System-Transformation: Logik und Theorie sowie Darstellung am Beispiel der muslimisch beeinflussten GUS-Republiken [Reprint 2018 ed.] 9783486788204, 9783486232684

Wohl erste empirisch fundierte Lehrbuchdarstellung zur Systemtransformation.

179 104 20MB

German Pages 321 [324] Year 1996

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Vorwort
Inhaltsverzeichnis
I. Vorbemerkungen
II. Weltweite politische Veränderungen, ihre Einflüsse auf das ehemalige Sowjetimperium und ihre Wirkungen auf die als inhomogene Gruppe verstandenen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken (MUGUS)
III. Ehemaliger Einfluß des Islams und seine jetzige Ausprägung in den MUGUS
IV. Entwicklungsbestrebungen der MUGUS und Voraussetzungen ihrer Realisierung
V. Auszüge aus Länderanalysen
VI. Logik und Theorie der System-Transformation
VII. System-Transformation in den MUGUS
VIII. Möglichkeiten der Realisierung der System- Transformation in den MUGUS mit Hilfe des Vermittlers Türkei
IX. Weltwirtschaftspolitische Bedeutung der System- Transformation in den MUGUS
X. Resümee
Literaturverzeichnis
ANHANG I: Geographische Lage der MUGUS
ANHANG II: Tabellarische Darstellung der Basisdaten, der sozialen Indikatoren und der ökonomischen Struktur der MUGUS
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System-Transformation: Logik und Theorie sowie Darstellung am Beispiel der muslimisch beeinflussten GUS-Republiken [Reprint 2018 ed.]
 9783486788204, 9783486232684

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SystemTransformation Logik und Theorie sowie Darstellung am Beispiel der muslimisch beeinflußten GUS-Republiken

Von

Univ.-Professor Dr. Herbert Biermann Dr. Elisabeth Einig Dipl.-Volkswirt Frank Hesse

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Biermann, Herbert: System-Transformation : Logik und Theorie sowie Darstellung am Beispiel der muslimisch beeinflußten GUS-Republiken / von Herbert Biermann ; Elisabeth Einig ; Frank Hesse. München ; Wien : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-23268-1 NE: Einig, Elisabeth:; Hesse, Frank:

© 1996 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: WB-Druck, Rieden ISBN 3 - 4 8 6 - 2 3 2 6 8 - 1

Vorwort

Durch den ökonomischen Zusammenbruch und das Aufkommen nationaler Bestrebungen in der UdSSR kam es zur Auflösung der Sowjetunion. Im Verlauf dieses Desintegrationsprozesses entstanden auch die sechs Republiken Aserbaidschan, Kasachstan,

Kirgistan,

Tadschikistan,

Turkmenistan

und

Usbekistan,

deren

augenscheinliche Gemeinsamkeit darin besteht, daß der Islam seit dem frühen 8. Jahrhundert die Bevölkerung dieser Region beeinflußte. Obwohl die russische Religionspolitik die islamische Volksfrömmigkeit zu unterdrücken suchte, ist ihr dieses nur zum Teil gelungen, so daß sich nach dem Zerfall der ehemaligen Sowjetunion eine Wiederbelebung des Islams abzeichnet, deren Ausmaß und Ausprägung in den einzelnen Republiken sehr unterschiedlich ist. Die ehemalige muslimische Beeinflussung, die geographische Nähe sowie das Bestreben nach Einführung der Marktwirtschaft sind Gründe, die Transformationsprozesse in diesen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken - im folgenden kurz MUGUS genannt gemeinsam zu untersuchen. Das von diesen jungen, ethnisch sehr heterogenen Staaten vorgetragene Bemühen um eine wirtschaftliche System-Transformation von einer Plan- zu einer Marktwirtschaft und eine sich daran anschließende selbständige Entwicklung steht dabei in einem besonderen Spannungsfeld von äußerer Einflußnahme und innerer ethnischer Zerrissenheit. Die anfängliche Abkopplung von dem bisweilen als imperialistisch empfundenen großen Nachbarn Rußland ist mittlerweile einer teilweisen Wiederannäherung gewichen. Vor allem der "innere Kern der GUS" (Rußland, Weißrußland und Kasachstan) betreibt auf wirtschaftlichem wie auf militärischem Gebiet in diesen Tagen eine Politik der Reintegration. In Teilen scheint die alte Sowjetunion wieder zusammenzuwachsen, während andere Republiken - so etwa Turkmenistan oder Aserbaidschan -

VI

Vorwort

versuchen, sich vollends abzunabeln, um eine isolierte, auf ihrem Rohstoffreichtum basierende Entwicklung zu betreiben. Ferner sind - neben dem dominanten russischen Einfluß - aufgrund der ethnischen Verwandtschaft zur Türkei (die MUGUS

gehören

mit Ausnahme von Tadschikistan

zu

den

sogenannten

Turkrepubliken) und der religiösen Verbundenheit zu anderen islamischen Ländern Einflüsse aus dem Nahen und Mittleren Osten zu verzeichnen. Eine kurz- bis mittelfristig angestrebte Anbindung der MUGUS an den Weltmarkt scheint zunächst nur über diese Kanäle realisierbar zu sein. Die wirtschaftliche System-Transformation in der zentralasiatischen und kaukasischen Region vollzieht sich aufgrund der inneren Umorientierung und der äußeren wie inneren Strukturänderungen in einem sich beständig wandelnden Wirtschaftsund Währungsraum und einem vielseitig offenen und damit für politische Einflußnahme empfindlichen System. Insofern ist die Möglichkeit einer exogenen Stützung von Transformationsprozessen gegeben, die beispielhaft u. a. an der exogenen Hilfestellung durch die anfänglich sehr engagierte Türkei dargestellt wird, die kulturell, ethnisch, sprachlich und religiös mit den MUGUS verwandt ist und darüber hinaus als "Agent westlicher Kultur und Werte" in dieser Region verstanden werden kann. Inwieweit in einem solchen Umfeld eine wirtschaftliche System-Transformation erfolgreich durchführbar sein kann, bleibt abzuwarten. Erkennbar ist zumindest schon jetzt,

daß

sowohl

die Transformationsprozesse

als

auch

die

sich

anschließende Entwicklung im Vergleich der Republiken untereinander deutliche Unterschiede aufweisen. So sind in Kirgistan - dem "Musterschüler des IWF" deutlich größere Transformationsbemühungen und -erfolge zu verzeichnen als etwa in Turkmenistan. Diese Arbeit soll ihren Teil dazu beitragen, die Wirkungen der einzelnen Maßnahmen und die Bedingungen ihrer Durchführbarkeit aufgrund der Logik der Transformation transparenter werden zu lassen sowie eine Theorie der SystemTransformation zu entwickeln. Die Länderanalysen sind bedauerlicherweise nicht in die vorliegende Monographie eingegangen. Ihre Aufnahme hätte jedoch - ganz abgesehen von dem in diesem Rahmen unvertretbar hohen Umfang - der laufenden Aktualisierung bedurft. Das für diese Länder ohnehin nur spärlich vorhandene und darüber hinaus teilweise fehlerbehaftete Datenmaterial wäre bereits bei Erscheinen dieser Studie aufgrund der laufenden Transformationsbestrebungen und der innenpolitischen Wirren in einzel-

Vorwort

VII

nen Republiken überaltet gewesen. Insofern werden in dieser Arbeit nur Auszüge aus den Länderanalysen wiedergegeben. Dem interessierten Leser können die vollständigen

Länderanalysen

(derzeitiger

Stand:

Anfang

1994)

in

einem

Anlageband zur Verfügung gestellt werden. Ferner ist im Literaturverzeichnis grundlegende Literatur zu den einzelnen MUGUS angeführt, die über die in den Auszügen zitierte Literatur hinausgeht, und schließlich gewähren auch die in drei Republiken geführten Gespräche (veröffentlicht in der Reihe "Materialien" der Gesellschaft für Entwicklungsforschung und internationale Beziehungen e. V.) wesentliche

Einblicke

in den System-Transformationsprozeß

dieser

Länder.

Gleichwohl wird in diesem Werk versucht, durch die eingefügten Exkurse einen konkreten

Bezug

zu

den

wirtschaftspolitischen

Maßnahmen

der

MUGUS

herzustellen. Ohne die finanzielle Förderung durch das Ministerium für Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen hätte dieses Projekt nicht realisiert werden können. Dem Ministerium gilt daher unser besonderer Dank. Allen Mitarbeitern,

die

dazu

beigetragen

haben,

das

Datenmaterial

für

die

Länderanalysen zusammenzustellen, die dieser Arbeit als Grundlage dienen - zu nennen sind an dieser Stelle: Sebastian Appelhans, Magdalena Gaese, Michael Holz, Johannes Kemmner, Arne Reuter, Ulrike Scharte und Eckehard Schulz -, danken wir hiermit herzlich. Es bleibt zu hoffen, daß diese Arbeit in der Leserschaft gut aufgenommen wird. Anregungen, Kritik und Verbesserungen zu diesem Buch sind dabei stets willkommen.

Herbert Biermann Elisabeth Einig Frank Hesse

Inhaltsverzeichnis

Seite Vorwort

I. Vorbemerkungen

V

1

II. Weltweite politische Veränderungen, ihre Einflüsse auf das ehemalige Sowjetimperium und ihre Wirkungen auf die als inhomogene Gruppe verstandenen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken (MUGUS)

6

III. Ehemaliger Einfluß des Islams und seine jetzige Ausprägung in den MUGUS

11

IV. Entwicklungsbestrebungen der MUGUS und Voraussetzungen ihrer Realisierung

17

V. Auszüge aus Länderanalysen

23

A. Aserbaidschan

25

B. Kasachstan

34

C. Kirgistan

45

D. Tadschikistan

54

E. Turkmenistan

59

F. Usbekistan

65

X

VI. Logik und Theorie der System-Transformation A. Inhalt, Begriff und Wirkungen der System-Transformation

71 71

1. Inhalt der System-Transformation

71

2. Definition der System-Transformation

74

3. Begriffsinhalt der Definition

85

4. Mögliche Wirkungen der System-Transformation

90

B. Entwicklungsprozesse im Zeitraffer 1. Entwicklung einiger Länder, in denen SystemTransformationsmaßnahmen vorgenommen wurden a. Taiwan

93 93 96

b. Südkorea

101

c. Singapur

108

d. Vietnam

113

2. Entwicklung der "Fünf Neuen Länder" der Bundesrepublik Deutschland C. Logik der Reihenfolge der Transformationsmaßnahmen

120 127

1. Entwurf einer Logik der Reihenfolge der Teilordnungen (-Ordnungsänderungen)

128

2. Notwendigkeit von parallelen Transformationsschritten

151

D. Theorie der System-Transformation

VII. System-Transformation in den MUGUS

152

160

A. Nachwirkungen des sowjetischen "Erbes" der MUGUS

161

B. Fragmentierte Neuorientierung der MUGUS

167

C. Endogene Stützung durch mögliche Splice-Entwicklung der MUGUS

193

D. Mögliche "Anleihen" der MUGUS hinsichtlich der SystemTransformation bei anderen Ländern

197

XI VIII. Möglichkeiten der Realisierung der System-Transformation in den MUGUS mit Hilfe des Vermittlers Türkei

207

A. Entwicklung der Türkei

209

B. Beziehungen der Türkei zu den einzelnen MUGUS

220

1. Aserbaidschan

224

2. Kasachstan

232

3. Kirgistan

241

4. Tadschikistan

243

5. Turkmenistan

243

6. Usbekistan

246

C. Relevanz möglicher türkischer Hilfestellung für die Entwicklung einzelner MUGUS

249

IX. Weltwirtschaftspolitische Bedeutung der SystemTransformation in den MUGUS

260

X. Resümee

264

Literaturverzeichnis

269

Anhang I: Geographische Lage der MUGUS

299

Anhang II: Tabellarische Darstellung der Basisdaten, der sozialen Indikatoren und der ökonomischen Struktur der MUGUS

303

I. Vorbemerkungen Obwohl seit Ende des zweiten Weltkrieges in der Literatur ein Vergleich von Wirtschaftssystemen vorgenommen wird, sind relativ wenige fundierte Arbeiten über die Transformation von speziellen Wirtschaftssystemen', hier von Markt- in Planwirtschaften und Plan- in Marktwirtschaften bei nicht dominierender Nationalität erschienen. Das in der Realität zu beobachtende Entstehen eines sog. mehr oder weniger großen "Chaos" und die Möglichkeiten der Vermeidung eines solchen während des Übergangs von alten in neue "geordnete" Verhältnisse (im Wege von Anti-Crisis-Programmen) sind dabei völlig ausgeklammert.

Der Theoriemangel ist umso beklagenswerter, weil z. Z. sozusagen auf "theorieloser Basis", insbesondere (aber nicht nur) in Osteuropa, der Ablauf rudimentärer Transformationsprozesse von nicht aufeinander abgestimmten Maßnahmen geprägt ist.2 Zwar sind z. T. selbsternannte Berater in diesen Ländern tätig, doch scheinen sie nicht in der Lage zu sein, zugeschnittene effektive Transformationen aus einem Guß anzubieten. Verwiesen sei dazu auf Äußerungen von Nasarbajew in Kasachstan und

Akajew in Kirgistan.3 Von einer Systematik einer System-

Transformation ist nichts zu erkennen. Allerdings kann dann auch nicht mit einer wirksamen Transformation gerechnet werden.

1

Hinsichtlich der Details der Transformation gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, zumal ( 1 ) d a s Entscheidungs-Monopol einer Einheitspartei, (2) das "Staatseigentum" an den Produktionsmitteln (bei leistungsfeindlicher Einkommens-Verteilung) und (3) die sogenannte zentrale Planung auf den hierarchischen Strukturebenen generell in Frage gestellt sind. Vgl. dazu N. Kloten: Die Transformation einer Zentralverwaltungswirtschaft in eine Marktwirtschaft. Die Probleme der osteuropaischen Länder, in: Volkswirtschaftliche Korrespondenz der AdolfWeber-Stiftung, 30. Jg. (1991 / Blatt 7), S. 1. Vgl. N. Kloten: Die Transformation von Wirtschaftsordnungen: Theoretische, phänotypische und politische Aspekte, Vorträge und Aufsätze, Nr. 132, Tübingen 1991; vgl. auch K. H. Hartwig, H. J. Thieme (Hrsg.): Transformationsprozesse in sozialistischen Wirtschaftssystemen, Berlin, Heidelberg 1991; H. J. Wagener (Hrsg.): Anpassung durch Wandel: Evolution und Transformation von Wirtschaftssystemen, Schriften des Vereins für Socialpolitik, N. F. Bd 206 (1991); B. Gahlen, H. Hesse, H. J. Ramser (Hrsg.): Von der Plan- zur Marktwirtschaft. Eine Zwischenbilanz, Tübingen 1992.

2

Vgl. dazu H. Biermann Exogen gestützte wirtschaftliche System-Transformation in Ländern der Dritten Welt - hier den ehemaligen (muslimischen) Sowjetrepubliken, Beiträge zur Entwicklungsforschung, Internationaler Gesprächskreis (XI), Münster 1993, S. 2.

3

Vgl. N. Nasarbajew. "Unsere Deutschen leben besser als die Kasachen", Interview mit Kasachstans Präsidenten Nursultan Nasarbajew, in: Der Spiegel Nr. 39, 1992, S. 218; A. Bozdag: Askar Akajew, Kurzbiographien, in: Orient, 32(1991), Nr. 3, S.339 - 345, hier: S. 340.

2

I

Vorbemerkungen

Die Problematik der Transformation ist offensichtlich, da im Rahmen ökonomischer Transformationsprozesse politische, ethnische, kulturelle, religiöse, rechtliche und soziale Besonderheiten zu berücksichtigen sind und auch die allgemeine Infrastruktur, hier unter anderem sogar die für die Wirtschaftsstatistiken, bereitgestellt werden muß. Es fehlen bei den "revolutionären politischen Unternehmern" (Leadern) zielgerechte Programme, die gesellschaftliche, kulturelle, soziale, wirtschaftliche und strukturelle Wirkungsalternativen zu einer einheitlichen "Schlagkraft" zusammenführen könnten. Daneben haben sich die verschiedenartigsten Disparitäten4 zwischen den transformationswilligen Volkswirtschaften, hier insbesondere den einzelnen MUGUS5, zunehmend verstärkt, so daß gemeinschaftliche Lernprozesse auf den ersten Blick unmöglich erscheinen. Zudem wird allgemein - aus Sicht der Betroffenen wohl auch verständlich - eine Schocktherapie im engeren Sinne verstärkt abgelehnt, so daß ein Wandel von einer Plan- in eine Marktwirtschaft nicht mehr "schlagartig" erfolgen und somit von den bisherigen Institutionen und Positionsinhabern sogar hintertrieben werden kann. Dadurch können sich höchst ineffiziente Allokationen ergeben. Aufgrund dessen sollte das jeweilige politische Sub-System den Staatsanteil an der Wirtschaft in den Republiken nicht kontinuierlich, sondern ggf. diskretionär gradualistisch reduzieren, indem es systematisch in logisch zwingender Reihenfolge schrittweise Veränderungen der einzelnen Gesellschafts- und damit der Wirtschaftssysteme vornimmt. Hierauf wird im folgenden verstärkt einzugehen sein.

Eine Transformation verlangt vornehmlich die koordinierte Überwindung einer Vielzahl der Transformation entgegenstehender Strebungen und dadurch die Vermeidung unterschiedlichster "Verschwendungen". Ein besonderes Problem stellt dabei die Nicht-Homogenität der Völker in den einzelnen Republiken wie z. B. insbesondere in Kasachstan dar. Denn dadurch werden die einzelnen Transformationsmaßnahmen unterschiedlich gesehen und bewertet, was ggf. sogar zu neuen Wertesystemen bei den einzelnen Völkern im Wege der Rückkopplung führen kann. Hierdurch werden die verschiedenen Volksgruppen die für die Transformation

4

Verwiesen sei dazu auf die Einführungen unterschiedlicher eigener Wahrungen und die einzelnen oft sehr unterschiedlichen Privatisierungsprogramme, vgl. hierzu Kap. VII.C. und Kap. VI.C.1.

5

MUGUS steht für die muslimisch beeinflußten GUS-Republiken Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan, wobei Tadschikistan als einzige dieser Republiken keine Turkrepublik ist.

I

Vorbemerkungen

3

benötigten Ressourcen unterschiedlich zu nutzen versuchen. Das Erbe der Vergangenheit - insbesondere im Denken der Menschen - kann letztlich nur in einem längeren Übergangsprozeß bewältigt werden.6 Dieser Gesichtspunkt darf bei der systematisch politisch und ökonomisch zu fundierenden Transformation nicht vernachlässigt werden. Die Notwendigkeit einer zwingenden Logik und einer empirisch-gehaltvollen Theorie der Transformation ergibt sich insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Effizienz der Transformation. Dabei muß die jeweilige Ausgangslage der einzelnen Republiken beachtet werden. Denn es macht einen Unterschied, von welchem Entwicklungsstand aus die Transformation erfolgt.7 So sind die Ausgangslagen der hier interessierenden ehemaligen muslimischen Republiken herauszuarbeiten.8 Da diese Länder allesamt sozialistische Sowjet-Republiken (SSR) waren, haben sie - wenn man von Bevorzugung / Diskriminierung innerhalb der früheren Sowjetunion absieht - zumindest ähnliche Ausgangsbedingungen. Die weitere Tatsache, daß diese Länder Gemeinsamkeiten (Turksprache, Islam u. a.) aufweisen, sie sich darüber hinaus wechselseitig zu "befruchten" vermögen, läßt es ratsam erscheinen, sie auch vor dem Hintergrund des auf vielerlei Beweggründen beruhenden Bemühens der Türkei um Hilfestellung und Einflußnahme9 vordergründig gemeinsam zu untersuchen.

6

Traditionen sind dabei nicht nur Ausgangsbasen, sondern auch Wirkungselemente eines eingeleiteten Reformprozesses, wodurch die Geschwindigkeit der Transformationen bestimmt sein dürfte. Dazu kommt noch das Wissen und Können der politischen Führung. Belastungen treten äußerst schnell auf, die Nutzen liegen jedoch (allerdings nicht zwingend) oftmals in weiter Zukunft. Hier kommt den Traditionen ein u. E. nicht vernachlässigbarer Stellenwert zu. Da es sich final nur um ein wettbewerbsorientiertes Wirtschaftssystem handeln kann, wird dementsprechend Wettbewerb auch erst "relevant" werden müssen, wobei den spezifischen Bedürfnissen der jeweiligen Landesbevölkerung vorab zu genügen wäre. Traditionen überwindender Wettbewerb ist so nicht in absehbarer Zeit zu erwarten. Verwiesen sei dazu auf das noch anzutreffende Nomadentum in einigen Republiken. Die Fähigkeit zum Wandel hängt mithin entscheidend vom "Wesen" und von der "Stärke" des Ausgangssystems, vom gesellschaftlichen Zusammenhalt und von den ethnischen, religiösen und sozialen Traditionen ab.

7

Eine gründliche Diagnose ist in der Ökonomie - genauso wie in der Medizin - Voraussetzung für eine erfolgversprechende Therapie.

8

Vgl. dazu E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1 - 3, Münster 1994.

9

Vgl. hierzu Kap. VIII.

4

I

Vorbemerkungen

Zur Verdeutlichung dieser Gemeinsamkeiten werden zunächst die aktuellen weltweiten politischen Veränderungen im Hinblick auf ihren Einfluß auf diese Länder (in Kap. II) dargestellt.

Anschließend erfolgt die wissenschaftliche Beobachtung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozesse in den einzelnen MUGUS. Diese ist allerdings nur auf der Basis eines theoretischen Gerüsts möglich. So wird nach einem heuristischen Einstieg (Kap. III bis IV) und der Erstellung von Länderanalysen für die einzelnen Republiken (Kap. V sowie Anlageband'0), der Entwurf einer Logik und einer Theorie der System-Transformation (Kap. VI) zu liefern sein, um nach einer Bestandsaufnahme und Identifikation möglicher Folgerungen bei Heranziehung der Erfahrungen Dritter (Kap. VII) auch die Realisierungschancen mit Hilfe des Vermittlers Türkei (Kap. VIII) vertieft zu diskutieren. Es ist also zu fragen, ob und wie bei Freigabe von Restriktionen sich welche bestimmten Märkte, z. B. die Formierung von Märkten für Grund und Boden oder die Entwicklung von Kapitalmärkten, herausbilden. Die Theorie der System-Transformation ist so auch eine Theorie der Wirkung von Lockerungen.

Die allgemeine sich quasi ergebende Transformation macht, da sie eine Vielzahl sozialer Probleme aufweist, eine Ressourcenzufuhr zu ihrer Ingangsetzung in nicht abschätzbarem Ausmaß notwendig. Dies zeigte sich schon bei den früheren transformationswilligen Ländern. Erinnert sei dazu an die sogenannten Strukturanpassungsprogramme zu Beginn der 80er Jahre und die Reformbemühungen zu Beginn der 90er Jahre, weltweit und im ehemaligen europäischen Ostblock. Zu prüfen wird sein, welche Ressourcen im Einzelfall, hier von den MUGUS, in Anspruch genommen werden können. Das Ausmaß der transferierten Ressourcen ist dabei von der bewußt zu wählenden Transformationsstrategie abhängig. Es ist nämlich durchaus denkbar, daß Reformen umso erfolgreicher ausfallen, je früher, schneller und umfassender die Maßnahmen (Lockerungen) koordiniert realisiert werden. Abschließend wird auf eine mögliche weltwirtschaftspolitische Bedeutung der System-Transformation eingegangen.

Die sechs Länderanalysen sind in einem Anlageband zusammengefaßt und auf besondere Anforderung lieferbar. Ihre Aufnahme in diese Monographie würde deren Rahmen weit überschreiten. Außerdem besteht hinsichtlich der Aktualität - die älteren Daten sind gleichwohl von Interesse - ein ständiger Ergänzungsbedarf.

I

Vorbemerkungen

5

Die folgenden Ausführungen sind ein erster Einstieg in die Problematik der SystemTransformation der MUGUS und die Herausarbeitung von Lösungsansätzen zu ihrer Realisierung. Insofern können insbesondere die komplexen Problemkreise bisher noch nicht umfassend diskutiert werden, was anschließenden Partialanalysen vorbehalten sein soll.

II. Weltweite politische Veränderungen, ihre Einflüsse auf das ehemalige Sowjetimperium und ihre Wirkungen auf die als inhomogene Gruppe verstandenen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken (MUGUS) Als markante Ereignisse, die weltweit politische Veränderungen beeinflußt haben, sind anzuführen: Anbahnung der Entschärfung mitteleuropäischer Konflikte (1970), 1. Erdölkrise (1973), 2. Erdölkrise, Einmarsch in Afghanistan (1979/80), Glasnost / Perestrojka (IGSS/Se)" aufgrund der extremen Schwächen des Planwirtschafts-Koordinations-Mechanismus

sogenannten

mit den ersten Anzeichen für die

Einführung rückgekoppelter Koordinations-Mechanismen auf privatwirtschaftlicher Basis etwa in Polen und Ungarn. 1988/89 verschafften sich vor allem in den baltischen Ländern nationalistische Gruppierungen Gehör. Dies führte 1989 zu den Souveränitätserklärungen Litauens und Estlands, die die nachfolgenden Abspaltungen anderer Sozialistischer Sowjetrepubliken (SSR) auslösten bzw. diesen als Vorbild dienten. Die separatistischen Tendenzen bewirkten die Auflösung des RGW (1990) und die Auflösung der UdSSR' 2 sowie die Gründung der GUS (21.12.1991). 1992 schließlich begann Estland mit der Einführung einer eigenen Währung (der Krone) und begründete damit die Tendenz zur Auflösung des gemeinsamen Währungsraumes. Werden die 80er Jahre d. Jh. richtig gedeutet, hat der amerikanischsowjetische Interessenkonflikt (Kalter Krieg) die Wirtschaftskraft der ehemaligen

Perestrojka bedeutet Umbau oder Umgestaltung und wurde in der Geschichte der KPdSU als Bezeichnung für verschiedene organisatorische Veränderungen in der Parteistruktur verwandt. Die Reorganisation des Parteiaufbaus 1929/30 sowie diejenige von 1934 wurden zeitgenössisch Perestrojka genannt. Mit dem Amtsantritt Gorbatschows als Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU im März 1985 bekam der Begriff einen grundlegend neuen Inhalt. Mit Gorbatschow wurde schrittweise eine Politik zur Modernisierung und Veränderung des gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Systems eingeführt. Die Elemente des Perestrojka-Konzepts waren ein offener Umgang mit der Gesellschaft (Glasnost), ein Wandel des politischen Systems mit Wahlrechtsreform in Partei und Staat, die Stärkung der Rolle der Sowjets (Demokratisierung) sowie eine durchgreifende Reform des Wirtschaftssystems mit der Zielvorstellung der Schaffung eines sozialistischen Marktes. Vgl. hierzu H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion 1917/22 bis 1991, München 1993, S. 240 ff., C. Kahlweit Architekten des Umbruchs, Die Erben Gorbatschows: 85 Politiker des neuen Ost-Europa in Portraits, Frankfurt am Main 1993, S. 55 sowie N. O. Haberl Glasnost, Gorbatschow und Perestrojka im Spiegel deutschsprachiger Neuerscheinungen. Ein Literaturbericht, in: Das Parlament vom 29. 04. 1988, S. 14 f. Die rechtlichen Grundlagen wurden diesbezüglich am 05.09.1991 geschaffen.

II

Weltweite politische

Veränderungen

UdSSR überbeansprucht." Die ehemalige Sowjetunion konnte den amerikanischen auf einer relativ effizienten Wirtschaft beruhenden Anstrengungen kein adäquates Potential entgegenstellen. Diese Schwäche, die sich sowohl international als auch national offenbarte, ließ jene oppositionellen Kräfte im ehemaligen Sowjetimperium aufkommen und erstarken, die letztlich zu deren Niedergang 14 beitrugen.' 5 Im früheren RGW und bei einigen Satelliten war man darum bemüht, insbesondere wirtschaftliche Effizienzen zu erhöhen, wobei systemfremde Elemente zur Diskussion anstanden. Erinnert sei dazu nur an Solidarnocz und das Bitten der ehemaligen DDR um Valuta-Kredite. Zugleich war mit Gorbatschow

ein Politiker an die

Entscheidungsstelle gelangt, der wohl als einsichtsfähig angesehen werden konnte. Gleichwohl er und auch andere "Perestrojka" und "Glasnost" zu verwirklichen suchten, schien es ihm um die Erhaltung der Macht der Eliten gegangen zu sein.' 6 Gorbatschow

war nicht bereit, Privateigentum oder privates Unternehmertum als

Fundamente einer zukünftigen Wirtschaftsordnung in der Sowjetunion zuzulassen.' 7

Es begann eine intensive Diskussion über den sozialistischen Rechtsstaat und die Neuordnung der Gesellschaft. Die Auseinandersetzung mit dem Stalinismus, der zu diesem Zeitpunkt auch erstmals in der Sowjetunion so bezeichnet wurde, war maßgebend für den innergesellschaftlichen Wandlungsprozeß.' 8 Das PerestrojkaKonzept wurde innerhalb der Grenzen der Sowjetunion unterschiedlich verstanden. Ein Teil der Parteiführer und viele Wissenschaftler sahen in der Perestrojka eine

13

Da das Zusammenwirken verschiedener Erscheinungen erst zu späteren Zeitpunkten umfassend gedeutet werden kann, werden wohl erst spätere Generationen zu deren Erklärung insgesamt in der Lage sein.

14

Inwieweit der Niedergang anhält, kann nach den Ereignissen bis zum Jahre 1995 in Rußland und den anderen neuen unabhängigen Staaten noch nicht entschieden werden.

15

Bislang gibt es u. W. in der Literatur noch kein schlüssiges komplettes Hypothesensystem, das den Niedergang multikultureller Staaten wie der Habsburger Monarchie, Jugoslawiens oder der UdSSR erklären könnte. Eine Beschreibung liefern G. und N. Simon Verfall und Untergang des sowjetischen Imperiums, München 1993. Es genügt u. E. nicht, darauf hinzuweisen und darzustellen, daß die Folgen der Revolution von 1917 rückgängig gemacht werden sollten, denn eine Vielzahl von Wirtschaftssubjekten befürwortet nach wie vor das alte System.

16

Vgl. dazu ebenda, S. 17 ff., S. 30 ff., S. 37 ff. und passim zur "Krise und Untergang des politischen Systems". Eine Zeittafel der Entwicklung des Verfalls und Untergangs ist ebenda S. 325 ff. aufgeführt.

17

Vgl. ebenda, S. 119.

18

Vgl. H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion..., a. a. O., S. 240 f.

8

II

Weltweite politische

Veränderungen

"soziale Revolution", d. h. eine radikale Veränderung der

sozioökonomischen

Struktur mit weitreichenden Folgen für das politische und wirtschaftliche System. Andere maßgebende Parteiführer unterstützten zwar die sog. Modernisierung der Wirtschaft; die führende Rolle der Partei und das staatliche Eigentum an den Produktionsmitteln waren für sie jedoch unantastbar. Die Wirtschaftskrise wurde im Laufe des Jahres 1989 immer offensichtlicher. Die konservativen Kräfte formierten sich und versuchten gegen Ende des Jahres 1990 eine Wende rückwärts einzuleiten.' 9 Der Rücktritt Schewardnadses "Rechtsruck"

an

der

Spitze.

Der

am 20. Dezember 1990 20 signalisierte einen am

18. August

1991

von

der

neuen

"konservativen" Führungsmannschaft inszenierte Putschversuch scheiterte schon nach drei Tagen, was den Prozeß, den der Putsch zu verhindern suchte, ungemein beschleunigte, wodurch das Ende der Sowjetunion eingeleitet wurde. 2 '

Das Erkennen der Eigenschaften Gorbatschows

hat auf oppositionelle Kräfte

dahingehend gewirkt, Forderungen nach größerem Freiraum und erhöhtem Wohlstand zu stellen. 22 Zugleich rieb man sich am "unbequemen Nachbarn" im Imperium, der schlichtweg als anders gesehen wurde. Andersartigkeit ließ die Nationalität in ihrem Kern erkennen und Toleranz nicht mehr aufkommen. So sind die Nationalitätenkonflikte in der ehemaligen Sowjetunion entstanden und vergrößert worden.

Zugleich ist mit "Tschernobyl" die internationale Umweltproblematik

allerorten

bewußt geworden - insbesondere die mögliche Schädigung jedweder Art durch andere, was das internationale Ansehen der UdSSR zusätzlich stark schwächte.

Schließlich hat (nicht nur) Afghanistan die Möglichkeit der Verletzlichkeit einer jeden Großmacht deutlich offenbart 23 . So wurden "Geister" geweckt, die nicht mehr

19

Vgl. hierzu ausführlicher ebenda, S. 241.

20

Vgl. C. Kahlweit.

21

Vgl. hierzu ausführlicher H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion..., a. a. O., S. 259.

22

Zugleich erschien aber auch die Differenz zwischen "arm" und "reich" vergrößert. Aus der Entwicklungstheorie ist dieses Phänomen wohlbekannt. Erst nach längerer Entwicklung wird die Differenz geringer.

23

Schon durch "Vietnam" offenbarte sich die Ohnmacht einer Weltmacht.

Architekten des Umbruchs..., a. a. 0 „ S. 103.

II

Weltweite politische

Veränderungen

zu bändigen sind wie z. B. in Jugoslawien. Die Süd-Nord- sowie Ost-West-Wanderungen sind ein weiterer Beleg dafür, daß im Wege der "Abstimmung mit den Füßen" jede Macht untergraben werden kann. Auf dieser Basis ist der Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion und des früheren RGW zu verstehen.

Die muslimisch beeinflußten ehemaligen Sowjetrepubliken forderten ebenso wie die anderen ehemaligen Unionsrepubliken immer mehr Selbstbestimmung und Souveränität, die sie formell nach der ehemaligen Verfassung bereits besaßen, aber nun offenkundig erklären wollten, sowie schließlich ihre Unabhängigkeit. Die Daten der Souveränitäts- und Unabhängigkeitserklärungen der einzelnen MUGUS sind im folgenden zusammengestellt. souverän

unabhängig

Aserbaidschan

(1)

23.09.1989

(1)

30.08.1991

Kasachstan

(5)

25.10.1990

(5)

16.12.1991

Kirgistan

(6)

15.12.1990

(2)

31.08.1991

Tadschikistan

(4)

24.08.1990

(3)

09.09.1991

Turkmenistan

(3)

22.08.1990

(4)

27.10.1991

Usbekistan

(2)

20.06.1990

(6)

29.12.1991 (31.08.1991)24

(Die Zahlen in Klammern geben die Reihenfolge der Souveränitäts- bzw. Unabhängigkeitserklärungen wieder.) Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr erklärten sich somit alle MUGUS für souverän, innerhalb von vier Monaten alle sechs Republiken für unabhängig.25

24

A m 31.08.1991 erklarte das usbekische Parlament die Unabhängigkeit. Diese wurde durch ein Referendum - zeitgleich mit der Wahl Karimows zum Präsidenten der Republik - am 29.12.1991 durch das Volk mit 98,2 % der abgegebenen Stimmen bestätigt. Erst im März 1991 hatten noch über 90 % der Bevölkerung in einer Volksbefragung für den Erhalt der Sowjetunion votiert.

25

Zu den Begriffen Souveränität und Unabhängigkeit vgl. A. Beckmann: Methoden des Völkerrechts, München 1982, S. 236.

Grundprobleme und

10

II

Weltweite

politische

Veränderungen

Auch wenn man bedenkt, daß die einzelnen Erklärungen nicht unwesentliche unterschiedliche Vorbereitungen verlangten, kann von einer Gleichzeitigkeit der Souveränitätserklärungen und des Austritts aus der Sowjetunion gesprochen werden. Damit offenbart sich ein fast einstimmig aufgestauter Unwille, einem ungeliebten Regime zu folgen.

Um das Nationalbewußtsein zu stärken und sich von Rußland abzunabeln, haben einige der MUGUS, wie z. B. Kirgistan und Usbekistan, ihren Einwohnern auferlegt, die ursprüngliche Landessprache zu erlernen, so daß in 7 - 8 Jahren alle Einwohner der ehemaligen Muttersprache mächtig sein sollen. Durch diese Maßnahme wird u. a. offenkundig, daß die MUGUS ihre eigene Identität finden und sich von Rußland distanzieren möchten. Der von vielen gehegte emotionale Wunsch, die in den MUGUS lebenden Russen, die aufgrund ihres speziellen Know-hows für die MUGUS wirtschaftlich von Vorteil sein könnten, auswandern zu sehen, ist vor diesem Hintergrund verständlich.

Auch sonst sind andere Merkmale eines Nationalstaates inzwischen zu verzeichnen, wie z. B. die Einführung einer eigenen Währung. Aus noch zu besprechenden Gründen war "man" in Rußland an einer gemeinsamen Rubelzone auch nicht mehr interessiert. Von Vorstellungen über "optimale Währungsräume" scheinen die Handlungen der verschiedenen Wirtschaftssubjekte jedenfalls nicht gelenkt zu werden.

Inwieweit im Rahmen der sog. "Explosion des Ethnischen"26 auch eine Wiederbelebung des Islams in den MUGUS festzustellen ist, soll im folgenden Kapitel untersucht werden.

H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion.... a. a. O., S. 106.

III. Ehemaliger Einfluß des Islams und seine jetzige Ausprägung in den MUGUS Nach der klassischen Tradition "ist der Islam Religion und Staat" 27 . Er versteht sich als Träger und Erfüller einer göttlichen Offenbarung, die in ihrem Totalitätsanspruch alle Lebensbereiche des Menschen erfaßt. Das religiöse Gesetz, die Scharia, durch das Gott den ganzen Menschen beansprucht, ist die Grundlage der politischen Ordnung in der islamischen Gesellschaft. Die Scharia ist sowohl Wegweiser der Regierenden in einem islamischen Staat als auch Grundlage der Rechtsprechung und der Ausübung aller öffentlichen Ämter. 28

Seit dem frühen 8. Jahrhundert war der Islam in das Gebiet der fünf heutigen mittelasiatischen

Republiken Kasachstan,

Kirgistan, Turkmenistan,

Usbekistan

und

Tadschikistan sowie nach Aserbaidschan mit unterschiedlichem Erfolg vorgedrungen. Mit den Metropolen Samarkand und Buchara wurde Zentralasien zu einem bedeutenden Zentrum der islamischen Kultur. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde Zentralasien jedoch durch den Sieg der Schia in Persien von der sunnitischen Welt, zu der es zunächst konfessionell zählte, abgeschnitten und isoliert. Der Islam ist und war in dem zentralasiatischen Raum nie ein homogener Block, sondern wurde durch eine Fülle von heterogenen Erscheinungsformen geprägt, die vom Zeitpunkt und der Intensität der Islamisierung sowie von der nomadischen oder seßhaften Lebensweise abhängen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde Transkaukasien sowie in der zweiten Hälfte der zentralasiatische Raum durch das zaristische Rußland erobert. Die russische, erst christlich-orthodoxe, später atheistische Religionspolitik versuchte, die islamische Volksfrömmigkeit zu unterdrücken, indem sie die Gemeindeeinrichtungen des institutionalisierten offiziellen Islams zerschlug bzw. vereinnahmte. In drei großen Etappen aktiver Religionsbekämpfung und Repression (1918 - 1920, 1928 - 1941 und 1954 - 1964) wurde die staatliche

A. T. Khoury: Der Islam - Sein Glaube, seine Lebensordnung, sein Anspruch, Freiburg i. Br 1988, S. 30 Vgl. A. T. Khoury Der Islam kommt uns näher - Worauf müssen wir uns einstellen?, Freiburg i. Br. 1992, S. 60 f.

12

III Einfluß des Islams

Kontrolle aller offiziellen religiösen Institutionen nahezu erreicht, so daß von ca. 30.000 Moscheen vor 1917 nur noch ca. 300 aktive verblieben.29

So sind in den MUGUS, die eine über 70jährige quasi atheistische Indoktrination erfahren haben, zunächst keine durch den Islam beeinflußten Zielsetzungen zu vermuten. Der Islam spielt derzeit in den zentralasiatischen Republiken nur eine vernachlässigbare Rolle.30 Es ist in den Verfassungen von Kasachstan37 und Kirgistan32 nicht ein Artikel zu verzeichnen, der auf religiöse und / oder besondere ethnische Grundwerte hinweist. Hinsichtlich der z. Z. bestehenden Ausprägung und des ehemaligen Einflusses des Islams in den MUGUS sind durchaus Gemeinsamkeiten33, aber auch deutliche Unterschiede zu verzeichnen. Zur Verdeutlichung wird im folgenden kurz auf die Bedeutung der Religion in den einzelnen Republiken eingegangen.

Die Aseri sind mehrheitlich Schiiten (75 % der muslimischen Bevölkerung) und stellen damit eine Ausnahme unter den Muslimen der ehemaligen Sowjetunion dar. Diese konfessionelle Besonderheit resultiert aus der engen Verbindung Aserbaidschans mit der Geschichte des Irans. Die Schiiten leben vor allem in Mittel- und Süd-Aserbaidschan sowie in Naschitschewan und prägen das religiöse Leben in den größeren Städten. Das Sunnitentum ist unter ca. 25 % der muslimischen Bevölkerung verbreitet. Regional konzentrieren sich die Sunniten in den nördlichen Regionen des Landes.34 Die relativ umfangreiche religiöse Infrastruktur vor der

29

Vgl. hierzu ausführlicher P. Kappert. Kommen nach Marx die Mullahs? Über den Islam in der ehemaligen Sowjetunion, in: G. Rotter (Hrsg.): Die Welten des Islam - Neunundzwanzig Vorschläge, das Unvertraute zu verstehen, Frankfurt am Main 1993, S. 130 ff.

30

Vgl. dazu B. Tibi: Auf der Suche nach einer neuen Bestimmung, Mittelasien zwischen Ethnizitat, Panturklsmus und militantem Islam, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24.08.1993, S. 6; W. Ende, U. Steinbach (Hrsg.) unter redaktioneller Mitarbeit von M. Ursinus Der Islam in der Gegenwart, Münster 1984.

31

Vgl dazu die Verfassung von Kasachstan vom 28 01.1993.

32

Vgl. dazu die Verfassung von Kirgistan vom 05.05.1993

33

Diese sind schon institutionell begründet. So war schon unter sowjetischer Herrschaft das Verwaltungszentrum für die Muslime Zentralasiens und Kasachstans in Taschkent. Vgl. R. Götz, U. Halbach. Politisches Lexikon GUS, München 1992, S. 239 f.

34

Vgl. E. M. Auch: Aserbaidschan. Wirtschaftsprobleme, soziale Verwerfungen, politischer Nationalismus, in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Vierteljahresberichte Nr. 129, Bonn 1992, S. 255 -264, hier: S. 261.

III Einfluß des Islams

13

sowjetischen Herrschaft (rund 2.000 Moscheen und ca. 800 Koranschulen) wurde unter dem sowjetischen Regime weitgehend zerstört. Ende der 70er Jahre existierten noch lediglich 16 Moscheen. Seit 1988 werden verstärkt neue Moscheen gebaut. Aserbaidschan ist allerdings in sehr viel stärkerem Maße als die anderen MUGUS von der Rekrutierung religiöser Nachwuchskräfte abgeschnitten. So gab es keine islamische Ausbildungsstätte im Kaukasus. Das religiöse Leben war vielmehr vorwiegend von Laienmullahs und Bruderschaften geprägt. Einer umfassenden Re-Islamisierung, sofern diese überhaupt stattfinden sollte, steht damit nicht zuletzt der personelle Engpaß zunächst noch im Wege. 35

Die Kasachen sind mehrheitlich Sunniten hanefitischer Rechtschule. Die Russen, die in Kasachstan jedoch immerhin ca. 38% der Bevölkerung ausmachen, sind i. d. R. orthodoxe Christen.36 In Kasachstan, dem Randgebiet der islamischen Welt, spielt der Islam eine eher untergeordnete Rolle. Insbesondere hinsichtlich der Integrationskraft des Islams sollte beachtet werden, daß der kasachische Volksislam sich sehr stark von dem im Nahen und Mittleren Osten praktizierten Islam unterscheidet. Kenntnisse des Korans und seiner Vorschriften sind - natürlich auch bedingt durch die über 70 Jahre währende kommunistische Herrschaft - bei den Kasachen nur rudimentär vorhanden. Auch die gesellschaftliche Stellung der Frau scheint in Kasachstan wesentlich freier zu sein als in Arabien und anderen islamischen Staaten. Dies wird beispielsweise durch das weitgehende Fehlen des Schleiers angedeutet. Selbst sexuelle Normen sind in Kasachstan, verglichen mit den rigiden Normen der genannten Länder, eher lax.37 Die Wiederentdeckung islamischer Traditionen stellt damit für die Kasachen eine Option dar und erfolgt auch in begrenztem Umfang in Form der Neugründung eines islamischen Instituts in Alma-Ata sowie des Neubaus mehrerer Moscheen. Die konsequente Durchsetzung einer islamisch-fundierten Herrschaftsform oder panislamischen Gedankengutes erscheint jedoch aufgrund fehlender religiöser Infrastrukturen innerhalb der Repu-

35

Vgl. R. Götz, U. Halbach Politisches Lexikon GUS..., a. a. O., S. 51 f.

36

Die hanefitische Rechtschule war die offizielle Rechtsschule des Osmanischen Reiches und ist heute in dessen Nachfolgestaaten (insbesondere der Türkei), in Afghanistan, Pakistan, Zentralasien, Indien und der Volksrepublik China vertreten.

37

Vgl. 6 . Hambly Einleitung, in: ders (Hrsg.), Fischer Weltgeschichte Bd. 16, Zentralasien, Frankfurt am Main 1966, S. 11 - 27, hier: S. 23 f.

14

¡II Einfluß des Islams

blik und der mangelnden gemeinsamen Basis mit anderen islamischen Ländern in naher Zukunft unwahrscheinlich.38

Die Kirgisen gehören ebenso wie ihre Nachbarn, die Kasaken und Usbeken, der sunnitischen Glaubensrichtung hanefitischer Rechtschule des Islams an, wenngleich sich in Kirgistan eine abweichende Ausprägung der Religion entwickelte. Im Zuge der Verfolgung des Islams Ende der 20er bis zu Beginn der 40er Jahre des 20. Jahrhunderts erhielten geheime Bruderschaften, wie z. B. Bruderschaften des Sufismus, verstärkten Zulauf. Der Sufismus, der anders als der offizielle Islam weniger einen Ausgleich mit der Sowjetmacht suchte, konnte sich der Kontrolle des offiziellen Islams weitgehend entziehen und seine Eigenständigkeit bewahren.39 In zahlreichen heiligen Stätten und geheimen religiösen Schulen insbesondere im Fergana-Tal ist der Islam durch Sufibruderschaften vertreten.40 Die besondere Ausprägung sowie der stärkere Widerstand des Islams in Kirgistan gegenüber der Sowjetmacht sind möglicherweise zu den Gründen für die Abgrenzung Kirgistans gegenüber den benachbarten Turkvölkern und für die Herausbildung eines eigenen kirgisischen Nationalgefühls zu zählen. 4 '

Die Tadschiken sind ebenfalls mehrheitlich Sunniten hanefitischer Rechtschule. Lediglich in Chodschent und Duschanbe sowie im Pamir befinden sich schiitische Gemeinden. Nach sowjetischen Quellen waren in Tadschikistan die religiösen Traditionen im Vergleich zu den anderen MUGUS am tiefsten verwurzelt. Trotz der unterschiedlichen Glaubensrichtung besteht eine gewisse Annäherung an die iranische Position. Neben den Institutionen des "offiziellen" Islams und zahlreichen Laienmullahs sowie Bruderschaften entwickelten sich panislamische Strömungen, die 1990 zur Etablierung der überregionalen Islamischen Partei der Wiedergeburt, die in Tadschikistan ihre breiteste Basis hat, führten. Diese fundamentalistische

38

Vgl. B. Tibi: Auf der Suche..., a. a. O., S 6

39

Vgl. A. Bozdag: Konfliktregion Kirgisien. Dynamik und Eskalation der blutigen Zusammenstöße 1990, in: ORIENT, 32. Jg. 1991, Heft Nr. 3, S. 365 - 393, hier S. 373.

40

Vgl. ebenda, S. 373 f.

41

Vgl. A.'Bozdag

Konfliktregion Kirgisien..., a. a. O., S. 374.

III Einfluß des Islams

15

Partei wurde zunächst vom Regime bekämpft, 1991 jedoch legalisiert und hat derzeit immerhin rund 10.000 Mitglieder.42

Die Turkmenen bekennen sich ebenfalls mehrheitlich zur hanefitischen Rechtsschule des sunnitischen Islams.43 Eine aserische Minderheit folgt dem schiitischen Glaubensbekenntnis. Die Islamisierung erfolgte im 12. - 1 4 . Jahrhundert durch SufiOrden.44 Die religiöse Infrastruktur wurde von der sowjetischen Politik stark geschädigt. So existierten im Jahr 1981 von den im Jahr 1911 bestehenden 481 Moscheen lediglich noch 5.45

Die Usbeken sind zu 92 % sunnitische Moslems. Die Religion hat den Status einer Volkskultur, in der religiöse Rituale und Folklore vermischt werden. Rituale und Traditionen innerhalb der Gesellschaft haben zumeist ihren Ursprung im Islam, viele Usbeken praktizieren jedoch nicht das tägliche Gebet. In der öffentlichen, politischen Diskussion wird häufig auf den Islam verwiesen, ohne daß dadurch die Entscheidungen, wie in einem fundamentalistischen System, diktiert werden. Große Bedeutung haben neben zahlreichen anderen Universitäten die beiden Islamischen Hochschulen in Taschkent und Buchara als Verfechter eines "akademischen Islams".46 Ferner ist in Taschkent die zentrale Verwaltungsstelle für die Muslime Zentralasiens und Kasachstans.47 Unter sowjetischer Herrschaft gab es bereits rund 150 Hauptmoscheen. Im Zuge der Unabhängigkeit im Jahre 1990 kam es zu einer Wiederbelebung des Islams und damit zum Neubau weiterer Moscheen.

42

Vgl. R. Götz, U. Halbach. Politisches Lexikon GUS..., a. a O., S. 222 f.

43

Vgl ebenda, S 239 f.

44

Dies soll an der Stellung der Frau in der turkmenischen Gesellschaft abzulesen sein. Sie unterliegt z. B. offenbar keinem Verschleierungszwang, vgl. S. Akiner. Islamic People of the Soviet Union, London u. a. 1983, S. 325. Der Einfluß des Sufismus - verkörpert in DerwischBruderschaften - soll noch heute stark sein, vgl. Deutsches Ostasien-Institut, Abteilung GUS /Zentralasien (DOAI) (Hrsg.): Turkmenistan Kurzportrait Juni 1993, Berlin 1993, S. 1.

45

Vgl. ebenda, S. 1.

46

Vgl. B. Tibi. Auf der Suche..., a. a. O., S. 6.

47

Vgl. Protokoll des Gesprächs mit dem stellvertretenden Leiter der islamischen Verwaltung für Zentralasien und Kasachstan Herrn Abdurasak Junus, in: E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08 31.08.1993 nach Usbekistan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 2, Münster 1994, S. 3 f.

16

III Einfluß des Islams

Mittlerweile sollen insgesamt mehrere tausend neuer Moscheen errichtet worden sein. Usbekistan verfügt über die umfangreichste religiöse Infrastruktur von allen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken. Zusammen mit Tadschikistan bildet Usbekistan damit "eine historische Kernzone des Islams in Zentralasien'"'8.

Ferner existieren überregionale panislamische Bestrebungen. So verfolgt die überregionale Islamische Partei der Wiedergeburt fundamentalistische islamische Ziele und strebt die Vereinigung der zentralasiatischen Muslime in einem Staat an. In den einzelnen Republiken ist sie unterschiedlich aktiv und erfolgreich. Während die Partei in Kasachstan nur schwach vertreten ist, hat sie in den südlicheren Nachbarn größeren Zulauf.

Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß der Islam zwar tatsächlich in den MUGUS teilweise eine Wiederbelebung erfährt. Das ist nach der starken Unterdrückung des Islams durch die sowjetischen Herrscher auch verständlich. Jedoch kommt dem Islam in den einzelnen MUGUS insofern eine eher untergeordnete Stellung zu, als er sich bisher bei den gläubigen Muslims nur im privaten Leben äußert und nicht die Wirtschaft oder Politik beeinflußt. Die größte Bedeutung hat er in Usbekistan und ggf. Tadschikistan, die geringste wohl in Kasachstan, wo zudem über ein Drittel der Bevölkerung orthodoxe Christen sind. Darüber hinaus stellen die Anhänger des Islams in der zentralasiatischen Region eine sehr inhomogene Gruppe dar. Sie spalten sich nicht nur in Anhänger des sunnitischen und des schiitischen Glaubensbekenntnisses, sie sind auch von sehr unterschiedlichen Einflüssen geprägt, wie z. B. Tadschikistan von der islamischen Revolution im Iran sowie Kasachstan und der Norden Kirgistans eher von einem mystischen Volksislam. Da zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt die ausgeprägten lokalen Nationalismen in den MUGUS einer "allumfassenden muslimischen Einheit und Brüderlichkeit"49 entgegenwirken, kann die Realisierung fundamentalistischen panislamischen Gedankengutes in der Gesamtregion für die nahe Zukunft wohl ausgeschlossen werden. Auch die Aufnahme islamischer Zielsetzungen in die (Wirtschafts-)Politik der MUGUS ist eher unwahrscheinlich. Durch welche Einflüsse die Entwicklungsbestrebungen der MUGUS geprägt werden, soll im folgenden untersucht werden.

48

R. Götz, U. Halbach. Politisches Lexikon GUS.... a. a. O., S. 293

49

P. Kappert

Kommen nach Marx die Mullahs?..., a. a. O., S. 134.

IV. Entwicklungsbestrebungen der MUGUS und Voraussetzungen ihrer Realisierung Wie bereits dargestellt, sind die MUGUS aus der alten Sowjetunion u. a. aufgrund der Unzufriedenheit der Wirtschaftssubjekte entstanden. Die Etablierung und Stabilisierung der MUGUS ist insofern insbesondere von der Erfüllung der Bedürfnis-Befriedigungsforderungen der in ihnen lebenden Wirtschaftssubjekte abhängig. Zu befriedigende Bedürfnisse sind z. B. Wohlstand, Sicherheit, Gerechtigkeit, Freiheit im Sinne von Freiräumen - und Zukunftsperspektiven, die im folgenden als Variablen bezeichnet werden.50 In den MUGUS mögen aufgrund der Situation in den letzten 70 Jahren die Zukunftsperspektiven, Sicherheit, Gerechtigkeit vor Freiheit stehen. Folgende Präferenzordnung scheint vorzuliegen:

Wohlstand 5 ' > Zukunftsperspektiven > Sicherheit52 > Gerechtigkeit > Freiheit53

Zu beachten ist dabei, daß die einzelnen Variablen sich sowohl insgesamt als auch in der Zweier-Relation in einem Spannungsverhältnis54 befinden und auch mit der Entwicklung sowie Informationen von andernorts eine Veränderung / Anpassung an "höhere" Standards erfahren können. Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, daß die Variablen je nach Kultur, Ideologie, Nationalität, Anspruchsniveau oder Beeinflussung durch Nachbarstaaten unterschiedliche Ausprägungen erfahren. 50

Vgl. dazu ausführlicher (z. T. auch abweichend) C. Lindner. Theorie der Revolution. Ein Beitrag zur verhaltenstheoretischen Soziologie, München 1972; G. Kirsch, W. Wittmann (Hrsg.): Nationale Ziele und soziale Indikatoren, Stuttgart 1975 und die dort zitierte Literatur; B. Berelson, G. A. Steiner. Menschliches Verhalten. Grundlegende Ergebnisse empirischer Forschung, 1. Bd., Weinheim u. a. O.; I. Eibl-Eibesfeld: Grundriß der vergleichenden Verhaltensforschung, München 1967; G. Godamer, P. Vogler (Hrsg.): Neue Anthropologie, Stuttgart 1972; G. C. Hamans: Elementarformen menschlichen Verhaltens, Köln, Opladen 1968, u. a.

51

Daß die Variable Wohlstand an erster Stelle steht, ist nach vielen Demoskopen anscheinend international zutreffend.

52

Vielerorts wird an dieser Stelle Freiheit genannt und an Stelle von Freiheit Sicherheit, was von dem Entwicklungsstand abhangig sein dürfte.

53

Freiheit steht vermutlich an letzter Stelle der Präferenzordnung, wenn man bedenkt, daß 70 Jahre Bevormundung Eigeninitiative nicht aufkommen ließen und insofern Freiheit erst erlernt werden muß. Aufgaben erfüllende Eigeninitiative fußt nach der Sozialpsychologie (im Sinne einer conditio sine qua non) auf Eigentum.

54

Freiheit und Gerechtigkeit befinden sich (je nach Definition) z. B. in einem Spannungsverhältnis, was dazu führen kann, daß Gerechtigkeit zugunsten der Freiheit "geopfert" wird.

18

IV Entwicklungsbestrebungen

der MUGUS

Insofern ist zu vermuten, daß in Aserbaidschan und Kasachstan aufgrund der nationalen Zusammensetzung und der Nachbarschaft zur Türkei und zu Rußland eher westlich orientierte Variablenausprägungen, in Kirgistan, Turkmenistan und Usbekistan eher asiatisch-islamisch orientierte vorherrschen. Tadschikistan scheint vorwiegend persisch beeinflußt zu sein. Eine Verletzung der Präferenzordnung könnte zur Instabilität des Systems führen. Es ist nämlich davon auszugehen, daß in allen Systemen die Menschen sich nach dem Eigennutzaxiom verhalten. Sie werden also den MUGUS nur dann die Treue halten, wenn sich

- bei allen Handlungen mittelfristig der Nutzen netto erhöht und - die Erwartungswerte hinsichtlich der möglichen Belohnungen vergrößern lassen.

Die MUGUS sind somit unter zu prüfenden Umständen als stabil anzusehen, wenn sie ihren Einwohnern (ggf. fremdfinanzierte) Anreize zum Verbleiben und zur Zusammenarbeit bieten, die in einem überschaubaren Zeitraum netto positiv ausfallen. Da Anspruch-Niveaus in der Höhe variabel sind, versuchen die MUGUS, diese möglichst niedrig zu halten und / oder diesen außenpolitisch im Wege der Erlangung von Transfers seitens internationaler Institutionen, Nachbarn, der EG oder der USA zu entsprechen.

Demgegenüber scheinen sie andere außenpolitische Ziele wie - internationale Anerkennung, - Einfluß auf internationales Geschehen und - Bestimmung von Nachbarn bisher verständlicherweise zu vernachlässigen. Diese tangieren nämlich den einzelnen in seiner Sphäre ggf. am wenigsten. Das Bemühen um Stabilität und die Ungewißheit internationaler Hilfe verlangt bei den MUGUS ein Besinnen auf die eigenen Möglichkeiten. Halten die einzelnen Einwohner den MUGUS die Treue, so ist anzunehmen, daß sie diese als stabil ansehen. Sie setzen dann darauf, daß die System-Transformation den SystemZustand auf ein höheres Niveau bringt und von dort aus dann eine "stetige" Ent-

IV Entwicklungsbestrebungen

der MUGUS

19

Wicklung erfolgt. Die in den MUGUS verbleibenden Menschen scheinen so quasistabile Vorgänge zu erwarten.

Die Eigenstabilität des Gesamtsystems ist im Wege der Mobilisierung aller Kräfte und Nutzung der verfügbaren Ressourcen angestrebt. Zur Realisierung der einzelnen innenpolitischen Zielsetzungen, den sog. Leitbildern, bieten sich folgende Wege an: - Erlangung von äußeren Transfers z. B. man power, capital, technology und know how betreffend, - Neutralisation exogener Störungen (z. B. Zahlungsströme) im Wege von passiven Maßnahmen (z. B. Importsubstitution bei entsprechenden Zollsätzen), - Reduzierung der eigenen Störanfälligkeit im Wege einer geeigneten Austeritätspolitik und schließlich - "Störung" von anderen Umwelten (den Umwelten der anderen) im Hinblick darauf, selbst keinen "Störungen" ausgesetzt zu sein (z. B. im Wege der ggf. subventionierten Export-Diversifikation).

Es wäre von den Entscheidungsträgern in den MUGUS zu prüfen, welche von diesen genannten Maßnahmen in den einzelnen MUGUS in der Tat ergriffen werden können, was damit zu bewirken wäre und wie groß ggf. der Stabilitätsbereich ausfällt, der von den verkraftbaren Störungen entsprechend der ertragbaren Leidensfähigkeit der Bevölkerung beeinflußt wird.

Zur Eigenstabilität55 während der System-Transformation müßten ggf. mit exogener Hilfe geeignete Institutionen geschaffen werden, die leistungsorientierte und sozialintegrierende Aufgaben bei der lenkenden Steuerung des Transformationsvorganges im Wirtschaftsprozeß erfüllen und für das optimale Erreichen vorgenannter Basisziele auch auf exogenem Wege im Rahmen der Zufuhr von Ressourcen oder der Gewährung von Hilfen in Form der Beratung Sorge tragen.

Vgl. dazu H. Biermann: Der Markt als ergodisch-kybernetisches System, in: F. Bea u. a. (Hrsg.): Systemmodelle, München, Wien 1979; S. 221 ff.

20

IV

Entwicklungsbestrebungen

der MUGUS

Zum Ausbau ihrer Selbständigkeit könnten den MUGUS die weltweiten politischen Veränderungen56, die sich in den verschiedenartigsten Regionalisierungen und Kooperationsansätzen des Weltwirtschaftsraumes zeigen, zum Vorteil gereichen. Die Zunahme der Bedeutung spezieller Räume, wie z. B. des pazifischen Beckens, für die Weltwirtschaft läßt auch diese Länder als ernstzunehmende Partner in Betracht ziehen. Hinzu kommt, daß z. B. aus Deutschland sowie aus Korea in früheren Jahren nicht wenige Menschen in die MUGUS emigrierten / deportiert wurden, deren ökonomische Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. So wird verschiedentlich in der Tagespresse zum Ausdruck gebracht, daß z. B. Kasachstan57 am Engagement von Japanern und Südkoreanern interessiert sei. Das Interesse geht so weit, daß man spezielle Privatisierungsvorschläge für Unternehmen aufnimmt und praktiziert. Nach inoffiziellen Informationen aus dem Außenministerium in Seoul und der japanischen Botschaft in Bonn scheinen multinationale Unternehmen aus diesen Ländern insbesondere wegen der geringen Lohnstückkosten und des sich ergebenden Marktes Investitionen in den MUGUS zu planen. Für die MUGUS, insbesondere Kasachstan, bedeutet dies ggf. einen mehrfachen Vorteil:

- Konversion von hoch-technisierten Rüstungsbetrieben in marktwirtschaftlich-orientierte Unternehmen, - Zuführung von dringend notwendigem "frischem" Kapital, -

Übertragung von neuester Technologie, internationalen Management-Wissen und ausgewähltem Know-how (insbesondere im metallurgischen Bereich),

- Weltmarkt-Fähigkeit der eigenen Produkte (z. B. hinsichtlich des Reinheitsgrades von Rohstoffen) und Erschließung von vollkommen neuen ExportMärkten (etwa die Verwendung der Rohstoffe betreffend), -

Devisenzufuhr hohen Ausmaßes,

-

Beschäftigungserhöhung insbesondere im Skill-Bereich und daher

-

Entwicklungsimpulse im großen Ausmaß (bei besonderen Entwicklungsaussichten).

56

Vgl. hierzu Kap. II.

57

Vgl. dazu W. G. Lerch. Für den Apfelvater sind schwere Zeiten angebrochen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 133 v o m 12.06.1993, S. 6.

IV Entwicklungsbestrebungen

der MUGUS

21

Zur Erhaltung des Entwicklungspotentials des human capitals sind UmweltschutzMaßnahmen dringend angesagt. In einer Region, in der man aufgrund massiver Umweltbelastung und politischer Unsicherheit kaum leben und arbeiten kann58, werden die Menschen, die ansonsten als immobil gelten und von daher u. a. die Basis für die Standortqualität bedeuten, nicht verbleiben wollen. Nach zuverlässigen Angaben von deutschen Botschaftsangehörigen in den MUGUS versuchten z. B. im Jahr 1993 monatlich mehr als 10.000 deutschstämmige Personen bei steigender Tendenz59, Kasachstan zu verlassen; in Kirgistan waren es 1993 monatlich ca. 3.000 deutschstämmige Emigranten. Wenn dieser Trend noch Jahre anhält, werden einige der aktivsten, entwicklungspolitisch wichtigsten Bevölkerungsgruppen Kasachstan bald verlassen haben.

Da man davon ausgehen muß, daß die Standortqualität im wesentlichen von den immobilen Größen bestimmt wird, wobei eine Ansiedlung des als hoch mobil anzusehenden Kapitals und technischen Wissens bei vorhandenen immobilen Größen erhebliche Einkommenssteigerungen nach sich ziehen kann, wird eine vorausschauende Transformation diese Phänomene zu bedenken haben. Dabei sind auch die Fähigkeiten der einzelnen in jedweder Wirtschaft, die Herausforderungen der internationalen Standort-Konkurrenz zu beurteilen und wahrzunehmen, wohl (eher) geringer geworden60. Bei den Entwicklungsbestrebungen werden zudem, wenn Kapital und Know-how nicht in größerem Ausmaß in diese Länder transferiert wird - und davon ist bei

Vgl. dazu die Umweltkatastrophe, die durch die Verringerung der Wasserzufuhr zum Aralsee ausgelöst wurde. Verwiesen sei dazu auf U. Weißenburger. Umweltprobleme in den Nachfolgestaaten der UdSSR, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien, (Hrsg.), Köln April 1993, S. 15 ff. Die von Weißenburger (ebenda S. 123) festgestellte Luftverschmutzung war auf dem (Wochen-)Markt von Almaty wahrend eines Besuchs im Laufe der o. g. Forschungsreise deutlich festzustellen. Dort mußten z. B. Pfirsiche und Tomaten von Salzbeschichtungen befreit werden. In Kasachstan lebten 1989 noch ca. 2 Mio. Deutsche; vgl. dazu die Landeranalyse von Kasachstan im Anlageband, dort Kap. B.1.a. 1992 sollen bereits 142.000 Personen in die (alte) Bundesrepublik ausgewandert sein. In den MUGUS gibt es z. Z. wenige deutsche Unternehmen, die dort in der Tat zu einem aktiven Engagement bereit waren (wie Befragungen ergaben). Darüber hinaus nimmt der internationale Standort-Wettbewerb noch zu, so daß bislang ungeahnte Anstrengungen vorgenommen werden müssen, wenigstens die Standortqualität etwas zu verbessern (auf der Basis einer Schwachstellen-Analyse). Das extrem belastende Umweltschutz-Problem (z. B. Aralsee, Balchasch-See) wirkt in starkem Ausmaß hemmend.

22

IV Entwicklungsbestrebungen

derMUGUS

weltweiter Konkurrenz um knappes Kapital und Know-how auszugehen -, mithin besondere Wege zu ihrer Beschaffung beschritten werden müssen. Weil darüber hinaus die vergrößerten Freiräume bei mangelhafter Sicherheits-Infrastruktur auch kriminell genutzt werden können und werden - wie die Erfahrung gezeigt hat - ist das Aufkommen von Mafia-ähnlichen Erscheinungen durchaus nicht ungewöhnlich. Daß dadurch selbst nach einer Transformation Entwicklungsprozesse schon im Keim erstickt werden, leistungsbezogene Bemühungen also nicht aufkommen oder schwerlich aufrechterhalten bleiben, versteht sich von selbst. Insofern werden während des Transformationsprozesses rigorose Maßnahmen getroffen werden müssen, um diesbezügliche Auswüchse zu verhindern.

Auch wenn langfristig ein demokratisches System anzustreben ist, dürfte in der Übergangszeit in diesen Ländern der Rückgriff auf umfassende und weitreichende autoritäre Entscheidungen hinzunehmen sein, um die politisch kurzfristigen, ansonsten aber geringen komparativen Vorteile, die zudem über Jahre hinweg gestreckt werden müssen, entwicklungsoptimal auszunutzen. Die für die Entscheidungen verantwortlichen politischen Leader müßten allerdings wohlmeinend regieren, damit eine von der Bevölkerung getragene Entwicklung realisiert werden kann. Es bleibt zu hoffen, daß die Leader in der Tat Entwicklungsbestrebungen vorantreiben und nicht nur ihren eigenen Vorteil suchen.61

Vgl. hierzu als Beispiel die Darstellung der Entwicklung Singapurs in Kap. VI.B.3. Die Entwicklung in Singapur ist maßgeblich auf den wohlmeinend zu charakterisierenden Führungsstil des Präsidenten Yew zurückzuführen.

V.

Auszüge aus Länderanalysen

Die MUGUS wurden in Form von spezifischen Länderanalysen62 untersucht, weil infolge der Spezialisierung in der UdSSR die Nachfolgestaaten der Sowjetunion von deren Zerfall unterschiedlich betroffen waren und derzeit noch sind. Sogenannte Handelsschocks (d. h. extreme Einbrüche in den Handelsbeziehungen) sind asymmetrischer Art, die entsprechende unterschiedliche Fiskalkrisen, Verschuldungskrisen, hohe Inflationsraten, defizitäre Währungsreserve-Positionen auslösen bzw. hervorrufen und damit verschiedenartige entwicklungspolitische Strategien zu verfolgen verlangen. Die in einem Anlageband zusammengefaßten Länderanalysen der MUGUS fußen auf allgemein zugänglichen Grundlagen, sowie auf Gesprächen mit Wissenschaftlern, Unternehmern, Ministerien, Botschaften sowie internationalen Hilfsorganisationen während einer Forschungsreise in Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan.63

Die vollständigen sechs Landeranalysen sind in einem Anlageband zusammengefaßt und auf besondere Anforderung lieferbar. Ihre Aufnahme in diese Monographie würde deren Rahmen weit überschreiten. Die Länderanalysen sind gegliedert in die Abschnitte "Allgemeiner Teil", "Die (neue) wirtschaftliche Situation" und "Außenbeziehungen (wirtschaftlich / politisch)". In dem "Allgemeinen Teil" wird über Grunddaten, die jetzige Herrschafts-Struktur in den MUGUS, die politischen Vorstellungen ihrer Leader bei Beachtung ihrer Möglichkeiten und die Bewältigung ihres "gewaltigen" (nicht nur ökologischen) Erbes berichtet. Im folgenden Abschnitt wird "die (neue) wirtschaftliche Situation" der sechs Republiken differenziert ausgelotet Dabei wird evident zunächst über den Staat und seinen Haushalt berichtet. Denn der "Staat" ist (als Erbe) Dreh- und Angelpunkt der Entwicklung (bei der System-Transformation) und so die Basis für die einzelnen Einwohner. Anschließend wird die wirtschaftliche Basis gezielt untersucht, insbesondere die Infra- und Wirtschaftsstruktur; denn darauf muß im Entwicklungsprozeß zurückgegriffen werden. Die Untersuchung der "Außenbeziehungen", also der außenwirtschaftlichen und -politischen Situation beschließt die jeweilige Länderanalyse. Weil die einzelnen Länder ihr Schicksal nicht allein in die Hand nehmen können, haben die Außenbeziehungen einen besonderen Stellenwert. Die außenpolitische Zielsetzung der sich in der System-Transformation befindlichen Länder ist jene einer sich wandelnden Institution, die eine neue Qualität in einer turbulenten Umwelt erfährt. Hierbei wird die neue Institutionen-Ökonomik weiter zu entwickeln sein. Die bisher eruierten Daten über die MUGUS lassen trotz intensiver Bemühungen nur Länderanalysen zu, die nicht in jeder Hinsicht vollständig und detailliert vorgenommen werden konnten. Die Datenbasis ist derzeit nicht nur äußerst lückenhaft, sondern auch fehlerhaft. Vgl. dazu E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1 - 3 , Münster 1994.

24

V Auszüge aus den Länderanalysen

In den Länderanalysen kommt zum Ausdruck, daß in den Republiken noch keine konkreten Leitbilder der künftigen Entwicklung bei der politischen Herrschaft eine Anerkennung / Konkretisierung erfahren haben und eine aktive Unternehmerschaft64 im Schumpeter"sehen Sinne65 nicht existiert.66 Gemeinsam haben die MUGUS turksprachige

Verständigungs-Möglichkeiten67

(ausgenommen Tadschikistan). Damit sind Probleme, wie sie etwa in der EG beobachtet werden können, bei ihnen vermeintlich insgesamt nicht gegeben. Sie waren darüber hinaus Bestandteil der die Arbeitsteilung (in extremer Form) bestimmenden Sowjetunion und sind somit teilweise noch heute von Rußland abhängig. Dies führte insbesondere in Kasachstan zu einer ("schizophrenen")68 dualistischen Situation; der Norden Kasachstans war mit dem Süden von Rußland stärker verbunden als mit dem Süden von Kasachstan. Ähnliche Situationen sind in Aser-

Nach W. G. Lerch: Für den Apfelvater sind schwere Zeiten angebrochen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 133 vom 12.06.1993, S. 6, will "die Regierung in Alma Ata die Rußlanddeutschen unter allen Umstanden im Lande halten, stellen sie doch einen besonders tüchtigen und zuverlässigen Bevölkerungsteil dar". Unter einem Schumpeter'schen Unternehmer wird hier ein solcher verstanden, der Probleme schlechthin sieht und erkennt, dafür Lösungen sucht (im Wege neuer Produkte, Produktionsverfahren, Organisationen u. ä. m.) und findet sowie diese auch durchzusetzen vermag. Vgl. dazu H. Biermann: Ansatzpunkte einer allgemeinen Strukturpolitik, Berlin 1976, passim, und die dort zitierte Literatur. Der Zusammenbruch der einzelnen Wirtschaften ist insbesondere deshalb zu erwarten, weil es an einer wirtschaftlichen und politischen Infrastruktur mangelt; dieser Mangel hat eine Haltung (eine Untertanenmentalität) geschaffen oder möglich gemacht, die typisch für Gesellschaften ohne selbstbewußte Führungsschichten sind (Bsp. DDR). Die oben schon erwähnte Emigration trägt dazu noch ihr weiteres bei. Mit anderen Worten: Der quasi-organisierte Erosionsprozeß (durch Vertreibung von Russen noch beschleunigt) scheint die eigentliche Ursache für eine lange Zeit ausbleibende Entwicklung zu sein. Es gilt mithin, einen neuen Mittelstand zunächst aufzubauen, bevor Entwicklungsprozesse im eigentlichen Sinne in Gang gebracht werden. Kasachisch soll mit lateinischen Lettern eingeführt worden sein. Verkehrssprache wird - zum Vorteil dieser Länder - wohl Russisch bleiben. Daß der Chef-Dolmetscher von dem kirgisischen Präsidenten wegen seiner Weigerung, in sieben Jahren Kirgisisch zu lernen, entlassen wurde, wirft u. E. ein bezeichnendes Bild. Sprache und Schrift sind i. u. V. zwei der wichtigsten Elemente der kulturellen Bande. Während der nordwestliche Teil Kasachstans an Rußland Erdöl und Erdgas zum Zwecke der Weiterverarbeitung liefert, bezieht der ost- und südkasachische Teil auf gleicher Basis verarbeitete Erdölprodukte aus Rußland. Im Bereich der Ölverarbeitung besteht keine infrastrukturelle Verbindung zu Ost- und Westkasachstan. Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner: Kasachstan-Wirtschaft im Umbruch; in: ifo-Schnelldienst, 45. Jg., Heft 35 - 36, München 18.12.92, S. 39 - 54, hier: S. 45 f. Eine solche extreme Arbeitsteilung, hier Spezialisierung genannt, kann nur auf der Basis einer beständigen und zuverlässigen Kooperation funktionieren. Unbedingtes Vertrauen ist dazu eine unverzichtbare Bedingung. In einem Vielvölkerstaat (mit weit über 100 Ethnien) erscheint eine solche Voraussetzung nicht gegeben.

V Auszüge aus den Länderanalysen

25

baidschan und in Turkmenistan festzustellen. Diese wirtschaftlichen Abhängigkeiten bereiten auf dem Weg zur "tatsächlichen Unabhängigkeit" dieser Republiken erhebliche Schwierigkeiten. Kirgistan und Tadschikistan sind - auch von der geographischen Lage - mehr nach Süden ausgerichtet. Um den Zugang zur Beschäftigung mit den Transformationsmaßnahmen in den muslimisch beeinflußten GUS-Republiken zu erleichtern, werden im folgenden Auszüge der Länderanalysen der sechs Republiken wiedergegeben. Anhand dieser sowie der Datenzusammenstellung im Anhang II kann die politische und wirtschaftliche Entwicklung der MUGUS grob nachvollzogen werden.69

A. Aserbaidschan Ähnlich wie seine transkaukasischen Nachbarn Armenien und Georgien hatte Aserbaidschan vor allem aufgrund seiner kontinentalen Grenzlage - ausgenommen von kurzen Phasen der Unabhängigkeit - die Herrschaft fremder Reiche, so etwa die der Perser, der Araber, der Seldschuken, der Mongolen, der Osmanen und schließlich der Russen zu erdulden.70 Türkische Stämme siedelten seit dem 2. Jahrhundert n. Chr. in der Region des heutigen Aserbaidschans. Die eigentliche Türkisierung, die sich u. a. in der Etablierung der aseri-türkischen Sprache äußerte, vollzog sich zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert durch die Einwanderung von Ogusen. Diesen Prozeß konnte auch die direkte Einbeziehung der Region in die persische Einflußsphäre seit dem 16. Jahrhundert nicht mehr bremsen. Es entwickelte sich eher eine bis in die heutige Zeit wirkende Spannung zwischen der geistig-kulturellen und religiösen Bindung an Persien/Iran und der sprachlichen Verbundenheit mit den Nachfahren der

Zu der Literatur vgl. die im Literaturverzeichnis für alle Länder g e m e i n s a m sowie für die einzelnen Länder angegebenen Fundstellen. Auf Anfrage kann auch die jeweilige Länderanalyse (mit ausführlicher Quellenangabe) zur Verfügung gestellt werden. Vgl. zu Grunddaten und insbesondere zur Geschichte Aserbaidschans R. Götz, U. Halbach. Politisches Lexikon GUS, München 1992, S. 42 - 48 sowie U. Halbach Azerbajdzan, in: H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion 1917/22 bis 1991, S. 38 f. Einen knappen Überblick bietet darüber hinaus E. M. Auch: Aserbaidshan. Wirtschaftsprobleme und soziale Verwerfungen, politischer Nationalismus; in: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Vierteljahresberichte Nr. 129, Bonn 1992, S. 255 - 264.

26

[-' Auszüge aus den

Länderanalysen

Osmanen. Das moderne Aserbaidschan entstand allerdings erst 1828 durch die Trennung des Territoriums von Persien und den Anschluß an Rußland. Anfang des 19. Jahrhunderts dehnte Rußland systematisch seine Macht in den Osten Transkaukasiens nach Armenien und Aserbaidschan aus. Nach dem Abschluß der russischen Eroberungen kam es 1828 im Vertrag von Turkmantschai zur Grenzziehung zwischen Rußland und dem Iran am Araks-Fluß. Damit wurde das Siedlungsgebiet der Aseri in einen russisch-verwalteten Nord- und einen persischen Südteil (heute ca. 8 - 1 0 Mill. Aseri) 7 ' getrennt, was die Herauslösung der kaukasischen Moslems aus ihrem größeren türkisch-persisch-islamischen Kulturraum zur Folge hatte.72 Seit den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Baku mit seiner von russischem und ausländischem Kapital getragenen Erdölindustrie zu einer Industrie-Enklave im Kaukasus, die 1898 bereits die Hälfte der Welterdölproduktion erbrachte. Die ohnehin schon bestehenden sozialen und nationalen Gegensätze zwischen Armeniern und Aseri wurden durch die Immigration von Armeniern aus der Türkei und durch die zaristische Raumpolitik sowie Umsiedlung verschärft und entluden sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Aggressionen auf beiden Seiten. Nach dem Zusammenbruch des Zarenreichs entstand im Mai 1918 eine unabhängige Republik Aserbaidschan. Das Land entwickelte Ansätze zu einer Demokratisierung durch die Einführung eines parlamentarischen Mehrparteiensystems. Mit der Vielzahl der Probleme, die russische Kolonialherrschaft, Weltkrieg, Revolution und Bürgerkrieg hinterlassen hatten, war die junge Republik jedoch überfordert. Im April 1920 übernahm die Rote Armee die Macht. Die sowjetische Nationalitätenpolitik zwang Aserbaidschan 1922 mit Armenien und Georgien in eine Transkaukasische Föderation, die Teil der UdSSR wurde. Erst nach Auflösung der Föderation 1936 wurde Aserbaidschan eigenständige sowjetische Unionsrepublik. Bei den Gebietsdispositionen in der Region wurde Aserbaidschan nicht zuletzt vor dem Hintergrund der sowjetischen Verständigung mit der Türkei Kemal Atatürks be-

71

Vgl. U. Halbach. Azerbajdzan..., a. a. 0., S.38

72

Vgl. dazu auch R. Götz, U. Halbach. Daten zur Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BIOsT) (Hrsg.), Sonderveröffentlichung, Köln, Juli 1992, S. 9 f. Abweichend European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Azerbaijan. Document of the European Bank for Reconstruction and Development, London 17. März 1993, S. 2, die die Zahl der Aseri im nördlichen Iran auf bis zu 20 Mio. Menschen schätzt.

V Auszüge aus den Länderanalysen

27

günstigt. Die umstrittenen Territorien von Nagorny-Karabach und Naschitschewan wurden 1923 der Hoheit Aserbaidschans in der Form autonomer Gebietskörperschaften unterstellt. Die Sowjetisierung begann mit der Konfiszierung des Großgrundbesitzes und der Entmachtung der landbesitzenden muslimischen Oberschicht. Nach 1928 ging die Sowjetmacht verstärkt gegen die Traditionen und Institutionen des Islams vor. Die eigentlichen gesellschaftlichen Umwälzungen erfolgten mit der Zwangskollektivierung der Landwirtschaft seit 1929, die hier wie in anderen Regionen der ehemaligen UdSSR auf verzweifelten Widerstand stieß. In der Nachkriegszeit wurden neue Industriestätten wie Sumgait und Ali Baramly gebaut. Die Erdölindustrie Aserbaidschans verlor jedoch ihre herausragende Stellung innerhalb der Sowjetwirtschaft. Neue große ölfelder wurden in Westsibirien und in anderen Regionen erschlossen und ließen den Anteil Aserbaidschans am sowjetischen Erdölaufkommen rapide sinken. Die Breschnew-kra

repräsentierte in Aserbaidschan Parteichef Haidar Alijew

(1969 - 1982). Er ist heute wieder als Staatspräsident der Republik Aserbaidschan Staatsoberhaupt und zehrt von seinem unter sowjetischen Machtbedingungen gewonnenen Image des "starken Mannes" und eines Garanten von "Stabilität". Dabei war er es, der die strikte ökonomische Einbindung Aserbaidschans ins Sowjetsystem gewährleistete, der unter dem Deckmantel der Korruptionsbekämpfung politische Gegner ausschaltete und die Russifizierung- z. B. im Bereich der Sprachenpolitik - vorantrieb. Unter Alijew wurden die letzten Moscheen in Aserbaidschan - bis auf einen kläglichen Rest - geschlossen.

Der Karabach-Konflikt, der sich aus den rivalisierenden Ansprüchen auf die Enklave Nagorny-Karabach seitens der Aseri und der Armenier und dem Verlangen einer Verbindung von Aserbaidschan und Naschitschewan auf Seiten der Aseri ergab, steigerte sich unter Gorbatschow zu einem Aseri-Nationalismus und bewirkte eine nationale Massenmobilisierung, die vor allem von der 1989 gegründeten Volksfront Aserbaidschan getragen und vorangetrieben wurde. Dem Nationalismus konnte sich auch das kommunistische Regime nicht länger verschließen. Aus diesem Grund erklärte der Oberste Sowjet am 23.09.1989 die "Souveränität" Aser-

28

V Auszüge aus den

Länderanalysen

baidschans.73 Im Januar 1990 brach der Konflikt zwischen der Volksfront und den kommunistischen Autoritäten vollends aus: In verschiedenen Städten erklärten Anhänger der Volksfront den Sturz des sowjetischen Regimes, Aseris in Naschitschewan rissen die Grenzschlagbäume zum Iran nieder und in Baku fanden Progrome gegen dort verbliebene Armenier statt. Die sowjetische Regierung reagierte mit Truppenentsendungen und blutigen Operationen in Baku. Die Verhängung des Ausnahmezustandes und die Inhaftierung der meisten Führer der Volksfront verschaffte vorübergehend innenpolitische Ruhe. Zwar machte ein Referendum darüber hinaus im März 1991 deutlich, daß die Mehrheit der Aseris in der Sowjetunion verbleiben wollte. Der fehlgeschlagene Putschversuch in Moskau im August 1991 führte jedoch zu erneuten Rufen nach Unabhängigkeit und leitete eine weitere Periode der politischen Instabilität ein. Am 30.08.1991 verkündete das zu 90 % von Ex-Kommunisten beherrschte Parlament die staatliche Unabhängigkeit. Der ehemalige 1. Sekretär der Kommunistischen Partei Aserbaidschans, Ajas Mutalibow, wurde im September 1991 ohne Gegenkandidaten zum Präsidenten gewählt. Trotz des geschickten "Ausspielens der nationalistischen Karte", sah er sich einem wachsenden Druck von Seiten der politischen Opposition gegenüber. Kurz nach seiner Amtseinführung mußte er der Schaffung eines Nationalrates, der jeweils zur Hälfte aus Repräsentanten des Obersten Sowjets und der Oppositionhauptsächlich der Volksfront Aserbaidschan- bestand, zustimmen. Am 26.02.1992 wurden in einem Dorf in Nagorny-Karabach ca. 400 Aseri von irregulären armenischen Truppen getötet. Dieses Massaker erregte starke öffentliche Emotionen in Baku und zwang Mutalibow am 06.03.1992 letztlich zum Rücktritt. Als dann aber das von Ex-Kommunisten dominierte Parlament erneut Mutalibow mit der Staatsführung beauftragte und dieser die Präsidentschaftswahlen aussetzte, wurde das Regime durch eine von der Volksfront geführte Massenbewegung im Mai 1992 gestürzt. Bei den Präsidentschaftswahlen setzte sich der Vorsitzende der Volksfront, Ebulfez Elcibey, durch.74 Doch auch dieser blieb nicht lange Präsident. Zwar hatte er zunächst einige Erfolge im Karabach-Konflikt vorzuweisen. Obwohl ihm ein Ruf als pro-türkischer Nationa-

Vgl. R. Götz, U. Halbach: Daten zur Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Republiken der ehemaligen UdSSR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Bd. 5 2 - 5 3 / 1 9 9 1 vom 20. 12. 1991, S. 47. Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 46.

V Auszüge aus den Länderanalysen

29

list anhing75, konnte er sich doch als Pragmatiker darstellen, der u. a. die ersten Verhandlungen mit westlichen Öl-Gesellschaften bezüglich des Abbaus der aserbaidschanischen Ölreserven abschloß. Die Ölreserven vermögen jedoch nicht allein politische Unabhängigkeit zu garantieren.76 Ferner gewannen in der ersten Hälfte des Jahres 1993 die Armenier im Nagorny-Karabach-Krieg die Oberhand. Aufgrund der militärischen Krise wurden Vorwürfe der Inkompetenz und Korruption gegen Elcibey erhoben. Darüber hinaus artete eine von dem Colonel Suret Husseinow geführte Meuterei in Gandschah in eine offene Revolte aus, nachdem dieser in Richtung Baku zu marschieren begann. Angesichts der bedrohlichen Lage und auf Druck des Parlaments bat Elcibey Haidar Alijew nach Baku, wo dieser zum Parlamentsvorsitzenden gewählt wurde. Aufgrund der starken politischen Stellung, die Alijew aufzubauen verstand, und dem fortgesetzten Marsch Husseinows gegen die Hauptstadt floh Elcibey daraufhin im Juni 1993 nach Naschitschewan.77 Am 03.09.1993 wurde nach längerem "Tauziehen" der "Altkommunist" Alijew zum Staatspräsidenten gewählt (mit einem Wahlergebnis in sowjetischem Stil: 98,9 % stimmten für Alijew), der nach Pressemitteilungen sich in Abkehr von der Türkei wohl wieder an die russische Regierung anlehnt. Dies dokumentiert sich u. a. in dem Beitritt Aserbaidschans in die GUS im September 1993.78 Dennoch lehnt es die aserbaidschanische Regierung ab, wieder zum "Hinterhof Rußlands"79 zu werden und ist daher bestrebt, Verträge bezüglich des Abbaus der Erdölvorkommen mit westlichen Partnern abzuschließen und damit die Abhängigkeit Aserbaidschans von Rußland zu verringern.80 Durch den Erfolg militärischer Aktionen

75

Vgl. W. G. Lerch: Atatürk und Resulzade, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30.10.1992.

76

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Report, Analysis of Economic and Political Trends Every Quarter, No 1 1993, London 1993, S. 29.

77

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 34 f.

78

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Profile 1993/94, London 1994, S. 47.

79

Vgl A. van Gent. Angst vor russischer Dominanz, zitiert nach Nachrichtenagentur Reuters: Aserbaidschan: Umkämpfte Erdölvorrate im Kaspischen Meer, in: Reuter Business Briefing vom 30.09.1994, S. 1.

80

Eine wesentliche Bedeutung für den Einfluß dritter Staaten auf Aserbaidschan hat dabei der Verlauf der zum Abtransport des aserbaidschanischen Erdöls erforderlichen Pipeline-Trassen. Mögliche Alternativen für den Pipelineverlauf sind Rußland, der Iran und die Türkei. Letztere scheint dabei z. Z. von Aserbaidschan favorisiert zu werden. Vgl. T. Avenarius: Wie die Türkei, der Iran und Rußland Einfluß auf die ehemaligen Sowjetstaaten nehmen, zitiert nach Nachrich-

30

V Auszüge aus den

Länderanalysen

gegen die Armenier in Nagorny-Karabach zum Jahreswechser 1993/1994 konnte Präsident Alijew trotz hoher Verluste seine Position stärken. Auch in der Bevölkerung, die der Wiederherstellung der inneren Ruhe und Sicherheit noch vor der Versorgung Priorität einräumt, konnteer sich dadurch Ansehen verschaffen. 8 ' Aserbaidschan war nicht nur durch die Auflösung der UdSSR betroffen, die aufgrund der starken Abhängigkeit Aserbaidschans von den Rohstoffen und Absatzmärkten anderer Republiken der ehemaligen UdSSR starke Produktionseinbrüche zur Folge hatte,82 es stand darüber hinaus einigen zusätzlichen ökonomischen Problemen gegenüber. So wurde die Wirtschaft von flächenweiten Streiks nach dem Einmarsch sowjetischer Truppen 1990 geschwächt. Schließlich führte der Nagorny-Karabach-Krieg zu einem Zusammenbruch des Transport- und Kommunikationswesens. Es ist daher das wesentliche Ziel der Regierung Aserbaidschans, Transformationsbemühungen in einem stabilisierten Umfeld vorzunehmen. Die politische und wirtschaftliche Stabilisierung hat daher zunächst Vorrang vor einer umfassenden System-Transformation.

Aserbaidschan hat sich - explizit im Juni 1991 - grundsätzlich für die Transformation seiner Wirtschaft von einem System zentraler Planung zur Marktwirtschaft entschieden.83 Mittelfristig wird das Ziel verfolgt, die Intervention des Staates zu reduzieren und vermehrt auf Marktkräfte und Instrumente indirekter Steuerung zu setzen. Dementsprechend wurde eine Reihe von Gesetzen über Privatisierung, ausländische Investitionen, das Steuersystem und die Errichtung einer Zentralbank erlassen. Des weiteren hoffte man mit der Einführung einer eigenen Währung, des Manat, am 01.01.1994 auf die Möglichkeit einer von der Rubelzone unabhängigeren Wirtschaftspolitik. Ein konsistenter und konsequent verfolgter Ansatz liegt der-

tenagentur Reuters: Aserbaidschan: Der große Poker um Öl und Macht in Zentralasien und im Kaukasus, in: Reuter Business Briefing v o m 11.02.1995, S. 1. 81

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 33.

82

Vgl. IBRD (World Bank) (Hrsg.): Azerbaijan. An Economic a n d Sectoral Assesment. Report to the Pre-Consultive Group Meeting for Azerbaijan on December 16, 1992 in Paris, France, Nov e m b e r 1992, S. 9.

83

Vgl. International Monetary D. C., May 1992, S. 7

Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Azerbaijan, Washington

31

V Auszüge aus den Länderanalysen

zeit jedoch vor allem aufgrund des schwelendes Bürgerkrieges nicht vor.84 Demgemäß ist Aserbaidschan noch nicht so weit im Transformationsprozeß - z. B. bei der Privatisierung - fortgeschritten wie etwa Kirgistan oder sein Nachbar Armenien. Die aserbaidschanische Regierung ist zwar entschlossen, die Privatisierung weiter voranzutreiben, es hat jedoch einige Rückschläge gegeben und der Prozeß verläuft insgesamt langsamer als erwartet. Dennoch ist der private Sektor bereits relativ aktiv. Ca. 10.000 kleinere private Unternehmen (i. d. R. Einzelhandelsgeschäfte und Genossenschaften) wurden 1991/92 gegründet, von denen 300 Joint Ventures sind. Bei den Joint Ventures geht es vor allem um die Erschließung der ölfelder im Kaspischen Meer und um den Bau eines Pipelinesystems für den Export des verarbeiteten Erdöls. Zur effizienteren Umsetzung der neu-erlassenen Privatisierungsgesetze wurden dem Präsidentenamt angegliederte "Staatliche Kommissionen" für die Bereiche Eigentum, Grund und Boden, ausländische Investitionen und Monopole eingerichtet. Der 1992 geschaffene Fonds zur Unterstützung der Unternehmerschaft weist für 1993 ein Budget von ca. 5 Mrd. Rubel auf. Der Fonds soll Unternehmen mit niedrig- oder unverzinslichen Krediten ausstatten. Der Entwurf eines umfangreichen Privatisierungsprogramms sollte ab März 1993 vom Parlament beraten werden. Er sieht die Privatisierung staatlicher Unternehmen in drei Schritten vor:85 Im Zeitraum von 1993 bis 1994 sollen 30 % aller privatisierungsfähigen Unternehmen, hauptsächlich kleinere aus dem Handels- und Dienstleistungssektor, privatisiert werden. 1995 soll die Privatisierung weiterer 20 % der Unternehmen, besonders mittlerer Größe, und nach 1995 diejenige der restlichen 50 % der privatisierungsfähigen

Unternehmen erfolgen.

Ungefähr 22

Groß-

unternehmen werden wahrscheinlich im staatlichen Eigentum verbleiben und sind damit

nach

Auffassung

der

aserbaidschanischen

Regierung

nicht

privati-

sierungsfähig. Dazu zählen Unternehmen aus den Sektoren Verteidigung, Radio und Fernsehen, Mineralressourcen, Erdöl- und Erdgasvorkommen im Kaspischen Meer und Kraftwerke. Ein Programm für die Kommerzialisierung und die Umstrukturierung dieser Unternehmen befindet sich in Vorbereitung.

84

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Economic Review, Current Economic Issues, July 1933, London 01.07.1993, S. 34.

85

Zum folgenden vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Azerbaijan..., a. a. O., S. 11 f.

32

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Als Privatisierungsmethoden sind u. a. der direkte Verkauf, die Versteigerung und die Vergabe von Anteilsscheinen vorgesehen. Aus der Vielzahl der neuen Gesetze ergibt sich die Notwendigkeit, diese zu harmonisieren und Widersprüche zu beseitigen. Ein weiteres Hindernis im Privatisierungsprozeß ist darin zu sehen, daß die Staatliche Kommission für Eigentumsfragen, die hauptsächlich für die Vorbereitung, die Implementierung und die Koordination der Privatisierungsprogramme verantwortlich ist, unter zu geringem Sachwissen und unter unzureichender Personalausstattung zu leiden hat. Mit ähnlichen Problemen ist auch die Staatliche Monopol-Kommission konfrontiert, so daß sie ihrer Aufgabe, privaten Unternehmen in von Staatsunternehmen beherrschten Märkten zu mehr Chancengleichheit zu verhelfen, nicht im erforderlichen Umfang nachkommen kann. Die Schaffung eines wettbewerbsfähigen privaten Sektors hängt im großen Umfang davon ab, ausländisches Kapital und Know-how anzuziehen. Das im Januar 1992 verabschiedete Gesetz über ausländische Investitionen ist nach Einschätzung der EBRD ein ermutigendes Signal für ausländische Unternehmen, die in Aserbaidschan zu investieren erwägen. Dennoch enthält das Gesetz mehrere Vorschriften, die ausländische Investoren als hinderlich erachten könnten. Ferner ist es für potentielle Investoren sehr zeitaufwendig und arbeitsintensiv herauszufinden, welche Gesetze und Dekrete zur jeweiligen Zeit gerade in Kraft sind. Das neueingerichtete Ministerium für internationale Wirtschaftsbeziehungen soll jedoch den ausländischen Interessenten als Anlaufstelle zur Verfügung stehen. Nicht nur die Privatisierung verläuft schleppender als von der aserbaidschanischen Regierung erwartet. 86 Auch die staatliche Lenkung der Wirtschaft ist noch allerorten anzutreffen. So ist z. B. ein wesentliches Kennzeichen des aserbaidschanischen Bankensystems die zentrale Allokation finanzieller Mittel aufgrund von jährlichen oder vierteljährlichen Kreditplänen, die von der Regierung entwickelt werden. Die Zentralbank hat danach die Mittel zu einem festen Zinssatz von 12 % an die restlichen Staatlichen Banken oder an die neu entstehenden Geschäftsbanken zu vergeben. Die Zentralbank wiederum erteilt an die Geschäftsbanken die Maßgabe, bei der Kreditvergabe maximal einen Zinssatz von 15 % verlangen zu dürfen. Probleme des Bankensystems ergeben sich aus der anhaltenden sektoralen Spezialisierung der Institute, die durch die Kreditpläne noch verstärkt werden dürfte. Diese Spezialisierung verhindert eine Risikodiversifizierung bei der Kreditvergabe. Die einzelnen

Die Weltbank ging bereits in ihrem internen Report vom 16.12 1992 von einem schleppenden Verlauf der Privatisierung aus. Vgl. IBRD (World Bank) (Hrsg ): Azerbaijan..., a. a. O.

V Auszüge aus den

Länderanalysen

33

Institute werden damit ggf. zu abhängig von der konjunkturellen Entwicklung des jeweiligen Sektors. Vor allem aber übersteigen die Inflationsraten bei weitem den maximalen Zinssatz, so daß dies zu negativen Renditen führt. 87 Wesentliche Ursache der Bremsung der System-Transformation ist dabei wohl der Krieg um Nagorny-Karabach, der eine Konzentration auf wirtschaftliche Aufgaben nicht zuläßt. 88 Ferner mag die zögernde Einstellung der Regierung zur Transformation auch auf der Hoffnung beruhen, es könne in naher Zukunft ein umfangreicher Vertrag mit westlichen Öl-Gesellschaften, der eine Förderung des aserbaidschanischen Erdöls vorsieht, abgeschlossen werden. Die Erträge aus einem solchen Geschäft würden den Druck vermindern, rapide wirtschaftliche Reformen schnell durchführen zu müssen. Ohnehin dürfte die politische Zukunft der derzeitigen Machthaber an der raschen Realisierung eines Abkommens über den Abbau der Ölreserven hängen. Ende September 1994 hat die staatliche aserbaidschanische Gesellschaft für Erdöl und Erdgas (SOCAR) mit einem westlichen Konsortium über die Erschließung der Erdölfelder Aseri, Cirag und Günesli im Kaspischen Meer einen bereits Anfang 1993 in die Wege geleiteten Vertrag abgeschlossen. Der Abbau der in diesem Gebiet auf 3,4 bis 3,8 Mrd. Barrel Erdöl geschätzten Vorkommen würde zukünftig tatsächlich stetige beträchtliche Devisenzuflüße garantieren. 89 Gleichwohl der Reform- und Transformationsprozeß mit der

Machtübernahme

Alijews eine deutliche Verlangsamung erfuhr, öffnet auch er sich offenbar dennoch der Einsicht in die Notwendigkeit ökonomischer Reformen. So ist ein Staatskomitee für Reformen geschaffen worden, das einen speziellen Reformplan ausarbeiten und Mittel zu seiner Realisierung aufzeigen soll. Ebenso wie die politische Führung dürfte auch der Bestand dieses Komitees und die Verwirklichung der von ihm entworfenen Pläne von der erfolgreichen Zusammenarbeit der aserbaidschanischen

87

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Azerbaijan..., a a. O., S. 8 f sowie S. 12 f Ferner vgl. auch International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Azerbaijan. Staff Submission for Pre-Consultive Group Meeting, o. O., November 1992, S. 2

88

Vgl. European Bank for Reconstruction view..., a. a. O . S. 34.

89

Vgl.: A. van Gent Angst Aserbaidschans..., a. a. O., S. 1. Danach wird das Geschäft sogar "mancherorts ... als Erdölgeschäft des Jahrhunderts" bezeichnet.

and Development

(EBRD)

(Hrsg.): Economic Re-

34

V Auszüge aus den

Länderanalysen

staatlichen Öl-Gesellschaft SOCAR mit westlichen Unternehmen beim Abbau der Öl-Reserven abhängen.90

B. Kasachstan Als Volk bildeten sich die Kasachen aus türkischen, mongolischen und anderen Volksgruppen. Im 16. Jahrhundert drangen Russen, insbesondere Tataren in das Gebiet vor. Die russische Expansion erfolgte dabei nach ganz anderen Mustern als die Einfälle anderer zentralasiatischer Stämme (z. B. Oiraten oder Torghuten) in das Territorium der Kasachen. Sie wurde langsam aber beständig vorgenommen. Rußland erschien dabei eher als Schutzmacht gegenüber anderen Stämmen. Als im 18. Jahrhundert andere zentralasiatische Völker aus den Emiraten von Turkestan nach Norden vordrangen, suchten Kasachen 1730 Schutz bei dem Zaren, der ihnen diesen gewährte. Zwischen 1822 und 1848 erfolgte dann allerdings schrittweise die Beseitigung der kasachischen Khanate durch Rußland. 9 ' Der Einfluß Rußlands wuchs in den folgenden Jahrzehnten kontinuierlich an. Aufstände der Kasachen in den Jahren 1837 bis 1847 konnten die Teileingliederung in das russische Gebiet im Jahre 1873 nicht verhindern. Aber erst als Rußland Siedler nach Kasachstan schickte und das Weideland in Ackerfläche verwandelte, kam es zu ernsten Spannungen; viele Nomaden zogen mit ihren Herden nach China.92 Zu einem Nationalbewußtsein kam es erst spät. Die einheimische Reformbewegung - zum großen Teil kasachische Intellektuelle - kritisierten die Regierung vor allem aufgrund der Russifizierungs-Politik. 1916 kam es zu Aufständen in ganz Zentralasien, als die zaristischen Behörden Einheimische zu Arbeitseinsätzen rekrutieren wollten. Nach der blutigen Niederschlagung flohen 300.000 Nomaden

90

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 35 f.

91

Vgl. Ch. Lemercier-Quelquejay. Die Kasachen und Kirgisen, in: G. Hambly (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte, Bd. 16, Zentralasien, Frankfurt a m Main 1966, S. 152 - 1 6 1 , hier: S. 159.

92

Vgl. T. Karakurt.

Kasachstan, Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.), Bonn o. J., S. 4.

35

V Auszüge aus den Länderanalysen

nach Xinjiang (China). 93 Das Machtvakuum, das durch die Revolution entstand, nutzten die kirgisischen und kasachischen Nationalisten und versuchten 1917 unter dem Namen Alasch Orda unabhängig zu werden. Die Alasch Orda, die eine Vereinigung aller Steppenvölker in einem nicht sozialistischen Staat forderte, bekam bald Konkurrenz. Andere Kasachen forderten ebenfalls die Unabhängigkeit Kasachstans und taten sich mit Orenburger Kosaken und islamischen Würdenträgern zusammen. Vor diesem Hintergrund schloß die Alasch Orda im März 1919 ein Abkommen mit der Russischen

Sozialistischen

Födera-

tiven Sowjetrepublik

(RSFSR) und am 26.08.1920 wurde die Kirgisische

nome Sozialistische

Sowjetrepublik

Auto-

mit Hilfe der Sowjetmacht errichtet. Diese

Republik mit der Hauptstadt Orenburg war größer als das heutige Kasachstan. Die Alasch

Orda, die immer noch die alten Stammesstrukturen aufrecht erhalten

wollte, geriet immer mehr in Opposition zu der Sowjetmacht und wurde 1928 brutal durch die Hinrichtung der Führer zerschlagen. 1929 ging aus der Kirgisischen ASSR die Kasachische Hauptstadt.

94

ASSR hervor. Alma-Ata - heute Almaty - ist seitdem

1936 wurde Kasachstan Unionsrepublik. 95

Die politischen Veränderungen, die zuerst von Stalin ausgingen, hatten tiefgreifende sowohl positive als auch negative Auswirkungen. So erfolgte eine umfassende Alphabetisierung und eine erste Industrialisierung. Jedoch hat Kasachstan den mit den einwandernden Russen ausgelösten Entwicklungsimpulsen Tribut zollen müssen, insofern die kasachische Bevölkerung in sehr starkem Ausmaß verdrängt wurde. Zum einen wurde die nomadische Lebensweise systematisch durch Zwangssedentarisierung

(Seßhaftmachung) der nomadischen

Kasachen

sowie durch die Zerschlagung der politischen Stammesstrukturen und den Mord an Kasachen zerstört. Viele Kasachen widersetzten sich der Zwangseßhaftmachung durch Abschlachtung des Viehs oder durch Auswanderung nach China. Zum anderen wurde die Kollektivierung der Landwirtschaft und die damit verbundene Umgestaltung von Weidefläche in Getreidefelder ("neue Kornkammer" der Sowjetunion)

Vgl. R. Pierce: Die russische Eroberung und Verwaltung Turkestans (bis 1917), in: G. Hambly (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte, Bd. 16, Zentralasien, Frankfurt am Main 1966, S. 217 - 238, hier: S. 237 f. Die Hauptstadt soll allerdings demnächst in das ca. 1.000 km nordöstlich gelegene Akmola (früher: Zelinograd) verlegt werden Vgl. Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstan: Stabiler russischer Einfluß in Kasachstan, in: Reuter Business Briefing vom 07.01.1995, S. 2. Vgl European Bank for Reconstruction and Development Kazakhstan, London 17. November 1992, S. 2.

(EBRD) (Hrsg.): Strategy for

V Auszüge aus den

36

Länderanalysen

sowie der Ausbau der Industrie durch eine anhaltende Zuwanderung bzw. Deportierung von Russen, Deutschen, Koreanern und Tataren begleitet. Aufgrund dessen wurden die Kasachen in weiten Landesteilen zu Minderheiten.96 Bis 1956 standen ausnahmslos Russen an der Spitze des Parteiapparates. Der bekannteste und letzte war Leortid Breschnew. Erst mit dem Kasachen Kunajew, der von 1962 bis 1986 regierte, gelang die Einbindung der Kasachen in offizielle Strukturen, und das Konfliktpotential nahm ab. Der Anteil der Kasachen in leitenden Positionen wuchs mit der Zeit sogar überproportional im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung. Es bildeten sich nationale Strukturen, die die Erfüllung des vorgegebenen Plansolls hinsichtlich des Anteils der Russen im Staatsapparat verhinderten. Im Zuge personeller Umbesetzungen im Rahmen

der

(Wirtschafts-)Reformen

Moskaus wurden

allerdings

seit

1986

(vermeintlich inkompetente) Kasachen durch Russen ersetzt. Diese Umbesetzung, massiv durch Gorbatschow unterstützt, machte auch vor Kunajew, der immer noch den Ideen Breschnews nachhing und sich Reformbemühungen von z. B. Andropow widersetzt hatte, nicht Halt. Die Reaktion der kasachischen Bevölkerung auf die Ablösung durch den Russen Kolbin äußerte sich am 17.12.1986 in dreitägigen Unruhen in Alma-Ata, die auch mit nationalistischen Parolen geführt wurden. 97 Die Unruhen verdeutlichten auch die damals vorherrschende Ablehnung umfassender Reformen durch große Teile der Bevölkerung Kasachstans. Das wesentlich Neue war, daß die Unruhen in der sowjetischen Presse nicht verschwiegen wurden; Perestrojka setzte sich durch.

1989 löste der Kasache Nursultan Nasarbajew den russischen Parteivorsitzenden Kolbin ab. Nasarbajew räumte der Wahrung der Stabilität in der Republik absolute Priorität ein. Er erhielt daher zunächst möglichst viele der überkommenen Strukturen und lehnte ökonomische Reformen ab. Auch der Einführung der kasachischen Sprache als Amtssprache gab er nur zögerlich nach. Im April 1990 wurde er vom Parlament ohne Gegenkandidat zum Präsidenten gewählt. Am 25.10.1990 erklärte

96

Vgl. R. Götz, U. Halbach: Politisches Lexikon GUS..., a. a. 0., S. 114 f.

97

Vgl. o. V. Kasachische SSR. Geschichte und Gegenwart, in: Sowjetunion heute, Heft 12, Dezember 1990, S. 16 -17, hier: S. 17.

V A uszüge aus den Länderanalysen

3 7

Kasachstan - gegen Bedenken Nasarbajews-seine Souveränität.98 Erst 1991 öffnete sich Nasarbajew der Notwendigkeit" wirtschaftlicher, jedoch nicht politischer Reformen. ,0 ° Am 06.12.1991 stellte Narsabajew sich als einziger Kandidat dem Volk zur Wahl und wurde mit großer Mehrheit bestätigt (98,8 % der Stimmen bei 88,2 %iger Wahlbeteiligung).101 Am 16.12.1991 erfolgte die Unabhängigkeitserklärung Kasachstans. Kasachstan ist damit die letzte Republik der ehemaligen UdSSR, die in die Unabhängigkeit entlassen wurde (unter Berücksichtigung, daß der zeitlich spätere usbekische Volksentscheid für die Unabhängigkeit

am

29.12.1991 bereits durch die Entscheidung des usbekischen Parlaments im Prinzip schon im August vorbestimmt war). Nach dem August-Putsch im Jahr 1991 in Moskau, in dessen Verlaufsich Nasarbajew - obwohl er den Ideen Gorbatschows nahestand - mit einer Ablehnung zunächst zurückhielt' 02 , trat Nasarbajew aus der Kommunistischen Partei Kasachstans aus und löste den kommunistischen Parteiapparat auf.' 03 Das ehemalige Personal der KP Kasachstans ist jedoch teilweise noch in dem Parlament und der Verwaltung vertreten. Ein Teil der eher moderaten Mitglieder der ehemaligen KP

98

Vgl European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Kazakhstan..., a. a. O., S. 2.

99

Unabhängig von der Notwendigkeit einer System-Transformation wird die Durchführung wirtschaftlicher Reformen zusätzlich von den Zusagen finanzieller Hilfestellung für die Reformmaßnahmen seitens supranationaler Institutionen "schmackhaft" gemacht. So hat z. B. die Konsultativgruppe der Weltbank 1995 als "Belohnung für die eingeleiteten Liberalisierungsmaßnahmen eine Hilfszusage in Höhe von 1,2 Mrd. US-$ getroffen. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstan: Greifende Reformen in Zentralasien, in: Reuter Business Briefing vom 31.05.1995, S. 1.

100

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 59.

101

Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) (Hrsg.): Wirtschaftspolitisch wichtige Ereignisse - Osteuropa-, Arbeitspapier, -ASB 1/2 -011705, Berlin, den 20.7.1993, S 7. Laut R. Götz, U. Halbach: Daten zur Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS..., a. a. O., S. 29, fand die Wahl am 01.12.1991 statt.

102

Nasarbajew stellte sich am 20.08.1991 auf Jelzins Seite und bezeichnete den Putsch als verfassungswidrig. Zuvor hatte er bereits Kritik an einigen Positionen Gorbatschows wie z. B. seiner rigiden Nationalitätenpolitik geäußert. Vgl. G. Bahro: Nursultan Abischewitsch Nasarbajew, in: Orient, 32. Jg., Heft 4, 1991, S. 509-514, hier: S. 510 sowie S. Henke Akteure der Perestroika: Nursultan Nasarbajew, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Aktuelle Analysen Nr. 45/1991, Köln 09. August 1991, S. 2. Nach letzterer konnte Nasarbajew denoch als "Gorbatschewist" bezeichnet werden.

103

Vgl. G. Bahro. Nursultan Abischewitsch Nasarbajew..., a. a. O., S. 509.

38

V Auszüge aus den

Länderanalysen

hat die Sozialistische Partei gegründet, während einige "Hardliner" die Neugründung der KP im Jahr 1992 betrieben. 104 A m 02.06.1992 kam es zur Annahme der neuen Verfassung Kasachstans durch das Parlament, die am 28.01.1993 vom Obersten Kenges ratifiziert wurde. Lt. Verfassung der Republik Kasachstan vom 28.01.1993 ist Kasachstan eine demokratische, weltliche und einheitliche Republik. Legislatives und höchstes repräsentatives Organ der Republik ist der auf fünf Jahre vom Volk gewählte Oberste Kenges. Der ebenfalls fünfjährlich vom Volk gewählte Präsident Kasachstans ist das Oberhaupt des Staates und höchster Vertreter der exekutiven Gewalt. Das Ministerkabinett bzw. der Ministerrat ist mit der Regierung des Landes und der Administration betraut. Die Mitglieder des Rates werden vom Präsidenten ernannt und sind ihm zur Rechenschaft verpflichtet.' 05 Dem Präsidenten kommt-trotz des Prinzips der Gewaltenteilung (drei Gewalten)eine verfassungsrechtlich starke Stellung zu. So ernennt er beispielsweise mit Zustimmung des Obersten Kenges die Minister und zeichnet Gesetze ab, die nur mit einer 2/3-Mehrheit im Obersten Kenges gegen seinen Willen verabschiedet werden können. Staatliche Programme bedürfen seiner Zustimmung. Die effektiven Befugnisse des Präsidenten dürften damit seine Zuständigkeit für die Exekutive überschreiten und in die legislative Kompetenz des Obersten Kenges hineinreichen. Einzelne Pressestimmen bezeichnen das politische System Kasachstans daher als Diktatur. Unabhängig davon, ob die Einschätzung in dieser Schärfe berechtigt

ist,

scheint

tatsächlich

eine

konsequente

Demokratisierung

vorerst

- insbesondere von Nasarbajew selbst - nicht vorgesehen zu sein. Eine Demokratisierung soll vielmehr der Privatisierung folgen. Als Grund wird vor allem die Notwendigkeit zur Schaffung stabiler Rahmenbedingungen unter Vermeidung ethnischer Spannungen und des ökonomischen Zusammenbruchs angeführt. Dementsprechend werden echte Oppositionsparteien (wie Azat oder Jeltoqsan) -mit Ausnahme der "Alibi'-Oppositionspartei Volkskongress Kasachstans' 0 6 - in ihrer politi-

104

Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Kasachs t a n / U s b e k i s t a n , Januar 1993, Länderanalysen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung G m b H Informationsdienste, Frankfurt a m Main 1993, S. 5.

105

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) Kazakhstan . , a. a O., S. 4 sowie The Constitution of The Republic

(Hrsg.): Strategy for of Kazakhstan vom

28 01. 1993. 106

Diese Partei wurde von Nasarbajew als sog. "Oppositionspartei" selbst gegründet und steht ihm dementsprechend nahe. Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, A r m e -

V A uszüge aus den Länderanalysen

39

sehen Arbeit und in ihrem Medienzugang behindert. Das 1994 gewählte Parlament wurde im März 1995 aufgelöst. Seitdem regiert Nasarbajew per Dekret. Noch 1995 sollen allerdings Parlamentswahlen durchgeführt werden. Die für Ende 1996 vorgesehenen Präsidentschaftswahlen wurden darüber hinaus von Nasarbajew auf einen unbestimmten Zeitpunkt nach der Jahrtausendwende verschoben.

Stattdessen

wurde im Mai 1995 ein Referendum durchgeführt, in dem sich die Bürger Kasachstans mit 95,4 % der Stimmen für eine Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten Nasarbajew bis zum Dezember des Jahres 2000 entschieden haben. 107 Der Verzicht auf die Präsidentschaftswahlen und die alternative Durchführung des Referendums wurden von Nasarbajew damit gerechtfertigt, daß "derzeit nicht der geeignete Moment für eine emotionale Wahlkampagne" sei.* 08 Die Opposition hat dagegen zum Boykott des Referendums aufgerufen, das ohne internationale Beobachter vorgenommen wurde. Auch Vertreter westlicher Staaten äußerten schwere Bedenken angesichts der fehlenden Fortschritte in Richtung einer Demokratie. Westliche Diplomaten blieben daher der offiziellen Ergebnisverkündung demonstrativ fern.™9 Schließlich wurde Ende August 1995 eine neue Verfassung in einem Referendum mit 89 % der abgegebenen Stimmen bestätigt. Die neue Verfassung stattet den Präsidenten mit noch weitreichenderen Befugnissen aus. Nach Angaben

der

kasachischen Opposition soll das Ergebnis dieses Referendums durch die Nationale Wahlkommision gefälscht worden sein. Auch ein Vertreter der Organisation "Menschenrechte" stellte fest, daß von 1.500 unabhängigen Wahlbeobachtern zahlreiche Unregelmäßigkeiten in den Wahllokalen beobachtet wurden. 110 Diese Vorkommnisse scheinen die Einstufung Kasachstans als autoritäres System zu bestätigen.

nia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 1st quarter 1994, L o n d o n 1994, S. 41. 107

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstan: G r o ß e M e h r h e i t für N a s a r b a j e w , in: Reuter B u s i n e s s Briefing v o m 02.05.1995, S. 1, s o w i e Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstan: Sieg N a s a r b a j e w s bei R e f e r e n d u m bestätigt, in: Reuter B u s i n e s s Briefing v o m 0 3 . 0 5 . 1 9 9 5 , S. 1. 95,4 % der S t i m m e n sollen sich d a n a c h für eine V e r l ä n g e r u n g der A m t s z e i t N a s a r b a j e w s a u s g e s p r o c h e n haben. Die Wahlbeteiligung soll bei 91,2 % g e l e g e n haben.

108

Vgl. o. V.: A u c h N a s a r b a j e w s A m t s z e i t wird bis z u m Jahr 2 0 0 0 verlängert, in: Handelsblatt v o m 2.5.1995, S. 10.

109

Vgl. Nachrichtenagentur tigt..., a. a. O . S. 1.

110

Vgl. o. V.: R e f e r e n d u m in K a s a c h s t a n gefälscht?, in: Frankfurter A l l g e m e i n e Zeitung, Nr. 2 0 4 v o m 02.09.1995, S. 2.

Reuters:

K a s a c h s t a n - Sieg N a s a r b a j e w s bei R e f e r e n d u m bestä-

40

t-7 Auszüge aus den

Länderanalysen

Die Politik Kasachstans wird wesentlich durch die Persönlichkeit Nasarbajews geprägt."' Er genießt hohes Ansehen sowohl in Kasachstan als auch international. Die inländische Popularität beruht offenbar teilweise auf traditionellen Loyalitätsmustern. In ihr scheint sich eine spezifisch kasachische Tradition einer "tribal democracy"" 2 zu zeigen, die sich unter einem starken Führer mit ausgeprägter Integrationsfähigkeit zu entfalten sucht. Seit der Unabhängigkeit ist Kasachstan durch eine ausgesprochen dauerhafte Stabilität gekennzeichnet, obwohl es mit nahezu 100 verschiedenen Ethnien und einem sehr hohen Anteil an Russen an der Gesamtbevölkerung über ein hohes Konfliktpotential verfügt. Es sind mit wenigen Ausnahmen (Konflikt zwischen Kasachen und Tschetschenen) keine offen ausgetragenen ethnischen Konflikte zu verzeichnen. Lediglich im Norden des Landes kam es zu einzelnen Demonstrationen von russischen Kasachen, die die Separation von Kasachstan oder zumindest die Gleichstellung von russischer und kasachischer Sprache und die doppelte Staatsbürgerschaft forderten. Dem wurde insoweit Rechnung getragen, als die russische Sprache als Sprache der "inter-ethnischen Kommunikation" in der Verfassung anerkannt ist. Die Durchsetzung separatistischer Tendenzen dürfte allerdings unwahrscheinlich sein, zumal Rußland einer solchen Entwicklung ablehnend gegenübersteht. Kasachstan ist ein sehr rohstoffreiches Land. Es verfügt u. a. über umfangreiche Reserven an Erdöl, Kohle, Kupfer und Uran. Mit einem Erdöl-Fördervolumen von 25,8 Mio. t im Jahr 1992 war Kasachstan nach der Russischen Föderation (ErdölFördervolumen im Jahr 1992: 393 Mio. t) noch vor Aserbaidschan (Erdöl-Fördervolumen im Jahr 1992: 11,2 Mio. t) der zweitgrößte Erdöl-Förderer der ehemaligen UdSSR." 3 Die Erlöse aus dem Verkauf dieser Bodenschätze können ggf. transformationsbedingte wirtschaftliche Einbrüche zu einem Teil kompensieren. Auch die ausländischen Direktinvestitionen vor allem in dem Sektor der Rohstoffgewinnung sind beachtlich. So sind in Kasachstan bisher etwa 250 Joint Ventures registriert worden sein, von denen nur ca. 100 aktiv sind. Allerdings ist das ausländische

111

Vgl. U. Beyreuther, A. Gummich: Osteuropa auf Reformkurs Research (Hrsg.), Heft 3, Frankfurt a m Main 1993, S. 5.

112

J. Critshlow: Democratization in Kazakhstan, ders.: Russian Research Center, Harvard University, Draft for oral presentation, not for publication, o. O., o. J., S. 2.

113

Vgl. Statistisches Bundesamt baden 1994, S. 45 ff.

Wiesbaden

Kasachstan, Deutsche Bank

(Hrsg.): Länderbericht GUS-Staaten 1994, Wies-

V Auszüge aus den iMnderanalvsen

41

Engagement u. a. aufgrund politischer Unsicherheiten und der schleppenden Privatisierungserfolge rückläufig." 4 Kasachstans Wirtschaft ist mit einer Fülle weiterer Probleme konfrontiert. Ein besonders starkes Entwicklungshindernis ist die strukturell extrem starke Trennung der Wirtschaft in eine Nordregion, die vor allem durch Rohstoffgewinnung, Schwerindustrie und Getreideanbau dominiert wird, und eine Südregion, die eher landwirtschaftlich (Baumwolle) geprägt ist. Beide Regionen sind kaum infrastrukturell verknüpft. Ferner sind in Kasachstan die Umweltlasten sehr hoch. In Semipalatinsk z. B. befand sich das Atomtestgelände. Die Region ist noch heute einer hohen Strahlenbelastung ausgesetzt.115 Ferner sind die landwirtschaftlichen Nutzflächen sehr stark - u. a. durch den umfangreichen Einsatz von Pestiziden - belastet.

Kasachstan hat sich 1991 grundsätzlich für die Transformation seiner Wirtschaft von einem System zentraler Planung zur Marktwirtschaft entschieden. Es verabschiedete daher ein Programm, das Züge einer radikalen marktwirtschaftlich orientierten Reform trägt und von Gregori Jawlinski, dem russischen Radikalreformer, unterstützt wurde. Es beinhaltete u. a. ein weitreichendes Privatisierungsprogramm. Da dessen Ziele jedoch keineswegs erreicht werden konnten, entschloß man sich Anfang 1993 zur Modifikation der Ziele und zu einer Verlangsamung des Privatisierungsprogrammes. Ursprünglich sollten bis zum 31.3.1993 sämtliche mittleren und kleineren Unternehmen, alle landwirtschaftlichen Betriebe und die gesamte Wohnungswirtschaft privatisiert werden. Anfang 1993 waren von diesen rund 37.000 Objekten jedoch lediglich ca. 6.200, also rd. 17% der Staatsbetriebe in privater Hand. Maßgebliche Ursachen für den zähen Verlauf der Privatisierung sind insbesondere das Fehlen eines funktionsfähigen Kapitalmarktes, der unzureichende Entwicklungsstand des kasachischen Bankensystems und die hohe Verschuldung der Unternehmen. Ferner hielten sich ausländische Investoren häufig aufgrund der unsicheren Rahmenbedingungen zunächst zurück, zumal sie in der Anfangsphase der Privatisierung in der Regel nur 10 % des Anlagekapitals erwerben durften.

114

So soll z. B. Unilever ein bereits zugesagtes Angebot in Höhe von etwa 60 Mio. US-$ an zwei staatliche Margarine-Produzenten wieder zurückgezogen haben mit der Begründung, daß in Kasachstan grolle Probleme bei der Privatisierung zu verzeichnen seien. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters. Kasachstan: Stabiler russischer Einfluß..., a. a. O., S. 2.

115

Vgl. hierzu Kap IX. sowie U. Weißenburger. Umweltprobleme in den Nachfolgestaaten der UdSSR, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Köln, April 1993, S. 126.

42

V Auszüge aus den Länderanalysen

Durch das im Frühjahr 1993 neu aufgelegte "Nationale Programm zur Entstaatlichung und Privatisierung"" 6 konnte die Privatisierung leicht beschleunigt werden. Bis zum Ende des Jahres 1993 konnten insgesamt 8.900 Betriebe in privaten Besitz überführt werden. Mehr als die Hälfte dieser Betriebe (ca. 57 %) wurde in der Form von Aktiengesellschaften geführt. Der im Vorjahr mit 55,4 % noch höchste Anteil der Handels- und Dienstleistungsunternehmen an der Gesamtzahl der privatisierten Betriebe sank 1993 auf lediglich 22,4 % aufgrund verstärkter Bemühungen um eine Privatisierung im produzierenden Bereich. ,i7 Kasachstan hat am 15. November 1993 im Anschluß an die russische Rubelreform eine eigene Währung, den Tenge, eingeführt, obwohl es einen Verbleib in der Rubelzone zum damaligen Zeitpunkt bevorzugt hätte.118 Seit der Einführung hat die Währung deutlich an Wert verloren. Bei Einführung des Tenge betrug der amtliche Kurs 4,70 Tenge pro US-$, Ende 1993 schon 6,31 Tenge je US-$ und im März 1994 bereits 13,5 Tenge pro US-$. Auf dem Schwarzmarkt war der Wechselkurs zu diesem Zeitpunkt mit 16 Tenge pro US-$ noch ungünstiger.' 79 Die Abwertung der kasachischen Währung dürfte vor allem auf die Inflation und den Vertrauensverlust in die neue Währung seitens der Bevölkerung zurückzuführen sein. Die Inflationsrate betrug bereits im Jahr 1992 rd. 1.500 % und im Folgejahr ca. 2.200 %.' 20 In vielen weiteren Bereichen besteht noch dringender Reformbedarf. Die kasachische Regierung enthält sich nach wie vor nicht der Intervention in die Privatwirtschaft. So hat sich ein wesentliches Element der alten Planwirtschaft gehalten: Von zentraler Stelle werden Staatsaufträge (Gossakasy) an Wirtschaftsunternehmen vergeben. Diesbezüglich werden mit diesen Mengen und Termine von Güterlieferungen vereinbart. Im Gegenzug sichert der Staat die Beschaffung der notwendigen Rohstoffe. Beschaffung - meist auf Barter-Basis mit ausländischen Unternehmen

116

Vgl. dazu auch den entsprechenden Exkurs unter Kap. VI.C.1.

117

Vgl Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Kasachstan 1994, Wiesbaden 1995, S. 133 f.

118

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg ): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 43 f. sowie S. 52 und o. V. Rubelreform läßt Rubelzone schrumpfen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 190 vom 18.08.1993, S. 10 sowie die Ausführungen in Kap. VII.C.

119

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht GUS-Staaten 1994..., a. a. O., S. 105.

120

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 13.

V Auszüge aus den Länderanalysen

43

vereinbart - und Verteilung an die Unternehmen wird dabei von dem Ministerium für materielle Ressourcen vorgenommen. Etwa 60 % bis 80 % des Industrie-Bruttoproduktionsvolumens soll auf Staatsaufträgen basieren. 121 Des weiteren besteht ein hohes Staatsdefizit. Die Ausgaben des konsolidierten Staatshaushalts überstiegen 1992 immerhin die Einnahmen um 198,4 Mrd. Rubel. Der Nettofinanzierungssaldo machte damit rund 16 % der Staatsausgaben aus. Kasachstan wies damit das höchste Finanzierungsdefizit aller MUGUS auf. Ferner war lediglich in Usbekistan mit 24 % und Kirgistan mit 51 % der Anteil des Finanzierungssaldos an den Ausgaben höher. 722 Die kasachische Regierung versuchte zwar, die Einnahmen durch die Einführung der Mehrwertsteuer und eine Einkommensteuer zu verbessern. Der Standard-Mehrwertsteuersatz

beträgt immerhin

20 % und der progressiv ausgestaltete Einkommensteuersatz liegt zwischen 12 % und 40 %. Die Regierung ist jedoch aufgrund umfangreicher Korruption und der Unerfahrenheit der Verwaltung in bezug auf die Erhebung und Einziehung der neuen Steuern nicht in der Lage, die potentiellen Einnahmen tatsächlich zu realisieren. Auch die Finanzdecke der staatlichen und privatisierten Unternehmen ist äußerst dünn. Die privatisierten Betriebe sind darüber hinaus in der Regel zu klein, um Einfluß auf die wirtschaftliche Entwicklung zu nehmen. Darüber hinaus bestehen in verschiedenen Branchen und Regionen Monopolbetriebe. So sollen ca. 190 Betriebe in Kasachstan einen Marktanteil von 100 % haben.' 23 Femer nimmt unter den kasachischen Unternehmen der Konzern KRAMDS eine Sonderstellung ein, der nach eigenen Angaben allein 10 % bis 15 % aller kasachischen Betriebe kontrol-

121

Vgl. Bundesstelle für Außenhandelsinformation (BfAI) (Hrsg.): Kasachstan. Z e n t r a l e Behörden. Kontaktanschriften, verantwortlich bearbeitet von U. Strohbach, Köln, Juli 1992 sowie G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner K a s a c h s t a n - Wirtschaft i m U m b r u c h , in: ifo-Schnelldienst, 45. Jg., Heft 35 - 36, 1992 v o m 18. 12. 1992, S. 39 - 54, hier S. 4 1 und G. Huber auf d e m " S y m p o s i u m über d e n R e f o r m p r o z e ß in R u ß l a n d und Kasachstan", in: ifo-Schnelldienst, 45. Jg., Heft 31 1992, S. 15 - 21, hier, S. 18.

122

Vgl. Statistisches

Bundesamt

Wiesbaden

(Hrsg.): Länderbericht G U S - S t a a t e n 1994..., a a

O., S. 74. 123

Vgl. E. Einig: Protokoll d e s G e s p r ä c h s mit Herrn R a d o s t o w e t z Nikolai Vladimirowitsch, stellvertretender V o r s i t z e n d e r d e s A n t i - M o n o p o l - K o m i t e e s a m 2 0 . 0 8 . 1 9 9 3 in A l m a - A t a / Kasachstan, in: Protokolle der F o r s c h u n g s r e i s e von Univ.-Prof. Dr. Herbert B i e r m a n n und Dr. Elisabeth Einig v o m 16. 08. - 31. 08. 1993 nach Kasachstan, in: Beiträge z u r E n t w i c k l u n g s f o r s c h u n g , Materialien I, Heft 1, M ü n s t e r 1994, S. 40.

44

V Auszüge aus den

Länderanalysen

liert.' 24 Selbst bei erfolgreicher Privatisierung wirft die wirtschaftliche Macht dieser Unternehmen noch große Probleme auf. Aufgrund der Schwierigkeiten mit der System-Transformation ist der wirtschaftliche Abschwung immer noch sehr stark. Im Jahr 1993 soll das Bruttoinlandsprodukt um 12,9 % gegenüber dem Vorjahr' 25 , in den ersten drei Quartalen des Jahres 1994 sogar um 31,4 % gegenüber den Vorjahreswerten gesunken sein. Die Industrieproduktion schrumpfte in den ersten drei Quartalen des Jahres 1994 um 16 %, während sich die Inflation noch beschleunigte. Die Preise stiegen in den ersten drei Quartalen 1994 um das Fünfundzwanzigfache gegenüber einer Verfünfzehnfachung im Jahr 1993. Vor allem die Abwanderung russischer Fachkräfte stellte die kasachische Produktion - insbesondere die Erdölproduktion, die in den ersten drei Quartalen des Jahres 1994 um 13 % sank - vor ernste Probleme.126 Um die Produktionseinbrüche abzuschwächen und einen stetigen Devisenzufluß zu garantieren,

wird

von

Kasachstan

eine

Ausweitung

der

Erdölförderung

angestrebt.727 Bezüglich des Abbaus der Vorkommen im Tengiz-Feld in der Nähe des Kaspischen Meeres wurden 1993 auch bereits Verträge mit dem US-Konzern Chevron unterzeichnet. Die Realisierung des Projektes ist jedoch vom Bau einer Pipeline, die voraussichtlich über russisches Territorium vom Kaspischen Meer nach Noworossijsk verlaufen wird, abhängig.' 28 Insofern wird auch in Zukunft eine enge Verflechtung mit der russischen Wirtschaft und damit eine Abhängigkeit Kasachstans von der russischen (Wirtschafts-)Politik zu erwarten sein.

124

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner Kasachstan - Wirtschaft im Umbruch. 1. Bericht, Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Institut für Wirtschaft und Marktwirtschaftliche Studien (WIWMS), Alma-Ata, ifo-lnstitut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), München 30. 09. 1992, S. 46.

125

Vgl. auch Anhang II, Tabellarische Darstellung zu Kasachstan.

126

Vgl Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan: Stabiler russischer Einfluß..., a. a. O , S. 1.

127

Die Förderung von Erdölvorkommen aus dem Kaspischen Meer ist dabei teilweise problematisch, da die Eigentumsfrage keineswegs abschließend geklärt ist. Sollte man sich darauf einigen, daß es sich bei dem Kaspischen Meer um einen "See" handelt, erwüchsen Rußland daraus ebenfalls Förderrechte. Ware das Kaspische Meer dagegen als "Binnenmeer" anzusehen, wird dagegen nur den direkten Anrainerstaaten das Recht eingeräumt, Vorkommen unter ihren Kontinentalsockeln auf eigene Regie abzubauen. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan: Streit um den Status des Kaspischen Meers, in: Reuter Business Briefing vom 20.05.1995, S. 2. Dies verdeutlicht, daß im Verlauf einer System-Transformation eine Fülle von Eigentumsrechten zu berücksichtigen ist und eine Vielfalt vollkommen neuer Institutionen geschaffen werden müssen, um die für die Produktion notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.

128

Vgl Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan: Stabiler russischer Einfluß..., a. a. O., S. 1 f.

V A uszüge aus den Länderanalysen

45

C. Kirgistan Die Abstammung der Kirgisen wird mit den in chinesischen Chroniken erwähnten Tien-Gunen in Verbindung gebracht. Nachdem sie aus der nordwestlichen Mongolei verdrängt wurden, siedelten sie sich im 5. bis 6. Jahrhundert n. Chr. im Talkessel von Minusinsk (Sibirien) an, später dann im Territorium zwischen Jenissej, Baikalsee und dem südlichen Turkestan. Nach dem Sieg über die Uiguren, die heute eine autonome Republik im Nord-Westen Chinas besiedeln, erreichten sie den westlichen Tienschan.' 29 Sie gerieten während der Mongoleneinfälle unter die Herrschaft Dschingis-Khans und gehörten später dem Reich des Timurs von Taschkent an, nach dessen Zerfall 1467 ein selbständiges Khanat errichtet wurde. Die Herrschaft der Kokander Khans dauerte bis zu dem zwischen Kokand und Rußland 1852 - 1876 geführten Krieg. Danach wurde das Khanat Kokand von Rußland annektiert und in das Generalgouvernement Turkestan eingegliedert. Anfang des 20. Jahrhunderts verstärkte sich die russische Besiedlung in Kirgistan. Im Jahr 1916 kam es zu blutig niedergeschlagenen Aufständen gegen die russische Vorherrschaft. Im Zeitraum von 1902 bis 1920 kam dabei fast 40 % des kirgisischen Volkes um.' 3 0 Nach der Verkündung der Autonomie der Turkestanischen Sowjetischen Föderativen Republik innerhalb der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (RSFSR) im April 1918, der Kirgistan bis zum 14. Oktober 1924 angehörte, kam es 1924 zu einer nationalstaatlichen Neuaufteilung Zentralasiens. Das kasachische Gebiet und das Kirgisische Autonome Gebiet wurden der RSFSR zugeschlagen. Ferner wurde das Fergana-Tal zwischen den Usbeken und dem kirgisischen Gebiet aufgeteilt. 1926 wurde das Kirgisische Autonome Gebiet in die Kirgisische Sozialistische Sowjetrepublik umgewandelt und erst am 05.12.1936 erhielt Kirgistan den Status einer Unionsrepublik.' 37 Die anschließend im Zuge des Aufbaus des Sozialismus stalinistischer Prägung einsetzende Kollektivierung der Landwirtschaft und die erzwungene Seßhaftmachung der überwiegend von der Viehzucht lebendenden Nomaden bedeutete für die Kirgisen die Zerstörung ihrer überlieferten Traditionen und ihrer natürlichen Lebensgrundlagen.

129

Vgl. A. Markelow: Republik Kyrgysstan, Geschichte und Gegenwart, in: Sowjetunion heute, 1991, Nr. 2, S. 1 2 - 2 0 , hier: S. 13.

130

Vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung

131

Vgl. A. Markelow:

(Hrsg.): Kirgistan, Bonn o J., S. 4.

Republik Kyrgysstan .., a. a. O., S. 15.

46

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Im Fergana-Tal, im Gebiet der Stadt Osch, kam es im Juni 1990 zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Usbeken und Kirgisen, denen nach offiziellen Angaben 230 Menschen zum Opfer fielen. Die usbekische Bewegung "Birlik" sprach von 5.000 Toten, darunter 4.500 Usbeken. Auslöser der Gewaltausbrüche war ein Streit um bewässerten Boden einer usbekischen Lenin-Kolchose, den Mitglieder der informellen kirgisischen Gruppe "Osch Ojmagy" als Bauland beanspruchten. Als das Bezirksexekutivkomitee Osch der kirgisischen Gruppe nachgab, kam es auf einer Demonstration zu den Ausschreitungen. Die Auseinandersetzungen dauerten über zwei Monate an. Die Gründe für den Konflikt sind in den herrschenden ethnischen Spannungen in Verbindung mit besonderen sozialen und politischen Problemen in dieser Region zu sehen. Das Gebiet von Osch zählt zu den wichtigsten Industriezentren Kirgistans. Hier leben über 2 Mio. Menschen darunter ca. 500.000 - 600.000 Usbeken und 1,2 Mio. Kirgisen.'32 In der dicht besiedelten Region sind heute rund 60 verschiedene Nationalitäten vertreten; gleichzeitig leben rund 90 % der Menschen unter der Armutsgrenze. Die Verstädterung und Verarmung führte zu einer zunehmenden Kriminalität. Der Anbau von Rauschgift hat an Bedeutung gewonnen. Die Region um Osch bildet zusammen mit der Hauptstadt Tadschikistans, Duschanbe, das wichtigste Rauschgiftverteilungszentrum der EX-UdSSR.133

Im Anschluß an den über zwei Monate andauernden Konflikt, der die Wirtschaft Kirgistans nahe an den Zusammenbruch führte, kam es Ende 1990 zu einer Ablösung

der

konservativen

kommunistischen

Machtelite

in

Kirgistan.

Am

27. Oktober 1990 wurde Askar Akajew zum ersten Präsidenten der Republik Kirgistan gewählt. Am 15.12.1990 erklärte sich Kirgistan für souverän; am 31.08.1991 folgte die Unabhängigkeitserklärung.734

Der damals 46jährige, politisch unbelastete PhysikerAs/car A/ca/'ew löste mit seiner Wahl zum ersten Staatspräsidenten Kirgistans den als militant-konservativ geltenden Absamat Massalejew an der Spitze des Staates ab. Bereits vor seiner Wahl

132

Vgl. A. Bozdag Konfliktregion Kirgisien. Dynamik und Eskalation der blutigen Zusammenstöße 1990, in: ORIENT, 32. Jg., 1991, Nr. 3, o. O., S. 365 - 393, hier: S. 365.

133

Vgl. A. Bozdag: Demokratie - oder Chauvinismus? Kirgisien im Wandel, in: Der Überblick, 33. Jg., 1992, Nr. 2, S. 3 8 - 4 2 , hier: S. 39.

134

Vgl. dazu R. Götz, U. Halbach. Daten zur Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS..., a. a. O., S. 38

[-' Auszüge aus den Länderanalysen

47

zum Präsidenten war er als ökonomischer Reformer bekannt und machte deutlich, daß er für die Einführung von Marktwirtschaft und Demokratie eintreten wolle. Akajew, der als Vertreter einer weltoffenen, liberalen Intelligenzija gilt, ist der einzige zentralasiatische Präsident, der keine wichtige Funktion in der ehemaligen KPdSU innehatte. Mit seinem auf Ausgleich setzenden politischen Kurs gelang es ihm, die Opposition für die Durchsetzung seiner strukturellen Reformen zu gewinnen. Als Gorbatschow-Anhänger unterstützte er die ursprünglichen Unionspläne Gorbatschows

und später die Bildung der GUS. Im Anschluß an den August-

putsch des Jahres 1991, von dem er sich als einziger zentralasiatischer Staatschef ausdrücklich distanzierte, löste er die KP Kirgistans auf.' 3 5 Nach der von Akajew im Jahr 1992 vorgenommenen Umstrukturierung der politischen Spitze zeichnen sich Tendenzen in Richtung präsidialdemokratischer und rechtsstaatlicher Strukturen nach westlichem Muster ab. Z. Z stellt das politische System eine Mischform aus parlamentarischer und Präsidial-Demokratie dar. Auf lokaler Verwaltungsebene blieben bislang die bisherigen, vom traditionellen ClanSystem geprägten parlamentarischen und bürokratischen Machtstrukturen erhalten.' 3 6 Kirgistan versteht sich als Vorposten westlicher Demokratie in Zentralasien. Eine diesen Prinzipien entsprechende Verfassung sollte am 12. April 1993 vom Parlament verabschiedet werden, das noch zu Sowjetzeiten im März 1990 gewählt wurde und von Ex-Kommunisten beherrscht wird. Die Abgeordneten waren jedoch der Auffassung, daß die Verfassung dem Präsidenten zuviel Macht einräume und veränderten deshalb den Verfassungsentwurf dahingehend, daß dem Präsidenten nunmehr das Recht entzogen wird, Minister zu ernennen. Dieses Recht steht jetzt dem Premierminister zu. Dieser wird vom Präsidenten im Einvernehmen mit dem Parlament ernannt. Verfassungsmäßig stellt die Revision des Verfassungsentwurfs eine Schwächung der Stellung des Präsidenten dar. Der gegenwärtige Premierminister Chengyscher

ist jedoch ein enger Verbündeter von Präsident^Jra/'eiv und

wird in der Praxis auf dessen Geheiß Minister ernennen bzw. entlassen.' 3 7 A m

135

Vgl. A. Bozdag S. 340.

136

Vgl. A. Bozdag:

137

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 61.

Askar Akajev, in: ORIENT, 32. Jg., 1991, Nr. 3, o. O., S. 339 - 345, hier Demokratie - oder Chauvinismus..., a. a. O., S. 40.

48

V Auszüge aus den

Länderanalysen

05.05.1993 wurde die überarbeitete Verfassung schließlich vom Parlament verabschiedet. Ein zentraler Punkt der Verfassung ist die Gewährleistung der Menschenrechte. Ferner sind als Staatsziele ziviler Frieden, Einvernehmen zwischen den nationalen Minderheiten, Privatisierung des staatlichen Eigentums und Bodenreform in die Verfassung aufgenommen worden. In der Verfassung finden auch die Interessen der in Kirgistan lebenden deutschen Minderheit Berücksichtigung. Hinsichtlich der Errichtung eines demokratischen Rechtsstaates ist u. a. die Gewaltenteilung in Legislative, Exekutive und Judikative sowie die Bildung eines Verfassungsgerichtshofes vorgesehen.' 3 8 Aber selbst in dem im Vergleich zu den anderen muslimisch beeinflußten GUSRepubliken eher liberalen Kirgistan sind Tendenzen zu einer politischen Zentralisierung und eines zunehmend autoritären Führungstils Akajews zu erkennen. Ende 1993 kam es auf der politischen Ebene zu Krisenerscheinungen. Zum einen war die kirgisische Wirtschaft durch die Einführung der neuen Währung und den anschließenden inflationären Schub geschwächt. Ferner war die Regierung durch eine Korruptionsaffäre um Premierminister Chengyscher

belastet. Diesem und weiteren

Ministern wurde vorgeworfen, illegal Gold-Reserven in die Schweiz transferiert zu haben.' 3 9 Angesichts der politischen Vorwürfe erhoffte sichAkajew

eine Stärkung

seiner Position durch ein Referendum zur Bestätigung seines Amtes, zumal andere Republiken ebenfalls auf eine ähnliche Volksbefragung zurückgegriffen hatten (Turkmenistan und Rußland) oder zum damaligen Zeitpunkt noch zurückgreifen wollten (Kasachstan und Usbekistan). Das Referendum wurde am 29. November 1993 durchgeführt: Präsident Akajew erhielt 96,2 % der abgegebenen Stimmen. Es sollen jedoch Anzeichen darauf hindeuten, daß dieses Referendum nicht korrekt durchgeführt wurde. 140 Präsident Akajew sieht ferner ebenfalls in Anlehnung an die Nachbarstaaten Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan möglicherweise ein

138

Vgl. Verfassung der Kirgisischen Republik vom 5. 5. 1993

139

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 53. Das Problem der Korruption belastet weiterhin in erheblichem Maße das politische System Kirgistans. Präsident Akajew beklagte sich noch im Sommer dieses Jahres über die wachsende Korruption in der Regierung. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters Rußland: Rücktritt von Minister in Kirgistan gefordert, in: Reuter Business Briefing vom 07.07.1995, S. 1.

140

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 53.

V Auszüge aus den

Länderanalysen

49

Referendum zur Verlängerung seiner Amtszeit vor. Die Durchführung des Referendums hat er von dem Ausbleiben eines wirtschaftlichen Aufschwungs abhängig gemacht. 141 Insofern wären auch in Kirgistan Tendenzen in Richtung einer autoritäreren Führung zu erkennen. Kirgistan zählte zu den ersten Republiken der ehemaligen UdSSR, die grundlegende Strukturreformen zur Einführung der Marktwirtschaft einleiteten. Allgemein ist die kirgisische Führung eher "ungeduldig" hinsichtlich der Durchführung der Reformen, die vom Präsidenten und seinen engsten Mitarbeitern als eine "Revolution von oben" verstanden werden, während die mittlere Führungsschicht nach ihrer Auffassung eher bremse. Das Hauptanliegen der Regierung besteht darin, den Reformprozeß weiter zu beschleunigen und gleichzeitig die makroökonomische Situation zu stablisieren. Die strukturellen Reformen sollen die Rolle des Staates im Wirtschaftsleben reduzieren. Gedacht ist dabei an umfangreiche Privatisierungen und an die Reduzierung direkter staatlicher Eingriffe zugunsten von Marktmechanismen. Zweck dieser Reformen ist es auch, die Basis für ausländische Unterstützung insbesondere durch ausländische Direktinvestitionen zu schaffen. Der International

Monetary Fund hat dies-

bezüglich 1992 ein Programm für Kirgistan entwickelt, das allerdings wenigstens 400 Mio. US-$ "verschlingen" würde. Kirgistan verließ als erste Republik der MUGUS die Rubelzone und führte am 10.5. 1993 seine eigene Währung, den Som, ein. Die Einführung der eigenen Währung wurde von der Weltbank, dem IMF und der EBRD unterstützt' 42 und ist als ein Kernelement eines umfassenden Wirtschafts-Reformprogramms anzusehen.' 4 3 Die Einführung erfolgte ohne Abstimmung mit den Nachbarrepubliken. Die Folge der Währungsumstellung war, daß alte Rubel aus Kirgistan in die anderen

141

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters. Kirgisien: Kehrtwende in Kirgistan, in: Reuter Business Briefing vom 17.07.1995, S. 1.

142

Vgl. R. Osterkamp Reformpolitik in Kirgistan, in: ifo-Schnelldienst (Hrsg.): Nr. 20/93, S. 20 29, hier: S. 28. Nach dessen Angaben beabsichtigen die internationalen Geldgeber, Kirgistan so zu unterstützen, daß es sich zu einem Modell- und Vorzeigefall marktwirtschaftlicher Reformen entwickeln kann.

143

Vgl. European Bank for Reconstruction view..., a. a. O S. 78.

and Development

(EBRD) (Hrsg.): Economic Re-

50

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Republiken abflössen, so daß sich dort die Geldmenge erhöhte und den inflationären Druck verstärkte.''''' Die Regierung sieht in der Einführung der eigenen Währung ein wichtiges Hilfsmittel, um die makroökonomischen Zielsetzungen zu erreichen, da die Nationalbank nunmehr in die Lage versetzt wird, eine von der Rubelzone unabhängige Geldpolitik zu verfolgen. Die Regierung hat bekundet, zur Wertsicherung des Soms eine restriktive Fiskalpolitik zu betreiben sowie Obergrenzen für Transfers an öffentliche Unternehmen einzuführen. Im Vergleich zu den benachbarten zentralasiatischen Republiken konnte Kirgistan bislang durchaus Fortschritte hinsichtlich des Privatisierungsprozesses erzielen.''' 5 Im Rahmen eines umfassenden Privatisierungsprogramms wurden 1991 zahlreiche Rechte bezüglich Privateigentum und Unternehmertum gewährt. Bei der rechtlichen Ausgestaltung der Wirtschaftsgesetzgebung stand zunächst die Förderung insbesondere der ausländischen Investitionstätigkeit im Vordergrund. Hierzu wurde am 28.06.1991 das "Gesetz über ausländische Investitionen" erlassen. Demnach ist u. a. die Gründung von Betrieben mit 100 % Auslandskapital erlaubt. Weiterhin sind steuerliche Vergünstigungen in Abhängigkeit vom Einlage- bzw. Beteiligungsanteil vorgesehen. Ferner wurde bis 1996 eine Steuerbefreiung für Gewinne aus Investitionen in Präferenzbereichen festgeschrieben. Zu den Präferenzbereichen zählen u. a. Elektronik, Ersatzteilherstellung für Automobile, Nachrichtentechnik, medizinische Ausrüstung und Tourismus.'''6 Mit der Privatisierung wurde 1991 im Bereich der Landwirtschaft und bei kleineren, staatlichen Betrieben anderer Branchen begonnen. Für den Zeitraum bis Ende 1992 war von Seiten der Regierung die Privatisierung von ca. 35 % bis 40 % des staatlichen Sachanlagevermögens geplant. Dabei ist für kleinere bis mittlere Unternehmen der Verkauf in Form öffentlicher Versteigerungen, für die Anteile größerer

144

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 65. Nach Angaben der kirgisischen Regierung sollen zwischen 53 % und 62 % der kirgisischen Geldmenge (Endbestand ca. 53 Mrd. Rubel) in die Nachbarrepubliken abgeflossen sein. Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kap. VII.C.

145

Zum folgenden vgl. vor allem International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Kyrghyzstan, Washington D.C., Mai 1992, S. 8 und S. 45 sowie IBRD (World Bank) (Hrsg.): Kyrgyzstan, Country Economic Memorandum: Vol. I: Main Report, November 1992; S. 73 - 86 und S. 121 f.

146

Bundesstelle für Außenhandelsinformationen Januar 1992.

(BfAI) (Hrsg.): Länderportrait Kirgisien, Köln,

V Auszüge aus den Länderanalysen

51

Betriebe der allgemeine Verkauf an die Öffentlichkeit, die Gründung von Holdinggesellschaften bzw. vergleichbarer gewerblicher Unternehmensformen sowie die Verpachtung staatlichen Eigentums an den privaten Sektor vorgesehen. Die Spirituosen-, Zucker- und Tabakindustrie u. a. sollen nicht privatisiert, sondern in staatlichen Monopolbetrieben verbleiben. Bezüglich der Privatisierung von Industrieunternehmen ist- abgesehen von eingeräumten branchenspezifischen Einzelregelungen - allgemein folgende Verteilung der Eigentumsrechte vorgesehen: 30 % der Unternehmensanteile bleiben der Belegschaft zum Erwerb vorbehalten; die verbleibenden Anteile sollen an die Lieferanten, die Regierung und an die Öffentlichkeit allgemein veräußert werden. Jedoch wird dabei der Großteil der Restbeteiligung vermutlich in den Händen der Regierung verbleiben. Zur Beschleunigung des Privatisierungsprozesses wurde 1991 der National

Enter-

prise Fund (NEF) eingerichtet und für 1992 auf 3 Mrd. Rubel veranschlagt. Er dient der Vergabe zinsloser Kredite an Privatpersonen zum Erwerb kleinerer bis mittlerer Staatsbetriebe. Weiterhin ist die Vergabe eines einmaligen Pauschalbetrages für jeden Bürger (Gutschein) vorgesehen, dessen Höhe sich auf Basis des durchschnittlichen Einkommens, der Jahre der Erwerbstätigkeit sowie nach anderen Kriterien bemessen soll. Die Gutscheine können bis 1999 zum Erwerb von Wohneigentum und privaten Unternehmen bzw. deren Anteilen eingelöst werden. Mehr als 25 % des gesamten Unternehmenskapitals sind von Seiten der Regierung für diese Form des Eigentumerwerbs vorgesehen. Insbesondere die Privatisierung von Wohneigentum soll mit Hilfe der Gutscheinvergabe gefördert werden. Zu diesem Zweck sind zahlreiche zusätzliche Sondervergünstigungen eingeräumt worden. So sollen u. a. mehr als 30 % des Gebäudebestandes an die weniger bemittelte Bevölkerungsschicht kostenlos zugeteilt werden. Allgemein verlief der Privatisierungsprozeß für Wohneigentum bislang jedoch nur zögerlich. Gründe hierfür sind u. a. in der noch schwerfälligen Bürokratie - insbesondere hinsichtlich der entsprechenden Registrierung der Eigentumsverhältnisse - sowie in der allgemeinen Auffassung zu sehen, daß Wohneigentum in Zukunft mit hohen Kosten (Steuern, Gebühren) verbunden sein wird. Die Privatisierung der staatlichen landwirtschaftlichen Betriebe und Kollektive erfolgte zunächst nach einem Ende 1990 eingeführten Umstrukturierungs- und Privatisierungsprogramm. Bis Ende 1991 war jedoch nur ein mäßiger Erfolg zu verzeichnen. Lediglich zwei landwirtschaftliche staatliche Farmen, die insgesamt ca. 600

52

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Familien beschäftigen, konnten bis November 1991 privatisiert werden. Ein daraufhin im November 1991 erlassenes Dekret ermöglichte die Umstrukturierung von 83 weiteren Kollektiven bzw. Staatsbetrieben, aus denen dann rund 11.000 private Betriebe, kleinere Kollektive sowie Kooperative hervorgingen. Damit befinden sich derzeit ca. 10 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der überwiegende Teil des Viehbestandes sowie ca. 40 % des Gemüseanbaus im Besitz privater landwirtschaftlicher Betriebe. Besondere Schwierigkeiten bestehen bei der Privatisierung von Grund und Boden. Nach dem am 01.07.1991 in Kraft getretenen Bodenkodex ist Privateigentum an Boden nicht vorgesehen, so daß Kauf, Verkauf und Schenkung von Grund und Boden nicht erlaubt sind. Die Probleme resultieren dabei hauptsächlich aus den ethnischen Konflikten hinsichtlich der Aufteilung von Grund und Boden sowie aus der unzureichenden Verfügbarkeit für Privatpersonen. Es wird vermutet, daß erhebliche Mengen der landwirtschaftlichen Einsatzgüter am privaten Sektor vorbeigeleitet werden. Beides führte in der Bevölkerung zu einer verstärkten Ablehnung des Privatisierungsprogramms.

Die Regierung hat zwar die Fortsetzung des Pro-

gramms angezeigt, der Erfolg wird jedoch entscheidend davon abhängen, inwieweit die kritische Erwartungshaltung in der Bevölkerung abgebaut und insbesondere das Verteilungsproblem von Grund und Boden gelöst werden kann. Die Fortführung des Privatisierungsprozesses wird durch die derzeitige wirtschaftliche Instabilität sowie durch den starken Produktions- und Einkommensrückgang merklich erschwert. Auch die bisherigen Ergebnisse sind kritisch zu betrachten. Letztendlich wurde durch die umfangreichen Maßnahmen nur wenig verändert. Viele Unternehmen wurden an das Management nahezu unentgeltlich verkauft. Den Unternehmen wurden ferner keine harten Budgetbeschränkungen auferlegt, so daß sich am wirtschaftlichen Verhalten der Unternehmen wenig geändert hat. Insbesondere die Übernahme von Unternehmen durch die Belegschaft ist offenbar häufig ein Hindernis für die Einführung konsequenter Unternehmensreformen. Auch das Fehlen funktionierender Marktmechanismen begünstigt die Beibehaltung überkommener Unternehmensstrukturen und Verhaltensweisen, so daß von der bisherigen Privatisierung nur geringe Auswirkungen auf die Effizienz der umgewandelten Unternehmen zu erwarten sein wird." 7

147

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 56 f.

V

Auszüge aus den Länderanalysen

53

Präsident Akajew hatte erklärt, bis zum Ende des Jahres 1993 35 % der kirgisischen Industrieunternehmen privatisieren zu wollen.''' 8 Dieses ehrgeizige Ziel konnte offenbar pro forma erreicht werden. Nach Angaben des kirgisischen Rundfunks vom 13. Januar 1994 sollen 40,1 % der Industrieunternehmen, 55,3 % der Bauindustrieunternehmen, 33,7 % der Betriebe des landwirtschaftlichen Sektors und 71,5 % des Handels und des Gaststättengewerbes "privatisiert" worden sein. A m 31. Januar 1994 verkündete die kirgisische Regierung, daß geplant sei, bis zum Januar 1996 50 % der kirgisischen Unternehmen zu privatisieren. 149 Am 24. Dezember 1993 hatte Akajew ein neues Privatisierungsprogramm verabschiedet und in diesem Zusammenhang drei Hauptprobleme, die die Privatisierung in der Vergangenheit behindert hatten, genannt. Zum einen verhindere die Tendenz zum Verkauf der Unternehmen an Kooperative häufig eine konsequente Umsetzung realer Reformen, die auch Entlassungen von Arbeitnehmern zur Folge hätten. Des weiteren sei die Privatisierung im landwirtschaftlichen Sektor chaotisch verlaufen. Am 23. November hatte demzufolge der damalige Landwirtschaftsminister das landwirtschaftliche Privatisierungsprogramm gestoppt. Das Kernproblem der Privatisierung wird schließlich in dem Verbot des Besitzes und des Verkaufs von Grund und Boden gesehen. Der Nießbrauch bzw. die Pacht gewährt nicht in ausreichendem Maße die erforderliche Planungssicherheit, die z. B. von ausländischen Investoren gefordert wird. Aufgrund politischer Widerstände ist jedoch in absehbarer Zeit nicht damit zu rechnen, daß dieses Verbot aufgehoben wird. Diese Widerstände gründen zum einen auf der Furcht kirgisischer Nationalisten, daß Russen aus Kirgistan oder der Russischen Föderation in großem Umfang staatliches Eigentum aufkaufen könnten. Zum anderen wird der Erwerb von Grund und Boden infolge der kommunistischen Tradition der Ablehnung von Privateigentum und der nomadischen Tradition der Kirgisen abgelehnt. Es ist demnach auch in Zukunft mit Schwierigkeiten bei der Privatisierung und damit der System-Transformation in Kirgistan zu rechnen.' 50 Ein zentrales Problem der kirgisischen Wirtschaftspolitik ist ferner das hohe Staatsdefizit. 1992 überstiegen die Ausgaben des konsolidierten Staatshaushaltes die

148

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 71.

149

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 56 f. Es ist unklar, o b sich die Angaben auf die Anzahl der Unternehmen oder ihren W e r t beziehen.

150

Vgl.

ebenda

54

V Auszüge aus den Länderanalysen

Einnahmen um 26,9 Mrd. Rubel. Der Nettofinanzierungssaldo belief sich damit auf 5 1 , 3 % der Gesamtausgaben. 75 * Das Budgetdefizit soll sich nach Angaben der Regierung 1994 sogar auf 6,7 % des Bruttoinlandsproduktes belaufen.' 52

D. Tadschikistan Die Tadschiken zählen zu den historisch ältesten Einwohnern Zentralasiens. Ihre Ansässigkeit in der Region geht auf das 4. Jahrhundert v. Chr. zurück. Von den erst später zugewanderten Turkvölkern grenzen sie sich durch die ethnische Zugehörigkeit zum Iran, die persische Sprache und ihre seßhafte Tradition ab.' 5 3 Die Tadschiken bildeten nie ein eigenes Reich, sondern unterlagen

unterschiedlicher

Fremdherrschaft (Araber, Usbeken). Vor der russischen Eroberung zerfiel Tadschikistan in zwei usbekisch beherrschte Emirate (Buchara und Kokand). 1876 fiel Kokand unter direkte russische Herrschaft. Die 1895 erfolgte Annexion der Pamirregion war die späteste Eroberung Rußlands in Zentralasien. Die russische Herrschaft ging mit ersten Ansätzen industrieller Erschließung, wie z. B. der Errichtung von Fabriken in Chodschent, einher. 1918 wurde der größte Teil Tadschikistans in die Autonome Sowjet-Republik Turkestan eingegliedert und 1924 die Tadschikische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (ASSR) als Teil der usbekischen Sowjetrepublik geschaffen. Am 16.10.1929 erlangte Tadschikistan den Status einer Unionsrepublik.' 54 Die "Sowjetisierung" begann Mitte der 20er Jahre vor allem mit der Umstellung von dem arabischen auf das lateinische (1927) und schließlich auf das kyrillische Schriftsystem sowie mit der "Kampagne gegen den Analphabetismus". Der tadschikische Widerstand gegen die sowjetische Herrschaft erwies sich als äußerst hartnäckig und wurde auch nicht gänzlich durch die Beseitigung nationaler

151

Vgl. Statistisches

Bundesamt

Wiesbaden

(Hrsg.): L a n d e r b e r i c h t G U S - S t a a t e n 1994, W i e s -

b a d e n 1994, S. 74. 152

V g l The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): G e o r g i a , A r m e n i a , Azerbaijan, K a z a k h stan, Central A s i a n Republics. Country Report, 1st quarter 1994, L o n d o n 1994, S. 55. Laut Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan: Greifende R e f o r m e n in Zentralasien, in: Reuter B u s i n e s s Briefing v o m 31.05.1995, S. 2, belauft s i c h d a s Defizit s o g a r auf 8,4 % d e s Bruttoinl a n d s p r o d u k t e s im J a h r 1994 und auf rd. 11 % des BIP i m l a u f e n d e n Jahr.

153

Vgl. S. Akiner.

154

Vgl. R. Götz, U. Halbach.

Islamic P e o p l e of the Soviet Union, L o n d o n u. a., 1983, S. 304. Politisches Lexikon G U S ., a a. 0 . , S. 216 f.

V Auszüge aus den

Länderanalysen

55

Kader Mitte der 30er Jahre gebrochen. Trotz der in den 40er Jahren beginnenden Industrialisierung blieb Tadschikistan die "am weitesten unterentwickelte Unionsrepublik", bei der traditionelle Verhaltensmuster erhalten blieben.' 55

Der seit 1973 amtierende Regierungschef TadschikistansRa/imon Nabijew fiel als erster Republiksführer 1985 der Perestrojka-Politik zum Opfer. In Tadschikistan erwies sich die kommunistische Nomenklatura jedoch als äußerst renitent. Unter Präsident Machkamow erklärte sich Tadschikistan am 24.08.1990 für souverän. Die Unabhängigkeitserklärung folgte am 09.09.1991. Nach der Absetzung Machkamows im Gefolge der Niederschlagung des Moskauer Putsches am 22.09.1991 scheiterte sein Nachfolger Aslonow an dem Versuch, die Kommunistische Partei zu verbieten und die islamische Oppostion zuzulassen. Nach der Einsetzung Nabijews als Präsident durch den kommunistisch geprägten Obersten Sowjet und die Bestätigung in seinem Amt durch direkte Volkswahl am 24.11.1991 blieb das Verhältnis der Regierung zur Opposition gespannt.756 Die tadschikische Opposition ist dabei recht inhomogen und besteht aus islamischen (vertreten durch die Islamische Partei der Wiedergeburt), weltlichen bzw. demokratischen (vertreten durch die Demokratische Partei) und solchen Gruppen, die sich für eine Durchsetzung der Menschenrechte engagieren (vertreten durch Lali Badachschan, die sich für die Minoritäten im Pamir einsetzen). Die aktuellen Geschehnisse in Tadschikistan werden von dem sich derzeit beruhigenden aber noch schwelenden Bürgerkrieg seit Mai 1992 überschattet. Anzeichen des Konfliktpotentials wurden bereits im Februar 1990 bei den Unruhen in Duschanbe offenbar. Diesen ging das damalige Verbot der Niederlassung der Islamischen Partei der Wiedergeburt in Tadschikistan durch die tadschikischen Behörden voraus. Aufgrund personeller Umbesetzungen im März 1992 wurde das empfindliche Gleichgewicht der Vertretung der Oblaste gestört und es kam zu erneuten Unruhen, die am 05.05.1992 eskalierten, nachdem Nabijew sich vom Parlament die Vollmachten

155

Vgl. U. Halbach: Islam, Nation und politische Öffentlichkeit in den zentralasiatischen (Unions-) Republiken, Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Heft 57 - 1991, Köln 1991.

156

Vgl W. Thurnherr. Schweres sowjetisches Erbe in Tadschikistan, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 77 vom 03.04.1993, S. 7

56

V Auszüge aus den

Länderanalysen

zur Schaffung einer Nationalgarde in Form der Bewaffnung seiner Anhänger verschaffte. Das nachfolgende Kompromißabkommen vom 11.05.1992, in dem von 24 Kabinettssitzen 8 der Opposition zugestanden wurden, erwies sich als brüchig, da das Hauptziel der Opposition - die Absetzung Nabijews - nicht erfüllt wurde und der regierungstreue Norden (insbesondere Chodschent, die Machtbasis Nabijews) sowie der Süden das Abkommen nicht akzeptierten. Weiterhin verschärfte das Aufleben bislang unterdrückter Ansprüche von Clans und Talschaften das Konfliktpotential. Ziele und Konfliktgegenstände der folgenden Kämpfe lagen selten auf der Hand, obwohl die Auseinandersetzungen in etwa entlang der Oblastgrenzen verliefen. Die Opposition, die im September 1992Nabijew zum Rücktritt zwang, konnte sich in der Folgezeit weder im Norden noch im Süden durchsetzen. Vielmehr gelang der regierungsfreundlichen Nationalen Front die erfolgreiche Gegenoffensive. Am 10.11.1992 trat daraufhin die Oppositionsregierung zurück und nach der endgültigen Absetzung Nabijews war Parlamentspräsident Rachmanow Staatsoberhaupt. Die Situation wurde oberflächlich durch die Verhängung des Ausnahmezustandes, gezielter militärischer Schläge gegen die Opposition - u. a. mit militärischer Unterstützung durch Rußland - und die Umbesetzung der Ämter beruhigt. Ferner entsandten Kasachstan, Kirgistan und Usbekistan ehemals sowjetische Grenztruppen zur Stützung des Regimes von Rachmanow.'57 Allerdings machten die blutigen "Säuberungsaktionen" und die Anklage gegen die führenden Oppositionellen - trotz einer Amnestie für "Waffenträger" - die Möglichkeit zur friedlichen Verständigung zwischen Kommunisten und islamischer Opposition zunichte.' 58 Ein Großteil der Opposition verlagerte seinen Sitz nach Afghanistan und operiert von dort, ein anderer Teil zog sich in den Autonomen Oblast Gorny-Badachschan zurück. 1993 fanden heftige Kämpfe an der afghanischen Grenze statt. Die tadschikische Regierung lehnte jedoch von Rußland nahegelegte Verhandlungen mit der Opposition in Afghanistan bis zum Frühjahr 1995 kategorisch ab.' 59 Rußland übernimmt in diesem

157

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 92 f.

158

Vgl. G. Neumann: Tadschikistan: Erneute Zuspitzung der Lage nicht auszuschließen, in: Deutsches Ostasien-Institut (Hrsg.): DOAI-Aktuell, Nr. 6 v. 17.06.1993, S. 2.

159

Mitte Mai 1995 haben sich Präsident Rachmanow und der Führer der aufständischen tadschikischen Islamisten, Said Abdullah Nun, nach drei Jahren Bürgerkrieg zum ersten Mal zu Verhandlungen getroffen. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Tadschikistan: Bemühungen zur Beendigung des Konflikts in Tadschikistan, in: Reuter Business Briefing vom 19.05.1995, S. 1.

V Auszüge aus den

Länderanalysen

57

Konflikt dabei nicht nur eine Schiedsrichterrolle, sondern greift auch in die Grenzkämpfe gegen Mudjaheddin in Nordafghanistan ein. Die Intervention Rußlands ist allerdings nicht zuletzt für die tadschikische Regierung problematisch, da die rd. 35.000 Bewohner der Provinz Badachschan, gegen die sich vornehmlich die Angriffe der Regierungstruppen richten, den Russen mit Sympathie begegnen. Separatistische Kreise sollen sogar offen den Wunsch geäußert haben, zurück unter russische Oberhoheit zu gelangen.' 6 0 Nach dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Mai 1992 votierte ein Teil des Parlamentes am 27.11.1992 für die Abschaffung des Präsidentenamtes und die Schaffung einer parlamentarischen Republik. Neue Verfassungsregeln müssen diesbezüglich noch ausgearbeitet werden. Oberstes staatliches Organ ist der Ministerrat, dem der Premierminister vorsitzt. Letzterer wird von dem Parlamentspräsidenten nominiert. Der Premierminister ernennt den Ministerrat. Die meisten Posten sind allerdings Pfründe ohne Amtsgeschäfte, da einige Ministerien momentan lediglich dem Namen nach bestehen.' 6 ' Die legislative Gewalt wird von dem 230-köpfigen Parlament ausgeübt.' 6 2 Derzeit ist die Herrschaftsstruktur weder übersichtlich noch geordnet. Insbesondere auf militärischem Gebiet bestehen chaotische Kommandostrukturen. Selbst regierungstreue Milizen unterstehen unterschiedlichen Befehlshabern. Einige gehören der Volksfront, andere der Nationalen Front an. Des weiteren verfügt die Regierung über rivalisierende Sicherheitschefs und -einrichtungen. Offiziell verantwortlich für die innere Sicherheit ist der Kopf des tadschikischen KGB, Saidamir

Zukhurow

Andererseits ist der Majorgeneral Yakub Salimow militärischer Befehlshaber der Region Duschanbe und aller anderen unter dem Ausnahmezustand stehenden Regionen. Rachmanow

selber leitet die Ministerien für innere Sicherheit und Ver-

teidigung sowie das Nationale Sicherheitskomitee. Dabei sind die Weisungskompetenzen keineswegs abgegrenzt. Die eigentliche Gewalt befindet sich jedoch häufig

160

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters Tadschikistan: Aufstand gegen Rachmanow, in: Reuter Business Briefing vom 02.05.1995, S 2.

161

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Central Asian Republics, Country Report, Analysis of Economic and Political Trends Every Quarter, No. 1, 1993, London 1993, S. 13.

162

Vgl. Deutsches Ostasien-Institut, Abteilung Kurzportrait, Juni 1993, Berlin 1993, S. 2.

GUS / Zentralasien

(Hrsg.): Tadschikistan

58

V Auszüge aus den

Länderanalysen

in der Hand regionaler Cliquen und Clans, die sich aus kaum nachvollziehbaren Gründen gegenseitig bekriegen.' 63 Schon vor der Unabhängigkeit war das landwirtschaftlich geprägte Tadschikistan die ärmste Republik der ehemaligen Sowjetunion. In den 80er Jahren wies das Wirtschaftswachstum - vor allem aufgrund des hohen Bevölkerungswachstums negative Zuwachsraten auf. Da die ländliche Bevölkerungszunahme die städtische weit übertraf, machte sich bald ein Mangel des ländlichen Siedlungsraumes und der Wasserressourcen bemerkbar. Daher stieg auch die Arbeitslosigkeit. Die tadschikische Wirtschaft war unter sowjetischer Herrschaft von Transfers aus Moskau abhängig. Der aktuelle Bürgerkrieg verschlimmert diese desolate wirtschaftliche Lage noch zusätzlich.

Tadschikistan hat sich 1991 grundsätzlich für die Transformation seiner Wirtschaft von einem System zentraler Planung zur Marktwirtschaft entschieden. Zwar führte Tadschikistan als letzte der muslimisch beeinflußten GUS-Republiken erst am 11. Mai 1995 eine eigene Währung, den tadschikischen Rubel, mit Unterstützung des International Monetary Fund ein.' 64 Doch bereits im Februar 1991 begannen Privatisierungsbemühungen mit dem Gesetz zur Entflechtung der großen staatlichen Unternehmen sowie zur Privatisierung.'65 Privatisierungsprogramme unterstehen dem im August 1991 gegründeten Komitee für Staatseigentum. Vorgesehen war die Privatisierung von 840 Unternehmen, von denen sich Anfang 1992 jedoch lediglich 29 in privater Hand befanden. Der Staatsanteil an Unternehmensaktiva (ehemals bei 98 %) konnte auf 84 % reduziert werden. Im Obersten Sowjet wurden auch Pläne zur Privatisierung von Wohnungen und im landwirtschaftlichen Sektor diskutiert. Entsprechend erging im März 1992 ein Gesetz zur Bodenreform. Dieses sah die Bildung von einem Landfonds vor, aus dem zu einem späteren Zeitpunkt

163

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 93.

164

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Tadschikistan - Tadschikistan mit neuer Währung, in: Reuter Business Briefing vom 11.05.1995, S. 1.

165

Vgl Deutsches Ostasien-Institut, Abteilung Kurzportrait, Juni 1993, Berlin 1993, S. 5.

GUS / Zentralasien

(Hrsg.): Tadschikistan

V

Auszüge aus den

Länderanalysen

59

Land zur Erbpacht vergeben werden sollte. Darüber hinaus schrieb es die Absicht fest, staatliche Landwirtschaftsbetriebe umzuwandeln. 166 Die privatisierten

Unternehmen sind zum größten Teil an die Arbeitnehmer

verpachtet oder verkauft worden. Der Preis ist an den Restbuchwert angelehnt, demzufolge relativ zu den Kosten einer Neugründung sehr niedrig. Generell werden Anteile, die nicht von der Belegschaft übernommen werden, in der Öffentlichkeit versteigert. Die Arbeitnehmernachfrage nach Unternehmensanteilen soll jedoch so hoch gewesen sein, daß öffentliche Versteigerungen nicht stattfanden. Anfang 1992 wurde eine Reihe weiterer Gesetze verabschiedet, die die Einführung marktwirtschaftlicher Elemente zum Ziel hat. Priorität wurde dabei der Stimulierung ausländischer Direktinvestitionen gewährt. Diesbezüglich sollten vordringlich günstige Rahmenbedingungen für Investoren geschaffen werden. Der Bürgerkrieg hat diese Absicht zunichte gemacht. Eine System-Transformation wurde damit zunächst zurückgestellt, wenngleich keine ideologische Opposition gegen die grundsätzliche Einführung einer Marktwirtschaft zu bestehen scheint. 167

E. Turkmenistan Die Turkmenen, ein Zweig der Ogusen, drangen im 8. Jahrhundert aus der Gegend der Mongolei in die Gebiete zwischen Aralsee und Issyk-kul und dann weiter westlich vor.* 68 Das Zentrum der sich in Chorassan und Choresmien niederlassenden Turkmenen war Merw. Die gesellschaftlichen Strukturen kennzeichnen sich durch das Nomadenleben und die strenge Trennung in Stämme aus. Ein Stamm ist dabei die größte soziale Einheit der Turkmenen, die wiederum in kleinere Einheiten mit jeweils engerer Bindung (tire, bir-ata) untergliedert ist. Die Angehörigen eines Stammes sahen sich dabei als von einem Stammesvater abstammend und damit als untereinander verwandt an. Die Stämme unterschieden sich nach Dialekt und

166

Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Tajikistan, International Monetary Fund, Washington D.C., Mai 1992, S. 7.

167

Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 96.

168

Vgl R. Götz, U. Halbach

Politisches Lexikon GUS..., a a. O., S. 233.

60

V Auszüge aus den

Länderanalysen

kulturellen Spezifika (besondere Teppichornamente, eigene genealogische Geschichte, Farbe der Kleidung). Das Verhältnis zwischen den Stämmen konnte dabei teilweise aufgrund der ständigen Auseinandersetzung

um Oasengebiete

als

äußerst gespannt bezeichnet werden (u. a. zwischen den Stämmen Teke einerseits und Yomuten und Göklen andererseits).'69 Die aus der Deszendenzlinie abgeleitete Stammeszugehörigkeit ging dabei einher mit der Verpflichtung zur Stärkung des Verbandes. 170 Diese starken Stammesbindungen leben noch fort. Noch heute kann man mit den Worten von Annette Bohr angesichts des Aufbaus der turkmenischen Gesellschaft eher von einer "Stammeskonföderation" als von einem "modernen Staat" sprechen.' 7 ' Zwar bildeten die Turkmenen nie einen eigenen Staat, jedoch entzogen sie sich aufgrund der nomadischen und militärischen Lebensweise staatlicher Unterwerfung. Sie grenzten sich vor allem durch ihr ausgeprägtes nomadisches Überlegenheitsgefühl' 72 und ihre sprachliche Verwandtschaft mit den Bewohnern der östlichen Küste des Kaspischen Meeres von den übrigen Turkvölkern Zentralasiens ab.' 73 Erst im 19. Jahrhundert begannen die Teke die übrigen Turkmenen-Stämme zu dominieren. Dieser Prozeß wurde allerdings durch die russische Expansion beendet. Die russische Annexion Transoxaniens und das weitere Vordringen traf auf energischen Widerstand vor allem der Achal-Teke. Dieser Widerstand wurde 1881 mit der Einnahme der Festung Dengil-tepe (auch: Gök-tepe) gebrochen. Die folgende Immigration russischer Siedler führte vor allem zur Umwandlung von Weide- zu Ackerland sowie zur Grundlegung der Verkehrserschließung (Transkaspische Eisenbahn). 1917 entstand in Turkmenistan eine russisch dominierte Sowjetregierung. Anfang der 20er Jahre begann eine massive sowjetische Infiltration, die in der 1925 erfolgten Bildung der Turkmenischen Sowjetrepublik kulminierte. Dem nationalen Widerstand, der vor allem von der Bewegung Türkmen

169

Vgl. W. König Die Achal-Teke. Zur Wirtschaft und Gesellschaft einer Turkmenen-Gruppe im XIX. Jahrhundert, Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde zu Leipzig, Heft 12, Leipzig 1962, S. 81 und S. 84.

170

Vgl. L. Rzehak Verwandtschaftsgruppen im sozialen Leben Mittelasiens: Beobachtungen bei den Murgab-Belutschen, in: Ethnographisch-Archäologische Zeitschrift, 32. Jg., Heft 2, 1991, S. 293 - 315, hier: S. 311.

171

Zitiert nach R. Götz, U. Halbach

172

Vgl. U. Halbach. Turkmenien, in: H.-J. Torke (Hrsg.): Historisches Lexikon der Sowjetunion 1917/22 bis 1991, München 1991, S. 343.

173

Vgl. G. Hambly: Der Verfall der usbekischen Khanate, in: Ders. (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte, Bd. 16, Zentralasien, Frankfurt am Main 1966, S. 194.

Politisches Lexikon GUS..., a. a. 0., S. 236.

V Auszüge aus den Länderanalysen

61

Azatlygy, d. h. Freiheit der Turkmenen, ausging und sich pimär gegen die 1925 vorgenommene Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, die Seßhaftmachung und die Sprachenpolitik der Sowjetunion richtete, wurde mit Repressionen und der Beseitigung der nationalen Kader begegnet. Auch die anti-islamische Politik der Sowjetunion wurde in Turkmenistan auf die Spitze getrieben. Insgesamt wurden ca. 500 Moscheen geschlossen, lediglich 5 waren 1981 noch geöffnet. Die Wirtschaftspolitik der Sowjetunion bewirkte zum einen die Spezialisierung der Landwirtschaft auf den Anbau von Baumwolle und zum anderen erste Industrialisierungsansätze in der Rohstoff-, insbesondere Erdgas- und Erdölförderung und im Chemiebereich. 174 Bis 1964 war die Regierung der Turkmenischen SSR von Russen dominiert. Erst 1964 gelangte mit Mohamednazar

Gapurow ein Turkmene in die Position des

ersten Sekretärs der Turkmenischen KP. Dieser traf mit Moskau eine Übereinkunft: Für die Zusicherung der unbedingten Loyalität gegenüber Moskau, der Teilnahme an der internationalen Propaganda (Zentralasien als Entwicklungsmodell) und des Verzichtes auf eine eigenständige Wirtschaftspolitik wurde der turkmenischen Regierung ansonsten freie Hand gelassen. Eine Schattenwirtschaft wurde toleriert, die deutlich kriminelle und korrupte Züge trug. Die Reformpolitik Gorbatschows wurde von der Turkmenischen SSR strikt abgelehnt. So entließ Gorbatschow eine große Zahl der Kader und der Parteiführer, u. a. auch Gapurow im Jahr 1986. Die Reformen wurden jedoch unterlaufen, da ein Großteil der Entlassenen auf ihre Positionen zurückkehrte, da geeignete Nachfolger nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung standen. Auch wurde die Bevölkerung gegen das Reformprogramm aufgehetzt, indem es als russische Dominanzbestrebung dargestellt wurde. Jegliche Opposition, z. B. die Bewegung "Einheit" bzw. Agzybirlic, wurde unterbunden. Im Mai 1990 wurde auf dem KP-Parteitag die Entscheidung für eine präsidiale Regierungsform getroffen. Separmud Nijasow wurde am 27.10.1990 durch Direktwahl des Volkes erster Präsident Turkmenistans.' 75

Nachdem die UdSSR jedoch zu zerfallen drohte, änderte die turkmenische Regierung ihre Politik der Ablehnung der Reformen Gorbatschows. Dieser wurde viel-

174

Vgl. R. Götz, U. Halbach: Politisches Lexikon GUS . , a. a. O., S 235 f.

175

Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.). Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 108.

62

V Auszüge aus den

Länderanalysen

mehr von Nijasow unterstützt, durch dessen Verbleib an der Spitze der Partei man sich den Erhalt der Sowjetunion erhoffte. Im März 1991 sprach sich auch das turkmenische Volk (zu 95 % der Wähler) für einen Verbleib in der UdSSR aus. Nach dem Scheitern des Moskauer Putsches im August 1991, den Nijasow unverhohlen guthieß, wurde jedoch ein erneutes Referendum im Oktober 1991 durchgeführt. Diesmal entschieden sich 95 % der Wähler für die staatliche Unabhängigkeit, die am 27. Oktober 1991 dann auch erklärt wurde. Die Souveränitätserklärung war bereits am 22. August 1990 erfolgt. Am 18.5.1992 wurde vom obersten Sowjet eine neue Verfassung angenommen, die Turkmenistan in Artikel 1 zu einer "demokratischen, rechtstaatlichen und weltlichen" präsidialen Republik erklärt. Die Verfassung beruht auf dem Prinzip der Gewaltenteilung (3 Gewalten). Das höchste Amt bekleidet der Präsident, der für eine fünfjährige Amtszeit durch Direktwahl bestimmt wird, wobei die maximale Amtszeit auf 2 Amtsperioden beschränkt wurde. Am 21.06.1992 ließ sich Nijasow ohne Gegenkandidaten mit 99,5 % der abgegebenen Stimmen erneut zum Präsidenten wählen.176 Wichtigstes staatliches Organ ist der Khalk Maslahaty (Volksrat), dem der Präsident vorsitzt und der aus Mitgliedern des Ministerkabinetts und Mitgliedern des Mejlis (Parlament) besteht.' 77 Ferner sollen 60 "vekiller" im Dezember 1990 direkt in den Volksrat gewählt werden. Die Kompetenzen umfassen die Formulierung von Nachtragsgesetzen zur und Änderungen der Verfassung sowie der Probleme, die Themen nationaler Referenden sein und Empfehlungen bezüglich ökonomischer, sozialer und politischer Strategien beinhalten sollen.' 78 Trotz dieser prinzipiellen Bekenntnisse für eine demokratische Staatsform wurden seit 1991 alle Tendenzen zu einer Demokratisierung Turkmenistans im Keim erstickt. Alleinige (Regierungs-) Partei ist die ehemals Kommunistische Partei, die in Demokratische Partei umgetauft wurde. Im Juli 1992 wurde von der Regierung die "Alibi"-Oppositionspartei "Partei des Rechts für Bauern" gegründet. Sonstige Op-

176

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Turkmenistan, Document of the European Bank of Reconstruction and Development, London 03. Februar 1993, S. 2.

177

Vgl hierzu Deutsches Ostasien-Institut, Abteilung GUS / Zentralasien (Hrsg.): Turkmenistan Kurzportrait, Juni 1993, Berlin 1993, S. 2, wonach das Parlament als "Madschlis" (=Oberster Rat) bezeichnet wird.

178

Vgl European Bank for Reconstruction Turkmenistan..., a. a. O., S. 2 f.

and Development

(EBRD) (Hrsg.): Strategy for

V Auszüge aus den Länderanalysen

63

positionsparteien wurden verboten oder anderweitig unterdrückt.' 79 Die Medien werden vom Staat kontrolliert und finanziert.' 80 Allerdings sollen private Zeitungen entstanden sein. Oppositionelle Publikationen sind jedoch nicht zugelassen.' 8 ' Zwar bedürfen Publikationen mit weniger als 1.000 Stück Auflage offiziell weder der Registrierung noch der Genehmigung, doch die (rechtswidrige) Beschlagnahmung der im März 1991 gedruckten parteiunabhängigen Zeitung "Türk ili" (Auflage: 990 Exemplare) liefert ein beredtes Beispiel für die Medienpolitik des Staates.' 82 Nijasow, selber der Teke, der größten Stammesgemeinschaft Turkmenistans zugehörig, pflegt einen ausgeprägten Personenkult um seine Person. Die Republik ist um eine eigenständige - insbesondere von der GUS autonome Politik bemüht. So distanziert sich die Regierung deutlich von der Wirtschaftspolitik Rußlands.' 83 Es erfolgt der Versuch, eigene Programme einzuleiten sowie eine eigenständige Militärpolitik zu betreiben. Der GUS wird dabei eine Beraterrolle zugedacht.' 84 Die Distanzierung von der ehemaligen UdSSR konnte bereits aus dem eher ablehnenden Verhalten gegenüber den August-Putschisten abgeleitet werden.' 85

Die innenpolitische Zielsetzung geht vor allem von zwei Schwerpunkten aus. Zum einen soll die Stabilität innerhalb der Republik gewahrt sein. Diesbezüglich wird

179

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 108 f.

180

Vgl. K. Adelmann: "Opposition wäre für das Land unnötig und schädlich", in: General Anzeiger vom 05.09.1992, S. 2

181

Vgl. D. Hiro: Communism. Beyond the fringe, in: New Statesman and Society vom 08.01.1993, S. 19.

182

Vgl. S. Slapke: Turkmenien - Hort konservativer Stabilität?, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Aktuelle Analysen, Nr. 33, 1991, Köln, Juni 1991, S. 5.

183

Allerdings wird die Distanzierung zu Rußland offiziell nicht bestätigt. So heißt es seitens Präsident Nijasow beispielsweise bezüglich des Baus der geplanten Erdgasleitung nach Europa, die über iranisches und türkisches Territorium führen soll, daß Turkmenistan eng mit Rußland, welches ein "wichtiger und strategischer Partner" sei, zusammenarbeiten wolle. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Turkmenistan: Turkmenistan mit großen Plänen, in: Reuter Business Briefing vom 19.11.1994, S. 1.

184

Vgl. o. V.: GUS soll nur Beraterrolle haben, in: Süddeutsche Zeitung vom 09 /10.01.1993.

185

Vgl. S. Slapke: Usbekistan und Turkmenien während des Augustputsches, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Aktuelle Analysen, Nr. 2, 1992, Köln 1992, S. 5 f.

64

V Auszüge aus den

Länderanalysen

insbesondere auf die Friedenssicherung hinsichtlich potentieller

Nationalitäten-

konflikte, auf die Schaffung eines nationalen Konsenses sowie auf die Vermeidung sozialer Härten abgestellt.' 86 Zum anderen hat die turkmenische Regierung die Absicht, einen marktwirtschaftlichen Rahmen zu schaffen, der dem Staat eine "ausreichende" Rolle im Hinblick auf die Entwicklung der Industrie, der Sozialpolitik, der Wissenschaft, dem Gesundheitswesen und der nationalen Kultur vorbehält. 187 Zwar wurde am 1. November 1993 eine eigene Währung, der Manat, eingeführt, um eine von der Rubelzone unabhängigere Wirtschaftspolitik zu betreiben. Es existiert jedoch kein detaillierter Plan zur Privatisierung des staatlichen Eigentums. Auch andere wirtschaftliche Reformen sind kaum vorgenommen worden. Theoretisch steht z. B. den Bürgern gemäß der Verfassung zwar z. B. das Recht auf den Erwerb von Boden zu. Es ist jedoch kein Gesetz zur Umsetzung dieser Bestimmung ergangen. Es kann somit angenommen werden, daß privater Landbesitz nicht oder nur in geringem Umfang zugelassen wird. Dementsprechend schwer ist es für Turkmenistan, ausländisches Kapital anzuziehen. Außerhalb des Energiesektors dürften aufgrund der starken Rechtsunsicherheit und der ständigen wirtschaftlichen Intervention Nijasows sowie der unklaren Eigentumsverhältnisse - trotz der Errichtung von sieben Freihandelszonen - kaum ausländische Investitionen zu erwarten sein.* 88 Aufgrund der schleppenden Liberalisierungsbemühungen und der Probleme im Infrastrukturausbau, der für den Anschluß an den Weltmarkt erforderlich ist, konnte sich bisher in Turkmenistan trotz seines Rohstoffreichtums keine wirtschaftliche Dynamik entfalten. Zwar hatte Turkmenistan die geringsten Produktionseinbrüche innerhalb der Gruppe der MUGUS zu verzeichnen und konnte durch die Baumwollund Energieexporte Handelsbilanzüberschüsse

realisieren. Stellenweise wurde

daher sogar für 1994 ein Wirtschaftswachstum prognostiziert. ,89 Jedoch zeigte sich, daß auch Turkmenistan nicht von weiteren drastischen Einbrüchen verschont

186

Vgl European Bank for Reconstruction Turkmenistan..., a. a. O., S. 3.

187

Vgl International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Turkmenistan, International Monetary Fund, Washington D.C., Mai 1992, S. 1.

188

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 111.

189

Der Internationale Währungsfonds rechnete für das Jahr 1994 mit einem Wirtschaftswachstum von 1 , 7 % in Turkmenistan. Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Turkmenistan: Turkmenistan mit großen Plänen..., a. a. O , S. 1.

and Development

(EBRD) (Hrsg.): Strategy for

V Auszüge aus den Länderanalysen

65

blieb. 1994 soll das Bruttoinlandsprodukt sogar um ca. 10 % gesunken sein, während die Inflationsrate 3.000 % betrug. Der "Traum vom Kuwait Zentralasiens"' 90 hat sich für Turkmenistan bisher noch nicht einmal ansatzweise erfüllen können.

F. Usbekistan Das Gebiet Usbekistans bildete bis zur Eroberung durch Rußland keinen ethnisch abgrenzbaren Nationalstaat. Neben den Stammesstrukturen und ethnischen Gemeinschaften entwickelten sich während der Herrschaft der Mongolen drei zentrale Machtzentren: die Emirate und Chanate von Chiwa, Buchara und Kokand.' 9 ' Im 15. Jahrhundert gelangte das Territorium erstmals unter die Führung einer turkstämmigen Stammesgruppe. In den folgenden zwei Jahrhunderten entwickelte sich der Osten des heutigen Usbekistans zu einer Handelsmetropole in Zentralasien. Vor allem im Ferganatal mit der Stadt Samarkand führte der (Seiden-) Handel zwischen westlichen Staaten und Persien zu Reichtum in der Region. In dieser Zeit wurden viele der zuvor nomadisch lebenden Özbeken (Usbeken) seßhaft. Sowohl die Usbeken als auch die schon seßhaften Einwohner türkischer und iranischer Herkunft hatten ursprünglich ihre eigenen Kulturen, die sich aber mit der Zeit annäherten.' 9 2 Die verschiedenen Emirate waren bestrebt, ihren Machtbereich zu erweitern, wobei das Emirat Buchara den größten Teil Usbekistans

beherrschte.

Zwischen 1864 und 1867 eroberten russische Truppen sämtliche Städte des Landes, ohne daß ernsthafter Widerstand von der Bevölkerung geleistet wurde. 1867 kam es zur Bildung des Generalgouvernements Turkestan. Die Kolonialregierung beschränkte sich primär auf ihre politischen und wirtschaftlichen Aufgaben z. B. wie den Ausbau der Infrastruktur und die Umstellung der Landwirtschaft auf Baumwollproduktion, ohne das private und religiöse Leben der Bevölkerung anzutasten.' 93

190

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Turkmenistan: Trotz Erdgasreichtum Talfahrt in Turkmenistan, in: Reuter Business Briefing vom 07.07.1995.

191

Vgl. R. Götz, U. Halbach: Politisches Lexikon GUS..., a. a. O., S. 283 ff.

192

Vgl. G. Pander. Sowjetischer Orient. Kunst und Kultur, Geschichte und Gegenwart der Völker Mittelasiens, 6. Aufl., Köln 1990, S. 299.

193

Vgl. R. Götz, U. Halbach

Politisches Lexikon GUS..., a. a. O., S. 287 f.

66

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Nach der Oktoberrevolution übernahmen die Bolschewiken die Macht und gründeten ein Sowjetregime Turkestan. Als Gegenreaktion auf mit Gewalt durchgesetzte Lebensmittelabgaben reagierte die Bevölkerung mit der Bildung einer muslimischen Gegenregierung, die von dem russischen Militär zerschlagen wurde. 1924 wurde die Volksrepublik in eine Unionsrepublik umgewandelt. In den folgenden Jahren wurde die tadschikische Republik ausgegliedert und Karakalpakien der usbekischen ASSR zugeteilt. Nach seiner Machtübernahme ging Stalin - nach der gemäßigten Politik Lenins - erneut auf Konfrontation mit der Titularbevölkerung. Das Bildungssystem wurde entislamisiert, Moscheen geschlossen (allerdings in weit geringerem Umfang als in anderen MUGUS) und die Zwangskollektivierung der Wirtschaft vorangetrieben. Die Entwicklung Usbekistans in diesem Jahrhundert wurde in großem Maße von Scharaf Raschidow mitgeprägt, der von 1959 bis 1983 Präsident Usbekistans war. Dieser regierte Usbekistan im Stile eines Landesfürsten und scheiterte schließlich an seiner von Korruption geleiteten Politik. Als Reaktion versuchte Moskau, die Regierung durch verstärkte Russifizierung des Verwaltungsapparates in den Griff zu bekommen. Dies führte zu mehreren Wechseln an der Partei- und Staatsspitze, bis es im Juni 1989 zur Ernennung Islam Karimows zum Staatspräsidenten kam.' 94

Als einer der ersten zentralasiatischen Staaten proklamierte Usbekistan am 20.06.1990 seine Souveränität. Trotzdem stimmten 9 4 % der Bevölkerung im März 1991 für den Erhalt der Sowjetunion. Ein Jahr später erlangte Usbekistan seine Unabhängigkeit (31. August 1991). Diese wurde durch ein Referendum am 29. Dezember 1991 durch das Volk mit 98,2 % der abgegebenen Stimmen bestätigt. Präsident Karimow wurde am 29.12.1991 als alleiniger Kandidat mit einer Mehrheit von 85,9 % der Stimmen zum ersten Präsidenten der Republik gewählt.Karimow war bereits seit dem Frühjahr 1990 Präsident des Obersten Sowjets und stammte somit aus der Führungsriege der KPdSU. Er ist ausgebildeter Ingenieur sowie

194

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics. Country Profile 1993/94, London 1994, S. 124 f.

V Auszüge aus den Länderanalysen

67

Ökonom und mit einer Russin verheiratet.'95 Im September 1990 trennte sich die usbekische kommunistische Partei von der sowjetischen KP und wurde in "Demokratische Volkspartei" umbenannt. Islam Karimow blieb Vorsitzender dieser Nachfolgepartei der KP. Nach asiatischem Vorbild schuf die politische Führung ein autoritäres Präsidialsystem auf der Grundlage islamisch-nationalistischer Ideologien. Es handelt sich um ein Einkammersystem, dessen Vertreter direkt über Parteilisten gewählt werden. Obwohl rechtlich ein Mehrparteiensystem bestand, waren 1992 nur Mitglieder der "demokratischen Volkspartei" im Parlament vertreten.

Mit Karimow ist ein politischer Kurs verbunden, der als "türkisch-national" bezeichnet werden kann. Dies bedeutet eine Abkehr vom kommunistischen Kurs und impliziert eine Absage an den iranisch-fundamentalistischen Kurs. "Wir folgen dem türkischen Modell. Dort werden die nationalen Traditionen sorgfältig und die islamischen würdig bewahrt - Vorrang hat aber die moderne Gesellschaft."' 96 In einer Rede im Februar 1992 hat Präsident Karimow Gründe für das zögernde Verhalten bei Reformmaßnahmen dargelegt: Er selbst sieht Marktmechanismen nur als ein mögliches Werkzeug auf dem Weg in eine moderne Gesellschaft. Zum anderen erklärte er, daß die wirtschaftliche Transformation von solcher Relevanz sei, daß sie nur von höchster politischer Ebene gesteuert werden könne.' 97 Gegenüber internationalen Organisationen hat die Regierung trotzdem offiziell ihren Willen zu mehr "Demokratie und zur Marktwirtschaft" erklärt, jedoch ihre Aversion gegen radikale Reformen betont. Durch einen gradualistischen Kurs erhofft sich die Regierung eine System-Transformation, die nur in geringem Ausmaß von Versorgungskrisen, Preisschocks und hoher Arbeitslosigkeit begleitet wird.' 98

195

Vgl. K. Adelmann: In Usbekistan herrscht kein Vertreibungsdruck 01.1993.

196

Zitiert nach R. Götz, U. Halbach: Informationen zur politischen Bildung. Die Sowjetunion 1953 1991, Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Bonn 111/1992, Nr. 236, S. 20 f.

197

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Central Asian Republics, Country Report, Analysis of Economic and Political Trends Every Quarter, No. 1, 1993, London 1993, S. 61.

198

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Strategy for Usbekistan, Document of the European Bank of Reconstruction and Development, London November 1993, S. 3.

in: Generalanzeiger, 20.

68

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Ein Demokratisierungsprozeß ist noch nicht auszumachen. Im Frühjahr 1992 ist die Regierung hart gegen Studentendemonstrationen, die auf die wirtschaftliche Situation aufmerksam machen wollten, vorgegangen. Die Oppositionspartei "Erk" beschuldigt die Regierung der Pressezensur. Toleranz gegenüber Minderheiten ist begrenzt. Opponenten wurden öffentlich mißhandelt oder verschwanden. Die Oppositionspartei "Birlik" ist verboten, während die von ihr abgespaltene Partei "Erk" eingeschränkt legal tätig sein kann.'99 Ferner ist die Beherrschung der usbekischen Landessprache Voraussetzung zur Übernahme eines Ministerialpostens. Russische Beamte, die Usbekisch nicht erlernt haben bzw. nicht erlernen wollten, wurden entlassen.200 Im Vordergrund der Wirtschaftspolitik steht die Sicherung der Lebensmittelversorgung. Diversifikation der landwirtschaftlichen Produktion und ein soziales Netz zur Versorgung der sozial schwachen Bevölkerung sind hierbei von großer Bedeutung. Usbekistan hatte zunächst am 15. November 1993 im Anschluß an die russische Rubelreform provisorisch den Usbekischen Kupon ("Coupon Som") eingeführt, der parallel zum Rubel kursierte.20' Am 11. Januar 1994 erfolgte die Einführung einer eigenen Währung, des Som.202 Der Privatisierungsprozeß verläuft eher in gemäßigtem Tempo. Präsident Karimow hat sein Privatisierungskonzept in fünf Hauptprinzipien zusammengefaßt: (1)Die wirtschaftliche Entwicklung soll Vorrang vor der politischen Entwicklung haben. (2) Ziele und Ausmaß der Privatisierungsmaßnahmen werden vom Staat festgelegt und durchgeführt. Der Staat bleibt "Haupt-Reformer". Einhergehend mit der Privatisierung der Wirtschaft ist (3) der Aufbau eines sozialen Netzes geplant. Darüber hinaus betont das Konzept (4) die Stärkung der exekutiven Gewalt der Republik und sämtlicher staatlicher Entscheidungsebenen durch Gesetzesreformen. Sämtliche Maßnahmen sollen (5) Schritt für Schritt durchgeführt werden, wobei der Übergang zur nachfolgenden Stufe erst nach Erreichung bestehender Zielvorgaben vollzogen werden soll.

199

Vgl. A. Burgtorf, J. Dorn, A. Gummich Osteuropa auf Reformkurs. Usbekistan, Deutsche Bank Research (Hrsg.), Frankfurt am Main 1993, S. 15 f.

200

Vgl. W. Gumpel: Zur ökonomischen Lage in den Turkrepubliken der UdSSR, in: Osteuropa, Heft 12, 1990, S. 1175 ff.

201

Vgl. Statistisches a. a. O., S. 70.

202

Vgl. hierzu Kap. VII.C.

Bundesamt

Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht GUS-Staaten 1994...,

V Auszüge aus den Länderanalysen

69

Im Jahre 1992 wurde im Parlament ein Gesetz zur Privatisierung einzelner Unternehmungen verabschiedet. Im Unterschied zu anderen mittelasiatischen Volkswirtschaften verfügt Usbekistan über relativ wenige Industriekomplexe, die aufwendige Umstrukturierungsmaßnahmen (Entflechtung) erfordern. Zur Verwaltung des Staatseigentums sowie zur Durchführung und Überwachung des oben genannten Gesetzes, wurde eine "Treuhandgesellschaft" (Goskomemushchestvo) mit zunächst 150 Mitarbeitern gegründet. Ein weiterer Entwurf sieht die Privatisierung von über 10.000 Staatsunternehmen durch Direktverkauf, Auktionsverkauf und freie Ausgabe von Aktien bis zum Jahre 1994 vor. Bevorzugt werden Verkäufe an die Belegschaft sowie an das bisherige Management mit Hilfe subventionierter Kredite und die Umwandlung in Kooperative, wobei die Anteile zumeist in Besitz von staatlichen Organisationen und Unternehmungen bleiben. 203 Ausgenommen von Privatisierungsmaßnahmen sind größere Unternehmen und Betriebe in Schlüsselindustrien, wie z. B. Transport, militärische Produktion, Pharmaindustrie, die Förderung von Öl und Gas sowie der Goldabbau. 204 Im allgemeinen wurden überwiegend Unternehmen privatisiert, die als nicht profitabel galten. Aufgrund dessen und der vielen Ausnahmebereiche wird der usbekischen Regierung mangelnder Wille bei den Privatisierungsmaßnahmen vorgeworfen. 205 Bis zum Herbst 1992 wurden 2.500 staatliche Unternehmen in (Aktien-) Gesellschaften umgewandelt und 2.000 Staatsunternehmen direkt verkauft. Es handelt sich häufig um kleine Unternehmen (6 - 8 Angestellte), Gastronomiebetriebe und Einzelhandelsunternehmen. 206 Mit der Verteilung von Landparzellen an Bauern begannen erste Reformprozesse in der Landwirtschaft im Jahre 1989. 207 Die Bauern erhielten langfristige Nutzungsrechte, das Recht der Veräußerung dagegen blieb beim Staat. Die usbekische

203

Vgl European Bank for Reconstruction bekistan..., a. a. O., S. 11 f.

204

Vgl. Bundesstelle für Außenhandelsinformation stan, Köln, Juni 1992, S. 2 f.

205

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Repulics Country Profile 1993/94, London 1994, S. 6 2 f.

206

Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Uzbekistan, International Monetary Fund, Washington D.C., Mai 1992, S. 6 f.

207

Vgl National Bank For Foreign Economic Activity Economy of Uzbekistan, Taschkent 1993, S. 7.

and Development (BfAI)

(EBRD)

(Hrsg.): Strategy for Us-

(Hrsg.): Länderkurzportrait Usbeki-

of the Republic

of Uzbekistan

(Hrsg.):

70

V Auszüge aus den

Länderanalysen

Regierung beabsichtigt, im Jahre 1994 ca. 700 mit Verlust arbeitende staatliche Farmen in Kooperative umzuwandeln.208 Die Privatisierung von Wohnungen und Häusern verläuft nur zögernd. In den Landgebieten lebt die Bevölkerung zum großen Teil in eigenen Wohnungen. Die Distribution von Wohnraum an die Bewohner in den Städten würde daher zu einer Benachteiligung der Hausbesitzer führen. Bis dato übereignete die Regierung Wohnungen nur an privilegierte Gruppen, wie z. B. Veteranen, Lehrer und Angestellte im sozialen Sektor.209 Als Maßnahme der Entlastung des Staatshaushaltes von hohen Ausgaben hat die Regierung beschlossen, den Gesundheitsdienst zu privatisieren. In den nächsten beiden Jahren soll u. a. ein entsprechendes Krankenversicherungssystem aufgebaut werden. Auslandsinvestitionen werden vor allem in den weiterverarbeitenden Industrien gefördert. Ausländer (juristische und natürliche Personen) können seit Juni 1991 in Usbekistan Eigentum mit Ausnahme von Grund und Boden erwerben. Bei Beteiligungen von mehr als 30 % des Kapitals und Investitionen über einer Mio. US-$ benötigt der Investor eine Regierungslizenz. Zur besonderen Förderung von bestimmten Wirtschaftsstrukturen (Agrar, Baumaterialien, Konsumgüter) wurde eine Steuererleichterung für ausländisches Kapital in Form einer Körperschaft- und Einkommenssteuer-Befreiung bis zu zwei Jahren festgelegt.210 Bis Anfang 1993 flössen ausländische Direktinvestitionen in Höhe von etwa US-$713Mio. nach Usbekistan. Es wurden bis zum Jahre 1992 324 Joint Ventures vereinbart, von denen bis 1992 etwa ein Sechstel mit der Produktion begonnen hatten.

208

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Country Profile 1993/94, London1994, S. 63.

209

Vgl. International S. 7.

210

Vgl. Bundesstelle für Außenhandelsinformation stan..., a. a. O., S. 2 f.

Monetary

Fund (IMF)

(Hrsg.): Economic Review Uzbekistan .., a. a. O., (BfAI)

(Hrsg.): Länderkurzportrait Usbeki-

VI. Logik und Theorie der System-Transformation A. Inhalt, Begriff und Wirkungen der System-Transformation 1. Inhalt der System-Transformation Entwicklungsprozesse, wie sie sich in den sogenannten "klassischen" Entwicklungsländern darstellen, schließen in der Regel nach allem Verständnis immer auch auf allen Ebenend. h. auch bei den sich ggf. sehr langsam verändernden Institutionen verortete Transformationsprozesse ein. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil gemeinhin überkommene Wirtschaftsordnungen und von daher verkrustete Systeme dort spezielle zeitabhängige Wachstumsprozesse 2 '' blockieren und somit schrittweise soweit neu zu gestalten wären, daß inhaltlich nicht ausgefüllte Freiheitsrechte frei zu gestaltende Aktivitäten erlauben. Da dies von dem Entwicklungsstand eines Landes abhängig ist, kann ein positiv räumlich-zeitlich rückgekoppelter Kreislauf vermutet werden.

Darstellung einer System-Transformation: 2 ' 2 SITUATION REFORM

=> REFORM =>

TRANSFORMATION

TRANSFORMATION ...

2

"

=> TRANSFORMATION ^

=>

ENTWICKLUNG

ENTWICKLUNG =>

REFORM

=>

SYSTEM-TRANSFORMATION 2 ' 3 usw. 2 '"

Vielerorts wird die Wirtschaftsordnung als Determinante von Wachstumsprozessen eingesetzt, gleichwohl sie eigentlich nur den Rahmen für solche Prozesse darstellt.

212

Wenn eine System-Transformation erfolgreich eine nachhaltige Entwicklung auslösen soll, kommt der Prozeß der System-Transformation nie zum Stillstand. An die ursprüngliche SystemTransformation dürften sich vielmehr weitere System-Transformationen anschließen.

213

System-Transformation ist umfassende Neugestaltung einzelner Elemente und Schaffung neuer Elemente und entsprechender neuer Qualitäten der Relationen zwischen ihnen. Dies gilt bei Offenheit des Gesamten.

214

Jede der Phasen führt evident zu veränderten Strukturen (Motivations-, Informations- und Organisationsstrukturen) des gesamten Systems, die sich oftmals erst sehr spät zeigen. Dabei sind die die Reformen, Transformationen usw. vornehmenden Akteure einschließlich ihrer Einbettung in das System einbezogen. So bilden sich - etwa mit dem Transaktionskostenansatz erklärbar - ggf. neue Organisationen, Institutionen u. ä. m. heraus, die wiederum zum Zerfall oder Aufbau von Subsystemen (Organisationen u. ä. m.) führen können. Es ist selbstverständ-

72

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Die Reform bedeutet und impliziert-wenn oftmals auch nur im Detail - eine Änderung der jeweils zugrundeliegenden, eine die Bedürfnisse der einzelnen in ihren Wirkungen lenkende und die Verhaltensweisen erweiternde oder beschränkende Ordnung. Reformen (vornehmlich wirtschaftlicher Art) beziehen sich auf Änderungen des Zusammenwirkens von Elementen, so daß neue Wirkungen in wirtschaftlichen Teilbereichen entstehen; im Sonderfall können sie Korrekturen wirtschaftspolitischer Fehlentwicklungen sein. Wenn die Reform darüber hinaus von Gesellschaft, Staat, Politik, Wirtschaft und den einzelnen ggf. sogar grundlegende Änderungen der Motivationsstruktur und der (ethischen) Verhaltensweisen verlangt, erfordert sie eine Transformation oder gar

eine System-Transformation. Sie ver-

langt dann vor allem viel Zeit: für umfassende evolutionäre Prozesse, die bei einer erfolgreichen System-Transformation zu einer Entwicklung führen sollen. Während die Transformation ein Gestaltungsprozeß in regionalen, sektoralen oder vergleichbaren Bereichen ist, bedeutet System-Transformation einen umfassenden und grundlegenden Gestaltungsprozeß für das ganze, das abgrenzbare System. Entwicklung 2 " verlangt Reformen und Reformen ermöglichen Transformationen und somit Entwicklung auf höherem Niveau wie diese neue Reformen erzwingt. Derartige Prozesse sind als nicht symmetrisch anzusehen. Denn es macht, wenn man auch auf nicht vollzogene Anpassungen der Verhaltensweisen der einzelnen zurückführbare Rückschritte zuläßt, z. B. einen Unterschied schon in den zeitlichen Wirkungen aus, ob etwa Privateigentum sozialisiert oder soziales Eigentum privatisiert wird. Ersteres und damit eine Rückkehr ist relativ schnell möglich, das umgekehrte dagegen recht langwierig und oftmals auch unmöglich - z. B. wenn die Rechte von Vorbesitzern zu beachten sind wie im Falle der DDR.

Transformationen setzen im allgemeinen Ordnungsänderungen voraus. Ordnungsänderungen können planlos, also je nach (momentaner) politischer Opportunität, (ggf. schnell) vorgenommen werden;

lieh, daß dabei die verschiedenartigsten Sanktionen (Belohnungen, Strafen u. ä. m.), die ggf. sogar die Richtung "vorgeben", bestimmend wirken. 215

Vgl. H. Biermann. Kann es eine aussagefähige Entwicklungstheorie geben? in: Beitrage zur Entwicklungsforschung, Aufsätze Nr. 3, Münster 1991.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

73

einheitlich in eine Richtung (d. h. in Richtung auf eine zentrale Planwirtschaft oder auf dezentrale, komplexe, vielfältig wettbewerbliche soziale Marktwirtschaft) erfolgen; -

je nach politischer Präferenz systematisch oder erratisch politisch gewählt werden; in gleichmäßig schneller oder sozial verträglicher langsamer 2 , 6 oder in ungleichmäßiger mehr oder weniger langsamer Folge zustande kommen; in Richtung auf eine a priori präferierte Mischform von plan- und marktwirtschaftlichen Elementen (wie z. B. im ehemaligen Jugoslawien) tendieren und auch dann nur partiell oder umfassend geschehen.

Weitere

Kombinationsmöglichkeiten

der Arten der Ordnungsänderungen

sind

vorstellbar.

Ein Übergang von staatlicher Befehlswirtschaft in eine (mehr oder weniger soziale) in vielerlei Hinsicht angepaßte Marktwirtschaft ist eine System-Transformation. Diese kann in großen (radikalen und schnellen) Schritten oder aber in systematisierten kleinen, in Form von auf Teilordnungen (Teilbereiche) abgezielte Maßnahmen erfolgen. Ggf. können auch größere und kleinere Schritte geeignet kombiniert werden. Immer ist dabei auf eine systematische Abschaffung von Machtbasen der sogenannten politischen Entscheidungsträger zugunsten einer dezentralen Machtstruktur abgezielt.

Generell möchte man die durch System-Transformation bewirkte

Systemverände-

rung für unumkehrbar zu gestalten suchen 2 * 7 , wobei gelegentlich auf eine sog.

216

Diese Entwicklung könnte ggf. über mehrere Generationen erfolgen; denn es fehlen im Ausgangspunkt genaue Zielvorstellungen, aber auch Investitionsmittel, haftendes Eigenkapital, Bodeneigentumstitel sowie Management-Know-how und betriebswirtschaftliche Erfahrungen in jeglicher Hinsicht. Insbesondere letzteres verlangt Generationen übergreifend Lernprozesse. Der Ausbau der notwendigen Infrastruktur ist dabei noch gar nicht berücksichtigt Die treibenden Kräfte der Ordnungsänderungen sind in der Regel (da die Systemmangel bekannt sind und da auch über das System hinaus gedacht werden kann) systemimmanent und zielen oftmals auf die "Übermalung" der politischen wie der wirtschaftlichen Mängel des Systems ab; nicht selten ist jedoch eine "radikale" (ggf. Revolutionen auslösende) Erneuerung des "alten" Systems unabdingbar.

217

Der IWF scheint nach Pressemitteilungen viel Vertrauen in den russischen System-Transformationsprozeß zu haben und den Weg zur Marktwirtschaft nicht gefährdet zu sehen. Vgl. dazu Deutsche Bundesbank: Auszüge aus Presseartikeln: D. Zwätz, Die Geldhähne auf, Nr. 21, 30.03.1994, S. 13 f.

74

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

kritische Masse an Teilordnungs-Änderungen hingearbeitet wird (wie z. B. in der EG mit Maastricht). Der vorgenommene Systemwandel soll dann durch das Hervorrufen von sog. "Resonanzen" bei den Beteiligten und Betroffenen oder zu hohen Kosten der Umkehrung (z. B. der Austritt aus der EG) die Unveränderbarkeit der Richtung der eingeleiteten Ordnungsänderungen sicherstellen. Transformation bedeutet so (im Urteil von Politikern u. a.) die Schaffung von neuen Situationen, die nicht mehr in vorherige überführt werden können. Grundsätzlich ist jedoch die letztgenannte Konstellation nicht realisierbar; d. h. jede Situation erscheint- wenn auch nur ggf. unter sehr hohen sozialen Lasten - umkehrbar.278

2. Definition der System-Transformation Da die System-Transformation das Ergebnis aller Transformationsschritte (sog. Transformationen) ist und als solche von den einzelnen Transformationen bestimmt wird, ist zur Definition des Begriffs "System-Transformation" zunächst der Begriff der "Transformation" zu erläutern. Die System-Transformation kann dann als die Summe der aufeinander abgestimmten Transformationen, die ein System in ein anderes überführen, verstanden werden.

Immer handelt es sich bei einem zur Transformation führenden Prozeß der Ordnungsänderungen um den Prozeß der vollkommenen Umgestaltung, der selbst generell mit Transformation bezeichnet wird. Sie sei hier heuristisch erklärt und dann definiert: - Transformation bedeutet allgemein "Umgestaltung" von Gesellschaften in politischer, kulturell-mentaler, sozialer und ökonomischer Hinsicht. Diese gekoppelten Wandlungsprobleme in den verschiedenen Lebensbereichen und Handlungsräumen verlaufen nicht notwendig gleichzeitig und widerspruchsfrei,

218 w i e dies in H. Biermann: Probleme der ordnungspolitischen Transformation von Volkswirtschaften unterschiedlichen Entwicklungsstandes - dargestellt an den Beispielen UdSSR und The United Republic of Tanzania, Vortrag vor der Humboldt-Universität zu Berlin am 13.06.1991, dargestellt ist. Denn es ist nicht vorstellbar, daß es Transformationen nur in einer Richtung geben kann und gibt.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

75

sie sind ungleich in der Richtung, dem Tempo, der Schrittfolge und der Reichweite. - Transformation ist speziell der nicht unbedingt politisch ausgelöste stufungsabhängige Gestaltungsvorgang2'9 einer Wirtschaft bei der sukzessiven Überführung einer bestehenden Teil-Ordnung in eine andere neue220 Dieser verlangt insbesondere, daß allgemeine Unsicherheiten im Falle der Umkehr besonders groß ausfallen. Beim theoretisch konzipierten Gestaltungsvorgang sollte der "Import" von Unsicherheiten tunlichst unterbunden werden. Dieses ist insbesondere auch für ausländische Investoren unentbehrlich, die bei einem Engagement in den MUGUS a priori Risiken zu tragen haben. Dem einzelnen Wirtschaftssubjekt sollen somit Sicherheiten gegeben werden, wie z. B. durch die geeignete Festschreibung unwiderruflichen Eigentums.

219 Es ist dabei nicht bedeutsam, ob die Gestaltung in Richtung auf die Realisierung einer Marktwirtschaft US-amerikanischen, japanischen, schwedischen oder deutschen Typs zielt. Auch ist es hier unerheblich, ob die Gestaltung mehr aus der jeweiligen Situation heraus vorgenommen wird oder dem Leitbild eines politischen Leaders entspringt. 220 Die Transformation von Wirtschaftssystemen sowjetischen Typs in Marktwirtschaften z. B. muß nicht bedeuten, daß auf Planelemente generell verzichtet wird. Denn es gilt in der Tat die Schiller' sehe Maxime: "Wettbewerb soweit wie möglich, Planung soweit wie nötig" (vgl. dazu den Beitrag von H. Grossekettler. "Wettbewerb soweit wie möglich, Planung soweit wie nötig", Schriften der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster, Heft 73, Münster 1992) zu befolgen. Das bedeutet, daß, insbesondere wenn es um die Bereitstellung von kollektiven oder öffentlichen Gütern geht, sogenannte Planelemente erhalten bleiben müssen. Allerdings ist, wenn die Schiller'sche Regel als "Beweislastregel" verstanden wird, die Transformation in eine Marktwirtschaft soweit wie möglich zu treiben. Es ist zu beachten, daß der erste Teil der Aussage eigentlich im Mikrobereich, der zweite Teil im Makrobereich zu lokalisieren wären, also nicht unbedingt in Konkurrenz treten (Keynes, Schiller) Dabei kann die Erhaltung von Planelementen (i. S. der Planifikation) nicht damit begründet werden, sie verhindere sog. "Fehlinvestitionen", denn diese werden in einer zweiten Runde korrigiert, und auch beste Wissenschaftler vermögen bei der Informationsbeschaffung, -speicherung, -Verarbeitung und -Umsetzung Fehler zu begehen, die nur schwerlich eine Korrektur erfahren. Die Planelemente können systembedingt angezeigt sein. Außerdem werden (nach der Erfahrung) im Falle der Planifikation eher Prestigeobjekte realisiert, die auf faktisch verzerrten Informationsmeldungen beruhen. Solches ist eigentlich generell und besonders dann zu erwarten, wenn im Wege der Transformation die sogenannten "alten" Garden weiterhin am Werk bleiben. Diese werden auch ablehnen, daß Externe in ihren Machtbereich eintreten (hier etwa multinationale Unternehmen) und dort Monopolsituationen der (von bisherigen "alten" Managern geleiteten) Betriebe in Frage stellen. Dies findet leider in einigen sogenannten Investitionsgesetzen der "neuen" souveränen Staaten, die Neues aufzeigen wollen, einen Niederschlag.

76

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

- Transformation wird vorgenommen im Wege von Veränderungen von "unten" oder "oben", in der Regel von "oben", wenn man auch die von "unten" getragenen Revolutionäre 22 ' "oben" ortet, d. h. als anordnende politische Leader versteht. Denn es scheint, daß "unten" herrschende Denkmuster und Verhaltensweisen schwerer abzubauen sind als neue Institutionen zu schaffen und "Gesetze" und "Verordnungen" zu erlassen. Demgemäß wird zeitlich eher mit politischen Eliten als mit einer demokratischen Kultur zu rechnen sein. - Transformation stellt keine Substitution von "ordnungskonstituierenden Merkmalen"222 dar. Sie beinhaltet vielmehr die Verbindlichmachung von Regeln sowie die Besorgung von deren Einhaltung, d. h. man versucht, zu deren Sicherstellung wie zu ihrer ausnahmslosen Befolgung durch "geeignete" z. B. marktwirtschaftliche Institutionen beizutragen.

Dabei ist zu bedenken, daß über-

kommene Organisationen wie auch ein hierarchisches überkommenes System von Organisationen ein Eigenleben entwickelt haben und fortzuführen gedenken; d. h. es gilt a priori dafür Sorge zu tragen, daß diese Organisationen nur noch eine begrenzte Lebenszeit haben werden. - Transformation ist ein dynamischer Prozeß. Je nach Zeitraum "verbraucht" sie "wertvolles politisches Kapital", das in der Bereitschaft der Bevölkerung gesehen werden kann, gravierende wirtschaftspolitische Folgewirkungen zu erleiden

223

. Insofern sollte sie relativ kurzzeitig erfolgen. Dennoch muß sie

mindestens zweistufig vorgenommen werden, denn auch bei Veränderungen bedarf es "konstanter" Elemente. Eine stufenlose totale SystemTransformation, die alle Teilordnungen zum gleichen Zeitpunkt tangiert, dürfte

22

< Vgl. S. Neumann: The International Civil War, in: World Politics, 1 (1949), S. 333 - 350, hier S. 333. In diesem Beitrag wird Revolution als "ein umfassender grundlegender Wandel in der politischen Organisation, der Sozialstruktur, der Kontrolle wirtschaftlichen Eigentums und dem herrschenden Mythos der Gesellschaftsordnung" verstanden. Sie bedeutet einen Bruch in der (kontinuierlichen) Entwicklung. Demgemäß erfährt die Gesellschaft eine Umwälzung mit neuen Perspektiven, da die Herrschaftsstruktur einen Wandel der "Werte" forciert. Für einen neuen Entwicklungsprozeß gibt es demgemäß auch neue Anfangs- und Randbedingungen, so daß die Richtung der Entwicklung unbestimmt bleiben muß - auch wenn die "Befreiung von Unterdrückung auf die Konstituierung (jeglicher) Freiheit zielt"; vgl. dazu H. Arendt Die Revolution, New York 1963, S. 28

222

Vgl. dazu A. Bohrtet, C. Ohly. Zum gegenwärtigen Stand der Transformationstheorie, In: Zeitschrift für Wirtschaftspolitik, 41 (1992), S. 27 - 50, hier S. 28.

223

Verwiesen sei dazu auf die russische Bevölkerung, die derzeit wohl eine extrem schiefe Einkommensverteilung zu tolerieren und so zu ertragen hat (einerseits Hungersnot, andererseits Luxuskonsum).

VI Logik und Theorie der System-Transformation

77

die Bürger eines Landes, soweit sie keine exogene Stützung erhalten und damit keine "Abfederung sozialer Kosten erfolgt 224 , extrem überfordern. Es muß dann zu vieles übernommen und vieles neu aufgenommen, akzeptiert, verarbeitet und umgesetzt werden. Der Herausforderungsgrad erscheint zu hoch. Nicht ohne Grund wird hinsichtlich des Transformationsvorganges deshalb der Reihenfolge, dem Tempo und dem Zeithorizont große Bedeutung zugemessen. Mit anderen Worten, die Wahl der Transformationsschritte sollte die sozialen Kosten minimieren oder über geeignete Maßnahmen hinreichend "abfedern". Zu fragen ist, ob erst die Stabilisierung von Variablen und dann Veränderungen von Institutionen zu erfolgen haben oder ob die umgekehrte Reihenfolge logischer erscheint. Versteht man die Wirtschaft als das System von Transaktoren, die Transaktionen vornehmen, stellt sich die Frage, ob zunächst das Zulassen von Veränderungen (a) bei den Transaktionen oder (b) den Transaktoren erfolgen soll. Es gilt auszuloten, welche Veränderung bei dem einen oder anderen ausgelöst werden. Veränderungen können auch bei "konstanten" Transaktoren erfolgen, Veränderungen bei den Transaktoren haben jedoch immer Einfluß auf die Transaktionen. So gilt es, das Erstgenannte (a) auch als erstes vorzunehmen. Damit läßt sich z. B. beantworten, ob (bei internationaler Liberalisierung) erst die Preise freigegeben und dann die Privatisierung von Unternehmen u. a. eingeleitet werden sollten oder umgekehrt. Die Logik gebietet das erstere. Eine Privatisierung setzt nämlich (stabile) (Mindest-)Preise für Auktionen voraus, sollen nicht "Hasardspiele" Zustandekommen. So gilt es, Liberalisierung und Stabilisierung zunächst gemeinsam vorzunehmen,

um dann bei den

Transaktoren Reformen einzuleiten. Eine (inter)nationale Preisfreigabe muß mit einer Außenhandelsliberalisierung einhergehen, damit Monopol- / Spekulationsgewinne

ein

Minimum

annehmen

und

den

noch

bestehenden

"Unternehmen" hinreichend viel "Anschauungsmaterial" für die Anpassung ihres Produktionspotentials gegeben wird; aufgrund dessen ist eine unbedingte Konvertierbarkeit der eigenen Währung 225 angezeigt.

224

In den lateinamerikanischen Landern sind schon zur Abfederung der sozialen Kosten von Reformprogrammen eine Vielzahl von Sonderfonds (in den Jahren 1990/91) eingerichtet worden.

225 w ¡ e n 0 C h z u diskutieren sein wird, sprechen trotz zu erwartender hoher Transaktionskosten die meisten Argumente für die Einführung einer "eigenen" (ggf. an Ankerwährungen gebundenen) Wahrung. Vgl. hierzu Kap.VII.C.

78

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Somit ist System-Transformation ein von einer Ideologie 226 bestimmter Gestaltungsprozeß 227 , der die schrittweisen, reihenfolgeabhängigen, grundlegenden Veränderungen eines (wertbehafteten, gesellschaftlichen, hier vornehmlich eines ökonomischen) offenen Systems sowohl in seinen verschiedenartigsten Elementen, wobei die Neubildung von Elementen eingeschlossen ist, als auch in seinen unterschiedlichen und mannigfaltigen Relationen zwischen den Elementen zum Inhalt hat, wobei sich neue Relationen ergeben können.

Damit ist folgendes ausgedrückt: -

Transformation selbst ist zirkulär angelegt, bezieht sich letztendlich auf sich selbst, d. h. auch Transformation auf "höherer" Stufe kann nicht ohne die auf "niederer" erfolgen, nachdem zwischenzeitlich von den Wirtschaftssubjekten Anpassungen vorgenommen wurden.

-

Die Veränderungen sind gewollt und stellen sich nach außen vor allem in ihren Wirkungen "positiv" dar.

-

Anstelle "alter" Elemente (Organisationen, Institutionen u. ä. m.) treten ggf. andere, nicht unbedingt "neue"; anstelle "alter" Relationen treten ggf. "neue" (hoch-) komplexe. Man denke dazu nur an die ehemalige Ausrichtung der MUGUS auf Rußland und die jetzige "Weltorientierung". Mit den Elementen sind Wirtschaftssubjekte und mitregelnde Institutionen ethnischer, religiöser, sozialer, kultureller, politischer und ökonomischer Art gemeint, die auf verschiedenen Ebenen angesiedelt sind. Unter Relationen sind die vielfältigen entsprechenden hierarchischen, parallelen, antinomischen, komplementären und neutralen Beziehungen zu verstehen. Beispiele für Elemente sind die Haushalte, Betriebe, Unternehmen, Behörden, aber auch Verfassungsorgane, Parteien, Stiftungen und organisierte Teilmärkte.

Beispiele für Relationen sind Tauschbeziehungen

einschließlich

der

Tauschmittel wie Geld.

226

Auch die Marktwirtschaft basiert auf einer Ideologie.

227

Mit "Gestaltungsprozeß" ist ausgedrückt, daß es sich hier nicht um einen unbestimmten "Evolutionsprozeß" handelt.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

-

79

Das dadurch mehr oder weniger schnell veränderte System verkörpert in seinen Wirkungen auch nach außen ein nicht unbedingt gänzlich neues Wertesystem. Das Wertesystem betrifft die Würde des Menschen, Wertungen der Zeit, Freiheiten des Menschen, Gewaltenteilungen zwischen den Ausdrucksformen des politischen Willens der Menschen, Stellenwerte des Sozialsystems für den Menschen, Verfolgungen von nationalen und internationalen Interessen aller Menschen, Nutzenstiftungen von privaten und kollektiven Gütern bei den Menschen u. a. m.

Mit der zum Zweck der Transformation zwangsläufigen Einräumung von allgemeinem Freiraum und einem Anstoß auch zu dessen Veränderung nimmt das System gleichwohl einen evolutorischen Charakter im kleinen an, der bewußt neue Komplexitätsgrade 228 erfährt, die nicht (unbedingt) gestaltet werden können und auch sonst unvorhersehbare Merkmale erfahren. Deshalb sollte ständig unter Entwicklungsgesichtspunkten für kontrollierten Freiraum 229 im größtmöglichen Umfange gesorgt werden. Dieser Sachverhalt wird in der folgenden Grafik dargestellt. Durch die Vornahme der Transformationsmaßnahmen

und die dadurch

hervorgerufene Vergrößerung der allgemeinen Freiräume steigt zunächst der Komplexitätsgrad des Wirtschaftssystems 230 . Dies macht sich z. B. in einer höheren Vernetzung wirtschaftlicher Beziehungen, hervorgerufen etwa durch eine Zunahme und Verfeinerung der Arbeitsteilung sowie durch die Entstehung und Erweiterung von Märkten und damit des Kreises der Marktteilnehmer und der Menge der Transaktionen, bemerkbar. Mit zunehmender Entwicklung wird also das System

228

In diesem Bereich bilden sich z. B. neue Märkte heraus oder expandieren bislang bestehende "kleine" illegale Märkte aufgrund des Eintritts externer Wirtschaftssubjekte (Leader) zu "großen Märkten".

229

Da neuer Freiraum bei ineffizientem Operieren neuer Institutionen auch mißbräuchlich genutzt werden kann (z. B. von einer nicht kontrollierbaren Mafia), kann die formale Transformation zwar die "Abwicklung" von Überkommenem, zugleich aber auch die Beschränkung von nicht schnell angepaßten Wirtschaftssubjekten und somit insgesamt eine Komplexitätsreduktion bedeuten.

230

Die Meßbarkeit des Komplexitätsgrades der Wirtschaft ist allerdings sehr problematisch. Diesbezüglich müßten Hilfsindikatoren herangezogen werden. Auf einen steigenden Komplexitätsgrad könnten z. B. eine Abnahme der Produktionstiefe und damit eine Erhöhung der Arbeitsteilung, die Zunahme der Produktmenge und -Vielfalt und nicht zuletzt eine Zunahme der Rechtsstreitigkeiten hinweisen.

80

VI Logik und Theorie der System-Transformation

komplexer. Dieses wird durch den zunächst progressiv steigenden Verlauf des Graphen dargestellt. Der Komplexitätsgrad kann jedoch wieder abnehmen. Dies kann dann der Fall sein, wenn entweder die Realisierung der Transformationsmaßnahmen zu viel Zeit in Anspruch nimmt und diese damit "versanden", oder wenn die im Wege der Transformation installierte Ordnung den Umständen, die sich aufgrund der transformationsbedingten Entwicklungsprozesse geändert haben, nicht mehr entspricht. 23 * Der Graph macht dieses durch den degressiv steigenden und später sogar fallenden Verlauf deutlich. Die Gestaltung der System-Transformation sollte den Bereich einer negativen Transformationswirkung möglichst minimieren, indem die Maßnahmen zügig durchgeführt werden und flexible Reaktionen auf Rahmenänderungen erfolgen (ausgedrückt durch den weiterhin progressiv steigenden gestrichelten Verlauf des Graphen).

Grafik:

/

231

Eine staatlich gelenkte Kreditallokation, die Förderung von Konglomeraten oder ein schwacher Patentschutz mögen einem "take off' noch zuträglich sein (siehe beispielsweise die Entwicklung in Südkorea in K a p . V I . B 1 b . ) . Mit zunehmender Entwicklung erweisen sie sich dann j e d o c h als Entwicklungshindernisse.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

81

Hinsichtlich der Voraussetzungen, des Verlaufs und der Wirkung der SystemTransformation bieten sich folgende Transformationshypothesen an: (1) Anfang und Ende einer ggf. schnellen (erst recht bei einer langsamen) Transformation können nicht eindeutig festgestellt werden. Transformation findet ihren Ausdruck auch in der Neugestaltung der Wirtschaftspolitik auf Makroebene im Hinblick auf Durchsetzung marktkonformer Global- und die Teilordnungen betreffender Detail-Entscheidungen, d. h. insbesondere Sicherung der Variablenwerte im Makrobereich im Wege des Anstrebens der Ziele Preisniveau-Stabilisierung und Realisierung der harmonischen Marktkoordinierung im Mikrobereich, Vollbeschäftigung, außenwirtschaftliches Gleichgewicht, Umweltschutz und angemessenes Wachstum. (2) Transformation kann sich in mehreren nacheinander folgenden, vom Zeitpunkt abhängigen Teilordnungen ausdrücken. Da letztere nicht unabhängig voneinander sind, findet die Transformation nach einem time-lag ggf. auch in anderen Teilordnungen ihre Fortsetzung.232

Teilordnungen betreffen u. a.: Ordnung der Motivationsgestaltung, Ordnung der Offenheit des Systems (speziell der außenwirtschaftlichen Beziehungen), Ordnung der Informationschancen (speziell der Medien), Ordnung der Eigentumsrechte, Ordnung der Beziehungen zwischen den (speziell des Wettbewerbs),

Wirtschaftssubjekten

Ordnung von Forderungen (speziell Geld) und allgemein von Haftungen, Ordnung der Koalitionsmöglichkeiten (speziell der zulässigen allgemeinen Organisationsformen) und Ordnung der Wirtschaftssubjektverfassung (speziell Unternehmensverfassungen). Die Änderungen der Teilordnungen verlangen Unabhängigkeit der Legislative, Exekutive und Judikative.

232

Was zugleich der Stabilisierung des Gesamtvorgangs dienen kann und sollte.

82

(3)

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Transformation ist nur dann möglich, wenn sie von den Betroffenen gewollt und damit gestützt wird. Es muß also eine rechtmäßige Regierung geben, der die Regierten zustimmen. Die Bereitschaft zum Tragen von Lasten wie z. B. Akzeptanz der Hyperinflation, Hinnahme von steigenden Informations- und anderen Transaktionskosten, von extremen Einkommensverteilungs-Veränderungen, von Beschäftigungs-Veränderungen, von Vermögensverteilungs-Veränderungen, von Teilhaberschaften, von zunehmend stärkeren Kontrollen (durch den aufkommenden Markt etwa), von der Sanktionierung der zeitweisen Einhaltung festgeschriebener Teilordnungen sowie von Konkursen und die Indoktrination von Entscheidungs- und Verhaltensethiken sind von umfassender und richtiger Information der Beteiligten und Betroffenen abhängig.233

(4)

Die Bereitschaft zum Tragen von Lasten ist dann am ehesten gegeben, wenn sie nicht zu groß ausfallen und zeitlich limitiert erscheinen.

(5)

Die Bereitschaft zum Tragen von Lasten der Transformation wird i. d. R. vorliegen, wenn die jeweiligen Transformationsschritte die Transaktionskosten der einzelnen spürbar senken.

(6)

Transformation tangiert nicht alle Elemente und alle Relationen; es gilt, auf die Systemerfüllung nach der Transformation zu achten; so gesehen ist Transformation konstruiert (normativ) verstanden. Ansonsten könnten Revolutionen eintreten, die zu chaotischen Zuständen führen würden.

(7)

Transformation hat (die Elemente und Relationen betreffend) stufenweise zu erfolgen, sonst ist sie zum Scheitern verurteilt.

(8)

Transformation darf nicht mehr als 5 Elementegruppen234 der Teilordnungen und nicht mehr als 5 Relationenmengen der Mengenmächtigkeit gleichzeitig erfassen. Ansonsten besteht die Gefahr, daß sie von den einzelnen nicht "verkraftet" wird.

233 "Verschlechterungen" der Einkommens- und Vermögensverteilungen dürften dann temporär hingenommen werden, zumal wenn In sozialen Gesellschaften (nach Abschätzung) größere allgemeine Einkommensunterschiede und Verfügungsmöglichkeits-Unterschiede schon bestanden haben. 234

5 Elementegruppen (als Größenordnung verstanden) scheinen noch verkraftbar. Vgl. dazu H. Biermann: Statik und Dynamik großer Gruppen, Habilitationsschrift, Münster 1972, passim.

VI Logik und Theorie der

(9)

System-Transformation

83

Transformation bei einzelnen Elementen und Relationen sollte einen Zeitraum von mindestens 3 Jahren vorsehen und höchstens 7 Jahre nötig haben dürfen. 235 Ansonsten wird sie konterkariert oder "verläuft im Sande".

(10)

Transformationen von Teilordnungen bestimmen nicht diese letztlich selbst, d. h. das Ergebnis der Transformation ist nicht a priori entscheidbar.

Einsichtig ist, daß an erster Stelle der Transformation die Motivationsstruktur zu stehen hat. Denn die Motivation und damit auch ihre Änderung ist Ursprung allen Handelns und damit auch Ursache der Forderung nach Transformation. Sind dann Ressourcen vorhanden, die ggf. gegen andere einzutauschen wären, ergibt sich mit Eucken236 die permanente Notwendigkeit der Planung und Entscheidung für Effizienz schlechthin. Mit anderen Worten, über die Ordnung der Entscheidungs- und Planungshoheiten findet letztlich die Motivation ihren Ausdruck.

Offensichtlich ist, daß sich mit zunehmender Entwicklung weitere Einsicht in die Notwendigkeit der Arbeitsteilung ergibt, so daß dann eine Ordnung der Koalitionsmöglichkeiten angezeigt erscheint. Arbeitsteilung ist jedoch nur dann möglich, wenn der einzelne geeignete Verfügungsrechte (property rights) besitzt. Mit letzterem ist die Ordnung der Eigentumsrechte gemeint, was seinen Ausdruck etwa im begrenzten Privateigentum (Sozialpflichtigkeit) findet. Da Transformation auch eine grundlegende Neuorientierung von außen- und binnenwirtschaftlichen Beziehungen verlangt oder beinhaltet, mithin etwa jahrzehntelange Lieferanten-Kunden-Beziehungen in Frage gestellt bzw. andere neu aufgebaut werden, erscheinen zumindest für die Zeit des Übergangs, also während des System-Transformationsvorganges, insbesondere zwischen den Teiltransformationen, wesentliche Effizienzverluste gegeben. In der ehemaligen DDR waren z. B. durch die Erweiterung des DM-Raumes die internationalen Faktormärkte ausgedehnt, der Ost-Markt ab- und der lokale "Binnenmarkt" zusammengebrochen. Auch wurden bestimmte Produkte (z. B. militärisches Gerät) ggf. nicht mehr benö-

235

Auch dieser Zeitraum ergibt sich aus der Organisationstheorie. Vgl. ebenda, passim.

236

Vgl. dazu W. Eucken: Die Grundlagen der Nationalökonomie, Berlin, Göttingen, Heidelberg 1950, passim, insbesondere S. 10 ff.

84

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

tigt oder gewünscht, was die Konversion der Produktpalette verlangte und damit einen völligen Neuaufbau der Wirtschaft zur Folge hatte. Andererseits ist ein Neuaufbau von internationalen Beziehungen, eine neue Einbettung in nationale und / oder internationale Beziehungsgeflechte nur langsam möglich, so daß quasi zwangsläufig etwa die Devisen zum Bezahlen von Importen (etwa von Ersatzteilen) fehlen. Dies hat einen weiteren Effizienzverlust zur Folge. Das Fehlen der Importe könnte nur durch ausländische Direktinvestitionen kompensiert werden. Ausländisches Engagement ist allerdings insbesondere von den Wirkungen der System-Transformation und der Ausgestaltung der Investitionsregelungen in den jeweiligen Ländern abhängig. Die kirgisischen Investitionsregelungen bezüglich des ausländischen Kapitals und insbesondere das entsprechende Gesetz237 sind z. B. vergleichsweise konkret und investitionsfreundlich gestaltet. Dies betrifft sowohl die Lizenzierung von Auslandsinvestitionen in der Republik Kirgistan und deren Registrierung als auch die Garantien ihres Bestandes. Kirgistan dürfte damit grundsätzlich der Neuaufbau internationaler Beziehungen im Hinblick auf ausländisches Engagement leichter als anderen MUGUS fallen.

Sind bestimmte private und öffentliche Vorleistungen, z. B. Energie, aber auch Rechtsgüter zuvor hoch subventioniert bzw. nicht bereitgestellt worden, so werden sich z. B. im Falle der Notwendigkeit der Reduzierung von Subventionen jeglicher Art die Inputs verteuern und die Netto-Erträge (wenn überhaupt solche eintreten sollten) verringern mit der Folge der Reduktion der Netto-Investitionstätigkeit und damit weiterem Effizienzverlust, d. h. geringerer Wettbewerbsfähigkeit (sofern eine solche überhaupt bestand). Gilt Vorgenanntes für die gesamte Volkswirtschaft, ist letztlich mit einer geringeren regionalen Nachfrage zu rechnen, was branchenbezogen unterschiedlich zu geringerer Kapazitätsauslastung führt. Mit anderen Worten: Transformation führt wie jeder Strukturwandel, etwa in der Stahlindustrie, der Textilindustrie, dem Maschinenbau, dem Kohlebergbau, der Binnenschiffahrt zunächst

237 Vgl. dazu das Investitionsgesetz vom 28.06.1991; hier nach Bundesstelle für Außenhandelsinformation (BfA!) (Hrsg.): Kirgistan. Investitionsgesetz - "Gesetz über auslandische Investitionen in der Republik Kirgistan vom 28 06.1991 und Erlaß des Obersten Sowjets der Republik Kirgistan über das Inkrafttreten des Gesetzes" (inoffizielle deutsche Übersetzung), in: Bundesstelle für Außenhandelsinformation BfAI (Hrsg.): Dokument Recht, Köln / Berlin 03.07.1992.

VI Logik und Theorie der

85

System-Transformation

zu regionaler Rezession und damit zu beträchtlichen sozialen Kosten, ohne daß die in Aussicht stehenden Nutzen gesehen, verstanden und einbezogen werden. 238

Insofern ist eine wesentliche Voraussetzung einer erfolgreichen Transformation die Zufuhr exogener Ressourcen 239 2''0, damit die sozialen Kosten nicht ein so großes Gewicht erhalten, daß die einzelnen Wirtschaftssubjekte dem alten System "nachtrauern" und so das neue zu sabotieren suchen. Die zweifelsohne für eine Entwicklung erforderlichen endogenen Impulse, wie z. B. Innovationen und Imitationen, sind infolge der Gewöhnung an Bisheriges, wie z. B. vermeintliche soziale Leistungen, seitens großer Teile der Bevölkerung nicht so schnell zu erwarten.

3. Begriffsinhalt der Definition Eine Aussage "zum Inhalt der Definition" erscheint ohne Rückgriff auf deren "Bausteine" nicht möglich. Andererseits muß eine "systematische" Zusammenfügung der "Bausteine" vorliegen, soll eine umfassende Aussage zum Inhalt gemacht werden. Dabei kommt der Aufeinanderfolge und ggf. Parallelschaltung der aus einer "Ideologie" abgeleiteten "Bausteine" der System-Transformation und deren Gewichtung insofern eine Bedeutung zu, als dadurch die Richtung der und die Umwege bei der System-Transformation Beachtung und Bewertung finden. Den "Bausteinen" und ihrer Verknüpfung wird so im folgenden besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

238

Dabei ist zu bedenken, daß die Transformationsergebnisse als kollektive Güter verstanden und so nur im suboptimalen Umfange herbeigeführt werden.

239

Die exogenen Ressourcen sollten keinen Geschenkanteil aufweisen, sondern rückzahlbar sein müssen, damit der Transformationsprozeß vorankommt.

240

Man könnte anführen, daß einige MUGUS über weltwirtschaftlich bedeutende Rohstoffe verfügen und so die Beschaffung von Ressourcen problemlos sei. Dem kann entgegengehalten werden, daß Rohstoff-Reichtum bei unterentwickelter demokratischer und rechtsstaatlicher Gesellschaftsordnung möglicherweise die Entstehung einer aus Vertretern der Regierung und des organisierten Verbrechens zusammengewürfelten Oligarchie, nicht aber Arbeitsmoral, Initiative und Innovation begünstigt.

unbedingt

86

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Apolte und Cassel241 haben zwar "Elemente einer System-Transformation" zusammengetragen, sie bleiben jedoch im eklektischen verhaftet, d. h. die Elemente bilden zusammengefügt kein geschlossenes Ganzes. Damit ist auf der Basis von den Systemelementen Apoltes und Cassels allein auch keine Aussage zum Inhalt der Definition möglich. Eine reale System-Transformation muß von einer (geänderten) Wirtschaftsverfassung ausgehen, die freiheitlich eine Vielzahl von Wirtschaftsordnungen erlaubt und die wiederum eine Mannigfaltigkeit von Wirtschaftssystemen zulassen.242 So ist zunächst die Verfassung und damit die "Wirtschaftsverfassung" angesprochen und zu würdigen, in denen es u. a. um größtmögliche jeweilige Freiheiten bei minimaler Beschränkung geht.243 Mit anderen Worten, es betrifft - hier eingeschränkt auf den ökonomischen Bereich - zunächst die - Entfaltungsfreiheit

244

des einzelnen, wobei insbesondere auf folgende Rechte

hinzuweisen ist: - -

Eigentumsrecht,

- -

Gewerberecht,

241 Vgl. K. Apolte, D. Cassel: Osteuropa: Probleme und Perspektiven der Transformation sozialistischer Systeme, in: List-Forum, 17 (1991), Heft 1, S. 22 ff., hier S. 48. 242

Zur Erinnerung: Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland toleriert eine Reihe von Ordnungen und daher auch von Systemen, die etwa sogar die Verstaatlichung von bestimmten Produktionsmitteln erlauben. Vgl. dazu Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 14 und 15 sowie die diesbezügliche Auslegung in R. Stober. Wirtschaftsverwaltungsrecht, 6. Aufl., Stuttgart u. a. 1989, S. 109 f.

243

Ist das Privateigentum abgeschafft, treten nach Meinung der Literatur an die Stelle von EigenInitiative, Leistungsbereitschaft und unternehmerischem Gewinnstreben die Verhaltensweisen: Leistungseinschränkung, Versorgungsstreben und Korruption mit den Folgen: Armut, Zerrüttung der Wirtschaft und Zerstörung der nicht kontrollierten Umwelt.

244

Sie schließt ein: Willensfreiheit (Freiheit des inneren Wollens), Entscheidungsfreiheit, d. h. Freiheit zu Initiative, Freiheit zum Vorstoß (in organisatorisches, ökonomisches Neuland), Freiheit zur Nachfrage und zur Imitation und die Implizierte Willensfreiheit auf der Marktgegenseite. Dazu kommt die Freiheit des Handelns (sog. äußere Freiheit), d. h. Freisein von äußerem Zwang. Gemeint ist letztlich Wettbewerbsfreiheit. Es darf jedoch keine "unverhältnismäßige" Marktmacht geben. Markt (zur Definition vgl. H. Biermann. Ansatzpunkte einer allgemeinen Strukturpolitik, Berlin 1976, passim) ist dadurch gekennzeichnet, daß in Ihm das Fehlen unangemessener Marktmacht vorliegt. Die Marktteilnehmer sind aufgefordert, keinen übergeordneten Zwecken zu folgen, sondern nur Ihren ureigenen und "anerkannten" ethischen Normen. Die Zielsetzung "Wettbewerbsfreiheit" bedeutet mithin die Ermöglichung des Anstrebens von Wettbewerb als ein gesamtwirtschaftliches Ordnungs- und Koordinationsprinzip. Erreicht wird damit das Erlangen ökonomischer Vorteilhaftigkeit. Ist solche nicht gegeben, so muß das Fehlen von Wettbewerb festgestellt werden.

VI Logik und Theorie der

- -

Insolvenzrecht,

-

Wettbewerbsrecht,

-

- -

Handelsrecht,

- -

Umweltrecht

System-Transformation

87

sowie viele -

andere eingeordnete Rechtskomponenten.

Jede ist Ausdrucksform einer Teilordnung.

Sodann gilt es, die Voraussetzung der "Nutzung von Freiheiten" anzuführen; gemeint sind die Anfangsausstattungen der Wirtschaftssubjekte (Elemente) mit Gütern, Faktoren und sonstigen Ressourcen und das Vorliegen von innerer und äußerer Infrastruktur. Mit der anfänglichen Ausstattung ist jene gemeint, die es erlaubt, entweder bestehende Märkte (Elementegruppen) - grundsätzlich

immer - zu bedienen,

neue

Märkte zu schaffen und / oder in bestehende innovativ eintreten zu können, d. h. Relationen einzugehen. Die innere Infrastruktur stellt ab auf fachliche Ausbildung im größtmöglichen Ausmaß, Wahrung von spezieller Disziplin, konstantes allgemeines Wertesystem und ähnliches mehr. Unter der äußeren Infrastruktur versteht man die an die Produktion, Distribution und Entwicklung gebundenen Voraussetzungen, d. h. z. B. effiziente Informationsstruktur und -medien. Diese sind erforderlich, damit sich gewöhnliche wettbewerbliche Prozesse in der Tat auch einstellen können. Daneben geht es aber auch um die daraus "resultierenden Pflichten" des einzelnen Wirtschaftssubjekts (Elements). Der "Staat" ist in die Lage zu versetzen, die aus den Rechten resultierenden Pflichten in ihrer Einhaltung übersehend zu kontrollieren; auch dabei ist zunächst an die Pflichten des einzelnen gedacht und sodann an die diese sichernden Organisationen, also an Ordnungsbehörden, Finanzämter und andere mehr. Insbesondere Finanzämter haben Sorge zu tragen, daß die Steuern wie Einkommen-, Umsatz-, Unternehmens- und Verbrauchssteuern dem Staat im Hinblick auf die Durchführung von Transformationen zur Verfügung stehen. Inhaltlich bedeutet die Definition der System-Transformation in diesem Fall die schrittweise Erweiterung des Rechtsraumes von Mikroeinheiten zu Lasten von Makroeinheiten (oder der Makroeinheit (Staat)).

88

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Damit das Ganze, der "Staat", seinen Aufgaben 245 insgesamt nachkommen kann, sind von den die Transformationen auslösenden Eliten und den jeweiligen politischen Leadern 246 die ansonsten unsichtbaren Veränderungen

wirtschaftlichen

Denkens und wirtschaftlicher Absichten kraft ihres Einfühlungsvermögens sichtbar und verstehbar zu machen. Die politischen Leader denaturieren sonst sozusagen den Koloß "Staat". Außerdem könnte die vorgesehene System-Transformation von den Betroffenen nicht angenommen werden und so letztlich nicht Zustandekommen. Es ist hinsichtlich einer System-Transformation problematisch, insbesondere ein verfestigtes Gebilde in ein evolutionsfreudiges offenes System zu überführen. Sollen Systeme ihre Entscheidungen vorantreiben, müssen sie insoweit unbedingt offen sein. So ist damit auch klar, daß der Um- oder Aufbau einer transformations-zugänglichen öffentlichen Verwaltung nicht zulassen kann und darf, daß überkommene Machtstrukturen in einem Geflecht von alten Elementen langfristig erhalten bleiben. Denn diese versuchen sich in der Tat zu behaupten. Zum Beispiel scheinen in der Administration tätige "Altkommunisten" in Tadschikistan und anderenorts ihre bisherige Position in neuem Gewände behaupten zu können. Alte Positionsinhaber werden i. d. R. Schwierigkeiten haben, Reformen einzuleiten, die verlangen, ihre Position zu beschränken oder aufzugeben. Ist oben von den Teilordnungen und den Rechten / Pflichten gesprochen worden, die mit diesen ihre Verkörperung erfahren (sollen), können nun spezifisch zusammenfassend die "Aufgaben des Staates schlechthin" und "die des Transformierten Staates speziell" formuliert werden. Gemeint sind damit Staatsaufgaben, die die Aktivitäten der einzelnen regelnd in bestimmte - vom Gesamten gewünschte Ergebnisbereiche lenken. Gemäß der permanenten "Erfüllung der von der Ideologie der sozialen Marktwirtschaft bestimmten Staatsaufgaben" sind neben dem (1) Gerechtwerden der Ordnungsfunktion, womit der rechtliche und organisatorische Rahmen festgelegt ist, in dem sich alle sozialen Prozesse vollziehen, dem geeigneten (2) Entsprechen

245

Dabei "hat" der Staat sogenannte Gefahren zu vermeiden. Man spricht von Fallen verzögerter Privatisierung (bei Staatsholdings), zu schneller Lohnanpassung, zu hoher Verschuldung bei zu hoher Steuerlast u. a. m.

246

Auch Massenbewegungen werden In unserem Urteil von Leadern beeinflußt, getragen und gelenkt. Zu weiterführender Literatur vgl. u. a. G. Le Bon Psychologie der Massen, Stuttgart 1964; J. O. y Gasset Der Aufstand der Massen, Stuttgart 1957.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

89

der Systemfunktion (d. h. Verfolgung der Systemziele wie Preisniveaustabilität u. a.) und dem (3) Genügen der Dienstleistungs-, Redistributions- und Entwicklungsfunktion auch politische Aufgaben zu erfüllen. Gemeint ist damit, nachgeordnet insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß im Wege

des

System-Transformationsprozesses

die

Faktorallokation

permanent

optimiert wird auf der Basis der geeigneten (1)

Entflechtung 247 von Strukturen der Elemente (z. B. Konglomeraten wie Kombinaten),

(2) (3)

Privatisierung 248 von Betrieben (oder Betriebsteilen), sodann Intensivierung des Wettbewerbs bei Öffnung der sich erst herauszubildenden Märkte wie schließlich generell

(4)

Reform des sogenannten Unternehmensbereiches.

Daß hierbei auch staatlicherseits eine Neuqualifizierung des Rekrutierungsfeldes der Faktoren Management und Arbeit zweckmäßig und effizient vorzunehmen ist, erscheint als unabdingbare Voraussetzung. Sonst kann mit einer Transformation nicht gerechnet werden, d. h. die Beschäftigten aller sich wandelnden Staatsorgane sind zwecks Erfüllung ihrer Aufgaben geeignet zu fördern. Damit verbunden ist die "Besserung" der Distribution und die "Effizienzsteigerung der Anreizfunktion" im Wege der adäquaten Aufhebung administrativer Faktor- und Güterpreise bzw. der Überleitung in Marktpreisen einschließlich der Streichung von Subventionen. Schließlich muß im Wege der Installierung und der geeigneten Kontrolle eines mehrstufigen, neue Institutionen erfassenden, zu schaffenden Organisationssystems (z. B. Wettbewerbsüberwachungs-Systems, Bankensystems) sichergestellt sein, daß alle Akteure, d. h. das Ausland, der Staat, die Organisationen, die Unternehmen und die Haushalte als eigen- und selbstverantwortliche Subjekte ausschließlich auf den Märkten (Devisen-, Kredit-, Geld- / Gütermärkten, Faktormärkten u. a.) operieren und keinem anderen Order geben können noch solchen ggf. nachzugehen haben. Letzteres bedeutet absolute Unabhängigkeit der Notenbank und Finanzierung von (staatlichen) Defiziten ausschließlich über den (internationa-

247

Die Entflechtung kann auf verschiedene Weise erfolgen, etwa im Wege der sogenannten "lean production".

248

Diesbezüglich gibt es verschiedene Möglichkeiten, auf die z. B. K. Schöler. Probleme alternativer Privatisierungsstrategien im Transformationsprozeß, in: List-Forum, 18 (1992), S. 267 ff., hingewiesen hat

90

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

len) Markt. Knappheiten haben so weiter zur Lenkung von Faktoren wie auch zur Innovations- und Imitationstätigkeit zu führen.

Damit beinhaltet die Definition, da in ihr die Ideologie begrifflich enthalten ist, daß der Gestaltungsvorgang etwa auf marktwirtschaftlicher Basis sich quasi ständig neu ergibt und so herausgebildete Elemente und Relationen nicht für alle Zeiten bestehen bleiben. Sie läßt dann sogar in gewissem Rahmen unbestimmte Evolution zu.

4. Mögliche Wirkungen der System-Transformation Wirkungen im sozioökonomischen Bereich sind generell darin zu sehen, daß Erwartungen ausgelöst werden, die während der Transformation ggf. neu entstehen

und

eine

besonders

effiziente

"Steuerung" (besser

Einregelung)

des

"gestalteten" Transformationsprozesses verlangen. Insofern müssen auch während des Transformationsprozesses Vorkehrungen getroffen werden, die verhindern, daß durch evt. neu entstehende Erwartungen der Transformationsprozeß verlangsamt oder sogar abgebrochen wird. Mit anderen Worten: vom nicht gerichteten Transformationsprozeß werden auch in den einzelnen Schritten (Stufen) besondere Leistungen verlangt, die das Ausgangssystem "nie" hätte hervorbringen können und auch das Ende der Transformation, etwa die soziale Marktwirtschaft, nicht aufzuweisen vermag. Sie sind aber wichtig, um den Transformationsprozeß in Gang zu halten. Der "Staat" soll in dem Transformationsprozeß mehr und umfangreichere Aufgaben (z. B. Erstellung von Katasterämtern, Bestellung von spezifischen Verwaltungsfachleuten und Richtern) wahrnehmen, als er im Ausgangspunkt und im Endstadium zu tragen hat.249 Er befindet sich in einem Dilemma: einerseits soll er sich vieler Funktionen entledigen, andererseits erwartet man von ihm zusätzlich die Übernahme von Organisations- und Stützungsfunktionen (wie z. B. die Gewährung von Sozialleistungen).

249

Mit anderen Worten: Der Staat ist in dem Prozeß in stärkerem Ausmaß gefordert als nach dem Abschluß der Transformation.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

91

Durch den Transformationsprozeß und die dadurch ausgelöste Entwicklung hat auch die Bevölkerung Belastungen hohen Ausmaßes zu tragen, was g g f . - w i e schon angeführt - im Wege von geeigneten Fonds abgefedert werden kann. Nicht selten kommt dabei dem Neid 250 bei Nichtreflexion der Ausgangssituation und der unterschiedlichen Perspektiven sowie der Ablehnung besondere Bedeutung zu. Erschwerend wirkt dabei, daß letzteres schon durch das "alte" zu transformierende System eingeübt worden war, was nicht selten zur Verweigerung (Umgehung) führte. Die Belastungen der Bevölkerungen könnten zwar durch exogene finanzielle Hilfen abgemildert werden, ungebundene finanzielle Hilfen sind jedoch in der Regel kontraproduktiv. Die vielen klassischen Entwicklungsländer sind dafür beste Beispiele. Die Einräumung von sinnlosen Krediten 25 ' erbringt nichts, solange die eigentlich zur Hilfeleistung verpflichteten lokalen Entscheidungsträger abseits stehen - wie z. B. die Ministerien, die einen Kredit für die Serienproduktion von hydraulischen Anlassersystemen für Mähdrescher noch vor der 1993

252

Erntekampagne

hätten genehmigen müssen. So erscheint es wahrscheinlich, daß westliche

Kreditgeberden Import von Konsumartikeln, die Stützung von Mafiosi u. a. finanzieren. Sie beschleunigen damit nicht den Transformationsprozeß. Die oft gemachte Aussage, daß ein ausbleibender Transformationsprozeß auf ausbleibende auswär-

250

Neid (oftmals als "Fürst der Galle" bezeichnet) ist ein altes Phänomen, das schon v o n Demokrit, Plutarch, Hesoid, Bosch, Kierkegard, Nietzsche u. a. behandelt wurde. Nur selten wurde d e m Neid positive (wettbewerbs-fördernde) Wirkung zugeschrieben (im Sinne eines "entwicklungsanregenden Stachels"). Meist werden ihm dämonische Leidenschaften zugeschrieben; er wird den destruktiven Charaktereigenschaften zugerechnet. "Unzählige Konflikte" beruhen auf Neidaffekten (z. B. der Haß auf Juden). Im 20. Jahrhundert scheint er tabuisiert z u sein, aus Schamhaftigkeit. Damit ist er nicht weniger wirksam. Darunter ist meist ein Vergleich zu verstehen, bei d e m einer "schlechter abschneidet" (wodurch auch immer begründet). Er ist Ausdruck des eigenen Versagens oder des Zukurzgekommenseins. G. Flaubert. "Beneiden heißt, daß man im voraus verloren hat". Er ist Eingeständnis der eigenen Inkompetenz (bewußt gewordenes Minderwertigkeitsgefühl); vgl. dazu H. Schoeck: Der Neid, München, W i e n 1980, passim; R. Firth: Primitive Polynesian Economy, London 1939, passim. Die W r k u n g e n von Neid sind entwicklungsanregender, aber auch extrem zerstörerischer Natur. N a c h der umfangreichen Literatur scheint letzteres maßgebend zu sein. Auf Details kann an dieser Stelle leider nicht eingegangen werden, so entwicklungs- und transformations-bedeutsam diese (etwa im Sinne des "Neides der Besitzlosen") auch sind.

251

Damit sind oft Enttäuschungen verbunden, denn die Vorstellung, mit Geldkapital könne man etwas erreichen, bedeutet eine anscheinend nicht ausrottbare Illusion.

252

Vgl. dazu Bundesstelle für Außenhandelsinformation (BfAI) (Hrsg.): Märkte der Welt, Unerquickliches Tauziehen um russischen Import mit Folgen, 4 (11) 1993, 11.03.1993, Köln, Berlin 1993, S. 10.

92

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

tige finanzielle Hilfe zurückgeführt werden müsse, ist falsch. Es sollte stattdessen "Erziehung" zur Selbsthilfe geleistet werden.

Die "Erziehung" zur Selbsthilfe soll darauf hinzielen, daß die Wirtschaftssubjekte in den MUGUS die ihnen im Transformationsprozeß nunmehr gewährten Rechte auch auszuschöpfen verstehen. Das Wirtschaftssubjekt wird je nach Alter "in sich investieren", um neue Chancen wahrnehmen zu können, oder die Hilfen, die einzelnen zwangsläufig in irgendeiner Form gewährt werden, in Anspruch nehmen. Je nach Alterspyramide erscheint so der Transformationsvorgang beschleunigt oder gebremst zu werden. 253 Des weiteren wird die Indoktrination in dem untergegangen System - das ihnen die Verantwortung für eine Vielzahl von Angelegenheiten abgenommen hatte - noch nachwirken, so daß auch relativ junge Menschen die Versorgungsmentalität aufweisen werden. Damit ist im Wege der Transformation eine "große Hürde" zu überwinden.

Unternehmen, die neu entstehen, erscheint im Falle der Stabilität der Transformation eine große Chance gegeben zu sein, relativ schnell und stabil zu wachsen. Alte Unternehmen, insbesondere jene, die aus alten Betrieben mit ihren Belegschaften hervorgegangen sind, haben es vergleichsweise schwer, ähnlich zu wachsen - auch wenn ihnen Altlasten254 abgenommen werden. Sie müssen "vielfältig Überkommenes" überwinden. Außerdem müssen sie einen internen Strukturwandel vornehmen, da die Produkte, die diese Betriebe bislang auf dem internationalen Markt partiell absetzen konnten, in der Regel (wohl) nicht mehr gefragt sind.255 Dem internen Strukturwandel sind jedoch - ebenso wie dem gesamtwirtschaftlichen - Grenzen gesetzt; d. h. die Neuorganisation des geschäftlichen Geschehens kann nicht unbeschränkt vorgenommen werden. Besonders problematisch erscheint es, wenn die unternehmerischen Entscheidungsprozesse

253

Dabei ist wesentlich, ob etwa die Großfamilie / Sippe soweit intakt ist, daß Ältere den Jüngeren zu einem guten Start verhelfen.

254

Zu den Altlasten zählen etwa Kredite, die Unternehmen als Rechtsnachfolger zu bedienen haben, aber auch zu behebende Schäden der unmittelbaren Umwelt, die nicht mehr toleriert werden.

255

Es macht nämlich einen Unterschied aus, ob man (quasi zwangsweise) einen nahezu abgeschotteten Markt (hier die RGW-Länder) bedient oder sich dem Weltmarkt im allgemeinen ungeschützt zuwendet.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

93

nach Regeln vollzogen werden müssen (z. B. Mitbestimmungsregeln), die zunächst naturgemäß noch nicht zur Geltung gelangen können.

Während der Krise der Wirtschaft (Arbeitslosigkeit, Inflation, unterlassene Investitionen u. ä. m) erhalten die alten privatisierten oder die neu entstandenen Unternehmen Chancen, die ökonomische Entwicklungsprozesse auslösen können. Neue Aufgabenstellungen verlangen Weiterbildungsprozesse, so daß die Volkswirtschaft ggf. insgesamt auf ein höheres ökonomisches Niveau angehoben wird. Damit verbunden ist die Auslösung von Kreativitätsprozessen, so daß in absehbarer Zeit mit neuen Innovations- und Imitationsprozessen gerechnet werden kann. Es ist zu vermuten, daß dadurch sogar sich "selbst weitertragende Entwicklungsprozesse" ausgelöst werden, die relativ schnell weitere Transformationen erfordern. Denn bei schneller Entwicklung stößt man auf "Neues", wie z.B. die Ausformung neuer Kartellierungen, die für eine weitere positive Entwicklung unterbunden werden müssen. Derartige Transformationsprozesse und die dadurch ausgelösten Entwicklungen sollen im folgenden an Beispielen einiger "erfolgreicher Entwicklungsländer" nachgezeichnet werden.

B. Entwicklungsprozesse im Zeitraffer 1. Entwicklung einiger Länder, in denen System-Transformationsmaßnahmen vorgenommen wurden Die Länder, in denen System-Transformationsmaßnahmen vorgenommen wurden, können in zwei Ländergruppen unterteilt werden. Betrachtet seien einmal jene Länder, die einen "Kurs" mehr oder weniger konsequent verfolgt haben und zum anderen jene, die aufgrund des Ausbleibens kurzfristiger Erfolge mehr oder weniger einen "Zick-Zack-Kurs" pflegten, also schlingerten. Zu ersteren zählen hier die sogenannten "Tiger", zu letzteren solche, die die Grenze eines Schwellenlandes bald erreicht haben oder wieder erreichen werden, wenn sie sich nicht mehr den "Luxus des Schwankens" zwischen mehr Freizügigkeit und mehr Staatseingriffen leisten, wie z. B. Argentinien und Chile.

94

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Hong Kong, Taiwan, Singapur, Südkorea sowie Thailand und Malaysia256 sind jene "Tiger", die mehr oder weniger konsequent einen marktwirtschaftlichen Kurs verfolgt haben und noch verfolgen - allerdings nicht auf demokratischer Basis. Argentinien, Brasilien, Chile, Jamaika, Kolumbien, Mexiko, Elfenbeinküste, Kenia, Pakistan, Indien können als jene verstanden werden, die es zeitweise versucht haben, Marktwirtschaft mehr oder weniger autoritär zu realisieren. Infolge des Ausbleibens der kurzzeitigen Besserung der Situation und / oder akzeptabler Perspektiven fielen sie jedoch zeitweise in diktatorische Verhältnisse zurück und / oder griffen nach staatlichen Lenkungsmaßnahmen. Deutlich wird dies an dem Beispiel Argentinien, das z. Z. wohl durch Öffnung, Liberalisierung, Privatisierung und Deregulierung bei einem quasi autoritären (einwandfrei legitimierten) Regime - "Menem als Caudillo Argentinien^" 257 - gekennzeichnet werden kann. Zuvor hatte es einige "Wechselbäder" durchlebt, so z. B. seit Peron in den sechziger Jahren - vormals galt es als ein sehr reiches Land. Auch in Peru hat sich mittlerweile ein marktwirtschaftliches System unter der autokratischen Führung seines Präsidenten A. Fujimori etabliert: Peru gilt heute sogar als "liberalstes Land Lateinamerikas".258

Es ist zu untersuchen, welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede diese Länder aufweisen. Alle Reformversuche drücken sich in mehr oder weniger umfangreichen Liberalisierungen und Privatisierungen staatlicher Unternehmen sowie in der Errichtung von Frei-Handels-Zonen bei Bemühungen um die Ansiedlung von multinationalen Unternehmen aus. Unterschiede bestehen in der Einführung einer neuen Währung, in der Handhabung, der Manipulationen des Wechselkurses der Währung, in der externen und internen Liberalisierung generell, in der Deregulierung und im sogenannten Bodenrecht, das oftmals entweder kein privates Eigentum an Grund und Boden kennt

256

Die verschiedenen Messen in Deutschland, so z. B. die Hannover Messe, die Cebit und die Internationale Möbelmesse belegen deutlich den Entwicklungsfortschritt dieser Länder.

257

Vgl. dazu o. V.: Menem als Caudillo Argentiniens, in: Neue Zürcher Zeltung, Nr. 18, vom 23.01.1994, S. 5, der ausgeführt: "Seine vormoderne Auffassung der Herrschaft kaschiert Menem, vor allem auf seinen Auslandsreisen, mit einem wohltönenden Wortschwall von Marktwirtschaft und Demokratie, wobei ein internationales Publikum von Washington bis Zürich dankbar Applaus spendet und das nicht ohne Grund." "Die Statistiken belegen den Erfolg ...". Der Artikel schließt allerdings zu recht: "Marktwirtschaft und Demokratie können auf die Dauer in einem Unrechtsstaat ohne Gewaltenteilung nicht gedeihen."

258

C. D. Goerdeler

Die Rückkehr der Gringos, in: Die Zeit, Nr. 21 vom 19.05.95, S. 37.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

95

oder "nur für Inländer reserviert" ist, wobei ggf. kollektives Bodeneigentum toleriert wird.

Die Entwicklungsprozesse in den Ländern der sogenannten "Dritten Welt" haben sich dadurch ausgezeichnet, daß im Anschluß an Revolutionen, die zur Ablösung von Kolonialmächten und / oder Schutzländern führten, sich bald oligarchische Strukturen herausgebildet hatten, meist (Militär-)Diktaturen 259 . Oft wurde von diesen (meist zum eigenen Vorteil) diktiert, was der Entwicklung dienlich sei, so daß die "Revolutionen", von der Übergangszeit abgesehen, häufig lediglich denselben "Wein in neuen Schläuchen" zum "Verkosten" boten. In diesen Fällen konnten die kurzen Transformationsprozesse keine Entwicklungsprozesse auslösen. Die Menschen, die sich in ihren Erwartungen an internationalen Standards orientierten, mußten sich "betrogen" fühlen. Nachdem sie vergeblich opponiert, also Widerspruch zu diesem und jenem eingelegt hatten, sahen sie vielfach nur die Alternative in der Emigration. Natürlich gibt es noch andere Verhaltensweisen, doch ist dazu - wenn der einzelne sich ggf. selbst treu ist - nicht jedermann bereit.

Im Gegensatz dazu waren in einigen Ländern erfolgreiche Entwicklungsprozesse zu verzeichnen, so in Taiwan, Südkorea und Singapur sowie jüngst in Vietnam. In diesen Ländern, die bemerkenswert z. Z. keine großen Emigrantenzahlen aufweisen, spiegeln sich die Entwicklungsmöglichkeiten und deren Ausschöpfung durch eine Vielzahl von Wirtschaftssubjekten wider. Es ist zu vermuten, daß dort besondere Paradigmen bestimmend sind. Da Taiwan aufgrund seiner enormen Devisenreserven als international besonders erfolgreich angesehen wird, soll zunächst auf dessen Entwicklung eingegangen werden. Gleichermaßen sind Südkorea und Singapur sowie Vietnam interessante Beispiele.

259

In den afrikanischen Ländern der West- und Ostküste verlief dieser Prozeß ahnlich.

96

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

a. Taiwan Taiwan (Republik China), oft Formosa (deutsch: die Wunderschöne) genannt, ist eine Insel im Stillen Ozean.260 Die Insel Formosa wurde 1945 nach mehrjähriger Besatzungszeit von den Japanern als Besatzungsland aufgegeben und 1949 zur "National Republic of China" ausgerufen. Die Japaner hinterließen auf der Insel eine ausgeprägte industrielle Infrastruktur. Bis 1948 siedelte die Regierung der damaligen Republik China - die Kuomintang unter Chiang Kai-shek - auf der Flucht vor der maoistischen "Volksbefreiungsarmee" systematisch ihren "Staatsapparat" nach Formosa267 um.

Von 1949 bis 1953 wurde konsequent eine dreistufige Bodenreform (erster Transformationsschritt) durchgeführt, durch die die Landwirtschaft auf eine privatwirtschaftliche Grundlage gestellt wurde. Die von den Japanern zurückgelassene Industrie wurde zunächst unter staatliche Führung gestellt und nach und nach privatisiert (zweiter Transformationsschritt). Ab 1953 verfolgte die Regierung eine systematische Importsubstitutionspolitik, die 1959 durch Exportförderungsmaßnahmen ergänzt wurde. Die siebziger Jahre waren geprägt von umfangreichen Investitionen sowie einem ausgedehnten Infrastrukturprogramm der Regierung. Zusammen mit einer Entwicklung des Berufsausbildungsystems und der Förderung technologischer

Neuerungen ermöglichte dies einen Strukturwandel von der

"Leichtindustrie" zur "Schwerindustrie".262 Mittlerweile entwerfen die Taiwan-Chinesen die Produkte, die sie dann auf dem chinesischen Festland in Massenfertigung produzieren lassen. Den Erfolg dieser Strategie beweist das über die letzten Jahre hinweg hohe Wirtschaftswachstum.

260

Der Name Taiwan ist chinesischen, der Name Formosa portugiesischen Ursprungs.

261 vgl. O. Weggel: Taiwan, Hong Kong, Beck'sche Reihe, Aktuelle Landerkunden 849, München 1992, S. 50. 262

Zur geschichtlichen Entwicklung Taiwans vgl. O. Weggel. Taiwan ..., a. a. O., S. 71 - 8 0 und 88 - 99.

VI Logik und Theorie der

97

System-Transformation

Entwicklung des BIP zu Marktpreisen in Preisen von 1986 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 263 1980/1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

0 6,7

11,6

12,3

7,3

7,6

4,9

7,2

6,5

6,1

Die zunehmende Industrialisierung führte dazu, daß das Arbeitspotential relativ vollständig ausgeschöpft und damit effizient eingesetzt wurde. Die starke Nachfrage wurde zunehmend aus einer Arbeitskräftereserve von 4 Mio. Studenten, Hausfrauen und Soldaten befriedigt. Dabei stieg besonders der Frauenanteil stetig. Lediglich bei Akademikern scheint ein Überangebot an Arbeitskräften zu bestehen, das 1985 80 % der 222.000 Arbeitslosen ausmachte. 264

Arbeitslosenquote (in Prozent) 265 1970

1975

1980

1985

1989

1990

1992

1993

1,7

2,4

1,2

2,9

1,6

1,7

1,5

1,4

Zur Vermeidung von sozialen Unruhen hatte die Regierung Taiwans stets Wert darauf gelegt, daß Löhne und Preise in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen und die Schere zwischen "arm und reich" nicht zu weit auseinanderklaffte. So gelang es trotz einiger Währungsturbulenzen, die Inflation in den Jahren 1980-85 auf durchschnittlich 3,9 % und in den Folgejahren sogar noch weiter zu reduzieren. 1993 und 1994 lag sie deutlich unter 3 %. 2 6 6 2 6 7

263

Vgl. Statistisches S. 118 f.

264

Vgl. A. Gälli Taiwan R.O.C.: Eine chinesische Herausforderung, ifo-Studien zur Entwicklungsforschung, Sonderreihe "Information und Dokumentation" Nr. VI, München u. a. 1988, S. 111 ff.

265

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Taiwan 1991, Stuttgart, Mainz 1991, S. 50 sowie Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Taiwan 1995..., a. a. 0 . , S . 48.

Bundesamt

Wiesbaden

266

Vgl. A. Galli Taiwan..., a. a. O., S. 106 ff.

267

Vgl. Statistisches S. 115.

Bundesamt

Wiesbaden

(Hrsg.):

Länderbericht Taiwan, Mainz

1995,

(Hrsg.): Länderbericht Taiwan 1995.., a . a . O . ,

98

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Preisindex für die Lebenshaltung (1991 = 100) 1989

1990

1991

1992

1993

1994

92,7

96,5

100

104,5

107,5

110,4

Der Erfolg der taiwanesischen Wirtschaftspolitik zeigte sich insbesondere an dem seit den 70er Jahren rapide gestiegenen Devisenreservenbestand. Darüber hinaus wurde der taiwanesische NT-$ im Verhältnis zum US-$ immer weiter aufgewertet: von 40,05 NT-$ / US-$ im Jahr 1965 auf 25,40 NT-$ / US-$ im Jahr 1992. Diskontsatz, Währungsreserven und Wechselkurs Taiwans 268 Währungsreserven in Mio. US-$

Wechselkurs NT-$ / US-$ am

Jahresende

am Jahresende

Jahresende

1965

11,52

245

40,05

1980

11,00

2.205

36,00

1981

11,75

7.235

37,84

1982

7,75

8.532

39,91

1983

7,25

11.859

40,27

1984

6,75

15.664

39,47

1985

5,25

22.556

39,85

1986

4,50

46.310

35,50

1987

4,50

76.748

28,55

1988

4,50

73.897

28,17

1989

7,75

73.224

26,16

1990

7,75

72.441

27,11

1991

6,25

82.405

25,75

1992

5,63

82.306

25,40

Jahr

Diskontsatz in % / Jahr am

Trotz der wirtschaftlichen Bedeutung Taiwans, vor allem für das pazifische Becken, wird es von den Ländern der Welt - wohl mit Rücksicht auf die diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China - jedoch nicht diplomatisch anerkannt. Demzufolge ist Taiwan die Mitgliedschaft im GATT, im IMF, in der Weltbank, in der APEC und sogar in der UNO verschlossen. Diese Bürde lastet schwer auf Taiwan, da es beständig diplomatische Umwege gehen und auf einzelne Handelsgeschäfte ganz verzichten muß. Durch eine Demokratisierung soll es jedoch dem Ausland

268

Vgl. Central Bank of China Statistical Book 1993, Taipeh 1993, S. 4.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

99

erschwert werden, Taiwan weiterhin die diplomatische Anerkennung zu verweh-

Lange Zeit herrschte die Kuomintang in Taiwan autoritär, verfolgte und internierte Andersdenkende. Schließlich folgte jedoch der politischen Stabilisierung der Beziehungen zur Volksrepublik China eine "Demokratisierungswelle", die schließlich 1987 zur Aufhebung des im Mai 1949 verhängten "Ausnahmezustands" und 1991 zur Aufhebung des "Ermächtigungsgesetzes" für den Staatspräsidenten von 1948 führte. 270 Seit 1987 sind daher Oppositionsparteien erlaubt. Ende 1994 wurde dann auch tatsächlich ein Oppositioneller - Chen Shui Bian von der Demokratischen Fortschrittspartei - Bürgermeister von Taipeh. Ferner hängt inzwischen auch die Frage der Wiedervereinigung mit dem Festland "von der Stimme der Wähler ab". Die verhärteten Positionen machen einen solchen Schritt jedoch hochgradig unwahrscheinlich. Denkbar ist lediglich, wie im Rahmen der Hong Kong-Frage von Peking postuliert, eine Eingliederung Taiwans in die Volksrepublik China als Sonderverwaltungszone mit autonomen Zügen. 2 7 ' Es gibt derzeit keine Indizien, die auf eine einschneidende Verlangsamung der Entwicklung hinweisen; im Gegenteil: Bestrebungen, weitere

Deregulierungen

vorzunehmen, lassen sogar - in Abhängigkeit von der Entwicklung des APEC - eine Beschleunigung erwarten.

Hinsichtlich der Transformationsmaßnahmen der taiwanesischen Regierung läßt sich folgendes feststellen: Wesentliche Elemente der taiwanesischen Entwicklungsstrategie sind die Marktoffenheit und

die Exportorientierung sowie die gezielte

Förderung der Privatindustrie. In den 50er Jahren wurde eine konsequente Politik der Importsubstitution verfolgt. In diesem Zusammenhang wurde vor allem der Aufbau der Nahrungsmittel-, der Textil- und der einfachen Konsumgüterindustrie betrieben. Diese erste Industrialisierung zielte vornehmlich auf die Befriedigung des inländischen Marktes. Die

269

G. Venzky. Vor dem zweiten Sprung nach vorn, in: Zeitmagazin Nr. 4/1995, Nach uns die Asiaten? Die pazifische Herausforderung, S. 43 - 45, hier: S. 45.

270

Vgl O. Weggel Taiwan..., a. a. O., S 48.

271

Vgl. ebenda, S. 192 ff.

100

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Aufbauphase wurde im wesentlichen durch restriktive Einfuhrbestimmungen und umfangreiche US-amerikanische Wirtschaftshilfen unterstützt. Seit Mitte der 60er Jahre begann die taiwanesische Wirtschaft aufgrund der Enge des Binnenmarktes mit der Erschließung von Exportmärkten. Zu diesem Zweck wurden drei Exportverarbeitungszonen errichtet, die insbesondere für ausländische Investoren durch Steuervergünstigungen und die Befreiung von Einfuhrzöllen die Ansiedlung attraktiv werden ließen. Mit der Ansiedlung von multinationalen Unternehmen war eine Steigerung der Exporteinnahmen und ein umfangreicher Technologietransfer verbunden. Letzterer trug dazu bei, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der taiwanesischen Güter zu steigern. In den 70er Jahren erfolgte wiederum eine Phase der Importsubstitution im Sektor der kapital- und technologieintensiven Schwerindustrie. Auch in diesen Bereichen erfolgte eine schrittweise Marktöffnung. Diese Politik der externen Marktliberalisierung wird bis in die heutigen Tage fortgeführt. Durch die Öffnung des Außenhandels und die Liberalisierung des staatlichen Beschaffungswesens sowie eine stärkere Berücksichtigung des Patentschutzes sollen die Voraussetzungen für eine Aufnahme in das GATT geschaffen werden. Die staatliche Einflußnahme bestimmte lange die Richtung der wirtschaftlichen Entwicklung. Grundlage der Intervention waren die in der Regel 4-jährigen Entwicklungspläne, die vom "Council for Economic Planing and Development" (CEPD) seit 1953 erstellt wurden. Die staatliche Einflußnahme wies dabei weniger Züge eines dirigistischen Lenkungsmodells auf, sondern zeichnete sich vielmehr durch eine gezielte Förderung der Privatindustrie, vor allem durch eine umfassende Kreditförderung, aus. Vorwiegend klein- und mittelständische Unternehmen (sog. Hinterhofbetriebe), die noch heute maßgeblich die taiwanesische Wirtschaftsentwicklung bestimmen, kamen dabei in den Genuß der staatlichen Zuwendungen. Die Intervention in Taiwan weist daher grundsätzlich andere Merkmale auf als etwa die Südkoreas 272 , das bevorzugt auf eine Förderung großer Konglomerate (Chaebols) zurückgriff. Die taiwanesischen Unternehmen sind aufgrund ihrer geringen Größe im allgemeinen durch hohe Flexibilität und Effizienz gekennzeichnet. Aufgrund ihrer größenbedingt

beschränkten

Marktmacht

und

ihrer

häufig

relativ

geringen

Produktionskapazitäten stoßen sie dagegen beim Erschließen des Weltmarktes mitunter auf Grenzen. In Taiwan dürfte daher im Gegensatz zu Südkorea mit einer Tendenz zur Konzentration klein- und mittelständischer Unternehmen zu rechnen sein. Ferner ist festzustellen, daß der Umfang der staatlichen Eingriffe im Zeitablauf

272

Vgl. hierzu Kap.VI.B.I.b.

VI Logik und Theorie der

101

System-Transformalion

und mit zunehmender Entwicklung bzw. mit höherem Entwicklungsstand abnahm. Der Anteil der öffentlichen Unternehmen sank allmählich, so daß sich heute lediglich

noch

einige

wenige

Unternehmen

der

Schwerindustrie

und

des

Bankwesens in staatlichem Besitz befinden. Darüber hinaus beschränkt sich die Entwicklungsplanung, insbesondere seit in Krafttreten des "6-Jahres-Plans für den nationalen Aufbau" im Jahr 1991, im wesentlichen auf den Ausbau der Infrastruktur. Insofern

zieht

sich

der

taiwanesische

Staat

schwerpunktmäßig

auf

die

Bereitstellung öffentlicher Güter zurück.

b. Südkorea Die Republik Korea (Südkorea), im folgenden auch Korea genannt, wurde am 15.08.1948 nach Beendigung der japanischen kolonialen Herrschaft gegründet. Die Staats- und Regierungsform ist seitdem eine Republik auf parlamentarischer Grundlage. Im Jahr 1961 übernahm allerdings eine Militärregierung unter Park Chung Hee nach einem Putsch die Regierungsgewalt. Der koreanische Staat unter Park kann - vor allem seit dem Erlaß der Yushin-Verfassung (1972 - 1979) - mit Einschränkungen als autoritäre Militärdiktatur bezeichnet werden. Erst nach der Ermordung Parks haben sich - zunächst nur zögerlich - demokratische Elemente durchgesetzt. Die derzeitige Verfassung stammt vom 25.02.1988. Vom Februar 1988 bis zum Februar 1993 war Roh TaeWoo

Staatspräsident und damit das

Staatsoberhaupt Südkoreas. Seit dem 25.02.1993 ist Kim Young Sam Präsident der Republik.273 Die koreanische Volksversammlung ist ein Einkammerparlament mit 299 Abgeordneten. Der derzeitige Präsident, der erste, der nicht dem Militär zugeordnet wird, scheint eine weitere Öffnung von Südkorea anzustreben.274

Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung weist ein BIP zu Marktpreisen in jeweiligen Preisen von 93.425,8 Mrd. Won (1986) und 169.701,4 Mrd. Won (1990), je

273

Zu einer ausführlichen Darstellung der politischen Geschichte vgl. D. I. Steinberg: Republic of Korea. Economic Transformation and Social Change, London 1989.

274

Die Republik Korea ist in folgenden internationalen Organisationen Mitglied: Vereinte Nationen, Asien- und Pazifikrat / ESCAP, Weltbank, IWF, Asiatische Entwicklungsbank, APEC. Eine Mitgliedschaft in der OECD wird angestrebt.

The

102

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Einwohner von 2.206.600 Won (1985) und 3.067.605 Won (1990) aus. Die Wirtschaft wuchs von 1985 = 100 (Index der Produktion) bis 1986 auf 121 und 1991 (Durchschnitt Januar - September) auf 194,4. Das Wachstum des realen Bruttosozialproduktes lag im Durchschnitt der Jahre 1982 bis 1990 bei 10 % jährlich.

Entwicklung des BIP real (Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent)275 1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

12,9

13,0

12,4

6,8

9,3

9,1

5,0

5,8

8,4

Obwohl Korea nicht reich an Bodenschätzen ist, verzeichnete es ein beachtliches Wirtschaftswachstum. Dies ist auch durch weitere Entwicklungsindikatoren belegt. Die installierte Leistung der Kraftwerke bezifferte sich 1980 auf 9.391 MW und 1989 (Durchschnitt Januar - September) auf 20.997 MW. Die Elektrizitätserzeugung betrug

1970 9.138 Mio. kWh sowie 1990 (Durchschnitte Januar - September)

107.670 Mio. kWh. Ferner stieg die Produktion von Schwerem Heizöl (1.000 t) von 11.545 (1986) auf 15.681 (1990), von Fernsehgeräten (1.000 Stück) von 11.799 (1986) auf 15.838 (1990) und von integrierten Schaltkreisen (Mio. Stück) von 2.380 (1986) auf 3.624 (1990). Mit der Produktionsausweitung ging auch eine Erhöhung der Effizienz des Energieverbrauchs einher. Nach einzelnen Prognosen276 wird Korea demnächst zu den zehn wichtigsten Industrienationen zählen.

Beachtlich ist der Verlauf des Außenhandels, der Grundlage der koreanischen Entwicklung. Die Einfuhr betrug 1985 31.136 Mio. US-$ und 1991 81.560 Mio. US-$, die Ausfuhr 1985 30.283 Mio. US-$ und 1991 71.900 Mio. US-$. Inzwischen hat sich Korea darüber hinaus zu einem Kapitalexportland herausgebildet. Demgemäß wies Korea im Jahr 1986 einen Devisenbestand von 3.301,1 Mio. US-$ auf, der schon 1990 14.459,2 Mio. US-$ ausmachte. Gegenüber der DM erfuhr der Won - mit einem offiziellen Verkaufskurs von 444,32 (1986) und 481,27 (1990) Won für

275

Vgl Bundesstelle für Außenhandelsinformation schaftsdaten aktuell, Berlin 1995, S. 1.

276

Vgl. dazu Union Bank of Switzerland: International Finance, Competition Among Nations, Issue H, Autumn 1993, S. 2. Danach befindet sich Korea an der Spitze der "Annual average GDP per capital growth rates" von 1980 bis 1991 9 %).

(BfAI) (Hrsg.): Republik Korea - Wirt-

VI Logik und Theorie der

103

System-Transformation

DM 1,00 - in den letzten Jahren eine Abwertung. Dies dürfte zu einer weiteren Forcierung der Exporte führen.

Korea war noch 1981 das am vierthöchsten (absolut) verschuldete Entwicklungsland. Im Zeitraum von drei Jahren (1979 - 1981) stieg die koreanische Auslandsverschuldung von 17,6 Mrd. US-$ auf 32,4 Mrd. US-$. Sie betrug 1985 rund 46,7 Mrd US-$, wurde dann jedoch wiederum in drei Jahren bis 1988 auf rund 31 Mrd. US-$ abgebaut.

Die Preisentwicklung hielt sich in Grenzen, wie folgende Darstellung der Entwicklung der Inflationsrate (in Prozent) zeigt:277 1984

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

2,3

2,5

2,8

3,0

7,1

5,7

10,6

9,3

4,5

5,8

5,6

Auch die Arbeitslosigkeit ist relativ gering. Die Arbeitslosenquote (in Prozent) entwickelte sich wie folgt:278 1990

1991

1992

1993

1994

2,4

2,3

2,4

2,8

2,2

Auf internationaler Ebene plant Südkorea - neben der vorsichtigen Wiedervereinigung mit Nordkorea - eine bessere wirtschaftliche Kooperation im asiatischen Raum (mit den ASEAN-Ländern und mit der Volksrepublik China, aber auch im Rahmen der APEC), in den langfristig ohnehin mehr Kapital zu fließen scheint als nach Europa. Die Aufnahme in die OECD und in die Gruppe der zehn wichtigsten Industrie-Nationen wären große Erfolge der südkoreanischen Wirtschaftspolitik.

277

Vgl. Bundesstelle für Außenhandelsinformation Wirtschaftsdaten aktuell..., a. a. 0., S. 2.

278

Vgl. ebenda, S. 2; Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Südkorea (Republik Korea), Juli 1992, Landeranalysen der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste und des Ostasiatischen Vereins e.V., Frankfurt am Main 1992, S. 28

(BfAI)

(Hrsg.):

Republik

Korea

-

104

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Sind mit diesen Daten eindrucksvolle Belege für die erfolgreiche südkoreanische Wirtschaftsentwicklung gegeben, so ist jedoch darauf hinzuweisen, daß die demokratische Liberalisierung sehr langsame Fortschritte gemacht hat und erst seit Mitte der 80er Jahre (vor allem im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Seoul und nach massiven Studentenprotesten) vorangetrieben wurde. Die Liberalisierung findet in den wiederholten z. T. deutlichen Anhebungen des Lohnniveaus seinen Ausdruck. Es kam daher auch zu Exporteinbrüchen, einer Verschlechterung der Konjunktur und zu steigender Inflation.

Die Entwicklung Südkoreas, die als Modellbeispiel für andere Entwicklungsländer untersucht wurde279, wird in der Literatur280 in 5 Perioden unterteilt: 1. Die Nachkriegsphase und Koreakrieg (1945 - 53), 2. die Phase des importorientierten Wiederaufbaus (1953 - 60), 3. die Phase rapiden exportorientierten Wachstums (1961 - 72), 4. die Phase der Importsubstitution in kapitalintensiven Sektoren und des politischen Autoritarismus (1972 - 79) und 5. die Krisenphase mit anschließender erfolgreicher Anpassung und Liberalisierung (1979 bis heute).

In diesen Perioden wurden im Rahmen der fünfjährigen Entwicklungspläne "Reformen" und "Öffnungen" 28 ' vorgenommen, auf deren Basis die Entwicklung erfolgte. Folgende Maßnahmen wurden ergriffen:

279

Vgl. hierzu J. Jerger, M. Piazolo: S ü d k o r e a als M u s t e r b e i s p i e l einer sich V o l k s w i r t s c h a f t : Zufall oder gute Wirtschaftspolitik in Asien, 4 3 (1992), S. 38 ff.

280

Vgl. S. M. Collins, W.-A. Park: External Debt and M a c r o e c o n o m i c p e r f o r m a n c e in S o u t h K o r e a , in: J. D. Sachs, S. M. Collins (Hrsg.): D e v e l o p i n g Country D e b t a n d E c o n o m i c Perform a n c e , Vol. 3, C o u n t r y Studies - Indonesia, Korea, Phillipines, T u r k e y -, Chicago, L o n d o n 1989, S. 151 - 3 6 9 .

281

Vgl. Statistics

Bureau

Japan:

entwickelnden

Statistical Y e a r b o o k , T o k y o , lfd. J a h r g ä n g e , passim.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

105

Koreanische Entwicklungsstrategien282 Zeitraum:

Maßnahme:

1945- 53

Landreform: Japanische Großgrundbesitzer werden enteignet, ihr Land wird aufgeteilt in Flächen mit Höchstbegrenzung;

1953 - 60

Einführung von Handelsrestriktionen (Importsubstitution in der arbeitsintensiven Leichtindustrie); keine Investitionen in die Schwerindustrie aufgrund des Wiedervereinigungsziels mit dem mit Schwerindustrie ausgestatteten Nordkorea; Investitionen in das human capital; nur geringfügige Übernahme von ausländischer Technologie (Lizenzen);

1961 - 72

Machtübernahme von Park Chung Hee; die Militärregierung trägt ansatzweise zentralistische und autoritäre Züge; Einführung der Fünf-Jahres-Pläne als Grundlage eines umfassenden, staatlich getragenen Entwicklungs-Konzeptes; Umschaltung von Importsubstitution auf geförderte Exportdiversifikation in der arbeitsintensiven Leichtindustrie; große Steigerung der Übernahme von ausländischen Patenten und Lizenzen283; gezielte Förderung von Großunternehmen, insbesondere von Konglomeraten mit stark diversifiziertem Geschäftsfeld (Chaebols); Aufbau staatlicher "Muster"-Unternehmen wie z. B. des Stahlunternehmens POSCO, das zu einem der kostengünstigsten Stahl-Hersteller der Welt wurde;

282

Zu den Entwicklungsstrategien im einzelnen vgl. die einschlagige Literatur, insbesondere L. P. Jones, II Sakong. Government, Business, and Entrepreneurship in Economic Development: The Korean Case, Studies in the Modernization of the Republic of Korea: 1945 - 1975, Council on East Asian Studies, Harvard University (Hrsg.), Cambridge/ Mass., London 1980 sowie A. H. Amsden Asia's Next Giant. South Korea and Late Industrialization, New York, Oxford 1989.

283

Vgl. Statistics Bureau Japan: Statistical Yearbook. ., a. a. O , passim.

106

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

starker staatlicher Einfluß auf die Kreditallokation (subventionierte Kreditvergabe vor allem an Großunternehmen des Exportsektors); bewußte Anlehnung an die japanische Außenhandelsstrategien und damit guter Zugang zum US-amerikanischen Absatzmarkt (Bsp. Textil- und Bekleidungsindustrie); 1972-79

erneute exportorientierte284 Importsubstitution insbesondere für kapitalintensive Güter; daher nahm die Abhängigkeit von ausländischen Kapitalgütern ab; Nutzung billiger Kredite von Petrodollarländern; extreme Steigerungen ausländischer Direktinvestitionen bei hohen Ausgaben für Patente, Lizenzen und Kapitalgüter285; Liberalisierung der Wirtschaft; Entwicklung in Richtung einer autoritären Militärdiktatur (Yushin-Verfassung); Verbot von Streiks;

1979 - heute Liberalisierung des Handels und Forcierung der Exportdiversifikation, insbesondere in der kapitalintensiven Schwerindustrie; effiziente Verzinsung des Auslandskapitals, damit wird Korea 1990 Nettogläubiger (keine Kapitalflucht); bescheidene direkte Auslandsinvestition in Korea; selektive Förderung des Imports von Hochtechnologien im Wege von Direktinvestitionen; Verstärkung des inneren Wettbewerbs; Verminderung des staatlichen Einflusses auf die Kapitalakkumulation und -allokation; Anschluß an die japanischen Qualitätsstandards;

284

Gefördert wurden vor allem importkonkurrierende Sektoren, die Vorleistungen für den Exportsektor produzierten.

285

Vgl Statistics Bureau Japan: Statistical Yearbook..., a. a. O., passim.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

107

Förderung der Investitionen in das human capital und effizienter Ausbau der Infrastruktur.

Der zukünftige Ausbau der koreanischen Wirtschaft soll auf einer "qualitativen" Verbesserung wie auch einer Verstärkung der Forschung und Entwicklung erfolgen. Langfristig soll die "noch staatliche" Steuerung der Wirtschaft zugunsten einer marktwirtschaftlichen Entwicklung (auf der Basis einer Transformation) aufgegeben werden.

Hinsichtlich der Transformationmaßnahmen läßt sich zusammenfassend folgendes feststellen: Die rapide wirtschaftliche Entwicklung Südkoreas basiert im wesentlichen auf dem erfolgreichen Verlauf seines Außenhandels. Die Grundlage der dynamischen Entwicklung des südkoreanischen Außenhandels ist die systematische Einbindung außenorientierter Strategien in ein übergeordnetes, staatlich getragenes Entwicklungs-Konzept. Die südkoreanische Außenhandelspolitik bediente sich dabei drei sich ergänzender Strategien: Zum einen wurde die japanische Außenhandelsstrategie imitiert. Zum anderen wandte Korea eine sektoriell-selektive Abfolge oder Kombination importsubstitutiver und exportfördernder Maßnahmen an. Schließlich erfolgte eine bevorzugte Förderung stark diversifizierter Konglomerate (Chaebols), die primär für den Exportmarkt produzierten. Die südkoreanische Wirtschaftspolitik zeichnete sich durch eine ausgeprägte Flexibilität hinsichtlich der Anwendung operativer Maßnahmen aus. Dabei war im Zeitablauf eine Abnahme staatlicher Eingriffe (Aufgabe der direkten Exportsubvention Anfang der 60er Jahre, Aufgabe massiver steuerpolitischer Anreize Anfang der 70er Jahre, Aufgabe der subventionierten Kreditvergabe Anfang der 80er Jahre), eine Demokratisierung und eine graduelle Erhöhung des Wettbewerbsdruckes von außen durch eine kontrollierte, schrittweise Importliberalisierung zu verzeichnen. Die Voraussetzungen für den Erfolg der Strategien und damit auch der Realisierung der Transformationsmaßnahmen war neben kulturellen Grundlagen wie einem hohen Bildungsniveau und dem oft angeführten Konfuzianismus - vor allem (zumindest in den 60er und 70er Jahren) durch einen von einem Großteil der Beteiligten getragenen Konsens bezüglich der zugrundeliegenden exportorientierten Wachstumsideologie gegeben. Dieser konnte insbesondere durch die Einbindung wesentlicher gesellschaftlicher Gruppen in den die Wirtschaftspolitik

betreffenden

Entscheidungsprozeß

in

Form

von

informellen

108

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Meetings im Sinne einer Konzertierten Aktion erreicht werden. Zukünftig sind weitere Transformationsmaßnahmen oder Reformen zu erwarten, die eine verstärkte Liberalisierung der koreanischen Wirtschaft und eine Dezentralisierung der Entscheidungsbefugnisse zur Folge haben. So ist beispielsweise mit einer Beschneidung der wirtschaftlichen Macht der Chaebols zu rechnen. Inwiefern diese Transformationsschritte mit welchem Erfolg angegangen werden, bleibt abzuwarten.

c. Singapur Die wirtschaftliche Entwicklung der ehemaligen britischen Kronkolonie Singapur nach der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1959 gliedert sich in mehrere Phasen aktiver Wirtschaftspolitik. Anfang der 60er Jahre wurde Singapur von ideologischen Auseinandersetzungen, Machtkämpfen kommunistischer Gewerkschaften und ethnischen Spannungen zwischen der chinesischen Mehrheitsbevölkerung und dem malaiischen Bevölkerungsteil beherrscht. Die wirtschaftliche Ausgangsbasis war katastrophal. Nach der Trennung von Malaysia im Jahr 1965 wurde das gesellschaftliche System umstrukturiert: es war fortan von sozialer Steuerung und Disziplin, geringen Partizipationsmöglichkeiten und einem wirtschaftlichen Pragmatismus geprägt. In dieser Form wurde das Regierungsmodell auch als "sanfter Autoritarismus" bezeichnet, auf dessen Grundlage die Entwicklung Singapurs erst möglich wurde. In den 60er Jahren wurde eine ausgedehnte Industrialisierung vor allem arbeitsintensiver Wirtschaftszweige gefördert. Mit Erreichen der Vollbeschäftigung verlagerte sich in den 70er Jahren die "Stoßrichtung" auf eine bessere Ausbildung der Arbeitskräfte und die Ansiedlung kapitalintensiver Branchen. Diese Strategie wird, erweitert um Forschungs- und Hochtechnologieprojekte, bis heute fortgeführt. Zahlreiche, von der Regierung mit Steuererleichterungen oder direkter technischer Hilfe unterstützte Programme sollen Singapur eine stabile Position als Industrie-, Handels-, Forschungs-, Dienstleistungs- und Bankenzentrum im aufstrebenden Wirtschaftsraum Südostasien sichern.

Der Erfolg dieser Wirtschaftspolitik zeigt sich in der Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, das in den letzten Jahren nahezu konstant hohe Wachstumsraten zwi-

VI Logik und Theorie der

109

System-Transformalion

sehen 5 % und 10 % aufweist. Als Entwicklung des BIP zu Marktpreisen in Preisen von 1985 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) ergab sich: 286 1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1,8

9,4

11,1

9,2

8,3

6,7

5,8

9,9

10,2

Die Arbeitslosigkeit ist niedrig. Seit 1994 besteht Vollbeschäftigung. Die Arbeitslosenquote (in Prozent) entwickelte sich wie folgt: 287 1978

1980

1985

1986

1987

1988

1990

1991

1992

1993

1994

3,6

3,5

4,1

6,5

4,7

3,3

1,7

1,9

2,7

2,7

0,0

Die Entwicklung zur Vollbeschäftigung wurde von einer entgegengesetzten Entwicklung der Inflationsrate begleitet, die jedoch auf einem moderaten Niveau blieb.

Der Preisindex für die Lebenshaltung 288 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) verlief wie folgt: 1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

-1,4

0,5

1,5

2,4

3,4

3,5

2,3

2,4

Die politische Lage Singapurs ist durch ausgeprägte Stabilität gekennzeichnet. Seit 1959 regierte die People's Action Lee Kuan Yew mit absoluter

Party (PAP) unter dem

Mehrheit. Lee Kuan Yew

Premierminister

übergab

1990

nach

31jähriger Regierungszeit die Regierungsgeschäfte an Goh Chok Tong. Die Ein-

286

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Südostasiatische Staaten 1992, Stuttgart, Mainz 1992, S 99; Publicity Division, Ministry of Information and the Arts (Hrsg.): Singapore 1993 , a. a. 0., S. 272 f.; Bundesstelle für Außenhandelsinformation (BfAI) (Hrsg.): Singapur - Wirtschaftsdaten aktuell, Berlin 1995, S. 1.

287

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Singapur 1990, Stuttgart, Mainz 1990, S. 36; Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg J: Länderbericht Südostasiatische Staaten..., a. a. O., S. 40, Bundesstelle für Außenhandelsinformation (BfAI) (Hrsg.): Singapur - Wirtschaftsdaten aktuell..., a. a. O., S. 2.

288

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Südostasiatische Staaten..., a. a. O., S. 85; Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Länderbericht Singapur 1994, Stuttgart 1994, S. 105.

110

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Parteien-Herrschaft wurde durch eine sehr konservative Gesetzgebung gesichert, deren Liberalisierung289 zu einer "leichten" Stärkung der kaum vorhandenen Opposition führt.290 Dank der straffen Führung Lee Kuan Yews hat der Stadtstaat mit seinen ca. 3 Mio. Einwohnern seit seiner Selbständigkeit vor 30 Jahren den steilsten Aufschwung im asiatisch-pazifischen Raum erfahren. 1994 erwirtschaftete Singapur pro Kopf ein Bruttoinlandsprodukt von 17.300 US-Dollar, nach Japan und Hong Kong das höchste im asiatischen Raum.291

Hinsichtlich der zu dem wirtschaftlichen Aufstieg Singapurs beigetragener bzw. beitragenden Transformationsmaßnahmen läßt sich folgendes zusammenfassen: Der bis 1990 regierenden Premierminister Singapurs Lee Kuan Yew, einer der am längsten amtierende Regierungschefs der Welt, schilderte das schnellgreifende Erfolgsrezept Singapurs bereits im Jahr 1979 wie folgt:292 - Freie Marktwirtschaft im Gegensatz zu Burma, Ceylon und Indonesien, wo "Bürokraten an die Spitze der Unternehmen gesetzt wurden, die den Sozialismus mit Hilfe von Staatsgesellschaften und Volksläden" eingeführt haben, - "kein xenophober Kater aus Kolonialzeiten" und schließlich - "ein Willkommen für ausländische Manager, Ingenieure und Bankiers, die moderne Technologie und Investitionen ins Land bringen".

Die Entwicklung der kleinen Inselrepublik, die kaum über Rohstoffe verfügt und zudem fast alle Nahrungsmittel importieren muß, läßt sich in drei Stufen gliedern.

289

Premierminster Goh stellte 1991 eine Änderung der veralteten Zensur-Gesetze in Aussicht, wobei das "Gesetz zur Inneren Sicherheit" jedoch weiter gelten sollte. Vgl. dazu o. V.: ISA weiter notwendig, in: Südostasien Informationen, Nr. 1, Bochum 1991.

290

Vgl. dazu P. Franke. Durchbruch der Opposition bei vorgezogenen Wahlen in Singapur, in: Südostasien Informationen, Nr. 3, Bochum 1991.

291

Vgl. R. Machetzki Der zweifelhafte Sieg der Disziplin, in: Zeitmagazin Nr. 4/1995, Nach uns die Asiaten? Die pazifische Herausforderung, S. 63.

292

Vgl. o.V.: Singapur - erfolgreich und ein wenig fragil - auf der Suche nach der nächsten Führungsgeneration, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 13 vom 18.01.1979, S. 5.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

111

Singapur bemühte sich zunächst um den Aufbau des Produktionsfaktors "Arbeit". 293 In den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit wurden Textilien, einfache Elektronik und andere arbeitsintensive Erzeugnisse produziert, wobei die Privatisierung der Unternehmen vorangetrieben wurde. Darauf folgte der Aufbau technisch höher stehender und kapitalintensiverer Industrien. Das Schlagwort hieß "upgrading", wobei bewußt Industrien, die qualifizierte Arbeitskräfte benötigen und deren Produkte weniger preisempfindlich als sog. Billigexporte sind, gefördert wurden, wie z. B. die Produktion von Werkzeugmaschinen, elektronischen Meßgeräten, medizinischen Instrumenten, Flugzeugteilen und Telekommunikationseinrichtungen. In der dritten Dekade entwickelte sich Singapur zu einem bedeutenden Finanzzentrum und Verteilzentrum für den ganzen südostasiatischen Raum. Wesentliche Bestimmungsgründe für den anerkennenswert schnellen Aufbau des marktwirtschaftlich organisierten Singapurs in den vergangenen 3 Jahrzehnten waren die Wettbewerbsfähigkeit der Exportprodukte auf den Weltmärkten, die Anziehung ausländischen Kapitals durch Schaffung attraktiver marktwirtschaftlicher Rahmenbedingungen, Investitionen in Infrastruktur und die Ausbildung von Arbeitskräften sowie die Schaffung eines internationalen Finanzsektors. 294 Die Mitte der 80er Jahre den Aufschwung gefährdende Rezession, die extern durch den Ölpreisverfall und die rückläufige Weltwirtschaftskonjunktur sowie intern durch Überhitzung in Bauwirtschaft und Hotelwesen und eine aufkommende Hochlohnpolitik bedingt war, wurde mit einer entschlossen geänderten Wirtschaftspolitik der Regierung überwunden. 295 Der ökonomische Erfolg Singapurs ist auf die von wirtschaftlichem Pragmatismus, sozialer Steuerung und streng reglementierten Mitspracherechten geprägte Wirtschaftsstrategie Lee Kuan Yews zurückzuführen. 296 Die Maßnahmen Lee's, die mit entsprechender Strenge vollzogen worden sind, haben die Einwohner akzeptiert und mitgetragen, was einerseits der durch den Konfuzianismus geprägten asiatisch - autoritären Mentalität entspricht, andererseits aber auch auf die Anerkennung Lee

293

Vgl. o.V.. Singapurs wirtschaftlicher Aufstieg - Ausbau der Vormachtstellung in Südostasien, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 251 vom 27.10.1977, S. 12

294

Vgl. dazu Bundesstelle für Außenhandelsinformation Singapur, Köln 1992, S. 11

295

Vgl

296

Vgl. R. Machetzki: Der zweifelhafte Sieg..., a a. O., S. 64

ebenda.

(BfAI)

(Hrsg.):

Geschäftspartner

112

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Kuan Yews als wohlmeinender Leader durch die Bevölkerung, der die politischen Maßnahmen direkt zugute kamen, zurückzuführen ist. Diesen Tatsachen ist zuzuschreiben, daß die People's Action Party über Jahrzehnte an der Regierung bleibt und die Herrschenden über fast absolutistische Macht verfügen. Hierdurch wurde eine nachhaltige, der Wirtschaftsentwicklung zuträgliche politische Stabilität geschaffen, die darüber hinaus ein rasches Reagieren auf veränderte wirtschaftliche oder politische Rahmenbedingungen ermöglicht. Wie die Entwicklung Singapurs belegt, kann ein solches System, falls richtig geleitet, wirtschaftlich sehr erfolgreich sein. 297 Das Aufrücken Singapurs vom Schwellenland in den Kreis der Industrieländer soll mit Hilfe von acht speziellen Strategien erreicht werden: - Höherqualifikation von Arbeitskräften, - engere Zusammenarbeit zwischen Staat, Unternehmen und Gewerkschaften, - globale Wirtschaftsorientierung, - Förderung von Innovationsprojekten, - Verbund von Industrie und Dienstleistungen, - Modernisierung und Ausbau von bisher weniger produktiven Branchen, - Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und - Verringerung der Verwundbarkeit durch Verbreiterung der Wirtschaftsstruktur. 298

Allerdings wird in der wirtschaftlich prosperierenden und politisch reifenden Gesellschaft, insbesondere in den akademisch gebildeten Schichten, Kritik über den staatlichen Paternalismus laut, der dem geistigen und kulturellen Leben keinen Raum läßt. Es bestehen Befürchtungen, daß die bisherige Effizienz des Organisatorischen sich in Zukunft zu Lasten der "Kreativität" auswirken könne, die zur Weiterentwicklung Singapurs, insbesondere zur Erarbeitung eigener origineller Technologien nötig sein wird. 299

297

Vgl. F. Bartu Das Geheimnis von Südostasiens Erfolg, Hochhalten traditioneller Werte und Lebensweisen, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 274 vom 25 /26.11.1990, S. 6.

298

Vgl. hierzu Bundesstelle Singapur..., a. a. O., S. 12

299

Vgl. hierzu R. Machetzki. Der zweifelhafte Sieg . . a. a. O . S. 65

für Außenhandelsinformation

(BfAI) (Hrsg.): Geschäftspartner

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

113

Die günstige Tendenz der Wirtschaftsentwicklung gepaart mit der außen- und innenpolitischen Stabilität sowie der Tendenz zur Demokratisierung läßt für die nähere Zukunft eine weitere positive Entwicklung Singapurs erwarten, zumal wenn man - insbesondere zukünftig zu erwartende - Probleme des direkten Konkurrenten Hong Kong betrachtet.

d. Vietnam Der Vereinigung Nord- und Südvietnams im Jahr 1975 folgte eine zwölfjährige internationale Abschottung. In dieser Zeit wurde eine systematische sozialistische Umgestaltung vorgenommen, die die Zerschlagung der feudalen und kapitalistischen vorrevolutionären Gesellschaftsstruktur und den sozialistischen Aufbau auf der Basis staatlicher Kontrolle und Planung zum Ziel hatte. Seit 1986 sind wirtschaftspolitischer Pragmatismus und damit Reformversuche - "Doi Moi" genannt sowie eine Tendenz zur Öffnung der Wirtschaft gegenüber dem "westlichen" Ausland zu erkennen. 300 Das damals von der Sowjetunion übernommene System der Zentralverwaltungswirtschaft brachte Vietnam an die Grenze des Zusammenbruchs. Die Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft und die Verstaatlichung des Handels waren die maßgebenden Ursachen für die in 1985/86 auftretenden großen Hungersnöte in weiten Teilen Vietnams. Die sozialistische Mißwirtschaft konnte nur durch eine radikale wirtschaftspolitische Umstrukturierung überwunden werden, die im Dezember 1986 auf dem 6. Parteikongreß beschlossen wurde. Danach sollte in möglichst kurzer Zeit eine am Weltmarkt orientierte leistungsstarke Marktwirtschaft etabliert werden. 3 0 ' Seit 1986 hat die vietnamesische Regierung eine Reihe von radikalen Wirtschaftsreformen unter der Überschrift "Doi Moi", das heißt Erneuerung, durchgeführt und die Öffnung ihres Wirtschaftssystems eingeleitet, die, wie im

300

Vg|

statistisches Bundesamt Mainz 1988, S. 107.

Wiesbaden

(Hrsg.): Länderbericht Vietnam 1988, Stuttgart,

301

Vgl. D. Radke, P. Wolff: Autbruch zu neuen Ufern - Ein neuer Wirtschaftspartner in Asien für den Westen, in: Das Parlament, Nr. 44 vom 26.10.1990, S. 10.

114

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Fall Chinas, zu einer Modernisierung der Wirtschaft bei gleichzeitigem Erhalt der kommunistischen Dominanz führen soll. 302

Ein Schwerpunkt der Reformpolitik war die Förderung der Privatisierung. Der Handel und der Transportsektor waren die ersten Bereiche, in denen die Privatwirtschaft wieder eingeführt wurde. Privatpersonen können mit Ausnahme von Grund und Boden, der aus ideologischen Gründen nicht reprivatisiert wurde 303 , Eigentum an Produktionsmitteln erwerben und in allen Wirtschaftssektoren tätig werden. 30 '' Auch die Landwirtschaft wurde völlig neu gestaltet. Im Jahr 1988 wurde eine Landreform durchgeführt, durch die die Produktionsgenossenschaften durch Einzelbetriebe abgelöst und die Preisbindung aufgehoben wurde, wobei das Land jedoch weiterhin Gemeineigentum blieb. 305 Die Landwirte können Land für 15-20 Jahre pachten. Die Vermarktung der erwirtschafteten Erzeugnisse steht den Pächtern zu, wobei die Preise frei ausgehandelt werden. An den Staat ist lediglich eine als Steuer anzusehende Produktionsabgabe zu zahlen. Eine Mitgliedschaft in Kooperativen ist möglich, jedoch jedem Landwirt freigestellt. 306 Die Entkollektivierung der Landwirtschaft brachte einen rasanten Anstieg der Reisproduktion, durch die sich Vietnam in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Reisexporteur entwickelte. 307 Zur Dezentralisierung der wirtschaftspolitischen Entscheidungsprozesse wurden den privaten und staatlichen Betrieben selbständige Entscheidungsbefugnisse über die Art und Menge der Produktion sowie über die Vertriebswege und die Preisgestaltung, die sich am Markt orientieren soll, gewährt. Die staatlichen Subventionen an die Betriebe wurden schrittweise eingestellt. 308 Mit Ausnahme der öffentlichen Versorgungsleistungen wurden alle Preise freigegeben, wodurch die Bereitstellung und Nutzung der Ressourcen nicht mehr durch die staatliche Wirtschaftsplanung,

302

Vgl. B. Odrich: Vietnam. Schnelle Modernisierung, in: VDI nachrichten, Nr. 28 vom 15.07.1994, S. 6.

303

Vgl. Ch. Pauly. Vietnam setzte große Hoffnung auf Doi Moi - Marktwirtschaftliche Erneuerung soll das Land aus dem Abseits herausholen, in: VDI nachrichten, Nr. 40 vom 05.10.1990, S. 17.

304

Vgl. D. Radke, P. Wolff. Aufbruch zu neuen Ufern..., a. a. O , S. 10.

305

Vgl. R. von Luyken: Ruhe vor dem Boom, in: Zeitmagazin Nr. 4/1995. Nach uns die Asiaten? Die pazifische Herausforderung, S. 77.

306

Vgl. D. Radke, P. Wolff. Aufbruch zu neuen Ufern..., a. a. O., S. 10.

307

Vgl. B. Odrich Vietnam setzt große Hoffnungen..., a. a. O , S. 6.

308

Vgl. D. Radke, P. Wolff: Aufbruch zu neuen Ufern..., a. a. O , S. 10.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

115

sondern durch den Preis-Mechanismus bestimmt werden soll. Den bestehenden Planungsämtern soll künftig die Formulierung geeigneter

wirtschaftspolitischer

Rahmenbedingungen für die in eigener Verantwortung tätigen Wirtschaftsunternehmen zustehen. 309 Eine Reform des Bankensektors wurde 1988 eingeleitet, wonach zunächst die Kreditabteilung der 1951 gegründeten Staatsbank, die sowohl Notenbank als auch größter Kreditgeber für Landwirtschaft und Industrie war, ausgegliedert und in zwei neue staatliche Banken für den Agrarsektor bzw. für Handel und Industrie geteilt wurde. Seit 1988 ist die Gründung privater Banken zugelassen, wovon jedoch einige durch Betrug in Kürze in Zahlungsschwierigkeiten gerieten. So werden heute wieder zahlreiche Kreditkooperativen und Kreditfonds von der Staatsbank abgewickelt und reorganisiert. Im Jahr 1992 erfolgte die Zulassung der ersten Auslandsbanken. Allerdings konnte die angestrebte Finanzmarktreform in Vietnam bisher noch nicht wirksam in die Praxis umgesetzt werden. Seit 1990 bestehen zwar die notwendigen Bankgesetze, jedoch verhindern staatliche Eingriffe in die Kreditallokation und mangelhafte Kenntnisse in der Kreditvergabepraxis das Entstehen differenzierter und effizient funktionierender Finanzmärkte. 310 Um Zugang zu technischem Know-how zu erlangen und eine Integration in die Weltwirtschaft schrittweise zu erreichen, wurde bereits Ende 1987 ein Investitionsgesetz verabschiedet, das ausländische Investoren günstige Bedingungen für ein Engagement in Vietnam bietet und als eines der liberalsten in Südostasien bezeichnet wird. 3 " Im Juni 1990 wurde dieses Gesetz mit einem Zusatz nochmals verbessert 3 ' 2 , so daß für Auslandsinvestoren nahezu keine Beschränkungen mehr bestehen. Andererseits liegt Vietnam in der technischen Entwicklung ca. 30 Jahre hinter den benachbarten südostasiatischen Ländern zurück. Der Ausbau der Infrastrukur, wie z.B. Straßen, Eisenbahnen, See- und Flughäfen, bedarf dringend umfangreicher Investitionen, um sie den Standards der Region anzupassen. 3 , 3 Auch das Steuersystem muß klarer gestaltet und die örtliche Bürokratie beweglicher

309

Vgl. ebenda.

310

Vgl. Statistisches 1993, S. 81

311

Vgl. Ch. Pauly: Vietnam setzt große Hoffnungen..., a. a. 0., S. 17.

312

Vgl D. Radke undP.

313

Vgl. o.V.: Vietnam - ein verheißungsvoller Markt, US-Hoffnungen nach der Aufhebung des Embargos, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 33 vom 10.02.1994, S. 11.

Bundesamt

Wiesbaden

(Hrsg.): Landerbericht Vietnam 1993, Stuttgart

Wolff. Aufbruch zu neuen Ufern..., a. a. O., S. 10.

116

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

gemacht werden 3 ' 4 , um weitere notwendige Rahmenbedingungen für Investoren zu schaffen.

Seit Anfang 1990 mußte Vietnam auch einige Rückschläge verkraften, die teilweise durch den raschen Zerfall des RGW, dem Vietnam seit Ende der 70er Jahre angehört hatte, und die Einstellung der Wirtschaftshilfe durch die Sowjetunion bedingt war. Weitere Ursachen der Stagnation im Jahre 1990 war die unzulängliche Umsetzung der Reformpolitik in die Praxis, die insbesondere auf das Beharrungsvermögen des Verwaltungsapparates, die ideologischen Barrieren der politischen Führungsebene, das untaugliche Bankensystem sowie das mangelhafte Rechtswesen zurückzuführen ist. 315

Die wirtschaftliche Entwicklung Vietnams, die seit 1992 wieder positiver verläuft, soll anhand der folgenden Daten dargestellt werden. Während in den Jahren des Umbruchs nach 1975 nur ein Wirtschaftswachstum von durchschnittlich 2 , 6 % erreicht wurde, erhöhte sich dieses zu Beginn der 80er Jahre auf durchschnittlich 78% p.a., reduzierte sich 1985 jedoch auf 3,6% 3 , e . Seit 1986 lag die Veränderung des Bruttoinlandsprodukts zwischen 3,8% und 8,7%. Ab 1992 ist das Wirtschaftswachstum höher als 8 %.

Entwicklung des BIP real (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent) 3 ' 7 1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

6,1

4,0

6,1

7,1

4,5

3,8

8,3

8,1

8,7

Der Arbeitsmarkt ist äußerst angespannt und sehr unübersichtlich. In den Städten liegt die Arbeitslosigkeit nach Schätzungen bei mindestens 10 %. Wird darüber

314

Vgl. o.V.: Vietnam: Noch kein Paradies für Investoren, in: Blick durch die Wirtschaft vom 15.10.1992.

315

Vgl. ebenda, S. 10.

316

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg J: Landerbericht Vietnam 1988..., a. a. O., S 103.

317

Vgl Bundesstelle für Außenhandelsinformation aktuell, Berlin 1995, S. 1.

(BfAI) (Hrsg.): Vietnam - Wirtschaftsdaten

VI Logik und Theorie der System-Transformation

117

hinaus die versteckte Arbeitslosigkeit in den ländlichen Gebieten berücksichtigt, liegt sie bei ca. 20 %. Durch das Bevölkerungswachstum von über 2 % p.a. entsteht jährlich ein Bedarf von mehr als einer Million neuer Arbeitsplätze. Das Problem der Unterbeschäftigung wird darüber hinaus durch zurückkehrende Gastarbeiter aus den ehemaligen RGW-Ländern, entlassene Arbeitskräfte aus stillgelegten unrentablen Staatsbetrieben oder aus der rationalisierten öffentlichen Verwaltung, freigesetzte Kräfte des reduzierten militärischen Sektors sowie durch die Rückkehr zumindest eines Teils der als "boat-people" bekannten ehemaligen Flüchtlinge verschärft. 3 , 8 Die inflationäre Entwicklung war zu Beginn der 80er Jahre ein wesentliches Wirtschaftsproblem. Da neben dem offiziellen Markt ein Schwarzmarkt bestand, auf dem teilweise ein Vielfaches der staatlich angeordneten Preise für Lebensmittel und andere notwendige Konsumgüter gezahlt wurde, konnte zunächst keine Abhilfe geschaffen werden. Durch die Preisreform trafen die Produkte, deren Preise freigegeben wurden, auf einen völlig unterversorgten Markt und waren in beliebiger Höhe absetzbar. Enorme Inflationsraten waren die Folge (1986: 490 % - 600 %, 1987: 700 % - 1.000 %). Zur Dämpfung der Inflation wurde die nationale Währung, der Dong, mehreren Abwertungen unterzogen (1.11.1986 gegenüber dem US-$ um mehr als 500 %; 1.12.1987 gegenüber dem US-$ um 460 %). Durch die verbesserte Versorgungslage bei Grundbedarfsgütern infolge guter Ernten und durch eine auf Inflationsbekämpfung ausgerichtete Geldpolitik konnte die Inflationsrate, wie folgende Daten zeigen, unter Kontrolle gebracht werden.

Entwicklung der Inflationsrate ( i n %) 1988

1989

1990

1991

1992

1993

308,2

95,8

36,4

67,6

17,6

5,2

Auch die starke Abwertung des Dong konnte 1992 gestoppt und umgekehrt werden (1991: 1 US-$ = 14.700 D; März 1993: 1 US-$ = ca. 10.500 D).

318

Vgl. ebenda, S. 45.

118

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Zu der bisher in Vietnam vollzogenen Transformation läßt sich folgendes zusammenfassen: In Vietnam herrscht eine sozialistische Parteidiktatur, die sich seit 1986 in einem Prozeß des Übergangs von einer zentralen Verwaltungswirtschaft in eine Marktwirtschaft befindet. Schwerpunkte der Reformpolitik waren insbesondere - die Förderung des privaten Sektors, - die Dezentralisierung der wirtschaftspolitischen Entscheidungsprozesse, - die Preis- und Währungsreform, - die Finanzmarktreform, - die Förderung von Auslandsinvestitionen und - die Steigerung der Agrarproduktion.

Die großen Erwartungen in die neue Wirtschaftspolitik, die zu einer möglichst schnellen Sanierung der nahezu bankrotten vietnamesischen Wirtschaft führen sollte, konnten bisher nicht erfüllt werden. Die Preisreform wirkte sich in der Weise aus, daß Löhne und Preise in eine völlig irrationale Relation gerieten, da durch das Angebotsdefizit die Preise stark anstiegen und sehr hohe Inflationsraten eintraten. Die Finanzmarktreform hat bisher nur auf dem Papier stattgefunden. Eine Umsetzung konnte noch nicht festgestellt werden. Staatliche Eingriffe in die Kreditallokation und mangelhafte Kenntnisse in der Kreditvergabepraxis verhindern das Entstehen differenzierter und effizient funktionierender Finanzmärkte. 3,9 Aufgrund dessen können die privaten Unternehmen vielfach nicht die Dynamik entfalten, die von ihnen erhofft wird. Die für einen wirtschaftlichen Aufschwung notwendige intakte Verkehrsinfrastruktur ist aufgrund der schweren Beschädigungen in den Kriegsjahren und mangels Finanzierungsmöglichkeiten in den letzten Jahren bisher nicht vorhanden.

3,9

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Vietnam 1993..., a. a O , S.

81.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

119

Ein großes Hemmnis auf dem Wege zur Marktwirtschaft ist die politische Front der vietnamesischen Kommunisten, die bis auf weiteres keinerlei Öffnung zulassen wollen. Die sozialistische Gesellschaft ist nach wie vor das Ziel, das sozusagen auf "kapitalistischem" Weg erreicht werden soll.320 Insofern vollzieht sich zur Zeit eher eine Gratwanderung zwischen den Systemen. So sagt der Rektor der Economic University von Ho-Chi-Minh-Stadt, Professor Dao Cong Tien: "Doi Moi, die wirtschaftliche Öffnung ohne politische Reformen ist ein schwieriger Balanceakt. Die eine Seite behindert die andere. [..] Marktwirtschaft ist ein umfassendes Konzept, das mutiges Denken und Handeln erfordert. Und wenn ein System das Denken einschränkt, ist auch kein freies Handeln möglich."321

Die weitere Entwicklung Vietnams ist insofern unter Vorbehalt zu betrachten. Allerdings liegt Vietnam in der größten Wachstumsregion der Welt. Die Bevölkerung ist ausgesprochen fleißig, lernt schnell und ist äußerst ehrgeizig.322Die unbestreitbar erzielten Erfolge in der Landwirtschaft und die Überwindung der in 1990/1991 eingetretenen Schwierigkeiten haben bereits gezeigt, welches Potential in den Vietnamesen steckt. Zukünftige wirtschaftliche Hauptaufgaben sind: - die Sicherung der Geldstabilität, - schnellere Fortführung der Reformpolitik, - Kapitalinvestition, - Verbesserung der Märkte, - Verringerung der Arbeitslosigkeit und - Abschaffung des bürokratischen Zentralismus und der Subventionswirtschaft.323

320

Vgl. o.V.: Unveränderter Führungsanspruch der vietnamesischen Kommunisten, in: Neue Zürcher Zeitung, Fernausgabe Nr. 147 vom 29.06.1991, S. 3.

321

Vgl. o. V.: Beginnender Boom unter der Asche, in: Frankfurter Rundschau vom 18.12.1991.

322

Vgl. B. Odrich: Vietnam setzt große Hoffnungen..., a. a. 0., S. 6.

323

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Vietnam 1993..., a. a. O., S. 103.

1 20

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

2. Entwicklung der "Fünf Neuen Länder" der Bundesrepublik Deutschland Bis zum 1. Juli 1990 entsprach die Wirtschaftsordnung der DDR dem Grundmuster einer Zentralverwaltungswirtschaft, wie sie schon damals von Eucken und anderen Ordoliberalen skizziert wurde. Die gesamte politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Macht lag bei der Führung einer großen Staatsbürokratie. Die Zuteilung des Inputs und die Verteilung des Outputs wurde durch einen Gesamtplan festgelegt, wobei die Zentrale wesentliche Investitionsentscheidungen nach äußerst willkürlichen Kriterien traf. Alle Preise waren fixiert und somit bis auf ihre Funktion im Rahmen der Zuteilung der Konsumgüter auf die Endverbraucher "reine Buchhaltungsgrößen". Die Mark der DDR war nach außen nicht konvertibel. Auch innerhalb des Währungsgebietes war ihre Verwendbarkeit stark eingeschränkt, da einige Güter vielfach nur im bilateralen Tausch oder gegen DM zu erwerben waren. Der Außenhandel war ein reines Staatsmonopol. Während im Warenverkehr mit den sozialistischen Staaten bilateraler Tausch dominierte, wurde der Handel mit dem Westen nicht über einen einheitlichen Wechselkurs abgewickelt, sondern über eine Vielzahl von branchen- und firmenspezifischen Einzelkursen ("Richtungskoeffizienten"), durch die eine Angleichung der systembedingt verzerrten inländischen Produktionskosten an die Weltmarktpreise erfolgte. Produktionsmittel waren im Zeitablauf verstaatlicht worden. Zur Erfüllung der Planvorgaben zehrten die Betriebe von ihrer Substanz, da sie im Gegensatz zu Privatunternehmern in der Marktwirtschaft die langfristigen Kosten nicht selbst zu tragen hatten. Dieses führte zu einem Verfall wichtiger Teile der Substanz der Betriebe. 324

Die Transformation der Wirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) setzte

mit

"Gründung"

der Wirtschafts-,

Währungs-

und

Sozialunion 325

am

01.07.1990 ein. Im Artikel 1 des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 erkannte die

324

Vgl. H. Schmieding: Deutschlands Weg zur Marktwirtschaft: Die westdeutsche Währungsreform von 1948 und die gesamtdeutsche Wahrungsunion von 1990 im Vergleich, in: Ordo, Bd. 42(1991), S. 195 ff.

325

Zum sogenannten Einigungsprozeß gibt es inzwischen eine Vielzahl an Literaturfundstellen, (Vgl. hierzu: Zur Entwicklung der DDR seit 1989 vgl. U. Heilemann The Economics of German Unification - a First Appraisal, in: Konjunkturpolitik, 37 (1991), 3, S. 127 - 155, hier S. 152. ff.), so daß an dieser Stelle nur ausgewählte Aspekte erwähnt werden sollen.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

121

ehemalige DDR als Grundlage der gemeinsamen Wirtschaftsordnung ausdrücklich die Einführung der Marktwirtschaft mit "Privateigentum,

Leistungswettbewerb,

freie(r) Preisbildung und grundsätzlich volle(r) Freizügigkeit von Arbeit, Kapital, Gütern und Dienstleistungen" an. 326 Unter Berücksichtigung einiger Ausnahme- und Übergangsregelungen führte die damalige DDR zum 01.07.1990 die Währung und die gesamte Wirtschafts- und Sozialordnung der Bundesrepublik Deutschland ein. Am 3. Oktober 1991 trat die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei, wodurch die fünf neuen Bundesländer die politische Ordnung, das administrative System und die oberste Gerichtsbarkeit der Bundesrepublik Deutschland übernahmen. Der Übergang von einer Zentralverwaltungswirtschaft zu einer Marktwirtschaft vollzog sich in der ehemaligen DDR schockartig. Zum Stichtag der Währungsumstellung verlor die Mark der DDR ihre Gültigkeit und wurde durch die Deutsche Mark der Bundesrepublik Deutschland ersetzt. Die Umrechnung erfolgte für laufende Zahlungen zum Kurs von eins zu eins und für Vermögenswerte und Verbindlichkeiten der Inländer einschließlich Sparguthaben zum Kurs von zwei zu eins, wobei ein Festbetrag pro Kopf der Bevölkerung zu einem Vorzugskurs von eins zu eins umgestellt wurde. Dieser betrug für Kinder unter 16 Jahre 2.000 Mark, für Erwachsene im Alter von 16 bis 59 Jahren 4.000 Mark und für Personen ab dem Alter von 60 Jahren 6.000 Mark. Mit der Währungsunion, die aufgrund des geringeren Kurses für Vermögenswerte als echte Währungsreform charakterisiert werden kann, verlor die ehemalige DDR bereits 3 Monate vor dem Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes ihre geldpolitische Autonomie. 327 Mit Ausnahme der Mieten und der Tarife für öffentliche Dienstleistungen, wie z. B: Verkehr, Energie und Wasser wurden zum 01.07.1990 alle Preise freigegeben. Durch die erwartete Konkurrenz der Westwaren waren viele in Ostdeutschland hergestellte Güter bereits im Juni 1990 zu herabgesetzten Preisen verkauft worden. Nach jahrzehntelanger Mangelwirtschaft fragte die ostdeutsche Bevölkerung verstärkt westliche Produkte nach. Nach dem I.Juli 1990 lagen die DM-Preise für die vorher stark subventionierten Grundbedarfsgüter über den alten Preisen in Mark der DDR. Nach anfänglichen Problemen pendelten sich die DM-Preise für Westgüter in etwa auf westdeutschem Niveau ein. Der Preisindex für die Lebenshaltung

326

Vgl. BGBII1 1990, S. 518.

327

Vgl. H. Schmieding

Deutschlands Weg zur Marktwirtschaft.... a. a O., S 198.

122

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

aller privaten Haushalte ging insgesamt zunächst bis Juni 1990 auf 87,9 zurück (1989 = 100), stieg im Juli 1990 auf 94,5 sowie im Oktober 1990 auf 98,2 an328 und zeigt ein relativ zum Vorjahr kaum verändertes Preisniveau. Der Übergang zum Westniveau mit besserer Qualität bei in etwa unverändertem Preisniveau kann als erheblicher Gewinn an effektiver Kaufkraft je Währungseinheit gesehen werden. Die Privatisierung des ehemals volkseigenen Industrievermögens wurde von einer Gesellschaft Staatsvertrag

(der Treuhandanstalt329) 330

übernommen,

deren Tätigkeitsziele

im

und im sog. Treuhandgesetz33' im einzelnen dargelegt sind. Das

Industrievermögen der ehemaligen DDR umfaßte ca. 8.000 Betriebe mit etwa 40.000 Betriebsstätten und 6 Mio. Beschäftigten. Dazu zählten 100 Kombinate mit Holding-Charakter.332 Durch die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 1. Juli 1990 wurden die ostdeutschen Unternehmen mit ihrem immensen Produktivitätsrückstand unmittelbar dem Wettbewerb der Weltwirtschaft ausgesetzt. Um einen Zusammenbruch großer Teile der Wirtschaft zu verhindern, wurden von der Treuhandanstalt im Zeitraum Juli - September 1990 Kredite in Höhe von 25,4 Mrd. DM verbürgt.333 Im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrages, zum Aufbau effizienter Wirtschaftsstrukturen beizutragen, wurde durch die Treuhandanstalt insbesondere die Privatisierung kleiner und mittlerer Unternehmen gefördert. Betriebe dieser Größenordnung können aufgrund ihrer besonderen Anpassungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft wesentlich die wirtschaftliche Erholung in den neuen Bundesländern positiv beeinflussen. In diesem Zusammenhang wird auch eine unternehmerisch sinnvolle, aktive Entflechtung von Konzernen vorangetrieben, so daß aus diesen großen Einheiten viele kleine und mittlere selbständige überlebensfähige Betriebe ausgegliedert und privatisiert werden. Hierzu bieten sich z. B. einzelne Produktionsberei-

328

Vgl. Deutsche Bundesbank:

329

Es muß bemerkt werden, daß es für die sogenannte Treuhandanstalt kein Beispiel gab und diese wie keine andere Institution ohne Erfahrung zu entscheiden und zu handeln hatte. Auch gab es keine theoretischen Grundlagen, geschweige denn ein ausgefeiltes Konzept.

330

Vgl. BGBII11990,

331

Vgl. Gesetzblatt - DDR 11990, S. 300.

332

Vgl. W. Möschel Treuhandanstalt und Neuordnung der früheren DDR-Wirtschaft, in: Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, 1 (1991), S. 175.

333

Vgl Bundesminister der Finanzen (Hrsg.): Die Tätigkeit der Treuhandanstalt, Schnelle Privatisierung, Entschlossene Sanierung, Behutsame Stillegung, Bonn, Stand: 31.Oktober 1991, S. 10.

Monatsbericht Dezember 1990, Frankfurt 1990, S 74.

S. 518.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

123

che, aber auch handwerkliche Nebenbetriebe oder Ingenieurabteilungen an. Ein Jahr nach der Herstellung der Einheit Deutschlands waren 3.788 Unternehmen und Unternehmensteile privatisiert.334 Neben diesen Privatisierungen hat die Gesellschaft zur Privatisierung des Handels (GPH) die sog. "Kleine Privatisierung" gesondert durchgeführt. Bis 30.06.1991 wurden durch sie 13.040 Ladengeschäfte und Gaststätten sowie kleine Hotels privatisiert.335 Dem gesetzlichen Auftrag der Treuhandanstalt, die Wettbewerbsfähigkeit möglichst vieler Unternehmen herzustellen, um somit Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, entsprach die seit Beginn betriebene Sanierung von Unternehmen, bei denen eine Privatisierung mangels Interesse zunächst nicht möglich ist. Zur Vorbereitung der Privatisierung, wurden nur solche Unternehmen saniert, die bei vertretbarem Mitteleinsatz Aussicht auf spätere Rentabilität boten.336 Der an sich schon schwierige Übergang der Unternehmen in die Marktwirtschaft wurde insbesondere aus zwei Gründen zusätzlich erschwert. Durch die verstärkte Nachfrage der ostdeutschen Bevölkerung nach Westprodukten ergaben sich Absatzprobleme. Bis Ende November 1990 ging der Absatzanteil wichtiger ostdeutscher Konsumgüter im Beitrittsgebiet um etwa 15 % zurück337. Infolge der Auflösung des RGW-Systems brachen die für die ostdeutschen Unternehmen relevanten osteuropäischen Absatzmärkte weitgehend weg, so daß der Absatz stagnierte und neue Handelsbeziehungen aufgebaut werden mußten. Nach statistischen Ergebnissen einer DIW-Befragung zum Jahreswechsel 1993/1994 war der Absatz nach Osteuropa auf 10 % des Gesamtumsatzes zurückgegangen. Die Zukunftshoffnungen richten sich auf die Märkte in Westdeutschland und im westlichen Ausland, wo z. Z. 25 % bzw. 10 % des Umsatzes abgesetzt wird. 338

Die Arbeitsentgelte erfuhren eine Orientierung am westdeutschen Niveau mit der Option der sukzessiven Anlehnung. Zu den wesentlichen Ausnahmeregelungen

334

Vgl. ebenda, S. 16 ff.

335

Bundesminister

336

Vgl. ebenda, S . 1 2 - 1 9 .

337

Vgl. Vereinigte Wirtschaftsdienste (VWD) (Hrsg.): Immer weniger ostdeutsche Produkte im Handel, in: VWD-Spezial vom 14.01.1991, Eschborn, S. 5.

338

Vgl. o.V.: Absatzmärkte ostdeutscher Industriebetriebe, in: Oppenhoff & Rädler (Hrsg.), Deutschland Ost Spezial 1994, Nr.49 vom 09.12.1994, S. 8.

der Finanzen (Hrsg ): Die Tätigkeit der Treuhandanstalt..., a. a. O., S. 17.

1 24

VI Logik und Theorie der System-Transformation

von der bundesdeutschen Wirtschafts- und Sozialordnung, die ansonsten weitgehend direkt auf das Beitrittsgebiet übertragen wurde, gehörten die Bestimmungen über Kurzarbeit. Um die Zahl der Entlassungen zu verringern, konnte Kurzarbeitergeld auch bei einem nicht nur vorübergehenden Arbeitsausfall gezahlt und auch an solche Arbeitnehmer geleistet werden, die im Betrieb nicht mehr tätig waren. Durch Übernahme bundesdeutschen Arbeitsrechts zuzüglich derartiger generöser Bestimmungen ergaben sich weitere Hindernisse, was den Zeitbedarf für die Transformation vergrößert (hat).

Was die System-Transformation, genauer: der Anschluß an die Bundesrepublik Deutschland, für die ehemalige DDR (genauer: deren Bürgern) an Vorteilen mit sich brachte, sei kurz ohne Anspruch auf Vollständigkeit aufgelistet:

(1)

Import von politischer und ökonomischer Sicherheit, Stetigkeit und Stabilität;

(2) (3)

Nutzung des internationalen Standings der Bundesrepublik Deutschland; Entschärfung sozialer Probleme durch extreme Ressourcen-Übertragung; Erfahrung von "mehr" Gerechtigkeit (im eigenen Land), Abkoppelung von externen Forderungen;

(4) (5)

Vermeidung von Fragilität bei der Transformation; Übernahme und Nutzung von institutioneller Infrastruktur (Gesetze, Verordnungen, Regeln, Institutionen, Humankapital, Verwaltungserfahrung, technische Hilfe, Forschungskapazitäten, Bildungseinrichtungen, Universitäten u. a. m ), deren hochsubventionierter isolierter Aufbau ansonsten äußerst zeitaufwendig gewesen wäre;

(6)

Vermeidung von größeren Inflationsgefahren;

(7)

Lösung von Fiskalproblemen;

(8)

Auflösung des internationalen Verschuldungsproblems;

(9)

Zugang zum internationalen Arbeits-, Kapital- und Technologiemarkt zu sehr günstigen Bedingungen;

(10)

Anhebung des Wohlstandes und

VI Logik und Theorie der

(11)

System-Transformation

125

Herbeiführung und Sicherung größtmöglicher inhaltlich weitgehend nicht beschränkter Freiheit.

Als Nachteile sollen vereinzelt von der Bevölkerung der ehemaligen DDR geäußerte subjektive Einschätzungen angeführt werden: (1)

Induzierung von "Neid";

(2)

Abbruch von Ostmarkt-Beziehungen (z. B. des Getriebewerkes Penig GmbH, das in der DDR in etwa dieselbe "Weltmarktstellung für den Osten" wie die Firma Flender für den Westen hat);

(3)

partielle Verpflichtung zur sozialen Vorsorge;

(4)

Verteuerung öffentlicher Dienste;

(5)

Verteuerung der Nutzung langlebiger Güter (z. B. Wohnungen), allerdings bei gleichzeitiger Qualitätserhöhung;

(6)

Verpflichtung zur Selbstbestimmung und Selbstverantwortlichkeit;

(7)

Wandlung von (übernommenen) Altlasten (Verbindlichkeiten in Mark der DDR) in Neulasten (Bedienung von Altlasten in DM allerdings auf niedrigerem realen level) und

(8)

Hinnahme von Herausforderungen im privaten und öffentlichen Bereich.

Die durch den Anschluß an die Bundesrepublik erhaltenen Vorteile der ehemaligen DDR können andere transformationswillige Länder339 nicht erlangen. Nachteile treten bei ihnen in weit größerem Umfange und Ausmaße auf. Dazu sei-wenn man die (stark bevorteilte) ehemalige Sowjetunion und das umgeschuldete Polen ausklammert - nur darauf verwiesen, daß die "klassischen" Entwicklungsländer zusammen im Jahr höchstens 5 % der Hilfe aus der Bundesrepublik Deutschland erfahren, die die neuen Bundesländer erhalten.340 Die Währungs-, Wirtschafts- und

339

Einschließlich transformationswilliger sogenannter Entwicklungslander.

340

Nach Auskünften des Bundesfinanzministeriums betrug der Bruttotransfer für Ostdeutschland 1991: DM 140 Mrd., 1992: DM 152 Mrd. und 1993: DM 183 Mrd. Davon sind abzuziehen die Rückflüsse 1991: DM 33 Mrd., 1992: DM 39 Mrd. und 1993: DM 45 Mrd. Leistungen für die neuen Bundesländer sind darüber hinaus Steuermindereinnahmen beim Bund und den Ländern aufgrund von Steuervergünstigungen für Ostdeutschland. Auch sind nicht enthalten einigungsbedingte Zuwendungen und Zusatzaufwendungen.

126

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Sozialunion zwischen den beiden Staaten stellt einen historisch wohl beispiellosen Vorgang dar. Mit wenigen Ausnahmen wurde die gesamte Wirtschafts- und Sozialordnung mit den dazugehörigen Institutionen eines Landes übernommen, die sich andere transformationswillige Länder zunächst erarbeiten müssen. Die "zentrale Planung" wurde auf dem Papier "schlagartig" durch eine marktbewährte Währung, Vertragsfreiheiten schlechthin, Mobilitätsfreiheiten für die Faktoren Arbeit, Kapital, Güter und Wettbewerb abgelöst. Allerdings erfolgte die tatsächliche Umsetzung nur langsam. Die abrupte Aufhebung der weltweiten relativen Isolation der DDR-Wirtschaft, d. h. ihre schnelle Rahmeneinbettung in die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland, damit in die EG und so letztlich in die Weltwirtschaft verlangten, kosteten und erforderten eine entsprechende äußerst umfassende Strukturanpassung, wie sie selbst die alte Bundesrepublik Deutschland 1948/49 nicht notwendig hatte. Allerdings war die Währungsreform für die damaligen Zonen 1948 gravierender als die für die DDR im Jahre 1990, deren Bürger von denen der Bundesrepublik im starken Maße alimentiert wurden. Trotz der weitreichenden Alimentation durch die Bundesrepublik Deutschland vollzieht sich die System-Transformation in Ostdeutschland nur langsam. Vielerorts wird dafür auch das künstlich, unabhängig vom Arbeitsmarkt "hochgeschraubte" (innerhalb von wenigen Monaten z. T. verdoppelte) Lohnniveau verantwortlich gemacht. Die Transformationshemmnisse, die neben dem Lohnniveau existieren, so im Engpaß-Bereich der physischen und administrativen Infrastruktur, können voraussichtlich nur in vielen Jahren überwunden werden.

Die dargestellten Entwicklungen einiger Länder, in denen Transformationen vorgenommen wurden, haben gezeigt, daß die Vorgehensweise bei einer SystemTransformation sehr unterschiedlich sein kann. Häufig wurde die System-Transformation in mehrere Phasen unterteilt, die aufeinander aufbauen und sich somit logisch bedingen.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

127

C. Logik der Reihenfolge der Transformationsmaßnahmen Die Vorgehensweise bei einer System-Transformation erfordert ein hohes Maß an Rationalität, die sich sowohl auf den Inhalt der Reformmaßnahmen als auch insbesondere auf die Reihenfolge der durchzuführenden Reformen bezieht. Eine empirisch gestützte Logik, die dieser Bezeichnung im Sinne der Aussagenlogik entspricht und die sich vornehmlich der Verknüpfungen von Aussagen durch die Worte "wenn - so" und gelegentlich auch durch das Wort "und" bedient, wenn an zeitliche Parallelität von Transformationsmaßnahmen gedacht ist, ist aus der Literatur nicht bekannt. Das kollektive "Gut" die neue Gesellschaftsordnung und von dort das neue Gesellschafts- und Wirtschaftssystem wird nach Olson341 bestenfalls im suboptimalen Umfange bereitgestellt, d. h. das neue System arbeitet nicht zwingend effizient, zumal in zu transformierenden

Ländern oft viele Wirtschaftssubjekte

ohne

"Leistungen" für ihre Existenz im "Schatten des Systems" operieren (Schattenwirtschaft). "Von selbst" erscheint ein marktwirtschaftliches System nicht zu entstehen, obwohl immer und überall, d. h. in jedem System im kleinen Marktelemente entstehen und wirksam sind.342 Vielmehr sind es neben den Reformen die regulativ wirkenden marktwirtschaftlichen Institutionen, die für das Entstehen marktwirtschaftlicher Verhaltensweisen notwendig sind. Sie sind es, die letztlich die "Konstruktion"343 des marktwirtschaftlichen Systems ausmachen.

Eine System-Transformation "auf einen Schlag", die eine Änderung aller im Rahmen einer System-Transformation neu zu gestaltenden Teilordnungen einschließlich der Gründung der dazu notwendigen marktwirtschaftlichen Institutionen zeitlich parallel vornimmt, ist für eine Durchführung zu komplex. Darüber hinaus würde sie die Einwohner aufgrund psychischer und auch vor allem sozialer Belastungen überfordern. Insofern sind i. d. R. die anstehenden Ordnungs341

Vgl. M. Olson jr:. Die Logik des kollektiven Handelns, Tübingen 1968, S. 21 ff

342

Markte bilden sich immer und überall (auch im sogenannten nicht-ökonomischen Bereich), sie sind nicht total "unterdrückbar". Zur diesbezüglichen Begründung vgl. H. Biermann: Der Markt als ergodisch-kybernetisches System, in: F.-X. Bea u. a. (Hrsg.): Systemmodelle, München, Wien 1979, S. 221 ff.

343

Genau besehen kann der Markt nicht konstruiert werden; er ist ein Phänomen, das sich je nach Zwängen in dieser oder jener Form herausbildet.

128

VI Logik und Theorie der System-Transformation

änderungen nicht gleichzeitig, sondern temporär nacheinander vorzunehmen, wobei zwischen den Maßnahmen den sog. Elementen Zeit für die eigentliche Transformation und die notwendige sich daran anschließende Entwicklung zu lassen ist. Einige wenige Maßnahmen können zwar parallel erfolgen, es muß jedoch darauf geachtet werden, daß die Bevölkerung nicht überlastet wird, da ansonsten die Gefahr besteht, daß die Transformation von den betroffenen Menschen abgelehnt wird. Dabei ist zugestanden, daß die einzelnen Transformationsmaßnahmen von der Idee über die Gesetzgebung bis zur Implementation unterschiedliche Zeiträume je nach Ethnie, Kultur, Religion oder administrativen Beschränkungen benötigen.

1. Entwurf einer Logik der Reihenfolge der Teilordnungen (-Ordnungsänderungen) Folgt man - wie dargelegt - der Einsicht, daß in einem Wandlungsprozeß nicht alle angezeigten Veränderungen gleichzeitig, sondern zweckmäßigerweise und ökonomisch wie rational begründet nacheinander erfolgen sollten344, stellt sich die Frage nach dem Anfang, dem zweiten Schritt und den folgenden Maßnahmen in ihrer Abfolge.

Hinsichtlich einer optimalen Sequenz der Transformationsschritte345 weichen die Auffassungen in der Literatur346 stark voneinander ab. Die existierenden Ansätze 344

Da einzelne Schritte unterschiedliche Zeiträume beanspruchen, kann sich die Notwendigkeit der Parallelität ergeben.

345

Zu einer grundlegenden Gegenüberstellung der einzelnen sequenztheoretischen Ansätze vgl. M. Falk, N. Funke. Zur Sequenz von Reformschritten: Erste Erfahrungen aus dem Transformationsprozeß in Mittel- und Osteuropa, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 2, 1993, S.186 206.

346

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Literaturstellen, die sich mit der Abfolge der Transformationsschritte befassen, so D. Upton, J. Sachs, G. Roland: The Political Economy of Sequenzing Tactics, Centre Mathématique et d'Èconometrie Discussion Papers, Heft 9008, Brüssel 1990; R. Dornbusch. Strategies and Priority for Reform, in: P. Morer, S. Zecchini (Hrsg.): The Transition to a Market Economy, Paris 1991, S. 169 ff.; S.Fischer, A. Gelb: Issues in Socialist Economic Reform, in: P. Morer, S. Zecchini (Hrsg.): The Transition..., a.a.O., S. 183 ff.; M. Hinds Issues in the Introduction of Market Forces in Eastern European Socialist Economies, in: S. Commander (Hrsg.): Managing Inflation in Socialist Economies in Transition,

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

129

weisen jedoch kein zugrundeliegendes Ziel- und daraus ableitbares Transformations-Planungssystem auf. Der hier vertretene Ansatz weicht insofern von den vorgenannten ab, als aufbauend auf der in den jeweiligen Ländern vorherrschenden Präferenzstruktur und der daraus ableitbaren Zielhierarchie eine Schrittfolge vorgeschlagen wird. Die einzelnen Schritte sind dabei aufgrund der jeweils auftretenden Probleme ggf. exogen zu stützen.

Voraussetzung einer Transformation von einer Plan- zu einer wie auch immer konzipierten Marktwirtschaft ist die Existenz eines stabilen politischen Systems und die Etablierung eines "mächtigen" transformationswilligen politischen Leaders, der vor allem im Wege der Konsensbildung in der Bevölkerung in der Lage ist, ein wohldurchdachtes, rational konzepiertes Transformations- und Entwicklungsleitbild durchzusetzen. Mit der Etablierung des Leaders muß gleichzeitig dieEinführung eines neuen (ggf. demokratischen) Gesellschafts- und Wirtschaftssystems und vor allem die Garantie jeglicher persönlicher Freiheit und der Menschenrechte 3 '' 7 gewährleistet sein, um die notwendigen Freiräume für wirtschaftliche (und politische bzw. gesellschaftliche) Aktivitäten sicherzustellen.

Washington 1991, S. 121 ff.; R. I. Mc Kinnon: The Order of Economic Liberalization, Baltimore 1991; D.M.Nuti Stabilization and Sequenzing of Socialist Economies, in: S. Commander (Hrsg.): Managing Inflation .., a. a. 0., S. 155 ff.; T. M. Rybczynski: The Sequencing of Reform, in: Oxford Reviews of Economic Policy, 7 (1991), S. 26 ff.; H. Siebert. The Transformation of Eastern Europe, Kieler Diskussionsbeiträge, 193 (1993). J. Kornai hat in seiner Schrift (J. Kornai: The Road to a Free Economy, Shifting from a Socialist System: The Example of Hungary, New York, London 1990, S. 34 ff und S. 102 ff) z. B. zeitlich nach der Eigentumsverfassung als "Chirurgie" zwecks Stabilisierung folgende Transformationsschritte vorgeschlagen, die sich nicht mit denen des Autors decken: Inflationsstop, Herstellung eines ausgeglichenen Staatshaushaltes, Beeinflussung makroökonomischer Nachfragen, Einführung "rationaler" Preise, Allgemeine Währungs-Konvertibilität, Soziale Sicherheiten, Internationale Stabilisierung, Überwindung von extremen Knappheiten und Wiederherstellung (Gewinnung des gesellschaftlichen Lebens). 347

Vgl. hierzu R. Opalka: Wende um 360 Usbekistan auf dem Weg in die Demokratie ?, in: ai vestung, Hrsg.: amnesty international Gruppe 1200, Ausgabe 2/1994, S. 8 f., in der über Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan berichtet wird. Auch in Kasachstan, Turkmenistan und Tadschikistan ist die Wahrung der Menschenrechte nicht gesichert. Bei Gewaltanwendung und Menschenrechtsverletzungen ist eine effiziente System-Transformation undurchführbar.

130

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Um die Bereitschaft zum Tragen von Belastungen und das Annehmen von Herausforderungen bei der Bevölkerung (den Betroffenen) zu fördern, sind detaillierte Informationen durch unabhängige Medien unabdingbar, da sie tendenziell in der Lage sind, Information über den Transformations- und Entwicklungsverlauf und konstruktive Kritik bereitzustellen. In diesem Bereich sind verantwortungsbewußte, auf Demagogie verzichtende Personen erforderlich, was ggf. auch hier externe Hilfestellung notwendig macht.348

Da sich die Transformation an den unmittelbaren Bedürfnissen der Menschen zu orientieren hat, gilt es diesem zunächst Ausdruck zu verleihen. Ihren Niederschlag finden die - nicht unbedingt originären - Bedürfnisse in Markt- Preisen349, die sich aus Angebot und Nachfrage ergeben, wobei allerdings aufgestaute Bedürfnisse besondere Ausschläge hervorzurufen vermögen. Es muß eine hinreichende exogen ausgelotete Flexibilität der Preise gewährleistet sein, um (nachhaltig) Produktionsanreize zu ermöglichen und eine präferenzorientierte Allokation zu gewährleisten. Dies erfordert eineexogen gestützte Preisliberalisierung. Dabei ist zu beachten, daß durch eine Preisliberalisierung die Preise für Güter mit preisunelastischer Nachfrage (z. B. Grundbedürfnisgütern) insbesondere bei einer preisunelastischen Angebotsfunktion (kurzfristig bei Grundbedürfnisgütern und Gütern, für die derzeit erforderliche Vorprodukte nicht erhältlich sind), tendenziell relativ große Preissteigerungen bei nur geringer Angebotsausdehnung zu verzeichnen haben. Unter der Maßgabe, daß Transformationsprozesse in einem Stabilitätsbereich verlaufen sollten, sollten demnach zum einen die Preise für Grundbedürfnisgüter für einen Übergangszeitraum kurzfristig in nur engen Bereichen flexibel sein (innere Liberalisierung) und zum anderen die gestützte Einfuhr erforderlicher Vorprodukte, insbesondere in den für die Grundbedürfnisse relevanten Produktionsbereichen, im Wege einer Teil-Liberalisierung des Außenhandels ermöglicht werden.

348

Vgl. dazu die Unterstützung der Wirtschaftspolitik L. Erhards in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" von 1948 bis 1961.

349

Würde man zunächst Eigentum privatisieren wollen, waren keine gegeben und so auch der Korruption alle Türen geöffnet.

Bewertungsmaßstäbe

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

131

Marktpreise350 sind allerdings nur auf der Basis eines Zahlungsmittels vorstellbar; genauer: ein stabiles Zahlungsmittel (Geld) als Spiegelbild von (ggf. geliehenem) Vertrauen und so als Informations-Medium (im Sinne eines numéraire) muß gegeben sein. Mit anderen Worten: ohne einen Bereich des Wirtschaftslebens, auf dem Vertrauen gründen kann, erscheint eine Transformation unvorstellbar.

Da bei einem zur Transformation anstehenden System in das bisherige Medium (Zahlungsmittel sowie Wertaufbewahrungsmittel) aufgrund der festzustellenden Hyperinflation wohl kein Vertrauen mehr investiert wird, bleiben nur die Möglichkeiten, entweder auf eine stabile "Parallelwährung"35, zurückzugreifen, die in Form des US-$ in allen osteuropäischen und östlichen Volkswirtschaften wohl schon gegeben war, oder eine stabile eigene Währung einzuführen (1. Stufe der äußeren Liberalisierung). Um eine stabile Währung zu erreichen und zu erhalten, sind ggf. während des gesamten Transformationsprozesses

Maßnahmen zur Be-

kämpfung der Inflation zu ergreifen. Inflation ist ein dynamischer, spiralförmiger Prozeß, der alle Bereiche (Preise, Löhne und andere Kostenfaktoren) erfaßt. Falls diese Spirale "abgebrochen" wird, besteht eine gute Chance, die Inflation einzudämmen. Die Schaffung nachhaltiger Produktionsanreize erfordert die Stabilisierung der politischen (ggf. demokratischen) Ordnung. Notwendig ist diesbezüglich vor allem die Etablierung einer stabilen Eigentumsverfassung, d. h. vor allem die Garantie privaten Eigentums. Ohne diese ist die Motivation zur Vornahme von Investitionen und damit von langfristigen Produktionsausweitungen erheblich geringer, da die Investitionsrückflüsse (sofern Investitionen überhaupt durchgeführt werden) unsicher sind und die erforderliche (Risiko-) Verzinsung der Projekte daher erheblich höher liegen muß. Dabei ist die Trennung von Eigentum und Untemehmensführung oder Projektleitung unerheblich. Allerdings sollte bereits in dieser Phase eine exogen begleitete Dezentralisierung zentraler Entscheidungskompetenzen eingeleitet werden. Die jeweilige Eigentumsverfassung hat dabei den traditionellen Wirtschaftsweisen der jeweiligen Volkswirtschaft Rechnung zu tragen (z. B. Nomaden-Wirtschaft).

350

Genau besehen gilt es, die Preise der Güterklassen zu unterscheiden.

351

Nicht selten existierten 3 "Parallelwahrungen", z. B. Ende 1992 in Aserbaidschan neben dem Rubel und dem Manat noch der US-$.

VI Logik und Theorie der

132

System-Transformation

Ist eine Eigentums-Verfassung gegeben, bestehen auch ggf. Anreize für die Produktion aller Güter, d. h. auch Investitionsgüter, oder deren Importe.352 Allerdings setzt die Beschaffung dazu notwendiger Investitionsgüter, deren Anschaffungskosten erst noch verdient werden müssen, entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten voraus. Die Garantie des Eigentums dürfte dann relativ schnell zur Aktivierung bestimmter Branchen (z. B. des Wohnungsbaus) führen, was sich aufgrund sich herausbildender Linkage-Effekte auf weitere Branchen (sogar ganze Sektoren) ausdehnen dürfte (Multiplikator-Effekt). Die Vornahme von Investitionen kann - da der Gewinnspielraum potentieller Unternehmen noch gering ist - nur im Wege der externen Finanzierung und bei nicht möglicher Beteiligungsfinanzierung aufgrund fehlender Kapitalmärkte und unzureichendem Eigenkapital der Eigentümer i. d. R. nur im Wege der zierung erfolgen. Dies erfordert die Schaffung eines hinreichend

Kreditfinanfunktions-

fähigen Finanz- bzw. Bankensystems353 3S4, einschließlich der Konstituierung einer weitgehend unabhängigen Zentralbank. Die Konstituierung letzterer ist dabei hinsichtlich der Bildung des Vertrauens auf die Funktionsfähigkeit des Finanzsystems, insbesondere durch die der Zentralbank zukommenden Funktionen als lender of last resort und der Überwachung von Sorgfaltsvorschriften, notwendig. Marktgerechte Finanzierungsbedingungen können sich dabei nur in Folge der Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs, mithin der "Anlehnung" an "große"

Wirtschaftsräume,

herausbilden.

Daß

es

dabei

einer

geeigneten

personalen Infrastruktur bedarf, versteht sich von selbst - wobei diese ein hohes und schnelles Lernvermögen bei den entsprechenden Mitarbeitern voraussetzt. Es ist einsichtig, daß hierbei auf die Unterstützung des Auslandes in keinem Falle verzichtet

werden

kann.

Denn

diesbezügliche

(inländisches Know-how) stehen dafür nicht bereit.

inländische

Ressourcen

355

352

Investoren reagieren in wesentlichem Ausmaß auf bestimmte interne und externe Rahmenbedingungen.

353

Im Transformationsprozeß kommt dem Bankensystem eine Schlüsselrolle zu, denn nur ein funktionierendes Bankensystem macht Sparen attraktiv und führt zu einer effizienten Allokation der Ersparnisse. Das Scheitern der Transformation kann ansonsten ggf. auf ineffiziente Kreditmärkte zurückgeführt werden.

354

Die Leistungsfähigkeit des Bankensystems ist abhängig von den organisatorischen und technischen Kapazitäten, den Umfeldern und den internationalen "privaten" Interessen. Vgl. dazu IBRD (Weltbank): Weltentwicklungsbericht 1994, Washington D.C 1994, S. 143 f.

355

Nicht zuletzt deshalb, weil in den MUGUS nur wenige Personen Gelegenheit hatten, im westlichen Ausland eine Ausbildung zu erfahren.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

133

Hinsichtlich des Aufbaus des Finanzsystems ist zu vermerken, daß dieser (aufgrund des notwendigen zugrundeliegenden Vertrauens) zwingend mit der Schaffung der Eigentumsverfassung und eines zuverlässigen Rechtswesens einhergeht, was eine parallele Durchführung erfordern könnte bzw. zumindest eine Überlappung der Transformationsschritte verlangt.356 Das nationale Rechtssystem ist so zu gestalten, daß es dem internationalen Recht nicht widerspricht. Dieses auszuformen, sind nationale Entscheidungsträger mit

Unterstützung inter-

nationaler Berater aufgerufen.

Das kurzfristig vordringliche Ziel der vorangehenden Schritte ist die Stimulierung der Investitionstätigkeit. Voraussetzung der Anreizbereitstellung ist die Schaffung einer funktionsfähigen, befriedigend effizienten staatlichen Infrastruktur. Dies umschließt die sachgerechte Gestaltung des staatlichen Finanzwesens, die Bereitstellung einer statistischen (z. B. Statistische Ämter) und rechtlichen (z. B. Kataster- und Grundbuchwesen) Basis sowie die Vermeidung von Verschwendung im politischen Bereich. Letztere ergibt sich aus dem derzeit mangelhaften Problemlösungspotential bei gleichzeitig vorhandenen (übernommenen) Überkapazitäten sowie aus Kompetenzüberschneidungen in Folge der Neuschaffung staatlicher Institutionen. Insofern hat eine Konsolidierung des staatlichen Haushalts zu erfolgen, die vor oder parallel mit der Schaffung der staatlichen Infrastruktur vorzunehmen ist. Gefordert wäre eine hinreichend effiziente ebenfalls neu exogen eingeführte "lean-administration". Eine besondere Rolle kommt dabei demMilitär als potentiellem (Mit-) Träger wirtschaftlicher Entwicklung (aufgrund der dort erworbenen diesbezüglichen komparativen Vorteile) zu. Gerade in diesem Bereich gilt es, Verschwendung zu vermeiden. Sind die Finanzierungsbedingungen mithin "marktgerecht" und besteht Hoffnung auf Rechtssicherheit, wird sodann zunächst verstärkt mit der Gründung von lokal / regional tätigen Handelsunternehmen357 gerechnet werden können. 358 Erfolgt staatlicherseits keine Umlenkung von Handelsgütern in vermeintliche Engpaßbereiche mehr, die mit Ungleichgewichten auf den Gütermärkten gerechtfertigt

356

Vgl. hierzu Kap.VI.C.2.

357

Rational handelnden Wirtschaftssubjekte sehen sich einem potentiellen Markt gegenüber, der im Falle umfassender Initiative in kurzer Zeit hohe Profite verspricht.

358 Ehva i n Form der Eröffnung von Eissalons, was in Almaty festgestellt werden konnte.

134

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

wurden, und wird auch sonst die Verschwendung359 etwa im militärischen und nicht-militärischen Politikbereich vermieden, erfolgt mithin kein Entzug von Ressourcen aus dem "produktiven" Bereich, so besteht die Chance, daß Wirtschaftssubjekte sich auch dem Vorleistungsbereich zuwenden. Multiplikator- und Akzelerator-Effekte sind dann zu erwarten. Wird so der Bevölkerung allgemein das Eintreten von Fortschritt fühlbar und sichtbar, dürfte das Unzufriedenheits-Potential der Bevölkerung langsam eine Abnahme erfahren. Hierzu können sog. Inzentive, wie z. B. zeitlich begrenzte Steuervorteile zur Förderung der Investitionstätigkeit, hilfreich sein.

Im Anschluß daran scheint es angezeigt, mit der Überführung des staatlichen Eigentums 360 in private Hände zu beginnen. Diese Maßnahme mag in der Reihenfolge der Transformationsschritte relativ weit hinten angesiedelt sein. Im Übergang von einer Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft ist es jedoch wichtig, daß die für eine effiziente Privatisierung vorbereitenden Schritte bereits in die Wege geleitet sind. Dem Privateigentum werden folgende Funktionen zugesprochen 36 ': - Sicherung des Wettbewerbs durch Reduzierung von Verschwendung und Nutzung von Resourcen nach individuellem Kalkül, - Kontrolle des Managements in Form von Selbstkontrolle bei Personalunion oder durch die Eigentümer, - Minderung von Risiken aufgrund des Einstehens für die daraus evt. resultierenden Verluste, - Reduzierung von Fehlentscheidungen durch die dem Privateigentum immanente Verantwortung,

359

Nur entwickelte reiche Volkswirtschaften können sich unter Umständen temporär Verschwendung leisten. Gerade im Entwicklungsprozeß kommt es auf den rationalen Einsatz der Ressourcen an.

360

Sofern es nicht den Charakter eines "öffentlichen Gutes" hat. Vgl. hierzu den Exkurs "Nationales Programm..., II. Etappe in diesem Abschnitt, in dem die nicht zu privatisierenden Güter der Republik Kasachstan aufgeführt werden.

361

Vgl. hierzu auch W. Dichmann, G. Fels (Hrsg.): Gesellschaftliche und ökonomische Funktionen des Privateigentums, Köln 1993, passim.

VI Logik und Theorie der

System-Transformalion

135

- Effizienzsteigerung der Kapitalallokation durch die Wirksamkeit von Kapitalmärkten. Im Falle des Wohnungsbestandes bedeutet Privatisierung i. d. R. eine Überführung des Wohnungseigentums an den Wohnungsbesitzer. Da sich - wenn der Reihenfolge entsprochen worden ist - bereits ein bescheidener lokaler Wohnungsmarkt herausgebildet haben wird, ist eine Chance für die (fragmentarische) Bewertung des in private Hände zu überführenden Wohnungseigentums gegeben. Weiterhin wird sich aufgrund der bisherigen Maßnahmen ggf. ein kleiner privater industrieller Sektor entwickelt haben 362 , so daß die kleineren und mittleren staatlichen Unternehmen eine landesinterne Bewertung erfahren können 353 . Allerdings kann das dazu führen, daß einige äußerst ineffiziente Staatsbetriebe oder Teile von ihnen keinen Käufer finden werden - wie dies der Privatisierungsprozeß in der ehemaligen DDR hinlänglich offenbart hat. Da dadurch enorme Beschäftigungsprobleme auftreten, bleibt auch in diesem Falle die schnelle exogene Unterstützung des Auslandes im Sinne der Hilfe zur tatsächlichen Selbsthilfe vordringlich, sollen Unruhen größeren Ausmaßes verhindert werden. In einigen zentralasiatischen Ländern ist wegen des heute noch zum Teil bestehenden Nomadentums eine Privatisierung von Grund und Boden problematisch, so daß in diesen Republiken zunächst hierauf verzichtet werden soll.

Zur Unterstützung der privatisierten sowie der neugegründeten kleineren und mittleren Unternehmen 36 '' sind folgende Maßnahmen zu ergreifen: - Die Beschaffung von erforderlichen Investitionsgütern im Ausland setzt die Fähigkeit zur Devisenerwirtschaftung voraus. Wegen der grundsätzlich mangelnden Weltmarktfähigkeit der derzeitigen Produkte in den jeweiligen Ländern sind je-

362

Er kann nur klein sein, da für die Kapitalbeschaffung anfangs noch nicht genug Quellen vorhanden sind.

363

Die externe Bewertung (d. h. die vom Weltmarkt ausgehende) erscheint aufgrund der Liberalisierung gegeben. Allerdings können im Falle "kleinerer Objekte" allerorten Informationsdefizite bestehen, insbesondere wenn es sich um "Monopolbetriebe" "kleiner" Länder handelt. Wer würde sich etwa für eine "Quecksilber-Mine" in Kirgistan interessieren, die ehemals nur für die sowjetische Wirtschaft genutzt wurde?

364

Vgl. hierzu auch J. Kornai. The Road to a Free Economy.. , a. a. O., S 50, der hierzu ausführt: "A most important element of the social transformations we seek is the development of a new middle class, whose core would be composed of industrians, trifty entrepreneurs who want to move upward in society."

136

VI Logik und Theorie der System-Transformation

doch länderbezogene auf Technologieimporten beruhende Güterinnovationen notwendig, die weltmarktbezogen komparative

Wettbewerbsvorteile

aufweisen. Diese gilt es auf der Basis adäquater Anreize zu induzieren. Allerdings erfordert die Erarbeitung komparativer Wettbewerbsfähigkeit und das Entstehen von Innovationsaktivitäten die Reduzierung sämtlicher Subventionen, die möglicherweise aufkeimendes Innovationspotential langfristig ersticken. - Des weiteren ist die physische Infrastruktur im Land aufzubauen bzw. zu erweitern und zu modernisieren, um die kalkulationsrelevante Güterdistribution zu ermöglichen und damit die potentiellen Unternehmensmärkte zu erweitern. - In der Folge sind noch bestehende Ursachen von Allokationsverzerrungen zu beseitigen. Dies erfordert die forcierte Konversion des militärischen Bereichs, die vollständige äußere Liberalisierung (2. Stufe) und die Freigabe sämtlicher noch administrierter Preise (wie z. B. Wohnungsmieten, Tarife der öffentlichen Verkehrswirtschaft). Unzufriedenheit innerhalb von Teilen der Bevölkerung ist im Rahmen von Transformationsprozessen zwangsläufig zu beobachten und im allgemeinen aufgrund potentieller Motivationseffekte positiv zu bewerten. Es ist jedoch zu beachten, daß diese sich nicht nachhaltig - insbesondere durch mögliche Folgewirkungen der Beseitigung der Ursachen der Allokationsverzerrung - verfestigen. Als Folgewirkungen können möglicherweise (Hyper-) Inflation, Abeitslosigkeit oder Lohndisziplinierung und eine daraus resultierende Verarmung von Teilen der Bevölkerung auftreten. Die Unterstützung durch das Ausland, die die vorgeschlagenen

Maßnahmen

begleiten sollte, könnte darin bestehen, daß solvente multinationale Unternehmen Patenschaften übernehmen - wobei die lokale unabhängige Presse hinlänglich Aufklärungsarbeit zu leisten hätte. Geeignete technische und finanzielle Entwicklungshilfe (keine Geschenke) könnte somit dazu führen, daß aus den Patenschaften Partnerschaften erwachsen, die Einfluß auf das politische Geschehen, hier den Transformationsprozeß, auszuüben vermögen.

Schließlich hat die Privatisierung der Großbetriebe (Kombinate) zu erfolgen. Es ist unmittelbar einsichtig, daß der Privatisierungsprozeß im kleinen beginnt und im großen endet. Wesentlich ist dabei, daß Privatisierungen im kleinen und aufkom-

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

137

mende kleinere und mittlere Unternehmen365 nicht durch die "großen" MonopolUnternehmen behindert werden. Dies verlangt parallel die Stärkung marktwirtschaftlich orientierter Staatsorgane. D. h. es bedarf einer spezifischen wettbewerblichen Gesetzgebung, die insbesondere deregulierend wirkt und für die Einführung und die Erhaltung der Markteintritts- und -austrittsfreiheit Sorge trägt. Dann werden - insbesondere wenn die Liberalisierung aufrechterhalten bleibt - die (Monopol-)Unternehmen ihre Stellung verlieren und um Effizienzerhöhung bemüht sein, was zugleich ihren "Marktwert" erhöhen dürfte. Zur Dekartellisierung und Demonopolisierung wurde z. B. in Kasachstan im Jahr 1992 ein Anti-Monopol-Komitee gegründet, unter dessen Kontrolle alle Unternehmen stehen, die jeweils einzeln mehr als 3 5 % Marktanteil auf sich vereinigen. Im Jahr 1993 hatten z . B . in Kasachstan allein 190 Betriebe - in verschiedenen Branchen und Regionen - einen Marktanteil von 100 % und 346 Betriebe von mehr als 35 %.366

Geht mit der Effizienzerhöhung lean management und lean production einher, bestehen Anreize für die Gründung von Vorleistungs- sowie von Produktverarbeitungs-Unternehmen, was zur Auslösung von Entwicklungsprozessen führt. Damit wird eine Verringerung der erwartungsgemäß noch vorhandenen Inflation einhergehen. Auch für Schattenwirtschaften ist dann kein Platz mehr. Schließlich ist die vollständige Öffnung des Landes gegenüber dem Ausland (bei vorausgesetzter Offenheit anderer Länder) herbeizuführen.

365

Die Zerschlagung des Mittelstandes in der ehemaligen DDR war eine wesentliche Ursache für deren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergang. Welches Potential damals vernichtet wurde, zeigt sich an der Bedeutung des heutigen Mittelstandes in Westdeutschland, wobei damit Unternehmen gemeint sind, die weniger als 1.000 Mitarbeiter haben. Sie tatigen nach groben Schätzungen 50 % des Umsatzes bei ca. 60 % der Beschäftigten und 40 % der Bruttoinvestitionen. Mehr als zwei Drittel der gut ausgebildeten Lehrlinge sind dort anzutreffen. Vollends wird die Bedeutung des Mittelstandes klar, wenn man bedenkt, daß ca. 90 % der Industrie-Unternehmen sich in persönlicher Eigentümerschaft befinden. Eigenverantwortung (-haftung) machen die Merkmale des Mittelstandes aus. (Die Zahlen entstammen verschiedenen Jahrbüchern des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden.) Einen solchen tragenden Mittelstand müssen die MUGUS wie auch die anderen ehemaligen RGW-Lander erst noch aufbauen, wollen sie Entwicklungsprozesse auslösen.

366

Vgl. hierzu ausführlicher: Protokoll des Gesprächs mit Herrn Radostowetz Nikolai Vladimirowitsch, stellvertretender Vorsitzender des Anti-Monopol-Komitees der Republik Kasachstan in: E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1, Münster 1994, S. 40.

138

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

Wie oben bereits angesprochen, haben die Transformationsprozesse innerhalb eines Stabilitätsbereichs zu verlaufen. Eine soziale Verträglichkeit der einzelnen Reformschritte ist eine notwendige Bedingung der Stabilität des Transformationsprozesses. Die Verträglichkeit bemißt sich dabei an den auf der Grundlage von Erhebungen abzuschätzenden Präferenzen der Wirtschaftssubjekte. Daran anlehnend muß die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des

Grundbe-

darfs - ggf. im Wege externer Versorgung - während des gesamten Transformationsprozesses gewährleistet sein. Die Einführung darüber hinausgehender sozialer Elemente, die eine Marktwirtschaft als "Soziale" charakterisieren, können erst am Ende des System-Transformationsprozesses erfolgen, da ein dies erlaubendes Wohlstandsniveau erst zu erreichen ist.

Zusammengefaßt kann die (rationale) Logik (im Sinne von Folge-Richtigkeit) im allgemeinen 367 in folgenden Schritten festgehalten werden:368 (1) - Etablierung eines "mächtigen politischen Leaders", (2) - Konzipierung eines neuen (ggf. demokratischen) Gesellschafts- und Wirtschafts-Systems und Versuch dessen Einführung, (3) - Garantie jeglicher persönlicher Freiheit und der Menschenrechte, (4) - Etablierung unabhängiger Medien, (5) - Freigabe der Preise unter Beachtung des Stabilitätsbereichs (innere Liberalisierung), (6) - Einführung einer eigenen Währung oder Sicherung und Akzeptanz einer stabilen (Parallel-)Währung (äußere Liberalisierung 1. Stufe), Bekämpfung der Inflation, (7) - Stabilisierung der politischen (ggf. demokratischen) Ordnung, (8) - Garantie des privaten Eigentums, (9) - Etablierung eines Bankensystems mit einer weitgehend unabhängigen Notenbank, (10) - Aufbau eines wirksamen Rechtswesens, (11) - Konsolidierung des staatlichen Haushalts, (12) - Schaffung einer staatlichen Infrastruktur 367

Es ist evident, daß unterschiedliche Ausgangs- und Randbedingungen zu unterschiedlichen Sequenzempfehlungen führen können.

368

Es ist evident, daß die Abfolge einen hohen Zeitbedarf hat, was ggf. die Parallelität einzelner Schritte schon von der Empirie her erfordert.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

1 39

(13) -

Anreize für Investitionstätigkeit (in allen Branchen),

(14) -

Privatisierung des Wohnungsbereichs,

(15) -

Privatisierung der kleineren und mittleren staatlichen Unternehmen sowie ggf. des Grund und Bodens und Förderung des tragenden mittelständischen Gewerbes,

(16) -

Anreize für Innovationstätigkeit,

(17) -

Reduzierung jeglicher Subventionstätigkeit,

(18) -

Ausbau der physischen Infrastruktur insgesamt,

(19) -

Konversion des militärischen Bereichs,

(20) -

Äußere

Liberalisierung,

insbesondere

den

Kapitalverkehr

betreffend,

(2. Stufe), (21) -

Freigabe aller administrierten Preise,

(22) -

Etablierung von Paten- und Partnerschaften (mit ausländischen Unternehmen, Organisationen u. ä. m.),

(23) -

Privatisierung der Großbetriebe (Kombinate),

(24) -

Schaffung einer wirksamen Wettbewerbsordnung,

(25) -

Vollständige Öffnung des Landes und schließlich

(26) -

Ausgestaltung der Marktwirtschaft zu einer sozialen.

Vor, zwischen und während der einzelnen Transformationsschritte sind die in Kap.VI.D. angeführten Hypothesen zu beachten und die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, um die Stabilität des Transformationsprozesses insgesamt zu sichern.

Die in den zwei maßgebenden Stufen (14) und (15) angeführten PrivatisierungsPhasen sind - soweit möglich - in Kasachstan auf Kupon-Basis angegangen worden. Diese werden in dem folgenden Exkurs beispielhaft detailliert dargestellt. Die Zwischenschaltung von Kupons ist unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der "Gerechtigkeit" bei der Privatisierung des sog. sozialistischen Eigentums zu verstehen.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

140

EXKURS: "Nationales Programm der Entstaatlichung und Privatisierung staatlichen Eigentums in der Republik Kasachstan 1993 - 1995 (II. Etappe)" 3 6 9 3 7 0 Das grundsätzliche Ziel der Privatisierung des staatlichen Eigentums ist die Schaffung der notwendigen Bedingungen für den Übergang von der zentralgeplanten zur marktwirtschaftlichen Ordnung und deren alsbaldige Realisierung. Das Eigentumsrecht ist im Prozeß der Übertragung des nationalen Eigentums der Republik - auf dem Wege der entgeltlichen oder unentgeltlichen Übergabe von Produktionsobjekten und anderen materiellen und immateriellen Objekten - neu zu gestalten. Dieses Programm soll die prinzipielle Herangehensweise darstellen, es entspricht der Verfassung Kasachstans und ist vom Obersten Sowjet (Rat) der Republik gutgeheißen worden. Notwendig für die Erfüllung des Ziels ist die Erledigung folgender Hauptaufgaben: - beschleunigte Überführung von Staatsunternehmen in Aktiengesellschaften, schnelle Abwicklung der großen und kleinen Privatisierung, möglichst unter Beteiligung aller Bevölkerungsschichten (d. h. einschließlich der Minoritäten), - Schaffung einer "Schicht" von Privateigentümern, eines wettbewerblichen Umfeldes und Demonopolisierung der Produktion, - Entwicklung des "kleinen" und "mittleren Unternehmertums", - Realisierung "individueller Projekte" bei der Umgestaltung großer landwirtschaftlicher Objekte, - "Formierung" wirtschaftlicher Organisationsstrukturen, überwiegend der Privatwirtschaft und Anziehung ausländischer Investoren, - Verstärkung von investitionsfördernden Strukturen wie Wertpapiermärkten.

Eine Aufzählung der Objekte, die der Entstaatlichung und Privatisierung gemäß diesem Programm unterliegen, wird jährlich von der Regierung festgelegt. Es ist generell zu unterscheiden denen eine Entstaatlichung und Frage nach der Zweckmäßigkeit hörigkeit des Objektes sowie die und Dienstleistungen.

zwischen zu privatisierenden Objekten und solchen, bei Privatisierung verboten ist. Entscheidend hierbei ist die der Erhaltung staatlichen Eigentums, die Branchenzugesoziale Bedeutung der erstellten Produktion, der Arbeiten

Nicht privatisiert werden die "Erde", ihre Bodenschätze und Wasser, der Luftraum, Tierund Pflanzenwelt, andere Naturressourcen, Kulturdenkmäler u. ä., die Mittel des Republik-

369

Das Programm liegt im russischen Originaltext in Form eines vervielfältigten Manuskriptes vor. Erscheinungsort und -zeit ist Alma Ata 1993. Es handelt sich hier um eine freie Übersetzung, wobei teilweise die Reihenfolge der Gliederungspunkte zum besseren Verständnis umgestellt wurde. Stilistische Ergänzungen sind in Klammern gesetzt.

370

Diesem Programm ging das "Programm zur Entstaatlichung und Privatisierung von Staatseigentum in der Kasachischen SSR für die Jahre 1991 - 1992 (I. Etappe)" voraus. Letzteres war der erste Entwurf und wurde in dem oben dargestellten Programm konkretisiert und nachgebessert.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

141

budgets (...) und andere Fonds, aber auch Objekte, die die Souveränität der Republik, ihre soziale und wirtschaftliche Entwicklung gewährleisten.

I. Grundsätzliche Privatisierungsrichtung und Privatisierungsschritte Die Privatisierung ist in mehreren Formen "möglich", die sich aus den Spezifika des Qeweiligen) Objektes ergeben. Einordnungskriterien sind die wirtschaftliche Bedeutung, Branchenzugehörigkeit, Beschäftigungszahl und Buchwert. (...) Kleine Betriebe:

Weniger als 200 Beschäftigte, (sogenannte) "kleine Privatisierung", d. h. Versteigerungen und Verkauf über Ausschreibungen von kleinen Handelsbetrieben, Betrieben der Kommunalwirtschaft und aus dem Dienstleistungsbereich.

Mittlere Betriebe:

zwischen 200 und 5000 Beschäftigte, (sogenannte) "Massenprivatisierung",

Große Betriebe:

mehr als 5000 Beschäftigte, Privatisierung über "Individuelle Projekte".

Nach den Vorstellungen des für den Entwurf verantwortlichen Instituts der Republik "Zur Erhöhung der Qualifikation leitender Mitarbeiter und 'Spezialisten'" ist folgendes maßgeblich:

Die "kleine Privatisierung" bildet die Basis für das Entstehen eines freien Unternehmertums, u. a. auf den Märkten für Güter und Dienstleistungen. Die "Massenprivatisierung" soll breiten Teilen der Bevölkerung der Republik Möglichkeit zur Mitwirkung (am wirtschaftlichen Geschehen) geben. "Individuelle Projekte" können auch unter Mitwirkung ausländischer Investoren sowohl vom Staat als auch von der Privatwirtschaft organisiert werden.

Die Beteiligung an der "Kleinen" und an der "Massenprivatisierung" wird allen Bürgern durch Kupons, die einen bestimmten Anteil am Volksvermögen garantieren, ermöglicht. In der II. Etappe wird es zwei Arten von Kupons geben: - Kupons für Wohnungen: Sie gelten in der ersten Etappe für Wohnungskäufe 3 7 , 1 nachher in der zweiten Etappe gelten sie als Zahlungsmittel für Auktionen der kleinen Privatisierung.

371

Nach dem "Programm zur Entstaatlichung und Privatisierung von Staatseigentum in der Kasachischen SSR für die Jahre 1991 -1992 (I. Etappe)", Abschnitt VI. "Die Privatisierung des staatlichen Wohnungsfonds", wurde der größte Teil der Bevölkerung zu Wohnungseigentümern. Der in Kupons zu zahlende Preis pro m 2 war dabei abhängig von Lage und Qualität der Wohnung. Die dabei gewonnenen Einnahmen wurden zum Bau weiterer Wohnungen und zur Einrichtung von Sonderrechten für kinderreiche und sozial schwache Familien genutzt. Die Privatisierung des Wohnungsfonds wurde durch die örtlichen Volksdeputierten-Sowjets unter Mitwirkung des staatlichen Komitees für Staatseigentum durchgeführt.

142

VI Logik und Theorie der System-Transformation

- Investitionskupons können bei der Massenprivatisierung als Einlage in Privatisierungsfonds genutzt werden, von denen man dann Aktien für umzuwandelnde Unternehmen erhält.

1. Entstaatlichung und Privatisierung von Staatseigentum im industriellen Komplex

landwirtschaftlich-

Diese findet statt auf Initiative des Staates unter Berücksichtigung des Programmes und der Spezifika der einzelnen Unternehmen. Der Boden und andere natürliche Ressourcen bleiben unabänderlich Republikeigentum, sie können jedoch langfristig (bis 99 Jahre) verpachtet werden. Die Privatisierung staatlichen Eigentums ist in diesem Bereich wie folgt geplant: - "Sowchosen" und andere "staatliche Landwirtschaftsunternehmen" werden in Farmen und Bauernschaften umgewandelt, in kleine Unternehmen und Kooperative sowie andere nicht-staatliche Organisationsformen; - Bildung von Aktiengesellschaften oder Verkauf des staatlichen Vermögens über Ausschreibungen und Versteigerungen. Geflügelfarmen, große Tierhaltungsunternehmen und Treibhauskomplexe werden in Aktiengesellschaften und andere Unternehmensformen umgewandelt, wobei besonders die Aufrechterhaltung ihrer Produktionsfähigkeit zu wahren und die Beteiligung der Beschäftigten anzustreben ist.

Die Privatisierung chronisch defizitärer staatlicher Unternehmen findet entweder durch Übertragung an staatliche Handelsgesellschaften, an Belegschafts-Aktiengesellschaften oder aber durch Versteigerung und Ausschreibung statt. Von den in der Landwirtschaft Beschäftigten oder von ihnen gegründeten Handelsgesellschaften kann der Kaufpreis eines Objektes zu 75 % mit Wohnungs-Privatisierungskupons beglichen werden. Der Vertrag kann den Käufer zur Produktion der bisher bereitgestellten Güter verpflichten. An der Privatisierung nehmen alle Beschäftigten des zu privatisierenden Unternehmens sowie die in dem entsprechenden Gebiet Wohnenden teil.

Ein Teil der Erlöse aus Privatisierungen soll zum Aufbau marktwirtschaftlicher Strukturen in der Landwirtschaft verwandt werden.

Kollektivunternehmen können sich umregistrieren lassen, d. h. bei Übereinstimmung mit der Verfassung der Republik kann Privateigentum dann auch als solches offiziell ausgewiesen werden.

2. Die "kleine Privatisierung" Die "kleine Privatisierung" erfolgt bei Unternehmen kleineren Ausmaßes mit weniger als 200 Beschäftigten. Dies sind u. a. Unternehmen des Einzel- und Großhandels, Lebensmit-

VI Logik und Theorie der System-Transformation

143

tel- und Dienstleistungsbetriebe sowie Unternehmen des Verkehrswesens. In staatlicher Hand verbleiben die Firmen, die zur Versorgung der sozial schlechter stehenden Bevölkerungsschicht notwendig sind. Betriebe, die großen Unternehmen oder dem landwirtschaftlich-industriellen Komplex angehören, werden bei der Privatisierung dieser Objekte berücksichtigt. Die Privatisierung beginnt mit der Vorbereitung der Objekte zur Ausschreibung oder Versteigerung, wobei die Beschäftigten rechtzeitig informiert werden. In Extremfällen übernimmt der Staat sämtliche Verpflichtungen. Zu den zu versteigernden Dingen gehören dann nur die Vermögensgegenstände des Unternehmens, mit der Einschränkung, daß z. B. bei Gebäuden auf einen Verkauf zugunsten einer langjährigen Vermietung verzichtet wird. Vierteljährlich wird eine Liste der zu privatisierenden Unternehmen veröffentlicht. Gläubigern wird eine Frist genannt, um ihre Forderungen anzumelden. Bei einer Ausschreibung wird i. d. R. Bürgern Kasachstans und besonders den Beschäftigten der Vorzug gegeben. Treten mehr als die Hälfte der Beschäftigten gemeinsam auf, kann ihnen eine 10 %ige Ermäßigung auf den Kaufpreis gewährt werden. Auktionen oder Ausschreibungen, auf denen konkurrenzlos geboten wird, sind unzulässig. Der Kaufpreis ist zu mindestens 50 % in Geldmitteln zu zahlen. Der Rest kann in Kupons der Wohnungsprivatisierung beglichen werden. Für diese Kupons wird rechtzeitig ein freier Markt ermöglicht. An dem Mechanismus der Wohnungsprivatisierung ändert sich nichts. Näheres wird durch eine Verordnung geregelt.

3. Die "Massenprivatisierung" (mittelgroßer Unternehmen) Bei der "Massenprivatisierung" wird der Bevölkerung der Republik die Möglichkeit gegeben, durch den Umtausch von Privatisierungs-Investitionskupons in Aktien von entsprechenden Fonds, die Unternehmensaktien halten, Eigentumsrechte zu erwerben. Diese "Massenprivatisierung" soll drei bis vier Jahre dauern. Über die Presse wird das Komitee darüber informieren, welche Unternehmen zu welchen Bedingungen privatisiert werden sollen. Die Aktien der Unternehmen, deren Privatisierung keinen Staatsanteil z. B. zu Regulierungszwecken erfordert, werden vollständig verkauft. Belegschaftsanteile sind eventuell zu berücksichtigen (nicht mehr als 10 % des Stammkapitals). Folgende Maßnahmen sind grundsätzlich notwendig: - Ausgabe von Investitionskupons an die Bevölkerung, - Gründung von Investitions-Privatisierungsfonds, die als Vermittler zwischen Kuponbesitzern und den Unternehmen fungieren. Über die genaue Form der Ausgabe der Investitionskupons ist noch eine Verfügung zu treffen, die der Zustimmung des Präsidenten der Republik bedarf. Die Anzahl dieser Kupons ist noch festzulegen, pro Kopf der Bevölkerung (d. h. auch an Kinder) soll eine gleich große Anzahl ausgegeben werden, wobei jedoch die Landbevölkerung das 1,2 fache der normalen Kuponmenge erhalten soll. Die Investitionskupons müssen zu einem bestimmten Zeitpunkt in einen der angesprochenen Fonds eingebracht werden, d. h. auf dessen spezielles Kupon-Konto überwiesen werden. Jeweils ein Teil der in der ersten Etappe verwandten Kupons wird für die zur Massenprivatisierung vorgesehenen Unternehmen genutzt werden können. Durch die Beschränkung der Anzahl der genutzten Kupons soll das

144

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Risiko der Halter, das aufgrund der wenig bekannten Wettbewerbsfähigkeit der Investitionsfonds besteht, begrenzt werden. In der letzten Etappe der "Massenprivatisierung" wird die Zahl der genutzten Kupons von deren Besitzern selbst bestimmt. Sie können zudem die Auswahl der privaten Fonds zu jedem Zeitpunkt selber bestimmen. Es soll jedoch keine direkte Umtauschmöglichkeit von Kupons in Unternehmensaktien möglich sein, um eine übergroße Nachfrage nach bestimmten Aktien zu verhindern oder die Bevölkerung vor plötzlichem Wertverlust zu schützen. Jeder dieser speziellen Fonds gibt im Gegenzug zur Kuponübertragung an die Bürger eine dementsprechende Menge Quotenaktien aus. Diese Fonds sind normale AGs, die von nichtstaatlichen, natürlichen oder juristischen Personen gegründet werden können. Es wird eine spezielle Abteilung als Teil des Komitees für staatlichen Besitz gegründet, die den Ablauf der Massenprivatisierung beobachten und überwachen sowie Informationen darüber verbreiten soll. Zudem soll die Gründung eines Fonds genehmigungspflichtig werden. Diese Genehmigung wird von einer höheren Kommission gewährt, die wegen der angestrebten Objektivität der Entscheidungen aus Vertretern einer Vielzahl staatlicher Stellen wie z. B. Ministerien bestehen soll. Die Gewährung dieser Genehmigung ist an eine umfassende Offenlegung der Verhältnisse des zu gründenden Fonds geknüpft und kann bei Gesetzesverstößen entzogen werden. Ein übergeordneter staatlicher Privatisierungsfonds hält staatliche Aktien, die das Komitee im Rahmen der Massenprivatisierung freigibt; dieser Fonds organisiert Auktionen, auf denen die Investitionsfonds gegen das Gebot von Investitionskupons diese Aktien erwerben können. Bei diesen Aktien-Versteigerungen ist nach regionaler Bedeutung des zu privatisierenden Unternehmens zu unterscheiden.

Bei den zur Privatisierung freigegebenen Unternehmen ist vom Staatsfonds der "Finanzstatus" und ein gefordertes "Mindestgebot", d. h. die mindestens erforderliche Menge Kupons pro Unternehmensaktie, bis zu 45 Tage vor der Auktion anzugeben. 15 Tage vor der Auktion haben die privaten Investitionsfonds ihr Gebot einzureichen. Ein Teil der Aktien wird vom staatlichen Privatisierungsfonds zum freien Verkauf gegeben, um einen Marktpreis zu ermitteln. Eine weitere Aktienemission wird von den AGs dann selber vorgenommen. Ein einzelner Investitionsfonds darf nur maximal bis 20 % der Aktien eines privatisierten Unternehmens auf sich vereinigen. Untereinander dürfen die Fonds jedoch Aktien der AGs gegen Kupons kaufen und verkaufen.

4. Überführung von Staatsbetrieben in AGs und deren Leitung durch Staatsholdings Die Überführung staatlicher Betriebe in AGs, deren Aktien zunächst in Staatshand bleiben, ist vorzunehmen. Dies ist bei allen Betrieben nötig, die nicht auf einer Auktion oder in einer Ausschreibung verkauft werden können. Dies beinhaltet: - "geeignete" Änderung der "Organisationsstruktur" des Managements, die Aktionäre (d. h. der "Staat") überwachen die Effektivität der Leitung und des Unternehmens (insgesamt), die "Regierung" tritt als Initiator des Umwandlungsprozesses der staatlichen Betriebe auf

VI Logik und Theorie der System-Transformation

145

und wahrt die staatlichen Rechte über AGs und über Holding-Gesellschaften, die auch wiederum die Form einer AG (in Staatshand) haben können, - die Aufsichtsratsmitglieder werden "persönlich" für die finanzielle Lage des Unternehmens zur Verantwortung gezogen, - Kommerzialisierung der Unternehmen, - entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung der Aktien an private oder juristische Personen und Unterstützung der Unternehmen bei außenwirtschaftlichen Aktivitäten. Die Aktien sollen möglichst breit gestreut werden. Die breite Streuung und die Registrierung der Übergabe sowie der Schutz der Aktionäre sind von der "Regierung" wahrzunehmen. Es können "Vorzugsaktien" an Beschäftigte gewährt werden (auch unentgeltlich), jedoch nicht mehr als 10 % des Grundkapitals und pro Beschäftigtem nicht mehr als im Gegenwert eines Jahresgehaltes.

Die Gründung der oben genannten Holding-Gesellschaften beinhaltet folgende Punkte: (Staats-)Unternehmen müssen in AGs überführt worden sein, der Staatliche Privatisierungsfonds tritt das "Aktien-Kontrollpaket" und die damit verbundenen Rechte an die staatliche Holding-Gesellschaft ab. Die Koordination mehrerer Unternehmen muß z. B. aufgrund enger wirtschaftlicher Verbindungen von einer zentralen Organisation wahrgenommen werden, die Führung der Holding wird von staatlichen Stellen auch unter den Gesichtspunkten der Kontrollmöglichkeit sowie der Wahrung nationaler Interessen bestimmt.

Eine Diversifizierung im Sinne der Schaffung neuer Produktionen oder des Erwerbs von Aktien branchenfremder Unternehmen soll möglich sein. Monopolstellungen sollen jedoch nicht entstehen können.

Sobald die Unternehmen der Holdings Gewinne abwerfen, ist, sofern keine Gründe für eine weitere staatliche Einflußnahme sprechen, ein Verkauf an in- oder ausländische natürliche oder juristische Personen vorzunehmen. Letzteres trifft zu bei großen und "einzigartigen Objekten". Einzigartige Objekte sind solche Unternehmen, die Güter oder Dienstleistungen von "besonderer sozialer Bedeutung" herstellen oder "natürliche Monopole" des Staates darstellen. Diese "Objekte" bleiben unter der Leitung des Staates, und das bei Einschaltung von Consultingfirmen. Auch dann, wenn "natürliche Monopole" erhalten bleiben sollen, müßte eine Analyse der Unternehmenstätigkeit und Konkurrenzfähigkeit sowie des Unternehmenswertes durchgeführt werden. Denn eine Demonopolisierung bleibt anzustreben, die Einführung neuer Organisationsstrukturen zu untersuchen und insbesondere die neueste und technologische Ausrichtung auszuloten. Dabei ist auch die Auswahl der neuen Unternehmensform zu prüfen. Das Staatskomitee für Staatsbesitz bestimmt, ob das betreffende Objekt bereit für eine Privatisierung ist und auf welche Art und Weise dies geschehen soll. Des weiteren findet ein Verkauf an einen Investor gemäß der individuellen vertraglichen Absprachen statt. Weiterhin möglich ist eine Versteigerung, Ausschreibung oder freier Aktienverkauf oder auch nur die Einsetzung eines Managements. Letzteres wird als Übergangslösung angestrebt oder falls eine Privatisierung 'wirtschaftlich nicht zieladäquat' ist. Bei der Auswahl der

146

VI Logik und Theorie der System-Transformation

zukünftig leitenden natürlichen oder juristischen Personen können wettbewerbliche Situationen zugrunde gelegt werden.

II.

Teilnahme ausländischer Interessenten an der Privatisierung

Ausländer können an allen Privatisierungsformen teilnehmen. Nach der Untersuchung der finanziellen Lage der Unternehmen kann ihnen eine Genehmigung von einer "Nationalen A g e n t u r " erteilt werden. Das Wirtschaftsministerium sammelt die Angebote der ausländischen Investoren, die in in- oder ausländischer Währung abgegeben werden können.

III. Organisatorische Leitung der Privatisierung Die Leitung der Entstaatlichung und Privatisierung unterliegt dem Komitee für Staatsbesitz und seinen territorialen Organen. Die Vermögensbewertung und Vorbereitung von Dokumenten wird daneben auch von anderen, auch privatwirtschaftlichen Organisationen vorgenommen. Die Kontrolle über die Umsetzung des Programmes hat der Präsident der Republik, die Erfüllung des Programmes soll von der Presse überwacht werden.

IV. Verwendung der aus der Privatisierung eingenommenen Mittel Alle finanziellen und anderen Einnahmen, die mit der Privatisierung verbunden sind, sind Staatseigentum. Dividenden aus staatlichen Aktienpaketen und Mieten fließen dem Staatsbudget zu. Die im Rahmen der kleinen Privatisierung zugeflossenen Gelder werden teilweise für die Begleichung der Unternehmensverbindlichkeiten aufgebracht werden müssen. Ansonsten stehen die Gelder dem Staat zur Verfügung, können also zur Versorgung Mittelloser, als Arbeitslosengeld, zur Ausbildung von Spezialisten o. ä. benutzt werden.

V.

Soziale Maßnahmen

Das Programm sollte von sozialen Schutzmaßnahmen begleitet werden, z. B. Umschulungen, Angebot von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Gewährung steuerlicher Vorteile für kleine Unternehmen sowie Umweltschutzmaßnahmen.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

147

Zu der in I.3. dargestellten Massenprivatisierung wurden u. a. folgende Anweisungen 3 7 2 getroffen:

1.-4. (...) 5.

Das Presse- und Informationsministerium wird angewiesen, - mit Hilfe der Massenmedien eine umfassende Information über das Programm der Massen-Privatisierung sicherzustellen; - die Anfertigung von Reklame-Materialien als Propaganda für die Wirkungsweise der Kupons sicherzustellen.

6.

Die Verordnung über die Privatisierungs-Investitionskupons 01.07.1993 in die Tat umzusetzen.

ist mit Beginn des

7.

Die Kontrolle über die Erfüllung vorliegender Verordnung liegt beim Staatlichen Komitee für Staatseigentum der Republik Kasachstan.

Diese Anweisungen wurden durch folgende Verordnung ergänzt:

Verordnung über die Privatisierungs-Investitionskupons In Übereinstimmung mit dem Programm der Entstaatlichung und Privatisierung in der Republik Kasachstan für die Jahre 1993 - 1995 (II. Phase) ist der "Kupon-Mechanismus" dazu bestimmt, die Teilnahme jedes Einwohners der Republik am Prozeß der Privatisierung des Staatseigentums sicherzustellen. Zu diesem Zweck werden neben den Privatisierungskupons, die zuvor zum Freikauf von Wohnungen bestimmt waren, Privatisierungs-Investitionskupons (im folgenden "Investitionskupons") als Mittel zur Beteiligung der Bevölkerung an der Massenprivatisierung eingeführt. Die Investitionskupons haben keinen nominalen Geldwert und sind ausschließlich zur Einbringung in Investitions-Privatisierungsfonds, die die Aktien der zu privatisierenden Unternehmen bei sich akkumulieren, gedacht.

I.

Die Zuteilung der Investitionskupons

1.

Die Investitionskupons werden unabhängig vom Alter an alle Einwohner Kasachstans ausgegeben, die sich bei Meldung bei der Sparkasse laut PersonenstandsRegister zum 1. Juli 1993 ständig in der Republik Kasachstan aufhalten (bei Volljährigkeit: die ihren ständigen Wohnsitz in der Republik Kasachstan haben). (...)

2.

Investitionskupons werden an alle in gleicher Anzahl - 1 0 0 Kupons - ausgegeben. Für die Bewohner ländlicher Regionen wird ein Erhöhungs-Koeffizient von 1,2 elnge-

372

Der Präsident der Republik Kasachstan, N. Nasarbajew, Almaty, 23. Juni 1993, in: Kasachstanskaja Pravda vom 01.07.1993, Nr. 149 - 150, S. 1 ff. (freie Übersetzung).

148

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

führt. Die Zuordnung des Wohnortes zum ländlichen Siedlungsraum wird durch das "Gesetzbuch über den Boden" der Republik Kasachstan geregelt. 3.

Investitionskupons können nicht gekauft oder verkauft werden. Sie können nur an Personen verschenkt werden, die in enger Verwandtschafts-Beziehung stehen (Eltern, Kinder, Enkel, Großvater, Großmutter, Bruder, Schwester) und entsprechend dem Erbrecht vererbt werden.

4.

Investitionskupons werden allen Personen, die ein Recht darauf haben, unabhängig vom Alter auf eigenen Konten angerechnet. Das Verfügungsrecht über das Konto eines Minderjährigen geht an ein Elternteil bei Vorlage einer gemeinsamen Erklärung der Eltern, sofern diese zusammen leben. Leben diese getrennt voneinander, geht das Verfügungsrecht an den Elternteil, der das Sorgerecht besitzt. Die Investitionskupons der Mitglieder einer Familie können durch eine schriftliche Erklärung aller volljährigen Familienmitglieder, die der "Kommission zur Durchführung des 'KuponMechanismus'" vorgelegt werden muß, auf einem gemeinsamen Familienkonto vereinigt werden.

5.

Kinder, die in Kinderheimen leben oder sich unter Vormundschaft befinden, und Personen, die in Seniorenheimen leben, erhalten die ihnen zustehenden Investitionskupons auf eigene, namentliche Konten. Der Zugriff auf die genannten Konten und das Recht auf Einbringen der Investitionskupons in einen Investitions-Privatisierungsfonds liegt bei der Verwaltung der Kinderheime, Seniorenheime oder beim Vormund. Den in Heimen oder unter Vormundschaft lebenden Kindern werden als tatsächlichen Besitzern bei Erreichung der Volljährigkeit sowohl die Aktien der Investitionsfonds, in welche die Kupons eingebracht sind, die Scheckhefte mit den übriggebliebenen Kupons als auch die Sparbücher mit den eingezahlten Dividenden, die durch die Aktien der Investitionsfonds eingenommen wurden, ausgehändigt.

6.

(...)

7.

Personen, die das Gebiet der Republik zum Zweck des Studiums, aus beruflichen Gründen oder weil sie in die Streitkräfte der GUS eingezogen werden, verlassen, behalten ordnungsgemäß das Recht auf ihren Anteil an Investitionskupons. Bürger, die zum Zeitpunkt der Zuteilung der Kupons (bis zum 1. Juli 1993) ihren ständigen Wohnsitz außerhalb der Grenzen der Republik Kasachstan haben, erhalten unabhängig von der Dauer ihres vorherigen Aufenthaltes keine Investitionskupons.

8.

Militärangehörige, die ihren Militärdienst auf dem Gebiet der Republik leisten und die Staatsbürgerschaft der Republik Kasachstan vor dem 1. Januar 1994 annehmen, erhalten ordnungsgemäß Investitionskupons.

9.

Investitionskupons werden ebenfalls an Personen verteilt, die ihren ständigen Wohnsitz in der Republik Kasachstan nach dem 1. Juli 1993 nehmen, wenn sie ein ordnungsgemäß ausgestelltes Einstellungsangebot vorweisen können oder wenn sie der ursprünglichen Bevölkerung Kasachstans angehören und während der Durchführung des Nationalen Programms der Entstaatlichung und Privatisierung in der Republik Kasachstan für die Jahre 1993 - 1995 in ihre historische Heimat aus dem nahen und fernen Ausland zurückkehren.

10.

Die Listen mit den Personen, die laut vorliegender Verordnung das Recht auf Erhalt von Investitionskupons besitzen, werden in der Abteilung der Sparkasse durch die

VI Logik und Theorie der System-Transformation

149

"Kommission zur Durchführung des 'Kupon-Mechanismus'" (im Folgenden: "Kommission"), die zuvor für die Zuteilung der Privatisierungs-(Wohnungs-)Kupons geschaffen worden war, ordnungsgemäß zusammengestellt und ausgegeben. Der Antrag auf Zuteilung von Kupons für Zöglinge in Kinderheimen, Bewohnern von Altersheimen und Militärangehörigen wird bei der den jeweiligen Institutionen entsprechenden Kommission gestellt. 11.

Die Investitionskupons, die an die Bevölkerung Kasachstans ausgegeben werden, werden auf persönliche Konten der Bürger bei den örtlichen Filialen der Sparkasse registriert. (...)

12.

Entsprechend den von der Kommission zur Durchführung des Kupon-Mechanismus angefertigten Listen fertigt die Sparkasse für die Besitzer von Kupons spezielle "Scheckhefte" an. Gesetzliche Vertreter (auch diejenigen, die im Besitz einer speziell ausgestellten Vollmacht sind), Treuhänder und Fürsorger müssen ein Dokument vorweisen, das ihre Vollmacht beglaubigt.

13.

Der Zeitpunkt der Verteilung der Investitionskupons und der Ausgabe der speziellen Scheckhefte und sowohl der Beginn als auch das Ende von "Privatisierungswellen" wird durch die Massenmedien bekanntgegeben.

14.

(...)

II.

Der Gebrauch der Investitionskupons

15.

Investitionskupons können unabhängig vom Ort ihrer Registrierung von ihren Besitzern bei Investitions-Privatisierungsfonds (i. w. "Fonds") auf dem gesamten Gebiet der Republik Kasachstan angelegt werden (bei jeweils einigen Fonds während jeder "Privatisierungswelle"). Während der ersten Privatisierungswelle sind 20 % der ausgeteilten Kuponmenge anzulegen. Der Umfang, in dem in den folgenden Privatisierungswellen Kupons angelegt werden müssen, wird durch das staatliche Komitee der Republik Kasachstan für staatlichen Besitz festgelegt. Dabei orientiert sich das Komitee an der Anzahl der zu privatisierenden Unternehmen und dementsprechend an der Anzahl der Aktien, die auf den Versteigerungen im Rahmen der Massenprivatisierung zur Verfügung stehen.

16.

Mit dem Beginn der Massenpivatisierung, der durch die Regierung bekanntgegeben wird, tätigen die Kuponbesitzer ihre Investitionen dadurch, daß sie die ihnen vorgegebene Anzahl von Kupons von ihrem persönlichen Konto auf die Konten der von ihnen ausgewählten Investitionsfonds überweisen. Auf Anweisung der Bürger überweist die Sparkasse die festgelegte Anzahl von Kupons auf die angegebenen Konten. Der Zeitraum für die Auswahl der Fonds und die Investition der Privatisierungs-Investitionskupons beträgt vom Beginn jeder Privatisierungswelle jeweils 2 Monate.

17.

Bei Beendigung der ersten Versteigerung in jeder Privatisierungswelle tauscht der Kuponbesitzer seine Kupons gegen Aktien von Investitionsfonds, die in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung ausgegeben werden. Die Aktien der Investitionsfonds können frei verkauft werden. Werden Investitionen in einen Fonds getätigt, der sich außerhalb des Wohngebietes des Kuponbesitzers befindet, werden alle Operationen in Verbindung mit der Investi-

1 50

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

tion der Kupons und dem Erhalt der Aktien durch Filialen der jeweiligen Fonds durchgeführt. 18.

(...)

19.

Investitionskupons werden einmalig als Mittel zur Privatisierung eingesetzt. Die Prozedur des Einlösens der Investitionskupons wird durch das Komitee für Staatsbesitz in Übereinstimmung mit der Sparkasse und dem Finanzministerium der Republik Kasachstan festgelegt.

20.-21. (...)

Die Maßnahmen selber und ihre Durchführung sind allerdings kritisch zu prüfen. Kernproblem und damit wesentlicher Kritikpunkt ist die Privatisierung über den Weg der Investitions- oder Privatisierungsfonds. Eine gezielte Bewertung einzelner Unternehmen und die daraus resultierende "Sanktionierung" unrentabler Betriebe durch den einzelnen Anleger wird dadurch erschwert. Eine umfassende Transparenz kann sich folglich nicht herausbilden und staatliche Einflußnahme wird so ggf. eher vorgenommen. In diesem Sinne bewertet auch die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Alma-Ata, die Privatisierungsmaßnahmen Kasachstans: "Durch das Privatisierungsprogramm werden nun auch in Kasachstan Privatisierungskupons, die nicht auf einen bestimmten Rubelwert lauten, ausgegeben. Mit diesen können jedoch nicht direkt sondern nur über einen Investitionsfonds Aktien von privatisierten Betrieben erworben werden. Diese Fonds unterliegen zumindest in der Gründungsphase der Kontrolle eines staatlichen Organs. Insgesamt ist der Einfluß des Staates auf die Wirtschaft, vor allem bei Großbetrieben, zum Teil auch bei mittelständischen Betrieben immer noch sehr groß. Freier Verkauf des Bodens und der Bodenschätze ist weiterhin ausgeschlossen. Eine Änderung dieser Regelung ist in Kasachstan nicht in Sicht. Es bleibt abzuwarten, wie das Programm letztendlich durch Gesetze und Verordnungen ausgestaltet und wie und mit welchem Erfolg die Privatisierung durchgeführt wird."373

373

Mitteilung von der Botschaft der Bundesrepublik "Privatisierung der Wirtschaft in Kasachstan".

Deutschland,

Alma

Ata,

über

die

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

151

2. Notwendigkeit von parallelen Transformationsschritten Mit den vorstehenden empirisch-logischen aufeinander aufbauenden Transformationsschritten sind auch solche angeführt, die eigentlich parallel vorzunehmen wären. Unter Umständen kann das bedeuten, daß eigentlich erst dann der Transformationsprozeß gesichert ist und stabil schnell verläuft. Daß dabei den Anfangsbedingungen, d. h. dem Entwicklungsstand und dem institutionellen sowie infrastrukturellen Bestand große Bedeutung hinsichtlich des

einzuschlagenden

Transformationspfades zukommt, versteht sich von selbst. 374 Die Entwicklung auf dem Transformationspfad selbst scheint vom Transformationsvorgang abzuhängen. 375 Allerdings kann die Parallelität der Schritte das gesamte, sich im Zustande des Quasi-Chaos befindliche System - insbesondere das politische Subsystem überfordern, vor allem dann, wenn die einzelnen Transformationsschritte unterschiedlich lange Zeiträume hinsichtlich ihrer Realisierung verlangen, sich so ggf. überlappen und / oder wechselseitig stören. Wenn dem so ist, wäre eine Sozialkosten- 376 optimale Folge von Transformationsschritten zu ermitteln, wobei einzelne "Rückschläge" nicht unbeachtet bleiben dürfen. Im Einklang mit der Literatur 377 wird den institutionellen Reformen erste Priorität eingeräumt - hier der Etablierung eines "mächtigen politischen Leaders", der allerdings ausgeprägt kompetenter, objektiver und engagierter Berater bedarf. Die zitierte Literatur, so z. B. Gelb und Gray, sehen das Erfordernis der Gleichzeitigkeit von institutionellen Reformen, Preisliberalisierung und Stabilisierung. Bei den institutionellen Reformen sind u. a. klare Definitionen von Eigentumsrechten, die Kreierung eines marktwirtschaftlichen Rechtssystems, die Errichtung einer unabhängigen Zentralbank

und andere infrastrukturelle

Institutionen zusammengefaßt.

Einer

solchen Zusammenballung kann nicht das Wort geredet werden. Denn es bleibt

374

H. Biermann hat diesbezüglich in einem Vortrag 1991 vor der Humboldt-Universität einen Vergleich der Sowjetunion mit Tansania vorgenommen. Vgl. dazu H. Biermann: Probleme der ordnungspolitischen Transformation von Volkswirtschaften unterschiedlichen Entwicklungsstandes..., a. a. O.

375

Es bleibt empirisch zu überprüfen, ob allmähliche Reform-Fortschritte eine größere "politische Stabilität" herbeiführen als schnelle.

376

Eine Nutzen-Kosten-optimale Strategie scheint nicht möglich, da die künftigen Nutzen oft nicht gesehen und noch weniger bewertet werden können.

377

Vgl. dazu R. Dornbusch: Strategies and Priority for Reform..., a. a. 0., S. 169 ff.; S. Fischer, A. Gelb: Issues in Socialist Economic Reform..., a. a. O., S. 184 ff., A. Gelb, C. W. Gray. The Transformation of Economies in Central and Eastern Europe, Issues, Progress and Prospects, in: IBRD: Policy and Research Series, No. 17, Washington 1991, passim u. a.

152

VI Logik und Theorie der System-Transformation

unklar, wer dann wie auf welcher Grundlage dies quasi gleichzeitig schaffen soll und kann. Eine Transformations-Logik ist dabei jedenfalls nicht zu erkennen.

Insofern ist hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit der Parallelität von Transformationsschritten genauestens zu prüfen, welche Voraussetzungen für die Durchführung einzelner Transformationsmaßnahmen bereits vorliegen müssen, was für ein "Nacheinander" sprechen würde, oder welche Maßnahmen sich gegenseitig bedingen und somit parallel vorgenommen werden müssen. Ein Beispiel für die Parallelität bzw. zeitliche Überlappung der Transformationsmaßnahmen ist die Etablierung eines transformationswilligen politischen Leaders und die Einführung eines neuen stabilen (ggf. demokratischen) Gesellschafts- und Wirtschaftssystems, in dem vor allem die Garantie der Menschenrechte und die Freiheit der Bevölkerung gewährleistet ist. Die Parallelität dieser Maßnahmen ist notwendig, damit einerseits die Etablierung des Leaders nicht durch die Verletzung von Menschenrechten oder zu Lasten der Freiheit der Bevölkerung erfolgt und andererseits der Beendigung der Menschenrechtsverletzungen oder der Unterdrückung der Bevölkerung eines politischen Leaders bedürfen.

D.

Theorie der System-Transformation

Folgt man der üblichen Definition von Theorie als einer Lehre zur einheitlichen Erklärung eines Phänomens bzw. eines Phänomenkomplexes, so hat sie hier den Phänomenkomplex

des

System-Transformationsprozesses

zum

Gegenstand.

Dabei muß sie sich auf Definitionen, Erfahrungen, Hypothesen und anerkannte Gesetzlichkeiten beziehen. Eine rein explikative Theorie der Transformation kann es nicht geben, da zwar eine umfassende allmähliche Transformation von einer Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft schon aufgrund des "natürlichen" Übergangs von einer "Ordnung" in eine temporäre "Unordnung" möglich und damit empirisch fundiert erklärbar erscheint,

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

153

hier die Transformation jedoch innerhalb relativ kurzer Zeit vollzogen und damit teilweise gestaltet werden soll. Dabei ist durchaus zugelassen, daß "positive" Erklärungsmomente, also "positiv nomologische Größen" wirksam sind, macht doch der konstruktive Aspekt der Transformation - die Realisierung eines Weltbildes im kleinen - i. u. V. ihren Kern aus; d. h. eine Theorie der Transformation ist hier eine quasi-normative, die sich - auf empirischer Grundlage - der Logik im besonderen Maße bedient (zu bedienen hat).

Die Theorie hat hier - ausgehend von der Definition in Kap.VI.A.2., der dargestellten Erfahrungen in Kap.VI.B und der Logik in Kap.VI.C.1. - in den MUGUS ablaufende Prozesse zu erklären und für die Politik Ansätze zur Einleitung einer effektiven Transformationspolitik in Form von Hypothesen zu erarbeiten. Dabei ist unterstellt, daß Rationalität zur Grundlage genommen werden kann. Außerdem gilt es, die eine Hypothese widerspiegelnden Rekursivbeziehungen

Ausgangspunkt

Transformation -» Entwicklung

Transformation usw.

zu beachten, wobei einzubeziehen ist, daß die Rand- und Umfeldbedingungen die Art und Weise der Rekursionsbeziehung maßgebend bestimmen. Die Anfangsbedingungen sind durch den jeweils vorangegangenen Schritt gegeben.

Transformation bedeutet mehr als Reform und weniger als Revolution. Während Reform etwa einzelne Wirtschaftsbereiche betrifft, bezieht Revolution sich auf alles; sie bewirkt zunächst ein totales Chaos.

Transformation hat ihre Ursachen in der Unzufriedenheit 378 fastaller Einwohner 379 eines Landes, einer Gesellschaft - zumindest sehr vieler, die insbesondere an

378

Unzufriedenheit bezieht sich auf die grundlegenden Ziele: Wohlstand, Zukunftsperspektiven, Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit. Vgl. dazu K. Mackscheidt. Ein Vergleich wirtschaftlicher Zielkataloge, in: G. Kirsch, W. Wittmann (Hrsg.): Nationale Ziele und soziale Indikatoren, Stuttgart 1975, S. 81 ff, sowie Kap. IV.

154

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

materieller Not leiden, d. h., das "alte" System ist instabil, weist keine Eigenstabilität mehr auf, da für eine Stabilisierung keine Reserven bzw. Ressourcen mehr bestehen. Der Indikator: "Verharren oder gar Absinken des Pro-Kopf-Einkommens" ist oft in Form des Durchschnitts gegeben, d. h. es gilt, bei der Ursachenforschung für die Instabilität des "alten" Systems die primäre interpersonelle Einkommensverteilung zu berücksichtigen, die wiederum auf folgenden Größen beruht: - Beschäftigung (Entlohnung und Bildung von Eigentum) und soziale Absicherung, - interpersonelle Eigentums-Umverteilung, - Ausmaß der produktiven Nutzung der Ressourcen und - Preise der eingesetzten Ressourcen. Ist eine Schiefe in der Einkommensverteilung gegeben, verlangt man nach Korrekturen. In den kapitalistischen Ländern wird meist eine Einkommens-Umverteilung angestrebt. In den sozialistischen Ländern wird die Forderung nach EinkommensNeuverteilung laut. Kommen dann die herrschenden Eliten den Forderungen nicht nach, besteht sogar die Gefahr, daß Armut über längere Zeit quasi zwangsläufig zu Revolutionen führen muß. Dies gilt vor allem dann, wenn die "Armen" sich ihrer Situation bewußt sind und ihre Verhaltensweisen sich nicht mehr situationsbezogen anpassen. Sie helfen sich dann ggf. in der Tat selbst, indem sie etwa mehr oder weniger organisierte Unruhen auslösen. Dies vor allem dann, wenn die "aufsässigen" Armen nicht unmittelbar mit sozialen und politischen Sanktionen rechnen müssen.

Ein Konzept der Armutsminderung hat dann reale Erfolgsaussichten, wenn neue Grundentscheidungen hinsichtlich der Wirtschaftsordnung gefällt werden. Sind auf dieser Basis exogen gestützte erste Teil-Transformationen erfüllt, können im Falle hinreichender Akzeptanz und schwindender Risiko-Akzeptanz zunächst die weiteren Transformationsmaßnahmen zurückgestellt werden, so-

379

D. h., die einzelnen sind mit den Ergebnissen des Systems nicht zufrieden und haben auch keine Hoffnung mehr auf "Besserung". Das alte System erweist sich als instabil, "geht unter". Die einzelnen orientieren sich auf andere Systeme im Wege der Kapitalflucht und der Emigration - oder aber sie versuchen, die Rahmenbedingungen zu andern und das System in ein neues zu transformieren.

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

155

lange unter den neuen Bedingungen Entwicklungsfortschritte erzielt werden. Sobald aber die Entwicklungsprozesse (z. B. im Wege der Unterminierung von Privatisierungen oder von Fusionen) behindert werden, müss(t)en weitere Transformationsschritte eingeleitet werden. 380 Dieser Prozeß setzt sich fort, bis sich ggf. eine "irgendwie geartete soziale Marktwirtschaft" herausgebildet hat.

Mit anderen Worten: Das Ziel "Wohlstand" (ausgedrückt durch das Pro-Kopf-Einkommen 3 8 ') bei akzeptabler Verteilung (Gerechtigkeit) wird im Transformationsprozeß als erstes anzustreben sein. Die Maßnahmen, die dazu führen, wurden oben in der angeführten Logik in der Schrittfolge berücksichtigt, in die auch die Realisierungsmöglichkeiten der anderen Ziele implizit eingeflossen sind, z. B. Zukunftsperspektiven Sicherheit, 382383 Gerechtigkeit 384 und Freiheit. 385 Zwischen diesen Zielen besteht keine

Harmonie.

Freiheit (Freiraum)

schließt die

Wettbewerbsfreiheit

(Konkurrenz) ein und kann so zu einer Gefährdung der persönlichen (Verlust oder

380

Eine Vielzahl von Hindernissen ist dabei zu überwinden, wie ein Blick in die internationale Tagespresse zeigt. Erst dann, wenn einzelne Variable (z. B. die Inflationsrate) "kritische" Werte erreichen oder die Bedingungen für internationale Kredite verschärft werden, scheinen sich die Entscheidungsträger in den MUGUS "zu bewegen".

381

Es sollte nicht unbeachtet bleiben, daß dieser Indikator viele Unzulänglichkeiten aufweist.

382

Mit Sicherheit ist (negativ definiert) die Abwesenheit von Gefahr gemeint, positiv ausgedrückt die Existenz von Schutz vor Gefahrdung (der persönlichen Existenz, der sozialen Existenz, der entsprechenden Umwelt). Sicherheit ist dabei inhaltlich nicht ein für allemal festgeschrieben. Es läßt sich nachweisen, daß mit höherem Entwicklungsstand das Bedürfnis nach verstärkter Sicherheit aufkommt.

383

Klaglose Hinnahme von Lebensrisiken erscheint beim Übergang von einer anscheinend versorgenden Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft nur schwer vorstellbar, zumal die Eingriffstiefe der Risiko-Erfahrungen drastisch ansteigt. Nehmen zudem noch spezifische Erfahrungsverluste größenordnungsmäßig zu, so sind Blockierungen der weiteren Transformation in der Bevölkerung unbedingt zu erwarten. Weil zusätzlich über die Medien Unsicherheits-Erfahrungen über den "normalen" Informationsraum hinausreichen, wird die Risiko-Akzeptanz weiter geschwächt, wobei zu bedenken ist, daß mit der Entwicklung (der Erweiterung des Möglichkeitsraumes) ein Nachlassen der sozialen Kontrolle einhergeht. So wächst auch das durch einen "starken politischen Leader" vermeintlich versprochene Sicherheitsbemühen über die Höhe des technisch machbaren hinaus. Die Ansprüche an das System der sozialen Sicherheit steigen mit den zunehmenden Freiheitsansprüchen.

384

Gerechtigkeit ist ein Mixtum compositum aus Leistungs-, Bedarfs- und Verantwortungs-Gerechtigkeit.

385

"Freiheit" (genauer: Freiraum) ist definiert als "Chance der Selbstbestimmung", wobei implizit das "Nichtvorhandensein von Fremdbestimmung" unterstellt ist. Sie bezieht sich immer auf Bereiche des Willens und Handelns (z. B. Konsumfreiheit). Die Freiheit (der Freiraum) ist umso größer, je umfangreicher die Möglichkeiten (d. h. z. B. die Konsummöglichkeiten) sind, zwischen denen gewählt werden kann. Freiheit steht so im Widerspruch zur (Fremd-)Planung.

156

VI Logik und Theorie der System-Transformation

Entwertung des Eigentums) und der sozialen Sicherheit (des "Ranges" in der sozialen Hierachie) führen. Chancengleichheit ermöglicht ggf. sozialen Aufstieg und gefährdet ebenfalls die Sicherheits-Interessen. Schließlich sind Freiheit und Gerechtigkeit nicht unbedingt vereinbar, da im Falle von Freiraum z. B. auch die Verteilung zur Disposition steht, wie Sicherheit (des einen) zu Lasten der Bemühungen des anderen im Sinne der Verletzung der Leistungsgerechtigkeit gehen kann. Da immer Kompromisse gefunden werden müssen, kann dementsprechend auch nicht mit eindeutig voraussehbaren Transformationspfaden gerechnet werden.

Obwohl der System-Transformationsprozeß in den MUGUS aus den o. g. Gründen nicht vorhersehbar ist, kann eine erfolgreiche System-Transformation nur unter bestimmten Prämissen verlaufen, die im folgenden in Form von Hypothesen dargestellt werden sollen. Um Unsicherheit in der Bevölkerung zu vermeiden, die zu einer Verzögerung oder gar Sabotage der Umsetzung der System-Tranformation führt, ist einstabiles rational denkendes transformationswilliges, politisches Sub-System erforderlich, dessen Maßnahmen von der Bevölkerung akzeptiert werden. Unterstützend hierzu ist eine exogene "Hilfe zur Selbsthilfe" unabdingbar, die u.a. durch die in Kap.VI.C.1 genannten Stützungsmaßnahmen erbracht werden könnte. Dies setzt voraus, daß dritte Länder dazu in der Lage sind; d. h. die Transformation der MUGUS ist von der wirtschaftlichen Situation und den entsprechenden Perspektiven Dritter wie ggf. der gesamten Weltwirtschaft abhängig.

Dabei ist die Hilfswilligkeit der Dritten und / oder der Weltgemeinschaft angesprochen. Die Länder, die eine soziale Marktwirtschaft realisiert haben und insbesondere diejenigen, in denen effiziente System-Transformationen stattgefunden haben, scheinen für diese Aufgaben prädestiniert zu sein. Die Türkei, die diese Voraussetzungen nicht erfüllt, könnte jedoch aufgrund kultureller, sprachlicher, religiöser und geographischer Nähe zu den MUGUS, die mit der Ausnahme von Tadschikistan alle Turkrepubliken sind, eine Vermittlerrolle einnehmen, um somit zur gegenseitigen Verständigung und zum Verständnis der unterschiedlichen Mentalitäten der Stützenden und der Gestützten beitragen. Allerdings ist eine Einbindung der Türkei mit zusätzlichen Kosten verbunden. Auch muß die Gefahr von möglichen, durch eine Vermittlertätigkeit auftretenden Rei-

VI Logik und Theorie der System-Transformation

157

bungsverlusten berücksichtigt werden. Darüber hinaus wird die Türkei, die z. Z. mit eigenen landesintemen wirtschaftlichen und ethnischen Problemen äußerst stark belastet ist, nicht genügend freie Kapazitäten für eine Vermittlungstätigkeit haben, womit die Wirksamkeit entschieden in Frage gestellt wird.

Neben der exogenen Stützung könnte auch eine endogene Stützung innerhalb der MUGUS möglich sein, sofern sich eine Republik herausbilden würde, die als sog. Vorreiter die einzelnen Schritte der System-Transformation gestalten würde, die von den anderen anschließend mit zeitlicher Verzögerung und evt. notwendigen landesspezifischen Veränderungen kopiert werden könnten. In den einzelnen MUGUS bestehen jedoch entsprechend der kulturellen, ethnischen und religiösen Vielfalt (der Vielvölkerstaaten) unterschiedliche Anspruchsniveaus hinsichtlich der Verwirklichung der Ziele Wohlstand, Zukunftsperspektiven, Sicherheit, Gerechtigkeit und Freiheit. Auch die Situationen der Länder nach dem Zerfall der Sowjetunion, die als Ausgangslagen der Republiken maßgebend für die System-Transformationen sind, sind äußerst verschieden. Aufgrund dessen werden die Entwicklungen und somit auch die System-Transformationen in den einzelnen Ländern recht unterschiedlich verlaufen.

Zusammenfassend werden folgende sieben Hypothesen aufgestellt, die als Voraussetzungen für erfolgreich verlaufende System-Transformationen in den MUGUS unterstellt werden:

(1) Alle Menschen - so auch die Menschen in den MUGUS - handeln eigennützig und freiwillig, wenn die erwarteten und die zukünftig sich ergebenden Nutzensaldi aus dem Handeln positiv sind.

(2) Die Zufriedenheit aller Wirtschaftssubjekte wächst mit der Vergrößerung der Nutzensaldi. Zufriedenheit hebt i.d.R. allerdings auch die Anspruchsniveaus an, so daß die Saldi c. p. mit der Entwicklung des Systems kleiner ausfallen. Insbesondere Stagnation kann dann zu Unzufriedenheit führen. 386 3 8 7

386

Unruhen, Streiks, Spaltungen, Emigrationen u. a. m. wären die "unmittelbaren" Folgen, Boykottierung des Transformationsprozesses die Folgen im weiteren.

158

VI Logik und Theorie der

System-Transformation

(3) Der Transformationsprozeß mit den eingeschlossenen

Entwicklungspfaden

verläuft stabil, hält die einzelnen Wirtschaftssubjekte und Kapital sowie Knowhow im Land, wenn es den Wirtschaftssubjekten permanent Anreize bietet, die eine Mitarbeit vorteilhaft erscheinen lassen, (indem sie am Erfolg "gerecht" beteiligt werden388). Die dazu notwendigen Maßnahmen sind in Kap. VI.C.1 in der Reihenfolge ihrer Durchführung genannt. Zur Sicherung des Systems sind die Opportunitätslasten einer Nicht-Partizipation der Wirtschaftssubjekte höher als diejenigen, die mit einer Transformationsteilnahme verbunden sind. Darüber hinaus gilt folgendes: Für die einzelnen und die Gesamtheit der Mitglieder einer System-Transformation muß der Nutzen bzw. der Vorteil langfristig für alle größer ausfallen als die damit verbundenen Kosten.

(4) Die Umsetzung der Transformationsschritte erfordert ein stabiles, rationaldenkendes, transformationswilliges, politisches Sub-System, dem von der Bevölkerung Vertrauen entgegengebracht wird.

(5) Die Stabilität des Transformationsprozesses ist nicht ein für allemal gegeben; da diese selbst der Entwicklung ausgesetzt ist, ist vom politischen Subsystem permanent dafür Sorge zu tragen.389

(6) Für eine effiziente System-Transformation ist eine exogene Stützung durch das Ausland dringend geboten und sollte in Form der "Hilfe zur Selbsthilfe" erbracht werden. Eine sich auf den ersten Blick anbietende mögliche Vermittlerrolle der Türkei zwischen den hilfebedürftigen MUGUS und den zur Stützung fähigen (westlichen) Staaten wird von den MUGUS langfristig nicht in Anspruch ge-

387

Vergleiche und Einsichten, die die einzelnen anstellen bzw. gewinnen, werden ggf. die Unzufriedenheit noch erhöhen.

388

Die Anreize dürfen auch nicht im Übermaß dem System entzogen werden, z. B. im Wege des Ressourcen-Transfers in andere Systeme oder der Angliederung eines umfassende Hilfe nötig habenden anderen Systems. Verwiesen sei dazu auf den Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland oder die Aufnahme von neuen Mitgliedern in die Europaische Union.

389

Versuche, Anspruchsniveaus (bei Entzug der Vergleichsmöglichkeiten) zu senken oder "Unruhestifter" (die auf Mißstande hinweisen) zu bestrafen, scheinen historisch betrachtet längerfristig immer zum Scheitern verurteilt.

VI Logik und Theorie der System-Transformation

159

nommen. Direkten Kontakten zu stützungsbereiten Ländern wird von den MUGUS der Vorzug gegeben.

(7) Obwohl die zentralasiatischen Länder viele Gemeinsamkeiten

aufweisen,

unterscheiden sie sich stark in deren Ausprägungen, was durch ihr aufkommendes Nationalbewußtsein und einer entstehenden Konkurrenzsituation zwischen einzelnen Ländern gefördert wird. Aufgrund dessen gibt es derzeit unter den MUGUS keine Republik, die als sog. Vorreiter der System-Transformation fungiert, der die anderen Republiken nachfolgen.

Im folgenden wäre zu untersuchen, inwieweit die in den MUGUS eingeleiteten System-Transformationen den - auf der Grundlage der Entwicklungsbestrebungen erarbeiteten - vorgenannten Hypothesen entsprechen und eine Logik der Reihenfolge der bereits vorgenommenen Transformationsschritte zu erkennen ist. Da nach ca. 4 Jahren seit der Unabhängigkeitserklärung der Republiken die System-Transformationen der Länder noch in den ersten Anfängen stecken, können in den folgenden Kapiteln keine konkreten Aussagen gemacht, sondern lediglich Tendenzen aufgezeigt werden.

VII. System-Transformation in den MUGUS Innerhalb von sieben Jahrzehnten zentralistischer Planwirtschaft wurden dringende Probleme der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Sowjetunion nicht gelöst. Viele Schwächen der sowjetischen Wirtschaft wurden in der Vergangenheit überdeckt, wozu u.a. auch die starke Steigerung der Erdölpreise beitrug. Nach Ankündigung sinkender Wachstumsraten in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre und einem sich beschleunigendem Verfall der wirtschaftlichen Leistungen im Jahre 1991 brach das politische System in seiner Gesamtheit zusammen.390 Zuvor hatten noch neun Republiken der ehemaligen Sowjetunion (neben allen sechs MUGUS, Ukraine, Weißrußland und Rußland) versucht, durch die Unterzeichnung von offiziellen Vertragsentwürfen, von denen der letzte am 20.08.91 unterschrieben werden sollte, eine Union zu bilden. In diesen war eine Neuverteilung der Machtbefugnisse zwischen Zentrale und Republiken vorgesehen, ohne auf sozialistische Elemente einzugehen. In diesen Vertragsentwürfen blieben viele Fragen offen, weshalb bezweifelt wird, ob die Sowjetunion auf dieser Basis eine Überlebenschance gehabt hätte. Durch den Putschversuch im August 1991 wurde diese Möglichkeit vereitelt und alle Diskussionen über einen neuen Bund beendet. 39 ' Insofern sind die politischen und wirtschaftlichen Prozesse der zerfallenen Sowjetunion durch drei miteinander verbundenen Merkmalen gekennzeichnet:392 1) die Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit und Souveränität der Republiken, 2) die Dezentralisierung des gewaltigen zentralgeplanten Wirtschaftskomplexes und 3) die politische Neuordnung mit dem Versuch des Aufbaus marktwirtschaftlicher Strukturen.

390

Zu den Gründen, die zum Zusammenbruch der Sowjetunion führten, vgl. Kap.ll.

391

Vgl. N. Katzer. Perestrojka in der Innenpolitik, in: Informationen zur politischen Bildung Nr. 236: Die Sowjetunion 1953 - 1991, 3.Quartal 1992, S. 32.

392

Vgl hierzu Statistisches Bundesamt Wiesbaden letzten Jahre, Stuttgart 1992, S. 139 ff.

(Hrsg.): Sowjetunion 1980 - 1991. Bilanz der

VU System-Transformation

in den MUG US

161

Im folgenden werden die Situationen der MUGUS zum Zeltpunkt des Endes der Sowjetunion untersucht, die als Ausgangslagen der geplanten System-Transformationen herauszuarbeiten sind.

A. Nachwirkungen des sowjetischen "Erbes" der MUGUS Für alle sechs MUGUS waren mit Erlangung der Unabhängigkeit und Souveränität viele Nationalitätenfragen zu klären, die aufgrund des starken Nationalbewußtseins in der Anfangsphase der Lösung dringender öknomischer Fragen zum Teil vorgezogen wurden. Zu den ökonomischen Hauptproblemen aller MUGUS gehört die Dezentralisierung der zentral verwalteten ehemaligen Sowjetunion, die durch große Abhängigkeiten zwischen den Republiken, eine hohe Monopolisierung und sehr starke Differenzierung geprägt war.393 Unterschiedlich hohe Vorkommen von Bodenschätzen in den einzelnen Republiken und zentrale, auf Arbeltsteilung ausgelegte Entscheidungen hatten einseitige Produktions- und Handelsstrukturen geschaffen. Rußland verfügt über alle Energieträger und die wichtigsten Rohstoffe, so daß nahezu alle Republiken von den Energieträgerlieferungen aus Rußland abhängig waren.

Im Gegensatz dazu erzeugte Aserbaidschan 75 % der Ausrüstungen für die Erdölförderung.394 Über 90 % der aserbaidschanischen Exporte- hauptsächlich maschinelle Anlagen, veredelte Ölprodukte, Nahrungs- und Genußmittel (besonders Wein) und Textillen - wurden an andere GUS-Republiken geliefert. Hauptabnehmerländer waren dabei Rußland (ca. 60 % der Exporte In GUS-Republiken) und die Ukraine (ca. 12 %).395 Die Exporte in die MUGUS waren von untergeordneter Bedeutung,

393

Vgl. hierzu E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, Usbekistan und Kirgistan, in: Beitrage zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1, Münster 1994, S. 40, Heft 2, Münster 1994, S. 19, Heft 3, Münster 1994, S. 12 f.

394

Vgl. Statistisches 139 ff.

Bundesamt

Wiesbaden

(Hrsg.): Sowjetunion 1980 - 1991..., a. a. O , S.

395 vg| international Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Azerbaijan, Washington D. C., May 1992, S. 66.

162

VII System-Transformation

in den MUGUS

erreichten sie doch insgesamt nur ca. 12 % der Gesamtexporte in die GUS-Republiken. Den größten Anteil hält hierbei Kasachstan (ca. 4,5 %), gefolgt von Turkmenistan und Usbekistan (jeweils ca. 3 %). Sowohl bei den Exporten in die GUSRepubliken als auch bei den Exporten in Drittländer herrschen Güter des Industriesektors vor. Ihr Anteil beträgt jeweils mehr als 93 % der Gesamtexporte. Andererseits bezieht Aserbaidschan ca. 75 % seiner Importe - hauptsächlich Maschinenteile, Nahrungsmittel, Erzeugnisse der Leichtindustrie und Rohöl für die Veredelung und für den anschließenden Re-Export - aus anderen GUS-Republiken. Auch hinsichtlich der Importe sind Rußland und die Ukraine die wichtigsten Handelspartner Aserbaidschans innerhalb der GUS. Ca. 54 % der Importe aus GUS-Republiken stammen aus Rußland und ca. 25 % aus der Ukraine. Von den zentralasiatischen Republiken, auf die in ihrer Gesamtheit ein Anteil von ca. 9,5 % entfällt, ist nur Kasachstan396 (ca. 6,5 %) aufgrund seiner Rohöllieferungen von größerer Bedeutung.

Die Abhängigkeit der GUS-Republiken von der Republik Kasachstan bestand insbesondere im Rohstoffbereich. So betrug der Produktionsanteil Kasachstans an Erzeugnissen der Ex-UdSSR 1992 bei Chromerzen 95 %, bei Phosphor 90 % und bei Zinkerzen 50 %. Kasachstan trug ferner ein Drittel zur Produktion von Kupfererzen, ein Viertel zur Woll-Produktion und ein Fünftel zur Getreide-Produktion bei.397 Andererseits mußte Kasachstan 95 % der im Land gebrauchten Leichtindustrieausrüstung, 82 % der Chemie- und Erdölförderungsausrüstung, 72 % der Metallurgieausrüstung, 62 % der Metall- und Holzbearbeitungsmaschinen, 61 % der radioelektronischen Erzeugnisse und 40 % der Konsumgüter importieren.398 Der Importanteil für russische Güter war dabei überdurchschnittlich groß. So bezog Kasachstan sämtliche Erdöl- und Torfimporte, 95 % der Erdölproduktimporte, 94 % der Kohleimporte, 93 % der Kokschemieimporte und 85 % der Eisenerzimporte aus Ruß-

396

Vgl. ebenda.

397

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan - Wirtschaft im Umbruch. 1. Bericht, Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Institut für Wirtschaft und Marktwirtschaftliche Studien (WIWMS), Alma-Ata, ifo-lnstitut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), München 30.09.1992, S. 5.

398

Vgl. ebenda, aufgeführt.

S. 18, die Importanteile werden jedoch ohne Nennung einer Jahresangabe

VU System-Transformation in den MUGUS

163

land. 399 Vor allem im Bereich der Investitionsgüter und Zwischenprodukte weist Kasachstan eine starke Abhängigkeit von Rußland auf. Neben dem im vorhergehenden Absatz angesprochenen inter-industriellen Handel fand auch ein ausgeprägter intra-industrieller Handel vor allem mit Rußland statt. Obwohl

beispielsweise

die

Erdölproduktion

Kasachstans

grundsätzlich

den

kasachischen Bedarf übersteigt (im Jahr 1991 mit 26,6 Mio. produzierten Tonnen gegenüber 18,3 Mio. verbrauchten Tonnen Erdöl), wurden Erdölprodukte im Umfang des kasachischen Verbrauchs (davon immerhin knapp 62 % Rohöl) aus Rußland importiert (im Jahr 1991 18,1 Mio. Tonnen, davon 11,2 Mio. Tonnen Rohöl). 400 Dies kann mit infrastrukturellen Gegebenheiten erklärt werden. So besteht zwischen den Erdölverarbeitungskapazitäten in Ost- / Südkasachstan und der Erdölförderung in Westkasachstan keine Verbindung. Die Verarbeitung in Ost- / Südkasachstan erfolgt daher nahezu ausschließlich mit russischem Öl, während die Verarbeitung des westkasachischen Erdöls hauptsächlich in Rußland vorgenommen wird. 4 0 ' Darüber hinaus besteht für einzelne kasachische Rohstoffe und Zwischenprodukte im grenzüberschreitenden

Handel mit Rußland derzeit eine

regionale Monopolstellung. Daher sind beispielsweise die Metallurgiekombinate in Magnitogorsk und Tscheljabinsk, die AutowerkeKAMAZ und WAZ, die Aluminiumwerke in Krasnojarsk, Novokusnetzk und Bratsk und die Zinnproduktion in Bjelowsk - zumindest kurzfristig - von kasachischen Lieferungen abhängig. 4 0 2 Derartige strukturelle Gegebenheiten werden daher kurz- bis mittelfristig weiterhin (inter- bzw. intra-industriellen) Handel mit Rußland begründen. Bezüglich des grenzüberschreitenden Handels wurde 1992 mit Rußland ein Abkommen

über

Direktbeziehungen abgeschlossen, aus dem sich Sondervergünstigungen, etwa in Form von Steuervergünstigungen, Zollreduzierung und Meistbegünstigungen bei Transport- und Finanzleistungen, ableiten. 403

399

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan. .., a a. O., S. 20, die Importanteile werden jedoch ohne Nennung einer Jahresangabe aufgeführt.

400

Vgl. IBRD (World Bank) (Hrsg.): Kazakhstan. Country Economic Memorandum, Volume I: Main Report; Washington D. C , November 1992, S. 107.

401

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan..., a. a. O., S. 60.

402 V g| ebenda, S. 20. 403

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan..., a. a. O., S. 21.

164

VI] System-Transformation

in den MUG US

Im Vergleich zu den anderen Republiken kommt dem zwischenrepublikanischen Handel für Kirgistan aufgrund nahezu fehlender Bodenschätze eine besonders hohe Bedeutung zu. Im Jahr 1990 gingen rund 98 % der gesamten Exporte in die ehemalige UdSSR. 404 Die Importe kamen zu 73 % aus der ehemaligen UdSSR. 405 Zu den wichtigsten Exportgütern, die in die ehemalige UdSSR geliefert wurden, gehören: Nicht-Eisenmetalle, Eisenerze (insbesondere Gold und Quecksilber), landwirtschaftliche

Produkte

und

Erzeugnisse

der

Nahrungsmittelindustrie

(insbesondere raffinierter Zucker 406 und Tabak), elektrische Energie, Produkte der elektronischen Industrie und verschiedene technische Geräte einschließlich Landmaschinen. Kirgistan ist im zwischenrepublikanischem Handel besonders importabhängig von Erdöl und Erdgas, Eisenmetallen, Erzeugnissen der chemischen und pharmazeutischen Industrie, Holz und Papier sowie den meisten Baumaterialien. 407

Auch Tadschikistan ist in hohem Maße vom Handel mit den Nachfolgerepubliken der UdSSR abhängig. Rund 90 % der Gesamtimporte und Gesamtexporte erfolgten mit den Ländern der ehemaligen UdSSR. Rund 60 % der tadschikischen Exporte entfallen auf Aluminium, Rohbaumwolle und Textilprodukte. Weitere Exportprodukte sind Früchte, Obst, Marmor. Bei Gas, Öl, Erzeugnissen der chemischen Industrie und des Maschinenbaus bestehen hohe Einfuhrüberschüsse.

Nahezu alle fabrikmäßig hergestellten

Konsumgüter

und

zunehmend Nahrungsmittel (rund 80 % des Getreidebedarfs) müssen importiert werden. 408

404

Der Anteil der Exporte in die ehemalige UdSSR am Gesamt-Exportvolumen ist der zweithöchste innerhalb der ehemaligen UdSSR und wird nur noch von Armenien übertroffen. Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Kyrghyzstan, Washington D.C , Mai 1992, S. 2.

405

Vgl. ebenda.

406

Der hierzu nötige Rohzucker wird größtenteils aus Kuba importiert und nach seiner Verarbeitung in andere Republiken der ehemaligen UdSSR exportiert. Der Anteil der Zuckerimporte am BIP wird auf ca. 3 % beziffert, so daß Zucker zu einem der wichtigsten kirgisischen Importgüter zählt. Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Kyrghyzstan..., a. a. O., S. 2.

407

Vgl. ebenda

408

Vgl. R Götz, U. Halbach: Daten zu Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS, Bundesinstitut für ostwissentschaftliche und internationale Studien (BIOst)(Hrsg), Sonderveröffentlichung Juli 1992, Köln 1992, S. 67: Deutsches Ostasien-Institut, Abteilung GUS /Zentralasien (Hrsg.): Tadschikistan Kurzportrat Juni 1993, Berlin 1993, S. 4.

VII System-Transformation

in den MUG US

165

Ebenso bestand die turkmenische Handelsabhängigkeit hauptsächlich zu den anderen Republiken der ehemaligen UdSSR. Der Anteil der Exporte in diese Republiken an den gesamten Exporten (zu turkmenischen Preisen) betrug 1991 86 % und lag in der Periode 1987-1990 sogar deutlich über 90 %. Der Importanteil war zwar geringer, aber ebenfalls sehr hoch. Der Anteil der interrepublikanischen Importe nach Turkmenistan betrug 1991 81 % (ähnlich wie in den Vorjahren). Hauptimportgüter im interrepublikanischen Handel waren (in der Reihenfolge ihrer relativen Bedeutung) Maschinenbau-, Leichtindustrie- und Nahrungsmittelindustrieprodukte. Im Gegensatz dazu stellten Erdgas und Erdöl die Hauptexportgüter im interrepublikanischen Handel dar.409

Auch die usbekische Volkswirtschaft war zu einem hohen Grade in das sowjetische System der Arbeitsteilung eingebunden. Der Außenhandel wurde überwiegend mit Staaten innerhalb der Union abgewickelt, wobei Rußland ca. 90 % der exportierten Güter aufnahm. Die Hauptexporterzeugnisse Usbekistans sind Baumwollfasern, Erdgasprodukte, Buntmetalle, Edelmetalle, Früchte und Obst. Daneben werden auch Industrieerzeugnisse exportiert, wie z. B. Landmaschinen und Chemieprodukte. Bei den Importgütern spielen höherwertige Produkte und Fertigerzeugnisse eine große Rolle. Usbekistan bezieht aus dem Ausland vorwiegend Nahrungsmittel, Gebrauchs- und Anlagegüter.4™

Durch den Wegfall der alle MUGUS einbindenden Planwirtschaft, die schlechte wirtschaftliche und finanzielle Lage der einzelnen Republiken sowie die zum Schutz der eigenen Versorgung verhängten Ausfuhrverbote wurden die bestehenden Handelsbeziehungen untereinander stark belastet und brachen vielfach zusammen. 4,1 Sinkende

Erdölförderleistungen

Rußlands

führten

zu

Energiemangel

und

Produktionseinschränkungen in den anderen Republiken. Die in der ehemaligen UdSSR herrschende Investitionspolitik orientierte sich an zentralen Maßstäben und führte zu ganz unterschiedlichen Industrialisierungsniveaus der Republiken, so daß

409

Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Turkmenistan, Washington D. C., Mai 1992, S. 19.

410

Vgl. Bundesstelle für Außenhandelsinformationen kistan, Köln, Juni 1992, S. 2 ff.

411

Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Sowjetunion 1980 - 1991..., a. a. O., S. 139 ff.

(BfAI) (Hrsg.): Länderkurzportrait Usbe-

166

VII System-Transformation

in den MUGUS

entsprechend unterschiedliche Einkommensverhältnisse bestehen. Insofern wirken sich die zusammengebrochenen Handelsbeziehungen auf die weniger industrialisierten und einkommenschwächeren MUGUS besonders negativ aus. 4 ' 2 Da in der ehemaligen sowjetischen Planwirtschaft die Preise mit Steuerungsgrößen wie Investitionen, Einkommen- und Haushaltsumverteilungen zentral festgesetzt wurden, entsprachen die Preise nicht den Weltmarktpreisen. Im internationalen Vergleich waren die Rohstoff- und Vorleistungspreise zu niedrig und die Preise der Fertigwaren stark überhöht. Diese in Relation zu internationalen Preisen damals bestehenden Differenzen gingen im wesentlichen zu Lasten der Republik Rußland als Hauptrohstofflieferant. Bei der Zugrundelegung international vergleichbarer Preise zeigten sich nicht übersehbare Probleme für fast alle MUGUS, die sich in erheblichen Negativhandelssalden der Republiken äußerten und die in den Republiken entstehenden Hyperinflationen zusätzlich anheizten. 4 ' 3 Die einseitigen Produktionsstrukturen sowie die mangelnde internationale Konkurrenzfähigkeit der Erzeugnisse führte dazu, daß zunächst nur durch den Rohstoffexport, insbesondere von Erdöl und Erdgas, konvertierbare Devisen erwirtschaftet werden konnten. Der vielseitige Importbedarf der Republiken und das Fehlen eines Devisenmarktes machte eine zentrale Devisenverteilung erforderlich. Mit Ausnahme von Rußland überstiegen in allen Republiken die Importe die Exporte, was in Anbetracht der bevorstehenden Tilgung der anteiligen Schuldenquote der ehemaligen Sowjetunion durch die einzelnen und der weiterhin lebensnotwendigen Importe einige MUGUS aufs äußerste belasten wird. 4 ''' Die aus o. g. Gründen in den einzelnen Republiken unterschiedlich gestiegenen Preise führten zu einer unterschiedlichen Binnenkaufkraft des Rubels, wodurch das Rubelwährungsgebiet nicht intakt erhalten werden konnte. 4 ' 5

412

Vgl. ebenda.

413

Vgl. hierzu E. Einig Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, in: Beitrage zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1, Münster 1994, S. 3; Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Sowjetunion 1980 - 1991..., a. a. O., S. 139 ff.

414

Vgl. Statistisches S. 139 ff.

415

Vgl. ebenda

Bundesamt

Wiesbaden (Hrsg.): Sowjetunion 1980 - 1991..., a. a

O.,

VII System-Transformation

in den MUGUS

167

Die vielfältigen Probleme, die aus dem Zerfall der Sowjetunion für die einzelnen MUGUS entstanden, verlangen aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Lage nach möglichst schnell greifenden Lösungen.

B. Fragmentierte Neuorientierung der MUGUS Wie dargelegt, war aufgrund der Nachwirkungen des sowjetischen Erbes in den MUGUS eine umfassende Neuorientierung notwendig, um neue wirtschaftliche Beziehungen aufzubauen, die die alten abgebrochenen

Geschäftsbeziehungen

ersetzen sollten. Obwohl das sowjetische Erbe eine Neuorientierung nicht unwesentlich erschwert, sind in allen MUGUS Bemühungen um eine Neuformulierung und -ausrichtung ihrer politischen und wirtschaftlichen Zielsetzungen, Strategien und Aktivitäten zu verzeichnen. Die Neuorientierung und die Beurteilung ihrer möglichen Erfolge ist mit großen Problemen behaftet. Eine Darstellung, die gewissen Mindestanforderungen an die Vollständigkeit, die Klarheit und die Wahrheit ihres Inhalts genügen will, kann es derzeit nicht geben. Diesbezüglich müßten die Institutionen und Organisationen bereits vorhanden sein, die im Wege einer System-Transformation erst zu schaffen sind. Es ist unwahrscheinlich, daß das zur Verfügung stehende, ohnehin knappe Datenmaterial die wirtschaftliche Gesamtlage korrekt wiedergibt, da weder statistisch geschultes Personal in den Ländern in ausreichendem Umfang zugegen ist, noch diese über ein effektives Instrumentarium - sowohl in technischer als auch in theoretischer Hinsicht 4 ' 6 - verfügen. Ebenso ist eine Wiedergabe der erlassenen Gesetze und Verordnungen als Indikator einer Neuorientierung oder gar der System-Transformation unzureichend, da die erfolgreiche Umsetzung der Gesetze auf der - teilweise nur rudimentär vorhandenen - Verwaltungsebene nicht gewährleistet ist und tradierte Praktiken des Staates ihrer tatsächlichen Verwirklichung entgegenstehen. Eine angemessene Darstellung und Bewertung der Neuorientierung

416

So muß z. B. das bisherige System der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung der ehemaligen Sowjetrepubliken auf westliche Standards umgestellt werden. Bisher war in diesen Ländern etwa der Ausweis des Nettomaterialproduktes (NMP) anstelle des Bruttoinlandsproduktes (BIP) als Maßstab der inländischen Wertschöpfung gebräuchlich. Diese Größe vernachlässigt jedoch Bestandteile des BIP in erheblichem Umfang

168

VJI System-Transformation

in den MUGUS

wird daher erst in der ferneren Zukunft geleistet werden können. An dieser Stelle sollen kursorisch einzelne Maßnahmen der Länder aufgegriffen4*7 und mit der oben vorgestellten Logik der Reihenfolge der System-Transformationsmaßnahmen sowie der aufgestellten Theorie verglichen werden, um so Kriterien für eine erste Beurteilung zu gewinnen.

Einzelne Voraussetzungen, die es erlauben, eine System-Transformation anzugehen, scheinen in der Mehrzahl der MUGUS vorzuliegen. In allen Republiken haben sich mächtige politische Leader als Staatspräsidenten etablieren können:A/;jew in Aserbaidschan (seit September 1993), Nasarbajew in Kasachstan (seit 1989), Akajew in Kirgistan (seit Oktober 1990), Rachmanow in Tadschikistan (seit November 1992), Nijasow in Turkmenistan (seit Oktober 1990) und Karimow in Usbekistan (seit Juni 1989). Dies zeigt, daß die politischen Leader Kasachstans, Kirgistans, Turkmenistans und Usbekistans bereits seit der staatlichen Unabhängigkeit die Neuorientierung ihrer Länder gestalten und mitbegleiten. Eine gewisse Stabilität der politischen Ordnung ist somit in diesen Republiken erkennbar. Lediglich die Republiken Aserbaidschan und Tadschikistan, in denen 1990 bzw. 1992 ein Bürgerkrieg ausbrach, verzeichneten Wechsel der politischen Führungskräfte. Jedoch scheinen die politischen Leader auch in diesen Ländern, insbesondere in Aserbaidschan, ihre Machtbasis ausweiten zu können.

Ferner haben sich die Regierungen aller MUGUS wenigstens formell zu der Konzipierung und Einführung eines neuen Gesellschafts- und Wirtschaftssystems bekannt. Der früheste Vorstoß in diese Richtung erfolgte von Kirgistan und ist dort eng mit der Wahl des Reformers Akajew verknüpft. Die übrigen MUGUS folgten im wesentlichen im Jahr 1991 - teilweise wohl als Reflex auf den Ausgang des August-Putsches - mit prinzipiellen Absichtserklärungen und ersten Gesetzen. Lediglich Turkmenistan hält sich diesbezüglich sehr zurück.

Jedoch konnten in den MUGUS bis jetzt im allgemeinen keine unabhängigen Medien errichtet werden. Auch die Beachtung der Menschenrechte ist in diesen Ländern keineswegs durchgehend gesichert. In den Bürgerkriegsrepubliken Aser-

417

Vgl. zum folgenden auch die Auszüge aus den Länderanalysen in Kap.V.

VI] System-Transformation

in den MUGUS

169

baidschan und Tadschikistan ist die Wahrung der Menschenrechte und die Etablierung einer freie Presse nicht gewährleistet. Sowohl in Turkmenistan als auch in Usbekistan 4 ' 3 ist die Opposition faktisch verboten, unterliegen

Oppositionelle

Repressionen und Verfolgung. In beiden Ländern wird die Presse staatlich streng kontrolliert. Auch in Kasachstan wird die Arbeit der Opposition und insbesondere ihr Zugang zu den Medien staatlicherseits behindert. Selbst in Kirgistan, das sich selber als Vorposten westlicher Demokratie in der Region versteht und hinsichtlich der Einführung und Beachtung von Menschenrechten am weitesten fortgeschritten zu sein scheint, stand Akajew 1991 dem kirgisischen Volk ohne Gegenkandidaten zur Direktwahl. Obwohl dort 1993 zumindest Tendenzen zur Eindämmung der Macht des Staatspräsidenten zu verzeichnen waren, kommt eine wirksame Opposition derzeit noch nicht auf. 4 ' 9 Mit dem Verzicht auf die Errichtung unabhängiger Medien und die konsequente Durchsetzung der Menschenrechte wird der Wahrung der politischen Stabilität Tribut gezollt. Die tatsächliche Durchführung der Einführung des demokratischen Gesellschaftssystems scheint in den MUGUS somit fraglich zu sein. Nach jüngsten Pressemitteilungen haben darüber hinaus die Präsidenten der Republiken Kasachstans, Turkmenistans und Usbekistans durch das Abhalten von Referenden über die Verlängerung ihrer Präsidentschaft, die in Kürze in den einzelnen Republiken It. Verfassung anstehenden Präsidentschaftswahlen verhindert. In allen drei Fällen wurde mit über 90 prozentiger Zustimmung die Amtszeit verlängert. 420 Der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew begründete bzw. rechtfertigte seine diesbezügliche Entscheidung kürzlich damit, daß er derzeit eine "emotionale Wahlkampagne" für ungünstig halte. 42 ' Der Verkündung des Wahlergebnisses durch Nasarbajew am 07.05.1995 blieben die Diplomaten der Industrieländer demonstrativ fern. 422 Anscheinend plant auch der kirgisische Präsident

418

Vgl. R. Opalka. Wende um 360°- Usbekistan auf dem Weg in die Demokratie? in: ai vestung, Hrsg.: amnesty international Gruppe 1200, Ausgabe 2/1994, S. 8 f.

4,9

Zu der Einschätzung der politischen Lage in den Landern vgl. The Economist Intelligence Unit(EIU) (Hrsg): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Profile 1993/94, London 1994, passim.

420

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters Briefing vom 17.07.1995, S. 1.

421

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan - Große Mehrheit für Nasarbajew, in: Reuter Business Briefing vom 02.05.1995, S. 1.

422

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Kasachstan - Sieg Nasarbajews bei Referendum bestätigt, in: Reuter Business Briefing vom 03.05.1995, S. 1

Kirgisien - Kehrtwende in Kirgistan? in: Reuter Business

170

VII System-Transformation

in den MUGUS

Akajew eine Volksabstimmung über die Verlängerung seiner Amtszeit für das Ende des Sommers 1995. Denn nur bis zu diesem Zeitpunkt hat Akajew seinen Ministern ein Ultimatum zur Verbesserung der desolaten Wirtschaftslage gesetzt, die z. Z. ihren bisher niedrigsten Stand erreicht hat. Sollte es in Kirgistan tatsächlich zu einem Referendum kommen, würde diese Republik ohne Zweifel ihr Ansehen als Modell für die sich entwickelnde Demokratie in Zentralasien verlieren.423 Da

aufgrund

dieser

Tatsachen

in

Frage

gestellt

werden

muß,

ob

der

Transformationsprozeß von einem Großteil der Bevölkerung der MUGUS akzeptiert und getragen wird, ist z. Z. zweifelhaft, ob die zu Kap.VI.D unterstellten Voraussetzungen für erfolgreich verlaufende System-Transformationen erfüllt sind.

Einige transformationsrelevante wirtschaftliche Maßnahmen erfolgten teilweise schon vor der Etablierung der jetzigen politischen Leader und damit vor der ausdrücklichen Entscheidung der Republiken für eine Neukonzipierung ihres Wirtschaftssystems. Sie waren vor allem Ausfluß des damaligen sowjetischen Perestrojka-Konzeptes. 1987 /1988 wurde in den Republiken ein zweistufiges Bankensystem mit eigener Notenbank errichtet. Zuvor wurde die Geldpolitik allein von der Moskauer Zentralbank durchgeführt. Es wäre allerdings nicht korrekt, in der Errichtung von Notenbanken in den Republiken ein Element einer eigenständig vorgenommenen System-Transformation zu sehen. Sie erfolgte nicht auf Betreiben der einzelnen Republiken, sondern wurde von der sowjetischen Regierung in die Wege geleitet. Aufgrund des Bestehens der Rubelzone bis 1993 war dementsprechend auch keine eigenständige, von Moskau unabhängige Geldpolitik möglich. Die Notenbanken sind auch heute keineswegs unabhängig von der jeweiligen Regierung der Republiken.

Die wohl ersten bewußt auf die Transformationen der Wirtschaftssysteme angelegten Maßnahmen der Republiken waren die Liberalisierungen der bis dahin administrierten Preise.424 Sie weisen in allen MUGUS eine bemerkenswerte Parallelität auf. In Anlehnung an die russische Preisreform erfolgte die Liberalisie-

423

Vgl. Nachrichtenagentur

424

Zur Darstellung der Preisliberalisierung in den einzelnen Republiken vgl. die einzelnen Berichte des Internationalen Wahrungsfonds zu den jeweiligen Republiken, z. B. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Economic Review Kazakhstan, Washington D. C , Mai 1992.

Reuters: Kirgisien..., a. a. O., S. 1.

VII System-Transformalion

in den MUGUS

171

rung in zwei Stufen. In der ersten Stufe wurden lediglich die Preise einer begrenzten Gütergruppe liberalisiert. Während der zweiten Stufe der Preisliberalisierung, erfolgte eine Preisfreigabe, die sich auf einen Großteil der Güter bezog.425 Aus sozialen Gesichtspunkten wurden zunächst jedoch die Preise für Grundbedarfsgüter nicht freigegeben. Auch blieben einzelne Gütergruppen dem staatlichen Preisregime unterworfen: insbesondere Wohnungsmieten und Energiepreise wurden nach wie vor in allen MUGUS reguliert. Ferner wurden einige Gütergruppen, deren Preise freigegeben waren, subventioniert und sozial schwachen Gruppen Zuschüsse für Kleidung und Lebensmittel gewährt (z. B. in Turkmenistan und Usbekistan), so daß die Folgen der Preisfreigabe abgemildert wurden.426 In der Konsequenz ergaben sich massive Preissteigerungen: 1992 stiegen z. B. die Preise in Kasachstan um durchschnittlich 1.500 %, in Usbekistan im Jahr 1993 sogar im Durchschnitt um 2.600 %.427 Eine Preisliberalisierung im Sinne der angesprochenen Logik (innere Liberalisierung) kann jedoch in diesen Maßnahmen noch nicht ausgemacht werden. Sowohl das langfristige Festhalten an der Reglementierung einzelner Preise bestimmter Güter (vor allem des täglichen Bedarfs) und die Subventionierung weiterer Grundbedarfsgüter verhindert das marktliche Einpendeln der relativen Preise. Auch bei diesen Gütern ist die Reglementierung der Preise aufzuheben, um die Wirkung des Marktmechanismus eintreten zu lassen. Zur Vermeidung sozialer Härten sollte dieses stufenweise erfolgen. Auch im Bereich der äußeren Liberalisierung unternahmen die Regierungen der einzelnen MUGUS Anstrengungen. Alle MUGUS haben eigene Währungen eingeführt428 und damit die Grundlagen für eine unabhängige Geldpolitik gelegt. Da die Wiedergabe der gesellschaftlichen Präferenzen in den Preisen eines geeigneten, stabilen Mediums - eben einer eigenen stabilen, konvertierbaren Währung oder einer Parallelwährung - bedarf, legten die Währungsreformen in den einzelnen MUGUS die Grundlage für die Bewertbarkeit der inländischen Güter und für die internationale Vergleichbarkeit der Preise. Allerdings sind die Währungen noch

425

So sollen nach Angaben der Weltbank z. B. in Kasachstan 80 % der Großhandelspreise und 90 % der Einzelhandelspreise liberalisiert worden sein. Vgl. IBRD (World Bank) (Hrsg.): Kazakhstan .., a. a. O., S. 12. Ferner wurden die Preise der übrigen noch regulierten Güter angehoben. Ähnliche Angaben finden sich auch für die übrigen Republiken.

426

Entsprechend stiegen die Einzelhandelspreise langsamer als die Großhandelspreise. Die negativen Wirkungen auf die Kaufkraft der Bevölkerung wurden so abgeschwächt.

427

Vgl. dazu den Anhang II.

428

Zur Einführung der eigenen Wahrungen vgl. Kap.VII.C.

172

VII System-Transformation

in den MUGUS

nicht konvertierbar. Zwar wird die Konvertibilität z. B. von Usbekistan für Ende 1995 angestrebt; ob dieses Ziel angesichts der derzeitig noch deutlichen wirtschaftlichen Schwäche der MUGUS jedoch so kurzfristig erreicht werden kann, scheint fraglich.

Darüber hinaus haben die Regierungen der MUGUS betont, den Außenhandel für einen Großteil der Güter freigeben zu wollen. Jedoch unterliegt der Außenhandel faktisch noch in vielen Bereichen starken Beschränkungen. So sieht beispielsweise die Regierung Aserbaidschans die Notwendigkeit, den Großteil des Handels mit den GUS-Republiken aufrechtzuerhalten und gibt diesbezüglich den Unternehmen Listen mit staatlichen Vorgaben und Quoten an die Hand. Erst nach Erfüllung der Quoten können die Unternehmen ihre Handelspartner frei wählen. 429 Importe aus Nicht-GUS-Republiken sind mit hohen stark differenzierten Zöllen belastet. 430 Ferner bedient sich Aserbaidschan der Mittel einer partiellen Devisenbewirtschaftung: Exporteure müssen nach einem Dekret des Ministerrates vom 09. 01. 1992 je nach Güter- oder Dienstleistungsart zwischen 15 % und 100 % ihrer Deviseneinnahmen zu einem festgelegten, deutlich unterbewerteten Kurs eintauschen. 4 3 ' Die Einnahmen aus dem Devisenumtausch flössen in mehrere Fonds, die der Importfinanzierung dienen sollten. De facto ergibt sich so eine Verdrängung der Exporte zugunsten der Subventionierung von Importprodukten oder Produkten, die mit Hilfe importierter Vorleistungen erstellt werden (z. B. von Brot über verbilligt importiertem Mehl). Auch aufgrund dieser Techniken wird letztlich die Konvertibilität schwerer zu erreichen sein. Auch in Kasachstan ist der Außenhandel deutlichen Reglementierungen unterworfen. Zum einen soll dort der Zugang zu notwendigen Importgütern gesichert, zum anderen verhindert werden, daß kasachische Rohstoffe und Produkte "unter Wert" die Republik - z . B. über Rußland - verlassen. Hinsichtlich dieser Ziele ist Anfang 1993 die Organisation Kaskontraktgegründet

worden. Ihre Aufgabe besteht u. a.

darin, die Beschaffung notwendiger Inputs im Rahmen von Staatsaufträgen (sog. Gossakasy) abzuwickeln. Die Kaskontrakt ist bei der Abwicklung von Beschaf-

429

Vgl. IBRD (World Bank) (Hrsg.): Azerbaijan. An Economic and Sectoral Assessment. Report to the Pre-Consultive Group Meeting for Azerbaijan on December 16, 1992 in Paris, France, S. 6.

430

Die Zölle reichen dabei von 30 % für Baumaterialien über 800 % für Wein bis zu 1.300 % für Pelzmantel. Vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Azerbaijan .., a. a. O., S. 34.

431

Im Januar 1992 betrug der vorgeschriebene Wechselkurs 1,7 Rubel pro 1 US-$, wahrend der Marktkurs gleichzeitig bei 120,75 Rubel pro 1 US-$ lag. Vgl. ebenda, S. 35.

VI! System-Transformation

in den MUGUS

173

fungsaufträgen Auftragnehmer der jeweils zuständigen Fachministerien. Hinsichtlich der

Beschaffungsaufträge

hat die

Kaskontrakt

eine

Monopolstellung

in

Kasachstan, die sich z. B. in der Vorzugsbehandlung der eingeschalteten Firmen ausdrückt. 432 In Tadschikistan wurde zwar Anfang 1992 eine Teilliberalisierung beschlossen, der Außenhandel ist jedoch weitestgehend noch reguliert, da nur bestimmten Unternehmen der Export einer begrenzten Anzahl von Gütern zugestanden wird. Selbst in Kirgistan, das seinen Außenhandel und die Wechselkurspolitik 1991 im wesentlichen liberalisierte, bestehen noch eine Umtauschpflicht für 50 % der Devisengewinneinnahmen sowie auch einzelne Handelsregulierungen. 433 Deutlich staatlich kontrolliert wird der Außenhandel in Usbekistan. Sowohl die meisten Importe als auch der Export sog. "strategischer Materialien", wie Baumwolle und anderer Produkte, bedürfen einer Lizenz des Ministeriums für Außenwirtschaftsbeziehungen.'' 34 Da der Export von Baumwolle den Hauptbestandteil der usbekischen Gesamtexporte ausmacht, kann der usbekische Außenhandel als zu etwa 90 % staatlich kontrolliert angesehen werden. Ein gewisser Sonderfall ist in Turkmenistan gegeben. Dort sind nicht einmal Ansätze einer Liberalisierung zu erkennen, obwohl Turkmenistan in hohem Maße auf den Außenhandel angewiesen ist und sogar - insbesondere aufgrund der Erdgasexporte - eine positive Handelsbilanz aufweist. Der Export vor allem von Waren des Grundbedarfs wurde vielmehr infolge der beträchtlichen Rubelzuflüsse als Wirkung der Währungsreform in Rußland und der vergleichsweise sehr niedrigen,

432

Vgl. P. Bofinger, E. Svindland, B. Thanner. Wahrungspolitik der Nachfolgestaaten der UdSSR, Gemeinsames Gutachten des ifo-lnstituts München und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Berlin, Auftraggeber: Bundesministerium für Wirtschaft, ifo-lnstitut für Wirtschaftsforschung Abt. GUS (Hrsg.), München, April 1993, S. 50.

433

Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Profile 1993/94, London 1994, S. 88.

434

Vgl. den Erlaß des Ministerkabinetts der Republik Usbekistan vom 25. März 1994 "Über Malinahmen zur Regelung der Außenhandelsgeschäfte". In der Anlage Nr. 3 zum Erlaß, dem "Schlüssel zum Verzeichnis der Waren, deren Export über Lizenzen erfolgt", sind die lizenzbedürftigen Warengruppen angeführt. Darunter befinden sich Erdölprodukte, Erdgas, Arzneimittel, Buntmetalle, Baumwollfasern, Seidenspinnerkokons u. v. a. m. Vgl. o. V.: Republik Usbekistan. Erlasse und Verordnungen. Über Maßnahmen zur weiteren Vertiefung der Wirtschaftsreformen, der Sicherung des Schutzes des Privateigentums und der Entwicklung des Unternehmertums, Taschkent 1994, S. 3 6 - 5 3

174

VII System-Transformation

in den MUGUS

da staatlich subventionierten Preise, in Turkmenistan stark eingeschränkt435 , um die Versorgung der Bevölkerung Turkmenistans zu sichern.

Das zögerliche Verhalten der Regierungen in den MUGUS bezüglich der konsequenten Durchführung der Maßnahmen der inneren und äußeren Liberalisierung wird von diesen im wesentlichen mit der Wahrung oder Wiederherstellung der Stabilität in der Region begründet. Diesbezüglich sind in den Republiken einzelne teilweise vom International Monetary Fund unterstützte - Programme aufgelegt worden, um den wirtschaftlichen Abschwung abzufangen.436 Der Erfolg der einzelnen Programme läßt jedoch vorerst noch auf sich warten, auch wenn sich der wirtschaftliche Rückgang abzuschwächen scheint.

Die Eindämmung der Inflation ist in den MUGUS derzeit noch nicht gelungen. Die Hyperinflation ist anfangs auch zwangsläufige Folge der Transformationsmaßnahmen, insbesondere der Preisliberalisierung. Da im planwirtschaftlichen System an den Präferenzen der Wirtschaftssubjekte vorbei produziert wurde, führt eine Freigabe der Preise einerseits zu einer Verschärfung der Knappheiten und andererseits zu Güterhalden. Die sich so aufgrund der Nichtabstimmung der Konsumentenbedürfnisse mit den Angeboten der Investoren ergebende Hyperinflation wird noch verschärft durch die Antizipation weiterer inflationärer Prozesse durch die Wirtschaftssubjekte und eine damit zusätzlich gesteigerte Güternachfrage. Eine Konsolidierung des Staatshaushaltes ist in der Zeit des starken Ansteigens der Nachfrage bei geringer Produktionstätigkeit kaum möglich, so daß von dieser Seite die Inflation zusätzlich genährt wird.437 Gleichwohl unternehmen die MUGUS einzelne Versuche, die Inflation nicht ausufern zu lassen. So werden weiterhin, wie oben dargelegt, die Preise einzelner Güter des Grundbedarfs nicht nur reguliert, sondern auch künstlich niedrig gehalten. Auch die Steigerungsraten der Löhne fallen geringer als die Inflationsraten aus, so daß diesbezüglich zur Zeit keine Verschärfung der Inflation zu erwarten ist.

435

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Profile 1993/94, London 1994, S. 122 f.

436

Als Beispiel eines solchen Programmes vgl. den Exkurs "Programm der dringenden Anti-KrisisMaßnahmen" in diesem Kapitel.

437

Die dargestellten Zusammenhänge werden durch die Daten zu den Inflationsraten und den negativen Staatshaushalten der MUGUS illustriert. Vgl. Anhang II.

VII System-Transformation

in den MUGUS

175

Der Großteil der muslimisch beeinflußten Republiken garantierte in den neuen Verfassungen im wesentlichen das Recht auf privates Eigentum: Aserbaidschan Anfang 1992 (im Eigentumsgesetz), Kasachstan im Januar 1993, Kirgistan im Mai 1993 und Turkmenistan im Mai 1992. Das Recht auf den Erwerb von Grund und Boden ist davon allerdings im allgemeinen ausgenommen.438 Anstelle dessen besteht lediglich das Recht auf lebenslanges "Leasing" (z. B. in Aserbaidschan) oder auf (Erb-)Pacht (z. B. in Kasachstan). Auch das Recht auf das Eigentum an der Ressource Wasser ist begrenzt. Dies hat insbesondere für die Republik Usbekistan Bedeutung, die aufgrund des Anbaus von Baumwolle einen hohen Wasserbedarf hat. Ferner besteht in der Regel eine (soziale) Verpflichtung des Eigentums: So steht das Recht des Eigentums in Kasachstan unter dem Vorbehalt, weder die Ökologie zu schädigen noch gegen rechtlich garantierte Interessen anderer Bürger oder des Staates zu verstoßen.

Das Recht auf privates Eigentum dient in den MUGUS der anschließenden Privatisierung als Grundlage. Wie aus den Ausführungen zur Privatisierung in den Länderdarstellungen in Kapitel V439 hervorgeht, waren in allen Ländern - mit Ausnahme von Turkmenistan - Privatisierungsbestrebungen unterschiedlichen Ausmaßes zu verzeichnen. Allerdings ist diesbezüglich, abgesehen von der häufig schleppenden Vornahme der Privatisierung, kritisch anzumerken, daß die Privatisierung der Industriebetriebe in den MUGUS häufig über Privatisierungsfonds vorgenommen werden soll. Eine direkte Kontrolle und "Sanktionierung" einzelner Betriebe durch Käufer ist dadurch erschwert.

Mit den vorangehenden

Ausführungen

sind

die tatsächlich

durchgeführten

(Anfangs-)Schritte der System-Transformation in den MUGUS dargestellt. Im folgenden wird das Anti-Crisis-Programm der Republik Kasachstan wiedergegeben, um einen Einblick in die Maßnahmen zu gewähren, die nach der Vorstellung der kasachischen Regierung eine effiziente Einregelung eines gestalteten Transformationsprozesses ermöglichen sollen. Dieses Programm wurde vom "Institut zur

438

In Turkmenistan wird den Bürgern der Erwerb von Grund und Boden nach Art. 9 der neuen Verfassung vom 18. Mai 1992 formell zugestanden, der in der Praxis jedoch so gut wie nicht gewahrt wird. Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics Country Profile 1993/94, London 1994, S. 111.

439

Vgl. auch den Exkurs zur Privatisierung in Kasachstan in Kap VI.C.1.

VII System-Transformation in den MUGUS

176

Erhöhung

der Qualifikation

nett d e r Minister v o n

leitender

Angestellter

Kasachstan, d a s d e m

und Spezialisten"

Präsidenten

direkt

im Kabi-

unterstellt

ist,

e n t w o r f e n , u m Krisen v o r z u b e u g e n und z u b e k ä m p f e n .

EXKURS: 4 4 0 "Programm der dringenden 'Anti-Crisis-Maßnahmen' und der Vertiefung der sozialökonomischen Reformen in der Periode der Stabilisierung der Wirtschaft und des Übergangs zur Marktwirtschaft" für die Republik Kasachstan Die Neubetrachtung der Reformen und die Ausarbeitung von "Anti-Crisis-Maßnahmen" erscheinen aufgrund verschiedener Faktoren (Zerfall der UdSSR, das Fehlen grundlegender Handelsvereinbarungen mit den GUS-Staaten, die Systemlosigkeit der Finanzpolitik usw.) als unbedingt notwendig. Aufgrund mangelnder marktwirtschaftlicher Erfahrung sind zudem Fehler begangen worden, insbesondere auf dem Gebiet der Finanzpolitik, der Preisbildung, Lizenzvergabe usw. Das Programm der wirtschaftlichen Reformen ist auf die Schaffung einer sozialen Marktwirtschaft ausgerichtet und schlägt eine eigene - trotz der Bindung an die GUS-Staaten unabhängige Politik vor (entsprechend dem Programm "Strategie zur Entstehung und Entwicklung Kasachstans als souveräner Staat", 1993-95, I. Etappe.) A n der Ausarbeitung des Programms waren Komitees des Obersten Sowjets, der Oberste Wirtschaftsrat, Vertreter der Wissenschaft, einzelne gesellschaftliche Organisationen, Parteien und Bewegungen beteiligt. Die Empfehlungen internationaler Finanz-Organisationen wurden, unter Berücksichtigung der Spezifika Kasachstans, mit einbezogen.

1. Die derzeitige wirtschaftliche Lage Das nationale Einkommen ist 1992 im Vergleich zu 1991 um 14,2 % gesunken, die Industrieproduktion um 14,8 %, die Konsumgüterproduktion um 21,5 %. Sowohl internationale als auch nationale Handelsbeziehungen sind gestört oder wurden zerstört. Das Investitions-Volumen betrug 1992 158 Mrd. Rubel und somit 45 % weniger als im Vorjahr. Trotz Rekordernte bestehen auch auf dem landwirtschaftlichen Sektor massive Probleme (Fleischproduktion: - 31 %, Milchproduktion: - 21 %, Eierproduktion - 20 %, Wolle: -16 %). Die Freigabe der Preise führte bei fehlender Konkurrenz ("Monopole") z u einem finanziellen und preislichen Mißverhältnis zwischen Industrie und Landwirtschaft; die Konzentration der Produktion auf Rohstoffe wurde dadurch verstärkt. Unter anderem führte eine fehlerhafte Geldpolitik zu einem rasanten Anstieg der Inflation; die Geldemission stieg von 5 Mrd. Rubel im Juni 1992 auf 22 Mrd. im November.

440

Dieses Programm ist in Almaty am 19.05.1993 bei einer Auflage von 500 Exemplaren gedruckt worden. Es handelt sich um eine freie Übersetzung.

VII Syslem-Transformation

in den

MUGUS

177

Die Zahl der Arbeitslosen wächst ständig und betrug im Januar 1993 70.000 (ohne Berücksichtigung der sogenannten versteckten Arbeitslosigkeit). Der Lebensstandard weiter Bevölkerungsteile ist gesunken und das Ergreifen sozialer Hilfsmaßnahmen ist unausweichlich. Die Regierung hält an der Fortführung des Reformprogramms fest. Eine stärkere Kontrolle, die die Umbildung der Wirtschaft jedoch nicht behindern soll, erscheint notwendig.

2. Grundlegende Ziele, Aufgaben und Etappen zur Realisierung des Programms Grundlegende Aufgaben (für die Jahre 1993 - 95): -

Stabilisierung der Wirtschaft und Bekämpfung der Inflation, Beschleunigung der Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse, Schaffung einer marktwirtschaftlichen Infrastruktur, Konkurrenz, Aktivierung des Unternehmertums, Einführung einer effektiven Außenhandelspolitik, strukturelle Umbildung der Wirtschaft und ihre staatliche Unterstützung, eine auf die ärmsten Schichten ausgerichtete Sozialpolitik und Abschwächung der direkten Einflußnahme des Staates auf das Wirtschaftsleben und Verstärkung der indirekten Methoden zur Regulierung des Marktes.

Für die erste Etappe (1993) erscheinen die Eindämmung der Inflation, eine Steigerung der Produktion, die weitere Privatisierung von Staatseigentum und die Abschwächung der sozialen Auswirkungen der Umbildung als vordringlich. Die Lösung dieser Aufgaben soll durch die Einführung der Möglichkeit des "Konkurses", eine Verbesserung der Finanz-, Kredit- und Steuerpolitik und die Reform des Bankensystems erreicht werden. Zur Finanzierung von Investitionen können auch ausländische Quellen herangezogen werden. Die sozialen Probleme sollen durch eine ausgesuchte Sozialpolitik angegangen werden. Für die zweite Etappe (1994) erscheint die institutionelle Umbildung als vordringliche Aufgabe. Dazu gehören: Entstaatlichung und Privatisierung, Entwicklung einer marktwirtschaftlichen Infrastruktur und Förderung von Konkurrenz. Die dritte Etappe sieht die Regulierung des Marktes durch den Staat mit Hilfe von Regulierungsmechanismen aus den Bereichen Steuer-, Kreditwesen, Investitionen u. ä. vor.

3. Die Struktur der Investitionspolitik Eine der wichtigsten Aufgaben bei der Umbildung der Wirtschaft stellt die Überwindung der strukturellen Krise dar. Dieses Problem kann nicht allein durch Marktmechanismen gelöst werden, sondern verlangt von der Regierung eine flexible Politik und die finanzielle Unterstützung von Betrieben. Mit Hilfe dieser Unterstützung soll die strukturelle Umformung der Produktion erleichtert und sowohl die Arbeitslosigkeit als auch das Ungleichgewicht zwischen verschiedenen Regionen verringert werden. Zudem wird davon eine Stimulierung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts erwartet. Die finanzielle Unterstützung muß bereits während der Krise einsetzen, um nicht den völligen Verlust der Produktion der für die Versorgung der Bevölkerung notwendigen Güter zu riskieren und um den Niedergang ganzer Branchen zu verhindern. Die Unterstützung

178

VII System-Transformation in denMUGUS

wird in Form von zweckgebundenen Krediten gewährt, die der "Umprofilierung" von Teilen des jeweiligen Betriebes dienen. Auch andere protektionistische Malinahmen sollen herangezogen werden, um Branchen und Produkte, die Priorität besitzen, zu unterstützen. Folgende Bereiche besitzen Priorität: -

der Brennstoff- und Energiekomplex,

-

der metallurgische Komplex,

-

die Versorgung des Marktes mit Lebensmitteln und Konsumgütern und

-

der Bereich der Kommunikation.

Die Entwicklung von Branchenstützpunkten: Unter Berücksichtigung, daß die Republik auf ausländische Investitionen angewiesen ist, wird auch in näherer Zukunft der Export im wesentlichen aus Rohstoffen, Halbfabrikaten, Energieträgern, Metallen, Konzentraten und anderen Produkten der Buntmetallurgie bzw. Schwarzmetallurgie sowie Chemie- und Erdöl-Produkten und Erzeugnissen der Landwirtschaft für die Lebensmittelindustrie und die Leichtindustrie bestehen. Auf längere Sicht erscheint es notwendig, in bezug auf die Versorgung mit Brennstoffen und Energie unabhängig zu werden und den selbständigen Zugang zum Export von Brennstoff-Produkten und eine bessere Verarbeitung von Brennstoff-Ressourcen zu erlangen. Die Entwicklung der kohlenwasserstoff-verarbeitenden Industrie soll mit Hilfe der Wiederherstellung des Produktionsumfanges von Teer, Plastik und Chemiefaser, für die sowohl auf dem Inlands- als auch auf dem Weltmarkt Nachfrage besteht, vorangetrieben werden. Dies wird mit Hilfe einer Umformung der Produktionspalette der bisherigen Chemieproduktion unter Einsatz von Hochtechnologien auf der Grundlage der eigenen Rohstoffe geschehen. In der Perspektive wird für den Absatz von gelbem Phosphor, Mineraldünger und Chromverbindungen eine gute Konjunktur erwartet. Für die Schwarz- und Buntmetallurgie gilt es, die Rekonstruktion und technische Erneuerung der bestehenden Produktion zu beschleunigen und die Produktions-Kapazitäten bzw. die Angebotspalette zu erweitern. Im Maschinenbau hat die Umgestaltung der Rüstungsindustrie Priorität. Es wird vorgeschlagen, sie - nach Möglichkeit - in den zivilen Maschinenbau zu integrieren und für die Produktion von in der Landwirtschaft, im Konsumbereich oder in der Medizin benötigten Maschinen zu nutzen. Es ist vorgesehen, das wissenschaftlich-technische Potential der Rüstungsbetriebe zu erhalten, um später Aufgaben, die aus der "Militärdoktrin" (sprich: Verteidigungsstrategie) der Republik entstehen, erfüllen zu können. Die Versorgung des Marktes mit Konsumgütern soll mit Hilfe folgender Maßnahmen gesichert werden: -

durch die Einführung von Protektionsmaßnahmen für eine begrenzte Zeit, zum Schutz der inländischen Industrie, insbesondere der Leichtindustrie,

-

durch die Erhöhung der Produktion von langlebigen Gebrauchsgütern in den Bereichen Maschinenbau und anderen Branchen,

-

durch eine zeitweise Ausgabe von Devisen für den Import von benötigten Rohstoffen mit dem Ziele der Rehabilitation bestimmter Produktionszweige und

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-

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durch eine Verstärkung der Zusammenarbeit zwischen der Gebrauchsgüter produzierenden Industrie und Unternehmen, die Lieferungen für den Export vorbereiten.

Die Priorität für die Entwicklung des Transportwesens, einschließlich von Pipelines, ergibt sich aus der Möglichkeit, die gewinnbringende Lage Kasachstans an der Grenze zwischen Europa und Asien in Zukunft besser ausnutzen zu können und aus der Notwendigkeit, Import und Export voranzutreiben. Aus diesem Grund wird der Frage des Baus einer transasiatischen Eisenbahnlinie und einer Autobahnmagistrale von Europa nach Mittelasien und den großen Hafenanlagen von Aktau, Atyrau und Bautino besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Die Entwicklung des landwirtschaftlichen Sektors setzt die Erreichung folgender Ziele voraus: -

die Stabilisierung der finanziellen Lage der Erzeuger von landwirtschaftlichen Gütern und deren Anregung zur Arbeit,

-

der Aufbau einer Landwirtschaft, an der alle Zweige des APK (= landwirtschaftlicher Produktionskomplex) beteiligt sind,

-

die Lösung des Problems der Versorgung des Marktes mit Grundnahrungsmitteln einschließlich Zucker, Speiseöl, Konditor-, Branntwein- und Tabakwaren, Tee und Kindernahrung und

-

die Einrichtung eines Netzes von kleinen Betrieben zur Weiterverarbeitung von Agrarerzeugnissen direkt am Ort ihrer Herstellung.

Während die Landwirtschaft sich bisher hauptsächlich extensiv entwickelt hat, wird für die Zukunft die Entwicklung einer "intensiven" Landwirtschaft angestrebt. Die Sicherung des richtigen Preisverhältnisses zwischen Industrieprodukten und Agrarprodukten stellt die Branche vor besondere Probleme. Eines der wichtigsten "chronischen" Probleme der Landwirtschaft, der Mangel an finanziellen Reserven, wird durch den langen Produktionszyklus und die saisonabhängige Produktion verursacht. Deswegen wird - den Erfahrungen anderer Länder entsprechend - eine direkte finanzielle Unterstützung der Erzeuger erwogen, und zwar in Form von Zuschüssen für die für den inländischen Markt erzeugten Produkte. Im Haushaltsentwurf sind für diesen Zweck 115 Mrd. Rubel bestimmt. Außerdem ist - unter Berücksichtigung der Möglichkeiten des Budgets - die Fortsetzung der Dotierung vergünstigter Zinssätze für den Bereich des APK vorgesehen. Gleichzeitig wird die Möglichkeit der Bereitstellung von Devisen zum Import von chemischen Pflanzenschutzmitteln, Präparaten der Veterinärmedizin u. ä. geprüft. Es besteht die Möglichkeit, daß sich mit der Entwicklung marktwirtschaftlicher Verhältnisse verschiedene Arten des Anbaus und der Viehzucht als verlustbringend erweisen. Aus diesem Grunde hat die Regierung die Absicht, die Struktur der Anbaugebiete zu optimieren, und zwar sowohl hinsichtlich der gesamten Republik als auch in den einzelnen Gebieten. Einzelne Korrektiv-Maßnahmen sind in einer Bodenreform vorgesehen. Unter anderem gehört dazu eine genauere Festsetzung der Steuersätze unter Berücksichtigung der Bodenqualität und unter Einführung einer Indexberechnung, die sich an den Preisen für das jeweilige Agrarprodukt orientiert. Die Inventarisierung von Bodenschätzen ist vorgesehen. Zudem sollen zusätzliche Maßnahmen zur Entwicklung der "Nebenverdienst-Landwirtschaft" und zur Bereitstellung von Land mit Hilfe noch zu gründender spezieller "Boden-Fonds" ergriffen werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen zur Erhaltung der

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Bodenqualität und der ökologischen Reinheit der Produkte und der Umwelt heraufgesetzt werden. Der Privatisierungs-Prozeß soll unter Berücksichtigung regionaler und branchenspezifischer Besonderheiten vor sich gehen, wobei vorgeschlagen wird, verschiedene Methoden der Privatisierung und Bewirtschaftung zum Einsatz zu bringen. Die Umwandlung der der Landwirtschaft zuarbeitenden und der weiterverarbeitenden Betriebe muß beschleunigt werden, und zwar unter Beteiligung der Erzeuger der landwirtschaftlichen Güter. Die Arbeit an der Einführung neuer Technologien zum Anbau von Zuckerrüben, Kartoffeln und deren Weiterverarbeitung hat bereits eingesetzt. Von Vorteil erweist sich der Aufbau von Mini-Fabriken und Werken zur Weiterverarbeitung direkt am Ort der Produktion der Agrar-Rohstoffe. Die Entwicklung von bäuerlichen Kleinwirtschaften verlangt gleichzeitig die Entwicklung entsprechender ("kleiner") Techniken. Dazu ist eine Umorientierung des Maschinenbaus (insbesondere des Landmaschinenbaus) einschließlich der Rüstungsbetriebe auf die Herstellung von für diese Bewirtschaftung und Weiterverarbeitung notwendige Ausrüstung vorgesehen. Die genannten Maßnahmen erlauben unter gleichzeitiger Verringerung der Anbaufläche und der Stückzahl an Vieh eine Erhöhung und bessere Qualität der Produktion. Außerdem wird durch die Verringerung des Produktions-Aufwandes eine bessere Konkurrenzfähigkeit erreicht. Die staatliche Einflußnahme auf den landwirtschaftlichen Sektor muß sich zunächst grundlegend ändern und sich in der Zukunft ausschließlich auf die Koordination im Bereich Ökologie, die Kommunikation, die Einführung neuer technischer Errungenschaften, die Informationsvermittlung und die Weiterbildung von Kadern beschränken. Die Unterstützung des APK muß auf einer vertraglichen Beziehung zwischen den Erzeugern landwirtschaftlicher Güter und dem Staat, auf der Grundlage von zukunftsträchtigen und vorausschauenden Abkommen, beruhen.

4. Die Haushalts-, Geld- und Kreditpolitik Die Haushaltspolitik: Die Regierung ist sich der Zuspitzung der wirtschaftlichen Lage bewußt und wird auf lange Sicht mit gemäßigter Härte eine Finanz- und Anti-Inflationspolitik durchführen, die die Gesundung des Finanzsystems und eine Kürzung des Haushaltsdefizits vorsieht. Zu diesem Zweck werden zur Erhöhung der Haushaltseinnahmen folgende Maßnahmen ergriffen: -

Einführung eines Zolltarifs für Import und Export, einer Steuer zwecks Erlangung unvorhersehbarer Einnahmen in einzelnen (durch Monopole gekennzeichneten) Wirtschaftssektoren;

-

Erweiterung des Wirkungskreises der Mehrwertsteuer und Erhöhung der direkten Steuern.

Um die vollständige Eintreibung aller Steuern zu ermöglichen, wird jedem Steuerzahler eine Registriernummer zugeteilt, der Verwaltungsapparat funktionell umgestaltet und die Ausbildung des Personals verbessert.

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Die Regierung wird im Obersten Sowjet entsprechende Gesetzesprojekte zur Verwirklichung der Steuerreform vorstellen. Es ist vorgesehen, die individuelle Einkommenssteuer und die Gewinnsteuer für Betriebe neu zu überdenken. Zudem ist geplant, die Erhebung der Steuern für die Lizenzvergabe für geschäftliche Tätigkeiten mit Hilfe der Registriernummer des jeweiligen Steuerzahlers einheitlich zu gestalten. Die Gewinnsteuer für Unternehmen wird in einheitlichen Raten erhoben. Gleichzeitig wird auch die Einführung einer Umsatzsteuer in Höhe von 0,5 % erwogen (alternative Steuer). Die Interessen der Republik und die weltweite Praxis lassen eine Besteuerung aller Arten von Tätigkeiten und Besitztümern nach einheitlichen Sätzen ("Gleichheit vor der Steuer") sinnvoll erscheinen. Damit wird eine Steuerbefreiung oder Begünstigung ausgeschlossen. Dieses Schema vereinfacht die Erhebung der Steuern und ermöglicht die Kontrolle der Steuereinnahmen. Für einzelne Produktionszweige können andererseits Subventionen gewährt werden, die sich in den Haushaltsausgaben niederschlagen. Dadurch wird eine "versteckte" Begünstigung unmöglich gemacht und die Anonymität der Produktionszweige, die Unterstützung erhalten, aufgehoben. Es erscheint als unvermeidlich, die Liste der mit indirekten Steuern belegten Waren zu erweitern und die Steuersätze zu erhöhen. Die Erhöhung der Rentenbeiträge ist ebenfalls unumgänglich. Zur genauen Einkommensberechnung und um die Mobilisierung aller Mittel im Haushalt zu erreichen, ist die Einbeziehung der Arbeit der Nationalbank und die Einberechnung von bis zu 80 % der aus der Privatisierung von Staatseigentum gewonnenen Mittel notwendig. Die Buchführung in den Betrieben, darunter auch das Erstellen von Bilanzen und das Ausweisen von Gewinnen, wird soweit wie möglich internationalen Standards entsprechen. In Ausnahmefällen werden Investitionen und die Abzahlung von Darlehen nicht von dem zu versteuernden Einkommen abgezogen. Die Regeln zur Festlegung der für den Verschleiß zu berechnenden Summen werden noch genauer festgelegt werden (Abschreibungen). Bei der Besteuerung ist eine einheitliche Vorgehensweise gegenüber inländischen Unternehmen oder Unternehmen mit ausländischer Beteiligung vorgesehen. Außerdem ist vorgesehen, den örtlichen Behörden keine unumschränkte Wahlfreiheit bei der Festlegung von Steuervergünstigungen zu gewähren. Besondere Aufmerksamkeit soll der Effektivität des Einsatzes von Haushaltsmitteln gewidmet werden. Jeder Vorschlag zur Erweiterung der Haushaltsausgaben, egal von wem er ausgeht, muß von einem Vorschlag zur Erhöhung der Haushaltseinnahmen oder von einem Einsparungsvorschlag begleitet sein. Das System der Besteuerung von Exporten und die Prinzipien zur Schaffung eines Devisenfonds bedürfen einer grundsätzlichen Veränderung. Dieses erweist sich aufgrund der niedrigen Effektivität des bisherigen Systems, das die Entwicklung des Exports nicht vorantreibt, den Devisenerlös verringert und häufig zu direktem Mißbrauch führt, als notwendig. Es wird vorgeschlagen, mit Beginn des Jahres 1993 den Bedarf des Staates an Devisen direkt an der Börse zum marktüblichen Kurs zu decken. Dazu sollen im Haushalt Mittel vorgesehen werden. Alle am Export beteiligten Subjekte werden gesetzlich verpflichtet, 50 % des Devisenerlöses auf dem Markt zu verkaufen. Dabei wird der Devisenerlös dem jeweiligen Kurs entsprechend gemeinsam mit den in Rubel gewonnenen Einnahmen wiedergegeben und ordnungsgemäß verteilt.

182

VII System-Transformalion in den MUGUS

In diesem Zusammenhang beabsichtigt die Regierung, folgende Maßnahmen zur Rationalisierung der Haushaltsausgaben zu ergreifen: -

schrittweise soll dazu übergegangen werden, lediglich unbedingt notwendige Zuschüsse und Subventionen, die direkt an bestimmte Betriebe und Einrichtungen gewährt werden, zu zahlen,

-

staatliche Investitionen, die der strukturellen Umbildung oder Unterstützung lebenswichtiger Betriebe und der Entwicklung bestimmter Branchen dienen, sollen finanziert werden, wobei die Rückzahlung und die sinnvolle Nutzung sichergestellt werden muß,

-

die Zielgerichtetheit und sinnvolle Nutzung der zur Unterstützung der Bevölkerung aufgewandten Haushaltsmittel sollen sichergestellt und

-

die Zuschüsse für den Import von Waren sollen auf ein Minimum verringert werden.

Maßnahmen zur Verbesserung des Haushaltsplans sind vorgesehen. Die Jahresabrechnungen des Haushalts werden einen größeren Rahmen umfassen und auch die FinanzKredit-Bilanz einbeziehen. Die verstärkte Kontrolle der Haushalts-Zusammensetzung und der Ausgaben bezieht folgendes ein: -

die Verabschiedung der Haushalte, von 1993 an, bei einer verbesserten ökonomischen und funktionalen Klassifikation einschließlich der Liquidierung einzelner Devisenbudgets,

-

die Organisation wirtschaftlicher Strukturen im Finanzministerium, die in bezug auf jede Finanz-Operation eine Aufsichtspflicht wahrnehmen, die die Staatsschulden kontrollieren und - bis zur Einrichtung einer entsprechenden Abteilung - auch die Einnahmen und Ausgaben kontrollieren,

-

die Verstärkung der Kontrolle über die laufenden Einnahmen, deren Gegenüberstellung mit den Ausgaben und die Erstellung und Veröffentlichung von Statistiken,

-

die Einrichtung eines Berechnungssystems (ab Mitte 1993) zur Erfassung aller in- und ausländischen Staatsschulden und

-

die Durchführung (ab 1993) von monatlichen Auktionen für Schatzbriefe mit kurzen Laufzeiten in Abstimmung mit der Nationalbank.

Besonders nachdrücklich wird auf die Verringerung der Kreditgewährung für Betriebe geachtet. Es ist vorgesehen, die Verantwortung der Direktoren von Staatsbetrieben für die finanzielle Lage ihres Betriebes zu erhöhen. In Übereinstimmung mit dem "Gesetz über den Konkurs" ist für verlustbringende Betriebe ein ganzer Maßnahmen-Katalog vorgesehen. Die derzeitige wirtschaftliche Lage sieht so aus, daß den Daten des Jahres 1992 zufolge eine große Anzahl von staatlichen Betrieben verlustbringend arbeitet. Die Regierung hält daher die Sanierung dieser Betriebe und in einer Reihe von Fällen die Bankrotterklärung für notwendig.

Die Geld- und Kreditpolitik: Die Hauptaufgabe der Geld- und Kreditpolitik besteht in der Ergreifung eines MaßnahmenKomplexes zur Eindämmung der Inflation. Daneben ist jedoch - im Rahmen einer Anti-Inflations-Politik - auch die Unterstützung der Produktion durch Kredite und die Entwicklung eines Unternehmertums notwendig. Dabei ist es wichtig zu berücksichtigen, daß das Kre-

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ditwesen Kasachstans nicht ausreichend marktwirtschaftlich entwickelt ist. Der Großteil der Unternehmen reagiert inadäquat auf das lenkende Einwirken des Banksystems. Zudem erhöhen die Geschäfts-Banken den Kreditausstoß, ohne dabei die Liquidität im Auge zu behalten. Vorausgesetzt, daß Kasachstan in der Rubel-Zone verbleibt, ist die Kooperation mit anderen Staaten, insbesondere mit der russischen Zentralbank, bei allen Operationen unabdingbar. 4 '" Die Geld- und Kreditpolitik wird in der näheren Zukunft auf folgendes abzielen: -

die Befolgung der Forderungen nach Bankreserven,

-

die Festsetzung von Prozentsätzen für die Bereitstellung von Darlehen durch die Nationalbank,

-

die Festsetzung eines Rahmens für die Kreditemission in Übereinstimmung mit den anderen Nationalbanken in der Rubelzone und

-

die Flexibilität der Kreditpolitik mit Hilfe der Erhöhung von zwischenstaatlichen Krediten.

Bezüglich der Prozentsätze und der Kreditvergabe muß sich die Politik am Programm orientieren. Die Nationalbank muß von ihrer bisherigen Praxis der Kreditvergabe abweichen. Sie wird den anderen Banken für jedes Quartal ein Kreditlimit zubilligen. Es erscheint als notwendig, die Verantwortung der Kreditnehmer für die Rückzahlung zu erhöhen und die bisherige Praxis der Verlängerung von Darlehen zu beenden. Es soll ein System von Aufsichtsräten für die Nationalbank und die großen Geschäfts-Banken eingerichtet werden, und zwar unter Hinzuziehung von Experten der Weltbank. Zur Stabilisierung des Geld- und Kreditumlaufs werden von der Regierung folgende Maßnahmen ergriffen: -

die Erhöhung der obligatorischen Mindestreserven für Geschäfts-Banken,

-

die Festlegung von bindenden Quoten für die Geschäfts-Banken beim Kauf von staatlichen Wertpapieren und die Einbeziehung derselben in den Bestand der obligatorischen Reserven,

-

die Verstärkung der Kontrolle über die Beachtung der wirtschaftlichen Liquidität der Geschäfts-Banken und die Einführung von Strafsanktionen bei deren Nichtbeachtung,

-

die Verstärkung der Kontrolle über die Nutzung von zentralen Krediten durch die Geschäfts-Banken und

-

die Einführung von Kriterien für den Bankrott einer Geschäfts-Bank und für das Anmelden des Konkurses.

Um die Effektivität des Banksystems zu erhöhen, wird die Nationalbank in bezug auf Prozentsätze für Darlehen und Depositen eine Liberalisierung durchführen. Beim praktischen Zahlungsverkehr soll für eine stärkere Verwendung von Schecks, Wechseln und elektronischen Zahlungsweisen gesorgt werden. Das Verhältnis zwischen Regierung und Nationalbank muß auf der Basis speziell geschlossener Vereinbarungen bestehen, in denen die Mechanismen zur Stabilisierung und der Umfang der zentralen Kreditreserven vorgesehen werden. Dem Obersten Sowjet wer-

441

Inzwischen ist eine neue Währung (der Tenge) in Kasachstan eingeführt worden.

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den Gesetzesprojekte "Über die Nationalbank der Republik Kasachstan" und "Über die Geschäfts-Banken in der Republik Kasachstan" vorgelegt werden. Die Regierung hält es für notwendig, daß die Entstehung großer Banken von der Einrichtung eines Netzes von Filialen begleitet wird, die den Service am Kunden sicherstellen und untereinander konkurrieren. Daneben werden auch andere Formen von Kreditinstituten entstehen können wie z. B. "Kreditgesellschaften" (wörtlich: "Gesellschaften für gegenseitigen Kredit") und Darlehenskassen. Der Staat erhält von den - auf der Basis der ehemaligen staatlichen spezialisierten Banken entstandenen - Geschäfts-Banken einen Aktienanteil, durch den er an der Verwaltung der jeweiligen Bank Anteil hat. Zudem wird der Anteil, der von einem einzelnen Teilhaber der Bank gehalten werden kann, gesetzlich beschränkt werden. Die Regierung sieht vor, zur Sicherung der für Investitionen benötigten Kredite mit langer Laufzeit die Geschäfts-Banken an den zukünftigen Gewinnen der durch Investitionen entstehenden Projekte zu beteiligen. Außerdem soll das Kreditrisiko (besonders in bezug auf das Kleinhandwerk / Kleinhandelsgeschäft) durch die Entwicklung eines Systems von Versicherungen vermindert werden. Im Interesse des gegenseitigen Warenaustausches, der Zusammenarbeit zwischen den Wirtschafts-Teilnehmern, der Schaffung einer Grundlage für die Verrechnung von Warenumsätzen u. ä. plant die Regierung die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit den GUSStaaten über die gegenseitige Kreditvergabe. Ein Projekt, das die Vorgehensweise bei der gegenseitigen Vergabe und Tilgung von Krediten darstellt und in dem die Staaten sich gegenseitig Kreditlinien eröffnen bzw. sich zur ordnungsgemäßen Begleichung von Krediten verpflichten, wurde bereits ausgearbeitet. Vom 01. Januar 1993 an werden dabei die gegenseitigen Verpflichtungen als Auslandsschulden behandelt, die in Rubeln, zusätzlichen Warenlieferungen oder Dienstleistungen und durch die Übergabe von Liegenschaften beglichen werden können. Die Bilanz zwischen Ein- und Ausfuhr sollte möglichst ausgeglichen sein. Dies schließt nicht aus, daß auf den Import von Waren, die nicht unbedingt benötigt werden, verzichtet werden kann. Kasachstan sieht vor, in der Rubelzone zu verbleiben. 442 Unter Berücksichtigung verschiedener Schwierigkeiten - die Organisation einer zwischenstaatlichen Bank und besonders auch die Sicherstellung der Einhaltung von Vereinbarungen - schließt die Regierung die Einführung einer nationalen Währung aber nicht aus. Die Kosten und der Nutzen der Einführung müssen gegeneinander aufgerechnet werden. Der Vorteil würde darin bestehen, eine selbständige Geldpolitik durchführen zu können und sich in gewissem Maße von den inflationären Prozessen in der Rubelzone abgrenzen zu können. Allerdings kann die Republik bei den derzeitigen Verhältnissen kaum eine selbständige Geldpolitik durchführen, da die inneren Voraussetzungen für eine Verringerung der Inflation und eine Stabilisierung der Preise fehlen. Es muß eine klare Vorstellung darüber bestehen, daß die Eindämmung der Inflation große Opfer verlangt und zusätzliche Probleme aufwerten wird. Falls auch die nationale Währung eine Entwertung erfährt, würde dies einen sehr negativen politischen Effekt hervorrufen. Fällt die Entscheidung zugunsten der Einführung einer neuen Währung, muß eine Reihe von Maßnahmen ergriffen

442

Inzwischen wurde eine neue Währung eingeführt.

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werden, damit das neue "Geldsystem" die Wirtschaft stabilisieren und die Effektivität erhöhen kann. Auch der Prozeß des Ausscheidens Kasachstans aus der Rubelzone erfordert die Beachtung bestimmter Prozeduren, da Kasachstan in der Wirtschaftszone der Teilnehmerstaaten der GUS verbleibt.

Die Lohnentwicklung: Die Analyse der Situation und weltweite Erfahrungen haben gezeigt, daß das Ansteigen der Preise und das Tempo der Inflation außer durch die unkontrollierte Emission von Geld und Krediten in besonderem Maße auch durch das Ansteigen der Löhne bedingt ist. Daher hält die Regierung die strenge Regulierung von Lohnzuwächsen für unbedingt notwendig. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Entweder es gelingt, die Inflation innerhalb eines - zwar für alle schwierigen aber doch zeitlich begrenzten - Zeitraumes einzudämmen, oder die Wirtschaft wird durch die Inflation zerstört. Das ständige Ansteigen der Löhne im Bereich von Produktion und Dienstleistungen hat nicht nur inflationären Charakter, sondern birgt in sich ein zerstörerisches Element für die soziale Lage und vergrößert den Unterschied zwischen den Arbeitslohn-Niveaus in verschiedenen Sparten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Politik ist die Schaffung von Bedingungen, die zu effektiver Arbeit motivieren. Als wichtigstes Element erscheint dabei das Lohnsystem, das einer grundlegenden Reform unterzogen werden muß, die folgendes vorsieht: -

der Staat legt einen Mindestlohn fest,

-

es werden neue Bedingungen für die Arbeitslöhne festgesetzt auf der Grundlage eines Tarifsystems für alle Kategorien von Arbeitern / Angestellten,

-

mit Hilfe von speziellen Gebiets-Koeffizienten werden, abhängig von örtlichen und klimatischen Begebenheiten, Unterschiede in den Arbeitslöhnen festgelegt bei gesonderter Betrachtung von wirtschaftlich armen Gebieten,

-

den Unternehmen aller Eigentumsformen wird die selbständige Regulierung der Arbeitslöhne, entsprechend der Steigerung von Arbeitsleistungen, dem Produktionsumfang und dem Inflationstempo, vorgeschlagen.

Die Regierung wird dem Parlament einen Vorschlag zur genaueren Festlegung der Gesetzgebung über Urlaubszeiten und Arbeitslöhne vorlegen. Ohne diese Maßnahmen, die eine der Ursachen der Inflation - das ständige Anpassen der Löhne an die steigenden Preise - bekämpfen, ist die Beendigung der Wirtschaftskrise unmöglich. Dies erscheint als unabdingbare Komponente zur Stabilisierung.

Die Preisbildung: Die Regierung führt eine gemäßigte Politik der Preisregulierung durch, die die Versorgung von sozial schwachen Bevölkerungsschichten sicherstellt und im Einklang mit der Politik der anderen Staaten der Rubelzone steht. Für das Jahr 1993 wird vorgeschlagen, die staatliche Preisregulierung für Energieträger, den Güter- und Personenverkehr, Treibstoffe (Benzin, Kerosin, Gas, Elektro- und WärmeEnergie), Wohnungsmieten, Wasser, Kanalisation, Warmwasser-Versorgung, Post, Radio und Telefongebühren und für Brot, Kindernahrung und importierte Medikamente beizubehalten.

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VII System-Transformation in den MUGÖS

Als Ausgangspunkt für die Dynamik der Preisentwicklung müssen die Energieträger, insbesondere Erdölprodukte, angesehen werden. Die von Rußland durchgeführte Politik der Angleichung der Preise an die Weltmarktkurse verlangt die Einführung eines Systems mit zwei Preisen. Der Preis von Produkten, die für den Export bestimmt sind, orientiert sich am Weltmarkt. Die gemäßigte Entwicklung der Inlandspreise wird mit Hilfe der in den Rentenfonds akkumulierten Mittel sichergestellt werden.

5. Die Politik der Privatisierung Das Programm der Privatisierung wird für die Jahre 1993 - 95 folgendermaßen aussehen: Die Initiative zur Privatisierung kann nur vom Staat ausgehen (nicht von der Belegschaft oder außenstehenden Personen). Die zu privatisierenden Unternehmen werden eingeteilt in große Unternehmen (mehr als 5.000 Angestellte), mittlere Unternehmen (200 bis 5.000 Angestellte) und kleine Unternehmen (weniger als 200 Angestellte). Dem entspricht die "Durchführung von individuellen Projekten", die "Massen-Privatisierung" und die "kleine Privatisierung". 443

6. Die Entwicklung des Unternehmertums und einer "Anti-Monopol-Politik" -

Zum Unternehmertum: Es müssen Geschäfts-Banken eingerichtet werden, die bei Nachweis einer Effektivität versprechenden Expertise Kredite vergeben. Zudem muß der Verkauf von Produktionsmitteln und -statten an private Unternehmer beschleunigt und die Vergabe von Lizenzen neu organisiert werden.

-

Zur Entwicklung einer marktwirtschaftlichen Infrastruktur: Investitionsfonds und Holdings, Consulting-Firmen, Industrie- und Handelskammern, Versicherungs-Unternehmen und Speditionen müssen die Möglichkeit zur Ausweitung ihrer Tätigkeit erhalten, um - jetzt noch vom Staat wahrgenommene - Aufgaben übernehmen zu können.

-

Zur "Anti-Monopol-Politik": Ein Konzept zur Demonopolisierung, besonders in der Landwirtschaft, m u ß entwickelt werden. Auf den Gebieten Verteidigung, Gold und Edelsteine, Alkohol- und Tabakproduktion sowie in einigen Bereichen des Transportwesens soll das staatliche Monopol jedoch erhalten bleiben.

443

Vgl. hierzu den Exkurs "Nationales Programm der Entstaatlichung und Privatisierung staatlichen Eigentums in der Republik Kasachstan 1993 - 1995 (II. Etappe)" unter Kap.VI.C1.

VII System-Transformation in den MUGUS

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7. Das System des sozialen Schutzes Verschiedene unterversorgte Bevölkerungsschichten (Pensionäre, kinderreiche Familien, Arbeitslose usw.) sollen Anspruch auf soziale Hilfe in Form von Geld, Gutscheinen oder kostenlosen Mahlzeiten / Medikamenten haben.

8. Die Außenhandelspolitik Die Struktur der Außenwirtschaft und die zu ihrer Kontrolle bestimmten Organe: Die Umstrukturierung und Kontrolle der Außenwirtschaft muß unter Berücksichtigung folgender Punkte durchgeführt werden: a)

Abschied vom System des Staatsmonopolismus mit Ausnahme einer Liste von bestimmten Produkten während der Übergangsphase,

b)

Schaffung eines zeitgemäßen Abrechnungssystems für Zölle und Devisen und

c)

Schaffung eines Kontrollsystems zur Überwachung jeglicher Außenhandelstätigkeit.

Dazu wird vorgeschlagen, Richtlinien für den Export von strategischen Gütern, Treibstoffen und Produkten der Metall- bzw. der Chemie-Industrie und der Landwirtschaft auszuarbeiten. Zudem müssen die Außenhandels-Unternehmen von der MVES (Moskauer Außenhandels-Vertretung) getrennt werden, wobei ihnen der staatlich-kommerzielle Status entzogen werden sollte. Die bisherige Praxis, für den Export generelle Lizenzen auszugeben, muß ebenfalls geändert werden. Alle mit dem Außenhandel beschäftigten Organisationen müssen unter den gleichen Bedingungen arbeiten können. Im Zusammenhang mit dieser Umstrukturierung sieht die Regierung die Einrichtung von Ämtern vor, die für die Führung der Handelsbilanz der Republik, den Import und Export, für die Ausarbeitung einer Handelspolitik, Marktanalysen und die Erhöhung des Exportpotentials verantwortlich sein sollen. Weiterhin ist vorgesehen, die Verantwortung für die Vergabe von Lizenzen einem staatlichen Verwaltungsorgan zu übergeben, in das auch ausländische Spezialisten einbezogen werden können. Aufgabe dieses Organs wird die Begutachtung von Verträgen sein. Die Importeure sollen zudem verpflichtet werden, den Nachweis über den Erhalt von "konsularischen Warenrechnungen" erbringen zu müssen. Zur besseren Qualitäts-Kontrolle von Waren sowohl des Imports als auch des Exports erscheint die Schaffung eines Netzes von (internationalen) Ämtern als unbedingt notwendig. Um eine Regulierung der Devisenmenge zu gewährleisten, empfiehlt sich die Einrichtung einer staatlichen Bank für Import und Export, die die Überwachung von durch staatliche Garantien ermöglichten ausländischen Krediten übernimmt. Außerdem sollte diese Bank - selbständig oder gemeinsam mit den Geschäfts-Banken - die Bereitstellung von ExportKrediten und deren Absicherung gewährleisten. Um eine bessere Effektivität der Politik auf dem Gebiet der Beschaffung und des rationalen Einsatzes von ausländischem Kapital zu ermöglichen, erhält die nationale Agentur für ausländische Investitionen die Aufgabe, Investitionen zu registrieren, Expertisen über Investitionsprojekte und die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen Wettbewerbs in Auftrag zu

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VII System-Transformation

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geben sowie technische Hilfe und die Zusammenarbeit mit internationalen Finanz-Wirtschaftsorganisationen zu koordinieren.

Die Regelung und Stimulierung des Exports: Die staatliche Politik in Fragen des Exports muß auf der einen Seite die durch den Zerfall der UdSSR verursachte Situation der Entstehung souveräner Staaten berücksichtigen und somit Lieferungen in diese Staaten als Export betrachten. Auf der anderen Seite bestehen in bezug auf diese Staaten durch das Vorhandensein von gemeinsamen Rechnungen und gegenseitigen Schulden besondere Bedingungen. Es müssen sowohl Maßnahmen zur Erhöhung des Exports gegen Rubel als auch gegen Devisen ergriffen werden, um eine positive Handelsbilanz vorweisen zu können. Das Recht zum Export von Rohstoffen (außer den strategisch wichtigen) wird allen an der Wirtschaft beteiligten Subjekten erteilt, und zwar unter Wettbewerbs-Bedingungen und bei Verpflichtung zur Entrichtung von Exportsteuern. Ein Teil dieser Steuern wird den örtlichen Administrationen zugeführt und zur Finanzierung von Expertisen verwendet werden. Die Unternehmen sind verpflichtet, die Hälfte ihres Devisengewinnes der Nationalbank zum marktüblichen Kurs zu verkaufen. Um eine doppelte Besteuerung zu verhindern, können Export-Unternehmen von der Gewinnsteuer befreit werden, wenn sie die Devisen auf Auktionen verkaufen.

Die Kontrolle des Imports und die Entwicklung der den Import ersetzenden Produktion: Die Einführung eines Import-Tarifs für die Einfuhr von Waren und die Erhöhung der Zölle auf Luxusgüter und Waren, deren Import die Existenz der eigenen Produktionsbetriebe gefährdet, erscheinen unbedingt notwendig. Tarifnachlässe oder die Beibehaltung bestehender Tarife für Waren, für die ein besonderer Bedarf besteht (Medikamente, Kindernahrung usw.), sind vorgesehen. Die Schließung aller Geschäfte, mit Ausnahme derer an Flughäfen und Meereshäfen, in denen der zollfreie Einkauf möglich ist, wird dringend empfohlen.

Die Zollpolitik: Mit dem Ziel, die nationalen Interessen Kasachstans zu schützen, ist vorgesehen: -

an den Grenzen der Republik - Bahnstationen, Flug- und Meereshäfen - Zollstationen einzurichten, die die Zahlung von Import- und Export-Zöllen auch für Güter, die nicht für den Handel bestimmt sind, zu überwachen haben und

-

ein zeitgemäßes System für die Abrechnung und statistische Erfassung von Zöllen einzurichten und neue Zolldeklarationen zu erstellen.

Um die Rolle der Zollbehörde als Organe des Fiskus zu erleichtern, sind sie durch eine kürzlich getroffene Entscheidung des Präsidenten dem Finanzministerium angegliedert worden. In diesem Zusammenhang ist auch die Ausarbeitung und Verabschiedung des Gesetzes "Über die Zollbehörden" und einzelne Veränderungen in der bisher gültigen Gesetzgebung, u. a. in dem Gesetz "Über Zolltarife und Einfuhrzölle", vorgesehen. Im Falle der Änderung von Zollverordnungen oder der Vorgehensweise bei Lieferungen aus dem nahen Ausland wird die Regierung die Zölle neu regulieren.

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Die Regulierung des Devisenbestandes: Es muß ein Kontrollsystem eingerichtet werden, das die Geschäfts-Banken verpflichtet, gegenüber der Nationalbank den Umfang und den Zeitpunkt, zu dem ein Exporteur Devisen erhält, bekanntzugeben. Die Ausarbeitung einer Verordnung für "Joint Venture"-Banken und für Filialen ausländischer Banken in Kasachstan ist ebenfalls notwendig. Die Einrichtung einer Devisenbörse, die Ausarbeitung der Vorgehensweise bei Interventionen seitens der Nationalbank und die Verpflichtung der Unternehmen, einen Teil ihrer Devisengewinne aus dem Export gegen Rubel zum Marktpreis verkaufen zu müssen, sind unabdingbare Voraussetzungen.

Programm zur Heranziehung ausländischer Investitionen: Die Bedingungen für die Tätigkeit ausländischer Investoren müssen zielgerichtet geschaffen werden. Dazu gehört die Unterzeichnung beiderseitiger Verträge und die Anerkennung international gültiger Vereinbarungen. Zudem muß garantiert werden, daß die einmal angenommene Ordnung stabil bleibt und daß für die Dauer des Vertrages keine grundlegenden Veränderungen vorgenommen werden, die die Bedingungen für den Investor verschlechtern. Zur Anregung ausländischer Kredite und Investitionen empfiehlt sich, auf schnellstem Wege eine Liste der möglichen Projekte anfertigen zu lassen. Diese Liste muß das Interesse der Republik an der vordringlichen Entwicklung bestimmter Branchen berücksichtigen. Die Regierung beabsichtigt in Kürze die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit der Weltbank für die Bereitstellung eines "Rehabilitations"-Darlehens. Es ist notwendig, Datenmaterial über zu privatisierende Betriebe zusammenzustellen und die Kontrolle und Vorgehensweise beim Verkauf von Wertpapieren an ausländische Investoren festzulegen. Vorausgesetzt, daß das Vertrauen von Seiten ausländischer Kreditgeber gegenüber der Republik Kasachstan bestehen bleibt, sieht die Regierung keine Probleme bei der Heranziehung ausländischer Kredite. Z. Z. bieten sich Kreditverbindungen seitens Österreichs, Italiens, Pakistans, Omans, der Türkei und anderer Staaten an. Die Regierung wird ihr besonderes Augenmerk auf die termingerechte Rückzahlung der Kredite legen und effektive Projekte auswählen, bei denen der schnellstmögliche Devisenrückfluß zu erwarten ist. Als starke Belastung für die Wirtschaft erscheinen die Außenhandels-Schulden der ehemaligen UdSSR. Der Anteil Kasachstans an diesen Schulden beträgt unter Berücksichtigung der Zinsen 3 Mrd. US-$. Auf der anderen Seite bestehen keine Aussichten, noch außenstehende Aktiva in absehbarer Zeit zurückzuerhalten. Aus diesem Grund führt die Regierung Verhandlungen mit Rußland mit dem Ziel der Umstrukturierung der Auslandsschulden und der Unterzeichnung einer entsprechenden Vereinbarung. Die Vorschläge und die sich noch im Projekt befindlichen Vereinbarungen bezüglich dieser Frage werden dem Obersten Sowjet vorgelegt werden.

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VII System-Transformation in den MUGUS

9. Verstärkung des Kampfes gegen das organisierte Verbrechen In erster Linie sind dringende Korrekturen bei einer Reihe von verschiedenen Gesetzen vorzunehmen:

Das Strafgesetz: -

Normative Festlegung der Formen der Teilnahme an einer kriminellen Vereinigung (Gruppe von Personen, die sich nach einer provisorischen Übereinkunft vereinigt haben), einer organisierten Vereinigung und einer Verbrecherorganisation; Definition der verschiedenen Gruppen, Erweiterung des Begriffes des "Organisators" einer solchen Gruppe im Hinblick auf dessen Funktion für die Entstehung einer Organisation; Festlegung der Verantwortung von Organisatoren und Anführern für die von der Gruppe oder Organisation begangenen Verbrechen.

-

Unter Strafe stellen der Schaffung einer kriminellen Organisation, ihrer Leitung und der Mitgliedschaft oder Teilnahme an Verbrechen. Alle hier genannten Punkte müssen den besonders schweren Verbrechen zugerechnet werden.

-

Unter Strafe stellen der Einrichtung von Geld-Fonds, die kriminellen Vereinigungen als materielle Grundlage für die Entwicklung des organisierten Verbrechens dienen.

-

Kriminalisierung der Korruption als die Gesellschaft besonders gefährdende Erscheinung.

-

Unter Strafe stellen von Steuerhinterziehung.

-

Unter Strafe stellen falscher oder fehlender Angaben gegenüber der Steuerinspektion.

-

Erhöhung der Verantwortlichkeit von Personen aus dem Bereich der Produktion, der Bewachung und des Umschlags von Wertmetallen, Waffen, Narkotika und Psychopharmaka.

-

Einführung von Normen, die ein positives Verhalten (ehemaliger) Mitglieder einer kriminellen Vereinigung fördern.

-

Schaffung einer Reihe von Grundlagen für Straferleichterungen oder Strafbefreiung für Personen, die von Gruppen ausgeführte Wirtschaftsverbrechen, an denen sie selbst beteiligt waren, aufdecken.

-

Erweiterung der Liste der administrativen Sanktionen für Amtspersonen, die anzuwendende strafgesetzliche Maßnahmen nicht durchführen.

Das Strafprozeßgesetz: -

Die Verabschiedung des Gesetzes "Über Einsatz- und Fahndungstätigkeit in der Republik Kasachstan", das die Bedingungen für eine effektivere Arbeit zur Aufdeckung, Prävention und Unterbindung der Tätigkeit krimineller Organisationen, Gruppen (Gesellschaften) schafft.

-

Einführung einer "Zeugenimmunität", um die Zusammenarbeit der Rechtsorgane mit Zeugen, Opfern und Personen, die Informationen über die Tätigkeit organisierter Gruppen geben, sicherzustellen.

-

Festlegung der Vorgehensweise bei Beschlagnahme von Mitteln durch einen Gerichtsbeschluß und Schaffung einer Verordnung, die besagt, daß Geld und andere Wertge-

VI] System-Transformation in den MUGUS

1 91

genstände, die zur Überführung eines Verdächtigen notwendig sind oder die als Beute sichergestellt wurden, laut Gerichtsbeschluß nicht vom Staat beschlagnahmt werden können, sondern dem rechtmäßigen Eigentümer zurückgegeben werden müssen. -

Unter Berücksichtigung der Besonderheiten des organisierten Verbrechens: Verlängerung der Haftzeit (Untersuchungshaft) und Möglichkeit der Zeugenbefragung vor Gericht unter Ausschluß des Angeklagten.

Das Strafvollzugsgesetz: -

Einführung von Isolations- und Einzelhaft für die Mitglieder des organisierten Verbrechens.

-

Vorbereitung von Gesetzesänderungen zur Erhöhung des Strafmaßes, zur Konfiszierung von Eigentum und Verpflichtung zu Schadenersatz-Zahlungen für die durch Verbrechen entstandenen Schäden. Ziel dabei ist die Ausschaltung von finanziellen Reserven und die Entmotivierung zur Teilnahme an antisozialen Tätigkeiten.

-

Ausarbeitung eines Normensystems, das Betriebe und Arbeitskollektive durch wirtschaftliche Stimulierung dazu bewegt, Verurteilte, die ihre Strafe abgebüßt haben, einzustellen, um deren Resozialisierung zu ermöglichen.

-

Vorbereitung einer Strafvollzugs-Reform unter Berücksichtigung entsprechender internationaler Vereinbarungen und Schaffung eines einheitlichen Strafvollzugs-Systems, dessen Ausführung einem einzelnen Organ unterstellt wird.

Andere gesetzgeberische Maßnahmen: Es ist notwendig, spezielle Gesetze "Über den Kampf gegen das organisierte Verbrechen und die Korruption" und "Über den Staatsdienst" zu verabschieden. Darin könnten vereinbarte Kampfmaßnahmen festgelegt werden, zum Beispiel: -

ein kategorisches Verbot für alle Staatsbediensteten, unternehmerische Tätigkeiten wahrzunehmen oder zwei Ämter gleichzeitig zu bekleiden, mit Ausnahme von durch die Regierung festgelegten Tätigkeiten;

-

Einführung einer verbindlichen Einkommenserklärung für alle Staatsbediensteten, wobei diese für falsche Angaben zur Verantwortung gezogen werden können; (...)

Für den Kampf gegen die "Geldwäsche" von aus Verbrechen gewonnenen Gewinnen ist die Einführung von Gesetzesnormen für das Bank- und Finanzwesen, entsprechend der 1988 von der UNO beschlossenen Verordnung zur Rauschgift-Bekämpfung (Wiener Konvention), vorgesehen. Die Ergänzung der Gesetze durch eine Verordnung über die ungehinderte Einsicht in die Tätigkeit von Betrieben, Kooperativen und Banken durch das staatliche Finanz-Kontrollkomitee und seine örtlichen Behörden ist unabdingbar.

Organisatorische Maßnahmen: Es ist ein Koordinierungsstab für die Probleme des Kampfes gegen das organisierte Verbrechen zu schaffen.

192

VII System-Transformation in den MUGUS

Die Rechte, die Personalstärke und die Professionalität der das Recht verteidigenden Organe müssen erhöht werden, damit sie in die Lage versetzt werden, erfolgreich gegen korrumpierte Staatsbedienstete, egal über welchen Posten diese verfügen, angehen zu können und die Möglichkeit haben, erfolgreiche Verbrecher-Gruppierungen zu bekämpfen sowie Amtspersonen vor Erpressung und anderen Methoden der Verleitung zu ungesetzlichen Tätigkeiten schützen zu können. Es empfiehlt sich, den Angehörigen der Zollbehörden, abhängig vom Wert der sichergestellten Mittel, die dem Staatsbudget zugeführt werden könnten, Belohnungen auszuhändigen. Die Schaffung eines Informationszentrums, das eine Datenbank mit Angaben über straffällig gewordene Personen verwaltet, erscheint notwendig. Gleichermaßen notwendig ist die Erweiterung der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungs-Organen der anderen GUS-Staaten, analogen Dienststellen im Ausland und internationalen Organisationen, insbesondere auf den Gebieten Rauschgifthandel, Schmuggel, ungesetzlicher Devisenhandel, Korruption und internationaler Terrorismus. Es besteht die dringende Notwendigkeit, kriminologische und soziologische Expertisen zu Gesetzesprojekten in die Praxis umzusetzen, die gültige Gesetzgebung (insbesondere in bezug auf Bankentätigkeit, Lizenzvergabe, Steuern, Versicherungswesen, Entstaatlichung und Privatisierung) zu inventarisieren, und zwar unter dem Gesichtspunkt der Vorbeugung gegen Korruption und Wirtschaftskriminalität. Daneben erscheint beim Kampf gegen die Korruption auch die Berücksichtigung der Empfehlungen der 8. Konferenz der UNO zur Verhinderung von Kriminalität und zum Umgang mit Straftätern erforderlich.

10. Die Umbildung der Exekutive und der Verwaltung Die Ausbildung und Effektivität der Mitarbeiter muß verbessert werden. Teilweise können sogar marktwirtschaftliche Strukturen, wobei die Aufsicht des Staates jedoch bestehen bleibt, eingeführt werden.

11. Die Vorgehensweise zur Realisierung des Programms Zur Durchführung des Programms erscheint die Ausbildung von Spezialisten ("Kadern") als unabdingbar. Die Erstellung und Auswertung von Statistiken muß zudem verbessert werden. Die Aufgabe der Regierung besteht in der Koordination der verschiedenen Reformen. Das vorliegende Programm wurde durch die 9. Sitzung des Obersten Sowjets (19.05.1993) begutachtet und vom Präsidenten Nursultan Nasarbajew bestätigt.

Z u s a m m e n f a s s e n d ist festzustellen, d a ß die N e u o r i e n t i e r u n g in vielerlei Hinsicht f r a g m e n t i e r t ist. Einerseits ist - nach z e h n J a h r e n Perestrojka und ca. vier J a h r e n staatlicher U n a b h ä n g i g k e i t - der Prozeß der S y s t e m - T r a n s f o r m a t i o n - sofern ernst-

VII System-Transformalion

in den MUGUS

193

haft in Angriff genommen - längst noch nicht zu einem Abschluß gekommen. Ferner ist nicht erkennbar, daß die einzelnen Transformationsmaßnahmen in ein übergeordnetes Transformations- oder Entwicklungskonzept eingebunden wären. Die Maßnahmen werden eher isoliert durchgeführt, ohne in ein konsistentes System eingebunden zu sein. Eine Logik der Reihenfolge der System-Transformationsschritte ist nicht zu erkennen. Einige notwendige Schritte fehlen vorerst gänzlich. Auf eine abgestimmte Gesamtstrategie für alle MUGUS, die angesichts von spill-over Effekten auf den Märkten verschiedener Republiken und von internationalen Rückwirkungen einzelner nationaler Maßnahmen auf dem Gebiet der Geldpolitik ggf. angezeigt wäre, wird offenbar aufgrund des Nationalbewußtseins der einzelnen MUGUS bewußt verzichtet. Da eine gegenseitige Abstimmung der MUGUS hinsichtlich der System-Transformation nicht zu erkennen ist, soll im folgenden untersucht werden, ob durch vollzogene Transformationsmaßnahmen in einzelnen MUGUS Auswirkungen auf die System-Transformation in anderen MUGUS festgestellt werden können.

C. Endogene Stützung durch mögliche Splice-Entwicklung der MUGUS Splice-Entwicklung bezeichnet die gestaffelte und verknüpfte Entwicklung eines Regionen- oder Länderverbundes oder Länder-"Kettenzuges". Die Entwicklung der einzelnen Regionen oder Länder innerhalb des Verbundes wird in der Literatur oftmals - bildlich übertragen - mit der Formation eines Fluggänseschwarms verglichen, in dem ein "Leitvogel" von den nachfolgenden Schwarmmitgliedern quasi in einer "Aufholjagd" verfolgt wird. Eine Splice-Entwicklung bietet sich für die MUGUS schon deshalb theoretisch an, da sie in Anbetracht der Erblast der extremen Spezialisierung in der ehemaligen Sowjetunion viele Gemeinsamkeiten und ähnliche Probleme zu bewältigen haben.

194

VII System-Transformation

in den MUGUS

Verfolgt man das Entstehen der sechs MUGUS, so stellt man folgende Reihenfolge der Souveränitäts-Erklärungen und Unabhängigkeits-Erklärungen fest: Land

SouveränitätsErklärung

UnabhängigkeitsErklärung

Aserbaidschan Usbekistan

23.09.89 20.06.90

Turkmenistan Tadschikistan Kasachstan Kirgistan

22.08.90 24.08.90 25.10.90 15.12.90 (innerhalb von etwas mehr als einem Jahr)

30.08.91 29.12.91 (31.08.91) 27.10.91 09.09.91 16.12.91 31.08.91 (innerhalb von vier Monaten)

Diese Reihenfolge der Souveränitäts- und Unabhängigkeits-Erklärungen läßt in der Tat eine splice-artige Erscheinung vermuten. Mit anderen Worten, an einen Vorreiter (hier Aserbaidschan) haben sich sukzessiv die anderen angeschlossen. Inwieweit der zeitliche Vorgänger bei dem Verselbständigungsprozeß der MUGUS auch im Transformationsprozeß eine Orientierung auslöst, ist im folgenden zu untersuchen. Als anschauliches Beispiel im Rahmen der System-Transformationen der MUGUS ist die Einführung der eigenen Währungen zu betrachten. Die Länder sind im folgenden entsprechend ihrer Reihenfolge hinsichtlich der Souveränitätserklärungen angeordnet. Eine Übereinstimmung der Reihenfolge von Souveränitätserklärungen und Währungseinführungen ist jedoch nicht gegeben.

Land Aserbaidschan Usbekistan Turkmenistan Tadschikistan Kasachstan Kirgistan

Einführung 01.01.1994 11.01.1994 01.11.1993 11.05.1995 15.11.1993 10.05.1993

Währung Aserbaidschanischer Manat Usbekischer Som Turkmenischer Manat Tadschikischer Rubel Tenge Kirgisischer Som

Selbst wenn eine splice-artige Entwicklung vorhanden wäre, so ist kein eindeutiger "Vorreiter" auszumachen. Ging Aserbaidschan noch mit der Souveränitätserklärung voran, so führte es als vorletzte der MUGUS eine eigene Währung ein.

V]I System-Transformation

in den MUGUS

195

Vordergründig könnte der zweifache aserbaidschanische Präsidentenwechsel in dem Zeitraum zwischen Souveränitätserklärung und Währungseinführung verantwortlich für den Verlust der Vorreiterposition Aserbaidschans an Kirgistan sein. Untersucht man jedoch die Hintergründe, die in den einzelnen Republiken maßgebend für die Zeitpunkte der Einführung der eigenen Währungen waren, ist festzustellen, daß die Währungseinführungen jeweils als Einzelentscheidungen der Länder gewertet werden müssen.444 Keineswegs kann die Einführung eigener Währungen als bewußtes und gewolltes "Nachahmen" der kirgisischen Währungsreform gesehen werden. Wie aus einzelnen Gesprächen mit Entscheidungsträgern in Kasachstan und Usbekistan hervorging445, lehnte ein Großteil von ihnen einerseits die frühzeitige Einführung einer eigenen Währung ab, machte jedoch andererseits maßgebende landesspezifische Gründe für eine in Kürze notendige Währungseinführung geltend. Schon gar nicht wäre Kirgistan, das die Befragten der anderen Länder für unbedeutend und für einen "Musterschüler" oder "Spielball" des IMF hielten, als "Leitfigur" anerkannt worden. Am Beispiel Kasachstans sollen kurz die Gründe für die Währungseinführung dargelegt werden. Bis Mitte 1993 hat Kasachstan wegen seiner Handelsverflechtungen mit den anderen GUS-Republiken, vor allem Rußland446, bekundet, in der Rubel-Zone verbleiben zu wollen. Die Einführung einer eigenen Währung stand auf absehbare Zeit nicht bevor, zumal der Austritt aus der Rubel-Zone aufgrund der traditionellen Verbundenheit des russischen Bevölkerungsteils in Kasachstan ein politisch äußerst heikles Thema war. 447 Die kasachische Regierung wurde in dieser Absicht auch von dem IMF bestärkt.448 Vor allem die Hyperinflation, das Umschwenken der Politikempfehlungen des IMF sowie die russische Rubelreform führten jedoch

444

Vgl. o. V. Wahrungsreform in Usbekistan und Kasachstan, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 264 vom 13.11.1993, S. 2.

445

Vgl. E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan und Usbekistan, in: Beitrage zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 1, Münster 1994, S. 9, S. 21 f., S. 30, S. 41; Heft 2, Münster 1994, S. 20 f.

446

Vgl. European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) (Hrsg.): Economic Review, Current Economic Issues, July 1993, London 01.07.1993, S. 77.

447

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Central Asian Republics, Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 52.

448

Zumindest wurde vom IMF lange kein Druck auf die kasachische Regierung ausgeübt. Der Verbleib in der Rubelzone blieb Kasachstan weitgehend freigestellt, vgl. International Monetary Fund (IMF) (Hrsg.): Kazakhstan. Staff Submission, o. O., o. J., S. 7.

196

VII System-Transformation

in den MUCUS

schließlich zum Austritt Kasachstans aus der Rubel-Zone und zur Einführung einer eigenen Währung. Die Inflation wurde vor allem durch die russische Geldmengenexpansion, auf die die kasachische Zentralbank kaum Einfluß nehmen konnte, und ausufernde Staatshaushaltsdefizite genährt. Vor allem die fehlende Kontrollmöglichkeit über das Geldmengenwachstum hat auf seiten der kasachischen Regierung offenbar ein "free-rider" Verhalten gefördert, da der Regierung eine stark inflationsfördernde Ausgabensteigerung möglich war, ohne daß sie dafür hätte verantwortlich gemacht werden können. Eine inflationsdämpfende Sparpolitik dagegen wäre aufgrund ihrer Wirkungslosigkeit angesichts der "importierten" Inflation politisch kaum durchsetzbar gewesen. Aufgrund dessen schwenkte offensichtlich auch die Politik des IMF um. Kasachstan wurde nahegelegt, aus der Rubel-Zone auszutreten. Um diese Forderung zu unterstreichen, wurde die Auszahlung eines 700 Mio. US-$ "stand-by" Kredites an die Erfüllung dieser Kondition geknüpft. Des weiteren hat die Rubelreform Rußlands, nach der die Rubelnoten der Jahre 1961 - 1992 bis spätestens August 1993 aus dem Verkehr gezogen werden sollten, den Verbleib in der Rubelzone erschwert, da aufgrund mangelnden Zugangs zu "frischen" Noten Liquiditätsprobleme zu erwarten waren. Zwar hatte sich Kasachstan zunächst noch bereit erklärt, die "neue" Währung zu übernehmen, aber die Einführung des Tenge wurde bereits im Sommer 1993 offiziell von Nasarbajew angekündigt 449 und am 15.11.1993 auch vorgenommen. Um die politische Brisanz der Einführung des eigenen

Währungssystems

zu

vermeiden,

hatte sich

Kasachstan

allerdings

- hinsichtlich ökonomischer, politischer und militärischer Kooperation - enger an Rußland gebunden. 450 An diesem Beispiel ist ersichtlich, daß die Einführung der eigenen Währung als länderspezifische Entscheidung Kasachstans anzusehen ist. Ebenso verhält es sich auch bei den anderen Republiken. Ebenso wie die Währungseinführungen sind auch die anderen Maßnahmen im Rahmen der System-Transformationen, wie z. B. die Freigabe administrierter Preise oder die Privatisierung, als eigenständige Leistungen der Republiken zu werten. Eine Beeinflussung durch eine sog. Vorreiterrepublik konnte nicht festgestellt werden.

449

Vgl. o.V.: Rubelreform laßt die Rubelzone schrumpfen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 190 vom 18.08.1993, S. 10.

450

Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Central Asian Republiks, Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 49.

VII System-Transformalion

in den MUGUS

197

Allerdings sind die einzelnen MUGUS an den Transformationsfortschritten ihrer Nachbarrepubliken äußerst interessiert, wie z. B. insbesondere Kasachstan an Usbekistan 45 ' und vice versa, zwischen denen ein stillschweigender Wettkampf um die Vormachtstellung im zentralasiatischen Raum besteht, so daß eine indirekte gegenseitige Beeinflussung der MUGUS nicht unwahrscheinlich erscheint.

D. Mögliche "Anleihen" der MUGUS hinsichtlich System-Transformation bei anderen Ländern

der

Die System-Transformation zu leistungsfähigen Marktwirtschaften und rechts-staatlichen Ordnungsstrukturen erfordert hohen Kapitaleinsatz, Erwerb von wirt-schaftspolitischen Kenntnissen sowie von fachkundigen Fertigkeiten in allen Produktionsbereichen. Der Transformationsprozeß zur Marktwirtschaft und Demokratie und die damit verbundene wirtschaftliche und gesellschaftliche Anpassung bedürfen der exoge-nen Stützung, da die Länder allein mit dieser Aufgabe überfordert sind. Allerdings muß dabei berücksichtigt werden, daß die einzelnen Länder ihren eigenen Weg finden müssen. Die möglichen "Anleihen" dürfen nicht als ein Kopieren vollzogener Transformationsmaßnahmen in anderen Ländern oder als zu befolgende Anweisungen gesehen werden. Sie sind als "Hilfe zur Selbsthilfe" zu verstehen und müssen als Grundvoraussetzung mit dem Konsens der Betroffenen durchgeführt werden. Hilfen sind auf folgenden Kanälen möglich: Ressourcen-Transfers (Geld), technische und administrative Unterstützung sowie Handel und Niederlassung von geeigneten multinationalen weltweit operierenden Unternehmen, wobei letztgenanntem Kanal besondere Bedeutung zukommt. Insbesondere dieser erfordert jedoch günstige politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Im folgenden ist zu prüfen, welches Land zu welcher effizienten Hilfe fähig ist.

451

Vgl. dazu E. Einig Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Usbekistan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien (I), Heft 2, Münster 1994, S. 5.

198

VII System-Transformation

in den MUGUS

Die Frage nach den Möglichkeiten der Beeinflussung der Entwicklung des eigenen Landes, indem Anleihen von anderen Ländern vorgenommen werden, hat eine lange Tradition, Es berührt u. a. auch die Fragen, welche Wirtschaftsordnung bzw. welches Wirtschaftssystem entwicklungsadäquat oder entwicklungsförderlich ist und ob ferner einzelne Elemente einer entwicklungsförderlichen Wirtschaftsordnung übernommen werden können. 452 In diesem Zusammenhang erscheint es zunächst angezeigt, auf den Erfahrungsschatz der sogenannten alten Entwicklungsländer kurz hinzuweisen. In diesem Zusammenhang leisteten

Ranis

und

Mahmood453

bezüglich einzelner Aspekte einer System-Transformation Vorarbeiten, indem sie die externe Liberalisierung beleuchtet haben, die der schockartigen oder der allmählichen Transformation jeweils wesentliche Impulse gebracht hat. Im Verlauf einer Bestandsaufnahme einzelner Maßnahmen und deren Wirkungen in verschiedenen Ländern könnten so einzelne Elemente einer System-Transformation von anderen Ländern als Anleihen übernommen werden.

Anleihen und Orientierungshilfen werden insbesondere beim in ähnlichen Situationen Erfahrenen, beim Nachbarn und / oder bei Industrieländern gesucht. Dazu zählen zum einen die bereits oben besprochenen wirtschaftlich erfolgreichen Länder des pazifischen Beckens, zum anderen die Nachbarn Rußland, China, Iran und andere islamische Nachbarstaaten sowie schließlich die USA und Deutschland sowie andere EG-Länder. Aufgrund ihrer sprachlichen und ethnischen Verwandtschaft zu den MUGUS wird die Türkei und ihre Beziehungen zu den MUGUS im folgenden Kapitel gesondert untersucht.

452

Z u r Vertiefung der Problematik vgl. z. B. Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.): Wirts c h a f t s o r d n u n g , s o z i o - ö k o n o m i s c h e Entwicklung und weltwirtschaftliche Integration in d e n Entwicklungsländern. Eine primär empirische A n a l y s e v o n Z u s a m m e n h ä n g e n und A u s w i r k u n g e n . Ein F o r s c h u n g s a u f t r a g des Bundesministeriums für Wirtschaft, d u r c h g e f ü h r t von A. J. Halbach, R. O s t e r k a m p , H.-G. Braun, A. Gälli, B o n n 1982 oder A. Halbach, R. Osterkamp, S. Schönherr Mehr Markt: ein Rezept für Entwicklungsländer? Ein e m p i r i s c h e r Befund z u r o r d n u n g s p o l i t i s c h e n Diskussion, in: ifo-Schnelldienst, 38. Jg., 1985, Heft 1 0 / 1 1 , S. 1 4 - 2 5 s o w i e Studiengruppe für Internationale Analysen Marktwirtschaftlichkeit: Notwendige, a b e r nicht hinreichende B e d i n g u n g wirtschaftlicher Effizienz in E n t w i c k l u n g s l ä n d e r n , in: Wirtschaftspolitische Blätter, 33. Jg., 1986, S. 3 6 - 4 2 .

453 Vgl. G. Ranis, S. A. Mahmood T h e Political Economy of D e v e l o p m e n t Policy C h a n g e , C a m bridge (Mass.) 1992. Ranis und Mahmood untersuchten die Länder M e x i k o und Kolumbien, T a i w a n und Südkorea, Philippinen und Thailand.

VI! System-Transformation

in den MUGUS

199

Bereits in Kap.VI.B.1. wurde die äußerst erfolgreiche Entwicklung einigerLänder des pazifischen Beckens angesprochen und in Teilen nachgezeichnet. In diesen Ländern erfolgten Transformationsprozesse in mehr oder weniger großem Umfang, die als Ausgangspunkt von Anleihen genommen werden könnten. Die vorgenommenen Transformationen in diesen Ländern können den MUGUS jedoch nicht als "System-Transformations-Modelle" dienen, die lediglich zu imitieren wären. Zwischen Tranformationsmaßnahmen und ihren Wirkungen sind keine klaren Kausalbeziehungen

auszumachen.

Vielmehr

beeinflußt

der

"Produktionsfaktor

Wirt-

schaftsordnung" im ganzen die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes. Partielle Anleihen sind somit "Stückwerk" und einer kontrollierten Entwicklung nicht vorbehaltlos zuträglich. Die vorangegangene exemplarische Darstellung zeigt vielmehr, daß die relativ schnelle Entwicklung etwa einiger Tiger (wie auch der anderen Industrienationen und Schwellenländer) auf spezifischen Voraussetzungen beruht, die bei den MUGUS nicht angetroffen werden. So wurde bereits in Kap.VI.B.1. auf die bedeutende Rolle des Konfuzianismus für die wirtschaftliche Entwicklung einiger ostasiatischer Länder hingewiesen. Er erleichtert zum einen die Einführung einer eher autoritären Führung, die in der Phase des industriellen "take off' wirtschaftliche Entscheidungen sehr gezielt koordinieren und beeinflußen, ggf. sogar vollständig selber treffen kann. Zum anderen bietet der Konfuzianismus die Basis für eine wirtschaftsfreundliche Grundeinstellung und begünstigt darüber hinaus das Sparen. Unter diesen Bedingungen ist zumindest eine gewisse Investitionsfreudigkeit zu erwarten. In den MUGUS existiert kein vergleichbar wirtschaftsfreundliches Leitbild. Weder die islamische noch die kommunistische Ideologie, die diese Länder lange prägten, machen die Herausbildung einer ausgesprochenen Wachstumsideologie besonders wahrscheinlich."' 54 Auch dürfte das Bildungsniveau in den MUGUS deutlich unter dem der Länder des pazifischen Beckens liegen. Darüber hinaus ist auf die Vielzahl von Ethnien in den MUGUS, die von dem 70jährigen Diktat durch Rußland herrührende und noch bestehende Verkrustung der Strukturen, die z. Z. auf Rohstoffe beschränkten Exportmöglichkeiten, das Fehlen einer aktiven Unternehmerschaft, die politisch ausgelöste Emigration von Leistungsträgern (Russen, Deutsche), der Mangel an Transformations-Know-how, die Existenz und Wirkung der alten Nomenklatura, das Bestehen einer Vielzahl von ausgeprägten Umweltproblemen sowie das fehlende Bemühen um motivationsstärkende transformations-

454

Dies ist allerdings in keiner W e i s e zwingend. A u c h In O s t a s i e n hielt m a n die Herausbildung d e m o k r a t i s c h e r Strukturen unter den B e d i n g u n g e n d e s K o n f u z i a n i s m u s für eher u n w a h r s c h e i n lich. G l e i c h w o h l s c h e i n e n sie sich d u r c h z u s e t z e n .

200

VII System-Transformation

in den MUGUS

und entwicklungspolitische Leitbilder seitens der (alten) Leader hinzuweisen. Ferner steht den MUGUS - nicht zuletzt wegen des Endes des Ost-West-Konfliktes derzeit kein Land zur Seite, das sich ihrer intensiv annimmt und sie massiv unterstützt. Für Südkorea und Taiwan haben die USA diese Rolle übernommen. Insofern können von partiellen Anleihen hinsichtlich einiger Transformationsmaßnahmen nicht ähnliche Wirkungen wie beim Anleihengeber erwartet werden. Darüber hinaus ist eine Imitation nicht ohne Vorbehalte ratsam, da diese "Modelle" auch Schwächen aufzeigen. 455 Erinnert sei in diesem Zusammenhang nur an die sehr späte, zum Teil noch ausstehende Demokratisierung der Länder des pazifischen Beckens, die Probleme wirtschaftlicher Macht (z. B. der Chaebols in Südkorea), die teilweise starken regionalen dualistischen Strukturen, die drängenden Umweltprobleme, die noch bestehenden Innovationsdefizite sowie die neuerdings zu verzeichnenden starken Reallohnsteigerungen im Gefolge der entwicklungsbedingt gestiegenen Anspruchsniveaus und die damit einhergehende Wachstumsabschwächung. 456

Die Bedeutung des Nachbarn Rußland ist aufgrund der wirtschaftlichstrukturellen Abhängigkeiten, die bereits im Kap.VII.A. dargestellt wurden, augenscheinlich. Hinzu kommt die große Zahl der in den Republiken lebenden Russen, die trotz einiger Abwanderungen in Wirtschaft und Industrie nach wie vor eine große Rolle spielen. Auch die kulturelle Prägung, die aus über hundert Jahren russisch / sowjetischer herrschaftlicher Durchdringung resultiert, ist nicht zu übersehen. Inwieweit Anleihen hinsichtlich der System-Transformation bei Rußland genommen werden können, die sich insbesondere für Länder anbieten würden, die an Rußland angrenzen, wie z. B. Kasachstan, ist eine Frage der weiteren Entwicklung. Z. Z. befindet sich Rußland selbst im System-Transformationsprozeß. Über die Dauer sowie die Form der Bewältigung der diesbezüglichen Probleme und eine daran anschließende Möglichkeit, als potentieller Anleihengeber für die MUGUS zu fungieren, kann jetzt noch keine Aussage gemacht werden.

455

Vgl. dazu auch H. Biermann Die weltwirtschaftliche Bedeutung des pazifischen Beckens in naher und weiter Zukunft, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Internationaler Gesprächskreis (XII), Münster 1994, passim.

456

Dies verdeutlicht, daß diese Länder für spezifischen Problemlösungsbedarf auf Einzelgebieten (z. B. Umweltlasten) als "Anleihen-Modell" ungeeignet sind.

VII System-Transformation

in den

MUGUS

201

Ein weiterer mächtiger Nachbar der MUGUS ist China, das in den letzten Jahren seine Wirtschaftskraft in rasantem Tempo entwickelte. Die Politik Chinas steht vor dem Widerspruch der Anstrebung einer wirtschaftlichen Öffnung und der Verfolgung einer Politik der Abschottung insbesondere gegenüber den mittelasiatischen türkisch-islamischen Nachbarn aufgrund der eigenen Nationalitätenproblematik. 457 Die Volksrepublik China weist seit Jahren beachtliche zweistellige Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes auf. Allerdings zeigen weitere Indikatoren noch deutliche Schwächen und mögliche Gefährdungen der wirtschaftlichen Entwicklung. So liegt die Inflationsrate noch bei über 20 %. Mit rd. 80 Mrd. US-$ weist die Volksrepublik die höchste Verschuldung der Region auf, während die Leistungsbilanz noch defizitär ist. Auch die dualistischen Strukturen und die daraus resultierende Landflucht und Wanderarbeit stellen das Land vor große Probleme. China scheint schließlich als Land im Umbruch derzeit als Referenz-Standard nicht angezeigt zu sein, da nicht zuletzt aufgrund eines möglichen Generationenwechsels in der politischen Führung unklar ist, ob und wie der sich derzeit vollziehende Prozeß weiterverfolgt wird. Basierend auf den Mitteilungen der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e. V. hat die kommunistische Partei Chinas auf ihrer 3. Sitzung Entscheidungen zur Reform des Wirtschaftssystems konkretisiert. Danach soll "die Annäherung des Landes an ein Marktsystem" erfolgen, "ohne jedoch das Staatseigentum und die Planung der Gesamtwirtschaft aufzugeben". 458 Skepsis scheint angebracht. Noch ist China von einer Beseitigung der Korruption, der Zensur und der verkrusteten Wirtschaftsstrukturen weit entfernt. Seit 1992 arbeitet China an der Reform des Finanzwesens. In dieser Zeit wurde die gespaltene Währung abgeschafft und die Basis für einen Kapitalmarkt gelegt. Es wurden Wertpapierbörsen etabliert und ein Bankensystem mit Funktionstrennung in kommerzielle Banken einerseits und Investmentbanken/ Wertpapierhäuser andererseits eingeführt. Anfang Juli 1995 wurde das gesamte Bankwesen Chinas mit

457

Vgl. J. Reissner. Mittelasien im regionalpolitischen Kräftefeld, in: Geographische Rundschau 1994, Jg. 46, S. 227.

458

Industrie- und Handelskammer z u Köln (Hrsg.): Mitteilungen der Deutsch-Chinesischen Wirtschaftsvereinigung e.V., in: "China-Telegramm", 6/93, Köln 1993, S. 3.

202

VII System-Transformation in den MUGUS

neuen Gesetzen für die Zentralbank und die kommerziellen Banken in Richtung auf ein marktwirtschaftliches Banksystem nach westlichem Vorbild neu geregelt. Die ersten Erfahrungen zeigen jedoch, daß die Zentralbank vorerst keine unabhängige Bank nach westlichem Vorbild sein wird. Geleitet wird die Institution durch den Staatsrat, womit der Einfluß der staatlichen Instanzen auf die Geldpolitik relativ groß sein wird.''59 Konflikte ergeben sich insbesondere aus den seit längerem mit Verlust arbeitenden Staatsbetrieben. Um die Inflationsrate, die nach Freigabe der Konsumgüterpreise inoffiziell auf ca. 30 % hochgeschnellt ist, einzudämmen, wurde die Kreditvergabe eingeschränkt. Drohende Konkurse und die damit wachsende Arbeitslosigkeit, die zwischen Regierung und Provinzen schon seit längerem zu massiven Spannungen führen, könnten Peking dazu zwingen, auch notleidende Staatsbetriebe weiterhin mit Krediten zu versorgen.460 Um eine konsequente Umgestaltung der chinesischen Wirtschaft zu betreiben, müßten beispielsweise massenhafte Entlassungen in den - mindestens zur Hälfte unrentablen - Staatsbetrieben vorgenommen werden. Diese sind ohne ein existierendes Sozialversicherungssystem jedoch nicht oder nur unter sozialen Unruhen möglich. Insofern wird die Volksrepublik China z. Z. ebenfalls mit erheblichen Problemem des Transformationsprozesses konfrontiert. Da sein Ausgang ungewiß ist, erscheint China für spezielle Anleihen hinsichtlich einer System-Transformation derzeit wenig geeignet zu sein.

Der Nachbarstaat Iran ist als Transitland für Mittelasien von großer Bedeutung. Seine Interessen an der Region sind weiträumig konzipiert. So sind seine Ambitionen als Verbindungsland zwischen Mittelasien und dem Persischen Golf auf Warenströme und Rohrleitungen der mittelasiatischen Republiken und darüber hinaus auch auf diejenigen Rußlands und Chinas gerichtet.461

459

Vgl

460

Vgl. S. Richter 1995, S. 5.

461

Vgl. J. Reissner.

ebenda. China - Bankenreform bisher nur auf dem Papier, in: Die Welt v o m 3. August Mittelasien..., a. a. 0 . , S. 227.

VII System-Transformation

in den MUGUS

203

In Beziehung zu den MUGUS betreibt der Iran eine vorsichtige wirtschaftsbezogene

pragmatische

Politik.

Von

dem

von

anderen

Ländern

befürchteten

"Revolutionsexport" ist nichts zu spüren. Neben der als Gemeinsamkeit zählenden islamischen Kultur, liegt der Schwerpunkt auf den wirtschaftlichen Geschäftsbeziehungen. "Die iranischen Mullahs setzen bei ihrem Vordringen mehr auf den Konsum als auf den Koran" 462 . Als Vielvölkerstaat mit eigenen Integrationsproblemen belastet, weiterhin mit den Folgen des iranischirakischen Kriegs konfrontiert und umgeben von Krisenherden, die vom Persichen Golf über das Kurdengebiet, Armenien, Aserbaidschan, Tadschikistan, Afghanistan bis nach Belutschistan reichen, hat Stabilität für den Iran die unbedingte Priorität. 463 Dies ist auch aufgrund seiner jüngsten wirtschaftspolitischen Entwicklung zu verstehen. 464 Nach der sogenannten "Islamischen Revolution" im Jahr 1979 wurden sämtliche Banken im Iran verstaatlicht und die ausländischen Beteiligungen aufgelöst. Im März 1984 trat ein Gesetz in Kraft, nach welchem sämtliche Bankgeschäfte nach den Regeln des Islams abzuwickeln sind. So wird z. B. eine Zinszahlung durch eine Gewinnbeteiligung ersetzt. Die Anwendung der islamischen Bankvorschriften erfolgt nur sukzessive, um keine größeren Störungen der Anlage- und Kreditgeschäfte hervorzurufen. Das Ziel der iranischen Regierung ist eine größere Gleichverteilung des Einkommens in der Bevölkerung; es ist ihr gelungen, die extreme Armut einiger Gruppen der Bevölkerung zu lindern. Die Planung der Entwicklung auf der Basis von Fünfjahresplänen wird bereits seit Ende des 2. Weltkrieges im Iran durchgeführt und unter der islamischen Regierung fortgeführt. Bedingt durch die drastischen Kriegsverluste, die der Iran im Krieg gegen den Irak in den 80er Jahren erlitten hat, sind erhebliche Anstrengungen notwendig, um die Volkswirtschaft des Landes wieder funktionsfähig zu machen. Mit dem neuen Fünfjahresplan 1989/90 bis 1993/94 soll daher schwerpunktmäßig der Wiederaufbau des Landes in Angriff genommen werden. In fast allen Sektoren der iranischen

462

Nachrichtenagentur Reuters Aserbaidschan - Der große Poker um Öl und Macht in Zentralasien und im Kaukasus, in: Reuter Business Briefing vom 11.02.1995, S. 2

463

Vgl. ebenda

464

Die in diesem Kapitel zu der Situation im Iran aufgeführten Daten sind entnommen: Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Iran 1992, Stuttgart, Mainz 1992, passim.

204

VII System-Transformation

in den MUGUS

Volkswirtschaft herrscht großer Investitionsbedarf, da während der Kriegsjahre produktive Investitionen stark vernachlässigt wurden. Hohe Investitionen sind erforderlich, um den Ausbau der industriellen Fertigungsanlagen und gezielte Modernisierung der Betriebe aller Branchen zu gewährleisten. Durch diese Maßnahmen verspricht man sich eine Erhöhung der Produktionseffizienz und der Arbeitsproduktivität. Weitere wichtige Schwerpunkte des letzten Fünljahresplans sind ein Wirtschaftswachstum von real 8,1 % jährlich, weitgehende Privatisierung der in staatlicher Hand befindlichen Teile der Wirtschaft, Steigerung der Nicht-Erdölexporte sowie Zusammenarbeit mit ausländischen Unternehmen und Institutionen. Pragmatisch und marktwirtschaftlich orientierte Kräfte scheinen sich in der Wirtschaftspolitik immer mehr durchzusetzen. Bis 1994 sollte die Umwandlung der kriegsbedingten Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft abgeschlossen sein. 465 Die vorgebrachten massiven Vorwürfe gegenüber dem Iran, den internationalen Terrorismus zu unterstützen, führten zu einem totalen Handelsembargo der USA gegenüber dem Iran. Hierdurch treten Verunsicherungen hinsichtlich der Einschätzung der politischen und wirtschaftlichen Lage des Irans auf. 466 Somit ist z. Z. nicht ersichtlich, welche Entwicklung der Iran tatsächlich vornehmen wird, so daß er als nachahmenswertes Beispiel wohl schwerlich anzuerkennen wäre. Insofern bietet sich der Iran für Anleihen - abgesehen von der islamischen Kultur - nicht an. Ähnlich verhält es sich mit den übrigen angrenzenden islamisch orientierten Staaten, deren wirtschaftliches Wachstum vielfach nur auf der Ausbeutung der reichlich vorhandenen

Bodenschätze - insbesondere Erdöl - basiert. Als alleiniger

An-

knüpfungspunkt für die MUGUS ergäbe sich damit zunächst nur die islamische Orientierung. Wie oben 467 jedoch dargelegt, ist eine Übernahme islamischer Werte von den meisten MUGUS nicht erwünscht. Anleihen von islamischen Ländern werden so unwahrscheinlich.

465

Vgl. ebenda, S. 117.

466

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: USA - US-Sanktionen gegen Iran in Kraft, in: Reuter Business Briefing vom 09.06.1995, S.1 sowie Nachrichtenagentur Reuters: Iran - Rafsanjani zum Ölembargo, in: Reuter Business Briefing vom 05.07.1995, S. 1.

467

Vgl. Kap.lll.

VII System-Transformation

in den MUGUS

205

Anleihen hinsichtlich der System-Transformation könnten auch bei westlichen Industriestaaten, wie z. B. den Ländern der EU oder der USA vorgenommen werden, indem diese ihr wirtschaftspolitisches Know-how und ihre praktischen Erfahrungen und Kenntnisse den MUGUS zur Verfügung stellen. Als Beispiel sollen hierzu die Möglichkeiten der Bundesrepublik Deutschland untersucht werden, die aufgrund der Erfahrungen aus dem Wiederaufbau nach der Währungsreform 1948 und aus dem Vereinigungsprozeß 468 insbesondere geeignet erscheint. Folgende Charakteristika zeichnen die Bundesrepublik Deutschland aus: soziale Marktwirtschaft mit einer offenen, durch hohen Wettbewerbsgrad gekennzeichneten Wirtschaft als erstes und das breit ausgelegte soziale Sicherungssystem als zweites Grundelement sowie der förderale Staatsaufbau. Insofern könnten auf den folgenden Gebieten Anleihen hinsichtlich der SystemTransformation gegeben werden. Zur Schaffung von Rahmenbedingungen für eine soziale Marktwirtschaft sowie zum Aufbau mittelständischer Strukturen und Unternehmen können wirtschaftspolitische Beratungsgespräche beitragen. Auch können aufgrund jüngster Erfahrungen durch den Vereinigunsprozeßes Hilfestellungen zur betrieblichen Umstrukturierung, Privatisierung und Entflechtung geleistet werden. Hinsichtlich des Aufbaus eines Steuer-, Zoll- und Haushaltswesens sowie eines Bank-, Börsen- und Versicherungswesens können Anleihen bei deutschen Fachleuten genommen werden. Weitere Hilfestellungen können in dem Auf- bzw. Umbau von Verwaltungsstrukturen, in der Aus- und Weiterbildung im Wirtschaftsbereich sowie in dem Aufbau eines Rechtswesens 469 bestehen. Diese Anleihen sollen und können nicht dazu dienen, westliche Strukturen in den MUGUS zu kopieren. Auch kann die Entwicklung der "Fünf Neuen Länder" der Bundesrepublik Deutschland 470 nicht als Vorbild dienen, da die Voraussetzungen in den

MUGUS

nicht den Voraussetzungen

in der vereinigten

Bundesrepublik

Deutschland entsprechen. Aufgrund der weitreichenden sich über Jahre streckenden Alimentation der neuen Bundesländer durch die

er-

Bundesrepublik

Deutschland sowie der oben genannten sich durch den Anschluß an die Bundesre-

468

Vgl. hierzu Kap.VI. B.2.

469

So diente bereits das deutsche Privatrecht vielen Ländern - wie z. B. Südkorea - als Anleihe.

470

Vgl. hierzu Kap.VI.B.2.

206

VII System-Transformation

in den MUGUS

publik Deutschland für die neuen Bundesländern ergebenden Vorteile kann die deutsche System-Transformation für die MUGUS kein Modell sein. Den MUGUS könnten jedoch einige im Rahmen der deutschen System-Transformation vorgenommene Maßnahmen, wie z. B. die Gründung sowie die Tätigkeit der Treuhandanstalt, als Gedankenanstoß zu ähnlichen Maßnahmen dienen, wobei der Transformationsprozeß aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel wesentlich längere Zeit als die deutsche System-Transformation in Anspruch nehmen wird.

Die möglichen Hilfestellungen bei der Realisierung der System-Transformation durch die Bundesrepublik Deutschland und andere westliche Industriestaaten können in Form von bilateralen Beziehungen gegeben werden. Inwieweit eine Effizienzsteigerung dieser Hilfestellungen durch eine Vermittlung der den MUGUS verwandten Türkei möglich ist, soll im folgenden untersucht werden.

VIII. Möglichkeiten der Realisierung der SystemTransformation in den MUGUS mit Hilfe des Vermittlers Türkei Die Türkei als laizistische Turkrepublik bietet sich als Vermittler bei der SystemTransformation in den zentralasiatischen Republiken aufgrund der ethnischen Verwandtschaft, der gemeinsamen Sprachfamilie, der islamischen Religion und der geographischen Lage der Türkei an. Wie oben bereits dargestellt, gehört der Großteil der Bevölkerung in den MUGUS zu den Turkvölkern. Ihr gemeinsamer geographischer Ursprung befindet sich in der zentralasiatischen Steppe zwischen der sibirisch-mongolischen Grenze, dem Tienshan und der Nordwestgrenze Tibets. Von dort aus stießen verschiedene turkstämmische Nomadenstämme nach Südwesten und schließlich in die heutige Türkei, das Kerngebiet des späteren Osmanischen Reiches vor. 4 7 ' In den MUGUS gibt es ca. 50 Mio. Menschen, die Turksprachen sprechen. Lediglich in der Republik Tadschikistan, die als einzige der MUGUS keine Turkrepublik ist, wird Tadschikisch gesprochen. Tadschikisch ist ein Dialekt der iranischen Sprache (Farsi), der in der Grammatik vom Türkischen geprägt ist. Die in den übrigen MUGUS gesprochenen Turksprachen unterscheiden sich mehr oder weniger stark. Hinsichtlich der Unterschiede dieser Sprachen im Vergleich zum

Türkei-

Türkischen scheint unter den türkischen Philologen keine Einigkeit zu bestehen. So behauptete Gürsoy-Naskali

zwar, es handele sich bei dem Türkei-Türkisch und

den Sprachen der Usbeken, Aserbaidschaner, Kirgisen, Turkmenen und Kasachen um Dialekte der türkischen Sprache, wies jedoch auch darauf hin, daß es Turkologen gebe, die die genannten Sprachen als unterschiedliche Sprachen ansehen. 472 In der Türkei sind rd. 98 % der Bevölkerung Muslime, davon ca. 80 % der Bevölkerung Anhänger der sunnitischen Glaubensrichtung des Islams und knapp 20 % Anhänger der schiitischen Richtung (Alevis). 473 Die türkische Bevölkerung teilt daher die Religion mit dem Großteil der Bevölkerung der MUGUS, die ebenfalls

471

Vgl. dazu die Ausführungen unter Kap.VIII.A.

472

Vgl. o. V.. Die türkische Sprache - Bindeglied zwischen der Türkei und den neuen Turkrepubliken Vortrag von Prof. Dr. Emme Gürsoy-Naskali, in: Nachrichten aus der Türkei, v o m 25.12.1992, S. 5 - 6 , hier S. 6.

473

Vgl. The Economist London 1993, S. 16.

Intelligence

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1 9 9 3 / 1 9 9 4 ,

208

i'7/7 System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

überwiegend Sunniten sind. Lediglich in Aserbaidschan ist die Bevölkerungsmehrheit schiitischen Glaubens.

Die türkische Regierung bemüht sich einerseits, wie auch andere islamisch geprägte Länder 474 , wegen der wirtschaftlichen Bedeutung, die die MUGUS infolge ihres Rohstoffreichtums haben könnte, intensiv um eine Einflußnahme in dieser Region. 475 Andererseits will die Türkei

die wirtschaftlichen Beziehungen mit dem

sogenannten Westen intensivieren. Verwiesen sei dazu auf die seit Jahrzehnten angestrebte Mitgliedschaft in der EU. Westliche multinationale Unternehmen scheinen allerdings auch ein Interesse an einer Ansiedlung in der Türkei zu haben (z. B. aus dem Automobilbereich), um von dort aus den zentralasiatischen Raum zu "bedienen". Sogenannte Dreiecks-Kooperationen EU - Türkei - MUGUS und USA Türkei - MUGUS werden von verschiedenen Seiten gewünscht. 476 Die o. g. drei Säulen - ethnische Verwandtschaft, gemeinsame Sprachfamilie bzw. ähnliche Sprachen und die gemeinsame Religion - können ggf. belastungsfähige Träger einer Brücke zwischen dem Osten und dem Westen darstellen. Inwieweit die Türkei diesem Anspruch gerecht werden kann, wird im folgenden untersucht.

474

Neben der Türkei bemüht sich auch der Iran um eine Einflußnahme in der Region. Nach K. Duran Der persisch-türkische Wettlauf, in: progrom, Nr. 166, Juli/ August 1992, S. 14 - 15, hier S. 15, ist Pakistan insbesondere in Usbekistan und Tadschikistan der "lachende Dritte". Darüber hinaus engagiere sich Saudi-Arabien vor allem in Kasachstan. Vgl. auch K. Duran: Rivalitäten in und um Zentralasien, in: Aussenpolitik, Heft 4, 1992, S. 373 - 380, hier S. 374 f. Diesem zufolge habe die Türkei in der "ersten Runde" hinsichtlich der Einflußnahme gegenüber dem Iran spezielle Erfolge (diplomatischeres Vorgehen in dem Nagorny-Karabach-Konflikt (S. 374) und Latinisierung des Alphabetes mit Ausnahme Tadschikistans ( S. 376)) zu verzeichnen. In Aserbaidschan scheint nach dem Machtwechsel (Alijewan Stelle von Elcibey seit dem 07.06.1993) jedenfalls der Einfluß der Türkei zugunsten Rußlands und dem Iran zurückzugehen. Vgl dazu The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg ): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Report. 3rd quarter 1993, London 1993, S. 28 und S. 30.

475

Vgl Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Türkei, Oktober 1992, Länderanalysen der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Informationsdienste, Frankfurt am Main 1992, S. 5.

VI II System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

209

A. Entwicklung der Türkei Die Türkei, die sich als eigenständiger, moderner Nationalstaat nach dem Ersten Weltkrieg etablierte, beherbergte 1992 mit rund 59 Mio. Einwohnern, davon etwa 10 Mio. Kurden 477 , nur einen Teil turkstämmischer Völker in ihren Grenzen. Ungefähr ebenso viele, nämlich schätzungsweise 40 bis 50 Mio. ethnisch verwandte Turk-Völker leben in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion, insbesondere in Zentralasien und südöstlich des Kaukasus. Weitere Türken leben verstreut über Südosteuropa sowie den Nahen und Mittleren Osten, also das ehemalige Herrschaftsgebiet des Osmanischen Reiches, dessen Kerngebiet die heutige Türkei war. 478

Die Stammregion der Turkvölker befindet sich in Zentralasien in dem Gebiet zwischen der sibirisch-mongolischen Grenze, dem Tienshan und der Nordwestgrenze Tibets. Von dort aus stießen mehr oder weniger lose Verbände von nomadischen Turkstämmen, die nach und nach den Islam annahmen, nach Westen vor. Im Jahr 1071 n. Chr. besiegten die Streitkräfte der in den Quellen als "Türkmenen" bezeichneten Seldschuken unter Alp Arslan die byzantinische Armee. Seitdem begannen die Seldschuken, in das Gebiet der heutigen Türkei einzudringen. In der Folge wurden von den Seldschuken in dieser Region eine Reihe von Kleinfürstentümern gegründet. Als Ahnherr des Osmanischen Reiches gilt Osman (1281 1326), der es im Gegensatz zu früheren oder rivalisierenden Herrschern verstand, die militärischen Siege durch die Schaffung einer wirksamen Verwaltung im Emirat und eines disziplinierten, stehenden Berufsheeres zu festigen. Die eigentliche Etablierung des Osmanischen Reiches erfolgte jedoch unter Sultan Mehmet II. dem Eroberer (1451 - 1481), der 1453 Konstantinopel eroberte und damit die Reste des ehemals byzantinischen Reiches beseitigte. Er baute die Verwaltung weiter aus und stärkte die Macht des Sultans. Er führte auch die Sitte der Ermordung des

477

Die Anzahl der Kurden in der Türkei kann nur geschätzt werden, da die Türkei nicht bereit ist, die Kurden offiziell anzuerkennen und somit entsprechende Volkszählungsergebnisse fehlen. Nach Angaben der UN sollen 10 Mio. Kurden in der Türkei leben, nach Schätzung des Internationalen Vereins für Menschenrechte für Kurdistan wird jedoch von 1 5 - 2 0 Mio. Kurden in der Türkei ausgegangen Vgl. Internationaler Verein für Menschenrechte in Kurdistan - IMK e. V. (Hrsg.): Jahresbericht 1993 zur "Lage der Menschenrechte in Nordkurdistan und der Kurden in der Türkei", S. 2.

478

Vgl. The Economist Inteiligence don 1994, S. 2 f.

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

210

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

nächststehenden männlichen Verwandten bei Herrschaftsantritt ein, um die Kollision von Machtansprüchen künftig weitgehend vermeiden zu können. Die Expansion des Reiches wurde von den Nachfahren, vor allem von Selim I. (1512 - 1520) vorangetrieben. Dieser ließ auch den Kalifen von Bagdad nach Istanbul bringen, der diese Würde später auf den Sultan des Osmanischen Reiches übertrug. Da diese Position der Idee nach untrennbar mit der Nachfolge des Propheten Mohammeds verknüpft war, leiteten die Herrscher des Osmanischen Reiches aus der Übertragung der Würde die Legitimation als Oberhaupt und Leiter

der muslimi-

schen Welt ab. Die größte Ausdehnung erhielt das Reich mit Süleymann dem "Prächtigen" (1520 - 1566). Er machte sich vor allem durch die Einführung eines umfangreichen Gesetzeswerkes verdient, das vor allem Finanz- und fiskalische Rechtsgebiete reformierte. Bei seinem Tode erstreckte sich das Osmanische Reich über drei Kontinente. Es reichte von der ukrainischen Steppe im Norden bis nach Nordafrika im Süden und von Armenien bis Ofen kurz vor Wien. Es umschloß ferner den Westteil der Arabischen Halbinsel und vorübergehend das heutige Aserbaidschan, das damals dem Persischen Reich angehörte. 479 Nach seinem Tod begann jedoch bereits der Niedergang des Osmanischen Reiches, das fortan von Despoten regiert wurde und zahlreiche militärische Niederlagen vor allem im 17. Jahrhundert hinzunehmen hatte. Im 18. Jahrhundert drängten die europäischen Mächte, insbesondere Rußland, England und Habsburg, aber auch Preußen und Frankreich, in das Machtvakuum auf dem Balkan, das durch die Schwäche des Osmanischen Reiches entstanden war. Seine Großmachtstellung hatte die Türkei spätestens 1774 mit dem Frieden von Kücük Kaynarca, der den türkisch-russischen Krieg beendete, eingebüßt. Rußland wurde in diesem Zusammenhang ein Schutzrecht für die auf türkischem Territorium lebenden orthodoxen Christen eingeräumt. Im 19. Jahrhundert versuchten die Herrscher des Osmanischen Reiches, dem inneren und äußeren Druck durch Reformen des Militärs und der Verwaltung zu begegnen. Das osmanische Heer sollte nach europäischem Vorbild neu organisiert werden. Dies hoffte man vor allem durch deutsch-türkische Militär-Kooperationen zu erreichen. Ferner wurde das Steuersystem reformiert, die Sicherheit des Lebens und des Privateigentums festgeschrieben und die Einführung einer gerechten Rechtsprechung und die Gleichheit aller religiösen Glaubensrichtungen beschlossen. Durch diese Reformen sollte die Einbindung der Türkei in die europäi-

479

Vgl. dazu S. J. Shaw Das Osmanische Reich und die moderne Türkei, in: G. E. v. Grundebaum (Hrsg.): Fischer Weltgeschichte, Bd. 15. Der Islam II. Die islamischen Reiche nach dem Fall von Konstantinopel, Frankfurt am Main 1971, S. 24 - 159, hier: S. 80 ff.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

211

sehe Tradition erreicht werden. Doch zum einen erwiesen sich die Reformmaßnahmen zum großen Teil als halbherzig, zum anderen strebten zunehmend die nicht-islamischen Völker des Osmanischen Reiches nach Unabhängigkeit, die sie nach und nach auch erlangten. So schieden 1829/30 Griechenland und 1878 Rumänien, Serbien und Montenegro aus dem osmanischen Reich aus. Aufgrund der politischen Zerstückelung und der Unfähigkeit zu einer konsequenten Reformpolitik sowie schließlich seines Eintritts in den Ersten Weltkrieg an der Seite des Deutschen Reiches zerbrach das Osmanische Reich vollständig. 480

Die Republik Türkei wurde am 29. 10. 1923 geschaffen. Ihre Errichtung ging im wesentlichen auf Mustafa Kemal "Atatürk" ("Vater der Türken") zurück. Ihm gelang es, eine nationale Bewegung zu formieren, die sich erfolgreich gegen die Besatzungstruppen der Siegermächte, vor allem der Griechen durchsetzen konnte. Im Frieden von Lausanne vom 11. 10. 1922 wurde der Türkei die Souveränität über Anatolien, Ostthrazien, Edirne und die Dardanellen zugesichert. Im Gegenzug verzichtete die Türkei auf arabische Gebiete. Ferner wurde von den "Kemalisten" am 1.11. 1922 das Sultanat abgeschafft. Damit wurde ein neuer Kurs der Abkehr des Staates vom Islam und seiner Hinwendung zur Schaffung eines säkularen Staates mit dem Ziel der Industrialisierung nach westlichem Muster

eingeschlagen. 481

Kemal Atatürk etablierte sich als uneingeschränkte Autorität und charismatischer Leader, der mit einer in der islamischen Welt unvergleichlichen Konsequenz das gesamte türkische Gesellschaftssystem nach seinen Vorstellungen reformierte. Die Reformen basierten im wesentlichen auf sechs Prinzipien, die 1934 in das Programm der Staatspartei eingingen: Sie sahen die Errichtung eines türkischen Nationalstaats (Nationalismus), die Trennung von Staat und Religion (Säkularismus), die Gründung eines republikanischen Regimes (Republikanismus), die Anerkennung

des

Volkswillens

als

konstitutives

Element

der

türkischen

Republik

(Populismus), die bestimmende Rolle des Staates in der Wirtschaft (Etatismus) und die Unterstützung eines permanenten, dynamischen Prozesses der Umformung

480

Vgl. U. Steinbach Geschichtlicher Hintergrund, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Türkei. Informationen zur politischen Bildung 223, 2. Quartal 1989, München 1989, S. 1 -12.

481

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 3 f.

Unit (EIU) (Hrsg ): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

212

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

des türkischen Staates sowie seines Gesellschaftssystems (Reformismus) vor. 482 Diese Prinzipien sind noch heute wesentliche Pfeiler der türkischen Gesellschaft, die auch vor allem vom Militär getragen werden. Atatürks Herrschaft beruhte auf einem strikten Einparteiensystem. Politische Opponenten - vor allem kurdische Widerständler - wurden unterdrückt. Auch Atatürks NachfolgerIsmet Inönü hielt zunächst

an

dem

Einparteiensystem

fest.

Erst

1945

wurde

offiziell

eine

Oppositionspartei zugelassen, woraufhin 1950 freie Wahlen durchgeführt wurden. Seitdem existiert in der Türkei ein Mehrparteiensystem, das dreimal durch Militärregierungen (1960 - 61; 1971 - 73; 1980 - 83) zeitweise unterbrochen wurde.

Seit 1983 hat sich die Republik Türkei zu einem weitgehend stabilen demokratischen Staatswesen entwickelt. Im Jahr 1983 wurden ein neues Wahlgesetz und ein neues Parteiengesetz erlassen. Das Militärregime von 1980 bis 1983 wurde damit offiziell beendet und das Mehrparteiensystem wieder eingeführt. Allerdings mußten die Parteien jeweils mindestens 10 % der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen, um in das Parlament einziehen zu können. Ferner waren zunächst die Parteien, die vor dem Militärputsch existierten, sowie einige Politiker (z. B. S. Demirel) nicht zu den Wahlen zugelassen. Turgut Özal, Gründer der Mutterlandpartei, gewann die Wahlen sowohl 1983 als auch 1987.483 Vor allem aufgrund der chronischen Inflation verlor Özal jedoch an öffentlichem Ansehen. Die Mutterlandpartei Özals wurde daher in den Wahlen 1991 von der Partei des rechten Weges vonS. Demirel und der Sozialdemokratischen Volkspartei unter E. Inönü, die beide eine Liberalisierung der Verfassung und des politischen Systems versprachen, abgelöst. S. Demirel wurde Ministerpräsident. Nachdem der seit 1989 amtierende Staatspräsident T. Özal 1993 verstarb, nahm Demirel seinen Platz ein, während Tansu Ciller Ministerpräsidentin wurde. 484

482

Vgl. U. Steinbach Die Grundlagen der Türkischen Republik, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Türkei. Informationen zur politischen Bildung 223, 2. Quartal 1989, München 1989, S. 1 3 - 1 6 , hier: S. 14 f.

483

Bei den Wahlen 1987 waren die politischen Leader, die vor 1980 aktiv waren, wieder zur Wahl zugelassen.

484

Vgl. The Economist don 1994, S. 6 f.

Intelligence

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey Country Profile 1994 - 95, Lon-

VII! System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

213

Türkei

Einzelne Industrialisierungsversuche wurden bereits unter Kemal Atatürk

unter-

nommen. Zunächst versuchte die politische Führung, neben der nun einsetzenden wirtschaftlichen Betätigung des Staates privates Engagement zu mobilisieren. Die Ergebnisse fielen jedoch enttäuschend aus, so daß der Staat selber zunehmend unternehmerische Aufgaben übernahm. Die Wirtschaftslenkung gewann Gewicht und verdrängte vor allem in den 30er Jahren zu einem großen Teil das ohnehin geringe private Engagement. Die Industrialisierung basierte daher im wesentlichen auf den zahlreichen neu gegründeten staatlichen Unternehmen in den Branchen Chemie, Eisen, Stahl, Textil, Glas, Papier, Zement und Nahrungsmittel. Ein eigentliches Industrialisierungsprogramm wurde jedoch erst seit den 60er Jahren verfolgt. Nachdem in den 50er Jahren der Übergang zum Wirtschaftsliberalismus gescheitert war, begann die politische Führung Anfang der 60er Jahre mit der Einführung und der konsequenten Durchführung von 5-Jahres-Entwicklungsplänen, die bis zum Ende der 70er Jahre insbesondere eine Politik der Importsubstitution festschrieben. Die inländische Wirtschaft wurde daher durch hohe Schutzzölle und von einer überbewerteten Türkischen Lira geschützt. Ferner wurde der Grundsatz der mischwirtschaftlichen

Ordnung

als Verfassungsgrundsatz

aufgenommen.

Die

Industrialisierung sollte also auf der Entwicklung sowohl staatlicher als auch privater Unternehmen beruhen. Die neue Strategie hatte zunächst vordergründig Erfolg. Die in den Wirtschaftsplänen anvisierte Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes von 7 % konnte Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre annähernd erreicht werden. Der Anteil der Industrieproduktion an dem Bruttoinlandsprodukt stieg von 16 % im Jahr 1960 auf 26 % im Jahr 1992, während der Anteil der Landwirtschaft von 42 % 1960 auf 17 % 1992 sank. 485 Aufgrund der umfassenden Investitionstätigkeit konnte die Produktionsstruktur wesentlich verbreitert werden.

1977 wurde die Türkei jedoch aufgrund ihrer starken Verschuldung in eine wirtschaftliche Rezession getrieben. Die Verschuldung resultierte vor allem aus den Ölpreissteigerungen, da die Türkei insbesondere aufgrund der erfolgreichen Industrialisierung von Erdölimporten abhängig war. 486 Darüber hinaus war die Türkei

485

Vgl. ebenda,

486

Die Erdölimporte machten 1978 immerhin knapp ein Drittel der Gesamtimporte aus. Vgl. M. Ileri: Die wirtschaftliche Entwicklung, in: Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Türkei. Informationen zur politischen Bildung 223, 2. Quartal 1989, München 1989, S. 22 - 27, hier: S. 23.

S. 19.

214

VIII System-Transformalion

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

zunehmend auf den Import technologieintensiver Investitionsgüter und Vorprodukte angewiesen. Die 1977 beginnende Krise wurde noch durch die vorangegangene Überhitzung der Wirtschaftsentwicklung und die damit einhergehende chronische Inflation verschärft. 1979 konnte die Türkei ihren Schuldendienst nicht mehr leisten. Investitionen und privater Konsum sanken drastisch ab. Die Krise führte 1980 zum Militärputsch. Das Sanierungsprogramm, das u. a. auf Drängen der Weltbank verabschiedet wurde, führte zu einer Rückführung der Inflation von 107% 1980 auf 37 % 1981. Ferner schrumpfte das Leistungsbilanzdefizit.487 Nach der Übernahme der Regierungsgewalt durch Turgut Özal entschloß sich die politische Führung für eine Liberalisierung des Außenhandels. Diese Umorientierung war allerdings nur begrenzt von Erfolg gekrönt. Bis Mitte der 80er Jahre stiegen die Exporte zwar drastisch an, ihr Wachstum schwächte sich allerdings deutlich ab. Auffällig ist der steigende Anteil von stark differenzierten Industrieprodukten an den Gesamtexporten. 488 Der Exportanstieg und die Produktdifferenzierung sind vor allem auf die Gründung großer Handelsunternehmen im Stil der großen südkoreanischen Chaebols in den 80er Jahren zurückzuführen. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum verlief eher mäßig. Nach den zwei Jahren 1986 und 1987, die eine hohe Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes aufwiesen, folgte ein erneuter Wachstumseinbruch. Dieser Einbruch ist auf den Versuch, die Inflationsraten und das staatliche Defizit deutlich zu senken, zurückzuführen. Nach einer neuerlichen Erholung im Jahre 1990 sank die Wachstumsrate aufgrund der durch den Golf-Krieg verursachten außenpolitischen Unsicherheiten wiederum auf rund 2 % im Jahr 1991. Die Wirtschaftsentwicklung scheint sich jedoch mit einem Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von 5,9 % im Jahr 1992 und 7 % im Jahr 1993 zu erholen. Die Türkei wies damit in den 90er Jahren eine der höchsten Wachstumsraten des Bruttoinlandsproduktes der OECD-Länder auf. Mit diesen hohen Wachstumsraten des absoluten BIP konnte das Wachstum des Pro-Kopf-Einkommens von durschnittlich 2,2 % pro Jahr im Zeitraum 1988 bis 1992 jedoch nicht Schritt halten.489

487

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 18.

488

1992 betrug der Anteil der Industrieprodukte an den Gesamtexporten 83 %. Die exportierten Industrieprodukte setzten sich aus 2.000 verschiedenen Gütern zusammen. Vgl. ebenda, S. 42.

489

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 19.

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

215

Entwicklung des BIP zu Marktpreisen in Preisen von 1985 (Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)490: 1986

1987

1988

1989

1990

1991

+8,3

+7,4

+3,9

+1,1

+9,6

+2,0

Trotz der zunehmenden Industrialisierung der Türkei konnte die Beschäftigung nur unwesentlich erhöht werden. Noch 1992 sollen rd. 44 % der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft beschäftigt gewesen sein. Die geringe Zunahme des Anteils der Erwerbstätigen im Industriesektor hat darin ihre Ursache, daß die Ausweitung der industriellen Produktion in den 80er Jahren vor allem auf die Gründung und Erweiterung kapitalintensiv produzierender Unternehmen zurückzuführen ist. Der politischen Führung war es nicht möglich, eine dem wirtschaftlichen Wachstum entsprechende Ausweitung der Beschäftigungsmöglichkeiten zu erreichen. Das Problem der Arbeitslosigkeit wird noch verschärft durch die Landflucht. In den Städten soll sich die Arbeitslosigkeitsquote für die Gruppe der 15- bis 24-jährigen auf 30 % belaufen. 49 '

Die Arbeitslosenquote entwickelte sich in den letzten Jahren wie folgt492: 1990

1991

1992

7,4

8,3

7,8

Auch die Inflation blieb aufgrund des teilweise hohen Wirtschaftswachstums und vor allem aufgrund des ausufernden staatlichen Defizites auf einem hohen Niveau. Seit 1988 lag die Inflationsrate deutlich über 60%. Sie stellt eines der größten Probleme der türkischen Wirtschaftsentwicklung dar.

490

Vgl. Statistisches 1994, S. 126

491

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 21.

492

Die Arbeitslosenquote bezieht sich auf die Zahl der Erwerbspersonen. Vgl. Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Türkei 1994..., a. a. O., S. 54.

Bundesamt

Wiesbaden (Hrsg.): Landerbericht Türkei 1994, Wiesbaden Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, LonStatistisches

216

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

Entwicklung des Verbraucherpreis-Index (1987 = 100) 493 : 1988

1989

1990

1991

1992

173,7

283,6

454,6

754,5

1.283,1

Wie bereits angesprochen, stellt das Defizit im öffentlichen Haushalt den Staat derzeit vor eine schwierige Aufgabe. Das Budgetdefizit, das u. a. auf die Subventionen an die teilweise stark defizitären staatlichen Unternehmen zurückzuführen ist, stieg bis 1991 auf 5 , 6 % des Bruttosozialproduktes. Durch die Privatisierung dieser Unternehmen erhofft sich die türkische Regierung daher eine Verbesserung des Staatshaushaltes.

Entwicklung des Defizits der öffentlichen Haushalte in Mrd. TL (laufende Marktpreise) bzw. in Prozent des Bruttoinlandsproduktes 494 : 1988

1989

1990

1991

1992

-3.990

-7.673

-11.955

-33.519

-43.606

4,0 %

4,5 %

4,7 %

5,6 %

4,5 %

Hinsichtlich der Transformationsmaßnahmen, die von der türkischen Regierung durchgeführt wurden, ist folgendes festzustellen: Die ersten Schritte der Industrialisierung der Türkei in den 20er Jahren erfolgten im wesentlichen auf der Basis staatlichen Engagements. Zwar bemühte sich die Regierung, private Unternehmen an wirtschaftlichen Aktivitäten zu beteiligen. In den Gründerjahren existierte in der Türkei jedoch nur eine zahlenmäßig kleine Unternehmerschaft, die kaum auf technische und wirtschaftliche Erfahrungen zurückgreifen konnten. Trotz massiver staatlicher Unterstützung wurde die anfängliche Industrialisierung demnach weniger von privaten als vielmehr von öffentlichen Unternehmen getragen und durch staatliche Wirtschaftslenkung unterstützt. Erste

493

Vgl. ebenda, S. 120.

494

Vgl. The Economist don 1994, S. 39.

Intelligence

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey Country Profile 1994 - 95, Lon-

Vili System-Transformation

217

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Versuche zur Transformation des Mischsystems in ein marktwirtschaftlich geprägtes System im Zuge der Einführung des Mehrparteiensystems und umfangreicher US-amerikanischer finanzieller Unterstützung in den 50er Jahren scheiterten an den durch sie hervorgerufenen Produktionseinbrüchen. Infolge des Verzichts auf staatliche Planung und Planvorgaben an einzelne Industriebranchen kam es zu Lieferschwierigkeiten, die zu Produktionseinbußen und Mangelerscheinungen in allen Lebensbereichen führten. Aufgrund der unbefriedigten Nachfrage setzte eine chronische Inflation ein. Ferner nahmen die Importe drastisch zu, so daß sich die Leistungsbilanz

spürbar

Transformationsversuchs

verschlechterte. 495

Die

Folgen

dieses

erschienen zum damaligen Zeitpunkt

ersten

politisch

nicht

tragbar. Dies kam in den durch sie ausgelösten politischen Unruhen Ende der 50er Jahre zum Ausdruck. Nach dem anschließenden Militärputsch 1960 vollzog sich daher eine Wende der Wirtschaftspolitik, die wiederum vermehrt auf staatliche Planung und Wirtschaftslenkung und das direkte Engagement staatlicher Unternehmen setzte. Im Jahr 1963 begann die Umsetzung des ersten 5-Jahres-Entwicklungsplans, der von der 1961 gegründeten Planungsbehörde (Devlet Teskilati;

Planlama

DPT) erarbeitet worden war. Wesentliches Element dieses und der

nachfolgenden Entwicklungspläne sowie der allgemeinen türkischen Wirtschaftspolitik ist die Strategie der Importsubstitution, die die türkischen importkonkurrierenden Unternehmen durch hohe Importzölle und strenge

Einfuhrrestriktionen

abschirmte. Aufgrund dieser Maßnahme gelang es der türkischen Regierung zwar, für den Aufbau diversifizierter importkonkurierender Industriezweige zu sorgen. Sie trug auch zur Gründung und zum Wachstum größerer Konglomerate, vor allem großer Handelshäuser bei, die wegen ihrer Größe erfolgreich in den Weltmarkt eindringen konnten. Andererseits verhinderte die staatliche Protektion die Ausbildung der Wettbewerbsfähigkeit einiger türkischer Unternehmen bzw. Branchen gegenüber ausländischer Konkurrenz. Diese Unternehmen produzieren infolgedessen häufig ineffizient. Dies trifft insbesondere auf Unternehmen der Schwerindustrie, vor allem in der Eisen- und Stahlverarbeitung und im Bergbau, zu. Die Textilindustrie, in der sich ebenfalls öffentliche Unternehmen betätigen, kann dagegen als relativ wettbewerbsfähig angesehen werden. 496 Der Wettbewerbsnachteil insbesondere zahlreicher staatlicher türkischer Unternehmen in einzelnen Sektoren

495

Vgl. M. Herl Die wirtschaftliche Entwicklung..., a. a. O., S. 23.

496

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 29.

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

218

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

offenbarte sich Ende der 70er Jahre und besteht bis heute fort. Im Jahr 1992 betrug das Subventionsaufkommen für staatliche Unternehmen beispielsweise noch 14,3 Billionen Türkische Lira, umgerechnet also etwa 2,7 Milliarden DM.497

Aufgrund der Probleme, die das mischwirtschaftliche Wirtschaftssystem hervorgerufen hatte, entschloß sich die politische Führung der Türkei seit 1980 für eine Transformation zu einem marktwirtschaftlich geprägten Wirtschaftssystem. Die Ziele der neuen wirtschaftlichen Ausrichtung erstreckten sich auf die Einführung flexibler Wechselkurse, die Liberalisierung des Außenhandels, den schrittweisen Abbau von Importrestriktionen sowie den Abbau staatlicher Subventionen und die Privatisierung staatlicher Unternehmen.498 In dem fünften 5-Jahres-Entwicklungsplan für die Jahre 1985 bis 1989 wurde daher erstmals die Abkehr von dem mischwirtschaftlichen System, das bislang auf einem Überwiegen der Bedeutung von Staats- gegenüber Privatunternehmen beruhte, festgeschrieben. Der Staat soll sich demnach auf die Erfüllung seiner ordnungspolitischen Funktion zurückziehen. Demzufolge beschränkt sich der fünfte Entwicklungsplan auf Vorgaben im Infrastrukturbereich.499 Die Umsetzung des Transformationsvorhabens erfolgte jedoch schleppend. So sollen beispielsweise 1993 trotz der Zunahme der Bedeutung des privaten Sektors noch 40 % der Wertschöpfung in dem Sektor der verarbeitenden Industrie von staatlichen Unternehmen erbracht worden sein, die immerhin 20 % der Industriearbeiter in der Türkei beschäftigen.500 Dieses noch immer hohe Niveau wirtschaftlicher Aktivitäten der öffentlichen Hand ist auf die zögerlichen Bemühungen im Bereich der Privatisierung staatlicher Unternehmen zurückzuführen. 1986 wurde der rechtliche Rahmen für die Privatisierung staatlicher Unternehmen durch das Gesetz "3291" geschaffen. Nach diesem Gesetz sind die staatlichen Unternehmen, die privatisiert werden sollen, der Öffentlichen

Beteiligungs-Verwaltung

zuzuleiten und sofern möglich in Aktiengesellschaften umzuwandeln. Die erste (Versuchs-) Stufe der Privatisierung begann 1987, in deren Rahmen einige Ze-

497

Vgl. Statistisches S. 110.

498

Vgl. M. Ileri Die wirtschaftliche Entwicklung..., a. a. O., S. 23.

499

Vgl. Statistisches S. 134.

500

Vgl. The Economist Intelligence don 1994, S. 30.

Bundesamt

Bundesamt

Wiesbaden

Wiesbaden

(Hrsg.): Landerbericht Türkei 1994..., a . a . O . ,

(Hrsg.): Länderbericht Türkei 1994..., a. a. O.,

Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile 1994 - 95, Lon-

yjll System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

219

mentwerke privatisiert wurden. Aufgrund politischer Widerstände gegen eine umfassende Privatisierung vor allem seitens der Sozialdemokratischen Volkspartei und der Gewerkschaften ging diese trotz der Bekundungen des ehemaligen Ministerpräsidenten S. Demirel und der derzeitigen Ministerpräsidentin T. Ciller jedoch nur unwesentlich über die Anfangsbemühungen hinaus. Der Großteil des Bergbaus, der eisen- und stahlverarbeitenden Industrie, der Chemie- und Textilindustrie, des Telekommunikationssektors und der Energiewirtschaft sind noch in staatlicher Hand. Das Vorhaben der Ministerpräsidentin Ciller, den Telefondienst der staatlichen Post-, Telefon- und Telegrafen-Verwaltung (PTT) zu privatisieren, scheiterte an dem Verfassungsgericht der Türkei. 501 Es ist allerdings zu erwarten, daß in absehbarer Zeit staatliche Unternehmen in größerem Maße privatisiert werden, da sich der Staat von den Privatisierungserlösen eine deutliche Entlastung des Staatshaushaltes verspricht. Darüber hinaus versucht die Öffentliche

Beteiligungs-Ver-

waltung derzeit, die Privatisierung des staatlichen Raffinerie-Unternehmens Tupras mit Hilfe ausländischer Banken voranzutreiben. Trotz einzelner Privatisierungserfolge seit 1987, die möglicherweise in der Zukunft deutlich zunehmen, ist die System-Transformation in der Türkei eher zurückhaltend zu beurteilen. So ist abgesehen von den aktuellen wirtschaftlichen Problemen bedenklich, daß der private Sektor im wesentlichen von einigen wenigen großen, stark diversifizierten Holding-Gesellschaften wie beispielsweise Koc, Sabanci, Is Bankasi, Enka, Yasar, Eczacibasi, STFA und Alarko dominiert wird. Eine mittelständisch geprägte Unternehmerschaft ist in der Türkei in nur geringem Umfang anzutreffen. Aufgrund der damit einhergehenden wirtschaftlichen Konzentration könnten sich in der Zukunft insbesondere Innovations- und Anpassungsprobleme ergeben.

501

Vgl The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Report, 1 st quarter 1994, London 1994, S. 20. Demnach soll das türkische Verfassungsgericht noch weitere Reformmaßnahmen - etwa die Einführung von Mindestkapitalvorschriften für türkische Banken - abgelehnt haben.

220

B.

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

Beziehungen der Türkei zu den einzelnen MUGUS

Die Türkei war der erste Staat, der die sechs muslimisch beeinflußten GUS-Republiken anerkannte502 und der sich verstärkt um Kontakte zu ihren Repräsentanten bemühte. Es wurden eine Reihe von Zusammenkünften503 organisiert, bei denen Besprechungen zu unterschiedlichen Themen vorgenommen, Abkommen unterschrieben und Verträge abgeschlossen wurden.504 Wesentliche Themen der Gespräche waren vor allem die Verbesserung der ökonomischen Zusammenarbeit sowie der Kampf gegen Drogen- und Waffenhandel. Zukünftig soll der Handelsaustausch zwischen den einzelnen Republiken erleichtert werden und auf dem Gebiet des Energieexportes eine engere Abstimmung erfolgen. Die Präsidenten der Republiken, insbesondere der Präsident Usbekistans, Islam Karimow, drängten dabei zunehmend auf konkrete Schritte in Richtung auf eine wirtschaftliche Kooperation. Karimow schlug vor, daß die anderen Republiken der

bereits

bestehenden zentralasiatischen

Kooperation zwischen

Kirgistan,

Kasachstan und Usbekistan möglichst bald beitreten sollten.505 Am 28.11.1992 wurde ferner auf dem Treffen der Economic Cooperation Organisation (ECO) in

502

Vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Türkei, April 1993, Länderanalysen der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste, Frankfurt am Main 1993, S. 21.

503

U m einen Einblick in die diesbezüglichen türkischen Aktivitäten zu erhalten, werden im folgenden einige dieser Zusammentreffen genannt: Im März 1992 bereiste der türkische Außenminister H. Cetin in seiner Funktion als turnusmäßiger Präsident des Europarates die Turkrepubliken. Vom 28.04. bis zum 03.05.1992 besuchte der damalige türkische Ministerpräsident S. Demirel die Turkrepubliken. Am 09.05.1992 fand in Aschchabad (der Hauptstadt von Turkmenistan) ein Gipfeltreffen der Turkrepubliken statt, an dem auch der Iran teilnahm. Am 28.06.1992 wurde ein Gipfeltreffen der Schwarzmeer-Anrainerstaaten in Istanbul abgehalten, an dem auch Aserbaidschan "partizipierte". Am 30./31.10.1992 fand das erste Treffen der Turkrepubliken in Ankara statt. Schließlich bereiste der zwischenzeitlich verstorbene türkische Staatspräsident T. Özal vom 04.04. bis zum 15.04.1993 ebenfalls die Turkrepubliken. Darüber hinaus bereisten im Oktober 1992 der türkische Tourismus-Minister A. Ates und Ende November 1992 der türkische Verkehrsminister V. Topcu die Turkrepubliken. 1994 erfolgte ein weiteres Treffen der Vertreter der Turkvölker in Istanbul. Am 27.8.1995 kamen die Staatschefs der Turkrepubliken in Bischkek zusammen.

504

Abkommen (oftmals auch Protokolle genannt) sind hier im weitesten Sinne des Wortes zu verstehen. Des weiteren sind die Verträge und Abkommen der einzelnen muslimisch beeinflußten GUS-Republiken mit der Türkei hier nicht abschließend aufgeführt bzw. besprochen. Dies ist angesichts der hohen Anzahl in diesem Rahmen nicht möglich. So sollen bis Mitte 1992 rund 85 Abkommen zwischen der Türkei und den MUGUS zustande gekommen sein, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Türkei April 1993..., a. a O , S. 22.

505

Vgl. o. V.: Moskau beobachtet die Rolle Ankaras genau, in: Handelsblatt vom 29.08.1995, S. 7 sowie o. V. Gipfel der Turkvölker irritiert Rußland, in: Die Welt vom 29.08.1995.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

221

Islamabad der Beschluß gefaßt, die Aktivitäten der ECO auch auf die muslimisch beeinflußten GUS-Republiken auszudehnen - was inzwischen geschehen sein soll.506 Bei den Zusammenkünften hat die Türkei mehrfach den Willen bekundet, den MUGUS Hilfestellung zu gewähren. Diesbezüglich sollen im folgenden die Beziehungen der Türkei mit diesen Ländern dargestellt werden. Das Außenhandelsvolumen mit den MUGUS betrug im Jahr 1993 651,4 Mio. US-$.

Außenhandel der Türkei mit den MUGUS 1993 in Mio. US-$ 507 Land

Exporte

Importe

Außenhan-

Anteil in % des

delsvolumen

Gesamtvolumens

- Aserbaidschan

60,6

63,6

124,2

19,1

- Kasachstan

53,8

7,7

61,5

9,4

- Kirgistan

2,6

8,8

11,4

1,8

- Tadschikistan

2,5

4,7

7,2

1,1

- Turkmenistan

163,5

13,8

177,3

27,2

- Usbekistan

41,4

228,4

269,8

41,4

324,4

327,0

651,4

100,0

Summen

Neben den Außenhandelsaktivitäten leistete die Türkei auch "humanitäre Hilfe" an die MUGUS 508 . Deren Gesamt-Umfang kann derzeit nur grob abgeschätzt werden.

506

Vgl. o. V.: Ein Bericht der Nachrichtenagentur Anatolia: Türkische Außenpolitik 1992, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 1/1993 vom 08.01.1993, S. 6 - 9. In den folgenden Abschnitten VIII.B. und VIII.C. wird sehr häufig auf die Quelle "Nachrichten aus der Türkei" zurückgegriffen. Dies wird damit begründet, daß bisher in der übrigen Literatur keine erschöpfende Zusammenstellung des türkischen Engagements in der behandelten Region vorgenommen wurde. Es sei jedoch an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, daß diese Literaturstelle von dem Pressedienst der Türkischen Botschaft Bonn herausgegeben wird, mithin ggf. einseitige Meinungen widerspiegelt.

507

Vgl Statistisches Komitee der GUS-Staaten (Hrsg.): Außenhandelsjahrbuch der GUSStaaten, Moskau 1994, S. 5, 105, 153, 255, 279, 311.

508

Vgl. hierzu o. V:. Humanitäre Hilfe für Aserbaidschan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 36/1993 vom 10.09.1993, S. 1.

222

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Dabei ist auch nicht bekannt, inwieweit die humanitäre Hilfe auf Kredit- oder auf Geschenkbasis vergeben wurde - und welche Qualität sie hatte. Hinsichtlich dieser Hilfen waren Naschitschewan und Aserbaidschan bis zum 14.02.1992 die größten Empfänger. Darüber hinaus leistete die Türkei Hilfestellung bei dem von den USA initiierten Projekt "Provide Hope", in dessen Rahmen den MUGUS und Armenien Hilfsgüter aus den USA geliefert wurden. Diesbezüglich stellte die Türkei die Nutzung von Flughäfen und Grenzübergängen frei zur Verfügung.509

Auch der Gesamtwert der in den MUGUS getätigten Auslandsprojekte seitens der Türkei ist schwer abzuschätzen. So sollten gegen Ende 1992 in Usbekistan ein Projekt im Wert von 88,7 Mio. US-$, in Aserbaidschan zwei Projekte im Wert von 93,5 Mio. US-$ und in Kasachstan drei Projekte im Wert von 67 Mio. US-$ verwirklicht worden sein. Der entsprechende Vergleichswert der durch die Türkei in der Russischen

Föderation

(RSFSR)

durchgeführten

Projekte

betrug

dagegen

1.200 Mio. US-$ bei 59 Projekten. Der Anteil der Projekte in den MUGUS an den Gesamtprojekten der Türkei in der GUS scheint demnach relativ gering zu sein. 5 ' 0 Der Wert der Direktinvestitionen der Türkei in den MUGUS ist derzeit nicht bekannt. Allerdings ist diesbezüglich anzumerken, daß die Türkei in der gesamten GUS 28 Unternehmen mit einem Wert in Höhe von 23.121.000 US-$ besitzt. Diese sind 9,6 % aller türkischen Unternehmen im Ausland, wobei sie lediglich 4,8 % des Wertes aller türkischen Unternehmen im Ausland entsprechen.511 Hinsichtlich der Kreditvergabe an die MUGUS hat sich insbesondere die Export Credit Bank of Turkey (Eximbank) engagiert. Die Eximbank gewährte den MUGUS eine Kreditlinie in Höhe von insgesamt 920 Mio. US-$. Davon erhielt Aserbaidschan mit jeweils 250 Mio. US-$ den größten Anteil. Kasachstan wurden Kredite in Höhe von 200 Mio. US-$, Kirgistan und Turkmenistan jeweils in Höhe von 75 Mio. US-$, Tadschikistan in Höhe von 50 Mio. US-$ und Naschitschewan in Höhe von 20 Mio.

509

Vgl. o. V.: Gemeinsame Hilfe der Türkei und der USA an die zentralasiatischen und kaukasischen Republiken: "Aktion Hoffnung", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 8/1992 vom 21.02.1992, S. 2.

510

Vgl. o. V.: Gesamtwert der Auslandsprojekte von türkischen Unternehmen beträgt 7,9 Mrd. US-$, in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 1/1992 vom November 1992, S. 5 f. Auch die Türkischen Wirtschaftsnachrichten werden von dem Pressedienst der Türkischen Botschaft Bonn herausgegeben und geben ggf. einseitige Meinungen wieder.

511

Vgl. o. V. Die Türkei tätigt Auslandsinvestitionen in Höhe von 484,3 Mio. (US-$), in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 3/1993 vom März 1993, S 5 - 8, hier S. 7.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

223

US-$ zugesagt. Im Vergleich dazu wurde Rußland mit 414 Mio. US-$ ein weit größeres Kreditvolumen gewährt. Die Kredite dienen dabei entweder der Finanzierung türkischer Exporte in die MUGUS oder sie sind projektbezogen. 5,2

Des weiteren hat die Türkei institutionelle Voraussetzungen geschaffen, um die MUGUS und deren Potential einschätzen zu können. Zum einen wurde der Turkey-CIS Business Council, eine Abteilung des Amtes für Außenhandelsbeziehungen (= DEIK - Foreign Economic Relations Board), das wiederum dem Außenministerium untersteht, gegründet. Dessen Aufgabe ist es, in den entsprechenden GUS-Republiken Kontakte für künftiges Engagement der Türkei und ggf. Drittländern zu knüpfen.513 Darüber hinaus ist durch das Außenministerium die Gründung der Türkischen Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) im September 1992 geschaffen worden. Diese Agentur soll insbesondere den türkischsprachigen Ländern, aber auch den Nachbarstaaten der Türkei Hilfestellung für deren Entwicklung bieten. Diesbezüglich ist vor allem eine Zusammenarbeit auf den Gebieten der Wirtschaft, des Handels, der Technik, der Gesellschaft, der Kultur und der Erziehung durch Länder-Analysen5''', gemeinsame Projekte und Programme vorgesehen. 5 ' 5 Das Vorhandensein dieser Institutionen und die geographische, kulturelle und sprachliche Nähe der Türken zu den Turkrepubliken könnte dazu führen, daß die Türkei auch von Drittländern konsultiert werden kann, die ein Engagement in jenen Ländern mit Hilfe der Türkei wünschen. So hat beispielsweiseH.-P. Repnik, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, bekundet, daß mit deutschem Kapital und Know-how und türkischen

512

Vgl. o. V.. Türkische Bank gewahrt weitere Kredite an Mittelasien. Die Milliarden-Grenze fast erreicht, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 12/1993 vom 02.04.1993, S. 6. Rund 70 % der Kredite sind projektbezogen, der Rest ist für Exportzwecke (für Exporte aus der Türkei) vorgesehen. Dabei ist derzeit unklar, inwiefern die Türkei an den Projekten, die durch EximbankKredite finanziert werden, beteiligt ist.

513

Vgl. o. V.. DEIK und die japanische Seite geben eine Einschätzung über die gemeinsame Reise durch die zentralasiatischen Republiken, in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 5/1993 vom Mai 1993, S. 6 - 7 .

514

Vgl. z. B. die Dokumentensammlung in Türkische Agentur für Zusammenarbeit wicklung TIKA (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993.

5,5

Vgl. o. V.. Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) gegründet: "Türkischsprachige Republiken und Nachbarländer werden einbezogen", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 38/1992 vom 18.09.1992, S. 6.

und Ent-

224

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

kulturellen Werten und ihrer geographischen Nähe neue Möglichkeiten in den Turkrepubliken besser genutzt werden könnten. 5 ' 6 Des weiteren haben finnische Unternehmer sowie der indische Staatspräsident Dr. Sharma Interesse angemeldet, über die Türkei als Ausgangspunkt in den Turkrepubliken zu investieren. 5 ' 7 Außerdem besuchte eine japanische Delegation (48 Personen) zusammen mit Vertretern des Turkey-CIS Business Council der DEIK die zentralasiatischen Republiken, um dort das Investitionspotential abzuschätzen. 5 ' 8 Inwieweit die Türkei über Verträge und (staatliche) Abkommen zur Transformation der Wirtschaften beitragen kann, soll im folgenden untersucht werden. Im einzelnen werden die politischen Beziehungen der Länder zur Türkei, die projektbezogene Zusammenarbeit sowie die bilateralen Abkommen, Protokolle und Verträge der MUGUS mit der Türkei dargestellt.

1. Aserbaidschan Aserbaidschan nimmt hinsichtlich seiner Beziehungen zu der Türkei eine gewisse Sonderstellung unter den Turkrepubliken ein. Es steht der Türkei geographisch und sprachlich (neben Turkmenistan) am nächsten. Eine gemeinsame Grenze gibt es allerdings nur mit der aserbaidschanischen Enklave Naschitschewan, zu der seit Mai 1992 ein direkter Zugang über eine Brücke über den Aras-Fluß existiert. 5 ' 9 Andererseits ist es die einzige Turkrepublik, die eine schiitische Bevölkerungsmehrheit aufweist.520 Darüber hinaus teilt die aserbaidschanisch-iranische Grenze den traditionellen Siedlungsraum der Aseri: Im Norden des Irans leben etwa 8 bis

5,6

Vgl. o. V.:. Konferenz der Europaischen Vereinigung türkischer Akademiker: "Die n e u e Rolle der Türkei", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 14/1993 vom 16 04.1993, S. 3.

517

Vgl. o. V.. Türkisch-Finnische Zusammenarbeit in GUS und Turkrepubliken, in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 1/1992 vom November 1992, S. 7, sowie o. V. Indiens Staatspräsident Dr. Sharma in der Türkei. Gemeinsame Investitionen in den Turkrepubliken, in: Nachrichten aus d e r Türkei, Nr. 29/1993 vom 23.07.1993, S. 1.

518

Vgl. o. V. DEIK und die japanische Seite..., a. a. O., S. 6.

5,9

Vgl. o. V.: Eine Brücke der Hoffnung nach Naschitschewan, in: Neue Zürcher Zeitung, Nr. 229 v o m 03.10.1992, S. 5.

520

Vgl. dazu die Ausführungen in dem Anlageband "Landeranalysen" zu Aserbaidschan, dort Kap.A.1 a.

VIII System-Transformation

10 Mio. Aseris. 527

Demzufolge

bestehen

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

Wiedervereinigungsbestrebungen

225 von

Aseris aus dem Iran und aus Aserbaidschan. 522 In Aserbaidschan zeigt sich so insgesamt die türkisch-iranische Rivalität um Einflußnahme in den muslimisch beeinflußten GUS-Republiken besonders deutlich. 523 Prinzipiell versteht sich die Türkei als "Schutzmacht der Aseris" 52 ''. In dieser Hinsicht beinhaltet die türkische Stellungnahme bezüglich des Konflikts zwischen Armeniern und Aseris um die Enklave Nagorny-Karabach und die von Armeniern kürzlich eroberten Gebiete in Aserbaidschan eine politische Brisanz. Auf der Reise des türkischen Außenministers H. Cetins nach Aserbaidschan Anfang März 1992 als erster Station seiner Reise durch die zentralasiatischen und kaukasischen Republiken wurde in erster Linie die Nagorny-Karabach-Problematik erörtert. 525 Da insbesondere in den USA eine starke armenische Lobby existiert, bemühte sich die Türkei zunächst um eine neutrale Position. 526 Diese Bemühungen fanden beispielsweise in der "massiven" Beteiligung der Türkei an Hilfsaktionen nach der Erdbebenkatastrophe in Armenien am 15.03.1991 527 und der Zusage der Türkei, die westliche Hilfe über die Türkei zu leiten, ihren Ausdruck. Allerdings ist die türkische Hilfe an die Lösung der Berg-Karabach-Problematik geknüpft. Demzufolge erfolgte keine Zusage über die Lieferung von elektrischem Strom an Armenien. 528

521

Vgl.

522

Vgl. R. Götz, U. Halbach Daten zu Geographie, Bevölkerung, Politik und Wirtschaft der Staaten der GUS, in: Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (BlOst) (Hrsg.), Sonderveröffentlichung, Köln Juli 1992, S. 11.

523

Vgl. K. Duran.

524

Vgl. W. G. Lerch Enttauschte Türken, bedrängte Aseris, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 196 vom 25.08.1993, S. 12. Der Großteil der Türken soll die Aseris nicht nur "as cousins but rather as brothers" betrachten, vgl. K. Mackenzie Turkey's circumspect activism, in: World Today, Heft 2, 1993, S. 25 - 26, hier S. 26.

525

Vgl. o. V. Außenminister Cetins Reise in die Turk-Republiken, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 11/1992 vom 13.03.1992, S. 3.

526

Vgl. K. Duran: Rivalitäten..., a. a. O., S. 374.

527

Es wurden Nahrungsmittel, Medikamente und Zelte geliefert. Über den Wert der Lieferungen ist derzeit nichts bekannt, vgl. o. V.. DM 1,5Mill. Hilfe der Türkei an die GUS-Republiken, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 7/1992 vom 14.02.1992, S. 4.

528

Vgl. o. V.: Westliche Hilfe für Armenien über die Türkei genehmigt, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 5/1993 vom 05.02.1993, S. 3. Am 17.11.1992 wurde ursprünglich zwischen der Türkei und Armenien vereinbart, daß die Türkei jahrlich 300 Mio. kWh Elektrizität an Armenien liefern solle. Aufgrund von Proteststürmen in Aserbaidschan verkündete der türkische stellvertretende

ebenda

Der persisch-türkische Wettlauf..., a. a. 0 . , S. 14.

226

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Auch versucht die Türkei, als Vermittler zwischen den Konfliktparteien Armenien und Aserbaidschan aufzutreten. Zum einen fanden Gespräche mit den Präsidenten der Republiken - z. B. anläßlich des Begräbnisses Öza/s am 22.04.1993 in Ankara529 - statt. Zum anderen bemühte sich die Türkei, zusammen mit den USA und Rußland einen Friedensplan auszuarbeiten, der im März 1993 den Konfliktparteien vorgelegt wurde. 530 Jedoch waren weder die direkten Gespräche mit Repräsentanten der Gegner-Republiken noch die Vorlage des Friedensplans mit Erfolg gekrönt. Aufgrund der zunehmenden armenischen Aggression auf aserbaidschanischem Territorium hat die Türkei unter Berufung auf die Resolution Nr. 822 des UN-Sicherheitsrates ihre neutrale Position aufgegeben und eindeutig für Aserbaidschan Stellung bezogen. 53 ' Auch die vormals zugesicherte Lieferung von Waren aus Drittländern nach Armenien wurden unterbunden und die Getreidelieferungen aus Ankara an Armenien gestoppt. Dieses Embargo umfaßt dabei auch humanitäre Hilfen.532 Der damalige türkische Premierministers.

Demirel

besuchte Anfang Mai 1992 im

Rahmen seiner Reise durch die Turkrepubliken auch Baku. Dort setzte er sich offen für den damals amtierenden StaatspräsidentenE. Elcibeyein, die Türkei und gegen die Islamische Republik eingestellt"

533

der "bekanntlich für

gewesen sei. Anläßlich

dieses Besuchs wurde das Luftfahrtsabkommen sowie das Abkommen über die Zusammenarbeit auf den Gebieten Ausbildung, Schulwesen, Expertenaustausch,

Premierminister Erdal Inönü am 08.12.1992 anläßlich eines Besuchs in Baku, daß das Elektrizitätsgeschäft mit Armenien gestoppt worden sei, vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Report, Ist quarter 1993, London 1993, S. 22. 529

Vgl The Economist Intelligence 3rd quarter 1993, London 1993, S. 15.

530

Nach dem erneuten Ausbruch der Kämpfe um Nagomy-Karabach im Dezember 1992 wurden die Gespräche zunächst abgebrochen, vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Report, Ist quarter 1993, London 1993, S. 22. Danach wurden sie weitergeführt und mit der Präsentation des Friedensplanes vorläufig beendet; vgl. o. V.: Türkisch-Russischer Friedensplan für Berg-Karabach, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 10/1993 vom 12.03.1993, S. 1, sowie o. V.: Karabach-Konflikt, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 17/1993 vom 07.05.1993, S. 1 f.

Unit

(EIU)

(Hrsg.):

Turkey.

Country

Report,

531 vgl. o. V. Resolution Nr. 822 des UN-Sicherheitsrates, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 18/1993 vom 14.05.1993, S. 5. 532

Vgl. o. V.: Neue armenische Angriffe auf Aserbaidschan. Überlebenskampf der Aseris / Türkei verhängt Embargo gegen Armenien, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 13/1993 vom 09.04.1993, S. 1 f.

533

Vgl. Archiv der Gegenwart vom 03.05.1992, 62 (1992), Stichwort: A: Türkei, Innen- und Außenpolitik, S. 36714 - 36716, hier S. 36716.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

227

Technik und Wissenschaft zwischen der Republik Türkei und der Republik Aserbaidschan abgeschlossen.534 Dafür, daß Aserbaidschan auch hinsichtlich der abgeschlossenen Verträge und Abkommen eine Sonderbehandlung der Türken innerhalb der Turkrepubliken erfährt, spricht die Tatsache, daß das für die anderen vier Republiken "übliche" Abkommen-Paket im Rahmen der Demirel-Reise nicht unterzeichnet wurde.535 Am 01. November 1992 wurde ein Abkommen zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur zwischen der Regierung der Republik Türkei und der Regierung der Republik Aserbaidschan geschlossen.536 Das Ziel des Abkommens ist der Ausbau der Infrastruktur-Zusammenarbeit beider Länder. Zu diesem Zweck sollen gegenseitig Experten in den Bereichen Hafen- und Kaibau, Errichtung der Eisenbahninfrastruktur und Flughafenbau entsendet werden (Art. 2). Die Türkei will auf zwei Gebieten Hilfe leisten: Zum einen bietet sie "jede Art von Dienstleistungen in Form von Studien, Projekten, Beratungen und Kontrollen" in den oben genannten Bereichen an. Zum anderen will sie zu der Gründung einer Organisation beitragen, die gewährleisten soll, daß die entsprechenden Bauvorhaben durch die zuständigen Institutionen Aserbaidschans mittels der Vorbereitung der Kalkulation und der Baubedingungen nationalen bzw. internationalen Ausschreibungen zugeführt werden können (Art. 3). Des weiteren ist ein Informations- und Erfahrungsaustausch sowie die Durchführung von Seminaren und Symposien unter explizitem Hinweis auf deren Problembezug

hinsichtlich des Transformationsprozesses

geplant

(Art. 4). Das Abkommen gilt für 2 Jahre und im Falle der Nichtaufkündigung durch einen Partner weiterhin um jeweils ein Jahr (Art. 5). Auf dem Treffen der Gesundheitsminister der Turkrepubliken und der Türkei Ende November 1992 wurde ein Abkommen über die Zusammenarbeit in dem Gesundheitswesen unterzeichnet. Dabei sind als konkrete Projekte die gemeinsame Pro-

534

Diese Abkommen liegen derzeit nicht vor.

535

Das Protokoll über technische Zusammenarbeit hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelstandischen Industrien, das mit dem entsprechenden Protokoll zwischen der Türkei und Kasachstan identisch ist (vgl. Kap.VIII.B 2) und im Rahmen der Demirel-Reise abgeschlossen wurde, unterzeichneten die Türkei und Aserbaidschan erst am 02.11.1992.

536

Vgl. Abkommen zwischen der Regierung der Republik Türkei und der Regierung der Republik Aserbaidschan zur Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur. Dieses Abkommen liegt derzeit nur als inoffizielle deutsche Übersetzung vor.

VIII System-Transformation

228

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

duktion von Medikamenten und die Ausbildung medizinischen Personals vorgesehen. 537 Anfang 1993 wurde zwischen der Türkei und Aserbaidschan ein Protokoll über "Zusammenarbeit" im Grundbuch- und Katasterwesen unterzeichnet.538

Erschwert wird die Beziehung der Türkei zu Aserbaidschan jedoch durch den Machtwechsel im Juni 1993 in Aserbaidschan. Der derzeitige Präsident Alijew soll zwar bekundet haben, daß die Beziehungen zu der Türkei ausgeweitet und türkische Investitionen beschleunigt werden sollten.539 Es bestehen jedoch Anzeichen, daß Alijew die Beziehungen zu der Türkei zu reduzieren sucht. So hatte der aserbaidschanische Ministerrat die unter Elcibey getroffene Vereinbarung über die Förderung des kaspischen Erdöls, an dem auch das staatliche türkische Erdölunternehmen TPAO beteiligt werden sollte, zunächst auf "unbestimmte Zeit" verschoben. 540 Hierbei handelt es sich um die Erschließung der Erdölfelder Aseri, Cirag und Günesli, die im Kaspischen Meer östlich der Halbinsel Apscherow bei Baku liegen. Das Erdölvorkommen wird auf insgesamt 3,4 bis 3,8 Mrd. Barrel geschätzt. Der maßgebende Vertrag wurde schließlich am 20. September 1994 in Baku zwischen der staatlichen aserbaidschanischen Gesellschaft für Erdöl und Erdgas (SOCAR) und einem westlichen Konsortium unterzeichnet. An diesem Konsortium, das von der British Petroleum (BP) geleitet wird, ist neben den Unternehmen STATOIL, AMOCO, PENNZOIL, UNOCAL, RAMCO, Mc DERMOTT

INTERNA-

TIONAL auch das türkische Staatsunternehmen TPAO beteiligt. Nach dem Vertrag beträgt die Gesamtinvestition 7,7 Mrd. US-$. An der Ausnutzung ist SOCAR mit 20 %, die russische Gesellschaft LUKOIL mit 10 % und das westliche Konsortium

537

Vgl. Archiv der Gegenwart vom 18.11.1992, 62(1992), Stichwort: A. Zentralasien. Türkei. GUS, Gipfeltreffen in Ankara: die Rolle Rußlands, S. 37336 - 37337, hier S. 37337. Das Abkommen wurde von der Türkei auch mit Usbekistan, Kirgistan und Turkmenistan geschlossen.

538

Vgl. ebenda, sowie o. V.: Die Türkei übernimmt Katasterdienste in Rußland und Turkrepubliken, in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 3/1993 vom März 1993, S. 11. Dieses Protokoll wurde von der Türkei ebenfalls mit Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan unterzeichnet.

539

Vgl. o. V. Keine Beeinträchtigung der Beziehungen. Erste Geste des aserbaidschanischen Parlaments-Präsidenten Alijews gegenüber der Türkei, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 28/1993 vom 17.07.1993, S. 1.

540 v g l w. G. Lerch

Enttäuschte Türken..., a. a. O., S. 12.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

229

Türkei

mit 70 % beteiligt. 54 ' Die türkische Regierung glaubt, durch diesen Vertrag den Zugang zu den Ressourcen Zentralasiens gesichert und somit das primäre Ziel der türkischen Diplomatie im Hinblick auf das 21. Jahrhundert realisiert zu haben. 542

Ein weiteres Beispiel für die Neuorientierung Aserbaidschans nach der Regierungsübernahme durch Alijew ist die Entscheidung über den Verlauf der ErdölPipeline. Anfang des Jahres 1993 wurde zwischen der Türkei und Aserbaidschan ein Abkommen 5 4 3 über den Bau einer Erdöl-Pipeline von Baku nach Midyat in der südöstlichen Türkei geschlossen. In Midyat sollte die Pipeline an die bereits existierende, jedoch derzeit nicht benutzte Pipeline aus dem Irak nach Yumurtalik bzw. zum Hafen Ceyhan nahe Adena angeschlossen werden. Der Bau sollte von einem internationalen Konsortium, das aus BP, PENNZOIL, kischen staatlichen Pipeline-Gesellschaft BOTAS

AMACO, UNOCAL, der tür-

und der aserbaidschanischen

nationalen Ölfirma SOCAR besteht, durchgeführt werden. 544 Die Kosten der Investition wurden zunächst auf 1,4 Mrd. US-$ veranschlagt. Die Finanzierung sollte laut S. Bagirow, dem aserischen Erdölminister, teilweise von der IBRD (Weltbank), der EBRD (Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung) und der Citibank/USA

vorgenommen werden. 545 Durch diese Pipeline besäße die Türkei die

größte Verteileranlage für Erdöl im Mittelmeerraum. 546 Das Anfang 1993 geschlossene Abkommen wurde jedoch nach dem Machtwechsel in Aserbaidschan einseitig annulliert. Gemäß dem alten Vertrag hätte Aserbaidschan nach Angaben von R. Guliew, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Erdölbeauftragtem Aser-

541

Vgl. A. van Gent. Angst Aserbaidschans vor russischer Dominanz, zitiert nach: Nachrichtenagentur Reuters: Aserbaidschan: Umkämpfte Erdölvorrate im Kaspischen Meer, in: Reuter Business Briefing vom 30.09.1994, S. 1 f.

542

Vgl. ebenda, S. 2.

543

Vgl. o. V.: Abkommen über Erdöltransport mit Aserbaidschan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 10/1993 vom 12.03.1993, S. 1, und o. V.: Aserische Erdöl-Pipeline durch die Türkei, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 28/1993 vom 17.07.1993, S. 1 f.

544

Vgl. The Economist Intelligence Unit(EIU) (Hrsg.): Turkey Country Report, I s t quarter 1993, London 1993, S. 23, sowie H. Geray. Der Schritt zur Pipeline zwischen Baku und Ceyhan, deutsche Übersetzung des Artikels: Bakü-Ceyhan boru hatti icin ilk adim, in: Cumhuriyet vom 19.10.1993.

545

Vgl The Economist Intelligence 2nd quarter 1993, London 1993, S. 25.

546

Vgl. o. V.. Ceyhan wird zu einem Erdölzentrum, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 14/1993 vom 16.04.1993, S. 4, sowie o. V.: Pipeline für kaukasisches Erdöl, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 7/1993 vom 19 02.1993, S. 5 - 6.

Unit

(EIU)

(Hrsg.):

Turkey.

Country

Report,

230

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

baidschans, einen "Verlust" (gegenüber dem jetzigen Vertrag) in Höhe von 35 Mrd. US-$ zu verzeichnen gehabt.5''7 Es wurde daraufhin eine neue Fassung zugunsten Aserbaidschans erarbeitet. Der genaue Verlauf der Trasse ist aufgrund des Konflikts zwischen Armeniern und Aseris noch nicht endgültig festgelegt.548 Bezüglich des Trassen-Verlaufs veranstalteten die interessierten Firmen AMACO, BP, UNOCAL, PENNZOIL, BOTAS und SOCAR Mitte Oktober 1993 in London ein Treffen, auf dem sieben mögliche Streckenverläufe und deren jeweils veranschlagte Kosten dargelegt und anschließend der aserbaidschanischen Regierung zur Entscheidung übermittelt wurden. Sechs der sieben Trassen sollen zwischen Baku und Ceyhan, die siebte von Baku über Georgien und Trakien zum Schwarzen Meer verlaufen. Als mögliche Strecken und veranschlagte Kosten wurden angegeben: 1) Die Verbindung von der Baku-Nahcivan-Midyat Route und Kerkük-Yumurtalik, Kosten: 1,7 Mrd. US-$, 2) Die Verbindung zwischen Baku-Nahcivan-Siverek und der Erdölleitung des Iraks, Kosten: 2 Mrd. US-$, 3) Die Neuerrichtung einer Pipeline Baku-Nahcivan-Bozova (Urfa) und Ceyhan, Kosten: 2,7 Mrd. US-$, 4) Die Verbindung zwischen Baku-Georgien-Midyat und Kerkük-Yumurtalik, Kosten: 1,9 Mrd. US-$, 5) Die Route Baku-Georgien-Viransehir, Kosten: 2 Mrd. US-$, 6) Die Route Baku-Georgien-Bozova, Kosten 2,8 Mrd. US-$, 7) Erster Teil: Baku-Poti-(Georgien) Route, Kosten: 1,5 Mrd. US-$; Zweiter Teil: Saroz-Igneada (Trakien-Ägäis), Kosten: 900 Mio. US-$; Gesamtkosten: 2,4 Mrd. US-$ Obwohl nach Ansicht türkischer Vertreter die auf der Sitzung ermittelten Kosten für die über türkisches Territorium verlaufenden Trassen zu hoch angesetzt worden sein sollen, unterschrieben sie den Bericht, da die Strecken 1), 2), 4) und 5) jeweils kostengünstiger erschienen als die nicht über türkisches Territorium verlaufende Strecke 7).

547

Vgl. o. V: Aserische Erdöl-Pipeline..., a. a. O., S. 1 f.

548

Vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg J: Turkey. Country Report, 1st quarter 1993, London 1993, S. 24, sowie o. V.: Der erste stellvertretende Ministerpräsident Aserbaidschans, Abbasow, in der Türkei: "Die türkisch-russische Initiative zur Ausarbeitung eines Friedensplans ist positiv", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 11/1993 vom 19.03.1993, S. 9.

VIII System-Transformalion

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Des weiteren wurde von der türkischen Erdöl-Gesellschaft Af/'//a und der staatlichen Erdöl-Gesellschaft

231

Dogan-Petrosan

Aserbaidschans ein Abkommen

über die

Erdölsuche und -förderung sowie die "Verbesserung" der vorhandenen Bohrstellen in dem Gebiet Neftcala im Süden Aserbaidschans geschlossen. Laut O. Capan, dem Generaldirektor der türkischen Gesellschaft, könnten auf einer Fläche von 2.600 km 2 9 Mio. Tonnen Erdöl oder sogar mehr Erdöl gefördert werden. 549

Der Umfang türkischer Projekte ist in Aserbaidschan im Vergleich zu den Projektumfängen in anderen zentralasiatischen Turkrepubliken am größten. 550 Des weiteren ist Aserbaidschan als einzige muslimisch beeinflußte GUS-Republik Mitglied der Schwarzmeer-Kooperation. Die erste türkische Fabrik, die sich in Aserbaidschan (in Baku) niederließ, war die Pefazer-Lederfabrik. 55r Ein weiteres Projekt mit Aserbaidschan betrifft die Nutzung eines Stern-Observatoriums in Aserbaidschan durch türkische und aserische Wissenschaftler. Die Nutzung wird den Türken im Gegenzug für die Lieferung von elektronischen Ersatzteilen für das Teleskop gewährt. 552 Weiterhin wurde von Alijew die Errichtung des "größten Geschäfts- und Verwaltungszentrums in Asien" in Baku durch türkische Bauunternehmer im Wert von rund 147 Mio. US-$ genehmigt, eine nicht unerhebliche Deviseneinnahme-Quelle für den türkischen Staat, wenn die türkischen Arbeitnehmer in heimischer Währung entlohnt werden. 553 Eine Reihe weiterer Baugewerbe-Unternehmungen sind derzeit in Aserbaidschan tätig. So baut die Firma Yücelen

Bewässerungssysteme.

Des

549

Vgl. o. V.: Erdölabkommen mit Aserbaidschan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 9/1993 vom 05.03.1993, S. 7. Über die Finanzierung dieses Projektes ist derzeit nichts bekannt. Dieses Problem der ungenügenden Datenlage hinsichtlich der Finanzierung einzelner Projekte erscheint mehrfach. Wenn im folgenden daher nicht explizit auf die Finanzierung bzw. den Kreditgeber hingewiesen wird, ist davon auszugehen, daß derzeit hinsichtlich der Finanzierung keine Informationen vorliegen. Dies betrifft auch den Wert einzelner (ggf. realisierter) Projekte.

550

Vgl. o. V. Gesamtwert der Auslandsprojekte..., a. a. O., S. 5 f.

551

Vgl. o. V:. Türkische Fabrik in Baku, In: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 45/1991 vom 08.11.1991, S. 4 f .

552 Vgl. o. V:. Türkei beteiligt sich an "Spectrum X-Gamma", Weltraumforschung mit Rußland, den Niederlanden und Aserbaidschan, Verdreifachung des Forschungsetats bis zum Jahr 2003, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 10/1993 vom 12.03.1993, S. 5. Dabei Ist anzumerken, daß der Türkei selber die notwendigen Technologien zur Fertigung von Teleskopen fehlen. Bei den Ersatzteilen dürfte es sich daher vermutlich nicht um unwesentliche Teile handeln. 553

Vgl. o. V.: Keine Beeinträchtigung der Beziehungen..., a. a. O., S. 1.

232

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

weiteren ist von der Firma Teymur der Bau eines 5-Sterne Hotel-Restaurant-Betriebs sowie weiterer verschiedener Gebäude und von der Firma BMT der Bau eines 5-Sterne-Hotels und von Wohnhäusern vorgesehen.554

2. Kasachstan Schon aufgrund der geographischen Lage sind die Anknüpfungspunkte der Türkei zu Kasachstan und den anderen zentralasiatischen Republiken geringer. Dennoch versucht die Türkei auch in diesen Republiken Hilfestellungen zu leisten und Einfluß zu nehmen. Anläßlich der Besuche verschiedener türkischer Repräsentanten wurde eine Reihe von Abkommen und Verträgen zwischen der Türkei und Kasachstan geschlossen. Auf der Reise des türkischen Außenministers Cetin in dessen Funktion als turnusmäßiger Präsident des Europarates durch die zentralasiatischen und kaukasischen GUS-Republiken im März 1992 besuchte dieser auch Kasachstan. Ziel dieses Besuches war u. a. die Grundlagen zu einer Annäherung der muslimischen GUSRepubliken an Europa zu legen.555 Neben der Erörterung verschiedener Problembereiche - Zypern-Problem, Nagorny-Karabach-Frage, Nuklearwaffen in Kasachstan - erklärte Cetin die grundsätzliche Bereitschaft der Türkei, Kasachstan konsularische Hilfe zu leisten. Diesbezüglich sollten vor allem kasachischen Diplomaten in den Auslandsvertretungen der Türkei Räume zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus wurde der auf zunächst einen Monat befristete visumfreie Verkehr zwischen der Türkei und Kasachstan vereinbart. Außerdem wurde die Gewährung von Stipendien an kasachische Studenten zugesichert.556

554

Vgl. Foreign Economic Relations Board (DEIK) (Hrsg.): DEIK Bulletin. Construction / Contracting. September 1992, Istanbul 1992, ohne Seitenangaben.

555 v g | „ y • Ein Bericht der Nachrichtenagentur Anatolia..., a. a. O., S. 6 - 9 sowie o. V.. Außenminister Cetins Reise..., a. a. O., S. 3 - 4. 556 vgl. o. V.: Nasarbajew: "Gleiche Rechte für die Türkische Republik Nordzypern", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 7/1992 vom 13.03.1992, S. 4. Über die Ausgestaltung der Stipendien ist an keiner Stelle etwas gesagt. Einzelne Betroffene äußerten sich dahingehend, daß sie sich wie Lagerinsassen fühlten und wenig lernten.

VIII Svstem-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

Auf der Reise des damaligen türkischen Premierministers S. Demirel

233

durch die

Turkrepubliken besuchte dieser vom 29.04. bis zum 01.05.1992 Kasachstan. In diesem Rahmen wurde Kasachstan eine Kreditlinie in Höhe von 200 Mio. US-$ eingeräumt. 557 Darüber hinaus wurden u. a. ein Protokoll bezüglich der technischen Kooperation hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien und ein "Agreed Minutes" über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung von baugewerblichen Projekten und ausländischen Investitionen sowie ein "Agreement" über den internationalen Straßentransport, ein "Agreement" über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen und ein Protokoll über die Kooperation des türkischen Radios und Fernsehens mit der staatlichen TV Radio Gesellschaft Kasachstans unterzeichnet. Diese 5 Abkommen bzw. Protokolle stimmen für die vier Länder Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan und Usbekistan im Wortlaut überein. Vier der fünf Abkommen 558 sollen daher hier beispielhaft für die vier genannten Länder dargestellt werden. - Die Absicht des Protokolls über technische Zusammenarbeit hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien ist die Förderung unternehmerischer Fähigkeiten, insbesondere in den Bereichen Management, Unternehmensführung, Technologie und des Erwerbs von Fähigkeiten zur Bearbeitung in- und ausländischer Märkte (Aims, 1).559 Das Protokoll betrifft gemeinsam vorgenommene Investitionen und Produktion, den Austausch von Wissen und Technologie, Produktentwicklung und Qualitätskontrolle, Marketing, Management u. a. Darüber hinaus soll an der Vorbereitung stabiler Rahmenbedingungen für klein- und mittelständische Betriebe und an deren Unterstützung im Rahmen der Kooperation zwischen Universitäten und Instituten gearbeitet werden (Coverage, 2). Diesbezüglich will die Türkei Unternehmer, die von der kasachischen

Regierung ausgewählt werden sollen, in der Türkei schulen

557

Vgl. Archiv der Gegenwart "Agreed Minutes".

558

Das Agreement über den Straßentransport wird hier nicht dargestellt.

vom 03.05.1992..., a. a. O., S. 36716. Vgl. auch im folgenden die

559 vgl. Technical Cooperation Protocol on the Development of Small and Medium Scale Industries between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Kazakhstan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993. Dieses Protokoll liegt für Kasachstan nur in unveröffentlichter Form vor. Aufgrund der Übereinstimmung im Wortlaut kann jedoch auch auf das entsprechende Protokoll für Kirgistan verwiesen werden. Die Bezeichnungen in Klammern entsprechen den Abschnittsbezeichnungen im Protokoll, die Zahlenangaben sind die entsprechenden Artikel.

234

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

(Methods, 3). Die Türkei hat sich ferner bereit erklärt, Kasachstan auf Anfrage technische Beratungshilfe zum Aufbau der klein- und mittelständischen Industrie in Kasachstan zukommen zu lassen (Methods, 4). Darüber hinaus sollen von beiden Staaten notwendige Organisationen geschaffen werden, um die Möglichkeiten der Universitäten zugunsten der klein- und mittelständischen Unternehmen nutzen zu können (Methods, 5). Die jeweilige Dauer der Kurse in der Türkei soll nach Fähigkeiten der Teilnehmer zwischen zwei und vier Monaten variieren, ggf. ist ein Türkisch- bzw. ein Englisch-Kurs vorzuschalten (Technical Training in Turkey, 6). Es werden

Kasachstan

im Rahmen dieses

Protokolls

maximal

100 Stipendien zur Verfügung gestellt (Technical Training in Turkey, 7). Die Kosten der Anreise werden jeweils von dem Entsenderland, die Kosten der Unterbringung und Verpflegung von dem jeweiligen Gastland getragen (Financial Regulations, 8 und 9). Das Protokoll soll mit der Unterzeichnung in Kraft treten. - Zusätzlich wurde mit Kasachstan560 ein Protokoll über die Schulung von Experten 56 ' abgeschlossen. Dieses Protokoll sieht die Schulung von 100 (weiteren) Experten nach denselben Methoden wie in dem oben genannten Protokoll vor. Bevorzugter Schulungsbereich ist gemäß diesem Protokoll der Erwerb von Kenntnissen über die Marktwirtschaft, das Bankwesen, den internationalen Handel und das internationale Bankwesen (Art. 1). Im Rahmen der Schulung soll - wenn möglich - ein "training on the job" erfolgen (Art. 2). Bei der Auswahl der Stipendiaten soll der Grundausbildung, sprachlichen Fähigkeiten und den Erfahrungen der Stipendiaten besondere Beachtung geschenkt werden. Diesbezüglich sollte der türkischen Botschaft neben der kasachischen Regierung eine Teilnahme an der Auswahl der Teilnehmer des Programms ermöglicht werden (Art. 3). Bemerkenswert ist: Alle Protokoll-Unterzeichner sind gehalten, Sponsoren unter internationalen Organisationen oder dritten Gebern zu finden, um dieses Programm mitzufinanzieren. Auch weitere technische und finanzielle Hilfe soll durch die Unterzeichner von Dritten mobilisiert werden, um das Programm zu institutionalisieren und ein "Permanent Training Center" einrichten zu können

560

Inwieweit dies für die anderen drei Lander zutrifft, ist derzeit nicht bekannt.

561

Vgl. Protocol of the Training of Experts between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Kazakhstan. Dieses liegt derzeit nur in nicht veröffentlichter Form vor. Inwieweit es als Ergänzung des oben genannten Technical Cooperation Protocol on the Development of Small and Medium Scale Industries dient, ist nicht eindeutig rekonstruierbar.

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

235

(Art. 9). Das Programm soll 2 Jahre lang laufen und bei Nichtabbruch durch eine Partei auf weitere 2 Jahre verlängert werden (Art. 10). 562 - Die "Agreed Minutes" über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung baugewerblicher Zusammenarbeit und ausländischer Investitionen vom 30.04.1992 beinhaltet vorläufige Absichtserklärungen, deren Realisierung baldmöglichst durchgeführt werden soll (Nr. 4). 563 Zur Förderung des gemeinsamen Handels soll der Vneschekonombank

Kasachstans (auch: Alem

Bank bzw. Foreign Trade Bank Kasachtans) eine Kreditlinie von der türkischen Eximbank (Export Credit Bank of Turkey) zur Bezahlung neuer kasachischer Importe aus der Türkei eingeräumt werden. Diese Importe sollen den Bedürfnissen der kasachischen Volkswirtschaft entsprechen. Die jeweiligen Kreditmodalitäten richten sich nach der Art der importierten Güter und Ausrüstungen (Nr. 1). Zur Förderung der baugewerblichen Kooperation z. B. in Form von Joint Ventures kasachischer Unternehmen mit türkischen Übersee-Kontraktoren, sollen Finanzierungs-Fazilitäten von der Eximbank Eximbank

zur Verfügung gestellt werden. Die

soll ferner zur Förderung türkischer Investitionen türkischen Unter-

nehmen, die in Kasachstan investieren, Versicherungsgarantien leisten (Nr. 2). Die maximale Obergrenze für die gesamten erwähnten

Fazilitäten

beträgt

200 Mio. US-$ (Nr. 3 Das Abkommen zum Schutz und zur Förderung von Investitionen 555 soll für 10 Jahre und darüber hinaus bis zur Außerkraftsetzung durch eine Partei weiterhin gelten (Art. 9). Das Abkommen, das der Förderung der Investitionen beider Länder dienen soll, erlaubt prinzipiell Investitionen im jeweiligen Land

562

Es stellt sich die Frage, ob und wie das Projekt realisiert wird, wenn sich keine Sponsoren finden lassen.

563

Vgl Agreed Minutes über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung baugewerblicher Zusammenarbeit und ausländischer Investitionen vom 30.04.1992, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 128 - 129. Die Nr.-Angaben im obigen Text beziehen sich auf die Abschnittsnummern der "Agreed Minutes".

564

Die gesamte Kreditlinie, die in den entsprechenden "Agreed Minutes" mit den jeweiligen anderen drei Landern vereinbart wurden, betragen für Usbekistan 250 Mio. US-$, für Kirglstan 75 Mio. US-$ und für Turkmenistan ebenfalls 75 Mio. US-$. Auch Aserbaidschan wurde eine Kreditlinie in Höhe von 250 Mio. US-$ von der Eximbank eingeräumt.

565

Vgl. Agreement between The Republic of Turkey and The Republic of Kazakhstan. Concerning the Reciprocal Promotion and Protection of Investments, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 154 - 159.

236

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

durch das jeweils andere Land auf der Basis der Meistbegünstigung. Auch die anschließende Behandlung der Investition unterliegt dem Prinzip der Meistbegünstigung (Art. 2). Verstaatlichung von Investitionsobjekten sind generell nicht zulässig, können jedoch auf der Basis geltenden Rechts in dem jeweiligen Land gegen Entschädigung vorgenommen werden (Art. 3). Die mit der einzelnen Investition zusammenhängenden

(Repatriierungs-)

Transfers

sind

nach

dem

Grundsatz von Treu und Glauben zu gewähren. Darunter fallen Transfers von Investitionserträgen, Liquidations- oder Verkaufserlösen, Kompensationszahlungen im Falle der Enteignung, Zinszahlungen, die mit der Investition in einem sachlichen Zusammenhang stehen, Löhnen und Gehältern sowie Zahlungen, die sich aus Streitigkeiten ergeben (Art. 4). Eine Streitigkeit zwischen dem Investor und dem Land, in dem investiert wurde, soll zunächst-wenn möglich - durch gegenseitige Konsultation und Verhandlungen beigelegt werden. Führen diese innerhalb der folgenden sechs Monate nicht zu einer Beilegung des Streits, kann der Fall nach Wahl des Investors entweder 1) dem International Settlement

of Investment

Settlement

of Investment

Center for

Disputes (ICSID), die von der "Convention Disputes between States and Nationais

on

of other

States" eingesetzt wurde (für den Fall, daß beide Länder Unterzeichner der Konvention sind) oder 2) einem ad hoc gebildeten kaufmännischen Schiedsgericht, das entsprechend den "Arbitration Nations Commision

for International

Rules of Procedure

of the United

Trade Law" (UNCITRAL)

(wenn beide Länder Mitglied der UN sind) 566 oder 3) dem Schiedsgericht der Pariser Internationalen

Handelskammer

gebildet wird

kaufmännischen vorgetragen wer-

den. Der jeweilige Schiedsspruch soll dann endgültig und für alle Parteien bindend sein (Art. 7). Im Falle einer Streitigkeit zwischen den Unterzeichner-Ländern selbst und des Scheiterns der Verhandlungen in den folgenden sechs Monaten nach Ausbruch des Streits soll ein Schiedsgericht aus drei Mitgliedern eingesetzt werden. Jedes Land stellt dabei einen Vertreter, die zusammen einen dritten Vertreter eines dritten Staates als Vorsitzenden bestimmen. Im Falle einer Nichteinigung über den dritten Vertreter wird der Internationale Gerichtshof herangezogen. Das Schiedsgericht soll innerhalb von 10 Monaten zu einer Entscheidung kommen. Diese wird durch eine Stimmenmehrheit herbeigeführt und soll endgültig und bindend sein (Art. 8).

566

Dies trifft für beide Länder zu.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

237

- Mit dem Protokoll über die Kooperation zwischen dem Türkischen Radio und Fernsehen (TRT) und der Staatlichen TV Radio Gesellschaft Kasachstans (STRCK) vom 01.05.1992 wird das Ziel verfolgt, bestehende ökonomische, kulturelle und politische Bindungen zwischen den Kontraktoren weiter zu entwickeln. 567 Nach diesem Protokoll will STRCK an der Rundfunkübertragung von TRT partizipieren (Art. 1). Die TRT-Programme sollen von einer Bodenstation in Ankara über ein SECAM System TVRO (= TV receiving only) ausgestrahlt und später von STRCK in Kasachstan über die existierenden TV-Netzwerke weiter übertragen werden (Art. 2). Auf der anderen Seite soll es STRCK prinzipiell ermöglicht werden, eigene Programme (laut Protokoll mit informativem Charakter über Kasachstan) zu senden (Art. 3). Nutzungsgebühren für die türkische Übertragung, Zahlungen für Autorenrechte sowie die Mietzahlungen für die Satellitennutzung sollen für die STRCK nicht anfallen. Auf der anderen Seite hat STRCK alle Zahlungen zu tragen, die mit der Ausstrahlung der von ihr vorgeschlagenen Sendungen verbunden sind (Art. 4). Die TRT soll an Treffen des "Consultative Council" teilnehmen, in denen über die Gestaltung des Programms in Kasachstan beraten wird und - wenn möglich - an der Vorbereitung der TV-Programme mitwirken (Art. 5 und 6). Des weiteren ist ein gegenseitiger personeller Austausch geplant, um Informationen und Erfahrungen weiterzugeben (Art. 11). Das Protokoll tritt mit der Unterzeichnung in Kraft und soll für 5 Jahre, bei Nichtkündigung durch eine Partei auf weitere 3 Jahre gültig sein (Art. 15). Des weiteren wurden auf dem Zusammentreffen türkischer und kasachischer Repräsentanten im Rahmen des Demirel-Besuches weitere Vorverträge und Verträge zwischen türkischen und kasachischen Geschäftsleuten abgeschlossen. 568 Diese decken ein weites Betätigungsfeld ab, wie beispielsweise den Bau von 5Sterne- und Ketten-Hotels und -Motels, das Betreiben von Raffinerien, die Erschließung von Erdölfeldern, die Errichtung von Fabriken zur Herstellung von Kabeln, den Abbau von Kupfer, den Bau von Getreidemühlen, die Produktion von

567

Vgl. The Protocol of Cooperation between Turkish Radio and Television and The State TV Radio Company of Kazakhstan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 162 - 164. Die folgenden ArtikelAngaben beziehen sich auf dieses Protokoll.

568

Vgl. Joint Declaration of Intent vom 01.05.1992, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 130.

238

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Baumaterialien, die Kooperation in der Telekommunikation, den Barter-Handel mit Ölprodukten u. a.

Kasachstan war die letzte Station der Turkrepubliken-Reise des türkischen Tourismus-Ministers A. Ates im Oktober 1992. Anläßlich einer Zusammenkunft hat der kasachische Ministerpräsident S. Tereschenko Ates Zusammenarbeit angeboten, um die historische Seidenstraße für den Tourismus zu erschließen. Mit türkischen Krediten wolle Kasachstan vor allem den Bau von touristischen Objekten finanzieren und die mangelhaften Hotelkapazitäten ausbauen. Aus den Erfahrungen der Türkei solle dabei Nutzen gezogen werden. 569 Ferner wurde auf dem Treffen der Gesundheitsminister der Turkrepubliken und der Türkei Ende November 1992 ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen

unterzeichnet. 570

Ebenfalls

Verkehrsminister

im

November

1992 wurde von

dem türkischen

Y. Topcu und seinem kasachischen Amtskollegen ein Abkommen über die Zusammenarbeit im Kommunikationsbereich unterzeichnet. 57 * Im Rahmen des Besuchs Topus in Alma-Ata wurde eine Telefonzentrale mit 3.500 Leitungen sowie eine Satelliten-Bodenstation, die von der Türkei gespendet wurde, in Betrieb gesetzt. 572 Während des Besuches des damaligen türkischen StaatspräsidentenT. Özal sagte Kasachstan zu, größere Investitionen der türkischen staatlichen Erdölgesellschaft TPAO zuzulassen. 573 Des weiteren wurde im ersten Quartal 1993 mit Kasachstan ein Protokoll über die Zusammenarbeit im Grundbuch- und Katasterwesen unterzeichnet. 574

569

Vgl. o V.: Zusammenarbeit mit Kasachstan im Tourismus, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 42/1992 vom 16.10.1992, S. 6.

570

Vgl. Kap.VIII.B.1.

571

Vgl. o. V.: Türkisch-Kasachische Erdölgesellschaft gegründet, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 51/1992 vom 18.12.1992, S. 5.

572

Vgl. ebenda

573

Vgl. o. V.: Staatspräsident Özals Besuch in den Turkrepubliken: "In unseren Beziehungen gibt es keinen Platz für pantürkische Gelüste", Neue Abkommen mit Turkrepubliken, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 14/1993 vom 16.04.1993, S. 2.

574

Vgl. hierzu Kap.VIII.B.1.

VIII System-Transformalion mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Die k a s a c h i s c h e Nationale

Erdölgesellschaft

g e s e l l s c h a f t TPAO s o w i e die Pet Holding

239

u n d die t ü r k i s c h e staatliche Erdöl-

h a b e n in K a s a c h s t a n e i n e g e m e i n s a m e

G e s e l l s c h a f t g e g r ü n d e t , u m a u s 5 E r d ö l g e b i e t e n im O s t e n d e s K a s p i s c h e n M e e r e s Erdöl z u fördern u n d d i e s e s z u verarbeiten u n d zu v e r m a r k t e n . In d i e s e m G e b i e t sollen sich r u n d 2 Mrd. T o n n e n E r d ö l r e s e r v e n in e i n e m W e r t v o n s c h ä t z u n g s w e i s e 2 5 0 bis 300 Mrd. US-$ befinden. Die k a s a c h i s c h e G e s e l l s c h a f t ist d a r a n mit 5 0 %, d i e TPAO der

mit 4 0 % und die Pet Holding

kasachische

TPAO,

O. Özdemir,

Geologieminister

mit 10 % beteiligt. D i e s b e z ü g l i c h h a b e n

L. M. Trubmkow,

der

Generaldirektor

und der A u f s i c h t s r a t s v o r s i t z e n d e der Pet Holding,

G.

der

Köksal,

im N o v e m b e r 1992 ein A b k o m m e n unterzeichnet. Laut d i e s e m A b k o m m e n soll die T ü r k e i ihren R o h ö l b e d a r f a u s der F ö r d e r u n g in d i e s e r R e g i o n d e c k e n . 5 7 5 Insgesamt sollen Investitionen

in H ö h e v o n 26 M r d . U S - $ 5 7 6

vorgenommen

w e r d e n . Das A b k o m m e n gilt für 2 5 Jahre und kann u m w e i t e r e 10 J a h r e v e r l ä n g e r t w e r d e n . Die TPAO kalkuliert d a b e i jährlich e i n e n G e w i n n in H ö h e v o n rund 5 Mio. US-$ ein. 5 7 7 A m 0 7 . 0 2 . 1 9 9 2 w u r d e in A l m a - A t a ein A b s i c h t s p r o t o k o l l ü b e r die G r ü n d u n g e i n e s J o i n t V e n t u r e s v o n der Kazakhstanneftegas, t e n B. D. Elemanow,

u n d der United

sentiert durch ihren V o r s i t z e n d e n A. R. Bozkurt, d i e Kazakhstanneftegas,

repräsentiert d u r c h ihren P r ä s i d e n -

BMB Group

Co. Inc.

Turkey

/ USA,

reprä-

unterzeichnet. Darin b e k u n d e t e

d a ß sie an einer Z u s a m m e n a r b e i t m i t ß A i ß in d e n Be-

r e i c h e n Erdöl, Raffinerien, Ö l f e l d e n t w i c k l u n g u n d Pipelines interessiert sei. D i e s b e z ü g l i c h sind fünf ( z u m Teil alternative) m ö g l i c h e Projekte aufgeführt: 1 ) d e r

Bau

einer Raffinerie mit einer J a h r e s k a p a z i t ä t v o n 6 Mio. T o n n e n in A k t a u ; 2) d e r W i e d e r a u f b a u einer Raffinerie mit einer J a h r e s k a p a z i t ä t v o n 6 Mio. T o n n e n in d e r Stadt G u r j e w ; 3) d e r Bau einer Pipeline aus d e r R e g i o n G u r j e w d u r c h d e n A r a l - S e e n a c h Kizilarda; 4) d i e Entwicklung kleinerer Ölfelder mit g e s c h ä t z t e n R e s e r v e n v o n einer bis 15 Mio. T o n n e n in v e r s c h i e d e n e n R e g i o n e n (z. B. A k t j u b i n s k ) u n d 5) die R e p a ratur u n d W i e d e r h e r s t e l l u n g v o n B o h r l ö c h e r n in Uzen / M a n g i s c h l a k . Es ist f e r n e r

575

Vgl. o. V.. Türkisch-Kasachische Erdölgesellschaft gegründet..., a. a. O., S. 5. Dabei bleibt unerwähnt, auf welchem Wege das geförderte Erdöl in die Türkei gelangen soll. Laut o. V.: Staatspräsident Özals Besuch in den Turkrepubliken..., a. a. O., S. 1 - 2, hier S. 2, soll in 7 Gebieten Kasachstans nach Öl gesucht werden. Des weiteren sei an dem Gemeinschaftsunternehmen die TPAO mit 40 %, die kasachische Seite mit 60 % beteiligt.

576

Über die Finanzierung ist in Anbetracht des Finanzvolumens erstaunlicherweise nichts bekannt.

577

Vgl. o. V.. Staatspräsident Özals Besuch in den Turkrepubliken..., a. a. O., S. 2.

240

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

geplant, daß BMB578 im Falle einer Einigung auf ein Projekt Zahlungen in Form von Rohöl oder Ölprodukten, petrochemischen Produkten oder anderen Formen annimmt. BMB soll weiterhin die türkische Regierung um Unterstützung bitten und ihre Beziehungen zu Kuwait und Saudi-Arabien nutzen, um diese als weitere Investoren zu gewinnen. Im Januar 1993 plante die türkische Firmengruppe Hes (= Hacilar Elektronikindustrie), in Kasachstan die Kabelfabrik

Hes-Kabzek

zu gründen, an der Hes mit

52 % beteiligt sein wollte. Laut dem Generaldirektor der Hes-Kabzek,

S. Fidan,

solle die Fabrik im März 1993 fertiggestellt werden und 70 kasachische Arbeiter sowie 10 türkische Techniker und Ingenieure beschäftigen. Die betriebsnotwendigen Maschinen sollten von Hes in der Türkei erstellt werden. Der Wert der jährlich fabrizierten Energie- und Kommunikationskabel wird von Fidan auf ca. 30 Mio. US-$ geschätzt. Als potentielle Abnehmer der Produkte werden von ihm die Turkrepubliken und Indien genannt. 579 Realisierungs-Chancen sind noch nicht ersichtlich. Des weiteren ist das Gemeinschaftsunternehmen Huni Dericilik

gegründet wor-

den. Die Kosten des Baus dieses Lederverarbeitungs-Unternehmens, das überwiegend mit türkischer Technologie arbeiten soll, werden auf 22 Mio. US-$ geschätzt. Das Kapital stammt aus Kasachstan selbst und der Schweiz. Pro Tag sollen 60 Tonnen Leder verarbeitet und 30 % der Gesamtproduktion in die Türkei exportiert werden. 580 In Kasachstan sind verschiedene baugewerblich tätige türkische Firmen in Projekten engagiert.

Die Firma Garanti-Koza

baut derzeit ein 5-Sterne-Hotel, die

Pet Kontur ein Hotel, die Firma Baytur verschiedene Hospitäler und Hotels, die Firma MIR Industriewerke und Wohnhäuser und die Firma BMB einen Energie-

578

Vgl. Protocol of Intentions, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kazakistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 116.

579

Vgl. o. V: Kabelfabrik in Kasachstan, 15.01.1993, S. 9.

580

Vgl. o. V:. Lederverarbeitung in Zentralasien mit türkischer Hilfe, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 31/1993 vom 06.08.1993, S. 8. Die "Rückführung" der Produkte in die Türkei stützt die These, daß insbesondere die Textilindustrie in der Türkei die Produktion aus Kostengründen in die zentralasiatischen Länder verlagere, vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste (Hrsg.): Türkei Oktober 1992..., a. a. O., S. 5.

in: Nachrichten

aus der Türkei,

Nr. 2/1993

vom

VIII System-Transformalion

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

241

Erzeugungsbetrieb. Ferner ist die Firma STFA auf den Gebieten Telekommunikation und dem Bau von Energie-Übertragungsleitungen tätig. 58 * Im Juli 1993 nahm die erste türkische öffentliche Bank in den zentralasiatischen Ländern, die Kazkommerts-Ziraat

International

Bank (KZI), in Alma-Ata ihre Ar-

beit auf. 582 Der kasachische Partner der türkischen Ziraat Bank ist die Kazkommertsbank.

Der Name und der Partner sowie die Gründung wurden dabei im Mini-

sterrat der Türkei genehmigt. Die Dienste der Bank sollen in erster Linie türkischen Exporteuren, Industriellen und Bauunternehmern zukommen. 583

3. Kirgistan Obwohl Kirgistan kurz nach ihrer Unabhängigkeitserklärung den Kontakt zur Türkei suchte, scheint diese Republik für die Türkei nicht von besonderem Intersse zu sein. Ob dies auf die Rohstoffarmut, die geringe Bevölkerungszahl oder auf andere Gründe zurückzuführen ist, sei an dieser Stelle nicht diskutiert.

Im Dezember 1991 besuchte der kirgisische Staatspräsident Akajew die Türkei zu offiziellen Gesprächen. Laut Akajew nehme die Türkei in den internationalen Beziehungen Kirgistans eine wichtige Stellung ein. Kirgistan habe daher an einem Ausbau wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Kontakte Interesse. Des weiteren würdigte er die "Erfolge Özals im wirtschaftlichen Bereich". Im Laufe des Besuches wurde ein Abkommen über die wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern unterzeichnet. 584

581

Vgl Foreign Economic Relations Board (DEIK) (Hrsg.): DEIK Bulletin, Construction / Contracting..., a. a. O. In welchen Städten die Bauten vorgenommen werden, Ist unbekannt.

582

Vgl. o. V. Erste türkische Bank in Kasachstan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 30/1993 vom 30. 7.1993, S. 3.

583

Vgl. o. V. Türkische Staatsbank in Rußland. Ziraat Bankasi schlägt Finanzbrücke zwischen Turkrepubliken und anderen Ländern, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 2/1993 vom 15.01.1993, S. 7.

584

Vgl. o. V.: Präsident Kirgisiens: "Türkei ist für uns von besonderer Bedeutung", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 1/1992 vom 03.01.1992, S. 3.

242

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers

Türkei

Auf der Reise S. Demireis durch die Turkepubliken besuchte dieser auch vom 28. bis zum 29.04.1992 Kirgistan. Dort wurden die (bereits unter Kasachstan besprochenen) Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen 585 , das Abkommen über Straßentransporte 586 , die "Agreed Minutes" über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung von baugewerblichen Projekten und ausländischen Investitionen 587 , das Protokoll bezüglich der technischen Kooperation hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien 588 und das Protokoll über die Kooperation des türkischen Radios und Fernsehens mit der Staatlichen TV Radio Agentur Kirgistans 589 unterzeichnet. Im April 1993 besuchte der türkische Staatspräsident T. Özal im Rahmen seiner Reise durch die Turkrepubliken als zweites Land Kirgistan. Dort wurden ein Abkommen über die Zusammenarbeit in Handel, Technik und Kultur sowie ein Protokoll über die periodische Konsultation politischer Vertreter beider Länder unterzeichnet. 590 Im Juli 1993 wurde zwischen dem türkischen Minister für Landwirtschaft und Dorfwesen R. Sabin und seinem kirgisischen Amtskollegen T. Bekbolat

in Ankara ein

Abkommen über Zusammenarbeit in der Landwirtschaft abgeschlossen. Die Türkei

585

Vgl. Agreement between The Republic of Turkey and The Republic of Kyrgyzstan Concerning the Reciprocal Promotion and Protection of Investments, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kirgizistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 97 102.

586 v g | international Road Transport Agreement between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Kyrgyzstan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kirgizistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 1 0 3 - 109. 587

Vgl. Agreed Minutes über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung baugewerblicher Zusammenarbeit und ausländischer Investitionen vom 30.04.1992, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kirgizistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 110.

588 v g | Technical Cooperation Protocol on the Development of Small and Medium Scale Industries between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Kyrghyzstan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kirgizistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 111 - 112. 589 v g l . The Protocol of Cooperation between Turkish Radio and Television and The State TV Radio Agency of Kyrgyzstan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Kirgizistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 121 - 123. 590

Vgl. o. V.. Staatspräsident Özals Besuch in den Turkrepubliken..., a. a. O., S. 1.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

243

hat sich darin bereit erklärt, Kirgistan mit Fachkräften und in technischen Fragen zu unterstützen. 591

4. Tadschikistan Die Beziehungen der Türkei zu Tadschikistan sind derzeit nur gering vorhanden. Dies mag darin begründet sein, daß Tadschikistan als einzige der muslimisch beeinflußten GUS-Republiken keine Turkrepublik ist und den Möglichkeiten der türkischen Einflußnahme aufgrund der Gemeinsamkeiten mit dem Iran keine hohe Wahrscheinlichkeit zugemessen wird. Darüber hinaus herrscht in Tadschikistan z. Z. immer noch der Bürgerkrieg. Trotzdem wurden von seiten der Türkei auch Kontakte zu Tadschikistan aufgenommen. So besuchte der türkische Außenminister H. Cetin im März 1992 auch Tadschikistan. 592 Von der türkischen Eximbank

erhielt Tadschikistan nach Gesprächen mit dem

türkischen Außenministerium einen Kredit in Höhe von 50 Mio. US-$. Da die Kredite im wesentlichen der Finanzierung türkischer Exporte in die Kreditnehmerländer dienen, ist anzunehmen, daß Handelsbeziehungen mit Tadschikistan aufgebaut werden sollen. 593

5. Turkmenistan Das hohe Erdgasvorkommen in Turkmensitan und die Errichtung von Erdgas-Pipelines in bzw. über die Türkei tragen dazu bei, daß die Beziehungen der Türkei zu Turkmenistan ausgeprägter als zu Tadschikistan oder zu Kirgistan sind.

591

Vgl. o. V.: Türkei hilft Kyrgystan in der Landwirtschaft. Agrarabkommen in Ankara unterzeichnet, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 28/1993 vom 17.07.1993, S. 2.

592

Vgl. o. V.: Außenminister Cetins Reise..., a. a. O., S. 3.

593

Vgl. o. V. Türkische Bank gewahrt weitere Kredite..., a. a. O., S. 6.

244

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Ende 1992 ist zwischen S. Demirel und dem turkmenischen Staatspräsidenten ein Vertrag über die Verlegung von 6 Erdgas-Pipelines von den

Sorjetabad-Feldern

in Turkmenistan zur Türkei vereinbart worden. Geplant war zunächst ein Verlauf der Pipelines durch das Kaspische Meer nach Aserbaidschan und in die Türkei. Laut der türkischen NachrichtenagenturAnafo/ia war dieser Verlauf nach Angaben von Experten jedoch zu kostspielig, der Weg entlang der Küste des Kaspischen Meeres durch den Iran nach Kars in der Türkei dagegen kostengünstiger. Nunmehr wird eine Gasleitung über den Iran und die Türkei nach Europa errichtet. Ab dem Jahr 2000 soll über diese laut dem turkmenischen Vizepremier Retshep Saparow bis zu 30 Mrd. m 3 Gas jährlich exportiert werden. 594 Die türkische Firma STFA ist derzeit am Gas-Pipeline-Bau und der Gewinnung von elektrischer Energie beteiligt. 595 Drei türkische Firmen nehmen an der Fertigstellung des 1985 von Russen begonnenen Baus des Flughafens in Aschchabad teil. Der Bau ist nach Angaben von U. Garih, dem Vorsitzenden einer beteiligten Firma, in drei Phasen geplant. Für die erste Phase sind dabei Kosten in Höhe von rund 84 Mio. US-$ veranschlagt. 596

Anläßlich des Besuches des türkischen Außenministers H. Cetin in Turkmenistan im Rahmen von dessen Reise durch die zentralasiatischen und kaukasischen Republiken

wurde

in

Aschchabad

von

dem

türkischen

Erziehungsminister

K. Toptan und dem turkmenischen Bildungsminister Baynamsakatow

ein Proto-

koll unterzeichnet, in dem sich die Türkei zur Leistung umfangreicher Kulturhilfe verpflichtet. So solle die Türkei Turkmenistan u. a. bei der Umstellung von dem kyrillischen auf das lateinische Alphabet unterstützen. Darüber hinaus solle in Aschchabad eine Druckerei und eine türkische Bibliothek errichtet werden. 597 Auf der Reise S. Demireis durch die Turkrepubliken besuchte dieser auch vom 01. bis zum 02.05.1992 Turkmenistan. Dort wurden die (bereits unter Kasachstan

594

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: T u r k m e n i s t a n : T u r k m e n i s t a n mit g r o ß e n Plänen, in: R e u t e r B u s i n e s s Briefing v o m 19.11.1994, S. 1.

595

v g l . Foreign Economic tracting..., a. a. O.

Relations

Board

(DEIK)

(Hrsg J: D E I K Bulletin, C o n s t r u c t i o n / C o n -

596 v g l . o. V.: Erdgas a u s T u r k m e n i s t a n wird über d i e Türkei nach E u r o p a befördert. Eine t ü r k i s c h e Firma wird d e n Bau d e s F l u g h a f e n s A s c h c h a b a d fertigstellen, in: T ü r k e i W i r t s c h a f t s n a c h r i c h t e n , Nr. 1/1992, N o v e m b e r 1992, S. 6. 597

Vgl. o . V.: A u ß e n m i n i s t e r Cetins Reise in die Turkrepubliken..., a. a. O , hier S. 3.

l'Ili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

245

besprochenen) Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen 598 , das Abkommen über Straßentransporte 599 , die "Agreed Minutes" über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung von baugewerblichen Projekten und ausländischen Investitionen600, das Protokoll bezüglich der technischen Kooperation hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständisch geprägten Industrien 60 ' und das Protokoll über die Kooperation des türkischen Radios und Fernsehens mit dem Staatlichen TV Radio Komitee Turkmenistans 602 unterzeichnet. Im Rahmen der Reise des türkischen Verkehrsministers Y. Topcu durch die TurkRepubliken im November 1992 wurde von diesem und dem stellvertretenden turkmenischen Ministerpräsidenten N. Soiunow sowie dem turkmenischen Minister für Kommunikation M. Cumijew

ein Abkommen über die Zusammenarbeit beider

Länder auf dem Gebiet der Kommunikation abgeschlossen. 603

593

Vgl. Agreement between The Republic of Turkey and The Republic of Turkmenistan Concerning the Reciprocal Promotion and Protection of Investments, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Turkmenistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 111 -116.

599 v g | international Road Transport Agreement between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Turkmenistan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Turkmenistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 1 1 9 - 1 2 5 . 600

Vgl. Agreed Minutes über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung baugewerblicher Zusammenarbeit und ausländischer Investitionen vom 30.04.1992, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Turkmenistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 117.

601

Vgl. Technical Cooperation Protocol on the Development of Small and Medium Scale Industries between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Turkmenistan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.) Turkmenistan Ülke Raporu, Ankara 1993. Dieses Protokoll liegt uns derzeit nur in einer nicht veröffentlichten Form vor.

602

Vgl. Türkiye Radyo Televizyon Kurumu (TRT) ile Turkmenistan Devlet Radyo-Televizyon Komitesi Arasinda Isbirligi Protokolü, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Turkmenistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 106 - 108. Dieses Protokoll liegt uns derzeit nur in türkischer Sprache vor.

603

Vgl. o. V. Turkmenistan und Usbekistan im weltweiten Kommunikationssystem mit Hilfe der Türkei, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 51/1992 vom 18.12.1992, S. 6.

246

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Im Januar 1993 besuchte der Staatspräsident Ceyhun zu informativen Zwecken Turkmenistan und bezeichnete zu diesem Anlaß Turkmenistan als eigentliche Heimat der Türken.604 Anfang 1993 wurde von der Türkei und Turkmenistan ein Protokoll über die Zusammenarbeit im Grundbuch- und Katasterwesen unterzeichnet.605 Im März 1993 besuchte der türkische Staatspräsident T. Özal im Rahmen seiner Reise durch die Turkrepubliken als viertes Land Turkmenistan. Dort wurde bekundet, daß die Türkei finanziell einen Beitrag zur Restauration des Grabmals des Sultans Sandschak aus dem 13. Jahrhundert beitragen wolle.606

6. Usbekistan In Usbekistan mit rund 22 Mio. Einwohnern die bevölkerungsreichste Republik der MUGUS607, hat die Türkei ebenfalls eine Reihe von Anknüpfungspunkten gefunden, um Beziehungen zwischen beiden Staaten aufzubauen. Die türkische Firma STFA bearbeitet in Usbekistan Projekte auf dem Gebiet der Herstellung

von

Energie-Übertragungsleitungen.608

Türkische

Zuckerfabriken

planen die Errichtung von Produktionsanlagen in Usbekistan. Die betriebsnotwendigen Ausrüstungen und Maschinen sollen ausnahmslos in der Türkei, zu 95 % in 5 türkischen

Unternehmen,

erstellt

werden.

Die

Kosten

Produktionsanlage werden auf rund 94,5 Mio. DM veranschlagt.

des 609

Baus

einer

Ferner baut die

türkische Firma Yüksel in Usbekistan derzeit ein 4-Sterne-Hotel und einen Ein-

604

Vgl.: o. V.. Staatsminister Ceyhun in Turkmenistan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 2/1993 vom 15.01.1993, S. 9.

605

Vgl. Kap.VIII.B.1.

606

Vgl. o. V.: Staatspräsident Özals Besuch in den Turkrepubliken..., a a. O., S. 1.

607

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Schweiz: Zentralasien - eine Region erhalt neue Konturen, in: Reuter Business Briefing vom 18.03.1995, S. 2.

608 vgl. Foreign Economic tracting..., a. a. O. 609

Relations Board (DEIK) (Hrsg.): DEIK Bulletin, Construction / Con-

Vgl. o. V.: Türkei baut Zuckerfabriken in Rußland und Usbekistan, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 32/1993 vom 13.08 1993, S. 4.

VI J J System-Transformation

247

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

kaufskomplex. Darüber hinaus errichtet die ebenfalls türkische Firma Baytur dort verschiedene Hospitäler und Hotels. 6 ' 0

Auf der Reise S. Demireis durch die zentralasiatischen Länder besuchte dieser auch am 28.04.1992 Usbekistan. Dort wurden die (bereits unter Kasachstan besprochenen) Abkommen über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Investitionen 6 ", das Abkommen über Straßentransporte 672 , die "Agreed Minutes" über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung von baugewerblichen Projekten und ausländischen Investitionen 6 ' 3 , das Protokoll bezüglich der technischen Kooperation hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien 6 ' 4 und das Protokoll über die Kooperation des türkischen Radios und Fernsehens mit der Staatlichen TV Radio Gesellschaft Usbekistans 6 ' 5 abgeschlossen.

Darüber

hinaus

wurde

ein

Protokoll

über

die

Luftfahrt 6 ' 6

und

ein

"Memorandum of Understanding" über die Kooperation Usbekistans mit der türkischen Eximbank617

unterzeichnet.

610

Vgl. Foreign Economic tracting..., a. a. O.

6

Vgl. Agreement between The Republic of Turkey and The Republic of Uzbekistan Concerning the Reciprocal Promotion and Protection of Investments, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Enwicklung (TIKA) (Hrsg.): özbekistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 1 0 7 - 1 1 2 .

"

Relations Board (DEIK) (Hrsg.): DEIK Bulletin, Construction / Con-

612

Vgl. International Road Transport Agreement between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Uzbekistan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Özbekistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 1 0 0 - 1 0 6 .

6,3

Vgl. Agreed Minutes über die Finanzierung des bilateralen Handels, die Förderung baugewerblicher Zusammenarbeit und ausländischer Investitionen vom 30.04.1992, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Özbekistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 9 3 - 9 4 .

614

Vgl. Technical Cooperation Protocol on the Development of Small and Medium Scale Industries between The Government of The Republic of Turkey and The Government of The Republic of Uzbekistan, in: Türkische Agenmtur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg:): Özbekistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 100 - 106.

615

Vgl. The Protocol of Cooperation between Turkish Radio and Television and The State TV Radio Company of Uzbekistan, in: Türkische Agentur für Zusammenarbeit und Entwicklung (TIKA) (Hrsg.): Özbekistan Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 117 -119.

6,6

Vgl. Türkische Agentur für Zusammenarbeit Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 113 - 114.

und Entwicklung

(TIKA) (Hrsg.): Özbekistan

617

Vgl. Türkische Agentur für Zusammenrbeit Ülke Raporu, Ankara 1993, S. 95 - 97.

und Entwicklung

(TIKA) (Hrsg.): Özbekstan

248

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Im Rahmen der Reise des türkischen Tourismus-Minister A. Ates durch die TurkRepubliken im Oktober 1992 wurde in Usbekistan ein Abkommen über türkischusbekische Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Tourismus abgeschlossen. Laut Ates werde die Türkei beim Aufbau des usbekischen Tourismusministeriums Hilfestellung leisten. 6,8 Im Rahmen der Reise des türkischen Verkehrsministers Y. Topcu durch die TurkRepubliken Ende November 1992 wurde in Taschkent ein neues Telefonnetz in Betrieb genommen. Dieses sei nach Angaben Topcus eine "Gabe des guten Willens von der türkischen Nation an die usbekische"6'9 Nation. Anläßlich dieses Aktes merkte der stellvertretende usbekische Ministerpräsident Rabinow an, Usbekistan und die Türkei hätten ausgezeichnete diplomatische und kulturelle Beziehungen und die Zusammenarbeit verbessere sich laufend.620 Anfang 1993 wurde von der Türkei und Usbekistan ein Protokoll über die Zusammenarbeit im Grundbuch- und Katasterwesen unterzeichnet.62' Im Rahmen der Reise des türkischen Staatspräsidenten T. Özal durch die Turkrepubliken im April 1993 besuchte dieser zuerst Usbekistan. Dort wurden Abkommen über die Vermeidung von Doppelbesteuerung und des Schmuggels sowie die Terrorismusbekämpfung abgeschlossen. Des weiteren einigten sich die Gesprächspartner grundsätzlich auf die Durchführung von Joint Ventures in den Bereichen der Errichtung von Raffinerien, Zuckerfabriken und Baumwoll-Produktionsbetrieben.622

618

Vgl. o. V.: Abkommen über türkisch-usbekische Zusammenarbeit im Tourismus, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 41/1992 vom 09.10.1992, S. 8.

619

Vgl. o. V.: Turkmenistan und Usbekistan im weltweiten Kommunikationssystem mit Hilfe der Türkei, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 51/1992 vom 18.12.1992, S. 6.

620

Vgl ebenda.

621

Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap.VIII.B.1.

622

Vgl. O.V.: Staatspräsident Özals Reise durch die mittelasiatischen und kaukasischen TurkRepubliken, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 13/1993 vom 09.04.1993, S. 8

VIII System-Transformation

C.

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

249

Relevanz möglicher türkischer Hilfestellung für die Entwicklung einzelner MUGUS

Wie die obigen Ausführungen zeigen, beziehen sich die Aktivitäten der Türkei in den MUGUS auf den Aufbau neuer Handelsbeziehungen, die Errichtung von Industrie, wobei der Erdölförderung und dem Verlauf der Pipelines besonderer Wert zugemessen wird, sowie auf diesbezügliche Agentenleistungen für die MUGUS und Drittländer. Nach Einschätzung der Frankfurter

Allgemeine

Zeitung

könnte der Türkei im

Handel, insbesondere bei Kompensationsgeschäften mit diesen Ländern, Bedeutung zukommen, da letztere zum einen über geringe konvertierbare Zahlungsmittel verfügen und zum anderen ihre Waren international schwer absetzbar sind. Der Türkei werden zwei Vorteile zuerkannt: Zum einen entwickeln die türkischen Handelsunternehmen, die sehr breite Warensortiments aufweisen, aufgrund ihrer Größe einen starken "Eigenbedarf". Zum anderen ist es ihnen möglich, Waren minderer Qualität in den asiatischen Nachbarländern abzusetzen. So könnte die Türkei Offsetgeschäfte, eine Form der Kompensationsgeschäfte, bei der Geschäfte auf der Verrechnungsgrundlage mit einem Technologietransfer getätigt werden, mit den MUGUS vornehmen. 623 Der Umfang des türkischen Engagements (etwa in Form von Projekten oder Investitionen) in den MUGUS ist gemessen am sonstigen Auslandsengagement der Türkei gering. Das Engagement bezieht sich auf folgende volkswirtschaftliche Sektoren. So bemüht sich die Türkei insbesondere um eine Beteiligung an der Energieträgerförderung und dem Energieträgertransport, vor allem über den türkischen Landweg. Dies trifft besonders für Erdöl zu, da die Türkei derzeit lediglich 20 % des Eigenbedarfs an Erdöl selber produziert. 624 Im Falle einer Verlegung einer Erdöl-Pipeline würde die Türkei ökonomisch in Form von zusätzlichem Erdölangebot und Gebühren für die Nutzung des Landwegs profitieren. 625 Darüber

623

Vgl Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH Informationsdienste: O., S. 17 f.

624

Vgl. The Economist Inteiligence Unit(EIU) 1993.

625

Das starke Eigeninteresse der Türkei zeigt sich beispielsweise in der Modifizierung des alten Pipeline-Vertrages, der laut der aserbaidschanischen Seite in erheblichem Maße nachteilig für Aserbaidschan gewesen sei, vgl. Kap.VIII.B.1.

Türkei April 1993..., a. a.

(Hrsg.): Turkey. Country Profile 1993/94, London

250

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

hinaus erführe auch die internationale Bedeutung der Türkei eine Aufwertung.626 Andererseits verfügt die Türkei aufgrund der geographischen Isolation der MUGUS über eine "vorteilhafte" Position, da alternative Transportwege kaum zur Verfügung stehen. Der Transport über den Iran ist von westlichen Teilhaber-Konsortien nicht erwünscht627 und der Transport über Rußland ist derzeit für die produzierenden Länder problematisch, da - nach verschiedenen Verlautbarungen - die Verrechnungspraxis mit Rußland derzeit nicht den Interessen der erdölproduzierenden MUGUS entspricht. Darüber hinaus kontrolliert die Türkei den Bosporus und ist momentan wohl nicht bereit, diesen als Transportweg für größere Tanker zu öffnen.628 Hinsichtlich der Finanzierung der verschiedenen Aktivitäten ist die Türkei allerdings auf Drittgeber629 angewiesen. Ein besonderes Betätigungsfeld türkischer Unternehmen ist dasBaugewerbe Die Türkei wies in diesem Sektor bereits in den achtziger Jahren ein starkes AuslandsEngagement auf, vor allem im "Mittleren Osten".630 Die dort tätigen Unternehmen wären möglichenweise aufgrund der Vertrautheit mit "ähnlichen" Regionen prädestiniert für Geschäfte in den MUGUS. Des weiteren sind insbesondere in dem Bereich der Textilindustrie Projekte türkischer Unternehmen in den muslimisch beeinflußten GUS-Republiken zu verzeichnen (vor allem Lederverarbeitungsbetriebe in Aserbaidschan und Kasachstan). Dies ist nicht verwunderlich angesichts der "veralteten Betriebsstrukturen" in dem türkischen Textilverarbeitungssektor. Eine notwendige Modernisierung der Ausrüstungen wird daher für Betriebe, die sich auf personal-kostenorientierte Massenfabrikation spezialisiert haben, zum Motiv für die Produktionsauslagerung in die MUGUS.631 Weitere Betätigungsfelder türkischer

626

Vgl. The Economist Intelligence 2nd quarter 1993, London 1993, S. 25.

627

BP, Amoco und Penzoil sollen sich gegenüber der Verlegung einer Pipeline über den Iran aufgrund der Ungewißheit über dessen langfristige Politik ablehnend geäußert haben, vgl. The Economic Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 24.

628

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap.VIII.B. 1. "Aserbaidschan". Der Weg über Rußland und das Schwarze Meer wird von westlichen Unternehmen dabei als die kostengünstigste Möglichkeit angesehen, vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Report, 2nd quarter 1993, London 1993, S. 25.

629

Vgl. dazu die Ausführungen in Kap.VIII.B.1.

Unit

(EIU)

(Hrsg.):

Turkey.

Country

Report.

630 vgl. The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Turkey. Country Profile, 1993/94, London 1993, S. 33 f. 631

Vgl Frankfurter Allgemeine 1992..., a. a. O. S. 5.

Zeitung GmbH Informationsdienste

(Hrsg.): Türkei. Oktober

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

251

Unternehmen sind vor allem die Nahrungsmittelindustrie (z. B. Zuckerfabriken) und der Kommunikationssektor. Bezüglich letzterem ist zum einen ein Engagement im Zuliefererbereich (z. B. Errichtung von Kabelfabriken) als auch im Bereich des Aufbaus des Kommunikationssystems der jeweiligen Länder (Verlegung von Telefonkabeln, Errichtung von Fernsehbodenstationen und die Ausstrahlung des türkischen Fernsehens in der Region) zu verzeichnen. Über die Finanzierung der einzelnen Projekte ist derzeit nur wenig bekannt. Es ist allerdings - wenn man die verfügbaren Informationen zu Rate zieht - zu vermuten, daß nur ein relativ geringer Teil der Projekte von der Türkei selber finanziert wird. So soll beispielsweise die Pipeline von Baku durch die Türkei an das Mittelmeer von der IBRD, der EBRD und der Citybank / USA finanziert werden. 632 Des weiteren soll das Gemeinschaftsunternehmen Huni Dericilik in Kasachstan mit kasachischem und schweizer Kapital finanziert werden.633 Auch sollen für das geplante Joint Venture zwischen der Kazakhstanneftegas und der United BMB Group Co. Inc Turkey / USA durch türkische Vermittlung Investoren wie Saudi-Arabien und Kuwait angeworben werden.634 Dies deutet an, daß die Türkei zumindest hinsichtlich der Finanzierung auf unterstützendes Engagement von Drittländern angewiesen zu sein scheint. Hinsichtlich des Grades der Realisierung der jeweiligen Projekte sind z. Z. nur unzureichend Angaben verfügbar. So sind zwar einige Projekte offenbar bereits durchgeführt (z. B. Petazer-Lederfabrik

in Aserbaidschan, die Installation einer

Telefonzentrale mit 3.500 Leitungen in Alma-Ata)635 oder befinden sich in der Realisation (z. B der Bau von Bewässerungsanlagen durch die türkische Firma Yücelen in Aserbaidschan sowie der Bau einzelner Hotels, insbesondere in Kasachstan und Usbekistan)636, jedoch ist ein größerer Teil der Projekte derzeit noch in Planung oder erst genehmigt. Die Bereitstellung der länderspezifischen Kreditlinien durch die Eximbank dient zu einem Drittel dem Export türkischer Produkte in die MUGUS. Es handelt sich demnach weniger um eine Hilfe für die MUGUS als vielmehr um eine Subventionie-

632

Vgl. Kap VIII.B.1.

633

Vgl. Kap.VIII.B.2.

634

Vgl. ebenda

635

Vgl. jeweils Kap.VIII.B.1 und Kap.VIII.B.2.

636

Vgl. jeweils Kap.VIII.1, Kap.VIII.B.2 und Kap.VIII.B.6.

252

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

rung türkischer Volkswirtschaftssektoren. Die übrigen zwei Drittel dieser Kreditlinien werden als projektbezogen deklariert. 637 Es ist allerdings nicht bekannt, inwiefern türkische Unternehmen in diesen Projekten involviert sind und die Türkei demnach von der Kreditvergabe über Rückwirkungen auch in diesem Bereich profitiert. Schließlich ist festzuhalten, daß die starke Kreditexpansion im Jahr 1992 die Eximbank selber in Refinanzierungsschwierigkeiten gebracht hat. 638 Die Bedeutung der auf staatlicher Ebene geschlossenen bilateralenVerträge und Abkommen ist vor allem aufgrund der in diesen häufig anzutreffenden unspezifischen Formulierungen schwer abzuschätzen. So ist beispielsweise in dem Protokoll über die Expertenschulung - und entsprechend dem Passus über die Vergabe von Stipendien im Rahmen des Protokolls über technische Zusammenarbeit hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien - weder der Ort der Unterbringung noch der Aus- bzw. Weiterbildungsort genannt. Auch die Verfahren der Bewerbung und Auswahl von Stipendiaten sind nicht klar umrissen. Diese Kriterien sind jedoch maßgeblich für eine Bewertung der Protokolle, da die Qualität der Ausbildungsstätte und die Motivation der Stipendiaten entscheidend zum Erfolg derartiger Projekte beitragen. Es ist diesbezüglich weiter fraglich, ob die gewährten Stipendien gewissen minimalen Anforderungen (z. B. ein ausreichender Wohnraum und eine angemessene Verpflegung für die Stipendiaten) genügen. Schließlich ist stellenweise anzuzweifeln, ob die getroffenen Vereinbarungen realisiert werden können. Die im Rahmen der jeweiligen Protokolle über technische Zusammenarbeit hinsichtlich der Entwicklung der klein- und mittelständischen Industrien vereinbarten Kurse - teilweise als "training on the job" konzipiert - sollen je nach Teilnehmerfähigkeit in den Bereichen Management, Unternehmensführung und der Aneignung von Fähigkeiten zur Bearbeitung in- und ausländischer Märkte zwei bis vier Monate umfassen. 639 Dies setzt allerdings zumindest grundlegende Kenntnisse und Vorbildung der Teilnehmer voraus. Es ist demnach zu fragen, ob diese vorhanden sind und inwieweit anderenfalls ein so bemessener Zeitraum der Erreichung des Ziels der Schulung der Teilnehmer gerecht werden kann. Es ist ebenfalls unklar, welchen spezifischen Nutzen die Protokolle und Abkommen in Form einer Ergänzung bestehender Rechtsvorschriften im Lande jeweils stiften.

637

Vgl. o. V. Türkische Bank gewahrt weitere Kredite..., a. a. O., S. 6.

638

Vgl. o. V. Plane der Eximbank für 1993, in: Türkei Wirtschaftsnachrichten, Nr. 3/1993 vom März 1993, S. 8.

639

Vgl. Kap VIII.B.2.

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

253

So ist in dem Abkommen zum Schutz und zur Förderung von Investitionen z. B. zwischen Kasachstan und der Türkei zwar das gegenseitige Recht zur Vornahme von Investitionen festgeschrieben. Dieses ist jedoch bereits durch das kasachische Investitionsgesetz gewährleistet. 640 Die Gewährung von Investitionen auf der Grundlage der Meistbegünstigung dürfte deklaratorischen Charakter haben, da dieser Grundsatz kaum durchsetzbar sein dürfte. 641 Der Kompetenzverweis auf die entsprechenden internationalen Institutionen im Streitfall erhöht zwar prinzipiell die Rechtssicherheit der Investition, im Falle schwerwiegender Streitigkeiten bleibt jedoch das Problem der Durchsetzbarkeit des jeweiligen Schiedsspruchs bestehen. 6 « Der Inhalt der bekannten und besprochenen Protokolle ist demnach sowohl hinsichtlich der jeweiligen Leistungsverpflichtungen der Parteien als auch hinsichtlich der Realisierungsmöglichkeiten (quantitativ und qualitativ) offenbar eher dürftig. Demnach wäre der Wert der Protokolle - gemessen an ihrer Substanz - als gering anzusehen. Die inhaltliche Ausfüllung der abgeschlossenen Verträge, Abkommen und Protokolle ist demnach entscheidend von dem Willen zur Kooperation von beiden Seiten und der Hilfsbereitschaft der Türkei abhängig. Diesbezüglich ist allerdings anzumerken, daß die Türkei hinsichtlich ihres Engagements innerhalb der GUS den Beziehungen zu den MUGUS keineswegs Priorität einräumt. Hinsichtlich dieser Beziehungen nehmen vielmehr die Russische Föderation und die Ukraine eine besondere Rolle ein. 643 Aber auch die Turkrepubliken sind teilweise hinsichtlich einer zu engen Kooperation mit der Türkei skeptisch. So gabNasarbajew zu bedenken, daß ein zu enger Zusammenschluß mit der Türkei die Zusammenarbeit mit anderen Ländern (vor allem mit Rußland) tendentiell behindern könne. 644 Unter

640

Vgl. A n l a g e b a n d , " L a n d e r a n a l y s e n " Kasachstan, dort K a p . B . l . i . "Vorstellungen über tumsrechte".

641

W e n n m a n bedenkt, d a ß der G r u n d s a t z der Meistbegünstigung s c h o n i m B e r e i c h d e s W a r e n v e r k e h r s nur s c h w e r d u r c h s e t z b a r und leicht z u u m g e h e n ist.

Eigen-

642

Dies trifft i n s b e s o n d e r e auf d e n Fall der Streitigkeit z w i s c h e n den U n t e r z e i c h n e r - L a n d e r n zu.

643

Vgl. o. V. Ein Bericht: Wirtschaft- und H a n d e l s b e z i e h u n g e n W i r t s c h a f t s n a c h r i c h t e n , Nr. 1/1993 v o m J a n u a r 1993, S. 14 - 1 6 .

644

V g l Archiv der Gegenwart vom 18.11.1992..., a. a. O., S. 37336 - 37337. Diese Ä u ß e r u n g erfolgte auf d e m Gipfeltreffen der T u r k r e p u b l i k e n in A n k a r a a m 30./31.10.1992. D e m z u f o l g e w u r d e auf d i e s e m Gipfel von den T u r k r e p u b l i k e n a u c h die von d e r T ü r k e i v o r g e s c h l a g e n e Bild u n g e i n e s g e m e i n s a m e n W i r t s c h a f t s r a u m e s z u n ä c h s t abgelehnt.

zu GUS-Staaten,

in:

Türkei

254

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

diesen Voraussetzungen ist es allerdings fraglich, ob die Beziehungen der Türkei zu den MUGUS - insbesondere hinsichtlich der Erreichung der in den Protokollen, Abkommen und Verträgen vorgesehenen Ziele - langfristig Bestand haben und erfolgversprechend sind.

Die vorangehenden Ausführungen haben gezeigt, daß die Türkei sich in einzelnen Bereichen in den MUGUS engagiert. Dabei stellen sich allerdings zwei Fragen: (1) Handelt es sich bei den Hilfen um originär türkische (technische, finanzielle und institutionelle) Hilfestellungen, die zudem auch von den Empfängerländern ausdrücklich erwünscht sind? - Der Begriff der Hilfestellung der Türkei ist insofern zu relativieren, als die Türkei häufig selber Nutznießer aus einzelnen Projekten und Leistungen ist. So scheinen einzelne Verträge sogar nachteilig für die MUGUS ausgestaltet worden zu sein, wie dies nach Angaben des aserischen Erdölministeriums für die erste Planung der Pipeline Baku-Türkei zutreffen soll. - Des weiteren ist zu bezweifeln, ob die Türkei überhaupt in der Lageist, umfassende - insbesondere finanzielle - Hilfen eigenständig bereitzustellen. Hinsichtlich der einzelnen Projekte ist vielmehr ein erheblicher Finanzierungsbedarf seitens der Türkei festzustellen, womit diesbezügliches Einwerben weiterer Finanzierungsquellen (z. B. der Staaten des Golfkooperationsrates645, der USA und westeuropäischer Industriestaaten wie der Bundesrepublik Deutschland oder der Schweiz) verbunden ist. Auch bezüglich humanitärer Hilfen ist zu berücksichtigen, daß die Türkei selber Entwicklungshilfeempfänger ist. Insofern wäre die Gewährung von (Entwicklungs-) Hilfen der Türkei an die MUGUS strenggenommen lediglich ein "Durchlaufposten".

645

Der Golf Cooperation Council (GCC) wurde am 25.05.1981 von Saudi-Arabien, Kuwait, Quatar, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman als Reaktion auf die sicherheitspolitische und ökonomische Herausforderung durch die islamische Revolution im Iran gegründet. Die Staaten des Rates haben demgemäß ein großes Interesse, die Türkei als ausgleichenden Konkurrenten des Irans (vor allem seit der Niederlage des Iraks in dem zweiten Golfkrieg) um die regionale Hegemonie zu unterstützen, vgl. H. Krech: Die Türkei auf dem Weg zur Regionalmacht im Nahen Osten und in Mittelasien, in: Zeitschrift für Türkeistudien, Heft 2, 1992, S. 239 - 254, hier S 245 f.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

255

- Darüber hinaus ist fraglich, ob eine Hilfestellung der Türkei in größerem Stile überhaupt von den MUGUS erwünscht ist. So ist teilweise erhebliche Skepsis gegenüber einer engen Zusammenarbeit mit der Türkei zu verzeichnen. Die Schaffung eines von der Türkei angestrebten gemeinsamen Wirtschaftsraumes mit den Turkrepubliken wurde beispielsweise von diesen abgelehnt. Schließlich ließen Gespräche vor Ort mit den deutschen Botschaften erkennen, daß eine langfristig bedeutsame Rolle der Türkei von den MUGUS dort nicht angestrebt werde. Die Anlehnung an einen neuen "großen Bruder" wird von allen MUGUS abgelehnt.

(2) Ist die Hilfe der Türkei an die MUGUS bzw. die Zusammenarbeit mit diesen überhaupt transformationsrelevant und - wenn ja - im Hinblick auf Transformationsprozesse effizienzsteigernd? - In einzelnen Bereichen kann die Transformationsrelevanz türkischer Zusammenarbeit nicht bezweifelt werden. So ist die Funktionsfähigkeit eines Kommunikationsnetzes, sofern es die Informationskosten senkt, in Transformationsprozessen notwendig. Auch die Vergabe von Stipendien, die Ansiedlung ausländischer (in diesem Falle türkischer) Banken oder Hilfen im Kataster- und Grundbuchwesen sind im einzelnen grundsätzlich transformationsrelevant. Die Einzelmaßnahmen müßten jedoch in ein übergeordnetes Konzept oder eine Transformationsstrategie eingebettet sein, um nicht zu verpuffen und im Makrobereich spürbar zu werden. Weder eine diesbezügliche Abstimmung mit den jeweiligen MUGUS noch ein klares Konzept der Türkei sind jedoch derzeit erkennbar. - Das Kriterium der (nachhaltigen) Effizienzsteigerung setzt voraus, daß die Türkei selber ein (a) stabiles, (b) Vorbild und ggf. als solches (c) in der Lage ist, ihr spezifisches Wissen auf die MUGUS zu übertragen. (a) Die Stabilität der Türkei und ihrer (Außen- und Innen-) Politik wird allerdings teilweise bezweifelt. So wird beispielsweise mit der Unfähigkeit der Lösung des Kurdenproblems sogar der territoriale Bestand der Türkei in Frage gestellt.646 Auch die zukünftige Rolle des türkischen islamischen Fundamentalismus ist derzeit kaum abschätzbar.647

646

Vgl. A. Baron: Die Türkei vor dem inneren Absturz?, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 248 vom 25.10.1993, S. 16.

VIII System-Transformalion

256

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

(b) Eine effiziente Hilfestellung im größeren Rahmen seitens der Türkei erfordert, daß die Türkei in transformationsrelevanten Bereichen als Vorbild dienen könnte. Dies ist jedoch in wirtschaftlicher wie in politischer Hinsicht in Frage zu stellen. So sind in der Türkei selber vor allem folgende Defizite auszumachen: 648 -

hoher Strukturerweiterungs-, Modernisierungs- und Rationalisierungsbedarf,

-

hohe Inflationsraten innerhalb eines längeren Zeitraumes, gravierende Haushaltsdefizite, die weder auf Investitionen noch auf außergewöhnliche Ereignisse zurückzuführen und schwer zu reduzieren sind,

- teilweise ausbleibende Privatisierung hoch verschuldeter Staatsbetriebe und große Probleme bei der Vornahme von Privatisierungen, - Abhängigkeit der Zentralbank, -

steigende Handelsbilanz-Defizite

bei reglementiertem

Außenhandel,

wobei anerkannt ist, daß Liberalsierungsversuche in die Wege geleitet werden, -

hohe (wachsende) langfristige Auslandsverschuldung,

-

innenpolitische Unsicherheit,

- Absinken der Steuermoral, -

ineffiziente Bürokratie und

-

problematisches Demokratieverständnis (z. B. Kurdenfrage).

Zwar könnte die Türkei den MUGUS als Modell eines laizistischen Staates, der sich ebenfalls im System-Transformationsprozeß befindet, dienen. Insgesamt ist

647

Vgl. W. Ende, U. Steinbach (Hrsg.), unter redaktioneller Mitarbeit von M. Ursinus Der Islam in der Gegenwart, 2. Aufl., München 1989, S. 220. Verwiesen sei auch auf weitere extremistische Strömungen in der Türkei, Vgl. U. Steinbach Die Türkei zwischen Vergangenheit und Gegenwart, in: Informationen zur politischen Bildung, Nr. 223, 2. Quartal 1989, S. 40.

648

Vgl. H. Biermann: Exogen gestützte wirtschaftliche System-Transformation in Ländern der Dritten Welt - hier den ehemaligen (muslimischen) Sowjetrepubliken, Beiträge zur Entwicklungsforschung, Internationaler Gesprächskreis (XI), Gesellschaft für Entwicklungsforschung und internationale Beziehungen (Hrsg.), Münster 1993, S. 17.

VIII System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

257

jedoch eher wahrscheinlich, daß sich die MUGUS an den "Originalen" orientieren, in denen soziale Marktwirtschaft bereits praktiziert wird. (c) Wenn die Rolle der Türkei als Vorbild demnach beschränkt zu sein scheint, so wäre sie möglicherweise in der Lage, ihr durch Erfahrung gewonnenes Potential den MUGUS bei der Lösung einzelner Transformationsprobleme - z . B. der Privatisierung 649 - zur Verfügung zu stellen. Darauf stellt beispielsweise der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Hans-Peter

Repnik

ab,650 Allerdings ergibt sich auch in diesem Bereich ggf. ein zusätzlicher finanzieller Unterstützungsbedarf durch Drittländer. Darüber hinaus ist zu beachten, daß sich ein großer Teil der türkischen Volkswirtschaft selber noch in staatlicher Hand befindet und die politische Führung Schwierigkeiten mit der Privatisierung der staatlichen Unternehmen hatte. Einige der Unternehmen, die sich in den MUGUS engagieren, sind ferner staatliche Unternehmen, so daß von diesen in Bezug auf die Privatisierung keine Nachahmungseffekte ausgehen werden.

Insgesamt kann festgestellt werden, daß die Türkei wegen ihrer wirtschaftlichen Schwäche und politischen Schwierigkeiten nicht in der Lage ist, eine Führungsrolle in den MUGUS zu übernehmen. 6 5 ' Selbst Entwicklungshilfeempfänger 652 ist die Türkei im eigenen Land mit einer Reihe von existentiellen Problemen konfrontiert, die einer befriedigenden Lösung bedürfen, bevor sie zu Hilfeleistungen in anderen Ländern fähig sein wird. Der

649

Indem sie beispielsweise auf mögliche Problembereiche hinweist.

650

Vgl. o. V.. Interview mit dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, Hans-Peter Repnik. "Die Türkei stellt einen eindeutigen Stabilitätsfaktor für die gesamte Region dar", in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 19/1993 vom 21.05.1993, S. 6 - 8 .

651

Dies wird auch in anderen Untersuchungen von anderer Seite bestätigt, so z. B. von Prof. Faruk Sen vom Essener Zentrum für Türkeistudien. Nach seiner Auffassung wurde die Türkei überschätzt, der Iran dagegen unterschätzt. Vgl. T. Avenarius: Wie die Türkei, der Iran und Rußland Einfluß auf die ehemaligen Sowjetstaaten nehmen, zitiert nach: Nachrichtenagentur Reuters: Aserbaidschan - Der große Poker um ö l und Macht in Zentralasien und im Kaukasus, in: Reuter Business Briefing vom 11.2.1995, S. 2.

652

Die Türkei empfing z. B. laut Weltentwicklungsberichten 1990 und 1991 netto jeweils über 1 Wird. US-$ an öffentlicher Entwicklungshilfe (1991 z. B. 29,2 US-$ pro Kopf) und 1992 900 Mio. US-$ an öffentlichen Zuschüssen sowie 844 Mio. US-$ an Netto-Direktinvestitionen.

258

VII! System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

Wunsch der Türkei, eine Vormachtstellung in den Turkrepubliken zu erreichen, ließ sich aufgrund mangelnder Voraussetzungen nicht erfüllen. Die oft angeführte Verwandtschaft der Turkvölker reichte für eine maßgebende Einflußnahme in den MUGUS nicht aus, da die Türkei von den MUGUS vielfach nicht als vollwertiger Partner anerkannt wurde und diesen nicht als kompetenter Berater erschien. Darüber hinaus ist die Türkei aufgrund ihres Kurdenproblems kein nachahmenswertes Beispiel für die inhomogenen MUGUS. Auch die mögliche Funktion der Türkei, als Vermittler bei multi- und bilateralen Entwicklungshilfeprojekten der MUGUS mit Drittländern zu agieren 653 , die bereits u. a. auch durch die eigens dafür gegründeten Institutionen des Turkey-CIS Business Council oder des Türkisch-Deutschen Kooperationsrates654 aufgenommen wurde, beurteilen die einzelnen MUGUS mit großer Zurückhaltung. Aus Sicht der MUGUS werden im allgemeinen direkte Kontakte zu den Entwicklungshilfegebern bevorzugt, da durch die Einbindung der Türkei die Kosten der Entwicklungshilfe erhöht werden und die Gefahr von möglicherweise auftretenden Reibungsverlusten gegeben ist.655 Die Reserviertheit gegenüber den Dreieckskooperationen beruht nicht nur auf rationalen Effizienzüberlegungen, sondern ist auch wohl psychologisch bedingt. Die überschwenglichen Verwandtschaftsbekundungen und die vereinzelt als aufgezwungen empfundenen Kooperationsangebote der Türkei werden teilweise als versuchte Bevormundung verstanden, auf die die MUGUS nach jahrzehntelanger russischer Vorherrschaft äußerst empfindlich reagieren.656 Darüber hinaus wird befürchtet, daß die Türkei zumindest bei einigen ihrer Aktionen primär eigennützige Ziele auf Kosten der MUGUS erreichen wollte.

653

Vgl. o.V.: Parlamentspräsident Hüsametin Cindoruk in Deutschland, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 45/1993 vom 12.11.1993, S. 3. Lt. diesem Beitrag forderte Parlamentspräsident Cindoruk deutsche Unternehmen aus dem Bereich der Elektronik zu gemeinsamen Investitionen mit türkischen Firmen in Zentralasien auf.

654

Vgl. o.V.: Türkisch-Deutscher Kooperationsrat gegründet. Erster Schritt für eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit, in: Nachrichten aus der Türkei, Nr. 45, 1993 vom 12.11.1993, S. 3 f.

655

Vgl. E. Einig: Protokolle der Forschungsreise von Univ.-Prof. Dr. Herbert Biermann und Dr. Elisabeth Einig vom 16.08. - 31.08.1993 nach Kasachstan, in: Beiträge zur Entwicklungsforschung, Materialien(l), Heft 1, Münster 1994, S. 25.

656

Vgl. ebenda, S. 25 f.

Vili System-Transformation

mit Hilfe des Vermittlers Türkei

259

Insofern haben sich auch westliche Hoffnungen, daß sich europäische Werte über die Türkei in den MUGUS ausbreiten, bisher nicht erfüllt.657 Aus der Sicht der Türkei darf jedoch nicht übersehen werden, daß durch ihr Engagement kleine Teilerfolge, wie z. B. die Teilnahme an der Förderung des Erdölvorkommens in Aserbaidschan durch die Beteiligung an dem westlichen Konsortium, realisiert werden konnten. In Anbetracht der internationalen Bemühungen um die System-Transformation in den MUGUS soll abschließend auf ihre weltwirtschaftliche Bedeutung eingegangen werden.

657

Vgl. Nachrichtenagentur Reuters: Schweiz: Zentralasien - Eine Region erhalt neue Konturen, in: Reuter Business Briefing vom 18.03.1995, S. 1.

IX. Weltwirtschaftspolitische Bedeutung der SystemTransformation in den MUGUS Systemverändernde Maßnahmen in einigen - auch kleineren - Teilen der Weltwirtschaft bleiben insgesamt international gesehen nicht unbeachtet. Stellen sie doch eine Novität dar, die schon von daher von Interesse ist. Eine Novität im kleinen vermag breite Aufmerksamkeit auszulösen, wenn sie Auswirkungen auf andere Länder hat. Erfolgreiche System-Transformationen können darüber hinaus aufgrund von Nachahmungseffekten zur Instabilität der Lage in anderen Ländern führen.

Die in den MUGUS geplanten System-Transformationen sind aus vier nicht unabhängigen Gründen von besonderem Interesse. Erstens sind die MUGUS "als solche" von internationaler Bedeutung, weil sie sich als Nachfolgestaaten der Sowjetunion, die eine Weltmacht darstellte, zu SystemTransformationen veranlaßt sehen und so Beispielcharakter haben. 658

Zweitens stellen einige der MUGUS (so vor allem Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan und Turkmenistan) international potente Rohstoffanbieter dar, die mit Hilfe von internationalen Unternehmen durchaus Einfluß auf einige internationale Rohstoffmärkte nehmen können. Einerseits sind die Rohstoffe durch den Zusammenbruch der Sowjetunion und des RGW dem Weltmarkt erst zugänglich geworden. Andererseits dürfte eine rentable Erschließung der Rohstoffvorkommnisse nur möglich sein, wenn durch eine System-Transformation sichere Rahmenbedingungen für den Abbau der Rohstoffe geschaffen werden. Erst dann werden sich auch multinationale Unternehmen verstärkt in der Region ansiedeln. Erfahren die Anbieter aus den MUGUS mithin im Wege der Privatisierung und Beteiligung multinationaler Unternehmen sowie des dadurch möglichen Technologietransfers, z. B. neuer metallurgischer Verfahren, besondere Effizienzsteigerungen und Effektivitätserhöhungen ihrer internationalen Aktivitäten, so erscheinen signifikante Einflüsse auf die internationalen Rohstoffmärkte (in London und andernorts) durchaus

658

Zur Frage nach der Bedeutung der Transformationswirtschaften in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion bietet der Aufsatz von R. Blackhurst. Implications of the Changes in Eastern Europe for the World Economy, in: H. Siebert (Hrsg.): The Transformation of Socialist Economies, Symposium 1991, Tübingen 1992, S. 403 - 4 3 2 allgemeine Anregungen.

IX

Weltwirtschaftspolitische

Bedeutung

261

gegeben.559 Zur Verwertung der Rohstoffvorkommen muß allerdings zunächst eine entsprechend leistungsfähige Infrastruktur geschaffen werden, die den technischen Anschluß an die Weltwirtschaft ermöglicht. Als Absatzmarkt für multinationale Unternehmen, die ggf. auch angrenzende Märkte bedienen könnten, scheint derzeit keines der MUGUS von besonderem Interesse zu sein. Insofern sind die MUGUS nur als lokaler Markt interessant - evtl. mit einer Ausstrahlung auf Rußland, die sich aus der ehemaligen arbeitsteiligen Organisation ergibt. Aufgrund des noch niedrigen Lohnniveaus sind die MUGUS für einzelne multinationale Unternehmen allerdings als Produktionsstandort möglicherweise von Interesse.

Drittens sind die MUGUS aufgrund der z. T. bedrohlichen Umweltgefahren ins Internationale Blickfeld geraten. So wurden in Semipalatinsk im Nordosten Kasachstans ca. 10 Jahre lang zunächst oberirdische, später dann bis zum Jahre 1989 unterirdische Kernwaffenversuche durchgeführt. Das Atomwaffentestgelände erstreckte sich über eine Bodenfläche von über 18.000 km2.660 Als Folge der Atomversuche ist heute die gesamte Region zwischen den Städten Karaganda, UstKamenogorsk und Pawlodar "verstrahlt". Einzelne Gebiete wurden nach Messungen der Strahlungsintensität und Gesundheitsuntersuchungen innerhalb der Bevölkerung zu "ökologischen Notstandsgebieten" erklärt. 66 ' Das Testgelände wurde im August 1991 offiziell von Präsident Nasarbajew geschlossen, nachdem es zu Bürgerprotesten gekommen war.662 Daraus ist ersichtlich, daß im Rahmen der SystemTransformation ein Bewußtsein für ökologische Probleme entstand und die Beseitigung dieser Probleme öffentlich gefordert werden konnte. Der Beendigung der Atomtests, denen ein nicht unbeträchtliches weltpolitisches Interesse gilt, kommt von daher weltpolitische Bedeutung zu.

659

Bei ggf. starken Wirkungen auf andere "kleinere" Rohstoffanbieter seitens der Entwicklungsländer, z. ES. Sambia (als Kupferanbieter).

660

Vgl. G. Bahro

661

Vgl. G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan - Wirtschaft im Umbruch. 1. Bericht, Untersuchung im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft, in Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Institut für Wirtschaft und Marktwirtschaftliche Studien (WIWMS), Alma-Ata, ifo Institut für Wirtschaftsforschung (Hrsg.), München 30.09.1992, S. 148.

662

Vgl. G. Bahro: W\r bitten nicht, wir fordern..., a. a. O., S. 36.

Wir bitten nicht, wir fordern, in: Der Überblick, Heft 2/1992, S. 34 - 36, hier S. 34.

262

IX

Weltwirtschaftspolitische

Bedeutung

Die System-Transformation hat jedoch keineswegs nur positive ökologische Auswirkungen. Insbesondere auch für Kasachstan gilt, daß die Produkte, deren Förderung mit einer hohen Umweltbelastung verbunden ist, die höchsten Preise auf dem Weltmarkt erzielen. So erbringen Buntmetallkombinate in Ust-Kamenogorsk und in Scheskasgan, der Kohlebergbau und die Hüttenindustrie in Karaganda und Temiertau, das Kupferwerk in Balchasch, die Aluminiumhütte in Pawlodar und die Großchemie im Schemken (Tschinkent) die meisten Devisen.663 An diesen Produktionsstandorten sind Grundwasser und fließende Gewässer häufig stark verschmutzt. Die jeweiligen Regionen sind ferner durch beträchtliche Schadstoffemissionen belastet.664 Ein besonderes Problem stellen die Halden der genannten Industriezentren dar, da sie von großflächigen Auswehungen betroffen sind. Trotz der bereits bestehenden starken Umweltbelastungen werden in Kasachstan Verhandlungen mit westlichen Firmen geführt, neue Chemiewerke zu errichten, die sich aufgrund des restriktiven Umweltrechtes in den Industrienationen nur unter strengen Auflagen niederlassen dürfen.665 Sollte es durch die System-Transformation tatsächlich zu einer Ausweitung des Rohstoffabbaus kommen, müßten daher auch dringend strengere Umweltgesetze erlassen und durchgesetzt werden. Die Gefahr der Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen, die spätestens seit dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro grundsätzlich von weltpolitischer Bedeutung ist, erscheint vor allem während des Transformationsprozesses besonders groß. Unter ökologischen sowie auch weltsicherheitspolitischen Gesichtspunkten gewinnt auch die insbesondere transformationsbedingt erhöhte Gefahr der Nuklearproliferation ein besonderes Gewicht.666 Zum Zeitpunkt der staatlichen Unabhängigkeit Kasachstans lagerten dort noch 1.410 nukleare Sprengköpfe. Anfänglich war die kasachische Position nicht frei von Widersprüchen, da zahlreiche Äußerungen von kasachischer Seite vermuten ließen, daß die Sprengköpfe möglicherweise im Lande behalten werden sollten. Die Atomwaffen schienen daher als Symbol der

663

Vgl. H. Klüter. Sibirien und Kasachstan - Zwei konkurrierende Rohstoffproduzenten, in: Geographische Rundschau, Heft 4/1994, S. 2 0 8 - 2 1 5 , hierS. 211.

664

Vgl U. Weißenburger Umweltprobleme in den Nachfolgestaaten der UdSSR, Bundesinstitut für ostwissenschaftliche und internationale Studien (Hrsg.), Köln ApriM993, S. 119ff. sowie G. Huber, S. Schönherr, B. Thanner. Kasachstan - Wirtschaft im Umbruch..., a. a. O., S 149.

665

Vgl. H. Klüter. Sibirien und Kasachstan..., a. a. O., hierS. 211.

666

Vgl. B. Weber. Die sicherheitspolitische Lage und das Militärpotential in der ehemaligen Sowjetunion, in: Osteuropa, Heft 7/1993, S. 641 - 656, hier S. 643.

IX

Weltwirtschaftspolitische

Bedeutung

263

staatlichen Souveränität eingesetzt zu werden. 667 Nicht nur ein Verbleib der Sprengköpfe im Land, sondern auch die mögliche Abwanderung von Atomwaffenspezialisten beinhalten ein Risiko der Nuklearproliferation,

das

insbesondere

während des Transformationsprozesses, in dem der wirtschaftliche Druck besonders belastend ist, erhöht ist. Kasachstan schloß dann jedoch am 30.12.1991 zusammen mit der Ukraine, Rußland und Weißrußland ein Abkommen, nach dem grundsätzlich Rußland die Kontrolle über die Kernwaffen zukommen sollte. 668 Des weiteren unterzeichnete Kasachstan zusammen mit der Ukraine und Weißrußland im Mai 1992 das Lissaboner Protokoll über die Umsetzung des Start I-Vertrages. Präsident Nasarbajew erklärte ferner in Washington, Kasachstan werde künftig als atomwaffenfreies Land den Nuklearwaffensperrvertrag unterzeichnen. Ein Teil der Nuklearwaffen wurde im Jahr 1994 außer Landes gebracht und im August 1994 das Lissaboner Protokoll ratifiziert, das Kasachstan verpflichtet, keine weiteren Atomwaffen zu produzieren und keinen Handel mit Atomwaffen zu betreiben sowie die restlichen Atomwaffen abzugeben.

Schließlich hat die System-Transformation in den MUGUS weltwirtschaftliche Bedeutung, da sie, sofern sie erfolgreich verläuft, zur Befriedung dieser Weltregion, zur Verringerung der z. Z. noch anhaltenden Migrationen aus diesem Bereich und somit zur Stabilisierung der Weltwirtschaft beitragen kann.

667

Vgl. A. Heinemann-Grüder, M. Petersen: Heft 5/1993, S. 429 - 446, hier S. 430.

668

Vgl. F.Walter. S. 414.

Nuklearproliferation aus der GUS, in: Osteuropa,

Rußlands "neue" Streitkräfte, in: Osteuropa, Heft 5/1993, S. 4 1 3 - 4 2 8 , hier

X. Resümee Die Schwachstellen der zentralen Planwirtschaft waren im Verlauf des letzten Jahrzehnts in allen Republiken der ehemaligen UdSSR deutlich hervorgetreten. Die Reaktionen der sowjetischen Regierung reichte von der Intensivierung des Lenkungs- und Kontrollmechanismus bis zu dem zaghaften Versuch der Einführung marktwirtschaftlicher Elemente. Anstelle von Aufschwung und Wachstum trat nach den widersprüchlichen Reformversuchen ein hoher wirtschaftlicher Leistungsverfall ein und es zeichnete sich der Beginn einer umfassenden Versorgungskrise ab. Nach dem Scheitern des Systems der sozialistischen Planwirtschaft in der Sowjetunion versuchen die neu entstandenen Staaten und so auch die ehemals muslimisch beeinflußten GUS-Republiken Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan (MUGUS) ihre zentralistischen sozialistischen Planwirtschaften in (soziale) Marktwirschaften zu transformieren. Nach fast vier Jahren seit den Unabhängigkeitserklärungen der Republiken ist erkennbar, daß die Transformationsprozesse aufgrund ihrer Komplexität weit schwieriger und langwieriger sind als vielfach vermutet wurde. In den untersuchten Republiken sind die Änderungen der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen und der Austritt des Staates aus dem Wirtschaftsleben mit ähnlichen Problemen verbunden. Die Privatisierung staatlicher Unternehmen und die Gründung neuer wettbewerbsfähiger Unternehmen vollziehen sich äußerst schleppend. Der Rückgang der industriellen Produktion sowie der starke Anstieg der Arbeitslosigkeit führen zu sozialen Spannungen. Ausgehend von den Entwicklungsbestrebungen der MUGUS wurde unter Einbeziehung der in den Länderanalysen eruierten landesspezifischen Gegebenheiten sowie der Entwicklung anderer Länder, in denen System-Transformationsmaßnahmen bereits vorgenommen wurden, der Versuch unternommen, eine Logik und Theorie der System-Transformation zu entwerfen. Die System-Transformation einer Volkswirtschaft von einer Plan- in eine Marktwirtschaft ist eine schwierige und langwierige Aufgabe, die genau besehen nie endet. Durch System-Transformation, die aus vielen einzelnen Transformationsschritten besteht, wird notwendigerweise - falls sie von den betroffenen Wirtschaftssubjekten angenommen wird - Entwicklung ausgelöst, die ggf. neue Transformationen erforderlich machen.

X

Resümee

265

So sind sogar in stabilen marktwirtschaftlichen Systemen, wie z. B. in den USA und der Bundesrepublik Deutschland, Transformationsaufgaben - wenngleich in längeren Abständen und kleineren Ausmaßen - zu lösen. In den muslimisch beeinflußten GUS-Republiken sind demgegenüber zunächst die grundlegenden Bausteine für das neue System - die soziale Marktwirtschaft - zu schaffen.

Der Entwurf der Logik bezieht sich auf die Reihenfolge der nacheinander bzw. teilweise parallel vorzunehmenden Transformationsschritte, die für eine effiziente Durchführung einer System-Transformation unentbehrlich erscheint. Bei dem Entwurf der Theorie wurde bewußt vom allgemeinen ausgegangen und sich dann den republikenspezifischen Besonderheiten zugewandt. Grundvoraussetzungen für die Stabilität des

System-Transformationsprozesses

sind: (1) das Bestehen bzw. die Schaffung eines stabilen politischen (Sub-) Systems, (2) die Akzeptanz der Transformationsmaßnahmen durch die Bevölkerung und ihre diesbezügliche Teilnahme, (3) Gewährleistung einer grundlegenden Versorgung der Bevölkerung während des Transformationsprozesses, (4) Exogene Stützung der System-Transformation durch das Ausland, in Form der "Hilfe zur Selbsthilfe". Da nicht von einer Unumkehrbarkeit einer System-Veränderung - z. B. durch die Bereitstellung einer kritischen Masse an Teilordnungsänderungen - ausgegangen werden

kann, ist das Vorgehen langfristig zu konzipieren, d. h. durch Kontrollen

und ggf. durch Modifikationen konkreter Schritte zu begleiten. Der Staat befindet sich während des Tranformationsprozesses in einem Dilemma: einerseits soll er sich vieler Funktionen entledigen, andererseits erwartet man von ihm zusätzlich die Übernahme von Kontroll-, Korrektur- und Stützungsfunktionen, wie z. B. die Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung. Insofern ist der Staat während des Transformationsprozesses stark gefordert.

Wie positive Entwicklungen in anderen Transformationsländern gezeigt haben, waren dort häufig weitsichtige wohlmeinende Leader langjährig an der Regierung,

266

X

Resümee

die von der Bevölkerung akzeptiert wurden. Durch diese wurde eine hohe, der Wirtschaftsentwicklung zuträgliche politische Stabilität geschaffen, die zudem ein rasches Reagieren auf veränderte wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen ermöglicht. Die Beispiele einiger Länder Südostasiens belegen, daß dieses System wirtschaftlich sehr erfolgreich sein kann. Sind jedoch Leader an der Macht, die die wirtschaftliche und politische Lage ihrer Länder nicht überblicken, kann dieses System zu selbstzerstörenden Fehlentwicklungen führen, wie z.B. in Indonesien im Jahr 1966 oder in Kambodscha aufgrund des Terrors der "Khmers rouges". Insofern birgt dieses System eine nicht zu übersehende Gefahr in sich, so daß die Einführung eines demokratischen Gesellschaftssystems mit politischen Mitspracherechten und der Einführung von "checks and balances" eine sicherere Lösung ist, in die jedoch auch die Bevölkerung in Form von politischer und wirtschaftlicher Verantwortung hineinwachsen muß.

Mit Ausnahme von Tadschikistan haben sich in den MUGUS ab dem Zeitpunkt der Unabhängigkeit politische Leader etabliert, die versuchen, den Transformationsprozeß unter Schaffung von politischer und wirtschaftlicher Stabilität in ihren Republiken voranzutreiben. Ob die Transformationsmaßnahmen von der gesamten Bevölkerung akzeptiert und mitgetragen werden, scheint z. Z. in allen MUGUS eher fraglich zu sein, da z. B. wie berichtet Präsidentschaftswahlen verhindert wurden und in einigen Republiken sogar Menschenrechtsverletzungen zu verzeichnen sind. Die Lösung der Aufgaben der System-Transformation bringt eine Vielzahl von sozialen Problemen mit sich; erwähnt sei vor allem die "Schmerzhaftigkeit" der Inflation und der verdeckten Arbeitslosigkeit. Vielfach ist eine Flucht der Bevölkerung vor den Problemen zu verzeichnen. Die gewaltigen Ost-West- und Süd-Nord-Wanderungen bestätigen dies überaus deutlich. Transformation bedeutet Strukturwandel, der mit ungeliebten sozialen Härten verbunden ist. Aufgrund dessen werden in den MUGUS einige Transformationsmaßnahmen zunächst nur teilweise durchgeführt, wie z.B. die Freigabe der Preise, von der einige Gütergruppen insbesondere Grundbedarfsgüter des täglichen Bedarfs ausgenommen wurden. Andererseits wurden andere Grundbedarfsgütergruppen subventioniert. Obwohl diese Beschränkungen zur Vermeidung sozialer Härten und zur Erlangung politischer Stabilität ihre Berechtigung finden, müssen sie als temporäre Zwischenlösung betrachtet werden. Langfristig sind die Preisreglementierun-

X Resümee

267

gen und Subventionen aufzuheben, um die Wirkung des Marktmechanismus unbeschränkt eintreten zu lassen. Hinzu kommt, daß die bei einer Transformation notwendige Sanierung der zentral verwalteten Unternehmen nicht mit der Sanierung konkursreifer

Unternehmen

westlicher Länder verglichen werden kann. Die Voraussetzungen sind für die MUGUS sehr viel ungünstiger. Die Lieferketten (Vorlieferanten, Infrastruktur, Abnehmer) - ohnehin durch negative Umfeldbedingungen geprägt - sind zum großen Teil zusammengebrochen, die in Folge negative Multiplikatoreffekte auslösten. Die wirtschaftlichen Rahmendaten in den MUGUS sind durch einen starken Abwärtstrend gekennzeichnet, dessen Auswirkungen in einigen Republiken alarmierend sind.

Um für die Bevölkerung erforderliche Wachstumsraten im Mindestausmaß zu erreichen, bleibt den Ländern nur, ihren Transformationsprozeß voranzutreiben und verstärkt am Welthandel teilzunehmen. Die Türkei könnte hierbei vor allem aufgrund der ethnischen und sprachlichen Verwandtschaft, der geographischen Nähe zu den MUGUS sowie ihrer gemeinsamen Religionszugehörigkeit unterstützend wirken. Wie jedoch festgestellt wurde, dürfte die Türkei aufgrund der eigenen innenpolitischen und wirtschaftlichen Probleme nicht zu einer eigenständigen Hilfestellung in der Lage sein. So ist in der Türkei keine umfassende und abgeschlossene System-Transformation zu verzeichnen. Schließlich ist die Türkei selbst noch abhängig von externer finanzieller Hilfe. Insofern kommt den Industrieländern als potente stützungsfähige Partner der MUGUS eine Schlüsselrolle zu - insbesondere hinsichtlich der Erneuerung des Produktions-Potentials, der Verstärkung des Wettbewerbs, der Verbesserung der Austausch-Verhältnisse und der Know-how-Vermittlung. In diesem Zusammenhang wurde geprüft, ob die Türkei als Vermittler zwischen den Industrieländern und den MUGUS fungieren kann, was zu sog. Dreieckkooperationen Industrieland - Türkei - MUGUS führen würde. Mit diesen Kooperationen sind jedoch erhöhte Kosten und Reibungsverluste verbunden, die im allgemeinen zu einer Ablehnung dieser Konstruktion führen werden. Allerdings könnte die Türkei aufgrund ihrer geographischen Lage durch die Gewährung von Wegerechten und

268

X

Resümee

die Bereitstellung einer geeigneten Infrastruktur für die MUGUS an Bedeutung gewinnen, indem sie diesen somit den Zugang zum Weltmarkt ermöglicht. In den MUGUS gilt es, noch viele Anpassungsarbeiten zu leisten - was auch die Einhaltung von GATT-Regeln zu einem späteren Zeitpunkt - einschließt. Dadurch könnten auch zusätzliche Wachstums-, Außenhandels- und Direktinvestitions-Impulse ausgelöst werden, die für die System-Transformation und damit für die Liberalisierung von zukünftiger Bedeutung sind. Zur Förderung der System-Transformation in den MUGUS sind alle Länder aufgerufen, die in der Lage sind, entsprechende Hilfestellungen zu leisten, da eine erfolgreich verlaufende System-Transformation in den MUGUS zu einer Befriedung dieser Weltregion, zur Verringerung der z. Z. noch anhaltenden Migrationen aus diesem Bereich und somit zu einer für alle Länder wichtigen Stabilisierung der Weltwirtschaft beitragen würde.

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ANHANG I Geographische Lage der MUGUS

300

Anhang I

Anhang I

301

ANHANG II Tabellarische Darstellung der Basisdaten, der sozialen Indikatoren und der ökonomischen Struktur der MUGUS*

* Die Daten der tabellarischen Darstellung sind entnommen aus: The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Report, 1st quarter 1994, London 1994, S. 9 - 2 1 und S. 33 ff. sowie The Economist Intelligence Unit (EIU) (Hrsg.): Georgia, Armenia, Azerbaijan, Kazakhstan, Central Asian Republics, Country Profile 1993/94, London 1994, S. 6 - 11 sowie S. 45 ff. Bei dem Saldo des Staatshaushaltes handelt es sich um die Differenz der Einnahmen und Ausgaben der staatlichen Rechnungsergebnisse (ohne Rechnungsergebnisse der lokalen Gebietskörperschaften).

Anhang II

305

Aserbaidschan Basisdaten offizieller N a m e Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung Klima

Republik Aserbaidschan Haidar A l i j e w B a k u (1,78 Mio. E i n w o h n e r 1989) 86.600 km2 7,2 Mio. ( 1 9 9 2 ) von alpinen bis zu subtropischen K l i m a z o n e n Aserisch

Staatssprache Währung T i t u l a m a t i o n (1992) sonst, ethnische G r u p p e n

Manat ( K u r s Jan. ' 9 4 : M a n a t 10 : U S - $ 1 Aseri (82,0 % der B e v ö l k e r u n g ) Russen (5,5 %), A r m e n i e r (5,5 %), Lesgier (2,4 % ) etc. schiitischer Islam (75 %), sunnitischer Islam (25 % )

Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum L e b e n s e r w a r t u n g (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1990 1,4% pro Jahr (1985 - 1990)

64,2 / 71,8 Jahre 3,04 % 53,1%

6 6 , 9 / 74,8 Jahre 2,62 % 53 8 %

Ökonomische Struktur

B I P zu lfd. Preisen M r d . Rb B I P zu k o n s t . Preisen (Vorjahr) N M P zu lfd. Preisen Mrd. Rb N M P zu k o n s t . Preisen (1983) Reales B I P - W a c h s t u m in % Inflation ( V e r b r a u c h e r p r e i s e % ) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben A u ß e n h a n d e l : Saldo (Mio. R b ) Export Import

1989

1990

1991

1992

1993

15,484 13,691 10,919 10,631 -6,3

14,697 13,672 10,712 9,405 -11,7 7,8 -809 3.877 4.686 677 6.429 5.752

26,676 14,595 20,370 9,228 -0,7 87,3 -1.176 7.198 8.374

183,186 17,298 163,114

3.460,000

-313 3.459 3.771 1.938 7.126 5.188

V e r s c h u l d u n g (1992)

11.011

-10,0 2.000,0

985 Mio. U S - $

Entstehung des N M P 1992 (Anteil in % des N M P ) Landwirtschaft 31,1 Industrie 51,2 Bauwirtschaft 8,6 Transport & K o m m u n i k a t i o n 5,2 Handel 2,4 Andere

1.193 12.204

6,349 -35,2 1.350,0 -1.343 18.307 19.650 76.176 207.756 131.580

15,568 3.000,000 5,714

1,5

V e r w e n d u n g des N M P 1992 (Anteil in % des N M P ) priv. K o n s u m 3,5 öffentl. K o n s u m 40,5 Investitionen 18,8 Netto-Export 36,8 Rest 0,4

306

Anhang II

Kasachstan Basisdaten offizieller Name Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung

Republik Kasachstan Nursultan Nasarbajew Almaty (1,1 Mio. Einwohner 1989) 2.717.300 km 2 16,9 Mio. (1992) trockenes Kontinentalklima mit extremen Temperaturen Kasachisch (Russisch = Sprache der "interethnischen Kommunikation") Tenge (Kurs Jan. '94: Tenge 9,35 : US-$ 1 Kasachen (43,2 % der Bevölkerung) Russen (36,5 %), Ukrainer (5,2 %), Deutsche (4,1 %), Usbeken (2%) etc. sunnitischer Islam

Klima Staatssprache Währung Titulamation (1992) sonst, ethnische Gruppen Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum Lebenserwartung (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1990 1,1 % pro Jahr (1985 - 1990)

61,6/71,9 Jahre 3,27 % 50,3 %

64,0 / 73,2 Jahre 2,59 % 58,0 %

Ökonomische Struktur

BIP zu lfd. Preisen Mrd. Rb BIP zu konst. Preisen (1990) N M P zu lfd. Preisen Mrd. Rb N M P zu konst. Preisen (1990) Reales BIP-Wachstum in % Inflation (Verbraucherpreise %) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben Außenhandel: Saldo (Mio. Rb) Export Import

1989 40,891 46,737 27,997 33,661

586 15.963 15.377 -8.474 9.097 17.571

Verschuldung (1992)

Entstehung des NMP 1992 (Anteil in % des NMP) Landwirtschaft 47,7 Industrie 40,6 Bauwirtschaft 5,9 Transport & Kommunikation 1,4 Handel 1,3 Andere

1990 46,363 46,363 33,358 33,358 -0,9 4,2 1.297 18.352 17.055 -8.484 9.350 17.834

1991 80,983 40,893 66,833 28,388 -14,9 90,9 -6.688 26.070 32.758 1.126 15.365 14.239

1992 1.119,600 35,576 1.059,605 24,328 -14,3 1.513,2 -36.700 298.200 334.900 -4.921 342.021 346.942

1993 23.000,000 30,987,000 22.000,000 21,189 -12,9 2.265,0 -198.400 1.031.300 1.229.700

2,5 Mrd. US-$

Verwendung des N M P 1991 (Anteil in % des NMP) priv. Konsum 75,0 öffentl. Konsum 16,8 Brutto-Investitionen 16,5 Netto-Export -8,3

Anhang II

307

Kirgistan Basisdaten offizieller Name Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung Klima

Republik Kirgistan Askar Akajew Bischkek (625.000 Einwohner 1990) 198.500 km 2 4,372 Mio. (1992) kontinental und hochgebirgig, erhebliche Temperaturschwankungen Kirgisisch Som (Kurs Jan. '94: Som 9,15 : US-S 1 Kirgisen (52,0 % der Bevölkerung) Russen (21,5 %), Usbeken (13 %), Ukrainer (2 %), Deutsche (2 %) etc. sunnitischer Islam

Staatssprache Währung Titularnation (1992) sonst, ethnische Gruppen Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum Lebenserwartung (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1990 1,9 % pro Jahr (1985 - 1990)

... 4,33 % 38,4 %

64,2 / 72,6 Jahre 2,99 % 38,1 %

Ökonomische Struktur

BIP zu lfd. Preisen Mrd. Rb BIP zu konst. Preisen (Vorjahr) NMP zu lfd. Preisen Mrd. Rb NMP zu konst. Preisen (Vorjahr) Reales BIP-Wachstum in % Inflation (Verbraucherpreise %) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben Außenhandel: Saldo (Mio. Rb) Export Import

1989 7,498 7,132 5,554 5,171 3,8 160 2.890 2.730 -1.696 2.600 4.296

Verschuldung (1992)

Entstehung des BIP 1991 (Anteil in % des BIP) Landwirtschaft 28,4 Industrie 37,8 Bauwirtschaft 6,9 Transport & Kommunikation 4,2 Andere 22,7

1990 8,126 7,360 6,027 5,820 3,2 3,0 21 3.205 3.184 -1.743 2.499 4.242

1991 15,446 7,093 13,468 5,756 -3,6 88,0 698 5.425 4.727 -236 6.547 6.783

1992 180,500 5,320

1993 2.200,000 4,628

4,036 -25,0 906,0 -5.086 11.967 17.053 -17.810 52.762 70.572

3,350 -13,0 1.300,0

760 Mio. US-$

Verwendung des BIP 1991 (Anteil in % des BIP) priv. Konsum 49,0 öffentl. Konsum 20,3 Investitionen 17,2 Kapitalstockerhöhung 15,5 Netto-Export -2,0

308

Anhang

II

Tadschikistan Basisdaten offizieller N a m e Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung Klima Staatssprache Währung

Republik Tadschikistan Imamali Rachmanow Duschanbe (602.000 Einwohner 1990) 143.100 km 2 5,412 Mio. (1991) kontinental, mit sehr heißen Sommern Tadschikisch Russischer Rubel (Kurs Jan. '94: Rubel 1.239,2 : US-S 1 Tadschiken (62,0 % der Bevölkerung) Usbeken (23,5 %), Russen (8,0 %), Tataren (1 % ) etc. sunnitischer Islam

Titularaation (1992) sonst, ethnische Gruppen Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum Lebenserwartung (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1989 2,93 % pro Jahr (1985 - 1990)

... ... ...

6 6 , 8 / 71,7 Jahre 4,32 % 32,2 %

Ökonomische Struktur

BIP zu lfd. Preisen Mrd. Rb N M P zu lfd. Preisen Mrd. Rb N M P zu konst. Preisen (1983) Reales N M P - W a c h s t u m in % Inflation (Verbraucherpreise %) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben Außenhandel: Saldo (Mio. Rb) Export Import

1989 6,639 4,817 5,115 -2,9

1990 7,347 5,490 5,031 -1,6 4,0

-1.406 2.525 3.931

-1.441 2.686 4.127

Verschuldung (1992)

Entstehung des N M P 1991 (Anteil in % des BIP) Landwirtschaft 43,9 Industrie 30,6 Bauwirtschaft 12,8 Transport & Kommunikation 2,6 Andere 10,1

1991 13,407 10,540 4,593 -8,7 85,0 437 5.457 5.020 33 3.701 3.668

1992 88,000 69,000 2,986 -35,0 913,0 -1.103 16.875 17.978 5.760 36.646 30.886

1993 1.663,000 1.304,000 2,687 -10,0 2.000,0

495 Mio. US-$

Verwendung des N M P 1991 (Anteil in % des BIP) priv. Konsum 75,0 öffentl. Konsum 8,4 Investitionen 6,7 Kapitalstockerhöhung 8,7 Netto-Export -0,4 Rest 1,6

Literaturverzeichnis

309

Turkmenistan Basisdaten Republik Turkmenistan Separmud Nijasow Aschchabad (407.000 Einwohner 1990) 488.000 km 2 3,751 Mio. (1991) kontinentale Wüste, mit sehr heißen und trockenen Sommern Turkmenisch

offizieller N a m e Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung Klima Staatssprache Währung Titulamation (1992) sonst, ethnische Gruppen

Manat (Kurs Jan. 94: Manat 24,0 : US-$ 1) Turkmenen (72,0 % der Bevölkerung) Russen (9,5 %), Usbeken (9,0 %), Kasachen (2,5 %) etc. sunnitischer Islam

Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum Lebenserwartung (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1989 2,5 % pro Jahr (1985 - 1990)

... 5,36 % ...

61,8 / 68,4 Jahre 5,47 % ~ 45 %

Ökonomische Struktur

BIP zu lfd. Preisen Mrd. Rb N M P zu lfd. Preisen Mrd. Rb Reales N M P - W a c h s t u m in % Inflation (Verbraucherpreise % ) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben Außenhandel: Saldo (Mio. Rb) Export Import

1989 7,117 4,828 -7,0 2,1 82 2.303 2.221 -675 2.659 3.334

Verschuldung (1992)

Entstellung des N M P 1991 (Anteil in % des N M P ) Landwirtschaft 46,2 Industrie 20,4 Bauwirtschaft 18,1 Transport & Kommunikation 6,6 Andere 8,7

1990 7,582 5,321 1,8 4,6 122 3.236 3.114 -967 2.641 3.608

1991 14,666 12,299 -4,7 88,0 592 6.489 5.897 2.409 7.906 5.409

1992 129,000 110,000 -5,3 831,0 -4.187 47.964 52.151 87.000 178.000 91.000

1993 1.960,000 1.670,000 -5,0 1.500,0

420 Mio. US-$

Verwendung des N M P 1990 (Anteil in % des N M P ) priv. Konsum 70,7 öffentl. Konsum 10,4 Investitionen 12,9 Kapitalstockerhöhung 9,5 Netto-Export -18,3 Rest 14,8

310

Anhang II

Usbekistan Basisdaten offizieller Name Staatsoberhaupt Hauptstadt (Einwohner) Fläche Bevölkerung Klima Staatssprache Währung Titulamation (1991) sonst, ethnische Gruppen

Republik Usbekistan Islam Karimow Taschkent (2,12 Mio. Einwohner 1990) 450.000 km 2 20,955 Mio. (1991) kontinentale Wüste, mit sehr heißen Sommern Usbekisch Som (Kurs Dez.' 93: Som 1.150 : US-$ 1) Usbeken (71,2 % der Bevölkerung) Russen (8,4 %), Tadschiken (4,8 %), Kasachen (4,0 %), Tataren (3,0 %) etc. sunnitischer Islam

Religion

Soziale Indikatoren 1980 Bevölkerungswachstum Lebenserwartung (M / F) Säuglingssterblichkeit Urbanisierungsgrad

1989 3,5 % pro Jahr (1981 - 1990)

... 4,7 % ...

66,0 / 72,1 Jahre 3,8 % 40,7 %

Ökonomische Struktur

BIP zu lfd. Preisen Mrd. Rb NMP zu lfd. Preisen Mrd. Rb NMP zu konst. Preisen Reales NMP-Wachstum in % Inflation (Verbraucherpreise %) Staatshaushalt: Saldo (Mio. Rb) Einnahmen Ausgaben Außenhandel: Saldo (Mio. Rb) Export Import

1989 30,698 21,558 21,359 3,1 2,1 -300 10.800 11.000 -3.987 10.170 14.157

Verschuldung (1992)

Entstehung des NMP 1992 (Anteil in % des NMP) Landwirtschaft 35,9 Industrie 28,5 Bauwirtschaft 13,0 Transport & Kommunikation 4,8 Handel 2,5 Andere 15,3

1990 32,340 23,402 24,001 11,3 7,3 -400 14.600 14.900 -4.861 9.801 14.662

1991 61,459 49,636 22,354 -3,7 106,0 -3.100 28.000 31.100 -1.940 19.535 21.475

1992 416,892 359,863 19,135 -14,4 598,0 -11.500 74.700 86.200 -41.367 150.518 191.885

1993 10.131,000 8.745,000 17,222 -10,0 2.600,0

• 1.980 US-S

Verwendung des NMP 1991(Anteil in % des NMP) priv. Konsum 60,5 öffentl. Konsum 19,0 Investitionen 25,7 Kapitalstockerhöhung 0,1 Netto-Export -5,3