGGKomm. § 104 Anm. 12, leiten die Bindung des Schiedsgerichts an das materielle Recht insbesondere aus der jetzigen Fassimg des § 110 I Nr. 2 AGG ab, wonach das Aufhebungsverfahren nicht nur beim Verstoß gegen zwingende gesetzliche Vorschriften, sondern bei Verletzung einer jeglichen Rechtsnorm zulässig geworden ist.

Bühnenschiedsgerichtsbarkeit (Verfahren)

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g e r i c h t e (1. Instanz) bestehen in Berlin, Hamburg, Köln, Franfurt/M., München. Das O b e r s c h i e d s g e r i c h t (2. Instanz) befindet sich in Frankfurt/M. mit einem Berliner Senat (derzeit mit dem gleichen Vorsitzenden besetzt). R e c h t s a n w ä l t e und Angestellte oder Beamte der Theaterveranstalter können vor den Schiedsgerichten als Bevollmächtigte unbeschränkt auftreten (§ 14 BSchGO). Die V e r f a h r e n s v o r s c h r i f t e n sollen hier nicht näher dargestellt werden. Es wird auf die Bühnenschiedsgerichtsordnung verwiesen. Kennzeichnend ist, daß die Schiedsgerichte, wenn auch nach § 39 BSchGO die Verfahrensvorschriften des AGG (aber nach § 101 I I I AGG nicht auch diejenigen der ZPO) zur Ergänzung entsprechend heranzuziehen sind, ein grundsätzlich freies Verfahren, auch ohne Bindung an Parteianträge im Wege initiativer Tatsachenermittlung 1 ), durchführen können (§ 104 AGG). Dabei darf der gesetzlich gesicherte Grundsatz der Anhörungspflicht beider Parteien (§ 105 AGG) nicht verletzt werden. Eine Vereinfachung ist im Zusammenhang mit der Erfahrung und Sachkunde der Beisitzer vielfach gerade auf dem Gebiet der Beweiserhebung — etwa durch die Ausdehnung der Vermutungspraxis auf Grund gericht ; licher Sachkunde 2 ) — möglich, wovon jedoch nur sparsam Gebrauch gemacht wird, um die Gefahr einer schematischen Prozeßverkürzung zum Nachteil einer Partei zu vermeiden sowie die Fach- und Lebenskenntnis des Gerichts zu erweitern. Jedenfalls liegt in dieser Möglichkeit ein Vorzug der Schiedsgerichtsbarkeit zur Beschleunigung des Verfahrens, der gegenüber dem etwas langwierigen Verfahrensanlauf infolge der notwendigen, zentralen Rechtsschutzbearbeitung auf Seiten der Verbände, insbesondere der meist die klägerische Seite betreuenden Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen, zeitlichen Ausgleich bietet. Die staatlichen Gerichte leisten im Beweisverfahren notfalls Rechtshilfe, vor allem zwecks Beeidigung von Zeugen oder neuerdings auch der Partei (§ 106 I I AGG)3). Das förmliche VerSäumnisverfahren ist nur in dem Sinne vorgesehen, daß das tatsächliche Vorbringen durch den nicht erschienenen Gegner als zugestanden zugrunde gelegt werden kann, so daß die Entscheidung immer eine fachlich geprüfte Sachbeurteilung bleibt (§ 24 BSchGO). Der nach nichtöffentlicher Beratung und Abstimmung ergehende Schiedsspruch (§ 25 BSchGO) enthält wie ein Urteil der staatlichen Gerichte außer dem Urteilstenor noch eine Begründung (Tatbestand und Ent») D e r s c h - V o l k m a r , AGGKomm. § 106 Anra. 7. ') D i e t z - N i k i s c h , AGGKomm. § 106 Anm. 1, verlangen sachgemäße Aufklärung der Tatumstände; das Gericht dürfe sich auf die eigene Kenntnis der Schiedsrichter nur verlassen, „wenn Zweifel nicht bestehen können". *) Die Stellung des Intendanten als Art gesetzlicher Vertreter des Arbeitgebers wirft die Frage auf, ob er in dessen Prozeß mit einem Mitglied Zeuge oder Partei ist (vgl. S. 47 Anm. 1; B a u m b a c h , ZPOKomm. § 273 Ueb. 2 B „Vertreter").

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Einleitung: Rechtsgrundlagen — Schiedssprüche, Urteile

scheidungsgründe, § 26 BSchGO). Sämtliche Schiedssprüche beider Instanzen sind beim Arbeitsgericht Frankfurt/M. zu hinterlegen (§ 28 BSchGO). Die Berufung ist bei einem Wert ab 300 DM, bei Chor und Tanz ab 150 DM zulässig; sie kann in sonstigen Fällen durch das Schiedsgericht 1. Instanz bei grundsätzlicher Bedeutung der Sache für zulässig erklärt werden (§30 BSchGO) 1 ). Die Zwangsvollstreckung setzt gemäß § 109 AGG, § 37 BSchGO die Vollstreckbarkeitserklärung des Vorsitzenden des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. voraus. Die A u f h e b u n g eines S c h i e d s s p r u c h s kann nach § 110 AGG wegen Unzulässigkeit des Verfahrens, Verletzung von Rechtsnormen oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Restitutionsklage nach § 580 Nr. 2—5 ZPO durch das Arbeitsgericht in Frankfurt/M. erfolgen, das hierfür im gesamten Geltungsbereich der Bühnenschiedsgerichtsordnung allein zuständig ist (§ 38 BSchGO). Das Arbeitsgericht Frankfurt/M. hat durch Urteil vom 25. 2. 1955 (1/2 A 732/54) rechtskräftig festgestellt, daß diese Zuständigkeitsabrede nach § 48 I I AGG durch die erweiterte Neufassung des jetzigen AGG in § 1101, 2 nicht etwa gegenstandslos geworden, sondern verbindlich geblieben ist2). Es spricht im übrigen für die Überzeugungskraft der Schiedssprüche, daß von dem Aufhebungsverfahren nur ganz vereinzelt Gebrauch gemacht worden ist. Allerdings sind Erfahrungen abzuwarten, die sich aus der Möglichkeit des in der Neufassung des AGG von 1953 bis zum Bundesarbeitsgericht erweiterten, früher auf das erstinstanzliche Arbeitsgericht beschränkten Instanzenzuges ergeben können. Denn es ist denkbar, daß in Prozessen, bei denen es um grundlegende Fragen des Bühnenrechts im Rahmen des Neuaufbaus der staatlichen Arbeitsordnung geht, der Kontakt zum Bundesarbeitsgericht hergestellt wird. Leitsatz bei der schiedsgerichtlichen Rechtsfindung ist die rechtliche Festigung des Berufsstandes nach gemeinsamen überlokalen Gesichtspunkten, um den schöpferischen Möglichkeiten des Schiedsgerichtsverfahrens zum Besten des Bühnen-Engagementsverkehrs, der dem Ortswechsel immer wieder ausgesetzt ist, zu entsprechen. 3. Schiedssprüche, Urteile Die B ü h n e n s c h i e d s g e r i c h t e behandeln in ihren Schiedssprüchen sowohl das Recht des S o l o - , einschl. des technischen, wie des Chorund T a n z p e r s o n a l s mit den hierzu nach § 1 I I BSchGO einzubeziehenden Berufsarten. Das Verfahrensrecht ist also für alle ein gemein') Die „grundsätzliche Bedeutung" wird man nicht nur reinen Rechtsfragen beimessen können. Das Schiedsgerichtsverfahren ist durch beide Instanzen ein einheitliches, muß sich also auch in 2. Instanz in vollem Umfang auf Tatsachen und Erfahrungssätze erstrecken; vgl. S. 271 und 258. •) So auch D i e t z - N i k i s c h , AGGKomm. §102 Anm. 31 und ausdrücklich für die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit D e r s c h - V o l k m a r , AGGKomm. § 101 Anm. 10c.

Bühnenoberschiedsgericht, Arbeitsgerichtsbarkeit

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sames. Im materiellen Recht wird jedoch gemäß den getrennten Tarifverträgen zwischen den genannten beiden Hauptberufsgruppen unterschieden werden. Im Arbeitsrecht des Solopersonals wird gelegentlich auch auf Schiedssprüche zu Chor und Tanz eingegangen, soweit es sich um gemeinsame Rechtsgrundlagen außerhalb der getrennten Normalverträge handelt (z. B. beim Recht der Mitteilungspflicht, bei den Grundsätzen des allgemeinen Arbeitsrechts oder beim gemeinsamen Urlaubsrecht usw.). Doch wird im Chor- und Tanzrecht auf solche vorbehandelten Sprüche verwiesen. Wenn sich Bestimmungen der beiden Normalverträge decken (z. B. § 3 I „festes Gehalt"), ist die Rechtsprechung zwar nach den Berufsgruppen getrennt erörtert, jedoch mit gegenseitigen Verweisungen versehen. Da im übrigen für die Chor- und Tanzgruppen auch überwiegend allgemeine Gesichtspunkte aus dem Solorecht entsprechend zugrunde zu legen sind, kann die Erörterung von Chor und Tanz kürzer sein und eine pauschale Verweisung genügen (z. B. auf die in der Rechtsprechung zum Solorecht näher erörterten Grundsätze des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder der Aufhebung des Arbeitsvertrages). Behandelt werden nur die Schiedssprüche (und einige Beschlüsse) des Bühnen ob er S c h i e d s g e r i c h t s . Die niedrige Berufungssumme sowie die Bestimmung der Bühnenschiedsgerichtsordnung, daß bei sonstigen Rechtsstreitigkeiten von grundsätzlicher Bedeutung die Berufung für zulässig erklärt werden kann (S. 12), haben es mit sich gebracht, daß alle nur irgendwie bedeutsamen Fragen vor das Bühnenoberschiedsgericht gelangt sind. Da ferner hier nicht die Aufspürung von etwa unterschiedlichen Stellungnahmen der Bezirksschiedsgerichte, sondern die Herausstellung des einheitlichen Rechts als Ziel auch der Bezirksschiedsgerichte verfolgt wird, rechtfertigt sich diese Beschränkung. Schließlich muß auch bei dem langen Alter der deutschen Bühnenschiedsgerichtsbarkeit — sie ist im Jahre 1860 durch den „Deutschen Bühnenverein" erstmalig eingeführt worden und seitdem in verschiedenen Abwandlungen tätig gewesen — eine z e i t l i c h e G r e n z e gesetzt werden, von der ab die Rechtsprechung dargestellt werden soll. Die natürliche Grenze liegt in diesem Falle bei dem Beginn des Jahres 1933 (Solo) und 1924 (Chor und Tanz), zu welchen Zeitpunkten die derzeit geltenden Fassungen der Tarifverträge unter Verarbeitung der bis dahin erfolgten Rechtsprechung geschaffen worden sind. Urteile der staatlichen, höherinstanzlichen A r b e i t s g e r i c h t s b a r k e i t würden hier ebenfalls, vor allem im Falle der Aufhebung eines Schiedsspruchs des Oberschiedsgerichts nach § 110 AGG zu erörtern sein, liegen aber als abschließende Entscheidungen insofern bisher (seit 1945) nicht vor. Doch haben die Arbeitsgerichte gelegentlich Wesentliches zum Bühnenrecht beigetragen, wenn dies einmal vor ihre Schranken kam, wie insbesondere in der Übergangszeit der teilweisen, gebietlichen Ausschaltung

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Einleitung: Rechtsgrundlagen — Schiedssprüche, Urteile

der Schiedsgerichtsbarkeit nach 1945, z. B. LAG Freiburg/Br., Sa. 30/52 über die Weitergeltung der Tarifordnungen des Bühnenrechts mit Ausnahme der Schiedsgerichtsordnungen von 1938 und 1948 im Lande Baden, Sa. 98/52 über die Zulässigkeit von Kettenverträgen im Bühnenrecht, Sa. 147/52 über die Pflicht der Vertragsverlängerung bei vorausgegangener, unangemessener Beschäftigung (ein ausführliches, die Grundsätze der Bühnenschiedsgerichtsbarkeit verwendendes Urteil) sowie auch in sonstigen Urteilen, die in verschiedenen Schiedssprüchen ausdrücklich behandelt werden und hier im Text gelegentlich zu erwähnen sind, z. B. LAG Frankfurt/M., LA 144/49, über die Unkündbarkeit von Betriebsratsmitgliedern (S. 193), ArbG Göttingen, Ca. 405/50, über die Mitwirkung des Betriebsrates bei Kündigungen (S. 193) und Ca 376/51 über unzulässige Nichtverlängerung von Verträgen (S. 189). Der bedeutsame Beschluß des LAG Düsseldorf, 2 a BV-Ta 6/55, über die Stellung der Intendanten als Art gesetzliche Vertreter der Theaterveranstalter berührt das Bühnenrecht in tarifVertrags-, materiell- und prozessrechtlicher Beziehung (S. 47 Anm. 1, S. 11 Anm. 3).

1. T e i l

ARBEITSRECHT DES SOLOPERSONALS I. Anwendung des Normalvertrages Zweifel über die Anwendbarkeit des Tarifrechts für das Solopersonal können sich insbesondere aus dem Vertragsinhalt selbst wie aus der Berufsstellung der Vertragsbeteiligten ergeben. 1. Bühnendienstvertrag a) R e c h t s n a t u r , Z w e c k b e s t i m m u n g Nach § 1 I NV beziehen sich die Bestimmungen dieses Tarifrechtsgebietes „nur" auf „Dienstverträge" zwischen Theaterunternehmern (Theaterveranstaltern) und Bühnenmitgliedern der in § 1 I I NV genannten Art. Diese normalvertragliche Begrenzung entspricht der Bestimmung in Ziff. I I 1 , 5 des Tarifvertrages, worin einerseits der diesbezügliche Unabdingbarkeitsbereich und andererseits die Beschränkung auf solche Dienstrechtsverhältnisse festgelegt ist, die nicht nach öffentlichrechtlichen Vorschriften geregelt, also p r i v a t r e c h t l i c h e r N a t u r sind. Bühnendienst ist gemeinhin kein öffentlicher Dienst. Das wurde angesichts der Gesetzgebung zu Art. 131 GG (Rechtsstellung Vertriebener des öffentlichen Dienstes) auch vor dem Oberschiedsgericht akut, das in 2/51 eine Grenzziehung gegenüber den öffentlichrechtlichen Kulturorchestern vornimmt und im Gegensatz hierzu für den nach dem Normalvertrag vereinbarten Bühnendienst feststellt: „Es kommt also für den Begriff des öffentlichen Dienstes nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitgeber ein öffentlicher Dienstherr ist, sondern vielmehr auf die Art des Betriebes, für den das Dienstverhältnis abgeschlossen wird. Nun ist auch nach dem Willen der in Präge kommenden Tarifparteien das Theaterunternehmen kein Unternehmen des öffentlichen Dienstes, denn in dem Tarifvertrag ist unter II Abs. 5 der Vorbehalt gemacht, daß der Tarifvertrag nicht für Angestellte gilt, deren Dienstverhältnis durch öffentlich-rechtliche Vorschriften bestimmt wird. Der Normalvertrag umfaßt also nur die in § 1 aufgeführten Bühnenmitglieder. Diese stehen nicht im öffentlichen Dienst, sondern im privatrechtlichen Dienstverhältnis. Die von dem Bezirksschiedsgericht als Wesensmerkmal hervorgehobene Dauer des Dienstverhältnisses und der Versorgungsanspruch ist sonach nicht entscheidend, wenngleich gerade für Dienstverhältnisse des öffentlichen Dienstes die Dauer und der Versorgungsanspruch ein besonders typisches Merkmal bedeuten..."

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1. Teil: Solo — Normalvertrag, Bühnendienstvertrag

Das wird auch in 5/53 kurz wiederholt. § 1 1 NV hat mit dem Wort „Dienstverträge" den Rechtsbegriff des auch selbständig Dienstpflichtigen nach §§611 ff. BGB übernommen. Doch weitet sich der „Dienstvertrag", wie die gesamte Rechtsprechimg des Oberschiedsgerichts zu den Fragen seiner Durchführung ergibt, jedenfalls mit seiner Erfüllung durch Eingliederung des Bühnenmitglieds in den Betrieb zu dem „ A r b e i t s v e r h ä l t n i s " in Abhängigkeit aus, wie es heute Grundlage arbeitsrechtlicher Gesetzgebimg, Rechtsprechung und Wissenschaft ist 1 ). Das Gericht läßt demgegenüber keine sachlichen Einschränkungen aus der hergebrachten Terminologie des „Bühnendienstvertrages" erkennen (S. 5). Es charakterisiert vielmehr das Bühnen-Arbeitsvertragsverhältnis in 4/54 wie folgt: „Dies entspricht auch dem Wesen des Arbeitsverhältnisses als einem vorwiegend personenrechtlichen Verhältnis, welches durch gegenseitige Treupflicht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die Fürsorgepflicht des ersteren bestimmt wird. Auch bei Bühnen eines öffentlichen Rechtsträgers kann nicht gut von .Anonymität des Arbeitgebers' gesprochen werden, da die persönliche Treupflicht gegenüber demselben Wesen und Inhalt des Arbeitsverhältnisses ausmacht."

Die Arbeits- und personenrechtliche Wertung des Bühnendienstverhältnisses unterstreicht das Gericht in 27/32, indem es die grundsätzliche Unübertragbarkeit des Dienstverhältnisses auf einen anderen Unternehmer bei mangelnder Zustimmimg des Bühnenmitglieds hervorhebt (§ 613 BGB). Die Problematik der späteren Rechtsentwicklung zur Rechts- und Betriebsnachfolge, bei der ein arbeitsrechtlicher Kern in der fortdauernden Beziehung des Beschäftigten zu dem Betrieb selbst liegt, ist damit nicht abgeschnitten. Terminologische Divergenzen werden das nicht einheitlich kodifizierte Arbeitsrecht noch lange beherrschen und sind als solche kein Maßstab für Rechtsfolgerungen. Mit der Tarifbestimmung des § 1 1 NV wird vor allem zum Ausdruck gebracht, daß die V e r p f l i c h t u n g und — in einer das Bühnenrecht kennzeichnenden, dem Beschäftigungsanspruch des Künstlers entsprechenden Weise (S. 4,5)—die B e r e c h t i g u n g zu A r b e i t s l e i s t u n g e n b ü h n e n k ü n s t l e r i s c h e r A r t Gegenstand des Vertrages und zukünftigen Arbeitsverhältnisses sein muß. Mitglied und Theater müssen hierfür zur Verfügung stehen. Ein (notfalls tarifrechtlich zu ergänzender) Vertrag ohne diesen Inhalt ist kein Bühnendienstvertrag, mag auch die Berufsstellung der Parteien an sich hierauf schließen lassen. Liegt z. B. eine vertragliche Berechtigung des Theaters auf Heranziehung des Mitglieds zur Dienstleistung nicht vor, wofür unter besonderen Umständen der vertragliche Ausschluß der nach § 6 I NV unabdingbaren Beschäftigungspflicht sprechen kann (etwa, weil dem lang*) N i k i s c h , Arbeitsrecht, S. 137; G. Müller, Zur Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, Der Betriebsberater 1955 S. 577.

Bühnenarbeitsverhältnis, Unterstützungsvertrag

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jährigen, nun aber nicht mehr verwendungsfähigen Mitglied, das keine anderweitige Vakanz finden konnte, für eine gewisse Zeit eine laufende Unterstützung gewährt werden soll), so ist ein Anwendungsfall des materiellen Tarifrechts nicht gegeben. Es ist kein Bühnenarbeitsvertrag, sondern gegebenenfalls ein U n t e r s t ü t z u n g s v e r t r a g . Das Oberschiedsgericht weist in 5/38 ein Bühnenmitglied mit der Klage ab, das aus einem solchen — hier wegen mangelnder Übereinstimmung der Willenserklärungen (Dissens nach §§ 154,155 BGB) nicht einmal zustande gekommenen — Vertrag infolge Verletzung seines vermeintlichen Beschäftigungsanspruchs nach § 6 I N V auf Schadensersatz klagte. Im Zusammenhang mit der Auslegung der beiderseitigen Willenserklärungen gelangt das Gericht zu der Feststellung: ,,a) daß ihm die monatlichen 400 RM aus rein sozialen Gründen als Unterstützung zugestanden worden seien, b) daß ihm mitgeteilt worden sei, es bestehe keine Möglichkeit, ihn zu beschäftigen, und irgendwelche Zugeständnisse auf künstlerische Tätigkeit, die als Verpflichtung der Intendanz gelten könnten, seien ihm nicht gemacht worden, c) daß ein etwaiger Vertragsabschluß' als erste Voraussetzung habe, daß der Kläger auf jeden Beschäftigungsanspruch ausdrücklich verzichten müsse."

So auch die Formulierung in 19/37: „Lag ihm aber eine solche Pflicht ob, dann handelte es sich eben um einen regulären zweiseitigen Bühnendienstvertrag und keineswegs um ,ein reines Werk barmherziger Nächstenliebe', bei dem der Kläger ja gerade von jeder Gegenleistung befreit gewesen wäre."

Es darf hieraus nicht gefolgert werden, daß jeder vertragliche Ausschluß des Beschäftigungsanspruches nach § 6 1 NV zu der Annahme nötigt, ein Bühnendienstvertrag sei nicht vorhanden. Vielmehr kommt es darauf an, daß das Theater — in ungewöhnlicher Weise — keinerlei Recht haben soll, das Mitglied zu Dienstleistungen heranzuziehen. Nur unter dieser Voraussetzung entfällt die Wertung eines derartigen Unterstützungs- oder sonstigen Vertrages als Dienstvertrag. Dies läßt sich sowohl aus dem Inhalt der Entscheidung des Gerichts, das sich an sich wegen des angenommenen Dissenses nicht abschließend zu dieser Frage zu äußern brauchte, als auch daraus entnehmen, daß es in anderen Entscheidungen, die im Zusammenhang mit dem Beschäftigungsanspruch des Mitglieds noch zu behandeln sein werden, sich klar und grundsätzlich auf den Standpunkt stellt, daß, wenn das Mitglied überhaupt vertragsgemäß zu Bühnendienstleistungen im Sinne des hier maßgebenden Tarifrechts zur Verfügung zu stehen hat, der Beschäftigungsanspruch als tarifliche Mindestbedingung nicht im vorhinein verzichtbar — allenfalls einschränkbar—ist (19/37, 20/37 u.a.). Der Bühnendienstvertrag wird dann als solcher kraft unabdingbaren Rechts hergestellt. 2 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Normalvertrag, Bühnendienstvertrag

Andererseits ist der bloße V o r v e r t r a g bereits Bühnendienstvertrag. Das Oberschiedsgericht grenzt ihn in 6/51 ab: „Ein Vorvertrag, durch den allerdings die Verpflichtung zum Abschluß eine» Vertrags begründet werden könnte, ist indessen auch nicht getätigt worden. Denn ein Vorvertrag, durch welchen beide Parteien die Verpflichtung zum Abschluß eines Vertrags eingehen, setzt voraus, daß zwischen den Parteien bereits eine Einigung über den wesentlichen Inhalt des Vertrags, den sie zu schließen beabsichtigen, zustande gekommen ist. Der Vertragsinhalt muß mindestens bestimmbar sein (vgl. Palandt BGB 9. Aufl. Vorbem. 4 vor § 145 und RGZ 72, 385 und 124, 81)."

In 17/40 (S. 51) ist dieser Begriff des Vorvertrages wohl untechnisch gemeint, da er nur Grundlage eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen sein soll. b) G r e n z f ä l l e Die Bestimmung eines Vertrages als Bühnendienstvertrag kann andererseits auch nach der Richtung hin fraglich sein, daß dem Bühnenmitglied eine unternehmerähnliche Stellung scheinbar eingeräumt wird, indem vertragsgemäß „auf T e i l u n g " gespielt werden soll, d. h. dem Mitglied nicht eine feste Gage zugesagt wird, die nach § 3 I NV Bedingung eines Bühnendienstvertrages im Sinne des Tarifrechts ist. Derartige Veranstaltungsformen werden allgemein mißbilligt, da sie eine unsoziale Verschleierung der wirklichen Rechtsverhältnisse bedeuten, eine weitestgehende, persönliche Haftung der Bühnenmitglieder (im kritischen Zeitpunkt!) begründen und auch ungünstige, sozialversicherungsrechtliche Folgen einleiten können. Die Verantwortung des eigentlichen Rechtsträgers und Betriebsleiters soll aufrechterhalten bleiben. Allenfalls bei plötzlich eintretender Unwirtschaftlichkeit eines Privat Unternehmens, dessen Fortführung die Darsteller, wenn auch zu geringeren Honorarmöglichkeiten, vorderhand gesichert sehen wollen, kann eine solche Veranstaltungsart vorübergehend gerechtfertigt und notstandsmäßig hinnehmbar sein, nicht aber im regelmäßigen Theaterbetrieb. Im Sinne der Wahrung sozialer Belange wirkt das Oberschiedsgericht solchen Verpflichtungsformen „auf Teilung" entgegen, wobei ihm klare rechtliche Gesichtspunkte zur Seite stehen. Die Frage ist hierbei, ob sich das Spielen auf Teilung der Einkünfte eines Theaterbetriebes, die den Mitgliedern und dem Direktor nach einem etwa vereinbarten Schlüssel zustehen sollen, als Gesellschaftsvertrag oder gesellschaftsähnlicher Vertrag, nicht aber als Dienstvertrag darstellt. Dem nun einmal unentbehrlichen Leiter käme hierbei die in § 710 B G B vorgesehene Geschäftsführerstellung innerhalb der Gesellschaft zu. Als Merkmale, die gegen eine solche Annahme sprechen, hebt das Oberschiedsgericht in 17/37 hervor, daß eine vertragliche Beziehung durch entsprechende Korrespondenz lediglich zwischen dem Direktor und den einzelnen Mit-

Vorvertrag, Spielen „auf Teilung", Revue

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gliedern getrennt zustande gekommen war, nicht aber zwischen den Mitgliedern untereinander, womit kein für alle Beteiligten maßgeblicher Gesellschaftsvertrag nach § 705 BGB vorlag, ferner — und dies ist für die wahre Stellung des Direktors als des persönlichen Rechtsträgers des Unternehmens bezeichnend — daß dieser die entscheidende initiative Funktion in der Ensembleleitung hatte: „Der Beklagte war auch nicht ein Geschäftsführer' im Sinne des § 710 BGB, da auch ein solches Amt nur durch die Vereinbarung sämtlicher Gesellschafter einem einzelnen von ihnen .übertragen' werden kann, und der Beklagte ist dem Kläger von vornherein lediglich in seiner Eigenschaft als der Leiter seines Unternehmens gegenübergetreten, hat auch den Kläger ebenso wie die übrigen Bühnenmitglieder aus eigener Machtvollkommenheit als der Bühnenleiter verpflichtet."

Wird diese Machtvollkommenheit sogar dazu benutzt, daß der Direktor einem Mitglied von sich aus kündigt, den Betrieb im übrigen aber weiterführt, so steht auch dem das Gesellschaftsrecht (§723 BGB) entgegen, wonach wohl das einzelne Gesellschaftsmitglied seinerseits die Gesellschaft aufkündigen und sie als solche zur Auflösung bringen, nicht aber der Geschäftsführer einem einzelnen Gesellschaftsmitglied kündigen und es aus der Gesellschaft ausstoßen kann. Schließlich gehört nach der Auffassung des Bühnenoberschiedsgerichts auch eine Klarstellung über die etwaige Verlustbeteiligung (§ 722 BGB) zu den Voraussetzungen eines Gesellschaftsverhältnisses. Auf dieser Grundlage nimmt das Gericht hier gleichwohl einen Bühnendienstvertrag an und würdigt die vom Unternehmer vorher in Aussicht gestellte, sich aus der Teilung „voraussichtlich" ergebende mutmaßliche Durchschnittssumme als dienstvertraglich fest zugesicherte Vergütung (Gage) im Sinne des § 612 BGB und des § 3 I NV. Die Entscheidung 31/48 bedeutet dazu keine Bestätigung oder Einschränkung, da sich die strittigen Gagen- und Urlaubsgeldansprüche auf die echte Engagementszeit bei dem Theater vor der Gründung des in der Entscheidung erwähnten Kollektivs (Arbeitsgemeinschaft der Darsteller mit dem Theater) beziehen (S. 121). Ob die Beschäftigimg eines ausgesprochenen Bühnenkünstlers immer eine solche im Sinne des Bühnentarif rechts ist, kann dann zweifelhaft sein, wenn der Unternehmer außer Theateraufführungen auch V a r i e t 6 V e r a n s t a l t u n g e n durchführt, wie sich dies bei Revuen leicht überschneidet. Die Mitwirkung eines Schauspielers in einer artistischen Revue als Schauspieler oder umgekehrt die eines Artisten, für den ein anderes Tarifrecht gilt, in einem Schauspiel als Artist berührt die Frage der Tarifkonkurrenz 1 ). Ohne dies Problem, das meist durch die Benutzimg *) Tarifvertrag der Artisten (Verbd. d. Theater- u. verw. Unternehmungen e. V. — Direktorenverband — und Internat. Artistenloge (ohne Zirkusse) v. 23. 9.1954, Tarilreg. XXX/Ü/89/1, Verzeichnis Nr. 2871/1954). 2»

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1. Teil: Solo — Normalvertrag, Bühnendienstvertrag

des jeweils gewünschten Vertragsmusters zwischen den Parteien verbindlich geklärt wird, zu vertiefen, sei wenigstens auf die heute immerhin noch zur Willensauslegung verwertbare Entscheidung des Oberschiedsgerichts in 14/38, bezüglich der Mitwirkung eines Schauspielers in einer Variete-Revue, hingewiesen: „Der Kläger war in erster Linie als Schauspieler verpflichtet worden, und hatte in dem Sketsch, der als selbständiger Teil der aufzuführenden Revue vorgesehen war, eine Rolle erhalten, die ihm Gelegenheit geboten hätte, seine künstlerischen Fähigkeiten zu beweisen. Er war nach einem .Vorsprechen' dieser Rolle als Schauspieler verpflichtet worden und hatte bereits an Proben für den Sketsch teilgenommen. Danach muß es als vertraglich vereinbart angesehen werden, daß der Kläger in dieser Rolle schauspielerisch beschäftigt werden sollte."

Auf dieser Grundlage bezeichnet das Oberschiedsgericht die Beschäftigimg des Klägers lediglich als stummer Teilnehmer an Massenbildern der Revue, der nur wenige Worte zu sprechen hatte, ohne irgendwie Träger eines theatralischen Zusammenhangs und einer theatralischen Handlung zu sein, nicht als angemessen im Sinne des § 6 I NV, den es für diesen zum Bühnendienstvertrag gestempelten Vertrag anwandte. Allerdings können theaterähnliche Revuen, vor allem, wenn sie vorwiegend mit Bühnenpersonal besetzt sind und ein „roter Faden" in handlungsmäßiger Hinsicht erkennbar ist, ohnehin typischer Erfüllungsschauplatz von Bühnendienstverträgen im Sinne des Bühnentarifrechts sein. Aber darum handelte es sich im vorhegenden Falle nicht. Ein weiteres Problem der Inhaltsbestimmung eines Dienstvertrages im Zeichen des Bühnentarifrechts kann sich daraus ergeben, daß ein Bühnenmitglied nicht nur zur Bühnendarstellung, sondern auch vom gleichen Theaterveranstalter zu sonstigen D i e n s t l e i s t u n g e n , die a u ß e r h a l b der B ü h n e n b e s c h ä f t i g u n g liegen, verpflichtet wird. Geschieht dies in äußerlich getrennten Verträgen, so ist die Beurteilung des Bühnenvertrages als solchen und für sich beurteilbaren nicht zweifelhaft. Sind beide Verpflichtungen aber in ein und demselben Vertrag gleichzeitig niedergelegt, so stellt es das Oberschiedsgericht in 7/35 verfahrensrechtlich bei Unteilbarkeit des Klagegegenstandes (Kündigungswiderruf) darauf ab, welche Dienstleistungsart nach dem Willen der Parteien die klar überwiegende und das Vertragsverhältnis bestimmende ist. I m übrigen ist gemäß 11/40 die gesonderte, bühnenrechtliche Beurteilung eines Teils des Gesamtverhältnisses möglich, falls verfahrensrechtlich aufsplitterbar (Gage). Hierüber näheres im Kapitel über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts (S. 250). An dieser Stelle ist lediglich zu vermerken, daß der bühnenfachliche Teil solcher gemischten Beschäftigungsverhältnisse materiellrechtlich nicht untergeht.

Bühnenfremde Dienste, Grenzen des Gastspielvertrages

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c) G a s t s p i e l v e r t r a g Bei G a s t s p i e l v e r t r ä g e n im Sinne des § 20 I N V scheidet ein tarifrechtlicher Bühnendienstvertrag durch Freistellung v o n den §§ 1—19 N V aus. Es sei hierzu aber auf die Entscheidung 19/40 hingewiesen, wonach es nicht auf die im Vertrag etwa gebrauchte Bezeichnung als „Gastspielvertrag" ankommt, sondern darauf, daß seine Voraussetzungen nach § 20 I I N V tatsächlich vorliegen, die insbesondere durch eine ausdrückliche Bezugnahme auf die Bestimmungen des tariflichen Normalvertrages als ausgeschlossen zu gelten haben: „Daß es unter diesen Umständen auch rechtlich ohne Bedeutung ist, wenn, wie hier, der Kläger den Vertrag noch im ersten Rechtszug als einen Gastspielvertrag bezeichnet hat, bedarf keiner weiteren Ausführung. Es erübrigt sich aber eine Klärung der Frage, ob die die vertraglichen Beziehungen der Parteien einleitende mündliche Abrede von Anfang Dezember 1938 einen Gastspielvertrag darstellte — dem könnte entscheidend der § 20 Abs. 3 des Normalvertrages entgegenstehen —, weil mit der schriftlichen Niederlegung des später Vereinbarten am 19. 12. 1938 eine Rechtslage geschaffen worden ist, die keinen solchen Zweifel mehr läßt: die Parteien haben damit einen befristeten Bühnenvertrag vereinbart, der keinen Gastspielvertrag darstellt. Wenn die Beteiligten, wie hier in der schriftlichen Beurkundung ihres Vertragswillens, mit keinem Wort Umstände erwähnen, die dafür sprechen könnten, daß sie einen Gastspielvertrag im Auge gehabt haben, denn die Bemessung der Vertragsdauer auf eine verhältnismäßig nur kurze Zeit besagt hierbei noch nichts, wenn sie aber vor allem ausdrücklich und uneingeschränkt ,für die Vereinbarung die Bestimmungen des Normalvertrages als geltend' bezeichnen, so haben sie damit eindeutig erkennen lassen, daß es sich um keinen Gastspielvertrag handelt. Nach dem §20 Abs. 1 des Normalvertrages ist es für einen solchen kennzeichnend, daß die Bestimmungen der §§ 1—19 des Normalvertrages keine Anwendung finden. In aller Regel wird also die Abdingung gerade dieser sehr wesentlichen Bestimmimg des § 20 Abs. 1, wenn nicht eben andere Umstände zu dem gegenteiligen Schluß nötigen, beweisen, daß der Vertrag kein Gastspielvertrag ist." Der Gastspielvertrag ist jedenfalls Dienst- und Bühnenarbeitsvertrag, nicht Werkvertrag 1 ). Die Betriebseingliederung ist kurz, aber leistungsbedingend. In 20/50 erörtert das Oberschiedsgericht einen S e r i e n t h e a t e r - V e r t r a g , bei dem die Voraussetzungen des § 20 I I — I V N V ebenfalls abgelehnt werden: „Zwar handelt ea sich bei dem Theater des Beklagten um eine Bühne, auf welcher nur bestimmte Ensemble f ü r bestimmte Zeit beschäftigt und keine *) F i n k e l s t e i n , Das Recht des Bühnen- und Filmschauspielers auf Beschäftigung, S. 26 ff. wägt alle Meinungen eingehend gegeneinander ab und erkennt auch beim einmaligen Gastspiel den dienstvertraglichen Charakter an, da die Verpflichtung sich auf das Auftreten erstrecke. So auch D i e n s t a g - E l s t e r , Handbuch des Deutschen Theater-Film-Musik- und Artistenrechts, S. 395, LAG Berlin 103 Sa 154/42. — A.M. R G R — Komm. BGB § 611 Anm. 4.

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1. Solo: Solo — Normalvertrag, Unternehmer (Theaterveranstalter)

Jahresverträge abgeschlossen werden. Damit wird aber der Begriff des Gastspielvertrags noch nicht erfüllt. Insbesondere ergibt sich aus dem Bestätigungsschreiben vom 17. 8. 1949, daß der Kläger nicht ,zur Mitwirkung f ü r eine bestimmte Anzahl von Aufführungen, aber f ü r nicht mehr als 72, während der Spielzeit verpflichtet wurde', sondern einen Zeitvertrag für die Dauer von 4 Monaten mit einer unbeschränkten Zahl von Aufführungen eingegangen war. Er konnte also während der 4 Monate praktisch nach dem Vertrag täglich zum Spiel herangezogen werden, was eine Aufführungszahl von über 72 ergeben hätte. Es handelt sich auch nicht darum, daß der Kläger zur Ergänzung des ständigen Personals des Beklagten herangezogen wurde, sondern daß der Beklagte überhaupt nur bestimmte Ensemble auf bestimmte Zeit zu engagieren pflegte. Zwar erkennt der Normalvertrag einen Gastspielvertrag auch dann an, wenn bei Serientheatern das dem Gast bewilligte Entgelt die festen Bezüge der meisten an demselben Unternehmen festangestellten Mitglieder weit übersteigt. In diesem Falle fällt die vorstehende festgesetzte Beschränkung der Aufführungen fort. Es handelt sich hier nach dem vorliegenden Fall nicht um ein Serientheater, da der Kläger nicht f ü r eine bestimmte Serie von Aufführungen engagiert, sondern ohne festen Spielplan zur Mitwirkung auf der Bühne des Beklagten verpflichtet war. Es fehlt auch an dem Begriff der festangestellten Mitglieder, der im Gegensatz zu dem Gastspielkünstler besteht." 2. Unternehmer (Theaterveranstalter) N a c h § 1 1 N V gilt der tarifliche N o r m a l v e r t r a g n u r i m Bereich der U n t e r n e h m e r „ s t e h e n d e r " T h e a t e r . Seine B e s t i m m u n g e n sind a b e r in f a s t ausschließlicher Weise a u c h f ü r die W a n d e r b ü h n e n ü b e r n o m m e n w o r d e n (S. 291). P r a k t i s c h h a t d a h e r d a s Oberschiedsgericht k a u m zu dieser B e g r i f f s u n t e r s c h e i d u n g Stellung z u n e h m e n g e h a b t . Zweifel ergeben sich v o r allem n o c h gelegentlich im Z u s a m m e n h a n g d a m i t , d a ß n a c h a u ß e n als s c h e i n b a r e r U n t e r n e h m e r ein a n d e r e r a u f t r i t t als d e r eigentliche R e c h t s t r ä g e r . D a s l ä u f t hinsichtlich der F r a g e d e r A n w e n d u n g d e s B ü h n e n t a r i f r e c h t s weniger d a r a u f hinaus, ob dieses ü b e r h a u p t zu g r ü n d e zulegen ist, als d a r a u f , wer als U n t e r n e h m e r v o n d e n in T r a g e k o m m e n d e n P e r s o n e n b ü h n e n v e r t r a g l i c h in A n s p r u c h zu n e h m e n ist. U n t e r n e h m e r ist n i c h t e t w a n u r derjenige, der berechtigt ist, U n t e r n e h m e r z u sein, s o n d e r n jeder, der e n t s p r e c h e n d h a n d e l t . Dieser G r u n d s a t z h a t einige E n t s c h e i d u n g e n des Oberschiedsgerichts b e s t i m m t . I n 24/38 k o m m t k l a r z u m A u s d r u c k , d a ß derjenige, d e r als U n t e r n e h m e r — hier ein Schauspieler — a u f t r i t t , a u c h als solcher zu b e h a n d e l n ist: „Entscheidend ist aber, daß er dem Kläger, wie den übrigen Mitgliedern, die er verpflichtete, kein Wort davon gesagt hat, daß nicht er selbst, sondern der ,Bund' der Inhaber der Spielerlaubnis sei; er mußte deshalb wissen, daß der Vertragswille der Mitglieder nur dahin gehen konnte, mit ihm, dem Beklagten, abzuschließen, und er hat daher die Pflicht zur Erfüllung der abgeschlossenen Verträge f ü r seine Person übernommen."

Scheinuntemehmer, Veranstaltungsarten

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Für den Fall einer P a c h t u n g eines in öffentlicher Regie stehenden Theaterhauses durch einen Privatmann stellt das Gericht in 8/37 fest, daß dieser im Zweifel als Unternehmer zu gelten hat, sofern nicht ein eindeutiger Nachweis seiner bevollmächtigten Beauftragung seitens der öffentlichrechtlichen Körperschaft (hier Stadt) vorliegt. Insofern war die von dem betreffenden Beklagten im Vertragsverkehr mit den Bühnenmitgliedern gebrauchte Bezeichnung als „ I n t e n d a n t " für die Stadt ohne Rechtswirkung. Daß allerdings das Gericht die Möglichkeit andeutet, die Stadt sei unter Umständen für diesen I r r t u m mitverantwortlich und hafte entweder als Mitschuldnerin gegenüber den Mitgliedern aus dem etwaigen Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder gegenüber dem „Intendanten" im Regreßwege, ändert nichts an der Erkenntnis, daß jedenfalls der „ I n t e n d a n t " h i e r — z u d e m als Pächter — eine klare Unternehmerstellung im Verhältnis zu den Bühnenmitgliedern einnahm. Daß andererseits die A b n a h m e v o n V o r s t e l l u n g e n eines Unternehmers, der „ K a u f " von Aufführungen durch z. B. eine Besucherorganisation keine Übernahme der Unternehmerstellung gegenüber den Mitgliedern bedeutet, das Merkmal des Bühnendienstvertragsabschlusses durch den Unternehmer im eigenen Namen vielmehr für seine alleinige Unternehmerschaft ausschlaggebend bleibt, bringt das Gericht in 26/38 zum Ausdruck. Es betont, daß die Organisation einen starken wirtschaftlichen Rückhalt durch Abnahme des größten Teils der Eintrittskarten bot, und fährt f o r t : „Den Gegenwert hierfür vereinnahmte aber der Beklagte ebenso wie er auch die Zahlungen für die wenigen noch anderweitig verkauften Eintrittskarten vereinnahmte. Aus diesen Eingängen bestritt der Beklagte die Kosten des Theaterbetriebs. Er war danach zweifellos der .Bühnenunternehmer' und damit der Vertragspartner, an den sich die verpflichteten Mitglieder mit ihren Gagenansprüchen zu halten hatten."

3. Bühnenmitglieder Der Umfang der nach § 1 I I NV beispielhaft aufgeführten „Bühnenmitglieder" kann dadurch zweifelhaft werden, daß hier auch Personen in „ähnlicher" Stellung gemeint sind. Ergänzt wird die Aufzählung ohnehin durch die dem Tarifwerk angeschlossenen Sonderbestimmungen über technische Vorstände u. a., aber praktisch auch durch die Mitgliedsschaftsabgrenzung in der Satzung des Tarifvertragspartners, der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen, und durch die personelle Zuständigkeitsabgrenzung des Tarifvertrages über die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit. Denn all diese Regelungskomplexe wollen personell im wesentlichen kongruieren. Zur bühnenkünstlerischen Tätigkeit im weiten Sinne des Tarifrechts rechnet das Oberschiedsgericht in 15/37 die Tätigkeit eines T h e a t e r -

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1. Teil: Solo — Normalvertrag, Bühnenmitglieder

s e k r e t ä r s , wobei es die vom Kläger gegebene Darstellung, daß seine Haupttätigkeit „in der (künstlerischen) Disposition und Geschäftsleitung sowie in der Führung von Verhandlungen"

bestanden habe, zugrunde legt, ohne offenbar Veranlassung zu sehen, sie begriffsmäßig anders einzuordnen. Es betont außerdem seine Mitgliedschaft zur Bühnenfaehorganisation, die allerdings schon in seiner Eigenschaft als Schauspieler gegeben war. Abzugrenzen vom Theatersekretär in diesem Sinne ist eine rein kaufmännische oder z. B. buchhalterische Tätigkeit. E i n B ü h n e n m a l e r fällt nach 16/39 unter das Bühnentarifrecht, wenn er „nach den Entwürfen und Skizzen des Bühnenbildners den einzelnen Dekorationsstücken den Farbenschmuck zu geben hatte, worin sie als fertiges Bühnenbild vor das Publikum treten. Dazu gehört aber selbständiges künstlerisches Schaffen."

Auch hier liegt eine von der Individualität des Betreffenden entscheidend mitbestimmte Tätigkeit mit Einflußnahme auf die Bildung und den Ablauf des künstlerischen Theaterbetriebes vor. Die Tätigkeit der S t a t i s t e n oder K o m p a r s e n liegt außerhalb einer künstlerischen Bühnendienstbeschäftigung, sofern sie nicht in ausdrücklicher und sehr unerwünschter Weise eine nebenvertragliche Tätigkeit des hauptsächlich als Darsteller engagierten Bühnenmitglieds ist. Diese sind nicht mit ihrer Individualität im gestaltenden Sinne an den Aufführungen beteiligt, sondern werden, wenn auch etwa in künstlerischer Berücksichtigung und Ausnutzung ihrer figürlichen Eigenheiten durch die Spielleitung, lediglich äußerlich-räumlich in das Spiel einbezogen, ohne auf dieses persönlich-darstellerisch einwirken zu sollen. Die Grenze zum Darsteller ist aber nicht immer zweifelsfrei, zumal dann nicht, wenn die Statisten sich etwa durch Zurufe oder sonstige Worte am Sprechspiel zu beteiligen haben. In 34/38 hat das Oberschiedsgericht zu den Sätzen im dritten Auftritt des dritten Aufzugs von „Wilhelm Teil": ,,Wir helfen Euch. Was gibts ? Schlagt sie zu BodenI" nach der Art, wie diese in der betreffenden Aufführung durch mehrere Statisten im Tutti-Ruf zu sprechen waren, entschieden, daß hier keine darstellerische, sondern nur statistische Tätigkeit vorlag, zumal diese Sätze noch auf verschiedene Statisten gruppenmäßig verteilt waren. Auch daß der betreffende Statist einen der Darsteller zu packen und mit ihm zu ringen hatte, ändert hieran nach der Auffassung des Gerichts nichts. Wohl aber hat das Gericht in 29/36 eine darstellerische Tätigkeit im Sinne individueller Gestaltung bei „Statisten" anerkannt, die „nach Anweisung des Verfassers mehrere Male gleichzeitig zu sprechen hatten, aber nicht chormäßig zusammen in gleichem Tonfall, sondern ,alle durcheinander',

Bühnenmitglieder (Grenzfälle), Bühnenleiter

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und dazu waren verschiedene Textworte, die die 11 Sprechenden unter sich zu verteilen hatten, im Buch genau vorgeschrieben." „Dies setzte", wie das Gericht fortfährt, „eine solistische Einstudierung der in Betracht kommenden Stellen voraus und verlangte schauspielerische Einzelleistungen. Der Verfasser hatte überdies im Buche angeraten, daß gerade die 7 aus verschiedenen Klubs zusammengesetzten Mitglieder in verschiedenen Dialekten sprechen sollten, ein Beweis dafür, daß sie als Träger individuell verschiedener schauspielerischer Rollen gedacht waren."

Diese Entscheidung dürfte dadurch erleichtert worden sein, daß es sich bei dem Statisten um einen Berufsschauspieler handelte. Wie die Entscheidung bei berufstätigen Statisten—in diesem Falle sog. „Kleindarstellern" — lauten würde, ist offen. Ferner sei auf die S. 227 ff. behandelten Fälle außervertraglicher, sondervergütungsfähiger Leistungen der Chorsänger und Tänzer verwiesen. Doch sind diese in einer Spielzeit allenfalls nur zeitweise auftauchenden Abgrenzungsfragen für die Anwendbarkeit des Solo-Normalvertrages ziemlich unerheblich, da seine Tarifbestimmungen nicht für die gastspielmäßige Mitwirkung im Sinne des § 20 NV, von der man analog sprechen müßte, gelten. Ist grundsätzlich nicht die förmliche Bezeichnung einer Tätigkeit im Vertrage für die Annahme einer bühnenkünstlerischen Beschäftigung nach Bühnentarifrecht maßgebend, so gilt das gleiche für die richtige Abgrenzung der Stellung des (künstlerischen) B ü h n e n l e i t e r s , wie des Intendanten, gegenüber einer von dieser Leitung abhängigen und geführten bühnenkünstlerischen Tätigkeit. Zwar ist auch der Bühnenleiter „Beschäftigter", und zwar im Verhältnis zum Theaterveranstalter als Rechtsträger. Aber zweifellos finden die Bestimmungen des Bühnentarif rechts keine Anwendung auf dieses Rechtsverhältnis, dessen Besonderheiten auch keineswegs als durch den Tarifvertrag geregelt angesehen werden können, wenn auch gewisse, berufstypische Parallelen auftreten. Geht dies schon aus der Aufzählung des § 1 NV hervor, in der der Bühnenleiter ungenannt geblieben ist, so wird dies ferner dadurch bewiesen, daß auch die Bühnenschiedsgerichtsordnung in § 1 I I I den Bühnenleiter nicht als Bühnenangestellten im Sinne der Schiedsgerichtsklausel ansieht. Unter Bühnenleiter wird der künstlerische Leiter des Betriebes verstanden, nicht der ihm unterstellte Spielleiter (Regisseur), Kapellmeister, technische Bühnenvorstand oder eine sonstige, mit Leitungsfunktionen innerhalb des Ensembles betraute Person, die zum Ensemble zählt. Auch hier kann jedoch entscheidend sein, ob etwa der Bühnenleiter eine — vielleicht zusätzliche — Tätigkeit im Sinne des § 1 I I NV ausübt. Solche kombinierten Verträge kommen vor. Nur soweit eine derartige Tätigkeit vorliegt, kann das Bühnentarifrecht gelten (S. 20). So hebt das Oberschiedsgericht in 3/37 hervor, daß ein Bühnenleiter, der mit

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1- Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

einer Bühne einen Spielleitervertrag hat, insoweit als Bühnenangestellter zu behandeln ist. Der Fall lag allerdings dadurch unproblematisch, daß der betreffende Spielleiter seine Berufsstellung als Bühnenleiter im eigentlichen Sinne an einer anderen Bühne innehatte. Aber die prinzipielle Einordnung seiner Tätigkeit muß immer die entsprechende bleiben. Jedenfalls sind Titel kein ausschließlicher Maßstab hierfür.

II. Abschluß des Arbeitsvertrages Außer den etwa zeitweisen, behördlichen Vorschriften, die beim Engagement eines Bühnenschaffenden zu beachten sind, enthält das Tarifrecht einige für den Vertragsabschluß als solchen wichtige Regelungen. 1. Schriftformfragen N a c h der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts ist die in den T a r i f b e s t i m m u n g e n enthaltene Schriftform des Bühnenvertragsrechts t e i l s lediglich a n e m p f o h l e n , t e i l s von r e c h t s b e g r ü n d e n d e r (konstitutiver) Bedeutung, wobei in Auslegung der Tarifvorschriften zwischen dem Vertragsabschluß als solchen (§ 2 I I NV) und gewissen Nebenbedingungen (§ 5 V, VI, § 10 NV) unterschieden wird. Daneben ist die v e r e i n b a r t e Schriftform zulässig, sofern die Mündlichkeit nicht unabdingbar ist (S. 35). Wenn die vereinbarte Schriftform zu beachten ist, gilt jedoch eine wesentliche, allgemeine Ausnahme unter dem Gesichtspunkt a l l g e m e i n e r A r g l i s t . Stützt sich z. B. eine Bühne, die durch ihren bevollmächtigten Intendanten eine mündliche Vertragsverlängerung herbeiführte, darauf, daß nach einer Bekanntmachung des Bürgermeisters Vertragsabschlüsse nur schriftlich erfolgen könnten, so läßt das Oberschiedsgericht diese Einwendung schon wegen der Einrede der unzulässigen Rechtsausübung nicht zu (12/36): „Als Theaterunternehmerin war die Beklagte an diese vertragliche Vereinbarung gebunden, und es verstieß deshalb gegen Treu und Glauben und das durch den Dienstvertrag begründete Vertrauensverhältnis, wenn die Beklagte, durch die Bevollmächtigung ihres Intendanten, den Abschluß auch mündlicher Verträge erst selbst zuließ und den geschlossenen Vertrag dann wegen Fehlens der Schriftform als ungültig anfocht. Unter diesen besonderen Umständen war (vgl. die oben angeführte Stelle [JW 65. Jg. Heft 27 S. 1827 Sp. 2 Abs. 2, S. 1826 Sp. 2 Abs. 2 unten]), die Einrede der unerlaubten Rechtsausübung' mit der Wirkung zuzulassen, daß die Beklagte die bestrittene Verpflichtung als rechtswirksam gegen sich gelten lassen muß."

Vgl. hierzu S. 35, wonach die Schriftformzwangsklausel bei erstmaligem Vertragsabschluß (nicht Verlängerung) unzulässig ist. Im übrigen zur Treuwidrigkeit auch 29/49:

„SolT'-Schriftform des Vertrages

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„Überdies würde im vorliegenden Fall die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform treuwidrig sein, da die Ausfertigung eines schriftlichen Vertrages nur deshalb unterblieben ist, weil die Beklagte sich zu Unrecht geweigert hat, den Vertrag in der mündlich besprochenen Form auszustellen." Doch dürfte die Anwendung dieses Grundsatzes auch auf Fälle nichtbeachteten Schriftformzwanges tarifrechtlicher oder sonst unabdingbarer Art zu Lasten des Mitglieds zweifelhaft sein (S. 198). Die Frage wird im Recht der Nichtverlängerungsmitteilung nochmals erörtert (S. 178). a) V e r t r a g a l s g a n z e r Der Bühnendienstvertrag selbst, das E n g a g e m e n t als Ganzes überhaupt, „ s o l l " — n i c h t „ m u ß " — n a c h § 2 I I V N s c h r i f t l i c h a b g e s c h l o s s e n oder nach Abschluß s c h r i f t l i c h b e s t ä t i g t werden. Verschieden begründete Versuche, diese Sollvorschrift zu einer Mußbestimmung zu erweitern, hat das Oberschiedsgericht stets zurückgewiesen. E s sagt in 5/40: „Das Berufungsgericht ist seit Jahren der immer wiederauftauchenden Meinung, die Bühnendienstverträge bedürften gemäß § 2 des Normalvertrages der Schriftform, ständig entgegengetreten mit der Darlegung, daß sich aus dem Wortlaut de3 angeführten § 2 gerade das Gegenteil ergäbe, da dort die Gültigkeit mündlich geschlossener Verträge festgestellt würde. Der § 2 lautet in Abs. 2: ,Dienstverträge zwischen Unternehmern und Bühnenmitgliedern sollen schriftlich abgeschlossen oder nach Abschluß schriftlich bestätigt werden.' Diese Vorschrift in der sog. Sollform zeigt, daß sie keine zwingende Anordnung, sondern nur eine dringende Empfehlung vorstellt, und sie besagt deutlich, daß die Verträge auch mündlich abgeschlossen werden dürfen, denn sonst könnte nicht von einer .Bestätigung des Vertrages' gesprochen werden, da ungültige Verträge nicht bestätigt' werden können." Mit der Sollvorschrift, so führt das Oberschiedsgericht hier weiter aus, wird nur der B e w e i s s i c h e r h e i t gedient. Hieran ändert nach 20/40 auch die stetige Ü b u n g der schriftlichen Vertragsabfassung einer Bühne nichts: „Der Hinweis der Beklagten darauf, daß die von dem Danziger Staatstheater geschlossenen Bühnenarbeitsverträge erst durch ihre schriftliche Niederlegung wirksam .endgültig' würden, ist angesichts dieser zwingenden tariflichen Regelung unzutreffend. Wenn die Bühnenleitung, überdies nur damit der Sollvorschrift in § 2 des Normalvertrages genügend, die mit ihren Mitgliedern vereinbarten Dienstverträge grundsätzlich schriftlich niederzulegen pflegt, so ist damit auch keinesfalls gesagt, daß diese schriftliche Niederlegung nicht nur zum Zwecke der Beweiserleichterung gewollt und bewirkt wird. Angesichts der ständigen Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts zu dieser Frage erübrigen sich weitere Ausführungen.'* Dies hebt das Gericht auch in 17/40 hervor. Schon gar nicht vermag die Üblichkeit, die Vertragsvereinbarung durch gegenseitige Behändigung

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

der ausgefüllten, amtlichen Vertragsformulare zu vollziehen, die Wirksamkeit einer in anderer, noch dazu schriftlicher Weise zustande gekommenen Vereinbarung etwa im Sinne eines sich gebildeten Bühnenbrauches1) zu beeinträchtigen (1/36) : „ A u s der Üblichkeit und Zweckmäßigkeit des Austausches von Normalvertrags formularen kann daher keineswegs die Ungültigkeit eines durch Briefwechsel geschlossenen Vertrages hergeleitet werden. Ein Gewohnheitsrecht, das sich entgegen der Bestimmung des § 2 des Normalvertrages gebildet hätte, kann nicht als bestehend anerkannt werden."

Es entspricht aber der gerade auch vom Beschäftigten zu beanspruchenden Vertragsklarheit, daß diese Beweissicherung zur Vermeidung künftiger Streitfälle herbeigeführt wird. Die Vertragsparteien können daher gegenseitig auf die s c h r i f t l i c h e B e s t ä t i g u n g der Verträge d r i n g e n , andernfalls eine Vertragsverletzung vorliegt. Hierzu 18/38:

„ S i e sind gültig auch schon durch den mündlichen Abschluß, nur kann (denn auch hier ist die nicht zwingende ,Sollform' gebraucht) jeder Vertragspartner, offenbar zu Beweiszwecken, die schriftliche Bestätigung des mündlich rechtswirksam abgeschlossenen Vertrages verlangen."

Folgerungen können sich gegen den die schriftliche Bestätigung nachweisbar unbegründet verweigernden Vertragsteil alsdann im späteren Streitfall in schadensersatzrechtlicher Beziehimg durch eine entsprechende Vermutungspraxis, wie besonders in der Form der Umkehrung der Beweislast oder in der Begründung eines sofortigen, vorsorglichen Rücktrittsrechts bzw. Aufkündigungsrechts für den in Unklarheit bleibenden Teil ergeben, was das Oberschiedsgericht damit wohl gleichzeitig andeuten will, soll die Feststellung dieses Rechts, eine schriftliche Bestätigung verlangen zu dürfen, einen praktischen Sinn haben. Auch in 5/40 wird bemerkt, daß jede Partei die schriftliche Bestätigimg des Vertragsabschlusses „verlangen kann". Sehr weitgehend dürfte allerdings selbst bei Bejahung jenes Rechts und seiner Folgerungen im angedeuteten Sinne die vereinzelt in 20/36 zum Ausdruck gekommene Auffassung sein, daß die vom Tarifrecht gewünschte und im Bühnenleben auch zumindest bei der Vertragsbestätigung beobachtete Regelhaftigkeit der Schriftform schon eine Vermutung begründet, ein Vertrag sei überhaupt nicht zustande gekommen, solange er nicht schriftlich fixiert vorliegt: „Andererseits weist aber doch auch die Bestimmung, daß die Schriftform angewendet werden solle, daraufhin, daß die Beobachtung dieser Bestimmung immerhin die Regel und die Nichtbeobachtung die Ausnahme bilden solle. E s spricht daher i m allgemeinen eine gewisse Vermutung dagegen, daß die Parteien sich durch eine ') R o s e n m e y e r - A s s m a n n , Bühnenvertragsrecht, S. 45, bezeichnen die Schriftform als Bühnenbrauch im Sinne einer Gültigkeitsvoraussetzung. Dies hat sich nicht durchgesetzt bzw. ist rückgebildet worden.

Pflicht zur schriftlichen Vertragsbestätigung

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nur mündliche Besprechung eines Dienstvertrages schon endgültig hätten binden wollen."

Diese bei Ermangelung besonderer Anhaltspunkte im Einzelfall wohl kaum zur verallgemeinernden Anwendung geeignete, jedenfalls durch die Praxis weitgehend in Frage gestellte Formulierung schwächt das Gericht auch selbst mit dem Hinweis auf die Untragbarkeit einer gesetzlichen Schriftform für den Bühnendienstvertrag als ganzen an gleicher Stelle mit folgenden Worten ab: „Daß man den mündlichen Abschluß von Dienstverträgen überhaupt zuließ, beruhte, wie dem Oberschiedsgericht bekannt ist, auf der Erwägung, daß gerade die Eigenart des Theaterbetriebes häufig zu schnellen, plötzlichen Entschließungen zwänge, deren schriftliche Beurkundung, namentlich unter Abwesenden, unersetzlichen Zeitverlust verursachen könne. Deshalb sollte die Möglichkeit eines bindenden mündlichen Abschlusses nicht schlechthin ausgeschlossen werden."

Mit dieser Entscheidung ist vielmehr weiteren Versuchen, die Schriftform in irgendeiner zwingenden Form allgemein herbeizuführen, in fachlich begründeter Weise eine maßgebende Grenze gesetzt. Auch in der neueren Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts heißt es anläßlich eines nur teilweise schriftlichen, im übrigen mündlich nachweisbaren Vertragsabschlusses in 29/49: „Allerdings fehlt es an einer präzisen schriftlichen Niederlegung der vereinbarten Vertragszeit, da der Telegrammwechsel vom Juni 1947 hierüber nichts besagt und ein schriftlicher Dienstvertrag nicht vorliegt, da der Kläger nach Vorlage der ihm zur Unterschrift zugesandten Vertragsurkunde sofort die Unterzeichnung derselben mit der Begründung abgelehnt hat, daß diese Vertragsurkunde nur eine Vertragszeit für die Spielzeit 1947/48 vorsehe, während er mündlich eine 3jährige Spielzeit vereinbart habe. . . An der rechtlichen Gültigkeit des Dienstvertrags wird indessen hierdurch nichts geändert, da nach § 2 Abs. 2 des Normalvertrags die schriftliche Niederlegung der Bühnenverträge nur eine Sollvorschrift ist, mündliche Verträge also nach dieser Vorschrift möglich sind."

Über die Unerheblichkeit des Schriftformzwanges nach Gemeindeordnungen S. 45 (18/38, 29/49). Bei nachträglicher, einvernehmlicher Beseitigung einer (echten) Kündigung vor Fristablauf liegt nach 35, 36, 41/49 überhaupt kein neuer Vertrag, sondern die Weitergeltung des alten vor, so daß die Schriftformfrage in solchen Fällen ohnehin nicht entsteht (S. 140). b) S o n d e r v e r e i n b a r u n g e n Wohl aber bejaht das Bühnenoberschiedsgericht für gewisse, tariflich festgelegte, besondere N e b e n b e s t i m m u n g e n des Engagementsvertrages, die den Parteien oder einer von ihnen von besonderer Bedeutung sein müssen, die S c h r i f t f o r m als konstitutive V o r a u s s e t z u n g d e r

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrage»

G ü l t i g k e i t der entsprechenden Zusatzabmachungen. Daß ein solcher Schriftformzwang durch eine Tarifbestimmung als zwingende Voraussetzung der Wirksamkeit der betreffenden Vereinbarung vorgesehen werden kann, obwohl er sich nicht auf Vertragsinhaltsnormen, sondern auf Normen, die das Zustandekommen des Vertrages betreffen, bezieht, ist heute, da auch der Schriftformzwang soziale Funktionen haben kann, im Sinne des § 1 I TVG klar, war aber im früheren Tarifvertragsrecht zweifelhaft. Die Beurteilung der tariflichen Zwangsschriftform richtet sich nach §§ 125, 126 BGB, auch § 127 BGB (Briefwechsel, telegraphische Übermittlung). Dieser Schriftformzwang erscheint zunächst in § 5 VI NV, der bestimmt, daß „besondere" — d . h. den allgemein vorgesehenen Vertragsinhalt des § 2 I NV (Fach, Ort und Zeit der Dienstleistungsverpflichtung) zusätzlich ergänzende (nicht nur erläuternde) — Vereinbarungen über die A r t u n d d e n U m f a n g der Dienstleistungen zu ihrer Gültigkeit der „Aufnahme in den Dienstvertrag" bedürfen, also Vereinbarungen, die von § 5 I, I I NV abweichen. Diese umfassende Klausel wird im Tarifrecht ferner ausdrücklich bei der etwa vertraglich erfolgenden näheren Erläuterung der gedachten a n g e m e s s e n e n B e s c h ä f t i g u n g in § 6 I I , I I I NV verwandt. Hier ist für „besondere" Vereinbarungen über die angemessene Beschäftigimg in gleicher Weise von ihrer „Aufnahme in den Dienstvertrag" zur Gültigkeit (§ 6 II) und davon die Rede, daß ein Anspruch auf „bestimmte" Rollen oder Partien nur erhoben werden kann, wenn sie „im Dienstvertrag ausdrücklich zugesagt sind" (§ 6 III). Schließlich ist auch § 5 V NV (Verpflichtung zur Übernahme kleinerer Rollen usw.) als schriftformkritische Sonderabrede zu nennen, da die Vereinbarung „im" Dienstvertrag vorausgesetzt wird. Ist auch in den erwähnten Bestimmungen nicht förmlich von der „Schriftlichkeit" die Rede, so kann jedoch in richtiger Auslegung angenommen werden, daß das Tarifrecht diese zum Ausdruck bringen will, wenn es als besondere Voraussetzung der „Gültigkeit" einer Vertragsvereinbarung ihre „Aufnahme in den Dienstvertrag" fordert 1 ). Denn die etwa nur mündliche Vereinbarung über solche Punkte wäre ohnehin notwendig, da sie nicht schon im allgemeinen Vertragsinhalt des § 2 I NV als dem vorgeschriebenen Mindesttatbestand eines Bühnendienstvertrages (S. 59) enthalten ist. Die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts weist hierzu Abwandlungen und Unterscheidungen auf, in denen sie den Schriftformzwang solcher Sonderabreden teils bejaht, teils verneint. Unter Bezugnahme auf §§ 5 VI und 6 I I I NV stellt das Gericht in 13/39 fest: ') K u t z e r , Das Dienstrecht der Bühnenmitglieder, S. 138. Der Tarifvertrag scheute 1933 sicherlich eine klare Ausdrucksweise im Hinblick auf die seinerzeit fragliche Gültigkeit einer solchen „AI>schluß"norm. Heute entfallen diese Bedenken.

Schriftformzwang bei Sondervereinbarungen

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„Auf die ausdrückliche Zusagung der von ihm genannten bestimmten Partien kann sich der Kläger nicht berufen, da, wie schon im ersten Schiedsspruch ausgeführt ist, nach § 5 Abs. 6 des Normalvertrages .besondere Vereinbarungen über die Art und den Umfang der Dienstleistungen zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme in den Dienstvertrag bedürfen' und nach § 6 Abs. 3 darf ,das Mitglied Anspruch auf bestimmte Rollen oder Partien nur erheben, wenn sie ihm im Dienstvertrag ausdrücklich zugesagt sind*. Damit ist f ü r derartige Abmachungen die Schriftform zwingend vorgeschrieben, und mündliche Abmachungen können nur als unverbindliche Vorbesprechungen angesehen werden."

Das Gericht folgert hieraus, daß der Kläger sich auf die ausdrückliche {mündliche) Zusage der von ihm genannten, bestimmten Partien „nicht berufen kann", und zieht damit eine Grenze zwischen dem In-Aussichtstellen von Partien und ihrer endgültigen rechtsverbindlichen Zusage. Auch in 1/48 hält das Oberschiedsgericht (als „außerordentliches" Schiedsgericht vor dem 1.10.1948 als dem Zeitpunkt der allgemein Neuerrichtung) an dieser Rechtsprechung fest; der Mangel der Schriftform ist auch nicht ohne weiteres durch andere Umstände ersetzbar: „Weder die mündliche Zusicherung noch die lange Dauer der Proben kann dies ersetzen. Und auch die Aufnahme in den Besetzungszettel kann nicht als eine schriftliche Vertragsfestsetzung angesehen werden, da der Besetzungszettel lediglich zur Information der Beteiligten dienen sollte, aber nicht bestimmt war, als Abrede der Parteien wirksam zu werden."

Doch mildert das Gericht hier die Folgen der Unverbindlichkeit der Rolle nzusage durch die Anwendung der Grundsätze bei Verletzung der Beschäftigungspflicht, da die Rolle nun einmal übertragen worden war und nicht ohne weiteres wieder entzogen werden kann (S. 102). In 5/37 beschränkt das Oberschiedsgericht die Schriftlichkeit der Leistung sart auf den Fall einzelbestimmter Rollenzusage im Sinne des § 6 III NV und erklärt die nur m ü n d l i c h e Z u s a g e über die nähere „Art" des R o l l e n g e b i e t e s innerhalb der näheren Kunstfachabgrenzung des schriftformfreien § 2 I Ziff. 1 NV für gültig: „Nun hat allerdings nach § 6 Abs. 3 des Normalvertrages das Mitglied keinen Anspruch auf bestimmte Rollen oder Partien, wenn sie ihm nicht im Vertrage ausdrücklich zugesagt sind. Das schließt aber nicht aus, da,ß über eine gewisse besondere Art des Rollenfaches bindende Abreden auch mündlich getroffen werden können, und der Intendant muß deshalb zu seinem Wort stehen, wenn er die Klägerin f ü r den von ihm gewünschten aparten, unkonventionellen (also persönlich gefärbten und nicht an dem Herkömmlichen und Schablonenmäßigen haftenden) Typ f ü r geeignet erklärt und sie daraufhin engagiert hatte."

Damit erfährt das Prinzip der Schriftform der Sonderabreden eine Beeinträchtigung. Wenn § 5 VI NV also die Schriftform für Abreden über die „Art" der Dienstleistungen (nicht des Rollengebietes) vorschreibt,

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

so ist damit die engere Festlegung im Zusammenhang mit Abreden über die angemessene Beschäftigimg (§ 6 II, I I I NV) gemeint. Der ebenfalls in § 5 VI NV erwähnte „Umfang" der Dienstleistungen ist ohnehin nur für die Festlegung der angemessenen Beschäftigung nach § 6 II, I I I NV denkbar, so daß hier eine Ausnahme von dem Schriftformzwang durch Zugehörigkeit der Abreden zum allgemeinen Vertragsteil nach § 2 I NV nicht in Erscheinung tritt. Von diesen Gesichtspunkten ist auch die Entscheidung 13/37 getragen. Das Oberschiedsgericht erkennt hier die mündliche Einigung der Parteien über die Art des Rollengebietes an Hand der in den Besprechungen einverständlich genannten „Beispiele" einzelner Rollen, deren Nennung nicht ihre endgültige Zusage bedeuten sollte, zur Charakterisierung der Art des Rollengebietes als rechtsgültige Zusatzbestimmung des Vertrages an, obwohl dieser sogar als ganzer schriftlich niedergelegt war. Im Sinne der näheren Festlegung der „Art" der Dienstleistung liegt es auch, wenn einem Mitglied vertraglich eingeräumt wird, daß ein bestimmter, zur erläuternden Typisierung genannter Darsteller sein Partner sein soll. Daraus ergibt sich ein Rückschluß auf die von den Parteien ins Auge gefaßte Charakterisierung der Rolle bzw. des Rollengebietes. Eine derart lediglich mündlich erfolgte Zusage hat das Gericht in 15/39 für gültig erachtet (S. 84). Eine solche Sonderabrede unterliegt, wie betont, daher nur dann dem Schriftformzwang, wenn sie die Frage der „Angemessenheit" der Beschäftigung als solche ausdrücklich berührt (§611, I I I NV) oder einen Punkt der Beschäftigung betrifft, der zu dem nach § 2 I NV erforderlichen allgemeinen Vertragsinhalt hinzutritt, diesen nicht nur näher inhaltlich erklärt. Ist der Vertrag aber andererseits als ganzer von vornherein auf eine bestimmte Bühnendienstleistung engcharakterisierter Art, etwa eine bestimmte Inszenierung des engagierten Spielleiters oder eine bestimmte Starrolle — wie besonders bei Stückverträgen — bezogen, so verliert diese nähere „Bestimmung" ihren Charakter als „Sonderabrede" und stellt eben den Vertrag in seinem Hauptinhalt dar. So bejaht das Oberschiedsgericht in 8/36 die mündliche Zusage von zwei gesondert zu honorierenden Inszenierungen als verbindlichen Vertragsabschluß und lehnt die Notwendigkeit der Schriftform dieses „Spielleiter"- oder besser „Inszenierungsvertrages" ab. Handelt es sich überdies um einen Gastspielvertrag, auf den nach § 20 NV die §§ 1—19 NV keine Anwendung finden, so ist ohnehin eine nur mündliche oder aus den Umständen zu ermittelnde Zusage bestimmter, vorgesehener Rollen nach 21/49 gültig. Für die Verpflichtung zur Ü b e r n a h m e k l e i n e r R o l l e n u n d P a r t i e n (Mehrzahl!) ist in § 5 V N V die Formulierung der etwaigen Schriftform zurückhaltender als in §§ 5 VI, 6 II, I I I NV. Das Oberschieds-

Schriftform bei Beschäftigungsabreden und Kündigungen

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gericht neigt dazu, in § 5 V NV keine vereinbarungsbedingte und hierbei insbesondere keine schriftformpflichtige Leistungspflicht des Mitglieds zu erblicken (obwohl die Vertragsmuster dieser Bestimmung vorsorglich Rechnung tragen). Dieser Standpunkt ergibt sich aus 8/39, wo die Frage mehr als Erfüllungsproblem allgemeiner, angemessener Beschäftigung gesehen wird (S. 90). Umgekehrt wie bei der Abgrenzung nach §§ 5 VI, 6 II, I I I NV in Ergänzung zu § 2 I Ziff. 1 NV wird man es hier auf die allgemeine Heranziehung zu kleinen Aufgaben (und Pantomimen), nicht aber bestimmte, vereinzelte abstellen können und im ersten Falle die Schriftformzwangsklausel bejahen, im zweiten nicht. Auch in 21/49 ist hierüber keine anderweitige Klarheit zu gewinnen, da es sich hier um einen von § 5 V NV freien Gastspielvertrag handelt. Eine ausschließliche und eindeutige Sonderabrede ist dagegen die K ü n d i g u n g s k l a u s e l . Hat nach § 2 1 Ziff. 3 NV der Engagementsvertrag auch grundsätzlich Auskunft über seine Dauer zu geben, was im Sinne eines klaren Endtermins zu verstehen ist (1/41), so räumt § 10 I Ziff. 3 NV bei etwa länger befristeten Verträgen auf den Schluß eines Vertragsjahres oder einer Spielzeit die Möglichkeit einer ordentlichen, zwischenzeitlichen Kündigung ein. Diese ordentliche, im Vertrag vorgesehene K ü n d i g u n g s e r k l ä r u n g muß nach § 1 0 I I N V schriftlich v o l l z o g e n werden, wenn sie das Vertragsverhältnis zu dem betreffenden Termin vor seiner nominellen Endigung gültig zur Aufhebung bringen soll. Darüber hinaus scheint das Oberschiedsgericht in 21/37 zum Ausdruck bringen zu wollen, daß auch die einer solchen schriftlichen Kündigung zugrunde liegende vertragliche V e r e i n b a r u n g über die K ü n d i g u n g s m ö g l i c h k e i t selbst dem Zwang der Schriftform unterliegt. Es tut dies zwar nur im Zusammenhang mit der Feststellung, daß die im Streit befindliche fristlose Entlassung von § 10 I I NV nicht erfaßt wird und ihre Mündlichkeit daher ausreicht. Aber die hierbei gebrauchte Formulierung in der Abwägung der dafür sprechenden Argumente läßt erkennen, daß das Gericht die Schriftlichkeit nicht nur auf die ordentliche Kündigungserklärung, sondern auch auf ihre Grundlage, die diesbezügliche Sondervereinbarung selbst bezieht: „Der § 10, der den Schriftzwang für Kündigungsvereinbarungen einführt, stellt daher eine Ausnahme vor und kann schon deshalb nicht ausdehnend ausgelegt werden."

Für diese Auslegung spricht auch hier — ebenso wie bei der von dem allgemein üblichen Vertragsinhalt abweichenden Sondervereinbarung über die Zusage bestimmter, einzelner Rollen und Partien (§ 6 I I I NV, S. 30) — der Umstand, daß mit Hilfe der Schriftform über eine so wesentliche, tarifunübliche Sondervereinbarung bei Vertragsabschluß unter allen Umständen Klarheit erzwungen werden muß, kommt doch der vertrag3 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

liehen Grundlegung des ordentlichen Kündigungsrechts als Ausnahme von der tariflichen Mindestbedingung der festen Endigungsbestimmung nach § 2 I Ziff. 3 NV sicherlich eine gleiche Bedeutung zu wie seiner späteren Ausübung, für die das Tarifrecht die Schriftlichkeit verlangt. Grundlage und Ausübung können hier nur als soziale Einheit — nämlich die Klarheit über eine soziale Ausnahmebehandlung — gesehen werden. Völlig eindeutig dürfte die Stellungnahme des Oberschiedsgerichts hierzu nicht sein. So findet sich in 1/41 kein Hinweis auf den Schriftformmangel einer — aus anderen Gründen für nichtig erklärten — Kündigungsvereinbarung (S. 65). Ist die Rechtsgrundlage einer ordentlichen Kündigung eine gesetzliche — etwa, weil der Engagementsvertrag nicht auf einen festen, notfalls konstruierbaren Endigungstermin, sondern in etwa ausnahmehaft zulässiger Weise auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden ist —, so bedarf es insoweit nicht einer vertragsschriftlichen Fixierung des Kündigungsrechts als solchen. Seine Regelung ergibt sich ohne weiteres aus dem allgemeinen Dienstvertragsrecht des BGB (§§621 ff.); der Schriftformzwang für die Kündigungserklärung selbst (§ 1 0 I I N V ) wird hierdurch nicht berührt. Dies ist aus 1/41, auch 24/36 zu entnehmen. Da der Schriftformzwang seinem Wesen nach der Klarheit dient, muß er bei Unklarheit seiner selbst im Zweifel entfallen, wenn sich keine verbindliche Gewohnheit feststellen läßt. Daher besteht nach der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts keine Möglichkeit zur Ausdehnung des Schriftformzwanges auf alle, im allgemeinen Vertragsinhalt des § 2 1 NV nicht enthaltenen, wenn auch wichtigen Sonderabreden. Über die Schriftformfrage bei der M i t t e i l u n g der N i c h t v e r l ä n g e r u n g von Verträgen s. S. 175ff. c) V e r e i n b a r t e S c h r i f t f o r m Neben diesen für die Rechtsgültigkeit der Abreden zwingend vorgeschriebenen Schriftformen gewisser Sonderabmachungen steht die vereinbarte oder gewillkürte Schriftform, wie sie insbesondere auch für den Vertrag als ganzen praktisch vorkommt und gemäß dieser Parteivereinbarung Wirksamkeitsvoraussetzung sein soll. Sie kann sich aber auch lediglich auf einzelne Zusatz- und Nachtragbestimmungen beziehen, so, wenn etwa im Vertrage niedergelegt wird, daß spätere Ergänzungen und Änderungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Hierfür ist allgemein auch § 127 BGB heranzuziehen (S. 30). Ob eine schriftlich vereinbarte Schriftformklausel mündlich wiederaufgehoben werden kann, ist streitig und wird für das Bühnenrecht verneint (9/39 1 ): ') D i e s s , Die Ablaufklausel im Btihnendlenstvertrag, Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht, Bd. 13, S. 205ff.

Vereinbarte Schriftform, Schwarzes Brett

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„Haben aber einmal die Vertragsparteien durch die Klausel mit aller Schärfe und Klarheit unter sich vereinbart, daß der Vertrag sich nur verlängere, wenn ausdrücklich eine schriftliche Vereinbarung über die Verlängerung getroffen sei, haben sie sich also dadurch selbst die Schriftform als zwingend für die Gültigkeit des Verlängerungsvertrages vorgeschrieben und damit erklärt, daß Verlängerungsanträge, die mündlich vereinbart seien, ungültig sein sollten, so können unmöglich die Parteien hinterher rechtswirksam erklären: wir schließen den Verlängerungsvertrag nur mündlich, und hierdurch ist der vereinbarte Zwang zur Schriftform wiederaufgehoben. Damit wäre gerade die Rechtssicherheit, die man durch die Verlängerungsklausel erreichen wollte, wieder beseitigt."

Die Zulässigkeit der gewillkürten Schriftform hat das Oberschiedsgericht grundsätzlich bejaht, sofern tatsächlich eine b e i d e r s e i t i g e E i n i g u n g hierüber erkennbar ist. Das Tarifrecht strebt die Schriftlichkeit, wenn auch nur in den Grenzen einer Sollvorschrift des § 2 I I NV, durchaus an. Das Gericht gibt allerdings dem Gedanken Ausdruck, daß die Möglichkeit, eine Vertragsvereinbarung irgendwelcher Art lediglich mündlich wirksam treffen zu können, im Rahmen des Tarifrechts, soweit es nicht selbst im einzelnen die Schriftform zwingend verlangt, eine soziale Schutzbestimmung im Sinne einer unabdingbaren Mindestbedingung ist; es bezieht diese Auffassung jedenfalls darauf, daß nicht eine Partei einseitig erklären kann, sie erkenne lediglich schriftliche Verträge als für sie verbindlich an, wie das eine Bühne durch Anschlag am schwarzen Brett getan hatte. Das Gericht erwähnt den tariflichen Grund-, satz der Wirksamkeit eines lediglich mündlichen Vertragsabschlusses nach § 2 I I NV in 18/38: „Diese Bestimmung ist für das gesamte Vertragsverhältnis zwischen Bühnenunternehmer und Bühnenmitglied von so entscheidender Bedeutung, daß sie als eine unabdingbare angesehen werden muß, die jedenfalls durch einseitig geäußerten Parteiwillen nicht abgeändert werden kann. Der Aushang der Beklagten war daher rechtlich unwirksam und bedeutungslos."

Hierbei — das sei zunächst eingeschaltet — räumt das Gericht nicht den sonst bei Anschlägen am schwarzen Brett naheliegenden Gedanken ein, daß die Willenserklärung einer Bühne am schwarzen Brett oft gemäß § 151 B G B nach Bühnenbrauch keiner besonderen, ausdrücklichen Annahmeerklärung bedarf, wenn eine solche überflüssig erscheint und nicht zu erwarten ist, wie das Gericht unter gewissen Voraussetzungen für den Fall der schon bei Vertragsabschluß in Aussicht genommenen Vertragsverlängerung einmal ausspricht (4/41). Dies geht hinsichtlich der Schriftformvereinbarung für den ersten Engagementsvertrag schon deshalb nicht an, weil das Mitglied hier von den Anschlägen am schwarzen Brett — noch außerhalb des Theaters stehend—gar keine Kenntnis haben kann (S. 46). 3*

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Die Auffassung des Oberschiedsgerichts, die Möglichkeit einer nur mündlichen Vertragsvereinbarung dürfe, soweit sie das Tarifrecht vorsieht, nicht durch eine einseitig statuierte Schriftform als rechtsbegründende Wirksamkeitsbedingung ausgeschlossen werden, läßt in obiger Entscheidung (18/38) offen oder deutet höchstens an, daß auch die zweiseitige, von den Vertragsparteien vorgenommene Abdingung des normalvertraglichen Prinzips mündlicher Vereinbarungswirksamkeit tarifrechtlichen Gültigkeitsbedenken unterliegt. Denn die Schriftformnorm ist eine zulässige Bestimmung des Tarifrechts geworden. Über ihre Anwendung entscheidet der jeweilige Tarifvertrag; statuiert er die Mündlichkeit nicht ausdrücklich, dürfte eine vereinbarte Schriftform zulässig sein. Früher bot in diesem Zusammenhang die A b l a u f k l a u s e l , nach der eine V e r t r a g s v e r l ä n g e r u n g nur bei schriftlichem Vollzug, nicht aber stillschweigend gültig sein sollte (S. 167), zahlreiche Probleme in der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts, das in 19/35 meinte: „Die ,Klausel' enthält auch keinen Verstoß gegen die guten Sitten. Allerdings wird der damalige .Deutsche Bühnenverein' (also der Verband der Bühnenleiter), der zur Einführung der gedachten ,Klausel' den Anstoß gegeben hat, dabei in erster Linie die Interessen der eigenen Verbandsmitglieder im Auge gehabt haben. Und in der Praxis wird auch die Klausel wohl häufiger den Bühnenleitungen zugute gekommen sein, als den abhängigen und wirtschaftlich schwächeren Bühnenmitgliedern, denen in der Regel mehr daran gelegen haben wird, die Lösung ihrer Verträge zu erschweren, als sie zu erleichtem Allein die Rücksicht auf diese Wirkungsmöglichkeiten könnte allenfalls Anlaß zu der Erwägung geben, ob die Verwendung der .Klausel', die sich als eine ständige Quelle von Streitigkeiten erwiesen hat, künftighin nicht lieber in Wegfall kommen sollte, aber jene Rücksicht kann nicht dazu führen, der .Klausel', wo sie einmal vereinbart ist, die Rechtswirksamkeit zu versagen."

Die Klausel ist durch die Tarifvereinbarung über die Mitteilungspflicht bei NichtVerlängerung von Verträgen vom 10. 10. 1947 (S. 182) unzulässig geworden. Das Gericht erkannte zunächst nochmals in 2/48 und 3/48 die Ablaufklausel für Verträge bis 31. 7. 1947 an und t a t sie auch nicht als leere, der sonstigen Vertragsübung widersprechende „Floskel" (wie in 3/35) ab. Es erklärt jedoch für die Zeit nach dem Stichtag der Tarifvereinbarung vom 10. 10. 1947 bereits in 3/48: „Während also nach dem bisherigen Rechtszustand die Unterlassung einer Mitteilung einer NichtVerlängerung nicht als stillschweigende Verlängerung angesehen werden konnte, weil zur Verlängerung die ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung erforderlich war, ist diese Ablaufsklausel praktisch nunmehr in Wegfall gekommen . . ."

Dieser Fall der vorausgesagten Tarifwidrigkeit neuer Ablaufklauselversuche deckt sich mit dem ähnlichen, späteren Fall, in welchem die Parteien schon bei Vertragsabschluß die Klausel festlegten, daß der Vertrag zu seinem Ablauftermin als endgültig beendigt gelten, also der

Unabdingbare Mündlichkeit, Ablaufklausel — Urkundenbeweis

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Regelung über die Mitteilungspflicht entzogen sein solle. Das liegt auf derselben Basis wie die Erschwerung der Vertragsverlängerung durch den Vorbehalt der Schriftform in der Ablaufklausel, der gegen die tarifrechtlich anerkannte Vertragsverlängerung bei beiderseitigem Schweigen gemäß der Regelung vom 10. 10. 1947 verstößt. Es heißt in 18/52: „Die Tarifvereinbarung vom 10. 10. 1947 stellt eine zum Schutze der Buhnenmitglieder, aber auch der Bühnenleitung vereinbarte Abrede dar, welche, soweit sie die Bühnenangestellten betrifft, als Mindestbedingung nach allgemeinem Tarifrecht unabdingbar ist. Es würde eine vertragliche Abdingung bedeuten, wenn im Dienstvertrag selbst die Beendigung des Engagements mit einer solchen Klausel bestätigt und dabei die vorgeschriebene schriftliche Mitteilung der NichtVerlängerung vorweggenommen würde."

2. Beweis des Vertragsabschlusses a) V e r t r a g s u r k u n d e , K o r r e s p o n d e n z Entsprechend der Schriftform-„Soll"vorschrift des § 2 I I NV für den Abschluß oder die Bestätigung des Engagementsvertrages mißt das Oberschiedsgericht einem schriftlich niedergelegten Vertrag in beweismäßiger Hinsicht nach allgemeinen Grundsätzen besondere Bedeutung zu, nämlich derart, daß eine Vertragsurkunde die V e r m u t u n g der V o l l s t ä n d i g k e i t u n d R i c h t i g k e i t für sich hat (2/41, 3/41). Sie ist aber, gegebenenfalls unter Umkehrung der Beweislast, zu entkräften. Das Gericht ist darin grundsätzlich engherzig und lehnt, sofern seine fachliche Erfahrung oder die mangelnde Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit bzw. Beweisbarkeit behaupteter mündlicher Nebenabreden es angebracht erscheinen lassen, die Durchführung eines Beweisaufnahmeverfahrens gelegentlich im Geiste schiedsgerichtlicher, d. h. sachverständiger und auf Beschleunigung zielender Rechtsfindung ab (z. B. in 20/40, vgl. S. 27). Die Durchschlagskraft der Vermutungswirkung eines schriftlichen Vertrages für seine Vollständigkeit und Richtigkeit ist nach 1/34 insbesondere dann gegeben, „wenn die behauptete mündliche Abrede mit dem schriftlichen Vertrag in Widerspruch steht. Umstände und Gründe, die eine Erklärung dafür abgeben könnten, weshalb der schriftlich niedergelegte Vertrag mit den tatsächlichen Vereinbarungen in Widerspruch steht, hat der Kläger aber nicht vorgebracht. Es kann daher den Aussagen der in erster Instanz vernommenen Zeugen, daß allen Mitgliedern des Stadttheaters bei Abschluß der Dienstverträge zugesichert worden sei, daß für die Spielzeit 1933/34 die Sparverordnung vom 8. 6. 1932 nicht angewendet werden dürfe, angesichts des klaren Wortlautes des schriftlichen Vertrages ein ausschlaggebender Beweiswert nicht beigemessen werden. Es muß davon ausgegangen werden, daß zum mindesten nicht widerlegt ist — und das mußte der Kläger tun —, daß die Sparverordnung vom 8. 6. 1932 in Anwendung kommen soll."

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Korrespondenz an Stelle einer einheitlichen Vertragsurkunde hat eine ähnliche vertragsbeweisende Bedeutung, notfalls unter beweiswürdigender Auslegung ihres Zusammenhangs und ihrer wechselseitigen, stillen Bezugnahme. So wurde eine Bühne in 7/49 auf einen Gastspielvertrag mit einer Zeitbestimmung festgelegt, die sie zu Beginn der Korrespondenz erwähnt hatte und die dann verbindlich wurde, als ein die Gagenhöhe bestätigendes Schreiben nachfolgte. Die Korrespondenz allein kann aber nicht bereits gegenüber mündlichen Ergänzungen die Vollständigkeit ihres vertragsregelnden Inhalts vermuten lassen. Wird Korrespondenz von einer Vertragsurkunde abschließend ergänzt, so überwiegt deren Beweiswert im Sinne des eingangs erwähnten Vermutungsgrundsatzes, und zwar gemäß 30/49 unter Umständen im doppelten Sinne: „Mit Recht ist das Bezirksbühnenschiedsgericht bei seiner Entscheidimg von dem Inhalt des Dienstvertrages ausgegangen. Die Vorkorrespondenz, wonach der Intendant laut seinem Schreiben einen ausgesprochenen Heldenliebhaber und Kavalierhelden wie Egmont, Posa und Leicester suchte, kann nicht als Vertragsgrundlage angesehen werden, da das vereinbarte Kunstfach in § 1 des Dienstvertrags nicht von solchem Heldenfach spricht, sondern von dem Fach als .leichter jgdl. Held, jgdl. Charakterrollen'. Andererseits schränkt § 4 dieses grundsätzlich vereinbarte Kunstfach der Art nach nicht ein. Wenn § 4 der Beklagten auch das Recht einräumt, das Mitglied auf Verlangen auch in Rollen kleineren Umfangs und in der Komparserie zu beschäftigen, so bedeutet das nur, daß der Kläger auch solche Rollen nebenbei zu übernehmen hatte. Es bedeutete aber nicht, daß eine angemessene Beschäftigung schon dann vorlag, wenn der Kläger fast ausschließlich oder überwiegend in Rollen kleineren Umfangs oder in der Komparserie beschäftigt wurde. Denn bei einer Auslegung des Vertrags nach Treu und Glauben mußte immerhin eine angemessene Beschäftigung in dem eigentlichen Kunstfach des Klägers als ,leichter jgdl. Held und in jgdl. Charakterrollen' vorgenommen werden.'' E s bestehen keine grundsätzlichen Hindernisse zur Annahme eines m ü n d l i c h e r w e i t e r t e n I n h a l t s des schriftlichen Vertrages, dem also nicht v o n vornherein eine ausschließliche Wirkung zukommt (19/40): „Wie aber in der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts wiederholt ausgesprochen ist (s. z. B. die Entscheidungen vom 26. 4. 1938: O. 13/37 und 15. 10.1940: 0 . 12/40) können zur Peststellung des Vertragsinhalts die den Vertragsschluß begleitenden oder ihm voraufgegangenen Umstände, insbesondere Erklärungen der Parteien, herangezogen werden, soweit sie einen Schluß auf den Parteiwillen gestatten und mit dem urkundlich Festgelegten im Einklänge stehen." So auch 29/49: „Wenn auch nicht in dem Telegrammwechsel die Vertragszeit zum Ausdruck gebracht worden ist, so nimmt das Bestätigungstelegramm der Beklagten und des Klägers doch Bezug auf die mündliche Besprechung, in der die Vertragszeit in genügend bestimmter Weise auf die Spielzeit abgestellt worden ist." Diese Grundsätze dienen nicht nur der Auslegung des schriftlich niedergelegten Parteiwillens, sondern der Feststellung zusätzlicher mündlicher Abreden überhaupt.

Beweisgrundsätze, gemischte Abschlußformen

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M ü n d l i c h e V o r b e h a l t e bei der Vertragsunterzeichnung, die mit dem vorbehaltlosen Schrifttext in Widerspruch stehen, scheiden entweder als beweisunfähig schlechthin aus oder werden beweisschlüssig dadurch erschwert, daß nicht nur der Vorbehalt, sondern auch bewiesen werden muß, warum er nicht in die Urkunde aufgenommen worden ist, es sei denn, daß sogar die Annahme des Vorbehalts durch beiderseitige Einigung nachgewiesen werden kann. So verfährt das Oberschiedsgericht in 6/49: „Wenn demgegenüber eine von dem Inhalt abweichende Regelung mit dem Kläger getroffen sein sollte, so hätte diese Regelung entweder in das schriftliche Abkommen mit aufgenommen werden müssen, oder der Kläger hätte darlegen und unter Beweis stellen müssen, weshalb gerade diese abweichende Regelung nicht in der Urkunde enthalten ist. Denn in einer schriftlichen Urkunde pflegen die Parteien alle diejenigen Punkte zusammenzufassen, über die eine Einigung erzielt worden ist. Es mag sein, daß der Kläger bei den Verhandlungen sich Urlaubsansprüche vorbehalten hat. Wenn dieser Vorbehalt nicht in die Urkunde aufgenommen worden ist, so ist zunächst anzunehmen, daß die Beklagte diesen Vorbehalt nicht anerkannt hat, und es wäre Sache des Klägers gewesen, zu beweisen, daß trotz des Fehlens des Vorbehalts eine Einigung hierüber stattgefunden hat."

In 23/48 wurde ein Beweisverfahren über teils schriftliche, teils mündliche Verhandlungsvorgänge durchgeführt, das jedoch nicht die behauptete Ergänzung des in der Vertragsurkunde niedergelegten Kunstfachs „Operetten-Soubrette" mit „1. Operetten-Soubrette" zutage brachte. b) M ü n d l i c h k e i t , s c h l ü s s i g e H a n d l u n g In Ermangelung einer Vertragsurkunde oder sonstigen schriftlichen, wenn vielleicht auch nur einseitigen, korrespondenzmäßigen Vertragsbestätigung ist der Nachweis des mündlich oder durch schlüssige Handlung zustande gekommenen Engagementsvertrages auf die üblichen Beweismöglichkeiten des allgemeinen Rechtsverkehrs beschränkt. Hierbei muß die erste Prüfung der nicht immer klaren Frage gelten, ob die Parteien sich bei Einverständnis über den etwaigen Vertragsinhalt tatsächlich ü b e r h a u p t e n d g ü l t i g aneinander b i n d e n wollten (35/32): „Es ist aber weiterhin auch noch die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts zu berücksichtigen, nach welcher bei mündlichem Vertragsabschluß die Parteien sich nicht nur über den Inhalt des Anstellungsvertrages einig sein müssen, sondern auch darüber, daß die mündliche Vollziehung der Abrede f ü r beide Parteien bindend sein soll."

14/49 lehnt ab: ist nioht festzustellen, daß zwischen den Parteien ein Vertragsabschluß endgültig zustande gekommen ist. Dieser scheiterte hauptsächlich daran, daß die Entnazifizierung der Klägerin bei den Verhandlungen noch nicht durchgeführt war und sie ein Auftrittsverbot hatte, welches dem Abschluß hindernd entgegenstand.

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Es widerspricht der Erfahrung, daß unter diesen Umständen ein Bühnenleiter einen bindenden Abschluß tätigen wollte. Dies ist auch nicht im Laufe der Verhandlungen erklärt worden. Auch aus der Karte des Spielleiters N. N. vom 2. 1. 1948 kann dies nicht entnommen werden. Wenn dort erwähnt ist, der Vertrag solle ab 1. 1. 1948 laufen und für die Spielzeit 1948/49 geschlossen werden, so bedeutete dies nur eine Planung, ohne daß hierin eine Bestätigung des bereits abgeschlossenen Vertrags vorlag. Im übrigen enthält die Karte nur Anfragen wegen der weiteren Maßnahmen. Die anschließend atattgefundenen Proben führten gleichfalls noch nicht zu einem endgültigen Abschluß des Engagements, da die Klägerin noch während der Proben Auftrittsverbot hatte." Mangelnden Bindungswillen erkennt das Oberschiedsgericht in 24/48, weil ein Sänger als ,,1. Operettentenor" engagiert werden zu wollen erklärt hatte, aber die ihm zur Gegenunterzeichnung vorgelegte Vertragsurkunde nur die Bezeichnung „Operettentenor" enthielt; der Künstler fügte den Zusatz ,,1." hinzu, was die Bühne zunächst nicht bemerkte, so daß das Engagement anlief, aber nach Entdeckung des Vertragsfehlers annulliert wurde. Hier liegt eine versteckte Nichteinigung (Dissens) — trotz der Vertragsurkunde — vor: „Der Vertrag war also nach § 155 BGB in Wirklichkeit nicht zustandegekommen, da anzunehmen war, daß ohne eine Einigung über diesen Punkt der Vertrag nicht geschlossen sein sollte. Der von dem Kläger vorgenommene nachträglich eingesetzte Zusatz stellte deshalb nicht nur eine belanglose Berichtigung der Vertragsurkunde dar, sondern eine wesentliche Änderung, die nicht ohne Zustimmung des Beklagten in der Verfcragsurkunde, die als solche nur bestätigende Bedeutung hatte, vorgenommen werden konnte." Erklärungen mündlicher Art beurteilen sich wie allgemein so auch im Bühnenleben — vorbehaltlich ihrer Anfechtbarkeit wegen Irrtums — nicht nach der vorhandenen oder mangelnden Absicht, sie im verpflichtenden Sinne abzugeben, sondern nach ihrem äußerlichen E r k l ä r u n g s i n h a l t , wie er dem anderen Beteiligten nach der Sprache u n d den Gewohnheiten des Bühnenlebens und nach den Begleitumständen in Erscheinung tritt, wie er sie verstehen muß. Als Beispiel einer solchen Er 7 mittlung eines umstrittenen Erklärungsinhalts folgender Auszug aus dem Schiedsspruch 20/40: „Es ist auch rechtlich ohne Bedeutung, wenn der Generalintendant bei seiner Äußerung etwa nicht den Willen gehabt haben sollte, damit eine Verpflichtung einzugehen; denn f ü r die rechtlichen Polgen einer Erklärung ist nicht dieser Wille, sondern die Erklärung entscheidend. Wohl aber ergibt sich aus den besonderen Umständen, unter denen sich die Besprechung abgespielt haben soll, die Möglichkeit, daß beide Teile die ihrem Wortlaut nach als Vertragsabrede zu deutende Erklärung nicht für ernstlich gehalten haben. So ist allerdings hierbei zu beachten, daß der Generalintendant — ob zu Recht oder zu Unrecht, ist hierbei ohne Belang — dem Bühnenmitglied wegen seines bisherigen dienstlichen und außerdienstlichen Verhaltens während der voraufgegangenen Beschäftigungszeit schwere Vorwürfe gemacht hatte. Er hatte nicht nur rügen müssen, daß er die ihm anver-

Auslegung des Erklärten und der Umstände

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trauten Mittel vergeudet und .Kostenvoranschläge um das Dreifache überschritten' habe, sondern hat ihm auch den Vorwurf wiederholter Unzuverlässigkeit im Dienst machen müssen. Er war, wie die Beklagte vorträgt, darüber unterrichtet, daß der Kläger während des Dienstes mehrfach betrunken gewesen sei, ein bei der verantwortungsvollen Aufgabe des technischen Betriebsinspektors besonders schwerwiegender Gesichtspunkt. Die Beklagte hat also schon recht damit, daß der Generalintendant bei diesen Erfahrungen mit dem Kläger nicht gerade viel Anlaß gehabt habe, sein Dienstverhältnis zu verlängern. Dazu kommt, daß Äußerungen, die in gehobener Stimmung auf der Bühne fallen, häufig nicht als rechtsverbindlich gemeint aufgefaßt werden können, weil ihre Nichternstlichkeit erkennbar ist. Hier liegt die Sache aber nach der eigenen Darstellung des Generalintendanten anders. Er sah in dem Kläger den Ernährer einer elfköpfigen Familie, den Sohn eines von ihm in vielen Jahren erprobten Bühnenangestellten . . . , demgegenüber er gewisse Rücksicht nehmen zu müssen und dessen weitere Beschädigung er schließlich auch f ü r die von ihm geleitete Bühne als tragbar ansehen zu dürfen meinte. So hat wenigstens der Kläger das stark entgegenkommende Verhalten des Generalintendanten sich erklären können. Damit aber stünde fest, daß er in der, sei es auch in gehobener Stimmung abgegebenen Erklärung eine rechtsverbindliche Willenserklärung sehen durfte und gesehen hat." Indem das Gericht anschließend ausführt, daß am Vorliegen des einmal getätigten Vertragsabschlusses (Verlängerung) insbesondere dadurch nichts geändert worden ist, daß das Mitglied nachträglich noch versucht hat, eine höhere Gage zu erhalten, gelangt es zu der abschließenden Feststellung: „Die nach alledem vielmehr ernstlich gemeinte berechtigende und verpflichtende Abrede des Klägers mit dem Generalintendanten ist, wenn sie die Verlängerung des Vertragsverhältnisses festlegte, auch damit klar und vollständig genug, weil, wenn nichts anderes gesagt ist, es sich von selbst versteht, daß eben die Bedingungen des zu verlängernden Vertrages, so auch hinsichtlich des Gehalts, fortbestehen bleiben sollten." Ein Gegenbeispiel, bei dem das Oberschiedsgericht zu einem negativen Ergebnis kommt, liegt in 3/39 vor: hier bot sich keinerlei Anlaß, eine Verbindlichkeit einer Intendantenerklärung auf dem Jubiläumsfest des Mitglieds anzunehmen, die in dem Sinne gefallen war, daß das Mitglied noch Jahre ,,am Theater" tätig sein könne und daß es für seine Zukunft nicht besorgt zu sein brauche; denn mit dem „Theater" war hier — nach den näheren Umständen — offenbar das Theater im allgemeinen, nicht aber das beklagte selbst gemeint. Für Verlängerungsvereinbarungen sind oft Anschläge der Bühne a m s c h w a r z e n B r e t t verbindliche Willenserklärungen, die gemäß § 151 B G B keiner ausdrücklichen, da vermuteten Annahmeerklärung der Mitglieder bedürfen (4/41), allerdings darüber hinaus gemeinhin nicht als Schriftstück zwecks persönlicher Besitzergreifung und Einbehaltung des „Empfängers" anzuerkennen sind (S. 176). Bezüglich einzelner Willenserklärungen bei sonstigem Vertragsbestand vgl. den Fall 6/39 (S. 66).

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Die richtige Würdigung schlüssiger Handlungen, aber auch der mit gewissen wörtlichen Erklärungen zusammenhängenden B e g l e i t u m s t ä n d e ist das Feld fachgerichtlicher Tätigkeit. So bedeutet nach 7/34, 9/34 die Veranstaltung von mehreren bühnenmäßigen Singproben (nicht „Vorsingen") und nach 30/36 die Übertragung einer Rolle auf einen Bühnenkünstler nicht etwa nur die vorläufige Heranziehung zu unverbindlichen Proben, sondern den Abschluß eines Bühnendienstvertrages. Es heißt in 30/36: „Denn dadurch, daß der Bühnenleiter dem Bühnenmitglied eine Bolle fest überträgt und das Mitglied sie annimmt, kommt ein Vertrag zustande, an den nach den Grundsätzen von Treu und Glauben beide Teile gebunden sind und den auch der Bühnenleiter nicht einseitig abändern oder auflösen kann."

Ähnlich auch 17/40 (S. 51). Die wesentlichen Vertragsmerkmale ergeben sich dann im Gegensatz zu den Gastspielverträgen des § 20 NV aus dem Normalvertrag, was diese konkludenten Vertragsabschlüsse erleichtert. Für den Abscliluß eines Vertrages spricht immerhin indizmäßig die von der Bühne etwa bereits vollzogene Anmeldung des Mitglieds zum Ensembleverzeichnis des „Deutschen Bühnen-Jahrbuchs" (17/40). Bei G a s t s p i e l v e r t r ä g e n im Sinne des § 20 NV stellt das Oberschiedsgericht nicht mindere, vielleicht gelegentlich höhere Beweisanforderungen, da bei einem mehr gastierenden Künstler oft aufmerksamere Geschäftsgeflogenheiten in Vertragsverhandlungsfragen festgestellt werden können. So mußte sich ein bekannter Kammersänger in 8/53 vom Gericht davon überzeugen lassen, daß er als erfahrener Sänger trotz weitgehender Einigung in vertragswesentlichen Fragen (bei noch nicht erfolgter, weniger wichtiger Gagenbezifferung) und trotz vom Theater veranlaßter Presse- und Prospektankündigung (!) mangels schriftlicher Bestätigung und wegen ungeklärter, ihm als bekannt unterstellter, fraglicher Etatlage des erst im Wiederaufbau befindlichen Theaters noch keinen Gastspielvertrag (für 50 bis 60 Auftritte) hatte. Weiter angebotener Beweis wurde nicht erhoben, da der Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens des Theaterleiters bei Vertragsverhandlungen ohnehin zugesprochen werden konnte (S. 53). Die Entgegennahme eines neuen Rollenbuches und die Besprechung von Besetzungsfragen mit der Bühnenleitung bedeutet noch nicht das Einverständnis eines Gastschauspielers damit, daß ein Gastspielvertrag, in dem andere Rollen festgelegt waren, als abgeändert anzusehen sei (21/49). Jedoch ist mit einem Bühnenbildner durch Stillschweigen seitens der Gastspielbühne ein Vertrag zustande gekommen, wenn sie den Bedingungen des Künstlers für die Benutzung seiner an einer anderen Bühne geschaffenen Bühnenbilder nicht widerspricht, die Bilder von jenem Theater mietet und verwendet. Der Künstler erhält ein Honorar (10/42, S. 126).

Beweis des Gastspielvertrages — Allgemeine Vollmachtsfragen

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Die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts ist, wie sich aus ihr hier und insgesamt ergibt, im Hinblick auf die im Bühnenleben oft unklare Grenze zwischen,,In-Aussicht-steilen'', „Versprechen'' einerseits und, .Zusage" andererseits keineswegs etwa grundsätzlich dazu übergegangen, zweifelhafte Willenserklärungen vertraglicher oder sonstiger Art als offenbar wohl nicht ernstlich gemeint von vornherein abzutun, sondern legt die Dinge vielmehr sehr genau auf die Wagschale. Jene Grenze läßt sich bei e i n g e h e n d e r T a t b e s t a n d s e r m i t t l u n g und richtiger, f a c h l i c h e r B e u r t e i l u n g , die allerdings oft eine umfassende sein muß, meist irgendwie mit Erfolg ziehen. Eine erschöpfende Darstellung auf Grund der Schiedssprüche kann hier nicht angestrebt werden, da es sich um die verschiedensten Tatbestandsbeurteilungen handelt, die unübertragbare Folgerungen aus dem Einzelfall ziehen. Jeweils möglichst zu einem überzeugenden —• positiven oder negativen — erschöpfend begründeten Ergebnis zu kommen, zeichnet jedenfalls die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts besonders aus. Die allgemeine erzieherische Wirkung auf das gesamte Bühnenleben ist durchaus festzustellen. Der Leichtfertigkeit in rechtserheblichen Äußerungen des Bühnenlebens wird hier planmäßig und erfolgreich entgegengewirkt. Versagen die Möglichkeiten zur Erkenntnis eines Vertragsabschlusses, so sichert gegebenenfalls der Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen vor unsozialen Konsequenzen, worauf noch einzugehen sein wird (S. 48ff.).

3. Vertragsabschluß durch Vertreter Die Abschlußberechtigung kann auf beiden Seiten der Vertragsbeteiligten zweifelhaft sein. Der B ü h n e n v e r m i t t l e r wird regelmäßig als beiderseitiger Bote für die Übermittlung von Willenserklärungen der Vertragsbeteiligten anzusehen sein, so daß sie erst mit ihrem Zugang bei diesen wirksam werden. Seine Bevollmächtigung zur selbständigen Entschlußfassung im Namen eines Vertragspartners bedarf besonderen Nachweises. a) T h e a t e r v e r a n s t a l t e r Zur Abschlußvollmacht liegen grundsätzliche Entscheidungen des Oberschiedsgerichts vor. Für das Gebiet der P r i v a t u n t e r n e h m e n ist allerdings nur ein Schiedsspruch unmittelbar heranzuziehen, nämlich 26/38, in dem entschieden ist, daß auch die Liquidatoren eines Veranstaltungsvereins (e. V.) im Rahmen ihrer Liquidationsaufgaben durchaus zum Abschluß von Engagementsverträgen als Erfüllungsgeschäften berechtigt sein können, wenn sich diese als terminlich konkretisierte Verträge zur Abgrenzung bereits vorliegender, zeitlich unbestimmter Engagementsverträge darstellen. Ob solche Liquidationsgeschäfte auch über diese besonderen Umstände hinaus nach Vereinsrecht wirksam sind, hatte

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

das Gericht hier nicht zu entscheiden. E s wird jeweils — wie hier — auf die besonderen Umstände u n d den etwa modifizierten Liquidationszweck ankommen. Die grundsätzlichen Stellungnahmen des Oberschiedsgerichts zur Frage der Vertretungsberechtigung liegen vielmehr auf dem Gebiet der T h e a t e r v e r a n s t a l t e r d e r ö f f e n t l i c h e n H a n d ; sie sind im Sinne der hier verfolgten Rechtssicherheit entsprechend auf die privaten Theaterunternehmer zu übertragen. Der verantwortliche künstlerische Leiter einer öffentlichrechtlichen Bühne ist regelmäßig der Bühnenleiter, der Intendant. Wird auch dem Intendanten die Vertretungsberechtigung für den Staat, die Stadt, den Zweckverband usw. in Engagementsfragen, für die in erster Linie er künstlerisch verantwortlich ist, schon in seinem Anstellungsvertrag eingeräumt, so ist gleichwohl die Rechtsprechung hierzu, die das Gericht langjährig entwickelt hat, v o n entscheidender praktischer Bedeutung. D e n n nach ihr m u ß die W i r k s a m k e i t v o n E n g a g e m e n t s e r k l ä r u n g e n des I n t e n d a n t e n Dritten gegenüber s c h l e c h t h i n b e j a h t werden, sofern nicht seine Vertretungsmacht in einer durch Dritte einwandfrei wahrnehmbaren Weise ausdrücklich beschränkt ist. D a s Oberschiedsgericht faßt in 5/40 die bisherige Rechtsprechung wie folgt zusammen: „Über die Vertretungsbefugnis des künstlerischen Theaterleiters hat sich das Bühnenoberschiedsgericht bereits in einer Entscheidung vom 21. 9. 1926 (veröffentlicht in der Zeitschrift,Neuer Weg' 1927 S. 68) eingehend geäußert. Es heißt dort: ,Das Oberschiedsgericht hält an seiner ständigen Rechtsprechung dahin fest, daß die Bühnenangehörigen mit der Befugnis des Intendanten zur Vertretung des Theaters rechnen dürfen, soweit sie nicht von der Bühnenleitung über entgegenstehende Einschränkungen belehrt worden sind. Insbesondere entspricht es dem Bühnenbrauch, daß der Intendant zum Abschlüsse und zur Abänderung der Bühnenanstellungsverträge bevollmächtigt ist. Beschränkungen dieser Befugnis, die zwischen dem Theaterunternehmer und dem Intendanten vereinbart sind, bedürfen zur Wirkung nach außen, also auch den Bühnenangehörigen gegenüber, einer besonderen Bekanntgabe durch Aufnahme in die Verträge, Anschlag am schwarzen Brett oder in einer sonst im Bühnenleben üblichen Form. Gerade bei Theaterunternehmungen, die von Kommunen, Kommunalverbänden und anderen gemeinnützigen Organisationen betrieben werden, sind die satzungsgemäß zum Abschluß der Anstellungsverträge berufenen Dienststellen außerordentlich verschieden. Bisweilen ist der Bürgermeister oder ein Beigeordneter, in anderen Fällen ein Theaterdezernent oder auch ein Theaterausschuß zum Abschluß dieser Verträge befugt. Für die Bühnenangehörigen ist es sehr schwierig, sich hierüber zu unterrichten. Es liegt im allgemeinen Interesse aller am deutschen Bühnenleben beteiligten Personen und Organisationen, einer Rechtsunsicherheit auf diesem Gebiete zu begegnen und" an dem eingeführten Bühnenbrauche festzuhalten, daß der Intendant dem Bühnenangehörigen gegenüber als der zuständige Vertreter des Theaterunternehmens zu gelten hat, soweit keine Einschränkung dieser Befugnis in üblicher und ausreichender Form bekanntgegeben ist.'

Vollmacht des Intendanten (Bereich und Beschränkbarkeit)

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Denselben Rechtsstandpunkt hat das Oberschiedsgericht auch in verschiedenen späteren Entscheidungen vertreten (so in den Schiedssprüchen vom 16. 11. 1934 in der Sache 0.23/34, vom 13.10.1936 in der Sache 0.26/36 und vom 5.1.1937inder Sache O. 37/36). Selbstverständlich macht es keinen Unterschied, ob der in Betracht kommende künstlerische Bühnenleiter den Titel .Intendant' führt (wie in den erwähnten Entscheidungen) oder (wie im vorliegenden Fall) sich .Direktor' nennt." Diese Rechtsprechung ist nach 12/36 u n d 18/38 auch mit § 36 der früheren Deutschen G e m e i n d e o r d n u n g vereinbar gewesen, wie das Gericht in letzterem Schiedsspruch ausführt: „Der § 36 der Reichsgemeindeordnung besagt allerdings, daß alle Verträge, durch die eine Gemeinde verpflichtet wird, vom Bürgermeister oder zwei verfassungsmäßigen Vertretern unterzeichnet werden müssen, um Rechtsgültigkeit zu erlangen. Eine starre Durchführung dieser Vorschrift wäre aber in der Praxis kaum möglich, da sie zu unmöglichen Folgen führen würde. Als Beispiel hierfür wies der Prozeßbevollmächtigte des Klägers darauf hin, daß dann auch der Fahrschein f ü r die Benutzung eines städtischen Verkehrsmittels von den Stadtvertretern unterzeichnet werden müßte, da die Gemeinde durch ihn zur Beförderung des Fahrgastes .verpflichtet' würde. In Rechtsprechung und Wissenschaft wird deshalb die Ansicht vertreten, daß eine Gemeinde sich auch formlos verpflichten kann, und eine durch Sondergesetz vorgeschriebene Schriftform nur ,dort erforderlich ist, wo das bürgerliche Recht eine irgendwie geartete Formbedürftigkeit des Rechtsgeschäftes vorschreibt' (vgl. J W 65. Jg. Heft 27 vom 4. 7. 1936 S. 1827 Sp. 2 Abs. 2)." Zu der oben in 5/40 erwähnten Bekanntgabe der E i n g e s c h r ä n k t h e i t der V e r t r e t u n g s b e r e c h t i g u n g des Intendanten am schwarzen B r e t t ist allerdings zu bemerken, daß dies die Wirksamkeit der Vertretungsbeschränkung nur im Verhältnis auf die bereits im Betrieb tätigen Mitglieder festlegen kann, also etwa im Zusammenhang mit Verlängerungsfragen. D a s neue, noch außerhalb des Theaters stehende, z. B. b e i m Bühnenvermittler sofort durch den Intendanten engagierte Mitglied k e n n t das schwarze Brett noch nicht (S. 3 5 , 4 6 ) . Die Möglichkeit der Kenntnisnahme ist stets genauestens nachzuprüfen, u m nicht die hier angestrebte absolute Rechtssicherheit zum Nachteil des sozial Schwächeren zu gefährden. So auch weiterhin für den neuen Rechtszustand in 29/49: „Die Beklagte hat zunächst die Vollmacht des Intendanten zum Abschluß eines 3jährigen Vertrages bezweifelt. Demgegenüber ist davon auszugehen, daß nach der feststehenden Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts (vgl. Schiedsspruch vom 21. 9. 1926) Intendanten grundsätzlich Vollmacht zum Abschluß von Bühnenverträgen haben, da sie als Leiter eines Theaters f ü r die Personalbesetzung verantwortlich sind und insoweit durch die Eröffnung eines Theaters nach Bühnenbrauch als bevollmächtigt zu gelten haben, f ü r den Theaterunternehmer Verträge abzuschließen."

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Allgemein zusammenfassend in 35, 36, 41/49: „Es kommt deshalb entscheidend auf die Frage an, ob der Intendant mit Wirkung gegen die Beklagte die in Rede stehende rechtsgeschäftliche Willenserklärung abgeben konnte. Richtig ist zwar, worauf schon das Bühnenschiedsgericht hingewiesen hat, daß grundsätzlich der Intendant, sowohl beim privaten wie beim öffentlichen Bühnenunternehmen als Vertreter des Bühnenunternehmers zu gelten hat und deshalb mit Wirkung für und gegen den Bühnenunternehmer rechtsgeschäftliche Willenserklärungen als Vertreter des Letzteren abgeben kann."

Doch läßt sich die Vertretungsbefugnis von vornherein — erkennbar — beschränken: „Jedoch gilt dieser Grundsatz nur mit der Einschränkung, daß eine solche Vertretungsmacht des Intendanten vermutet wird, sofern nicht seine Vertretungsmacht in einer durch Dritte wahrnehmbaren Weise ausdrücklich beschränkt ist. Dies entspricht der langjährigen Rechtsprechung des früheren Bühnenoberschiedsgerichts und wird auch durch das jetzige Bühnenoberschiedsgericht als zutreffend anerkannt (vgl. Riepenhausen ,Das Arbeitsrecht der Bühne', Berlin 1943, S. 64 und BOSchG 5/40). Das frühere Bühnenoberschiedsgericht hat ausgeführt, daß der Bühnenangehörige mit der Vertretungsbefugnis des Intendanten rechnen kann, soweit er nicht von der Bühnenleitung über entgegenstehende Einschränkungen belehrt worden ist. Beschränkungen dieser Befugnis bedürften zu ihrer Wirksamkeit nach außen einer besonderen Bekanntgabe durch Aufnahme in die Verträge oder Anschlag am schwarzen Brett oder in einer sonst im Bühnenleben üblichen Form."

Selbst ein Vertragsabschluß mit einem Oberbürgermeister und seinem Kulturausschußvorsitzenden findet in 43/49 keine Anerkennung vor dem Oberschiedsgericht, da nicht diese, sondern der Oberstadtdirektor gesetzlich und in Ableitung von diesem der Intendant vertretungsberechtigt war, worauf der Künstler auch rechtzeitig hingewiesen worden war. E n t z u g oder n a c h t r ä g l i c h e E i n s c h r ä n k u n g dieser bühnengebräuchlichen Vollmacht des Intendanten, der von ihr trotz interner, dienstaufsichtlicher Bindungen etwa zu „großzügig und selbstherrlich" Gebrauch macht, oder die vertragliche Mitwirkung einer 2. Person neben ihm bedingt gemäß 29/49 entweder rechtzeitige, persönliche Mitteilung gegenüber dem Bühnenmitglied oder öffentliche Bekanntgabe (§171 BGB); interne Verfügungen sind hiernach bedeutungslos, wenn sie überhaupt mehr als eine dienstaufsichtliche Vertragsprüfung bezwecken. I n der gleichen Entscheidung erwähnt das Gericht wiederum — wie oben in 5/40 (S. 45) —• die Bekanntgabe am schwarzen Brett, die aber nicht auf einen vorausgegangenen Vertragsabschluß zurückwirken könne. Hier stand der Künstler an sich bereits im Betrieb (Verlängerungsfall). Ist er noch außerhalb (Neuabschluß), so ist eine solche Bekanntgabe am schwarzen Brett für ihn ohnehin belanglos, da regelmäßig von ihm noch nicht zur Kenntnis zu nehmen. Auch der Aushang vielblättriger Verfügungen, in denen die Vollmachtsbeschränkung mehr oder weniger versteckt ist, kann selbst den Betriebsangehörigen gegenüber keine Be-

Vollmacht des Intendanten (Entzug)

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kanntgabe bedeuten; vor dem schwarzen Brett pflegt man sich nicht hinzusetzen und langatmige Ukase zu lesen. Es kommt auf eine gewisse Prägnanz und auch Umsprachewahrscheinlichkeit im Ensemble an. Ein dramatischer Vollmachtskrieg ist in der Entscheidung 35, 36,41/49 beigelegt worden. Das Gericht stellt fest und würdigt: Die Vollmachtsbeschränkung des Intendanten, der insbesondere nicht für die Zeit seiner Pensionierung vorengagieren sollte, war erfolgt und zulässig, da er keine unwiderrufliche Vollmacht hatte (die im Anstellungsvertrag vorkommen kann), § 168 BGB. Diese Beschränkung war dem Bühnenmitglied subjektiv bekannt bzw. es hätte sie kennen müssen, da sie nach zwar inhaltlich unzulänglicher Bekanntgabe am schwarzen Brett, jedoch anschließend in einer Betriebsversammlung klargestellt wurde. Alsdann erfolgte nochmals ein nunmehr eindeutiger Anschlag am schwarzen Brett. Der Intendant „berichtigte" dies durch eine gegenteilige, eigene Erklärung am schwarzen Brett, die nur wenige Tage verblieb. Die Berufung des nunmehr vom Intendanten engagierten Klägers darauf, daß die Stadtverwaltung vertraglich gebunden worden sei, weil sie geduldet habe, daß der Intendant sich als Alleinbevollmächtigter aufgeführt habe, scheiterte am Mangel des Nachweises, daß die Verwaltung hiervon damals Kenntnis hatte. Die weitgehende Vertreterstellung des Intendanten hat in einem grundsätzlichen, nach eingehender Beweisaufnahme — u. a. Vernehmung des Vorsitzenden des Bühnenoberschiedsgerichts als Zeugen — ergangenen Beschluß des Arbeitsgerichts Köln BV 7/55 rechtliche Anerkennung und Ausdeutung dahin gefunden, daß der Intendant eine arbeitgeberähnliche Stellung in Art eines gesetzlichen Vertreters einnimmt, also durch seine Zugehörigkeit zum Deutschen Bühnenverein dessen Tarifvertragsparteifähigkeit ebensowenig beeinträchtigt wie diejenige der Genossenschaft Deutscher Bühnenangehörigen, die ihre Mitglieder bei Erlangung der Intendantenstellung satzungsgemäß grundsätzlich streicht 1 ). Diese Markierung der tarifrechtlichen Gegnerreinheit *) In dem Beschluß des Arb.G. Köln v. 14. 7.1955 (BV 7/55) heißt es: „Dabei zeigt aber die Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichte, daß dem Intendanten auch rechtlich eine über die Gemeindeordnung hinausgehende Vertretungsbefugnis dadurch eingeräumt wird, daß grundsätzlich seine Vollmacht vermutet wird (Zitate ). Gerade die Vollmacht kralt Rechtsscheins wird im öffentlichen Dienst sonst von der Rechtsprechung abgelehnt (RG 162,149; BGH NJW 52, S. 104). Ihre Anerkennung bei Intendanten zeigt, wie sehr diese den gesetzlichen Vertretern gleichstehen. Auf Grund seiner besonderen Stellung tritt der Intendant den Bühnenkünstlern allein als Kontrahent gegenüber. Er ist in einem solchen Umfang Repräsentant des Arbeitgebers, daß er nicht mit den leitenden Angestellten, sondern kraft seiner besonderen Stellung eher mit den Vorstandsmitgliedern und anderen gesetzlichen Vertretern, also mit Arbeitgebern zu vergleichen ist . . ." Dieser Beschluß ist vom LAG Düsseldorf, 2 aBV—¡Ta6/55 — rechtskräftig bestätigt worden (Beschluß v. 20.10.1955): „Der Vertrag des Intendanten mit dem Träger der Bühne ist ein unabhängiger Dienstvertrag, kein Arbeitsvertrag. Denn der Intendant . . . bestimmt den Inhalt seiner Arbeitsleistung selbst." (Beschluß bei Drucklegung noch nicht veröffentlicht.)

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

der Verbände hat wegen ihrer Begründung auch sonstige Auswirkungen (S. 11 Anm. 1, 247). Daher kommt der klaren Linie der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts in diesen Fragen größte Bedeutung zu. b) B ü h n e n m i t g l i e d e r Auf Seiten der Bühnenmitglieder kann — von dem Fall der elterlichen Zustimmung abgesehen (S. 215) —die Vertretungsfrage Zweifel auslösen. Wie sehr es hier bei der Prüfung der Vertretungsfrage auf die zugunsten des vertrauensvollen Mitglieds zu berücksichtigenden U m s t ä n d e d e s E i n z e l f a l l s ankommt, ist aus 1/37 zu entnehmen. Hier geht das Oberschiedsgericht der rechtlichen Bedeutung der Befassung verschiedener Personen mit der Beilegung eines Engagementsstreits zugunsten einer in Notlage befindlichen Schauspielerin nach und kommt zu dem Ergebnis, daß der Generalintendant seinen Schauspieldirektor mit der ausnahmsweise unmittelbar verbindlichen Regelung bevollmächtigt hatte und daß ferner der Sachbearbeiter des an dem Fall beteiligten Ministeriums, das sich für die Künstlerin einsetzte, diesbezügliche Willenserklärungen des Schauspieldirektors im Vertragssinne mit unmittelbarer Wirkung für die Darstellerin entgegenzunehmen in der Lage war: „Abwegig ist der Einwand des Beklagten, daß E. nicht befugt gewesen sei, Willenserklärungen für die Klägerin in Empfang zu nehmen. Denn wenn E. auch zunächst in seiner amtlichen Eigenschaft an die Generalintendanz herangetreten war, so zeigten seine Schreiben doch zugleich auch deutlich, daß er aus rein menschlichem Mitgefühl für die wirklich schwere Notlage der Klägerin für sie auch persönlich als Vermittler und Wahmehmer ihrer Interessen auftreten wollte."

Es ist ohne weiteres ergänzend zu unterstellen, daß die Handlungsweise des ministeriellen Sachbearbeiters auch dem Wunsche und dem „Auftrage" der Künstlerin entsprach, womit die rechtliche Kette der wirksamen Erklärungen geschlossen ist. Sicherlich ein außergewöhnlicher Fall, der aber zeigt, daß sich das Oberschiedsgericht gern von jeder Schabionisierung fernhält und der gerade bei Künstlern herrschenden Vertrauensbereitschaft und Gutgläubigkeit in auch rechtlich begründeter Weise Rechnung trägt. 4. Verschulden bei Vertragsverhandlungen a) H a f t u n g s g r u n d s a t z Die Schadenshaftung für den Fall, daß ein Vertrag trotz laufender Verhandlungen schließlich doch nicht oder in anderer Form zustande gekommen ist, obwohl der Betroffene a u f d a s Z u s t a n d e k o m m e n überhaupt oder in einer bestimmten Form v e r t r a u e n durfte, hat im

Verschulden bei Vertragsverhandlungen (Haftungsgrundsatz)

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Bühnenarbeitsrecht eine große Bedeutung 1 ). Der Umstand, daß zur Bechtsgültigkeit v o n Engagementsverträgen die Schriftform nicht erforderlich, sondern nur in der „SolT'form des § 2 I I N V erwünscht ist, Täumt der praktischen Anwendung des Begriffs der „culpa in contrahendo" erhöhte Möglichkeiten ein. I m Bühnenleben mit seinem häufigen Engagementswechsel und vor allem den oft schwebenden Etatfragen ist zudem die Grenze zwischen „In-Aussicht-steilen" oder „Hoffnungenmachen" und „Zusagen" nicht immer klar. Aber auch soweit für einzelne Vertragsbestimmungen die Schriftform vorgeschrieben ist ( S. 30), kann e i n Verschulden bei Vertragsverhandlungen eintreten, etwa dadurch, daß •die Bühne das Mitglied in das feste Vertrauen gewiegt hat, die Schriftf o r m werde für diese Abreden noch bestimmt erfüllt, dies aber dann schuldhaft unterläßt (vgl. Fall 29/49, S. 26). Die Übereinstimmung mit d e n allgemeinen Grundsätzen zum Verschulden bei Vertragsabschluß stellt das Oberschiedsgericht in 20/52 fest: „Seit langem ist durch die Rechtslehre und die Rechtsprechung die Schadensersatzpflicht aus dem rechtlichen Grunde des Verschuldens bei Vertragsverhandlung anerkannt. Insbesondere hat auch das frühere Reichsarbeitsgericht (in ARS 41, 145) für das Arbeitsrecht den Grundsatz herausgearbeitet, eine Ersatzpflicht könne dadurch entstehen, daß der Unternehmer den bereits gefaßten Entschluß der Ablehnung dem anderen Vertragsteil grundlos vorenthält und ihn dadurch an der Ausnutzung anderer Möglichkeiten verhindert oder daß er ihn durch schuldhaftes irreführendes Verhalten zu einem längeren Warten und Aufgabe anderer Möglichkeiten veranlaßt. Diese von der Rechtslehre und Rechtsprechung anerkannte Schadenshaftung hat gerade im Bühnenarbeitsrecht erhöhte Bedeutung wegen der beschränkten Möglichkeit eines Engagements, die einmal durch die heute außerordentlich große Arbeitslosigkeit der Bühnenkünstler verursacht ist, andererseits durch die zeitliche Beschränkung der allgemein nur vor der neuen Spielzeit zu schließenden Engagements. . . . Wenn in dieser Beziehung der Bühnenkünstler im unklaren gelassen wird, kann u. U. dies eine Schadensersatzpflicht der Bühnenleitung zur Folge haben, die ihre rechtliche Begründung in § 276 BGB findet.. . . Es kommt deshalb bei der Feststellung des Tatbestands einer schuldhaften Verletzung der Verpflichtung aus der erwähnten Fürsorgepflicht auf alle einzelnen Umstände des Sachverhalts an, insbesondere auch auf mündlich begleitende Erklärungen, die geeignet sind, den Verhandlungsgegner in den Glauben zu versetzen, daß er bestimmt mit einem Engagement rechnen könne. Wenn das Bühnenschiedsgericht von diesen Grundsätzen ausgegangen ist, hat es sich damit durchaus in der ständigen Rechtsprechung auch des früheren Bühnenoberschiedsgerichts bewegt (vgl. Riepenhausen ,Das Arbeitsrecht der Bühne' S. 68—69 und die dort zitierten ') Erläuterungen zu einem Urteil des RAG in Arb.R.Slg. 41, 145: „Eine Ersatzpflicht kann aber dadurch entstehen, daß der Unternehmer den bereits gefaßten Entschluß der Ablehnung dem anderen Teil grundlos vorenthält und ihn dadurch an der Ausnutzung anderer Möglichkeiten verhindert oder daß er ihn durch schuldhaites irreführendes Verhalten zu einem längeren Warten veranlaßt." Das RAG betont ferner in Arb.R.Slg. 35, 203, daß die Fürsorgepflicht nicht nur für die bereits abgeschlossenen Verträge, sondern auch für die Vorverhandlungen gilt. Vgl, N i k i s c h , Arbeitsrecht, S. 406. 4 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

Entscheidungen des BOSch. in 0 . 4/39, O. 6/36 und 0.20/35). Auch das jetzige BOSch. hat sich im Anschluß an die arbeitsrechtliche Praxis in seinen Entscheidungen OSch. 14/49, 43/49, 6/51 diese Rechtsgrundsätze zu eigen gemacht." I n diesem R a h m e n liegt auch die Entscheidung 2/55: „Der Beklagte hat also sich bei den mündlichen Besprechungen in Mülheim insofern eines Verschuldens bei Vertragsverhandlungen schuldig gemacht, als er die Klägerin in den Glauben versetzt hat, das Engagement werde nach Auswahl der Stücke perfekt werden. Wie das Bühnenoberschiedsgericht bereits mehrfach entschieden hat, haben beide Vertragsteile bei Vertragsverhandlungen die nötige Sorgfalt zu beachten. Hat insbesondere der Rechtsträger das Bühnenmitglied bei Vertragsverhandlungen in den Glauben versetzt, es käme zu einem endgültigen Abschluß, und hierdurch davon abgehalten, ein anderes Engagement zu suchen, dann haftet der Rechtsträger f ü r den Schaden (vgl. OSch. 14/49 vom 1. 9. 1949 und 43/49 vom 18. 4. 1950.)" K a u m beabsichtigte Fußangeln enthält der Nachsatz: „Nach der Beweisaufnahme hat der Beklagte allerdings seine ihm obliegende Pflicht, der Klägerin unzweideutig die Unverbindlichkeit der Besprechungen klarzumachen, versäumt. Hierin liegt sein Verschulden, welches ihn zum Schadensersatz verpflichtet." Hier scheint das Gericht sich bereits in die Nähe echter Vertragsverbindlichkeit als Erfordernis des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen zubegeben, was sie jedoch gerade nicht ist; auch würde die stereotype Formel etwa zum Ausdruck gebrachter „Unverbindlichkeit" der Verhandlungen das Wesen dieses Haftungsgrundes nicht treffen u n d sogar eine gefährliche Freizeichnungsfloskel werden können. b) T a t b e s t ä n d e I n 4/39 beurteilt das Gericht den meist vorkommenden Anwendungsfall, nämlich das inhaltliche A u s e i n a n d e r g e h e n der beiderseitigen W i l l e n s e r k l ä r u n g e n hinsichtlich der Vertragsbedingungen u n d den hierbei durch schuldhaftes (vorsätzliches oder fahrlässiges) Verhalten verursachten I r r t u m des Vertragsgegners, der Vertrag sei zu den v o n ihm vorgeschlagenen Bedingungen zustande gekommen oder werde unwiderruflich zustande kommen: „Es konnte daher nicht als erwiesen angesehen werden, daß XY. den Willen gehabt und erklärt habe, den Vertrag abzuschließen unter der Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme der gesamten Soziallasten. Eine Willenseinigung beider Parteien über diesen Punkt und ein entsprechender Vertragsabschluß ist daher nicht zustande gekommen. Es konnte aber bei Aufwendung der Sorgfalt und Aufmerksamkeit, die bei Vertragsverhandlungen f ü r jeden Partner nach Treu und Glauben geboten ist, XY. unmöglich entgehen, daß er durch sein Verhalten den Kläger in den festen Glauben versetzt hatte, daß f ü r die Zeit vom 1. Januar ab ein Vertrag unter den von ihm gewünschten Bedingungen (insbesondere Übernahme aller Soziallasten durch den Beklagten) zum Abschluß gelangt sei."

Irrtumserregung und „Hinhalten" als Verschuldenshaftung

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Triebfeder ist hierbei gelegentlich ein die Grenze des bedingten Vorsatzes, jedenfalls grobfahrlässigen Verhaltens berührender Wunsch der Bühnenleitungen, sich bei noch unklarer Etatlage Künstler mit dem inneren Vorbehalt zu sichern, den endgültigen Vertragsabschluß notfalls zu unterlassen. Das wird vom Oberschiedsgericht in 20/52 und 43/49 ausgesprochen. Im letzteren Fall war es gleichgültig, daß der Intendant den Künstler auf die unklare Etatlage hingewiesen hatte. Denn die Etatschwebe kann diese arbeitsrechtlichen Grundsätze nicht objektiv ändern oder beeinflussen (S. 77). Daß der Künstler monatelang bis Mai h i n g e h a l t e n worden war, widersprach der fürsorgerischen Verhandlungssorgfalt eines Intendanten (43/49): „Denn die grundsätzliche Mitteilungspflicht, wie sie tariflich festgelegt ist, soll den Bühnenkünstler in die Lage versetzen, für die nächste Spielzeit zu einem Zeitpunkt ein anderes Engagement einzugehen, zu dem diese Möglichkeit noch besteht. Engagements pflegen gewöhnlich in dem ersten Kalenderquartal für die nächste Spielzeit abgeschlossen zu werden. Das bedeutete, daß dem Kläger spätestens bis Ende März klar und deutlich die NichtVerlängerung seines Vertrags hätte erklärt werden müssen. Nach der Beweisaufnahme wurde dies verzögert bis Mitte Mai und somit dem Kläger die Möglichkeit eines neuen Engagements an anderer Stelle entzogen. Hierfür haftet die Beklagte."

Wohlgemerkt: „spätestens bis Ende März". Wenn das Oberschiedsgericht überhaupt so weit gesteckt formuliert, so wohl deshalb, weil der Haftungsfall sehr klar war und der Künstler sich etwas lang vertrösten ließ. Die allgemeine Mitteilungspflicht bis spätestens zum 31. Januar zeigt, daß im laufenden Engagement eine weitergehende Fürsorgepflicht wirkt. In ähnlicher Weise kann die Beschäftigung eines Mitglieds in V o r p r o b e n , ohne daß zunächst ein Vertrag abgeschlossen worden ist, entscheidend dazu beitragen, in dem Mitglied einen Irrtum über das Vorliegen eines Vertragsabschlusses für ein festes Engagement zu erregen, wenn die Bühne es vermieden oder unterlassen hat, die Tatsache des Nicht-Vertrages mit genügender Klarheit bei den Verhandlungen und bei der Aufnahme der Probenarbeit zu betonen. I n der Entscheidung 17/40 gelangt das Gericht sogar zur Annahme eines stillschweigend geschlossenen Engagementsvertrages: „Demgegenüber vertritt der Beklagte den Standpunkt, die Parteien hätten nur einen Vorvertrag geschlossen, der der Erprobung des Schauspielers habe dienen sollen, so daß die Entschließung über den Abschluß des eigentlichen Anstellungsvertrages, des Hauptvertrages, ihm freigestanden habe. Es ist schon fraglich, ob diese Beurteilung der Beziehungen der Parteien durch den Beklagten, falls sie zutreffen würde, den von dem Kläger erhobenen Anspruch überhaupt ausschließen könnte und ob sich dann nicht in vorliegendem Falle mindestens eine Entschädiungspflicht des Beklagten in gleichem Umfange deshalb ergeben müßte, weil 4*

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

der Beklagte bereits bei den Vertragsverhandlungen dem Kläger gegenüber schuldhaft gehandelt hat (§ 276 BGB)." So der auf S. 39 näher behandelte Fall 14/49 der Heranziehung z u Proben während eines schwebenden, behördlichen Auftrittsverbots: „ . . . so ist zunächst festzustellen, daß die Klägerin bei ihrer ersten Vorspräche im Dezember 1947 bereits keine Absage erhalten hat, sondern, wie der Zeuge bekundet hat, den Eindruck haben mußte, sie werde f ü r die Bühne verpflichtet. Insbesondere war in dieser Hinsicht auch die Äußerung des Intendanten geeignet, man könne es machen und er hätte gute Freunde in Düsseldorf und glaube, die Aufhebung des Auftrittsverbots durchsetzen zu können. Dazu kam dann die Heranziehung zu den Proben im Februar. Wenn die Beklagte ein Engagement mit der Klägerin nicht hätte eingehen wollen, so hätte sie dies der Klägerin im Dezember bei der Vorsprache klar zum Ausdruck bringen müssen und sie nicht noch im Februar zu Proben heranziehen dürfen." Zum V o r v e r t r a g vgl. Näheres S. 18. Bei seiner Rechtsfindung zieht das Oberschiedsgericht auch hier in unformalistischer Weise nicht nur die v o n den Vertragsteilen e t w a abgegebenen schriftlichen Erklärungen, sondern auch sonstige U m s t ä n d e , insbesondere mündlich begleitende Erklärungen in Betracht, u m die Frage der Irrtumserregung klarzustellen. Gerade bei derart festzustellenden W i d e r s p r ü c h e n i n d e n E r k l ä r u n g e n einer Seite ist vielfach der Tatbestand eines Verschuldens bei Vertragsabschluß gegeben. So k o m m t das Oberschiedsgericht bei einem Sachverhalt, der vielleicht schon nach d e m Grundsatz „der erklärte Wille gilt" eine sogar vertragliche Verbindlichkeit erkennen läßt (S. 40), in 6/36 zu folgendem Schluß: „Tatsächlich spricht das Schreiben eine klare und unzweideutige Zusage in dem Sinne der Zusicherung einer Nettogage von 180 RM nicht aus. Da aber der Beklagte nach der Überzeugung des Gerichts gewollt und erreicht hat, daß die Klägerin irrtümlich das Schreiben im Sinne einer solchen Zusage auffaßte, so haftet er aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen der Klägerin f ü r den ihr entstandenen Schaden." D a s Ausweichen auf ein „ k o l l e g i a l e s " G e s p r ä c h oder auf die Frage der ersten V e r h a n d l u n g s i n i t i a t i v e weist das Ober Schiedsgericht in 20/52 zurück: „Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin von sich aus, wie der Zeuge NN. behauptet, oder auf dessen Anruf, wie die Klägerin behauptet, in der entscheidenden Besprechimg vom 22. 5. 1950 zu dem Intendanten gekommen ist . . . In dem Schiedsspruch 1. Instanz ist mit Recht darauf hingewiesen, daß es doch über den Rahmen einer kollegialen Unterhaltung hinausgehe, wenn der Intendant mit einer Künstlerin über die Erneuerung des Engagements, über die Gage, den Spielplan und die möglichen Rollen, also wesentliche Bestandteile eines Dienstvertrages spreche. Eine solche Unterredung ist f ü r eine Künstlerin zu bedeutsam, als daß in ihr eine bloße kollegiale Unterhaltung erblickt werden könne, zumal wenn sie im Dienstzimmer des Intendanten sich abspielt.

Schnelle Klarstellung bei Aussichtslosigkeit

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Der Intendant muß sich 'auch selbst der Bedeutung dieser Unterredung bewußt gewesen sein, wenn die Klägerin von sich aus ihn aufgesucht hat, um über ihre künftige künstlerische Tätigkeit Klarheit zu gewinnen." I n der gleichen Entscheidung wird die Stellung des Intendanten als Vertrags- und Erfüllungsgehilfe der Stadt im Sinne des § 278 B G B fixiert. J e vielseitiger der Anschein eines zukünftigen Engagements, desto höher die P f l i c h t z u r r a s c h e n K l a r s t e l l u n g (8/53): „Geht man davon aus, daß es sich bei der Besprechung vom 18. 7. 1951 um unverbindliche Vorverhandlungen handelte, so kann doch so viel daraus entnommen werden, daß eine Heranziehung des Klägers während der Spielzeit 51/52 von Seiten des Generalintendanten ernstlich in Erwägung gezogen war, daß er dies dem Kläger als seine ,Absicht' (vgl. Schreiben vom 19. 3. 1952) auch erklärt hat und daß er in dem Kläger den Glauben dadurch erweckt hat, es werde zu einem endgültigen Abschluß kommen. Dafür spricht die zu den Akten überreichte Korrespondenz, aus der sich ergibt, daß das Theater in Mainz auf die Heranziehung des Klägers Wert legte, daß der Kläger bereits zu einem Konzert herangezogen war und daß nach dem Vorschlag des Generalintendanten die Bereitwilligkeit des Klägers auch f ü r Operetten erfragt und von ihm zugesagt wurde mit dem Ziel, ihn f ü r diese Aufführungen heranzuziehen. Nun hat anschließend die Beklagte den Kläger sowohl in der Presseverlautbarung vom 18./19. 8. 1951 (Allgemeine Zeitung) wie in dem von der Beklagten vor der Eröffnung des Mainzer Stadttheaters herausgegebenen Prospekt als ihren Gast herausgestellt. Sie hat damit zweifellos auch die Öffentlichkeit hinsichtlich der mitwirkenden Kräfte ihres Theaters unterrichten nnd damit einen Werbeerfolg erzielen wollen. Durch dieses Verhalten mußte der Kläger fraglos in den Glauben versetzt werden, daß seine Heranziehung zu Gastspielen in dem bereits besprochenen Rahmen demnächst zustande kommen werde. Es handelte sich also im damaligen Zeitpunkt darum, daß durch das Verhalten der Beklagten die Vertragsverhandlungen im Sinne des Besprochenen bestehenblieben. Erst durch den Brief des Generalintendanten vom 19. 2. 1952 wurde dem Kläger zur Kenntnis gebracht, daß seine Heranziehung zu einem Gastspiel in der laufenden Spielzeit abgelehnt werde. Es stellte ein Verschulden der Beklagten dar, daß diese Ablehnung so spät erfolgte. Die Beklagte hatte die Verpflichtung als Vertragspartnerin, über alle Umstände, die die Entschlüsse des Klägers entscheidend beeinflussen mußten, diesem unverzüglich Mitteilung zu machen. Es ist ein anerkannter Grundsatz, daß auch bei schwebenden Verhandlungen jede Partei nach Treu und Glauben verpflichtet ist, die Gegenpartei über solche Umstände zu unterrichten, die f ü r ihre Entschlüsse von Bedeutung sein können (vgl. Palandt BGB 11. Aufl. Anm. 6 a, b und c zu § 276, BOSch. 43/49 und LAG Hannover in A. P. 50 Nr. 219)." Wohl nur der auch hier noch zu Beginn des maßgeblichen Verhaltens des Intendanten vorliegende Fall unklarer Etatlage des im Wiederaufbau befindlichen Theaters bewahrten dieses vor der Feststellung eines vollzogenen Engagements (S. 42) 1 ). Diese Schnelligkeit des Entschlusses bewies sich vorteilhaft in 11/50: *) R i e p e n h a u s e n , Verschulden bei Vertragsverhandlungen, Die Bühnengenossenschaft 1953/54, S. 274.

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

„ . . . denn der Beklagte hat, ohne sich zunächst mündlich endgültig zu binden, der Klägerin das Engagement in Aussicht gestellt und dann durch das erste Telegramm eine Zusage gemacht, nachdem ihm der Bürgermeister irreführenderweise eine Subvention in Aussicht gestellt hatte. Als der Irrtum sich aufklärte, hat ei sofort der Klägerin gegenüber das erste Telegramm widerrufen und anschließend mit Schreiben vom 2. 4. 1948 ausdrücklich erklärt, sie möge sich nach einem anderen Engagement umsehen. Bei dieser Sachlage ist nicht zu erkennen, worin ein Mangel der Sorgfalt auf seiten des Beklagten gelegen haben soll."

Nur dadurch allerdings, daß die Klägerin das Absagetelegramm akzeptierte, war eine Vertragsfeststellung ausgeschlossen worden (S. 38). Mit dem Sonderfall eines vorauswirkenden Verschuldens bei Vertragsabschluß beschäftigt sich das Oberschiedsgericht in 20/35. In diesem Fall stand die Ü b e r n a h m e eines, im Eigentum der Stadt befindlichen, aber zum Theaterbetrieb verpachteten T h e a t e r s in e i g e n e R e g i e bevor. Die Verträge wurden noch von dem Verpächter abgeschlossen, auf den die Stadt bereits entscheidenden Einfluß durch dauernde Fühlungnahme und Erteilung von Anweisungen ausübte. Die Engagements vertrage fanden ihre von vornherein in Aussicht genommene Bestätigung. Einem engagierten Mitglied erklärte die Stadt bei der Übernahme des Theaters in eigene Regie, daß es für die Vertragszeit nicht.übernommen werden könne. Hier nimmt das Gericht einen Fall des Verschuldens bei Vertragsabschluß an: „Und hier setzt das von Stadtrat P. fahrlässig begangene Verschulden ein. Während nach seinem Verhalten die Mitglieder voll darauf vertrauten, daß die Verträge, die sie mit Sch. geschlossen hatten, von der Stadt bestätigt werden würden, hat P. es bei den verschiedensten gebotenen Gelegenheiten unterlassen, die Mitglieder darüber aufzuklären, daß die Rechtswirksamkeit ihrer Verträge noch völlig ungewiß sei und sie besser täten, sich um anderweitige Anstellungen zu bemühen. Eine solche Aufklärung wäre aber nach Lage der Sache seine unbedingte Pflicht gewesen. Die Einzelheiten in dieser Beziehung sind vom Vorderrichter zutreffend ausgeführt. Die schuldhaften Unterlassungen hat Stadtrat P. begangen, während er das der Beklagten zustehende Mitbestimmungsrecht über die Vertragsabschlüsse ausübte, ein Recht, das der Beklagten und ihrem Vertreter auch die entsprechenden Pflichten auferlegte. Es lag danach ein von der Beklagten zu vertretendes Verschulden bei den Vertragsverhandlungen (eine sogenannte culpa in contrahendo) vor."

Schließlich sei als weiteres Beispiel auf den R e i s e k o s t e n f a l l verwiesen (S. 211). In all diesen Fällen ist das nach Lage der Dinge begründete Vertrauen in den Abschluß des Vertrages auf seiten des durch das schließliche Nichtszustandekommen des Vertrages enttäuschten Verhandlungspartners infolge eines positiven Tuns (Irrtumsverursachung) oder pflichtwidrigen Unterlassens (Irrtumsaufrechterhaltung) des anderen Teils entstanden.

Weitere Verschuldensfälle, Verhandlungs-Mitverschulden

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c) M i t v e r s c h u l d e n Für die Schadensberechnung ist zunächst die Frage eines evtl. eigenen Mitverschuldens des Betroffenen bei E n t s t e h u n g oder A u s w e i t u n g d e s S c h a d e n s im Sinne des § 254 BGB bedeutsam. Es kann je nach dem Grade bis zur Ausschließung jeder Schadensersatzfolge des gegnerischen Schuldverhaltens gehen oder bis auf ein Minimum eigener Schadensbeteiligung beschränkt, wenn nicht sogar wegen Geringfügigkeit gänzlich außer Betracht bleiben. Einen gröblichen Fall erkennt das Oberschiedsgericht in 17/39 darin, daß ein Mitglied bei Vertragsverhandlungen darauf anspielt, die Erteilung der Spielerlaubnis seitens einer Filmgesellschaft, bei der es ein zeitlich überschneidendes Engagement bereits eingegangen ist, würde ohne weiteres gegeben werden, da dies eine reine „Formsache" sei, obwohl es das Gegenteil anzunehmen hatte. Wenn auch nach Ansicht des Oberschiedsgerichts den engagierenden Veranstalter ein Verschulden traf, daß er die immerhin angedeuteten Schwierigkeiten nicht zum Anlaß nahm, sich bei der Filmgesellschaft, die die Erlaubnis verweigerte, vorher selbst zu vergewissern, so traf das weit überwiegende Verschulden jedoch das Mitglied, das damit für den dem Unternehmer durch anderweitige, hierdurch verursachte Komplikationen entstandenen Schaden aus der Nichtdurchführbarkeit des Vertrages verantwortlich wurde. Rechtlich liegt der Fall insofern anders als die bisherigen, weil der Vertrag an sich zustande kam, aber infolge eines bei den Verhandlungen bereits gemachten Fehlers lediglich nicht durchgeführt werden konnte. Man könnte ihn wohl gleichfalls über den Weg der schuldhaften Nichterfüllung lösen. In 15/51 überwiegt das eigene Verschulden schon deshalb, weil der Künstler selbst die NichtVerlängerung seines Vertrages mitgeteilt hatte und sich in anschließenden Nachverhandlungen über seine evtl. Weiterbeschäftigung nicht weiter erkundigte, sondern sich um andere Engagements, wenn auch erfolglos bemühte. Etwas in Abweichung hiervon 8/53, wo keine derartige, vom Künstler durch seine eigene, vorausgegangene Nichtverlängerungsmitteilung hergestellte Situation vorlag, sondern der Intendant an diesen zwecks umfangreicher Gastspieltätigkeit initiativ herangetreten war (S. 42) und das Oberschiedsgericht ebenfalls einen zu einem mittleren Mitverschulden ausreichenden Tatbestand mangelnder, eigener Nachfragepflicht zu halben Lasten des Künstlers annimmt, die Folgen der „vorauswirkenden Fürsorgepflicht" des Arbeitgebers also aus den besonderen Umständen des Falles verkürzt: „Da der Kläger von sich aus die NichtVerlängerung mitgeteilt hatte, hätte er, wenn er an der Erneuerung des Vertrags interessiert war, in der Zwischenzeit an die Beklagte herantreten müssen."

So auch ähnlich in 20/52:

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

„Dies ist deshalb begründet, weil die Klägerin bei Anwendung der auch für sie erforderlichen Sorgfalt sich bei der Unsicherheit der Theaterlage um ein anderes Engagement rechtzeitig hätte umtun müssen, und vor allem durch eine Bückfrage bei der Intendanz über die künftige Lage, und über die Möglichkeiten, die sich im Laufe des Sommers ergaben, rechtzeitig hätte Rückfrage halten müssen. Es erschien deshalb angemessen, beiden Parteien je zur Hälfte denSchaden aufzuerlegen."

Den Gesichtspunkt des Mitverschuldens — hier allerdings eines geringeren — wendet das Oberschiedsgericht auch in dem auf S. 54 behandelten Fall 20/35 zu Lasten des Mitglieds an. d) S c h a d e n s h ö h e Die konkrete Schadensberechnung selbst bzw. im Falle des Mitverschuldens die Schadensverteilung nimmt das Gericht nach den üblichen Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen analog zu § 122 I I BGB vor. Seine Rechtsprechimg zum Ersatz des V e r t r a u e n s i n t e r e s s e s („negatives Interesse") bietet insofern gegenüber der allgemeinen Handhabung keine Besonderheiten. Die Schadensersatzermittlung richtet sich nach § 249 BGB, d. h. es ist der Zustand wiederherzustellen, der bestanden hätte, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. H a t also ein Teil den anderen über das Zustandekommen eines Vertrages in einen Irrtum versetzt, so ist diese Handlung bzw. Unterlassung wegzudenken und an deren Stelle die Aufklärung des Betroffenen zu setzen, daß kein Vertrag (oder keine der in Frage stehenden einzelnen Vertragsbedingungen) bestehen würde. Das bedeutet, daß bei der Schadensermittlung etwaige anderweitige, infolge des irrtümlichen Vertrauens ausgeschlagene oder nicht gesuchte, etwa „gleichwertige" Engagements — als entgangener Gewinn (§ 252 BGB) —• oder auch gewisse Auslagen, die im Hinblick auf das erwartete Engagement gemacht worden sind oder infolge des NichtZustandekommens eines Engagements — weder des einen noch eines anderweitigen — nötig wurden, zu ersetzen sind. Andererseits ist überhaupt kein Schaden vorhanden, wenn im schließlich eintretenden Fall des NichtZustandekommens des Engagements sich der Künstler um andere Engagements gleichzeitig intensiv, aber erfolglos bemüht hatte, also ihm kein anderes Engagement entgangen ist (15/51), es sei denn, es handelt sich um sonstige Schadensbeträge für Aufwendungen bei dem in Anspruch genommenen Theater oder dgl. Es wird daher nicht immer plausibel sein, den p s y c h o l o g i s c h e n K o n f l i k t , einerseits dem Verhandlungspartner das von ihm gewünschte Vertrauen zu schenken und sich andererseits nach einem anderen Engagement umzusehen, zur fast schablonenhaften Regel zu machen, weil eben auch die anderweitige Vertragsverhandlung des Künstlers nur eine vorbehaltliche sein könnte, will er nicht selbst hierbei wegen Verhandlungsverschuldens

Verhandlungsschadens-Ersatz (Grenzen und Berechnung)

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haftbar werden. Die Hauptbindung liegt beim ursprünglichen Verhandlungspartner, der das erstkausale Vertrauen zu verantworten hat. Das Prinzip muß also in der schnellstmöglichen Entscheidung und ihrer Mitteilung bestehen. Die Wiederherstellung des Schadens hat, da sie nicht in Natur möglich ist (die nachträgliche „rechtzeitige" Mitteilung über die Nichtverlängerung ist ein Unding), in Geld zu erfolgen (§ 251 BGB). Die H ö c h s t g r e n z e des Schadensersatzes richtet sich aber, wie auch in der allgemeinen Rechtsprechung feststeht, nach dem Höchstbetrag des Erfüllungsinteresses („positives Interesse"), d. h. nach dem Wertbetrag, der dem Betroffenen zugekommen wäre, wenn der Vertrag in der irrtümlich gedachten Form tatsächlich abgeschlossen worden wäre. Das hierüber hinausgehende „negative Interesse" kann nicht berücksichtigt werden, da der Betroffene bestenfalls mit dem Betrag des „positiven Interesses" hätte rechnen können, alles darüber hinaus also ohnehin zu seinen Lasten gegangen wäre. In 24/34 macht das Gericht eine solche t y p i s c h e R e c h n u n g auf und berücksichtigt bei der Schadensermittlung infolge eines seitens der Bühne begangenen Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen (Nichtzustandekommen) folgende Beträge als das Vertrauensinteresse: ein anderweitiges, entgangenes, gleichwertiges Engagement, also Gage nebst Sustentationsgage und Wert des Beschäftigungsanspruchs (in diesem Fall mit 3 Monatsgagen bemessen), ferner den durch die entstandene Notlage verursachten Verkauf von Gegenständen unter Anrechnung des hierbei eingetretenen wirtschaftlichen Wertverlustes, durch Umzug entstandene Lagergelder und Zahlung der Unternehmerbeiträge zur weiteren Aufrechterhaltung der Pensionsversicherung, wie sie eine der schadensersatzpflichtigen Bühne gleichwertige andere Bühne ebenfalls getragen haben würde. Von dem sich hiernach ergebenden, teilweise durch Schätzung nach § 287 ZPO ermittelten Gesamtbetrag ist der Wertbetrag des schließlich zu einem späteren Zeitpunkt noch anderweitig zustande gekommenen Engagements abgezogen worden. Dem so errechneten Schluß betrag war das Erfüllungsinteresse, d. h. der Wertbetrag des irrtümlich als zustande gekommen angenommenen Vertrages (wiederum einschließlich Sustentationsgage, Beschäftigungsanspruch) gegenüberzustellen. Der hierbei überschießende Schadensbetrag wurde nicht anerkannt, im übrigen aber zugesprochen. I n 20/52 ist ein nachgewiesenermaßen entgangenes Engagement von 8y 2 Monaten voll berücksichtigt, in 43/49 eine Entschädigung von 4 bis 5 Monatsgagen als Schätzungsbetrag und in 8/53 ein mutmaßlicher Gastspielhonorarausfall bis zur Höhe des bei dem in Anspruch genommenen Theater gedachten Verdienstes eingesetzt worden. Dies nur als Beispiele, die um Fälle aus der Spruchpraxis zur NichtVerlängerung von Verträgen zu mehren sind (S. 161). Wenn in dem

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1. Teil: Solo — Abschluß des Arbeitsvertrages

auf S. 57 erwähnten Fall 24/34 auch der entgangene Wert des Beschäftigungsanspruchs beachtet worden ist, so finden sich in den neuen Schiedssprüchen — wohl zufällig — keine entsprechenden Hinweise (wie beim Schadensersatz wegen unberechtigter, fristloser Kündigung, S. 157). Zur D a r l e g u n g d e s S c h a d e n s genügt im allgemeinen und im Hinblick auf die Fachkunde des .Oberschiedsgerichts die Bezugnahme auf die sich aus dem Tatbestand ergebende bühnentypische Situation. Erforderlichenfalls ist er mit konkreten, beweisfähigen Angaben zu erläutern (8/53). Der Gegner kann also keine volle Beweisführung verlangen, aber seinerseits Gegenbeweis über die Nichtentstehung eines Schadens zu führen versuchen (13/50). Hinsichtlich der A n r e c h n u n g s p f l i c h t a n d e r w e i t i g e n E r w e r b s , bzw. der böswilligen Unterlassung eines solchen entsprechend § 615 BGB bemerkt das Oberschiedsgericht in 11/37, daß im Falle eines sogar vorsätzlichen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (also der Anwendbarkeit der Grundsätze einer sittenwidrigen Schädigung nach § 826 BGB) diese Anrechnung nicht ohne weiteres auf das Recht der unerlaubten Handlung übertragbar sei, weil jener Gedanke dem Vertragsrecht angehöre. Soweit diese Anrechnung aber in Betracht kommt — z. B. bei bloßer Fahrlässigkeit, bei der keine unerlaubte Handlung nach dem erwähnten § 826 BGB vorliegen kann, sondern die Rechtsfindung aus dem Geiste des Vertragsrechts herzuleiten ist —, wird sie sich, so muß man aus dem Hinweis des Gerichts und dem Sinn der Anrechnung folgern, grundsätzlich nur auf gleichwertige Bühnenengagements zu beziehen haben, nicht auf sonstige, neben solchen noch durchführbare Tätigkeiten anderer Art, welche die Bühnenleitung nach § 7 IV NV in jedem Falle zu genehmigen hat. Soweit sich solche bühnenfremde Tätigkeiten zeitlich aber als volle Hauptbeschäftigungen darstellen, würde jedenfalls ein etwaiger, in der Art und dem Umfang der Tätigkeit begründeter Mehrverdienst außer Ansatz zu bleiben haben (Filmengagement). Das ist weniger von prozeßpraktischer als systematischer Bedeutung. Handelt es sich bei der Schadensermittlung nur um einen e i n z e l n e n V e r t r a g s p u n k t als Gegenstand des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen, da zwar der Vertrag als solcher zustande gekommen ist, jedoch anders und nachteiliger, als der Betroffene annehmen durfte, so wird der Differenzbetrag errechnet und zugesprochen, wie im Falle der vermeintlichen Nettogage (6/36, S. 52 ). Es wird hierbei also, ohne daß das Gericht dies besonders ausspricht, davon ausgegangen, daß der Betroffene, wenn er über die wahre Vertragsabsicht des anderen Teils ins Bild gesetzt worden wäre und wenn er dann ein Engagement bei diesem nach Lage der Dinge begreiflicherweise ausgeschlagen hätte, ein anderes Engagement zu der von ihm mit dem Nettogagenbetrag vor-

Schadensersatz bei teilweiser oder voller Vertragslosigkeit

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geschlagenen Gage erlangt hätte, so daß die Zahlung der Differenz gerechtfertigt wird. Er war nicht genötigt, deshalb den ganzen Vertrag zur Aufhebung zu bringen . Das Oberschiedsgericht erstrebt im Falle des Verschuldens bei Vertragsabschluß regelmäßig die Ausgleichung der wirtschaftlichen Nachteile, die der Betroffene auf Grund des schuldhaften Verhaltens des anderen Vertragsteils erlitten hat. So ist es verständlich, daß es in einem wohl zweifelhaft gebliebenen Streitfall über das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines Vertrages ausnahmsweise die E v e n t u a l f e s t s t e l l u n g trifft (12/36): „Bemerkt mag noch werden, daß selbst dann, wenn man annähme, daß kein gültiger Dienstvertrag zustande gekommen wäre, an den Gehaltsansprüchen des Klägers nichts geändert würde. — Wie der Vorderrichter (S. 7 des Schiedsspruchs) zutreffend dargelegt hat, war das Verhalten des Intendanten E., das in dem Kläger den Glauben an einen gültigen Vertragsabschluß erwecken mußte, eine von der Stadt zu vertretende- Fahrlässigkeit (culpa in contrahendo), die sie für den entstandenen Schaden, d. h. das entgangene Gehalt, ersatzpflichtig machte."

III. Inhalt des Arbeitsvertrages 1. Vertragsnotwendige Abreden Indem § 2 I NV drei Punkte aufstellt, die im Dienstvertrag angegeben sein „müssen" —Leistungsart, -ort und -zeit —, gibt er T a r i f m i n d e s t b e d i n g u n g e n , die nach allgemeiner Lehre u n a b d i n g b a r sind; sie machen den wesentlichen Mindesttatbestand des Vertrages aus. Das hat das Oberschiedsgericht zu den einzelnen Punkten wiederholt ausgesprochen (z. B. 1/41, 9/37, 9/36 und Zitate im folgenden). Bei Nichtbeachtung oder Verletzung tarifrechtlicher Gebots- bzw. Verbotsnormen tritt gemeinhin aber nicht etwa die Nichtigkeit des Vertrages ein, mag der betreffende Vertragsteil auch nach § 139 BGB für den Vertrag als ganzen von wesentlicher und entscheidender Bedeutung sein, sondern die tarifliche Norm, die nicht ausgeschaltet werden kann, rückt an die Stelle. So das Oberschiedsgericht in 4/49: „Soweit der Inhalt des Dienstvertrags dem Normalvertrag in dieser Hinsicht widerspricht, wird nach tarifrechtlichen Grundsätzen die Kündigungsklausel verdrängt durch die der Klägerin günstigere Regelung des Normalvertrags."

Eine solche positive Ergänzung der nach § 2 I NV unvollständigen Verträge kann aber (z. B. hinsichtlich der Leistungszeit) nicht durch tarifliche Normen, die dazu nicht konkret bestehen, erfolgen, sondern nur durch V e r t r a g s a u s l e g u n g bzw. - e r g ä n z u n g (§ 157 BGB). Die Tarifnormen betreffen hier nur den Rahmen, nicht den Inhalt der Vereinbarung. So bedeutet § 2 I NV eine Aufzählung unerläßlicher Vertragspunkte, die durch richterliche Mitwirkung nach Maßgabe des vermut-

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

liehen Parteiwillens ergänzt werden müssen; ist dies unmöglich, so ist dem Vertrag nicht zur vollen (allenfalls eingeschränkten) Wirksamkeit zu verhelfen. Immerhin liegt in dieser Funktion der Vorschrift mehr als nur die Grundlage für § 2 I I NV, wonach die Punkte des § 2 I NV in eine schriftliche Vertragsform gebracht werden „sollen". Aus der Zwangseinschaltung der Tarif normen im Falle ihrer Verletzung oder Nichtbeachtung schon bei Vertragsabschluß ergibt sich für die Rechtsprechung die Notwendigkeit, den im Rahmen der Tarifnormen gewollten jeweiligen Vertragsinhalt durch die Berücksichtigung besonderer Umstände und allgemeiner Üblichkeiten lokaler oder überlokaler Art, Herkömmlichkeiten, die die Parteien — vielleicht sogar beide — beiseite gelassen haben oder sogar beseite gelassen wissen wollten, positiv zu ergänzen. Das Oberschiedsgericht hat gegebenenfalls alles das, was die Parteien bei tarifgerechtem Verhalten zum ausdrücklichen Vertragsinhalt verständigerweise gemacht hätten, wenn sie sich über die Ungültigkeit ihres anderweitigen Verhaltens im klaren gewesen wären, nachträglich hineinzuinterpretieren, um zu einer vollständigen Vertragsgrundlage des nicht mehr aus der Welt zu schaffenden Arbeitsvertragsverhältnisses zu gelangen. Dabei kann es unerheblich bleiben, ob dieses erst mit Beginnbestimmung für einen späteren Zeitpunkt vereinbart oder etwa schon tatsächlich „angetreten" worden ist. Seine mit hinausschiebender Zeitbestimmung gesetzte Gültigkeit ist stets zu bejahen, wenn nur die Parteien den Willen in beiderseits rechtsverbindlicher Weise bekundet haben, daß sie ein Bühnendienstverhältnis eingehen wollen. Alles Nähere ist notfalls, wenn auch etwa unter Richtigstellung von unzulässigen Abreden der Parteien, nach dem Tarifrecht zu bestimmen. So wird sich aus der bisherigen, nachweisbaren Berufstätigkeit eines Opernsängers als Tenor ergeben, daß er als solcher, nicht etwa als Bassist, ferner, daß er, wenn die Bühne wie üblich Spielzeitverträge abschließt, auf die Spielzeit engagiert wird, um einfachste Beispiele zu nennen. Das B e s c h ä f t i g u n g s v e r h ä l t n i s selbst entsteht nach 4/38 mit dem Termin des Engagementsbeginns, zu dem das Mitglied am Vertragsort einzutreffen hat, da hiermit die Arbeitsbereitschaftspflicht zu erfüllen begonnen und der Ausgangszeitpunkt für die Befriedigung des Beschäftigungsanspruchs fixiert wird. Bis zum Engagementsbeginn ist es zeitlich aufgeschoben, aber schon mit Engagementsabschluß rechtsverbindlich begründet. Die Frage, welches die Mindestbestimmungen eines Tarifvertrages im Einzelfalle sind, ist nicht immer eindeutig zu beantworten. Richtlinie hierfür ist das Schutzinteresse des Beschäftigten, um dessentwillen das Tarifrecht geschaffen worden ist (§4 I I I TVG). Das Bühnentarifrecht weist in diesem Sinne noch w e i t e r e M i n d e s t b e d i n g u n g e n auf, als sie in § 2 I NV niedergelegt sind. Es handelt sich hierbei z. T. um Erfüllungs-,

Unabdingbarer Vertragsinhalt, Kunstgattung, Kunstfach

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nicht um Abschlußfragen des Vertrages. Für den Vertragsinhalt beim Vertragsabschluß selbst ergibt sich daraus aber, daß nicht nur die spätere Verletzung solcher Mindestbedingungen in der praktischen Vertragserfüllung unzulässig, sondern daß ihre schon im voraus im Vertrag bestimmte Verletzung rechtsungültig ist. Die Frage ihrer Abdingbarkeit ist daher schon im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluß zu erörtern. Das Bühnentarifrecht trennt in gewisser Weise a l l g e m e i n v e r t r a g s n o t w e n d i g e und i n d i v i d u e l l e , sonstige A b r e d e n des Engagementsvertrages. Erstere bilden den typischen Mindestatbestand des Engagements, letztere berücksichtigen Abweichungen und Ergänzungen, insbesondere auch auflösende oder aufschiebende Bedingungen. Für beide Gruppen bestehen tarifrechtlich unabdingbare Gebots- und Verbotsnormen : Der a l l g e m e i n e V e r t r a g s i n h a l t ist hauptsächlich und unabdingbar in § 2 I NV niedergelegt. Aber auch § 3 NV (Gage) muß man hierzu rechnen, wenn es auch nur heißt, daß eine feste Gage „gewährt" werden muß — nicht, daß sie festgelegt werden muß. Denn daraus, daß sie „fest" sein muß, ergibt sich in sinngemäßer Auffassung des Sprachgebrauchs, daß sie im Vorhinein vertraglich vereinbart werden muß. Notfalls ist sie als solche im Sinne obiger Ausführungen an Hand der Umstände und Herkömmlichkeiten nach § 612 II BGB in Verbindung mit § 3 I NV als vertraglich vereinbart zu ermitteln, wie dies das Oberschiedsgericht z. B. sogar in dem S. 19 erörterten Fall des Spielens „auf Teilung" getan hat. Die b e s o n d e r e n , bei Vertragsabschluß oder im Laufe der Vertragserfüllung getroffenen A b r e d e n enthalten gelegentlich unzulässige Abweichungen von tarifrechtlichen Mindestbedingungen, die im jeweiligen Zusammenhang dargestellt werden. a) K u n s t g a t t u n g Ist die in § 2 I Ziff. 1 NV vorgesehene Leistungsart des Bühnenmitglieds vertraglich ausgeschlossen, indem die Bühne nicht einmal berechtigt sein soll, es zu Bühnendienstleistungen irgendwelcher Art während der Vertragsdauer heranzuziehen, so hegt überhaupt kein Bühnendienstvertrag, sondern gegebenenfalls ein Unterstützungs- oder Pensionsvertrag vor (5/38, S. 17). Es entsteht keine Frage der Abdingbarkeit einer Mindestbedingung. Sie kommt vielmehr bei der Leistungsart nur dann in Betracht, wenn überhaupt Bühnendienstleistungen von der Bühne gefordert werden können. Hierbei ist es wiederum weniger die Kunstgattung, die regelmäßig kaum zweifelhaft ist (Oper, Operette, Schauspiel), als vielmehr das K u n s t f a c h innerhalb der Kunstgattung, also lyrischer oder Helden-Tenor, Salondame oder Naive usw. Die Leistungsskala ist hierbei fachlich bei der späteren Rollen- und Partienverteilung nicht

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

immer klar abzugrenzen, aber das Fundament für die Anforderungsrechte der Bühne und den Beschäftigungsanspruch des Künstlers muß im Vertrag möglichst genau gelegt werden. Das Oberschiedsgericht führt hierzu in 12/41 aus: „Nach dem § 2 Ziff. 1 des Normal Vertrages muß der Vertrag bei darstellenden Mitgliedern neben der Kunstgattung das Kunstfach ergeben. Die Hervorhebung dieser nach dem Tarifwerk wesentlichen Notwendigkeit bedeutet den Abschluß einer Entwicklung, die für die rechtliche Wertung einer dieser Ordnung entsprechenden Abrede entscheidend ist. Sie läßt erkennen, daß sich die Forderung des Bühnenangehörigenverbandes, der Selbstbeurteilung des Künstlers über seine Eignung für einen typenmäßig bestimmten Kreis darstellerischer Aufgaben maßgebliche Bedeutung beizumessen, durchgesetzt hat gegenüber dem Anspruch der Bühnenleiter, ihr Leitungsrecht auch in der Zuweisung von Aufgaben nach der jeweiligen tatsächlichen Eignung des Darstellers uneingeschränkt anzuerkennen. . . . Wie das Oberschiedsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 15. 7. 1930 — NWeg 1931 S. 70 — dargelegt hat, ist es der Sinn der Vorschrift des § 2 Ziff. 1 des Normalvertrages, gerade im Hinblick auf die weiter vorgeschriebene angemessene Beschäftigung des Mitglieds den Rahmen dieser Beschäftigung fest abzustecken unter Zugrundelegung der im Bühnenleben üblichen Fachbezeichnungen. Damit wäre es unvereinbar, wenn, wie der Beklagte es als richtig bezeichnet, die Fachgrenzen nicht Abriegelungen, sondern lediglich Richtlinien bedeuten sollten und wenn sich die Besetzung einer Partie durch einen Künstler einerseits nach dem Ensemblestande, andererseits nach seiner Leistung in voraufgegangenen Fällen bestimmen sollte."

Dies schließt nicht die Verpflichtung zur Übernahme von Aufgaben aus, die zwar außerhalb des Fachs liegen, ihm aber „nahestehen" (S. 90). Die Parteien können sich der tarifliehen Forderung nach Fixierung des Kunstfachs nicht mit unklaren Formulierungen entziehen. Das wäre eine Verletzung der Norm des § 2 I Ziff. 1 NV als Mindestbedingung. Insbesondere genügt nicht die Klausel „Verwendung als Utilité", wie das Gericht in 9/36 betont: „Abgesehen davon, daß eine Verpflichtung als .Utilité' mit der Vorschrift des § 2 Ziff. 1 des ,Normalvertrages' nicht vereinbar gewesen wäre (wonach ein genau bestimmtes Rollengebiet im Dienstvertrage angegeben sein muß) . . . "

Das Gericht stellt in dieser Entscheidung eine klare Vertragsgrundlage durch seine G e s a m t a u s l e g u n g her, um der tarifliehen Mindestbedingung positiv zu entsprechen. In 19/40 wird bei einer ähnlichen Vertragsunklarheit auf die besonderen Umstände zurückgegriffen, die zu dem Engagement geführt haben und auf eine bestimmte, von den Parteien vorgestellte Beschäftigungsart (Partiengebiet) schließen lassen. Die Spitze dieser Ausführungen liegt jeweils darin, daß diese Interpretationen nicht nur zur Ergründung des mutmaßlichen beiderseitigen Parteiwillens, der nur ungenügend zum Ausdruck gekommen ist, erforderlich sind — das läge außerhalb des eigentlichen Fragenkomplexes der Unabdingbar-

Kunstfach (Abgrenzung und Ermittlung)

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keit von Mindestbedingungen und ist eine Angelegenheit jeder Vertragsauslegung überhaupt (§ 157 BGB) —, sondern sie gewinnen gerade dann ihre speziell arbeitsrechtliche Bedeutung, wenn die Parteien etwa absichtlich hier Unklarheit schaffen wollten, die Bühne vielleicht, um sich freie Hand vorzubehalten, und das Mitglied etwa, um durch solche Vertragserörterungen nicht den Vertragsabschluß als solchen zu gefährden. Während im allgemeinen bürgerlichen Recht hier vielfach die Annahme eines Erklärungszwiespalts (Dissens) oder die Nichtbeachtung eines von den Parteien für unwesentlich gehaltenen Punktes gerechtfertigt ist, kommt es beim Arbeitsrecht im Geiste der tariflichen Mindestbedingungen und des durch sie gewährleisteten Arbeitsrechtsschutzes des sozial Schwächeren nur darauf an, ob die Parteien überhaupt abschließen wollten und dies erklärt haben, und ob nicht schon insofern ein maßgeblicher Dissens vorliegt. Ist ein wenn auch inhaltsunbestimmter Bühnendienstvertrag festzustellen, so wird die Formulierung seines sachlichen Inhalts, wie hier in der Kunstfachfrage, gegebenenfalls sogar gegen den Parteiwillen nach Maßgabe tatsächlicher Anhaltspunkte über die Leistungserwartimg und das Leistungsvermögen, wie es besonders auch aus bisherigen anderen Verträgen des Künstlers her zu beurteilen ist, verbindlich ermittelt und aufgezwungen (S. 60). In diesem Sinne ist es zu würdigen, wenn das Gericht in 19/40 zur Frage der Beschäftigung und zum Engagement eines Künstlers als bloße Ers a t z k r a f t mit tarifungebundener Einsatzmöglichkeit die Frage aufwirft, „ob eine solche Abrede noch mit den das Bühnenvertragsrecht beherrschenden •Grundsätzen vereinbar gewesen wäre,"

ohne allerdings hierzu nach Lage des Falles Stellung nehmen zu müssen, «ine Frage, die nicht nur das Ausmaß, sondern auch die Art der Beschäftigung in gleicher Weise berührt. Überhaupt stehen bisweilen der Vertragsauslegung und -ergänzung unüberwindliche I n t e r e s s e n g e g e n s ä t z e entgegen, wie in dem Fall 24/48, in welchem der Künstler nur als ,,1." Operettentenor, nicht aber ohne diese Qualifizierung engagiert werden wollte, während die Bühne umgekehrt disponieren mußte. Hier verneint das Gericht die verbindliche Gestaltungsfähigkeit des Vertrages und erkannte aufseine Ungültigkeit wegen Dissenses (S. 40). Der Ehefrau dieses Klägers erging es mit dem Kunstfach der „1." Operetten-Soubrette in 23/48 anders: hier konnte festgestellt werden, daß der Vertrag tatsächlich ohne die Qualifizierung galt; es war nicht einmal eine Auslegungsfrage. So ist das Gericht auch in 30/49 (S. 38) dem Versuch entgegengetreten, durch Bezugnahme auf Vorkorrespondenz am Wortlaut der Fachbezeichnung des „leichten jugendlichen Helden" in der maßgeblichen Vertragsurkunde zu deuteln.

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

Beim Engagement von A n f ä n g e r n , deren Fachspezialisierung vielfach noch nicht feststeht, können Schwierigkeiten in der Formulierung entstehen. Aber auch hier ist die Fachabgrenzung etwa durch Häufung der in Betracht kommenden Arten notwendig und eine unklare Verpflichtung als „Schauspieler-Anfänger mit Fachaussichten" nicht am Platze. Das Oberschiedsgericht nimmt bei der Beurteilung der angemessenen Beschäftigung auf die derart im Vertrag zwangsläufig vorgenommene Fachhäufung Rücksicht (20/41). Die Zusage — nicht nur die zur Charakterisierung der Leistungsart beispielhafte Erwähnung — bestimmter einzelner Rollen oder Partien ist Gegenstand des besonderen Vertragsteils (§§ 5 VI; 6 II, I I I NV, S. 81). b) T h e a t e r Ziffer 2 des § 2 I NV (Leistungsort) — inhaltlich näher erläutert in § 4 NV — gibt beim solistischen Personal in der Praxis selten zu Entscheidungen Anlaß. Im Vertrag müssen „das oder die Theater" als v e r t r a g l i c h e B e t r i e b s s t ä t t e n bezeichnet werden. § 4 N V umfaßt ausdrücklich auch die Aufführungen außerhalb des Theatergebäudes (vgl. dazu Chor und Tanz in CT 23/25, S. 221). Das Oberschiedsgericht prüft in 27/50 einen einheitlichen Engagementsvertrag eines Schauspielers mit den benachbarten Städten Krefeld und M.-Gladbach, die unter Schaffung eines einheitlichen Ensembles einen k o m m u n a l e n T h e a t e r z w e c k v e r b a n d gebildet hatten, hinsichtlich der hier vorliegenden, ungewöhnlichen Engagementskoppelung. Es verweist die hierauf vom Bühnenmitglied gestützten Ansprüche auf Abstecher-Diäten bei Gesamtgastspielen von Krefeld (seinem Wohnort) nach M.-Gladbach (§ 4 VI NV, S. 113) in das Gebiet der Entschädigung für evtl. Ruhezeitverkürzung (§ 18 NV, S. 123). § 2 I Ziff. 2 NV wird in diesem Zusammenhang lediglich für den Hinweis benutzt, man könne hiernach in nur einem alleinigen Vertrag für mehrere Theater oder Betriebsstätten des Rechtsträgers verpflichtet werden. Selbst wenn gegenüber dieser Gedankenstütze des Gerichts § 2 I Ziff. 2 NV jenen kritischen Fall nicht deckt, so liegt in ihm kein Verstoß gegen diese Tarifbestimmung, sondern allenfalls und wahrscheinlich der Nachweis einer Lücke im Tarifrecht. c) Z e i t d a u e r Die Rechtsprechung zur Zeitbestimmung des Vertrags, zur Engagementsdauer ( § 2 1 Ziff. 3 NV), ist reichhaltig. Dies gilt weniger für den Beginn als für die Beendigung. Auch hier sind die Schiedssprüche von dem Bestreben bestimmt, bei absichtlichen oder unabsichtlichen Vertragsunklarheiten im Geiste unabdingbaren Tarifrechts stets eine möglichst f e s t u m r i s s e n e z e i t l i c h e V e r t r a g s g r u n d l a g e zu erkennen..

Theater (Betriebsstätte), Zeitdauer (Spielzeit)

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Dies ist schon bei der Beweiswürdigung des Vertragsabschlusses erkennbar (S. 39). Auch hier gilt der Vertrag selbst bei Verletzung tariflicher Mindestbedingungen, wie das Gericht in 1 / 4 1 d a r l e g t : „Die Parteien haben bei dem Vertragsschluß die zwingende Bestimmung des § 2 Abs. 1 Ziffer 3 des Normalvertrages nicht beachtet, indem sie, hätte der Beklagte Recht, nicht einmal die Zeit der vertraglichen Bindung klar im Vertrage begrenzt, jedenfalls aber Kalendertage für Beginn und Ende des Vertragsverhältnisses überhaupt nicht genannt haben. Daß dieses Versäumnis nicht das ganze, ja praktisch zu einem guten Teil durchgeführte, Beschäftigungsverhältnis unwirksam macht — womit das gerade eintreten würde, was mit dem tariflichen Zwang zum festbefristeten Vertrage mitverhindert werden sollte — steht in der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts fest. Es ist selbstverständlich, daß in erster Reihe der übereinstimmende Vertragswille der Parteien über die Zeit der Geltung eines Vertrages entscheidet. Auf dem Gebiete des durch Tarifordnung bestimmten Arbeitsvertragsrechts findet dieser Grundsatz dort seine Grenze, wo die Parteiabrede Mindestbedingungen zum Nachteil dessen, der durch sie geschützt werden soll, nicht beachtet."

Als feststehendes Ergebnis einer langjährigen Rechtsprechung hebt das Gericht in der gleichen Entscheidung hervor, daß terminlich unklare Engagements nach Bühnenbrauch als für die S p i e l z e i t geschlossen gelten, „wobei als Spielzeit in der Regel diejenige Zeit zu gelten hätte, auf welche die Spielverträge der für das Unternehmen verpflichteten Mitglieder abgeschlossen worden sind".

In 6/39 wird die „Saison" grundsätzlich als „Spielzeit" aufgefaßt. Der Vergleich mit der Vertragszeit der anderen Mitglieder ist also in erster Linie — im Geiste der Ensemble-Bildung — Anhaltspunkt für die Endigungs- und auch Beginnszeit des Engagements. Ist bei allen Mitgliedern etwa die gleiche Unklarheit festzustellen, so wird auf die jedem Mitglied aus dem Deutschen Bühnen-Jahrbuch bekannte Spielzeit des Theaters zurückgegriffen werden können. Hierbei können Sommer- und Winterspielzeit unterschieden werden. In der Regel gilt dann die zeitlich nächstliegende. Die tatsächlichen Umstände können aber auch einen anderen Schluß rechtfertigen. In der Entscheidung 9/37 war der Vertrag zwar ausdrücklich auf Sommerspielzeit abgeschlossen. Die Künstler hatten aber in nachträglicher Änderung des Vertrages erst zur Winterspielzeit einzutreffen. Das Gericht stellt sich dabei auf den Standpunkt, daß nun das Ende der Winterspielzeit — bei kleinen Bühnen der Provinz der 31. März — f ü r das Vertragsende maßgebend geworden sei. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob die betreffende Bühne diese Spielzeitdauer auch tatsächlich einhält oder früher abbricht, besonders ') Ausführlicher Abdruck der Entscheidung im Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht. Bd. 16, S. 167 ff. 5 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

dann nicht, wenn der Vertrag sogar ausdrücklich eine längere terminmäßige Beschäftigungsdauer vorgesehen hat, als sie durch V e r k ü r z u n g der S p i e l z e i t eingehalten werden kann, mögen sich die Parteien auch über die Verkürzung der Spielzeit als solcher während des Vertragsablaufs klar werden; eine einvernehmliche vorzeitige Vertragsbeendigung ist damit im Zweifel nicht vollzogen (2/41). Nach 13/34 ist es Bühnenbrauch, daß eine besondere Verpflichtung zur U r a u f f ü h r u n g auch für die anschließende Spielzeit gilt. Für die Endigung von V e r t r a g s v e r l ä n g e r u n g e n gilt das gleiche wie zur Terminbestimmung des ersten Engagements. Denn die Vertragsverlängerung wird vom Oberschiedsgericht als selbständiger, neuer Dienstvertrag angesehen. Fragen der Zeitbestimmung von Verlängerungen sind meist zugleich Fragen einer Verlängerung überhaupt (S. 159). Das Gericht versucht auch die Verlängerungen stets zeitlich zu fixieren, soweit das vertraglich nicht klar geschehen ist oder sich nicht ohnehin aus der Verlängerungsregelung der Tarifvereinbarung vom 10. 10. 1947 über die Mitteilungspflicht ergibt (S. 175). Eine S p i e l z e i t v e r l ä n g e r u n g kommt grundsätzlich denjenigen Mitgliedern zugute, denen sie etwa bereits beim ursprünglichen Engagement mehr oder weniger verbindlich in Aussicht gestellt worden ist (6/39; 4/41), ihre Zustimmung hierzu auch im Augenblick der Verlängerung selbst unterstellt (S. 35). Hierbei wird in 4/41 allerdings vorausgesetzt, daß die ursprünglichen Verträge auch sämtlich bis zu dem Spielzeitende, das ursprünglich ins Auge gefaßt war, Gültigkeit hatten. Das Gericht neigt hierbei dazu, einem Mitglied, wenn sein Vertrag kraft ausdrücklicher Vertragsbestimmung 2 Wochen vor dem Ende der anderen Verträge, also 2 Wochen vor Spielzeitschluß, ablief, die von der Bühne am schwarzen Brett bekanntgegebene Spielzeitverlängerung um 1 Monat nur in der Weise zugutekommen zu lassen, daß sich für dieses Mitglied auch nur eine einmonatige Verlängerung seines Vertrages ergibt, der damit wiederum 2 Wochen vor dem Ende der anderen Verträge und der Spielzeit sein Ende finden soll. Das Gericht hatte dies nicht zu entscheiden, da in der Tat kein entsprechender weitergehender Antrag gestellt war; aber es deutet dieses Ergebnis an. Wird bei der Spielzeitverlängerung die „Erwartung" des Einverständnisses mit einer Gagenherabsetzung zum Ausdruck gebracht, so heißt dies nach 8/35 nicht, daß die Spielzeitverlängerung nur denjenigen zugutekommen solle, die dieser Erwartung entsprächen. Diese Erwartung ist nicht einmal zur „Bedingung" erhoben (deren Zulässigkeit nach § 10 I I I NV übrigens nachzuprüfen sein würde). Die Spielzeit als Anhaltspunkt für die Dauer und ihre Ausdehnung als Maßstab für die Verlängerung von Engagements ist nicht nur in saisonmäßiger Richtung ein abgrenzbarer Zeitbegriff. Vielfach bezieht sie sich

Spielzeitverkürzung und -Verlängerung, Stückdauer

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auf die Dauer eines bestimmten, zur serienmäßigen Aufführung gelangenden Bühnenwerkes, für das gerade dieser und jener Darsteller gebraucht wird, während er für das nächste Serienstück der gleichen Bühne entbehrlich erscheinen kann. Ein solches Engagement auf S t ü c k - D a u e r ist trotz seiner Unbestimmtheit eine aus dem Theaterleben nicht wegdenkbare, aber mit sozialen Schutzbestimmungen durchaus zu versehende Erscheinung. Die Serientheater der großen Städte oder reisende Theater sind Träger solcher Verträge. Wird die Verlängerung über den ursprünglich ins Auge gefaßten, voraussichtlichen Endigungstermin hinaus beiderseits, ausdrücklich oder stillschweigend, vorgenommen, so ist das Mitglied jedenfalls bis zum Ablauf der Aufführungsserie bzw. der Einsatzkette mit dem gleichen Stück weiter engagiert (6/39). Die Fortführung der gleichen Werk-Aufführungen ist auch nach 8/35 maßgebend für die Dauer einer etwa stillschweigend vorgenommenen Vertragsverlängerung, ohne hierdurch jedoch eine stets festumrissene Zeitbestimmung erkennbar machen zu können. I n der Bühnenpraxis kann allerdings das Mitglied meist damit rechnen, daß ihm die Bühnenleitung eine immerhin ungefähre, endgültige oder vorläufige Begrenzung mitteilen kann. Gewisse, allgemeine Grundsätze des Normalvertrages (wie das Verbot einseitiger Bindungen, §§ 10 III, 11 I I NV) werden auch hier, zumindest im Rahmen der Sittengemäßheit nach § 138 BGB, notfalls zur entsprechenden Anwendung kommen. Ansätze zur sozialen und rechtlichen Klarstellung der Stückdauer-Verträge, die bei stehenden Theatern nicht nur Fragen der Verlängerung, sondern von vornherein die Frage der zunächst beabsichtigten, zeitlich unbestimmbaren Dauer mit sich bringen, sind in dem Rundschreiben der ehemaligen Reichstheaterkammer vom 22. 6. 1937 betr. Stückdauerverträge in Berlin gemacht worden (S. 7). Das Oberschiedsgericht wendet die Vorschrift über die Notwendigkeit der Zeitbestimmung im Vertrage, bei der sogar die Kalendertage des Beginns und der Beendigung genannt werden „müssen", im allgemeinen so streng an, wie es der vertragliche Mindesttatbestand nach § 2 1 Ziff. 3 NV erheischt und ermöglicht. Es verzichtet nur ausnahmsweise auf eine vertragsergänzende Festlegung der von den Parteien mutmaßlich gewollten oder notfalls nach herkömmlicher Üblichkeit anzunehmenden Vertragsdauer (S. 60) und vermeidet die Anerkennung eines Vertrages a u f u n b e s t i m m t e Z e i t . Solche Fälle duldet es (unter Kündigungsfähigkeit nach § 622 BGB) nur dann, wenn mit Erfahrungssätzen nicht weiterzukommen ist und wenn Art oder Dauer der Bühnenaufführungen diese Abweichung gestatten, also in untypischen, irregulären Lagen (wie nach 1/41 bei Aufführungsserien vor den seinerzeitigen Westwall-Arbeitern). Solange sich diese Vorgänge innerhalb der echten Gastspielverträge des § 20 NV bewegen, ist das ohnehin hiermit zu erklären, wie etwa bei der mit hohen Einzelhonoraren beschäftigten Tanzmeisterin 5*

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

(CT 2/33, S. 216). Bei zeitlicher Überschreitung dieses Rahmens entstünde jedoch der Konfliktsfall mit § 2 I Ziff. 3 NV. Immerhin kann es Fälle geben, die mit dem in 1/41 verwandten Begriff der E r f ü l l u n g d e s V e r t r a g s z w e c k s als im Sinne des § 2 I Ziff. 1 NV liegend anerkannt werden dürfen, um nicht zur völligen Freistellung vom Normalvertrag zu gelangen. Durch die Ablehnung des in Aneinanderreihung von terminisierten Verträgen derart denkbaren K e t t e n v e r t r a g e s für das Bühnenrecht bewahrt sich das Oberschiedsgericht ebenfalls vor solchen Konsequenzen (S. 195). Seine Erörterung gehört nicht in den Rahmen der Unabdingbarkeit einer Fristbestimmung eines Vertrages nach § 2 I Ziff. 3 NV. Diese Vorschrift will den Arbeitnehmer nicht gegen Kettenverträge in Schutz nehmen. Der Kettenvertrag ist eine Rechtsfrage der Vertragsbeendigung (Nichtverlängerung), also der begrifflichen Kündigung und des damit etwa zusammenhängenden Kündigungsschutzes, nicht der Vertragsterminisierungspflicht, die auch innerhalb eines Kettenvertrages durch Anerkennung eines entsprechenden Rhythmus der Vertragskündigungs- und Endigungstermine der auf unbestimmte Kettenvertragszeit umgedeuteten einzelnen Zeitverträge zu beachten wäre. Man kann dies als eine Frage der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Kettenverträgen im Bühnenrecht bezeichnen. Das Problem liegt jedenfalls nicht in der Vertragsterminisierung, sondern in der Unterbrechung des Kettenablaufs aufeinanderfolgender, terminisierter Verträge, und zwar schon im Zeitpunkt des Ablaufs des ersten Vertrages, zu dem das ,,Verlängerungs"problem bereits im Prinzip entsteht. d) G a g e Das Oberschiedsgericht trifft in 19/37 die Feststellung, daß das Mitglied auch auf das Gehalt —die nach § 3 I NV „feste Gage" — n i c h t schlechthin v e r z i c h t e n kann. Dieser Fall kann bei dem Überangebot von Bühnenkräften praktisch werden, wenn das Mitglied unter allen Umständen auf der Bühne einmal länger tätig sein will, um nicht in Vergessenheit zu geraten und seine künstlerische Kraft wieder zu erproben. Es ist ja das Schicksal des Bühnenkünstlers, daß er sich in berufliche Abhängigkeit begeben muß, um überhaupt sein Können in der berufseigenen Form zu entwickeln und zu zeigen. Dem werden viele Opfer gebracht, die zu begrenzen Sinn des Tarifrechts ist. Das Gericht erschwert daher eine unangemessene Ausnutzung solcher Bereitschaft mit der Unabdingbarkeit des Gagenanspruchs bei Vertragsabschluß, ein im sonstigen Arbeitsrecht kaum problematischer Vorgang. Von praktisch größerer Bedeutung ist die Frage der r i c h t i g e n B e r e c h n u n g der festen Gage, nämlich der Ermittlung dessen, was die Parteien bei Berücksichtigung aller dem Mitglied etwa versprochenen

Unabdingbarkeit und Ermittlung der Gage

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Nebeneinnahmen außerhalb der Gage (anfallende, einzelne Diäten, Sondervergütungen für außervertragliche Leistungen usw.) tatsächlich als Gage im Sinne des § 3 I NV zugrunde zu legen haben. Dies ist eine Angelegenheit sowohl der Erforschung des mutmaßlichen Parteiwillens und der richtigen Berechnungsart als auch zunächst und vor allem der Angemessenheit der Dienstleistungsvergütung im Sinne des § 612 II BGB, die notfalls unter dem Gesichtspunkt der laufenden Erfüllung der Fürsorgepflicht oder Sittengemäßheit nach § 138 BGB gleichfalls der Berichtigung durch das Gericht ausgesetzt ist. Doch gilt das Prinzip f r e i e r G a g e n g e s t a l t u n g , wie es das Oberschiedsgericht in 13/51 hervorhebt: „Die Gagen der Bühnenkünstler einschließlich der Kapellmeister unterliegen keiner tariflichen Regelung und keiner einheitlichen Norm, da sie ausschließlich abhängig sind von der künstlerischen Persönlichkeit des Betreffenden."

Über die U m d e u t u n g eines voraussichtlich sich ergebenden Einnahmeanteils beim Spiel auf Teilung in feste Gage ist schon gesprochen worden (S. 19). Solche Beteiligung ist also stets nur Bemessungsgrundlage für eine feste Gage. Eine G a r a n t i e s u m m e für 40 einzelhonorarpflichtige Gastspiele eines Dirigenten innerhalb einer Spielzeit ist nach 30/48 im Sinne der Währungsumstellungsbestimmung des § 18 I Ziff. 2 UG eine Gegenleistung für eine vom Theater laufend abzurufende Werkleistung des Dirigenten von noch nicht erfolgten Gastspielen ab Währungsstichtag, die mit 1: 1 umzustellen ist; bei mehr als 72 Gastspielen (§ 20 NV) würde es sich um echte Gage nach § 1 NV handeln, die nach § 18 I Ziff. 1 UG im gleichen Verhältnis umstellungspflichtig wäre (31/48). Über das Verhältnis der Garantie zur Gage bzw. zu Sondervergütungen spricht sich das Gericht grundsätzlich beim Chor- und Tanzrecht in CT 2/35 (S. 218) aus. Liegen im übrigen zum Begriff der festen Gage keine Schiedssprüche vor, die über das von der Bühne vertraglich in dieser oder jener Weise geldlich laufend Zugesagte hinausgehen und die Verurteilung zu einer höheren ,,Gagen"-Gesamtzahlung als von den Parteien mit festen Sonderpauschalen, etwa für Aufwandsentschädigungen vereinbart, zum Gegenstand haben, so ist die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts doch durchaus von der Maßgeblichkeit der A n g e m e s s e n h e i t der Gage als solcher geleitet. Es hat hierzu schon deshalb eine formale Berechtigung, weil sogar gewisse bloße Nebenvergütungen in § 3 III—V NV „angemessen" sein müssen, und zwar unmißverständlich im Sinne der Unabdingbarkeit oder Sittengemäßheit, womit sie der gerichtlichen Nachprüfung unterliegen. Es ist in seinen Konsequenzen richtig zu würdigen, wenn das Oberschiedsgericht in 1/41 bemerkt, daß der aus einer Gage von 200 RM und einer Aufwandsentschädigung von 100 RM monatlich zusammengesetzte Vertragsanspruch einer Schauspielerin in einer

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Gesamthöhe von 300 RM „den zulässigen Mindest betrag an Gehalt eines Solomitglieds" kaum übersteigt und daher schlechthin als Gage im Sinne des § 3 I N V zu werten ist, eine Feststellung, die bei irgendwelchen Vertragsstreitigkeiten in Verbindung mit dem etwa wegfallenden „Aufwand" von praktischer Bedeutung ist. Da es gemeinhin noch keine tariflichen oder gesetzlichen Mindestsätze für Gagen gibt, will das Gericht mit dem Ausdruck „zulässiger Mindestsatz" sicherlich die gesetzliche „Angemessenheit" des § 612 I I BGB treffen, der eine Gagenfeststellung durch das Gericht jedenfalls über den Weg des § 138 BGB gestattet, da hierbei die eintretende Vertragslücke durch § 612 I I BGB geschlossen wird. Überschreitet das Gericht auch nicht den von den Parteien insgesamt abgesteckten Honorar-Rahmen, so ist seine Formulierung gleichwohl ein entscheidender Eingriff in die Vergütungsgestaltung der Parteien, der die Unabdingbarkeit einer angemessenen Gage schlechthin zur Grundlage hat. Im Zusammenhang mit der Gagenberechnung ist die vielfach vorkommende Vertragsbestimmung bedeutsam, daß „der Unternehmer die S o z i a l l a s t e n trägt", womit nicht nur die ihm gesetzlich obliegenden, sondern auch die des Mitglieds gemeint sein sollen. Das Gericht hält in 4/39 eine derartige Gagenberechnung für zulässig. Der feste Gesamtgagenbetrag ist dann der zur Auszahlung gelangende, zuzüglich der vom Unternehmer übernommenen Soziallasten des Mitglieds, was ebenfalls bei späteren Vertragsstreitigkeiten als Bemessungsgrundlage für Ansprüche von praktischen Folgen sein kann. Regelmäßig sind in Schiedssprüchen die B r u t t o - B e t r ä g e der Gesamtgagen, also die festen Gagen, unter Vorbehalt der Netto-Abzüge einzusetzen. So 31/48: „Indessen ist von dem Brutto-Betrag, wie üblich, auszugehen, von welchem die der Höhe nach übrigens unter den Parteien streitige Lohn- und Kirchensteuer bei Auszahlung einzubehalten und von der Beklagten abzuführen ist."

Und 12/50: „Bei den zugesprochenen Beträgen handelt es sich um Bruttobeträge, von denen die Sozialbeiträge, welche seitens der Beklagten abzuführen sind, der Höhe nach aber unstreitig sind, in Abzug zu kommen haben."

Für die tarifgerechte Zusicherung und Berechnung der Gage ist nach § 3 V I N V der V e r t r a g s b e g i n n maßgebend, d . h . der terminisierte Engagementsantritt, mit dem die Arbeitsbereitschaftspflicht erfüllt werden muß (S. 60). § 3 VIII NV läßt es allerdings zu, daß eine P r o b e n t ä t i g k e i t auch für die Zeit vor dem zeitbestimmten Vertragsbeginn vereinbart wird, sofern für die Probenzeit entsprechende, zu berechnende volle Vertragsbezüge vorgesehen sind. Dies ist wiederum im Sinne einer unabdingbaren Tarifvorschrift so zu verstehen, daß gege-

Angemessenheit, Berechnung der Gage (mit Nebenvergütungen)

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benenfalls die Vertragszeit hinsichtlich der festen Gage als vorverlegt gilt. Das Oberschiedsgericht räumt aber in 1/33 ein, daß die Vorprobenzeit durch eine Einbeziehung in die Gage der eigentlichen Vertragszeit in erkennbarer Weise einkalkuliert und — etwa laufend — abgegolten wird: „Hierdurch ist tarifmäßig nur festgelegt, daß f ü r Proben vor Beginn der vertraglichen Tätigkeit die vollen Vertragsbezüge gewährt werden müssen. Dies kann aber auch durch Einrechnung in die Vertragsbezüge geschehen, sofern sich die Parteien hierüber einigen. Ob die Vereinbarung dann beispielsweise dahin lautet, daß f ü r einen Monat ein Gehalt von M 300,— und f ü r 10 Vorproben M 100,— gezahlt werden, oder ob der Wortlaut gewählt wird, daß f ü r einen Monat Tätigkeit einschließlich 10 Vorproben M400,— gezahlt werden, kommt in der Sache auf dasselbe heraus. Die Vereinbarung entspricht sowohl in der einen wie in der anderen Form der Vorschrift in § 3 Absatz 6. Voraussetzung ist nur, daß die einkalkulierte Vorprobenentschädigung in der Höhe den vollen Vertragsbezügen entspricht, was insbesondere bei Bestehen einer Mindestgage bedeutungsvoll werden kann."

Erforderlichenfalls ist gerichtlich eine Erhöhung vorzunehmen, wie das in diesem Schiedsspruch erfolgt ist. Ähnliches gilt für die Einkalkulierung der nach § 3 III NV zu vereinbarenden, angemessenen S o n d e r v e r g ü t u n g e n für D o p p e l - und weitere V o r s t e l l u n g e n am gleichen Tage. Hierzu nimmt zwar das Oberschiedsgericht in 1/33 noch nicht abschließend Stellung, da es eine solche erkennbare „ausdrückliche" Einbeziehung in die Gage nicht festzustellen vermag. Aber die eingehende Prüfung des diesbezüglichen tatsächlichen Vorbringens zeigt, daß das Gericht in diesem Punkte grundsätzlich in gleicher Weise verfahren zu können glaubt wie bei der Vergütung der Vorprobenzeit des § 3 VI NV. (Im Chor- und Tanzrecht liegt eine grundsätzliche Erörterung des Oberschiedsgerichts über den Begriff der „Doppelvorstellung" vor, der nicht bei zwei gleichzeitigen Aufführungen mit je teilweiser Mitwirkung des Mitglieds erfüllt ist, CT 4/29, S. 220; so auch § 3 III NV — Solo). Anläßlich der Währungsumstellung 1948 entstand hierzu eine klare Rechtsprechung. Nach dem Schiedsspruch 17/49 rechnen zur Gage ständig, wenn auch unregelmäßig wiederkehrende Sondervergütungen wie z. B. S p i e l g e l d e r für vertragliche, schauspielerische Nebenleistungen eines Chorsängers: „Zwar mag es möglich gewesen sein, daß in Einzelmonaten dem Kläger keine Gelegenheit gegeben war, außer seiner Tätigkeit als Chorsänger auch in Einzelrollen aufzutreten. Indessen handelte es sich tatsächlich im Laufe des Engagements um derartige regelmäßig wiederkehrende Gelegenheiten, mit denen auch beide Parteien von Anfang an gerechnet haben. Mag auch die Zahl dieser Einzelauftritte gewechselt haben, so fällt doch diese Tätigkeit in den Kähmen des Dienstvertrags, der seinem Wesen nach gerichtet ist auf die Erbringung von regelmäßig wiederkehrenden Leistungen. Es bestehen deshalb keine rechtlichen Bedenken, diese Leistungen des Klägers als regelmäßig wiederkehrende Leistungen anzusehen und demzufolge

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

auch die hierfür von dem Beklagten zu erbringenden Gegenleistungen als regelmäßige im Sinne des § 18 UmstGes. zu betrachten, die in regelmäßigen Abständen zahlbar waren."

Zur Frage der Fälligkeit nach § 18 1 1 UG erkennt das Gericht unter Hinweis auf § 3 VII NV, wonach das feste Gehalt und etwa „gewährleistetes" Spielgeld nachträglich bis zum 15. und Letzten eines jeden Monats zahlbar sind, die Umstellung der bis zum 15. 6. 1948 verdienten Spielgelder mit 10 : 1 und die späteren mit 1: 1 an, und zwar ohne Rücksicht darauf, daß bei der Bühne die Übung bestand, erst zum Monatsende, nicht auch zwischendurch am 15. auszuzahlen. Denn 17/49: „Wenn gegenüber dieser tariflichen Regelung üblicherweise das Spielgeld mit dem festen Gehalt jeweils am Monatsende gezahlt wurde, wie aus zwei vom Kläger überreichten Abrechnungszetteln hervorgeht, so konnte hierdurch die tarifliche Fälligkeit nicht zuungunsten des Klägers geändert werden."

Das Gericht hätte folgerichtig wohl alle Spielgelder bis Juni 1948 im Verhältnis 1: 1 anerkennen müssen, weil sich die tarifwidrige Verschiebung der Fälligkeit vom 15. auf den Letzten hier gerade zugunsten des Klägers auswirken würde. Ob im Verlaufe der Engagementserfüllung entstehende Tagegeld(Diäten-)Pauschalen zur Gage zu rechnen sind—wie in 1/39—, ist kein Problem des hier behandelten Grundsatzes der festen Gage. Sie dienen in einem solchen Fall dem Lebensunterhalt, der von der Gage mitzubestreiten ist, und können als selbständige, nicht einkommensmäßig zu behandelnde Sätze nur insoweit behandelt werden, als sie einen weitergehenden, unüblichen Aufwand zu decken haben, unter welchem Gesichtspunkt übrigens auch die steuerliche Beurteilung erfolgt. Die Form eines festen, notfalls durch Vertragsauslegung zu ermittelnden MindestDiätensatzes würde jedoch deutlich den Charakter eines festen Gagenteils prägen. Die Zusage von etwa anfallenden Diäten in bestimmter Einzelhöhe kann sich auch im gegenteiligen Sinne auswirken und einen darin versteckten Gagenteil verneinen lassen, eben gerade dann, wenn es sich nicht um eine laufende Pauschale handelt1). So in 5/41: „Wenn es sich auch um keinen Schadensersatzanspruch, sondern einen vertraglichen Erfüllungsanspruch dabei handelt, ist das Oberschiedsgericht der Ansicht, daß es nicht dem Parteiwillen entsprochen haben kann, dem Kläger die Tagegelder auch dann voll zukommen zu lassen, wenn er, sei es auch infolge vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten, in die Lage kam, billiger zu leben, als er es bei vertragsgemäßer Durchführung des Vertrages bei dem teueren Aufenthalt in Salzburg und den notwendigen ihn belastenden Unkosten gelegentlich der Fahrten der Gaubühne vermocht hätte." ') R i e p e n h a u s e n , 1953/54, S. 193.

Wann sind Diäten Teil der Gage? Die Bühnengenossenschaft

Diäten — Allgemeine Vertragsvorbehalte (Vorvertrag)

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2. Sonstige Abreden Vertragsklauseln, nach denen das Mitglied einseitig ohne verbindliche Gegenleistung verpflichtet ist, seine Dienste zur Verfügung zu stellen oder nach denen die Gültigkeit des Vertrages v o n schwebenden Bedingungen abhängig sein soll, bedeuten o f t die Ausnutzung der Lage des sozial Schwächeren, des Mitglieds, und unterliegen einem modifizierten tariflichen Verbot nach § 4 I I I TVG, mit Ausnahme wiederum der echten Gastspielverträge des § 20 N V (16/36) und des sondergearteten ProbeGastspiels „mit unterlegtem Vertrag" nach § 12 N V . a) V o r b e h a l t e n e V e r t r a g s g ü l t i g k e i t Die e i n s e i t i g e V e r t r a g s b i n d u n g zu Lasten des Mitglieds, wonach der Vertrag für den Theaterveranstalter „überhaupt nicht" verbindlich sein soll, ist in § 10 I I I N V eindeutig verboten. Der V o r v e r t r a g ist im Grunde bereits als fester Bühnendienstvertrag anzusehen u n d hiervon nicht freigestellt (S. 18). Auch das bloße A n g e b o t eines Vertrages ist hier auszuscheiden, aber bezüglich seiner einstweiligen Unverbindlichkeit gelegentlich Abgrenzungsschwierigkeiten bei Zweifeln über den Zeitpunkt des Eintritts und der Dauer seiner Verbindlichkeit sowie seines Inhalts überhaupt ausgesetzt, wie in 6/51: „Aber gerade dies hatte die Beklagte nicht erklärt, sondern ein Angebot f ü r später in Aussicht gestellt und seinen Inhalt offen gelassen. Der Kläger hatte also bestenfalls die Zusage erhalten, daß mit ihm wegen Neuabschluß durch Abgabe eines noch zu bestimmenden Angebots verhandelt werde. Das bedeutet nichts anderes als die Zusage, Verhandlungen einzuleiten, wobei der Inhalt des Angebots, wie die Annahme durch den Kläger, völlig offen stand und ungewiß war. Diese Zusage ist nicht gleichzeitig Inhalt einer Verpflichtung, zu einem Vertragsabschluß zu gelangen, anderenfalls würde es sich um einen Vorvertrag handeln, welcher mangels bestimmbaren Inhalts nicht vorliegt; denn die Stellung eines Angebots bedeutet noch nicht den Vertragsabschluß, weil das Angebot so gestaltet sein konnte, daß es von der Gegenseite nicht angenommen wurde. Ob es im Einzelfall annehmbar erschien, lag im Willen und Ermessen der Parteien und nicht der Festsetzung des Gerichts auf dem Wege einer nachträglichen Prognose. Es ist durchaus möglich, daß die inzwischen eingetretenen Umstände dazu führten, von weiteren Vertragsverhandlungen Abstand zu nehmen, weil sich ein günstigerer Abschluß f ü r eine der Parteien ergab. Denn die Beklagte war, ebenso wie der Kläger, in ihrer Entschließung völlig frei, bis die Vertragsverhandlungen mit dem Kläger zum Abschluß führten, da sie ein zeitgebundenes Angebot bisher nicht gemacht (§§ 145, 154 BGB) und auch nicht die Verpflichtung übernommen hatte, ihn von allen Bewerbern an erster Stelle zu berücksichtigen. Sie konnte jedenfalls wegen inzwischen eingetretener Umstände von einem Abschluß absehen. Eine klagbare Verpflichtung scheiterte also an der Bestimmbarkeit des Angebots."

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1. Teil: Solo - Inhalt des Arbeitsvertrages

Der O p t i o n s v e r t r a g ist, wenn das Optionsrecht beim Veranstalter liegen soll, ein klarer Verbotsfall des § 10 III NV. Das Oberschiedsgericht definiert ihn in 15/51: „Beim Optionsrecht unterscheidet sich die Rechtslage vom Vorvertrag dadurch, daß der gestaltungsberechtigte Vertragsteil zwar keinen Anspruch auf Abschluß eines Vertrags erlangt, daß er eines solchen aber auch nicht bedarf, weil er das Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung begründen kann. Somit ist das Optionsrecht die Befugnis, durch eine entsprechende Willenserklärung ein seinem Inhalt nach bereits näher festgelegtes Schuldverhältnis zu begründen. Voraussetzung ist also auch hier eine nähere inhaltliche Bestimmung des Vertrags, der durch die Ausübung des Optionsrechts seitens der optierenden Partei zustandekommt (vgl. Lehmann, Allgemeiner Teil des BGB 1947 S. 183)."

Die Abrede einer beiderseitig aufrecht zu erhaltenden V e r h a n d l u n g s - , aber nicht auch Abschlußfreiheit, mit der gegenseitigen Klausel, in den jeweils mit einem Dritten etwa abzuschließenden Vertrag eintreten zu dürfen, bestätigt das Gericht in 20/53 als unglaubwürdig, also als schwer beweisliche Absonderlichkeit: „Mit Hecht hat das Schiedsgericht I. Instanz auf das Ungewöhnliche eines derartigen Abkommens hingewiesen und dazu bemerkt, daß, wenn sich die Parteien ab 1.11. 1952 gegenseitig zwar Verhandlungs-, aber nicht Abschlußfreiheit zugebilligt hätten, sich dann jede Partei im Verhältnis zu einem dritten Verhandlungspartner dem Verdacht mangelnder Ernstlichkeit ausgesetzt hätte. Ebenso ist es unwahrscheinlich, daß ein derartig außergewöhnliches Abkommen mündlich zwischen den Parteien verabredet worden ist . .

b) B e d i n g t e V e r t r a g s g e l t u n g Das Mitglied muß ferner bei Vertragsabschluß Klarheit über die Vertragswirksamkeit nach Maßgabe der bei Vertragsabschluß gegebenen Sachlage erlangen und darf nicht zu seinem Nachteil in Abhängigkeit von zukünftigen, ungewissen Ereignissen, die als aufschiebende oder auflösende Bedingung in den Vertrag einbezogen werden, gebracht werden, sofern diese Vorbehalte die Grundlage für e i n s e i t i g e R e c h t e des U n t e r n e h m e r s bilden sollen (§ 10 III, § 11 II u. a. NV). Bei der Abgrenzung, was alles unter den Begriff dieser unzulässigen, einseitigen Bedingung fallen kann, ist zunächst festzustellen, daß die auf dem Rechtsinstitut der sog. G e s c h ä f t s g r u n d l a g e beruhenden, mit gleicher Wirkung für b e i d e Parteien dem Vertrag unterlegten Voraussetzungen tatsächlicher Art nicht hierzu rechnen, jedenfalls dann nicht, wenn für den Fall der Geltendmachung des späteren Wegfalls der Geschäftsgrundlage — etwa durch den Unternehmer — mit Auflösung des Vertrages nicht das Verhalten des Unternehmers allein ursächlich geworden ist oder auch nur ursächlich werden kann. Ein typischer, allerdings nicht häufig vorkommender Fall zulässiger und erfüllter Geschäftsgrundlage ist der von beiden Seiten erkennbar gewollte sog. D o p p e l r

Optionsvertrag, Geschäftsgrundlage, Doppelvertrag

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v e r t r a g , d. h. die vertragliche Verbindung zweier Engagementsverträge derart, daß der eine Vertrag nur zugleich mit dem anderen Vertrag in Wirksamkeit treten und evtl. auch bleiben soll, wofür — wie gerade bei Eheleuten — wirtschaftliche und sonstige Gründe maßgebend sein können. Das Gericht stellt in 13/41 an den Nachweis eines echten Doppelvertrages „besonders hohe Anforderungen", zumal dann, wenn es sich nicht u m Eheleute handelt: „Die schwerwiegenden Folgen, die aus einer Verkoppelung zweier Verträge sich f ü r jeden der Partner ergeben könnten, lassen es also geboten erscheinen, daß auch in den Verträgen selbst mit aller Deutlichkeit ihre enge Verbundenheit zum Ausdruck kommt. Die in der Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichte wiederholt betonte Notwendigkeit, im eigensten Interesse der Bühnenschaffenden die urkundlichen Vertragsabreden so vollständig und einfach und klar zu fassen, daß sie zu Mißverständnissen keinen Anlaß geben, führt zu der gleichen Forderung." So auch in 23/48: „Nun ist in den beiden Vertragsurkunden nichts derartiges enthalten. Es ist auch nach dem Inhalt der Verträge nicht anzunehmen, daß der Vertragsabschluß als Einheit anzusehen war, zumal jeder der Eheleute durch eine andere Kraft ersetzt werden konnte, ohne das Ensemble dadurch zu verändern. Dies ergibt sich schon aus der Tatsache, daß der Ehemann der Klägerin mit dem Sänger N. N. alternieren sollte, ebenso konnte der Ehemann auch als Kraft aus dem Ensemble ganz weggedacht werden, ohne daß dadurch die Tätigkeit der Klägerin in Frage gestellt wurde. Aus der Tatsache allein, daß aus Gründen technischer Art f ü r die Berechnung der sozialen Versicherungsbeiträge die Höhe der beiderseitigen Gagen ausgeglichen wurde, kann noch nicht gefolgert werden, daß die Klägerin allein keinesfalls zu der vereinbarten Gage beschäftigt werden sollte. Deshalb war die Annahme eines echten Doppelvertrages abzulehnen. Der Vertrag der Klägerin allein hatte also weiterhin Bestand." Ein echter Doppelvertrag hegt danach nur vor, wenn eine derartig gekoppelte Verpflichtungserklärung auch auf Seiten der Bühne ersichtlich ist. Bei schuldlosem Wegfall eines der beiden Engagements entsteht beiderseits ein Rücktritts- bzw. (nach Engagementsbeginn) fristloses Kündigungsrecht ohne Schadensersatzpflichten (13/41): „Und auch wenn die Klägerin bei der mündlichen Abrede über ihren Verpflichtungsvertrag klar zum Ausdruck gebracht haben sollte, sie könne sich f ü r 400 RM nur angesichts des gleichzeitigen Abschlusses mit XY. verpflichten, würde darin nur der Beweggrund zum Ausdruck gekommen sein, der sie zu dem Eingehen auf ein f ü r sie ungünstiges Angebot veranlaßt hatte. Rechtlich wäre auch die vertragliche Anerkennung dieses Motivs, seine Aufnahme in den Vertrag f ü r den geltend gemachten Schadensersatzanspruch ohne Bedeutung. Wollte man darin die Feststellung einer sogenannten Geschäftsgrundlage sehen, so würde — eine Erwägung, die auch f ü r die nachher zu erörternde anderweite Begründung zu gelten hat — aus ihrem Fortfall sich möglicherweise das Recht der Klägerin auf Absage von dem Vertrage (§ 242 BGB), nicht jedoch ihr Anspruch auf Schadensersatz ergeben."

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

Weitere Ausführungen über die Geschäftsgrundlage befinden sich im Kapitel der fristlosen Kündigung (S. 146). Das Verbot, die Gültigkeit des Vertrages von Bedingungen abhängig zu machen, besteht nach § 10 I I I NV nur dann, wenn sie für den Unternehmer „allein" maßgeblich sein sollen, wenn sich also nicht auch — oder etwa nicht nur — das Mitglied darauf soll berufen können, in welchen Fällen das Tarifrecht vielmehr solche Bedingungen gestattet. Diese Bedingungs-Einseitigkeit zugunsten des Unternehmers muß nicht nach der Vortragsformulierung, sondern nach künstlerischer und hier vor allem wirtschaftlicher Würdigung der beiderseitigen Interessen festgestellt werden. Engagiert ein Veranstalter ein Mitglied mit der B e d i n g u n g , daß sein T h e a t e r e r ö f f n e t wird, unter vertraglicher Festlegung des Engagementsbeginns, so ist dies eine einseitige, allein für ihn gedachte Bedingung, auf die sich in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen das Mitglied nicht seinerseits bei Ausfall der Bedingung im Sinne eines Wegfalls seiner Rechte zu berufen gedenkt; es mag, wenn es anderweitige Beschäftigung findet, fristlos aufkündigen. Ähnlich sind die Konsequenzen der Bedingung, daß noch ein anderer bestimmter Darsteller als Partner zu engagieren ist, zu würdigen (S. 32). Die Bedingung, daß die geplanten Ausführungen stattfinden, ist beim Gastspielvertrag des § 20 NV zulässig (16/36). I n 27/32 spricht das Oberschiedsgericht die Unzulässigkeit einer Vereinbarung aus, wonach ein Kapellmeister ohne Beschäftigung und Gage bleiben soll, wenn keine Operette gespielt wird, das Haus vielmehr für das Schauspiel oder die Oper benötigt wird: „Das damit der Bühnenleitung eingeräumte Recht würde auf deren Befugnis hinauslaufen, den Kläger durch einseitige Erklärung unter Wegfall der vertraglichen Vergütungen zu beurlauben. Eine solche Vereinbarung ist durch ausdrückliche Vorschrift des § 11 Absatz 2 des Normalvertrages ausgeschlossen."

Das Gericht erkennt hier zwar einen Fall unzulässiger Beurlaubung nach § 11 I I Ziff. 1 NV und nicht der beabsichtigten einseitig-bedingten Unverbindlichkeit des Dienstvertrages als solchen und ganzen (§ 10 I I I NV), gibt aber damit zugleich für die richtige Beurteilung der Einseitigkeit von Bedingungen im Sinne vorstehender Ausführungen die Richtlinie. Die Bedingung einer Freilichtbühne, daß an Regentagen die Gage wegen A u s f a l l s d e r V o r s t e l l u n g e n entfällt, widerspricht nach 18/35 dem Sinn des § 10 I I I NV (wohl auch hier ein unmittelbarer Fall des § 11 I I Ziff. 1 NV). Einen außergewöhnlichen Fall einseitiger Bindung, in welchem der Vertrag sich selbsttätig auflösen sollte, wenn die Militärregierung ein A u f t r i t t s v e r b o t erlassen würde, erkennt das Gericht in 2/51 nach § 158 I I BGB an, vielleicht, weil die Voraussetzung an die Person des Mitglieds selbst gebunden ist, obwohl es hierauf nach dem Wortlaut des

Verbotene Gültigkeitsbedingungen (Vorstellungsausfall, Etatklausel)

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§ 10 I I I NV nicht ankommt. Die Umdeutung in ein fristloses Kündigungsrecht beim Bedingungseintritt nach § 626 BGB wäre wohl gemäßer (S. 146). Ungültig nach § 10 I I I NV ist auch regelmäßig die sog. E t a t k l a u s e l , d. h. die zugunsten des Veranstalters in den Engagementsvertrag aufgenommene Bestimmimg, daß der Vertrag nur nach Genehmigung des Etats wirksam sein solle. Entsprechendes muß für sonstige „Genehmigungen" gelten, sofern damit nicht klar zum Ausdruck gebracht wird, daß der den Vertrag abschließende Theaterdirektor oder Intendant nicht selbständig zum Vertragsabschluß zu Lasten des Betriebes vertretungsberechtigt ist (dann ist das Mitglied eben nicht einmal bedingt verpflichtet, sondern einstweilen frei; zur Vertretungsberechtigung S. 44). Das Gericht hält in 16/33 die Etatklausel schon wegen Unbestimmtheit für rechtsungültig: „Es ist zunächst davon auszugehen, daß die Klausel: vorbehaltlich der Etatgenehmigung recht unbestimmt ist. Von einem bestimmten Etat ist nicht die Rede und wenn die Beklagte auch sicher an den damals vorliegenden Etat gedacht hat, so ist dieser doch weder Gegenstand der Verhandlung zwischen den Parteien noch dem Kläger bekannt gewesen. Wollte die Beklagte den Vertrag nur unter der Bedingung abschließen, daß der ihr allein bekannte Etat unverändert genehmigt werde, so hätte sie das unzweideutig zum Ausdruck bringen müssen, sie hätte insbesondere sagen müssen, daß etwaige Abstriche an dem vorgesehenen Zuschuß bis zu bestimmter Höhe sie von ihrer vertraglichen Verpflichtung befreien würden. Tat sie das nicht, so konnte und durfte der Kläger nach Treu und Glauben annehmen, daß die Etatklausel erfüllt sei, wenn überhaupt ein Theateretat genehmigt würde. Das ist um so mehr der Fall, als erfahrungsgemäß regelmäßig an Etats Änderungen, insbesondere Abstriche vorgenommen werden."

Bei dieser Würdigung meint das Gericht, zur grundsätzlichen Unvereinbarkeit mit § 10 I I I NV nicht Stellung nehmen zu brauchen. Auch im Falle von Verschulden bei Vertragsverhandlungen ist die Bedingung des „schwebenden E t a t s " grundsätzlich unerheblich (S. 51). Bedingungen der E i g n u n g des Mitglieds sind gelegentlich förmliche Vertragsvoraussetzungen, etwa in der Weise, daß die Eignung durch Dritte bei bereits schwebender Vertragsgültigkeit noch festgestellt werden soll (z. B. durch einen Kapellmeister). Sie sind im allgemeinen klare Verbotsfälle nach § 10 I I I NV und daher nichtig. Dem entspricht auch das Tarifverbot des Engagements „auf Probe" mit der nichtigen Kündigungsmöghchkeit (§ 111 NV). Eine unzulässige Einseitigkeit der Bedingung erwägt das Gericht in 20/40 selbst bei der Vertragsklausel, daß die Gültigkeit des Vertrages von der — polizeirechtlich übrigens v o r g e s c h r i e b e n e n — P r ü f u n g für eine entsprechende Tätigkeit als technischer Bühnenvorstand abhängen soll, und zwar — je nach dem Prüfungstermin — in der Form, daß ent-

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

weder der Vertrag Gültigkeit erlangen oder im Laufe der Vertragszeit verlieren soll. Hier ist die Grenze zweifelhaft, da bei polizeiwidriger Lage eine Durchführung des etwa inzwischen angetretenen Vertrages für die Bühne unzumutbar wird, sofern keine Wiederholungsprüfung möglich und keine einstweilige Weiterbeschäftigung zulässig ist. Im Geiste der einleitenden Ausführungen zur Frage der Beiderseitigkeit einer Bedingung wird man aber eine unzulässige Einseitigkeit anzunehmen und die Bühne bei Nichteintritt der Bedingung während der Vertragserfüllung auf den Weg der fristlosen Vertragsaufkündigung aus wichtigem Grunde (§15 NV) zu verweisen haben, zumal die Möglichkeit einer polizeilichen Duldung einer weiteren einstweiligen Tätigkeit nicht von vornherein abzulehnen ist, ferner das Mitglied verständigerweise den ihm günstigsten Fall gesichert sehen will und muß, schließlich außerdem bei einer Entlassung noch die anderweitige Unterbringungsmöglichkeit im technischen Betriebe zu prüfen sein würde. Entscheidender s o z i a l e r A u s g a n g s p u n k t des §10111 NV und seiner entsprechenden Ausführungsbestimmungen (z. B. § 11 NV) ist die Ungewißheit des Eintritts der aufschiebenden oder auflösenden Bedingung sowie die Verdrängung der Fürsorgepflicht durch die Automatik. Daher läßt das Oberschiedsgericht in 28/36 eine auflösende Bedingung, die einseitig zugunsten des Unternehmers liegt, immerhin zu, wenn der äußerste Termin für ihren Eintritt in einer sozial tragbaren Weise festgelegt ist. Die Erklärung eines Intendanten an eine bei ihm im Engagement stehende Künstlerin, daß ihr Engagement für die nächste Spielzeit verlängert sei, falls er nicht bis zu einem bestimmten Termin — der mehrere Monate vor Ablauf des in der Entwicklung befindlichen Engagements lag und noch in die bühnenverkehrsübliche äußerste Zeit (FebruarMärz) zum Engagementsabschluß für die nächste Spielzeit fiel — eine andere Kraft finden werde, würdigt das Gericht wie folgt: „Das bedeutet mit anderen Worten: daß der Intendant einen Wechsel nicht vornehmen würde, (daß also die Klägerin ihren Vertrag als verlängert anzusehen habe), falls der Intendant die ihm genehmere Sängerin nicht fände. Damit hatte aber der Intendant — (entgegen seiner vorangegangenen Behauptung, daß keine Verpflichtung für ihn bestünde) — eine Verpflichtung übernommen, die sofort zu laufen begann, und nur nachträglich wieder in Wegfall kommen konnte, falls der vom Intendanten als möglich hingestellte Umstand eintrat. Der Intendant hatte sich also unter einer .auflösenden Bedingung' verpflichtet. . . . Es entsprach auch durchaus der Natur der Sache, daß ein Termin für den Eintritt oder Nichteintritt der Bedingung vereinbart wurde, da ja sonst die Klägerin fortgesetzt im Ungewissen über ihr Schicksal und von dem Belieben des Intendanten abhängig gebieben wäre."

Mit § 10 I I I und § 11 I I Ziff. 2 NV setzt sich das Oberschiedsgericht hier nicht näher auseinander. Es hat hierzu deshalb wohl weniger Veran-

Kein einseitiges Vertragsverlängerungsrecht des Theaters

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lassung, als es in Ermangelung einer entsprechenden rechtzeitigen Nichtverlängerungsmitteilung des Intendanten zum üblichen Stichtag ohne weiteres zur Aufrechterhaltung der Verlängerung kommt, das beweismäßige Schwergewicht der Urteilsfindung also von vornherein zugunsten des Mitglieds ausschlug und die Probleme des § 10 III und § 11 II Ziff. 2 NV praktisch bedeutungslos sind. Nach heutigem Recht der Mitteilungspflicht in der Regelung vom 10. 10 1947 würde die Vertragsverlängerung durch Verstreichung des Stichtages ohnehin automatisch eingetreten sein (S. 175); man sieht aber an dem Fall, wie'das Gericht schon vordem in geeigneten Fällen zur Bejahung einer immerhin „stillschweigenden" Vertrags Verlängerung neigte. c) V e r l ä n g e r u n g s - und K ü n d i g u n g s k l a u s e l n Die völlig freie Klausel „evtl. V e r l ä n g e r u n g " in einem Vertrage mit der verbindlichen Unterwerfung des Mitglieds unter einen diesbezüglichen Entschluß der Bühne, noch dazu zu einem völlig ungewissen Zeitpunkt, erklärt das Oberschiedsgericht in 16/34 für unwirksam, einmal schon wegen ihrer inhaltlichen Unbestimmtheit („eventuell") und ferner wegen Verstoßes gegen § 11 II Ziff. 2 NV: „Bei der Regelung vertraglicher Verpflichtungen sollte daher das Wort .eventuell', das Zweifel, Meinungsverschiedenheiten und Prozesse geradezu herausfordert, unbedingt vermieden werden. Es kann bedeuten: .gegebenenfalls', .unter Umständen', .bei Eintritt gewisser Bedingungen'. Es kann aber auch bedeuten: ,wenn wir uns über das eventuell Verabredete einig werden', so daß also die endgültige Regelung des fraglichen Vertragspunktes einer neuen, erst künftig zu treffenden Vereinbarung vorbehalten bleiben sollte. Das Oberschiedsgericht ist deshalb der Auffassung, daß eine vertragliche Bestimmung, die von sich selbst sagt, daß sie nur .eventuell'gelten solle, wegen dieser ihrer Unbestimmtheit, eine sofort wirksame Bindung der Vertragspartner überhaupt nicht erzeugen kann, vielmehr rechtlich bedeutungslos und schlechthin unwirksam ist: . . . Aber selbst dann, wenn die Parteien sich über die Bedeutung der Eventualklausel im Sinne der Klägerin (.Fortsetzung des Spielbetriebes') einig gewesen waren, würde die Klausel — und das ist das Entscheidende — wegen Verletzung des Paritätsgrundsatzes nach § 11 Abs. 2 Ziffer 2 des Normalvertrages nichtig gewesen sein."

Das Gericht leitet die Ungültigkeit der Klausel also nicht aus der mangelnden Zeitbestimmung der Verlängerung selbst (Dauer der Verlängerung) ab ( § 2 1 Ziff. 3 NV) — diese ließe sich notfalls interpretieren (S. 59) —, sondern schlechthin auch aus § 11 II Ziff. 2 NV und setzt den Fall einer Spielbetriebsverlängerung durch den Veranstalter der „einseitigen" Erklärung desselben in § 11 II Ziff. 2 NV gleich. Dies bedeutet, daß Verlängerungen, die von ungewissen, nicht von den Parteien zu verwirklichenden Ereignissen abhängen sollen, an sich nicht hierunter fallen; dafür gilt jedoch wiederum § 10 III NV. Dies ist gleichfalls für

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I. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

den im Schiedsspruch hervorgehobenen anderen Fall maßgebend, daß etwa die Verlängerungsdauer (das Ende der „Nachsaison") in der Eventual-Klausel kalendermäßig ausdrücklich fixiert ist und es nur noch darauf ankommen soll, ob überhaupt eine Nachsaison stattfindet oder nicht. Die Möglichkeit einer wenigstens von Seiten des Mitglieds ausnutzbaren Verlängerungszusage für den Fall des Eintritts der von den Parteien vorgestellten Voraussetzungen einer Vertragsverlängerung, also derart, daß sich wenigstens das Mitglied hierauf und auf die Vertragsgültigkeit dieser Zusatzabrede berufen kann, erwähnt das Gericht nicht. Das Mitglied könnte sich noch im gegebenen Augenblick des Bedingungseintritts ohne weiteres zur Vertragsverlängerung zur Verfügung stellen und auf jene Bedingung irgendwie Bezug nehmen. Schließlich können f r i s t m ä ß i g e K ü n d i g u n g s m ö g l i c h k e i t e n zur vorzeitigen Beendigung einer Engagementsdauer Inhalt von Sonderbestimmungen des Vertrages sein, die seine Geltung selbst betreffen. Sie kommen heute kaum noch vor, da sie das bei den Bühnen unerwünschte Problem des Kündigungsschutzes (S. 195) auslösen würden. Das Tarifrecht stellt sie in § 10 I NV unter den Paritätsgrundsatz, verbietet sie dementsprechend ausdrücklich für Verträge „auf Probe" ( § 1 1 1 NV) und stellt sie unabdingbar auf das Ende eines Jahres oder einer Spielzeit ab (§ 101 Ziff. 3 NV). Es macht hier im Sinne der Einräumung eines einseitigen Kündigungsrechts für den Unternehmer nur bei Anfänger-Mitgliedern eine Ausnahme (§ 13 I NV). Über die Frage der etwaigen Schriftform der Kündigungsvereinbarung selbst wurde schon gesprochen (S. 33). Ein Fall des Engagements „auf Probe" in Form einer tariflichen Kündigungsvereinbarung nach § 10 I Ziff. 3 NV, also außerhalb des § 1 1 1 NV, kam in 4/48 vor das Oberschiedsgericht: „Wenn der Beklagte die beiden ersten Monate als Probezeit gelten lassen wollte, hat er sich damit eine Kündigung während der Spielzeit, nämlich zum Ablauf der Probezeit ausbedungen; das widerspricht aber dem § 10, Abs. 1 des Normalvertrages. Hieran ändert auch nichts die Tatsache, daß der Beklagte der Klägerin das Recht einräumen will, gleichfalls zum Ende der Probezeit zu kündigen. Die Vereinbarung einer Probezeit hätte nur in der Weise getroffen werden können, daß die Klägerin ohne Bindung bis zum Ende der Spielzeit zunächst auf zwei Monate zur Probe angestellt worden wäre. Danach hätte auf Grund beiderseitiger Entschließung ein neuer Vertrag für die Spielzeit geschlossen werden können."

Und nochmals allgemein in 17/48: „Nach § 10 des Normalvertrages kann ein beiderseitiges Kündigungsrecht nur für den Schluß eines Vertragsjahres oder einer Spielzeit vereinbart werden. Die Kündigung innerhalb des Vertragsjahres war daher nur insoweit möglich, als ein wichtiger Kündigungsgrund vorlag."

Die Kündigungsfrist für einen Theatermeister entnimmt das Gericht in 24/36 nicht wie beim Solomitglied aus § 622, sondern aus § 621 I I I

Keine ungleichen Kündigungsrechte — Beschäftigungsanspruch

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BGB mit Wirkung zum Jahres- oder Spielzeitende (§ 101 Ziff. 3 NV). Nach 1/41 ist eine tägliche Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers im Sinne des § 10 I NV unzulässig vereinbart. Denn: „Es ist ausgeschlossen, daß nach der Abrede es etwa auch dem Bühnenmitglied freigestanden haben sollte, das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung einer Frist, so auch von einem Tage zum anderen, aufzukündigen. Schon daraus würde sich die Unwirksamkeit der von dem Beklagten behaupteten und von dem Bezirksschiedsgericht für dargetan erachteten Vereinbarung über die Länge der Kündigungsfrist ergeben."

Darüber hinaus aber deutet das Gericht in dieser Ausnahme-Entscheidung (S. 67) an, daß eine derart kurze Kündigungsfrist gegen die gesetzlichen Mindestforderungen des allgemeinen Arbeitsrechts hinsichtlich der Kündigungsfristen verstoßen würde: „Wenn überhaupt der Gedanke der Verbindlichkeit gesetzlicher Mindestbedingungen im Bühnen-Arbeitsrecht hier noch Bedeutung haben kann, und darüber kann kein Zweifel bestehen, so kann er sich nur dahin auswirken, daß zum Schutze der Belange des Betroffenen mindestens die Schutzbedingungen des allgemeinen Arbeitsrechts und insoweit auch aus dem Dienstvertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwenden sind. Darunter fällt aber auch die Vorschrift des § 622 BGB. Danach kann das Arbeitsverhältnis der mit festen Bezügen zur Leistung von Diensten höherer Art Angestellten, deren Erwerbstätigkeit durch das Dienstverhältnis vollständig oder hauptsächlich in Anspruch genommen wird, nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen gekündigt werden. Daß auch das Solomitglied einer Bühne in den Kreis dieser Angestellten fällt, ist fraglos."

Aus dieser grundsätzlichen Stellungnahme des Oberschiedsgerichts in 1/41 dürfte sich die Nichtigkeit der kürzer als gesetzlich vereinbarten Kündigungsfristen vor Jahres- oder Spielzeitende (§ 10 I Ziff. 3 NV) und die Maßgeblichkeit des Gesetzes ergeben. Das liegt im Prinzip der positiven Ersetzung unzulässigen Rechts durch Tarif- oder Gesetzesrecht im Arbeitsrecht (S. 59). d) L e i s t u n g s p f l i c h t e n , B e s c h ä f t i g u n g s a n s p r u c h Die Hauptfälle möglicher Modifikationen der konkreten K u n s t f a c h bezeichnung ( § 2 1 Ziff. 1 NV), der V e r t r a g s d a u e r ( § 2 1 Ziff. 3 NV) und der G a g e n g e w ä h r u n g (§ 3 1 und I I I NV) sind bereits im Zusammenhang mit der Nachprüfung des diesbezüglichen Mindestbedingungscharakters (S. 60) oder in Abgrenzung zu schriftformpflichtigen Sonderabreden (S. 30) dargestellt worden. Damit sind aber die sonstigen, modifizierenden Sondervereinbarungen, insbesondere über Art und Umfang der Leistung des Mitglieds, keineswegs erschöpft. Sie werden nur im Rahmen der schiedsgerichtlichen Rechtsprechung erörtert, mögen sie auch Fragen der Unabdingbarkeit bzw. Unverzichtbarkeit bei der späteren Vertragserfüllung betreffen (S. 61, 86 ff.). 6

R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

Die B e s c h ä f t i g u n g s - V o r s c h r i f t e n des §611,111 NY sind typische Zusatzbestimmungen bei V e r t r a g s a b s c h l u ß . Sie können die Beschäftigung des Mitglieds und ihre in § 6 I NV vorgeschriebene „Angemessenheit" negativ einschränken oder positiv festlegen und bieten im Sinne des § 6 III NV bei Vertragsabschluß keine rechtlichen Besonderheiten, von der Schriftformfrage abgesehen (S. 30). Anders liegt dies hinsichtlich der Vereinbarungen über die Angemessenheit der Beschäftigung nach § 6 II NV in Verbindung mit Abs. 1. Wie auch die rechtliche Formulierung des in § 6 I NV niedergelegten Beschäftigungsanspruchs und seiner Konsequenzen im Falle seiner Verletzung lauten mag — das wird noch zu erörtern sein —, fest steht jedenfalls, daß es sich hier um eine unabdingbare Mindestbedingung des Bühnentarifrechts handelt. Der B e s c h ä f t i g u n g s a n s p r u c h ist seit langem ein Charakteristikum des Bühnenarbeitsrechts1). Er ist der Ausgangspunkt für die richtige Einschätzung des arbeitsrechtlichen Problems des Bühnenkünstlers überhaupt. Der Bühnenkünstler ist in seiner Kunst darauf angewiesen, mit anderen zusammen in abhängiger Stellung unter dem künstlerischen Leiter der Bühne sein Können in einer der Bühnenkunst eigenen Form vor dem Publikum darzubieten und hierbei weiter zu entfalten. Probenarbeit, häusliches Studium sind nur Vorformen der bühnenkünstlerischen Betätigung, nicht ihre Erfüllung. Jeder Künstler aber hat aus dem inneren Drang, der einer höheren Lebenserfüllung zustrebt, einen ethischen Anspruch auf Einräumung der Betätigungs- und Entwicklungsmöglichkeiten für seine Kunst. Mit ihm verlangt die Umwelt, die ihr Kulturleben als Spiegel und Lebenserhöhungsform ihrer selbst zu würdigen und zu pflegen hat, die Freilegung dieser Kräfte. So kommt dem Bühnenkünstler jedenfalls dann ein engerer Anspruch auf Beschäftigung zu, wenn und sobald ihn ein Theaterleiter durch die Vollziehung eines Engagements als geeigneten Künstler bejaht und nunmehr für ihn und seine künstlerische Weiterentwicklung mitverantwortlich ist. In der tarifrechtlichen Formulierung ist der Anspruch des Bühnenschaffenden auf Beschäftigung eine unabdingbare Mindestbedingung und n i c h t bei Vertragsabschluß von vornherein v e r z i c h t b a r , mag an sich die Leistungsverpflichtung, das Zur-Verfügungstehen, vertraglich durchaus vorausgesetzt sein ( S.17). Dies stellt das Oberschiedsgericht in 38/36 fest: „Nach Ansicht des Oberschiedsgerichts ist die Vorschrift des § 6 Abs. 1 des Normalvertrages (wonach der Bühnenunternehmer das künstlerische Mitglied ,angemessen zu beschäftigen' hat) die wichtigste und für das gesamte Vertrags') K u t z e r , Das Dienstrecht der Bühnenmitglieder, S. 286ff., F i n k e l s t e i n , Das Recht des Bühnen- und Filmschauspielers auf Beschäftigung; K a e s s l e r , Der Beschäftigungsanspruch des Bühnenkünstlers, Recht der Arbeit 1953, S. 309 ff.

Unabdingbarkeit des Beschäftigungsanspruchs

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Verhältnis der beiden Parteien grundlegende Bestimmung, so daß sie . . . als zwingende gelten und der Aufhebung durch Parteivereinbarung entzogen sein sollte. D a f ü r spricht auch der Wortlaut des § 6; denn in Abs. 2 werden zwar besondere Vereinbarungen darüber zugelassen, was die Parteien als .angemessene Beschäftigung' ansehen, und in Abs. 3 und 4 wird gesagt, daß das Mitglied nicht Anspruch auf jede Rolle seines Fachs habe und auf bestimmte Rollen nur dann, wenn sie im Dienstvertrage ausdrücklich zugesagt sind. Das sind aber alles nur nähere Bestimmungen zur Auslegung des Begriffs der Angemessenheit. Der Grundsatz, daß das Mitglied .angemessen zu beschäftigen sei', wird damit nur umso deutlicher als unantastbar hingestellt. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 ist danach eine tarifrechtliche unabdingbare Normativbestimmung."

In 19/37 wird dies wiederholt: , ,Nach § 6 Abs. 2 dürfen zwar besondere Vereinbarungen darüber getroffen werden, was die Parteien als ,angemessene Beschäftigung' ansehen wollen; daraus folgt aber gerade, daß man wohl die Art und das Maß der Beschäftigung vertraglich regeln, jedoch niemals den Beschäftigungsanspruch des Mitglieds völlig aufheben darf."

Mit scharfer Formulierung schließt sich 20/37 an: „Der Beschäftigungsanspruch, den der § 6 des Normalvertrages dem Bühnenmitgliede gibt, ist sein wertvollstes Recht aus dem genannten Vertrags Verhältnis, ein Recht, das f ü r sein künstlerisches Fortkommen wichtiger ist als die Gage. Dieses wertvollste Recht kann durch Parteivereinbarung nicht aufgehoben werden: es ist unabdingbar. Das Mitglied kann und darf auf Beschäftigung nicht verzichten; erklärt es trotzdem einen solchen Verzicht, so ist die Erklärung bedeutungslos und rechtsunwirksam. Auf seiten des Bühnenleiters ist es aber eine das Mitglied entwürdigende Zumutung, wenn er verlangt, daß das Mitglied gegen Fortzahlung der Gage auf Beschäftigung verzichten solle. Gagenzahlung und Beschäftigung stehen im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung. Beide zusammen bilden erst den Gesamtinhalt des Dienstvertrages, und es ist Ehrenpflicht f ü r das Mitglied, sich den Anspruch auf die Gage durch seine künstlerische Tätigkeit zu verdienen. Das an ein Mitglied gestellte Ansinnen, dauernd die Gage ohne künstlerische Leistungen entgegen zu nehmen — (wodurch die Zahlungen die Natur einer freiwilligen sozialen Zuwendung und damit eines unverdienten Geschenks erhalten) —, muß f ü r das Mitglied verletzend wirken."

Aus neuerer Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts (16/51): „Der Schauspieler will sich durch die Ausübung seiner Kunst nicht nur seinen Lebensunterhalt verdienen; damit allein ist das Ziel seiner Tätigkeit nicht erreicht. J e mehr er sich als Künstler fühlt, um so mehr fordert er die Anerkennung seiner Kunst. Seine künstlerische Betätigung dient zugleich seiner eigenen Fortbildung. Aus diesen Gründen ist von jeher ein Beschäftigungsanspruch des Bühnenkünstlers in der Arbeitsrechtslehre anerkannt, der seinen formalrechtlichen Niederschlag in § 6 des Normalvertrags gefunden hat. Dort ist bestimmt: Der Unternehmer hat die Dienste des Mitglieds abzunehmen; er hat das Mitglied angemessen zu beschäftigen. Als angemessen ist die Beschäftigung anzusehen, die sich im Rahmen des vertrag6*

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1. Teil: Solo — Inhalt des Arbeitsvertrages

liehen Rollengebiets hält, und die sowohl den Interessen des Mitglieds, als auch den Interessen des Theaters gleichermaßen gerecht wird."

Daß die völlige Abdingung des Beschäftigungsanspruchs nur dann möglich ist, wenn begrifflich kein Bühnenarbeitsvertrag vorliegt (z. B. Unterstützungsvertrag), wurde schon ausgeführt (S. 17). Indem § 6 I I NV die nähere vertragliche Fixierung der Angemessenheit der Beschäftigung ermöglicht, die sich gemäß § 6 I NV nach den Interessen sowohl des Mitglieds als auch des Theaters beurteilt, ist tarifrechtlich eine schon bei Vertragsabschluß erfolgende E i n s c h r ä n k u n g des B e s c h ä f t i g u n g s a n s p r u c h s , genauer gesagt, eine e i n v e r n e h m l i c h e , auf den Einzelfall bezogene Festlegung der Angemessenheit zulässig. Diese ist trotz Unabdingbarkeit des Beschäftigungsanspruchs als solchen kein absoluter, sondern ein relativer Begriff und der vertraglichen Abgrenzung zugänglich. Eine einschränkend fixierte Angemessenheit darf nicht als Umgehung der Unabdingbarkeit des Beschäftigungsanspruchs überhaupt erscheinen. Im übrigen ist es für den Beschäftigungsanspruch des Bühnenkünstlers kennzeichnend, daß nach § 6 I NV auch die Interessen des Theaters zu berücksichtigen sind, womit der Eigenart des Bühnenlebens entsprochen ist, nämlich dem gemeinsamen Schaffen, das durch die Bühnenleitung zur Bühnenkunstleistung organisiert wird. Wenn die beiderseitigen Interessen „gleichermaßen" beachtet werden sollen, so bedeutet dies nicht, daß sie stets gleichwürdig sind. Eines von beiden kann gegebenenfalls vorgehen. In diesem Sinne läßt das Oberschiedsgericht in 9/40 auch die einschränkende, einvernehmliche Bestimmung der Angemessenheit der Beschäftigung durch die Parteien während der Vertragsdauer zu, indem es auf die schon vorherige Möglichkeit hierzu im Rahmen der ursprünglichen Vertragsgestaltung nach § 6 I I NV ausdrücklich hinweist. Andrerseits ist auch in diesem Zusammenhang § 11 I I Ziff. 1 NV hervorzuheben, wonach die Bühne den Beschäftigungsanspruch nicht etwa in der Form einer außerordentlichen Beurlaubung von sich aus außer Kraft setzen darf (S. 151, aber auch 158). I n Verbindung mit der Frage der angemessenen Beschäftigung steht die nicht selten beim Engagement erster Kräfte, vor allem in Stückverträgen vorkommende Klausel, daß der Vertrag unter der Voraussetzung des Engagements eines weiteren, bestimmten Darstellers geschlossen wird, dessen Typ zu dem erstengagierten Mitglied als Partner paßt (S. 32, 76). Das Oberschiedsgericht gibt dieser Klausel in 15/39 die Auslegung, daß im Falle der Unmöglichkeit des weiteren Engagements mit Zustimmung der erstengagierten Künstlerin ein anderer nach dem „ T y p " des Darstellers, den die Parteien mit ihrer Benennung im Vertrage im Auge hatten, hätte ausfindig gemacht werden müssen. Hier liegt kein Fall der

Vertragliche Einschränkung des Beschäftigungsanspruchs

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Abdingung oder Einschränkung des Beschäftigungsanspruchs, sondern seiner Inhaltsbegrenzung vor. Bei echten G a s t s p i e l v e r t r ä g e n des § 20 I N V , die als Schauplatz aller, auch tarifunüblicher Sonderabreden dienen, scheidet der Beschäftigungsanspruch als Unabdingbarkeitserscheinung wiederum aus. Wohl aber kann unter Umständen seine Verletzung nach anderweitigen Grundsätzen rechtlich geahndet werden. D a ß bei der rechtlichen Anerkennung v o n Gastspielverträgen Vorsicht am Platze ist, da es nicht nur auf die Zahl bis 72 möglichen Aufführungen, sondern bei deren Überoder Unterschreitung auch auf die anderen Voraussetzungen mangelnder Eingliederung in den Betrieb u n d mangelnder Umgehungsabsicht (§20 I I bis V I NV) ankommt, zeigt die an anderer Stelle erörterte Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts (S. 21). Gerade die Klippe des Beschäftigungsanspruchs ist vielfach Anlaß, den Status eines scheinbaren Gastspielvertrages zu fixieren. Zur Beschäftigungspflicht beim Gastspielvertrag hat sich das Oberschiedsgericht neuerdings zusammenfassend dahin ausgesprochen, daß dieser Anspruch auf Beschäftigung seinem allgemeinen Wesen nach nicht auf die Sicherung des allgemeinen, künstlerischen Fortkommens, sondern nur auf eine konkrete Vertragserfüllung gerichtet ist. E s sagt in 1/55: „Die Klägerin hat f ü r die 2 ausgefallenen Gastspiele das ihr zustehende Gastspielhonorar erhalten. Sie macht mit der Klage einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtbeschäftigung geltend. Ein solcher Schadensersatzanspruch kann hier nicht auf § 6 (1) des NV gestützt werden, wonach das Mitglied ,angemessen' zu beschäftigen ist. Denn es handelt sich im vorliegenden Fall um einen Gastspiel-Vertrag, auf den nach § 20 (1) die Bestimmungen der §§ 1 bis 19 des NV keine Anwendung finden. Außerdem ist der geltend gemachte Anspruch auch inhaltlich etwas anderes als der Schadensersatzanspruch wegen nicht angemessener Beschäftigung. Während beim Jahresvertrag der Bühnenkünstler auf eine angemessene Beschäftigung an der Bühne für die er sich verpflichtet hat, aus Gründen künstlerischen Fortkommens angewiesen ist, ist die Beschäftigung an einem Abend in einer bestimmten Gastrolle nicht eine Frage der Angemessenheit, sondern eine Frage der Vertragserfüllung nach allgemeinem Schuldrecht und nur dann gerechtfertigt, wenn die Bühne als verpflichtet angesehen werden muß, f ü r eine bestimmte Rolle das Gastspiel nicht nur zu honorieren, sondern auch zur Durchführung zu bringen. Diese Frage kann nur nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten beantwortet werden . . . Nach allgemeinen arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten hat auch der Arbeitnehmer einen Beschäftigungsanspruch in den Fällen, in denen sein Anspruch auf Beschäftigung durch ein besonderes Interesse dargetan und bewiesen wird. Das Bühnen-Oberschiedsgericht steht also auf dem Standpunkt, daß unter dieser Voraussetzung auch der auf Gastspielvertrag engagierte Künstler einen Beschäftigungsanspruch hat. Dieses besondere Interesse muß jedoch dargetan und nachgewiesen werden. Ist dieses Interesse verletzt, dann ist allerdings ein Schadensersatzanspruch bei Verschulden begründet, wenn das Verschulden ursächlich für den Schadenseintritt war."

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1. Teil: Solo - Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Diese Auslegung wird nicht durch den Hinweis in dem Vertrag abgewandelt, daß die Bestimmungen des Normalvertrages sinngemäß gelten sollten; denn dies könne, meint das Gericht, nur bedeuten, daß damit etwaige Vertragslücken zu ergänzen seien, nicht aber, daß das oben gekennzeichnete Wesen des Beschäftigungsanspruchs beim Gastspielvertrag beeinträchtigt werden solle. Immerhin erscheint es denkbar, daß der Gastspielvertrag auch dem Fortkommen des Künstlers dienen soll; das könnte bei Beschäftigungsverletzung zusätzliche Schadensersatzansprüche bedingen, sofern diese Zweckbestimmung dem Theater erkennbar war. So ist das Gericht im vorliegenden Fall in der Tat einer entsprechender Beweisführung der Klägerin hinsichtlich ihres besonderen Beschäftigungsinteresses nachgegangen, wenn auch mit negativem Ergebnis, da die Kausalität zwischen der unterlassenen Beschäftigung und der Behinderung anderweitigen Fortkommens nicht gegeben erschien. S o n s t i g e zulässige A b w e i c h u n g e n vom normalvertraglichen oder sonstigen Tarifrecht (z. B. Urlaubsrecht) ergeben sich in einer die Rechtsprechung berührenden Weise meist erst im Verlauf der V e r t r a g s a b w i c k l u n g , nicht schon beim Vertragsabschluß. Sie werden daher bei der anschließend dargestellten Vertragserfüllung behandelt (IV). F ü r alle auftretenden Sondervereinbarungen jeder Art, die eine Abänderung des Regelfalles und insbesondere eine Schlechterstellung des Mitglieds bedeuten, gibt das Oberschiedsgericht in 2/41 eine grundsätzliche B e w e i s r e g e l , die in ihrer praktischen Auswirkung gerade auch für nicht der Schriftform unterliegende Vertragsklauseln neben die andere Regel zu stellen ist, daß ein schriftlicher Engagementsvertrag die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hat (S. 37), nämlich: „Es ist grundsätzlich zu betonen, daß solche Abreden, die eine Schlechterstellung des Bühnenmitglieds gegenüber dem Regelfall begründen sollen, unmißverständlich getroffen und überzeugend von dem, der sich auf sie beruft, bewiesen werden müssen."

IV. Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages Die beiderseitigen Rechte und Pflichten treten in der Rechtsprechung entweder als Erfüllungsanspruch oder als Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung auf 1 ). Dabei kann es sich vielfach um dieselben Themen handeln. Es ist daher zweckmäßig, Vertragserfüllung und -Verletzung sowie sonstige, mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehende Rechtsverletzungen in einem zusammenfassenden Kapitel zu erläutern; doch ist besonderen und selbständigen Ansprüchen auf der Grundlage der Fürsorge- und Treupflicht das Kapitel VIII vorbehalten. *) W a s c h m a n n , Der Beschäftigungsanspruch, S. 144.

Die Bühnengenossenschaft 1951/52,

Umfang der Beschäftigungspflicht (Fachgrenzen)

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1. Beschäftigung a) V e r t r a g s f r e m d e B e s c h ä f t i g u n g Das prinzipielle D i r e k t i o n s r e c h t des Veranstalters ist in § 5 I I NV negativ abgegrenzt, da dem Mitglied keine Rollen oder Partien zugemutet werden dürfen, die außerhalb seines Fachgebietes liegen, für das es nach § 2 I Ziff. 1 NV engagiert ist. § 6 NV bedeutet demgegenüber den positiven Mindesttatbestand der Beschäftigung im Rahmen des betreffenden Fachgebietes und der etwa besonderen vertraglichen Abmachungen. Die Frage der vertragsfremden Leistung macht wenig Schwierigkeiten in der rein rechtlichen Behandlung. Die fachlichen Fragen sind hierbei allerdings vielfach um so schwieriger zu entscheiden, da die Fachabgrenzungen oft sehr umstritten sind. Das Tarifrecht beugte früher zunächst mit der Festlegung des Verfahrens, das das Mitglied bei Verweigerung der ihm unzumutbar erscheinenden Leistung einzuschlagen hatte, etwaigen Konsequenzen, die das Vertragsverhältnis als ganzes berühren könnten, vor, indem es in § 5 I I I NV die sofortige Anrufung des Schiedsgerichts zur Herbeiführung eines „Vorentscheids" ermöglichte. Die jetzige Schiedsgerichtsordnung kennt dieses Verfahren nicht mehr. Regelmäßig ist jedoch eine beschleunigte Feststellung im üblichen Schiedsgerichtsverfahren möglich. Dagegen ist durch die weiter maßgebliche Feststellung des § 5 IV NV, daß auf eine derartige — subjektiv meist entschuldbare — Leistungsverweigerung keine fristlose Entlassung gestützt werden darf, das Feld rechtlicher Konsequenzen sonstiger Art von vornherein begrenzt. Gleichwohl sind einige grundsätzliche Entscheidungen zu diesen Fragen in der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts vorhanden. In 13/36 stellt es das Gericht auf den objektiven Umfang der Vertragsverpflichtung ab, geht also bei der Prüfung der Abgrenzung vom herkömmlichen K u n s t f a c h - B e g r i f f aus, wie er im Vertrage stichwortartig bezeichnet wird und wobei es unerheblich ist, ob der Künstler an sich zu einer anderen Leistung ebenfalls die Fähigkeiten hat. Die Überreichung eines Rollen- oder Partienverzeichnisses seitens des Künstlers vor (oder nach) Vertragsabschluß kommt jedoch gegenüber der anders lautenden urkundlichen Festlegung im Anstellungsvertrag nicht in Betracht (12/41). Dabei läßt das Gericht es dahingestellt, ob dies aus Beweis* oder aus Schriftformgründen so zu beurteilen ist (S. 62). Nach 11/39 ist der „Lyrische Tenor mit Operettenverpflichtung" nicht verpflichtet, als „Operettenbuffo" tätig zu werden, selbst wenn, wie das Gericht hervorhebt, alles Tänzerische hierbei gestrichen werden sollte, was die Darstellung des Buffo sonst vielfach mit sich bringt. Sowohl in dieser Entscheidung als auch in 4/36 zieht aber das Gericht zur vertragsgewollten Auslegung des niedergelegten Kunstfach-Begriffs, bezogen auf

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1. Teil: Solo — Erfüllung u n d Verletzung des Arbeitsvertrages

den jeweiligen Einzelfall, äußere Umstände heran, wenn es z. B. fraglich ist, ob ein Opernsänger, der förmlich nur als „Heldentenor" engagiert ist, etwa auch Partien des „Schweren Heldentenors" zu verkörpern hat. Sind diese im bisherigen Repertoire des Künstlers festzustellen und ging die Bühne bei dem Engagement ersichtlich von einem entsprechenden Leistungsvermögen des Künstlers aus, so umfaßt die Verpflichtung auch Partien des schweren Heldentenors. Der Begriff „Oper" meint auch die „klassische" Operette1). In 12/412) beschäftigt sich das Gericht in eingehender Weise mit den fachlichen und rechtlichen Grundlagen für die Entscheidung in Fragen der Rollen- und Partienübertragung. Es betont die Schwierigkeit einer stabilen Fachabgrenzung und weist auf den Begriff der unvermeidlichen Z w i s c h e n f ä c h e r hin, die ein Zeichen unklarer Typisierungen sind. Im Opernfach ist auch von der musikalischen Charakterisierung mitentscheidend auszugehen: „Gerade, weil es sich f ü r den Sänger auch u m musikalische Aufgaben handelt, ist es selbstverständlich, d a ß f ü r die Einweisung in das F a c h auch musikalische Gesichtspunkte von Bedeutung sind. D a r ü b e r h a t , wie zur Klarstellung gegenüber den Darlegungen des Klägers festzustellen ist — so auch in der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts gerade in den Entscheidungen über Zwischenfächer — noch nie ein Zweifel bestanden (beispielsweise die Entscheidung vom 19. 9. 1921 NWeg. 1921 S. 415). . . . D a s Wesen der Gesangsrolle einer Oper wird durch ihre musikalische Ausgestaltung mitbestimmt. Nicht n u r die von dem Komponisten vorgeschriebene in Noten festgelegte Gesangsstimme, sondern auch ihre Untermalung u n d E r g ä n z u n g durch das Spiel des begleitenden Orchesters sind dabei von o f t ausschlaggebender Bedeutung. Wie weit allein schon die Achtung vor dem Schöpfer eines Gesamtkunstwerkes es erheischt, daß der einmal etwa geäußerte Wunsch des Komponisten hinsichtlich der Gestaltung der einzelnen Partie auch f ü r die Bühne Gesetz ist, bedarf hier keiner Erörterung. Beispielsweise h a t das Bühnenoberschiedsgericht gelegentlich bei der Entscheidung darüber, in welches Fachgebiet eine (Sprech)-Rolle gehört, sich durch die Anweisung des Verfassers im Personenverzeichnis des Stückes nicht gebunden gesehen u n d selbständig geprüft, welches F a c h in Betracht k a m (Entscheidung vom 7. 7. 1925 NWeg 1925 S. 325). E s k a n n aber nicht übersehen werden, d a ß gerade bei der Rolle des Sängers der Wille des Werkschöpfers nicht n u r etwa in ähnlichen Anweisungen, sondern in dem geschaffenen W e r k selbst mehr als bei einem Schauspiel seinen Niederschlag gef u n d e n h a t . U n d die deutsche Bühne h a t , von überwundenen Zeiten des Irregehens abgesehen, Treudienst am Werk, die W a h r u n g der Einheit u n d Reinheit der K u n s t als ihre verpflichtende Aufgabe angesehen. D a ß Dichtungen u n d Tonwerke, deren W i r k u n g u n d W e r t die J a h r h u n d e r t e überdauern, den nachfolgenden Geschlechtern, ohne daß damit der Absicht des Werkschöpfers entgegengehandelt wird, etwas ergeben können, was ihr Urheber nicht bewußt in sie hineingelegt h a t , aber seine von ihm Josgelöste Schöpfung aus ihrem selbsteigenen H o r t e der hörsamen Nach*) K u t z e r , Das Dienstvertragsrecht der Bühnenmitglieder, S. 187. *) Ausführlicher Abdruck der Entscheidung im Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht, Bd. 16, S. 159 ff.

Zwischenfächer, künstlerische Belange des Mitglieds

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weit offenbart' (Reichsgerichtsrat Georg Müller in Ufita Bd. 14 S. 301 ff., 343), steht dem nicht entgegen." I n diesem Z u s a m m e n h a n g l e h n t es das Oberschiedsgericht grundsätzlich ab, Unterscheidungen n a c h den landschaftlichen Gebundenheiten der betreffenden A u f f ü h r u n g s b ü h n e n , die v o n verschiedenen Gemütss t i m m u n g e n örtlicher Eigenart ausgehen, a n z u e r k e n n e n : „Bei der erstrebten und erreichten Einheitlichkeit der rechtlichen Gestaltung des deutschen Bühnenlebens wäre es aber durchaus unangebracht, die Frage nach der Kunstfacheinordnung etwa nach dem Ort der Vertragsbühne oder nach der Heimat des Künstlers unterschiedlich zu beantworten." Wohl aber m u ß die I n d i v i d u a l i t ä t des M i t g l i e d s u n d die spezielle künstlerische F o r m der I n s z e n i e r u n g bei der F r a g e der Z u m u t b a r k e i t einer Rolle oder P a r t i e im Grenzfall berücksichtigt werden, woraus das Gericht im vorliegenden Falle mangels tatsächlicher Hindernisgründe keine Folgen ziehen zu k ö n n e n meint 1 ). U n t e r diesen Erwägungen, die eine n u r von einem Fachgericht zu leistende, eingehendste W ü r d i g u n g aller künstlerischen, auch musiktheoretischen F r a g e n aufweisen, gelangt — das sei hier in einem Einzelfall beispielsweise e r w ä h n t —, das Gericht zu der Entscheidung, d a ß die P a r t i e des „ B a r t o l o " (Die Hochzeit des Figaro) nicht n u r von einem Baßbuffo, sondern a u c h von einem seriösen B a ß zu ü b e r n e h m e n ist (12/41): „Nach alledem ist die seriöse Anlage so gewichtig, daß sie auch bei einer weiten Auslegung dieses Begriffs nicht als eine für das Fach des Baßbuffos gedachte oder gar typische bezeichnet werden kann. Es handelt sich vielmehr um eine Rolle des Grenzfachs, die ebensowohl nach ihrem seriösen Gehalt in das Fach des seriösen Basses gerechnet werden kann, wie sie ohne Gefahr für den Erfolg bei der Besonderheit ihrer Gestalt auch dem Baßbuffo zugeschrieben werden kann." E i n e n dem entgegenstehenden B ü h n e n b r a u c h im Rechtssinne (S. 5) erklärt das Gericht f ü r nicht nachweisbar. N u r im R a h m e n des so ermittelten u n d auszulegenden Fachgebiets h a t a u c h die R e p e r t o i r e - E r w e i t e r u n g des Mitglieds n a c h den Erfordernissen der B ü h n e zu erfolgen. Grundsätzlich ist der K ü n s t l e r nach 4/36 verpflichtet, sein Repertoire im R a h m e n der Notwendigkeiten des Theaters, a n dem er engagiert ist, zu erweitern: „Daß der angestellte Opernsänger auf Wunsch der Bühnenleitung auch Rollen zu übernehmen hat, die in sein Fach fallen, für ihn aber neu sind, so daß er sie neben seiner bisherigen Tätigkeit erst einstudieren muß, kann keinem Zweifel unterliegen. Die dafür aufgewendete Mühe kommt aber in erster Linie dem Sänger selbst zugute, da er dadurch den Umfang der von ihm beherrschten Rollen erweitert und die Aussichten für sein späteres Fortkommen erhöht." ') W a s c h m a n n , Der Umfang der Dienstleistungspflicht des Bühnenmitglieds nach der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts, S. 44, erwähnt das Direktionsrecht des Bühnenleiters im derartigen Zweifelsfall.

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1. Teil: Solo —Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Wird der Vertragsrahmen jedoch durch die Übertragung fachfremder Aufgaben überschritten, so kommt dem Künstler, wenn er gleichwohl die Rolle oder Partie übernimmt, ein Sonderhonorar zu (13/36). Er hat dies bei Übernahme erkennbar zum Ausdruck zu bringen, andernfalls sein Einverständnis für den Einzelfall dahingehend zu unterstellen ist, daß sich die Leistung noch im Vertragsrahmen bewegt. Handelt es sich nur um zwar außerfachliche, aber f a c h n a h e A u f g a b e n , so besteht durch Kehrschluß aus § 5 I I NV (Verbot der Übertragung dem betreffenden Rollengebiet „fernliegender" Aufgaben) nach 12/41 eine Übernahmepflicht, sofern das Mitglied dadurch nicht künstlerisch geschädigt wird: „Eine andere hier indessen nicht zu entscheidende Frage ist, ob dem Mitgliede die Übernahme einer zwar nicht in sein Fachgebiet fallenden, aber diesem nahestehenden Rolle, sofern damit nicht seine künstlerischen Interessen nachteilig berührt werden, zugemutet werden kann, was in der ständigen Rechtsprechung des Bühnenschiedsgerichts anerkannt worden ist (s. z. B. die Entscheidungen des Oberschiedsgerichts vom 24.10. 1921 — NWeg 1922 S. 38 —, 27. 10. 1922 — NWeg 1923 S. 50 10. 2. 1925 - NWeg S. 121 - , 20. 6. 1925 - NWeg 1925 S. 325 - ) , vom Kläger auch nicht geleugnet wird."

Ob ein Mitglied auch zur Ü b e r n a h m e k l e i n e r e r R o l l e n und P a r t i e n (seines Fachs) verpflichtet ist, ist mehr eine Frage der angemessenen Beschäftigung als der vertragsfremden Leistung. § 5 V NV scheint zwar eine besondere Vertragsvereinbarung vorauszusetzen, um von dem Mitglied eine derartige Leistung verlangen zu können (vgl. 30/49, S. 38). Das Oberschiedsgericht legt diese Bestimmung jedoch sehr einschränkend aus und macht die Übernahme auch kleinerer Aufgaben von einer entsprechenden Vertragsregelung unabhängig. Dies jedenfalls, soweit es sich hierbei um Einzelaufgaben handelt, nicht aber eine mehr oder weniger vorwiegende Beschäftigung in kleineren Darstellungen oder Pantomimen, für die die besondere Abmachung vorbehalten sein mag. Das Oberschiedsgericht sagt in 8/39: „Kein Bühnenmitglied darf eine einzelne, ihm zugeteilte Rolle lediglich aus dem Grunde zurückweisen, daß sie ihm zu klein und unbedeutend sei und ihm eine zu geringe künstlerische Aufgabe stelle. Und ganz besonders darf dies nicht ein Mitglied, das sich zur Übernahme ,auch kleinerer Rollen' ausdrücklich verpflichtet hat. Gerechtfertigt würde die Weigerung nur dann sein, wenn gerade die Übernahme dieser einer bestimmten kleinen Rolle aus persönlichen Gründen geeignet wäre, das Mitglied künstlerisch zu schädigen. Das könnte z. B. der Fall sein, wenn die Rolle, trotz ihrer Kürze, der Eigenart des Mitgliedes in solchem Maße widerspräche, daß es einen Mißerfolg von der Darstellung befürchten müßte. Oder wenn die Übertragung der kleinen Rolle eine längere gleichbleibende Reihe unbedeutender Rollen fortsetzte, so daß dadurch der Anschein erweckt würde, daß die Bühnenleitung das Mitglied zur Darstellung wichtigerer Rollen nicht mehr für befähigt halte."

I n älterer Rechtsprechung hat das Oberschiedsgericht vor allem die Bedeutung, nicht die Länge einer Rolle in Abgrenzung zu kleinen Rollen

Fachnahe und kleine Aufgaben — Angemessene Beschäftigung

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1

betont ). Der außergewöhnliche Fall, daß ein (Star-)Mitglied die Mitwirkung eines bestimmten anderen Künstlers als Partner zur Vertragsbedingung macht, wurde schon in anderen Zusammenhängen erwähnt (S. 84). Nach 15/39 handelt es sich hier um eine wirksame Einschränkung des Direktionsrechts nach § 5 1 NV (,,im Rahmen vertragsmäßiger Begrenzung"), das dem Künstler mit einer außerhalb dieser Vereinbarung liegenden Beschäftigung eine vertragsfremde zumuten würde. Das Direktionsrecht ist also nicht absolut und tariflich garantiert. WieT weit die Berufssitten unter Umständen in anders gelagerten Fällen Grenzen im Sinne der Nichtigkeit nach § 138 BGB setzen können, braucht hier nicht erörtert zu werden. Das Tarifrecht, das grundsätzlich nur Mindestbedingungen der Beschäftigten-Seite zu regeln hat, spricht sich hierzu nicht verbindlich aus, sondern gestattet Vertragsvereinbarungen. b) A n g e m e s s e n e B e s c h ä f t i g u n g Über das W e s e n des B e s c h ä f t i g u n g s a n s p r u c h s vgl. S. 82. Die B e s c h ä f t i g u n g s z e i t beginnt regelmäßig mit dem Termin des Engagementsantritts, der für den Beginn des Beschäftigungsverhältnisses maßgebend ist (4/38). Für A r t und M a ß der B e s c h ä f t i g u n g gibt das Oberschiedsgericht im 19/40 zu erkennen, daß hierfür in Ermangelung einer näheren vertraglichen Abmachung über den Beschäftigungsrahmen, wie er in § 6 I—IV NV in bezug genommen wird, das Kunstfach, in dem der Künstler ersichtlich tätig werden soll, als richtungsgebender Ausgangspunkt zugrundezulegen ist. Die Beurteilung der herkömmlichen Beschäftigung in einem solchen Fach, unter Berücksichtigung auch der Interessen des betreffenden Theaters ( § 6 1 NV), ist hierbei entscheidend. Die Höhe der Gage ist nach 19/40 ein Anhaltspunkt für den geplanten Beschäftigungsrahmen. Daß das Mitglied nicht jede Aufgabe seines Fachgebiets beanspruchen kann, sagt § 6 IV NV. Der p e r s o n e l l e A n w e n d u n g s b e r e i c h des § 6 1 NV bezieht sich nicht nur auf das im Bühnenrahmen selbst auftretende Personal (einschl. Anfänger, S. 64), sondern auch auf die sonstigen Berufsgruppen nach § 1 I I NV. Sonderfragen der Einschränkbarkeit oder Schadensminderung je nach den Berufseigentümlichkeiten haben mit dieser grundsätzlichen Feststellung nichts zu tun. Die Anwendbarkeit ist in 2/52 für den Bühnenbildner gerade wegen des typischen Rufschadens ebenso anerkannt worden wie in 8/34 für die Ballettmeisterin (Einstudierung und Kontrolle der Aufführungen). Anläßlich eines Korrepetitor-Falles setzt sich das Oberschiedsgericht mit gegenteiligen Auffassungen in 3/54 wie folgt auseinander : „Es ist zwar teilweise in dem Schrifttum die Auffassung vertreten worden, daß es auch Bühnenmitglieder mit künstlerischen Aufgaben gebe, für die ein Beschäf*) Waschmann, wie vor, S. 45.

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

tigungsanspruch nicht anzuerkennen sei. (Vgl. Kaessler, RdA Heft 8/9, 1953, S. 310.) Diese Frage kann jedoch f ü r diesen Personenkreis nicht schlechthin verneint werden. Nur die Frage der Angemessenheit der Beschäftigung wird bei einem Solisten anders zu beurteilen sein als z. B. bei einem Korrepetitor, weil das Aufgabengebiet des letzteren ein anderes als des ersteren ist. . . . Das Bühnen-Oberschiedsgericht ist indessen der Auffassung, daß der Repetitor als künstlerischer Mitarbeiter zur künstlerischen Vorbereitung in jeder Richtung herangezogen werden kann, und daß hierbei auch von der Bühnenleitung auf die persönliche Eignung Rücksicht genommen werden kann. Es muß letzten Endes als berechtigtes Ziel der Bühnenleitung anerkannt werden, bei Verteilung der Aufgaben die der Vorbereitung der Aufführung dienenden Kräfte dort einzusetzen, wo sie das Beste leisten können. Neben seinen künstlerischen Fähigkeiten kommt es beim Repetitor auch auf pädagogische Eigenschaften an."

Für einen (Chef)-Dramaturgen lehnt das Gericht den Beschäftigungsanspruch ab, aus Gründen, die entsprechend auch für einen Bühnenmaler, der anderweitig malen, und eine Ballettmeisterin, die anderweitig Tanzunterricht geben könnte, gelten müßten. Es heißt — bedenklich — in 3/48: „Im übrigen vertritt das BOSch. die Auffassung, daß der Kläger als Dramaturg einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtbeschäftigung nicht erheben kann, weil bei ihm nicht die Nichtverlängeiung die gleichen schädlichen Folgen hat, wie beim Bühnenkünstler. Er hätte vielmehr als Dramaturg in seinem Tätigkeitsgebiet sich ohne Beeinträchtigung seines Rufes schriftstellerisch außerhalb eines Anstellungsvertrages, wenn auch ohne nennenswerte Einnahmen, betätigen können, während der Bühnenkünstler immer auf das Auftreten in der Bühnengemeinschaft angewiesen ist."

Zum U m f a n g der fachgerechten Beschäftigung hat sich das Oberschiedsgericht wiederholt grundsätzlich ausgesprochen, so zur Frage des Bühnenbrauchs von „mindestens 2 Fachpartien" in 21/52: „Das BOSch. hat hierzu in der Sache . . . — OSch. 13/52 — folgenden Grundsatz vertreten: ,Eine angemessene Beschäftigung erfordert die Möglichkeit der Betätigung im Rahmen des vertraglichen Rollengebietes. Das BOSch. hat in einer früheren Entscheidung (O 19/40) zu erkennen gegeben, daß in Ermangelung einer näheren vertraglichen Abmachung über den Beschäftigungsrahmen das Kimstfach, in dem der Künstler tätig werden soll, als richtungsgebender Ausgangspunkt zugrunde zu legen ist.' Weiterhin ist in jenem Schiedsspruch ausgedrückt: ,Es ist zwar richtig, daß im allgemeinen als Bühnenbrauch anerkannt wird, daß ein Beschäftigungsanspruch nur erfüllt ist, wenn Gelegenheit gegeben worden ist, in 2 Rollen des betreffenden Kunstfachs in Premieren aufzutreten. Diese Richtlinie ist indessen nicht als vertraglicher Mindestanspruch anzusehen, wenn in dem Vertrag etwas derartiges nicht vereinbart ist. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der NV selbst in § 6 f ü r die Frage der Angemessenheit sowohl die Interessen des Mitglieds, als auch die Interessen des Theaters gleichermaßen berücksichtigt haben will. Man muß also bei der Frage, ob eine angemessene Beschäftigung vorlag, alle Umstände berücksichtigen, unter denen eine Beschäftigung stattgefunden hat."

Beschäftigungsberechtigte Mitglieder, Mindestzahl von Aufgaben

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Doch wieder uneingeschränkt 2/54: „Die Klägerin war, ungeachtet der Tatsache, daß sie zuvor erst im 2. Anfängerjahr beschäftigt worden war, in der streitigen Spielzeit für das Kunstfach als .jugendliche Charakterspielerin und Rollen nach Individualität' verpflichtet und mußte demzufolge auch in diesem Rollenfach angemessen beschäftigt werden. Daß sie daneben auch nach § 4 zur Übernahme kleiner Rollen bzw. Partien in Schauspiel, Oper und Operette verpflichtet war, beinhaltete zwar eine Verpflichtung der Klägerin zur Übernahme solcher Rollen, befreite aber die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung zur Beschäftigung der Klägerin in ihrem oben genannten eigentlichen Kunstfach. Auf Grund der unstreitigen Aufstellung der Rollen . . . ergibt sich, daß die Klägerin nicht entsprechend dem Bühnenbrauch in mindestens 2 Rollen ihres Faches beschäftigt wurde."

Bei einer ersten jugendlichen Heldin und Charakterliebhaberin, die in den schwierigen Nachkriegsjahren bei zerstörtem Haupthaus nicht als solche beschäftigt wurde, geht das Gericht in 16/51 wohl von der Norm der jedenfalls 2 Fachpartien aus, wenn es hier ausnahmsweise angesichts der „sonst schwierigen Theaterverhältnisse" der städt. Bühnen die Übertragung „mindestens einer Fachpartie" für geboten hält. Die Übertragung von mindestens 2 Fachpartien ist auch unter dem Gesichtspunkt der Regelung der NichtVerlängerung von Verträgen verständlich: Wenn sich der Bühnenleiter im Normalfall bis spätestens 31. Januar entscheiden muß, ob er den Vertrag verlängern will, so muß er das Mitglied mit der 1. Fachpartie bis dahin erprobt haben, während andererseits das Mitglied mit einer 2. Fachpartie alsdann Gelegenheit haben muß, sich zwecks Engagementswechsel öffentlich neu vorzustellen. Hier spielt das künstlerisch-soziale Motiv hinein, daß nämlich innerhalb einer Spielzeit eine Eingewöhnung im Ensemble und eine Entfaltung der eigenen Kräfte in öffentlicher, bühneneigener Erprobung (erst die Premiere ist die Spitze des Leistungsvermögens) möglich sein muß. So bedeutet die Übertragung von Fachpartien gemeinhin: mit Premiere und Pressebesprechungsmöglichkeiten, nicht etwa eine, wenn auch umfangreiche Beschäftigung im Bühnendienst bloßer Wiederholungen oder Übernahmen. Dabei wird neben 2 Premieren eine Wiederaufnahme mit Presse unter Umständen premierenähnlich zusätzlich gewertet (1. Koloratursängerin in 13/52). Die Namensnennung im Programmheft, bei Umbesetzung notfalls durch Einlegung eines Hinweiszettels, gehört in diesen — auch leistungsschutzrechtlichen (S. 129) — Rahmen des Beschäftigungsanspruchs (21/52), wie ausnahmsweise auch einmal die verabredete Verschweigung des Namens im Bühnenbildner-Fall (S. 128). Für einen Tenor der nicht „1. Tenor" war, wird in 21/52 bei einer Staatsoperette nur eine Premiere — neben sonstigen Wiederholungen und Übernahmen — angesichts der Beschäftigungspflicht auch gegenüber den anderen 3 Tenören bei sonstiger Beschäftigung in 7 von 16 Operetten mit 82 Auftritten in einer Spielzeit für ausreichend gehalten.

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Die Z a h l der R o l l e n und A u f t r i t t e ist nach 30/49, wenn diese i m wesentlichen neben dem eigentlichen Fach liegen oder unbedeutend sind, an sich keine maßgebliche Grundlage für die Beurteilung der angemessenen Beschäftigung an einem größeren Stadttheater, so daß wiederum nur eine vollwertige Rolle nicht genügt: „Unerheblich ist, daß der Kläger in 286 Gesamtvorstellungen der in Frage kommenden Spielzeit in 116 aufgetreten ist. Denn es kommt nicht auf die Zahl der Vorstellungen an, in denen er beschäftigt wurde, sondern auf die in diesen Vorstellungen ihm übertragenen Rollen. Die Aufstellung ergibt nun, daß er in der Zahl seiner gesamten Rollenbeschäftigung 20 mal in Richard III. als Kardinal und Geist, 50 mal in der Komparserie (in Gaslicht), 20 mal in der Rolle des Arzte» (stumme Charge) im Revisor, also von 116 Gesamtrollen 90 mal in Rollen beschäftigt wurde, die nur als Nebenrollen im Sinne des § 4 des Vertrags angesehen werden können. Es bleiben also nur noch 26 Rollen von größerer Bedeutung übrig. Hiervon fallen die Rollen des ,Stint' in ,Wenn der Hahn kräht' und des ,Pflungk' in .Teufels General' nicht in das Fachgebiet des Klägers als .leichten jgdl. Helden oder jgdl. Charakterrolle'. . . . Es bleiben als solche lediglich die Rollen des ,Karl' in den .Räubern' und evtl. des .Krogstad' in .Nora' übrig. Zusammenfassend ist deshalb festzustellen, daß der Kläger in seinem eigentlichen Kunstfach kaum beschäftigt wurde." Beim Korrepetitor mit seiner in der Öffentlichkeit weniger sichtbaren Arbeit verweist das Oberschiedsgericht in 3/54 wie oben in 21/52 a u f vorhandene Kollegen: „Gerade bei Neueinstudierungen ist aber von der Bühnenleitung den Wünschen des Dirigenten Rechnung zu tragen, auch kommt es in der Praxis vor, daß Hauptdarsteller es vorziehen, mit ihrem privaten Repetitor eine Rolle einzustudieren. Eine allgemein gültige einheitliche Richtlinie f ü r eine angemessene Heranziehung des Repetitors läßt sich deshalb nur schwer ziehen. . . . Zusammenfassend ist also festzustellen, daß der Kläger, wie auch die Beklagte nicht bestritten hat, nicht im gleichen Maße und Umfang beschäftigt worden ist wie andere Repetitoren, von denen die Beklagte nach ihrer Aufstellung vom 21. 2. 1953 eine größere Anzahl zur Verfügung hatte. Berücksichtigt man nun das Interesse der Beklagten an dem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Repetitoren entsprechend ihren Fähigkeiten auf der einen Seite und das Interesse des Klägers auf der anderen Seite, so kann bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht von einer unangemessenen Beschäftigung des Klägers gesprochen werden." I n 7/38 erklärt das Gericht die Beschäftigung eines für m e h r e r e F ä c h e r (Oper, Operette) engagierten Künstlers in nur einem dieser Fächer — wenn auch insoweit ausreichend — grundsätzlich für nicht genügend: „Das Oberschiedsgericht hat wiederholt ausgesprochen, daß ein Bühnenmitglied, das für mehrere Kunstfächer verpflichtet worden ist, nicht auf einen Teil dieser Fächer unter völliger Außerachtlassung eines mitübertragenen Faches beschränkt, werden dürfe. Dieser Standpunkt wird festgehalten."

Häufung von Fächern, Ort und Zeit der Aufführungen

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Die Beschäftigung einer Opern- und Operetten-Soubrette in nur einer Fachpartie während der Spielzeit eines Staatstheaters (mit wechselndem Repertoire) ist nach 4/40 unzureichend, wobei das Gericht auch das unbegründete Mißverhältnis zwischen dieser Beschäftigung und der in den beiden Vorjahren hervorhebt. Der an einer mittleren Stadt beschäftigte 1. Baßbuffo mit Baßverpflichtung hatte nach 17/53 Anspruch auf mindestens 2 Hauptfachpartien: „Dieses Kunstfach umfaßte das Rollengebiet, in welchem der Kläger zum mindesten in zwei Fachrollen hätte beschäftigt werden müssen. Wenn daneben vom Kläger die Verpflichtung zu Baßpartien übernommen war, so bedeutete dies zwar, daß der Kläger solche nicht ablehnen konnte, damit wurde aber das Kunstfach, in welchem er in der Hauptsache zu beschäftigen war, nicht geändert."

Auch der Ort der A u f f ü h r u n g e n des betr. Theaters spielt gelegentlich eine Zweifelsrolle. Nach 1/38 kann der Beschäftigungsanspruch nicht damit überwiegend befriedigt werden, daß eine Berliner Bühne ein längeres auswärtiges Gastspiel durchführt und das Mitglied wohl hierbei, aber in Berlin selbst kaum beschäftigt wird. Gerade auf die Berliner Tätigkeit kam es dem Mitglied bei dem Engagement an. Zur H a u p t b e s c h ä f t i g u n g s z e i t wird in 9/40 betont, daß die Zeit von Dezember bis März von besonderer Wichtigkeit ist (vgl. auch 43/49, S. 51). Für das nach dem Willen der Bühne ausscheidende, langjährige Mitglied gilt eine besondere Fürsorgegflicht (12/40): „In der Tat hat auch gerade die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Spieljahr 1939/40 ersichtlich den Zweck gehabt, es dem Kläger zu ermöglichen, daß er seine bisher erfolglos gebliebenen Bemühungen um ein anderes Engagement verstärkte. Damit ist aber gerade die Pflicht der Beklagten, den Kläger entsprechend seiner fachlichen Befähigung angemessen zu beschäftigen, nicht nur von minderer, sondern erkennbar von hervorragender Bedeutung geworden, und zwar um so mehr, als die Beklagte einem Schauspieler gegenüber, der sich über 14 Jahre in ihren Diensten durchaus bewährt hatte, zu besonderer Rücksichtnahme verbunden war.''

Und in 25/38, ebenfalls auf das Spieljahr bezogen: „Gerade der Umstand, daß die Beklagte den Vertrag des Klägers nach Abschluß der Spielzeit 1936/37 unter keinen Umständen mehr verlängern wollte, legte ihr die Pflicht auf, den Kläger in seinem letzten Spieljahr so zu beschäftigen, daß sein RollenVerzeichnis ihm bei seinen anderweitigen Bewerbungen als Empfehlung dienen konnte."

Dieser Grundsatz muß allgemein gelten, da das Mitglied auch eine rechtzeitige Chance zum selbstgewünschten Fortkommen haben soll. In dieser Zeit muß sich das Mitglied auf der Bühne ansehen lassen können (21/52). In 2/54 wird das Anerbieten einer Ansehrolle für Mai/Juni als „zu spät" bezeichnet. Das gleiche gilt für die Mitwirkung in der Premiere von Serienaufführungen, bei der ein Darsteller nicht ausgeschaltet werden darf, wenn er in den nachfolgenden Aufführungen beschäftigt

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

werden soll (31/38; anders 13/39 bei Repertoire-Aufführungen, S. 104). Andererseits muß eine angemessene Zeit zur Einarbeitung in die Rollen gewährt werden (2/54). Für die Entscheidung, ob die B e s c h ä f t i g u n g im G a n z e n , d. h. unter Berücksichtigung der betreffenden Spielzeit, eine angemessene war, ist nach 9/40 das Ende der Spielzeit maßgebend, das einen abschließenden Überblick über die Beschäftigung gestattet. Dabei bleibt nach 16/51 das Maß der Beschäftigung in den vorherigen Spielzeiten außer Betracht, während die Tatsache der Vertragsverlängerung an der gleichen Bühne den Beschäftigungsanspruch nicht rückwirkend nivelliert. Die Betrachtung der jeweiligen Spielzeit ermöglicht nach der Auffassung des Gerichts regelmäßig erst die Feststellung einer angemessenen oder unangemessenen Beschäftigung, insbesondere auch die Überprüfung des Verhältnisses sog. kleinerer (aber gleichwohl oft wichtiger, charakterisierender) zu den größeren Rollen (8/39). Dann auch erst kann die Gesamtdisposition des Theaters, dessen Interessen nach § 6 I NV „gleichermaßen" zu beachten sind, überprüft werden. Da die Verletzung des Beschäftigungsanspruchs nur Schadensersatzansprüche gibt (im gröbsten Fall evtl. in Form der Vertragsverlängerung, S. 14, 165), ist dies auch systematisch erklärlich. Zu den B e l a n g e n des T h e a t e r s sind ebenfalls grundsätzliche Hinweise des Gerichts vorhanden. Die Schiedssprüche haben sich vielfach mit einer eingehenden Nachprüfung der S p i e l p l a n g e s t a l t u n g der Bühnen zu befassen, bei der alle Umstände, die gewissen Plänen hinderlich im Wege gestanden haben (Erkrankungen, Stückverbote u. dgl.), ihre Berücksichtigung finden. Es liegt klar, daß gerade auf diesem Gebiete die Rechtsprechung eines Fachgerichts zu selbständigen Ergebnissen gelangen kann. So ist die schiedsgerichtliche Rechtsfindung in diesen Fragen fachlicher Theaterleitung besonders eingehend und erschöpfend. Einzelne Schiedssprüche enthalten eine wahre SpielplanHistorie der Spielzeit mit der Würdigung ihrer von der Bühnenleitung pflichtmäßig zu beachtenden Dispositionsmöglichkeiten. Da es sich dabei mehr um fachliche Erörterungen nach Lage der jeweiligen Verhältnisse des betreffenden Theaters handelt, hier aber nur die Grundlagen der Rechtsprechung herausgearbeitet werden sollen, unterbleibt eine nähere Darstellung von Fällen dieser Art mit all ihrem tatsächlichen Für und Wider, das für die Einzelentscheidungen bestimmend wurde. Für das Direktionsrecht zur Wahrung der Belange der Bühne in der Beschäftigungsfrage ist der in 15/38 aufgestellte Leitsatz wichtig, daß eine Bühne, „wenn der angesetzte Spielplan keine Möglichkeit zur Beschäftigung des Klägers geboten hätte, durch eine Änderung des Spielplans dafür Sorge tragen"

muß, um den Beschäftigungsanspruch des Mitglieds ordnungsmäßig zu erfüllen. So auch 16/51:

Spielplangestaltung, Ensemblebildung und Beschäftigung

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„Die Bühnenleitung hat es in der Hand, wie und in welcher Weise sie den Spielplan gestalten will. Bei der Spielplangestaltung sind zwar auch die Interessen des Unternehmens zu berücksichtigen, sie haben jedoch nicht den Vorrang vor den entgegenstehenden Interessen des Bühnenmitglieds, wie sich aus dem Inhalt des Tarifvertrags ergibt."

Die Bühnenleitung hat bei der Stückwahl von vornherein auf die Be schäftigungsmöglichkeiten der Darsteller Rücksicht zu nehmen u n d kann sich nicht darauf berufen, daß die gewählten Werke eine ausreichende Beschäftigung aller Mitglieder nicht zuließen. Sicher werden auch gewisse Stückwahl-Rücksichten, die gerade für eine vom Werk her bestimmte, geistige Theaterführung maßgebend sind, bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen zur Beschäftigungsfrage nicht übergangen werden können. Mit der Auffassung des Gerichts sind diese Erwägungen aber in entscheidender Weise im Sinne des Tarifrechts von den Beschäftigungsmöglichkeiten der Mitglieder jedenfalls mit abhängig zu machen. Die Bühnenleitung hat hierbei zugleich die Schonung der Kräfte ihrer Mitglieder (z. B. Stimme) durch entsprechende Spielplangestaltung im Auge zu behalten. Das Theater —• als aufgeführtes Bühnenwerk — lebt letzten Endes entscheidend mit durch das Ensemble. Dessen künstlerische Existenz- und Entwicklungsgrundlagen müssen daher gesichert bleiben. Wie bei der Stückwahl hat die Bühne bei der A u s w a h l der K ü n s t l e r selbst bereits auf deren reguläre, bühnenübliche Beschäftigungsmöglichkeit zu achten und kann diese nicht durch den späteren Hinweis auf ein übergroßes Ensemble rechtlich verkürzen. So heißt es grundlegend in 18/41: „Die Beklagte meint, . . . sie habe auf ausgebildete, vorzugsweise einzusetzende andere Bühnenmitglieder Rücksicht nehmen müssen. Die Nichtberechtigung dieses Einwurfs ergibt sich schon daraus, daß es Sache der Bühnenleitung ist, bei der Verpflichtung von Bühnenkräften zu bedenken, daß deren tarifvertragliches Recht auf angemessene Beschäftigung durch Maßnahmen der Bühne selbst nicht beeinträchtigt wird."

Mit diesem Grundsatz hat sich das Gericht in den vorerwähnten E n t scheidungen 21/52 (4 Tenöre) und 3/54 (mehrere Korrepetitoren) nicht ausdrücklich auseinandergesetzt (S. 94) und ist dabei in weitgehende Konsequenzen geraten (21/52): „Schließlich hat der Kläger auch mit dem ,Orpheus in der Unterwelt' die Zuteilung einer Premiere erhalten. Es bestand kein Anspruch auf zeitliche frühere Beschäftigung in einer Premiere, da insgesamt 4 Premieren in der ganzen Spielzeit zur Aufführung kamen und infolgedessen es angemessen war, daß jeder der engagierten Tenöre in einer Premiere Gelegenheit hatte, aufzutreten. Wenn die Aufführung des ,Orpheus' erst im Juli stattfand, so ist dies dem Beklagten nicht entgegenzuhalten, da die zeitliche Festlegung der PremieTe Sache der Bühnenleitung war und das, was 7 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

der Kläger ablehnt, einem anderen Tenor hätte zugemutet werden müssen, der bisher noch nicht in einer Premiere aufgetreten war." E s kann aber wohl verlangt werden, daß bei unüblichem Mehrengagement v o n Kräften dem beschäftigungsgefährdeten Künstler vor seiner Einstellung zumindest Aufklärung zwecks vertraglicher Einschränkung seines Beschäftigungsanspruchs (S. 84) erteilt worden sein muß, ehe sich die Bühne kurzerhand nachträglich hierauf berufen darf. N a c h der strengen Rechtsprechung zur Spielplangestaltungspflicht erscheint dieser Hinweis gerechtfertigt. I n 16/51 weist demgemäß das Gericht die Heranziehung einer Gastschauspielerin als unsachgemäß zurück: „Stattdessen wurde von der Buhnenleitung diese Rolle einem Gast übertragen und dadurch die Klägerin zugunsten des Gastes zurückgedrängt. Dieses Verfahren kann das Bühnenoberschiedsgericht nicht im Sinne einer Entlastung der Beklagten bezüglich des Rechtsanspruchs der Klägerin werten." U n d in 30/49 hat das Gericht jenen Grundsatz für Spielplan- und E n semblebildung wie folgt gekoppelt: „Weiterhin beruft sie sich auf die Tatsache, daß an dem Theater 45 Künstler beschäftigt worden seien, die hätten berücksichtigt werden müssen. Mit diesem Einwand kann die Beklagte indessen nicht gehört werden. Es ist anerkannte Rechtsprechung des früheren Bühnenoberschiedsgerichts, daß es Sache der Bühnenleitung ist, den Spielplan so aufzustellen, daß die von der Bühnenleitung angestellten künstlerischen Kräfte angemessen beschäftigt werden können. Ist sie dazu nicht in der Lage, weil das Theater überbesetzt ist, so muß die Bühnenleitung hierfür die Folgen tragen." Auf der gleichen Linie liegt es, wenn das Oberschiedsgericht wiederholt die selbstveranlaßte S c h l i e ß u n g eines T h e a t e r s , wenn auch wegen Geld- oder Zuschußmangels, nach dem einfachen Grundsatz des § 279 B G B , daß Geldmangel keine höhere Gewalt ist (12/50), nicht als Grund für die Beseitigung oder auch nur grundsätzliche, einseitig v o n der Bühne verfügte, also nicht vertragliche Einschränkung v o n Beschäftigungsansprüchen ansieht. So in 3/53: „Die Beklagte beruft sich darauf, daß die Nichtbeschäftigung von ihr nicht verschuldet sei. Mit diesem Einwand kann sie nicht gehört werden, denn die Beklagte hat sich durch die Schließung des Hebbel-Theaters selbst die Möglichkeit genommen, ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen. Die Tatsache, daß der Beschluß zur Schließung des Hebbel-Theaters von der ehemaligen Stadtverordnetenversammlung als gesetzgebender Körperschaft f ü r Berlin gefaßt wurde, vermag an der dem Kläger gegenüber bereits erwachsenen Verpflichtung aus dem Dienstvertrag nichts zu ändern, da durch diesen Beschluß nicht in bestehende Ansprüche eingegriffen wurde. Die Sachlage ist durchaus verschieden zu beurteilen von dem Fall, in dem auf Grund einer Anordnung der Besatzungsmacht die Schließung etwa angeordnet wurde." D a s entspricht der Behandlung der Frage des Einflusses v o n E t a t l a g e n auf das Arbeitsvertragsrecht (S. 77).

Beweis einvernehmlicher Beschäftigungsbeschränkung

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c) E i n g e s c h r ä n k t e B e s c h ä f t i g u n g Nach Umreißung des Ausmaßes des Beschäftigungsanspruchs interessieren die Gründe, die von den Bühnen zur Rechtfertigung einer minderen oder sogar völlig unterbliebenen Beschäftigung vorgebracht worden und vom Oberschiedsgericht in Abgrenzung unzureichender Gründe anerkannt worden sind. Zunächst das E i n v e r n e h m e n mit dem Mitglied: Nach 38/36 ist der Anspruch auf angemessene Beschäftigung ebenso wie bei Vertragsabschluß selbst so auch während der Vertragsdauer unabdingbar, bleibt also im ganzen unverzichtbar (S. 82). Die völlige Aufhebung des Beschäftigungsanspruchs ist nur im Zusammenhang mit einer etwa vorzeitigen Vertragsaufhebung überhaupt — für die Zukunft —• möglich. Die Voraussetzungen hierfür bejaht das Gericht in 25/36 z. B. in dem Fall, daß ein Künstler um vorzeitige Vertragsentlassung gebeten hatte, „um in Frieden ziehen zu dürfen". Nach der Sachlage nimmt das Gericht hier mit der vollzogenen Lösung des Arbeitsverhältnisses einen Verzicht auf alle Ansprüche aus etwa unzureichender Beschäftigung an. Dies ist nach dem heutigen § 4 IV TVG unzulässig geworden, solange nicht die Tarifvertragsparteien zustimmen, und dürfte auch für die diesbezüglichen Schadensersatzansprüche gelten 1 ). Unter stützungserwägungen können überhaupt nur dann zum völligen Ausschluß des Beschäftigungsanspruchs führen, wenn das Mitglied nicht einmal zur Dienstleistungsbereitschaft verpflichtet sein soll, ein Bühnendienstvertrag also gar nicht vorliegt (S. 17). Wohl aber ist die teilweise E i n s c h r ä n k u n g des Beschäftigungsanspruchs w ä h r e n d d e r V e r t r a g s d a u e r , selbst wenn der Vertrag sie nicht bereits schriftlich (S. 30) vorsieht, im beiderseitigen Einverständnis zulässig. Über die problematische Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts hinsichtlich dieser Möglichkeit im Verhältnis zur Urlaubsregelung vgl. S. 119. Im allgemeinen gilt jedoch nach 9/40 folgendes: „Wenn im § 6 Abs. 2 des Normalvertrages gesagt ist, daß besondere Vereinbarungen darüber, was die Vertragsparteien als angemessene Beschäftigung ansehen, zu ihrer Gültigkeit der Aufnahme in den Dienstvertrag bedürfen, so steht doch außer Zweifel, daß die Beteiligten sich, jedenfalls soweit es sich nicht um die Aufhebung des Beschäftigungsanspruchs überhaupt handelt, auch während der Spielzeit, sei es auch nur in schlüssigem Verhalten, darüber verständigen können, was als angemessen im Einzelfall zu gelten hat."

An die Ernstlichkeit und Wirksamkeit eines solchen Verzichts bzw., der ausdrücklichen Anerkennung der Angemessenheit der Beschäftigung, stellt das Gericht aber in 4/40 s t r e n g e A n f o r d e r u n g e n , da die Grenzen ') H u e c k - N i p p e r d e y , TVGKomm. § 4, Anm. 50, jedoch mit der Einschränkung in Anm. 53, daß eine Einigung über ungewisse, tatsächliche Voraussetzungen eines Tarifrechts ohne die Tarifvertragsparteien zulässig ist. Außertarifliche Rechte und Ansprüche fallen nicht unter § 4 IV TVG. 7*

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

zwischen Verbindlichkeit und Unverbindlichkeit in der Bühnensprache zu Unklarheiten neigen: „Daraus, daß sie diese Art des Vorgehens f ü r die richtige hielt, konnte ein Einverständnis mit der geringen Beschäftigung, mit anderen Worten ein Verzicht auf bessere Beschäftigung nicht gefolgert werden, da nach ständiger Rechtsprechung jeder Verzicht ausdrücklich erklärt oder mindestens unzweideutig ^u erkennen gegeben werden muß." D a s Mitglied erweckt auch dadurch, daß es seine Unzufriedenheit nicht rechtzeitig zur Sprache bringt, nicht den Anschein eines Einvernehmens mit der Vernachlässigung der Fürsorgepflicht, die dem Bühnenleiter dieserhalb unbedingt obliegt. E s heißt grundlegend in 19/40: „Ihr Hinweis darauf, daß der Kläger während der Vertragszeit die Unangemessenheit seiner Beschäftigung nicht gerügt und daß er sich sogar bei Beendigung seiner Tätigkeit von dem Intendanten mit einem seine volle Zufriedenheit ausdrückenden Schreiben vom 28. Februar 1939 verabschiedet habe, ist rechtlich ohne Bedeutung. Daß es Aufgabe der Bühnenleitung ist, die f ü r die angemessene Beschäftigung des Bühnenmitglieds erforderlichen Maßnahmen zu treffen, ergibt sich ebensowohl aus dem § 6 des Normalvertrages wie aus ihrem Leitungsrecht (§ 5 Abs. 1 daselbst), ist aber auch als Rechtsgrundsatz dem § 2 des Gesetzes zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. 1. 1934 zu entnehmen. Hier behauptet der Kläger, den Intendanten wiederholt um Abstellung gebeten zu haben. Einer Beweiserhebung darüber bedarf es nicht. Denn wäre das nicht geschehen, so könnte das nicht gegen den Kläger verwendet werden. Es ist unter Berücksichtigung des Einzelfalles, der eine andere Beurteilung zulassen mag, nicht Sache des Mitglieds, die Bühnenleitung auf ihre Pflicht hinzuweisen. Soweit in der Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichte und im Schrifttum früher eine andere Auffassung darüber vertreten worden ist (Entscheidungen des Oberschiedsgerichts vom 1. 12. 1935 und 19. 6. 1928 sowie Rosenmayer-Aßmann: Bühnenvertragsrecht Anm. 1 zu § 6), ist sie mindestens seit dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. 1. 1934 überholt (vgl. Entscheidung des Oberschiedsgerichts vom 12. 5. 1938: O 14/38). Das Oberschiedsgericht hat dabei (so in der Entscheidung vom 12. 5. 1938: O 15/38) eine Ausnahme f ü r den Fall anerkannt, daß das Mitglied durch eine eindeutige Erklärung seines Einverständnisses mit den ihm zugeteilten Rollen die Angemessenheit seiner Beschäftigimg unzweifelhaft anerkannt und damit auf eine weitergehende Beschäftigung bewußt verzichtet hat." Dieser — in Anbetracht des eingangs erwähnten Schreibens des Künstlers weitgehende — Standpunkt ist in 2/41 erneut bestätigt worden. Die B ü h n e kann daher regelmäßig in keiner Weise sich darauf berufen, das Mitglied habe den irreführenden Anschein erweckt, daß es mit der Beschäftigung einverstanden gewesen sei. Nur der völlig eindeutige Verzichtswille in den Grenzen einer gewissen Einschränkung der Beschäftigung kommt in Betracht (S. 132). Mit der Auslegung konkludenter Handlungen oder zurückhaltender Schweigsamkeit wird m a n also regelmäßig bei der Verzichtsfrage zu keinem positiven Ergebnis kommen. D a s Ausschlagen einer fachfremden und auch nicht fachnahen

Engagementsrisiko der Bühnenleitung, „völliges Versagen"

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Rolle (S. 90) ist ein in keinerlei Einvernehmen mit beschränkter Beschäftigung umdeutbares Recht des Mitglieds (2/54). Auch darin, daß ein Mitglied sozusagen „gnadenweise" vertragsverlängert worden ist, da es kein anderweitiges Engagement finden konnte, ist keine Vereinbarung über eine Minderbeschäftigung zu sehen. D a s Gericht sagt in 12/40: „Hat die Beklagte, wofür allerdings die Entwicklung der Vorgänge sprechen könnte, im wesentlichen sich aus der Anerkennung einer gewissen Notlage des Klägers zur Weiterführung des Vertragsverhältnisses veranlaßt gesehen, so geht es dabei um den Beweggrund, der den Bestand des Vertrages und seine Wirkungen nicht berührt, da er nicht zum Vertragsinhalt gemacht worden i s t . . . Es kann ferner ebensowenig zweifelhaft sein, daß der Kläger bei der Bestimmung der Art seiner Beschäftigung nicht zu einem Bühnenmitglied minderen Rechts herabgewürdigt werden konnte." D i e Hauptquelle v o n Streitigkeiten über eine nichtangemessene Beschäftigung sind die im Vertragsablauf vielfach auftretenden, in der Person und in der L e i s t u n g s f ä h i g k e i t des Mitglieds selbst beruhenden Gründe. Hier ist gleichwohl eine durchaus klare Linie in der Rechtsprechung festzustellen. Enttäuscht das Mitglied die an sein Leistungsvermögen geknüpften Erwartungen der Bühne, so liegt darin kein Grund zu minderer Beschäftigung, mag selbst das erst nach dem Engagement gefundene Urteil der Bühne „objektiv" gerechtfertigt sein. Die Bühne muß sich v o r dem Engagement die Überzeugung v o n der Leistung des Mitglieds verschaffen, wozu auch insbesondere der sog. unterlegte Vertrag des § 12 N V die Möglichkeit bietet. D a s Gericht sagt in 19/40: „Wohl aber steht in der Rechtsprechung der Bühnenschiedsgerichte fest, daß es Aufgabe des Bühnenleiters ist, die Eignung eines Künstlers vor seiner Verpflichtimg festzustellen und daß er sich grundsätzlich damit abfinden muß, wenn er bei einer solchen Prüfung zu einer sich später als unrichtig herausstellenden Entschließung gelangt ist. . . . Schließlich aber hat die Beklagte den gleichfalls im Bühnenrecht feststehenden Grundsatz außer acht gelassen, daß das Versagen eines Mitglieds in der ersten ihm übertragenen Partie die Bühnenleitung noch nicht berechtigt, von seiner angemessenen Beschäftigung während des ganzen Restes der Spielzeit Abstand zu nehmen, daß es vielmehr ihre Verpflichtung ist, ihm Gelegenheit zu geben, sein Können zu erweisen und darzutun, daß das etwaige erste Versagen auf besonderen Umständen beruhte." Ähnlich heißt es in 9/40: „Spätere Mißerfolge bei der vertraglichen Betätigung — wenn sie überhaupt hier schlüssig dargelegt worden wären — berechtigen flicht schlechthin den Unternehmer, die Beschäftigung in einer die Belange des Mitglieds verletzenden Weise einzuschränken. Wer sich einarbeiten und entwickeln soll, den darf man nicht ausschalten, man muß ihm vielmehr Gelegenheit zur Beschäftigung geben." I n dieser Entscheidung deutet das Gericht allerdings zugleich an, daß bei einem v ö l l i g e n V e r s a g e n des Mitglieds, das mehr ist als Mißerfolg

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und die totale Unbrauchbarkeit für die Bühne erkennen lassen muß, möglicherweise die Vertragsanfechtung bzw. die außerordentliche Vertragsaufkündigung aus wichtigem Grunde (§ 15 NV) in Betracht kommt. In 38/36 wird ferner der Gesichtspunkt der objektiven Unmöglichkeit für die Erfüllung der Beschäftigungspflicht der Bühne bei einem derartigen völligen Versagen erwähnt. Auf diese Fälle wird im Zusammenhang mit der vorzeitigen Vertragsauflösung noch einzugehen sein. Denn es sind nicht nur reine Beschäftigungsfragen, sondern auch solche der Vertragsfortsetzung überhaupt (S. 146). Entscheidend bleibt jedoch für die Behandlung der Beschäftigungsfrage der feste Grundsatz, daß die Bühne sich vor dem Engagement über die Qualitäten des Mitglieds ein Bild machen muß, andernfalls sie regelmäßig die Konsequenzen auf sich zu nehmen hat. Ihre nach § 6 1 NV „gleichermaßen"zu berücksichtigenden Interessen muß sie insofern also schon bei Vertragsabschluß zu wahren beginnen, wozu Gelegenheit besteht. In 30/49 wird hieran festgehalten : „Ebenso muß die Leistungsfähigkeit des Künstlers schon beim Eingehen des Engagements berücksichtigt werden. Der innere Grund der Nichtbeschäftigung des Klägers ist in dem fehlerhaften Engagement zu erblicken, durch welches der Kläger trotz ausreichender Besetzung mit Bühnenkräften ohne vorherige sorgfältige Prüfung seiner Leistungsfähigkeit ein Engagement als jugendlicher Held und jugendlicher Charakterdarsteller bekommen hat. Damit übernahm aber die Beklagte die Verpflichtung zu angemessener Beschäftigung."

In 21/50 wird unter Zitat der Schiedssprüche 9/40 und 19/40 die jetzige Rechtsprechung fest verankert: „Es entspricht ständiger Rechtsprechung des früheren Bühnenoberschiedsgerichts, daß es Aufgabe des Bühnenleiters ist, die Eignung eines Künstlers vor seiner Verpflichtung festzustellen, daß er sich grundsätzlich damit abfinden muß, wenn er bei einer solchen Prüfung zu einer sich später als unrichtig herausstellenden Entschließung gelangt ist. Daa Versagen eines Mitglieds in der ersten ihm übertragenen Partie berechtigt die Bühnenleitung nach der Rechtsprechung des früheren Bühnenoberschiedsgerichts, der sich aus das jetzige Bühnenoberschiedsgericht anschließt, noch nicht, von seiner angemessenen Beschäftigung während des ganzen Restes der Spielzeit Abstand zu nehmen. Vielmehr ist es ihre Verpflichtung, ihm Gelegenheit zu geben, sein Können zu erweisen und darzutun, daß das etwaige erste Versagen auf besonderen Umständen beruhte."

In diesem Zusammenhang ist der E n t z u g der bereits ü b e r t r a g e n e n P a r t i e oder R o l l e während der Probe ebenfalls beschäftigungsrechtlich nicht irrelevant, mag auch kein förmlicher Anspruch auf Beibehaltung der Aufgabe entstanden sein (vgl. § 6 I I I NV, S. 31). Nach 1/48 erfährt die „rechtliche Dispositionsmöglichkeit" des Intendanten durch die hierdurch vollzogenen Bindungen an die Interessen des Mitglieds bereits eine „Begrenzung"; das Gericht fährt fort:

Entzug von Rollen und Partien, Einschränkungsfälle

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„Das ist eine Folge des Grundsatzes, daß dem Bühnenangehörigen ein Anspruch auf angemessene Beschäftigung zusteht. Denn bei der Frage, was angemessen ist, sind alle Interessen zu berücksichtigen, insbesondere also auch das Interesse des Bühnenangehörigen daran, daß eine ihm übertragene künstlerische Aufgabe, auf die er sich eingestellt hat, ihm nicht wieder entzogen wird. Dieses Interesse muß, wenn lediglich eine bloße Zusage der Rollenbesetzung vorliegt, ohne weiteres hinter den objektiven künstlerischen Erfordernissen der Spielgestaltung zurückstehen. Anders aber verhält es sich, wenn diese Zusage durch Wiederholung und lange Proben bekräftigt wurde und nach außen durch Aufnahme in den Besetzungszettel in Erscheinung getreten ist. Eine Entziehung der Rolle nach solchen Vorgängen bedeutet f ü r den Bühnenangehörigen vermöge der starken, sein Selbstbewußtsein schwächenden Enttäuschung, vermöge der vergeblich verwendeten Arbeit und vermöge der Minderung seines Ansehens, die durch das Bekanntwerden der Absetzung vom Rollenzettel erfolgt, einen erheblichen Nachteil. Diesen Nachteil als angemessen hinzunehmen, kann ihm nur dann zugemutet werden, wenn besonders starke Gründe künstlerischer Art dies erfordern. Während gegenüber der bloßen Zusage schon die Erwägung, daß eine anderweitige Besetzung zu einer besseren künstlerischen Gestaltung führen würde, die Umbesetzung rechtfertigt, kann daher gegenüber der durch Vorgänge der bezeichneten Art geschaffenen Interessenlage die Umbesetzung nur damit begründet werden, daß die Umbesetzung künstlerisch schlechthin unvermeidlich ist — wofür der Nachweis im Streitfalle der Theaterleitung obliegt."

Mit dieser einzigen Entscheidung, die das damals geschaffene ad hocOberschiedsgericht getroffen hat (S. 31), ist Wesentliches ausgesagt worden. Auch krankheitsmäßige Behinderung beim Mitglied gibt der Bühne keine unbeschränkten Möglichkeiten, sich etwa auf die Gefahr zu berufen, es könne wieder krank werden. Krankheit zu Beginn und Ende der Spielzeit schloß die Pflicht zur Beschäftigung in den kritischen Monaten Dezember bis März nicht aus (2/54). Schon all diese Grundsätze zeigen die Reichhaltigkeit der Gesichtspunkte. Abschließend ist eine zusätzliche K a s u i s t i k für die Beurteilung dieser überwiegend im Tatsächlichen liegenden Problematik von Nutzen: Etwaige Wünsche des Ensembles auf Ausschaltung eines Oberspielleiters oder angebliche Kasseneinnahme-Rückgänge (9/40), abfällige Kritiken der Zeitungen oder der Besucher des Theaters (38/36) sind keine Rechtfertigung einer minderen Beschäftigung. Der Wunsch eines Operndirigenten, welcher von den engagierten Regisseuren eine bestimmte Inszenierung übernehmen soll, kann den etwa berechtigten Anspruch des zurückgesetzten Spielleiters im Rahmen seiner noch zu erfolgenden Beschäftigung nicht beseitigen (18/36). Der Bühnenleiter selbst ist kein ausschließlich authentischer Beurteiler des Leistungsvermögens eines Mitglieds, sofern sein Versagen nachgewiesen werden soll; das Gericht geht vielmehr bei einer solchen Überprüfung zahlreichen anderweitigen Urteilen über das Mitglied nach (15/38), überzeugt sich unter Umständen selbst von behaupteten Mängeln (Sprachfehler: 5/37; äußere Erschei-

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nung: 6/41). Die Empfehlung eines Mitglieds durch die Bühnenleitung an eine andere „mindestens gleichwertige" Bühne wird in 4/40 herangezogen, um die angebliche Unfähigkeit des Mitglieds bei der früheren Bühne zu widerlegen. Der Intendantenwechsel an einer Bühne darf nicht zu einer Zurücksetzung einzelner Mitglieder führen, mag dies auch mit der neuen künstlerischen Linie des Theaters übergangsweise nicht recht vereinbar sein (21/38). Ein Besetzungswechsel in größeren Rollen stellt regelmäßig keine Zurücksetzung für die 2. Besetzung dar (8/39), auch nicht die gelegentliche Heranziehung von Gästen bei Opernpremieren (z. B. geschlossene Aufführungen des „Ring" 13/39). Wenn ein Sänger sich einer Operation mit schwerer Stimmeinbuße hat unterziehen müssen, sind die Interessen des Theaters neu zu prüfen (7/40), desgleichen bei Erlaß eines Auftrittsverbots von zuständiger Stelle gegen das Mitglied (3/34), soweit nicht über die berechtigte Versagung einer Beschäftigung hinaus ohnehin eine fristlose Entlassung möglich ist. Die Beschäftigung kann einstweilen unterbleiben, solange das Mitglied dem dringenden Verdacht einer strafbaren Handlung ausgesetzt ist, der durch vorübergehende Verhaftung verstärkt war und noch nicht behoben ist (16/41). Bei berechtigter, fristloser Entlassung des Mitglieds wird die Frage der etwa schuldhaften Mitveranlassung in die Schadensbemessung verwiesen (18/54). Bei allen diesen Entscheidungen, die auf die Stabilität des Beschäftigungsanspruchs abzielen, geht das Gericht von der Erkenntnis aus, daß künstlerische Fragen im Prinzip einer objektiven Beurteilung entzogen sind. Die Mitglieder haben mit ihrem künstlerischen Leistungsvermögen, das beim Engagement — auch im Zusammenhang mit der bisherigen Tätigkeit — von der neuen Bühnenleitung zur Kenntnis genommen und erprobt werden kann, einen Anspruch auf v e r a n t w o r t u n g s v o l l e P f l e g e und E n t f a l t u n g ihrer Kräfte und dürfen nicht letzten Endes unkontrollierbaren, da relativen Beurteilungen nachteilig ausgesetzt werden, nachdem sich die Bühnenleitung einmal zu ihrer künstlerischen Eignung durch den Engagementsabschluß bekannt hat. Ist das Mitglied nach der subjektiven Auffassung der Bühnenleitung und vielleicht auch sogar nach objektiver Beurteilung für das betreffende Theater künstlerisch nicht ausreichend, ohne daß ein Fall „völligen" Versagens vorliegt, so besteht sein Beschäftigungsanspruch gleichwohl fort. Ihm ist zu entsprechen. Die Frage ist hierbei nur, ob und wie er durchsetzbar ist und welche Folgerungen die Bühne auf sich zu nehmen hat, wenn sie ihn aus künstlerischen oder sonstigen, rechtlich unzureichenden Gründen nicht befriedigt. Da bei der Vertragsbeendigung ein Kündigungsschutz wegen der Unnachprüfbarkeit künstlerischer Beurteilung abgelehnt wird (S. 195), ist die Anerkennung des Beschäftigungsanspruchs ohne Rücksicht hierauf um so bemerkenswerter.

Sicherung des Beschäftigungsanspruchs

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d) S c h a d e n s e r s a t z Es ist von wenig praktischer Bedeutung, Erörterungen darüber anzustellen, ob der Beschäftigungsanspruch sich genau gesehen nur als eine Beschäftigungspflicht der Bühne auslegen läßt, oder ob er ein positives Hecht ist, dessen Einklagbarkeit lediglich die Unbestimmtheit des Klagebegehrens während der Vertragsdauer und auch die Unmöglichkeit, die Unangemessenheit der Beschäftigung vor Ende der Spielzeit zu erkennen (S. 96), entgegensteht. Vollstreckbar würde er nach § 888 ZPO jedenfalls regelmäßig nicht sein, da seine Erfüllung nicht ausschließlich vom bloßen Willen des Schuldners (Theaterveranstalters), sondern von dem künstlerischen Gesamteinsatz der Bühne mit entsprechender organisatorischer und geistiger Direktionsarbeit ihres Leiters abhängt 1 ). Eine solche Erfüllungsklage käme also praktisch wegen der sonstigen Unbestimmtheit des Klagebegehrens ohnehin nur bei der Verweigerung bestimmter, im Dienstvertrag nach § 6 I I I NV ausdrücklich zugesagter Rollen und Partien in Frage. In diesen Fällen würde eine erfolgreiche Erfüllungsklage, wenn sie auch nicht vollstreckt werden könnte, einen gewissen Druck auf die Bühnenleitung ausüben, die an dem Urteil nicht gut vorbeigehen kann. Die mit angedrohter Vertragsgeldstrafe in einem Schiedsspruch versehene Verurteilung, daß die Bühne das weiter engagierte Mitglied während der neuen Spielzeit in 2 Fachrollen zusätzlich schadensersatzweise zu beschäftigen habe, erklärt das Oberschiedsgericht in 16/51 für bedenklich und hebt den Spruch insoweit auf (nur bei Vertragsbruch gestattet der Tarifvertrag in Ziff. V ausdrücklich die Verhängung von Vertragsstrafen). Sachlich weist das Gericht auf die Unmöglichkeit der Vorwegbeurteilung der noch nicht laufenden Spielzeit hin. Fest steht in der Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts jedenfalls, daß die Verletzung der allgemeinen Beschäftigungs, .pflicht" oder — wie man korrespondierend weiterhin wird sagen müssen — des Beschäftigungs,,anspruchs" unter Wahrung des Verschuldensprinzips S c h a d e n s e r s a t z a n s p r ü c h e weg e n p o s i t i v e r V e r t r a g s v e r l e t z u n g nach sich zieht, deren Geltendmachung in der Regel allein praktisch durchführbar ist. Das Gericht stützt sie auf §§251, 280 BGB als Surrogat für den mit Ablauf des Engagements (der Spielzeit) unmöglich gewordenen vertraglichen Erfüllungsanspruch (4/37; über längere Engagementszeiten S. 197). Die rechtliche Grundlage läßt sich heute auch im Zusammenhang mit der Fürsorgepflicht erkennen und entsprach schon vor Schaffung des Tarifvertrages von 1924 (Erstfassung) einem allgemein herrschenden BühnenK u t z e r , Das Dienstvertragsrecht der Bühnenmitglieder, S. 287, 288, 268; nur, wenn es sich um einen mehr mechanischen Willensakt, z. B. ein einstudiertes Stück wieder auf den Spielplan zu setzen, handelt und besondere künstlerische Vorbereitungen nicht erforderlich sind, kommt die Vollstreckbarkeit in der Form des § 888 I ZPO (insbesondere Androhung einer Geldstrafe) in Frage. Dann ist sie nicht etwa nach § 888 II ZPO ausgeschlossen, da die Beschäftigungspflicht des Unternehmers keine „Dienstleistungspflicht" ist.

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brauch (S. 7 Anm. 2). Doch scheidet deliktische Haftung nach § 823 I I BGB aus 1 ). Daher haben die Mitglieder die Erfüllung ihres Beschäftig gungsanspruchs während der Vertragsdauer nicht mit Drängen zu betreiben, sondern sollen seiner Erfüllung im Geiste verantwortlicher Theaterführung und künstlerischer wie sozialer Fürsorge ohne weiteres gewiß sein dürfen (19/40, S. 100,108). Den S c h a d e n s g r u n d für den Schadensersatzanspruch erblickt das Oberschiedsgericht in der u n t e r b l i e b e n e n W e i t e r b i l d u n g der künstlerischen Kräfte, in der H e r a b s e t z u n g vor der Ö f f e n t l i c h k e i t und in der Gefahr v e r s c h l e c h t e r t e r E n g a g e m e n t s b e d i n g u n g e n für die Zukunft. Dies ist ein Vermögensschaden, dessen Grund und Höhe nach § 287 ZPO zu ermitteln sind. Das Gericht charakterisiert den Schadensersatzanspruch in 5/37 mit folgenden Worten: „Das Oberschiedsgericht hat in verschiedenen Entscheidungen ausgesprochen — (und es findet keinen Anlaß, von seinem Standpunkt abzugehen) —, daß eine längere Zeit hindurch andauernde unangemessene Beschäftigung für das Bühnenmitglied nicht nur ideell, sondern auch vermögensrechtlich schädigend wirken muß. Dem Bühnenmitglied wird die Möglichkeit entzogen, sich in geeigneten Rollen öffentlich zu zeigen und sein Können zu beweisen, es verliert die Gelegenheit, sich selbst weiter zu bilden und sein Rollen-Repertoire zu erweitern, es läuft Gefahr, daß sich durch die ungenügende oder unrichtige Beschäftigung abfällige Urteile über seine Fähigkeiten und Leistungen bilden, alles Umstände, die sich seinen Bewerbungen um anderweitige Anstellungen hindernd entgegenstellen müssen. Ist das Bühnenmitglied aber in diese Lage geraten, so wird es ihm immer unmöglich sein, einen Beweis dafür zu erbringen, wo und unter welchen Bedingungen es eine andere Anstellung gefunden haben würde, wenn es angemessen beschäftigt worden wäre. Gerade mit Rücksicht auf die Unmöglichkeit solcher Beweise hat das Gesetz in § 287 ZPO vorgeschrieben, daß das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung zu entscheiden hat, wenn es unter den Parteien streitig ist, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er sich beläuft."

Da auch im Chor und Tanz bei sogar anonym bleibender Tätigkeit der Beschäftigungsanspruch mit Schadensersatzpflicht bei Verletzung realisiert wird (CT 3/35, S. 231), ist das wesentliche Moment der künstlerischen Weiterbildung deutlich. Bei der Feststellung der S c h a d e n s h ö h e zieht das Bühnenoberschiedsgericht in seiner Entscheidung § 252 BGB heran (entgangener, wahrscheinlicher Gewinn). Mit dieser Rechtsprechung nimmt das Oberschiedsgericht klar den Standpunkt ein, daß der Schaden ein greifbarer, unmittelbarer Vermögensschaden ist, und verläßt damit die von ihm früher gebrauchte Konstruktion, daß der Schaden gerade mehr ideellen Charakter trägt und als ') Tarifverträge sind nicht Schutzgesetze, sondern rechtssetzende Normenverträge des Privatrechts, H u e c k - N i p p e r d e y , TVGKomm. § 1, Anm. 106, 114, 118.

Grundlagen und Ausmaß des Beschäftigungsschadens

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solcher nach § 253 BGB ausnahmsweise in Geld abgegolten werden kann, obwohl er begrifflich keinen Vermögensschaden darstellt. Es nimmt in 13/37 zu dieser Argumentation wie folgt Stellung, indem es im Ergebnis den Standpunkt eines unmittelbar zu begründenden Vermögensschadens (5/37) unterstreicht: „Bei der Erwähnung des § 253 BGB hat das Oberschiedsgericht wahrscheinlich an die Ausnahme des § 847 BGB gedacht, da zur ,Verletzung der Gesundheit' in der Rechtsprechung auch erlittene psychische Nachteile, seelische Leiden, überhaupt alle Störungen des geistigen und körperlichen Wohlbefindens gerechnet worden sind (vgl. Soergel, BGB III. Aufl. Anm. zu § 847 S. 1191). Ein Mitglied aber, das die unangemessene Beschäftigung als Zurücksetzung und Kränkung empfindet, sich in seiner künstlerischen Ehre verletzt fühlt und von Sorgen für seine Zukunft gedrückt wird, muß dadurch einen seelischen Schaden erleiden, der sich dadurch äußert, daß er an Selbstvertrauen, Schaffensfreude und geistiger Spannkraft Einbuße erleidet. Eine solche psychische Gesundheitsstörung könnte durchaus als Schädigung im Sinne des § 847 gelten. Das Oberschiedsgericht hat aber wohl damals mit der wiedergegebenen Erwägung in erster Linie sagen wollen, daß der künstlerische Schaden durch unangemessene Beschäftigung sich unter allen Umständen, sei es früher oder später, auch wirtschaftlich auswirken müsse . . . Und diesen Standpunkt vertritt auch das jetzt erkennende Oberschiedsgericht.''

Hieran hält das Gericht weiterhin fest. In 19/40 wird der Schadenseintritt bei unangemessener Beschäftigung als „selbstverständlich" und „in ständiger Rechtsprechung entwickelt" bezeichnet. Auch die Entscheidungen 30/49, 16/51, 2/54 fußen hierauf, ohne es nochmals sagen zu müssen. Spielt u. a. die Erwägung der Beeinträchtigung des weiteren Fortkommens des unangemessen beschäftigten Mitglieds bei der Schadensermittlung eine Rolle, so betont das Gericht in 13/37, daß die Tatsache des nicht zustandegekommenen oder eines schlechteren anderweitigen Anschlußengagements nicht etwa den zwingenden Rückschluß erlaubt, daß das Mitglied im vorhergehenden Engagement unangemessen beschäftigt gewesen sein muß. Andererseits, und das ist eine Erwägung von praktisch großer Bedeutung, spricht nach Auffassung des Oberschiedsgerichts die Tatsache eines sogar besseren Anschlußengagements keineswegs gegen die Annahme einer vorausgegangenen unangemessenen Beschäftigung, mag dies auch vielleicht bei der Schadenshöhe in Rechnung zu stellen sein. Der eingetretene Schaden ist nicht durch das nachfolgende, etwa bessere Engagement schlechthin wettgemacht, da die Schädigung gerade auch in der mangelhaften künstlerischen Weiterbildung, insbesondere der Nichterweiterung des Repertoires, was sich früher oder später wirtschaftlich auswirken muß, besteht und die wirtschaftliche Besserstellung zunächst nur eine befristete ist (13/37, 12/40).

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Im Zusammenhang mit dieser Feststellung prüft das Gericht in 12/40 die grundsätzlich zu stellende Frage des etwaigen M i t v e r s c h u l d e n s des Mitglieds bei dem Schadenseintritt durch Ablehnung eines Anschlußengagements : „Wenn nach dem Gesagten der Schadensersatzanspruch des Klägers selbst für den Fall anzuerkennen ist, daß der Kläger eine für ihn vorteilhafte neue Stellung gefunden hätte, so kann die Behauptung der Beklagten, der Kläger habe durch sein Verhalten mit dazu beigetragen, daß er bisher ohne Beschäftigung geblieben sei, höchstens deshalb Beachtung finden, als der Kläger die Entstehung seines Schadens schuldhaft mitverursacht oder jedenfalls zur Minderung des Schadens schuldhaft nicht beigetragen habe (§ 254 BGB)."

Das Gericht gelangt hierbei zu dem Ergebnis, daß das Mitglied hinsichtlich der weiteren Engagementsannahme entschlußfrei ist und unter Umständen auch ein Engagement selbst auf die Gefahr hin ablehnen kann, daß es zunächst ohne Engagement bleibt. Rückwirkungen auf den Schadensersatzanspruch wegen unangemessener Beschäftigung hat dies nach der Ansicht des Gerichts normalerweise nicht. Das Mitglied befindet sich also nicht etwa deshalb in einer Druckstellung. Eine solche Vertragsablehnung darf aber nicht leichtfertig sein, da sonst, wie das Gericht zugrundelegt, das Mitverschulden bei der Bemessung der Schadenshöhe mit berücksichtigt werden müßte (§254 BGB), was unter Umständen zur vollen Abwälzung des Schadens auf das Mitglied führen und damit den Schadensersatzanspruch schon dem Grunde nach hinfällig machen könnte. Aber das Gericht ist bei der Nachprüfung der hier maßgeblich gewesenen Ablehnungsgründe des Mitglieds der Meinung: „Es ist überdies selbstverständlich, daß aus einer solchen einmaligen Ablehnung kein allgemeiner Schluß auf ein leichtfertiges Verhalten des Klägers in eigenen Angelegenheiten gezogen werden kann."

I n 12/40 und 4/37 wird angedeutet, daß nach allgemeiner Lebenserfahrung die Vermutung für das Sich-Bemühen um ein neues Engagement sowie für die Begründetheit der etwaigen Ablehnung eines solchen spricht, setzt sich doch niemand willkürlich einer Engagementslosigkeit im blinden Vertrauen aus, daß ihm die Geltendmachung eines Schadensersatz anspruchs wegen unangemessener Beschäftigung aus dem vorigen Engagement in noch ungewisser Höhe vorerst zur Verfügung steht. Das Mitverschulden kommt auch bei Beschäftigungsansprüchen in Frage, die auf eine unberechtigte, fristlose Entlassung zurückgehen und als solche nach 31/36, 4/37 grundsätzlich anzuerkennen sind. Hier ist zu prüfen, ob das Verhalten des Mitglieds für die fristlose Entlassung oder doch das Ausmaß des Schadens schuldhaft mitursächlich war. Die Pflichtverletzungen beider Seiten sind nach dem Komplex der fristlosen Entlassung und dem Prinzip der Vermeidung einer Selbstschädigung gegeneinander abzuwägen (18/53, S. 151 ), wie bei der Frage, ob bei rechtzeitiger Anhörung des

Mitverschulden am Beschäftigungsschaden, Betrag

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Mitglieds der Schadensersatzeintritt unterblieben oder entscheidend gemindert worden wäre. Diese Leistungsklage verläuft gelegentlich getrennt von der Feststellungsklage wegen der fristlosen Entlassung, da das Mitglied zunächst die Nichtberechtigung der Entlassung darzutun veranlaßt ist, während der Gagen- und Schadensersatzanspruch wegen der durch die unbegründete fristlose Entlassung vernachlässigten Beschäftigung in seinem Ausmaß von der Dauer der Nichtbeschäftigung, also dem Zeitpunkt der etwaigen Wiedereinstellung abhängig ist. Verteidigt sich die Bühne in dem nachfolgenden Rechtsstreit über den Schadensersatzanspruch wiederum mit den gleichen Argumenten wie gegen die Entlassungsklage, gegen die sie bereits unterlegen ist, und zwar nunmehr unter dem angepaßten Gesichtspunkt, das Mitglied trage an der Nichtbeschäftigung durch sein Verhalten, das zur fristlosen Entlassung geführt habe, eine Mitschuld, so ist dieses Vorbringen nach 4/37 von vornherein wegen der Rechtskraft der Vorentscheidung abgeschnitten (S. 268). Für den nach §287ZPO zu ermittelnden S c h a d e n s b e t r a g nimmt das Oberschiedsgericht auf das Fehlen eines Anschlußengagements besonders Rücksicht, wenngleich dies keineswegs Voraussetzung für den Anspruch ist. Die Höhe beträgt im übrigen regelmäßig ein Mehrfaches der Monatsgage der Spielzeit der strittigen Beschäftigungspflicht-Verletzung (19/40, 12/40, 9/40, 4/40). Bei völliger oder nahezu völliger Nichtbeschäftigung ist wiederholt eine halbe Jahresgage als Schadensersatz zugebilligt worden (21/50, 4/53), bei Beschäftigung in vorausgegangener und nachfolgender Spielzeit nahezu 3 Monatsgagen für die mittlere, strittige Spielzeit (16/51), bei anschließender Vertragsverlängerung und nicht allzu schlechter, strittiger Beschäftigung auch einmal nur 1 Monatsgage (17/53). Die besonderen Umstände des Falles finden jeweils Beachtung. So bezeichnet das Oberschiedsgericht in 17/40 es als besonders erschwerend, daß gerade das Berliner Engagement, in dem die unangemessene Beschäftigung erfolgte, für das Mitglied Ausgangspunkt weiterer Engagements werden sollte, deren Möglichkeiten nunmehr auf Grund mangelnder Gelegenheit, sich auf der Berliner Bühne zu zeigen, entscheidend geschmälert waren. Die Höhe des Anspruchs kann nach 19/40 auch im Zusammenhang mit einer anderweitigen Vertragsverletzung der Bühne eine besondere Steigerung erfahren, z. B. bei Versagung des in § 19 I NV vorgesehenen Urlaubs zum Vorstellen zwecks anderweitigen Engagementsabschlusses. Andrerseits begründet die sonst bewiesene, besonders soziale Einstellung des Intendanten gegenüber dem Mitglied eine Herabsetzung von 5 Monatsgagen der 1. Instanz auf 3 Monatsgagen (2/54). Auch die anormal hohe Gage kann bis auf 1 Monat mindernd einwirken (30/49). Etwas darüber hegt die Entschädigung für eine unberechtigte Suspension unter Auswirkung auf die letzten Sommermonate eines auslaufenden Engagements bei Mitverschulden (11/52, S. 158). Im übrigen

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

und vor allem für die Bemessung der Schadenshöhe gibt die Schwere der Verletzung des Beschäftigungsanspruchs selbst den Ausschlag. Sie folgt aus der Bedeutung der Forderungen, die an Art, Umfang und Zeit der Beschäftigung zu richten sind und verletzt wurden; dabei ist insbesondere auch die Verwendung während der wichtigen Zeit Dezember—März zu beachten, da überwiegend in diesem Zeitraum die Engagements für die folgende Spielzeit getätigt werden. Diese Rechtsprechung wird durch die auf S. 96 erwähnte Entscheidung 16/51 dahin ergänzt, daß ein entstandener Schadensersatzanspruch aus einer Spielzeit gegen eine Bühne noch dann geltend gemacht werden kann, wenn das E n g a g e m e n t bei derselben Bühne auch in der nächsten Spielzeit w e i t e r l ä u f t . Praktisch können solche Ansprüche dann allerdings durch eine Mehrbeschäftigung in der folgenden Spielzeit ausgeglichen werden, was auch dem Gedanken der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands entspricht (§ 249 BGB). Notfalls erfolgt die Erhebung des Schadensersatzanspruchs dann am Ende der gesamten Engagementszeit. 2. Sonstige Vertragsrechte a) Gage Die Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs setzt die Arbeitsbereitschaft und Zur-Verfügungstellung der Dienste des Bühnenmitglieds voraus. Besteht diese nicht oder fällt sie später fort, so entfällt die Gagenzahlungspflicht der Bühne, da sie nicht in Verzug der A n n a h m e von D i e n s t e n ist, wenn das Mitglied nicht tätig wird (§615BGB). Das Oberschiedsgericht sagt in 15/49 anläßlich eines mit Erholungsurlaub-, Dienstfreistellung- und Engagementswechselfragen zusammenhängenden Falles: „Es ist zwar nicht anzunehmen, daß bei dieser Sachlage der Kläger noch im August zu einer Tätigkeit herangezogen worden wäre. Jedoch war dem Kläger für JuliUrlaub durch die Schließung des Theaters gewährt worden, so daß er der Beklagten im August 1948 hätte zur Verfügung stehen müssen. Zu dieser Zeit hatten fast alle Mitglieder des Theaters ihren Dienst wieder angetreten. Die Zahlung der August-Gage setzt nun voraus, daß die Beklagte während des August im Annahmeverzug war, nur in diesem Falle hat sie bei Nichtleistung der Dienste des Klägers die Gage zu zahlen (§615 BGB). Ein Annahmeverzug lag aber nicht vor, wenn der Kläger selbst seine Leistung nicht tatsächlich angeboten hat. Der Kläger konnte die Leistung nicht anbieten, da er bereits im August ein Engagement in Hamburg geschlossen und angetreten hatte. Erst im Laufe des Juli, nachdem sich die Vorverlegung der Ferien herausgestellt hatte (Anm. d. Verf.: ursprünglich für August vorgesehen), erklärte der Zeuge K. dem Kläger, indem er auf den früheren Wunsch des Klägers, ihn per Ende Juli aus dem Engagement zu entlassen, zurückkam: ,Nun haben Sie ja Gelegenheit, vorher auszuscheiden.' Der Kläger hat diese Erklärung entgegengenommen. Damit war nimmehr zwischen den Parteien klar geworden,

G agenanspruch (Anrechnungen, Doppelgage, Stundung)

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daß von einer Beschäftigung des Klägers im August abgesehen wurde und außerdem, daß der Kläger auch für diesen Monat keine Dienste mehr anbot. Im Ergebnis ist somit festzustellen, daß mangels eines Annahmeverzuges des Beklagten und Leistungsanerbietens des Klägers die Augustgage in Wegfall kam. Eine Fortzahlung der Gage trotz Entbindung von seiner Tätigkeit hätte zwischen den Parteien vereinbart werden müssen."

Selbst bei Annahmeverzug seitens der Bühne, also bei tatsächlich erklärter Anbietung der Dienste, muß nach 28/49 eine A n r e c h n u n g der gleichzeitig a n d e r w ä r t s v e r d i e n t e n G a g e auf die Verzugsgage erfolgen: „Aber selbst wenn aus dem Sachverhalt zu entnehmen wäre, daß die Kläger, wie sie behaupten, ihre Dienste für August der Beklagten vergeblich angeboten und damit die Beklagte in Annahmeverzug gesetzt haben, mußten sie sich nach § 615 BGB ihre Bezüge, die sie anderweit erlangt haben, verrechnen lassen. Daß diese Bezüge geringer waren als ihre Gage bei der Beklagten, haben die Kläger nicht behaupten können."

I n diesem Zusammenhang behandelt das Gericht die Möglichkeit einer D o p p e l - G a g e wegen mangelnder Kongruenz der Spielzeiten verschiedener Theater (früher beginnende und endigende des neuen Vertragstheaters), zwischen denen der Engagementswechsel stattfindet: „Soweit die Kläger schließlich noch geltend machen, daß durch die verschiedenen Spielzeiten bei den einzelnen Theatern ihnen Nachteile entstünden, die in anderen Fällen beim Überschneiden der Spielzeit durch Doppelgagen ausgeglichen werden müßten, so ist dieser Gesichtspunkt zwar wirtschaftlich richtig, aber rechtlich ohne Bedeutung, da die Zahlung einer Doppelgage niemals ohne ausdrückliche Vereinbarung begründet werden kann."

Über die B r u t t o - F e s t s e t z u n g des Gehalts in Schiedssprüchen vgl. S. 70. Probleme der G a g e n s t u n d u n g und des - V e r z i c h t s sind in der Zeit nach der Währungsreform dadurch akut geworden, daß das Oberschiedsgericht in dem grundlegenden, noch an anderer Stelle zu würdigenden Schiedsspruch 1/49 (S. J91) die Fortzahlung der Gagen in voller Umstellung 1:1 auf die neue Währung (§ 18 I Ziff. 2 UG) ohne die in § 27 UG vorgesehene, zwischenzeitliche Kündigungsmöglichkeit für die Dauer der Verträge statuierte. Die Bühnen kamen hierdurch in Schwierigkeiten und hatten mit z. T. unzulässigen Mitteln Gagenherabsetzungen zu erreichen versucht. Nach dem Schiedsspruch schufen die Tarifvertragsverbände wegen seiner wirtschaftlichen Auswirkungen für die Gesamtheit der Theater nach einem vorläufigen Schiedsstellen- und Stundungsabkommen die Tarifvereinbarungen vom 21. 5. und 6. 12. 1949. Hierbei wurde grundsätzlich der Gagenzahlungsanspruch aufrecht erhalten, aber teils aus Zusatzmitteln (Sozialfonds-Abgabe auf Eintrittskarten) bestritten, teils gemeinsam gestundet. Im Sinne des § 4 IV TVG war durch die Einschaltung der Tarifparteien der etwaigen Nichtigkeit diesbezüg-

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Hoher Einzelvereinbarungen (auch kollektiver Art) bei den Bühnen nach §§ 123, 138 B G B jede Grundlage genommen. Ehe es zu dieser Klarstellung kam, waren die Ereignisse z. T. jedoch schon vollzogen und der gerichtlichen Nachprüfung ausgesetzt. Ein derartiger Fall der vertraglichen Koppelung einer Stundung und eines bedingten Verzichtes (Erlasses) ist in 4/50 zur Entscheidung gelangt. Bereits aus Beweisgründen scheiterte die Feststellung eines mit dem Betriebskollektiv angeblich unter der Bedingung, daß das Theater in einer bestimmten Zeit die kaum ernstliche Summe von 900000 DM einnehmen würde, vereinbarten Verzichts auf die zunächst gestundeten Teilgagenbeträge; die kollektive, bloße Stundungsabrede wurde schiedsgerichtlich nicht beanstandet. Auch der Beweis, daß der Kläger als Einzelperson verzichtet habe, mißlang, weil hierbei ein bedingter Verzicht nicht klar genug mit der Individual-Stundungsabrede verbunden war und der Kläger bei der letzten Gagenausrechnung einen ausdrücklichen Annahme-Vorbehalt gemacht hatte. Die Wirksamkeit der Tarifvereinbarungen vom 21. 5. und 6. 12. 1949 ist vom Oberschiedsgericht in Streitfällen voll anerkannt worden. Einzelheiten dieser Übergangs-Sonderregelung sind aber nicht von dauerndem Belang, abgesehen von der Frage des Zuständigkeitsbereichs des Tarifausschusses (S. 251). Mag im übrigen die Feststellung des Gerichts in dem umfassenden Schiedsspruch 3/51 hervorgehoben werden, daß es sich bei dieser Tarifvereinbarung nur um die Regelung der Abwicklung von Forderungen, nicht aber um deren auch nur teilweisen E n t z u g ( Z w a n g s v e r z i c h t ) handelt. Denn es heißt hier bezüglich einer angeblichen Änderung der Tarifvereinbarung: „Wenn es sich tatsächlich um eine nachträgliche Abänderung der Tarifvereinbarung vom 31. 5./6. 12. 1949 handeln würde, so könnte diese etwa bereits entstandene Ansprüche der Kläger nicht entziehen."

So auch in 4/50 hinsichtlich einer etwaigen Betriebsvereinbarung einer Bühne mit dem Betriebsrat: „Die Trage, ob mit dem Betriebsrat eine Betriebs Vereinbarung auf Gagenverzicht zustande gekommen ist, kann unerörtert bleiben, da durch eine Betriebsvereinbarung bereits entstandene Ansprüche auf Gage nicht ausgeschlossen werden können."

b) N e b e n v e r g ü t u n g e n Der Normalvertrag sieht ausdrücklich in § 4 VI NV Nebenvergütungen als Entschädigungen für Mehrauslagen bei a u s w ä r t i g e m A u f t r e t e n (Abstecher), also für Fahrtkosten und Tagegelder ( D i ä t e n ) vor. Letztere müssen angemessen sein und werden meist lokal kollektiv über den Ortsausschuß der Bühnengenossenschaft vereinbart 1 ). Zweifelhaft ist gelegentlich der Begriff des Abstechers, wenn die Abstecherbühne 1)

Boden, Abstecher-Probleme, Die BUhnengenossenschait 1954/55, S. 254.

Gagenverzicht, Anspruch auf Nebenvergütungen (Abstecherdiäten)

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nicht nach § 2 1 Ziff. 2 N V i m Dienstvertrag als eigenes Theater des ^Rechtsträgers angegeben ist, also bei Vertragsabschluß bereits ersichtlich Gegenstand etwa zusätzlicher Vergütungsabreden sein kann. Auf diese Ersichtlichkeit bei Vertragsabschluß stellt es das Oberschiedsgericht in 2 7 / 5 0 ab, wenn es den „Abstecher"fall für 2 Theater verschiedener, benachbarter Städte, die einen einheitlichen Spielkörper auf Grund eines Zweckverbandvertrages gegründet und einheitliche Engagementsverträge abgeschlossen hatten, verneint und die wechselseitig erhobene Diätenforderung v o n DM 3,— je „auswärtiges", d. h. an einem anderen Ort, nicht lediglich außerhalb des Theatergebäudes stattfindendes Auftreten in dem anderen, örtlich getrennten Theater ablehnt. Der Ausschluß solcher Diäten war in dem Vertrag ausdrücklich vorgesehen. Das Gericht bejaht die tarifliche Zulässigkeit dieses Diätenausschlusses wie folgt: „Entscheidend ist der Begriff des auswärtigen Auftretens, denn der Tarifvertrag statuiert einen Anspruch auf angemessene Entschädigung nur bei .auswärtigem Auftreten'. Auswärtiges Auftreten ist aber nach dem Sinn und Wortlaut des NV nur ein solches Auftreten, welches außerhalb des Betriebssitzes desjenigen Theaters stattfindet, von dem der Bühnenkünstler engagiert ist. Dies ergibt sich zunächst aus § 2 Abs. 1 Ziff. 2 des NV, wonach zwingend vorgeschrieben ist, daß in dem Dienstvertrag angegeben sein muß das oder die Theater, an welchen das Mitglied Dienste zu leisten hat. Damit wird der Betriebsort des Theaters vertraglich festgelegt. Das ist das Theater, für welches sich das Mitglied verpflichtet. Dabei ist auch schon im Normalvertrag vorgesehen, daß ein Mitglied sich nicht nur f ü r ein, sondern für mehrere Theater verpflichten kann. Tritt das Bühnenmitglied an diesen Theatern auf, f ü r die es sich verpflichtet hat, so bedeutet dies nicht ein ,auswärtiges Auftreten', weil es gerade f ü r diese Verpflichtung an diesen Theatern die vereinbarte Gage und nur diese zu beanspruchen hat. Der Kläger übersieht bei der Auslegung des NV, •daß dem Wohnsitz des Bühnenmitglieds nach dem NV keinerlei rechtliche Bedeutung zukommt, d. h. ein in Köln wohnendes Bühnenmitglied der Bühnen in Krefeld kann niemals um deswillen sieh auf ein auswärtiges Auftreten berufen, weil es in Köln wohnt und in Krefeld auftritt. Ebensowenig kann aber ein in Krefeld wohnendes Bühnenmitglied ein auswärtiges Auftreten behaupten, wenn es sich f ü r die Bühne in M.-Gladbach verpflichtet hat. Weiterhin ist aus § 4 zu entnehmen, daß •das Bühnenmitglied neben seiner Tätigkeit an dem Theater, für welches es sich nach § 2 Ziff. 2 verpflichtet hat, auch in gewissem Umfange außerhalb des Theatergebäudes spielen muß. Diese Fälle sind in § 4 Abs. 1 — 3 näher erläutert. Nur f ü r diese Fälle werden ihm zum Ausgleich nach § 4 Ziff. 6 seine Mehrauslagen angemessen entschädigt, weil er durch seine Leistung außerhalb des vertraglichen Betriebsortes Mehraufwendungen hat, die er in die vereinbarte Gage nicht einkalkulieren konnte. Der Kläger hat sich nun in dem Dienstvertrag vom 9. 10. 1950 f ü r die Theater in Krefeld und München-Gladbach verpflichtet. Er kann daher nicht willkürlich eines dieser Theater als Ort eines auswärtigen Auftretens bezeichnen." Bezüglich hierbei etwa konkret eintretender dienstlicher, übermäßiger Mehrbelastung verweist das Gericht auf die Schadensersatzmöglichkeit 8 R i e p e n h a u s e n , Arbeltsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

wegen Ruhezeitverkürzungen (S. 113), wie überhaupt in § 4 V I I N V eine wichtige Generalklausel dieser Art liegt, die für konkrete Zusatzforderungen auch anderer Art bei Überspannung der Dienste nach § 4 III NV eine Rolle spielen kann. In diesem Zusammenhang verdient der Schiedsspruch aus dem Chorund Tanzrecht CT 4/29 (S. 220) Berücksichtigung auch im Solorecht, wonach unter Umständen auch gleichzeitige D o p p e l v o r s t e l l u n g e n im Sinne des § 3 III NV sondervergütet werden sollen, also nicht nur die echten, zeitlich folgenden Doppelvorstellungen. Die Gefahr solcher Schadensersatzansprüche kann jeweils einzelne oder allgemeine Vorweg-Abreden über Sondervergütungen für a u ß e r v e r t r a g l i c h e L e i s t u n g e n aller Art bedingen, z. B. bei Übernahme f a c h f r e m d e r R o l l e n oder P a r t i e n (13/36, S. 90). Auch können örtliche Bühnenbräuche solche Sondervergütungsansprüche — selbst ohne Schadensersatzgefahr — rechtfertigen; im Falle von N a c h t p r o b e n ist in 13/53 ein solcher Bühnenbrauch als nicht feststellbar bezeichnet worden. Die Abgrenzung zu den Entschädigungen für R u h e z e i t v e r k ü r z u n g e n ist in diesem Schiedsspruch allerdings etwas unklar, was zu Lasten der Mitglieder ausschlug: „Aua der Aussage des Zeugen Dr. M. ergibt sich einwandfrei, daß in den Fällen, in denen eine Sondervergütung für Nachtproben gezahlt wurde, dies wegen Verkürzung der Ruhezeit geschehen ist. Allerdings erfolgten solche Zahlungen teilweise auch an solche Mitglieder, bei denen tatsächlich eine Verkürzung der Ruhezeit nicht eintrat, weil sie anderntags innerhalb der Ruhezeiten dienstfrei waren. Die Auszahlung wurde, wie der Zeuge Dr. M. ausdrücklich bekundet, großzügig gehandhabt1), indem sie auch solchen ausgerichtet wurde, deren Ruhezeit nicht verkürzt war. Sie hatte aber denZweck, eine etwaige Verkürzung der Ruhezeit zu vergüten."

c) U r l a u b Das Urlaubsrecht ist in den beiden auf S. 4 erwähnten Tarifordnungen geregelt worden, die heute noch gelten (§9TVG)Z). Das Oberschiedsgericht ist hierzu verschiedentlich tätig geworden. Bei Jahres Spielzeiten fällt der Urlaub regelmäßig ohnehin in die Schließungszeit des Theaters (meist 1 Monat). Bei der Entscheidung 2/41 handelt es sich um die Anwendung des § 4 I 2 UO, wonach der Urlaub, der grundsätzlich im Anschluß an die Spielzeit gewährt werden soll, jedenfalls während dieser nicht „verlangt" werden darf, auch w ä h r e n d der unter 1 Jahr liegenden Vert r a g s d a u e r gegeben werden kann, wenn das E i n v e r s t ä n d n i s des J ) Dies Argument der Beweiswürdigung und Auslegung lehnt das Gericht in 19/51 bei Verwendung öffentlicher Mittel ab (S. 230). ') Die Bezeichnung der Urlaubsvorschriften ist uneinheitlich. Die 1. Tarifordnung hat sie mit „§§" bezeichnet, während die Abfinderungsbestimmungen lediglich beziffert sind. Hier wird entsprechend verfahren; die Abweichung des Oberschiedsgerichts ist auf eine wohl fehlerhafte Veröffentlichung nach 1945 zurückzuführen.

Sondervergütungen, Urlaub (Zeitpunkt)

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M i t g l i e d s vorliegt. Dieses Einverständnis kann nach diesem Schiedsspruch schon bei Vertragsabschluß erklärt werden. Im übrigen aber, und das ist der Hauptgegenstand der Entscheidung, berechtigt eine Spielzeitverkürzung solcher Nichtjahresverträge, wenn dies Einverständnis nicht nachgewiesen werden kann, nicht ohne weiteres zur Urlaubserteilung in der Zeit nach dem vorzeitigen Spielzeitende, während der Vertrag an sich noch einige Zeit bis zu dem ursprünglich ins Auge gefaßten Spielzeit- und Vertragsschluß weiterläuft. Vielmehr kann der Urlaubsanspruch in Ermangelung eines anderweitigen Einverständnisses erst nach Vertragsablauf befriedigt werden; Abweichungen gestattet heute der Tarifausschuß, Ziff. III, 2 Ziff. 3 des Tarifvertrages. Wenn dem Mitglied nach Abkürzung der Spielzeit die Möglichkeit eingeräumt wird, sich vom Ort des Theaters zu entfernen (um seine kranke Mutter zu besuchen), während welcher Zeit es aber weiterhin „auf Abruf" zur Verfügung steht, so kann hieraus nicht darauf geschlossen werden, daß das Mitglied mit der Abgeltung seines Urlaubsanspruchs in dieser Form einverstanden gewesen sei, zumal sich bei ihm — als Oberspielleiter und Stellvertreter des Intendanten — auch nach Beendigung der Spielzeit noch verschiedene Verpflichtungen im Theater betrieb ergeben können, so daß ein Abruf akut in Frage kam. Es ist dem Mitglied nicht zur Last gelegt worden, daß es sich während mehrerer, auf diese Art verbrachter Wochen nicht von sich aus bei der Bühne, die es nicht abrief, in Erinnerung brachte. Der Urlaubsanspruch wurde anerkannt (2/41): „Da er aber von vornherein, wie ihm zu glauben ist, erklärt hatte, daß er sich auf einen Abruf einrichte, kann es schließlich verstanden werden, wenn er sich nicht in Erinnerung brachte, um so mehr, als er angenommen haben mag, bei der bestehenden Spannung und wegen des bevorstehenden Ablaufs des Vertragsverhältnisses werde der Intendant seine, des Vertreters, Mitarbeit nur in Notfällen in Anspruch nehmen. Bei dieser mindestens naheliegenden Deutung seines Unterlassens kann nicht angenommen werden, daß der Kläger damit sein Einvernehmen mit der Einrechnung seines Urlaubs in die Vertragszeit erklärt hat, und es kann dann auch nicht festgestellt werden, daß er sich, wenn er heute den Anspruch auf Urlaubsentgelt erhebt, mit seinem früheren Verhalten in Widerspruch setze."

Daß sich ein Mitglied, wenn es durch sein Verhalten zunächst sein Einverständnis mit einer Urlaubsgewährung während der Spielzeit, wenn auch ohne ausdrückliche Erklärung, schlüssig zu erkennen gegeben hat, dann aber den Urlaub auf die Zeit nach der Spielzeit zu verschieben beansprucht, der E i n r e d e der gegenwärtigen A r g l i s t aussetzt, ist in diesem Schiedsspruch betont. Eine ausdrückliche Einverständnis-Erklärung nach § 4 I 2 UO erledigt ohnehin einen Anspruch auf eine derartige Verschiebung, da die Tarifbestimmung jenen „Verzicht" gestattet. Die vorstehende Entscheidung ist durch den Umstand beeinflußt, daß das Mitglied in dem abgekürzten Teil der Spielzeit immerhin noch „auf 8*

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

Abruf" zur Verfügung stand, wozu anscheinend das glaubhafte, subjektive Bewußtsein des Mitglieds im Sinne einer die B ü h n e belastenden U n klarheit der Urlaubsdisposition genügen soll. I m Falle einer klaren Arbeitsbereitschafts- und Beschäftigungsfreistellung ohne jegliche vorbehaltene Abrufungsmöglichkeit, sogar dann, wenn sich die individuelle Entbehrlichkeit des Mitglieds ganz plötzlich, etwa gegen Schluß seiner Vertragsdauer ergibt, lehnt das Oberschiedsgericht in 20/50 eine Verallgemeinerung jenes Grundsatzes ab und erklärt es für zulässig, daß das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis früher beendigt und anschließend bezahlter Urlaub (ganz oder teilweise innerhalb der jeweiligen Vertragsdauer) gewährt wird 1 ). E s handelt sich u m strittige 9 Resttage v o m 23. bis 31. Dezember eines 4-monatigen Engagements, in denen der Kläger wegen unerwarteten Mißerfolges eines Weihnachtsmärchens plötzlich abkömmlich wurde. D a s Gericht führt zunächst aus (20/50): „Die Begriffe Vertragsdauer, Beschäftigungsverhältnis und Spielzeit sind feste Begriffe, die im Arbeitsrecht sich herausgebildet haben. Unter Vertragsdauer ist diejenige Zeit zu verstehen, die den Beginn und das Ende des Vertrages einschließt. Das Beschäftigungsverhältnis umfaßt diejenige Zeit, in der das Bühnenmitglied tatsächlich beschäftigt wird. Unter Beschäftigungsverhältnis wird im Arbeitsrecht die Gesamtheit der Rechtsbestimmungen verstanden, die während der tatsächlichen Beschäftigung zwischen den Vertragsteilen bestehen. Das Beschäftigungsverhältnis ist unabhängig von dem Vertrag und auch dann vorhanden, wenn ein Vertrag etwa aus Bechtsgründen unwirksam ist, eine Beschäftigung dagegen besteht. Die Höhe des Urlaubsanspruchs hängt deshalb auch nicht von der Vertragsdauer, sondern von der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ab. Wenn somit in Ziffer 4, Abs. 1, Satz 3, davon gesprochen wird, daß bei denjenigen Verträgen, die nicht Jahresverträge sind, der Urlaub möglichst im Anschluß an das Beschäftigungsverhältnis zu geben ist, so bedeutet das nicht, daß der Urlaub im Anschluß an die Vertragszeit zu geben ist, sondern vielmehr an diejenige Zeit, in der das Bühnenmitglied beschäftigt worden ist. Die Beschäftigung kann aber vor Vertragsende beendet sein." D a ß allerdings überhaupt kein R a u m für eine Urlaubsgewährung nach Vertragsablauf sei, lehnt das Gericht ab: „Damit wird keineswegs praktisch das Arbeitsverhältnis über die Vertragszeit hinaus verlängert, denn es entspricht richtiger Anschauung, daß in diesem Falle die Zahlung der Urlaubsvergütung eine Nachwirkung des Arbeitsvertrages darstellt, die auf der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beruht. Es kann also nicht anerkannt werden, daß in den Fällen, in denen der Bühnenkünstler das Einvernehmen zu einer Beurlaubung während eines kurzfristigen Engagementsvertrags nicht erteilt, dadurch der Arbeitsvertrag verlängert werde. Wohl ist richtig, daß in solchen Fällen der Bühnenunternehmer zusätzlich zu der Gage f ü r die Vertragszeit noch die Urlaubsvergütung hinzurechnen muß. Mit dieser Möglichkeit muß er von Anfang an rechnen. Er hat es jedoch in der Hand, diese Möglichkeit dadurch auszuschließen, daß er bei Abschluß des Engagements sich des Einvernehmens des Bühnenkünstlers l ) Kritik durch W a s c h m a n n , Gefährdetes Urlaubsrecht, Die Bühnengenossenschaft 1950/51, S. 277.

Beiderseitige Grenzen der Urlaubsdisposition

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mit einer Beurlaubung während der Vertragszeit versichert und den Urlaub vertraglich festlegt. Dieses Einvernehmen kann vertraglich von Anfang an hergestellt werden. Es ist deshalb durchaus nichts Absonderliches, wenn mangels eines Einvernehmens eine Beurlaubung während der Vertragszeit nicht möglich ist und deshalb nach dem obengenannten allgemeinen Grundsatz die Verwirklichung des Urlaubs durch Gewährung von Freizeit nicht mehr erfolgen kann. In diesem Fall ist ersatzweise deshalb die Urlaubsvergütung zu zahlen. Einer mißbräuchlichen Verwendung der Urlaubsvergütung kann der Unternehmer dadurch entgegentreten, daß er das Urlaubsgeld zurückverlangt, wenn der Bühnenkünstler eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbsarbeit bei einem anderen Unternehmer leistet (Urlaubsordnung Ziff. 9)."

Den Widerstand des m a n g e l n d e n E i n v e r n e h m e n s des Mitglieds überwindet das Gericht durch den Hinweis auf evtl. u n z u l ä s s i g e Recht sausübung: „Versagt der Bühnenschaffende aber dieses Einverständnis willkürlich und ohne einen berechtigten Grund, so gilt es als erteilt, da die Versagung des Einvernehmens Treu und Glauben widerspricht und deshalb nach § 242 BGB unzulässig ist. Treu und Glauben sind die Grundlagen des Arbeitsvertrags, zumal auch des Bühnenvertrags. Dieser Grundsatz ergibt sich auch aus § 162 BGB. Die Beurlaubung des Bühnenschaffenden hängt nach Ziffer 4, Abs. 1, Satz 2 der Urlaubsordnung während der Vertragsdauer von dem Einvernehmen des Bühnenschaffenden als Bedingung ab. Nach § 162 BGB gilt aber diese Bedingung als eingetreten, wenn der Bühnenschaffende wider Treu und Glauben den Eintritt dieser Bedingung hindert. Hieraus ergibt sich somit, daß im Einzelfall untersucht werden muß, aus welchem Grunde der Bühnenschaffende die Beurlaubung während der Vertragszeit durch Versagung seines Einvernehmens verhindert und ob die Interessenwahrung es nicht rechtfertigt, daß, ohne Beeinträchtigung berechtigter Belange des Bühnenschaffenden, der Theaterunternehmer gleichwohl die Beurlaubung beanspruchen kann. Da3 Interesse an einer zusätzlichen Urlaubsgage allein kann als solches nicht anerkannt werden, weil dies darauf hinauslaufen würde, daß der Urlaub nicht durch Freizeit, sondern notgedrungen durch Geld abgefunden werden müßte, obwohl die Gewährung von Freizeit möglich und zumutbar ist. Das widerspricht aber dem Sinn der Urlaubsordnung, der in Ziff. 4, Abs. 2 zum Ausdruck gekommen ist. Das Urlaubsangebot des Bühnenunternehmens muß also dann genügen, wenn das Bühnenmitglied willkürlich sein Einverständnis versagt und kein schutzwürdiges Interesse der berechtigten Urlaubsfestsetzung des Bühnenunternehmers entgegenstellen kann."

Die Unterstellung der Erlaubnis für ein anderweitiges Auftreten in der Urlaubszeit zwecks Fortzahlung der Urlaubsgage erklärt das Gericht daher schon in 15/49 für rechtswidrig: „In Ziff. 9 der Urlaubsordnung ist bestimmt, daß während des Urlaubs das Bühnenmitglied keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbsarbeit leisten darf. Handelt es dieser Bestimmung zuwider, so entfällt der Anspruch auf das Urlaubsgeld. Aus dieser für das Vertragsverhältnis im Bühnenvertrag bestehenden Vorschrift ergibt sich, daß ein Bühnenbrauch in dem Sinne, daß ein Bühnenkünstler während der ihm zustehenden und bezahlten Urlaubszeit eine andere Tätigkeit an

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einer anderen Bühne ohne Einverständnis des Vertragspartners bei auslaufendem Vertragsverhältnis ausüben darf, sich nicht gebildet haben kann. Ein solcher Brauch wäre vertragswidrig und nicht geeignet, die Bedingungen des Normalvertrags und der zum Inhalt desselben gewordenen Urlaubsordnung außer Kraft zu setzen." Abschließend verneint das Gericht in der Entscheidung 2 0 / 5 0 eine Gefährdung des Beschäftigungsanspruchs, da der Kläger bereits angemessen beschäftigt erschien. Das komme, wie das Gericht meint, an sich als triftiger Grund für die Ablehnung des Urlaubsangebots in B e t r a c h t . A n dieser Rechtsprechung hat das Gericht auch in 7 / 5 4 festgehalten, in welchem F a l l das Mitglied sein Einvernehmen mit der Urlaubsgewährung innerhalb der Vertragsdauer (weniger als 1 J a h r ) von der Zahlung eines Feriengeldes neben der Gage abhängig gemacht hatte. I m Sinne der Vorentscheidung erklärt das Gericht hier diesen Vorbehalt für urlaubsrechtswidrig: „Nach der heutigen Auffassung ist die frühere Theorie des sogenannten Doppelanspruchs auf Vergütung und Freizeit von Rechtslehre und Rechtsprechung aufgegeben worden. Das Recht auf Erholungsurlaub ist ein einheitlicher Anspruch auf Freizeit bei gleichzeitiger Fortzahlung des Entgeltes derart, daß beides voneinander nicht getrennt werden kann (vgl. Dersch, S. 52, Urlaubsgesetze, Anm. 79 u. 80). Es ist also rechtsirrtümlich, wenn der angefochtene Schiedsspruch ausführt, es bedeute keine Verletzung von Treu und Glauben, wenn eine Partei bei der Ausübung eines vertraglich festgelegten Rechts auf Feriengeld lediglich ihren Vorteil wahrt. Der Arbeitnehmer hat keinen selbständigen Anspruch auf Urlaubsvergütung (Feriengeld), sondern kann diesen nur in Verbindung mit dem Anspruch auf Freizeitgewährung geltend machen. Dies ist auch in dem Urlaubsabkommen selbst dadurch zum Ausdruck gebracht, daß dort bestimmt ist: ,Der Urlaub ist grundsätzlich durch Freizeit zu gewähren. Das Urlaubsgeld ist vor dem Antritt des Urlaubs zu zahlen. Es darf nur für Zwecke des Urlaubs verwendet werden.' Es kann sich also bei der zulässigen Wahrung des Interesses des Bühnenmitglieds nur um die seinen Interessen entsprechende zeitliche Festlegung der Freizeit handeln. Hierzu bedarf es nach Ziff. 4 des Urlaubsabkommens einer Abstimmung des Bühnenleiters mit dem Mitglied. Es ist somit nicht richtig, daß der Urlaub diktiert weiden könne. Die Rechtsprechung hat einzig und allein in dem Fall einen Schadensersatzanspruch auf Urlaubsvergütung dann zugelassen, wenn der Urlaub nicht während der Vertragszeit aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, verwirklicht werden konnte. Aus dem Wesen des Urlaubsanspruchs ergibt sieh deshalb, daß nicht die Urlaubsvergütung, sondern die Gewährung der Freizeit das Entscheidende ist und die Urlaubsvergütung grundsätzlich nur in Verbindung mit der Freizeit zu verwirklichen ist. Es entspricht deshalb nicht dem Wesen des Urlaubs, wenn das Bühnenmitglied gegenüber dem Vorschlag zur Beurlaubung sich lediglich beschränkt auf das Verlangen, neben der Gage noch eine zusätzliche Urlaubsvergütung zu erhalten. Damit würde es praktisch eine Abgeltung der Freizeit durch Vergütung beanspruchen. Dies entspricht nicht Ziffer 4 Abs. 2 des Urlaubsabkommens." W o h l aber erkennt das Gericht in diesem Spruch außer der B e s c h ä f t i g u n g s f r a g e weitere triftige Gründe wie K r a n k h e i t im Sinne

Urlaub und Beschäftigungsanspruch, Urlaubsgeldgarantie

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des § 5 U 0 oder „ f e s t g e l e g t e F e r i e n p l ä n e " als Grund zur V e r s a g u n g d e s E i n v e r s t ä n d n i s s e s des Mitglieds hinweisartig an. Diese Gesamtargumentation müßte, wenn sie allgemeine Bedeutung haben soll, vielleicht noch ausdrücklich in der Richtung ergänzt werden, daß dem Urlaubnehmer gemeinhin eine angemessene V o r f r i s t eingeräumt werden muß, um sich auf eine vernünftige Urlaubsgestaltung rechtzeitig einzurichten, womit hier Treu und Glauben schon beim Urlaubgeber beginnen würden 1 ). Einen Hinweis hierzu gibt das Chor- und Tanzrecht mit der Regelung der „freien Tage", CT 4/35 (S. 242). Im Falle 7/54 handelte es sich immerhin schon um die Frage eines über 3 wöchigen Urlaubs bei einer Vertragsdauer von 10 Monaten. Das Mitglied hätte also, zumal das Gericht in 20/52 eine Individualfreistellung zu Urlaubszwecken durch die Bühne nach der Einzelvertragsdauer gestattet (während die sonstige Spielzeit weiterlaufen kann), etwa „erklären" können, es wolle bis zum Vertragsschluß beschäftigt werden, und schon damit der Rechtsprechung ein neues Problem der „einvernehmlichen" Einschränkung des Beschäftigungsanspruchs (bei dem das Interesse des Theaters hier nur ein finanzielles wäre, also eine Einschränkung normalerweise nicht erlauben würde, S. 100) stellen können. Überhaupt erscheint die Konsequenz der Rechtsprechung problematisch, die Einigung über die Berechtigung eines ziffernmäßig meist klaren Urlaubszeitanspruchs von der Höhe eines „Für und Wider" nach Treu und Glauben abhängig zu machen, das bei beiderseitigem Klarstellungswillen zum Prozeß bei Urlaubsbeginn führen muß. Diesen K l ä r u n g s - u n d B e s t i m m u n g s w i l l e n hat vielleicht schon ihrerseits die Urlaubsordnung bekundet. Denn ob nicht das in § 4 I 2 UO vorgesehene Einverständnis des Mitglieds („nur im Einvernehmen") Rückschlüsse in dem Sinne zuläßt, daß das Mitglied, da es bei ihm um seine mit § 4 I I UO abgesicherte Erholungsdisposition, bei der Bühne aber nur um Geldzahlung geht, frei und unnachprüfbar soll entscheiden dürfen, bleibt weiterhin umstritten. Der Urlaubsbegriff erheischt nicht nur Freizeit, sondern auch b e z a h l t e F r e i z e i t , und zwar fürsorgerisch gesicherte Zahlung zur Zeit des Urlaubsantritts, wie dies das Tarifrecht unabdingbar bestimmt (3/55): „Die Urlaubsordnung bestimmt nun in Ziff. 1: , Jedes Bühnenmitglied hat nach einem Beschäftigungsverhältnis von mindestens 4 Monaten einschl. der Probezeit innerhalb einer Spielzeit an ein und demselben Theaterbetrieb Anspruch auf Urlaub unter Fortzahlung seiner Bezüge.' Danach ist auch hier zum Ausdruck gebracht, daß der Urlaub unter Portzahlung der Bezüge zu gewähren ist und die Bezüge nicht verrechnet werden können mit einem Teil der in früheren Monaten verdienten Gage. Nach Ziff. 2 erhöht sich der Urlaub je nach der Beschäftigungszeit, bei einer solchen von 12 Monaten auf 28 Kalendertage. Nach Ziff. 4 Abs. 2 ist weiterhin be') D e r s c h , Die Urlaubsgesetze, Anm. 72 (Urlaubsplan), Anm. 343 (Einschränkung des Direktionsrechts).

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

stimmt: ,Der Urlaub ist grundsätzlich durch Freizeit zu gewähren. Das Urlaubsgeld ist vor dem Antritt des Urlaubs zu zahlen. Es darf nur für Zwecke des Urlaubs verwendet werden.' Die Urlaubsordnung will also damit entsprechend dem auch sonst in den Urlaubsgesetzen geltenden Grundsatz sicherstellen, daß das Urlaubsgeld zweckgebunden ist und der Urlaub einen einheitlichen Anspruch auf Gewährung von Freizeit und Urlaubsvergütung darstellt. Diesem Grundsatz würde aber die den Parteien unterstellte Vereinbarung widersprechen, wonach von vornherein es dem Kläger überlassen blieb, einen Teil der verdienten Gage f ü r den Zweck des Urlaubs zurückzulegen, um damit eine Fortzahlung der Bezüge während der Urlaubszeit zu ersetzen. Zugelassen wird ein solches Verfahren nur durch eine tarifliche Vereinbarung, bei der die Zweckgebundenheit des Urlaubsentgelts sichergestellt ist, wie beim Urlaubsmarkensystem im Baugewerbe". Die Urlaubsordnung schließt sich also den rechtssystematisch vorrangigen Landesgesetzen an; das Oberschiedsgericht hatte insofern hier auf Art. 10 I, I I I B a y . Urlaubsgesetz Bezug zu nehmen, wonach Einzelabreden in Abweichung v o n Gesetz oder Tarifrecht ungültig sind 1 ). Auch der Rückgriff auf die für Urlaubszwecke vorausgezahlte Gage ist unzulässig. Rückzahlung kann jedenfalls nicht im Wege der Aufrechnung durchgesetzt werden (3/55): „Auch eine nachträgliche Aufrechnung eines Teils der Gagen gegenüber dem Urlaubsanspruch ist nicht angängig, da die Urlaubsvergütung wegen der persönlichen Natur des Urlaubsanspruchs einer Aufrechnung nicht zugänglich ist. Es kann deshalb auch nicht hinsichtlich des Teils, der auf Urlaubsentgelt gerichtet ist, gegen den Anspruch mit früher etwa zuviel gezahlten Gagenbeträgen aufgerechnet werden (vgl. Dersch a. a. 0. Anm. 97 und LAG Hannover AP 51, Nr. 93)." Bezüglich der Berechnung bei gastspielartiger Honorierung eines Engagements (über 72 Gastspiele, § 20 N V ) macht das Gericht jedoch eine Einschränkung, weil die Parteien bei Vertragsabschluß voneinander abweichende Meinungen hatten (Dissens): „Hinsichtlich der Höhe des Anspruchs war zu prüfen, ob von der im Vertrag vorgesehenen Gage f ü r 100 Abende zu DM 180,— auszugehen war oder von dem höheren tatsächlichen Verdienst des Klägers. Für letzteres würde allerdings die Urlaubsordnung sprechen, welche in Ziff. 4 bestimmt, daß Urlaubsgeld der bisherige als tatsächliche' Verdienst weiter zu zahlen ist. Hier war aber auf Grund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung und der vorausgegangenen Verhandlungen in Verbindung mit der in erster Instanz erfolgten Vernehmung des Klägers und des Intendanten Prof. H. festzustellen, daß beide Parteien bei Vereinbarung der Gage von verschiedenen Voraussetzungen ausgegangen sind. Der Kläger nahm an, daß ihm eine gesonderte Urlaubsvergütung zustehe. Der Staatsintendant, der den Vertrag verantwortlich abgeschlossen hatte, ging mutmaßlich von der irrtümlichen Vorstellung aus, es handele sich um einen Gastspielvertrag. Dadurch erklärt sich auch das Fehlen einer Vereinbarung über die Urlaubsregelung, die in den früheren Jahren vertraglich entsprechend dem üblichen Vertragsformular ge') R i e p e n h a u s e n , Recht auf Urlaubsgeld, Die Bühnengenossenschaft 1955/56, S. 178.

Urlaub trotz Gastspiel-Scheinvertrag — Vertragsbruch

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troffen wurde. Insoweit lag hinsichtlich der Höhe der beiderseitigen aufzubringenden Leistungen ein Dissens zwischen den Parteien vor, da auch dem Kläger nicht zu widerlegen ist, daß er mit einer zusätzlichen Urlaubsvergütung gerechnet hat. Zwar tritt im allgemeinen an Stelle des tarifwidrigen Teils des Vertrags nach § 4 des Tarifvertragsgesetzes die tarifliche Regelung; denn bei einer Tarifbestimmung handelt es sich um objektives zwingendes Recht, welches an Stelle der arbeitsvertraglichen Abmachungen, die gegen Mindestbestimmungen verstoßen, tritt. Letztere sind insoweit unwirksam. Im übrigen bleibt regelmäßig ein Arbeitsvertrag wirksam. Die Bestimmung des §139 BGB ist grundsätzlich ausgeschaltet (Hueck-Nipperdey, TVG 2. Aufl. Anm. 44). Dies gilt jedoch nur, sofern nicht besondere Voraussetzungen im Einzelfall zu einem anderen Ergebnis führen (vgl. RAG in ARS 37, 213). Tatsächlich liegen hier besondere Umstände insofern vor, als auch der in den §§ 2 u. 4 vertraglich vereinbarte Zahlungsmodus nicht mit der Forderung des § 3 (1) des Normalvertrags in Einklang stand, wonach dem Mitglied ein festes Gehalt zu gewähren ist. Hiervon kann man nicht mehr sprechen, wenn die Zahl der Gastspiele' ungewiß bleibt, der Unsicherheitsfaktor dazu noch bei Ausfällen aus in der Person des Mitglieds liegenden Gründen erhöht wird (§ 4 des Vertrags). Aus diesem Grunde war an Stelle des vertraglichen Zahlungsmodus eine angemessene feste Vergütung f ü r die Bemessung der Urlaubsvergütung zugrundezulegen. Als angemessen war auch im Hinblick auf die frühere Gage des Klägers ein Jahresbetrag von DM 18000,— anzusehen. Es entfällt auf jeden Tag des Jahres (zu 365 Tagen gerechnet) eine durchschnittliche Tagesvergütung von DM 49,30, mithin auf 28 Urlaubstage ein Betrag von DM 1380,50, auf den zu erkennen war."

Die k o l l e k t i v e Anerkennung der A b g e l t u n g von U r l a u b s a n sprüohen vor Engagementsschluß legt das Oberschiedsgericht in 31/48 unbeanstandet zugrunde, obwohl sich die Klägerin später auf solche Ansprüche berief (vor Geltung des § 4 IV TVG); so auch in 5/49. 3. Vertragsbruch § 14 NV stellt 3 Fälle fest, in denen „Vertragsbruch", der schärfste Fall der Verletzung des Arbeitsvertrages durch unbegründete Erfüllungsverweigerung schlechthin vorliegt, nämlich rechtswidrig-schuldhafte Entlassung eines Mitglieds, rechtswidrig-schuldhafter Nichtantritt, bzw. Aufgabe des Engagements und —• als gegenseitige General- und Rahmenklausel für verschiedene Tatbestände — schuldhaft-vertragswidriges Verhalten als Anlaß fristloser Kündigung. Die damit verbundenen Folgen werden nicht erwähnt. Sie sind jedoch als „zivilrechtliche" Folgen in Ziffer V des Tarifvertrages selbst, also nicht im normativen Teil genannt, nämlich Vertragsstrafe, Schadensersatz, schiedsgerichtliche Feststellung der Vertragsaufhebung mit der Maßgabe, daß die Schiedsgerichte auch über die „Dauer" der schiedsgerichtlichen Vertragsbrucherklärung, d. h. über die Dauer disziplinarer Wirkungen entscheiden sollen. Aus der in Ziffer V erwähnten Häufungsmöglichkeit dieser Maßnahmen ergibt sich, daß das Gericht bei der Entscheidung über die zivilrechtlichen Folgen frei ist, also z. B. bei einer Feststellung der Vertrags-

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

aufhebung nicht an das Vorliegen einer fristlosen Kündigung gebunden sein würde. § 14 NV enthält demnach lediglich die Begriffsbestimmung des in Ziffer V in den möglichen Konsequenzen geregelten Vertragsbruchs. Gegenstand des Schiedsspruchs würde die Vertragsbrucherklärung als solche nebst ihren — etwa gehäuften — zivilrechtlichen Folgen sein. Allerdings ist der Kläger nicht gezwungen, auf Grund eines hierfür geeigneten Tatbestandes zur V e r t r a g s b r u c h s k l a g e zu greifen, sondern kann auch lediglich unmittelbar, z. B. auf Schadensersatz klagen oder eine fristlose Kündigung aussprechen. Denn der Sinn dieser prozessualen Ordnung bestand zur Zeit des Tarifvertragsabschlusses 1924 darin, daß z. B. an die „Dauer" der Vertragsbrucherklärung der Schiedsgerichte Folgen geknüpft waren, nämlich der Boykott des betreffenden Mitglieds durch die Verbände für eine entsprechende Zeit. Die sich selbständig gegenüberstehenden Verbände schufen sich in den Schiedsgerichten eine übergeordnete, neutrale Instanz zur Feststellung von Disziplinartatbeständen des Vertrags. Die Schiedsgerichte waren insoweit nicht als Gerichte, sondern als Organe der TarifVertragsparteien tätig. In der Zeit seit 1933 bis Kriegsende 1945 sind keine Vertragsbruchsklagen anhängig geworden, da die disziplinaren Fragen auf Grund der kulturständischen Gesetzgebung anderweitig geahndet wurden. Seit 1945 haben sich solche Klagen ebenfalls noch nicht wiederholt. Der Haupteffekt, der zeitweise Boykott des Übeltäters als Ausschlußmaßnahme, wird heute aus rechtlichen oder sonstigen, organisationsbedingten Gründen anscheinend nicht angestrebt. Im Falle von arbeitsvertraglich vereinbarten Vertragsstrafen (§ 16 NV) bei Vertragsbruch oder bei sonstigem Rechtsschutzinteresse, das grundsätzlich vorliegt, bestehen aber keine Bedenken gegen ein entsprechendes Verfahren. I n 28/49 wurde einredeweise gegenüber einem Gagenanspruch Vertragsbruch nach § 7 II NV (anderweitiges öffentliches Auftreten) geltend gemacht, doch verneinte das Oberschiedsgericht die Vorraussetzung eines Verschuldens und verwies auf die schwerwiegenden Folgen einer Vertragsbruchsfeststellung. In Ermangelung von Schiedssprüchen nach § 14 NV soll hierüber nicht näher theoretisiert werden. 4. Sonstige Vertrags- und Rechtsverletzungen a) V e r z u g Die gegen die Bühne gerichtete wesentlichste Verletzung des Vertrages oder wichtiger Einzelabreden ist seitens eines Mitglieds die N i c h t e i n h a l t u n g des V e r t r a g e s selbst. Nicht immer liegt dabei jedoch ein Vertragsbruch im Sinne des vorigen Kapitels vor. Das Gericht behandelt in 20/34 einen Fall, in dem der auf Seite der Bühne eingetretene Schaden durchaus real und nachweisbar ist, wovon sonst — vom Fall des ver-

Leistungsverzug des Mitglieds, Arbeitszeitsicherung

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teuerten Ersatzengagements abgesehen — meist nicht die Rede sein kann; daß durch die Vertragsverletzung bei entsprechender Vertrags abrede eine Vertragsstrafe (§16 NV) fällig werden kann, ist eine andere Frage. In 20/34 handelt es sich um den absonderlichen Fall, daß das Mitglied den Zeitpunkt einer Gastspielaufführung selbst zu bestimmen hatte, dies aber vertragswidrig hinausschob, bis schließlich das Stück als solches behördlich verboten wurde. Das Gericht stellt hier zu Lasten des Mitglieds einen V e r z u g s f a l l fest, weil es seine Vertragspflicht zu Unrecht als überhaupt nicht bestehend bezeichnete: „Überdies erklärte aber der Beklagte unzweideutig, daß ein Vertrag zwischen den Parteien gar nicht bestehe. Nach ständiger Rechtsprechung — vgl. RGR Anm. 2 zu § 284 — gerät jedoch der Schuldner — auch ohne Mahnung und ohne daß seine Leistung überhaupt schon fällig zu sein braucht — in Verzug, wenn er bestimmt erklärt, nicht erfüllen zu wollen; er setzt sich damit selbst in Verzug. Die Erfüllung kann aber nicht bestimmter abgelehnt werden, als durch die Erklärung, daß ein Vertrag und eine Verpflichtung überhaupt nicht bestehe."

Zur Vertragspflicht gehört aber nicht nur das Spielen selbst, sondern auch diese oder jene nach den Umständen gegebene Nebenleistung: „Die Übersendung des Buches und die Zeitbestimmung (des Gastspiels) gehörten deshalb — als Nebenleistungen — mit zu der vom Beklagten aus dem Vertrage geschuldeten Leistung; geriet der Beklagte mit ihnen in Verzug, so bedeutete dies seinen Verzug mit der Leistung überhaupt."

Tritt während eines solchen Verzugsfalles aus anderen Gründen die Unmöglichkeit der Leistung durch Zufall ein, so wendet das Gericht § 287 S. 2 BGB an, wonach der Schuldner gleichwohl zum Schadensersatz wegen Verzuges grundsätzlich verpflichtet bleibt. Den Schadensersatzeintritt erblickt das Oberschiedsgericht darin, daß das Werk bei korrektem Verhalten des Mitglieds noch vor dem Stückverbot hätte zur Aufführung kommen können. b) R u h e z e i t e n ,

Nachtproben

Die Verletzung der Ruhezeitvorschriften ist sowohl nach § 18 NV als auch etwa nach den Bestimmungen der Arbeitszeitordnung (in Verbindung mit § 823 I I BGB) eine Vertrags- und Schutzgesetzverletzung mit entsprechender S c h a d e n s e r s a t z p f l i c h t , die das Oberschiedsgericht wegen dadurch meist bedingter Sonderaufwendungen in Geld auszugleichen pflegt, wenn nicht bestimmte arbeitsvertragliche Vereinbarungen durch den Ortsausschuß der Bühnengenossenschaft mit dfer Bühnenleitung gemäß § 18 V NV getroffen worden sind. Ein systematisch positives, im konkreten Ergebnis negatives Beispiel liegt in 27/50 vor: „Es ist durchaus möglich, daß in Fällen, in denen durch die Doppeltätigkeit de3 Bühnenmitglieds in Krefeld und M.-Gladbach eine übermäßige Beanspruchung

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

vorliegt und deshalb angemessene Entschädigung zu zahlen ist, weil die übermäßige Beanspruchung den einschlägigen Bestimmungen über die Arbeitszeit, wie sie durch die Arbeitszeitordnung vom 30.4.1938 und §18 des NV vorgeschrieben ist, widerspricht. Um einen derartigen Fall handelt es sich aber im gegenwärtigen Rechtsstreit nicht, da es dieserhalb einer genauen Darlegung und des Nachweises seitens des Klägers bedürfte über die Verletzung des § 18 NV bezüglich der ihm zustehenden Ruhepausen und Überschreitung der zulässigen Arbeitszeit." D a ß das Mitglied die Ruhepausenverkürzung hinnimmt, fingiert — zumal es nicht immer prüfen kann, ob ein normalvertraglicher AusnahmePflichtfall vorliegt—-nicht etwa einen V e r z i c h t auf evtl. Entschädigung (S. 131). E i n im Normalvertrag nicht ausdrücklich ausgesprochenes, außerhalb einer konkreten Ruhezeitverkürzung liegendes e v t l . N a c h t p r o b e n v e r b o t ersetzt das Gericht nicht durch den Schiedsspruch 13/53: „Der Kläger legt nun § 18 dahin aus, daß damit grundsätzlich eine Probe zur Nachtzeit vertraglich von der Dienstpflicht ausgeschlossen sei. Aus diesem Grunde sei die Heranziehung zu Nachtproben grundsätzlich als außervertragliche Leistung zu vergüten, wobei als außervertraglich die Zeit nach Mitternacht anzusehen sei. Diese Auslegung findet in § 18 keine Grundlage. Dort ist vielmehr in Abs. 1 durch eingehende Regelung die Teilnahme an einer Probe an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie nach Beschäftigung in einer Abendaufführung von der Dienstpflicht ausgenommen. Die Verpflichtung hierzu soll nach Abs. 4 nur im Einverständnis mit dem Ortsausschuß der GDBA bindend festgelegt werden. Außerdem ist in Abs. 2 und 3 f ü r die Einhaltung der Ruhezeiten nach Ende und vor Beginn einer Aufführung eine Bestimmung getroffen. Eine Verkürzung der Ruhezeit ist in Ausnahmefällen und nach Abs. 5 nur im Einverständnis mit dem Ortsausschuß der GDBA bindend zu vereinbaren. Alle diese Bestimmungen zielen somit auf die Einhaltung der täglichen Ruhezeiten und derjenigen an Sonn- und Feiertagen ab. Es ist danach keine Bestimmung im NV enthalten, wonach Nachtproben grundsätzlich nicht zu den Vertragspflichten im Sinne des § 4 gehören. Deshalb muß die allgemeine Bestimmung des § 4 Abs. 1 zur Anwendung kommen, wonach sich die Verpflichtung des Mitgliedes grundsätzlich auf alle Veranstaltungen, auch wenn sie nicht im Theatergebäude stattfinden, erstreckt. " Das Gericht vermag diese evtl. Tariflücke auch nicht nach § 157 B G B im Wege der Vertragsauslegung zu schließen (S. 59). Das Gericht fahrt in der grundsätzlichen Entscheidung fort: „Das Bühnenoberschiedsgericht kann auch insofern nicht der Auffassung des Klägers folgen, wonach der .regelmäßige Arbeitsrhythmus' des Bühnenkünstlers eine Beendigung seiner Tätigkeit um Mitternacht beinhalte. Das ist örtlich'sehr verschieden und hängt auch von der Art der Bühne ab. Vom allgemeinen Arbeitsrecht her gesehen kann eine derartige Begrenzung der Verpflichtung nicht hergeleitet werden. Denn die Arbeitszeitordnung enthält im allgemeinen nur Bestimmungen über die Dauer der Arbeitszeit, nicht aber über die zeitliche Lage der Arbeitsstunden, und es ist auch in der privaten Wirtschaft durchaus möglich, bei einem fortlaufenden Betriebe einzelne Arbeitsschichten einzulegen, von denen ein Teil in die Nachtzeit fällt. Gesichert müssen in diesen Fällen immer nur die Dauer der

Ruhezeit- und Krankmeldungsverstöße (Schadensersatz)

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Gesamtarbeitszeit und die Ruhepausen bleiben. Die Sonderschutzbestimmung über die Nachtarbeitszeit der Frauen findet auf Theaterbetriebe keine Anwendung (§ 19 Abs. 3 AZO)."

Abschließend lehnt das Gericht nach eingeholten Auskünften ab, daß ein allgemeiner oder lokaler Bühnenbrauch über die Nachtprobenentschädigung außerhalb echter Ruhezeitverkürzungen festzustellen sei, wenn auch bei anderweitigen Nachtproben des Theaters bisweilen durchweg Ruhezeitverkürzungsvergütungen gezahlt worden seien, und zwar im Zuge der Gesamtregulierung auch solchen Mitgliedern, deren Ruhezeit nicht verkürzt worden war (S. 114)1). c) K r a n k m e l d u n g , R e s i d e n z p f l i c h t Die Rückkehr- und Benachrichtigungspflicht sowie die K r a n k m e l d u n g s p f l i c h t nach §§3, 6 der Hausordnung bei auswärtiger Erkrankung eines Bühnenmitglieds können im Verletzungsfall eine Schadensersatzpflicht auslösen, wenn die Bühne eine Ersatzkraft einstellen muß oder sonstigen Schaden erleidet (18/53): „Bestehen bleibt indessen eine Verletzung des Normalvertrags in Verbindung mit der Hausordnung insofern, als die Klägerin schuldhaft versäumt hat, der Bühnenleitung von ihrer Behinderung rechtzeitig Kenntnis zu geben. In § 3 der Hausordnung ist die Verpflichtung zur unverzüglichen Verständigung des Bühnenleiters unter Angabe der Gründe vorgeschrieben. In § 6 ist ferner vorgeschrieben, daß das Mitglied Unpäßlichkeit oder Erkrankung der Bühnenleitung auf dem schnellsten Wege mitzuteilen hat. Dabei mag auf die Form dieser Mitteilung durch schriftliche Anzeige mit der Aufschrift .Krankmeldung' in der Praxis der Bühne kein besonderer Wert gelegt worden sein. Es war aber ein selbstverständliches Gebot der Rücksichtnahme auf die Bühnenleitung und auf die Belange der Bühne, die Gründe der Verhinderung der Klägerin unverzüglich bekanntzugeben. . . . Die dem Arbeitnehmer allgemein und hier durch die Hausordnung besonders normierte Verpflichtung zur Unterrichtung des Arbeitgebers im Falle der Arbeitsunfähigkeit stellt eine Vertragspflicht dar, deren Verletzung den Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig macht (vgl. LAG Mannheim vom 26. 4. 1954 AP 54 Nr. 165). Durch diese Unterlassung hat die Klägerin die Beklagte zu einer Fehlmaßnahme durch Einstellung einer Ersatzkraft veranlaßt, die zum mindesten teilweise durch das Verhalten der Klägerin mitverursacht wurde."

Die Einschränkung der nur „teilweisen" Mitverursachung bezieht sich auf die Würdigung der in diesem Zusammenhang erfolgten, jedoch unberechtigten fristlosen Entlassung der Klägerin (S. 151,158). Das Gericht nimmt eine teilweise Aufrechnung der beiderseitigen Schadensersatzansprüche vor. Die Verletzung einer R e s i d e n z p f l i c h t , weil sich die Künstlerin zur fachärztlichen Stimmuntersuchung ohne Urlaubsgesuch weit auswärts ') R i e p e n h a u s e n , Nachtarbeitspflicht der Bühnenkünstler?, Die Bühnengenossenschaft 1954/55, S. 32.

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

begeben hatte und dort zunächst arbeitsunfähig in Behandlung blieb» stellt das Gericht in diesem Zusammenhang nicht fest, obwohl sich die Bühne darauf berufen hatte. Sie ist in der Tat im Normalvertrags- und Hausordnungsrecht nicht im Sinne einer örtlichen Bindung, sondern nur einer Erreichbarkeit festgelegt 1 ). Die tatsächlich festgestellte Krankheit befreite die Klägerin nach dem Hinweis des Gerichts von der diesbezüglichen Verpflichtung aus § 4 der Hausordnung. In diesem Sinne auch 27/50: „Der Kläger übersieht bei der Auslegung des NV, daß dem Wohnsitz des Bühnenmitglieds nach dem NV keinerlei rechtliche Bedeutung zukommt."

Vgl. über die sog. Residenzpflicht auch die Entscheidung für Chor und Tanz CT 5/24 (S. 232). d) U r h e b e r - u n d L e i s t u n g s s c h u t z r e c h t e Urheberrechtlich verletzbare Seiten hat das Bühnendienst Verhältniseindeutig — und kaum mehr streitig — beim B ü h n e n b i l d n e r , möglicherweise auch beim Dramaturgen oder Regisseur 2 ). Durch das Anstellungsverhältnis gehen unübertragbare Rechte des Urhebers wie das „droit moral", insbesondere auch hinsichtlich der Unveränderbarkeit der Leistung durch Dritte oder bezüglich der Namensnennung, nicht unter, mag es im übrigen Sache der Vertragsgestaltung sein, wirtschaftliche Auswertungsmöglichkeiten auf den Arbeitgeber übergehen zu lassen. Vorsicht bei der Vertragsauslegung ist, vor allem bei rechtsaufgebenden Pauschalklauseln, am Platze, wie das Urheberrecht immer wieder lehrt. Das Oberschiedsgericht hat in einem sehr ausführlichen Schiedsspruch das Urheberrecht des nicht angestellten Bühnenbildners behandelt, das aber in seinen rechtlichen Grundlagen auch für den im Arbeitsverhältnis befindlichen gilt, falls eine Vertragsbühne seine Arbeitsergebnisse unerlaubt weitergibt, die Bühnenbilder an eine andere Bühne verleiht oder vermietet und damit auch selbst ersatzpflichtig wird. Es handelt sich um den Schiedsspruch 10/423), der in besonders eindrucksvoller Weise Nuancen arbeits- und urheberrechtlicher Vorgänge darstellt. Das Gericht pflichtet dem Klageanspruch des Künstlers zwar schon deshalb bei, weil ein stillschweigend zustande gekommener Vertrag zwischen ihm und dem Stadttheater B, das die Inszenierung von einem Staatstheater A gegen Entgelt mietete, nachgewiesen worden war. Doch nimmt es Gelegenheit, das U r h e b e r r e c h t auch als solches zur Grundlage der E n t J

) K u t z e r , Das Dienstvertragsrecht der Bühnenmitglieder, S. 210. ') U l m e r , Urheber- und Verlagsrecht, S. 321 ff. ®) Ausführlicher Abdruck der Entscheidung im Archiv für Urheber-, Film- und Theaterrecht, Bd. 16, S. 148ff.

Bühnenbildner als Urheber

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Scheidung zu machen. Unter Ablehnung eines Schadensersatzanspruchs a u s u n e r l a u b t e r H a n d l u n g mangels eines (zweifelhaften) Verschuldens des Stadttheaters B (§ 31 KunstSchG) erkennt es seine u n g e r e c h t f e r t i g t e B e r e i c h e r u n g (§ 812 B G B ) auf Kosten des Bühnenbildners wie folgt: „. . . So kann es heute nicht mehr zweifelhaft sein, daß sich in dieser Schöpfung des Bühnenbildners . . . alle Voraussetzungen erfüllen können, die f ü r den gesetzlichen Begriff des .Werkes der bildenden Künste' anerkannt sind . . . Er erfordert eine Gestaltung, in der ein eigenes künstlerisches Schaffen zutage tritt; es muß eine eigenpersönliche geistige Schöpfung vorliegen, die mit den Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht ist (RGZ Bd. 135, S. 387, Bd. 155, S. 212). . . Sicher ist, daß der künstlerische malerische Entwurf des Klägers dadurch dreidimensionale Gestalt gewonnen hat, daß die Vertragsbühne A unter seiner mittelbaren und unmittelbaren Einwirkung die Dekorationen, Bühneneinrichtung und Kostüme in eigener oder fremder Werkstatt herstellen ließ und daß der Kläger dieses Gesamtwerk für die Bühne an Ort und Stelle eingerichtet hat.' N a c h Zurückweisung aller Einwände aus dem Gesichtspunkt der Eigentumsrechte der Bühne an den geschaffenen Dekorationskörpern usw., die mit d e m Urheberrecht nichts zu t u n hätten, fährt das Gericht fort: „Der Inhalt dessen, was dieses Schutzes teilhaftig ist, läßt sich nur bestimmen, wenn man zwischen der gesetzlich nicht geschützten schöpferischen Idee, nämlich dem bestimmenden geistigen Moment des Schöpfungsvorganges, der Formgebung, d. h. dem objektiven Ergebnis des Leistungsakts, bei dem die Idee Gestalt gewinnt, und schließlich den Ausdrucksmitteln unterscheidet, nämlich denjenigen sinnlich wahrnehmbaren Darstellungsformteilen, die in ihrer Zusammensetzung erst die allein geschützte Formung der Idee bedeuten. Dafür, daß auch das Gesetz dem Darstellungsmittel urheberrechtlich keine entscheidende Rolle zugedacht hat, zeugt seine Bestimmung, daß dem Eigentum am Werk das Urheberrecht nicht ohne weiteres folgt (§ 10 Abs. 4 Kunstgesetz). Nur die Formgebung ist Werk im Sinne des Urheberrechts. . . . Entscheidend . . . ist, daß die das Gesamtwerk regelnde Gestaltung der Idee des Bühnenbildners sich nicht nur in der Anordnung, Einzelheiten zusammenzustellen, erschöpft, sondern sich als individuelle schöpferische Leistung erweist. Das mag im Einzelfalle zu verneinen sein, so daß nicht schlechthin jedes Werk eines Bühnenbildners ein .Kunstwerk' im Sinne des Urheberrechts ist. . . . " A u f g a b e , Arbeitsweise, Kontroll- u n d Korrekturtätigkeit des Bühnenbildners in enger Zusammenarbeit mit dem Regisseur und den Beleuchtungsmeistern werden durch das Gericht zu einem geschlossenen Fall konkreten Urheberrechts zusammengefügt. E s folgt die rechtliche Würdigimg der B e z i e h u n g z u m B e s t e l l e r : „. . . ein f ü r die Auslegung von Verträgen über die Übertragung des damit anzuerkennenden Urheberrechts entscheidender Gesichtspunkt: Träger dieses Urheberrechts ist, wer das Werk geschaffen hat, hier also der Bühnenbildner — ob im Einzelfalle auch der Regisseur, kann auf sich beruhen, nicht derjenige, der es bestellt hat. Diesem kann es nur übertragen werden. Das ist anerkannter Rechts-

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1. Teil: Solo — Erfüllung und Verletzung des Arbeitsvertrages

grundsatz (RGZ Bd. 150, S. 393ff., Bd. 139, S. 214). Ein solcher Rechtsübergang kann sich nach der Abrede des Werkschöpfers mit dem Besteller von selbst verstehen. . . . Daß er sich jedenfalls nicht aller seiner Rechte entäußert, steht in der neuen Rechtslehre und Rechtsprechung fest; es ist mindestens für sein Recht auf Namensnennung und Erhaltung der Form des Werkes nicht zu bestreiten, vielmehr zum Teil vom Gesetz eindeutig anerkannt (§ 12 Kunstgesetz)... . Die Abmachungen sind grundsätzlich dahin zu verstehen, daß der Gebrauch des Werkes der Vertragsbühne nur für das in Frage kommende Theater zugestanden wird. Soll etwas anderem gelten, müßte es besonders bedungen werden. Eines Vorbehalts für den Bühnenbildner bedarf es also nicht."

Die Verwendung von Teilen der Bühnenbildleistung unter Schöpfung einer neuen eigentümlichen Leistung erkennt das Gericht nach § 16 KunstSchG ebenso als urheberzustimmungsfreien Vorgang an wie die bruchstückartige Verwendung von Dekorationsstücken ohne künstlerische Gesamtprägung. Diese Fälle kommen vor, wobei der Urheber gerade nicht genannt werden darf, um ihn nicht im „droit moral" zu berühren. Den hier zu entscheidenden Fall würdigt das Gericht als Verletzung des dem Urheber vorbehaltenen V e r v i e l f ä l t i g u n g s r e c h t e s , nach § 15 KunstSchG, so daß die das Bild verwendende 2. Bühne ohne Rechtsgrund auf Kosten des Klägers bereichert sei, indem sie sein Honorar zu Unrecht gespart habe (Hinweise auf RGZ Bd. 90, S. 138). Die V e r ä n d e r u n g von Bühnenbild- und Kostümentwürfen durch einen anderen Künstler auf Veranlassung der Bühnenleitung im Einvernehmen mit dem Bühnenbildner unter der Abrede, daß sein eigener Name nicht öffentlich genannt würde, führte in einem anderen Falle zu einem Schadensersatzanspruch, weil diese N a m e n s n e n n u n g gleichwohl erfolgte 1 ). Das Landesarbeitsgericht Berlin hatte den Schadenersatzanspruch bereits dem Grunde nach wegen Vertrags- und Kunstschutz gesetzesverletzung (droit moral) anerkannt (15 Arb. G. 120/50). Dieserhalb und im Zusammenhang mit einer weiteren Vernachlässigung seinessonstigen Beschäftigungsanspruchs spricht das Oberschiedsgericht in 2/52 anschließend eine Geldentschädigung von rd. 6 Monatsgagen zu (S. 91 und Protokollerklärung I S. 310). Die oben näher erörterte Entscheidung 10/42 gibt zur urheberrechtlichen Abgrenzung bühnenkünstlerischer Leistungen gewisse, einengende Hinweise, die heute jedoch durch den fortschreitenden Gedanken des„urheberrechts-verwandten" L e i s t u n g s s c h u t z e s d a r s t e l l e n d e r , n a c h s c h a f f e n d e r K ü n s t l e r 2 ) — e i n Gebot des Schutzes vor derAb*) 'Boden, Verdient das Bühnenbild Urheberschutz ?, Die Bühnengenossenschaft 1949/50, S. 33, behandelt einen weiteren Rechtsprechungsfall (außerhalb der Schiedsgerichtsbarkeit). •) U l m e r , Urheber- und Verlagsrecht, S. 321; N e u m a n n - D u e s b e r g , Das Gesprochene Wort im Urheber- und Persönlichkeitsrecht, S. 70. B o d e n , Welche Rechte sollen dem Künstler eingeräumt werden ?, Die Bühnengenossenschaft 1954/55, S. 117,140. Dagegen H a e n s e l , Leistungsschutz oder Normalvertrag, S. 47ff.

Namensnennung, Leistungsschutzrechte, Verschiedenes

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tötung lebendiger, aus der Wiederholung immer neuerstehender und gesteigerter Darstellungswerte — Erweiterungen gefunden haben und besonders im arbeitsrechtlichen Rahmen fürsorgerechtlich zu verankern sind 1 ). Die Rechtsentwicklung steht in der Kulmination. Beim Bühnenrecht des darstellenden Solopersonals ist das Leistungsschutzrecht insofern betrieblich gewahrt, als Bindungen der Darstellungsvorgänge auf Ton- und Bildträger zur anderweitigen Auswertung von der Zustimmung des Künstlers abhängen; denn sie liegen klar außerhalb des § 4 I I NV mit der Nebenvergütungspflicht aus § 3 IV NV, welche Bestimmungen sich nur auf die im Jahr 1933 bei Fassung des Tarifvertrages bekannten ,,life"-Sendungen erstrecken. So scheidet auch eine Ausdehnung dieser Mitwirkungspflicht auf Fernseh-Sendungen aus, an die man damals noch nicht gedacht haben kann. Diese Einengungen folgen der allgemeinen Linie der Rechtsprechung zur Fortentwicklung des Urheberrechts angesichts technischer Neuerungen (vgl. z. B. BGHZ 8, 88; 11, 135). Im Ausnahmefall kann nach Treu und Glauben eine Pflicht zur Mitwirkung bestehen, doch niemals unentgeltlich (z. B. bei Theater-Eröffnung), sofern die Bühne ein Entgelt erhält 2 ). Schiedssprüche des Oberschiedsgerichts liegen zum Solorecht nicht vor. Doch ist die Beachtung des Namensnennungsrechts z. B. in Programmen bühnenüblich und löst bei Verletzung u. U. Schadensersatzansprüche, zumindest im Rahmen unangemessener Beschäftigung bei ungenannten Leistungen aus (21/52, S. 93). Hinsichtlich des Chor- und Tanzpersonals ausführlich und von allgemeiner Bedeutung vgl. S. 222 ff. Dort wird der grundlegende Schiedsspruch 14/53 auch im Hinblick auf das Solorecht erörtert. e) V e r s c h i e d e n e s Der Fall eines zu Lasten eines Bühnenmitgliedes eingetretenen Sohadens durch Vorenthaltung der V o r s t e l l u n g s m ö g l i c h k e i t zwecks Erlangung eines anderweitigen Engagements (§ 19 I NV) im Schiedsspruch 19/40 wurde schon auf S. 109 gestreift (vgl. § 629 BGB). Bemerkenswert sind die Vertragsverletzungen, die sich aus einem sog. (echten) D o p p e l v e r t r a g ergeben können (S. 75). So kommt nach 13/41 in analoger Anwendung des § 628 I I BGB eine Schadensersatzpflicht der Bühne bei lediglich einseitiger Verlängerung eines solchen Doppelvertrages gegenüber dem fristlos kündigenden Partner, dessen Vertrag allein verlängert worden ist, in Frage. ') Referentenentwürfe zur Urheberrechtsrcform (Bundesjustizministerium), Urheberrechts-Gesetz § 74 II. ') R i e p e n h a u s e n , Vertragsfreiheit des Gastspielkünstlers bei Rundfunk-Übertragungen, Die BUhnengenossenschaft 1955/1956, S. 238. 9

R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Aufhebung des Arbeitsvertrages

V. Aufhebung des Arbeitsvertrages Der Bühnendienstvertrag kann in mehrfacher Weise zur rückwirkenden Aufhebung oder vorzeitigen Beendigung gelangen. 1. Aufhebungsvertrag, Verzicht Die beiderseits e i n v e r n e h m l i c h e A u f h e b u n g des Engagementsvertrages nach § 305 BGB, die formlos erfolgen kann (S. 27), bietet in der Rechtsprechung lediglich Beweisschwierigkeiten. Von welchen Gesichtspunkten sich das Oberschiedsgericht bei Berücksichtigung der Eigenheiten des Bühnenlebens in Beweisfragen leiten läßt, wurde wiederholt in anderen Zusammenhängen hervorgehoben. Es richtet sich weitgehend nach der üblichen Wahrscheinlichkeit einer behaupteten Handlungsweise und weist gelegentliche Beweisanträge von vornherein zurück, wenn das Beweisergebnis gleichwohl die Üblichkeit der sonstigen Verhaltenswürdigung zu entkräften nicht geeignet sein würde und die zum Beweis gestellte Behauptung „von vornherein schon die größte innere Unwahrscheinlichkeit gegen sich hat". Die Schnelligkeit einer Vertragsaufhebung nach Vertragsbeschluß bei Aufrechterhaltung der Verhandlungslage hindert zwar eine diesbezügliche Feststellung im Einzelfall nicht. Bei einwandfreiem, von der Bühne telegrafisch bestätigtem Vertragsabschluß kann eine sofortige Wiederaufhebung des Vertrages eintreten, wenn die weitere Korrespondenz dies ergibt. Das Oberschiedsgericht bestätigt in 11/50: „Dem Bühnenschiedsgericht war darin beizutreten, daß ein Engagement endgültig nicht zustande gekommen ist. Zwar hat der Beklagte durch das erste Telegramm den Abschluß bestätigt, mit dem darauffolgenden zweiten Telegramm jedoch widerrufen. Wenn nun auch an sich dieser Widerruf der Klägerin erst später zugegangen ist, so hat sie doch ihrerseits durch Karte vom 5. 4. 1948 sich damit einverstanden erklärt, daß eine feste Gage noch nicht als vereinbart anzusehen ist und sich mit der Änderung dieses Punktes abgefunden. Sie hat wörtlich dem Beklagten mitgeteilt: ,Ich erwarte eben Zusendung des Vertrages nach Klärung der Situation.' Damit hat sie dem Beklagten nachgelassen, einen endgültigen Abschluß erst nach Klärung der noch offenstehenden Frage der Subvention als gegeben anzusehen. Diese Frage ist aber in der Folgezeit nicht zugunsten des Beklagten geklärt worden, so daß dieser genötigt war, der Klägerin ein Engagement mit erheblich niedrigerer Gage von DM 300,— anzubieten, worauf wiederum die Klägerin nicht eingegangen ist."

Das Gericht ist mit der Konstruktion einer „einvernehmlichen Vertragsaufhebung" im Falle der widerspruchslosen Entgegennahme einer an sich ungültigen, nämlich unförmlichen oder verspäteten ordentlichen Kündigung (§ 10 I, I I NV) oder einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung sehr vorsichtig. Es erhebt in 1/41 grundsätzlich s t r e n g e Beweisanforderungen:

Beweis und Grenzen vereinbarter Vertragsaufhebung

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„Da aber von vornherein unwahrscheinlich ist, daß jemand vertragliche Rechte ohne Zwang aufgibt, sind hinsichtlich der Beweisführung strenge Anforderungen zu stellen. So würde das widerspruchslose Hinnehmen der Kündigung allein noch nicht davon überzeugen können, daß der von ihr Betroffene sich mit ihr abgefunden hat und nun auch seinerseits den Vertrag als gelöst erklären wollte. Um so weniger kann das dann gelten, wenn er, wie hier, nicht lange danach seine Vertragsrechte bei dem Vertragsgegner und bei dem zuständigen Gerieht angemeldet hat. Eine Vereinbarung über die Vertragslösung setzt voraus, daß beide Parteien ihren Auflösungswillen einander erklären. Das kann zwar gegebenenfalls auch in eindeutigem schlüssigem Handeln oder Unterlassen geschehen. Immerhin wird das Verhalten einer Partei Dritten gegenüber nur ausnahmsweise als eine derartige rechtsgeschäftliche Willenserklärung gedeutet werden können." So ist auch die längere Abwesenheit eines Bühnenmitglieds (hier eines Chorsängers) nicht ohne weiteres eine schlüssige Handlung, die eine etwa vertragliche Aufhebung des Arbeitsverhältnisses bedeuten muß (12/54): „In der Regel ist allerdings der Wille zur Lösung des Vertrages auf Seiten des Arbeitnehmers dann anzunehmen, wenn er eigenmächtig nicht mehr zum Dienst erscheint und geraume Zeit nichts darüber verlauten läßt, was seine Abwesenheit erklären oder entschuldigen könnte. Wenn in solchem Falle der Arbeitgeber die stillschweigende Aufgabe des Dienstverhältnisses seitens des Arbeitnehmers akzeptiert, so kann hierin eine durch schlüssige Handlung erfolgte einverständliche Lösung des Arbeitsvertrags erblickt werden. Der Kläger hat aber im vorliegenden Fall geltend gemacht, daß auf seiner Seite ein Wille zur Lösung des Arbeitsvertrags nicht vorgelegen habe, daß sein Fernbleiben vom Dienst vielmehr auf geistiger Störung beruht und er sich im Zustand der Geschäftsunfähigkeit befunden habe. Für die behauptete Geschäftsunfähigkeit ist der Kläger beweispflichtig." Der Beweis wurde bei dem durch Kriegseinwirkung nervenzerrütteten Kläger erbracht. Auch das spätere Verhalten des Klägers wird sorgfältig geprüft: „Der erste Brief des Klägers als Äußerung seines Willens stammt vom 18. 5. 1949. In diesem Brief bittet er um eine offizielle Kündigung mit Kündigungsgrund, die ihm bis heute noch nicht zugegangen sei'. Dieser Brief erklärt sich aus der Absicht des Klägers, den Schwebezustand zu beenden und gegenüber einer Lösung des Vertragsverhältnisses durch Kündigung seine Rechte wahrzunehmen. Daß hierdurch eine frühere freiwillige Aufgabe des Arbeitsverhältnisses bestätigt sein soll, kann aus diesem Brief nach der ganzen Sachlage nicht gefolgert werden." Der V e r z i c h t auf e i n z e l n e A n s p r ü c h e aus dem Arbeitsvertrag ist ebenfalls der juristischen Struktur nach ein Vertrag, wenn er auch das gegnerische Einverständnis nur stillschweigend vorauszusetzen pflegt ( § 1 5 1 BGB). Unabdingbar gesicherte Rechte sind ohnehin nicht frei verzichtbar, wie in 4/54 hinsichtlich der Nichtverlängerungs-Mitteilungsfristen der Regelung v o m 10. 10. 1947 ausgesprochen wird, sondern sie setzen Mitwirkung der Tarifvertragsparteien voraus (§ 4 IV TVG), wie dies bei den Gagenverkürzungen anläßlich der Währungsreform der Fall war (bestätigt in 23/52, S. 111) und beim Verzicht auf Beschäftigung 9*

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1. Teil: Solo — Aufhebung des Arbeitsvertrages

erörtert wurde (S. 99). Für abdingbare Arbeitsbedingungen oder für die Einstellung überhaupt ist bei der im Wege der Beweiswürdigung zu treffenden Feststellung eines etwa stillschweigend ausgesprochenen (und von der Gegenseite ebenso stillschweigend hingenommenen) Verzichts des Mitglieds trotz diesbezüglicher Anhaltspunkte große Vorsicht geboten (1/53): „ . . . weil ein Verzicht eindeutig erklärt werden mußte und an die Feststellung eines Verzichts nach der Rechtsprechung strenge Anforderungen zu stellen sind. Aus der Vernehmung der Zeugin N. N. und aus der nachfolgenden Korrespondenz ergibt sich lediglich, daß der Kläger sich mit den gegebenen Tatsachen zunächst abgefunden hat und bemüht war, das Interesse der Beklagten an seiner Einstellung nach Erlangung der Zuzugsgenehmigung wach zu halten. Daß er während dieser Zeit keine Ansprüche geltend machen konnte, dessen war er sich auch offenbar bewußt. Wenn er auch sich etwa anderweit um eine Anstellung bemüht hat, worauf insbesondere der Schriftwechsel mit dem Agenten X. Y. hinweist, so bedeutet das keineswegs, daß damit auf etwaige Ansprüche gegenüber der Beklagten verzichtet wurde, denn der Kläger mußte selbst bei einem fortdauernden Vertragsverhältnis nach § 615 BGB darauf bedacht sein, andere sich ihm bietende Erwerbsmöglichkeiten wahrzunehmen, solange die Beklagte im Annahmeverzug war."

So auch gleichlautend in 9/51 und 10/51: „Das bloße Stillschweigen der Klägerin kann deshalb nicht als Ausdruck des Verzichtwillens gedeutet werden, weil die Interessen der Klägerin als Mitglied dea Chors von den Zeugen . . . wahrgenommen wurden und diese gerade das Gegenteil eines Verzichts geäußert haben."

Zu unterscheiden hiervon ist die nicht gewollte, aber gleichwohl eintretende Verwirkung von Ansprüchen, die ein allgemeines Problem der Treupflicht ist (S. 205). 2. Unmöglichkeit Die automatische, b e i d e r s e i t i g e B e f r e i u n g von den Vertragsp f l i c h t e n wegen unvertretbarer, nachträglicher Unmöglichkeit oder das Recht zum Rücktritt vom Vertrage wegen nachträglicher Unmöglichkeit der Erfüllung bzw. wegen gegnerischen Leistungsverzuges nach §§ 323—326 BGB werden im heutigen Arbeitsrecht jedenfalls dann, wenn sich der Vertrag bereits im Zustande der Erfüllung, also im tatsächlichen Arbeitsverhältnis befindet, nicht mehr nach diesen Vorschriften, sondern wegen der sozialen Bindung nach den Grundsätzen des Arbeitsrechts, vor allem der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde nach § 626 BGB und der Vergütungspflicht nach § 616 BGB beurteilt1). So das Oberschiedsgericht in 1/53: „Die §§ 326, 326 BGB sind nach herrschender Ansicht beim Dienstvertrag unanwendbar, weil das Rücktrittsrecht durch die in § 626 BGB festgesetzte Kündigung ') N i k l s c h , Arbeitsrecht, S. 144, 489.

Unmögliche Vertragserfüllung

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aus wichtigem Grund ersetzt ist. (So vor allem RGZ 92, 159; 105, 169; 158, 346 und Palandt Anm. 1 zu § 326 BGB; Enneccerus-Lehmann 13. Aufl. S. 588.) Es kommt •deshalb die für den Fall des Verzugs notwendige Fristsetzung als gesetzliches Erfordernis des Rücktritts im vorliegenden Fall nicht in Betracht. Was die Frage der Unmöglichkeit der Leistung anbelangt, die nach § 323 BGB zu einer Befreiung von der Gegenleistung führt, so scheidet eine Vertragslösung aus diesem Grunde aus, weil die Erfüllung nur teilweise (bis 13. 8. 1951) unmöglich war und die zeitliche Unmöglichkeit nur dann zu einer dauernden Unmöglichkeit wird, wenn die zeitliche Verschiebung den Inhalt des Vertrages in einem solchen Maße umgestaltet, daß sie nicht mehr eine sinngemäße Erfüllung des Vertrages sein würde {vgl. Soergel, BGB, Vorbem. Aufl. 5 und Anm. 60 zu § 275). Dies war tatsächlich nicht festzustellen, da die Parteien zum mindesten im Juli eine Verschiebung des Dienstantritts laut Korrespondenz als tragbar in Kauf genommen haben und die kurze Verzögerung bis 13. 8. 1951 im Hinblick auf den Jahresvertrag, der bis 31. 7. 1952 lief, den Leistungsinhalt nicht änderte. Die teilweise Unmöglichkeit, die nach § 323 Abs. 1 Halbsatz 2 allerdings für den Gagenanspruch zu beachten wäre, soweit sie nicht durch § 616 BGB modifiziert ist, bleibt außer Betracht, weil in der Berufungsinstanz nur noch streitig ist, ob die Beklagte zur Vertragserfüllung verpflichtet war, als sich der Kläger ihr nach Ablauf des Vertrages mit N. N. zur Dienstleistung zur Verfügung stellte. Ein Fall der Unmöglichkeit lag in diesem Zeitpunkt nicht vor." Bezüglich einer G e s a m t a u f h e b u n g des Vertrags Verhältnisses wird auf entsprechende Voraussetzungen im Kapitel der fristlosen Kündigung näher eingegangen. Wohl aber ist hierbei, wie aus dem Schiedsspruch hervorgeht, die vorübergehende, automatische T e i l a u f h e b u n g des Vertrages in einzelnen Punkten (Beschäftigungspflicht, Gagenzahlung) ohne besondere Willenserklärung einer Seite denkbar. Diese Unterscheidungen sind nicht nur dogmatisch, sondern gelegentlich auch sehr real im Unterschied der Folgen. I n der Entscheidung 6/41 wendet das Oberschiedsgericht die Grundsätze der §§ 323 ff. B G B bei einem künstlerischen Versagen eines Mitglieds infolge schuldhafter schwerer Dienstvernachlässigung (mangelnde Einstudierung der Rolle) an. D a s Mitglied war nach der Generalprobe v o n der Bühnenleitung in der deutlich ausgesprochenen Absicht der Vertragsbeendigung entfernt worden, so daß hierin unter Umständen ohnehin eine fristlose Kündigung aus einem v o m Mitglied verschuldeten wichtigen Grunde nach § 15 N V hätte gesehen werden können. So aber entschied das Gericht den Fall nach § 325 I S. 3 und § 323 BGB. E s stellt mit allgemeiner Bedeutung fest: „Der Kläger kann f ü r sich die ständige Rechtsprechung des Bühnenschiedsgerichts in Anspruch nehmen, nach der es Sache der Bühnenleitung ist, sich vor dem Vertragsabschluß über die Fähigkeiten des zu verpflichtenden Mitgliedes zu vergewissern und daß in aller Regel ein künstlerisches Versagen des Bühnenschaffenden der Bühne weder einen Grund zur Vertragsanfechtung noch zur fristlosen Entlassung gibt. Diesem Rechtsgrundsatz, der allein den besonderen Verhältnissen des Bühnen-

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1. Teil: Solo — Aufhebung des Arbeitsvertrages

arbeitsverhältnisses gerecht wird, ist aber auch der für die Folgen des Unmöglichwerdens der Leistung wichtige Gedanke zu entnehmen, daß die Bühne insoweit die Folgen eines sogenannten Fehlengagements grundsätzlich zu vertreten hat. Unter der Voraussetzung, daß es sich dabei um eine nachträgliche, nach Vertragsschluß entstandene Unmöglichkeit ( = Unvermögen) handelt, bedeutet das rechtlich: das Mitglied behielte den Anspruch auf die Gegenleistung (§ 324 BGB)."

Doch schränkt das Gericht dies unter demGesichtspunkt einer etwa (überwiegend) verschuldeten, nachträglich eingetretenen Unmöglichkeit der eigentlichen Hauptleistung (dem Auftreten in den Aufführungen) ein. Hierbei erblickt es in dem seitens der Bühne bei der leicht erkennbaren Unzulänglichkeit des Mitglieds recht leichtfertig getätigten Vertragsabschluß ein gewisses Mitverschulden im Sinne des § 254 BGB — dessen Bedeutung das Oberschiedsgericht auch für die fristlose Entlassung in 18/40 unterstreicht — und gelangt unter Abwägung dieser, beide Teile verschieden belastenden Gesichtspunkte immerhin zu einer teilweisen wirtschaftlichen Entschädigung des Mitglieds. Mit dem auch hier erfüllten, vorerwähnten Verschuldensprinzip des § 15 NV kommt diese Entscheidung also nicht in Konflikt, da ein Verschulden vorliegt. Schaltet man die Grundsätze der Unmöglichkeit aus, so wäre bei einer zugrunde zu legenden fristlosen Entlassung der Gagenanspruch für die immerhin geleistete Probenarbeit teilweise zu befriedigen gewesen (indem eine wesentliche Minderung nach § 320 I I BGB analog zu erwägen wäre), vom Zeitpunkt des Ausscheidens aber in Fortfall gekommen. Wegen dieser vielleicht zu harten Folgen die fristlose Kündigung zu unterlassen und den Gagenanspruch voll zu befriedigen, wäre aber nicht angegangen (vgl. § 616 BGB). In diesem rechtlichen Rahmen ist es auch ein Beweis der Unbeirrbarkeit eines Fachgerichts, wenn in 38/36 die weitere Wirksamkeit des keineswegs unmöglichen Vertrages auf Antrag der von einem Schlaganfall betroffenen Künstlerin festgestellt wird: „Es kommt hinzu, daß gerade für die Rolle, die der Klägerin zugeteilt war, zur Erhöhung der komischen Wirkung eher eine gewisse Schwerfälligkeit als besondere Lebhaftigkeit der Bewegungen am Platze gewesen wäre."

So werden die §§ 323 ff. BGB hinsichtlich der Teilaufhebung von Vertragspflichten auch auf das Bühnenarbeitsverhältnis analog anzuwenden bleiben. 3. Anfechtung Ähnliches gilt für die Anfechtung eines Vertrages nach §§ 119—123 BGB wegen I r r t u m s , D r o h u n g und T ä u s c h u n g . Auch hier kann das inzwischen tatsächlich angetretene Engagement nicht rückwirkend außer Kraft gesetzt werden. Es hat bis dahin eben bestanden 1 ). Wiederum sind ') N i k i s c h , wie vor, S. 192.

Vertragsanfechtung (Wirkung und Mitteilung)

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Anfechtungen von e i n z e l n e n V e r t r a g s p u n k t e n möglich. Im übrigen gilt das Recht der fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In 9/37 weist das Oberschiedsgericht allerdings darauf hin, daß eine gleichzeitige Anfechtung und Kündigung eines bereits angetretenen Engagements rechtlich undenkbar ist, da diese ein gültiges Vertragsverhältnis voraussetzt, während jene es gerade rückwirkend beseitigt. Die Anwendungsfälle der §§ 119, 121 BGB sind durch die Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts für das Bühnenrecht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht ohnehin dadurch entscheidend eingeschränkt, daß der häufigste Anfechtungsfall, nämlich der I r r t u m über das L e i s t u n g s v e r m ö g e n als „wesentliche Eigenschaft der Person" durch die Pflicht der Bühne, sich vor dem Engagement selbst ein Bild von dem Künstler und seinem Können zu machen, praktisch in Fortfall kommt. Das Oberschiedsgericht hat diesen Grundsatz in mehreren Zusammenhängen immer wieder betont, insbesondere bei der Frage der fristlosen Entlassung (S. 146) und der angemessenen Beschäftigung (S. 101). Ist in Fällen falscher Einschätzung des Leistungsvermögens eines Künstlers die Anfechtungsmöglichkeit wegen Irrtums über eine Eigenschaft, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird, ohnehin fraglich, weil es sich hier um relative, auf die jeweilige Bühne bezogene Werturteile handelt, so ist die Irrtumsverursachung im Sinne jenes Grundsatzes entscheidend auf die Bühne selbst zurückzuführen, da sie die Leistungsfähigkeit des des Künstlers nicht vor dem Engagement genügend geprüft hat (Veranlassungsgrundsatz). Aus dem Gedanken der überwiegenden Mitverursachung, wie er in § 254 BGB niedergelegt ist, hat sich die Bühne einen solchen Irrtum in erster Linie selbst zuzuschreiben. So verbleiben insoweit praktisch nur die Anfechtungsfälle aus Gründen s o n s t i g e r I r r t ü m e r über die Person (z. B. unverträgliche Anlagen, Vorbestraftheit) oder aus Gründen a r g l i s t i g e r T ä u s c h u n g , etwa indem das Mitglied über seine bisherigen Erfolge oder sein Repertoire falsche Angaben gemacht hat. Für alle Anfechtungen ist die verständliche M i t t e i l u n g des in bezug genommenen A n f e c h t u n g s g r u n d e s erforderlich. So sagt das Oberschiedsgericht in 1/54: „Nun hat zwar die Beklagte dieses Ergebnis auszuräumen versucht durch die Behauptung, sie habe in dem Schreiben vom 20. 5. 1953 das Engagement angefochten. In diesem Schreiben kann aber eine Anfechtungserklärung nicht erblickt werden. Eine solche setzt Kenntnis des Anfechtungsgrundes voraus (RGZ 68, 8) und erfordert immerhin, daß irgendwie zum Ausdruck| gebracht und dem Gegner gegenüber kein Zweifel darüber gelassen wird, daß das Geschäft wegen Willensmangel nicht bestehen soll (RGZ 65, 88). Es ist anerkannt, daß die bloße Erklärung, sich an einen Abschluß nicht halten oder von einem solchen zurücktreten zu wollen, nicht ohne weiteres als Anfechtung gedeutet werden kann (RGZ 105, 207; 158, 166; und RG in JW 1936, 2065 [4])."

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1- Teil: Solo — Aufhebung des Arbeitsvertrages

Dabei reicht nach 23/38 für eine Irrtumsanfechtung die ursprüngliche Nichtkenntnis eines gegen einen Künstler bestehenden bloßen V e r d a c h t e s homosexueller Betätigung nicht aus; vielmehr kommt es auf die Nichtkenntnis erweisbarer Betätigung an. Untragbarkeit des Mitglieds und Unzumutbarkeit der Vertragseinhaltung gerade bei der betreffenden Bühne könnte eine fristlose Entlassung gestatten, wenn die Anfechtungsmöglichkeit — also auch vor Engagementsantritt — aus dem erwähnten Grunde rechtlich entfällt. Eine vor Engagementsantritt erfolgte Anfechtung (Vertragslossage) wegen Täuschung über das L e i s t u n g s v e r m ö g e n erklärt das Gericht in 18/48 für unbegründet: „Es kann dahingestellt bleiben, ob die zweifellos unzutreffenden Angaben des Klägers über den Rahmen einer gefärbten Darstellung hinausgegangen sind und unter Berücksichtigung dessen, daß jeder Bewerber der Natur der Dinge nach ein übertrieben günstiges Bild von sich zu entwerfen versucht und jeder Theaterleiter damit rechnet, als bewußte Irreführung angerechnet werden müßte. Denn in jedem Falle ist nicht nachgewiesen, daß der Abschluß des Vertrages ursächlich auf diese Schilderung des Klägers zurückzuführen ist. Vielmehr ergibt der Sachverhalt das Gegenteil. Bs steht fest, daß der Vertrag erst geschlossen worden ist, nachdem der Kläger mehrfach vorgesungen und der Beklagte sich also ein eigenes Urteil gebildet hatte. Bei dieser Sachlage aber muß davon ausgegangen werden, daß dieses eigene Urteil des Beklagten, aber nicht eine Aussage über die frühere Tätigkeit des Klägers ihn zum Abschluß des Vertrages bewogen hat. Wenn ihm, wie er jetzt angibt, schon damals Bedenken gekommen sind und er sich aber trotzdem zum Vertragsabschluß entschlossen hat, so kann dies nur dahin gedeutet werden, daß er angesichts des damaligen Mangels an Kräften die Gefahr, daß er möglicherweise den Kläger zu günstig beurteile, bewußterweise in Kauf genommen hat. Hierzu muß der Beklagte stehen und sich vom Kläger am Vertrage festhalten lassen."

Als weiteren Anfechtungsgrund wegen Irrtums deutet das Oberschiedsgericht in 9/40 das v ö l l i g e V e r s a g e n —nicht nur die Schlechtleistung —• eines Mitglieds in seiner vertragsgemäßen Tätigkeit an und stellt die Anfechtungsmöglichkeit neben die einer fristlosen Aufkündigung (S. 146). Da aber dies in dieser Entscheidung nicht der tragende Gegenstand ist, erschöpft das Gericht diesen Gesichtspunkt nicht. Immerhin käme in diesem Fall die Anfechtung, soweit nach Engagementsantritt überhaupt gegeben, in Betracht. In 25/34 behandelt das Oberschiedsgericht schließlich einen Fall, der gerade vor Engagementsantritt als Anfechtungsmöglichkeit akut werden kann, nämlich die Unfähigkeit des Mitglieds zur Vertragsleistung schon bei Vertragsabschluß infolge K r a n k h e i t . Hier zieht das Oberschiedsgericht nicht nur § 119, sondern auch § 123 BGB (arglistige Täuschung) in Betracht. Über die Würdigung der (verschwiegenen) Krankheit macht es folgende Ausführungen: „Nach der Überzeugung des Oberschiedsgerichts lag eine wirkliche Krankheit des Beklagten überhaupt nicht vor. .Krankheit' ist schon nach dem gewöhnlichen

Anfechtungsfälle (Irrtum, Täuschung, Drohung)

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Sprachgebrauch, aber auch im Rechtssinne, nicht jede Störung der Gesundheit. Auch im Sinne des Bühnenvertragsrechts kann nicht jede, sondern eine solche Beeinträchtigung des Gesundheitszustandes als Krankheit angesehen werden, durch welche ein Bühnenmitglied an der Ausübung seines Dienstes verhindert wird. In diesem Sinne war der Beklagte nicht krank. Dr. N. N. hat ihm am 14. 8. 1934 bescheinigt, daß er sich in einem Zustande gesteigerter Nervenerschöpfung und -Überreizung befinde, die nach der Vorgeschichte zweifellos auf fortgesetzte berufliche Überanstrengung und Aufregungen zurückzuführen sei; er bedürfe zur Wiederherstellung seiner Gesundheit und seiner bereits gelittenen Arbeitskraft einer möglichst umgehenden 3 —4wöchigen völligen Ausspannung und gründlichen Erholung. Die beim Beklagten bestehende gesundheitliche Störung betraf hiernach seinen Nervenzustand. Es bedarf nun keiner Ausführung, daß es sowohl Nervenleiden gibt, die eine wirkliche — ärztlicher Behandlung bedürftige, unter Umständen schwere, j a lebensbedrohende und jedenfalls eine berufliche Tätigkeit ausschließende — Krankheit bedeuten, als auch Störungen des Nervensystems, die das Befinden des Betreffenden zwar mehr oder weniger ungünstig beeinflussen und ihn ausspannungsund erholungsbedürftig machen, ihn aber nicht hindern, seinen Berufspflichten in vollem Umfange nachzukommen. Mehr oder weniger starke Nervosität in letzterem Sinne mit allen ihren bekannten Erscheinungen ist in ihrer großen Verbreitung fast ein Berufsleiden der geistigen Arbeiter, namentlich auch der Bühnenangehörigen. Nach der Überzeugung des Oberschiedsgerichts hat bei dem Beklagten lediglich eine solche Nervosität bestanden, mehr kann auch dem Attest des Dr. N. N. nicht entnommen werden. Hervorzuheben ist, daß der Arzt keineswegs von einer Dienstunfähigkeit des Beklagten spricht, er bezeichnet vielmehr lediglich in recht unbestimmter Fassung eine .möglichst' umgehende Ausspannung und Erholung als erforderlich."

Die Verschweigung einer b e v o r s t e h e n d e n E i n b e r u f u n g lehnt das Gericht in 4/38 als Anfechtungsgrund der Täuschung ab, zumal der Jahrgang des Betreffenden aus den Personalpapieren hervorging. Die Anfechtung einer durch Drohung mit Kündigung oder Theaterschließimg erzwungenen G a g e n k ü r z u n g (nach der Währungsreform) erkennt das Oberschiedsgericht in 12/50 als wirksam an, womit die Gagendifferenz nachzuholen war: . „Allgemein ist an der ständigen, höchstrichterlichen Rechtsprechung festzuhalten, daß der Tatbestand der Drohung vorliegt, wenn jemand einem anderen in der Absicht, ein bestimmtes Verhalten von ihm zu- erzwingen, die Herbeiführung eines Übels in Aussicht stellt. Eine durch Drohung veranlaßte Willenserklärung ist anfechtbar, wenn der Tatbestand der Willensbeeinflussung als ganzer sich als widerrechtlich darstellt. Dies ist stets der Fall, wenn das gebrauchte Mittel oder der erstrebte Zweck dem Recht widerspricht. So wird ein durch Drohung mit Kündigung erzwungener Verzicht auf verdienten Lohn in der Regel anfechtbar sein, während eine durch Drohung mit Kündigung erzwungene Lohnkürzung f ü r die Zukunft, d. h. f ü r eine Zeit, für die im Wege der Kündigung die Lohnänderung erreicht werden kann, nur ausnahmsweise anfechtbar ist (vgl. RAG vom 4. 2. 1933 — 456/32 — in Arbeitsrechtsammlung Bd. 18, S. 86). . . . Im vorliegenden Fall ist nun wesentlich, daß die Kläger in einem festen Anstellungsvertrag bis zum Ende der Spielzeit 1948/49 standen und damit einen Ver-

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1. Teil: Solo — Aufhebung des Arbeitsvertrages

tragsanspruch sowohl auf Beschäftigung wie auf Zahlung der ihnen zustehenden Gagen für diesen Zeitpunkt erlangt hatten. Wenn sie deshalb von der Beklagten veranlaßt wurden, die ihnen hieraus zustehenden Vertragsrechte aufzugeben, so durfte diese Entschließung nicht erzwungen werden durch eine Drohung mit Kündigung zu einem vor Ende der Spielzeit liegenden Zeitpunkt oder mit Drohung der sofortigen Schließung des Theaters. Wesentlich anders wäre die Sachlage nur dann, wenn den Klägern ordnungs- und fristgemäß das Vertragsverhältnis gekündigt worden wäre und ihnen ein neues Vertragsverhältnis mit geringeren Gagen nach Vertragsende angeboten worden wäre. Dadurch, daß die Kläger genötigt worden sind, auf bestehende Vertragsrechte zu verzichten, ist die erzwungene Willenserklärung dann anfechtbar, wenn die Drohung tatsächlich ihre Bereitwilligkeit erzwungen hat. Die Beklagte vertritt zwar den Standpunkt, daß sie nach dem damaligen Stand der Verhältnisse sich mit gutem Grund f ü r berechtigt halten durfte, das Vertragsverhältnis auf Grund außerordentlicher Kündigung vorzeitig zu lösen. Hierzu ist zunächst zu bemerken, daß dieser Einwand insofern unerheblich ist, als die Beklagte damit das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit der Drohung verneint. Denn es ist ebenso anerkannt, daß es subjektiv nicht auf das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit einer Drohung ankommt (vgl. RG Warn. Rspr. 1910 Nr. 407; 1911 Nr. 4 und Nr. 258; 1914 Nr. 186 sowie in J W 1923 S. 367 Ziff. 1). Erfordert wird lediglich das Bewußtsein, daß man auf den Willen des Erklärenden einen Druck ausübe, der ihm die Freiheit der Entschließung nimmt (s. a. Plank BGB § 123 Ziff. 5a). . . . Die von der Beklagten weiterhin in Anspruch genommene außerordentliche Kündigung auf Grund der Vertragsklausel, durch welche eine Kündigung wegen höherer Gewalt eingeräumt sei, trifft deshalb nicht zu, weil die Schließung des Theaters nicht etwa von höherer Stelle angeordnet worden ist, sondern im freien Belieben der Beklagten stand und diese nur damit begründet wurde, daß sie nicht die Mittel zur Portsetzung des Spielbetriebs aufbringen könne. Das Fehlen der nötigen Mittel ist aber nach § 279 BGB von der Beklagten zu vertreten; auf ein Verschulden kommt es dabei nicht an. Objektiv konnte also keinesfalls die Kündigung geeignet gewesen sein, das Vertragsverhältnis vorzeitig zu beenden. Es kann sich deshalb nur noch um die Tatfrage handeln, ob die Kläger in ihrer Willensentschließung durch die Drohung mit Kündigung und Schließung beeinflußt worden sind, wie sie behaupten, die Beklagte aber bestreitet. Das Bühnenoberschiedsgericht ist mit dem Bezirksbühnenschiedsgericht dahin einig, daß tatsächlich die Kläger durch die Drohung zur Abgabe der Verzichtserklärung veranlaßt worden sind. Dies ergibt sich . . . "

In 13/51 wird bei ähnlichem Tatbestand die Versäumung der 1 -jährigen A n f e c h t u n g s f r i s t festgestellt: „Die Frist begann mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhörte. Die Zwangslage hörte spätestens mit Ablauf des Vertrages vom 20. 4. 1948, also am 30. 6. 1949 auf, weil in diesem Zeitpunkt der Kläger ein neues Engagement hatte und außerdem die Fortsetzung des Theaterbetriebs der Beklagten zu diesem Zeitpunkt feststand. Der Kläger hätte also bis spätestens 30. 6. 1950 der Beklagten gegenüber von seinem vermeintlichen Anfechtungsrecht Gebrauch machen müssen. Da er dies unterlassen hat, hat er damit stillschweigend das frühere Kürzlings-

Anfechtungsfrist und -folgen — Befristete Kündigung

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abkommen bestätigt. Damit entfällt eine Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung."

Die F o l g e n einer wirksamen bzw. unwirksamen Anfechtung richten sich nach allgemeinen, im Arbeitsrecht allerdings abzuwandelnden Grundsätzen. Das Gericht gibt in 25/34 ein Beispiel anläßlich einer Anfechtung seitens des Theaters (Kläger) gegenüber einem Mitglied: „Durch diese Anfechtung des Vertrages und die damit verbundene ausdrückliche Ablehnung der Leistung und Gegenleistung aus dem Vertrage enthob der Kläger den Beklagten von der Pflicht zur Dienstleistung und machte sie ihm unmöglich. Er tat dies auf seine Gefahr. Erwies sich die Anfechtung als begründet, so war damit, weil sich die Nichtigkeit des Vertrages herausgestellt hatte, seine Erklärung, daß er die Erfüllung und damit die Zahlung der Gage ablehne, gerechtfertigt. Erwies sich die Anfechtung aber als unbegründet, so war klargestellt, daß ein gültiger Vertrag vorlag und daß die Parteien sich also zur Leistung und Gegenleistung verpflichtet waren. Soweit die Leistung des Beklagten infolge der Anfechtung und des Zeitablaufes unmöglich geworden war, blieb dem Beklagten der Anspruch auf Gegenleistung (mit der sich aus § 324 Abs. 1 Satz 2 BGB ergebenden Maßgabe) erhalten."

Das Ergebnis entspricht auch — um auf die mit § 324 BGB zitierten Rechtsfragen der „Unmöglichkeit" zurückzugreifen (S. 132) — dem § 615 BGB (Annahmeverzug des Dienstberechtigten). Zur Unmöglichkeit der Vertragserfüllung durch Wechsel der Kunstgattung als Geschäftsgrundlage vgl. S. 145.

VI. Kündigung des Arbeitsvertrages 1. Befristete (ordentliche) Kündigung Sofern die (schriftliche) Vertragsklausel über die befristete Kündigungsmöglichkeit zur Aufhebung eines Vertrages mit Wirkung zum Ende eines Kalenderjahres oder einer Spielzeit (§ 10 I Ziff. 3 NV) keine nähere K ü n d i g u n g s f r i s t bezeichnet oder sonstige Fristbestimmungen zu beachten sind (vgl. § 3 I des Abkommens für Büroangestellte), gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 622, 621 BGB (S. 80) und die 3 wöchige Klagerhebungsfrist des § 3 KSchG 1 ). Die Ausführung einer vertraglich an sich in zulässiger Weise vorgesehenen befristeten Kündigung ist aber ohnehin nicht willkürlich möglich. Sie beurteilt sich vielmehr nach dem das Arbeitsrecht beherrschenden Grundsatz der Fürsorgepflicht. Sie muß im Rahmen des gesetzlichen K ü n d i g u n g s s c h u t z e s und überhaupt sachlich bedingt sein. Das Oberschiedsgericht sagt in 15/35: „.Betriebsnotwendigkeiten' rechtfertigen nicht nur beim Theater, sondern auch in anderen Betrieben die Ausübung des vertragsgemäßen Kündigungsrechts unter Hintansetzung der sozialen Rücksichten, und ,Betriebsnotwendigkeiten' können.

') Vgl. zu den Frist!ragen S. 141.

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

hier wie dort, sich auch aus persönlichen Eigenschaften des Gefolgschaftsmitgliedes ergeben, wenn sich diese Eigenschaften für die Zwecke des Betriebes als schädlich erweisen. Für alle Betriebsarten aber gilt der gemeinsame Grundsatz, daß unsachliche und willkürliche Lösungen des Vertragsverhältnisses unzulässig sind."

In diesem Zusammenhang bezieht sich das Oberschiedsgericht auf die damalige Regelung der Kündigungswiderrufsklage des § 56 AOG, wonach der Betrieb zur Rücknahme der Kündigung oder Zahlung einer Abgeltung verurteilt werden konnte, wenn die Kündigung „unbillig h a r t und nicht durch die Verhältnisse des Betriebes bedingt" war. In krassen Fällen ist u. U. S i t t e n w i d r i g k e i t und daher Nichtigkeit nach § 138 BGB gegeben (S. 141 Anm. 2). Die Regelung des § 10 NV beweist formal, daß die Ausschließung jeglichen Schutzes nach dem heutigen Kündigungsschutzgesetz nicht begrifflicher Wesensbestandteil des Arbeitsrechts der Bühne ist, sondern vom Vertrag abhängt. Doch ist diese mehr unter dem Verbot ungleicher Bindung des § 10 NV stehende Kündigungsmöglichkeit zu einer Zeit — erstmals 1924 — formuliert worden, als der gesetzliche Kündigungsschutz noch weniger vorgedrungen war. Daher ist sie in der Folgezeit auch außer praktischer Übung gekommen und vom Prinzip des unkündbar festbefristeten Vertrages überwuchert worden. Dieses hat dann in der sog. M i t t e i l u n g s p f l i c h t zwecks rechtzeitiger Aufklärung über die beabsichtigte N i c h t V e r l ä n g e r u n g des Vertrages eine Art Schutzrecht nach sich gezogen, dessen Gleichstellung oder Analogie mit einer Kündigung durch das Oberschiedsgericht jedoch ausnahmslos abgelehnt wird (S. 191). Über das Verhältnis der Mitteilungspflicht-Regelung zur Kündigung nach § 10 NV liegen keine Schiedssprüche vor. Es könnte ein Problem entstehen, wenn die Kündigungsfrist des § 10 NV kürzer oder länger als die Frist nach der Mitteilungspflicht ist. Im Zweifel würde dies als unzulässige Beeinträchtigung der Mitteilungspflicht bzw. als etwa deren zulässige Vorverlegung zu beurteilen sein (S. 182). Die hierüber hinausgehende Nichtigkeit einer Kündigung wegen des erschwerten Tatbestandes der Sittenwidrigkeit (§138 BGB) ist gelegentlich Gegenstand der allgemeinen arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung, während das Schwergewicht des Arbeitsrechts der Bühne bezüglich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Problem der „Nichtverlängerung von Verträgen" beruht, die sittenwidrig sein kann (S. 188). Die einvernehmliche R ü c k n a h m e einer befristeten Kündigung bedeutet unter Umständen das Wiederaufleben des alten und nur ausnahmsweise den Abschluß eines neuen Vertrages (35, 36, 41/49) : „Es ist anerkannt in der Rechtprechung, daß eine während des Vertragsverhältnisses ausgesprochene Kündigung im Falle der Rücknahme nicht die Wirkung hat, daß das alte Vertragsverhältnis durch die Kündigung aufgelöst worden ist und nur in der Weise wieder rechtswirksam werden könnte, daß ein neuer Vertrag

Ordentliche Kündigung und NichtVerlängerung

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geschlossen wird. Ist vielmehr eine Kündigung vor Ablauf der Kündigungsfrist mit Zustimmung de? Gegners zurückgenommen, dann ist die Kündigungserklärung als einseitige Willenserklärung dadurch in ihrer Wirkung in Wegfall gekommen, daß sich die Parteien vertraglich dahin geeinigt haben, sie solle als Kündigung nicht gelten (vgl. Staudinger BGB 9. Aufl. Vorbem. I I I 4 vor § 620; Fockel Handbuch Bd. 1 1 D ,Kündigung' I I Abschnitt VIII). Es handelt sich also um keine Vertragsemeuerung, sondern um die vertragliche (§ 305 BGB) Ausschaltung einer Kündigung. Ein derartiges Rechtsgeschäft bedurfte nicht der Schriftform weder nach der erwähnten Klausel des Dienstvertrags, noch nach der Gemeindeordnung, da es sich nicht um den Neuabschluß eines Vertrags handelt." Terminologisch trennt das Oberschiedsgericht die Kündigung v o n der E n t l a s s u n g (23/50): „Was den Tatbestand der .Entlassung' anbelangt, den die Parteien dieses Rechtsstreits in verschiedenem Sinn auslegen, so hat insoweit die Rechtslehre einen ganz bestimmten Begriff damit verknüpft. Unter Entlassung wird gemeinhin lediglich die vom Unternehmer durch einseitige Willenserklärung (Kündigung) herbeigeführte Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstanden. Dies war in der Betriebsstillegungsverordnung vom 8. 11. 1920 fast allgemein anerkannt und ist heute auch bei der Massenentlassung des BRG herrschende Meinung (vgl.Hueck-Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts 3 . - 5 . Aufl. S. 352; Göppert, Stillegungsverordnung, § 1 Anm. 39; Erdmann-Anthes, Stillegungsverordnung § 1 Anm. 31; Hueck-Nipperdey-Dietz, AOG Anm. 16 zu § 20 und neuerdings Nikisch, Arbeitsrecht 1951 S. 239; Engler, Hess. BRG Anm. 4 zu § 37 sowie Herschel-Steinmann, KSchG Anm. 1 zu § 15). Dementsprechend hat auch das LAG Frankfurt a. M. in ständiger Rechtsprechung unter Entlassung die durch einseitige Willenserklärung des Arbeitgebers herbeigeführte Beendigung des Arbeitsverhältnisses verstanden. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß Kündigung und Entlassung nicht dasselbe bedeuten, sondern unter der Kündigung die einseitige Willenserklärung selbst zu verstehen ist, während die Entlassung den tatsächlichen Vorgang der auf Kündigung beruhenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des Ausscheidens darstellt. Es hat also auch einen guten Sinn, wenn in der Betriebsvereinbarung beide Ausdrücke nebeneinander gebraucht werden." 2. Fristlose (außerordentliche) K ü n d i g u n g Die Frage, ob die 3 wöchige Frist zur Erhebung einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung nach § 11 I, 2 in Verbindung mit § 3 I KSchG für alle Arbeitsverhältnisse gilt, hat das Bundesarbeitsgericht dahin beantwortet, daß diese Fristbindung nur für solche Fälle besteht, in denen beide Voraussetzungen des § 1 1 KSchG (Mindestalter v o n 20 Jahren und 6 monatige Zugehörigkeit zum Betrieb) vorliegen (Urteil v o m 27. 1. 1 9 5 5 — 2 AZR 4 1 8 / 5 4 — , A P 1955 Bl. 187,Nachschlagewerk § 11 KSchG Nr. 5) 1 ). Sonst und in Fällen sittenwidriger u n d daher nach § 138 B G B nichtiger Kündigung gilt Fristfreiheit 2 ). ') A. M.: H u e c k , KSchG Komm. § 11, Anm. 5a. •) H e r s c h e l - S t e i n m a n n , KSchG Komm. §11, Anm. 8.

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

a) U n z u m u t b a r e

Vertragsfortsetzung

Der Tatbestand, der zur fristlosen Kündigung aus w i c h t i g e m G r u n d e gemäß § 15 I NV dienen kann, ist in Abs. 2 des § 15 NV durch Aufzählung einzelner Möglichkeiten näher umschrieben. Diese und damit die Wirksamkeit dieser Kündigungsmaßnahmen werden im Einzelfall aber nur dann richtig beurteilt werden können, wenn die Grundeinstellung, innerhalb derer sich die Würdigung des Verhaltens eines Vertragsteils halten muß, klar liegt. Die U n z u m u t b a r k e i t der F o r t s e t z u n g des A r b e i t s v e r h ä l t n i s s e s muß in wirklich erschöpfender Weise feststehen, um die fristlose Beendigung der Zusammenarbeit zu rechtfertigen und diese für das weitere, durch den Engagementswechsel gekennzeichnete Fortkommen des Mitglieds sich nachteilig auswirkende Maßnahme zu begründen, während die fristlose Kündigung seitens des Mitglieds gegenüber dem Veranstalter für diesen im allgemeinen weniger einschneidend ist. Da die in § 15 I I NV aufgezählten typischen Kündigungsbeispiele, die im persönlichen Verhalten der Parteien begründet liegen, den Hauptkomplex der Kündigungspraxis ausmachen, wird in der Erörterung diesbezüglicher Grundsätze hiermit begonnen. Dabei stehen wiederum die K ü n d i g u n g e n gegenüber dem M i t g l i e d im Vordergrund. Hier ist grundsätzlich anerkannt, daß eine fristlose Kündigung das Mitglied mit einem für die Zukunft hinderlichen M a k e l behaftet, der oft nicht im Verhältnis zu der Erheblichkeit der Kündigungsgründe mit Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung steht. Das Oberschiedsgericht stellt in 33/38 fest: „Eine von der Bühnenleitung ausgesprochene fristlose Entlassung belastet das Mitglied immer mit einem Makel, der auch durch einen nachfolgenden Schiedsspruch, der die Entlassung für ungerechtfertigt erklärt, nicht restlos getilgt wird. Fristlose Entlassungen, die nur bei schweren Verfehlungen zulässig sind, sprechen sich erfahrungsgemäß in den Bühnenkreisen schneller herum als gerichtliche Entscheidungen, die die Entlassungen für unbegründet erklären. Es werden auch nicht alle Bühnenleiter ohne weiteres davon überzeugt sein, daß die Entscheidungen zutreffend waren. Ein gewisses Mißtrauen gegen ein Mitglied, das einmal fristlos entlassen worden ist, wird daher in der Regel bestehen bleiben und sich seiner anderweitigen Anstellung hindernd in den Weg stellen."

So auch in 18/40: „Es ist selbstverständlich und steht deshalb in der Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts seit langem fest, daß die fristlose Entlassung das von ihr betroffene Mitglied mit einem Makel behaftet, weil Dritte der Überzeugung sein müssen, es habe schwere dienstliche Verfehlungen begangen, die eben nur mit der härtesten Gegenmaßnahme hätten geahndet werden können. Diese entehrende Wirkung hemmt, wie immer anerkannt, den Betroffenen in seinem weiteren Fortkommen, ja sie kann seine Existenz vernichten. Sein Schaden ist in aller Regel beträcht-

Fristlose Kündigung (Makel, Zumutbarkeitsfragen)

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lieh. Er wird auch durch ein die Unzulässigkeit der Entlassung später feststellendes Urteil nicht völlig ausgeglichen."

Hinsichtlich der Abwägung der S c h w e r e eines w i c h t i g e n Grundes im Verhalten des Mitglieds gibt das Tarifrecht selbst einen Maßstab, indem es in § 17 NV in Verbindung mit § 10 der Hausordnung Ordn u n g s s t r a f e n in Geld vorsieht. In Fällen der Verletzung der betrieblichen Ordnung muß also zunächst dieses Mittel vergeblich angewandt worden sein, ehe bei weiteren, beharrlichen Ordnungsverstößen eine fristlose Entlassung in Erwägung gezogen werden kann (33/38). Auch V e r w a r n u n g e n seitens des Bühnenleiters können dies nicht erübrigen, da die Ordnungsstrafe das stärkere, verfahrensmäßig auch von der Kollegengemeinschaft (Ortsausschuß) mit gebildete Einwirkungsmittel ist. So verneint das Oberschiedsgericht in 22/38 die Begründetheit der fristlosen Entlassung: „Das Berufungsgericht sieht die Verfehlungen des Klägers vielmehr nur als grobe Verstöße gegen die Ordnung im Sinne der .Hausordnung' an, die nach § 10 Ziff. 3 f ü r jeden einzelnen Fall mit einer Geldstrafe in Höhe der festen Bezüge f ü r eine Woche hätten geahndet werden können. Der Kläger hat f ü r seine Verspätungen aber nur mündliche Verwarnungen erhalten, ohne daß darüber hinaus ihm eine Geldstrafe auferlegt oder ihm auch nur angedeutet worden wäre, daß er im Wiederholungsfall mit seiner fristlosen Entlassung zu rechnen hätte. Das Berufungsgericht hielt diese härteste aller disziplinarischen Maßnahmen, die f ü r das Mitglied in der Regel eine existenzvernichtende Wirkung hat, im vorliegenden Falle nicht f ü r gerechtfertigt."

So auch in 18/53: „Im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Bühnenoberschiedsgerichts (O 24/36 und 0 22/38) ist unter wichtigem Grund nicht jede Verletzung der aus dem Bühnenvertrag dem Bühnenmitglied obliegenden Vertragspflicht zu verstehen. Vielmehr erläutert § 15 des NV mit den in Absatz 2 angeführten Beispielen den wichtigen Grund dahin, daß ein Umstand vorliegen muß, auf Grund dessen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses einer Vertragspartei nicht mehr zugemutet werden kann. Insbesondere fällt hierunter eine ,schwere Verletzung der Dienstleistungen'. Grobe Verstöße gegen die Hausordnung reichen dazu jedenfalls dann nicht aus, wenn solche nicht vorher im Wege der Ordnungsstrafe geahndet worden sind und dieserhalb f ü r den Wiederholungsfall fristlose Entlassung angedroht worden ist."

Beleidigungen zwischen Mitgliedern gehören gleichfalls nach § 10 I X der Hausordnung regelmäßig zunächst unter das Verfahren der Ordnungsstrafe bzw. Betriebsbuße (34/36), soweit es sich nicht um außergewöhnliche, schwerwiegende Verfehlungen handelt, die die Bühne nicht in ihrem Ensemble dulden kann (z. B. wiederholte unsittliche Zumutungen, § 15 II NV; S. 156). Dabei wird aber gemeinhin die Erregbarkeit künstlerischer Naturen selbst bei besonderen Kraftausdrücken weniger tragisch genommen (21/49). Von einem Vokabular wird hier abgesehen.

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

Mit solchen Disziplinarmaßnahmen oder auch nur Verweisen seitens des Bühnenleiters ist der Beanstandungsgrund zunächst tatsächlich erledigt und rechtlich verbraucht, desgleichen durch ein zeitlich trotz angemessener Überlegungsfrist (15/53) nicht mehr erklärbares Ü b e r g e h e n (10/35, 11/33) oder dadurch, daß vor Ausspruch einer fristlosen K ü n d i g u n g zunächst über ein weiteres Verbleiben v e r h a n d e l t wird, ohne daß die Bedingungen erkennbar mit der sachlichen Behebung einer Unzumutbarkeit zusammenhängen (18/53). Wohl aber hat das Oberschiedsgericht den Fall ins Auge gefaßt, daß sich auf einem in dieser Weise erledigten Vorkommnis n e u e W i r k u n g e n ergeben, die wiederum auf das Arbeitsverhältnis nachteiligen Einfluß haben. Es hat hierzu allerdings in 10/35 nicht abschließend Stellung genommen : „Die beklagte Partei behauptet nun, die neue Tatsache bestände darin, daß ihr erst später bekannt geworden sei, welche tiefgreifende Beunruhigung und Empörung die Handlungsweise des Klägers bei der Bevölkerung hervorgerufen habe. Die Empörung sei so stark gewesen, daß bei einem weiteren Auftreten des Klägers Theaterskandale und ein Boykott des Theaters zu befürchten gewesen seien. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein solches späteres Bekanntwerden der seelischen Wirkung einer Handlung wirklich eine ,neue Tatsache' im strafrechtlichen Sinne vorstellen würde, die eine nochmalige Bestrafung rechtfertigte; denn die behauptete Erregung der Bevölkerung ist in Wirklichkeit gar nicht eingetreten." E i n e typische Gesamtabwägung einschl. des Gutachtens des B e t r i e b s r a t e s , dessen Einholung oft zweckmäßig ist, nimmt das Oberschiedsgericht in 24/50 vor: „Weiterhin muß bei der Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstvertrages abgewogen werden zwischen den Folgen, die durch die Kündigung f ü r die Klägerin eingetreten sind und dem Anlaß der Kündigung. Der Auffassung des Betriebsrats, daß in diesem Falle eine ernste Verwarnung genügt hätte und nicht die schärfste Maßnahme der fristlosen Kündigung am Platze war, ist beizutreten. Bei alledem ist auch zu berücksichtigen, daß der Dienstvertrag der Klägerin ohnehin f ü r die nächste Spielzeit nicht mehr verlängert werden sollte, sondern seine Lösung vorgesehen war, so daß die Beklagte ihre Rechtsbeziehungen zur Klägerin nach einigen Monaten ohnehin zu lösen in der Lage war. Schließlich hat die Klägerin auch durch die nachträglich der Verletzten ausgesprochene Entschuldigung zu erkennen gegeben, daß sie den Vorfall bedauerte. . . . " Dies ist durch den oft erheblichen Hinweis auf das V o r v e r h a l t e n der B ü h n e zu ergänzen, den das Gericht in 1/49 gibt: „Im vorliegenden Falle erscheint eine kurzfristige Kündigung aus wichtigem Grund aber auch deshalb nicht zulässig, weil gerade der Kläger von der Beklagten bei der Einstellung veranlaßt worden ist, andere Engagements, die er bereits in Aussicht hatte, auszuschlagen, um den Kläger f ü r sich zu gewinnen. Die außerordentliche Kündigung würde ihn deshalb besonders hart treffen."

Vor- und Nachverhalten bei fristloser Kündigung

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Bei f r i s t l o s e n K ü n d i g u n g e n von Bühnenmitgliedern g e g e n ü b e r T h e a t e r v e r a n s t a l t e r n bleibt unter Wahrung der Interessen der für •den gesamten Spielkörper verantwortlichen Bühne ein besonderes, soziales Schutzmoment auf seiten des Kündigenden in der Frage, ob ihm «ine Engagementsfortsetzung zuzumuten ist, gelegen. Nur wenige Schiedssprüche sind der Natur der Sache nach zu registrieren. Obwohl die Bühne auf Grund ihres Direktionsrechts, das einem gleichen Pflichtenund Machtkreis entspricht, unter Ausschluß höherer Gewalt für alle Störungsgründe, die die Interessen des Bühnenmitglieds berühren können, einzustehen hat, ist auch hier nach der beide Seiten betreffenden Formulierung des § 15 NV eine besondere Schwere der Gründe Voraussetzung. Die Verschuldensfrage ist aus vorstehenden Gründen weniger differenziert als im umgekehrtenKündigungsfall. Sachlich im Vordergrund steht die N i c h t b e s c h ä f t i g u n g . Ein Fall der verändertem Geschäftsgrundlage des Beschäftigungsvertrages (Änderung der Kunstgattung) mit unmöglich gewordenerWeiterbeschäftigung und fristlosem Kündigungsrecht (bzw. Rücktrittsrecht, S. 133) wird vom Oberschiedsgericht in 19/52 als ungenügend begründet zurückgewiesen: „Mit Recht hat das Bühnenschiedsgericht darauf hingewiesen, daß eine Unmöglichkeit der Leistung, nämlich der Beschäftigung des Beklagten in der Kunstgattung Operette und Schauspiel nicht nachträglich eingetreten ist. Denn der Beklagte konnte, wie seine Heranziehung zur ,Fledermaus' als Frosch und Gustav Oherholzer in .Feuerwerk' von Charell ergeben hat, auch bei der Klägerin in Rollen beschäftigt werden, zu denen Schauspieler herangezogen zu werden pflegen. Allenfalls könnte höchstens von einer teilweisen nachträglichen Unmöglichkeit gesprochen werden, die aber nur dann zum Rücktritt vom Vertrag nach § 325 BGB berechtigen würde, wenn die Erfüllung des Vertrags im übrigen in der Kunstgattung der Operette für das Kunstfach als erster Operettenkomiker f ü r ihn kein Interesse mehr gehabt hätte. Der Beklagte hat aber dieses sein Interesse selbst mehrfach kundgegeben, indem er selbst noch Ende 1951 eine Verlängerung des Vertrags in Aussicht nahm, hierüber verhandelte und besondere Bedingungen wegen der Urlaubsregelung stellte. Er hat auch in der Spielzeit 1951/52 selbst an dem Vertrag festgehalten und damit zu erkennen gegeben, daß er doch ein Interesse an der Durchführung desselben habe. . . . Die Veränderung der Geschäftsgrundlage kann hier nicht als Rechtsgrund f ü r die Lösung des Vertrages herangezogen werden, weil eine solche Veränderung ¿rundlegender Art nicht eingetreten ist und der Beklagte immerhin in der von ihm vertretenen Kunstgattung auf der Bühne der Klägerin beschäftigt werden konnte."

b) V e r s c h u l d e n , B e t r i e b s r i s i k o Fälle f r i s t l o s e r K ü n d i g u n g g e g e n ü b e r einem M i t g l i e d ohne dessen Verschulden können sich ausnahmsweise auf seine hierzu Anlaß gebende Person beziehen, wie es in 10/53 heißt: „Nach § 15 des NV kann zwar der Bühnendienstvertrag ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teil gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vor10 R i e p e n h a u s e n , Arbeitsrecht der Bühne, 2. Aufl.

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

liegt. Nach der Rechtsprechung ist als solcher jeder Umstand anzusehen, auf Grund dessen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses einer Partei nicht mehr zugemutet werden kann, wobei nicht erforderlich ist, daß dieser Umstand von der Gegenpartei verschuldet wurde."

Solche Fälle werden aber im allgemeinen auf betriebliche oder sonstige, etwa zulässige Kündigungsgründe beschränkt bleiben. Es scheidet zunächst das sog. „künstlerische Versagen" des Mitglieds als Kündigungsgrund aus, sofern es nicht durch sein die Ungeeignetheit steigerndes späteres Verhalten ein zusätzliches (Mit-)Verschulden trifft (S. 151). Denn die Hauptschuld trägt — soweit nicht das Mitglied irreführende Angaben gemacht hat (S. 135) —nach z. B. 24/36,19/41 und 6/41 in maßgebender Weise die Bühne, die sich vor Engagement ein Bild von dem Leistungsvermögen des Mitglieds machen muß. Ein wichtiger Grund ist dann zu Lasten des Mitglieds nicht gegeben, seine fristlose Entlassung kommt nicht in Betracht (S. 135). Das gilt auch für den Kapellmeister (17/48): „Die Tatsache, daß Mitglieder der Kapelle an der Tätigkeit des Klägers etwas auszusetzen hatten und sich unter diesem zu spielen weigerten, stellt allein einen derartigen Grund nicht dar. Ebenso stellt die Unzufriedenheit mit dem Kläger wegen angeblichen Mangels an Routine und des Orchestralen, wovon sich die Beklagten durch das Gastspiel überzeugen konnten, keinen wichtigen Kündigungsgrund dar."

Nur bei einem „völligen Versagen" (S. 136), das mit der vorausgegangenen Überprüfung des Mitglieds schlechterdings nicht in Einklang zu bringen ist (aber doch unverschuldet sein kann!), räumt das Oberschiedsgericht in 9/40 nebenbei die Möglichkeit einer fristlosen Entlassung ein, ohne daß sich für diese Auffassung in den letzten Jahren ein Anwendungsfall vor dem Oberschiedsgericht ergeben hätte. Die Voraussetzung eines Verschuldens ist dabei unausgesprochen geblieben. Zu dieser Kündigungsgruppe gehört auch das behördliche A u f t r i t t s v e r b o t , an dem der Künstler unschuldig sein, das aber nach Lage bedrohter Interessen der Bühne gleichwohl eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann, wenn es nicht nur vorübergehender Natur zu sein scheint. Hier ist die Grenze zwischen automatischer Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Mitteilung des Auftrittsverbots als Kündigungserklärung seitens der Bühne und als einstweilige Suspendierung durch diese nicht immer klar. Hierzu in Bewahrung historischer Vorgänge im Bühnenrecht folgende Auszüge aus Schiedssprüchen des Oberschiedsgerichts, zunächst 3/48: „Auf der anderen Seite ist dem Kläger darin zuzustimmen, daß durch das Auftrittsverbot eine automatische Beendigung des Dienstvertrages, wie sie die Beklagte anzunehmen scheint, nicht eingetreten ist. Es ist anerkannt in der Arbeitsrechtsprechung, daß im allgemeinen im deutschen Arbeitsrecht eine automatische Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nur dann eintritt, wenn durch Gesetz oder

Verschuldete und unverschuldete fristlose Kündigung

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Rechtsverordnung, wie sie während des Krieges in einzelnen Fällen (z. B. bei Betriebsstillegung durch Bombenschaden) gesetzlich angeordnet ist, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen wird. Allerdings ist auch eine solche automatische Beendigung möglich durch Anordnung seitens der Militärregierung als Inhaberin der obersten Regierungsgewalt der Besatzungsmacht. Es könnte also in diesem Falle nur dann eine automatische Beendigung angenommen werden, wenn die Militärregierung etwas derartiges befohlen hätte. Aus dem vorliegenden Befehl vom 5. 10. 1945 ist gerade das Gegenteil zu entnehmen. In diesem Befehl ist erklärt, daß der Kläger nicht entlassen werde, sondern nur ein Auftrittsverbot für die Dauer von 12 Monaten habe. Das bedeutet rechtlich, daß das Arbeitsverhältnis, welches in diesem Zeitpunkt noch bis zur Beendigung der Spielzeit 1945/46 lief, zum Ruhen gebracht wurde und solange ruhte, bis das Auftrittsverbot wieder aufgehoben wurde. Nun liegt hier tatsächlich der Fall so, daß das Auftrittsverbot bis zur Beendigung des Vertrags Verhältnisses 1946 nicht aufgehoben wurde, sondern die Aufhebung des Auftrittsverbots erst nach Ablauf des Vertrages eingetreten ist. Im Ergebnis ist deshalb festzustellen, daß das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien am 15. 8. 1946 sein Ende erreicht hat." Während in diesem Falle seitens der Bühne keine Kündigung ausgesprochen worden war, wird dies wie in 7 / 5 2 auch in 2 / 5 1 angenommen: „Darüber hinaus kann aber auch die Aushändigung der Bescheinigung vom 30. 7. 1946 zwanglos als eine Kündigung ausgelegt werden, sofern man eine automatische Auflösung durch Eintritt der Bedingung nicht annehmen wollte. Denn der Beklagte war außerstande, den Kläger zu beschäftigen, infolgedessen lag es nahe, die Lösung des Vertrages auszusprechen. Für eine Suspendierung fehlte es an einer diesbezüglich klaren Vereinbarung. Dazu kommt, daß auch der Kläger selbst die Aushändigung der Bescheinigung vom 30. 7. 1946 und die ihm gewordene Mitteilung seitens des Intendanten als Entlassung aufgefaßt hat. Denn der Kläger hat selbst in einem späteren Schreiben an das Kultusministerium dargelegt, daß er entlassen worden sei und um seine Wiedereinstellung gebeten. Die Mitteilung des Entlassungsbefehls ist im Zweifel als Kündigung aufzufassen (ebenso LAG Bremen in B B 1950 Heft 28 S. 733 und LAG Frankfurt a. M. vom 21. 9. 1949 - 2 LA 239/49)." Ohnehin dem betrieblichen Bereich gehören Gründe der Behinderung wegen wirtschaftlich bedingter T h e a t e r s c h l i e ß u n g , E t a t k ü r z u n g , W ä h r u n g s u m s t e l l u n g s f o l g e n usw. an. Abgesehen davon, daß noch nicht einmal T h e a t e r z e r s t ö r u n g ( 9 / 5 2 ) oder behördliche Theaterschließung ( 3 / 4 8 ) als automatische Endigungsgründe des Arbeitsverhältnisses anerkannt, sondern mit einer ausdrücklichen Kündigungsmaßnahme ergänzt werden müßten, sind diese Vorkommnisse auf den Nenner des natürlichen B e t r i e b s r i s i k o s des Veranstalters zu bringen, das von der Pflicht, wirtschaftliche Reserven zu haben oder zu schaffen, beherrscht wird. Dies gilt sehr eindeutig bei einer von der Stadt selbst beschlossenen Schließung ( 1 2 / 5 0 , und 3 / 5 3 S. 98), bei Etatschwierigkeiten (S. 77) wie auch anläßlich der Währungsumstellung ( 1 / 4 9 ) : „Die Währungsreform als solche ist nun nach herrschender Meinung allein kein wichtiger Grund, der zur fristlosen Lösung eines Arbeitsvertrags berechtigt. Wohl 10*

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

können im Einzelfall Umstände infolge der Währungsreform eintreten, die einem Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht zumutbar erscheinen lassen. Diese Umstände müssen aber dann derart sein, daß ein Zusammenbruch de» Betriebes zu befürchten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durchgehalten werden müßte. Die Erschwerung der Wirtschaftslage, die durch die Währungsreform f ü r manche Betriebe eingetreten ist und insbesondere f ü r die Bühnen nach Kenntnis des BOSch. vorliegt und nicht verkannt wird, reicht nicht aus, da jeder Schuldner f ü r eigene Zahlungsfähigkeit einstehen muß (§ 279 BGB). Betriebsgefährdende Umstände sind bei der Beklagten indessen nicht vorhanden, so daß die Städt. Bühnen bei Fortsetzung des Vertrags mit dem Kläger zum Erliegen kommen müßten. Jedenfalls ist nicht zu ersehen, aus welchem Grunde gerade die Fortsetzung de» Vertrages mit dem Kläger diese entscheidende Bedeutimg hat. Die Tatsache, daß die Gage des Klägers gegenüber anderen Gagen einen erheblichen Betrag ausmacht, gibt keinen rechtlichen Grund, gerade das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen, um eine Stelle einzusparen. Bevor zu einer derartigen, für den Kläger einschneidenden Maßnahme geschritten werden konnte, hätte zum mindesten versucht werden müssen, durch Verhandlung mit dem Kläger und den anderen Bühnenangehörigen die Gage herabzusetzen oder zu stunden." D e m Bühnenrecht dürfte angesichts der erschwerten Ausnahmehaftigkeit der fristlosen Kündigung mit ihrem „Makel" i m allgemeinen durchaus das V e r s c h u l d e n s p r i n z i p entsprechen, wie dies in 24/36 zum Ausdruck k o m m t : „Was unter einem .wichtigen Grunde' zu verstehen ist, erläutert der § 15 Abs. 2 durch die dort angeführten Beispiele: .Tätlichkeiten, erhebliche Beleidigungen, unsittliche Zumutungen, beharrliche Verweigerung oder schwere Vernachlässigung der Dienstleistungen, wiederholt unpünktliche Zahlung der VertragsVergütungen'. Es muß also, um eine vorzeitige Kündigung zu rechtfertigen, immer ein schuldhaftes Handeln, eine gröbliche Verfehlung eines Vertragsteils vorliegen." c) A n h ö r u n g s - , E r m i t t l u n g s - u n d A b m a h n u n g s p f l i c h t Die Verschuldensfrage setzt notwendigerweise wie bei allen Schuldfeststellungen eine A n h ö r u n g des Betroffenen voraus, die durch eine entsprechende E r m i t t l u n g s p f l i c h t ergänzt wird, ehe eine Kündigung aussprechbar ist. Dies legt das Oberschiedsgericht grundsätzlich in 15/35 fest: „Das aber ist eine Strafmaßnahme, von der nach der ständigen Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts wegen ihrer existenzvernichtenden Folgen nur im äußersten Notfalle beim Vorliegen schwerer Verfehlungen Gebrauch gemacht werden darf und der unter allen Umständen eine persönliche Aussprache mit dem Bühnenmitglied vorangehen muß, um den Fall zu klären und die gütliche Beilegung de» Konfliktes zu versuchen." Anschließend in 2/39: „Es lagen hier, als der Intendant die Entlassung des Klägers verfügte, noch soviel Zweifel und Ungewißheiten vor, daß der Intendant zunächst sich um die volle Aufklärung der Angelegenheit hätte bemühen und hierfür zum mindesten den Kläger anhören und ihm die Zeugin gegenüberstellen müssen."

Anhörung, Abmahnung des Mitglieds, Sachermittlung

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Hier wird auch betont, daß einseitige Anzeigen in Form „eidesstattlicher Versicherungen" diese Anhörungspflicht nicht erübrigen können. Für das Verfahren zur Aufklärung ist wesentlich, daß die B ü h n e d e m M i t g l i e d die Berechtigung des Vorwurfs n a c h z u w e i s e n , nicht das Mitglied die Pflicht hat, sich davon zu reinigen (16/41): „Für die Staatsanwaltschaft war entscheidend, ob ,die angestellten Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage' boten oder nicht (§ 170 Abs. 1 und 2 der Strafprozeßordnung). Sie hat mit eingehender Begründung das verneint. Damit war — von hier nicht in Betracht kommenden Maßnahmen abgesehen — die Möglichkeit ausgeschlossen, daß das Gericht im Strafhauptverfahren den Kläger für überführt ansah und verurteilte. Aus der überdies üblichen Fassung der Einstellungsverfügung ist auch nur zu entnehmen, daß die Strafverfolgungsbehörde nach dem durchaus zweifelhaften — im wesentlichen gerade f ü r den Beschuldigten sprechenden — Ergebnis des Vorbereitungsverfahrens die Überzeugung gewonnen hatte, die Hauptverhandlung könne eine Schuld des Klägers nicht beweisen. Schließlich aber ist es nicht Sache des Beschuldigten, sich von einem Verdacht zu reinigen, sondern im Strafverfahren nach anerkannten Verfahrensgrundsätzen Aufgabe des ihn verurteilenden Gerichts in freier aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpfter Überzeugimg das Ergebnis einer Beweisaufnahme würdigend die Schuld des Angeklagten gegen ihn festzustellen, ihn zu überführen (§§ 261, 267 Abs. 1 und 5 der StPO). Ebenso aber lag es der Bühnenleitung ob, dem Bestreiten und Leugnen des Mitglieds gegenüber schlüssig darzulegen und zu beweisen, daß sie zur Kündigimg ohne Frist berechtigt war."

Dadurch, daß in diesen Prozessen jedoch das — schon wegen der Rehabilitierung durchzuführende — Beweisergebnis der geltend gemachten Gründe ohnehin ein negatives war, kann allerdings nicht klar erkannt werden, ob das Oberschiedsgericht eine fristlose Kündigung, .wenn die Anhörungs- und Ermittlungspflicht grob verletzt worden ist, ohnehin für unwirksam hält, jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie notfalls letzten Endes durch das Gericht auf ihre Begründetheit mit positivem Ergebnis nachgeprüft worden ist, wobei eine Rückwirkung auf den vorzeitigen Zeitpunkt der Entlassung ausgeschlossen werden müßte. Es dürfte durchaus im Sinne der Fürsorgepflicht hegen, diese Konsequenz zu bejahen, jedenfalls solange irgendein UnSicherheitsfaktor pflichtmäßig in Betracht zu ziehen ist. Denn eine vorzeitige, spekulative Entschließung darf auch nicht nachträglich gebilligt werden. Am ehesten kommt dies in 37/36, wenn auch nur für einen Teil der Kündigungsgründe angewandt, zum Ausdruck: „Auf einseitig unbewiesene Behauptungen hin und ohne jede Nachprüfung des wirklichen Sachverhalts war aber eine fristlose Entlassung jedenfalls zur Zeit, und das gilt auch f ü r den 2. 12. 1936 (Verhandlungstermin), ,noch nicht gerechtfertigt'."

Die erwähnte Konsequenz dieser Auffassung ist jedenfalls umgekehrt, daß die vom Kündigenden rechtzeitig mit den ihm zur Verfügung stehenden und für die Entscheidung ausreichenden Mitteln getroffenen und zu

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

billigenden Feststellungen aber auch dann die fristlose Entlassung rechtfertigen müssen, wenn sich später die Haltlosigkeit doch noch herausstellt, sofern dem Betroffenen an dem Lauf der Dinge nur irgendein maßgebliches Verschulden zuzumessen ist, wie dies das Gericht in 16/41 mit den Worten andeutet: „Ob etwas anderes dann zu gelten hat, wenn ein Mitglied durch schuldhaftes Verhalten seine Verhaftung verursacht und sich damit der Möglichkeit schuldhaft beraubt hat, seine vertragliche Leistung zu erbringen, kann hier ungeprüft bleiben, da der Sachverhalt für ein solches Verschulden des Klägers nichts ergibt."

Und sehr ausdrücklich in 11/52: „. . . nach der im Schrifttum des Arbeitsrechts anerkannten Meinung und nach gefestigter Rechtsprechung ist bei Beurteilung der Frage, ob ein wichtiger Grund zur sofortigen Kündigung vorliegt, auf den Tatbestand abzustellen, wie er in dem Zeitpunkt vorliegt, in dem von der außerordentlichen Kündigung (hier Beurlaubung) Gebrauch gemacht wird. Es kommt also nicht darauf an, wie sich durch Hinzutreten späterer Aufklärung die Sachlage herausstellt, sondern wie sie f ü r den Kündigenden sich im Zeitpunkt der Kündigimg darstellte. Dieser anerkannte Grundsatz hat dazu geführt, daß ein schuldhaftes Verhalten des Gekündigten nicht in jedem Fall erforderlich, vielmehr die objektive Sachlage zu würdigen ist. In diesem Zusammenhang hat sich deshalb der Rechtsgrundsatz entwickelt, daß auch ein bloßer Verdacht einer strafbaren Handlung bereits als Entlassungsgrund angesehen werden kann, ohne daß es darauf ankommt, ob bei Durchführung eines förmlichen Verfahrens sich später die Unschuld herausstellt, oder eine Schuld nicht nachzuweisen ist."

Der V e r d a c h t eines Verschuldens ist also kündigungsrechtlich dessen mit Vorsicht zu betretende erste Unterstufe. Die Bedeutung im Bühnenarbeitsrecht gestattet keine schematische Übertragung, wenn man die Rechtsprechung zum „Makel" berücksichtigt. Die Interessen sind bevorzugt zugunsten des makel-gefährdeten Mitglieds gegeneinander abzuwägen, wie es in dem Schiedsspruch im Ergebnis geschieht. Eine notfalls einsetzende A b m a h n u n g s p f l i c h t (z. B. bei verzögertem Engagementsantritt) kann eine vorherige Fristsetzung im Sinne entsprechender Verzugsvorschriften (§ 326 BGB) bedingen (1/53): „Zwar ist nach der Rechtsprechimg anerkannt, daß bei gewissen Verhältnissen zunächst eine Abmahnung zu erfolgen hat, ehe von der verschärften Maßregelung der fristlosen Kündigung Gebrauch gemacht wird. In diesem Sinne kann u. U. eine vorherige Fristsetzung notwendig sein. Dies jedoch nur dann, wenn die Abmahnung Erfolg verspricht."

Daher liegt auch begrifflich eine b e h a r r l i c h e D i e n s t v e r w e i g e r u n g — von dem wichtigen, tariflich ausdrücklich geregelten Fall der Verweigerung einer Rollenübernahme (§ 5 IV NV) abgesehen — nach § 15 II NV erst dann vor, wenn alle Einwirkungsversuche im Sinne der Abmahnungspflicht auf das Mitglied fruchtlos geblieben sind (5/35):

Beseitigung des fristlosen Kündigungsgrundes

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„Eine Dienstverweigerung stellt sich nur dann als .beharrlich' dar, wenn der Dienstpflichtige auch durch eine in angemessener Form erfolgende, in sachlicher Aufklärung und vernünftigem Zureden bestehende Einwirkung des Dienstberechtigten zur Erfüllung seiner Dienstpflicht nicht zu bewegen ist. Eine solche Einwirkung hat im vorliegenden Falle nicht, wenigstens nicht in ausreichendem Maße stattgefunden. Es genügte nicht, daß der Oberspielleiter zu der sich entfernenden Klägerin äußerte, wenn sie die Probe verlasse, dann müsse er sie als vertragsbrüchig erklären, und daß er ihr wiederholt den Inspizienten nachschickte, der der Klägerin ausrichtete, es sei Probe, sie müsse probieren. Es wäre vielmehr Sache des Oberspielleiters gewesen, persönlich die Klägerin in ihrer Garderobe aufzusuchen, um sie durch geeignete Belehrung und Vorstellung zur Fortsetzung der Arbeit zu veranlassen."

Eine vom Mitglied erklärte E n t s c h u l d i g u n g wegen eines Zwischenfalles auf einer Probe (12/33) oder gar bei einer Faschingsveranstaltung (24/50) ist aus gleichen Erwägungen entlastend zu werten. Die Entscheidung der schließlichen Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung infolge eines kritischen Verhaltens des Mitglieds ist also für jeden Fall genau auf den Zeitpunkt zu beziehen, in dem ein hinreichender Sachverhalt mit allen, vom Kündigenden wahrzunehmenden, aber auch ausreichenden Mitteln von diesem festgestellt worden ist. Denn es handelt sich um die Notwendigkeit einer arbeitsvertraglichen, augenblicklichen Klarstellung, die zugleich eine Rechtfertigung des kündigenden Teils bedeuten soll. Vgl. auch die Kostenentscheidung 15/53 (S. 260). Im übrigen berühren all diese Überlegungen die Frage des M i t Vers c h u l d e n s des Mitglieds bei Kündigungsveranlassung, und zwar im Rahmen einer etwaigen Schädigung auf der anderen oder auf der eigenen Seite außerhalb der Kündigungsmaßnahme, nicht jedoch im Rahmen der Beurteilung, ob die Kündigung selbst gerechtfertigt war oder nicht (S. 125, 158). Die Verantwortung für die Kündigung als solche und ihre Folgen trägt der Kündigende allein. So das Oberschiedsgericht in 18/53: „Hieraus ergeben sich für das Bühnen-Oberschiedsgericht zwei Folgerungen. Zunächst ist, da keine schwere Verfehlung im Sinne des § 15 vorliegt, die fristlose Kündigung ungerechtfertigt. Auf der anderen Seite liegt eine positive Vertragsverletzung durch Verletzung der Benachrichtigungspflicht vor, die die Klägerin für allen Schaden haftbar macht, der durch dieses vertragswidrige Verhalten der Beklagten erwachsen ist. Demgemäß war zunächst auf die Klage festzustellen, daß die Kündigung rechtsunwirksam ist. . . . "

d) S u s p e n d i e r u n g Ist sich eine Bühne über den Grund einer etwaigen fristlosen Entlassung noch nicht klar, oder will sie eine schwächere Disziplinarmaßnahme vornehmen, so darf sie nicht unbedenklich zur einstweiligen Suspendierung (außerordentliche Beurlaubung), zum Auftritts- oder gar Haus-

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

verbot sehreiten, wenn diese Maßnahmen teilweise auch milder als die fristlose Entlassung erscheinen können. Die Unsicherheit ihrer Begrenzung stellt diese Maßnahmen nach ständiger Rechtsprechung des Oberschiedsgerichts der f r i s t l o s e n E n t l a s s u n g mit Ausnahme des fortlaufenden Gagenanspruchs p r i n z i p i e l l g l e i c h , sowohl in den Voraussetzungen als auch in ihrer Vorbereitung, ihrem Vollzug und ihren Auswirkungen. E s führt zum Auftritts- und Hausverbot ohne gehörige Tatbestandsermittlung seitens der Bühne in 35/38 aus: „Der Oberbürgermeister war hiernach zu den getroffenen Maßnahmen nicht berechtigt, und zwar um so weniger, als er die Maßnahmen auf die einseitige Mitteilung des persönlich interessierten Herrn K. traf, ohne den Kläger auch nur anzuhören und ihm eine Verteidigung zu ermöglichen." U n d weiter: „Die plötzliche Entziehung weiterer Beschäftigung während der Vertragsdauer, namentlich verbunden mit dem Verbot, das Theatergebäude weiter zu betreten, erweckt nach außen hin immer den Glauben, daß das von den Maßnahmen betroffene Mitglied sich schwerer Verfehlungen schuldig gemacht habe, und behaftet es mit einem Makel, der sich früher oder später auch wirtschaftlich auswirken muß. Für den entstehenden Schaden muß die Bühnenleitung aufkommen." Nicht anders ist die Beurteilung der außerordentlichen Beurlaubung in 13/35: „Der Ausdruck,Beurlaubung' hat sich bedauerlicherweise eingebürgert f ü r Fälle, in denen es sich nicht um .Beurlaubungen' im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs, d. h. um erwünschte zeitweilige Dienstbefreiungen, sondern um eine ,Suspendierung' mit anderen Worten: die strafweise erfolgte Enthebung vom Dienste handelt. Das aber ist eine Maßregel, die in ihrer äußeren Wirkung — (da eine etwaige Fortzahlung des Gehalts in der Öffentlichkeit kaum bekannt wird) — vollständig einer fristlosen Entlassung gleichkommt." D a s Oberschiedsgericht hebt in dieser Entscheidung weiterhin hervor, daß der Begriff der Suspendierung dem Bühnentarifrecht fremd ist und zu Unrecht aus dem Beamtenrecht übertragen wird. Bei dieser Würdigung der außerordentlichen Beurlaubung ist es selbstverständlich, daß das Gericht sie nicht nur als einen tatsächlichen Vorgang, sondern als einen Rechtsakt behandelt (womit sie Gegenstand eines Feststellungsbegehrens nach § 256 ZPO werden kann). E s heißt in 17/41: „Die Bühnenleitung hatte, überzeugt davon, daß sich die von ihr zunächst ausgesprochene fristlose Entlassung nicht rechtfertigen ließe, diese, wie sie darlegt, in eine Beurlaubimg umgewandelt. Damit war aber an der Sachlage nur geändert worden, daß sie f ü r ihre vermeintlich mildere Maßnahme eine andere — wie noch zu zeigen, unzureichende — Begründung gab und daß sie sich bereit fand, dem Mitglied bis zum Ablauf der Vertragszeit das ihm zustehende Gehalt zu zahlen. In ihrer Wirkung blieb die Maßregelung der fristlosen Entlassung mindestens durchaus gleich. Für das Mitglied bedeutet ihre Durchführung, daß ihm die Möglichkeit beruflicher Betätigung genommen war, ein Nachteil, der nach der Lebenserfahrung in aller Regel die Weiterzahlung des Gehalts nicht auszugleichen vermag. Der

Suspendierung als fristlose Entlassung

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Öffentlichkeit bleibt zumeist diese Tatsache verborgen. Sie kann in der Nichtbeschäftigung des Betroffenen nur die Äußerung seiner zwangsweisen Entfernung aus dem Bühnenverbande sehen. Mit Recht hat deshalb in seiner Rechtsprechung das Bühnen-Oberschiedsgericht wiederholt ausgesprochen, daß von der in ihrer existenzgefährdenden Wirkung der fristlosen Entlassung gleichkommenden Zwangsbeurlaubung nur in schwersten Fällen von Verfehlungen Gebrauch gemacht werden darf. Daß es sich hier auch nicht etwa um eine durch die Sachlage gebotene und deshalb statthafte kurzzeitige Beurlaubung bis zum Abschluß aufklärender Ermittlungen handelt, liegt auf der Hand. Es ist wegen der Gleichheit der Zwangsbeurlaubung bis zum Vertragsablauf und der fristlosen Entlassung selbstverständlich, daß die Bühnenleitung — von besonders schweren Verstößen abgesehen —, auch zu einer zwangsweisen Beurlaubung nur schreiten darf, wenn sie vergeblich versucht hat, durch eine sachliche Aussprache, Warnung, Mahnung oder Ordnungsstrafe das Mitglied auf den Weg der Pflicht zu weisen."

Bestätigend auch 11 ¡52: „Mit Recht ging das Bühnenschiedsgericht zunächst davon aus, daß die Suspendierung des Klägers als eine Maßregelung, die in seinen Dienstvertrag eingreift, ebenso wie eine fristlose Kündigung einen wichtigen Grund voraussetzt. In dieser Hinsicht hat auch bereits das frühere Bühnenoberschiedsgericht die Auffassung vertreten, daß eine Suspension in ihrer äußeren Wirkung — da eine etwaige Fortzahlung des Gehalts in der Öffentlichkeit kaum beachtet wird —, einer fristlosen Entlassung gleichkomme (vgl. BOSch. — 0.13/35 — zitiert bei Riepenhausen, ,Das Arbeitsrecht der Bühne', S. 156). In der Arbeitsrechtslehre wird gleichfalls der Standpunkt vertreten, daß, auch wenn eine Beschäftigungspflicht vorhanden ist, wie dies beim Bühnenengagement der Fall ist, dennoch der Arbeitgeber aus wichtigem Grund den Arbeitnehmer von der Arbeit suspendieren kann. Besonders im öffentlichen Dienst werden derartige wichtige Fälle vorkommen, wenn ein zunächst noch unbewiesener, aber schwerer Verdacht einer schuldhaft widerrechtlichen Handlung besteht, der bis zur Aufklärung des Falles eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers vorübergehend nicht angezeigt erscheinen läßt. (Vgl. Molitor in RWP Gruppe 11 D, Stichwort .Arbeitsvertrag — Arbeitsverhältnis' VII.) Danach war, ebenso wie bei einer fristlosen Entlassung in entsprechender Anwendung des § 15 des NV zu prüfen, ob ein Umstand vorlag, auf Grund dessen die Fortsetzung der Weiterbeschäftigung des Klägers der Beklagten nicht mehr zugemutet werden konnte. Festzustellen war als unstreitiger Sachverhalt folgendes: Der Kläger, zu Engagementszweeken nach Berlin beurlaubt, hatte diese Reise jedoch nach Leipzig zum Zwecke von Engagementsverhandlungen ausgedehnt, dort an dem .Friedenskongreß der Kulturschaffenden' teilgenommen und sich auf diesem Kongreß in irgendeiner Weise geäußert, die jedenfalls kein Lob für die Theater der Westzone darstellte. Anschließend an dieses sein Auftreten in Leipzig erschien unstreitig die dpa-Meldung in verschiedenen Zeitungen, wie sie im Tatbestand mitgeteilt ist. Zu dieser dpa-Meldung hat sich der Kläger in seinem Brief vom 26. 5. 1951, wie angegeben, geäußert, indem er die angeblichen Äußerungen als ,entstellt, aus dem Zusammenhang gerissen und z. T. unwahr wiedergegeben' darstellte. Frage ist, ob dieser Sachverhalt in Verbindung mit der inhaltlich wieder-

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

gegebenen Äußerung vor dem Bühnenschiedsgericht einen Grund zur Suspendierung darstellte. . . . "

Nach Feststellung der Unerheblichkeit des genauen dpa-Textes gemäß dem Zitat auf S. 158 stellt das Gericht die Frage, ob die mit öffentlichen Mitteln gestützte Vertragsbühne den Kläger hiernach noch zumutbar hätte auftreten lassen können, was wie folgt bejaht wird: „Die Beklagte ist nicht in der Lage, den Nachweis zu führen, daß der Kläger eine Äußerung des Inhalts gemacht hat, wie sie in der dpa-Meldung vom 19. 5. 1951 enthalten ist. Wäre diese Äußerung in dieser Torrn vom Kläger gemacht worden, so würde diese allerdings nichts mehr mit sachlicher Kritik gemein haben, sondern eine hetzerische Herabsetzung aller Theater der Bundesrepublik darstellen, die auch das Theater in Mainz einschließt und deshalb wegen ihrer Böswilligkeit die Suspension rechtfertigte."

Es sind also die gleichen Regeln wie bei der fristlosen Entlassung. Das betrifft auch die Frage der v e r s c h u l d e t e n M i t v e r u r s a c h u n g des durch die ungerechtfertigte Suspendierung verursachten Schadens, der über den Beschäftigungsschaden in weiterem Umfang hinausgeht (hier: Interzonenpaßschwierigkeiten usw., S. 151). e) M i t t e i l u n g d e r K ü n d i g u n g s g r ü n d e Der Augenblick des Ausspruchs der fristlosen Kündigung ist nicht nur das Endzeichen des bei Gründen in der Person des Mitglieds gebotenen Anhörungs- und Ermittlungsverfahrens des Bühnenleiters (S. 148), sondern auch für die Bekanntgabe der Gründe der fristlosen Kündigung, die spätestens auf Verlangen mitgeteilt werden müssen, maßgebend (33/38). Es entsteht dann die Frage, ob und wie weit im Laufe eines Rechtsstreits auch noch n a c h t r ä g l i c h — etwa zusätzlich — g e l t e n d gem a c h t e G r ü n d e bei der Rechtfertigung der Kündigungsmaßnahme vom Gericht zu beachten sind. Das Oberschiedsgericht verneint in 9/37 diese Möglichkeit, wenn während längerer Monate seit Kenntnis dieser weiteren Gründe keine Berufung auf sie erfolgt ist: „Überdies ist es eine noch immer umstrittene Rechtsfrage, ob die .fristlose Kündigung eines Dienstvertrages aus wichtigem Grunde' überhaupt später noch mit anderen Gründen gerechtfertigt werden kann als denen, die der Kündigung zugrunde lagen. Keinesfalls können solche nachträglichen Gründe aber noch geltend gemacht werden, wenn der kündigende Teil sie erst vorbringt, nachdem er, wie hier, schon seit vielen Monaten Kenntnis von ihnen erlangt haben muß, ohne sich zur nachträglichen Stütze der fristlosen Entlassung darauf zu berufen."

Umgekehrt können s p ä t e r e , außerhalb des Wirkungsbereichs des Kündigenden liegende E r e i g n i s s e nicht die einmal ausgesprochene Kündigung rückgängig machen, 7/52: „Der Anstellungsvertrag ist auch nicht wieder aufgelebt, als der Kläger zunächst im Prüfungsverfahren des Untersuchungsausschusses als bedenkenfrei für den städt. Dienst bezeichnet wurde und demnächst im Spruchkammerverfahren der

Nachträgliche und frühere Kündigungsgründe

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Kläger in Gruppe IV der Mitläufer eingereiht wurde. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, daß die spätere günstige Beurteilung im Entnazifizierungsverfahren die vorher ausgesprochene Lösung des Arbeitsvertrages nicht nachträglich rückgängig macht. Es ist anerkannten Rechtes, daß es für die Beurteilung eines wichtigen Grundes allein auf den Zeitpunkt der Kündigung ankommt. Im Jahre 1945 war aber zweifellos die Beschäftigung des Klägers der Beklagten verboten und somit nicht zumutbar."

Hier entsteht allenfalls eine Pflicht zur Wiedereinstellung aus besonderer Fürsorgepflicht (S. 212). Man wird den entsprechenden Schluß ziehen müssen, daß die nachträgliche Geltendmachung zusätzlicher Gründe die Entlassung in keinem Falle für den ursprünglichen Zeitpunkt, sondern nur für einen neuen rechtfertigen könnte, der auf den Augenblick der neuen Mitteilung — etwa im Prozeß (welche Möglichkeit das Oberschiedsgericht in 37/36 im Auge hat) — zu beziehen ist. Es widerspräche dem Geist des Arbeitsrechts, insbesondere dem Fürsorgegedanken, wenn in Kündigungsangelegenheiten irgendwie der Unklarheit Vorschub geleistet werden könnte. Das Mitglied muß im Augenblick der Kündigung und ihrer Begründung genau wissen, woran es ist und worauf es sich verteidigungsmäßig und zugleich wirtschaftlich einzurichten hat. Auch umgekehrt sind dem R ü c k g r i f f auf länger z u r ü c k l i e g e n d e G r ü n d e für eine außerordentliche Kündigung nach 17/41 Grenzen gesetzt: „In ihrem ihre Maßnahme rechtfertigenden Schreiben vom 26. 3. 1941 hat sie sich auf einen Vorgang berufen, der sich im Oktober 1939 abgespielt haben soll und schon wegen der Länge der inzwischen vergangenen Zeit zur Rechtfertigung einer fristlosen Entlassung in erster Reihe nicht mehr herangezogen werden durfte (Entscheidungen des Bühnenoberschiedsgerichts vom 2. 5. 1921 — NWeg 1921 S. 273, 24. 4. 1928, NWeg 1928 S. 205 = D. B. 1930 S. 261 und viele andere, des Reichsarbeitsgerichts vom 12. 11. 1935 RAG 103/35 in ARS Bd. 27 S. 14). Wie unmöglich seine Verwertung überhaupt ist, zeigt schon der Umstand, daß er der Bühnenleitung bekannt war, bevor sie mit dem Kläger — am 27. 2. 1940 — den Beschäftigungsvertrag für das Spieljahr 1940/41 schloß."

Die Kündigung muß vor allem auch in der E r k l ä r u n g selbst e i n d e u t i g sein1). So genügt es nach 3/35 nicht, wenn eine Bühne die Erneuerung eines terminisierten Vertrages ablehnt und dabei gleichzeitig f ü r den Fall, daß inzwischen doch — durch Würdigung gewisser Umstände gegen ihren Willen — ein neuer Vertrag mit ihr zustandegekommen sein sollte, zu „erkennen" gibt, daß sie die Gründe der Nichterneuerung auch als Gründe für eine fristlose Entlassung heranziehen könnte. Eine förmliche, klare Eventual-Entlassung ist damit nicht ausgesprochen: „Vielmehr hat die Beklagte stets nur den Standpunkt vertreten, daß das Vorgehen des Klägers gegen den Intendanten L. sie ,bei Vorliegen eines Vertrages' ') RGRKomm. § 626, Anm. 1. Das Vorliegen von wichtigen Gründen ohne klare Kündigungsmaßnahme genügt nicht. — Unklarheiten gehen zu Lasten des Kündigenden; Bedingungen sind nur zulässig, wenn sie vom Willen des Gekündigten abhängen, H e r s c h e l S t e i n m a n n KSchGKomm. S 1, Anm. 2.

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1. Teil: Solo — Kündigung des Arbeitsvertrages

zur fristlosen Kündigung berechtigt haben würde und daß sie deshalb die Erneuerung des Vertrages ablehne und ablehnen könne. Von ihrem Standpunkt aus — daß ein Vertragsverhältnis nicht vorliege — hat also die Beklagte folgerichtig und bewußt eine Kündigung nicht ausgesprochen, und zwar nicht einmal hilfeweise für den Fall, daß das Gericht eine Vertragserneuerung annehmen sollte. Die Ablehnung der Erneuerung eines Vertrages ist aber etwas derart vollkommen anderes als die Kündigung eines bestehenden Vertrages, daß das Gericht, nachdem es zur Annahme der Erneuerung des Vertrages gekommen war, die Einlassung der Beklagten nicht mehr unter dem Gesichtspunkte einer — gar nicht erklärten — fristlosen Kündigimg gemäß § 15 des Normalvertrages würdigen durfte."

Eine nachträgliche U m d e u t u n g einer befristeten, unzeitgerechten und daher wirkungslosen Kündigung in eine fristlose ist ebensowenig zulässig (4/48): „Die Kündigung vom 14. 11. 1947 konnte auch nicht als außerordentliche Kündigimg gelten. Zwar hat der Beklagte geltend gemacht, daß ihm durch das Verhalten der Klägerin ein Recht zur fristlosen Kündigung zur Seite gestanden habe, •er hat aber selbst der Klägerin nicht fristlos gekündigt, sondern das Vertragsverhältnis zu dem nach seiner Meinung zulässigen nächsten Termin gekündigt. Er kann nunmehr die Kündigung nicht als fristlose Kündigung aus wichtigem Grund umdeuten."

Über den Fall einer Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine Nichtverlängerungsmitteilung und die diesbezügliche Problematik aus § 11 I I KSchG vgl. S. 256. Nachfolgende Ü b e r s i c h t über mitgeteilte und vom Oberschiedsgericht beurteilte K ü n d i g u n g s g r ü n d e mag die mit den Hauptgesichtspunkten erläuterten Fälle ergänzen: Die fristlose Kündigung ist als b e r e c h t i g t anerkannt worden, wenn Beleidigungen der Bühnenleitung durch das Mitglied oder umgekehrt vorliegen (35/38, 21/37), insbesondere auch, wenn ein technisches Bühnenvorstandsmitglied an das weibliche Personal wiederholt unsittliche Zumutungen richtet (20/38), oder wenn die Bühne bei einem sog. (echten) Doppelvertrag nur einen Vertrag verlängert, nicht aber den anderen (S. 129), was als positive Vertragsverletzung zu beurteilen ist. Eine unberechtigte fristlose Kündigung des einen Teils kann schon deshalb eine fristlose Gegenkündigung des anderen Teils rechtfertigen (10/53). Eine fristlose Kündigung ist außer in den bereits behandelten Fällen grundsätzlicher Art für u n z u l ä s s i g erklärt worden, wenn lediglich ein Verdacht strafbarer Handlungen oder sogar eine Veranlagung dazu (§ 175 StGB) besteht, sofern nicht die Betätigung erfolgt und nachgewiesen ist