Struktur und Natur: Holztragwerke 9783955535513, 9783955535506

Building material with future potential Thanks to high-performance composite structures made of wood and steel or conc

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German Pages 224 [218] Year 2021

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Struktur und Natur: Holztragwerke
 9783955535513, 9783955535506

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Struktur und Natur HOLZTRAGWERKE

Edition

HOLZTRAGWERKE

Struktur und Natur HOLZTRAGWERKE

Inhalt

004



FORSCHUNG UND TECHNIK 010 Multihalle Mannheim – die Macht des ­Temporären 016 Tragende Konstruktionen aus Laubholz 024 Experimentelle zweifach gekrümmte ­Gitterstrukturen

030 Praxisgerechte Holzbauplanung – gemeinsam mit Fachfirmen 036 Die integrale Stuttgarter Holzbrücke 042 60 Meter: Das höchste HolzhybridHochhaus der Schweiz

DÄCHER 052 Bogenschießhalle in Tokio 060 Kapelle in Sayama 066 Stadion in Nizza 076 Sporthalle in Rillieux-la-Pape 084 Werkhalle in Andelfingen 090 Sport- und Freizeitbad in Surrey

100 Pfarrkirche St. Josef in Holzkirchen 108 Delikatessengroßmarkt in Stuttgart 116 Sportzentrum Heuried in Zürich 124 Macallan-Destillerie in Aberlour 134 Terminal 2 des Flughafens Mactan 142 Halle 10 der Messe Stuttgart

HOCH- UND GESCHOSS­BAUTEN 152 Wohnhochhaus in Heilbronn 162 Konferenzsaal in Genf 172 Theater bei Boulogne-sur-Mer 180 International House in Sydney

190 Büro-Holzhochhaus in Risch-Rotkreuz 198 Holzhochhaus in Brumunddal 208 Schönbuchturm in Herrenberg

ANHANG 218 Autoren 220 Abbildungsnachweis

005



222 Projektbeteiligte 224 Impressum

Vorwort Jakob Schoof

Vorwärts ins Holzzeitalter

006



Zurück in die Zukunft – mit diesem Filmtitel aus den 1980er-Jahren ließe sich die Renaissance, die der Holzbau derzeit rund um den Globus erlebt, am ehesten beschreiben. Zukunftsträchtig machen den Holzbau vor allem ökologische Vorteile: Über seinen Lebenszyklus betrachtet, ist der Baustoff CO2-neutral. Holzkonstruktionen werden so zu einem Zwischenlager für ein Material, das sich nach dem Rückbau im Idealfall wiederverwenden und im schlechtesten Fall immer noch thermisch verwerten lässt. Stahl und Stahlbeton sind demgegenüber energieintensiv herzustellen; allein die Zementproduktion verursacht derzeit rund acht Prozent der weltweiten CO2Emissionen. In der Holzbau-Renaissance steckt aber auch ein gutes Stück „Zurück“. Der Technikhistoriker Joachim Radkau bezeichnet die Ära kurz vor der Industrialisierung in Deutschland als „hölzernes Zeitalter“. Für fast alles wurde der nachwachsende Rohstoff genutzt und gelegentlich auch übernutzt – für Gebrauchsgegenstände, Maschinen, den Haus-, Schiffs- und Wagenbau. Das führte zu einer erstaunlichen Kunstfertigkeit im Umgang mit Holz und einem hohen Wissensstand über seine Eigenschaften. Ähnliche Entwicklungen vollzogen sich in anderen waldreichen Regionen der Welt. Und selbst im 20. Jahrhundert, als Beton und Stahl das Holz mehr und mehr als Primärbaustoff ablösten, vollbrachten Ingenieure noch immer Meisterleistungen in der Holzbautechnik. 1908 entstand in Minneapolis das neungeschossige Lagergebäude Butler Square mit Tragskelett aus bis zu 60 cm dicken, massiven Douglasienholzbalken. 1934 errichtete die Deutsche Reichspost östlich von München den fast 160 m hohen „bayerischen Eiffelturm“, einen Rundfunk-Sendemast aus Holz. Knapp 40 Jahre später musste er wieder gesprengt werden, da er sich zu stark verformt hatte. Gemessen daran haben die heutigen Höhenrekordjäger noch ein Stück Weges vor sich: 85,4 m misst der Mjøstårnet, das derzeit weltweit höchste Holzhochhaus vom Sockel bis zur Oberkante seiner Pergola. Wir stellen das nördlich von Oslo gelegene Gebäude in diesem Buch ausführlich vor. Doch nicht die Sammlung von Superlativen hat uns bei der Zusammenstellung der Inhalte geleitet, sondern die Beobachtung, wie sich Holzkonstruktionen in immer mehr Bereichen des Bauens etablieren, und die Frage, mit welchen konstruktiven und regulatorischen Rahmenbedingungen der Holzbau dabei konfrontiert ist. Daneben werfen wir in diesem Buch einen Blick auf die Planungsprozesse im Holz­ bau und die technischen Entwicklungen, die den zeitgenössischen Holzbau möglich machen. Dazu zählt die Nutzung von Laubhölzern mit ihrer unübertroffenen Tragfähigkeit, aber auch die zunehmende Zahl von Verbundkonstruktionen, in denen Holz, Stahl und Beton ihren Materialeigenschaften gemäß optimal zusammenwirken. Denn auch das gehört zur Wahrheit im neuen Holzzeitalter: Holz ist nie das einzig verwendete Material. So gut wie immer sind Verbindungselemente, Zugseile, Stützen und Träger aus Stahl und oft auch massive Geschossdecken aus Beton erforderlich, um Holzkonstruktionen in puncto Spannweiten, Schall- und Brandschutz für heutige Aufgaben fit zu machen.

007



M  ultihalle ­Mannheim Die Macht des Temporären Text Georg Vrachliotis

A

A  Dachdeckung mit ­trans­luzentem, ­PVC-beschichteten ­Polyestergewebe

B Bundesgartenschau Mannheim1975, Erschließung der Halle von Süden aus

010

ESSAY

C Digital berechneter und mit einem Zeichen­ automaten erstellter ­Übersichtsplan der ­Gitterschale; nur jede dritte Latte ist dargestellt

„Sehr geehrter Professor Otto! Mit Interesse haben wir in der Presse über Ihre Polarstadt unter Kunststoffkuppel gelesen. Da wir uns derzeit mit ähnlichen Fragen beschäf­ tigen, dürfen wir Ihnen heute einmal unser Problem aufzeigen.“ Mit diesen Zeilen beginnt ein offizielles Anschreiben an Frei Otto, verfasst von Werner Haas, einem der beiden Geschäftsführer der Bundesgartenschau Mannheim. Der Brief, auf den 21. Juni 1971 datiert, erreichte Frei Otto zu einem Zeitpunkt, als dieser mit Hochdruck an der Konstruktion der transparenten Dachlandschaft für das von Behnisch & Partner entworfene Münchner Olympiagelände arbeitet. Um mit Otto ins Gespräch zu kommen, hätte es also durchaus gereicht, sich auf das im Bau befindliche Prestigeprojekt zu beziehen — oder aber, angesichts der enormen internationalen Publicity, auf die Zeltdächer des Deutschen Pavillons zurückzukommen, die Otto mit Rolf Gutbrod für die ­Expo 67 in Montreal realisiert hatte. Stattdessen nennt Werner Haas in seinem Brief die sogenannte Stadt in der Arktis, eine vom Institut für leichte Flächentragwerke in Stuttgart durchgeführte deutsch-japanische Forschungsstudie. Gemeinsam mit KenzoTange und den Ingenieuren von Ove Arup untersuchte Otto die Möglichkeit, m ­ ithilfe einer durch Unterdruck stabilisierten pneumatischen Großhülle eine Stadt für 40 000 Einwohner zu überdachen. Auf den ersten Blick mag die im Brief angeführte Gegenüberstellung — man ­würde sich an­­lässlich der Bundesgartenschau Mannheim mit „ähnlichen Fragen“ ­aus­einandersetzen — abwegig und durchaus megaloman erscheinen. 1975ER-PERSPEKTIVE: WOHNEN FÜR DIE ZUKUNFT „Die Bundesgartenschau Mannheim, die 1975 zur Durchführung kommt, wird sich zu 60 % mit städtebaulichen Maßnahmen beschäftigen. Die besondere Aufgabenstellung B

C

011

Multihalle Mannheim – Die MAcht des Temporären

soll in zukunftsweisender Richtung zur Durchführung kommen, indem wir das Wohnen für die Z ­ ukunft auf dem Ausstellungsgebiet und im Maßstab 1:1 demonstrieren wollen.“ Bedenkt man, mit welch kleinteiligen Themen sich die Bundesgartenschauen im Nachkriegsdeutschland bisher auseinandergesetzt hatten, wird deutlich, wie visionär diesmal gedacht wurde. Statt sich nur mit neuen Trends im Gartenbau zu beschäftigen, standen ­übergeordnete Fragestellungen zum „Wohnen für die Zukunft“ im Vordergrund. Pointiert formuliert: Man versuchte, sich die Zukunft über das experimentelle Denken zu erschließen. Die Architekten Carlfried Mutschler + Partner gingen mit dem Landschaftsplaner Heinz H. Eckebrecht als G ­ ewinner aus dem bundesweiten Wettbewerb für die Gesamtplanung am Herzogenriedpark hervor, wozu der Bau einer Wohnsied­ lung, die Entwicklung einer Infor­mationsachse sowie die Überdachung von knapp 160 × 115 m Parklandschaft gehörten — eine in jeglicher Hinsicht anspruchsvolle ­Aufgabenstellung. GESELLSCHAFTLICHE MIKRO-UTOPIE Dass man für ein solches Vorhaben die intellektuelle Nähe von Frei Otto suchte, war kein Zufall. Die Vorstellung, Wohnquartiere und Landschaften durch Klimahüllen mit großen Spannweiten überdachen zu können, thematisierte er in seinem Werk immer wieder. Das Denken in großmaßstäblichen Strukturen findet sich bereits in seiner 1954 veröffentlichten Dissertation „Das hängende Dach“. Darin beschreibt Otto die Struktur von Seilnetzen und pneumatischen Konstruktionen, die er als schwebende Dächer über Täler und Landschaften spannt, um darunter ein künstlich kontrolliertes Klima mit entsprechenden Wohnsiedlungen zu schaffen. Mit Blick auf die Bundesgartenschau Mannheim bedeutet dies: Es ging um den Entwurf von technischen und sozialen Strukturen gleichermaßen. So gilt die Multihalle bis heute nicht nur als die weltweit größte Holzgitterschalenkonstruktion, sondern auch als eine gesellschaftliche Mikro-Utopie. D

012

ESSAY

E

F

G

D  Atelier Frei Otto in ­Warmbronn, um 1973: Konstruktion von ­Hilfsrahmen mit Netz im Maßstab 1:100

013

E s tatische Belastungs­ versuche an der fertigen ­Gitterschale – mit Müll­ tonnen, die mit Wasser gefüllt sind, im Januar 1975

F Frei Otto auf der Gitterschale der Multihalle, 1975

G  Das Modell der Multi­ halle hängt kopfüber an Messingstützen. Die Materialeigenschaften der Marmor-

platte ­schützten es vor unkontrollierten Form­veränderungen durch schwankende ­Luftfeuchtigkeit und

Multihalle Mannheim – Die MAcht des Temporären

Temperaturwechsel. Atelier Frei Otto in ­Warmbronn, Dezember 1973

H

I

H  Multihalle heute: Das transluzente Polyester­ gewebe ist bereits 1982 durch eine weiße Dachmembran ersetzt worden.

I  Blick vom Steg in den Außenraum und den ­Innenraum der fertig ­erstellten Gitterschale.

014

ESSAY

KOMPLEXES HÄNGEMODELL Welche besondere Rolle in diesem Zusammenhang das empirische Experiment spielte, wird deutlich, wenn man sich die handwerkliche Komplexität des filigra­ nen 1:100-Hängemodells vor Augen führte, das Frei Otto und sein Team für die Konzeption, Konstruktion und die Berechnung der Gitterschale entwickelten. Um die Grundidee einer mit lichtdurchlässigem Gewebe überspannten Gitterschale zu visualisieren, wurde ein kleines Konzeptmodell aus einem feinmaschigen Flie­ gengitter geformt und mit bunten Stecknadeln probeweise auf einer Bodenplatte aus Balsaholz f­ixiert. Trotz der modelltechnischen Schlichtheit ließ sich die Gesamtform der späteren Multihalle bereits gut erkennen. Anschließend wurde damit begonnen, das Netz für das Hängemodell aus mehreren unterschiedlich großen Teilnetzen zusammen­zusetzen, wobei jedes Netz aus speziell hergestellten Drähten und Ringen aufgebaut war. Bemerkenswert ist, dass jedem Element im Modell entweder eine statische Funktion oder ein konkretes Bauteil der ­Multihalle zugewiesen wurde. So simulierte ein dünner Messingdraht im Modell die statischen Systemlinien der realen Trägerbalken, eine feine Kette die Bögen an den Konstruktionsrändern und ein Plexiglasstreifen die Oberkante des Betonfundaments. Das fertige Hängemodell musste anschließend von oben und aus zwei Perspektiven ­fotogrammetrisch aufgenommen werden, um als Basis für die Berechnungen einer 3D-Computerzeichnung verwendet werden zu können, die insbesondere für die Logistik und Planung des Montageprozesses notwendig war. „DIE MONTAGE WAR ATEMBERAUBEND“ Obwohl die beratenden Ingenieure von Ove Arup zu Beginn davon ausgegangen waren, die Konstruktion mithilfe von Kränen in die Höhe ziehen zu können, kam man noch während der Planung zu dem Schluss, es sei sicherer, die gesamte Gitterschale mit einem improvisierten Hebesystem bestehend aus Gerüst­türmen und Gabelstaplern nach oben zu drücken. Nachdem sämtliche Latten zu einem G ­ itter mit 50 × 50 cm Maschenabstand an­geordnet und flach auf dem Boden ausgelegt waren, konnte man dieses mithilfe der mobilen Gerüsttürme in die richtige Höhe h ­ eben und an den Rändern befestigen. Um die auf diese Weise emporgestemmte Gitterschale anschließend in ihrer endgül­tigen Form zu fixieren, wurden die bereits v­ orinstallierten Bolzen in den Knotenpunkten einzeln angezogen und verschraubt. „Die Montage der Mannheimer Halle war atemberaubend, ich habe es schon mit der Angst zu tun gekriegt“, erinnerte sich Frei ­Otto später. „Dieser große Holzteppich am ­Boden! Man lief darüber hinweg, dann wippte es fürchterlich. Es gab eine gewisse Phase, da hielten wir es kaum noch für möglich, dass das Ding jemals steif werden würde. Erst nachdem wir unseren Belastungsversuch gemacht und gezeigt hatten, wie ungeheuer steif diese Kuppel sein kann, kam die Courage wieder. Zwar zeigten die B ­ erechnungen, dass alles in Ordnung war, und die Ingenieure ­haben jedes Detail genauestens kontrolliert — aber die ­Berechnung ist die eine Sache, der Glaube daran e ­ ine ­andere.“ ZERFLIESSEND, FASZINIEREND, RÄTSELHAFT Mit ihrer in alle Himmelsrichtungen zerflie­ßenden Gestalt passt die Multihalle weder in eine der vertrauten Epochenschubladen noch unter eines der zahlreichen Stiletiketten, mit denen man die gebaute Umwelt immer wieder zu kategorisieren versucht. Sie ist weder ein einfaches Dach noch ein abgeschlossenes Objekt; weder ein archetypisches Haus noch ein festes Gebäude. Betrachtet man sie aus i­hrer Entstehungsgeschichte heraus, so ist die Multihalle zunächst nicht viel mehr als eine g ­ ebaute Momentaufnahme eines ebenso ­ungewöhnlichen wie innovativen Entwurfs­prozesses. Damit ist sie nicht nur ein noch u ­ ngeschriebenes Kapitel in der langanhal­tenden Suche der Architektur nach der Macht des Temporären. Sie ist darüber hinaus auch eines der rätselhaftesten und zugleich fas­zinierendsten Gebilde in der Architekturgeschichte des experimentellen Denkens im 20. Jahrhundert.

015

Multihalle Mannheim – Die MAcht des Temporären

Text Frank Lattke, Anne Niemann, Klaus Richter

Tragende Konstruktionen aus Laubholz B

A

A Knochenhauer Amtshaus, Hildesheim, 1529 Längsschnitt, Querschnitt ohne Maßstab

B Tragwerk in BuchenFSH, Bürogebäude in Augsburg, 2015 Architekten: Lattke ­Architekten, Augsburg

016

ESSAY

Tragwerksplaner: bauart Konstruktions GmbH, München

C  Übersicht über die ­Verwendung der Holzarten nach Gewerken Quelle: H. Weimar, D. ­Jochem (Hrsg.),

„Holz­verwendung im ­Bauwesen – Eine Marktstudie im Rahmen der ,Charta für Holz‘“, Thünen Report 9,

Johann Heinrich von ­Thünen-Institut, Hamburg, 2013

Einheimische Laubhölzer werden im Bau­wesen derzeit vor allem im Innenausbau ­eingesetzt. Historische Bauwerke zeigen aber, dass einzelne Laubholzarten, insbeson­ dere ­Eiche, aufgrund ihrer Dauerhaftigkeit und ­ihrer hohen Tragfähigkeit traditionell häufig in Dachstuhl- und Fachwerkkonstruktionen zum Einsatz kamen (Abb. A). Im konstruktiven Holzbau von heute dürfen fünf Laubholzarten (Ahorn, Buche, Eiche, Esche und Pappel) nach Eurocode 5 bemessen und als Vollholz eingesetzt werden. VERFÜGBARKEIT UND POTENZIAL FÜR DEN KONSTRUKTIVEN EINSATZ VON ­L AUBHOLZ IN DEUTSCHLAND Der in der deutschen Forstwirtschaft seit einigen Jahren stattfindende, von Naturschutz­ zielen und dem Klimawandel motivierte Waldumbau von einförmigen Nadelholz- hin zu Laub-Misch-Beständen führt zur stetigen Steigerung der Laubholzproduktion und lang­fristig zur Verringerung der Nadelholzanteile. Die Laubbaum­arten umfassen vielfältige Gattungen, Arten und Hybride, die in Bezug auf technische und chemische Eigenschaften, Struktur, Farbgebung und Dauerhaftigkeit sehr spezifische Charakteristika aufweisen. Betrachtet man den Vorrat an Holzmasse in deutschen Wäldern (1,4 Mrd. m3 Laubholz) und den jährlichen Zuwachs (12,36 Mio. m3 Laubholz) im Vergleich zum aktuellen Verbrauch (Abb. C), dann wird deutlich, dass seitens der Rohholzmen­ gen einer Vervielfachung der Laubholzverwendung im Bauwesen kaum Grenzen gesetzt sind. Ein realistisches Potenzial für einen vermehrten Einsatz von Laubholz in konstruktiven, l­astabtragenden Baukonstruktionen erfüllen derzeit nur sechs einheimische Holzarten: Ahorn, Buche, Eiche, Esche, Pappel und auch Birke. Für sie wurden in den letzten Jahren laubholztypische Sortierverfahren entwickelt und die Festigkeit an Schnittholzdimensionen untersucht, sodass eine Einstufung in die europäischen Festigkeitsklassen nach EN 338 erfolgen konnte (Abb. G). Dabei zeigte sich, dass insbesondere die Holzarten Buche und Esche über ein sehr hohes Festigkeitspoten­zial verfügen, wenn zusätzlich zur visuellen Festigkeitssortierung eine maschinelle Ermittlung des Elastizitätsmoduls erfolgt. Noch nicht ausgeschöpft sind auch die hohen Zugfestigkeiten von Laubholzarten im oberen Dichtebereich. Versuche an Buche und Esche ergaben mittlere Werte von rund 60 N/mm2, womit die Festigkeit der Fichte um 100 % übertroffen wird.

C HOLZARTEN NADELHOLZ LAUBHOLZ TROPENHOLZ Summe % Summe % Summe % Außenwand (Konstruktion) 1253 10,9 40 2,4 0 0,1 geneigtes Dach 2475 21,6 44 2,6 0 0,0 Flachdach  505 4,4 49 2,9 0 0,1 Fassade (Bekleidung) 397 3,5 4 0,2 3 1,1 Wärmedämmung 2648 23,1 294 17,4 0 0,0 Innenwand 660 5,8 46 2,7 0 0,0 Decke 594 5,2 12 0,7 0 0,0 Fußboden 866 7,5 707 41,7 18 7,8 Fenster 101 0,9 17 1,0 30 12,5 Sonnenschutz 14 0,1 1 0,1 0 0,0 Innentür 299 2,6 133 7,8 4 1,8 Außentür 60 0,5 29 1,7 23 9,9 Treppe 32 0,3 108 6,4 1 0,4 Schalungsmaterial 267 2,3 13 0,8 3 1,1 Außenbereich 1308 11,4 200 11,8 155 65,3 insgesamt 11 476 100 1696 100 237 100 *  Baukubikmeteräquivalent, das heißt, die ausgewiesenen m3 nimmt ein Produkt im Gebäude ein

in 1000 m3  *

017

Tragende Konstruktionen aus Laubholz

INSGESAMT  Summe % 1293 9,6 2519 18,8 553 4,1 403 3,0 2942 21,9 706 5,3 605 4,5 1591 11,9 147 1,1 15 0,1 436 3,3 112 0,8 140 1,0 283 2,1 1662 12,4 13 409 100

BESONDERHEITEN IM HOLZAUFBAU Laubhölzer haben einen komplexen Gefüge­aufbau und teilen die Zellfunktionen „Leiten“ und „Festigen“ auf zwei Zellarten auf, die mit den Speicherzellen artspezifisch in Stammlängs- und -querrichtung angeordnet sind. Die Ausbildung der Einzelzellen (Zellwanddichte, Steigungswinkel der Mikrofibrillen, chemische Zusammensetzung) und ihre Anordnung im Holzgewebe bestimmen die physikalisch wichtigen, in Längs- und Querrichtung verschiedenen Kenngrößen der Hölzer. Trotz gewisser Systemordnungen (zum Beispiel Jahrringaufbau, Holzstrahlstruktur) gibt es große Streuungen der Eigenschaftswerte sowohl zwischen den Arten als auch innerhalb einer Art. Laubhölzer haben zudem unterschiedliche Strategien ­entwickelt, um ihre Leitungsbahnen im Kernholz gegen Eindringen von Luft zu schützen. Von der Ausprägung dieser Mechanismen wird die Aufnahmeintensität von Flüssigkeiten in den Holzkörper bestimmt. Ein zentraler Nachteil ist das teils hohe und un­gleichmäßige Quell- und Schwindverhalten einzelner Laubholzarten, zum Beispiel bei der Buche, was bei Feuchtewechseln bzw. bei der meist zeitintensiven Holztrocknung zu hohen Spannungs­ gradienten im Holzgefüge führt, die in reversiblen Dimensionsveränderungen und in Rissen münden. Aufgrund der höheren Dichten entwickeln Hartlaubhölzer wie Buche, Eiche und Esche bei der Feuchteaufnahme hohe Quellkräfte, die bei der Verwendung zu beachten sind.

D

F

E

D –F Eschenholz-Verstärkung der Fichte-Brettschichtholzträger einer Holz-­ Beton-Verbunddecke. Regionale Sportanlage Sargans, 2012

Architekten: Blue ­Archi­tects, Zürich; Ruprecht Architekten, Zürich Tragwerksplaner: WaltGalmarini AG, Zürich

018

ESSAY

G Einstufung von Bauschnittholz in Sortierklassen und Zuordnung zu Festigkeitsklassen der EN 338. Die mit C und D bezeichneten Zahlen­werte geben ­

Biegefestigkeiten in ­ N/mm2 an. Quelle: M. Schmidt et al., „Bauen mit Laubholz“, LFW aktuell 98, S. 37– 39, 2014 (mit Ergänzungen durch die Autoren)

HOLZTECHNOLOGISCHE LÖSUNGSWEGE Wegen der durch das Holzgefüge bedingten Charakteristika lässt sich das ganze Potenzial der Laubhölzer im Holzbau nur dann nutzen, wenn entweder die Vollholzquerschnitte reduziert – und statt Vollholz verklebte Produkte zum Einsatz kommen – oder wenn durch thermische bzw. chemische Materialmodifikationen die Feuchteaufnahme vermindert wird. Beide Maßnahmen zielen auf eine Beeinflussung der Auswirkungen des oft sehr ausgeprägten Quell- und Schwindverhaltens ab. Die Holzmodifikation bewirkt eine chemische Veränderung der Zellwand­ polymere, um deren Wechselwirkungen mit dem Wasserdampf zu regulieren. Es sind thermische, chemische und physikalische Verfahren entwickelt und i­ndustriell umgesetzt worden, die insbesondere bei Holzarten mit geringer Dauerhaftigkeit (zum Beispiel Buche und Esche) Verbesserungen der bio­logischen Widerstandsfähigkeit erzielen. A ­ llerdings werden durch die Behandlungen auch die elastomechanischen Eigenschaften reduziert, sodass thermisch oder chemisch behandelte Hölzer bisher nicht als tragende Bauelemente geeignet sind. Eine Reduktion der Lamellendicke hingegen ist technisch einfach und bewirkt unter anderem eine schnellere und homogenere Holztrocknung. Aus den dünneren Holzlamellen lassen sich durch Verklebung formstabile Produkte in Bauteilabmessungen herstellen, die sich leicht an die konstruktiven Erfordernisse anpassen lassen. Auch Äste, die bei Laubholz einen größeren Einfluss auf die Festigkeitswerte ausüben als bei Nadelholz, können ­prozesstechnisch ausgekappt werden. Bishe­rige Erkenntnisse deuten darauf hin, dass bei Brettschichtholz aus Laubholz die Dicke der Holzlamellen auf unter 25 mm reduziert werden sollte, um später feuchtebedingte Spannungen und Rissbildungen zu minimieren. Die Art der Verklebung ist hierbei von zentraler Bedeutung, um die geeigneten Laubhölzer im konstruktiven Bereich verwenden und zudem in Hybridträgern mit anderen Holzarten kombiniert einsetzen zu können. Für Buchenholz wurde in den letzten Jahren die Lamellenstärke aus Ausbeutegründen bis auf Furnierdicken reduziert. Ein industriell hergestelltes Buchen-Furnierschichtholz (BU-FSH) ist mit bauaufsichtlichen Zulassungen auf dem Markt verfügbar.

G FESTIGKEITSKLASSEN Nadelholz Laubholz

C18

C22

C24

C27

C30 D30

C35 D35

C40 D40

C45 D45

D50

Biegefestigkeit in % 

60

80

90

100

116

133

166

E-Modul in %  Nadelholz  Laubholz

75

92

96

100 92

108 100

117 108

117

LS10+

LS13

SORTIERKLASSEN (VISUELLE SORTIERUNG) Fichte und Kiefer  Pappel  Ahorn Buche  Eiche  Esche  * 

S7

S10 LS10+

S13 LS13 LS10+ LS10+ LS10+

voraussichtlich mögliche Einstufung 

019

Tragende Konstruktionen aus Laubholz

LS13 *

GEZIELTER LAUBHOLZEINSATZ BEI HOHEN LASTEN Laubholz eignet sich aufgrund seiner hohen Zug- und Druckfestigkeit insbesondere für schlanke stabförmige Tragwerkselemente (zum Beispiel Stützen und Träger) – idealerweise in Form von Brettschicht- oder Furnierschichtholz, um größere Spannweiten filigran zu überbrücken oder um hohe Lasten abzuleiten. Die höhere Festigkeit und Steifigkeit führt in der Konstruktion zu erheblichen Materialeinsparungen bei gleicher Tragfähigkeit. Die komplett als Holzbau realisierte Vierfachsporthalle der regionalen Sportanlage Sargans (Abb. D–F) verfügt über ein ebenso ­filigranes wie ästhetisches Tragwerk. Während die biegesteifen Rahmenecken der Halle aus Fichte-Brettschichtholz (GL 36h) bestehen, die durch eingeleimte Stahl-Gewindestangen vorgespannt sind, wurde das Deckentragwerk der seitlichen Nebenraumbereiche teilweise in Laubholz ausgeführt – im Bereich der Sanitärräume beispielsweise verstärkt Esche den FichteBrettschichtholzträger der Holz-Beton-Verbunddecke. Dadurch ließ sich eine Festigkeitsklasse von GL 40 erreichen. VERBINDUNGSMITTEL UND KNOTENAUSBILDUNG Der Vorteil von Laubholz- gegenüber Nadelholz-Produkten ist ihre deutlich höhere Leistungsfähigkeit bei form- und kraftschlüssigen Verbindungen, durch die zugleich höhere A ­ nforderungen an die konstruktiven Details und Verbindungsmittel entstehen. Abhängig von der Festigkeit und der höheren Beanspruchung der Holzkonstruktion sind daher hochbelastbare Verbindungsmittel einzusetzen: Klebeverbindungen, Verbindungen mit eingeklebten verformten Stahlteilen, Stabdübel-Verbindungen und Schrauben.1 Formschlüssige Verbindungen, wie etwa Dübel, Zapfen oder Schwalbenschwänze, lassen sich mit Laubholz im maschinellen Abbund sehr präzise herstel­ len. Laubholz-Bauteile eignen sich aber auch zur lokalen Verstärkung von statischen Verbindungen aus anderen Holzsorten – zum Beispiel bei Träger-Stützen-Knotenanschlüssen aus BSH, bei denen durchlaufende Stützen am Knotenpunkt mit Laubholz ausgebildet werden, um die mechanischen Eigenschaften (Querdruckfestigkeit) zu verbessern.Beim House of Natural Resources der ETH Zürich (Abb. H– I) wurde auf diese Weise die Tragstruktur der oberen zwei Geschosse als vorgespannte Holzrahmenkonstruktion mit Knotenverstärkungen in Esche entwickelt.2 Die im Vergleich zu Nadelholz höhere Rohdichte von Hartlaubhölzern bedingt überdies einen großen Eindring- bzw. Eindrehwiderstand. 3 Im Gegensatz zur herkömmlichen Verwendung selbstschneidender Vollgewindeschrauben bei weichen Nadelholzarten (wie etwa Fichte-BSH) ist hier ein Vorbohren von Nagel- und Schraubenlöchern unerlässlich. Bei langen Schrauben empfiehlt sich zusätzlich die Verwendung von Gleitmitteln. Zu beachten ist auch die Wahl geeigneter Schneidewerkzeuge und Bohrer, die aufgrund der Holzhärte eine kürzere Standzeit haben. FEUCHTESCHUTZ Im Gegensatz zu Nadelhölzern sind Laubholzarten oft sehr feuchteempfindlich. Der konstruktive Holzschutz, wie in der DIN 68800-2 b ­ eschrieben, ist hier Prämisse der Planung und Ausführung. Statisch beanspruchte Bauteile sollten grundsätzlich witterungs- und feuchtegeschützt eingebaut werden. Insbesondere Buche, die bei Feuchteaufnahme stark quillt, eignet sich nur für witterungsgeschützte Konstruktio­ nen. Der Einsatz von Buchen-Furnierschichtholz (Buchen-FSH) für tragende Zwecke ist daher nach bauaufsichtlicher Zulassung nur für die Nutzungsbedingungen der Gebrauchsklassen 1 und 2 zulässig. Im Rahmen eines Forschungsprojekts an der TU München wurde für den Bau von Parkgaragen eine hybride Konstruktion mit Stützen und Trägern aus BuchenFSH und einer Decke aus Stahlbeton-Fertigteilen entwickelt (Abb. J – L). Gegenüber herkömmlichen Bausystemen aus Stahl wertet die hohe Oberflächenqualität des Buchenholzes das Parkhaus gestalterisch auf und ermöglicht zudem eine ökologi­ sche und nachhaltige Bauweise. Um die Buchenholzkonstruktion zu schützen, bedarf es einer Fassade, die ausreichende Regendichtigkeit bei gleichzeitiger freier Belüftung sichert. Der Prototyp ist daher mit einer Fassade aus Lärchenholzlamellen in Kombination mit umlaufenden, auskragenden Holzbrettern geplant. 020

ESSAY

H

I

J

K

L

I  vorgespannter TrägerStütze-Knotenanschluss aus BSH mit lokaler ­Verstärkung aus ­Eschenholz, ETH House of Natural R ­ esources, 2015

J –L prototypischer Entwurf eines Bausystems für Parkhäuser in BuchenFSH, TUM.wood – Wood in Research and Teaching, TU München, 2015

H Buchenplatten als ­Schalung und Bewehrung für eine Holz-Beton-­ Verbunddecke, ETH House of Natural ­Resources, 2015

­ rchitekten: A mml ­architekten, Zürich Tragwerksplaner: Institut für Baustatik und ­Konstruktion, ETH Zürich

021

Tragende Konstruktionen aus Laubholz

Erfahrungen im Umgang mit Holzwerkstoffen aus Buche zeigen, dass sich das Material schon bei geringem Feuchtigkeitsanstieg verändert. Es besteht die Gefahr von Verfär­bungen, Quellen und Fugenöffnungen bei Klebeverbindungen, was neben ästhetischen Mängeln vor allem auch die Schädigung der Konstruktion bedeuten kann. EIN BÜROGEBÄUDE KOMPLETT AUS LAUBHOLZ Beim Neubau des Bürogebäudes der euregon AG, einem dreigeschossigen Holz-Skelettbau (Abb. M – P), wurde Buchen-FSH konsequent für Tragwerk, Fassade und Innenausbau eingesetzt. Der Holzschutz in der Bauphase war von Anfang an geplant, um die Qualität der sichtbaren Holzoberflächen über die Bau­phase zu sichern. Auf der sichtbaren ­Holzbalkendecke (Stützenabstand 5,10 m) mit Haupt- und Nebenträgern im Abstand von 85 cm liegt eine 40 mm starke Buchen-FSH-Platte, die sofort nach Einbau mit einer geklebten Abdichtung versehen wurde. Die Stützen und Träger wurden vom Holzbauunternehmen in der Fertigung mit einer wasserverdünnbaren Mittelschichtlasur auf feinstteiliger Reinacrylatbasis beschichtet. Trotzdem ließ sich das Eindringen von Wasser in der Bauphase nicht gänzlich verhindern, was an manchen Stellen zu Verfärbungen der Deckenuntersicht führte. Die dunklen Flecken auf der Oberfläche der Buchenplatte konnten jedoch später mit Oxalsäure gebleicht werden. FAZIT Dank der technischen Materialeigenschaften und dem hohen ästhetischen Potenzial finden konstruktive Holzwerkstoffe aus Laubholz in der Architektur heute zunehmend Anwendung. Laubholz bietet als ausreichend verfügbarer Rohstoff in der Zukunft ­viel­versprechende Möglichkeiten – als schlanke Bauteile oder statisch wirksame Elemente für hoch beanspruchte Konstruktionen – und wird sicherlich mit weiteren material- und bautechnischen I­nnovationen überraschen.

M

M–P Verwendung von ­Buchen-FSH in Tragwerk, Fassade und Innen­ ausbau. Bürogebäude in Augsburg, 2015 Architekten: ­Lattke­ Architekten, ­

022

Augsburg Tragwerksplaner: bauart Konstruktions GmbH, München

ESSAY

N

O

P

Literatur: 1 E. Gehri, „Verbindungstechniken für  auf ­Laub­hölzer basierte Holz­ werkstoffe – mit besonderer Berücksichtigung von BSB

023

und LVL aus Buche“, in: ­Internationales ­Holzbau-Forum 2015 – Band 2, Garmisch-­ Partenkirchen, 2015.

2 Prof. Dr. A. Frangi, ­„Decken- und Rahmensysteme aus Laubholz – ETH House of Natural ­Resources“, in: ­Interna­tionales ­

Holzbau-Forum (IHF 2014) – Band 2, Garmisch-­ Partenkirchen, 2014.

Tragende Konstruktionen aus Laubholz

3 M. Enders-Comberg und M. Frese, „Buchenfurnierschichtholz – Leistungsmerkmale, Anwendung und Entwicklungs­

 öglichkeiten“, m in: ­Karlsruher Tage 2014 – Holzbau, ­Karlsruhe 2014.

Text Eike Schling, Rainer Barthel

Experimentelle ­ zweifach A

gekrümmte G ­ itterstrukturen A Gitterstruktur auf Basis asymptotischer Linien, gefügt in ausnahmslos rechten Winkeln aus geraden Buchenholzstreifen

B Multihalle in Mannheim Architekt: Frei Otto

024

ESSAY

Geschwungene Gebäudehüllen lassen sich heute leicht am Computer entwerfen. Gekrümmte Strukturen ermöglichen zudem eine räumliche und damit effiziente ­Lastabtragung nach dem Prinzip der Schalentragwirkung. Bei der Baurealisierung ist dann allerdings mit h ­ ohen Komplexitäten sowohl in der Planung, Herstellung und Konstruktion als auch in der Logistik zu rechnen. Im Forschungsprojek „Repetitive Gitterstrukturen“ an der TU München (TUM) befassen sich die Autoren mit der Geometrie und Konstruktion gekrümmter Flächen. Im Fokus stehen nicht die in ihrer Vielfalt und Beliebigkeit unbegrenzt erscheinenden, digital er­­zeugbaren Flächen, sondern spezielle geometrische Strukturen, die auf einfachen Elementen mit einer reduzierten Anzahl von Parametern beruhen. Es zeigt sich, dass diesen repetitiven Strukturen charakteristische Formgesetz­mäßigkeiten zugrunde liegen, aus denen sich neue Möglichkeiten für das Entwerfen und Konstruieren ergeben. B

KONTINUIERLICH GEKRÜMMTE TRAGSTRUKTUREN Ansatzpunkt der hier beschriebenen Untersuchung waren die gebogenen Holzgitterschalen von Frei Otto (Abb. B). Diese nutzen die Elastizität der Bauteile, um eine kontinuierlich gekrümmte Gitterstruktur aus durchlaufenden, geraden Holzlatten zu schaffen. Es stellt sich die Frage, welche Abhängigkeiten zwischen der Krümmung und der Ausformung der Tragstruktur bestehen. Im Folgenden werden die geometrischen Eigenschaften von Kurven auf zweifach gekrümmten Flächen analysiert und daraus neue Potenziale für den Entwurf und die Herstellung gekrümmter Tragstrukturen mit durchlaufenden Elementen hergeleitet. KRÜMMUNG Der Begriff „Krümmung“ lässt sich am einfachsten anhand einer Kurve im Raum erläutern: Die Krümmung wird an einem bestimmten Punkt über den tangentialen Krümmungskreis bestimmt (Abb. C). Die Krümmung entspricht dem Kehrwert des Krümmungsradius (k = 1/r). Auch die Krümmung einer Fläche wird für alle Punkte einzeln bestimmt. Hierfür werden anhand senkrecht stehender Ebenen die Schnittkurven durch den Punkt erzeugt. Die beiden Schnittkurven mit der maximalen und minimalen Krümmung stehen senkrecht zueinander und legen die beiden Hauptkrümmungen k1 und k2 fest. Hieraus lassen sich die gaußsche Krümmung (K = k1 × k2) und die mittlere Krümmung (H = (k1 + k2) / 2) berechnen. Liegen die Krümmungsradien der beiden Hauptkrümmungen auf unterschiedlichen Seiten der Fläche, so ergibt sich eine negative gaußsche Krümmung. Man spricht dann von einer gegensinnig gekrümmten Fläche, wie zum Beispiel bei einem Pferdesattel. Liegen die beiden Krümmungsradien auf derselben Seite der Fläche, entsteht eine positive oder gleichsinnige Krümmung, wie sie etwa bei einem Fußball auftritt. Ist eine der beiden Hauptkrümmungen null, spricht man an dieser Stelle von einer ein­fachen Krümmung. Flächen mit konstanter einfacher Krümmung sind abwickelbar.1 Das bedeutet, sie lassen sich wie ein Stück Papier ohne Verzerrung oder Dehnung in die Ebene ausrollen. Bei einer Kurve auf einer Fläche kann an jedem Punkt ein Koordinatensystem aus Normalenvektor (z), Tangentialvektor (x) und Tangenten-Normal-Vektor (y) bestimmt werden. Verschiebt man dieses stets orthogonale ­Koordinatensystem (auch „Darboux Frame“ genannt) entlang der Kurve, so lassen sich dessen Rotationen um alle 025

Experimentelle zweifach gekrümmte ­Gitterstrukturen

C

E

Krümmung einer Kurve

Krümmung einer Fläche

Krümmung einer Kurve auf einer Fläche e

z

y

z

r

r1 x

x r2

Krümmung k = 1/r

Darboux Frame

gaußsche Krümmung K = k1 × k2 mittlere Krümmung H = (k1 + k2)/2

Drehung um ... x = geodätische Torsion y = normale Krümmung z = geodätische Krümmung

F

Curvature of a surface G

D

z

z

x

x

y

y

gekrümmte Linien auf ebener Fläche

geodätische Linien

z

z

x

x

y

y

Erzeugende eines hyperbolischen Paraboloiden

Hauptkrümmungslinien

z

z

x

x

y

y

Großkreise auf einer Kugel

Schmieglinien auf gegensinnig gekrümmten Flächen

C Übersicht über die Krümmung von Kurven, Flächen und Kurven auf Flächen

D Übersicht über Kurvennetzwerke, die eine bestimmte Krümmungsart wählen (links) oder meiden (rechts)

026

ESSAY

E Ebenes Netzwerk mit rein geodätischer Krümmung. Die Profile stehen aufrecht und biegen sich lediglich seitwärts. So kann ein ebener Trägerrost gebildet werden.

F Gitterschale mit zwei Scharen von Geraden. Die Holzstreifen sind lediglich um ihre eigene Achse verdreht.

G Zweischariges Netzwerk aus Streifen entlang der Großkreise einer Kugel. Die Bauteile liegen tangential zur Fläche und lassen sich gerade abwickeln.

H

I

J

drei Koordinatenachsen messen. Die drei zugehörigen Krümmungsarten heißen: geodätische Krümmung (um z), geodätische Torsion (um x) und normale Krümmung (um y). In der Lehre werden diese drei Krümmungen oft mit folgendem Szenario verdeutlicht: Man stellt sich vor, mit dem Auto durch eine geschwungene Hügellandschaft zu fahren: Führt der Weg bergauf und bergab, so erfährt man normale Krümmung. Verläuft der Weg nach rechts oder links, dann spricht man von der geodätischen Krümmung. Neigt sich die Straße seitlich hin und her, so kippt das Auto entlang der geodätischen Torsion.2 Die Linien der Holzgitterschalen von Frei Otto weisen alle drei Krümmungsarten auf. Die Holzlatten müssen in beide Richtungen gebogen und zudem tordiert werden. Entsprechend biege- und torsionsweich müssen die doppelt symmetrischen Profile ausgebildet werden. Nur so lassen sich die Stäbe in die gewünschte Position bringen. KURVENNETZWERKE AUF FLÄCHEN Wie wirken sich die einzelnen Krümmungen auf den Verlauf einer Kurve und ihr entsprechendes Netzwerk aus? Werden nur ein oder zwei der beschriebenen Krümmungsarten zugelassen (und die anderen demnach vermieden), kann eine Systematik für Kurvennetzwerke erstellt werden (Abb. D), die einen unmittelbaren Rückschluss auf die Möglichkeiten der Modellierung mit abwickelbaren Streifen zulässt. Zur Verdeutlichung dieser Abwickelbarkeit wurden Modelle aus dünnen Streifen gebaut, die nur um ihre schwache Achse gebogen werden. • Netzwerke mit ausschließlich geodätischer Krümmung (Abb. E): Ein rein geodätisch gekrümmtes Netzwerk ist nur in der Ebene möglich. Senkrecht stehende Streifen, die entlang der Kurven verlaufen, sind gerade abwickelbar. • Netzwerke mit ausschließlich geodätischer Torsion (Abb. F): Ein gekrümmtes Kurvennetzwerk mit ausschließlich geodätischer Torsion ist nur auf einschaligen Hyperboloiden und hyperbolischen Paraboloiden möglich. Nur hier gibt es zwei Scharen von Geraden, die die Fläche definieren. Bei der Konstruktion muss die geodätische Torsion berücksichtigt werden: Verwendet man keine Rundprofile, müssen die Flachprofile um ihre Achse verdreht werden, um stets senkrecht zur Fläche zu stehen. • Netzwerke mit ausschließlich normaler Krümmung (Abb. G): Ein Netzwerk, das nur normale Krümmung aufweist, findet man entlang der Großkreise einer Kugel. Sie sind eine Sonderform geodätischer Linien. Streifen, die tangential zur Fläche verlaufen, lassen sich in diesem Fall immer gerade abwickeln. • Netzwerke ohne geodätische Krümmung (Abb. H): Kurven ohne seitliche (geodätische) Krümmung nennt man geodätische Linien. Sie zeigen die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf einer gekrümmten Fläche. Sie lassen sich tangential zur Fläche aus geraden Streifen konstruieren.1 H Gitterschale auf Basis eines zweischarigen, geodätischen Gitters. Die Bauteile lassen sich abwickeln, sind aber teils tordiert.

I Gitterstruktur entlang der Hauptkrümmungslinien, die mit stehenden oder liegenden Profilen ausgeführt werden kann. Die Bauteile sind in beiden Fällen abwickelbar.

027

EXPERIMENTELLE ZWEIFACH GEKRÜMMTE GITTERSTRUKTUREN

J Die Tragstruktur dieses Sechspunktsegels verläuft entlang der Schmieglinien. Das Modell wurde aus ebenen, geraden Kunststoffstreifen mit

senkrechten Schlitzen zusammengesteckt.

• Netzwerke ohne geodätische Torsion (Abb. I): Diese Netzwerke verlaufen immer in zwei Scharen entlang der Hauptkrümmungsrichtungen. Die Hauptkrümmungsrichtungen zeigen wie ein Magnetfeld die Richtung der extremsten Krümmung auf der Fläche an. Ein entsprechendes Netzwerk ist nicht leicht zu erstellen. Die einzelnen Kurven müssen in iterativen Schritten von Punkt zu Punkt generiert werden. Der Entwerfer kann für jede Kurve nur einen Initialpunkt vorgeben. An Stellen mit lokaler kugelförmiger Krümmung oder lokaler Planarität sind die Hauptkrümmungsrichtungen unbestimmt. Hier bilden sich sogenannte Nabelpunkte, an denen die Kurven zusammenlaufen oder stark abbiegen. Das sonst homogene viereckige Netz weist an diesen Stellen eine minder- bzw. höherwertige Masche mit drei oder fünf Ecken auf. Diese recht eigenwilligen Hauptkrümmungslinien haben jedoch konstruktive Vorteile. Alle Knotenpunkte sind identisch und rechtwinklig und streifenförmige Bauteile sind immer tangential sowie senkrecht zur Fläche abwickelbar. Das Netzwerk aus Hauptkrümmungslinien kann auch genutzt werden, um zweifach gekrümmte Flächen in ebene Vierecke zu unterteilen. • Netzwerke ohne normale Krümmung (Abb. J): Kurven, die keine normale Krümmung aufweisen, werden „Schmieglinien“ oder auch „asymptotische Linien“ genannt. Ähnlich wie die Hauptkrümmungslinien verlaufen Schmieglinien entlang einem Richtungsfeld, sodass der Entwerfer nur einen Startpunkt, nicht aber den Verlauf der Kurve beeinflussen kann. Bei lokaler Planarität bilden sich Nabelpunkte mit sechseckigen Maschen. Schmieglinien haben große Vorteile. Sie ermöglichen eine Konstruktion aus geraden Streifen senkrecht zur Fläche und können lokale Lasten über ihre starke Achse abtragen. Bei ausgeglichener Flächenkrümmung, also auf Minimalflächen, stehen Schmieglinien zudem senkrecht zueinander. Alle Knotenpunkte sind dann identisch und rechtwinklig. In diesem Fall ist der einzige veränderliche Parameter der Abstand von Knoten zu Knoten. ASYMPTOTIC DESIGN Im Sommer 2016 entstand ein erster Entwurf für einen Forschungspavillon im Masterstudiengang Architektur. Der Student Denis Hitrec verwendete eine einfache Minimalfläche, genannt Schwarz D, die über sechs Kanten eines Würfels definiert wird (Abb. L). Durch Punktspiegelung und Addition des kubischen Moduls entsteht eine kontinuierliche, in sich verschränkte Minimalfläche. Hieraus wurde ein quaderförmiger Ausschnitt gewählt, und darauf ein Netzwerk aus Schmieglinien erzeugt. Diese Gitterstruktur lässt sich mit nur fünf unterschiedlichen Liniensegmenten (Abb. L) beschreiben. Das Holzmodell im Maßstab 1:5 zeigt die konstruktiven Vorteile (Abb. A, M): Das asymptotische Gitter wurde aus ebenen, geraden Streifen mit immer gleichem, rechtwinkligem Knotenpunkt zusammengesteckt. ASYMPTOTIC GRIDSHELLS Die asymptotischen Linien werden seit 2017 systematisch erforscht und konstruktiv weiterentwickelt. Im Sommer 2017 entstanden erste großmaßstäbliche Prototypen in Holz und Stahl, die im Herbst den Bau einer 12 × 6 m großen Gitterschale am Stammgelände der TUM ermöglichten (Abb. K).3 Das erste kommerzielle Bauwerk, das Eingangsportal für das Intergroup-Hotel in Ingolstadt wurde im Winter 2019 fertiggestellt. Momentan arbeiten Architekten und Ingenieure an der TUM und der University of Hong Kong an Anwendungen für wandelbare Gitterstrukturen und zweifach gekrümmten Fassadenelementen. AUSBLICK Diese Methode stellt nur eine der vielen Möglichkeiten dar, die Konstruktion von komplexen Formen durch die bewusste Wahl von Fläche und Struktur stark zu vereinfachen. Oft sind nur leichte Anpassungen nötig, um die vom Architekten erdachte Freiform in eine geometrisch sinnvoll strukturierbare Fläche zu wandeln. Auf diese Weise könnte die geschwungene Freiform die Nische der extravaganten Architektur verlassen und ihr volles Potenzial in Bezug auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit entfalten.

028

ESSAY

K

L

M

K Im Jahr 2017 realisierte Stahl-Gitterschale auf dem Stammgelände der TUM.

L, M Die Minimalfläche des aus Buchenfurnierstreifen zusammengesteckten Asymptotic Pavilion lässt sich durch sechs Kanten eines Würfels definieren.

029

EXPERIMENTELLE ZWEIFACH GEKRÜMMTE GITTERSTRUKTUREN

Literatur: 1 H. Pottmann, A. Asperl, M. Hofer, A. Kilian, „Architectural Geometry“, Bentley Institute Press, Exton 2007.

2 C. Tang, M. Kilian, H. Pottmann, P. Bo, J. Wallner, „Analysis and Design of Curved Support Structures“, in: S. Adriaenssens et al. (Hrsg.),

„Advances in Architectural Geometry“, vdf Hochschulverlag an der ETH Zürich, 2016.

3 E. Schling, „Repetitive Structures“, Dissertation, TUM, 2018.

Text Wolfgang Müll

Praxisgerechte Holzbau­ planung – gemeinsam mit Fachfirmen 030

ESSAY

Die ungeheuere Produktvielfalt an Holzwerkstoffen und Verbindungsmitteln, vielfältige bauphysikalische Aspekte, sich ständig ändernde Normen und anerkannte Regeln der Technik und nicht zuletzt die Interaktion all dieser Punkte können die Planung von Holzbauten sehr aufwendig machen. Ein Weg, um angesichts dieser Komplexität dennoch praxisgerechte und kostensichere Planungen entwickeln zu können, eröffnet die frühzeitige Einbindung von Fachfirmen. Vom gemeinsamen Entwickeln der Details können alle Beteiligten profitieren. Im Folgenden werden einige Projekte vorgestellt, bei denen dieser Weg zum Erfolg geführt hat. HAGER FORUM IN OBERNAI Beim Hager Forum im französischen Obernai war Holzbau Amann beratend für die Architekten Sauerbruch Hutton und das Tragwerksplanungsbüro Werner Sobek Frankfurt tätig (Abb. A–E). Die Planer entwarfen einen 39 × 156 m großen Trägerrost im Raster von 3 × 3 m, der nur auf wenigen Stahlpendelstützen aufgelagert war. Durch die Ausbildung einer weit auskragenden Dachscheibe aus Holz ­sollten sich horizontale Lasten im Bereich der massiven Treppenhäuser ableiten lassen. Die Holzquerschnitte waren zu den Stützen hin g ­ evoutet, um den Kräftefluss ablesbar zu machen. Vorgesehen waren 3 m breite und bis zu 12 m lange, miteinander verschraubte Einzelelemente aus zwei Brettschichtholzbalken mit aufgeleimter Brettsperrholzplatte. Die am Übergang zwischen Dach und Stützen auftretenden Querkräfte und Momente sollten von nicht sichtbaren Stahllaschen und Vollgewindeschrauben aufgenommen werden (Abb. B). Angesichts der geplanten Elementfertigung und den sich daraus ergeben­ den Fragestel­lungen zu Fertigungsmöglichkeiten, Verbindungstechniken und Montagetoleranzen konnten die Architekten den Bauherrn davon überzeugen, uns als A

B

ausführende Firma (Holzbau Amann) frühzeitig beratend einzubinden. Zu unseren Aufgaben zählten unter anderem das Erstellen der Ausführungsstatik und die Einhaltung der gestalterischen Anforderungen der Architekten. Folgende Aspekte machten die Konstruktion jedoch sehr aufwendig: die hohen Lastein­träge bei den Stahlstützen, die in die Stützen integrierte Entwässerung, die R60-Brandschutzanforderung, die schub- und biegesteife Verbindung der Dachelemente ohne sichtbare Verbindungsmittel sowie die klimatische Beanspruchung durch eine ­Kühl-/Heiz-Decke direkt unter der Dachkonstruktion. Dies führte dazu, von der Ausführung mit v­ erleimten Elementen abzusehen. Als Alternative dachten wir zunächst über eine Binder-Pfetten-Lösung nach, die jedoch bei Berücksichtigung der von den Architekten g ­ ewünschten Trägerhöhen wegen der fehlenden Trägerrostwirkung zu hohen Verformungen geführt hätte. ­Stattdessen ­entwickelten wir ein gerichtetes Hybridtragwerk aus Stahl-Hauptträgern in Gebäude­querrichtung mit Brettschichtholzverkleidung sowie Holz-Neben­trägern in Längsrichtung (Abb. C, D). A, B Hager Forum in Obernai

Entwurf Tragwerksplanung (Werner Sobek Frankfurt): mögliche

031

Praxisgerechte Holzbau­planung – gemeinsam mit Fachfirmen

Vorfertigung der ­Elemente im Bereich des Stützenknotens

C

D

1 E

2

3

3

C–E Hager Forum in Obernai

C Isometrie Stahlbinder (blau) mit Pfetten

032

ESSAY

D Werkstattplanung 1 Aufdopplung, im Werk vormontiert 2 Pfetten Stahlbinder Regel-Anschluss 3 Pfetten RegelAnschluss

E Innenraum

Die Anschlüsse der teilweise gevouteten Holzträger an die Stahlträger erfolgte biege­ steif, sodass die Durchlaufwirkung in Längsrichtung und somit der statische Trägerrost erhalten blieb. Die oberseitige Brettsperrholzbeplankung wurde über eine enge Vernagelung mit den Nebenträgern ebenfalls zur vertikalen Lastabtragung herangezogen. Auf diese Weise konnten die ursprünglich geplanten Trägerhöhen umgesetzt werden. Um der klimatischen Beanspruchung der horizontalen Holzbeplankung Rechnung zu tragen, wurden Hirnholzanstriche, eine Messanlage der relativen Luftfeuchte und Temperatur vorgesehen sowie ein Holzfeuchtemonitoring eingerichtet. Über diesen letztlich ausgeführten Alternativvorschlag haben wir uns im Rahmen einer o ­ ffenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit intensiv mit Werner Sobek ausgetauscht. Die Beratung durch eine Fachfirma hat sich für den Bauherrn ausgezahlt: Für den Bauablauf war alles sehr gut vorbereitet und auch das begrenzte Zeit- und Kostenbudget wurde eingehalten. Unsere Alternative war um 250 000 Euro günstiger umsetzbar als die u ­ rsprüngliche Lösung. HERMÈS-SHOP IM KAUFHAUS GUM IN MOSKAU 2014 erhielten wir eine Anfrage zum Bau einer Treppenverkleidung aus Holz. Die von RDAI-Architectes und dem Ingenieurbüro Bollinger+Grohmann entwickelte konstruk­ tive Idee b ­ esteht aus 145 stehenden gekrümmten Hölzern mit einem Querschnitt von 40 × 60 mm, die eine Freiformfläche ausbilden (Abb. F–I). Die Struktur der Treppen­ verkleidung wurde uns als Rhinomodell zur Verfügung gestellt, zusammen mit der Frage, ob und zu welchem Preis eine Umsetzung denkbar sei. Mit gekrümmten Leisten hatten wir im gleichen Team bereits beim Projekt „Hermès Rive Gauche“ in Paris gearbeitet und so war uns die Erwartung des Architekten an die Aus­führungsqualität bekannt. Der besondere Schwierigkeitsgrad dieses Treppengeländers lag darin, doppelt gekrümmte und zugleich tordierte Leisten her­ zustellen. Beim Verleimen entstehen nicht unerhebliche Rückstellkräfte, weshalb die tatsächliche Form nach Öffnen der Verleimungsschablone oft nicht mehr der Form der Verleimungsschablone entspricht. F

G

H

I Farbdarstellung der wichtigsten Krümmungsradien 52 cm < Rp < 70 cm 70 cm < Rp < 1.10 cm 110 cm < Rp < 1.60 cm 160 cm < Rp

F – I  Hermès-Shop im ­Kaufhaus GUM in Moskau

H Musterleisten

I konstruktiver Entwurf (Bollinger+Grohmann), Übersicht unter­ schiedlicher Holz-­ Biegeradien

033

Praxisgerechte Holzbau­planung – gemeinsam mit Fachfirmen

Im Zuge der Ausführungsplanung wurden zunächst gemeinsam mit Bollinger+Grohmann und den Planern von Design-to-Production Unstetigkeiten in der Modellierung beseitigt. Beispielsweise mussten „Knicke“ und zu enge Radien angepasst werden. Die Architektenplanung sah vor, dass die e ­ inzelnen Leisten ohne jegliche Verbindung nebeneinanderstehen. Um die Leisten im ­vorgesehenen gleichmäßigen Fugenbild zu platzieren, schlugen wir zunächst Abstands­halter zwischen den Leisten vor. Nachdem dies von den Architekten abgelehnt wurde, erarbeiteten wir den letztlich ausgeführten Vorschlag, den Handlauf und den oberen Abschluss als Abstandshalter zu verwenden. Der Handlauf entstand als doppelt gekrümmte Holzleiste, während der obere Geländer­abschluss aus einer einachsig gebogenen Flachstahlleiste besteht. Vor der endgültigen Beauftragung fertigten wir zur Bestätigung der Umsetzbarkeit einige Musterleisten (Abb. H). LOGISTIKHALLE ECKERT IN WALDHUT-TIENGEN In der Regel sind Hallenbauten mit Stahldachkonstruktionen gegenüber Holztragwerken preislich im Vorteil. Gründe hierfür sind vor a ­ llem die niedrigen Stahlträgerhöhen und die daraus resultierenden geringeren Gebäudehöhen sowie die häufig ausgeführten Zwei­ gelenkrahmen mit einfachen biegesteifen Ecken und geringen Fundamentkosten. Bestehen jedoch Brandschutzanforderungen, wendet sich das Blatt. Gemäß Industriebaurichtlinie können bei tragenden Konstruktionen in R30 bis zu 3000 m2 große Brandabschnitte ausgeführt werden, ohne dass eine Brandmeldeanlage erforderlich wird. Im Vergleich zum Stahlbau, der einen dämmschichtbildenden Anstrich benötigt, ist die R30-Anforderung im Holzbau ohne nennenswerte Mehrkosten möglich. ­Ohne Anforderungen an den Feuerwiderstand (R0) sind ohne Brandmeldeanlage hingegen nur 1800 m2 große Brandabschnitte möglich.

J

3081

00

G

x2

0 14

00

G

L2

4

L2 4

140x200 GL24

24

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GL

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L2

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14 0

G

x2

3081

260x400

4 L2

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14 0

18760 18485 3081 3081

GL24

x2

G L2

4

L2

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0 14

20

140x200 GL24

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0G

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0x

260x

3081

140x200 GL24

260x400

3081

G

3081

00

3081

300

37200

4000

3309

18605 18715

14 0x 2

110

4

0

20

0x 14

G

L2

J–L Logistikhalle Eckert in Waldshut-Tiengen

J Werkstattplanung Übersicht Knoten / Binder Maßstab 1:250

034

ESSAY

GL24

x2

00

G

L2

4

0 14

4

260x400 GL24

14 0

260x400 GL24

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0 x2

4

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20

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00 G

L2

4

3079

Bei der Logistikhalle Eckert in Waldshut-Tingen wurden wir gebeten, eine Alternative zu dem geplanten Stahldachtragwerk auszuarbeiten (Abb. J–L). Der Bebauungsplan gab eine Mindestdachneigung von 8° vor. Die Stützweite war mit 37,5 m in Verbindung mit dieser Neigung geeignet für ein Holzfachwerk. Als Systemhöhe wählten wir 3,5 m. Um Systemhöhe zu sparen, planten wir Einfeldpfetten – ein Durchlauffaktor für die Bemessung der Fachwerkträgers musste daher nicht angesetzt werden. Die Verbindungen sind mit mehrschnittigen Schlitzblechen und dünnen Stabdübeln ausgeführt. Für die Bemessung und die zugehörigen Werkstattzeichnungen der Fachwerkknoten benötigten wir nur rund einen Tag. Aufgrund unserer ­Untersuchungen beauftragte der Bauherr die Holzbauvariante, die keineswegs nur preis­liche Vorteile bietet, sondern auch für eine ­angenehme Raumatmosphäre sorgt. Mit dem neuen hochfesten Holzwerkstoff Baubuche sind bei Fachwerkträgern noch geringere Systemhöhen möglich. Derzeit planen wir eine Produktionshalle mit einer Spannweite von 40 m und einer Trägergesamthöhe von 3 m. Der Untergurtquerschnitt aus Baubuche GL 70 beträgt dabei lediglich 28 × 24 cm (B × H). GEMEINSAM ZUM ZIEL Die enge Zusammenarbeit zwischen Architekt, Tragwerksplaner und Fachfirmen, die über ihre Netzwerke verfügen, kann für alle ­Beteiligten sehr lohnenswert sein, wenn sie unvoreingenommen aufeinander zugehen und offen für Neues sind. Die Rückkopplung mit den Ausführenden macht Architekten und Ingenieuren klar, wie sich ihre Planungen optimal umsetzen lassen. So entstehen Details, die sowohl den Gestaltungsansprüchen der Architekten entsprechen als auch praxisgerecht und kostensicher umsetzbar sind. Aus­führende Firmen sollten dabei nicht vergessen, vor der Beratung eine Vergütungsvereinbarung für die zu erbringende Beratungsleistung mit dem Bauherrn zu treffen.

K

035

L

Praxisgerechte Holzbau­planung – gemeinsam mit Fachfirmen

Text Thorsten Helbig

Die integrale A

Stuttgarter Holzbrücke A  Die Brücke Weinstadt-­ Birkelspitze mit einer Spannweite von 32,20 m wurde zur Remstal Gar­ tenschau im Mai 2019 ­eröffnet.

036

ESSAY

Die „Stuttgarter Holzbrücke“ ist ein neuartiger, langlebiger Brückentyp, der mit möglichst geringem Unterhaltsaufwand auskommen soll. Entwickelt wurde sie vom Ingenieurbüro knippershelbig in Kooperation mit Cheret Bozic Architekten, Holzbauexperten der Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart sowie dem Holzbauunternehmen Schaffitzel. Für das Konzept des von der Clusterini­tiative Forst und Holz Baden-Württemberggeförder­ ten Forschungs- und Entwicklungsprojekts gab es im Jahr 2017 den deutschen Holzbaupreis. Im Mai 2019 wurden die ersten drei Stuttgarter Holzbrücken anlässlich der ­Eröffnung der Remstal Gartenschau ihrer Nutzung übergeben. VON HISTORISCHEN HOLZBRÜCKEN LERNEN Über Jahrhunderte war Holz, noch vor dem schwerer zu bearbeitenden Stein, das bevorzugte Brückenbaumaterial. Die lokal verfüg­bare Ressource konnten ortsansässige Zimmerer für Brücken mit geringer bis mitt­lerer Spannweite einfach und kostengünstig verwenden. Noch heute werden Holzbrücken genutzt, die bereits im 17. und 18. Jahrhundert gebaut und seitdem kontinuierlich gewartet wurden. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um überdachte und allseitig eingehauste Holzfachwerk- oder Bogenkonstruktionen wie beispielsweise die Alte Rheinbrücke Bad Säckingen, die älteste und längste gedeckte Holzbrücke Europas. Mit Beginn der Industrialisierung im 19. Jahrhundert verdrängten Stahl und im 20. Jahrhundert auch Stahl- und Spannbeton mehr und mehr das Holz als Brückenbaumaterial. Und trotz der ­rasanten technologischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre, etwa im Bereich der Klebe- und Schraubtechnologie sowie bei i­ndustriell hergestellten, großformatigen Holzbauelementen, verliert Holz im Brückenbau bis heute weiter an Bedeutung. Die häufigen Schadensfälle an den oft mangel­haften Konstruktionen der 1970er- und 80erJahre verstärken diesen Trend und bestätigen viele Bauherren in ihrer Meinung, Holzbrücken seien nicht dauerhaft und zu aufwendig im Unterhalt. So sind beispielsweise in BadenWürttemberg nur noch 62 von insgesamt c ­ irca 9200 Brücken im Bestand des Landes mit Holz als tragendem Werkstoff ausgeführt (Stand 2012). Beim Forschungsprojekt, das im Jahr 2013 startete, wurden zunächst häufige Schadensursachen an elf alten, noch genutzten Holzbrücken im Stuttgarter Raum analysiert. Die von der MPA Stuttgart bereitge­stellten Untersuchungsergebnisse zeigten die Gründe für die teils erheblichen Schäden deutlich auf. Dazu gehörten unter anderem stauende Nässe im Auflagerbereich und unterhalb undicht gewordener Abdichtungen. Aber auch Anschlusskonstruktionen, die der Bewitterung ausgesetzt sind und nach Durchfeuchtung nicht ausreichend trocknen, ver­kürzen die Lebensdauer der Brücken teils ­erheblich. Die auf diesen Erkenntnissen basierende neue Stuttgarter Holzbrücke ist eine gedeckte Brücke. Der überstehende Gehbelag schützt den Träger aus block­ verleimtem Brettschichtholz vor direkter Bewitterung. Auf der Oberseite ist der Massivholzquerschnitt zudem mit einer diffusionsoffenen Folie abgedichtet. Der Abstand von 15 cm zum Gehbelag ermöglicht eine ausreichende Hinterlüftung. ERSTE INTEGRALE BRÜCKE MIT HOLZÜBERBAU Anders als die historischen Holzbrücken ist die Neuentwicklung jedoch eine integrale, ­also lager- und fugenlose Brücke: Träger und Widerlager sind monolithisch miteinander verbunden. Eingeklebte Gewindestangen, die mit entsprechender Übergrei­ fungslänge in die Bewehrung des Widerlagers eingebunden sind, übertragen die Biegezug- und Normalkräfte zwischen Holzüber- und Stahlbetonunterbau (Abb. F und H). Die direkte Kopplung zwischen dem massivem, blockverleimten Brettschichtholzkorpus und dem Stahl­betonunterbau birgt allerdings das Risiko von Rissbildun­ gen, weil das Quellen und Schwinden aufgrund von Feuchteänderungen im Holz behindert wird. Derartige tragende Verbindungen im Brückenbau gab es bislang nicht. Zur Validierung des Verbindungskonzepts wurden daher ein umfangreiches Versuchsprogramm und ein Prototyp im Dauertest von der MPA Stuttgart entwickelt und a ­ usgewertet. Belastungstests an Brettschichtholz-Stahlbeton-Prüfkörpern, die durch – mit Zweikomponenten-Epoxidharzklebstoff ein­geklebte – Betonstahlstäbe mit 16 mm Durchmesser verbunden waren, bestätigten die rechnerisch ermittelte Traglast und eine sehr hohe Resttragfähigkeit. Eine von knippershelbig betreute Masterarbeit (2014) an der Hochschule für Technik Stuttgart analysierte die statischkonstruktiven Aspekte, die bei der erstmaligen Adaption des Prinzips „integrale Brücke“ 037

Die ­Integrale Stuttgarter Holzbrücke

C

B

D 3000 6 1300

7 8 2 3

4

2%

1

261 30 71

2600 200

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2

1

B Biegemomentenverlauf eines beidseitig eingespannten Einfeldträgers unter Gleichlast (oben) / am Biegemomentenverlauf ausgerichtete Trägerform (unten)

C  Der überstehende Gehbelag schützt den Träger vor direkter ­Bewitterung.

038

ESSAY

D Querschnitt des ­Brückenträgers Maßstab 1:50 1 Unterkonstruktion Stahlträger RHP 140 × 80 × 5

2 Fertigteilplatten aus ­Textilbeton mit beidseitig 2 % Quergefälle 3 Neoprenauflage 5 –10  mm 4 Abdichtung diffusions-­ offene Folie

 berbau Brettschicht5 Ü holz GL 28c, GL 24h, 13 × 20 cm, ­blockverleimt 4 6 Handlauf BSH 7 Lärche 2× Ø 90 mm, auf U-Stahl-

profil verschraubt 7 Geländer, Doppelpfosten aus 2 ­Flachstahl,  S355, t = 10 mm 8 Seilnetz Edelstahl, Maschenweite 40 mm

für den Werkstoff Holz zu betrachten sind. Überbau, Unterbau und Baugrund interagieren miteinander; Boden und Bauwerk müssen genau erfasst und sensitive Bauwerkskomponenten identifiziert werden. Dafür wurde ein Prototyp eines Brückenbauwerks mit rund 40 m Spannweite, das mit einem einzigen vorgefertigten Holzsegment noch herstellbar ist, mit differierenden Parametern untersucht. Daraus ging hervor, dass Holz günstige Voraussetzungen für den Einsatz als Werkstoff für integrale Brücken ­aufweist. Der thermische Ausdehnungskoeffizient ist vergleichsweise gering, das Verhältnis von spezifischem Gewicht und großer geometrischer Steifigkeit günstig und das Relaxationsverhalten reduziert Dauerzwangskräfte. DREI PROTOTYPEN IM REMSTAL Nach Planungsbeginn Mitte 2017 und einer beschränkten Ausschreibung 2018 wurden im Mai 2019 die drei ersten Fuß- und Radwegbrücken – Weinstadt-Häckermühle, Weinstadt-Birkelspitze und Urbach – vom Typ integrale Stuttgarter Holzbrücke pünktlich zum Start der interkommunalen Remstal Gartenschau fertiggestellt. Die lichte Öffnung ihrer Spannweiten beträgt 13,60 m bzw. 32,20 m. Beispielhaft dafür steht eines der beiden Bauwerke mit der größeren Öffnungsweite, die Brücke WeinstadtBirkelspitze, die das nördlich der Rems gelegene Wohngebiet „Trappeler“ mit dem Birkel­areal in Weinstadt-Endersbach verbindet. ­Ihre Ansichtsgeometrie ist so entwickelt, dass der Holzüberbau auch bei maximalem Hochwasserstand immer oberhalb des Wasserspiegels liegt. Die Form des Überbaus folgt dem Momentendiagramm des Brückenträgers unter Gleichlast: Der Querschnitt reduziert sich von den Aufweitungen am Anschlusspunkt zum Widerlager mit hohem Einspannmoment auf ein Minimum am Momentennullpunkt und weitet sich in der Feldmitte wieder auf (Abb. B). Die Abtrep­pung verweist auf die Fertigungsmethode: Insgesamt 13, mit v­ ariierenden Ausrundungsradien im ­Leimbett geformte, jeweils 0,20 m breite Brettschichtholzsegmente der Festigkeitsklassen GL 28c und GL 24h werden in liegender Position zum 2,60 m weiten und 0,93 m hohen Brückenträger mit einem Gesamtvolumen von 45 m3 blockverleimt. So ergibt sich ein feuchtigkeitsempfindlicher Faseranschnitt nur auf der Oberseite, die mit einem Quer- und Längs­gefälle und einer diffusionsoffenen Abdichtung vor stauen­der Nässe geschützt ist. Außer einem sperrenden Anstrich für das Hirnholz im Kontaktbereich zum Stahlbetonwiderlager ist es nicht notwendig, weitere Teile des Massivholzkorpus zu konservieren. Um dessen a ­ ngestrebte Dauerhaftigkeit zu sichern, überwacht die MPA Stuttgart den Überbau an acht ausgewählten Stellen mittels permanenter Feuchtemess- und Temperatursensoren. Die Daten werden in definierten Zeitintervallen ausgelesen und ausgewertet. Insbesondere an den neuralgischen Stellen nahe der Kontaktfuge zwischen Holzüberbau und Beton­widerlager und unterhalb der Folienabdichtung wäre so ein länger anhaltender Anstieg des Feuchtegehalts feststellbar. Ab einer Ausgleichsfeuchte von 20 Prozent könnten Pilz­befall und weitere Schädigun­gen eintreten. CARBONBETON UND BLEIWOLLE Noch in der Montagehalle von Schaffitzel w ­ urden insgesamt 78 Betonrippenstähle mit 20 mm Durchmesser und Längen von 2,30 bis 3,00m bis zu 1,20 m tief in den 30 m langen, blockverleimten Träger eingeklebt (Abb. H). Durch großflächiges Befräsen der Oberseite des Holzkorpus wurde ein zur Längsachse symmetrisches Quergefälle hergestellt. Nach Aufbringen der diffusionsoffenen Folienabdichtung und der Montage der Geländerböcke wurde der vorgefertigte Überbau zum Einbauort transportiert und mit einem Mobilkran eingehoben. Die am Holzkorpus verschraubten Stahlwinkel dienten dazu, das Segment auf den beiden Widerlagern abzusetzen und ­auszurichten. Mit dem Ausbetonieren der E ­ inbindebereiche wurde die kraftschlüssige Verbindung zu den Stahlbetonwiderlagern hergestellt. E  Herstellung eines Prüf­ körpers aus Brettschichtholz und Stahlbeton

F  Ansichten Brückenträger und Widerlager

039

Die ­Integrale Stuttgarter Holzbrücke

Maßstab 1:50 1 Betonstahl Ø B500B, 78 × 20 mm

2 Überbau Brett­ schichtholz GL 28c, GL 24h, 13 × 20 cm, ­block­verleimt 3 Vollgewindeschrauben Ø 8 mm,

l = 260/280 mm, 45° geneigt zur Faser­ richtung angeordnet 4 Auflagerwinkel Stahl S355 J2, t = 15 mm, Steifen t = 10 mm

5 Vollgewindeschrauben als Querzug­ verstärkung Ø 8 mm, l = 640 6 Dübelanschluss zur Lagesicherung 7 Widerlager Stahlbeton

G

H

G  Fertigung des Brückenträgers: 13 je 20 cm ­breite Brettschichtholz­ segmente werden liegend blockverleimt.

H 78 Betonrippenstähle werden bis zu 1,2 m tief in den Träger eingeklebt.

040

ESSAY

I  Der vorgefertigte Überbau wurde zum ­Einbauort transportiert und mit ­einem Mobilkran eingehoben.

Der mechanisch stark belastete Gehbelag besteht aus vorgefertigten carbonfaserbewehrten Feinkornbetonplatten. Da das Fasergelege nicht korrosionsgefährdet ist, reicht eine Betonüberdeckung von 10 mm, bei Stahl wäre eine vier- bis fünfmal so dicke Schutzschicht notwendig gewesen. Neben dem Betonvolumen sinkt die entsprechende Zementmenge und damit der Energieverbrauch für dessen Herstellung um mehr als 50 %. Das neuartige Material verspricht eine sehr hohe Dauerhaftigkeit. Um die Tritt­ sicherheit auch bei Nässe zu gewährleisten, ist die Oberseite der etwa 3 × 3 m großen und 7 cm starken Platten sandgestrahlt, eine wei­tere rutschsichernde und rissüberbrückende Beschichtung ist nicht n ­ ötig. Die Fugen zwischen den Platten sind mit Bleiwolle verstemmt. Die traditionelle Handwerkstechnik, die auch beim Wiederaufbau der Dresdener Frauen­kirche zum Einsatz kam, macht die Fugen langlebig, wartungsarm und ermöglicht die Aufnahme von Bewegungen. NACHHALTIGER, EIGENSTÄNDIGER BRÜCKENTYP Die integrale Stuttgarter Holzbrücke belegt die Nachhaltigkeit des ältesten Brücken­ baustoffs und zeigt neue Möglichkeiten dafür auf. Das monolithische Tragwerk ohne Fugen und Lager ist wartungsarm und aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades schnell montierbar. Im massiven Überbau aus blockverleimten Brettschichtholz wird klima­ schädliches Kohlendioxid dauerhaft gebunden. In Verbindung mit der niedrigen ­Verarbeitungsstufe sind die bei Herstellung und Vertrieb verursachten Emissionen und erforderlichen Energiemengen im Vergleich zu anderen Brückenbaumaterialien vergleichsweise gering. Aus der monolithischen Fügung und der an der Herstellmethode ausgerich­teten Querschnittsgestaltung ergibt sich e ­ ine eigenständige Formensprache für diesen Brückentyp.

I

041

Die ­Integrale Stuttgarter Holzbrücke

Text Pirmin Jung

60 Meter: Das höchste HolzhybridHochhaus der Schweiz 042

ESSAY

Das Baufeld 1 des Suurstoffi-Areals im schweizerischen Rotkreuz wurde der Blickfang des neuen Quartiers, in dem bereits mehrere Wohn- und Büro­gebäude in Holz oder ­Holz-Hybridbauweise – zum Teil ebenfalls unter Mitwirkung unseres Ingenieurbüros Pirmin Jung – entstanden sind. Als Suurstoffi-Campus bildet es für 1300 Studierende den neuen Außenstandort der Hochschule Luzern. Die 42 000 m2 Geschossfläche sind auf drei Gebäude verteilt, die über eine zweigeschossige Tiefgarage miteinander verbunden sind. Der komplett verglaste 60 m hohe Turm bildet den Hochpunkt des Ensembles und schließt vom ersten bis zum fünften Obergeschoss funktional an den 25 m hohen Massivbau des Hörsaalgebäudes an. Als weiteres Gebäude wird ein frei stehender 30 m hoher Baukörper ebenfalls in Hybridbauweise erstellt werden. Aufgrund des kurzen Planungsvorlaufs von nur 13 Monaten bis zum Beginn der Baugrube und einer avisierten Bauzeitzeit von 27 Monaten inklusive der 8000 m2 großen Baugrube entschied sich die Bauherrschaft in Absprache mit dem Gesamtplaner, das Projekt mit den Methoden BIM und Lean-Management zu planen und zu realisieren. Neben einer Erhöhung der Transparenz der Planung war es das Ziel, Fehler zu reduzieren und die Bau­daten schließlich einem modellbasierten Facility Management zur Verfügung zu stellen. ANFORDERUNGEN AN DAS TRAGWERK Bereits im Wettbewerb entschieden sich die Architekten für eine nachhaltige Konstruk­ tion mit möglichst hohem sichtbaren Holzanteil. In der Schweiz muss bei Hochhäusern aus Brandschutzgründen tragendes Holz mit Gipskarton gekapselt werden, was kostenintensiv und gestalterisch unbefriedigend ist. Bei Einbau einer Sprinkleranlage können allerdings l­ineare tragende Bauteile, wie hier die Balkenlage, sichtbar bleiben. Da sichtbare tragende Holzdecken nicht möglich waren, fiel die Wahl auf Holzverbunddecken mit sichtbaren Holzträgern. Bei den sichtbaren ­Holzstützen gaben die Architekten aus gestalterischen Gründen vor, die Querschnitte trotz unterschiedlichster Lasten über alle Geschosse und innerhalb eines Geschosses so einheitlich wie möglich zu dimen­ sionieren. Eine weitere Herausforderung für die Tragwerksplanung lag darin, die unterschiedlichen Toleranzen sowie das unterschiedliche Verformungsverhalten der Holzstützen von dem des Betonkerns – bei einer Gebäudehöhe von 60 m sind das mehrere Zentimeter – exakt zu erfassen und entsprechende konstruktive Justiermöglichkeiten ­vorzusehen. VERBUNDELEMENTE STATT BETONFERTIGTEILE Die Grundrisse des Hochhauses messen 20,4 × 41,4 m. Der zentrale Betonkern nimmt die Treppenhäuser, Lifte und die Haustechnikschächte auf und steift das Gebäude hori­ zontal aus. Die Außenwandstützen aus Massivholz stehen im Abstand von 4,05 m und werden von deckengleichen Randträgern in Holz-Beton-Verbund miteinander verbunden. Ursprünglich war geplant, die 6,65 m tiefe Raumschicht zwischen Kern und Fassade mit Brettschichtholzträgern zu überspannen, auf denen massive Deckenelemente aus Stahlbeton aufgelegt sind, die anschließend vergossen werden. Die Angebote der Betonfirmen überstiegen die Kostenberechnung jedoch um 100 %. Offensichtlich waren hier die Betonfertigteilfirmen technisch und wirtschaftlich noch nicht mit Hybridkonstruktionen vertraut und preisten den Mehraufwand unverhältnismäßig hoch ein. Der Sondervorschlag der Holzbaufirma Erne, Stahlbetondecke und Holzträger als Verbundelement bereits im Werk vorzufertigen, brachte dem Bauherrn in mehreren Punkten einen Mehrwert und wurde r­ ealisiert. Die Decken bestehen aus Holzrippen 2 × 100/280 mm mit schubsteif aufge­ brachtem 160 mm starken Überbeton. Zwischen den Rippen sind Haustechniinstal­ lationen angeordnet (Lüftung, K ­ ühlung, Licht, Sprinkleranlage); auf dem Überbeton wird im EG bis zum 3. OG ein Zementestrich auf einer Trittschalldämmung, in den oberen Geschossen ein Doppelboden montiert. Mit diesem Aufbau werden die Schalldämmwerte und insbesondere die Anliegen des sommerlichen Wärme­schutzes erfüllt. Die Decken­ elemente werden beim Holzbauer in der Werkstatt inklusive dem 160 mm starken Überbeton in einer Breite von 2,7 m vorfabriziert – beidseitig mit einer Randrippe und in der Mitte mit einer Doppelrippe. Bei der zunächst ausgeschriebenen Lösung hätten wir die Lasteinleitung der Decken in den Kern linear über den Überbeton gelöst. Das war mit den Elementen 043

60 Meter: Das höchste Holzhybrid-Hochhaus der Schweiz

A

B

2

1 3

A Beim Hochhaus des Suurstoffi-Campus wurde der Stahlbetonkern mit ­einem Vorlauf von drei Wochen ­betoniert. Die Holzkonstruktion und der

044

Fassadenbau folgten ­ zeitversetzt.

ESSAY

B Grundriss Regelgeschoss Maßstab 1:750 Schnitt Maßstab 1:1500

1 Kern aus Stahlbeton 2 Stützenraster 405 cm Fichte-Brettschichtholz 3 Holz-Beton-Verbunddecken 270 × 665 cm Unterzüge BuchenFurnierschichtholz

des Sondervorschlags wegen der Bautoleranzen nicht mehr möglich. Denn während wir beim Holzbau, also auch bei den Verbunddecken, von Ausführungs­toleranzen von ± 5 mm ausgehen, liegen die Bautoleranzen im Massivbau bei ± 30 mm in alle Richtungen. Die Last musste nun über die e ­ inzelnen Holzrippen punktuell in den Aufzugskern eingeleitet werden. Das Anschlussdetail wurde ­aufwendig umgeplant, bis es die Ansprüche aus Architektur, Statik und Brandschutz erfüllte und logistisch die Schnittstelle zwischen den Gewerken löste. Aus gestalterischen Gründen und aufgrund des schnellen Baufortschritts durften die Anschlussteile des Holzbaus an den Betonkern nicht geschraubt w ­ erden, sie mussten aufgelegt oder angeschweißt werden. Als Holzbauingenieure zeichneten wir die dafür erforder­lichen Ankerplatten in das ­ifc-BIM-Modell ein, anschließend wurden sie vom Tragwerksplaner des Stahlbetons in die Schal- und Bewehrungspläne übernom­ men. Virtuell funktionierte das sehr gut, am Bau zeigte sich aber, dass die geometrische Lage nicht überall eingehalten werden konnte. Obwohl die Maße ab der Bodenplatte des zweiten Unterge­schosses vom G ­ eometer eingemessen und vor dem Betonieren kontrolliert wurden, konnte nicht verhindert werden, dass der Kern in einzelnen Bereichen über die Toleranzwerte hinaus abwich und der Holzbau angepasst bzw. einzelne Ankerplatten kurz vor der Holzbaumontage ­aufwendig umgesetzt werden mussten. Auf die Grundplatten, die in die Betonwände einbetoniert w ­ urden, schweißte der Holzbauer die Auflagerwinkel. Darauf liegen die Ecken des Überbetons der HBV-­Elemente. Die Querkräfte der Holzrippen werden über Vollgewindeschrauben in den 160 mm dicken Überbeton eingeleitet, wo als Durchstanzbewehrung pro Element drei kurze IPE-100-Profile eingelegt sind: eines senkrecht zum Betonkern über dem mittigen Rippenpaar und zwei weitere, die im Winkel von 45° zu den Eckauf­lagern stehen. Die Grundplatte, der ange­ schweißte Stahlwinkel des Auflagers und die Stirnplatte des ­IPE-Elements werden für die geforderte Brandwiderstandsdauer von 60 Minuten durch Kapselung geschützt. Schade, dass dieses schöne Detail nun von Haustechnikleitungen verdeckt ist. An den Außenwänden lagern die Deckenelemente mit ihrer überstehenden Betonplatte auf Unterzügen aus Massivholz auf, deren Unterkante auf Höhe der Unterkante der Elementrippen liegt. Als Schub­verbund sind aus diesen Balken Kerventaschen ausgenommen, die mit den direkt darüberliegenden Aussparungen im Beton des Deckenelements aus­gegossen wurden. Da ein Deckenelement 270 cm breit ist, liegt der Stoß der Deckenelemente asym­metrisch im Stützenraster von 405 cm, aber immer m ­ ittig über einer Kerventasche. Die Aussparungen für die Stützen befinden sich alternierend in Elementmitte, beim benachbarten Element jedoch an der Ecke. ­Daraus ergibt sich eine einheitliche Lastverteilung. Die Stoß­fugen und die Kervenverbindung wurden nach der Montage der Deckenelemente mit Vergussmörtel vergossen. Um das Tragverhalten der Kervenverbindung in diesem Lastbereich empirisch zu untersuchen, wurde an der ETH Zürich ein 1:1-Versuchskörper geprüft. Die Ergebnisse bestätigten die statischen Überlegungen und Berechnungen. STÜTZEN AUS BUCHE – MIT FICHTE BEKLEIDET Die Vorgabe der Architekten war eine einheitliche Struktur aus Deckenrippen und Stüt­ zen mit möglichst schlanken Dimensionen und möglichst identischen Querschnitten über alle Geschosse hinweg. Dies widerspricht der Tatsache, dass in den obersten Geschos­ sen weit weniger Lasten anfallen als etwa im Erdgeschoss, wo die Belastung bei den Standardstützen rund N ­ d = 2730 kN und bei den am höchsten belasteten Stützen bei den Achsverlängerungen der Kernwände und bei den auskragenden Gebäude­teilen Nd = 3660 kN beträgt. Um dieses unterschiedliche Setzungsverhalten zu minimieren, wurden unterschiedliche Holzfeuchtigkeitsklassen und Holz­arten verwendet. Die Robustheit der Tragkon­struk­tion wurde gewährleistet, indem die Erdgeschoss­stützen auf eine außergewöhnliche E ­ inwirkung durch Anprall von 180 kN in 1,2 m Höhe dimensioniert sind. Auch bei den Trägern war es eine Herausforderung, unterschiedlichste erforderliche statische Querschnitte auszubilden, ohne dass die äußeren Dimensionen stark voneinander abwei­ chen. So mussten bei den Unterzügen nahe der Technikschächte D ­ urchbrüche für Leitungen berücksichtigt werden. Üblicherweise wird in solchen Fällen das Holz mit eingeklebten Stahlstäben ertüchtigt. Man entschied sich jedoch bei den hoch belasteten ­Stützen und Unterzügen für eine einfachere und wirtschaftlichere Lösung: eine Leistungssteigerung durch die ­Eigenschaften des Holzes, also den Wechsel zu ­festerem Laubholz in Form von Buchen-Furnierschichtholz. So haben im Erdgeschoss die schwach 045

60 Meter: Das höchste Holzhybrid-Hochhaus der Schweiz

C

F

1

2

E

D

3

C Das gesamte Projekt wurde mit den Methoden BIM und Lean-Management geplant. Bei Hybridbauten hilft das bei der Abstimmung zwischen Holzbau und Massivbau.

D Am Auflager auf den Holzunterzügen entlang der Fassade ist der auskragende Überbeton der Deckenelemente stark bewehrt.

046

ESSAY

E Besonders belastete Stützen und Unterzüge sind aus Buchen-Furnierschichtholz. Durch einen Umleimer aus Fichte ist der Wechsel der Holzart nicht sichtbar.

F Durch Höhenjustierung im Stützenfuß kann die unterschiedliche Verkürzung von Betonkern und Holzstützen geschossweise individuell ausnivelliert werden.

1  Auflegen und Aus­ gießen des Deckenelements auf den Unterzug 2  Höhenjustierung und Aufsetzen der Stütze

3 Festschrauben der Stütze, Vergießen mit Vergussmörtel

belasteten ­Stützen aus Fichten-Brettschichtholz der Festig­keitsklasse GL 32h (charak­ teristische B ­ iegespannung: 32 N/mm2) den gleichen Querschnitt von 360/400 mm wie die stark belasteten Stützen aus Buchen-Furnierschichtholz der Festig­keitsklasse GL 70 (zulässige charakteristische ­Biegespannung: 70 N/mm2). Gestalterisch sollte der ­Wechsel der Holzart die Einheitlichkeit der Fichtenkonstruktion nicht stören. Deshalb wurde die Baubuche mit 20 bis 30 mm dicken Fichtenumleimern bekleidet: seitlich mit der 40 mm breiten Lamellenstruktur, vorne und hinten mit der Brett­struktur. UNTERSCHIEDLICHES VERFORMUNGSVERHALTEN Holz und Beton haben ein unterschiedliches Langzeitverhalten, das heißt, sie verformen sich unterschiedlich. Im Speziellen sind auch das Kriechen, die laufende Verformung unter Lasteinwirkung, sowie die elastischen Verformungen von Holz und Beton nicht identisch. Die hauptsächliche statische Herausforderung war daher das Bemessen der Stützenverkürzung – im Verhältnis zu der zu erwartenden Verkürzung des Betonkerns. Erschwerend kam hinzu, dass die Holz- und Betonkonstruktionen nicht zur selben Zeit begonnen wurden. Je höher das Gebäude, umso größer sind die Abweichungen. Bei 60 m Höhe sind das mehrere Zentimeter. Die Holzstützen mussten je Geschoss so überhöht werden, dass die Decken nach Abschluss sämtlicher elastischer Verformungen und Kriech- respektive Schwindver­formungen horizontal zu liegen kommen.

G

stark belastet stark stark belastet belastet stark belastet

mittel belastet

schwach belastet

Unterzug AW

mittel mittel belastet belastet mittel belastet

schwach schwach belastet belastet schwach belastet

Unterzug Unterzug AW AW Unterzug Außenwand

Unterzug Kern Unterzug Unterzug Kern Unterzug Kern Kern

12. – 14. OG

GL 28 N/mm2 280/320 mm

GL 24 N/mm2 280/320 mm

GL 24 N/mm2 280/320 mm

GL 28 N/mm2 320/280 mm

GL 75 N/mm2 280/320 mm

9. – 11. OG

GL 32 N/mm2 340/340 mm

GL 28 N/mm2 340/340 mm

GL 24 N/mm2 340/340 mm

GL 28 N/mm2 340/280 mm

GL 75 N/mm2 280/320 mm

6. – 8. OG

GL 70 N/mm2 320/320 mm (360/380 mm)

GL 28 N/mm2 360/380 mm

GL 24 N/mm2 360/380 mm

GL 28 N/mm2 380/280 mm

GL 75 N/mm2 280/320 mm

4. – 5. OG

GL 70 N/mm2 320/320 mm (360/380 mm)

GL 32 N/mm2 360/380 mm

GL 28 N/mm2 360/380 mm

GL 28 N/mm2 380/280 mm

GL 75 N/mm2 280/320 mm

EG – 3. OG

GL 70 N/mm2 320/340 mm (360/400 mm)

GL 70 N/mm2 320/340 mm (360/400 mm)

GL 32 N/mm2 360/400 mm

GL 28 N/mm2 400/280 mm

GL 75 N/mm2 320/320 mm

Brettschichtholz Fichte

Furnierschichtholz Buche

G Stützen- und Trägerquerschnitte in den unterschiedlichen Geschossen

047

60 Meter: Das höchste Holzhybrid-Hochhaus der Schweiz

Umleimer Fichte 20 bzw. 30 mm

H

I

J

K

H Randträger mit Kerven für den schubfesten Verguss mit den Deckenelementen und Gewindeschrauben zur Höhenjustierung der Stützen

I Deckenelement mit Durchbrüchen zum schubfesten Verguss mit Randträgern. Absturzsicherung und Halter für Haustechnik sind vormontiert.

048

ESSAY

J Vom aufwendigen ­Anschluss an den ­Aufzugskern und den Stoßfugen der Deckenelemente ist nach der Montage nichts mehr zu sehen.

L

K Die Aussparung im ­Überbeton des Deckenelements wird nach Montage mit der Kerve im Randträger zu einem schubfesten Verbund vergossen.

L Kervenaussparung im Randträger. Pro Deckenelement liegen je zwei Kervenverbindungen mittig auf den Stoßfugen zu den Nachbarelementen.

Diese Überhöhung war von Geschoss zu Geschoss unterschiedlich: Im E ­ rdgeschoss ist die höchste Last vorhanden, jedoch die geringste Stützenlänge. Im Dachgeschoss die längste Stützenlänge, jedoch die geringste Last. Die größte Deformation ergibt sich deshalb in der Gebäudemitte. Wir mussten für den Stützenfuß ein Detail entwickeln, das geschossweise auf die jeweils richtige Höhe eingestellt werden kann. Außerdem darf im Geschossübergang kein Holz quer belastet sein, weil dies zu starken Verformungen geführt hätte. Diesen verformungsfreien Übergang bildet die überstehende Betonplatte des Deckenelements zwischen Stützenkopf und Stützenfuß des darüberliegenden Geschosses. In einem Monitoring wird die Verformung erfasst. WITTERUNGSSCHUTZ UND MONTAGE Als Witterungsschutzkonzept wurden verschiedene Methoden geprüft. Letztlich hat man sich auf die S ­ trategie der dichten obersten Ebene kombiniert mit einem Bauteilschutz geeinigt: Durch den Verguss der Deckenelemente war nach jedem Arbeitstag die oberste Ebene wasserdicht. Die Entwässerung erfolgte über den Kern. Die Unterzüge und Stützen wurden mit einer Folie als Feuchteschutz versehen, die Stützen zusätzlich mit einem mechanischen Schutz. Aufgrund der guten Wetterlage im Sommer 2018 hatte der Holzbauer optimale Bedingungen für die Montage. Die Montierbarkeit der Holzkonstruktion in Kombination mit dem betonierten Kern, also zwei Gewerke von zwei unterschiedlichen Planern und ausführenden Unternehmern geplant und ausgeführt, hatte für uns als Holzbauingenieure oberste Priorität. Der Baumeister sollte den Betonkern mit einem Vorlauf von drei Geschossen gleichzeitig zur Montage der Decken- und Stützkonstruktion gießen – je Woche ein Geschoss. Trotz der Sicherheitskonzepte, die wir mit der SUVA (Schweize­ rische Unfallversicherungsanstalt) erarbeitet haben, erwies sich die Holzmontage unterhalb der Kletterschalung während des Betonierens als zu riskant bezüglich des Herabfallens von Gegenständen. Das resultierende abwechselnde Arbeiten der Gewerke führte zu einer Verzögerung von nur drei Wochen, da der Holzbauer in zwei Wochen drei Geschosse montieren konnte. M

1

3

2

4

M Schnitt Maßstab 1:20

1 Durchstanzbewehrung IPE 100 2 Querkraftverbund Gewindestange 3 Stahlbetonplatte 160 mm 4  Brettschichtholz Fichte 320 mm

049

60 Meter: Das höchste Holzhybrid-Hochhaus der Schweiz

Architekten FT Architects, Fukushima (JP)

Tragwerksplaner Shuji Tada, Tokio (JP)

ఃॉᅡ‫ؙ‬2×36×120

156 36 30 30 36 24

60

਽অ५‫ؙ‬4-M6‫ق‬L=165‫ك‬ ਽অ५‫ؙ‬

24

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60

052

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ਗ෢ പഝ‫ؙ‬tٙ15‫ؙ‬ອ୑ പഝ‫ؙ‬ মৰ৯් ਽౫৳૧࿗ಎ ჽ໿‫ؙ‬18×45 @607ங২ ්ဒଆ਷३‫ॺش‬ ଡୗ৷়ഝ‫ؙ‬t=12

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਽অ५‫ؙ‬2-M6 ਽অ५‫ؙ‬

1365

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25 25

Bogenschießhalle in Tokio

র঎ঝॺ‫ؙ‬2-M10 2-M10

ฮ‫ؙ‬24×50

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12

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2-M10

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15

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25 50

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25 25

ᐈ‫ؙ‬120×180

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1 b

Schnitte, Grundriss Maßstab 1:400 1 Schießhalle 2 Innenhof 3 Zielanlage

054

�����������������

3 b

a

Lageplan Maßstab 1:2000

2

Kyudo, die traditionelle Kunst des Bogenschießens, hat in Japan einen kulturell sehr hohen Stellenwert. So ist es wenig verwunderlich, dass die Technische Universität „Kogakuin“ im Westen von Tokio für ihren Campus den Bau einer Bogenschießanlage beauftragte. Vorgabe des Bauherrn war ein kostengünstiges Tragwerk aus regionalem Holz, das einen stützenfreien Raum von 7,20 × 10,80 m überspannt. Deshalb entwickelten die Ingenieure ein feingliedriges räumliches Stabwerk aus japanischen Zypressenhölzern, die ursprünglich für die Möbelherstellung vorgesehen waren. Dank eines engen räumlichen Rasters von 60 × 60 × 60 cm konnten die einzelnen Stäbe des Tragwerks sehr schlank dimensioniert werden. Die Dachsparren bestehen aus jeweils zwei 120 × 36 mm starken miteinander verschraubten Brettern. Zwischen diesen Brettern sitzen im Raster senkrechte Bündel aus jeweils vier Hölzern von 36 × 36 mm. Diese umschließen in vorgefertigten Auskantungen sechs im Rasterabstand übereinanderliegende waagrechte Latten von 24 × 50 mm. So entsteht im Querschnitt ein stabiler Dreiecksrahmen. Hintereinander aufgestellt wurden diese Rahmen mit Stahlwinkeln auf die Ringbalken montiert und anschließend mit 12 × 50 mm starken in Gebäudelängsrichtung laufenden Holzstäben verbunden. Diese führen durch alle Knotenpunkte der waagrechten und senkrechten Stäbe der Dreiecksrahmen und sind dort mit Schrauben fixiert. Die aufgebrachte Dachhaut besteht aus einem verzinkten Stahlblech und einer Sperrholzplatte mit Bitumenbeschichtung. Die Wände des Holzständerbaus sind außen mit dunkel lasiertem Zedernholz und innen mit Gipskartonplatten verkleidet. Trotz seiner starken Präsenz unterstreicht der filigrane Dachstuhl die Offenheit des Raumes. Florian Köhler

055

Tokio (JP)

1

2

6871,5

3

4

5

1365

1365

7280

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St‫ؙ‬2L-50×50×4

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1365

3 Querstab Zypressenholz 50/24 mm 4 Auskantung 50/36/6 mm 5 Holzschraube M6

056

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Schnitt Maßstab 1:100 Details Maßstab 1:20

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ฮ‫ؙ‬50×24 c ਽অ५‫ؙ‬2-M6

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Axonometrie 1 Längsstab Zypressenholz 50/12 mm 2 Vertikalstab Zypressenholz 36/36 mm

36 3636 36 12 156 ฮ‫ؙ‬12×50

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Tokio (JP)

A

C

058

D

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059

Tokio (JP)

Architekten Hiroshi Nakamura & NAP, Tokio (JP)

Tragwerksplaner Arup, Tokio (JP)

Kapelle in Sayama 1

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6

3

5

4

2

7

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Der Sayama Lakeside Cemetery Park, eine Grünanlage mit Friedhof, liegt inmitten der Hügellandschaft Sayamas, unweit von Tokio. Anlässlich seines 40-jährigen Bestehens wurden die Kapelle und der Gemeindesaal neu errichtet. Die neue Kapelle befindet sich ­direkt an der Grenze des Friedhofs zu einem benachbarten Waldstück und steht allen Besuchern, unabhängig von ihrer reli­giösen Überzeugung, offen. Die Architekten entwarfen ein Gebäude, das gleichzeitig Ruhe und Intimität bietet, und sich zudem harmonisch in die Umgebung mit ihren dichten Baumgruppen einfügt. Um die Bäume und deren Äste zu schützen, sind die Außenwände der Kapelle nach innen geneigt. Auf diese Weise entsteht eine typisch japanische Dachform namens Gassho 合掌 („Betende Hände“).  Sophie Karst

3

3

4

2

1

Grundriss Maßstab 1:400 1 Eingang Kapelle 2 Altar 3 Grab 4 Eingang zur Urnenhalle im Untergeschoss

062

Kapelle

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Sayama (JP)

Text Sophie Karst

1

Schnitt Maßstab 1:100 Vertikalschnitt Fußpunkt Maßstab  1: 20  

064

6

3

5

4

2

1 Dachdeckung Aluminiumgussplatte 4 mm Abdichtung 1 mm Edelstahlplatte 0,3 mm Abdichtung zweilagig 2 mm Sperrholzplatte 12 mm

Kapelle

8

7

Lattung 50/30 mm / Wärmedämmung PS 50 mm Sperrholz doppellagig 5 mm 2 Dachsparren ­japanische Lärche 280/60 mm,

­Holzschutzlasur 3 Befestigungsbolzen Rundstahl Ø 32 mm 4 Stahlring Mörtelschicht Stahlbeton wasser­ abweisend 200 mm 5 Anti-Rotationsstopper

Rundstahl Ø 22 mm 6 Steckbolzen Rundstahl Ø 16 mm, Länge 240 mm 7 Naturstein 30 mm Mörtelbett 30 mm Schlackenbeton 40 mm, integrierte

Fußbodenheizung Hohlraumestrich 80 mm, integrierte ­Lüftungsrohre Stahlbeton 200 mm 8 Glasfassade Floatglas 15 mm

ZEITGENÖSSISCHE GASSHO-KONSTRUKTION Die Tragstruktur besteht aus steil aufgestellten Dachsparren, sogenannten Sasu, die an ihrer Spitze kraftschlüssig miteinander ver­bunden sind. Um ein Knicken zu verhindern, sind sie aus einem speziellen, äußerst stabilen Lärchensperrholz gefertigt. Die Kanten der 60 mm dicken Holzsparren sind mit einem Krümmungsradius von 9 mm abgerundet und verleihen dem Tragwerk, das im Innenraum komplett sichtbar bleibt, eine gewisse Finesse. Dadurch, dass sowohl der Firstbalken als auch sämtliche notwendigen Metallverbindungen unsichtbar bleiben, entsteht der Eindruck, es handle sich

um schlichte, aus dem Boden aufsteigende Holzstützen. Die zwischen den Sparrengruppen entste­henden Dreiecksöffnungen sind als Glasfassade ausgeführt und ermöglichen Ausblicke in den Park. Die insgesamt 251 Holzsparren unterscheiden sich in Länge und Ausrichtung, und wurden daher auf der Basis eines 3D-Modells CNC-gesteuert zugeschnitten. Trotz einer maximalen Länge von 9 m wurden die Träger mit einer geringen Maßtoleranz von lediglich 3 mm produziert.

MONTAGE Die frei stehenden Sparren stützen sich gegenseitig und sind durch eine Metallplatte und Steckdübel an ihren oberen Enden miteinander verbunden. Da die so entstandenen Sparrenpaare an ihren Fußenden mit zwei Löchern ver-

sehen sind, konnten sie anschließend einfach auf die senkrechten Stifte des auf die Bodenplatte montierten Stahlrings gesteckt und mit einem Bolzen gesichert werden.

DACHHAUT An das Dachmaterial gab es drei Anforde­rungen: Es sollte ein langlebiges biegsames Material sein, das sich der Dachkrümmung ­anpasst, und außerdem ein Material aus der Region, das gleichzeitig die Oberflächentextur von Baumharz aufweist.

065

Sayama (JP)

Die Architekten entschieden sich schließlich für Aluminiumgussplatten in sechs verschiedenen Größen, die bewusst nicht eloxiert sind, um jene unregelmäßige Textur zu bewahren, die sich etwa durch Brandflecken bei der Herstellung bildet.

Architekten Wilmotte & Associés, Paris (FR)

Tragwerksplaner Egis Bâtiments Méditerranée, ­ Nizza (FR)

Stadion in  Nizza

066

067

Das im Rahmen einer öffentlich-privaten ­Partnerschaft (PPP) im südfranzösischen Nizza realisierte Multifunktionsstadion Allianz R ­ iviera dient vor allem als Austragungsort für Fußballspiele. Genutzt wird das Stadion mit insgesamt 35 624, auf drei Rängen verteilten Sitzplätzen überwiegend vom Fußballverein OGC Nice – 2016 fanden hier aber auch mehrere Länderspiele der Fußball-Europameisterschaft 2016 statt. Aufgrund seiner Größe und Ausstattung ist die Arena darüber hinaus für Rugbyspiele, Open-AirKonzerte sowie andere Großveranstaltungen und Events geeignet. Das Stadion befindet sich rund fünf Kilometer westlich des Stadtzentrums im neu gegrün­deten Stadtentwicklungsgebiet Écovallée Plaine du Var, einem Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Wohnen und Arbeiten, das unter anderem mit dem Ziel einer ausgeglichenen CO2-Bilanz errichtet werden soll. Nicht zuletzt aufgrund dieses Standorts spielten ökologische Aspekte eine wesentliche Rolle, als die Stadt Nizza 2009 einen Generalplanerwettbewerb auslobte, dessen Teil­nahmebedingungen verlangten, dass Bauunternehmen jeweils im Team mit einem ­Architektur- bzw. Ingenieurbüro teilnehmen. Den Zuschlag erhielt der Baukonzern Vinci Concessions, der gemeinsam mit den Architekten von Wilmotte & Associés und den I­ngenieuren von Egis Bâtiments Méditerranée auftrat. Der Entwurf sah von Anfang an einen Sockelbau aus Stahlbeton vor, über dem eine hybride, netzartige Stahl-Holz-Konstruktion die Gebäudehülle und das Dach trägt. Die Herausforderung bei der Realisierung dieses Tragwerks, das in seiner Wellenform auf die umliegende Hügellandschaft Bezug nimmt, lag zum einen in der Generierung eines parametrischen 3D-Modells, das alle Projektbeteiligten problemlos zur Tragwerksplanung und -optimierung nutzen konnten. Zum anderen sollte die Struktur trotz ihrer hohen Komplexität aus möglichst wenigen, baugleichen Standardelementen und -knoten bestehen. Der Einsatz von Holz als Konstruktionsmaterial, insbesondere zur Aufnahme der hohen Druck­ kräfte im Innenbogen der insgesamt 60 gewölbten Halbrahmen, lag schon allein aufgrund der ökologischen

068

Stadion

Vorteile nahe. Beispielsweise ließ sich der mit der Bauwerkserrichtung verbundene CO2-Ausstoß dadurch um rund 3000 t reduzieren. Dank der hohen Druckfestigkeit bei vergleichsweise geringem Eigengewicht bot Holz zusätzlich den Vorteil, das Gesamtgewicht der Konstruktion gering zu halten. Das günstige Elastizitätsmodul von Holz und die relativ „weiche“ Bauweise führen darüber hinaus zu einem Dachtragwerk, das auch die an diesem Standort zu berücksichtigenden Anforderungen an die Erdbebensicherheit erfüllt. Über den gekreuzten Brettschichtholzprofilen befindet sich eine Stahlrohrkonstruktion aus pyra­ midenförmigen Elementen, die zusammen mit dem Bogenrücken, ebenfalls aus Stahlrohrprofilen, ein räumliches Fachwerk ausbildet. Die Dachfläche besteht größtenteils aus weißer PVC-Folie, die den Stadion­ besuchern im Sommer Schatten spendet, s­ owie aus einem 8500 m2 großen, ringförmig um­laufenden Bereich mit Photovoltaikpaneelen. Der innerste Ring der Dachfläche über dem Spielfeld und die vertikalen Flächen der Außenhülle sind als lichtdurchlässige ETFE-Membran ausgeführt – dies trägt zur besseren  Belichtung des Rasens bzw. der Erschließungsbereiche bei. Außerdem lässt die Membran das Tragwerk – vor allem am Abend bei eingeschalteter Innenbeleuchtung – zum bestimmenden Faktor des äußeren Erscheinungsbilds werden. Gemäß der Vorgabe des Generalplanerwettbewerbs wurde das Stadion als Plusenergie-Bauwerk realisiert. Um dieses Ziel tatsächlich zu er­reichen, kommt neben der Sonnenergienutzung durch die ­Photovoltaikpaneele auf der Dachfläche auch Geothermie zur Versorgung der I­nnenräume unterhalb der Zuschauertribünen mit kalter bzw. warmer Luft zum Einsatz. Inzwischen ist das Stadion HQE-zertifiziert (Haute Qualité Environnementale) – ein Nachhaltigkeitszertifikat, das mit dem DGNB-Siegel vergleichbar ist – sowie mit Architektur- und Holzbaupreisen ausgezeichnet. Roland Pawlitschko

Membrane

1

Membrane Steel extrados Membrane Steel extrados Membrane Membrane Timber intrados Steel extrados

2

Timber intrados Steel extrados Steel extrados Timber Stands intrados

Stands Timber intrados Timber intrados Stands

3

Stands Base Stands Base

4

Base

Base Base

5

Übersicht der ­baulichen  Schichten 1 Gebäudehülle als ­dünne Membran 2 Bogenrücken aus Stahl

3 Innenbogen aus Holz 4 Zuschauerränge 5 Sockelbau aus ­Stahlbeton

069

Nizza (FR)

aa 5

5 7

7

7

6

7

6 5 5 6

7

6

5

7

4

6

5

Ebene 3

a

2

2

2

3

3

2

1

3

3 1

Ebene 1 Schnitt, Grundrisse Maßstab 1:2000

1 VIP-Bereich 2 Business Lounge 3 Büro 4 Pressebereich 5 Erschließungsbereich 6 Kiosk 7 Technik

070

Stadion

1

1

a

071

Nizza (FR)

Text Adrien Escoffier

A

B

C 4000 kN 3500 kN 3000 kN 2500 kN 2000 kN 1500 kN 1000 kN 500 kN 0.0 kN -1000 kN -1500 kN -2000 kN

D 572.5 kN 494.0 kN 415.5 kN 336.9 kN 258.4 kN 179.9 kN 101.4 kN 22.87 kN -55.65 kN -134.2 kN -212.7 kN -291.2 kN -369.7 kN -448.2 kN -526.8 kN -605.3 kN -683.8 kN -762.3 kN -840.8 kN -919.3 kN

072

STADION

Das Ingenieurbüro Egis war beteiligt an der Entwurfsplanung und geometrischen Optimierung des Dachtragwerks zwischen Wettbewerbsphase und Detailplanung. Prägend für diese Optimierung war insbesondere der relativ enge Zeitrahmen, aber auch die Tatsache, dass der Bau des Stadions im „Design-and-BuildVerfahren“ erfolgte – hierbei bilden Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen von Anfang an ein Planungsteam, das sich noch

vor Abschluss des Wettbewerbsverfahrens ­verpflichtet, ein bestimmtes Budget einzuhalten. Die Tragwerksentwicklung während des Wettbewerbs erfolgte in zwei Phasen: Als Erstes wurde das architektonische Konzept präsentiert und das Tragverhalten bewertet. Im nächsten Schritt kam es zur detaillierten geometrischen Analyse – mit dem Ziel, dem Bauunternehmen gegenüber die Machbarkeit des P ­ rojekts nachzuweisen.

ERSTER SCHRITT: TRAGVERHALTEN UND MATERIALIEN Die Gebäudehülle bildet eine durchgängige Fläche, die über der Eingangsebene als ver­tikale Fassade beginnt und als Dach alle Sitzplätze vor Witterungseinflüssen schützt. Unter dieser Hülle liegt ein bis über das Spielfeld auskragendes Tragwerk aus dreidimensionalen Holz-StahlFachwerkträgern. Die Holzbauteile befinden sich an der Unterseite, wo sie am besten sichtbar und auch statisch am effizientesten sind – unter Normalbedingungen sind sie überwiegend Druckkräften ausgesetzt (Abb. C,D). Als die Architekten noch am Entwurf der Dachform arbeiteten, entwickelten wir ein parametrisches 3D-Modell, das es uns erlaubte, die

Tragstruktur der gesamten Dachfläche nach­ zuzeichnen. Das daraus resultierende d ­ igitale Modell, das zur Erstellung von Renderings und zum 3D-Druck eines physischen M ­ odells genutzt wurde, beeindruckte das gesamte Team, warf aber auch Fragen zur geometrischen Komplexität und zu den sich nicht wiederholenden Einzelbauteilen auf. In der zweiten Phase, an deren Ende das Projekt kostenmäßig bewertet und der Wettbewerbsjury präsentiert werden musste, erstellten wir ein komplett neues parametrisches Modell, das die gesamte Tragstruktur mit sehr hoher geometrischer Genauigkeit definiert.

ZWEITER SCHRITT: GEOMETRISCHE OPTIMIERUNG Die neu generierte Dachform besteht aus Tragwerkselementen, die die serielle Herstellung vieler gleicher Teile erlaubt – zum Beispiel identische Stahlknoten zur Verbindung von Holzbauteilen und Stahldiagonalen (Abb. F, G). Sie ist keine Nurbs-Freiform mehr, sondern eine dreidimensionale Aneinanderreihung von Ebenen und

A Darstellung  der drei  unter­schiedlichen Rotationsflächen, auf denen die Gesamtform des Holztragwerks basiert

B Geometrie des Holz­ tragwerks nach der Optimierungsphase. Gleiche Farben zeigen Bereiche mit identischem Tragwerk.

073

Nizza (FR)

C Axialkräfte ­Regelschnitt

zylindrischen Flächen, die im Schnitt von vertikalen Kreisbögen und, von oben betrachtet, von geschwungenen Kurvenlinien (Abb. A, B) abgeleitet sind. Die Kurven­linien, die jeweils ­Rotationsflächen ausbilden, passten ideal zur Dachform, die im Grundriss wie auch in der Ansicht gekrümmt ist.

D Axialkräfte im netzartigen Holztragwerk

E L)

ue (H

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L) ique (H acoust ection de corr Zone

F

G

H

074

Stadion

Appui néopréne Détail 8

PARAMETRISIERUNG Zur Bewältigung der geometrischen Herausforderungen setzten wir die Programme R ­ hino und Grasshopper ein. Gleichzeitig definierten wir zahlreiche Parameter, die es uns ermöglichten, die Dachform auch im weiteren Planungsverlauf präzise zu kontrollieren – zum Beispiel verglichen wir die Dimensionierung des Haupttrag­ werks und die Dachneigungen mithilfe des neuen parametrischen Modells mit den Dimensionierungskriterien der Sekundärstruktur und der Membranhülle. Großmaßstäblich betrachtet entsteht die Form der auskragenden Innenbögen aus der Lage der

Kurvenlinien und der auf ihr definierten Anzahl an Teilungen. Die Lage der Kurvenlinien gab auch jene Punkte vor, an denen das Dachtragwerk auf der Tribüne aufgelagert ist. Diese ­Parameter definierten somit die Anzahl der sich wiederholenden Elemente wie auch die Dach­ form und die Schnittstellen zwischen Dach und Auflagern. Auf kleiner Maßstabs­ebene wurden Parameter zur Bestimmung der Schnittfigur ­esetzt. Sie hatten Einfluss auf die statische Effizienz der Fachwerkträger, die Bezüge zwischen Primär- und Sekundärtragwerk sowie die Dachneigungen der Membranhülle.

MEMBRANHÜLLE Das Stadion zählt zu den ersten Bauwerken, die auf so großer Fläche (25 000 m2) mit einer dünnen einlagigen ETFE-Membran bedeckt sind. Da ETFE-Strukturen in Frankreich erst seit relativ kurzer Zeit angewendet werden, gibt es bisher keine Regelwerke, und auch die bestehenden Normen für textile Strukturen sind nur

E  axonometrische ­Darstellung eines gewölbten Halbrahmens

F  Stahlbauteile des ­Verbindungsknotens für die durch­gesteckten Balken mit schlankerem Querschnitt

075

Nizza (FR)

G  Stahlbauteile des ­Ver­bindungsknotens für die Holzbalken mit ­größerem Querschnitt

eingeschränkt anwendbar. Stattdessen sind sie als Fassadensystem eingestuft und bedürfen der Zustimmung im Einzelfall. Für die hierfür ­erforderlichen Tests entwickelten wir eine Untersuchungsmethode zur Ermittlung der zulässigen Beanspruchung der ETFE-Membran bei zweiachsiger Verspannung.

H  Verbindungsknoten für die Holzbalken mit größerem Querschnitt nach Montage der Holzbalken

Architekten Tectoniques Architectes, Lyon (FR)

Tragwerksplaner Arborescence, Lyon (FR)

Sporthalle in Rillieux-la-Pape 1

076

2

4

5

077

3

aa

bb

a

b

2

1

b

9

6 8

7

5

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4

a

Lageplan Maßstab 1:3500 Schnitte Grundriss Maßstab 1:500

078

1 Mehrzwecksporthalle 2 Gymnastikhalle 3 Büro Verwaltung 4 Foyer 5 Öffentliches WC 6 Müllraum 7 Büro Wachpersonal

Sporthalle

8 Windfang ­Eingangs­bereich 9 Tribüne

3

Die Turnhalle Hacine Cherifi ist die neueste ­Erweiterung des Paul-Chevallier-Schulzentrums in Rillieux-laPape nördlich von Lyon. In direkter Nachbarschaft zu den zwei bestehenden ­Gebäuden bildet die Doppelturnhalle den nordöstlichen Abschluss des Schulareals. Sie erhielt ihren Namen zu Ehren des gleichna­migen ehemaligen Boxweltmeisters, der in der Kleinstadt aufwuchs. Das mit Douglasienholz verkleidete Volumen vereint in seinem Inneren eine 1100 m2 große ­Mehrzwecksporthalle und eine 800 m2 große Gymnastikhalle, die sich L-förmig um einen verglasten Eingangsbereich samt Cafeteria anordnen. Die Geräteräume und Umkleiden sind eine Etage tiefer untergebracht. Um eine Beeinträchtigung des benachbarten ­Wohnquartiers durch das Gebäude mit seiner Höhe von 9 bis 12 m zu begrenzen, ließen die Architekten das Volumen teilweise in das a ­ bfallende Gelände eingraben. Bei der Materialwahl im Inneren folgten die Planer konsequent der Geschossgliederung: Die unteren 3 m der Halle sind, einschließlich der 400 Personen fassenden Zuschauertribüne, aus Sicht­beton gefertigt, darüber schließt sich ein ­reiner Holzbau an. Die Atmosphäre in den beiden Hallen ist von hellen Holztönen und dem Grau der Sichtbetonflächen geprägt. ­Einen deutlichen Kontrast hierzu bilden lediglich die Turngeräte. Für sie wählten die Architekten ausnahmslos Feuerwehrrot. Sophie Karst

079

Rillieux-­L a-Pape (FR)

Text Laurent Clère Linçoir GL24h - 140*360 Linçoir GL24h - 140*360

2900

12218

5800

9386

5800

6134

5800

580

A

Linçoir GL24h - 140*360 Linçoir GL24h - 140*360 12218 12218

2900

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5800

Linçoir GL24h - 140*360 Linçoir GL24h - 140*360 9386 9386

6134 6134

5800

5800

Panne GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360

2900 2900

5800 5800

B

Panne GL24h - 140*360

5800 5800

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2570

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520

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520

2570

140

Linteau GL24h - 200*540

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520

2570

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2570

140

Linteau GL24h - 200*540

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2570

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Panne GL24h - 140*360

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Linteau GL24h - 200*540

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360

Panne GL24h - 140*360 Panne GL24h - 140*360 Lisse GL24h - 140*360 Lisse GL24h - 140*360

Lisse GL24h - 140*360 Lisse GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360 Panne GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360 Panne GL24h - 140*360

200

Panne GL24h - 140*360 Panne GL24h - 140*360

520

Linteau GL24h - 200*540

2570

Panne GL24h - 140*360 Panne GL24h - 140*360

C

Linteau GL24h - 200*540

2570

Lisse GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360

Linteau GL24h - 200*540

2570

140

Panne GL24h - 140*360

Lisse GL24h - 140*360

au GL24h - 200*540 2570

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2570

Panne GL24h - 140*360

5800 5800

Linteau GL24h - 200*540

2570

Panne GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360

Lisse GL24h - 140*360

Lisse GL24h - 140*360

Panne GL24h - 140*360

Chevron 60*180 60*180 Linteau GL24h - 200*5Chevron 40 LinteCalage au GL+24 200*540 2h vis- Ø6/120

au GL24h - 200*540 au GL24h - 200*540 2570 2570

140 140

2570 2570

520 520

2570 2570

140 140

2570 520 Chevron 60*180520 2570

5600

520 520

Linteau GL24h - 200*540 Linteau GL24h - 200*540

Chevron 60*180

2570 2570

140 140

Linteau GL24h - 200*540 Linteau GL24h - 200*540

2570 2570

520 520

2570 2570

140 140

Linteau GL24h - 200*540 Linteau GL24Calage h - 200*540 + 2 vis Ø6/120

2570 2570

520 520

2570 2570

140 140

2710 2710

360 360

Chevron 60*180 Chevron 60*180 Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180

Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180

200

Chevron 60*180

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

60 630 60 630 60 630 60 630 60 630 60 630 60 630 60 630 60

Chevron 60*180 Chevron 60*180 Calage + 2 vis Ø6/120 Chevron 60*180

D

Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180

5600

Queue d'aronde adaptée suivant appui Chevron 60*180 Tôle - 8mm Chevron 60*180

Tôle - 6 mm

Calage + 2 vis Ø6/120

200 200200 5600 5600

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

80

Chevron 60*180 Chevron 60*180 Chevron 60*180 Calage + 2 vis Ø6/120 Calage + 2 vis Ø6/120Chevron 60*180 Chevron 60*180

5

3062

5

3062

5

3062

5

3062

3062

5

3075

Calage + 2 vis Ø6/120 Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180 Chevron 60*180

11

Chevron 60*180 Chevron 60*180

2

Chevron 60*180 Chevron 60*180

80

2*2 boulons Ø16

Calage + 2 vis Ø6/120 Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180 Chevron 60*180

Pour les files C à H

2*4 boulons Ø16 Chevron 60*180

Calage + 2 vis Ø6/120 Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180

80

200200

Chevron 60*180 Chevron 60*180 2791 2791

5 5

3062 3062

2*3 boulons Ø16 5 3062 5

3062

5 5

3062 3062

5 5

80

48 64 48

080

5

Tôle - 6 mm

80

48 64 48

80

Epaulement adapté suivant appui Tôle - 8mm

Chevron 60*180

2791

80

Calage + 2 vis Ø6/120

Chevron 60*180

60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60 630630 60 60

80

Chevron 60*180

Sporthalle

80

23062 11 3062

5 5

3062 3062

5 5

3062 3062

5 5

3062 3062

5 5

2*3 boulons Ø16 2*2 boulons Ø16 Pour les files C à H

3062 3062

5 5

3062 3062

5 5

3075 3075

3062

5

200

2791

5

307

Aufbauend auf der Erfahrung früherer Projekte verwenden die Architekten auch hier eine ­hybride Konstruktion aus Holz und Beton,

die im Inneren nahezu komplett ablesbar bleibt. Die Holzelemente wurden dabei weitgehend vorgefertigt.

DACHKONSTRUKTION Das Haupttragwerk bilden Holzfachwerkbinder. Diese verlaufen in der kleinen Gymnastikhalle in Längsrichtung mit einer Spannweite von 33,66 m, während sie in der großen Halle eine Stützweite von 27,54 m erreichen. Die Fachwerkträger, deren Ober- und Untergurte durch vertikale ­Pfosten und diagonale Streben aus Brettschichtholz miteinander verbunden sind, ruhen auf L ­ eimholzstützen im Abstand von 5,80 m. Angeliefert wurden die vor­

gefertigten Dachbinder in j­eweils zwei Teilstücken, die später auf der Bau­­­s­telle zusammengesetzt und per Kran in ihre endgültige Position gehoben wurden. Durch eine wechselseitige Anordnung der Dachflächen auf Höhe der Ober- und Untergurte konnte das offene Fachwerk der Träger teils mit Fensterbändern ausgestattet werden, was eine ­natürliche Belichtung der Halle mit blendfreiem Nordlicht ermöglicht.

STÜTZENAUFLAGER An der Westfassade stehen die Leimholzstützen auf der 3,75 m hohen Betonwand; an der Ostseite sind sie auf der Stahlbetonbodenplatte oberhalb der Sitzreihen aufgelagert und verlaufen von hier aus bis zum obersten Dachpunkt. Die Stützen sind

durch Füll­stücke aus Brettschichtholz paarweise miteinander verbunden und werden am Fußpunkt mithilfe eines Stahlblechs angeschlossen, das ­jeweils im Stützenkern steckt und auf einer im Boden einbetonierten Konsole befestigt ist.

E Diago de stabilisation

Diago de stabilisation

C Aufsicht auf DachRahmenkonstruktion in Unter­gurtebene mit diagonalen ­Querstreben, Maßstab 1:200

A  Schnittansicht ­Nordfassade Maßstab 1:200 Ansicht Fachwerkträger kurz und Stützenraster in Fassade mit A ­ ussteifung

B  Schnittansicht ­Ostfassade Maßstab 1:200 Schnitt durch Ober- und Untergurtebene Dach, Ansicht ­Doppelstützen mit Aussteifung

081

Rillieux-­L a-Pape (FR)

D Details Knotenpunkt Querstreben mit Stahlblech­ verstärkung, Maßstab 1:20

E Axonometrie Gesamttragwerk

1

2

3

4

1

5

6

7

Vertikalschnitt Dach und Fassade, Maßstab  1:20 1 Dachdichtung Kunststoffbahn PVC Wärmedämmung 160 mm Dampfsperre

Furnier­sperrholzplatte 22 mm; Dachsparren 170/70 mm dazwischen Akustikpaneel Holzwolle 25 mm 2 Fachwerkträger Obergurt 200/450 mm

082

Sporthalle

3 Querstrebe ­Massivholz 170/70 mm 4 Diagonalstrebe ­Brettschichtholz 180 mm 5 Fachwerkträger Untergurt

2× 90/720 mm 6 Schalung Douglasie 63 mm; Dreischichtplatte 19 mm Lattung horizontal 27/38 mm Lattung vertikal 38/38 mm

Abdichtung Holzwolle-Leichtbau­ platte 35 mm Querbalken 360/140 mm dazwischen Wärmedämmung Strohballen in Holzrahmen

360 mm; OSB 18 mm Dampfsperre; Lattung vertikal 120 mm Dreischichtplatte Fichte 19 mm 7 Wärmedämmung PU 160 mm; Abdichtung Stahlbeton 360 mm

AUSSTEIFUNG Die horizontale Aussteifung der großen Halle wird durch diagonale Querstreben aus Massivholz erreicht, die zwischen den Sparren ­jeder Dachebene spannen. In der Vertikalen sind die Fassaden samt der inneren Rahmenkonstruktion durch stählerne Auskreuzungen mit Spann-

schrauben ausgesteift, um die Horizontallasten in den Stahlbetonsockel abzutragen. Die Fachwerktträger werden in Querrichtung durch Holzrahmen ausgesteift, die mit den Doppelstützen der Ostfassade verbunden sind. Die Stützenfußpunkte sind fest im Betonsockel eingespannt.

AUSSENWÄNDE Die insgesamt 2000 m2 opaker Fassade ­bestehen aus nichttragenden, 36 cm starken OSB-Kastenelementen. Diese wurden vorgefertigt und anschließend mit Stroh­ ballen gefüllt. ­ F

G

F Verbindungsprinzip des in zwei Teilen gefertigten Fachwerkträgers Ansichten Träger Maßstab 1:50 Axonometrien

G Montage Doppelstütze auf Stahlkonsole Axonometrie Ansicht, Grundriss Maßstab 1:50

083

Rillieux-­L a-Pape (FR)

Beplankt sind die Wände beidseitig mit Drei­ schichtplatten – innen aus Fichte und außen aus Douglasie. Die vertikalen, 38 × 73 mm starken Leisten aus Douglasienholz ver­leihen den äußeren Wandober­flächen ein feines ­Relief.

Architekten Rossetti + Wyss Architekten, Zollikon (CH)

Tragwerksplaner Lüchinger+Meyer ­Bauingenieure, Zürich (CH)

Werkhalle in A ­ ndelfingen

084

085

aa

bb

a

b

b

a

Schnitte, Grundriss Maßstab 1:500

Lageplan Maßstab 1:2500

086

Werkhalle

Axonometrie

Das Prinzip „Blockhaus“ hat sich über mehrere Jahrtausende bewährt. Dass diese Konstruktionsart auch im großen Maßstab funktioniert, zeigt die 480 m2 große Werkhalle in Andelfingen bei Winterthur. Die auf dem Areal des Wasserbauwerkhofs Neugut errichtete stützenfreie Halle bietet Platz für sechs große Fahrzeuge und Maschinen. 29,7 m Länge und 7,6 m lichte Raumhöhe ermöglichen ein hindernisfreies Arbeiten mit Kranfahrzeugen. Das zu den Längsseiten offene Dach kragt weit über den Vorplatz und bietet somit auch bei Arbeiten vor der Halle Schutz vor Witterungseinflüssen. Zusammengesteckt aus 36 Leimholzbindern mit ineinandergreifenden Ecküberlattungen entspricht der Bau einer klassischen Blockbauweise. Die bis zu 32 m langen Binder wurden aus Schweizer Fichtenholz vorgefertigt und auf Sattelschleppern ange­liefert. Mithilfe eines Pneukrans konnten die Fertig­ teile in lediglich vier Tagen Bauzeit zusammengefügt werden – gestapelt auf einer geglätteten Betonbodenplatte, dreiseitig ergänzt durch massive Sockelwände. Ineinandergreifende Eckpunkte, die zuvor noch nie in dieser Größe hergestellt wurden, sichern gegen Kippen und Längsverschiebung. Durch vertikale Stahlstifte zusätzlich gegen horizontale Verschiebung geschützt, liegen die Binder leicht versetzt übereinander, sodass das Gebäude nach oben hin breiter wird. Regen­wasser kann so wie von einer Schindelverkleidung abtropfen. In sämtlichen überstehenden Kanten wurden werkseits Tropfnuten eingefräst. Die schmalen Wandstücke beidseits der Torfront stabilisieren den Bau in Längsrichtung und ­reduzieren die Spannweite des Holzträgers über der Toröffnung und damit dessen statische Höhe. Das Dach besteht aus vorfabrizierten Fünfschichtplatten, deren Oberseite mit Kautschuk beschichtet ist. Florian Köhler 

087

­Andelfingen (CH

Text Andreas Koger

A

2

3

1

4

5

6

7 8

+0

+10

3110 3110

+80

12830

Überhöhung linear 10 mm

A Fassadenschnitt Seitenwand Maßstab 1:20 1 Blende Fichte massiv 150/30 mm 2 Edelstahlblech

0,5 mm; Einhängeprofil; Kantholz Fichte 100/135 mm 3 Dachfertigteilplatte: ­Abdichtung ­Kautschuk 1,5 mm Trennvlies 1 mm

088

Werkhalle

+10

12830 25660 31880 Überhöhung parabelförmig 70 mm

Furnierschichtholz 80 mm mit 1,5 % Gefälle 4 Wandfertigteil Brettschichtholz Fichte 2100/240 mm 5 Stahlbolzen Ø 35 mm,

Höhe 240 mm 6 Nut Tropfkante 10/10 mm 7 Betonsockel mit erhöhter Genauigkeit Toleranz vertikal: ±2 mm

+0

1950

B

3110 3110 Überhöhung linear 10 mm

8 Hartbeton 30 mm Bodenplatte Stahlbeton 250–330 mm im Gefälle, geglättet, versiegelt Magerbeton 50 mm

B Ansicht Hauptunterzug Maßstab 1:250

ZUM TRAGWERK Den größten statischen Anforderungen unterliegt der 32 m lange Unterzug über dem Eingangstor. Der 2 m hohe und 24 cm dicke Binder überspannt die 25 m lange Wand­öffnung und muss zugleich fast die halbe Last des Dachs tragen. Die statischen Berechnungen prognostizierten eine Durchbiegung von 72 mm, wovon etwa die Hälfte durch die Eigenlast sowie die Dachlast bereits direkt nach der Montage ­erwartet wurde. Dies konnte durch Messungen

089

­Andelfingen (CH

bestätigt werden. Die restlichen 36 mm sollen einer zusätzlichen Durchbiegung aufgrund von Schneelasten sowie über die Jahre aufkom­ mendem Kriechen des Holzes entgegenwirken. Der ausgeführte Unterzug weist eine Überhö­ hung von 80 mm auf, bietet also 8 mm Reserve. Sämtliche Bauteile wurden liegend verbaut. Der konsequente Verzicht auf vertikale Trag­ werkselemente soll den Holzbauteilen ein ungezwängtes Arbeiten ermöglichen.

Architekten HCMA Architecture + Design, Vancouver (CA)

Tragwerksplaner Fast+Epp, Vancouver (CA)

Sport- und Freizeitbad in Surrey

090

091

aa

bb

cc 13 14

12

15 4

Obergeschoss

b a 9

3 3

11

10

1

2 8 c

5 4

c

7 7

6 b

a

Erdgeschoss

 8 Wettkampfbecken  9 Schulungsraum 10 Lager 11 Anlieferung 12 Fitnessraum 13 Technikraum 14 Zuschauertribüne 15 Sprungturm

Schnitte Grundrisse Maßstab 1:1000

1 Eingangshalle 2 Bademeister  / Erste Hilfe 3 Umkleiden 4 Wasserrutsche 5 Freizeitbecken 6 Sauna / Dampfbad 7 Warmbecken

092

Sport- und Freizeitbad

Als Anziehungspunkt für Familien, Sportler und internationale Wettbewerbe spielt das Grandview Heights Aquatic Centre (GHAC) ­eine lebendige Rolle in der schnell wachsenden kanadischen Stadt Surrey. Die Architekten entwickelten ein Konzept, das Innen- und Außenräume über maximale Glasflächen optisch verbindet. Mit ihrem 50 m langen Wettkampfbecken und einem Kunstsprungturm erfüllt die Anlage alle Standards, um regionale, nationale und internationale Sportveranstaltungen durchzuführen, umfasst aber auch Freizeit­becken, Warmbecken, Wasserrutsche, Sauna und Dampfbad sowie ein Fitnesszentrum im Obergeschoss. Ein außergewöhnliches Hängedach aus Holz überspannt die Schwimmhalle. Es sorgt für eine warme Ausstrahlung im Inneren und erreicht die erforderlichen lichten Höhen mit einer insgesamt sehr flachen Struktur. Das maßvolle Gebäudevolumen ermöglichte es, die Kosten für die Gebäudehülle und die Klimatisierung zu begrenzen und Nutzerkomfort mit Energieeffizienz zu verbinden. Andreas Gabriel

093

Surrey (CA)

Text Paul Fast, Derek Ratzlaff

C

A

innere Kräfte nur in Fassadenebene

Auflagerreaktionen

45 m

55 m

B

2

1

1

094

Sport- und Freizeitbad

2

2

EIN UNKONVENTIONELLES TRAGWERKSKONZEPT Das weitgespannte hölzerne Hängedach des Grandview Height Aquatic Centre (GHAC) ­demonstriert das Potenzial von Holz als kostengünstigem, statisch leistungsfähigem und ­ästhetisch ansprechendem Material für den Bau von Schwimmhallen. Die Architekten regten an, eine Spannrichtung in Längsrichtung zu untersuchen, und wir waren diesbezüglich zuversichtlich, nachdem ein ähnlicher Ansatz bei einem früheren Projekt von Fast+Epp zu einer kostengünstigen Lösung geführt hatte. Für das GHAC schlugen wir ein schlankes und leichtes Hängedach mit „Seilen“ aus Leimholz vor. Nach anfänglicher Skepsis schlossen sich die Architekten diesem unkonventionellen Ansatz an, nachdem wir die Vorzüge von Holz unter Einfluss der hohen Luftfeuchtigkeit und der eingesetzten Chemikalien in Schwimm­bädern aufgezeigt hatten. Die schlanke Hängekonstruktion umhüllt das Gebäudevolumen mit einer statischen Höhe von lediglich 300 mm. Erste Analysen führten rasch zur Einführung ­V-förmiger Mittelstützen zwischen den großen B ­ ecken, um Komplexität und Kosten der Gesamt­struktur zu minimieren. Zwischen diesen und je einer Reihe von sieben Stahlbeton­pfeilern an den Gebäudeenden überspannen Paare von Leimholzprofilen mit einem Querschnitt von 13,0 × 26,6 cm (B × H) und 80,0 cm Achsabstand eine Weite von 55 D

A statisches System

E

B Stahlbetonstützen mit Fundamenten und ­Vorspannelementen Maßstab  1:400 1 Betonquerschnitt 675 × 1000 mm mit

095

bzw. 45 m. Auf diese „Hängeseile“ aus Leimholz ist eine doppelte Lage aus 12 + 16 mm dicken Sperrholzplatten befestigt. Randstreifen aus Stahlbeton fassen die Zugkräfte aus den Hängegliedern zusammen und übertragen sie in die Mittelstützen und äußeren Stützpfeiler. Plattenfundamente auf Höhe des Beckenbodens mit Auffüllung sichern die Pfeiler gegen Kippen. Ursprünglich hätte die in Querrichtung unterschiedlich geneigte Dachgeometrie zu 14 unterschiedlichen Radien der Leimholz­ profile mit ­entsprechend hohen Produktions­ kosten geführt. Wir verfeinerten diese daher durch Anpassung der Längen der Leimhölzer so, dass derselbe Krümmungsradius für alle Pro­file eingesetzt werden konnte. Die tatsächlichen Hängelinien nach der Montage weichen etwas vom Kreis­bogen ab und es ent­stehen geringe Biege­momente in den hölzernen Seilen. Differenzen von bis zu 10° zwischen der Sperrholz­schalung und der waagerechten Oberseite der Leimhölzer in Querrichtung werden mit Passleisten ausgeglichen. Die Stahlrohrstützen der an das Dach ­anschließenden, bis zu 20 m hohen Fassadenstruktur sind perforiert und besitzen eine ­Doppelfunktion: Sie nehmen Windlasten auf und dienen zugleich als integrierte Zuluftverteiler. H ­ ierdurch konnte der Innenraum ­weitgehend von Lüftungsrohren frei gehalten werden.

Surrey (CA)

Stabspanngliedern 6× Ø 46 mm 2 Betonquerschnitt 700 × 1200 mm mit Stabspanngliedern 6× Ø 66 mm

F

C Verformung bei ungleicher ­Lastverteilung

D – F  Prinzip Dach­­trag­werk

G 3 ≤10° 3

1

2

1

≤10°

4 220

2 4 120

280

280

120

120

280 5 3

280 6

120

1

2075

11

2075

5 ≤10°

220

H

6

2

280

280

340 2075

5

6

61

263

1

120

266

61

162263

120 7

28266

162

7

220

I

28

4

340 8

130 1

130

225 61

2

3 7 225 9 ≤10°

61 50 61

J

8

130 130 28 266

61 50 61

9

263

162

1

1

4 4

220 220

340

280

120

120

280 8

280 1

120

5 9

6

130

2075

130

280

61 50 61

1

120

225

Sport- und Freizeitbad

62

7

28

096

VERFORMUNGEN Hängestrukturen verändern ihre Form last­ abhängig und sind besonders empfindlich ­gegenüber wechselnden, ungleich verteilten Lasten. Erste Berechnungen für ungleiche Schneelast ergaben bis zu 1200 mm vertikale Verformung. Zur Begrenzung wurden horizontale Verschiebungen des Stahlbetonstreifens über den mittleren V-Stützen in Spannrichtung durch aussteiffende Stahlprofilstreben in Fassadenebene und Kopplung mit einer inneren

Wandscheibe verhindert. Dadurch konnten die vertikalen Verformungen des Dachs auf 300 bis 400 mm verringert werden. Ziel war jedoch, diese bis auf die von einem erprobten gleitenden Fassadenanschluss zu bewältigende Größe von 200 mm begrenzen. Dies gelang durch die Reduzierung möglicher ungleichmäßig verteilter Lasten aus abrutschendem Schnee mit einem auf die Dachhaut aufgebrachten System aus Schneerückhalteschwellen.

WINDAUFTRIEB Die relativ leichte Holzstruktur besitzt nicht genügend Eigengewicht, um ein Abheben durch Wind zu verhindern. Zusätzliche Auflast wäre jedoch teuer und strukturell widersprüchlich, Abspannungen im Inneren mit Stahlseilen ­dagegen sehr unschön. Als Lösung dimensionierten wir die Leimholzelemente schließlich so, dass sie als flache, umgedrehte Druck­bögen

auch möglichen Windauftriebskräften standhalten. Sie sind zudem schubfest mit der Sperr­ holzschalung verbunden, die dadurch als Flansch eines Plattenbalkens wirkt. Der Trag­ werksentwurf weicht also durch eine gewisse Biegesteifigkeit der Struktur von einem rein ­zugbeanspruchten Hängedach ab und kann auch eine Lastumkehr bewältigen.

DYNAMISCHES VERHALTEN Lage, Orientierung und Form des Gebäudes ließen Windanregungen mit Frequenzen ­unter 1 Hz erwarten. Um Schwingungsrisiken zu ­vermeiden, sollte die Eigenfrequenz der Dach­ struktur daher über 1,5 Hz liegen. Nachdem die zweidimensionale Berechnung der Hängestruktur eine Eigenfrequenz von 0,9 bis 1,0 Hz ergab, stieg der Wert bei Betrachtung als dreidimensional geschwungenes Dach mit Randfixierung und Vorspannung aus Eigengewicht auf 1,35 Hz.

Zusätzlich dämpfend wirkt die verklebte, 150 mm dicke Wärmedämmschicht. Zur Überprüfung wurden Messungen vor Ort mit Metronom und Beschleunigungsmessern im Zuge einer „Jumping-Party“ mit Testpersonen durchgeführt. Auf dieser Basis konnte schließlich eine Eigenfrequenz von 1,7 Hz prognostiziert und ­nachgewiesen werden, sodass die Balance aus Steifigkeit und Dämpfung des Dachaufbaus ­dynamisches Aufschaukeln verhindert.

AUFBAU UND VERBINDUNGSELEMENTE Der Aufbau musste schnell erfolgen, um das Holz vor Regen zu schützen. Die Länge der Leimhölzer war durch die Transportmöglich­ keiten auf 25 m beschränkt. Die kürzere Spannweite benötigte daher jeweils eine Montage­ verbindung, die längere sogar zwei. Da Holz­ verbindungen auf der Baustelle aufwendiger auszuführen sind als Bolzenverbindungen von Stahl zu Stahl, bestehen die Verbindungselemente der Längsstöße aus 22 mm dicken G  Bewehrungsführung ­Stützenkopf Maßstab 1:50

H Querschnitt Leimhölzer

097

Surrey (CA)

I Leimholzanschluss

J Montagestoß Maßstab 1:20

Stahlplatten, die jeweils zwei Paare von Leim­ hölzern mit insgesamt sechs Bolzen verbinden (Abb. J). Um starke Biegungen der langen schlanken Leimhölzer während der Montage zu vermeiden, wurde bei der kurzen Spannweite ­eine Lasttraverse eingesetzt und die lange Spannweite mit zwei Kränen montiert. Die ­Montage benötigte lediglich 15 bis 20 Minuten pro Leimholzpaar. Das gesamte Dach inklu­sive Sperrholzlage war in zwölf Tagen errichtet. 1 Leimholzprofil 266/130 mm 2 Leimholzblock alle 5 m 140/52/180 mm 3 Sperrholz verleimt 12 + 16 mm 4 Stahlblech verzinkt verschraubt

800/220/6,4 mm 5 Bolzen Ø 25 mm 6 Stahlblech 200/22 mm 7 Bolzen Ø 57 mm 8 Stahlblech 350/280/30 mm 9 Stahlblech 225/200/16 mm

8

d 2

d

9

10

2

3

11

1

4 6 5

7

dd

Vertikalschnitte Maßstab 1:20  

098

1 Leimholzprofil 266/130 mm 2 Dichtungsbahn ­Kunststoff Holzwerkstoffplatte 12 mm Wärmedämmung 100 mm

Dampfsperre Sperrholzplatte 12 + 16 mm 3 gleitender Anschluss Stahlblech mit ­Langlöchern 4 Aluminiumblech 2,4 mm

Sport- und Freizeitbad

Wärmedämmung ­flexibel 175 mm, Dichtung Silikon 5 Hohlkammerplatte Poly­carbonat 138 mm 6 Stahlrohr ¡ 155/105 mm

7 Pfosten Stahlrohr ­perforiert ¡ 410/310 mm 8 Stahlbeton 285 – 425  mm 9 Aluminiumpaneel ­wärmegedämmt 75 mm

Luftzwischenraum 130 mm Akustikpaneel 2 × 25 mm 10 Stahlrohr | 150/150 mm 11 Isolierverglasung

099

Surrey (CA)

Architekten Eberhard Wimmer Architekten, München (DE)

Tragwerksplaner Sailer Stepan und Partner, München (DE)

P ­ farrkirche St. Josef in Holzkirchen

100

101

aa

4

1

a

3

a

2

9 7 8 6 4 4 Schnitt Grundriss  Maßstab 1:500 a Lageplan Maßstab 1:3000

102

1 1 Kirche 2 Kapelle 3 Foyer 4 Sakristei 5 Glockenturm (Bestand) 6 Pfarrhaus (2. Bauabschnitt)

3 7 Pfarramt (2. Bauabschnitt) 8 Pfarrheim 3 (2. Bauabschnitt) 9 Pfarrsaal (Bestand)

Pfarrkirche St. Josef

1 2

a

5

2

Ein außergewöhnliches Holztragwerk prägt die Atmosphäre im Inneren der neuen Kirche St. Josef in ­Holzkirchen. Die Standsicherheit des 1962 entstandenen Vorgängerbaus war durch starke Baumängel gefährdet. Da ­eine Sanierung konstruktiv nicht möglich war, lobte der Bauherr einen Realisierungswettbewerb für die Überarbeitung des gesamten Pfarr­zentrums und den Neubau der Pfarrkirche (400 Sitzplätze) mit Werktagskapelle (50 Sitzplätze) aus. Bereits die Auslobung enthielt den Wunsch nach einer Holzkonstruktion. Der siegreiche Entwurf bildet e ­ ine offen einladende Gebäudegruppe, die den bestehenden Kirchturm einbezieht. Kirche und Kapelle stehen sich in Form unterschiedlich großer, geneigter Kegelstümpfe mit elliptischem Grundriss und Oberlicht gegenüber. Ein flacher verbindender Vorraum schließt an die Sakristei und einen überdachten Weg zum nördlichen Teil des Pfarrzentrums an. Der Kirchenraum drückt mit zentral angeordnetem Altar ein zeitgemäßes Liturgieverständnis aus. Die kegelförmige, außen mit Holzschindeln bekleidete Gebäudehülle umgibt ihn als Dach und Wand zugleich. Das Oberlicht und ein flaches Seitenfenster differenzieren als ebene Schnittflächen die Geometrie der Grundform und beleben den über 20 m hohen Raum mit einer spannungsvollen vertikalen und horizontalen Lichtführung. Mit der Weihe der Kirche e ­ rhielt die Gemeinde einen Sakralraum mit b ­ esonderer Ausstrahlung. Seine Tragstruktur entstand in enger Zusammenarbeit von Architekt, Tragwerksplaner und Holzbaufirma. Andreas Gabriel

103

holzkirchen (De)

4

Text Peter Mestek

A

Di

ag on ale

1

Di

ag on ale

1

en

Bog

en

Bog

Bl. 20x410x655

Fl. 10-40x50

Fl. 40x50

Bl d=25

3 1

655 80

en

Bog

310 Bl d=25

2x Bl. 25x500x710 Ring 410

25

Fl. 40x 50 Bl. 20x410x655

Bl d=25

3

Fl. 10-40x50

4

Ring 3

D Fl. 10-40x50 Bl. 20x390x730

Bl d=25

157

710 Fl. 40x50 Bl. 20x390x730

245

10 30 8510 30

245

Fl. 40x50

Bl d=25 4

ale on

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Fl. 10-40x50 Bl. 20x390x730 Fl. 10-40x50 Di

Fl. 40x50

Fl. 40x50

5

157

157

Fl. 10-40x50

Bl d=25

Ring

Fl. 10-40x50 4 5 30 10 85 3010 315 157 40

40

5

5

Ring

Bl d=25 Fl. 40x50

Bl. 20x410x655

Diagonale

Bl. 20x410x655

3

Bl. 20x410x655

50 70 70 2050 20

250

25

3

265

325 80 55 4045 105

4x Rd 80

le

1

ale on ag Di

4

Fl. 10-40x50 Bl. 20x390x730

on a

Diagonale

Fl. 40x50

CRing

ag

Ring

Bl d=25

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710

20 20 50 20 20 70 70 50 50 70 70 50

3

Fl. 10-40x50

Bl d=25

on

ag Di

Fl. 40x50

ale

3

Bl d=25 Fl. 10-40x50 4

Bl. 20x410x655

Fl. 10-40x50 4 30 10 85 3010 315

245

10 30 8510 30

Fl. 40x50Ring Bl. 20x390x730 245

Ring 4

Ring Fl. 40x50

Fl. 10-40x50 245Bl d=25 4 10 30 10 30 85

Fl. 10-40x50

104

Fl. 40x50 Bl. 20x390x730

Diagonale

20 20 50 70 70 50

Bl. 20x410x655

3

315

Bl. 20x410x655

Fl. 40x50 4x Rd 80

Bl d=25 4 Pfarrkirche St. Josef

655 80

265

310 Bl d=25

Bl d

Fl. 4

Ring

Fl. 40x50 3

245

410

250

30 10 85 3010 Bl d=25

325 4045 105

250 50 70 70 2050 50 70 70 2020 50 20

7

5

157 B

3

40

5

157

20 20 50 70 70 50

157

710

5

40

5

157

5

B

ZWEI VERSCHIEDENE TRAGWERKE Obwohl Kirche und Kapelle beide die Form eines geneigten Kegelstumpfs besitzen, unterscheiden sich ihre Tragwerke deutlich. Die Hauptkonstruktion der Kapelle bilden in den Falllinien des Kegels verlaufende Brettschichtholzträger, die am First über einen biegesteifen Ring gehalten sind. Die Aussteifung des Systems erfolgt über eine außenseitige Beplankung aus Holzwerkstoffplatten. Im Bereich der großen Fensteröffnung, die erst in einem fortgeschrittenen Planungssta-

dium hinzukam, lagern die Träger nicht auf dem Fundamentring auf, sondern sind an einem blockverleimten parabelförmigen Bogenträger angeschlossen. Die horizontale Nachgiebigkeit des Bogens erforderte eine räumliche Betrachtung des Tragverhaltens für die Dimensionierung der Bauteile und deren Anschlüsse. In der Folge wurden in den Drittelspunkten der Träger Brettschichtholzringe, die transportbedingt biegesteif gestoßen sind, zur Stabilisierung des Haupttragwerks angeordnet (s. Schnitt aa).

HAUPTTRAGWERK DER KIRCHE Die Kirche selbst besitzt einen elliptischen Grundriss mit einem Durchmesser von ca. 34,5 m und weist eine Höhe von 21,6 m auf. Den oberen Abschluss der Konstruktion bildet ein geneigtes Oberlicht aus einem schlanken Stahlträgerrost. Die aufgelöste, sichtbare Schalenkonstruktion wird aus stabförmigen Brett­ schichtholzstreben erzeugt, die jeweils Dreiecke bilden und somit tragende und aussteifende Funktion übernehmen. Die Knotenpunkte der Dreiecke ergeben sich aus den Kreuzungspunkten der Falllinien des Kegels mit unterschiedlich geneigten Schnittebenen. Insgesamt entstanden somit ungefähr 350 Knotenpunkte, von denen in der Regel zwei die gleiche, gespiegelte Geo-

E

A Festlegung der Knotenpositionen

105

metrie aufweisen. Die in den Schnittebenen ­liegenden elliptischen Ringe sind einteilige, ­gebogene und mit biegesteifen Montagestößen versehene Brettschichtholzträger. Im räumlichen Berechnungsmodell wurden die diagonal verlaufenden Streben zunächst als gelenkig angeschlossene Fachwerkstäbe berücksichtigt. Da sie überwiegend druckbeansprucht sind, wurden sie anschließend zur Optimierung der Anschlüsse als reine Druck­ stäbe mit Stabausfall bei Zugbeanspruchungen modelliert. Die konstruktive Lagesicherung der Diagonalen erfolgt über regelmäßig angeordnete Stahlzugstäbe, die in den Fall­linien von Ring zu Ring spannen (Abb. D).

F

B Detailschnitte Standardknoten Maßstab 1:20

C Vertikalschnitt Sonderknoten am Seitenfenster Maßstab 1:20

holzkirchen (De)

D Knoten mit Stahlzug­ stäben

E Standardeinbauteil Stahl

F Sondereinbauteil aus ­Furnierschichtholz Buche

G 3171

77

789

227

410

863 712

73

519

3171

470

H

807

525

82

557

40

220

10

40

200 220

10 150

40

15 20

G  Horizontalschnitt ­Dachaufbau mit vorgefertigten gewölbten Elementen als Unterkonstruktion für die Holzschindelbekleidung Maßstab 1:50

106

525

H  Detailschnitte Fußpunkt Maßstab 1:20

807

82

Pfarrkirche St. Josef

150

186

200

7

150 150 10

50

550

755

58 81 20 00 el 1 0 60– 200

iab

150

87 2

50

200

7

10 150

100

160

50 70 90 80 20

24 Var

40

KNOTENAUSBILDUNG Konsequenterweise erfolgte auch die Aus­ bildung der Knotenpunkte so, dass die Normalkräfte der Diagonalen ausschließlich über Druckkontakt in die Knotenpunkte eingeleitet werden. Hierfür wurden bei den Regelknoten an der Ober- bzw. Unterseite der Ringe Stahlgrundplatten mit entsprechend ­angeschweißten Keilen angeordnet. An den Stirnflächen der Diagonalen wurde durch CNC-gesteuerten Abbund die Negativform der Stahlknoten erzeugt. Die Werkstattplanung erstellte die Holzbaufirma anhand eines 3D-Computermodels. Sie bein­ haltet neben den Holzbauteilen auch alle Stahl-

bauteile und Verbindungsmittel, was die erforderliche, sehr hohe Passgenauigkeit garantierte. Die Grundplatten sind über Stahlzylinder, die die Ringe durchstoßen, miteinander verbunden. Dadurch werden die Kräfte der an der Knotenoberseite angreifenden Diagonalen an die unter dem Ring liegenden übertragen. Kräfte aus den Ringen werden über Vollgewindeschrauben in die Grundplatten der Knoten eingetragen. Aus gestalterischen und aus brandschutztechnischen Gründen – für das Tragwerk gilt die Brandschutzanforderung R30 – sind ­alle Anschlüsse verdeckt ausgebildet.

SONDERLÖSUNGEN Im Zuge der Werkstattplanung brachte die ausführende Holzbaufirma einen Sondervorschlag für geringer beanspruchte Knoten, vor allem im Bereich der oberen Ringe, ein. So konnten etwa 245 der Stahlknoten durch Formstücke

107

holzkirchen (De)

aus Buchen-Furnierschichtholz ersetzt werden, die eine weitgehende Vorfertigung in der Werkstatt erlaubten (Abb. E, F). Auch die Dachelemente wurden vorgefertigt, um Witterungs­ einflüsse während der Bauzeit zu minimieren.

Architekten Robertneun Architekten, Berlin (DE)

Tragwerksplaner Assmann Beraten + Planen, 7 SD ø10mm Hamburg (DE)

36 SD ø10mm 270

Delikatessengroßmarkt in Stuttgart

270

40 50 50 50 50 30 40 70

0 40 7 20 0 30 5 0 3 0 50 5 0 4

40 50 50

20

20 40 5 0 50 30 592 50

50 50 50 50 5

133

HEA-140 S355

108

50 50 40

100

30 50 50 50 50 40 50 50 50 50 50

140

9 SD ø10mm

140 14 0

9 SD ø10mm

520

50 40 50 50 50 50 30

109

50 50 50 50 50 40 50 50 20 50 50 50

100

Der Bauherr, ein Groß- und Einzelhändler für Delikatessen, verfügt über zahlreiche „Frische­Paradies“Standorte in ganz Deutschland. D ­ abei ist jede Filiale individuell gestaltet und sowohl an die städte­ baulichen Rahmenbedingungen als auch an die jeweiligen Warenkreisläufe angepasst. Im Fall des Stuttgarter Neubaus in einem heterogenen Gewerbe­gebiet gibt es zwei wesentliche Nutzungsbereiche: Einkaufsflächen für Privatkunden sowie einen Großhandelsbereich, in dem Waren ange­ liefert, gelagert und für die Auslieferung zum Beispiel an Restaurants und Hotels vorbereitet werden. Dies haben die Architekten übersetzt in ein homogen strukturiertes Gebäude mit vier nebeneinan­ derliegenden Raumschichten, die optimale Betriebsabläufe ermöglichen und z­ ugleich dem Bedürfnis des Bauherrn entsprechen, den Kunden ein besonderes Einkaufs­erlebnis zu bieten. Als gestalte­ rische Inspira­tionsquelle diente ihnen vor allem die Sheddachkonstruktion einer benachbarten Halle des Obst- und Gemüsegroßmarkts. Der wichtigste, repräsentativste Gebäudeteil ist zur Straße und zum vorgelagerten Parkplatz orientiert und beherbergt eine Art großzügiger Markthalle. Als einziger für Kunden zugänglicher

11

11

Obergeschoss

5 4 2

10

1

3

6

8

5 4 10 9

7

2

7

Erdgeschoss 8

6

3

 6 Kühlraum 7 7  7 Anlieferung   8 Kommissionierung  9 Auslieferung 10 Trockenlager 11 Bürobereich

Grundrisse Maßstab 1:800

  1 Eingang Markthalle 9  2 Markthalle  3 Fischverkauf   4 Kühlraum für Obst / Gemüse  5 Bistroküche  

110

DELIKATESSENGROSSMARKT

1

Bereich bildet sie den Ausgangspunkt des Entwurfs und insbesondere des charakteristischen ­Dachtragwerks. Auf Wunsch des Bauherrn sollte die sichtbare Konstruktion über eine ausgeprägte Materialität verfügen und eine angenehme Raumatmosphäre schaffen, die die frischen Lebensmittel ins rechte Licht rückt, und so fiel die Wahl schnell auf Holz. Über tragenden Stahlbetonquerwänden konzipierten Architekten und Ingenieure eine weit spannende Holz-Fachwerkstruktur, die in vier unterschiedlich breiten, typologisch aber identischen Abschnitten stützenfrei die Gebäudefläche überspannt. Für viel Tageslicht und eine natürliche Belüftung sorgen ­mittig im Firstbereich aufgesetzte „Hauben“. Letztlich entsteht ein maßstäbliches ­Bauvolumen, das die vier Nutzungsbereiche deutlich nach außen abbildet: Markthalle, Kühllager mit darüberliegendem Bürobereich, Kommissionierungshalle, Trockenlager. Die ausführende Holzbaufirma konnte die ­Materialstärken des Dachtragwerks optimieren, was große Kosteneinsparungen und die Ausführung eines noch filigraneren Fachwerks ermöglichte. Roland Pawlitschko

111

STUTTGART (DE)

Text Henning Klattenhoff

112

DELIKATESSENGROSSMARKT

DACHTRAGWERK FRISCHEPARADIES STUTTGART Der erste Gestaltungsansatz für das Dachtragwerk beinhaltete vier zweischalige Holz-Tonnensegmente, deren Schichten unterschied­liche Radien aufwiesen. Große zu erwartende Materialverbräuche und die begrenzten Biegeradien in der Brettschichtholzherstellung führten jedoch zur Entwicklung einer alternativen Variante mit Holzfachwerken. In der Weiterentwicklung des ursprüng­ lichen Hallenentwurfs favorisierten die Archi­ ekten dann eine Form aus Schrägdächern mit langgestreckten Flachdachbereichen und seit­ lichen Lichtbändern in der Mitte – die Höhen­

koten der Firste und der Hoch- und Tiefpunkte des Schrägdachs sind dabei für alle Hallen­ segmente identisch. Die Fachwerkträger sollten für alle Seg mente aus genau gleich dimensionierten Holzbauteilen bestehen und einer für sämtliche Felder geltenden Systematik folgen. Dabei wurde bewusst ein Durchlaufsystem weiterverfolgt, da die feldweise Trennung der Fachwerke zu hohen Verformungen in der Dachhaut in Form von Spaltbildungen in den Tiefpunkten geführt hätte. Dieser Umstand hätte die Aus­führung einer wirksamen Dachabdichtung e ­ rschwert.

FACHWERK MIT ZUSÄTZLICHER UNTERSPANNUNG Die statische Untersuchung dieser Geometrie und die gewünschten Rahmenbedingungen führten zu einer insgesamt eher atypischen Fachwerkform, die in den großen Hallenfeldern neben den klassischen Ober- und Untergurten noch eine Unterspannung erforderlich machte: Die Aufnahme der aus den Dachlasten entstehenden Momente wurde also durch drei (statt wie üblich durch zwei) Gurtelemente gewährleistet, wobei die verschiedenen Spannweiten der Hallen zu einem uneinheitlichen Bild der Druck- und Zugkräfte in den Holzgurten führten.

Auf diese Weise ergaben sich im Untergurt der großen Hallen weitgehend Druckkräfte, sodass hier seitliche Abspannungen in Hallenlängs­ richtung als Knickaussteifungen ­erforderlich wurden. Die schlanken Drittelpunkte im Holzfachwerk waren durch die Obergurtauskreuzung im Oberlicht und durch die gekreuzte Unterspannung darunter zu ­stabilisieren. Aufgrund der hohen zu erwartenden Lasten aus Dachbegrünung und Schnee wurde die statisch wirksame Dachhaut in Brettsperrholz ausgeführt.

FRÜHE EINBINDUNG DES HOLZBAUUNTERNEHMENS Die Tragwerksplaner erwirkten über den ­Bauherrn die frühe beratende Einbindung ­einer auf große Dachtragwerke spezialisierten Zim­ merei, um schon frühzeitig wirtschaftliche Optimierungen zu ermöglichen. Diese Zimmerei konnte im weiteren Planungsverlauf die Architekten in der Ausschreibungsphase unterstützen und die Tragwerksplaner mit wertvollen Infor­ mationen zum Beispiel zur Wirtschaftlichkeit ­bestimmter Verbindungsmittel versorgen. Nach dem Ver­gabeverfahren des Generalunter­ nehmers kam jedoch ein anderer Fachbetrieb zum Zug. Der Einstieg von Holzbau Amann führte über die detaillierte bestehende Ausführungsplanung hinaus zu weiteren, nicht zuletzt werks113

STUTTGART (DE)

bedingten Optimierungen: Insbesondere durch die Erhöhung der BSH-Güten und kleinere Eingriffe im Bereich der Queraussteifung ließen sich die Querschnitte der Gurte so verschlanken, dass am Ende auf eine Blockverleimung verzichtet werden konnte. Zudem wurden zusätzliche Montagestöße in die Fachwerke eingeplant und die Anzahl und Dimensionen der Schlitzbleche und Stabdübel an­gepasst. Die Optimierungen durch das Holzbauunternehmen setzten schon im Vorfeld eine genaue Analyse sowie detaillierte Kenntnisse über die Tragwerksplanung, die Bauphysik und die Auswirkungen auf die angrenzenden Gewerke voraus.

A

280x

280x240/GL24h-si

280x360/GL24h-si 360/G

L24h

-si

280x

360/G

L24h

280x360/GL24h-si

280x360/GL24h-si

-si

280x360/GL24h-si

280x240/GL24h-si

280x240/GL24h-si

160x600/GL24h-si 200x280/GL24h-si 240x240/GL24h-si

3726

3726

-s

i

-si

3774 11250

2h

240x240/GL24h-si

L3

4h-s

i

S355

3750

36

280x320/GL32h-si

0/G

L3

2h

-si

3774

2h

0/G

GL2

HEA-1 40

S355

L3

32

320/

0/G

0x

280x

36

28

U-80 S235

U-80 S235

S235

HEA-140 S355

11250

114

U-80

U-80

0x

2h

3750

-si

28

-s

i

36 280x

GL2 360/

4h-s

i

280x

360/ GL2

L3 0/G

2h-s

i 280x320/GL32h-si

280x 360/G

280x240/GL24h-si

4h-s

i

280x240/GL24h-si 160x660/GL24h-si

160x720/GL24h-si

280 x36 0/G

L32

280x360/GL24h-si L24h -si

360/G 280x

-si L24h

280x200/GL24h-si

DN=18.7°

DN=15°

0x 28

32

0/G

L3

2h

280x

360/G

280x

-si

DELIKATESSENGROSSMARKT

0x

2x160x280/GL24h-si

32

0/G

L3

2h

2564 2371 2564 2917 2773 3060 7500

28

8750

-si

3060 2773 2917 8750

3750

L32h

-si

G 320/

280x

DN=15°

280x320/GL32h-si

-si L32h 360/G

h-si

L32h

240x240/GL32h-si

L3

40 HEA-1

L32h

280x 360/G L32h 240x240/GL24h-si -si

0/G

280x

G 320/

240x240/GL24h-si 280x320/GL32h-si

280x

200x280/GL24h-si

32

240x240/GL24h-si

240x240/GL24h-si

240x240/GL24h-si

160x720/GL24h-si 200x280/GL24h-si 28 0x

0x 28

-si L32h 360/G 280x 240x240/GL24h-si

DN=39°

DN=15°

HEA-14

HEA-140 S235

HEA-14

0 S235

3774 11250

240x240/GL24h-si

0 S235

3726

3726

3774 11250

280x 32

-si

3750

i h-s

2

0/G

L32h -si

-si

L24h

360/G 280x

L3

0/G

32

0x

28

320 1976 1914 4230

B 5 SD ø10mm

9 SD ø10mm

7 SD ø10mm

9 SD ø10mm 36 SD ø10mm 270 30 0 70 20 50 4 30 0 50

270

40 50 50 50 50

40 70 30

40 5

100

592 50 133

50 50 50

A Positionsplan Schnitt ­Mittelfachwerkträger  Maßstab 1:50

30 50 50 50 50 40 50 50 50 50 50

140

520 50 50 40 50 50

50 50

30

50 50

50 50

50 40 50

50 50 50

50

20 100

B Vertikalschnitt Mittelfachwerkträger Maßstab 1:20

100 20

HEA-140 S355

9 SD ø10mm

450

115

STUTTGART (DE)

10

20 50 3 0

200 20 20

40 50 50 50 50 40 20

40 50

6 SD ø10mm 140

Architekten EM2N Architekten, Zürich (CH)

Tragwerksplaner Schnetzer Puskas Ingenieure, Zürich (CH)

3

Sportzentrum Heuried in Zürich 5

4

116

1

117

Zwei Jahre lang wurde das Sportzentrum H ­ euried in Zürich umgebaut und erweitert. Im Herbst 2017 ging es mit einer neuen Eissporthalle wieder in Betrieb. Zur Badesaison 2018 wurde auch die zugehörige Freibadanlage eröffnet. Für das 1964 von Fritz Schwarz und Hans Litz mit Freibad und zwei Außeneislaufbahnen b ­ ebaute Areal hatte die Stadt unter anderem aufgrund der marode gewordenen Bausubstanz und der unbefriedigenden Energiebilanz einen Wettbewerb ausgeschrieben. Die Gewinner, das ortsansässige Büro EM2N Architekten, sanierten die Anlage und ergänzten sie um die ganzjährig nutzbare Eishalle. Unter einer markanten, dreigeteilten Dachlandschaft mit Photovoltaikanlage führten sie in einem Gebäude unterschiedliche Nutzungen geschickt zusammen. Das mit einer Auskragung von 16 m beeindruckende Vordach mit großflächigen Oberlichtern schützt den darunter entstandenen Eingangsplatz, der die verschiedenen Ebenen erschließt und verknüpft. Rampen, Treppen und Stege machen den Komplex im Zusammenspiel mit der Gartenanlage vielfältig erlebbar, sie schreiben die Tradition moderner Freibäder in Zürich fort. Dach und Außenfassade sind als Holzbau konstruiert. Ein umlaufendes Fensterband im Obergeschoss trennt das durch den Kräfteverlauf der Träger landschaftlich modulierte Dach optisch vom Gebäude. Weiß und grau gestrichene Holzlatten umhüllen die weitgehend geschlossene Fassade des Erdgeschosses. Ihre feine Maßstäblichkeit verleiht dem großen Volumen eine gewisse Leichtigkeit. Heike Kappelt

aa a

2

1

3

a Schnitt Maßstab 1:500

118

Grundriss Maßstab 1:1000

1 Außeneislauffläche 2 Inneneislauffläche im Hallenneubau 3 Restaurant, Technikräume und Garde­ roben

Sportzentrum Heuried

119

Zürich (CH)

Text Johannes Dudli, Oliver Bopp

A

B

2

3

4

1

7 5 6

120

Sportzentrum Heuried

KOMPLEXE HOLZ-DACHKONSTRUKTION Das konstruktiv zweigeteilte Gebäude wird vor allem durch sein außergewöhnliches Holzdach geprägt. Im hinteren Teil des Neubaus ist die ­Eissporthalle untergebracht. Acht 35 m lange, 48 cm breite, bis zu 2,4 m hohe und 18 t ­schwere Doppel-Brettschichtholz­träger aus Fichten- und Tannenholz überspannen das 29 m breite Feld und die Zuschauertribüne. An der Außenwand lagern sie jeweils auf Betonstützen mit einem Achsmaß von 7,1 m. Auf den Trägern ist ein 16 cm hohes, feuer­verzinktes Trapezblech mit Ver­legehilfe als Untergrund für den Dachaufbau aufgebracht. Um die Hallen­ akustik zu opti­mieren, wurde die Unterseite der

Bleche perforiert. Weil Stützen im Bereich der Tribüne gestört hätten, wurde die Auflagerung der Träger mit einem planerischen Kniff gelöst: Je eine „Spange“ aus Holz- und Metallstreben überbrückt den 3,5 m großen Abstand zwischen Dachträger und einem Betonpfeiler hinter der Tribüne. Jede dieser Konstruktionen wird an den vor der Halle liegenden Massivbau „zurückgehängt“; daraus ergibt sich eine Art mitt­leres verbindendes Satteldach. Gleichzeitig wurde so über der Tribüne ein ausreichend großer Raum für die Technik geschaffen, der sich jetzt hinter einer naturbelassenen Lärchen-­ Decke verbirgt.

16 METER AUSKRAGUNG Träger mit einer Länge von 32 m und einer Höhe von ebenfalls bis zu 2,4 m bilden das zweite, etwas kürzere Hauptdach über dem Restaurant und dem Eingangsbereich der Halle. Dieses Tragwerk funktioniert als eigenständige Konstruktion. Es liegt auf Betonstützen und den massiven Betonwänden im Kern des Gebäudes auf und kragt, weithin sichtbar, um 16 m aus. Ausgesteift wird es in der Ebene der Dachuntersicht. Die Verkleidung der acht Brettschicht- und zwei Stahlträger mit je 30 m Länge verbirgt die Konstruk­tion. Gemeinsam

formen diese zehn Rippen ein leicht geneigtes Satteldach, das sich auf Betonpfei­lern abstützt. Die Auflagepunkte der Träger befinden sich jeweils in der Mitte und am hinteren Ende, ­sodass das auskragende Vordach keine ­abhebenden Kräfte auf das innere Auflager ­erzeugt und einfach verankert werden konnte. Die seitliche Auskragung an den Gebäude­ ecken und -seiten beträgt beachtliche 4,5 m. Ermöglicht wird dies durch zwei sich kreu­zende, biegesteif verbundene Blechträger (Abb. A).

MASSIVBAU IN SKELETTBAUWEISE Die gesamte Dachkonstruktion lagert auf ­vorfabrizierten, im Erdgeschoss eingespannten Betonstützen, die das Bauwerk mittels ­ihrer Rahmenwirkung horizontal stabilisieren. Der Massivbau in Skelettbauweise ist mit ­Ortbetonflachdecken konzipiert. Die Erschlie­ ßungskerne sind betoniert, die übrigen Wände selbsttragend ausgebildet. Die aufgrund der schlechten Baugrundverhältnisse gewählte Pfahlgründung mit Schnecken-Ortbetonbohr­

A  Axonometrie Tragwerk Die seitliche ­Auskragung an den Gebäudeecken und -seiten beträgt 4,5 m. Ermöglicht wird dies durch zwei sich kreuzende,

121

­ iegesteif  verbundene b Blechträger.

Zürich (CH)

B statisches System Regelachse 1 Stahlprofile 2 Holzträger 3 Betondecken 4 Betonrahmenstützen

pfählen ist auf das Stützenraster a ­ bgestimmt. So ist eine effiziente, direkte L ­ astabtragung gewährleistet. An die neue Halle schließen eine Ter rasse und ein Sonnendeck an. In Form einer aufgeständerten Betonplatte bilden sie die großzügige Schnittstelle zu den Freibädern. Der Zugang erfolgt über eine geschwungene Ortbetontreppe, die zugleich ein repräsentativer Blickfang ist.

5 aussteifende ­Betonwände im UG ­eingespannt 6 Pfahlgründung 7 Betonpendelstützen (quer zur Ebene mit Verbänden ­ausgesteift)

1

2

Schnittabfolge Dachkonstruktion Maßstab 1:75

1 Dachaufbau: Extensive Begrünung Speicher­matte 40 mm Abdichtung; Wärme­ dämmung 140 mm Dampfbremse ­Trapezblech mit Dämm­einlage 160 mm

2 Brettschichtholzträger mit Holzlatten verkleidet 480/max. 2400 mm 3 Brettschichtholzträger 240/440 mm 4 Stahlprofil HEB 280 mm

122

Sportzentrum Heuried

5 Rundstahl Ø 72 mm 6 Rundstahl Ø 56 mm 7 Brettschichtholz 320/320 mm

3

6 1

7

5

4

123

Zürich (CH)

4500 4500

Architekten Rogers Stirk Harbour + P ­ artners, London (GB)

MacallanD ­ estillerie in Aberlour

124

4500 4500

Tragwerksplaner Robertson Construction Group, Stirling (GB)

4500 4500

125

450

aa

b

5 a

8

a

11

9

6

10

Erdgeschoss 

b

7

5

4 3 1

2

Untergeschoss 

Schnitt Grundrisse Maßstab 1:1500

126

1 Besuchereingang 2 Empfang 3 Shop 4 Fasslager 5 Gärungsbehälter 6 Maischetank 7 Anlieferung

  8 Ausstellungsbereich  9 Flaschenarchiv 10 Verkostungs­lounge 11 Brennblasen

Macallan-­Destillerie

6

Mit einer Reihe von fünf künstlichen Hügeln auf einem begrünten Dach schmiegt sich der Neubau der Macallan-Destillerie in die Landschaft der für ihren Whisky bekannten Gegend Speyside im Norden Schottlands. Die Brennerei erweitert mit dem neuartigen Haus ihre K ­ apazitäten um ein Drittel, die nahe gelegenen alten Produktionsgebäude werden stillgelegt. Architektur und technische Anlagen des Industriebaus bilden eine Einheit. Linear angeordnete, gleichartige Module bilden den Destillationsprozess ab und ermöglichen eine spätere Erweiterung. Vier Kuppeln wölben sich über den kreisförmig organisierten zweigeschossigen Produktionseinheiten. Sie nehmen im durchgängigen Untergeschoß jeweils acht große Gärungsbehälter auf, die die darüberliegende ringförmige Gitterrostebene des Erdgeschosses durchdringen. Dort bilden kleinere Kreise aus jeweils zwölf Brennblasen das Herz der Brennerei. Sie wurden von schottischen Kupferschmieden als genaue Kopien der alten angefertigt, um den Geschmack des Whiskys nicht zu verändern. Unter der fünften Kuppel sind zwei große Maischetanks angeordnet. Die südliche Kuppel ist höher ausgebildet und markiert das Visitor Center, dessen Empfangsbereich im Untergeschoss betreten wird. Hier befinden sich ein Archiv wertvoller Flaschen und ein Fasslager, auf der Ebene darüber die Verkostungslounge. Ein oberirdischer Ausstellungsbereich, über dem das Dach flach ausläuft, schließt das Gebäude auf der Süd­seite ab. Eine quer durch den Raum verlau­fende feuerbeständige Glaswand erlaubt von hier den Blick auf den Produktionsbereich. Die gesamte Anlage wird auf der Rückseite durch eine Spange weiterer Funktionsräume und die durch Rampen erschlossene, offene Anlieferung begleitet. Nach vorne öffnet sich das Haus mit einer Glasfassade unter dem ­gewellten Dachrand zur Landschaft. Burkhard Franke

127

Aberlour (GB)

Text Paul Edwards

bb

A

B

GSA version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017 Macallan 229222 Wiehag Model (V10b00) LC 71 changed to -7 from -10 

It was noticed that the DL was not included for the majority of the steel frmaing 20/08/2015. 

A seperate loadcase was then added (L3) an is not considered in any of the load combinations. 

Gravity of the steelwork was also added to LC 2 which is included in load combinations. 

Discovered lists for 4101, 4102 and 4104 were incorrect. old lists deleted.8/9/2015

GSA version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017



Noticed perimeter frame connected to timber roof beam at grid ~6F. Now structurally disconnected. 17/09/2015

The Macallan Distillery 229222 Roof Model DL of steelwork added as gravity case 30/10/2015. File: 151030_Roof_Wiehag_Model8.gwb



4No. still house z-restraints removed as only applied to the temporary case. 29/09/2015 File: 151109_Roof_Wiehag_Model7 GS_List

Element list: all not PB30 to PB57 Part is excluded by volume Scale: 1:83.78 Isometric Scale: 1:102.6

Scale: 1:196.0 Isometric Scale: 1:240.1

Axial Force, Fx: 500.0 kN/pic.cm 125.7 kN

Axial Force, Fx: 5000. kN/pic.cm 1547. kN

75.53 kN 25.40 kN

1016. kN

-24.73 kN

484.3 kN

C

-74.87 kN

D

-47.18 kN -578.7 kN -1110. kN -1642. kN -2173. kN Case: C500 : ULS Envelope Signed absolute value of env.

-125.0 kN -175.1 kN -225.3 kN Case: L2 : Superimposed dead load roof Case: A2 : Superimposed dead load roof Contour case

z y

x

Program GSA Version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017 J:\200000\229000\229222-00 Macallan Distillery\4 In...\151030_Roof_Wiehag_Model8.gwb

Printed

11-Sep-2018

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1 16:26

z y

x

Program GSA Version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017 J:\200000\...\151109_Roof_Wiehag_Model7 GS_List mod_DL review_displacement check.gwb

Schnitt Maßstab 1:500

128

Printed

A Ausgangssituation mit fünf Kuppeln

20-Apr-2018

Page Time

1 15:56

B geschlossenes Dach durch Überlagerung mit textiler Fläche, Rechteckrahmen

Macallan-­Destillerie

C Holzkonstruktion mit 3-m-Raster und Stahltragwerk

D Normalkräfte in einer typischen ­Gitterschale (blau = Druck, rot = Zug)

TRAGWERKSELEMENTE Der Neubau der Macallan Destillerie vereint unterschiedliche Materialien zu einem komplexen Tragwerk. Die Basis des Gebäudes bildet eine Bodenplatte mit flachen Fundamenten. Sie trägt eine Stahlkonstruktion, die vor allem aus fünf

räumlichen Rahmen über den einzelnen Produktionsabschnitten besteht. Darauf ruht eine modulierte begrünte Dachkonstruktion aus Holz von 207 m Länge und 63 m Breite. Eine Glasfassade schließt das Gebäude nach Süden und Osten ab.

FORMFINDUNG FÜR DAS DACH Der industrielle Prozess der Whiskyherstellung ­definiert das repetitive Layout des Daches: Der modularen kreisförmigen Anordnung der Produktionsanlagen entsprechen fünf punktsymmetrische Aufwölbungen, deren Hochpunkte über den Brennblasen liegen. Die dort entstehende heiße Luft kann unter den künstlichen Hügeln auf­ steigen und über Dachöffnungen kontrolliert entweichen. Um aus einer Reihe von fünf Kuppeln (Abb. A) ein zusammenhängendes Dach zu for­ men, werden sie im 3D-Modell mit einer „textilen“

Fläche überdeckt. Ein langgezogenes Rechteck zeichnet den Dachrand nach und dient als fixer Rahmen bei der Formfindung. Die Simulation einer gleichmäßigen Flächenlast auf die umgekehrte Dachfläche erzeugt im Bereich der Kuppeln einen Hängelinienquerschnitt mit einer rein zugbeanspruchten Geometrie. Dabei löst sich die Dach­ fläche auf einer kreisförmigen Linie von der Kuppel und geht in eine komplexe Freiform mit einem gewellten Rand über (Abb. B). Ein auf diese Fläche projiziertes orthogonales 3-m-Raster generiert schließlich die Grundlage für das Tragwerk.

TRAGWERKSKONZEPT Die Materialisierung des digitalen Modells e ­ rgibt eine Gitterschale mit geraden und lotrecht stehenden Trägern. Die Entscheidung, das Dach aus Holz zu konstruieren, beruht auf dem im ­Vergleich zu Stahl geringeren Gewicht und der vernachlässigbaren Wärmeausdehnung des ­Materials. Auch treten in der Dachfläche unter Normallast vorwiegend Längskräfte und Biegung auf, die gut von Holz aufgenommen werden kön­ nen. Durch die Konstruktionshöhe von 750 mm besitzt das Dach die notwendige Steifigkeit für Tor­sions­kräfte aus ungleichmäßigen Lasten. Jede Kuppel wird von einem geschlossenen, im Grundriss achteckigen Stahlrahmen getragen, der an vier Ecken auf V-förmigen Stützen ruht. Die Neigung dieser Stützen nach innen ermöglicht die Aufnahme horizontaler Lasten. Die Rundrohre des Rahmens durchdringen die Holzkonstruktion und sind über Laschen so angeschlossen, dass auch abhebende Kräfte aus dem Dach übertragen werden. Diese Verbindung von Holz und Stahl erfolgt in den Nullmoment-Linien

129

Aberlour (GB)

der Kuppeln, das heißt n ­ ahe der Kreise, an denen die druckbeanspruchten Teile des Daches – die Kuppeln – in die zugbeanspruchten Flächen ­dazwischen übergehen (Abb. D). Aufgrund geometrischer Zwänge und um eine durchgängige Detaillierung zu erreichen, liegen die tatsächlichen Verbindungen etwas neben dieser Ideallinie. Die V-Stützen der Stahlkonstruktion leiten die Dachlast in steife Abfangkonstruktionen aus Beton an den Längsseiten des Unter­geschosses und von dort schließlich in die Fundamentwanne. Betonkanäle unter der B ­ odenplatte nehmen die Schubkräfte aus den Kuppeln auf. An der westlichen Dachkante ist die statische Trennung von Beton- und Holzkonstruktion ablesbar. Hier läuft das Dach über der Fahrgasse als offener Rost aus und lagert gleitend auf der Stützwand auf, ohne Horizontalkräfte zwischen beiden Bauteilen zu übertragen. Dadurch konnten die umfangreichen Erdarbeiten beginnen, bevor die konstruktive Planung des Daches abgeschlossen war.

E

4500

18000

18000

18000

4500 4500

18000

18000

4500 4500

18000

4500 4500

18000

18000

18000

4500 4500

4500 9000 6000 3000 3000

3000 10500 13500 18000

45

18000

°

3000 18000 3000

15 5 15 5

GSA version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017 GSA version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017

The Macallan Distillery 229222 Roof Model DL of steelwork added as gravity case 30/10/2015. File: 151030_Roof_Wiehag_Model8.gwb

The Macallan Distillery 229222 Roof Model DL of steelwork added as gravity case 30/10/2015. File: 151030_Roof_Wiehag_Model8.gwb

Part is excluded by volume

F

G

Scale: 1:102.4 Isometric Scale: 1:125.4

Part is excluded by volume

Moment, Myy: 250.0 kNm/pic.cm 344.4 kNm

Scale: 1:102.4 Isometric Scale: 1:125.4

264.1 kNm

Shear Force, Fz: 125.0 kN/pic.cm 58.38 kN

183.9 kNm 103.6 kNm

26.60 kN -5.182 kN

23.37 kNm

-36.96 kN

-56.88 kNm -137.1 kNm

-68.74 kN

-217.4 kNm

-100.5 kN

Case: L2 : Superimposed dead load roof Case: A2 : Superimposed dead load roof Contour case

-132.3 kN -164.1 kN Case: L2 : Superimposed dead load roof Case: A2 : Superimposed dead load roof Contour case

z y

x z y

x

Program GSA Version 8.7 Copyright © Oasys 1985-2017 J:\200000\229000\229222-00 Macallan Distillery\4 In...\151030_Roof_Wiehag_Model8.gwb

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11-Sep-2018

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1 16:14

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11-Sep-2018

Page 1 Time 16:15

H 56

,2°

20

0 15

0 15

45

°

20

15 5 15 5

630

0 74

cc

76

c

350

c

E Raster Stahl- und ­Holzkonstruktion Maßstab 1:1500

G statisches Diagramm: Scherkräfte

Stützen sind biegesteif auf Einbauplatten geschweißt und mit dem Beton vergossen. Darüber werden die Stahlrohre durch ­ringförmige Kopfplatten

F  statisches Diagramm: ­Biegemomente

H Detailschnitte Stützenfuß Maßstab  1:20 Die Fußpunkte der

130

Macallan-­Destillerie

miteinander verschraubt. ­Zurückgesetzte ange­ schweißte Steifen stellen einen annähernd flächenbündigen biegesteifen Anschluss her.

I sequenzielle Bauab­ schnitte, dritte Kuppel von links im Baubeginn mit Hilfsstützen

0

20

56

,2°

BAUABLAUF Weil die Kuppeln statisch voneinander unabhängig sind, konnten die einzelnen Gebäudeabschnitte von Norden nach Süden zeitlich versetzt errichtet werden. Ein durch die Holzbaufirma erstelltes, parametrisches Gebäudemodell diente nicht nur der Klärung der unzähligen Details, sondern auch der Planung der Aufbausequenz und damit der Hierarchie der Tragelemente: Innerhalb der fünf Stahlrahmen spannen jeweils vier sich paarweise kreuzende Haupt­ träger über 27 m (in Abb. C und D dunkelblau dargestellt). An den vier Kreuzungspunkten sitzen Stahlknoten, die jeden Träger in drei

Teile teilen und während der Montagephase durch temporäre Holzstützen abgefangen wurden (Abb. I, dritte Kuppel von links und L). Anschließend wurde die Dachfläche sukzes­ sive durch N ­ ebenträger mit 12, 6 und 3 m Spannweite geschlossen. Jeder der circa 1800 unterschiedlichen Holz­träger erhielt bereits im digitalen Modell eine individuelle Identifikationsnummer, die den gesamten Produktions- und Montageprozess hindurch verfolgt werden konnte. So konnte man die einzelnen Teile in der Reihenfolge produzieren und liefern, wie sie auf der Baustelle benötigt wurden.

HOLZKONSTRUKTION Die Gitterschale zeigt eine ruhige Dachuntersicht aus gleichförmigen Trägern mit 750 mm Höhe und 200 mm Breite, darüber diagonal gestoßene dreieckige Dach­paneele. Die tatsächliche Konstruktion ist deutlich komplexer. Da in einigen ­Bereichen der Holzkonstruktion erhebliche Scherkräfte auftreten, sind zwei unterschiedliche Strategien in der Detailausführung notwendig: Während der Großteil der Paneele stumpf auf der Gitterschale aufliegt, werden die Träger in einigen Dachabschnitten mit erhöhten Querkräften um 200 mm höher ausgebildet. In diesen Sonderbereichen reichen die Träger bis an die obere Schale der Paneele (erkennbar in Abb. I, mittlere Kuppel). Dort, wo die Vergrößerung der statischen ­Höhe nicht ausreicht, wird der innere Aufbau des Trägers modifiziert: Im Regelfall bestehen diese aus einem BSH-Kern mit seitlich auflaminierten

I

131

Aberlour (GB)

Verkleidungen aus Furniersperrholz. In besonders beanspruchten Bereichen, zum Beispiel an den Kreuzungspunkten der Hauptträger, erhalten sie ein flaches Stahlrechteckrohr als Kern. Es ­entsteht ein Stahl-Holz-Verbundträger mit geschraubten Stahlknoten. Diese sind während der Montage sichtbar (Abb. L) und werden erst später durch die seitlichen Verkleidungen geschlossen. Das facettierte Erscheinungsbild bleibt auch nach der Begrünung des Daches durch ein Netz aus Aluminiumkanälen ablesbar. Die K ­ anäle dienen als Entwässerung, als Servicewege sowie als mechanische Rückhaltung für das Gründach. Die dreieckigen Belüftungs­öffnungen sind in dieses Netz eingebunden. Die Dämmung der ­Paneele dient nicht primär dem Wärmeschutz des Gebäudes, sondern sie sichert die Dach­ begrünung vor der durch die Brennblasen erzeugten Hitze.

70

4 60

60

25

70

J

60

15 40

456

60

40 8

8

43

25

80

15

15

80

20

60

60

20

15

70

70

80

15

15

15

70

25

8

25

8 43

15

80

486

60

8

15

70 20

15

60

40

8 43

70

45

80

15

70

70

20

25

70

25

25

70

25 45

45

7

70 60

20

15

70

70 45 25 70

70

45

70

70

45 70 25

70 70

25 45

70

15 80

25

20 80 60

30

L

60 324.5 60 60

30

30

100

100 140

60 80

30

60 .8

261 30

60

60

100

140 140 00 1J  25  etailschnitte D Knoten Hauptträger Knoten ­Gitterschale 30 Maßstab 1:20 mit Stahlkern Axonometrien ohne / mit seitlicher V ­ erkleidung und Dachdeckung

132

100

100

100

100

100

L Knoten Hauptträger mit Stahlkern auf temporärer Hilfsstütze

Macallan-­Destillerie

30

60

30

60

80

100

100

100

30

100

100 60

30

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25

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324.5

140

100

100

.8 261

30

60

60

60

100

60

80 60

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.8 261 100

100

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80

60 100

100

100

80

30

60

80

30

K  Knoten Nebenträger mit BSH-Kern

30

100

100 140

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0

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261 .8 30

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100 140

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Aberlour (GB)

100

100

100

80

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133

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110000 10000 1 0 0 10 11000 140 00 130

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25

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25

30 00 1 100 100 0 10 100 100 100 100 100 1400 10

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3600 30

30

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30

60

80

30

60

30

80

60

60 30 60 30 .8 261 60 60 60 0 60 1.8 3246.5 80 80 26 60 60 30

K

Tragwerksplaner Arup, Hongkong (CN) / Manila (PH)

1811

Architekten Integrated Design Associates (IDA), Hongkong (CN)

28,8 720 480

Terminal 2 des Flughafens Mactan

30 112

49 30

520

605 134

755

4

16

71,2 150 120

36 pc. TX SK VG 10x400

40 Stift Ø70 Unterlegscheibe a = 100

60

605 135

755

aa

1

2

5

3

a 4

5

Lageplan Maßstab  1:20 000 Schnitt Grundriss Abflugebene Maßstab 1:2500

1 Steg zum Vorfahrtsbereich 2 Check-in 3 Pass- / Sicherheitskontrolle 4 Verkaufsflächen 5 Loungebereiche  / Gates

136

Flughafenterminal 2

5

a

Der zweitgrößte Flughafen auf den Philippinen mit seiner charakteristischen Konstruktion aus tragenden Holzbögen liegt auf Mactan, einer dem größeren Cebu vorgelagerten Insel. Das neue Terminal 2 fungiert als Gateway zu den wirtschaftlich aufblühenden Touristenzielen im Süden. Es fertigt bis zu vier Millionen Passagiere pro Jahr ab und kann durch sein modulares Layout in den nächsten zehn Jahren bis auf die doppelte Kapazität erweitert werden. Das Gebäude gliedert sich in drei Geschosse: Rollfeldebene und Ankunftsbereich bilden den unauffälligen Sockel des Gebäudes, während sich über der Abflugebene gereihte Tonnendächer wölben. Ihre steile Geometrie erinnert an traditionelle Dachformen der Re­gion. Drei lange Tonnen über den zentra­len Flächen für Check-in, Sicherheit und Einkauf bilden den weitgehend stützenfreien Kern des Gebäudes, kürzere Dachfelder setzen die Konstruktion zu den Gates hin fort. Ein flacheres Dachelement verlängert das mittlere Modul in Richtung des Rollfeldes, auf der anderen Seite bindet ein Steg mit Foliendach das Gebäude an den Vorfahrtsbereich an. Die Entscheidung, das Dach in Holz auszuführen, fiel erst im Planungsverlauf und soll den Passagieren eine resortähnliche, freundliche Atmosphäre bieten. Die Leimbinder erzeugen zusammen mit den natürlichen Oberflächen der Einbauten aus Holz und Rattan eine für ­einen modernen Flughafen ungewöhnlich warme, fast wohnliche Stimmung. Dazu trägt auch das milde, gleichmäßige Licht aus zentralen Oberlichtern bei. Verschattungselemente aus Aluminiumrohren schützen vor der fast vertikal einfallenden Sonne. Die Stirnseiten der Tonnen sind vollständig verglast und aus Gründen des Sonnenschutzes hinter die Vorderkante des Daches eingerückt.  Burkhard Franke

137

Mactan (PH)

Text Jessica Pawlowski

A

B

C

A  Axonometrie der gesamten Dach­konstruktion. Die rot hervorgehobenen Achsen markieren die ­Bewegungsfugen.

B  statisches System in Längsrichtung

138

Flughafenterminal 2

C  Axonometrie von drei Achsen der Bogenkonstruktion mit den ­Aussteifungselementen

TRAGWERKSELEMENTE Steile Holzbögen unter einem wellenförmigen Dach prägen beim Flughafen Mactan das Erscheinungsbild des neuen Terminals. Seine Basis bildet eine zweigeschossige Stahlbetonskelettkonstruktion mit einem Stützenraster von 15 × 13,5 m. Darüber liegt die Abflugebene mit Tonnendächern aus gereihten Bögen von 30 m Spannweite und 15 m Stichhöhe. Während des Planungsprozesses wurden ­eine holzverkleidete Stahlkonstruktion und ein Holztragwerk parallel verfolgt. Erst als die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Holz-

konstruktion gesichert war, fiel die Entscheidung für diese Variante, die eine einfachere Bauweise und eine schnellere Montage erlaubte. So wurden die Bogenhälften in Österreich vorgefertigt, verschifft und vor Ort in nur drei Monaten aufgerichtet. Die beiden 23 m langen Binder der Dreigelenkbögen bestehen aus Brettschichtholz mit einem Querschnitt von 127 × 28 cm. Verbunden werden sie ­jeweils durch vier Pfetten von 64 × 28 cm (Abb. E). Darüber trägt eine Sparrenlage die Dachhaut. Die Fuß- und Firstpunkte sind als Gelenklager aus Stahl ausgebildet.

AUSSTEIFUNG Die beiden unteren Pfetten sind mit Diagonalen und Pfosten verbunden und bilden über die ­gesamte Länge der Tonne verlaufende Fachwerkverbände. Sie dienen der Aussteifung der Halle in Längsrichtung. Die Diagonalen werden in jedem dritten Feld der Tonne bis zur obersten Pfette fortgeführt und leiten so die Horizontalkräfte aus der Dachfläche ein (Abb. B und C). Um die Halle ohne Einschränkung durch Trag­ elemente nutzen zu können, reichen die Aussteifungsverbände nicht bis zum Boden, sondern enden in einer Höhe von 6,50 m. Unterhalb davon entstehen Biegemomente in den Bogen-

bindern. Aus diesem Grund sind die Brettschichtholzträger beidseitig um eine Lage von je 18 cm Dicke verstärkt. Die zwei weiteren Lagen von je 10 cm wären unter regulären Bedingungen statisch nicht notwendig: Sie vergrößern im Brandfall den Restquerschnitt des Trägers, der auf diese Weise eine Brandwiderstandsdauer von 120 min erreicht. Der auf 80 cm Dicke angewachsene Bogenbinder ruht auf zwei parallelen Gelenklagern. Sie liegen in der Flucht der auf die inneren Verstärkungen aufgesetzten Schraubbleche und übertragen die Lasten ohne Umwege in den Fußpunkt (Abb. F).

WIND- UND ERDBEBENLASTEN Besondere Anforderungen an das Tragwerk resultieren aus den erheblichen Naturgewalten der Region: Regelmäßig wiederkehrende Taifunstürme können Geschwindigkeiten bis zu 200 km/h erreichen und erzeugen einen Winddruck von bis zu -3,2 kN/m2 und einen Sog von bis zu +2,0 kN/m2. Noch gravierender ist die Lage des Flughafens in einer der seismisch aktivsten Regionen der Erde. Unterschiedliche Maßnahmen stellen eine erdbebensichere Konstruktion sicher: Das Gebäude ist in fünf statisch unabhängige Abschnitte u ­ nterteilt (Abb. A). Breite ­Bewegungsfugen von 250 mm auf der Ankunftsebene und bis zu 550 mm auf Höhe der Dachentwässerung gewährleisten das unabhängige Schwingen der einzelnen Bauteile im Erdbebenfall. Das Stahlbetonskelett der beiden unteren Geschosse ist in beiden Richtungen als Rahmen-

139

Mactan (PH)

konstruktion mit hoher Widerstandsfähigkeit gegenüber Momenten aus Horizontalkräften ausgelegt. Die Ausführung der Decken als leichte Hohlkammerelemente reduziert die seismischen Lasten auf die Stützen. Für die Berechnung des Gesamtsystems war maßgebend, in welcher Reihenfolge die einzelnen Tragwerkselemente und Verbindungen aus Stahlbeton, Stahl oder Holz ihre materialspezifische Belastungsgrenze erreichen würden. Da die Stahlbetonkonstruktion eine deutlich höhere Duktilität als das vergleichsweise spröde Holz besitzt, musste ein schlagartiges Versagen der Holzbauteile ausgeschlossen werden. Die Berücksichtigung seismischer Lasten macht ­relativ „weiche“ Verbindungen erforderlich, die damit zum besonderen Kennzeichen dieses Holztragwerks werden.

D

F

0 127

100 180

240

180 100

800

28,8 1811

28,8 720

ST08 7x10 pc. Tx SK VG 10x400

480

35

49 30

450

520

Bogen GL28C (100)+180+240+180+(100)/1270

120 15 0 71,2

35

30 112

36 pc. TX SK VG 10x400

40 Stift Ø70

605

160

755

Unterlegscheibe a=100

605 755

220

358 998

F  Schnitte Gelenklager Bogenfußpunkt Maßstab 1:25

D  Gesamtschnitt Bogen­ element Maßstab 1:200

E  Tragwerksschnitt Bogenelement Maßstab 1:200

140

Flughafenterminal 2

220

E

43

44

1173

Pfette GL28C 26/56,2 2435

Pfette GL28C 26/64,4 Diagonale GL28C 24/24 Pfette GL28C 28/64,4

92

Diagonale GL28C 24/24

43

84 64 52 61

TX GS W-BT Ø20x1200

15735 14563

43 99

(Haupt)bogen GL28C 24/127

Pfette GL28C 26/64,4

Sparren GL22H 80/120

Sparren GL22H 80/120

(Haupt)bogen GL28C 24/127 TX GS W-BT Ø20x1200

Rinne GL28C 20/76,4

Rinne GL28C 20/76,4

Bogen GL28C 80/127

Bogen GL28C 80/127

15000

141

Mactan (PH)

Diagonale GL28C 24/24 Pfette GL28C 32/64,4

15000

Architekten wulf architekten, Stuttgart, (DE)

Tragwerksplaner Boll und Partner, Stuttgart (DE)

Halle 10 der Messe Stuttgart

142

143

2

a

3 5

1

4

a 4

7

Lageplan Maßstab 1:25 000 Grundriss Maßstab 1:1500

1 2 3 4 5 6 7

Halle 10 Eingang West Restaurant Messe-Rundgang Halle 9 Halle 7 Halle 8

144

HALLE 10 DER MESSE STUTTGART

6

Die Messe Stuttgart direkt gegenüber dem Stuttgarter Flughafen wurde 2007 in B ­ etrieb genommen. Relativ schnell übertraf das Großprojekt die erwartete Besucher- und Ausstellerfrequenz, eine Vergrößerung der Ausstellungsflächen wurde erforderlich. Die neue Messehalle 10 öffnete Anfang des Jahres 2018 ihre Tore. Schon in ihrem Wettbewerbsentwurf aus dem Jahr 2000 hatten Wulf Architekten je fünf Hallen nördlich und südlich einer zentralen Achse geplant. Damals wurde die Halle am Westeingang des Geländes nicht realisiert und der Eingang West nur als Provisorium ausgeführt. Jetzt ist die Messe komplett. Der bislang fehlende „fünfte Finger“ wurde im Süden als Messehalle ergänzt, der Eingang in der zentralen Achse – analog zum Eingang Ost – aufgewertet. Eine planerische Herausforderung bestand darin, eine Messehalle zu entwickeln, die die Dachform, den Rhythmus und die Maßstäblichkeit der bestehenden Hallen aufgreift, die sich jedoch in ihrer Dimension von den Standardhallen (10 500 m2) und der Hoch­halle (20 900 m2 plus 5900 m2 Galerie) unterscheidet. Wulf Architekten entwickelten eine dreischif­fige Messehalle mit einem Grundriss von 165 × 100 m und einer Ausstellungsfläche von etwa 14 500 m2. Blickfang ist das geschwungene, größtenteils hölzerne Dachtragwerk. Eine Stahlkonstruktion aus Gerberetten und Stützen trägt die Dächer der beiden Seitenschiffe und des Mittelschiffs. Letzteres ruht auf insgesamt 47 Holzleimbindern mit 68 m Länge und einer Spannweite von circa 50 m, die – zerlegt in jeweils drei Teile – angeliefert, mit Schwerlastkränen eingehängt und montiert wurden. In den höhenversetzten Übergängen zwischen Mittel- und Seitenschiffdächern sorgen zwei schräg stehende Oberlichtbänder für eine n ­ atürliche Belichtung. Mittels eines Verschattungs­ systems kann die Halle bei Bedarf komplett verdunkelt werden. Unter der Decke sind rund 1650 Strahler und Leuchten verbaut. Heike Kappelt

145

­Stuttgart (DE

Text

Frank Zimmermann

A

B

C

9,35

49,30

9,35

1

2

aa

3

4

5

A statisches System Maßstab 1:1000

C Dachtragwerk Montagesequenz 1– 5

B Querschnitt Maßstab 1:1000

Schnitte Maßstab 1:1500

146

HALLE 10 DER MESSE STUTTGART

1 Die Stahlkonstruktion

wird mit überhöht hergestellten Kragarmen der Gerberetten montiert. 2 Vorwegnahme der Verschiebungen durch verformungs-

gesteuerte Vorspannung der Kragarme gegen Balastgewichte 3 Aufsetzen des Mittelstücks: Die Kräfte in der Vorspannung heben sich dabei

weitgehend auf, es verbleibt eine Restkraft für die Trägerspitzen. 4 Ergänzen des Mittelstücks um die seitlichen Trägerspitzen.

Die Kräfte in der Vorspannung heben sich nahezu auf. 5 Ablassen der Restvorspannung, Entfernen der Vorspanneinrichtung

Obwohl sie sich auf den ersten Blick ähnlich sind, hat die neue Messehalle 10 wenig Ge­­ meinsamkeiten mit den bestehenden Hallen. Einerseits wünschte sich der Bauherr eine abweichende Raumatmosphäre, zum anderen ist die Halle deutlich breiter. Darüber hinaus waren ökonomische Aspekte zu beachten. Drei Teilstrukturen prägen das Dach von Halle 10: zwei spiegelbildliche, 17,5 m breite Seitenschiffe in Stahlbauweise und ein darauf aufgelagertes, insgesamt 68 m breites Mittelschiff in Holz­ bauweise. Die beiden Seitenschiffe bestehen aus Einfeldträgern mit 17,5 m Spannweite im Achsabstand von 6,75 m, die sich zur Hallenmitte mit nach oben abgewinkelten, in der Grund­rissprojektion jeweils 8 m langen Krag­ armen fortsetzen. Die Bauform entspricht einer Gerberette, wenngleich die Auflagerkraft an der Fassade keine Zugkraft, sondern eine in jedem Lastzustand vorhandene Druckkraft ist. Dazu trägt insbesondere der Gründachaufbau auf den Seitenschiffen bei. Er weist, verglichen mit dem Foliendach über dem Hauptschiff, etwa das drei­fache Flächengewicht auf. Die Vermeidung von Zugkräften in den Fassadenstützen war ­notwendig, weil diese mit einer Beschichtung F 30 versehen sind, für die keine Zulassung für Zugstäbe vorlag.

Die Querschnitte der Gerberetten sind entsprechend dem Momentenverlauf in Grund- und ­Aufriss gevoutet. Auf ihren Köpfen liegt ein Last­ sammelträger in Form eines Rohres mit 508 mm Durchmesser auf, der die Holzkonstruktion abfängt. Unter jedem Querträger der Seitenschiffe ist in den Längsfassaden eine Stütze angeordnet. Die innere Hauptstützung der Trägerschar wird durch einen 1,6 m hohen, ebenengleichen Abfangträger gebildet. Analog zu den Bestandshallen folgt die Stützung dieses Trägers dem Rhythmus der Hallentore und Erschließungswege. Die Spannweiten betragen im Wechsel 27 m und 6,75 m. Das Mittelschiff besteht aus 32 cm breiten Brettschichtholzträgern der Güte BS GL 32c mit 49,3 m Spannweite. Deren Bauhöhe beträgt in der Feldmitte rund 2,2 m, an den Auf­lagern rund 1,4 m und an den Enden nur noch 30 cm. Die Träger mit einer Gesamtlänge von 68 m sind nach unten gekrümmt und zitieren so die Hängedach­ form der bestehenden Hallen. Der Achsabstand der Brettschichtholzträger in Längsrichtung halbiert den Stahlbauraster und beträgt 3,375 m, die Raster sind nicht versetzt. Das Rohr auf den Gerberettenköpfen trägt daher immer mittig zwischen den Kragarmen einen weiteren Holzträger.

DREITEILIGE HOLZBINDER Herstellmöglichkeiten für 68 m lange Binder an einem Stück sind faktisch nicht verfügbar, mögliche Alternativen konnten mit den Ausschreibungsregeln nicht in Einklang gebracht werden. Abgesehen davon wären die Träger nicht mehr transportierbar gewesen; der Bogenstich beträgt mehr als 7 m. Die Hauptbinder wurden daher in drei Teilen gefertigt und montiert: das Mittelstück mit der Hauptspannweite von 49,3 m sowie die beiden s­ eitlichen Trägerspitzen mit je 9,35 m Länge. Die Fassade über den Seitenschiffen ist steiler als die Kragarme der Ger­ beretten, die Trägerspitzen werden hier durch die ohnehin erforderlichen Fassadenpfosten ­gestützt. Es ergibt sich ein Einfeldträger mit Kragarm, der am mittleren Trägerstück mit gelenkigem Stoß angeschlossen ist. Grundsätzlich sind die Holzträger durch die Lagerung über der Schwerachse stabil. Abhängungen mit Stahlseilen, sogenannte Bridles,

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­Stuttgart (DE

mit denen Veranstalter und Aussteller ihre Ausstattung vom Dach abhängen, erzeugen allerdings Horizontalkraftanteile bis zu 500 kg pro Anhängepunkt an der Trägerunterkante (an ­maximal zehn Punkten pro Träger). Die Seile werden an robusten Aufhängepunkten in den Stegen von T-Profilen befestigt, die in 12 cm breiten Nuten an den Trägerunterkanten eingeschraubt sind. Die Stabilisierung gegen Kippen erfolgt durch acht Stahlpfetten in der Trapezblech­ ebene, die auf die Träger biegesteif aufgeschraubt sind. Die Trägeroberkante wird zusätzlich durch das Trapezblechdach (T160-1,0) gehalten, das über 3,375 m spannt und dessen Bauhöhe nicht nur aus statischen Gründen, sondern zur Verlegung von TGA-Leitungen in den Sicken gewählt wurde. Mit einer größeren Dicke von 1,5 mm trägt das gleiche Blech auch die ­extensive Dachbegrünung der Seitenschiffe.

D

E HSW-E 160 x 1.0

E

F

RO 508 x 20

9,00

600 x 40

8,455

600 x 40

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c

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HEB 200 HEB 320

Ø 42 c

HEB 200

c

HEB 320

600 xØ4042 bb HEB 200

G 600 x 40 600 x 40 b

HEB 200

b

600 x 40 b

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cc

D  Gerberette auf Haupt­ träger und Stützen, ­Fassadenpfosten mit Binderspitze und ­Binderstoß Maßstab 1:250

E Knoten ­Gerberette  / ­Rohrträger mit ­Aufständerung der ­Holzbinder und deren Stoß Maßstab 1:50

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Halle 10 der Messe ­Stuttgart

F, G  Anschluss der Gerberetten an die Hauptträger, ­ver­deckte Rahmensteifen der Geberrette und Fußpunkt der Fassaden­ pfosten

F  Vertikalschnitt Maßstab 1:50

G Horizontalschnitt HSW-E 160 x 1.0 Maßstab 1:50

HSW-E 160 x 1.0

HIERARCHISCHE AUSSTEIFUNG Das hölzerne Mittelschiff wird durch die Stahlkonstruktionen ausgesteift. Die Scheibenwirkung der Holzkonstruktion wird durch eine Auskreuzung in Dachmitte sowie die Wirkung der Trapezbleche als eingeschränkte Schubfelder sicher­ gestellt. In Längsrichtung werden die Horizontallasten von den Längsrohren über die stählernen Kragarme der Gerberetten auf die Ebene der Seitenschiffe transferiert. Die Kragarmfelder sind dazu über den Hallentoren mit Diagonalen ausgekreuzt; die Kräfte werden auf den 1600 mm hohen Längsabfangeträger geführt. Der Träger liegt an den Stirnenden der Halle auf den Rand-

bauten aus Stahlbeton auf und ist am südlichen Randbau zudem zur Aufnahme von Horizontalkräften angeschlossen. Auf dem nördlichen Randbau ist ein Längsgleitlager ausgebildet. In Querrichtung ist die Aussteifung an den Randbauten nicht möglich, der Horizontalverband wäre mit 165 m zu lang. Die innere Stützen­reihe ist daher in Köcherfundamente eingespannt. Die Seitenschiffe werden zur Sammlung der Horizontallasten in allen Feldern der Dachebene ausgekreuzt. Zur Kopplung der beiden Seitenschiffe ist das hölzerne Mittelschiff unverschiebbar an den Gerberetten­köpfen fixiert.

PURISTISCHE GESTALTUNG Das Erscheinungsbild der Gerberetten, der Längsabfangeträger und des Holzdachs ist Teil der Architektur und wird konstruktiv durch die Ausgestaltung der Knoten unterstützt. ­Zudem musste es mit dem Montagekonzept vereinbar sein. Auf Steifen, Stirnplatten und ähnliche Konstruktionselemente sollte ver­zichtet werden, sichtbare Schrauben waren zu minimieren. Der Hauptabfangträger wird an den Momentennullpunkten in den langen Feldern gelenkig gestoßen. Die Gerberetten sind am Hauptträger mit einem Knaggen­anschluss aufgelagert. Die Kragmomente w ­ erden über eine verdeckt geschraubte Zug­ lasche auf der Oberseite und einen Kontaktdruckstoß an der Unterseite übertragen. Die Rahmenecke der Gerberette hat keine sichtbaren Steifen. Die Stege der beiden Gerberettenteile werden vor der Rahmenecke geteilt und der Voutung der Träger im Grundriss f­olgend näher an die Flanschkanten herangeführt (Abb. G). Im ent-

149

­Stuttgart (DE

stehenden Hohlraum ist eine klassische Rahmenecksteife als Winkelhalbierende eingebaut. Bei der Belastung der Gerberetten entsteht aufgrund der Geometrie am oberen Ende immer auch eine horizontale Verformungskomponente. Die Montage der Holzbinder mit beidseits unverschieb­ baren Anschlüssen erforderte die Vorverformung des Stahlbaus. Die überhöht ausge­führten Kragarmköpfe wurden verformungsgesteuert gegen Ballastgewichte am Boden vorgespannt (Abb. C). Das dann passgenau mögliche Aufsetzen der Holzbinder reduzierte lediglich die Vorspannung, bewirkte aber keine Verformung mehr. Der sehr tragfähige Tonstein des Unter­ jura ­erlaubte eine Flachgründung. Obwohl die ­Köcherfundamente der inneren Hallenstützen mit 1,5 m recht tief sind, reichen sie nicht bis auf den Tonstein. Sie wurden zusätzlich mit je einer 4,6 m tiefen Magerbetonplombe im Boden verankert.

Architekten Kaden+Lager, Berlin (DE)

Tragwerksplaner bauart, Berlin (DE)

Wohnhochhaus in Heilbronn 7

8

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7. Obergeschoss 

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3. Obergeschoss 

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1 Erdgeschoss 

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8 Wohnung 9 Sanitärzelle, im Werk komplett vorinstalliert

Grundrisse Schnitte Maßstab 1:1000

1 Arkade 2 Hauseingang 3 Gemeinschaftsküche mit Waschsalon 4 Fahrradabstellraum 5 Müllraum 6 Café 7 Küche

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Wohnhochhaus

Lageplan  Maßstab 1:5000

Mit 34 m Gesamthöhe ist das zehngeschossige Skaio der zurzeit höchste Wohnturm in Holzbauweise in Deutschland. Genau genommen besteht das Tragwerk aus sehr viel Holz, etwas Beton und nur wenigen Trägern und Stützen aus Stahl. Der Eckturm, der direkt an eine sechsgeschossige Blockrandbebauung anschließt, bildet städtebaulich den Eingang des Quartiers „Neckarbogen”, dessen erster Bauabschnitt zur Eröffnung der Bundesgartenschau in Heilbronn 2019 fertiggestellt wurde. Im Erdgeschoss bildet ein Café den sozialen Treffpunkt fürs Quartier. Exklusiv für die Bewohner ist der ebenerdige Gemeinschaftsraum mit Essküche und Waschsalon. Loggien und die gemeinschaftliche Dachterrasse erweitern die 60 kompakten Mietwohnungen und Zimmer der Wohngemeinschaften. Zum Nachhaltigkeitskonzept gehört ein hoher Anteil nachwachsender Rohstoffe: Nur das Sockelgeschoss und der Erschließungskern bestehen aus Stahlbeton, was den Brand- und Schallschutz sowie die Aussteifung im Vergleich zu einer reinen Holzkonstruktion vereinfacht und wirtschaftlich macht. Die Sanitär­zellen mit 6 cm dünnen Sandwichwänden aus Holzwerkstoff wurden – komplett vorinstalliert – mit dem Kran auf die tragenden Decken aus Brettsperrholzplatten gesetzt. Die 40 × 40 cm ­starken Stützen aus Brettschichtholz sind in die Außenwände integriert; ­zwischen ihnen sorgen nichttragende Holzrahmenelemente für eine hochgedämmte Gebäudehülle. Im Inneren der Wohnun­­ gen überrascht der hohe Anteil sichtbarer Holzoberflächen: Dank einer Sprinkleranlage konnte die

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­Heilbronn (DE

Brand­widerstandsdauer bei den nichttragenden Außenwänden auf F30 reduziert werden. Die bodentiefen Fenster und Loggien sind geschossweise versetzt. Da Holzträger über den Öffnungen deutlich ­größere Querschnitts bedingt hätten und zu einer Brüstungshöhe von 90 cm geführt h ­ ätten, spannen Stahlprofile in der Fassaden­konstruktion verborgen als Durchlaufträger rund um das Gebäude. Sie verbinden die 8,5 m voneinander entfernten ­Stützenköpfe eines Geschosses m ­ iteinander, schaffen aber auch eine verformungsfreie Lastein­leitung in die Stahlanschlüsse übereinanderliegender Holz­stützen. Der untere Flansch der HEM 300-Profile dient als lineares Auflager der Holzdecken, der obere für die Rahmenelemente. Stahlträger verbinden diesen Ringanker auch mit dem Kern als deckengleiche Träger. Sichtbar wird das Material Stahl jedoch nur im Erdgeschoss: Filigrane Verbundstützen bilden vor dem Café und dem Eingang eine 7 m hohe Arkade. Die Fassadenbekleidung aus 4 mm starkem Aluminiumblech ist leicht, wartungsarm, nicht brennbar und erscheint je nach Einstrahlungswinkel der Sonne matt oder gleißend metallisch. Sie verleiht dem Baukörper auch optisch Leichtigkeit und minimalistische Präzision, vor allem an den Loggien, wo komplexe Geometrien und die Entwässerung aufeinandertreffen. Nur an den Deckenuntersichten der Loggien und der Arkade treten die Holzoberflächen auch außen in Erscheinung. Frank Kaltenbach

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Wohnhochhaus

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­Heilbronn (DE

A

B

1

2

C

3

A Am Fuß und Kopf der Holzstützen sind Stahlplatten zum ­Anschluss an den ­Stahlträger integriert.

B Die Deckenplatten aus Brettsperrholz sind an den Stirnseiten, wo sie auf dem Stahlträger ­aufliegen, ausgeklinkt.

C Die nichttragenden Außenwandelemente in Holzrahmenbau­ weisewerden im Werk vorgefertigt.

D Die Außenwandelemente werden zwischen die tragenden Holzstützen auf den Stahlträger gesetzt.

E Die Stahlträger sind auf Deckenhöhe in der Außenwand verborgen und minimieren die ­Verformungen.

F Innen dienen HEM 300 als Auflager für Stützen und Deckenplatten mit wirtschaftlichen Spannweiten.

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Wohnhochhaus

Horizontalschnitt Loggia Maßstab 1:20

4

  1 Glattblech Aluminium 4 mm nasslackbeschichtet grau Fugenhinterlegung Aluminium; Hinter­lüftung 82 mm dazwischen Unterkonstruktion ­Hutschiene

D

E

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  2 Sockelgeschoss: Stütze Stahlbeton 400/400 mm   3 Obergeschosse: Stütze Brettschichtholz Fichte 400/400 mm   4 Holzrahmenelement: Windsperre

­ ipskarton 18 mm G ­Holzständer 280/80 mm dazwischen Mineralfaser 280 mm Brettsperrholz Fichte 120 mm   5 Geländer Flachstahl

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­Heilbronn (DE

20/60 mm   6 Verbundfenster: ESG 8 mm in Aluminiumrahmen Sonnenschutz­ lamellen 20 mm ­Dreifachverglasung in Holzrahmen mit

­ ensterfalzlüfter F Uw ≤ 1,0, g = 0,35   7 Fallrohr ­Dachentwässerung   8 Entwässerung und Noteinlauf Loggia DN 50   9 Entwässerungsrinne

10 Innenseite Loggia Aufdopplung ­Holzrahmenelement: Faserzement grau 8 mm; Lattung 40 mm Windsperre ­Gipskarton 18 mm ­Holzständer

140/80 mm dazw. Mineralwolle 140 mm

  1 Betonplatte 40 mm Dränagekies 16 – 32  mm; Bitumenabdichtung zweilagig Dämmung Schaumglas 380 mm; Dampfsperre; Brettsperrholz 260 mm   2 Feuerschutzplatte 15 mm   3 Stahlprofil HEM 300   4 ­Geländer Flachstahl 20/60 mm   5 Verbundfenster: ESG

8 mm in Alurahmen Sonnenschutz­lamellen 20 mm, Dreifachverglasung in H ­ olzrahmen mit ­Fensterfalzlüfter Uw ≤ 1,0, g = 0,35   6 Glattblech Aluminium nasslackbeschichtet, grau 4 mm Fugenhinterlegung Aluminium; Hinterlüftung 82 mm dazwischen Unterkonstruktion Hutprofil   7 geschossweise ­Brandsperre Stahlblech gelocht

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Wohnhochhaus

Schnitt Maßstab 1:20

  8 Stütze Brett­ schichtholz Fichte 400/400 mm dazwischen Holzrahmenelement: Windsperre ­Gipskarton 18 mm Holzständer 280/80 mm dazwischen Dämmung 280 mm ­ Brettperrholz Fichte 120 mm   9 Sockelgeschoss: Wand Stahlbeton 400/400 mm 10 Betonstein 40 mm

auf Dünnbettmörtelpunkten; Dränageschicht; Bitumenabdichtung zweilagig Gefälledämmung PUR 120 mm; Notabdich­ tung 5 mm Brett­sperrholz Fichte 240 mm Luftdichtigkeitsfolie Mineralfaser 40 mm Brandschutz Dreischichtplatte weiß ­pigmentiert 19 mm 11 Linoleum 5 mm Trockenestrich 25 mm Flächenheizung 30

mm Wabenschüttung 30 mm Trittschalldämmung 20 mm Holz­faserdämmung 40 mm Brandschutz Gipsfaserplatte 10 mm rauchdicht; Leitungsebene für Sprinkler und Beleuchtung 30 mm; Brettsperrholz 240 mm 12 Auflager Holzdecke: Stahlkon­sole mit Schalldämmband 6 mm 13 Anschluss rauchdicht

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2 3

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­Heilbronn (DE

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Architekten Behnisch Architekten, Stuttgart (DE)

Tragwerksplaner schlaich bergermann partner, Stuttgart (DE) T-Ingénierie, Genf (CH) Charpente Concept, Genf (CH) SJB Kempter Fitze AG, Herisau (CH) Hermann Blumer, Herisau (CH) Ducret-Orges, Orges (CH)

2

Konferenzsaal in Genf 3

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1

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aa

6

5 5

1

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a a

Schnitt, Grundrisse Maßstab 1:1250

1 Vorplatz 2 Foyer 3 Garderobe 4 Zugang ­Konferenzsaal 5 Foyer Bestand 6 Besprechungsbereich 7 Luftraum 8 Konferenzsaal 9 Salon

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Konferenzsaal

9 9

8

Unweit des Hauptsitzes der Vereinten Nationen in Genf befindet sich der neue Konferenzsaal für die World Intellectual Property Organization (WIPO) – gleichsam als Bindeglied zwischen der gekurvten Hochhausscheibe des WIPO-Hauptsitzes und dem Verwaltungsgebäude von Behnisch Architekten. Überwiegend geschlossene, mit Lärchenschindeln bekleidete Fassaden sowie drei ­auskragende Bauteile mit großformatigen Fensteröffnungen lassen eine Bauskulptur ­entstehen, die sich erst beim Umrunden als Ganzes erschließt. Das Innere des Gebäudes – das erdgeschossige Foyer und der große Saal für etwa 900 Delegierte im Obergeschoss – wirkt wie eine Landschaft aus unterschiedlichen Ebenen, die durch Rampen und Treppen miteinander verbunden sind. Holz wird als Oberflächenmaterial sowohl für die Fassade als auch für den Innenausbau eingesetzt, wo es durch seine geringe thermische Masse und die damit verbundene kurze Reaktionszeit dem lediglich zeitweise inten­siven Konferenzbetrieb entgegenkommt. Holz dient aber auch als Baustoff für eine Tragstruktur mit enormen Spannweiten und Auskragungen. Neben der komplexen Verbindungstechnik zählten die in die Konstruktion zu integrierenden Haustechnikkomponenten zu den großen Herausforderungen. Beispielsweise werden für die Luftführung im Boden keine speziellen Rohrleitungen, sondern die ohnehin vorhandenen Hohlräume der Hohlkastenträger genutzt. Im Zuge des Ausschreibungsverfahrens kam es zu mehreren Umplanungen der Holzkon­ struktion. Letztlich realisiert wurde ein kosten- und materialsparendes Konzept, das der Ingenieur Hermann Blumer (s. Interview S. 167ff.) ­zusammen mit einer Arbeitsgemeinschaft von ausführenden Holzbauunternehmen entwickelte. Entstanden ist ein außergewöhnliches Tragwerk, das bis an die Grenzen des im konstruktiven Holzbau Machbaren geht. Roland Pawlitschko

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GENF (CH)

Interview Hermann Blumer

A

B

C

A  Lastabtragungsprinzip rot: Hauptauflager blau: Eigengewicht  / Verkehrslast grün: T  orsion durch asymmetrische Kragarme

B Tragwerksmodell mit ­einheitlichen Flächenund ­Stabelementen (Entwurfskonzept)

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Konferenzsaal

C  Tragwerksmodell mit Wänden als beidseitig beplankte Fach­werk­ träger (ausgeführte Variante)

ENTWICKLUNG EINES OPTIMIERTEN ­ HOLZTRAGWERKS Spätestens seit seiner Zusammenarbeit mit ­Shigeru Ban und den zahlreichen, gemeinsam mit ihm realisierten Holztragwerken zählt H ­ ermann Blumer zu den renommiertesten H ­ olzbauingenieuren. 2010 beauftragte ihn das Holzbau­konsortium Bois OMPI, den neuen ­Konferenzsaal der Welt­orga­ nisation für geistiges Eigentum möglichst ökonomisch mit regionalem Holz und regionalen Unternehmen realisierbar zu machen. Roland Pawlitschko: Mit welchen Schritten haben Sie sich an die Arbeit gemacht, nachdem Sie die von Behnisch Architekten und den Ingenieuren von schlaich bergermann partner vor­ bereiteten Ausschreibungsunterlagen ­er­halten haben? Hermann Blumer: Eine erste große Heraus­ forderung bestand darin, aus den detaillierten Konstruktionsvorschlägen mit zweidimen­ sionalen pdf-Dateien eine dreidimensionale Form zu generieren. Durch diese Vorarbeit ­erhielt ich das richtige Gefühl für die riesigen Spannweiten über dem großen Saal und die ­Verschneidungen der Boden- und Dachflächen in mehrere Teilebenen. Mir war bewusst, dass wir angesichts der enormen Auskragungen mit dem Baustoff Holz an die Grenze des Machbaren stoßen werden. In der ersten Überarbeitung zeigte sich aber auch, dass hier nicht die Nutzund Schneelasten maßgebend für die Dimensionierung sein werden, sondern das Eigengewicht der Konstruktion. E ­ ines der wichtigsten Ziele war daher, die Konstruktion so leicht wie möglich zu planen. Durch welche Maßnahmen gelang es, Gewicht einzusparen? Da mir sowohl der Holz- als auch der Stahl­ verbrauch sehr hoch erschienen, versuchte ich, das für die Ausschreibung gerechnete System aus vier schalenartigen Boden-, Wand- und

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GENF (CH)

Dachflächen, die zusammen eine riesige Holzröhre bilden, mit dem halben Gewicht zu konstruieren – was nach mehreren Anläufen auch tatsächlich gelungen ist. Die vielleicht am besten sichtbare Gewichtseinsparung war im Bereich der Außenwände möglich: Statt zweier starker Platten wie im ursprünglichen Entwurf (Abb. B), kam ein Fachwerk (Abb. C) zum Einsatz, das dank der beidseitigen Beplankung mit Brettschichtholz ebenfalls als Wandschale fungiert. Große Materialeinsparungen erbrachte auch die Verzahnung der Beplankungen mit den Flanken der Hohlkas­tenträger (Abb. J), durch die (ähnlich wie bei Fensterrahmen) biegesteife Ecken entstehen. Inwiefern stellten die Vorfertigung und der Transport der Hohlkastenträger eine Herausforderung für die Holzbauer dar? Sie hatten tatsächlich einige schwierige Details zu lösen. Die gerade noch mit Lastwagen transportierbaren Hohlkästen in Boden und Dach sind bis zu 27 m lang, jeder hat eine andere Form und manche verfügen zusätzlich über Knicke (Abb. I). Hinzu kommt, dass sie im Anschlussbereich zu den Wänden nicht rechtwinklig, sondern schräg abschließen. Mit anderen Worten: Es gibt keine repetitiven Bauteile. Und auch die Präzision – gefordert war 1 mm Toleranz – musste sehr hoch sein, weil die Anschlüsse mithilfe in das Holz eingeleimter Gewinde­ hülsen und -stangen sowie Stirnplatten erfolgte,

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8150

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D–F asymmetrischer 500 Kragarm (in ­Richtung Place des Nations): Ansichten Fachwerk­träger Maßstab 1:400

G zugbeanspruchtes Lager 500 Maßstab 1:20

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Konferenzsaal

H mittleres Kalottenlager Maßstab 1:20

I–M  Herstellung, Transport und Einheben der ­Hohlkastenträger

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L Verbindung von Holzbauteilen mit Gewinde­hülsen und Stirnplatten aus Stahl

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wie sie im Stahlbau üblich sind (Abb. L). Diese spezielle Konstruk­tionsweise geht auf eine ­Entwicklung des Holzbauunternehmens DucretOrges zurück. Haben sich konstruktive Alternativlösungen in irgendeiner Form auf den Entwurf ausgewirkt? Mussten beispielsweise der Innenraum oder das äußere Erscheinungsbild korrigiert werden? Am Entwurf musste nichts angepasst werden. Sämtliche Veränderungen spielten sich allein im Inneren der Böden, Wände und Decken ab. Überall, wo die statisch erforderlichen HolzQuerschnitte zu groß geworden wären, kamen Stahlverbindungsteile, Stahlträger und -stützen zum Einsatz. Am größten waren die Lasten bei der Auskragung zur Place des Nations. Dort sind auch Teile des Fachwerks in Stahl ausgeführt (Abb. D): eine Stütze mit Hängebändern zu beiden Seiten – ähnlich wie bei einer rückver­ ankerten Hängeseilbrücke. Eine weitere Herausforderung in diesem Gebäudeteil waren die aus dem unregelmäßigen Grundriss mit 17 bzw. 35 m Kantenlänge resultierenden Torsionskräfte. Obwohl dieser Kragarm als steife Röhre realisiert wurde, hat sich die am weitesten vom Auflager entfernte Ecke um rund 10 cm abgesenkt, was sich jedoch relativ einfach durch eine entsprechende Überhöhung lösen ließ. Als die Baustellenabstützungen weggenommen wurden, lag die Verformung ziemlich genau in den berechneten Grenzen. Die Stahlauskreuzung direkt vor

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GENF (CH)

den großen Fenstern war eine Vorsichtsmaß­ nahme, um ausschließen zu können, dass die Glasscheiben durch Verformungen in Mitleidenschaft gezogen werden. Wäre es überhaupt möglich gewesen, das ganze Gebäude trotz der großen Spannweiten und Auskragungen als reine Holzkonstruktion zu realisieren? Den Holzanteil hätte man schon noch erhöhen können – vielleicht nicht konsequent durch das ganze Gebäude, weil man damals an einigen Stellen einfach nicht ohne Stahlbauteile ausgekommen wäre. Mit heutigen Mitteln, zum Beispiel unter Verwendung von Baubuche oder Pressbuchenholz, wäre Manches mehr möglich gewesen. Leider stand uns dieses Material vor fünf Jahren noch nicht zur Verfügung. Wäre ein reines Holztragwerk dabei zwangsläufig mit höheren Kosten ­verbunden? Aus heutiger Sicht würde eine reine Holzlösung nicht teurer werden. Will man einen solchen Weg allerdings tatsächlich gehen, ­bedarf es hierfür besonders qualifizierter Firmen sowie zahlreicher zusätzlicher Versuche und Testreihen. 2010 beim Konferenzsaal der WIPO war hierfür weder die Zeit noch ein eigenes Budget vorgesehen. Dennoch: Die letztlich erreichte Halbierung sowohl des M ­ aterialverbrauchs als auch der Kosten (im Vergleich zur ursprünglichen Konstruktion) betrachte ich als riesigen Erfolg.

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Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:20 1 Aufbau Hohlkastenträger: Brettsperrholz 100 mm

­ ohlraum / Träger H Brettschichtholz 650 –1100 mm Brettsperrholz 100 mm 2 Dachbekleidung Aluminiumblech bronze eloxiert

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Konferenzsaal

3 Lattung Lärchenholz ¡ 70/20 mm 4 Dreifach-­Fest­ verglasung Lichttransmission: 63 % g-Wert: 0,33 – 0,42 U-Wert: 0,6 W/m2K

5 Parkettfußboden Eiche weiß geölt 13 mm Dreischichtplatte 20 mm Hohlraum als Installa­ tionsebene 150 mm Brettsperrholz

100 mm; Hohlraum / Träger Brettschichtholz 700 mm Brettsperrholz 100 mm Dampfbremse ­Wärmedämmung Mineralwolle 240 mm

Windbremse Unterkonstruktion Holz Lärchenholzschindeln ­gespalten, unbehandelt

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GENF (CH)

Architekten Andrew Todd, London (GB)

Tragwerksplaner LM Ingénieur, Paris (FR)

Theater bei Boulognesur-Mer 2

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In dem drei Hektar großen, parkähnlichen Garten des Kulturzentrums der Entente Cordiale nahe der nordfranzösischen Hafengemeinde Boulogne-sur-Mer wurde im vergangenen Juni ein einzigartiger Neubau fertiggestellt. Der runde Holzbau ist das erste Theatergebäude Frankreichs nach elisabetha­ nischem Vorbild und ähnelt in der Größe dem Londoner Rose-Theater von 1587. Während sich das englische Original durch eine vieleckige, einfach gehaltene Grundform in Holzständerbauweise und einen tatsächlich offenen Innenhof mit umlaufendem Satteldach auszeichnete, tritt das nun eröffnete Theater mit ungewöhnlichen Ansätzen in Erscheinung: Hinter einem kreisrunden Bambusvorhang befindet sich ­eine additive Komposition aus zylinderförmigen Teilvolumina von unterschiedlicher Höhe. Der unscheinbare Eingang führt über ein kleines Foyer d ­ irekt in den mittig liegenden Theatersaal. In diesem sollen fortan auch weitere Veranstaltungen, wie etwa Konferenzen und Opern stattfinden können. Verteilt auf

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4

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1. Obergeschoss  a

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2 1 Grundrisse, Schnitt Maßstab 1:500

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1 Theatersaal 2 Bühne 3 Eingang 4 Künstlerbereich 5 Zuschauerrang

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Erdgeschoss 

Theater

a

Parkett und zwei Ränge finden bis zu 388 Zuschauer einen Sitzplatz. Das Fensterband aus Profilglas im oberen Raumbereich ermöglicht eine natürliche Belichtung. Der ruhige Raumeindruck entsteht im Wesentlichen durch die überall sichtbaren, unbehandelten Holzoberflächen aus Kiefer, Fichte und Lärche. Alle oberirdischen Decken und tragenden Wände bestehen aus vorgefertigten, ebenen und gebogenen Brettsperrholzplatten. Der Einsatz von g ­ ebogenen Massivholzelementen ist einmalig für ein Theater und verdeutlicht, zusammen mit der vollständig natürlichen Gebäudebelüftung, den hohen ökologischen Anspruch des Entwurfs. In Zusammenarbeit mit dem Tragwerksplaner und einem ambi­tionierten Holzbauunternehmen konnte die reine Bauzeit für das Errichten der Holzkonstruktion auf rund sieben Wochen reduziert werden. Amlis Botsch

175

Boulogne-sur-Mer (FR)

Text Laurent Mouly, Grégoire Mouly 1

2

3

4

Fassadenschnitt Maßstab 1:20 1 Dachbahn PVC Dämmung 150 mm Dampfbremse OSB im Gefälle 19 mm Brettsperrholz ­fünflagig 109 mm Akustikpaneel 2 2× Profilglas in Aluminiumrahmen 3 Verglasung VSG in Aluminiumprofil auf Stahlprofil IPE 160 Wand UG oder Dämmung oder..?

176

Theater

4 Vertikallattung Lärche 40/40 mm Lattung zweilagig 25 mm Folie diffusionsoffen Multiplex zweilagig 15 mm Holzständer 147/46 mm dazwischen ­Steinwolle Dampfbremse Brettsperrholz gebogen fünflagig 109 mm

AUSSERGEWÖHNLICHES HOLZTRAGWERK Die Tragstruktur des Theatergebäudes setzt sich aus drei Basismaterialien zusammen. Der gesamte Oberbau aus Holz ruht auf einem Kellergeschoss aus Stahlbeton mit einer schwe­ ren, 50 cm dicken Sohlenplatte, die ­einen Auftrieb durch das örtlich hochstehende Grundwasser verhindert. Aufgeständerte Stahlträgerlagen im Erdgeschoss tragen den Bühnenboden sowie die umlaufenden, ange­hobenen Bereiche des Zuschauerparketts. Die ringförmigen Wände des Oberbaus aus gebogenen Fichten-Brettsperrholzplatten (BSP) sind verbunden durch radial angeord­nete, ebene BSP-Wände. Eine vorgelagerte Reihe von Leimholzstützen aus Eichenholz stützt die Vorderkanten der beiden Zuschauerränge und bildet schließlich die Auflagerpunkte für die unterspannten Leimholzträger des Dachtragwerks. Durch die Kombination der gebogenen und radialen Wandelemente mit den Deckenplatten — ebenfalls aus Brettsperrholz — entsteht eine Gesamtstruktur mit hoher Steifigkeit. Das dynamische Verhalten des Gebäudes unter seismischer Beanspruchung wurde durch die

177

Boulogne-sur-Mer (FR)

Analyse der seitlichen Krafteinwirkungen, entsprechend den Euro­code-Normen erfasst. Die Verteilung der horizontalen Beanspruchung auf die gesamte Struktur wurde über e ­ ine digitale ­Simulation bestimmt. Die Beanspruchung der vertikalen Platten verhält sich d ­ abei proportional zu ­ihrem jeweiligen mitt­leren Winkel zur ­Beanspruchungsrichtung. Die Krümmung der Elemente blieb bei den Berechnungen außer Acht, trägt ­jedoch zusätzlich zur Stabilität der Gesamtstruktur bei. Die Holzelemente sind in allen Innenräumen weitgehend unbehandelt ­belassen. Um die Standsicherheit des Tragwerks im Brandfall ohne zusätzlichen Schutz ­sicherzustellen, wird ihre relativ niedrige Feuerwiderstandsklasse M3/Euroclass D durch die Verstärkung der Sicherheitsvorrichtungen (Alarmsysteme, ortsfeste Löscheinrichtung, Rauchabzugsanlage, zusätzliche Fluchtwege) kompensiert. Lediglich die Unterseiten der Ränge des Auditoriums und des räumlich ­abgetrennten Treppenhauses sind durch Behandlung mit einer Lasur auf die Feuerwiderstandsklasse M1/Euroclass B verbessert.

A

B

C

E

D

A Zuluftführung

B Lüftungssimulation

178

Theater

C Stahlträgerlage / Lüftungsschächte

D Vorfertigung in der Werkstatt

E horizontale / vertikale Massivholzelemente der Tragstruktur

F Axonometrie ­Tragwerk

NATÜRLICHE BELÜFTUNG Durch die Nutzung zweier physikalischer ­Phänomene wird die natürliche Belüftung ­sichergestellt: die Druck- und Sogwirkung der auftreffenden Winde und die thermisch bedingten Luftdruckunterschiede im Gebäude­inneren. Die Herausforderung dabei war, die passende Wechselwirkung zwischen diesen Kenngrößen zu erreichen. Wechselhafte Windverhältnisse durch die küstennahe Lage stellten dabei einen wesentlichen Planungsfaktor dar. Frische Luft strömt durch boden­nahe öffenbare Fassadenschlitze in einen ummauerten Sockel unter dem erhöhten Parkettbereich und der Bühne und wird über ein Schachtsystem gleichmäßig in den Theatersaal eingeleitet. Eine ganzjährige Vortemperierung der Raumluft erfolgt durch die ther­mische Trägheit der Baumaterialien und Lufterhitzer direkt an den Einlässen. Ein für das Projekt eigens entwickeltes Steuerungssystem

F

179

Boulogne-sur-Mer (FR)

der Ein- und Auslässe regelt je nach Bedarf den erforderlichen Luftwechsel. Zu deren Bemessung wurden neben den analytischen Berechnungen auch digitale Simulationen und Modellversuche im Wind­kanal des Laboratoire Aérodynamique Eiffel in Paris durchgeführt und deren Ergeb­ nisse zusammengeführt. Seit der Inbetrieb­ nahme wird das lüftungstechnische Verhalten im Rahmen eines Forschungsprogramms untersucht und das System fortlaufend optimiert und angepasst. Durch das unbehandelte Fichtenholz mit seiner sinnlichen Ausstrahlung und hygroskopischen Fähigkeit entsteht eine besondere ­Atmosphäre im Inneren des Theaters. Da zudem keine ­Vibrationen üblicher mechanischer Lüftungsanlagen stören, lenkt nichts ab von der ­ruhigen Wirkung des Raums und der I­nteraktion der Besucher mit der Architektur.

Architekten Tzannes Architects, Sydney (AU)

Tragwerksplaner Lendlease DesignMake, Eastern Creek (AU)

8825

I­ nternational House in ­Sydney

420

730 337

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20,5°

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420

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° 20,5°

c b 181

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­International Hous

Das International House in Sydney ist Australiens erstes mehrgeschossiges Bürogebäude in Holzbauweise. Es befindet sich im quirligen Geschäftsviertel Barangaroo unmittelbar am alten Hafen Sydneys – einem Gebiet, das mit seinen alten Kais und einst hier stehenden ­Lagerhäusern über eine lange Geschichte des Holzbaus verfügt. b Der Bauherr entschied sich aus mehreren Gründen für das Material Holz: Es ermöglicht trockene, staubarme und leise Baustellen. B ­ enachbart wohnende, arbeitende oder flanierende Menschen werden durch die Montage vorgefertigter Elemente weniger stark und weniger lang gestört. Und schließ5 lich bindet der Baustoff CO2 und fördert die Gesundheit und das Wohlbefinden der Nutzer. Die hier 4 a a ­realisierte Lösung hat überdies zur Entwicklung eines neuartigen, besonders tragfähigen Hybridträgers 3 3 3 aus Buchen-Furnierschichtholz und Fichten-Brettschichtholz geführt. 2 2 Holz prägt hier nicht nur das Tragwerk, sondern auch das Gebäudeinnere. Decken- und Wandb und Treppenhäuser bestehen aus Holz. Holzflächen blieben unbekleidet, und auch die Aufzugsschächte oberflächen bestimmen – mit Ausnahme der Sanitärräume – die Atmosphäre aller Innenräume. Zudem ist das Material Bestandteil des Nachhaltigkeitskonzepts, ebenso wie die im Erdgeschoss eingesetzten Altholzstützen, die PV-Module auf dem Dach und die LED-Leuchten.  Roland Pawlitschko

aa

bb

1

1 1

1

Regelgeschoss b a

5 a

3 b

5 3 2

3 2

1 Bürofläche 2 Kolonnade 3 Ladenfläche 4 Lobby 5 öffentlicher ­Durchgang

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Sydney (AU)

Erdgeschoss

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b a

Schnitte, Grundrisse Maßstab 1:800

4

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3 3

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Text Tim Butler 3000

3000

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3000 3000 3000

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8825

3

420 420

420 mm

a ccc

1000 500 500

Detail Altholzstütze Maßstab 1:10 1 Altholz australischer Eukalyptus (Ironbark) 210 × 210 mm 2 Bolzen Stahl M16 3 Schubdübel Stahl

184

Ansicht, Grundriss Y-Stütze Maßstab 1:75

INTERNATIONAL HOUSE

1000 1000 1000 500 500 500500 500 500

250 250 250 250 500 250 250 500 500

737 737 737

. . .

aa

aaa 1000 1000 1000 500 500 500500 500 500 250 250 250 250 500 250 250 500 500

aaa

1000 1000 1000 500 500 500 500500 500

250 250 250 250 500 250 250 500 500

200 200 200

500 500 500

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bbb

250 250 500

1000 500 500 250 250 500

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1800 1800 2250 1800 2250 1200 12002250 1200

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20 20 20

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730 730 730730 730 730 337 337 337 337 337 337 °,5 °25° 200, 25° 0, 0,5° 02°,5 202,5

2700 2700 2700

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b 424024020

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730 730 337 337 20,5°20,5°

bb

cc

TRAGWERKSKONZEPT Konstruktiv besteht das International House Sydney aus einem eingeschossigen Beton­ sockel sowie aus einer Zwischenebene und fünf Bürogeschossen ganz aus Brettschicht-

holz- und Brettsperrholz-Elementen. Brettschichtholz-Diagonalen in allen vier Fassadenebenen übernehmen die Aussteifung des ­Gebäudes.

STÜTZEN AUS RECYCELTEM HOLZ Die Y-förmigen Kolonnadenstützen der beiden Ladengeschosse sind zusammengesetzt aus einem unteren Betonteil und zwei oberen Holzelementen aus australischem Eukalyptus (Ironbark). Letztere bestehen aus jeweils vier ­Altholzbalken, die von stillgelegten Eisenbahn-

185

Sydney (AU)

brücken in Queensland stammen und über einen Gesamtquerschnitt von 420 × 420 mm ­verfügen. Ausgeführt wurden sie als Ver­ bundquerschnitt gemäß Eurocode 5 mit ­Schubdübeln und überkreuzten Verschrau­ bungen.

A

B

A  Großraumbüro mit unbekleideten Brett­ schichtholzträgern und -stützen sowie ­Brett­sperrholzwänden und -decken

B Hybridträger aus Fich­tenBrettschichtholz (BSH) und mittig einlaminierten Schichten aus BuchenFurnierschicht­holz.

186

­International Hous

HYBRIDTRÄGER AUS NADELUND LAUBHOLZ Aufgrund der beschränkten Gebäudehöhe und der Notwendigkeit, haustechnische Leitungen durch die Träger zu führen, war eine inno­ vative Lösung für die Trägerkonstruktion erforderlich. In Zusammenarbeit mit den Holzunternehmen Stora Enso und Hess Timber s­ owie der Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart wurde daher eine Hybridlösung aus ­besonders tragfähigem Buchen-Furnierschichtholz (FSH) und konventionellem Fichten-Brettschichtholz (BSH) entwickelt. Der Träger mit einem Gesamtquerschnitt von 480 × 800 mm besteht aus drei BSH-Bauteilen, zwischen denen über die gesamte Bauteilhöhe und -länge zwei stehende FSH-Platten eingeklebt wurden. Zur Untersuchung der Spannungsverteilung im Träger und vor allem im Bereich der

Durchdringungen setzten die Planer Finite-­ Elemente-Analysen ein. Hinzu ­kamen physische Überprüfungen der Trag­fähigkeit und des Brandverhaltens. Die in den Trägern vorgesehenen Durch­ dringungen sind deutlich größer und ihre ­Abstände zueinander deutlich geringer, als es die aktuellen Richtlinien – wie etwa in DIN EN 1995-1-1-1/NA oder Eurocode 5 – erlauben. Um die Analysen und Untersuchungen aus den Vorplanungen zu überprüfen, führte die MPA Stuttgart weitere Tests an Musterträgern durch. Die Testergebnisse bestätigten nicht nur die Richtigkeit der Finite-Elemente-Ana­lyse, sondern zeigten auch, dass die Durchdringungen das Tragverhalten des Trägers dank der beiden FSH-Schichten nicht negativ beeinflussten.

VORFERTIGUNG IN DER NÄHE DER BAUSTELLE Aufgrund der beengten Platzverhältnisse auf der Baustelle und um die Kranzeiten zu reduzieren, fiel die Entscheidung, einzelne Holzbauteile an einem nahe gelegenen Ort im BarangarooViertel vorzumontieren und als größere Elemente auf die Baustelle zu transportieren. In Europa vorgerfertigte Holzbauteile wurden direkt dorthin geschickt, um am Gebäude keine Lager­

flächen zu blockieren. Auch die Holz-Aufzugskerne und die mit Diagonalen ausgesteiften Fassadenfelder wurden abseits der Baustelle vormontiert und erst als fertige Elemente in den Roh­bau eingehoben. Dieses Vorgehen ­optimierte die Nutzung des Hauptkrans und ­erhöhte die Geschwindigkeit der Ausbau- und Installationsarbeiten.

LERNPROZESSE WÄHREND DER BAUZEIT Zwar verfügte kein Mitglied des Montageteams anfänglich über Erfahrungen mit vorgefertigten Holzelementen, doch die Montagegeschwindigkeit verbesserte sich von acht Elementen pro Tag unmittelbar nach Baubeginn auf schließlich 33 Elemente gegen Ende der Bauarbeiten. Nach

187

Sydney (AU)

einer Einarbeitungsphase wurde pro Woche eine der rund 1300 m2 großen Etagen fertig­ gestellt – einschließlich aller Brettschichtholz­ träger und -stützen sowie der Brettsperrholzwände und -decken.

188

­International Hous

189

Sydney (AU)

Architekten Burkard Meyer Architekten, Baden (CH)

Tragwerksplaner MWV Bauingenieure, Baden (CH)

Büro-Holzhochhaus in Risch-Rotkreuz

190

191

6

8

5

a aa 7 4

5 3 a 7 4

4

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6 1

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5 7

3

50,7m

3

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1

1

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2 7

a

6

a

Erdgeschoss

2. Obergeschoss

6 Haupterschließungskern 7 Bürofläche 8 Dachterrasse

Schnitt Grundrisse Maßstab 1:750

1 Foyer 2 Ladenfläche 3 TG-Einfahrt 4 Lager 5 Innenhof

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Büro-Holzhochhaus

7

50,7m

a

Auf dem ehemaligen Industrieareal Suurstoffi in Risch-Rotkreuz am Zugersee entstand das erste Schweizer Bürohochhaus in Holzbau­weise. Es ist gegliedert in zwei versetzt angeordnete Baukörper und verfügt über zwei ­Erschließungskerne und einen Innenhof. Charakteristisch sind die offenen, frei ­einteilbaren Grundrisse, die eine hohe Nutzungsflexibilität und die Aufteilung in unterschiedlich große Mietbereiche ermöglichen. Konstruktiv handelt es sich um einen Holz­skelettbau, der mit Ausnahme der beiden K ­ erne aus Ortbeton komplett vorgefertigt wurde. Für die Vollholzstützen und Unterzüge im Gebäudeinneren kam Buchen-Furnierschichtholz zum Einsatz, während die weniger stark belasteten Stützen in der Fassadenebene aus Fichten-Brettschichtholz bestehen. Die Holz-Beton-Verbunddecken sorgen zusammen mit den Betonkernen für die horizontale Gebäudeaussteifung. Dank integrierter Haustechnikelemente übernehmen sie zudem die Kühlung, Heizung und Lüftung. Vor allem der Einbau dieser vorgefertigten Bauteile mit Sichtholzoberflächen und Akustikdecke ermöglichte eine erhebliche Reduzierung der Gesamtbauzeit. Im Gegensatz zu den von warmen Holztönen geprägten Innenräumen verfügt die Fassade aus gekapselten Holzbauelementen über eine schwarze Bekleidung aus Aluminium-Verbundplatten, die dem Gebäude ein zurückhaltend elegantes Äußeres verleiht. Roland Pawlitschko

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Risch-Rotkreuz (CH)

Text Fabian Dinkel

A

B

C

E

D

A Betontragwerk (grau), Holztragwerk mit ­Bauteilen aus Fichtenholz (hellbraun) und BuchenFurnierschichtholz (dunkelbraun)

B Montagesystem

194

Büro-Holzhochhaus

C  gleichzeitiges Arbeiten an Betonkern und ­Holztragwerk

D  Holz-Beton-Verbund-­ Systemdecken mit ­vor­gerüsteten Haustechnikkomponenten

E  räumliche Wirkung der sichtbaren Holzstruktur

Da es sich bei diesem Bürogebäude um das erste Holzhochhaus der Schweiz handelt, gab es zum Planungszeitpunkt kaum praktische ­Erfahrungen im Umgang mit der Abtragung hoher Lasten mit Holzbauteilen. Möglich wurde

das Hochhaus erst durch die 2015 erneuerten Brandschutzvorschriften. Sie erforderten unter anderem den Einbau einer Sprinkler­anlage in allen Geschossen sowie gekapselte Fassadenbauteile.

ROLLENVERTEILUNG Unter dem als Generalplaner tätigen Architekturbüro Burkard Meyer hatte die Erne AG Holzbau zahlreiche verschiedene Aufgaben. Mit seinen Tochter­firmen war das Unternehmen mit der örtlichen Bauleitung für das gesamte Gebäude betraut, es übernahm den neungeschossigen Holzbau, der sich über dem Erdgeschoss in die Höhe entwickelt, und es realisierte zudem den Bau des Untergeschosses in Beton. Teil unseres Auftrags als Holzbauer waren auch die beiden Beton-Treppenhaus­ kerne, die unsere Bauunternehmung als Subunternehmer erstellte. Dieses Zusammenspiel

­ rmöglichte eine sehr enge Abstimmung e ­zwischen Holz- und Massivbauern, die nötig war, um den straffen Zeitplan zu erfüllen und in nur zwei Wochen ein Geschoss im Rohbau ­fertigzustellen. Die statische Planung und ­Berechnung des Holzbaus mit vorgefertigten Stützen, Unterzügen und Holz-Beton-Verbund­ deckenelementen erfolgte wegen der sehr engen Verknüpfung mit der Produktion und den internen Abläufen von Anfang durch die ­Ingenieure von Erne. Die Massivbaustatik und die statische Gesamtverantwortung lagen beim Bauingenieurbüro MWV.

VORGEFERTIGTES DECKENSYSTEM Wesentliches Bauteil dieses Projekts ist unser patentiertes Deckensystem. Es kombiniert ­tragende Holz-Beton-Verbunddeckenelemente, die ab Werk über vorinstallierte Haustechnikkomponenten verfügen: zum Beispiel Heizungs-

und Kühlungs- sowie Lüftungs- und Sprinkler­ leitungen. Zu den Vorteilen dieses vorgefertigten Systems zählt seine Einfachheit, die s­ owohl Herstellungs- und Montageprozesse erleichtert als auch die Bauzeiten erheblich verkürzt.

TRAGWERK Die Deckenelemente liegen auf Pendelstützen auf. Durch die kraftschlüssige Verbindung der Betonschicht zu einer Scheibe sowie den Anschluss an die Betonkerne sorgen sie für die horizontale Aussteifung des Gebäudes. Während die Stützen in Fassadenebene aus Fichten-Brettschichtholz bestehen (340 × 340 mm), kommen rund um die beiden Betonkerne Stützen (1.­­und 2. OG: 400 × 400 mm, darüber 340 × 340 mm) und Unterzüge (340 × 480 mm) aus Buchen-Furnierschichtholz zum Einsatz. Vorteil des Laubholzes ist die hohe Druckfestigkeit – Fichtenholzstützen wären hier nur mit ­unverhältnismäßig großen Abmessungen möglich gewesen. Maßgeblich für den statisch nötigen Querschnitt war das Stützenkopfdetail. Der Stützenkopf ist im Vergleich zur Stütze im Querschnitt reduziert, um ein einfaches Auflager für die Unterzüge zu schaffen. Weiter oben verjüngt sich der Stützenkopf nochmals, um die

195

Risch-Rotkreuz (CH)

Fichtenholzträger des Deckensystems fugenlos auflagern zu können. Die vorgefertigten Holz-Beton-Verbunddeckenelemente sind circa 2,90 m breit und bis zu 8,30 m lang und bestehen aus jeweils vier Fichtenholzrippen. Die 8 t schweren Elemente kamen voll tragfähig auf die Bau­stelle. Dort wurden sie nebeneinandergelegt und mithilfe von verschweißten Einlegeteilen schubsteif verbunden. Damit die Decke die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse REI 60 erfüllt, wurden die Fugen mit hochfestem Verguss­ mörtel vergossen. Dieser Vergussmörtel befindet sich auch zwischen den Stützen, wobei die obere Stütze im Sinne einer s­ icheren Krafteinleitung auf einer massiven Stahlplatte auf­ gelagert ist. Ein vertikaler Bolzen dient hier der Lagesicherung. Die Schutzfolie zwischen Vergussmörtel und Holzstützenkopf schützt das Holz vor Feuchtigkeit.

F

G 2 1 3

2

H

I

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F Übersicht Stützenkopf G Detail Stützenkopf Vertikalschnitt Maßstab 1:20

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1 Hohlraumboden ­bauseitig 150 mm Unterboden mit Trittschalldämmung 80 mm Betonplatte der ­Verbunddecke 120 mm

Fichtenholzträger der Verbunddecke 300  mm / integrierte Haustechnik Unterzug BuchenFurnierschichtholz 480 mm

Büro-Holzhochhaus

2 Stütze Buchen-­ Furnierschichtholz 340 × 340 mm 3 Vergussmörtel und ­Zentrierdorn

H  Holz-Beton-VerbundSystemdecke mit ­integrierten Haustechnikelementen I  Haustechnikmodell

J  Tragwerksmodell

BAUABLAUF Anstatt erst den Betonkern und danach den Holzbau zu erstellen, haben wir den Betonkern parallel zum Holzbau realisiert. Dies ermöglichte einfache Details sowie eine schnelle Montage. Beispielsweise erfolgt die Querkrafteinleitung in den Massivbau einfach über die auf Neopren­

lagern in ausgesparten Auf­lagernischen aufgelegten Fichtenholzrippen. Zugleich konnten wir die Anschlussbewehrung der Deckenelemente mit der Bewehrung des Betonkerns verbinden und beides in einem Betoniervorgang zu einer monolithischen Einheit verbinden.

AUSBLICK Das hier realisierte Tragwerkskonzept lässt sich tier ein weiteres Holzhochhaus, das mit dem ­gleichen Deckensystem aus­gestattet ist, jedoch prinzipiell auch bei wesentlich höheren Gebäuden einsetzen. Derzeit bauen wir im selben Quar- 16 Geschosse und eine Höhe von 60 m aufweist.

197

Risch-Rotkreuz (CH)

Architekten Voll Arkitekter, Trondheim (NO)

Tragwerksplaner Sweco, Lillehammer (NO)

Holzhochhaus in Brumunddal

198

1 2

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3

17. Obergeschoss (Penthouse) 

7. Obergeschoss (Hotel)

aa

aa

7,50 7,50 Lageplan Maßstab  1:7500 Schnitt, Grundrisse Maßstab 1:750

aa 7,10 7,10

6,70 6,70

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6,70 37,20

Erdgeschoss (Lobby)

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Holzhochhaus

7,50 7,50 7,10

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16,70 16,70

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7,65 7,65

a

In Brumunddal, rund 140 km nördlich von Oslo, steht seit Anfang 2019 das höchste Gebäude der Welt, für das ausschließlich tragende Bauteile aus Holz verwendet wurden. Namens­geber des 85,4 m hohen Mjøstårnet ist der benachbarte Mjøsasee, Norwegens größter See. Die Lage in einem beliebten Feriengebiet unmittelbar an der Hauptstraße zwischen Oslo und Trondheim war Anlass für den ortsansässigen Investor, in dem nur 10 000 Einwohner zählenden Ort ein ambitioniertes Mixed-Use-Projekt dieser Größe zu realisieren. Die 18 Stockwerke des Hochhauses enthalten rund 11 300 m2 Nettogeschossfläche. Über der ­Eingangsebene mit Lobby, Rezeption und Restaurant folgen eine Technik- und Konferenzetage, fünf Bürogeschosse und ein ­viergeschossiges Hotel mit 72 Zimmern. Im 11. bis 15. Obergeschoss sind 33 Wohnungen entstanden, die von außen an den vorgehängten Balkonen auf der Seeseite e ­ rkennbar sind. Auf die beiden obersten Ebenen verteilen sich drei weitere Wohn­einheiten, ein Veranstaltungssaal und eine ­öffentliche Aussichtsterrasse. Komplettiert wird der Neubaukomplex durch ein öffent­liches Hallenbad in einem an den Turm ­angrenzenden Flachbau. Ausschlaggebend für die Holzbauweise w ­ aren der Wunsch, regionale Ressourcen zu verwenden, sowie das in Norwegen verfügbare Ingenieurwissen für den Bau hoher Holzhäuser. Dieses Wissen ist recht jung: Bis 1997 durfte in dem skandinavischen Land ­maximal drei Geschosse hoch in Holz gebaut werden. Seine Geschwindigkeitsvorteile konnte der Holzbau beim Mjøstårnet voll ausspielen: Vom ersten Spatenstich bis zum Richtfest dauerte es nur 15 Monate, die gesamte Bauzeit betrug nicht einmal zwei Jahre. Anders als viele Holzhochhäuser zeigt der Mjøstårnet das Material, aus dem er besteht, auch nach außen. Die Fassaden bestehen aus großformatigen, vorgefertigten Elementen mit brandschutzimprägnierter Holzverschalung. Die markante Turmkrone bildet eine Pergola aus Brettschichtholz, die mit der obersten ­Geschossdecke verschraubt ist. Jakob Schoof

201

Brumunddal (NO)

Text Rune Abrahamsen

B

1

2

6

2 4 3 5 1

37,2 0

A

A Das Gebäude wurde in vier- bis fünfgeschossigen Abschnitten errichtet. Für jeden Abschnitt wurden die jeweiligen Stützen und Träger auf

202

16,70

der Baustelle zu ­leiter­­artigen Rahmen ­vormontiert.

Holzhochhaus

B  Axonometrie des ­Tragwerks

1 Eckstützen Brett­ schichtholz 1485/625 mm 2 Mittelstützen Brettschichtholz 725/810 mm bzw. 625/630 mm

3 Diagonalen Brett­ schichtholz max. 625/990 mm 4 Unterzüge unter Betondecken: Brettschichtholz 625/585 mm

bzw. 625/720mm 5 Unterzüge unter ­Holz­decken: Brett­ schichtholz 395/585 mm bzw. 395/675 mm 6 Aufzugsschacht Brettsperrholz

Das Haupttragsystem des Mjøstårnet besteht aus Brettschichtholzstützen und -trägern im Gebäudeinneren sowie großformatigen Brettschichtholz-Fachwerken in den Fassa­ denebenen, deren Diagonalen über mehrere Stockwerke verlaufen. Letztere steifen das Hochhaus gemeinsam mit den Geschossdecken aus, während die Innenstützen und -träger den größten Teil der vertikalen Lasten tragen. Wände aus Brettsperrholz bilden das Sekundär­ tragwerk für die drei Aufzüge und zwei Treppen­ häuser im Turm, sind jedoch nicht an dessen Aussteifung beteiligt. Das Gleiche gilt für die Gebäudehülle aus 50 bis 60 m2 großen, ­geschosshohen Fassadenelementen, die außen an der Holzkonstruktion befestigt sind. Die Sandwichelemente wurden mit Dämmung

und bereits montierter Holzschalung an die Baustelle geliefert. Das Gebäude hat eine Grundfläche von etwa 17 × 37 m. Seine Bodenplatte aus Stahl­ beton ruht auf bis zu 60 m langen Fundamentpfählen, die auf den tragfähigen Fels hinab­ reichen und sowohl Druck- als auch Zugkräfte aufnehmen können. Dies ist nötig, um das ­relativ leichte Gebäude bei Starkwinden am Umkippen zu hindern. Die größten Normal­ kräfte treten in den vier Eckstützen auf. Mit einem Querschnitt von je 1485 mm × 625 mm sind sie für eine maximale Druckkraft von je 11 500 kN und eine maximale Zugkraft von je 5500 kN bemessen. Die übrigen Stützen sind mit Querschnitten von 725 mm × 810 mm und 625 mm × 630 mm deutlich schlanker.

BETONDECKEN GEGEN GEBÄUDESCHWINGUNGEN Während die Decken des 1. bis 10. Ober­ geschosses aus vorgefertigten Holzelementen bestehen, kamen in den Obergeschossen 11 bis 17 je 300 mm starke Filigrandecken aus Stahlbeton zum Einsatz. Aufgrund der aero­ dynamischen Eigenschaften des Mjøstårnet war dies von Vorteil, da das zusätzliche Gewicht die Beschleunigung durch windindu­zierte Schwingungen reduziert. Außerdem lässt sich mit den Betondecken leichter ein ­hoher Schallschutzstandard in den Wohnungen ­erreichen.

Sowohl die Holz- als auch die Beton­decken im Mjøstårnet spannen einachsig in Gebäudelängsrichtung. Sie liegen auf Brettschicht­ holzträgern auf, die im Fall der Betondecken Querschnitte bis zu 625 mm × 720 mm erreichen. Alle Brettschichtholzelemente sind durch 8 mm dicke Schlitzbleche und 12 mm starke Stabdübel miteinander verbunden. Die Tragkons­ truktion aus Holz liegt witterungsgeschützt innerhalb der Gebäudehülle. Für alle Holzbauteile mit Ausnahme der be­witterten Pergola auf dem Dach gilt die Nutzungsklasse 1 nach EN 1995.

MATERIALAUSWAHL Hauptsächlich wurde unbehandelte norwegische Fichte für den Bau des Mjøstårnet verwendet. Das bewitterte Holz in der Pergola besteht aus druckimprägnierter Waldkiefer. Für alle tragenden Bauteile wurden die Brettschichtholzklassen GL30c und GL30h nach DIN EN14 080:2014 sowie Brettsperrholztafeln mit einer charakteris-

203

Brumunddal (NO)

tischen Biegefestigkeit von fmk = 24 MPa verwendet. Die Verbindungselemente in der Holzkonstruktion bestehen aus pulverbeschichtetem S355-Stahl in Kombina­tion mit säurefesten Stabdübeln. Die Fassadenverkleidung aus Holz erhielt vom Hersteller eine Brandschutzimprägnierung und hat somit brandhemmende Eigenschaften.

31 50 31 50

C

25 25 48 25 25 48

360 360

1 1 2 2 3 3

D

1485

1485

625

625

1485

1485

625

625

C  seitlicher Anschluss eines Deckenelements an die Fassade

204

Schnitt Maßstab  1:20 1 Randbalken ­Brett­schichtholz 190 / 405 mm 2 Kantholz 66 / 360 mm 3 Deckplatte Furnierschichtholz 31 mm

Holzhochhaus

D Stützenfußpunkt aus Stahl mit Anschluss einer Diagonalen und Ver­ ankerung im Fundament Ansichten Maßstab 1:50

E Stützen-Träger-Anschluss mit Knotenblechen und Fugenverschluss mit Brandschutzlaminat (dunkel­grau)

WEIT GESPANNTE GESCHOSSDECKEN Die maximale Deckenspannweite im Mjøstårnet beträgt 7,5 m. Die Holzdecken wurden als elementierte Rippendecken aus Brettschichtholz und Furnierschichtholz vorgefertigt, deren Hohlräume zur Verbesserung des Brand- und Schallschutzes mit Mineralwolle gedämmt sind. Die meisten Deckenelemente sind auf der Obersei-

te mit einem 50 mm starken Estrich versehen. Für die Herstellung der Rippendecken ist weniger Holz erforderlich als für vergleichbare, massive Brettsperrholzdecken. Mit dieser Bauweise lassen sich Spannweiten von fast 10 m realisieren, was die Flexibilität im Vergleich zu anderen Geschossdecken­typen aus Holz erhöht.

BIS ZU 120 MINUTEN BRANDWIDERSTAND Für den Neubau wurde in Abstimmung mit den Behörden ein individuelles Brandschutzkonzept erstellt, das für das Primärtragwerk ­eine Brandwiderstandsdauer von 120 Minuten vorsieht. Sekundäre Tragelemente wie die ­Geschossdecken müssen einem Brand von 90 Minuten Dauer widerstehen. Gemäß Eurocode 5 lässt sich der Brandwiderstand von Holztragelementen ermitteln, indem man den verbleibenden Holzquerschnitt nach dem Ver­ kohlen berechnet. Ergänzend zu den Berech­ nungen fanden Brandversuche statt. Diese ­bewiesen, dass die großen Brettschichtholz­ stützen selbstverlöschend sind und auch im Brandfall kein Einsturz des Gebäudes droht. Die Holzkonstruktion im Gebäude­ inneren kann daher sichtbar bleiben. Entlang der Fluchtwege, im Haupttreppenhaus und in den Aufzugsschächten wurden offen liegende Holzbauteile mit feuerhemmender Farbe

E

205

Brumunddal (NO)

­ eschichtet. Nur die Wände im Fluchttrep­pen­ b haus mussten mit Gipskarton verkleidet werden. Zur weiteren Verbesserung des Brandschutzes ist im gesamten Gebäude eine Sprinkler­ anlage installiert. Horizontale Brandsperren in den Fassaden verhindern das Übergreifen eines Feuers von einem Geschoss auf das nächste. Die Knotenbleche und Stabdübel sind mindestens 85 mm tief in das Holz eingebettet. Fugen und Schlitze zwischen den Trägern, Stützen und Geschossdecken wurden mit Brandschutz­ laminat verschlossen (Abb. E). Das Material dehnt sich bei einer Temperatur von 150 °C bis zum 20-fachen seines Volumens aus. In Bezug auf die Tragfähigkeit ist die Konstruktion so konzipiert, dass sie den Wegfall einer aussteifenden Geschossdecke kompensieren kann. Sie widersteht auch dem Aufprall einer kompletten Geschossdecke aus Holz, die auf die darunterliegende Decke fällt.

LASTEN UND DYNAMISCHE SCHWINGUNGEN Die Windlast erwies sich als die maßgebende Einwirkung für die Auslegung des Tragwerks. Sie wurde als statische Last angesetzt. Wind­ kanalversuche waren aufgrund der regelmä­ßi­ gen Gebäudegeometrie nicht erforderlich. Die maximale horizontale Verformung des Tragwerks an der Turmspitze wurde mit 140 mm ­berechnet und ist damit für ein Gebäude dieser Höhe sehr gering. Allerdings sind dynamische Schwingungen bei der Planung von Holzhochhäusern ein entscheidender Faktor. Der Mjøstårnet besitzt gemessen an seiner Höhe nur ein geringes Eigengewicht. Seine erste Eigenfrequenz liegt mit 0,37 Hz in einem Bereich, in dem windinduzierte Schwingungen als störend empfunden werden oder Übelkeit verursachen können. Steifigkeit und Masse von

Brettschichtholz und Beton sind bekannt, und anhand von Berechnungen und Messungen in einem früheren Holzhochhaus in Bergen war es möglich, die Schwingungsdämpfung durch das Brettschichtholztragwerk recht gut vorherzusagen. Für Mjøstårnet wurden eine Basiswindgeschwindigkeit von 22 m/s und ein Dämpfungsgrad von 1,9 % angesetzt. Analysen mit einem Finite-Elemente-Modell des Gebäudes zeigten, dass die Spitzenbeschleunigungen durch Wind im 16. Obergeschoss an der Grenze dessen liegen, was für Wohngebäude nach ISO 10 137 akzeptabel ist. Im obersten Geschoss liegen sie leicht d ­ arüber (Abb. F). Der Bauherr hat akzeptiert, dass potenzielle Käufer der Penthouse-Wohnung über diese Tatsache ­informiert werden.

VERGRÖSSERUNG DER GEBÄUDEHÖHE Zu Planungsbeginn wurde die Höhe des Gebäudes auf 81 m festgelegt. Alle statischen Berechnungen basierten in der Folge auf dieser Annahme. Erst nach dem Bau der Fundamente forderte der Bauherr das Planungsteam auf, die Gebäudehöhe auf das mögliche Maximum zu steigern und für die Pergola größere Brettschichtholzquerschnitte zu verwenden, die einen Eindruck der Tragstruktur im Inneren des Gebäudes vermitteln sollten.

Die Ingenieure von Sweco schlugen vor, für die Pergola Holzprofile mit abgerundeten Kanten zu verwenden. Dies reduzierte die Windlast und ermöglichte letztlich die Realisierung einer Pergola mit 85,4 m Firsthöhe. Es bedeutete aber auch, dass etwa 1 km Brettschichtholzstützen und -binder an allen vier Kanten mit einem Radius von 140 mm abgerundet werden mussten. Dies geschah in einer Fabrik für Fahnenmasten im Süden Norwegens.

BAUPROZESS MIT MINIMALEN TOLERANZEN Für den Bau des Mjøstårnet wandte die Holzbaufirma Moelven eine neue, bislang unerprobte Montagetechnik an. In früheren Projekten waren die Brettschichtholzträger im Werk probeweise zu komplexeren Bauteilen vormontiert und dann zur Endmontage auf die Baustelle transportiert worden. In diesem Fall wurden die Holzquerschnitte ohne vorherigen Zusammenbau direkt

206

Holzhochhaus

angeliefert. Diese Bauweise ist schneller und kostengünstiger, lässt aber auch weniger Spielraum für Fehler. Am Ende passte nur e ­ ines von mehreren hundert großen Brettschichtholzelementen, die für das Gebäude produziert worden waren, nicht und musste durch ein neues Bauteil ersetzt werden.

Maximalbeschleunigung [m/s2]

F 0,5 0,3 0,2 0,14

1

0,1 3

0,08 0,06

34

0,04

4

2

0,02 0,06 0,1

F berechnete Maximalbeschleunigung und Grenzwerte gemäß ISO 10 137

207

1 Grenzwert für Büros 2 Grenzwert für Wohnungen 3 Simulationsergebnisse 17. Obergeschoss 4 Simulationsergebnisse 16. Obergeschoss

Brumunddal (NO)

0,2 0,3

0,5

1 2 3 5 Eigenfrequenz [Hz]

Entwurf und Tragwerksplanung schlaich bergermann partner, Stuttgart (DE)

Aussichtsturm Naturpark Schönbuch bei Stuttgart 9

10

11

208

10

0 209

210

Aussichtsturm Naturpark Schönbuch

6 6 6 7 7 7

Seit Sommer 2018 ist der Naturpark Schönbuch, südlich von Stuttgart gelegen,um eine touristische 8 8 8 m über den ­ Attraktion reicher: Auf dem Sattel des Stellbergs, der sich hier 580 Meeresspiegel erhebt, thront ein eleganter, 35 m hoher Aussichtsturm. Besuchern eröffnet sich einen 360°-Panoramablick über den Schwarzwald. 1010 10 Der Turm besteht aus acht je etwa 10 m langen Masten aus Lärchen-Brettschichtholz. Diese fächern sich nach oben auf und tragen in 10, 20 und 30 m Höhe je eine Aussichtsplattform. Um die Masten wickelt sich eine Doppelhelix in Form zweier Stahltreppen mit auskragenden Stufen. Die vom Bauherrn gewünschte offene Bauweise stellt eine harmonische Verbindung zum umgebenden Wald her. Eine bauliche Besonderheit ist die Kombination aus Holz und Stahl, 9 9 9 die laut den Planern bei diesem Projekt „bestmöglich zusammenarbeiten“. Das Kernholz für die10Masten stammt von Lärchen aus der 10 10 Region. Die sorgfältige Materialwahl und -verarbeitung sowie die Möglichkeit, einzelne Stützensegmente 1111 11 0 0 0 austauschen zu können, machen das Bauwerk wartungsfreundlich und langlebig. Die aus der Vorspannung resultierenden Z ­ ugkräfte werden über ein außenliegendes, doppelt gekrümmtes Stahlseilnetz in Ankerfundamente am Boden abgeleitet. Das Netz2,002,00 wirkt gleichzeitig gegen 2,00 11,30 11,30 11,30 auftreten. die aus Seitenwinden resultierenden Querkräfte, die auf dem Höhenzug regelmäßig Der Stellberg ist aus einer Erd- und Mülldeponie entstanden. Mögliche Altlasten schlossen eine Durchteufung aus, man entschied sich für eine Flachgründung. Aufgrund von Bodenbeschaffenheit und Setzungsempfindlichkeit sollte die Konstruktion leicht sein und die Deponie nicht zusätzlich belasten. Heike Kappelt

aa a

aa a

8,84 8,84 8,84 4,54,54,5 00 0

3,14 3,14 3,14

5,95,95,9 22 2

Plattform 1

Plattform 2

Untersichten der ­Plattformen Maßstab 1:100

211

Stuttgart (DE)

Plattform 3

Text Andreas Keil

1

A

35

2 3

30

4 20

5 6 7 8

10

9 10 11

0

2,00 11,30

B

5940 5840 3 4

1

9

250 190 350

100

6

5

8

a

7

30

10

4000

3,14

0

2

a

8,84

4,5

80 5,9 2

aa

A Ansicht Maßstab 1:150

  5 Stahlplattform   6 Spiralseile Ø 28 mm ­(Primärseilnetz)   7 Wendeltreppe mit ­Seilnetzgeländer

  8 Seilnetzgeländer am ­Primärseilnetz geklemmt

  1 Spiralseile 2× Ø 24 mm   2 Spiralseile Ø 31 mm

  3 8 Stahlmaste g-Profil, Kammern mit Holz gefüllt   4 8 Holzmaste 500/450 mm (bis ­Plattform 3)

212

Aussichtsturm Naturpark Schönbuch

  9 Betonsockel Ø 2000 mm 10 Seilnetzanschluss mit Spannschloss 11 Gründung, Ring­ fundament und ­Zerrbalken

1800

TRAGWERKSKONZEPT Der Schönbuchturm ist ein weithin sichtbares, minimalistisches Bauwerk, für das auf Wunsch des Bauherrn von Beginn an ein nachhaltiges Konzept erarbeitet und umgesetzt wurde. Das Tragwerk bilden acht kreisförmig angeordnete Holzmasten mit Querschnitten von je 45 × 50 cm, die in je vier Segmente aufgeteilt sind. Nach außen sind sie mit Stahlseilen abgespannt. Masten und Seile tragen drei runde Stahlplattformen mit 2× 9 m bzw. 12 m Durchmesser, unter denen jeweils ein Ringträger aus einem geschweißten Stahl-Hohlkastenprofil verläuft. Die Treppenläufe für den Auf- und den Abstieg sind nur an den Masten befestigt, die auf einem Sockelfundament mit rund 2 m Durchmesser

B Schnitt Plattform 3 Maßstab 1:20 1 Spiralseile Ø 31 mm 2 Spiralseile Ø 328 mm 3 Seilklemme

213

4 Seilnetzgeländer an Abspannseile geklemmt 5 äußerer Randträger, Plattform 1/2/3 6 Radialträger außen

STUTTGART (DE)

7 Riffelblech mit Plattformrippen, Plattform 1/2/3 8 gevouteter Radialträger innen 9 innerer Randträger, Plattform 2/3

stehen. Dieses wird von einem Stahlbetonring mit 13 m Achsdurchmesser umschlossen, an dem die Abspannseile verankert sind. Massive Betonbalken verbinden beide Fundamente. Hohe Bodenpressungen im Stützenbereich, die aus der Seilvorspannung (circa 5000 kN) resultieren, werden so vermieden. Um Setzungen im Untergrund der ehemaligen Deponie entgegenzuwirken, wurden Teile des ausgehobenen Erdreichs durch Schaumglasschotter ersetzt. Mit etwa 1000 t entspricht das Gewicht von Turm, Fundament und Verfüllung dem des Aushubs. Sollte sich der Turm schiefstellen, ließe sich dies durch justierbare Gabelspannschlösser an den unteren Seilenden ausgleichen.

10 Plattformringträger b = 250 mm, h = 350 mm

C

1 1

1

11

2 3 4 2

11 2

9

9

8

290

350

8 7

8

12

30

100 70 100 50 80 50 100 40 70 100 50 80 50

°

5 7 5

87 9

,5 98

10

350 30

°

,5

3 6 3 7

98

10

5

12

50 20 30 60

4

5 6

2

5 30

4

290 5 30

3

50 20 30 60

4

1

40

9

450 450

  6 Blende fixiert mit ­Senkkopfschrauben 7 Stahlkopfplatte mit Tropfkante 8 2 eingeschlitzte ­Edelstahlbleche fixiert mit 12 Stabdübeln

  1 gevoutete Mastspitze 2 gefräster Stahlblock 3 Stahldorn angeschweißt auf Kopfplatte mit stirnseitigem Radius

214

Aussichtsturm Naturpark Schönbuch

50 39,7 50

39,7 50

50

C Kopplungsknoten Mast – Plattform Explosionszeichnung  Schnitt Maßstab  1:10

4 Mastring / Mastring135 träger Hohlkasten 5 gefräster Stahlblock 130 135 mit Schieber und ­seitlichen Öffnungen 130 für Pressen bei ­Mastaustausch

Ø 16 mm   9 Holzmast 10 Schieber für Mast­ austausch fixiert mit Senkkopfschrauben 11 Holzfüllung 12 Blechbelag

AUSTAUSCHBARE STÜTZENSEGMENTE Die vom Bauherrn geforderte Offenheit und Leichtigkeit schloss eine Einhausung und Überdachung aus. Das Augenmerk der Planer galt also auch der Langlebigkeit der frei bewitterten Holzstützen. Auf einen wasserdichten Anstrich wurde bewusst verzichtet. Die konstruktive Ausbildung der Details – es gibt keine horizontalen, sondern nur geneigte H ­ olzoberflächen – und eine gute Belüftung r­ eduzieren das Risiko, dass bleibende Feuchte die Holzelemente schädigt. Die Kopfplatten, mit denen die Stützensegmente an den Ringträger anschließen, sind mit Tropfkanten versehen (Abb. C). In die ­unteren Enden der Masten sind im Bereich der Knotenpunkte zum Ringträger verdeckte Stahlplatten ­integriert. Um die Lebensdauer der Gesamtkonstruktion darüber hinaus sig­nifikant zu erhöhen, wurde ein Konzept für den einfachen, schnellen Austausch einzelner Stützensegemente entwickelt. Dieses basiert auf speziellen Kopplungsknoten (Abb. C) und auf Flachzylinderpressen, die im Bedarfsfall beidseitig an den oberen Enden des Stützenkopfes angebracht werden und die die Plattform beim Stützentausch zur

Entlastung nach oben drücken. Durch Herausnahme der Schieber und Ablassen der Pressen wird die Stütze vollständig entlastet. Anschließend kann sie nach innen geklappt und mit einem Autokran über die zentrale Öffnung herausgehoben werden. Die Ringträger sind dabei so ausgelegt, dass sie die Lasten aus der darüberliegenden Plattform zu den beiden benach­ barten Stützen verteilen können. Neue Segmente werden in umgekehrter Reihenfolge eingebaut. Bei der Montage des Turms entsteht eine Vorspannung in den Diagonalseilen, die die äußeren Randträger der Plattform um meh­rere Zentimeter nach unten bewegt. Die Lage der Plattformringträger über den Masten verändert sich hingegen kaum. Um daraus r­ esultierende Zwangsspannungen zu verhindern, sind die außenliegenden Segmente der Plattformen gelenkig an die Ringträger angeschlossen. Zusätzlich sind die Randträger in einer höheren Ausgangslage an den Seilen montiert, damit sie sich nach der vertikalen Verformung in ihrer geplanten Endlage befinden und die Entwässerung der Plattformen gewährleistet ist.

DYNAMISCHES VERHALTEN Das dynamische Verhalten der Struktur wurde anhand der Eigenfrequenzen beurteilt. Im Frequenzbereich zwischen 0,6 und 1,5 Hz können Besucher horizontale Schwingungen auslösen. Deren Entwicklung und Amplitude hängen von der Systemdämpfung ab, die sich aber nicht exakt vorausberechnen lässt. Erfah­ rungsgemäß ist sie bei Holzstrukturen größer als bei Beton- oder Stahlkonstruktionen, da

in den Verbindungen durch Reibung mehr Schwingungsenergie vernichtet werden kann. Gegebenenfalls kann die Dämpfung durch Schwingungstilger erhöht werden. Aufgrund des gutmütigen Verhaltens und der geringen wahr­zunehmenden Beschleunigungen wurde vorerst auf deren Einbau verzichtet. Beim Schönbuchturm könnten Tilger auch nachträglich montiert werden.

MONTAGE UND EINHUB Nach Anlieferung der Bauteile wurden die drei einzelnen Segmente (2× 10 m bzw. 15 m) zunächst ebenerdig vor Ort montiert und mit Hilfsgerüsten stabilisiert. Beim Einhub setzte ein 500-t-Autokran das obere Segment – bestehend aus mittlerer und oberer Plattform, den Holzmasten ­dazwischen, den stählernen Mastspitzen und den a ­ ngehängten Abspannseilen – auf das

215

Stuttgart (DE)

­darunterliegende Segment. Dann wurde das mittlere Segment mit Abspannseilen und Zugstangen an das obere gehängt und die nun 25 m hohe und ungefähr 100 t schwere Konstruktion auf das bereits am finalen Standort montierte untere Segment gehoben. Zum Schluss ­wurden die Abspannseile eingehängt und vorgespannt. Der komplette Einhub erfolgte an nur einem Tag.

AUTOREN RUNE ABRAHAMSEN Rune Abrahamsen ist Geschäftsführer von Moelven Limtre, Norwegens größtem Leimholzhersteller. Er studierte Bauingenieurwesen am Norwegischen Institut für Technologie und arbei­ tete zuvor als Senior Vice President beim Ingenieur­ büro Sweco. RAINER BARTHEL Rainer Barthel leitete zwischen 1993 und 2021 den Lehrstuhl für Tragwerks­ planung an der Architekturfakultät der TU München. 1996 gründete er das Ingenieurbüro Barthel+Maus.

TIM BUTLER Tim Butler ist Bauingenieur bei Lendlease und war beim International House in Sydney und vielen weiteren Projekten weltweit für die Planung vorgefertigter Holzkonstruktionen verantwortlich. LAURENT CLÈRE Laurent Clère ist Bauingenieur und Mitbegründer des Ingenieurbüros Arborescence in Lyon. Bei der Sporthalle in Rillieux-­la-Pape war er für die ­Tragwerksplanung verantwortlich.

FABIAN DINKEL Fabian Dinkel ist Holzbau­ HERMANN BLUMER ingenieur mit Vertiefung Hermann Blumer ist Bau­ im digitalen Bauen und ingenieur und Geschäftsfüh- seit 2014 bei Erne Holzbau rungsmitglied von Création tätig. Beim ersten Holzhochhaus der Schweiz in RischHolz im Schweizer Herisau. Rotkreuz war er mitverantAn der Holz-Tragwerksplanung des Konferenzsaals wortlich für die Tragwerksplanung des Holzbaus. für die World Intellectual Property Organization JOHANNES DUDLI (WIPO) in Genf war er Johannes Dudli ist Bau­ ­federführend beteiligt. ingenieur und Associate bei Schnetzer Puskas IngeOLIVER BOPP Oliver Bopp war als Projekt- nieure. Er war als Projekt­ ingenieur bei Pirmin Jung leiter für das Gesamttragwerk und den Massivbau Schweiz AG verantwortlich für die Holzkonstruktion des des Sportzentrums Heuried in Zürich verantwortlich. Sportzentrums Heuried in Zürich. PAUL EDWARDS Paul Edwards ist BauingeAMLIS BOTSCH nieur und Associate bei Amlis Botsch studierte Architektur und war u. a. am Arup in London. Er war dort leitender Ingenieur und ProInstitut für Tragkonstruk­ jektmanager für den Neubau tionen und Konstruktives der Macallan-Destillerie. Entwerfen an der Universität Stuttgart bei Prof. Jan Knippers tätig. Zwischen ADRIEN ESCOFFIER 2016 und 2019 war er freier Adrien Escoffier arbeitet seit Redakteur bei Detail. 2010 als Tragwerksplaner für Egis. Er war verantwortlich für die geometrischen Studien und die parametrische Modellierung des Allianz-­ Riviera-Stadions in Nizza. 218

ANHANG

PAUL FAST Paul Fast ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des international ­tätigen Ingenieurbüros für Tragwerksplanung Fast + Epp. Zusammen mit Derek Ratzlaff war er für die Tragwerksplanung des Grandview Heights Aquatic Centre in Surrey verant­ wortlich. BURKHARD FRANKE Burkhard Franke arbeitet freiberuflich als Architekt, Redakteur und Fotograf. Er schreibt regelmäßig ­Fachbeiträge für Detail und structure – published by Detail. ANDREAS GABRIEL Andreas Gabriel war nach langjähriger Praxis als Architekt bis 2018 Redakteur bei Detail und beschäftigte sich dort mit der Konzeption und Umsetzung von Themen­ heften, Fachbüchern und neuen Heftprofilen. THORSTEN HELBIG Thorsten Helbig ist geschäftsführender Gesellschafter von knippershelbig und war federführend an der Planung der integralen Stuttgarter Holzbrücke ­beteiligt. Zudem ist er Associate Professor an der Irwin S. Chanin School of Architecture, The Cooper Union, New York. PIRMIN JUNG Pirmin Jung ist Gründer des gleichnamigen Ingenieur­ büros für Tragwerksplanung, Bauphysik und Brandschutz, das u. a. in Risch-Rotkreuz das höchste HolzhybridHochhaus der Schweiz plante.

FRANK KALTENBACH Frank Kaltenbach hat als Architekt in namhaften Architekturbüros im Inund Ausland gearbeitet. Seit 1998 ist er bei Detail als Redakteur tätig sowie als Herausgeber, Autor, ­Moderator und Referent für Fachvorträge. HEIKE KAPPELT Heike Kappelt ist Bauingenieurin. 2016 startete sie ­zunächst im Detail-ProjekteTeam und wechselte nach knapp zwei Jahren in die Redaktion der structure by Detail. Seit Januar 2020 arbeitet sie in der Detail-­ Redaktion. SOPHIE KARST Sophie Karst ist freie ­Architektin und Autorin in München. Im Rahmen eines Lehrauftrags arbeitete sie am Institut für Entwerfen und Konstruieren an der Universität Stuttgart. Zwischen 2009 und 2019 war sie als freie Redakteurin bei Detail tätig. ANDREAS KEIL Andreas Keil ist Partner bei schlaich bergermann partner. Er war maßgeblich an der Konzeption des ­Aussichtsturms Naturpark Schönbuch beteiligt und ­begleitete die Planung und Realisierung vom Beginn bis zur Fertigstellung. HENNING KLATTENHOFF Henning Klattenhoff ist ­Bauingenieur und war als Teamleiter im Büro Assmann Beraten + Planen für die Tragwerksplanung des Frischeparadieses in Stuttgart zuständig.

ANDREAS KOGER Andreas Koger ist Zimmerermeister und war für die Erne Holzbau als Projekt­ leiter verantwortlich für die Konstruktion, Fertigung und Montage der Werkhalle in Andelfingen. FLORIAN KÖHLER Florian Köhler ist seit Abschluss seines Architekturstudiums im Jahr 2008 als freier Redakteur für Detail tätig. Seitdem verfasste er zahlreiche Beiträge für verschiedene Zeitschriften- und Buchtitel, u. a. für structure – published by Detail.

WOLFGANG MÜLL Wolfgang Müll ist gelernter Zimmerer und Bauingenieur. Seit 1998 ist er Projektleiter bei Holzbau Amann und ist dort verantwortlich für die Kalkulation und Abwicklung von Projekten im Ingenieurholzbau.

KLAUS RICHTER Klaus Richter ist DiplomHolzwirt und seit 2011 Professor für Holzwissenschaft an der TU München. Dort leitet er das Forschungs­ laboratorium Holz, das u. a. tragende Konstruktionen aus Laubholz erforscht.

ANNE NIEMANN Anne Niemann ist Architektin und beschäftigt sich insbesondere mit tragenden Konstruktionen aus Laubholz. Seit 2008 ist sie an der TU München als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Entwerfen und Holzbau bei Prof. Hermann Kaufmann tätig.

EIKE SCHLING Eike Schling ist Architekt und seit 2019 Assistant Professor an der University of Hong Kong. Dort beschäftigt er sich mit dem Entwurf und der Konstruktion zweifach gekrümmter Gitterstrukturen.

JAKOB SCHOOF Jakob Schoof ist seit 2009 Redakteur und seit 2018 ROLAND PAWLITSCHKO stellvertretender ChefredakRoland Pawlitschko ist Architekt sowie freier Autor, teur von Detail. Er verantArchitekturkritiker und Über- wortete dort unter andesetzer. Seit 2007 arbeitet er rem die Zeitschriften- und als freier Redakteur mit der Buchreihe Detail Green zu Detail-Redaktion zusammen. Themen des nachhaltigen Bauens und leitete die Redaktion der Zeitschrift strucJESSICA PAWLOWSKI ture – published by Detail. Jessica Pawlowski ist Bau­ ingenieurin bei Arup. Sie GEORG VRACHLIOTIS PETER MESTEK ­leitete dort das multidiszi­ Peter Mestek ist Bauingeplinäre Projektteam und war Georg Vrachliotis ist seit nieur im Büro Sailer Stepan mitverantwortlich für den 2020 Professor for Theory und Partner und war als of Architecture and Digital Entwurf der Tragkonstruktion des Terminals 2 des ­Projektleiter für die TragCulture an der TU Delft. werksplanung des Pfarr­ Flughafens Mactan. Zuvor war er Professor zentrums St. Josef in Holzfür Architekturtheorie und kirchen verantwortlich. DEREK RATZLAFF Dekan der Fakultät für Derek Ratzlaff ist Associate Architektur am Karlsruhe GRÉGOIRE MOULY im Büro Fast + Epp und war ­Institut für Technologie (KIT). Grégoire Mouly war beim gemeinsam mit Paul Fast für Er leitete dort u. a. das saai | Theatergebäude in der Nähe die Tragwerksplanung des Archive für Architektur und von Boulogne-sur-Mer verGrandview Heights Aquatic Ingenieurbau, das im Werkantwortlich für die Planung Centre in Surrey verantwort- archiv von Frei Otto auch lich. der natürlichen Belüftung. Unterlagen zur Multihalle Mannheim beherbergt. LAURENT MOULY Laurent Mouly leitet das Büro LM Ingénieur in Paris und war verantwortlich für die Tragwerksplanung des Theatergebäudes bei Boulogne-sur-Mer. FRANK LATTKE Frank Lattke ist Architekt und beschäftigt sich ins­besondere mit tragenden Konstruktionen aus Laubholz. Zwischen 2002 und 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Entwerfen und Holzbau bei Prof. Hermann Kaufmann an der TU München.

219

AUTOREN

FRANK ZIMMERMANN Frank Zimmermann ist ­geschäftsführender Gesellschafter bei Boll Partner für Tragwerke (ehem. Boll und Partner). Er war von der ­Akquisition bis zum Entwurf leitend im Projekt Halle 10 der Messe Stuttgart tätig.

ABBILDUNGSNACHWEIS FORSCHUNG UND TECHNIK

DÄCHER

MULTIHALLE MANNHEIM – DIE MACHT DES TEMPORÄREN S. 10, 11 unten, 12, 13, 14 unten: saai / KIT: Werkarchive von Frei Otto und Carlfried Mutschler + Partner S. 11 oben: saai / KIT / Foto: Robert Häusser S. 14 oben: Horst Hamann TRAGENDE KONSTRUKTIONEN AUS LAUBHOLZ S. 16, 22, 23 oben und unten: Eckhart Matthäus /  Lattke Architekten S. 18 links: Lattke Architekten S. 18 rechts: Roman Keller S. 21 oben: ETH Zürich, Institut für Baustatik und Konstruktion S. 21 rechts: TU München, Professur für Entwerfen und Holzbau, Univ. Prof. DI Hermann Kaufmann EXPERIMENTELLE ZWEIFACH GEKRÜMMTE GITTERSTRUKTUREN S. 24, 26, 27, 29 unten: Lehrstuhl für Tragwerksplanung, TU München S. 25: Eberhard Möller S. 29 oben: Felix Noe PRAXISGERECHTE HOLZBAUPLANUNG – GEMEINSAM MIT FACHFIRMEN S. 30, 32: Jan Bitter S. 33: Holzbau Amann S. 35: Martin Granacher

220

ANHANG

DIE INTEGRALE STUTTGARTER HOLZBRÜCKE S. 36, 38 oben: Burkhard Walther S. 38 unten: MPA Stuttgart S. 40: Schaffitzel S. 41: Wilfried Dechau 60 METER: DAS HÖCHSTE HOLZHYBRID-HOCHHAUS DER SCHWEIZ S. 42: Kuster Frey S. 44, 46 rechts, 48 oben rechts, Mitte Mitte, Mitte rechts und unten: Pirmin Jung Schweiz S. 46 oben und links, 48 oben links: Erne Holzbau S. 48 Mitte links: Manetsch Meyer Architekten

BOGENSCHIESSHALLE IN TOKIO S. 53 – 59: Shigeo Ogawa KAPELLE IN SAYAMA S. 61, 62 oben, 65: Hiroshi Nakamura & NAP Co., Ltd. S. 62 unten, 63: Koji Fujii / Nacása & Partners Inc. STADION IN NIZZA S. 67, 72 rechts, 75 Mitte und rechts: Egis Bâtiments Méditerranée S. 68, 69, 74, 75 links: Milène SERVELLE S. 71: Serge Demailly S. 72 links oben: Francis Vigouroux SPORTHALLE IN RILLIEUX-LA-PAPE S. 77, 83: Tectoniques S. 79 – 82: 11h45 WERKHALLE IN ANDELFINGEN S. 85, 88 oben: Erne Holzbau S. 87, 88 unten, 89: Jürg Zimmermann SPORT- UND FREIZEITBAD IN SURREY S. 91: HCMA Architekten S. 93, 94, 99: Ema Peter Photography S. 95, 96 alle außer ganz oben: Fast + Epp S. 96 ganz oben: EllisDon PFARRKIRCHE ST. JOSEF IN HOLZKIRCHEN S. 101, 104 oben und unten, 105: Sailer Stepan und Partner S. 102 links, 107: Martin Granacher S. 102 rechts, 103, 104 Mitte, 106: Andreas Gabriel

DELIKATESSENGROSSMARKT IN STUTTGART S. 109: Assmann Beraten + Planen S. 111: Andreas Gabriel S. 112–115: Annette Kisling SPORTZENTRUM HEURIED IN ZÜRICH S. 117, 119 unten, 123: Damian Poffet S. 119 oben, 122 rechts: Filip Dujardin S. 120: Pirmin Jung Schweiz S. 122 links: Roger Frei, Zürich MACALLAN-DESTILLERIE IN ABERLOUR S. 125, 131, 132: Angus Bremner S. 127: Joas Souza S. 128: Mark Power / Magnum Photos S. 133: John Paul TERMINAL 2 DES FLUGHAFENS MACTAN S. 135, 137: Rubner Holzbau S. 138: Christopher Colinares S. 140, 141: Marcel Lam Photography HALLE 10 DER MESSE STUTTGART S. 143, 148: Boll Partner für Tragwerke (ehem. Boll und Partner) S. 144–146: Landesmesse Stuttgart GmbH

HOCH- UND GESCHOSSBAUTEN WOHNHOCHHAUS IN HEILBRONN S. 153, 158 oben, 159 links und Mitte: Züblin Timber S. 155, 157, 158 unten rechts, 159 rechts, 160: Bernd Borchardt S. 158 unten links: Kaden+Lager

AUSSICHTSTURM NATURPARK SCHÖNBUCH BEI STUTTGART S. 209: Andreas Sporn Photography S. 210, 213: Conné van d’Grachten S. 212: schlaich bergermann partner S. 214: Stahlbau Urfer

KONFERENZSAAL IN GENF S. 163, 168, 169: Charpente Concept S. 164, 165, 167, 171: David Matthiessen S. 166: Behnisch Architekten THEATER BEI BOULOGNE-SUR-MER S. 173: Züblin Timber S. 178, 179: Studio Andrew Todd S. 174–177: Martin Argyroglo INTERNATIONAL HOUSE IN SYDNEY S. 181–185, 186 oben, 188 /189: Ben Guthrie S. 186 unten: Hess Timber / Rensteph Thompson BÜRO-HOLZHOCHHAUS IN RISCH-ROTKREUZ S. 191, 194 links und Mitte, 196: Markus Bertschi S. 193, 194 rechts, 197: Roger Frei, Zürich HOLZHOCHHAUS IN BRUMUNDDAL S. 199, 202, 204 unten, 207 oben: Moelven Limtre S. 201, 207 unten rechts: EVE Images S. 207 unten links: Øystein Elgsaas S. 204 oben: Rune Abrahamsen

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Abbildungsnachweis ABBILDUNGSNACHWEIS

PROJEKTBETEILIGTE FORSCHUNG UND TECHNIK

DÄCHER

DIE INTEGRALE STUTTGARTER HOLZBRÜCKE Arbeitsgemeinschaft ­Stuttgarter Holzbrücke Architekten: Cheret Bozic Architekten, Stuttgart (DE) Tragwerksplaner: knippershelbig, Stuttgart (DE) Bauherr: Cluster Holz BW

BOGENSCHIESSHALLE IN TOKIO Architekten: FT Architects, Fukushima (JP) Tragwerksplaner: Shuji Tada, Tokio (JP) Bauherr: Kogakuin University / ­Nishishinjuku Shinjuku-ku, Tokio (JP) Bauleitung: Daimaru House, Tokio (JP)

60 METER: DAS HÖCHSTE HOLZHYBRID-HOCHHAUS DER SCHWEIZ Architekten: Büro Konstrukt, Luzern (CH) + Manetsch Meyer, Zürich (CH) Tragwerksplaner: Dr. Lüchinger+Meyer, Luzern (CH) Bauherr: Zug Estates, Zug (CH) Holzbauingenieur /­ Brandschutzplanung QS3: Pirmin Jung Schweiz, Rain (CH) Holzbauer: Erne Holzbau, Stein (CH) Baumeister: Implenia, Zürich (CH)

KAPELLE IN SAYAMA Architekten: Hiroshi Nakamura & NAP, Tokio (JP) Tragwerksplaner: Arup, Tokio (JP) Generalunternehmer: Shimizu Corporation, Tokio (JP) Dachdeckung Aluminiumgussplatten: Koizumi Alumi, Saitama (JP) STADION IN NIZZA Architekten: Wilmotte & Associés, Paris (FR) Tragwerksplaner: Egis Bâtiments ­Méditerranée, Nizza (FR) Tragwerksplanung (Dach): Egis Concept / Elioth, ­Montreuil (FR) Bauherr: Nice Éco Stadium, Nizza (FR) SPORTHALLE IN RILLIEUX-LA-PAPE Architekten: Tectoniques Architectes, Lyon (FR) Tragwerksplaner: Arborescence, Lyon (FR) Bauherr: Ville de Rillieux-la-Pape (FR) Bauleitung: Arc, Lyon (FR) Holzbau und Holzfassade: Lifteam, La Rochette (FR)

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ANHANG

WERKHALLE IN ANDELFINGEN Architekten: Rossetti + Wyss Architekten, Zollikon (CH) Tragwerksplaner: Lüchinger+Meyer ­Bauingenieure, Zürich (CH) Bauherr: Baudirektion des Kantons Zürich, Zürich (CH) Holzbau: Erne Holzbau, Stein (CH) Leimbinder: Hüsser Holzleimbau, Bremgarten (CH) SPORT- UND FREIZEITBAD IN SURREY Architekten: HCMA Architecture + Design, Vancouver (CA) Tragwerksplaner: Fast + Epp, Vancouver (CA) Bauherr: City of Surrey (CA) Generalunternehmer: EllisDon, Vancouver (CA) Leimholzelemente: Western Archrib, Edmonton (CA) Vorspannelemente: Dywidag-Systems ­International, Surrey (CA)

PFARRKIRCHE ST. JOSEF IN HOLZKIRCHEN Architekten: Eberhard Wimmer ­Architekten, München (DE) Tragwerksplaner: Sailer Stepan und Partner, München (DE) Bauherr: Katholische Kirchenstiftung Holzkirchen, vertreten durch das Erzbischöfliche Ordinariat München (DE) Holzbauarbeiten: Holzbau Amann, Weilheim-Bannholz (DE) Holzbaustatik ­Sonder­lösungen: ZT Blumer, Graz (AT) Samuel Blumer Wolfgang Müll (Holzbau Amann) DELIKATESSENGROSS­ MARKT IN STUTTGART Architekten: Robertneun Architekten, Berlin (DE) Tragwerksplaner: Assmann Beraten + Planen, Hamburg (DE) Bauherr: FrischeParadies, Frankfurt am Main (DE) Ingenieurholzbau, Zimmerei: Holzbau Amann, Weilheim-Bannholz (DE) SPORTZENTRUM HEURIED IN ZÜRICH Architekten: EM2N Architekten, Zürich (CH) Tragwerksplaner ­Projektleitung: Schnetzer Puskas ­Ingenieure, Zürich (CH) Tragwerk Holz: Pirmin Jung Schweiz, Rain (CH) Bauherr: Stadt Zürich, Amt für ­Hochbauten, Zürich (CH) Holzbau: Zaugg, Rohrbach (CH)

HOCH- UND GESCHOSSBAUTEN MACALLAN-DESTILLERIE IN ABERLOUR Architekten: Rogers Stirk Harbour + Partners, London (GB) Tragwerksplaner: Arup, London (GB) Landschaftsarchitekt: Gillespies, London (GB) Bauherr: Edrington, Glasgow (GB) Bauunternehmen: Robertson Construction Group, Stirling (GB) Holzbau: Wiehag, Altheim (AT)

INTERNATIONAL HOUSE IN SYDNEY Architekten: Tzannes Architects, Sydney (AU) Tragwerksplaner: Lendlease DesignMake, ­Eastern Creek (AU) Bauherr: Lendlease International Towers Sydney Trust, Sydney (AU) Holzlieferanten: Stora Enso Wood Products KONFERENZSAAL IN GENF (Brettsperrholz), Ybbs an der Architekten: Donau (AT) Behnisch Architekten, Hess Timber (Brettschichtholz), Kleinheubach (DE) ­Stuttgart (DE) TERMINAL 2 DES Tragwerksplaner (Konzept): FLUGHAFENS MACTAN schlaich bergermann partner, BÜRO-HOLZHOCHHAUS Architekten: IN RISCH-ROTKREUZ Integrated Design Associa- Stuttgart (DE) Architekten: T-Ingénierie, Genf (CH) tes – IDA, Hongkong (CN) Burkard Meyer Architekten, Ericos Lygdopoulos, Tragwerksplaner, BauingeGenf (CH) Baden (CH) nieur, Flughafenplaner: Tragwerksplaner Tragwerksplaner: Arup, Hongkong (CN) / (­Ausführung): MWV Bauingenieure, Manila (PH) Baden (CH) Consortium Bois OMPI: Bauherr: Holzbauingenieur: Charpente Concept, GMR Megawide Cebu Genf (CH) Erne Holzbau, Stein (CH) ­Airport Corporation, Bauherr: ­Concessionaire, Manila (PH) SJB Kempter Fitze AG, ­Herisau (CH) Zug Estates, Zug (CH) Bauunternehmen: Hermann Blumer, Megawide-GISPL HOLZHOCHHAUS IN ­Construction Joint ­Venture, Herisau (CH) Ducret-Orges, Orges (CH) BRUMUNDDAL Cebu (PH) Architekten: Bauherr: Holzbau: WIPO – Weltorganisation für Voll Arkitekter, Rubner Holzbau, geistiges Eigentum, Genf (CH) Trondheim (NO) Ober-­Grafendorf (AT) Tragwerksplaner: THEATER BEI ­ Sweco, Lillehammer (NO) HALLE 10 DER BOULOGNE-SUR-MER Bauherr: MESSE STUTTGART Architekten: Mjøstårnet AS /AB Invest, Architekten: Andrew Todd, London (GB) Hamar (NO) wulf architekten, Tragwerksplaner und Generalunternehmer: Stuttgart (DE) ­Klimaingenieur: HENT, Heimdal (NO) Tragwerksplaner: LM Ingénieur, Paris (FR) Holzbau: Boll Partner für Tragwerke Bauherr: Moelven Limtre, Moelv (NO) (ehem. Boll und Partner), Conseil Général du Fassadenelemente: Stuttgart (DE) Pas-de-Calais (FR) RVT, Brumunddal (NO) Bauherr: Holzbauunternehmen: Projektgesellschaft Neue Cruard SA, Simplé (FR) Messe, Stuttgart (DE) Brettsperrholzelemente: Dach: Merk Timber, Züblin Timber, Fritz technologie H. Fritz, Aichach (DE) Murr (DE) 223

WOHNHOCHHAUS IN HEILBRONN Architekten: Kaden+Lager GmbH, Berlin (DE) Tragwerksplaner: bauart Konstruktions GmbH & Co. KG, Berlin (DE) Bauherr: Stadtsiedlung Heilbronn GmbH, Heilbronn (DE) Holzbau GU: Züblin Timber, Aichach (DE)

PROJEKTBETEILIGTE

AUSSICHTSTURM NATURPARK SCHÖNBUCH BEI STUTTGART Entwurf und Tragwerks­ planung: schlaich bergermann partner, Stuttgart (DE) Generalunternehmer, Stahlbau und Montage: Stahlbau Urfer, Remseck (DE) Bauherr: Förderverein Aussichtsturm im Naturpark Schönbuch, Böblingen (DE) Holzstützen: Schaffitzel Holzindustrie, Schwäbisch Hall (DE)

IMPRESSUM HERAUSGEBER Jakob Schoof

GESTALTUNG strobo B M, München (strobo.eu)

LEKTORAT Gabriele Oldenburg

REDAKTION Roland Pawlitschko, Charlotte Petereit

REPRODUKTION Repro Ludwig, AT– Zell am See

© 2021 DETAIL Business Information GmbH, München detail.de

Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Gren­ zen der gesetzlichen Be­ stimmungen des Urheber­ rechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätz­ lich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unter­ liegen den Strafbestim­ mungen des Urheberrechts. 

Dieses Werk ist urheber­ rechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nach­ drucks, des Vortrags, der Die für dieses Buch ver­ Entnahme von Abbildungen wendeten FSC-zertifizierten und Zeichnungen, der Mik­ Papiere werden aus Fasern roverfilmung oder der Ver­ hergestellt, die nachweislich vielfältigung auf anderen aus umwelt- und sozialver­ Wegen und der Speiche­ träglicher Herkunft stammen. rung in Datenverarbeitungs­ anlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwer­ tung, vorbehalten.

DRUCK UND BINDUNG Eberl & Kœsel GmbH & Co. KG, DE – Altusried-Krugzell PAPIER Luxoart samt 1,08-f. Vol. 115 g/m2 (Innenteil) Peydur Neuleinen 135 g/m2 (Einband) Bibliografische Information der Deutschen National­ bibliothek: Die Deutsche National­ bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deut­ schen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-95553-550-6 (Print) ISBN 978-3-95553-551-3 (E-Book)

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ANHANG

Der Holzbau hat sich in den vergangenen 20 Jahren radikal modernisiert. Die Lockerung von Brandschutzvorschriften und die Entwicklung leistungsfähiger Verbundkonstruktionen aus Holz und Stahl oder Beton haben dazu geführt, dass Holzbauten weit jenseits der Hochhausgrenze errichtet werden. Ein Ende des Höhenwachstums ist kaum absehbar. Auch im Wohnungs- und Bürobau, bei Sporthallen, Industriebauten und Brücken sind Holzkonstruktionen auf dem Vormarsch. Sie gelten als Inbegriff nachhaltigen Bauens und sind durch neue, rationelle Vorfertigungsverfahren auch hinsichtlich der Baukosten wettbewerbsfähig. Das Buch „Struktur und Natur – Holztragwerke“ zeigt die aktuelle Entwicklung der Tragwerksplanung mit Holz anhand herausragender Ingenieurbauten von der Schwimmhalle bis zum Aussichtsturm. Daneben werfen die Autoren der einzelnen Beiträge einen genauen Blick auf die Planungsprozesse im Holzbau und die technischen Innovationen, die den zeitgenössischen Holzbau möglich machen.

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