Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: nebst den gebräuchlichsten Reichs-Strafgesetzen, insbesondere dem Wuchergesetz vom 24. Mai 1880. [10. Aufl., Reprint 2022] 9783112632642


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Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: nebst den gebräuchlichsten Reichs-Strafgesetzen, insbesondere dem Wuchergesetz vom 24. Mai 1880. [10. Aufl., Reprint 2022]
 9783112632642

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Ztrasgesetzbuch für das Deutsche Reich nebst den

gebräuchlichsten Reichs-Strasgesehen, insbesondere dem JBntRcrgcfet) vom 24. Mai 1880.

Te§t-Ausgabe mit Anmerkungen von

Dr. H. Nüdorff. Zehnte Auflage.

Merlin,

Verlag von I. Guttentag (D. Collin). 1880.

3n den noch vorhandenen Exemplaren der 10. Auflage sind

die Bestimmungen des — am 14. Juni in Kraft getrete­

nen — Reichsgesetzes, betreffend den Wucher, vom 24. Mai 1880 (R.G.Bl. S. 109), §§ 302 a. ff. und § 360

No. 12, an den betreffenden Stellen (s. unten Seite 126 ff. u. 150) unter Umdruck des Titelblattes eingeschaltet.

Berlin, im Juni 1880.

Zur gefälligen Beachtung Die Zuständigkeit der Gerichte (erster Instanz) nach den Vorschriften deS Deutschen GerichtsversassungSgesetzes (vgl. dieselben S. XXIV ff.) ist bei den einzelnen §§ des Straf­ gesetzbuchs durch lateinische Buchstaben in Klammern ange­ deutet, und zwar: A. — Amts- oder Schöffengericht. L. — Landgericht (Strafkammer). Sw. — Schwurgericht. L. bez. A. — bezeichnet die Fälle, in denen nach § 75 des Gerichtsverfassungsgesetzcs die Ueberweisung vom Landgericht an das Schöffengericht zulässig ist. Die Citate von §§ (Zahlen) ohne Zusatz beziehen sich stets auf das Strafgesetzbuch. — Zm klebrigen wird für den Gebrauch dieses WerkchenS auf die unten Seite VIII abgedruckte nähere Bezeichnung der „Abkürzungen" besonders hingewiesen. Die citirten Entscheidungen des Obertribunals in Berlin finden sich ’’i den wesentlich chronologisch angelegten Spruchsam .igeii: Oppenhoff Rechtsprechung, Goltdämmer (jetzt: Hahn) Archiv und zum Theil auch in den Entscheidungen des Obertrib., sowie in dem Preuß. Just. Min. Blatt. Von einer Angabe des betr. Bandes u. s. tu. ist deshalb (in der Regel) abgesehen. Eine Sammlung der Entscheidungen sämmtlicher deutschen Gerichshöfe, namentlich auch der süddeutschen, ent­ hält in guter Auswahl Steuglein'S: Zeitschrift für Gerichtspraxiö in Deutschland. (München.) —

Inhalt. I. Abkürzungen in den Noten und Zusätzen . Seite VIII II. Notizen zum Reichs-Strafgesetzbuch: 1. Geschichte................................................. 2. System uud Allslegung.......................... 3. Literatur.................................................. III. Zuständigkeit der Gerichte in Straf­ sachen ............................................... ....... . IV. Einführungsgeseß §§ 1—8. . . .

IX XV XXI

„ XXIV „ 1—5

V. Gesetz betreffend die Abänderung von Bestinimnngen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben. Vom 26. Februar 1876 .................................................................. 6ii.7 VI. Strafgesetzbuch....................................„8—164 Einleitende Bestimmungen.................... §§ 1-12.

Erster Theil. V on der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen.

Erster Abschnitt. Strafen.......................................... §§ 13-42. Zweiter Abschnitt. Versuch.......................................... „ 43—46. Dritter Abschnitt. Theilnahme.................................... „ 47—50. Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe auSschließen oder mildern ........................................ „ 51—72. Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer straf­ barer Handlungen................................................... „ 73—79.

Inhalt.

VI

Zweiter Theil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung.

Hoch- und LandeSverrath ....

§§

80—93.

Beleidigung deS Landesherrn.



Dritter Abschnitt. Beleidigung von Bundesfürsten



94—97. 98—101.



102—104.



105—109.

Erster Abschnitt. Zweiter Abschnitt.

Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Be­ ziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte Sechster Abschnitt. gewalt

Widerstand gegen die Staats-



110—122.

Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzver­

,

123—145.

gehen Neunter Abschnitt.

„ „

146—152. 153—163.



164-165.



166—168.



169, 170.



171-184. 185—200. 201—210.

Meineid

Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung Elster Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Re­ ligion beziehen Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand

Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf Sechszehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben Siebenzehnter Abschnitt. Körperverletzung Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschla­ gung Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpreffung . . Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und

Hehlerei

Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue

„ „

„ „

211—222.



234—241.

„ „

242—248. 249—256.



257-262.



263

223—233.

266.

Inhalt.

vii

Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerutt Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigen­

§§

267—280.



281—283.

nutz und Verletzung fremder Geheimnisse .... Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung

„ „

284—302. 303—305.

Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefähr­ liche Verbrechen und Vergehen Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Ver­



306—330.

gehen im Amte Neunnndzwanzigster Abschnitt.

„ „

331—359. 360—370.

Uebertretungen. .

VII. Anhang.

1. Einführungsgesetz für Elsaß-Loth ringen vom 30. Aug. 1871

.

.Seite

.

165

2. Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs v. 28. October 1871 (Auszug).



172

3. Jmpfgesetz v. 8. April 1874 (Auszug)



176



180



181

4. Reichsmilitürgesetz vom 2. Mai 1874

(Auszug) 5. Gesetz über die Presse v.7.Mai 1874

6. Gesetz über den Markenschutz v. 30. No­ vember 1874 (Auszug)

192

7. Gesetz über die Beurkundung des Per­

sonenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Auszug) ....



196

8. Gesetz über deu Spielkarteustempel vom

201

3. Juli 1878 (Auszug) 9. Uebersicht der hauptsächl. ReichS-Ge-

setze, welche neben dem St.G.B. geltende Strafbestimmungen enthalten oder

sich auf daS Strafrecht beziehen

.

.



202

VIII. Sachregister........................................... ........ 211-222

VIII

Abkürzungen in den Noten und Zusätzen.

Abkürzungen in de« Note» und Zusätze». «. — Absatz. A. — Amtsgericht (Schöffengericht). Bay. — Bäuerisch. C. BI. — Centralblatt für das Deutsche Reich. C. P. O. — Deutsche Civilprozeßordnung. E. — Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. E. G. — Einführungsgesetz zum Straf-G. B. v. 31./5. 70. G. — Goltdammers (jetzt Hahn) Archiv f. Deutsch. Strafrecht. Gew. O. — ReichögewerVeordnung in der Faffung nach dem Gesetz vom 17./7. 78. G. V. — Deutsches GerichtSverfaffungsgesetz. Hand. G.B. = Deutsches Handelsgesetzbuch. I. M. Bl. — Preuß. Justizministerialblatt. I. M. V. — Justizministerial-Verfügung. K. O. — Deutsche Konkursordnung. L. — Landgericht (Strafkammer). Löwe — Löwe, Kommentar zur Strafprozeßordnung. Berlin 1879. M. B. — Deutsches Militär-Strafgesetzbuch v. 20./6. 72. M. G. — Deutsches Diilitärgesetz v. 2./5. 74. O. — Oppenhoff, Rechtsprechung deS Preuß. Obertribunals (chrono­ logisch). Postg. — Gesetz über das Postwesen deS Deutsch. Reichs v. 28./10. 71. Pr. — Preußen, Preußisch. Preßg. — Reichspreßgesetz vom 7./6. 74. R. G. — Reichsgeseh. R. G. Bl. - Reichsgesetzblatt. R. V. — Verfaffung des Deutschen Reichs. Seem. O. — Deutsche SeemannSordnung v. 27./12. 72. St. G. B. — Deutsches Strafgesetzbuch. St. P. O. = Deutsche Strafprozeßordnung. St. — Stenglein, Zeitschrift für Gerichtspraxis in Deutschland t München). St. B. = Stenogr. Berichte des Deutsch. Reichstags. Sw. — Schwurgericht. S. Z. — Allg. Gerichtszeitung f. Sachsen von v. Schwarze. N. M. Bl. — Preuß. Ministerial-Blatt für die innere Verwaltung. W. O. — Deutsche Wehrordnung vom 28./9. 75. (C. Bl. S. 535 ff.) Die Namen der einzelnen Bundesstaaten z. B. Bayern, Sachsen — nebst der Bezeichnung Art. oder § beziehen sich auf das von dem betr. Staat erlaffene Einfnhrungsgesetz zum Deutsch. St. G. B.; die Namen Berlin, München, Mannheim, Dresden u.s.w. auf die Entscheidungen der obersten Gerichtshöfe daselbst, Leipzig auf die Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts. Die Ent­ scheidungen von Berlin finden sich (fast vollständig) in der streng chronologisch geordneten Spruchsammlung: Oppenhoff, Rechtspr. Berlin; seit 1861 jährlich ein Band.

Notizen zum Reichs-Strafgesetzbuch. 1.

Geschichte.

Auf Grund des in die R.V. übcrgeguugenen Art. 4 No. 13 der Nordd. B.B. „Der Beaufsichtigung Seitens deS Bundes und der Gesetzgebung deffelben unterliegen die nachstehenden Angelegenheiten: 13) die gemeinsame Gesetzgebung über daS . . . Strafrecht . . . . und das gerichtliche Verfahren."

stellten die Abgeordneten Wagner (Altenbnrg) und Planck in der Sitzung des Reichstags v. 30. März 1868 den Antrag: „den Bundeskanzler aufzufordern, Entwürfe eines gemeinsamen Strafrechtes und eines gemeinsamen Strafprozesses, sowie der da­ durch bedingten Vorschriften der Gerichtsorganisation baldthunlichst vorbereiten und dem Reichstage vorlegen zu lassen." (St. B. S. 27, 28, Drucks. Nr. 24).

Der Antrag wurde in Schlußberathung — Ref. v. Bernuth, Corres. Becker (Oldenburg) — am 18. April 1868 mit großer Majorität angenommen. (St. B. S. 124—129.) Der Bundesrath schloß sich am 5. Juni dem Anträge an, und der Bundeskanzler ersuchte durch Schreiben vom 17. Juni den Preuß. Justizminister Dr. Leonhardt um Ausarbeitung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs. Der Justizminister beauftragte den Geh. O.-J.-R. (später Präs., jetzt Staatssekretär) Dr. Friedberg mit dieser Ausar­ beitung. Mittels Schreibens des Justizministers vom 31. Juli 1869 wurde der „Entwurf eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund" (enth. 356 Paragr.) nebst dem Entw.

X

Geschichte.

eines Einf.-Ges. mit Motiven und 4 Anlagen (Zusammen­ stellung strafrechtl. Bestimmungen, Todesstrafe, gerichtl.mediz. Fragen, Zuchthausstrafe) dem Bundeskanzler überreicht und gleichzeitig veröffentlicht. (Berlin, bei Decker. 6 Bände in Fol.) Bereits am 3. Juli 1869 hatte der Bundesrath zur Begutachtung und Vorberathung deS Entwurfs eine aus 7 Mitgliedern bestehende Kommission erwählt. Diese Kom­ mission: Justizm. Dr. Leonhardt (Bors.), Gen. St. Anw. Dr. v. Schwarze (stellv. Bors.), G. O. I. R. Dr. Friedberg (Referent), App. G. R. Bürgers, Justizrath Doru, O. App. G. R. Dr. Budde, Senator Dr. Donandt, — Schriftführer: Ger. Ass. Dr. Rubo und Kreisrichter Rüdorff — trat am 1. October 1869 im Bundeskanzleramt zu Berlin zusammen. Die Berathung erfolgte unter dem ständigen Vorsitze des Justizministers in 3 Lesungen, welche — außer den RedaktionSsitzungen — 43 Sitzungen in Anspruch nahmen und wurde am 31. Decbr. 1869 beendet. Arn selbigen Tage wurde der gedruckte Entwurf (enth. 366 Paragr.) nebst Einf.-Gesetz dem Bundeskanzler überreicht. Der Ent­ wurf ist zwar nicht veröffentlicht, jedoch allen denjenigen, welche ihr Interesse durch Einreichung von Gutachten be­ thätigt hatten, vom Bundeskanzler zugesandt. Der BundeSrath nahm in den Sitzungen vom 4. und 11. Februar 1870 den Kommissionsentwurf mit wenigen Abänderungen (Vgl. 88 31., 209 jenes Entwurfes und 88 31, 209 der Vorlage) an. Nur das Einführungsgesetz er­ litt insofern eine wesentliche Abänderung, als die ausdrück­ liche Aufhebung aller Landesstrafgesetzbücher beseitigt und statt dessen der jetzige § 2 deS Einf.-Ges. ausgenommen wurde. Dem Reichstage ging der Entwurf bereits an seinem Eröffnungstage dem 14. Februar 1870 zu. Dem Entwürfe waren Motive, sowie die 4 Anlagen deS Entwurfs vom Juli 1869 beigegeben. (Drucks. Nr. 5 des Reichstags nebst Anlagen.) Die Motive sind im Wesentlichen eine Wiederholung der zu dem ersten Entwürfe ausgearbeiteten

Motive und enthalten nur insoweit Modifikationen, als die in der Bundeskommission und im BundeSrathe beschlossenen Abänderungen deS Entwurfs solche erheischten. Diese Um­ arbeitung wurde im Januar 1870 durch den Präsidenten Dr. Friedberg und den Generalstaatsanwalt Dr. v. Schwarze, unter Zuziehung der Schriftführer der Bundeskommission, bewirkt. Bei den Berathungen des Reichstages wurde der Entwurf durch den Justizminister Dr. Leonhardt als Bevollmächtig­ ten zum BundeSrathe und durch den Präsidenten Dr. Fried­ berg als besonders bestellten Bundeskommissar vertreten. Die erste s. g. Lesung fand Statt am 22. Februar. Es wurde beschlossen, den Ersten Theil und Abschn. 1—7 des Zweiten Theils durch Plenarberathung zu erledigen, die übrigen Abschnitte 8-29 einer Kommission von 21 Mitgliedern zu überweisen. (St. B. S. 41—54.) Zu Mitglie­ dern dieser Kommission wurden erwählt: Dr. v. Schwarze (Bors.), v. Bernuth (stellv. Bors.), Hosius (Schriftf.), Graf Kleist (stellv. Schriftf.), Dr. Aegidi, Graf Basse­ witz, v. Brauchitsch (Genthin), v. Einsiedel,Dr.Endemann, Evelt, Eysoldt, Genast, Frhr. v. Hoverbeck, v. Kirchmann, Koch, von Levetzow, von Luck, zur Megede, Dr. Meyer (Thorn), Tobias, Dr. Wagner (Altenburg). Den Sitzungen der Kommission wohnten außerdem ständig der Präsident des Reichstages Dr. Simfon und der Präsident Dr. Friedberg als Vertreter des Bundesrathö bei. Die Kommission hat einen schriftlichen Bericht nicht erstattet; die von derselben beschlossenen Ab­ änderungsvorschläge vgl. in den Drucks. Nr. 85, 92, 105. — Die zweite Lesung fand Statt in den Sitzungen vom Febr. 28. (St. B. S. 95); März: 1. (Abschaffung der Todesstrafe mit 118 gegen 81 St. beschlossen, — St. B. S. 136). 2. 4. 5. 8. 9. 10. 15. 16. 17. 18. 19. 21. 23; April: 2. 4. 5. 7. 8; — zusammen 20 Sitzungen. Nach erfolgter Zusammenstellung der in der 2. Lesung gefaßten Beschlüsse (Drucks. Nr. 132) erklärte sich in der Sitzung vom 21. Mai (St. B. S. 1091) der Justizminister

XII

Geschichte.

Dr. Leonhardt Namens des Bundesraths über die An­ nehmbarkeit derselben, wobei namentlich die Beibehaltung der Todesstrafe im Strafensystem als Bedingung der An­ nahme des Entwurfs aufgestellt wurde. Die dritte Lesung fand Statt in den Sitzungen vom Mai: 23. (Antrag v. Luck, betreffend Wiederaufnahme der Todesstrafe mit 127 gegen 119 Stimmen angenommen, — St. B. S. 1140), 24. und 25. Mai, an welchem letzteren Tage das Gesetz Drucks. Nr. 212) ohne namentliche Ab­ stimmung mit „sehr großer Majorität" angenommen wurde. (St. B. S. 1187.) Der aus der 3. Lesung hervorgegangene Entwurf wurde vom Bundesrath in der Sitzung vom 25. Mai 1870 mit Einstimmigkeit genehmigt. Das St. G. B. und das E. G., beide dd. Schloß Babelsberg den 31. Mai 1870, wurden in der am 8. Juni zu Berlin ausgegebenen Nr. 16 des B. G. Bl. (vgl. S. 195—273) publizirt und der Gel­ tungstermin auf den 1. Januar 1871 bestimmt. Nach Art. 80 der zunächst mit Baden und Hessen unterm 15. November 1870 vereinbarten Deutschen Bundesverfassung trat das Bundesstrafgesetzbuch nebst Einf.-Ges. mit dem 1. Januar 1872 in Baden in Geltung. In Hessen südlich des Mains ist es nach demselben Art. be­ reits am 1. Januar 1871 in Kraft getreten. (B. G. Bl. 1870 S. 647 ff.) Für Württemberg ist nach dem Vertrage vom 25. No­ vember 1870 (B. G.Bl. 1870 S. 654 ff.) der Art. 80 bezüglich des B.St. G.B. unverändert und trat es somit nebst dem Eins. G. am 1. Januar 1872 in Kraft. Für Bayern wurde zwar durch den zwischen den sämmtlichen betheiligten deutschen Staaten geschlossenen Ver­ trag vom 23. November 1870III. § 8 die Geltung des Art. 80 vorläufig außer Anwendung gesetzt (B.G.Bl. 1871 S. 21.), jedoch bereits durch das Gesetz vom 22. April 1871 (B. G. Bl. S. 89) die Einführung des St. G. B. nebst E. G. zum 1. Januar 1872, nur mit einer Modifikation zu § 4 des des Eins. Ges. auch für Bayern festgesetzt.

Geschichte.

XIII

Durch das Ges. betr. die Verfassung des Deutsch. Reichs b. 16. April 1871 (R. G. Bl. S. 63) war, außer andern Gesetzen, das Strafgesetzbuch nebst dem Einführungsgesetz ausdrücklich zum Reichsgesetz erhoben, indem § 2. Ä. 2 dieses am 4. Mai 1871 in Geltung getretenen Gesetzes bestimmt: „Die bezeichneten Gesetze sind Reichsgesetze. Wo in denselben von dem Norddeutschen Bunde, deffen Verfassung, Gebiet, Mit­ gliedern oder Staaten, Jndigenat, verfassungsmäßigen Organen, Angehörigen, Beamten, Flagge u. s. w. die Rede ist, sind das Deutsche Reich und deffen entsprechende Beziehungen zu verstehen."

Die in Folge dessen erforderlichen redaktionellen Aenderilligen wurden für das St. G.B. (nicht für das Einf.G.) von der Reichsgesetzgebung bestimmt. Das Reichsgesetz vom 15. Mai 1871 — betr. die Redaktion des St. G. B. f. d. Rordd. B. als St. G. B. für das Deutsche Reich — lautet: Einziger Paragraph. „Das Strafgesetzbuch für den Nordd. Bund vom 31. Mai 1870 erhält unter der Bezeichnung als „St. G. B. für das Deutsche Reich" vom 1. Januar 1872 an die beiliegende Faffung."

Vgl. R. G. Bl. S. 127 ff. Drucksachen des Reichstags No. 89 u. St. B. S. 556, 571, 599. Außerdem s. An m. z. Eins. Ges. § 1. In Elsaß-Lothringen wurde das St. G.B. mittels besonderen Gesetzes vom 30. August 1871, welches jedoch im Allgemeinen von denselben Grundsätzen wie das E.-G. v. 31. Mai 1870 ausgeht, mit dem 1. October 1871 eingeführt. (G. Bl. f. E.-L. Nr. 14. S. 255.)*) Eine Abänderung des letztem Gesetzes enthält daö Gesetz V.14./7. 73. (G. B. S. 166)>vgl. unten S. fgj. Einen Zusatz erhielt das St. G. B. durch daö ReichsGesetz vom 10. Dezember 1871, welches einen neuen § 130a einschaltete. (Vgl. Anm. zu § 130a.) Eine umfassendere — wenn auch nicht vollständige Re•) Vgl. Strafgesetzbuch für daö Deutsche Reich. Amtliche Ausgabe mit französischer Uebersetzung. (Code Penal de FEmpire d’Allemagne.) 2. Ausg. Straßburg 1878. (Schneider.)

XIV

Geschichte.

Vision des St. G. B. bezweckte die vom Reichstage in der Wintersession 1875/76 gemachte Vorlage (Drucks, des Reichs­ tags No. 54, vgl. Drucks, des Bundesraths No. 73, 98, 103 und Prot. vom 17. November 1875). Die erste Berathung dieser Vorlage fand Statt am 3. Dezbr. 1875 (St. B. S. 385), dieselbe wurde zum Theil einer Kommission, zum Theil der Plenarberathung überwiesen. Die Beschlüsse der Kommission (Dr. Simson, Vsrs., Dr. v. Schwarze, Berichterst., Grosmann, Banks, Erhard, Wagner, Becker, Baer, Hauck, v. Forcade de Biaix, Rei­ chen sp er g er. Haarmann, St en gl ein, v. Brauch itsch) vgl. in No. 145 der Drucks. Die Plenarberathungen (2. Be­ rathung) fanden Statt am 14. Dezember 1875 (St. B. 5. 621) am 20., 21., 22., 24., 27., 28., 29. Januar 1876 (St. B. S. 781 ff.) uud wurde die Vorlage nur erheblich verändert und verkürzt angenommen (Drucks. No. 181). In der am 9. und 10. Februar 1876 stattgehabten 3. Le­ sung (St. B. S. 1301 ff.) wurden wieder einzelne Aende­ rungen und Ergänzungen vorgenommen und die so her­ gestellten Reichslagsbeschlüsse (Drucks. No. 238) demnächst nach erfolgter Genehmigung des Bundesraths unter dem 26. Februar 1876 vom Kaiser vollzogen und in der am 6. März 1876 zu Berlin ansgegebenen No. 6 des R. G. Bl. publizirt (R. G. Bl. S. 25). Die wichtigsten Aenderungen betreffen die im Auslande begangenen Verbr. (8 4), die erfolglose Aufforderung und das Anerbieten zu Verbr. (§ 49a, Dncheöne), die AntragSverbr. (§ 64) und Vergehen von Beamten des auswärt. Amts (§ 353a). Auf Grund der im Art. V. des Gesches ertheilten Er­ mächtigung ist der neue Text des St. G. B. mittels Er­ lasses des Reichskanzlers vom 26. Febr. 1876 im Reichsgeschblatt abgedruckt (R. G. Bl. S. 39).

System und Auslegung.

XV

2. System uiib Aus legnug.

1. Reichsstrafrecht uni) Landesstrafrecht.") — Das Verhältniß Beider regelt im Allgemeinen die R.-V.: Art. 2. „Innerhalb dieses Bundesgebietes übt das Reich das Recht der Gesetzgebung nach Maßgabe des Inhalts dieser Ver­ fassung und mit der Wirkung aus, daß die Reichsgesetze den Landes­ gesetzen vorgehen. Die Reichsgesetze erhalten ihre verbindliche Kraft durch rhre Verkündigung von ReichSwegen, welche vermittelst eines Reichsgesetzblattes geschieht."-------

Daraus ergibt sich der Sah: Reichsrecht bricht Landes­ recht, welcher bedeutet: erstens, daß alle Landesgesehe, welche dieselben Gegenstände betreffen, die das Reichsgesch behandelt, aufgehoben sind, zweitens, daß die Landesgesehgebnng künftig über diese Gegenstände keine Vor­ schriften eriassen darf, widrigenfalls sie vom Richter nicht zu beachten sind. Ein Beispiel letzterer Art bietet das Er­ kenntniß des Oberappellationsgerichts zn Dresden vom 27. September 1872 (G. XXL S. 97), welches die — demnächst aufgehobene — K. Sächs. Verordnung vom 10. De­ cember 1870 betr. die Bestrafung wahrheitswidriger Anssagen ic. als mit dem Reichsstrafgesehbuch in Widerspruch stehend und deßhalb für unverbindlich erachtet. Innerhalb dieser Grenzen entscheidet das Reichsrecht sowohl über die Strafbarkeit, wie über die Straf­ losigkeit einzelner Handlungen, vorausgesetzt, daß ein direkter oder indirekter Ausdruck hierüber im Reichsgesetz selbst sich findet. Legislative Verhandlungen haben diese Kraft nicht, sondern dienen höchstens zur Auslegung zweifel­ hafter Gesetzesstellen. 2. Reichsstrafgesehbuch und ältere (Reichs-bez. Bundes- und Landes-) Strafgesetze. — Das St. G. B. hebt weder die älteren Reichs- (Bundes-) Strafgesetze noch die Landesstrafgesetze, namentlich die Gesetzbücher im Ganzen auf, sondern beschränkt sich auf den allgemeinen, •) Vgl. Heinze: Da« Verhältniß bei Reichistrafrechts zu dem Landesstrafrecht. Leipzig 1871; Rüdorff Kommentar 2. Aust. S. 48 ff.

XVI

System und Auslegung.

selbstverständlichen Sah: daß das neuere Gesetz dem älteren vorgeht. Dieses (und nicht das unter Nr. 1 erwähnte Verhältniß) spricht § 2 des Eins. Ges. aus. Ob und in­ wieweit ein älteres Reichsgesetz oder ein älteres Landesgesetz (Gesetzbuch oder besonderes Gesetz) durch das St. G. B. aufgehoben ist, ist Sache richterlicher Prüfung. (Vgl. Be­ merkung zu § 2 des Einf. Ges.) Das Weitere, nämlich: die älteren Landesgesetze, soweit sie bestehen bleiben, in neuer Form übersichtlich zu ordnen und dieselben, soweit sie nicht bereits durch das St. G. B. aufgehoben sind, formell zu beseitige«, ist der Landesgesetzgebung überlassen (vgl. § 8 E. G.). Zn richtiger Ausbildung dieses Grundgedankens haben die meisten der bei Einführung des St. G. B. erlassenen Landesgesetze, die älteren Strafgesetzbücher sowohl, wie viele besondere Gesetze ausdrücklich aufgehoben, z. B. Bayern Ges. v. 26. Dec. 1871 Art. 2. Hessen v. 30. Dec. 1870 8 2; ebenso Mecklenburg, Oldenburg, Braunschweig, Bremen u. s. w. Weniger glücklich verfahren Sachsen und die Länder des thüringischen Rechts mit Ausnahme von Anhalt. Zn Preußen bewendet es bei dem allgemeinen Grundsatz, weil ein Uebergangsgesetz nicht erlassen ist. 3. Der erste (allgemeine) Theil des St. G. B. gibt auch für die neben dem St. G. B. in Geltung bleibendeil Reichs- und Landesgesetze die maßgebenden Grundsätze, soweit diese Gesetze nichts Abweichendes aufstellen. VglBayern Art. 4; Leipzig 20/9. 72. E. VII. 141; G. XXL 102. und Berlin v. 20./11. 73. G. XXI. 487. Ein Beispiel der Abweichung bietet 8 10 des Pr. Forstdiebstahlgesetzes v. 15./4. 78, wonach die im 8 57 des St.G.B. vorgesehene Strafermäßigung für jugendl. Perso­ nen bei Forstdiebstählen u. s. w. keine Anwendung findet. 4. Mildernde Umstände.*) — In folgenden 88: 81, 83—86, 88—90, 92, 94, 96, 98, 100, 102, 105, *) Vgl. Rüdorff: Kommentar 2. Aufl. S. 38.

System und Auslegung.

XVlt

106, 113—117, 125, 146, 147, 171, 174, 176, 177, 179, 187, 189, 213, 217, 218, 224, 226, 227, 239, 243, 244, 246, 249, 250, 252, 255, 258, 261, 263 bis 265, 268—270, 272, 273, 281, 282, 308, 333, 334, 340, 346, 347, 351, bestimmt das St. G. B., daß, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, eine mildere Strafe, als die ordentliche, verhängt werden muß (bei Verbrechen), oder kann (bei Vergehen: nämlich in den §§ 187, 189, 246, 263, 333, 340). Nur in den bei Berathung des G. vom 26. Febr. 1876 aufgenommenen Fällen der Vergehen der §§ 113, 114, 117 hat der Reichstag inkorrekt den für mildernde Umstände bei Verbrechen bestehenden, dem Pr. St. G. B. von 1851 bez. dem Code penal Art. 463 entsprechenden Sprachgebrauch des St. G. B. (die mildere Strafe „tritt ein" statt „kanu ersannt werden") angewendet. Was mildernde Umstände sind, sagt das Gesetz nicht. Ihrem Wesen nach sind es nichts anderes als (mindernde) Strafzumessungsgründe. Sie sind vorhanden, wenn solche Gründe in außerordentlichem Maße oder Gewicht vorliegen. GS kommen dabei, wie bei der Strafzmnessung, alle den Thatbestand und die Persön­ lichkeit des Thäters berührenden Momente, selbst die der That folgenden wie Reue und Geständniß, in Betracht. Wo Geschworene mitrichten, entscheiden dieselben auch über die mildernden Umstände. So St.P.O. § 297. 5. Verlust der Ehrenrechte (§§ 31—36). Einen au die Verurtheilung von Rechtswegen geknüpften Ver­ lust der Ehrenrechte kennt das St. G. B. nicht, mit der alleinigen Ausnahme, daß die Verurtheilung zu Zuchthaus die dauernde Unfähigkeit zum Kriegsdienst und zu öffentlicheu Aemtern von Rechtswegen nach sich zieht. (§ 31.) Im Uebrigen hat der Richter die Befugniß neben jeder Zuchthausstrafe und in gewissen, im Gesetz genannten Fällen auch neben der Gefängnißstrafe, sofern sie mindestens 3 Monate beträgt, auf den Verlust d. E. auf Zeit zu erkennen. Nur in zwei Fällen (Meineid § 161 und schwere Kuppelei 8 181) muß der Richter darauf erkennen. Neben Nüd ar ff, Strafgesetzbuch. 10. Aust.

*

einer Gefängnißstrafe kann der Richter die Aburtheilung auf die zeitige Unfähigkeit z. öffentL Aemtern beschränken. (§ 85.) Wegen des Nähern vgl. Rudorfs Kom. S. 37 u. 148 ff. 6. Antrag (vgl. 88 61—66). — In vielen §§ heißt eö : „Die Verfolgung tritt mir auf Antrag ein," nämlich: bei den Verbrechen der §§ 102, 179, den Vergehen der §§ 102, 103, 104, 123, 170, 172, 182, 189, 194 — 196, 232, 236, 237, 247, 263, 288, 289, 292, 299, 300—303 und den Nebertretungen § 370 Nr. 5 und 6. Durch das Gesetz vom 26. Febr. 1876 sind aus der Reihe der AntragSreate gestrichen die 88 176, 177, 240, 241, 296, 370 Nr. 4. — Antrags berechtigt ist jeder durch die That (unmittelbar) Verletzte, wenn nicht ausnahmsweise, wie z. B. 8 182 ein bestimmter Berechtigter bezeichnet ist. Auf die Erben geht das Antragsrecht nicht über. Nach 8 156 der St.P.O. muß der Antrag bei einem Gericht oder der Staats-Anwaltschaft, schriftlich oder zu Protokoll (auch des Gerichtsschreibers), bei einer andern Behörde schrift­ lich (wohl auch in einem unterschriebenen Protokoll) angebracht werden. — Die Zurücknah m e des Antrags ist nach § 64 (neue Fassung) in der Regel unzulässig und nur in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen gestattet. Diese Fälle finden sich im St. G. B. in den §§ 102, 103, 104, 194, 232, 247, 263, 292, 303 und 370 (Schluß). Nach der frühern Fassung des 8 64 galt das Gegentheil. Die Zurücknahme kann — ohne Ausnahme — nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Erkenntnisses erfol­ gen. (Vgl. auch zu 8 194.) — Bedingungsweise ober be­ schränkte Zurücknahme ist ebenso wie eine bedingte Antrags­ stellung wirkungslos. Berlin 20./10. 71, 7./2. 73. O. XII. 523, XIV. 126. München 18./5. 72. St. I. 264. Dresden 9./12.72. St.H. 259. vgl. jedoch dass. 29./9.71. St. I. 70. — Die Wiederaufnahme eines (bei einer zu­ ständigen Behörde zurückgenommenen) Antrags ist unzulässig. (Leipzig 12./9. 73. E. XI. 114; Berlin 3./10. 73. Entsch. LXXI. 327.) — Verzicht, Vergleich vgl. unten zu 8 64.

System und Auslegung.

XIX

Verschieden von dem „Antrag" ist die (bei Beleidigun­ gen und Körperverletzungen zulässige) Privatklage, worüber St.P.O. §8 414 ff. zu vergleichen sind. 7. Zusammentreffen von strafb. Handlungen (§§ 73—79.) DaS St. G. B. unterscheidet nur zwei Falle: a. (Liue und dieselbe Handluna seine selbständige Handlung) verletzt mehrere (verschiedene) Strafgesetze. Alödann kommt die strengste Strafe zur Anwendung, daö Uebrige fällt der Strafzumessung anheim (ideale Konkurrenz). b. Mehrere selbständige Handlungen, welche verschiedene Strafgesetze oder dasselbe Strafgesetz mehrmals ver­ letzen, kommen gleichzeitig (vgl. jedoch 8 79) zur Aburtheilung. Daun ist auf eine Gesammtstrafe zu erkennen. Dieses gilt jedoch nur bei Verbrechen und Vergehen (§ 74). Die Strafe der Hast und die Geldstrafe sind gesondert (§§ 77, 78) zu erkennen (Renle Konkurrenz) Hiernach hat der Richter zu prüfen: ob eine oder mehrere selbständige Handlungen vorliegen. Unter selbstst. Handl, im Sinne des St.G.B. ist zu verstehen: eine zusammen­ hängende von demselben strafbaren Wollen ge­ tragene Thätigkeit. Diese Thätigkeit kann aus Einzel­ handlungen bestehen, von denen jede als selbständige Verletzung desselben Strafgesetzes erscheint. Diesen dritten Fall, den man mit einem (leicht mißzuverstehenden) Aus­ druck „fortgesetztes Verbrechen" nennen kann, hebt das St. G. B. nicht besonders hervor. Die Mehrheit der Einzelhandlungen bildet in diesem Falle nur eine Gesetzes­ verletzung und kann nur bei der Strafzumessung berücksich­ tigt werden. Ueber das Nähere vgl. Rüdorff Komment. S. 231 ff. 8. Rückfall — ist nach dem St.G.B. kein allge­ meiner Strafschärfungsgrund, vielmehr der Strafzumessung überlassen. Er kommt nur vor bei Diebstahl (§ 244), Raub (§ 205), Hehlerei (§ 261) und Betrug (§ 264). Die Rückfalls strafe setzt nicht allein eine zweimalige (mir im

§ 250 einmalige) rechtskräftige Verurtheilung, sondern die wenigstens theilweise Verbüßung oder den Erlaß der Strafe voraus. Sie wird ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlaß der letzten Strafe 10 Jahre verflossen sind. — Diese Vorschriften schließen die ausgedehntere Berücksichti­ gung deö Rückfalls in besondern Reichs- oder Landesgesetzen nicht aus. Vgl. z. B. ReichSpostgesetz v. 28./10. 71, § 28. Ueber die Voraussetzungen des Rückfalls entscheidet das Gericht, nicht die Geschworenen. (St.P.O. § 262.)

3.

Literatur.

a. Ausgaben und Commentare:

Anders, Geh. Ober-Reg.-Rath. — Mit den übr. Reichsstrafges., mit Anm. 3. Aufl. Berlin 1876. M. 4,50. Dr. Binding, Prof. — Die gemeinen deutschen Straf­ gesetzbücher. Akadem. Handausgabe. Einleitung. (Engelmann.) 2. Aufl. Leipzig 1877. M. 2.

Hahn, O.-T.-R. — Mit Erläuterungen. 3. Aufl. Breslau 1877. M. 10. Hecker, Div.-Auditeur. — Mit dem Text des Mil. St. G. B. Berlin 1878. (Reimer.)

v.

Kirchma n n, Abg. — Comment. M. 3. Nachtrag ebds. M. 1.

Elberfeld

1870.

Dr. ßueber, Prof. — Mit der Novelle u. einz. Gesetzen. Handausg. Erlangen 1876. M. 1,20.

Dr. Meyer (Thorn), Abg. (jetzt Geh. Ob.-Reg.-R.) — Erläutert. Berlin 1871. M. 6.

--------- Textausgabe mit Hinweisen u. s. w., einzelnen Eins. Ges. u. and. Reichsges. 4. Aufl. Berlin 1875. 3 Mark.

Dr. Oppenhoff, O.-St.-Anw. — Berlin 1877. M 13.

Erläutert.

6. Aufl.

Literatur.

XXI

Dr. Puchelt, N.-O.-H.-G.-R. — Mit 6rläitf. EarlSruhe 1871. M. 6.

Dr. Rllbo, Prof. u. Stadtg.-Rath. — Mit Anm. Berlin 1871. 60 Pf. 2. Ansg.

-------- Komment.

Berlin 1879.

Dr. Rüdorff. — Komment. M. 10.

2. Anfloge.

Berlin 1877.

Dr. v. Schwarze, Gen.-St.-Anw. — Handausgabe. 2. Aufl. Lcipz. 1876. -------- Komment. 3. Aufl. Leipzig 1874. M. 14. — ErgänzungSheft die Novelle enthaltend. Leipz. 1876. Dr. Standinger, O.-A.-G.-R. (a. D.) — Komment, mit den Einführungs- und Nebengesetzen f. Bayern. Nörd­ lingen 1872. M. 9.

-------- Mit Anm.

Nördlingen 1876.

1 M.

b. Lehr- und Handbücher. Dr. Berner, Prof. u. Geh. Just.-R. — Lehrb. Leipzig 1877. M. 8,25.

9. Aufl.

Dr. Bin ding, Prof. — Grundriß zur Vorlesung u. s. w. (Eint. ii. Allg. Th.) 2. Aufl. Leipz. 1879. Dr. Hälschner. — Preuß. Strafrecht. III Bände. Bonn 1855/68. (Leider unvollendet, aber als gründl. wissenschaftl. Darstell, des die Grundlage des St. G. B. biL denden Preuß. Rechts besonders zu beachten.) Dr. v. Holhen dorff, Prof, (von versch. Verfassern). — Handb. Berlin 1871-1874 4 Bde. I. 5,50 M., II. 9M., HI. und Registerband. 21,50 M. Supplement-Band IV. Berlin 1877. 15 M. Dr. H. Meyer, Prof. — Lehrbuch. 1877. M. 10,80,

2. Aufl.

Erlangen

Literatur.

XXII

Dr. Schuhe, Prof. 9 M.

— Lchrb. 2. Aufl.

Leipzig

1874.

Ferner zu erwähnen als hervorragende Schrift von allgemeinem Charakter: Dr. Binding, Prof. — Die Normen n. ihre Uebertretretung. 2 Bde. Leipz. 1872/77. 14 M.

c. Zeitschriften und Spruchsammlungen. Bezold. — Gesetzgebung des Deutsch. Reichs mit Erläu­ terungen von Schwarze, MeveS u. f. w. Erlangen (Palm u. Enke).

Pezold. — Deutsche Strafrechtspraxis. Uebersichtl. Zu­ sammenstellung der Entscheidungen der höheren Deutschen Gerichte. (Erweiterter Abdruck aus dem Württ. Gerichtsblatt s. unten). Stuttgart 1875/76. Goltdammer (jetzt Hahn). — Archiv f. Gem.- und Preuß. Strafrecht. Berlin, (v. Decker.) Jührl. 6 Hefte. 9 M. Oppenhoff. — Rechtsprechung d. Obertr. (früher auch des Oberapp. Ger.) in Strafsachen. Berlin. (Reimer.) Jährl. 6 Hefte. 6 M. (ohne Supplem.)

Gerlchtssaal von v. Schwarze, v. Holhendorff u.A. — Stuttgart. (Enke.) 6 Hefte. 12 M.

v. Schwarze. — Allg. Ger. Zeitung für Königr. Sachsen rc. Leipzig. (Fues.) 12 Hefte 12 M. Stenglein. — Zeitschrift für Gerichtspraxis ic. in Deutsch, land. München. (Oldenbourg.) 24 Nrn. 8 M.

Württembergisches Gerichtsblatt von v. Kübel. Stuttgart. (Nitzschke.) Jährlich 26—28 Bogen M. 7,75. Annalen der Großh. Badischen Gerichte v. Roßhirt. Mann­ heim. (Bensheimer.) 24 Nrn. 12 M.

Literatur.

xxm

Em mitt gh au S. — Archiv f. prust. Rechtswiss. (bes. im Groß. Hessen.) Darmstadt. (Beruht) 4 Hefte 9 M.

Dr..Vollert. — Blätter f. Rechtspfl. in Thüringen und Anhalt. Jena. (Frommann.) Halbjährlich (6 Hefte) 5 M. Zeitschrift f. Rechtspfl. im Herz. Braunschweig von C. Koch. Braunschweig. (Wreden.) 12 Nrn. M-7.20.

Juristische Zeitschrift f. Elsaß-Lothringen v. Puchelt, Meurer. Mannheim. Jährl. 6 Hefte 6 M. Die strafrechtlichen Entscheidungen des ReichS-Oberhandelsgerichts finden sich in den „Entscheidungen deS R. O. H. G." Stuttgart. (Enke.) Jährlich 2—3 Bände (ä. 5 Hefte), pro Band 6 M.

d. Landesstrafgesetze.

Preußen: Hartmann. — Die neben dem St. G. B. f. d. Deutsche Reich in Preußen geltenden Strafgesetze u. s. w. 2. Aufl. 1873. Bayern: Standing er. — Das St. G. B. f. d. Deutsche Reich mit den Eins. Ges. u. s. w. Nördlingen. 2. Aufl. 1876. — Eine vollst. TextauSg. der Str. Gesetzgbg. f. Bayern. Bamberg, zuerst 1873.

Sachsen: Ausgaben von Richter, Dr. v. Schwarze (1874), Si'ebdrat (2. Aufl. Dresd. 1875). Württemberg: Fecht. — Ges. betr. die Aenderung des Landesstrafrechts in W. Stuttg. 1872. — v. Kübel: Württ. Gerichtsblatt. V, 70 ff. — Neue Justizgesetz­ gebung f. d. Königr. W. Bd. IV, 2 ff.

Baden: Bingner u. Eisenlohr. — Badisches Strafrecht u. s. w. Heidelberg 1872. Elsaß-Lothringen s. unten S. 165.

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen nach dem Deutschen Gerichtsverfassungs­ gesetz vom 27. Januar 1877. (R.G.Bl. S. 41.)

In dem weiter folgenden Text des Strafgesetzbuchs ist die Zuständigkeit der Gerichte I. Instanz mit den lateinischen Buchstaben an-

gedeutet:

A. — Amts- oder Schöffengericht. L. — Landgericht (Strafkammer). Sw. — Schwurgericht.

1. Amtsgerichte (Schöffengerichte). *) Verfahren ohne Schöffen nach § 3 Abs. 3 des Einf.G. zur St.P.O. zulässig: bei Forst- u. Feldrügesachen (Preuß. Forstdiebst. Ges. v. 15./4.

78 § 19) und nach § 211 St. P.O. bei Nebertretungen, wenn der vorgeführte Beschuldigte gesteht.

27. Die Schöffengerichte sind zuständig: 1. für alle Nebertretungen; Vgl. St. G.B. §§ 1 Abs. 3 u. 360-370.

*) 35.

Die Berufung zum Amte eines Schöffen dürfen ab-

lehnen: 1. Mitglieder einer deutschen gesetzgebenden Versammlung;

2. Personen, welche im letzten Geschäftsjahre der Verpflichtung eines Geschworenen, oder an wenigstens fünf Sitzungstagen die Ver­ pflichtung eines Schöffen erfüllt haben;

3. Aerzte; 4. Apotheker, welche keine Gehülfen haben; 5. Personen, welche das fünfundsechzigste Lebensjahr zur Zeit der Aufstellung der Urliste vollendet haben oder dasselbe bis zum Ab­

laufe deö Geschäftsjahres vollenden würden; 6. Personen, welche glaubhaft machen, daß sie den mit der Ausübung des Amts verbundenen Aufwand zu tragen nicht vermögen.

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

XXV

2. für diejenigen Vergehen, welche nur mit Gefängniß von höchstens Lbm Monaten oder Geldstrafe von höchstens sechshundert Mark, allein oder neben Haft oder in Verbindung mit einander oder in Verbindung mit Einziehung bedroht sind, mit Ausnahme der im § 320 des Strafgesetzbuchs und der im § 74 dieses Gesetzes bezeichneten Vergehen; Vgl. St. G. B. §§ 123 Abs. 1, 148, 276, 292, 299.

3. für die nur auf Antrag zu verfolgenden Beleidigun­ gen und Körperverletzungen, wenn die Verfolgung im Wege der Privatklage geschieht; * Vgl. St.G.B. §§ 185—187,189, 194, 223, 230, 232, St.P.O. §§ 414, 416 u. E.G. zur St.P.O. § 11.

4. für das Vergehen des Diebstahls im Falle des § 242 des Strafgesetzbuchs, wenn der Werth des Gestohle­ nen fünfundzwanzig Mark nicht übersteigt; 5. für das Vergehen der Unterschlagung im Falle des § 246 des Strafgesetzbuchs, wenn der Werth des Unterschlagenen fünfundzwanzig Mark nicht über-

steigt; 6. für das Vergehen des Betruges im Falle des § 263 des Strafgesetzbuchs, wenn der Schaden fünfund­ zwanzig Mark nicht übersteigt; 7. für das Vergehen der Sachbeschädigung im Falle des § 303 des Strafgesetzbuchs, wenn der Schaden fünf­ undzwanzig Mark nicht übersteigt; 8. für das Vergehen der Begünstigung und für das Vergehen der Hehlerei in den Fällen des § 258 Nr. 1 und des § 259 des Strafgesetzbuchs, wenn die Handlung, auf welche sich die Begünstigung oder

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

XXVI

die Hehlerei bezieht, zur Zuständigkeit der Schöffen­

gerichte gehört.

28.

Ist die Zuständigkeit des Schöffengerichts durch den Werth einer Sache oder den Betrag eines Schadens

bedingt und stellt sich in der Hauptverhandlung heraus,

daß der Werth oder Schaden mehr als fünfundzwanzig Mark beträgt, so hat das Gericht seine Unzuständigkeit nur dann auszusprechen, wenn aus anderen Gründen die Aussetzung der Verhandlung geboten erscheint.

29. Vor die Schöffengerichte gehören auch diejenigen Strafsachen, deren Verhandlung und Entscheidung, ihnen nach den Bestimmungen des fünften Titels von den Straf­

kammern der Landgerichte überwiesen wird.

2. Landgerichte (Strafkammern).

72. Die Strafkammern sind zuständig für diejenigen die Voruntersuchung und deren Ergebnisse betreffenden Entscheidungen, welche nach den Vorschriften der Straf­ prozeßordnung von dem Gerichte zu erlassen sind; sie ent­

scheiden über Beschwerden gegen Verfügungen des Unter­ suchungsrichters und des Amtsrichters, sowie gegen Ent­

scheidungen der Schöffengerichte.

Die Bestimmungen über

die Zuständigkeit des Reichsgerichts werden hierdurch nicht

berührt. Vgl. St.P.O. §§ 121, 124, 178, 195, 196, 199-202, 204, 205, 208.

Die Strafkammern erledigen außerdem die in der Strafprozeßordnung den Landgerichten zugewiesenen Ge­

schäfte. Dgl. St.P.O. §§ 27, 183, 197, 207.

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

xxvn

73. Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte zuständig: 1. für die Vergehen, welche nicht zur Zuständigkeit der Schöffengerichte gehören; 2. für diejenigen Verbrechen, welche mit Zuchthaus von höchstens fünf Jahren, allein oder in Verbindung mit anderen Strafen bedroht sind. Diese Bestim­ mung findet nicht Anwendung in den Fällen der §§ 86, 100 und 106 des Strafgesetzbuchs; Vgl. St. G. B. §§ 159, 171, 173, 174, 179, 181, 218, 224, 227, 254, 258 2, 268 1, 321, 332, 336, 338, 343, 346, 347, 356.

3. für die Verbrechen der Personen, welche zur Zeit der That das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatten; Vgl. St.G.B. § 57.

4. für das Verbrechen der Unzucht im Falle des § 176

Nr. 3 des Strafgesetzbuchs; 5. für die Verbrechen des Diebstahls in den Fällen der §§ 243 und 244 des Strafgesetzbuchs; 6. für das Verbrechen der Hehlerei in den Fällen der §§ 260 und 261 des Strafgesetzbuchs; 7. für das Verbrechen des Betruges im Falle des § 264 des Strafgesetzbuchs.

74. Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte ausschließlich zuständig: 1. für Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz vom 25. Ok­ tober 1867, betreffend die Nationalität der Kauf­ fahrteischiffe re.; 2. für die nach Artikel 206, 249 und 249a des Ge­ setzes vom 11. Juni 1870, betreffend die Komman-

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

XXVIII

ditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaf­

ten, strafbaren Handlungen; 3. für

Zuwiderhandlungen

gegen

die

Bestimmungen

der §§ 1, 2 und 3 des Gesetzes vom 8. Juni 1871, betreffend die Jnhaberpapiere mit Prämien;

4. für die nach § 67 und § 69 des Gesetzes vom 6. Febr. 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes

2c., strafbaren Handlungen;

5. für die nach § 59 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 strafbaren Handlungen.

75.

Die Strafkammer kann bei Eröffnung des Haupt­ verfahrens wegen der Vergehen: 1. des Widerstandes

gegen die Staatsgewalt in den

Fällen der §§ 113, 114, 117 Abs. 1 und des § 120 des Strafgesetzbuchs;

2. wider die öffentliche Ordnung in den Fällen des § 123 Abs. 3 und des § 137 des Strafgesetzbuchs; 3. wider die Sittlichkeit im Falle des § 183 des Straf­

gesetzbuchs ; 4. der Beleidigung und der Körperverletzung in den

Fällen der nur auf Antrag eintretenden Verfolgung; Vgl. für den Fall der Privatklage oben § 27 3 und St.G.B. §§ 185—187, 189, 194, 223, 230, 232.

5. der Körperverletzung im Falle des § 223a des Straf­ gesetzbuchs;

6. des Diebstahls im Falle des § 242 des Strafgesetz­ buchs ;

7. der Unterschlagung im Falle deS § 246 des Straf­ gesetzbuchs;

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

XXIX

8. der Begünstigung; Vgl. oben § 27 8 und St. G.B. § 257.

9. der Hehlerei in den Fällen des § 258 Nr. 1 und des § 259 des Strafgesetzbuchs;

10. des Betruges im Falle des § 263 des Strafgesetz­ buchs ;

11. des strafbaren Eigennutzes in den Fällen der §§ 288 und 298 des Strafgesetzbuchs;

12. der Sachbeschädigung in den Fällen der §§ 303 und 304 des Strafgesetzbuchs

und

13. wegen der gemeingefährlichen Vergehen in den Fällen des § 327 Abs. 1 und des § 328 Abs. 1 des Straf­ gesetzbuchs ; ferner

14. wegen derjenigen Vergehen,

welche

nur mit Ge­

fängnißstrafe von höchstens sechs Atonalen oder Geld­ strafe

von höchstens

eintausendfünfhundert Mark,

allein oder in Verbindung mit einander oder in Ver­ bindung mit Einziehung

bedroht sind,

mit Aus­

nahme der in den §§ 128, 271, 296a, 301, 331 und

347 des Strafgesetzbuchs und der im § 74 dieses

Gesetzes bezeichneten Vergehen; Vgl. St.G.B. §§ 116, 134, 136, 145, 160, 172, 184, 241, 285, 293, 296, 300, 320.

sowie

15. wegen solcher Zuwiderhandlung en gegen die Vor­

schriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle, deren Strafe in dem mehrfachen Betrage

einer hinterzogenen Abgabe oder einer anderen Leistung besteht; auf Antrag der Staatsanwaltschaft die Verhandlung und Entscheidung dem Schöffengerichte, soweit dieses nicht schon zuständig ist, überweisens) wenn nach den Umständen des Falles anzunehmen ist, daß wegen des Vergehens auf keine andere und höhere Strafe, als auf die im § 27 Nr. 2 bezeichnete und auf keine höhere Buße als sechs­ hundert Mark zu erkennen sein werde. Das Schöffengericht kann in sämmtlichen Fällen einer Ueverweisung abweichend von der Ansicht der Strafkammer eine höhere Strafe als 3 Monat Gef. oder 600 Mark erkennen.

Beschwerde findet nicht statt. Hat im Falle der Nr. 15 die Verwaltungsbehörde die öffentliche Klage erhoben, so steht ihr der Antrag auf Ueberweisung an das Schöffengericht in gleicher Weise wie der Staatsanwaltschaft zu. 76. Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte ferner zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Berufung gegen die Urtheile der Schöffengerichte. 3. Schwurgerichte.

80. Die Schwurgerichte sind zuständig für die Ver­ brechen, welche nicht zur Zuständigkeit der Strafkammern oder des Reichsgerichts gehören. § 73

(Strafkammern); § 136

1 (Reichsgericht).



Außerdem

sind die Schwurgerichte — in Gemäßheit älterer Landesgesetze — zu-

t) Die im obigen § 75 bezeichneten Fälle sind in dem weiter fol­ genden Text des St. G. B. mit: L. bez. A. bezeichnet.

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

xxxi

ständig nach § 6 des Eins. G- z. G. V. G. für Preßvergehen z. B. in Bayer n.

4. Oberlandesgerichte. 123.

Die Oberlandesgerichte sind zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel:*) Vgl. G.V. §§ 117, 160, 183 u. St.P.O. § 170.

2. der Revision gegen Urtheile der Strafkammern in der Berufungsinstanz; Vgl. St.P.O. §§ 354, 374, 380.

3. der Revision gegen Urtheile der Strafkammern in erster Instanz, sofern die Revision ausschließlich auf die Verletzung einer in den Landesgesetzen enthaltenen Rechtsnorm gestützt wird; Vgl. § 136 Nr. 2 u. St.P.O. § 384.

5. der Beschwerde gegen strafrichterliche Entscheidungen erster Instanz, soweit nicht die Zuständigkeit der Strafkammer begründet ist, und gegen Entscheidungen der Strafkammern in der Beschwerdeinstanz und Be­ rufungsinstanz. Vgl. §§ 72, 76, 183 u. St.P.O. § 346, 347, 352, 354.

♦) Auf Grund des § 9 des Eins..Ges. zum G.V. verordnet für Preußen das G. v. 24./4. 78. (G.S.S. 230.): 8 50. „Das Oberlandesgericht in Berlin ist ausschließlich zu­ ständig für die Verhandlung und Entscheidung: 1) über die nicht zur Zuständigkeit deS Reichsgerichts gehörenden Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern in erster In»

stanz; 2) über die Revisionen gegen Urtheile der Strafkammern in der

Berufungsinstanz und über alle Beschwerden gegen Ent­ scheidungen der Strafkammern, sofern eine nach Landesrecht strafbare Handlung den Gegenstand der Untersuchung bildet."

XXXII

Zuständigkeit der Gerichte in Strafsachen.

5. Reichsgericht. 136. In Strafsachen ist das Reichsgericht zuständig: 1. für die Untersuchung und Entscheidung in erster und letzter Instanz in den Fallen des Hochverraths und des Landesverrats, insofern diese Verbrechen gegen den Kaiser oder das Reich gerichtet sind; Vgl. St.G.B §§ 80-93 u. St.P.O. § 484.

2. für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Revision gegen Urtheile der Straf­ kammern in erster Instanz, insoweit nicht die Zu­ ständigkeit der Oberlandesgerichte begründet ist, und gegen Urtheile der Schwurgerichte. Vgl. § 123 Nr. 3, E.G. § 9 u. St.P.O. § 374.

In Strafsachen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher in die Reichs­ kasse fließender Abgaben und Gefälle ist das Reichsgericht auch für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision gegen Urtheile der Strafkammern in der Berufungsinstanz zustündig, sofern die Entscheidung des Reichsgerichts von der Staatsanwaltschaft bei der Ein­ sendung der Akten an das Revisionsgericht beantragt wird. Vgl. § 387 Abs. 2 St.P.O.

Einführungs-Gesetz vom 31. Mai 1870. Gesetzeskraft im Nordd. Bundesgebiet einschl. Süd-Hessen mit dem 1. Januar 1871. — Gesetzeskraft im ganzen Reiche mit dem 1. Ja­

nuar 1872.

1.

(Vergl. oben S. XII u. XIII.)

Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich

(den Norddeutschen Bund) tritt im ganzen Umfange des Bun­

desgebietes mit dem 1. Januar 1872 (1871) in Kraft. Vergl. die Notizen S. XII u. XIII. — Durch daS Neichsgefetz vom 15. Mai 1871 (s. oben S. XIII) sind die in Folge der Erhebung des St. G. B.'s f. d. Nordd. Bund zum Reichsgesetz erforderlichen FafsungsAenderungen ausdrücklich festgesetzt. Für das Einführungsgesetz sind diese Aenderungen nach Maßgabe des § 2 91. 2 des Ges. v. 16. April 1871 (s. oben S. XIII) in dein Text ergänzt.*)

2. Mit diesem Tage tritt das Reichs- (Bundes-) und Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, außer Kraft.

In Kraft

bleiben

die

besonderen

Vorschriften

des

Reichs- (Bundes-) und Landesstrafrechts, namentlich über

strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feldpolizei-Gesetze, über •) Die Aenderungen sind gesperrt, der ursprüngliche Wortlaut des Textes klein und in Klammern gedruckt.

Rüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

1

Einführung-gesetz §§ 3. 4.

2 Mißbrauch

des Vereins- und

Versammlungsrechts und

über den Holz- (Forst-)Diebstahl. Abs. 3 (weggefaiten, s. unten Note). A. 1 enthält nicht- Neues; er gibt den Grundsatz: daß das neue Gesetz das ältere aufhebt, für das Reichs- und Landesstrafrecht wieder und überläßt das Weitere der Landesgesetzgebung. Weder das Pr. St. G. B. noch ein andere- wird durch daö St. G. B. formell beseitigt. (Vgl. oben S. XVI.) Auch auS dem Pr. St. G. B. sind einzelne Vorschriften in Kraft geblieben, z. B. § 270, anders: Berlin 25./6. 74. Vgl. Rüdorff, Komm. 2. Aufl. S. 56 u. 73 ff. u. Merkel in v. Holtzendorffs Handbuch Bd. 4 S. 77.

A. 2 schränkt den A. 1 nicht ein, sondern gibt nur Beispiele der nicht behandelten Materien. Soweit das St. G.B. abweichende Vor­ schriften enthält, sind auch die besond. Ges. aufgehoben z. B. § 23 des

Wechs. Stemp. Ges. v. 10. Juni 1869 durch die §§ 275, 276.

81. 3 — in Folge der Einführung der Reichskonkursordnung vom 10./2. 77 weggefallen — lautete: „Bis zum Erlaffe eines Reich s-(Bundes-) gesetzes über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesetzen enthalten sind, insoweit

dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche das Straf­

gesetzbuch für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) nichts bestimmt." Vgl. unten Bemerkungen zu Abschn. 24 des St. G. B. (§§ 281 ff.)

3.

Wenn in Landesgesetzen auf straftechtliche Vor­ schriften, welche durch das Strafgesetzbuch für das Deutsche

Reich (den Norddeutschen Bund) außer Kraft gesetzt sind, ver­ wiesen wird, so treten die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren.

4. Bis zum Erlaffe der in den Artikeln 61 und 68 der Verfassung desDeutschenReichs (Norddeutschen Bundes) vorbehaltenen Rei chs-(Bundes-)gesehe sind die in den §§ 81,

88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Straf-

Einführungßgesetz § 5.

3

gesetzbuchs für das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen

mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile des

welchen der Kaiser (Bundesfeldherr) in

Bundesgebietes,

Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder

während eines gegen das Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund)

ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegs­

schauplätze begangen werden. R.-V. Art. 61. A. 2.: „Nach gleichmäßiger Durchführung der Kriegsorganisation des Deutschen Heeres wird ein umfaffendes ReichsMilitärgesetz dem Reichstage und dem Bundesrathe zur verfassungsmäßigen Beschlußfaffung vorgelegt werden." — Art. 68.: „Der Kaiser

kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Theil desselben in Kriegszustand erklären. Big zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851." (Pr.G. S. für 1851. S. 451 ff.) Für Bayern bestimmt das R.G. vom 22. April 1871 § 7 A. 2 abweichend:

„An Stelle der Vorschriften deö § 4 des gedachten Einfüh-

rungsgesetzes hat es für Bayern bis auf Weiteres bei den einschlägigen Bestimmungen des Militairstrafrechts, sowie bei den sonstigen gesetzlichen Vorschriften über das Standrecht sein Bewenden."

Inzwischen ist nur das in Art. 61 vorbehaltene Reichs-Militärgesetz am 2./5. 74 ergangen, das in Art. 63 vorbehaltene Gesetz steht noch aus, so daß obiger § 4 noch gilt. Vgl. Mil. St. G. B. v. 20./6. 72 §§ 92, 57-59, 160, 161. — u.

R. Militärgesetz v. 2./5. 74.

5. welche

In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, nicht Gegenstand des

Strafgesetzbuchs für

das

Deutsche Reich (den Norddeutschen Bund) sind, darf nur

Gefängniß bis zu zwei Jahren, Hast, Geldstrafe, Ein1*

4

Eiuführungsgesetz §§ 6 -8.

Ziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffent­ licher Aemter angedroht werden. §5 bezieht sich nur auf künftige LandeSgesetze. Diebestehenden bleiben nach Maßgabe deS § 6 in Geltung, selbst wenn sie höhere Strafandrohungen enthalten, z. B. der (erst durch § 91 der SeemannsO. v. 27./12. 72 beseitigte) § 8 des Preuß. Ges. v. 31./3. 41 betr. die MannSzucht auf Seeschiffen, sowie die noch geltende V. O. v. 8./Z. 44

wegen Bestrafung des Handels mit Negersklaven.

(Pr. G.S. S. 399.)

6. Vom 1. Januar 1872 (i87i) ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich (den Nord­ deutschen Bund) enthaltenen Strafarten erkannt werden.

St.G.B. §§ 13-42, 57, 361.

Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängniß- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden.

7. Vom 1. Januar 1872 (i87i) ab verjähren Zuwider­ handlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren. Vgl. bezügl. der Bier- u. Branntweinsteuer die Bundesges. v. 4. ii. 8. Juli 68 § 37 bez. 68 (B. G. Bl. S. 383, 401) u. das R. G. betr. die Erhebung der Brausteuer v. 31./5. 72 § 40; außerdem R. V. Art. 35, 38, 49 und die Bundes- bez. Reichögesetze v. 26./S. 68 § 12 (Taback);

v. 10./6. 69 § 17 (Wechselstempel); v. 1./7. 69 § 164 (53er. Zoll-Ges.); v. 1./7. 69 Art. 12 (Hamb. Gebietstheile), sowie Pr. Ges. vom 22. Mai 1852 Art. V. und Pr. Verordn, v. 25. Juni 1867 Art. XI.; R. G. betr. den Spielkartenstempel v. 3./7. 78 § 26 (R.G.Bl. S. 133).

8. Der Landesgesetzgebung bleibt Vorbehalten, Ueber» gangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleiben­ den Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des Strafgesetz-

5

Einführungsgesetz § 8.

buchs für das Deutsche Reich Uebereinstimmung zu bringen.

(den Norddeutschen Bund)

in

Solche Uebergangsgesetze sind in sämmtlichen Bundesstaaten — allerdings in sehr verschiedenem Umfange — erlaffen, mit Ausnahme

von Preußen nebst Lauenburg und Waldeck.

Eine Uebersicht der in

den einzelnen Bundesstaaten erlaffenen Einführungsgesetze s. bei Ru­

dorfs Komm. 2. Aust. S. 61 ff. und in v. Ho Itzendorfs: Handbuch des deutschen Strafrechts Bd. 4 (Berlin 1877) S. 5 ff. — Besonders

beachtensrverth ist das Bayerische Gesetz über „den Vollzug der Ein­ führung deö Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich in Bayern" vom 26. Dezember 1871.

Lorenz.)

(Ausgaben desselben von Staudinger und

Gesetzt) betreffend

die Abänderung

von

Bestimmungen

des

Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871

und die Ergänzung desselben.

Vom 26. Fe­

bruar 1876. Ausgegeben Berlin den 6. März 1876. Gesetzeskraft mit dem 20. März 1876.**) R. G. Bl. Nr. 6. S. 25.

Art. I. Die 88. 4, 55, 64, 70 Nr. 2 und 3, 88, 95, 102, 103, 104, 113, 114, 117, 130a., 135, 140, 144, 145, 176, 177, 178, 183, 194, 200, 208, 223, 228, 232, 240, 241, 247, 263, 275 Nr. 2, 292, 296, 303, 319, 321, 360 Nr. 3, 4, 7 und 12, 361 Nr. 6, 363, 366

Nr. 3, 8, 9 und 10, 367 Nr. 5, 8 und 10, 369 und 370 des Strafgesetzbuchs in der durch die Gesetze vom 15. Mai 1871 und 10. Dezember 1871 festgestellten Fassung wer­ den durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen entspre.

chende Bestimmungen ersetzt: (Die abgeänderten §§ sind in der neuen Fassung an betreffender

Stelle im St. G. B. eingeschaltet und mit einem Stern (*) bezeichnet.)

II.

Hinter die §§ 49, 103, 223, 296, 353 und 366

t) Ueber die Entstehungsgeschichte der Novelle vgl. oben S. XII. Literatur: vr. v. Schwarze: Ergänzungen z. d. Kommentare des Deut­ schen St. G.Buchs Heft I. Leipzig 1876. — Meves: Die StrafgesetzNovelle vom 26. Februar 1876. Erlangen 1876. (Palm u. Enke.) *) Zufolge Art. 2. der Reichsversafsung mit dem 14. Tage nach dem Ablauf des Tages der Ausgabe.

Ges., tetr. Abänderung v. Bestimmungen d. St. G. B.

?

des Strafgesetzbuchs werden die folgenden neuen §§ 49a.,

103a., 223a., 296a., 353a. und 366a., hinter die Nr. 8 des §. 361. wird die neue Nr. 9 eingestellt. (Die neuen §§ sind an betreffender Stelle im St. G. B. einge­ schaltet und mit einem Stern (*) bezeichnet.)

III. Bei den Handlungen, welche vor dem Inkraft­ treten dieses Gesetzes begangen sind, wird das Erforderniß des Antrages auf Verfolgung, sowie die Zulässigkeit der

Zurücknahme nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt.

IV. Wo in dem Strafgesetzbuchs der Betrag einer Geldstrafe oder einer Buße in der Thalerwährung ausge­ drückt ist, tritt der entsprechende Betrag in Reichswährung

an die Stelle. Dieser Artikel versteht sich nach Art. 14 § 4. deS Reichsmünz-

gesetzes v. 9./7. 73, und nachdem inzwischen die Reichswährung ein­ geführt ist, für die richterliche Anwendung von selbst.

V. Der Reichskanzler wird ermächtigt, den Text des Strafgesetzbuchs, wie er sich aus den in den Artikeln I., II. und IV. festgestellten Aenderungen der Fassung ergibt, unter Weglassung der §§ 287. und 337. durch das Reichs-

Gesetzblatt bekannt zu machen.*) *) Die Bekanntmachung des neuen Textes ist erfolgt mittels ErlaffeS des Reichskanzlers vom 26. Febr. 1876. (R. G. Bl. S. 39. ff.)

Strafgesetzbuch flir das Deutsche Deich vom 15 Mai 1871.*) Gesetzeskraft im ganzen Reiche mit dem 1. Januar 1872.**) (Vgl. oben S. XII u. XIII.)

Einleitende Bestimmungen. 1.

Eine mit dem Tode, mit Zuchthaus, oder mit Festungshaft von mehr als fünf Jahren bedrohte Handlung ist ein Verbrechen. Eine mit Festungshaft bis zu fünf Jahren, mit Ge­ fängniß oder mit Geldstrafe von mehr als einhundert­ fünfzig Mark bedrohte Handlung ist ein Vergehen. Eine mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundert­ fünfzig Mark bedrohte Handlung ist eine Übertretung. Für die Qualifizirung einer strafbaren Handlung ist im Einzelnen

die schwerste Art (bei Festungshaft

und Geldstrafe daS höchste

Maß) der angedrohten Strafe maßgebend. Zu A. 3 vgl. Bayern Art. 5.

2.

Eine Handlung kann nur dann mit einer Strafe

*) DaS Datum des St. G. B. beruht auf dem Gesetz von diesem Tage (vgl. oben S. XIII). Die durch das Ges. v. 26. Febr. 1876 abgeänderten bez. neu

aufgenommenen §§ gelten vom 20. März 1876 an (s. vorstehend S. 6).

Einleitende Bestimmungen.

9

§§ 3. 4.

belegt werden, wenn diese Strafe gesetzlich bestimmt war,

bevor die Handlung begangen wurde. Bei Verschiedenheit der Gesetze von der Zeit der be­

gangenen Handlung bis zu deren Aburtheilung

ist das

mildeste Gesetz anzuwenden. Zu A. 2 vgl. Bayern Art. 6 und 7. und Sachsen Ges. vom 15./4. 73 §8 39 ff., sowie wegen des Antrages Anm. zu 8 61. und

München Erk. v. 12. Februar 1872. (G. XX. 223.) Wegen deö Antrages vgl. jetzt auch Art. III. des Gesetzes vom

26. Febr. 1876 (s. oben S. 7).

3.t) Die Strafgesetze des Deutschen Reichs finden An­

wendung auf alle im Gebiete desselben begangenen straf­ baren Handlungen, auch wenn der Thäter ein Ausländer ist. Deutsche Konsnlargerichtsbezirke gelten Sinne des § 3; Leipzig 29./6. 77.

*4.

als. deutsches Gebiet im

Entsch. XXII, 398.

Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen

und Vergehen findet in der Regel keine Verfolgung statt. Ausland? vgl. 8 8 und Ausnahmen in 88 102, 298, Seemanns-

ordnung v. 27./12. 72 § 100 u. M. B. § 161, sowie wegen MilitärPersonen allgemein M. B. § 7. Wegen des Gerichtsstandes St.P.O. § 9.

Deutsche Schiffe gelten

als Inland St.P.O. 8 10.

Jedoch kann

den Strafgesetzen des Deutschen

nach

Reichs verfolgt werden: 1) ein Deutscher oder ein Ausländer, welcher im Aus­

lande

eine

hochverrätherische Handlung

Deutsche Reich Münzverbrechen,

gegen

oder einen Bundesstaat, oder als Beamter

das

oder ein

des Deutschen

* A 4 G. v. 26. 2. 76 vgl. oben S. 6.

t) Dgl. Harburger: Der strafrechtl. Begriff „Inland" u. s. w. in v. Holtzendorff u. Brentano Jahrb. 1878 S. 251—295.

Einleitende Bestimmungen.

10

§ 5.

Reichs oder eines Bundesstaats eine Handlung be­

gangen hat,

die nach den Gesetzen

des Deutschen

Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anznsehen ist; Vgl. §§ 80-86, 146, 147, 149, 331 ff. — Daß dar Münz,

verbrechen gegen das Reich oder einen Bundesstaat begangen wird, ist nicht erforderlich.

Motive S. 19.

2) ein Deutscher, welcher im Auslande eine landesverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder eine Beleidigung gegen einen

Bundesfürsten begangen hat; Vgl. §§ 87—93, 94, 95, 98, 99, 146, 147, 149.

3) ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung

begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen

Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie begangen

wurde, mit Strafe bedroht ist. Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Thäter

bei Begehung der Handlung noch war.

nicht Deutscher

In diesem Falle bedarf es jedoch eines An­

trages der zuständigen Behörde des Landes, in wel­ chem die strafbare Handlung begangen worden,

das ausländische Strafgesetz

und

ist anzuwenden, soweit

dieses milder ist. Zu 1 — 3.

Für die Eigenschaft als „Deutscher" ist die Zeit

der Begehung der That — nicht der Strafverfolgung — maß­ gebend. Berlin 20./9. 77.

5.

Im Falle des § 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung aus-

geschlossen, wenn 1) von den Gerichten des

Auslandes über die Hand­

lung rechtskräftig erkannt und

entweder eine Frei-

Einleitende Bestimmungen.

sprechung

erfolgt

oder

die

§§ 6 -9.

11

ausgesprochene Strafe

vollzogen, Vgl. § 37.

2) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach

den Gesetzen des Auslandes verjährt oder die Strafe

erlassen, oder 3) der nach den Gesetzen des Auslandes zur Verfolgbar­

keit der Handlung erforderliche Antrag des Verletzten nicht gestellt worden ist.

6.

Im Auslande begangene Uebertretungen sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist.

7. Eine im Auslande vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Gebiete des Deutschen Reichs abermals eine Verurtheitung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in Anrechnung zu bringen. Vgl. §§ 3, 4 No. 1, 2 und 3.

8. Ausland im Sinne dieses Strafgesetzes ist jedes nicht zum Deutschen Reich gehörige Gebiet. Bayern, Württemberg und Baden galten im ehem. Nord­ deutschen Bundesgebiet (einschl. Süd-Hessen) schon vom 4. Mai 1871,

dem Lage der Rechtskraft des Gesetzes vom 16. April 1871 als In­ land, — dagegen galt das ehem. Nordd. Bundesgebiet in jenen südd. Staaten erst mit dem 1. Januar 1872, dem Tage der Einführung des St. G. B. als Reichsgesetz in jene Staaten, ftrafrechtlich als Inland. Vgl. unten § 244. Deutsche Schiffe St.P.O. § 10.

9.

Ein Deutscher darf einer ausländischen Regierung zur Verfolgung oder Bestrafung nicht überliefert werden. Auslieferungsverträge Seitens des Deutschen Reichs bestehen mit: Amerika v. 16./6. 52 bez. 22./2. 68 (B. G. Bl. 68 S. 231);

Italien v. 31/10. 71 (N. G. Bl. S. 446), u. dazu: Abkom-

Einleitende Bestimmungen.

12

§§ 10

12.

men zwischen Deutschland it. Italien mit der Schweiz v. 25./7. 73 (C. Bl. S. 271 u. Pr. J.M.Bl. V. 15 /1. 78); Großbritannien v. 14./5. 72 (R. G.Bl. S. 229); der Schweiz

v. 24./1. 74 (R. G.Bl. S. 113); Belgien V. 24./12. 74 (R.G.Bl. S. 73); Luxemburgs. 9./S. 76 (R. G. Bl. S.223);

Brasilien v. 17./9. 77 (R.G.Bl. f. 78 S. 293); Schweden und Norwegen v. 19./1. 78 (R. G. Bl. S. 110); Spanien

V. 2./5. 78 (R. G. Bl. S. 213).

10.

Auf Deutsche Militärpersonen finden die allge­

meinen Strafgesetze des Reichs insoweit Anwendung, als

nicht die Militärgesetze ein Anderes bestimmen. Für Militärpersonen gilt im ganzen Reich jetzt daS MiiltärStrafgesetzbuch vom 20. Juni 1872 (R. G. Bl. 173 ff.) — Ueber den Begriff „Militärpersonen" vgl. M. B. § 4 u. das dem M. B. bei­

gegebene Verzeichniß (N. G. Bl. 1872 S. 204). — Wegen der von den StaatS-Anwälten über die Einleitung von Unters, gegen Militär­ pflichtige u. s. w. zu machenden Mittheilungen vgl. Pr. I. M. Erlaß v. 8./12. 77 (Abgedr. bei Hecker.

St.G.B. 1878 S. 191).

11. eines

Kein Mitglied eines Landtags oder einer Kammer zum Reich gehörigen Staats darf außerhalb der

Versammlung, zu welcher das Mitglied gehört, wegen.seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes

gethanen Aeußerung zur Verantwortung gezogen werden.

12. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen eines Landtags oder einer Kammer eines zum Reich ge­ hörigen Staats bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. Zu §§ 11 und 12 vgl. die Art. 30 und 22 der Reichsverfassung.

Strafen.

§§ 13 -16.

13

Erster Theil. Don der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen.

Erster Abschnitt. Strafen.

13.

Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu voll-

strecken. Dgl. St. P. O. §§ 485, 486.

14.

Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünf­ zehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Jahr.

Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. Nach § 19. A. 2 darf die Dauer einer Zuchthausstrafe nur nach vollen Monaten bemessen werden.

15. Die zur Zuchthausstrafe Beurtheilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, insbesondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beaufsichtigten Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden. Zu A. 2 vgl. Pr. Gesetz vom 11. April 1854 Pr. G. S. S.'143.

16. Der Höchstbetrag der Gefängnißstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Vgl. §8 57 5; 74 A. 3.

Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können in einer

Strafen.

14

§§ 17-19.

Gefangenanstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhält­ nisfen angemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Ver­ langen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen.

Eine Beschäftigung

außerhalb der Anstalt (§ 15) ist

nur mit ihrer Zustimmung zulässig. Vgl. f. Preußen: Allg. Verf. des Min. d. I. u. des Just.°Miii.

betr. d. Untersuchungshaft u. den Vollzug der Gefängnißstrafe u. Haft v. 19./2. 76.

17.

(I. M. Bl. S. 38; V.M.Bl. S. 30.)

Die Festungshaft ist eine lebenslängliche ober

eine zeitige.-s-)

Der Höchstbetrag der zeitigen Festungshaft ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Wo das Gesetz die Festungshaft nicht ausdrücklich als

eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. Die Strafe der Festungshaft besteht in Freiheitsent­ ziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Le­ bensweise der Gefangenen; sie wird in Festungen oder in

anderen dazu bestimmten Räumen vollzogen.

18. Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Vgl. §8 77, 78.

Die Strafe der Hast besteht in

einfacher Freiheits­

entziehung.

19. Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zu vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach vollen

t) Vgl. vr. Son tag: Die Festungshaft. Leipzig u. Heidelb. 1872.

Strafen.

Monaten,

15

§§ 20-24.

die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe

nur

nach vollen Tagen bemessen werden. Berechnung der Strafdauer vgl. St. P.O. §§ 492, 493 u. Löwe

S. 150 u. 910; Berechnung der Strafzeit vgl.'St. P. O. § 482 (Unters." Haft nach dem Erkenntniß) u. unten St. G. B. § 60 (Nnters.-Haft vor

dem Erkenntniß).

20. Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann erkannt werden,

wenn festgestellt wird,

befundene Handlung aus

daß die strafbar

einer ehrlosen Gesinnung ent­

sprungen ist. Vgl. §§ 82-86, 88, 89, 94, 96, 98, 100, 105, 106 u. M. B. §§ 2 u. 62.

21. Achtmonatliche Zuchthausstrafe ist einer einjäh­ rigen Gefängnißstrafe, achtmonatliche Gefängnißstrafe einer einjährigen Festungshaft gleich zu achten.

22.

Die Zuchthaus- und Gefängnißstrafe können so­

wohl für die ganze Dauer,

wie für einen Theil der er­

kannten Strafzeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen

werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Ge­ fangenen gesondert gehalten wird.

Die Einzelhaft darf ohne Zustimmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen.

23. Die zu einer längeren Zuchthaus- oder Gefäng­ nißstrafe Verurtheilten können, wenn sie drei Viertheile, mindestens aber Ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden. Dgl. zu 88 23—26 Pr. I. M. V. v. 21/1. 71.

24.

Die vorläufige Entlastung kann bei schlechter

16

§§ 25 -28.

Strafen.

Führung des Entlassenen ober, wenn derselbe den ihm bei der Entlastung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen werden.

Der Widerruf hat die Wirkung, daß die seit der vor­ läufigen Entlassung bis zur Wiedereinlieferung verflossene

Zeit auf die festgesetzte Strafdauer nicht angerechnet wird.

25. Der Beschluß über die vorläufige Entlassung, sowie über einen Widerruf ergeht von der obersten JustizAufsichtsbehörde.

Vor dem Beschluß über die Entlassung

ist die Gefängnißverwaltung zu hören. Die einstweilige Festnahme vorläufig Entlassener kann

aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls von der Polizeibehörde des Orts,

an welchem der Entlaffene sich

verfügt werden.

Der Beschluß über den end­

anfhält,

gültigen Widerruf ist sofort nachzusuchen. Führt die einstweilige Festnahme zu einem Widerrufe,

so gilt dieser als am Tage der Festnahme erfolgt.

26. Ist die festgesetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die Freiheitsstrafe als verbüßt.

27. Der Mindestbetrag der Geldstrafe ist bei Ver­ brechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen Eine Mark.

28. Eine nicht beizutreibende Geldstrafe ist in Ge­ fängniß und, wenn sie wegen einer Uebertretung erkannt worden ist, in Haft umzuwandeln. Vgl. St P. O. §§ 491, 495. Nach dem R. G. v. 1O./6. 69 (Wechselstemp.) § 15, v. 11./6. 70 (Nachdruck) § 24 (und zwar im Falle Les § 7a) findet eine Umwand­ lung v. Geld- in Freiheitsstr. nicht statt.

Strafen. § 29. Ist bei einem Vergehen Geldstrafe

erster Stelle,

17

allein oder an

oder wahlweise neben Hast angedroht, so

kann die Geldstrafe in Haft umgewandelt werden, wenn

die erkannte Strafe nicht den Betrag von sechshundert

Mark und die an ihre Stelle tretende Freiheitsstrafe nicht die Dauer von sechs Wochen übersteigt.

War neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt,

so

ist die an deren Stelle tretende Gefängnißstrafe nach Maßgabe des § 21 in Zuchthausstrafe umzuwandeln.

Der Verurtheilte kann sich durch Erlegung des Straf­ betrages, soweit dieser durch die erstandene Freiheitsstrafe noch nicht getilgt ist, von der letzteren freimachen.

Die von A. 4 abweichende Bestimmung des Gesetzes über daü Post­ wesen des Nordd. Bundes v. 2. Novbr. 1867 § 53, wonach immer der volle Betrag der Geldbuße zu erlegen war, ist in daS Gesetz über daS Postw. des D. Reichs v. 28. Oct. 71 nicht übergegangen. 29.

Bei Umwandlung einer wegen eines Verbrechens

oder Vergehens erkannten Geldstrafe ist der Betrag von

drei bis zu fünfzehn Mark, bei Umwandlung einer wegen einer Uebertretung erkannten Geldstrafe der Betrag von Einer bis zu fünfzehn Mark einer eintägigen Freiheits­

strafe gleich zu achten.

Der Mindestbetrag der an Stelle einer Geldstrafe tre­ tenden Freiheitsstrafe ist Ein Tag, ihr Höchstbetrag bei

Hast sechs Wochen, bei Gefängniß Ein Jahr.

Wenn je­

doch eine neben der Geldstrafe wahlweise angedrohte Frei­

heitsstrafe ihrer Dauer nach den vorgedachten Höchstbetrag nicht erreicht, so darf die an Stelle der Geldstrafe tretende

Freiheitsstrafe den angedrohten Höchstbetrag jener Frei­ heitsstrafe nicht übersteigen.

Vgl. tz 78 A. 2. — VereinSzollgesetz § 162. 'J( lleDtf |. Stnifflf fernes). 10. ','lufl.

2

Strafen.

18

§§ 30—32.

30. Sn ben Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann vollstreckt werden, wenn das Urtheil bei Lebzeiten des Verurtheilten rechtskräftig geworden war. Wegen der Kosten vgl. St. P. O. § 497 A. 2;

Privatkläger

St. P. O. § 433.

31. Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zum Dienste in dem Deutschen Heere und der Kaiserlichen Marine, sowie die dauernde Unfähig­ keit zur Bekleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen zur Folge. Vgl. §§ 33, 35. - M.B. § 42; M. G. § 18; W.O. § 35 1.

Unter öffentlichen Aemtern im Sinne dieses Straf­

gesetzes sind die Advokatur, die Anwaltschaft und das

Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mitbegriffen. Wegen

der

im St. G. B.

gemachten

Unterscheidung zwischen

öffentlichem Amt und Beamten vgl. § 359.

32. Neben der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­ kannt werden,

neben der Gefängnißstrafe nur,

wenn die

Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte ausdrücklich zuläßt oder die Gefängnißstrafe wegen

Annahme mildernder Umstände an Stelle von Zuchthaus­ strafe ausgesprochen wird.

Die Dauer dieses Verlustes beträgt bei zeitiger Zucht­ hausstrafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, bei

Gefängnißstrafe mindestens Ein Sahr und höchstens fünf Jahre. Bei Meineid (§ 161) und schwerer Kuppelei (§ 181) muß auf Verlust der bürgert Ehrenrechte erkannt werden. — Neben Gefängniß«

Strafen.

§§ 33. 34.

19

strafe läßt das St. G. B. diesen Verlust ausdrücklich zu in den §§ 49a., 108, 109, 133, 142, 143, 150, 160, 161, 164, 168, 173, 175, 180, 183, 248, 256, 262, 263, 266, 280, 284, 289, 294, 302, 304, 329, 333, 350. — Bei Versuch vgl. § 45, bei Jugend § 57 5 und Konkurrenz § 76. Die meisten Einführungsgesetze haben die vor Geltung des St. G. B. auf Lebenszeit erkannten oder von Rechtswegen an die

Verurtheilung geknüpften Ehrenstrafen nach Maßgabe deS § 32 auf 10 bez. 5 Jahre herabgesetzt. Vgl. Bayern Art. 46 ff. Für Preußen vgl. den generellen Gnadenerlaß v. 28 Februar 1872. (Pr. G. S. S. 259.) Für Hessen V.O. v. 3./2. 73. (Reg.Bl. S. 33.)

33. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen für den Verurtheilten hervorgegangenen Rechte, ingleichen

den dauernden Verlust der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. Vgl. §§ 81, 83, 84, 87—91, 94, 95. — Wegen Abnahme und Ab­ lieferung der Orden u. Ehrenzeichen Pr. I. M. V. v. 23./4. 75.

34. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bewirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urtheile bestimmten Zeit 1) die Landeskokarde zu tragen; 2) in das Deutsche Heer oder in die Kaiserliche Marine

einzutreten; Vgl. M. B. §§ 31 u. 42.

M. G. § 18.

W. O. I. 28 u. 35.

3) öffentliche Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehren­

zeichen zu erlangen; 4) in öffentlichen Angelegenheiten zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte

auszuüben; 5) Zeuge bei Aufnahmen von Urkunden zu sein;

6) Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Bei­ stand oder Mitglied eines Familienraths zu sein,

es

20

Strafen.

§§ 35—38.

fei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie

handele und die obervormundschaftliche Behörde oder

der Familienrath die Genehmigung ertheile. Vgl. auch wegen Haltens von Lehrlingen u. s. w.. Gew. O.

§§ 106, 150 1, 154.

35. Neben einer Gefängnißstrafe, mit welcher die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt hätte verbunden werden können,

kann auf die Unfähigkeit zur

Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Vgl. auch §§ 128, 129, 331, 339—341, 352—355, 357, 358.

Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffent­

licher Aemter hat den dauernden Verlust der bekleideten Aemter von Rechtswegen zur Folge.

36. Die Wirkung der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt, sowie der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter insbesondere, tritt mit der Rechtskraft

des Urtheils ein; die Zeitdauer wird von dem Tage be­ rechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben welcher jene Ab­

erkennung ausgesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlaffen ist.

37. Ist ein Deutscher im Auslande wegen eines Ver­ brechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach den Gesetzen des Deutschen Reichs den Verlust der bürgerlichen

Ehrenrechte überhaupt oder einzelner bürgerlichen Ehren­

rechte zur Folge hat oder zur Folge haben kann, so ist ein neues Strafverfahren zulässig, um gegen den in diesem Ver­

fahren für schuldig Erklärten auf jene Folge zu erkennen. Vgl. § 5 1 u. 3.

38.

Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch

Strafen.

21

§§ 39. 40.

das Gesetz vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von

Polizei-Aufsicht erkannt werden. Vgl. 88 44 A. 2, 49a., 115, 116, 122, 125, 146, 147,180, 181, 248, 256, 262, 294 und 325, sowie §§ 45, 57 No. 5 und 76.

Die höhere Landespolizeibehörde erhält durch ein solches

Erkenntniß die Befugniß, nach Anhörung der Gefängniß­

verwaltung den Verurtheilten auf die Zeit von höchstens

fünf Jahren unter Polizei-Aufsicht zu stellen. Zuständig ist die Land. Pol. Beh. des Bezirks bez. Bundesstaats, in dem der Verurtheilte Aufenthalt nimmt. Vgl. Beschl. des Bundesraths v. 16./6. 72, §§ 361 No 1 u. 2 u. 362 (Note), sowie Pr. Min. Jnstrukt. v. 12./4. 71. (Pr.J.M.Bl. S.126); Bayern Art. 49—51 u. Min.V.O. v. 25./2. 72. (Reg. Bl. No. 22 u. I. M. Bl. S. 93.) Sachsen V. O. v. 14./12. 70 88 6—9.

Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem

die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlaffen ist. Ueber d. Polizei-Aufsicht vgl. Anh. III. zu den Motiven S. 179—201.

39. Die Polizei-Aufsicht hat folgende Wirkungen: 1) dem Verurtheilten kann der Aufenthalt an einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibe­ hörde untersagt werden; 2) die höhere Landespolizeibehörde ist befugt,

den Aus­

länder aus dem Bundesgebiete zu verweisen;

3) Haussuchungen unterliegen keiner Beschränkung hin­

sichtlich der Zeit, zu welcher sie stattfinden dürfen. Vgl. § 361 No. 1 u. 2 ii. Bundesrathsbeschl. v. 16./6. 72. Wegen Haussuchung, Unters.-Haft vgl. St.P. O. §§ 103, 104, 106, 113.

40. Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Ver­ brechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Be­ gehung eines

vorsätzlichen Verbrechens

oder Vergehens

Strafen.

22

§§ 41. 42.

gebraucht' oder bestimmt sind,

können,

sofern sie dem

Thäter oder einem Theilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen. Für einzelne Uebertretungen gelten besond. Vorschriften. Vgl. §8 152, 295, 360, 367, 369 2. — Die Einziehung muß erfolgen in den

Fällen der §§ 152, 295, 369 2.

41. Wenn der Inhalt einer Schrift, Abbildung oder Darstellung strafbar ist, so ist im Urtheile auszusprechen, daß alle Exemplare,

sowie die zu ihrer Herstellung be-

stimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch

nur auf die im

Besitze des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers

oder Buchhändlers befindlichen und auf die öffentlich aus­ gelegten oder öffentlich angebotenen Exemplare.

Ist nur ein Theil der Schrift, Abbildung oder Dar­

stellung strafbar, so ist, insofern eine Ausscheidung möglich

ist, auszusprechen, daß nur die strafbaren Stellen und der­ jenige Theil der Platten und Formen,

auf welchem sich

diese Stellen befinden, unbrauchbar zu machen sind. Berlin 6/3. 72, 23./4. 74, 20./9. 76 u. 26./9. 78 erachtet das in den §§ 41 it. 42 vorgesehene Verfahren bei Schriften, Abbildungen u. s.w. auch ohne das Vorhandensein einer strafb. Handlung bez. einer ver­

folgbaren Person für zulässig.

(De lege lata bedenklich.) Wegen un­

züchtiger Abbildungen vgl. § 184.

42. Ist in den Fällen der §§ 40 und 41 die Ver­ folgung oder die Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar,

so können die daselbst vorgeschriebenen

Maßnahmen selbständig erkannt werden. Vgl. § 152; St.P.O. §§ 477-479 u. Bayern Art. 110-116; Sachsen §§ 35—40. Vgl. über die Bedeutung des § 42: Rüdorff:

Versuch.

§§ 43. 44.

23

Komm. (2. Aufl.) zu § 42 und § 152. Die Bestimmung ist fakultativ und anzuwenden, wenn die Verfolgung einer bestimmten Person thatsächlich nicht ausführbar, nicht wenn sie auS rechtlichen Gründen z. B. wegen mangelnden Antrags nicht zulässig ist. So: wegen des Antrags Leipzig 18./6. 75 (E. XVIII, 123) und Berlin 23/11. 76; anders bezüglich der Preßerzeugniffe, Abbildungen u. s. w.: Berlin

6-/3. 72, 23/4. 74; München 21./3. 74 (St. III, 279) u. wegen Verjäh­ rung u. s. w. Berlin 20./9. 76 und 26./9. 78. Vgl. Anm. zu § 41 und § 10 deS G. Bett, den Spielkartenstempel v. 3./7. 78 (R. G. Bl. 133).

Zweiter Abschnitt. Versuch.

43.

Wer den Entschluß, ein Verbrechen oder Ver­ gehen zu verüben, durch Handlungen, welche einen Anfang der Ausführung dieses Verbrechens oder Vergehens ent­

halten, bethätigt hat, ist, wenn das beabsichtigte Verbrechen

oder Vergehen nicht zur Vollendung gekommen ist, wegen

Versuches zu bestrafen.

Der Versuch eines Vergehens wird jedoch nur in den Fällen bestraft,

in welchen das Gesetz dies ausdrücklich

bestimmt. Vgl. wegen der vom biSh. Pr. St. G. B. abweichenden Begriffs-. Bestimmung § 46. — Bei folgenden Vergehen ist der Versuch straf­ bar: §§ 107, 120, 141, 148, 150, 160, 169, 240, 242, 246, 253, 263, 289, 303—305, 339, 350, 352. — Der Versuch einer Uebertretung ist straflos.

44. Das versuchte Verbrechen oder Vergehen ist mil­ der zu bestrafen, als das vollendete. Auf den Versuch ist die für die vollendete That maßgebende Straf­ androhung anzuwenden, nur soll er milder bestraft werden, als jene bestraft sein würde. Der unklar gefaßte A. 1 enthält somit nur eine Strafzumeffungsregel, welche in A. 2—4 näher bestimmt wird. Die Versuchsstrafe darf nach A- 4 zwar, aber muß nicht unter

Versuch. §§ 45. 46.

24

den Mindestbetrag hinavgehen, dagegen darf sie nicht den Höchstbetrag der auf die vollendete That angedrohten Strafe erreichen.

Ist das vollendete Verbrechen mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bedroht,

so tritt Zuchthaus­

strafe nicht unter drei Jahren ein, neben welcher auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden kann. Ist das

vollendete

Verbrechen

mit

lebenslänglicher

Festungshaft bedroht, so tritt Festungshaft nicht unter drei

Jahren ein. In den übrigen Fällen kann die Strafe bis auf ein

Viertheil des Mindestbetrages der auf das vollendete Ver­ brechen oder Vergehen angedrohten Freiheits- und Geld­

strafe ermäßigt werden. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter

Einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefängniß zu verwandeln.

45. Wenn neben der Strafe des vollendeten Verbrechens oder Vergehens die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zulässig oder geboten ist,

oder auf Zulässig­

keit von Polizei-Aufsicht erkannt werden kann,

so gilt

Gleiches bei der Versuchsstrafe.

46.

Der Versuch als solcher bleibt straflos, wenn der

Thäter 1) die Ausführung der beabsichtigten Handlung aufgegeben hat, ohne daß er an dieser Ausführung durch Umstände

gehindert worden ist, welche von seinem Willen unab­

hängig waren, oder 2) zu einer Zeit, zu welcher die Handlung noch nicht ent­ deckt war, den Eintritt des zur Vollendung deö Der-

Theilnahme.

§§ 47—49.

25

brechens oder Vergehens gehörigen Erfolges durch eigene Thätigkeit abgewendet hat. Eine BeweiSlast für das Vorhandensein eines der Strafaus­

schließungsgründe trifft den Angeschuldigten nicht. — Vgl. St. P.O. § 295 A. 2 (Nebenfrage).

Dritter Abschnitt. Theilnahme. Unter Theilnehmer begreift das St. G. B. den Mitthäter, An-

fitster und Gehülfen vgl. §§ 47, 54. Begünstigung vgl. § 257. Im Schwurger.-Verfahren sind die Fragen für jeden Theilnehmer be­ sonders zu stellen St. P.O. § 292 A. 3.

47.

Wenn Mehrere eine strafbare Handlung gemein-

schastlich ausführen, so wird Jeder als Thäter bestraft.

48-

Als Anstifter wird bestraft, wer einen Anderen

zu der von demselben begangenen strafbaren Handlung durch Geschenke oder Versprechen,

durch Drohung, durch

Mißbrauch des Ansehens oder der Gewalt, durch absicht­ liche Herbeiführung oder Beförderung eines Irrthums oder

durch andere Mittel vorsätzlich bestimmt hat. Der Anstifter zu jeder strafb. Hdlg. (also auch zu einer Ueber-

tretung) ist strafbar. — Besondere Fälle der Anstiftung vgl. in §§ 111,

85, 110, 159, 160.

Die Strafe des Anstifters ist nach demjenigen Gesetze

festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wisientlich angestistet hat.

49.

Als Gehülfe wird bestraft, wer dem Thäter zur

Begehung des Verbrechens' oder Vergehens durch Rath oder That wisientlich Hülfe geleistet hat. Die Beihülfe zu einer Nebertretung ist straflos.

Die Strafe des Gehülfen ist nach demjenigen Gesetze

26

Theilnahme. § 49a.

festzusetzen, welches auf die Handlung Anwendung findet, zu welcher er wissentlich Hülfe geleistet hat, jedoch nach den über die Bestrafung des Versuches aufgestellten Grund­ sätzen zu ermäßigen. Vgl. eine Ausnahme in § 143. A. 2.

* 49a. t) (L.) Wer einen Anderen zur Begehung eines Verbrechens oder zur Theilnahme an einem Verbrechen auffordert, oder wer eine solche Aufforderung annimmt, wird, soweit nicht das Gesetz eine andere Strafe androht, wenn das Verbrechen mit dem Tode oder mit lebensläng­ licher Zuchthausstrafe bedroht ist, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten, wenn das Verbrechen mit einer geringeren Strafe bedroht ist, mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Die gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher sich zur Begehung eines Verbrechens oder zur Theilnahme an einem Verbrechen erbietet, sowie denjenigen, welcher ein solches Erbieten annimmt. Es wird jedoch das lediglich mündlich ausgedrückte Auffordern oder Erbieten, sowie die Annahme eines sol­ chen nur dann bestraft, wenn die Aufforderung oder das Erbieten an die Gewährung von Vortheilen irgend wel­ cher Art geknüpft worden ist. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und auf Zulässigkeit von Polizei-

aufsicht erkannt werden. Vgl. zu § 49a. das Belgische: Loi contenant des dispositions * K 49a. vgl. G. v. L6./2. 76 Art. II (s. oben S. 7).

t) Neber § 49a: Geyer in v. Holtzend. Handb. IV, S. 143 ff.

Strafausschl.» und MilderungS-Gründe.

§§ 50—52.

27

penales contre les offres ou propositions de commettre certains crimes vom 7. Juli 1875 (Moniteur Beige No. 190); abgedruckt in den Motiven z. Ges. v. 26-/2. 76 Drucks, des Reichst. No. 54 S. 80.

50. Wenn das Gesetz die Strafbarkeit einer Hand­ lung nach den persönlichen Eigenschaften oder Verhältniffen desjenigen, welcher dieselbe begangen hat, erhöht oder vermindert, so sind diese besonderen Thatumstande dem Thäter oder demjenigen Theilnehmer (Mitthäter, An­ stifter, Gehülfe) zuzurechnen, bei welchem sie vorliegen. Vgl. §§ 215, 217, 221. A. 2, 223. A. 2, 340, 341, 343, 348, 349, 350, 351, sowie §§ 57, 157, 158, 244. — Ueber die Stellung von Neben»

fragen im Schwurger.-Verfahren St. P. O. § 295 A. 1.

Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern. Die Strafausschließungsgründe der §§ 51—54, 59 A. 1 werden von der Schuldfrage umfaßt. Nebenfragen über dieselben sind an die Geschw. nicht zu richten St.P.O. §§ 262 u. 295.

51. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter zur Zeit der Begehung der Handlung sich in einem Zustande von Bewußtlosigkeit oder krank­ hafter Störung der Geistesthätigkeit befand, durch welchen seine freie Willensbestimmung ausgeschloffen war. f) Vgl. Anm. zu § 58.

52. Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Thäter durch unwiderstehliche Gewalt oder durch eine Drohung, welche mit einer gegenwärtigen, auf andere Weise nicht abwendbaren Gefahr für Leib oder Leben t) Bruck: Kriminalist. Zurechnungsfähigkeit.

BreSlau 1878.

StrafauSschl.« und Milderungs-Gründe.

28

§§ 53- 55.

seiner selbst oder eines Angehörigen verbunden war,

zu

der Handlung genöthigt worden ist. Als Angehörige im Sinne dieses Strafgesetzes sind anzusehen Verwandte und Verschwägerte auf- und abstei­

gender Linie, Adoptiv- und Pflege-Eltern und -Kinder, Ehe­ gatten, Geschwister und deren Ehegatten, und Verlobte. Abs. 2 bestimmt: wer Angehöriger ist. Vgl. §§ 54, 213, 247, 257, 258, 263. — Verw. auf- und abst. Linie sind eheliche und außer­ eheliche. Verschwägerte auf- und abst. Linie sind Schwiegereltern und -Kinder, und Stiefeltern und -Kinder.

53.

Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden,

wenn die Handlung durch Nothwehr geboten war. Nothwehr ist diejenige Vertheidigung, welche erforder­

lich ist, um einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden.

Die Ueberschreitung der Nothwehr ist nicht

wenn der Thäter in Bestürzung,

strafbar,

Furcht oder Schrecken

über die Grenzen der Vertheidigung hinausgegangen ist.

54.

Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden,

wenn die Handlung

außer dem Falle der Nothwehr in

einem unverschuldeten,

auf andere Weise nicht zu beseiti­

genden Nothstände zur Rettung aus einer gegenwärtigen

Gefahr für Leib oder Leben des Thäters oder eines An­

gehörigen begangen worden ist. Angehörige vgl. § 52 A. 2.

*55.

Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte

Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht

strafrechtlich verfolgt werden. Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der * 8 S5 G. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Strafausschl.- und Milderungs-Gründe.

§§ 56. 57.

29

landcsgesetzlichen Borschriften die zur Besserung und Beauf­ sichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden.

Ins­

besondere kann die Unterbringung in eine Erziehungs- oder

Befferungsanstalt erfolgen,

nachdem durch Beschluß der

Bormundschaftsbehörde die Begehung der Handlung fest­ gestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist. A. 1 findet auch auf die Landesstrafgesetze Anwendung. — A. 2 ist durch das G. v. 26. Febr. 1876 beigefügt. — Vgl. Pr. G. v. 13./3. 78 betr. die Unterbringung verwahrloster Kinder.

56. Ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vol­ lendet hatte, freizusprechen,

eine strafbare Handlung begangen hat,

ist

wenn er bei Begehung derselben die zur

Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht nicht

besaß. Nebenfrage an die Geschworenen St. P.O. § 298.

In dem Urtheile ist zu bestimmen, ob der Angeschul­ digte seiner Familie überwiesen oder in eine Erziehungs­ oder Befferungsanstalt gebracht werden soll.

In der An­

stalt ist er so lange zu behalten, als die der Anstalt vor­

gesetzte Verwaltungsbehörde solches für erforderlich erachtet, jedoch nicht über das vollendete zwanzigste Lebensjahr. Vgl. § 361 9 u. Pr. Forstdiebst.-Ges. v. 15./4. 78 § 2.

57. Wenn ein Angeschuldigter, welcher zu einer Zeit, als er das zwölfte, aber nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hatte, eine strafbare Handlung begangen hat, bei

Begehung derselben die zur Erkenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht besaß, so kommen gegen ihn folgende

Bestimmungen zur Anwendung: 1) ist die Handlung mit dem Tode oder mit lebensläng-

30

StrafauSschl.- und Milderungs-Gründe.

§ 58.

lichem Zuchthaus bedroht, so ist auf Gefängniß von drei bis zu fünfzehn Jahren zu erkennen;

2) ist die Handlung mit lebenslänglicher Festungshaft

bedroht, so ist auf Festungshaft von drei bis zu fünf­ zehn Jahren zu erkennen; 3) ist die Handlung mit Zuchthaus oder mit einer an­

deren Strafart bedroht, so ist die Strafe zwischen dem

gesetzlichen Mindestbetrage der angedrohten Strafart und der Hälfte des Höchstbetrages der angedrohten

Strafe zu bestimmen. Ist die so bestimmte Strafe Zuchthaus,

so tritt

Gefängnißstrafe von gleicher Dauer an ihre Stelle; 4) ist die Handlung ein Vergehen oder eine Uebertretung,

so kann in besonders leichten Fällen auf Verweis er­ kannt werden; Auch die Strafe des Verweises tritt erst mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Ueber die Ertheilung desselben entscheiden die Prozeß­ gesetze. Fehlt eS an solchen, wie z. B. in Preußen, so muß es im richterlichen Ermessen stehen, denselben mündlich oder schriftlich zu er­ theilen. Letzteres bestimmt Einf.V.O. für Els.-Lothr. Art. XII. aus­ drücklich. — § 57 4 gilt nach einzelnen besondern Landesgesetzen nicht

z. B. nach § 10 des Pr. Forstdiebst. G. v. 15./4. 78 (s. oben S. XVI).

5) auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt

oder einzelner bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zu­ lässigkeit von Polizei-Aufsicht ist nicht zu erkennen.

Die Freiheitsstrafe ist in besonderen,

zur Verbüßung

von Strafen jugendlicher Personen bestimmten Anstalten oder Räumen zu vollziehen.

58. Ein Taubstummer, welcher die zur Erkenntniß der Strafbarkeit einer von ihm begangenen Handlung er­ forderliche Einsicht nicht besaß, ist freizusprechen.

Strafausschi.- und MilderungS-Gründe. §§ 59 -61.

31

9?ebenfrage an die Geschworenen St. P. O. § 298. Zu den §§ 51 und 58 wurde vom Reichstag die Resolution gefaßt: „den Bundeskanzler aufzufordern, im Wege einer Vorlage die Regelung eines Verfahrens herbeizuführen, durch welches Personen, die wegen ihres Geisteszustandes oder als Taubstumme für straflos erklärt worden sind, km Falle der Gemeingefährlichkeit einer wirksamen Beaussichtigung überwiesen werden können." St. B. S. 234, Drucks. No. 42.

59. Wenn Jemand bei Begehung einer strafbaren Handlung das Vorhandensein von Thatumständen nicht kannte, welche zum gesetzlichen Thatbestände gehören oder

die Strafbarkeit erhöhen, so sind ihm diese Umstande nicht zuzurechnen. Bei der Bestrafung fahrlässig begangener Handlungen

gilt diese Bestimmung nur insoweit,

als die Unkenntniß

selbst nicht durch Fahrlässigkeit verschuldet ist.

Vergl. Leipzig 20./9. 72. E. VII, S. 141; G. XXI. 102.

60. Eine erlittene Untersuchungshaft kann bei Fäl­ lung des Urtheils auf die erkannte Strafe ganz oder theilweise angerechnet werden.

Die erkannte Strafe ist im Urtheilstenor anzugeben. — Vgl. Bayern Art. 133 ff.

61. t) Eine Handlung, deren Verfolgung nur auf An­ trag eintritt, ist nicht zu verfolgen, wenn der zum Anträge Berechtigte es unterläßt, den Antrag binnen drei Monaten zu stellen.

Diese Frist beginnt mit dem Tage,

seit wel­

chem der zum Anträge Berechtigte von der Handlung und

von der Person des Thäters Kenntniß gehabt hat.

Vgl. oben S. XVIII u. Art. III des Ges. v. 26. Febr. 1876 oben S. 7. Folgende strafb. Handlungen erfordern einen Antrag: §§ 102 bis 104, 123 A. 1, 170, 172, 179, 182, 189, 194-196, 232, 236, 237, 247, t) Vgl. über Antragsdelikte: Fuchs, Reber, Nessel (sämmtl. 1873) u. Dochow in v. Holtzend. Handb. IV. 237 ff.

32

StrafauSschl.- u. Milderungs-Gründe (Antrag). §§ 62—64.

263, 288, 289, 292, 293, 299, 300-303, 370 Nr. 5 u. 6. — Daß Je­ mand die Kenntniß hatte, wird nicht vermuthet. Die frühere Kennt-

niß kann aber bewiesen werden. — Nach St. P.O. § 156 muß der Antrag bei einem Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll, bei einer anderen Be­

hörde schriftlich (wohl auch ein unterschriebenes Protokoll genügend) angebracht werden. (Früher genügte schristl. oder mündl. Form.) Einreichung einer Privatklage (St. P.O. § 414) entspricht der Form. — Das Schriftstück muß bei Gericht, Staatsanwaltschaft oder Polizei­ behörde rechtzeitig eingehen. Vorläufige Festnahme (Verhaftung) ist von der Stellung des Antrags nicht abhängig. St.P.O. § 127.

Bei Mangel des Antrages oder Zurücknahme desselben ist der An­ geklagte nicht freizusprechen, sondern nur daS Verfahren einzustellen;

St. P. O. § 259 u. § 202.

62. Wenn von mehreren zum Anträge Berechtigten einer die dreimonatliche Frist versäumt, so wird hierdurch das Recht der übrigen nicht ausgeschlossen. Vgl. 88 198, 232 A. 2.

63. Der Antrag kann nicht getheilt werden. Das ge­ richtliche Verfahren findet gegen sämmtliche an der Hand­ lung Betheiligte (Thäter und Theilnehmer), sowie gegen den Begünstiger statt,

auch wenn nur gegen eine dieser

Personen auf Bestrafung angetragen worden ist. Begünstiger vgl. § 257. — Ausnahmen von der Regel des § 63

vgl. in 88 247 A. 3, 263 A. 4, 292 A. 2, 303 A. 4.

* 64. Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen und nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urtheils zulässig. Vgl. oben S. XVIII. — Die nach dem früheren § 64 allgemein zu­ lässige Zurücknahme ist durch das G. v. 26. Febr. 76 im St. G. B. für zulässig erklärt nur in den §§ 102, 103, 104, 194, 232, 247, 263, 292, 303 und 370 (Schluß). Vgl. außerdem § 27 des Ges. v. 11./6. 70 betr. das Urheberrecht an Schriftwerken rc. ($R. G. Bl. S. 339.)

* 6 64 ®.

v. 26/2. 76 vgl. oben S. 6.

Strafausschl.« u. Milderungs-Gründe (Verjährg.). §§ 65.66.

ZZ

Die bei der zuständigen Behörde erklärte Zurücknahme deS Antrages kann nicht widerrufen werden. Leipzig 12./9. 73 (Entsch. XI. 114.); Berlin 3./10. 73 (Entsch. LXXI. 327). — Vergleich oder bloßer Ver­

zicht ohne Rücknahme des Antrages gegenüber der Behörde, oder vor Stellung deS Antrages sind unwirksam, sogar der gerichtliche Verzicht.

Berlin 6./11. 73: München 18./5. 72, 21./4. 73. (St. I. 264, II. 310.), Leipzig 13./10. 76. G. XXV, 233. Die Kosten trägt bei der Zurücknahme der Antragsteller St.P.O. § 502. Verschieden von der Zurücknahme deS (auch für die öffentl. Klage erforderlichen) Antrags ist die nach St. P.O. § 431 zulässige Zurücknahme der Privatklage (bei Beleidigungen und Körperver­ letzungen). Letztere kann biS zur Verkündung deS Urtheils 2. Instanz zurückgenommen werden. Ein Widerspruch zwischen St. G. B. u. St. P. O. liegt hierin nicht.

Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine

der vorbezeichneten Personen hat die Einstellung des Ver­ fahrens auch- gegen die anderen zur Folge.

65. Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Anträge auf Be­ strafung berechtigt.

So lange der Verletzte minderjährig ist, hat der gesetz­

liche Vertreter desselben, unabhängig von der eigenen Be-

fugniß des Verletzten, das Recht, den Antrag zu stellen. Bei bevormundeten Geisteskranken und Taubstummen ist der Vormund der zur Stellung des Antrages Berechtigte. Ist der gesetzl. Vertreter selbst der Thäter oder Theilnehmer, oder versäumt er pflichtwidrig den Antrag zu stellen, so ist dem Verletzten ein besonderer Vertreter (Curator) zu bestellen. Die 3monatl. Frist (§ 61) läuft dann vom Tage der Kenntniß des Kurators.

17./2. und 7-/3. 72.

Berlin

(O. XIII, 146, 196.)

66. Durch Verjährung wird die Strafverfolgung und die Strafvollstreckung ausgeschlossen. Ueber die Voraussetzungen der Verjährung entscheiden die Ge­ schworenen nicht.

St. P. O. §§ 262 u. 293.

Rüdorff, Strafgese-buch. 10. Aufl.

34

Strafausschl.» u. Milderungs-Gründe (Verjährg.). §§ 67. 68.

67.

Die Strafverfolgung von Verbrechen verjährt, wenn sie mit dem Tode oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bedroht sind, in zwanzig Jahren; wenn sie im Höchstbetrage mit einer Freiheitsstrafe von einer längeren als zehnjährigen Dauer bedroht sind, in fünfzehn Jahren; wenn sie mit einer geringeren Freiheitsstrafe bedroht

sind, in zehn Jahren. Die Strafverfolgung von Vergehen, die im Höchstbe­ trage mit einer längeren als dreimonatlichen Gefängniß­ strafe bedroht sind, verjährt in fünf Jahren, von anderen Vergehen in drei Jahren. Die Strafverfolgung von Uebertretungen verjährt in drei Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht auf den Zeit­ punkt des eingetretenen Erfolges. Besondere Fristen vgl. Eins. G. § 7; Preßg. §22; Seen,. O. § 100 u. Gew. O. § 145. Bei Unterlassungen beginnt die Verjährung mit dem Aufhören

der Verpflichtung, waS im Einzelfalle zu prüfen ist. Berlin 2./11. 71,

7./10. 73.

68. Jede Handlung des Richters, welche wegen der begangenen That gegen den Thäter gerichtet ist, unterbricht die Verjährung. Die Verjährung einer Uebertretung wird durch die vorläufige polizeil. Straffestsetzung unterbrochen. St. P. O. § 453 Abs. 4; ebenso

durch die Strafbescheide der Verwaltungsbehörden bei Zuwiderhdlgen. geg. d. Vorschr. über öffentl. Abgaben u. Gefälle nach St. P.O. § 459 A. 3. — Bei Wechselstempelhinterziehungen unterbricht jede amt­ liche Handlung. Wechs. St. G. v. 10./6. 69 § 17.

Strafausschl.» u. Milderungs-Gründe (Verjährg.). §§ 69. 70.

35

Die Unterbrechung findet nur rücksichtlich desjenigen statt, auf welchen die Handlung sich bezieht.

Nach der Unterbrechung beginnt eine neue Verjäh­ rung.

69. Ist der Beginn oder die Fortsetzung eines Straf­ verfahrens von einer Vorfrage abhängig, deren Entschei­ dung in einem anderen Verfahren erfolgen muß, so ruht die Verjährung bis zu deffen Beendigung. Vgl. §8 164 A. 2, 172, 191, sowie 171 A. 3.

70. Die Vollstreckung rechtskräftig erkannter Strafen verjährt, wenn 1) auf Tod oder auf lebenslängliches Zuchthaus oder auf lebenslängliche Festungshaft erkannt ist, in dreißig Zähren; *2) auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren; *3) auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungs­ haft von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängniß von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren;

4) auf Festungshaft oder Gefängniß von zwei bis zu fünf Jahren oder auf Geldstrafe von mehr als sechs­ tausend Mark erkannt ist, in zehn Jahren; 5) auf Festungshaft oder Gefängniß bis zu zwei Iahren oder auf Geldstrafe von mehr als einhundert­ fünfzig bis zu sechstausend Mark erkannt ist, in fünf Jahren;

* G 70 2

u. 3 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6. 3*

36

Zusammentreffen mehr, strafb. Hdlgen.

§§ 71—74.

6) auf Hast oder auf Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark erkannt ist, in zwei Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem das Urtheil rechtskräftig geworden ist. Die Nebenfolgen (Verlust der Ehrenrechte, Polizeiaufsicht) verjähren nicht mit der Hauptstrafe. Vgl. §§ 36, 38.

71. Die Vollstreckung einer wegen derselben Hand­ lung neben einer Freiheitsstrafe erkannten Geldstrafe derjährt nicht früher, als die Vollstreckung der Freiheits­ strafe. 72. Jede auf Vollstreckung der Strafe gerichtete Handlung derjenigen Behörde, welcher die Vollstreckung obliegt, sowie die zum Zwecke der Vollstreckung erfolgende Festnahme des Verurtheilten unterbricht die Verjährung. Nach der Unterbrechung der Vollstreckung der Strafe beginnt eine neue Verjährung.

Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen. Vgl. zu diesem Abschnitt oben S. XIX.

73. Wenn eine und dieselbe Handlung mehrere Straf­ gesetze verletzt, so kommt nur dasjenige Gesetz, welches die schwerste Strafe, und bei ungleichen Strafarten dasjenigeGesetz, welches die schwerste Strafart androht, zur Anwendung. Erfordert das eine Strafgesetz einen Antrag, das andere nicht, so ist das erstere nur dann anzuwenden, wenn ein Antrag vorliegt.

Berlin Erk. (Pl.) v. 22./1. 72.

74. Gegen denjenigen, welcher durch mehrere selb­ ständige Handlungen mehrere Verbrechen oder Vergehen,

Zusammentreffen mehr, strafb. Hdlgen.

37

§ 75.

oder dasselbe Verbrechen oder Vergehen mehrmals begangen

und dadurch mehrere zeitige Freiheitsstrafen verwirkt hat,

ist auf eine Gesammtstrafe zu erkennen,

welche in einer

Erhöhung der verwirkten schwersten Strafe besteht. 88 74—76 beziehen sich einmal nur auf Verbrechen und Vergehen (nicht Uebertretungen) und sodann nur auf zeitige Freiheitsstrafen.

Von der Gesammtstrafe bleiben deßhalb: Todesstr.,

Geldstr., Verweis,

Ehrenstr., sowie auch die Haft (vgl. 8 77) ausgeschlossen. —

Die Gesammtstrafe greift auch bei einer späteren Verurtheilung

wegen einer ftüher (vor der 1. Derurth.) begang. That Platz vgl. 8 79.

Bei dem Zusammentreffen ungleichartiger Freiheits­ strafen tritt diese Erhöhung bei der ihrer Art nach schwer­

sten Strafe ein. Das Maß der Gesammtstrafe darf den Betrag der

verwirkten Einzelstrafen nicht erreichen und fünfzehnjäh­

riges Zuchthaus,

zehnjähriges Gefängniß oder fünfzehn­

jährige Festungshaft nicht übersteigen. Nach A. 3 muß der Betrag der (nach Ansicht des Richters) ver­

wirkten Einzelstrafen aus den Urtheilsgründen hervorgehen.

Die

schwerste dieser Strafen (in den Motiven: Ei ns atz strafe genannt)

ist nach A. 1 angemessen zu erhöhen. So: Leipzig 10./9. 77.

XXIII 41.

Entsch.

Dieselben Grundsätze erkennt auch Berlin an; vgl. Erk.

v. 27./2. 72.

Der angedrohte Mindestbetrag

der Strafe deS schwersten Ver­

brechens muß immer überschritten werden.

75. Trifft Festungshaft nur mit Gefängniß zusammen, so ist auf jede dieser Strafarten gesondert zu erkennen. Ist Festungshaft oder Gefängniß mehrfach verwirkt,

so ist hinsichtlich der mehreren Strafen gleicher Art so zu

verfahren, als wenn dieselben allein verwirkt wären. Die Gesammtdauer der Strafen darf in diesen Fällen

fünfzehn Jahre nicht übersteigen.

Zusammentreffen mehr, strafb. Hdlgen. §§ 76—79.

38

76. Die Verurteilung zu einer Gesammtstrafe schließt die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte nicht aus, wenn diese auch nur neben einer der verwirkten Einzel­ strafen zulässig oder geboten ist.

Jngleichen kann neben der Gesammtstrafe auf Zulässig­

keit von Polizei-Aufsicht erkannt werden, wenn dieses auch nur weaen einer der mehreren strafbaren Handlungen statt­

haft ist.

77. Trifft Haft mit einer anderen Freiheitsstrafe zu­ sammen, so ist auf die erstere gesondert zu erkennen. Auf eine mehrfach verwirkte Hast ist ihrem Gesammtbetrage nach, jedoch nicht über die Dauer von drei Mo­

naten zu erkennen.

Vgl. § 18. — A. 1 gilt auch bei dem Vergehen der Beleidigung §8 185, 186.

78. Auf Geldstrafen, welche wegen mehrerer straf­ barer Handlungen allein oder neben einer Freiheitsstrafe verwirkt sind, ist ihrem vollen Betrage nach zu erkennen.

Bei Umwandlung mehrerer Geldstrafen ist der Höchst­ betrag der an die Stelle derselben tretenden Freiheitsstrafe

zwei Jahre Gefängniß und,

wenn die mehreren Geld­

strafen nur wegen Uebertretungen erkannt worden sind,

drei Monate Hast.

Vgl. § 29.

79. Die Vorschriften der §§ 74—78 finden auch An­ wendung, wenn, bevor eine erkannte Strafe verbüßt, ver­ jährt oder erfassen ist, die Verurtheilung wegen einer straf­ baren Handlung erfolgt,

welche vor der stüheren Verur­

theilung begangen war.

St.P. O. § 452: „Ist Jemand durch verschiedene rechtskräftige

Hoch-- und Landesverrath.

tz§ 80. 81.

39

Urtheile zu Strafen verurtheilt worden, und sind dabei die Vorschriften

über die Zuerkennung einer Gesammtstrafe (§ 79 deS St. G. 53.) außer Betracht geblieben, so sind die erkannten Strafen durch eine nachträg­

liche gerichtliche Entscheidung auf eine Gesammtstrafe zurückzuführen."

Vgl. auch daselbst § 494. „Frühere Verurtheilung" setzt nur Verkündung, nicht Rechts­

kraft deS Urtheils voraus.

So (gegen Berlin 11./7. 73) München

1./2. u. 1./3. 73 (St. II, 220, 226); Dresden 4./3. 72, 1./8. 73, 1373. 74 (St. I, 338; III, 87; IV, 108).

Zweiter Theil. von den einzelnen verbrechen, vergehen und UeberIretungen und deren Bestrafung.

Erster Abschnitt. Hochverrath und Landesverrath. Bei Hoch- oder Landesverrath gegen Kaiser und Reich ist nach G.V.

§ 136 das Reichsgericht zuständig.

80. (Sw.) Der Mord und der Versuch des Mordes, welche an dem Kaiser, an dem eigenen Landesherrn, oder während des Aufenthalts in einem Bundesstaate an dem Landesherrn dieses Staats verübt worden sind, werden als Hochverrath mit dem Tode bestraft. Vgl. § 93. — Der § 80. (Antrag v. Kardorff) wurde vom Reichs­

tag am 24./S. 70 mit 128 gegen 107 Stimmen beschlossen.

St. B.

S. 1165. —

81.

(Sw.)

Wer außer den Fällen des § 80 es unter­

nimmt, 1) einen Bundesfürsten zu todten, gefangen zu nehmen,

40

Hoch- und LandeSverrath.

§§ 82. 83.

in Feindes Gewalt zu liefern oder zur Regierung un­ fähig zu machen,

2) die Verfassung des Deutschen Reichs oder eines Bun­ desstaats oder die in demselben bestehende Thronfolge gewaltsam zu ändern,

3) das Bundesgebiet ganz oder theilweise einem fremden

Staate gewaltsam einzuverleiben

oder einen Theil

desselben vom Ganzen loszureißen, oder 4) das Gebiet eines Bundesstaats ganz

oder theilweise

einem anderen Bundesstaate gewaltsam einzuverleiben

oder einen Theil desselben vom Ganzen loszureißen, wird wegen Hochverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus

oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft nicht unter fünf Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der beklei­ deten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wah­ len hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Vgl. § 93. — Zur Verhängung von Zuchthaus bedarf es nach § 20 hier und für die §§ 83-86, 88, 89, 94, 96, 98, 100, 105, 106 der Feststellung der ehrlosen Gesinnung.

82. Als ein Unternehmen, durch welches das Ver­ brechen des Hochverraths vollendet wird, ist jede Hand­ lung anzusehen, durch welche das Vorhaben unmittelbar zur Ausftchrung gebracht werden soll.

83. (Sw.) Haben Mehrere die Ausführung eines hochverrätherischen Unternehmens verabredet, ohne daß es zum Beginn einer nach § 82 strafbaren Handlung gekommen

ist,

so werden dieselben mit Zuchthaus nicht unter fünf

Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.

Hoch- und Landesverrat.

§§ 84—86.

41

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft nicht unter zwei Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der beklei­

deten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wah­ len hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Dgl. § 93.

84.

(Sw.) Die Strafvorschriften des § 83 finden auch gegen denjenigen Anwendung, welcher zur Vorbereitung eines Hochverrats entweder sich mit einer auswärtigen Regierung

einläßt oder die

ihm

von dem Reich oder

einem Bundesstaate anvertraute Macht mißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt. Vgl. § 93.—Auswärtig kann im Gegensatz zu ausländisch (§ 87) auch die Regierung eine- BundeSstaatS sein.

85. (Sw.) Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Dar­

stellungen zur Ausführung einer nach § 82 strafbaren Handlung auffordert, wird mit Zuchthaus bis

zu zehn

Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Dgl. §§ 110, 111 u. Preßges. § 23 3.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft von Einem bis zu fünf Jahren ein. Oeffentltchkeit vgl. zu § 110.

86. (Sw.) Jede andere, ein hochverrätherisches Unter­ nehmen vorbereitende Handlung wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer

bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft von sechs Monaten bis zu drei Jahren ein.

Hoch- und LandeSverrath. §§ 87. 88.

42

87. (Sw.) Ein Deutscher, welcher sich mit einer aus­ ländischen Regierung einläßt, um dieselbe zu einem Kriege gegen das Deutsche Reich zu veranlassen, wird wegen Landesverraths mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren

und,

wenn der Krieg ausgebrochen ist, mit lebensläng,

lichem Zuchthaus bestraft. Vgl. § 91. — Ausländisch (8 8) vgl. 8 84. - Vgl. M.B. §§ 59 ff., 160. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft von sechs Monaten bis zu fünf Jahren und,

wenn

der Krieg ausgebrochen ist, Festungshaft nicht unter fünf

Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der beklei­

deten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wah­

len hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Zu A. 3 vgl. 8 31 A. 2, 35.

* 88. (Sw.)

Ein Deutscher, welcher während eines ge­

gen das Deutsche Reich

ausgebrochenen Krieges in der

feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen

gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt,

wird wegen Landesverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft nicht unter fünf Jahren ein.

Ein

Deutscher,

Kriegsdiensten stand,

welcher

schon

ftüher

in

ftemden

wird, wenn er nach Ausbruch des

Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt oder die

Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundes­ genossen trägt, wegen Landesverraths mit Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher * G vs T. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Hoch- und Landesverrat.

Dauer bestraft.

§§ 89. 90.

43

Sind mildernde Umstände vorhanden, so

tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter,

sowie der aus

öffentlichen Wahlen

hervorgegangenen Rechte erkannt werden.

89. (Sw.) Ein Deutscher, welcher vorsätzlich während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges einer feindlichen Macht Vorschub leistet oder den Truppen

des Deutschen Reichs oder der Bundesgenoffen deffelben

Nachtheil zufügt, wird wegen Landesverraths mit Zuchthaus

bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so

tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein.

Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten

öffentlichen Aemter,

sowie der aus

öffentlichen Wahlen

hervorgegangenen Rechte erkannt werden.

90.

(Sw.) Lebenslängliche Zuchthausstrafe trifft einen welcher vorsätzlich während eines gegen das

Deutschen,

Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges

1) Festungen, Pässe,

besetzte Plätze oder andere Ver­

theidigungsposten, ingleichen Deutsche oder verbündete Truppen

oder

einzelne Offiziere oder Soldaten in

feindliche Gewalt bringt; 2) Festungswerke,

Kriegsmarine,

andere

Schiffe oder andere Fahrzeuge der

Kaffen, Zeughäuser,

Vorräthe

von

Waffen,

Magazine oder

Schießbedarf

oder

anderen Kriegsbedürfniffen in feindliche Gewalt bringt oder dieselben, sowie Brücken und Eisenbahnen zum Vortheile des Feindes zerstört oder unbrauchbar macht;

3) dem Feinde Mannschaften zuführt oder Soldaten des

Hoch- und LandeSverrath.

44

§§ 91. 92.

Deutschen oder verbündeten Heeres verleitet,

zum

Feinde überzugehen;

4) Operationspläne oder Pläne von Festungen oder festen Stellungen dem Feinde mittheilt; 5) dem Feinde als Spion dient oder feindliche Spione

aufnimmt, verbirgt oder ihnen Beistand leistet, oder

6) einen Aufstand unter den Deutschen oder verbündeten Truppen erregt. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungöhast nicht unter fünf Jahren ein.

Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleide­ ten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen

hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Zu §§ 87- 90 vgl. M. B. §§ 57 ff.

91.

Gegen Ausländer ist wegen der in den §§ 87,

89, 90 bezeichneten Handlungen nach dem Kriegsgebrauche

zu verfahren.

(Sw.) Begehen sie aber solche Handlungen, während sie unter dem Schutze des Deutschen Reichs oder eines Bundes­ staats

sich innerhalb des Bundesgebietes aufhalten,

so

kommen die in den §§ 87, 89 und 90 bestimmten Strafen zur Anwendung. Vgl. M. 23. § 160.

92. (Sw.) Wer vorsätzlich 1) Staatsgeheimnisse oder Festungspläne,

oder solche

Urkunden, Aktenstücke oder Nachrichten, von denen er weiß, daß ihre Geheimhaltung einer anderen Regierung

gegenüber für das Wohl des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats erforderlich ist, dieser Regierung

mittheilt oder öffentlich bekannt macht;

Beleidigung des LandeSherrn.

§§ 93. 94.

45

2) zur Gefährdung der Rechte des Deutschen Reichs oder

eines Bundesstaats im Verhältniß zu einer anderen Regierung die über solche Rechte sprechenden Urkun­ den oder Beweismittel vernichtet, verfälscht oder unter­

drückt, oder 3) ein ihm von Seiten des Deutschen Reichs oder von

einem Bundesstaate aufgetragenes Staatsgeschäst mit einer andern Regierung zum Nachtheil dessen führt,

der ihm den Auftrag ertheilt hat, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs-

hast nicht unter sechs Monaten ein.

93. Wenn in den Fällen der §§ 80, 81, 83, 84, 87 bis 92 die Untersuchung eröffnet wird, so kann bis zu deren rechtskräftigen Beendigung das Vermögen, welches der Angeschuldigte besitzt, oder welches ihm später anfällt,

mit Beschlag belegt werden. Ueber das Verfahren vgl. St. P. O. §§ 480 bez. 333—335. — Dem« nach ist d. Beschlagnahme durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen und sind etwaige Verfügungen der Staatskasse gegenüber nichtig.

Zweiter Abschnitt. Beleidigung des Landesherrn.

94.

(Sw.) Wer einer Thätlichkeit gegen den Kaiser, gegen seinen Landesherrn oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate einer Thätlichkeit gegen den Lan­

desherrn dieses Staats sich schuldig macht, wird mit le­ benslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungs-

Beleidigung des Landesherrn.

46

§§ 95. 96.

haft, in minder schweren Fallen mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer

bestraft.

Neben der Festungshaft kann auf Verlust der

bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden. Vgl. § 4 No. 2.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft nicht unter fünf Jahren ein.

* 95. (L.) Wer den Kaiser, seinen Landesherrn oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate deffen Landesherrn beleidigt, wird mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft von zwei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Vgl. § 4 No. 2. u. Preßges. § 23 8.; Berlin 25./10. 78 (Bewußtsein — nicht bloß die Absicht — der Ehrverletzung ist strafbar).

Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der be-

kleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden.

96. (Sw.) Wer einer Thätlichkeit gegen ein Mitglied des landesherrlichen Hauses seines Staats oder gegen den Regenten seines Staats oder während seines Aufenthalts

in einem Bundesstaate einer Thätlichkeit gegen ein Mit­

glied des landesherrlichen Hauses dieses Staats oder gegen

den Regenten dieses Staats sich schuldig macht, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer, in minder schweren Fällen mit Zucht­

haus

bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft von

gleicher Dauer bestraft.

♦ $ 95 ®.

v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Beleidigung von Bundesfnrsten.

§§ 97—100.

47

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft von Einem bis zu fünf Jahren ein.

97. (L.) Wer ein Mitglied des landesherrlichen Hauses seines Staats oder den Regenten seines Staats oder wäh­ rend seines Aufenthalts in einem Bundesstaate ein Mit­ glied des landesherrlichen Hauses dieses Staats oder den Regenten dieses Staats beleidigt, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren oder mit Festungs­ haft von gleicher Dauer bestraft.

Dritter Abschnitt. Beleidigung von Bundesfürsten.

98.

(Sw.) Wer außer dem gatte des § 94 sich einer Thätlichkeit gegen einen Bundesfürsten schuldig macht, wird mit Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Dgl. § 4 No. 2.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ein.

99. (L.) Wer außer dem Falle des § 95 einen Bundes fürsten beleidigt, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Vgl. § 4 No. 2, 185.

Die Verfolgung tritt nur mit Ermächtigung des Be­

leidigten ein.

100. (Sw.) Wer außer dem Falle des § 96 sich einer Thätlichkeit gegen ein Mitglied eines bundesfürstlichen Hauses oder den Regenten eines Bundesstaats schuldig

Befreundete Staaten.

48

§§ 101. 102.

macht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit

Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­

haft von Einem Monat bis zu drei Jahren ein.

101. (L.)

Wer außer dem Falle des § 97 den Re­

genten eines Bundesstaats beleidigt, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu zwei Jahren oder mit Festungs­

haft von gleicher Dauer bestraft. Die Verfolgung tritt nur mit Ermächtigung des Beleidigten ein.

Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten.

* 102. (Sw.)

Ein Deutscher, welcher im Jnlande oder

Auslande, oder ein Ausländer, welcher während seines Auf­ enthalts im Jnlande

gegen einen nicht zum Deutschen

Reich gehörenden Staat oder

Handlung

vornimmt,

die,

dessen Landesherrn

wenn

er

sie

gegen

eine einen

Bundesstaat oder einen Bundesfürsten begangen hätte, nach Vorschrift der §§ 81 bis 86 zu bestrafen sein würde,

wird in den Fällen der §§ 81 bis 84 mit Festungshaft von Einem bis zu zehn Jahren oder, wenn mildernde Um­

stände vorhanden sind, mit Festungshaft von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen der §§ 85 und 86 (L.) mit Festungshaft von Einem Monat bis zu drei Jahren

bestraft,

sofern in dem anderen Staate dem Deutschen

Reich die Gegenseitigkeit verbürgt ist.

• - 108 G. v. 2G./2. 76

Vgl. oven S. 6.

Befreundete Staaten.

§§ 103—104.

49

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zu­ lässig. * 103. (L.) Wer sich gegen den Landesherrn oder den Regenten eines nicht zum Deutschen Reich gehörenden Staats einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Ge­ fängniß von Einer Woche bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft, sofern in diesem Staate dem Deutschen Reich die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zu­ lässig.

* 103a. (L.) Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität eines nicht zum Deutschen Reich gehörenden Staats oder ein Hoheitszeichen eines solchen Staats böswillig weg­ nimmt, zerstört oder beschädigt oder beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. * 104. (L.) Wer sich gegen einen bei dem Reich, einem bundesfürstlichen Hofe oder bei dem Senate einer der freien Hansestädte beglaubigten Gesandten oder Geschäfts­ träger einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefäng­ niß bis zu Einem Jahre oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Beleidigten ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. • OS lO3a u. 104 G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

50

Beeinträchtig, stnntsbürgerl. Rechte.

§§ 105—108.

Fünfter Abschnitt. Verbrechen undVergehen inBeziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte.

105. (Sw.) Wer es unternimmt, den Senat oder die Bürgerschaft einer der freien Hansestädte, eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats aus­ einander zu sprengen, zur Fassung oder Unterlassung von Be­ schlüssen zu nöthigen oder Mitglieder aus ihnen gewaltsam zu entfernen, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft nicht unter Einem Jahre ein. 106. (Sw.) Wer ein Mitglied einer der vorbezeichneten Versammlungen durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, sich an den Ort der Versammlung zu begeben oder zu stimmen, wird mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Vgl. § 339 A. 3.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs­ haft bis zu zwei Jahren ein.

107. (L.) Wer einen Deutschen durch Gewalt, oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu wählen oder zu stimmen, wird mit Gefängniß nicht unter sechs Mo­ naten oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft. Vgl. § 339 A. 3.

Der Versuch ist strafbar.

108.

(L.)

Wer in einer öffentlichen Angelegenheit mit

Widerst, geg. die Staatdßiv. (Aufruhr.) §§ 109.110.

51

der Sammlung von Wahl- oder Stimm-Zetteln oder -Zeichen oder mit der Führung der Beurkundungsverhand­ lung beauftragt, ein unrichtiges Ergebniß der Wahl­ handlung vorsätzlich herbeiführt oder das Ergebniß ver­ fälscht, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu drei Jahren bestraft. Wird die Handlung von Jemand begangen, welcher nicht mit der Sammlung der Zettel oder Zeichen oder einer anderen Verrichtung bei dem Wahlgeschäfte beauf­ tragt ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren ein. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. 109. (L.) Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder verkauft, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt.

110. (L.) Wer öffentlich vor einer Menschenmenge, oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffentliche Ausstellung von Schriften oder anderen Dar­ stellungen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgül­ tige Verordnungen oder gegen die von der Obrigkeit inner­ halb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen auffor­ dert, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Vgl. §§ 85, 111. — Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vgl. Motive zu Abschn. VII. S. 86—88. Ob Oeffentlichkeit vorhanden sei, ist unter Berücksichtigung des Zwecks der Strafbestimmung ledig­ lich nach den thatsächlichen Umständen zu beurtheilen. 4»

52

Widerst, geg. die Staatsgew. (Aufruhr.) §§ 111—113.

111. (L.) Wer auf die vorbezeichnete Weise zur Be­ gehung einer strafbaren Handlung auffordert, ist gleich dem Anstifter zu bestrafen, wenn die Aufforderung die strafbare Handlung oder einen strafbaren Versuch derselben zur Folge gehabt hat. Vgl. § 48.

Ist die Aufforderung ohne Erfolg geblieben, so tritt Geldstrafe bis

zu

sechshundert Mark oder Gefängniß­

strafe bis zu Einem Jahre ein.

Die Strafe darf jedoch,

der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. Vgl. §§. 85, 110 u. Preßges. § 23 3.

112. (L.) Wer eine Person des Soldatenstandes, es sei des Deutschen Heeres oder der Kaiserlichen Marine, auf­

fordert oder anreizt, dem Befehle des Oberen nicht Ge­ horsam zu leisten, wer insbesondere eine Person, welche

zum Beurlaubtenstande gehört, auffordert oder anreizt, der Einberufung zum Dienste nicht zu folgen, wird mit Ge­

fängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Soldatenstand vgl. G. v. 9./11. 67 §§ 6, 7, 15, (B.G.Bl. S. 132); M. B. §§ 4--6 und die Aufzählung in der Beil. z. M. B. (9t. G. Bl. 1872 S. 204). — Milit.-Beamte gehören nicht z. Soldaten­ stand. — Beurlaubtenstand G. v. 9/11. 67 § 15 u. M.G. § 56.

— Gegen Personen des Soldatenstandes selbst kommt das M.B. §§ 99 ff. zur Anwendung.

* 113. (L. bez. A.)

Wer einem Beamten, welcher zur

Vollstreckung von Gesetzen, von Befehlen und Anordnungen

der Verwaltungsbehörden oder von Urtheilen und Ver­

fügungen der Gerichte berufen ist, in der rechtmäßigen Aus­ übung seines Amtes durch Gewalt oder durch Bedrohung

• O 113

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Widerst, geg. die Ltaatsgew. (Aufruhr.) §§ 114.115.

53

mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer einen solchen

Beamten während der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes thätlich angreist, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen

bis zu zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu

eintausend Mark ein. ff) Wegen des inkorrekten Ausdrucks „tritt ein" vgl. oben S. XVII.

Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Hand­

lung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten

zugezogen waren, oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht, oder gegen Mannschaften einer Gemeinde-, Schutz­

oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird. Beamten vgl. § 359.

* 114. (L. bez. A.) Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vor­ nahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe bis zu zwei Jahren ein.

115. (L.) Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung, bei welcher eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen wird, Theil

nimmt, wird wegen Auftuhrs mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten bestraft.

(Sw.)

Die Rädelsführer, sowie diejenigen Aufrührer,

♦ 8 114 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6. t) Hiller: Rechtmäßigkeit der Amtsausübung u. s. w. burg 1873-

Würz­

54

Widerst. geg. die Stnatsgew. (Forstbeamte.) tz§116. 117.

welche eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Hand­ lungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht

erkannt werden.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so

tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein.

116. (L. bez. A.) Straßen

Wird eine auf öffentlichen Wegen, oder Plätzen versammelte Menschenmenge von

dem zuständigen Beamten oder Befehlshaber der bewaff-

neten Macht aufgefordert, sich zu entfernen, so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Aufforderung

sich nicht entfernt, wegen Auflaufs mit Gefängniß bis zu

drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünf­ hundert Mark bestraft. (L. bez. Sw.)

Ist bei einem Auflaufe gegen die Be­

amten oder die bewaffnete Macht mit vereinten Kräften thätlicher Widerstand geleistet oder Gewalt verübt worden,

so treten gegen diejenigen, welche an diesen Handlungen Theil genommen haben, die Strafen des Auftuhrs ein.

* 117. (L. bez. A.) Wer einem Forst- oder Jagdbe­ amten, einem Waldeigenthümer, Forst- oder Jagdberech­ tigten, oder einem von diesen bestellten Aufseher in der

rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes durch

Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Aus­ übung ihres Amtes oder Rechtes thätlich angreift

wird

mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren

bestraft. (L.)

Ist der Widerstand oder der Angriff unter Dro­

hung mit Schießgewehr, Aexten oder anderen gefährlichen * S 112 G. v. 26./S. 76 vgl. oben S. 6.

Widerstand gegen die Staatsgewalt.

§§ 118—121.

55

Werkzeugen erfolgt, oder mit Gewalt an der Person be­ gangen worden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei

Monaten ein. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den

Fällen des Absatz 1 Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre,

in den Fällen des Absatz 2 Gefängnißstrafe nicht unter

Einem Monat ein. Die §§ 117—119 sind unter wesentlichen Abänderungen dem Preu­ ßischen Gesetze über die Strafe der Widersetzlichkeiten bei Forst- und Jagdverbiechen vom 31. März 1837 (Pr. G. S. S. 67) entnommen.

118.

(Sw.)

Ist durch den Widerstand oder den An­

griff eine Körperverletzung dessen, gegen welchen die Hand­

lung begangen ist, verursacht worden, so ist auf Zucht­

haus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng-

nißftrafe nicht unter drei Monaten ein.

119. (Sw.) Wenn eine der in den §§ 117 und 118 bezeichneten Handlungen von Mehreren gemeinschaftlich be­ gangen worden ist, so kann die Strafe bis um die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages, die Gefängnißstrafe jedoch

nichl über fünf Jahre erhöht werden.

120. (L. bez. A.) Wer einen Gefangenen aus der Geftngenanstalt oder aus der Gewalt der bewaffneten Macht, des Beamten oder desjenigen, unter dessen Beauf­

sichtigung, Begleitung oder Bewachung er sich befindet, vorsätzlich befreit oder ihm zur Selbstbefreiung vorsätzlich

behüllich ist, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestra'-t.

Der Versuch ist strafbar. 13t. (L.)

Wer vorsätzlich

einen

Gefangenen,

mit

56

Verletz, öffentl. Ordng. (Hausfriedensbruch) §§ 122. 123.

dessen Beaufsichtigung oder Begleitung er beauftragt ist, ent­ weichen läßt oder dessen Befreiung befördert, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. Vgl. § 347.

(A.) Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert worden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten oder Geldstrafe bis zu dreihundert Mark ein. Vgl. § 347.

122. (L.) Gefangene, welche sich zusammenrotten und mit vereinten Kräften die Anstaltsbeamten oder die mit der Beauftichtigung Beauftragten angreifen, denselben Wider­ stand leisten oder es unternehmen, sie zu Handlungen oder Unterlassungen zu nöthigen, werden wegen Meuterei mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten bestraft. Gleiche Strafe tritt ein, wenn Gefangene sich zu­ sammenrotten und mit vereinten Kräften einen gewalt­ samen Ausbruch unternehmen. (Sw.) Diejenigen Meuterer, welche Gewaltthätigkriten gegen die Anstaltsbeamten oder die mit der Beaufsichtigung Beauftragten verüben, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von PolizeiAufsicht erkannt werden. Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung. Oeffentlichkeit vgl. § HO.

123.

(A.) Wer in die Wohnung, in die Geschäfts­ räume oder in das befriedete Besitzthum eines Anderm oder

Verletzung der öffentl. Ordnung. §§ 124. 125.

57

in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugniß darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird wegen Hausfriedens bruches mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Anttag ein. (L. bez. A.) Ist die Handlung von einer mit Waffen versehenen Person oder von Mehreren gemeinschaftlich be­ gangen worden, so tritt Gefängnißstrafe von Einer Woche bis zu Einem Jahre ein. Vgl. rücksichtlich der Beamten § 342 und § 50. Im Fall deS A. 3 ist (vgl. Motive S. 88) ein Antrag nicht erforderlich.

124. (L.) Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und in der Absicht, Gewaltthättgkeiten gegen Personen oder Sachen mit vereinten Kräften zu begehen, in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das beftiedete Besitzthum eines Anderen oder in abgeschloffene Räume, welche zum öffentlichen Dienst bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, so wird Jeder, welcher an diesen Handlungen Theil nimmt, mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. 125. (L.) Wenn sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet und mit vereinten Kräften gegen Personen oder Sachen Gewaltthätigkeiten begeht, so wird Jeder, welcher an dieser Zusammenrottung Theil nimmt, wegen Landfriedensbruches mit Gefängniß nicht unter drei Mo­ naten bestraft. (Sw.) Die Rädelsführer, sowie diejenigen, welche Ge-

58

Verletzung der öffentlichen Ordnung.

§§ 136—129.

waltthätigkeiten gegen Personen begangen oder Sachen ge­

plündert, vernichtet oder zerstört haben, werden mit Zucht­ haus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässig­

keit von Polizei-Aufsicht erkannt werden.

Sind mildernde

Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein.

126. (L.) Wer durch Androhung eines gemeingefähr­ lichen Verbrechens den öffentlichen Frieden stört, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Vgl. § 241, 254, 306 ff.

127. (L.) Wer unbefugterweise einen bewaffneten Hau­ fen bildet oder befehligt oder eine Mannschaft, von der er weiß, daß sie ohne gesetzliche Befugniß gesammelt ist, mit Waffen oder Kriegsbedürfnissen versieht, wird mit Ge-

fängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Wer sich einem solchen bewaffneten Haufen anschließt,

wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft.

128. (L.) Die Theilnahme an einer Verbindung, deren Dasein, Verfaffung oder Zweck vor der Staatsregierung geheim gehalten werden soll, oder in welcher gegen un­ bekannte Obere Gehorsam

oder gegen bekannte Obere

unbedingter Gehorsam versprochen wird, ist an den Mit­ gliedern mit Gefängniß bis zu sechs Monaten,

an den

Stiftern und Vorstehern der Verbindung mit Gefängniß

von Einem Monat bis zu Einem Jahre zu bestrafen. Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur

Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Vgl. §§ 35, 36.

129.

(L.)

Die Theilnahme an einer Verbindung, zu

Verletzung der öffentl. Ordnung. §§ 130. 130a.

59

deren Zwecken oder Beschäftigungen gehört, Maßregeln der

Verwaltung oder die Vollziehung von Gesetzen durch unge­ setzliche Mittel zu verhindern oder zu entkräften, ist an den Mitgliedern mit Gefängniß bis zu Einem Jahre, an den

Stiftern und Vorstehern der Verbindung mit Gefängniß von drei Monaten bis zu zwei Jahren zu bestrafen.

Gegen Beamte kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Vgl. §§ 35, 36.

130. (L.)

Wer in einer den öffentlichen Frieden ge­

fährdenden Weise verschiedene Klaffen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird

mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Ge­ fängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Vgl. Preßges. § 23 3.

* 130»- (L.)

Ein Geistlicher oder anderer Religions­

diener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Aus­

übung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche oder an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren

Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frie­

den gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.

Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder ande­ ren Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veran-

laffung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke aus­

gibt

oder

verbreitet,

in

welchen

Angelegenheiten

* A 13Oa G. v. 2G./2. 76 vgl. oben S- 6.

des

60

Verletzung der öffentl. Ordnung.

§§ 131-133.

Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörte­ rung gemacht sind § 130a (Absatz 1) ist durch Reichsgesetz betr. die Ergänzung des

St.G.B. f. d. D. R. vom 10./12. 71 ausgenommen (R. G. Bl. S. 442). Das Gesetz wurde in IL Berathung am 25. 11. 71 im Rtg. mit 179

gegen 108 Stimmen, in III. Berathung am 28./11. mit großer Majo­ rität angenommen. Vgl. Drucks. Nr. 103, 114, 127; St. B. S. 463 ff.

516—545, 569—589. — In Els.-Lothr. eingeführt durch Kaiser!. V. O. v. 15./7. 72. (G. Bl. f. E.-L. S. 531.) Absatz 2 ist durch das Gesetz vom 26./2. 76 ausgenommen.

131. (L.) Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, wißend, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich be­ hauptet oder verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungell oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Vgl. § 59. — Ueber §§ 130, 131 vgl. den Exkurs in Anhang V. der Motive S. 221—236.

132. (L.) Wer unbefugt sich mit Ausübung eines öffentlichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. 133. (L.) Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand, welche sich zur amtlichen Auf­ bewahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich über­ geben worden sind, vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft oder beschädigt, wird mit Gefängniß bestraft. Vgl. §§ 303, 348.

Verletzung bet Öffentl. Ordnung.

§§ 134—137.

61

Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen,

so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein; auch

kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

134. (L. bez. A.)

Wer öffentlich angeschlagene Be­

kanntmachungen, Verordnungen, Befehle oder Anzeigen von

Behörden oder Beamten böswillig abreißt, beschädigt oder

verunstaltet, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

* 135. (L.)

Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität

des Reichs oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen

eines Bundesstaats böswillig wegnimmt, zerstört oder be­ schädigt, oder beschimpfenden Unfug daran verübt, wird

mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefäng­

niß bis zu zwei Jahren bestraft.

136. (L. bez. A.) Wer unbefugt ein amtliches Siegel, welches von einer Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Be­ schlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst oder beschä­ digt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen

Verschluß aufhebt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Mo­

naten bestraft.

137. (L. bez. A.) Wer Sachen, welche durch die zu­ ständigen Behörden oder Beamten gepfändet oder in Be­ schlag genommen worden sind, vorsätzlich bei Seite schafft,

zerstört oder in anderer Weise der Verstrickung ganz oder theilweise entzieht, wird mit Gefängniß bis zu Einem

Jahre bestraft. Vgl. §§ 288, 289. eines Grundstücks.

Verstrickung liegt auch in der Sequestration

♦ 8 185 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

62

Verletzung der öffentl. Ordnung.

138. (A.)

§§ 138—140.

Wer als Zeuge, Geschworener oder Schöffe

berufen, eine unwahre Thatsache als Entschuldigung vor­

schützt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Monaten bestraft. Daffelbe gilt von einem

Sachverständigen,

welcher

zum Erscheinen gesetzlich verpflichtet ist.

Die auf das Nichterscheinen gesetzten Ordnungsstrafen werden durch vorstehende Strafbestimmung nicht ausge-

schloffen. Vgl. St.P.O. §§ 50, 69, 75-77; G.V. §§ 56 u. 96; C. -P.O. § 355.

139. (L.)

Wer von

dem Vorhaben eines Hochver-

raths, Landesverrats, Münzverbrechens, Mordes, Raubes,

Menschenraubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens

zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaubhafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon der Behörde oder der durch das Verbrechen be­ drohten Person zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ist,

wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch deffelben begangen worden ist, mit Gefängniß zu bestrafen. Vgl. M.B. §§ 60, 61, 77, 104, 105.

* 140. (L.) Wegen Verletzung der Wehrpflicht wird bestraft: 1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem

Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder

der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militär­ pflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes

aufhält: mit Geldstrafe von

einhundertfunfzig bis

zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre;

Verletzung der öffentl. Ordnung.

§ 140.

63

2) ein Offizier oder im Offizierrange stehender Arzt des Beurlaubtenstandes, welcher ohne Erlaubniß auswan­

dert: mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten;

3) ein jeder Wehrpflichtiger,

welcher nach

öffentlicher

Bekanntmachung einer vom Kaiser für die Zeit eines

Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Widerspruch mit derselben auswandert:

mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt wer­

den kann.

Der Versuch ist strafbar.

Das Vermögen des Angeschuldigten kann, insoweit als

es nach dem Ermessen des Richters zur Deckung der den

Angeschuldigten möglicherweise treffenden höchsten Geld­

strafe und der Kosten des Verfahrens erforderlich ist, mit Beschlag belegt werden. Vgl. § 360 3; G. über die Verpflichtung z. Kriegsdienst v. 9./11. 67 §§ 1, 3, 6, 15; M. B. §§ 64 ff., 81-83; M. G. §§ 10, 27, 28, 33, 57— 60, 67, 69. Deutsche Wehrordnung v. 28./9. 75 (C. Bl. S. 535 ff.

V.M.Bl. 1876 No. 1 Beil.); G. über die Reichs- und Staats-Angehörig?, v. 1./6. 70 und wegen des

Strafprozeß-Verfahren-

St. P. O. §§ 470-476, 480. „Wehrpflichtig" ist jeder Deutsche. (R.V. Art. 57 u. G. v. 9./11. 67 § 1.) Die Wehrpflicht beginnt mit dem -vollendeten 17. und dauert bis z. vollendeten 42. Lebensjahre (WO. I. § 4 3). „Militärpflichtig" d. h. der Aushebung unterworfen ist jeder Wehrpflichtige vom 1. Januar des Kalenderjahres, in welchem er das

20. Lebensjahr vollendet.

(M. G. § 10; W. O. I. § 20.)

„ Beurlaubtenstand" welche Personen? vgl. M. G. § 56. Ausgewanderte, in Nordamerika naturalifirte Deutsche unter­

liegen bei der Rückkehr der Strafe (§ 140 Nr. 1) nicht und sollen etwa erkannte Strafen nnvcllstreckt bleiben. Vertr. zw. Nordd. Bund

64

Verletzung der öffentl. Ordnung.

§§ 141—143.

und d. Vereinigten Staaten von Amerika v. 22./2. 68 Art. 1 u. 3

(B. G. Bl. S. 228). Pr.Min.Verf. v. G./7. 68 (V. M. Bl. S. 200), desgl. zwisch. d. Verein. Staaten und Bayern 26./5. 68, Württem­ berg 27.77. 68, Baden 19./7. 68, Hessen 1./8. 68 vgl. Militärgesetze d. deutsch. Reichs (Amtl. Ausg. Berlin 1877) I. Bd. Abth. II. S. 83 ff. Wegen der Vermögensbeschlagnahme vgl. St. P. O. §§ 480 bez.

425, 426.

141. (L.) Wer einen Deutschen zum Militärdienste einer ausländischen Macht anwirbt oder den Werbern der letzteren zuführt, ingleichen wer einen Deutschen Soldaten vorsätzlich zum Desertiren verleitet oder die Desertion desselben vorsätzlich befördert, wird mit Gefängniß von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. Vgl. M.B. § 69 (Fahnenflucht, Desertion).

142. (L.) Wer sich vorsätzlich durch Selbstverstümme­ lung oder auf andere Weise zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht oder durch einen Anderen untauglich machen läßt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher einen An­ deren auf dessen Verlangen zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht. Vgl. M.B. §§ 81, 82; M.G. § 60 3; W.O. I. 8 36 4; Wehr­ pflicht vgl. § 140 Sinnt.

143. (L.) Wer in der Absicht, sich der Erfüllung der Wehrpflicht ganz oder theilweise zu entziehen, auf Täu­ schung berechnete Mittel anwendet, wird mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden.

Verletzung der öffentl. Ordnung.

§§ 144. 145.

ß5

Dieselbe Strafvorschrist findet auf den Theilnehmer

Anwendung. Vgl. §§ 48, 49; M. B. § 83 u. Sinnt, zu § 142.

*144. (L.)

Wer es sich zum Geschäfte macht,- Deutsche

unter Vorspiegelung falscher Thatsachen

oder wiffentlich

mit unbegründeten Angaben oder durch andere auf Täu­

schung berechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten, wird

mit Gefängniß

von Einem Monat bis zu zwei

Jahren bestraft.

* 145. (L. bez. A.) zur

Verhütung

Wer die vom Kaiser des Zusammenstoßens

der Schiffe

auf See, über das Verhalten der Schiffer nach

einem Zu­

sammenstöße von Schiffen auf See, oder in Betreff der Noth- und Lootsensignale für Schiffe

auf See und auf den Küstengewässern

erlassenen Verordnungen übertritt, wird

mit Geldstrafe

bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. Vgl. hierzu: 1. Die Kaiser!. V. O. zur Verhütung des Zusammenstoßens der

Schiffe auf See v. 23. Decbr. 1871 (R.G.BI. S. 475). 2. Die Kaiser!. V. O. über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See v. 15. Aug. 1875 (R.G'

Bl. S. 189). 3. Noth- und Lootsen-Signalordnung für Schiffe auf See und

auf den Küstengewäffern v. 14. Aug. 1876 (R. G. Bl. S. 187).

• 88 144, 145 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Rüborff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

5

66

Münzverbr. und Münzvergehen.

§§ 146. 147.

Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen.*)

146. (Sw.) Wer inländisches oder ausländisches Metall­ geld oder Papiergeld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen,

oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Verände­ rung an demselben den Schein eines höheren Werths oder

verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das

Ansehen eines noch geltenden gibt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft; auch ist Polizei-Aufsicht

zulässig. Sind mildernde Umstände vorhanden,

so tritt Ge-

fängnißstrafe ein. Vgl. wegen der im Auslande begangenen Münzverbrechen tz 4 No. 1, 2. — Papiergeld vgl. § 149. — Die abweichende Redaktion „auch ist Pol. Aufs, zulässig" bedeutet nichts anderes, als daß auf Zulässigk. v. Pol. Aufs, erkannt werden

kann, vgl. § 38.

147.

(Sw.)

Dieselben Strafbestimmungen finden auf

•) Vgl. Reichsstrafprozeßordnung § 92. — Durch BundeörathSbeschluß vom 24. März 1876 sind auf Grund deS Art. 7 der R. V. Bestimmungen über die Behandlung der bei Reichs- oder Landeskaffen eingehenden gefälschten Reichsmünzen u. ReichSkaffenscheine gegeben. Vgl. wegen der Reichs-Münzen Bek. des Reichsk. v. 9./5. 76 (C.Bl. S. 260) u. Verf. des Pr. J.Min. v. 22-/5. 76 (I. M. Bl. S. 114);

wegen der ReichSkaffenscheine V. v. 6./6. 76 (I. M.Bl. S. 119), sowie Reichsanzeiger 1876 Nr. 234 u. V M.Bl. S. 222. — Wegen der Reichs­

banknoten: V. v. 20./3. 77 (I.M.Bl. S. 54; V.M.Bl. S. 70). — Vgl. außerdem wegen der Behandlung von Falsifikaten für Preußen: Just. D!in. V. v. 22-/9. 55, 31./1. 68, 11/1. 69, 3./7. 78.

Münzverbr. u. Münzvergehen.

§§ 148-150.

67

denjenigen Anwendung, welcher das von ihm auch ohne die vorbezeichnete Absicht nachgemachte oder verfälschte Geld

als echtes in Verkehr bringt, sowie auf denjenigen, welcher ttachgemachtes oder verfälschtes Geld sich verschafft und solches entweder in Verkehr bringt oder zum Zwecke der

Verbreitung aus dem Auslande einführt.

148. (A.) Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bis zu drei Mo­

naten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft.

Der Versuch ist strafbar.

149. Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Bank­ noten, Aktien oder deren Stelle vertretende Znterimsscheine oder Quittungen, sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-,

Gewinnantheils- oder Erneuerungsscheine, welche

von dem Reich, dem Norddeutschen Bunde, einem Bun­ desstaate oder fremden Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Ge­

sellschaft oder Privatperson ausgestellt sind. Wegen gefälschter Reichsbanknoten vgl. oben Note *).

150. (L.) Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metall­ geldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andere Art verringert und als vollgültig in Verkehr bringt, oder wer

solche

verringerte Münzen

gewohnheitsmäßig

oder

im

Einverständniffe mit dem, welcher sie verringert hat, als

vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark,

68

Meineid.

§§ 151-153.

sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt

werden kann. Der Versuch ist strafbar. Vgl. Bek. des Reichskanzlers v. 9./5. 76 (C.Bl. S. 260 u. J.M.Bl. S. 114).

151. (L.) Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleich geachteten Papieren dienliche Formen zum Zwecke eines Münzverbrechens angeschafft oder ange­

fertigt hat, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be­

straft. Vgl. § 360 No. 4.

152. Auf die Einziehung des nachgemachten oder ver­ fälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegen­ stände ist zu erkennen,

auch wenn die Verfolgung oder

Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. Vgl. §§ 40, 42.

Neunter Abschnitt. Meineid.-f) Meineid im Sinne des St.G.B. ist der feste Begriff für die

in den 88 153—155 vorgesehene wissentliche Verletzung deS Eides. Abschn. IX. enthält in den §§ 156—160, 162, 163 auch Vorschriften, welche andere Handlungen als den Meineid betreffen. — Falscher

Eid vgl. § 160.

153. (Sw.) Wer einen ihm zugeschobenen, zurückge­ schobenen oder auferlegten Eid wiffentlich falsch schwört, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft Wegen der Ehrenfolgen hier und in den folgenden 88 vgl. § 161.

t) Literatur: Dr. v. Liszt: Meineid u. falsches Zeugniß.

1876.

Wien

Meineid.

§§ 154. 155.

69

154. (Sw.) Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde wissentlich ein falsches Zeugniß oder ein falsches Gutachten mit einem Eide bekräftigt oder den vor seiner Vernehmung

geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugniß oder

ein falsches Gutachten verletzt. Ist das falsche Zeugniß oder Gutachten in einer Straf­ sache zum Nachtheile eines Angeschuldigten abgegeben und

dieser zum Tode,

zu Zuchthaus

oder zu einer anderen

mehr als fünf Jahre betragenden Freiheitsstrafe vemrtheilt worden,

so tritt Zuchthausstrafe nicht unter drei

Jahren ein. Vgl. C.P.O. §§ 357, 375; St. P. O. §§ 61, 69.

155.

Der Ableistung eines Eides wird gleich geachtet,

wenn 1) ein Mitglied einer Religionsgesellschast, welcher das Gesetz den Gebrauch

gewisser Betheuerungsformeln

an Stelle des Eides gestattet,

der Betheuerungsformel

eine Erklärung unter

seiner Religionsgesellschast

abgibt; Vgl. St. P. O. § 64, C. P. O. § 446.

2) derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachver­

ständiger einen Eid geleistet hat, in gleicher Eigen­ schaft eine Versicherung unter Berufung auf den be­

reits stüher in derselben Angelegenheit geleisteten Eid abgibt, oder ein Sachverständiger, welcher als solcher

ein- für allemal vereidet ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgibt; 3) ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Be­ rufung auf seinen Diensteid abgibt.

Meineid.

70

§§ 156-156.

156. (L.) Wer vor einer zur Abnahme einer Ver­ sicherung an Eidesstatt zuständigen Behörde eine solche Versicherung wissentlich falsch abgibt oder unter Berufung

auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren

bestraft.

157. Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineides (§§ 154, 155) oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig gemacht, so ist die an sich verwirkte Sttafe auf die Hälfte bis ein Viertheil zu ermäßigen, wenn 1) die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Ver­

folgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach

sich ziehen konnte, oder 2) der Aussagende die falsche Aussage zu Gunsten einer Person, rücksichtlich welcher er die Aussage ablehnen

durfte, erstattet hat, ohne über sein Recht, die Aus­

sage ablehnen zu dürfen, belehrt worden zu sein. Wegen der Belehrung vgl. C.P.O. §§ 348, 36; St.P.O. §§51, 57, 72, 76 u. Pr. I. M. V. v. 14./10. 78.

Ist hiernach Zuchthausstrafe unter Einem Jahre ver­

wirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefäng­ nißstrafe zu verwandeln.

158. Gleiche Sttafermäßigung tritt ein, wenn der­ jenige, welcher sich eines Meineides oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig gemacht hat,

bevor

eine Anzeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung

gegen ihn eingeleitet und bevor ein Rechtsnachtheil für einen Anderen aus der falschen Aussage entstanden ist,

Meineid.

§§ 159-161.

71

diese bei derjenigen Behörde, bei welcher er sie abgegeben hat, widerruft.

159. (L.) Wer es unternimmt, einen Anderen zur Begehung eines Meineides zu verleiten, wird mit ZuchtHaus bis zu fünf Jahren, und wer es unternimmt, einen Anderen zur wiflentlichen Abgabe einer falschen Versiche­

rung an Eidesstatt zu verleiten, mit Gefängniß bis zu

Einem Jahre bestraft. Meineid vgl. §§ 153—155, S. auch §§ 48,160 u. Note zu § 160 und 161. G. V. § 73 2.

160. (L.) Wer einen Anderen zur Ableistung eines falschen Eides verleitet, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden kann, und wer einen

Anderen zur Ableistung einer falschen Versicherung an Eidesstatt verleitet,

wird mit Gefängniß bis zu sechs

Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. Falscher Eid d. h. ein thatsächlich unrichtiger Eid. § 160 ist vom Reichstag ausgenommen. Beim „falschen Eide (§ 160)" ist die

Kenntniß der Falschheit nur Seitens deS Verleiters, beim „Meineide (§ 159)" auch Seitens desjenigen, der schwören soll, die Voraussetzung der Strafbarkeit. Vgl. Drucks. 182 No. 28 und St. B. S. 1170 und Dr. Schultze: „Die Verleitung zum falschen Eide". Berlin 1870.

161. Bei jeder Verurtheilung wegen Meineides, mit Ausnahme der Fälle in den §§ 157 und 158, ist aus Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und außerdem aus

die dauernde Unfähigkeit des Verurtheilten, als Zeuge oder

Sachverständiger

eidlich vernommen zu werden, zu er­

kennen. In den Fällen der §§ 156 bis 159 kann neben der

Falsche Anschuldigung.

72

§§ 162-164.

GefLngnißstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Vgl. St.P.O. § 456 2; C. P. O. § 358 2. Auf Verlust der E. und auf Zeugniß-Unfäyigkeit ist im Falle deS A. 1. nothwendig zu erkennen; es gilt jedoch auch hier die Frist

des § 32. von 2—10 I. Vgl. Motive S. 50, 55. Vgl. § 32. A. 1 bezieht sich nur auf den Meineid (einschließl. Versuch und Theilnahme), nicht auf die versuchte Verleitung in § 159. So Berlin 4./11. 76.

162. (L.) Wer vorsätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht bestellten Sicherheit oder dem in einem Offenbarungseide

gegebenen Versprechen zuwiderhandelt,

wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.

163. (L.) Wenn eine der in den §§ 153 bis 156 be­ zeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre ein.

Straflosigkeit tritt ein, wenn der Thäter, bevor eine Anzeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen

ihn eingeleitet und bevor ein Rechtsnachtheil für einen Anderen aus der falschen Aussage entstanden ist, diese bei

derjenigen Behörde,

bei welcher er sie abgegeben hat,

widerruft. Nebenfrage St. P. O. § 295 A. 2.

Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung.f)

164. (L.) Wer bei einer Behörde eine Anzeige macht, durch welche er Jemand wider befferes Wiffen der Be­ gehung einer strafbaren Handlung oder der Verletzung t) Liter.: Dr. v. Liszt: Falsche Aussage.

Gratz 1877.

Vergehen geg. d. Religion.

§§ 165. 166.

73

einer Amtspflicht beschuldigt, wird mit Gefängniß nicht

unter Einem Monat bestraft; auch kann gegen denselben auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

So lange ein in Folge der gemachten Anzeige einge­ leitetes Verfahren anhängig ist, soll mit dem Verfahren und mit der Entscheidung über die falsche Anschuldigung

inne gehalten werden. Vgl. § 69.

165. Wird wegen falscher Anschuldigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugniß zuUlsprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen.

Die Art der Bekannt­

machung, sowie die Frist zu derselben, ist in dem Urtheile

zu bestimmen.

Dem Verletzten ist auf Kosten des Schuldigen eine Ausfertigung des Urtheils zu ertheilen.

Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen.

166. (L.) Wer dadurch, daß er öffentlich in beschimpfen­ den Aeußerungen Gott lästert, ein Aergerniß gibt, oder wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder eine andere mit Korporattonsrechten innerhalb des Bundesgebietes be­

stehende Religionsgesellschaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche beschimpft, ingleichen wer in einer Kirche oder

in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängniß

bis zu drei Jahren bestraft. 8 166 bezieht sich auch auf den Gottesdienst der Altkatholiken. Berlin L4./5. 73, 25./9. 77; Mannheim 16./6. 73; abweichend München 15./9. 73. St. III. 101. (unklar).

74

Verbr. u. Berg, wider d. Personenstand. §§ 167—170.

167. (L.) Wer durch eine Thätlichkeit oder Drohung Jemand hindert, den Gottesdienst einer im Staate be­ stehenden Religionsgesellschast auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Ver­ sammlungen bestimmten Orte durch Erregung von Lärm oder Unordnung den Gottesdienst oder einzelne gottes­ dienstliche Verrichtungen einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert oder stört, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft.

Bestrafung von Beamten vgl. § 339 A. 3. 168. (L.) Wer unbefugt eine Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten Person wegnimmt, ingleichen wer unbefugt ein Grab zerstört oder beschädigt, oder wer an einem Grabe beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Wegnahme von Theilen einer Leiche vgl. § 367 No. 1.

Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand.

169. (L.) Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich verwechselt, oder wer auf andere Weise den Personenstand eines Anderen vorsätzlich verändert oder unterdrückt, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Hand­ lung in gewinnsüchtiger Absicht begangen wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. 170. (L.) Wer bei Eingehung einer Ehe dem anderen

Verbr. u. Berg, wider L. Sittlichkeit.

§§ 171. 172.

75

Theile ein gesetzliches Ehehinderniß arglistig verschweigt, oder wer den anderen Theil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung verleitet, welche den Ge­ täuschten berechtigt, die Gültigkeit der Ehe anzufechten, wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des getäuschten Theils ein.

Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit.

171. (L.) Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe ein­ geht, bevor seine Ehe aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist, ingleichen eine unverheirathete Person, welche mit einem Ehegatten, wissend, daß er verheirathet ist, eine Ehe eingeht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt mit dem Tage, an welchem eine der beiden Ehen aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist. Bestrafung der Religionsdiener u. s w. vgl. § 338; G. V. § 73 2.

172. (L. bez. A.) Der Ehebruch wird, wenn wegen desselben die Ehe geschieden ist, an dem schuldigen Ehe­ gatten, sowie dessen Mitschuldigen mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Vgl. §§ 64 A. 2., 69. — Der Lauf der VerjährungS- wieder

Verbr. u. Berg, wider d. Sittlichkeit. §§ 173. 174.

76

Antrags frist beginnt mit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils bez. nach franz. Recht vom Lage der Verkündung der Scheidung durch den Civilstandsbeamten (code civil art. 264. Berlin 6./11. 73); Dres­ den 29-/8. 73.

(S. Z. XVII 307.)

173.

(L.) Der Beischlaf zwischen Verwandten auf» und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zucht­

haus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängniß

bis zu zwei Jahren bestraft. Der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und ab­

steigender Linie, sowie zwischen Geschwistern wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.

Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie blei­ ben straflos,

wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht

vollendet haben. Verschwägerte sind Schwieger- und Stief-Eltern und -Kinder. — G. V. tz 73 2.

174.

(L.)

Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren werden

bestraft: 1) Vormünder, welche mit ihren Pflegebefohlenen, Adop­

tiv- und Pflegeeltern, welche mit ihren Kindern, Geist­

liche, Lehrer und Erzieher, welche mit ihren minder­ jährigen Schülern oder Zöglingen unzüchtige Hand­ lungen vornehmen;

2) Beamte, die mit Personen, gegen welche sie eine Unter­ suchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an­ vertraut sind, unzüchtige Handlungen vornehmen;

3) Beamte, Aerzte oder andere Medizinalpersonen, welche

in Gefängnissen oder in öffentlichen, zur Pflege von

Verbr. u. Berg, wider d. Sittlichkeit. §§ 175. 176.

77

Kranken, Armen oder anderen Hülflosen bestimmten Anstalten beschäftigt oder eingestellt sind, wenn sie mit den in das Gefängniß oder in die Anstalt auf­

genommenen Personen unzüchtige Handlungen vor­ nehmen.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­

strafe nicht unter sechs Monaten ein.

Zu Nr. 3. Beamte sind hier nicht bloß die im § 359 Genann­ ten, sondern auch andere Angestellte, die amtl. Übersetzung für Els.Lothr. überträgt danach frei, aber richtig „les fonctionnaires, employes, mädecins etc.“ — G.V. H 73 2.

175. (L.) Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit

Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­

kannt werden. „Widernatürliche Unzucht" bezieht sich auf beischlafähnliche Hand­ lungen (sodomia ratione sexus unb rat. generis: Päderastie, Bestia­ lität) und ist eingeschränkter als der Begriff: „unzüchtige Handlungen" in den §§ 174, 176. Berlin 6./11., 28./11. 73, 24./1O. 77; Mannheim 17./2. u. 15./12 77 (St. VIII, 130 ff.; Stuttgart 29./11. 76 (St. VII, 71); c/a: München 19./6. 74; Dresden 22./3. 75 (St. IV, 135, V, 312.

*176.

Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird be­

straft, wer 1) (Sw.) mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frauensperson vornimmt oder dieselbe durch Drohung

mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nöthigt;

2) (Sw.) eine in einem willenlosen oder bewußtlosen Zu-

♦ « 17« G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

78

Berg, wider d. Sittlichkeit.

§§ 177-179.

stände befindliche oder eine geisteskranke Frauensperson

zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, oder 3) (L.) mit Personen unter vierzehn Jahren unzüchtige

Handlungen vornimmt oder dieselben zur Verübung

oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. DaS Erforderniß des Antrages ist durch das Ges. vom 26. Feor. 1876 beseitigt. — Zu Nr. 3 vgl. G. V. § 73 4.

*177. (Sw.) Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nöthigt, oder wer eine Frauens­

person zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, nachdem

er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußt­

losen Zustand versetzt hat.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein. § 177 hebt aus der allgemeinern Bestimmung deS § 176 No. 1. den gemeinrechtlichen Begriff der „Nothzucht" hervor.

Das Erforderniß des Antrages ist durch das Ges. vom 26. Febr. 1876 beseitigt.

*178. (Sw.) Ist durch eine der in den §§ 176 und 177 bezeichneten Handlungen der Tod der verletzten Person verursacht worden,

so

tritt Zuchthausstrafe nicht unter

zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.

179. (L.) Wer eine Frauensperson zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, daß er eine Trauung vor­ spiegelt, oder einen anderen Irrthum in ihr erregt oder

* SS ISS, 1S8

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Berg, wider d. Sittlichkeit.

79

§§ 180. 181.

benutzt, in welchem sie den Beischlaf für einen ehelichen

hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter sechs Monaten ein.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Vgl. G. V. § 73 2.

180. (L.) Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigen­ nutz durch seine Vermittelung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistet,

wird wegen Kuppelei mit Gefängniß bestraft; auch kann

auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zu­

lässigkeit von Polizei Aufsicht erkannt werden. Unzucht im Sinne deS § 180 ist nicht bloß Beischlaf.

Berlin

19./7. 72. (G. XX, 399.)

181. (L.) Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder ge­ wohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn

1) um der Unzucht Vorschub zu leisten,

hinterlistige

Kunstgriffe angewendet worden sind, oder 2) der Schuldige zu den Personen, mit welchen die Unzucht

getrieben worden ist, in dem Verhältniß von Eltern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen

zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht.

Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann auf Zulässig­

keit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. Vgl. G. V. § 73 2.

Wegen deS obligatorischen Ehrverlustes vgl.

Anm. zu § 161. Unter Eltern sind auch Stiefeltern zu verstehen. 8./3. 77.

Berlin

Berg, wider d. Sittlichkeit.

80

§§ 182—134.

182. (L.) Wer ein unbescholtenes Mädchen, welches das sechszehnte Lebensjahr nicht vollendet hat, zum Bei­ schlafe verführt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern oder des Vormundes der Verführten ein.

* 183. (L. bez. A.) Wer durch eine unzüchtige Hand­ lung öffentlich ein Aergerniß gibt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür­ gerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Mündliche Aeußerungen sind an sich keine Handlungen im Sinne

deö § 183. Vgl. hierüber: Berlin 1./5. 77; Stuttgart 29./1. 77 (St. VII., 279) und Rüdorff: Kommentar 2. Aufl. zu § 183.

184. (L. bez. A.) Wer unzüchtige Schriften, Ab­ bildungen oder Darstellungen verkauft, vertheilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Vgl. 88 41, 42 u. Preßg. 8 23 3. Berlin 20./9. 76 erachtet die Einziehung (§§ 41, 42) unzüchtiger

Schriften und Abbildungen auch ohne ein Zuwiderhandeln gegen § 184 für zulässig. (De lege lata bedenklich.)

• s 183

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Beleidigung.

81

§§ 185. 186.

Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung. Beleidigungen — soweit die Verfolgung nur auf Antrag (§§ 194,

197) eintritt — können im Wege der Privatklage verfolgt werden (St. P. O. § 414 u. G. V. § 27 3), wobei mit Ausnahme veS § 196 vorgängiger Sühneversuch nöthig ist (St.P.O. § 420); öffentliche Kläge wird (mit Ausnahme des § 197, nur auf Antrag des Beleidig­

ten § 194 bez. 189) bloß erhoben, wenn ein öffentl. Interesse vorliegt (St. P. O. § 416). Zuständig ist im Falle der Privatklage daö Schöffen­

gericht (G. V. § 27 3), im Fall der öffentlichen Klage das Landgericht, welchem nach G. V. § 75 4 die Ueberweisung an das Schöffengericht überlassen ist.

185. (L. bez. A.) Die Beleidigung wird mit Geld­ strafe bis zu sechshundert Mark oder mit Hast oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung mittels einer Thätlichkeit begangen wird, mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Vgl. 8§ 192-200, 233; G. V. §§ 75 4 u. 27 3. — Ueber die Be­ leidigung Mehrerer durch eine (schriftl. ob. mündl.) Aeußerung vgl. Berlin 4./11. 75, 4./2. 76 (bei Goldt.) und München 13./6. 74 (St. IV., 133) u. 17./3. 77 (St. VII. 78) und Rüdorff, Kommentar 2. Aufl. zu § 185 Nr. 7. Ob mehrere Beleidigungen (oder nur eine) vorliegen,

ist Thatfrage. Liegt nur eine vor, so regelt St. P. O. § 415 die Befugniß der mehreren Verletzten zur Strafverfolgung.

186. (L. bez. A.) Wer in Beziehung auf einen Anderen eine Thatsache behauptet oder verbreitet, welche den­ selben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese That­ sache erweislich wahr ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß Rüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

6

82

Beleidigung.

§§ 187. 188.

bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Geldstrafe bis zu eintau­ sendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vgl. oben §§ 85, 110.

Vgl. §§ 188, 190—200, 233.

187. (L. bez. A.) Wer wider besseres Wissen in Be­ ziehung auf einen Anderen eine unwahre Thatsache be­ hauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meillung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängniß bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleumdung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt, oder auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. Auch Aktien- und Handelsgesellschaften steht wegen verleumderi­

scher Kreditgefährdung eine Klage zu. Berlin 5./4. 77. G. XXV, 218. Vgl. §§ 188, 193, 194-200.

188. In den Fällen der §§ 186 und 187 kann auf Verlangen des Beleidigten, wenn die Beleidigung nach­ theilige Folgen für die Vermögensverhältniffe, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt, neben der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße bis zum Betrage von sechstausend Mark erkannt werden.

Beleidigung.

83

§§ 189—191.

Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus.s) Vgl. § 231 u. G. v. 11/6. 78 (Nachdruck) § 18; G. v. 30./11. 74 (Markenschutz) § 15 und die Gesetze v. 9./L, 10./1., ll./l. 76, § 16, 9

bez. 14. Wegen des Verfahrens vgl. jetzt St. P. O. §§ 443—446.

189. (L. bez. A.) Wer das Andenken eines Verstor­ benen dadurch beschimpft, daß er wider besseres Wissen eine unwahre Thatsache behauptet oder verbreitet, welche

denselben bei seinen Lebzeiten verächtlich zu machen oder

in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ge­ wesen wäre, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten

bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden,

so kann auf

Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der

Kinder oder des Ehegatten des Verstorbenen ein.

190. Ist die behauptete oder verbreitete Thatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurtheilt worden ist.

Der Beweis

der Wahrheit ist dagegen ausgeschloffen, wenn der Be­

leidigte wegen dieser Handlung vor der Behauptung oder

Verbreitung rechtskräftig freigesprochen worden ist.

191. Ist wegen der strafbaren Handlung zum Zwecke der Herbeiführung eines Strafverfahrens bei der Behörde Anzeige gemacht; so ist bis zu dem Beschluffe, daß die

Eröffnung der Untersuchung nicht stattfinde, oder bis zur t) Vgl. Dochow: Die Buße u. s. w. Jena 18751 unb v. Wäch­

ter: Die Buße u. s. w.

Leipzig 1874.

6*

Beleidigung.

84

§§ 192—194.

Beendigung der eingeleiteten Untersuchung mit dem Ver­

fahren und der Entscheidung über die Beleidigung inne

zu halten. Wegen der Verjährung vgl. § 69.

192. Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Thatsache schließt die Bestrafung nach Vor­ schrift des § 185 nicht aus,

wenn das Vorhandensein

einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder

Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

193. Tadelnde Urtheile über wiffenschastliche, künst­ lerische oder gewerbliche Leistungen, ingleichen Aeußerun­ gen, welche zur Ausführung oder Vertheidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung

berechtigter Interessen gemacht

werden, sowie Vorhaltungen und Rügen der Vorgesetzten

gegen ihre Untergebenen, dienstliche Anzeigen oder Urtheile von Seiten eines Beamten und ähnliche Fälle sind nur

insofern strafbar,

als das Vorhandensein einer Beleidi­

gung aus der Form der Aeußerung oder aus den Um­ ständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. Im Falle deS § 187 (Verleumderische Beleidigung) findet der § 193

keine Anwendung. Berlin 18./9. 72, 8./5. 73 und besonders 23./10. 73. (G. XX, 449; XXI, 443,530.) Anders-Dresden 18./7, 73. (St. III, 105.)

*194. Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages (§§ 185 bis 193) ist zulässig. Vgl. §§ 64, 196, 197, 232. Vor dem Ges. vom 26. Febr. 1876 war die Zurücknahme des Antrages in Privatklagesachen bis zum Anfang der UrtheilSvollstreckung zulässig. Die Privatklage wegen Beleidigung kann

• S 194

G. v. 26./2. 76 Vgl. oben S. 6.

Beleidigung. §§ 196-198.

85

nach St. P. O. § 431 bis z. Verkündung des Urtels 2. Instanz zurück­ genommen werden. Vgl. übrigens oben zu § 64. — Die Wiederauf­ nahme einer zurückgenommenen Injurienklage ist unzulässig. St.P.O.

§ 432. — Bedingte oder beschränkte Zurücknahme ist unwirksam. O.T.

7./11. 73. (G. A. XXI, 500.) Vgl. St.P.O. §§414 ff. Nach § 420 St.P.O. ist (für die Privatklage) vorgängig. Sühneverfahren nöthig mit Ausnahme der Fälle des

§ 196.

195. Sind Ehefrauen oder unter väterlicher Gewalt stehende Kinder beleidigt worden, so haben sowohl die Beleidigten, als deren Ehemänner und Väter das Recht,

auf Bestrafung anzutragen. Vgl. § 65.

196. Wenn die Beleidigung gegen eine Behörde, einen Beamten, einen Religionsdiener oder ein Mitglied der bewaffneten Macht,

während sie in der Ausübung

ihres Berufes begriffen sind, oder in Beziehung auf ihren Beruf, begangen ist, so haben außer den unmittelbar Be­

theiligten auch deren amtliche Vorgesetzte das Recht,

den

Strafantrag zu stellen. Beamter? vgl. § 359; St. P. O. § 420.

197. (L.) Eines Antrages bedarf es nicht, wenn die Beleidigung gegen eine gesetzgebende Versammlung des Reichs oder eines Bundesstaats,

oder gegen eine andere

politische Körperschaft begangen worden ist.

Dieselbe darf

jedoch nur mit Ermächtigung der beleidigten Körperschaft

verfolgt werden.

198. Ist bei wechselseitigen Beleidigungen von einem Theile auf Bestrafung angetragen worden, so ist der andere Theil bei Verlust seines Rechts verpflichtet, den Antrag

auf Bestrafung spätestens vor Schluß der Verhandlung

Beleidigung.

86

§§ 199. 200.

in erster Instanz zu stellen, hierzu aber auch dann be­ rechtigt, wenn zu jenem Zeitpunkte die dreimonatliche Frist

bereits abgelaufen ist. Vgl. § 232. — Wechselseitige Beleidigungen sind nicht bloß die auf der Stelle erwiderten (§ 199). Berlin 5./T. 72 — sie

müssen

aber einen that» oder ursächlichen Zusammenhang

Stuttgart 4./11. 73.

(St. III,

11);

haben.

anderS: Berlin 31./10. 73.

(G. XXI, 539.) Nach St.P.O. § 428 ist die Widerklage bis zur Beendigung der Schlußvorträge in I. Instanz zulässig.

199. Wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird, so kann der Richter beide Beleidiger oder einen der­ selben für straffrei erklären. Ueber die Kompensation von Beleidigungen mit leichten Körper­ verletzungen vgl. § 233. — „Auf der Stelle" bezieht sich nicht auf den Ort.

Vgl. Berlin 12./9. 73; Dresden 3./3. 73. St. III, 11.

Wegen der Kosten vgl. St.P.O. § 500.

*200. Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugniß zuzusprechen, die Verur-

theilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen.

Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist

zu derselben ist in dem Urtheile zu bestimmen. Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeit­

schrift,

so ist der verfügende Theil des Urtheils auf An­

trag des Beleidigten durch die öffentlichen Blätter bekannt

zu machen, und zwar wenn möglich durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demselben Theile und mit derselben

Schrift, wie der Abdruck der Beleidigung geschehen.

• 8 300

G. v. 2G./2. 76 vgl. oben S. 6.

Zweikampf.

§§ 201. 202.

87

Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schuldigen eine

Ausfertigung des Urtheils zu ertheilen. A. 1. Diese Befugniß muß ohne Antrag im Urtheilstenor aus­ gesprochen werden. — Die Bekanntmachung erfolgt — abgesehen vom Falle deS Abs. 2 — nicht von AmtSwegen, auch nicht im Falle des § 196. So: Berlin 28./11. 78.

A. 2. Hier bedarf eß der näheren Festsetzung im Urtheil nicht. Der Antrag ist noch im Vollstreckungsverfahren zulässtg. Die Ko st en trägt (vorschußweise) der Antragsteller. AuS öffentl. Fonds (Kriminalfonds) können die Kosten nur, wenn im Falle des § 196 der Strafan­ trag von dem amtl. Vorgesetzten gestellt ist, vorgeschoffen werden. Vgl. auch Preßg. § 11.

A. 3. Die Ausfertigung muß in allen Fällen der (öffentl. oder nicht öffentl.) Beleidigung — ohne Antrag — ertheilt werden. So: Berlin 5./4. 76 in Uebereinstimmung mit dem Pr.St.G.B. von 1851. Eine Abweichung von letzterm ist nicht beabsichtigt. Vgl. auch den I. Entw. (1869) § 173. Die Umstellung deS jetzigen Abs. 3 (im Pr. St. G. B. Abs. 1) erfolgte im II. Entw. aus redaktioneller Rücksicht

auf § 165; anders: München 5./5. 73.

St. II. 321.

Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf. *)

201.

(L.) Die Herausforderung zum Zweikampf mit tödtlichen Waffen, sowie die Annahme einer solchen Herausforderung wird mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bestraft. 202. (L.) Festungshaft von zwei Monaten bis zu zwei Jahren tritt ein, wenn bei der Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Theilen das Leben verlieren •) Die Frage: ob die älteren (Disciplinar-) Gesetze über Duelle der Studirenden neben den Bestimmungen dieses Abschnitts (nach § 2 deS Eins.Ges.) in Kraft geblieben sind, wurde von Berlin 9./11. 72 und 7./2. 73 früher bejaht, ist aber neuerdings verneint. 6./6. 77-

Zweikampf.

88

§§ 203—208.

soll, entweder ausgesprochen ist oder aus der gewählten

Art des Zweikampfs erhellt.

203. (L.) Diejenigen, welche den Auftrag zu einer Herausforderung übernehmen und ausrichten (Kartellträger), werden mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bestraft.

204. Die Strafe der Herausforderung und der An­ nahme derselben, sowie die Strafe der Kartellträger fällt weg, wenn die Parteien den Zweikampf vor dessen Be­ ginn fteiwillig aufgegeben haben. Nebenfrage St. P. O. § 295 A. 2.

205. (L.) Der Zweikampf wird mit Festungshaft von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 206. (Sw.) Wer seinen Gegner im Zweikampf tobtet, wird mit Festungshaft nicht unter zwei Jahren, und wenn der Zweikampf ein solcher war, welcher den Tod des einen von Beiden herbeiführen sollte,

mit Festungshaft nicht

unter drei Jahren bestraft.

207.

Ist eine Tödtung oder Körperverletzung mittels der vereinbarten oder herge­

vorsätzlicher Uebertretung

brachten Regeln des Zweikampfs bewirkt worden, so ist

der Uebertreter, sofern nicht nach den vorhergehenden Be­

stimmungen eine härtere Strafe verwirkt ist,

nach den

allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tödtung

oder der Körperverletzung zu bestrafen.

* 208. (L. bez. Sw.) Hat der Zweikampf ohne Sekun­ danten stattgefunden, so kann die verwirkte Strafe bis um die Hälfte, jedoch nicht über fünfzehn Jahre erhöht werden. # A 308 G. v. L6./2. 76 vgl. oben S. 6.

Verbr. u. Berg, wider daS Leben.

§§ 209—214.

89

209. Kartellträger, welche ernstlich bemüht gewesen sind, den Zweikampf zu verhindern, Sekundanten, sowie zum Zweikampf zugezogene Zeugen, Aerzte und Wund­ ärzte sind straflos.

210. (L.) Wer einen Anderen zum Zweikampf mit einem Dritten absichtlich, insonderheit durch Bezeigung oder Androhung von Verachtung anreizt, wird, falls der Zwei­ kampf stattgefunden hat, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.

Sechszehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben.

211. (Sw.) Wer vorsätzlich einen Menschen tobtet, wird, wenn er die Tödtung mit Ueberlegung ausgeführt hat, wegen Mordes mit dem Tode bestraft. Vgl. 88 216, 217, 80, 44, 49.

212. (Sw.) Wer vorsätzlich einen Menschen tobtet, wird, wenn er die Tödtung nicht mit Ueberlegung ausgeftchrt hat, wegen Todtschlages mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bestraft. Vgl. § 213-215.

213. War der Todtschläger ohne eigene Schuld durch eine ihm oder einem Angehörigen zugefügte Mißhandlung oder schwere Beleidigung von dem Getödteten zum Zorne gereizt und hierdurch auf der Stelle zur That hingerissen worden, oder sind andere mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Angehörige vgl. § 52 91 2.

214.

(Sw.)

Wer bei Unternehmung einer strafbaren

90

Verbr. u. Berg, wider d. Leben.

§§ 215—218.

Handlung, um ein der Ausführung derselben entgegentre­ tendes Hinderniß zu beseitigen oder um sich der Ergreifung auf frischer That zu entziehen, vorsätzlich einen Menschen tobtet, wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Zähren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Vgl. § 212 und wegen deS TheilnehmerS § 50.

215. (Sw.) Der Todtschlag an einem Verwandten aufsteigender Linie wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft.

216. (L.) Ist Jemand durch das ausdrückliche und ernstliche Verlangen des Getödteten zur Tödtung bestimmt worden, so ist auf Gefängniß nicht unter drei Jahren zu erkennen. 217. (Sw.) Eine Mutter, welche ihr uneheliches Kind in oder gleich nach der Geburt vorsätzlich tobtet, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter zwei Jahren ein. Vgl. §§ 211, 212 und wegen deS TheilnehmerS § 50 u. wegen Leichenöffnung St. P. O. § 90.

218. (L.) Eine Schwangere, welche ihre Frucht vor­ sätzlich abtreibt oder im Mutterleibe tobtet, wird mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Dieselben Strafvorschristen finden auf denjenigen An­ wendung, welcher mit Einwilligung der Schwangeren die Mittel zu der Abtreibung oder Tödtung bei ihr ange­ wendet oder ihr beigebracht hat. Vgl. G.V. § 73 2.

Verbr. u. Berg, wider d. Leben.

§§ 219—222.

91

219. (Sw.) Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer einer Schwangeren, welche ihre Frucht abge­ trieben oder getodtet hat, gegen Entgelt die Mittel hierzu verschafft, bei ihr angewendet oder ihr beigebracht hat.

220. (Sw.) Wer die Leibesfrucht einer Schwangeren ohne deren Wiffen oder Willen vorsätzlich abtreibt oder tödtet, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Ist durch die Handlung der Tod der Schwangeren

verursacht worden,

so tritt Zuchthausstrafe nicht unter

zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.

221. (L.) Wer eine wegen jugendlichen Alters, Ge­ brechlichkeit oder Krankheit hülflose Person aussetzt, oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner Obhut steht oder wenn er für die Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme derselben zu sorgen hat, in hülfloser Lage

vor sätzlich verläßt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Wird die Handlung von leiblichen Eltern gegen ihr

Kind begangen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein.

(Sw.)

Ist durch die Handlung eine schwere Körper­

verletzung der ausgesetzten oder verlaßenen Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren und,

wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein. Schwere Körperverletzung vgl. § 224.

222. (L.) Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft.

Wenn der Thäter zu der Aufmerksamkeit, welche er

Körperverletzung.

92

§ 223.

aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet war, so kann die Strafe bis auf fünf Jahre Gefängniß erhöht werden. Vgl. Gew.°O. §§ 120 Abs. 3, 143 ff.

Siebenzehnter Abschnitt. Körperverletzung. Körperverletzungen sind vorsätzliche (§§ 223—229) oder fahr­ lässig e (§ 230). — Daö St. G. B. unterscheidet (bezüglich der vorsätz­ lichen K.): leichte (§ 223 A. 1 u. 2), qualifizirte (§ 223a), schwere (tz 224). — Leichte vorsätzliche und alle fahrläff. K. (mit der im § 232 bestimmten Ausnahme) sind nur auf Antrag zu verfolgen und können im Wege der Privatklage verfolgt werden (St.P.O. §§ 414 ff.);

wobei vorgängiger Sühneversuch nicht erforderlich ist (St.P.O. § 420). Oeffentliche Klage wird bei diesen K. nur erhoben, wenn ein öffent­ liches Jntereffe vorliegt (St. P. O. § 420).

Zuständig ist im Falle der Privatklage das Schöffengericht (G.V. § 27 3), im Falle der öffentl. Klage das Landgericht, welchem für die nur auf Antrag zu verfolgenden K. (§ 232) und für die qualifizirten (§ 223a) die Ueberweisung an das Amtsgericht freisteht. (G.V. § 75 4 u. 5.)

* 223. (L. Lez. A.) Wer vorsätzlich einen Anderen kör­ perlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperverletzung mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark bestraft. Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen. Wegen Buße, Antrages u. s. w. vgl. §§ 231 — 233. Der § 223 Abs. 1 u. 2) umfaßt die „leichten Körperverletzungen" im

Sinne des § 232. Vgl. auch G. V. §§ 27 3 u. 75 4. — Wegen mil­ dernder Umstände im Falle des § 223 Abs. 2 vgl. § 228.

♦ 8 SSL

G. v. 2G./2. 76 s. oben S. 6.

Körperverletzung.

§§ 223a—227.

93

* 223 a. (L. bez. A.) Ist die Körperletzung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen ge­ fährlichen Werkzeuges,

oder mittels

eines hinterlistigen

Ueberfalls, oder von Mehreren gemeinschaftlich, oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, so

tritt Gefängnißstrafe nicht unter zwei Monaten ein. Vgl. § 367 10 u. G. V. § 75 5. — § 223a erfordert keinen An­ trag; vgl. § 232. Berlin 29./5. 77. (O. XVIII, 351.) Wegen mil­ dernder Umstände vgl. § 228.

224. (L.) Hat die Körperverletzung zur Folge, daß der Verletzte ein wichtiges Glied des Körpers, das Seh­ vermögen auf einem oder beiden Augen, das Gehör, die Sprache oder die Zeugungsfähigkeit verliert, oder in er­

heblicher Weise dauernd entstellt wird, oder in Siechthum,

Lähmung oder Geisteskrankheit verfällt, so ist auf Zucht­ haus bis zu fünf Jahren

oder Gefängniß nicht unter

Einem Jahre zu erkennen. Wegen mild. Umstände vgl. § 228 u. wegen Buße § 231. — Der Begriff „schwere Körperverletzung" bestimmt sich im St. G.B. aus § 224. Vgl. §§ 227, 221 A. 3, 229, 239 A. 2 u. s. w.

225. (Sw.) War eine der vorbezeichneten Folgen be­ absichtigt und eingetreten, so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen.

226. (Sw.) Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängniß nicht unter drei Jahren

zu erkennen. Wegen mild. Umstände vgl. § 228 u. wegen Buße 231.

227.

(L.)

* A 333a

Ist durch eine Schlägerei oder durch einen G. v. 26./2. 76 s. oben S. 7.

Körperverletzung.

94

§§ 228. 229.

von Mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht wor­

den, so ist Jeder, welcher sich an der Schlägerei oder dem

Angriffe betheiligt hat, schon wegen dieser Betheiligung mit Gefängniß bis zu drei Jahren zu bestrafen, falls er nicht

ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist. Vgl. § 367 No. 10.

Ist eine der vorbezeichneten Folgen mehreren Ver­

letzungen zuzuschreiben, welche dieselbe nicht einzeln, son­ dern nur durch ihr Zusammentreffen verursacht haben, so

ist Jeder, welchem eine dieser Verletzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen. Vgl. G.V. § 73 2 u. wegen mildernder Umstände vgl. § 228.

* 228.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in

den Fällen des § 223 Absatz 2 und des § 223 a. auf Ge­ fängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu ein­ tausend Mark, in den Fällen der §§ 224 und 227 Absatz 2

auf Gefängniß nicht unter Einem Monat, und im Falle des § 226 auf Gefängniß nicht unter drei Monaten zu erkennen.

229. (Sw.)

Wer vorsätzlich einem Anderen, um dessen

Gesundheit zu beschädigen, Gift oder andere Stoffe bei­ bringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind,

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung

verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter fünf

Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden, auf Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder auf

lebenslängliches Zuchthaus zu erkennen. Schwere Körperverletzung vgl. §§ 224, 227. * s SS8 G. v. 26./2. 76 Vgl. oben S. 6.

Körperverletzung.

§§ 230—232.

95

230. (L. bez. A.) Wer durch Fahrlässigkeit die Kör­ perverletzung eines Anderen verursacht, wird mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Wegen deS erforderl. Antrages u. der Privatklage vgl. § 232.

(L.) War der Thäter zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes oder Gewerbes besonders verpflichtet, so kann die Strafe auf drei Jahre Gefängniß erhöht werden. Vgl. Gew. O. § 143 ff.

231. In allen Fällen der Körperverletzung kann auf Verlangen des Verletzten neben der Strafe auf eine an denselben zu erlegende Buße bis zum Betrage von sechs­ tausend Mark erkannt werden. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. Vgl. § 188. — Vgl. St.P.O §§ 443—446.

Für diese Buße hasten die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner.

*232. Die Verfolgung leichter vorsätzlicher, sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§§ 223. 230) tritt nur auf Antrag ein, insofern nicht die Körperverletzung mit Uebertretung einer Amts-, Berufs- oder Gewerbspflicht begangen worden ist. Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig. Die in den §§ 195, 196 und 198 enthaltenen Vor­ schriften finden auch hier Anwendung. Wegen Gerichtszuständigkeit, Privatklage u. s. w. vgl. ♦ S 332 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

96

Freiheitsberaubung. §§ 233—235.

oben am Eingänge dieses Abschnitts. — Angehörig e vgl. § 52 A. 2. — Bei wechselseitigen Körperverletzungen (vgl. § 198) ist die Erhebung der Widerklage nach § 428 St. P. O. bis z. Beendigung der Schluß­

vorträge in 1. Instanz zulässig. Auf den Fall, wo Körperverletzung und Beleidigung einander gegen­ überstehen, ist der § 198 (anscheinend auS Versehen) nicht ausgedehnt.

Vgl. St.P. O. §§ 414 ff.

233. Wenn leichte Körperverletzungen mit solchen, Beleidigungen mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit ersteren auf der Stelle erwidert werden, so kann der

Richter für beide Angeschuldigte, oder für einen derselben eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt

keine Strafe eintreten lassen. Vgl. § 199; im Falle des § 223a findet keine Aufrechnung statt. Berlin 30./5. 77.

Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit.

234.

(Sw.) Wer sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn in hülfloser Lage

auszusetzen oder in Sklaverei, Leibeigenschaft oder in aus­ wärtige Kriegs- oder Schiffsdienste zu bringen,

wird

wegen Menschenraubes mit Zuchthaus bestraft.

235. (L.) Wer eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt ihren Eltern oder ihrem Vormunde entzieht, wird mit Gefängniß und, (Sw.)' wenn die Hand­ lung in der Absicht geschieht, die Person zum Betteln oder

zu gewinnsüchtigen oder unsittlichen Zwecken oder Beschäf­ tigungen zu gebrauchen, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren

bestraft.

Freiheitsberaubung.

§§ 236—239.

97

236. (Sw.) Wer eine Frauensperson wider ihren Willen durch List, Drohung oder Gewalt entführt, um sie zur Unzucht zu bringen, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn die Entführung begangen wurde, um die Entführte zur Ehe zu bringen, mit Gefängniß bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Vgl. § 238.

237. (L.) Wer eine minderjährige, unverehelichte Frauensperson mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihrer Eltern oder ihres Vormundes, entführt, um sie zur Un­ zucht oder zur Ehe zu bringen, wird mit Gefängniß bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Vgl. § 238.

238. Hat der Entführer die Entführte geheirathet, so findet die Verfolgung nur statt, nachdeln die Ehe für ungültig erklärt worden ist. Vgl. §§ 236, 237, 69.

239. (L.) Wer vorsätzlich und widerrechtlich einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise des Gebrauches der persönlichen Freiheit beraubt, wird mit Gefängniß bestraft. (Sw.)

Wenn die Freiheitsentziehung über eine Woche

gedauert hat, oder wenn eine schwere Körperverletzung des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung ohn die ihm während derselben widerfahrene Behandlung tM ursacht worden ist, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn JaH-

ren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monat ein. (Sw.) Ist der Tod des der Freiheit Beraubten durch die Freiheitsentziehung oder die ihm während derselben Rüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

7

98

Diebstahl und Unterschlagung.

§§ 240--242.

widerfahrene Behandlung verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren zu erkennen. Sind mil­ dernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. *240. (L. bez. A.) Wer einen Anderen widerrechtlich durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen zu einer Handlung, Duldung oder Unter­ lassung nöthigt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft.-s) Der Versuch ist strafbar. Vgl. §§ 114, 126, 241, 253, 254; R. Gen».O. § 153; Bayern Art. 10. — Das Erforderniß des Antrages ist durch Ges. vom 26. Febr.

1876 beseitigt. — Vgl. auch G. V. § 75 14.

* 241. (L. bez. A.) Wer einen Anderen mit der Be­ gehung eines Verbrechens bedroht, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu drei­ hundert Mark bestraft. Vgl. §§ 126, 240, 253, 254. — Das Erforderniß des Antrages ist durch Ges. vom 26. Febr. 1876 beseitigt. — Vgl. auch G. V. § 75 14.

Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung. Wegen Zulässigkeit des Verlustes der Ehrenrechte und der Stellung unter Polizeiaufsicht vgl. § 248. Wegen gewisser leichterer Entwendungen vgl. § 370 2, 5 (u. 6). Die defond. Vorschriften über Forst- und Felddiebstähle vgl. E. G. § 2.

242. (L. bez. A.) Wer eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechts-

* 88 340, 341

G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

t) Vgl. Bruck: Lehre v. d. Verbr. gegen d. Willensfreiheit. lin 1875.

Ber­

Diebstahl und Unterschlagung.

99

§ 243.

widrig zuzueignen, wird wegen Diebstahls mit Gefängniß

bestraft. Der Versuch ist strafbar. Einfacher Diebstahl vgl. § 244;

außerdem §§ 247, 370, 2,

6 (und 6). — Zuständig ist bei einem Werth des Gestohlenen bis zu 25 Mark das Schöffengericht (G. V. § 27 4), sonst das Landgericht und

im Wege der Ueberweisung nach G. V. § 75 6 auch das Schöffengericht.

243. (L.)

Auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren ist zu

erkennen, wenn 1) aus einem zum Gottesdienste bestimmten Gebäude

Gegenstände gestohlen werden, welche dem Gottes­ dienste gewidmet sind;

2) aus einem Gebäude oder umschloffenen Raume mittels

Einbruchs, Einsteigens oder Erbrechens von Behältnisien gestohlen wird; Die Begriffe „Einbruch", „Ein st eigen" sind vom Richter lediglich nach den Umständen des Diebstahls zu beurtheilen.

3) der Diebstahl dadurch bewirkt wird, daß zur Eröff­

nung eines Gebäudes oder der Zugänge eines um­

schlossenen Raumes, oder zur Eröffnung der im Innern befindlichen Thüren oder Behältnisse falsche Schlüssel

oder andere zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmte Werkzeuge angewendet werden; Nachschlüssel, Dietriche.

4) auf einem öffentlichen Wege,

einer Straße,

einem

öffentlichen Platze, einer Wasserstraße oder einer Eien -

bahn, oder in einem Postgebäude oder dem dazu, ge­

hörigen Hostaume,

oder auf einem

Eisenbahnhofe

eine zum Reisegepäck oder zu anderen Gegenständen der Beförderung gehörende Sache mittels Abschnei­

dens oder Ablösens der Befestigungs- oder Verwah1*

Diebstahl und Unterschlagung.

100

§ 244.

rungsmittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge gestohlen wird; 5) der Dieb oder einer der Theilnehmer am Diebstahle

bei Begehung der That Waffen bei sich führt;

6) zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl

verbunden haben, oder Bande, Complot.

7) der Diebstahl zur Nachtzeit in einem bewohnten Ge­

bäude, in welches sich der Thäter in diebischer Absicht

eingeschlichen,

oder in welchem er sich in gleicher

Absicht verborgen hatte, begangen wird, auch wenn

zur Zeit des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht anwesend

sind.

Einem bewohnten Gebäude

werden der zu einem bewohnten Gebäude gehörige

umschlossene Raum und die in einem solchen befind­ lichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche be­ wohnt werden, gleich geachtet. Nachtzeit, d. h. die ortsübliche Nachtschlafenszeit. Dresden 15./9. 71; Jena 27./9. 71 St. I, 179, 284; Mannheim 26./1. 78

St. VIII, 195. — Einschleichen (Verborgenhalten). Gebäude oder umschloff. Raum. Schiff.

Sind mildernde Umstände vorhanden,

Bewohntes

so tritt Ge-

fängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Schwerer Diebstahl vgl. § 244; außerdem vgl. §§ 247, 248, 37Ü/A. — Wegen der Gerichtszuständigkeit G. V. § 73 5.

244.

(L.) Wer im Jnlande*) als Dieb, Räuber oder

♦) Als Inland gilt — auch für die Vergangenheit — daS ganze Reichsgebiet d. h. jeder einzelne Bundesstaat im Gebiet deS ehem.

Diebstahl und Unterschlagung.

§ 245.

101

gleich einem Näuber oder als Hehler bestraft worden ist, darauf abermals eine dieser Handlungen begangen hat, und wegen derselben bestraft worden ist, wird, wenn er einen.einfachen Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim einfachen Diebstahl Gefängnißstrafe nicht unter drei Mo­ naten, beim schweren Diebstahl Gefängnißstrafe nicht un­ ter Einem Jahre ein. Rückfall vgl. §§ 245 249, 252, 255, 258. — Voraussetzung des 8 244 und somit Sache der thatsächlichen Feststellung ist: daß jede

der beiden früheren Strafen (ganz oder theilweise) entweder verbüßt oder erlassen ist. Vgl. § 245 u. Pr.I.M.Bl. 71. S. 162. Ueber die Voraussetzungen des Rückfalls entscheiden die Geschwo­ renen nicht: St. P. O. §§ 262, 293. — Wegen der Gerichtszuständigkeit vgl. G. V. § 73 5. —

245. Die Bestimmungen des § 244 finden Anwen­ dung, auch wenn die ftüheren Strafen nur theilweise verbüßt oder ganz oder theilweise erlassen sind, bleiben jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung des neuen Diebstahls zehn Jahre verflossen sind. Entscheidend ist allein, daß seit der Verbüßung (Erlaß) der letzten

Strafe d. h. seit dem letzten Tage der Strafverbüßung bis zur Begehung

Nordd. Bundes (einschließl. Südhefsen) seit dem 4. Mai 1871, — in Bayern, Württemberg und Baden dagegen erst seit dem 1. Januar 1872. (Vgl. oben zu § 8.) Bei Verfolgung der nach diesen Tagen begangenen Diebstähle kommen alle irgendwo früher in einem daS jetzige Reichsgebiet bildenden Inlands stattgefundenen Vorbestra­ fungen in Betracht.

I, 23).

Berlin 4./7. 73; Dresden 24./4. 71 (St.

102

Diebstahl und Unterschlagung.

§§ 246 247.

des neuen (des zu bestrafenden) Diebstahls 10 Jahre verstossen sind. Sind sie nicht verfloflen, so ist es für die Rückfallsstrafe nur erforder­ lich, daß der Thäter irgend einmal in seinem Leben wegen eines früher

(d. h. vor dem mit der letzten Strafe belegten) begangenen Diebstahls Strafe erlitten (oder erlassen erhallen) hat. Bloß erkannte — d. h. nicht verbüßte oder erlassene — Strafen bleiben außer jedem Be­ tracht. Vgl. Berlin 10./1. u. 13./9. 72, ebenso Stuttgart, Mann­

heim, Wolfenbüttel (St. I. 154, II. 54, 55, 109.) u. Dresden: S. Z. 16. 275. XXV. 59.

Anders allein: Jena 14./11. 72. vgl. Gerichtssaal.

246. (L. bez. A.) Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird wegen Unterschlagung mit Gefängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Gefängniß bis zu fünf Jahren bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden.

Der Versuch ist strafbar. Wegen Unterschl. durch Angehörige vgl. § 247. — Veruntreuungen von Bevollmächtigten an Forderungen rc. der Auftraggeber vgl. § 266 No. 2 und Schlußsatz. — Beamtenunterschlagungen vgl.

§§ 350, 351. A. 1. umfaßt auch den s. g. Funddiebstahl. — Zuständig ist bei einem Werth des Unterschlagenen bis zu 25 Mark

das Schöffengericht (G. V. § 27 5), sonst das Landgericht und im Wege der Verweisung nach G. $. § 75 7 auch das Schöffengericht.

* 247. Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnisse steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutendem Werthe stiehlt oder * 8 347 G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

Raub u. Erpressung.

103

§§ 243. 249.

unterschlägt, ist nur auf Antrag zu verfolgen.

Die Zu­

rücknahme des Antrages ist zulässig. Angehörige vgl. § 52 A. 2.

Zurücknahme des Antrags vgl. § 64.

Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung,

welche von

Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte abstei­ gender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen

begangen worden ist, bleibt straflos. Diese Bestimmungen finden auf Theilnehmer oder Be­ günstiger,

welche nicht in einem der vorbezeichneten per­

sönlichen Verhältnisie stehen, keine Anwendung. Zu Abs. 3 vgl. 8 50 und wegen des Begünstigers § 257.

248.

Neben der wegen Diebstahls oder Unterschlagung

erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte,

und neben der wegen Diebstahls er­

kannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Auf­

sicht erkannt werden.

Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung.-f) Wegen Zulässigkeit deS Verlustes der Ehrenrechte und der Stellung unter Polizei-Aufsicht vgl. § 256.

249. (Sw.) Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Ge­ fahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache

einem Anderen in der Absicht wegnimmt,

sich dieselbe

rechtswidrig zuzueignen, wird wegen Raubes mit Zucht­

haus bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden,

so

tritt Ge­

fängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. t) Vgl. Villnow: Raub, Erpressung u. s. w.

Berlin 1875.

104

Raub u. Erpressung.

§§ 250. 251.

250« (Sw.) Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn 1) der Räuber oder einer der Theilnehmer am Raube

bei Begehung der That Waffen bei sich führt; 2) zu dem Raube Mehrere mitwirken,

welche sich zur

fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl ver­ bunden haben; 3) der Raub auf einem öffentlichen Wege, einer Straße,

einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platze, auf offener See oder einer Wafferstraße begangen wird; Straßenraub.

4) der Raub zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude (§ 243 Nr. 7) begangen wird,

in welches sich

der

Thäter zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls

eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen

hatte, oder 5) der Räuber bereits einmal als Räuber oder gleich

einem Räuber im Jnlande bestraft worden ist.

Die

im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier

Anwendung. Zu No. 5. Rückfall vgl. § 244.

Sind mildernde Umstände vorhanden,

so

tritt Ge­

fängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein.

251. (Sw.) Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus wird der Räuber be­ straft, wenn bei dem Raube ein Mensch gemartert oder

durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körper­ verletzung oder der Tod deffelben verursacht worden ist. Schwere Körperverletzung vgl. § 224.

Raub u. Erpressung.

§§ 252—256.

105

252. (Sw.) Wer, bei einem Diebstahle auf frischer That betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Dro­ hungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitze des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen. 253. (L.) Wer, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Bermögensvortheil zu verschaffen, einen Anderen durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlaffung nöthigt, ist wegen Erpreffung mit Gefängniß nicht unter Einem Monat zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar. Vgl. §8 240, 339.

254. (L.) Wird die Erpreffung durch Bedrohung mit Mord, mit Brandstiftung oder mit Verursachung einer Ueberschwemmung begangen, fünf Jahren zu erkennen.

so ist auf Zuchthaus bis zu

Vgl. §§ 126, 241 u. G. V. § 73 2.

255. (Sw). Wird die Erpreffung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Thäter gleich einem Räuber zu bestrafen. Vgl. §§ 250 5, 252.

256. Neben der wegen Erpreffung erkannten Ge­ fängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte und neben der wegen Raubes oder Erpreffung er­ kannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Auf­ sicht erkannt werden.

Begünstigung u. Hehlerei.

106

§§ 257. 258.

Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei.t) Wegen Zulässigkeit deS Verlustes der Ehrenrechte und der Stellung unter Polizei-Aufsicht vgl. § 262.

257. (L. bez. A.)

Wer nach Begehung eines Ver­

brechens oder Vergehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung

zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit

Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß

bis zu Einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vortheils wegen leistet, mit Gefängniß zu bestrafen.

Die

Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach,

keine

schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte.

Die Begünstigung ist straflos,

wenn

dem

dieselbe

Thäter oder Theilnehmer von einem Angehörigen gewährt

worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. Angehörige vgl. § 52 A. 2. — Zuständig ist nach G. V. § 27 8 das Schöffengericht, wenn auch die Hauptthat vor Letzteres gehört, sonst

Landgericht und tut Wege der Verweisung nach G.V. § 75 8 auch das Schöffengericht.

Die Begünstigung ist als Beihülfe zu bestrafen, wenn

sie vor Begehung der That zugesagt worden ist.

Diese

Bestimmung leidet auch auf Angehörige Anwendung. Beihülfe vgl. § 49.

258

Wer seines Vortheils wegen sich einer Begün­

stigung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Begünstigte t) Lit.: Villnow: Raub, Erpreffung, Begünstigung und Heh­

lerei.

Breslau 1875.

Begünstigung u. Hehlerei.

§§ 259—261.

107

1) (L. bez. A.) einen einfachen Diebstahl oder eine Un­ terschlagung begangen hat, mit Gefängniß, Wegen der Gerichtszuständigkeit vgl. das zu § 257 Bemerkte

u. G. V. § 75 9.

2) (L.) einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein

dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen

hat, mit Zuchthaus bis zu fünf Zähren. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Ge­

fängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Vgl. G. V. § 73 2.

Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung,

wenn der Hehler ein Angehöriger ist. Hehlerei i. e. S.

259. (A. bez L.) Wer seines Vortheils wegen Sachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt

sind, verheimlicht, ankaust, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt oder zu deren Absätze bei Anderen mitwirkt, wird als Hehler mit Gefängniß bestraft. Partirerei — kann auch bei Uebertretungen („strafbare Handlung") stattfinden. — Wegen der Gerichtszuständigkeit vgl. das zu § 257 Bemerkte und G. V. § 75 9.

260. (L.) Wer die Hehlerei gewerbs- oder gewohn­ heitsmäßig betreibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jah­ ren bestraft. Hehlerei vgl. §§ 258, 259 u. wegen Zuständigkeit G.V. § 73 6.

261. Wer im Jnlande wegen Hehlerei einmal und wegen darauf begangener Hehlerei zum zweiten Male be­ straft worden ist, wird, wenn sich die abermals begangene Hehlerei auf einen schweren Diebstahl,

einen Raub oder

108

Begünstigung u. Hehlerei. § 262. Betrug. § 263.

ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen bezieht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein. Rückfall Vgl. §§ 243 und 244, 249, 252, 255.

Bezieht sich die Hehlerei auf eine andere strafbare Handlung, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Die in dem § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. Wegen der Gerichtszuständigkeit vgl. § 73 6.

262. Neben der wegen Hehlerei erkannten Gefäng­ nißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei auf Zu­ lässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden.

Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue.

* 263. (L. bez. A.) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu ver­ schaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Thatsachen einen Irrthum erregt oder unterhält, wird wegen Betruges mit Gefängniß be­ straft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er­ kannt werden kann. • S 363 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Betrug u. Untreue.

§§ 264. 265.

109

Sind mildernde Umstande vorhanden, so kann aus­ schließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. Angehörige vgl. § 52 A. 2; außerdem vgl. § 247 A. 3 DaS Er» forderniß des Antrages bei solchen Betrügern, die sich in Lohn oder Kost des Betrogenen befinden, ist durch das Gesetz v. 26. Febr. 1876

beseitigt. Zuständig ist bei einer Beschädigung bis zu 25 Mark das Schöffen» gericht (G. V. § 27 6), sonst das Landgericht u. im Wege der Verwei­ sung nach § 75 10 auch das Schöffengericht.

264. (L.) Wer im Inlands wegen Betruges einmal und wegen darauf begangenen Betruges zum zweiten Male bestraft worden ist, wird wegen abermals begangenen Be­ truges mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher zu­ gleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. Die im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. Rückfall und wegen der Gerichtszuständigkeit G.V. § 73 7.

265. (Sw.) Wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuersgefahr versicherte Sache in Brand setzt, oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit

Betrug u. Untreue.

110

§ 266.

Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark

bestraft. Vgl. §§ 306—308, 323.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­

nißstrafe nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher auf

Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann.

266. (L.) Wegen Untreue werden mit Gefängniß, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft: 1) Vormünder,

Güterpfleger,

Kuratoren,

Sequester,

Maffenverwalter, Vollstrecker letztwilliger Verfügungen

und Verwalter von Stiftungen,

wenn sie absichtlich

zum Nachtheile der ihrer Aufsicht anvertrauten Per­ sonen oder Sachen handeln;

2) Bevollmächtigte, welche über Forderungen oder andere

Vermögensstücke

des Auftraggebers

absichtlich

zum

Nachtheile desselben verfügen;

3) Feldmeffer,

Versteigerer,

Mäkler,

Güterbestätiger,

Schaffner, Wäger, Meffer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit verpflichtete Personen,

wenn sie bei den

ihnen übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benachtheiligen, deren Geschäfte sie besorgen. Vgl. Gew.-O. § 36.

Wird die Untreue begangen, um sich oder einem An­

deren

einen Vermögensvortheil zu verschaffen, so kann

neben der

Gefängnißstrafe

auf Geldstrafe bis

tausend Mark erkannt werden.

zu drei­

Urkundenfälschung.

§§ 267. 268.

111

Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung. Wegen des Verlustes der Ehrenrechte vgl. § 280.

267. (LJ Wer in rechtswidriger Absicht eine inlän­ dische oder ausländische öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde, welche zum Beweise von Rechten oderRechtsverhältniffen von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich anfertigt und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird wegen Urkundenfälschung mit Ge­ fängniß bestraft. Vgl. §§ 269, 270, 277, 280, 363. — Der Begriff der Urkunde im Allg. und der öffentlichen Urk. insbesondere, sowie die Beweiserheblich-

keit von Privaturkunden ist Sache der thatsächlichen Feststellung (durch

die Geschworenen). Vgl. Berlin 5./6. 71, 20./1. 72, waS nach St.P.O. § 292 nicht mehr zweifelhaft sein kann. Die C. P. O. bezeichnet im § 380 öffentl. Urk. als: „Urkunden, welche von einer öffentlichen Be­ hörde innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugniffe oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb deS ihr zugewiesenen

Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form ausgenommen sind."

268. Eine Urkundenfälschung, welche in der Absicht begangen wird, sich oder einem Anderen einen Vermögens­ vortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zu­ zufügen, wird bestraft, wenn 1) (L.) die Urkunde eine Privaturkunde ist, mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren, neben welchem auf Geld­ strafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann; 2) (Sw.) die Urkunde eine öffentliche ist, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, neben welchem auf Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark er­ kannt werden kann. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng-

112

Urkundenfälschung.

§§ 269—272.

nißstrafe ein, welche bei der Mischung einer Privaturkunde

nicht unter Einer Woche,

bei der Fälschung einer öffent­

lichen Urkunde nicht unter drei Monaten betragen

soll.

Neben der Gefängnißstrafe kann zugleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden.

269. Der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde wird es gleich geachtet, wenn Jemand einem mit der Unter­ schrift eines Anderen versehenen Papiere ohne dessen Willen oder dessen Anordnungen zuwider durch Ausfüllung einen urkundlichen Inhalt gibt.

270. Der Urkundenfälschung wird es gleich geachtet, wenn Jemand von einer falschen oder verfälschten Urkunde, wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht.

271. (L.) Wer vorsätzlich bewirkt, daß Erklärungen, Verhandlungen oder Thatsachen, welche für Rechte oder Rechtsverhältnisse von Erheblichkeit sind,

in öffentlichen

Urkunden, Büchern oder Registern als abgegeben oder ge­ schehen beurkundet werden,

während sie überhaupt nicht

oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person

abgegeben oder geschehen sind, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten

oder mit Geldstrafe

bis zu dreihundert

Mark bestraft. Intellektuelle Fälschung vgl. §§ 272, 273, 348; vgl. See

mannsordnung §§ 93, 99. — G. V. § 75 14.

272. (Sw.) Wer die vorbezeichnete Handlung in der Absicht begeht, sich oder einem Anderen einen Vermögens­ vortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzu-

fügen,

113

§§ 273. 274.

Urkundenfälschung.

wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft,

neben welchem auf Geldstrafe von einhundertfunfzig bis

zu sechstausend Mark erkannt werden kann. Vgl. § 349.

Sind mildernde Umstande vorhanden, so tritt Gesang-

nißstrafe ein, neben welcher auf Geldsttafe bis zu drei­

tausend Mark erkannt werden kann.

273. (L.) Wer wissentlich von einer falschen Beur­ kundung der im § 271 bezeichneten Art zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, Paragraphen und,

wird nach Vorschrift jenes

wenn die Absicht dahin gerichtet war,

sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu ver­ schaffen

oher einem Anderen Schaden zuzufügen,

nach

Vorschrift des § 272 bestraft.

274. (L.) Mit Gefängniß, neben welchem auf Geld­ strafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann, wird bestraft, wer 1) eine Urkunde,

welche ihm entweder überhaupt nicht

oder nicht ausschließlich gehört, in der Absicht, einem

Anderen Nachtheile* zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, oder • DaS „e" ist ein in 3. Lesung deS Rt. entstandener Druckfehler vgl. § 274 Nr. 2. — Vgl. wegen der Arbeitsbücher Gew.-O. § 150 3.

2) einen Grenzstein oder ein anderes zur Bezeichnung

einer Grenze

oder eines Wafferstandes bestimmtes

Merkmal in der Absicht,

einem Anderen Nachtheil

zuzufügen, wegnimmt, vernichtet,

unkenntlich macht,

verrückt oder fälschlich setzt. Vgl. §§ 133, 348, 349. SR über ff, Strafgesetzbuch. 10. Ausl.

8

114

Urkundenfälschung.

§§ 275. 276.

275. (L.) Mit Gefängniß nicht unter drei Monaten wird bestraft, wer 1) wissentlich

papier,

von falschem oder gefälschtem Stempel­

von falschen oder gefälschten Stempelmarken,

Stempelblanketten, Stempelabdrücken, Post- oder Te­ legraph en-Freimarken oder gestempelten Briefkuverts

Gebrauch macht, Vgl. R. G. betr. den Spielkartenstempel v. 3./7, 78 § 12 (R. G. Bl. S. 133); s. unten S. 201.

*2) unechtes

Stempelpapier,

unechte

Stempelmarken,

Stempelblankette oder Stempelabdrücke für Spiel­ karten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder Schrift­ stücke, ingleichen wer unechte Post- oder Telegraphen-

Freimarken oder gestempelte Briefkuverts in der Ab­ sicht anfertigt, sie als echt zu verwenden, oder

3) echtes Stempelpapier, echte Stempelmarken, Stempel­

blankette, Stempelabdrücke,

Post- oder Telegraphen-

Freimarken oder gestempelte Briefkuverts in der Ab-

sicht verfälscht, sie zu einem höheren Werthe zu verwenden. Vgl. §§ 276, 280, 364; E. G. 8 2 A. 2; 8 23 A 1 deS Wechsel-

stempelges. vom 10./6. 69 ist durch 8 275 aufgehoben.

276. (A.) Wer wissentlich schon einmal zu stempel­ pflichtigen Urkunden, Schriftstücken oder Formularen ver­ wendetes

Stempelpapier

oder schon

einmal

verwendete

Stempelmarken oder Stempelblankette, ingleichen Stempel­ abdrücke, welche zum Zeichen stattgehabter Versteuerung

gedient haben, zu stempelpflichtigen Schriftstücken verwendet,

wird, außer der Strafe, welche durch die Entziehung der

* 8 SSL

2 G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

Urkundenfälschung.

§§ 277—280.

115

Stempelsteuer begründet ist, mit Geldstrafe bis zu sechs­ hundert Mark bestraft. Vgl. 88 275, 280, 364; vgl. § 27 des Postg. v. 28./1Q. 71 (s. unten

S. oOo). S. auch das R.-Ges. v. 16./5. 69 (Telegr. Freun.) § 2 (B.G.B. S. 377 und Bayern Art. 13; § 23 A. 2. des Wechs. Stemp. Ges. ist durch § 276 aufgehoben.

G. V. § 27 2.

277.

(L.) Wer unter der ihm nicht zustehenden Be­ zeichnung als Arzt oder als eine andere approbirte Medizi­

nalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Per­ sonen ein Zeugniß über seinen oder eines Anderen Gesund­ heitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugniß

verfälscht, und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird mit Ge­

fängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Gew.-O. §§ 29 und 147 No. 3 (G v. 17./7. 78. R. G.Bl. S. 211).

278. (L.) Aerzte und andere approbirte Medizinal­ personen, welche ein unrichtiges Zeugniß über den Gesund­ heitszustand eines Menschen zum Gebrauche bei einer Be­ hörde oder Versicherungsgesellschaft wider befferes Wisien

ausstellen, werden mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. Ueber Approbation vgl. 8 29 Gew. O.

279. (L.) Wer, um eine Behörde oder eine Versiche­ rungsgesellschaft über seinen oder eines Anderen Ge­ sundheitszustand zu täuschen, von einem Zeugnisse der in den §§ 277 und 278 bezeichneten Art Gebrauch macht,

wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft.

280. 275,

Neben einer nach Vorschrift der §§ 267, 274, 277 bis 279 erkannten Gefängnißstrafe kann aus

Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

116

Bankerutt.

Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerutt. f) Durch den Erlaß der ReichskonkurSordnung ist der Vorbehalt im § 2 Abs. 3 des Eins. Ges. z. St. G. B. (vgl. Rüdorff Kom. 2. Aufl. S. 79 u. 47) erledigt. Durch tz 3 Nr. 3 und § 4 Abs. 2 des Eins. G. zur Konk. O. sind dann sowohl die §§ 281—283 des St. G. B. (s. unten) als auch die den Konkurs betreffenden Strafvorschriften der Landes­ gesetzgebung ausdrücklich aufgehoben. Die aufgehobenen Bestimmungen sind ersetzt durch die nachfolgenden §§ 209—214 der Reichskonkursordn., welche sich auf Kaufleute und Nichtkaufleute erstrecken. Aufrecht erhalten sind durch § 3 Abs. 1 u. H 5 Nr. 2 die Vor­

schriften der Reichsgesetze über den Konkurs (vgl. unten Note zu § 214) ii. gewisse das eheliche Güterrecht betr. landesgesetzl. Vorschriften, z. B.

Pr. E. G. z. Hand. G. B. Art. 41, 52 Nr. 2- E. G. z. Hand. G.B. f. Els.-Lvthr. Art. VII. Nr. 1. — Eine Spezialvorschrift für Bayern enthält § 6 des E. G. zur Konk. O.

ReichS-Konkursordnung. *) Vom 10. Februar 1877. (R. G. Bl. S. 388, 389.)

(Drittes Buch. Strafbestimmungen.) 8 209. (Sw.) Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wor­ den ist, werden wegen betrüglichen Bankerutts mit Zucht­ haus bestraft, wenn sie in der Absicht, ihre Gläubiger zu benachtheiligen, •) Vgl. v. Wilmowski: Deutsche Reichskonkurs-Ordnung. Berlin 1878. S. 336 ff. t) Die aufgehobenen §§ 281—283 des St. G. B. lauteten: 381. Kaufleute, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, werden wegen betrüglichen Bankerutts mit Zuchthaus bestraft, wenn sie, in der Tlbsicht, ihre Gläubiger zu benachtheiligen,

1) Vermögensstücke verheimlicht oder bei Seite geschafft haben.

Bankerutt.

117

1. Vermögensstücke verheimlicht oder bei Seite geschafft

haben, 2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben, welche ganz oder theilweise erdichtet sind,

3. Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Füh­ rung ihnen gesetzlich oblag, oder Ueber die Pflicht zur Führung von Handelsbüchern vgl. Art. 28, 10 Hand. G. B.

4. ihre Handelsbücher vernichtet oder verheimlicht oder so geführt oder verändert haben, daß dieselben keine

Uebersicht des Vermögenszustandes gewähren.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng-

nißstrafe nicht unter drei Monaten ein.

210. (L.) Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt 2) Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder aufgestellt haben, welche ganz oder theilweise erdichtet sind, 3) Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Führung ihnen

gesetzlich oblag, oder 4) ihre Handelsbücher vernichtet oder verheimlicht oder so geführt

oder verändert haben, daß dieselben keine Uebersicht des Ver­ mögenszustandes gewähren. Sind mildernde Umstände vorhanden, so

tritt Gefängnißstrafe

nicht unter drei Monaten ein.

L8S. Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer 1) im Interesse eines Kaufmanns, welcher seine Zahlungen einge­ stellt hat, Vermögensstücke desselben verheimlicht oder bei Seite

geschafft hat, oder 2) im Interesse eines Kaufmanns, welcher seine Zahlungen einge­

stellt hat oder, um sich oder einem Anderen Vermögensvortheil zu verschaffen, erdichtete Forderungen im eigenen Namen oder

durch vorgeschobene Personen geltend gemacht hat. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe oder Geldstrafe bis zu sechstausend Mark ein.

Bankerutt.

118

haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden wegen einfachen Bankerutts mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, wenn sie

1. durch

Aufwand,

Spiel

oder

Differenzhandel

mit

Waaren oder Börsenpapieren übermäßige Summen

verbraucht haben oder schuldig geworden sind,

2.

Handelsbücher zu führen Unterlasten haben, deren Füh­ rung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben verheim­ licht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben,

daß sie keine Uebersicht ihres Vermögenszustandes ge­ währen, oder Vgl. Art. 28, 10 Hand. G. B.

3. es gegen die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs un­

terlassen haben, die Bilanz ihres Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen. Vgl. Art. 29 Hand. G. B.

211. (L.) Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist,* werden mit Gefängniß bis zu zwei

Jahren bestraft, wenn sie, obwohl sie ihre Zahlungsun­ fähigkeit kannten, einem Gläubiger in der Absicht, ihn

vor den übrigen Gläubigern zu begünstigen, eine Siche­

rung oder Befriedigung gewährt haben, welche derselbe

383. Kaufleute, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, werden wegen einfachen BankeruttS mit Gefängniß bis zu zwei Jahren be­ straft, wenn sie 1) durch Aufwand, Spiel oder Differenzhandel mit Waaren oder

Börsenpapieren übermäßige Summen verbraucht haben oder

schuldig geworden sind, 2) Handclsbücher zu führen unterlassen haben, deren Führung ihnen

Bankerutt.

H9

wcht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu be­

anspruchen hatte. Vgl. Konk.-O. § 23 Nr. 2. — Abgesehen von § 213 kommen gegen dn begünstigten Gläubiger nur die allg. Vorschriften über Theilnahme (St. G. B. §§ 47—50) z. Anwendung.

212. (Sw.)

Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird

betraft, wer

.. im Interesse eines Schuldners» welcher seine Zahlun­ gen eingestellt hat, oder über dessen Vermögen das

Konkursverfahren

eröffnet worden ist,

Vermögens­

stücke desselben verheimlicht oder bei Seite geschafft hat, oder 2. im Interesse eines solchen Schuldners, oder, um sich oder einem Anderen Vermögensvortheil zu verschaffen,

in dem Verfahren erdichtete Forderungen im eigenen

Namen oder durch

vorgeschobene Personen geltend

gemacht hat. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­

nisstrafe oder Geldstrafe bis zu sechstausend Mark ein.

213.

Ein Gläubiger, welcher sich von dem Gemein-

schüdner oder anderen Personen besondere Vortheile dafür

hat gewähren oder versprechen lassen, daß er bei den Abstimnungen der Konkursgläubiger in einem gewissen Sinne

stimne, wird mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft.

gsetzlich oblag, oder dieselben verheimlicht, vernichtet oder so mordentlich geführt haben, daß sie keine Uebersicht des Der-

M'genszustandes gewähren, oder 3) eSunterlaffen haben, die Bilanz ihres Vermögens in der gesetz­ lich vorgeschriebenen Zeit zu ziehen.

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

120

214.

§ 284.

Die Strafvorschriften der §§ 209 -211 finde:

gegen die Mitglieder des Vorstandes einer Aktiengesell«

schäft oder eingetragenen Genosienschast und gegen die

Liquidatoren einer Handelsgesellschaft oder eingetragene: Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt hat, oda: über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet wor­

den ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft lle mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. Vgl. die durch § 3 Abs. 1 deS Eins.-Ges. z. Konk.-O. aufrecht trhaltenen reichögesetzl. Bestimmungen in Hand. G.B. Art. 249, 24)a, 240 (G. v. 11./6. 70), Art. 26; sowie § 66 des Genoffensch. Ges. v. 4./7. 68 und für Bayern noch § 6 des Einf.-Ges. zur K.O.

Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder

Geheimnisse.

284. (L.)

Wer aus dem Glücksspiele ein Gewerbe

macht, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestrcst, neben welchem auf Geldstrafe von dreihundert bis zu sehstausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehren­

rechte erkannt werden kann. Vgl. § 36014. — DaS (zum ReichSges. erhobene und in Südheffen, Bayerr und

Württemberg) eingeführte B. G. v. 1. Juli 1869 ordnet die Schließung der vom Staate concessionirten Spielbanken mit spätestem dem

31. Decbr. 1872 an. (B. G. Bl. S. 367). — Für die Spielbacken in Preußen vgl. G. v. 5. März 1868 u. E.V. O. v. 25. Juni 1867 Art. X.

Ist der Verurtheilte ein Ausländer, so ist dieLmdespolizeibehörde befugt, denselben aus dem Bundesgebete zu

verweisen. Pgl. §§ 39 No. 2, 361 No. 2.

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

§§ 285—289.

121

285. (L. bez. A.) Der Inhaber eines öffentlichen Ver­ sammlungsorts, welcher Glücksspiele daselbst gestattet oder zur Verheimlichung solcher Spiele mitwirkt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. Vgl. G. V. § 75 14.

286. (L.) Wer ohne obrigkeitliche Erlaubniß öffent­ liche Lotterien veranstaltet, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Den Lotterien sind öffentlich veranstaltete Ausspie­

lungen beweglicher oder unbeweglicher Sachen gleich zu

achten. .

* 287.

(ist ersetzt durch § 14 des Gesetzes über den Markenschutz

vom 30. November 1874.

Reichs-Gesetzbl. S. 143.) — Wegen dieses

in dem amtl. Text des St. G.B. zu § 288 gemachten Vermerks vgl.

unten S. 192.

288. (A. bez. L.) Wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandtheile seines Vermögens veräußert oder bei Seite schafft, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Gläu­ bigers ein. Vgl. § 137 u. G. V. § 75 11.

289. (L.) Wer seine eigene bewegliche Sache, oder eine ftemde bewegliche Sache zu Gunsten des Eigenthümers derselben, dem Nutznießer, Pfandgläubiger oder demjenigen, welchem an der Sache ein Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht, in rechtswidriger Absicht wegnimmt,

122

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

§§ 290—292.

wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geld­ strafe bis zu neunhundert Mark bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür­ gerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Bestimmungen des § 247 Absatz 2 und 3 finden auch hier Anwendung.

290. (L.) Oeffentliche Pfandleiher, welche die von ihnen in Pfand genommenen Gegenstände unbefugt in Ge­ brauch nehmen, werden mit Gefängniß bis zu Einem Jahre, neben welchem auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden kann, bestraft. Gew. O. §§ 1, 35 A. 2 und 148 No. 4.

291. (L.) Wer die bei den Uebungen der Artillerie verschoflene Munition, oder wer Bleikugeln aus den Kugel­ fängen der Schießstände der Truppen sich widerrechtlich zueignet, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft.

* 292. (A.) Wer an Orten, an denen zu jagen er nicht berechtigt ist, die Jagd ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Ist der Thäter ein Angehöriger des Jagdberechtigten, so tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Die Zurück­ nahme des Antrages ist zulässig. Vgl. § 368 No. 10 u. G. V. § 27 2. — Angehöriger vgl. § 52 Abs. 2 — DaS Erforderniß des Antrages ist durch das Ges. vom 26. Febr. 1876 auf Angehörige beschränkt.

• 8 393 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

123

§§ 293—296.

293. (L. bez. A.) Die Strafe kann auf Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder auf Gefängniß bis zu sechs Monaten erhöht werden, wenn dem Wilde nicht mit Schieß­ gewehr

oder Hunden,

sondern

mit Schlingen,

Netzen,

Fallen oder anderen Vorrichtungen nachgestellt oder, wenn das Vergehen während der gesetzlichen Schonzeit, in Wäl­

dern, zur Nachtzeit oder gemeinschaftlich von Mehreren

begangen wird. Auch hier ist, falls ein Angehöriger der Thäter ist, ein Antrag erforderlich; vgl. die Redaktion in § 123. Leipzig 10./1. 73 (E.VIII.

367), Darmstadt 5./5. 73. (St. II. 330.) AnderS: Berlin 13./9. 71, 7./12. 71. u. 14/2. 73; München 29./4. 72 (St. I. 300), auch Jena (St. III. 33) und Stuttgart. — Nachtzeit ist (abweichend von § 243 7) die Zeit (eingetretene Dunkelheit) zwischen Sonnen-Untergang u. Aufgang; Mannheim 4./4. 76, Jena (St. III., 165). — Wegen Zuständigkeit: G. V. § 75 14.

294. (L.) Wer unberechtigtes Jagen gewerbsmäßig betreibt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren­

rechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt

werden.

295. Neben der durch das Jagdvergehen verwirkten Strafe ist auf Einziehung des Gewehrs, des Jagdgeräths und der Hunde, welche der Thäter bei dem unberechtigten Jagen bei sich geführt hat, ingleichen der Schlingen, Netze,

Fallen und anderen Vorrichtungen zu erkennen, ohne Unter­

schied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Vgl. §§ 40, 42.

* 296.

(L.) Wer zur Nachtzeit, bei Fackellicht oder unter Anwendung schädlicher oder explodirender Stoffe

• 8 296

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

124

§§ 296a—298.

unberechtigt fischt oder krebst, wird mit Geldstrafe bis zu

sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Mo­ naten bestraft. Vgl. § 370 No. 4 u. G. V. § 75 14. — Das Erforderniß des An­ trages ist durch Ges. vom 26. Febr. 1876 beseitigt. — Nachtzeit vgl. zu § 2?3.

* 296a. (L.)

Ausländer,

welche

in

den

Deutschen

Küstengewässern unbefugt fischen, werden mit Geldstrafe

bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Vgl. G. V. § 75 14.

Neben der Geld- oder Gefängnißstrafe ist auf Ein­ ziehung der Fanggeräthe, welche der Thäter bei dem un­ befugten Fischen bei sich geführt hat,

ingleichen der in

dem Fahrzeuge enthaltenen Fische zu erkennen, ohne Unter­

schied, ob die Fanggeräthe und Fische dem Verurtheilten gehören oder nicht.

297. (L.)

Ein Reisender oder Schiffsmann, welcher

ohne Vorwiffen des

Schiffers,

ingleichen

ein Schiffer,

welcher ohne Vorwiffen des Rheders Gegenstände an Bord

nimmt, welche das Schiff oder die Ladung gefährden, indem sie die Beschlagnahme oder Einziehung des Schiffes oder der Ladung veranlaffen können, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. SchiffSmann vgl. Hand. G. B. 674; Seem. O. §§ 3, 75, 76,

84, 95, 100-103, Art. 528, 534, 547, 555, 564 H. G. B.

298. (L. bez. A.) Heuer

entläuft,

H 296a

Ein Schiffsmann, welcher mit der

oder sich verborgen hält, um sich dem

G. v. 26 /2. 76 vgl. oben S. 7.

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

§§ 299-301.

125

übernommenen Dienste zu entziehen, wird, ohne Unter­ schied, ob das Vergehen im Jnlande oder im Auslande begangen worden ist, mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Vgl. zu § 297, Hand. G.B. Art. 532, sowie: Seem-O. v. 27./12. 72 (R. G. Bl. S. 409.) §§ 81, 100, 101; sowie G. V. § 75 11.

299. (A.) Wer einen verschlossenen Brief oder eine andere verschlossene Urkunde, die nicht zu seiner Kenntniß­ nahme bestimmt ist, vorsätzlich und unbefugter Weise er­ öffnet, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Wegen der Beamten vgl. §§ 354, 355, 358; Postg. § 5; St. P. O. §§ 99, 100, 110. — G. V. § 27 2.

300. (L. bez. A.) Rechtsanwälte, Advokaten, Notare, Vertheidiger in Strafsachen, Aerzte, Wundärzte, Heb­ ammen, Apotheker, sowie die Gehülfen dieser Personen werden, wenn sie unbefugt Privatgeheimnisse offenbaren, die ihnen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes an­ vertraut sind, mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Vgl. G.V. § 75 14.

301. (L.) Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben Schuldscheine, Wechsel, Empfangsbekenntnisse, Bürgschaftsinstrumente oder eine andere, eine Verpflichtung enthaltende Urkunde ausstellen oder auch nur mündlich ein Zahlungöversprechen ertheilen

126

Strafbarer Eigennutz u. s. w.

§§ 302. 302 a.

läßt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Wegen 88 301 u. 302 vgl. Preuß. G. v. 2./3. 1857. — Wegen der Zuständigkeit s. G. V. § 75 14.

302. (L.) Wer in gewinnsüchtiger Absicht und unter Benutzung des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Minderjährigen sich von demselben unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Betheuerungen die Zahlung einer Geldsumme oder die Erfüllung einer anderen, auf Ge­ währung geldwerther Sachen gerichteten Verpflichtung aus einem Rechtsgeschäfte versprechen läßt, wird mit Ge­ fängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür­ gerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher sich eine Forderung, von der er weiß, daß deren Berichtigung ein Minderjähriger in der vorbezeichneten Weise versprochen hat, abtreten läßt. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.

302 a.j) (L.) Wer unter Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen für ein Darlehen oder im Falle der Stundung einer Geldt) Die §§ 302a bis 302d (außerdem die Fassungsänderung im § 360 12 s. unten) beruhen auf dem R.G. vom 24. Mai 1880 (R. G.Bl.

S. 109, ausgegeben zu Berlin am 31. Mai 1880) und sind in Ge­ mäßheit des Artikels 2 der NeichSverfaffung am 14. Juni 1880 in

Kraft getreten.

Vgl. die Motive des Gesetzes in der Druckvorlage an

Strafbarer Eigennutz^. s. w.

§ 302b.

126a

forderung sich oder einem Dritten Vermögensvortheile ver­ sprechen oder gewähren läßt, welche den üblichen Zinsfuß dergestalt überschreiten, daß nach den Umständen des Falles die Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen, wird wegen Wuchers mit Gefängniß bis zu sechs Monaten und zugleich mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft.' Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Die Hauptmerkmale deS Wuchers sind nach § 302 a.: subjektiv: Ausbeutung der Nothlage u. f. w., objektiv: Ueberschreitung des üblichen Zinsfußes (nach Orts-,

Zeit- und Creditverhältniffen) und Mißverhältniß zwischen Vortheil und Leistung nach den Umständen des Falles.

302b. (L.) Wer sich oder einem Dritten die wucherlichen Vermögensvortheile (§ 302a.) verschleiert oder wechsel­ mäßig oder unter Verpfändung der Ehre, auf Ehrenwort, eidlich oder unter ähnlichen Versicherungen oder Betheuerun­ gen versprechen läßt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu sechstausend Mark bestraft. Auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. den Reichstag No. 58, und ferner die Drucksachen No. 116, (Mündl. Bericht der Kommission), 124, 129, 131, 134, 136, 137, 189 und Sten. B. S. 617 ff. (I. Berath.), S. 823 ff. (II. Der.), S. 1211 ff. (III. Ber.) Das Gesetz ordnet die straf- und civilrechtlichen Folgen des Wuchers. Bezüglich der letzteren bestimmt der Artikel 3 des Gesetzes: Art. 3. „Verträge, welche gegen die Vorschriften der §§ 302a., 302 b. des Strafgesetzbuchs verstoßen, sind ungültig. Sämmtliche von dem Schuldner oder für ihn geleisteten Ver­ mögensvortheile (§ 302 a.) müssen zurückgewährt und vom Tage des Empfanges an verzinst werden. Hierfür sind diejenigen, welche sich

des Wuchers schuldig gemacht haben, solidarisch verhaftet, der nach

126b

Sachbeschädigung.* §§ 302 c. 302 d. 303.

302 c. Dieselben Strafen (§ 302 a., § 302 b.) treffen denjenigen, welcher mit Kenntniß des Sachverhalts eine Forderung der vorbezeichneten Art erwirbt und entweder dieselbe weiter veräußert oder die wucherlichen Vermögens­ vortheile geltend macht. 302 d. (L.) Wer den Wucher gewerbs- oder gewohn­ heitsmäßig betreibt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis zu fünfzehntausend Mark bestraft. Auch ist auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte zu erkennen. Der Höchstbetrag der Geldstrafe überschreitet daö bisher im Straf­

gesetzbuch festgehaltene Maß von 6000 Mark.

Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung.

*303. (L. bez. A.)

Wer vorsätzlich und rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Geld§ 302 c. deS Strafgesetzbuchs Schuldige jedoch nur in Höhe des von ihm oder einem Rechtsnachfolger Empfangenen. Die Verpflichtung eines Dritten, welcher sich des Wuchers nicht schuldig gemacht hat, bestimmt sich nach den Vorschriften deS bürgerlichen Rechts. Das Recht der Rückforderung verjährt in fünf Jahren seit dem Tage, an welchem die Leistung erfolgt ist.

Der Gläubiger ist berechtigt, das aus dem ungültigen Vertrage Geleistete zurückzufordern; für diesen Anspruch haftet die für die vertragsmäßige Forderung bestellte Sicherheit. Die weiter gehenden Rechte eines Gläubigers, welchem nach den Bestimmungen des

bürgerlichen Rechts die Ungültigkeit des Vertrages nicht entgegen­ gesetzt werden kann, werden hierdurch nicht berührt." In Elsaß-Lothringen sind durch das vorliegende Reichsgesetz

die Art. 2 bis 7 des franz. Ges. vom 19. Dez. 1850 aufgehoben.

* tz 303 G. v. 2G./2. 76 vgl. oben S. 6.

Sachbeschädigung

§§ 304. 305.

127

strafe bis zu eintausend Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.

Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so

ist die Zurücknahme des Antrages zulässig. Angehöriger vgl. § 52 Abs. 2. — Zuständig ist bei einer Be­

schädigung bis zu 25 Mark das Schöffengericht (§ 27 7) sonst das Land­ gericht und im Wege der Verweisung nach § 75 12 auch das Schöffen­

gericht.

304. (L. bez. A.) Wer vorsätzlich und rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staate bestehenden Religionsgesellschast, oder Sachen, die dem Gottesdienste

gewidmet sind,

oder Grabmäler,

öffentliche Denkmäler,

Gegenstände der Kunst, der Wiffenschast oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder

öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen, oder zur Verschönerung öffentlicher Wege,

Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird

mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür­

gerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Vgl. G. V. § 75 12.

305. (L.) Wer vorsätzlich und rechtswidrig ein Ge­ bäude, ein Schiff, eine Brücke, einen Damm, eine gebaute Straße, eine Eisenbahn oder ein anderes Bauwerk, welche ftemdes Eigenthum sind,

ganz oder theilweise zerstört,

wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft. Der Versuch ist strafbar.

Gemekngefährl. VerVr. u. Berg.

128

§§ 306—308.

Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen. Wegen Zulässigkeit der Stellung unter Polizei-Aufsicht vgl. § 325.

306. (Sw.) Wegen Brandstiftung wird mit Zucht­ haus bestraft, wer vorsätzlich in Brand setzt: 1) ein zu gottesdienstlichen Versammlungen bestimmtes Gebäude,

2) ein Gebäude, ein Schiff oder eine Hütte, welche zur

Wohnung von Menschen dienen, oder 3) eine Räumlichkeit, welche zeitweise zum Aufenthalt

von Menschen dient, und zwar zu einer Zeit, wäh­ rend welcher Menschen in derselben sich aufzuhalten

pflegen. Vgl. §§ 265, 307 ff., 325.

307. (Sw.) Die Brandstiftung (§ 306) wird mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebensläng­ lichem Zuchthaus bestraft, wenn

1) der Brand den Tod eines Menschen dadurch

ver­

ursacht hat, daß dieser zur Zeit der That in einer

der in Brand gesetzten Räumlichkeiten sich befand,

2) die Brandstiftung in der Absicht begangen worden ist,

um unter Begünstigung derselben Mord oder

Raub zu begehen oder einen Auftuhr zu erregen, oder

3) der Brandstifter, um das Löschen des Feuers zu ver­

hindern oder zu erschweren, Löschgeräthschasten ent­ fernt oder unbrauchbar gemacht hat. Vgl. § 325; E. G. §4.

308.

(Sw.) Wegen Brandstiftung wird mit Zuchthaus

Gemeingefährl. Verbr. u. Berg.

§§ 309—311.

129

bis zu zehn Jahren bestraft, wer vorsätzlich Gebäude, Schiffe, Hütten, Bergwerke, Magazine, Waarenvorräthe, welche

auf dazu bestimmten öffentlichen Plätzen lagern, Borräthe von landwirthschastlichen

Erzeugnissen

oder

von Bau­

oder Brennmaterialien, Früchte auf dem Felde, Waldun­

gen oder Torfmoore in Brand setzt, wenn diese Gegenstände entweder ftemdes Eigenthum sind, oder zwar dem

Brandstifter eigenthümlich gehören, jedoch ihrer Beschaffenheit und Lage nach geeignet sind, das Feuer einer der im

§ 306 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Räumlichkeiten oder einem der vorstehend bezeichneten ftemden Gegenstände mitzu-

theilen.

Sind mildernde Umstände vorhanden,

so

tritt Ge­

fängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. War die Absicht auf eine in §§ 306, 307 vorgesehene Brandstif­

tung gerichtet, so tritt im 2. Falle des § 308 nach Maßgabe des § 73 (ideale Konkurrenz) die Strafe deS Versuches jener Verbrechen ein. Vgl. auch §§ 265, 325.

309. (L.) Wer durch Fahrlässigkeit einen Brand der in den §§ 306 und 308 bezeichneten Art herbeiführt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe

bis zu neunhundert Mark und, wenn durch den Brand der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Ge­

fängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.

310. Hat der Thäter den Brand, bevor derselbe ent­ deckt und ein weiterer als der durch die bloße Inbrand­ setzung bewirkte Schade entstanden war, wieder gelöscht,

so tritt Sttaflosigkeit ein. Auf bloße Versuchshandlungen ist § 310 nicht beschränkt.

Vgl.

§ 46 No. 2.

311.

Die gänzliche oder theilweise Zerstörung einer

Rudorfs, Strafgesetzbuch. 10. Ausl.

9

Gemeingefährl. VerVr. u. Berg. §§ 312—315.

130

Sache durch Gebrauch von Pulver oder anderen explo-

direnden Stoffen ist der Inbrandsetzung der Sache gleich zu achten. Vgl. § 325; E. G. § 4.

312. (Sw.) Wer mit gemeiner Gefahr für Menschen­ leben vorsätzlich eine Ueberschwemmung herbeiführt, wird mit Zuchthaus nicht unter drei Jahren und, wenn durch die

Ueberschwemmung

der Tod

eines Menschen

verursacht

worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder

mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Vgl. § 325; E. G. § 4.

313. (Sw.) Wer mit gemeiner Gefahr für das Eigen­ thum vorsätzlich eine Ueberschwemmung herbeiführt, wird mit Zuchthaus bestraft. Vgl. $ 325.

(L.) Ist jedoch die Absicht des Thäters nur auf Schutz seines Eigenthums gerichtet gewesen, so ist auf Gefängniß

nicht unter Einem Jahre zu erkennen.

314. (L.) Wer eine Ueberschwemmung mit gemeiner Gefahr für Leben oder Eigenthum durch Fahrlässigkeit her­ beiführt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und,

wenn durch die Ueberschwemmung der Tod eines Menschen

verursacht worden ist, mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.

315. (Sw.) Wer vorsätzlich Eisenbahnanlagen, Beförde­ rungsmittel oder sonstiges Zubehör derselben dergestalt be­ schädigt, oder auf der Fahrbahn durch falsche Zeichen oder Signale oder auf andere Weise solche Hinderniffe bereitet, daß dadurch der Transport in Gefahr gesetzt wird, wird

mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.

Gemeingefährl. Verbr. u. Berg.

§ 316.

131

Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. Vgl. § 325 u. E. G. 8 4. — Schwere Körperverletzung vgl. § 224. — Auf Pferdeeisenbahnen bezieht sich der § nicht. Berlin 14./5. 73

u. 2./10. 75.

316. (L.) Wer fahrlässigerweise durch eine der vor­ bezeichneten Handlungen den Transport auf einer Eisenbahn in Gefahr setzt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn durch die Handlung der Tod eines. Menschen verursacht worden ist, mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. Gleiche Strafe trifft die zur Leitung der Eisenbahn­ fahrten und zur Aufsicht über die Bahn und den Beförderungsbettieb angestellten Personen, wenn sie durch Bernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten einen Trans­ port in Gefahr setzen. Vgl. § 319 und Betriebs-Reglement für die Eisenbahnen Deutschlands v. 11./5. 74 (R. G. Bl. S. 84 u. C. Bl. Nr. 21) nebst Abänderungen v. 6./4. u. 29./12. 76, 7./12. 77 und 30./4. 78 (abgedr. im C. Bl.); Bahnpolizei-Reglement f. d. Eisenb. Deutschlands vom 4./1. 75 (C. Bl. Nr. 2 S. 57) nebst Abänderung v 12. 6. 78 (C. Bl. Nr. 24 S. 355); Signal-Ordnung f. d. Eisenbahnen

Deutschlands v. 4./1. 75 (C. Bl. Nr. 2 S. 73) nebst Abänderung v. 12./6. 78 (C.Bl. Nr. 24); Bahnordnung f. Deutsche Eisenb. untergeordneter Bedeutung v. 12./6. 78 (C. Bl. Nr. 24 S. 341) (Sämmtl. abgedr. in: Sammlung v. Eisenb. Verordn, f. d. D. Reich. Berlin 1879. Heymann). — Ueber die verbindliche Kraft des Bahnp olizeireglements vgl.

Leipzig 2./6. 76 (St. VI, 140).

132

Gemeingefährl. Verbr. u. Verg. §§ 317—320.

317. (L.) Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphen-Anstalt vorsätzlich Handlungen begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jah­ ren bestraft. Vgl. Dambach: Telegraphen-Strafrecht.

Berlin 1872.

318. (L.)

Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphenanstalt fahrlässiger Weise Handlungen

begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit

Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft die zur Beaufsichtigung und Be­

dienung der Telegraphenanstalten und ihrer Zubehörungen

angestellten Personen,

wenn sie durch Vernachlässigung

der ihnen obliegenden Pstichten die Benutzung der Anstalt verhindern oder stören. Vgl. §§ 316, 319 u. Telegraphen-Ordnung f. d. Deutsche Reich v. 21./6. 72 (R. G. Bl. S. 213) u. dazu die Ergänzungs-V. O.

v. 24./1. 76 (Post- und Telegr.-AmtsBl. S. 93). u. Telegr. Gesetzgebung Berlin 1876. S. 216 ff.

Fischer: Post-

*319. Wird einer der in den §§ 316 und 318 er­ wähnten Angestellten wegen einer der in den §§ 315 bis 318 bezeichneten Handlungen verurtheilt, so kann derselbe zu­

gleich für unfähig zu einer Beschäftigung im Eisenbahn­ oder Telegraphendienste oder in bestimmten Zweigen dieser

Dienste erklärt werden.

320. (L.) Die Vorsteher einer Eisenbahngesellschaft, sowie die Vorsteher einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt, welche nicht sofort nach Mittheilung

* 9 319

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Gemeingefährl. Verbr. u. Verg. §§ 321. 322.

133

des rechtskräftigen Erkenntnisses die Entfernung des Ver-

urtheilten bewirken, werden mit Geldstrafe bis zu drei­ hundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten

bestraft. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher für unfähig zum Eisenbahn- oder Telegraphendienste erklärt worden

ist, wenn er sich nachher bei einer Eisenbahn oder Tele­ graphenanstalt wieder anstellen läßt,

so wie diejenigen,

welche ihn wieder angestellt haben, obgleich ihnen die er­

folgte Unfähigkeitserklärung bekannt war. Vgl. wegen der Gerichtszuständigkeit G. V. § 27 2.

* 321. (L.)

Wer vorsätzlich Wasserleitungen, Schleusen,

Wehre, Deiche, Dämme oder andere Wasserbauten, oder

Brücken, Fähren, Wege oder Schutzwehre, oder dem Berg­ werksbetriebe dienende Vorrichtungen zur Wasserhaltung, zur Wetterführung oder zum Ein- und Ausfahren der Arbeiter

zerstört oder beschädigt, oder in schiffbaren Strömen, Flüssen oder Kanälen das Fahrwasser stört und durch eine dieser Handlungen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit An­ derer herbeiführt, wird mit Gefängniß nicht unter drei

Monaten bestraft. (L.)

Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere

Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe

bis zu fünf Jahren und, (Sw.) wenn der Tod eines Men­ schen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter

fünf Jahren ein. Vgl. § 325; schwere Körperverletzung § 224. — G. V. tz 73 2.

322. (Sw.)

Wer vorsätzlich ein zur Sicherung der

* § 331 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

134

Gemelngefährl. VerVr. u. Derg. §§ 323. 322.

Schifffahrt bestimmtes Feuerzeichen oder ein anderes zu

diesem Zwecke aufgestelltes Zeichen zerstört, wegschafft oder unbrauchbar macht, oder ein solches Feuerzeichen auslöscht oder seiner Dienstpflicht zuwider nicht aufstellt, oder ein

falsches Zeichen, welches geeignet ist, die Schifffahrt un­ sicher zu machen, aufstellt, insbesondere zur Nachtzeit auf

der Strandhöhe Feuer anzündet, welches die Schifffahrt zu gefährden geeignet ist, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.

Ist durch die Handlung die Strandung eines Schiffes

verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren und,

wenn der Tod eines Menschen verursacht

worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. Dgl. § 325; E.G. § 4; Strandungs-O. v. 17./5.76 (R. G.Bl. S. 73).

323. (Sw.) Wer vorsätzlich die Strandung oder das Sinken eines Schiffes bewirkt und dadurch Gefahr für das Leben eines Anderen herbeiführt, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn durch die Handlung

der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Zucht­ haus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Vgl. § 325; E. G. § 4.

324. (Sw.) Wer vorsätzlich Brunnen- oder Wasserbehälter, welche zum Gebrauche Anderer dienen, oder Gegen­ stände, welche zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche be­

stimmt sind, vergiftet oder denselben Stoffe beimischt, von denen ihm bekannt ist, daß sie die menschliche Gesundheit zu

zerstören geeignet sind, ingleichen wer solche vergiftete oder

mit gefährlichen Stoffen vermischte Sachen wiffentlich und

GemeingefLhrl. Vörbr. u. Vttg.

§§ 325—328.

135

mit Verschweigung dieser Eigenschaft verkauft, feichält oder sonst in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Men­ schen verursacht worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn

Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. E. G. § 4.

325.

Neben der nach den Vorschriften der §§ 306

bis 308, 311 bis 313, 315, 321 bis 324 erkannten ZuchtHausstrafe kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht er­

kannt werden.

326. (L.) Ist eine der in den §§ 321 bis 324 bezeich­ neten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden, so ist, wenn durch die Handlung ein Schaden verursacht worden

ist, auf Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, auf Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren zu erkennen.

327. (L. bez. A.) Wer die Absperrungs- oder Auf­ sichts-Maßregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zu­ ständigen Behörde zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnet worden sind, wiffentlich verletzt, wird mit Gefängniß bis zu zwei

Jahren bestraft. Vgl. G.V. § 75 13.

(L.) Ist in Folge dieser Verletzung ein Mensch von der ansteckenden Krankheit ergriffen worden, so tritt Gefäng­ nißstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein.

328. (L. bez. A.) Wer die AbsperrungS- oder Auf­ sichts-Maßregeln oder Einfuhrverbote, welche von der zu­ ständigen Behörde zur Verhütung Verbreitens

von

Viehseuchen

des Einführens

angeordnet

oder

worden sind,

136

Gemeingefähtl. Verbt. u. Berg.

wissentlich verletzt,

§§ 329. 330.

wird mit Gefängniß bis zu Einem

Jahre bestraft. Vgl. G. V. § 75 13.

(L.)

Ist

in Folge dieser Verletzung Vieh von der

Seuche ergriffen worden,

so tritt Gefängnißstrafe von

Einem Monat bis zu zwei Jahren ein. Vgl. das R. G. Maßregeln gegen die Rinderpest bett. v. 7. April 1869 nebst der Instruktion dazu v. 29. Mai 1869 (B. G. Bl. S. 105, 150; ausgedehnt auf das Reich s. R.G.Bl. 1871 S. 17, 63, 87) u. G. betr. Zuwiderhandlungen gegen d. z. Abwehr der Rinderpest er­ achteten Vieh-Einfuhrverbote v. 21./5. 78 (R. G. Bl. S. 95).

329. (L.) Wer die mit einer Behörde geschloffenen Lieferungsverträge über Bedürfniffe des Heeres oder der Marine zur Zeit eines Krieges, oder über Lebensmittel zur Abwendung oder Beseitigung eines Nothstandes vor­ sätzlich entweder nicht zur bestimmten Zeit oder nicht in der vorbedungenen Weise erfüllt, wird mit Gefängniß nicht

unter sechs Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

Liegt der Nichterfüllung des Vertrages Fahrlässigkeit zum Grunde, so ist, wenn durch die Handlung ein Scha­ den verursacht worden ist,

auf Gefängniß bis zu zwei

Jahren zu erkennen. Dieselben Strafen finden auch gegen die Unterliefe­

ranten, Vermittler und Bevollmächtigten des Lieferanten Anwendung, welche mit Kenntniß des Zweckes der Liefe­

rung die

Nichterfüllung derselben

vorsätzlich

oder

aus

Fahrlässigkeit verursachen.

330. (L.) Wer bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Bau­ kunst dergestalt handelt, daß hieraus für Andere Gefahr

Verbr. u. Berg, im Amte.

§§ 331-333.

137

entsteht, wird mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Vgl. § 36713—15; Gew.O. 88 107, 148 10.

Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte. Wer alS Beamter anzusehen vgl. 8 359.

Ein Beamter, welcher für eine in sein Amt einschlagende, an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vortheile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

331. (L.)

Vgl. §§ 335, 358. Der mit § 309 des Pr. St. G.B. wesentlich übereinstimmende § 331 ist vom Reichstag ausgenommen. Wer die Ge­

schenke u. f. w. gibt, kann nicht alS Theilnehmer bestraft werden, ist vielmehr straflos vgl. §§ 333 und 334 A. 2; anders V. Zollg. v. 1./7. 69

§ 160. — Wegen der Gerichtszuständigkeit vgl. G. V. § 75 14.

332. (L.) Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Geschenke oder andere Vortheile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstrafe ein. Vgl. § 335 u. G. V. § 73 2.

333. (L.) Wer einem Beamten oder einem Mitgliede der bewaffneten Macht Geschenke oder andere Vortheile an­ bietet, verspricht oder gewährt, um ihn zu einer Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, zu bestimmen, wird wegen Bestechung mit Gefängniß

138

Derbr. u. Berg, im Amte.

§§ 334—338.

bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehren­

rechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geld­

strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark erkannt werden. Vgl. § 385.

334.

(Sw.) Ein Richter, Schiedsrichter, Geschworener oder Schöffe, welcher Geschenke oder andere Vortheile

fordert,

annimmt oder sich versprechen läßt,

um eine

Rechtssache, deren Leitung oder Entscheidung ihm obliegt,

zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Betheiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft.

Derjenige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Ge­ schworenen oder Schöffen zu dem vorbezeichneten Zwecke Geschenke oder andere Vortheile anbietet, verspricht oder

gewährt, wird mit Zuchthaus bestraft.

Sind mildernde

Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe ein. Vgl. § 335.

335. In den Fällen der §§ 331 bis 334 ist im Urtheile das Empfangene oder der Werth deffelben für dem Staate verfallen zu erklären.

336. (L.) Ein Beamter oder Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache vor­ sätzlich zu Gunsten oder zum Nachtheile einer Partei einer

Beugung des Rechtes schuldig macht, wird mit Zuchthaus

bis zu fünf Jahren bestraft. Vgl. G. V. § 73 2.

* 337.

(ist ersetzt durch den § 67 deS Gesetzes über die Beurkun­

dung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875. Reichs-Gesetzbl. S. 23.) Vgl. letzteres Gesetz und den § 337 unten S. 183 u. 184, sowie Art. V. des Ges. v. 26-/2. 76. oben S. 7.

338. (L.)

Ein Religionsdiener oder Personenstands-

Derbr. u. Berg, im Amte. §§ 339—341.

139

Beamter, welcher, wissend, daß eine Person verheirathet ist, eine neue Ehe derselben schließt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Vgl. § 171 und G.V. § 73 2.

33S. (L.) Ein Beamter, welcher durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder durch Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben Jemand zu einer Handlung, Dul­ dung oder Unterlassung widerrechtlich nöthigt, wird mit Gefängniß bestraft. Vgl. § 358.

Der Versuch ist strafbar. In den Fällen der §§ 106, 107, 167 und 253 tritt die daselbst angedrohte Strafe ein, wenn die Handlung von einem Beamten, wenn auch ohne Gewalt oder Drohung, aber durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben begangen ist.

340. (L.) Ein Beamter, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorsätzlich eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Ge­ fängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt oder auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. (Sw.) Ist die Körperverletzung eine schwere, so ist auf Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Vgl. 8 358. — Körperverletzung (§ 223), schwere (§ 224).

341. (L. bez. Sw.) Ein Beamter, welcher vorsätz­ lich, ohne hierzu berechtigt zu sein, eine Verhaftung oder

Verbr. u. Berg, im Amte.

140

§§ 342—346.

vorläufige Ergreifung und Festnahme oder Zwangsgestellung vornimmt oder vornehmen läßt, oder die Dauer einer Frei­ heitsentziehung verlängert, wird nach Vorschrift des § 239, jedoch mindestens mit Gefängniß von drei Monaten bestraft. Vgl. § 358 u. St. P. O. §§ 112 ff., 127 ff.;

C. P. O. §§ 775,

785; K.O. § 98.

342. (L.) Ein Beamter, der in Ausübung oder in Veranlasiung der Ausübung seines Amtes einen Hausftiedensbruch (§ 123) begeht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft. Vgl. St. P. O. § 102 ff.

343. (L.) Ein Beamter, welcher in einer Untersuchung Zwangsmittel anwendet oder anwenden läßt, um Geständnifie oder Aussagen zu erpressen, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Vgl. G.V. § 73 2.

344. (Sw.) Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nachtheile einer Person, deren Unschuld ihm bekannt ist, die Eröffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung bean­ tragt oder beschließt, wird mit Zuchthaus bestraft. 345. (Sw.) Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorsätzlich eine Strafe vollstrecken läßt, von der er weiß, daß sie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollstreckt werden darf. (L.) Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnißstrafe oder Festungshaft bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu neunhundert Mark ein. 346.

(L.) Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes

VerSr. u. Berg, im Amte.

§§ 347. 348.

141

bei Ausübung der Strafgewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er in der Absicht, Jemand der gesetzlichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer strafbaren Handlung unterläßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet ist, eine Freisprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung zu bewirken, oder die Vollstreckung der ausgesprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur Vollstreckung bringt. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nißstraße nicht unter Einem Monat ein. Vgl. G. V. § 73 2.

347.

(L.) Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beaufsichtigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut ist, vorsätzlich entweichen läßt oder dessen Be­ freiung vorsätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zucht­ haus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Um­ stände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monat ein. Vgl. G. V. § 73 2.

(L.) Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit be­ fördert oder erleichtert worden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu sechs­ hundert Mark ein. Vgl. § 121 u. G. V. § 75 14.

348. (L.) Ein Beamter, welcher, zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit vorsätzlich eine rechtlich erhebliche Thatsache falsch beur­ kundet oder in öffentliche Register oder Bücher falsch ein-

Verbr. u. Berg, im Amte. §§ 349—351.

142

trägt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monat

bestraft. Vgl. §§ 349, 271, 272.

Dieselbe Strafe trifft einen Beamten, welcher eine ihm amtlich anvertraute oder zugängliche Urkunde vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft, beschädigt oder verfälscht. Vgl. §§ 349, 133.

349. (Sw.) Wird eine der im § 348 bezeichneten Handlungen in der Absicht begangen, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich auf Geldstrafe von einhundert­ fünfzig bis zu dreitausend Mark zu erkennen. Dgl. §§ 348, 271, 272.

350. (L.) Ein Beamter, welcher Gelder oder andere Sachen, die er in amtlicher Eigenschaft empfangen oder in Gewahrsam hat, unterschlägt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Vgl. 88 246 und 50.

351. (Sw.) Hat der Beamte in Beziehung auf die Unterschlagung die zur Eintragung oder Kontrole der Ein­ nahmen oder Ausgaben bestimmten Rechnungen, Register oder Bücher unrichtig geführt, verfälscht oder unterdrückt, oder unrichtige Abschlüsse oder Auszüge aus diesen Rechnun­ gen, Registern oder Büchern, oder unrichtige Beläge zu denselben vorgelegt, oder ist in Beziehung auf die Unter­ schlagung auf Fässern, Beuteln oder Packeten der Geld-

VerVr. u. Berg, im Amte.

Inhalt fälschlich bezeichnet,

§§ 352—353a.

143

so ist auf Zuchthaus bis zu

zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. 352. (L.)

Ein Beamter, Advokat, Anwalt oder sonsti­

ger Rechtsbeistand, welcher Gebühren oder andere Vergütun­ gen für amtliche Verrichtungen zu seinem Vortheile zu erhe­

ben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht

oder nur in geringerem Betrage verschuldet, mit Geldstrafe

bis zu

dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis

zu

Einem Jahre bestraft. Der Versuch ist strafbar. Vgl. § 358.

353. (L.)

Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren

oder andere Abgaben für eine öffentliche Kaffe zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Be­ trage verschuldet,

erhebt,

und das rechtswidrig Erhobene

ganz oder zum Theil nicht zur Kasse bringt, mit Gefäng­ niß nicht unter drei Monaten bestraft. Vgl. § 358.

Gleiche Strafe trifft den Beamten,

welcher bei amt­

lichen Ausgaben an Geld oder Naturalien dem Empfänger

vorsätzlich und rechtswidrig Abzüge macht und die Aus­ gaben als vollständig geleistet in Rechnung stellt.

* 353a. (L.)

Ein Beamter im Dienste des auswärtigen

Amtes des Deutschen Reichs, welcher die Amtsverschwiegen• 8 353a G. v. 26./2. 77 vgl. oben S. 7.

144

Verbr. u. Berg, im Amte.

§§ 354. 355.

heit dadurch verletzt, daß er ihm amtlich anvertraute oder zugängliche Schriftstücke oder eine ihm von seinem Vor­

gesetzten ertheilte Anweisung oder deren Inhalt Anderen widerrechtlich mittheilt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Ge­ fängniß

oder mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark

bestraft. Gleiche Strafe

trifft

einen mit einer

auswärtigen

Mission betrauten oder bei einer solchen beschäftigten Beam­ ten, welcher den ihm durch seinen Vorgesetzten amtlich er­ theilten Anweisungen vorsätzlich zuwider handelt, oder wel­

cher in der Absicht, seinen Vorgesetzten in deffen amtlichen Handlungen irre zu leiten, demselben erdichtete oder ent­ stellte Thatsachen berichtet.

354. (L.) Ein Postbeamter, welcher die der Post anvertrauten Briefe oder Packete in anderen, als den im Ge­ setze vorgesehenen Fällen eröffnet oder unterdrückt,

oder

einem Anderen wissentlich eine solche Handlung gestattet, oder ihm dabei wiffentlich Hülfe leistet,

wird mit Ge-

fängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Vgl. § 358. — Postg. v. 28./10. 71 § 5 (Vgl. B.-Postges. vom 2. No­ vember 1867 § 58 A. 2) bestimmt in § 5: „Das Briefgeheimniß ist unverletzlich.

Die bei strafgerichtlichen

Untersuchungen und in Konkurs- und civilprozcffualischen Fällen noth, wendigen Ausnahmen sind durch ein Reichsgesetz festzustellen. Bis zu dem Erlaß eines Reichsgesetzes werden jene Ausnahmen durch die

Landesgesetze bestimmt."

Vgl. über die Beschlagnahme v. Briefen jetzt: St.P.O. §§ 99 — 101, 110.

355. (L.) Telegraphenbeamte oder andere mit der Be­ aufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken

Verbr. u. Verg. im Amte.

§§ 356. 357.

145

dienenden Telegraphenanstalt betraute Personen,

welche

die einer Telegraphenanstalt anvertrauten Depeschen ver­ fälschen

oder in anderen,

als in den im Gesetze vorge­

sehenen Fällen eröffnen oder unterdrücken, oder von ihrem Inhalte Dritte rechtswidrig benachrichtigen,

oder einem

Anderen wiffentlich eine solche Handlung gestatten oder

ihm dabei wiffentlich Hülfe leisten, werden mit Gefäng­ niß nicht unter drei Monaten bestraft. Vgl. § 358 und Telegr. Ordn. f. d. Deutsche R. v. 21./6. 72 § 3 (R. G. Bl. S. 213) u. über Beschlagnahme von Telegrammen St. P. O. §§ 99-101.

356. (L.) Ein Advokat, Anwalt oder ein anderer Rechts beistand, welcher bei den ihm vermöge seiner amtlichen Eigenschaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechts­ sache beiden Parteien durch Rath oder Beistand pflicht­ widrig dient,

wird mit Gefängniß nicht unter drei Mo­

naten bestraft. (L.)

Handelt derselbe im Einverständniffe mit der

Gegenpartei zum Nachtheile seiner Partei, so tritt Zucht­ haus strafe bis zu fünf Jahren ein. Vgl. G.V. § 73 2.

357. Ein Amtsvorgesetzter, welcher seine Untergebenen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet oder zu verleiten unternimmt,

oder eine solche strafbare

Handlung seiner Untergebenen wiffentlich geschehen läßt, hat

die auf diese strafbare Handlung angedrohte Strafe ver­ wirkt. Dieselbe Bestimmung findet auf einen Beamten An­

wendung,

welchem eine Aufsicht

oder Kontrole über die

Amtsgeschäste eines anderen Beamten übertragen ist, Rüdorsf, Str.ifgrsctzbuch. 10. Aufl.

10

so-

Übertretungen.

146

§§ 358. 359.

fern die von diesem letzteren Beamten begangene strafbare

Handlung die zur Aufsicht oder Kontrole gehörenden Ge­ schäfte betrifft. Vgl. § 358.

358. Neben der nach Vorschrift der §§ 331, 339 bis 341, 352 bis 355 und 357 erkannten Gefängniß strafe kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren

erkannt werden. Eine Gefängnißstr. v. 3 Monaten (§ 32) ist hier nicht erforderlich. Verlust der bekleideten Aemter vgl. § 35.

359. Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reichs oder in un­ mittelbarem oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaats auf Lebenszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Per­ sonen,

ohne Unterschied,

ob sie einen Diensteid geleistet

haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwälte. Wegen der dritten Theilnehmer vgl. § 50. —

Neunundzwanzigster Abschnitt. Übertretungen. 1) Auf die Uebertretungen finden die Vorschriften des Ersten Theiles (vgl. die Ueberschrist deffelben) ebenso wie ouf Verbr. und Berg.

Anwendung, sofern nicht eine jener Vorschriften ausdrücklich nur für Verbrechen und Vergehen gegeben ist. Vgl. z. B. §§ 43 und 48, wo­ nach Versuch und Beihülfe (auch Begünstigung §257) bei Uebertretungen straflos sind. Dieses gilt auch f. die neben d. St.G.B. geltenden

(Polizei) Gesetze, soweit letztere nicht abweichende Vorschriften enthalten. Vgl. Bayern Art. 4.

Übertretungen.

§ 360.

147

2) Zuständig für alle (auch die in besonderen Reichs- und Landes­ gesetzen enthaltenen) Uebertretungen sind die Schöffengerichte (G. St. (in bei

V. § 27 1). Besondere Vorschriften enthält für Uebertretungen die P. O. in § 100 (keine Beschlagn. von Briefen u. Telegr.); § 113 der Regel keine Verhaftung); § 211 (Verhandl. ohne Schöffen vorgeführten, geständigen Beschuldigten),- §§ 231, 232, (Verhand­

lung gegen Au Sgebliebene); §§ 447 ff. 453 (gerichtliches und polizei­

liches Mandatsverfahren). 3) Auf Haftstrafe ist nach § 77 neben anderen Freiheitsstrafen besonders zu erkennen u. werden mehrere Haftstrafen addirt (keine Gesammtstrafe).

360. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark oder mit Hast wird bestraft: 1) wer ohne besondere Erlaubniß Riffe von Festungen oder einzelnen Festungswerken aufnimmt oder ver­

öffentlicht; 2) wer außerhalb seines Gewerbebetriebes heimlich oder

wider das Verbot der Behörde Vorräthe von Waffen

oder Schießbedarf auffammelt; *3) wer als beurlaubter Reservist oder Wehrmann der

Land-

oder Seewehr ohne

Erlaubniß auswandert,

ebenso wer als Ersatzreservist erster Klasse auswan­

dert,

ohne von seiner bevorstehenden Auswanderung

der Militärbehörde Anzeige erstattet zu haben; Vgl. § 140 u. Anmerkungen dazu, G. v. 9./11. 67; M. B. §§ 6, 65-80; M. G. §§ 60 2, 69 8; G. V. 1./6. 70, §§ 15-17; G. v. 12./2. 75 (Landsturm) § 4; G. v. 15./2.75 (Kontrolordnung); Deutsche Wehrordnung v. 28./9. 75 und wegen des Straf Pro­ zeßverfahrens: St-P.O. §§ 470—476. — „Reservisten" Wer? vgl. G. v. 9./11. 67 § 6; M.G. § 62 u. W.O. I §§ 11,

16; G. v. 1./6. 70 § 15. — „Wehrmann" vgl. G. v. 9./11. 67

• G 360 3 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Übertretungen.

148

§ 360.

§§ 3, 5, 7; M. G. §§ 60-62; W. O. I §§ 12 u. 17; G. v. 1./6. 70 §15 3. — „Ersatzreservisten" M. G. §§ 23-29, 69; (inöbes. Nr. 8); W. O. I §§ 13, 37—39. Die Verjährung (§ 67) beginnt nach Ansicht von Berlin 1./6. 72 erst mit der Rückkehr ins Inland oder dem Ende der Militärpflicht.

*4) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen,

welche

zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld,

oder

von solchen Papieren, welche nach § 149 dem Papier­

gelde gleich geachtet werden, oder von Stempelpapier, Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken,

öffentlichen

Bescheinigungen

dienen können,

oder

Beglaubigungen

anfertigt oder an einen Anderen als

die Behörde verabfolgt; Vgl. §§ 151, 275, 276.

5) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Ab­

druck der in No. 4 genannten Stempel, Siegel, Stiche,

Platten oder Formen, oder einen Druck von Formu­ laren zu den daselbst bezeichneten öffentlichen Papie­ ren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt,

oder Abdrücke an einen Anderen als die Behörde ver­ abfolgt;

6) wer Waaren-Empfehlungskarten, Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbildungen, welche in der

Form oder Verzierung dem Papiergelde oder den dem Papiergelde

ähnlich

sind,

nach § 149 gleich anfertigt

oder

geachteten Papieren

verbreitet,

oder

wer

Stempel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche

Übertretungen.

149

§ 360.

zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbil­

dungen dienen können, anfertigt;

7) wer unbefugt die Abbildung des Kaiserlichen Wappens oder von Wappen eines Bundesfürsten oder von Lan­

deswappen gebraucht; Pr. Kab.-Ordre v. 16./10. 31. Pr. G. S. S. 247. — Der kaiserl. Adler kann von allen deutschen Fabrikanten, jedoch nicht in der Form eines Wappenschildes, zur Bezeichnung von Waaren oder auf Etiketten gebraucht werden, vgl. Kaiserl. Erl. v. 16./3. u. Bek. des ReichSkanzl. v. 11./4. 72 (R. G. Bl. S. 90 u. 93).

8) wer unbefugt eine Uniform, eine Amtskleidung, ein

Amtszeichen, einen Orden oder ein Ehrenzeichen trägt

oder Titel, Würden oder Adelsprädikate annimmt, ingleichen wer sich eines ihm nicht zukommenden Na­ mens einem zuständigen Beamten gegenüber bedient;

9) wer gesetzlichen Bestimmungen zuwider ohne Geneh­ migung der Staatsbehörde Aussteuer-, Sterbe- oder Wittwenkaffen,

dergleichen

Versicherungsanstalten

oder andere

Gesellschaften oder Anstalten

errichtet,

welche bestimmt sind, gegen Zahlung eines Einkaufs­ geldes oder gegen Leistung von Geldbeiträgen beim

Eintritte gewiffer Bedingungen oder Fristen, Zahlun­ gen an Kapital oder Rente zu leisten; Gew.°O. §§ 140, 141.

10) wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder

Noth von der Polizeibehörde oder deren Stellver« tretet zur Hülfe aufgefordert, keine Folge leistet, ob­

gleich er der Aufforderung ohne erhebliche eigene Ge­

fahr genügen konnte; Vgl. Postg. § 21; StrandungS-O. v. 17./5. 74 § 9.

Uebertretungen. §§ 360. 361.

150

11) wer ungebührlicherweise ruhestörenden Lärm erregt

oder wer groben Unfug verübt; *12) wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Aus­ übung seines Gewerbes den darüber erlaflenen An­

ordnungen zuwiderhandelt,

insbesondere den durch

Landesgesetz oder Anordnung der zuständigen Be­

hörde bestimmten Zinsfuß überschreitet; Gew.-O. §§ 38, 35, 34 in der Fassung deS R.G. V. 23./7. 1879.

13) wer öffentlich oder in Aergerniß erregender Weise Thiere boshaft quält oder roh mißhandelt;

14) wer unbefugt auf einem öffentlichen Wege,

einer

Straße, einem öffentlichen Platze oder in einem öffent­ lichen Versammlungsorte Glücksspiele hält.

In den Fällen der Nummern 1, 2, 4, 5, 6 und 14

kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf Einziehung der Riffe von Festungen oder Festungswerken,

der Vor-

räche von Waffen oder Schießbedarf, der Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder anderen Formen,

der Abdrücke oder

Abbildungen, oder der auf dem Spieltische oder in der

Bank befindlichen Gelder erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Vgl. §§ 40, 42.

361. 1) wer,

Mit Haft wird bestraft: nachdem er unter Polizei-Aufstcht gestellt wor-

den ist,

den in Folge derselben ihm auferlegten Be­

schränkungen zuwiderhandelt; Vgl. 88 38, 39.

• H 360

12 in der Fassung des R.G. vom 24. Mai 1880.

Uebertreturigen.

§ 361.

151

2) wer, nachdem er des Bundesgebietes oder des Gebietes

eines Bundesstaats

verwiesen ist,

ohne Erlaubniß

zurückkehrt; Vgl. §§ 39 Nr. 2, 284 A. 2, 362 A. 3. — Die Vorschrift Nr. 2 bezieht sich, mit der im § 3 deS Bund.-Ges. über Freizügigkeit

v. l./ll. 67 (jetzt R. G.) u. neuerdings im G. betr. d. unbefugte Ausübung von Kirchenämtern v. 4./S. 74 (R. G. Bl. S. 43) be­

stimmten Ausnahme, nur auf Ausländer.

3) wer als Landstreicher umherzieht; 4) wer bettelt oder Kinder zum Betteln

anleitet oder

ausschickt, oder Personen, welche seiner Gewalt und

Aufsicht untergeben sind und zu seiner Hausgenossen-

schast gehören, vom Betteln abzuhalten unterläßt; 5) wer sich dem Spiel,

stalt hingibt,

daß

Trunk oder Müßiggang derge­

er in einen Zustand geräth,

in

welchem zu seinem Unterhalte oder zum Unterhalte

derjenigen,

zu deren Ernährung er verpflichtet ist,

durch Vermittelung der Behörde fremde Hülfe in An­ spruch genommen werden muß; *6) eine Weibsperson, welche wegen gewerbsmäßiger Un­ zucht einer polizeilichen Aufsicht unterstellt ist, wenn

sie den in dieser Hinsicht zur Sicherung der Gesund­

heit,

der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen

Anstandes erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwider­

handelt,

oder

welche,

ohne

einer

solchen

Aufsicht

unterstellt zu sein, gewerbsmäßig Unzucht treibt; Hurerei.

7) wer, wenn er aus öffentlichen Armenmitteln eine Un­ terstützung empfängt, sich aus Arbeitsscheu weigert,

• 8 361

6 G. v. 26./2. 76 Vgl. oben S. 6.

Nebertretungen.

152

§§ 361. 362.

die ihm von der Behörde angewiesene, seinen Kräften angemessene Arbeit zu verrichten;

8) wer nach

Verlust seines bisherigen Unterkommens

binnen der ihm von der zuständigen Behörde be­

stimmten Frist sich kein anderweitiges Unterkommen

verschafft hat und auch nicht nachweisen kann, er solches

daß

der von ihm angewandten Bemühungen

ungeachtet nicht vermocht habe. Zu 3—8 vgl. § 362.

*9) wer Kinder oder andere unter seiner Gewalt stehende Personen, welche seiner Aufsicht untergeben sind und zu seiner Hausgenoffenschast gehören,

von der Be­

gehung von Diebstählen, sowie von der Begehung

strafbarer Verletzungen, der Zoll- oder Steuergesetze, oder der Gesetze zum Schutze der Forsten, der Feld­ früchte, der Jagd oder der Fischerei abzuhalten unter­

läßt.

Die Vorschriften dieser Gesetze über die Haft­

barkeit für die den Thäter treffenden Geldstrafen oder

anderen Geldleistungen

werden hierdurch

nicht be­

rührt. In den Fällen der Nr. 9 kann statt der Hast auf

Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark erkannt werden.

362.

Die nach Vorschrift des § 361 Nr. 3 bis 8 Verurtheilten können zu Arbeiten, welche ihren Fähigkeiten

und Verhältniffen angemeffen sind, innerhalb und,

sofern

sie von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden, auch außerhalb der Strafanstalt angehalten werden.

♦ 8 361

9 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 7.

Uebertretungen.

§ 363.

153

Bei der Verurteilung zur Hast kann zugleich erkannt

werden, daß die verurtheilte Person nach verbüßter Strafe der Landespolizeibehörde zu überweisen sei.

Die Landes­

polizeibehörde erhält dadurch die Befugniß, die verurtheilte Person entweder bis zu zwei Jahren in ein Arbeitshaus

unterzubringen oder zu gemeinnützigen Arbeiten zu ver­ wenden.

Im Falle des § 361 Nr. 4 ist dieses jedoch

nur dann zulässig, wenn der Verurtheilte in

den

letzten

drei Jahren wegen dieser Uebertretung mehrmals rechts­ kräftig verurtheilt worden ist,

oder wenn derselbe unter

Drohungen oder mit Waffen gebettelt hat.

Ist gegen einen Ausländer auf Ueberweisung an die Landespolizeibehörde erkannt,

so kann an Stelle der Un­

terbringung in ein Arbeitshaus Verweisung aus dem Bun­ desgebiete ein treten. Vgl. § 361 No. 2 und §§ 16, 18. — Unter Landespolizeibehörde ist die höhere P.-Behörde im Gegensatz zur Lokal-P.-B. zu verstehen. Zuständig ist die L.P. B. desj. Bundesstaats, in welchem die Verurtheilung erfolgt ist.

S. 193.)

* 363.

Bundesraths-Beschl. v. 16./6. 72.

Wer,

Zwecke seines Fortkommens

um Behörden oder Privatpersonen zum

besseren

Fortkommens

oder

eines Anderen zu täuschen,

tärabschiede, Wanderbücher oder

papiere,

(Pr. V. M. Bl.

Vgl. auch § 39 No. 2.

Dienst-

besseren

Legitimations­

sonstige

oder Arbeitsbücher

des

Päffe, Mill-

oder

sonstige

auf

Grund besonderer Vorschriften auszustellende Zeugniffe, sowie Führungs- oder Fähigkeitszeugniffe

falsch

anfertigt

oder verfälscht, oder wissentlich von einer solchen falschen • 8 363 G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6,

Uebertretungen. §§ 364. 365.

154

oder verfälschten Urkunde Gebrauch macht, wird mit Haft oder mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark be­

straft.

Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher zu demselben Zwecke von solchen für einen Anderen ausgestellten echten

Urkunden, macht,

als ob sie für ihn ausgestellt seien,

Gebrauch

oder welcher solche für ihn ausgestellte Urkunden

einem Anderen zu dem gedachten Zwecke überläßt. lieber Arbeitsbücher u. Arbeitskarten vgl. Gew. O. §§ 107, 134, 150 2 und 3.

364.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark

wird bestraft, wer wissentlich schon einmal verwendetes

Stempelpapier nach gänzlicher oder theilweiser Entfernung der darauf gesetzten Schriftzeichen, oder schon einmal verwen­ dete Stempelmarken, Stempelblankette oder ausgeschnittene

oder sonst abgetrennte Stempelabdrücke der im § 276 be-

zeichneten Art veräußert oder feilhält. §§ 275, 276; § 23 des Bund, (jetzt Reichs-) Ges. v. 10./6. 69 (Wechselstempel) ist durch § 364 aufgehoben. (Vgl. auch Hoyer, Wechs. Stemp. Ges. S. 38.) — Auf das Feilhalten von Poft- und

T elegraphenfreimarken bezieht sich die Vorschrift nicht.

365. Wer in einer Schankstube oder an einem öffent­ lichen Vergnügungsorte über die gebotene Polizeistunde hinaus verweilt, ungeachtet der Wirth, sein Vertreter oder ein Polizeibeamter ihn zum Fortgehen aufgefordert hat,

wird mit Geldstrafe bis zu fünfzehn Mark bestraft. Der Wirth, welcher das Verweilen seiner Gäste über

die gebotene Polizeistunde hinaus duldet, wird mit Geld­

strafe bis zu sechszig Mark oder mit Hast bis zu vierzehn Tagen bestraft.

UeVertretungen.

§ 366.

155

366. Mit Geldstrafe bis zu sechszig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1) wer den gegen die Störung der Feier der Sonn- und

Festtage erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt; 2) wer in Städten oder Dörfern übermäßig schnell fährt oder reitet, oder auf öffentlichen Straßen oder Plätzen

der Städte oder Dörfer mit gemeiner Gefahr Pferde

einfährt oder zureitet;

*3) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder Waflerstraßen das Vorbeifahren Anderer muthwillig

verhindert; 4) wer in Städten mit Schlitten ohne feste Deichsel

oder ohne Geläute oder Schelle fährt; 5) wer Thiere in Städten oder Dörfern, auf öffentlichen

Wegen, Straßen oder Plätzen, oder an anderen Orten, wo sie durch Ausreißen, Schlagen oder auf andere Weife Schaden anrichten können, mit Vernachlässi­

gung der erforderlichen Sicherheitsmaßregeln stehen läßt oder führt; 6) wer Hunde auf Menschen hetzt; 7) wer Steine oder andere harte Körper oder Unrath auf

Menschen, auf Pferde oder andere Zug- oder Lastthiere, gegen ftemde Häuser, Gebäude oder Einschließungen,

oder in Gärten oder eingeschloffene Räume wirft; *8) wer nach einer öffentlichen Straße oder Wasserstraße, oder nach Orten hinaus, wo Menschen zu verkehren

pflegen, Sachen, durch deren Umstürzen oder Herab­

fallen Jemand beschädigt werden kann, ohne gehörige

• A 366

3 u. 8 G. v. 26-/2. 76 vgl. oben S. 6.

156

§§ 366—367.

Ueberrretungen.

Befestigung aufstellt,

oder aufhängt, oder Sachen

auf eine Weise ausgießt oder auswirst, daß dadurch

Jemand beschädigt oder verunreinigt werden kann; *9) wer auf öffentlichen Wegen, Straßen, Plätzen oder

Wasserstraßen Gegenstände, durch welche der freie Berkehr gehindert wird, aufstellt, hinlegt oder lie­

gen läßt; *10) wer die zur Erhaltung der Sicherheit, Bequemlich­

keit, Reinlichkeit und Ruhe auf den öffentlichen We­

gen, Straßen, Plätzen oder Wafferstraßen erlaffenen Polizei-Verordnungen übertritt.

* 366a.

Wer die zum Schutze der Dünen und der Fluß» und Meeresufer, sowie der auf denselben vorhande­ nen Anpflanzungen und Anlagen erlassenen Polizei-Ver-

ordnungen

übertritt,

wird mit

Geldstrafe

bis zu ein-

hundertfunfzig Mark oder mit Haft bestraft.

367.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark

oder mit Haft wird bestraft:

1) wer ohne Vorwifsen der Behörde einen Leichnam be­

erdigt oder bei Seite schafft, oder wer unbefugt einen Theil einer Leiche aus dem Gewahrsam der dazu be-

rechtigten Personen wegnimmt; Vgl. § 168.

2) wer den polizeilichen Anordnungen über vorzeitige

Beerdigungen entgegenhandelt; Begriff poliz. Anordnungen.

Berlin 21./2. 77.

3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß Gift oder Arzeneien,

soweit der Handel mit denselben nicht fteigegeben ist,

• HP 366

9, io u.

366a

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6 u. 7.

Nebertretungen.

§ 367.

157

^bereitet, feilhalt, verkauft oder sonst an Andere überläßt; Vgl. Gew.»O. §§ 6, 29, 34, 147, No. 1 u. V. O. v. 4./1. 75 betr. den Verkehr mit Arzneimitteln — insbesondere § 1 — (R. G. Bl. S. 5) u. über den Begriff von „Arznei" (gegen die s. g. „Geheimmittel").

Berlin 5/10. 74, 18./3. 75 u. 31./5. 77

u. München 6./9. 75 (Lt. VI, 82).

4) wer ohne die vorgeschriebene Erlaubniß Schießpulver oder andere explodirende Stoffe oder Feuerwerke zu­

bereitet; Vgl. Gew.'O. §§ 16, 147, No. 2.

*5) wer bei der Aufbewahrung oder bei der Beförderung von Gistwaaren, Schießpulver oder Feuerwerken, oder bei der Aufbewahrung, Beförderung, Verausgabung

oder Verwendung von Sprengstoffen oder anderen

explodirenden Stoffen, oder bei Ausübung der Befugniß zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegen­ stände, sowie der Arzeneien die deshalb ergangenen

Verordnungen nicht befolgt; 6) wer

Waaren,

Materialien oder andere Vorräthe,

welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer fangen, an Orten oder in Behältnissen aufbewahrt,

wo ihre Entzündung gefährlich werden kann, oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzün­

dung bei einander liegen können, ohne Absonderung

aufbewahrt; 7) wer verfälschte oder verdorbene Getränke oder Eß-

waaren, insbesondere trichinenhaltiges Fleisch feilhält oder verkauft; Poliz.-Verordnungen, welche eine Untersuchung deö Fleisches bei

• S 367

5 G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Uevertretungen. § 367.

158

Strafe vorschreiben, bleiben bestehen. Auch ohne solche Vorschriften bildet das Unterlassen der Untersuchung in der Regel eine Fahrlässigfeit. Nur unter Umständen schließt unverschuldete Unkenntniß beim Verkauf trichinöser Fleischwa ar en die Strafbarkeit aus. Berlin 15./1. 74.

*8) wer ohne polizeiliche Erlaubniß an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten Selbstgeschosse, Schlag­

eisen oder Fußangeln legt, oder an solchen Orten mit

Feuergewehr oder anderem Schießwerkzeuge schießt, oder Feuerwerkskörper abbrennt;

9) wer einem gesetzlichen Verbot zuwider Stoß-, Hieb­ oder Schußwaffen,

welche in Stöcken oder Röhren

oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder

mit sich führt; Vgl. für Preußen: Berlin

8./2. 79 (?).

*10) wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein

Verschulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Waffe, insbesondere eines Meffers

oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges bedient; Vgl. § 227. — Der „Angriff" braucht nicht von Mehreren auszugehen.

Leipzig 29./11. 72.

E. VHI, 121.

11) wer ohne polizeiliche Erlaubniß

gefährliche wilde

Thiere hält, oder wilde oder bösartige Thiere frei umherlaufen läßt, oder in Ansehung ihrer die erfor­

derlichen Vorsichtsmaßregeln zur Verhütung von Be­

schädigungen unterläßt; 12) wer auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Orten, an wel­

chen Menschen verkehren, Brunnen, Keller, Gruben,

Oeffnungen oder Abhänge dergestalt unverdeckt oder * G 367 8 u. 10 G. v 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Übertretungen. unverwahrt läßt,

daß

§ 368.

159

daraus Gefahr für Andere

entstehen kann;

13) wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, Gebäude, welche den Einsturz drohen, auszubeffern oder niederzureißen;

14) wer Bauten oder Ausbesserungen Brunnen,

Brücken,

von

Gebäuden,

Schleusen oder anderen Bau­

werken vornimmt, ohne die von der Polizei angeord­ neten oder sonst erforderlichen Sicherungsmaßregeln zu treffen;

15) wer als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbesserung, wozu die polizei­

liche Genehmigung erforderlich ist, ohne diese Ge­ nehmigung oder mit eigenmächtiger Abweichung von

dem durch die Behörde genehmigten Bauplane aus­ führt oder ausführen läßt. Zu 13-15 vgl. § 330. In den Fällen der Nr. 7 bis 9 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der ver­ fälschten oder verdorbenen Getränke oder Eßwaaren, in­

gleichen der Selbstgeschosse,

Schlageisen oder Fußangeln,

sowie der verbotenen Waffen erkannt werden, ohne Unter­

schied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. Vgl. §§ 40, 42.

368. Mit Geldstrafe bis zu sechszig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft: 1) wer den polizeilichen Anordnungen über die Schlie­ ßung der Weinberge zuwiderhandelt;

2) wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen

gebotene Raupen unterläßt; Zu 1. u. 2. Begriff poliz. Anordnungen. Berlin 21./2. 77.

Nebertretungen.

160

§ 36».

3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß eine neue Feuerstätte

errichtet oder eine bereits vorhandene an einen ande­ ren Ort verlegt; 4) wer es unterläßt,

dafür zu sorgen, daß die Feuer­

stätten in seinem Hause in baulichem und brand­ sicherem Zustande unterhalten, oder daß die Schorn­

steine zur rechten Zeit gereinigt werden; 5) wer Scheunen, Ställe, Böden oder andere Räume,

welche

zur

Aufbewahrung

feuerfangender

Sachen

dienen, mit unverwahrtem Feuer oder Licht betritt, oder sich

denselben mit unverwahrtem Feuer oder

Licht nähert; 6) wer^an gefährlichen Stellen in Wäldern oder Haiden

oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­ fangenden Sachen Feuer anzündet; 7) wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­

fangenden Sachen mit Feuergewehr schießt oder Feuer­

werke abbrennt; 8) wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgeräth-

schasten überhaupt nicht oder nicht in brauchbarem Zustande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnun­

gen nicht befolgt;

9) wer unbefugt über Gärten oder Weinberge, oder vor beendeter Ernte über Wiesen oder

bestellte Aecker,

oder über solche Aecker, Wiesen, Weiden oder Schonun­ gen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind,

oder deren Betreten sagt ist,

oder

durch Warnungszeichen unter­

auf einem

durch Warnungszeichen

Übertretungen.

geschlossenen

Privatwege

§ 369.

geht,

161

fährt,

reitet

oder

Vieh treibt; Die besonderen Bestimmungen über Pfändungen, sowie über Weidefrevel in den Feld«Polizei. Ordnungen bleiben bestehen.

Vgl. E.G. 8 2 A. 2; Postg. §§ 17, 18.

10) wer ohne Genehmigung des Jagdberechtigten

oder

ohne sonstige Befugniß auf einem fremden Jagd­ gebiete außerhalb des öffentlichen, zum gemeinen Ge­

brauche bestimmten Weges, wenn auch nicht jagend,

doch zur Jagd ausgerüstet, betroffen wird; 11) wer unbefugt Eier oder Junge von jagdbarem Feder­

wild oder von Singvögeln ausnimmt. Vgl. § 6 des Pr. Ges. über die Schonzeiten des Wildes vom 26. Februar 1870. Pr. G. S. S. 122.

* 369.

Mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder

mit Hast bis zu vier Wochen werden bestraft:

1) Schlosser, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder

ohne Genehmigung des Inhabers einer Wohnung

Schlüffel zu Zimmern oder Behältnissen in der letz­ teren anfertigen oder Schlöffer an denselben öffnen,

ohne Genehmigung

Stellvertreters

des

Hausbesitzers

oder

einen Hausschlüssel anfertigen,

seines oder

ohne Erlaubniß der Polizeibehörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen;

2) Gewerbtreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem

Gewerbe

geeignete,

mit dem gesetzlichen Eichungs-

stempel nicht versehene oder unrichtige Maße, Ge­ wichte oder Waagen vorgefunden werden, oder welche • 8 369 G. v. 26-/2. 76 s. oben S. 6. Rüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

11

Uebertrerungen.

162

§ 370.

sich einer anderen Verletzung der Vorschriften über die Maß- und Gewichtspolizei schuldig machen; Vgl. Maß- und Gewichtsordnung für den Nordd- Bund (jetzt Neichsges. s. Anhang S. 204) vom 17. August 1868 (B. G.B. S. 473—478) und Eichordnung vom 16./7. 69 (Beilage zu No. 32 deS B. G. B.) nebst Nachträgen v. 30./6. 70 (Beilage zu Nr. 29 des B. G. Bl.), v. 6./5. 71 (Beil, zu Nr. 23 deS R. G.

Bl.), v. 31./1. 72 (Beil, zu Nr. 12 des R. G. Bl.), v. 25./6. 72 (Beil, zu No. 26 R. G. Bl. u. C. Bl. f. 73 S. 21), v. 28./6. 73 (C. Bl. S. 215), v. 3-/3. 74 (C. Bl. S. 167), v. 2S./9 75 (C. Bl. S. 711), 22./3. 76 (C. Bl. S. 185), 19./8. 76 (C. Bl. S. 454),

27./1. 77 (C. Bl. S. 90), 3./3. 77 (C. Bl. S. 168), 6./10. 77

(C. Bl. S. 631), 15./2.71, 25-/3.78 (C. Bl. S. 104 u. 205). Außerdem vgl. die Bekanntmachungen v. 15. Febr. 1871 (Eichung d. Maße u. s. w. für Brennmaterialien u. Mineralprodukte Beil, zu Nr. 11 des B. G. Bl.) nebst Nachträgen v. 31/1. 72 (Beil,

zu Nr. 12 des R. G. Bl.), v. 25./Ö. 72 (Beil, zu No. 26 R. G. Bl.) u. v. 28./9. 75 (C. Bl. S. 714); v. 6-/5. 71 betr. Mediz. Gew. (Beil, zu No. 23 R. G. Bl.), v. 31./1. 72 betr. Goldmünzgewichte (Beil, zu No. 12 R. G. Bl.), v. 19./3. 72 betr. Meßapparate f. Flüssigk. (Beil. z. No. 12 R. G. Bl.) u. Nach-

trag hierzu v. 6./10. 77 (C. Bl. S. 632); v. 1./5. 72 betr. Präzisionswaagen in Apoth. (Beil. z. No. 14 R. G. Bl.), v.

25,/6. 72 betr. Federwaagen (Beil, zu No. 26 R. G. Bl., C. Bl. 73 L. 9), v. 14./12. 72 betr. die zuläff. Abweichungen bei Goldm.

Gew., Meßapp. f. Flüssigk. u. Federwaagen (C. Bl. 73 S. 3), v. 30./4. 74 betr. leere Faßkörper (C. Bl. S. 167), v. 17./6. 75 betr. Apothekerwaagen (C. Bl. S. 374).

3) Gewerbtreibende,

welche in Feuer arbeiten,

sie die Vorschriften nicht befolgen,

Polizeibehörde

wegen

Anlegung

wenn

welche von der

und

Verwahrung

ihrer Feuerstätten, sowie wegen der Art und der Zeit, sich des Feuers zu bedienen, erlassen sind. Im Falle der Nr. 2 ist neben der Geldstrafe oder der Hast auf die Einziehung der vorschriftswidrigen Maße,

Uebertretungen.

§ 370.

IßZ

Gewichte, Waagen oder sonstigen Meßwerkzeuge zu er­

kennen. Vgl. §§ 40, 42.

*370.

Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark

oder mit Haft wird bestraft:

1) wer unbefugt ein fremdes Grundstück,

einen öffent­

lichen oder Privatweg oder einen Grenzrain durch Abgraben oder Abpflügen verringert;

2) wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen Erde,

Steine oder Rasen, oder aus Grundstücken,

welche

einem Anderen gehören, Erde, Lehm, Sand, Grand oder Mergel gräbt, Plaggen oder Bülten haut, Rasen, Steine, Mineralien, zu deren Gewinnung es einer

Verleihung, einer Konzession oder einer Erlaubniß der Behörde nicht bedarf, oder ähnliche Gegenstände wegnimmt; 3) wer von einem zum Dienststande gehörenden Unter­

offizier oder Gemeinen des Heeres oder der Marine ohne die schriftliche Erlaubniß des vorgesetzten Kom­ mandeurs Montirungs- oder Armaturstücke kauft oder

zum Pfande nimmt; 4) wer unberechtigt fischt oder krebst; Vgl. § 296; das Erforderniß des Antrages ist durch das Ges. vom 26. Febr. 1876 beseitigt (vgl. den Schlußsatz).

5) wer Nahrungs- oder Genußmittel von unbedeutendem

Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Ver­

brauche entwendet. Eine Entwendung, welche von Verwandten auf­

steigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie ii*

164

Uevertretungen.

§ 370.

oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen

worden ist, bleibt straflos; Ob die Entwendung unter erschwerenden Umständen (vgl. § 243) erfolgte, ist gleichgültig. — „Feuerungsmaterial" gehört nicht unter die Genußmittel. München 3./12. 75. (St. VI, 89).

6) wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes

bestimmte oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigenthümers wegnimmt, um dessen Vieh damit zu füttern.

In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die Verfolgung

nur auf Anttag ein.

Die Zurücknahme des Antrages ist

zulässig. * A 370 4 u. Schlußsatz.

G. v. 26./2. 76 vgl. oben S. 6.

Anhang. 1.

Einführungs - Gesetz für

Sffaß-£otRringen.t) d. d. Bad Gastein den 30. August 1671. G.Bl. f. E.-L. Nr. 14. S. 255.

Art. I. Das anliegende Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich tritt in Elsaß-Lothringen mit dem 1. Oktober 1871

in Kraft.

Die Bestimmungen dieses Gesetzbuches, in welchen von

Bundesstaaten oder deren Beziehungen die Rede ist, finden auch auf Elsaß-Lothringen und dessen entsprechende Be-

Ziehungen Anwendung.

II.

Mit dem

bestimmungen,

1. Oktober 1871

insoweit

sie Materien

treten alle Straf­

betreffen,

welche

Gegenstand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind, außer Kraft.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften über die t) Literatur: Förtsch und Leoni: DaS Eins.Gesetz f. E.-L. u. s. w. in der 2. Aust. deS Komment, z. St. G.B. von Rüdorff.

Berlin 1877 (auch als Separat-Abdrnck erschienen).

Eins. G. f. Els.-Lothr.

166

durch das Strafgesetzbuch nicht berührten Materien, nament­ lich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-,

Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und FeldpolizeiGesetze, über Mißbrauch des Vereins- und Versammlungs­ rechts, über den Holz- (Forst-) Diebstahl und über Schul-

versäumniffe. Vgl. oben S. XV. und zu § 2 des Reichs-Einf.'GesetzeS; Förtsch: Der Code penal in E.-L. rc. Straßb. 1873; Fortsch und Leoni: Sammlg. der in E.-L. neben dem St. G.B. in Geltung geblieb. Ge­ setze. Straßburg 1875; wegen des Art. 412 des Code pön. daselbst S. 125; Kayser in v. Holtz. Handb. IV, 637 ff. (Sonderstrafrecht in Els.-Lothr.); Rolland de Villargues. Lois pönales spdciales etc. Paris 1877.

III. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vorschriften, welche durch das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich außer Kraft gesetzt sind, verwiesen wird, so treten

die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle

der ersteren.

IV. Die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich mit lebenslänglichem Zuchthause bedrohten Verbrechen

sind mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile

des Reichs, welcher in Kriegszustand erklärt ist, oder wäh­

rend eines gegen das Reich ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze begangen werden.

V. Vom 1. Oktober 1871 ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich enthaltenen Straf­ arten erkannt werden. Wenn in

den Landesgesetzen Todesstrafe,

travaux

forces, deportation oder reclusion angedroht sind, ist auf Zuchthaus, wenn detention angedroht ist, auf Festungs-

167

Eins. G. f. Els.-Lotyr.

haft, wenn dßgradation civique angedroht ist, auf Gefäng­

niß mit oder ohne Aberkennung der bürgerlichen Ehren­

rechte, wenn emprisonnement oder prison angedroht ist, auf Gefängniß,

falls

aber die angedrohte Strafe die

Dauer von sechs Wochen nicht übersteigt,

auf Haft zu

erkennen.

Wenn in den Landesgesetzen anstatt der Gefängniß­ oder Geldstrafe Forst- oder Gemeindearbeit angedroht oder

nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. Die Bestimmungen des St. G. B. über Umwandlung v. Geldstr. in Freiheitsstr. finden auf die amendes en mati&re civile keine An­ wendung.

Leipzig 17./4. 74.

(E. XIII. 160.)

VI. Die Verjährung der Civilklagen aus strafbaren Handlungen tritt in den nämlichen Zeiträumen ein, welche für die Verjährung der Strafverfolgung von solchen Hand­ lungen in dem Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich bestimmt sind.

VII.

Kaufleute, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, können mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft werden: 1) wenn sie nach Dotalrecht oder mit vertragsmäßiger Gütertrennung verheirathet, die Vorschriften des Artikel 69 des Code de commerce nicht befolgt haben; *) 2) wenn sie nicht innerhalb der drei Tage nach Einstellung der

Zahlungen die durch Artikel 438 und 439 des Code de com­

merce vorgeschriebene Erklärung abgegeben haben, oder wenn ihre Erklärung nicht die Namen aller solidarisch haftenden Gesellschafter enthält;**) *) Art. VII No. 1 ist aufgehoben u. ersetzt durch § 7 E. G. z.

Hand. G. B. v. 19./6. 72 (G. Bl. S. 213). **) Art. VII Nr. 2 u. 3 u. Art. VIII aufgehoben durch E. G. z. K.-O. § 4 A. 2 in Verbindung mit § 2 des E. G., dessen Absatz 3 jetzt

weggefallen ist (s. oben S. 2 und zu Abschn. 24 S. 116).

Eins. G. f. Els.-Lothr.

168

3) wenn sie sich ohne rechtmäßige Verhinderung in den festge­ setzten Fällen und Fristen nicht bei den Syndiken persönlich eingefunden, oder, nachdem sie ein freies Geleit erhalten, nicht vor Gericht gestellt haben. Die in den Artikeln 69 und 585 bis 600 des Code de commerce enthaltenen Strafbestimmungen sind aufgehoben.

VIII.

Ein Gläubiger, welcher nach erlangter Kenntniß von der Zahlungseinstellung zu seiner Begünstigung und zum Nachtheil der übrigen Gläubiger einen besonderen Vertrag mit dem Gemeinschuldner oder dessen Erben eingeht, oder welcher sich von demselben oder anderen Personen besondere Vortheile dafür gewähren oder versprechen läßt, daß er bei der Berathung und Beschlußnahme der Gläubiger in einem gereiften Sinne stimme, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Auch kann gegen denselben zugleich auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden.

IX. *)

Civilstandsbeamte werden mit Geldstrafe bis zu drei­ hundert Mark lEinhundert Thalern) oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft: 1) wenn sie ihre Urkunden anders alS in die dazu bestimmten

Register schreiben; 2) wenn sie die Heirathskunde einer schon verehelicht gewesenen Frau vor dem Ablaufe der in dem Artikel 228 des Code civil festgesetzten Frist aufnehmen; 3) wenn sie in Fällen, in denen sie zur Gültigkeit der Ehe die Einwilligung der Eltern oder anderer Personen erforderlich

ist, die Heirathsurkunde aufnehmen, ohne sich vorher von dem Dasein dieser Einwilligung überzeugt zu haben. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen in Nr. 2 und 3 ist nicht dadurch bedingt, daß die Gültigkeit der Ehe angefochten wird.

X. **)

Wer einer Entbindung beigewohnt oder ein neugeborneS

•) Art. IX ist durch d. G. v. 6./2. 75 (R. G.Bl. S. 23), namentlich § 69 (vgl. weiter unten) beseitigt; s. Förtsch u. Leoni zu Art. IX. **) Art. X ist aufgehoben durch §§ 17—20, 22—24 u. 69 des G. v. 6./2. 75 (vgl. den Text dieses Gesetzes weiter unten).

Eins. G. f. Els.-Lothr.

169

Kind gefunden hat, und die ihm durch die Civilgesetze auferlegte An. Meldung nicht innerhalb der in denselben vorgeschriebenen Frist bewirkt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert M-rk (Einhundert Thalern) oder Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

XI. Die in § 1 des Strafgesetzbuchs aufgestellte Eintheilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, Vergehen, Uebertretungen greift auch Platz für diejenigen strafbaren Handlungen, auf welche andere Strafgesetze als das gegenwärtige Strafgesetzbuch anzuwenden sind. Ist die Strafe in diesen Gesetzen als eine willkürliche bezeich­ net, so ist die Handlung eine Uebertretung.

XII.

Die Untersuchung und Entscheidung erfolgt: in Ansehung der Uebertretungen durch die Polizeigerichte,

in Ansehung der Vergehen durch die Zuchtpolizeikammern der Landgerichte, in Ansehung der Verbrechen durch die Schwurgerichtshöfe. Das Hauptverfahren wegen einfachen Diebstahls, ein­ facher Hehlerei (§ 261 des Strafgesetzbuchs, Absatz 2) und Betrugs im wiederholten Rückfalle ist, sofern mildernde Umstände vorhanden sind, durch den Anklagesenat an die Zuchtpolizeigerichte zu verweisen, welche sich aus dem Grunde, daß keine mildernde Umstände vorhanden seien, nicht inkompetent erklären dürfen.

In Ansehung aller Verbrechen und Vergehen solcher Personen, welche zur Zeit der That das achtzehnte Lebens­ jahr noch nicht vollendet haben, erfolgt die Entscheidung durch die Zuchtpolizeikammern, sofern nicht wegen Konnexi-

170

Eins. G. f. Els.-Lothr.

tät die Verweisung vor den Schwurgerichtshof auszu­ sprechen ist.

Ob ein Verlveis mündlich oder schriftlich zu ertheilen, bleibt dem richterlichen Ermessen überlassen. Abänderung des

Gesetz betr. eine

Einfüh­

rungsgesetzes zum Deutschen Strafgesetzbuch für Elsaß-Lothringen.

Vom 14. Juli 1873.

(G. Bl.

S. 166.)

Einziger Paragraph. Die Untersuchung und Entscheidung über die in den Artikeln

192, 194 und 195 deS Code forestier nach der Fassung des Gesetzes vom 18. Juni 1859 und in den Artikeln 196, 197 und 199 des Code forestier bezeichneten strafbaren Handlungen erfolgt durch die Polizeigerichte auch in denjenigen Fällen, in welchen die in den bezeichneten Artikeln, beziehungsweise in Verbindung mit Artikel 201 deS Code forestier angedrohten Strafen in Geldstrafen von höherem Betrage als von Einhundertfunfzig Mark (fünfzig Thalern) oder in Freiheitsstrafe von

längerer Dauer als sechs Wochen bestehen.

XIII. Die Vorschrift des Art. 341 des Code d’Instruction criminelle findet in den durch das Strafgesetz­ buch mit Strafe bedrohten Fällen nur dann Anwendung,

wenn dasselbe mildernde Umstände ausdrücklich zuläßt.

XIV. Hinsichtlich der Bestrafung der Schulversäum­ nisse bleibt es bei dem bestehenden Verfahren. XV. Alle wegen eines und desselben Verbrechens oder Vergehens verurtheilten Personen sind zu den Kosten, zur Rückgabe und zum Schadenersätze, auf welche erkannt wird,

solidarisch zu verurtheilen. Ist auf Einziehung oder Geldstrafe, zugleich aber auf

Rückgabe oder Schadenersatz erkannt worden, so haben die

Eins. G. f. Els.-Lothr.

171

letzteren den Vorzug, wenn das Vermögen des Verurtheilten nicht ausreicht, alle diese Leistungen zu bestreiten.

XVI. Die während des Krieges erlassenen Vorschrif­ ten über die Kompetenz der Kriegsgerichte,

sowie die

materiellen Strafbestimmungen, welche sich auf die diesen

Gerichten überwiesenen Verbrechen und Vergehen beziehen, bleiben, so lange sie nicht durch Kaiserliche Verordnungen

aufgehoben sind, in Kraft.

2.

Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs.'s) Vom 28. October 1871.**) (Vgl. unten S. 207.) R. G. Bl. No. 42. S. 347 ff.

(Besondere Vorrechte der Posten.) §18. Ge­ gen die ordentlichen Posten, Extraposten, Kuriere und Estafetten ist keine Pfändung erlaubt; auch darf dieselbe gegen einen Postillon nicht geübt werden, welcher mit dem ledigen Gespann zurückkehrt. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Geldstrafe von Einer Mark bis zu sechszig Mark verwirkt. 19. Jedes Fuhrwerk muß den ordentlichen Posten, sowie den Extraposten, Kurieren und Estafetten auf das übliche Signal ausweichen. Bei Zuwiderhandlungen ist eine Geldstrafe von Einer Mark bis zu dreißig Mark verwirkt. 23. Die Thorwachen, Thor-, Brücken- und Barriere­ beamten sind verbunden, die Thore und Schlagbäume

schleunigst zu öffnen, sobald der Postillon das übliche Signal giebt. Ebenso müssen auf dasselbe die Fährleute t) AuSg.: s. unten S. 207.

Die strafr. Bestimmungen allein s.

bei: MeveS. Erlangen 1876. •) Die Geldstrafen sind in obigem Text statt in der Thalerwäh­ rung in Reichswährung ausgedrückt.

G. über daö Postwesen.

die Ueberfahrt unverzüglich bewirken.

173 Bei Zuwiderhand,

hingen ist eine Geldstrafe von Einer Mark bis zu dreißig

Mark verwirkt.

(Strafbestimmungen bei Post- und PortoDefraudationen.) 27. Mit dem vierfachen Betrage des defraudirten Portos, jedoch niemals unter einer Geld­ strafe von drei Mark, wird bestraft:

1) wer Briefe oder politische Zeitungen, den Bestim­

mungen der §8 1 und 2 zuwider, auf andere Weise,

als durch die Post, gegen Bezahlung befördert oder verschickt;

erfolgt die Beförderung in versiegelten,

zugenähten oder sonst verschlosienen Packeten, so trifft

die Strafe den Beförderer nur dann, wenn er den verbotwidrigen Inhalt des Packets zu erkennen ver-

mochte; Die §8 1 und 2 begründen das Vorrecht der Post zur Beförderung von verschlossenen Briefen und von Zeitungen politischen Inhalts,

welche mehr als einmal wöchentlich erscheinen, gegen Bezahlung, mit Ausnahme der Beförderung durch expreffen Boten oder Fuhren Seitens Eines Absenders.

2) wer sich zu einer portopflichtigen Sendung einer, von der Entrichtung des Portos befreienden Bezeichnung

bedient, oder eine solche Sendung in eine andere ver­

packt, welche bei Anwendung einer vorgeschriebenen Bezeichnung portofrei befördert wird; 3) wer Postwerthzeichen nach ihrer Entwerthung zur Frankirung einer Sendung benutzt; inwiefern in die­

sem Falle wegen hinzugetretener Vertilgung des Ent-

werthungszeichens eine härtere Strafe verwirkt ist, wird nach den allgemeinen Strafgesetzen beurtheilt; 4) wer Briefe oder andere Sachen zur Umgehung der

G. über daS Postwesen.

174

Portogefälle einem Postbeamten oder Postillon zur Mitnahme übergiebt.

In den unter No. 2 und 3 bestimmten Fällen ist die

Strafe mit der Einlieferung der Sendung zur Post ver­ wirkt.

28. Im ersten Rückfalle wird die Strafe (§ 27.) ver­ doppelt und bei ferneren Rückfällen auf das Vierfache erhöht. Im Rückfalle befindet stch derjenige, welcher, nachdem er wegen einer der im 8 27 bezeichneten Defraudationen

vom Gerichte oder im Verwaltungswege (§§ 34, 35) be­ straft worden, abermals eine dieser Defraudationen begeht. Die §§ 34 uttb 35 geben den Oberpostdirektionen die Befugniß,

die Strafe durch Verfügung bezw. Bescheid festzusetzen.

Die Straferhöhung wegen Rückfalls tritt auch ein, wenn die frühere Strafe nur theilweise verbüßt, oder ganz oder theilweise

erlassen ist,

bleibt jedoch ausgeschloffen,

wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Defraudation drei

Jahre verflossen sind.

29. Wer wissentlich, um der Postkaffe das Personen­ geld zu entziehen, uneingeschrieben mit der Post reist, wird mit dem vierfachen Betrage des defraudirten Personen­

geldes,

jedoch

niemals unter einer Geldstrafe von drei

Mark, bestraft.

30. Außer der Strafe muß in den Fällen des § 27 das Porto, welches für die Beförderung der Gegenstände der Post zu entrichten gewesen wäre, und in dem Falle

des

§ 29 das defraudirte Personengeld

gezahlt werden.

In dem Falle des § 27 unter No. 1 haften der Absender

und der Beförderer für das Porto solidarisch.

G. über das Postwesen. 31.

175

Die Dauer der Haft, welche an die Stelle einer

nicht beizutreibenden Geldstrafe tritt, ist vom Richter fest­ zusetzen und darf sechs Wochen nicht übersteigen. 32.

Die Postbehörden und Postbeamten, welche eine

Defraudation entdecken, sind befugt, die dabei Vorgefunde­

nen Briefe oder anderen Sachen, welche Gegenstand der Uebertretung sind, in Beschlag zu nehmen und so lange ganz oder theilweise zurückzuhalten, bis entweder die de-

fraudirten Postgefälle, die Geldstrafe und die Kosten ge­

zahlt oder durch Kaution stchergestellt sind. 33.

Die in den §§ 27 bis 29 bestimmten Geldstrafen

fließen zur Postarmen- oder Unterstützungskasse.

3. Impfgesetz. Vom 8. April 1874. R. G. Bl. No. 11 S. 31 ff.

K 1.

Der Impfung mit Schutzpocken soll unterzogen

werden: 1) jedes Kind vor dem Ablaufe des auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres, sofern es nicht nach ärzt­ lichem Zeugniß (§ 10) die natürlichen Blattern über­ standen hat;

2) jeder Zögling einer öffentlichen Lehranstalt oder einer

Privatschule,

mit

Ausnahme

der

Abendschulen, innerhalb des Jahres,

Sonntags-

und

in welchem der

Zögling das zwölfte Lebensjahr zurücklegt, sofern er nicht nach ärztlichem Zeugniß in den letzten fünf Jah­

ren die natürlichen Blattern überstanden hat oder mit Erfolg geimpft worden ist.

5.

Jeder Impfling muß frühestens am sechsten, späte­

stens am achten Tage nach der Impfung dem impfenden

Arzte vorgestellt werden. 7.

Für jeden Jmpfbezirk wird vor Beginn der Impf­

zeit eine Liste der nach § 1, Ziffer 1 der Impfung unter­ liegenden Kinder von der zuständigen Behörde aufgestellt.

Ueber die auf Grund des § 1, Ziffer 2 zur Impfung ge-

Jmpfgesetz. langenden Kinder haben

177

die Vorsteher der betreffenden

Lehranstalten eine Liste anzufertigen.

Die Zmpfärzte vermerken in den Listen, ob die Impfung

mit oder ohne Erfolg vollzogen, oder ob und weshalb sie ganz oder vorläufig unterblieben ist. Nach dem Schluffe des Kalenderjahres sind die Listen

der Behörde einzureichen. Die Einrichtung der Listen wird durch den Bundes­

rath festgestellt.

8. Außer den Jmpfärzten sind ausschließlich Aerzte befugt, Impfungen vorzunehmen. Sie haben über die ausgeführten Impfungen in der

int § 7 vorgeschriebenen Form Listen zu führen und die­ selben am Jahresschluß der zuständigen Behörde vorzulegen.

10. Ueber jede Impfung wird nach Feststellumg ihrer Wirkung (§ 5) von dem Arzte ein Impfschein ausgestellt. In dem Impfschein wird,

unter Angabe des Vor- und

Zunamens des Impflings, sowie des Jahres und Tages seiner Geburt, bescheinigt, entweder,

daß durch die Impfung der gesetzlichen Pflicht genügt ist,

oder, daß die Impfung im nächsten Jahre wiederholt wer­

den muß.

In den ärztlichen Zeugnisien, durch welche die gänzliche

oder vorläufige Befreiung von der Impfung (§§ 1, 2) nachgewiesen werden soll, wird, unter der für den Impf­

schein vorgeschriebenen Bezeichnung der Person, beschei­

nigt, aus welchem Grunde und auf wie lange die Impfung unterbleiben darf.

12. Eltern, Pflegeeltern und Vormünder sind gehalten, Nüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

12

Jmpfgesetz.

178

auf amtliches Erfordern mittelst der vorgeschriebenen Be­ scheinigungen (§ 10) den Nachweis zu führen, daß die Impfung ihrer Kinder und Pflegebefohlenen erfolgt oder

aus einem gesetzlichen Grunde unterblieben ist.

13. Die Vorsteher derjenigen Schulanstalten, deren Zöglinge dem Jmpfzwange unterliegen (§ 1, Ziffer 2), ha­ ben bei der Aufnahme von Schülern durch Einfordern

der vorgeschriebenen Bescheinigungen festzustellen, ob die gesetzliche Impfung erfolgt ist.

Sie haben dafür zu sorgen, daß Zöglinge, welche während des Besuches der Anstalt nach § 1, Ziffer 2 impf-

pflichtig werden, dieser Verpflichtung genügen. Ist eine Impfung ohne gesetzlichen Grund unterblieben,

so haben sie auf deren Nachholung zu dringen. Sie sind verpflichtet,

vier Wochen vor Schluß des

Schuljahres der zuständigen Behörde ein Verzeichniß der­

jenigen Schüler vorzulegen, für welche der Nachweis der

Impfung nicht erbracht ist.

14. Eltern, Pflegeeltern und Vormünder, welche den nach § 12 ihnen obliegenden Nachweis zu führen Unterlasten, werden mit einer Geldstrafe bis zu zwanzig Mark bestraft.

Eltern,

Pflegeeltern und Vormünder,

deren Kinder

und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgtet* amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung (§ 5) entzogen geblieben sind, werden

mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis

zu drei Tagen bestraft. § 14 findet wegen Unterlassung des nach älteren Landesgesetzen erforderl. Nachweises der Impfung nicht Anwendung. Ber­ lin 23./10. 78.

Jmpfgesetz.

179

15. Aerzte und Schulvorsteher, welche den durch § 8 Absatz 2, § 7 und durch § 13 ihnen auferlegten Verpflich­ tungen nicht nachkommen, werden mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark bestraft. 16. Wer unbefugter Weise (§ 8) Impfungen vor­ nimmt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen bestraft. 17. Wer bei der Ausführung einer Impfung fahr­ lässig handelt, wird mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark oder mit Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten be­ straft, sofern nicht nach dem Strafgesetzbuch eine härtere Strafe eintritt.

4. Neichsulilitärgesetz (Auszug). Vom 2. Mai 1874.

(R. G. Bl. S. 45.)

K 33.

Wer die nach Maßgabe des § 31 vorgeschrie­

benen Meldungen zur Berichtigung der Stammrollen un­ terläßt, sowie Militärpflichtige,

welche in den von den

Ersatzbehörden abzuhaltenden Terminen nicht pünktlich er­

scheinen, sind, sofern sie nicht dadurch zugleich eine härtere Strafe verwirkt haben, mit Geldstrafe bis zu dreißig Mark,

oder Haft bis zu drei Tagen zu bestrafen. Ist

die Versäumniß durch

Umstände herbeigeführt,

deren Beseitigung nicht in dem Willen des betreffenden Anmeldungs- oder Gestellungspflichtigen lag (Absatz 1, 2), so treten die vorerwähnten Folgen nicht ein.

69. Nr. 6.

Mannschaften der Ersatzreserve erster Klaffe,

welche sich der ihnen auf Grund des Gesetzes auferlegten

Kontrole entziehen, werden mit Geldstrafe bis zu sechszig

Mark oder Haft bis zu acht Tagen bestraft.

5.

Gesetz über die Prefsef). Gegeben Berlin den 7. Mai 1874. Gesetzeskraft mit dem 1. Juli 1874. AuSgegeben Berlin den 10. Mai 1874. R. Ges. BI. No. 16. S. 65.

I. Einleitende Bestimmungen.

g 1. Die Freiheit der Presse unterliegt nur denjenigen Beschränkungen, welche durch das gegenwärtige Gesetz vor­ geschrieben oder zugelassen sind.

2. Das gegenwärtige Gesetz findet Anwendung auf alle Erzeugnisse der Buchdruckerpreffe, sowie auf alle anderen, durch mechanische oder chemische Mittel bewirkten,

zur

Verbreitung bestimmten Vervielfältigungen von Schriften

und bildlichen Darstellungen mit oder ohne Schrift, und

von Musikalien mit Text oder Erläuterungen. Was im Folgenden von „Druckschriften" verordnet ist, gilt für alle vorstehend bezeichneten Erzeugnisse.

3. Als Verbreitung einer Druckschrift im Sinne dieses Gesetzes gilt auch das Anschlägen, Ausstellen oder Aust) Ausgaben: vr. Marquardsen Prof. (Referentim Reichstage) Berlin 1874. (Guttentag); vr. v. Schwarze Gen.St.Anw. Erlangen 1874. (Palm u. Enke); Thilo Kr. Ger. Dir. Berlin 1874. (Heymann.)

Ferner: vr. Berner (Geh.Just.R.) Lehrb. des Deutschen Preßrechtes. Leipzig 1876; Dr. Kayser in v. Holtzend. Handb. IV, 545 ff.

G. über die Presse.

182

legen derselben an Orten, wo sie der Kenntnißnahme durch

daS Publikum zugänglich ist.

4. Eine Entziehung der Befugniß zum selbständigen Betriebe irgend eines Preßgewerbes oder sonst zur Heraus­ gabe und zum Vertriebe von Druckschriften kann weder im

administrativen,

noch im richterlichen Wege stattfinden.

Im Uebrigen sind für den Betrieb der Preßgewerbe

die Bestimmungen der Gewerbeordnung maßgebend.

5. Die nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung von Druckschriften kann durch die Ortspolizeibehörde den­ jenigen Personen verboten werden, welchen nach § 57 der

Gewerbeordnung ein Legitimationsschein versagt werden darf. Zuwiderhandlungen gegen ein solches Verbot werden

nach § 148 der Gewerbeordnung bestraft.

n. Ordnung der Presse. 6.

Auf jeder im Geltungsbereich dieses Gesetzes erscheinenden Druckschrift muß der Name und Wohnort

des Druckers und,

wenn sie für den Buchhandel,

oder

sonst zur Verbreitung bestimmt ist, der Name und Wohn­ ort des Verlegers, oder — beim Selbstvertriebe der Druck­

schrift — des Verfassers oder Herausgebers genannt sein.

An Stelle des Namens des Druckers oder Verlegers genügt die Angabe der in das Handelsregister eingetragenen Firma.

Ausgenommen von dieser Vorschrift sind die nur zu

den Zwecken des Gewerbes und Verkehrs, des häuslichen und geselligen Lebens dienenden Druckschriften, als: For­

mulare, Preiszettel, Visitenkarten und dergleichen, sowie

Stimmzettel für öffentliche Wahlen, sofern sie nichts weiter

G. über die Presse.

183

als Bwecf, Zeit und Ort der Wahl und die Bezeichnung der zu wählenden Personen enthalten.

7. Zeitungen und Zeitschriften, welche in monatlichen oder kürzeren, wenn auch unregelmäßigen Fristen erscheinen (periodische Druckschriften im Sinne dieses Ge­

setzes), müssen außerdem auf jeder Nummer, jedem Stücke

oder Hefte den Namen und Wohnort des verantwortlichen Redakteurs enthalten.

Die Benennung mehrerer Personen als verantwortliche

Redakteure ist nur dann zulässig, wenn aus Form und

Inhalt der Benennung mit Bestimmtheit zu ersehen ist, für welchen Theil der Druckschrift jede der benannten

Personen die Redaktion besorgt.

8. Verantwortliche Redakteure periodischer Druck­ schriften dürfen nur Personen sein, welche verfügungsfähig, im Besitze der bürgerlichen

Ehrenrechte sind

und

im

Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf­ enthalt haben.

9.

Don jeder Nummer (Heft, Stück) einer periodi­

schen Druckschrift muß der Verleger, sobald die Austheilung

oder Versendung beginnt,

ein Exemplar gegen eine ihm

sofort zu ertheilende Bescheinigung an die Polizeibehörde

des Ausgabeorts unentgeltlich abliefern. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Druck­

schriften, welche ausschließlich Zwecken der Wissenschaft, der Kunst, des Gewerbes oder der Industrie dienen.

10. Der verantwortliche Redacteur einer periodischen Druckschrift, welche Anzeigen aufnimmt, ist verpflichtet, die ihm von öffentlichen Behörden mitgetheilten amtlichen

Bekanntmachungen auf deren Verlangen gegen Zahlung

G. über die Preffe.

184

der

üblichen

Einrückungsgebühren

in

eine

der

beiden

nächsten Nummern des Blattes aufzunehmen.

1L Der verantwortliche Redakteur einer periodischen Druckschrift ist verpflichtet, eine Berichtigung der in letz­ terer mitgetheilten Thatsachen auf Verlangen einer bethei-

ligten öffentlichen Behörde oder Privatperson ohne Ein­ schaltungen oder Weglaffungen aufzunehmen,

sofern die

Berichtigung von dem Einsender unterzeichnet ist, keinen strafbaren Inhalt hat und sich auf thatsächliche Angaben

beschränkt. Die Bestrafung des Redakteurs aus § 19 Nr. 3 hebt die Ver­ pflichtung zur Berichtigung nicht auf. Berlin 13./9. 77.

Der Abdruck muß in der nach Empfang der Einsen­ dung nächstfolgenden, für den Druck nicht bereits abge­

schlossenen Nummer und zwar in demselben Theile der Druckschrift und mit derselben Schrift, wie der Abdruck des zu berichtigenden Artikels geschehen.

Die Aufnahme erfolgt kostenfrei, soweit nicht die Ent­

gegnung

den Raum der zu berichtigenden Mittheilung

überschreitet; für die über dieses Maß hinausgehenden Zeilen sind die üblichen Einrückungsgebühren zu entrichten.

12. Auf die von den deutschen Reichs-, Staats- und Gemeindebehörden, von dem Reichstage oder von der Landesvertretung eines deutschen Bundesstaats ausgehenden Druckschriften finden, soweit sich ihr Inhalt auf amtliche Mittheilungen beschränkt, die Vorschriften der §§ 6 bis

11 keine Anwendung.

13. Die auf mechanischem oder chemischem Wege vervielfältigten periodischen Mittheilungen (lithographirte, autographirte, metallographirte, durchschriebene Korrespon--

G. über die Presse.

185

denzen) unterliegen, sofern sie ausschließlich an Redaktionen

verbreitet werden, den in diesem Gesetze für periodische Druckschriften getroffenen Bestimmungen nicht.

14* Auslande

Ist gegen eine Nummer (Stück, Heft) einer im erscheinenden periodischen Druckschrift binnen

Jahresftist zwei Mal eine Verurtheilung auf Grund der

§§ 41 und 42 des Strafgesetzbuchs erfolgt,

so kann der

Reichskanzler innerhalb zwei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des letzten Erkenntniffes das Verbot der fer­

neren Verbreitung dieser Druckschrift bis auf zwei Fahre durch öffentliche Bekanntmachung aussprechen.

Die in den einzelnen Bundesstaaten auf Grund der

Landesgesetzgebung bisher erlassenen Verbote ausländischer

periodischer Druckschriften treten außer Wirksamkeit.

15. In Zeiten der Kriegsgefahr oder des Krieges können Veröffentlichungen über Truppenbewegungen oder Vertheidigungsmittel durch den Reichskanzler mittelst öffent­

licher Bekanntmachung verboten werden.

16. Oeffentliche Aufforderungen mittelst der Preffe zur Aufbringung der wegen einer strafbaren Handlung erkannten Geldstrafen und Kosten, sowie öffentliche Be­ scheinigungen mittelst der Preffe über den Empfang der

zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge sind verboten. Das zufolge solcher Aufforderungen Empfangene oder

der Werth deffelben ist der Armenkaffe des Orts der

Sammlung für verfallen zu erklären.

17. Die Anklageschrift "oder andere amtliche Schrift­ stücke eines Strafprozeffes dürfen durch die Presse nicht eher veröffentlicht werden, als bis dieselben in öffentlicher

G. über die Preffe.

186

Verhandlung kund gegeben worden sind oder das Verfahren sein Ende erreicht hat.

18. Mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Hast oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten werden bestraft: 1) Zuwiderhandlungen gegen die in den §§ 14, 15, 16 und 17 enthaltenen Verbote; 2) Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §§ 6, 7 und 8, welche durch falsche Angaben mit Kenntniß der Unrichtigkeit begangen werden.

Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er wissentlich geschehen läßt, daß auf derselben eine Person fälschlich als Redakteur

benannt wird.

19. Mit Geldstrafe bis zu einhundert und fünfzig Mark oder mit Haft werden bestraft: 1) Zuwiderhandlungen gegen die §§ 6, 7 und 8, welche nicht durch § 18 Ziffer 2 getroffen sind; 2) Zuwiderhandlungen gegen den § 9;

3) Zuwiderhandlungen gegen die §§ 10 und 11. In den Fällen der Ziffer 3 tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein, und hat das Strafurtheil zugleich die Aufnahme des eingesandten Artikels in die nächstfolgende Nummer anzuordnen. Ist die unberechtigte Verweigerung im guten Glauben geschehen, so ist unter Freisprechung von Strafe und Kosten lediglich die nachträgliche Auf­ nahme anzuordnen.

Vgl. wegen des Antrags St. G. B. § 61 ff. u. oben S. XVIII.

G. über die Presse.

187

III. Verantwortlichkeit für die dnrch die Presse begangenen strafbaren Handlungen.

20. Die Verantwortlichkeit für Handlungen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer Druckschrift begründet wird,

bestimmt sich

nach

den

bestehenden

allgemeinen

Strafgesetzen. Ist die Druckschrift eine periodische, so ist der ver­

antwortliche

Redakteur als

Thäter zu bestrafen,

wenn

nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner Thäter­

schaft ausgeschloffen wird.

21. Begründet der Inhalt einer Druckschrift den That­ bestand einer strafbaren Handlung, so sind der verantwortliche Redakteur, der Verleger,

der Drucker,

derjenige, welcher die Druckschrift gewerbsmäßig ver­

trieben oder sonst öffentlich verbreitet hat (Verbreiter), soweit sie nicht nach § 20 als Thäter oder Theilnehmer

zu bestrafen sind, wegen Fahrlässigkeit mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder mit Festungshaft oder Gefängniß bis zu einem Jahre zu belegen, wenn sie

nicht die Anwendung der pflichtgemäßen Sorgfalt oder

Umstände nachweisen, welche diese Anwendung unmöglich gemacht haben. Die Bestrafung bleibt jedoch für jede der benannten Personen ausgeschlossen, wenn sie als den Verfaffer oder

den Einsender, mit dessen Einwilligung die Veröffent­ lichung geschehen ist, oder, wenn es sich um eine nicht

G. über die Preffe.

188

periodische Druckschrift handelt, als den Herausgeber der­

selben, oder als einen der in obiger Reihenfolge vor ihr

Benannten eine Person bis zur Verkündigung des ersten Urtheils

nachweist, welche in

dem Bereich

der richter­

lichen Gewalt eines deutschen Bundesstaats sich befindet, oder falls sie verstorben ist, sich zur Zeit der Veröffent­

lichung befunden hat; hinsichtlich des Verbreiters auslän­

discher Druckschriften außerdem, wenn ihm dieselben im Wege des Buchhandels zugekommen sind.

IV. Verjährung. 22. Die Strafverfolgung derjenigen Verbrechen und Vergehen, welche durch die Verbreitung von Druckschriften strafbaren Inhalts

begangen

werden,

sowie

derjenigen

sonstigen Vergehen, welche in diesem Gesetze mit Strafe bedroht sind, verjährt in sechs Monaten.

Vgl. St. G. B. § 66-68.

V. Beschlagnahme. 23.

Eine Beschlagnahme von Druckschriften ohne richterliche Anordnung findet nur statt: 1) wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§ 6 und

7 nicht entspricht, oder den Vorschriften des § 14

zuwider verbreitet wird, 2) wenn durch eine Druckschrift einem auf Grund des

§ 15 dieses Gesetzes erlassenen Verbot zuwider gehan­

delt wird, 3) wenn der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand

einer der in den §§ 85, 95,

111,

130 oder 184

des deutschen Strafgesetzbuchs mit Strafe bedrohten

G. üver die Presse.

189

Handlungen begründet, in den Fällen der §§111 und 130 jedoch nur dann, wenn dringende Gefahr besteht, daß bei Verzögerung der Beschlagnahme die Aufforderung oder Anreizung ein Verbrechen oder Vergehen unmittelbar zur Folge haben werde.

24. Ueber die Bestätigung oder Aufhebung der vor­ läufigen Beschlagnahme hat das zuständige Gericht zu entscheiden. Diese Entscheidung muß von der Staatsanwaltschaft binnen vierundzwanzig Stunden nach Anordnung der Be­ schlagnahme beantragt und von dem Gericht binnen vierundzwanzig Stunden nach Empfang des Antrags erlaffen werden. Hat die Polizeibehörde die Beschlagnahme ohne An­ ordnung der Staatsanwaltschaft verfügt, so muß sie die Absendung der Verhandlungen an die letztere ohne Verzug und spätestens binnen zwölf Stunden bewirken. Die Staatsanwaltschaft hat entweder die Wiederaufhebung der Beschlagnahme mittelst einer sofort vollstreckbaren Verfü­ gung anzuordnen, oder die gerichtliche Bestätigung binnen zwölf Stunden nach Empfang der Verhandlungen zu beantragen. Wenn nicht bis zum Ablaufe des fünften Tages nach Anordnung der Beschlagnahme der bestätigende Gerichtsbeschluß der Behörde, welche die Beschlagnahme angeordnet hat, zugegangen ist, erlischt die letztere und muß die Frei­ gabe der einzelnen Stücke erfolgen.

25. Gegen den Beschluß des Gerichts, welcher die vorläufige Beschlagnahme aufhebt, findet ein Rechtsmittel nicht statt.

G. über die Presse.

190 26.

Die vom Gericht bestätigte, vorläufige Beschlag­

nahme ist wieder aufzuheben,

wenn nicht binnen zwei

Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der

Hauptsache eingeleitet worden ist. 27.

Die Beschlagnahme von Druckschriften trifft die

Exemplare nur da, wo dergleichen zum Zwecke der Ver­

breitung fich befinden. Sie kann sich auf die zur Vervielfäl­ tigung dienenden Platten und Formen erstrecken; bei Druck­

schriften im engeren Sinne hat auf Antrag des Betheiligten

statt Beschlagnahme des Satzes das Ablegen des letzteren

zu geschehen. Bei der Beschlagnahme find die dieselbe veranlassenden Stellen der Schrift unter Anführung der verletzten Gesetze

zu bezeichnen.

Trennbare Theile der Druckschrift (Bei­

lagen einer Zeitung:c.),

welche nichts Strafbares ent*

halten, sind von der Beschlagnahme auszuschließen. 28.

Während der Dauer der Beschlagnahme ist die

Verbreitung der von derselben betroffenen Druckschrift oder

der Wiederabdruck der die Beschlagnahme veranlassenden Stellen unstatthaft.

Wer mit Kenntniß der verfugten Beschlagnahme dieser Bestimmung

entgegenhandelt,

wird

mit Geldstrafe bis

fünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Mo­ naten bestraft. 29. Zur Entscheidung über die durch die Preffe be-

gangenen Uebertretungen sind die Gerichte auch in den­ jenigen Bundesstaaten

ausschließlich

zuständig,

wo zur

Zeit noch deren Aburtheilung den Verwaltungsbehörden

zusteht. Soweit in einzelnen Bundesstaaten eine Mitwirkung

G. über die Preffe.

191

der Staatsanwaltschaft bei den Gerichten unterster In­ stanz nicht vorgeschrieben ist, sind in den Fällen der ohne

richterliche Anordnung erfolgten Beschlagnahme die Akten unmittelbar dem Gericht vorzulegen.

VI. Schlußbestimmungen. 30. Die für Zeiten der Kriegsgefahr, des Krieges, des erklärten Kriegs- (Belagerungs-) Zustandes oder innerer Unruhen (Aufruhrs) in Bezug auf die Preffe bestehenden

besonderen gesetzlichen Bestimmungen bleiben auch diesem

Gesetze gegenüber bis auf Weiteres in Kraft. 23 er gl. R. V. art. 68 und Pr. Ges. über den Belagerungszustand v. 4. 6. 1851 § 5.

Das Recht der Landesgesetzgebung, Vorschriften über

das öffentliche Anschlägen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche, unentgeltliche Vertheilung von Bekanntmachun­

gen, Plakaten und Auftufen zu erlassen, wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dasselbe gilt von den Vorschriften der Landesgesetze über Abgabe

von Freiexemplaren

an Bibliotheken und

öffentliche Sammlungen.

Vorbehaltlich der auf den Landesgesetzen beruhenden allgemeinen Gewerbesteuer findet eine besondere Bestem,

rung der Presse und der einzelnen Preßerzeugniffe (Zeitungs- und Kalenderstempel, Abgaben von Inseraten rc.)

nicht statt.

31. Dieses Gesetz tritt am 1. Juli 1874 in Kraft. Seine Einführung in Elsaß-Lothringen bleibt einem be­ sonderen Gesetze vorbehalten.

6. Gesetz über Markenschutz.*)^) Vom 30. November 1874. R. G. Bl. No. 28. S. 143. ff.

gL

Gewerbetreibende, deren Firma im Handels­ register eingetragen ist, können Zeichen, welche zur Unter­

scheidung ihrer Waaren von den Waaren anderer Gewerbe­ treibenden auf den Waaren selbst oder auf deren Verpackung angebracht werden sollen, zur Eintragung in das Handels*) Der Vermerk im amtlichen Text deS St. G.B. zu § 288, daß

§ 287 durch § 14 des obigen Gesetzes ersetzt sei, ist nicht ganz korrekt, da auch die §§ 18 u. 20 in Betracht kommen. Der aufgehobene § 287 (vgl. Art. V deS G. v. 2G./2. 76 oben S. 7) lautete: 287. „Wer Waaren oder deren Verpackung fälschlich mit dem Namen oder der Firma eines inländischen Fabrikunternehmers, Pro­ duzenten oder Kaufmanns bezeichnet oder wissentlich dergleichen fälsch­ lich bezeichnete Waaren in Verkehr bringt, wird mit Geldstrafe von fünfzig bis zu Eintausend Thalern oder mit Gefängniß bis zu sechs

Monaten bestraft. Dieselbe Strafe tritt ein, wenn die Handlung gegen Angehörige eines fremden Staats gerichtet ist, in welchem nach veröffentlichten Staatsverträgen oder nach Gesetzen die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Strafe wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß bei der Waarenbezeichnung der Name oder die Firma mit so geringen Abänderungen

wiedergegeben wird, daß die letzteren nur durch Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können." t) Ausgaben: Meves: Erlangen 1876; Endemann 1875; Klostermann: Patentgesetzgebung. 2. Aust. 1876. S. 430.

G. über Markenschutz.

193

register des Ortes ihrer Hauptniederlassung bei dem zu­ ständigen Gerichte anmelden.

14. Wer Waaren oder deren Verpackung wissentlich mit einem nach Maßgabe dieses Gesetzes zu schützenden Warenzeichen, oder mit dem Namen oder der Firma eines

inländischen

Produzenten

oder Handeltreibenden

wider­

rechtlich bezeichnet, oder wissentlich dergleichen widerrecht­

lich bezeichnete Waaren in Verkehr bringt oder feilhält, wird mit Geldstrafe von einhundertfünfzig bis dreitausend

Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft und ist dem Verletzten zur Entschädigung verpflichtet.

Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist nicht zulässig vgl. § 64 St. G. V (neue Fassung) und die Motive zu diesem §.

15. Statt jeder aus diesem Gesetze entspringenden Entschädigung kann auf Verlangen des Beschädigten neben der Strafe auf eine an ihn zu erlegende Buße bis zum

Betrage von fünftausend Mark erkannt werden.

Für diese

Buße hasten die zu derselben Verurtheilten als Gesammt-

schuldner. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs aus.

16. Darüber, ob ein Schaden entstanden ist, und wie hoch sich derselbe beläuft, entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Ueberzeugung.

17. Erfolgt eine Verurtheilung auf Grund des § 14, so ist auf Antrag des Verletzten bezüglich der im Besitze des Verurtheilten befindlichen Waaren auf Vernichtung

der Zeichen auf der Verpackung oder den Waaren, oder, wenn die Beseitigung der Zeichen in anderer Weise nicht Rüdorff, Strafgesetzbuch. 10. Aufl.

13

G. über Markenschutz.

194 möglich

ist,

auf Vernichtung

der Verpackung

oder der

Waaren selbst zu erkennen. Erfolgt die Verurtheilung im Strafverfahren, so ist dem Verletzten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung

auf Kosten des Verurtheilten öffentlich bekannt zu machen.

Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben

ist in dem Urtheil zu bestimmen.

18. Der dem Inhaber eines Waarenzeichens, eineö Namens oder einer Firma nach Inhalt dieses Gesetzes

gewährte Schutz wird dadurch nicht ausgeschloffen, daß

das Waarenzeichen, der Name oder die Firma mit Abänderungen wiedergegeben sind, welche nur durch Anwen­

dung

besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden

können.

20. Auf Waarenzeichen von Gewerbetreibenden, welche im Jnlande eine Handelsniederlassung nicht besitzen, sowie auf die Namen oder die Firmen ausländischer Produzenten oder Handeltreibenden finden, wenn in dem Staate, wo

ihre Niederlaffung sich befindet, nach einer in dem Neichs-

Gesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung deutsche Waaren­ zeichen, Namen und Firmen einen Schutz genießen, die Bestimmungen dieses Gesetzes Anwendung, jedoch in An­

sehung der Waarenzeichen (§ 1) mit folgenden Maßgaben: 1) die Anmeldung eines Waarenzeichens hat bei dem

Handelsgerichte in Leipzig mit der Erklärung zu er­

folgen,

daß sich der Anmeldende für Klagen auf

Grund

dieses Gesetzes der Gerichtsbarkeit des ge­

nannten Gerichts unterwirft; 2) mit der Anmeldung ist der Nachweis zu verbinden, daß in dem fremden Staate die Voraussetzungen er-

G. über Markenschutz.

195

füllt sind, unter welchen der Anmeldende dort einen Schutz für das Zeichen beanspruchen kann;

3) die Anmeldung begründet ein Recht auf das Zeichen

nur insofern und auf so lange, als in dem fremden Staate der Anmeldende in der Benutzung des Zeichens

geschützt ist. Das gegenseitige Schutzverhältniß für Namen, Firmen nndWaarenzeichen in Gemäßheit deS § 20 besteht, mit: Frankreich, Vertr. 12./10. 71, Art. 11. (R. G. Bl. S. 363.), Deklar. 8./10. 73 (R. G. Bl. S.365.); Spanien, Vertr. 3O./3.68 Art. 6. (B.G.Bl. S. 325.); Nord­ amerika, Vertr. 11./12. 71 Art. 17. (R. G.Bl. S. 106.); Portugal, Vertr. 2./3. 72 Art. 10. (R. G. Bl. S. 258.); Rußland, Bekanntm. 18./8. 73 (R.G.Bl. S. 337.); Schweden-Norwegen, Bekanntm. 11./7. 72 (R. G. Bl. S. 293.); Schweiz (nur Namen und Firmen), Vertr. 13./5. 69 Art. 10. u. Schlußprot. v. 13./5. 69 unter X (B. G. Bl. S. 606.); Großbritannien, Deklar. 14./4. 75 (R.G.Bl. S. 198.);

Italien, Bekanntm. 20./4. 75 (R.G.Bl. S. 200.); Belgien, Bekanntm. 13./9. 75 (R.G.Bl. S. 301.); Luxemburg, Bekanntm. 14./7. 76 (R.G.Bl. S. 169.); Brasilien Bekanntm. v. 28./2. 77 (R.G.Bl. S. 406); Oesterreich - Ungarn Vertr. v. 16./12. 78 Art. 20 u. Schlußprot. (R. G.Bl. S. 372 u. 392); Dänemark, Bekanntm. v. 4./4. 79 (R. G. Bl. S. 123).

7. Gesetz über die Leurkundung des Personen­ standes und die Eheschließung. Vom 6. Februar 1875. R. G. Bl. No. 4. S. 23 ff.

(Beurkundung der Geburten.) Geburt

eines Kindes

ist innerhalb

8 17.

Jede

einer Woche dem

Standesbeamten des Bezirks, in welchem die Niederkunft stattgefunden hat, anzuzeigen.

18.

Zur Anzeige sind verpflichtet:

1. der eheliche Vater;

2. die bei der Niederkunft zugegen gewesene Hebamme;

3. der dabei zugegen gewesene Arzt; 4. jede andere dabei zugegen gewesene Person; 5. die Mutter, sobald sie dazu im Stande ist.

Jedoch tritt die Verpflichtung der in der vorstehenden

Reihenfolge später genannten Personen nur dann ein, wenn ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden oder derselbe an der Erstattung der Anzeige verhindert ist.

19.

Die Anzeige ist mündlich von dem Verpflichteten

selbst oder durch eine andere aus eigener Wissenschaft un­

terrichtete Person zu machen.

20.

Bei Geburten, welche sich in öffentlichen Ent-

bindungs-,

Hebammen-,

Kranken-, Gefangen- und ähn-

Personenstandsgesetz. lichen Anstalten,

197

sowie in Kasernen ereignen, trifft die

Verpflichtung zur Anzeige ausschließlich den Vorsteher der Anstalt oder den von der zuständigen Behörde ermächtig­ ten Beamten.

Es genügt eine schriftliche Anzeige in amt­

licher Form.

21. Der Standesbeamte ist verpflichtet, sich von der Richtigkeit der Anzeige (§§ 17 bis 20), wenn er dieselbe zu bezweifeln Anlaß hat, in geeigneter Weise Ueberzeugung zu verschaffen.

22. Die Eintragung des Geburtsfalles soll enthalten: 1. Vor- und Familiennamen, Stand oder Gewerbe und Wohnort des Anzeigenden; 2. Ort, Tag und Stunde der Geburt; 3. Geschlecht des Kindes;

4. Vornamen deö Kindes; 5. Vor- und Familiennamen, Religion, Stand oder Ge­ werbe und Wohnort der Eltern. Bei Zwillings- oder Mehrgeburten ist die Eintragung

für jedes Kind besonders und so genau zu bewirken, daß die Zeitfolge der verschiedenen Geburten ersichtlich ist. Standen die Vornamen des Kindes zur Zeit der An­ zeige noch nicht fest, so sind dieselben nachträglich und

längstens binnen zwei Monaten nach der Geburt anzu­

zeigen.

Ihre Eintragung erfolgt am Rande der ersten

Eintragung.

23. Wenn ein Kind todtgeboren oder in der Geburt verstorben ist, so muß die Anzeige spätestens am nächst­ folgenden Tage geschehen.

Die Eintragung ist alsdann

mit dem im § 22 unter Nr. 1 bis 3 und 5 angegebenen

Inhalte nur im Sterberegister zu machen.

Personenstandsgesetz.

198

24.

Wer ein neugeborenes Kind findet, ist verpflichtet,

hiervon spätestens am nächstfolgenden Tage Anzeige bei

der Ortspolizeibehörde zu machen.

Die Letztere hat die

erforderlichen Ermittelungen vorzunehmen und dem Stan-

desbeamten des Bezirks von deren Ergebniß behufs Eintragung in das Geburtsregister Anzeige zu machen.

Die Eintragung soll enthalten die Zeit, den Ort und die Umstände des Auffindens, die Beschaffenheit und die

Kennzeichen der bei dem Kinde Vorgefundenen Kleider und

sonstigen Gegenstände, die körperlichen Merkmale des Kindes, sein vermuthliches Alter, sein Geschlecht, die Behörde,

Anstalt oder Person, bei welcher das Kind untergebracht worden, und die Namen, welche ihm beigelegt werden. (Beurkundung der Sterbefälle.)

56.

Jeder

Sterbefall ist spätestens am nächstfolgenden Wochentage

dem Standesbeamten des Bezirks, in welchem der Tod er­ folgt ist, anzuzeigen. 57. Zu der Anzeige verpflichtet ist das Familienhaupt,

und wenn ein solches nicht vorhanden oder an der Anzeige

behindert ist, derjenige, in dessen Wohnung oder Behau­ sung der Sterbefall sich ereignet hat.

58.

Die §8 19 bis 21 kommen auch in Beziehung

auf die Anzeige der Sterbefälle zur Anwendung. Findet eine amtliche Ermittelung über den Todesfall statt, so erfolgt die Eintragung auf Grund der schriftlichen Mittheilung der zuständigen Behörde. (Beurkundung des Personenstandes der auf

See befindlichen Personen.)

61.

Geburten und

Sterbefälle, welche sich auf Seeschiffen während der Reise

ereignen, sind nach den Vorschriften dieses Gesetzes späte­ stens am nächstfolgenden Tage nach der Geburt oder dem Todesfall von dem Schiffer, unter Zuziehung von zwei Schiffsoffizieren oder anderen glaubhaften Personen, in

dem Tagebuch zu beurkunden.

Bei Sterbefällen ist zu­

gleich die muthmaßliche Ursache des Todes zu vermerken.

62. Der Schiffer hat zwei von ihm beglaubigte Ab­ schriften der Urkunden demjenigen Seemannsamte, bei dem cs zuerst geschehen kann,

zu übergeben.

Eine dieser Ab­

schriften ist bei dem Seemannsamte aufzubewahren, die andere ist demjenigen Standesbeamten, in dessen Bezirk die Eltern des Kindes, beziehungsweise der Verstorbene

ihren Wohnsitz haben oder zuletzt gehabt haben, behufs

der Eintragung in das Register zuzufertigen.

63. Ist der Schiffer verstorben oder verhindert, so hat der Steuermann die in den §§ 61 und 62 dem Schiffer auferlegten Verpflichtungen zu erfüllen.

64. Sobald das Schiff in den inländischen Hafen eingelaufen ist, in welchem es seine Fahrt beendet, ist das Tagebuch der für den Standesbeamten des Hafen orts zu­

ständigen Aufsichtsbehörde vorzulegen. Diese hat beglaubigte Abschrift der in das Tagebuch

eingetragenen Standesurkunde dem Standesbeamten, in

dessen Register der Fall gehört (§ 62), behufs Kontrolirung der Eintragungen zuzustellen. (Schlußbestimmungen.) 67. Ein Geistlicher oderanderer Religionsdiener, welcher zu den religiösen Feierlich­ keiten einer Eheschließung schreitet, bevor ihm nachgewiesen

worden ist, daß die Ehe vor dem Standesbeamten ge-

200

Personenstandsgesetz.

schlossen sei, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark

oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Der durch § 67 aufgehobene § 337 des St. G. B. v. 15./L. 71. (vgl. Art. V des Ges. v. 26. Febr. 1876 oben S. 7) lautete: 339. „Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher zu den religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung schreitet, bevor ihm nachgewiesen worden ist, daß eine Heirathsurkunde von dem Personen­ standsbeamten ausgenommen sei, wird, wenn zur bürgerlichen Gültig, feit der Ehe die Aufnahme einer Heirathsurknnde erforderlich ist, mit Geldstrafe bis zu Einhundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu drei

Monaten bestraft."

68. Wer den in den §§ 17 bis 20, 22 bis 24, 56 bis 58 vorgeschriebenen Anzeigepflichten nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark oder mit

Haft bestraft.

Die Strafverfolgung tritt nicht ein, wenn

die Anzeige, obwohl nicht von den zunächst Verpflichteten, doch rechtzeitig gemacht worden ist.

Die bezeichnete Strafe trifft auch den Schiffer oder

Steuermann, welcher den Vorschriften der §§ 61 bis 64

zuwiderhandelt. Die Standesbeamten sind außerdem befugt, die zu An­

zeigen oder zu sonstigen Handlungen auf Grund dieses

Gesetzes Verpflichteten hierzu durch Geldstrafen anzuhalten, welche für jeden einzelnen Fall den Betrag von fünfzehn

Mark nicht übersteigen dürfen.

69. Ein Standesbeamter, welcher unter Außerachtlaffung der in diesem Gesetze gegebenen Vorschriften eine Eheschließung vollzieht, wird mit Geldstrafe bis zu sechs­ hundert Mark bestraft.

8. Gesetz betreffend den Spielkartenstempel (Auszug). Vom 3. Juli 1878. (R. G. BI. S. 133.)

1. Spielkarten unterliegen einer nach Borschrist dieses Gesetzes zu erhebenden, zur Reichskasse fließenden Stempel­ abgabe, welche beträgt:

0,30 Mark für jedes Kartenspiel von 36 oder weni­ ger Blättern, 0,50 Mark für jedes andere Spiel.

10. Spielkarten, welche der Borschrift dieses Gesetzes zuwider

mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen

sind, unterliegen der Einziehung, gleichviel wem sie ge­

hören und ob gegen eine bestimmte Person Anklage er­

hoben wird. Wer

der Borschrift dieses Gesetzes zuwider Karten,

welche mit dem erforderlichen Stempel nicht versehen sind,

feilhält, veräußert, vertheilt,

erwirbt,

damit spielt oder

solche wissentlich in Gewahrsam hat,

verfällt für jedes

Spiel in eine Strafe von dreißig Mark.

Wirthe und

andere Personen,

welche Gäste halten,

haben dieselbe Strafe verwirkt, wenn in ihren Wohnungen

oder Lokalen mit ungestempelten Karten gespielt und nicht nachgewiesen wird, daß dies ohne ihr Wissen geschehen sei. (Die §§ 11 ff. enthalten Strafbestimmungen gegen (iinbringer, Händler und Fabrikanten.)

9. Uebersicht der hauptsächlichsten Reichs- (Bundes-) Gesetze, welche neben dem St. G. B. geltende Straf­ bestimmungen enthalten oder sich auf das Strafrecht beziehen.*)

1. Gesetz betreffend die Erhebung einer Abgabe von Salz vom 11. October 1867 §§ 11-18. B. G. Bl. S. 41. — Dieses im ganzen Reiche mit Ausnahme der vom GesammtZollverein noch ausgeschlossenen Gebiete geltende Gesetz ist nicht förm­

liches Reichsgesetz, sondern Gesetz deö im Reiche aufgegangenen Zoll­ vereins. Auf Grund der Uebereinkunft v. 8./5. 67 (B. G. Bl. S. 49) erlassen, wurde eö — außer im Nordd. Bunde — mit geringen Abände­

rungen publizirt: in Bayern (G. v. 16./11. 67 — G.Bl. S. 217), Württemberg (G. v. 25./11. 67 — Reg.Bl. S. 114), Baden (E.G. v. 25./10. 67. Reg.Bl. S. 460) und Südhessen (G. v. 9./11. 67 — Reg. Bl. S. 493), in Els.-Lothr. durch G. v. 17./7. 71 (G. Bl.

S. 37).

2. Gesetz betr. die Reichs- (Bundes-) Flagge v. 25. Oct. 1867. §§ 13-15. B. G. Bl. S. 35. — Zum Neichsgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bund — in Südhessen, Baden, Württemberg seit l./l. 71, in Bayern

seit 13./5. 71 eingeführt. B. G. Bl. 1870 S. 647, 656; 1871 S. 63. 87.

3. Gesetz betr. die vertragsmäßigen Zinsen vom 14./11. 67 (Aufheb. der Wucher strafen). B. G.Bl. S. 159. — Zum Reichsgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bund — in Cüdheffen und Baden seit l./l. 71, in Württemberg seit 1./7. 71,

B. G. Bl. 1870 S. 647, 656; 1871 S. 63. *) Ausgaben: Neumann (Staats-Anw.): die Deutschen Reichs­ gesetze, welche neben dem St. G. B. u. s. w. (mit Erläuterungen) Berlin 1878 (Heymann).

Besondere Reichsstrafgesetze.

20!

4. Gesetz betr. die Erhebung einer Abgabe von der Branntweinbereitung in den Hohenzollernschen Landen vom 4. Mai 1868. B. G. Bl. S. 151; dazu: Ergänzungsgesetz vom 15. November 1874 (R. G Bl. S. 133).

5. Gesetz betr. die Besteuerung des Tabacks vom 26. Mai 1868. §§ 10-12. B. G. Bl. S. 319. — DieieS G. ist wie das unter Nr. 1. ZoltvereinSgesetz und außer

im Nordd. Bunde eingeführt: in Bayern (K. Dekl. v. 28. Aug. 68 — G.Bl. S. 657), Württemberg (K.V.O. v. 24. Juni 68), Baden (V.O. deS Fin.°Min. v. 9. Jui 68 — Reg. Bl. 592), Süd-Hessen (Minist.-Bek. v. 23. Juni 68 — Reg. Bl. S. 824). Wegen Els. - Lothr. vgl. V. O. deS Gen. Gouv. v. 7./6. 71 u. R. G. V. 17./7. 71 (R, G. Bl. 5. 325).

6. Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirthschafts­ Genossenschaften vom 4. Juli 1868. §§ 27, 67, 68. B. G. Bl. S. 415. — Zum Reichsgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bunde — in Württemberg, Baden, Südheffen seit 1. Jan. 1871 in Gültigkeit.

B. G. Bl. 1870 S. 647, 656; 1871 S. 13. — In Els.-Lothr. seit 1. Oct. 1872 nebst V. O. v. 28. Sept. 1872. (G.Bl. f. Els.-Lothr. S. 511, 745.) — In Bayern seit 1. Aug. 1873 laut G. v. 23. Juni 73 (R. G.Bl. S. 146).

7. Gesetz wegen Besteuerung des Braumalzes in verschiedenen zum Norddeutschen Bunde gehörenden Staaten und Gebietstheilen vom 4. Juli 1868. B. G. Bl. von 1868 S. 375, 465, 513 und von 1869 S. 241. 8. Gesetz, betr. die Besteuerung deS Branntweins in verschiedenen zum Norddeutschen Bunde gehörenden Staa­ ten und Gebietstheilen vom 8./7.6S. B. G. Bl. S. 384.

9. Gesetz, betr. die subsidiarische Haftung des Brauerei(Brennerei-) Unternehmers für Zuwiderhandlungen gegen die Braumalz- (Branntwein-) Steuer-Gesetze durch Ber-

204

Besondere Reichsstrafgesetze.

Walter, Gewerbsgehülfen und Hausgenossen vom 8. Juli 1868 (zwei Gesetze). B.G.Bl. S. 304 und 404. 10. Maaß, und Gerichtsordnung für den Nordd. Bund vom 17. August 1868 (B. G. Bl. S. 473) und Nachtrags. Ges. v. 10. März 1870 (B. G. Bl. S. 46) sowie vom 7. December 1873 (R. G. Bl. S. 377). — Dazu Bekanntmachungen des Reichskanzlers vom 6./12. 69 betr. die im öff. Verkehr zulässigen Abweichungen von der absol. Richtigkeit (B. G. Bl. S. 698), vom 16./8. 71 betr. Abweichungen bei Brennmat.. Maaßen u. Hökerwaagen (R. G. Bl. S. 328) und vom 25./7. 75 betr. zilindrische Hohlmaaße (R. G. Bl. S. 257 u. C. Bl. S- 436). Dazu Eichordnung vom 16. Juli 1869 (Beilage zu Nr. 32 des B. G. Bl. v. 1869) nebst Nachträgen und einzelnen Bekanntmachungen der 9tormal.Eichungs.Kom. Mission. (Vgl. dieselben in der Note zu § 369 Nr. 2.) Die Maaß« und Gewichtsordnung ist zum Reichsgesetz erhoben und gilt seit dem l./l. 72 — außer im Nordd. Bunde — in SüdHessen, Baden, Württemberg (B. G. Bl. 1870 S. 647, 656) und von demselben Zeitpunkt ab mit einigen Abänderungen auch in

Bayern zufolge R.-Ges. v. 26./11. 71. (R.G.Bl. S. 397). In Elsaß-Lothr. seit 1./7. 75 zufolge Ges. vom 19./12. 74. (R. G. Bl. 75 S. 1.)

11. G. betr. die Maßregeln gegen die Rinderpest v. 7./4. 69 (B. G. Bl. S. 105) s. oben zu § 328.

12. Gesetz betr. die Einführung von TelegraphenFreimarken vom 16. Mai 1869. (B. G. Bl. S. 377.) Zum Reichsgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bunde — in Geltung: in Südhessen seit l./l. 71, in Baden seit l./l. 72 (B. G.Bl. 1870 S. 649, 1871 ©.63); in Els.-Lothr. zufolge Ges. vom 8./2. 75 (R. G.Bl. S. 19). In Württemberg und Bayern ist es

Besondere Reichsstrafgesetze.

nicht eingeführt. Bayern

205

Dort gelten aber ähnliche Bestimmungen; vgl. für

daS Einf.-G. zum St. G. B.

vom 26./12. 71 Art. 13

(G. Bl. Sp. 92.)

13. Gesetz betr. die Wechselstempelsteuer im gtorbb. Bunde vom 10. Juni 1869. B. G. Bl. S. 193. Dazu: Bekanntmachungen über die Verwendung der

Marken v. 23./G. 71 (R. G. Bl. S. 267) u. v. 11./7. 73 (R. G. Bl. S. 295). Zum Reichsgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bund — in

Südhessen, Baden, Württemberg, sowie denHohenzollernschen

Landen seit 1. Jan. 1871 in Kraft.

In Bayern seit 13. Mai 1871.

B.G.Bl. 1870 S. 647, 656; 1871 S. 63, 88. — In Elsaß-Lothr.

seit 15. Aug. 1871.

Ausgabe:

(G. Bl. S. 175 u. 183). —

von Hoyer.

Berlin 1876

(mit den Bekanntm. des

Reichskanzlers); MeveS: Erlangen 1876.

14. Gewerbeordnung für d. Nordd. Bund vom 21. Juni 1869. (B. G. Bl. S. 245.) Dazu: G. betr. d. Eins, der Gew. O. in Bayern und die Abänderung einiger Strafbestimmungen der Gew. O. vom 12. Juni 1872 (R. G. Bl. S. 170); G. betr. die Abänderung der Gew. O. v. 17./7. 78 (R. G. Bl. S. 199). Zum Reichsgesetz erhoben und — außer tut Nordd. Bunde — in Kraft: in Südhessen seit 1. Jan. 1871, in Württemberg und

Baden seit 1. Jan. 1872, in Bayern seit 1. Jan. 1873.

In Elsaß-

Lothr. noch nicht eingeführt — mit Ausnahme des durch G. v. 15./7. 72

eingeführten § 29. B. G. Bl. 1870 S. 650; R. G. Bl. 1871 S. 63,392.; 1872 S. 170, 350. u. G. Bl. f. E.-L. 1872. S. 534. —

Ausgabe von Berger: 3. Aufl. Berlin 1878 (empfehlenSwerth).

15. Gesetz betr. die Besteuerung des Zuckers vom 26. Juni 1869. B. G. Bl. S. 282. Diese- ®. ist (wie die unter Nr. 1 u. 5) Zollvereinsgesetz, und — außer im Nordd.Bunde — in Kraft: in Bayern (K. Dekl. v. 8. Juli

1869 - G.Bl. S. 1357), in Württemberg (Ges. v. 1. Juli 69 -

Besondere Reichsstrafgesetze.

206

Reg. Bl. 209), Baden (Min.Bek. v. 29. Juni 59 - Reg. Bl. S. 257). Südhessen (Min. Bek. v.1. Juli 69 — Reg.Bl. S. 529); ElsaßLothringen (Ges. v. 17. Juli 71 — Ges. Bl. S. 37) — also mit Ausnahme der ausgeschlossenen Gebietstheile im ganzen Reiche.

16. Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869.

B. G.

Bl. S. 317. Dieses G. ist (wie die sub Nr. 1, 5, 14) Zollvereinsgesetz und ist — außer im Nordd. B. — mit einzelnen Abänderungen in Kraft: in Bayern (K. Dekl. v. 26. Sept. 69 - G-Bl. S. 1381), inWürtte ru­

ber g (V. O. v. 10. Juli 69 — Reg. Bl. S. 225), Baden (Min.-Bek. v. 13.Juli 69 — G.Bl. S. 263), Südhessen (Min. Bek. v. 16. Aug. 69 — Reg.Bl. S. 717), Elsaß-Lothringen (G. v. 17. Juli 71 ii. Bek. deS Reichskanzlers v. 2. Aug. 71. — G.Bl. S. 37 und 243). — also mit Ausnahme der ausgeschlossenen Gebietstheile im ganzen Reiche.

17) G. wegen Abänderung der V.O. betr. den Rüben­ zucker, v. 2./5. 70 (B. G. Bl. S. 311).

18. Gesetz betr. das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken vom 11. Juni 1870 (Nachdrucksgesetz) §§ 18 ff. B. G. Bl. S. 339. Zum RekhSgesetz erhoben und — außer im Nordd. Bunde — in Geltung: in Südhessen, Baden und Württemberg seit 1.Jan. 1871, in Bayern (mit einer Modifikation) seit 1. Jan. 1872. B. G.

Bl. 1870 S. 648, 651, 656, 657; 1871 S. 63, 90. Ausgaben: Dr. Dambach. Berlin 1870, Dr. Klostermann. Berlin 1871.

19. Gesetz betr. die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellsch. vom 11. Juni 1870. B. G. Bl. S. 375. Zum Reichsgesetz erhoben und — außer im 'Nordd. Bund — in Kraft: in Südhessen, Baden, Württemberg seit l./l. 71, in

Bayern seit 13./5. 71. B.G.Bl. 1870 S. 648, 657; 1871 S. 63, 90; in Els.-Lothr. seit 1./10. 72 mit dem Hand.G.B. (G.Bl. f. Els.-Lothr. S. 213.)

Besondere Reichsstrafgesetze.

207

20. Reichs-Ges. betr. die Jnhaberpapiere mit Prämien vom 8. Juni 1871 u. Bek. des Reichskanzlers v. 19. Juni 1. und 10. Juli 71. (R.G.Bl. S. 210, 255, 304, 314.) DaS G. ist f. d. ganze Reich gegeben und in Els.-Lothr. durch Kaiser!. V.O. v. 27. Januar 1872 eingeführt. G Bl. f. E.-L. S. 111.

21. Gesetz über das Postwesen des deutschen Reiches vom 28. October 1871. R. G. Bl. S. 347; — dazu: Ges. vom 20. Dezember 1875. (R. G. Bl. S. 318. u. Post­ ordnung v. 8./3. 79 (C. Bl. 1879 S. 185 ff.); s. oben S. 172. DaS G. gilt im ganzen Reich, mit den im Gesetz selbst für Württemberg und Bayern bestimmten Modifikationen seit l./l. 72. — — In Els.-Lothr. seit demselben Tage laut Ges. v. 4./11. 71 (G. Bl.

S. 348). — Ausgaben: Dr. Dambach. 2. Aufl. Berlin 1872 (Enslin). Dr. Fischer (Post- u. Telegraphengesetzgebung). 2. Aufl. Berlin 1876 (Guttentag), letzteres mit der Poft- u. Telegr. Ordnung.

22. Gesetz betr. die Beschränkung des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen vom 21/12. 71 § 32. R. G. Bl. S. 459; G. Bl. für Els.-Lothr. 1872 S. 133.

23. Gesetz wegen Erhebung der Brausteuer vom 31. Mai 1872 (R. G. Bl. S. 153) u. Zusatz-Gesetz vom 23./13. 1876 (R. G. Bl. S. 237). DaS Gesetz gilt für das Zollvereinsgebiet deS Deutsch. Reichs mit

Ausschluß von Bayern, Württemberg, Baden, Elsaß-Lothringen und zweier kleiner Gebietstheile von Weimar und Koburg-Gotha.

24. Militär-Strafgesetzbuch f. d. Deutsche Reich nebst Einführungsgesetz vom 20. Juni 1872. R. G. Bl. S. 173. DaS Gesetzbuch gilt im ganzen Reich einschließlich Elsaß-Lothr. (G. Bl. f. E.-L. S. 473 ff.)

Ausgaben: Keller (mitMot.) 2.Aufl., Dr. Rubo (Taschenform.), beide Berlin (Weidmann); Solms. Berlin 1878 (Guttentag); Hecker.

Berlin 1877 (Heymann).

Besondere Reichsstrafgesetze.

208

25. Seemannsordnung f. d. Deutsche Reich v. 27. Decbr. 1872. (R. G. Bl. S. 409.) Au8g. Meves (in Bezold Th. 3) Erlangen.

26. G. betr. Verpflichtung deutsch. Kauffahrtei-Schiffe z. Mitnahme hülfsbed. Seeleute v. 27. Decbr. 1872. (R. G. Bl. S.432.) 27. G. betr. d. Registrirung u. Bezeichnung der Kauffahrtei-Schiffe v. 28. Juni 1873. (R. G. Bl. S. 184) u. dazu: Vorschriften des Reichskanzlers v. 13./11. 73. (R. G. Bl. S. 367.) 28. Münzgesetz vom 9. Juli 1873. (R. G. Bl. S. 233.) Art. 13. In Els.-Lothr. eingeführt durch Ges. v. 15./11. 74 (R. G. Bl. S. 131). Vgl. die Bekanntmachungen des Reichskanzlers v. 22./1. 74. (R. G.

Bl. S. 12), v. 29./6. 74. (R. G. Bl. S. 111) betr. Verbot östr., ungar. u. nieder!. Gulden bez. der nieder!. Halbgulden, sowie der östr. u. ungar. Viertelgulden; dsgl. v. 16./10. 74 betr. d. Verbot finnischer Silbermünzen (R. G. Bl. S. 126); dgl. vom 19./12. 74, betr. einzelne Oesterreich,

und Dänische Münzen (R. G. Bl. S. 152). desgl. v. 26./2. 75, betr. die Polnischen l/3 und Talarastücke (R. G. Bl. S. 134).

29. Jmpfgesetz v.8.April 1874. (R.G.Bl. S. 31.). (Vgl. dieses Ges. oben S. 176.)

30. Reichsmilitärgesetz v. 2. Mai 1874 §§ 33, 69 (R.GBl. S. 45) dazu: Wehrordnung v. 28./9. 75 (C. Bl. S. 535 ff.); s. oben S. iso. 31. G. betr. d. Verhinderung der unbefugten Aus­ übung v. Kirchenämtern v. 4. Mai 1874. (R. G. Bl. S. 43) vgl. St. G. B. § 361 No. 2. 32.

G- über die Presse v. 7. Mai 1874. (R. G. Bl.

209

Besondere Reichsstrafgesetze.

S. 65.)

Einführung in Els.-Lothr. Vorbehalten.

(Vgl.

das Gesetz oben S. 181 ff.)

33. Strandungsordnung v. 17. Mai 1874. G. Bl. S. 73.) § 43.

(R.

34. G. über den Markenschutz vom 30. Nov. 1874. (R. G. Bl. S. 143). (Vgl. oben S. 192.) 35. Bahnpolizeireglement für die Eisenbahnen Deutschlands vom 4. Januar 1875. Vgl. oben Anmerkung zu § 316.

36. G. über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Febr. 1875, §§ 67—69. (R. G Bl. S. 23. ff.). (Vgl. dieses Gesetz oben S. 196.) Ausgabe: HinschiuS (mit Kommentar) Berlin 1875.

37. G. betr. die Ausübung der militärischen Kontrole re. vom 15. Febr. 75 § 6. (R. G. Bl. S. 65.)

38. Bankgesetz vom (R. G. Bl. S. 177.)

14. Marz 1875 §§ 55—59.

39. G. betr. das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste v. 9. Januar 1876 § 16. (R. G. Bl. S. 4.) 40. G. betr. den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung v. 10. Januar 1876 § 9. (R. G. Bl. S. 8.)

41. G. betr. das Urheberrecht an Mustern und Mo­ dellen v. 11. Januar 1876 § 14. (R. G. Bl. S. 11.) Ausgabe: Dr. Dambach (Verfasser der Entwürfe) Berlin 1876. 2 Mk.

42. G. betr. d. Beseitigung v. Ansteckungsstoffen bei

Biehbeförd. auf Eisenb. v. 25./2. 76 (R. G. Bl. S. 163). Rüdorff, Strafgesetzbuch.

10. Ausl.

11

210

Besondere Reichsstrafgesetze.

43. G. über die eingeschriebenen Hülfskassen § 34 v. 7./4. 76 (R. G. Bl. S. 125). 44. G. betr. die Schonzeit für den Fang von Robben v. 4. Decbr. 1876. (R. G. Bl. S. 233.) 45. Reichs - Konkursordnung vom 10. Februar 1877 §§ 209—214. (R. G. Bl. S. 388.) S. oben S. ii6. 46. Patentgesetz (R. G. Bl. S. 501.)

vom 25. Mai 1877 §§ 34—40.

Ausg.: Dr. Damvach. Berlin 1877.

47. G. betr. Zuwiderhandlungen gegen die zur Ab­ wehr der Rinderpest erlassenen Vieh-Einfuhrverbote v. 21./5. 78 (R. G. Bl. S. 95). 48. G. betr. den Spielkartenstempel v. 3./7. 78 (R. G. Bl. S. 133). 49. G. gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie v. 21./10. 78 (R. G. Bl. S. 351).

Sach-Register. Die Zahlen ohne Zusatz bezeichnen die Paragraphen, die kleingedruckten die Nummern in denselben. E.G. —Einführungsgesetz. P. —Preßgesetz. S. — Seite.

A. Abbildungen, unzüchtige 184; P.23; von Wappen 360 7. Papiergeld, Schriften. Abdruck, unbefugter 360 5. Abgaben s. Steuern, ^baeordneter, Redefreiheit, 11; Gewaltthätlgk. gegen 105 und 106; Beeinflussung v. Wahlen 107—109. Abgraden eines fremden Grund­ stücks rc. 370 1. Abhänge, unvcrwahrte 367 12. Abreißru öffentlicher Bekanntma­ chungen rc. 134; Siegel 136. Adsperrungsma ßregein, 327, 328. Abtreibung der Leibesfrucht 218 -220. Acker, Gehen rc. über fremde Aecker 368 S. Adel, untief. Annahme 360 8. Adler, kaiferl., 360 7 (Note). Adoptiveltern. Unzucht mit den Kindern 174 1, f. A n a e h ö r i g e. Advokaten f. Anwälte. Aergerniß, 166, 183. Aerzte. Unzucht in Anstalten 174 3; beim Zweikampf 209; falsche Zeugnisse 277—280; PrivatgeHeimnisse 300. Akten. Beschädigung, Vernichtung 133,348 A. 2. Bekanntmachung 92 1. Aktien, Nachmachung 149; 360 6. Alter, Einfluß auf die Strafbar­ keit 55—57; 173. Amt, öffentl. 31 A. 2. Unfähigk., Verlust 31, 33-37, E. G. 5. untief. Ausübung 132; Beleidig.,

Körperverletzung im Auit 196 232; Verbr. und Berg, im Amt 331—359. Amtsgewalt, Mißbrauch 339. Amtskleidung, Amtszeichen, 360 8. Androhung s. Drohung. Angehörige. Begriff 52; Noth­ stand 54; Todtschl. 213; Diebft. Unterschl. 247 370 5; Begünstig, Hehlerei 257, 258; Betrug 263. Angelöbniß, eidliches, 162. Angriff, gegen Beamte 113; Forstbeamte u. Jagdberechtigte 117, 118; von Gefangenen 122; bei Schlägerei 227; mit Schuß-, Stich- und Hiebwaffen 367 io. Ankau^gestohlener rc.Sachen 259; von Montirungsstücken 370 3. Anlagen, Beschädigung 304. Anreizung, der Soldaten zum Un­ gehorsam 112; zu Gewaltthä­ tigkeiten 130; zum Zweikampf 210; zu Hochverrath 85. Anschlag, öffentl. von Schriften rc. 85, 110, 111, 184. Anschuldigung, falsche 164, 165. Anstalten, unbefugte Errichtung

Anstifter 48, 50, 111. Antrag auf Bestraf. 61—65; nach ausländischen Gesetzen 5 3. Anwälte. Oeffentl. Amt 31z keine Beamte 359; Privatgehennnis^ 300; Gebührenüberhebg. 352. Untreue 356. Anwerben zum Militärdienst 141 Anzeige, unterlassene 139; Ab­ reißen von 134.

212

Sachregister. Ausländer. Bestrafung 3, 4 1, 91, 102, 284; Ausweijg. 39 2, 284, 361 2, 362; Waarenschutz 287 u. S. 192; Fischen 296a. Ausland 8; Bestrafung im A be­ gangener Verbrechen 4—7, 37, 102, 298. Auswärtiges Amt, Beamte 353a. Auslieferung eines Deutschen 9. Auslieferungs-Verträge 9 (Note). Aussetzung 221; Entführg. 234. Ausspielung, öffentl. 286. Ausstellung f. Anschlag. Allssteuerkassen. Errichtung 360 9. Auswanderung.MilitairdienstltO; Reservisten, Landwehrrn. 360 3; Verleitg. z. Ausw. 144. Auswelfnng 39 2, 284, 361 2, 362 A. 3.

Apotheker. Privatgeheimnisse 300. Arbeit in Strafanstalten 15, 16, 362. Arbeitsbücher, falsche 363. Arbeitshaus 362. Armaturstvcke s. Ankauf. Arzenei 367 3, 5. Arzt s. Aerzte. Aufforderung zu Verbr. 49a., s. Anreizung. Auslauf 116. Aufruhr 90 6, 115, 116 A. 2. E. G. 4. Aufstand 90 6, E. G. 4. Anfstcllen, gefährl. von Sachen 366 8. Ausbesserung von Gebäuden 367 13 und 14. Ansgikken auf die Straße 366 8 und 9.

». Sande 243 6; 250 2. Sanditen 49a. Sankerutt 281—283; LandeSgesetze E. G. 2 A. 3. Lanknote, Rachmachg. 149; 360 6. Sauwerke, Belchädigg. 805; Ausführg. 330, 367 14, 15. Leamter. Begr. 359; Widerstand 113,114; Verbindgen 128,129; Beleidgg. 196; Thätliche 232; Verbr. u. Vg. im Amt 331— 359, 155 3, 174 2, 3; des Ausw. Amts 353a. Sedrohung s. Drohung. Seerdigung 367 1 u. 2. Sefreiung von Gefangener f. Gef. Legilnstigung 257,258,63,247,289. LehSrde 56, 72, 113, 114,137, 139, 154, 156, 158, 163, 164, 196, 277- -280, 329, 360 2, 4, 5, 361 5, 362, 363, 367 1 U. 15. Seifchlat m.Blutsverwandten 173: mit Willenlosen 176 2; durch Gewalt 177; durch Betrug 179; mit Mädchen unter 16 Jahren

Seiseitefchaffeu von Sachen 133 137; 288. Sekanntmachuug v. Geheimnissen 92 1, 300; von Urtheilen 165, 200; Abreißen von 134. Lelagerungszustand. E. G. 4.; Presse P. 30. Seleidigung. Kaiser, Landesherr rc. 94-97; Bundesfürften rc. 98-101; deutsche LandeSH. 103; Gesandte 104; andere Pers. 185—200; Behörden 196; Buße 188; Re. torsion 199, 233. Sergwerk. Brandstiftung 308, 309; Gefährdung 321. Seruf f. Amt. Sefchädigung 303—305, 133-136, 168; 274 1; 348 ff.; 321-326. Sefchimpsung Verstorbener 189. Leschlagnahme. Entziehg. 137; B. des Vermögens 93, 140; Druckschriften P. 23—29. Sefchneiden von Metallgeld 150 Sesserungsanstalt 56. Lestechung 331—335. Letruq 263-265.

Sachregister. Settel» 361 4, 362. Sevollmiichliate, Untreue 266 2. Deweis der Wahrheit 186,190,192. Lewohntes Gedilube 243 7, 250 4. Dewußtlofigkeit 51, 176 2, 177. Siersteuercontravention E. G. 7. Sigamie 171. Silan) 283. 4tanket 269, 275, 276, 364. flliitfdjonbe 173. Sracker. Untreue 266 3. ßranbfWtnng 265, 306-310; 325;

ßranntroeinftettercontroieiitiott E. G. 7.

213

Sraustener, E. ®. 7. u. Note. Sriefaeheirnniß 299, 354; 358. Drtefmerts, — -morsen 275. «rücke 305, 321; 325; 326; 90 2; E. G. 2. Drnnnen 324—326; 367 12 u. 14. «Ulten 370 2. Snnbesfürst, Hochverrath gegen 81 1, E. G. 4; Beleidigg. 98, 99; im Ausland 4 2; Hoheitszeichen 135; Wappen 360 7. Sunbesgediet, 81 3; E. G. 4. Sunbesgenossen88; 89; 90; E.G 4. Laße 188, 231.

C. (f. K.) (Koupons,

s. Zinsscheine.

Louuerts s. Kuverts.

Damm 305, 321, 325, 326. varstellnng s. Schriften, veiche 321, 325, 326. Denkmäler 304. en 355, 358. on 141: 90 3. Diedstahl242ff. 252; Begünstigg. u. Hehlerei 258 ff.; Einbruch, Einschleichen, Einfteigen 243 2 u 7; von Nahrungsmitteln 370 5 u. 6; v. Munition 290; Holzd. E. G. 2. Dienstboten 247, 263; Kinder 247, 361 9. Dienstbuch, Fälschung 363. Dleusteib, 155 3; 359. Dietrich 369 1.

Dingen (das) zu Verbr. 49a. Diplomaten 353a. Drohung. Anstiftung 48; Unzurechnungsf. 52; crimen vis 240, 241; Erpressg. 253, 254; durch Beamte 339; gegen B. 113, 114; Ausübung ftaatsbürgerl. Rechte 106, 107; gemeingef. Verbr. 126; Gottesdienst 167; z. Unzucht 176, 177; bei Diebstahl 252; bei Bettelei 362; Entführung 234-236. Drucksachen 360 6; s. Schriften. Druckschriften P. 2 ff. Duell 201 ff. Dünen 366a.

Ehe. Doppelehe 171; Ehebruch 172; Ehehinderniß 170; Ent. sührg. 236—238; Eheschließung 337 338 Ehegatte 171, 172; Beleidigung 189, 195; s. Angehörige;

Ehrenrechte. Verlust 32—37; bei Versuch 45; bei Jugend 57 5. Ehrenwort Minderjähriger 302. Ehrenzeichen 33, 34, 360 8. Eyrlofe Gesinnung 20. Ehrverletzung f. Beleidigung.

»

Eltern 189; Diebst. rc. 247, 263; 370 5; Betrug Todtschlag 215; Körperverletzung 2Ä, 228; Betteln, Stehlen der Kinder u. s. w. 361 9.; s. Angehörige. Entführung 234—238. Enthauptung 13. Entlassung, von Gefangenen 23 —26. Entschädigung s. Buße. Entschuldigung, falsche 138. Entziehung vom Kriegsdienst 140; Minderjährigen 235. Entzündliche Waaren, 367 6. Erbieten zu Verbr. 49a. Erde graben 370 2. Ermächtigung zur Verfolgung von Beleidigungen 99, 101, 197. Erneuerungsschein 149, 360 6. Erpressung 253—256, 339, 343. Enleher. Unzucht 174, 181; Liebst, rc. 247; Betrug 263. Eßwanren, 367 7; 370 5. Grplodireude Stoffe 296,311; 367 5 und 6.

Eichung 369 2. Gid, falscher 160; Unfähig!, zum s. Meineid, Versicherung. Eier, Ausnehmen 368 11. Eigennutz, strafbarer 284 ff. Eigenthümer, 289. Einbruch 1 Einschteichrn > s. Diebstahl Einsteigen J Eindrlnqen s. Hausfriedensbruch. Einführüngsuerbot 327, 328. Einsperrung, widerrechtliche 239. Einzelhaft 22. Einziehung von zu strafb. Hand­ lungen gebrauchten Gegenstän­ den 40, 42, 152, 295, 360, 367, 369; E.G. 5. Eisenbahn. Diebst. 243 4; Beschädigg. 90 2; 305, 315 ff.; E.-beamte 316, 319, 320; E.; wagen 306 3, 315; Raub 250 3. Eisenbahn-Betriebs, u. PolizeiReglement, Signal-Ordnung, 316 (Note). Eltern 52; Blutschande 173; Kup­ pelei 181; Beschimpfg. verstarb.

s. Fabrikzeichen 287 u. S. 192. Fahre 321. Fahren 366 2-4, 368 9. Fahrlässigkeit, unverschuldete 59 A 2; strafbar: 121, 163, 222, 230, 232, 309, 314, 318, 319, 326, 329, 345, 347. Fahrwasser, 321, 325, 326. Fälschung. Geld 146—149; Urk. 92 2, 267 ff., 348; Wahlen 108; Stempelpapier re. 275; Atteste 277, 363; Depeschen 355. Falscher Cid 160. Falschmünzerei 146 ff. Familienrat!) 34 6. Federwild 368 11. Feind, Dienste im Heer 88 E.G. 4; Vorschub leisten 89—91. Feindliche Handlungen gegen be. freundete Staaten 102—104.

Feldmesser, Untreue 266 3. Feldpolizeigesetze E. G. 2. Festnahme 72, 25; widerrechtl. 341. Festtag, Störung 366 1. Festung 90, 360 1; E. G. 4. Festonashaft 1, 17, 19, 20,21, 44, 49, 57 2, 70. 74, 75. Festunqs-Plan-Riß 90 4, 92 1, E. G. 4. Feuer368 5, 6; f. Brandstiftg. — löfchgeräth 307 3, 368 8. — ftätte 368 3, 4; 369 3. — werk 367 4 u. 5; 368 7. — Zeichen 322, 325, 326; E.G. 4. Firma. Mißbr. 287. Fischen 296, 370 4.; Ausländer 296a. Fischerei-Gesetzgebung E. G. 2 Fleisch, trichinöses 367 7. Flotte 140 s. Marine.

Sachregister.

215

Menschenraub 234, 235; Ent­ ziehung durch Beamte 341. Freimarken, falsche 275. Frieden, Störg. 130. Fnnddiebstabl 246. Fußangeln 367 8. Futterdiebstahl 370 6.

Formen. Unbrauchbarmachg. 41, 42; Papiergeld rc. 360 4—6,151. Forstarbeit. E. G. 6. Forstdeamte. Widerst. 117—119. Forstaesetze. E. G. 2. Forstsreo et der Kinder u. s. w 3619. Freiexemplar P. 30. Freiheit. Verbr. u. Berg. 234 ff.;

G. Geschäftsräume 123, 124, 342. Geschenke, 48, Annahme durch Beamte 331 335. Geschwister 173; s. Angehörige. Geschworene 138, 334. Geschworenendienst. 31 A. 2. Gesetzgebende Versammlung. 105, 106, 197, 339; s. Abgeord­ neter. Gestnde-Diebstahl 247. Geständniß, Erpressung 343. Gesundheit. Verletzung 223, 229, 324-326; Atteste 277—280. Getränke 367 7, 370 5. Gewalt 48,52,113ff.,234ff., 249 ff., 106, 107, 176, 177. Gewehr 295; 367 8; 368 7 io. Gewerbtreibende. Untreue 266 3; Maß, Gewicht, Feuerpolizei 369 2 u. 3; Baupolizei 367 15; Tödtung222; Körperverletzung 230 232 Gewicht 369 2 u. Schluß. Gift 229, 324, 367 3 u. 5. Glücksspiel 284, 285, 360 14. Gottesdienst 166,167; Diebst. 243 1.; Beschädigg. 304; Brandst. 306; Störg. durch Beamte 339. Gotteslästerung 166. Grad 168, 304. Grandgraben 370 2. Grenze, 274 2, 370 1. Gruden 367 12. Güterbestätiger; Güterpfleger 266.

Garten 366 7; Betreten 368 9. GedSnde. Diebst. 243 Zerstörg. 305; Brandftistg. 306 ff.; AuSbefferg. 367 13—15; Raub 250 4. Gebühren, Ueberhebg. 352, 353. «eburtsfälle, Anzeige S. 188. Gefährdung 92 2, 297. Gefahr, 360 io. Gefangenaufseher 121, 347. GefSngnißstrafe 16, 19, 21-29, 70, 75; E. G. 5. Gefangene 15—17, 57; Befreiung 120, 121, 347; Meuterei 122; Unzucht 174 2, 3; Entlassung 23—26. Gegenseitigkeit 102, 103, 287. Geheimnisse, 92 1, 300. Gehülfe 49, 50, 257, 300. Geisteskranke 51, 176 2; 65. Geistliche, Friedensstörung 130a; Unz. 174; Kupp. 181.; Beleidigg. 196; Trauung 337, 338 u. S. 199. Geld, verrufenes falsches 146 ff.; verbotenes S. 283. Geldstrafe 27—30, 44, 67, 70, 71, 78; E. G 5 f. Buße. Gemeindeardeit. E. G. 6. Gemeingefährliche Verbr. 306 ff.; 126, 139. Gefammtstrafe 74. Gesandter, Beleidigg. 104; AmtsVerletzungen 353a.

Haft 1, 18, 19, 28, 29, 70 6, 77, 78, E. G. 5.

s | |

Handelsbttcher 281 3 u. 4; 283 2. Haufen, bewaffneter 127.

216

Sachregister.

Hausfriedensbruch 123, 124, 342. Hausgenossen, Stehlen u. s. w. 247, 361 9. Haussuchung 39 3. Hazardspiel s. Glücksspiel. Hebamme 300. Herr 31, 34 2, 90, 140, 329. Hehlerei 257 ff. Herausforderung 201—204. Heyen, Hunde 366 6.

Heuer, Entlaufen bannt 298. Hochverrath 80 ff., 102, 139, 4 1 u. 2; E. G. 4. Hoheitszeichen 135, auSw. Staaten 103 a. Holldiebstahl. E. G. 2. Hülfe (Beihülfe) 49, 50, 257; ver­ weigerte Hülfe 360 io. Hunde 295, 366 6. Hnrerei 361 6.

3. Interimsscheine, 149, 360 6. Irrthum, in Thatsachen 59. Jugend, 55—57, 173. Iunge(Dögel). AuSnehmen 36811.

Jag-, unbef. 292—295, 368 10 u. 11; E. G. 2. Jagdpolizei-Gesetze. E. G. 2. Impfyesey S. 176. Injurien f. Beleidigung.

A. Konkurrenz s. Zusam men tref­ fen. Konkurs. E.G. 2; s. B a n k e r u t t. Korporationen. Kälschg. v. Schuldverschr. 149; Kirche 166; 93cleidigg. 197. Krankheit 221, 327. Krebsen 296, 370 4. Kreditgeber. Minderj. 301, 302. Kriegsbedürfnisse 90, 329, 127; E. G. 4. Kriegsdienst, fremder 88, 234, E. G. 4; Entziehen 140—143. Lriegsgedranch 91. Kriegszustand E. G. 4. Kugeln. Widerr. Aneigng. 291. KunstgegtNstSude, Beschädig. 304. Kupons f. Zinöscheine. Luppelei 180, 181. Lürator 34 6, 266 1. Kuverts 275.

Kaiser 80, 94, 95, 145; E. G. 4. Laleu-erstempel P. 30. Kammern 105, 106, 197; Rede­ freiheit 11; Berichte 12. Kanal 321, 325. 326. «artelllrüger 203, 204, 209. Lasse 90 2, 353. Kaufmann, 281-283, 287. Keller, 367 12. Linder 55; Unzucht 173, 174, 176 3, 181 2; Antrag 189, 195; K.Raub 235; Unterschieb-. 169; AuSsetzg 221; unterlass. Abhaltg. v Betteln, Stehlen u. s. w. 361 4 u. 9; s.Angehörige. Kindesmord 217. Kirche 166, 167; Diebstahl243 1. Körperverletzung 223 ff., 118, 239, 251, 315, 316, 321, 325, 340. Konfiskation f. Einziehung.

8. ff (irrn ungebührlicher 360 n. Laude-gesetzgebung, E. G. 2, 3, 5, 8.

I

Landesherr, Mord 80; Thätlich?. 94; Beleidigg. 95, 102, 103; Haus 96, 97.

Sachregister.

Land es ko Karde 34 1. Landespolizeibehvrde 38, 39, 284,

Landes« errath 87—93, 139, 4 1 u. 2; E. G. 4. Landern er« ei fang f. 91 u 6 Wei­ sung. Landfried eusdrvch 125. Landstreicher 361 3, 362. Landtag f. Kammern. Landwehr 112, 360 3. Landzwang 126, 254.

217

Lebensjahr [. Jugend. Lebensmittel f. Eßwaaren. Leaitimationspapiere 363. Lehmgrab en 370 2. Lehrer. Unzucht 174 1; Kupp. 181 2. Leibesfrucht, Abtreibg. 218-220. Leiche. Diebst. 168; Beerdigg., Theile einer L. 367 1 u. 2. Licht, unvorsicht. Umgehen 368 5. Lieferungsverträge im Krieg 329. Lotterie 286.

Mädchen, Verführung 182. Mäkler. Untreue 266 3. Majestätsbeleidiag. 94, 95, 4 2. Manifestationseid 162. Marine 31, 34 2, 112, 140. Markenschutz 287 u. S. 192. Maß 369 2. Massen« erw alter 266 1. Medizinalpersonen s Aerzte. Meineid 153—155,157—159,161; fahrt. 163; s. falscher Eid. Menschenraub 234, 235; Anzeige 139. Mergel graben 370 2. Messer, bei Schlägereien 223a. 367 10. Messer (Gewerbe) Untreue 266 3. Meuteret 122. Mildernde Umstände S. XVI. Milderungsgründe 51—72. Militärabschied 363.

Militärdienst 140-143. Milttärpersonrn 10,112, 113 A. 2, 196, 333. Minderjährige 57, 65, 235, 237, 301, 302. Mineralien 370 2. Mißbrauch des Ansehens rc. 48; des Amts 339. Mißhandlung 223 ff., 340; Thiere 360 13. Mitthäter 47. Monat. Berechnung 19. Montirunasstücke. Ankauf 370 3. Mord 80,211,139; 307 2; E.G. 4 Münzen, verrufene 146; verbotene S. 208. Münzn erbrech en 146 ff., 4 1 u. 2. 139, 360 4—6. Munition 291. Müßiggänger 361 5.

Nachlaß. Geldstr. 30. Nachschlüssel 369 1. Nachtzeit, Diebst. 243 7; 250 4; Zagen 293; Fischen 296; Feuer 322, 326; E. G. 4. Nahrungsmittel 370 5 u. 6. Namen. Waaren 287 u. S. 184; Führg. falsch. N. 360 8. National-Kokarde s. Landeskokardx.

Neben« ormund 34 6. NSthigung 52, 105, 114, 122, 240,

Norddeutscher Sund 149. Notar 31 A. 2, 300, 359. Noth, HülfSverweigerung 360 io. Nothstand 54, 329. Nothwehr 53. Nothzucht 176-178.

218

Sachregister.

Obdachlosigkeit 361 8, 362. Obrigkeit. Ungehors. 110; Herabwürdigg. 131. Oeffnnngen, unverdeckte 367 12. Offenbaren v. Geheimn. 92 1,300.

Offenbarung-eid 162. Operationspläne, Verrath 90 4. Orden 33, 34 3, 360 8. Ordnung, öffentl. 123—145, 366.

Papiergeld. Fälschung 146 ff., 149, 360 3—6. Päderastie, 175. Paß lReisep.). Fälschung 275 2,363. Personenstand 169, 170. 337, 338. Personenstands-Gesetz S. 196. Pfand 259, 370 3; Gläubiger 289. Pfandleiher 290, 360 12. Psiegerltrrn 174 1; s. Angehö' r rge. psiichterrmplar P. 9, 30. Playgenhauen 370 2. Platte» 41, 42, 151, 152, 360 4-6.

Polizei-Aufsicht 38, 39, 45, 57 5, 76, 361 1. Polizeistunde 365. post. Beamte 354; Diebst. 243 4; Freimarken 275. Postgesetz S. 172. P ost-Kontraventionen. Bes. Ges. E. G. 2; Vjährg. E. G. 7. Prrßvergehen P. 18—21. Preßpolizeigesetze. E. G. 2. Privatbuße s. Buße. Privatgeheimnisse 300. Privatklage 194.

Q. Ouälrrei von Thieren 360 13.

|

Onittungsbogen.

Fälschung 149.

R. Rädelsführer 115, 125. «äsen 370 2. «aud 249 ff., 244, 258, 261, 307 2, 139; E.G. 4. Raupen 368 2. Real-Injurien 185. Rechnung, Fälschung 351. Rechtsanwalt31,300,352,356, 358. Regent 96, 97, 100, 101 103. Regierung 92, ausländische 9,102, 103. Register, Vernichtg. 133, Fälschg. 271-273, 348, 349, 351. Reichstag s. gesetzgebend. Versamm­ lung. Reich-verfassung 81 2, E. G. 4. Reisegepäck. Diebst. 243 4.

«eisende 297. «eisepaß 275 2, 363. «eiten 366 2, 368 9. Religion. Berg. 166—168. «eliyionsdiener 130 a, 196, 232, 337, 338 u. S. 199. Religion-gesellschaft 155 1, 166, 167, 404, 339. Rentenanstallen 360 9. Reparaturen 367 13—15. Reservisten, Auswanderung 360 3. Richter 334, 336. Rückfall 244, 245, 250 5, 261, 264. «ückkaufshändler 360 12. Rügen, eines Vorgesetzten 193. Ruhe, Störung 360 11, 366 io.

Sachregister.

219

S. Sachbeschädigung 303-305. Sachverständiger 138, 155 2, 157, 161. Landgraben 370 2. Schadenersatz 188, 231. Schaffner. Untreue 266 3. Schauer, Untreue 266 3. Schiedsrichter. Bestechg. 334, 336. Schießen 367 8, 368 7. Schießpulver 360 2; 367 4. u. 5. Schiff, 90 2; E. G. 4; Stranden 265; Zusammenstößen 145; Diebst. 243 7; Konterbande 297; Brandstiftung 306; Gefährdung 305, 322, 323, 325, 326. Schiffer 297, 298. Schifffahrtzelchen 322, 325, 326; E. G. 4. Schlägerei 227, 367 io. Schlagelsen 367 8. Schleuse» 321, 325, 326; 367 14. Schlingen legen 293. Schlitten 366 4. Schlosser 369 1. Schlüssel, 369 1; falsche 243 3 u. 4. Schöffen 31, 138, 334. Schonung, unbef. Betreten 368 9. Schonzeit 293. Schornstein 368 4. Schriften, Aufforderg. z. Hockver. rath 85; Widerstand u. andere Vergehen 110, 111; unzüchtige 184; beleidigende 186, 187, 200. Schuldverschreibungen 149, 360 6. Schwangere, Abtreibg. 218—220. Schwieger-Eltern u. Kinder siehe Angehörige. Sekundant 208, 209. Selbstgeschosse 367 8. Selbstverstümmelung 142. Sequester 266 1. Sicherheit, öffentliche 366, 2-6 und 7—10; eidliche 162. Siegel. Beschädigg. 136; Anfer­ tigung 151, 360