Sternbilder des Mittelalters: Band 1 800-1200 9783050093475, 9783050056647

Das komplexe Wechselspiel von Bildern und Wissenschaft steht im Mittelpunkt dieses Buches. Die Sternbilderdarstellungen

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung
II. Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte
III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit
IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform
V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert
VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen
VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie
VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200
1. Aberystwyth, National Library of Wales, Ms. 735C– 23. Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q.79
24. Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 92– 45 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663
46. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117–68 Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296
Anhang
Verzeichnis der Handschriften
Literaturverzeichnis
Register
Front matter 2
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Farbtafeln
Abbildungen
Aberystwyth
Baltimore
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Klosterneuburg
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Madrid
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Padua
Rom
St. Gallen
Venedig
Wien
Zwettl
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Sternbilder des Mittelalters: Band 1 800-1200
 9783050093475, 9783050056647

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Sternbilder des Mittelalters Der gemalte Himmel zwischen Wissenschaft und Phantasie

Dieter Blume / Mechthild Haffner / Wolfgang Metzger

Sternbilder des Mittelalters Der gemalte Himmel zwischen Wissenschaft und Phantasie Band I: 800–1200 Teilband I.1: Text und Katalog der Handschriften

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Einbandmotive: London, British Library, Harley Ms. 647, fol. 5v, 8v

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruf bar.

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2012 Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe www.akademie-verlag.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gestaltung: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-05-005664-7

Inhaltsverzeichnis

I.

Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

II. Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte

11 21

1. Antike Texte 2. Mittelalterliche Bearbeitungen

23 32

III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

37

1. Bilderskepsis – Heidnisches Wissen und christliche Zeit 2. Sternenkunde und komputistische Studien am Hof Karls des Großen (768–814) 3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840) 4. Die Verbreitung der Aachener Bilderreihe 5. Die Aratos-Tradition in den westfränkischen Klöstern

IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform 1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien 2. Die neuen Kompendien des 11. Jahrhunderts 3. Komputus und Quadrivium im 11. Jahrhundert

V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert 1. 2. 3. 4.

Hyginus – Die neue Rezeption eines antiken Textes Kosmologische Kompendien Komputus im 12. Jahrhundert Der Liber Nemroth und das Nachleben der frühmittelalterlichen Sternkataloge 5. Die Vielfalt der Interessen im 12. Jahrhundert

39 43 51 70 75 81 83 102 112 117 119 127 134 142 143

VI.

Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen 1. 2. 3. 4.

145

Karl der Kahle - Kaiserliche Repräsentation im Zeichen der Sterne 147 Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. 153 Der Tierkreis als Symbol von Zeit, Kosmos und Ordnung 157 Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum 158

VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

169

VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

177

Anhang Verzeichnis der Handschriften Auf bewahrungsorte der Handschriften Entstehungszeit der Handschriften Entstehungsorte der Handschriften Texte mit Sternbilderdarstellungen

569 569 572 575 578

Literaturverzeichnis

581

Register

641

GESTIRNE. unseren körpern hätten allein die rücken genügt, die leicht verzogen und nackt geweißelt das strähnige licht gegen sich kehren wir werden uns nicht berühren Andrea Heuser, vor dem verschwinden, Gedichte, Onomato Verlag, Düsseldorf 2008, S. 16.

Vorwort

Dies ist ein Buch über Bücher, die vor langer Zeit auf damals wertvollem Pergament mit der Hand geschrieben wurden und denen man auch Bilder einfügte, auf die man häufig sehr viel Sorgfalt verwandte. Alle diese Bücher behandeln Sternbilder und Astronomie, aber dennoch sind sie verschieden. Ein jedes ist ein höchst individuelles Produkt menschlicher Arbeit, intellektueller Tätigkeit und vor allem das Ergebnis ganz unterschiedlicher Interessen. Zugleich stehen sie in einem kommunikativen Zusammenhang miteinander, denn wie in einer Art von Dialog beziehen sie sich auf spezielle Vorbilder und grenzen sich wiederum durch Auswahl und Ergänzungen voneinander ab. Astronomie kommt ohne Bilder nicht aus, denn nur mit Hilfe eingängiger Figuren lässt sich die unübersehbare Fülle der sichtbaren Sterne in eine sinnvolle Ordnung bringen. Von daher steht das komplexe Wechselspiel von Bildern und Wissenschaft im Mittelpunkt dieses Buches. Die Sternbilderdarstellungen in mittelalterlichen Handschriften transferieren eine antike, heidnische Bilderreihe in einen neuen, christlichen Kontext. Sie begleiten und strukturieren zugleich aber auch den Erkenntnisprozess mittelalterlicher Astronomie. In einem umfangreichen Katalogteil werden 68 Handschriften aus vier Jahrhunderten analysiert, die heute über zahlreiche Bibliotheken der Welt verstreut sind. Die zusammenfassende Auswertung bündelt die Vielzahl der Befunde und zeichnet die Entwicklung der sich über die Jahrhunderte immer wieder wandelnden Rezeptionsbedingungen der antiken Bilderfolge nach. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den Veränderungen der Interessen, welche die jeweiligen Maler und Betrachter leiteten und die auch den Bildern immer wieder eine andere Gestalt gaben. Das Buch entwirft so eine Geschichte, die ebenso von der Notwendigkeit der Kalenderfragen handelt wie von wissenschaftlicher Neugier und der Faszination der Bilder. Von daher handelt es sich um eine Fallstudie zum Bildgebrauch im Mittelalter sowie zum Bildverständnis vorneuzeitlicher Naturwissenschaft. In diesem Buch sind die Ergebnisse eines Forschungsprojektes versammelt, dass ich vor vielen Jahren begonnen habe und das eine Verzahnung von Wissenschaftsgeschichte und Kunstgeschichte im Blick hat. Die Zeit und Energie, die nötig war, um das Material zusammen zu stellen und auszuwerten, habe ich zu Anfang allerdings völlig unterschätzt, aber wohl nur deshalb fand ich den Mut, dieses ehrgeizige Projekt auch tatsächlich in Angriff zu nehmen. Ausgangspunkt war die Erarbeitung des Katalogs, der den Befund der Handschriften möglichst

10

Vorwort

genau erfassen sollte. Dieser lag vor allem in den Händen von Mechthild Haffner und Wolfgang Metzger. Für die Handschriften des 12. Jahrhunderts hat Christoph Winterer während einer anderthalbjährigen Mitarbeit wichtige Grundlagen gelegt. Die größte Herausforderung war jedoch die zusammenfassende Auswertung, die eine Geschichte der astronomischen Wissenschaften und ihres Bildgebrauchs im Mittelalter entwirft und welche der Unterzeichnende verfasst hat. Dies konnte nur gelingen, wenn der Überblick über das immense Material gegenwärtig blieb und so waren eine ganze Reihe von Rückzugs- und Konzentrationsphasen notwendig, um diesen Text zum Abschluss zu bringen. Vieles verdankt sich aber hier wie im Katalog den gemeinsamen Gesprächen und dem beständigen Austausch, den wir in diesen Jahren miteinander führten. Bis auf wenige Ausnahmen haben wir alle Handschriften im Original untersucht und dabei unsere Thesen immer wieder neu überprüft. Für den Leser und Benutzer dieses Buches entsteht eine Art Dialog zwischen dem Katalogteil mit seinen Einzelanalysen und der zusammenfassenden Auswertung, welche die Einzelbefunde in einen größeren Zusammenhang einordnet. Auf dieses Miteinander mag sich ein jeder auf eigene Weise einlassen. Unsere Intention jedenfalls war es, das Material für möglichst viele Fragen zu erschließen. Ohne die Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) wäre dieses Vorhaben mit den zahlreichen Bibliotheksreisen nicht möglich gewesen. Auch die Drucklegung in der vorliegenden, großzügig konzipierten Form wurde von ihr generös unterstützt. Dank gebührt darüber hinaus den vielen Menschen, Freunden ebenso wie Kollegen, die uns über die Jahre immer wieder unterstützt und uns Mut zugesprochen haben. Es sind zu viele, um sie hier alle aufzuzählen. Dankbar erinnere ich mich zudem an die positive Resonanz, die ich nach vielen Vorträgen erfahren habe, in denen ich Einzelergebnisse vorstellte. Nennen möchte ich aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Handschriftenabteilungen in den Bibliotheken, die uns den Zugang zu den Codices ermöglicht haben. Nicht zuletzt hat mir meine Frau Adelheid Wiegering in all den Jahren jenen Rückhalt gewährt, der für eine fruchtbare Arbeit unerlässlich ist. Bei der redaktionellen Erstellung eines druckfähigen Manuskriptes halfen schließlich mit großem Engagement Stephan Rößler und Marc Steinhäuser. Dank gilt in besonderem Maße auch dem Akademie Verlag, der sich dieser Publikation mit großer Offenheit und gewohnter Sorgfalt angenommen hat. Ein spezieller Dank geht dabei an Katja Richter und Martin Steinbrück und vor allen an Petra Florath, in deren Händen die Gestaltung dieses Buches lag. Die vorliegenden beiden Bände bilden jedoch nur den ersten Teil des gesamten Projektes; sie enthalten die Geschichte der Sternbilderdarstellungen von 800–1200. Das Manuskript für den zweiten Teil, der den Zeitraum von 1200 bis 1500 umfasst, ist bereits weit fortgeschritten und soll möglichst bald folgen. Weimar, im Frühjahr 2012 Dieter Blume

I.

Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Das Licht der Sterne kommt aus einer anderen Welt und aus einer unerreichbaren Ferne, aber es verleiht der dunklen Nacht einen strahlenden Glanz. Deshalb hat es die Menschen seit Anbeginn fasziniert. Man kann mit gutem Recht sagen der Sternenhimmel ist das erste und älteste Bild, das die Menschheit betrachtete. Bei der Beobachtung des Himmels offenbart sich hinter dem scheinbaren Chaos sehr bald eine komplexe Ordnung, die man nur als kosmisches Schauspiel bezeichnen kann. Platon hat im Timaeus vom Licht erfüllten Tanz der Sterne gesprochen und diese Metapher ist von seinen Kommentatoren bis ins Mittelalter hinein immer wieder aufgegriffen worden.1 Allnächtlich kreisen die Sterne in einem gleichmäßigen Zug um den unsichtbaren Himmelspol und im Ablauf des Jahres kommen immer wieder andere Sterne über dem Horizont empor. Die Regelmäßigkeit dieser langsamen und stetigen Bewegung unterscheidet sich fundamental von den unvorhersehbaren und plötzlichen Veränderungen des irdischen Lebensraumes. Es ist diese Regelmäßigkeit, welche allein eine Orientierung in Raum und Zeit zu geben vermag. Nur durch beständige und intensive Himmelsbeobachtung kann der Mensch seinen Platz in der Welt bestimmen und sich eine Ordnung erfinden, der er so dringend bedarf. Mit den Werken zeitgenössischer Künstler lässt sich die grundsätzliche Bildproblematik veranschaulichen, die sich bei der Betrachtung der Sterne einstellt. Der Photokünstler Thomas Ruff nutzte 1990 Aufnahmen astronomischer Observatorien, die für eine lückenlose Kartographierung des Sternenhimmels angefertigt wurden. Er wählte nach eigenen, ästhetischen Kriterien einen besonderen Ausschnitt und veränderte zudem die Farbgebung. Damit thematisiert er die komplexe Beziehung von Wissenschaft und Bild, den speziellen Eigenwert der Verbildlichung und verstärkt zugleich mit Hilfe moderner Technik und der extremen Vergrößerung den Eindruck der Unübersichtlichkeit.2 Das Fehlen jeder menschlichen Ordnung in der pulsierenden Tiefe des Raumes und unser Wissen um die Ge1 Platon, Timaeus 47c, Calcidius, Commentarius 65, 67, Waszink ed. 1962, S. 112, 167. Vgl. generell Dronke 2003, S. 54ff. 2 Es handelt sich um großformatige Farbfotografien auf Plexiglas (252 × 180 cm) unter Verwendung von Vorlagen des European Southern Observatory; Heinrich Klotz, Kunst der Gegenwart, Museum für Neue Kunst, ZKMZentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe, München 1997, S. 244f.; Engelke 2005.

964, 965

14

963

I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

setze der Astronomie sind hier einander konfrontiert. Eine Ordnung ist angesichts der Unendlichkeit des Universums offensichtlich nur um den Preis einer radikalen Reduktion zu haben. Genau dies zeigt Sigmar Polke. Er verwies 1968 mit der antiautoritären Geste jener Zeit in seinem »Sternhimmeltuch« auf die Beliebigkeit jedweder Ordnungsprinzipien, die immer nur Projektionen des eigenen Selbst sein können. Auf nachtblauem Filz liefert er ein ausschnitthaftes Abbild des Sternenhimmels, doch fügt er die Punkte zu neuen Konfigurationen. »Der Sternenhimmel am 24. 6. um 24 Uhr zeigt als Sternbild den Namenszug S. Polke.« – so lautet der dem Bild integrierte Titulus.3 Der Künstlermythos erschafft auch im Kosmos eine neue Ordnung. Das blaue Filztuch ersetzt dem Maler dabei das Himmelszelt, dem er seine Signatur eingeschrieben hat. Auch in der Weite des Universums begegnen wir mithin immer nur dem eigenen Ich. Es sind zwei Grundreaktionen auf die Bilderfahrung des nächtlichen Sternenhimmels, die Sigmar Polke und Thomas Ruff in ihren Kunstwerken aufgegriffen haben und die auch für das Verständnis historischer Sternbilderdarstellungen von Bedeutung sind – das Gefühl der Verlorenheit in einer unendlichen Weite und das Bemühen um eine menschengerechte Ordnung. Das Wiedererkennen der Sterne erfordert ihre Zusammenfassung in Gruppen sowie natürlich ihre Benennung. Schon die Bewegung verleiht den Sternen den Anschein von Lebendigkeit und so sah man in ihnen höhere Wesen, die dort oben ihre Bahnen über den Himmel zogen. In den Mythen berichtete man von der Entstehung dieser Ordnung und der Wichtigkeit sie aufrecht zu erhalten.4 Die Sternbewegungen wurden so in eine Erzählung überführt, die man memorieren und weitergeben konnte. Wie weit das in die Frühgeschichte der Menschheit zurückreicht, hat der Fund der Himmelsscheibe von Nebra spektakulär bewiesen.5 Die Griechen übernahmen bekanntlich die Himmelskunde aus dem Zweistromland und aus Ägypten, doch haben sie in ihrer archaischen Frühzeit unseren Himmel ein für alle Mal definiert. Es sind die Gestalten ihrer Mythologie, mit denen wir nachwievor die Sternbilder bezeichnen. Schon bei Homer sind sie beschrieben, denn Hephaistos bildet sie auf dem Schild des Achilles ab und später richtet Odysseus auf der Heimfahrt seinen Kurs nach ihnen aus.6 Hesiod bestimmt mit Hilfe des Auf- oder Untergangs einzelner Sternbilder den richtigen Zeitpunkt für die verschiedenen landwirtschaftlichen Tätigkeiten im Ablauf des Jahres.7 Nachdrücklicher ließe sich kaum demonstrieren, dass die Orientierung in Zeit und Raum erst durch die Sterne ermöglicht wird.

3 Sigmar Polke, Die drei Lügen der Malerei, Ausstellungskatalog Kunsthalle Bonn, München 1997, S. 165. 4 Zur anthropologischen Relevanz der Sternenbeobachtung vgl. die grundlegende Studie von Hertha von Dechend und Giorgio de Santillana, Die Mühle des Hamlet, Ein Essay über Mythos und das Gerüst der Zeit, 1994 (engl. 1969). Wenn Herta von Dechend Recht hat, so liegt der gemeinsame Urgrund aller Mythen in der Beobachtung und Reflektion der Sternbewegungen. 5 Meller 2004. 6 Homer, Ilias 18, 484–90; Homer, Odyssee, 5, 270–77; vgl. auch Thiele 1899, S. 1ff. Es sind vor allem die Gestalten sehr volkstümlicher Mythen, wie Perseus und Herakles, die sich am Sternenhimmel wiederfinden und von denen es auch viele Darstellungen auf Vasen gibt. Aus Babylon hingegen sind keine Verstirnungssagen überliefert, dort wurden nur die Planeten mit Gottheiten identifiziert. So ist in der eindeutigen und vor allem umfassenden Definition der Sternbilder vielleicht auch eine besondere Leistung der Griechen zu sehen. 7 Hesiod, Erga, Verse 383, 564, 597, 609, 615, 619.

I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Nun erscheint die Benennung und Identifizierung der Sternbilder mit mythischen Wesen zwar plausibel, ist aber bildtheoretisch betrachtet von komplexer Natur. Im Grunde sieht man ja allein die Lichtpunkte, schon das geometrische Muster der Konfiguration ist eine Projektion und bedarf, wenn man sich darüber verständigen will, der Konvention. Diese Konfiguration der Lichtpunkte wird als ein Zeichen des dahinter verborgenen, unsichtbaren Wesens verstanden. Wie eine Spur verweist sie auf etwas Umfassenderes, das ich zwar nicht sehe, aber aus dieser Spur ableiten möchte. Allerdings ist diese Ableitung nur innerhalb einer Konvention, nur innerhalb der kulturellen Tradition möglich. Denn die Lichtpunkte bilden die Gestalt nicht wirklich ab, sie markieren bloß vage eine Haltung, verschiedene Körperteile oder Gliedmaßen. Nur in Ausnahmefällen sind sie mit einzelnen Attributen und deren besonderem Glanz verbunden, wie beispielsweise beim Gürtel und der Schwertscheide des großen Jägers Orion. Die Gestalt der Sternenwesen und die Konfiguration der Lichtpunkte sind eben gerade nicht vollkommen deckungsgleich. Wir haben es von daher mit einem Vorgang zu tun, bei dem die an sich regellose Anordnung der Sterne den Anstoß zur Imagination einer detaillierten Gestalt gibt, die auf das geometrische Muster der Sterngruppierung projeziert wird. Die abstrakte Figuration der Lichtpunkte wird auf diese Weise zu dem Bild einer konkreten Figur ausgestaltet. Der scheinbaren Beliebigkeit dieses Vorganges widerspricht nun aber die Beständigkeit dieser Festlegung, die über beinahe sämtliche kulturellen Brüche hinweg bestehen blieb. Der einmal gewonnenen Anschaulichkeit jener bildlichen Vorstellungen konnte man nicht mehr entgehen. Sie war zudem unumgänglich, um eine Orientierung im Lichtermeer zu bewahren. Wir haben es mit einem speziellen Problem der Bildfindung zu tun, das weit in die Frühgeschichte der Menschheit zurückreicht und zugleich mit einer besonderen Funktion bildlicher Fixierung, die einsetzte lange bevor man die Sternbilder auch in einem künstlichen Bild festhielt. Von daher verliert sich die Entstehung und die erste Festlegung der Sternbilder im Dunkel oraler Überlieferung. Aber mit der Christianisierung der römischen Welt brach ein Konflikt auf, welcher die Tradition noch einmal grundsätzlich in Frage stellte. Es schien undenkbar, dass die heidnischen Wesen weiter den Himmel Gottes bevölkern sollten und den gläubigen Menschen ihr fremdes Zeitmaß vorgaben. Diese Ablehnung führt zunächst zu einer mehr oder weniger weitgehenden Vernachlässigung astronomischer Kenntnisse. Nach einer zeitlichen Zäsur lässt sich jedoch seit dem späten 8. Jahrhundert eine Wiederaufnahme und Erneuerung dieses antiken Wissens einschließlich der mit ihm verbundenen Bilder beobachten. Die Untersuchung dieser erneuten Rezeption einer auf weite Strecken erloschenen Tradition vermag viel über die Wirkungsweise jener besonderen Bilder zu verraten, die allnächtlich über den Himmel ziehen und die man jetzt wieder auf die Seiten der Lehrbücher malte. Die Geschichte dieser materiellen, d. h. der künstlerisch ausgeführten Bilder des Sternenhimmels gewährt zugleich besondere Einblicke in den mittelalterlichen Bildgebrauch sowie in die zuweilen stimulierende Wirkung dieser Darstellungen. Es geht dabei vor allem um das Wechselspiel von Bild und Wissenschaft, das keineswegs nur ein didaktisches ist, sondern ein sehr komplexes, das viele Seiten besitzt. Es gleicht einem subtilen Dialog, in dem das astronomische Wissen die Gestalt der Bilder verändert, obwohl diese mythischen Gestalten für jenes Wissen konkret gar keine Relevanz besitzen. Gleichzeitig können die Bilder aber auch das Wissen auf ihre Weise fördern und eine Neugier erst stimulieren. Manches lässt sich zuerst in der Phantasie umschreiben und nur in einem Bild fassen, das sich im Falle mittelalterlicher Himmelskunde zumeist aus den fernen, antiken Mythen speist.

15

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I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Generell haben wir es mit drei grundlegenden Funktionen der Bilder zu tun. Das ist zum einen die Rolle in der Didaktik, welche zugleich mit den Erinnerungstechniken der Ars memoriae zusammenhängt.8 Weiterhin sind die Bilder eine wichtige Brücke zur Naturbeobachtung und oft ist in ihnen Wissen gespeichert, das die Texte, welche sie begleiten, gar nicht enthalten. Als drittes – und keineswegs als letztes – kommt eine stimulierende Wirkung hinzu, die Bilder so häufig auf Phantasie und Imagination ausüben. Hierbei gehen die Wirkungen über den astronomischen und wissenschaftlichen Kontext weit hinaus und berühren Bereiche, die damit gar nicht unmittelbar verbunden sind. Diese verschiedenen Funktionen lassen sich allerdings niemals wirklich auseinander halten, denn ein und dasselbe Bild kann in verschiedenen Situationen alle drei Aufgaben wahrnehmen. Entscheidend sind natürlich immer auch das Vorwissen und die Sensibilität des Betrachters. Das Vorwissen und die Sensibilität der Maler oder Zeichner hingegen sind an den Illustrationen oft abzulesen und haben dort in den unterschiedlichsten Veränderungen Spuren hinterlassen. Nur deshalb ist es auch möglich so etwas wie eine Rezeptionsgeschichte dieser Bilderwelt zu schreiben. Genau dies ist die Intention des vorliegenden Buches. Es geht darum, die sich wandelnden Interessen in den Blick zu nehmen, die immer wieder neu zur Ausführung von Sternbilderdarstellungen geführt haben. Von daher ist es nicht sinnvoll, auf die Gleichheit der immer selben Figuren zu achten, sondern es müssen vielmehr die Unterschiede betont werden. Seit den Zeiten Homers haben wir es zwar mit einer prinzipiell identischen Bilderfolge zu tun, dennoch sieht sie aber jedes Mal anders aus und dient auch durchaus unterschiedlichen Bedürfnissen. Die hier gestellten Fragen zielen von daher gerade nicht auf eine Rekonstruktion antiker Sternbilderdarstellungen, die bekanntlich fast ausschließlich in mittelalterlichen Reproduktionen erhalten sind, sondern auf die Motive der mittelalterlichen Mönche, die als Gelehrte und Maler diese Bilder herstellten. Was sie in den antiken Vorlagen sahen, was sie für richtig erachteten und übernahmen, was sie fortließen oder veränderten, das ist hier von Interesse. Es geht um den mittelalterlichen Blick in den Sternenhimmel und um die Rolle, die dabei jene antike, mythologische Bilderreihe spielte. Damit lässt sich zugleich ein spannendes Stück Wissenschaftsgeschichte schreiben und die Mönche des frühen Mittelalters rücken uns näher, als wir erwartet hätten. In gewisser Weise müssen wir den Beginn moderner Naturwissenschaft in das 10. Jahrhundert vorverlegen, auch wenn der Begriff »modern« hier noch keinen Sinn macht.9 Es ist eine Geschichte, die ebenso von der unabdingbaren Notwendigkeit der Kalenderfragen handelt wie von wissenschaftlicher Neugier und der Faszination der Bilder. Eine solche Wissenschaftsgeschichte kommt ohne Textanalysen nicht aus, aber die jeweils spezifische Sicht und die Reaktion auf die immer gleichen Texte haben in den Bildern sehr viel deutlichere Spuren hinterlassen. Deshalb kann man auf eine Untersuchung der Bilder keinesfalls verzichten. In den gleichen Handschriften finden sich zusammen mit den Sternbilderdarstellungen auch zahlreiche Diagramme, welche die Strukturen des Kosmos zu klären suchen. Diese ästhetisch gestalteten, geometrischen Schaubilder sind häufig das Ergebnis einer reflektierten Auseinandersetzung und verraten viel von dem Verständnis der Schreiber und Zeichner. Immer wieder werden wir darauf verweisen müssen, aber eine wirkliche Analyse kann hier nicht geleistet werden. 8 9

Vgl. zur Ars memoriae Carruthers 1998. Vgl. dazu auch Fried 2001 sowie Kap. VII.

I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Von daher ist es eine ausgesprochen glückliche Ergänzung, dass Bruce S. Eastwood seine jahrzehntelangen Studien zu diesem wichtigen Bereich kürzlich in eine umfassende Publikation münden lassen konnte.10 Sein Buch ist in vieler Hinsicht eine geradezu ideale Ergänzung. Zugleich soll hier auch das Beispiel einer historisch fundierten Bildwissenschaft gegeben werden, die von konkreten Einzelfällen, in diesem Fall den überlieferten Manuskripten ausgeht. Nur aus der möglichst genauen Analyse ihrer Gestalt und den historischen Umständen ihrer Entstehung können sinnvoller Weise Schlüsse gezogen werden. In der Zusammenschau der zahlreichen Handschriften, die in dieser Weise bislang noch nie versucht worden ist, ergeben sich Einsichten und Bezüge, welche die skizzierte Bild- und Wissenschaftsgeschichte erst möglich werden lassen. Aufgrund der schwierigen Quellenlage müssen wir natürlich immer wieder mit Hypothesen arbeiten, auf denen dann weitere Überlegungen auf bauen. Wir haben uns darum bemüht, dies gewissenhaft kenntlich zu machen. Die Gefahr von Zirkelschlüssen ist uns durchaus bewusst, aber es war uns daran gelegen, Aussagen zu treffen und Antworten zu finden, auch wenn diese oft nur unter Vorbehalt zu geben sind und notgedrungen einen hypothetischen Charakter haben. Aus den Einzelbeobachtungen vieler Details werden in der Zusammenschau der gesamten Überlieferung immer wieder Rückschlüsse möglich, die sich dann Schritt für Schritt auch zu Ergebnissen verfestigen. Den Weg durch diese mühsamen Einzelbeobachtungen können wir auch dem Leser nicht ganz ersparen. Der zusammenfassende Einleitungsteil versucht große Linien zu ziehen, kann das aber nur in der Rückkoppelung mit dem konkreten Material tun. Es ist diese Spannung zwischen einer zumeist verwirrenden Fülle der Befunde und einer in der Zusammenschau und Distanzierung sichtbar werdenden, übergreifenden Interpretation, welche die Grundlage dieses Buches bildet. Das ist bis in jede Anmerkung hinein zu spüren und der Leser muss sich darauf einlassen. Entstanden ist so eine Fallstudie zum Bildgebrauch im Mittelalter und zum Bildverständnis vorneuzeitlicher Naturwissenschaft, die gerade deswegen so gut funktioniert, weil sie ein klar begrenztes Material bearbeitet, das aber dennoch Schlüsse erlaubt, die auch andere Bereiche erhellen können. Unser Thema hat eine ehrwürdige Forschungsgeschichte, die vor allem mit einem Namen verbunden ist: Fritz Saxl. Er hat im Dialog mit Aby Warburg dieses Thema als junger Mann aufgegriffen.11 Warburg selbst hat die Sterne einmal »erkenntnistheoretische Urgeräte« genannt und damit zugleich die Faszination gekennzeichnet, die diese Bilder für sein Denken besaßen.12 Diese Faszination wird von uns geteilt, doch gehen unsere Fragen in eine völlig andere Richtung. Saxl und Warburg untersuchten die Tradierung antiker Bilder. Es ging ihnen um das Fortleben antiker Formeln und damit um Konstanten, die auch über Kulturbrüche hinweg bestehen bleiben. Von daher hatten sie vor allem die Kontinuität im Blick, die von der Antike in das Mittelalter und über die Renaissance bis in ihre eigene Gegenwart reichte. Wir fragen dagegen nach den Veränderungen, denen die Bilder und Mythen auf dieser langen Wanderung unterworfen waren. Denn das Verhältnis zu diesen Bildern ist gerade nicht konstant gewesen, sondern hat sich unter immer wieder anderen Vorzeichen jeweils neu artikuliert. 10 Eastwood 2007. 11 Vgl. Blume 2000, S. 201; McEwan 1998; vgl. auch Duits 2009. 12 Brief Warburgs an Saxl vom 5. 9. 1928; er berichtet hier über seinen Besuch bei Albert Einstein; London, Archive of the Warburg Institute, General Corrospondence; vgl. McEwan 2004, S. 78.

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I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Fritz Saxl hat aber mit seinem »Verzeichnis astrologischer und mythologischer illustrierter Handschriften des lateinischen Mittelalters«, dessen ersten Band er 1915 publizierte, die Grundlagen für unser Vorhaben gelegt. Doch ist dieses groß angelegte Projekt, trotz der 1966 erfolgten Fortführung durch Patrick Mc Gurk ein Fragment geblieben – nicht zuletzt aufgrund der Verwerfungen des Zweiten Weltkrieges, die andere Dinge in den Vordergrund rückten. Die enge Verknüpfung von mythographischem und astronomischem Material wirkt sich in Saxl’s Verzeichnis allerdings eher hinderlich aus, da es sich dabei um zwei durchaus voneinander geschiedene Wissensstränge handelt, auch wenn sie sich öfter berühren. Eine Reihe von Phänomenen, die auf den folgenden Seiten eine Rolle spielen werden, hat Fritz Saxl in seinen knappen Einleitungstexten bereits skizziert, vor allem in dem 1953 erschienenen dritten Band zu den englischen Bibliotheken. An dieser Stelle haben wir gewissermaßen den Faden aufgenommen, ihn dann aber auf unsere Weise sowie unter einem veränderten Fragenhorizont weiter gesponnen. Deshalb fühlen wir uns durchaus in der Nachfolge von Fritz Saxl und es erfüllt uns mit Genugtuung, dass es jetzt gelungen ist, – in Fortführung seines Projektes – die illustrierten astronomischen Handschriften des Mittelalters systematisch zu erfassen und in einem Katalog zu bearbeiten. Kristen Lippincott, die selbst viele Jahre am Warburg Institute tätig war, hat sich gleichfalls seit langem immer wieder mit der Tradition der Sternbilderdarstellungen beschäftigt. Seit längerer Zeit arbeitet sie an dem Nachweis, dass es nicht nur die eine antike Bildtradition gegeben hat, sondern vielmehr eine Vielfalt ganz unterschiedlicher Überlieferungen.13 Von daher verfolgt sie einen anderen Ansatz, der sich mit unseren Überlegungen gut ergänzt. In diesem Buch ist ein über die gesamte Welt verstreutes Material gesammelt, das aber vermutlich bloß aus etwa zwanzig Klöstern Westeuropas, vor allem in Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien stammt. Jede einzelne dieser Handschriften gleicht im Grunde einem Individuum. Sie weist eine spezielle Textzusammenstellung und ein besonderes Lay-out auf. Auch mit der Frage der Illustrationen geht man immer wieder anders um. Jedes Manuskript hat ein anderes historisches Gebrauchsprofil, wie Christel Meier das einmal zutreffend genannt hat.14 Dazu zählen natürlich auch die späteren Ergänzungen und Markierungen, welche Benutzer in diesen Codices hinterlassen haben. Deshalb wird im Katalogteil jede einzelne Handschrift möglichst genau beschrieben. Doch ist auch diese Analyse auf unsere generelle Fragestellung abgestimmt. Diese Katalogbeiträge sind aber auch einzeln und unabhängig zu konsultieren. Vorangestellt ist ein zusammenfassender Text, der die oben skizzierte Geschichte des sich verändernden Bildgebrauches und der wechselnden Interessen nachzeichnet. Diese Abhandlung baut natürlich auf den Nachweisen und Argumentationen der Katalognummern auf, kann aber auch nicht völlig auf Einzelbeobachtungen verzichten. In Klammern gesetzte Angaben zum Auf bewahrungsort und zur Signatur der einzelnen Handschriften stellen dann jeweils die Verbindung zum Katalog her. Von daher entsteht zwischen dem umfangreichen Katalogteil und dem einleitenden Text eine Art Dialog, der über die Jahre der Ausarbeitung gewachsen ist und in den sich der Leser auf seine Weise einzuschalten vermag.

13 14

Lippincott 2006 und Lippincott 2009, vgl. auch Lippincott 1986 und 1990. Meier 2002, S. 206ff.

I. Der Blick in den Himmel und die gemalten Bilder – Zur Einführung

Die Einteilung nach Jahrhunderten, welche die zusammenfassende Darstellung gliedert, ist selbstverständlich nur als eine vertraute Hilfskonstruktion zu verstehen, die dazu dient unterschiedliche Etappen der Entwicklung herauszustellen. In der Geschichte astronomischer Bilder, die zugleich auch eine Geschichte der astronomischen Wissenschaft ist, gibt es im Mittelalter zwei einschneidende Zäsuren. Die karolingische Kalenderreform markierte einen Neuanfang nach einer Zeit, die von Desinteresse und Vernachlässigung geprägt war. Ein zweiter Einschnitt lässt sich in der Zeit um 1200 feststellen. Er basiert auf den Errungenschaften der Wissenschaften im 12. Jahrhundert und den neuen Übersetzungen aus dem Arabischen. Es sind neue Texte und auch neue Bilder, die ab dem 13. Jahrhundert die Vorstellung und das Wissen vom Sternenhimmel prägen. Der hier vorliegende erste Band schließt mit der Zeit um 1200 ab. Ein zweiter Band wird die Zeit von 1200 bis 1500 umfassen und damit bis in die Zeit des frühen Buchdruckes hineinreichen, der die Verbreitungsbedingungen für Texte und Bilder grundlegend verändert hat. Natürlich ist nur ein geringer Bruchteil des ursprünglich existierenden Handschriftenbestandes bis heute erhalten geblieben. An diesem grundlegenden Überlieferungsproblem kann man nicht vorbeigehen. Wir haben versucht das Erhaltene zu ordnen und in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Nach Möglichkeit spekulieren wir nicht über verlorene Manuskripte, die mit ihren Illustrationsfolgen unsere Fragen vermeintlich klären könnten. Im Gegenteil beschränken wir uns bewusst auf das, was erhalten ist oder was eindeutige Spuren im erhaltenen Material hinterlassen hat. So hat sich im Laufe der Zeit auch der Eindruck bestätigt, dass es wohl nur zwei antike Handschriften gab, die als Vorlagen für die astronomischen Bilder im frühen Mittelalter dienten. Beide Manuskripte sind seit langer Zeit verloren, aber sie lassen sich aus den mittelalterlichen Abschriften ohne Frage erschließen. Im achten Jahrhundert war eine griechische Ausgabe der in Versen verfassten Himmelsbeschreibung des Aratos im nordfranzösischen Kloster Corbie vorhanden. Am karolingischen Hof in Aachen hatte man zu Anfang des neunten Jahrhunderts Zugriff auf eine Handschrift mit der lateinischen Übertragung dieses Lehrgedichtes durch Germanicus. Beide Handschriften waren mit Illustrationen versehen und auch das ungefähre Aussehen dieser Bildzyklen lässt sich aus den mittelalterlichen Kopien ableiten. Sämtliche Merkmale der zahlreichen mittelalterlichen Sternbilderdarstellungen lassen sich als Ableitungen und Kombinationen dieser beiden Vorlagen begreifen.

19

II.

Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte

1. Antike Texte Sternbilderdarstellungen begleiten zumeist Texte, die eine Himmelsbeschreibung sowie astronomische Informationen enthalten. Deshalb ist es notwendig, sich zunächst über Inhalt, Geschichte und Verbreitung dieser Texte zu orientieren. Bis zum Ende des 12. Jahrhunderts gehen alle diese Abhandlungen auf eine einzige Quelle zurück, nämlich auf die griechische Himmelsbeschreibung des Dichters Aratos von Soloi aus dem dritten vorchristlichen Jahrhundert.1 Die Werke des Ptolemaios wurden erst im 12. Jahrhundert ins Lateinische übersetzt und frühestens nach 1180 bekam man im Westen islamische Bilder der Konstellationen in der Tradition des al-Sufi zu Gesicht.2 Bis dahin war man auf die verschiedenen Umarbeitungen des Poems von Aratos und die damit verbundenen Illustrationen angewiesen Die zahlreichen vom Gedicht des Aratos abgeleiteten Texte, welche unter dem Namen »Aratea« zusammengefasst werden, weisen im Einzelnen einen sehr unterschiedlichen Charakter auf. Ihre Bandbreite reicht von noch in der Antike ins Lateinische übertragenen, ausführlichen poetischen Himmelsbeschreibungen in Versen, über kommentierte Ausgaben, bis hin zu im Mittelalter exzerpierten, lexikalisch verknappten und auf schlichte Fakten reduzierte Sternkataloge. Den Ausgangstext all dieser Versionen schuf Aratos zwischen 276 – 274 v. Chr. am Hof des hellenistischen Herrschers Antigonos Gonatas in Pella und betitelte ihn Phainomena (Erscheinungen), womit er speziell die Himmelserscheinungen meinte.3 Er stützte sich dabei auf das gleichnamige Werk des Eudoxos von Knidos (ca. 400 – 347 v. Chr.), das allerdings nicht überlie-

1 Der griechische Text der Phainomena wurde kritisch ediert von Maass ed. 1893 und Martin ed. 1956. Eine Einführung, den Text und eine deutsche Übersetzung gibt Erren ed. 1971; eine Textausgabe mit Einführung und englischer Übersetzung Kidd ed. 1997. Zur Tradition astronomischer Texte vgl. auch den Überblick bei Lippincott 2006. 2 Dazu s. Bd. II; vgl auch Lippincott 2006, S. 12ff. 3 Aratos (ca. 310–245 v. Chr) wurde in Soloi am Schwarzen Meer geboren, studierte in Athen, wo er mit den philosophischen Richtungen der Peripatetiker und insbesondere der von Zenon gelehrten frühen Stoa in Berührung kam. Von dort wurde er um 276 v. Chr. an den Hof des makedonischen Königs Antigonos Gonatas geholt, wo er vermutlich zur Hochzeit des Herrschers Antigonos mit Phila die Phainomena vortrug und weitere Werke verfasste; Sein Aufenthalt in Pella endete mit dem Einfall des Pyrrhus 274 v. Chr. Nach einem Exil in Syrien bei Antiochos I., kehrte er nach Pella zurück, wo er um 245 v. Chr. starb. Die Angaben zu Arats Leben stützen sich auf fünf erhaltene Viten, die bei Ludwig, in RE Suppl. 10, 1965, Sp. 26–30 und Martin 1956, S. 151ff. besprochen werden.

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fert ist, aber vermutlich die älteste systematische Beschreibung des Sternenhimmels enthielt.4 Das in Hexametern abgefasste Lehrgedicht des Aratos behandelt nach einem kurzen Proöm ausführlich die am Nachthimmel sichtbaren Sternbilder und berichtet auch über deren gleichzeitige Auf- bzw. Untergänge im Laufe des Jahres. In einem zweiten Abschnitt folgt eine Schilderung verschiedener Wetterzeichen. Entgegen der allgemein verbreiteten Forschungsmeinung hat Aratos sein Werk sehr wahrscheinlich ohne Illustrationen konzipiert, da sämtliche griechischen Textzeugen bilderlos sind.5 Doch ging er vermutlich von der Anschauung eines Himmelsglobus aus, der wahrscheinlich gleichfalls von Eudoxos von Knidos entwickelt worden war.6 Da dieses umfangreiche Gedicht die Grundlage sämtlicher Himmelsbeschreibungen des Mittelalters ist, soll es hier zunächst in einer Paraphrase vorgestellt werden. In den ersten Versen preist der Verfasser den allgegenwärtigen Gott Zeus, der den Menschen in der Stadt, auf dem Land und zur See hilfreiche Zeichen zur Einteilung des Tages und des Jahres an den Himmel gesetzt habe. Damit lässt sich beispielsweise auch der richtige Zeitpunkt für Saat und Ernte bestimmen. Anschließend bittet er dann auch die aus den alten Mythen bekannten Helden sowie die Musen um Unterstützung. Der Dichter lokalisiert zunächst mit wenigen Worten die Stellung der Fixsterne im Kosmos. Nach seiner Vorstellung sind diese an eine kugelförmige Schale »geschmiedet«, welche die in einem Ozean schwimmende Erdkugel umgibt. Die Fixsternsphäre wird von einer Achse gehalten, die durch den Erdmittelpunkt führt, aber zum Horizont geneigt ist. Einmal täglich wird sie um diese Achse »gezogen«. Dort, wo die Achse die Himmelskugel oberhalb des Ozeans trifft, markiert sie den nördlichen Himmelspol. An dieser Stelle setzt Aratos mit der Beschreibung der einzelnen Sternbilder ein. Um den Nordpol kreisen mit dem Rücken zueinander gekehrt die beiden Bärinnen Helike und Kynosura, die den im Idagebirge verborgenen Säugling Zeus vor dem Zorn seines Vaters Kronos beschützten. Sie werden auch Wagen genannt und dienen den Seefahrern zur Orientierung. Zwischen den Bärinnen windet sich der Drache oder d ie Schlange wie »ein großes Wunder« (V. 46). Beim Kopf der Helike tritt einer, der von der Last seiner Mühen in die Knie gesunken ist, der Kniende, auf das Haupt des Drachens. Aratos nennt jenes Bild nicht beim Namen, doch weiß der antike Leser, dass der Held Herakles beim Kampf gegen die Hydra gemeint ist. Unter Herakles’ Rücken leuchtet der Kranz, den Ariadne von Theseus erhalten hat, den jedoch Dionysos als der rechtmäßige Verlobte Ariadnes erzürnt an den Himmel warf. Der Schlangenträger, der kaum die lange, um seinen Körper gewundene Schlange halten kann, steht mit beiden Füßen auf dem Skorpion, dessen Scheren ein eigenes Sternbild ausmachen. Hinter Helike folgt der Bärenhüter Bootes, den man auch den Stiertreiber nennt, wenn man die Bärinnen als Wagen bezeichnet. Er ist vor allem wegen des hellen Sterns »Arcturus« unter seinem Gürtel bekannt. Unter Bootes Füßen erstreckt sich die eine Ähre haltende Jungfrau. Aratos identifiziert sie entweder als die Tochter des Sternvaters Astraios oder als Dike (Recht) und erzählt in diesem Zusammenhang in einem ausgedehnten Exkurs von der

4 Von der Schrift des Eudoxos wissen wir durch den Kommentar des Hipparchus (s. 128 v. Chr.) und das Lehrgedicht des Aratos. Vgl. Dekker 2009, S. 133ff. sowie Bowen/Goldstein 1983. 5 Als zuverlässigste Textzeugen gelten die beiden Handschriften: Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. 476 (Ende 11. Jh./Anf. 12. Jh.) und Escorial, Bibliotaca del Real Monasterio, Cod. E III 3 (15. Jh.). Vgl. auch Haffner 1997, S. 15ff. 6 Zur Entstehung des Himmelsglobus jetzt Dekker 2009.

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fortlaufenden Verschlechterung der Menschen. Während im goldenen Zeitalter Dike noch mitten unter den Menschen geweilt und Recht gesprochen habe, erteilte sie den Menschen des silbernen Zeitalters nurmehr abends und von einem Hügel herab ihre Richtsprüche, Ermahnungen und düsteren Prophezeiungen. Vor dem folgenden ehernen Geschlecht schließlich, das Waffen schmiede und Opferfleisch esse, sei sie an den Nachthimmel geflüchtet. Besonders hell strahlt ihr Kopfstern. Zu Häuptern der großen Bärin befinden sich die Zwillinge, unter der Bärin der Krebs, unter ihren Hinterfüßen der hell leuchtende Löwe. Wenn die Sonne im Löwen aufgeht, herrscht sommerliche Hitze, und die Seefahrer müssen sich vor wilden Stürmen hüten. Links neben den Zwillingen steht der große Fuhrmann mit einer Ziege auf seiner Schulter, die Zeus in seinem Versteck mit ihrer Milch ernährt hat, und zwei Böckchen auf seinem Handgelenk, die nur fein schimmern, aber den Seeleuten Sturm und Gefahr androhen. Die Füße des Fuhrmanns berührt mit einem Horn der leicht erkennbare Stier, der auf seiner Stirn die Sterngruppe der Hyaden trägt. Hinter dem Bär Kynosura folgt Kepheus aus dem Geschlecht der Iasiden. Die gesamte Familie wurde wegen ihrer Verwandtschaft zu Zeus und ihres tragischen Schicksals an den Sternhimmel versetzt. Bei der Beschreibung des Kepheus hebt der Dichter die Sterne auf dessen ausgebreiteten Armen hervor. Kepheus’ Gemahlin Kassiopeia dagegen ist im Vergleich nur klein und schwach leuchtend. Ihre Arme hält sie in der Form eines W, eine Haltung, die mit der Form eines Schlüssels verglichen wird und welche die Trauer um ihr Kind ausdrückt. Damit spielt Aratos auf das durch Kassiopeias Eitelkeit ausgelöste Schicksal ihrer Tochter Andromeda an. Unter Kassiopeia findet sich die mit den Armen an einen Felsen gefesselte, bedauernswerte Andromeda, die dem Seeungeheuer geopfert werden soll. Durch helle Sterne am Kopf und ihren reichen Schmuck ist sie gut zu erkennen. Das nur zur Hälfte sichtbare Pferd soll durch seinen Hufschlag eine Quelle auf dem Musenberg Helikon gegründet haben. Hier spielt Aratos auf den Mythos von Pegasus an, der dem Hals der Medusa entsprang, als sie von Perseus enthauptet wurde. In der Nähe beim Gürtel der Andromeda eilt der matt schimmernde Widder in großer Geschwindigkeit über den Himmel. Das Schriftzeichen, wie der Dichter das Dreieck als den dreieckigen Buchstaben Delta bezeichnet, vereinigt besonders helle Sterne. Weiter im Süden schwimmen zwei Fische, die durch Bänder an ihren Schwanzflossen miteinander verknotet sind. Über dem Knoten leuchtet ein Stern. Mit Perseus, der unterhalb seiner Braut Andromeda zu sehen ist und den Arm zu Kassiopeias Thron ausstreckt, wird der Sagenkreis um die Iasiden fortgesetzt. Perseus ist sehr groß und schreitet aus, als ob er jemanden verfolgen würde. Bei seinem Knie sind schwach und dicht gedrängt sechs der sieben Pleijaden auszumachen, die Aratos mit Namen aufzählt. Sie zeigen dem Bauern den Beginn des Sommers, des Winters und das Nahen der Pflügezeit an. Die aus einem Schildkrötenpanzer gewonnene Lyra geht auf eine Erfindung des Säuglings Hermes zurück. Zwischen Kepheus’ Hand und dem Ross erblickt man in schwachem Glanz einen fliegenden Vogel. Neben dem Kopf des Pferdes steht der Wassermann, vor diesem der Steinbock, dessen Frühaufgang mit dem Wendepunkt der Sonne zusammenfällt. In einem Exkurs warnt Aratos die Seefahrer davor, sich beim Erscheinen des Steinbocks aufs Meer zu wagen, da das Zeichen Sturm und große Gefahren, bis hin zum Schiff bruch ankündige. Das zeitlich zuvor aufgehende Tierkreiszeichen Schütze und der Skorpion bedeuten hingegen gerade noch befahrbares Meer. Der vom Bogen abgeschossene Pfeil neben dem Vogel stellt ein eigenes Sternbild dar und erscheint neben dem Adler. Über den Steinbock springt ein Delphin mit vier juwelenhaft strahlenden Sternen. Unterhalb oder südlich des Sonnenpfades neigt sich zum Stier das sehr gut zu identifizierende Sternbild des Jägers Orion. Hinter seinem großen

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Rücken folgt sein Hund, der ihm bei der Jagd beisteht. Auf der Hundeschnauze sitzt ein gleißender Stern namens Sirius (Brenner). Sein Frühaufgang kündigt die größte, alle Pflanzen versengende Sommerhitze an. Der Hund jagt unermüdlich einen Hasen, welcher zwischen den Füßen des Orion auf der Flucht zu sehen ist. Unter dem Schwanz des Sirius fährt das Schiff des Helden Jason namens »Argo« rückwärts, wie in einen Hafen. Von ihm ist lediglich das Heck mit dem Steuerruder zu erkennen. Zu den südlichen Sternbildern gehört auch das Seeungeheuer Cetus, welches Andromeda verfolgt. Unterhalb des Orion zieht sich der »vielbeweinte« Fluss Eridanus dahin. Zwischen Sternen, denen der seit langem verstorbene Erfinder der Sternbilder keinen Namen verliehen hat, liegt unterhalb des Steinbocks ein großer Fisch, der als Südfisch bezeichnet wird. In der Nähe verläuft der Wasserstrahl aus dem Gefäß des Wassermanns. Der Rauchaltar liegt unter dem Stachel des Skorpions und zeigt Südwind sowie heftigen Sturm an. Der Kentaur dagegen weist auf Ostwind. Er ist gleichfalls unter dem Skorpion zu finden und streckt seine Hand mit einem erbeuteten Tier zum Altar aus. Eine lange Schlange schließlich windet sich vom Krebs bis zum Kentauren. Mit ihr sind zwei weitere Sternbilder verbunden; ein Mischkrug (Krater) steht auf einer der Windungen und ein Rabe hackt auf das Schwanzende ein. Unter den Zwillingen führt Aratos als letztes Sternbild den mit hellen Sternen bestückten Vorhund (Prokyon) an. Von den aufgeführten Fixsternen unterscheidet Aratos die fünf Wandelsterne oder Planeten, die er allerdings nicht mit Namen identifiziert. Sie kreisen entlang der Ekliptik, aber ihre Bewegungen sind so kompliziert, dass sie seiner Meinung nach einer gesonderten Abhandlung bedürften. Eine große Hilfe zur Auffindung der Fixsterne bieten aber vier Himmelskreise und die Milchstraße, welche den Himmel unterteilen. Den Verlauf dieser Kreise – des nördlichen und des südlichen Wendekreises, des Äquators und des Tierkreises, der über der Ekliptik liegt – beschreibt Aratos im Einzelnen anhand der Sternbilder, die sie durchschneiden. Weiterhin zählt er jene Teile von Sternbildern auf, die zugleich mit einem Tierkreiszeichen auftauchen oder untergehen. Im kürzeren, zweiten Teil des Gedichtes werden dann noch verschiedene Wetterzeichen beschrieben, die als Diosemeia (Zeuszeichen) oder Prognostica bezeichnet sind und bei denen insbesondere das jeweilige Erscheinungsbild des Mondes von Bedeutung ist. Wer mit Hilfe der Phainomena die Sternbilder am Nachthimmel identifizieren will, wird sich schwer tun. Denn Aratos teilt keineswegs immer die Lage, Zahl oder Helligkeit der Sterne in einem Sternbild mit, sondern streut diese Informationen eher beiläufig ein. Außerdem treffen etliche Angaben, die sich auf den Verlauf der Himmelskreise durch die Sternzeichen oder die Auf- und Untergänge beziehen, nicht mehr auf den tatsächlichen Stand der Sterne im 3. Jahrhundert v. Chr. zu. Dies ist die Folge davon, dass Aratos den Stoff des Gedichts einer wesentlich älteren Himmelsbeschreibung entnommen hat, die wohl für Seefahrer erstellt worden war. Dabei erkannte der Dichter nicht, dass seine Vorlage auf einem inzwischen veralteten Globus beruhte, der durch ein unkorrektes Koordinatensystem eingeteilt war. Die Phainomena vermitteln also nicht die jüngsten astronomischen Erkenntnisse der Epoche des Aratos, sondern basieren auf einem Weltbild, das bereits Generationen zuvor Eudoxos von Knidos (408 –335 v. Chr.) lehrte.7 Die Verse 553 – 558 des Gedichts lassen zwar vermuten, dass man mit den Angaben zu den parallelen Auf- und Untergängen die genaue Uhrzeit in der Nacht bestimmen 7 Vgl. die Synopse bei Teichmann 1985, S. 10–11 sowie zum Globusproblem Dekker 2009; ebenso Böker 1952, S. 5–68 und Erren ed. 1971, S. 131–133.

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könnte, doch funktioniert dies nicht, da die unterschiedliche Länge der Tierkreiszeichen keine Berücksichtigung findet.8 Der wissenschaftliche Wert wie auch der praktische Nutzen des Gedichtes hält sich demnach sehr in Grenzen. Was den mythologischen Gehalt betrifft, so deutet Aratos die Sternsagen zumeist nur an, da er ihre genaue Kenntnis bei seiner gebildeten Leserschaft ohnehin voraussetzt. Von daher muss man sich fragen, weshalb diesem Werk überhaupt ein so lang anhaltender Erfolg beschieden war? Auffälligerweise unterlässt Aratos bei keinem Sternbild die Bestimmung der Lage in Bezug auf die anderen Konstellationen. Bei dem Leser, der bloß gewohnt war, einzelne Sterne als Kalender zu betrachten und deshalb nur auf ihr Erscheinen am morgendlichen Horizont achtete9, entsteht so eine Vorstellung von der Anordnung der Sternbilder im Zusammenhang und der Eindruck einer bewundernswerten Komposition des Sternenhimmels als Gesamtheit. Andeutungen wie »Wenn es denn wahr ist, …« (V. 30) oder »wie … ein großes Wunder, der Drache« (V. 46) unterstreichen das Undurchschaubare sowie den göttlichen Charakter des Weltalls. Die Anrufung des Zeus als Lenker des Kosmos in den ersten Versen weist in die gleiche Richtung. Die eindrückliche Schilderung jenes erhabenen Gesamtbildes dürfte die Leser bis ins Mittelalter hinein fasziniert haben und begeisterte auch wieder die Humanisten des 15. Jahrhunderts.10 Mit der Wahl eines naturwissenschaftlichen Stoffes für ein Epos greift Aratos die alte, von Hesiod begründete Gattung des Lehrgedichts auf, an die auch die durch Exkurse aufgelockerte Komposition anknüpft. Die archaisierende, an Homer und Hesiod angelehnte Sprache gibt vor, dass jenes Poem alte Weisheit verkündet. So sollte das Werk wohl weniger ein »Sachbuch« sein als vielmehr gute Poesie und Ausdruck der stoisch-pantheistischen Weltanschauung seines Verfassers. Diese Annahme wird durch die frühe Rezeption der Phainomena bestätigt, die wie das Gedicht selbst bilderlos war. 11 Während bei den ersten Kommentaren, soweit sie sich aus Fragmenten oder Zitaten erschließen lassen, die Sprache und die philosophischen Aussagen des Gedichts im Vordergrund standen, verlagert sich das Interesse mit der Zeit auf den zurecht als defizitär empfundenen astronomischen und den mythologischen Gehalt des Werkes. Diesen beiden Aspekten tragen vor allem zwei Werke Rechnung, die einen lang anhaltenden Einfluss ausübten. Dabei handelt es sich zum einen um die »Katasterismen« (Verstirnungen oder Verstirnungssagen) des Eratosthenes von Kyrene (um 275 – um 195 v. Chr.).12 Die in Alexandria verfasste, heute verschollene Schrift, war als umfassende Einführung zu den Phainomena gedacht. Vermutlich war sie in vier Teile gegliedert, unter denen einer aus einem Sternkatalog bestand, der zu jedem Sternbild die Anzahl und die Position der enthaltenen Sterne angab. Ein anderer Teil führte zu allen Sternbildern jeweils die zugehörige mythologische Erzählung an, aus der hervorgeht, weshalb eine Gestalt, ein Tier oder Gegenstand als Sternbild verewigt wurde.

8 Vgl. Erren ed. 1971, S. 134. 9 Vgl. Erren ed. 1971, S. 119–121. 10 Dazu s. Bd. II. 11 Eine ausführliche Aufarbeitung der Textgeschichte der Phainomena leistet Martin 1956; zur frühen Rezeption der Phainomena vgl. ebd. S. 13, 30ff.; Erren ed. 1971, S. 113f. 12 Textausgabe der griechischen Fragmente Robert ed. 1878; Besprechung und Rekonstruktion bei Martin 1956, S. 58–68; 73ff. Vgl. jetzt auch Geus/Pàmias 2007 mit deutscher Übersetzung sowie Geus 2002, S. 211ff.

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Ebenso einflussreich wie die Katasterismen war der Kommentar des Astronomen Hipparchos von Nikaia (um 190 – um 120 v. Chr.).13 Er deckt auf, dass Aratos eine Vorlage mit dem Titel Enoptron (Spiegel) des Eudoxus von Knidos (ca. 400 – ca. 347 v. Chr.) kopierte, ohne diese auf die Richtigkeit ihrer astronomischen Angaben zu überprüfen. Hipparchos kritisiert vor allem, dass Aratos von seinem Standpunkt aus einige Sternbilder gar nicht gesehen haben konnte und andere nicht in der Weise, wie er sie beschreibt. Seinem Kommentar fügt Hipparch einen Sternkatalog von etwa 850 Sternen an, deren Lage am Himmel er erstmals nach den Graden eines Koordinatennetzes definiert. Diese Rezeption zeigt, dass die Phainomena offensichtlich zunehmend im Zusammenhang einer astronomischen Auseinandersetzung gelesen wurden. Später nahm man jene Kommentare in aufwendige Corpuswerke auf, die um den Mittelpunkt des griechischen Gedichts von Aratos gruppiert wurden. Von diesen erweiterten Editionen hat sich kein Exemplar erhalten, doch entstanden sie nach den textkritischen Untersuchungen von Jean Martin alle in der Metropole Alexandria. Die älteste derartige Ausgabe, auf welche die gesamte Überlieferung zurückgeht, wurde zu Beginn des ersten nachchristlichen Jahrhunderts erstellt und umfasste eine Vita des Aratos, eine Einleitung, den Gedichttext sowie einen Kommentar.14 Hiervon leiten sich zwei jüngere Kompendien ab, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte haben. Das eine war wissenschaftlich orientiert und enthielt umfangreiche Erläuterungen zur Astronomie, das andere hingegen war eher leserfreundlich und bibliophil aufgemacht und wandte sich an ein Laienpublikum.15 Es entstand im dritten Jahrhundert und bestand aus einer Einführung, einer Vita des Aratos und den Phainomena, welche abschnittweise durch mythologisch-astrothetische Scholien erläutert wurden. Die Scholien, die vor allem aus den Katasterismen des Eratosthenes schöpfen, erzählen die verschiedenen Versionen der Verstirnungssagen und listen anschließend die Sterne der Konstellation auf. Es spricht vieles dafür, dass dieses alexandrinische Corpus erstmals auch Illustrationen der Sternbilder enthielt. Gleichzeitig mit der Entstehung der griechischen Corpuswerke strahlt der Ruhm der Phainomena auch nach Rom aus, wo das Gedicht des Aratos seit der ausgehenden Republik wiederholt ins Lateinische übertragen wird. Der Kirchenvater Hieronymus (um 350 – 420) zählt beim Nachweis eines Zitats die bekanntesten Übertragungen mit ihren Verfassern auf: »(Dies ist) … in den Phainomena des Aratos zu lesen, die Cicero in die lateinische Sprache übertrug, wie auch Germanicus Caesar und erst neulich Avienus, und viele mehr, die aufzuzählen zu weit führen würde.«16. Zu den nicht genannten Übertragungen gehören die des Varro Atacinius, des Ovid und des Gordienus, von denen nur wenige Verse erhalten sind.17 Diese Fassungen sind jedoch

13 Text und mit deutscher Übersetzung bei Manitius 1894. 14 Vgl. Martin 1956, S.127ff., 199ff. Die Vita verfasste Theon von Alexandria, ein Grammatiker des 1. Jahrhunderts n. Chr. 15 Vgl. Martin 1956, Teil II, S. 35ff., 69ff. Den Inhalt und Auf bau des für Laien zusammengestellten Corpuswerkes überliefert der so genannte Aratus latinus, eine lateinische Übertragung die im 8. Jahrhundert im Kloster Corbie entstand, s. u. 16 »Quod hemistichium in Phaenomenis Arati legitur, quem Cicero in latinum sermonem transtulit, et Germanicus Caesar et nuper Avienus, et multi quos enumerare perlongum est« (Hieron. Comm. in Ep. Tit. 1, 2), vgl. Le Bourdellès 1985, S. 25. 17 Zu Ovid P. Esposito, I Phaenomena di Ovidio, in: Ovidio: da Roma all’ Europa, hg. von I. Gallo, P. Esposito, Neapel 1998, S. 55–69 (= Università degli Studi di Salerno. Quaderni del dipartimento di scienze dell’antichità, 20). Zu Avienus Soubiran ed. 1981.

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ebenso wie die Version des Avienus niemals illustriert worden und spielen deshalb in unserem Zusammenhang keine Rolle. Cicero übersetzte die Phainomena bereits in jungen Jahren (89/86 v. Chr.).18 Er wahrt weitgehend die Proportionen des Gedichtes und behält die Versform bei. Dennoch entfernt er sich immer wieder vom Wortlaut seiner Vorlage. Mehrmals erläutert er dem römischen Leser griechische Begriffe, wenn sie von der lateinischen astronomischen Terminologie abweichen.19 Vor allem verleiht er aber dem eher nüchternen Text des Aratos durch Hinzufügung von beschreibenden Adjektiven und Epitheta mehr Anschaulichkeit.20 Charakteristisch ist auch sein Anliegen, verschiedene Sternbilder zu dramatischen Szenen zu verbinden, wobei er sich oft pathetischer Bilder bedient.21 Naturereignisse wie einen Sturm (Frgm. V. XXIV) oder eine ländliche Szenerie (V. 113–119) malt er breit aus. Auch nutzt er jede Gelegenheit, die Erhabenheit des Kosmos hervorzuheben und er betont die strahlende Helligkeit der Sterne selbst dann, wenn dies nicht zutrifft (z. B. V. 9, 84, 87). Mit der Astronomie nimmt es Cicero aber nicht so genau. So unterlaufen ihm einige Fehler oder Verwechslungen.22 Zudem lässt er einige Verse seines Vorbilds aus und übergeht astronomisch äußerst relevante Präzisierungen.23 Durchweg belebt Cicero das Original und versieht die Gestalten mit mehr Emotionen und Bewegung, wobei er mit Pathos nicht spart. Damit verleiht er dem Gedicht einen grundlegend anderen Sprachcharakter. Von daher handelt es sich eher um eine Überarbeitung, die zugleich eine Kritik enthält, welche später auch von dem Rhetoriker Quintilian formuliert wurde: »Der Stoff des Aratos entbehrt jeglicher Bewegung, da darin keinerlei Abwechslung, keine Gemütsbewegung, keine Person, rein gar nichts beredt ist.« 24 Der Text der Aratea des Cicero ist heute unvollständig überliefert. Inhaltlich setzen die erhaltenen Verse beim Sternbild des Widders ein und enden nach den parallelen, morgendlichen Auf- und Untergängen. Der Verlust muss sich zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert ereignet haben, da der Grammatiker Priscian um 500 den Text noch vollständig kennt, während Mico in seinem um 825 verfassten opus prosodiacum den Text als großes Fragment bezeichnet.25 18 Editionen und Übersetzung: Buescu ed. 1941 (Rpr. 1966), Soubiran ed. 1972. 19 So im Fall der Bären, beim Dreieck, Kleinen Hund oder beim Tierkreis, vgl. Soubiran ed. 1972, S. 88 mit Anm. 3. 20 Beispielsweise hat der Widder bei Cicero »eingerollte« Hörner, Perseus trägt »Schnürsandalen«; die Form der Lyra differenziert er als »konvex«, den Ziegenfisch (Capricornus) beschreibt er als monströs und mit mächtiger Brust, vgl. auch zum folgenden Soubiran ed. 1972, S. 91f. 21 So sagt er über Perseus, der zur trauernden Königin Kassiopeia eilt, um deren Tochter Andromeda zu befreien: »Dieser streckt seine rechte zum Thron der Kassiopeia und trägt die weitausschreitenden Füße, die von passenden Sandalen umgürtet sind, staubig gleichsam durch das jähe Hinaufgleiten von der Erde als Sieger in die höchsten Höhen des großen Himmelgewölbes.« (V. 24–26) 22 So bezieht er einen Abschnitt, der den Übergang zu den südlich des Tierkreises platzierten Sternbildern beschreibt, fälschlicherweise auf das zuvor besprochene Bild des Delphins, das ja in Wirklichkeit nur sehr klein ist. (V. 96–102) In Vers 57 verwechselt er Pegasus mit Wassermann. Hierzu und zu weiteren Fehlern Soubiran ed. 1972, S. 89. 23 Z. B.: V. 3 bei den Scheren statt bei den Scherenspitzen; V. 54 Flügel, statt linker Flügel; V. 90 fehlt die Zeitangabe »am Ende der Nacht«, V. 112 fehlt der Name »Sirius«, oder in V. 180: die Anordnung als Kreis. Es fehlen die Verse des Aratos 296–99, 336f., 535f., 562f., 585. Vgl. Soubiran ed. 1972, S. 90f. 24 »Arati materia motu caret, ut in qua nulla varietas, nullus adfectus, nulla persona, nulla cuiusdam sit oratio.« (Quintilian, X, 1, 55). 25 Vgl. Soubiran ed. 1972, S. 142. Einige Verse sind nur indirekt in Ciceros Schrift De natura deorum überliefert. Die 480 zusammenhängend verbliebenen Cicero-Verse entsprechen den Versen 229–701 des Aratos.

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Eine sehr viel bekanntere und vielfach mit Bildern überlieferte lateinische Version der Phainomena wird Claudius Germanicus (15 v. Chr.–19 n. Chr.), dem Adoptivsohn des Kaisers Tiberius, zugeschrieben.26 Sie entstand in der frühen Kaiserzeit zwischen 14 und 19 n. Chr., da die Verse 558–560 die Konsekration des Augustus im Jahre 14 n. Chr. voraussetzen und Germanicus selbst 19 n. Chr. stirbt.27 Wie Cicero behält auch Germanicus die Versform des griechischen Vorbilds bei. Doch beschränkt er sich inhaltlich auf den astronomischen Teil der Phainomena. Die Fragmente zu den Wetterzeichen und zur Astrologie, die zusammen mit seiner Übertragung überliefert sind, basieren auf anderen Quellen. Im Unterschied zu Cicero achtet Germanicus mehr auf astronomische Genauigkeit und berichtigt sogar verschiedene Angaben des griechischen Textes mit Hilfe der Kommentare des Hipparchos und des Diodor. Dabei unterlaufen ihm allerdings auch neue Fehler.28 Die Reihenfolge der Auf- und Untergänge jener Konstellationen, die gleichzeitig mit den Tierkreiszeichen erscheinen, ordnet er so, dass sie jetzt mit dem Widder einsetzen und damit dem Jahresbeginn des julianischen Kalenders entsprechen. Doch unterlässt er es, die Beschreibung der Sternbilder, die ja auf den Himmel über Griechenland bezogen ist, auf seinen eigenen Standort in Rom abzustimmen. Auch wenn sich Germanicus an den Auf bau der Phainomena hält, folgt er nicht den Worten des Aratos, sondern übersetzt das Gedicht sehr viel freier als Cicero. Er fasst sich knapper und verringert dadurch die Verszahl. Sprachlich orientiert er sich an der zeitgenössischen, augusteischen Dichtung. Zudem verlagert er die inhaltliche Stoßrichtung. So weist er schon zu Anfang die Widmung des Aratos an Zeus zurück und wendet sich stattdessen an seinen kaiserlichen Adoptivvater, den er aber nicht beim Namen nennt, sondern als Erzeuger oder Schöpfer (genitor) und größten Urheber (maximus auctor) huldigend umschreibt. Im Zusammenhang mit dem Tierkreiszeichen Capricornus hebt er auch die Vergöttlichung von Kaiser Augustus hervor (V. 558–560). Bei seinem Exkurs zum Sternbild der Jungfrau (Dike) spielt er vermutlich auf die Einrichtung des Iustitia-Kultes durch Augustus im Jahr 13 an.29 Gegenüber Aratos fügt er auch einige neue, teilweise seltene Sagen ein, die ihm dann als Exempla römischer Werte dienen und Kategorien wie fides, honor, meritum oder pietas aufrufen. Die Beschreibung des Sternenhimmels ist damit zugleich auch ein Huldigung an den Kaiser.30 Die Verse des Germanicus sind heute noch in 35 Handschriften erhalten, die sich in zwei Gruppen oder Klassen aufteilen. Das älteste Manuskript der so genannten »Vossianus-Klasse« ist der Sternenatlas Ludwigs des Frommen aus dem Jahr 816 (Leiden, Voss. lat. Q. 79). Hier sind einige Zeilen aus der spätantiken Übertragung des Avienus interpoliert.31 Der Text ist relativ

26 Die Zuschreibung ist nicht unumstritten: Gain ed. 1976, S. 16–20 plädiert für Tiberius als Autor. Die Zuschreibung an Germanicus stützt sich darauf, dass die Übertragung bereits vor Hieronymus von Lactanz unter dem Verfasser »Germanicus Caesar« zitiert wird (Inst. 1, 21; 1, 28; 5, 5.4) und in einigen Handschriften »T. Claudi Caesaris Arati Phaenomena« betitelt ist. 27 Vgl. Cicu 1979. 28 Beispielsweise beim Fuhrmann, vgl. Eastwood 1989, S. 71. 29 Vgl. Le Boeffle ed. 1975, S. XXXI. 30 Vgl. Maurach 1978. Neue Sagen finden sich bei Krone, Bootes, Fuhrmann, Kepheus, Dreieck, Pleijaden, Schwan, Adler und Fluss. Zu Eridanus vgl. Lippincott 2009, S. 51f. 31 Nach den Versen 146, 347, 344.

1. Antike Texte

vollständig überliefert und entbehrt nur wenige Verse.32 Die zweite Gruppe wird nach einer nur wenig jüngeren Baseler Handschrift aus dem Kloster Fulda (Basel, Ms. AN IV 18) und einem Madrider Codex des 12. Jahrhunderts (Madrid, Ms. 19) als »Basel-Madrider Klasse« bezeichnet.33 In dieser Gruppe sind die Verse abschnittweise durch in Prosa verfasste Erläuterungen unterbrochen, die unter dem Namen Scholia Basileensia bekannt sind.34 Hier finden sich Informationen zu den zugehörigen Mythen sowie ein Sternenkatalog, der die Anzahl und Verteilung der Einzelsterne angibt. Diese Scholien gehen sehr wahrscheinlich auf ein römisches Kompendium zurück, das eine lateinische Ausgabe des im dritten Jahrhundert zusammengestellten, griechischen Arat-Corpus aus Alexandria bildete. Die Übertragung des Germanicus ersetzte hier den griechischen Gedichttext, während man die Lebensbeschreibung des Aratos und die Passagenweise angeordneten Erläuterungen aus dem Griechischen übersetzte. Deshalb beziehen sich diese Ergänzungen auch nach wie vor auf den griechischen Text des Aratos und sind nicht auf die veränderte Version des Germanicus abgestimmt. Bereits zu Anfang des vierten Jahrhunderts zitiert der römische Schriftsteller Lactanz einen Germanicustext mit Scholien, deshalb muss diese lateinische Fassung gleichfalls noch im dritten Jahrhundert entstanden sein.35 Es ist anzunehmen, dass jenes römische Kompendium ebenso wie seine griechische Vorlage mit Illustrationen versehen war. Das De astronomia oder Astronomica betitelte Werk des Hyginus reagiert auf die Phainomena des Aratos und wird deshalb auch zu den Schriften der »Aratea« gerechnet.36 Doch unterscheidet es sich sowohl in inhaltlicher wie formaler Hinsicht grundlegend. Es handelt sich um ein systematisch angelegtes Handbuch, das die Himmelserscheinungen erläutert und möglicherweise zugleich als Hilfe zur Anwendung von Himmelsgloben und Armillarsphären dienen soll. Zur wissenschaftlichen Ausrichtung gehört auch die Wahl von Prosa. Zeitlich ist dieses Werk zwischen den beiden Übertragungen von Cicero und Germanicus anzusetzen, da es erstere zitiert und von letzterer offensichtlich noch keine Kenntnis hat. Unter den verschiedenen römischen Schriftstellern namens Hyginus kommt als Verfasser somit nur der Bibliothekar des Augustus und Freund des Ovid in Betracht.37 De Astronomia gliedert sich in ein Vorwort und vier Bücher. Im ersten Buch skizziert Hyginus sein Weltbild und liefert grundsätzliche Definitionen zu den Grenzen, zum Mittelpunkt und dem Umfang des Komsos. Es folgen Informationen zur Himmelssphäre mit ihren Fundamtalkreisen und den beiden Polen sowie auch zur Erde und ihren Klimazonen. Das zweite und zugleich umfangreichste Buch stellt die Mythen zu den Sternbildern zusammen. Dabei sind die Sternbilder anders als bei Aratos in fünf Zonen angeordnet und werden systematisch von links nach rechts abgehandelt. Abschließend folgen die mythologische Erklärungen zu den Planeten und zur Milchstraße. Das dritte Buch ordnet die Sternbilder in der gleichen Reihen32 VV. 35, 65–70, 83, 97, 143, 267, 300, 343, 555, 568–571, und Frgm. IV. Frgm. III steht vor Frgm. II. 33 Im Vergleich zur Vossianus-Klasse hat die Basel-Madrider-Klasse oft die besseren Lesarten bewahrt. Häufig fehlen ab dem Sternbild Perseus nach einem Scholion die ersten drei Gedichtverse des folgenden Sternbildes. Außerdem fehlen am Schluss die Verse 583–725 sowie Fragmente II und III (möglicherweise in der Vorlage ein Quaternio mit 14 Textzeilen pro Seite). 34 Edition Dell’Era 1979/I. 35 Vgl. Edition von Dell’Era ed. 1979/I, S. 301–379. 36 Vgl. Textausgabe mit Einführung und franz. Übersetzung von Le Boeffle ed. 1983. 37 Le Boeffle ed. 1983, S. XXXIff.; Viré 1981, S. 162f.

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II. Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte

folge an wie im zweiten Buch, liefert aber die astrothetischen Angaben und zählt auf, wie viel Einzelsterne zu einer Konstellation zählen und wie sie sich auf das Gesamtbild verteilen. Das vierte Buch schließlich handelt über die Himmelskreise und deren genauen Verlauf durch die Sternbilder. Es werden die Auf- und Untergänge der Sternbilder aufgelistet, wobei Hyginus die Anordnung des Aratos beibehält. Auch wird die Bewegung der Himmelskugel und die sich ändernde Dauer von Tag und Nacht ebenso erklärt wie die Bahnen von Sonne, Mond sowie den Planeten. Hier bricht das Werk ab, ohne – wie im Vorwort angekündigt – den von Meton (5. Jh. v. Chr) entdeckten 19-Jahreszyklus zu besprechen. Hyginus orientiert sich deutlich an den Katasterismen des Eratosthenes, verarbeitet aber zusätzlich weitere griechische und lateinische Quellen. Er legt keine eigenen Beobachtungen vor, liefert aber eine klar strukturierte Zusammenfassung zum Wissensstand der Astronomie. Die Betonung von Zahlensymbolik und das Eingehen auf die Sphaerenharmonie verraten zudem die neopythagoreische Prägung des Autors.

2. Mittelalterliche Bearbeitungen Das mittelalterliche Interesse an diesem aus der Antike überkommenen Textfundus geht zunächst nahezu ausschließlich von Fragen der Zeitbestimmung und Kalenderberechnung aus. Ein vorrangiges Problem bildete insbesondere die Berechnung des veränderlichen Termins für das Osterfest, bei dem es mit der Auferstehung des Herrn schließlich um einen zentralen Punkt des christlichen Glaubens ging. Den vier Evangelien ist lediglich zu entnehmen, dass die Kreuzigung Christi an einem Freitag und die Auferstehung an einem Sonntag in der Zeit des jüdischen Passahfestes stattfanden. Passah aber wurde nach der hebräischen Zeitrechnung am 14. Tag des Monats Nissan, dem ersten Monat des jüdischen Jahres, gefeiert, wobei der Beginn des jüdischen Jahres nicht festgelegt war. So kommt es bei der Osterberechnung zu einem Konflikt zwischen dem hebräischem Mondkalender, der Wocheneinteilung und dem Sonnenjahr. Die genaue Bestimmung des Frühjahrsbeginns, auf die man angewiesen war, bereitete weitere Probleme. Im Zuge dieser Berechnungen entwickelten sich seit dem dritten Jahrhundert so genannte Ostertafeln, die zu klären suchten, ob und in welchen Abständen sich der Ostertermin wiederholt. Allgemein durchgesetzt haben sich im Westen schließlich jene Tabellen, die der Grieche Dionysius Exiguus 532 in Rom erarbeitete. Als folgenreich erwies sich aber vor allem eine Zählung der Jahre, die Dionysius einführt. Er begann jetzt mit der Geburt Christi im Jahre 1. Dabei war er vor allem daran interessiert, dass die Zählung mit dem Anfang eines 19-jährigen Mondzyklus zusammenfiel, um die weiteren Kalkulationen zu erleichtern. Während seine Ostertafeln sich sehr schnell durchsetzten, findet sich aber die Datierung Anno Domini außerhalb liturgischer Bücher erst in karolingischer Zeit und es dauerte bis zum 11. Jahrhundert, bis diese Jahreszählung in ganz Europa durchgängig verbreitet war.38 Im Zusammenhang des 633 in Toledo tagenden Konzils tauchen zum ersten Mal spezielle Textsammlungen auf, die sich dem Thema der Zeitrechnung widmen, ohne dass dafür schon

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Hierzu s. jetzt den ausgezeichneten Überblick von Declerq 2000.

2. Mittelalterliche Bearbeitungen

der Name Komputus geläufig ist. Auch Isidor von Sevilla bespricht zu Anfang des 7. Jahrhunderts in seinen Werken Ethymologiae (Buch V und VI) und De natura rerum einige Grundlagen der Zeitrechnung. Ein zusammenhängendes und umfassendes Lehrbuch, das eigens der Zeitkunde gewidmet ist, wird aber erst zu Beginn des 8. Jahrhunderts im nordenglischen Kloster Jarrow durch den Mönch Beda geschaffen. Er verlässt damit den antiken Kanon der sieben Artes liberales und etabliert die Zeitrechnung als eine eigene Disziplin, die sich der anderen Wissenschaften nach Bedarf bedient. Seine kurze Abhandlung De temporibus aus dem Jahr 703 versucht die Kalenderberechnung auf eine neue Grundlage zu stellen und die Diskrepanzen in der Bestimmung des Ostertermins zu beseitigen.39 Im selben Jahr vollendete er außerdem ein kosmologisches Werk mit dem Titel De natura rerum. Beide Werke weitet Beda – auf Drängen seiner Schüler – um 725 zu seinem Hauptwerk De ratione temporum aus.40 In 45 Kapiteln erörtert der englische Mönch hier die gesamte Vielfalt der Zeiteinheiten von der kleinsten Minute bis hin zum größten Jahreszyklus. Zeit versteht er dabei als Teil der Schöpfung und die sich in der Zeit entfaltende Geschichte als Teil der Heilsgeschichte. Beda fasst die verfügbaren Quellen zum Thema Zeitkunde zusammen und ergänzt sie durch wenige eigene Beobachtungen. De ratione temporum bleibt bis ins hohe Mittelalter das grundlegende Lehrbuch des Komputus. Eine Handschrift mit der griechischen Ausgabe des spätantiken Kompendiums zu den Phainomena des Aratos gelangte im 8. Jahrhundert in das nordfranzösische Kloster Corbie. Damit entstand ein neues Interesse an diesem antiken Lehrgedicht, das möglicherweise mit der Aura besonderer Authentizität versehen war. Die griechische Edition wurde in Corbie Zeile für Zeile mit lateinischen Glossen versehen, die man dann zu einem eigenen Buch isolierte. Auf diese Weise entstand eine etwas schwer lesbare lateinische Übersetzung, die als Aratus latinus bezeichnet wird.41 Sie setzt sich aus acht Abschnitten zusammen, besitzt aber keinen klaren Auf bau. Der erste Abschnitt enthält einige kosmographische Definitionen, im zweiten folgt bereits ein Sternkatalog. Der dritte Abschnitt überträgt dann aber ein Vorwort zu den Phainomena, das die Teilung des Gedichtes, seine Komposition und die verwendeten Zeichen erläutert. Darauf werden merkwürdigerweise die beiden ersten Abschnitte in einer anderen Redaktion wiederholt. Es folgt eine Beschreibung der beiden Hemisphären. Das fünfte Kapitel erzählt das Leben des Aratos, das sechste Abschnitt kommentiert das Zeus-Bild zu Beginn des Gedichtes. Im siebten Abschnitt geht es um die astrologische Bedeutung der Tierkreiszeichen und die Wirkung der Planeten auf das menschliche Temperament. Zum Schluss wird das gesamte Gedicht des Aratos mitsamt den Ergänzungen zu den Mythen, der Anzahl und Lage der Sterne sowie die Prognostica referiert. Die ältesten Abschriften des Aratus latinus stammen aus Frankreich. Ein Manuskript vom Anfang des 9. Jahrhunderts stammt möglicherweise aus Auxerre (Paris, BN 7887), eine jüngere, aber bessere Abschrift aus Corbie (Paris, BN 7886). Bereits bald nach Erstellung des Aratus latinus müssen die Scholien des letzten Abschnitts zum Sternkatalog De signis coeli umgearbeitet worden sein, der aufgrund einer falschen Zuschreibung

39 Jones ed. 1943, Wallis 1999, S. XVff. 40 Wallis 1999, S. LXIIIff.; Wallis bietet eine gründlich kommentierte englische Übersetzung. Jones ed. 1943, S. 173–291 (zu Inhalt und Komposition vgl. ebd. S. 130–139). 41 Ediert von Maass ed. 1898, Abschnitt I: S. 102–126, II: 134–139, III: 140–144, I’, II’: 105–139, IV: 145, V: 146– 150, VI: 152f., VII: 155–171, VIII: 172–312; Abschnitt I–V auch bei: Manitius, in: Rhein. Mus. 52, 1897, S. 309–332; Eine umfassende Untersuchung bietet Le Bourdellès 1985.

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II. Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte

an Beda gelegentlich auch als »bedanischer« Sternkatalog bezeichnet wird.42 Dieser Text gibt ausschließlich die astrothetischen Daten, also die Anzahl und Lage der Sterne in einer Konstellation wieder, ergänzt um ein kurzes Kapitel zu den fünf Planeten. Die knappen Abschnitte zu den einzelnen Sternbildern gleichen dem Muster: »Helix wird auch großer Bär genannt. Sie hat jedoch auf ihrem Haupt VII dunkle Sterne, auf jedem Ohr einen, … Sind zusammen XVI«. Als Entstehungsort des Katalogs wird überwiegend das Kloster Corbie vermutet. Da dieser Text die Veränderungen der Recensio interpolata noch nicht kennt und als Quelle für ein Kapitel von Hrabanus Maurus’ De computo (820) herangezogen wird, muss er vor diesen Werken im Verlaufe des 8. Jahrhunderts kompiliert worden sein. Er findet vom 9. bis zum 11. Jahrhundert eine weite Verbreitung vor allen in Frankreich, wird aber auch in England und Italien rezipiert.43 Eine gründliche Neubearbeitung des gesamten Aratus latinus liegt in der sogenannten Recensio Interpolata vor, die zuweilen auch als Scholia Sangermanensia bezeichnet wird.44 Der Text ist auf eine bessere Verständlichkeit und eine klarere Gliederung hin angelegt. So wurde der sechste Abschnitt zum philosophischen Gehalt des Proöms von Aratos fortgelassen. Ebenso hat man die eigentliche Übersetzung des Gedichtes im achten Abschnitt als überflüssig erachtet und gestrichen. An die Stelle des sechsten Abschnittes treten eher kosmologische Definitionen (De caeli positione, und De stellis fixis et stantibus) und in ähnlicher Tendenz werden die astrologischen Teile des siebten Abschnittes durch astronomische Daten zur Sonne in den Tierkreiszeichen ersetzt. Die aus dem achten Abschnitt des Aratus latinus übernommenen Erläuterungen zu den Mythen und Sternpositionen werden in ein klareres und »klassischeres« Latein umgewandelt, das bereits in Richtung der karolingischen Renovatio weist. Die Bezeichnung der Version als Recensio interpolata bezieht sich auf Zitate aus Plinius, Hyginus, Fulgentius und vor allem aus Isidor, die an verschiedenen Stellen eingearbeitet wurden. Auch der Ursprung dieser Version wird in Corbie angenommen, weil von hier die beste Texthandschrift stammt (Paris, BN 12957). Die Sprache legt eine Entstehung in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts nahe. Die Libri computi von 809/810 setzen die Recensio Interpolata bereits voraus. Zu Anfang des 9. Jahrhunderts bemüht man sich in Aachen auf Geheiß Karls des Großen um eine Klärung der vielen nach wie vor offenen Fragen bezüglich der Zeitberechnung. Für dieses Vorhaben rief der Kaiser zur Reichssynode im November 809 die zuständigen Spezialisten zusammen. Doch musste das hochrangige Treffen, an dem auch der Abt Adalhard von Corbie teilnahm, ohne Ergebnis beendet werden. Im Anschluss stellte man aber in Aachen ein umfangreiches Werk zusammen, das in sieben Büchern möglichst viele Kenntnisse zur Zeitrechnung und Kosmologie versammelte und welches heute als Libri computi, »Seven Book Computus« oder Aachener Enzyklopädie bezeichnet wird.45 Aus den unterschiedlichsten Quellen trug man diese umfangreiche Kompilation zusammen. Auch Bedas Schriften wertete man na42 Edition von Dell’Era ed. 1979/III. 43 Französische Handschriften: Amiens 222 (9. Jh.) aus dem Einflussbereich von Corbie; Laon 422 (9. Jh.); Rouen 26 (Nordfrankreich, 3. Viertel 9. Jh.); Paris, BN 5543, und London, Harl. 2506 aus Fleury (10. Jh.); Paris, BN 5239 aus Limoges (10. Jh.). Aus England Durham Hunter 100 (12. Jh.); aus Italien Montecassino 3 (9. Jh.). 44 Edition von Maass ed. 1898, S. 155–161 unten, 180–297 unten; Besprechung bei Le Bourdellès, 1985, S. 71–81, 252–254. 45 S. Kap. III, 2 sowie Borst 1993; Borst 1994, S. 156ff.; Borst 1998; vgl. auch McCluskey 1998, S. 131ff. Eastwood 2007 bezeichnet das Werk als »Seven Book Computus«. Vgl. zum wissenschaftlichen Rang der Libri computi auch Eastwood 1995; Eastwood/Graßhoff 2004; Eastwood 2007, S. 95ff., 373ff.

2. Mittelalterliche Bearbeitungen

türlich aus und so ist in manchen Punkten, gerade bezüglich der Kalenderfragen, heute umstritten, welche Neuerungen bereits auf Beda zurückgehen und worin das Verdienst der karolingischen Gelehrten besteht.46 Der bedeutende Rang der Libri computi liegt jedoch vor allem in der systematischen Aufarbeitung und der klaren Gliederung des vielfältigen Materials. Das fünfte Buch der Aachener Enzyklopädie behandelt die unterschiedlichen Himmelskörper. Es übernimmt eine Reihe von Abschnitten aus der Recensio interpolata. Der eigens neu verfasste Sternenkatalog De ordine ac positione stellarum in signis aber basiert auf den spätantiken Germanicusscholien (Scholia Basileensia). So greift man erstmals auf beide Traditionen der AratosÜberlieferung zurück, auf die römische Ausgabe mit der Übertragung des Germanicus sowie auf Texte, die von dem griechischen Manuskript in Corbie abgeleitet sind. Doch geht man mit dem Material der Aratea ausgesprochen selektiv um. An den Versen des Germanicus hat man kein Interesse. Erst recht möchte man sich nicht mit den heidnischen Mythen befassen, von denen die Scholien berichten. Allein der Sternkatalog und einige zusammenfassende Angaben werden von den in Aachen versammelten Gelehrten akzeptiert. Auch die gemalten Bilder der Konstellationen übernahm man nicht. Der konkreten Anschaulichkeit, welche die antiken Himmelswesen in den Illustrationen erhielten, ging man wohl lieber aus dem Wege. Ein bedeutendes Verdienst der Libri computi liegt aber insbesondere in der Auseinandersetzung mit weiteren antiken Texten, denen man grundlegende Informationen zur Kosmologie, vor allem zur Struktur des Himmels und den komplexen Bewegungen der Himmelskörper entnahm. So gelang es erstmalig wieder eine konkrete Vorstellung vom Auf bau des Kosmos und den Funktionsabläufen im Universum zu entwickeln.47 An erster Stelle ist hier die antike Naturgeschichte des Plinius zu nennen, die man ausführlich benutzte. Doch konsultierte man auch das achte Buch von Martianus Cappellas Schrift De nuptiis Philologiae et Mercurii, die ausführlichen Erläuterungen, die Macrobius unter dem Titel Comentarii in somnium scipionis zu einem Text von Cicero verfasst hatte, sowie den Kommentar des Calcidius zu Platons Dialog Timaeus.48 Hierbei handelt es sich um regelrechte Schlüsseltexte, die auch später immer wieder konsultiert wurden und bis in das 12. Jahrhundert hinein die Grundlage jedweder Kosmologie bildeten. Mit den sich wandelnden Interessen sowie neu entstehenden Fragen vermag man jenen antiken Abhandlungen im Verlauf der Jahrhunderte immer wieder andere und vor allem auch differenziertere Antworten zu entnehmen. Zwar bleiben die Texte gleich, das Verständnis der Lektüre aber, die Wahrnehmung dieser gleichen Texte verändert sich immer wieder. Im 10. Jahrhundert setzt beispielsweise eine neue und intensive Auseinandersetzung mit diesen Schriften ein, die auf einem ganz anderen Niveau das Problem der Planetenbahnen in den Blick nimmt und dann zu einem entscheidend verbesserten Kosmos-

46 Arno Borst, der Karl den Großen favorisiert, hat seinen Kritikern (Donald A. Bullough, Brigitte Englisch, Paul Meyvaert) mit einem Buch geantwortet, das einen souveränen Überblick über die strittigen Fragen liefert. Borst 2004. 47 Hierzu grundlegend Eastwood 2007. 48 Zur Rezeption des Plinius vor allem Borst 1994, S. 126ff.; Eastwood 2007, S. 95ff. Zu Martianus Capella: Eastwood 2007, S. 179ff., Edition Dick 1925, deutsche Übersetzung von Zekl 2005. Zu Macrobius: Eastwood 2007, S. 31ff.; Barker-Bentfield 1976 und Barker-Bentfield 1983; Edition Willis 1963 sowie Armisen-Marchetti 2003 mit französischer Übersetzung. Zu Calcidius: Eastwood 2007, S. 213ff.; Somfai 2002; Edition Wasznik 1962; vgl. jetzt auch Dronke 2008.

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II. Aratos und die Folgen – Eine Textgeschichte

verständnis führt.49 Für die Himmelsbeschreibung greift man jetzt immer häufiger auf die klar strukturierte Prosaabhandlung De Astronomia des Hyginus zurück.50 Im 11. Jahrhundert entsteht dann noch einmal ein neuer Kommentar zu den Versen des Germanicus, da die spätantiken Erläuterungen in den Scholia Basileensia offenbar als ungenügend empfunden wurden. Dieser Text ist uns in der Madrider Germanicus-Handschrift des 12. Jahrhunderts (Madrid, Ms. 19) überliefert und hat von dem ersten Herausgeber den Namen Scholia Strozziana erhalten.51 Zusammengestellt wurde er wohl um 1060 in der Abtei von Montecassino in Süditalien. Der unbekannte Autor ging von dem Aratus latinus und der Recensio interpolata aus und hat diese Schriften mit den knapperen Angaben der Scholia Basileensia abgeglichen. Seinen Kommentar erweiterte er dann noch um zusätzliche Informationen, die er unter anderem Plinius, Martianus Cappella, Hyginus und Fulgentius entnahm. Den antiken Mythen brachte er dabei ein besonderes Interesse entgegen, doch machte er sich erstmals auch Gedanken über das Aussehen des südlichen Himmelspols.52 Zusammen mit den Versen des Germanicus sind diese Erläuterungen dann vergleichsweise häufig abgeschrieben worden, wobei man den Bildzyklus aber nicht immer übernahm.53 Eine heute verlorene, sizilianische Handschrift wurde im 15. Jahrhundert zum Ausgangspunkt einer neuen, humanistisch motivierten Aratos-Rezeption, die an der Poesie des Germanicus und den mythologischen Erläuterungen interessiert war.54 Die Geschichte der Astronomie ist bis in die Renaissance hinein auf weite Strecken mit der Rezeption des Aratos von Soloi und seines griechischen Lehrgedichtes aus dem dritten Jahrhundert vor Christus verbunden. Diese lang anhaltende Wirkung, die sich unter verschiedensten Vorzeichen immer wieder erneuerte, ist aber weniger der poetischen Macht seiner Verse zuzuschreiben als vielmehr dem Versuch ein anschauliches und den Leser bewegendes Gesamtbild des Sternenhimmels zu entwerfen. In einer vergleichbar eingängigen Form ist das bis heute nicht ein zweites Mal in Angriff genommen worden.

49 S. Kap. IV, 1. 50 S. Kap. V, 1. 51 A. Breysig 1867, eine neue Edition von Dell’Era 1979/II, vgl. auch Haffner 1997, S. 126ff. 52 S. Kap. IV, 2. 53 In Sizilien entstand im 13. Jahrhundert eine Kopie ohne Bilder, die auch arabische Texte enthält, London, BL, Arundel 268. Aus dem 14. Jahrhundert stammen Paris, BN, Ms. lat. 7418 und Rom, Bibl. Vat. lat. 3110 (Dazu s. Bd. II), aus dem 15. Jahrhundert Florenz, Bibl. Laur., Cod. Strozz. 46, von der sich der Name der Scholien herleitet. 54 S. dazu Bd. II. Die zahlreichen Kopien enthalten die Verse 1–430 mit den Scholia Strozziana, das Fragment IV, 52–163 umfasst und sind mit De Astronomia des Hyginus verbunden. Es handelt sich um folgende Handschriften: Berlin, Staatsbibl., Cod. lat. oct. 149 (olim Phillipp. 16231); Florenz, Bibl. Laur., Cod. Gadd. plut. 89 sup. 43; London, BL, Cod. Egerton 1050; London, BL, Cod. Add. 15819; Madrid, BN, Cod. 8282; Mailand, Bibl. Ambrosiana, Cod. D 52 inf.; Montpellier, Bibl. de l’École de Medicine, Cod. H. 452,ff. 4–56; Neapel, BN, Cod. XIV D 37; New York, Pierpont Morgan Libr., Cod. M 389; Palermo, Bibl. du Senat, Cod. 2 Q. q. E 11; Cologny, Bibl. Bodmeriana, Cod. 7; Vat. lat. 1653; Vat. lat. 3293; Vat. Barb. lat. 76; Vat. Barb. lat. 77; Vat. Reg. lat. 1801; Vat. Urb. lat. 1358; Siena, Bibl. Comun., Cod. L. VI 26 (= Cod. 29); Wien, Schottenkloster, Cod. 521; Windsor, Eton College Libr., Cod. 88.

III.

Bild und Komputus in karolingischer Zeit

1. Bilderskepsis – Heidnisches Wissen und christliche Zeit Das Verhältnis der Christen zu dem antiken Sternenhimmel gestaltete sich von Anfang an wider­ sprüchlich und man tat sich schwer eine klare Position zu finden. Im Schöpfungsbericht des Alten Testamentes sind Sonne und Mond ausdrücklich als besondere Lichter genannt, die Tag und Nacht voneinander scheiden sollen. Die Sterne allerdings werden nur eher beiläufig als Zu­ satz erwähnt.1 In den Psalmen wird der Himmel als Werk Gottes gerühmt und als Ausdruck seiner Herrlichkeit gewertet.2 Himmelsphänomene werden verschiedentlich auch als besondere Zeichen Gottes beschrieben. Im neuen Testament ist es ein Stern, der den drei Magiern den Weg nach Bethlehem weist und angesichts der Kreuzigung Christi verfinstert sich die Sonne.3 Dieser positiven Konnotation steht aber zugleich eine große Skepsis gegenüber, da die Sterne nach den heidnischen Gestalten benannt sind, von denen die antiken Dichter lasterhafte und unsinnige Geschichten erzählen. Schon der Kirchenvater und Bibelübersetzer Hieronymus (ca. 327–420) sprach im Hinblick auf die Verstirnungssagen von lächerlichen und hässlichen Lügen, mit denen die heidnischen Dichter sogar den Himmel verleumden, indem sie irdische Wesen als Lohn der Unzucht unter die Sterne versetzen.4 Auch Isidor von Sevilla (ca. 560–636) äußert sich, als er die Grundlagen antiker Astronomie erklärt, höchst abfällig über den heidnischen Wahn, alle mög­ lichen Tiere an den Himmel zu versetzen.5 Eine vergleichbare Haltung spricht auch aus diversen Notizen, die mittelalterliche Autoren in einschlägigen Handschriften hinterlassen haben.6

1 Genesis 1, 14–18, vgl. zum folgenden auch McCluskey 1998, S. 29ff. 2 Psalm 19, 2, ähnlich auch Psalm 104, 2 und 19. 3 Matthäus 2, 2 und 9–10, Matthäus 27, 45, Markus 15, 33, Lukas 33, 44–45. 4 Hieronymus, Commentarium in Amos Prophetam, Lib. II, 7/9, 274–283: »Quando autem audimus Arcturum et Oriona, non debemus sequi fabulas poetarum, et riducula ac portentosa mendacia, quibus etiam caelum infamare conantur, et mercedem stupri inter sidera collocare, dicentes: Arcturum, pluviasque Hyadas, geminosque Triones / Aratumque auro circumspicit Oriona (Vergil, Aeneis, III, 516/517), sed scire Hebraea nomina, quae apud eos aliter appellantur, vocabulis fabularum gentilium in linguam nostram esse translata, qui non possumus intellegere quod dicitur, nisi per ea vocabula quae usu didicimus et errore combibimus.« 5 Isidor, etymologiae III.71.32: »Et miranda dementia gentilium, qui non solum pisces, sed etiam arietes et hircos et tauros, ursas et canes et cancres et scorpiones in celum transtulerunt.« 6 Beispielsweise London, Harl. 647 und München, Clm 10270, s. u. Kap. III, 2 und VII.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

Der für die späteren Jahrhunderte so einflussreiche Augustinus (396–430) konstatierte zwar, dass eine gewisse Beobachtung der Sterne nötig sei, da durch sie und insbesondere durch Sonne und Mond der Ablauf der Jahreszeiten sowie der Wechsel von Tag und Nacht geregelt seien. Doch warnte er eindringlich vor einer intensiveren Beschäftigung, da die Himmelskunde schließ­ lich mit dem verwerflichen Aberglauben der Astrologie verknüpft war. Die Astronomie war für ihn letztlich eine unnütze Beschäftigung, da sie dem Verständnis der Heiligen Schriften in keiner Weise dienlich war.7 Aber dennoch waren die christlichen Mönche gezwungen, den Nachthimmel genauer zu beobachten, als ihnen nach diesen Warnungen lieb sein konnte. Denn es war allein die Bewe­ gung der Sterne, die ihnen den Zeitpunkt für das nächtliche Stundengebet angab, das sie nicht versäumen durften.8 Wichtige Kirchenfeste waren zudem an die astronomischen Grundlagen des römischen Kalenders geknüpft, so feierte man die Geburt Christi an der Wintersonnenwen­ de.9 Größere Probleme stellten sich angesichts der Bestimmung des Osterfestes und damit des genauen Termins der Auferstehung des Herrn. Hier kam man ohne astronomische Grundkennt­ nisse nicht aus, denn es waren das römische Sonnenjahr, der hebräische Mondmonat und die heidnische Planetenwoche miteinander in Einklang zu bringen. So war es nötig das Frühlings­ äquinoktium zu bestimmen und auch den Lauf des Mondes zu beobachten.10 Im Grunde jedoch wollte man sich von den verhassten Wesen der Heidnischen Mythologie nicht die fromme Zeit bemessen lassen. Deswegen wagte Gregor von Tour um 580 den grund­ sätzlichen Versuch einer Neudefinition des Sternenhimmels aus dem Geiste des Christentums. (Bamberg, Msc. Patr. 61) Den Schwan, in dessen Gestalt sich Jupiter einst der Leda genähert hatte, verwandelte er in ein christliches Kreuz flankiert von Alpha (Delphinus) und Omega (Lyra). Aus der Gruppe der Pleiaden machte er einen unverfänglichen Traubenstengel. Die Ableh­ nung der antiken Bilder geht bei ihm sogar soweit, dass er in den Zeichnungen seine neuen Stern­ bilder nicht als bildlich erkennbaren Gegenstand wiedergibt, sondern nur die abstrakte Konfi­ guration der Sterne fixiert.11 Allein bei der Wiedergabe von Sonne und Mond, die als figürliche Büsten zu sehen sind, wird die antike Tradition noch gewahrt. Dieser Text vertritt in seiner Ablehnung antiker Astronomie zwar eine Extremposition, die sich in dieser Form nicht durch­ setzen konnte. Er führt uns aber geradezu schlaglichtartig die besondere Problematik der früh­ mittelalterlichen Himmelskunde vor Augen. Gregor dachte nun aber allein an das nächtliche Stundengebet und er beschrieb deswegen bloß 14 Sternbilder, die ausreichten, um über das Jahr als nächtliche Uhr zu dienen. Für die weitergehenden Fragen der Komputistik waren die Mönche weiter auf die antike Astronomie verwiesen, aber die Heidnischen Bilder wollten sie nicht. Als Beda um 725 das grundlegende Traktat zur Zeitbestimmung schrieb, ging er davon aus, dass zumindest manche seiner Leser 7 Augustinus, De Civitate Dei V und vor allem auch De Doctrina Christiana II, 29, vgl. Blume 2000, S. 8f., McCluskey 1998, S. 32f., Thorndike I 1923, S. 521. 8 McCluskey 1998, S. 100. 9 McCluskey 1998, S. 25ff. 10 Borst, 1991, 24ff.; Borst, 1994, 77ff.; Borst 1998; Cotreni 2002, S. 58ff. 11 Gregor von Tours, De cursu stellarum ratio; den wichtigsten Textzeugen der auch mit entsprechenden Zeichnun­ gen versehen ist, bildet die Handschrift der Staatsbibliothek Bamberg, Msc. Patr. 61, aus der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, s. Katalog. Weitere Handschriften und eine Inhaltsangabe bei Obrist 2002, vgl, auch McCluskey 1998, 99ff.

1. Bilderskepsis – Heidnisches Wissen und christliche Zeit

nicht in der Lage waren, die Sternbilder zu erkennen.12 Er hielt es auch nicht für nötig, diese Dinge im Einzelnen zu erörtern. Seinem Bericht über die Tierkreiszeichen fügte er die Auffor­ derung hinzu »ihre genaue Stellung den Unwissenden nicht mühsam beizubringen, beschwöre ich die Wissenden«.13 Auch die bildliche Veranschaulichung der Sternbilder hielt er offenbar für gefährlich und so vermied er ihre Darstellung. Erst ganz am Ende des achten Jahrhunderts lassen sich erste Spuren einer Bildtradition fas­ sen, die sich dem Diktum der Kirchenväter entzieht und einem Bedürfnis nach Anschaulichkeit nachgibt. In zwei Handschriften die in Fulda bzw. Regensburg entstanden und den systema­ tischen Bemühungen der karolingischen Kalenderreform noch vorausgehen, finden sich stark vereinfachte Wiedergaben der Tierkreiszeichen. Etwa um 800 ergänzte man in Fulda eine Abschrift von Isidors Grundlagenwerk De rerum natura mit kurzen Texten zu verschiedenen Aspekten des Tierkreises und fügte ein kreisför­ miges Diagramm hinzu, welches Zeichnungen der Zodiakalzeichen mit knappen Aufzählungen verbindet, die auch auf astrologische Fragen eingehen. 14 Die Darstellungen selber stammen von einer ungeübten Hand und ihre Ikonographie ist nur vage zu erkennen. Dennoch hat der aus­ führende Mönch eine genaue Vorstellung von dem Aussehen der Tierkreiszeichen gehabt und dürfte entsprechende Bilder zumindest einmal gesehen haben. Ähnliches gilt für ein Kreisschema, welches das Rund des Tierkreises um ein Büste von Sol anordnet und das sich in einer um 820 entstandnen Handschrift aus Regensburg findet, die ver­ schiedene Texte zur Zeitrechnung aus Beda und Isidor zusammenstellt.15 Darunter hat der Zeichner ein langgestrecktes zweiköpfiges Tier dargestellt, das als biceps bezeichnet ist und ver­ mutlich den wiederkehrenden Kreislauf des Jahres in einer zusätzlichen Metapher zu fassen sucht. Die Vereinfachungen und Abweichungen in der Ikonographie betreffen ähnliche Ele­ mente wie in dem Fuldaer Codex, so dass man wohl letztlich von einer zusammenhängenden Tradition ausgehen muss.16 Beide Darstellungen verraten ohne Frage die Kenntnis der antiken Zodiak­Ikonographie, die aber gerade nicht sehr präzise überliefert wird. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass derartige Bildvorlagen nicht ohne weiteres verfügbar waren und die Zeichner zum Teil nach der Erinnerung gearbeitet haben. Einen entsprechenden Eindruck vermittelt auch die Wiedergabe der Planeten in Büstenform über einem gemeinsamen, stark gedehnten Körper, die gleichfalls in der Regensburger Handschrift enthalten ist.17 Ein weiterer Zeichner, der ein ähnliches Diagramm in einer westdeutschen Handschrift anfertigte, entfernte sich noch weiter von der antiken Ikonographie und passte die Tierkreiszei­ 12 Beda, De temporum ratione liber, XXXVIII, 33–36. 13 Beda, De temporum ratione liber, XVI, Jones ed. 1977, S. 333: »De quorum positione strictim nescientes in­ struere obsecro scientibus oneri sit.« Vgl. Borst 1998, S. 657f. 14 Basel, Univ.Bibl. Ms. F III 15a, fol. 23r, Obrist 2001, passim mit einer Transkription der Texte des Diagramms, vgl. auch Blume 2009, S. 536. Da in dieser Handschrift ebenso wie in den beiden anschließend erwähnten Codices keine Darstellungen der übrigen Sternbilder zu finden sind, haben wir sie in unseren Katalog nicht aufgenommen. 15 München, Bayr. Staatsbibl. Clm 14456, fol. 73r, um 820, Bierbrauer 1990, Kat. 111, S. 61, Abb. 222; Müthe­ rich/Dachs 1987, Nr. 4, S. 20, Abb 1, S. 16; vgl. auch Kühnel 2003, S. 166. 16 Zwillinge als parallel ausgerichtete Figuren, die betonte Zunge bei Leo, die vollkommen eigenständige Fas­ sung der Fische, die kaum mehr erkennbare Gestalt des Wassermanns oder des Schützen, aber auch die in beiden Handschriften beibehaltenen Kopfwendung des Widders. 17 Clm 14456, fol. 74r, Dieses Planetenwesen ist als ratio septi zodi bezeichnet. Möglicherweise ist es durch antike römische Steckkalender inspiriert.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

chen seiner eigenen Vorstellungswelt an.18 So ist der ihm unbekannte Skorpion zu einer kleinen Echse geworden; Capricornus hat den Fischschwanz verloren und der Schütze tritt nicht als bocksbeinige Mischgestalt oder Kentaur auf. So sucht dieser Mönch die Fremdheit dieser Him­ melswesen zu reduzieren, um damit vielleicht auch ihre irritierende Wirkung einzudämmen. Diese einfachen Zeichnungen, die immerhin aus wichtigen Klöstern des Reiches stammen, können verdeutlichen, welch rudimentären Charakter gemeinhin die bildlichen Vorstellungen besaßen, die vor den Bemühungen des karolingischen Hofes mit den Sternen und der Astrono­ mie verbunden waren. Generell ist im 8. Jahrhundert eine Intensivierung komputistischer Studien zu beobachten, die auch mit dem ursprünglich für das Jahr 800 vorhergesagten Weltende in Verbindung stehen mögen.19 In diesem Zusammenhang findet in dem bedeutenden, nordfranzösischen Kloster Corbie ein griechischer Text erneute Aufmerksamkeit, der im Rahmen einer Himmelsbeschrei­ bung auf die einzelnen Sternbilder und die mit ihnen verknüpften Mythen eingeht. Corbie be­ saß enge Beziehungen zu dem karolingischen Hof und sein Scriptorium ist bekannt für eine große Anzahl von Kopien der Werke klassischer Autoren.20 Die griechische Abhandlung wurde hier mit lateinischen Glossen versehen, die anschließend zu einem eigenständigen lateinischen Text (Aratus latinus) ausgesondert wurden. Da dieser jedoch sprachlich nur schwer verständlich war, hat man noch in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts eine vereinfachte und gekürzte Version erarbeitet (Recensio interpolata).21 Ob die Mönche nun aber vorwiegend an der Sprache, an den heidnischen Mythen oder an den astronomischen Fakten ihrer Vorlage interessiert wa­ ren, lässt sich kaum mehr entscheiden. Das griechische Original, welches heute verschollen ist, muss jedoch aller Wahrscheinlich­ keit nach Illustrationen besessen haben. Zwar werden die Bilder vor dem 9. Jahrhundert nicht mitkopiert, doch gibt es frühe Abschriften, die für die Bilder Freiräume vorbehalten, und da­ durch bezeugen, dass die Illustrationen als wesentlicher Bestandteil der astronomischen Litera­ tur gewertet wurden.22 Es fragt sich allerdings, was den Schreiber oder Maler davon abhielt, die Bilder auch auszuführen? Schließlich war bei der Kostbarkeit des Pergaments jede ungenutzte Zeile Verschwendung. Möglicherweise war es aber gerade die oben skizzierte Skepsis gegenüber den heidnischen Darstellungen, die eine Kopie auch der Bilder zunächst verhinderte. Die Sterne sind zwar der Unbeständigkeit der irdischen Welt enthoben und mit ihrem Glanz und der Regelmäßigkeit ihrer Bewegungen offenbaren sie die Harmonie von Gottes Schöp­ fung. So sind sie Teil der höheren Ordnung Gottes, aber zur gleichen Zeit präsentieren sie auch

18 Darmstadt, Hess. Landes­ und Hochschulbibliothek Hs. 684. Die Zeichnung ist im 15. Jahrhundert als Spiegel des Rückendeckels eines anderen Codex verwendet worden und deswegen nicht vollständig erhalten. Eine genauere Einordnung außer ›Westdeutschland, Anfang 9. Jahrhundert‹ ist nach Schrift und Zeichenstil nicht möglich. Die Tierkreiszeichen sind radial um eine Büste von Sol angeordnet und in grüner, gelber und roter Farbe laviert. Die andere Seite des Blattes zeigt ein Kreisschema mit den fünf Weltzonen nach Isidor De natura rerum. Koubek 1996; Blume 2009, S. 522. 19 Landes 1988, vgl. auch Fried 1989 und Fried 2001. 20 Ganz 1990. 21 S. o. Kap. II, 2. 22 Paris, BN lat. 7887 aus dem frühen 9. Jahrhundert ist die älteste erhaltene Abschrift des Aratus latinus und weist Lücken für nicht ausgeführte Bilder auf. Köln, Dombibl. 83 II überliefert im Jahre 805 den Text der Recensio interpolata ebenfalls mit Lücken für Bilder, s. Katalog.

2. Sternenkunde und Komputus am Hof Karl des Großen (768–814)

die heidnische Kultur und verweisen – akzeptiert man die antiken Namen – unweigerlich auf die Existenz dämonischer Mischwesen. Es ist dieser Widerspruch, der das mittelalterliche Ver­ hältnis zu den Sternen grundlegend bestimmt.

2. Sternenkunde und Komputus am Hof Karl des Großen (768–814) Am Hof Karls des Großen wurde bekanntermaßen eine systematische Erneuerung der Wissen­ schaften ins Werk gesetzt, die jedoch weniger kulturellen Idealen als politischen Vorgaben ver­ pflichtet war. Es sollten authentische und vor allem korrekte Texte als Grundlagen der Verwal­ tung und Rechtsprechung ebenso wie für den Kultus der christlichen Kirche gewonnen werden. Errata corrigere, superflua abscidere, recta cohortare – Das Falsche zu korrigieren, das Überflüssige auszusondern und das Richtige zu bestärken lassen sich dabei als beherrschende Maximen be­ stimmen. Correctio und Emendatio können dann auch geradezu als Schlüsselbegriffe dieses ehr­ geizigen Reformprogrammes bezeichnet werden.23 Fragen der Zeitbestimmung und Kalenderberechung spielten in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, denn auf diesem Gebiet waren in besonderem Maße Unsicherheiten zu beseitigen. Vor allem war es nötig, eine exakte Basis für die Kalkulation der verschiedenen Da­ ten zu erstellen. Die Bemühungen um eine einheitliche Zeitrechnung waren in mehrfacher Hinsicht für den Ausbau des fränkischen Reiches von großer Bedeutung. Ein verbindlicher und für alle Regio­ nen gleichermaßen gültiger Kalender besaß für den Zusammenhalt des Reiches eine wichtige, politische Dimension. Dies war zudem auch eine zentrale Voraussetzung einer einheitlichen, von allen Kirchen im Reich beachteten Liturgie. Zugleich konnte sich Karl der Große mit der Reform des Kalenders in eine Reihe mit großen Vorbildern stellen wie dem biblischen König Hoseas oder den antiken Herrschern Cäsar und Augustus. Auch dürften die Diskussionen um das angeblich für das Jahr 800 angekündigte Weltende eine Rolle gespielt und das Interesse an Fragen des Komputus nicht unerheblich verstärkt haben.24 Hervorzuheben ist bei den Initiati­ ven des karolingischen Hofes in jedem Fall das Bemühen um größere Exaktheit und die Einbe­ ziehung zusätzlicher astronomischer Parameter. So werden im Unterschied zu bisherigen kom­ putistischen Studien, die mit der Bestimmung und Kenntnis des caesarischen Sonnenjahres sowie der dionysianischen Mondmonate auskamen, nun auch die Anhaltspunkte der Fixstern­ Konstellationen berücksichtigt. Der sogenannte Lorscher Kalender von 789 bietet bereits exakte Angaben zum Eintritt der Sonne in ein Tierkreiszeichen und vermerkt Auf­ und Untergang von Sternbildern zu einem bestimmten Datum.25 Dafür war die Auseinandersetzung mit der heid­ nischen Astronomie unumgänglich. Man suchte nach den antiken Texten, aus denen die genaue Folge der Sternbilder und ihre Himmelswanderungen zu erlernen waren. Im Kloster von Cor­ bie, das in enger Verbindung zum karolingischen Hof stand, hatte man schon im Verlauf des 23 Die Begriffe entstammen der Admonitio generalis von 789, s. Fleckenstein 1953, S. 52 sowie passim, ebenso Reu­ denbach 1999, vgl. auch Schramm 1968 sowie Fried 1997, vgl. auch Saurma 1997, S. 644. S. auch den ausgezeichne­ ten Überblick bei McKitterick 2008, S. 254ff. 24 Landes 1988, vgl. auch Fried 1989 und Fried 2001. 25 Borst 1993, S. 58f.; Borst 1998, S. 233f.; vgl. auch Borst 1994, S. 126ff.

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achten Jahrhunderts eine griechischen Aratos­Ausgabe ausgewertet und auch eine, allerdings nur schwer verständliche Übertragung angefertigt.26 In Aachen standen dann auch die antiken Aratos­Übersetzungen des Germanicus und des Cicero sowie die Prosa­Abhandlung De astronomia des Hyginus zur Verfügung. Das als Admonitio generalis betitelte Rundschreiben Karls des Großen aus dem Jahr 789 erlässt ein regelrechtes Bildungsprogramm und schreibt den Klöstern ausdrücklich die Pflege des Kom­ putus vor.27 Zugleich wird auch die Forderung nach einem grundlegenden Lehrbuch der Zeit­ rechnung erhoben. Doch dies kam erst nach mehreren Ansätzen und heftig geführten Diskus­ sionen zu Stande. Ein möglicherweise von Adalhard, dem Abt von Corbie, geleitetes Symposion ging im Jahre 809 ergebnislos zu Ende. Im Anschluss daran stellte man bis 810 oder 812 in Aachen ein voluminöses Kompendium zusammen, das in sieben Büchern alles erreichbare Wissen zur Zeitrechnung und Kosmologie enthielt und das in Ermangelung eines überlieferten Titels heute als Libri computi bezeichnet wird. Das fünfte der insgesamt sieben Büchern handelt von den Himmelskörpern und wertet zum ersten Mal in diesem Kontext auch die Naturgeschichte des Plinius aus. Ganze Kapitel übernimmt man aus der in Corbie erarbeiteten Recensio interpolata, die auf dem Aratus latinus fußt. Der eigens verfasste Sternenkatalog De ordine ac positione stellarum in signis ist den spätantiken Kommentaren zu Germanicus entnommen.28 Dort werden aller­ dings allein die Anzahl und Position der Sterne aufgezählt. Sämtliche Zusatzinformationen zur Gestalt oder gar zum Mythos sind als überflüssig herausgefiltert worden. Das heidnische Perso­ nal am Nachthimmel suchte man offenbar auf einfache, sinnentleerte Gestalten zu reduzieren, um dem Verdikt der Kirchenväter wenigstens auf diese Weise Genüge zu tun. Die fremdartigen Bilder, die in den antiken Handschriften im Kloster Corbie und in Aachen vorlagen, dürften wohl eher Abscheu und vielleicht auch Furcht erweckt haben und es erscheint höchst fraglich, ob sie von vorneherein als Bestandteil der Libri computi vorgesehen waren. Hrabanus Maurus, der als Abt von Fulda in engem Kontakt zum Aachener Hof stand, zählt in seinem gegen 820 verfassten Lehrdialog zum Komputus zwar die einzelnen Sternbilder mit ihren antiken Namen auf und verweist auf die Phainomena des Aratos, doch er beschreibt sie nicht. Vielmehr spricht er warnend von der großen Dummheit der Heiden, welche die Sterne, die Gott doch zu seiner Ehre erschaffen hätte, mit höchst frevelhaften Menschen und grausamen Tieren identifizieren.29 An einer Abbildung dieser verabscheuungswürdigen Wesen dürfte er dann zunächst auch kein Interesse gehabt haben. Erst später ließ er dann für sein Kloster eine Abschrift der Arat­Übertragung des Germanicus anfertigen, die mit einfachen Zeichnungen versehen ist. (Basel, AN IV 18) Auch jenes komputistische Handbuch, das der Kölner Erzbischof Hildebald, ein enger Ver­ trauter Karls des Großen, schon 805 schreiben ließ und das Texte aus Isidor und Beda mit der Recensio interpolata aus Corbie verband, enthielt zunächst keine Bilder. (Köln, Ms. 83 II) Zwar

26 S. o. Kap. II, 2. 27 Admonito Generalis Kap. 72, Alfred Boretius ed., MGH, Capit. 1, Hannover 1883, S. 60, 2–4. Cotreni 2002, S. 46f. 28 Zu den Libri computi Borst 1993, Borst 1998, Borst 1994, S. 156ff., vgl. auch McCluskey 1998, S. 131ff. 29 Hrabanus Maurus, De Computo, cap. LI, Stevens ed. 1979: »Et mira gentilium stultitia, quod sidera, quae Deus ad honorem nominis sui creavit et in caelestibus constituit, ea ipsi sceleratis hominibus et brutis animalibus in terra creatis adscripserunt.« Dell’Era 1979/III, S. 301.

2. Sternenkunde und Komputus am Hof Karl des Großen (768–814)

ließ man Lücken für die Anfertigung von Zeichnungen, die jedoch nicht zur Ausführung ka­ men. Erst nachträglich, um 820, hat man dann einige Miniaturen, die einer anderen Vorlage folgen, eingefügt.30 Es zeichnet die Aachener Libri computi aus, dass ihre Autoren eine Reihe von Diagrammen entwickeln, welche die Ordnung des Himmels und den Verlauf der Planetenbahnen erklären. So kann hier eine umfassende Vorstellung vom Auf bau des Kosmos entwickelt werden. Dafür wertet man vor allem Plinius, aber auch Martianus Cappella aus.31 Die Informationen der ver­ schiedenen Texte werden hierbei in eine visuelle Struktur umgesetzt, welche den komplizierten astronomischen Sachverhalten zu einer größeren Anschaulichkeit verhelfen soll. Da man im Allgemeinen von der Kreisfigur oder dem Quadrat ausgeht, lässt sich auf diese Weise auch die Harmonie von Gottes Schöpfung zum Ausdruck bringen. Damit wird eine bildhafte Ordnung der Welt geschaffen, welche die Vielfalt der Erscheinungen in eine geometrische Struktur ein­ bindet. Bereits im Herbst 798 hatte der Hofgelehrten Alkuin seinem Brief, in dem er auf eine astronomische Frage Karls des Großen einging, zur leichteren Verständlichkeit seiner Ausfüh­ rungen eine derartige figura anfügt, deren Aussehen aber nicht überliefert ist.32 In den Libri computi geht man aber einen entscheidenden Schritt weiter und entwirft eine Folge von Diagram­ men, die alle den komplexen Problemen der Planetenbahnen gewidmet sind und zusammen so etwas wie eine Kartographie des Universums ergeben.33 Derartige Diagramme dürften auch den Schmuck eines Silbertisches aus dem Besitz Karls des Großen ausgemacht haben, dessen Schönheit Einhard eigens hervorhebt und von dem er berichtet, dass hier in drei miteinander verbundenen Kreisen die gesamte Welt wiedergegeben war. In einer späteren Quelle ist dann von den Sternen und dem Lauf der Planeten die Rede.34 Diesen Tisch reservierte Ludwig der Fromme nach dem Tod des Vaters für sich, wie eigens berichtet wird. Von einer detaillierten Wiedergabe der einzelnen Konstellationen oder einer Darstellung der Planeten ist nach diesen leider sehr knappen Bemerkungen aber keinesfalls aus­ zugehen. Eher ist anzunehmen, dass hier neben einer schematischen Weltkarte auch eine Him­ melskarte, welche den Verlauf der Ekliptik und der übrigen Fundamentalkreise vorführte, sowie

30 S. Katalog. Bislang ging man davon aus, dass auch die Minaturen um 805 entstanden, doch sprechen eine Rei­ he von Indizien gegen einen direkten Zusammenhang mit dem Text der Recensio interpolata. Auch stilistisch lassen sie sich kaum in die Jahre um 805 einordnen. 31 Eastwood 1995, Eastwood 2007, S. 373ff. 32 Vgl. Borst 1993, 66 Anm. 29 (Alkuin, Epistola Nr. 155, 249–253). 33 Eastwood 1995, Eastwood/Graßhoff 2004, Eastwood 2007, S. 109ff. 34 Estey 1943 mit einem nicht überzeugenden Rekonstruktionsvorschlag. Einhard, Vita Karoli Magni, cap. 33, O. Holder­Egger ed., MGH, Scriptores rerum Germanicarum 25, Ed. 6, 1911 S. 30: »tertiam, quae caeteris et operis pulchritudine et ponderis gravitate multum excellit, quae ex tribus orbibus conexa totius mundi descriptionem subtili ac minuta figuratione complectitur.« Bei Theganus, Gesta Hludowici imperatoris, cap. 8, Edition Tremp 1995, S. 188f.: »… nihil sibi reservans praeter mensam unam argenteam, que tri­ formis est in modum quasi tres clippei in unam coniuncti. »Der Tisch wurde vermutlich 842 bei der Eroberung von Aachen durch Lothar zerstört, wie die Annales Bertiniani berichten: »… disco etiam mirae magnitudinis ac pulchri­ tudinis argenteo, in quo et orbis totius descriptio et astrorum consideratio et varius planetarum discursus, divisis ab invicem spatiis, signis eminetioribus sculpta radiabant …« (MGH, Scriptores rerum Germanicum: Annales Bertinia­ ni 1883, S. 41, 27). Dass sich diese unterschiedlichen Bemerkungen alle auf denselben Tisch beziehen, ist nur eine Konjektur, doch ent­ behrt sie nicht der Wahrscheinlichkeit, vgl. Mc Kitterick 2008, S. 323ff. und Deliyannis 2003.

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ein Diagramm der Planetenbahnen zu sehen war. In jedem Fall fand damit der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn, der im Rahmen der Kalenderreform erreicht wurde, nicht bloß Eingang in die Lehrbücher, sondern avancierte auch zum Schmuck repräsentativer Ausstattungsstücke einer höfischen Kultur. Einhard schildert in der Vita Caroli Magni Imperatoris auch das besondere Interesse, das der Kaiser der Astronomie entgegenbrachte. Nach dieser Aussage soll er persönlich die Kunst des Komputus erlernt und zudem mit großem Eifer den Lauf der Sterne erforscht haben.35 Der Briefwechsel, den Karl der Große mit dem englischen Gelehrten Alkuin führte, betraf unter anderen auch den Lauf von Sonne und Mond sowie die Bahnen der Planeten.36 So nimmt es auch nicht Wunder, dass die offiziellen Annalen des Fränkischen Reiches im Jahr 807 eine Fülle von astronomischen Phänomenen festhalten. Die größte Aufmerksamkeit gilt ohne Frage den Mond­ und Sonnenfinsternissen, doch wird erstaunlicher Weise auch über eine Passage des Pla­ neten Merkur durch die Sonne sowie über eine Konjunktion von Mond und Jupiter berichtet. Die Stellung von Sonne und Mond wird dabei jeweils präzise mit den Gradangaben des Zodia­ kus bestimmt.37 Diese Gradangaben sind wahrscheinlich durch komputistische Methoden errech­ net worden. Die Konjunktion von Jupiter und Mond am 31. Januar 807 kann durch moderne Tabellen bestätigt werden, aber die Passage des Merkur vor der Sonne ist unter keinen Umstän­ den beobachtbar und es bleibt fraglich, was die karolingischen Astronomen da gesehen haben.38 Diese Nachrichten belegen nachdrücklich das Bemühen um eine regelmäßige Sternenbeobach­ tung. Hrabanus Maurus hält dann in seinem Traktat De computo die Positionen der Planeten für den 9. Juli 820 fest. Die Stellung von Sonne und Mond hat er errechnet, aber Saturn, Jupiter und Mars muss er beobachtet haben und so kann er für sie auch keine Gradangaben liefern. Venus und Merkur, so schreibt er, waren nicht sichtbar, da sie zu nahe an der Sonne standen.39 Hieran wird vermutlich auch eine Entwicklung deutlich und es werden die Fortschritte sichtbar, welche die praktische Anwendung der Astronomie zwischen 807 und 820 gemacht hatte. Der Kom­ putus war am karolingischen Hof demnach alles andere als eine rein theoretische Wissenschaft. Die von Karl dem Großen betriebene Kalenderreform hat, wie diese Nachrichten zeigen, zu einer eindrücklichen Wiederbelebung der Astronomie geführt, die zumindest am Aachener Hof und wohl auch in wenigen anderen Zentren jetzt wieder betrieben wurde. Das Wissen der Bü­ cher wurde so bei der regelmäßigen Beobachtung des Sternenhimmels nicht nur angewandt, sondern zugleich auch überprüft.

35 Einhard, Vita, cap. 25, 76: »Discebat artem conputandi et intentione sagaci siderum cursum curiosissime rima­ batur.« 36 Contreni 2002, S. 70, Lohrmann 1993. 37 Annales regni Francorum inde ab a. 741 usque ad a. 829 qui dicuntur Annales Laurissenses maiores et Einhar­ di, Friedrich Kurze ed., MGH, Scriptores rerum Germanicarum, Hannover 1895, S. 122–123, vgl. Mostert/Mostert 1990, S. 250, Contreni 2002, S. 71, Stevens 1997. 38 Diese wichtigen Präzisierungen sind kürzlich von Elly Dekker gemacht worden, Dekker 2008, S. 79ff. 39 Hrabanus Maurus, De computo, cap. XLI; Stevens ed. 1979, S. 259: »modo autem, id est anno dominicae in­ carnationis DCCCXX mense Iulio nona die mensis, est Sol in XXIII parte Cancri, Luna in nona parte Tauri, stella Saturni in signo Arietis, Iovis in Librae, Martis in Piscium, Venereis quoque stelle et Mercurii quia iuxta Solem in luce diurna modo sunt, non apparet in quo signo morentur.« Eine gründliche Analyse bei Dekker 2008, S. 81f.

2. Sternenkunde und Komputus am Hof Karl des Großen (768–814)

Diagramme sind nun aber etwas grundlegend anderes als Bilder. Sie zeigen keine Wesen oder irgendeine Form von Realität, sondern sie machen in einer geometrischen Konstruktion Strukturen sichtbar, die eine verborgene Ordnung aufscheinen lassen. Sie haben etwas mit Kar­ ten gemeinsam, die ebenfalls auf einer geometrischen Abstraktion basieren, aber sie unterschei­ den sich grundsätzlich von dem Abbildcharakter figürlicher Bilder. Bezeichnender Weise ent­ halten die karolingischen Diagramme auch keine figürlichen Elemente!40 Wir haben aus dieser frühen Zeit zudem keinen einzigen Beleg, dass auch die antiken Darstellungen der Konstella­ tionen in die neuen Handbücher übernommen wurden. Dies kann natürlich ein Zufall der Überlieferung sein, doch gibt es einige Indizien, welche die Ursache eher in der oben skizzier­ ten Bilderskepsis suchen lassen. Der älteste erhaltene Sternbilderzyklus, der die Himmelsbeschrei­ bung der Libri computi begleitet, dürfte in Aachen um 820 entstanden sein. (Madrid, Ms. 3307) Er setzt nun aber die komplexe Bilderreihe des im Auftrag Ludwig des Frommen um 816 kon­ zipierten Sternenbilderatlas voraus. (Leiden, Ms. Voss. Lat. Q. 79) Wir haben es deshalb gerade nicht mit einem authentischen Zyklus aus der Abfassungszeit des Textes zu tun und zudem ist es genau diese Miniaturenfolge, die auch in den jüngeren Ausgaben der Libri computi kopiert wird.41 Von daher ist zu vermuten, dass dieser Zyklus erst später, gegen 820, dem Handbuch beigefügt wurde. Die Tatsache, dass zudem zwei frühe Handschriften der gewissermaßen konkurrie­ renden Himmelsbeschreibung der Recensio interpolata zwar Lücken für Bilder aufweisen, deren Ausführung aber unterbleib, weist in eine ähnliche Richtung. (Köln, Ms. 83 II, Paris, Ms. 7887) Offensichtlich zögerte man, mit dem astronomischen Wissen auch die antike Bilderreihe zu übernehmen. Gerade weil die Libri computi auf Verbreitung in den Klöstern des Reiches ange­ legt waren, wollte man möglicherweise die Weitergabe der heidnischen Bilder vermeiden. Die Mönche im Ausbildungsbetrieb sollten wohl ihrer Wirkung nicht so ohne weiteres ausgesetzt werden. Denn die gemalten Bilder gaben den Namen der Konstellationen zwar eine anschau­ liche Gestalt, doch im gleichen Moment verwiesen sie auch auf den antiken Mythos und damit auf jene unsinnigen und der christlichen Moral widersprechende Geschichten, die damit ver­ woben waren und die schon Hieronymus und Isidor als heidnischen Wahn denunziert hatten. Der Umgang mit den antiken Sternbilderdarstellungen kann nun aber nicht losgelöst von jenem intensiven Diskurs gesehen werden, der in den gleichen Jahren am Hof über die Wirkung und Rolle von Bildern geführt wurde. Zwar dreht sich diese Debatte in erster Linie um das religiöse Bild, um seine Berechtigung und die mit ihm verbundenen Gefahren, doch bezogen die Überlegungen bewusst auch allgemeinere Fragen mit ein. In Abgrenzung zu den Beschlüssen des zweiten Konzils von Nicäa, das im Jahr 787 den byzantinischen Bilderstreit beigelegt und die Verehrung der Ikonen wiedereingeführt hatte, wird – wohl unter der Federführung von Theodulf von Orleans – am karolingischen Hof eine Gegenposition erarbeitet, die gegen 793 in den sogenannten Libri carolini fixiert ist.42 Dem ge­ schriebenen Wort ist hier unmissverständlich der Vorrang gegenüber dem Bild eingeräumt. Bilder,

40 Die winzigen Köpfe der Planeten in einem Diagramm der Madrider Abschrift der Libri computi (Madrid, Ms. 3307, fol. 63v), sind als eine Reaktion auf den übereichen Bildschmuck des Leidener Germanicus (Leiden, Ms. Voss. Lat. Q. 79) zu bewerten. Zu Diagrammen generell s. Müller 2008 sowie Eastwood 2007, S. 393ff., 420ff. 41 S. u. Kap. III, 4. 42 Editon Freeman 1998; Freeman 1985, Freeman 1994, Appleby 2002, Kessler 1994, vgl. auch Weitmann 1987, S. 182ff.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

so wird argumentiert, könnten allein irdische Dinge festhalten und möglicherweise vergangene Ereignisse vergegenwärtigen. Weder zukünftige noch religiöse Angelegenheiten könnten sie adä­ quat vermitteln. Im Gegenteil würden Bilder die Aufmerksamkeit in bedenklicher Weise zur materiellen Seite lenken, indem sie mit Farbe, Form und Kunstfertigkeit beeindrucken. Von daher seien sie auch für die Erfahrung Gottes völlig ungeeignet. In diesem Sinne bekräftigte die Frankfurter Synode von 794 eine ablehnende Haltung gegenüber dem religiösen Bild, wobei den Griechen aber fälschlicherweise die Anbetung von Bildern unterstellt wurde. Eine ganz andere Position nahm jedoch Papst Hadrian (gest. 795) ein. In einem langen Brief an Karl den Großen unterstützte er die Position des Nicänischen Konzils und betonte unter Berufung auf die berühmten Äußerungen Gregors des Großen die zentrale Bedeutung der Bil­ der als Mittel der Unterweisung.43 Hadrian stellt die Bilder gleichrangig neben das geschriebene Wort und hebt vor allem auch die emotionalen Reaktionen hervor, die Bilder hervorrufen kön­ nen. Mehrfach zitiert er in diesem Zusammenhang einen angeblichen Brief, den Gregor an einen Eremiten Secundinus geschrieben haben soll. Hadrian spricht von spiritalis affectus, von einer geistigen Leidenschaft, die durch Bilder ausgelöst werden kann und den Gläubigen zur Erkennt­ nis des unsichtbaren Gottes führen könne. Fast gewinnt man den Eindruck, dass er die Meinung hege, Bilder seien deswegen dem Wort sogar überlegen, doch vermeidet er sichtlich eine derar­ tig eindeutige Aussage.44 Diese Reaktion des Papstes auf die so bilderskeptischen Aussagen der Libri carolini unterbindet dann die weitere Verbreitung dieses Textes, so dass ihre Argumentation außerhalb des Hofes kaum bekannt wurde.45 Die Debatte über das religiöse Bild ist damit jedoch nicht beendet. Auch aus der nächsten Generation gibt es Äußerungen, die ein anhaltendes Misstrauen gegenüber den Bildern belegen und den Umgang mit ihnen eher begrenzen mögen. Hrabanus Maurus (780–856), um nur ein Beispiel zu nennen, spricht in einem Gedicht den Bildern generell die Fähigkeit ab in zuverläs­ siger Weise Wahrheit zu vermitteln, da sie nur vorübergehend die Augen erfreuen und im Ge­ gensatz zum geschriebenen Wort nicht von wirklicher Dauer sind.46 In seinen höchst komple­ xen Figurengedichten des Liber sanctis crucis, die er um 814 verfasste, benutzt er aber andererseits gerade die visuelle Struktur seiner Textgebilde als wichtigen Erkenntnisweg. Die geometrische Form des Gedichtes dient hier als symbolisches Bild, das eine zentrale Ebene des Verständnisses erschließt.47 Doch handelt es sich hierbei generell um das Zeichen des Kreuzes, das allen diesen Strukturen ebenso wie dem gesamten Universum zugrunde liegt. Es sind also zumeist rein ge­ ometrische Bilder, die er – ähnlich den Diagrammen – benutzt, um übergreifende Zusammen­ hänge zu veranschaulichen. Nur wenige, ausgesuchte figürliche Elemente, wie der Crucifixus, Engelsgestalten oder die vier apokalyptischen Wesen finden sich auf diesen Bildseiten. Umso mehr fallen die Wiedergabe des betenden Autors am Ende der Sammlung oder das wohl nach 830 ergänzte Bildnis Ludwig des Frommen als miles christianus ins Auge. Wir treffen hier also auf

43 Edition Karl Hampe, MGH, EKA 3, Berlin 1898, S. 5–57; Appleby 2002, S. 88ff., Freeman 1985, S. 87ff. 44 Hadrianum 25, Appleby S. 89–90. 45 Freeman 1985. 46 Hrabanus Maurus, Carmina 38, ed. MGH Poeti Latini aevi Carolini, E. Duemmler ed.,, Berlin 1884, Bd. II, S. 196f., Appleby 2002, S. 99f., Kessler 1994, S. 537. 47 Ferrari 1999, Ernst 1991, S. 222ff., zum Bildnis Ludwig des Frommen Sears 1990.

2. Sternenkunde und Komputus am Hof Karl des Großen (768–814)

eine vorsichtige, genau reflektierte und vor allem auch sehr differenzierende Auseinanderset­ zung mit den Phänomenen bildlicher Darstellung. Andere Autoren wie Walafried von Strabo (gest. 849) oder Bischof Jonas von Orleans (gest. 843) vertreten generell eine positive Einstellung zu Bildern. Eines der immer wiederkehrenden Argumente ist dabei ihre commemorative Macht, die Fähigkeit, Erinnerungen zu aktivieren. Als Beispiele nennt man das Zeichen des Kreuzes, das beim Gläubigen das Passionsgeschehen wachruft oder jene gemalten Darstellungen von Petrus und Paulus, auf denen der Kaiser Konstan­ tin die Apostel wiedererkannte, die ihm im Traum erschienen waren. Das Vermögen der Bilder, starke emotionale Reaktionen auszulösen, wird von Jonas von Orleans bezeichnender Weise mit der eindrücklichen Wirkung von Reliquien verglichen.48 Auch die Bildpraxis am karolingischen Hof zeigt einen sehr reflektierten und alles andere als selbstverständlichen Umgang mit den verschiedenen Formen des Bildes. Im Godescalc­Evangelistar, das den Auftakt zu den bebilderten Hofschulhandschriften bil­ det und als Geschenk an Papst Hadrian ging, finden die theoretischen Äußerungen unmittel­ baren Niederschlag.49 Hier sind die sechs einleitenden Bilder nur insofern geduldet, als sie die Authentizität des Textes – der Heiligen Schrift – belegen. Die Evangelisten werden als gehor­ same Berichterstatter abgebildet, welche die Diktate der göttlichen Wesen notieren. Die Kom­ position dieser Miniaturen führt den Betrachterblick zudem in direkter Linie auf das Schreiben hin. Darüber hinaus wird durch zwei Bilder verdeutlicht, dass die vier Evangelien aus einer Quelle, nämlich von Gott, stammen, so wie die vier Paradiesströme dem Brunnen des Lebens entspringen. Text und Bild werden in dieser bemerkenswerten Handschrift durch die identische Rahmung aller Seiten absolut gleichrangig behandelt. Die edelsten Materialien Purpurgrund und Gold kommen dabei aber in erster Linie den Textseiten zu. Den Bildern wird demnach neben den geheiligten Texten nur eine untergeordnete Rolle zugewiesen, in der sie jedoch einen unabhängigen, kommentierenden Beitrag leisten.50 Es ist nur ein eingeschränkter Raum, der ihnen zugewiesen wird, in dem sie aber dennoch ihre ein­ drucksvolle Wirkung entfalten. Aus dieser theoretisch definierten Begrenzung muss sich das Bild im Folgenden erst emanzipieren. Die Diskussion kreist zwar vor allem um das religiöse Bild, doch werden in diesem Zusam­ menhang auch die Rollen und Wirkungen von Bildern generell erörtert. Die Beschränkung auf die rein irdische Welt der Sinne, welche den Bildern von ihren Kritikern vorgehalten wurde, traf in besonderem Maße auf profane Kunstwerke zu, wenn sie nicht gerade die Tugenden ver­ storbener Helden verherrlichten. Die Darstellung heidnischer Personen und fremdartiger Misch­ wesen, die aufgrund höchst zweifelhafter Verdienste, die christlichen Vorstellungen in keiner Weise entsprachen, von den antiken Göttern an den Sternenhimmel versetzt worden waren, war vor diesem Hintergrund sicherlich kaum zu rechtfertigen. Auch wenn die intellektuelle Elite des Hofes christliche Weisheit und antikes, weltliches Wissen zu verbinden suchte, schien es dennoch keineswegs selbstverständlich, den Ausgeburten heidnischer Phantasie in den Kloster­ bibliotheken ein Existenzrecht im Bild einzuräumen – nur um die Grundlagen der Astronomie zu erlernen. Denn jede materielle Darstellung der Konstellationen verhalf schließlich auch jenen 48 49 50

Appleby 2002, S. 100ff. Paris, BN n.a.l. 1203; Brenk 1994; Reudenbach 1998, vgl. auch Saurma 1997. Saurma 1997.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

heidnischen Wesen, welche den Sternen ihre Namen liehen, wieder zu einer Existenz. Dies wog umso schwerer, als deren Bewegungen sogar jede Nacht am Himmel zu verfolgen waren, was ihnen ohnehin eine nicht zu unterschätzende, sichtbare Präsenz gewährte. Eine derartige, von Misstrauen geprägte Skepsis gegenüber den als Sternbilder verewigten heidnischen Wesen spricht auch noch aus den Ausführungen, die ein unbekannter Autor in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts in einen reich illustrierten karolingischen Codex (London, Harl. Ms. 647) eintrug. Es handelt sich dabei um einen Text, der die Namen der Tierkreiszei­ chen aus den besonderen klimatischen Bedingungen des Jahreslaufs erläutert und bewusst jegli­ chen Hinweis auf den antiken Mythos vermeidet. Nachträglich, so führt der Verfasser aus, seien zu diesen Namen schändliche und lügnerische Fabeln erfunden worden, die bereits von den heidnischen Philosophen und auch von Plato und Aristoteles für trügerisch gehalten und ver­ dammt wurden, da sie nur Verwirrung stiften könnten.51 Nach wenigen Bemerkungen über einige für den jahreszeitlichen Wechsel besonders wich­ tige Sternbilder wie Orion, die Pleiaden oder Sirius äußert er sich erneut über die heidnische Überlieferung. Was über die Stellung der Sterne in den antiken Schriften berichtet würde, – heißt es hier – sei sehr wahrscheinlich, doch die Namen seien völlig falsch erfunden und sollten von Christen eigentlich nicht beachtet und völlig übergangen werden, so als wenn man sie nie­ mals gehört oder geschrieben hätte. Sie würden nur den teuflischen Irrtum verfestigen, den doch Christus, der Erlöser der Welt, überwunden hätte. Anschließend aber wendet er sich in einem wortreichen Gebet an seinen Herrn mit der Bitte um Beistand, damit er dennoch die Bewegung des Himmels sowie den Lauf der Sterne und Planeten begreifen könne.52 Nur mit Gottes Hilfe, so glaubt der Verfasser dieser Zeilen, könne er sich jener heidnischen Bilderwelt aussetzen, die auf den folgenden Seiten dieses Codex so ausführlich entfaltet wird. Zwar bezie­ hen sich diese Äußerungen nicht ausdrücklich auf gemalte Darstellungen, doch wurden sie in eine prachtvolle Bilderhandschrift eingetragen, die gerade aufgrund ihrer Miniaturen sehr ge­ schätzt und vielfach kopiert wurde. Schließlich sind es ja auch gerade die Bilder, welche diese verwerflichen Geschichten erst evozieren. 51 London, Harl. Ms. 647, F. 1r, Edition Vogels, 1884, S. 11: »His et huiusmodi rationibus quasi verisimilibus ter­ rigenae priores XII annuas partes zodiaci id est signiferi circuli vocaverunt, confingentes quasi congrua nomina in quae posteriores, maxime in Creta mendacissimi, ita fabulis mendacissimis foedissimisque deformarunt, ut etiam gentiles philosphi, Plato et Aristoteles aliique, huiusmodi sacrilegis superstitionibus commoti, concordi sententia damnarent eorum fallacissima commenta, dicentes, confusionem rerum de huiusmodi nugis generari.« Die Hand­ schrift London, Harl. 647 entstand um 830 in Aachen und gelangte über das Kloster Fleury im 10. Jahrhundert nach England. Der Schluss des fraglichen Textes auf fol. 2r ist in einer französischen Hand der zweiten Hälfte des 9. Jahr­ hunderts geschrieben. Da das erste Blatt des Codex verloren ging, wird in England um 1000 der Anfang dieses Tex­ tes auf einem neuen Folium (1r–1v) ergänzt. Der gesamte Text findet sich gleichfalls in den meisten Kopien von Harl. Ms. 647, so in London, Harl. Ms. 2506, fol. 33r–35r, London, Cotton Ms. Tib. B. V., fol. 30r–32r und London, Ms. Cot­ ton Tib. C 1. 52 London, Harl. Ms. 647, fol. 2r, Edition Vogels 1884, S. 13: »His de positione quarundam stellarum iuxta opin­ ionem antiquorum in quibusdam quasi verisimilibus commemoratis, reliqua nomina, falsissimo commento inventa et a filiis Dei, id est Christianis, ita ignoranda ac si nunquam fuissent audita vel scripta, penitus sunt omittenda, quae diabolicus error confirmavit, sed Christus Dominus Salvator mundi evertit. Dominus Deus omnipotens … praesta, Domine, ut tua misericordia inspirante per apertionem illam, qua sensus apostolorum post resurrectionem aperuisti, de volubilitate firmamenti et stellarum astrorumque cursu secundum modulum nostrae fragilitatis capere et aliis ministrare valeamus … Amen.« Zuvor enthält der Text auch noch wenige Aussagen zu Sol, Luna und Venus sowie zu Kometen.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

Selbst aus den Versen, die in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als Prooemium einer Folge von Sternbilderdarstellungen vorangestellt wurden, spricht noch ein gewisser Rechtferti­ gungsdruck und die heidnischen Erläuterungen zu den Konstellationen werden hier abwägend weder als ganz zuverlässig noch als völlig wertlos klassifiziert.53 Diese späteren Äußerungen be­ legen, dass noch länger Vorbehalte gegenüber jener paganen Sternenwelt existierten, und sie bestätigen zugleich die hier vorgetragene Einschätzung. Wie immer die Reaktion auf die heid­ nischen Bilder, denen man sich bei der Auseinandersetzung mit der antiken Astronomie gegen­ übersah, auch im einzelnen ausgesehen haben mag, so deutet doch vieles darauf hin, dass man zunächst zögerte zusammen mit den astronomischen Informationen auch die bildliche Wieder­ gabe jener Gestalten zu übernehmen.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840) Mit der Regierungsübernahme durch Karls Sohn Ludwig verändert sich auch das intellektuelle Profil des Aachener Hofes. Ludwig hat nach der Regierungsübernahme führende Hofämter neu besetzt und dafür vor allem Vertraute aus Aquitanien, das er zuvor als Unterkönig verwaltet hatte, eingesetzt. Die Urkundentätigkeit der Aachener Kanzlei nimmt unter dem neuen Herr­ scher sofort in großem Umfang zu. Zugleich ist dabei auch ein Bemühen um bessere und ausge­ feiltere Formulierungen sowie um eine sorgfältigere kalligraphische Gestaltung festzustellen.54 Die in seiner Regierungszeit in Aachen entstandenen Handschriften offenbaren darüber hinaus deutlich ein antiquarisches Interesse, denn sie folgen in Schrifttyp, Lay­out sowie man­ chen formelhaften Wendungen spätantiken Vorbildern. Texte antiker Autoren, wie beispiels­ weise Plinius oder Seneca finden sich darunter in größerer Zahl.55 Auch in der literarischen Produktion, namentlich der Dichtung ist ein spezifischer Klassizismus anzutreffen, der anspie­ lungsreich antike Vorbilder aufgreift und dabei deren Formulierungen oder Motive neu ver­ knüpft, um eine variantenreiche Steigerung zu erzielen.56 Die Vita Caroli magni von Einhard, eines der herausragenden Beispiele dieser literarischen Tendenz, wurde ebenfalls in Aachen am Hof Ludwig des Frommen geschrieben.57 Die gleiche klassizistische Grundhaltung spiegelt im Bereich der Bildkünste der berühmte Einhardsbogen, jener goldene Kreuzesfuß, der in den zwan­ ziger Jahren des 9. Jahrhunderts in Aachen entstand. Die antike Architekturform des Triumph­ bogens wird hier in ein anderes Format und einen anderen Kontext übertragen und zugleich mit einer figürlichen Dekoration versehen, deren einzelne Elemente zwar sorgfältig aus antiken Vorlagen ausgewählt, aber in einen völlig neuen Zusammenhang überführt sind.58 Ganz offensichtlich wandelt sich auch die Einstellung zur profanen Buchillustration, bei der jetzt ähnliche klassizistische Tendenzen zu beobachten sind. War bislang die Buchwerkstatt des

53 München, Clm 10270, fol. 1r, s. Kap. V, 3. 54 Boshof 1996, S. 105 sowie S. 256ff. zu den kulturellen Leistungen dieses Kaisers und einschränkend zu den Negativbemerkungen in einigen zeitgenössischen Quellen. 55 Bischoff 1981, vgl. auch Mütherich 1990, S. 598. 56 Godman 1990, Godman 1985, Godman 1987, S. 93ff. 57 Einhard blieb bis 830 in Aachen. Godman 1990, S. 566, Edition Holder­Egger 1911. 58 Diese Goldschmiedearbeit wurde in Aachen für S. Servatius in Maastricht hergestellt. Belting 1973, Hauck, 1974.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

kaiserlichen Hofes vor allen durch kostbar ausgestattete Evangeliare hervorgetreten, so bricht diese Produktion unter Ludwig anscheinend völlig ab. In seiner Regierungszeit entstehen viel­ mehr im Umkreis des Hofes eine Reihe von Handschriften, die ausschließlich antike Texte edieren und sich zudem durch einen reichhaltigen Miniaturenschmuck auszeichnen, der sich gleichfalls sehr genau an antiken Vorbildern orientiert. Dazu zählt eine Ausgabe der Dramen des Terenz, die ein Vorbild für Sprachgewandtheit waren und denen man zahlreiche Sentenzen zur Lebensweisheit entnahm.59 Die Handschrift gilt bis in die Formensprache hinein als getreues Abbild einer spätantiken Vorlage. Zwischen die Verse sind zahlreiche Szenenbilder eingescho­ ben, welche den Dialog der Figuren vorführen, die wie auf der antiken Bühne mit ihren Thea­ termasken auftreten. Als Titelbild dient ein besonders eindrucksvolles, ganzseitiges Autoren­ porträt in Form eines antiken Rundschildes, das von zwei Schauspielern huldigend präsentiert wird. Unter antik anmutenden Arkaden werden außerdem zu Beginn jedes Stückes die auftre­ tenden Rollen in Gestalt der zugehörigen Masken präsentiert. Eine vergleichbare Situation betrifft eine eher fachwissenschaftliche Textsammlung zu Ge­ ometrie und Landvermessung. Da es sich dabei um eine hoheitliche Aufgabe kaiserlicher Beam­ ten handelte, entstanden in der Spätantike reich geschmückte Prunkausgaben, die wiederum den Ausgangspunkt für eine zwischen 820 und 830 in Aachen erstellte Kopie gebildet haben.60 Das erste Blatt ist dabei sogar wie eine Spolie aus der Vorlage des 7. Jahrhunderts direkt über­ nommen worden. Eine der beiden dort als Zeichnung angelegten Büstenbildnisse zweier Feld­ herren wurde dabei farbig ausgeführt und vermutlich auf den Kaiser Ludwig den Frommen bezogen, der öfter als christlicher Streiter (miles christianus) verherrlicht wurde. Neben einigen Darstellungen der Landvermesser (Agrimensoren) nach Art antiker Philosophenbildnisse ent­ hält dieser Codex insgesamt 400 Miniaturen, die von abstrakten Schemazeichnungen über Kar­ ten mit illusionistischen Abbreviaturen von Städten und Landschaften bis hin zur detaillierten Wiedergabe antiker Architektur reichen. So wird hier das gesamte Spektrum antiker Illustra­ tionspraxis entfaltet. Im Zusammenhang dieser höchst bemerkenswerten Buchproduktion kommt aber der Astro­ nomie ein besonderes Gewicht zu, denn es haben sich allein drei aufwendig geschmückte Stern­ bilderhandschriften erhalten, die in diesen Jahren in Aachen entstanden sind. Zwei von ihnen konzentrieren sich ebenfalls ausschließlich auf die Wiedergabe klassischer Texte und unterschei­ den sich damit grundlegend von den vorangegangenen, jeweils aus ganz verschiedenen Texten kompilierten Kompendien. Die besonderen astronomischen Interessen Ludwig des Frommen sind gut belegt und wir wissen, dass er persönlich regelmäßig den Sternenhimmel beobachtete.61 Sein Biograph berich­ tet in großer Ausführlichkeit von der systematischen Beobachtung des Halleyschen Kometen im Frühjahr 837. Der Kaiser, der als studiossisimus, als ausgesprochen kundig in diesen Dingen cha­ rakterisiert wird, beobachtete als Erster, dass der neue Himmelskörper seine Wanderung im

59 Rom, Bibl. Vat., Ms. lat. 3868, Aachen um 820, Karolinigsche Miniaturen IV, 1971, S. 74ff., 85–100, sowie generell Mütherich 1990. 60 Rom, Bibl. Vat., Ms Pal. lat. 1564, Mütherich 1974 und vor allem Haffner 1991, Palm (Haffner) 1997. 61 Dies geht aus der zeitgenössichen Vita Hludowici Imperatoris des sogenannten Astronomus hervor, Edition von Ernst Tremp, MGH, Scriptores Rerum Germanicum LXIV, Hannover 1995, Kap. 58, 518ff. sowie in der Ein­ leitung S. 54f., vgl. auch Tremp 1990 zu den verschiedenen Biographien des Kaisers.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

Sternbild des Stieres nahe dem Kopf beendet hatte, wo er am Vorabend noch nicht zu sehen gewesen war. Er rief darauf hin den späteren Verfasser seiner Vita herbei, um gemeinsam nach der Bedeutung dieses Sternenereignisses zu forschen. Die christlichen Einwände gegen ein sol­ ches Unterfangen, die mit einem Hieronymus­Zitat gestützt wurden, entkräftete Ludwig mit einer grundsätzlichen Erwiderung, die in den Sternenbewegungen Zeichen Gottes erkannte, welche dieser den sündigen Menschen in seiner Barmherzigkeit sandte. »Aber wir können seine Milde nicht genug bewundern und loben« – so führt er aus – »da er unsere Einfältigkeit den­ noch für würdig erachtet, sie mit derartigen Zeichen zu unterweisen, obwohl wir doch bloß Sünder und Unbußfertige sind.« Der Mensch habe sich von daher dieser Güte würdig zu erwei­ sen, indem er nach bestem Wissen und Können versuche, diese Zeichen zu verstehen.62 Diese Ausführungen verraten zum einem die Kenntnis antiker Schriften, denn eine ähnliche Sicht­ weise findet sich bei Cicero sowie im Platonkommentar des Calcidius.63 Aber auch die Eröff­ nungsverse der Phainomena des Aratos charakterisieren die Sterne als Zeichen, welche Zeus als oberster Gott für die Menschen eingerichtet habe, allerdings finden sich diese Zeilen nur in der wörtlichen Übertragung des Aratus latinus.64 Hieran wird aber die grundlegend positive Ein­ schätzung der Sternenwissenschaft deutlich, der vom Kaiser – nach dem Zeugnis seines Bio­ graphen – eine besondere Relevanz zugewiesen wird. So scheint sich Ludwig wohl auch nicht zufällig aus dem Erbe seines Vaters als einziges den kostbaren Silbertisch mit den Darstellungen der Himmelsmechanik ausgewählt zu haben, den er, wie Thegan berichtet, mehr als alles andere schätzte.65 Die dort eingeprägten, kunstvollen Diagramme entsprachen vermutlich seinen Interessen und erregten deshalb seine besondere Aufmerksamkeit. In diesem Zusammenhang fügt sich zudem gut ein, dass der in Aachen als Lehrer tätige Ire Dicuil ihm ein in Versen abgefasstes Traktat über Astronomie und Komputus widmete.66 Wertschätzung der Astronomie und klassizistische Neigungen prägen auch eines der er­ staunlichsten Buchprojekte des frühen Mittelalters. Nur zwei Jahre nach seiner Krönung wird für Ludwig und vermutlich auch in seinem Auftrag eine Prunkhandschrift hergestellt, die vor allem Miniaturen, aber kaum Text enthält und die nur als wissenschaftlicher Bilderatlas des Sternenhimmels bezeichnet werden kann. (Leiden, Voss. Lat. Q. 79) Schon das äußere Erschei­ nungsbild zeichnet dieses Buch in besonderer Weise aus. Es besitzt ein handliches, annähernd quadratisches Format, wie es auch bei spätantiken Codices zu finden ist.67 Beim Blättern fällt der verschwenderische Pergamentaufwand ins Auge, da die meisten Seiten nur mit wenigen Zeilen

62 Vita Hludowici (wie Anm. 12), Cap. 58, Edition Tremp 1995, S. 519ff.; »Sed eius clementia non satis mirari et laudare possumus, qui nostram inhertiam cum simus peccatores et inpenitentes, talibus ammonere dignatur inditiis.«, ebd. S. 522. 63 Cicero, de natura deorum II, 42; Calcidius, cap. 130, vgl. auch den Boeft 1977, S. 21ff. 64 Aratos, Verse 10–11, Erren ed. 1971, S. 6; Aratus latinus, Zeile 7–8, E. Maas 1958, S. 175: »… ipsa enim haec signa in caelo affirmavit stellas peractans …«. 65 Theganus, Gesta Hludowici imperatoris, cap. 8, Edition Tremp 1995, S. 188f: »nihil sibi reservans praeter men­ sam unam argenteam, que triformis est in modum quasi tres clippei in unum coniuncti, ipsa sibi retinuit ob amorem patris et tamen eam alio precio redemit, quod pro patre tradidit.« Zum Silbertisch s. o. III, 2. 66 Dicuil, Liber de astronomia, s. Tremp 1995, S. 57. 67 Dies war auch schon vor dem Beschneiden der Ränder der Fall. Die ursprünglichen Maße betrugen ca. 27 × 25 cm, heute 225 × 204 mm. Zur Kodikologie des Vossianus Lat. Q. 79 s. Katalog und Obbema 1989.

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beschrieben und sämtliche Rückseiten der Bilder vollkommen leer belassen sind, damit nicht durchscheinende Tinte die Wirkung der Miniaturen beeinträchtigen kann. Der Text ist in der Auszeichnungsschrift der Capitalis Rustica geschrieben, wobei die Zeilen jeweils in der Mitte einer Seite angeordnet und so auf die Handschrift verteilt sind, dass auf Vorder­ und Rückseite immer gleich viele Zeilen liegen. Das gesamte Werk präsentiert sich in jeder Hinsicht so präch­ tig und luxuriös, dass es eigentlich nur für den Kaiser selbst oder seine Familie bestimmt gewe­ sen sein kann. Inhaltlich beschränkt sich der Codex auf die Phainomena in der Übersetzung des Germani­ cus, mithin auf einen einzigen poetischen Klassikertext, was gerade im Vergleich zu den praxis­ orientierten komputistischen Kompilationen besonders auffällt. Dieser Text wurde darüber hinaus sorgfältig redigiert.68 So wurden die Scholien, welche in Prosa Erläuterungen zu den Mythen sowie ein Verzeichnis der Einzelsterne liefern, fortgelassen, um den Fluss der Verse nicht zu unterbrechen. Darüber hinaus hat man verschiedene Lesarten verändert und an vier Stellen Interpolationen aus Avienus, einer etwas jüngeren und ausführlicheren Übertragung der Phainomena, ergänzt.69 Dabei wird jedoch nicht auf fließende Übergänge geachtet, sondern dort wo die Fassung des Avienus zusätzliche Informationen bot, werden seine Verse einfach einge­ fügt, unabhängig davon, ob so ein sinnvoller Anschluss entsteht oder nicht. Die Einfügungen scheinen bezeichnender Weise auch nicht nur inhaltlich motiviert zu sein, da sie sich vor allem an den Stellen finden, an denen Germanicus nicht genügend Textzeilen zu einem Sternbild bot, um das angestrebte gleichmäßige Layout zu erreichen. Auch die Textgestalt ist demnach in er­ heblichem Maße auf eine besondere ästhetische Erscheinung hin ausgerichtet. Doch in erster Linie ist dieser Codex ein Bilderbuch. Die in Deckfarben ausgeführten und mit einer mehrfarbigen Rahmenleiste eingefassten Miniaturen nehmen jeweils ein ganzes Blatt in Anspruch und sind immer auf der Versoseite zu finden, während die Rectoseite leer belassen ist. Die Illustrationen stehen dabei immer vor den zugehörigen Textpassagen, die dann auf der folgenden Seite zu lesen sind. Damit ist für jede Konstellation in der Regel eine Doppelseite reserviert, wobei der Text die Rolle eines Bildkommentars zugewiesen bekommt. Da die Rück­ seiten der Bilder nicht beschrieben sind, entsteht vor jedem Bild eine Zäsur und der Text folgt dann auf die Miniatur wie eine Bildlegende. Öfter bricht der Text auch mitten im Satz oder Vers ab und es wird nach der obligatorischen Leerseite zunächst eine weitere Illustration einge­ schoben.70 Fraglos ist der Text also den Bildern nachgeordnet. Es geht in erster Linie um das Betrachten der Bilder, nicht um das Lesen des Textes. Die Sternbilder treten dem Benutzer der Handschrift in antikischer, illusionistischer Malerei vor dunkelblauem Nachthimmel entgegen. Zusätzlich sind die einzelnen Sterne als goldene Quadrate bzw. Rhomben in ihrer astronomischen Position in die Miniaturen eingetragen. Das Buch ist somit regelrecht wie ein Bilderatlas des Sternenhimmels konzipiert und baut vor allem 68 Beim Schreiben des Textes sind zwar trotz der gewissenhaften Gesamtplanung einige Fehler aufgetreten, die das Verständnis mancher Stellen verunklären, Bischoff in: Aratea 1989, S. 92. Dies kann allerdings die allgemeine Bewertung der gründlichen Textredaktion nicht beeinträchtigen. 69 Dies betrifft die Beschreibung der Zwillinge auf fol. 17r–v, Bischoff in: Aratea 1989, S. 104, und des Krebses auf 19r, ebd. S. 104, sowie des Hasen aus fol. 63r–v, ebd. S. 122. Ebenso stammt der Auszug zu den Wetterzeichen am Ende der Handschrift auf fol. 97r–v, ebd. S. 156, aus der Übertragung des Avienus. 70 Beispielsweise bei Andromeda/Pegasus fol. 31v–33r, Widder/Dreieck fol. 35v–37r oder Leier/Schwan fol. 45v– 47r.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

auf die Anschaulichkeit der Bilder, welche die eigentlichen Informationen bereithalten und von den poetischen Versen nur begleitet werden. Die Miniaturen bestechen durch eine illusionistische Malweise von hoher Qualität. Her­ vorzuheben sind insbesondere die sichere Proportionierung der menschlichen Gestalten wie der Tiere, die Modellierung durch Anlage feiner, fast schillernder farbiger Schraffuren und die Akzentuierung der Blicke durch eine subtile Verschattung der Augen. Die perfekte Nachahmung antiker Malweise hat die Forschung verleitet, in diesen Miniaturen ein getreues Abbild einer einzigen spätantiken Vorlage zu sehen. Davon kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr erweist sich dieser Bilderzyklus als eine raffinierte Kompilation verschiedener Quellen und damit als eine eigenständige und ausgesprochen erstaunliche Leistung der karolingischen Künstler. Wie der Vergleich mit anderen Germanicus­Handschriften (Basel, Ms. AN IV 18 und Madrid, Ms. 19) offenbart, folgt der Vossianus Q. 79 als Hauptquelle wohl einem spätantiken Germanicus­Co­ dex.71 Daneben übernimmt er aber auch Elemente anderer Zyklen, insbesondere aus den illus­ trierten Sternkatalogen in der Nachfolge des Aratus latinus (De signis coeli und Recensio interpolata). Weitere Einzelheiten entstammen dem sogenannten Filocaluskalender, einer spätantiken Prachthandschrift von 354, die damals wohl in Aachen zur Verfügung stand und dessen Spuren sich im 9. Jahrhundert vielfach nachweisen lassen.72 In Abweichung von der Germanicusvorlage, bei der beispielsweise der Krebs und die Zwil­ linge sowie der Wassermann und Capricornus jeweils in einem gemeinsamen Bildfeld erscheinen, erhält hier nahezu jede einzelne Konstellation auch ein selbständiges Bild. Aus der Tradition des Aratus latinus sind eine ganze Reihe ikonographischer Einzelheiten entlehnt. So entstammt je­ nem anderen Vorbild die senkrechte Anordnung der Bärinnen in den Windungen einer hier schräg aufwärts kriechenden Schlange; das hochgeschlossene Gewand der Jungfrau und das Man­ teltuch über ihrer linken Seite (vgl. Boulogne, M s. 188), weiterhin die Wiedergabe des Fuhr­ manns ohne den Wagen, die Ausstattung der Kassiopeia mit den Attributen einer Königin, die Anordnung der Pleiaden in Rossettenform und die frontale Darstellung von Sol in einem glori­ olenartigen Medaillon. Den Miniaturen des Filocaluskalender entnahm man unter anderem die Anregung für die auffallende Nacktheit von Andromeda und Wassermann sowie eine ganze Reihe von Realien, beispielsweise die Frisuren der Jungfrau und der Pleijaden.73 Auch das ungewöhnliche Attribut der Pfauenfeder, das Venus im Planetenbild auszeichnet, hat hier seinen Ursprung. Zu der systematischen Anlage der gesamten Handschrift gehört als Grundidee, dass jedem einzelnen Sternbild auch eine eigene Miniatur eingeräumt wird. Doch gibt es hiervon zwei Ausnahmen. So sind die drei Konstellationen, welche den nördlichen Himmelspol markieren, – nämlich die Schlange, die sich um die beiden Bären windet – in einer Darstellung zu Beginn des Zyklus zusammengefasst. (fol. 3v) Auch der Schlangenträger, der nach den Worten des Ger­ 71 Zur Illustration des Germanicus­Textes und zur Rekonstruktion des spätantiken Bilderzyklus Haffner 1997. 72 Diese heute verlorene Handschrift wird auch als Chronograph von 354 bezeichnet und wurde von dem Schreib­ künstler Filocalus für einen unbekannten Römer namens Valentius geschaffen. Sie enthielt einen staatlichen sowie einen astrologischen Kalender mit Darstellungen der Planeten und Monate, eine Liste der römischen Stadtpräfekten und Konsuln, aber auch ein Verzeichnis der römischen Märtyrer und der Päpste sowie die christlichen Ostertafeln. Nachzeichnungen und Stiche des Barocks überliefern das Aussehen des reichhaltigen Bildschmuckes. Zum Filocalus­ Kalender und seiner Rezeption Stern 1953. 73 So vermutlich die Form der Lyra, des Schiffes und des Weihrauchbeckens.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

manicus mit seinen Füßen auf dem Skorpion steht, erscheint in dieser Form zusammen mit jenem Tierkreiszeichen in einem Bild, so als wäre er mit diesem fest verbunden. (fol. 10v) Inter­ essanter Weise werden in zwei Fällen jedoch auch Sternbilder in kleinerem Format in anderen Miniaturen noch einmal wiederholt, offenbar um bestimmte Zusammenhänge anzudeuten. So erscheint zu Füßen des Orion (fol. 58v) ein zweites Mal der Hase, da er von diesem beständig gejagt wird, wie es die Verse von Avienus erläutern, die wenige Seiten später zum ganzseitigen Bild des Hasen eingefügt werden. (fol. 63r–v) Unter den Hufen des Kentaur ist noch zusätzlich die Krone zu sehen, möglicher Weise weil beide Sternbilder zusammen mit den Scheren des Skorpions über dem Horizont aufgehen. (fol. 74v)74 Doch hat man wohl realisiert, dass derartige Ergänzungen das klare Konzept des Sternenatlasses eher verunklären, und hat von daher wei­ tere Versuche dieser Art nicht unternommen. Vereinzelt haben die Maler die überlieferte Gestalt eines Sternbildes leicht verändert – teil­ weise wohl auch aus ästhetischen Gründen. So hat das Meerungeheuer Cetus seinen Kopf nach hinten gedreht (fol. 66v) und die beiden Bären wenden einander ihre Bauchseiten statt den Rü­ cken zu, so dass es im Bild tatsächlich so wirkt als würden sie im Kreise laufen. (fol. 3v) In be­ sonderem Maße trifft dies aber auf die Figur des Knienden oder Herkules zu. (fol. 6v) Hier liegt offenbar eine inhaltlich begründete Umstellung vor. Denn die Planer der Handschrift haben die etwas vagen und dunklen Verse des Germanicus zu Herkules gestrichen, die nur sehr knapp von dem Knienden als einem mit Mühsal beladenen Mann sprechen, dessen Namen niemand weiß.75 Stattdessen fügen sie bereits hier die Verse zum Bärenhüter Bootes ein, da diese mit einem Ver­ weis auf den Bären Helike einsetzen, welcher in den vorangehenden Zeilen beschrieben wird.76 Die Minatur zeigt dann auch Bootes, allerdings nicht in Rückenansicht wie in der spätantiken Germanicus­Vorlage, sondern frontal mit einem dem Betrachter zugewandten Gesicht. Ein Fell, das aber nicht eindeutig als Löwenfell gekennzeichnet ist, hat er über seinen linken Arm gewor­ fen. Merkwürdigerweise wiederholt man dann einige Seiten später das Bild des Bootes, aller­ dings mit seitenvertauschter Beinstellung und Kopfwendung sowie ohne Tierfell, aber auch ohne den zugehörigen Text.77 (fol. 12v) Offensichtlich sollten die originale Reihenfolge der Bilder und insbesondere auch die Zahl der Konstellationen erhalten bleiben. Es scheint so, als hätten die Maler die erwähnte Textumstellung gewissermaßen korrigiert. Jene in die Miniaturen eingetragenen Sternpositionen entsprechen nun aber durchaus der ursprünglichen Reihenfolge und zeigen im ersten Bild (fol. 6v) die Sterne der Konstellation 74 Fol. 74v ist verloren, aber die Bildgestalt ist in der Kopie Boulogne­sur­Mer Ms. 188 auf fol. 29r überliefert. Germanicus Vers 636f., Gain ed. 1976, S. 41; Bischoff in: Aratea 1989, S. 144. Bei Germanicus ist auch ein südlicher Kranz erwähnt, der unter den Hufen des als Kentaur beschriebenen Schützen erscheint, Verse 391f., Gain ed. 1976, S. 33. Doch kann dieser hier nicht gemeint sein, es sei denn man unterstellt dem Maler eine Verwechslung. 75 Es fehlen die Verse 65–70, Gain ed. 1976, S. 23: »Haud procul effigies inde est defecta labore. / non ulli nomen, non cognita causa laboris: / dextro namque genu nixus diversaque tendens / bracchia, suppliciter passis ad numina palmis, / Serpentis capiti figit vestigia laeva. /Tum fessi subter costas atque ardua terga /«. Auch der Einleitungsvers zur Krone, der sich noch auf den Knienden bezieht, wird fortgelassen. Die in Prosa verfassten Scholien der antiken Germanicus­Ausgabe erläutern, dass es sich um Herkules im Kampf mit der Hydra handelt, Dell’Era 1979/I, Kap. V, S. 320; Haffner 1997, S. 36f. 76 Germanicus Vers 90–95, Bischoff in: Aratea 1989, S. 98, vgl. Gain ed. 1976, S. 23f. Vers 90 beginnt mit den Worten: »Inde Helicem sequitur …«. 77 Vgl. Mütherich in: Aratea 1969, S. 37ff. Fol. 13, das auf die Miniatur folgt, fehlt heute, enthielt aber wohl nur das Bild der Jungfrau auf 13v und keinen weiteren Text, Obbema in: Aratea 1969, S. 18.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

Herkules/Engonasin und im zweiten (fol. 12v) diejenigen des Bootes. Allerdings ist der be­ kannteste Stern des Bootes, der zwischen den Beinen leuchtende Arcturus auch in der ersten Darstellung auf fol. 6v zu sehen.78 So haben wir es mit einem etwas widersprüchlichen Befund zu tun, der sich wohl nur aus dem komplexen Entstehungsprozess dieser Handschrift erklären lässt, der eine sehr aufwendige Kompilationsarbeit zu Grunde lag. Am Anfang stand vermutlich die erwähnte Textumstellung, über deren Gründe nur Mutmaßungen angestellt werden kön­ nen. Dies hatte dann durch den Maler eine Veränderung des Bildes zur Folge, wobei aber das Tierfell, das Bootes auch in der von dem Kloster Corbie ausgehenden Überlieferung der Recensio interpolata trägt, übernommen wurde. 79 Der Maler sowie der Astronom, der die Eintragung der Sternpositionen verantwortete, wollten aber offenbar die originale Reihenfolge der Bilder und insbesondere auch die Anzahl der Konstellationen erhalten. Deswegen musste eine weitere Bootes­Darstellung ohne Textbezug eingefügt werden. So ließen sich dann die Sterne beider Konstellationen in den Miniaturen unterbringen und alle Informationen des als Vorlage be­ nutzten Sternenkataloges verwerten. Da aber der Text neben dem ersten Bild (fol. 6v) nun von Bootes sprach, fügte man zwischen den Beinen noch den bekannten Stern des Arcturus hinzu, um Text und Darstellung wieder in Einklang zu bringen. Die szenenartige Ausgestaltung der Konstellation des Herkules in der Germanicus­Vorlage durch den Baum mit der Schlange entsprach zudem in keiner Weise dem Bildkonzept, das auf eine isolierende Darstellung der einzelnen Sternbilder ausgerichtet war. So waren die verschie­ denen Korrekturen, um die sich die Gestalter der Handschrift bemühten, wohl auch von ästhe­ tischen Motiven getragen. Der Bildzyklus ist offensichtlich ebenso sorgfältig wie die Textfassung geplant worden. Ganz bewusst nimmt man Korrekturen vor und sortiert zudem gezielt diejenigen Bilder aus, die man aus welchen Gründen auch immer nicht übernehmen möchte. So fehlt das einleitende Bild, auf welchem der Autor mit der Muse Urania zu sehen ist.80 Dagegen wird die herrschaftliche Präsentation Jupiters in allen Einzelheiten kopiert, die in der Vorlage unmittelbar folgte und den Göttervater mit Strahlennimbus, Sphaera und Szepter zeigt, der von dem mächtigen Adler mit ausgebreiteten Schwingen durch den von ihm geschaffenen Kosmos getragen wird. (vgl. Bou­ logne 188, fol. 20v) Dies hat vermutlich seinen Grund in den ersten Versen des Germanicus, der die Anrufung Jupiters, mit der Aratos beginnt, zurückweist und sich stattdessen an den Erzeuger und größten Urheber wendet, mit dem er in Form einer versteckten Huldigung seinen kaiser­ lichen Adoptivvater Tiberius meint. Jupiter spricht er anschließend als Lenker und Schöpfer der Götter an.81 Diese Worte lassen sich ohne weiteres auch auf den christlichen Gott anwenden und so hat man in dieser Darstellung wohl nicht in erster Linie den antiken Göttervater gesehen. Die Wiedergabe einer Himmelskarte (Planispherum), auf der die topographische Verteilung der einzelnen Sternbilder zu erkennen ist, fand sich wohl gleichfalls in der spätantiken Germa­

78 Hierzu Dekker 2010, S. 24f. (im Manuskript). Ich möchte Elly Dekker hier für die Überlassung ihres Manus­ kriptes und den offenen Austausch danken. 79 S. Kap. III, 5. 80 Es ist in Madrid, Ms. 19 sowie in Aberystwyth 735C überliefert, vgl. Haffner 1997, S. 31ff. 81 Germanicus, Vers 1–4, Bischoff in: Aratea 1989, S. 94:: »Ab Iove principium magno deduxit Aratus / carminis; at nobis, genitor, tu maximus auctor; / te veneror, tibi sacra fero doctique laboris / primitias. Probat ipse deum rec­ torque satorque.« Vgl. Gain ed. 1976, S. 21.

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nicus­Ausgabe; möglicherweise haben die karolingischen Maler eine derartige Planissphäre wie ein Titelbild an den Anfang ihrer Handschrift gestellt, so wie das in der Kopie des 10. Jahrhun­ derts zu sehen ist. (Boulogne­sur­Mer, Ms. 188, fol. 20r) Ein figürlich ausgestaltetes Diagramm der Planetenbahnen müssen sie allerdings neu erfinden, es steht als zweite zusammenfassende Darstellung fast ganz am Schluss. (fol. 93v) Die Wiedergabe der Milchstraße in Form zweier allegorischer Personifikationen jedoch, die nach dem Zeugnis der ausführlichsten mittelalterlichen Germanicus­Kopie (Madrid, Ms. 19, fol. 68v) in der antiken Vorlage ebenfalls vorhanden war, wird als überflüssig erachtet und deshalb fortgelassen. Stattdessen fügt man nach der Darstellung mit den Büsten der fünf Planeten noch ein weiteres Bild ein, das die vier Jahreszeiten gleichfalls in Büstenform zeigt und wohl auf eine Anregung des Filocalus­Kalenders zurückgeht.82 Charakteristisch für die eigenständige Vorgehensweise der Planer mit ihrer sorgfältigen Motivwahl ist die Darstellung der Zwillinge. Elemente beider zur Verfügung stehender Vorlagen werden hier offenbar systematisch miteinander kombiniert. Die Nacktheit und die Leier ent­ sprechen den Bildern der Germanicus­Handschriften, doch vermeidet man das dort auftretende Umarmungsmotiv. Die Wiedergabe als getrennte Figuren in einer dialogischen Position und die Bewaffnung mit Lanzen hingegen kennzeichnet die Illustrationen der Recensio interpolata und vermutlich auch deren griechische Vorlage. Die Keule hingegen kommt nur sehr vereinzelt in der antiken Bildtradition vor. Die metallenen Helme, die durch das christliche Kreuz bekrönt werden, sind aber eine Erfindung des karolingischen Malers, der damit den militärischen Cha­ rakter der Dioskuren noch unterstreicht. Interessanter Weise wird an dieser Stelle auch der Text des Avienus interpoliert, da nur er den Bezug zu den antiken Zwillingsbrüdern Castor und Pol­ lux herstellt und ihr besonderes Schicksal erwähnt.83 Vermutlich dürfte es hier also um den Idealtyp des miles christianus gegangen sein, den man in den in brüderlicher Liebe so eng verbun­ denen antiken Helden wiederzufinden glaubte. Wenigstens bei diesem wichtigen Sternbild ließ sich so die Fremdheit der antiken Überlieferung mit eigenen Vorstellungen verknüpfen. Dies war umso bedeutsamer, als auch der Herrscher selbst, Ludwig der Fromme, als miles christinaus angesprochen und dargestellt wurde.84 Darüber hinaus hatte der Kaiser selbst einen Zwillings­ bruder, Lothar, der allerdings schon als Kleinkind verstarb. Das genaue Geburtsdatum dieser beiden Söhne Karls des Großen ist leider nicht überliefert, doch lag es zwischen April und Sep­ tember des Jahres 778.85 So ist es zumindest denkbar, dass die kaiserlichen Zwillinge das Licht der Welt erblickten, als die Sonne im Tierkreiszeichen der Zwillinge stand. So gibt es gerade bei diesem Sternbild eine ganze Reihe möglicher Anknüpfungspunkte für eine kosmische Überhö­

82 Haffner 1997, S. 66ff. 83 Bichoff in: Aratea 1989, S. 104. Die interpolierten Verse berichten, dass diese Söhne Jupiters an den Himmel versetzt wurden, als einer der beiden im Kampf fiel. Fortan gewährte ihnen Jupiter ein gemeinsames Leben im Wechsel auf Erden sowie in der Unterwelt. 84 Am prägnantesten im Widmungsexemplar des De Laudibus Sanctae Crucis von Hrabanus Maurus, Rom, Bibl. Vat. Ms. Reg. lat. 124, fol. 4v, dazu Sears 1990. Auch auf die Folge christlicher Krieger im Figurenprogramm des Einhardsbogens wäre hier zu verweisen, Belting 1973. Von besonderer Relevanz ist aber in diesem Zusammenhang jenes als Spolie aus der spätantiken Vorlage übernommene Blatt mit dem farbig ausgestalteten Feldherrnbildnis zu Beginn des oben genannten Agrimensoren­Codex Rom, Bibl. Vat., Ms. Pal. lat. 1564, Haffner 1991. 85 Tremp 1995, Vita Hludowici, Cap. 3, S. 288ff.; vgl. Boshof 1996 S. 23f. In den mittelalterlichen Kalendern wird der Aufenthalt der Sonne im Zeichen der Zwillinge zumeist vom 18. Mai bis zum 16. Juni angegeben.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

hung des christlichen Kaisers, welche offenbar die besondere Aufmerksamkeit der Planer auf sich zogen und auch ganz bewusst in die Bildgestalt eingegangen sind. Vielleicht ist auch die erwähnte Darstellung des mit herrschaftlichen Attributen ausgestat­ teten Jupiter, die aus der Vorlage übernommen wurde, obwohl sie kein Sternbild zeigt, auf den umfassenden Anspruch des Kaisertums bezogen worden. Im Sinne einer Huldigung an den christlichen Kaiser ist wohl auch das Kolophon zu verstehen, das auf fol. 97v das Manuskript beschließt. Mit den Worten »Vale fidens in Domino Christi vestitus amore – Sei gesegnet, vertrauend auf den Herrn, gekleidet in die Liebe Christi« wird der Leser feierlich verabschiedet.86 Der Ver­ weis auf den Glauben und die christliche Liebe passt jedenfalls sowohl zu den christianisierten Dioskuren im Sternbild der Zwillinge wie zu den vielfältigen Stilisierungen in der Vita Hludowici des sogenannten Astronomus. Im Unterschied zu den unter Karl dem Großen zusammengestellten Libri computi haben wir es hier nicht mit einem astronomisch komputistischen Handbuch zu tun, sondern mit der Edi­ tion eines einzelnen Klassikertextes, der sorgfältig redigiert wurde. Die Himmelsbeschreibung des Aratos, die von Germanicus übertragen wurde, enthält nun aber gerade keine präzisen astro­ nomischen Informationen, sondern schildert nur allgemein den Auf bau sowie die Erhabenheit des Sternenhimmels. Der antike Text beschreibt in rhythmischen Versen die Disposition des Himmelsgebäudes und vermittelt einen Eindruck von der Großartigkeit der göttlichen Schöp­ fung. Genauere Informationen über Zahl und Verteilung der Sterne in den verschiedenen Kon­ stellationen werden hier nicht vermittelt. Dieses Wissen ist aber dennoch in der Handschrift enthalten, nur ist es nicht dem Text, sondern vielmehr den Bildern zu entnehmen. Sehr sorgfäl­ tig sind die einzelnen Sterne als goldene Rhomben in den Miniaturen markiert. Doch sind er­ staunlicher Weise ungleich mehr Sterne eingetragen, als in den damals zur Verfügung stehen­ den Texten überhaupt genannt werden. Insgesamt sind in allen Konstellationen 874 Sterne eingetragen, von denen sich heute immerhin noch 518 in verschiedenen Sternverzeichnissen identifizieren lassen. Die genaue Analyse, welche Elly Dekker durchgeführt hat, zeigt, dass es sich um eine Kombination der Angaben aus den Sternkatalogen, die in den Scholia Basilensia und dem Aratus latinus überliefert sind, sowie dem beschreibenden Verzeichnis des Ptolemaeus han­ delt, das allein die Lage der Sterne aufzählt, ohne die genauen Koordinaten anzugeben.87 Es gibt nun aber keinerlei Hinweise, dass der Text des Ptolemaeus damals im Abendland zur Verfügung gestanden hätte. Von daher ist zu vermuten, dass die Vermischung der beiden Über­ lieferungen bereits in einer Vorlage zu finden war, die von den Gestaltern der Leidener Hand­ schrift konsultiert wurde. Ob hierbei aber an eine Bilderfolge mit eingetragenen Sternposi­ tionen oder an einen beschreibenden Text zu denken ist, lässt sich kaum entscheiden. Eine Reihe von Missverständnissen zeigt zwar, dass die Verteilung der Einzelsterne in den Minia­ turen ausschließlich auf Textinformationen beruht, doch ist unklar, ob dies in Aachen oder be­

86 Diese Worte erinnern ein wenig an die großzügig gestaltete Widmung des Filocaluskalenders: »Valentine flo­ reas in Deo – Valentine lege feliciter – Valentine vivas floreas – Valentine vivas gaudeas«. Vgl. dazu Stern 1953, S. 118ff. 87 Dekker 2010. Wir haben es also mit einer Vermischung zweier Traditionen zu tun, zum einen derjenigen, die letzlich auf die Katasterismen des Eratosthenes zurückgeht, dazu Geus 2002, S. 211ff. sowei Geus/Pàmias 2007, und zum anderen dem ausführlichen Sternverzeichnis des Ptolemaeus. Vgl. auch Stückelberger 1990, S. 79f.

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reits bei der Herstellung einer wie auch immer gearteten Vorlage erfolgte.88 Der bewusste Um­ gang mit Text und Bildern, der sich allenthalben in dem Leidener Sternenatlas beobachten lässt, spricht allerdings in unseren Augen eher für die Verwendung einer weiteren Textquelle.89 Ein weiterer Bildzyklus hätte zudem ansonsten im erhaltenen Material keinerlei Spuren hinterlas­ sen, was eher unwahrscheinlich wäre. In jedem Fall dürfte aber diese zusätzliche Vorlage nur kurzfristig zur Verfügung gestanden haben, da sie allein für den Leidener Codex ausgewertet wurde. Dies lässt an die byzantinischen Gesandtschaften denken, die in diesen Jahren nach Aachen kamen. Hierbei könnte sich gut die Gelegenheit für eine Unterweisung durch die Griechen er­ geben haben, bei der auch ein griechischer Text eingesehen werden konnte.90 Trotz aller Bemühungen entspricht aber die Anordnung der goldenen Rhomben nur in groben Zügen der realen Gestalt der Sternbilder. Die zahlreichen Abweichungen scheinen gene­ rell daraufhin zu deuten, dass man bei der Eintragung der Sternpositionen weniger nach Bildvor­ lagen als nach einem beschreibenden Text vorgegangen ist. Beispielsweise besitzt Cetus (fol. 66v) zwar die entsprechenden Sterne in seinem Kopf, doch wurde die Haltung des Kopfes durch den Maler verändert, so dass auch das geometrische Muster seine Ähnlichkeit mit der am Himmel zu erkennenden Form verloren hat. Ähnliches gilt auch für die Fische, deren Stellung zueinan­ der gleichfalls verschoben wurde. (fol. 38v) Bei Eridanus finden sich die Sterne im Körper des Flussgottes und nicht, wie es richtig wäre, im Wasserlauf. (fol. 68v) Diese Liste ließe sich leicht verlängern. Hinzu kommt, dass die karolingischen Maler die Konstellationen in unterschiedlichen An­ sichten präsentieren. In der Antike differenzierte man zwischen einer Himmelsansicht, welche die Sternbilder von vorne zeigte, so wie sie von der Erde aus zu sehen sind, und einer Globus­ ansicht, welche den Blick von außen auf die Himmelskugel reproduzierte und eine Reihe von Konstellationen deshalb von hinten zeigte. Dies war den Entwerfern der Leidener Handschrift nicht bewusst und so kommen in den Darstellungen beide Varianten vor. Das führt natürlich dazu, dass einige Sternkonfiguationen im Grunde spiegelverkehrt wiedergegeben werden, was ohne Frage die Wiedererkennbarkeit am nächtlichen Himmel erheblich erschwert.91

88 So sind bei Orion jene vier Sterne, die in einer nahezu geraden Linie auf dem Rücken angeordnet sind, verti­ kal entlang des Rückgrates anstatt horizontal orientiert. Bei Pegasus ist die Sternengruppe des Equuleus vor dem Pferd statt im vorderen Teil des Pferdes platziert; dazu s. Dekker 2010, S. 20f. (im Manuskript). 89 Zu nennen wären in diesem Zusammenhang die Interpolationen aus Avienus, die spezielle Auswahl der aus der Germanicus­Vorlage übernommenen Bilder, die Verbindung von Merkmalen der Darstellungen im Germanicus mit denjenigen im Aratus latinus bzw. der Recensio interpolata sowie die systematische Auswertung des Filocalus­Kalen­ ders, dessen Bildmotive die karolingische Buchmalerei generell nachhaltig beeinflusst haben. Ebenso ist auf das soge­ nannte Planetarium (fol. 93v, s. u., ) zu verweisen, dass eine besondere Synthese­Leistung der karolingischen Gelehr­ ten ist. 90 Zu den byzantinischen Gesandtschaften in den Jahren 815/816 s. Tremp 1995, Vita Hludowici Cap. 23, S. 352 und Cap. 25, S. 360. Eastwood vermutet für eines der Planetendiagramme eine mündliche Informationsübermitt­ lung, Eastwood 1995, S. 222. Dort verweist er auch auf den Brief Dungals von 811, der davon berichtet, dass einer der Bischöfe in einer der Delegationen aus Konstantinopel Kenntnisse in der Astronomie besaß, MGH, Epistolae Karoli Aevi, hg. von E. Dümmler, K. Hampe, Berlin 1895, Vol. 4, S. 570. 91 Dekker 2010, S. 12f. (im Manuskript); Stückelberger 1990, S. 79f.; zur Problematik der Himmels­ bzw. Glo­ busansicht vgl. auch Lippincott 2006, S. 12f. Auf dem antiken Himmelsglobus des Atlas Farnese sind die Sternblder konsequent in Rückenansicht wiedergegeben; auf dem kleinformatigen antiken Globus in Paris sind die Konstella­ tionen von vorn, aber spiegelverkehrt zu sehen; auf dem ebenfalls kleinformatigen Mainzer Globus kommen sowohl

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

Anscheinend waren die ausführenden Maler also in erster Linie um die ästhetische und har­ monische Erscheinung ihrer Miniaturen bemüht. Darunter hatte dann die astronomische Ge­ nauigkeit öfters zu leiden. Trotz dieser Ungenauigkeiten vermitteln diese Bilder jedoch zumeist einen Eindruck von dem Aussehen der realen Konstellationen, der selbstverständlich modernen Ansprüchen nicht genügen kann, der aber bei weitem alles übertrifft, was ansonsten in mittel­ alterlichen Handschriften zu finden ist.92 Das eigentlich wichtige, relevante astronomische Wissen enthalten also allein die Bilder. Es ist gleichsam in ihnen verborgen und offenbart sich dem, der sich genauer mit ihnen auseinan­ dersetzt. Der Abstraktionsgrad der Konstellationen wird dabei durch eine illusionistische Mal­ weise in antiker Manier ausgeglichen, so dass die Gestalten hinter den Lichtpunkten – die anti­ ken Heroen oder die mythischen Tiere – in packender Präsenz vor das Auge des Betrachters treten. Die Miniaturen präsentieren mit großer Suggestionskraft jene Gestalten, die sich hinter dem abstrakten Raster der Lichtpunkte verbergen und die für das menschliche Auge nicht sicht­ bar sind. Anhand der Lichtpunkte lassen sich zwar ihre Bewegungen verfolgen, doch ihr wahres Aussehen erschließt sich nur über die antike, heidnische Überlieferung, die in diesen Darstel­ lungen anschauliche Gestalt annimmt. Mit Hilfe der besonderen künstlerischen Mittel, jener illusionistischen Malerei in antikischer Manier, gelingt in dieser Handschrift eine bewunderns­ wert enge Verknüpfung der geometrischen Abstraktion jener astronomischen Konfigurationen mit der narrativen Anschaulichkeit der von den christlichen Klerikern zunächst so misstrauisch betrachteten antiken Sternenwesen. Die erstaunlichste Bilderfindung findet sich aber erst fast am Ende dieser in beinahe jeder Hinsicht ungewöhnlichen Handschrift. Vor den Versen, welche die Tierkreiszeichen im Zu­ sammenhang behandeln und auf die Rolle der Planeten im Zodiakus sowie die Jahreszeiten eingehen, ist eine ganzseitige Darstellung zu sehen, die genau diese Punkte im Zusammenhang einer Illustration zu verdeutlichen sucht und die gemeinhin als Planetarium bezeichnet wird.93 (fol. 93v) Die Grundstruktur ist von dem zentralen Diagramm der Planetenbahnen in den Libri computi Karls des Großen übernommen. (Madrid, Ms. 3307, fol. 65v) Dort sind gemäß den Anga­ ben bei Plinius die einzelnen, jeweils exzentrisch verlaufenden Planetenbahnen in einer stereometrischen Flächenprojektion so genau in das Rund des Tierkreises eingetragen worden, dass die Lage der erdfernsten bzw. erdnächsten Punkte dieser Bahnen abgelesen werden kann. Doch diesem abstrakten Schema verleiht man jetzt durch die Einfügung von figurierten Me­ daillons die Anschaulichkeit lebendiger Bilder, so dass die Miniatur wie ein mit den Augen zu durchwanderndes Kosmosmodell wirkt. In einem äußeren, rahmenden Ring erscheint die Folge der Tierkreiszeichen im Wechsel mit den Personifikationen der einzelnen Monate. Die Monatsdarstellungen sind eine mehr oder weniger direkte Übernahme aus dem Filocalus­Kalender, doch sind sie offenbar aus einem Ver­

Rückenansichten wie seitenverkehrte Darstellungen vor. Die Überlieferung ist also auch in der Antike keineswegs einheitlich und fehlerfrei. Vgl. Dekker 2010, S. 18f. (im Manuskript) sowie Lippincott 2009, S. 46ff. 92 Abgesehen natürlich von den Kopien des al­Sufi, die seit dem 13. Jahrhundert erhalten sind (Sufi latinus), s. Bd. II. 93 Es handelt sich um den als Fragmentum III bezeichneten Abschnitt, der eigentlich von dem Fragmentum IV fortgesetzt wird, das aber im Leidener Codex nicht enthalten ist; s. Bischoff in: Aratea, S. 152, vgl. Gain ed. 1976, S. 45ff.

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sehen des Malers im Uhrzeigersinn angeordnet, während die Abfolge der Tierkreiszeichen astro­ nomisch korrekt gegen den Uhrzeigersinn läuft. Beide Reihen beginnen am oberen Rand mit Wassermann und Januar.94 Im Zentrum des gesamten Bildes ruht auf der grünen Kreisscheibe der Erde eine menschliche Gestalt in einem antikischen Gewand. Sie hält einen runden Gegen­ stand und betrachtet mit nach oben gewandtem Haupt den Lauf der Sterne im Himmelsgebäude. Unabhängig davon ob diese Figur auch als Allegorie der Terra anzusprechen ist, definiert sie auf eindrückliche Weise den Platz des Menschen in dem vom Gott geschaffenen Kosmos. Die sin­ nende Betrachtung der Sternbewegungen ist als Aufgabe in dieses zusammenfassende Bild ein­ gegangen. Im Raum zwischen dem Ring des Zodiakus und der Erdscheibe sind die exzentrischen Bahnen der Planeten zu sehen. Ihren Kreislinien folgen Textzeilen, die Informationen zu den Umlaufzeiten und den besonderen Positionen der jeweiligen Bahn wiedergeben. Auch der rah­ mende Tierkreis wird von einer Textzeile begleitet, die seine Bedeutung erläutert. Diese Anga­ ben sind der Naturgeschichte des Plinius entnommen, aber neu formuliert und zusammenge­ stellt worden. Erstaunlicher Weise nennt man hier auch die Exaltationen der Planeten, die nur eine astrologische Relevanz besitzen und deswegen in den Libri computi fortgelassen wurden.95 Entgegen dem Schema in den Libri computi sind in dieser Darstellung aber für die erdnahen Pla­ neten Venus und Merkur noch zusätzlich Kreisbahnen eingetragen, welche die Sonne zum Mittelpunkt haben und die nicht von Textzeilen begleitet werden. Damit integriert man auch noch die heliozentrische Theorie bezüglich der Bahnen von Venus und Merkur, die auf Mar­ tianus Capella zurückgeht, der in seiner Beschreibung des Universums davon berichtet.96 Die Besonderheiten der Umlauf bahnen dieser beiden Wandelsterne lassen sich so sehr viel besser erklären. Die Kenntnis dieser heliozentrischen Theorie und die Auswertung der ungleich de­ taillierteren Angaben des Plinius, die schon in den Libri computi erfolgte, sind die wichtigsten astronomischen Wissenserweiterungen des frühen 9. Jahrhunderts und belegen auf das Ein­ drücklichste den hohen wissenschaftlichen Anspruch dieses Sternenatlasses.97 Sämtliche relevanten Angaben zu den Bewegungen der Planeten, die damals bekannt waren, sind in dieser Darstel­ lung vereint. Es handelt sich demnach um ein komplettes Kosmos­Modell, das ein geordnetes Bild des von Gott geschaffenen Universums entwirft. Auch die Planeten selber treten als figürliche Gestalten auf, die als die Götter der Antike in Gold hinterlegten Medaillons zu sehen sind. In einem anspruchsvollen Akt der Synthese hat man sowohl für jene in die Darstellung integrierten Texte wie für die Ikonographie der Bilder

94 Nur bei Löwe und Juli stehen dann noch einmal die passenden Darstellungen nebeneinander. Vgl. Eastwood 1983, S. 32f. 95 Die Exaltationen oder Erhöhungen der Planeten sind Positionen im Zodiakus, an denen die Planeten beson­ ders großen Einfluss besitzen. Sie haben nichts mit der Geometrie der Umlauf bahnen zu tun. Die Angaben finden sich bei Plinius II, 13. 65. Dort werden sie als apsides altissimae bezeichnet, die aber nicht auf das Zentrum der Erde bezogen sind, sondern a suo centro, also auf die eigene Umlauf bahn, die aber, wenn sie kreisförmig ist, keinen höch­ sten Punkt aufweisen kann. Für die äußeren Planeten finden sich diese Angaben auch bei Martianus Capella VIII, 885. Eastwood 2007, S. 146f., Eastwood 1983 und Eastwood 2002, S. 7ff. mit Abdruck und Übersetzung der Texte; ebenso Eastwood in: Aratea 1989, S. 78f. Die Texte in der Leidener Handchrift sprechen nur bei Mars von der absis altissima, ansonsten ist schlicht von absis die Rede. Zu den Exaltationen allg. Bouché­Leclerq 1899, S. 193ff. 96 Martianus Capella, VIII, 857, 879–883, vgl. Eastwood 1983, S. 19ff., Eastwood 2007, S. 238ff. 97 Vgl. vor allem Contreni 2002, S. 72 sowie Eastwood 1987, S. 163ff.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

ganz verschiedene Quellen ausgewertet und daraus ein höchst eigenständiges Werk entwickelt. Die Wiedergabe der Tierkreiszeichen sowie der Planeten Sonne, Mond und Jupiter entspricht den Einzeldarstellungen weiter vorne in der gleichen Handschrift. Sonne und Mond lenken wie dort ihre Wagen und für Jupiter hat man das Bild des auf dem Adler reitenden Göttervater wie­ derholt. Die übrigen Planeten aber sind ebenso wie die Monatspersonifikationen dem schon mehrfach erwähnten Filocaluskalender entnommen. Nur für Mars ist noch eine zusätzliche An­ regung aufgenommen worden, er hat als Krieger gleichfalls einen Wagen bekommen.98 Einer anderen Vorlage wiederum entstammt die Gestalt der Terra, die – all ihrer üblichen Attribute beraubt – mit entblößtem Schoß in der Mitte vor der grünen Scheibe der Erde ruht und einen runden Gegenstand empor hält. Ihren Blick hat sie deutlich nach oben zu den Sternen ge­ wandt.99 Auch in diesem Fall verbirgt sich hinter dem Illusionismus figürlicher Bilder eine bewun­ dernswert exakte Astronomie. Die wiedergegebene Stellung der Planeten entspricht erstaunlich genau einer Konstellation, die am 16. 4. 816 aufgetreten ist.100 Dies ist unter kalendarischen Ge­ sichtspunkten kein beliebiges Datum, denn es handelt sich um den Vollmond unmittelbar vor dem Osterfest am 20. 4. 816. Der Mond steht deswegen auch in Opposition genau gegenüber der Sonne. Dieses Bild ist also das Ergebnis einer sehr genauen und sicherlich kontinuierlich ausge­ übten Himmelsbeobachtung. Es ist darüber hinaus der früheste Beleg für die Beobachtung der Planetenstellungen seit dem Ende der Antike!101 Von daher ist diese Miniatur ein stolzes Pro­ dukt einer intensivierten und praktisch betriebenen Astronomie. Die Gelehrten des Aachener Hofes präsentieren ihrem Herrscher Ludwig dem Frommen, in dem wir den eigentlichen Be­ nutzer dieser Handschrift sehen müssen, eine genaue Wiedergabe einer kompletten Himmels­ konstellation zu einem komputistisch äußerst relevanten Datum. Es steht zu vermuten, dass man in der besonderen Stellung der Planeten zugleich auch eine spezifische Huldigung an den Kaiser gesehen hat. Natürlich betrieb man damals noch keine wirkliche Astrologie, dafür fehlten auch die wissensmäßigen Vorraussetzungen. Doch hat man immerhin in dieser Miniatur die astrologisch bedeutsamen Angaben zu den Exaltationen notiert, die in den Libri computi fehlen. Bezeichnender Weise befindet sich die Sonne, deren Position in

98 Mars trägt einen Helm und einen seitlich geschlossenen Mantel. Saturn hat einen Mantel über die Schulter gelegt und hält einen nicht mehr erkennbaren Gegenstand. Sein Haupt ist nicht wie im Filocalus­Kalender verhüllt, vermutlich hielt man das für unpassend. Merkur ist vollkommen nackt, hat einen weg gestreckten Arm und trägt sehr große Kopfflügel. Venus ist halbnackt und hat einen erhobenen Arm, möglicher Weise war sie bekränzt, doch ist das nicht mehr genau zu erkennen. Vgl. auch Mütherich in: Aratea 1989, S. 54. 99 Ihr Gewand ist bis über den Schoß hinab geglitten, die weiblichen Brüste sind deutlich zu sehen. Mit dem linken Arm stützt sie sich auf um den Oberkörper aufzurichten. Der Gegenstand in der rechten Hand ist nicht zu erkennen. Der Maler der Kopie in Boulogne, Ms. 188, fol. 30r, interpretiert ihn fälschlicher Weise als Gewand­ bausch. Eine Geste der Selbstentblößung macht hier aber keinen Sinn. 100 Dekker 2008. Dekker hat das von Mostert/Mostert 1990 errechnete Datum des 18.3.816 korrigieren können. Sie geht zu Recht davon aus, dass die Daten durch Beobachtung gewonnen wurden und sich von daher auf die kon­ kreten Sternbilder und nicht auf die schematische Einteilung der Ekliptik beziehen. Beobachtet wurden die Stellun­ gen von Saturn, Jupiter und Mars sowie von Venus. Die Positionen der Sonne, des Mondes und von Merkur sind dann erschlossen worden. Eastwood, der zunächst den 28. 3. 579 vorgeschlagen hatte (Eastwood 1983 und 1987–89) hat inzwischen der Mostertschen Kalkulation zugestimmt, Eastwood 2000, Addenda and Corrigenda und Eastwood 2007, 146f. Stevens 1997 hingegen plädiert für eine Korrektur auf den 18. 3. 818. 101 Die oben erwähnte Beobachtung des Hrabanus Maurus entstand ja erst vier Jahre später. S. Dekker 2008.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

der Mitte des Widders eingetragen ist, nur kurz vor ihrer Exaltatio, die bei Plinius mit 19 Grad Widder angegeben ist.102 Die Sonne stünde somit vier Tage später am Osterfest in ihrer Exalta­ tio, was mit christlichen Vorstellungen und der Deutung von Christus als Sol invictus gut zusam­ mengehen würde. Bemerkenswert ist, dass gerade Jupiter in den Zwillingen positioniert ist, je­ nem Tierkreiszeichen, das man bei seiner Einzeldarstellung im Codex so auffällig christianisierte und das vielleicht in einem Bezug zum Kaiser steht. Jupiter wird sowohl bei Macrobius wie bei Martianus Capella als ein dem Menschen in jeder Hinsicht wohltuender Planet charakteri­ siert.103 Darüber hinaus stehen Mars im Skorpion, Saturn im Wassermann und Venus gerade noch im Stier. Damit befinden sich diese Planeten in einem ihrer Haüser und sind von daher besonders einflussreich. Diese Informationen ließen sich ebenfalls bei Macrobius nachlesen.104 Der Kommentar des Macrobius zum Traum des Scipio ist von nahezu allen karolingischen Ge­ lehrten ausgewertet worden. Einzelne Auszüge wurden auch in die Libri computi aufgenommen. Ein anonymer Brief des 9. Jahrhundert liefert zudem eine ausführliche Paraphrase der bei Ma­ crobius zu findenden Informationen zur Ordnung der Planeten und zu ihrer Stellung im Zodi­ akus. Die Angaben zu den Häusern der Wandelsterne werden hier referiert und der Autor geht explizit auch auf den Einfluss ein, den die Planeten auf das irdische Geschehen ausüben. Ganz im Sinne von Macrobius führt er dazu aus, dass die Bewegung der Planeten keineswegs die Ur­ sache des irdischen Geschehen sei, sondern nur das Zeichen, welches angibt, was ohnehin pas­ sieren wird.105 Dieser Brief belegt, dass bereits im 9. Jahrhundert auch die astrologisch gefärbten Passagen bei Macrobius wahrgenommen wurden. Auch die Recognitiones des Ps­Clement von Alexandrien enthalten eine Fülle von astrologischem Material und wurden damals gelesen.106 Dennoch haben die karolingischen Gelehrten mit Sicherheit nicht systematisch Horoskope er­ stellt und die von den Kirchenvätern einhellig verurteilte Astrologie betrieben. Aber es ist anzu­ nehmen, dass sie den Hinweisen auf die besondere Rolle der Planeten sehr genau und mit Inte­ resse nachgingen. Die Deutung der Himmelsbewegungen als von Gott eingerichtetes Zeichen eines künftigen Geschehens ist im Hinblick auf Kometen und Sonnenfinsternisse, von denen auch die Reichsannalen berichten, damals allgemein akzeptiert. Die sich abzeichnende Koinzidenz von der Exaltatio des wichtigsten Himmelsgestirns und dem Osterfest zeichnet diese Planetenkonstellation mit dem österlichen Vollmond von vorne­ herein aus und wurde sicherlich als ausgesprochen positiv bewertet. Das Wissen um die beson­ dere Stellung dreier weiterer Planeten kommt hinzu und vielleicht war auch bekannt, dass die starke Stellung von Sonne und Venus die möglichen negativen Züge von Saturn und Mars aus­ gleichen kann. Wenn zudem Jupiter in den Zwillingen auf den Kaiser bezogen wurde, was wir hier, wenn auch unter großem Vorbehalt, vermuten, sind diese positiven Merkmale natürlich auf eben diesen Herrscher zu beziehen. Alle Hoffnungen auf eine positiv verlaufende Herrschaft 102 Der in diese Miniatur eingetragene Text nennt allerdings 28 Grad Widder! Dies mag ein Schreibfehler sein, da selbst in den modernen Editionen diese Angaben zum Teil leicht differieren, vgl. Eastwood 2007, S. 145, Anm. 79. 103 Macrobius I, 19, 19: »Quod vero fulgorem Iovis humani generi prosperum et salutarem …«, Martianus VIII, 885: »Stella vero Iovis salutaris ad omnia …« 104 Macrobius, Commentarii in somnium Scipionis I, 21, 24­27, Zur Rezeption von Macrobius bei den Karolin­ gern Eastwood 2007, S. 31ff. 105 MGH Epistolae Karolini Aevi, hg. von E.Dümmler, K.Hampe, Berlin 1895–1902, vol. 6, S. 197–201, East­ wood 2007, S. 82ff. Die Aussagen zum Einfluss der Planeten sind fast ein Zitat von Macrobius I, 19, 27. 106 Eastwood 2007, S. 67f., 155ff.; Juste 2004.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

des erst seit zwei Jahren regierenden Ludwig würden damit durch himmlische Zeichen eine Bestätigung erfahren. Dies wäre sicherlich Motivation genug, um jene Planetenstellung in einem ebenso aufwendigen wie neuartigen Bild festzuhalten. Aber es ist es schwer zu entschei­ den, wie die Vorstellung der karolingischen Gelehrten über die Rolle der Planeten wirklich aussah und was diese mit den astrologischen Hinweisen bei Macrobius wirklich anfangen konn­ ten. Doch nicht zuletzt zeigt der erwähnte anonyme Brief, dass man darüber intensiv nachge­ dacht hat. Unabhängig wie die Bewertung dieser Gestirnstellung im einzelnen ausgesehen hat, handelte es sich um ein in jeder Hinsicht neuartiges Ergebnis genauester Himmelsbeobachtung, für das es allen Anlass gab, es dem Herrscher in einem Akt der Huldigung zu präsentieren. Zu­ gleich ließ sich damit auf das Eindrücklichste auch der Sinn und die praktische Anwendbarkeit astronomischen Wissens demonstrieren. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Datierung des Manuskriptes? Es steht zu vermuten, dass man in Aachen die Position der Planeten regelmäßig beobachtet hat, doch stan­ den damals keine Tabellen zur Verfügung, mit denen sich ihre Stellung im vorraus errechnen ließ. Nur der Vollmond vor dem Osterfest ließ sich anhand der Ostertafeln natürlich schon lan­ ge zuvor bestimmen. Von daher muss das im Bild fixierte Datum entweder relativ genau mit der Entstehungszeit übereinstimmen oder es gibt doch zumindest einen Terminus post quem an. Die Besonderheiten der Konstellation sprechen dagegen, dass man zufällig die Planetenstellung zum Zeitpunkt der Fertigstellung oder der Übergabe fixiert hat. Die sicherlich als besonders einzig­ artig und wohl auch als besonders günstig empfundene Gestirnstellung wurde sicher mit Be­ dacht gewählt. Sie dürfte auch der Anlass für die sorgfältige Erarbeitung dieser komplexen Dar­ stellung gewesen sein. So spricht viel für die Annahme, dass die Handschrift nicht lange nach dem 16. 4. 816 vollendet wurde. Dieser Bilderatlas des Sternenhimmels, der wahrscheinlich in den ersten Regierungsjahren Ludwig des Frommen am Aachener Hof erarbeitet wurde, stellt eine höchst eindrucksvolle und sehr eigenständige Leistung dar, die bislang als klassizistische Kopie einer spätantiken Vorlage vollkommen missverstanden wurde. Vielmehr handelt es ich um eine Neuschöpfung, die aus einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Quellen systematisch eine möglichst exakte Wieder­ gabe des Sternenhimmels zu gewinnen sucht und dafür erstmalig auch die antike Bildtradition auswertet. Die prunkvolle Ausstattung mag vor allem durch den Filocalus­Kalender angeregt worden sein, der vermutlich aufgrund seines umfangreichen Bilderschmuckes und der darge­ stellten Herrschaftspersonen als ein kaiserliches Buch angesehen wurde. Wir wissen nicht, wie die antike Germanicus­Handschrift ausgesehen hat, die man in Aachen benutzte. Doch spricht manches dafür, dass auch sie farbige Miniaturen enthielt, wie es eine Reihe von späteren Abschriften zeigt.107 Ähnlich wie man den Text verbesserte und erweiterte, so zog man auch einen zweiten Bilderzyklus zu Rate, der zusammen mit dem Aratus latinus überliefert wurde. Auch für die Positionen der Einzelsterne wertete man zusätzliches Material aus. Die prachtvollen Miniaturen dieses zurecht berühmten Leidener Codex sind also im Zuge einer ausgesprochen beeindru­ ckenden Synthese entstanden und aus den verschiedenen Elementen regelrecht konstruiert wor­ den. Alles erreichbare Material wurde hier zusammengetragen, um eine maßgebliche Vision des Sternenhimmels zu schaffen. 107 Hier ist vor allem auf Madrid, Ms. 19 sowie die eindrückliche Reihe der Renaissancekopien zu verweisen, hierzu Haffner 1997.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

Karl der Große lässt ein an der Praxis orientiertes, komputistischen Handbuch erstellen, das nur eine karge Auflistung der Sternbilder enthält, um auf diese Weise Ordnung in den Wirr­ warr der Zeitberechnung zu bringen und ein grundlegendes Verständnis der Himmelsmechanik zu ermöglichen. Diese knappe, sachliche Zusammenstellung genügte seinem Sohn nicht mehr. Ludwig wählt stattdessen einen einzelnen poetischen Klassikertext, den er sorgfältig ediert und mit einem Prunk ausgestaltet, der sonst den liturgischen Handschriften vorbehalten war. Dieser Text schildert die räumlichen Zusammenhänge und verbindet die einzelnen Sternbilder durch Handlungsmotive, die auf den mythischen Hintergrund anspielen. Er verwandelt den Sternen­ himmel in eine große Erzählung und vermittelt so eine anschauliche Idee von der Größe und Erhabenheit des Kosmos. Das exakte astronomische Wissen aber wird in die Bilder eingearbei­ tet und man geht dabei über die knapp zehn Jahre zuvor in den Libri computi zusammengefassten Kenntnisse deutlich hinaus. Das astronomische Interesse hat sich hier von dem Kontext des Komputus und der Kalenderberechnung abgekoppelt und einen neuen Stellenwert erhalten. Die auch vom Kaiser persönlich praktizierte, wissenschaftliche Beobachtung der Sterne verbindet sich mit dem literarischen Interesse an den Versen eines klassischen Autors. Auf diese Weise er­ schließt sich für den lesenden wie schauenden Nutzer dieser Handschrift ein neuer Zugang zu dem staunenswerten Glanz des Himmelsgebäudes. Die Gestalten der Sternbilder erhalten zu­ mindest ansatzweise ihren antiken Sinn zurück und verweisen zugleich mit ihren exakten Be­ wegungen auf das Gleichmaß von Gottes Schöpfung. Sie werden nach den Worten, welche der Biograph Ludwig dem Frommen in den Mund legte, zu göttlichen Zeichen erhoben, die der Mensch zu entziffern hat. So scheint dieses Buch seiner Zeit regelrecht voraus zu sein und ver­ dankt seine Entstehung ohne Frage dem besonderen intellektuellen Klima des Aachener Hofes sowie dem dort versammelten Potential an Wissen und Gelehrsamkeit. Im Rahmen einer Geschichte der Sternbilderdarstellungen, die wir hier verfolgen und die zugleich als eine Fallstudie zum Bildgebrauch im Mittelalter zu verstehen ist, sind damit gleich zu Anfang zwei Extrempositionen markiert. Neben die Skepsis vor dem heidnischen Bild, die sich zunächst beobachten lässt, tritt mit einem Schlag auch eine tiefe Faszination, die wie die Kehrseite jener Scheu vor dem Bild auftritt. Schließlich ist auch die Angst vor dem Bild immer aus einer Faszination gespeist, die sich gleichsam negativ auswirkt. Sie schlägt hier um in eine Bilddominanz. Aber man steigert nicht allein die Bildwirkung durch eine illusionistische Male­ rei, sondern macht die Bilder zugleich zu einem Träger der wissenschaftlichen Informationen, die der beigefügte Text gar nicht enthält. Die Bilder treten als Wissensspeicher auf! Gesteigertes Bildinteresse und wissenschaftlicher Anspruch scheinen sich dabei gegenseitig zu bedingen. Beides fußt auf einem klassizistischen Respekt vor der antiken Tradition in Wort und Bild. Neben der Poesie ist es jetzt vor allem die Aufgabe der Bilder, die Großartigkeit der göttlichen Schöpfung angemessen zu vermitteln. Sie sollen die göttliche Ordnung hinter dem scheinbaren Chaos erkennbar und die verschlüsselten Zeichen des Schöpfers lesbar machen. Aus diesem Grunde kann die antikische Malweise mit ihrer suggestiven Wirkung, die man zuvor für die Bilder der Evangelisten reserviert hatte, jetzt auf jene heidnischen Gestalten über­ tragen werden und damit auf Bilder, die weder durch die Liturgie oder Theologie noch als his­ torisches Tugendvorbild eine Rechtfertigung besaßen. Erst in diesen Bildern konnte schließlich die Sinnhaftigkeit, welche sich hinter den unregelmäßigen Lichtmustern und ihren schwer zu durchschauenden Bewegungen verbarg, wirklich in Erscheinung treten. Um einen wichtigen Teil von Gottes Schöpfung zu begreifen, bedurfte es demnach der Auseinandersetzung mit

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

jenen heidnischen Gestalten am Sternenhimmel. Die systematische Erschließung dieser antiken Bildüberlieferung konnte offenbar nur unter den besonderen Bedingungen des Hofes mit seinen speziellen, hierarchisch strukturierten Öffentlichkeiten geschehen und bedurfte darüber hinaus wohl auch der katalysatorischen Wirkung eines vom Kaiser zumindest geteilten Interesses. In unmittelbarem Anschluss an diese eindrucksvolle Kartographie des Sternenhimmels, die zugleich auch jene antiken Gestalten erschließt, die sich hinter den Lichtpunkten verbargen, wird jene Bilderreihe auch in die Handbücher des Komputus integriert und damit Teil des Aus­ bildungsbetriebs in den Klöstern. Der Zyklus wird dafür weiter verbessert und vor allen Dingen stark vereinfacht. Um 820 entsteht in Aachen eine Abschrift der Libri computi, welche heute die authentischste Textfassung enthält und uns die am Hof entwickelte Bildfolge überliefert. (Ma­ drid, Ms. 3307) Zwischen die kurzen Textpassagen des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum, die allein Zahl und Verteilung der Einzelsterne in den verschiedenen Konstellationen auf­ listen, sind hier kleine, aber sehr sorgfältig in antikisch illusionistischer Malweise ausgeführte Bilder eingeschoben, die ohne Rahmen vor dem Pergamentgrund stehen. Diese Miniaturen sind zwar durch starken Gebrauch und vieles Kopieren stark abgerieben, zum Teil auch durch einen von späterer, unbeholfener Hand nachgezogenen Kontur entstellt, aber dennoch lässt sich ihre ursprüngliche Qualität noch erkennen. Die Beweglichkeit und Körperlichkeit der verschiedenen Tiere und Wesen ist durchweg in lebendiger Anschaulichkeit gut getroffen. An einigen Stellen haben sich die feine Schattierung und die ausgesprochen differenzierte Kolorierung erhalten. Dieser Zyklus enthält Elemente, die sowohl den Illustrationen des Germanicus wie auch denen des Aratus latinus entstammen. Vor allem aber setzt er, wie einige signifikante Merkmale zeigen, die Darstellungen des Leidener Sternenatlasses voraus. Wir haben es also nicht mit einer Bildfolge zu tun, die aus der Entstehungszeit des Textes stammt, sondern sie wurde offenbar erst um 820 konzipiert. Sie entstand also kurz nach dem ambitionierten Sternenatlas für den Kaiser oder wurde parallel dazu entwickelt. Die Sternbilder werden hier möglichst in frontaler Aus­ richtung gezeigt oder in Leserichtung gewendet. Auch überflüssig erscheinende Details lässt man fort, um einen einheitlichen und möglichst klaren Zyklus zu erhalten. Die Bilder sind von daher deutlich auf die didaktischen Intentionen der Libri computi abgestimmt. Geringfügige Goldspuren, die am Original noch zu erkennen sind, verraten, dass auch hier die Positionen der Sterne eingetragen waren. Sie folgten dabei den Angaben des Textes. So lebten diese Miniaturen einstmals trotz ihres kleinen Formates von dem Gegensatz der illusionistisch wiedergegebenen Gestalten und dem geometrisch abstrakten Muster der Lichtpunkte, welches über den Figuren lag und auch am Nachthimmel wieder zu finden war. So enthielten diese Bil­ der eine Reihe zusätzlicher Informationen und ergänzten den Text in entscheidender Weise. In den Libri computi sind die Elemente des Mythos ebenso ausgeblendet wie jene erzähle­ rischen Passagen, die den besondern Reiz der antiken Verse des Aratos ausmachen, indem sie nicht allein den Zusammenhang zwischen den Sternbildern herstellen, sondern den Figuren auch eine gewisse Lebendigkeit verleihen. Im Aachener Kompendium sollte allein die knappe, präzise Auflistung der Sterne genügen. Ein Jahrzehnt später wird dieses Defizit dann aber mit Bildern aufgefüllt. Nur mit der Eindrücklichkeit dieser gemalten Figuren ließen sich die fremd­ artigen Gestalten dem Gedächtnis der Mönche einprägen. Nur so konnte die verwirrende Viel­ falt der Himmelskörper und deren eigentümliche Bewegungen wirklich begriffen werden. Es klingt wie eine Ironie der Geschichte, aber um Gottes Schöpfung angemessen zu würdigen, bedurften die christlichen Mönche im 9. Jahrhundert der heidnischen, antiken Bilderwelt.

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Taf. 42–45

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Taf. 21–27 399–418

III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

Nur mit ihrer Hilfe ließ sich die so notwendige Orientierung am Sternenhimmel wiedergewin­ nen. Nach den vorhandenen Indizien hat man sich zunächst, als man unter Karl dem Großen am Aachener Hof das theoretische und praktische Wissen für die Kalenderberechnung zusammen­ trug, allein auf Diagramme und eine Auflistung der Sternbilder gestützt und die antiken Bilder, die man in den alten Handschriften fand beiseite gelassen. Erst als für seinem Sohn und Nach­ folger Ludwig diese Bilder zusammen mit den antiken Versen neu erschlossen waren, drang jene Bilderfolge auch in die Handbücher des Komputus ein. Die Präsenz der Bilder hat in einem nächsten Schritt auch ein Interesse am Mythos hervor­ gerufen, der zusätzliche Informationen zu den antiken Gestalten vermitteln konnte. Dies kann eindrucksvoll eine Handschrift belegen, die wohl nach 830 am Aachener Hof entstand und die wie ein Gegenentwurf zu dem beschriebenen Sternenatlas von 816 anmutet. (London, Harl. Ms. 647) Darauf deutet die bibliophile Aufmachung ebenso hin wie das ungewöhnliche quadra­ tische Format, das in der Größe noch einmal gesteigert ist, sowie die Dominanz der nahezu ganzseitigen Bilder. Jeder Konstellation ist eine Seite eingeräumt; unterhalb der Miniaturen stehen die Verse der Phainomena des Aratos in der Übersetzung des jungen Cicero, die nur selten abgeschrieben wurde. Ein Titulus am unteren Rand gibt jeweils den Namen des Sternbildes an. Allerdings sind allein Kopf und Extremitäten der Figuren in einer an antiken Vorbildern geschulten, illusionistischen Deckfarbenmalerei ausgeführt. Den Körper hingegen füllen in leichten Wellenlinien geschriebene Textzeilen, die in der höherwertigen Schrift der Capitalis rustica gehalten sind und denen deshalb ein besonderer Rang zukommt. Es handelt sich um Aus­ züge aus dem zweiten Buch von De Astronomia des römischen Autors Hyginus, in denen die mythologische Bedeutung der einzelnen Figuren erläutert wird. Bild und Mythos sind hier auf das Engste miteinander verzahnt, sie sind gewissermaßen übereinander geblendet. Die Minia­ turen sind damit der Erscheinung des carmen figuratum angeglichen, einer bibliophilen Poesie­ form, die damals am Hof in Aachen sehr beliebt war und als Ausdruck höchster Buchkunst galt.108 So werden hier in eleganter Weise zwei unterschiedliche Texte klassischen Ursprungs in einer Synopse mit der Bildgestalt präsentiert. Es handelt sich um ein intellektuell äußerst an­ spruchvolles Produkt einer höfischen Kultur mit klassizistischem Gepräge, das aber keinesfalls als Kopie einer vermeintlich verlorenen antiken Vorlage missverstanden werden darf. Die klassizistische Grundhaltung und die sehr gesuchte Wahl der Quellen, gepaart mit einem hohen intellektuellen Anspruch ist für eine Reihe von Kunstwerken des Aachener Hofes unter Ludwig dem Frommen charakteristisch. Es hat den Anschein als wäre hier auch ein gewisser Überbietungsgestus zum Tragen gekommen. Die Verse des Aratos in der verbreiteten Fassung des Germanicus genügten jetzt nicht mehr. Sie werden in einer literarisch anspruchsvolleren und wohl für besser gehaltenen Übertragung präsentiert, die zu dem mit dem berühmten Namen des Cice­ ro verbunden war. Außerdem werden diese Verse zum ersten Mal im Umfeld des karolingischen Hofes mit mythographischen Zusatzinformationen versehen. Unmittelbar zuvor hatte auch die Rezeption jener in Prosa abgefassten Erläuterungen (Scholia Basileensia) eingesetzt, die schon in der spätantiken Germanicus­Ausgabe Informationen zu den Mythen sowie zu der Verteilung der Einzelsterne gaben. (Basel, Ms. AN IV 18, Berlin, Ms. Phill. 1830/1832) Die Rezeption der

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Vgl. Ernst 1991, S. 583ff.

3. Die Renaissance der Bilder unter Ludwig dem Frommen (814–840)

Bilder hatte offensichtlich das Interesse an den Mythen erst geweckt. Jetzt befasste man sich auch mit jenen Erzählungen, welche von der Entstehung der Sternbilder berichteten und die den Himmelsgestalten zugleich mit einer Geschichte auch eine Identität gaben. Die Londoner Cicero­ Handschrift ist die klassizistisch höfische Antwort auf dieses gewandelte Interesse. Man konzen­ triert sich hier weiterhin auf Klassiker­Texte und behält zudem den Schwerpunkt auf den anti­ ken Versen bei. Während die Planer des Sternbilderatlasses für Ludwig den Frommen (Leiden, Voss. Lat. Q. 79) um einen detaillierteren Sternenkatalog, also um weiteres astronomisches Wissen be­ müht waren, das in die Bilder integriert wurde, sind es jetzt mythologische Kenntnisse, die ergänzt, aber gleichfalls in die Bilder eingebaut werden. In beiden Fällen sind die Illustrationen Träger von Wissen, das in den antiken Versen nicht enthalten ist. Auch von daher sind der Leidener Ger­ manicus und der Londoner Cicero regelrecht auf einander bezogene Schwesterhandschriften. Eine Reihe von Indizien legen es nahe in Lupus Servatus den Verantwortlichen für das Kon­ zept dieser ungewöhnlichen Handschrift zu sehen, doch ist darüber keine wirkliche Gewissheit zu gewinnen. Lupus Servatus war ein Schüler von Hrabanus Maurus in Fulda und weilte von 836 bis 840 am Hof in Aachen, bevor er dann Abt in seinem Heimatkloster Ferrières wurde. Er hatte ein großes Interesse an Werken Ciceros und aus einem Brief von 847 wissen wir, dass er eine Abschrift der Aratos­Übertragung Ciceros besaß. In jedem Fall ist dieser Codex ein früher Beleg für eine Rezeption oder besser Reaktion auf das außergewöhnliche Konzept des Leidener Ster­ nenatlas. Zugleich bildet er einen höchst eindrücklichen Abschluss jenes so dynamischen und intensiven Bildfindungsprozesses, der am Hof Ludwigs des Frommen den Gestalten des Sternen­ himmels gewidmet war. Unter Ludwig dem Frommen entstehen zumindest drei aufwendig illustrierte Bücher, welche die Sternbilder in Form farbiger Malereien präsentieren. Ikonographisch baut die jeweils spätere auf den vorausgehenden auf. Dies deutet auf ein großes, länger anhaltendes Interesse und ein kon­ tinuierliches Bemühen hin. Von den Bildern der Konstellationen muss eine große Faszination aus­ gegangen sein, die dann auch wieder das Interesse am antiken Mythos weckte und damit alle Warnungen der Kirchenväter in den Wind schlug. Zudem tritt ein Umgang mit Bildzyklen zu Tage, der demjenigen mit Texten ähnelt. In der beständigen Suche nach korrekteren Lesarten suchte man die Fassung von Abschrift zu Abschrift zu verbessern, um zu einer möglichst fehlerfreien und authentischen Ausgabe zu gelangen. Doch lassen sich Bilder nicht so ohne weiteres festlegen und so kann sich eine endgültige, allgemein akzeptierte Fassung offenbar nicht herausbilden. Die un­ terschiedlichen Varianten werden vielmehr in der Art eines kreativen Prozesses immer wieder neu durchgespielt. Kalenderberechnung und wissenschaftliche Neugier spielen dabei ebenso eine Rolle wie humanistische Intentionen und klassizistische Ideale. Im Grunde kann man von einem Dreier­ schritt sprechen, der mit dem geschriebenen Sternenkatalog beginnt, sich in der Übernahme der Bilder steigert und in der Rezeption des Mythos fortsetzt. Die Jahreszahlen von ca. 810 – Zusam­ menstellung der Libri computi –, 816 – Sternenatlas Ludwig des Frommen (Leiden, Voss. lat. Q. 79) – und ca. 830 – erste Abschriften mit den Erläuterungen zum Mythos (Basel, Ms. AN IV 18, London, Ms. Harl. 647) – markieren die schnell aufeinander folgenden Etappen dieses intellektu­ ellen Prozesses, der vom Aachener Hof in alle wichtigen Zentren des Reiches ausstrahlt. Die Bilder in ihren verschiedenen Erscheinungsformen spielen in diesem Zusammenhang ganz unterschied­ liche Rollen. Sie sind Träger astronomischen Wissens und vermitteln zugleich didaktische Anschau­ lichkeit, sie stimulieren ein Interesse, das sich schließlich auch dem Mythos zuwendet, und sie tragen einen intellektuellen Anspruch vor, der immer wieder neu zu einer Auseinandersetzung reizt.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

4. Die Verbreitung der Aachener Bilderreihe

Taf. 74–75 912–919

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Aus der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts hat sich eine Reihe von Bildzyklen erhalten, welche die am Hof geschaffenen Vorbilder mehr oder weniger genau kopieren. In zahlreiche Abschrif­ ten der Libri computi wird jetzt ein Sternbilderzyklus integriert, der jedoch generell sehr viel einfacher ausfällt. Der Aufwand und Prunk der Aachener Handschriften wird an den übrigen Zentren nicht aufgegriffen. Es handelt sich durchweg um kleinformatige Figuren am Seitenrand oder zwischen den Textblöcken, die ohne eine Rahmung und zumeist nur in gezeichneter Form auftreten. Auch die astronomische Präzision der höfischen Vorbilder wird nicht aufrecht erhalten; zuweilen verzichtet man sogar ganz auf die Eintragung der Sternpositionen, da die Bilder offenbar nur als Anhaltspunkt für die figürliche Gestalt der Sternbilder begriffen wurden. Der Nachvollzug der Beschreibungen am nächtlichen Himmel stand sichtlich nicht im Vorder­ grund, sondern es ging vor allem um Propädeutik. Eine Vorstellung von dem Auf bau des Him­ mels ließ sich eben nur über Bilder vermitteln. Die Folge der heidnischen Sternbilder mit ihren Tieren, Mischwesen und Heroen spielte eine wichtige Rolle im Schulbetrieb und war von daher bald in jedem bedeutenden Kloster präsent. Es ist offensichtlich die mnemotechnische und pä­ dagogische Funktion der Bilder, welche diese Verbreitung herbeigeführt hat, die offenbar noch ganz in der Tradition der Bildungsreform Karls des Großen steht. Nur so ist eigentlich auch verständlich, dass die nachlassende Sorgfalt in der Ausführung keinen Anstoß erregte. Mehr oder weniger gleichzeitig mit der Entwicklung einer Bilderreihe für die Libri computi am Aachener Hof, vermutlich ca. 818, lässt auch Erzbischof Arn von Salzburg (785–821) ein astronomisches und komputistisches Handbuch anlegen, dem Sternbilderdarstellungen einge­ fügt werden, die zudem im Charakter der pastosen Deckfarbenmalerei mit ihren illusionis­ tischen Ambitionen den Malstil der Hofwerkstatt imitieren. (Wien, Ms. 387) Arn besaß enge persönliche Beziehungen zum Aachener Hof und war ein Freund Alkuins. Systematisch baute er eine Bibliothek auf, um in Salzburg einen Ausbildungsbetrieb zu initiieren.109 In diesen Zu­ sammenhang gehört wohl auch jenes als Liber calculationis bezeichnete Kompendium, das zwar auf den Libri computi fußt, diese aber um arithmetische Texte und Auszüge aus Bedas De natura rerum erweitert. Den Sternenkatalog, der zweispaltig geschrieben ist, begleiten kleinformatige Illustrationen, die jetzt vor den zugehörigen Textabschnitten stehen. Damit weicht der Zyklus schon in den Grundmerkmalen von den übrigen Versionen der Libri computi ab. Auch in den Einzelheiten der Ikonographie gibt es zahlreiche Unterschiede. Dagegen lassen sich Bezüge zur Tradition des Aratus latinus feststellen, wie sie auch in einer in Saint Denis erstellten Abschrift der Libri computi auftreten. (Rom, Vat. Reg. lat. 309) So muss dieser für Salzburg geschaffene Zyklus unabhän­ gig von der in den folgenden Jahren mehrfach kopierten Hofvorlage (Madrid, Ms. 3307) ent­ standen sein. Die Schattenzonen unter den Figuren sowie ein farbiges Bildfeld bei der Darstellung des Schwans lassen an eine Vorlage mit gerahmten und farbigen Miniaturen denken, wie sie bei Germanicus­Handschriften anzutreffen sind. Mit den gestrichelten Schattenzonen und Höhun­ gen erinnern die Miniaturen im Stil an Werke der Hofschule Ludwig des Frommen, auch wenn sie bei weitem nicht die dort vertretene Qualität erreichen. Im Salzburger Kontext wirkt eine

109

Vgl. jetzt den Tagungsband zu Arn von Salzburg, hg. von Niederkorn­Bruck 2004.

4. Die Verbreitung der Aachener Bilderreihe

derartige Malweise in dieser Zeit vollkommen isoliert. Von daher ist zu überlegen, ob der aus­ führende Maler nicht doch von auswärts, vielleicht sogar aus Aachen kam. In jedem Fall muss er Gelegenheit gehabt haben, entsprechende Bilder genau zu studieren. Der im Auftrag Arns erstellten Handschrift kommt darüber hinaus eine gewisse Pionierrolle zu, weil das zur Verfügung stehende Spektrum an Illustrationen hier markant erweitert wird. Im Unterschied zu den übrigen komputistschen Handbüchern ist hier auch eine Himmelskarte eingefügt, welche die Verteilung der Sternbilder angibt und nach dem Vorbild des Leidener Sternenatlas entworfen wurde. (vgl. München 210, fol. 114r) Das abstrakte Schema der zwölf Winde wird um figürliche Elemente in Form antikisierender Büsten der Windpersonifikationen erweitert. (fol. 140r) Die vorgegebene Ordnung der Winde geht dabei allerdings verloren, so dass sich der Informationsgehalt grundlegend ändert. Statt der an den Himmelsrichtungen aus­ gerichteten Hierarchie der Winde ist es nunmehr ihre körperliche Präsenz, welche dem Leser vermittelt wird. So ist dieser nicht wirklich geglückten Miniatur der experimentelle Charakter noch abzulesen. Bezeichnender Weise ersetzt man auch ein ganzes Textkapitel durch eine Bildseite. Anstelle der Beschreibung altenglischer Monatsnamen, die man in der Abhandlung Bedas vorfand und wohl für entbehrlich hielt, fügt man Darstellungen mit den Personifikationen der einzelnen Monate ein. (fol. 90r) Die Miniatur ordnet den Monaten Figuren mit unterschiedlichen Be­ schäftigungen zu, welche entweder durch die klimatischen Verhältnisse bedingt sind oder die jeweils anstehenden landwirtschaftlichen Tätigkeiten zeigen. Dabei wurde genau darauf geach­ tet, dass diese auch den nordalpinen Wetterbedingungen entsprechen. Die Darstellungen, für die es in der frühmittelalterlichen Malerei – nach dem erhaltenen Material zu urteilen – keinen Vorläufer gibt, sind offenbar, wie zahlreiche Details zeigen, in Kenntnis antiker Bildtraditionen entworfen worden, ohne diese jedoch genau zu kopieren.110 Die Erfahrung von Zeit im zy­ klischen Ablauf des Jahres wird hier also bewusst nicht in einem Text erläutert, sondern in einer Bildfolge anschaulich gemacht, welche mit ihren Einzelmotiven an die Erfahrungen der Leser anzuknüpfen vermag. Die Darstellungen funktionieren damit ähnlich wie Merkbilder in der antiken Gedächtniskunst der Ars memoriae und verweisen so trotz ihrer abbreviaturhaften Struk­ tur auf einen größeren Zusammenhang. Anhand dieser Salzburger Handschrift lässt sich dem­ nach ein deutlich intensiviertes Bildinteresse sowie der verstärkte Einsatz figürlicher Darstel­ lungen beobachten. In Anbetracht dieser Neuerungen und der engen Verbindungen zum Aachener Hof gehörte Erzbischof Arn von Salzburg (785–821) vielleicht sogar zum Kreis derje­ nigen, die damit begannen durch die Antike angeregte Bildentwürfe in die Handbücher zur Kalenderberechung zu integrieren. Doch haben die ambitionierten Bildhandschriften der Hofwerkstatt in diesem Zusammenhang wohl in jedem Fall inspirierend gewirkt. Dies Salzburger Kompendium wurde dann offenbar im bayrischen Raum weiter verbreitet. Es hat sich eine sehr genaue Kopie erhalten, die zudem recht präzise auf das Jahr 818 datiert werden kann. (München, Ms. Clm 210) Sie ist wohl von Anfang an für das bedeutende Kloster St. Emmeran in Regensburg bestimmt gewesen. Einige Indizien deuten aber darauf hin, dass die beiden Handschriften trotz aller Übereinstimmungen nicht unmittelbar voneinander abhängen, 110 Zu diesen Monatsbildern Bergmann 2007, Blume 2009, S. 527, 540f. Zwei Monatsgedichte der Carmina Salisburgensia, die verwandte Motive beschreiben, sind vermutlich von diesen Bildern inspiriert worden, Edition bei Dümmler 1884, Bd. 2 Nr. XVI, XVII.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

sondern eher auf eine gemeinsame Vorlage zurückgehen. Die Miniaturen des Codex aus St. Em­ meran sind von deutlich geringerer Qualität und weisen eine Reihe von Missverständnissen auf. Dies stützt wiederum die Vermutung, dass die bemerkenswerten Bilder der Wiener Handschrift nicht allein auf Salzburger Kräfte zurückgehen. Der Kölner Erzbischof Hildebald (vor 787–818) ließ bereits 805 ein umfangreiches Handbuch zusammenstellen, das die Aratea in der Fassung der Recensio interpolata enthält. (Köln, Ms. 83 II) Dazu kommt eine bemerkenswerte Folge ganzseitiger Diagramme, die kaum von Texten be­ gleitet sind und auf über zehn Seiten die Grundlagen der Kalenderwissenschaft veranschau­ lichen.111 (fol. 79v–85v) Das Konzept dieses Kompendiums ist dem der Libri computi also sehr verwandt, was auch nicht verwundert, da Hildebald seit 791 zugleich als Archikapellan am Aa­ chener Hof tätig war. Die Himmelsbeschreibung dieser Handschrift enthält Lücken für Bilder, die offenbar aber erst zu einem späteren Zeitpunkt gefüllt wurden. Nur einige wenige Stern­ bilder sind als sorgfältige Deckenfarbenmalerei in einem an der Antike orientierten, illusionis­ tischen Stil ausgeführt worden. Der Rest des Zyklus wurde sehr viel später in einer flüchtigen Tintenzeichnung vollendet. Die Farbigkeit der Miniaturen differiert nun aber auffällig von der­ jenigen der Initialen, die auf den gleichen Seiten stehen. Die Ikonographie der Darstellungen un­ terscheidet sich zudem erheblich von der mit diesem Text ansonsten verbundenen Bilderreihe (vgl. Paris, 12957, St. Gallen, Ms. 902). Dagegen ergeben sich Anknüpfungspunkte mit den Illustra­ tionen der Aachener Libri computi und des Salzburger Liber calculationis. (Wien, Ms. 387) Stilistisch sind diese Miniaturen um 805 vollkommen isoliert und wirken im Vergleich mit den Hand­ schriften der Aachener Hofschule zu früh angesetzt. Dies führt zu der Vermutung, dass der Bildzyklus 805 aus welchen Gründen auch immer nicht ausgeführt und erst nachträglich, um 820, nach einer anderen Vorlage die Erstellung der Bilder in Angriff genommen wurde. Hier kann die Ausstattung des Liber calculationis durchaus als Vorbild gewirkt haben, da zwischen Arn von Salzburg und Hildebald enge Kontakte bestanden. Doch wurde auch dieses Unterfangen bereits nach kurzer Zeit wieder abgebrochen. Dies ist vielleicht auch als Indiz dafür zu werten, dass Maler mit derartigen Fähigkeiten damals nicht so ohne weiteres zur Verfügung standen. Mit einer solchen Entstehungsgeschichte lässt sich auch das eindrückliche Bild der zum Himmel weisenden Personifikation des Mondes besser verstehen, das den Zyklus einleitet und im Grunde nur als eine ad hoc gemachte Bilderfindung des Malers zu verstehen ist. Ein einge­ ritzter großer Kreis weist darauf hin, dass zunächst daran gedacht war, hier einen Himmelglobus darzustellen, wie ihn die übrigen Abschriften der Recensio interpolata an dieser Stelle aufweisen. (vgl. Paris, BN 12957, fol. 63v) Als man um 820 daran ging die Bilder auszuführen, arbeitete man nach einer anderen Vorlage, die eine derartige Illustration nicht enthielt. Um die Lücke zu füllen, bezog sich der Maler auf den vorangehenden Text, der zuletzt vom Mond handelt. Da er jedoch aus der Erinnerung arbeitete glich er die Personifikation einer ihm vertrauten Engelsge­ stalt an und ließ alle Attribute außer der großen Mondsichel fort. Auch wählte er statt der Rin­ der ein helles und ein dunkles Pferd als Zugtiere, die auf die so unterschiedlichen Erscheinungs­ weisen des Mondes verweisen können. So schuf er eine eindrückliche Vergegenwärtigung des hellsten Nachtgestirns, die als Einleitungsbild durchaus Sinn macht. 111 Wenige Jahre zuvor hatte man in Fulda eine vergleichbare, aber keineswegs identische Folge angelegt, die in der Sorgfalt der Ausführung jedoch nicht das Niveau der Kölner Darstellungen erreicht; Basel, Universitätsbiblio­ thek, Ms. F III 15a, fol. 18v–23r, Obrist 2001; Blume 2009, S. 523, 541f.

4. Die Verbreitung der Aachener Bilderreihe

Die nachträgliche Ausführung farbiger Illustrationen wurde möglicherweise auch durch die Initiative des Arn von Salzburg angeregt, der mit Hildebald von Köln in einem engen, freund­ schaftlichen Austausch stand. Im erhaltenen Material ergibt sich damit der interessante Befund, dass sich farbige, in illusionistischer Malerei ausgeführte Miniaturen der Sternbilder ausschließ­ lich in Handschriften des Aachener Hofes finden sowie in Abschriften, welche von Personen in Auftrag gegeben wurden, die in engem persönlichen Kontakt zu eben diesem Hof standen. Auf die aufwendigen und damit auch teuren Deckfarben hat man in den Klöstern ansonsten ver­ zichtet, da der Informationswert schließlich auch mit einfachen Zeichnungen zu vermitteln war. Unmittelbar einsichtig wird dies bei jener Ausgabe des Germanicus die Hrabanus Maurus (780–856) zwischen 820 und 830 für sein Kloster in Fulda erstellen ließ. (Basel, Ms. AN IV 18) Fulda war damals ein wichtiges geistiges Zentrum mit bedeutendem Ausbildungsbetrieb. Hra­ banus hatte Kontakt zu Ludwig dem Frommen und dem Aachener Hof. Vermutlich konnte er deshalb den gleichen spätantiken Germanicus­Codex benutzen, der auch für den Leidener Ster­ nenatlas (Leiden, Voss. lat. Q. 79) als Vorlage gedient hatte. Doch das Konzept der Fuldaer Hand­ schrift unterscheidet sich ganz grundsätzlich von jener höfischen Prunkausgabe. So werden hier die antiken Verse zusammen mit den in Prosa verfassten Erläuterungen zur Mythologie und der Verteilung der Einzelsterne abgeschrieben, welche bereits in der Antike die Verse des Germani­ cus begleiteten und die nach diesem Codex heute als Scholia Basileensia bezeichnet werden. Die Bilder sind als einfache, zuweilen auch ein wenig unbeholfene Federzeichnungen zwi­ schen die Textblöcke eingeschoben und unmittelbar auf das Pergament aufgetragen. Verschie­ dentlich werden sie durch eine schlichte Rahmenlinie begrenzt. In den Einzelheiten halten sie sich aber sehr genau an das antike Vorbild. Die Farbenpracht der Vorlage ist aber konsequent vermieden worden. Man übernimmt zudem nur die Darstellungen der Sternbilder, da nur diese für das Erlernen der Kalenderwissenschaft relevant sind. Alle übrigen Illustrationen hielt man wohl für überflüssig und ließ sie fort. Die eher kleinformatige Handschrift ist ganz auf den di­ daktischen Nutzen hin orientiert. Von daher dürften die kommentierenden Scholien auch wichtiger gewesen sein als die poetischen Verse. Die Positionen der Einzelsterne hat man gemäß den Angaben des Sternenkatalogs gewissenhaft mit Hilfe roter Kreuze markiert. Man ist also eher von dem beschreibenden Text ausgegangen als von der bildlichen Anschauung. Hrabanus selbst hat in einem von ihm gegen 820 verfassten Traktat zur Zeitrechnung aus den hier abge­ schriebenen Prosaerläuterungen zitiert. Er hat dabei auf die Aratea als sinnvolles Hilfsmittel verwiesen, anhand der die verschiedenen Sternbilder zu erlernen seien, die einem in der Nacht Orientierung sowie Zeitbestimmung erlauben. Genau diesem Zweck dürfte die Baseler Hand­ schrift auch im Fuldaer Kloster gedient haben. Doch verbindet der gelehrte Abt diesen Hinweis auf den Nutzen der antiken Sternbilder zugleich mit einer deutlichen Warnung vor jenen frevel­ haften Wesen, welche die Heiden in ihrer Torheit in den Sternen gesehen hätten.112 Hrabanus Maurus hat sich in anderen Schriften auch generell skeptisch über die Fähigkeiten von Bildern geäußert, da sie seiner Meinung nach eher vom Wesentlichen ablenken und eine Wahrheit nicht auf Dauer vermitteln könnten.113 Deshalb verwundert es nicht, dass er sich bei der Abschrift des Germanicus auf schlichte Zeichnungen beschränkte. Doch ist es um so bemerkenswerter, dass 112 113

Hrabanus Maurus, De Computo, cap. LI, Dell’Era 1979/III, S. 300f.; s. o. Kap. III, 2. S. o. Kap. III, 2; vgl. insbesondere Carmina 38, Appleby 2002, S. 99f.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

er dennoch glaubte auf eine bildliche Wiedergabe der Konstellationen nicht verzichten zu kön­ nen. Die antike Bilderreihe wird inzwischen offenbar als unabdingbarer Bestandteil des klöster­ lichen Ausbildungsbetriebes angesehen. Im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts setzt eine Folge von Kopien der Aachener Libri computi ein, welche die Austrahlung der höfischen Bemühungen belegen. Nach dem überlieferten Material zu urteilen, bleibt diese Wirkung aber auf das Kerngebiet des Reiches beschränkt. Reims oder von hier beeinflusste Skriptorien bilden dabei im erhaltenen Handschriftenbestand einen deutlichen Schwerpunkt aus. Generell unterlässt man die farbige Ausgestaltung der Bilder und zeigt die Konstellationen nur als einfache Federzeichnungen. Auch auf die Wiedergabe der Sternpositionen wird häufig verzichtet. So ging es bei diesen Darstellungen vor allem um didak­ tische Anschaulichkeit und mnemotechnische Funktionen. Es haben sich drei Beispiele erhalten, die in ihrer Textgestalt sowie der Ikonographie sehr genau dem höfischen Vorbild folgen. In der Umgebung von Reims entstand nach 827 eine voll­ ständige Abschrift der Libri computi, die auch die Bilder als ausgesprochen lebendige Zeichnungen in brauner Tinte ohne jegliche Abweichungen reproduziert. (Rom, Vat. lat. 645) Im unmittel­ baren Anschluss an die Serie der Konstellationen findet sich eine ganzseitige Darstellung der zwölf Winde, die mit antiken Gestaltungsmitteln, die ungeheure Kraft dieser Naturkräfte vor­ zuführen sucht. (fol. 66r) Hier lässt sich im Rahmen des Komputus also ein ähnliches, kosmolo­ gisch orientiertes Interesse fassen, wie es auch im Liber calculationis des Arn von Salzburg (Wien, Ms. 387) begegnet. Die Windpersonifikationen in ihren langen, faltenreichen Gewändern anti­ ken Typs tanzen hier einen regelrechten Reigen um das zentrale Kreisfeld herum, das durch den thronenden Adam sowie Pflanzen und Tiere als irdischer Bereich ausgewiesen ist. Die Haupt­ winde sind dabei durch Flügel ausgezeichnet und dominieren als engelsgleiche Gestalten die kleine Welt des Menschen mit ihren mächtigen Blashörnern. Die Darstellung der Winde hat sich in ein dramatisches Geschehen von kosmischem Zuschnitt verwandelt.114 Für ein Kloster am Niederrhein, also in großer regionaler Nähe zu Aachen, fertigte man eine Kopie an, die bis in die Verteilung der Bilder genau der Madrider Handschrift entspricht. (Monza, Ms. 6B­117, vgl. Madrid, Ms. 3307) Die lavierten Zeichnungen sind hier sehr sorgfäl­ tiger ausgeführt worden. Sehr viel einfacher hingegen sind die Zeichnungen in einer wohl um die Mitte des 9. Jahr­ hunderts für die Kathedrale von Laon erstellten Sammelhandschrift, die den Sternenkatalog der Libri computi enthält. (Berlin, Ms. Phill. 1830/1832) Den Bildern hat man hier deutlich weniger Platz eingeräumt, folgt aber in den Einzelheiten der Ikonographie ebenso wie in dem einspal­ tigen Lay­out dem höfischen Vorbild. Zur gleichen Zeit entstand in diesem Skriptorium auch eine Ausgabe des Germanicus zusammen mit den Scholia Basileensia. Der ausführliche Bilderzy­ klus, der zu diesem Text gehört, wurde aber nicht übernommen, da die vereinfachte Bilderreihe der Libri computi den Ansprüchen anscheinend vollauf genügte. Man fügte aber eine extrem großformatige Himmelskarte ein, die über eine gesamte Doppelseite reicht. (heute fol. 11v/12r) In die neben der Kreisform verbleibenden Zwickel sind zusätzlich zwei große Figuren von As­ tronomen gezeichnet, die mit ausgestreckten Armen auf die Büsten von Sol und Luna verwei­ sen. Diese ehrwürdigen Sternbeobachter gleichen Prophetengestalten und sind wohl auch als

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Vgl. hierzu Blume 2006, S. 228f.

5. Die Aratos-Tradition in den westfränkischen Klöstern

Identifikationsfiguren gemeint. Darin kommt ohne Frage auch eine hohe Wertschätzung der Sternenkunde zum Ausdruck. Auch nach der Jahrhundertmitte setzte sich die Verbreitung der Libri computi fort. Im Kloster Saint Denis entstand 860 eine Kopie, die mit sehr sorgfältigen und relativ großformatigen Zeichnungen versehen wurde. (Rom, Ms. Vat. Reg. lat. 309) Die Bilder sind hier zusätzlich mit grüner und brauner Farbe laviert, so dass sich ein sehr viel plastischerer Eindruck ergibt, der ein wenig an die Deckfarbenminiaturen der Hofexemplare erinnert. Auch hat man die Sternpositi­ onen gewissenhaft und gut sichtbar eingetragen. Etwa zur gleichen Zeit wurden in einem am­ bitionierten Skriptorium Lotharingiens, möglicher Weise in Reims, umfangreiche Auszüge aus den Libri computi zusammengestellt, die aber mit einem anderen Sternkatalog kombiniert wur­ den, dem man jedoch die Aachener Bilderreihe hinzufügte. (Freiburg, Ms. 35) Die Zeichnun­ gen sind von außerordentlicher Qualität und sehr souverän schattiert. Der Zyklus blieb unvoll­ endet und vielleicht fehlen deshalb auch die Eintragungen der Sternpositionen. Eine beachtliche Zahl von Handschriften belegt die Resonanz, welche die Bemühungen des Hofes an den Bischofssitzen und Klöstern des Reiches gefunden hat. Im Kerngebiet des Reiches war die in Aachen entwickelte Bilderreihe bald allenthalben präsent. Der Zuschnitt der Codices und die spezifische Zusammenstellung im Einzelnen weist allerdings immer wieder Variationen auf. Je nach spezifischer Interessenslage wird mit den Bildern ein größerer oder kleinerer Auf­ wand getrieben. Aber ohne den Zyklus der Konstellationen kommt jetzt keines der einschlä­ gigen Lehrkompendien mehr aus. Die Farbenpracht der höfischen Vorbilder aber wird durch­ weg vermieden. Zumeist sind es einfache Zeichnungen, welche das Aussehen der antiken Himmelsgestalten vermitteln. So ist das didaktische Anliegen diesen Bildern deutlich abzulesen.

5. Die Aratos-Tradition in den westfränkischen Klöstern Unabhängig und parallel zu den in Aachen erarbeiteten Zyklen existiert aber noch eine weitere Tradition, die offenbar von dem wichtigen nordfranzösischen Kloster Corbie ausgeht und im wesentlichen im westfränkischen Bereich beheimatet ist. Corbie unterhielt enge Beziehungen zum Aachener Hof und ist für eine große Zahl von Abschriften klassischer Autoren bekannt. Ein Schlaglicht auf die intellektuelle Kultur dieses Klosters wirft jenes Florilegium, das der Mönch Hadoard dort um die Mitte des 9. Jahrhunderts zusammentrug. Es wertet vor allem die Schriften Ciceros aus, die aber zugleich subtil christia­ nisiert werden, und fügt Auszüge aus Martianus Cappella und Macrobius sowie wenige Passa­ gen von Augustinus hinzu, der als einziger christlicher Autor in diese Sammlung aufgenommen wird. Abschnitte aus der Timaeus­Übertragung des Cicero erläutern hier gemeinsam mit Zita­ ten aus der ebenfalls von Cicero verfassten Schrift De natura deorum den kosmologischen Auf bau des Himmels. In einem umfangreichen Eingangsgedicht hält es Hadoard dann aber für nötig, sich wortreich gegen den Vorwurf der Häresie zu verwahren.115 Schon im 8. Jahrhundert übertrug man in Corbie eine griechische Ausgabe der Phainomena des Aratos ins Lateinische (Aratus latinus) und exzerpierte daraus den Sternenkatalog De signis

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Ganz 1990, S. 92ff.; Somfai 2002, S. 6. Zu Corbie vgl. Ganz 1990, passim.

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

coeli, der auch ein kurzes Kapitel zu den Planeten enthält. Am Ende des 8. Jahrhunderts entwi­ ckelte man am gleichen Ort aus diesem Material und einigen Ergänzungen eine eigene Him­ melsbeschreibung, die sogenannte Recensio interpolata (auch Scholia Sangermansia). Beide Texte werden von einer sehr verwandten Bilderreihe begleitet, die offensichtlich auf die in diesem Kloster vorhandene griechische Vorlage zurückgeht. Doch hat man diese Illustrationen allem Anschein nach erst im Verlaufe des 9. Jahrhunderts auch in die Abschriften übertragen.116 Dies geschieht damit parallel zu den Unternehmungen des Aachener Hofes und dürfte auch von dort aus mit angeregt worden sein. Der Abt von Corbie, Adalhard, nahm 809 an jenem berühmten Symposium in Aachen teil, nach dessen ergebnislosem Ende die Kompilation der Libri computi begann. Auffällig ist aber, dass in dieser westfränkischen Tradition allein gezeichnete Darstel­ lungen ohne Rahmungen auftreten und dass zumeist die Angabe der Sternpositionen fehlt. So begleiten diese Bilder nicht nur einen anderen Text, sondern haben auch von vorneherein einen anderen Charakter. Von dem Kloster Corbie geht also ein unabhängiger Überlieferungsstrang aus, hinter dem eine griechische Aratos­Handschrift steht. Dies war neben der spätantiken Ger­ manicus­Ausgabe, die man in Aachen zur Verfügung hatte, die zweite Quelle, aus der die karo­ lingischen Gelehrten die Bildwelt der antiken Astronomie gewinnen konnten. Weiteres Vorla­ genmaterial hat ihnen nach allem, was wir wissen, nicht vorgelegen. Aus Corbie stammt auch das älteste erhaltene Beispiel dieser Tradition, das wohl noch in die erste Hälfte des 9. Jahrhundert zu datieren ist. (Paris, BN 12957) Die Himmelsbeschreibung der Recensio interpolata steht hier überraschender Weise im Zusammenhang mit Schriften zur Gram­ matik und Logik; sie vertritt also die Astronomie im Rahmen des antiken Wissenschaftskanons der Artes liberales. Dies weist darauf hin, dass die Astronomie mittlerweile ein fester Bestandteil des Ausbildungsbetriebes in den Klöstern geworden war. Der Bildzyklus folgt recht genau den vermutlich ebenfalls nur gezeichneten Illustrationen des griechischen Aratos­Codex in Corbie. Das geht aus der Auswahl der Darstellungen sowie aus zahlreichen Details der Gewänder und anderer Ausstattungsstücke hervor. Das Aussehen der verlorenen Vorlage lässt sich allerdings nur indirekt erschließen. Die genaueste Vorstellung vermitteln byzantinische Zeichnungen des 14. Jahrhunderts.117 (Rom, Vat. Gr. 1087) Noch vom Ende des 9. Jahrhunderts sind in einer Handschrift aus dem Umkreis von Corbie einfache, beinahe skizzenhafte Zeichnungen erhal­ ten, die Einzelheiten aufweisen, die nur auf jene griechische Vorlage zurückgehen können. (Amiens, Ms. 222) Deshalb muss dieser wichtige und vermutlich ebenfalls spätantike Codex zumindest bis in die Jahre um 900 noch in Corbie verfügbar gewesen sein. Der Zyklus der Konstellationen wird in den Illustrationen der Recensio interpolata noch durch eine Reihe weiterer Bilder ergänzt. So ist den einleitenden Kapiteln eine kartographische Wie­ dergabe des Himmels beigefügt (fol. 60v–61r), die aber in zwei Hemisphaeren aufgeteilt ist und so die Lage der einzelnen Sternbilder sehr viel präziser angibt als die Pol­zentrierte Planisphaere, die in den Germanicus­Handschriften anzutreffen ist. Zu den Besonderheiten gehört auch die Darstellung eines Himmelsglobus, der in einem von reich verzierten Säulen getragenen Gestell schräg aufgehängt und mit Hilfe einer Kurbel zu bewegen war. (fol. 63v) Sie begleitet einen Text, in dem der Verlauf der Fundamentalkreise erläutert wird, die aber in der Illustration nicht 116 S. o. Kap. III, 1. 117 Rom, Bibl. Vat. gr. 1087, vgl. Haffner 1997, S. 28. Diese Handschrift wird im zweiten Teil 1200 –1500 aus­ führlich besprochen.

5. Die Aratos-Tradition in den westfränkischen Klöstern

wiedergegeben sind. Dieses Bild fehlt in der byzantinischen Kopie des 14. Jahrhunderts, doch legen die konstruktiven Einzelheiten auch hier ein antikes Vorbild nahe. Den Mönchen wurde damit ein praktisches Hilfsmittel der antiken Astronomie vor Augen geführt, das hier wohl nur deshalb wiedergegeben wird, weil es zugleich die gleichmäßige und beständige Drehung des Firmaments verdeutlichen konnte. Erst im 10. Jahrhundert hat man dann derartige Instrumente auch wieder gebaut und es ist gut möglich, dass derartige Zeichnungen dabei anregend gewirkt haben.118 An die Reihe der Sternbilder schließt neben den Büstenbildern der Planeten auch eine groß­ formatige Darstellung an, welche die beiden Luminaria Sol und Luna gleichsam wie ein Herr­ scherpaar im Rund des Tierkreises präsentiert. (fol. 72r) Ihre Wanderung entlang des Zodiakus, die für den irdischen Zeitenlauf von so entscheidender Bedeutung ist, wird damit in einem eige­ nen Bild vorgeführt, das auch ihre besondere Macht anschaulich werden lässt. Zwei aufgrund des größeren Figurenmaßstabs geradezu monumental wirkende Medaillons zeigen Sonne und Mond noch einmal in ihren jeweiligen Gespannen und in eindrucksvoller Frontalansicht. (fol. 73r, 74r) Diese über die Auflistung der Konstellationen hinausgehenden Bilder sichern dem Zyklus dann in den folgenden Jahrhunderten seine besondere Attraktivität. Eine weitgehend identische Bildfolge ist noch in einer weiteren westfränkischen Hand­ schrift des 9. Jahrhunderts anzutreffen. (Dresden, Ms. Dc. 183) Auch dieser Codex ist nicht auf den Komputus ausgerichtet, sondern er versammelt ausschließlich Texte zur Himmelskunde. So enthält er neben der Recensio interpolata noch die Abhandlung des Hyginus, Teile der Phainomena in der Fassung des Cicero sowie den Aachener Sternenkatalog De ordine ac positione stellarum. Von daher dürfte es sich um ein zusammenfassendes Lehrbuch zur Astronomie gehandelt haben, das vor allem dem Studium dieser Wissenschaft gedient hat. Die Recensio interpolata mit ihrer ausführlichen Folge von Illustrationen fand allerdings auch in komputistisch ausgerichteten Zusammenhängen Verwendung. Um die Mitte des 9. Jahrhun­ derts hat man sie in ein entsprechendes Handbuch für das schweizerische Kloster Sankt Gallen aufgenommen. (St. Gallen, Ms. 902) An dieser Kopie aus dem Bodenseeraum wird zugleich auch deutlich, wie schnell sich jene in Corbie entwickelte Himmelsbeschreibung verbreitete und dass sie auch überregional zur Verfügung stand. Bis nach Süd­Italien wird die Bilderreihe aus dem nordfranzösischen Kloster weitergereicht, denn in einer komputistischen Sammelhand­ schrift, die am Ende des 9. Jahrhunderts in Montecassino entstand, begleitet sie den Sternenka­ talog De signis coeli. (Montecassino, Ms. 3) Allerdings werden hier nur die Einzelbilder der Kon­ stellationen übernommen, die übrigen Bilder fehlen. Ähnlich wie in den Aachener Libri computi beschränkt man sich damit auf jene Bilder, die auch für den Komputus Relevanz haben. Da sich diese süditalienischen Zeichnungen besonders eng an jene Fassung aus St. Gallen anlehnen, schei­ nen hier gewissermaßen Wegmarken einer europaweiten Vermittlung auf, welche schlaglichtar­ tig den weit ausgreifenden Austausch zwischen den Klöstern belegen. Zugleich tritt das Kloster von Corbie als ein weiteres Zentrum der Wissensvermittlung neben den Aachener Hof und es ist schwer zu entscheiden, von welcher Seite die intensiveren Impulse ausgegangen sind. Man muss wohl eher an ein sich gegenseitig befruchtendes Zusammenspiel denken. Die aus Corbie stammenden Texte und Bilder konnten die sich weiter entwickelnden Interessen, die auf das

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III. Bild und Komputus in karolingischer Zeit

Quadrivium und kosmologische Fragen abzielten, langfristig besser bedienen. So wächst ihnen in den folgenden Jahrhunderten eine größere Verbreitung zu. Doch hat man immer wieder auch versucht Aspekte beider Traditionen in einer gemeinsamen Version zu verknüpfen. Schon am Anfang des 9. Jahrhunderts hat man diesen Zyklus umgearbeitet und in andere Zusammenhänge eingepasst. Noch vor 830 entstand eine äußerst umfangreiche Sammlung zur Kalenderberechnung, welche grundlegende Werke Isidors mit komputistischen Texten und dem Sternenkatalog De signis coeli verband. (Laon, Ms. 422) Der figürlichen Ausgestaltung der abstrakten Diagramme hat man sich hier mit besonderer Aufmerksamkeit gewidmet. So treten die Winde als nackte Muskelgestalten auf, die in ihrer voluminösen Körperlichkeit die unge­ heure Kraft jener Naturkräfte vorführen. (fol. 5v) Sie sind zudem farblich entsprechend den Himmelsrichtungen differenziert, wodurch auf ihre unterschiedlichen Eigenschaften (qualitates) hingewiesen ist. Ganz ähnlich werden auch die Jahreszeiten personifiziert. (fol. 6v) Die nackten, wohl als weiblich verstandenen Gestalten strecken sich gegenseitig ihre Arme entgegen und veranschaulichen so den immerwährenden Kreislauf des Jahres. Auffällig ist die farbige Gestal­ tung, die Sommer und Winter kontrastiert und die Übergangsjahreszeiten in vermittelnder Zweifarbigkeit vorführt. Auch hier ist es die in geradezu karikaturhaft überzogener Weise zur Schau gestellte Präsenz des Körpers, welche die prägende Macht des personifizierten Begriffes dem Betrachter vor Augen führt. Ganz gezielt hat man hier mit Hilfe antiker Formeln der Kör­ perdarstellung neue bildliche Darstellungsmöglichkeiten entwickelt, um eine angemessene Vor­ stellung von den Naturkräften geben zu können.119 Der Sternenkatalog ist in diesem Kompendium gleichfalls mit farbig lavierten Zeichnungen illustriert, doch zeigt er nur die Einzelbilder der Konstellationen. Zusätzlich sind aber nach den Angaben im Text die Sternpositionen durch rote Punkte markiert. Ansonsten hat man den Zyklus sichtlich vereinfacht, indem man überflüssig erscheinende Attribute fortließ und die Figuren nach Möglichkeit in die Vorderansicht drehte oder in Leserichtung ausrichtete. Somit wird die Bilderreihe in ähnlicher Weise verändert, wie dies auch am Aachener Hof erfolgte, als man dort entsprechende Illustrationen in die Libri computi übertrug. Für die Handbücher des Komputus hielt man offenbar im Hinblick auf die didaktische Nutzanwendung eine möglichst klare, ver­ einfachte Folge der Konstellationen für angebracht. In einer wenige Jahrzehnte jüngeren Hand­ schrift mit verwandter Textzusammenstellung findet sich der gleiche Zyklus, der ebenfalls die Sternpositionen sowie eine farbige Gestaltung aufweist. (Rouen, Ms. 26) Geringfügige Unter­ schiede lassen an eine gemeinsame Vorlage für beide Bildfolgen denken. So war vermutlich di­ ese Fassung in Nordfrankreich noch häufiger anzutreffen und wurde dort mit Handbüchern des Komputus verbunden, die vergleichbar mit dem Kölner Codex für Erzbischof Hildebald (Köln, Ms. 83 II) wie Parallelunternehmungen zu den Aachener Libri computi wirken, ohne jedoch de­ ren verbindliche Systematik zu erreichen. Ab der Mitte des 9. Jahrhunderts sind immer häufiger Bilderzyklen anzutreffen, die Merk­ male der beiden, bis dahin unabhängig voneinander tradierten Reihen zu verbinden suchen. Offenbar ist die Kenntnis beider Versionen mit Hilfe zahlreicher Kopien inzwischen so weit verbreitet, dass an den unterschiedlichsten Zentren Bemühungen um eine Synthese möglich sind, um so zu einem weiter verbesserten Zyklus zu gelangen.

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Blume 2006, S. 228f.

5. Die Aratos-Tradition in den westfränkischen Klöstern

Die 860 in Saint Denis erstellte Abschrift der Libri computi (Rom, Vat. Reg. lat. 309) besitzt zwar Bilder, welche sich im wesentlichen an der bekannten Reihe des Aachener Hofexemplars (Madrid, Ms. 3307) orientieren, doch gibt es eine ganze Reihe von Abweichungen, die zeigen, dass man sich auch mit den Zeichnungen, die von Corbie aus mit den Texten der Recensio interpolata verbreitet wurden, auseinandergesetzt hat. Zur gleichen Zeit wurde im Reimser Raum bei einer anderen Ausgabe der knappe Sternkatalog durch die etwas ausführlichere Version De signis coeli ersetzt. (Freiburg, Ms. 35) Doch die zugehörigen Zeichnungen folgen bis auf wenige Elemente der Fassung aus Aachen. Man tauschte also nur den Sternenkatalog, aber nicht die Bilderreihe aus, korrigierte aber einige Darstellungen wie Herkules, Andromeda und Orion anhand der anderen Tradition. Am weitesten geht in dieser Hinsicht eine Handschrift, die möglicherweise in Tours ent­ stand. (Paris, Ms. n. a. l. 1614) Der nur fragmentarisch überlieferte Codex enthält Texte zur Arith­ metik sowie zur Astronomie und diente von daher wohl in erster Linie dem Studium der Artes liberales. Hier finden sich beide Sternkataloge (Recensio interpolata und De ordine ac positione stellarum), die auch beide mit einfachen, äußerst anspruchslosen Zeichnungen illustriert sind. So sind hier in einem Buch beide Überlieferungen präsent und können unmittelbar miteinander ver­ glichen werden. Bei einzelnen Sternbildern wie bei Herkules oder den Zwillingen treten aber Verschleifungen auf, die zusammen mit stilistischen Unterschieden auf einen zeitlich leicht ver­ setzten Entstehungsprozess hindeuten. Bis kurz nach der Mitte des 9. Jahrhunderts lässt sich eine intensive Produktion bebilderter Komputus­Handschriften in den verschiedenen klösterlichen Zentren beobachten. Mit Abstand die meisten Handschriften sind aus dem Rheinland und Frankreich, also aus den Kerngebieten des Reiches erhalten. Deutlich kann man dabei zwei unterschiedliche Traditionsstränge unter­ scheiden, die erst gegen Ende dieser Zeitspanne einige Male miteinander verbunden werden. Im Rheinland sowie dem östlichen Frankreich dominieren unangefochten die am Aachener Hof konzipierten Libri computi mit ihrer von überflüssigen Elementen gereinigten, klar struktu­ rierten Bilderreihe. Weiter im Westen hingegen wird von Corbie aus eine andere Zusammen­ stellung von Texten und Bildern verbreitet, die in manchen Punkten detaillierter ist und zudem eine Reihe von Überblicksdarstellungen enthält. Sie wird an den französischen Zentren häu­ figer auch in rein astronomisch ausgerichtete Codices übernommen, die wohl in erster Linie für das Studium der Artes liberales gedacht waren. (Paris, BN 12957, Paris, Ms. n. a. l. 1614, Dresden, Ms. Dc. 183) Über die Kommunikationsstrukturen der Klöster strahlt diese Illustrationsfolge bis in den Bodenseeraum und nach Italien aus. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts tritt dann allerdings eine Art Stillstand ein. Bis weit in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts sind vergleichbare Handschriften kaum überliefert. Für knapp hundert Jahre scheint die Herstellung komputistischer Bilderzyklen nahezu zum Er­ liegen gekommen sein. Offenbar waren die meisten Ausbildungszentren jetzt mit entspre­ chenden Büchern versorgt, so dass die Weitergabe komputistischen Wissens gewährleistet war. Anscheinend war man auch mit dem erreichten Kenntnisstand durchaus zufrieden. Die von Karl dem Großen initiierte Bildungsreform hätte demnach innerhalb eines halben Jahrhunderts ihr wesentlichstes Ziel erreicht. Ein neues Interesse an diesen Fragen kam dann erst wieder im Verlaufe des 10. Jahrhunderts unter anderen Voraussetzungen auf.

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IV.

Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien Die letzten Jahrzehnte des 9. und die ersten Jahrzehnte des 10. Jahrhunderts bilden eine Zeitspanne, aus der kaum Sternbilderhandschriften überliefert sind und sie markieren von daher in dem erhaltenen Material eine regelrechte Zäsur. Erst ab etwa 940 ändert sich dieser Befund. Fast schlagartig ziehen die Himmelsbeschreibungen mit ihren Illustrationen neues Interesse auf sich, das sichtlich von anderen Intentionen gespeist ist. Zunehmend werden die Zyklen mit den sie begleitenden Texten in Handschriften integriert, die nicht mehr nur dem Thema der Zeitrechnung gewidmet sind, sondern die Wissenschaften des Quadriviums als Ganzes im Auge haben. Das grundlegende Studium der mathematischen Wissenschaften steht jetzt im Vordergrund. Dafür werden Codices zusammengestellt, die zuweilen den Charakter von Handbüchern haben. Dieser Prozess aber ist ausschließlich in den klösterlichen Zentren, vor allem Frankreichs, lokalisiert. Die Höfe der Fürsten und Könige oder gar der ottonischen Kaiser scheinen hierbei keine Rolle gespielt zu haben. Aus dem 9. Jahrhundert haben sich bloß drei Handschriften erhalten, welche die damals neu redigierten Himmelsbeschreibungen in den Zusammenhang mit Texten zu den Artes liberales stellen und die bezeichnender Weise alle bedeutenden französischen Klöstern entstammen. (Paris, Ms. lat. 12957 aus Corbie, Paris, n. a. l. 1614 aus Tours, Dresden, Ms. Dc. 183) Diese Situation ändert sich grundlegend im 10. und 11. Jahrhundert. Die Beschäftigung mit den mathematisch definierten Wissenschaften des Quadrivium wird zusehends intensiver. Im Verlaufe des 10. Jahrhunderts werden durch eine wachsende Zahl von Abschriften Texte neu erschlossen, die zuvor nur wenigen zugänglich waren. Dazu zählen zwei spätantike Abhandlungen, die umfangreiche Informationen zur Kosmologie enthalten, der Kommentar des Calcidius zu Platons Dialog Timaeus sowie die Erläuterungen des Macrobius zum Traum des Scipio. Im 11. Jahrhundert gehören diese beiden Abhandlungen dann gemeinsam mit entsprechenden Auszügen aus Martianus Capella zu den unverzichtbaren und viel gelesenen Standardwerken.1 Auch im Rahmen des Ausbildungsbetriebes nimmt die Astronomie zunehmend einen größeren Raum ein und

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Gibson 1975, Somfai 2002, Barker-Benfield 1976, Barker-Benfield 1983.

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

bemerkenswerter Weise häufen sich Belege, dass sie auch mit praktischer Himmelsbeobachtung einhergeht. So wird von Odo von Tours (878–942), dem späteren Abt von Cluny, berichtet, dass er seinen Schülern nachts vor dem Portal der Kirche den Lauf der Sterne, den Zodiakus sowie die Milchstraße zeigte und mit ihnen bis zu später Stunde darüber diskutierte.2 Wenig später forderte Gerbert von Aurillac (950–1003) in Reims seine Schüler auf, regelmäßig die Sterne zu beobachten.3 Er konstruierte zudem eine Reihe von Geräten, die sowohl eine systematische Sternenbeobachtung erleichtern sollten als auch der Unterweisung dienten. Neben einem Hilfsmittel, um die Fundamentalkreise am Himmel zu visieren, gehörte dazu ein drehbarer Globus aus Leder, auf dem die Sternbilder eingetragen waren, sowie eine Art Armillarsphäre mit an Drähten aufgehängten Abbildern der Konstellationen. Die Pole dieses Kosmosmodells waren durch eine Röhre verbunden; durch diese konnte man den Polarstern anpeilen, um anschließend die Stellung der Sterne im Modell mit der Realität vergleichen.4 In Sankt Gallen ließ Abt Purchardus schon zuvor eine bewegliche Sphaera, also wohl eine Art Globus bauen, an der zumindest die Stellung der Tierkreiszeichen abzulesen war.5 Bei seinem Aufenthalt in Magdeburg konstruierte Gerbert, wie Thietmar von Merseburg berichtet, ein Nocturlabium, ein Beobachtungsgerät, mit dem er anhand der Position des großen Bären und in Abgleichung mit dem Kalender präzise die Nachtstunden bestimmen konnte.6 Am Ende des 10. Jahrhunderts übersetzte man in Spanien auch eine Anweisung zum Bau und Gebrauch des Astrolabiums aus dem Arabischen. Damit konnte sich im lateinischen Westen die Kenntnis eines Gerätes verbreiten, das die Sternenbeobachtung revolutionieren sollte. Vielleicht schon Gerbert von Reims, mit Sicherheit aber sein Schüler Fulbert von Chatres (ca. 960– 1028) haben ein Astrolabium auch benutzt. Nur wenig später gab es die entsprechenden Texte auch in Fleury und Liège sowie in Augsburg, Regensburg und auf der Reichenau.7 Vermutlich gegen 984 übertrug Lupitius von Barcelona im Auftrage des Gerbert von Aurillac verschiedene astronomische Abhandlungen sowie eine Beschreibung des Astrolabiums aus dem Arabischen. Der vorangestellte Prolog aber ist eine geradezu emphatische Begründung der Wichtigkeit astronomischer Studien und wurde vielleicht sogar von Gerbert selbst verfasst, um seinen Schülern die Bedeutung dieser schwer verständlichen Schriften zu vermitteln.8 In keinem anderen Text wird die besondere Bedeutung der mit neuer Intensität und veränderten 2 Liber Tornacensis, J. P. Migne, Patrologia Latina cursus completus, T. 180, 1855, S. 41: »… vespertinis quoque horis ante januas ecclesiae usque in profundam nocte disputantem, et astrorum cursus digiti protensione discipulis ostendentem, zodiacique seu lactei circuli diversitates demonstrantem …«. 3 Dies berichtet sein Schüler Richer de Saint Remi, Riché 2004, S. 113. 4 Lindgren 1976, S. 28ff., eine kritische Bewertung der Quellen bei Poulle 1985, vgl. auch Zuccato 2005. 5 Dies geht aus einer Bemerkung Notker des Deutschen (950–1022) hervor, Kommentar zu Boethius, De consolatione Philosophiae, Lib II, B 32, 15–20, Tax ed. 1986, S. 97: »Táz mág man uuóla séhen . an déro spera . díu in cella SANCTI GALLI noviter gemáchòt íst . sub PURCHARDO ABBATE. Si hábet állero gentium gestélle . únde fóne díu . sò man sia sò stellet . táz ter polus septentrionalis ùf in rìhte sìhet . sò sínt sex signa zodiaci ze óugòn . septentrionalia . sex australia s´nt kebórgen.« 6 Poulle 1985, S. 607ff. 7 Borst 1989, S. 53ff., sowie Poulle 1972 und Poulle 2005, Burnett 1998, zum Astrolabium allgemein auch McCluskey 1998, S. 171ff. 8 Die begründete Vermutung der Autorschaft Gerberts bei Poulle 1985, S. 615f. Der Text »Ad intimas summe philosophie …« unter dem Namen Lupitius von Barcelona, in: Millás Vallicrosa, 1931, Vol. 1, S. 271–75; vgl. Borst 1989, S. 67f.

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien

Fragen betriebenen Himmelskunde deutlicher artikuliert. Die nächtliche Beobachtung des Sternenhimmels wird hier als Kontemplation von Gottes Schöpfung verstanden, die kontrastierend gegen den Lärm und das Geschwätz der Welt am Tage abgesetzt ist. In der Nacht, wenn die Faulen ruhen und die wilden Bestien den Wanderer erschrecken – so heißt es dort – dann solle man den Sternenhimmel betrachten und die feierliche Kreisbahn der Gestirne verfolgen. Nur mit Hilfe der Astronomie sei die vergangene sowie die zukünftige Zeit zu bestimmen, nur so ließe sich die «superna machina« des Weltgebäudes mit ihren verborgenen Geheimnissen verstehen. Nur die Betrachtung der gerade noch sichtbaren Sphären erlaube es bis zu jener unsichtbaren Grenze menschlicher Erkenntnis vorzustoßen. In diesen Ausführungen wird eine starke Faszination spürbar, die für die Mönche von dieser so neuartigen Wissenschaft ausging. Eine große Neugier auf die Zusammenhänge des Kosmos ist entstanden, die den Mönchen eine intensivierte Aufmerksamkeit gegenüber dem überlieferten Wissen ebenso wie gegenüber den Erscheinungen des Himmels abverlangt. Die Sternbilder, deren sichtbare Wanderungen am Nachthimmel zu verfolgen waren, werden dadurch geradezu zu einem Schlüssel für das Verständnis vom Auf bau und Funktionieren der Welt. Die angemessene Würdigung von Gottes Schöpfung scheint ohne ihre Kenntnis nicht möglich. Denn die Sterne in ihrer Rolle als Zeichen ermöglichen den Menschen Einblicke, die weiter reichen als die begrenzte Kraft ihrer Sinne. Die schon in karolingischer Zeit bedeutende Abtei Saint Benoît sur Loire, auch unter dem Namen Fleury bekannt, war die entscheidende Schaltstelle in dem weitgespannten Austausch von Büchern und Wissen, welche diesen Aufschwung der Studien erst ermöglichte. Das Kloster wurde nach Zerstörungen durch Wikingereinfälle im Januar 938 von Odo von Tours, dem Abt von Cluny reformiert. Dies bedeutete auch eine Reorganisation des Schulbetriebes, denn eine verbesserte Ausbildung der Mönche war hierbei ein wichtiges Anliegen. Insofern war die von Cluny aus betriebene Klosterreform immer zugleich auch eine Bildungsreform.9 Fleury erhielt die gleichen Privilegien wie Cluny und entwickelte sich zu einem eigenständigen Reformzentrum mit großer Ausstrahlung.10 Vor allem aber wurde es eine der bedeutendsten Ausbildungsstätten Europas, die Mönche von überall her zu Studienzwecken anzog und die Arno Borst treffend als eine Hochschule für Mönche charakterisiert hat. Basis dieser Gelehrsamkeit war eine immense Bibliothek, die in einem eigenständigen, mehrstöckigen Gebäude untergebracht war und von der sich noch heute 600 bis 800 Manuskripte nachweisen lassen.11 In der Blütezeit unter den Äbten Abbo (988–1004) und Gauzelin (1004–1030) dürfte der Konvent etwa 300 Mönche umfasst haben. Teil dieser intellektuellen Kultur ist auch eine beeindruckende Renaissance des antiken korinthischen Kapitells, die ab 1030 an dem imposanten Westbau des Abtes Gauzelin zu beobachten ist.12 Fleury war im 10. und 11. Jahrhundert das wohl wichtigste Zentrum astronomischer Studien. Eine stattliche Anzahl von einschlägigen Manuskripten lässt sich entweder direkt mit dieser Abtei in Verbindung bringen oder ist von dort beeinflusst. Viele der Grundlagentexte sind hier in auffallend großer Anzahl kopiert worden. Dies verweist zum

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Wollasch 1973, S. 151ff., Wollasch 1996, S. 44ff., S. 91 zum Ausbildungsaspekt; Borst 1989, S. 60ff. Hierzu die eindrucksvolle Karte bei Vulliez 1990, vgl. auch Donnat 1975, Riché 2004, S. 13ff. Mostert 1987, S. 26ff., zur Bibliothek S. 32ff. sowie Mostert 1989, Riché 2004, S. 68ff. Vergnolle 1985, S. 78ff., vgl. auch Bautier 1968; s. u. Kap. VI, 3.

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

einen auf einen intensiven Lehrbetrieb, aber auch auf den systematisch geförderten Export von Wissen. Abbo (940/45–1004), der zunächst Schüler, dann Lehrer und schließlich Abt in diesem Kloster war, ist wissenschaftlich ausgesprochen ambitioniert gewesen.13 Studium und Wissen – und zwar explizit auch naturwissenschaftliches Wissen – hatte für ihn einen herausragenden Stellenwert. Denn – so führt er in der Einleitung zu einem mathematischen Traktat aus – das Gebäude der Weisheit ruht auf den sieben Säulen der Artes liberales, deren Studium nicht nur größte Freude bereitet, sondern gleichzeitig zur Tugend und einer tiefen Erneuerung der Seele führt. Es geht dabei um eine intensive Kontemplation Gottes, die erst ein wahres Verständnis des in Harmonie geschaffenen Kosmos ermöglicht.14 An anderer Stelle verweist er mit einem Vers aus den Eklogen Vergils elegant auf die Relevanz mathematischer Relationen in Gottes perfekter Ordnung.15 Abbo von Fleury hat sich aber auch auf hohem Niveau mit Astronomie und Komputus befasst. So stellte er auf der Basis von Hyginus einen verbesserten Sternenkatalog zusammen, verfasste Texte zur Problematik der Planetenbahnen und erarbeitete einen neuen Komputus, in den er verstärkt kosmologisches Material integrierte. Die Gestirne versteht er in erster Linie als von Gott gegebene Zeichen der Zeit. Angesichts der nahenden Jahrtausendwende hat Abbo sich auch mit dem Alter der Welt beschäftigt und sich bemüht das genaue Datum der Passion Christi zu ermitteln. Dabei kann er Dionysius Exiguus und Beda, den größten Autoritäten in Kalenderfragen, Fehler nachweisen und offenbart so eine kritische Haltung, die eine große intellektuelle Autonomie verrät.16 Seine Bedeutung liegt aber vor allem in der systematischen Verknüpfung verschiedener Wissensbereiche und der konsequenten Anwendung der Logik. Immer geht er von einer rational zu verstehenden Struktur des Universums aus.17 Seine ausgeprägten kosmologischen Interessen zeigen sich auch an der Auseinandersetzung mit dem Problem der Planetenbahnen. Mit Hilfe von Diagrammen und Auszügen aus Calcidius liefert er eine gute Einführung zur Frage der Epizyklen und der exzentrischen Umlauf bahnen.18 Auf dieser Basis ist in Fleury wenig später sogar ein eigenes Kosmosmodell entwickelt worden, um die Widersprüche zwischen den von Macrobius und Martianus Capella jeweils unterschiedlich angegebenen Planetenordnungen zu lösen. Sonne, Venus und Merkur vermutet man jetzt auf drei gleichgroßen, exzentrisch zur Erde verlaufenden Kreisbahnen, die sich gegenseitig überschneiden. Dadurch ergibt sich bei diesen Erdnahen Planeten eine sich beständig verändernde Reihenfolge – bezogen auf den Abstand zur Erde. Entsprechende Diagramme in verschiedenen Handschriften aus 13 Zur Biographie von Abbo von Fleury jetzt Riché 2004, vgl. auch die Übersicht bei Peden 2003, S. XIIff., Mostert 2001 und Mostert 1987, S. 40ff. 14 Es handelt sich um den Kommentar zum Calculus des Victorius von Aquitanien. Die paraphrasierten Aussagen finden sich in den Abschnitten I, 2 und II, 1, Edition Peden 2003, S. 64ff. 15 »Es steht deshalb freilich fest: die ungerade Zahl erfreut Gott« (Constat nimirum quia numero deus impare gaudet.), Vergil, Ekloge 8, 75. Das Zitat findet sich in den Quaestiones grammaticales, 48, Edition Guerreau-Jalabert 1982, S. 271–73; vgl. auch Evans/Peden 1985, S. 109. 16 Verbist 2003; zu den astronomischen Schriften Abbos Obrist 2004, S. 157ff., vgl. auch Engelen 1993. 17 Riché 2004, S. 115ff., Peden 2003, S. XIIIf., Eastwood 2002, S. 284ff., McCluskey 1998, S. 152f., Riché 1989, S. 143ff., Evans/Peden 1985, Van de Vyer 1935. 18 Dies bezieht sich auf die wohl im Auftrag Abbos zusammengestellte Handschrift Berlin, Staatsbibl., Ms. Phillipps 1833, die Diagramme auf fol. 36v; dazu Eastwood 2002, S. 278, 281ff., vgl. dazu Obrist, Tables et Figures Abboniennes 2004 sowie Engelen 1993.

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien

Fleury propagieren diese Lösung eines alten Problems. 19 Immer wieder ist dabei ein Bemühen um ein umfassendes, räumlich fundiertes Verständnis des Kosmos zu konstatieren. Die genaue Lektüre der bekannten lateinischen Texte von Calcidius, Macrobius und Martianus Capella, die jetzt aber durch ganz andere Interessen gelenkt ist, legt auf diese Weise ein theoretisches Fundament für eine neue Astronomie. Das weiter ausgreifende und zunehmend kosmologisch orientierte Interesse, das man der Astronomie und den Sternen entgegenbrachte, hat auch zu einer neuen und veränderten Sicht auf jene Bilder geführt, die in den alten Handschriften in den Klosterbibliotheken präsent waren und jetzt mit neuer Intensität betrachtet wurden. Das Aussehen der gemalten Bilder wandelt sich dabei ebenso wie ihre Funktion. Dieser neue Umgang mit der Bildüberlieferung manifestiert sich in aller Klarheit in einer Handschrift, die vermutlich zwischen 940 und 950 in der Abtei von Fleury entstand. (Paris, BN 5543) Der Zeitpunkt der Entstehung folgt damit beinahe unmittelbar auf die 938 erfolgte Reformierung des Klosters durch Odo von Tours. Das Manuskript enthält vor allem die Werke Bedas zur Zeitrechnung, ergänzt um die Annalen des Klosters, kürzere Schriften und den nachgetragenen Komputus des Abbo von Fleury. Der illustrierte Sternenkatalog De signis coeli bildet in einer eigenen Lage auf stärkerem Pergament den Abschluss dieses Kompendiums der Zeitberechnung. Die Bilderfolge überrascht jedoch durch große, farbenprächtige Deckfarbenmalereien, die häufig fast die gesamte Seite ausfüllen. Zunächst hat man in bräunlicher Tinte die Zeichnungen ausgeführt und anschließend die kurzen Texte des Sternenkatalogs hinzugeschrieben. Danach wurden dann die Bilder mit kräftigen Farben koloriert und am Schluss durch breite Farbstreifen eingefasst. Diese Rahmen sind also erst nachträglich als Auszeichnungsmotiv hinzugekommen und entstammen wohl nicht der Vorlage. Wie bei den Prunkhandschriften des Aachener Hofes zur Zeit Ludwig des Frommen (London, Harl. Ms. 647, Leiden, Voss. lat. Q. 79) liegt das Hauptgewicht auf den Bildern, welche die fremden Gestalten des Himmels in illusionistischer Anschaulichkeit vorführen. Die Ästhetik dieser über ein Jahrhundert älteren, bibliophilen Produkte stand offensichtlich bei der Konzeption dieser Bilderfolge Pate, auch wenn die Planung der Seitendisposition keine wirkliche Konsequenz zeigt. Zwar steht der zugehörige Text immer vor den Bildern, doch zumeist nicht auf der entsprechenden Seite. Der Textblock ist daher mal oberhalb, mal unterhalb der Bilder platziert und auch das Format der Miniaturen ist alles andere als einheitlich. Die mangelnde Erfahrung mit großzügig illuminierten Handschriften ist deutlich zu spüren. Wie zahlreiche Besonderheiten zeigen, geht der Zyklus ohne Frage auf jene griechische Arat-Ausgabe zurück, deren Text im 8. Jahrhundert in Corbie ins Lateinische übertragen wurde (Aratus latinus). Dieser Zyklus lässt sich in einer griechischen Kopie des 14. Jahrhunderts (Rom, Vat. gr. 1087) sowie in den Handschriften der Recensio interpolata fassen, beispielsweise in einem Manuskript des 9. Jahrhunderts aus Corbie (Paris, BN 12957). Die gleiche Bilderfolge findet sich auch noch in einem Codex vom Ende des 9. Jahrhunderts, der gleichfalls im Umfeld der Abtei von Corbie entstand. (Amiens, Ms. 222) Die einfachen, anspruchslosen Zeichnungen, welche dort ebenso den Sternenkatalog De signis coeli begleiten, weisen Details auf, die nur der antiken

19 Eastwood 2002, S. 281ff. Entsprechende Diagramme finden sich in Paris, Bibl. Nat. lat. 7299, fol. 71v, s. Barker-Benfield 1976, S. 152f.; und Aberystwyth, Nat. Lib. of Wales, Ms. 735 C, fol. 4v; s. u. und Katalog.

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Vorlage entstammen können. Von daher muss jenes griechische Vorbild auch in den Jahren um 900 noch in Corbie gewesen sein und es wurde offensichtlich auch benutzt. Die Pariser Bilderfolge aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543), um die es hier geht, dürfte zumindest indirekt ebenfalls von dieser Vorlage ausgegangen sein. Auf den Felsen zu Seiten der Andromeda sind Dosen, Gefäße und ein Handspiegel aufgereiht, die nur als Brautgeschenke der Königstochter zu verstehen sind. (fol. 163v) Diese Gegenstände werden aber in den einschlägigen Texten mit keinem Wort erwähnt, nicht einmal in den ausführlichen und dramatischen Schilderungen von Ovid oder Manilius.20 Doch findet sich das gleiche Motiv auch in den griechischen Zeichnungen (Rom, Vat. gr. 1087) sowie der eben erwähnten Handschrift aus Amiens. So kann dieses Detail nur aus der bildlichen Vorlage für die Pariser Miniaturen übernommen sein, die demnach dem antiken Zyklus sehr nahe gestanden haben muss. Die Schlange aber, die sich unter den Füßen der Andromeda windet, dürfte eine Zutat des mittelalterlichen Malers sein, denn sie macht im Rahmen der antiken Himmelssagen keinen Sinn. Zum einem ist das Seeungeheuer, dem die schöne Prinzessin geopfert werden sollte, mit Cetus als eigenes Sternbild am Himmel vertreten. Zum anderen wirkt dieses Motiv eher wie ein Triumphmotiv und erinnert an Christus, der über Schlange und Basilisk geht. Da Andromeda noch gefesselt ist und sie zudem das Ungeheuer nicht tötete, besteht zu einer Triumphgeste eigentlich kein Anlass. Vermutlich assoziierte man aus dem christlichen Kontext heraus angesichts der Königstochter, deren weibliche Schönheit in der Vorlage deutlich herausgestellt wurde, die verfluchte Schlange des Paradieses. Es bleibt allerdings offen, ob in den Augen der Mönche Andromeda wie Eva der negativen Rolle der Weiblichkeit entsprach oder ob sie eher als eine Art keusches Gegenbild zur ersten Sünderin fungieren soll, da sie ja schließlich durch Perseus vor dem Ungeheuer bewahrt wurde und der Schlange damit letztlich widerstanden hat. In jedem Fall offenbart sich hier eine ausgesprochen eigenständige Auseinandersetzung mit den heidnischen Gestalten und ihren Mythen, die allein in den Illustrationen und nicht in den geschriebenen Texten ihre Spuren hinterlassen hat. Wir fassen zugleich ein ausgeprägtes Interesse an einer narrativen Ausgestaltung der Bilder und damit auch an einem tiefergehenden Verständnis jener Himmelswesen, das sich von den in dieser Handschrift zusammengestellten Texten vollkommen abgelöst hat. Auch bei den übrigen Konstellationen stoßen wir auf Merkmale einer sehr selbständigen Interpretation, die eine neue Sicht auf die Sternbilder verraten. Der unbekannte Maler steigert gegenüber der Vorlage die Bewegungsmotive und führt immer wieder Momente einer imaginären Handlung in die Bilder ein. Das Löwenfell, das sich Herkules um den Arm gebunden hat, um sich im Kampf gegen den Drachen im Garten der Hesperiden zu schützen, erhält eine Gesichtsmaske und wird damit im Grunde zum Partner des kämpfenden Helden. (fol. 161r) Der Wassermann ist in eine weitausholende Bewegung eingebunden. Seinen Krug hält er mit gestreckten Armen vor sich, sein Mantel weht schwungvoll nach hinten. (fol. 166r) In der Vorlage 20 Weder bei Germanicus noch bei Hyginus oder bei Ovid, Met. 4, 610–770 findet sich irgendein Hinweis in diese Richtung. Allein Manilius 5, 545ff., berichtet, dass Andromeda geschmückt wurde und ein Hochzeitsgewand anlegte; die Brautgeschenke erwähnt aber auch er nicht. Seine Schilderung weist aber ansonsten enge Bezüge zu der bildlichen Darstellung auf. Denn er beschreibt, dass sie an einem jungfräulichen Kreuz hing und dass ihre Arme entblößt waren, während von den Schultern faltenreiche Gewandteile herabfielen.

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hingegen ist er eher in einem Schreiten begriffen und wendet sich im Gehen um, so dass er nicht auf den seinem Gefäß entströmenden Wasserfluss blickt. Das Dahineilen des Perseus wird gleichfalls durch den nach hinten flatternden Mantel unterstrichen. (fol. 165r) Ähnliches gilt für den Schützen und den Kentauren. Die Gesten etwa bei Orion oder Bootes greifen extrem weit aus und vermitteln so den Eindruck einer großen Dynamik. Selbst die Jungfrau wird aus der ihr sonst eigenen Ruhe gerissen und in eine tänzelnde Bewegung versetzt. (fol. 162v) Es hat den Anschein, als ob es dem Maler darum gegangen wäre, die tatsächliche, niemals endende Bewegung der Sterne in diesen Bildern einzufangen und gleichzeitig zu dramatisieren. In den Konstellationen sieht er über den Himmel eilende Gestalten von großer Lebendigkeit, deren eigenes Wesen er im Bild zu vermitteln sucht. Es geht offenbar vor allem um die Anschaulichkeit dieser fremdartigen Figuren und ihres geheimnisvollen Treibens. Um eine Wiedergabe der Sternpositionen hat er sich schon deshalb nicht weiter bemüht. Ein besonderes Interesse bringt er sichtlich den Sternbildern in menschlicher Gestalt entgegen, denn sie werden im Verlauf des Zyklus immer größer bis es sich um beinahe ganzseitige Darstellungen handelt. Nach der Reformierung des Klosters stellte man offenbar im Zusammenhang mit einer Reorganisation der Studien ein neues Handbuch des Komputus zusammen, das wie die vielen Nachträge beweisen, oft und intensiv benutzt worden ist. An das Ende dieses wichtigen Nachschlagewerkes wurde ein Bildblock eingefügt, der auf speziell dafür ausgewähltem, stärkerem Pergament die Wesen des Himmels in eindrücklicher Anschaulichkeit vorführt. Der Ausgangspunkt war vermutlich ein Zyklus mit rahmenlosen, nur gezeichneten Bildern in der Tradition des Aratus latinus, den man wohl in Anschauung und Kenntnis der eindrücklichen karolingischen Bildhandschriften aus Aachen zu einer farbigen Miniaturenfolge ausarbeitete. Ob die Vorlage schon im Fundus der alten Bibliothek vorhanden war oder aber über die neuen Verbindungen in das Kloster gelangte, ist nicht zu entscheiden. Möglicherweise hat man auch direkt die griechische Handschrift aus Corbie ausgewertet. Doch werden all diese Bemühungen noch von einem sehr viel anspruchsvolleren Projekt übertroffen, das – so ist zu vermuten – gleichfalls im 10. Jahrhundert im Kloster von St. Benoît sur Loire in Angriff genommen wurde. Die intellektuell ambitionierte Prunkhandschrift vom karolingischen Hof in Aachen, welche die Aratea–Übertragung Ciceros zusammen mit mythologischen Auszügen nach Hyginus und aufwendig gestalteten Illustrationen nach Art der carmina figurata enthält, befand sich damals in Fleury. (London, Harl. Ms. 647, ca. 830–840) Dorthin ist sie möglicherweise aus dem Nachlass des Lupus Servatus gelangt, der bis zu seinem Tod ca. 862 Abt im nahe gelegenen Kloster Ferrières gewesen ist. Diese Handschrift mit ihrem seltenen Text hat offenbar ein besonderes Interesse auf sich gezogen, denn sie wurde mehrfach kopiert. Im gleichen quadratischen Großformat erstellte man eine Abschrift, welche auch das extravagante Seitenlayout einschließlich der Bilder übernahm. Doch fügte man auch noch die sogenannte Recensio interpolata hinzu, jene konkurrierende Himmelsbeschreibung, die von Corbie aus vor allem in Frankreich weite Verbreitung fand und die man jetzt ebenfalls mit farbigen Miniaturen versah. Damit lag so etwas wie eine Synthese vor, welche die beiden wichtigsten Überlieferungsstränge antiker Himmelskunde in einem ungewöhnlich großzügig ausgestatteten Codex vereinte. Ob diesem Kompendium noch weitere Texte beigefügt waren, beispielsweise Auszüge aus Macrobius und Plinius, lässt sich allerdings nicht mehr feststellen, da diese spektakuläre Handschrift seit langem verloren ist. Wir können ihre Existenz nur aufgrund späterer Kopien und Exzerpte erschließen.

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Der weitgereiste Humanist und Antikenforscher Cyriacus d’Ancona schrieb 1431 in der Dombibliothek von Vercelli aus einem Arati liber antiquissimus, wie er es nennt, einige Texte mythographischen Inhaltes ab. Dabei handelt es sich exakt um jene Hyginusauszüge, welche in der karolingischen Cicero-Handschrift die Sternbilder von Perseus, des Wassermannes und der Fische erläutern. Zum Delphin notiert er allerdings die entsprechende Passage aus der Recensio interpolata.21 Er muss also einen Codex vor Augen gehabt haben, der beide Texte enthielt. Zur gleichen Zeit – und vermutlich ebenfalls aus einem humanistischen Interesse heraus – entstand in Oberitalien aber auch eine genaue Kopie, die heute in Göttweig verwahrt wird und uns eine Vorstellung des verlorenen Originals vermittelt. (Bd. II: Göttweig, Cod. 146) Sie folgt in Format und der Anlage der Bilder dem karolingischen Vorbild, stellt jedoch dem Cicero-Text die Recensio interpolata voran. Die Recensio interpolata illustrieren gewöhnlicher Weise aber ausschließlich Federzeichnungen von zumeist eher kleinerem Format. Hier finden sich jedoch farbige Miniaturen, welche den Großteil der Seite füllen. Das Gewicht der Bilder ist offensichtlich gegenüber der Vorlage verstärkt worden, um das Konzept an den großzügigen Eindruck der Seiten mit der Cicero-Übertragung anzugleichen. Ebenfalls im zweiten Drittel des 15. Jahrhunderts entstand eine weitere Kopie, die heute aber nur mehr die Recensio interpolata enthält. (Bd. II: Siena, Ms. L.IV. 25) Im ungewöhnlichen, quadratischen Format wie auch in der Farbigkeit der Bilder gleicht sie weitgehend der Fassung in Göttweig. Von daher dürften diese Merkmale auch das verlorene Vorbild in Vercelli gekennzeichnet haben.22 Im Kontext der Handschriftenüberlieferung des 10. Jahrhunderts weist die in der Göttweiger Kopie überlieferte Bilderfolge einige Besonderheiten auf. Ohne Vergleich ist die aufwendige Präsentation zweier unabhängiger Miniaturenzyklen gleichen Inhaltes. Die unvermeidliche Redundanz der Bildinformationen hat dabei offenbar nicht gestört, da man wohl gerade an einem vergleichenden Bildkompendium interessiert war, das die vielfältige Überlieferung strukturieren sollte. Dafür wurde weder an Aufwand, noch an Pergament gespart. Zudem wurde auf alte, besonders qualitätvolle Vorlagen aus karolingischer Zeit zurückgegriffen. Dennoch hat man einige Widersprüche zwischen den beiden Varianten ausgeglichen, weil man sie wohl für Fehler der Überlieferung hielt. Dies betrifft ausschließlich den Cicero-Zyklus, dessen Bilder durch die eingeschriebenen Hyginus-Texte ohnehin einen ungewohnten Eindruck machen. Am auffälligsten ist dies bei der Figur des Orion. Statt des frontal, in ruhiger Haltung stehenden Jägers fügte man eine Rückenfigur mit verhülltem Arm und weit nach hinten ausholendem Schwert ein, wie sie für die Recensio interpolata typisch ist. Gleiches geschieht auch bei Perseus, der das Medusenhaupt nicht mehr in der Linken hinter seinem Rücken, sondern in der vorgestreckten Rechten hält, als würde er es wie ein Schild vorantragen. Auch dies entspricht der Tradition der Recensio interpolata. Bei dem Schiff Argo wird ein Haus hinter dem Mast ergänzt und den Planetenbüsten werden noch spezifizierende Attribute hinzugefügt. Es handelt sich also zum einem

21 Olivierus 1763, vgl. auch Kaufmann 1888; s. Katalog Bd. II Göttweig. 22 Für Abbildungen s. Bd. II sowie Kerscher 1988 und McGurk 1966. Vom Text her gibt es geringe Abweichungen zwischen den Fassungen in Siena und Göttweig, die darauf hindeuten, dass beide Handschriften direkt vom Codex in Vercelli abstammen. Die Auszüge des Cyriacus d’Ancona stimmen mit Göttweig überein. Der Harleianus 647 zeigt in den Hyginus-Auszügen geringe Varianten, s. Kaufmann 1888. Sie sind aber nicht so umfangreich, als dass sie sich nicht durch Korrekturen oder gegebenenfalls ein weiteres Zwischenglied erklären ließen, zumal diese Texte im Harleianus nur mehr schwer zu lesen sind.

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien

um eindeutige Ergänzungen, die zusätzliche Details in den Cicero-Zyklus einbringen, zum anderen um Korrekturen, welche die Gestalten von Perseus und Orion spiegelbildlich drehen. Die Bilderreihe der Recensio interpolata enthält ihrerseits viele antike Details, insbesondere der Gewänder, wie dies beispielsweise bei der Jungfrau gut zu sehen ist. Dies deutet auf eine sorgfältige Vorlage hin, welche dem antiken, griechischen Original noch relativ nahe stand. Im erhaltenen Material ist ein solcher Zyklus kaum mehr anzutreffen, es sei denn man greift auf die byzantinischen Zeichnungen des 14. Jahrhunderts zurück. (Rom, Vat. Ms. gr. 1087) Die farbig ausgeführten Bilder sind ohne Rahmen angelegt und dominieren durchweg die Seiten. Einige dieser Merkmale finden eine Parallele in dem oben besprochenen Komputus-Handbuch aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543). Auch hier treffen wir auf großzügig konzipierte Bilder in Deckfarben, welche die Seiten vollkommen beherrschen. Die auffälligen Rahmen sind hier bezeichnender Weise erst in einem weiteren Arbeitsgang ausgeführt worden. Beide Male hat man auch auf die Eintragung der Sternpositionen verzichtet, die in den Cicero-Illustrationen des Vorbildes eine wichtige Rolle spielen.23 Die Haltung des Orion findet hier ihre engste Parallele, ebenso wie die wilden, abstehenden Haare des Schützen und Kentauren. Diese Beobachtungen stützten zusätzlich die vermutete Herkunft des verlorenen Vorbildes aus Fleury. Es gibt keinen anderen Ort, an dem eine solche Synthese so gut vorstellbar ist wie die Bibliothek von St. Benoît sur Loire. Hier waren nachweislich beide Textfassungen vorhanden. Ein derartiges Bildkompendium entspricht dem hohen Anspruch astronomischer Studien, wie er für das intellektuelle Klima in Fleury während des 10. und 11. Jahrhunderts kennzeichnend ist, und spiegelt zugleich den besonderen Stellenwert, der ihnen zugemessen wurde. Die Bilder der Konstellationen erfahren in diesem Zusammenhang eine beträchtliche Aufwertung, die das neue, intensivierte Interesse spiegelt, das ihnen entgegengebracht wird. Insofern erscheint es auch geradezu folgerichtig, wenn Abt Gauzelin beim Neubau der Eingangshalle im 11. Jahrhundert den ersten monumentalen Zyklus der Tierkreiszeichen plante, von dem wir wissen.24 Die karolingische Cicero-Handschrift wurde in Fleury gegen Ende des 10. Jahrhundert ein weiteres Mal kopiert und dabei zu einem aktuellen Handbuch der Astronomie erweitert, das auch Texte von Abbo von Fleury enthält und vielleicht sogar für ihn oder in seinem Auftrag zusammengestellt wurde. (London, Harl. Ms. 2506) Die schwer zu lesenden, mythographischen Hyginusauszüge, welche in der Art von Figurengedichten den Körper der Sternbilderdarstellungen bilden, hat man jetzt allerdings fortgelassen und statt dessen den kompletten Hyginustext abgeschrieben. Er eröffnet den Codex und wird von zwei Gedichten Abbos eingerahmt.25 So ist er in besonderer Weise ausgezeichnet. Die Verse des Vorwortes beginnen mit einer Anrufung der Natur als göttliche Patronin sämtlicher geistigen Werke, die über alles in der Welt herrscht, und münden in ein Gebet, das der Reihe nach Christus, Maria, Petrus, die Apostel und die Heiligen aufruft.26 Das Nachwort bezeichnet Hyginus als gelehrt und besonnen, um anschließend von den Körpern des Himmels, die der König nach seinem Gesetz in der Welt geschaffen

23 Es ist nicht auszuschließen, dass sie erst vom Kopisten des 15. Jahrhunderts eliminiert wurden, da ihn wohl eher ein mythologisches als ein astronomisches Interesse leitete. 24 S. u, Kap. VI, 3. 25 Lapidge/Baker 1997, S. 8f., 24ff. 26 »… Aggrediar versus ipsa prestante divina / tantorum fautrice operum sapientis in omnes /… scribere natura quae mundo regnat in omni /…« Lapidge/Baker 1997, S. 24.

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hat, und den lichterfüllten höchsten Reichen zu sprechen.27 Es endet in einem wortreichen Gebet, welches die Auferstehungshoffnung zum Ausdruck bringt. Die als Akrostichon gestalteten Gedichte sind Bravourstücke sprachlicher Eleganz und offenbar als ein feierlicher Rahmen gedacht, der zugleich die antike Himmelskunde mit den heidnischen Mythen in einen christlichen Kontext einordnet. Zwei kurze Texte Abbos zum Problem der Planetenbahnen schließen sich an, erst danach folgen die Aratea Ciceros. Sie werden jedoch am Rand ergänzt durch den Sternenkatalog De signis coeli, der zusätzlich die Informationen zur Verteilung der Einzelsterne bereitstellt. Ähnlich wie in dem oben besprochenen Bildkompendium (Bd. II: Göttweig, Cod. 146) werden also auch hier Informationen aus den beiden zur Verfügung stehenden Überlieferungssträngen verbunden. Den Abschluss des Codex bilden das eher seltene Preceptum Canonis Ptolomei, das von den Bahnen und Stellungen der Planeten handelt, sowie das achte, astronomische Buch des Martianus Capella samt dem Kommentar des Remigius von Auxerre.28 Insofern ist hier eine Reihe von Schlüsseltexten versammelt, die den Codex zu einem Grundlagenwerk der Astronomie auf dem aktuellen Stand machen. Ausgangspunkt ist aber ein weiteres Mal die karolingische Prunkhandschrift vom Aachener Hof. Ein englischer Mönch hat die aufwendigen Miniaturen der Vorlage in höchst lebendige Zeichnungen übertragen, die ein erstaunlich hohes Maß an Eigenständigkeit verraten.29 Der Zyklus zeugt von einem ausgesprochen kreativen Umgang mit verschiedenen Vorlagen und ist offenbar mit Überlegung und Sorgfalt konzipiert worden. Die Darstellung des Eridanus als liegender Flussgott mit einem Schilfzweig in der Hand, aus dessen Vase sich ein Strom von Wasser ergießt, der dem großen Fisch auf der gegenüberliegenden Seite ins Maul fließt, belegt mit all ihren Details, dass nur jene karolingische Cicero-Handschrift (London, Harl. Ms. 647) als Vorlage gedient haben kann. Auch andere Sternbilder, wie der Zentaur, verraten in zahlreichen Merkmalen die Abhängigkeit von diesem Vorbild. Sehr viel interessanter sind aber die Veränderungen, welche der englische Mönch vorgenommen hat. Wie in dem oben beschriebenen Bildkompendium (Göttweig, Cod. 146) ist Orion nicht in frontaler Position mit gezogenem Schwert wiedergegeben, wie er in der Aachener Handschrift auftaucht, sondern in Kampf haltung und Rückenansicht mit ins Profil gedrehtem Kopf. Während er die Linke mit dem Mantelbausch vorstreckt, holt er mit der Rechten zum Schlag mit dem Schwert weit nach hinten aus. (fol. 41r) Genau in dieser Haltung hat man Orion auch in dem Zyklus des Komputus-Handbuches aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543) wenige Jahrzehnte zuvor gezeigt. Die Bewegungsmotive hat unser Zeichner aber noch erheblich verstärkt und damit die Dramatik der suggerierten Handlung um ein Vielfaches gesteigert. Auch Perseus ist in der karolingischen Handschrift nur in gemessener Bewegung zu sehen, die sich jetzt in einen schnellen Lauf verwandelt. (fol. 37r) Dafür verbindet der englische Zeich27 »Terminat Higinus volumen doctus moderans et / ex anno et mense atque die post sydera pronte / rura peracta volens cupiensque adiungere adinstar / magnorum celi quoa rex effecit in orbem / iure suo cuncta faciens quorum venerandi / nominis assidua constat laus atque beamen / ad hominum alta ac luciflua regnaque superna /…«, Lapidge/Baker 1997, S. 26. 28 Es handelt sich um die älteste erhaltene Abschrift des Preceptum Canonis Ptolomei, einer Horoskopkunde mit besonderer Berücksichtigung von Sonne und Mond. Der Text war wohl im 9. Jahrhundert bereits in Süddeutschland vorhanden. Pingree 1997. 29 Vgl. auch die Bemerkungen Saxls in: Saxl Verz. III, S. XVIIff.

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ner einzelne Züge seiner unterschiedlichen Vorlagen. Die ausholende Beinstellung in Kombination mit der Rückenansicht und dem ins Profil gedrehten Kopf entnimmt er dem Bilderzyklus, der den Sternenkatalog De signis coeli begleitet (Paris, Ms. lat. 5543). Aus der Cicero-Handschrift stammt aber die aufrecht in der vorgestreckten Rechten gehaltene Harpe, während das Medusenhaupt hinter dem Rücken getragen wird. In den übrigen Perseusdarstellungen ist dies genau umgekehrt. Doch verändert unser Zeichner auch die Physiognomie des antiken Heroen. Er trägt jetzt nach mittelalterlicher Manier einen Vollbart und aus den Schläfen wachsen große Flügel hervor, so wie er das bei der Darstellung der Windgötter in seiner karolingischen Vorlage fand. Den wehenden Mantel, der sonst Perseus immer auszeichnet, lässt er fort, doch unterstreicht er die Zielgerichtetheit der Bewegung durch die Gestik der vorgestreckten linken Hand. Hier sind Zeige- und Mittelfinger wie zu einem Segensgestus abgespreizt. In völliger Nacktheit eilt Perseus wie ein Mischwesen aus Vogel und Mensch durch die Lüfte und gleicht so eher einem fremdartigen Dämon als einem antiken Heros. Der Wassermann ist in ein ähnlich beklemmendes Bild eingefangen. (fol. 38v) Die Aachener Cicero-Handschrift zeigt ihn frontal stehend mit einer phrygischen Kappe auf dem Haupt wie er in aller Ruhe das Wasser seines Kruges ausgießt. Der englischen Mönch dreht ihn ins Profil, den Krug hält er weit von sich gestreckt, während er die andere Hand mit einer beredeten Geste zum Himmel erhoben hat. Ein kleines Tuch hat es sich um den Oberkörper geschlungen, ansonsten kommt er in völliger Nacktheit daher. Seinem Kopf entwachsen die gleichen Flügel der Windgötter wie Perseus, so dass auch er als Luftgeist ausgewiesen ist. Der gerade vorgestreckte Arm, die Haltung im Profil und die Tatsache, dass der Wasserstrom in einem weiten Bogen unter seine Füße läuft, verweisen auch hier wieder auf die Floriacensische Handschrift (Paris, Ms. lat. 5543) als Vorlage. Doch hat unser Zeichner aus beiden Bildern eine eigenständige Vision jenes fremdartigen Himmelswesens gemacht, das menschlicher Zivilisation sehr fern steht und in konzentrierter Weise seiner eigentümlichen Beschäftigung nachgeht. Nicht minder eindrucksvoll ist das Bild des Schützen, der als Satyr auftritt, dessen Kopf aber statt der Hörner zwei große Flügel entwachsen. (fol. 39v) So gleicht er den anderen Sternenwesen, mit denen er gemeinsam über den Himmel eilt. Die bisher besprochenen Vorlagen zeigen den Schützen als Kentauren. Aber der englische Zeichner wollte wohl keinen zweiten Kentauren abbilden. Mögliderweise hielt er dies für eine Unzulänglichkeit seiner Vorlagen und so wählte er eine Variante, die in der Nachfolge der Libri computi vorkommt. (Madrid, Ms. 3307) Von daher dürfte er auch noch einen dritten Zyklus mit Sternbilderdarstellungen gekannt haben. Dort ist allerdings der Satyr in gerader Linie nach vorn ausgerichtet; unser Zeichner macht daraus ein kompliziertes und eindrückliches Bewegungsmotiv. Der Satyr wendet sich abrupt um und kann so seinen Pfeil überraschend auf einen unsichtbaren Gegner abschießen. Auch die Tierdarstellungen dieses englischen Künstlers sind von einer packenden Lebendigkeit, die diese Wesen in einer natürlichen Bewegung zeigt. Dies zeigt beispielsweise die Wiedergabe des Delphins, die mit dem Äußeren dieses Meersäugers zwar nichts gemein hat, aber als Fisch treffend charakterisiert ist. Seiner Vorlage konnte er ohnehin nur die Haltung des Tieres entnehmen, da allein die Spitzen der Flossen und der Schnauze ausgemalt waren. Aus diesen Zeichnungen spricht nicht nur das Bemühen um einen korrekten Zyklus, der in einer Art Synthese die unterschiedlichen Merkmale der überlieferten Bilder verbindet, sondern auch die Faszination vor jenen fremdartigen Wesen, die über den Nachthimmel ziehen. Diese Wesen sind oft durch die eigentümlichen Kopfflügel ausgewiesen und – bis auf Orion – durch

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weitgehende Nacktheit gekennzeichnet. Auch in der karolingischen Cicero-Handschrift waren die Gewänder reduziert worden, um in der Fläche des Körpers Platz für die Hyginus-Scholien zu schaffen. So ist der Zeichner in diesem Punkt zwar von seiner Vorlage abhängig, doch wendet er dies kreativ zu einer besonderen Eigenschaft, die dem speziellen Charakter dieser Himmelsgeister zu entsprechen scheint. An den flatternden Tüchern und wehenden Fellen, die den älteren Maler des Komputus-Handbuches (Paris, Ms. lat. 5543) so faszinierten, hatte er keinerlei Interesse und ließ derartiges Beiwerk möglichst fort. Bewegung verstand er auch ohne diese Hilfsmittel darzustellen und in der beigefügten Beschreibung, dem Sternenkatalog De signis coeli, finden derartige Accessoires auch keine Erwähnung, da dort keine Sterne zu finden sind. Der englische Mönch, der die Eintragung der Sterne in großer Sorgfalt aus der Aachener Handschrift (London, Harl. Ms. 647) kopierte, verglich offenbar genau die verschiedenen Bilder und Texte, um eine richtige und stimmige Wiedergabe der Sternbilder zu erreichen und eine korrekte Darstellung jener Wesen zu präsentieren, die sich hinter den Lichtpunkten des Nachthimmels verbargen. Dieser anonyme Künstler zählt ohne Frage zu den besten Malern seiner Zeit und anhand seines ausgeprägten, persönlichen Zeichenstils lässt sich sogar ein regelrechtes Œuvre zusammenstellen, das zugleich die Stationen seiner Wanderschaft dokumentiert. Er muss zu den frühen Kopisten des Utrecht Psalters gehören, der damals in Canterbury lag. In der Auseinandersetzung mit diesem Werk hat er seinen eigenen nervösen und lebendigen Zeichenstil geformt. In einem Psalter, der für jenes Kloster in Ramsey geschrieben wurde, an dem Abbo von Fleury von 985 bis zum Herbst 987 lehrte, stammt eine große Kreuzigungsszene von seiner Hand.30 In Fleury selbst fertigte er außer dem beschriebenen Sternbilderzyklus auch ein ganzseitiges Titelbild für eine Abschrift der Homilien zu Hesekiel von Gregor dem Großen.31 Auf der Rückreise nach England muss er dann in Arras und im Kloster St. Bertin in Saint Omer Halt gemacht haben, da er dort eine Reihe von Evangeliaren illustrierte.32 Eine Herkunft des begabten Zeichners aus Ramsey scheint aufgrund dieser Indizien nahe zu liegen und es ist auch vermutet worden, dass Abbo selbst diese Handschrift als Grundlage seines Unterrichts mit nach England nahm. Dagegen spricht jedoch, dass noch im 12. Jahrhundert im Raum von Fleury eine Abschrift der CiceroVerse entstand, die unmittelbar auf den Codex mit den englischen Zeichnungen zurückgehen muss.33 Die prunkvoll ausgestattete, karolingische Cicero-Handschrift (London, Harl. Ms. 647) allerdings gelangte bereits um 1000 nach England, wo sie noch mehrfach kopiert wurde.34 In jedem Fall sind die so eindrucksvollen Zeichnungen dieses Astronomie-Handbuches ein Ergebnis des engen Austausches zwischen dem Kloster von Saint Benoît sur Loire und den englischen Abteien. Auch der deutsche Mönch Bern aus dem Eifelkloster Prüm, der 994 zu Studienzwecken in Fleury weilte, war vermutlich als einer der Schreiber an der Herstellung dieses Codex

30 London, British Library, Harley, Ms. 2904. Die Bestimmung für Ramsey konnte Lapidge anhand der Heiligenlitanei nachweisen, Lapidge 1992, S. 110ff. S. auch Dodwell 1993 S. 116, Abb. 85, Temple 1976, Cat. 41. 31 Orleans, Bibl. Mun. 175, fol. 149r, Temple, Cat. 43. 32 Boulogne, Ms. 20. Boulogne, Ms. 11, New York, Pierpont Morgan Lib., Ms 827; Dodwell 1993, S. 116, Abb. 185, 188, Temple Cat. 44, 45. 33 Leiden, Ms. Voss. lat. fol. 121, Buescu 1966, S. 64ff. 34 London, Cotton, Ms. Tib. B V und London, Cotton, Ms. Tib. C 1.

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beteiligt. 35 Insofern ist jenes Astronomie-Handbuch geradezu als ein internationales Produkt anzusehen, das sich den zahlreichen Verbindungen verdankt, die in Fleury zusammenliefen. Eine weitere Handschrift zeugt auf wieder andere Weise von dem hohen Niveau der in Fleury betriebenen Astronomie. Sie ist nach Maßgabe von Schrift und Zeichenstil in den Jahren um 1000 in Fleury oder Limoges entstanden. (Aberystwyth, Ms. 735 C). Vielleicht ist sie bereits zu einem frühen Zeitpunkt nach England gelangt oder wurde sogar gezielt für den Export hergestellt. Dann würde sie ein Beispiel abgeben für die systematische Verbreitung von Wissen, die von diesem Kloster aus betrieben wurde. Die Verbindungen nach England sind dabei bekanntlich von besonderer Intensität gewesen. Auch in diesem Codex hat man wieder Material unterschiedlicher Vorlagen in einer systematischen Synthese verbunden. Er enthält abgesehen von wenigen Ergänzungen ausschließlich die Aratea des Germanicus zusammen mit den ausführlichen Prosaerläuterungen der Scholia Basileensia. Das nur noch in einer weiteren Handschrift (Madrid, Ms. 19) überlieferte Autorenbildnis des Aratos sowie die Darstellung Jupiters zum Proöm belegen, dass man von einer illustrierten Vorlage ausging. Die Wiedergabe der Sternbilder aber gleicht bis in die Einzelheiten den Miniaturen des zwischen 940 und 950 neu zusammengestellten Komputus-Handbuches aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543). Offenbar hat man den moderneren Bilderzyklus, der eigentlich den Sternenkatalog De signis coeli begleitet, auf den Germanicus-Text übertragen. Die Sternpositionen, die auffällig als rote Kreise in gepunkteten Rahmen markiert sind, entstammen dann aber wieder der Germanicus-Vorlage. Man hat also den ausführlicheren Text mit den eindrücklicheren Bildern verbunden und in diese dann die Positionen der Einzelsterne eingetragen. Singulär ist aber eine Folge kartographischer Darstellungen des Sternenhimmels, die dem eigentlichen Text vorangeht. Sie sind von einem ungleich versierteren Zeichner angefertigt worden und zeigen darüber hinaus auch eine andere Ikonographie der Sternbilder. Hierfür sind also noch weitere Vorlagen herangezogen worden. Zudem offenbart sich hier ein dezidiert auf die kosmologischen Zusammenhänge ausgerichtetes Interesse und es wird ein Bemühen um eine möglichst exakte Astronomie sichtbar. Aus der Tradition der Recensio interpolata stammt die Wiedergabe der beiden Hemisphären, die häufig mit der Darstellung eines Himmelsglobus verbunden ist. Dies war, wie die Vorzeichnung zeigt, auch hier vorgesehen, kam aber nicht zur Ausführung. (fol. 4r) Vollendet hat der Zeichner aber einen Gelehrten, der mit beiden Händen an den Globus fasst. Von hinten tritt eine allegorische Frauengestalt mit einer übergroßen Krone heran. Offensichtlich handelt es sich um eine sehr eigenständige Paraphrase des Autorenbildnisses von Aratos mit der Muse Urania. Gemäß der mittelalterlichen Vorstellung wird der Gelehrte jetzt von der Personifikation der Astronomie gekrönt. In dieser Auszeichnung aber spiegelt sich zugleich auch der besondere Rang, den die Planer dieser Handschrift der Himmelskunde zumaßen. In den beiden Hemisphären (fol. 3v–4r) sind die Sternbilder weitgehend gleichmäßig verteilt. Dies stiftet dann ungewohnte Zusammenhänge zwischen den Konstellationen. So scheint Orion mit seinem Schwert das Meeresungeheuer Cetus zu attackieren, Widder und Stier schauen der engen Umarmung der Zwillinge zu, der Wassermann kommuniziert mit den Fischen und so fort. Astronomisch gesehen handelt es sich dabei um Ungenauigkeiten und dies hat ver35 S. Katalog. Der Name Bern ersetzt den Namen des Verfassers Abbo in De cursu VII planetarum auf fol. 31v, Vyver 1935 S.143, Borst 1989, S. 60.

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mutlich dazu geführt, dass eine andere Hand auf dem nächsten Blatt (fol. 5r) alternativ eine sehr viel präzisere Verteilung der Sternbilder in Umrisslinien skizziert. Insbesondere ist hier der Verlauf des Kolurs, jener Trennungslinie der beiden Hemisphären verändert worden. Dafür sind nachweislich Informationen von Martianus Capella und Hyginus abgeglichen worden, um zu einer möglichst exakten Kartographie des Sternenhimmels zu gelangen.36 Einige Seiten weiter ist durch den gleichen Zeichner zudem noch eine Planisphäre eingefügt worden, welche die Verteilung der Sternbilder in einer einzigen Darstellung zusammenfasst. (fol. 10v) Ganz am Ende der Handschrift findet sich eine weitere Planisphäre, die aber statt der üblichen figürlichen Darstellungen nur die Namen der Konstellationen enthält. (fol. 25r) So wirkt sie wie eine Bildlegende zu den übrigen Darstellungen. Eine vergleichbar ausführliche Folge kartographischer Himmelsdarstellungen findet sich im erhaltenen Material kein zweites Mal. Die Ikonographie der Sternbilder weist in diesen Zeichnungen eine Reihe ungewöhnlicher Merkmale auf. Das häufige Auftreten von Rückenfiguren zeigt, dass man von Darstellungen in der Globusansicht ausging. Vielleicht hatte man sogar einen antiken Himmelsglobus zur Verfügung, der wie das im römisch-germanischen Zentralmuseum in Mainz erhaltene Exemplar allerdings nur ein kleines Format besaß und die Konstellationen bloß in Umrisslinien und natürlich größtenteils in der Globusansicht zeigte.37 Die alternativen Skizzen der Hemisphären (fol. 5r) kommen einem solchen Eindruck recht nahe. Der Zeichner in Fleury hätte diese schemenhaften Gestalten in der Haltung übernommen und nach seiner Kenntnis mit Gewändern und weiteren Details ausgestaltet. Die ungewöhnliche Reihe der Himmelskarten wäre dann dem Versuch geschuldet, die sphärische Wiedergabe des Sternenhimmels auf dem antiken Globus in zweidimensionale Darstellungen zu übertragen. Ergänzt wird diese ungewöhnliche Reihe noch durch ein Diagramm, das die Planeten als Büsten in kleinen Medaillons auf ihren unterschiedlichen Bahnen im Rund des Tierkreises zeigt. (fol. 4v) Eine Besonderheit stellen die sich überschneidenden Bahnen von Sonne, Venus und Merkur dar, denn sie veranschaulichen ein in Fleury kurz zuvor entwickeltes Kosmosmodell, das die widersprüchlichen Angaben von Macrobius und Martianus Capella auf logische Weise erklärt.38 Die Informationen, auf denen diese Himmelskarten beruhen, sind demnach sorgfältig aus verschiedenen Quellen zusammengetragen worden, zu denen vielleicht auch ein antiker Himmelsglobus gehört haben könnte. Es mag auch kein Zufall sein, dass der bessere Zeichner damit befasst war, da man auf die kartographische Erfassung wohl besonderen Wert legte. So ist es denkbar, dass man in Fleury damals an der Erstellung einer möglichst genauen Himmelskarte gearbeitet hat.39 Die Vielzahl der für diese sorgfältig zusammengestellte Handschrift ausgewer36 S. Katalog und Dekker 2009. 37 Der Mainzer Globus aus Messing hat einen Durchmesser von 11cm und wird 150–220 n. Chr. datiert. In den Einzelheiten der Ikonographie lassen sich keine signifikanten Bezüge zu den Zeichnungen in Aberystwyth, Ms. 753 C herstellen. Der ungewöhnliche Verlauf der Koluren bei den Hemisphären auf fol. 5r findet sich gerade nicht auf dem Mainzer Globus. Dekker 2008 und 2009. Auch zeigt der Mainzer Globus keinesfalls alle Sternbilder in Rückenansicht. Zum Mainzer Globus Künzl 2003, Ein weiterer antiker Globus aus Silber mit einen Durchmesser von nur 6, 3 cm befindet sich in einer Pariser Privatsammlung, dazu Cuvigny 2004. Zum Problem der Globusansicht Lippincott 2006, S. 12f. 38 S. o. sowie im Katalog und Eastwood 2002, S. 281ff. 39 S. u. Kap. V, 1.

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teten Vorlagen ist in jedem Fall beeindruckend und bestätigt zugleich indirekt die Reichhaltigkeit der legendären in Saint Benoît sur Loire vorhandenen Bibliothek. So lassen sich im 10. Jahrhundert vier herausragende Handschriften mit Fleury und den dortigen wissenschaftlichen Bestrebungen verbinden, die aber jeweils ein unterschiedliches Profil aufweisen. Mit Ausnahme des frühen, bereits zwischen 940 und 950 entstandenen KomputusHandbuch (Paris, Ms. lat. 5543) handelt es sich dabei ausschließlich um rein astronomische Kompendien, die jeweils eine sehr spezifische Textauswahl enthalten und sämtlich weiter ausgreifende Interessen verraten. Mindestens fünf verschiedene Bildzyklen der Konstellationen wurden für die Konzipierung der Illustrationen zu Rate gezogen. Dabei handelt es sich zum einem um die Bilder der karolingischen Cicero-Handschrift (London, Harl. Ms. 647), zum anderen um die eigenständige Tradition des Aratus latinus bzw. der Recensio interpolata, die auf eine griechische Aratos-Ausgabe in Corbie zurückgeht. Daneben sind aber auch die Aratea des Germanicus und die Aachener Libri computi konsultiert worden und die Entwürfe für eine Himmelskarte (Aberystwyth, Ms. 735 C) überliefern wieder eine völlig andere Ikonographie. Zwei der in Fleury erstellten Bildzyklen sind besonders einflussreich geworden und haben ihrerseits eine weit reichende Vorbildwirkung erlangt. Dies gilt in besonderer Weise für den Zyklus des KomputusHandbuches (Paris, Ms. lat. 5543), der vor allem die Lebendigkeit der Himmelsgestalten betont. Es betrifft aber auch die Darstellungen auf den Himmelskarten (Aberystwyth, Ms. 753 C), welche mit ihren besonderen Merkmalen die Illustrationen des Hyginus im 11. und 12. Jahrhundert prägen.40 Die Reformierung des Studiums von Fleury, die diese Abtei für zwei Jahrhunderte zum Zentrum des intellektuellen Mönchstums machen sollte, geht also mit einem neuen Interesse für die Bilder der Konstellationen einher. Die eindrücklichen Bildfolgen, die man hier im 10. Jahrhundert erarbeitete, markieren zugleich den Beginn einer neuen Beschäftigung mit der Himmelskunde, die zu jenen kosmologischen Interessen führen sollte, welche später das mittelalterliche Weltbild so nachhaltig verwandelten. Der Ausgangspunkt dieser Bemühungen ist aber ein gezielter Rückgriff auf die alten karolingischen Handschriften mit ihren prächtigen Miniaturen und auf das darin zu Verfügung stehende Wissensniveau. Von der klassizistischen Grundhaltung des karolingischen Hofes ist allerdings nichts mehr zu spüren. Die Aufmerksamkeit richtet sich eher auf die Lebendigkeit dieser Sternenwesen und auf die Veranschaulichung ihres geheimnisvollen Treibens, das sich an den nächtlichen Sternbewegungen verfolgen lässt. Dies kennzeichnet mehr oder weniger die meisten Illustrationen der vier besprochenen Handschriften. Unabhängig von der mythischen Überlieferung berichten diese Bilder aus einer anderen, dem Menschen nicht erreichbaren Welt. Dieses Bildinteresse ist aus der intensivierten Beschäftigung mit der Himmelskunde und insbesondere mit den kosmologischen Zusammenhängen erwachsen. Der Wissensauf bruch des 10. Jahrhunderts verleiht den Konstellationen eine neue Lebendigkeit, die sich an dem gewandelten Charakter der Illustrationen eindrucksvoll ablesen lässt. Die Wirkung der neu konzipierten Bilderfolge, die wir im floriacensischen KomputusHandbuch (Paris, Ms. lat. BN 5543) zum ersten Mal fassen können, lässt sich in verschiedenen Handschriften nachweisen, die alle in irgendeiner Hinsicht einen Bezug zu Fleury aufweisen. In den meisten Fällen ist allerdings nicht eindeutig zu entscheiden, auf welchen Wegen die Vermitt-

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lung sich vollzogen hat. Nur selten können wir von einer direkten Kopie ausgehen, häufiger dürften Zwischenglieder eine Rolle gespielt haben oder auch die Vorlage für die auffällige Bilderfolge der Pariser Handschrift. Zumeist wurden darüber hinaus auch noch weitere Handschriften und Zyklen herangezogen, von denen dann einzelne Elemente Eingang in die neuen Fassungen fanden. Das lässt an einen sorgfältigen Herstellungsprozess denken, der durch einen sehr reflektierten Umgang mit den Bildern gekennzeichnet ist und oft mit einer gezielten Suche nach den richtigen Vorlagen verbunden war. Für das Kloster Saint Martial in Limoges, das enge Beziehungen zu Saint Benoît sur Loire unterhielt und seit 942 eine Betgemeinschaft mit dieser Abtei eingegangen war, wurde wohl um 950 eine extrem großformatiges und sehr sorgfältig geschriebenes Handbuch des Komputus zusammengestellt. (Paris, Ms. lat. 5239) Als Vorlage diente wahrscheinlich das entsprechende Handbuch aus Fleury mit seiner prächtigen Bilderfolge. (Paris, Ms. lat. 5543) So gleicht sich der generelle Auf bau der Handschrift und die Textauswahl in vielen Punkten. Auch hier folgt der illustrierte Sternenkatalog De signi coeli auf Werke Bedas und Isidors. Für Limoges fügt man aber noch ein Windschema sowie insbesondere die Aratea des Germanicus mit den Scholia Basileensia hinzu, welche den knappen Sternenkatalog De signis coeli um eine ausführliche Himmelsbeschreibung ergänzen. Ganz am Ende des Codex wurden zudem die letzten Kapitel von Bedas De ratione temporum hinzugefügt, die über das Geburtsdsatum Christi und das Alter der Welt handeln und die in der älteren Handschrift aus Fleury fehlen.41 Auffällig sind bei diesem Manuskript neben der ungewöhnlichen Größe die breiten Randstreifen und die vielen Leerseiten. Offensichtlich hat man nicht mit Pergament gespart und wollte von vorneherein viel Platz für Nachträge lassen. Die Sternbilder wurden als einfache Zeichnungen entweder nach der aufwendigen und farbenprächtigen Folge in Fleury oder nach deren möglicher Weise ebenfalls nur gezeichneten Vorlage kopiert. Jetzt ordnete man aber weitgehend konsequent jeweils zwei Darstellungen auf einer Seite übereinander an, so dass die Erscheinung der Seiten einheitlich wirkt. Die Verbindung beider Handschriften wird durch zahlreiche Einzelheiten der Ikonographie, insbesondere auch der Kleidung belegt. Die engen Bezüge beider Bildzyklen zeigen sich auch an der Darstellung der Andromeda. (fol. 219v) Wir finden die Brautgeschenke ebenso wie die Schlange, die ihren Kopf wie zu einem Fußkuss senkt und über die sich die Königstochter triumphierend erhebt. Singulär ist hier aber die völlige Nacktheit der angeketteten Schönheit. Das Gewand hängt nur wie ein Umhang locker hinter ihrem Rücken. Doch damit nicht genug. In der einfachen Klarheit der Strichführung, die diesem Zeichner eigen ist, hat er zugleich die Geschlechtsmerkmale eindeutig markiert. Auffällig ist für eine Darstellung des 10. Jahrhunderts vor allem die überdeutliche Hervorhebung der Scham und ihrer Haare. Verstärkt noch durch die geweiteten, starr blickenden Augen wird diese wissenschaftliche Darstellung des Sternbildes zu einem eindrucksvollen Bild weiblicher Sexualität, das im Mittelalter seinesgleichen sucht und für die Geschichte der Nacktheit bzw. ihrer Wahrnehmung von immenser Bedeutung ist. Zusammen mit den weib41 Landes 1995, S. 95 vermutet, dass man diese, seiner Meinung nach brisanten Texte über das Weltende hier am Schluss des Codex versteckt hat. De ratione temporum endet in Paris, Ms. lat. 5239 auf fol. 95v mit den gleichen Worten wie in Paris, Ms. lat., 5543 auf fol. 76r. Dies ist ein weiteres Indiz für die direkte Abhängigkeit der beiden Handschriften.

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien

lichen Utensilien der Brautgaben und der am Boden kriechenden Schlange, welche an die große Verführerin des Paradieses gemahnt, scheinen hier alle Verlockungen der Weiblichkeit zusammengestellt zu sein. Der Handlungsfaden des Mythos ist ebenso verlassen wie die Erfordernisse einer Wiedergabe der Himmelskonstellation. Das Bildinteresse hat sich vielmehr verselbstständigt, nachdem sich die Phantasie an der Wiedergabe der schönen Königstochter entzündet hatte. Es bedient unabhängig von dem Kontext – komputistisches Handbuch eines Klosters – und der Primärfunktion der Darstellung – Fixierung der Gestalt eines Sternbildes – noch andere Bereiche der menschlichen Vorstellungskraft, die für sich genommen noch gar nicht bildwürdig waren und deshalb auch keinen Platz in dem noch stark begrenzten Lebensraum der Bilder besaßen. Der Maler in Fleury hatte mit der suggestiven Hinzufügung der Schlange zu Füßen der Andromeda offenbar eine Tür aufgestoßen, die das Bild aufgrund der nun sichtbar gemachten vielfältigen Assoziationsmöglichkeiten zu einer Art Projektionsfläche werden ließ. Der Zeichner aus Limoges hat darauf mit großer Intensität und wohl auch innerer Beteiligung reagiert. Die Formen des weiblichen Körpers dürften auch in der griechischen Aratos-Ausgabe in Corbie betont gewesen sein. Dies lehrt ein Blick auf die byzantinische Kopie dieser antiken Bilderserie. (Rom, Ms. Vat. gr. 1087) Aber auch die stark vereinfachten, frühen Nachzeichnungen des 9. Jahrhunderts aus Corbie selbst (Paris, BN 12957) heben bei Andromeda die Brüste unter dem Gewand eigens hervor.42 Vielleicht spielte auch die Erinnerung an eine Darstellung mit, welche die Prinzessin mit entblößtem Oberkörper und weit herabgeglittenem Gewand zeigt, wie sie im Sternenatlas Ludwig des Frommen zu finden war. (Leiden, Voss. lat. Q. 79) So bot die Bildtradition Anregungen genug, aber erst die Verbindung mit der Schlange setzte anscheinend die Phantasien frei und ermöglichte eine bildliche Darstellung von derartig bedrängender Sexualität. Von dem reichen Fundus, der in Fleury zur Verfügung stand, profitierte zumindest indirekt auch Ademar de Chabannes, als er zwischen 1010 und 1014 eine Reihe von Texten und Bildzyklen für seinen persönlichen Bedarf kopierte. Ademar hatte als Jüngling Abbo von Fleury noch kennengelernt, als dieser kurz vor seiner Ermordung in dessen Heimatkloster S. Cybard in Angoulême Station machte.43 Wenig später, etwa 1005, wird der junge Mönch in das größere Kloster S.Martial nach Limoges zur weiteren Ausbildung gesandt. Die Aufzeichnungen, die er dort gegen Ende seiner Studienzeit zusammenstellte, enthalten eine ganze Reihe wichtiger profaner Texte insbesondere zur Grammatik und auch die Psychomachia des Prudentius sowie die Fabeln des Aesop. (Leiden, Ms. oct. 15) Besonders aufschlussreich in unserem Zusammenhang ist jedoch, dass dieses Konvolut in seiner Anlage verrät, dass Ademar ein besonderes Interesse an Bildern besaß. So verteilt er die Szenen der Tierfabeln locker auf den Seiten und schreibt dann erst nachträglich den Text in die Zwischenräume ohne klares Zeilenraster, so dass die Lesbarkeit zuweilen fast verloren geht. Auch bei der Psychomachia kopiert er zunächst die Bilder auf eigenen Blättern und fügt ihnen bloß knappe Tituli hinzu, während er den Text anschließend gesondert abschreibt. Er zerstört damit offenbar bewusst das Lay-out der karolingischen Vorlage, deren Stil und Eigenheiten an den Zeichnungen ohne weiteres noch abzulesen sind, um sich zunächst auf die Bilder konzentrieren zu können, denen offenbar seine besondere Neugier gilt. 42 In Paris, Ms. lat. 12957 sind die von den Armen herabhängenden Gewandteile ebenso wie in Rom, Vat gr. 1087 deutlich als Ärmel gekennzeichnet. Dies ist auch in Paris, Ms. lat. 5239 aus Limoges der Fall. Das könnte darauf hinweisen, dass der Zeichner eher die Vorlage von Paris, Ms. lat. 5543 benutzt hat. 43 Zu Ademar de Chabannes Landes 1995.

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

Anscheinend hat er planvoll jene profanen Bildzyklen kopiert, die ihm in Limoges zur Verfügung standen.44 Auf den ersten Blättern dieser Sammlung von Aufzeichnungen notiert Ademar dann Bildeindrücke, die nicht mehr in Verbindung mit Texten stehen, sondern in eindrücklicher Weise zentrale Spannungsmomente aus Christusszenen isolieren. (fol. 2r –4r) Hier spiegelt sich jenes im 10. Jahrhundert neu aufgekommene Interesse an ausführlichen Christuszyklen und speziell auch an dem narrativen Zusammenhang des Passionsgeschehens. Fast wie ein Titelbild eröffnet jedoch eine Szene aus der Psychomachia dieses persönliche Notizbuch. Den Angriff des alten Götterglaubens (cultura deorum veterum) auf die unbewaffnete Fides hat er hier in einer weiteren Version nachgetragen, als er einen zweiten Prudentiuszyklus zu Gesicht bekam. Da ihn diese neue Version stärker beeindruckte, zeichnete er sie vergrößert ab und stellte sie seinen Aufzeichnungen wie ein Titelbild voran. Während im Rahmen des Zyklus der christliche Glaube gemäß der Schilderung des Prudentius wild gestikulierend und mit nacktem Oberkörper zu sehen ist, tritt Fides in der zweiten Fassung ordentlich bekleidet sowie mit gepflegter Frisur auf und erwidert gelassen mit einem ruhigen Redegestus den wütenden Angriff des Gegners, der als bärtiger Unhold gekennzeichnet ist. Diese Konfrontation von besonnen argumentierendem Christenglauben und ungestümer Attacke des Unglaubens dürfte ihn in besonderer Weise berührt haben und besaß vermutlich für ihn einen hohen Identifikationswert. Auch die übrigen Figuren auf dieser Seite zeigen nicht aus Zufall Gestalten mit ausgeprägtem Redegestus, denn sie variieren alle ein gemeinsames Thema, das um die Kraft des Wortes und die Bedeutung religiöser Verkündigung kreist. Wir haben es bei diesen Skizzen mit individuellen Bildnotizen zu tun, die Ademar anlegte, um diese Bildeindrücke ebenso wie die von ihm abgeschriebenen Texte in sein Heimatkloster mitnehmen zu können. Es sind Dokumente einer intensiven Bildbetrachtung, die jene Erregung noch spüren lassen, welche die Darstellungen in der Seele jenes Mönches hinterließen.45 Ademar de Chabannes interessierte sich auch für Astronomie, doch kopierte er kein komputistisches Material, sondern er suchte einen antiken Text und schrieb deswegen die Prosaabhandlung De Astronomia des Hyginus ab. Da seine Version in vielen Punkten mit den Lesarten der Hyginuspassagen in der Enzyklopädie des Mönches Oliva aus Ripoll (Rom, Vat. Reg. lat. 123) verwandt ist, dürfte die Vorlage für beide Fassungen in Fleury zu lokalisieren sein. Doch lag der Hyginustext nicht in einem illustrierten Exemplar vor, deswegen hatte man ihn kurz zuvor in Fleury noch um den Sternenkatalog der karolingischen Libri computi ergänzt. (Paris, Ms. lat. 8663) Ademar jedoch wählt eine aufwendigere Lösung und er isoliert hier auch nicht, wie bei den anderen Texten, die er kopierte, den Bildteil. Vielmehr zeichnet er in Anschauung des großzügig angelegten Komputus-Handbuches in S.Martial (Paris, Ms. lat. 5239) jeweils zwei Sternbilder übereinander an den linken Rand der Seite und füllt anschließend den frei bleibenden Raum mit dem Text aus dem dritten Buch von Hyginus, das ebenfalls das Aussehen der Sternbilder und die Lage der Einzelsterne beschreibt. Die Reihenfolge der Sternbilder richtet sich aber nach der Beschreibung des Hyginus und deshalb muss er die Bilder seiner Vorlage völlig neu sortieren.

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Hierzu und zum folgenden Blume 2004. Dazu Blume 2004.

1. Fleury als neues Zentrum astronomischer Studien

Aber welches war seine Vorlage? Das erwähnte Komputus-Handbuch aus S. Martial (Paris, Ms. lat. 5239) hat er zwar mit Sicherheit gekannt, da er dort auf fol. 19r einen Eintrag in die Chronik schrieb,46 doch die einfachen Wiedergaben der Sternbilder genügten ihm offenbar nicht. Er war nicht nur der erheblich bessere Zeichner, sondern er versah seine Darstellungen auch mit Einzelheiten, die in diesem Codex fehlen. Dies wird an der Fülle der Schmuckformen bei den Gewändern von Kepheus und Kassiopeia ebenso deutlich wie an der richtig verstandenen Wiedergabe des Gewandes von Andromeda. Auch die Bewegungsmotive, beispielsweise beim Wassermann oder der Jungfrau sind ungleich stimmiger. Eine ganze Reihe von Details verbindet den Zyklus des Ademar mit der älteren Bilderfolge im Komputus-Handbuch aus Fleury. (Paris, Ms. lat. 5543) So ist beim Schiff der Kopf des Hundes gleichfalls knapp über der Wasserlinie zu sehen, der Stier trägt einen Halfter und der Zentaur hat das Fell nach hinten gestreckt und hält in der Rechten sein hundeartiges Beutetier an den Hinterläufen. Aber auch hier wird neben dem Flussgott ein Füllhorn ergänzt und neben der Andromeda auf jedem der Felsen drei Brautgeschenke abgebildet. Auffällig ist auch der Reif im Haar der Andromeda, der bei der späteren Handschrift aus Ripoll (Rom, Vat. Reg. lat. 123) wiederkehrt. So hat Ademar offenbar einen anderen Zyklus benutzen können, der mit den Deckfarbenbildern der Floriacensischen Handschrift (Paris, Ms. lat. 5543) weitgehend identisch war.47 Ademar de Chabannes hatte demnach in Limoges Zugriff auf eine Bilderfolge, die der ursprünglichen Vorlage sehr viel näher stand als die Zeichnungen des dortigen Komputus-Handbuches (Paris, Ms. lat. 5239). In der Kombination der Sternbilderdarstellungen aus Fleury mit dem Text des Hyginus schuf er die erste bebilderte Version dieses antiken Textes, von der wir wissen. Für die Eintragung der Einzelsterne in die Zeichnungen hat er sich aber nicht interessiert. Auch dies verbindet ihn mit dem wichtigen Zyklus aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543) ebenso wie mit den Zeichnungen in Limoges. (Paris, Ms. lat. 5239) Die Bewegungsmotive hat er gegenüber seinen Vorlagen immer noch gesteigert, wie dies insbesondere bei Orion, Perseus, der Jungfrau oder Bootes deutlich wird. Dies ist nicht nur seinem beträchtlichen zeichnerischen Können zuzuschreiben, sondern war offenbar Bestandteil der Faszination, die von diesen Bildern ausging. Es waren bewegte, dahin eilende Gestalten, die Nacht für Nacht über den Sternenhimmel zogen. Das ließ sich durch Beobachtung überprüfen, aber ihre wahre Gestalt konnte sich für das menschliche Auge nur mit dem Hilfsmittel des künstlichen Bildes offenbaren. Diese Zeichnungen des Ademar de Chabannes sind gerade deshalb, weil sie im Kontext mit persönlichen Aufzeichnungen stehen, ein beredtes Dokument für das intensive Interesse, das die Bilderzyklen mit den Konstellationen bei den gelehrten Mönchen hervorriefen. Die frühe mit großen farbigen Bildern ausgestattete Handschrift aus Saint Benoît sur Loire (Paris, Ms. lat. 5543) reicht nicht aus, um alle Merkmale der sichtlich von Fleury abhängigen Zyklen zu erklären. Dennoch repräsentiert sie aber eine besonders aufwendige Fassung einer 46 Landes 1995, S. 95ff., 164. 47 Weiterhin plaziert er den Krebs aufrecht zwischen die Beine der Zwillinge, wie dies auch in zwei vermutlich aus Fleury stammenden Handschriften geschah, die eng verwandte Zyklen enthalten (Aberystwyth, Ms. 735 C, Rom, Vat. lat. 643). Die Germanicus-Illustrationen, die beide Konstellationen ebenfalls gemeinsam präsentieren, zeigen den Krebs aber rechts zu Füßen der Zwillinge in waagerechter Position, da beide Sternbilder hier im Text zusammengefasst werden. Auch bei Hyginus (III, 21) wird erwähnt, dass der Krebs den Zwillingen besonders nahe steht. So gibt es für diese Bildfassung einen konkreten Textbezug. Doch scheint diese spezifische Form in Abwandlung einer Germanicus-Vorlage in Fleury schon vorgeprägt worden zu sein.

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

Bilderfolge, die um 940 vermutlich im direkten Rückgriff auf die griechische Aratos-Ausgabe von Corbie erarbeitet wurde. Diese neu konzipierte Sternbilderserie wurde zusammen mit dem Sternenkatalog De signis coeli mit großem Erfolg exportiert und avanicierte zu der für das 10. und 11. Jahrhundert maßgeblichen Fassung. Doch dürfte es nicht den einen, in einem Zug zu Anfang entworfenen Archetyp gegeben haben. Vielmehr sind die Bilder wohl immer wieder neu mit kleinen Varianten hergestellt worden, die sich auf den jeweiligen Kontext bezogen oder durch eine neue Kombination der Vorlagen ergaben. Es lässt sich erschließen, dass in Fleury um die Jahrtausendwende zumindest vier bis fünf verschiedene Sternbilderzyklen unterschiedlicher Herkunft verfügbar waren. Eine vergleichbare Konzentration himmelskundlicher Bildzyklen hat nur noch einmal fast zwei Jahrhunderte zuvor am Kaiserhof in Aachen existiert. Der neue Wissensauf bruch des 10. Jahrhunderts aber geht von den reformierten Klöstern aus und wird nicht wie in karolingischer Zeit vom Hof initiert. Dennoch greifen die Mönche, die ihre Studienmöglichkeiten zu verbessern suchen, häufig auf die älteren Bestrebungen des Kaiserhofes zurück. So entfalten die bibliophilen Luxusprodukte einer elitären Hof kultur 150 Jahre später in den Klöstern eine weit in die Zukunft reichende Wirkung.

2. Die neuen Kompendien des 11. Jahrhunderts Bis nach Spanien erstreckte sich der Austausch von Wissen und Büchern, der von Fleury aus organisiert wurde. Auch Gerbert von Aurillac ist 967 für zwei Jahre zu Studienzwecken dorthin gegangen.48 Aus dem Kloster S. Maria de Ripoll, der dank der Förderung durch die einheimischen Grafen reichsten und größten Abtei der spanischen Mark, kam nach der Jahrtausendwende eine Gruppe von Mönchen zur Ausbildung nach Fleury.49 Die Spuren dieses Austausches finden sich einige Jahrzehnte später in einem umfassenden Kompendium zu Zeitbestimmung, Natur und Kosmos, das im Jahre 1056 wohl von dem Mönch Oliva in S. Maria de Ripoll zusammengestellt wurde. (Rom, Vat. Reg. lat. 123) Gewissenhaft und im Bemühen um Vollständigkeit hat der Autor hier alle ihm verfügbaren Informationen zusammengetragen. Die ersten beiden Teile dieses Handbuches behandeln hauptsächlich komputistische Fragen, daran schließt sich eine Naturkunde an, als Abschluss folgt im vierten Teil eine ausführliche Himmelskunde, die auf 120 Seiten all das ausbreitet, was an Wissen damals verfügbar war. Auch wenn die gesamte Handschrift kein neues Material enthält und deshalb auf uns Heutige mit dem Blick auf die so folgenreichen Bemühungen des 12. Jahrhunderts einen rückwärtsgewandten Eindruck macht, so kann man sie doch kaum, wie Arno Borst, als konservativ bezeichnen.50 Denn das Neuartige dieser Kompilation liegt in der eigenständigen Organisation des vielfältigen Materials. Während ältere Handschriften die einzelnen Texte der verschiedenen Autoren zum gleichen Thema in mehr oder minder zufälliger Ordnung hintereinander präsentieren und so den Vergleich sowie die Mühen einer Synopse den Lesern überlassen, gliedert der Mönch Oliva die Informationen nach eigenen Gesichtspunkten. So stellt er zu den Planeten 48 49 50

Lindgren 1976, S. 6ff. Riché 1989, S. 158f. Borst 1994, S. 219.

2. Die neuen Kompendien des 11. Jahrhunderts

ebenso wie zu den Sternbildern die Passagen aus den verschiedenen Autoren zusammen. Man kann also bei ihm nicht Hyginus oder die Verse der Aratea im Zusammenhang lesen, findet aber alle Angaben zu einem Sternbild auf einer Seite zusammengestellt. Darüberhinaus wertet er auch mythographische Texte, insbesondere Fulgentius aus, die in astronomischen Handschriften sonst nicht vertreten sind. Gewissenhaft vermerkt er über jedem Abschnitt immer wieder neu die einzelnen Autoren, denen er seine Exzerpte entnommen hat. In ihrer Systematik ist die Arbeit des Oliva zukunftsweisend und es ist ihr kaum etwas aus dem 11. Jahrhundert an die Seite zu stellen. Auch die notwendigen Bilder organisiert er in neuartiger Weise und benützte dafür vermutlich zwei, wenn nicht gar drei Vorlagen. Die Sternbilder sind wieder auf das engste jenem viel kopierten Komputus-Handbuch aus Fleury (Paris, Ms. lat. 5543) verbunden, doch eine Reihe von Einzelheiten, die gesonderte Wiedergabe der Plejaden, die Darstellung der Planisphaere sowie die Eintragung der Sternpositionen entstammen der Tradition der Germanicus-Illustrationen. (Basel, Ms. AN IV 18) Die großen Medaillionbilder von Sol und Luna hingegen haben ihr Vorbild in Zyklen der Recensio interpolata. (St. Gallen, Ms. 250) Das Erstaunliche an der Bilderfolge des Oliva ist jedoch die völlig neue Gruppierug der Bilder. Während die Darstellungen der Luminaria Sol und Luna die älteren Zyklen beschließen, stehen sie hier aufgrund ihrer Bedeutung am Anfang, wobei sie in aufwendiger Deckfarbenmalerei gemäß ihrem natürlichen Erscheinungsbild zusätzlich differenziert werden. Die Sonne steht in rotem Mantel vor einem leuchtend roten Grund, ihr Medaillon ist von Flammen umlodert. Der Mond hingegen tritt in grünem Mantel vor einem dunkelblauen Feld auf, vor dem sich sein Nimbus und die weiße Farbe der Stiere deutlich abheben und an die Lichterscheinung vor einem dunklen Nachthimmel erinnern. Auch den übrigen Planeten wird jetzt erstmalig ein eigenes Bild eingeräumt. Sie sind als kleinformatige, ausgesprochen bewegte Figuren gleichfalls in Medaillons zu sehen, welche von einem großen Strahlenkranz umgeben sind. Ihre Beweglichkeit und ihre große Leuchtkraft sind also auch hier in die Bildgestalt eingegangen. Die sparsamen ikonographischen Merkmale dieser Gestalten sind aus den beigefügten mythologischen Texten abgeleitet. Wo diese, wie bei Jupiter, nichts Verwertbares berichten, fehlen auch jegliche Attribute. Offensichtlich sind diese Bilder von Oliva für diesen Zusammenhang neu konzipiert worden.51 Eine weitere Nachfolge haben sie aber nicht gefunden. Ungewöhnlich ist darüber hinaus die Reihenfolge ihrer Präsentation, denn sie treten in der Abfolge der nach ihnen benannten Wochentage auf. Der Kompilator dachte dabei vermutlich weniger an die astrologische Bedeutung der Wochentagsgötter als an Bezüge zur Kalenderberechung, der er ja die ersten beiden Teile seines Buches widmete. Aber auch in der bislang immer geschlossen auftretenden Gruppe der Sternbilder, nimmt er Differenzierungen vor. Denn er behandelt die Gruppe der Tierkreiszeichen gesondert und stellt sie den übrigen Konstellationen voran. Dies verrät ein tieferes Verständnis astronomischer Zusammenhänge. Die Reihe des Zodiakus beginnt korrekt im Frühling mit dem Widder und endet mit den Fischen. Auch in der bildlichen Darstellung heben sich die Zodiakalzeichen von den übrigen Sternbildern ab. Sie sind als relativ großformatige Figuren, vorwiegend in Blauund Grüntönen ohne Rahmen auf den Pergamentgrund gemalt. Bei den übrigen Sternbildern 51

S. dazu Blume 2000, S. 15ff.

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783–824 Taf. 62–67

Taf. 62, 63

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

dagegen handelt es sich um blau getuschte Zeichnungen, die vor einen gelblich-grünen Grund gestellt werden und von Rahmenleisten eingefasst sind. Dieser Rahmen ist allerdings so knapp gewählt, dass ihn die Extremitäten der Figuren in der Regel überschneiden. Die Dynamik ihrer Bewegungen wird auf diese Weise zusätzlich unterstrichen. So findet der unterschiedliche Charakter der Himmelserscheinungen seine Entsprechung in der differenzierten Bildgestalt, die sich damit als wohl überlegte und bewusst gestaltete, didaktische Anlage erweist, die offenbar gleichfalls für diesen Zusammenhang konzipiert wurde.52 Unmittelbar im Anschluss an die umfangreichen Ausführungen zu den Sternbildern zitiert Oliva dann aber noch jene abfällige Äußerung des Isidor von Sevilla über den unsinnigen Wahn der Heiden, die unterschiedlichsten Tiere an den Himmel zu versetzten.53 Damit wird hier, wenn auch an untergeordneter Stelle, immer noch der Skepsis gegenüber der antiken Überlieferung Tribut gezollt. Doch ist das Kompendium des Mönches Oliva (Rom, Vat. Reg. lat. 123) nicht der einzige Beleg dafür, dass man im 11. Jahrhundert mehrfach versuchte das astronomische Wissen neu und umfassender zusammenzustellen. Auffällig ist dabei in allen bekannten Fällen, dass dem Bildschmuck jedesmal ein eher größeres denn kleineres Gewicht beigemessen wird. Um 1060 – annähernd gleichzeitig mit dem eben beschriebenen Werk des Oliva – stellt man auch in der bedeutenden süditalienischen Abtei Montecassino ein komputistisches Handbuch neu zusammen. Dieses Unterfangen steht offenbar im Zusammenhang mit der Klosterreform und jenes umfangreiche Florilegium ist dann in den umliegenden Klöstern verbreitet worden. Der Aufschwung dieser Abtei im 11. Jahrhundert unter den Äbten Theobald (1022–1037) und Desiderius (1059–1087) ist mit den Reformbemühungen Papst Leo IX. verbunden und macht dieses Kloster zu einem wichtigen intellektuellen Zentrum. Grundlage der Zusammenstellung sind die Werke Bedas, die aber um einige zeitgenössische Gedichte zum Thema Komputus bereichert werden, die in Montecassino selbst entstanden. Den zweiten Schwerpunkt bildet die Aratea des Germanicus, für deren Verse aber ein neuer Kommentar – die sogenannten Scholia Strozziana – geschrieben wurde, der von den ausführlichen Texten des Aratus latinus ausgeht, diese aber mit den alten Scholia Basileensia abgleicht sowie vor allem mit Exzerpten aus Plinius, Martianus Capella, Hyginus, Fulgentius und Isidor erweitert. Breiter Raum wird dabei vor allem den Informationen zur mythologischen Deutung der Konstellationen gewährt. Damit lassen sich hier ähnliche Interessen fassen, wie sie auch im Kompendium des Oliva zu spüren sind. Diese Neubearbeitung der Scholien geht möglicherweise auf Pandulphus von Capua zurück, der von dem Chronisten Petrus Diaconus als herausragender Gelehrter der Abtei in diesen Jahren genannt wird.54 Eine Handschrift des 12. Jahrhunderts, die wahrscheinlich gleichfalls in Süditalien, aber nicht unbedingt in Montecassino entstand, überliefert uns jene Textzusammenstellung und vor 52 Aufgrund der neuen Gruppierung der Texte sowie der Heranziehung weiterer Quellen ist das Verhältnis von Text und Bild in dieser Handschrift ein ganz anderes. Während die Darstellungen der Sternbilder sonst zumeist nur von den knappen Angaben eines Sternenkatalogs begleitet werden, stehen hier längere Passagen zwischen den einzelnen Bildern. Dennoch kann durch das ungewöhnlich große Format des Codex im Schnitt jeweils ein Sternbild pro Seite angeordnet werden. 53 Rom, Vat, Reg. lat. 123, fol. 205v, s. Isidor von Sevilla, Etymologiae III, 71, 32, vgl. auch Somfai 2002, S. 15 sowie Kap. III, 1. 54 Haffner 1997, S. 128.

2. Die neuen Kompendien des 11. Jahrhunderts

allem auch das Aussehen ihres prächtigen Bildschmuckes. (Madrid, Ms. 19) In den zweispaltig geschriebenen Text der Aratea sind die in kräftigen Deckfarben gemalten Miniaturen eingestellt, so dass häufig zwei Abbildungen auf einer Seite stehen. Die Konstellationen sind in rot gerahmten Bildfeldern vor einem leuchtend blauen Hintergrund zu sehen, der an den Nachthimmel erinnert. Die Positionen der Einzelsterne sind gewissenhaft durch weiße, von Punkten gerahmte Kreuze markiert, die gleichfalls die natürliche Erscheinung der Sterne wach rufen. Wir treffen hier auf eine ähnliche Ästhetik, wenn auch mit wesentlich einfacheren malerischen Mitteln, die auch den Sternenatlas Ludwigs des Frommen aus dem frühen 9. Jahrhundert kennzeichnet. (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79) Es handelt sich dabei vermutlich um Merkmale, die auch die Bilder des spätantiken Vorbildes charakterisierte. In den ikonographischen und motivischen Details folgen die Illustrationen des Madrider Codex gleichfalls den antiken Vorgaben genauer als die übrigen erhaltenen Germanicus-Zyklen. Die Darstellung des Eridanus allerdings ist in auffälliger Weise verändert. Statt dem lagernden Flussgott, der sich auf sein Wassergefäß stützt, sehen wir einen nackten Mann, der sich mit strampelnden Beinen nach rechts bewegt. (fol. 67r) Nur der bärtige Kopf und die Haltung der Arme erinnern noch an das Vorbild.55 Wenn man die Verse des Germanicus nachliest, wird deutlich, dass der Gelehrte des 11. Jahrhunderts das Bild in ganz anderer Weise verstanden hat. Germanicus spricht zunächst nur von einem Fluss, in den Phaeton stürzte, nachdem er die Kontrolle über die Pferde seines Vaters verlor und Jupiters Blitz ihn traf.56 Deshalb ist in dem neu verfassten Kommentar auch eine lange Erläuterung zum Sturz des Phaeton eingefügt, die sich auf Hesiod beruft.57 Offenbar hat der Kompilator in der antiken Miniatur nicht den Flussgott, sondern den stürzenden Phaeton gesehen. Deshalb sollte der Maler dann auch eine Figur im freien Fall wiedergeben. Unter Umständen war das Bild der Vorlage im unteren Bereich beschädigt, so dass der weg gestreckte Arm des Flussgottes unmotiviert wirkte und die Erinnerung an ein antikes Sarkophagrelief wachrief, welches den stürzenden Phaeton in ähnlicher Weise zeigte.58 Dann wäre das Bild in Anschauung der römischen Skulptur und in Kenntnis des Mythos rekonstruierend ergänzt worden und es würde sich um einen spektakulären Akt bewusster Antikenrezeption handeln. Das um die Mitte des 11. Jahrhunderts in Montecassino erarbeitete Kompendium bemühte sich also um eine große Antikennähe, die auch noch in der Kopie des 12. Jahrhunderts sichtbar bleibt und die neben den sorgsam kopierten Bildern auch die Auswahl der Texte betrifft. Dies geht mit den Bestrebungen des Abtes Desiderius (1059–1087) zusammen, der unter anderem 55 Im Leidener Germanicus (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79), fol. 68v, stützt sich Eridanus mit seinem linken Arm auf das Wassergefäß, während der rechte in einem Weisegestus ausgestreckt wird. Das Aufstützen des linken Armes ist ebenso wie das Wegstrecken des rechten in Madrid, Ms. 19 beibehalten worden. Basel, Ms. AN IV 19, fol. 37r, zeigt nur die Büste des Flussgottes. Haffner 1997, S. 59f; Lippincott 2009, S. 57f. 56 V. 362–365, Gain ed. 1976, S. 32: » Amnem qui Phaethonta suas defleuit ad undas, / postquam patris equos non aequo pondere rexit, / vulnere reddentem flammas Iovis; …«. Erst in Vers 367 fällt dann der Name Eridanus. 57 Scholia Strozziana XL, Dell’Era ed. 1979/II, S. 222. Vgl. Hesiod, Theogonie 986–991. 58 Lippincott 2009, S. 57f. Bober/Rubinstein 1986, Nr. 27, S. 70, nennen zwei Sarkophage mit entsprechenden Darstellungen, die im 16. Jahrhundert bekannt waren. (Florenz, Uffizien und Paris, Louvre) In beiden Fällen ist die Figur des Phaeton stark beschädigt, Kopf und Arme fehlen. Die Normannen haben im 11. Jahrhundert in Süditalien eine gezielte Wiederverwendung antiker Sarkophage betrieben, wie sich an den im Dom von Salerno erhaltenen Beispielen sehen lässt. Insofern ist es ohne weiteres denkbar, dass man damals in Montecassino ein solches Relief gekannt hat.

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auch eine spektakuläre, an römischen und byzantinischen Vorbildern orientierte Neuausstattung seiner Klosterkirche ins Werk setzte.59 In das neue Kompendium werden auch jene Bildthemen aufgenommen, die für die Veranschaulichung des Sternenhimmels ohne Relevanz sind und die deshalb in den meisten mittelalterlichen Handschriften fehlen. So findet sich zum Proöm das Autorenbildnis, welches den sitzenden Aratos vor einem Globus zeigt, an dem ihm die Muse Urania den Auf bau des Himmels erklärt. (fol. 55r) Diese Darstellung ist nur noch ein weiteres Mal als gezeichnete Kopie erhalten, die nur wenige Jahrzehnte zuvor in Fleury um das Jahr 1000 entstand. (Aberystwyth, Ms. 735 C) Auch die Wiedergabe Jupiters als Lenker des Himmels auf dem mit ausgebreiteten Schwingen fliegenden Adler (fol. 55r) ist ansonsten nur in jener Handschrift aus Fleury (Aberystwyth, Ms. 735 C) sowie im Sternenatlas Ludwig des Frommen und seinen unmittelbaren Kopien (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79, Boulogne, Ms. 188, Bern, Ms. 88) anzutreffen. Ein weiteres Bild ist sogar allein in dem Madrider Codex überliefert! Es handelt sich um eine allegorische Darstellung der Milchstraße in Form einer lagernden Frauengestalt in hellblauem Gewand, die einen großen weißen Reifen hält. (fol. 48v) Sie hebt sich kontrastierend von der Personifikation der Nacht ab, die im dunklen Kleid hinter ihr kauert. Im Sinne einer Wortillustration wurde hier ein einzelner Vers des Germanicus in eine spezifische Bildgestalt übertragen, die der antiken Konzeption der Allegorie verpflichtet ist.60 Von daher handelt es sich mit großer Sicherheit um einen Entwurf, welcher dem spätantiken Vorbild entnommen ist. Bei einer anderen Miniatur, die gleichfalls nur in dieser Handschrift zu finden ist, dürfte es sich aber um eine Neukonzeption der mittelalterlichen Bearbeiter handeln. Der südliche Himmelspol, der von der nördlichen Erdhalbkugel immer unsichtbar bleibt, wird ausschließlich im Kommentar unter der Bezeichnung Austronothus beschrieben und als Thetis, die Gattin des Oceanos und Amme der Juno, gedeutet.61 Erstaunlicherweise werden hierfür auch Sternpositionen aufgelistet und so erhält diese angebliche Konstellation ebenfalls ein Bild, das ein fremdartiges Mischwesen zeigt. (fol. 73v) Es besitzt den Oberkörper einer schönen Frau, die Vorderbeine eines Pferdes und den Unterleib einer Tigerin, deren Zitzen der Maler überdeutlich wiedergibt. Der zugehörige Text zitiert zunächst die ersten Sätze der Recensio interpolata, welche die beiden Himmelspole beschreiben und erläutern, dass der südliche Pol der Erde gegenüberliegt und von uns deshalb niemals gesehen werden kann.62 Der mittelalterliche Autor fügt dann aber eine mythologische Deutung hinzu, die er bei Hyginus fand, welche dort aber nur berichtet, weshalb das Sternbild des großen Bären niemals untergeht. Der große Bär, so schreibt Hyginus, wird zumeist mit Callisto identifiziert. Tethys, die Frau des Oceanos, würde sich aber weigern jene ehemalige Geliebte Jupiters in der gleichen Weise wie die anderen Sternbilder im Ozean zu empfangen, da Tethys die Amme der Juno gewesen sei, welche wiederum die trium59 Cowdrey 1983; Bloch 1986; Haffner, 1997, S. 95ff; dell’Olmo 2007. 60 Germanicus, Vers 457: »lactis ei color et mediis via lucet in umbris;« (( Jener Kreis) ist von der Farbe der Milch und leuchtet als Straße inmitten der Dunkelheit), s. Haffner 1997, S. 66f. 61 Scholia Strozziana Kap. LIV, Edition Dell’Era 1979, S. 252: »… et Austronothus dicitur, quem quidam dicebant esse Thetim. Thetis enim Oceani uxor, nutrix Iunonis et eam fingitur in oceano prohibere occidere. Haec habet stellas in capite VII non claras, … fiunt omnes XX.« 62 Ebd. »Vertices extremos, circa quos sphera caeli voluitur, Polos antiqui nuncupauerunt, e quibus unus est septentrionalis, qui boreus appellatur, qui nuncquam occidit, alter australis, qui terrae obiectus a nobis nuncquam videtur …«; vgl. Recensio interpolata Maas ed. 1958, S. 180.

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phierende Gegenspielerin von Callisto ist.63 Der unsichtbare, im Ozean versunkene südliche Pol wird von dem Gelehrten in Montecassino offenbar deshalb mit jener Gattin des Oceanos verbunden, weil sie nach Aussage des Hyginus den Sternbildern des nördlichen Pols in ablehnender und damit auch gegensätzlicher Weise gegenüber stand. Es fehlen jetzt nur noch Angaben zum Aussehen und der Gestalt von Tethys. In dieser Situation unterlief ihm allerdings eine Verwechslung. Denn er kannte die Erzählung Ovids von der schönen Meeresgöttin Thetis, die Peleus zur Frau nahm und mit der er dann Achilleus zeugte.64 Thetis jedoch versucht, sich durch eine Folge von Verwandlungen dem Begehren des Peleus zu entziehen, und es gelingt ihr zunächst den sie bedrängenden Mann in Gestalt einer wilden Tigerin abzuschütteln. Die Merkmale des Bildes gehen ohne Frage auf diese Schilderung zurück. Die vielen Erscheinungsformen der Göttin sind hier in einer Mischgestalt zusammengefasst. Nun ist aber Thetis die Tochter des Nereus und damit die Enkelin jener Titanin Tethys, von der Hyginus spricht. Da das Lateinische im Unterschied zum Griechischen die Differenzierung in zwei T-Laute nicht kennt, ist eine derartige Verwechselung leicht nachzuvollziehen. Dennoch ist sie für einen antiken Autor kaum vorstellbar, zumal es sich um astronomischen Unsinn handelt und die so präzise anmutende Auflistung der Sterne frei erfunden ist. Doch offenbart sich in dieser zunächst skurril anmutenden Bilderfindung, die ganz der Lektüre klassischer Autoren verpflichtet ist, zugleich eine wissenschaftliche Neugier, die sich nicht damit zufrieden geben mag, dass die Sternbilder, welche den astronomisch so wichtigen südlichen Himmelspol markieren, einfach ungenannt bleiben. Alle antiken Autoren gehen selbstverständlich davon aus, dass es auf der Südhalbkugel weitere Sternbilder gibt, die uns unbekannt sind, da wir sie niemals sehen können.65 Dem Gelehrten des 11. Jahrhunderts in Montecassino genügt diese Aussage nicht mehr. Er versucht durch gewissenhafte Auswertung unterschiedlichster Texte etwas über dieses Unbekannte in Erfahrung zu bringen. In diesem Zusammenhang besitzen mythologische Informationen für ihn einen hohen Stellenwert. Von daher handelt es sich bei diesem Bild und seiner kurzen Erläuterung, um den einzigartigen Versuch eine wenn auch nur rudimentäre Vorstellung davon zu bekommen, wie der Sternenhimmel über der südlichen Erdhalbkugel eigentlich aussieht, von dem man damals keine Anschauung gewinnen konnte, dessen Existenz aber außer Frage stand. So zeugt dieses so fremdartig anmutende Bild von dem bemerkenswerten Bemühen, Ungesehenes in Erfahrung zu bringen und die Grenzen der Erkenntnis auszuweiten. Der eigentümlichen Gestalt der Tethys verleiht der Maler den Habitus eines wilden Naturwesens, das in schnellem Lauf daher kommt und in den erhobenen Armen Büschel von Pflanzen hält. Das ferne und nie gesehene Sternbild gleicht damit jenen Mischwesen, deren Existenz man an den Rändern der Welt vermutete. Das dürfte dieser Figur in den Augen der damaligen Leser eine gewisse Plausibilität verliehen haben.66 Michael Scotus im 13. Jahrhundert hat jedenfalls

63 Hyginus II, 1, 5, Le Boeuffle ed. 1983, S.19: »Hoc signum, ut complures dixerunt, non occidit; et qui volunt aliqua de causa esse institutum, negant Tethyn Oceani uxorem id recipere, cum reliqua sidera eo perveniant in occasum, quod Tethys Iunonis sit nutrix, cui Callisto succubuerit ut paelex.« 64 Ovid, Metamorphosen XI, 243ff. 65 Vgl. Macrobius I, 16, 3–6 sowie Martiaus Cappella VIII, 831; vgl. auch Plinius II, 71. 66 Zu den Monstern am Rande der Welt s. u. (London, Ms. Cotton Tib. B V).

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seine Existenz nicht in Zweifel gezogen und auch im 15. Jahrhundert wird es in die humanistisch geprägten Abschriften dieses Kompendiums aufgenommen.67 In der Madrider Handschrift und wohl auch in ihrer aus dem 11. Jahrhundert stammenden Vorlage spielen die Miniaturen sichtlich eine größere Rolle als üblich. Ungewöhnlich aufwendig sind die Illustrationen zu den Fingerzahlen gestaltet, die das erste Kapitel von Bedas Grundlagenwerk De tempore ratione begleiten. Auf vier Seiten reihen sich, mit Deckfarben sorgfältig ausgemalt, die Gestalten halbnackter Männer aneinander, welche die beschriebenen Gesten vorführen. (fol. 3r–4v) Weiter hinten im Codex finden sich noch eine Reihe gezeichneter Illustrationen in großem Format, deren farbige Ausführung wohl nicht mehr zu Stande kam. Die gleichen Darstellungen, welche dem sogenannten Liber Nemroth entnommen sind, enthält auch die frühe, noch aus dem 11. Jahrhundert stammende Kopie jenes Florilegiums von Montecassino, die für die Abtei von Cava dei Tirreni entstand.68 Es handelt sich dabei um ein Kreisdiagramm der zwölf Winde (fol. 120r), ein Schema der vier Jahreszeiten (fol. 121r) und eine Darstellung von Nimrod mit seinem Schüler Ioanthon vor der Rota der 24 Stunden (fol. 121r). Weiterhin ist einem Text zur Geschichte der Astronomie eine Szene vorangestellt, in der Abraham die Gelehrten Ägyptens unterrichtet und ihnen am Sternenhimmel, der in einem Kreissegment sichtbar wird, die verschiedenen Himmelskörper und ihre Wanderungen erläutert. (fol. 120v) Dieses Bild verdeutlicht einmal mehr das besondere Gewicht, welches der Sternenwissenschaft in diesem Kompendium aus Montecassino zukommt. Von daher ist es mit der ungleich systematischer angelegten Enzyklopädie des spanischen Mönches Oliva aus S. Maria de Ripoll durchaus vergleichbar. Die in Madrid erhaltene Kopie des 12. Jahrhundert wurde ca. 1228–34 am Kaiserhof Fiedrich II. von Michael Scotus intensiv genutzt, als er dort den sogenannten Liber introductorius verfasste.69 Sowohl im Text wie auch in den Bildern lassen sich zahllose Übernahmen nachweisen, die es sehr wahrscheinlich machen, dass Michael Scotus genau diesen Codex vor Augen hatte. Von daher muss die Madrider Handschrift damals in Sizilien verfügbar gewesen sein. Möglicherweise ist sie im zweiten Drittel des 12. Jahrhunderts bereits im Umfeld des normannischen Königshofes von Roger II. (1095–1154) entstanden, dessen astronomischen Interessen anderweitig gut belegt sind. Die Kopie des ambitionierten Handbuches aus Montecassino könnte dann für eines der vom König geförderten Abteien in Auftrag gegeben worden sein. Doch gibt es für eine derartige Vermutung – abgesehen von stilistischen Bezügen – leider keine weiteren Indizien.70 Ein weiteres mit neuem Anspruch zusammengestelltes Kompendium stammt aus England. Vermutlich in Canterbury stellte man im zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts einen überreich illustrierten Codex zusammen, der in Text und Bild den gesamten Kosmos zu erfassen sucht und insbesondere die verschiedenartigen Wesen vorstellt, welche die unterschiedlichen Teile der Welt bewohnen. (London, Cotton, Ms. Tib. B V) Dabei hatte man offenbar nichts anderes als eine wissenschaftliche Weltbeschreibung im Sinn. Den mythischen Gestalten, die am Himmel als Sternbilder ihre Bahnen ziehen, kam in diesem Rahmen selbstverständlich eine wichtige 67 68 69 70

S. dazu Bd. II. Cava dei Tirreni, Cod. 3, Castineiras González 1999, Mattei-Cerasoli 1935, Bd. I, S. 12ff. S. dazu Bd. II. Zur sizilianischen Buchmalerei im 12. Jahrhundert Pace 1979; Orofino/Pace 1994.

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Rolle zu. Die unbekannten Kompilatoren verfassten allerdings keine eigenständige Abhandlung, sondern trugen vielmehr verschiedene Texte zusammen, die gewissermaßen als Bausteine dienten. Den Ausgangspunkt bildete ein Handbuch zur Zeitbestimmung und Kalenderberechnung, das mit weiterem, speziell geographischem Material angereichert wurde. Doch steht der Komputus sichtlich nicht mehr im Mittelpunkt des Interesses, denn der Kalender sowie die Tafeln für die Berechung der Ostertermine waren zum Zeitpunkt der Niederschrift bereits veraltet.71 Wichtiger waren offenbar die verschiedenen und ausführlichen Bildzyklen, die man in dieser Handschrift vereinte. Das Buch beginnt mit einem Kalenderteil und erläutert somit zunächst den Ablauf des Jahres. Die unterschiedlichen Tätigkeiten, welche im Rhythmus der Monate das Leben in einer agrarischen Gesellschaft prägen, stehen als querrechteckige Illustrationen wie Titelbilder über den Seiten. (fol. 3r–8v) In figurenreichen Szenen sehen wir das Pflügen, Säen und Ernten, das Fällen von Bäumen, die Hirten bei der Herde oder Jäger auf Wildschweinjagd. Auch ein vornehmes Festmahl und die adlige Falkenjagd auf Enten fehlen nicht. Es handelt sich hierbei um einen völlig neuartigen Zyklus, der erst wenige Jahre zuvor in Canterbury konzipiert worden war und der zum ersten Mal die jahreszeitlichen Beschäftigungen mit solcher Ausführlichkeit schildert.72 Als eine Art Bilderfundus nutzte man dafür den karolingischen Utrecht-Psalter, der damals in Canterbury zur Verfügung stand. Aus dem Detailreichtum seiner gezeichneten Illustrationen ließen sich leicht die verschiedenen Motive zusammensuchen. Dem Leser wird damit zunächst der ihm vertraute Teil der Welt gezeigt, den er aus eigener Erfahrung überschaut. Anschließend werden die Bewohner der himmlischen Sphären, nämlich die Sternbilder, mitsamt den Winden, den Planeten sowie den beiden Luminaria Sol und Luna vorgeführt. Als Vorlage wählte man die großzügig illustrierte, karolingische Cicero-Handschrift aus Aachen, die im 10. Jahrhundert aus Fleury nach Canterbury gelangt war. (London, Ms. Harl. 647) Bis hin zur Gestaltung der Seiten folgt man auf das genaueste jenem Vorbild und räumt jedem Sternbild eine Seite ein, wobei die Verse der Aratea unterhalb der großformatigen Miniaturen stehen. Doch sind die Konstellationen hier nicht als carmen figuratum wiedergeben, sondern in kräftigen Farben ausgemalt worden. Nachträglich hat man die erläuternden Kommentare dann um die Bilder herum geschrieben, dabei allerdings manche der Hyginustexte durch die Beschreibungen der Recensio interpolata ersetzt. Dies ist möglicherweise auf die schlechte Lesbarkeit der Figurengedichte in der karolingischen Handschrift zurückzuführen. Die Bilder selbst sind jedoch getreue Kopien der karolingischen Vorlage, nur die dort für die Scholientexte frei gehaltenen Teile wurden im zeitgenössischen Sinne ergänzt. Der antiken Beschreibung der Erde von Priscian stellt man eine äußerst bemerkenswerte Weltkarte voran, die völlig unabhängig von den Angaben des Textes ist. (fol. 56v) Sie nützt den gesamten zur Verfügung stehenden Raum der Seite und lässt zudem die schematische Gestalt der älteren Karten hinter sich. Schlängelnde Linien ahmen den unregelmäßigen Verlauf der Küsten nach. Deutlich erkennbar sind zudem links unten, am nördlichen Rand, England, Dänemark, 71 Diese Teile sind wohl eher routinemäßig mitkopiert worden. Aktueller ist die Zusammenfassung die Aelfricus von den Werken Bedas in angelsächsischer Sprache gibt (um 993), die hier vermutlich aufgenommen ist, da in der Einleitung ein kosmologischer Rahmen abgesteckt wird, McGurk 1983 S. 59f. 72 London, British Library, Cotton Ms. Julius A.VI, fol. 3r–8v, Temple 1976, Nr. 62, s. auch McGurk 1983, S. 40–43. Zum Utrecht-Psalter in England Dodwell 1993, S. 100ff; Tselos 1959.

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Irland und Island eingetragen. Nord- und Mitteleuropa ist hier sehr viel mehr Platz zugestanden als in den ausschließlich auf den Mittelmeerraum bezogenen Vorlagen.73 Hier sind offenbar eigene Kenntnisse eingeflossen, die das vorgefundene Wissen erweitern. So gelingt es die Position des eigenen Landes in der Weite der Welt zu bestimmen und sich der Gestalt der Erde, ihrer Größe und auch ihrer Grenzen zu vergewissern. Über die Bewohner der fernsten Weltgegenden informiert dann ein weiterer Text (De rebus in oriente mirabilius), der über jene merkwürdigen Mischwesen berichtet, die man dort vermutete. (fol. 78v–87r) Auch dieser Bericht hat antike Wurzeln, doch ist er in die Form einer Aufzählung gebracht und stark gekürzt worden. Er wird hier zugleich mit einer englischen Übersetzung abgeschrieben.74 Jedem dieser eigentümlichen Wesen ist nach den zweisprachigen Zeilen aber auch ein Bild gewidmet. Erst diese Darstellungen verhelfen den kargen Informationen zu einer anschaulichen Gestalt. Auch dieser Zyklus ist vermutlich erst kurz zuvor in England entstanden.75 Hier kann man neben dem Vogel Phoenix in seinem Nest aus Zimt auch den Zentauren oder den Elefanten betrachten. Ebenso trifft man diverse Riesen, die zum Teil mehrere Köpfe oder übergroße Ohren besitzen, aber fast immer ausgesprochen scheu sind und vor dem Anblick des Menschen fliehen. Die schrecklichen Cynokephalen, die einen menschlichen Körper mit dem Kopf eines Hundes, der Mähne eines Pferdes und den Stoßzähnen eines Ebers vereinen, zeigt der Maler ungeachtet ihrer Furcht erregenden Gestalt als Vegetarier, die sich von Blättern und Früchten ernähren. Die von Gott geschaffene Welt hat in der Vorstellung derjenigen, welche diese Handschrift konzipierten, Platz für alle nur denkbaren Wesen, für die Gestalten der antiken Mythologie ebenso wie für monströse Zwitter, die man sich gleichwohl ohne menschliche Gefühle nicht denken kann. Nach der Sternenwelt des Himmels und den fernsten Gegenden der Erde fehlt in dieser Zusammenstellung noch die Unterwelt. Genauere Angaben zu ihrer Gestalt fanden sich in einer spätantiken, alttestamentlichen Apokryphe, von der wir heute nur mehr die wenigen Zeilen kennen, die hier zitiert sind.76 Dort wird über die ägyptischen Magier Jamnes und Mambres berichtet, die zunächst als Widersacher des Moses auftraten, aber später zur Buße bewegt wurden. Mambres öffnet seine magischen Bücher und holt mit Hilfe der Nekromantie die Seele seines verstorbenen Bruders Jamnes aus der Unterwelt empor. Dieser schildert ihm dann voller Schrecken die großen Feuer der Hölle und den See des Verderbens, aus dem kein Aufstieg möglich ist. Mit präzisen Maßangaben beklagt er zudem die Enge des ihm zur Verfügung stehenden Raumes – zwei Ellen breit und vier Ellen lang. Der Maler ergänzt diese kurze Passage aus einer entlegenen Quelle mit einem erstaunlichen Bild. Es steht auf der Versoseite des soeben paraphrasierten Textes und nutzt den gesamten Raum des Pergamentblattes. (fol. 87v) Es ist mit Abstand die größte und auffälligste Miniatur 73 McGurk 1983, S. 79–87; Englisch 2002, S. 245ff., 588f. 74 Dieser Text geht auf einen fiktiven Brief des Pharasmanes an den Kaiser Hadrian zurück, der wohl als rhetorische Übung in römischer Zeit entstand. Die mittelalterliche Paraphrase verwandelt diese Abhandlung in einen äußerst knappen, sachlich gehaltenen Katalog der wundersamen Wesen des Ostens. S. Friedman 1981, S. 144ff. und Friedman 1986, Austin 2002, Gibb 1977 sowie McGurk/A.Kock 1983, S. 88–103. 75 Die Bildfolge im Beowulf-Manuskript London, Brit. Lib. Ms. Cotton Vitellius A. XV ist etwas früher und weist einige Unterschiede auf. 76 James 1920, S. 31–38; James1901; Förster 1902; Gibb 1977, S. 123f., 181f.; vgl. auch McGurk/A.Kock 1983, S. 99.

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des gesamten Codex. In einer Erdhöhle zeigt er die gemarterten Seelen, die inmitten der lodernden Flammen liegen und von Schlangen und Raubtieren gebissen werden. Davon ist in dem Bericht aber gar nicht die Rede. Die Anregung dazu entnimmt er wieder einer Zeichnung des karolingischen Utrecht-Psalters, in der die in einer Erdhöhle gequälten Seelen den Verweis auf das Totenreich im sechsten Psalm illustrieren.77 Der tote Jamnes kauert ganz links, von einer Schlange fest umschlungen und blickt zu seinem lebenden Bruder Mambres auf, der am Rand einer überhängenden Klippe steht. Dieser hält das geöffnete Buch des Magiers vor sich, auf das er mit ausgestrecktem Finger verweist. Der größte Schrecken geht von einem dunkelhäutigen Riesen aus, der mit seinen vorstehenden Zähnen und den Krallen bewehrten Händen einem wilden Raubtier gleicht. Es ist Satan, der Herrscher der Unterwelt, der die gemarterten Seelen verschlingt. Seine rot unterlaufenen Augen fixieren jedoch den lebenden Mambres, der sich bis an den Rand seines Reviers vorgewagt hat. Ohne Frage soll er sein nächstes Opfer sein. Doch Mambres trotzt dieser Bedrohung, er steht gelassen am Abgrund und hält dem Furcht erregenden Blick Stand. Das Vertrauen in sein Buch und das darin enthaltene Wissen ist nicht erschütterbar. So zeigt der Maler hier zwar in großer Anschaulichkeit die Schrecken der Hölle, doch inszeniert er zugleich die Rolle der Bücher und des Wissens, die auch angesichts größter Gefahr noch Sicherheit vermitteln können. Aber der Grat ist schmal, nur ein leichtes Straucheln und es ist um den selbstbewussten Mambres geschehen. So kann man dieses Bild auch als Warnung verstehen, dass der Umgang mit dem in diesem Buch enthaltenen Wissen mit Sorgfalt und Vorsicht zu erfolgen habe. Die Beschreibung des Kosmos, die in dieser Handschrift entfaltet wird, ist nunmehr komplett. Sie reicht jetzt von dem bäuerlichen Alltag der Menschen über die himmlischen Sphären der Sterne zu den monströsen Bewohnern fernster Weltgegenden und den tiefsten Feuern der Hölle. Dieses ungewöhnliche Kompendium lebt ganz entscheidend von dem Reichtum der Bilder. Wesentliche Informationen sind nur in den Miniaturen enthalten und nur sie stiften den anschaulichen Zusammenhang. Ihre Faszination hat die unterschiedlichen Benutzer immer wieder in den Bann geschlagen. Als der Normannische Herzog Wilhelm der Eroberer 1066 England unterwarf und ein neues Königtum begründete, schenkte er dieses Buch jener Abtei, die er zur Erinnerung an seinen Sieg auf dem Schlachtfeld von Hastings gründete. Hundert Jahre später wurde dann noch einmal eine in vielen Teilen aktualisierte Kopie in kleinerem Format angefertigt.78 (Oxford, Ms. Bodl. 614) In den Jahren um 1100 hat in der Normandie Baudri de Bourgueil eine poetische Weltbeschreibung verfasst, die als fiktive Schilderung der überreichen Dekoration im Schlafgemach der Gräfin Adela gestaltet ist.79 Diese Ekphrasis mit enzyklopädischem Anspruch ruft eine Reihe von Bildprogrammen auf, deren Themen uns auch in dem Kompendium aus Canterbury begegnen. (London, Cotton Ms. Tib. B V) Die Sternbilder und Planeten finden sich an der Decke jenes prunkvollen Raumes wieder; den Boden bildet eine große Weltkarte, in der an den Rän-

77 Utrecht, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. 32, fol. 3v; vgl. Jordan 1986, S. 292ff. 78 S. u. Kap. V, 2. 79 Hilbert 1979, Nr. 134 »Adelae comitissae«, S. 149ff., S. 303ff. zur Person des Baldricus; Otter 2001 mit englischer Übersetzung; vgl. Blume 2000, S. 18ff.

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dern Asiens und Afrikas auch die Wohnorte der wundersamen Mischwesen verzeichnet sind.80 Im Verlaufe des 12. Jahrhunderts entstehen dann noch weitere Weltbeschreibungen, die versuchen in enzyklopädischer Form die unterschiedlichen Bereiche des Kosmos zu behandeln.81 Doch sind diese Texte, soweit mir bekannt, niemals mit einer umfassenden Illustration versehen worden. Die hier besprochene Handschrift aus Canterbury steht insofern mit ihrer systematischen Zusammenstellung von Texten und Bildzyklen auch am Beginn einer neuen Tradition, doch bewahrt sie in der Dominanz der Bilder zugleich einen besonderen Status. Aus dem 11. Jahrhundert sind uns drei außergewöhnliche Bildhandschriften erhalten, die alle mehr oder weniger zur gleichen Zeit entstanden und die versuchen bestehendes Wissen neu zusammenzufassen. Jede von ihnen dokumentiert auf jeweils eigene Weise ein deutlich gewachsenes Interesse am Bild. Das Gewicht, das man den Illustrationen im Rahmen der Studien des Quadriviums zumisst, hat sichtlich zugenommen. Ging es in Fleury in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts noch allein um eine korrekte Wiedergabe der Sternbilder, um einen verbindlichen Zyklus, der den Ansprüchen und erweiterten Interessen der reformierten Abteien genügen konnte, so sind es jetzt auch andere Bilder, die für den Komputus nicht weiter relevant sind, denen aber dennoch Platz auf dem kostbaren Pergament zugestanden wird. Der Mönch Oliva geht in Spanien mit den überlieferten Bildern sehr selbständig um und verleiht ihnen eine neuartige Relevanz, die in direktem Bezug zur astronomischen Bedeutung der unterschiedlichen Himmelskörper steht. In Montecassino reproduziert man eine antike Vorlage mit einer großen Genauigkeit und einer Neugier, die sich allen Bildern gleichermaßen widmet. In England stellt man sogar ein Bildkompendium des gesamten Kosmos zusammen, das den Leser und Betrachter in einer bis dahin unbekannten Fülle von Bildern sowohl mit den Himmelswesen wie mit den Ausgeburten der Erde und den menschlichen Existenzformen konfrontiert.

3. Komputus und Quadrivium im 11. Jahrhundert In der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts wird im nordfranzösischen Kloster St. Bertin in Saint Omer möglicherweise durch Abt Odbert (986–1008) eine Kopie des prunkvollen Sternenatlas Ludwig des Frommen angefertigt. (Boulogne, Ms. 188) Das Interesse galt dabei antiken Klassikertexten, doch wurden sie offenbar ausgewählt, da sie mit dem Komputus in Verbindung standen. Denn in diesem Codex finden sich ebenfalls die Kalendertexte und Tafeln zur Osterberechnung aus dem sogenannten Filocaluskalender von 354, der im 9. Jahrhundert gleichfalls in Aachen gewesen ist.82 Der überreiche Bildschmuck dieser spätantiken Prachthandschrift wird aber nicht übernommen, da er für das Verständnis der Kalendertexte als überflüssig erachtet wurde. Die poetische Himmelsbeschreibung des Germanicus jedoch ist ohne die zugehörigen Bilder nicht zu rezipieren. In der höfischen Vorlage (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79) sind die Verse ja auch im

80 In den Versen 583–670 findet sich die Beschreibung des Sternenhimmels, die Mischwesen und Monster sind in den Versen 724, 754, 815ff. und 930ff. genannt. 81 Ich denke hier an Honorius Augustodunensis’ Imago mundi, Alexander Neckhams De natura rerum oder Gervasius von Tilburys Otia, vgl. dazu Rothmann 2002, S. 135f., 148ff. 82 Stern 1953.

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Grunde nur die Tituli der sehr viel aufwendigeren Bilder. In der Kopie wird trotz einfacherer Ausführung die Gleichwertigkeit von Bild und Text immerhin noch gewahrt, da die linke Hälfte der ungewöhnlich großen Seiten jeweils von zwei Bildern ausgefüllt ist, denen der einspaltig geschriebene Text gegenübersteht. Auch die Position der Sterne ist mit großer Sorgfalt übertragen worden, obwohl sie im Text keine Erwähnung finden. Wir haben es hier also nicht mit einer generellen Faszination gegenüber antiken oder antikisch aussehenden Bildern zu tun, sondern mit einem reflektierten und zugleich selektiven Umgang mit der Bildtradition. Die bildliche Darstellung der Himmelskonstellationen wird dabei offensichtlich als unverzichtbarer Bestandteil der Kalenderwissenschaft angesehen. Deshalb verwendet man immer wieder Aufwand und Kosten darauf besonders eindrucksvolle, vor allem aber genaue Bilder zu erhalten. Augenscheinlich war man in dem flandrischen Kloster mit den Standardtexten zum Komputus und den einfachen gezeichneten Bilderserien der Konstellationen nicht zufrieden und so nutzte man eine Gelegenheit oder bemühte sich sogar darum die alten Hof handschriften kopieren zu können. In den Jahrzehnten um die Jahrtausendwende werden an verschiedenen Orten komputistische Handschriften zusammengestellt, die häufig das alte Material mit neueren Texten erweitern. So wird in St. Gallen am Ende des 10. Jahrhunderts die Aratea in der Version der Recensio interpolata mit den entsprechenden Bildern nach einer karolingischen Vorlage aus dem gleichen Kloster kopiert. (St. Gallen, Ms. 250 nach St. Gallen, Ms. 902) Doch fügt man jetzt neben den kompletten Werken Bedas und einer Reihe kürzerer astronomischer Texte vor allem noch die Prosaabhandlung De Astronomia des Hyginus hinzu, die jetzt allenthalben eine größere Aufmerksamkeit erfährt. Die Zeichnungen in der Handschrift des 10. Jahrhunderts sind nicht nur sorgfältiger und Detailreicher ausgeführt, sondern man hat auch die Positionen der Sterne, die in der Vorlage fehlen, nach den Angaben des Textes als rote Punkte eingetragen. So tritt hier deutlich ein Interesse an der Bilderfolge zu Tage, die man in mehrfacher Hinsicht verbesserte und der man auf diese Weise ein größeres Gewicht verlieh. Die Anlage des Codex fällt in eine Zeit, in der das St. Gallener Kloster nach den Zerstörungen des Ungarneinfalls und im Anschluss an seine Reformierung einen allgemeinen Aufschwung erlebte. Ein vergleichbarer Fall lässt sich auch für die Abtei von Saint Germain-des-Pres nachweisen. (Paris, Ms. lat. 12117) Hier bildete die karolingische Ausgabe der Libri computi aus Saint Denis den Ausgangspunkt. (Rom, Vat. Reg. lat. 309) Es handelt sich um ein umfangreiches komputistisches Handbuch, das mit großer Sorgfalt um 1060 zusammengestellt und mit aufwendigen Illustrationen versehen wurde. Es ist um neuere Abhandlungen des Helpericus von Auxerre und des Abbo von Fleury sowie die Annalen des Klosters erweitert. Die Sternbilder sind als kräftig kolorierte Federzeichnungen ausgeführt mit einer Vielzahl in und neben den Figuren eingetragenen Sternen. Die Bilder kommen in dem größeren Format der Kopie sowie aufgrund der starken Kolorierung sehr viel stärker zur Geltung als in der karolingischen Handschrift. Auch bringt der Zeichner gegenüber der Vorlage einige Ergänzungen an. So gibt er dem Orion ein Schwert in die rechte Hand, um seiner Gestik und seitlichen Wendung größere Plausibilität zu verleihen. Bei einer ganzen Reihe von Gestalten sind die Frisuren zu einer langen, zotteligen und teilweise wehenden Haarpracht verlängert. (Auriga, Virgo, Andromeda, Sagitarius) Dies führt zu einer starken Verlebendigung und einer Betonung der Bewegungsmotive, wie sie auch bei den in Fleury entstandenen Zyklen des 10. Jahrhunderts zu beobachten ist. Deutlich ist demnach zu spüren, dass hier nicht mechanisch und routinemäßig

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IV. Himmelskunde im Rahmen der Klosterreform

kopiert wurde, sondern dass der Zeichner von einer Faszination für die fremdartigen Gestalten des Himmels geleitet wurde. Auffällig sind zudem die Darstellungen, welche die Kurzchronik aus dem ersten Buch der Libri computi begleiten. Der zweispaltig geschriebene Text wird hier durch eine Doppelarkade eingefasst, in deren Lünetten jene Patriarchen zu bewundern sind, deren Biographie der Text berichtet. Auf Folio 106r sehen wir drei nimbierte Gestalten, von denen die mittlere und größte – vermutlich Abraham – mit einem Astrolabium hantiert. Auf Folio 107r beginnt eine ChristusVita, bei der die Anbetung durch die heiligen drei Könige in besonderem Maße hervorgehoben ist. (fol. 108r) Anschließend folgt noch eine Illustration, welche die Reise der Magier zeigt, die von dem Stern geleitet werden. Das astronomische Interesse und die Zweckbestimmung dieser Textsammlung prägt also in deutlicher Weise auch diese Bildfolge. Aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammt ein weiteres umfangreiches Handbuch zum Komputus, das im weiteren Umfeld Fleurys wohl in der Loire-Gegend entstand. (Dijon, Ms. 448) Kennzeichnend ist hier ein kosmologisch gefärbtes Interesse, das sich in der Wiedergabe zahlreicher Diagramme niederschlägt, die aus verschiedenen Vorlagen zusammengetragen wurden. Weiterhin hat man sich darum bemüht die unterschiedlichen Himmelskörper auch in gesonderten Bildern vorzuführen. Das den Libri computi entnommene Diagramm der Planetenbahnen wurde um die Büsten der Planeten erweitert, die als Gruppe hinter dem Sphärenschema zu stehen scheinen. Anschließend präsentiert man – ähnlich wie auch der Mönch Oliva in S. Maria de Ripoll (Rom, Vat. Reg. lat. 123) – die Tierkreiszeichen in einem gesonderten Zyklus. Wie ein Titelbild geht dieser Bildfolge eine kartographisch wirkende Darstellung voran, welche den nördlichen Himmelspol, der durch die Schlange mit den beiden Bärinnen angegeben ist, in der Mitte des Ringförmigen Zodiakus zeigt. Hierbei handelt es sich um die eigenständige Kombination unterschiedlicher Vorlagen. Die Darstellungen von Sol und Luna im Tierkreis, die sich in der Tradition der Recensio interpolata findet, wird durch die Einfügung der Polsterne verändert, um den Eindruck einer Himmelskarte hervorzurufen. Das Bild der Schlange mit den Bärinnen ist anschließend ein weiteres Mal zu sehen, so dass die zentrale Rolle des Himmelspols in besonderer Weise betont wird. Während die Zeichnungen der Tierkreiszeichen die gesamte Breite der Seite nutzen, ist die Folge der Sternbilder zweispaltig organisiert, was nur ein sehr viel kleineres Bildformat ermöglicht. So ist hier also eine inhaltlich begründete Differenzierung vorgenommen worden, die der astronomischen Bedeutung entspricht. Die Ikonographie der Sternbilder orientiert sich an den Illustrationen der Libri computi, die Darstellungen der Zodiakzeichen aber folgen den Vorgaben des von Fleury aus verbreiteten Sternenkatalogs De signis coeli. So werden in dieser Handschrift in sehr überlegter Weise Bilder unterschiedlicher Vorlagen miteinander verbunden. Offenbar soll die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Bilder für ein tieferes Verständnis der Astronomie nutzbar gemacht werden. So zeigt sich hier trotz der eher traditionellen Textzusammenstellung ein verstärktes Interesse an astronomischen Zusammenhängen, das zu einem deutlich erweiterten Bildschmuck geführt hat. Immer häufiger finden sich im 11. Jahrhundert die Himmelsbeschreibungen mit den zugehörigen Bildzyklen in Handschriften, die offenbar für den Schulgebrauch konzipiert wurden und Texte zum Studium des Quadriviums vereinen. Für die im Ausbau befindliche Kathedralschule von Straßburg ließ Bischof Werinhar (gest. 1028) eine ganze Reihe von Handschriften herstellen, um auf diese Weise eine Grundlage für ein verbessertes Studium zu schaffen. Dazu zählt auch eine vereinfachte Kopie des Sternenatlas

3. Komputus und Quadrivium im 11. Jahrhundert

Ludwigs des Frommen (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79), die nach der Abschrift des Abtes Odbert von St. Bertin ins Saint Omer (Boulogne, Ms. 188) angefertigt wurde. (Bern, Ms. 88) Bei dieser Kopie behielt man zwar das große Format der Vorlage bei, aber die Bilder stehen jetzt ohne Hintergrund und Rahmen vor dem Pergamentgrund und zeigen auch in der Ausführung einige Nachlässigkeiten. Vor allem sind die Sterne nur bei den ersten Bildern eingetragen und auch da nur unvollständig und ungenau. Der besondere Informationswert der karolingischen Bilder, den die Abschrift in Saint Omer noch bewahrt hatte, geht dadurch verloren. Dieser Mangel wird dann wohl nachträglich durch Textergänzungen behoben, in dem man den Sternenkatalog De signis coeli gegenüber den Sternbildern auf dem Rand eintrug. Vermutlich gehörte diese für Straßburg bestimmte Germanicus-Abschrift mit den Abhandlungen des PS-Boethius zu Geometrie und Arithmetik zusammen, die 1004 geschrieben wurden. (Bern, Ms. 87). Die Himmelsbeschreibung wäre damit der astronomische Teil eines Grundlagenlehrbuches zum Quadrivium und stünde nicht mehr in direktem Zusammenhang mit dem Komputus. Aus Frankreich stammt ein weiterer Codex, der die Aratea in der Fassung der Recensio interpolata gemeinsam mit Standardwerken zur Arithmetik, Geometrie und Musik enthält. (Prag, Ms. IX C. 6) Auch aus Fleury, dem Zentrum klösterlicher Studien, besitzen wir aus der Zeit um 1000 eine Handschrift, welche astronomisches Wissen als Teil des Quadriviums präsentiert. (Paris, Ms. lat. 8663) Neben Hyginus und Macrobius finden sich dort im zweiten Teil verschiedene Texte zur Arithmetik, unter anderem auch von Gerbert von Aurillac. Um die nicht illustrierte Abhandlung des Hyginus mit dem für notwendig erachteten Bildzyklus zu versehen, fügte man einige Seiten mit Sternbilderdarstellungen hinzu. Die Zeichnungen der Konstellationen sind hier locker über die Seiten verteilt und anschließend mit dem Sternenkatalog der Libri computi kommentiert worden. Die Darstellungen kombinieren in recht freier Weise ikonographische Merkmale verschiedener Zyklen. Sie dürften von daher eine eigenständige Auseinandersetzung mit dem in Fleury so reichlich vorhandenen Vorlagenmaterial spiegeln.

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95–112

746–753

681–690

V.

Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

1. Hyginus – Die neue Rezeption eines antiken Textes Die ausführliche, in Prosa verfasste Abhandlung des Hyginus gibt unter dem Titel De astronomia einen systematischen Überblick über den Auf bau des Sternenhimmels und schildert im zweiten Buch ausführlich die mit den Sternbildern verbundenen Mythen, während im dritten Buch die Verteilung der Einzelsterne zur Sprache kommt. Dieser Text zog seit dem 11. und vor allem im 12. Jahrhundert ein zunehmendes Interesse auf sich, da er mehr Informationen bereit stellte als die gängigen Himmelsbeschreibungen der Komputus-Handbücher. Dies zeigt sich deutlich an der Handschriftenüberlieferung, die für die Zeit von 1100 bis 1200 doppelt so viel Textzeugen aufweist wie jeweils für die vorangegangenen Jahrhunderte. Danach, im 13. und 14. Jahrhundert lässt das Interesse wieder stark nach, um dann unter humanistischen Vorzeichen im 15. Jahrhundert erneut aufzuleben.1 Der Hyginustext lag aber nicht in einer illustrierten Ausgabe vor und wurde zunächst auch nicht für eine Bebilderung eingerichtet. Vielmehr fertigte man zuweilen Exzerpte an, welche die eher knappen Ausführungen der Sternenkataloge ergänzen sollten. Am Aachener Hof in der ersten Hälfte des neunten Jahrhunderts fügte man die mythologischen Erklärungen des Hyginus in der Art von bibliophilen Figurengedichten den Versen des Aratos in der Übertragung des Cicero hinzu. (London, Harley Ms. 647) Möglicherweise im Zusammenhang seiner Lehrtätigkeit im englischen Kloster Ramsey wertete Abbo von Fleury seinerseits Buch III aus, um einen eigenen Sternenkatalog zu erarbeiten, der zusammen mit weiteren von ihm zusammengestellten astronomischen Texten in mehreren englischen Handschriften überliefert ist.2 Ein wohl im Auftrag Abbos um 994 zusammengestelltes Lehrbuch zur Astronomie wird durch die Abhand-

1 Zur Handschriftenüberlieferung Viré 1988. Während für das 9. Jahrhundert acht Handschriften nachzuweisen sind, für das 10. Jahrhundert sieben und für das 11. Jahrhundert wiederum acht, steigt die Zahl im 12. Jahrhundert auf fünfzehn an, um dann für die folgenden beiden Jahrhundert auf jeweils drei abzusinken. Aus dem 15. Jahrhundert sind dann 46 Handschriften erhalten. 2 London, Brit. Lib., Royal Ms. 13 A XI aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts, s. die Angaben im Katalog; ebenso Cambridge, Trinity College, Ms. R.15.32 (olim 945) und Brüssel, Bibl. Royale, Ms. 2194-5, vgl. Boutemy 1939; Van de Vyver 1935.

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273

V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

lung des Hyginus eröffnet, die zudem von zwei Gedichten Abbos eingerahmt ist. (London, Harl. Ms. 2506) Im Umkreis des Kloster Fleury findet der Hyginustext an der Wende zum 11. Jahrhundert generell ein verstärktes Interesse. Hier verbindet man ihn in einer Handschrift mit dem illustrierten Sternenkatalog der Libri computi und wiederholt die Zeichnung des Zentauren neben den Ausführungen des Hyginus, da sie offenbar, aus welchen Gründen auch immer, eine besondere Neugier erregte. (Paris, Ms. lat. 8663) Ademar von Chabannes erstellte um 1020 in Limoges eine sorgfältige illustrierte Abschrift, die das dritte Buch mit Zeichnungen versah, die er dem verbreiteten Sternenkatalog De signis coeli entnahm. (Leiden, Ms. Voss. Lat. Oct. 15) Zusätzlich kopierte er auch ein spätantikes Gedicht, das sehr detailliert eine Himmelskarte beschreibt, welche nach Aussage der Verse genau das lehren soll, was von Hyginus beschrieben wird.3 Die Lektüre dieser Verse könnte Ademar durchaus veranlasst haben, seinem Hyginus-Text durch detaillierte Zeichnungen die hier besungene Anschaulichkeit zu verleihen. In einer französischen Handschrift vom Ende des 12. Jahrhunderts war es offenbar ein zeitgenössischer Leser, der die Hyginus-Auszüge am Seitenrand um wenige Skizzen ergänzte, welche die Gestalt einiger Sternbilder sowie die Lage der Sterne zu fixieren suchten. (Leiden, Ms. Gronov. 21) Das Fehlen jeglicher Illustrationen wurde hier offensichtlich als Defizit empfunden, das man korrigieren wollte. Doch da keine Bildvorlagen zur Verfügung standen, wurde der Versuch bald aufgeben. Wilhelm von Conches (ca. 1090–1154), einer der wichtigsten Philosophen an den Kathedralschulen der Ile-de-France, sah den Wert des Hyginustextes vor allem in der exakten Himmelsbeschreibung, in den genauen Informationen zu Gestalt und Lage der Sternbilder sowie den Angaben zu den Einzelsternen.4 Doch die Rolle, welche die Abhandlung des Hyginus an der Wende zum 12. Jahrhundert spielte, wird am deutlichsten dadurch, dass eine so zentrale Gestalt wie Thierry von Chartres den Text in sein Heptateuchon genanntes Grundlagenwerk integrierte. Eine der einflussreichsten Lehrerpersönlichkeiten plante zwischen 1140 und 1150 ein umfassendes Kompendium zum Quadrivium zu erstellen, in das er für die Astronomie die antiken Werke von Hyginus und Firmicus Maternus sowie zwei erst kürzlich aus dem Arabischen übersetzte Schriften aufnahm. (Chatres, Bibl. Munic., Ms. 498) Das mit hohem Anspruch ins Werk gesetzte Projekt blieb jedoch unvollendet, die geplanten Überleitungstexte fehlen, der HyginusText bricht im zweiten Buch ab und der Verweis auf die ausführliche Abhandlung des Firmicus Maternus findet sich nur im Inhaltsverzeichnis. Die Himmelsbeschreibung des Hyginus dient hier offensichtlich als grundlegende Einführung, die den komplexeren Texten vorangestellt wurde. Die Abschnitte zu den einzelnen Sternbilder weisen Lücken für Illustrationen auf. Eine mit anschaulichen Bildern ausgestatte Schilderung des Sternenhimmels wurde von Thierry demnach als unverzichtbarer Bestandteil einer himmelskundlichen Enzyklopädie angesehen, wobei er den ausführlichen antiken Prosatext, der die Gestalt der Konstellationen auch aus den antiken Mythen erklärt, den knappen Sternenkatalogen der älteren Textzusammenstellungen vorzog.

3 Baehrens ed., 1883, Bd. V, Nr. LXVIII, S. 380f. Das gleiche Gedicht findet sich auch in einer umfangreichen komputistischen Sammelhandschrift von ca. 1060 aus St. Germain-des-Prés, Paris Bibl. Nat. Ms. lat. 12117. 4 So äußert sich Wilhelm im »Dragmaticon«, Burnett 1984, S. 154f.

1. Hyginus – Die neue Rezeption eines antiken Textes

In vergleichbaren, wenn auch zumeist weniger anspruchsvollen Zusammenhängen ist der Hyginus-Text im 12. Jahrhundert häufiger anzutreffen. In der Verbindung mit dem Timaios von Platon in der Übersetzung und Kommentierung des Calcidius sowie der Erläuterung des Macrobius zum Traum von Scipio hat sich öfters ein dezidiert kosmologisches Interesse niedergeschlagen, wie es damals von besonderer Aktualität war. (Paris, ehm. Philipps Coll. 26235, London, Arundel Ms. 339) Auch Handschriften, welche Grundlagentexte zum Quadrivium zusammenstellen, wählen für die Astronomie oft Hyginus, der dann durch Martianus Capella oder auch Firmicus Maternus ergänzt wird. (Wien, Cod. 51, Leiden, Ms. Voss. Lat. Q 92, London, Ms. Arundel, Ms. 339, Cambridge, R.15.32) Mehrfach, vor allem im süddeutschen Raum ist der Text jedoch auch in Einzelhandschriften kopiert worden. (St. Paul im Lavanttal, Ms. 16/1, Florenz, Ms. Laur. 39.30, Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 18.16) Der Text wird also im 12. Jahrhundert in erster Linie als ein handliches Grundlagenwerk benutzt, das weniger dazu dient konkrete komputistische oder astronomische Fragen zu klären, als vielmehr eine generelle Einführung zu liefern. Deshalb wird er auch häufig in Kompendien integriert, die eine kosmologische Ausrichtung verraten, wie dies ja auch von Thierry von Chartres geplant war. Dennoch ist aus derartigen Bemühungen keine wirkliche Tradition entstanden, die einen illustrierten Hyginus-Text einer weiteren Verbreitung zugeführt hätte. Zwar wurde etwa die Hälfte aller Hyginusabschriften des 12. Jahrhunderts mit Illustrationen versehen, doch ergibt sich gerade nicht das Bild einer unmittelbar zusammenhängenden Überlieferung. Die neuen, aus dem Arabischen übersetzten Schriften, die nach der Jahrhundertmitte zunehmend rezipiert wurden, enthielten eine andere, stärker mathematisch ausgerichtete Astronomie. Tabellen und geometrische Schaubilder waren hier wichtiger als die eingängigen Darstellungen der Sternbilder. Es sind sorgfältig konzipierte geometrische Diagramme, welche den neuen Abhandlungen zur Kosmologie, etwa eines Hermann von Karinthia, beigegeben wurden. Die Bewegungen der Himmelskörper sollten auf diese Weise genauer erfasst werden. Zudem bildete sich offenbar auch ein neues Verständnis von Wissenschaft heraus, das sich im Habitus von den älteren, als ungenügend empfundenen Handbüchern absetzte. Die nova scientia, von der damals zuweilen so emphatisch gesprochen wurde, zielte auf ein tieferes Verständnis des Kosmos, für das ein anderes Wissen notwendig war, das sich über die tradierten Bilder nicht so umstandslos vermitteln ließ. Man entwickelte detaillierte Diagramme, aber gab ihnen keine figürlichen und von daher unmittelbar anschaulichen Gestalten bei. 5 Das unvollendet gebliebene Werk des Thierry von Chartres steht somit gewissermaßen an einer Nahtstelle, die sich auch in seiner Textauswahl niedergeschlagen hat. Allerdings konnte man im Schulbetrieb nicht auf die klassische Himmelsbeschreibung verzichten, welche die sichtbaren Erscheinungen in eine klare Struktur brachte. Hierfür wertete man jetzt verstärkt, aber nicht ausschließlich Hyginus aus. Häufig bemühte man sich darum neue, aktualisierte Handbücher zusammenzustellen und die alten Texte durch eine Bearbeitung

5 Vgl. Blume 2000, S. 18ff.; Die Form der Diagramme verändert sich ebenfalls in den neuen, für den Universitätsbetrieb verfassten Texten. Hierbei spielt auch die Orientierung auf einen verstärkten Einsatz des Astrolabiums eine wichtige Rolle. Dazu s. Müller 2008, S. 93ff; zu Hermann von Carinthia auch Burnett 1982 mit Abb. einiger Diagramme.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

zu verbessern. Mit den Illustrationen betrieb man allerdings zumeist keinen großen Aufwand, sie konnten nur zuweilen ein spezielles Interesse an sich binden. Aus Frankreich haben sich bloß zwei mit Illustrationen ausgestattete Hyginus-Handschriften erhalten. Noch in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde ein kosmologisches Handbuch zusammengestellt, das die Himmelsbeschreibung des Hyginus mit der Abhandlung des Macrobius sowie dem Timaios in der Übersetzung und Kommentierung des Calcidius verband. (Paris, Privatsammlung, ehemals Phillipps Coll. 26235) Die Handschrift beschränkt sich demnach ausschließlich auf antike Texte und stellt zugleich die wichtigsten Abhandlungen zur Kosmologie zusammen, bevor durch die Übersetzungen aus dem Arabischen neue Informationen zugänglich wurden. Das dritte Buch des Hyginus, welches die Lage der Sternbilder und der Einzelsterne erklärt, wurde mit einfachen Federzeichnungen versehen, die in die Kolumnen des zweispaltigen Textes eingeschoben sind. Der Zeichner neigt zu ornamentaler Umgestaltung, wie bei den zu Blattmasken stilisierten Darstellungen von Krebs und Skorpion (fol. 18v), wobei er seine Unsicherheit durch den Rückgriff auf eine ihm vertraute dekorative Formensprache überspielt. Von der Ikongraphie her fallen eine Reihe von Besonderheiten ins Auge, die in den übrigen Zyklen nicht anzutreffen sind. So tritt das eine Bein des Herkules völlig widersinnig aus dem Maul des vor den Körper gehaltenen Löwenfells heraus. Hier hat der Zeichner seine Vorlage offensichtlich nicht verstanden. Auffällig ist zudem, dass die eng beieinander liegenden Sternbilder von Kepheus, Kassiopeia und Andromeda allesamt ungewöhnliche Veränderungen aufweisen. Kepheus sehen wir mit hängenden Armen, Kassiopeia als verschleierte Frau in der Art einer Marienfigur mit einem Weisegestus nach links, Andromeda ohne seitliche Felsen in einem Schreitgestus. Weiterhin fehlen den Zwillingen sämtliche Attribute, in völliger Nacktheit werden sie in einer Umarmungsgeste gezeigt. An zwei Stellen ist die Gestalt der Sternbilder offensichtlich den Ausführungen des Hyginus angepasst. So ist zu Füßen des Wassermanns ein Fisch hinzugefügt, der einen Teil des ausgegossenen Wassers verschluckt, da der Text ausführt, dass jener Wasserstrahl zu dem südlichen Fisch fließt.6 Des weiteren wird der Fluss Eridanus bloß als gewundenes Band wiedergegeben, da auch im Text nur von seinen Windungen und nicht von dem Flussgott die Rede ist.7 Die gleichen Merkmale charakterisieren nun im wesentlichen auch die wenig später entstandene Leidener Hyginus-Handschrift (Leiden, Ms. Voss. Lat. Q. 92), die allerdings eine andere Organisation der Seiten aufweist. Die einfachen Strichzeichnungen stehen hier in den schmalen Lücken des einspaltigen Textes, sind aber gleichfalls von einer starken Tendenz zur Vereinfachung und Ornamentalisierung gekennzeichnet. Auch wenn man nicht von einem unmittelbaren Zusammenhang ausgehen kann, so haben doch beide Codices ohne Frage einen gemeinsamen Ursprung.

6 Hyginus III, 28 »Effusio aquae pervenit ad eum Piscem qui solitarius figuratur, de quo posterius dicemus.«. Die entsprechende Zeichnung auf fol. 19r. Dieses Detail findet sich auch in London, Royal Ms. 13 A XI, fol. 110r und zuweilen auf Himmelskarten, wo einer der beiden Fische oder der südliche Fisch den Wasserstrahl verschluckt (Aberystwyth, Ms. 735 C; Boulogne Ms. 188; London, Ms. Harl. 647). 7 Hyginus II, 32; III, 31. Weitere Kennzeichen dieser Bilderreihe: Equus ohne Flügel, aber wie der Stier als Halbfigur. Virgo ohne Flügel mit Waage in der Hand, Hyginus bezeichnet sie als Iustitia.

1. Hyginus – Die neue Rezeption eines antiken Textes

Einige dieser Besonderheiten finden sich gleichfalls bei zwei süddeutschen Hyginus-Handschriften wieder. Noch aus dem 11. Jahrhundert stammen die Zeichnungen eines vielleicht in Konstanz geschriebenen Codex (St. Paul im Lavanttal, Cod. 16/1), die von einer ungeübten Hand, vermutlich vom Schreiber selbst, in die kleinformatigen Textlücken am Rande der Seite eingefügt wurden. Ein fast identischer Zyklus wiederum in Form einfachster, laienhafter Zeichnungen ist auch aus dem 12. Jahrhundert überliefert. (Florenz, Ms. Plut. 29.30) Auch hier ist Eridanus nur als einfacher Flusslauf gegeben, Kepheus tritt mit hängenden Armen auf und Andromeda ist mit einem gesenkten Arm in einer seitlichen Schrittstellung zu sehen.8 Besonderes Interesse verdient aber die Darstellung des Herkules, da das verkümmerte Löwenfell rechts und links des aufgestellten Beines erscheint. Das eigenartige Missverständnis in den beiden französischen Fassungen (Paris, ehem. Phillipps 26235, Leiden, Ms. Voss. Lat. Q. 92), bei denen das Bein aus dem Maul des Löwen hervortritt, lässt sich gut von einer derartigen Figur ableiten. Eine weitere Zeichnung zum gleichen Text, die um 1200 in Südostdeutschland entstand, dürfte der ursprünglichen Bildidee am nächsten kommen. Sie zeigt den Helden, der das Löwenfell mit in die Fläche gedrehter Fratze unmittelbar vor sein rechtes Knie hält. (Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 18.16, fol. 8r) Diese gemeinsamen Merkmale der französischen und süddeutschen Hyginus-Illustrationen lassen sich nur mit einem gemeinsamen Ursprung erklären. Eine Reihe von Indizien sprechen dafür, dass man die Vorlagen für die Bebilderung des antiken Textes einer Himmelskarte in der Art einer Planisphäre entnommen hat. Denn auch dort werden aus Gründen des kleinen Maßstabs und des knappen Platzes Attribute oder Requisiten fortgelassen oder die Details der Kleidung vereinfacht. Die Sternbilder stehen zum Teil in engen Gruppen beieinander, so dass ausladende Gesten eher hinderlich sind. So rückt man die Zwillinge näher zusammen oder schränkt die Gesten von Kepheus und Andromeda ein. Ein spätantikes Gedicht, das im 11. Jahrhundert in Frankreich mehrfach abgeschrieben wurde, bringt die Himmelsbeschreibung des Hyginus ebenfalls mit einer Karte in Zusammenhang.9 Eine um 1000 in Fleury gezeichnete Planisphäre zeigt nun bezeichnenderweise die meisten jener ikonographischen Besonderheiten, welche die Hyginus-Handschriften auszeichnen. (Aberystwyth, Ms. 735 C, fol. 10v) Wir sehen dort ebenfalls Andromeda in einer seitlichen Schreitbewegung ohne die flankierenden Felsen sowie Kepheus mit hängenden Armen. Auch die Figur des Herkules kommt der oben besprochenen Variante sehr nahe. Die Zwillinge treten in enger Umarmung auf, der südliche Fisch trinkt das von Aquarius vergossene Wasser und Eridanus ist nur ein gewundener Flusslauf. Da diese Karte im Globus-Typ gezeichnet ist, sind einige der Sternbilder als Rückenfiguren wiedergegeben, was vor allem bei Serpentarius, Herkules, Perseus und Bootes ins Auge springt.10 Ähnliche Phänomene finden sich vereinzelt auch in späteren Hyginusillustrationen wieder, in besonders ausgeprägter Form in einem süddeutschen Codex des frühen 13. Jahrhunderts. (Wien, Cod. 51) Auch dies ließe sich über die Ableitung von einer Himmelskarte ohne weiteres erklären. Der Miniaturen-Zyklus, der in der Handschrift aus Aberystwyth den Germanicus-Text begleitet, hat allerdings mit den Darstellungen der Karte keine Gemeinsamkeiten. Von daher ist zu vermuten, dass man in Fleury im 10. Jahrhundert eine Himmelskarte anfertigte, die allein in 8 9 10

Ebenfalls ist die Krone ornamentalisiert und den Zwillingen fehlen jegliche Attribute. S. o. Zum Problem der Globus- bzw. Himmelsansicht s. o. Kap. III, 3; vgl. auch Stückelberger 1990, S. 76f.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

der hier erwähnten Zeichnung überliefert ist. Hierfür könnte als Vorbild auch ein kleinformatiger, antiker Himmelsglobus gedient haben, wie er sich im römisch-germanischen Zentralmuseum von Mainz erhalten hat.11 Die zahlreichen Unterschiede, die im Detail zu den erhaltenen Planisphären in den übrigen Handschriften auftreten, insbesondere zu der byzantinischen Fassung (Rom, Vat. gr. 1087, 30v) und zu derjenigen des Leidener Germanicus von Ludwig dem Frommen, das in einer nordfranzösischen Kopie aus dem 10. Jahrhundert überliefert ist (Boulogne, Ms. 188, 20r), deuten jedenfalls auf besondere Entstehungsbedingungen hin, die in Fleury am ehesten gegeben waren. Wie schon erwähnt, zog die Abhandlung des Hyginus im Umkreis des Klosters von St. Benoîtsur-Loire im 11. Jahrhundert ein besonderes Interesse auf sich und wurde vielfach ausgewertet oder abgeschrieben. Da die Überlieferung des illustrierten Hyginus nicht vor dem 11. Jahrhundert einsetzt,12 ist anzunehmen, dass vermutlich im 10. Jahrhundert in Fleury nach der im gleichen Konvent erarbeiteten Himmelskarte Illustrationen für einen Hyginustext geschaffen wurden, die als einfache Zeichnungen in die Textblöcke eingeschoben wurden, wie es auch einige der späteren Handschriften noch zeigen.13 Doch hat diese Bilderreihe offenbar nie die gleiche Verbreitung erfahren wie die detaillierteren Zyklen der Komputus-Handbücher. Relativ früh dürfte eine Kopie in den Bodenseeraum vermittelt worden sein, von der dann der Codex in St. Paul im Lavanttal abhängt, da er von allen Handschriften der süddeutschen Gruppe den genauesten Text überliefert. Dass die französischen Handschriften generell das dritte Buch des Hyginus illustrieren, in denen die Position der Konstellationen beschrieben wird, während im süddeutschen Raum von Anbeginn an die mythologischen Erläuterungen im zweiten Buch mit Zeichnungen versehen werden, spricht keineswegs gegen die hier vorgetragene These eines gemeinsamen Ursprunges, da die Konstellationen in beiden Büchern in der gleichen Reihenfolge abgehandelt werden und sich die kleinformatigen Zeichnungen deshalb leicht von einem Textteil in den anderen transferieren lassen. Doch deutet dies auf unterschiedliche Interessen in den Klöstern hin. In den französischen Ausgaben begleiten die Bilder eine astronomische Himmelsbeschreibung und sollen von daher trotz aller Einfachheit zu einer grundlegenden Orientierung am Nachthimmel beitragen; sie besitzen also eine didaktische Funktion. In den süddeutschen Fassungen dagegen verleihen sie den geschilderten Mythen eine anschauliche Gestalt und dienen deshalb eher einem allgemeinen Bildungsinteresse, das auch generell dem Verständnis der antiken Dichter dient. So dürfte es kein Zufall sein, dass im erhaltenen Material allein im deutschen Raum der HyginusText auch in Einzelcodices vorkommt, während er in Frankreich immer in Handbücher des Quadriviums oder kosmologischer Ausrichtung eingebunden ist. Zu diesem allgemeineren, die Mythen einschließenden Interesse passt eine eigenwillige Ergänzung, die das Sternbild des Stieres betrifft. In den beiden frühen süddeutschen Handschriften, die im wesentlichen nur den Text des Hyginus enthalten, hat der Zeichner den Stier nicht allein

11 Künzl 2003; Dekker 2008; s. o. Kap. IV, 1. 12 Der früheste Hinweis sind die Textlücken in Cambridge, Trinity Coll. R.15.32 aus dem zweiten Viertel des 11. Jahrhudnerts sowie die Handschrift in St. Paul im Lavanttal 16/1. Der Codex Mailand, Bibl. Ambrosiana, Cod. M sup. 12 aus dem 9. Jahrhundert enthält nur zwei kurze Tituli, aber keinerlei Lücken für Illustrationen, Viré 1981 Nr. 46, S. 228ff; Munk Olsen, Bd. 1, 1982, S. 530, Bd. 3.2, 1989, S. 79. 13 St. Paul im Lavanttal, Ms. 16/1; Florenz, Ms. Plut. 29.30; Paris, ehem. Phillipps 26235.

1. Hyginus – Die neue Rezeption eines antiken Textes

zu einer vollständigen Figur ergänzt, was häufig geschieht, sondern ihm auch noch einen Reiter aufgesetzt. (St. Paul im Lavanttal, Ms. 16/1, 14v; Florenz Ms. Plut 29.30, 18r) So bescheiden und laienhaft die Zeichnungen in ihrer Ausführung auch sind, so verrät sich hier ein weiteres Mal die stimulierende Wirkung, die von diesen Sternenwesen immer wieder ausging. Aus dem mit eingeknickten Beinen ruhig lagernden Tier ist ein voranpreschendes, mehr einem Pferd gleichendes Wesen geworden, das einen bewaffneten Reitersmann trägt. Die dem Zodiak-Zeichen innewohnende Macht ist hier gleichsam personifiziert worden. Ähnliches geschieht zuweilen auch in einigen der plastischen Tierkreiszeichen-Zyklen, die man zur gleichen Zeit an den Fassaden der Kirchen anbringt.14 Doch muss man deswegen nicht unbedingt von einer direkten Beeinflussung ausgehen, viel eher wäre wohl an eine aus verwandten Intentionen gespeiste Sicht auf den Sternenhimmel zu denken. Eine Reihe von Hyginus-Handschriften aus dem süddeutschen Raum weist ebenfalls einige der oben beschriebenen ikonographischen Besonderheiten auf, ohne dass sie sich jedoch zu einer einheitlichen Gruppe zusammenschließen lassen. Ein großformatiger Codex vom Ende des 12. Jahrhunderts vereint zahlreiche Texte zum Quadrivium, wobei Hyginus und Martianus Capella die Astronomie vertreten. (Wien, Cod. 51) Eine Reihe ganzseitiger Autorenbilder zeichnet diese Handschrift zusätzlich aus. Kleinformatige, aber sehr sorgfältige Zeichnungen begleiten die Himmelsbeschreibung. Darunter finden sich auffällig viele Rückenfiguren. Dies ist beim Serpentarius mit solcher Konsequenz durchgeführt, dass allein sein Hinterkopf zu sehen ist. Dem Zeichner war offenbar das Problem der beiden Ansichtsseiten der Konstellationen bewusst und er hat versucht die entsprechenden Merkmale seiner Vorlage deutlicher herauszuarbeiten. Eine zeitgleiche Handschrift aus Süd-Ost-Deutschland zeigt zwar ein ähnliches Lay-out, folgt aber in stärkerem Maße den Vorgaben der in den Libri computi tradierten Ikonographie. (Wolfenüttel, Cod. Guelf. 18.16.Aug. 4°) So steht der Fuhrmann auf seinem Wagen und Eridanus ist als Flussgott wiedergegeben. Dennoch ergeben sich eine Reihe von Anklängen zu den übrigen Hyginus–Illustrationen, so bei Andromeda, die mit einem gesenkten Arm auftritt und der wieder die seitlichen Felsen fehlen, und dem Wassermann, dessen Wasserstrahl von einem der beiden Fische getrunken wird. Ein bis in die Einzelheiten identischer Zyklus findet sich in einer nur wenig später entstandenen Handschrift aus dem Benediktinerkloster S. Peter in Kastl/ Oberpfalz. (London, Arundel, Ms. 339) Hierbei handelt es sich um einen umfangreichen Codex zum Quadrivium, der zur Astronomie neben Hyginus auch den Timaios Platons in der Übersetzung des Calcidius und den Kommentar zum Traum des Scipio von Macrobius enthält und damit kosmologische Interessen verrät. Der Hyginustext findet sich hier in einer Bearbeitung, welche die Abschnitte aus Buch II und III zu den einzelnen Sternbildern zusammenzieht. Aufgrund von Textvarianten kann zwischen beiden Handschriften keine direkte Abhängigkeit bestehen, so dass man wohl mit einer gemeinsamen Vorlage rechnen muss, die vermutlich im Regensburger Raum typenbildend gewirkt hat. Ein weiterer Sternbilderzyklus, der an der Wende zum 13. Jahrhundert in Prüfening bei Regensburg entstand, weist wiederum enge Bezüge zu den eben besprochenen Zyklen auf. (Wien, Cod. 12600) Doch illustriert die Bilderreihe hier den traditionellen Sternenkatalog der Libri computi (De ordine ac positione) und bringt die Sternbilder deshalb in einer anderen Reihen-

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Insbesondere in Issoire und Leon, s. u. Kap. VI, 3.

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901–910

932–940

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921–929 Taf. 76, 77

V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

folge. Es handelt sich um eine Ergänzung von nur gut zehn Blatt zu einem ca. 50 Jahre älteren komputistischen Handbuch, dem auf diese Weise ein umfangreicher und zu Teilen ungewöhnlicher Bildteil angefügt wird. Neben den üblichen Darstellungen zum Fingercalculus finden sich hier die Personifikationen der vier Elemente, die auf unterschiedlichen Symboltieren reiten, sowie vor allem eine ganzseitige Miniatur, welche den Menschen als Mikrokosmos im Kreis der Winde zeigt. Hierbei handelt es sich um eine aktuelle, erst im Verlauf des 12. Jahrhunderts entwickelte Bildformel, welche die im Timaios ausführlich geschilderte Korrospondenz von menschlichem Körper und Universum zur Anschauung bringt.15 Die eingefügten Miniaturen verraten also ein deutlich über den Komputus hinausgehendes Interesse. Ein Teil der Illustrationen sind wie auch die Sternbilder in Deckfarben ausgeführt, was auf die Wertschätzung verweist, die man diesen Bildern entgegenbrachte. So kommt dem Sternbilderzyklus trotz des kleinen Formates, das durch die dreispaltige Anlage des Textes bedingt ist, ein besonders Gewicht zu. Der Maler hat, obwohl ihm der Schreiber nur wenig Raum zur Verfügung stellte, sehr lebendige Bilder geschaffen. Häufig ließ er Beine oder Füße fort, um den Maßstab nicht zu sehr verkleinern zu müssen. Er schöpfte aus mehreren Vorlagen, was wieder einmal darauf verweist wie sorgfältig derartige Bildzyklen geplant wurden.16 Vor allem hat er aber die Einzelheiten mit großer Phantasie ausgestaltet. So verwandelt er Kassiopeia in eine männliche, herrschaftliche Gestalt, die mit Ausdrucksstarker Gestik das Geschehen um sie herum zu dirigieren scheint. Dem Wassermann verleiht er ebenso wie dem Zentauren eine blaue Körperfarbe und dem als Satyr gegebenen Schützen eine grüne, um so die Fremdartigkeit dieser Wesen noch zu verdeutlichen. Den Kentauren hat er zudem mit Teufelshörnern ausgestattet, was gemeinsam mit dem Dreizack, den er den Hyginus-Illustrationen entnommen hat, seine Wildheit noch weiter unterstreicht. Auch Eridanus hält eine Lanze im Arm und die Stoßzähne des Delphins haben gigantische Ausmaße angenommen. Die Konstellationen treten hier also als bedrohliche Wesen auf, die größtenteils in einer heftigen Bewegung begriffen sind. Der Maler reagiert damit in sehr kreativer Weise auf jene seit dem 10. Jahrhundert zu beobachtende Dämonisierung der Sternbilder, die in der Zeit um 1200 ansonsten aber kaum mehr eine Rolle spielt. Insofern vermittelt diese Bilderfolge ein eher altertümliches Verständnis des Sternenhimmels, wobei auch die immer wieder auftretenden, christlichen Vorbehalte gegenüber den heidnischen Himmelsgestalten eine Rolle spielen mögen. Zugleich wird aber auch deutlich, dass am Ende des 12. Jahrhundert sehr unterschiedliche Sichtweisen nebeneinander stehen können und von den Darstellungen der Konstellationen ein recht vielfältiger Gebrauch gemacht werden kann. Am Ende des 12. Jahrhunderts entstand in Frankreich oder Italien eine Handschrift, welche die Abhandlung des Hyginus, allerdings weitgehend ohne die mythologischen Erläuterungen im zweiten Buch, gemeinsam mit einigen kurzen Auszügen aus weiteren Texten der Aratea

15 Möglicherweise entstand diese Bildformel als Illustration zum Elucidarium des Honiorius Augustodunensis, vgl. Blume 2006, S. 231ff. 16 Vor allem Andromeda mit hängendem Arm und die beiden, sich umarmenden Zwillinge sowie der mit der Sichel bewaffnete Perseus verbinden den Zyklus mit den Hyginusillustrationen. Der Dreizack des Zentauren findet sich in allen drei Zyklen aus dem Regensburger Raum (Wolfenbüttel, Cod. Guelf 18.16, London, Arundel Ms. 339, Wien, Cod. 12600) Die Jungfrau mit Flügeln, Eridanus als Flussgott, der Schütze als Satyr entstammen hingegen der Typenreihe der Libri computi.

2. Kosmologische Kompendien

enthält. (Baltimore, Ms. W 734) Die einfachen Strichzeichnungen reproduzieren recht genau die gebräuchliche Bilderreihe der Libri computi. Bezeichnenderweise bestehen aber keinerlei Bezüge zu den übrigen Hyginusillustrationen. Alle spezifischen Merkmale der oben besprochenen Zyklen fehlen vollkommen. So wird hier in ähnlicher Weise, wie dies auch schon Ademar von Chabannes bald zweihundert Jahre zuvor getan hat, eine existierende Bilderreihe dem ausführlicheren Text adaptiert. Dies kann vielleicht auch als Indiz gewertet werden, dass jener wohl auf eine Himmelskarte zurückgehende Zyklus keine besonders große Verbreitung gefunden hat. Die heute in Baltimore verwahrte Handschrift zeigt keinerlei Einflüsse der neueren, im Verlauf des 12. Jahrhunderts erschlossenen Texte, von daher ist der wissenschaftliche Anspruch hier nicht allzu hoch zu veranschlagen, möglicherweise entstammt sie einen Schulkontext oder einem einfacheren klösterlichen Ambiente. Doch finden sich Anzeichen eines ausgeprägt astronomischen Interesses. So werden die Positionen der Einzelsterne in Form von roten Punkten sehr deutlich eingetragen, auch wenn sie nur zu Teilen der wirklichen Anordnung am Himmel entsprechen. Bei dem kleinen Bären jedoch ist die Lage der Sternenpunkte, offenbar aus eigener Anschauung heraus, korrigiert worden. Auch wird auf der gleichen Seite (fol. 5v) die Lage der Krone sowie der erhobenen Hand des Bootes am Polarkreis durch Hilfslinien deutlich gemacht. So finden sich auch in dieser, für das späte 12. Jahrhundert eher altertümlich anmutenden Handschrift Spuren eines bewussten und reflektierten Umganges mit dem tradierten Wissen.

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32–47

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2. Kosmologische Kompendien Hyginus bildet auch einen wichtigen Ausgangspunkt für eine wohl zu Beginn des 12. Jahrhunderts neu zusammengestellte Kompilation, die in vergleichsweise knappen Kapiteln den Auf bau der Welt und die Grundlagen von Astronomie und Astrologie erklärt. Dabei werden Informationen aus den klassischen Texten der Komputus-Handbücher, neben Hyginus vor allem Plinus, Beda, Isidor und auch Abbo von Fleury, zu neuen systematischen Abschnitten zusammengestellt. Hierin ist das als Opusculum de ratione sphaerae betitelte Werk der Enzyklopädie des Mönches Oliva aus Ripoll (Rom, Vat. Reg. lat. 123) vergleichbar, doch ist es in seinem Umfang und Anspruch sehr viel bescheidener. Ziel der Bemühungen war offenbar ein übersichtlicher Einführungstext zur Himmelskunde. Die Verbreitung dieses Opusculum scheint eher begrenzt gewesen zu sein, da es nur in vier Handschriften überliefert ist, die bis auf eine Ausnahme alle aus England stammen, und zudem eine sehr unterschiedliche Textgestalt aufweisen. Die ausführlichste Fassung entstand um 1150 vermutlich in Winchester und illustriert die auf Hyginus basierende Himmelsbeschreibung mit einem sorgfältig gezeichneten Sternbilderzyklus. (Oxford, Ms. Digby 83) Diese Zeichnungen sind von hoher Qualität und ausgesprochen detailreich ausgeführt, wobei die Einzelsterne aufwendig mit Blattgold eingetragen wurden. Auf die korrekte Wiedergabe der Sternpositionen legte man hier sichtlich besonders viel Wert. Mit dem Schimmer des Goldes ließ sich ein wenig von dem nächtlichen Glanz der Sterne evozieren. Die Tierkreiszeichen sind zusätzlich durch farbige Lavierungen ausgezeichnet und so gemäß ihrer astronomischen Bedeutung hervorgehoben. Auffälligerweise fehlen jedoch Darstellungen der Planeten oder von Sol und Luna, obwohl im Text von den Wandelsternen ausführlich die Rede ist. Nur eine schematische Weltkarte, welche die Verteilung der Klimazonen angibt, ist noch eingefügt (fol. 15r), die geplante Ausführung eines Schemas zum Verhältnis von Makro- und Mikrokosmos unterblieb.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

Die gleiche Bildreihe findet sich auch in einer etwa zwei Jahrzehnte früher, gleichfalls im südlichen England entstanden Handschrift. (Oxford, Ms. Bodl. 614) sowie in den Reliefs an der sogenannten Porta del Zodiaco der Sagra di San Michele bei Turin, die ein Meister Nicolaus um 1130 schuf.17 Da die Darstellungen in vielen Einzelheiten mit der aus Hyginus exzerpierten Himmelsbeschreibung korrelieren, sind sie sicherlich auch für diesen Textzusammenhang konzipiert worden. Die Ikonographie geht in vielen Punkten letztlich auf jene karolingische Prunkhandschrift zurück, die über Fleury nach Canterbury gelangte und in England zahlreiche Kopien veranlasst hat. (London, Harl. Ms. 647) 18 Doch gibt es auch Bezüge zu anderen Zyklen und vor allen auch Anklänge an die oben besprochenen Besonderheiten der Hyginus-Illustrationen. Andromeda fehlen gleichfalls die seitlichen Felsen und ihre Arme sind nach unten abgeknickt; Kepheus ist ohne die nach oben gestreckten Arme als thronende Figur wiedergegeben; die Zwillinge treten in enger Umarmung und ohne Attribute auf; dem Fuhrmann fehlt nicht nur der Wagen, sondern auch sämtliche Bewegungsmotive, er steht ruhig mit herabhängender Peitsche. Eridanus aber ist in starkem Maße der Figur des Aquarius angeglichen – wohl um auf diese Weise das gewundene Wasserband der Hyginus-Überlieferung mit der Figur des Flussgottes verbinden zu können, der jetzt aber nicht mehr neben der Quelle lagert, sondern aufrecht steht. Damit korrigiert der Entwerfer dieses Zyklus offenbar bewusst die überlieferte Ikonographie, um seine Darstellung der astronomisch korrekten Gestalt der Konstellation anzupassen. Andererseits wollte er aber auf die antikische Personifikation des Flussgottes unter keinen Umständen verzichten, da ihn gerade der mythologische Kontext der Sternbilder besonders interessierte, wie weitere Veränderungen belegen. Auch bei Bootes, der als Arctophylax und somit als Bärenhüter bezeichnet ist, führt die Berücksichtigung astronomischer Gegebenheiten zu einer ungewöhnlichen Bildlösung. Denn er streckt seine linke Hand weit nach vorne, in den Polarkreis hinein, der den Drachen und die beiden Bären umschließt. Genau dies wird von Hyginus explizit beschrieben und so entsteht hier eine kombinierte Darstellung, die auf die konkrete Verteilung der Sternbilder am Himmel Bezug nimmt.19 Ganz offensichtlich ist der Zyklus also nach den Angaben von Hyginus verbessert worden. Dass man dabei auch der mythischen Überlieferung große Aufmerksamkeit schenkte zeigen eine Reihe Ergänzungen, die alle in die gleiche Richtung zielen und die durchweg nur in dieser Bilderfolge anzutreffen sind. Von daher ist es auch nur konsequent, dass in der älteren Oxforder Handschrift (Bodl. 614) trotz der dort extrem knapp gefassten Sternbilderbeschreibungen der meiste Platz den mythologischen Erläuterungen des Hyginus eingeräumt wird. Den Reif der Krone präsentiert eine vornehm gekleidete Frau mit Zepter, welche offensichtlich die Königstochter Ariadne darstellen soll, die diesen Schmuck als Liebesgabe von Bacchus erhielt, wie der

17 S. u. Kap. VI, 3. 18 So ist Perseus, auch in den Details von Krummschwert und Haltung, völlig identisch. Das Gleiche gilt für Lyra, Capricornus, Schütze, Kentaur, Pleiaden, Argo und Orion, der im älteren Bodl. 614 auch seine Architekturrahmung bewahrt hat. 19 Hyginus III, 3. Etwas ähnliches geschieht auch in einer etwas jüngeren Handschrift (Baltimore W734), die ebenfalls einen auf Hyginus zurückgehenden Text illustriert. Dort wird die Hand des Bootes abgetrennt und nach oben in den Polarkreis verlegt, fol. 5v; s. o.

2. Kosmologische Kompendien

benachbarte Text ausführt.20 Herkules hat mit der Linken einen kleinen Drachen umklammert, damit seine erhobene Keule ein Ziel hat, denn schließlich wird in den nebenstehenden Zeilen vom Kampf gegen den Drachen im Garten der Hesperiden berichtet. 21 Doch fehlt ihm das Löwenfell, obwohl es im Text genannt wird, statt dessen trägt er zeitgenössische Kleidung. Ein nachvollziehbares Handlungsmoment war dem Zeichner an dieser Stelle offenbar wichtiger.22 Das Gorgonenhaupt in der Hand des Perseus schließlich besitzt sich windende Schlangen als Haar, obwohl dieses Detail bei Hyginus gar nicht erwähnt wird und von daher aus anderen Quellen stammen muss.23 Auch Hydra ist entgegen allen ikonographischen Traditionen mit sieben Köpfen ausgestattet und gleicht damit jener Schlange, die Herkules in den Sümpfen von Lerna erschlug. Doch ist am Sternenhimmel, wie Hyginus ausführlich erklärt, eine ganz andere Wasserschlange verewigt.24 Der Entwerfer dieser Bilderreihe ist hier offensichtlich einer Verwechslung erlegen, doch war er sichtlich darum bemüht zusätzliche mythologische Details zu integrieren. So fügte er nach den Pleiaden (Siebengestirn) auch noch die Hyaden mit einer nahezu identischen Darstellung ein, da Hyginus berichtet, dass die sieben Sterne am Kopf des Stieres diese Bezeichnung tragen, da sie entweder mit den Schwestern des Hyas identifiziert werden, die um ihren auf der Jagd von einem Löwen gerissenen Bruder trauern, oder aber mit jenen Nymphen, welche den kleinen Dionysus versorgten. Selbst ihre einzelnen Namen wurden gewissenhaft in die Miniatur eingetragen.25 Diese sehr spezifischen Ergänzungen finden sich nur in den drei hier beschriebenen Zyklen. Sie belegen eindrücklich, dass mit zunehmender klassischer Bildung im 12. Jahrhundert auch das Interesse an den mythologischen Zusammenhängen wuchs. Unser unbekannter Autor wollte nicht nur den Auf bau des Sternenhimmels, sondern auch die antike Überlieferung verstehen, welche das Aussehen und die Entstehung der Himmelskonfigurationen erklärt. Die fremdartigen Mythen waren jetzt kein notwendiges Übel mehr, das man in Kauf nehmen musste, um den Auf bau der Welt zu begreifen, sondern konnten sogar Ziel eines eigenständigen Interesses werden.

20 Oxford, Bodl. 614, fol. 24r; Oxford, Ms. Digby 83, fol. 44v; vgl. Hyginus II, 5, 1. Auffällig sind die weit herabhängenden Zierärmel. In Digby 83 ist die Borte des Gewandes am Hals zudem mit Edelsteinen besetzt. 21 Oxford, Bodl. 614, fol. 24v; Oxford, Digby 83, fol. 45r; vgl. Hyginus II, 6, 1. 22 Dies dürfte damit zusammenhängen, dass Herkules in dem karolingischen Vorbild London Harl. 647 ebenso fehlt, wie in den hiervon abhängigen Handschriften, London, Cotton Ms. Tib. B V und Tib. C I. In den HyginusIllustrationen hingegen ist die Wiedergabe des Löwenfells oft dermaßen verkürzt, dass es kaum mehr erkennbar ist. Die detailliertere Darstellung in der Überlieferungstradition des Germanicus und von De signis coeli stand offenbar nicht zur Verfügung oder wurde – wohl eher – nicht in Erwägung gezogen, da der Baum um den sich dort der Drachen windet keinerlei Entsprechung im Sternbild hat. 23 Oxford, Bodl. 614, fol. 26v; Oxford, Digby 83, fol. 48r; vgl. Hyginus II, 12; III, 11. Die Schlangenhaare der Medusa werden bei Ovid beschrieben, Metamorphosen IV, 781ff. In den astronomischen Texten des Mittelalters finden sie nur in den Scholia Strozziana Erwähnung, XXVI, 9, Dell’Era ed. S. 202. 24 Hyginus II, 40. Diese Darstellung ist nur in Oxford, Digby 83, fol. 67r erhalten. 25 Hyginus II, 21, 1–2 mit Nennung der Namen; vgl. auch III, 20. Zu den Pleiaden ebd. II, 21, 3–4. Bei den Pleiaden handelt es sich um eine Sterngruppe zwischen Stier und Widder, Hyginus III, 20. Die Namen der einzelnen Pleiaden und Hyaden finden sich nur in Oxford, Bodl. 614, fol. 27r und 27v. Doch auch das karolingische Vorbild London, Harl. Ms. 647 benennt die Pleiaden.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

Alle drei erhaltenen Fassungen gehen deshalb wohl auf ein gemeinsames Vorbild zurück, das, so möchte man vermuten, im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts in Südengland entstand. Der unbekannte Entwerfer hat eine völlig neue Bilderfolge erarbeitet, die astronomische Genauigkeit, auch in der Eintragung der Sternpositionen, mit der mythologischen Überlieferung zu verbinden sucht. Zusätzlich hat er auch das Aussehen seiner Figuren konsequent modernisiert und so die Anschaulichkeit seiner Illustrationen erheblich gesteigert. Zumindest in einem Exemplar wurde dieser neuartige Zyklus sehr schnell auch nach Italien vermittelt und hat dort wohl gerade aufgrund der großen Eindringlichkeit seiner Miniaturen höchst ungewöhnliche Reliefs inspiriert. Besondere Aufmerksamkeit verdient die ältere der beiden Oxforder Handschriften (Bodl. 614). Hierbei handelt es sich um einen kleinformatigen, aber extrem kostbar ausgestatteten Codex, der ein umfassendes Kompendium enthält, welches das Opusculum de ratione sphaerae nur als eine aktuelle Quelle benutzt, aus der eine knapp gefasste Himmelsbeschreibung exzerpiert ist, die den Schwerpunkt auf die mythologischen Informationen legt. Zunächst werden die beiden Luminaria Sonne und Mond, welche das Himmelsgeschehen dominieren, in einer ganzseitigen Miniatur vorgestellt.26 Der Tierkreis, auf dem die Luminaria sowie die Planeten wandern, schließt sich als eigenständige Bildfolge an, der dann eine Darstellung der Planeten folgt, in deren Kreis ein weiteres Mal Sol und Luna erscheinen. Erst danach kommen die übrigen Sternbilder zur Sprache, so dass hier eine den astronomischen wie astrologischen Gegebenheiten folgende Hierarchie eingeführt wird. Ausführungen über Kometen, die Winde und die Entstehung des Regenbogens, die aus dem erst kurz zuvor geschriebenen Werk De philosopia mundi des Wilhelm von Conches entnommen sind, beenden dann den himmelskundlichen Teil dieses Kompendiums. Auch diese Abschnitte, selbst der Regenbogen sind mit einem eigenen Bild anschaulich illustriert. Der Aufwertung der Bilder ist in dieser Handschrift in jeder Hinsicht bemerkenswert. Die sorgfältigen Zeichnungen sind gerahmt und stehen vor einem farbigen Hintergrund. Die Sternpunkte sind auch hier in Blattgold ausgeführt und spiegeln auf diese Weise den Glanz der Sterne. Das besondere Gewicht, welches den Bildern beigemessen wird, zeigt sich auch daran, dass im Text auf die genaue Beschreibung, wie sich die Sterne in der jeweiligen Konstellation verteilen, aus Gründen der Kürze verzichtet wird. Stattdessen gibt der Autor den Hinweis, dass dies dem folgenden Bild zu entnehmen sei. Am Ende des himmelskundlichen Teils fügt er auf dem verbleibenden Raum der Pergamentseite zudem noch einen eigenen Abschnitt ein, in dem er sich speziell zur Rolle der Bilder äußert. »Es solle sich also jeder hüten«, so schreibt er hier, »dem es vielleicht gefallen würde, die Art und Weise dieses bebilderten kleinen Werkes über die Ordnung (ratio) der Sterne zu verändern, dass er auch nicht das Geringste an diesen Sternbildern anders darstellt, als sie hier enthalten sind, und auch nicht die Punkte der Sterne außerhalb der genau bezeichneten Stellen anordnet, da ja in jedem einzelnen Merkmal sowie in der Anordnung und Gestalt der Figuren genaueste Überlegung (subtilis intellectus) enthalten ist. Allein wegen der Kürze aber werden die Gestalt

26 Diese Miniatur ist deutlich von dem karolingischen Bildentwurf von London, Harl. Ms. 647 abhängig, der in den Kopien London, Cotton Ms. Tib. B V, fol. 47r und Tib. C I, fol. 34v überliefert ist. Allerdings sind die Attribute verändert und die Bewegungsmotive erheblich gemildert worden.

2. Kosmologische Kompendien

eben dieser Sternbilder und die genauen Orte der Sterne hier nicht ausdrücklich im Text beschrieben.«27 Wir lesen einen eindringlichen Apell, der uns auf die große Präzision der Bilder hinweist und davor warnt, auch nur das kleinste Detail daran zu verändern. Der unbekannte Verfasser begründet hier explizit seine spezifisch knappe Textauswahl und weist dabei zugleich den Bildern einen entschiedenen Informationswert zu. Dafür spielen die genaue Eintragung der Sternpositionen ebenso eine Rolle wie die Details der Ikonographie. Nichts darf daran verändert werden und jede Einzelheit erfordert große Aufmerksamkeit. Ähnlich wie in dem Leidener Prunk-Codex für Ludwig den Frommen ist das astronomische Wissen in den Bildern enthalten und erschließt sich nur bei genauester Betrachtung. Es sind die mit großer Sorgfalt erstellten Bilder – nicht der Text (!), die einen Einblick in die Ordnung des Himmels vermitteln und in denen der Autor den eigentlichen Wert seines Werkes sieht. Bemerkenswert sind in dieser Handschrift auch die zahlreichen Porträts von Gelehrten, in der Mehrzahl Astronomen, die dort eingefügt sind, wo noch Platz zur Verfügung stand. Auf den ersten beiden Seiten sind vier dieser Autoritäten auf Thronen versammelt, wobei zwei eindeutig als Astronomen ausgewiesen sind. Am Ende der Himmelsbeschreibung findet sich eine weitere Miniatur, die einen Astronomen zeigt, der neben einem steilen Berg unterhalb des Sternenhimmels, an dem auch Sonne und Mond zu sehen sind, mit einem Astrolabium hantiert und offenbar einen Stern anpeilt.28 Eine besondere Identifikation mit dieser Wissenschaft, der im 12. Jahrhundert eine besondere Relevanz zugewachsen war, hat sich hier niedergeschlagen. Zumindest im Bild wird hier ausdrücklich die selbstständige Beobachtung des Sternenhimmels thematisiert und die Übereinstimmung der so sorgfältig ausgeführten Darstellungen mit der nachprüf baren Wirklichkeit des Kosmos unterstrichen. Doch enthält dieser kleinformatige und so sorgsam ausgestattete Codex nicht bloß eine ausführliche Schilderung des Sternenhimmels, sondern präsentiert in Wort und Bild auch all jene Wesen welche die unterschiedlichen Teile der Erde bewohnen, wobei auch die Unterwelt nicht ausgelassen wird. Der Kalender zu Beginn der Handschrift sollte von ganzseitigen Darstellung der Monatsarbeiten begleitet werden, welche die Aktivitäten der Menschen im Kreislauf des Jahres vorstellten, von den aber nur drei zur Ausführung kamen.29 Auf die Himmelsbeschreibung folgt die in England sehr verbreitete Abhandlung über die wundersamen Dinge des Ostens (De rebus in oriente mirabilius), in der all jene Monstren und fremdartigen Lebewesen auftreten, welche die Randgebiete der Erde bevölkern. Die gleiche Zusammenstellung kommt, soweit bekannt, nur noch ein zweites Mal vor und zwar in jener eindrucksvollen Handschrift, die in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts vermutlich in Canter27 Oxford, Ms. Bodl. 614, fol. 34r: »Caveat itaque omnis, cui forte huius opusculi de syderum ratione figurati modum transformare placuerit, ne quicquam horum signorum aliter quam hic continetur depingat, nec punctos stellarum extra pernotata loca disponat, quia in singulis notis figurarumque distinctionibus et formis subtilis continetur intellectus. Sola vero brevitatis causa eorundem signorum formatura stellarumque determinata loca hic scriptis nominatim non distinguntur.« 28 Oxford, Ms. Bodl. 614, fol. 35v. Farbig ausgeführt ist allein der rote Rahmen und der blaue Hintergrund, von dem die oberer Zone mit den Himmelskörpern abgesetzt ist, da sie offenbar farblich besonders hervorgehoben werden sollte. 29 Oxford, Ms. Bodl. 614, fol. 3r Januar (Der doppelköpfige Janus und das Kochen der Würste), fol. 4r Februar (Ein Alter am Feuer), fol. 5r März (Beschneiden der Bäume).

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

bury entstand und in großformatigen und farbenprächtigen Bildern sämtliche Bewohner von Gottes Schöpfung vor Augen führt (London, Cotton Ms. Tib. B.V). Sowohl der Text wie auch die Bilder von De rebus in oriente mirabilius in unserem Kompendium hängen wahrscheinlich unmittelbar von dieser älteren Handschrift aus Canterbury ab.30 Von daher ist wohl davon auszugehen, dass die Anschauung, ja Bewunderung dieser prächtigen Enzyklopädie die Herstellung des jüngeren Codex unmittelbar veranlasst hat. Doch wurden Bilder und Texte auf den aktuellen Stand gebracht. Die Folge der Konstellationen ist, wie wir gesehen haben, gründlich überarbeitet und verbessert worden. Die Darstellung der Monatsarbeiten folgen inzwischen etablierten Typen. Auch die Wunder des Ostens werden um weiteres Material ergänzt, wodurch die eindrucksvolle Höllendarstellung mit den Magierbrüdern Jamnes und Mambres ihre Rolle als imposanter Schlussakzent verliert.31 Fußend auf Isidor wird unter anderem noch über das Rhinozeros, das Chamäleon und den Papagei referiert. Beim Hermaphrodit und dem Satyr dürfte dann wieder das mythologische Interesse des Verfassers zu Buche geschlagen haben. Ein weitere apokryphe, christliche Erzählung beschließt dieses bemerkenswerte Kompendium unterschiedlichster Wesen des Kosmos. In drei variierenden Versionen wird von Frauen berichtet, die entgegen dem Verbot des Priesters an einem Festtag tanzten und deswegen verflucht wurden, bis zum Jüngsten Tag ohne Unterlass zu tanzen.32 Die Miniatur zeigt den ausschweifenden Reigen der Frauen und daneben den mahnenden Kleriker. Ähnlich wie die Höllendarstellung wirkt auch diese Episode wie ein Kommentar, welcher den Leser an seinen christlichen Glauben erinnert und mit dem Weltgericht zugleich auf das Ende jener natürlichen Ordnung verweist, die in diesem Buch beschrieben ist. Der kleine Oxforder Codex wirkt wie ein privates Liebhaberstück, das ein an der Himmelskunde sowie der Erforschung der Welt Interessierter zusammenstellen ließ, nachdem ihn, unter Umständen auf einer Reise oder während seiner Ausbildung, der Bildercodex aus Canterbury beeindruckt hatte. Er wollte offenbar etwas Vergleichbares in aktualisierter Form besitzen. Die kurzen Texte gleichen dabei eher ausführlichen Bildlegenden. Vielleicht sollte dieses anschauliche und übersichtliche Kompendium jene ungleich ausführlicheren und komplexen Traktate gewissermaßen ergänzen, die zu diesem Thema in den gleichen Jahrzehnten etwa von Adelard von Bath oder Wilhelm von Conches verfasst wurden, den unser Autor ja nachweislich gelesen hat. Mit Hilfe dieser Handschrift ließ sich in jedem Fall eine konkrete Anschauung sämtlicher Himmelskörper ebenso gewinnen wie von so manchen der mythischen Gestalten, welche die antiken Dichter besangen. Wir haben es mit einem beredten Zeugnis für den kreativen Umgang mit den alten Traditionen zu tun sowie mit einem Beleg für die besondere Faszination, die von den alten Bildern auch noch in jenen Zeiten ausgehen konnte, als die gelehrten Mönche begannen, mit der Erschließung neuer Texte die Kosmologie und Himmelskunde grundlegend zu verwandeln. Am Beginn des 12. Jahrhunderts trug der Kanoniker Lambert von St. Omer in Flandern seine umfangreiche Enzyklopädie zusammen, die unter dem Titel Liber floridus bekannt wurde. (Gent, Ms. 92; Wolfenbüttel, Cod. Guelf, Gud. Lat. 2°) Sie trägt einen völlig anderen Charakter als die übrigen Bücher, die hier zur Sprache kommen. Die Beschreibung des Himmels ist 30 31 32

Knock in McGurk/Dumville/Godden/Knock 1983, S. 88, 93; McGurk in ebd. S. 96ff. S. o. Kap. IV, 2; Kock in: McGurk 1983 S. 93f., Kline 2001, S. 158f. James 1929, S. 31f., Austin 2002, S. 45.

2. Kosmologische Kompendien

hier nur ein kleiner Teil des umfangreichen Kompendiums. Das Hauptinteresse Lamberts galt vielmehr der Geschichte sowie der zukünftigen Heilserwartung und der Apokalypse. Es geht um das Wirken Gottes, das sich am Ende der Zeiten offenbart. Doch gehört dazu auch die Präsenz Gottes in seiner Schöpfung, weshalb der Auf bau des Kosmos erklärt werden muss, damit seine wohl geordnete Struktur verstanden werden kann. Die Verschränkung von Astronomie und Apokalypse prägt den Liber Floridus, das Wissen um die Struktur der Welt verbindet sich mit der Gewissheit des gerechten, heilsbringenden Endes. Lambert wählt ein auffällig großes Seitenformat, da er besonderen Wert auf didaktische Schaubilder legt. Er ist bemüht in der Verknüpfung von Bild, Schemazeichnung und Text, die auf diese Weise möglich wird, die komlexen Zusammenhänge möglichst knapp zu vermitteln. So ist auch die Mehrzahl seiner großformatigen Diagramme nicht einfach aus seinen Vorlagen übernommen, sondern vielmehr von ihm zumeist erweitert oder unter Heranziehung weiterer Aspekte neu entwickelt.33 Für eine Beschreibung des Sternenhimmels, die in einem solchen Kontext natürlich unverzichtbar ist, wählte er den knappen Sternenkatalog der Libri computi. Dank des großen Seitenformates konnte er so sämtliche Sternbilder auf nur wenigen Blättern präsentieren. Bei der Konzeption dieser an Schautafeln erinnernden Seiten ist Lambert offensichtlich von den Bildern ausgegangen. Mehr oder weniger in Reihen ordnet er die einzelnen Konstellationen an und setzt darüber die knappen Beschreibungen. Zusätzlich fügt er jedoch unmittelbar neben die Zeichnungen noch Angaben zu ihrer Lage am Himmel ein, die er einem anderen Text entnommen hat.34 Daran wird seine systematische Vorgehensweise deutlich sowie auch die Intention auf einer Doppelseite möglichst viele Sternbilder vorzuführen, um so gewissermaßen auf einen Blick eine Vielzahl von Informationen zu vermitteln. Auf eine Sternenkarte, die auch den Zusammenhang der einzelnen Konstellationen untereinander veranschaulichen würde und die in einigen der Komputus-Handbücher integriert wurde, hat er aber nicht zurückgegriffen. Der vertraute Sternenkatalog konnte in seinen Augen wohl am ehesten die von Gott geschaffene Ordnung am Himmel vermitteln. Zuviel Raum wollte er den Himmelskörpern auf seinen kostbaren Pergamentseiten anscheinend ohnehin nicht einräumen. Die Diagramme und erst recht die Bilder zur Apokalypse waren ihm wichtiger. So hat er auch von den Planeten allein die Sonne einer figürlichen Darstellung gewürdigt, die er ins Zentrum seiner Monatstafel platzierte. In einem seiner komplexen Diagramme fügte Lambert in ein Schema der Planetenbahnen auch Skizzen der Sternbilder ein, die jedoch nicht die Figuren, sondern nur die durch Linien verbundenen Sternpunkte zeigen. Daneben trägt er noch die Namen der Engelschöre ein und außerhalb des Kreisschemas ergänzt er den in einer Mandorla thronenden Christus.35 Die theologische und die kosmologische Ordnung des Universums sind hier also sorgsam miteinander verquickt. In unserem Zusammenhang ist dies jedoch ein interessanter Beleg, dass auch die abstrakten, geometrischen Muster zur Kennzeichnung der Konstellationen benutzt werden konnten. Von daher hat er wohl auch bewusst auf eine Eintragung der Sternpositionen in seiner Bilderreihe Wert gelegt. 33 Hierzu s. vor allem die gründlichen Analysen von Müller 2001, vgl. auch Müller 2008. 34 Sie stammen aus dem Excerptum de Astrologia Arati. 35 Dieses Diagramm ist nur in der Wolfenbütteler Kopie (Cod. Guelf. 1 Gud. Lat. 2°) auf fol. 64v erhalten. Dazu Müller 2001, S. 73ff., vgl. Kühnel 2003, S. 222.

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222–228 930, 931

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

Es ist gut möglich, dass die einfachen, aber sorgfältig kolorierten Federzeichnungen in dem in Gent verwahrten Autographen von Lambert selbst geschaffen wurden. Eine Reihe von Kopien hat den Liber Floridus bis in die frühe Neuzeit hinein weiterverbreitet. Doch ist dies eine eigenständige Tradition, die mit der Entwicklung der Sternbilderdarstellungen keine Verbindungen mehr aufweist.

3. Komputus im 12. Jahrhundert

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Die Illustrationszyklen, welche die im 12. Jahrhundert zusammengestellten Handbücher des Komputus begleiten, haben keinen einheitlichen Charakter mehr, sondern spiegeln stattdessen ganz unterschiedliche Interessen und zeigen von daher auch eine große Bandbreite an verschiedenen Bildformen, die von ganzseitigen, eigens gerahmten Darstellungen bis zu kleinformatigen Zeichnungen, von getreuen Kopien karolingischer Vorlagen bis zu extrem freier Ausgestaltung reichen. Fast jede Handschrift hat ihr eigenes Profil, das es auszuloten gilt, wenn man die jeweiligen Gebrauchsformen der Bilder verstehen will. Doch immer wieder stoßen wir dabei auf Manuskripte, in denen den Bildzyklen eine besondere Aufmerksamkeit zu Teil wird. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde im südlichen England, vielleicht in Winchester oder Ramsey, ein komputistisches Handbuch (London, Royal Ms. 13 A XI) geschrieben, das um die klassischen Werke Bedas auch einige jüngere Texte gruppiert, so auch eine Reihe kurzer astronomischer Texte, deren Redaktion wohl Abbo von Fleury zuzuschreiben ist. Diese Texte befinden sich auf einer in sich geschlossenen Lage, die dem Codex wohl nur wenig später hinzugefügt wurde. Der darin enthaltene Sternenkatalog entspricht in weiten Zügen dem dritten Buch des Hyginus und ist mit einem Bildzyklus geschmückt, den eine extrem freie und phantasievolle Ausgestaltung kennzeichnet. Jenes auf Abbo zurückgehende Hyginusexzerpt wurde im Allgemeinen nicht illustriert, ist aber hier mit der letztlich gleichfalls aus Fleury stammenden Bilderreihe von De signis coeli verbunden.36 Zu jedem Abschnitt des Textes wählte der Zeichner das passende Bild, auch wenn seine Vorlage nichts Entsprechendes aufwies. Von daher ist einmalig auch die Schlange des Serpentarius, da sie eigens beschrieben wird, in einem eigenem Bild zu sehen. Weil dafür ein direktes Vorbild fehlte, übernahm er den sich um den Baum windenden Drachen aus dem Garten der Hesperiden, den eigentlich Herkules mit seiner Keule angreift. Ebenso fügte er noch die Hyaden ein, da Hyginus sie gemeinsam mit den Pleiaden im Abschnitt zum Stier erwähnt.37 Die um eine Mittelfigur kreisförmig angeordnete Gruppe von sieben Frauenbüsten geht auf die Miniatur der Pleiaden in jener karolingische Cicero-Handschrift (London, Harl. Ms. 647) zurück, die

36 Die Abhängigkeit von De signis coeli wird besonders deutlich bei Kepheus mit Mantel und Hut, bei Kassiopeia, beim Serpentarius auf dem Skorpion mit sich umwendender Schlage, bei den bekleideten, getrennt stehenden Zwillingen mit Lanzen, beim Wassermann, bei Canopus, bei Orion mit verhüllter Hand und ausholendem Schwert, beim Schiff, beim Kentauren, dem allerdings das Fell fehlt sowie bei der Hydra mit Hörnern. 37 London, Royal Ms. 13 A XI, fol. 108v; Hyginus III, 20. Die Hyaden sind eine Bezeichnung für die sieben Sterne, welche den Kopf des Stieres bilden. Bei den Pleiaden (Siebengestirn) handelt es sich um eine Sternengruppe zwischen Stier und Widder.

3. Komputus im 12. Jahrhundert

in England vielfach kopiert worden ist. Da der rote Initialbuchstabe jedoch den Satz zu den Hyaden markiert, dürfte sich auch die Illustration darauf beziehen. Die Sterne im Beutetier des Zentauren werden von Hyginus in einem eigenen Abschnitt aufgezählt und deshalb erhält es hier zum ersten Mal ein eigenes Bild. Im Text wird es nach Martianus Capella als Panther idenitifiziert.38 Canopus, der im Text nur kurz genannt ist, wird wie in den Zyklen zu De signis coeli als Büste im Wasserlauf des Eridanus gezeigt.39 Das gewundene Band des Eridanus aber interpretiert er als den sich krümmenden Körper einer Wasserschlange, die er gesondert vorführt. Auch die Waage begegnet nicht in der Hand der Jungfrau, sondern wird von einer weiteren Frauengestalt gehalten, obwohl sie im Text keinen eigenen Abschnitt besitzt, sondern nur beiläufig erwähnt ist, dass die Scheren des Skorpions mit der Waage identisch sind.40 Beim Wassermann schließlich wird noch der südliche Fisch hinzugefügt, der den ausgegossenen Strahl verschluckt, da Hyginus ausdrücklich darauf verweist.41 Die Illustrationen dieses Komputus-Handbuches sind also sehr sorgfältig zusammengestellt worden, wobei man genau darauf achtete, dass die im Text genannten Konstellationen auch sämtlich berücksichtigt wurden. Kein Textabschnitt sollte ohne Bild bleiben und auch kein bekanntes Bild im Zyklus fehlen. Der Zeichner ging aber offensichtlich nicht vordringlich von einem astronomischen Interesse aus und so bemühte er sich auch gar nicht erst um das Eintragen der Sternpunkte. Er wollte vielmehr eine möglichst konkrete Anschauung jener Gestalten geben, die jede Nacht über den Himmel ziehen. Es gibt keinen zweiten Zyklus, der die Konstellationen auf ähnlich intensive Weise verlebendigt, ja dämonisiert wie diese detailreichen, englischen Zeichnungen vom Anfang des 12. Jahrhunderts. In der Mehrzahl sind es bedrohliche Gestalten oder gefährliche Monstren, die so hinter dem Glitzern der Sterne imaginiert werden. An vielen Stellen hat der Illustrator die überlieferten Bilder genau in diesem Sinne verändert, obwohl die ihm vorliegenden Texte dafür keinen Anhaltspunkt boten. Tiere hat er häufig zu bedrohlichen Bestien mit weit aufgerissenen Rachen ausgestaltet. Dies gilt für den Drachen ebenso wie für den Löwen oder jenen als Beutetier des Zentauren gesondert dargestellten Panther. Selbst Pegasus ist zur Vollfigur ergänzt und erscheint als sich auf bäumender, wilder Hengst, der im sperrangelweit geöffneten Maul die dichte Reihe seiner Zähne zeigt. Am Auffälligsten ist jedoch die Veränderung des Delphins. Aus dem freundlichen, unserem Zeichner aber natürlich unbekannten Meeresbewohner hat er ein unheimliches Mischwesen gemacht. Der Körper mit dem Vorderleib eines Pferdes und dem steil aufgestellten Fischschwanz erinnert an einen antiken Seekentauren, doch ist diesem Monstrum ein fratzenhafter Kopf mit menschlichem Antlitz, zotteligen Haaren und Hörnern aufgesetzt worden. Grimmig blickt es unverwandt auf den Leser. 38 London, Royal Ms. 13 AXI, fol. 112r; Hyginus III, 37, 2. Eigentlich wird das Beutetier immer nur als hostia oder praeda bezeichnet, nur bei Martianus Capella 8, 832 wird es konkret als Panther angesprochen. Auch Ptolemaeus, dessen Werk aber zu diesem Zeitpunkt im Westen noch nicht bekannt war, behandelt das Beutetier separat. In den späteren lateinischen Übersetzungen wird es lupus genannt. 39 London, Royal Ms. 13 A XI, fol. 111r. Als einziges Bild ist Canopus gesondert beschriftet. Hyginus erwähnt ihn nur in Buch II, 32. 40 Nach Hyginus II, 26. 41 Hyginus III, 28 und im Text der Handschrift fol. 110r. Dieses Motiv taucht in Hyginushandschriften deshalb häufiger auf, vgl. beispielsweise Paris, Privatsammlung, ehemals Phillipps Coll. 26235.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

Auf die Intensität dieser aggressiven Tierdarstellungen haben dann auch zeitgenössische Leser deutlich reagiert, indem sie verschiedentlich auf dem Randstreifen einige der Schrecken erregenden Köpfe wiederholten.42 Sternbilder, denen nur eine zeichenhafte Gestalt eigen ist, die ihm zu unspezifisch schien, hat der unbekannte Zeichner allesamt in lebende Wesen umgedeutet. Den gewundenen Flusslauf des Eridanus verwandelt er, wie erwähnt, in eine löwenköpfige Wasserschlange, in das Dreieck stellt er die halbnackte Figur eines Atlanten ein und den Ring der Krone interpretiert er als verschlungenen Blätterkranz, der eine Maske umgibt. In der Bildtradition nur angedeutete Handlungen sucht er verschiedentlich zu szenischen Abläufen auszugestalten. Die eigene Imagination, angestoßen durch das Studium der Vorlage, führt hier sichtlich die Feder. Herkules gibt er das Löwenfell als Beutetier in die Hand, das er jetzt mit ausholendem Schwert attackiert. Der Wassermann gießt seinen Strahl nicht einfach sinnlos aus, sondern scheint damit eine Pflanze zu bewässern. Perseus aber, dem er gigantische Kopfflügel gibt, wie er sie aus anderen Handschriften kannte, die auf London, Harl. Ms. 647 zurückgehen, ist im Begriff einem bärtigen Mann den Kopf abzuschlagen. Die zotteligen Haare des Gorgonenhauptes hat er offenbar als Bart gedeutet und die Figur entsprechend ergänzt, um die Handlung verständlicher zu machen. Die Haltung des Perseus richtet sich dabei ebenso wie jene von Herkules nach den neuen szenischen Gegebenheiten. Auch neben den Pfeil zeichnet er noch ein Tier, das ein wenig an ein Wildschwein erinnert und wohl das Ziel für jenen Pfeil darstellen soll. Eindrucksvoll ist auch die Umgestaltung der Hyaden oder Pleiaden, die er als Medaillons mit identischen Frauenköpfen in kreisförmiger Anordnung vorfand. Das Format zieht er in die Länge, so dass er eine zentrale Fünfergruppe erhält, an die er oben und unten in der Mittelachse noch zwei weitere, größere, jetzt halbrunde Bildfelder anschließt. Weiterhin zeigt er von seinen Figuren den ganzen Oberkörper und nicht allein Kopf und Schultern. Nur die mittlere der Frauen ist frontal wiedergegeben, sie ist zudem durch ein mit Schmuckborten verziertes Gewand ausgezeichnet. Sie ist von vier weiteren Hyaden umgeben, die sich ihr mit verhüllten Händen und vorgeneigtem Oberkörper verehrend zuwenden. Nur eine von ihnen legt ihre Hand an die Wange und vollführt so einen deutlichen Trauergestus. Die beiden äußeren jedoch, die in der Mittelachse in gleicher Größe wie die Zentralfigur zu sehen sind, treten barhäuptig, mit offenen Haaren und entblößten Brüsten auf. Mit der Rechten fassen sie sich gar an ihre Brustwarzen, während die Linke einen ausholenden Weisegestus durchführt. So hat unser Zeichner hier offenbar die Extreme seiner Weiblichkeitsvorstellungen zur Anschauung gebracht. Die tugendhafte Dame im Kreis ihrer ehrfurchtsvollen Begleiterinnen ist gewissermaßen eingezwängt von hemmungslosen, dämonisierten Weibern, die ihren Körper samt seiner Fruchtbarkeit lauthals zur Schau stellen. In ihrem Erscheinungsbild erinnern die halbnackten Frauengestalten, deren Brüste geradezu obsessiv vervielfacht wurden, an Personifikationen der Terra, bei

42 Dies gilt für die Bären auf fol. 105r, den Adlerkopf auf 107v, den Widder auf 108v, den Steinbock auf 110r, den Hasen auf 111r, die Hydra auf 112v, die sogar zweimal kopiert wurde, sowie den großen Fisch ebd. Auf fol. 112r sind zudem einige Blätter auf den unteren Rand gezeichnet.

3. Komputus im 12. Jahrhundert

denen gerade mit Hilfe der Brüste die unerschöpfliche Fruchtbarkeit thematisiert wird. Doch gehört das Entblößen der Brüste und das Raufen der Haare auch zu dem Repertoire exzessiver Trauergesten. Dies würde zwar zu der bei Hyginus überlieferten mythologischen Deutung passen, dass die Hyaden um ihren toten Bruder trauern, doch fehlt in der Handschrift selbst dazu jeder Hinweis.43 Dennoch muss hier auch die besondere Rolle bedacht werden, die den Frauen im gesellschaftlichen Trauerritual beim Beklagen der Toten zukam. Die Weitergabe der Traditionen mit Hilfe erinnernder Trauer gehörte neben der Weitergabe des Lebens durch die Fruchtbarkeit ihres Schoßes zu den wichtigsten weiblichen Aufgaben im Rahmen der frühmittelalterlichen Gesellschaft.44 Dies scheint das Frauenbild des zeichnenden Mönches maßgeblich bestimmt zu haben. Doch wirkt – gerade im Verein mit den übrigen Bildern – die Klammer nackter Weiblichkeit um die tugendhafte Mittelgruppe wie eine Bedrohung durch die weibliche Verführungskraft. Die mittleren Frauen scheinen eingeschlossen von ihren dämonisierten Zerrbildern, die dem Mönch genauso fremd und unheimlich erscheinen wie die wilden Tiere und Mischwesen. Fremdartige Dämonen und monsterartige Wesen, die ihren eigenen Kämpfen und geheimnisvollen Handlungen nachgehen, ziehen in der Vorstellung dieses zeichnenden Mönches über den Nachthimmel. Von einem Interesse an dem antiken Mythos oder auch nur einem gewissen Grundlagenwissen in diesem Bereich ist hier nichts zu spüren – ganz im Unterschied zu der gleichzeitig oder nur wenig später in der gleichen Region entstandenen Bildreihe, die das Opusculum de ratione sphere begleitet. (Oxford, Ms. Digby 83 und Bodl. 614) Die seit dem 10. Jahrhundert zu beobachtende Dämonisierung der Sternbilder, ihre Ausgestaltung als real existierende Wesen in der Nachfolge der von Fleury ausgehenden Studien, ist hier so deutlich wie sonst kaum ein zweites Mal in die Illustrationen eingeflossen. Dies ist ohne die Entwicklung der romanischen Bilderwelt, die sich inzwischen vollzogen hatte, kaum denkbar. Einige der Motive sind direkt von dort entlehnt, so der Atlant im Dreieck, die Maske in der Krone oder das Mischwesen des Delphins; gleiches gilt aber auch für den Zweikampf des Perseus. Diese Themen zieren in zahlreichen Variationen auch die Kapitelle und Konsolen von Kirchen, um dort jene bedrohliche und von Dämonen behauste Wildnis vor Augen zu führen, der sich der Mensch auf Erden ausgesetzt sieht, so bald er vom Pfad des rechten Glaubens abweicht.45 Hatte im 10. und frühen 11. Jahrhundert die Auseinandersetzung mit den sichtbar über den Himmel ziehenden Konstellationen die Entwicklung der romanischen Bilderwelt angeregt und befördert, finden in dieser Handschrift die dort erfolgten Konkretisierungen ihren Weg zurück auf die Buchseiten. Der ferne Glanz des Nachthimmels ist für unseren Zeichner Teil einer fremden, dem Menschen verschlossenen Welt. Die oberen Regionen der Sterne sind für ihn kein Widerschein göttlicher Harmonie und Ausdruck eines geordneten Kosmos, sondern die Heimat von Dämonen und Monstren, die dort ebenso herumstreifen wie in den Weiten irdischer Wildnis. Um 1120 entsteht auch im nordenglischen Durham ein umfangreiches Kompendium zu Astronomie und Komputistik, das ungewöhnlicher Weise noch durch Traktate zur Heilkunde 43 Hyginus II, 21, 2. 44 Vgl. dazu Geary 1994, S. 72ff. mit einer entsprechenden Miniatur aus dem Warmundus-Sakramentar. Nach der Klosterreform übernahmen die Mönche die wesentliche Rolle bei der Memoria und verdrängten zunehmend die Frauen. 45 Vgl. hierzu Wirth 1999, passim sowie S. 125ff; Camille 1992; Michel 1979.

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ergänzt wird. (Durham, Ms. Hunter 100) Der zweispaltig geschriebene Sternenkatalog De signis coeli enthält qualitätvolle, aber sehr kleinformatige Darstellungen der Sternbilder, die ein freizügiger, fast sorgloser Umgang mit der Bildtradition auszeichnet. Ihr Ausgangspunkt ist unverkennbar die auch sonst mit diesem Text verbundene, in Fleury entstandene Bilderreihe, doch zeigt sich ebenfalls ein Einfluss jener aktuellen Illustrationen, die das Opusculum de ratione sphere begleiten, wie es vor allem an der Figur des Eridanus, aber auch bei Andromeda und Cetus deutlich wird. (vgl. Oxford, Ms. Digby 83) Einzelne Sternbilder hat der Zeichner nach eigenen Vorstellungen verändert, so hat er das Schiff vervollständigt und realen Bootstypen angeglichen, ähnliches gilt auch für die Leier. Auffällig ist das Bild der Andromeda, bei der die seitlichen Felsen und jegliche Spuren der Fesslung fehlen. Gezeigt wird eine nackte, geschlechtslose Gestalt, die mit ausgebreiteten Armen zu schweben scheint. Ein erkennbarer Zusammenhang mit dem Sternbild und seinem Mythos ist hier nicht mehr vorhanden. Ähnlich ungezwungen verfährt er auch mit den Tierkreiszeichen, welche den Kalender begleiten. Ein junger Mann mit großem Stab hält dort die Waage am ausgestreckten Arm, während die Jungfrau als verschleierte Frau mit Blumenszepter eher an eine Heilige erinnert. Auch die Zwillinge hat er in zwei weibliche Gestalten verwandelt, die durch einen Palmzweig als Märtyrer ausgewiesen sind. Am Ende der Handschrift fügt der Zeichner ohne konkreten Textbezug noch Einzelbilder zur medizinischen Anwendung des Brenneisens (Kauterisation) hinzu, die allerdings unvollendet geblieben sind. Hier war er sichtlich mit größerem Engagement bei der Sache als bei den Konstellationen. In ornamental ausgeschmückten Arkadenöffnungen zeigt er mit bewegten Figuren unterschiedliche Behandlungsmomente. An der Gestalt der Sternbilder hatte er demnach kein besonderes Interesse. Ein gleichzeitig im Kloster Peterborough hergestelltes Handbuch (London, Cotton Ms. Tib. C I) belegt den lang anhaltenden Einfluss der karolingischen Handschrift mit der Übersetzung des Cicero (London, Harl. Ms. 647) in England. Grundlegende Texte zum Komputus wurden hier, wie das sehr oft geschah, mit den Annalen der Abtei verbunden. Dabei ging man von dem alten karolingischen Textcorpus aus, das zusammen mit seinen aufwendigen Illustrationen gewissenhaft kopiert wurde. Nur einige neuere Abhandlungen zur Kalenderberechnung kamen als Ergänzung noch hinzu. Es ist das einzige Mal, dass man auch das bibliophile Konzept der Figurengedichte beibehalten hat. Hier zeigt sich deutlich ein Respekt vor der Autorität des Vorbildes, der wohl auch dazu geführt hat, dass man das großzügige Format der Darstellungen nicht verändern wollte. In dem sehr viel kleineren Codex musste man deshalb zahlreiche Sternbilder stürzen und zum Falz hin orientieren. Auch die einzelnen Sternpositionen hat man genau übertragen. So ist diese relativ junge Kopie zugleich auch die genaueste und gewissenhafteste. Vielleicht ist diese Haltung schon von humanistischen Interessen geprägt, die der spätantiken Sonderform des carmen figuratum mit seiner eigentümlichen Verschränkung von Text und Bild schon wieder einen Reiz abgewinnen konnten. Der Einfluss dieser karolingischen Bilderreihe lässt sich in England vielfach nachweisen, doch wurde der Zyklus ansonsten viel stärker umgearbeitet, mit andere Überlieferungen abgeglichen und auch die im Vorbild fehlenden Sternbilder ergänzt. (Oxford, Ms. Digby 83, Ms. Bodl. 614) All dies unterbleibt in Peterborough. Man wollte dort offenbar eine genaue Kopie des alten Handbuches besitzen, da ihm möglicherweise eine besondere Bedeutung für die Abtei zukam. Deshalb hat man eine Ergänzung oder Aktualisierung des alten Zyklus wohl gar nicht erst in Erwägung gezogen, sondern allein auf eine exakte Reproduktion der alten Bilder geachtet.

3. Komputus im 12. Jahrhundert

Ebenfalls zu Beginn des 12. Jahrhunderts entstand am Oberrhein eines der üblichen komputistischen Handbücher, welches zu Beginn durch eine Lage ergänzt wurde, die einen geschlossenen Bildteil aufweist, der neben den Sternbildern auch die Darstellungen der Fingerzahlen zu Bedas De temporibus sowie einige Schemata aufweist. (München, Clm 10270) Interessanter Weise nimmt der Schreiber in einem als Vorrede vorangestellten Gedicht zu den heidnischen Darstellungen der Konstellationen rechtfertigend Stellung. Die heidnische Bilderfolge, so führt er aus, sei nicht völlig verwerflich, da sie die Sternbilder nach Form und Gestalt erkläre, so wie sie die antiken Dichter erfanden. Die Bahnen der Sterne und ihr Aussehen ließe sich anhand dieser Darstellungen begreifen und deswegen habe er jedem einzelnen Sternbild einen Vers beigegeben, damit der Unwissende es noch schneller lerne.46 Zu Beginn des Kalenders geht der Schreiber dann noch einmal in einer Bemerkung auf die zwölf Tierkreiszeichen ein, die nach den Fabeln der Heiden benannt seien. Sie seien, so führt er aus, hier kurz erläutert, nicht etwa weil er diesen unangemessenen Meinungen zustimme, sondern damit der Leser die Konstellationen kennenlerne und die Gedichte der Poeten besser verstehe, die häufig aus solchen Phantastereien bestehen. Die Anordnung und Zahl der einzelnen Sterne könne der Lernende dann in aller Klarheit den Bildern entnehmen.47 Neben der Orientierung am Nachthimmel soll also auch ein Verständnis der antiken Mythen vermittelt werden, obwohl in dem Codex ausschließlich komputistische Texte zusammengestellt sind. Hier ist ein weiter ausgreifendes, literarisch geprägtes Interesse greif bar, dass der antiken Poesie trotz aller Abgrenzung doch einen gewissen Stellenwert zubilligt und ein Bemühen um das Verständnis dieser Fabeln zu rechtfertigen sucht. Die Darstellungen der Konstellationen, welche dem Schreiber so wichtig waren, stehen als unabhängiger Bildblock zu Beginn der Handschrift, wobei die einzelnen Sternbilder durch eine Zierarkade eingefasst werden. Auf diese Weise werden sie in ihrem Bildcharakter eigens betont

46 München, Clm 10270, fol. 1r. Es handelt sich um ein gereimtes Proemium. »Pagina gentilis / nec firma nec undique vilis // Sydera staturis / disterminat atque figuris, // Sicut constat eas / veteres finxisse poetas. // Quîs hic depictis / Christi de nomine dictis // Inde nequit nasci / nisi velle per ethers pasci // Astrorumque rotas / per formas discere notas. // Sed vice communi / versus datur unicus uni // quo breviter discas / merito quibus inscius hiscas.« (Die heidnische Buchseite – weder ganz zuverlässig noch völlig wertlos – / umgrenzt die Sterne durch Gestalten und Figuren, / so wie es feststeht, dass die antiken Dichter sie erfunden haben. / Du kannst durch die hier Dargestellten und Genannten – aus dem Namen Christi / kann es nämlich nicht entstehen, wenn man nicht im Jenseits weiden will – / den Lauf der Sterne durch bekannte Formen lernen. / Aber anstatt gemeinsam, wird jedem einzelen jeweils ein Vers zugeteilt, / wodurch du schnell lernen magst, wonach du als Unwissender zurecht strebst.) In der Tat wird jedem einzelnen Sternbild in diesem Manuskript ein Vers gewidmet, der in dem rahmenden Arkadenbogen zu lesen ist. 47 München, Clm 10270, fol. 9r, auf dem unteren Außenrand als Randglosse zum Kalender. »Signa XII vel a causis annalibus vel a gentilium fabulis nomina sumpserunt, quas ideo strictim ac breviter hic annotare curavimus, non quo eorum ineptissimis opinionibus assensum prebeamus, sed ut lectoris animus his cognitis melius carmina poetarum intelligant que plerumque his sunt compaginata mendaciis. Idcirco igitur et figuris ea depingere studuimus, ut stellarum ordo vel numerus quasi quibsdam membris infixus evidentius a discente cernatur.« (Die zwölf Tierkreiszeichen haben ihren Namen entweder von den entsprechenden Jahreszeiten oder von den Fabeln der Heiden genommen. Wir haben sie desahlb in aller Kürze hier anführen lassen, nicht um unsere Zustimmung zu ihren sehr unangemessenen Meinungen auszudrücken, sondern damit der Geist des Lesers, nachdem er sie kennengelernt hat, besser die Gedichte der Poeten verstehen kann, die meist aus solchen Lügen zusammengesetzt sind. Darum haben wir uns auch bemüht, sie durch Zeichnungen darzustellen, damit die Ordnung und Anzahl der Sterne dadurch, dass sie sozusagen in die jeweiligen Körperteile eingefügt wurden, augenfälliger vom Lernenden wahrgenommen werden.)

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und es entstehen regelrechte Schautafeln, die den Codex eröffnen und vielleicht auch einen Eindruck von der Bildfülle des Sternenhimmels geben sollen. In ähnlicher Weise hat zur gleichen Zeit auch Lambert von St. Omer in seinem Liber Floridus die entsprechenden Seiten mit den Konstellationen konzipiert. (Gent, Cod. 92; Wolfenbüttel, Ms. Guelf. Gud. Lat. 2°) In die Arkadenbögen sind kurze Merkverse eingetragen, die den Namen des betreffenden Sternbildes nennen und knappe Angaben zum dazugehörigen Mythos liefern. Diese Verse sind vermutlich von dem Gestalter dieser Handschrift zu diesem Anlass verfasst worden und sollen, wie er selbst einige Seiten später vermerkt, auch das Verständnis der antiken Dichtungen vermitteln. Auf dem breiten Seitenrand wurde dann zusätzlich noch ein Sternenkatalog hinzugefügt, der das dritte Buch des Hyginus exzerpiert. Nach den Angaben dieses Textes sind auch die Positionen der einzelnen Sterne sehr gewissenhaft eingetragen worden, wobei die unterschiedliche Größe der Punkte zusätzlich den Grad der Helligkeit angibt. Auch darauf ist in der erwähnten Bemerkung ja eigens verwiesen worden. Die astronomischen Kenntnisse und das Wissen um die antiken Mythen sind hier also explizit miteinander verknüpft – ganz im Sinne der antiken Abhandlung des Hyginus, die hierfür ausgewertet wurde. Die Ikonographie der Sternbilder folgt im Wesentlichen den karolingischen Libri computi, doch erlaubt sich der Zeichner im Einzelnen einige Freizügigkeiten, auch die Anordnung ist insbesondere bei den südlichen Sternbildern durcheinander geraten.48 Bemerkenswert ist in jedem Fall das besondere Gewicht, das die Bilder durch die Zusammenstellung auf eigens dafür vorgesehen Seiten und durch das Auszeichnungsmotiv der Arkaden erhalten. Die zitierten Bemerkungen, die ihr Vorhandensein rechtfertigen und den didaktischen Wert herausstreichen, spiegeln das gleichfalls wieder. Die Bilderreihe der Konstellationen ist für diesen Autor ein wesentlicher, unverzichtbarer Bestandteil der Komputistik, doch hat er darüber hinaus mit den antiken Dichtungen auch einen weiteren Bildungshorizont im Blick. So verknappt die den Bildern beigegebenen Texte auch sind, so versuchen sie dennoch die Verbindung von Himmelskunde und heidnischem Mythos zu vermitteln. Eine derartige Intention geht über die Libri computi und vergleichbare Handbücher deutlich hinaus. Damit ist diese oberrheinische Komputus-Handschrift jenem mehr oder weniger zeitgleichen englischen Opusculum de ratione sphere an die Seite zu stellen, in dem die Auseinandersetzung mit der Mythologie noch sehr viel intensiver betrieben wird und gleichfalls mit dem Bemühen um eine genaue Wiedergabe der Sternpositionen gemäß den Angaben der Texte einhergeht. (Oxford, Ms. Digby 83 und Bodl. 614) Drei österreichische Handschriften des 12. Jahrhunderts zeigen in geradezu exemplarischer Weise das fortwährende Bemühen klösterlicher Zentren, eine dem aktuellen Wissenstand entsprechende und das heißt in dieser Zeit zumeist auch eine astronomisch halbwegs exakte Bilderreihe der Konstellationen zur Verfügung zu haben, die dann im eigenen Einflussbereich weiter verbreitet werden kann. (Rom, Vat. lat. 643; Klosterneuburg, Cod. 685; Zwettl, Cod. 296) Ein karolingisches Kompendium, das im wesentlichen die komputistischen Schriften Bedas enthält und im 9. Jahrhundert in Auxerre geschrieben wurde, muss früh nach Österreich ge48 Den Libri computi entsprechen: Fuhrmann mit Wagen, Schütze als Satyr, der frontale Schwan, Herkules und Zentaur. Orion entspricht den De signis coeli-Zyklen. Perseus als Rückenfigur mit Sichel findet sich bei Hyginusillustrationen. Der Typus des Wassermanns erinnert an das englische Opusculum (Oxford, Ms. Digby 83). Ungewöhnlich sind Bootes mit zwei erhobenen Armen, der Wassermann mit nach oben gestrecktem Arm sowie Eridanus mit zwei Vasen. Eine Zuordnung zu eine enger begrenzten Gruppe scheint nicht möglich.

3. Komputus im 12. Jahrhundert

langt sein, da es deutschsprachige Glossen des 11. Jahrhunderts enthält. (Melk, Cod. 412) Im Verlaufe des 12. Jahrhunderts wurde dieser Codex samt seinen Ergänzungen dreimal kopiert, dabei aber um eine erweiterte und verbesserte Version des Sternenkataloges De signis coeli mit entsprechenden Bildern ergänzt. Auch dieser Text und seine Illustrationen sind aller Wahrscheinlichkeit nach aus Frankreich vermittelt worden.49 Die Ikonographie der Sternbilder entspricht weitgehend jenem Zyklus, der im 10. Jahrhundert in Fleury entwickelt wurde. Auch das große Format der Zeichnungen entspricht vielen im Einflussbereich von St. Benoît-sur-Loire entstandenen Illustrationen.50 Hinzu kommen dann noch Sol und Luna in großen Medaillons sowie eine Darstellung dieser beiden Luminaria im Rund des Tierkreises, wie sie in Handschriften der Recensio interpolata zu finden ist.51 Die Sternpositionen sind relativ genau eingetragen und teilweise sogar nach dem Helligkeitsgrad differenziert. Darin zeigt sich ein Bemühen, die Anschauung des Nachthimmels und die gemalten Bilder der Vorstellung miteinander zu korrelieren, auch wenn man sich dafür nur auf die Angaben der überlieferten Texte stützt und nicht auf eigene Beobachtungen. Ähnlich wie der Text des Sternenkataloges ist also auch die Bilderreihe verbessert und ergänzt worden. So findet sich jetzt auch eine Darstellung der Waage und der Pleiaden. Auch die Bären werden in den Windungen des Drachens ein weiteres Mal gezeigt, da sie auch im zugehörigen Text erwähnt sind. Bei der Beschreibung des Zentauren heißt es, dass er sein Beutetier über den Altar hält, deshalb wird auch in dieser Illustration der Altar wiederholt. Vermutlich gelangte zu Anfang des 12. Jahrhunderts eine illustrierte Fassung des erweiterten Sternenkataloges De signis coeli nach Österreich, den man darauf hin mit den älteren Texten zu einem neuen Handbuch verband.52 Vielleicht hat auch ein zum Studium nach Frankreich gesandter Mönch die Vorlage bei seiner Rückkehr mitgebracht. Die Verfügbarkeit der neuen Bilderserie könnte die weiteren Kopien dann überhaupt erst angeregt haben; denn es ist auffällig, dass nicht wie in vergleichbaren Fällen auch jüngeres Text-Material integriert wird. Alle drei Handschriften stammen mit Sicherheit von einer Vorlage ab, die sich aber nicht erhalten hat. Das vatikanische Manuskript besitzt künstlerisch das schwächste Niveau und unterscheidet sich zudem in einigen Details von den beiden anderen.53 Aber auch die für die Stifte von Klosterneuburg und Zwettl hergestellten Codices sind trotz weitestgehender Übereinstimmungen nicht direkt voneinander abhängig, wie einige Indizien zeigen. Demnach dürfte die Verbreitung dieser Zusammenstellung ehemals größer gewesen sein, als es die heutige Überlieferungslage vermuten lässt. Die von einem möglicherweise in Salzburg geschulten Maler für Klosterneuburg ausgeführte Bilderreihe ist mit Abstand die qualitätvollste der erhaltenen Versionen. Die Tendenz zur Monumentalisierung der Gestalten ist hier am ausgeprägtesten. Weiter49 Die Ergänzungen stammen aus dem Aratus latinus, der vor allem in Frankreich verbreitet war. 50 Vgl. Paris, Ms. lat. 5543, Paris, Ms. lat. 5239, Rom, Vat. Reg. lat. 123. 51 Beispielsweise Paris,, Ms. lat. 12957, Dresden, Ms. Dc 183, St. Gallen, Ms. 902. 52 Da die karolingische Handschrift aus Auxerre (Melk, Cod. 412) eine neue Bindung besitzt, ist nicht auszuschließen, dass der Teil mit dem illustrierten Sternenkatalog verloren gegangen ist. Dann könnten die alten Texte und der Sternenkatalog im 11. Jahrhundert auch gemeinsam nach Österreich gekommen sein. Doch scheint mir, dies nicht besonders wahrscheinlich zu sein. 53 Der Baum im Garten der Hesperiden bei Herkules windet sich wie ein Schlange; das Schiff ist nicht ergänzt; ein runder Taschenkrebs, während die andern Handschriften einen Flusskrebs zeigen; Serpentarius als Rückenfigur; einfacher Altar, nicht die Drei-Turm-Anlage.

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hin aktualisiert der Maler in konsequenter Weise die Kostüme seiner Figuren und lässt ihm unverständlich erscheinende Details fort oder verändert sie. So schwebt jetzt der Fuhrmann mit gestreckten Beinen, auch die Felsen der Andromeda scheinen ihm ebenso unwichtig zu sein wie die Kopfflügel Merkurs. Die Zwillinge mit ihren Lanzen interpretiert er als zeitgenössische Ritter in modernen Rüstungen. Sol und Luna im Tierkreis zeigt er mit einer aus der Minne-Ikonographie entlehnten Bildformel als ein in Liebe verbundenes Paar, denn Sol greift Luna ans Kinn. Die Fremdheit der Sternbilder wird auf diese Weise gemildert, die in ihnen verkörperten Wesen sind weitgehend so gekleidet wie die Vornehmen dieser Welt und deshalb der mittelalterlichen Gesellschaft nicht so fern. Die fremde Welt der Sterne erscheint so ein wenig verstehbarer und erklärbarer zu sein. Jene englische Handschrift vom Beginn des 12. Jahrhunderts (London, Royal Ms. 13A XI) und dieser österreichische Codex, der am Ende des gleichen Jahrhunderts entstand, vertreten von daher geradezu gegensätzliche Sichtweisen der Himmelswesen. Die weitgehende Dämonisierung bei den älteren Zeichnungen steht der Angleichung an die eigene Erfahrungswelt gegenüber. Trotz ähnlicher Bildaufgabe – Illustrierung eines Sternenkataloges in einem komputistischen Handbuch – offenbart sich ein grundlegend anderes Verständnis. Die Wesen des Kosmos haben hier zumindest teilweise ihre Fremdheit verloren. Dieser veränderte Blick auf den Sternenhimmel hat nun aber das Denken des 12. Jahrhunderts zur Voraussetzung. Denn da die Kräfte des Kosmos jetzt nach rationalen, von den Menschen zu verstehenden Gesetzmäßigkeiten handelten, konnte auch ihr Aussehen dem menschlichen Horizont angepasst werden.

4. Der Liber Nemroth und das Nachleben der frühmittelalterlichen Sternkataloge

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Hinter dem Titel Liber Nemroth verbirgt sich ein astronomisches und astrologisches Kompendium, von dem Teile offenbar schon im 9. Jahrhundert bekannt waren und das seit dem 11. Jahrhundert in einer Reihe von einschlägigen Sammelhandschriften anzutreffen ist.54 Auch in jenes um 1060 in Montecassino neu zusammengestellte Handbuch (Madrid, Ms. 19) integrierte man Teile dieses Werkes. Den Kern bildet ein Lehrdialog zwischen Nimrod und seinem Schüler Ioanthon, der von zahlreichen Schemata begleitet wird. Daran schließt ein Abriss zur Geschichte der Astronomie an, welcher bei Atlas als dem Träger des Himmelsgewölbes einsetzt und zuweilen auch von einer Miniatur begleitet wird, die den Erzvater Abraham als Lehrer der Himmelskunde zeigt. Der verbreitete Sternenkatalog De signis coeli kommt als weiterer Bestandteil hinzu. Doch wird er von einer Bilderreihe begleitet, die den Zyklen der Libri computi entspricht. Die Verknüpfung dieser beiden Traditionen muss bereits zu einem frühen Zeitpunkt erfolgt sein. Denn ein Veroneser Codex überliefert jene Bildfolge bereits im frühen 11. Jahrhundert als Bestandteil einer komputistischen Sammelhandschrift, allerdings ohne die übrigen Teile des Liber Nemroth. (Padua, Ms. 27) 54 Grundlegend Livesey/Rouse 1981. Sie gehen von einer Entstehung zwischen dem 9. und späten 10. Jahrhundert aus und schlagen Montecassino, St. Gallen oder Verona vor. Wie Juste 2006 zeigen konnte, lassen sich aber bereits bei Eugenius Vulgaris im 9. Jahrhundert Spuren dieses Textes nachweisen.

5. Die Vielfalt der Interessen im 12. Jahrhundert

Aber noch am Ende des 12. Jahrhunderts findet sich der vollständige Liber Nemroth in einer französischen Handschrift, die später in die Bibliothek des Klosters St. Victor in Paris gelangte. (Paris, Ms. lat. 14754) Selbst zu Beginn des 13. Jahrhunderts wird das veraltete Werk noch einmal in Norditalien abgeschrieben. (Venedig VIII, 22) Um 1230 hat dann Michael Scotus den Liber Nemroth ausgewertet und Teile in seinen Liber introductorius übernommen.55 Am Ende des 13. Jahrhunderts verwendet man in Nordfrankreich nurmehr die Bilderreihe des Sternenkatalogs, um sie mit aktuelleren Texten zur Astronomie zu verbinden. (Oxford, Bodl. 644) Auffällig ist bei diesen Handschriften, dass über lange Zeit hiweg die Gestaltung der Seiten einschließlich der Verteilung der Sternbilderzeichnungen in dem zweispaltig geschriebenen Text konstant bleibt. Daran zeigt sich, dass dem Sternenkatalog in diesem Zusammenhang keine besondere Wichtigkeit mehr zugemessen wird, sondern dass er als didaktisches Element eher schematisch, ohne zusätzliche Überlegungen kopiert wird. Dennoch haben wir es mit einem bemerkenswerten und erstaunlich weit reichenden Nachleben des bereits in karolingischer Zeit konzipierten Bildzyklus zu tun. Jenes bis in das 13. Jahrhundert anhaltende Interesse an der alten Textzusammenstellung erklärt sich vermutlich aus der einfachen Sprache und den zahlreichen Diagrammen mit den knapp gehaltenen Erläuterungen sowie vor allem aus den astrologischen Ausführungen, die seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein immer größeres Publikum fanden.

5. Die Vielfalt der Interessen im 12. Jahrhundert Das Interesse am antiken Mythos, der Namen und Gestalt der Sternbilder literarisch erläutert, nimmt im 12. Jahrhundert erkennbar zu und tritt häufig ergänzend neben die astronomischen und kosmologischen Fragen. Dies offenbart sich nicht allein im Zuschnitt der Texte, sondern prägt zuweilen auch das Aussehen der Bilder, wie die Illustrationen zu dem englischen Opusculum de ratione sphere zeigen. (Oxford, Ms. Digby 83, Bodl. 614) Auch die verstärkte Rezeption der antiken Abhandlung des Hyginus bedient zumindest teilweise eine derartige Interessenslage. Doch ist auffällig, dass den Illustrationen in den Hyginus-Handschriften durchweg kein besonderer Stellenwert eingeräumt wird. Es handelt sich zumeist um kleinformatige Zeichnungen, die zwischen die Textblöcke eingeschoben sind und denen oft sogar nur ein skizzenhafter Charakter zukommt. Sie sollen dem Leser die Überführung der Beschreibung in eine anschauliche Gestalt erleichtern und ergänzen auf diese Weise den Text, der zwar den Mythos, die Position am Nachthimmel und die Verteilung der Sterne schildert, aber das Aussehen der Sternbilder nicht wirklich beschreibt. So haben wir es hier in erster Linie mit einer didaktischen Funktion zu tun. Auf die Eintragung der Sternenpositionen hat man durchweg verzichtet, da man die Informationen im Text wohl für ausreichend hielt. In anderen Zusammenhängen dagegen hat man den Bildern sehr viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet und ihnen zuweilen in selbständigen Äußerungen explizit eine große Relevanz zugesprochen. (Oxford, Bodl. 614; München, Clm 10270) Dabei geht es immer auch um die genaue Eintragung der Sternpositionen, die man zuweilen sogar entsprechend ihrer Leuchtkraft zu differenzieren sucht. Gerade jenes astronomische Element der Darstellungen, das in den vorange-

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Grebner 2008, zu Michael Scotus s. Bd. II.

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V. Studium und Kosmologie im 12. Jahrhundert

gangenen Jahrhunderten sehr oft einfach übergangen wurde, rückt jetzt verstärkt ins Zentrum der Bemühungen. Die gemalten Bilder werden dadurch zumindest tendenziell mit den geometrischen Figurationen am Nachthimmel vergleichbar. Es geht nicht mehr um losgelöstes Wissen, sondern um ein konkretes Verständnis des Kosmos und seiner nachvollziehbaren Struktur. Hier offenbart sich eine veränderte Einstellung zur Himmelswissenschaft, die ihre Spuren auch in den Handbüchern des Komputus hinterlassen hat. Das Interesse am Mythos und das Streben nach größerer astronomischer Exaktheit gehen dabei Hand in Hand und lassen sich oft in den gleichen Handschriften nachweisen. Wir müssen darin zwei Facetten einer intensiven Beschäftigung mit den Sternen erkennen, die sowohl die am Nachthimmel erkennbare Konstellation wie auch die Erzählung seiner Entstehung und Namensgebung zum Ziel hat. Die illustrierte Himmelsbeschreibung ist im 12. Jahrhundert zwar immer häufiger Bestandteil verstärkt astronomisch-astrologisch ausgerichteter Handbücher, doch scheinen die Bilder in diesem Zusammenhang gerade keine besonders große Rolle zu spielen. Außerhalb der umfangreichen wissenschaftlichen Textsammlungen hingegen, in den traditionellen Komputus-Handbüchern ebenso wie in den kompakten Kompendien zur Kosmologie, betreibt man mit den Bildern einen ungleich größeren Aufwand. Hier werden die tradierten Zyklen weiter verbessert und dem erweiterten Interessenshorizont angepasst. So entsteht eine eigentümliche Spannung zwischen den gründlichen Abhandlungen jener scientia nova einerseits, die an abstrakten Diagrammen und mathematischen Schemata die Komplexität der Himmelkörper und ihrer Bewegungen erklären, und der anschaulichen Bilderfolge andererseits, die in den traditionellen Buchtypen begegnet, aber dennoch deutlich Spuren der gewandelten Interessenslage erkennen lässt. Auch die gewissermaßen subjektive Sicht auf die Sternenwesen ist dabei einer Veränderung unterworfen. Während sie in England zu Beginn des 12. Jahrhunderts noch als dämonische, bedrohliche Gestalten, die eher Monstern gleichen, imaginiert werden (London, Royal Ms. 13 A XI), treten sie später immer häufiger in dezidiert zeitgenössischen Gewändern im vertrauten Habitus des Adels auf. (Klosterneuburg, Cod. 685; Oxford, Bodl. 614) Auch hierin spiegelt sich wohl eine intensivere Auseinandersetzung insbesondere mit dem mythologischen Kontext der dargestellten Figuren. Doch lässt sich daraus keinesfalls eine allgemeine Entwicklung konstruieren. Schließlich verleiht noch in den Jahren um 1200 ein Maler aus Prüfening den Sternbildern ein fremdartiges und bedrohliches Aussehen. (Wien, Cod. 12600) Und schon um 1100 schreibt Baldricus Burgulianus, dass es am Himmel niemals derartige Figuren gab, sondern dass sie erfunden seien, um sich die Konstellationen besser einprägen zu können.56 Es handelt sich also um jeweils verschiedene Reaktionen auf sich verändernde Rahmenbedingungen, die wir als eigenständige Phänomene wahrnehmen müssen. Die anhaltende Faszination der Sternbilder wird individuell verarbeitet und schlägt sich in jeweils anderen Bildformen nieder. Erst im zusammenfassenden Überblick wird in der Fülle der Einzelfälle dann eine Tendenz erkennbar.

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Baldricus Burgulianus, Adelae Comitissae, Vers 1073–1080. Hilbert 1967; Otter 2001; vgl. Blume 2000, S. 18ff.

VI.

Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

1. Karl der Kahle – Kaiserliche Repräsentation im Zeichen der Sterne Karl der Große (768–814) hatte die Kalenderreform zu einer Angelegenheit des kaiserlichen Hofes gemacht, die in einer gemeinsamen und koordinierten Anstrengung zahlreicher Gelehrter in den Jahren nach 809 mit der Abfassung der Libri computi zu einem greif baren und folgenreichen Ergebnis führte. Damit war, wie schon die Zusammenstellung der Texte in jenem Handbuch verrät, auch ein Interesse an den astronomischen Grundlagen der Zeitberechnung verbunden.1 Der Auf bau des menschlichen Staates und die Struktur der irdischen Herrschaft sollte zumindest idealiter der göttlichen Ordnung von Zeit und Kosmos entsprechen. Ludwig der Fromme (814–840), Sohn und Nachfolger Karl des Großen, setzte die astronomischen Studien fort und verfolgte, wie uns sein Biograph verrät, sogar persönlich den Lauf der Sterne. Er ließ einen erstaunlich exakten Sternenatlas erarbeiten, der das neu erschlossene Wissen und die poetischen Verse des Aratos, welche die Erhabenheit des Kosmos besangen, zusammenführte. (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79) In der Wiedergabe der Zwillinge enthielt diese in jeder Hinsicht spektakuläre Bilderfolge wohl einen verdeckten Hinweis auf die Person und die Rolle des Kaisers. Auch das sogenannte Planetarium, das jenes perfekte Zusammenspiel der Himmelskörper eindrücklich vor Augen führt, dürfte auf den Kaiser bezogen worden sein.2 Karl der Kahle (843–877), der jüngste Sohn Ludwig des Frommen, bemühte sich, an die ambitionierte Kultur des Aachener Hofes anzuknüpfen. An seinem Hof setzte man die Person des Herrschers jetzt auch explizit mit der göttlichen Harmonie des Kosmos in Beziehung und wies ihr so einen fester Platz im kosmischen Gefüge zu. Karl der Kahle ließ die von ihm gestifteten Handschriften zum ersten Mal mit dem eigenen Bildnis ausstatten. Die Darstellung des thronenden Herrschers, der umgeben von Heiligen und Engeln unterhalb der lenkenden Hand Gottes inmitten der Vertreter des Hofes und der Provinzen zu sehen ist, wurde zu einer neuen Repräsentationsform, die gerade in dem Versuch, die verschiedenen Teilreiche wieder in seiner

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S. Kap. III, 2. S. Kap. III, 3.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

Hand zu vereinigen zunehmend an Bedeutung gewann. Im Bild konnte die Stellung definiert und verfestigt werden, die in der Realität so umstritten war.3 Im Umkreis seines Hofes wurden Bilder aus der astronomischen Textsammlung der Recensio interpolata in einen biblischen Kontext übertragen. Die so genannte Vivian-Bibel, die 845/846 in der Abtei Saint-Martin in Tours für Karl den Kahlen geschrieben wurde, beginnt mit einer Schmuckseite zur Vorrede des Hieronymus. Die großformatige D-Initiale zeigt eine Darstellung von Sonne und Mond im Tierkreis.4 Das rahmende Buchstabengerüst füllen die Zodiakzeichen, die aber fälschlicher Weise im Uhrzeigersinn angeordnet sind. Im leeren Mittelfeld befinden sich die Wagen von Sol und Luna, deren Wiedergabe in Medaillons von den entsprechenden Zeichnungen in den wissenschaftlichen Handschriften übernommen ist. Auch das Tierkreiszeichen der Fische ist im Inneren des Buchstabens zu beiden Seiten der Sonne zu sehen. Da die Sonne genau über dem verbindenden Band der Fische angeordnet ist, steht sie offensichtlich in eben diesem Tierkreiszeichen. Damit macht der Maler hier eine kalendarische Angabe und verweist auf den Zeitpunkt unmittelbar vor Beginn des Frühlings. Da der Lauf der Welt nach allgemeiner Vorstellung im Frühling begann, als die Sonne im Widder stand, dürfte sich diese Miniatur also auf die noch nicht abgeschlossene Errichtung des Weltgebäudes beziehen. Die Vollendung der Schöpfung ist dann erst mit der Erschaffung des Menschen erreicht, die einige Seiten später in der Titelminiatur der Genesis zur Darstellung kommt. Die knappen Angaben des Bibeltextes zur Erschaffung des Kosmos werden mit Hilfe dieses Bildes durch astronomische Kenntnisse ergänzt. Zugleich handelt es sich um einen frühen Beleg einer spezifischen, am Hof Karls des Kahlen betriebenen Durchdringung christlicher Symbolik und astronomischen Wissens. In den Kontext dieser spezifischen Hof kultur mit ihrer so systematisch vorgetragenen Propaganda gehört auch ein kunstvoll gearbeiteter Thronstuhl, den Karl der Kahle 875 aus Anlass seiner Kaiserkrönung Papst Johannes VIII. schenkte und der später als Cathedra Petri galt, weshalb er als kostbare Reliquie im Schatz von S. Peter gehütet wurde.5 Durchbrochen gearbeitete Elfenbeinleisten, die einst mit vergoldetem Kupferblech hinterlegt waren, verzieren die hölzernen Streben dieses Thrones und vermitteln den Eindruck höchster Kostbarkeit. In eine Blattranke aus Akanthusmotiven sind dort neben Masken zahlreiche Mischwesen eingefügt, die in vielfältige Kämpfe mit Menschen und Tieren verstrickt sind. So wird hier die antike Dekorationsform der belebten Ranke aufgegriffen, aber zugleich in spezifisch mittelalterlicher Weise auf die

3 Hierzu Staubach 1993 passim, sowie zusammenfassend S. 344ff. 4 Paris, BN, Lat. 1, fol. 8r, Karolingische Miniaturen I, 1930, S. 396–401, Taf. 79; Alexander 1978, Nr. 7, S. 52; zur Vivian-Bibel allgemein Kessler 1977, S. 5f. Sie wird auch als erste Bibel Karls des Kahlen bezeichnet. Die Ikonographie der Tierkreiszeichen folgt ebenso wie die Bilder von Sol und Luna der Tradition der Recensio interpolata; vgl. z. B. Paris, Ms. lat. 12957, St. Gallen, Ms. 902 oder Dresden, Ms. Dc. 183. Vgl. auch das Sakramentar von Autun, Autun, Bibl. De la Ville 19bis, Karolingische Miniaturen I 1930, Taf. 67. 5 Mütherich 1971; Schramm 1971; Fillitz 1973; vgl. auch Frugoni 1977 sowie Weitzmann 1971. Die Rückenlehne ist, worauf H. Fillitz hingewiesen hat, wohl in späterer Zeit erheblich verkürzt worden. Eine dendrochronologische Untersuchung hat sowohl die Datierung um die Mitte des 9. Jahrhunderts als auch die Herkunft aus dem nordöstlichen Frankreich bestätigt, Hollstein 1974. Nachträglich, entweder schon 870 oder anlässlich der Kaiserkrönung 875, sind Elfenbeinplatten mit den Darstellungen der Herkulestaten sowie einiger Tiere und Monster, die in einer seltenen Intarsientechnik gefertigt wurden, zur Verkleidung der Vorderfont des Thrones genutzt worden; Staubach 1993, S. 320ff.; Weitzmann 1977; Frugoni 1977, S. 129ff; vgl. auch Nees 1991.

1. Karl der Kahle – Kaiserliche Repräsentation im Zeichen der Sterne

Verstrickungen und Fährnisse des irdischen Lebens bezogen.6 Von besonderem Interesse ist hier aber das Giebelfeld der Rückenlehne. In der Mitte der unteren Querleiste findet sich das Bildnis des Kaisers, dem geflügelte Genien zwei Kronen sowie Palmzweige bringen. Da sich rechts und links weitere Kampfszenen anschließen, ist der Herrscher eindeutig jenem irdischen Bereich zugewiesen. Die Schrägen des dreieckigen Giebelfeldes jedoch sollen offensichtlich den Himmel vergegenwärtigen. An den untern Enden lagern hier die Personifikationen von Terra und Oceanos, während sich in der Spitze die Medaillonbilder von Sol und Luna gegenüberstehen. Den Zwischenraum füllen zwölf Sternbilder, deren Auswahl und Anordnung allerdings nur schwer nachzuvollziehen ist.7 Eigentümlicher Weise hat man gerade nicht die Tierkreiszeichen gewählt, obwohl eine Darstellung der Luminaria im Rund des Tierkreises in den Handschriften der Recensio interpolata häufig vorkommt und auch die eben besprochene Initiale der Vivian-Bibel schmückt. Formal sind die Sternbilder in gleicher Weise wie die übrigen Gestalten in die Windungen der Ranke eingefügt; ihr unterschiedlicher Charakter wird also nicht eigens hervorgehoben. Sämtliche Konstellationen sind allerdings ebenso wie die Personifikation der Erde zum oberen Ende des Giebels orientiert, wo sich Sonne und Mond als Bildpaar gegenüberstehen und damit die Spitze dieser pyramidalen Komposition bilden. Es ist verschiedentlich vermutet worden, dass im Inneren des Giebelfeldes, welches in dekorativer Weise von drei ovalen Öffnungen gegliedert ist, ursprünglich eine christologische Darstellung angebracht war, die auf den göttlichen Herrscher des Kosmos hingewiesen hätte. Doch ist dies aus der Logik des Bildprogrammes nicht unbedingt erforderlich, denn auch so ist der Giebel des Thrones als Abbild der himmlischen Ordnung zu verstehen, die durch den Kaiser an den irdischen Bereich vermittelt wird. Als Vorlage für den Elfenbeinschnitzer ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Handschrift mit der Himmelsbeschreibung der Recensio interpolata anzunehmen, die von dem Kloster Corbie aus vor allem in Frankreich Verbreitung fand. Die Gestaltung entspricht weitgehend der spezifischen Ikonographie dieser Bilderreihe.8 Auch die Büstenbilder von Sonne und Mond, die Fackeln in den Händen halten und durch einen Gruß- oder Weisegestus gekennzeichnet sind, finden sich dort wieder.9 Aus der umfangreichen Folge der Sternbilder hat der Schnitzer offenbar gerade diejenigen ausgewählt, die Mischwesen oder Kampfszenen zeigen. So treffen wir Herkules, der zum Schlag gegen den Drachen im Garten der Hesperiden ausholt, Serpentarius, 6 Mütherich 1971, S. 253ff.; Frugoni 1977, S. 115ff.; Staubach 1993, S. 318ff. 7 Auf der linken Giebelschräge sind nur die drei oberen Sternbilder sowie die Darstellung der Sonne erhalten, doch können aus Symmetriegründen drei weitere Sternbilder sowie die lagernde Gestalt des Oceanos ergänzt werden. Auf der rechten Geibelschräge finden sich Terra, Herkules, Serpentarius, Perseus, Zentaur, großer Bär mit Arctophylax, Capricornus mit Reiterfigur, Luna; auf der linken Giebelschräge Schütze, Orion, Bootes, Sol. Eine planvolle Anordnung der Figuren ist nicht zu erkennen. 8 Vgl. Paris, Ms. lat. 12957; Dresden, Ms. Dc 183; St. Gallen, Ms. 902. Herkules kniet auf einem Bein und hat die Linke mit dem Löwenfell vorgestreckt, während er mit der Rechten zum Schlag ausholt. Der Schlangenträger hat die Schlange, die ihrerseits den Kopf zu ihm zurückwendet, um den Bauch gewunden. Eine Hand des Bootes ist vom Gewand verdeckt, mit der anderen holt er zum Schlag aus. Orion ist eine Rückenfigur mit verhülltem Arm. Der Schütze ist ein Zentaur mit fliegendem Gewand. Der Zentaur trägt eine Lanze. 9 Vgl. St. Gallen 902, fol. 102v, 103r. Der Eindruck von Büsten ergibt sich hier durch die verkürzte Wiedergabe des Wagens. Wagen und Zugtiere hat der Schnitzer aus Platzgründen fortgelassen. Auf den zeitgleichen Kreuzigungsdarstellungen aus Elfenbein hingegen sind Sol und Luna allein als Kopf büsten ohne weitere Attribute zu sehen, vgl. Mütherich 1971, Fig. 10–13.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

der mit der Schlange ringt, Perseus, den Jäger Orion, den Schützen sowie den Zentauren und Capricornus.10 Offensichtlich suchte man gerade nach Darstellungen, die in ihrem Charakter den übrigen Bildern auf den Schmuckleisten möglichst genau entsprachen, um so den einheitlichen Eindruck der Dekoration nicht zu gefährden. Dies wird auch an den Änderungen deutlich, die einige der Sternbilder von ihrer Vorlage unterscheiden. So wurde Capricornus zusätzlich mit einer Reiterfigur versehen, um die Konstellation jenen Ziegenreitern anzugleichen, die an dem Thron noch mehrfach anzutreffen sind.11 Neben dem großen Bären fügte man die Figur des Bärenhüters (Arctophylax oder Bootes) ein, der aber nicht in seiner üblichen Haltung wiedergegeben ist, sondern vielmehr mit einer Keule auf das Tier einschlägt. Die korrekte Gestalt des Bootes wiederum wurde durch die Hinzufügung einer Schlange und der Umdeutung des Gewandes in ein Löwenfell zu einer zweiten Herkulesfigur. Die Motivik der Kämpfe zwischen Menschen, Mischwesen und Tieren wird somit bis an den Himmel projeziert. Nur Terra und Oceanus sowie Sol und Luna haben gemeinsam mit dem Herrscher an diesem Getümmel keinen Anteil. Die inhaltliche Lesbarkeit des Programmes, die unter dieser Angleichung natürlich leidet, stand sichtlich nicht im Vordergrund des Interesses. Es ging eher um den dekorativen Gesamteindruck. In Anbetracht des extrem kleinen Formates der Figuren auf den nur 3, 7 cm breiten Elfenbeinleisten ist eine solche Entscheidung durchaus nachvollziehbar. Denn eine Lesbarkeit ergibt sich für die Bilder nur in einer extremen Nahsicht, für die es aber eigentlich kein Publikum gab. Doch dürfte die intellektuelle Konzeption, die in der Verteilung der Darstellungen ohne Frage zu fassen ist und den Herrscher in einen kosmischen Bezugsrahmen stellt, sowohl dem Thronenden selbst wie den Umstehenden vertraut gewesen sein. Von daher genügte wohl ein subtiler Verweis, der schon die Gewissheit vermittelte, dass eben jenes Herrschaftsverständnis dem Thronstuhl eingeschrieben war. Die offenbar selbstverständliche Voraussetzung dafür aber ist eine detaillierte Kenntnis des Sternenhimmels, die am Hof wohl gegeben war und ohne die eine kaiserliche Selbstdarstellung nicht mehr auskam. Auch wenn wir keine astronomische Bildhandschrift besitzen, die unmittelbar mit dem Hof Karls des Kahlen in Zusammenhang zu bringen ist, so ist doch auffällig, dass in starkem Maße himmelskundliches Wissen in die unterschiedlichsten Äußerungen der Herrschaftspanegyrik eingeflossen ist. Geradezu kennzeichnend für seine Hof kultur scheint die intensive Durchdringung von christlicher Symbolik und astronomischen Kenntnissen gewesen zu sein, die mehrfach anzutreffen ist und noch lange nachwirken sollte. Johann Scotus Eriugena verfasste 870 ein berühmt gewordenes Gedicht, das sich an Karl den Kahlen wendet und in dem er eine christliche Auslegung des Tierkreises von großer Kom10 Wenn man die Himmelsbeschreibung der Recensio interpolata durchblättert, stößt man nach den Eröffnungsbildern mit Schlange und Bären zunächst auf Herkules, Serpentarius und Bootes. Danach folgen die Jungfrau sowie die Jasiden (Kepheus, Kassiopeia, Andromeda), die eine eher friedliche Erschienung aufweisen. Erst Perseus, Schütze, Orion und Zentaur treten dann wieder als Bewaffnete auf. Genau diese Darstellungen wurden für die Dekoration des Thrones ausgewählt. Staubach 1993, S. 313ff. versucht eine allegorische Deutung der Auswahl der einzelnen Sternbilder, ohne allerdings zu einem wirklich schlüssigen Ergebnis zu kommen. Auch der Vorschlag von Frugoni 1977, S. 127, dass nur Konstellationen zur Darstellung kamen, deren Mythen auf identifizierbare Helden verweisen, kann nicht überzeugen. 11 Vgl. bei Weitzmann 1971 die Abb. XIV, 1–2, XVI, 1, XVII, 1. Dieses Motiv begegnet verschiedentlich auch in romanischen Darstellungen des Tierkreises, s.u. Kap. VI, 4. Doch dürfte hier kein direkter Zusammenhang bestehen.

1. Karl der Kahle – Kaiserliche Repräsentation im Zeichen der Sterne

plexität entfaltet. Konkreter Anlass war vermutlich die Weihnachtsfeier des Jahre 869, die in der ehrwürdigen Palastkapelle Karl des Großen in Aachen gefeiert werden konnte und die zugleich auf die im Bau befindliche Kirche Karl des Kahlen in Compiègne vorausweisen sollte.12 Eriugena spricht hier den Himmel mit seinen Kreisen als einen Palast oder Hof der Sterne an, die von Gott in ein Gewand aus strahlendem Licht gekleidet sind.13 Ausgehend von einer ausgeprägten Zahlensymbolik, die um die Zahlen vier und acht kreist, hebt er die Kardinalpunkte der Ekliptik, die durch die Equinoxien und Solstitien bezeichnet sind, besonders hervor und verbindet sie mit zentralen Ereignissen der christlichen Erlösung. An den Tag-und-Nacht-Gleichen in Widder und Waage fand die Verkündigung der Geburt Christi bzw. Johannes des Täufers statt, an den Solstitien im Steinbock und Krebs die Geburten der beiden Protagonisten. Die Ordnung des Kosmos ist gänzlich auf das Erlösungswerk Christi abgestimmt und die Zwölfzahl der Tierkreiszeichen entspricht der Zwölfzahl der Apostel. Seine Betrachtung beginnt mit einer ausführlichen Schilderung des Sonnenlaufs durch den Zodiakus, um den Leser mit der perfekten Konkordanz zwischen der Ordnung des Kosmos und dem Ablauf der Heilsgeschichte zu verblüffen. Das Gedicht endet mit einer Huldigung an den Herrscher, der inmitten des Kirchengebäudes, das in seinem Glanz und seiner Perfektion dem Kosmos zu entsprechen scheint, seinen Platz hat. Die Lichter leuchten hier bei den zahlreichen Altären und im Zentrum – statt der strahlenden Sonne – thront der König mit der Krone der Väter auf dem Haupt und dem goldenen Zepter in der Hand.14 In unserem Zusammenhang sind diese Verse vor allem ein Beleg dafür, wie weit das astronomische Wissen die Gedankenwelt und die Metaphernsprache in einem höfischen Umfeld prägen kann.15 Dies setzt nicht nur bei dem potentiellen Publikum eine grundlegende Kenntnis astronomischer Zusammenhänge voraus, sondern verweist zusätzlich darauf, dass derartige Fragen auch auf ein gewisses Interesse stießen. Der Codex Aureus von St. Emmeran entstand gleichfalls 870 für die geplante Kirche in Compiègne und die Tituli des doppelseitigen Widmungsbildes zitieren Verse aus dem besprochenen Gedicht des Johan Scotus Eriugena.16 Auch die Konzeption der Miniaturen, welche den thronenden Herrscher zeigen, der verehrend die Himmelsvision mit der Anbetung des Lammes durch die 24 Ältesten betrachtet, scheinen an vielen Punkten durch dieses Gedicht inspiriert zu 12 Das Gedicht ist nach seinen ersten Worten unter dem Titel Aulae sidereae bekannt. Dazu vor allem Herren 1987 und Staubach 1993, S. 75ff., vgl. auch O’Meara 1988, S. 180ff., die auch eine englische Übersetzung des Gedichtes gibt. Edition bei L.Traube, Monumenta germaniae historica: poetae latini aevi Carolini, Bd. 3, Berlin 1896, S. 550ff. sowie M. W. Herren, Iohannis Scotti Eriguenae Carmina, Scriptores Latini Hiberniae 12, Dublin 1993, S. 116–121 mit englischer Übersetzung. Karl der Kahle konnte im Herbst 869 Aachen erobern, aus dem er sich aber schon im Frühjahr 870 wieder zurückziehen musste. 877 wurde seine eigene Palastkirche in Compiègne geweiht, die sich vermutlich an dem Vorbild von Aachen orientierte. 13 Mit dem Begriff aula siderea beginnt das Gedicht, in Vers 63 ist die Rede von dem leuchtenden Gewand der Sterne (Lucis praeclarae qui vestit sidera peplo). Staubach 1993, S. 80 übersetzt aula siderea mit Sternenhalle. 14 Die Verse beziehen sich hier auf die Stiftung der Palastkapelle S. Maria in Compiègne, die an Ostern 870 erfolgte, vgl. Staubach 1993, S. 269ff. sowie Herren 1987. Sicherlich kann man aber die von Topoi durchsetzte Architekturbeschreibung nicht so konkret auf die Baugestalt beziehen, wie Vieillard-Troiekouroff 1971 das versucht hat. 15 Johann Scotus Eriugena hat in seiner Dichtung Karl den Kahlen noch ein weiteres Mal mit leuchtenden Himmelsgestirnen verglichen, Herren 1987, S. 608. 16 München, Bayr. Staatsbibl. Clm 14000, fol. 5v–6r; Staubach 1993, S. 261ff.; Dutton/Jeauneau 1983; Herren 1987, S. 605ff.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

sein. Den Kreis, in welchen das Lamm und die 24 Ältesten eingeschrieben sind, unterteilt in auffälliger Weise ein doppeltes Band, auf dem das Medaillon mit dem Gotteslamm wie die Sonne über den Tierkreis zu wandern scheint. Ein großer achtstrahliger Stern dominiert das leere Zentrum und weitere Himmelskörper schmücken das Rund. In den unteren Ecken lagern wie auf dem elfenbeinernen Thronstuhl die Personifikationen von Terra und Oceanos. Die alte, frühchristliche Ikonographie der Anbetung des Lammes, die auch im Kuppelmosaik von Aachen zu finden war, wird hier gezielt mit Kosmosvorstellungen in Einklang gebracht, so dass die astronomischen Metaphern des Eriugena auch im Bild wirksam bleiben. Doch ist zugleich bemerkenswert, dass die Darstellung, obwohl hier offensichtlich ein Abbild des Kosmos intendiert ist, in ihrer Struktur doch eher vage und unpräzise bleibt. Ganz anders als beispielsweise im Planetarium des Leidener Sternenatlas Ludwig des Frommen (Leiden, Ms. Voss lat. Q. 79, fol. 93v) wird die klare und eindeutige Gestalt der einschlägigen Diagramme hier – vielleicht bewusst – nicht aufgegriffen. Dem gleichen Kontext entstammen zwei weitgehend identische Elfenbeinkästen, die derartige Gedanken auf andere Weise in die Anschaulichkeit einer bildlichen Dekoration überführen. Sie sind wohl um 870 im Bereich von Reims entstanden und stehen vermutlich in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Hof Karls des Kahlen.17 Später sind sie durch Schenkungen Heinrich II. an die von ihm geförderten Stiftskirchen St. Servatius in Quedlinburg und St. Stephan in Bamberg gelangt. An den Seiten der kleinformatigen Kästen steht unter zwölf reich verzierten Arkaden Christus inmitten von elf Aposteln. Die Lünetten der Arkadenbögen aber sind mit den Tierkreiszeichen ausgefüllt, so dass sich eine klare Zuordnung zwischen den Jüngern und den Sternbildern ergibt. Ganz offensichtlich stand die Zahlensymbolik im Vordergrund, denn man hat auf die Wiedergabe eines Apostel verzichtet, um so die Zwölfzahl zu erhalten. Da vergleichbare Apostelzyklen in dieser Zeit nicht vorkommen, hat man, möglicherweise ausgehend von spätantiken Vorbildern, diese Ikonographie sehr bewusst gewählt. Die Apostel sind in ihrer Erscheinung zwar sorgfältig differenziert, doch lassen sie sich nicht benennen. Christus hingegen, der durch den Kreuznimbus eindeutig ausgewiesen ist, steht unterhalb des Löwen, welcher zudem als einziges der Tierkreiszeichen mit einer markanten Kopfwendung auf den Betrachter blickt. Somit ist er nicht mit einem der von Johann Scotus Eriguena hervorgehobenen Kardinalpunkte verknüpft, sondern mit jenem Tierkreiszeichen verbunden, dem als Haus der Sonne in der Astrologie eine besondere Bedeutung zukommt. Die sofort aufscheinende Anspielung auf die Symbolik des Sol invicutus, die Christus als Licht der Welt feiert, entspricht durchaus der Gedankenwelt des oben erwähnten Gedichtes, auch wenn hier anderes astronomisches Detailwissen aufgerufen wird. Bei dem Quedlinburger Kasten wird eine solche Deutung noch verstärkt durch die Montage eines antiken Reliefkopfes aus Amethyst. Diese außergewöhnlich große Edelsteinskulptur gehört ebenso wie der grüne Glasfluß, welcher den Deckel verziert, zum ursprünglichen Bestand des um 1200 mit weiteren Edelsteinen und Goldbeschlägen ausgeschmückten Kastens. Der Amethystkopf verdeckt das ehemalige Schloss und überschneidet erheblich die Bogenfelder von Krebs und Löwe. Der jugendliche, von fließenden Locken gerahmte Kopf in der dunkelblauen Farbe des Nachthimmels, welcher in der Antike den Gott Dionysos darstellte, wurde hier offen17 Kötzsche 1993, Kat. Nr. 5, S. 52ff. mit älterer Literatur. Der eine der beiden Kästen befindet sich im Schatz von St. Servatius in Quedlinburg (Maße H. 13, 6 cm, B. 24, 9 cm, T. 12, 4 cm), drei Teile des zweiten Kastens werden im Bayrischen Nationalmuseum in München verwahrt, vgl. auch Goldschmidt 1914, Nr. 58–62.

2. Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II.

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bar als Bild der Sonne verstanden, deren Lauf durch den Tierkreis auf diese Weise vorgeführt wird. Die Sonne steht in ihrem Haus, dem Löwen und dominiert damit im astrologischen Sinne den gesamten Tierkreis; kein anderer Planet kann sich in einer derartigen Konstellation mit ihr messen.18 Da der Amethystkopf durch eine energische Drehung nach rechts gewandt ist, wird sogar die Bewegung der Sonne anschaulich, die nach dem Löwen in das Sternbild der Jungfrau eintreten wird. Der Löwe scheint aufgrund seiner erwähnten Kopfwendung hinter dem Edelstein hervorzuschauen. Sol und Löwe wenden ihre Köpfe einander zu und bezeugen so ihre besondere Verbundenheit. Aber auch Christus reagiert auf die Gegenwart der Sonne. Er ist leicht aus der Mitte der Arkade nach rechts gerückt, um gewissermaßen ein wenig Platz zu schaffen. Zudem wendet er sich mit seinem ganzen Oberkörper in Richtung des Amethystkopfes zurück und ist damit seinerseits dem Glanz der Sonne zugewandt, welcher in der Schönheit des antiken Steinschnittes zur Anschauung kommt. Der jugendliche Amethystkopf kann aber zugleich auch den Christos logos, die göttliche Erscheinung des Gottessohnes vertreten. In der subtilen kompositorischen Verknüpfung bildet das Edelsteinrelief zusammen mit Christus und dem Löwen das unübersehbare Bedeutungszentrum der auf diesem Kasten verbundenen Bilderfolgen. Erst dadurch wird auch verständlich, warum der Schnitzer Christus nicht in einer frontalen Ausrichtung wiedergegeben hat, um ihn als Hauptfigur in der Apostelreihe hervorzuheben, wie das bei seinen ikonographischen Vorlagen auch der Fall gewesen ist. Bemerkenswert ist auch hier wieder die enge Verknüpfung von himmelskundlichem Spezialwissen und christlicher Symbolik. Es sind die gleichen Strukturmuster, die im Auf bau des Kosmos ebenso wirksam sind wie in der Heilsbotschaft der Kirche und der Lebenswirklichkeit der Menschen. Deren Aufdeckung ist die dem Menschen gestellte intellektuelle Aufgabe und vermag ihn allein zu wahrer Gotteserkenntnis zu führen. Diese Gedanken besaßen im Umkreis Karls des Kahlen offenbar eine besondere Brisanz, wurden sie doch auch dazu genutzt, um die besondere Stellung des Herrschers zu definieren.

2. Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II. Die Verknüpfung von Herrschaftssymbolik und astronomischem Wissen, die am Hof Karls des Kahlen in so subtiler Weise entwickelt worden war, ist etwa 150 Jahre später bei Heinrich II. (1002–1024) in sehr viel größerer Ausführlichkeit und nicht mehr zu überbietender Deutlichkeit anzutreffen. Dies dokumentiert der berühmte im Bamberger Domschatz verwahrte Sternenmantel. Der große, umhangartige Mantel ist mit zahlreichen Goldstickereien verziert und wurde nach Aussage der Stiftungsinschrift auf Kosten eines Ismael für den Kaiser angefertigt.19

18 Die Sonne stand bei der Erschaffung der Welt im Tierkreiszeichen des Löwen und hat deswegen dort ihr Haus (domus) und besitzt dort ihren größten astrologischen Einfluss. Diese Zusammenhänge werden bei Macrobius, Commmentarii in somnium Scipionis I, 21, 24 erläutert. Dieser Text wurde einschließlich der astrologischen Passagen im 9. Jahrhundert häufig gelesen, Eastwood 2007, S. 31ff., speziell 82ff. 19 »O Decus Europe, Cesar Henrice, beare. Augeat imperium tibi, Rex qui regnat in evum. Descripio tocius orbis, Pax Ismaheli qui hoc ordinavit.« O’Connor 1980, S. 37ff.; zu den Inschriften Baumgärtel-Fleischmann 1990, vgl. auch Huth 2004, S. 264ff.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

Dabei handelt es sich mit großer Sicherheit um Melus von Apulien, der von Heinrich II. im Frühjahr 1020 zum Dux Apuliae ernannt worden war. Das Osterfest wurde von Papst und Kaiser gemeinsam in Bamberg begangen, der gleichfalls anwesende Melus verstarb allerdings während der Feierlichkeiten am 23. 4. 1020. Der kostbare Mantel wurde vermutlich zu diesem Anlass in Auftrag gegeben und könnte bei einer sogenannten Festkrönung, einer zeremoniellen Wiederholung des Krönungsaktes den Kaiser ausgezeichnet haben. Später dürfte er dann an den Bamberger Dom geschenkt worden sein.20 Verschiedene Indizien deuten darauf hin, dass der Mantel im Umkreis von Regensburg gearbeitet wurde. Die Darstellungen der Sternbilder sind mitsamt den Beischriften einer Handschrift des Aratus latinus in der Textfassung der sogenannten Recensio Interpolata entnommen. Diese Himmelsbeschreibung war ausgehend von dem Kloster Corbie vor allem im westfränkischen Raum verbreitetet, wurde aber auch im Bodenseeraum sowie auf der Reichenau rezipiert und gelangte bis nach Montecassino. 21 Sie dürfte auch im Regensburger Raum verfügbar gewesen sein. Im Kloster St. Emmeran sind astronomische Interessen belegt; wenige Jahrzehnte später betrieb dort Wilhelm, der spätere Abt von Hirsau, intensive astronomische Studien, von denen noch eine künstlerisch aufwendig gestaltete Sternenuhr Zeugnis ablegt.22 Desciptio totius orbis – Beschreibung des gesamten Weltkreises wird in der Inschrift als Thema angegeben und damit schon auf ein kosmologisches Interesse hingewiesen. Der aus den Handschriften bekannte Bildzyklus wird hier gemeinsam mit christlichen Darstellungen ausgebreitet. Die einzelnen Bildtypen sind dabei durch unterschiedliche Rahmenformen differenziert. Die Konstellationen stehen in oktogonalen Sternen, die aus zwei übereinander gelegten Quadraten gebildet sind. Außer dreißig einzelnen Sternbildern, die durch Inschriften bezeichnet werden, finden sich noch 21 Medaillons mit nimbierten Frauenbüsten, die entweder Allegorien oder Heilige vorstellen,23 sowie vierzehn Kreise, in denen die vier apokalyptischen Wesen wiedergegeben sind. Diese verschiedenen Darstellungen sind gleichmäßig über die Fläche des Mantels verteilt. Sowohl zahlenmäßig wie durch die Inschriften sind die Sternbilder als zentraler Bestandteil betont. Eine Ordnung der Sternbilder nach der Verteilung am Himmel oder der Reihenfolge in den gängigen Sternenkatalogen ist dabei aber nicht erkennbar. Herausgehoben ist in der Schulterpartie die Darstellung der Majestas Domini. Die Aureole mit dem thronenden Christus, den die vier Wesen umgeben, ist in das einzige quadratische Bildfeld des gesamten Mantels eingepasst. Unmittelbar daneben stehen die verzierten Buchstaben von Alpha und Omega. Gewissermaßen an den vier Ecken des quadratischen Bildfeldes finden wir in achteckeigen Sternenrahmen mit Seraphim und Cherubin die obersten Ordnungen der Engel sowie mit Sol und Luna die wichtigsten Himmelskörper. 20 Darauf weist eine weitere Inschrift unterhalb der Christusdarstellung hin: »Sup(er)ne usye sit grat(um), hoc cesaris donum«, O’Connor 1980, S. 46. 21 O’Connor 1980, S. 58ff., 108ff. Die meisten Übereinstimmungen finden sich mit dem Zyklus der St.Gallener Handschriften (St. Gallen, Ms. 902, St. Gallen, Ms. 250). St. Gallen 902 entstand in St. Gallen oder auf der Reichenau, auch München, Clm 560 dürfte von der Reichenau stammen. Die detailierteste Fassung bietet ein Codex aus Corbie (Paris lat. 12957). Auch Dresden, Ms. Dc 183 bietet gute Vergleichsmöglichkeiten. Am Ende des 9. Jahrhunderts wurde diese Bilderreihe in Montecassino mit dem Sternenkatalog De signis coeli verbunden. (Montecassino, Ms. 3) 22 Wiesenbach 1991, vgl. auch Blume 2000, S. 14f. 23 O’Connor 1980, S. 138ff. plädiert für Tugenden, in Anbetracht der großen Zahl scheinen mir Heilige aber wahrscheinlicher zu sein, zumal deren Aufenthaltsort gleichfalls im Himmel lokalisiert wird.

2. Der Sternenmantel Kaiser Heinrichs II.

Weiter unten treten Maria und Johannes auf, die gleichfalls in achteckigen Rahmen zu sehen sind, was die beiden Figuren in besonderer Weise betont, da die Logik des Dekorationssystems durchbrochen wird. Maria wird in der Inschrift mit dem verbreiteten Epitheton Stella Maris bezeichnet. Wellenlinien unter ihren Füßen nehmen diese Metapher auch bildlich auf. In der Hand hält sie vermutlich einen Palmenzweig.24 Die Attribute des Johannes hingegen sind unklar. In der Zuordnung von Maria und Johannes zu Christus klingt das Motiv der Deesis an. Die Form der Rahmung aber stellt ebenso wie die Bezeichnung als stella maris einen deutlichen Bezug zu den Sternbildern her. Ähnliches gilt auch für das Lamm Gottes, das am vorderen linken Rand wie ein Pendant zum Widder erscheint.25 Daneben findet sich noch eine Darstellung der Virginitas, die ähnlich wie das Sternbild der Jungfrau mit Zweigen in den Händen auftritt. Die Jungfrau selbst ist aber mit der Waage in der Hand und Engelsflügeln gemäß der Vorlage zu sehen. Die selten dargestellte Allegorie, die hier außerhalb eines erkennbaren Zusammenhanges erscheint, durch ihren Rahmen aber den Sternbildern angeglichen ist, stellt möglicherweise einen Bezug zu den Lebensidealen der Nonnen her, welche vermutlich die Stickerei ausführten. Denkbar wäre auch ein Verweis auf den Charakter der Sternbilder, die den irdischen Leidenschaften enthoben sind. Von den christlichen Bildern sind es allein Seraph, Cherub, Maria, Johannes und das Lamm Gottes, die durch Rahmung und Beischrift in gleicher Weise wie die Sternbilder behandelt werden.26 Seitlich von Maria und Johannes in der Mitte des Mantels zeigen die großen Kreisbilder der beiden Hemissphären die Sternbilder in ihrem astronomischen Zusammenhang. In der unteren Zone des Mantels sind die Schlange mit den beiden Bären, welche den Himmelspol markiert, sowie die Zwillinge und Herkules in leicht vergrößerten Bildfeldern hervorgehoben. Die Zwillinge in ihrem Umarmungsgestus und mit zwei Lanzen erinnern in der Verbindung der unterschiedlichen Elemente an die programmatische Version des Leidener Germanicus.27 (Leiden, Ms. Voss. Lat. Q. 79) Allerdings ist nicht zu erkennen, ob sie ursprünglich bekleidet oder als nackte Gestalten zu sehen waren. Es ist möglich, dass die prunkvolle Hofversion der Leidener Handschrift hier nachwirkt, die ja im 10. Jahrhundert in Nordfrankreich mehrfach kopiert wurde.28 Der kaiserliche Bezug zum Sternbild der Zwillinge, der dort angelegt war, könnte gut auf 24 O’Connor 1980, S. 120f. Auch im Widmungsbild des Bernwardevangeliares wird Maria als Stella Maris angerufen, ebenso im Stiftungsbild des Uta-Codex; Kashnitz in Kostbares Evangeliar 1993, S. 28. Auf dem rückseitigen Einband des Bernward-Evangeliars tritt Maria ebenfalls mit einem Palmzweig auf, Saurma 1988, S. 109. 25 O’Connor 1980, S. 128, die Inschrift lautet »Agnes Dei Dele Crimina Mundi« Aries sitzt ebenfalls am linken Rand, aber in unmittelbarer Nähe des unteren Saums. Die Platzierung der einzelnen Bildfelder entspricht, wie O’Connor, S. 23ff., nachgewiesen hat, der originalen Anordnung. 26 Außerdem noch die Darstellung des Meeres (Mare) als Fisch, der von Wasserströmen umgeben ist. Eine Identifizierung mit dem Sternbild des großen Fisches scheint aufgrund der Beischrift und der Wasserströme nicht möglich, O’Connor 1980, S. 141. Unter Umständen liegt hier aber eine freie Veränderung der Vorlage vor, die den südlichen Fisch, der den Strom des Wassermanns trinkt, interpretierend ausgestaltet. 27 Der Umarmungsgestus und die Nacktheit entsprechen der Germanicus-Tradition, während die Bewaffnung mit Lanzen in der Recensio interpolata und De signis coeli überliefert wird, s. Kap. III, 3. Doch wurden beide Varianten, unabhängig von dem Leidener Codex, in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts auch in St. Denis miteinander verbunden. (Rom, Vat. Reg. lat. 309) Vgl. auch O’Connor 1980, S. 79f. 28 Boulogne-sur-Mer, Biliothèque Muncipale, Ms. 188 sowie Bern, Burgerbiliothek, Ms. 88. Beide Handschriften entstanden im Kloster St. Bertin, der Berner Codex gelangte vor 1028 nach Straßburg.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

Heinrich II. übertragen worden sein, zumal er geboren wurde, als die Sonne im Zeichen der Zwillinge stand.29 Vermutlich wollte man bei der Gestaltung des Mantels einerseits den Himmelspol betonen sowie auch zwei Sternbilder, welche mit positiven Konnotationen versehen waren und die man wohl in Bezug zur kaiserlichen Herrschaft stellte. Drei Sternbilder, Hydra, Draco und Cancer, sind mit Flammen, die aus ihrem Maul austreten, wiedergegeben. Die Stickerinnen sind hier über die Angaben ihrer Vorlage hinausgegangen, wohl um so den feurigen Charakter der Sternbilder zu veranschaulichen. Dies geschieht jedoch nur an vereinzelten Stellen und scheint nicht systematisch erfolgt zu sein, so sind darin wohl eher Spuren zu sehen, die von der intensiven Wirkung der Vorlage auf die ausführenden Frauen, mithin von ihrer Empathie, Zeugnis ablegen. Zwischen Luna und Krebs ist ohne erkennbaren Bildbezug die Aufforderung Astrologus hic sit cautus zu lesen. Diese wie eine Warnung wirkende Aussage steht offenbar in Verbindung mit den Darstellungen von Krebs und Skorpion, denen Inschriften beigegeben sind, die nicht aus der Vorlage der Recensio interpolata stammen und gleichfalls auf eine astrologische Bedeutung hinweisen. Dort lesen wir Hoc sidus cancri fert nociva mundi (Dieser Stern des Krebses bringt der Welt Schaden) sowie Scorpio dum oritur mortalitas gignitur (Wenn der Skorpion aufgeht, wächst der Tod).30 Während durch Platzierung und Format die positiven Zeichen der Zwillinge und des Herkules hervorgehoben sind, wird durch diese Inschriften gesondert auf Krebs und Skorpion hingewiesen, vor denen sich der Kaiser in Acht zu nehmen habe. Ein Wissen um die astrologische Relevanz der Sternbilder und insbesondere der Tierkreiszeichen scheint hierbei eine Rolle zu spielen. Doch geschieht dies nur punktuell, da die übrigen Tierkreiszeichen in keiner Weise herausgestellt werden und die Planeten, außer Sol und Luna, vollständig fehlen. Ein wirkliches Verständnis astrologischer Zusammenhänge ist hier wohl nicht vorauszusetzen. Doch zeigt sich wie ernst man die Bilder genommen hat und dass man sich über ihre Wirkungen Gedanken machte. Die gestickten Bilder dieses Krönungsmantels führen einen christlichen Kosmos vor, der Heilige, Engel und Sternbilder mit einander vereint. So sind hier die verschiedenen Arten der Himmelswesen vertreten, die in einigen Texten, beispielsweise auch von Calcidius, in ihrem unterschiedlichen Charakter genau definiert wurden.31 Die Heiligen oder Tugenden sowie die vier apokalyptischen Wesen kommen hier aber noch hinzu und verstärken das christliche Element. So wird hier ein Abbild des Himmels entworfen, in dem die Sternbilder einen sehr zentralen Platz besitzen und der doch zugleich als Wohnung der Heiligen konzipiert ist. Gemeinsam mit den Heiligen, den Engeln und den vier Wesen sind auch die Sterne in ihrer Reinheit und der Stetigkeit ihrer Bewegungen erfüllt vom Leuchten Gottes, dessen Erscheinung sie umgeben.

29 O’Connor 1980, S. 79. 30 O’Connor 1980, S. 75f., 81f; Huth 2004, S. 267f. Die Inschrift des Krebses ist in die Rahmenleiste integriert und deswegen von der Restaurierung des 15. Jahrhunderts, als die Stickereien auf einen neuen Stoff übertragen wurden, nicht betroffen; s. Baumgärtel-Fleischmann 1990, S. 110, 114f. Die Herkunft dieser Texte ist unklar. Auf die negative Wirkung des Skorpions wird oft hingewiesen. Krebs hat als Haus des Mondes eine besondere Bedeutung und ist zugleich das Zeichen des Solistitiums, des Höchststandes der Sonne im Sommer. 31 Calcidius Kap. 130, 131, vgl. auch Cicero, De Natura Deorum II, 42.

3. Der Tierkreis als Symbol von Zeit, Kosmos und Ordnung

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Die Vorstellung des Himmels ist hier deutlich von dem Blick auf die Sternbilder geprägt. Sie veranschaulichen in sehr direkter Weise den besonderen göttlichen Glanz des Himmels. Gut zweihundert Jahre nach dem Aufgreifen der antiken Bilderreihe am karolingischen Hof ist jetzt der Himmel ohne die heidnischen Sternenwesen nicht mehr denkbar. Aus dem ersten Viertel des 11. Jahrhunderts haben wir noch Nachrichten über zwei weitere Mäntel, die mit Darstellungen des Tierkreises geschmückt waren und mit kaiserlichen Schenkungen in Verbindung zu bringen sind.32 So war der Bamberger Sternenmantel ursprünglich nicht jenes singuläre Monument, als das er uns heute erscheint. Der Zodiakus schmückte auch die Scheide eines Schwertes, das Bischof Anno von Köln als kaiserliches Geschenk erhielt.33 Von daher waren im Rahmen kaiserlicher Repräsentation Sternbilderdarstellungen wohl häufiger anzutreffen.34

3. Der Tierkreis als Symbol von Zeit, Kosmos und Ordnung Bei der konsequenten Verknüpfung christlicher Symbolik mit astronomischem Wissen im Umkreis des Hofes von Karl dem Kahlen spielt auch die Parallelisierung von Monaten, Aposteln und Tierkreis eine große Rolle, wie insbesondere der Dekor des Quedlinburger Elfenbeinkastens zu zeigen vermag. Dies dürfte wiederum die Voraussetzung dafür bilden, dass derartige Bildkonzepte einige Jahrzehnte später Eingang in die Kalendarien der liturgischen Handschriften finden. Es ist die Korrelation des christlichen Jahreslaufs mit seinen Heiligenfesten und der göttlichen Harmonie des Kosmos, die hier zum Thema gemacht wird. Sehr bald wird dies zu einem Topos, der in vielen Varianten anzutreffen ist, was jedoch zugleich die enorme Verbreitung und die Selbstverständlichkeit derartiger Überlegungen bezeugt. Ein englischer Psalter aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts bietet das älteste Beispiel für einen mit Darstellungen des Tierkreises illustrierten Kalender.35 Gegen 975 treffen wir einen derartigen Bildzyklus auch in einem Sakramentar aus Fulda.36 Hier wird der Kalender zudem durch ein ganzseitiges Titelbild eingeleitet, das die Personifikation des Jahres im Kreis der Jahreszeiten, Monatsarbeiten und Elemente zeigt. Kurz vor der Jahrtausendwende, um 988, schmücken Darstellungen der Zodiakzeichen sogar die Kanontafeln eines Evangeliars aus Fleury.37 Der Tierkreis ist hier anscheinend zu einer allgemeinen Metapher von Ordnung geworden, der

32 O’Connor 1980, S. 147ff. 33 Monumenta Annonis 1975, S. 172f. 34 Zur entsprechenden Symbolik in frühchristlicher Zeit vgl. Maguire 1987, S. 73ff. 35 London, Brit. Lib., Cotton Ms. Galba A XVIII, vgl. R. Deshman 1997. 36 Göttingen, Niedersächsische Staats- und Univ.-Bibl. 2° Cod. theol. 231 Cim., fol. 251r–256v, hierzu Winterer 2002, S. 118 und grundlegend Winterer 2008, insbesondere S. 422ff. Über dem Tierkreiszeichen ist auch jedes Mal noch ein Medaillon mit der Büste von Sol zu sehen. Vgl. auch Kühnel 2003, S. 199f. und Blume 2009, S 532f. zu dem Titelbild des Kalenders. 37 Baltimore, Walters Art Gallery W.3, fol. 12r–17v, Randall 1989, Kat. 3, Nordenfalk 1992. Erstaunlicher Weise werden von dem Maler in Fleury aber die Einzelheiten der Ikonographie nicht beachtet, so ist der Stier ergänzt und der Widder wendet nicht seinen Kopf., der Wassermann ist in eine aufrechte Position gebracht. Bei den nackten, sich umarmenden Zwillingen und der Jungfrau ohne Flügel ergeben sich Bezüge zu den Hyginus-Illustrationen und der Planisphareum in Aberystwyth, Ms. 735 C, fol. 10v, s. Kap. V, 1.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

auch die Konkordanz der vier Evangelien verdeutlichen kann. Nur wenig später bekrönen die Tierkreiszeichen auch die Kanontafeln in einem Evangeliar der Reichenau.38 Nach der Verbreitung der komputistischen Handschriften im Zuge der karolingischen Reformbemühungen und der Integration der einschlägigen Texte in den klösterlichen Ausbildungsbetrieb sowie vor allem im Zusammenhang mit dem wachsenden Interesse, das astronomische Fragen und kosmologische Zusammenhänge im Verlaufe des 10. Jahrhunderts auf sich ziehen, wird der Tierkreis offenbar zu einer Formel, die den Bezug zur göttlichen Ordnung des Universums signalisieren kann. Spätestens im 11. Jahrhundert ist der Zodiakus als ein Bildzeichen anzusprechen, dass die rationale Struktur des von Gott geschaffenen Kosmos aufzurufen vermag und von daher in den verschiedensten Zusammenhängen einzusetzen ist. Beispielhaft kann dies eine Titelminiatur belegen, die in einer Bibelhandschrift aus dem zweiten Viertel des 11. Jahrhunderts dem Hohen Lied vorangestellt ist.39 Dem frontal, wie in einer Majestas thronenden Christus wendet sich verehrend die Personifikation der Ecclesia zu, so dass hier der Dialog zwischen sponsus und sponsa vor Augen tritt. Die aufwendige Architekturkulisse verweist zudem auf das Gebäude der Ecclesia. Das Suppedaneum unter den Füßen Christi ist zusätzlich in eine Kreisform eingeschlossen, die seine weltumfassende Herrschaft verdeutlicht. Dieses Bild ist seinerseits in eine Rundform eingepasst, die von Medaillons mit den Tierkreiszeichen umgeben ist. So entsteht ein symbolisches Bild der das gesamte Universum einschließenden Herrschaft Christi und der von ihm gegründeten Kirche. Die kosmische Dimension dieser Zusammenhänge wird durch das rahmende Rund des Tierkreises unterstrichen und prägt auch die an den Auf bau von Diagrammen angelehnte Komposition.

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

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Zur gleichen Zeit, seit dem 11. Jahrhundert, ist der Tierkreis auch außerhalb der Buchillustration und der Kleinkunst anzutreffen. Bezeichnender Weise wird in der Abtei von Fleury, dem damals wohl bedeutendsten Umschlagplatz naturkundlichen Wissens, vermutlich zum ersten Mal der Versuch gemacht den Zodiakus in die skulpturale Dekoration einer Fassade zu integrieren. Die Bilderwelt der Sterne verlässt damit die Seiten der Lehrbücher und betritt einen öffentlichen Raum. Abt Gauzelin (1004–30), der Nachfolger des berühmten, auch durch astronomische Studien hervorgetretenen Abbo von Fleury (988–1004), ließ vor der Kirche ab etwa 1020 einen eigenständigen Westbau errichten, der sich Turmartig über einer quadratischen, dreischiffigen Halle erhebt. Die reiche plastische Ausstattung ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert und schließt neben einer Fülle von Kapitellen auch Reliefplatten ein, welche die Fassade schmücken sollten. Nach einem Brand von 1026 verlegte man die Haupteingangsseite vom Westen nach Norden

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München, Bayr. Staatsbibl. Clm 4454, Evangeliar des Bamberger Domschatzes. Winterer 2002, S. 120. Arras, Bibl. Muncipale, Ms. 559, Bd. 2, fol. 141v, Bibel aus St. Vaast, Kühnel 2003, S. 167f., Cahn 1982, S. 109ff.

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

und vermauerte dort die bis dahin ausgeführten Reliefs.40 Neben verschiedenen Jagd- und Tierbildern ist vor allem die großformatige Szene des Martyriums und der Himmelfahrt des heiligen Stephanus hervorzuheben. Darunter befindet sich aber auch eine Platte mit der Darstellung eines Widders und eines Stieres, an die eine weitere Platte mit zwei Jägern und einem Hund anschließt. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine nachträgliche Zusammenstellung, denn zum einen differieren die Gestaltung des Rahmens und des Hintergrundes, zum anderen haben wir es nicht mit Jagdtieren zu tun. Die Haltung der Tiere, das Aufspringen des Widders mit dem gewendeten Kopf sowie das angewinkelte Bein des Stieres entspricht nun aber genauesten der Ikonographie der Tierkreiszeichen, wie der Vergleich mit der wichtigen floriazensichen Handschrift in Paris lehrt.41 (Paris, Ms. lat. 5543) Die Rosetten, welche die freien Flächen des Hintergrundes füllen, erweisen sich zudem im Vergleich mit den von der gleichen Werkstatt gefertigten Kapitellen zweifelsfrei als Sterne.42 Somit haben wir es mit dem Beginn eines Zyklus von Tierkreiszeichen zu tun, der aber möglicherweise nicht vollendet und deswegen später zusammen mit den Jägern vermauert wurde. Über die ursprünglich geplante Disposition dieses Zyklus, der sechs, relativ große Reliefplatten umfasst hätte, lassen sich kaum Vermutungen anstellen; doch ist denkbar, dass sie auf die drei Hauptseiten verteilt werden sollten, um dem gesamten Bau, der sich ohnehin durch ein klares geometrisches Konzept und eine große Regelmäßigkeit auszeichnet, eine kosmische Dimension zu geben.43 Die allseitige Symmetrie des quadratischen Baukörpers mit der jeweils dreifachen Arkadenstellung wäre damit eindeutig auf die Harmonie des von Gott geschaffenen Weltgebäudes bezogen. Dass auf der erhaltenen Platte die beiden Sternbilder durch eine Säule mit Kapitell und Basis getrennt werden, weist in die gleiche Richtung. Denn es macht die ausgewogene Architektur des Himmels unmittelbar im Bild sichtbar und erinnert daran, dass sich die geordneten Bahnen des Himmels ganz grundsätzlich von jener pflanzenreichen Wildnis des irdischen Daseins unterscheiden, in der die Dämonen mit ihren Schlingen den menschlichen Seelen auflauern und die in der Folgezeit so Varianten- und Phantasiereich auf den Kapitellen und Konsolen ausgebreitet wird. Dieses Detail erhält noch dadurch größeres Gewicht, dass im Westbau von St. Benoîtsur-Loire eine eindrucksvolle Renaissance des antiken korinthischen Kapitells mit all seinem

40 Vergnolle 1985 passim sowie zu den Reliefs S. 101ff., Fig. 6, S. 26, zeigt eine genaue Zeichnung der Nordfassade mit den Reliefs vor der Restaurierung. Die Reliefs bestehen aus dem gleichen Material wie die Kapitelle und zumindest die Stephanus-Szene kann auch dem signierenden Bildhauer Umbertus zugeschrieben werden. Vgl. auch Pêcheur 1997, S. 56ff.; Berland 1983; Bautier 1968, S. 96ff. 41 Pais, Ms. lat. 5543, fol. 146r, 159r, Fleury um 940. Diese Handschrift ist ein wichtiger Zeuge der von Fleury aus verbreiteten Bilderreihe zu De signis coeli. Vergnolle 1985, S. 110f. zieht nur unter großen Vorbehalten eine Deutung als Tierkreiszeichen in Betracht. Doch lassen m.E. die hier zusammengetragenen Indizien keinen Zweifel zu. 42 Das Kapitell Nr. 8 zeigt Szenen der Apokalypse. Oberhalb des Lammes sind die vom Himmel fallenden Sterne zusehen, die ebenfalls als vierblättrige Rosetten gestaltet sind. Abb. bei Pêcheur 1997, S. 48. Vergnolle 1985, S. 90, die Nummerierung nach ebd. Fig. 37, S. 63. Als fünf- bzw. sechsblättrige Rosetten finden sich Sterne auf den Kapitellen Nr. 39 (Flucht nach Ägypten) und 11 (Erste Vision des Johannes), Abb. bei Pêcheur S. 46, 53. 43 Wenn ein weiteres Relief mit einer kauernden Gestalt als Winter gedeutet werden kann, sollte wohl eine Darstellung der vier Jahreszeiten den Zyklus der Zodiakzeichen noch ergänzen, Vergnolle 1985, S. 111, Pêcheur 1997, S. 56.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

Formenreichtum zu fassen ist und wir von daher von einer sehr bewussten Auseinandersetzung mit dem Motiv der Säule ausgehen müssen.44 Für das bedeutende Kloster von Fleury lässt sich demnach die Konzeption eines ausgesprochen repräsentativen Reliefzyklus rekonstruieren, welcher die Bilderfolge des Zodiakus an der Fassade jener so ambitionierten Vorhalle gleichsam öffentlich vorführen sollte. Wenn er je vollständig ausgeführt worden wäre, hätte er fraglos die auf Gottes Kosmos bezogene Symbolik dieser in jeder Hinsicht ungewöhnlichen Architektur unübersehbar gemacht. Ein derartiger Plan ist nicht denkbar, ohne die intensiven astronomischen Studien und die umfangreiche Buch- und Bildproduktion, die hier in den vorangegangenen Jahrzehnten statt gefunden hat. In den aus ganz Europa zum Studium nach Fleury reisenden Mönchen hätten diese Reliefs zweifellos wissende Betrachter gefunden. Für die Gründe, weshalb dieser Plan vermutlich nicht zu Ende geführt wurde, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Doch geht er – nach dem erhaltenen Material zu urteilen – den später in der romanischen Skulptur so verbreiteten Tierkreiszyklen um Jahrzehnte voraus. Erst aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts haben sich weitere Reliefplatten mit Zodiakzeichen erhalten, die an den Westtürmen der Kirche des ehemaligen Benediktinerklosters St. Nikolaus und Medardus von Brauweiler im Rheinland vermauert waren.45 Vermutlich handelt es sich dabei um eine Zweitverwendung an den im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts aufgeführten Türmen. Möglicherweise waren sie ursprünglich für die Fassade der Kirche vorgesehen. Der umfangreiche Zyklus zeigt den segnenden Christus zwischen zwei Seraphen, die zwölf Apostel sowie die zwölf Tierkreiszeichen. Deutlich differenziert der Bildhauer zwischen den heiligen Gestalten, die als Dreiviertelfiguren die zur Verfügung stehende Fläche füllen, und den Sternbildern, die in kleinerem Format als Ganzfiguren in den eingetieften Nischen stehen. Ähnlich wie auf dem Elfenbein-Kasten aus Quedlinburg geht es auch hier um die Gegenüberstellung der zwölf Apostel mit dem Zodiakus. Der Auf bau des Kosmos gleicht in dieser christlichen Interpretation der Struktur der Kirche und zeugt von der Harmonie und Zielgerichtetheit der göttlichen Schöpfung. Im Langhaus von St. Geneviève in Paris treten die Tierkreiszeichen zu Anfang des 12. Jahrhunderts auch als Kapitellschmuck auf. Von den acht Kapitellen der großen Rundpfeiler des westlichen Langhauses haben sich vier erhalten, die heute im Musée Cluny auf bewahrt werden.46 Sie sind durch ein Rankenwerk strukturiert, in das zumeist figürliche Szenen integriert sind. So findet sich der Sündenfall und Samson, aber auch der Zodiakus, der auf zwei Kapitelle verteilt ist. Allerdings ergeben sich eine Reihe von Unregelmäßigkeiten; so fehlt der Krebs und einige der Sternbilder sind vertauscht. Die Hinzufügung weiterer Tiere und Monster verunklärt

44 Vergnolle 1985, S. 5ff., 78ff. Eines dieser Kapitelle (Nr. 3) zeigt auf dem Kämpfer die Büsten von Sol und Luna neben einem Sternmotiv, Abb. 43 ebd., Pêcheur 1997, S. 41. 45 Insgesamt haben sich 19 Reliefs erhalten, sie befinden sich größtenteils in der Katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus in Brauweiler, sechs werden im Rheinischen Landesmuseum in Bonn, eines im Schnütgen-Museum in Köln verwahrt. Legner 1982, S. 164, Taf. 172, Budde 1979, S. 22f. 46 Paris, Musée Cluny, Inv.-Nr.ENSBA WB 115, 117, 119, ENSBA 146–200. Vieillard-Troiekouroff 1968, S. 175ff., vgl. Sandron 1999.

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

die Lesbarkeit weiter.47 Auch im einzelnen ist die Ikonographie nicht immer sehr präzise, dennoch ist die charakteristische Abfolge der Konstellationen ohne weiteres erkennbar. Ähnlich wie in Fleury haben wir es auch hier mit einem intellektuellen Zentrum und einer wichtigen Klosterschule zu tun und dies dürfte auch den Anstoß gegeben haben, diese eher wissenschaftlich konnotierte Bilderfolge im Kircheninneren zu verewigen. In ungleich prominenterer Position finden wir dann aber Darstellungen des Tierkreises an einer Reihe von romanischen Portalanlagen des 12. Jahrhunderts. Das um 1100 entstandene Südportal der Kirche von S. Isidoro in León weist ein sehr spezifisches Programm auf, das im Tympanon um ein von Engeln verehrtes Gotteslamm zentriert ist und dezidiert antiislamische Züge trägt.48 Das rahmende Wandfeld, auf dem neben den Titelheiligen noch eine Reihe von Musikanten sowie David zu sehen sind, wird nach oben abgeschlossen von einem Fries mit Tierkreiszeichen, die – im Unterschied zu allen anderen Reliefs – einstmals durch gut lesbare Inschriften identifiziert waren.49 Heute teilt der Portalbogen den Fries zwischen Jungfrau und Waage in zwei gleich große Teile, ursprünglich jedoch dürfte er markanter Bestandteil des romanischen Abschlussgesims gewesen sein. Er hat von daher wohl wie eine äußere Klammer gewirkt, welche die Vielfalt der Darstellungen zusammenband – ähnlich wie in manchen kosmologischen Diagrammen. Die Abfolge beginnt rechts mit dem Widder und endet links mit den Fischen. Diese Anordnung gegen die Leserichtung verweist möglicherweise auf die tatsächliche Bewegung der Sternbilder am Himmel. Die einzelnen Reliefs sind jedoch zumeist frontal ausgerichtet oder folgen der üblichen Bewegungsrichtung von links nach rechts. Die Darstellungen gehen von der tradierten Ikonographie aus, die über den Sternenkatalog De signis coeli vermittelt wurde, der von Fleury aus auch nach Spanien gelangte. Doch ist auffällig, dass der Bildhauer seiner Vorlage nicht in allen Einzelheiten folgt, sondern sich große Freiheiten herausnimmt, um die Bilderfolge nach seinen Intentionen auszugestalten. Auffälliger Weise – gerade auch im Kontrast zu den übrigen Reliefs – versieht er die Zodiakalzeichen mit Begleitmotiven, die so etwas wie ein Ambiente für die Figuren bereitstellen. Neben dem Widder und der Jungfrau sehen wir Pflanzen. Die Hufe des frontal zum Betrachter gewendeten Stieres werden von zwei Menschen nach oben gehalten, so als sollte er beschlagen oder gebändigt werden.50 Doch ist in diesem Fall die Bildfindung gut nachzuvollziehen. In den Illustrationen ist der Stier nur als Büste mit ausgeprägter Kopfwendung und einem extrem angewinkelten Vorderbein wiedergegeben.51 Von daher drehte der Künstler den Stier vollkommen in die Frontale und knickte aus Symmetrie- und Platzgründen beide Beine ab. Das Halfter, den der 47 So findet sich ein Ziegenbock neben Capricornus, ein Vogel neben dem Löwen und zwei Monster neben dem Wassermann. 48 Im Tympanon dieses sogenannten Lammportals (Puerta del Cordero) ist rechts Sarah, die legitime Braut Abrahms mit ihrem reitenden Sohn Isaak zu sehen. In der Mitte folgt das Isaaksopfer Abrahmas. Links steht als Pendant Abrahams Konkubine Hagar mit ihrem Sohn Ismael, der davon reitet und zugleich mit Pfeil und Bogen auf das Gotteslamm zielt. Ismael gilt als Stammvater der Muslime, die auch als Ismaeliten bezeichnet werden. Zu diesem Portal Moralejo 1977; Williams 1977; Durliat 1990, S. 376ff; jetzt vor allem Martin 2006, S. 89ff. 49 Die Mittelalterlichen Steine mit den Inschriften wurden in dem neuzeitlichen Abschlussgesims wieder verwendet, Moralejo 1977, S. 145, Anm. 33; Martin 2006, S. 92. Durliat 1990, S. 382, vermutet, dass die Reliefs ursprünglich als »Metopen« des romanischen Gesimses dienten. 50 Der Kopf des Stieres ist erneuert, aber wohl in korrekter Weise, Moralejo 1977, S. 161. 51 Vgl. beispielsweise Paris, Ms. lat. 5543, fol. 159r. Der Zyklus wurde auch in S. Maria in Ripoll rezipiert, wie die Handschrift Rom, Vat. Reg. lat. 123 beweist.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

Stier in den Miniaturen häufig trägt, dürfte dann noch die Hinzufügung der beiden Menschen ausgelöst haben, die der merkwürdigen Körperhaltung jetzt eine eigentümliche Legitimation geben. Eine besondere Vorliebe hat unser Bildhauer aber für das fließende Element des Wassers, das sich bei den Fischen und beim Wassermann anbietet, aber es überzieht auch beim Löwen den gesamten Grund und wird hier, damit man das unerwartete Element nicht übersieht, durch eine Kröte sowie eine Schlange, welche der Löwe mit dem Maul gepackt hat, noch hervorgehoben. Unterhalb des Wassermanns sind im strömenden Wasser zwei gegenständige Fische zu sehen, die dem Tierkreiszeichen gleichen, aber auch von dem südlichen Fisch inspiriert sein können, der auf Himmelskarten oft den Wasserstrahl des Aquarius verschluckt. Hinter dem Sternbild der Fische ist auf dem sie umgebenden Wasser sogar ein Boot mit einem rudernden Mann zu erkennen, der das Sternbild in die Darstellung eines Fischzugs überführt. Das Band, welches die beiden Fische in den Miniaturen von Maul zu Maul verbindet und sie als Gefangene erscheinen lässt, könnte gut den Anstoß für diese Interpretation geliefert haben. Es erscheint mir höchst fraglich, ob hier tatsächlich, wie Serafin Moralejo vermutet, eine christliche Allegorisierung des Tierkreises vorliegt, wie sie seit dem Frühchristentum immer wieder vorgebracht wurde, und ob sich damit diese Besonderheiten schlüssig erklären lassen.52 Eine derartige Stringenz weisen die romanischen Bildprogramme im Allgemeinen nicht auf. Fließende Wasserströme und sich windende Schlangen kommen in manchen Variationen auch auf den Kapitellen von Jaca vor. Die nackte Figur des Wassermanns, die auch in der Vorlage ein deutliches Bewegungsmotiv aufweist, steht mit gespreizten Beinen da und ist mit ihrer abrupten Kopfwendung von dem antiken Sarkophag aus Husillos abhängig, der damals mehrfach als Inspirationsquelle verwendet wurde. Aquarius gleicht somit jenen nackten Epheben, die auf den Kapitellen dieser Werkstatt häufiger vorkommen (Frómista, Jaca).53 An Stelle von Capricornus hat der Bildhauer einen nackten Reiter auf einer Ziege dargestellt und damit ein Motiv verwendet, das aufgrund seiner sexuellen Konnotationen in zahlreichen Varianten begegnet. Der ikonographisch erforderliche Fischleib wird als ein langer, schlangenartiger Schwanz unten um die Figur herumgeführt und wirkt wie ein Appendix mit eigener erotischer Symbolik. Das fremde Motiv ist dem neuen Thema also nur mühsam angepasst. Auch die Zuwendung der beiden Zwillinge hat der Bildhauer auf seine Weise interpretiert; sie halten gemeinsam einen großen Gegenstand, der allerdings schwer zu identifizieren ist.54 Ebenso wie die Frauengestalt, welche die Waage hält, sind sie mit Nimben ausgestattet. Runde Kreisscheiben erinnern bei einigen der Reliefs an die punktförmig eingetragenen Sternpositionen in den Miniaturen, doch ist ein konkreter Bezug zu der astronomischen Konstellation an keiner Stelle versucht worden. Bei der Ausarbeitung dieses Tierkreiszeichenzyklus ist der Künstler ohne Frage von dem illustrierten Sternenkatalog De signis coeli ausgegangen. Die Details der Miniaturen haben ihn

52 Moralejo 1977 benutzt als Beleg einen Text des heiligen Zeno aus dem vierten Jahrhundert, zu dem Thema allgemein vgl. Hübner 1983. 53 Bildhauer aus der Werkstatt von Frómista und Jaca sind in den 1090iger Jahren nach Leon gekommen. Dazu Martin 2006, S. 90f.; vgl. auch Bredekamp 1989 und Bredekamp 1991. 54 Moralejo 1977, S. 154, sieht hier einen Codex und spricht die Zwillinge als Verkörperung der beiden Testamente an.

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

dann jedoch zu einer zuweilen geradezu erzählerischen Ausgestaltung angeregt, die sich um die astronomischen Beschreibungen nicht weiter kümmert. Unabhängig davon, welche Bedeutungen möglicherweise mit dieser doch recht auffälligen Umformulierung im einzelnen noch verbunden gewesen sein mögen, lässt sich als Grundtendenz eine starke Verlebendigung ausmachen, welche den Konstellationen eine besondere Dynamik verleiht und sie vor allen Dingen in ihrem Erscheinungsbild den übrigen dämonischen Wesen angleicht, die auf den Kapitellen und Konsolen dieser Kirchen zur Darstellung kamen. Da sich eine vergleichbare Tendenz seit dem 10. und vor allem im 11. Jahrhundert auch in den Handschriften nachweisen lässt, ist dies als ein zusätzliches Indiz zu werten, dass man damals dazu tendierte, die Sternbilder generell in dieser Weise zu sehen. Nicht zufällig dürfte jene englische Handschrift, welche die Dämonisierung der Sternbilder im erhaltenen Material am weitesten treibt, in etwa gleichzeitig mit den Skulpturen von León entstanden sein.55 (London, Royal Ms. 13 A XI) Im übrigen bleibt für unseren Zusammenhang festzuhalten, dass bei der Isolierung des Tierkreises und seiner Übertragung in einen anderen Kontext mit den ikonographischen Einzelheiten häufig sehr großzügig umgegangen wurde, da die Bilder nicht mehr eine wissenschaftliche Himmelsbeschreibung mit ihrem Anspruch auf Genauigkeit begleiteten. Es ging vielmehr um eine allgemeine Wiedererkennbarkeit, die durch einige wenige Merkmale und die charakteristische Abfolge ohnehin gegeben war. Nach den spezifischen Möglichkeiten und Neigungen hat man daher eher die Lebendigkeit und Macht dieser Sternenwesen zu veranschaulichen gesucht und ihnen Züge verliehen, mit denen man auch andere dämonische Kräfte charakterisierte. Ein vergleichbarer Reliefzyklus, der nur wenig später entstanden ist, findet sich am Chor der Kirche S. Austremoine in Issoire/Auvergne.56 An den Radialkappellen des Chorumganges sind außen oberhalb der Fenster Medaillons mit denTierkreiszeichen angebracht. Auch hier sind sie durch Inschriften bezeichnet. Die Reihe beginnt im Süden mit dem Widder und verleiht dem Halbrund des Chorumganges deutlich einen kosmischen Symbolbezug. Die Harmonie des göttlichen Weltgebäudes wird somit modellhaft auf den Kirchenbau übertragen. Insofern werden hier Gedanken greif bar, die wir auch schon für den Westbau von St. Benoît-sur-Loire vermutet haben. An der quadratischen Scheitelkapelle, die der Mutter Gottes geweiht ist, flankieren Virgo und Waage das sehr viel größere Fenster; somit sind hier zwei Sternbilder zu sehen, die sich ohne weiteres auf Maria beziehen lassen. Der Zyklus folgt der in den Handschriften überlieferten Ikonographie sehr viel genauer als derjenige von León, doch stattet er nicht nur 55 Die kurz nach 1100 ausgeührte Ausmalung des sogenannten Panteón Real von S. Isidoro in León weist am ehemaligen Durchgangsportal zur Kirche ein sehr verwandtes Programm auf, das zum Teil mit den gleichen Versatzstücken arbeitet wie das Lammportal. Allerdings sind die Bilder des Tierkreises so schlecht erhalten, dass sich hier keine weiteren Aussagen treffen lassen. Dazu Martin 2006, S. 144; Castineiras González 2000. Im späten 11. Jahrhundert findet sich der Zodiakus auch in französischen Ausmalungen, so in Saint Savin-sur-Gartempes und in St. Hilaire in Poitiers. Beide Male handelt es sich gleichfalls um einen Portalzusammenhang. 56 Swiechowsky 1973, S. 38f., Abb. 6, 31–43; er datiert 1140–1150, S. 358ff. Zur Architektur der Kirche und den Restaurierungen des 19. Jahrhunderts Vinken 1997, S. 51ff. Die Reliefs der Tierkreiszeichen sind folgendermaßen gekennzeichnet: Widder mit nacktem jugendlichen Reiter, der sich umwendet und eine Posaune bläst; Stier als Ganzfigur mit Reiter, der sich am Schwanz und Horn festhält; Zwillinge nackt mit Pallium und Lanzen, einander zugewandt; Skorpion mit gewundenem Schwanz; Löwe mit erhoben Vorderpranke; Virgo frontal thronend mit Ährenbündel und Weisegestus; Waage von einer stehenden Engelsfigur gehalten, deren eine Schulter entblößt ist; Krebs; Schütze als Zentaur; Capricornus als Mischwesen mit nacktem Reiter mit Kapuze; Wassermann bekleidet, auf einem Bein kniend mit großer Urne vor der Brust; Fische gegenläufig mit Band an den Mäulern verbunden.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

den Steinbock, sondern auch Widder und Stier mit Reiterfiguren aus. Bei Widder und Steinbock sind es wiederum nackte Gestalten, die unverkennbar eine sexuelle Symbolik aufrufen. Der Reiter auf dem Stier hält den Schwanz und ein Horn umfasst und gehört von daher wohl in den gleichen Kontext. Auch in den Handschriften werden in dieser Zeit zuweilen einzelne Sternbilder, insbesondere der Stier, durch Reiterfiguren ergänzt.57 Die dämonische Kraft dieser Sternenwesen wird somit gewissermaßen in einer menschlichen Gestalt personifiziert. Die Reliefs in Issoire zeigen dies Motiv in einer intensivierten Form und belegen damit, dass wir es hierbei mit einer durchaus verbreiteten Sichtweise zu tun haben. Gleichzeitig findet der Tierkreis auch in die Portalskulptur oberitalienischer Kirchenbauten Eingang. Beide Beispiele – in Piacenza und in der Sagra di San Michele – sind mit dem Namen des Bildhauers Nicholaus verbunden, der, wie der vielfältige Einsatz anspruchsvoller Inschriften zeigt, sicherlich eine gebildete Persönlichkeit gewesen ist. Möglicherweise ist das Aufgreifen dieser Thematik von daher von den besonderen Interessen seiner Person initiiert worden. Die Vorhalle des mittleren Westportals am Dom zu Piacenza weist an der Platzseite einen Fries auf, der mit der Folge der Tierkreiszeichen geschmückt ist und in die zwanziger Jahre des 12. Jahrhunderts zu datieren ist.58 Der Zyklus beginnt links unten mit dem Widder und ist in der Mitte zwischen Jungfrau und Waage unterbrochen, da hier weitere Darstellungen eingeschoben sind. Um die segnende Hand Gottes gruppieren sich die Bilder von Sonne und Mond, eines Sternes bzw. Kometen, die von Engeln in Medaillons gehalten bzw. bewegt werden, sowie von zwei Windpersonifikationen. Sämtliche Figuren sind am Rande inschriftlich bezeichnet und von daher eindeutig zu identifizieren. Es ist der von Gott geordnete Kosmos, der hier in seinen zentralen Elementen vorgeführt wird. Die Kombination des Zodiakus mit dem Kometen, den Winden und den Luminaria Sonne und Mond verstärkt diese kosmologischen Aspekte. Als Vorbild kommen sowohl Handschriften der Aratea in Frage, welche die Folge der Konstellationen ebenfalls durch Darstellungen der Luminaria sowie der Winde ergänzten, wie auch astronomische Handbücher, die sehr oft Diagramme mit Windpersonifikationen enthalten.59 Die Ikonographie des Tierkreises selbst bietet nur wenig Anhaltspunkte für eine genauere Zuordnung.60 Die Hand Gottes im Zenit des Portalbogens verweist unmissverständlich ebenso wie die Engelsgestalten, welche Kometen und Sterne bewegen, auf die von Gott geschaffenen Ordnung des Universums und die von ihm gelenkten Bewegungen der Himmelskörper. So wird hier die grundlegende Struktur des Kosmos vor Augen geführt. Nun nimmt dieses kosmologische Programm zwar eine zentrale Stelle ein, beansprucht aber im Rahmen der gesamten Skulpturenausstattung dennoch nur wenig Raum. Der gleiche Bildhauer hat wenige Jahre später, ca. 1130, ein Portal in der Sagra di San Michele bei Turin ausgeführt, das allerdings nicht mehr an seinem ursprünglichen Standort erhalten

57 Beispielsweise in den Hyginus-Handschriften des 12. Jahrhunderts, Florenz, Ms. Plut. 29.30, fol. 18r und St. Paul im Lavanthal, Ms. 16/1, fol. 14v. 58 Klein 1995, S. 169ff., 200f., Lomartire 1991, S. 208ff., Poeschke 1998, S. 81ff. 59 Die Windpersonifikationen finden sich nicht in der Germanicus-Überlieferung, treten aber in der Tradition der Cicero-Übertragungen auf., vor allen in der Nachfolge von London, Harl. Ms. 647. Vgl. generell Obrist 1997. 60 Die bekleideten und bewaffneten Zwillinge entsprechen De signis coeli. Die Verdoppelung der Jungfrau, einmal als Halterin der Waage und einmal als einzelne Figur kommt verschiedentlich vor. (London, Royal Ms. 13 A XI)

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

ist.61 Es handelt sich dabei um das einzige Beispiel, bei dem nicht allein der Tierkreis, sondern auch die übrigen Sternbilder in einen derartigen Zusammenhang integriert wurden. Das gestufte Rundbogenportal ohne Tympanon befindet sich heute am oberen Abschluss eines gewölbten Treppenganges, der sogenannten Scalone dei Morti. Die beiden Türpfosten sind auf zwei Seiten vollständig mit Reliefs überzogen und gehören mit Sicherheit zum ursprünglichen Bestand. Auf den Stirnseiten ist jeweils eine Ranke zu sehen, die mit Tieren und einmal auch mit einer Menschenfigur belebt ist. Auf den heutigen Nordseiten, die zum Treppenaufgang weisen, findet sich der hier interessierende Sternbilderzyklus, der vermutlich einstmals an der Außenseite des Portals zu sehen war. Wie in einer Reihe von Handschriften des 11. und 12. Jahrhunderts werden auch hier die Tierkreiszeichen als eigenständige Gruppe auf einem der Pfosten zur Darstellung gebracht. Eingefügt in die kreisförmigen Felder einer verschlungen Ranke setzt die Reihe am oberen Ende mit dem Wassermann ein und endet mit dem Steinbock. In der Abfolge gleicht sie daher den Illustrationen liturgischer Kalender, die mit dem Januar beginnen. Auf dem gegenüberliegenden Pfosten bildet ein Flechtband quadratische Bildfelder aus, in denen die Folge der übrigen Sternbilder zu sehen ist. Der Zyklus setzt mit dem allerdings nur zur Hälfte erhaltenen Fuhrmann ein und endet mit der Hydra. Sämtliche Darstellungen sind auf den Randleisten durch Inschriften bezeichnet. Die Bilder weisen eine Reihe ikonographischer Besonderheiten auf, die es erlauben die Vorlage genauer zu bestimmen. Sowohl in der Abfolge wie in sämtlichen Details entsprechen die Reliefs jenen Illustrationen, die ein als Opusculum de ratione sphaerae betiteltes Kompendium begleiten.62 Diese Schrift enthält eine systematische Einführung in die Himmelskunde, die aus den klassischen Texten der Komputus-Handbücher kompiliert ist und wurde vermutlich erst zu Beginn des 12. Jahrhunderts zusammengestellt. Neben Auszügen von Plinus, Beda und Isidor wird hier vor allem auf Hyginus zurückgegriffen; zusätzlich wird aber auch Material aus den Schriften des Abbo von Fleury verwendet. Dieser Text ist nur in vier Handschriften überliefert, die bis auf eine Ausnahme alle aus England stammen. Zwei davon weisen aufwendige Illustrationen der Sternbilder auf, die bis in alle Einzelheiten der Ikongraphie mit den Reliefs in der Sagra di San Michele übereinstimmen (Oxford, Ms. Bodl. 614, Oxford, Ms. Digby 83).63 Selbst die Zu61 Auch unter dem Namen S. Michele della Chiusa bekannt. Poeschke 1998, S. 84ff. mit weiterer Literatur, Verzar 1968, S. 69ff., Lomartire 1988, passim; Dietl 2009, T. 3, Nr. A 665, S. 1555ff. 62 S. Kap. V, 2. 63 Fuhrmann ohne Wagen, nur mit einem Mantel bekleidet und Geißel; ornamentale Füllung des Dreieckes; Orion als Standfigur mit gezogenen Schwert und einem Zweig in der erhobenen Linken (so nur in Oxford, Digby 83); Argo als halbes Schiff mit Stierkopf (so nur in Oxford, Bodl. 614); Eridanus als kauernder Mann mit einem Wassergefäß, das wie ein Fass aussieht; Zentaur mit Zweig über der Schulter; Ara als Tischaltar auf Säulen mit Tuch (nur in Digby 83 erhalten); Hydra als siebenköpfiges Ungeheuer (nur in Digby 83 erhalten); Zwillinge als zwei bekleidete Figuren in enger Umarmung ohne weitere Attribute; Jungfrau stehend mit Zweig; Skorpion mit der Waage zwischen den Zangen. Die Sternbilder sind am Rand folgendermaßen bezeichnet: »Aquila, Delfinus, Pegasus, Deltoton, Orion, Lepus, Canis, Anticanis, Pistrix, Eridanus, Centarus, Cetus, Nothius, Ara, Hydra« Lomartire 1988, S. 436 und Fig. 9. Die Bezeichnungen von Deltoton statt Triangulum, Pistrix statt Argo und Nothius statt Piscis Austrinus finden sich auch in Oxford, Ms. Bodl. 614 und Oxford, Ms. Digby 83. Deltoton und Nothius finden sich generell bei Hyginus, dort wird das Schiff aber als Argo bezeichnet und Anticanis als Prokyryon sowie Pegasus als Equus articus. Von daher bestätigen auch die Inschriften eindeutig die Abhängigkeit von dem englischen Opusculum. Lomartire 1988, S. 438, weist schon auf die Bezüge zu Oxford, Digby 83 hin, ohne allerdings daraus weitere Schlüsse zu ziehen.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

sammenfassung mehrerer Sternbilder in einem Bildfeld scheint dem Seitenlayout der Vorlage zu folgen. Nicht allein die Überlieferungssituation der Handschriften, sondern auch die ikonographischen Bezüge zu dem karolingischen Codex mit der Aratos-Übertragung des Cicero (London, Harl. Ms. 647), die sich seit dem 10. Jahrhundert in England befand, legen eine englische Entstehung dieses Textes und seiner Bilderfolge nahe. Einige der Besonderheiten kommen nur in den beiden genannten Oxforder Handschriften vor, so dass an der unmittelbaren Abhängigkeit kein Zweifel bestehen kann, zumal auch die Bezeichnungen in den Inschriften identisch sind. Die Reliefs des Meisters Nicholaus sind damit das dritte überlieferte Beispiels dieses Zyklus und belegen die Verbreitung über den englischen und nordfranzösischen Raum hinaus. Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass ehemals auf der Archivolte oder dem Türsturz die übrigen Sternbilder zu sehen waren. Es fehlen heute genau zwölf Darstellungen, welche die erste Hälfte des Sternbilderzyklus in den Oxforder Handschriften ausmachen.64 Es ist nicht auszuschließen, dass auch Sonne und Mond und gegebenenfalls auch die übrigen Planeten Teil des Portalprogramms waren, da entsprechende Miniaturen in derjenigen der beiden englischen Handschriften zu finden sind, welche gleichfalls den Zodiakus gesondert behandelt. (Oxford, Ms. Bodl. 614) Der intellektuelle Anspruch dieses skulptierten Bildprogramms wird zusätzlich noch durch eine Reihe lateinischer Hexameter unterstrichen, die auf den Rahmenleisten dieser reich geschmückten Türpfosten angebracht sind und den Durchgehenden in wohl gesetzten Versen ansprechen. Hoc opus ortatur sepius ut aspiciatur (Es wird ermahnt, dass dieses Werk öfter zu betrachten sei) ist neben der Bilderfolge der Sternbilder zu lesen und weist den Passanten darauf hin, dass diese Reliefs sehr genau und immer wieder zu betrachten seien. Auch die Inschriften auf den Stirnseiten appellieren unmittelbar an den Betrachter und nehmen direkten Bezug auf das beherrschende Motive der belebten Ranke: Flores cum beluis comixtos ce(rnite) (Seht Blumen mit wilden Tieren gemischt), Hoc opus intendat, quisquis bonus exit et intrat (Wer als Guter ein und ausgeht, soll dieses Werk eingehend betrachten) Vos qui transitis sursum vel forte reditis / Vos legite versus quos descripsit Nicholaus (Ihr, die ihr hier hinauf geht oder gerade zurückkehrt / lest die Verse, die Nicholaus geschreiben hat).65 Der Bildhauer nimmt hier nicht allein die Ausführung des Werkes, sondern auch die Abfassung der gelehrten Inschriften und wohl auch die inhaltliche Konzeption für sich in Anspruch. Offenbar rechnet er in erster Linie mit einem gebildeten Betrachter, der seine Verse zu lesen vermag und der den Zusammenhang der Bilder zu deuten weiß. Ganz offensichtlich reflektiert er über den Bildort am Portal, durch das der Betrachter hinein und hinausgeht, so dass er mehrfach mit den Skulpturen konfrontiert wird und jedes Mal andere Dinge sieht. Ein Deutungsangebot wird in diesen Hexametern aber gerade nicht gemacht und es wird auch nicht auf einen theologischen Zusammenhang verwiesen. Vielmehr werden die Bildthemen benannt und der intensiven Betrachtung empfohlen.

64 Große Bären bis Serpentarius. Die Abfolge in der Sagra di San Michele entspricht genau derjenigen in Oxford, Ms. Bodl. 614, da dort die Tierkreiszeichen zunächst in einer gesonderten Reihe vorgeführt werden. In Digby 83 hingegen sind sie zwischen Dreieck und Orion eingeschoben. 65 Zu den Inschriften Lomartire 1988, S. 441 sowie Verzar 1994; Dietl 2009, T. 3, S. 1559; vgl. auch Dietl 1987, S. 121f. zu den rhetorischen Vorlagen der direkten Betrachteranrede.

4. Skulptur – Der Tierkreis im öffentlichen Raum

In Anbetracht der hier zur Schau gestellten Gelehrsamkeit erscheint es ohne weiteres denkbar, dass Nicholaus selber eine Handschrift des neuen englischen Opusculum erwerben konnte und damit das Thema und seine Bildvorlage mitbrachte. Es könnte sich sogar um eine Parallelhandschrift zu dem bemerkenswerten Handbuch mit der Signatur Oxford Ms. Bodl. 614 gehandelt haben, welche gleichfalls die bebilderte Abhandlung zu den Wundern des Ostens enthielt. Denn in seinen späteren Werken, vor allem am Hauptportal der Kathedrale von Ferrara, das auf 1135 datiert ist, hat Nicolaus in kleinen Nischenartigen Bildfeldern an den Rücksprüngen des Gewändes eine Fülle von Tieren, Mischwesen und Monstern dargestellt, die von den entsprechenden Miniaturen abgeleitet sein könnten. Doch lässt sich ein eindeutiger Zusammenhang wohl nicht herstellen.66 Bei dem Portal der Sagra di San Michele handelt es sich um den seltenen Fall, bei dem sich die Rezeption eines Miniaturenzyklus unmittelbar verfolgen lässt. Wieder einmal wird deutlich wie weit der Austausch von Wissen und Bildern damals in Europa reichte und offenbar ein funktionierendes Netz zwischen den Klöstern zog. Die den aktuellen Interessen angepasste und mit mythologischen Informationen angereicherte Zusammenstellung des Opusculum mit der dafür entwickelten Bilderserie hat die Übertragung sämtlicher Sternbilder in ein Portalprogramm vermutlich überhaupt erst angeregt. Da die Werkstatt des Nicholaus einige Jahre zuvor in Piacenza ein verwandtes Programm nach anderen Vorlagen realisierte, liegt es nahe dem Bildhauer ein besonderes Interesse für diese Zusammenhänge zu unterstellen. Dies ließ ihn dann vielleicht sogar gezielt nach besseren Bildvorlagen suchen. Im erhaltenen Material ist diese Portalanlage ein Sonderfall. Denn nur hier sind wie in den wissenschaftlichen Handschriften sämtliche Konstellationen zur Darstellung gekommen, um ein komplettes Abbild des Himmels vorzuführen. Umso bedauerlicher ist es allerdings, dass der ursprüngliche Kontext nicht mehr zu rekonstruieren ist. Deutlich lässt sich beobachten, wie der Zodiakus im Verlaufe des 11. Jahrhunderts zu einem allgemein verbreiteten Bildzeichen für den strukturierten Kosmos wird. Als solches vermag es je nach Kontext den Ablauf der Zeit und den Zyklus des Jahres zu veranschaulichen oder auch die Rationalität und Harmonie des von Gott geschaffenen Weltgebäudes, das zu ergründen Aufgabe des Menschen ist. In den umfassenden Bildprogrammen des 12. und 13. Jahrhunderts hat der Tierkreis dann seinen festen Platz und findet sich häufig in der Verbindung mit den Monatsarbeiten. Hier mag es genügen, die berühmten romanischen Portale von St. Lazare in Autun und St. Madeleine in Vezelay zu nennen67 oder die frühgotischen Anlagen von St. Denis und Chartres anzuführen.68 Auch in dem wohl komplexesten didaktischen Schaubild des 12. Jahrhunderts, dem verlorenen Wandbild der allegorischen Arche Noah, das Hugo von St. Viktor in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in seinem Pariser Kloster realisieren ließ, konnte der Zodiakus nicht fehlen. In der an Diagrammen orientierten Komposition verdeutlichte das Rund des Tierkreises

66 Poeschke 1998, Taf. 51 und S. 89. 67 Autun, St. Lazare, West-Portal 1130–45, Rupprecht 1975, S. 112f., Taf. 170. Vezelay, St. Madeleine, Portal zwischen Vorhalle und Langhaus, ebd. S. 108f., Taf. 152/153 sowie Diemer 1985. Vgl. auch den Säulenschaft aus Souvigny (Allier), Ste. Pierre et Paul, Rupprecht 1975, S. 117f., Taf. 198/199. 68 Vieillard-Troiekouroff 1968, S. 183ff., Katzenellenbogen 1959.

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VI. Jenseits der Bücher – Sternbilder in neuen Zusammenhängen

zusammen mit den zwölf Winden den kosmologischen Zusammenhang, in welchem die Arche als Symbol der Kirche zu sehen war.69 Wir haben es also mit einer Bildformel zu tun, die immer auch auf einen größeren Kontext verweist und die bei dem gebildeten Betrachter eine ganze Kosmologie aufruft. Von daher kommt sie der besondern Interessenlage des 11. und 12. Jahrhunderts auch in besonderer Weise entgegen. Die hier besprochenen frühen Beispiele aus dem Bereich der Skulptur belegen die große Bandbreite verschiedener Bedeutungsebenen, die mit dem Zodiakus verbunden waren. In Fleury und Issoire vermochte der Bildzyklus das kosmische Verständnis der real gebauten Architektur anschaulich zu machen. In Piacenza und León liefert die gleiche Bildfolge einen kosmischen Rahmen für die weiter ausgreifenden Portalprogramme. Auffällig ist – zumindest seit der Zeit um 1100 – die deutliche Präsenz von Inschriften, welche die exakte Benennung der Figuren sicher stellen und gewissermaßen so etwas wie einem wissenschaftlichen Anspruch Genüge tun. Oftmals sind die Zodiakzeichen die einzigen Bilder, welche auf diese Weise gekennzeichnet sind. Dieser Anspruch wird in der Sagra di San Michele mit Hilfe der begleitenden Hexameter noch weiter ausgebaut. Die Dämonisierung der Sternenwesen, welche vor allem seit der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts in den Handschriften zu fassen ist, wird in der Bauskulptur von León und Issoire noch weiter vorangetrieben und lässt so offensichtlich allgemeinere Wahrnehmungsraster aufscheinen.

69 Meier 1990, S. 51f., Sicard 1993, Sicard 2001, Libellus de Formatione Arche XI, 54ff. sowie mit einer graphischen Rekonstruktion, Fig. XI.

VII.

Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

Es sind zwei wichtige Schaltstellen, die für die Entwicklung der Astronomie ebenso wie für die Verwendung der antiken Bilderfolge von entscheidender Bedeutung waren. Das ist zum einen der karolingische Hof in Aachen, wo nach 809 mit den Libri computi eine erste systematische Darlegung der Himmelskunde erarbeitet und wo nach 814 unter Ludwig dem Frommen ein neuer Zugang zu den Bildern erschlossen wurde. Zum anderen ist hier das Kloster Saint Benoît sur Loire zu nennen, das bei dem Wissensauf bruch des 10. Jahrhunderts eine zentrale Rolle spielte und einen neuen Umgang mit den Bildern einleitete. In beiden Fällen haben wir es auch mit Veränderungen von Kommunikationsprozessen zu tun, welche die Voraussetzungen von Wissenschaft jeweils neu definierten. In Aachen müssen wir von der besonderen Situation eines Hofes ausgehen, auch wenn wir die Lage dort im Einzelnen – aus Mangel an Quellen – nicht beschreiben können. Dazu gehörten sicherlich spezielle, abgegrenzte Formen der Öffentlich­ keit, die einer Elite Bedingungen bereitstellte, die dem Austausch besonders förderlich waren. Das gemeinsame Vorhandensein der unterschiedlichen Texte sowie der Bildvorlagen sollte in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht unterschätzt werden. Die gezielte Verbreitung des neu strukturierten Wissens in Form der Libri computi ist an den organisatorischen Rahmen eines leistungsfähigen Skriptoriums gebunden und legt zugleich das Fundament für eine lang anhal­ tende Außenwirkung. So entsteht eine Art Dialog zwischen den engeren Zirkeln des Hofes und den auf diesen orientierten Subzentren im Reich. Die Rolle von Fleury ist nur im Kontext der Klosterreform zu verstehen, welche dem Stu­ dium einen entschieden höheren Stellenwert einräumte. Von daher ging es – zusammen mit dem Reformgedanken – auch um die Weitergabe von Wissen an andere Klöster. Auf diese Weise kam es zu einem Austausch von Wissen und Büchern, der von den Wanderungen der Mönche getragen wurde, die nach Fleury zur Ausbildung kamen und die von dort auszogen, um die Ideale der Reform zu verbreiten. Auch in Saint Benoît sur Loire war es gelungen, eine große Vielfalt an Texten und Bildvorlagen an einem Ort zu vereinigen und damit Vergleichsmöglich­ keiten zu eröffnen, die anderswo nicht gegeben waren. Die Bilder sind in jedem Fall Teil dieser Kommunikationsprozesse. Sie wandern mit den Texten ebenso wie mit dem Gedächtnis der Leser. Darüber hinaus vermögen sie im Zuge der individuellen Wahrnehmung eine Selbständigkeit zu entfalten, die in den Köpfen der Menschen weitere Verknüpfungen schafft und so Bedeutungsebenen eröffnet, an die der ausführende Ma­

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VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

ler oder Zeichner vielleicht gar nicht gedacht hatte. Es ist ein spezifischer Assoziationsraum, den die Bilder eröffnen und der sich nur zuweilen, aufgrund formler Besonderheiten, erschließen läßt. Wissenschaft ist im Mittelalter ebenso wie heute in erster Linie der Umgang mit Informa­ tionen. Entscheidend ist, auf welche Weise die Fülle der Daten organisiert, ausgewertet, gefiltert und sortiert werden, unabhängig davon ob diese nun Texten entnommen sind oder auf Beob­ achtungen fußen. Bruno Latour hat, als er mit Hilfe anthropologischer Methoden die Spezifika moderner Wissenschaft untersuchte, mit großem Nachdruck darauf hingewiesen, dass es nicht möglich sei, eine Trennung zwischen einem vorwissenschaftlichen Bewusstsein einerseits und der modernen wissenschaftlichen Kultur andererseits vorzunehmen.1 Dabei ist genau dies eine sehr verbreitete Vorstellung, die gemeinhin einen festen Bestandteil unseres eigenen Selbstverständ­ nisses ausmacht. Die Unterschiede liegen aber einzig in der Nutzung der Informationen und in den damit verbundenen Kommunikationsabläufen begründet. Dies ermöglicht dann jeweils die differierenden Erkenntnisgewinne und vor allem die so unterschiedliche Verwendung dieser Erkenntnisse. Neben der Erschließung neuer Daten ist die vergleichende Auswertung aller erreich­ baren Informationen zumeist der entscheidende Faktor. Die Auseinandersetzung mit den astro­ nomischen Bildern in mittelalterlichen Handschriften führt zu vergleichbaren Überlegungen. Die Ausgangssituation karolingischer Astronomie ist im 8. Jahrhundert durch einen ekla­ tanten Mangel an zuverlässigen Informationen gekennzeichnet. Als man sich an das Zusam­ mentragen und Organisieren der verstreuten Überlieferung macht, geht man den Bildern zu­ nächst aber aus dem Wege. Sie gelten gerade nicht als verlässlich und man hat für sie keinen Platz in dem eigenen Ordnungssystem. Doch der Umschlag erfolgt schnell. Die folgende »Genera­ tion« der Gelehrten unter Ludwig dem Frommen setzt sich gerade mit diesen Bildern auseinan­ der und stellt dann die aufwendigsten und intellektuell anspruchvollsten Bildfassungen her, die sich überhaupt denken lassen. (Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79; London, Harl. Ms. 647) Die Minia­ turen werden mit zusätzlichen Informationen regelrecht aufgeladen, womit das Hauptgewicht der Wissensspeicherung und Wissensvermittlung an die Bilder gebunden wird. Diese Manus­ kripte üben in den folgenden Jahrhunderten eine lang anhaltende Wirkung aus, die von der Faszination dieser Malereien ganz wesentlich getragen wird. Wichtiger als das kaiserliche Re­ präsentationsbedürfnis, das sich in diesen Prunkhandschriften niederschlägt, ist allerdings die unleugbare Aufwertung astronomischen Wissens, die mit diesen höfischen Prachtausgaben ver­ bunden ist und die eine immense Strahlkraft entfalten sollte. Parallel entwickelt man aber auch eine didaktisch ausgerichtete Bilderfolge, die klarer struk­ turiert ist und an die Klöster und Bischofsitze weitergegeben wird. Die pädagogische und mne­ motechnische Funktion der Bilder wird hier sichtlich erfolgreich mobilisiert. Und diese Aufga­ be erfüllen die Darstellungen auch weiterhin unabhängig von ihrem sich wandelnden Aussehen und den verschiedenen Kontexten, in denen sie auftreten. Von Fleury geht im 10. Jahrhundert ein neues Interesse aus, das sich den Sternbildern und der Himmelskunde zuwendet. Die Beschäftigung mit der Astronomie löst sich zusehends von den Kalenderfragen und zielt auf ein grundsätzliches Verständnis des Kosmos. Der höhere Stellen­ 1 Latour 1986. Eines seiner Beispiele ist der berühmte Astronom Tycho Brahe, dessen besseres Verständnis der Planetenbahnen dadurch ermöglicht wurde, dass er seine eigenen Beobachtungen mit den älteren Beobachtungen seiner Vorgänger, die aber eben erst jetzt im 17. Jahrhundert in Büchern festgehalten und ihm zugänglich waren, vergleichen konnte. Vgl. auch Latour 1995; zu den Arbeiten Latours s. auch Rheinberger 2007, S. 123ff.

VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

wert des astronomischen Wissens verändert auch die Bilder. Sie werden gewissermaßen selbstän­ diger und lösen sich in manchen Details von der überlieferten Gestalt, um so einen intensiveren Eindruck ihrer Bewegung zu vermitteln, welche ihre Lebendigkeit und Macht verdeutlicht. Was man auf den ersten Blick als Zeichen von Ungenauigkeit und Unwissenschaftlichkeit wer­ ten könnte, basiert aber auf einem tieferen Verständnis der Astronomie und ist Ausdruck jener vermehrten Relevanz, die man den Konstellationen jetzt zumisst. So verbindet beispielsweise ein vielleicht für Abbo von Fleury zusammengestellter Codex das genaueste Wissen, das damals verfügbar war, mit in unseren Augen frei erfundenen Visionen der Himmelswesen von größter Eindrücklichkeit. (London, Harl. Ms. 2506) Die Intensität im Ausdruck, die diesen Darstellungen eigen ist, kann man auch als eine Art Dämonisierung verstehen, die aber nichts anderes macht, als dass sie genau jene Wichtigkeit sowie den besonderen Einfluss, den man den Konstellationen zuschreibt, anschaulich werden lässt. Man muss sich darüber hinaus bewusst machen, dass es sich dabei schließlich um Gestalten handelt, die jede Nacht in den Mustern der leuchtenden Sterne sichtbar werden und deren Wanderungen am Himmel stets mit eigenen Augen zu verfolgen sind. Selten wird in dem hier untersuchten Material der Stellenwert, den man den Bildern gab, deutlicher als in jenen neuen Kompendien, die man im 11. Jahrhundert zusammenstellte, um das erreichte Wissen besser zu systematisieren. Der Mönch Oliva in S. Maria de Ripoll differen­ ziert zum ersten Mal sehr genau das Aussehen der Bilder, um die unterschiedliche Bedeutung der dargestellten Wesen fassen zu können. (Rom, Vat. Reg. lat. 123) In Canterbury stiften na­ hezu gleichzeitig erst die Miniaturen den inneren Zusammenhang einer Weltbeschreibung, die in gemalten Bildern gerade das vor Augen stellen möchte, was sich der unmittelbaren Anschau­ ung der Leser entzieht. (London, Cotton Tib. B V) In Montecassino schließlich wendet man sich zu diesem Zeitpunkt erneut und mit großer Gewissenhaftigkeit den antiken Bildern und den sie begleitenden Texten zu. (Madrid, Ms. 19) Dabei gelingt es erstmalig, die Frage nach dem Aussehen des südlichen Himmelspols, der von Europa aus niemals zu sehen ist, mit einem Bild zu beantworten. Dies ist geradezu als Lehrstück für jene erkenntnisfördernde Rolle der Bil­ der zu werten. Denn es zeigt, dass manches, das sich unserer Anschauung und unserem Wissens­ drang nicht offenbart, dennoch in der Phantasie umschrieben werden kann und in einem Bild fassen lässt, das sich in diesem Fall aus einem antiken Mythos speist. Auf diese Weise lässt sich für das Phänomen eine Gestalt finden, welche der Neugier eine Form gibt und besagtem Himmelspol einen Platz im Denken. Im 12. Jahrhundert ist eine immer größer werdende Bandbreite im Umgang mit Darstel­ lungen der Konstellationen zu beobachten, die auf eine sich ausdifferenzierende Vielfalt der In­ teressen verweist. Einmal haben sich die Sternbilder als wilde Dämonen geradezu verselbständigt, ein anderes Mal treten sie im vertrauten Habitus des zeitgenössischen Kostüms auf, das diese fer­ nen Wesen durch den Spiegel der eigenen Gesellschaft wahrnimmt. (London, Ms. Royal 13 A XI; Klosterneuburg, Cod. 685) Die Auseinandersetzung mit dem antiken Mythos steht von Anfang an immer in enger Relation zu der Beschäftigung mit den Bildern. Die Anschaulichkeit der gemalten Gestalten und das Wissen um ihre Geschichte verstärken sich gegenseitig und gehören genauso zur Erkundung des Himmels wie die Listen der Einzelsterne oder die komplizierte Logik der Planetenbahnen. Ausgangspunkt dieser reichhaltigen Überlieferung sind aller Wahrscheinlichkeit nach zwei antike Manuskripte, die lange verloren sind, deren Existenz wir aber aus den zahlreichen Rück­ bezügen der mittelalterlichen Versionen erschließen können. In das Kloster Corbie gelangte im

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423, 424

234, 441

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VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

8. Jahrhundert eine griechische Ausgabe der Verse des Aratos, die mit einem erläuternden Kom­ mentar versehen war. Sie besaß vermutlich gezeichnete Darstellungen der Sternbilder. Zu Beginn des 9. Jahrhunderts hatte man dann am Aachener Hof Zugang zu einer lateinischen Fassung mit der Übertragung des Germanicus, die gleichfalls kommentiert war. Hier fanden sich farbige, gerahmte Miniaturen, in die auch die Positionen der Einzelsterne eingetragen waren. Alle unter­ schiedlichen Merkmale der erhaltenen Bilderfolgen lassen sich über diese beiden Vorlagen erklären und so besteht kein Grund, über die Existenz weiterer antiker Manuskripte in den mittelalter­ lichen Klöstern zu spekulieren. Es mag sein – doch ist dies nur als eine hypothetische Vermu­ tung zu formulieren – dass man in Fleury im 10. Jahrhundert noch auf einen kleinformatigen, antiken Globus aus Metall zurückgriff, um dadurch angeregt eine Himmelskarte zu entwerfen, die dann ihrerseits für die Illustrationen von De Astronomia des Hyginus Verwendung fand. Bei den Darstellungen der Sternbilder haben wir es durchweg mit visueller Informations­ vermittlung zu tun. Die Bilder sind ein wesentlicher Bestandteil, der nicht unerheblich zur Wissensweitergabe beiträgt. Von daher handelt es sich nicht um gewöhnliche Textillustrationen, auf die man ohne weiteres auch verzichten könnte. Die trockene Auflistung der Sternkataloge wird im Grunde erst durch die Bilder in vollem Umfang verständlich. Man kann im Wesent­ lichen drei Hauptfunktionen der Bilder umschreiben. Das ist zum einen Didaktik und Gedächt­ nisstütze, was als durchgängige Aufgabe immer präsent ist. Dazu kommt die Vermittlung von nur in den Bildern enthaltenem Wissen. Dies nimmt zuweilen einen erstaunlichen Umfang an, spielt aber nahezu immer eine gewisse Rolle, da ja die sichtbare Gestalt der Sternbilder in den Texten niemals beschrieben wird. Als drittes begegnet uns eine stimulierende Wirkung auf Phantasie und Imagination, die sich von der konkreten Bildaufgabe völlig lösen kann. Diese Funktionen lassen sich nicht scharf voneinander trennen, sondern gehen oft ineinander über. Ein und dasselbe Bild kann je nach Situation alle diese Aufgaben wahrnehmen. Das hängt ganz wesentlich auch vom Betrachter ab, von seiner Erwartungshaltung und seinem Vorwissen. Ne­ ben den Merkmalen des Bildes ist die Prädisposition des Betrachters schließlich ebenso entschei­ dend für Wirkung und Verständnis. Auch die mittelalterlichen Bearbeiter der hier untersuchten Manuskripte haben sich ihre Gedanken zu den Bildern gemacht, die sie in den Codices vorfanden. Wir kennen diese Gedan­ ken nicht, auch wenn sich manches an den Bildern, die sie dann selber ausführten, ablesen lässt. Einige haben allerdings dort, wo auf dem Pergament noch Platz blieb, Bemerkungen hinterlas­ sen, die uns aber auch nicht die gewünschte Klarheit bringen. In der zweiten Hälfte des 9. Jahr­ hunderts stellt man der karolingischen Cicero­Handschrift aus Aachen (London, Harl. Ms. 647) einen Text voran, in dem ein unbekannter Autor mit deutlichen Worten seine Ablehnung der heidnischen Mythen äußert. Jene verwerflichen und lügnerischen Geschichten, so sagt er, hätte man erst nachträglich den Namen der Sternbilder hinzuerfunden und auch Plato und Aristoteles hätten diese von Grund auf verdammt. Christen sollten so etwas eigentlich gar nicht kennen und völlig übergehen, so als ob es nie geschrieben worden wäre. Deshalb fleht er anschließend um den Beistand Gottes, damit er die Bewegungen des Himmels dennoch erlerne.2 Diese Be­ 2 S. Kap. III, 1. Der Text findet sich auf fol. 1r –2r von London, Harl. Ms. 647, die um 830 in Aachen entstand und im 10. Jahrhundert in Fleury war, von dort ist sie um das Jahr 1000 herum nach England gelangt. Der Text findet sich auch in den von Harl. 647 abhängigen Handschriften London, Harl. Ms. 2506, London, Cotton Ms. Tib. B V und London, Cotton Ms. Tib. C I. Edition bei Vogels 1883.

VII. Die Aufgaben der Bilder zwischen Wissenschaft und Phantasie

merkungen sind bis ins 12. Jahrhundert mehrfach zusammen mit den übrigen Teilen des Codex abgeschrieben worden und zeigen zunächst, dass man sich der Fremdartigkeit der heidnischen Wesen immer bewusst blieb. Doch wirken diese Aussagen zusammen mit dem hinzugefügten Gebet zugleich auch wie eine Entlastung, die dem Verfasser eine Beschäftigung mit den Stern­ bildern und ihren Mythen gerade ermöglichen soll, indem sie den Konflikt zwischen den Ma­ ximen des christlichen Glaubens und der wissenschaftlichen Neugier zu überbrücken sucht. Differenzierter drückt sich hundert Jahre später, zu Beginn des 12. Jahrhunderts ein Autor in der Diözese von Straßburg aus. (München, Clm 10270) Die heidnischen Sternbilder seien weder ganz positiv noch völlig wertlos, da man nur mit ihrer Hilfe den Lauf der Sterne begrei­ fen könne. Auch verstünde man die Werke der antiken Dichter dadurch sehr viel besser.3 Er möchte also diese Informationen nicht mehr ignorieren oder übergehen. Auch – so führt er weiter aus – seien die in den Zeichnungen eingetragenen Sternpositionen eine große Hilfe für den Lernenden. Wenig später warnt ein englischer Gelehrter seine Leser nicht mehr vor den heidnischen Mythen, sondern schärft ihnen ein, auf keinen Fall etwas an den Bildern zu verändern. (Oxford, Bodl. 614) Jede Einzelheit beruhe auf sorgsamster Überlegung und insbesondere die eingetra­ genen Sternpositionen müssten exakt beibehalten werden.4 Die hier beschworene Genauigkeit können wir in den Miniaturen nicht so ohne weiteres erkennen und sie hält sich im Vergleich mit den realen Konstellationen am Nachthimmel auch in Grenzen. Doch der Verfasser des 12. Jahrhunderts sah hier eine Präzision, die für ihn von hohem Wert war. Ihm ging es wohl ganz wesentlich um die Übereinstimmung von heidnischem Mythos und beobachtbarem Stern­ bild. Diesen Aussagen ist zu entnehmen, dass die Eintragung der Sternpositionen als wesentlicher Bestandteil dieser Miniaturen betrachtet wurde. Dies leuchtet im Grunde auch unmittelbar ein, aber im Befund der Handschriften zeigt sich eher das Gegenteil. Sehr oft ist damit recht fahrläs­ sig umgegangen worden. Vielfach fehlen die Sternenpunkte völlig, fast immer gibt es grobe Ungenauigkeiten und oft rückt man die Sterne an den Rand der Figuren oder reiht sie entlang des Konturs auf, um den dekorativen Eindruck der Bilder nicht zu beeinträchtigen. Häufig ist man offenbar von den Angaben der schriftlichen Sternkataloge ausgegangen, die man dann in die Illustrationen übertrug. Dass bei einem derartigen Verfahren die Ähnlichkeit mit der zu beobachtenden Konstellation nur sehr allgemein ausfallen kann, versteht sich von selbst. Dennoch lässt sich in den qualitätvolleren Manuskripten manches Sternbild in der Konfiguration der Punkte zumindest in groben Zügen wiedererkennen. Insofern mag die in den zitierten Äuße­ rungen zutage tretende Wertschätzung dieser Eintragungen doch für einige Handschriften Sinn machen. Aber unabhängig von der aufgewendeten Sorgfalt oder der Anzahl der Fehler verweist ein Bild, in dem Sternpositionen markiert sind, immer auf den Bezug zur Realität des Nacht­ himmels und macht bewusst, dass es sich eben gerade nicht um eine fiktive, rein beliebige Ge­ stalt handelt. Auf der anderen Seite, geradezu kontrastierend zu der beschworenen Genauigkeit, stehen scheinbar willkürliche Veränderungen der vorgefundenen Bilder, die nur der Phantasie der je­ weiligen Zeichner zugeschrieben werden können. Manches scheint mit der misstrauischen 3 4

München, Clm 10270, fol. 1r und 9r, s. Kap. V, 3. Oxford, Bodl. 614, fol. 34r, s. Kap. V, 2.

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Skepsis gegenüber den heidnischen Gestalten, die sich ja gleichfalls in den zitierten Äußerungen findet, einher zugehen. Dies mag der Fall sein, wenn um 850 ein sehr fähiger Zeichner Andro­ meda ebenso wie Kassiopeia entsexualisiert und als geschlechtslose Jünglinge darstellt und die Jungfrau gleichzeitig wie einen Verkündigungsengel präsentiert. (Freiburg, Ms. 35) Eine regel­ rechte Christianisierung liegt aber in zwei Handschriften vor, welche den bärtigen Flussgott Eridanus nicht mit einem Pflanzenstengel zeigen, sondern mit segnender Hand als wäre er ein Abbild Christi. (St. Gallen, Ms. 902, Montecassino, Ms. 3) Dies findet sich noch dazu in zwei Manuskripten, die an weit von einander entfernten Orten entstanden.5 Doch ist es kaum zu entscheiden, ob diese Idee auf eine gemeinsame Vorlage zurückgeht, die vielleicht ja nur in der Erinnerung der Mönche weitergereicht wurde, oder die gleiche Interpretation aus ähnlichen Vorrausetzungen zweimal unabhängig voneinander entstand. Häufiger jedoch hat man das Wil­ de, Fremdartige der Konstellationen unterstrichen und ihre Erscheinung Dämonen angegli­ chen. Immer wieder hat vor allem die Nacktheit verschiedener Sternbilder und insbesondere die ostentativ zur Schau gestellte Sexualität der Andromeda die ausführenden Maler beschäftigt. Am weitesten ging dabei ein Zeichner des 10. Jahrhunderts in Limoges, der die antike Königs­ tocher zu einem bedrängenden Sinnbild weiblicher Körperlichkeit stilisiert. (Paris, Ms. lat. 5239) Ein Mönch im englischen Durham wählte zu Anfang des 12. Jahrhunderts dann eine ganz andere Lösung. Er zeigt Andromeda zwar gleichfalls in völliger Nacktheit, aber er gibt sie mit kurzen Haaren und einem neutralisierten Körper wieder. (Durham, Ms. Hunter 100) Ein Kollege in Winchester oder Ramsey deutet etwa gleichzeitig die Büsten der Pleiaden in ein fremdartig anmutendes Spektrum weiblicher Erscheinungen um, das eine tugendhafte Mittelgruppe mit Zerrbildern weiblicher Körperlichkeit konfrontiert. (London, Royal Ms. 13 A XI) Gegen 1200 schließlich assoziiert ein deutscher Zeichner bei der Gestalt des Serpentarius oder Schlangenträgers offensichtlich die nackte Eva mit der Schlange des Paradieses. (London, Arundel, Ms. 339) All diese Veränderungen sind Spuren einer bewegten Phantasie. Sie zeigen uns noch heute, dass diese Darstellungen nicht allein als didaktisches Hilfsmittel oder wissenschaftliche Illustration wahrgenommen wurden, sondern dass sie ganze Assoziationsketten auslösen konnten, die Be­ reiche erfassten, für die es damals noch keine eigenen Bilder gab. Wir müssen ähnliche Wir­ kungen auch für die Bilder annehmen, denen diese Spuren nicht so ohne weiteres abzulesen sind. Den Sternbilderdarstellungen kam in mehrerer Hinsicht eine Sonderrolle zu. Sie waren Hilfsmittel zur Erlernung einer Wissenschaft und deshalb fester Bestandteil des klösterlichen Studiums, zugleich aber zeigten sie Gestalten der antiken Mythologie und zeugten von Dingen, die mit den christlichen Vorstellungen nicht umstandslos zusammengingen. Hier haben diese Bilder, so unscheinbar sie zuweilen sind, offenbar eine Sprengkraft entfaltet, welche die Phanta­ sie und damit auch das Denken beflügeln konnte.

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Lippincott 2009, S. 65f.

VIII.

Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

1.

Aberystwyth, National Library of Wales, Ms. 735C Astronomische Sammelhandschrift Teil I: Aratea des Germanicus Teil II: Hyginus, De astronomia Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Teil I: Limoges oder Fleury, um 1000 Teil II: Insular, Ende 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben Teil I: 235 × 165 mm, 26 Folia, Pergament, Text auf fol. 1r–2v zweispaltig, ab fol. 3r einspaltig in Karolingischer Minuskel Teil II: 235 × 165 mm, 21 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel

Art der Bilder Verschiedene Himmelskarten (Hemisphären und Planisphäre) sowie Planetendiagramm in Form von Federzeichnungen. Von anderer Hand die Darstellungen der Sternbilder, der Planeten und der Illustrationen zum Proöm der Phainomena (Autor und Muse, Zeus und Adler). Der Sternbilderzyklus ist unvollständig. Die in Federzeichnung mit Tinte ausgeführten Illustrationen wurden ohne Rahmen und Hintergrund von einer Hand auf das Pergament gesetzt und grün, rot-orange oder braun durchscheinend koloriert.

Inhalt Teil I: fol. 1r–2v: fol. 3r: fol. 3v–4r: fol. 4v: fol. 5r: fol. 5v–7r:

fol. 7v: fol. 7v–9v: fol. 10r: fol. 10v: fol. 11r: fol. 11v–24v: fol. 25r: fol. 25v–26v: Teil II: fol. 27r–47v:

Bonifatius, Carmina (Dümmler ed. 1880, I, 1, S. 1–15) Priscian, Verse zur Grammatik, tironische Noten (Riese ed. 1896 I, 2, Nr. 645, 1–24) Zeichnung der Hemisphären Planetendiagramm Alternative Skizze der Hemisphären Invectiva Ciceronis in Sallustium et invicem invectivae (Teubner ed.; Appendix Sallustiana, Fasc. Posterior (Sallustii) in Ciceronem et invicem invectivae, Kurfess ed. 1962, S. 9–21) Priscian, De sideribus (Riese ed. 1896, I, 2, Nr. 679) Macrobius, Commentarium in somnium Scipionis (Willis ed. 1963, S. 155–63) leer Planisphäre leer Phainomena sowie Fragmentum IV des Germanicus mit Scholia Basileensia (Le Boeuffle ed. 1975, Dell’Era ed. 1979/I) Planisphäre mit den Namen der Konstellationen leer Hyginus, De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983)

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Kommentar Wie die von einem Ledereinband dunkel verfärbte Rückseite des 26. Blattes zu erkennen gibt, bildeten die ersten 26 Blätter ursprünglich einen unabhängigen, schmalen Codex. Er enthält im Wesentlichen die lateinische Übertragung der Phainomena des Aratos in der Fassung des Claudius Germanicus. Der unvollständige Text – es fehlen ihm die Verse 233–432 – wird abschnittweise durch die Scholia Basileensia erläutert, die sowohl auf die Sternsagen als auch auf die Anzahl der Sterne einer Konstellation eingehen. Ergänzend kommen einige kurze Texte hinzu, darunter auch ein Auszug aus Macrobius. Der Germanicustext von Aberystwyth 735C steht dem aus Fulda stammenden Karolingischen Manuskript in Basel AN IV 18, nach dem der zweite Überlieferungszweig der Germanicus-Übertragung als Basel-Madrider-Klasse bezeichnet wird, sehr nahe. Beide sind illustriert und leiten sich von einer heute nicht mehr erhaltenen gemeinsamen Vorlage ab. Daneben teilt Ms. 735C aber auch Lesarten mit der Madrider Handschrift Cod. 19. Ein dem Manuskript aus Aberystwyth verwandter, aber lückenhafter Text findet sich in zwei weiteren Karolingischen Handschriften westfränkischer Provenienz in Paris lat. 7886 (Corbie, 3. V. 9. Jh.) und in Berlin Phillipps 1830 und 1832 (Reims?, 9. Jh.), in denen der Text aber nicht illustriert ist. Die Seiten des illustrierten Germanicustextes in Aberystwyth 735C sind einheitlich aufgebaut: Ein Abschnitt beginnt stets mit den in einer schmaleren Spalte geschriebenen Zeilen der Aratea, wobei der jeweils erste Buchstabe durch zwei- bis dreizeilige Majuskeln, meist Unzialen, besonders betont wird. Darunter schließt sich dann das zugehörige, die gesamte Seitenbreite einnehmende Scholion an. Zum Teil rubrizierte Unzial-Initialen markieren den Anfang der Textsequenzen. Abschließend folgt die als kolorierte Federzeichnung angelegte Illustration des jeweiligen Sternbildes, die ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt worden ist. Dabei fügt sich das Bild oft nicht in die für es vorgesehene, meist querformatige Lücke ein, sondern ragt bis weit in die Zone darunter, wo ihm neben den schmaleren Gedichtzeilen rechts zusätzlicher Platz zur Verfügung steht. Zwar erweckt die Tatsache, dass der linke Zwilling durch seine Schrittstellung auf den geschriebenen Text Rücksicht nimmt, den Eindruck, dass der Text zuerst geschrieben und die Illustration dann nachträglich eingefügt wurde. Andererseits sprechen die gelegentliche Überschneidung von Text und Bild, etwa bei Cassiopeia, oder die zusammengerückte Schrift neben dem linken Fuß des Hercules für das Gegenteil. Der Sternbilderzyklus ist unvollständig, da – der großen Textlücke entsprechend – alle Illustrationen zwischen Widder und Schlange fehlen. Die Position der Sterne innerhalb eines Bildes wird jeweils durch blütenartige Punkte angegeben. Die Handschrift Aberystwyth 735C besitzt eingangs die sehr seltene Miniatur von Autor und Muse, die sonst nur noch in der bereits erwähnten Germanicushandschrift Madrid 19, überliefert ist. Im Unterschied zur Madrider Miniatur wird der Bildinhalt in der Zeichnung in Aberystwyth jedoch genauer bezeichnet, denn die Muse Urania ist als solche durch eine Sirenenfeder charakterisiert und der Globus in der Mitte ist durch eingetragene Kreise eindeutig als Himmelsglobus erkennbar. Darüber hinaus fehlt in der Zeichnung von Aberystwyth das in der Madrider Miniatur durch die Zusammenstellung von Vorhang und Hintergrundarchitektur erzeugte widersprüchliche Ambiente. Aus diesen Gründen spiegelt die Illustration des Ms. 735C wohl die ältere, an die ursprüngliche Bildschöpfung näher heranreichende Überlieferungsstufe.

1. Aberystwyth, National Library of Wales, Ms. 735C

Insgesamt stehen die Illustrationen des Ms. 735C ikonographisch weniger den überlieferten Germanicusillustrationen nahe. Darstellungen wie etwa die mit einer Schlange zu ihren Füßen dargestellte und von Brautgeschenken umgebene Andromeda oder der Stier mit einem Halfter über der Stirn entsprechen vielmehr den Bildern des Sternkatalogs De signis coeli wie er auch in den Handschriften Paris lat. 5543 und Paris lat. 5239, oder Rom lat. 123 und Rom lat. 643 begegnet. Es ist daher wahrscheinlich, dass die Illustrationen von Aberystwyth 735C diesem Sternkatalog entnommen und auf den Germanicustext übertragen wurden. Bis in Details reichen die Ähnlichkeiten zwischen den Miniaturen des Ms. 735C und den Darstellungen der aus Fleury stammenden Handschrift Paris lat. 5543. Hier wie dort begegnen etwa die Fransen an der Tunika des Bootes und in beiden Fällen erscheint die mit nach vorn hängenden Flügeln und überkreuzten Beinen stehende Jungfrau. Eine Besonderheit ist die Darstellung des Sternbildes Krebs zwischen den Zwillingen. Sie wird durch den Germanicustext nahegelegt und findet sich auch in späteren Handschriften mit ähnlichen Zyklen, etwa in Leiden Voss. lat. oct. 15 oder in Rom lat. 643, was aber nicht zwingend bedeutet, dass diese unmittelbar vom Codex in Aberystwyth abhängen. Trotz zahlreicher Übereinstimmungen kann Paris lat. 5543 nicht die einzige Vorlage des Ms. 735C gewesen sein, denn das Aberystwyther Manuskript weist zusätzlich auch die zum Proöm der Aratea gehörigen Miniaturen von Autor und Muse sowie Jupiter auf dem Adler sowie die Darstellungen der fünf Planeten auf. Außerdem sind in Aberystwyth 735C die Positionen der Sterne durch Punktrosetten angegeben. Es muss also ein illustrierter GermanicusText vorgelegen haben, dem man diese Bilder sowie die Sternpositionen entnahm. Man hat offenbar bewusst Merkmale der beiden unterschiedlichen Zyklen miteinander verbunden. Die Planer der Handschrift haben darüber hinaus ein besonderes Interesse an der kartographischen Erfassung des Sternenhimmels besessen. Ein anderer, deutlich versierterer Zeichner hat eine Folge von Himmelskarten geschaffen, die dem Text der Aratea vorausgehen. Hier begegnet zudem eine andere Ikonographie der Sternbilder, so dass man zusätzlich noch von einer weiteren Vorlage ausgehen muss. Die Zwillinge sind hier als nackte Gestalten in enger Umarmung zu sehen, der Jungfrau fehlen die Flügel, dem Stier das Halfter, der Schlangenträger ist nicht mit dem Skorpion verbunden. Am auffälligsten sind aber die auf dem Panzer des Krebs als Eselsköpfe eingetragenen Sterne der aselli. Dabei handelt es sich um ein völlig singuläres Motiv, das sich nur in dieser Handschrift findet! Die Bildfolge beginnt mit der Darstellung der beiden Hemisphären (fol. 3v–4r), die auch aus der Überlieferung der Recensio interpolata bekannt sind. Auf dem verbleibenden unteren Teil der Seite sind weitere Kreise vorgezeichnet, die wohl für zusätzliche Diagramme vorgesehen waren. Die Andeutung einer senkrechten Stütze eines solchen Kreises auf fol. 4r lässt vermuten, dass hier nach dem Vorbild der Recensio interpolata – Illustrationen die Darstellung eines Himmelsglobus geplant war. Der Zeichner hat zudem die Gestalt eines thronenden Gelehrten wiedergegeben, der mit beiden Händen an den nicht ausgeführten Globus fasst. Die extrem langen, zum Teil gespreizten Finger ließen McGurk hier fälschlicher Weise einen Zirkel vermuten. Von hinten tritt eine Frauenfigur mit einer übergroßen Krone heran. Hier liegt offenbar eine eigenständige Paraphrase des Autorenbildnisses vor, das Aratos mit der Muse Urania zeigt. (fol. 11v) Die kleine Kugel zwischen den Protagonisten wurde offensichtlich richtig als Himmelsglobus verstanden und deshalb wiederholt man den Gelehrten auch neben der geplanten, großformatigen Globusdarstellung. Nach mittelalterlicher Vorstellung wird er aber jetzt von der allegori-

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

schen Personifikation gekrönt. In dieser Auszeichnung spiegelt sich zugleich der besondere Rang, den die Himmelskunde in den Augen der Gestalter dieser Handschrift besaß. Auf fol. 4v schließt sich ein Planetendiagramm an, das von kurzen erläuternden Texten zu den Wandelsternen begleitet wird. Im Rund des Tierkreises sind die konzentrischen Planetenbahnen eingefügt, wobei die Planeten selber als Büsten in kleinen Medaillons zu sehen sind. Sie sind allerdings nicht weiter differenziert, nur Luna trägt einen weiblichen Kopfschleier. So ist ihre Identität nur den Inschriften zu entnehmen. Die unterschiedlichen Positionen der Wandelsterne fügen sich allerdings nicht, wie man vermuten könnte, zu einer astronomischen denkbaren Planetenstellung. (Eastwood 1981) Der Tierkreis allerdings ist an den Kardinalpunkten ausgerichtet, so dass im Osten der Widder erscheint. Bemerkenswert sind bei diesem Diagramm die sich überschneidenden Bahnen der inneren Planeten. Dadurch erhält man für Sonne, Venus und Merkur eine sich beständig ändernde Reihenfolge. Dieses offenbar in Fleury entwickelte Modell vermag die widersprüchlichen Aussagen von Macrobius und Martianus Capella zum Auf bau des Kosmos in logischer Weise zu erklären. (Eastwood 2002) Auf fol. 5v folgt dann eine weitere nur in den Umrisslinien ausgeführte Skizze der Hemisphären, die von knappen Bemerkungen erläutert wird. Sie weist zum Teil eine andere Ikonographie der Sternbilder auf, wie an dem auf dem Skorpion stehenden Schlangenträger deutlich wird. Auch berühren sich die beiden Kreise in logischer Weise im Bereich des nördlichen Pols. Vor allem aber nimmt die Trennungslinie der Hemisphären, der aequinoktiale Kolur, einen anderen Verlauf und teilt die Sternbilder von Widder und Bootes. Hier ist also bewusst eine alternative Vorstellung notiert worden, für die Informationen aus Martianus Capella sowie Hyginus abgeglichen wurden und die letztlich auf den antiken Astronom Eudoxos (4. Jh. v. Chr.) zurückgeht. (Dekker 2009) So ist hier ein erstaunliches Bemühen um astronomische Exaktheit festzustellen. Auf fol. 10v hat der gleiche Zeichner noch eine Planisphäre eingefügt, die zuweilen in Aratea Handschriften auftaucht. (Leiden Q. 79, München 210) Doch mit Ausnahme einer griechischen Handschrift des 14. Jahrhunderts (Rom, Vat. gr. 1087) sind kein zweites Mal Planisphäre und Hemisphären in einem Codex anzutreffen, da beide Kartentypen im Wesentlichen die gleichen Informationen vermitteln! Ganz am Ende der Handschrift (fol. 25r) findet sich dann noch eine weitere Planisphäre, die aber statt der gezeichneten Sternbilder nur die Namen der Konstellationen enthält und so ihrerseits wie eine Legende zu der figürlichen Darstellung fungiert. Zudem zeichnet sie sich durch eine große Übersichtlichkeit aus. Auch für diesen Versuch gibt es kein zweites Beispiel. Diese ungewöhnliche Folge von Zeichnungen dokumentiert ein intensives Bemühen um eine kartographisch genaue Erfassung des Sternenhimmels und zeugt von dem kosmologisch orientierten Interesse sowie dem hohen wissenschaftlichen Anspruch, der die Planer dieser Handschrift in Fleury leitete. Nach McGurk weisen sowohl der Stil der mit brauner Tinte ausgeführten und in grün, orange oder braun lavierten Zeichnungen als auch die Schrift am ehesten in die Gegend von Limoges sowie in die Zeit um 1000. Zum Vergleich wurden von ihm die Illustrationen eines Lektionars aus Limoges, Paris, BN Ms. fr. 5301, herangezogen (vgl. Gaborit-Chopin 1969, Abb. 46, 50, 53, 54, 56–59, 63). Bei dem bekanntlich regen Austausch und der gegenseitigen Beeinflussung der Klöster Limoges und Fleury, die seit 942 durch eine Betgemeinschaft verbunden waren, könnten McGurks Beobachtungen eine Lokalisierung nach Fleury allerdings

1. Aberystwyth, National Library of Wales, Ms. 735C

ebenso zulassen. Dort waren auch die verschiedenen Vorlagen greif bar. Da der Codex Aberystwyth 735C später mit einem englischen Hyginus-Manuskript des 11. Jahrhunderts verbunden wurde, ist er vielleicht bereits zu einem frühen Zeitpunkt nach England gelangt und möglicherweise von vorneherein für den Export hergestellt worden. In dieser Zeit um die Jahrtausendwende prägte der Gelehrte Abbo von Fleury als Lehrer und Abt das Geistesleben dieses Klosters. Er unterhielt enge Kontakte mit England, war zwischen 985 und 987 selbst in Ramsey und unterrichtete nach seiner Rückkehr englische Schüler.

Verzeichnis der Bilder fol. 3v: Südliche Hemisphäre. fol. 4r: Oben: Nördliche Hemisphäre ; Unten: Krönung eines thronenden Mannes durch eine hinter ihm stehende Frau. fol. 4v: Tierkreis mit Pla­ neten. fol. 5r: Skizze der beiden Hemisphären. fol. 10v: Planisphäre. fol. 11v: Autor Aratos und Urania, links Aratos in Seitenansicht, auf einem Faltstuhl sitzend, und die vor-

deransichtig gezeigte, stehende Muse Urania weisen beide mit ihrer rechten Hand auf einen zwischen ihnen aufgestellten Himmelsglobus, das Paar wird flankiert von zwei Säulen. fol. 12r: Jupiter, bärtig, nur mit einem über der Schulter drapierten Manteltuch bekleidet, auf einem Adler fliegend, in seiner Rechten das Blitzbündel, neben seiner Linken eine große brennende Fackel; in den Klauen des Adlers ein ringförmiger Gegenstand. fol. 13r: Serpens inter ursas (Schlange zwischen Bären), seitlich liegende Schlange, in den Windungen die gegenläufigen Bären. fol. 13v: Hercules, im Knielauf nach links eilend, vollständig nackt, bärtig, als Rückenfigur mit von der Seite gezeigten Beinen, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Schlange, eine Keule in der erhobenen Rechten, ein zottiges Löwenfell über der Linken und zum Schlag ausholend. fol. 14r: Corona borealis (Nördliche Krone), kreisrund, unten in der Mitte von schmalen Bändern mit zur Seite flatternden Enden zusammengehalten. fol. 14v: Serpentarius (Schlangen­ träger), nackt, jugendlich kräftig, mit beiden Füßen auf dem Skorpion stehend, rückansichtig, mit nach links gerichteten Beinen und ins Profil gedrehtem Kopf, die einfach um seinen Körper gewundene Schlange anblickend und mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 15r: Bootes (Bärenhüter), in eine kurze Tunika mit Fransensaum gekleidet, jugendlich, in Rückansicht mit eigentümlich verdrehten Beinen, über dem ausgestreckten linken Arm ein kurzes, fransiges Fell tragend, mit einem verzweigten Pedum in seiner Rechten schwungvoll zum Schlag ausholend. fol. 16r: Virgo (Jungfrau), mit nach vorn hängenden Flügeln und überkreuzten Beinen gleichsam tanzend, von vorn, in langer, doppelt gegürteter Tunika sowie einem um die Hüfte geschlungenen Tuch, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine blattartige Ähre und links eine Waage haltend. fol. 17r: Gemini (Zwillinge), Cancer (Krebs), Zwillinge in geringem Abstand gleichsam wie gespiegelt nebeneinanderstehend, als Krieger charakterisiert, mit Stiefeln, kurzer Tunika und Paludamentum bekleidet, jugendlich, links und rechts zu Seiten des Krebses, wobei der linke Zwilling ein wohl aus Rücksicht auf den Text bedingtes, auffälliges Schrittmotiv aufweist, beide Figuren stützen sich jeweils mit dem nach außen zeigenden Arm auf eine aufgestellte Lanze und haben den anderen Arm in die Seite gestemmt. fol. 17v: Leo (Löwe), mit aufgerissenem Maul nach links springend, die Vordertatzen leicht übereinandergestellt, die Hinterbeine in Schrittstellung. fol. 18r: Auriga (Fuhrmann), Lücke. fol. 18v: Taurus (Stier), nach rechts gewandte Halbfigur, gehalftert, mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Vorderbein. fol. 19r: Cepheus, mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehend, prächtig gewandet, bärtig, auf dem langhaarigen Haupt eine spitz zulaufende Kappe mit zur Seite flatternden

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Bändern und über den Schultern einen nach hinten fallenden Mantel mit Fibel tragend. fol. 19v: Oben: Cassiopeia, mit langen Gewändern und einer Kappe mit Zipfel bekleidet, in Vorderansicht, mit w-förmig ausgebreiteten Armen, auf einem mit Kissen und Fußbank ausgestatteten Kastenthron mit lünettenförmigem Abschluss sitzend; Unten: Andromeda, an beiden Händen gefesselt, von vorn, zwischen den Felsen auf einem schlangenartigen Ungeheuer mit Hundekopf stehend, in ein langes, gegürtetes Kleid gehüllt, dessen Ärmel in zwei Zipfeln hinter die Schultern fallen, neben ihr auf den Felsen sind je zwei bzw. drei ihrer Brautgeschenke aufgestellt. fol. 20r: Pegasus, nach rechts gewandte, an den Schultern geflügelte Halbfigur mit wehender Mähne, vor dem offenen Maul ist der linke Flügel sichtbar. fol. 20v: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springend, in Seitenansicht, einen Reif um die Körpermitte tragend. Entsprechend der Textlücke fehlen die Sternbilder Triangulum (Dreieck), Pisces (Fische), Perseus, Plejaden, Lyra (Leier), Cygnus (Schwan), Aquarius (Wassermann), Capricornus (Steinbock), Sagittarius (Schütze), Aquila (Adler), Delphinus (Delfin), Orion, Canis maior (Großer Hund), Argo Navis (Schiff), Cetus (Seeungeheuer), Eridanus, Piscis magnus (Großer Fisch), Ara (Altar) und Centaurus. fol. 21r: Oben: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Wasserschlange mit erhobenem hundeartigen Kopf nach links kriechend, in Seitenansicht, den Mischkrug sowie den einwärts gewandten, pickenden Raben in der Mitte bzw. am Körperende auf ihrem Leib tragend; Unten: Anticanis (Vorhund), mit geschlossenen Vorder- und Hinterbeinen sowie hängender Zunge nach links springend. fol. 21v: Planeten, die jeweils in einem doppelt gerahmten Rundmedaillon wiedergegebenen Büsten der fünf Planeten in Anordnung eines Quincunx-Schemas. fol. 25r: Planisphäre, die Lage der Sternbilder ist nur durch die Namen angegeben.

Provenienz Die Handschrift wurde Anfang des 17. Jahrhundert in London gebunden. Vielleicht seit 1778, spätestens jedoch seit 1816, befand sie sich im Besitz der Familie Richard Lloyd auf deren Sitz Plas Power in Denbighshire. 1913 gelangte sie durch Schenkung nach Aberystwyth und befindet sich seitdem in der National Library of Wales.

Literatur Plas Power Mss. 1816; Breysig ed. 1867, S. 44–104; Handlist of Manuscripts National Library of Wales 1943, I, S. 54; Martin 1956, S. 38–39; Gaborit-Chopin 1967, S. 189–191; McGurk 1973, S. 197–216; Le Boeuffle ed. 1975; Dell’Era ed. 1979/I; Lott 1981, S. 147– 158; Eastwood 1981; Munk Olsen 1982, I, S. 404–405, 525; Mostert 1987; Mostert 1989; Mütherich 1989, S. 32 und 34; Haffner 1997, passim, Abb. 2; Blume 2000, S. 274; Eastwood 2002, S. 281ff.; Dekker 2009. Siehe S. 95–97, Abb. 1–23

2.

Amiens, Bibliothèque municipale, Ms. 222 Komputistische Sammelhandschrift mit Schwerpunkt auf den Texten des Beda Venerabilis Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Nordostfrankreich, Ende 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben 245 × 195 mm, 28 Folia, Pergament, Text überwiegend einspaltig in Karolingischer Minuskel

Art der Bilder Zum Text des Sternkatalogs fol. 18r und fol. 18v insgesamt 24, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Darstellungen der Sternbilder, beginnend mit Andromeda, Zeichnungen sind ohne Rahmen und Hintergrund auf die Pergamentseiten verteilt. Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r–17v:

Beda Venerabilis, De temporum ratione, Fragmente aus Buch VI–VIII, XIX, XXII und XXIII ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 16r: Am rechten Rand Exzerpte aus den Aratea des Cicero, V 320–331 (Soubiran ed. 1981; Kauffmann ed. 1888) fol. 18r–18v: Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III), beginnend mit Andromeda fol. 19r–27r: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975) mit kommentierenden Randglossen fol. 27v–28v: Decies octies maior est sol quam terra sicut Sisebutus Gottorum rex; sancto Isidoro; Bis novies clinat quam terreus orbis, non circumcingit; Martyrologium poeticum Intuen diem quit sit status quid cursus post rem finis (teilweise in Migne PL 94, 603–606) fol. 28v: Exzerpt aus den Libri Computi, Buch II, 14–15 Computatio Graecorum. Januarius, augustus et december

Kommentar Die in den wenigen Lagen der Handschrift Amiens 222 vereinigten fragmentarischen Bedatexte konzentrieren sich auf die Lehre der Zeitrechnung. Daneben enthält der Codex auf fol. 18 auch den Text des Sternkatalogs De signis coeli. Nur dieser Text wurde in zwei Spalten aufgezeichnet und besitzt darüber hinaus eine größere Zeilenzahl sowie einen breiteren Textspiegel als die übrigen Abschnitte der Handschrift. Unzial-Initialen markieren den Anfang der jeweiligen Textsequenzen zu den Sternbildern. Der knapp gehaltene Sternkatalog, welcher nach einheitlichem Muster Daten wie Sternzahl und Position der Sterne sowie Informationen zu den Planeten nennt, wird von 24 Illustrationen begleitet. Da der Schreiber diesen keinen

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Platz eingeräumt hat, sind sie meist rechts neben, mitunter auch unter einen Textabschnitt gesetzt. Die Zeichnungen des Ms. 222 geben die Sternbilder äußerst unbeholfen und zum Teil bis zur Unkenntlichkeit verändert wieder. Die menschlichen Figuren der Sternbilder besitzen extrem dünne Arme und Beine, sackartige und geschlechtlose Körper, auf denen, ohne Hals, ein verhältnismäßig großer Kopf sitzt. Auffällig ist eine gewisse Vorliebe des Zeichners für die Veranschaulichung von Bewegungen, die gelegentlich durch wehende Gewandteile oder Felle noch betont werden. Insgesamt war der Illustrator jedoch bemüht, die Ikonographie seiner Vorlage zu wahren, und so lassen sich die Bilder trotz ihrer Einfachheit einem Überlieferungsstrang zuordnen. Der Bildzyklus von Amiens 222 weist einige Details auf, die später hauptsächlich bei Illustrationen zum Sternkatalog De signis coeli wie in Paris lat. 5543 begegnen. Dort findet man die Illustration der von ihren, auf den Felsen verteilten Brautgeschenken umgebenen Andromeda. Da dieses Ambiente Andromedas in den Texten nicht beschrieben wird, wird es wohl aus einer bildlichen Vorlage übernommen worden sein. Im Codex Amiens 222 ist das Motiv erstmals greif bar. Ein weiteres Merkmal der De signis coeli-Illustrationen ist das Tier vor der Schiffshälfte, das hier von rechts in die Textspalte geschoben ist. Ausgehend von der Tatsache, dass die Handschrift im Kloster Corbie auf bewahrt wurde, hat Borst 1994 auch auf deren Entstehung an diesem Ort zurückgeschlossen. Allerdings verwundert es, dass nicht nur die Handschrift in Amiens, sondern auch die mit wesentlich souveräneren Zeichnungen versehene Recensio Interpolata-Handschrift Paris lat. 12957, aus Corbie stammen soll. Erstaunlich ist außerdem, dass in Corbie keine bessere Textvorlage zur Verfügung gestanden haben soll. So ist als Entstehungsort für die Handschrift in Amiens, Ms. 222, wohl eher an ein weniger bedeutendes Skriptorium im Einflussbereich von Corbie zu denken. Die Nähe zum Kloster Corbie ist dennoch insofern von Interesse, als dort nicht nur die Entstehung des Aratus Latinus, erhalten in der im 3. Viertel des 9. Jahrhunderts entstandenen Texthandschrift Paris lat. 7886, sondern auch der Recensio interpolata vermutet wird, und somit eine frühe Bildvorlage durchaus denkbar wäre.

Verzeichnis der Bilder fol. 18r: Andromeda, von vorn, an beiden Händen gefesselt zwischen den Felsen auf ei-

nem wellig angegebenen Grund stehend, Brautgeschenke zu ihren Seiten auf dem Gestein aufgestellt; Pegasus, ungeflügelte nach links gewandte Halbfigur in Seitenansicht; Aries (Widder), in Seitenansicht; Triangulum (Dreieck), rhombusförmig, mit kleinen Kreisen verziert; Pisces (Fische), in entgegengesetzte Richtung auseinanderschwimmend, durch eine Schnur von Maul zu Maul miteinander verbunden; Lyra (Leier), als zweistöckiger Kasten; Capricornus (Steinbock), nach rechts gewandt liegendes Mischwesen aus Ziegenbock und langem, dünnen Fischschwanz (»Ziegenfisch«); Sagittarius (Schütze), nach rechts galoppierender, jugendlicher, langgestreckter, bogenschießender Zentaur in Seitenansicht. fol. 18v: Delphinus (Delfin) : zwei Maul zu Maul einander gegenübergestellte Delphine; Orion, von vorn; Canis maior (Großer Hund), mit angedeutetem Strahlennimbus, nach rechts springend; Lepus (Hase), nach rechts springend; Argo Navis (Schiff), Ansicht des Hecks mit zweifachem dreieckigen Bordauf bau, lilienbekröntem Mast und schmalem, sich einfach um den Mast windenden Segel, davor im Wasser ein Tier (?); Cetus (Seeunge­ heuer), langgestreckt; Centaurus (?), nach rechts; Mann (?), nach rechts; Eridanus, als

2. Amiens, Bibliothèque municipale, Ms. 222

über einen Wasserstreifen ragende Büste, rechts neben ihm ein Füllhorn. fol. 18v: Piscis magnus (Großer Fisch) : nach rechts schwimmend; Ara (Altar), zweistufiger Altar, aus dessen oberer Schale Rauch aufsteigt; Centaurus, nach rechts gewandt, mit langgestrecktem Körper, in den vorgestreckten langen, dünnen Armen zwei Beutetiere an den Hinterläufen tragend, neben seinem linken Arm ein langer Gegenstand; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), nach rechts kriechende, zweifach gewundene, sehr lange und dünne Wasserschlange mit spitzen Ohren, den Mischkrug und den einwärts gewandten Raben auf ihren Windungen tragend; Corvus (Rabe), nach rechts gewandt, pickend; Crater (Mischkrug) ; Anticanis (Vorhund), nach links gewandt stehend.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist nicht vollständig geklärt. Der Codex stammt vermutlich aus der Bibliothek von Saint-Pierre in Corbie. Auf fol. 1r haben sich mehrere alte Signaturen erhalten, so am oberen Rand »Bedae de computo … c. 17«, am seitlichen Rand die Nummer 221 sowie der Buchstabe Q am unteren Rand.

Literatur Cat. gén. 1893, 19, S. 105; Thorndike 1923, 1, S. 634, Nr. 4; Jones ed. 1939, S. 92, 111; Cordoliani 1942, S. 55; Jones ed. 1943, S. 77, 149, 355, 402; Laistner/King 1943, S. 139, 148; Byvanck 1949, S. 227, Nr. 94; Jones ed. 1975, S. 174, Nr. 2; Munk Olsen 1982, I, S. 335; Kasten 1986; Le Bourdellès 1985, S. 82–84; Jeudy/Riou 1989, I, S. 33–34; Ganz 1990; Borst 1994, S. 158, Anm. 83; Handzettel in der Photomappe des Warburg Institutes. Siehe S. 76, Abb. 24–25

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Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029 (ehedem Sammlung Sir Thomas Phillipps, Nr. 816) Astronomisch geprägte Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu De ordine ac positione stellarum in signis Tegernsee (Süddeutschland), Erste Hälfte 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 219 × 195 mm, Pergament, 102 Folia sowie je ein Vorsatzblatt, einspaltig 24 – 26 Zeilen, fol. 1r – 25r zweispaltig, Karolingische Minuskel von drei Händen (darunter die von Abt Ellinger), Neumen ohne Linien; Zwei 5zeilige Initialen, zwei 4zeilige Initialen. Einband des 15. Jahrhunderts aus Tegernsee, verblasstes, pinkfarbenes Leder auf Holzdeckeln, einfache Schließen, alte Titel- und Signaturschildchen. Spiegel und Vorsätze aus Pergament mit Einträgen des 15. Jahrhunderts.

Art der Bilder fol. 27r–31r: 43 Sternbilderdarstellungen, als einfache aber routiniert ausgeführte Feder-

zeichnungen, eingepasst in Aussparungen am Seitenrand, selten zwischen den Textblöcken, nur zu Beginn unsystematisch eingetragene, rote Sternpunkte (bis Bärenhüter, danach nur noch bei Altar).

Inhalt fol. 1rv: fol. 2r:

Beda, De natura rerum ( Jones ed. 1975). Text bricht ab (Fortsetzung fol. 2v). Ambrosius Schwerzenbeck, Notae. Notizen des Tegernseer Bibliothekars Ambrosius Schwerzenbeck, 15. Jh. (aufgeklebtes Papier) fol. 2r: Medizinische Rezepte, Zaubersprüche, Notizen fol. 2v–12r: Beda, De natura rerum ( Jones ed. 1975). Fortsetzung von 1v. fol. 12v–25r: Plato, Timaios (Chalcidius Übers., Wrobel ed. 1876). Am Ende unvollständig, Expl. nancisceretur imaginem. Brief des Chalcidius an Osius und Teil 1; fol. 25r schließt mit medizinischen Rezepten, vielleicht von anderer Hand. fol. 25v–26r: Excerptum de Astrologia Arati (Dell’Era ed. 1974, S. 43–46). fol. 26v–31r: De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974, S. 49–70). fol. 31v: Ps-Priscian, De duodecim signis. Ad boree partes arcti vertuntur … (Riese ed. 1896, I, 2, Nr. 679; Poetae latini minores 5, S. 351; Schaller/Könsgen, Initia carminum Nr. 151). fol. 32r–99r: Sextus Pompeius Festus, De verborum significatu (excerpta, ed. Lindsay 1930, Bd. 5, S. 213–367). Die Auszüge des Paulus Diaconus mit dessen Dedikationsbrief an Karl den Großen. fol. 99v–100v: Ps.-Hieronymus, Epistola ad Dardanum (PL 30, Sp. 219–222). Über die verschiedenen Arten von Musikinstrumenten. Unten auf fol. 100v zwei kurze Notizen über die spirituelle Bedeutung verschiedener Dinge und

3. Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029

die Ränge römischer Offiziere (Nachtrag). fol. 101r–102v: Bern von der Reichenau, De initio adventus domini (PL 142, Sp. 1085– 1088). Bern(o) war Schüler in Fleury, dann in Prüm, von 1008 bis zu seinem Tod 1048 Abt auf der Reichenau.

Kommentar Die Handschrift muss wegen der Einträge von Abt Ellinger von Tegernsee im Kloster Tegernsee zu Lebzeiten des Abtes (975/80–1056) geschrieben worden sein. Die Notizen des Tegernseer Bibliothekars Ambrosius Schwerzenbeck und dessen Bibliothekskatalog von 1483 (s. u.) belegen, dass sie zumindest bis ins späte 15. Jahrhundert dort verblieben ist. Vermutlich wurde sie erst 1803 durch die Säkularisation freigesetzt. Später ist sie im Besitz des Sammlers Sir Thomas Phillipps nachweisbar. Sie weist durchgehend eine sorgfältig und sicher geschriebene Karolingische Minuskel auf, relativ schlichte Initialen und durchaus routiniert aber einfach gezeichnete Sternbilderdarstellungen. Hier ist deutlich erkennbar, dass der Zeichner mit Tierdarstellungen und Fabelwesen, wie sie sich vielfach als Teil des ornamentalen Buchschmuckes der Zeit finden, weitaus vertrauter war (vgl. Leo, Anticanis, Cetus), als mit Wiedergaben der menschlichen Gestalt. Diese zeigen den späten Nachklang der an antiken Vorbildern orientierten Karolingischen Vorbilder, ohne wirkliches Verständnis für deren Formen zu entwickeln. Die Tiere lassen durchgehend ein Bemühen um Naturnähe (Ursae, Pisces, Leo, Anticanis) erkennen. Auch der lebhaft bewegte, auffliegende Schwan mit seinem langen Hals wirkt durchaus naturnah. Die Anordnung der Fische ist ungewöhnlich, mag sich jedoch auch aus dem Bemühen um eine möglichst lebendige Darstellungsweise erklären – die beiden Fische scheinen zusammen aus dem Wasser zu springen. Der Fuhrmann erscheint hier im zweirädrigen römischen Wagen. Insgesamt ist die Tendenz erkennbar, die Figuren zu »aktivieren« (gestikulierende Zwillinge, geißelschwingender Fuhrmann, bewegter Cepheus, springende Fische). Die männlichen Figuren sind oft nackt aber mit dem an einer Schulter geschlossenen Mantel (Gemini, Aquarius) versehen und meist bartlos. Die weiblichen Gestalten sind vollständig bekleidet (Andromeda, Cassiopeia). Hercules, Serpentarius und Perseus erscheinen als Rückenfiguren, entsprechen also prinzipiell dem Globustyp. Hercules und Draco stehen sich zu beiden Seiten des Textblockes gegenüber, der Seitenraum wird somit zum Handlungsraum der Figuren. Eine ähnliche Tendenz ist beim Fuhrmann erkennbar, der quer über die Seite wie durch den Absatz zwischen zwei Textblöcken fährt. Vor ihm, auf der gegenüberliegenden Seite, jagt der als vollständiges Flügelpferd dargestellte Pegasus in die gleiche Richtung. Ungewöhnlich ist die Darstellung der zwischen Bäumen hängenden Andromeda, wie sie erst weit später im Sternbilderzyklus des Michael Scotus auftreten sollte. Das Missverständnis findet sich jedoch auch in einigen Handschriften von De signis coeli. Die unbekleideten Figuren lassen die Abkunft von differenzierteren Darstellungen antiker Abkunft erkennen, deren Formensprache hier nicht mehr verstanden wurde (Hercules, Perseus, Eridanus, Centaurus). Typisch für die Bildtradition der Handschriften von De ordine ac positione ist die Darstellung der Bären und des Drachen als unabhängige Einzelfiguren. Der ebenfalls vereinzelte Hercules wird hier jedoch durch die Gegenüberstellung an linkem und rechtem Seitenrand quasi szenisch mit der Schlange (Draco) verbunden. Ob dies aus der Kenntnis des mythologischen Hintergrundes geschah oder durch die Anregung anderer Arateazyklen (Germanicus, De signis coeli), die den mit dem Drachen kämp-

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fenden Hercules zeigen, ist kaum zu entscheiden. Die Jungfrau hält eine Waage in der Hand, die Zwillinge tragen Lanzen. Auch Crater und Corvus sind gemäß der De ordine ac positione – Tradition einzeln aufgeführt, im Gegensatz etwa zu Madrid 3307 (und Berlin, Phillipps 1832) wurde die Hydra – folgerichtiger – ohne Mischkrug und Rabe wiedergegeben, letztere also nicht wiederholt. Das Schiff mit Rahsegel und drei Spornen entspricht ebenfalls dieser Überlieferungslinie. Die dort auftretenden Aselli und ihre Krippe bei Cancer finden sich allerdings nicht, obgleich der Platz neben dem Krebs ausreichend Raum geboten hätte. Der Thyrsosstab des Centaurus wurde nicht in eine Lanze umgedeutet, sondern erhielt blattartige Enden. Ikonographische Parallelen verweisen auf Vat. Reg. lat. 309 (Saint-Denis, zweite Hälfte 9. Jh.) und St. Petersburg Ms. Q. v. IX. 2 (De ordine ac positione, Ende 11. Jh.) aus Frankreich, vielleicht Saint-Germain-des-Prés. Dabei finden sich gelegentlich Reduktionen (Virgo ohne Ähre) und Veränderungen (Hydra zunächst als Schlange ohne Mischkrug und Rabe). Auch diese Zyklen gehen auf die Karolingischen Libri computi zurück und weisen zahlreiche Übereinstimmungen mit Madrid 3307 auf. Dabei steht HRC 029 dem frühen Madrider Codex ikonographisch recht nahe. Centaurus mit Thyrsosstab mag dabei die ursprünglichere Variante gegenüber dem zweispitzigen Speer der Madrider Handschrift darstellen. Nicht nur die Sternbilder der Handschrift weisen zurück auf die Illustrationen des Sternbilderkataloges der Karolingischen Enzyklopädie (Libri computi), auch die Textzusammenstellung mit dem Excerptum de Astrologia Arati, versehen mit einem Schema der Planetenbahnen, und der Rückgriff auf Bedas De naturis rerum deuten in diese Richtung. Chalcidius, das Sterngedicht Ad boree partes und die Festusexzerpte lassen ebenfalls die Karolingische Abkunft der Tegernseer Handschrift erkennen. Es handelt sich somit um einen weiteren Beleg für die langanhaltende Ausstrahlung der durch die Karolingische Enzyklopädie von 809 verbreiteten Bildtypen. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Entstehungszeit der Handschrift in eine zweite Blütezeit des alten Karolingischen Reichsklosters nach dessen Niedergang und Neugründung fällt. Die Eintragungen Schwerzenbecks markieren im Übrigen einen letzten Höhepunkt im späteren 15. Jahrhundert. Allerdings ist die Gesamtkonzeption des Codex ganz von der komputistischen Ausrichtung der »Enzyklopädie von 809« losgelöst und weist vielmehr auf die Bedürfnisse der Vermittlung des Triviums (Festus) und Quadriviums. Insofern deutet sie auch auf einen Funktionswandel von primär komputistisch geprägten Codices hin zu den enzyklopädisch-propädeutischen Handschriften des Hochmittelalters voraus. Am Schluss des Codex und von anderer, jedoch nicht viel späterer, Hand, findet sich schließlich ein zeitgenössischer Text von Bern von der Reichenau († 1048). Die Ausführungen zu den Adventssonntagen sollten maßgeblich bleiben. Sie fanden schnell breite Aufnahme und zeugen hier nicht von einem besonders engen Bezug zur Reichenau. Verzeichnis der Bilder fol. 27r: Ursa maior (Großer Bär), nach rechts gewandt stehend; Ursa minor (Kleiner Bär), nach links gewandt stehend; Draco (Drache), senkrecht, gewundene Schlange mit Kamm und »Bart«, nach rechts gewandt, »sich verzweigende« Zunge; Hercules, Rückenfigur, nach links schreitend, unbekleidet, bärtig, den hinteren Teil eines Felles über den linken Arm gehängt, mit der Rechten ausholend, Arm am Seitenrand abgeschnitten; Corona bo­ realis (Nördliche Krone), kreisrunder Kranz, nach außen geklappte Zacken, eher orna-

3. Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029

mental aufgefasst. fol. 27v: Serpentarius (Schlangenträger), Rückenfigur, nach links gehend, die Schlange eng um die Taille geschlungen; Scorpius (Skorpion), käferartig mit Zangen, nach rechts; Bootes (Bärenhüter), en face stehend, nach links blickend, Tunica exomis, die leere Rechte erhoben, in der Linken ein Blattwedel; Virgo (Jungfrau), en face stehend, mit Flügeln und Waage in der Linken. fol. 28r: Gemini (Zwillinge), zwei nackte junge Männer mit Mänteln, gestikulierend im Gespräch, lanzenartige Stäbe, wohl nachträglich hervorgehobene Geschlechtsteile; Cancer (Krebs), senkrecht, käferartig mit acht Beinen und Zangen; Leo (Löwe), nach links schreitend. fol. 28v: Auriga (Fuhrmann), im zweirädrigen Wagen stehend nach rechts fahrend, zwei Pferde mit der Geißel antreibend, auf dem linken Arm die Böckchen, Capella als vollständige, stehende Ziege hinter dem Wagen; Taurus (Stier), liegender, vollständiger Stier nach links; Cepheus, in bewegter Haltung leicht nach links geneigt, Arme ausgebreitet, barhäuptig, Schwertscheide am Schultergurt, kurzes Gewand; Cassiopeia, leicht nach links gewandt auf einer einfachen Bank sitzend, Arme ausgebreitet, Schleier. fol. 29r: Andromeda, zwischen zwei gekappten Bäumen an waagrecht ausgestreckten Armen hängend, langes Kleid; Pegasus, vollständiges Flügelpferd nach rechts stürmend; Aries (Widder), nach rechts gewandt stehend, angedeuteter Bauchreif; Triangulum (Dreieck), gleichseitiges Leistendreieck (zweifache, übereinanderliegende Ausführung); Pisces (Fische), beide nach rechts, in stumpfem Winkel zueinander, Mäuler durch eine Linie verbunden. fol. 29v: Perseus, Rückenfigur, nackt, mit wehendem Mantel, nach rechts schreitend, Messer mit Haken in der Rechten vor sich, das Medusenhaupt (kein Blut) hinter sich tragend; Lyra (Leier), Instrument leidlich erkennbar, mit Fuß; Cygnus (Schwan), nach links auffliegender Schwan; Aquarius (Wasser­ mann), nur leicht nach rechts gewandt, nackt bis auf Mantel, mit der Linken ein kleines Gefäß ausgießend; Capricornus (Steinbock), Ziegenfisch nach links. fol. 30r: Sagittarius (Schütze), bogenspannender Zentaur, nach rechts galoppierend; Aquila (Adler), nach rechts gewandt, auf dem Pfeil stehend, Schwingen ausgebreitet; Delphinus (Delfin), nach links orientierter, schlanker Fisch, bartähnliche Brustflossen, Horn am Hinterhaupt; Orion, en face, in kurzem Gewand und Mantel, die Linke am Schwertgriff, die Rechte leer erhoben; Canis maior (Großer Hund), nach rechts springend, Halsband, ausgestreckte Zunge; Lepus (Hase), nach rechts springend; am unteren Seitenrand nachgetragen: leopardenartiges Tier, nach rechts springend. fol. 30v: Argo Navis (Schiff), mit hochgebogenem Heck, angedeuteten Heckrudern und Rahsegel mit Wanten, drei Sporne nach rechts; Cetus (See­ ungeheuer), Mischwesen mit Schlangenleib, flügelähnlichen Vorderbeinen und Fischschwanz, nach links gewandt; Eridanus, liegender Flussgott, Urne entstellt und unverstanden, Wasserstrom wie ein Teppich; Piscis austrinus (Südlicher Fisch), großer Fisch, nach links gewandt; Ara (Altar), kleiner Blockaltar mit Sockel und Flammen, vier rote Sternpunkte (wohl hier nicht als solche verstanden). fol. 31r: Centaurus, nach rechts schreitender Zentaur, Thyrsosstab in der Rechten (Blattformen), Beutetier in der Linken, bärtig, kein Umhang; Hydra (Wasserschlange), gewundene Schlange nach rechts; Corvus (Rabe), nach links gewendet sitzender Vogel; Crater (Mischkrug), ornamentierte Henkelvase mit abgesetztem Fuß; Anticanis (Vorhund), nach rechts springend, Halsband.

Provenienz Kloster Tegernsee, zur Zeit Abt Ellingers (975/980–1056): »Abbas indignus ego Ellinger peccator istam glosam scripsi …«); im Tegernseer Katalog von 1483 unter den Schriften Bedas (Excerptum de naturalibus hystoriis Plinii philosophi) mit der Signatur »l 44« (Glauche 1979, S. 768, Z. 543f ); Auguste Chardin (17. Jh.); Sir Thomas Phillipps (1792–1872), Nr. 816.

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Literatur Sotheby Catalogue, London 28 November 1967: Bibliotheca Phillippica. Medieval Manuscripts: New Series: Third Part. Catalogue of Forty-Two Manuscripts of the 7th to the 17th Century …; Sotheby Catalogue, London 2 Mai 1979, The Honeyman collection of scientific books and manuscripts …; Glauche 1979, S. 734–863, S. 748, 768. Siehe Abb. 26–31

4.

Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734 (Faye/Bond Nr. 561) Hyginus, De astronomia und einige kürzere astronomische Texte Sternbilderdarstellungen zum dritten Buch von Hyginus, De astronomia Zweite Hälfte 12. Jahrhundert, Norditalien oder Frankreich Kodikologische Angaben 168 × 120 mm, 22 Folia, Pergament, einspaltig, 20–22 Zeilen einer Hand in früher Gotischer Minuskel Das »Ausfließen« der Schrift fol. 9r und 10v dürfte auf Tintenfraß zurückzuführen zu sein, möglicherweise begünstigt durch partielle Feuchtigkeitseinwirkung.

Art der Bilder Sternbilderdarstellungen als Illustrationen zum 3. Buch von Hyginus. Die ungerahmten Federzeichnungen von schlichter Qualität wurden in der gleichen schwarzen Tinte ausgeführt wie der Text. Die Form der für die Zeichnungen im Textblock ausgesparten Felder ist zumeist rechteckig, berücksichtigt zuweilen jedoch auch die besondere Form des jeweiligen Bildes (z. B. fol. 13v, Wasserschlange). Die Einzelsterne sind rot markiert, bei Auriga und Altar ergänzen rote Zierstriche die Zeichnung.

Inhalt fol. Av:

fol. Br: fol. 1r–18r:

fol. 18r–19r: fol. 19r: fol. 19r: fol. 19r–20r: fol. 20r: fol. 20r:

Julianus Toletanus, Prognosticon futuri saeculi, Exzerpte zum Jüngsten Gericht und zur Auferstehung (III, 6 und III, 24; Hillgarth ed. 1976, CC SL 115, S. 9–126) Kompilation zu Gewittern, u. a. auf der Grundlage von Plinius, Naturalis historia Hyginus, De astronomia (Viré ed. 1992). Die Textredaktion weist folgende Anordnung der Bücher auf: Buch I–II, 1; Buch III; Buch IV, 2–8 und 12–13. Dabei wurden die Abschnitte II, 39 und II, 40 in etwas veränderter Form den Abschnitten III, 38 und III, 39 eingefügt (d.h. die mythologischen und astrothetischen Abschnitte zu Ara (Altar?) und Hydra wurden zusammengeführt, während die meisten mythologischen Erläuterungen überhaupt fehlen). In Buch III, 29 fehlt zudem der Abschnitt zum nodum caelestis. Excerptum de astrologia (Dell’Era ed. 1974) Germanicus, Aratea, Exzerpte zu Procyon (Antecanis), V 433, 435–436 (LeBœuffle ed. 1975) M.T. Cicero, Aratea, Exzerpt zu Procyon (Antecanis), V 222–226 (Soubiran ed. 1972) De planetis, Kompilation aus Aratus latinus (Maass ed. 1898, S. 272–275) und Hyginus II, 42 (Viré ed. 1992) M.T. Cicero, Aratea, Exzerpt zu den Planeten, V 227–234 (Soubiran ed. 1972) Germanicus, Aratea, Exzerpt zu den Planeten, V. 437–445 (LeBœuffle

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fol. 20v: fol. 20v: fol. 21r: fol. 21v: fol. 21v: fol. 22r: fol. Crv:

ed. 1975), der Anfang wurde verändert, um den Text mit den vorhergehenden Exzerpten zu verbinden Recensio interpolata, Exzerpt zu Praesepe und den Eselchen (Maass ed. 1898, S. 296–297) Rechenregeln zum Stand der Planeten Saturn und Jupiter im Zodiak Recensio interpolata, Exzerpt zu Luna (Maass ed. 1898, S. 290) Recensio interpolata, Exzerpt zur Bewegung der Sonne (Maass ed. 1898, S. 292) Hyginus, De astronomia, Exzerpt aus IV, 3, 3 zu den Wendekreisen und zum arktischen Sommer (Viré ed. 1992) M.T. Cicero, De inventione, Exzerpte aus Buch II (E. Stroebel ed. 1915, S. 159–166) Julianus Toletanus, Prognosticon futuri saeculi, Exzerpte zum Jüngsten Gericht und zur Auferstehung (III, 42 und 20, Hillgarth ed. 1976, CC SL 115, S. 9–126)

Kommentar Indizien zu einer genauen Bestimmung des Entstehungsortes der Handschrift fehlen, am überzeugendsten ist bisher Fitzgeralds aufgrund der Schrift geäußerte Annahme, der Codex sei in Italien, und zwar sehr spät im 12. Jahrhundert entstanden. Für Italien spricht auch das Fragment einer italienischen Handschrift des 11. Jahrhunderts im Einband (vgl. Faye/Bond 1962, S. 197). Eine genauere stilkritische Datierung und Lokalisierung der Zeichnungen erscheint angesichts der wenig routinierten Ausführung unmöglich. Manche Motive wie die schmale Taille des überlangen Orion und die annähernd tropfenförmig verlaufenden Doppelfalten des Gewandes, die die darunterliegenden Beine anzeigen sollen, sind recht altertümlich und verweisen auf den hochromanischen Stil der Jahrhundertmitte. Das gilt auch für die gleichförmigen, ovalen Gesichter mit den perückenartigen Haaren, doch kann man die Zeichnungen nicht mit den Erzeugnissen professioneller Werkstätten vergleichen. Die sparsame Ausstattung einiger Initialbuchstaben mit die Kontur begleitenden Zierlinien muss im Kontext der Entwicklung früher Fleuronnéeformen gesehen werden und spricht ebenfalls für eine Entstehung am Ende des 12. Jahrhunderts. Der mögliche Entstehungsraum muss wohl vorerst weit gefasst werden, auch Frankreich und der süddeutsch-österreichische Raum kommen in Betracht (vgl. auch die älteren Zeichnungen in München, BSB, Clm 560). Der Hauptbestandteil der Handschrift ist Hyginus, De astronomia in einer Redaktion, die den größten Teil der mythologischen Erläuterungen zu den Sternbildern in Buch II übergeht. Es folgt das Excerptum de astrologia und kürzere Auszüge aus den Aratea des Germanicus und Ciceros sowie der Recensio interpolata zu den Planeten. Die Illustrationen zum dritten Buch des HyginusTextes gehen hier aus der Tradition der Sternbilder zu De ordine ac positione stellarum in signis hervor. Die Handschrift zeigt in der Redaktion des Hyginustextes wie in der Auswahl der Exzerpte ein vornehmlich astronomisches Interesse. Die mythologischen Ausführungen in Hyginus, Buch II wurden weitgehend ausgelassen. Ebenso fehlen Buch IV, 1 mit der einleitenden Vorrede zu den Polar- und Wendekreisen und IV, 9–11 zu Tag und Nacht. Ob diese allgemein gehaltenen Ausführungen als unwichtig angesehen wurden oder durch eine Überlieferungslücke fehlen ist hier nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Angesichts der Tatsache, dass inhaltlich klar ab-

4. Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734 (Faye/Bond Nr. 561)

zugrenzende Textabschnitte fehlen, erscheint eine absichtliche Kürzung hier wahrscheinlicher. Die angegliederten Exzerpte beziehen sich auf die Planeten, jedoch auch auf die beiden außerhalb der Hyginus-Überlieferung stehenden Bilder fol. 20r und 20v. Die nachgetragenen Exzerpte aus Julian von Toledo behandeln Themen aus den Bereichen Jüngstes Gericht und Auferstehung. Illustriert wird das III., astrothetisch ausgerichtete Buch des Hyginus, was vor allem bei einer Gruppe von Handschriften zu beobachten ist, die nach Frankreich zu lokalisieren ist. Allerdings weisen die Darstellungen dort keine eingezeichneten Sterne auf. Hier lag jedoch auch aufgrund der Textredaktion ohne das sonst zumeist illustrierte zweite Buch die Verschiebung der Illustrationen ins dritte Buch nahe. Zu der offenbar primär astronomischen Motivation bei der Anlage des Codex passt das punktuell feststellbare Bemühen um korrekte Markierung der Sterne innerhalb der Konstellationen (s. u.). Die Federzeichnungen mit den Sternbildern bleiben jedoch relativ kleinformatig, zuweilen nutzte der Zeichner die Seitenränder um ein wenig mehr Raum zu gewinnen. Eine auffällige Besonderheit zeigt sich bei der Darstellung des Drachen und der beiden Bären (fol. 5v). Während die Sternbilder gegenüber der natürlichen Lage seitenverkehrt erscheinen, wurden die Sterne des kleinen Bären ganz unabhängig davon entsprechend ihrer Lage am Himmel eingefügt. Dabei wurde die Konstellation so ausgerichtet, dass – ebenfalls entsprechend der beobachtbaren Verhältnisse – der letzte Schwanzstern des Bären als Polarstern nahe dem Zentrum des Polarkreises zu liegen kommt. Durch diese Korrektur kommen die Sternpunkte dieser Konstellation nun zum größeren Teil außerhalb des gezeichneten Bildes zu liegen, darüber hinaus widerspricht ihre Verteilung innerhalb der Figur nun überwiegend den Angaben des Textes. Auch wenn dies die einzige Stelle ist, an der die Kenntnis eines Sternbildes am Himmel die Darstellung beeinflusst zu haben scheint, handelt es sich doch um einen signifikanten Punkt. Der kleine Bär mit dem Polarstern war zur Orientierung am Sternhimmel wie zur Feststellung der Nordrichtung auf der Erde von erheblicher Bedeutung. Offenbar versuchte man hier einen Kompromiss zwischen der Bildvorlage und der eigenen Anschauung zu schließen, was unter den Sternbilderzyklen der Zeit als außergewöhnlich zu bezeichnen ist. Die ebenfalls auf fol. 5v (zum Teil) durch den Textblock geführten Hilfslinien zur Veranschaulichung der Lage der zwei weiteren auf dieser Seite dargestellten Konstellationen Bootes und Corona borealis sowie die nach der Vorgabe des Textes in den Polarkreis hineinragende Hand des Bootes, die zu diesem Zweck von seinem Arm abgetrennt und in die weiter oben stehende Darstellung eingefügt wurde, zeigen ein ausgeprägtes astrothetisch-didaktisches Interesse. Auch der hier an Hyginus anschließende Text des Excerptum de astrologia setzt mit einer detaillierten Beschreibung der Lage der Sternbilder im Bereich des nördlichen Polarkreises ein (»Duo sunt extremi vertices mundi …«). Möglicherweise spiegelt sich auch hier ein besonderes Interesse an den für die Orientierung besonders wichtigen Sternen. Die Kombination der zirkumpolaren Sternbilder mit Bootes und Corona borealis auf der ersten Seite des Sternbilderzyklus erinnert stark an kombinierte Darstellungen wie sie sich in Oxford, Bodl. Lib., Bodley 614 (fol. 24r) und Digby 83 (fol. 44r, ohne Corona borealis) finden. Ob eine vergleichbare Handschrift die Anregung für W. 734 gab oder hier wie dort ein Bildzyklus mit vergleichbarer Disposition zugrunde lag dürfte kaum mehr zu entscheiden sein. Die Wahrscheinlichkeit spricht wohl eher für die zweite Annahme. Ikonographisch unterscheidet sich die Bilderreihe deutlich von den beiden miteinander verwandten Redaktionen der Hyginusillustration, wie sie in Frankreich (Paris, Privatsammlung,

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

ex-Phillipps 26235) und Süddeutschland (z. B. St. Paul im Lavanttal Ms. 16/1, Wien Cod. 51) zu dieser Zeit anzutreffen sind. Der Vergleich zeigt hingegen, dass die Bilderreihe von jener abstammt, die in den Karolingischen, Aachener Libri computi verwendet worden ist und dort den Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis illustriert. Wenn sich auch nicht eine einzelne Handschrift als Vorbild aufzeigen lässt, so finden sich doch die markantesten Motive in einigen der Codices wieder. Die Kombination der zirkumpolaren Sternbilder Draco, Ursa minor und Ursa maior eingefügt in die Linie des Polarkreises stammt zwar aus der Traditon der Recensio interpolata, findet sich aber auch in Vaticana Reg. lat. 309 und Paris lat. 8663. Das gesenkte Pedum des Bootes und die Jungfrau ohne Flügel sind in Madrid 3307 und Monza fol. 9. 176 zu finden. Der Fuhrmann im Wagen findet sich in Madrid, Monza und dem Reginensis. Der ganze Stier und die nackten Zwillinge treten in Paris lat. 8663 und wiederum den Handschriften in Monza und Madrid auf. Eine Parallele findet sich in den älteren Zeichnungen des Münchner Codex Clm 560, die wohl der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts zuzuordnen sind. Die barhäuptige Cassiopeia auf einem Thron mit zweibogig gerundeter Lehne ist dort zu sehen, die Form des Schwanes ist ebenfalls nahe verwandt. Der unvollständige Zyklus dort bietet weitere in der Disposition gut vergleichbare Figuren so Aquarius, Orion und der hechtartige Piscis austrinus. Ein weiteres Motiv, das sich nicht in den Hyginus-Illustrationen, wohl aber in denen zu De ordine ac positione (außer dem Reginensis) findet, sind die beiden Esel an der Krippe (z. B. Berlin, SBPK, Ms. Phillips 1832, fol. 83r). Sie waren offensichtlich auch in der für die Bilder verwendeten Vorlage enthalten und wurden daher nach dem Hyginus-Text eingefügt (fol. 20r), der hierfür keine passende Stelle bot. Nur vermuten kann man, dass das erste Exzerpt auf der folgenden Versoseite (fol. 20v, Z. 1–9) unmittelbar durch das Vorhandensein dieses Bildes angeregt wurde, denn es liefert eine Textstelle der Recensio interpolata, die sich direkt auf Praesepe und die Esel bezieht (Sidera que gentiles presepe et asinos vocaverunt … ). Ebenso findet sich zur Darstellung der Luna im Ochsenwagen (fol. 20v) ein Exzerpt auf der gegenüberliegenden Seite (21r), auch dieses aus der Recensio interpolata (»Luna bigam habere dicitur sive propter velocitatem …«). Dass man die Bilderreihe des astrothetischen Textes De ordine ac positione stellarum in signis zur Illustration des dritten Buches von Hyginus’ De astronomia verwendete, ist von der Sache her naheliegend, zeigt jedoch auch das besondere Interesse bei der Anlage der Handschrift. Die Nutzung der astrothetischen Abschnitte in Hyginus III zur Erläuterung der Sternbilder findet sich auch in Clm 10270, einer Handschrift des frühen 12. Jahrhunderts aus dem Oberrheingebiet. Ob die Zusammenstellung von Text und Bildern in der Baltimorer Handschrift durch den Zustand der Vorlage – möglicherweise schon ohne das zweite Buch des Hyginus und damit vielleicht ohne die eher dort vorfindlichen Bilder – bedingt war oder einer bewussten Auswahl zuzuschreiben ist, muss vorerst offen bleiben. Von einer – im 12. Jahrhundert vielfach nachweisbaren – Rezeption der über den arabischen Raum verbreiteten griechisch–antiken Schriften ist hier nichts zu bemerken. Die in die Darstellung des Kleinen Bären mit dem Polarstern zaghaft eingebrachte Beobachtungspraxis bewegte sich offenbar in einem bescheidenen, nicht über die Tradition der vorhergehenden Jahrhunderte hinausgehenden Rahmen. Dass die meisten der hier dargestellten Sternbilder, wenn auch durchaus nicht alle, gegenüber ihrer beobachtbaren Form am Himmel seitenverkehrt überliefert waren, also dem Globustyp entsprachen, scheint hier in den meisten Fällen nicht gestört zu haben. Für das Erkennen und die Identifikation der Sternbilder am Himmel jedenfalls stellen die Bilder keine wirkliche didaktische Hilfe dar. Lediglich die Lage der zirkumpolaren Bilder zueinander wird durch die Illustrationen verdeutlicht.

4. Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734 (Faye/Bond Nr. 561)

Verzeichnis der Bilder fol. 5v: Draco, Ursa minor, Ursa maior (Drache, Kleiner und Großer Bär), Schlange zwi-

schen den Bären im Polarkreis, der Kleine Bär in Rückenlage, die von der Figur losgelöste Hand des Bärenhüters ragt von unten in den Polarkreis, die Verbindung zum zugehörigen Handgelenk in der Darstellung (unten auf der Seite) stellt eine Hilfslinie her; Corona bo­ realis (Nördliche Krone), amorphe Gestalt, eine Hilfslinie zur Verdeutlichung der Position im Verhältnis zum Bärenhüter führt bis zu dessen linker Schulter; Bootes (Bärenhüter), nach links schreitend mit gesenktem Pedum und rudimentärem Umhang, den linken Arm erhoben, die Hand abgelöst (s. o.). fol. 6r: Hercules, nackt, im Ausfallschritt nach links, eine Sichel in der Rechten vor sich, Löwenfell nach hinten haltend; Lyra (Leier), in umgekehrter Herzform, auf einem Sockel. fol. 6v: Cygnus (Schwan), rückgewandt nach rechts mit nach beiden Seiten ausgebreiteten Schwingen (Beischrift: »olor«, 12. Jh.); Cepheus, en face stehend, bärtig mit phrygischer Mütze, die Arme erhoben, die Unterschenkel scheinen in hohen Stiefeln zu stecken. fol. 7r: Cassiopeia, en face auf einem Lehnenthron sitzend, Arme ausgebreitet, das Gesicht nach rechts gewandt, keine Kopf bedeckung; Andromeda, vollständig bekleidet, die Arme an einen waagrechten Stab hinter ihrem Rücken gefesselt, dahinter zwei wohl unverstandene Gegenstände (»Felsen«) in der Form stilisierter Pflanzenstauden. fol. 7v: Perseus, unbekleidet, mit Phrygiermütze, leicht nach rechts gewandt, die »Fußflügel« ähneln kleinen Palmwedeln, aus dem Medusenhaupt ragen nach oben Schlangen wie lang gereckte Vogelhälse, die Sichel in der rechten Hand ist hier zu einer Art Pflanzenspross mit einem Kreuz geworden. fol. 8r: Auriga (Fuhrmann), im vierrädrigen Wagen nach links fahrend, die rechte Hand schwingt die Geißel, die linke hält die Zügel, über dem linken Arm erscheint die Ziege, statt der Zicklein in der Hand eine weitere Ziege über dem Kopf der Pferde; Serpentarius (Schlangenträger), unbekleidet, nach links gewandt. fol. 8v: Sagitta (Pfeil), senkrecht am linken Seitenrand (durch Beschnitt verstümmelt); Aquila (Adler), nach rechts, den Kopf zurückgewandt, auf einem länglichen rechteckigen Gegenstand stehend (Buch?). fol. 9r: Delphinus (Delfin), nach rechts gewandt, auf der Stirn ein großes, gebogenes Horn; Pegasus, Pegasushälfte nach rechts gewandt, der Leib hinten in einer Art Knauf endend; Triangulum (Dreieck), gleichseitig mit gerader Außen- und gewellter Innenlinie. fol. 9v: Aries (Widder), nach rechts gewandt, Hörner seitlich weit ausgreifend; Taurus (Stier), ganzes Tier, nach links gewandt, halb liegend. fol. 10r: Gemini (Zwillinge), nackt, Arm in Arm nebeneinander (die von späterer Hand ergänzten Geschlechtsteile wurden durch Rasur wieder entfernt); Cancer (Krebs), nach rechts gewandt, länglich, naturnah. fol. 10v: Leo (Löwe), nach links gewandt, ausgestreckte Zunge, Schwanz zwischen den Hinterbeinen nach vorn geschlagen; Virgo (Jungfrau), en face, zeitgenössisch gekleidet, in den Händen je einen großen, stilisierten Pflanzenspross. fol. 11r: Scorpius (Skorpion), nach rechts gewandt und mit gewundenem Eidechsenschwanz; Sagit­ tarius (Schütze), nach rechts schreitender Satyr mit halb gespanntem Bogen. fol. 11v: Capricornus (Steinbock), nach links schreitender Ziegenfisch mit Schlangenschwanz, in einer Art stilisierter Lilie auslaufend; Aquarius (Wassermann), bekleidet und sich nach rechts wendend, die Urne rechts vor sich ausgießend. fol. 12r: Pisces (Fische), gegenläufig, am Maul verbunden; Cetus (Seeungeheuer), nach links gewandt, hundeartiges Vorderteil, Schlangenschwanz; Eridanus, sitzender nackter Flussgott mit Pflanzenspross (teilweise durch Rasur getilgt). fol. 12v: Lepus (Hase), nach links springend; Orion, en face, aufrecht stehend, vollständig bekleidet, in der erhobenen Rechten ein Schwert; Canis maior (Gro­ ßer Hund), groß, nach links springend, mit Halsband. fol. 13r: Anticanis (Vorhund), klein, nach links springend, ohne Halsband; Argo Navis (Schiff), nach links gewandte, vordere Schiffshälfte mit aufgerolltem Rahsegel und vier Antriebsrudern, ein Tierkopf als

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Galionsfigur; Centaurus, mit Beutetier in der Linken und Speer in der Rechten nach rechts galoppierend, bis auf eine Art »Gürtel mit Haarkranz« unbekleidet. fol. 13v: Ara (Altar), blockhaft gemauert, Basis, profilierte Mensa, rote Flämmchen; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Wasserschlange gewunden und nach links orientiert, auf ihrem Rücken der Mischkrug als Deckelpokal und der nach links blickende Rabe. fol. 14r: Piscis austrinus (Südlicher Fisch), nach rechts schwimmend, groß, mit spitzem Maul. fol. 20r: Praesepe (Krippe), zwei Esel an rundem Futtertrog (Brunnen?). fol. 20v: Luna, in nach rechts fahrender Ochsenbiga, auf der Hand eine Mondsichel haltend.

Provenienz Die Handschrift befand sich in der Münchener Sammlung Hirsch. Ab ca. 1937 war sie im Besitz des Londoner Kunsthändlers E. P. Goldschmitt, bei dessen Auktion von 1947 sie von der Walters Art Gallery erworben wurde.

Literatur Goldschmitt 1937, Cat. 44, Nr. 12 (Abb.); Goldschmitt 1947, Cat. 82, Nr. 1 (Abb.); Byvanck 1949, S. 231, Nr. 117; Saxl 1957, S. 103, 108, Abb. 58b, 60d; Faye/Bond 1962, S. 197, Nr. 561; McGurk 1966, S. XXII–XXIV; Miner 1968–1969, S. 40–123, hier S. 83–87; Fitzgerald 1974, S. 193–204; Borchers 1975, S. 68–69, 73, 77; Viré, La transmission, 1981, S. 159–276, hier Nr. 3, S. 163; Munk Olsen 1982, S. 525; Lippincott 2006, S. 24f. Siehe S. 126–127, Abb. 32–47

5.

Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 61 (olim: HJ. IV. 15) Sammelhandschrift (sogenannter »Bamberger Cassiodor«) Sternbilderdarstellungen zu Gregor von Tours De cursu stellarum ratio Süditalien (Montecassino?), 2. Hälfte 8. Jahrhundert Kodikologische Angaben 274 × 210 mm, 103 Folia, Pergament, Text einspaltig in beneventanischer Minuskel

Art der Bilder Zu Gregors De cursu stellarum auf fol. 75v–82v figürliche Darstellungen von Sol und Luna und abstrakte Darstellungen der Sternbilder; ornamentale Tier- und Menschengestalten in Schemata, mathematische Figuren, mit Tieren ausgestaltete Initialen, auf fol. 29v eine Darstellung des Klosters Vivarium.

Inhalt fol. 1r–67v:

M. Aurelius Cassiodor, Institutiones divinarum et saecularum litterarum (Myners ed. 1937) fol. 68r–75v: Flavius Mallius, Theodorus, Liber de metris (Keil ed. GL VI, 579ff ) fol. 75v–82v: Gregor von Tours, De cursu stellarum ratio (Krusch ed. 1885, MGH SS rerum merov. I, 2, S. 854–872) fol. 82v–102v: Isidor von Sevilla, De natura rerum (Fontaine ed. 1960) fol. 102v–103r: Sisebutus, Carmen de eclipsi lunae

Kommentar Die Bamberger Handschrift überliefert vollständig den zwischen 575 und 582 verfassten Traktat Gregors von Tours, De cursu stellarum ratio. Bekannter ist sie jedoch als eine der ältesten Handschriften in beneventanischer Schrift und als Textzeuge von Cassiodors Studienanweisung Institutiones. Diesem Text ist eine Darstellung von Cassiodors Klostergründung Vivarium beigefügt. Indem die Textsammlung der Handschrift offensichtlich die antiken Artes liberales wiederzubeleben und in das Klosterleben einzubinden sucht, kann sie als ein Zeugnis der frühKarolingischen monastischen Reformbemühung gelten. Es ist nicht sicher, ob die Texte so bereits in der Vorlage vereint waren oder ob sie eigens für die Handschrift zusammengetragen wurden, doch ist immerhin auffällig, dass sämtliche enthaltenen Texte der Zeit zwischen der Spätantike und dem Mittelalter entstammen. Während die Textzusammenstellung im Karolingischen Schrifttum ein Unikum geblieben ist, haben die enthaltenen Schriften von Isidor und Cassiodor einzeln im Karolingischen Hofmilieu eine größere Wirkung entfaltet. Der in der Handschrift vertretene astronomische Traktat Gregors ist häufig auch nur in Auszügen überliefert. Möglicherweise haben sich im Bereich der Astronomie die komputistischen Fragen in den Vordergrund geschoben, so dass man sich mehr mit der Unterteilung des Jahres

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als der des Tages beschäftigte. Auch könnte die verwirrende Gliederung des Textes und das Latein Gregors auf die um Klarheit bemühten Hofgelehrten abschreckend gewirkt haben. Zunächst führt Gregor sieben antike Weltwunder auf, zu denen er auch die Arche Noah und den Tempel Salomons zählt. Ihnen stellt er dann die Gotteswunder als überlegen gegenüber: die Gezeiten, die Fruchtbarkeit der Pflanzensamen, der Phönix, der Ätna, der brennende Brunnen von Grenoble, der Lauf der Sonne und der des Mondes. Von Sonne und Mond gibt er die Sichtbarkeitsdauer in den einzelnen Monaten an. Mit den beiden Himmelslichtern leitet Gregor auch zum astronomischen Teil über, in dem er 14 Sternbilder aufzählt und deren Aufund Untergangszeit und -ort sowie relative Position angibt. Darunter auch der Große Bär (»plaustrum«), obwohl für ihn die entsprechenden Angaben fehlen, da er zirkumpolar liegt. Dieser Abschnitt ist in der Bamberger Handschrift mit Zeichnungen versehen. Darauf werden in zwei Abschnitten Kometenerscheinungen, etwa jene vor dem Tod König Sigiberts 575, als Prodigien behandelt. Schließlich erklärt Gregor im letzten Abschnitt die Zeitberechnung mithilfe der Sternbilder für die einzelnen Monate, beginnend mit September, indem er ihre Aufgangszeit und die bis zur Matutin verbleibende Zeit in zu singenden Psalmen angibt. Hierzu werden vier Zeichnungen von Sternbildern, zum Teil mit verändert gelegenen und weniger präzise als zuvor angegebenen Sternen, wiederholt. In dreierlei Hinsicht verdienen der astronomische Teil des Traktats und seine Illustrationen besondere Beachtung: Zum ersten wählt Gregor von Tours ganz bewusst nicht die heidnischen Namen der Konstellationen, sondern solche, die entweder eine christliche Bedeutung haben oder angeblichen antiken oder bäuerlichen Traditionen folgen. Auch werden die überlieferten Sternbilder nicht in ihren Grenzen respektiert. Zweitens handelt es sich um den seinerzeit seltenen Fall eines Lehrbuchs für angewandte Astronomie. Obwohl dies durch die Behandlung sehr heterogener Gegenstände etwas verschleiert wird, ist es Gregors Ziel, eine Anleitung für die Berechnung der Uhrzeiten der nächtlichen Stundengebete Nokturn und Matutin zu geben. Und drittens wird auch in den Zeichnungen, die Gregor wohl von Anfang an eingeplant hat, auf die Wiedergabe der antiken mythologischen Figuren oder auch der den neuen Namen entsprechenden Sachgegenstände verzichtet. Stattdessen werden nur die Sterne als umzackte Punkte in ihrer Lage zueinander dargestellt. Insofern stehen sie mit keiner anderen hier behandelten Handschrift ikonographisch in Verbindung. Obwohl die Zeichnungen astronomisch nicht exakt sind, bilden sie zusammen mit den Angaben zu den Auf- und Untergangszeiten der Sternbilder die Grundlage für mehrere teilweise voneinander abweichende Identifikationsversuche mit herkömmlichen Sternbildern (einerseits Loose, Bergmann und Schlosser, andererseits J. G. Galle in der Edition Haase, McCluskey und R. H. van Gent). Umstritten bleibt das Ausmaß von Gregors eigener Himmelsbeobachtung: Vor allem Loose geht davon aus, dass Gregor wegen einiger Ungenauigkeiten im Text und einer durchgehend südlicheren Betrachterposition aus fremden Quellen geschöpft haben müsse. Auch verweise der Umstand, dass die Zeichnungen die Konstellationen teilweise spiegelverkehrt darstellten, auf die Benutzung eines Himmelsglobus. Doch weiß man zu wenig über das Aussehen von Gregors Urexemplar. Eine besondere Rolle spielen die Darstellungen von Sol und Luna, die vielleicht gegen Gregors ursprüngliche Absicht als Personifikationen dargestellt sind. Ihre Wiedergabe als Schildbüsten folgt der antiken Konvention. Ungewöhnlich ist die Präsentation auf breiten Ständern oder Stützen. Sols Krone hat 12 Strahlen entsprechend den 12 Monaten eines Jahres oder den

5. Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 61 (olim: HJ. IV. 15)

12 Tierkreiszeichen. Abweichend von der antiken Ikonographie wird Sol bärtig und langhaarig gezeigt und verweist eher auf Christusdarstellungen. Dies stünde auch im Einklang zu Gregors Text, der Gott als Herr über die Zeit beschreibt. Die Sterne sind zumeist mit brauner Tinte vorgezeichnet und dann mit Gelb, Grün und vor allem mit Rot nachgezogen worden. Die Reihenfolge, in der Text und Bilder angelegt wurden, ist nicht einfach zu klären. Der Text scheint auf fol. 81v–82v auf die Bilder Rücksicht zu nehmen, er liegt vereinzelt um sie herum. Vorher waren jedoch immer ganze Zeilen freigelassen worden. Da in diesem vorderen Teil die Konstellationen aber zumeist ein wenig gedrückt erscheinen, so etwa Butrio auf fol. 80v, möchte man vermuten, dass sie zumindest hier nach dem Text eingefügt wurden. Vielleicht ist ein Teil der Bilder auch von einem der Schreiber im Zuge der Abschrift vorgezeichnet worden, wie Loose vermutete. Offensichtlich wurden aber auch an vielen Stellen die Zeichnungen noch einmal korrigiert, und dabei auch störender Text radiert (etwa bei Crux maior). Dadurch wird zwar die Frage der Reihenfolge wiederum kompliziert, gleichzeitig äußert sich daran das Interesse, die Zeichnungen möglichst genau nach dem Vorbild zu kopieren. Verzeichnis der Bilder fol. 79r: Sol und Luna ; Rubeola (Sirius oder Arcturus nach Loose 1988). fol. 79v: Symma (Nördliche Krone) ; Omega (Leier) ; Crux maior (Schwan). fol. 80r: Crux minor (Delfin, vielleicht spiegelverkehrt) ; Trion (drei Sterne aus Adler) ; Signum Christi (Fuhrmann nach Loose, Fische nach v. Gent) ; fol. 80v: Anguis (Orion nach Loose, Zwillinge nach Galle, Wasserschlange nach v. Gent); Butrio (Traubenstengel), Massa, Pliadae (Hyaden oder Ple­ jaden ? ) ; Feretrum (Totenbahre) (Zwillinge nach Loose oder Plejaden nach Galle ) ; Falx (Sichel) ( spiegelverkehrter Löwe nach Loose, v. Gent oder Orion nach Galle ) ; fol. 81r: zwei namenlose Einzelsterne ( aus Jungfrau nach Loose oder aus Anticanis nach Galle ); Quinio (Fünfgestirn) (Rabe nach Loose, Großer Hund nach Galle, Skorpion nach v. Gent) ; Plaustrum (Wagen) (Großer Bär spiegelverkehrt). fol. 81v: Komet ; Rubeola. fol. 82r: Omega. fol. 82v: Signum Christi ; Butrio, Massa, Pliadae.

Provenienz Der Codex stammt aus der Bamberger Dombibliothek.

Literatur Haase ed. 1853; Bordier ed. 1864; Krusch ed. 1885 (MGH, Scriptores rerum Merovingicarum I, 2, S. 854–872); Leitschuh, Fischer 1895, I, 1, S. 425–427; Loew 1914; Lowe CLA, VIII, 1029; Mynors ed. 2. Aufl. 1961, S. X–XI; Belting 1967, S. 94–143; Neugebauer 1975; Loew, Brown 1980; Bergmann, Schlosser 1987, S. 43–74; McCluskey, Van Gent 1987, S. 87–89; Loose 1988; McCluskey 1990, S. 9–22; Hoffmann 1995, S. 19; McCluskey 1998; Obrist 2002, S. 336. Siehe S. 40, Abb. 48–49

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Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18 Aratus Latinus und Aratea des Germanicus Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Fulda, 820–830 Kodikologische Angaben 221 × 141 mm, 45 Folia, Pergament, Text einspaltig, teils in Karolingischer, teils in angelsächsischer Minuskel

Art der Bilder Zwei große Schmuckinitialen mit Flechtbandornamentik auf fol. 3v und fol. 8v, zum Text der Phainomena kompletter Sternbilderzyklus aus insgesamt 36, von drei Händen ausgeführten Federzeichnungen der Konstellationen sowie eine Himmelskarte, die Position der Sterne ist stets durch rote Kreuze angegeben.

Inhalt Teil I fol. 2r–9v:

Aratus Latinus I, 2–II, 2, I–III und VII (Maass ed. 1858, S. 102–126, 134–139, 140–144, 155–171)

Teil II fol. 10v–43v: Phainomena sowie Fragmentum IV des Germanicus mit Scholia Basileensia (Le Boeuffle ed. 1975, Dell’Era ed. 1979/I)

Kommentar Der kleinformatige, dünne Codex enthält in seiner ersten, ursprünglich vielleicht unabhängigen Lage Textauszüge aus dem Aratus Latinus. Nach Le Bourdellès schloss sich möglicherweise ein heute verlorener Teil mit Illustrationen an. Es folgen die Phainomena des Aratos in der Übertragung des Germanicus. Die Baseler Handschrift ist nach der Handschrift in Leiden (Voss. lat. Q. 79) der zweitälteste erhaltene Textzeuge der Germanicusübertragung. Nach ihr wird einer von zwei Überlieferungszweigen des Textes als Basel-Madrider Klasse benannt. Wichtigstes Merkmal dieser Handschriftenklasse sind die textbegleitenden mythologisch-astronomischen Scholien. Da sie in dieser Form zuerst in der Baseler Handschrift überliefert sind, werden sie als Scholia Basileensia bezeichnet. Die Scholia Basileensia sind nicht auf den Germanicustext abgestimmt, sondern beziehen sich inhaltlich nach wie vor auf den griechischen Text des Aratos. Wie der Text so unterscheidet sich auch der Bildzyklus von Basel AN IV 18 von den Bildern der Germanicushandschrift in Leiden Voss. lat. Q. 79. Den Sternbildern des Baseler Codex sind insbesondere die Bilder einer jüngeren Handschrift in Madrid (Madrid 19) verwandt. Die beiden Bildzyklen gehen wohl auf eine gemeinsame spätantike Vorlage zurück. Allerdings ist die Madrider Handschrift in der Wiedergabe des Vorbilds nicht nur getreuer, sondern auch vollständiger, so dass sie zur Ergänzung der Bilderreihe des Basilensis herangezogen werden kann.

6. Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18

Die Aratea des Germanicus werden in der Baseler Handschrift von einfachen Federzeichnungen der Konstellationen begleitet, die sich jeweils an das entsprechende Scholion anschließen. Ähnlich wie im textlich verwandten Codex Aberystwyth 735C sind die Seiten nach einem einheitlichen Rhythmus gestaltet: Der Abschnitt zu einem Sternbild beginnt mit den – im Gegensatz zum Ms. 735C – die gesamte Seitenbreite einnehmenden Gedichtzeilen des in Karolingischer Minuskel aufgezeichneten Aratostextes. In der Regel sind die beiden ersten Zeilen durch die Schriftart Unziale besonders hervorgehoben, während beim restlichen Gedichttext nur der jeweils erste Buchstabe in Unziale oder Halbunziale betont wird. Im Anschluss folgt das zugehörige, ebenfalls die gesamte Breite einnehmende Scholion, wobei zum Teil rubrizierte Unzialen den Anfang der Textsequenzen markieren. Daran schließt sich die, teils mit, teils ohne Rahmen auf den bloßen Pergamentgrund gesetzte Federzeichnung des jeweiligen Sternbildes an. Die meisten Bilder unterbrechen die Textspalte in ihrer gesamten Breite; manche Zeichnungen wurden aber auch seitlich in die Spalte eingeschoben. Interessanterweise sind ausschließlich die Sternbilder dargestellt. Zwar wurden am Schluss Lücken für weitere Bilder ausgespart, die vorgesehenen Illustrationen hat man jedoch nicht ausgeführt. Auf Grund des vergleichbaren Bildzyklus der Madrider Handschrift 19 kann angenommen werden, dass die Vorlage dort Darstellungen der Milchstraße und der Planeten enthielt. Ikonographisch hängen die Illustrationen der Baseler Handschrift ohne Zweifel mit den farbigen Miniaturen der weitaus bekannteren Karolingischen Germanicushandschrift in Leiden (Voss. lat. Q. 79) zusammen. Dies zeigt sich beispielsweise an der sich schlaufenförmig windenden Schlange bei der Darstellung des Schlangenträgers. Auch Perseus stimmt in Haltung, Kleidung und Attributen in Basel und Leiden weitgehend überein. Daneben enthalten beide Illustrationszyklen keine Einzelbilder der Bären, zeigen beide die Jungfrau als nach vorn eilende Victoria und geben Cassiopeia mit gelöstem Haar ohne Kopfschmuck wieder. Doch lassen sich im Vergleich beider Handschriften auch einige Unterschiede feststellen. Die Abweichungen vom Vossianus, in denen die Baseler meist mit der Madrider Handschrift übereinstimmt, betreffen sowohl das Gesamtprogramm als auch einzelne Details. So finden sich Darstellungen der Jahreszeiten nur in Leiden, die der Milchstraße und das Autor-Muse-Bild hingegen nur in Madrid. Abweichungen im Detail äußern sich beispielsweise bei den in der Baseler Handschrift in Umarmung dargestellten Zwillingen, bei der ohne Kopf bedeckung wiedergegebenen Kassiopeia oder den Sternbildern des Fuhrmanns und des Eridanus. Aus diesen Beobachtungen wird deutlich, dass sowohl die Bilder des Vossianus als auch die der Baseler Handschrift aus einer gemeinsamen Tradition schöpfen; vermutlich teilen sie eine gemeinsame spätantike Vorlage. Ein Vergleich der Germanicusillustrationen, insbesondere der Sternbilder Jungfrau und Fuhrmann, mit den entsprechenden Darstellungen der anderen Sternbildzyklen ergibt, dass die Baseler Zeichnungen der Vorlage ikonographisch wohl näher stehen als die Illustrationen des Leidener Germanicus, auch wenn sie das antike Vorbild unbeholfener nachahmen. Der Stil der Zeichnungen, die sehr wahrscheinlich von drei Händen ausgeführt wurden, weist auf das Kloster Fulda und in das dritte Jahrzehnt des 9. Jahrhunderts. So erinnern die Baseler Zeichnungen etwa an das Symbol des Evangelisten Matthäus auf fol. 24v in einem in Fulda im ersten Viertel des 9. Jahrhunderts entstandenen, heute in Würzburg auf bewahrten Evangeliar (Univ.-Bibl., M.p.th. fol. 66). Daneben zeigen sich auch Gemeinsamkeiten zu einer Handschrift des Liber de laudibus S. Crucis des Hrabanus Maurus in Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Reg. lat. 124 (Fulda, 810–830; vgl. fol. 11v: Seraphim) oder zu einem weiteren Codex in Genf, Bibl.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

publ. et univ., Cod. 22. (Fulda, ca. 831; vgl. fol. 3v: Kaiserin Judith) Die Lokalisierung der Baseler Handschrift nach Fulda wird zusätzlich durch paläographische Merkmale wie das Vorkommen der angelsächsischen Minuskel sowie durch die für dieses Kloster charakteristische kodikologische Besonderheit der aufgerauten Blätter erhärtet. In den Jahren zwischen 820 und 830 zählte das Reichskloster Fulda zu den wichtigsten geistigen Zentren des Frankenreiches. Daran hatte der damalige Abt Hrabanus Maurus, der schon lange an der Klosterschule lehrte, maßgeblichen Anteil. Dem Hof in Aachen und besonders Kaiser Ludwig dem Frommen sowie dem angelsächsischen Gelehrten Alkuin verpflichtet, versuchte Hrabanus, die Forderungen der vom Hof gesteuerten Bildungspolitik Karls des Großen umzusetzen. Dazu gehörte unter anderem die auf den Gottesdienst ausgerichtete Lehre der weltlichen Wissenschaften. Mit seinem im Jahr 820 verfassten Lehrbuch über die Zeitrechnung erfüllte Hrabanus zugleich die Forderung nach einer Erneuerung des Komputus. In seinem Werk verweist er den Schüler auf die Aratea als Hilfe zur Aneignung der zum Bestimmen der Nachtstunden oder zur Orientierung auf See nützlichen Sternbilder und zitiert den Wortlaut der Scholia Basileensia. Demnach hat Hrabanus offenbar selbst ein Exemplar des Germanicustextes verwendet, das er vielleicht bei seinen Aufenthalten am Hof zu sehen bekam. Kurze Zeit nach der Vollendung seines eigenen Buches ließ Hrabanus Maurus dann für sein Kloster in Fulda die Kopie einer spätantiken Germanicus-Handschrift, den heutigen Codex Basel AN IV 18, erstellen. Er sollte wohl als Hilfsmittel für den Komputusunterricht in der Klosterbibliothek zur Verfügung stehen. Vielleicht wurde Hrabanus durch Kaiser Ludwig auf die Aratea des Germanicus aufmerksam und durfte dasselbe Exemplar, das auch dem Leidener Aratos vorlag, für seine Zwecke ausleihen. Die Baseler Handschrift gibt Aufschluss über den Umgang der Karolinger mit antiken profanen Vorlagen in einem Kloster: Vom Bildschmuck der Vorlage wurden allein die Sternbilder kopiert, also die Darstellungen, welche für eine Beschäftigung mit dem Komputus wichtig waren. Dabei wurden die astronomischen Angaben von der Vorlage möglichst genau übertragen. Die Ausführung spielt gegenüber dem didaktischen Wert der Illustrationen eine untergeordnete Rolle: Die farbigen Miniaturen des Vorbildes wurden in einfache Federzeichnungen übertragen, die zwischen den Textblöcken, und nur zum Teil gerahmt, ihren Platz fanden. Verzeichnis der Bilder fol. 14r: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), Schlange

zweifach gewunden, in Form eines liegenden S in den querrechteckigen Rahmen eingepasst, Bären in den beiden Windungen der Schlange mit den Rücken gegeneinandergestellt, mit offenem Maul auswärts springend. fol. 14v: Hercules, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Hydra, als kniend nach links gewandte, nackte Gestalt in Seitenansicht mit zum Betrachter gewandten Oberkörper, bärtig, der Hinterkopf von einer nimbusartigen Kalotte hinterfangen, mit einem blütenartigen Gegenstand in seiner linken Hand zum Schlag gegen die Schlange ausholend, auf dem rechten Arm ein verschlungenes Löwenfell tragend. fol. 15r: Corona borealis (Nördliche Krone), neun ringförmig angeordnete, durch Kreuze markierte, Sterne innerhalb eines annähernd quadratischen Rahmens. fol. 16r: Serpentarius (Schlangenträger), Scorpius (Skorpion), mit beiden Füßen auf dem geschuppten Skorpion stehend, vollständig nackt, bärtig, in Rückenansicht mit ins Profil gewandtem Gesicht, der Hinterkopf wie bei Hercules von einer nimbusartigen

6. Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18

Kalotte hinterfangen, die sich bei seiner rechten Hand schlaufenförmig windende, sonst hoch aufgerichtete Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt vor dem Körper haltend. fol. 16v: Bootes (Bärenhüter), in Rückenansicht, den lockigen Kopf im Profil nach links gewandt, mit kurzer Tunika und Kappe bekleidet, in der erhobenen Rechten das Pedum, an seiner linken Seite eine Schwerthülle tragend. fol. 18v: Virgo (Jungfrau), mit großen Flügeln, dem Betrachter gleichsam entgegenkommend tritt ihr rechtes Bein unter der langen, doppelt gegürteten Tunika nackt hervor, rechte Brust entblößt, auf dem Haupt ein schmales Diadem, in der ausgestreckten rechten Hand drei Ähren, im linken Arm den Caduceus haltend. fol. 20r: Gemini (Zwillinge), Cancer (Krebs), Zwillinge in Umarmung nebeneinander stehend, wobei die Füße beinahe die Rahmenlinie berühren, allein mit einem Pallium bekleidet, der linke Zwilling mit einem Pedum in der rechten Hand, der rechte Zwilling mit einer Lyra an seiner linken Seite; rechts neben ihren Füßen der Krebs, welcher ihnen seine Scheren zuwendet. fol. 21r: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul, geschlossenen Hinterbeinen und übereinandergestellten Vordertatzen nach links springend. fol. 22r: Auriga (Fuhrmann), von vorn, in einem seitlich gezeigten Wagen mit nur einem Zugpferd stehend, Helm mit hoher Zier, Schnürsandalen sowie ein langes, lose geschlungenes Pallium tragend, (wobei das hinter seinem Rücken hervorschauende Segment entweder ein Teil des aufgeblähten Mantels oder einen Schild meinen könnte), mit der Linken das Pferd zügelnd und sich dabei drei hinter dem Wagen stehenden zottigen Ziegen zuwendend, denen er mit seiner Rechten einen runden Gegenstand entgegenstreckt, rote Beischrift: »IIII aequi debent (?) esse«. fol. 23v: Taurus (Stier), mit eingeknicktem linken Vorderbein nach links lagernde Halbfigur. fol. 24r: Cepheus, in Vorderansicht, mit ausgebreiteten Armen stehend, in Beinkleider sowie ein knöchellanges, mit Zierstreifen besetztes, breit gegürtetes langärmeliges Gewand mit Besätzen auf der Schulter gekleidet, bärtig, auf dem Haupt eine turbanartige Kopf bedeckung, zu seiner Linken ein Schwert an langem Band führend. fol. 24v: Cassiopeia, frontal zum Betrachter gewandt, mit w-förmig zur Seite gebreiteten Armen auf einem Thron mit Lehne, dickem Polster sowie einer Fußbank sitzend, mit langem, offenem Haar, in eine ärmellose, hoch gegürtete Tunika mit breiten Schmuckborten gekleidet. fol. 25r: Andromeda, mit beiden Händen an die hügelig aufgetürmten Felsen zu ihren Seiten gekettet, barfuß mit leicht geneigtem Haupt stehend, das lange Haar gelöst, in eine ärmellose, hoch gegürtete Tunika sowie ein oberhalb der Knie geschlungenes Tuch gekleidet. fol. 26r: Pegasus, geflügelte nach rechts gewandte Halbfigur. fol. 26v: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springend, den schmalen Reifen um seine Mitte. fol. 27r: Triangulum (Dreieck), mit einem Wellenmuster ornamentiert, innerhalb eines doppelten, querrechteckigen Rahmens. fol. 27v: Pisces (Fische), V-förmig mit den Rücken gegeneinandergestellt, mit gestreiften Körpern, durch eine Schnur von Maul zu Maul verbunden. fol. 28r: Perseus, an den Füßen geflügelte, nach links schreitende Rückenfigur, das lockige Medusenhaupt in seiner vorgestreckten Linken, die Harpe in seiner zurückgestreckten Rechten, nackt bis auf ein über seiner Linken flatterndes Paludamentum und eine Phrygiermütze. fol. 28v: Lücke für die Plejaden. fol. 29r: Lyra (Leier), aus einem zweihöckrigen Schildkrötenpanzer, Hörnern sowie einem Querstück zusammengesetzt, mit fünf Saiten bespannt. fol. 29v: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und langem, gereckten Hals nach links gewandt. fol. 31v: Aquarius (Wassermann), Capricornus (Steinbock), Wassermann nach rechts schreitend, mit in die Front gedrehtem Oberkörper und nach links gewandtem Kopf, jugendlich, in Beinkleidern, Schultermantel und Phrygiermütze, mit beiden Händen eine rechts neben sich gehaltene Amphora ausgießend, aus der Wasser austritt; rechts neben ihm der nach links liegende Steinbock als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz. fol. 32v: Sagittarius (Schütze), nach rechts springender, bogenspannender Zentaur, bärtig,

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

mit einem Fellumhang über seiner linken Schulter. fol. 33r: Aquila (Adler), mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach links auf dem in die gleiche Richtung zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend. fol. 33v: Delphinus (Delfin), mit aufgerichtetem Schwanz nach links schwimmend. fol. 34r: Orion, dem Betrachter frontal zugewandt stehend, jugendlich, mit einer Tunica exomis und Schnürschuhen bekleidet, sowie mit einem von seiner Schulter an langem Band zu seiner Linken herabhängenden Schwert versehen, in der Rechten das Pedum haltend, die Linke vom Gewand verhüllt. fol. 35r: Canis maior (Großer Hund), mit nimbusartiger Strahlensonne, Halsband und offenem Maul innerhalb eines doppelten Rahmens nach links springend. fol. 35v: Lepus (Hase), Hase, nach links springend. fol. 36r: Argo Navis (Schiff), nach links gerichtete Ansicht der Schiffshälfte, dessen Heck mit einem Aplustre geschmückt ist, aus dem Rumpf ragen ein großes Steuerruder und zahlreiche Ruderstangen, ein großes Segel ist gehisst, an der Mastspitze ist mit einer roten Leine ein schlangenartiges Tier befestigt. fol. 36v: Cetus (Seeungeheuer), als nach links orientiertes Seeungeheuer mit nach vorn gerichtetem Hundekopf, aufgerissenem Maul, verschlungenem gegabelten Schwanz und krallenbesetzten dünnen Vorderbeinen. fol. 37r: Eridanus, von einem Rahmen eingefasste halbfigurige Büste, mit üppigem Bart und voller Lockenfrisur, sowie von seinem Kopf ausgehenden, welligen Strahlen, die sich am Ende kräuseln, nackt bis auf ein über die linke Schulter geschwungenes Tuch, aus der Öffnung eines von vorn gezeigten Gefäßes vor seiner linken Schulter strömt Wasser. fol. 37v: Piscis magnus (Südlicher Fisch), mit geöffnetem Maul auf dem Rücken liegend. fol. 38r: Ara (Altar), brennender Altar in Form eines zweistöckigen Kubus. fol. 38v: Cen­ taurus, nach rechts gewandt, in Seitenansicht als Mischwesen aus bärtigem Mann und Pferd mit barettartiger Kopf bedeckung, auf der offenen Rechten ein auf dem Rücken liegendes Beutetier präsentierend, über der fellbedeckten linken Schulter einen Thyrsos-Stab tragend. fol. 39r: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), nach links kriechende Wasserschlange, wobei der Schwanz über den einfachen Rahmen hinausragt, langgestreckt, mit aufgerichtetem Kopf, den geriefelten Mischkrug in der Mitte auf einer Windung, den hackenden, nach einwärts gewandten Raben ihrem Schwanzende tragend. fol. 39v: Anticanis (Vorhund), mit Halsband, nach links springend. fol. 41r: Lücke. fol. 42r: Lücke. Loses Einzelblatt: Himmelskarte.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist nicht lückenlos erschlossen. Eine Notiz auf fol. 11v »anno quinto decimo imperio«, sowie eine Zeichnung ebenda lassen sich nicht sicher datieren. Ein auf fol. 45v eingetragener Vermerk aus dem 13. Jahrhundert, »Honorabili domino ac patri suo C. Dei gratia Fuldensis ecclesie abbati H. decanus totusque eius ecclesie conuentus paratam ac deuotam obedienciam«, legt die Auf bewahrung der Handschrift im Kloster Fulda nahe. Im Bibliothekskatalog von 1550 wird der Codex jedoch nicht erwähnt; er war vermutlich nicht mehr am Ort. Vielleicht gelangte die Handschrift über den Nachlass des Baseler Druckers und Buchhändlers Heinrich Petri (1508–1579) in den Besitz des Baseler Rechtsgelehrten Remigius Faesch (gest. 1667), wo sie bis 1823 verblieb. Dann ging sie mit der Sammlung Faesch in den Bestand der Universitätsbibliothek Basel über.

Literatur Eyssenhardt 1866, S. LXII–LXIIII; Breysig ed. 1867, S. XII–XV; Maass ed. 1893, Abb. Planisphäre; Bethe 1893, S. 94–95, 102; Manitius 1897, S. 305ff.; Thiele 1898, 143ff., fig. 23 und 63; Von Winterfeld 1900, S. 393–394; Zimmermann 1910; Escher 1917, S. 32–34, Abb. 5, 6; Lehmann 1928, S. 12; Christ 1933, S. 40, 166, 210–211, 291; Weitzmann 1947,

6. Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18

S. 85–86, fig. 67; Byvanck 1949, S. 215–216, Nr. 41; Stern 1953, pl. 36, 2, 37, 5; Martin 1956/II, S. 49; McGurk 1973, S. 197f.; Le Boeuffle 1975, S. XXXVI; Stevens ed. 1979; Stevens 1979, I, S. 27–63; Mütherich 1980, S. 121ff., Abb. 31, 32, 33, 34; Lott 1981/II, S. 147–158; McGurk 1981, S. 319; Munk Olsen 1982, I, S. 405; Le Bourdellès 1985, S. 57; Bischoff 1989, S. 90; Mütherich 1989, S. 34ff., 37–42, 44–50, 52, 61ff.; Ernst 1991, S. 585; Gugel 1995, S. 30; Haffner 1997, S. 81–90, 121–124 sowie passim, Abb. 5, 15, 19, 23, 27, 28, 33, 38, 42, 44, 46, 52, 53, 59, 61, 63, 64, 65, 70, 73; Stevens 1997, fig. 10; Bischoff 1998, Nr. 258; Obrist 2001, S. 25; Lippincott 2006, S. 7ff.; Blume 2009, S. 542f. Siehe S. 73–74, Abb. 50–85

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7.

Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Ms. Phillipps 1830 und 1832 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Reims?, 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben Phillipps 1830: 300 × 235 mm, 12 Folia (fol. 11 und fol. 12 bilden ein Doppelblatt als eigene Lage), Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel. Phillipps 1832: 260 × 240 mm, 92 Folia, Pergament, Text teils einspaltig, teils zweispaltig in Karolingischer Minuskel, Glossen teilweise in Unziale.

Art der Bilder Neben den später hinzugefügten Schemata von Tierkreis und Winden auf fol. 3r und fol. 3v, einer auf einem Doppelblatt (fol. 11v–12r) gezeichneten Himmelskarte mit Sol und Luna sowie dem auf fol. 15r–15v gezeichneten Schema von Planisphäre, Zodiakus und 19jährigem Zyklus (alle 11. Jh.) finden sich zwei weitere Federzeichnungen zum Text der Phainomena des Germanicus mit Darstellungen eines Fisches und eines Hundes sowie zum Text des Sternkatalogs zwischen fol. 81v und fol. 86r insgesamt 43 kleine, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Sternbilder, die stets zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt Teil I: Phillipps 1830: fol. 1r: leer (links oben getilgter Text (eines Inhaltsverzeichnisses?) sichtbar) fol. 1v–3v: Dionysius Exiguus Vorrede zum 19jährigen Zyklus (Krusch ed. 1880, S. 63–68) fol. 3r: ursprünglich leer, Rota nachgetragen (12. Jh.), Tierkreiszeichen mit Angaben zu einzelnen Sterngruppen und ihrer Anordnung, dazu teilweise die arabischen Namen fol. 3v: Windtafel (11. Jh.) mit Beischriften (Baehrens ed. 1879, V, S. 383) fol. 4r–10v: Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) sowie Annalen von Laon und Metz (MGH SS XV, S. 1294–1295) fol. 11r–12r: Buchstabentafel des 19jährigen Zyklus, Gedächtnisverse zu dieser Tafel; fol. 11v: Himmelskarte mit zwei antik gewandeten Figuren, die auf Sol (Clipeus mit Büste im Strahlenkranz) und Luna (Mondsichel) deuten mit Beischriften (bei Sol: »sol qoque … et cum recendet in undas …«); Sternbilder sind teilweise inschriftlich bezeichnet (z. B. unten links:

7. Berlin, Staatsbibliothek, SPK, Ms. Phillipps 1830 und 1832

Heridanus, dargestellt als Schlange, Cetus dargestellt als Schlange mit Hörnern und Fischschwanz, Altar als Leuchtturm über zwei Rundbögen, oben mit Flamme). Phillipps 1832: fol. 1r–9r: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) mit reichen Glossen fol. 9v–14v: Beda Venerabilis, De temporibus liber ( Jones ed. 1943) mit Korrekturen und Randbetreffen fol. 15r–15v: ursprünglich leer, Planisphäre und Zodiakalschema (11. Jh.) sowie Kreisschema des 19jährigen Mondzyklus (11. Jh.) fol. 16r–54v: Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) mit Rand- und Interlinearglossen fol. 48–55: (die 8. Lage nach der alten Lagenzählung, ist von anderer Hand beschrieben als die vorausgehenden Blätter und ist von der Glossierung ausgenommen) fol. 54v–55r: Hrabanus Maurus, De computo, Kap. 62 (Migne PL 107, 103), Gebet Domine rex virginum integritas amator (Rose ed. 1893, S. 291) sowie Übersetzungen aus Hippocrates und Isidor von Sevilla fol. 55v: Exzerpt aus Alkuin, Propositiones ad acuendos iuvenes (Folkerts ed. 1978, S. 13–80, Migne PL 90, 666) fol. 56v–78r: Beda Venerabilis, Chronica minora et maiora mit späteren Ergänzungen (von mehreren unterschiedlichen Händen) fol. 78v–80v: Adbreviatio cronicae (MGH SS II, S. 256) und als Füllsel in Dreiecksform die Texte Bissextus oritur a quadrante diei. id est. VI. horis sowie Saturnus magis exaltatur a terra in scorpione fol. 81–92: Lage 12 und 13 nach der alten Zählung sind im Format etwas kleiner (272 /283 × 240 mm) als die vorherigen fol. 81r: Excerptum de astrologia Arati (Dell’Era ed. 1974) mit Rasuren und Korrekturen fol. 81v–85v: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) zum Teil ausführliche Randglossen mit Verweisen auf die antiken Autoren Teil II : fol. 86r–92v: Phainomena des Germanicus mit Scholia Basileensia (Le Boeuffle ed. 1975, Dell’Era ed. 1979/I) dazu zwei Federzeichnungen, Fisch und Hund, Auszüge aus der Servius Georgica- und Aeneisauslegung, Annalistisches sowie auf der restlichen halben Seite unter dem Textende ein geistliches Schreiben (11. Jh.) (Rose ed. 1893, S. 293)

Kommentar Die aus den heute getrennten Manuskripten Phillipps 1830 und 1832 bestehende Berliner Sammelhandschrift gehört zur Gruppe der im zweiten Viertel des 9. Jahrhunderts nach höfischen Vorlagen hergestellten Kopien der Aachener Libri computi. Die ursprüngliche Ordnung des Codex ist heute gestört. So ging die auf fol. 11v–12r des Codex Phillipps 1830 befindliche Himmelskarte möglicherweise einst den beiden letzten, die Phainomena des Germanicus enthaltenden Lagen des heutigen Codex Phillipps 1832 voran. Für eine solche Annahme spricht, dass ähnliche Karten vor allem in den Germanicus-Handschriften überliefert sind. Außergewöhnlich dabei ist jedoch das große, zwei Blätter einnehmende Format der Himmelskarte.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Da sich die Lagen mit dem Germanicustext von den vorangehenden nicht nur durch einen abweichenden Schriftraum von 200 × 170 mm unterscheiden, sondern weil sie auch von einer anderen Hand beschrieben wurden, bildeten sie ursprünglich wohl einen eigenständigen Codex, der vielleicht erst nachträglich der Handschrift angefügt wurde. Inhaltlich zerfällt die Berliner Handschrift in zwei Teile. Der erste Teil, von dem die erste Lage verloren gegangen ist, birgt eine der christlichen Zeit- und Kalenderberechnung gewidmete Textsammlung. Sie enthält neben verschiedenen Werken des Beda Venerabilis und dem 19-jährigen Zyklen des Dionysius auch Tabellen und Beispiele zur Zeitrechnung sowie am Schluss Auszüge aus den Aachener Libri Computi von 809. Unter diesen befindet sich auch der illustrierte Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Der zweite Teil des Berliner Codex umfasst die Phainomena des Aratos in der lateinischen Übertragung des Germanicus. Dieser Text gehört zu dem nach der Karolingischen Handschrift Basel AN IV 18 bezeichneten zweiten Überlieferungszweig von Germanicus-Handschriften, zur sogenannten Basel-Madrider-Klasse, welche an der abschnittsweisen Erläuterung durch die sogenannten Scholia Basileensia zu erkennen ist. Den knappen Text des Sternkatalogs begleiten zwischen fol. 81v und fol. 85r insgesamt 43, in Federzeichnung mit Tinte ausgeführte Darstellungen der Sternbilder. Es handelt sich dabei ausnahmslos um kleinformatige Bilder, die stets zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund zwischen den in gelblicher Tinte einspaltig geschriebenen Text auf den Pergamentgrund gesetzt wurden. Die Darstellungen der Himmelswesen wurden nach der Niederschrift des Textes ausgeführt. Für sie hat man nach der Abhandlung eines Sternbildes jeweils einige Zeilen freigehalten. Die Bilder wurden dann in den freien Streifen eingefügt oder, wenn dieser wie etwa beim Schlangenträger auf fol. 82v, bei der Jungfrau auf fol. 83r oder bei Orion auf fol. 85r zu schmal war, neben den Text an den Rand plaziert. Auf die Angaben der Sternpositionen hat man ebenso wie auf eine farbige Ausgestaltung der Zeichnungen verzichtet. Auch wenn man den Bildern in der Berliner Handschrift deutlich weniger Platz zugestand, und die Zeichnungen einfacher als in vergleichbaren Kopien der Libri computi, etwa Rom Vat. lat. 645 oder Monza fol. 9. (176), ausgeführt wurden, folgte man nicht nur mit der einspaltigen Seitengestaltung, sondern auch in weiteren Einzelheiten dem höfischen Vorbild. Ikonographisch stimmen die Zeichnungen der Berliner Handschrift, mit Ausnahme geringfügiger Variationen, weitgehend mit den Sternbildern der Madrider Handschrift 3307 überein. Im Vergleich beider Bildzyklen lassen sich nur wenige Abweichungen feststellen. So wurde im Berliner Manuskript bei der Darstellung des Fuhrmanns auf fol. 83v die Ziege weggelassen. Ferner steht der rechte Zwilling auf fol. 83r mit überkreuzten Beinen, zeigt die Lyra auf fol. 84v ein Ornament, und die Öffnung der Urne des Eridanus weist nicht zur Seite, sondern nach vorn. Gegenüber Madrid 3307 wurden die Bilder von Cassiopeia und Andromeda gerade vertauscht. Dies spricht gegen eine unmittelbare Abhängigkeit von Madrid 3307 oder Monza fol. 9. (176), da dort Cassiopeia und Andromeda durch eine Seitengrenze getrennt sind. Der Entstehungsort der Berliner Handschrift lässt sich bisher nicht sicher feststellen. Für einen Ursprung in Reims, den auch Bischoff 1989 vermutet, sprechen allenfalls einige Indizien. Dazu zählen die bei einem Teil der Miniaturen sichtbaren Bodenlinien mit ihren angedeuteten bewegten Gräsern sowie die spitz zulaufenden Finger der Figuren, wie sie auch von anderen Reimser Handschriften bekannt sind. Des Weiteren bietet vielleicht die lilafarbene Tinte einen Anhaltspunkt für die Lokalisierung. Möglicherweise wurde der Codex von vornherein für Laon hergestellt.

7. Berlin, Staatsbibliothek, SPK, Ms. Phillipps 1830 und 1832

Verzeichnis der Bilder Ms. Phillipps 1830: fol. 11v–12r: Himmelskarte mit den in das Kreisschema eingepassten Sternbildern; außer-

halb des Schemas, an dessen unterem Rand links und rechts die Darstellungen von Sonne und Mond, Sol innerhalb eines Kreismedaillons als Büste mit Strahlennimbus, Luna als Mondsichel; darunter, in den Ecken des Blattes zwei große, von vorn gezeigte, in faltenreiche Gewänder gekleidete Männer, die Linke vom Schultermantel bedeckt, mit der erhobenen Rechten jeweils nach oben auf Sonne bzw. Mond weisend. Ms. Phillipps 1832: fol. 82r: Ursa maior (Großer Bär), auf einem welligen Bodenstück stehend, nach rechts gewandt, in Seitenansicht; Ursa minor (Kleiner Bär), auf einem welligen Bodenstück stehend, nach links gewandt, in Seitenansicht; Serpens (Drache), von der Seite gegeben, sich in fünf Windungen senkrecht aufrichtend, mit Drachenkopf und herausgestreckter Zunge; Hercules, nackte, muskulöse Gestalt, auf welligem Grund nach links orientiert kniend, den Oberkörper dem Betrachter zuwendend, über dem seitlich ausgestreckten linken Arm das Löwenfell, mit der Keule in der erhobenen Rechten zum Schlag ausholend. fol. 82v: Corona (Nördliche Krone), aus Lorbeerblättern gewundener Kanz, oben in der Mitte mit einem rhombusförmigen Edelstein besetzt und unten von einem vierfach gewundenen, schmalen Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten; Serpentarius (Schlangen­ träger), am linken Seitenrand, nackte, muskulöse Figur in Rückenansicht mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, die zweifach um seinen Körper gewundene Schlange mit beiden Händen am waagerecht abstehenden Kopf- und Schwanzende packend; Scorpius (Skor­ pion), in Aufsicht, mit langem Gliederschwanz, stachligem Körper und vier Beinpaaren, die schlanken Scheren zeigen nach rechts; Bootes (Bärenhüter), auf hügeligem Grund stehend, in eine zipfelige Tunika exomis gekleidet, von vorn, mit Blick und Bewegung nach links orientiert, mit der erhobenen Linken nach oben weisend, sich mit der Rechten auf ein langes Pedum stützend. fol. 83r: Virgo (Jungfrau), offenbar auf Grund der zu niedrigen Lücke am rechten Seitenrand ausgeführt, geflügelt, en face, nach rechts orientiert, in ein langes Unterkleid und ein knielanges Obergewand mit Ärmeln gehüllt, auf dem langhaarigen Haupt ein Diadem tragend, ein Ährenbündel in der Linken haltend, die Rechte vor der Brust erhoben; Gemini (Zwillinge), in einigem Abstand auf angedeutetem Boden nebeneinanderstehend, bis auf einen jeweils über den rechten Arm herabfallenden Schultermantel völlig nackt, jugendlich, der linke Zwilling trägt auf seiner verhüllten Linken die Lyra und greift sich mit der Rechten in Brusthöhe an den Mantelsaum, der rechte Zwilling hält die verborgene Linke leicht erhoben und stützt sich mit dem anderen Arm auf eine Lanze; Cancer (Krebs), mit nahezu quadratischem Körper, kurzen Beinen und gedrungenen Scheren in Aufsicht dargestellt, nach rechts gewandt, rechts daneben die beiden zu Seiten einer kastenförmigen Krippe auf einem angedeuteten Bodenstück stehenden Esel in Seitenansicht; Leo (Löwe), mit offenem Maul nach links springend. fol. 83v: Auriga (Fuhr­ mann), mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte, frontal auf dem in Seitenansicht gezeigten, zweispännigen Wagen stehend, in knielangem Ärmelgewand, mit einer in der erhobenen Rechten gehaltenen Peitsche die Pferde antreibend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden einander zugewandten Böckchen tragend und mit der Linken zugleich die Pferde zügelnd; Taurus (Stier), nach rechts lagernde Ganzfigur; Cepheus, von vorn, mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehend, den Kopf leicht nach links gewandt, mit Ärmeltunika, Stiefeln und Phrygiermütze bekleidet, zu seiner linken Seite an kurzem Band ein Schwert; Andromeda, vorderansichtig, zwischen zwei kantigen Felsen stehend, mit beiden Händen an den Stein gekettet, langhaarig, in ein langes, unten glockenförmig abschließendes Untergewand sowie eine doppelt gegürtete Tunika mit

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Bortenbesatz gekleidet, auf dem nach rechts geneigten Haupt eine spitz zulaufende Kopfbedeckung tragend. fol. 84r: Cassiopeia, mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Rückenlehne und Fußbank sitzend, den Kopf nach rechts geneigt, in ein langärmeliges faltenreiches Gewand mit Gürtel und Bortenbesatz gekleidet; Pegasus, mit geöffnetem Maul nach rechts gewandte, geflügelte Halbfigur mit abgerundetem Körperabschluss; Aries (Widder), nach rechts in Seitenansicht stehend, einen schmalen, eng anliegenden Reifen um die Körpermitte tragend, den Kopf dem Betrachter zuwendend; Trian­ gulum (Dreieck), aus mehreren ornamentierten Streifen zusammengesetzt; Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in entgegengesetzte Richtung schwimmend, von Maul zu Maul durch eine Schur miteinander verbunden; Perseus, nach rechts eilend, an den Füßen geflügelt, nackt, jugendliche Gestalt in Vorderansicht, die Phrygiermütze auf dem im Profil gegebenen Haupt, in der Rechten eine kurze, gedrungene Harpe, in der Linken das Medusenhaupt vor sich am Schopf gepackt haltend. fol. 84v: Lyra (Leier), aus einem gestuften schmalen Unterkörper und einem aus gedrungenen Hörnern gebildeten Körper mit Palmettenornament sowie einem Querstück zusammengesetzt, fünfsaitig; Cygnus (Schwan), vorderansichtig, mit ausgebreiteten Flügeln und seitwärts gerecktem Hals stehend; Aqua­ rius (Wassermann), nackte, jugendliche nach links blickende, in der Bewegung hingegen nach rechts orientierte Gestalt in Vorderansicht, mit Phrygiermütze und flatterndem Pallium bekleidet, mit seiner rechten Hand ein umgedrehtes Gefäß ausleerend, aus dem ein welliger Wasserstrahl austritt, die erhobene Linke vom Manteltuch verhüllt; Capricornus (Steinbock), in Seitenansicht gezeigtes, mit zurückgewandtem Kopf und übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagerndes Mischwesen aus Ziegenbock und gewundenem Fischschwanz; Sagittarius (Schütze), bärtiger, nach rechts eilender, bogenspannender Satyr; Aquila (Adler), nach links, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze nach links zeigenden Pfeil stehend. fol. 85r: Delphinus (Delfin), nach rechts schwimmend, daneben ein weiterer, von einer anderen Hand mit anderer Tinte gezeichneter Delfin; Orion, von vorn, mit Bewegung und Blick leicht nach rechts orientierter, breitbeinig stehender Jüngling, in eine kurze Ärmeltunika sowie einen langen, den linken Arm bedeckenden Schultermantel gekleidet, an seiner linken Seite ein Schwert hängend, die Rechte in Schulterhöhe erhoben, die linke Hand am Schwertgriff; Canis maior (Großer Hund), nach rechts springend, mit Halsband und geöffnetem Maul; Lepus (Hase), nach rechts springend, gefleckt; Argo Navis (Schiff), nach links gerichtete Ansicht des halben Schiffs vom gebogenen mit flatternden Bändern verzierten Heck, Steuerrudern bis hin zum Kreuzmast mit breitem Segel und kugelförmigem Abschluss sowie flatternden Bändern, Schiffsleib rechts in drei kugelbesetzte Sporne mündend; Cetus (Seeunge­ heuer), nach links lagerndes Seeungeheuer mit vorgestrecktem Drachenkopf, kurzen Vorderbeinen, dreifach verschlungenem Körper und aufgerichteter Schwanzflosse; Eridanus, als bärtiger, nach rechts lagernder Flussgott, mit dem rechten Arm auf eine liegende Urne gestützt, aus der ein Wasserstrahl austritt, im linken Arm ein langes Schilfrohr haltend, bis auf ein den Unterkörper und die Beine bedeckendes Tuch nackt. fol. 85v: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend; Ara (Altar), sich über einem Sockel erhebender, einfacher Kubus mit kleiner Flamme, in der Frontplatte ein rechteckiges Feld; Cen­ taurus, rechts neben dem Altar nach rechts schreitend, bärtig, in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, in seiner vorgestreckten Linken ein erbeutetes geflecktes Tier an den Hinterläufen empor haltend, in seinem rechten Arm ein doppelspitziger Speer; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), mit erhobenem Kopf nach rechts kriechende Wasserschlange in Seitenansicht, den henkellosen Mischkrug sowie den auswärts gewandten Raben auf ihren Windungen tragend; Corvus (Rabe), nach links gewandt; Crater (Mischkrug), in Form einer bauchigen Amphora mit Fuß und Henkeln;

7. Berlin, Staatsbibliothek, SPK, Ms. Phillipps 1830 und 1832 Anticanis (Vorhund), mit Halsband, nach rechts springend. fol. 86r: Von anderer Hand in anderer Tinte gezeichnete Darstellungen eines Fisches und eines Hundes.

Provenienz Bald nach ihrer Entstehung, etwa um 860, kam die Handschrift in die Bibliothek der Kathedrale von Laon, wo sie unter anderem von Martin Scottus rege benutzt wurde. Bis etwa 950 ist die Handschrift ebenda nachweisbar. Später gelangte der Codex in das Kloster Saint-Vincent zu Metz. Wie ein Eintrag auf fol. 1r von Phill. 1832, »Collegii Paris. Soc. IESU«, belegt, befand sich das Buch später im Pariser Jesuitenkolleg. Dort brachte der Bibliothekar J. Sirmond (1559–1651) ein Inhaltsverzeichnis auf einem Vorsatzblatt aus Papier an. Ferner wurde die Handschrift neu gebunden und erhielt als Signatur »Jes. M. L 61«. Nach Auflösung des Ordens bot man dessen Bibliothek im Jahre 1764 zum Verkauf an; Auf fol. 11r befindet sich ein Paraphé von der Hand eines Mesnil vom Juli 1783. Das Manuskript wurde von dem Holländer Gerard Meerman erworben. In dessen Bücherverzeichnis erscheint es unter den Nummern 716 und 718. Im Jahre 1824 gelangte das Buch in den Besitz von Sir Thomas Phillipps und durch Verkauf 1889 nach Berlin.

Literatur Rose 1893, I, S. 287–293; Thiele 1898, S. 157, fig. 67, S. 163–167; Kirchner 1926, S. 30–33, fig. 37; Weitzmann 1947, S. 84, fig. 65; Byvanck 1949, S. 216, Nr. 43, S. 226, Nr. 88; McGurk 1973, S. 197ff.; Contreni 1978, S. 124–130; McGurk 1981, S. 322, Anm. 43; Teitge/Stelzer 1986, Nr. 9, Abb. fol. 92v/93r; Bischoff 1989, S. 90; Borst 1994, S. 361; Munk Olsen 1982, I, S. 405–406. Siehe S. 74–75, Abb. 86–94

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Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88 Aratea des Germanicus Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Nordfrankreich (Saint-Bertin?), Ende 10./Anfang 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 370 × 280 mm, 11 Folia, Pergament, Handschrift unvollständig, Seiten dreispaltig eingeteilt: Text in der Mittelspalte und Kommentar in der Außenspalte in Karolingischer Minuskel.

Art der Bilder Die Phainomena werden durch insgesamt 29 Darstellungen illustriert: Jupiter auf dem Adler, Sternbilder, wobei der Bildzyklus unvollständig ist, Sol und Luna sowie eine Planisphäre; die Miniaturen sind in Deckfarbentechnik ausgeführt, paarweise übereinander angeordnet und ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt (Ausnahme fol. 10v: Sol); Position der Sterne zum Teil durch Punkte angegeben.

Inhalt fol. 1r: fol. 1vb: fol. 1v–11r:

fol. 8r:

leer Werinharius episcopus dedid sanctae Mariae Phainomena des Germanicus sowie Fragmenta III und IIa (LeBoeuffle ed. 1975) mit Interpolationen aus Avienus (Soubiran ed. 1981), am Rand kommentiert durch Scholien aus dem Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III). leer

Kommentar Der dünne Codex enthält nach der leeren Vorderseite des ersten Blattes den Text der Phainomena des Germanicus mit denselben Interpolationen aus Avienus wie sie auch der Karolingische Codex in Leiden Voss. lat. Q. 79 und dessen aus dem Kloster Saint-Bertin stammende Kopie, Boulognesur-Mer 188, enthalten. Doch ist er nicht wie seine beiden Vorgänger in einer Majuskelschrift, sondern in der gewöhnlicheren Minuskel geschrieben. Nach Bischoff 1989 wurde der Bernensis nach einer aus Corbie stammenden Karolingischen Handschrift in Paris, Ms. lat. 7886, korrigiert. Daneben wurde sein Text durch den Sternkatalog De signis coeli, dessen Ausführungen nach der Berner Handschrift gelegentlich auch Scholia Bernensia genannt werden, ergänzt. Heute ist der Berner Codex nur noch unvollständig erhalten: Es fehlen ein Doppelblatt im Inneren der ersten Lage zwischen fol. 3v und fol. 4r sowie ein weiteres Blatt nach fol. 7. Eine ganze Reihe von Indizien spricht dafür, dass das Manuskript ursprünglich mit dem heute in der Berner Burgerbibliothek auf bewahrten Codex 87, der Geometrie und Arithmetik des PseudoBoethius, von 1004 verbunden war. Beide Handschriften weisen dasselbe Format auf und wer-

8. Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88

den in einem Katalog gemeinsam erwähnt. Der ursprüngliche Codex vereinigte demnach handbuchartig verschiedene Texte zum Quadrivium. Die Miniaturen des Berner Germanicus folgen Zug um Zug der Handschrift Boulogne, Ms. 188, und stehen damit ikonographisch ganz in der Bildtradition des Leidener Codex Voss. lat. Q. 79. Allerdings sind die Miniaturen der Berner Handschrift ohne Rahmen und Hintergrund an den Seitenrändern neben dem Text angebracht. Der Bildzyklus des Berner Manuskripts hat sich nicht vollständig erhalten, allerdings folgt die Anordnung der Miniaturen ganz der vollständig tradierten Vorlage, wodurch die Verluste rekonstruiert werden können. Während die acht fehlenden Bilder vom Fuhrmann bis zum Dreieck vier Paare bildeten und vermutlich zwei Blätter einnahmen, füllten die fünf fehlenden Miniaturen am Schluss des Ms. 88, analog zum Codex Boulogne 188 zu je zweien und dreien die Vorder- und Rückseite eines Blattes. Die frei gebliebene Lücke auf fol. 8r war vermutlich für die Darstellung eines Planetariums gedacht. Vielleicht war die leere erste Seite für eine Himmelskarte vorgesehen, die dann, möglicherweise aus Versehen und abweichend von Boulogne 188, auf der letzten Seite des Bernensis ausgeführt worden ist. Nur gelegentlich erlaubte sich der Kopist ein Abweichen von seiner Vorlage, und die Veränderungen sind meist durch den Platzmangel infolge des geänderten, nunmehr schmaleren Buchformates bedingt: So kringelt sich die Schlange nicht mehr bei der Hand des Trägers, sondern schlingt sich kompliziert um dessen Körper. Bei Jupiter sind die Strahlen des Nimbus weggelassen, und sein Szepter verbreitert sich nach oben hin wie eine Fackel. Darüber hinaus wurde der Blitz in den Krallen des Adlers als ein Pfeil wiedergegeben, bei der Jungfrau fehlen die Flügel und an Bord der Argo hat der Maler ein Häuschen hinzugefügt. Außerdem hat der Miniator des Bernensis die Phrygiermütze des Perseus als Frisur verstanden, aus Platzmangel hält der rechte Zwilling die Lyra vor seinem Körper und der Adler die Flügel gesenkt. Da die Sternbilder ohne Rahmen und Hintergrund jeweils an den inneren Rand neben die Textspalte gestellt, und das quadratische Format der Vorlage durch ein Hochformat ersetzt wurde, sowie durch die erwähnte Wahl der Minuskel statt einer Majuskelschrift, ging das bibliophile Konzept der Leidener Handschrift Voss. lat. Q. 79, noch weiter als es schon bei der Handschrift in Boulogne, Ms. 188, zu bemerken ist, verloren. Daneben mangelt es der Berner Handschrift durch den nur in den ersten Bildern angegebenen, zudem unvollständigen und ungenauen Eintrag der Sterne am wissenschaftlichen Anspruch der Karolingischen Miniaturen, den das Vorbild in Boulogne noch gewahrt hatte. Dieses Defizit versuchte man möglicherweise durch die am Rand eingetragen Textergänzungen aus dem Sternenkatalog De signis coeli auszugleichen. Nach Boutemy 1958 soll das Berner Manuskript 88 um die Jahrtausendwende im Kloster Saint-Bertin von Boulogne 188 kopiert worden sein, was bei der großen Ähnlichkeit der beiden Handschriften überzeugt. Charakteristische Merkmale beider Handschriften sind die ornamentale Binnenzeichnung der Figuren mit Punktrosetten für die Brust und Spiralen für den Bauchnabel, daneben die Art der Schraffur oder die Perückenfrisuren. Doch stammen die Darstellungen der Himmelsgestalten wohl kaum von ein- und demselben Miniator, denn bei zahlreichen analogen Details ist die Ausführung des Bernensis insgesamt doch nachlässiger, vielfach vereinfacht und zeigt die Figuren in anderen Positionen. Im Vergleich zur Handschrift in Boulogne steht etwa Hercules im Bernensis aufrechter, ist die Bewegung des Perseus weniger ausgreifend, und die Gesichter von Sol und Luna wurden stärker gedreht. Darüber hinaus ist die Gestaltung des organischen Körpers ein Stück weiter aufgegeben. Die Kleider der Figuren passen sich, wie

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man an den Schmuckborten am Gewand der Jungfrau deutlich sehen kann, den Körperformen nicht an. Daneben zeigen die Gestalten im Bernensis kantigere Konturen und anatomisch unmögliche Drehungen. Des weiteren sind Tendenzen zur Abstrahierung, etwa bei den Blättern der Nördlichen Krone, oder auch zur Ornamentalisierung wie bei der Mähne des Löwen sichtbar. Vielleicht resultieren diese Veränderungen aus einer, im Vergleich zur Herstellung eines Exemplars für den Eigenbedarf, gewissen Nachlässigkeit beim Anfertigen einer Auftragsarbeit für den Export. Der Eintrag auf fol. 1vb, »Uverinharius episcopus dedid sanctae Mariae«, bedeutet lediglich, dass die Handschrift als ein Geschenk des Bischofs Werinhar vor 1028 in Straßburg eintraf. Dass der Codex Bernensis 88 auch in Straßburg entstand, ist unwahrscheinlich. Gleichzeitig mit diesem Manuskript verschenkte Werinhar, unter dem im Jahre 1015 der Bau des Münsters begonnen wurde, den 1004 in Luxeuil entstandenen Codex in Bern, Burgerbibliothek, Ms. 87 – und weitere Manuskripte. Darüber hinaus bestellte der Bischof von überallher Bücher für die Straßburger Kathedralschule, um dort eine Grundlage für das Studium der Artes liberales zu schaffen. Offensichtlich war noch zu Werinhars Zeit der Ruhm der Leidener Germanicushandschrift ungebrochen und ihr Aufenthaltsort bekannt. Dennoch wurde als Vorlage des Bernensis nicht etwa das Karolingische Original, sondern eine modernere Kopie gewählt. Verzeichnis der Bilder fol. 1v: Oben: Jupiter auf Adler, von einem Nimbus umgeben, mit Globus in der Rechten

und fackelartigem Szepter in der Linken, auf den ausgebreiteten Flügeln des Adlers lagernd, welcher auf einem nach rechts zeigenden Pfeil steht; Unten: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), Drache als Schlange, nach oben kriechend, in Seitenansicht, zwischen ihren Windungen die beiden mit den Bäuchen einander zugewandten Bären. fol. 2r: Oben: Hercules, mit vorgestrecktem rechten Bein frontal stehend, jugendlich, eine kurze, streifenbesetzte Tunika und Sandalen gewandet, ein Pedum in der rechten Hand haltend und ein Löwenfell über dem ausgestreckten linken Arm tragend; Unten: Corona borealis (Nördliche Krone), kreisrund, aus stilisierten Blättern geflochten, mit drei runden Steinen besetzt, unten in der Mitte von einem schmalen Band mit zur Seite wehenden Enden zusammengehalten. fol. 2v: Oben: Serpentarius (Schlangenträ­ ger), in Rückenansicht, mit beiden Füßen auf dem Skorpion stehend, jugendlich, nackt, die mehrfach um seinen Körper gewundene Schlange mit Drachenkopf anblickend und zugleich mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende packend; Unten: Bootes (Bären­ hüter), von vorn, in leichtem Ausfallschritt nach links geneigt, nach rechts blickend, bekleidet mit einer Tunika exomis, in der angewinkelten Rechten ein Pedum haltend, die Linke gleichsam grüßend erhoben. fol. 3r: Oben: Virgo (Jungfrau), en face, in prächtiger mit Zierborten besetzter und doppelt gegürteter Tunika, von ihrer linken Schulter und dem Arm fällt ein langes Manteltuch, leicht nach links blickend, aufwendige Frisur mit einer Rolle über dem Scheitel tragend, in ihrer gesenkten Rechten zwei Ähren und in der Linken den Caduceus haltend; Unten: Gemini (Zwillinge), einander zugewandt, nebeneinander stehend, in Vorderansicht, jugendlich, nackt bis auf Schnürsandalen sowie ein jeweils von der linken Schulter herabfallendes Manteltuch, auf dem Haupt eine Kappe mit Kreuz tragend, der linke Zwilling stützt sich mit der Rechten auf eine Keule, seine Linke ist vom Tuch bedeckt, der rechte Zwilling trägt mit der Linken vor dem Körper eine Harfe und hält in der Rechten einen Stab (vermutlich das Plectrum). fol. 3v: Oben: Cancer (Krebs),

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mit rundlichem Panzer, vier Beinpaaren, in Aufsicht; Unten: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul, übereinandergestellten Vordertatzen und geschlossenen Hinterbeinen nach links springend. (Im Anschluss fehlen: Auriga (Fuhrmann), Taurus (Stier), Cepheus, Cassiopeia, Andromeda, Pegasus, Aries (Widder) und Triangulum (Dreieck).) fol. 4r: Oben: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in unterschiedliche Richtungen schwimmend, an den Schwänzen durch ein Band miteinander verbunden; Unten: Perseus, nach links eilend, an den Füßen geflügelte, in Dreiviertelansicht vom Rücken her sichtbare Figur, nackt bis auf einen von der linken Schulter flatternden Mantel und eine turbanartige Kopf bedeckung, in der erhobenen Rechten einen am Ende gebogenen Stab (Harpe) schwingend und in seiner Linken ein kleines Medusenhaupt am Schopf gepackt vor sich haltend. fol. 4v: Oben: Plejaden, als individualisierte, mit Schmuck und differenzierter Haartracht versehene Frauenbüsten, sechs Büsten ohne Kopf bedeckung sind kreisförmig um eine siebte verschleierte Büste angeordnet; Unten: Lyra (Leier), aus einem Schildkrötenpanzer, zwei Hörnern sowie einem Querstück zusammengesetzt und mit elf Saiten bespannt. fol. 5r: Oben: Cygnus (Schwan), in Seitenansicht, mit ausgebreiteten Flügeln und vorgestrecktem Kopf nach rechts stehend; Unten: Aquarius (Wassermann), aufrecht stehender, nach links blickender Jüngling, von vorn, in Beinkleidern, flatterndem Manteltuch und phrygischer Kappe, mit beiden Händen eine über dem Kopf gehaltene Amphora ausleerend. fol. 5v: Oben: Capricornus (Steinbock), mit aufgestelltem linken und eingeknicktem rechten Bein, nach rechts lagernd, als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz; Unten: Sagittarius (Schütze), als nach rechts galoppierender, bogenspannender Zentaur in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, nackt bis auf ein von seiner linken Schulter nach hinten wehendes Fell. fol. 6r: Oben: Aquila (Adler), mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem nach rechts zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Del­ phinus (Delfin), mit aufgerichteter Schwanzflosse nach links schwimmend. fol. 6v: Oben: Orion : jugendliche, im Ausfallschritt stehende Rückenfigur, in eine knielange, gegürtete Tunika und Stiefel gekleidet, in seiner erhobenen Rechten das Pedum schwingend, die seitlich ausgestreckte Linke von einem Löwenfell bedeckt, zu seiner linken Seite ein am Gürtel befestigtes Schwert tragend, zwischen seinen Beinen der Hase; Unten: Canis maior (Gro­ ßer Hund), mit Strahlennimbus und hängender Zunge. fol. 7r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht der hinteren Schiffshälfte bis zum Mast, mit zwei Steuerrudern, sechs Rudern, das geschwungene Heck mit Aplustre und einer stehenden Gestalt geschmückt; an Bord ein kleiner schrägstehender Auf bau (?); Unten: Cetus (Seeungeheuer), nach links lagernd, den Hundekopf zurück zum einmal verschlungenen und dann aufgerichteten Fischschwanz wendend. fol. 7v: Oben: Eridanus, bärtig, langhaarig, in der Pose des antiken Flussgottes lagernd, die Beine von einem Tuch bedeckt, mit der Rechten zur Seite weisend, in seinem linken Arm ein Schilfrohr, mit der Linken auf eine Urne aufgestützt, aus der ein breiter Wasserstrahl austritt; Unten: Piscis magnus (Südlicher Fisch), auf dem Rücken liegend. (Im Anschluss fehlen: Altar, Centaurus, Wasserschlange mit Mischkrug und Rabe, Vorhund und die fünf Planeten.) fol. 10v: Oben: Sol, von vorn, auf einem von vier Pferden gezogenen Wagen stehend, nimbiert, in der Linken den Globus, die Rechte erhoben; Unten: Luna, nach links blickend auf dem nach rechts gewandten Ochsengespann, mit Nimbus und Mondsichel, mit beiden Händen eine Fackel ohne Feuer haltend. fol. 11v: Planis­ phäre, Die Himmelskarte entspricht genau der Vorlage in Boulogne-sur-Mer Ms. 188, fol. 20r.

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Provenienz Vermutlich bildete die Handschrift ursprünglich mit der Ps-Boethius-Handschrift in Bern, Burgerbibliothek, Ms. 87, die 1004 in Luxeuil entstand, einen Codex. Auf fol. 1vb hat sich der Eintrag »Uverinharius episcopus dedid sanctae Mariae« erhalten. Die Notiz verweist wohl auf Bischof Werinharius I. von Straßburg (1001–1028), der das Manuskript vermutlich zusammen mit den Berner Handschriften 128 und 169, welche die gleiche Widmung tragen, sowie mit weiteren Manuskripten an die Kathedrale schenkte. Der im Jahre 1508 von J. Wimpheling verfasste Katalog der Straßburger Bibliothek enthält einen Eintrag »Geometria ex Greco in latinum a Boecio translata« sowie »Proprietates et dispositiones signorum caeli«, der wohl mit dem Bernensis in Zusammenhang zu bringen ist. Durch Schenkung gelangte das Buch aus dem Straßburger Kapitel in den Besitz des Gelehrten Jacques Bongars (1554–1612). Nach dessen Tod kam seine gesamte Bibliothek in die Hände des Straßburger Juweliersohns Jakob Gravisset (1598–1658), wurde jedoch bis zu dessen Volljährigkeit durch den Heidelberger Rat Georg Michael Lingelsheim verwaltet. 1622 erhielt Gravisset die Bibliothek und stellte sie in Basel auf. Als Dank für die Verleihung des Berner Burgerrechts im Jahre 1624 schenkte er die gesamte Bibliothek der Stadt Bern. Die Bücher wurden 1632 dorthin überführt und in den Bestand der Burgerbibliothek aufgenommen. 1634 erschien der erste, von Samuel Hortinus zusammengestellte handschriftliche Katalog der ehemaligen Bibliothek Bongars.

Literatur Sinner 1760, I, S. 278–282; Breysig ed. 1867, S. XVII–XVIII; Hagen 1875 (Ndr. 1974), S. 108; Rahn 1876, S. 793–794; Bethe 1893, S. 102, Nr. 3; Thiele 1898, S. 83–84; Bloesch 1932, S. 96, 128; Byvanck 1949, S. 215, Nr. 39; Homburger 1953, S. 116–118 und Pl. 26 (Faks.); Boutemy 1957, S. 427–433; Ullman 1964, S. 263–285; Nordenfalk 1965, S. 300; Bischoff 1966, I, S. 58; Le Boeuffle ed. 1975; Gain ed. 1976, S. 2–8; Verkerk 1980, S. 266– 270 und fig. 3d, 5b, 6b, 9b, 11d; Reeve 1980, S. 518; Lott 1981/II, S. 147–158; Munk Olsen 1982, I, S. 406; Reeve 1983, S. 20; Bischoff 1989, S. 90; Mütherich 1989, S. 31–58; Obbema 1989, S. 13; Stückelberger 1994, Taf. 5; Blume 2009, S. 549. Siehe S. 114–115, Abb. 95–112

9.

Boulogne-sur-Mer, Bibliothèque municipale, Ms. 188 Aratea des Germanicus Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Kloster Saint-Bertin in St. Omer (Nordfrankreich), 10. Jahrhundert Kodikologische Angaben 360 × 300 mm, 33 Folia, Pergament, Blätter zweispaltig eingeteilt: Text stets in der rechten Spalte in Unziale und Capitalis Rustica, Majuskelinitialen in rot und grün, teilweise alternierend, Beischriften der Tafeln in Minuskelschrift.

Art der Bilder Zum Text der Phainomena insgesamt 43, in leuchtender Deckfarbentechnik ausgeführte Miniaturen der Planisphäre, von Jupiter und Adler, der Sternbilder und Planeten, dem Planetarium sowie von Sol und Luna; die paarweise übereinander gestellten (Ausnahme fol. 29v). Illustrationen wurden farbig gerahmt und mit einem Hintergrund versehen, Position der Sterne durch Goldpunkte angegeben.

Inhalt fol. 1r–19r: fol. 1r–7v: fol. 8r–10v: fol. 11r–19v: fol. 20r: fol. 20v–32r: fol. 32r–33r: fol. 33v:

Filocaluskalender von 354 Kalender Ostertafeln leer Himmelskarte Phainomena des Germanicus (Le Boeuffle ed. 1975) mit Interpolationen aus Avienus (Soubiran ed. 1981) Fragmenta III, V. 1–28, und IIa, V. 1–16, des Germanicus (Le Boeuffle ed. 1975) leer

Kommentar Das Manuskript Boulogne 188 vereinigt zwei Klassikertexte: zum einen Auszüge aus dem spätantiken Kalender des Filocalus von 354 und zum anderen die Aratea des Germanicus in einer Fassung mit Avienus-Interpolationen, wie sie erstmals im Leidener Germanicus-Codex Voss lat. Q. 79 und nachfolgend in dem vielleicht ebenfalls aus dem Kloster Saint-Bertin stammenden Berner Codex Ms. 88 sowie in einem unbebilderten Handschriftenfragment in Einsiedeln, Ms. 338, enthalten ist. Bei den Aratea handelt es sich um eine äußerst treue Kopie des Leidener Germanicus-Codex Voss. lat. Q. 79. Vergleicht man das Manuskript 188 mit seiner Vorlage, so wird auch bei der Kopie das Bestreben nach jener Gleichwertigkeit von Bild und Text, wie sie das Vorbild aufweist, deutlich. Denn in Boulogne stehen, nun allerdings paarweise, die Bilder ebenfalls dem einspaltig geschrieben Text gegenüber. Daneben ist die Position der Sterne mit großer Sorgfalt übertragen worden, obwohl sie im Text keine Erwähnung finden.

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Auf Grund einiger Varianten in Text und Bild, darunter der Tatsache, dass in Boulogne die in der Leidener Handschrift fehlenden Verse 142 sowie 145–46 vorhanden sind, wurde die entscheidende Frage nach dem Verhältnis beider Manuskripte zueinander aufgeworfen. Strittig war, ob es sich beim Ms. 188 um eine direkte Kopie oder um eine Schwesterhandschrift des Leidener Manuskripts, die mit diesem eine gemeinsame Vorlage teilt, handelt. Die Frage wird heute, vom Text her betrachtet, nicht endgültig, doch zugunsten einer direkten Abhängigkeit des Codex in Boulogne vom Leidener Manuskript entschieden. Dies bestätigt auch der Vergleich der Miniaturen. Die Seiten des Ms. 188 mit dem Germanicustext sind in zwei Spalten eingeteilt, wobei die Sternbilder immer die linke Spalte füllen. Je zwei, von einem gemeinsamen schmalen, roten oder gelben Rahmen eingefasste Miniaturen stehen vor einem blauem Hintergrund übereinander. Nur einmal, auf fol. 29v, sind gleich drei Sternbilder dargestellt. Mit Hilfe des Ms. 188 lässt sich eine recht genaue Vorstellung der heute verlorenen Bilder des Vossianus gewinnen. Durch die veränderte Anordnung ging jedoch- trotz Übernahme von Hintergrund und Rahmen – die großzügige Anlage des Leidener Vorbilds ein Stück weit verloren. Nach Boutemy war möglicherweise Abt Odbert (986–1008) von Saint-Bertin der Miniator des Ms. 188. Er hinterließ ein umfangreiches Œuvre, so die Handschriften in Boulogne-surMer, Ms. 11, Ms. 20, Ms. 107, in Saint-Omer, Ms. 3, Ms. 56, Ms. 168, Mss. 342–765, in New York, Pierpont Morgan Library, Ms. 333, und in Leiden, Ms. 190. Dabei orientierte sich der Abt ganz gezielt sowohl an antikisierenden Karolingischen Vorbildern, etwa an der Bibel Karls des Kahlen, als auch an der zeitgenössischen südenglischen Buchmalerei. Die naheliegende Vermutung einer Vorbildfunktion für den Sternbilderzyklus des Liber floridus in Gent, Bibl. de Rijksuniv., Ms. 92, den Lambert um 1120 in Saint-Omer zusammenstellte, lässt sich nicht bestätigen. Verzeichnis der Bilder fol. 20r: Planisphäre, Himmelskarte. fol. 20v: Oben: Jupiter, nimbiert, mit Globus und

Blitzbündel, auf dem mit ausgebreiteten Flügeln auf dem nach rechts zeigenden Pfeil stehenden Adler lagernd; Unten: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), in drei Windungen zwischen den mit den Bäuchen einander zugewandten Bären hindurch aufwärts kriechende Schlange in Seitenansicht. fol. 21r: Oben: Hercules, leicht nach links orientierte, bärtige Gestalt in Vorderansicht, mit Tunika exomis und Stiefeln bekleidet, in der angewinkelten Rechten ein Pedum haltend, über dem seitlich ausgestreckten Arm ein Löwenfell; Unten: Corona borealis (Nördliche Krone), aus Lorbeer gewunden, kreisrund, mit drei runden Steinen besetzt und unten in der Mitte von einem schmalen Band mit zur Seite wehenden Enden zusammengehalten. fol. 21v: Oben: Serpentarius (Schlan­ genträger), Scorpius (Skorpion), Schlangenträger mit beiden Füßen auf dem Skorpion stehend, vollständig nackt, in Rückenansicht, die vor seinem Körper sich aufrichtende Schlange anblickend und zugleich mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend; Unten: Bootes (Bärenhüter), jugendliche, mit einer Tunika bekleidete, aufrecht stehende Gestalt von vorn, in der angewinkelten Rechten ein Pedum haltend, die Linke gleichsam grüßend erhoben. fol. 22r: Oben: Virgo (Jungfrau), von vorn, prächtig in doppelt gegürtete knöchellange Tunika mit breiten Schmuckborten gewandet, geflügelt, ihr rechtes Bein unter dem Kleid nackt hervortretend, in der Rechten zwei Ähren, in der Linken den Caduceus haltend; Unten: Gemini (Zwillinge), in einigem Abstand nebeneinander stehend, einander leicht zugewandt, nackt bis auf Schnürsandalen sowie ein jeweils von der

9. Boulogne-sur-Mer, Bibliothèque municipale, Ms. 188

linken Schulter fallendes Manteltuch, auf dem Haupt eine Kappe mit Kreuz tragend, der linke Zwilling stützt sich mit der Rechten auf eine Keule, seine Linke ist vom Tuch verhüllt, der rechte Zwilling trägt seitlich neben sich eine Harfe und hält in seiner Rechten das Plektrum. fol. 22v: Oben: Cancer (Krebs), in Aufsicht, mit trapezförmigem Panzer; Unten: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul, übereinandergestellten Vordertatzen und geschlossenen Hinterbeinen nach links springend. fol. 23r: Oben: Auriga (Fuhrmann), mit Blick und Bewegung leicht nach rechts orientiert stehend, von vorn, mit Strahlenkrone, in langem bortenbesetzten Gewand und nach hinten wehendem Manteltuch, in der Rechten die Peitsche haltend, auf der linken Schulter die Ziege und auf der linken Hand die beiden Böckchen präsentierend; Unten: Taurus (Stier), mit eingeknicktem linken Vorderbein nach links lagernde monumentale Halbfigur. fol. 23v: Oben: Cepheus, von vorn, mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehend, als orientalischer König mit Tiara, Beinkleidern und einer langärmeligen bortenbesetzten Tunika mit flatterndem Mantel bekleidet; Unten: Cassiopeia, mit zur Seiten ausgebreiteten Armen und entblößter rechter Brust auf einem schräggestellten Kastenthron mit Rückenlehne und Fußbank sitzende Frau, in eine Tunika über einem Untergewand und ein um die Beine gehülltes Tuch gekleidet, das lange Haar von einer Tiara bedeckt. fol. 24r: Oben: Andromeda, zwischen zwei Felswänden stehend, mit den Armen an den Felsen gekettet, nur bis zur Hüfte vom Gewand bedeckt, nach rechts gesenkten Kopf, von dem das lange Haar nach hinten auf den Rücken herabfällt; Unten: Pegasus, geflügelte, nach rechts gewandte Halbfigur in Seitenansicht. fol. 24v: Oben: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach rechts durch einen Reifen springend; Unten: Triangulum (Dreieck). fol. 25r: Oben: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in unterschiedliche Richtungen schwimmend, an ihren Schwänzen durch ein Band miteinander verbunden; Unten: Perseus, nach links eilende, als an den Füßen geflügelte in Dreiviertelansicht vom Rücken gezeigte Himmelsfigur, nackt bis auf einen flatternden Mantel und eine Phrygiermütze, in der erhobenen Rechten ein Schwert haltend, in der gesenkten Linken ein kleines Medusenhaupt am Schopf empor hebend. fol. 25v: Oben: Plejaden, als durch Schmuck und Haartracht differenzierte Frauenbüsten, wobei sechs Büsten ohne Kopf bedeckung kreisförmig um eine siebte verschleierte Büste gestellt sind; Unten: Lyra (Leier), aus einem Schildkrötenpanzer, Hörnern sowie einem Querstück zusammengesetzt, zehnsaitig. fol. 26r: Oben: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und vorgestrecktem Kopf nach rechts stehend; Unten: Aquarius (Wasser­ mann), als Jüngling mit Beinkleidern, Mantel und phrygischer Kappe, mit beiden Händen eine Amphora leerend, aus der Wasser austritt. fol. 26v: Oben: Capricornus (Steinbock), mit aufgestelltem linken Vorderbein nach rechts lagerndes Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz; Unten: Sagittarius (Schütze), nach rechts galoppierender, bogenspannender Zentaur, nackt bis auf ein von der linken Schulter nach hinten wehendes Fell. fol. 27r: Oben: Aquila (Adler), mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem nach rechts zeigenden Pfeil stehend, Unten: Delfinus (Delphin), mit aufgerichteter Schwanzflosse nach links schwimmend. fol. 27v: Oben: Orion, im Ausfallschritt in Rückenansicht dargestellt, mit Tunika, Stiefeln, Pedum, Schwert und Löwenfell, zwischen seinen Beinen der Hase; Unten: Canis maior (Großer Hund), mit Strahlensonne und hängender Zunge, nach links springend. fol. 28r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht der Schiffshälfte mit Tauen und Rudern, das geschwungene mit einem Aplustre bekrönten Heck mit einer stehenden Gestalt geschmückt; Unten: Cetus (Seeungeheuer), mit zurückgewandtem Hundekopf nach links lagernd, den verschlungenen Fischschwanz aufrichtend. fol. 28v: Oben: Eridanus, mit wildem Haar und wassertriefendem Bart, zum Betrachter gewandt lagernd, sich mit dem linken Arm auf eine Urne stützend, aus der Wasser austritt, im linken Arm ein Schilfrohr, mit der Rechten zur Seite weisend; Unten: Piscis magnus (Süd­

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 licher Fisch), auf dem Rücken liegend. fol. 29r: Oben: Ara (Altar), in Form eines brennenden Räuchergefäßes mit drei Füßen; Unten: Centaurus, bärtig, in Seitenansicht, in seiner Rechten ein pantherartiges Beutetier an den Hinterläufen empor haltend, in der linken Hand eine Keule sowie ein flatterndes Fell haltend, in der linken unteren Bildecke ein Kranz (Südliche Krone). fol. 29v: Oben: Hydra, Crater, Corvus (Schlange, Mischkrug, Rabe), mit aufgerichtetem Kopf nach rechts kriechende Schlange in Seitenansicht, den Mischkrug und den auswärts gewandten, pickenden Raben in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf den Windungen tragend; Mitte: Anticanis (Vorhund), mit Halsband, nach links springend; Unten: Planeten, fünf Büsten mit Nimbus. fol. 30r: Tierkreis mit Planetarium, Kopie des Planetariums in Leiden, Voss. Q. 79, fol. 93v. fol. 32v: Oben: Sol, als nimbierte Gestalt in Vorderansicht, auf dem von vier Pferden gezogenen Sonnenwagen, in der Rechten den Globus, die Linke erhoben; Unten: Luna, nach links blickend auf dem nach rechts gewandten Ochsengespann, mit Nimbus und Mondsichel, in beiden Händen eine Fackel ohne Feuer haltend.

Provenienz Sehr wahrscheinlich stammt der Codex aus dem Kloster Saint-Bertin aus der Zeit des Abts Odbert von Saint-Omer. Allerdings findet das Buch im Katalog des Klosters aus dem Jahr 1104 keine Erwähnung.

Literatur Breysig ed. 1867, S. XI; Cat. gén. 1872, 4, S. 687–688; Riegl 1889, S. 62–63; Bethe 1893, S. 94, Nr. 3, S. 102, Nr. 3; Thiele 1898, S. 82–83, fig. 17, 53, 58, 59; Breysig ed. 1899, S. XI; Wilmart 1924, S. 181; Boeckler 1930, S. 58; Heliot 1934, S. 7–8, 32–33; Boutemy 1946, S. 337; Lesne 1938, 4, S. 236–241, 265; Byvanck 1949, Nr. 38; Homburger 1953, S. 116– 118; Stern 1953, S. 27ff., 47ff., 191, 249 und passim sowie Taf. 23, 24, 36; Kat. Paris 1954, S. 53, Nr. 114; Boutemy 1957, S. 427–433; Le Boeuffle ed. 1975, S. XXXVI, XLVI–XLVII; Gain ed. 1976, S. 2–8; Koehler/Mütherich 1971, 4, S. 81, 108–116; McGurk 1973, 200; Verkerk 1980, S. 245–287, bes. S. 270–275 sowie Taf. 2b, 3c, 5a, 6a, 9a, 11c; Lott 1981/II, S. 147–158; Soubiran ed. 1981, S. 85–86; Eastwood 1983, S. 7–9; Reeve 1980, S. 508–522, bes. S. 518; Reeve 1983, S. 20; Munk Olsen 1982, I, S. 406–407; Bischoff 1989, S. 90; Mütherich 1989, S. 31–58; Obbema 1989, S. 11–13; Jeudy/Riou I, 1989, S. 308–309; Kat. Utrecht 1996, S. 200; Haffner 1997, passim, Abb. 13, 31, 84; Blume 2000, S. 237; Blume 2009, S. 548. Siehe S. 112–113, Abb. 113–134, Taf. 1–3

10.

Cambridge, Trinity College, R.15.32 (olim: 945) Astronomisch-komputistische Sammelhandschrift Lücken für Sternbilderdarstellungen zu Hyginus De astronomia Winchester, Zweites Viertel 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 210 × 155 mm, 217 Paginae (bzw. 111 Folia), Pergament, Text einspaltig zu 25 Zeilen in Karolingischer Minuskel.

Art der Bilder Im Hyginus–Text sind Freiräume für Illustrationen gelassen; jedoch sind nur vier Sternbilder, auf p. 102, 104, 109, 114 als Federzeichnungen ausgeführt .

Inhalt fol. 1:

Auszug aus Aratus Latinus: »Involutio Sperae, Duo sunt extremi vertices mundi« fol. 2: Abbo, Sententia Abbonis de differentia circuli et sperae (mit Diagramm) fol. 3v: Abbo, De cursu VII planetarum per zodiacum circulum fol. 6v: Diagramm: cursus lunae per XII signa p. 13–38 (fol. 7r–18v): Kalendar p. 39–135 (fol. 21r–70r): Hyginus, De Astronomia p. 136–165: Martianus Capella, Martianus minei felicis capellae Cartaginensis de astrologia liber inc. (mit Interlinearglossen; P. 165 radiert und von einer Hand des 12. Jhs. überschrieben) p. 166–199: (Helpericus), Expositio compoti p. 200–212: Abbo. Inc. exerptio Abbonis ex igino de figuratione signorum p. 213 (fol. 109r–110v): Auszug aus Ciceros Aratus–Übersetzung.

Kommentar Die astronomisch-chronologisch ausgerichtete Handschrift in Cambridge R. 15.32 (olim: 945) enthält unter anderem einen Hyginus Text mit Lücken für Illustrationen im dritten Buch. Der astronomische Schwerpunkt der Texte, sowie das Interesse für das dritte Buch von De astronomia, lässt auf eine Verwendung im Artes Studium schließen und entspricht den französischen Hyginus-Handschriften. Der Hyginustext schließt sich mit den Handschriften ehem. Chartres 498, Leiden Voss. lat. Q. 92, London Harley 2506, London Royal 12 C. IV (Rochester, 12. Jh.) zusammen (nach Viré Gruppe b). Von diesen enthält nur der in Frankreich entstandene Leidener Codex zu Hygin Illustrationen, die beiden englischen Schwesterhandschriften sind nicht illustriert. Von den vorgesehenen Sternbildern wurden lediglich vier Darstellungen – Pegasus, Stier, Fische und Südlicher Fisch – als Zeichnungen ausgeführt. Während die beiden Fischbilder

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gleichzeitig zum Text entstanden sein könnten, zumal die Tinte des Zeichners der Tinte des Schreibers farblich entspricht, scheinen die beiden anderen Zeichnungen nachträglich eingefügt. Vielleicht war dies im 12. Jahrhundert, als auch der Text überarbeitet wurde, wie am Schluss des Martianus-Traktates (p. 165) deutlich zu erkennen ist. Dabei hatte der Zeichner wohl Muster aus verschiedenen Zusammenhängen vor Augen: So könnte Pegasus seinem von der Schnauze teilweise bedeckten Flügel nach von einem De signis coeli Zyklus entnommen sein. Das in ein Medaillon eingefügte Bild des Stiers erinnert an Tierkreiszeichen im Zusammenhang von Kalendern. Verzeichnis der Bilder p. 102: Pegasus, nach links galoppierende vordere Hälfte eines geflügelten Pferdes, wäh-

rend der eine abgesenkte Flügel teilweise durch den Kopf überschnitten wird, ist der andere Flügel zum Flug ausgebreitet. p. 104: Taurus (Stier), nach links springend, ganzfigurig, mit geneigtem Kopf und langen Hörnern, sein blattartig ausgeformter Schwanz überschneidet das Medaillon, das ihn eng umschließt. p. 109 (fol. 57r): Pisces (Fische), übereinander, der obere nach links, der untere nach rechts im Wasser schwimmend, durch ein Band von Maul zu Maul verbunden. p. 114 (fol. 60v): Piscis nothius (Südlicher Fisch), nach links in durch Wellenlinien angedeutetem Wasser schwimmend.

Provenienz Kalendar von Winchester, darin auf fol. 16v eine Tabelle, die mit dem Jahr 1025 beginnt.

Literatur James, Bd. 2, 1901, Nr. 945, S. 363–366; Van de Vyver 1935, S. 140–141; Wormald 1952, Nr. 19, S. 64; Ker 1957, Nr. 90, S. 135; Leonardi 1960, Nr. 33, S. 25–26; Virè 1981, Nr. 14, S. 165; Munk Olsen 1982–1989, Hyg. C. 7 u. Cic. C. 603. Siehe S. 121, Abb. 135–138

11.

Chartres, Bibliothèque municipale, Ms. 498 (Kriegsverlust) Teilabschrift der Astronomia des Hyginus im Heptateuch des Thierry von Chartres Sternbilderdarstellungen nicht ausgeführt Chartres, um 1140–50 Kodikologische Angaben 380 × 225 mm, 246 Folia, Pergament, zweispaltig in Karolingischer Minuskel

Art der Bilder Der zweite Band des Heptateuchon des Thierry von Chartres, einer enzyklopädischen Sammlung von Grundlagenwerken zu den Artes liberales, enthält auch eine Teilabschrift der Astronomia des Hyginus. Diese wurde zur Aufnahme von Sternbilderdarstellungen vorbereitet, die jedoch nicht mehr ausgeführt wurden.

Inhalt Die beiden Bände Chartres Ms. 497 und Ms. 498 enthalten eine umfangreiche Sammlung von Texten zu den sieben Artes liberales, die von Gillian Evans (1983, S. 5–13) vollständig aufgeführt wurden. Zur Astronomie finden sich folgende Werke: fol. 170v–173v: Hyginus, De astronomia bis II, 4 (Viré ed. 1992) fol. 174r–184r: Praeceptum canonis Ptolemaei (Pingree ed. 1997) fol. 184v–197r: Praeceptum canonis Ptolemaei. Tabellen. fol. 198r–246r: Al-Khwarizmi, Liber Ezich (lat.), in der Übersetzung von Adelard von Bath (Suter ed. 1914, S. 1–31), ohne die Kalendertafeln Die in der Inhaltsübersicht fol. 1v genannte Mathesis des Firmicus Maternus hätte vor oder nach Hyginus eingefügt werden können. Nach fol. 173v ging offenbar etwas verloren, der Umfang der Lücke kann nicht genau bestimmt werden.

Kommentar Das Heptateuchon des Thierry von Chartres ist eine Sammlung von Grundlagentexten zum Studium der Artes Liberales. Die versammelten Werke bilden praktisch eine Handbibliothek in zwei großen Bänden. Die Qualität der Texte ist durchgehend hoch, die Auswahl vereinigt »Klassisches« mit Aktuellem. Im Vorwort bezieht sich Thierry von Chartres ausdrücklich auf die Vorbilder Varro, Plinius und Martianus Capella. Vor allem Martians De nuptiis Mercurii et Philologiae lieferte das Modell für das Unternehmen. Allerdings ist die Abfolge der Wissenschaften eine andere als dort. Dass Hyginus hier neben den aktuellen bzw. aktualisierten Tabellenwerken als der grundlegende Text zur Astronomie erscheint, belegt seine Rolle im Artesstudium der Zeit. Aufschlussreich bezüglich der Haltung zur Astrologie ist ferner die geplante Aufnahme der Mathesis des Firmicus Maternus, des wichtigsten Grundlagentextes zur antiken Astrologie. Burnett (1984, S. 133) nennt als wesentliche Quelle eine Handschrift wie London, BL, Harley 2506 (s. u.).

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Die große enzyklopädische Textsammlung Thierrys wurde nicht vollendet. Die Astronomie als letzte der behandelten Wissenschaften zeigt den unfertigen Zustand am deutlichsten, durch die nur zum Teil vollendete Abschrift des Hyginus-Textes. Die Bildausstattung des Codex wurde ebensowenig ausgeführt wie die geplanten Initialen. Zudem fehlen hier die meisten der Überleitungstexte oder kurzen Einleitungen zwischen den Einzelwerken. Lediglich ganz zu Beginn, im Abschnitt zur Grammatik, finden sich solche Überleitungen von Thierry (vgl. Evans 1983, S. 2f.). Die restliche Handschrift zeigt viel freigelassenen Platz für solche Ergänzungen. Auch Raum für Illustrationen wurde vorgesehen, fol. 143–147 des zweiten Bandes sollte geometrische Figuren erhalten, der Hyginus-Text ist ebenfalls für die Aufnahme von Bildern eingerichtet. Zudem kann vermutet werden, dass die beiden leeren Seiten vor De astronomia eine Einleitung zur Astronomie aufnehmen sollten. Die Einschätzung von Viré, dass Thierry von Chartres die weitere Kopie des Hyginus–Textes abbrach, da ihn die mythologischen Themen nicht weiter interessierten, erscheint wenig wahrscheinlich. Die Entscheidung, welche Teile des Werkes aufgenommen werden sollten, wäre mit Sicherheit vor dem Anfertigen der Abschrift gefallen, wie überhaupt die ganze Anlage des Heptateuchon einen stringenten, wohldurchdachten und mit Vorraussicht angelegten Plan erkennen lässt. In Anbetracht des durchgehend unvollendeten Zustands des Gesamtprojektes erscheint es als wahrscheinlicher, dass die Abschrift von De astronomia zusammen mit der gesamten Arbeit an der Sammlung abgebrochen wurde. Vor allem die Aufnahme von Übersetzungen aus dem Arabischen, die erst seit kurzem zur Verfügung standen zeigt die Aktualität der beiden Bände. Dabei handelt es sich nicht um ein Lehrbuch im eigentlichen Sinne, wie schon Umfang und Aufwand belegen, die einer weiteren Verbreitung im Wege gestanden haben würden. Die Bedeutung der Handschrift innerhalb der Entwicklung der Sternbilderdarstellungen liegt darin, dass sie den Stellenwert des Hyginustextes im 12. Jahrhundert durch die Aufnahme in diese wohldurchdachte Sammlung grundlegender Artes-Texte erkennen lässt und dass den Bildern dabei Raum und damit Relevanz für das Studium der Astronomie eingeräumt wurde. Provenienz Die Handschrift gelangte aus dem Besitz des Autors Thierry von Chartres an die Kathedrale, in deren Bibliothekskatalog vom Ende des 15. Jahrhunderts sie sich als Nr. 82 identifizieren lässt. Durch Kriegseinwirkung 1944 weitgehend verbrannt. Drei Mikrofilme im Institut de Recherche et d’Histoire des Textes, im Pontifical Institute of Medieval Studies in Toronto und im Kloster Mont-César in Leuwen sowie Fragmente sind erhalten.

Literatur Catalogue de manuscrits de Chartres 1840, S. 29–36; Catalogue Général 1890, S. 212–214; Suter 1914, S. 1–31; Delaporte 1929, S. 34, Nr. XCII; Catalogue Général 1962, S. 27; Jeanneau 1954, S. 171–175; Leonardi 1960, S. 29–30, Nr. 40 (mit weiterer Literatur); Destombes 1962, S. 345; Fitzgerald 1974, S. 193–204; Häring 1974, S. 287, 292; Viré, La transmission 1981, Nr. 15, S. 165 und 226–228; Munk Olsen 1982, S. 163, 527; Evans 1983, S. 1–13; Burnett 1984 S. 127–159; Jeudy/Riou 1989, S. 450–455; Pingree 1990, S. 370; Toneatto 1994, Bd. 1, S. 447–457. Siehe S. 120

12.

Dijon, Bibliothèque municipale, Ms. 448 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Loire-Gegend (Saint-Evre, Toul?), 1. Hälfte 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 275/280 × 175/180 mm, 211 Folia, Pergament, Text einspaltig (nur fol. 67v–71r zweispaltig) von verschiedenen Schreiberhänden (auf fol. 93v nennt sich ein sonst nicht bekannter Schreiber Wicfridus) in Karolingischer Minuskel.

Art der Bilder Neben zahlreichen komputistischen und naturkundlichen Schemazeichnungen enthält die Handschrift auf fol. 76r auch eine farbige Weltkarte. Zwischen fol. 63v und fol. 71r die in Federzeichnung mit brauner Tinte ausgeführten Darstellungen der Planisphäre mit den Büsten der Planeten sowie von Sonne und Mond, des Zodiakus, der zwölf Tierkreiszeichen sowie zum Text des Sternkatalogs insgesamt 40, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Konstellationen, die stets zu Mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt wurden, Position der Sterne durch rote Punkte angegeben.

Inhalt fol. 1r:

Auszug aus Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1943, S. 184– 185, Zeile 47) fol. 1r–2r: Astrologische und medizinische Notizen Nota astrologica seu praedictiones de anno 1187; De embolismo fol. 2v–28v: Texte zum Computus; Ps-Beda, De argumentis lunae libellus (Migne PL 90, 701–728); Acta concilii Caesariensis; Cyclus annalis; Argumentum ad regulares etc. fol. 29r–35r: Sententiae sancti Augustini et Isidori in laude computi (Migne PL 90, 647–652, 653–664, Cordoliani 1943/II) fol. 35v–37v: De nominibus stellarum; De XII signis; De interlvnio lvne (Vgl. Paris, BN, Ms. lat. 8699, fol. 50v–51v) fol. 37v–47v: Isidor von Sevilla, De natura rerum (Fontaine ed.1960) fol. 48r–62v: Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.); Annales Sancti Benigni Diuionensis (teilweise in Migne PL 141, 883) fol. 63r–63v: Kreisschemata (Vgl. Paris, BN, Ms. lat. 7361, fol. 9) fol. 64r–71r: Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III) fol. 71v–72r: Ps-Hyginus Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312; Manitius 1898, S. 393–398) fol. 72v–87r: Astronomisch-komputistische Texte und zahlreiche Schemata, darunter fol. 80v: Agius von Corvey Versus de Ciclo Pasche Magno a. 863 (Könsgen ed. 1979, S. 70–72) fol. 88v–92v: Calendarium; Ausonius, Eclogarum liber (Peiper ed. 1886, S. 102); Alexander de Villa Dei, Massa computi, späterer Zusatz

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fol. 93r: fol. 93v: fol. 94r–107v: fol. 108r–172v: fol. 173r–176v: fol. 176v–181r: fol. 186r–188r: fol. 188v–195v: fol. 196r–200v: fol. 201r–203v: fol. 204r–206v: fol. 207r–211:

Calbulus Grammaticus, Carmina (Dümmler ed. 1884, II, S. 257) Auszug aus dem Epitaphium Dungali Scotti Helpericus Auctissiodorensis, Ars calculatoria seu Liber de computo (Dümmler/Perels ed. 1902–25, S. 117, Nr. 7, 8; Migne PL 137, 19–48) Beda Venerabilis, Chronica maiora; De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) Beda Venerabilis, De temporibus liber ( Jones ed. 1943) Ps-Beda, De embolismorum ratione computus seu Abbo Floriacensis Computus uulgaris (Migne PL 90, 799) (Vgl. Paris, BN Ms. lat. 7418 A, fol. 37) Astronomisch-komputistische Texte Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) Komputistisches; Wichram Sangallensis, Computus; Argumentum ad XL inueniendam per epactam Annales Sancti Benigni Diuionensis, Ergänzungen des 12. Jh. (Migne PL 141, 883, 875–898, MGH SS 5, 37–48)

Kommentar Die Handschrift Dijon 448 enthält eine umfangreiche und vielteilige Textsammlung zum Komputus, in die neben den seit Karolingischer Zeit üblichen Texten auch zeitgenössische Beiträge, etwa des Helpericus von Auxerre oder Abbo von Fleury, aufgenommen wurden. Daneben zeichnet sich das Manuskript durch ein besonderes Interesse an didaktischer Anschauung aus. Unter zahlreichen Schemata, die den Text begleiten, fällt eine große in Deckfarben ausgeführte Weltkarte auf fol. 76r auf. Inmitten der Sammlung befindet sich zwischen fol. 63r und fol. 71r eine ganze Reihe in brauner Tinte ausgeführter astronomischer Zeichnungen. Die Illustrationen sind thematisch in Planeten, Tierkreiszeichen und Konstellationen getrennt, wobei alle Kategorien jeweils unterschiedlichen Bildtraditionen folgen. An erster Stelle stehen auf fol. 63v die Planeten, deren schematisch dargestellte Bahnen in der Abfolge der Sphären um die zur Gruppe geordneten Büsten der Planetengötter sowie um Sonne und Mond ergänzt wurden. Dabei verweist die Zusammenstellung der Büsten auf die Tradition des in den ausführlichen AratosHandschriften enthaltenen Planetengruppenbildes. Gleichsam als Einleitung oder Übersichtsbild zu den Illustrationen des Tierkreises folgt auf fol. 64r ein figürlich ausgestaltetes Schema des Zodiakus, dessen Mitte von der Schlange und den Bären eingenommen wird. Von den ohne Trennlinien ringförmig aneinandergereihten Zeichen unterscheiden sich einige von den nachfolgend auftretenden Typen der Tierkreiszeichen, wie z. B. der Schütze oder der nackte Wassermann, andere stimmen überein wie die Zwillinge mit der entsprechenden Darstellung unter den Konstellationen. Dies muss aber nicht unbedingt darauf hinweisen, dass der Maler die Darstellungen eigens für dieses Bild zusammengetragen hat, da die Ikonographie des zusammenhängenden Tierkreises auch in anderen Handschriften von der Ikonographie der Einzelbilder abweicht. Dagegen ist die Fülllung des Tierkreises ohne Parallele unter anderen Handschriften, und lässt die Absicht erkennen, den Tierkreis in Form einer Karte topographisch zu definieren. Dazu passt auch der Titulus »Plaga septentrionalis« (nördliche Himmelszone). Das Interesse für topographische, oder kosmologische Zusam-

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menhänge zieht sich durch die gesamte Handschrift, wie die Weltkarte auf fol. 76r und kartographische Schemata, z. B. fol. 74r, verdeutlichen. So findet sich auf fol. 73v auch ein weiteres Schema der Planetenbahnen, das auf den Angaben von Martianus Capella fußt, obwohl dieser Text in dem Codex gar nicht enthalten ist. Zu sehen sind die exzentrischen Umlauf bbahnen der Planeten sowie die circumsolare Bahn von Venus und Merkur. (Eastwood 2002) Hier wird deutlich, dass das Material für dieses Handbuch aus verschiedenen Vorlagen zusammengetragen wurde. Im Anschluss an die karthographische Wiedergabe des Tierkreises auf fol. 64r wird merkwürdigerweise das polare Gestirn des Drachen mit den Bären wiederholt. Hieran schließen sich die in großformatigen Zeichnungen einzeln vorgeführten Tierkreiszeichen an, um die herum die entsprechenden Passagen des Sternkatalogs einspaltig geschrieben wurden. Es scheint, als ob der Text die Zeichnungen lediglich kommentiert. Wie die Bilder der Zwillinge auf fol. 65v oder die des auf dem Rücken liegenden oberen Fisches auf fol. 67r verdeutlichen, folgen diese Illustrationen ikonographisch dem auf den De signis coeli-Zyklus aus Fleury zurückgehenden Bildtypus wie er auch in der Handschrift in Rom, Ms. Vat. Reg. lat. 123, zu finden ist. Interessanterweise werden auch im Reginensis lat. 123 die verschiedenen Sterntypen voneinander geschieden. An die großfigurige Präsentation des Tierkreises schließt sich dann der komplette Bildzyklus zum Sternkatalog De signis coeli an. Die insgesamt vierzig, in einfacher Federzeichnung mit Tinte ausgeführten Bilder sind in zwei Spalten stets zu Mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt, was im Vergleich zu den Tierkreisbildern zuvor auf eine Abstufung dieser Bilder weist. Die Ikonographie des Sternbilderzyklus ist der älteren Bildfolge der Aachener Libri computi entnommen. So verweisen die Zeichnungen der Nördlichen Krone auf fol. 67v, des Seeungeheuers mit seinen langen Flossen auf fol. 70v oder des als klassischer Flussgott lagernden Eridanus ebenda auf einen Zusammenhang mit den Illustrationen des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis wie er auch in den Handschriften in Madrid, Ms. 3307, und Rom, Ms. Vat. Reg. lat. 309, begegnet. Besonderheiten wie die Darstellung der Bären und des Drachen in getrennten Bildern, des von vorn und ohne den Baum der Hesperiden dargestellten Hercules sowie der bis auf einen Schultermantel vollständig nackten Zwillinge sind vergleichbar mit den entsprechenden Miniaturen der Madrider Handschrift Ms. 3307. Das Umarmungsmotiv der Zwillinge, der auf einem seitlich gezeigten Wagen frontal stehende Fuhrmann auf fol. 68v oder der Schütze als Kentaur finden ihre Parallele dagegen in der Vatikanischen Handschrift Vat. Reg. lat. 309. Wie schon bei den Illustrationen zum Tierkreis wurden, wenngleich nicht ganz exakt, auch in die Bilder der Konstellationen die Sterne als kleine rote Punkte eingetragen. Auffällig ist die Angleichung zweier Sternbilder an christliche Bildtypen. In der Gegenüberstellung der Tierkreiszeichen Waage und Jungfrau auf fol. 66r gleicht die ungeflügelte linke Jungfrau in Gestalt und Gestik einem Verkündigungsengel, und im Sternbilderzyklus thront Cassiopeia auf fol. 69r wie ein Pantokrator. Die Handschrift Dijon 448 zeugt von einem wohldurchdachten Umgang mit verschiedenen Vorlagen. Für die Bilder des Zodiakus und der Konstellationen wurde auf zwei verschiedene Sternbilderzyklen zurückgegriffen; Die Wahl der Vorlage dient der astronomisch/astrologisch begründeten Einstufung der Bilder. Offensichtlich wurden die beiden als Vorbild dienenden Bildzyklen ohne den jeweiligen Text, vielleicht in Form ungebundener Bildlagen oder Libelli, übermittelt (wie Landes 1983 dies für die Verbreitung komputistischer Texte bereits vermutete).

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Beide für den Dijoner Codex 448 als Vorlage verwendeten Bilderreihen waren in Fleury vorrätig. Vielleicht ging von dort eine regelrechte Kampagne aus, Sternbilderdarstellungen mittels Libelli unter den Reformklöstern zu verbreiten. Wegen der im Kalendar (fol. 88r–92v) aufgeführten zahlreichen Heiligen aus Toul vermutet Könsgen die Entstehung der Handschrift in dieser Gegend, am ehesten im Kloster St. Evre, dessen Weihe am 2. September eigens erwähnt wird (fol. 91r). St. Evre wurde um 930 von Fleury aus reformiert, und hatte unmittelbar danach auch einen Abt aus Fleury, so dass die vermutete Herkunft der Bilder historisch durchaus begründet wäre. Um 1000 wurde das Kloster erneut, dieses Mal durch Wilhelm von Volpiano, dem Abt von St. Benigne in Dijon, reformiert. Auf Dijon weisen einige im Kalendar (fol. 88v–92v) vermerkten Heiligenfeste, besonders der Eintrag »Natalis sancti Benigni« zum ersten November. Im Rahmen der Beziehungen zu Dijon dürfte die Handschrift dorthin gelangt sein. Als Anhaltspunkte für eine Entstehung in Dijon im Jahr 1062 reichen die Kalendereinträge indes nicht aus. Ferner findet sich für den Stil der Zeichnungen, für die charakteristischen Figuren mit ihren Hohlkreuzen und vorgeschobenen Bäuchen unter den frühen illustrierten Handschriften aus Saint-Bénigne kein Vergleich. Neben Toul und Dijon wurde auch die Abtei Saint-Pierre und Paul in Bèze als Entstehungsort vorgeschlagen. Die Begründung hierfür basiert im Wesentlichen auf den auf fol. 1v, 206v sowie 211r von einer Hand des 11. Jahrhunderts hinzugefügten und auf diese Abtei verweisenden Notizen. Verzeichnis der Bilder fol. 63v: Kreisschema der Planetenbahnen in der Abfolge der Sphären, erweitert um die als Gruppe scheinbar hinter dem Sphärenschema in einer Reihe nebeneinander stehenden Büsten der sieben Planeten; im Zentrum der Gruppe Saturn, zu seiner Rechten Sol und die erdfernen Planeten Mars und Jupiter, zu seiner Linken Luna und die erdnahen Planeten Merkur und Venus. fol. 64r: Kreisschema zum Tierkreis, Tierkreiszeichen auf einem schmalen Band ringförmig um die Konstellation der Schlange zwischen den Bären angeordnet. fol. 64v: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), in Seitenansicht gezeigte, in drei Windungen aufwärts kriechende Schlange zwischen den Bären. Tierkreiszeichen: fol. 65r: Oben: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach links springend, den Reifen eng um die Körpermitte tragend; Unten: Taurus (Stier), mit eingeknicktem rechten Vorderbein nach rechts gewandt liegende Halbfigur. fol. 65v: Gemini (Zwillinge), von vorn, nebeneinanderstehend, mit knielanger, faltenreicher Tunika, Beinkleidern und Pallium bekleidet, sich jeweils mit der äußeren Hand auf eine aufgestellte Lanze stützend, die andere Hand waagerecht vor den Bauch haltend. fol. 66r: Oben: Cancer (Krebs), mit den Zangen nach oben gerichtet, in Aufsicht; Mitte: Leo (Löwe), in Seitenansicht, nach links springend, mit scharf kralligen Pfoten und herzförmiger Schwanzspitze; Unten: Libra (Waage), Virgo (Jungfrau), zwei sich gegenüberstehende, in lange faltenreiche Gewänder gehüllte, weibliche Gestalten, davon die linke, in Seitenansicht wiedergegebene ungeflügelt, in Gestalt und Gestik einem Verkündigungsengel gleichend, in der erhobenen Rechten eine Waage haltend, mit der Linken zum Boden weisend, rechts Virgo, in aufrechtem Stand, von vorn, in den erhobenen Händen rechts ein Lilienszepter und links zwei Ähren haltend. fol. 66v: Oben: Scorpius (Skorpion), nach links gewandt, in Aufsicht; Mitte: Sagittarius (Schütze), nach links springender, bogenspannender Kentaur; Unten: Sagitta (Pfeil), mit der Spitze nach rechts zeigend. fol. 67r: Oben: Capricornus (Steinbock), nach links gewandt liegend, in Seitenansicht, als Mischwesen aus Ziegenbock

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und gewundenem Fischschwanz; Mitte: Aquarius (Wassermann), in Seitenansicht gezeigt, nach links eilend, jugendliche Gestalt mit in die Front gedrehtem Oberkörper und einer Art Ring um die Körpermitte, nackt bis auf ein von seiner Schulter wehendes langes Manteltuch, mit beiden weit vorgestreckten Händen ein Gefäß ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrahl austritt; Unten: Pisces (Fische), Rücken an Rücken übereinander wiedergegeben, in entgegengesetzte Richtung schwimmend, von Maul zu Maul verbunden. Sternbilder: fol. 67v: Oben links: Ursa maior (Großer Bär), nach links gewandt, in Seitenansicht; Mitte links: Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts gewandt, in Seitenansicht; Unten links: Serpens (Drache), nach rechts kriechend; Oben rechts: Hercules, kniende, nach links gewandte, nackte Gestalt, den Oberkörper in die Front drehend, in der erhobenen Linken einen Stab (Keule), über der vorgestreckten Rechten das Löwenfell tragend; Mitte rechts: Corona (Nördliche Krone), aus mehreren Kreisen zusammengesetzt, aus Blattwerk gebunden, mit rhombusförmigem Juwel oben in der Mitte; Unten rechts: Ser­ pentarius (Schlangenträger), nackte, jugendliche Gestalt in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, auf einem angedeuteten Bodenstück stehend, die einfach um seinen Körper gewundene Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende packend, wobei sich die Köpfe der Schlange und ihres Trägers berühren. fol. 68r: Oben links: Scor­ pius (Skorpion), nach rechts gewandt, in Aufsicht; Unten links: Bootes (Bärenhüter), mit zurückgewandtem Kopf und nach hinten gestrecktem rechten Arm nach links auf angedeutetem Boden stehend, in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, nackt bis auf einen in zackigen Falten abstehenden Schultermantel, in der angewinkelten Linken einen Zweig haltend; Oben rechts: Virgo (Jungfrau), in knöchellange, langärmelige Tunika gekleidet, geflügelt, von vorn, dabei jedoch leicht nach rechts orientiert, die rechte Hand (mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger dem Segensgestus entsprechend) leicht erhoben, in der Linken eine große Ähre haltend; Unten rechts: Gemini (Zwillinge), von vorn, in Umarmung nebeneinander stehend, bis auf einen Schultermantel und Stiefel vollständig nackt, jugendlich, beide tragen in ihrer verhüllten äußeren Hand eine Kugel. fol. 68v: Oben links: Cancer (Krebs), mit seinen langen dünnen Scheren nach rechts gerichtet, in Aufsicht; Mitte links: Leo (Löwe), in Seitenansicht nach links stehend, mit scharf kralligen Pfoten und herzförmiger Schwanzspitze; Unten links: Auriga (Fuhr­ mann), mit Rüstung, Helm und Schultermantel bekleidet, frontal zum Betrachter gewandt auf einem von drei Pferden gezogenen, in Seitenansicht gezeigten Wagen stehend, in der Rechten eine Lanze haltend, mit der verhüllten Linken zugleich die Pferde zügelnd und einen Schild tragend; Oben rechts: Taurus (Stier), mit eingeknicktem rechten Vorderbein nach links gewandt liegend, in Halbfigur; Unten rechts: Cepheus, mit weit ausgebreiteten Armen breitbeinig auf angedeutetem Boden stehend, in Hosen, Ärmeltunika und Schuhe gekleidet, zu seiner linken Körperseite eine offene Schwerthülle. fol. 69r: Oben links: Cas­ siopeia, von vorn, mit w-förmig ausgebreiteten Armen auf einem Ring thronend, den Kopf mit dem offenen Haar nach rechts gerichtet, die Füße auf einer großen Fußbank; in langem, mit Schmuckborten besetztem Gewand über einem langärmeligen Untergewand; Unten links: Andromeda, mit beiden Händen an die Äste eines sich teilenden Baumes gefesselt, langhaarig, nackt bis auf einen Schultermantel und ein um die Hüfte geknotetes Tuch; Oben rechts: Pegasus, geflügelte, liegende Halbfigur mit zurückgewandtem Kopf und ausgestreckten Vorderbeinen, sich selbst in einen Flügel beißend; Mitte rechts: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf und engem Reifen um die Körpermitte nach rechts gewandt stehend; Unten rechts: Triangulum (Dreieck), aus mehreren Streifen zusammengesetzt. fol. 69v: Oben links: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in entgegengesetzte Richtung schwimmend, von Maul zu Maul miteinander verbunden; Mitte links: Perseus, nach links eilende, jugendliche Gestalt in Rückenansicht, nackt bis auf einen

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Schultermantel, vor sich in seiner Linken das abgeschlagene Medusenhaupt haltend, mit einer in der Rechten gehaltenen Harpe zum Schlag ausholend; Unten links: Lyra (Leier), aus einem flachen Unterkörper, geschwungenen Hörnern und Querstück zusammengesetzt, sechssaitig, mit einem an einer Schnur befestigten Plektron; Oben rechts: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und weit vorgestrecktem Hals gleichsam zum Flug abhebend; Unten rechts: Aquarius (Wassermann), als leicht nach rechts gewandte, frontal zum Betrachter gewandt stehende, bis auf ein Hüfttuch vollständig nackte, jugendliche Gestalt, mit beiden Händen eine Amphora vor sich ausgießend, aus der viele dünne Wasserstrahlen austreten. fol. 70r: Oben links: Capricornus (Steinbock), in Seitenansicht gezeigt, nach links lagernd, als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz; Unten links: Sagit­ tarius (Schütze), als nackter, nach links springender, bogenspannender Kentaur; Oben rechts: Aquila (Adler), nach rechts, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf einem schrägen, mit der Spitze nach unten zeigenden Pfeil stehend; Mitte rechts: Delphinus (Delfin), nach links schwimmend, mit langen Kopfflossen; Unten rechts: Ori­ on, breitbeinig stehender, nach rechts blickender Jüngling, vorderansichtig, in eine Tunica exomis gekleidet, mit dem in der erhobenen Rechten gehaltenen Schwert zum Schlag ausholend, die Linke am Knauf eines zweiten, umgegürteten Schwertes. fol. 70v: Oben links: Canis maior (Großer Hund), mit Strahlennimbus, zurückgewandtem Kopf und offenem Maul nach links springend; Unten links: Lepus (Hase), nach links springend; Oben rechts: Argo Navis (Schiff), nach links orientierte Ansicht einer auf dem Wasser schwimmenden Schiffshälfte mit Steuerruder, Rudern, Mast und aufgezogenem Segel; Mitte rechts: Cetus (Seeungeheuer), nach links lagerndes Seeungeheuer mit vorgestrecktem Kopf, langen gefächerten Flossen und mehrfach verschlungenem Hinterkörper; Unten rechts: Eridanus, bärtig, nach rechts ausgestreckt lagernd, die linke Schulter und die Beine von einem Tuch bedeckt, mit dem rechten Arm auf eine liegende Urne gestützt, aus der Wasser ausfließt, in der rechten Hand ein langes Schilfrohr, die linke Hand zum Knie ausgestreckt. fol. 71r: Oben links: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend; Unten links: Ara (Altar), gemauerter Kubus, wie ein Haus mit Sockel und Ziegeldach versehen; Oben rechts: Centaurus, nach rechts springend, in Seitenansicht, den Oberkörper jedoch in die Front drehend, jugendlich bartlos, auf der vorgestreckten linken Hand ein auf dem Rücken liegendes Beutetier präsentierend, mit der zurückgestreckten rechten Hand ein weiteres, auf seinem Rücken liegendes Tier haltend; Mitte rechts: Hydra, Crater, Corvus (Wasser­ schlange, Mischkrug, Rabe), gedrungene, dreifach gewundene Schlange mit vorgestrecktem Kopf nach links oben kriechend, den Mischkrug in der Körpermitte sowie den auswärts gewandten Raben am Schwanzende auf einer Windung tragend; Unten rechts: Vorhund (Anticanis), nach rechts springend, nimbiert.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist nicht sicher geklärt. Auf fol. 1v ist unten von einer Hand des 11. Jahrhunderts in sehr kleiner Schrift der Vermerk eingetragen: »omnibus dignitatibus uirisque sublimibus atque mediocribus domini … nos fratres ex monasterio sanctorum apostolorum Petri et Pauli quod dicitur fons Besius … quia beate memorie Albericus quondam Lingonensis episcopus pater noster hunc locum.« Auf der obersten Seite befindet sich ein goldenes Exlibris, »Bibliothecae S. Benigni Divionensis«, und auf fol. 206v hat sich der von einer Hand des 11. Jahrhunderts eingetragene Name »Girardus F.« erhalten.

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Literatur Cat. gen. 1889, S. 106–109; Mowat 1906, S. 161ff.; Wickersheimer 1914, S. 158–160; Oursel 1924, S. 126–129; Jones ed. 1939, S. 48, 116; Cordoliani 1943, S. 66; Jones ed. 1943, S. 160; Laistner/King 1943, S. 140, 148; Byvanck 1949, S. 228, Nr. 96; Saxl/Meier 1953, 1, S. XXV, Nr. 18; Cordoliani 1960, 3, I, S. 115; Fontaine ed. 1960, S. 38; Cordoliani 1961, 3, II, S. 182–183, 198–199, 206; Destombes 1964, S. 47; Wickersheimer 1966, S. 30–34; Bischoff 1967, 2, S. 276, Nr. 4; Dell’Era 1979/III, S. 271, 274–275; Könsgen 1979; Munk Olsen 1982, I, S. 335; Kat. Ingelheim 1986, Nr. 13; Jeudy/Riou 1989, I, S. 483–500; Zaluska 1991, S. 30–33, pl. III–IX; Borst 1994, S. 194ff.; Eastwood 2002, S. 274; Lippincott 2006, S. 23f. Siehe S. 114, Abb. 139–154

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Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Ms. Dc. 183 Astronomische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata Westfränkisch, 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben 238 × 165 mm, 101 Folia, Pergament, Text überwiegend einspaltig in Karolingischer Minuskel, Hervorhebungen in Unziale.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata zwischen fol. 8v und fol. 31r insgesamt 49, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Darstellungen der nördlichen und südlichen Hemisphäre, des Himmelsglobus, der Konstellationen und Planeten sowie von Zodiakus, Milchstraße, Luna und Sol, ohne Rahmen und Hintergrund entweder einzeln oder paarweise auf das Pergament gesetzt, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r–13r: fol. 31v:

Recensio interpolata (Maass ed. 1898, S. 172ff.) Epitome phaenomenon Prisciani grammatici (Wernsdorf ed. Poet. lat. min., 5, 2, S. 239, 520) fol. 31v: Carmen anonymi de signis coelestibus Inc.: Bis sex signiferae numerantur sidera spherae fol. 32r–32v: Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312; Dell’Era ed. 1974) fol. 33r–86v: Hyginus, De astronomia (Le Boeuffle ed. 1983) fol. 87r–93v: leer fol. 94r–97v: Aratea des Cicero (Soubiran ed. 1972) fol. 98r–99r: Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312; Dell’Era ed. 1974) fol. 99r–101v: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974)

Kommentar Der Dresdner Codex Dc. 183 vereinigt nahezu alle in Karolingischer Zeit verfügbaren astronomischen Texte. Nur die Aratea des Germanicus fehlen: So enthält er außer dem Text des Aratus Latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) auch Hyginus’ Abhandlung De astronomia. Am Ende des Buches finden sich darüber hinaus Teile der Aratea in der Übertragung des Cicero, bei denen es sich um eine Kopie nach dem Text der Londoner Handschrift Harley 647 handelt. Im Vergleich fehlen der Dresdner Handschrift jedoch die Verse 472–480 sowie die Überschriften über den einzelnen Gedichtteilen. Den Abschluss des Ms. Dc. 183

13. Dresden, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek, Ms. Dc. 183

bildet der Sternkatalog der Libri Computi von 809. Mit dem Verzicht auf die sonst für dieses Thema üblichen komputistischen Schriften des Beda Venerabililis rückt die Dresdner Handschrift die Lehre der Astronomie ins Zentrum und bekennt sich klar zur antiken Einteilung der Wissenschaften. Den Texten nach handelt es sich beim Dresdensis um eine Abschrift des von Cyriacus von Ancona 1442 erwähnten, heute verschollenen Vercellensis, von dem jedoch eine oberitalienische Kopie des 15. Jahrhunderts in Göttweig, Stiftsbibliothek, Ms. 146, erhalten ist. Es wäre zu überlegen, ob es sich bei dem verlorenen Buch nicht um eine Kompilation mit dem von Lupus von Ferrières kollationierten Cicerotext handelt, der bei seiner Wanderung nach Italien in Westfrankreich kopiert wurde. Dass Lupus von Ferrières im Jahr 847 um einen Cicerotext zum Vergleich bat, ist belegt. Trifft die Vermutung zu, dann kann der Codex frühestens in der Mitte des 9. Jahrhunderts entstanden sein. Die Forschung schwankt bei der Datierung des Dresdner Manuskripts zwischen dem Ende des 9. Jahrhunderts (ältere Forschung, zuletzt Soubiran, Kerscher 1988) und der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts (McGurk 1981, O’Connor 1984, 2. V. 9. Jh. Mütherich 1989). Im Vergleich zum verlorenen Vercellensis verzichtet der Dresdner Codex auf die Illustrationen in Form von Scholia figurata zum Cicero-Text. Fast der gesamte Text der Dresdner Handschrift ist in einer Kolumne geschrieben. Eine Ausnahme bilden allein die in zwei Spalten angeordneten Ciceroverse. Die einzelnen Abschnitte wurden mit zurückhaltend ornamentierten Eingangsinitialen versehen, die zum Beispiel durch eine ausgesparte Wellenlinie im Schaft gestaltet wurden. Allein der Text der Recensio interpolata wird von einer Reihe von Zeichnungen begleitet. Für sie wurde der in Karolingischer Minuskel geschriebene Text jeweils nach der Beschreibung eines Sternbilds unterbrochen und mit einer Lücke versehen, in die man später die entsprechende Illustration eingefügt hat. Die insgesamt 49, in einfacher Federzeichnung ausgeführten Miniaturen wurden entweder einzeln oder paarweise übereinander, jedoch stets ohne Rahmen und Hintergrund in die Mitte des Spatiums auf den blanken Pergamentgrund gesetzt. Tituli in Unziale bezeichnen das Dargestellte, auf eine Angabe der im Text erwähnten Sternpositionen hat man jedoch verzichtet. Der Bildzyklus des Ms. Dc. 183 zeigt deutliche Übereinstimmungen mit den Illustrationen der Recensio interpolata wie sie in den Codices in Paris, BN lat. 12957, in Köln 83 II oder in St. Gallen 902 und 250, begegnen. Innerhalb dieser Handschriftengruppe steht das Dresdner Manuskript vor allem dem Pariser Codex lat. 12957 nahe. So ist in beiden Zyklen das Füllhorn des Eridanus als solches zu erkennen, und Schwan und Wassermann folgen in der richtigen Reihenfolge aufeinander. Ferner zeigen beide Handschriften den Schlangenträger in Rückenansicht, und die Reihe der Planetengötter wird hier wie da von Jupiter eröffnet. Die im Vergleich feststellbaren geringfügigen Abweichungen sind meist mit einer Entfernung vom Inhalt des Textes verbunden. So fehlen im Dresdner Codex die Strahlenkrone des Fuhrmanns, die Tiara von Cepheus und Cassiopeia sowie die Nimben der Planetengötter. Auffällig ist auch die Zeichnung des Orion auf fol. 23r, die entgegen allen anderen Illustrationen zur Recensio interpolata rechts neben der Himmelsgestalt einen mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springenden Löwen zeigt. Trotz der zahlreichen Übereinstimmungen des Dresdensis mit dem Pariser Codex lat. 12957 wurden die Dresdener Illustrationen wohl nicht direkt nach dem französischen Manuskript kopiert. Als Vorlage wird ein westfränkisches Vorbild angenommen, das wahrscheinlich an den Klöstern herumgereicht wurde und als Grundlage zur Astronomieausbildung innerhalb des Studiums der Artes liberales diente.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Verzeichnis der Bilder fol. 8v: Oben: Nördliche Hemisphäre, kreisförmige Karte mit Darstellung der über den

nördlichen Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Bandes wiedergegebenen Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau; Unten: Südliche Hemisphä­ re, Darstellung der über den südlichen Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Bandes wiedergegebenen Tierkreiszeichen von der Waage bis zu den Fischen. fol. 13r: Himmelsglobus, in einem von sieben ornamentierten Säulen mit Schmuckkapitellen gestützten Gestell hängend, mit einem Griff über dem Pol, auf seiner Oberfläche Sternbilder sowie ein Zodiakalband mit den Tierkreiszeichen vom Widder bis zu den Zwillingen. fol. 14r: Ursa maior (Großer Bär), in Seitenansicht, nach links gerichtet, mit übereinandergestellten fellbewachsenen Vorder- und Hinterbeinen, scharfen Krallen, buckligem Rücken und geöffnetem Maul. fol. 14v: Ursa minor (Kleiner Bär), in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnlich, jedoch naturnäher proportioniert, mit geöffnetem Maul sowie übereinandergestellten, felligen Vorder- und Hinterbeinen nach links stehend. fol. 15r: Serpens (Drache), nach rechts gewandt, in drei großen Windungen aufwärts kriechend, gepunktet, die einander mit den Rücken zugewandten, jeweils in unterschiedliche Richtungen springenden Bären zwischen ihren Windungen. fol. 15v: Oben: Hercules, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Schlange gezeigt, nach links gewandt kniend, in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, nackt, den bärtigen Kopf nach links ins Profil gedreht, mit einer Keule in der erhobenen Linken zum Schlag ausholend, ein Fell über der ausgestreckten Rechten; Unten: Corona (Nördliche Krone), aus neun einzelnen runden Gliedern mit zur Seite zeigenden kurzen Strichen, einem aus kurzen Strichen gebildeten Verbindungsstück sowie zwei zur Seite flatternden Bändern zusammengesetzt. fol. 16r: Serpentarius (Schlangenträger), mit Blick und Bewegung nach links orientierter nackter Jüngling in Rückenansicht, auf dem nach links gewandten Skorpion stehend, den Kopf im Profil nach links gewandt, die sich kompliziert um seine Taille und zwischen den Beinen hindurchwindende Schlange anblickend und zugleich deren waagerechten Körper mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend, rechts daneben am Blattrand eine nach fol. 15v angefertigte Kopie der Schlange im Hesperidenbaum. fol. 16v: Oben: Scorpius (Skorpion), mit langen Scheren, acht dünnen Beinchen sowie einem aus fünf Kreisen gebildeten Schwanz mit Stachel, nach links gerichtet, in Aufsicht; Unten: Bootes (Bärenhüter), von vorn, nach rechts orientiert, mit nach links ins Profil gedrehtem bärtigem Kopf, in eine Tunica exomis gekleidet, in der erhobenen Linken ein Pedum haltend, über dem ausgestreckten rechten Arm ein Fell wie einen Flügel tragend. fol. 17r: Oben: Virgo (Jungfrau), in eine bodenlange prächtige Tunika, Manteltuch und Kopfschleier gekleidet, mit ausgebreiteten Armen und nach links geneigtem Haupt frontal zum Betrachter gewandt stehende Gestalt, in der Rechten einen blattartigen Zweig, in der Linken eine Waage haltend; Unten: Gemini (Zwillinge), wie gespiegelt nebeneinanderstehende Jünglinge in Vorderansicht, mit einander zugewandten Köpfen, jeweils in eine knielange Ärmeltunika mit Ziersaum sowie einen über die linke Seite fallenden Schultermantel gekleidet, sich mit dem äußeren Arm jeweils auf eine aufgestellte Lanze stützend, die freie Hand vor den Bauch legend. fol. 17v: Oben: Cancer (Krebs), nach rechts gewandt, in Aufsicht; Unten: Leo (Löwe), in Seitenansicht, mit offenem Maul und übereinandergestellten Vorderbeinen nach links springend. fol. 18r: Oben: Auriga (Fuhrmann), nach rechts gewandt kniend, in ein knöchellanges Untergewand, ein gegürtetes und saumbesetztes Obergewand sowie einen nach hinten wehenden Schultermantel gekleidet, ohne Kopf bedeckung, in der nach hinten gestreckten rechten Hand eine Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden Böckchen präsentierend,

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die Ziege rechts danebenstehend; Unten: Taurus (Stier), nach rechts im Profil wiedergegeben, als mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Bein liegende Halbfigur. fol. 18v: Oben: Cepheus, von vorn, mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen stehende jugendlich bartlose Gestalt in kurzer, gegürteter Tunika sowie einem über beide Schultern nach hinten flatternden Manteltuch, ohne Mütze; Unten: Cassiopeia, mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Polster sitzend, mit einer Tunika sowie einem vor der Brust gefibelten und nach hinten links wehenden Schultertuch bekleidet. fol. 19r: Andromeda, mit ausgebreiteten Armen zwischen zwei hügeligen Felsen stehend, in ein bodenlanges Gewand gekleidet, dessen Ärmel in zwei röhrenförmigen Zipfeln hinter die Schultern fallen, mit einer Halskette geschmückt, ohne Kopf bedeckung. fol. 19v: Oben: Pegasus, nach rechts gerichtete Halbfigur mit Flügeln, geöffnetem Maul und übereinandergestellten Vorderbeinen; Unten: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach links springend, einen gewellten Kranz um seinen Leib tragend. fol. 20r: Oben: Triangulum (Dreieck), aus zwei schmalen sowie einem breiten, mit einfachen Wellenlinien gemusterten Streifen zusammengesetzt; Unten: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in unterschiedliche Richtungen schwimmend, von Maul zu Maul durch ein gestreiftes Band miteinander verbunden. fol. 20v: Perseus, im Knielauf nach links, ohne Fersenflügel, bis auf eine Phrygiermütze nackt, in der nach hinten gestreckten Rechten eine Harpe schwingend und mit der Linken das abgeschlagene Medusenhaupt vor sich haltend. fol. 21r: Ple­ jaden, sieben verschleierte, einander sehr ähnliche Frauenbüsten in Medaillons, die in zwei Reihen zu je drei angeordnet sind, das verbleibende siebte Bildnis befindet sich rechts daneben zwischen den Reihen. fol. 21v: Oben: Lyra (Leier), mit 13 Saiten bespannt, aus einem rechteckigen, nach links abgeschrägten Schallkörper sowie einem aus zwei geschwungenen Hörnern gebildeten Aufsatz mit Querstück und Lilienornament zusammengesetzt; Mitte: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln nach rechts in Seitenansicht dargestellt; Unten: Aquarius (Wassermann), in Dreiviertelansicht, mit zurückgewandtem Kopf nach rechts schreitender Jüngling, bekleidet mit einem langärmeligen Obergewand, Hose und Phrygiermütze sowie mit einem von den Schultern in schroffen Falten nach hinten wehenden Manteltuch, mit beiden Händen ein henkelloses Gefäß vor sich ausleerend, aus dem ein Wasserstrahl austritt. fol. 22r: Oben: Capricornus (Steinbock), mit übereinandergestellten Beinen nach links lagernd, im Profil gezeigt, als Mischwesen aus gehörntem Ziegenbock und einfach gewundenem, sich hinten gleichsam in Form eines Blütenkelches teilendem Fischschwanz; Unten: Sagittarius (Schütze), nach links galoppierender, bogenspannender Kentaur mit Hörnern, bärtig, bekleidet mit einem von seiner linken Schulter nach hinten flatterndem Manteltuch. fol. 22v: Oben: Aquila (Adler), mit ausgebreiteten Flügeln und zurückgewandtem Kopf in Seitenansicht gezeigt, mit beiden Füßen auf dem mit der Spitze nach links zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Delphinus (Delfin), mit großer, steiler Rückenflosse sowie einer gegabelten Schwanzflosse nach links schwimmend. fol. 23r: Orion, mit Blick und Bewegung nach links orientierter Jüngling von vorn, in eine kurze Tunika sowie ein den ausgestreckten rechten Arm verhüllendes Paludamentum bekleidet, eine Schwerthülle an seiner linken Seite, mit dem Schwert in der nach hinten gestreckten Linken zum Schlag ausholend, rechts neben ihm ein mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springender, zottiger Löwe. fol. 23v: Oben: Canis maior (Gro­ ßer Hund), mit geöffnetem Maul nach links springend, mit Strahlennimbus; Unten: Lepus (Hase), von rechts nach links springend. fol. 24r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffs vom mit einem Blattkelch geschmückten Heck mit Steuerrudern bis hin zum Mast mit schmalem Segelstreifen, auf Deck ein schräggestelltes, gemauertes Haus mit Satteldach; Unten: Cetus (Seeungeheuer), nach rechts in Seitenansicht lagernd, als hybrides Wesen mit Hundekopf, übereinandergestellten Vorderflossen und gewundenem, hin-

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ten in einer breiten Flosse endenden Fischschwanz. fol. 24v: Oben: Eridanus, als aus dem Wasser herausragende Büste mit Bart und langem, wirr abstehenden Haar, rechts neben ihm ein schraffiertes Füllhorn, aus dem fünf Flammen schlagen; Unten: Piscis magnus (Südlicher Fisch), in Seitenansicht gezeigt, auf dem Rücken liegend. fol. 25r: Ara (Altar), als ein auf vier Füßen ruhender, dreigeschossiger Turm mit Fenstern, aus dessen höchstem, zylindrischen Teil Flammen schlagen. fol. 25v: Centaurus, nach rechts galoppierend, in Seitenansicht mit zum Betrachter gekehrtem Rücken, bärtig, im linken Arm einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorgestreckten Rechten ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend. fol. 26r: Oben: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), nach links kriechende geschuppte Wasserschlange in Seitenansicht, den Mischkrug mit Henkeln sowie den einwärts gewandten Raben in der Mitte bzw. am Ende des Körpers auf den Windungen tragend; Unten: Anticanis (Vorhund), mit Halsband, nach links jagend. fol. 27v: Oben: Planeten, als innerhalb von fünf Medaillons gezeigte, im Quincunx-Schema angeordnete Büsten, links oben der bärtige Jupiter mit Globus, rechts oben Mars mit Schultermantel und geziertem Helm, im Zentrum Venus, links unten Merkur mit Schultermantel, Kopfflügeln und Caduceus, rechts unten der bärtige Saturn mit Harpe; Unten: Milchstraße, in Form dreier konzentrischer Ringe. fol. 28v: Tierkreis, kreisförmige Darstellung des Zodiakus in Form eines um ein zentrales gerahmtes Medaillon mit den Halbfiguren von Sol und Luna gelegten, in zwölf Abschnitte unterteilten, gerahmten Ringes, innerhalb der zwölf einzelnen Bildfelder erscheinen entgegen dem Uhrzeigersinn die Personifikationen der Tierkreiszeichen, im zentralen Medaillon links Sol mit Strahlennimbus, in Ärmeltunika und Schultermantel gekleidet, in seiner Linken einen Globus haltend, die Rechte weisend in Brusthöhe erhoben, rechts daneben Luna, in saumbesetztem Gewand, eine große Mondsichel im offenen, langen Haar tragend. fol. 29v: Luna, innerhalb eines Medaillons gezeigte schleierbedeckte, bis zur Hüfte sichtbare Frau, auf einem in Seitenansicht wiedergegebenen Wagen mit Ochsengespann stehend, in ein Ärmelgewand mit Blütenborte gekleidet, eine große Mondsichel im offenen, langen Haar tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, im linken Arm eine brennende Fackel haltend. fol. 31r: Sol, innerhalb eines Medaillons, auf einem von vier galoppierenden Pferden gezogenen Wagen stehend, mit Strahlenkrone, in eine Tunika sowie ein nach hinten in zackigen Falten wehendes Pallium gekleidet, in der Linken einen Globus und eine Peitsche haltend, die Rechte im Grußgestus erhoben.

Provenienz Der älteste bekannte Besitzer war der Lyoner Drucker und Verleger Jean de Tournes (1504–1564) oder dessen gleichnamiger Sohn. Im Jahr 1573 erhielt Claude Dupuy den Codex zur Kollationierung der Ciceroverse. 1790 wurde die Handschrift aus der Bibliothek des Baseler Rechtsgelehrten J. Werner Huber zum Preis von 30 floreni für Dresden erworben. Dort erhielt der Codex zunächst die Signatur Regia D 120, und ist in den alten Katalogen Falkenstein 1839, p. 263, Herschel R 140 d II fol. 39v nachgewiesen. Das Buch wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Photographien der Handschrift werden im Warburg Institute zu London, ein Mikrofilm im Institut du Recherche d’ Histoire et de Recherche des Textes in Paris auf bewahrt.

Literatur Bunte ed. 1875, S. 11–12; Schnorr von Carolsfeld 1882, I, S. 334–335; Kauffmann ed. 1888; Manitius 1897, S. 305–332; Maass ed. 1898, S. XXI–XXII; Thiele 1889, S. 43, 161–162, fig. 7, 71; Manitius 1901, S. 462–472; Buescu ed. 1941, S. 68–73, pl. 2; Byvanck 1949,

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S. 221–222, Nr. 69, S. 225, Nr. 77, S. 229, Nr. 108; Soubiran ed. 1972, S. 116–117, 132–133; McGurk 1973, S. 203; Viré 1981, S. 165ff.; Munk Olsen 1982, I, S. 332, 527; O’Connor 1984, S. 64, Anm. 4; Le Bourdellès 1985, S. 77, Anm. 4; Kerscher 1988, Anm. 43, 141; Mütherich 1989, S. 32, 35, 38ff., 58; Ernst 1991, S. 585; Borst 1994, S. 195, Anm. 48; Bischoff 1998, Nr. 1044; Obrist 2001, S. 24–25, fig. 16. Siehe S. 77, Abb. 155–182

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Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100 Sammelhandschrift zu Astronomie und Medizin Sternbilderdarstellungen zu De signis coeli und im Kalender Durham, um 1100–1120 Kodikologische Angaben 169 × 124 mm, 121 Folia, Pergament, 36 Zeilen in protogotischer Minuskel; überwiegend einspaltig, fol. 61v (unteres Viertel) – 64v, fol. 82r (untere Hälfte) – 82v zweispaltig, fol. 83r – 84va dreispaltig, wohl von mehreren, sich wenig unterscheidenden Händen. Bei einem früheren Bindevorgang wurden zwei Lagen verschoben. Die vorherige Reihenfolge war: fol. 85–101, 1–84, 102–121. Einige Blätter wurden nach Eintragung der älteren Foliierung ausgeschnitten: vier nach fol. 14 – die ältere Foliierung springt von fol. 30 (heute fol. 14) auf fol. 35 (heute fol. 16), der Blattrest unmittelbar nach fol. 14, zu erkennen sind noch die Worte »… Linea Christe tuis …«, wurde bei der aktuellen Foliierung mitgezählt (fol. 15) – und eines nach fol. 101 (fol. 18 alt). Vor allem aber fehlen zwei Blatt nach fol. 61, wodurch heute Text und Bildfolge von De signis coeli unvollständig vorliegen. Die ältere Foliierung springt dort von 79 (heute fol. 61) auf 82 (heute fol. 62).

Art der Bilder Die Handschrift enthält in ihrem astronomischen Teil auf fol. 2r–7v im Zusammenhang des Kalendariums Zeichnungen der 12 Tierkreiszeichen, auf fol. 61v–64v zum Katalog De signis coeli Zeichnungen der Sternbilder, außerdem im medizinischen Teil auf fol. 119r–120r fünf Kauterisationsdarstellungen. Sämtliche Zeichnungen stammen wohl von einer Hand und sind routiniert überwiegend in brauner, zum Teil auch in roter und grüner Tinte ausgeführt. Die Illustrationen zu De sigis coeli entbehren die individuelle, grüne Standfläche der Kalenderillustrationen und bleiben ohne Andeutung eines Umraumes. Selten (z. B. bei Pegasus) ist eine blind geggriffelte Unterzeichnung zu erkennen.

Inhalt fol. 1r:

fol. 1v:

Exzerpta: fol. 1r: Isidor von Sevilla, De natura rerum (Exzerpt). Nicht ganz wörtlicher Auszug über die Jahreseinteilung (De natura rerum 4, 5, Fontaine ed. 1960, S. 187–189); Eugenius Toletanus, De septem diebus. Acht Verse zu den Wochentagen (MGH, Auct. ant. 14, S. 256; Thorndike/ Kibre Sp. 1123, Nr. 7). Vgl. London, BL, Ms. Cotton Tiberius C. 1, fol. 1v; Petrus Pictor, De decem plagis. Nachtrag von späterer Hand (12. Jh.). Fünf Verse (PL 171, 1436; Thorndike/Kibre Sp. 1096, Nr. 8, nur diese Hs.) De diebus mensium. Tabelle zum römischen Kalender. Regularen »secundum Romanos«, nach Dionysius und Beda, Konkurrenten des Sonnenzyklus und Epacten des 19jährigen Mondzyklus

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fol. 2r–7v:

Kalendarium. Darin Federzeichnungen der zwölf Sternbilder des Tierkreises, jeweils zum Eintritt der Sonne in das Zeichen. Zu den Festen s. u. fol. 8r–13r: Tabulae. Komputistische Tabellen. Wochentag der Kalenden, Mondalter an den Kalenden. Konkurrenten, Indiktionen, Epakten für die Jahre von 1064 bis 1595. Tafeln zur Bestimmung des Osterfestes 13v–14r: Computus Vulgaris sive Ephemerida Abbonis. 30 mnemotechnische Verse in Tabellenform (Thorndike/Kibre Sp. 127, Nr. 10; PL 90, 729); fol. 13v–14r: Abbo Floriacensis, Computus. 14r mit Erläuterung des Autors zu den vorhergehenden Computusversen. Thorndike/Kibre Sp. 1265, Nr. 3 (mit Parallelüberlieferung). Zur Verfasserfrage: Van de Wyver 1935, S. 152. Vgl. Cotton Tiberius C. I. fol. 14v–17v; Los Angeles, Ludwig XII 5, fol. 65rff. fol. 14v–16r: Tabulae. Tabellen zu den Festen des Kirchenjahres, zum Teil unvollständig (vgl. PL 139, 578). Vgl. London, Ms. Cotton Tiberius C. 1, fol. 14v (im Anschluss an die Werke Abbos). fol. 16v: Schemata. Rota mit Monaten und Tierkreiszeichen (vgl. PL 90, Sp. 373f ). Darunter ein weiteres Schema mit den vier Elementen, Lebensaltern, Jahreszeiten und Temperamenten mit kurzem Text. Spätere Beischriften (15. Jh.) mit Hinweis auf die Lehre von den vier Körpersäften fol. 17r–22v: Computus. Teilweise übereinstimmend mit den ersten 10 Kapiteln eines Werkes von Robert of Losinga (Bischof von Herford, 1079–95), vgl. Stevenson 1907 fol. 22v–27r: Dionysius Exiguus, Epistolae. Brieftraktat zur Berechnung des Ostertermins (Krusch ed. 1938, S. 61–74; Bulletin DuCange 17 (1942), S. 61) fol. 27v–41r: Tabellen zum Osterzyklus. Tabellen für jeden der 28 Zyklen der 19 Jahre des magnus ciclus paschalis, am Rand historische Notizen, vgl. die Erläuterungen zu Tafel 125 der New Paleographical Society (s. Lit.) fol. 41v–42r: Excerpta de musica. fol. 41v Guido de Arezzo, Micrologus, zweite Hälfte des 3. Kapitels (Smits van Waesberghe ed. 1955; PL 141, Sp. 383 C–D) fol. 41v–42r: Alia genera secundum Boetium. Cromaticum autem et enarmonicum ita facies: sume medietatem spatii quod est inter .p. et .o …. – … divides in duo in genere enarmonico fol. 42r: Guido de Arezzo, Micrologus, erste Hälfte des 3. Kapitels (Smits van Waesberghe ed. 1955; PL 141, Sp. 382 D-383 B) fol. 42v: leer fol. 43r–59r: Computus Helperici. (ed. Neues Archiv 18 (1893), S. 73–105; PL 137, Sp. 17–48). Annus praesens ist 990. McGurk 1974, S. 4, ordnet den Computus-Text hier, zusammen mit dem in Royal 13 A XI [s. u.] zur Hauptgruppe der Überlieferung und verweist auf »pre-Conquest connections«; vgl. auch Van de Vyver 1935, S. 141 fol. 59r–60v: Beda Venerabilis, De ratione temporum ( Jones ed. 1977), Exzerpt aus Kapitel 11 de mensibus fol. 60v–61v: Excerptum de astrologia. (Maass ed. 1898, S. 309–312; vgl. Thorndike/Kibre Sp. 473, Nr. 11) fol. 61v–64v: Ps-Beda, De signis coeli. (Dell’Era ed. 1979, S. 283–296) fol. 64v: De planetis. Thorndike/Kibre Sp. 1384, Nr. 12 (nur diese Handschrift) fol. 65r–69v: Abbo Floriacensis, Tractatuli de astronomia. fol. 65r–68r: Sententia Abbonis de differentia circuli et spere. Vgl. Van de Vyver 1935, S. 140 (dort zur Parallelüberliferung in Cambridge, Trinity College, Ms. 945)

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fol. 68r:

fol. 68v–69v: fol. 69v–80v: fol. 69v–75r: fol. 69v: fol. 70r: fol. 75r–78v: fol. 75r: fol. 78v–80v: fol. 80v–82r:

fol. 82r–84v: fol. 85r: fol. 85r–101r: fol. 90v–97r: fol. 97r–101r: fol. 101rv: fol. 101v: fol. 102r–113r: fol. 113r–117r: fol. 117r–118r: fol. 118v: fol. 119r–120r: fol. 120v: fol. 121r: fol. 121v:

De duplici signorum ortu vel occasu. Vgl. Van de Vyver 1935, S. 140 (dort zur Parallelüberliferung in Cambridge, Trinity College, Ms. 945); Van de Vyver teilt den Text in weitere kurze Abschnitte bzw. Traktate Explanatio tabulae Abbonis Isidor von Sevilla, Etymologiae (Excerpta) De astronomia Einleitung mit Kapitelverzeichnis De astronomie nomine (Etym. 3, 24–3, 71) De temporibus Kapitelverzeichnis (Etym. 5, 28–5, 38) De ponderibus (Etym. 16, 25–27) De ponderibus et mensuris. Vgl. Thorndike/Kibre Sp. 1506, Nr. 10; fol. 81r vgl. Thorndike/Kibre Sp. 1506, Nr. 8; fol. 81r vgl. Thorndike/Kibre Sp. 183, Nr. 8 (nur diese Handschrift). Etwas verändertes Exzerpt aus Isidor (Etym. 16, 25, 8). Lateinisch-angelsächsisches Heilpflanzenglossar (O. Cockayne ed. Leechdoms … in Rolls Series 3 (1866), S. 299 De quattuor humoribus corporis. Von den vier Körpersäften. Isidor von Sevilla, Etymologiae (Excerpta), fol. 85r–90v De medicina (Etym. 4, 1–12) De homine et partibus eius (Etym. 11, 1) De oleribus (Etym. 17, 10–11 und 9, 17–107) Ambrosius Mediolanensis, Hexaemeron (Excerptum). De medicaminibus herbarum (Hexaemeron 3, 8–9; Schenkl ed. 1937) Medizinisches Rezept. Der Hrabanus Maurus zugeschriebene Text bricht nach drei Zeilen ab (durch Blattverlust verstümmelt) Medizinische Rezepte gegen verschiedene Leiden. Ungeordnete Aufzählung. – fol. 118v leer. Heilmittel. Alphabetische Liste (A–N), jeweils mit Indikation. Zum Teil wird auch die Art der Zubereitung oder Darreichung genannt Zaubersprüche und Amulette. Magische Heilmittel, jeweils nach Indikation leer Fünf Einzelbilder zur Kauterisation Index. Inhaltsverzeichnis des 14./15. Jahrhunderts. Die Aufzählung belegt die ursprüngliche Reihenfolge der Texte Besitzeintrag des 18. Jahrhunderts (s. u. zur Provenienz) und Federproben leer.

Kommentar Texte und Exzerpte zu Zeitrechnung und Astronomie werden durch medizinische Texte und Darstellungen sowie durch kurze Auszüge zur Musik (fol. 41v–42r) ergänzt. Der Schwerpunkt liegt überwiegend auf Wissensbereichen mit praktischen Bezügen: der Kalenderberechnung, der Medizin mit Informationen zu Maßen und Gewichten sowie zu den Heilkräutern. Die Auswahl der Heiligen im Kalender stützt die These einer Entstehung in Durham (u. a. Cuthbert 20. März, Translatio 4. Sept.). Der Verweis auf den Tod Bischof Williams de S. Carileph von Durham im Jahr 1096 sowie von König William II. Rufus im Jahr 1100 liefern einen weiteren Lokalisierungshinweis und den terminus post quem für die Handschrift, die um 1100–1120 entstanden sein dürfte (vgl. Kauffmann 1984).

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Kauffmann vergleicht mit den Zeichnungen einer Beda-Handschrift aus Durham (Vita des hl. Cuthbert, Oxford, University College, Ms. 165, vgl. Kauffmann 1984, S. 92, Nr. 15, dort um 1100 datiert) und kommt so auch auf stilkritischer Grundlage zur Datierung in die frühen Jahre des 12. Jahrhunderts. Die dort sehr nervös und unorganisch in Zickzackfalten fallenden Gewänder nehmen in Hunter 100 etwas beruhigtere Formen an. Die Schrift der Beda-Handschrift hält sich noch ganz in den Formen der späten Karolingischen Minuskel insularer Prägung, während Hunter 100 schon die sich in England im 12. Jahrhundert durchsetzende Tendenz erkennen lässt, die letztlich zur gotischen Minuskel führen sollte. Eine zeitliche Einordnung um 1120 erscheint somit plausibel. Noch 1975 setzte Kauffmann die Darstellungen der Sternbilder auch ikonographisch zu denen in London, Royal 13 A XI in unmittelbare Beziehung – zu Unrecht, wie auch seine späteren Äußerungen einräumen. Die Übereinstimmungen bestehen lediglich in ihrer Ausführung als verschiedenfarbige Federzeichnungen. Deren stilistische Quellen liegen jedoch allgemein in der spätangelsächsischen Kunst. Im Ausstellungskatalog von 1984 räumt er ein, die Sternbilddarstellungen seien »nicht unähnlich«, denen in anderen englischen astrologischen Handschriften, stellt aber fest, dass Hunter 100 zu einer anderen Redaktion gehöre als etwa Cotton Tiberius C. 1 oder Digby 83. In der Tat unterscheiden sich die Sternbilddarstellungen wesentlich von denen, der in der Tradition von Harley 647 stehenden englischen Handschriften. Die medizinischen Darstellungen fol. 119r–121r dürften wenig später als der Grundbestand auf ursprünglich freigebliebenen Seiten nachgetragen worden sein und zeigen jeweils abnehmende Grade der Ausarbeitung. Während das erste Bild fol. 119r oben mit roter Tinte und grün lavierten Gewandflächen differenziert wurde, zeigt das untere Szene der Seite nur noch die einfache braune Federzeichnung. Auch das Feuer zum Erhitzen der Brenneisen, das wohl farbig gezeichnet werden sollte, wurde nicht ausgeführt. Bei den folgenden drei Darstellungen, in denen vor allem Brennstellen am Körper demonstriert werden, fehlen die aufwendigen Rahmen. In den letzten beiden auch die Bodenlinie, so dass die Figuren völlig frei auf dem bloßen Pergament stehen. Die Darstellungen zeigen keinen unmittelbaren Zusammenhang mit den Texten, gehören jedoch offenbar in das weitere thematische Umfeld des vorausgehenden Abschnitts (ab fol. 85r). Zu den Kauterisationsbildern vgl. Singer 1928; MacKinney 1965; Kauffmann 1984, S. 105. Die Zusammenstellung der Texte zeigt vor allem ein Interesse an praktischen Fragen. Schriften von primär philologischem Wert (vgl. Leiden, Gronov. 21) oder von kosmologischer Ausrichtung fehlen. Der größere Teil (fol. 1r–82r) ist Computistik und Astronomie gewidmet, der Rest betrifft überwiegend die Heilkunde (fol. 82r–120r). An Beginn der Handschrift stehen Hilfsmittel zur Festberechnung, vor allem die notwendigen Tabellen und erläuternde Texte. Drei kurze Textauszüge zur Musik nutzen den verbleibenden Rest der Lage. Es folgen weitere Schriften zur Zeitrechnung und zur Astronomie, wobei der Schwerpunkt hier stärker auf der Vermittlung von Basiswissen zu liegen scheint. Das letzte Drittel der Handschrift vereint zum einen Grundsätzliches zur Medizin: eine Aufzählung der vier Körpersäfte sowie Exzerpte aus Isidors Etymologiae und dem Hexaemeron des Ambrosius. Zum anderen finden sich praktische Anleitungen zur Krankenbehandlung in Form von Rezepten, Beschreibungen magischer Praktiken, einem Heilpflanzenglossar und nicht zuletzt Darstellungen zur Kauterisation mit Kennzeichnung der Brennstellen am Körper des Patienten. Auch die Exzerpte zu Maßen und Gewichten mögen in den Zusammenhang der Arzneimittelbereitung gehören. Vom Auf kommen astrologischer Fragen im engeren Sinne ist hier noch nichts zu bemerken, auch der in späterer

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Zeit naheliegende Bezug der Himmelskonstellationen auf die Krankenbehandlung wird nicht thematisiert. Die Textteile wurden nicht zu einer umfassenden Kompilation von relativer Geschlossenheit zusammengeführt wie etwa in Oxford, Digby 83 oder den großen enzyklopädischen Kompilationen der Zeit (Liber floridus, Heptateuchon des Thierry von Chartres). Allerdings zeigt sich, dass auch hier die Texte vom Computus Helperici über das Excerptum de Astrologia und De signis coeli bis zu den Isidor-Exzerpten zu einer Einheit zusammengezogen wurden. Die Einzeltexte erhielten dabei lediglich kleine Farbinitialen, wurden also wie Kapitel eines umfassenderen Textes behandelt, wärend den Beginn dieser Einheit eine aufwendige 7zeilige Figureninitiale markiert (fol. 43r, Autor am Schreibpult). Auch hier macht sich somit die Tendenz bemerkbar, Einzeltexte zu größeren Einheiten zusammenzufügen. Die Auswahl der hier versammelten Texte und Exzerpte folgt nicht dem Wissenskanon des Quadriviums. Die relativ kleinformatige Handschrift zeigt vielmehr den Charakter einer sorgfältig angelegten Textsammlung unter Führung klar umrissener Interessen von eher praktischer Natur (Zeitrechnung, Krankenbehandlung). Repräsentative Züge sind trotz der sorgfältig ausgeführten Schrift und der qualitätvollen Bilder kaum auszumachen. Die Kauterisationsbilder mögen hier durchaus praktischen Nutzen zur Vermittlung der Behandlungstechnik wie als Gedächtnisstütze des Behandelnden gehabt haben. Die Konstellationen jedoch weisen keine Markierung von Einzelsternen auf. Die Ikonographie der Sternbilder ist durch sehr freie Umgestaltungen der überlieferten Bilder gekennzeichnet. Leider ist der Zyklus nur unvollständg erhalten, so dass einige wichtige Konstellationen für den Vergleich nicht herangezogen werden können. Die meisten Bezüge bestehen noch zu den Illustrationen von De signis coeli; dies wird an dem Pegasus mit überschnittenem Flügel, an dem seitlich wiedergegebenen Schwan, an den Figuren von Perseus und Orion und dem als Zentauren dargestellten Schützen deutlich. Eridanus als aufrechter Flussgott lässt an das Opusculum de ratione sphere (Oxford, Digby 83) denken, dort findet sich auch Cetus als Fisch. Centaurus und Steinbock besitzen vage Anklänge zu den Bildern von De ordine ac positione. Auffällig ist der häufige Rückgriff des Malers auf ihm bekannte Realien, etwa bei der Darstellung der Argo, die hier als vollständiges und durchaus funktionstüchtiges Schiff zeitgenössischer Bauart gezeigt wird. Der Schwan zeigt Merkmale der wohl vertrauteren Gans. Obwohl für den Altar mit Brandopfer keine Realie als Korrelat verfügbar war, zeigen die dort verwendeten Bogen- und Zackenfriese doch ihre Verwandschaft mit der Bauornamentik des 12. Jahrhunderts. Die eigenwillige Form der Lyra (fol. 62v) ist ohne unmittelbare Parallele in den Sternbilderzyklen. Die insgesamt sechs Saiten des ovalen Instruments sind so angeordnet, dass vier parallel vom Saitenhalter auf dem Resonanzkörper zu einem kreisrunden Feld verlaufen, zwei weitere Saiten sind länger und enden in zwei weiteren runden Feldern (Bordunsaiten?). Zumindest eine Kontamination der Bildvorlage mit Reminiszenzen realer Musikinstrumente erscheint denkbar. Der hinter einem ornamental gestalteten Kreissegment hervorgaloppierende Pegasus lässt das Bemühen erkennen, die tradierte Darstellung als halbe Figur motivisch zu rechtfertigen. Ganz ungewöhnlich ist die Darstellung der Andromeda, die als völlig nackte Gestalt ohne die seitlichen Felsen zu sehen ist. Die weiblichen Körperformen sind weitgehend zurückgenommen, die kurzen Haare wirken jünglingshaft. Die nach unten weisenden Hände erinnern an die abgeknickten Unterarme in den entsprechenden Minaturen zum Opusculum de ratione sphere, wo

14. Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100

gleichfalls, wie auch in den meisten Hyginus-Illustrationen die Felsen fehlen. (Oxford, Bodl. 614 und Digby 83) Auch auf Himmelskarten ist die umgebungslose Andromeda anzutreffen. (Boulogne 188, Aberystwyth 735 C) Die Nacktheit ist in ihrer Wirkung mit der prononcierten Geschlechtlichkeit der Darstellung in Paris 5239 nicht zu vergleichen. Ein Zusammenhang mit dem Sternbild oder dem zugehörigen Mythos ist nicht mehr erkennbar. Die Zeichnungen des Zodiakus, die den Kalender begleiten, charakterisiert ebenfalls eine große Freizügigkeit im Umgang mit den Bildtypen. Die Zwillinge gleichen verschleierten Frauen mit einer Märtyrerpalme, die Jungfrau tritt als verschleierte Frau mit Zepter auf und die Waage wird von einem Jüngling mit einem gossen Stab gehalten.

Verzeichnis der Bilder fol. 2r–7v: Kalendarium, mit eingefügten Darstellungen der 12 Sternbilder des Zodiakus,

jeweils rechts auf der Seite zum – im Kalendar vermerkten – Eintritt der Sonne in das betreffende Zeichen. Farbige, teilkolorierte Federzeichnungen. Die Figuren wenden sich in der Regel zur Seitenmitte hin. fol. 2r: Aquarius (Wassermann), sich nach links wendend, sorgfältig gekleidet, mit beiden Händen eine Vase ausgießend (daneben Skizzen weiterer Köpfe im Profil mit anderem Gesichtsausdruck, wohl von derselben Hand). fol. 2v: Pisces (Fische), gegeneinander gewendete Fische, rot in grünem Wasser, ohne Verbindung. fol. 3r: Aries (Widder), nach links. fol. 3v: Taurus (Stier), nach links, auf grünem Bodenstück. fol. 4r: Gemini (Zwillinge), zwei Frauen (!) in langen Gewändern, mit Schleier, die rechte mit Palmwedel in der Hand, eng beieinander stehend, ein Schleiertuch um beide Köpfe gewunden. fol. 4v: Cancer (Krebs), schlicht in braun gezeichnet, ohne Scheren, mit quasi-menschlichen Augen. fol. 5r: Leo (Löwe), mit eingeknickten Beinen halb stehend, halb liegend, blickt en face aus der Seite. fol. 5v: Virgo (Jungfrau), hochgewachsen, sorgfältig gekleidet, lang hängende Ärmeln und Schleier, hält mit beiden Händen einen Stab mit großer stilisierter Lilie (eine Art Zepter). fol. 6r: Libra (Waage), stehender Mann mit Waage in der Rechten (seitlich ausgestreckt), die Linke hält entsprechend einen Stock. fol. 6v: Scorpius (Skorpion), Chimäre ohne jeden Bezug zum Tier, im Vorderteil eine Art kleiner Drache mit Hundepfoten in gerader Draufsicht, hinten geringelter Schlangenleib. fol. 7r: Sagittarius (Schütze), nach links galoppierender Kentaur, bekleideter Oberkörper, der abgeschossene Pfeil links vor ihm in der Luft, die Bogensehne verläuft irrtümlich hinter dem Bogenarm. fol. 7v: Capricornus (Steinbock), Ziegenfisch nach links. fol. 61vb–64vb: 25 ungerahmte, in die Kolumnen eingefügte Darstellungen der Sternbil­ der und Planeten jeweils am Ende des betreffenden Abschnittes zu De signis coeli, ohne Angabe der Sterne. Die Federzeichnungen in Braun, Rot und Grün wurden vor Text und Rubriken ausgeführt. Da nach fol. 61 zwei Seiten nachträglich entfernt wurden (s. o.), fehlen heute 15 Sternbilder von Ursa minor bis Cassiopeia. fol. 61vb: Ursa maior (Großer Bär), nach links gewandt. fol. 62ra: Andromeda, völlig unbekleidet, ausgebreitete Arme, kurze Haare, ohne Andeutung der Umgebung; Pegasus, nach rechts galoppierend, Hinterbeine und Schwanz hinter einem Kreissegment verborgen. fol. 62rb: Aries (Widder), nach links, Kopf gewandt; Triangulum (Dreieck), schlicht ornamentiert; Pisces (Fische), in Rot und Braun, gegeneinander gewandt, Schwanzwurzeln mit grünem Band verbunden. fol. 62va: Perseus, nach links, bis auf Paludamentum unbekleidet, Flügelkappe ähnlich einer phrygischen Mütze, Medusenhaupt (menschliches Antlitz) mit kurzem, glattem Haar nach vorn, die – verkümmerte – Harpe nach hinten haltend, keine Flügel an den Füßen; Lyra (Leier), ovales, sechssaitiges Instrument in Draufsicht, mit drei rechteckigen Schallöchern.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 fol. 62vb: Cygnus (Schwan), in seitlicher Ansicht nach rechts gewandt, ausgebreitete Schwingen; Aquarius (Wassermann), Körper nach rechts orientiert, eine dünnhalsige Vase ausgießend, den Kopf nach links zurückgewandt. fol. 63ra: Capricornus (Steinbock), Vorderteil eines Ziegenbockes, lebensnah, nach links gewandt, lange, spitze Hörner in Rot, dreifach gewundener Schlangenschwanz; Sagittarius (Schütze), Zentaur nach rechts galoppierend, beim Abschuss eines Pfeiles. fol. 63rb: Aquila (Adler), nach rechts, Flügel zu beiden Seiten ausgebreitet, Kopf nach links zurückgewandt; Delphinus (Delfin), nach rechts gewandter Fisch. fol. 63va: Orion, nach links, die Rechte mit dem Paludamentum verhüllt, die Linke hinter sich erhoben (Waffe? – durch Fleck unkenntlich); Canis maior (Großer Hund), nach links springend, herausgestreckte Zunge, Halsband. fol. 63vb: Lepus (Hase), nach links laufend; Argo Navis (Schiff), nach rechts fahrend, vollständiges Schiff, am Bug ein grotesker Kopf, Tuch um den Mast geschlungen als rudimentärer Rest eines Segels; Cetus (Seeungeheuer), großer Fisch mit Schuppen und Seitenlinie (wie Delphinus), nach rechts. fol. 64ra: Eridanus, bis auf ein knappes Paludamentum unbekleidet, sitzend, nach rechts gewandt, das Wassergefäß als dünnhalsige Flasche, aus der ein dünner Faden rinnt; Piscis austrinus (Südlicher Fisch), Fisch von oben gesehen, nach links. fol. 64rb: Ara (Altar), fünfgeschossig, breit gebaut, Friesornamentik (Zacken und Bogen), aus einer Art Kuppel dringt Feuer oder Rauch, in Form dunkelbrauner »Borsten«. fol. 64va: Centaurus, Kentaur nach rechts, die Rechte hält eine Art Fahne hinter dem Rücken, die Linke ausgestreckt, darauf rücklings ein Beutetier; Hydra (Wasserschlange), feuerspeiende Schlange, nach links, auf dem Schwanzende sitzt Corvus (Rabe); Anticanis (Kleiner Hund), nach links springend, Halsband. fol. 64vb: Unten: Planeten, fünf Büsten in Quincunx-Anordnung, ohne Sol und Luna, Büsten unten durch Wellenlinien abgeschlossen. Individuell gekennzeichnet: Merkur, rechts unten, mit Caduceus und Kopfflügel, Mars mit phrygischer Mütze als Helm.

Provenienz fol. 85r (vormals erstes Blatt): Liber de medicina, compoto, astronomia (14./15. Jh.), darunter ein gründlich getilgter Besitzeintrag (vgl. fol. 121r). fol. 121r: neuzeitlicher Besitzeintrag: »Roger gauban (?) tes Book 1710«. Die Hs. wurde 1757 durch Dekan und Kapitel der Kathedrale von Durham aus dem Nachlass von Dr. Christopher Hunter, Durham (1675–1757) erworben.

Literatur Rud 1825, S. 396–398; Bubnov 1899, S. 301; New Paleographical Society 1922, Tafel 125 (fol. 7r, 43r, 64v, 83r); Gilson, Ms. Hunter 100 A; Hughes 1925, S. 32; Singer 1928, S. 137, Abb. 50 (fol. 120r); Millar 1926, S. 125; Henel 1934; Van de Vyver 1935, S. 140–149; Mynors 1939, S. 49f., Taf. 36–3; Byvanck 1949, Nr. 104; Saxl/Meier 1953, S. 441–447; Greenslade 1958–65, 347–369; MacKinney 1965, S. 120; McGurk 1974, S. 1–5; Kauffmann 1975, Nr. 27; Ker 1977, S. 504; Kauffmann 1984, S. 105, Nr. 37; Sniezynska-Stolot 1994, S. 65; Sniezynska-Stolot 1997, S. 91; Borst 1998, Nr. g10 (irrtümlich unter »Durham, University Library«), S. XXV, 149, 497 (zum Kalendar). Siehe S. 137–138, Abb. 183–196

15.

Florenz, Biblioteca Laurenziana, Plut. XXIX, 30 Hyginus De astronomia Sternbilderdarstellungen zu Hyginus’ De astronomia Italien oder Südeutschland?, 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 213 × 170 mm, II + 42 Folia, Pergament, rechts oben in arabischen Ziffern foliiert, Text einspaltig in einer späten, romanisch ausgeprägten Karolingischen Minuskel; als Absatzinitialen Majuskelbuchstaben mit kleinen Knoten.

Art der Bilder Zwischen fol. 5r–25r, zum 2. Buch von Hygins De astronomia, enthält der Codex einen vollständigen in Federzeichnung ausgeführten Zyklus der Konstellationen. Auf den folgenden Blättern finden sich zudem verschiedene Schemata: fol. 36r: unvollendetes Planetarium; fol. 36v: Kreissschema um ein Quadrat: innerer Ring mit den Monaten, äußerer mit den Namen der Tierkreiszeichen und 2 × 6 Feldern mit Zahlen; fol. 37r: Kreisschema mit den Namen der Tierkreiszeichen, umgeben von Feldern mit Zahlen; fol. 37v: Schema aus neun konzentrischen Kreisen, unterteilt in 12 Segmente; fol. 38v: Zeichnung eines Astrolabs; fol. 39v: Kreisschema zur Berechnung des Sonnenstandes (?); fol. 40r: vier unausgefüllte Kreisschemata; fol. 40v: kleines textintegriertes Kreisschema: »acta. lan. Hoccinnomo«

Inhalt fol. 1r:

Zwei Gedichte zu Sternen Ad boree partes arcti u. Exoriens chelas aries (Baehrens ed., S. 351 u. S. 350); fol. 1v–35r: Hyginus, De astronomia I–IV (endet nach IV, 9: montium magnitudine); fol. 35v: leer fol. 36r–40r: astronomische Schemata, daneben fol. 36v–37r die chaldäischen Namen der Tierkreiszeichen; fol. 38r: vierzeiliger Eintrag in Bastarda, fol. 39r bis auf wenige Einträge leer fol. 40v–42v: medizinische Notizen von verschiedenen Händen; fol. 42v: Sternengedicht Ad boree partes arcti (Baehrens ed., S. 351)

Kommemtar Im Wesentlichen enthält die Florentiner Handschrift die Abhandlung des Hyginus, die nur durch wenige Gedichte und Notizen ergänzt wurde. Hinzu treten eine Reihe von Schemata, die jedoch von sehr unterschiedlicher Sorgfalt in der Ausführung sind. Auf fol. 38v findet sich die Ansicht der Reste eines Astrolabs. Zahlreiche Gebrauchsspuren zeugen von einer intensiven Nutzung. Die bescheidenen, eher skizzenhaften Zeichnungen der Sternbilder sind mit brauner und teils roter Tinte ohne Rahmen ausgeführt worden, wobei die roten Partien vielleicht vom Rubrikator ergänzt wurden. Die Illustrationen stehen jeweils in Textlücken am Beginn der zuge-

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hörigen Abschnitte und begleiten das zweite, mythographisch ausgerichtete Buch. Die Sternpositionen wurden nicht eingetragen. Vermutlich hatte der Schreiber ein illustriertes Exemplar vor Augen und ließ Flächen für die Bilder frei. Dies lässt sich etwa bei Capricorn erkennen, für dessen Vorderpfoten erheblich mehr Platz freigelassen wurde als notwendig. Häufiger jedoch sind die Figuren beengt untergebracht, dem Krebs fehlen sogar die Beinenden, da sie in den Text hineingeragt hätten. Offensichtlich irritierte es den Schreiber, dass Hyginus der Waage keine eigene Behandlung zukommen lässt, denn auf fol. 21r lässt er nach der Behandlung des Skorpions Raum für einen Abschnitt frei. Die in humanistischer Zeit in einige Sternbilder, beispielsweise das Dreieck eingetragenen Notizen beziehen sich auf den Text und gehen nicht auf die Bilder ein. Den Stier, der sonst mit angewinkelten Beinen ruhig liegt, hat der Zeichner in ein galoppierendes Reittier verwandelt, das einen bewaffneten Mann trägt. Ähnliches geschieht im 12. Jahrhundert zuweilen auch bei plastischen Tierkreiszyklen an Kirchenfassaden. Die Florentiner Bilderreihe schließt sich hinsichtlich der Anordnung der Bilder, in ihrer Ausführung als Federzeichnungen ohne Einzelsterne sowie bezüglich der Ikonographie eng an die ältere Handschrift in St.Paul im Lavanttal Ms. 16/1 an. Eine Reihe von Besonderheiten verbindet sie auch mit den französischen Hyginuszyklen des 12. Jahrhunderts, so dem ehemaligen Codex Phillipps 26235, heute in Pariser Privatbesitz, sowie Leiden, Voss. lat. Q. 92. Gleiches gilt für die süddeutschen Hyginus-Handschriften, insbesondere Wien 51, mit der es auch Gemeinsamkeiten in der Textgestalt gibt, sowie Wolfenbüttel Cod. Guel fol. 18.16. Aug. 4° und London Arundel 339. Im einzelnen verbinden die Florentiner Hygin-Illustrationen mit den Bildern insbesondere der deutschen Hyginhandschriften die folgenden ikonographischen Merkmale: Cepheus mit hängenden Armen und ohne Schwertscheide, Andromeda in schräger Ansicht mit einem gesenkten und einem erhobenen Arm, die schräg sitzende Cassiopeia, der Fuhrmann ohne Wagen, Eridanus als bloßer Flusslauf, der zur Seite gewendete Schwan, der Typus des Delfins mit seiner Mittellinie und des Widders, der keinen Reif trägt, der pickende Rabe sowie die Darstellung des Schiffs als Hälfte. Die süddeutschen Handschriften haben zudem gemein, dass das Pedum des Bootes nicht überliefert ist, dass Bootes aber seine andere Hand offen nach oben streckt. Die genannten Merkmale widersprechen der These, dass die Hyginillustrationen von den Illustrationen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis, wie in der Handschrift Madrid 3307 überliefert, abgeleitet seien, da diese Züge dort nicht anzutreffen sind. Lediglich die Darstellung des Schützen als Satyr, der Esel im Zusammenhang des Krebses und Pegasus als halbes Pferd stimmen mit den ikonographischen Besonderheiten der Sternkatalogsbilder überein, sind aber nicht auf diese beschränkt. Stattdessen lassen sich eher motivische Verbindungen zu Himmelskarten (vgl. Basel AN IV 18, Einzelblatt, London Harl. 647, fol. 21v oder besonders Aberystwyth 735 C, fol. 10v) oder den Darstellungen auf einem Himmelsglobus (vgl. Atlas Farnese) feststellen. Dafür spricht auch, dass die süddeutschen Handschriften jeweils deutlich einen gemeinsamen Bildraum der vier auf dem Globus benachbarten Sternbilder Cepheus, Cassiopeia, Andromeda und Perseus bewahren. Möglicherweise diente als Ausgangspunkt dieser Bilderreihe eine dem Hyginustext beigegebene Karte des Sternenhimmels. Jedenfalls erwähnt ein spätantikes Gedicht in dem Pariser Codex lat. 12117 ein Planisphärium, dass angeblich nach der Hyginschen Beschreibung der Sternbilder hergestellt worden sei. Ausdrücklich wird aber darin bedauert, dass es sich nicht um

15. Florenz, Biblioteca Laurenziana, Plut. XXIX, 30

ein kugelförmiges Instrument handle (»Haec pictura docet quicquid recitavit Hyginus«, Baehrens ed., S. 380). Die Handschrift lässt sich auf kunsthistorischem Wege kaum datieren oder lokalisieren. Die Schrift weist in das 12. Jahrhundert, eine von Munk Olsen vertretene regionale Eingrenzung nach Italien ist von Viré nicht übernommen worden. In Italien könnte der defekte Text im 15. Jahrhundert vier Handschriften als Vorbild gedient haben (Reeve). Die Textgestalt weist aber ebenso wie der ikonographische Befund nach Süddeutschland und ist am nächsten mit Wien 51 verwandt. Von dem Text der fragmentarischen Handschrift St. Paul XXV.4, 20, deren Ikonographie dem Florentiner Codex besonders nahe kommt, trennt ihn jedoch eine Anzahl von Umstellungen und Varianten. Verzeichnis der Bilder fol. 5r: Ursa maior (Großer Bär), nach links. fol. 5v: Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts. fol. 6r: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), die Bären einander zugewandt in den Windungen einer Schlange stehend. fol. 6v: Bootes (Bärenhü­ ter), nach links eilend, ohne Pedum. fol. 8r: Corona borealis (Nördliche Krone), aus zwei konzentrischen Ringen. fol. 9r: Hercules, nach links. fol. 9v: Lyra (Leier). fol. 10v: Cyg­ nus (Schwan), nach links. fol. 10v: Cepheus. fol. 11r: Cassiopeia. fol. 11r: Andromeda, frei stehend. fol. 11r: Perseus, nach links, er hält Medusenhaupt und Keule. fol. 11v: Auri­ ga (Fuhrmann), ohne Wagen nach rechts. fol. 13r: Serpentarius (Schlangenträger). fol. 14r: Sagitta (Pfeil), nach links. fol. 15r: Aquila (Adler), nach rechts, den Kopf zurückgewandt. fol. 15v: Delphinus (Delfin), als stark gebogener auf dem Rücken schwimmender Fisch. fol. 16r: Pegasus, als geflügelte Pferdehälfte. fol. 16v: Triangulum (Dreieck). fol. 17r: Aries (Widder), ohne Reif, nach rechts stehend. fol. 18r: Taurus (Stier), nach links

springend, darauf eine Figur reitend, vielleicht Luna mit einer Fackel, oben beschnitten. fol. 18v: Gemini (Zwillinge), nackt. fol. 19r: Cancer (Krebs), nach rechts, länglich, mit Löwenmaul, das auf eine Pferdehälfte im Rand gerichtet ist. fol. 19v: Leo (Löwe), nach rechts. fol. 20r: Virgo (Jungfrau), mit Flügeln, einen Zweig (Ähre?) haltend (es fehlt die Waage). fol. 20v: Scorpius (Skorpion), nach links. fol. 21r: Sagittarius (Schütze), Satyr, nach links. fol. 21v: Capricornus (Steinbock), nach links. fol. 21v: Aquarius (Wasser­ mann), als nackter Liegender mit Urne, aus der sich ein Fluss ergießt. fol. 22r: Pisces (Fische), gegenläufig, an den Mäulern verbunden; Cetus (Seeungeheuer), Mischwesen mit Löwenhaupt und Fischschwanz, nach rechts; Eridanus, als langes, sich nach rechts verjüngendes Band. fol. 22v: Lepus (Hase), nach links. fol. 23r: Orion, nach links schreitend. fol. 23v: Canis maior (Großer Hund), nach links eilend, auf seiner Zunge ein roter Stern; Anticanis (Vorhund), nach links, ebenfalls mit Stern auf der Zunge; Argo Navis (Schiff). fol. 24r: Centaurus, nach rechts springend, hält Hasen und Speer. fol. 24v: Ara (Altar) mit runder Basis, aber eckigem Auf bau, darauf vier Flammen (?). fol. 24v: Hydra (Wasser­ schlange), Crater (Mischkrug), Corvus (Rabe), Wasserschlange nach links, mit Krater davor und pickendem Raben auf dem Rücken. fol. 25r: Piscis nothius (Südlicher Fisch), nach rechts.

Provenienz Ältere Provenienz ungeklärt. Vielleicht schon im 15. Jahrhundert in Florenz. Mindestens seit dem 18. Jahrhundert in der Laurenzianischen Bibliothek.

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Literatur Bandini 1775, Bd. 2, S. 46–47; Lasinio 1910, S. 247–248; Byvanck 1949, Nr. 116; McGurk 1966, S. 23–24; Gurrieri 1979, Nr. 35; Virè 1981, Nr. 18, S. 166, 242–245, 249–251; Munk Olsen, Bd. 1, 1982, S. 527; Virè 1992, S. XXIII. Siehe S. 123–125, Abb. 197–208

16.

Freiburg, Archiv des erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35 Astronomisch-komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Lotharingien, um 850 Kodikologische Angaben 280 × 205 mm, 32 Folia, Pergament, Text teils einspaltig, teils zweispaltig (fol. 31v–32r) von einer Hand in Karolingischer Minuskel; Überschriften, Schlussschriften und teilweise Initialen in Capitalis rustica, Rubrizierungen.

Art der Bilder Neben einer Schemazeichnung auf fol. 12r und der Darstellung eines Fabeltieres auf fol. 32v begleiten den Text des Sternkatalogs zwischen fol. 1r und fol. 9r insgesamt 34, in hellbrauner Federzeichnung mit roten Schattierungen ausgeführte Darstellungen der Konstellationen, 6 weitere Illustrationen der Sternbilder wurden nicht ausgeführt, Miniaturen sind ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r:

fol. 1r–11r: fol. 11v–13v: fol. 13v: fol. 14r: fol. 14v–19r: fol. 19r–31r: fol. 31v–32v:

Exzerpt der Libri Computi, Buch IV (Migne PL 90, 953–956) (Vgl. Monza, Bibl. Capitolare, Ms. fol. 9 (176)) Incipit oralogium Januarius et December hora I et XI pedes Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III) Exzerpt der Libri Computi, Buch V, 3 Inter caelum et terram certis discreta spatiis Nachtrag: De Antichristo (13. Jh.) sowie Auszug aus einem Brief Ad flagellum generis humani peccatis Nachtrag: Ps-Johannes Toletanus, Epistola de coniunctione planetarum anno 1255 (13. Jh.) Omnibus christianis quibus hee litere pervenerint Exzerpt der Libri Computi, Buch V: Intervalla eorum a terra multi indagare temptarunt Exzerpt der Libri Computi, Buch VII: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) Versus Beaeda [!] praesbyteri Naturas rerum Sedulius Scottus, Carmen 2, 41 (MGH Poetae 3, S. 204–207), Federproben, Rasuren

Kommentar Bei der Freiburger Handschrift Ms. 35 handelt es sich um eine mittelalterliche, zwischen zwei Drucke des 16. Jahrhunderts gebundene Textsammlung zur christlichen Zeit- und Kalenderberechnung. Ähnlich ausgerichtete Kompilationen sind beispielsweise in den Handschriften Madrid 3307, Rom Vat. lat. 645, oder Montecassino 3 überliefert.

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Der einspaltige Text wurde in regelmäßiger Minuskel von einer Hand geschrieben, wobei Überschriften und Absatzinitialen in roter Capitalis rustica hervorgehoben wurden. Den Text begleiten zahlreiche Nachträge, Randbemerkungen und Interlinearglossen, die von Händen des 10., des 13. und des 15. Jahrhunderts stammen. Insgesamt entspricht der Codex in Schrift und Layout ganz den zur Zeit Ludwigs des Frommen angefertigten Handschriften. Auffällig ist eine im Vergleich feststellbare besondere Nähe des Freiburger Codex 35 zu der römischen Handschrift Vat. lat. 645. So entsprechen die Blätter fol. 1r–10v, fol. 11v–13v, fol. 14v–15v und fol. 16v–31r des Ms. 35 im großen und ganzen fol. 56r–66r, fol. 68r–72v, fol. 73r–76v und fol. 81r–93r dieser vatikanischen Handschrift. Die Textsammlung des Ms. 35 setzt sich vor allem aus Auszügen der Libri Computi von 809 zusammen, die mit einer Reihe von Zusätzen versehen wurden. Allerdings hat man den im fünften Buch der Libri computi enthaltenen Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis, der nach einheitlichem Muster in knapper Form ausschließlich Daten wie Bewegung, Position und Gestalt der Sterne wiedergibt, durch die etwas ausführlichere, aus dem Aratus latinus entwickelte Version De signis coeli ersetzt. Den Text dieses Sternkatalogs begleiten insgesamt 34, in einfacher Zeichnung sorgfältig ausgeführte Darstellungen der Konstellationen. Die von einer versierten Hand in hellbrauner Farbe mit der Feder gezeichneten und mit Kreide (?) rot schattierten Bilder wurden ohne Rahmen und Hintergrund in größere Lücken zwischen die einzelnen Textpassagen nach dem jeweils das Sternbild beschreibenden Abschnitt eingefügt. Auf die Angabe der Sternpositionen hat man dabei verzichtet. Der Zyklus ist unvollständig, denn die letzten sechs Bilder nach dem Seeungeheuer Cetus fehlen. Die Qualität der schwungvollen Illustrationen lässt auf die Entstehung in einem routinierten Skriptorium Lotharingiens schließen. In mancher Hinsicht erinnert der Zeichenstil an den in Reims entstandenen Utrecht Psalter, wenn man beispielsweise die Stiefel des Bootes auf fol. 2v, den vorgerecktem Kopf und die spitz ausgezogenen Finger der Jungfrau auf fol. 3r oder den gekräuselt zusammengeschobenen Tunicaärmel von Orion auf fol. 8r betrachtet. Ikonographisch entspricht der Bildzyklus des Freiburger Codex am ehesten den Illustrationen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis wie er auch in der Madrider Handschrift Ms. 3307 begegnet. Übereinstimmungen zwischen beiden Bilderfolgen zeigen sich etwa bei der Haltung des Hercules, bei der Art der Gestaltung der zipfeligen Tunika des Bootes oder der ohne Waage dargestellten Jungfrau. Ferner zeigen sich Gemeinsamkeiten beider Handschriften hinsichtlich der Position, Kleidung und Attribute der Zwillinge, der Haltung des Perseus und des Wassermanns sowie der Darstellung des Schützen als bogenspannender Satyr. Aus all diesen Beobachtungen wird deutlich, dass man in der Freiburger Handschrift zwar den Sternenkatalog, nicht jedoch die Bilderreihe austauschte. Allerdings wich der Buchmaler von seiner Vorlage in einigen Punkten ab. Etliche Bilder, so die der Bären und des Skorpions hat er im Vergleich seitenverkehrt wiedergegeben. Ferner schaut der Kleine Bär mit geducktem Kopf nach vorn zum Betrachter, bekämpft Hercules die Schlange mit einer axtartigen, wohl zeitgenössischen Waffe, ist Andromeda zwischen röhrenförmigen Baumstämmen wiedergegeben, und der Wassermann hält in seiner verhüllten Linken einen Caduceus. Darüber hinaus führt in der Argo ein Mann das Steuerruder, dessen ursprüngliche Gestalt von einer späteren Hand nachgezeichnet wurde. Auffällig ist das neutrale, eher männliche Aussehen der drei Frauengestalten Jungfrau, Andromeda und Cassiopeia. Während die Jungfrau dem Maler vielleicht durch die Angleichung an

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ihm geläufige religiöse Gestalten engelähnlich geraten ist, steht hinter der Verschleierung des Geschlechts von Andromeda und Cassiopeia wohl eher die Absicht des Malers, deren heidnischen Charakter zu entschärfen. In der Freiburger Handschrift Ms. 35 werden auf diese Weise Spuren einer Verbindung zweier ursprünglich unabhängig voneinander überlieferter Traditionen deutlich. Denn ihr aus dem Aratus latinus entwickelter Sternkatalog De signis coeli weist eine Bilderreihe auf, deren Ikonographie jener der in Aachen initiierten und von dem verbindlichen Hofexemplar kopierten Illustrationszyklen zum Sternenkatalog De ordine ac positione stellarum in signis entspricht. Damit zeugt die Freiburger Handschrift Ms. 35 von der Bemühung um eine Synthese mit dem Ziel der Erarbeitung eines vollendeteren Illustrationszyklus. Verzeichnis der Bilder fol. 1r: Ursa maior (Großer Bär), in Seitenansicht, nach links laufend, mit langem Fell an Bauch, Rücken und Hinterpfoten. fol. 1v: Oben: Ursa minor (Kleiner Bär), im Profil nach rechts geduckt stehend, mit zum Betrachter gewandten Vorderpfoten und Kopf, mit langem, zottigem Fell; Unten: Draco (Drache), in drei Windungen aufwärts kriechende Schlange, mit schnabelartigem Maul, zwischen ihren Windungen die beiden einander mit den Rücken zugewandten, jedoch gleichermaßen nach rechts stehenden Bären. fol. 2r: Oben: Hercules, vorderansichtige, kniende, leicht nach links gerichtete, nackte Gestalt, das bärtige Haupt nach rechts zu der sich in einem palmenartigen Baum empor windenden Schlange gewandt, in der erhobenen Rechten ein Beil schwingend, über der ausgestreckten Linken ein Löwenfell; Mitte: Corona borealis (Nördliche Krone), leicht ovaler Blattkranz, oben in der Mitte mit einem Halbmond besetzt, unten in der Mitte ein kleines Verschlussstück; Unten: Serpentarius (Schlangenträger), vollständig nackte Figur in Rückenansicht, die hinter ihrem Körper waagrecht verlaufende, sich mit dem Kopf aufrichtende Schlange anblickend und zugleich mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende haltend. fol. 2v: Oben: Scorpius (Skorpion), nach links gerichtet, mit kurzen Scheren, vier abgeknickten Beinpaaren sowie stacheligem Schwanz, in Aufsicht; Unten: Bootes (Bärenhü­ ter), von vorn, in Schrittstellung nach links geneigt stehender, dabei nach rechts blickender Jüngling, mit einer über seinem linken Bein geschlitzten Ärmeltunica und Stiefeln bekleidet, in der erhobenen Rechten das wie ein Fragezeichen eingerollte Pedum schwingend, die Linke zur Seite ausgestreckt. fol. 3r: Oben: Virgo (Jungfrau), in eine bodenlange, langärmelige Tunica sowie ein die linke Schulter und den Arm bedeckendes Tuch gekleidet, in aufrechtem Stand nach rechts blickend, mit seitlich ausgebreiteten Flügeln, die Rechte mit ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger (ähnlich dem Segensgestus) vor der Brust erhoben, in der Linken einen langen Stab haltend; Mitte: Gemini (Zwillinge), von vorn, mit leicht gespreizten Beinen nebeneinanderstehende, einander anblickende Jünglinge, nackt bis auf ein über die linke Schulter fallendes weites Pallium, der linke Zwilling trägt auf seiner verhüllten Linken eine Lyra und stützt sich mit der Rechten auf einen Stab mit kugelförmigem Abschluss, der rechte Zwilling schwingt in seiner Linken einen gebogenen Stock und stützt sich mit der Rechten ebenfalls auf einen Stab mit kugelförmigem Abschluss; Unten: Cancer (Krebs), mit kurzen beinartigen Scheren sowie sechs zackig abgewinkelten Beinen, in Aufsicht. fol. 3v: Oben: Leo (Löwe), mit offenem Maul in gestrecktem Galopp nach links jagend, in Seitenansicht; Unten: Auriga (Fuhrmann), aufrecht auf einem in Seitenansicht gezeigten, nach rechts fahrenden, zweispännigen Wagen mit geflochtenem Korb stehend, von vorn, mit Blick und Bewegung nach rechts gerichtet, mit

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

einer knielangen, gegürteten Ärmeltunika bekleidet, in der erhobenen Rechten eine zweischwänzige Peitsche schwingend und mit der ausgestreckten Linken die Pferde zügelnd. fol. 4r: Oben: Taurus (Stier), ganzfigurig, in Seitenansicht, mit aufgestellten Vorderbeinen nach rechts lagernd, mit zwischen den Hinterbeinen hervorschauendem Schwanz; Mitte: Cepheus, in breitbeinigem Stand von vorn, mit weit ausgebreiteten Armen, den bärtigen Kopf nach rechts wendend, in eine knielange, zipfelige und gegürtete Ärmeltunika, eine flache nach hinten ragende Kappe sowie Schuhe bekleidet; Unten: Cassiopeia, mit weit ausgebreiteten Armen frontal zum Betrachter gewandt auf einem Kastenthron mit Polster und schräggestellter Fußbank sitzend, mit einer langen Tunika über dem Untergewand bekleidet, das gescheitelte Haupt leicht nach links orientiert. fol. 4v: Andromeda, aufrecht auf angedeutetem Grund zwischen zwei hohen Baumstümpfen stehend, an die sie mit beiden Händen gefesselt ist, nach rechts blickend, in eine bodenlange, doppelt gegürtete Tunika gekleidet. fol. 5r: Oben: Pegasus, in Seitenansicht, mit aufgestellten Vorderbeinen nach rechts lagernde geflügelte Halbfigur mit eingerolltem Hinterleib; Unten: Aries (Wid­ der), in Seitenansicht, nach links stehend. fol. 5v: Oben: Triangulum (Dreieck), aus einem Streifen gebildet, gleichseitig; Unten: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in entgegengesetzte Richtung schwimmend, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 6r: Oben: Perseus, nach rechts eilend, ungeflügelt, bärtig, nackt bis auf ein über die linke Schulter fallendes Pallium sowie eine Phrygiermütze, mit einer Lanze in der Rechten zum Stoß ausholend, in der ausgestreckten Linken vor sich das abgeschlagene Medusenhaupt am Schopf gepackt haltend; Unten: Lyra (Leier), aus einem flachen Unterbau sowie aus einem an beiden Enden eingerollten, senkrecht gestreiften Aufsatz mit Lilienornament zusammengesetzt, ohne Saiten und Querstück. fol. 6v: Oben: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und nach rechts gebogenem Hals von vorn gezeigt; Unten: Aquarius (Wassermann), mit weitem Schritt nach rechts orientierter, mit Körper und Blick jedoch entgegengesetzt nach links gewandter Mann in Vorderansicht, nackt bis auf ein über die linke Schulter fallendes Pallium, in der vom Tuch verhüllten Linken einen Caduceus haltend, mit seiner zur Seite gestreckten rechten Hand ein bauchiges, henkelloses Gefäß ausgießend, aus dem ein welliger Wasserstrahl austritt. fol. 7r: Capricornus (Steinbock), in Seitenansicht, mit aufgestellten Vorderbeinen nach links lagerndes Mischwesen aus Ziegenbock und zweifach gewundenem Fischschwanz. fol. 7v: Oben: Sagitta­ rius (Schütze), als bärtiger, nach rechts eilender, ein wenig zurückgelehnt den Bogen spannender Satyr mit zottigen Bocksbeinen und Schwanz; Unten: Aquila (Adler), in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach rechts gewandt stehend. fol. 8r: Oben: Delphinus (Delfin), mit schnabelartigem Maul und gefächerter Schwanzflosse, von links oben nach rechts unten schwimmend; Unten: Orion, nach rechts eilende, jugendliche Gestalt, in Vorderansicht, mit Blick und Bewegung nach rechts orientiert, in kurzer Tunika, Pallium und Stiefeln, in der erhobenen rechten Hand ein Pedum haltend, die vor dem Körper ausgestreckte Linke vollständig vom Manteltuch verhüllt. fol. 8v: Oben: Canis maior (Großer Hund), in Seitenansicht, mit geöffnetem Maul nach rechts springend; Unten: Lepus (Hase) : im Profil, von links nach rechts springend. fol. 9r: Oben: Argo Navis (Schiff), nach rechts gerichtete Ansicht eines aus einzelnen Planken bestehenden halben Schiffs mit hochgeschwungenem Heck, Mast und aufgeblähtem Segel, mit einem an Bord stehenden Mann, welcher das Steuerruder führt; Unten: Cetus (See­ ungeheuer), nach rechts lagerndes Seeungeheuer mit erhobenem Drachenkopf, großen Vorderflossen und vielfach gewundenem Fischschwanz mit kleiner, palmettenartig geteilter Flosse. fol. 9v: Oben: Eridanus, Lücke; Unten: Piscis magnus (Südlicher Fisch), Lücke. fol. 10r: Oben: Ara (Altar), Lücke; Unten: Centaurus, Lücke. fol. 10v: Oben: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Lücke; Unten: Anticanis (Vorhund), Lücke.

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Provenienz Auf fol. 32v befindet sich oben eine Notiz vom Ende des 10. bzw. Anfang des 11. Jahrhunderts: »Possessor huius libri egit vitam anno incarnationis«, die abbricht und von einer Hand des 16. Jahrhunderts um »dominice DCCCC XC II VIIII kl. Junii … Postea eiusdem incarnationis anno … XIIII kl. Martii fraternitatem suscepi« ergänzt wurde. Auf der gleichen Seite haben sich von derselben Hand ein weiterer längerer Eintrag sowie die Nummer 539 erhalten. Um 1530 wurde die Handschrift mit einem 1529 in Basel bei Henricus Petri aufgelegten Druck des Bedatextes De natura rerum, temporibus et temporum ratione sowie mit einem weiteren, bereits 1526 ebenfalls in Basel bei Johannes Froben entstandenen Druck des Textes In C. Plinium von Beatus Rhenanus Selezestadiensis neu zusammengebunden. Hieraus hat man auf einen Aufenthalt des Codex in Basel geschlossen. Aus einem Eintrag »Sum d. Ettonis ac s. Landelini monasterii, constat 4 batzen«, auf dem ersten Blatt des vorgebundenen Druckes geht hervor, dass sich das Buch im 17. Jahrhundert im Benediktinerkloster Ettenheimmünster in der Ortenau befand. Unter dieser Notiz hat sich ebenso wie auf dem 1. und 2. vorderen Schutzblatt sowie auf dem Rücken der Stempelaufdruck D 1442 erhalten. Hierbei handelt es sich um die bis 1976 gültige Signatur der Handschrift.

Literatur Vattasso/Franchi di Cavalieri 1902, I, S. 498–500; Koehler 1960, III, S. 120ff.; King 1969, S. 28; McGurk 1981, S. 320ff.; Hagenmeier 1988, 1, IV, S. 415–417; Munk Olsen 1991, S. 61, Nr. 13.5; Borst 1994, S. 168, Anm. 6, S. 175, Anm. 24, S. 174ff. Siehe S. 75, 79, 176, Abb. 209–221

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Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, Ms. 92 Lambert von St. Omer, Liber floridus (Autograph). Sternbilderdarstellungen zu De ordine ac positione stellarum in signis St. Omer, 1099–1121 Kodikologische Angaben 370 × 204 mm, 289 Folia, Pergament, wechselndes Seitenlayout mit Text und Bildern, 25–40 Zeilen in einer späten Karolingischen Minuskel, überwiegend von der Hand des Autors; etwa 40 Folia des ursprünglichen Codex sind verloren

Art der Bilder Zwischen zahlreichen teilweise ganzseitigen Darstellungen (s. u. Verzeichnis der Bilder) findet sich auf fol. 89r–91v der mit schlichten, kolorierten Federzeichnungen von der Hand des Autors Lambert (?) illustrierte Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (ergänzt durch Textabschnitte des Excerptum de astrologia Arati). Bei den Sternbildern sind die Sterne jeweils angegeben. Texte und Bilder sind schautafelartig angeordnet. Mehrfach verdeutlichen Linien die Zugehörigkeit von Text und Bild.

Inhalt fol. 1r–287r:

Lambert von St. Omer, Liber floridus. Enzyklopädische Kompilation (zum Inhalt im Einzelnen: Lambertus S. Audomari 1968; Derolez 1978), darin fol. 89r–91v De ordine ac positione stellarum in signis

Kommentar Bei dem Genter Codex handelt es sich um das Autorenexemplar der von Lambert von S. Omer zusammengestellten Enzyklopädie, des Liber Floridus. Das Werk schwankt in seinem Charakter zwischen einem unsystematisch angelegten Florilegium und einer gegliederten enzyklopädischen Kompilation. Lambert, Kanoniker im Liebfrauenstift des flandrischen S. Omer, hat den Band zwischen 1112 und 1120/1121 in mehreren Arbeitsschüben zusammengestellt (Derolez 1978). Die Spuren von Lamberts Kompilationsarbeit, aber auch seiner begrenzten materiellen Voraussetzungen finden sich überall in dem Codex. Die Vorlagen seiner Kompilation dürfte Lambert häufiger aus den Bibliotheken der Klöster der Umgebung beschafft haben, da das Liebfrauenstift über keine allzu große Bibliothek verfügte. Die Schwerpunkte des Liber Floridus sind nicht einfach zu charakterisieren, jedoch fällt das große Interesse für Geschichte und Eschatologie auf. Beide durchdringen sich zudem immer wieder mit Komputistik und Astronomie, zwei anderen Vorlieben Lamberts. Die übrigen Artes liberales, Dialektik, Rhetorik und Grammatik sind hingegen kaum vertreten. Der Liber floridus gehört mit seiner allegorisierenden und assoziativen Tendenz noch klar zur monastisch geprägten Kultur der Vorscholastik. Auffällig ist auch die

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besondere Aufmerksamkeit Lamberts für Flandern und seine Geschichte im Allgemeinen und S. Omer im Besonderen, vor allem im Zusammenhang mit der Geschichte des ersten Kreuzzuges. Es ist wohl keine Übertreibung wenn Harry Bober feststellte, die Enzyklopädie sei von Lambert zusammengestellt worden, um Flandern und S. Omer ihren verdienten Platz in der Weltgeschichte zu geben durch den Ruhm Gottfrieds von Boullion und die Bedeutung Flanderns im ersten Kreuzzug (Derolez, Liber Floridus Colloquium 1973, S. 19). Nach Derolez 1978 (S. 441–445) ist es durchaus wahrscheinlich, dass Lambert, der den Text selbst abgeschrieben hat, den Codex auch selbst mit Bildern versah. Sicher ist jedoch zu erkennen, dass Maler und Autor sehr eng miteinander zusammengearbeitet haben. Vermutlich wurden viele Bilder jedoch nachträglich noch einmal überarbeitet, wobei zu den vorliegenden Farben Grün und Oker noch Rot und Blau kamen. Diese Farben wurden nachweislich erst nach dem Zusammenfügen des Codex angebracht, sie haben verschiedentlich noch in feuchtem Zustand Abdrücke auf der jeweils gegenüberliegenden Seite hinterlassen, auch über Lagengrenzen hinweg. Offenbar sind jedoch auch geringfügige stilistische Unterschiede bei den zahlreichen Darstellungen, die Pächt (Derolez 1978, S. 445, Anm. 33) auf unterschiedliche Vorlagen zurückführte, nicht auf verschiedene Hände. Dass es sich bei Ms. 92 um das Arbeitsexemplar des Autors handelt und nicht um das Produkt eines wohlorganisierten Skriptoriums zeigt auch das unterschiedliche Format der Blätter – zum Teil Palimpseste – die an einigen Stellen durch angefügte Streifen auf das volle Format gebracht wurden und an anderen Stellen ausfaltbare Ergänzungen aufweisen. Die Auswahl des Karolingischen Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis hat immer wieder Anlass zur Verwunderung gegeben, da im benachbarten Kloster St. Bertin eine Kopie der Leidener Aratea verfügbar gewesen wäre, die heutige Handschrift 188 der Bibliothek von Boulogne-sur-Mer. Die Benutzung dieser reichen Klosterbibliothek ist deswegen überhaupt in Frage gestellt worden. Wahrscheinlich hat sich Lambert aber deswegen für die Kopie des einfacheren Sternbilderkatalogs entschieden, weil dieser in äußerst knapper Form die notwendigen astronomischen Daten vermittelt und sich somit gut in das Gesamtwerk einfügen ließ. Eine Übernahme von Text und Bildern aus Boulogne Ms. 188 dagegen hätte innerhalb des Liber floridus ein Gewicht erhalten, das Lambert den Sternbildern und ihrer Beschreibung im Rahmen seines Werkes offenbar nicht beimessen wollte. Das kleine Format der Illustrationen zu De ordine ac positione erweist sich dagegen als hilfreich und der Bedeutung angemessen. Außerdem dürfte Lambert der Umstand angesprochen haben, dass in ihnen die Einzelsterne eingetragen sind. Lambert begnügte sich jedoch nicht damit, den vorgefundenen Text und die Bilder einfach zu kopieren, sondern er löste auch noch das dem Sternkatalog gewöhnlich vorangestellte Excerptum de astrologia Arati in einzelne Abschnitte auf. Dieses Excerptum, das normalerweise etwa halb so lange ist wie der Sternkatalog selbst, beschreibt die Lage der Sternbilder im Verhältnis zueinander. Die einzelnen Textsplitter ordnete Lambert dann den Bildern und nicht den Texten des Katalogs zu (s. u. zu den Darstellungen). Das Excerptum selbst gab er noch einmal weiter hinten im Codex als Ganzes wieder. Jedenfalls gelingt es Lambert, über den gesamten Sternenhimmel auf nur sechs schautafelartigen Seiten einen Überblick in Wort und Bild zu geben. Auf den Seiten des Sternbilderkatalogs erkennt man Lamberts Arbeitsweise. Wie Derolez beobachtet hat, war der hierfür verwendete Platz ursprünglich für die bebilderte Apokalypse vorgesehen, von der noch das Bild Christi mit dem Lamm zeugt. Aus unbekannten Gründen,

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vielleicht weil er auf eine geeignete Vorlage gestoßen war, entschloss sich Lambert jedoch das Pergament für den Sternbilderkatalog zu verwenden. Den Text und die Bilder entnahm er vermutlich einer Karolingischen Handschrift, die wir allerdings nicht genau bestimmen können. Die Bilder der Konstellationen besitzen im vorderen Teil – bis zu Orion – fast alle eine auffällige Nähe zu den Bilderreihen in Paris lat. 12117 und Vaticana Reg. lat. 309 sowie zu der zweiten Bilderreihe in Paris nouv. acq. lat. 1614. Man vergleiche den aufsteigenden Schwan, den vom Adler getrennten Pfeil und den Schützen als Kentauren. Danach, so bei Argo, bei Cetus und bei Eridanus, lehnt sich die Darstellung eher an die Illustrationen in Madrid Cod. 3307, Monza Cod. fol. 9. 176 und Vat. lat. 645 an. [Derolez verglich mit Laon 422 (Derolez 1978, S. 392)] Ob die Kombination unterschiedlicher Modelle schon in Lamberts Vorlage gegeben war oder von ihm selbst vorgenommen wurde ist vorerst nicht zu entscheiden. Die Tatsache jedoch, dass sich nicht nur der Text sondern auch die Bilder insgesamt deutlich als Ergebnis der Kompilationsarbeit Lamberts erweisen (Swarzenski 1973, S. 23f ) mag für die zweite Annahme sprechen. Der Text zeigt keine besonderen Varianten. Ein gewisser Widerspruch besteht zwischen dem Aufwand, den Lambert für die Miniaturen und die Zierde durch Ränder und filigrane Abgrenzungen betreibt, und dem außerordentlich unregelmäßigen Layout der Seiten mit dem Sternbilderkatalog. Er hängt jedoch vermutlich mit dem Autographenstatus dieser Handschrift zusammen. In welcher Reihenfolge Lambert vorging, ob er zuerst die Bilder oder erst den Haupttext fertigte, ist nicht leicht zu sagen. Einzig von den eingestreuten Abschnitten des Excerptum kann man sicher annehmen, dass sie als letztes eingefügt wurden. Zwar weicht die Schrift des Haupttextes den Bildern scheinbar mehrfach aus, doch kann dies auch eine bewusste Anlage gewesen sein. Die verschiedentlich eingefügten Verbindungslinien zwischen Darstellungen und zugehörigen Textblöcken unterstreichen den didaktischen Charakter des Werkes. Offenbar versuchte der Autor dadurch die aus dem unregelmäßigen Layout resultierenen Unübersichtlichkeit zu kompensieren. Nimmt man den Liber floridus zur Hand, wird einem deutlich, welche gewichtige Rolle der Kanoniker den Bildern zugedacht hat. Manchmal sollen sie anschaulich machen oder überhaupt erst den Vorgang darstellen, manchmal, wie bei den Bildern der hll. Petrus und Audemarus, sollen sie wie autoritative Zitate wirken, die die Glaubwürdigkeit des Verfassers und seines Buches stützen. Die Sternbilderdarstellungen sind wohl beides, Mittel der Autorität und Veranschaulichung des Themas. Für das Erste sprechen ihre Gestaltung als ungerahmte, aber eindrückliche Miniaturen und der Rückgriff auf ein relativ altes Vorbild. Dem Zweiten dienen die Übernahme der Einzelsterne und die Idee Lamberts, den reinen Sternkatalog durch die Beschreibung der relativen Lage aus dem Excerptum anzureichern. Die Konstellationen am Himmel und ihre figürliche Darstellung in Form der überlieferten Sternbilder waren ein unverzichtbares Thema in einem derartigen enzyklopädischen Werk. Bei der Entscheidung, welche Texte illustriert werden sollten und welche nicht, orientierte sich Lambert in der Regel an seinen Vorlagen, so wohl auch hier. Dass die sehr kompakte, wenn auch sorgfältig redigierte Kombination von De ordine ac positione mit dem Excerptum Arati gewählt und mit den eher unscheinbaren Illustrationen dieses Überlieferungszusammenhanges versehen wurde und nicht die umfangreicheren und anspruchsvolleren Varianten auf der Grundlage von Hyginus oder – überaus naheliegend – dem Leidener Aratus (in Gestalt der Handschrift Boulogne Ms. 188) erklärt sich zwanglos aus der genannten Schwerpunktsetzung des Werkes. Für die Überlieferung der Sternbilderdarstellungen bedeutet die Rezeption gerade dieser Tradi-

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tionslinie im Liber floridus auch deren weitere Übermittlung in diesem Rahmen bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts. Verzeichnis der Bilder fol. 6v: (ursprünglich nach fol. 12) St. Audomarus. fol. 13r: Schreiberbild von Lambert in St.Omer (»Sithius villa«). fol. 15r: Schema der Kanontafeln. fol. 19r: T–Karte der Völker der Erde. fol. 19v: Rundschema der sechs Weltalter. fol. 20r: Minotaurus im Labyrinth. fol. 20v: weiteres Rundschema der sechs Weltalter. fol. 24r: Darstellung der Erde zwi­ schen den 12 Winden. fol. 24v: fünf Erdzonen mit der täglichen Sonnenbahn (»Sphera Macrobii«). fol. 25r: Sonnenauf– und –untergangszeiten an den Tagundnachtgleichen und den Sonnenwenden, umgeben von den Monatsnamen. fol. 25v: Jahresschema mit

den Hauptwinden, Jahreszeiten und Temperamenten, umgeben von den Mondaltern. fol. 26r: »Spera Apulei vite et mortis«. fol. 52r: Paradies als Stadt mit dem Paradiesbaum. fol. 56v: Löwe und Stachelschwein. fol. 58v: Greif. fol. 60v: Drache. fol. 61v: Krokodil. fol. 62r: Teufel auf Behemoth. fol. 62v: Antichrist auf dem Leviathan. fol. 65r: Himm­ lisches Jerusalem. fol. 76v: Palmbaum der Tugenden. fol. 88r: Christus mit dem Lamm zwischen den vier Elementen, unter ihm das Jahr, der Altar Gottes und der Abyssus. fol. 88v: Monatstafel mit Angabe der Tierkreiszeichen und Tageslängen, im Zentrum ein hochrechteckiges Bildfeld in der Mitte Sol im Sonnenwagen in kreisrunder Rahmung, darum die sechs restlichen Planeten als sternförmige Symbole mit Beischriften. fol. 89r–91v: Sternbilddarstellungen zu De ordine ac positione stellarum in signis. 43 schlicht gestaltete, kolorierte Federzeichnungen. Unregelmäßiges Layout mit Textblöcken und zugehörigen Sternbildern mit schematisch eingetragenen Sternen, zum Teil verbinden ornamentierte Tintenlinien Text und Bild (v. a. fol. 89r, 90r) um die Zuordnung zu verdeutlichen, in der Regel erläutern Beischriften die Lage der Konstellationen zueinander (s. u., Derolez ed., 1968, S. 63–67). fol. 89r: Ursa maior, Serpens, Ursa minor (Großer Bär, Drache, Kleiner Bär), die beiden Bären, aufrecht stehend und gegenläufig in den Windungen der Schlange, darunter der Polarstern (»Polus sub cauda Urse minoris«); Her­ cules, nach links; Serpentarius (Schlangenträger), Rückansicht, nach links schreitend, die Schlange zweimal um den Leib geschlungen, Corona (Krone), acht große Sterne, mit kreisrundem Reif verbunden; Bootes (Bärenhüter), nur der Kopf nach links ins Profil gewendet, bekleidet, das Pedum in der Linken; Scorpius (Skorpion), nach rechts gewendet mit Zangen und Skorpionschwanz. fol. 89v: Seite durch Linien horizontal dreigeteilt, im obersten Register: Virgo (Jungfrau), en face, mit Flügeln, in der Rechten eine Ähre, in der Linken die Waage; Gemini (Zwillinge), nebeneinander stehend, nackt bis auf die Mäntel, beide mit Speeren bewaffnet, der rechte in der rechten Hand eine Ähre haltend (vgl. Virgo), zwischen den Füßen der beiden ein Stern (»Propus«); Cancer (Krebs), rundlich, senkrecht orientiert; im mittleren Register: Leo (Löwe), nach links schreitend; Auriga (Fuhrmann), im zweirädrigen Wagen nach rechts fahrend, die beiden Pferde mit einer Geißel antreibend (keine Ziege); im untersten Register: Taurus (Stier), ganzes Tier, nach links gewendet liegend. fol. 90r: dreigeteilt, wie 89v, im oberen Register: Cepheus, barhäuptig mit ausgebreiteten Armen; Cassiopeia, mit ausgebreiteten Armen en face auf einem Kastenthron sitzend, mit Schleier; Andromeda, en face stehend mit ausgebreiteten Armen, vollständig bekleidet, keine Umgebung angedeutet; im mittleren Register: Pega­ sus, Pegasushälfte, nach rechts galoppierend, Hörner (!); Aries (Widder), nach rechts gewendet (ohne Reif ), Triangulum (Dreieck), ohne Dekor; im unteren Register: Perseus, nach rechts schreitend mit Hut und Paludamentum, ein Schwert in der Linken, in der Rechten das Medusenhaupt hinter sich haltend; Pisces (Fische), gegenläufig, die Schwanzflossen verbunden. fol. 90v: dreigeteilt wie 89v, im oberen Register: Lyra (Leier), Instru-

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ment auf einem Sockel; Cygnus (Schwan), nach links auffliegender Schwan, unter ihm der Pfeil (»sagitta sub cigno«); Aquarius (Wassermann), en face, nur mit Umhang bekleidet, mit der linken Hand Wasser aus einer Vase gießend, die Rechte scheint einen Bausch des Umhanges zu halten; im mittleren Register: Capricornus (Steinbock), nach links gewandter Ziegenfisch; Aquila (Adler), nach rechts, den Kopf zurückwandt; Sagittarius (Schüt­ ze), nach rechts galoppierender, bogenspannender Kentaur; im unteren Register: Delphinus (Delfin), nach links gewandt mit einem Horn auf der Stirn; Orion, en face stehend, das Schwert umgegürtet, eine leere Schwertscheide in der Rechten; Canis (Hund), nach rechts laufend; Lepus (Hase), nach rechts laufend; Beischriften: »Delphinus super Capricornem«, »Orion sub Tauro«, »Canis sub Orione«, »Lepus sub Cane«. fol. 91r: die Seite ist durch einen breiten Rahmen horizontal zweigeteilt. Oben: Cetus (Seeungeheuer), drachenartig, nach links gewandt; Argo Navis (Schiff), von Cetus durch eine ornamentierte Linie getrennt, vollständig mit drei Spornen, Rudern und Segel, unten: Eridanus, auf der Urne lagernder Flussgott, ein Schilfrohr geschultert; Beischrift: »Fluvius heridanus sub pede sinistro Orionis perlabitur ad cetum«, darunter »Canopus«; Piscis magnus (Südlicher Fisch), halb von unten, mit aufgerissenem Maul, auf dem Kopf zwei hörnerartige Fortsätze; im selben Bildfeld darunter: Ara (Altar), Blockaltar mit Flamme; Hydra, Corvus, Crater (Was­ serschlange, Rabe, Mischkrug), Wasserschlange nach rechts gewandt, den nach links blickenden Raben und den Becher auf ihrem Rücken tragend. fol. 91v: durch den Rahmen horizontal geteilt, wie 91r. Oben: Centaurus, nach rechts schreitender Kentaur mit Beutetier, Speer und umgehängtem Fell; Corvus (Rabe), nach links gewandt (»corvus super hydram est«), Crater (Mischkrug), mit antikischen Volutenformen verziertes Gefäß; darunter im selben Bildfeld: Anticanis (Vorhund), nach rechts laufend (»anticanis … sub Geminis situs est«). Im unteren Bildfeld: »De cursu solis et lune per signa XII«, eine Aufzählung der Tierkreiszeichen, die die Sonne durchläuft, Text z. T. abgerieben, z. B.: »Sol Libram ingreditur in medio Septembrio et finitur medio Octobri«. fol. 92r: ganzseitige Miniatur, Schema von Sonne, Erde und Mond zur Zeit einer Mondfins­ ternis mit erläuternden Beischriften. fol. 92v/93r: doppelseitiges Bild mit der Weltkarte nach Ptolemaeus, Sphärenkarte, umgeben von den Planetenbahnen und den Namen der Tierkreiszeichen, integriert wurde ein Schema der Planetenbahnen wie fol. 227r (vgl. Destombes 1964, dort Typ CZ). fol. 93v: ganzseitige Miniatur zur Einwirkung der Sonnenstrahlen auf die unterschiedlichen Mondphasen. fol. 94r: ganzseitige Miniatur Planeten­ bahnen durch die Sternbilder der nördlichen Hemisphäre. fol. 94v: ganzseitige Miniatur, die Erde mit den 7 Planeten (Symbole). fol. 102v: Konsanguinitätsbaum. fol. 103r: klei­ ner Konsanguinitätsbaum. fol. 128r–135r: Komputustabellen (130r Kreisschema). fol. 138v: der thronende Augustus mit Schwert und Sphaira. fol. 139v–140r: Pflanzen. fol. 153v: Alexander auf dem Pferd Bucephalos. fol. 154r: (ursprünglich nach 287v) Genealogie Lamberts. fol. 168r: St. Peter in Rom. fol. 207r: Karl der Kahle. fol. 208v: Arche Noah. fol. 221v: Kreisdiagramm der 5 Himmelszonen. fol. 222r: A-förmiges Diagramm der 5 In­ tervalle der Musik. fol. 225r: Weltkarte mit den 5 Mondphasen im Verhältnis zur Sonne. fol. 225v: fünf Kreisschemata und Darstellung einer Sonnenuhr, Planetenbahnen um T-Karte der Erde, Stand von Erde, Sonne und Mond bei den Mondphasen, einer Sonnen­ finsternis und bei einer Mondfinsternis, ein Kreisschema. fol. 226r: T-Karte umgeben von den Mondaltern, den Sonnenauf­ und –untergangszeiten an den Tagundnachtgleichen und den Sonnenwenden, den Planeten sowie von den Namen der Tierkreiszei­ chen. fol. 227r: Rechteckschema der Planetenbahnen. fol. 227v: Rundschema der Himmelssphären. fol. 228r: Sphären der Erde inmitten der Planetenbahnen und Namen der Tierkreiszeichen. fol. 228v: Makro–Mikrokosmos–Schema (Beeinflussung des Menschen durch die vier Elemente, Jahreszeiten und Säfte durch die Planeten). fol. 230v: Lilie.

17. Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, Ms. 92 fol. 231v: Tugendenbaum. fol. 232r: Lasterbaum. fol. 232v: Nebukadnezars Traum. fol. 241r: Europakarte (Kreissegment). fol. 242r: Kreuz (über Text). fol. 253: Christus zwischen Synagoge und Ecclesia. fol. 259v: (mit fol. 258–260 ursprünglich nach fol. 269) Audemarus–Schrein in St–Omer. fol. 260r: Hl. Audemarus.

Provenienz Entstanden im Kanonikerstift Unsere Liebe Frau in S. Omer. Möglicherweise schon 1136 von Abt Simon von S. Bertin nach Gent gebracht, wo er Abt von S. Bavo wurde. Spätestens jedoch seit dem späten 13. Jahrhundert in S. Bavo, wo der Liber Floridus von Johann van Tielsrode für seine Chronik benutzt wurde. Nach der Auflösung der Abtei 1536 an den Bischofssitz gegangen. 1790 von der französischen Besatzung beschlagnahmt und nach wechselndem Schicksal 1804 der Stadtbibliothek eingegliedert (Hs. M 6 im Katalog von 1815). Mit dieser 1818 an die Universitätsbibliothek übergeben.

Literatur Delisle 1906, S. 577–791; Saxl 1957, S. 228–245, Pl. 155–164; Lieftinck 1965–1966, S. 69– 82; Derolez 1968; Euw 1972; Masai 1972, S. 80–82; Derolez 1973; Mayo 1973, S. 29–67; Derolez 1977, S. 8; Lieftinck 1973, S. 81–87; Euw 1975, S. 102, Nr. A 37; Derolez 1978, vor allem S. 167f und S. 392; Emmerson/Lewis 1986, S. 458; En toch was ze rond … 1990; Cahn 1996, Nr. 96 (vgl. auch Nr. 117) (mit umfangreicher Bibliographie); Giombini 1996, v. a. S. 69f, 73f.; Derolez 1997, S. 147–160, Abb. S. 152 (fol. 92v/93r); Derolez 1998, v. a. S. 31, 100. Siehe S. 132–134, Abb. 222–228

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Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu einer Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli Klosterneuburg, 2. Hälfte 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 310 × 212 mm, beschnitten, 88 Folia (ab fol. 55 geht die alte Zählung um eins, ab 88 sogar um 2 vor, eine neue Zählung wurde dazugesetzt), Pergament, Text einspaltig in frühgotischer Minuskel, verschiedentlich rote Rankeninitialen

Art der Bilder Auf fol. 1v enthält der Codex eine historisierte Federzeichnungsinitiale O mit dem sitzenden Beda; auf fol. 70v: zwei Kreisschemata mit Erdzonen, Himmelszonen und dem Erdumfang; Abschließend auf fol. 71r–84r ungerahmte Sternbilderdarstellungen zu einer Redaktion des Sternbildkatalogs De signis coeli, wobei die Position der einzelnen Sterne durch teilweise punktgerandete rote Scheiben markiert ist.

Inhalt fol. 1r–8v: fol. 8v–13v: fol. 13v–14r: fol. 14r: fol. 14v–64v: fol. 64v–65r: fol. 65r: fol. 65r: fol. 65r–v:

Beda, De natura rerum Beda, De temporibus liber Planetengedicht De stella Veneris et Mercurii, Saturni, Iovis et Martis; De absidibus planetarum Beda, De temporum ratione (einschließlich der »Glossen von Auxerre«); De duodecim signis De ortu duodecim signorum De solis et lunae defectus Argumentum ad inveniendum in quo signo versentur Mars, Iupiter, Venus et Mercurius fol. 65v: De incremento saltus lunae fol. 65v–66r: De concordia solis et lunae fol. 66r–v: De quibus embolismi menses et bissextiles dies adimplentur fol. 66v–69v: Commentarioli fragmentum in opus ven. Bedae De temporum ratione fol. 69v: Quid est (!) epacta solis et regulares solis fol. 70r: Versus de cursu planetarum per duodecim signa (Walther 2200; Schaller 1977, 1725) fol. 70v: zwei Kreisschemata mit Erdzonen bzw. Himmelszonen, kleines Schema (ebenso in Zwettl 296) fol. 71r–84r: Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli (Dell’Era ed., Rielaborazione 1979) mit folgenden Einschüben: fol. 71r: Aratus latinus (AL) (Maass, S. 179, Z. 23–180, Z. 9 oben), fol. 73v: Involutio sphaerae (IS) (Maass, S. 165, Z. 116–Sl. 167, Z. 128) fol. 74r: IS (Maass, S. 165, Z. 102–106); Isidor, Etymologiae (Etym.) III, 71, 25 (PL 82, Sp. 181C); anstelle von De signis coeli cap. XI: IS (Maass, S. 165, Z. 107–110); AL (Maass, S. 204, Z. 18–Sl. 205, Z. 8 oben)

18. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685

fol. 74v: fol. 75v: fol. 79r: fol. 84r: fol. 84v–88r:

AL (Maass, S. 205, Z.15–S. 206, Z. 11 oben); Etym. III, 71, 27 (PL 82, Sp. 181CD) IS (Maass, S. 163, Z. 95–S. 165, Z. 101) AL (Maass, S. 228, Z. 6–S. 230, Z. 2 oben) anstelle von De signis coeli cap. XLI: AL (Maass, S. 272, Z. 10–S. 275, Z. 10 oben) Exzerpte aus dem Aratus latinus: fol. 84v–86r: Circulus signalis (Maass, S. 279–286 oben; ausgelassen S. 284v, Z. 2 – 285, Z. 10); fol. 87r–v: Lunae signa (Maass, S. 287–291 oben); fol. 88r: Solis signa (Maass, S. 291–292 oben)

Kommentar Die in Klosterneuburg auf bewahrte komputistische Sammelhandschrift Cod. 685 besitzt ein in Inhalt und Ausstattung fast identisches Pendant in der Zwettler Stiftsbibliothek, Cod. 296. Doch ist sie keine Kopie dieser Handschrift. Unter anderem ist der Text des Sternkatalogs in Klosterneuburg vollständiger und einige Figuren in Rückenansicht geben die Vorlage authentischer wieder als die entsprechenden Zwettler Darstellungen. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden die beiden Handschriften jedoch nach derselben Vorlage kopiert. Bei der Vorlage handelt es sich wohl um eine Schwesterhandschrift des Vaticanus latinus 643, der vermutlich ebenfalls aus dem österreichischen Raum, vielleicht aus Melk stammt. Da sich die Hand der Auszeichnungsschriften fol. 1r–69v auch in anderen Handschriften aus dem Augustinerchorherrenstift nachweisen lässt, etwa im Cod. 20 (Haidinger 1981), ist die Klosterneuburger Provenienz gesichert. Wie in Vat. lat. 643 und Zwettl 296 schließt der Codex mit einer Bearbeitung des Sternkatalogs De signis coeli, der durch einen vollständigen Sternbilderzyklus illustriert wird. Im Vergleich sind die Bilder technisch aufwendiger gestaltet als die in der Zwettler und der vatikanischen Handschrift. So werden die Farben Orangerot, Weiß, Violett und Braun sowohl für Konturen als auch zur Kolorierung verwendet. Das Weiß ist allerdings heute auf Abbildungen kaum noch wahrzunehmen. Außerdem übertrifft der Klosterneuburger Codex die beiden verwandten Handschriften nicht nur durch sein Format, sondern auch durch die weiter monumentalisierte Figurengestaltung. In einzelnen Fällen verändert diese Tendenz sogar die Ikonographie, so wenn Andromeda wegen ihrer Größe die Felsen zu ihrer Seite oder den Hügel unter ihren Füßen verdrängt. Der Text ist wie in den beiden anderen Handschriften auf die Rolle von Bildbeischriften reduziert. Vermutlich wurden die Bilder ebenfalls vor dem Text ausgeführt, zumindest nehmen die Zeilen immer wieder Rücksicht auf die Bilder, bei einigen Sternbildern (z. B. Orion, Zwillinge) überschneiden auch vereinzelt Buchstaben die Bilder. Allerdings sind unter Umständen einige Details erst später ausgeführt worden, da die rote Tusche im Bild des Orion die Schrift bedeckt. Eine stringente Anpassung der verschiedenen Sterntypen an die im Sternkatalog beschriebene Helligkeit lässt sich nicht feststellen. Zum Teil sind die Sterne lila umpunktet, zum Teil einfach umrandet oder mit einem aufgeschriebenen Fünfpass versehen. Auch korrespondieren die Lösungen nicht immer mit denen in Zwettl. Wie dort richten sich die Sterne beim Krebs nach dem Aratus latinus und nicht mehr nach De signis coeli.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Wie sich aus dem Vergleich mit Zwettl 296 ersehen lässt, führt der Maler an einigen Stellen ikonographische Neuerungen ein. Am auffälligsten ist die Umgestaltung der Zwillinge zu zeitgenössischen Kriegern mit Plattenpanzern, spitzen Schilden und Helmen mit Nasenstegen. Die Zwillinge als zeitgenössische Krieger lassen sich auch um die Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert in der Salzburger Buchmalerei, nämlich in der Kalenderillustration des etwas jüngeren Orationale von St. Erentrud, Clm 15902 der Bayerischen Staatsbibliothek, nachweisen. Diese Parallele kann nicht erstaunen, da der Buchmaler auch stilistisch klare Bezüge zur Salzburger Kunstlandschaft aufweist. Die gegenüber Zwettl altertümlichen Züge und die Verwandtschaft mit der Salzburger Buchkunst waren bereits früher erkannt worden. Die nach verbreiteter Ansicht um 1160 entstandenen Federzeichnungen des Antiphonars von St. Peter, Cod. S. N. 2700 der Österreichischen Nationalbibliothek, gehören sicher zu den Voraussetzungen der Klosterneuburger Bilder. Vergleichen lassen sich vor allem die Gesichtstypen, der kräftige Bau der Figuren, die Vorliebe für ornamentierte Gewandbordüren und die parzellierende Gestaltung der Gewandfalten. Letztere übersteigert der Klosterneuburger Maler noch, indem er wie beim Cepheus völlig antiplastische Abgrenzungen einführt. Der Zusammenhang zwischen verschiedenen Gewand– und Körperteilen geht an solchen Stellen vollkommen verloren. Dass die Salzburger Kunst in Klosterneuburg heimisch geworden war, als Cod. 685 entstand, zeigen die Federzeichnungen der Handschriften Cod. 39 und Cod. 311 der Stiftsbibliothek. Verzeichnis der Bilder fol. 71r: Ursa maior (Großer Bär), mit heraushängender Zunge nach links; Ursa minor (Kleiner Bär), mit heraushängender Zunge nach links. fol. 71v: Draco (Drache), mit Flügeln und Beinen versehen, eingestellt nochmals die Bären. fol. 72r: Hercules, nach links auf den Baum zu, vor sich ein bärtiges Haupt mit Zöpfen. fol. 72v: Serpentarius (Schlan­ genträger), von vorne links, steht auf Scorpius (Skorpion), Skorpion mit löwenähnlichem Antlitz; davor Corona borealis (Nördliche Krone) mit zwei angehängten Bändern. fol. 73r: Bootes (Bärenhüter), frontal stehend, ein dreiknolliger Zweig in seiner Linken, über dem rechten Handgelenk ein zipfeliges Tuch. fol. 73v: Virgo (Jungfrau), in Tunika und Schürze, mit den ausgestreckten Armen hält sie Zapfen und Waage. fol. 74r: Gemini (Zwillinge), in Kettenhemden und mit spitzen Schilden, die Speere halten sie an den Schäften; zwischen den Zwillingen Cancer (Krebs), hummerartig in Aufsicht. fol. 74v: Leo (Löwe), nach links. fol. 75r: Auriga (Fuhrmann), ohne Wagen nach rechts, seine Peitsche ist ein Stab mit darin verbissener Schlange. fol. 75v: Taurus (Stier), als Stierhälfte nach rechts, Kreuzband um die Hörner. fol. 76r: Cepheus. fol. 76v: Cassiopeia, unter einer Arkade thronend, trägt eine hohe Tiara. fol. 77r: Andromeda, in langer Tunika, Hügel, Felsen u. Hochzeitsgeschenke fehlen, um ihre Füße der Drache. fol. 77v: Pegasus, geflü-

gelte Pferdehälfte nach rechts, aus einer Schale fressend, Flügelansatz verunklärt, Schnittfläche ringförmig betont; Aries (Widder), nach links springend, den Kopf zurückgewandt, rechter Vorderhuf erhoben. fol. 78r: Triangulum (Dreieck) ; Pisces (Fische), an den Mäulern verbunden, der obere mit dem Bauch nach oben. fol. 78v: Perseus nach links, an den Knöcheln blattartige Flügel, vor sich das Medusenhaupt. fol. 79r: Plejaden in sieben Medaillons. fol. 79v: Lyra (Leier), rechteckig; Cygnus (Schwan), nach rechts, sich selbst in die Brust beißend. fol. 80r: Aquarius (Wassermann), nach links schwebend, gießt aus einer Urne einen kräftigen Strom unter sich. fol. 80v: Capricornus (Steinbock), nach links.

18. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685 fol. 80v: Sagittarius (Schütze), als bogenspannender Kentaur, nach links galoppierend; unter ihm Sagitta (Pfeil), nach rechts gerichtet; Aquila (Adler), nach rechts, den Kopf zurückgewandt, unter ihm weiterer Pfeil. fol. 81r: Delphinus (Delfin), nach links; Orion. fol. 81v: Canis maior (Großer Hund), mit Strahlennimbus nach links; Lepus (Hase), nach links. fol. 82r: Argo Navis (Schiff), als ganzes Schiff mit Mast und hängendem Segel, zwei Rudern und zwei Schilden; Cetus (Seeungeheuer), nach rechts. fol. 82v: Eridanus, als Büste hinter einer Leiste, ein Stern in der aufgetürmten Frisur. Piscis magnus (Südlicher Fisch), auf dem Rücken; Ara (Altar), als dreitürmige Architektur (pharus). fol. 83r: Cen­ taurus, mit Gefäß, Schwert und Beutetieren, vor ihm ein zur Mitte zulaufender Rundaltar. fol. 83v: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Wasserschlange nach links mit Becher und pickendem Raben auf ihren Windungen; Anticanis (Vorhund), nach links. fol. 84r: fünf Planeten als Medaillonbüsten im Quicunx–Schema. fol. 86r: Sol, Luna, auf einer Bank im Tierkreis thronend. fol. 86v: Luna, nimbiert, in einem

großen Medaillon (Beischrift: »LUNA MARIS«) in einer Ochsenquadriga, hält in den Händen einen Zweig und einen Wedel. fol. 88r: Sol, in einem großen Medaillon auf dem Rücken von vier Pferden (Beischrift: »AURORA LUCIS«), trägt Strahlennimbus, Paludamentum und Sphaira mit Kreuz.

Provenienz Vermutlich immer in Klosterneuburger Besitz, wenn auch nicht in den mittelalterlichen Bibliothekskatalogen nachweisbar. Der Ledereinband mit Streicheisenlinien aus der zweiten Hälfte des 15. Jhs. mit Klosterneuburger Wappen.

Literatur Winkler 1923, S. 11–12; Byvank 1949, Nr. 101; Romanische Kunst in Österreich 1964, Nr. 39 (Kurt Holter); Bischoff, Bd. 2, 1980, S. 45–46; 1981, S. 235–238; Haidinger 1985, Bd. 1, S. 331, Nr. B 108; Pegasus und die Künste 1993, S. 41; Glassner/Haidinger 1996, S. 74–78; Fillitz 1998, Nr. 263 (Werner Telesko). S. 525–526, 531; Haidinger 1998, Nr. 13; Lippincott 2006, S. 23f. Siehe S. 140–142, Abb. 229–252, Taf. 4–5

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Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II Mathematisch-komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) Köln, geschrieben 798 und 805, illustriert gegen 820? Kodikologische Angaben 365 × 265 mm, 219 Folia, Pergament, Text einspaltig von verschiedenen Händen in Karolingischer Minuskel, Titel und Kapitelüberschriften in Capitalis rustica oder Unziale, Rubrizierungen, Initialen in Federzeichnung- und Deckfarbenmalerei, z. T. figural ausgestaltete Flechtbandinitialen.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata insgesamt 48 geplante Illustrationen, davon 7 in Deckfarbentechnik gestaltet, weitere 16 Bilder in Vorzeichnung erhalten, 13 Bilder von jüngerer Hand in einfacher Federzeichnung umgesetzt, 12 Darstellungen nicht ausgeführt, alle Bilder ohne Rahmen und Hintergrund einzeln oder zu mehreren auf den Pergamentgrund gesetzt, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt Teil I: fol. 1r: fol. 1v: fol. 2r–5r: fol. 5r–14v: Teil II: fol. 15r–36v: fol. 37r–44r:

Hildebaldvermerk leer Hieronymus, Praefatio in Eusebii Caesariensis Chronica Auszüge aus Isidor von Sevilla, Chronica (MGH AA 11, S. 424–481) mit Supplementum

Auszüge aus Isidor von Sevilla, Ethymologiae, III (Linhart ed. 1997) Ps-Beda, Computus hibernicus, teilweise als Dialog zwischen Lehrer und Schüler (Migne PL 90, 653–664; Jones ed. 1939, S. 48–51) fol. 44v: leer fol. 45r–72v: Ars computi, Lectiones computi sowie Tabellen zur Berechnung von Sonnenund Mondzyklus (Migne PL 90, 679–680) fol. 72v–76r: Kalendarium fol. 76v–79v: Ps-Beda, Cycli decemnovenales von 789 bis 911 (Migne PL 90, 825–844) sowie Annales Coloniensis ( Jaffé/Wattenbach ed. 1874, S. 30; MGH SS XVI, S. 730ff.) fol. 79v–85v: Cyclus paschalis (dazu 13 autonome astronomisch-komputistische Kreisdiagramme) fol. 86r–125v: Auszüge aus Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 126r: Sisebutus, Epistola ad Isidorum de libro rotarum (Riese ed. 1896, I, 2, 9–13) fol. 126r–145r: Isidor von Sevilla, Liber rotarum ex De natura rerum VII, 1–61 (Fontaine ed. 1960, S. 164–355) (dazu sieben Diagramme zur Lehre über das Weltall

19 Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II

Fontaine ed. 1960, S. 190ff.); anonymer Anhang; Auszüge aus Isidor von Sevilla, Ethymologiae, XV, 14–16 (Linhart ed. 1997); Kurztraktate sowie Auszüge aus Beda Venerabilis, De temporum ratione, XXIX ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 145v: leer fol. 146r–171v: Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) fol. 172r–217v: Jahrestabellen; Traktate und Briefe zur Zeitrechnung von Kirchenvätern und Gelehrten; Papstbriefe zur Zeitrechnung; Osterstreit von 444; Traktate und Tabellen zu Maßen und Gewichten; Exzerpte aus Isidor von Sevilla, Ethymologiae, XVI, 25–26 (Linhart ed. 1997) fol. 218r: leer fol. 218v: Horoskop fol. 219r: leer fol. 219v: ursprünglich leer, Abschrift einer Urkunde vom 17. 03. 804

Kommentar Der Kölner Codex Ms. 83 II kann als Enzyklopädie des gesamten frühmittelalterlichen astronomisch-komputistischen Wissens charakterisiert werden. Die Handschrift besteht aus zwei Teilen. Der erste, wohl auch ältere Teil umfasst zwei, formal wie inhaltlich zusammengehörige Lagen von fol. 1r bis fol. 14v. Thema dieses Abschnitts sind neben christlicher Geschichtsschreibung auch die Grundlagen des Zählens im Weltgeschichtsablauf sowie die Wissenschaft der Arithmetik. Mit fol. 15r beginnt der umfangreiche mathematisch-komputistische zweite Teil des Buches. Auf über 200 Blättern und in insgesamt 39 Kapiteln werden Probleme der Zeit- und Kalenderberechung abgehandelt. Das relativ gleichmäßige Seitenlayout, die ähnliche Rubrizierung, der gleiche Schriftspiegel mit je 38 Langzeilen sowie die Unterschriften von Schreiberhänden zeigen, dass der Codex, obwohl man ihn aus einzelnen Büchern mit unterschiedlichen Texten kompiliert hat, als einheitliches Buch geplant wurde. Wie der Eintrag auf fol. 1r belegt, wurde die Handschrift Ms. 83 II in Köln geschrieben. Eine durch diesen Vermerk ebenfalls mögliche Datierung des Buches in die Zeit des Kölner Erzbischofs Hildebald (vor 787–818) lässt sich auf Grund der Angaben im Kalender genauer eingrenzen. Vielleicht wurde der Codex im Jahr 798 begonnen, denn im Supplement zur Chronik des Isidor wird auf fol. 14v das aktuelle Jahr mit 798 angegeben. Es erscheint zwar noch einmal als erstes Jahr der Ostertabellen im Kalendarium auf fol. 76v, gleichwohl muss diese Datierung nicht stimmen. Denn das zwischen fol. 72v und fol. 76r geschriebene Verzeichnis enthält keine typisch Kölner Heiligen, sondern erwähnt statt dessen charakteristische nordfranzösische Heilige wie Genoveva, Hilarius, Amandus, Germanus, Medardus oder Dionysius. Die Kalendereinträge nehmen dabei besonders häufig Bezug auf Reims, so wird etwa die depositio des Remigius am 13. Januar erwähnt (Heusgen). All diese Details lassen darauf schließen, dass die Kalendereinträge der Kölner Handschrift nach einer vermutlich aus Reims stammenden Vorlage eines römisch-fränkischen Kalenders mit astronomischen Daten sowie typischen Heiligen basieren. Daher kann auch das zur Datierung des Ms. 83 II dienende annus praesens von 798 von dort übernommen worden sein. Das als Datum der Vollendung der Handschrift angenommene Jahr 805 ergibt sich aus den in der Ars computi auf fol. 55r und im Kalender auf fol. 76r enthaltenen chronologischen Angaben. Möglicherweise steht auch die auf fol. 219v auf-

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gezeichnete Abschrift einer Urkunde vom 17. 03. 804 im Zusammenhang mit dem Abschluss des Codex. Neben zahlreichen, zum Teil von aufwendigen Diagrammen begleiteten komputistischen, naturkundlichen und mathematischen Texten unter anderem von Beda Venerabilis, Hieronymus oder Isidor enthält die Kölner Handschrift zwischen fol. 146r und fol. 171v den illustrierten Text des Aratus Latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia). Der einspaltige Text wird zu Beginn eines jeden, in Karolingischer Minuskel geschriebenen, die einzelnen Sternbilder behandelnden Abschnittes durch kolorierte Initialen eingeleitet. Dabei unterscheiden sich die Zierbuchstaben der Einleitung, etwa das A(ratea) auf fol. 146r, mit ihrer Verschmelzung insularer und kontinentaler Kunst deutlich von dem in Feder gezeichneten, mit kräftigen Farben gelb, orangebraun, blau oder grün ornamentierten Initialschmuck zwischen fol. 154v und fol. 171v. Nach Abschluss der Beschreibung einer Konstellation hat man jeweils eine Lücke für die entsprechende Illustration freigehalten. Den Text der Recensio interpolata begleitet gewöhnlich ein umfangreicher Bildzyklus, der neben Darstellungen der Hemisphären und eines Himmelsglobus die Wiedergabe der Sternbilder, der Planeten und Milchstraße sowie des Zodiakus und der Luminaria umfasst. In der Kölner Handschrift wurde eine solche Bilderreihe offenbar geplant, jedoch aus unbekannten Gründen nicht ausgeführt. Weder die Darstellung der beiden Hemisphären noch des Globus sind enthalten; darüber hinaus kam auch eine Reihe der den Text zwischen fol. 154v und fol. 167r begleitenden Sternbilderillustrationen nicht zur Vollendung. Nur am Anfang des Zyklus, bis fol. 159r, finden sich wenige, entweder ganz oder teilweise in Deckfarben ausgeführte, stark an malerischen spätantiken Vorbildern orientierte Miniaturen der Konstellationen. Sie zeichnen sich durch zierliche und bewegte, illusionistisch modellierte Figuren aus. Es fällt auf, dass sich deren Rotbraun und tiefes Blaugrün als bevorzugte Kolorierung in der Farbgebung deutlich von jener der im selben Abschnitt enthaltenen Initialen unterscheidet. Zu einigen Sternbildern haben sich Vorzeichnungen in Form von Griffelritzungen erhalten. Nach Bischoff kann man in manchen von ihnen, etwa bei den Fischen, beim Delfin oder Vorhund, noch knappe Anweisungen zum Kolorieren finden. So gebe es Hinweise wie »vir« für »color viridis«, d. h. Grün, oder »ocra« für Ocker. Ein weiterer Teil der Bilder wurde später von anderer Hand mit brauner Tinte in Federzeichnung nachskizziert, wobei der Zeichner mitunter im Umriss von der Vorzeichnung abwich. Auf eine Angabe der Sternposition hat man aber sowohl bei den farbigen als auch bei den gezeichneten Darstellungen verzichtet. Wegen der Unvollständigkeit des Zyklus fällt eine ikonographische Einordnung der Kölner Sternbilder schwer. Ungewöhnlich ist zunächst die Miniatur eines jungen, geflügelten Mannes auf fol. 154v. Dieser ist auf einer von einem hellen und einem dunklen Pferd von links unten nach rechts oben aufsteigenden Biga wiedergegeben. Er trägt eine faltenreiche, doppelt gegürtete Tunika sowie ein Manteltuch, dessen Enden nach hinten wehen. Sein Haupt wird von einer rotbraunen Mondsichel hinterfangen, die mit grüner Farbe zu einer annähernd runden Scheibe ergänzt ist. Mit dem Zeigefinger der erhobenen Rechten berührt er den höchsten Punkt eines mit Zirkel gezogenen, geritzten Kreises, während er mit der Linken die Pferde zügelt. Die Miniatur wurde sorgfältig – vermutlich durch eine Ritzzeichnung – vorbereitet, da keine Farbfläche über eine andere gemalt ist. Bei den Pferden hat der Miniator zuerst jenes in weißlichem Hellgrün mit ursprünglich dunkelgrünen, heute fast vollständig verlorenen Konturen gestaltet. Jedoch hat er für das braune Pferd entsprechenden Platz gelassen und dieses im Anschluss an das helle Pferd ausgestal-

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tet. Der Wagen wurde schließlich um die Tiere herum gemalt. Obwohl die Miniatur unmittelbar an Lunadarstellungen erinnert, ist ihre Interpretation nicht eindeutig, da sie zugleich auch Merkmale Sols zeigt. In der jüngeren Forschung (von Euw) wird die Illustration als Genius des Tages bzw. als aufgehender Tag gedeutet, allerdings gibt es für diese Deutung keinerlei frühmittelalterliche Vergleichsbeispiele. Unklar ist auch, ob es sich bei dem in die Mondsichel eingeschriebenen grünen Kreis tatsächlich um eine Sonne handelt, fehlen doch die sonst für eine Sonnendarstellung üblichen Strahlen und könnte mit der Scheibe ebenso ein Nimbus gemeint sein (wie beispielsweise bei Luna in Boulogne sur mer 188, fol. 32v). Außerdem wäre für Sol das in Seitenansicht gegebene Zweigespann außergewöhnlich. Vielleicht erklärt sich die Besonderheit der Kölner Darstellung am ehesten durch ihre Entstehungsgeschichte: Die Miniatur folgt dem auf fol. 153v aufgezeichneten Text Involutio spherae, an den sich in anderen Zyklen zur Recensio interpolata stets die Miniatur des beweglichen Globus anschließt. Dieses Bild ist in der Kölner Handschrift weggelassen worden. Allerdings lässt der erwähnte, bei genauem Hinsehen erkennbare, geritzte Kreis darauf schließen, dass wohl auch hier ursprünglich ein Bild des Globus vorgesehen war. Möglicherweise hielt der kopierende Schreiber entsprechend seiner Vorlage Platz für die Illustrationen frei. Diese wurden aber erst zu einem späteren Zeitpunkt und nach einer anderen Vorlage, die keine Globusdarstellung enthielt, eingefügt. Um die vorhandene Lücke zu schließen, wählte er ein Bild, das zum vorangehenden, über die Planeten und zuletzt über Luna handelnden Text passte. Da der Miniator in Ermangelung einer Vorlage auf sein Bildgedächtnis angewiesen war, schlichen sich eventuell die Abweichungen von der Luna-Ikonographie ein wie die Pferde anstelle der Ochsen oder das Fehlen einer Fackel, und es kam zu einer Angleichung Lunas an eine dem Maler eher vertraute Engelsgestalt mit Flügeln, Kurzhaarfrisur und uneindeutigem Geschlecht (vgl. die Mosaiken der Cherubim in dem 806 geweihten Oratorium des im engsten Hof kreis verkehrenden Bischofs Theodulf von Orléans in Germigny-des-Prés). Die mit großer Geschwindigkeit dahineilende, auf den Himmel weisende Luna als beherrschendes Gestirn der Nacht wäre zugleich ein sinnvolles Einleitungsbild zum folgenden Sternbilderzyklus. Wie das erste Bild sind auch die sich ab fol. 155r anschließenden Darstellungen der Sternbilder mit keinem anderen Zyklus zur Recensio interpolata wirklich identisch. So ist etwa im Unterschied zu den Illustrationen in Paris, Ms. lat. 12957, und St. Gallen, Ms. 902, der Kleine Bär nach rechts gerichtet, wird der Drache ohne die beiden Bären wiedergegeben, wird Hercules nicht in Seiten- sondern in Rückenansicht gegeben und der Schlangenträger steht nicht auf dem Skorpion. Ferner unterscheiden sich die Kölner Bilder auch in der Ausführungsart von allen anderen erhaltenen Recensio-Interpolata-Illustrationen. Denn die Illustrationen des Codex 83 II wurden als Deckfarben Miniaturen geplant und zum Teil auch so ausgeführt. Im Vergleich kommen die Kölner Bilder den Illustrationen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis der Libri computi wie in der Handschrift Madrid 3307, oder in Wien 387 und München Clm 210 am nächsten: Entsprechend den Madrider Miniaturen wird der Skorpion mit seinen Füßen gezeigt, die Jungfrau ohne die Waage. Die Zwillinge sind nur mit einem Mantel bekleidet und halten außer einem Speer auch eine Lyra. Wie in der Wiener Bilderreihe wird dagegen der Schütze als Kentaur dargestellt. Basierend auf der Datierung der Handschrift auf das Jahr 805 nahm man an, dass der Kölner Codex 83 II die ältesten erhaltenen nachantiken Sternbilderdarstellungen in der Buchmalerei enthalte. Allerdings lassen nicht nur die für eine Entstehung um 805 fortschrittlich gestalteten

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Figuren, sondern auch die nur geringen ikonographischen Übereinstimmungen zu anderen Bildzyklen der Recensio interpolata Zweifel an der Datierung der Miniaturen entstehen. Hinzu kommt die Tatsache der geplanten Ausführung der Bilder in Deckfarbentechnik, denn bei den Kölner Miniaturen würde es sich um die einzig bekannten farbig gestalteten Illustrationen zur Recensio interpolata handeln, die sonst ausschließlich in Federzeichnung ausgeführte Darstellungen aufweist. Ferner besitzen die Kölner Sternbilderminiaturen eine ganz andere Farbigkeit als die in der gleichen Handschrift zu anderen Texten enthaltenen Initialen und Diagramme, und auch stilistisch erscheinen sie zu Anfang des neunten Jahrhunderts isoliert. All diese Besonderheiten lassen darauf schließen, dass die Sternbilder der Kölner Handschrift 83 II erst nachträglich, etwa um 820, nach einer anderen Vorlage angefertigt wurden. Doch auch dieses Werk hat man rasch abgebrochen, und der Bildzyklus wurde erst sehr viel später mit einfachen Federzeichnungen zum Abschluss gebracht. Insgesamt erinnert nicht nur der Stil der Kölner Himmelsgestalten, sondern auch die Tatsache und Art ihrer Kolorierung an die Bilder des Sternkatalogs in der um 818 für Erzbischof Arn von Salzburg entstandenen Wiener Handschrift Ms. 387. Erzbischof Arn, seit 782/3 Abt des französischen Klosters Saint-Amand und seit 785 Bischof von Salzburg, unterhielt enge persönliche Beziehungen zum Hof, war Vertrauter und Königsbote. Er importierte seit 785 zahlreiche Bücher aus Saint-Armand nach Salzburg. Freundschaftliche Verbindungen unterhielt Arn nicht nur zu dem Gelehrten Alkuin, sondern auch zu dem als Auftraggeber der Kölner Handschrift Ms. 83 II genannten Erzbischof Hildebald. Dieser leitete von ca. 787–818 das Erzbistum Köln und war zugleich seit 791 Archikapellanus am Hof Karls des Großen in Aachen, von dem ihm später die Abtei Mondsee bei Salzburg übertragen wurde. Spuren einer engen Verbindung zwischen Arn und Hildebald finden sich auch in einer Reihe von Handschriften, in denen eine wechselseitige Beeinflussung der Schrift deutlich wird. So zeigen manche Kölner Handschriften typisch nordfranzösische oder Salzburger Schriftzüge. Um 818 veranlasste Arn von Salzburg die Anfertigung seines als Liber calculationis bezeichneten und von erstaunlich malerisch gestalteten Sternbilderminiaturen begleiteten KomputusHandbuches in Wien, Ms. 387. Arns Auftrag, sein Kompendium mit Bildern auszustatten, könnte Erzbischof Hildebald von Köln dazu bewegt haben, seine Handschrift nach einem Salzburger Muster ebenfalls nachträglich mit farbigen Illustrationen versehen zu lassen. Vielleicht war die Salzburger Vorlage nur kurzfristig in Köln, so dass der von Hildebald beauftragte Maler die Darstellungen gerade als Zeichnung anlegen, nicht jedoch fertigstellen konnte. Vielleicht hängt der Abbruch der Arbeiten auch mit dem Tod Hildebalds 818 zusammen. Treffen die geäußerten Vermutungen zu, dann enthielte der Kölner Codex zwar nicht den ältesten mittelalterlichen Sternbilderzyklus, aber einen interessanten Nachweis für die Wirkung des um 818 für den Liber calculationis neugeschaffenen Bilderzyklus (in Wien 387) ausgelöst durch die persönliche Beziehung der Auftraggeber Arn und Hildebald. Verzeichnis der Bilder fol. 151r: Lücke für die Darstellung der beiden Hemisphären. fol. 154v: Luna (?), Miniatur eines jungen geflügelten Wesens (Geschlecht nicht eindeutig erkennbar), auf einer in Seitenansicht gezeigten, von links unten nach rechts oben aufsteigenden, von zwei Pferden gezogenen Biga stehend, sein Haupt hinterfangen von der mit einer grünen (Sonnen?)scheibe

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kombinierten rotbraunen Mondsichel, in eine voluminöse, doppelt gegürtete Tunika sowie ein nach hinten wehendes Manteltuch gekleidet, mit der zeigend erhobenen Rechten den höchsten Punkt des Himmelskreises berührend, mit der Linken die Pferde zügelnd. fol. 155r: Ursa maior (Großer Bär), in Seitenansicht, mit übereinandergestellten Beinen nach links springend. fol. 155v: Ursa minor (Kleiner Bär), in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf in geduckter Haltung nach rechts gewandt stehend. fol. 156r: Serpens (Drache), sich in vier Windungen nach rechts bewegend. fol. 156v: Hercules, im Knielauf nach links gewandte Rückenfigur, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Schlange mit Drachenkopf, nackt, über dem vorgestreckten linken Arm ein großes, mit dem Kopf zum Betrachter gewandtes Löwenfell tragend, mit seiner am Ende verzweigten Keule in der erhobenen Rechten zum Schlag ausholend. fol. 157r: Oben: Corona borealis (Nördliche Krone), mit dem Zirkel gezogener, geritzter Ring, darin und rechts daneben verflochtene Ritzung in Form einer Acht; Unten: Serpentarius (Schlan­ genträger), in Schrittstellung nach links geneigt, vollständig nackt, in Rückenansicht, den Kopf nach links ins Profil gedreht, die einfach um seinen Körper gewundene, mit zurückgewandtem Drachenkopf züngelnde Schlange anblickend und zugleich deren waagerechten Körper mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 157v: Scorpius (Skorpion), nach rechts gewandt, in Aufsicht, mit deutlich gegliederten Scheren, lamellenförmigem Körper, vier Beinpaaren sowie einem langen, stachelbesetzten Schwanz. fol. 158r: Oben: Bootes (Bärenhüter), Vorzeichnung eines in Schrittstellung nach links geneigten Mannes in Rückenansicht, nur die Tunika exomis dunkel koloriert; Unten: Virgo (Jungfrau), als Vorzeichnung angelegt, nach links orientiert, geflügelt, wohl in doppelt gegürteter Tunika, und ohne Waage. fol. 158v: Oben: Gemini (Zwillinge), Vorzeichnung zweier mit einem Pallium bekleideter, dicht nebeneinander stehender Jünglinge, von denen der linke mit der Rechten einen Speer hält, der rechte einen runden Gegenstand (Lyra?) vor seiner linken Schulter trägt (möglicherweise hielt der rechte Zwilling ebenfalls einen Speer, es könnte sich bei der Ritzlinie aber auch um eine durchgedrückte Liniierung handeln); Unten: Cancer (Krebs), Lücke. fol. 159r: Oben: Leo (Löwe), Lücke; Unten: Auriga (Fuhrmann), in dünner Vorzeichnung, nur die Tunica exomis und zwei gegenständige Böckchen auf dem Oberarm sind koloriert, (weder ein Wagen noch eine Ziege zu erkennen). fol. 159v: Taurus (Stier), als Vorzeichnung, nach links lagernd. fol. 160r: Cepheus, Lücke; Unten: Cassiopeia, Lücke. fol. 160v: Andromeda, ursprünglich Lücke, darin, in jüngerer Federzeichnung, eine Frau mit ausgebreiteten Armen frontal zum Betrachter gewandt stehend, vollständig nackt, mit leicht nach links gerichtetem Kopf, langen auf den Rücken fallenden Haaren, wobei eine kurze Haarsträhne über dem Scheitel nach oben zeigt. fol. 161r: Oben: Pegasus, jüngere Federzeichnung eines nach links gewandten, in Seitenansicht gezeigten, geflügelten Pferdes als Halbfigur; Unten: Aries (Widder), Vorzeichnung vorhanden, ohne dass Details zu erkennen sind. fol. 161v: Oben: Triangulum (Dreieck), Vorzeichnung; Unten: Pisces (Fische), Vorzeichnung nicht genauer zu erkennen, (der von Bischoff bemerkte Hinweis »vir« (viridis = grün) nicht zu erkennen). fol. 162r: Perseus, außer einer Rasur nichts zu erkennen. fol. 162v: Oben: Plejaden, Lücke; Unten: Lyra (Leier), in jüngerer Federzeichnung ausgeführt, aus einem flachen rechteckigen Unterbau sowie einem aus zwei Hörnern gebildeten Körper und einem Querstück zusammengesetzt, dreisaitig. fol. 163r: Oben: Cygnus (Schwan), Vorzeichnung, mit ausgebreiteten Flügeln und geschwungenem Hals nach links fliegend wiedergegeben; Mitte: Aquarius (Wassermann), über einer Griffelritzung, jüngere Federzeichnung des Wassermanns, vollständig nackt, von vorn, den übergroßen rechten Arm erhoben und mit der Hand seinen Kopf berührend, mit der zur Seite gestreckten Linken eine schlanke Amphora zur Seite hin ausgießend; Unten: Capricornus (Steinbock), über einer Griffelritzung jüngere Feder-

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zeichnung eines im Profil, nach rechts mit übereinandergestellten Beinen lagernden hybriden Wesens aus Ziegenbock und mehrfach gewundenem Fischschwanz. fol. 163v: Oben: Sagittarius (Schütze), Vorzeichnung eines nach rechts orientierten, bogenspannenden Kentaurs. fol. 164r: Oben: Aquila (Adler), kaum erkennbare Vorzeichnung; Unten: Delphinus (Delfin), Vorzeichnung, in Seitenansicht nach links schwimmend, mit schnabelartigem Maul und langer Bauchflosse, (der nach Bischoff angeblich darüber eingetragene Hinweis vir (viridis=grün) nicht eindeutig, eher eine Flosse). fol. 164v: Orion, jüngere Federzeichnung, eines schräg nach rechts in die Lücke eingepassten vorderansichtigen Mannes in kurzer, gegürteter Tunika, mit seiner Linken an die zu seiner linken Seite befestigte Schwerthülle greifend, in der zur Seite ausgestreckten nicht ausgeführten rechten Hand einen länglichen sichelförmigen Gegenstand schwingend. fol. 165r: Oben: Canis maior (Großer Hund), Lücke; Mitte: Lepus (Hase), jüngere Federzeichnung, nach rechts springend; Unten: Argo Navis (Schiff), jüngere Federskizze eines halben Schiffes vom gebogenen Heck mit verziertem Abschluss und einem Steuerruder bis hin zum Mast mit breitem Segel und wehender Fahne, am Schiffskörper seitlich fünf weitere kleine Ruder, Abschluss nach rechts in einem rundlichen Gebilde mit aufgesetztem Zierelement. fol. 165v: Oben: Cetus (Seeungeheuer), jüngere Federzeichnung eines nach links lagernden Seeungeheuers in Seitenansicht, mit übereinandergestellten Vorderflossen, vorgestrecktem Drachenkopf sowie mehrfach gewundenem, am Ende geteilten Fischschwanz; Unten: Eridanus, Vorzeichnung vorhanden, ohne dass Einzelheiten zu erkennen sind. fol. 166r: Oben: Piscis magnus (Süd­ licher Fisch), jüngere Zeichnung, nach links schwimmend; Unten: Ara (Altar), in schwacher Vorzeichnung erhalten, als zweistöckiger Kubus (auf vier Füßen mit Flamme auf der Deckplatte?). fol. 166v: Oben: Centaurus, jüngere Federskizze, nach rechts galoppierend, in Seitenansicht, im linken Arm einen Stab haltend, auf seiner vorgestreckten rechten Hand ein auf dem Rücken liegendes Beutetier präsentierend. fol. 167r: Oben: Hydra, Crater, Corvus (Schlange, Mischkrug, Rabe) : jüngere Federzeichnung, in fünf Windungen nach rechts kriechende, langgestreckte Schlange in Seitenansicht, den henkellosen Mischkrug sowie den auswärts gewandten Raben in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf ihren Windungen tragend; Mitte: Anticanis (Vorhund), jüngere Federzeichnung, mit geöffnetem Maul und übereinandergestellten Beinen nach rechts springend, in den Leib eingeschrieben das Wort ocra (= ocker), rechts daneben ansatzweise Wiederholung des Hundekopfes, sowie ein weiterer Hundekopf. fol. 168v: Oben: Planeten, Lücke; Unten: Milchstraße, Lücke. fol. 169v: Tierkreis, Lücke. fol. 170v: Luna, Lücke. fol. 171v: Sol, Lücke.

Provenienz Nach dem auf fol. 1v notierten Vermerk des 9. Jahrhunderts: »Codex Sancti Petri. Scriptus Sub Pio Patre Hildebaldo Archiepiscopo«, gehörte die Handschrift zur Dombibliothek des Erzbischofs Hildebald (vor 787–818). Im 19. Jahrhundert, von 1803–1867, war die Dombibliothek zeitweilig in Darmstadt auf bewahrt. Dort erhielt der Codex die Signatur »Darmst. 2084«.

Literatur Jaffé/Wattenbach 1874, S. 29–31, Nr. LXXXIII, II; Krusch 1880, I, S. 39–42, 195ff., 205; Maass ed. 1898, S. 101ff.; Thiele 1898, S. 145, 158–60, fig. 69; Zinner 1925, Nr. 705; Lowe 1934–1971, VIII, S. 1154; Bischoff 1937, S. 173–177; Jones 1937/II, S. 204–219; Jones ed. 1939, S. 48, 56, 61, 64ff., 68, 115; Neuss 1941, S. 37–64; Jones ed. 1943, S. 144, 151; Heusgen 1947, S. 11–18; Byvanck 1949, S. 222, Nr. 68; Weitzmann 1957, S. 25ff., Abb. 29ff.; Fontaine ed. 1960, S. 27ff., 71; Nordenfalk 1965, S. 270, Nr. 433; Bischoff 1966, I, S. 88; Kat. Köln

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1972, I, S. 165; Euw 1975, S. 89–103, bes. S. 102; Hoerner 1978, S. 160ff.; McGurk 1981, S. 319, Nr. 17, S. 328; O’Connor 1984, S. 64ff., 74, 76 und passim, Abb. 74, 81, 94, 109; Strobel 1984, S. 110ff.; Kat. Köln 1985, I, S. 92, Nr. C 5; Le Bourdellès 1985, S. 75; Mütherich 1989, S. 35, 37, 50; Ernst 1991, S. 585; Euw 1993, S. 251–269, Abb. 3–8, 10–13, 17–20; Vollrath/Weinfurter 1993, S. 704ff.; Borst 1993, S. 56, Anm. 6, S. 68, Anm. 33; Borst 1994, S. 117, Anm. 92, S. 136, Anm. 29, S. 152, Anm. 67, S. 136–156; Kat. Sigmaringen 1994, Nr. IV/13; Anderson 1995; Haffner 1997, S. 28, Anm. 77, S. 135, 137; Bischoff 1998; Glaube und Wissen 1998, Nr. 24, S. 136ff.; Euw 1999, S. 405–422; Kat. Paderborn 1999, Nr. X. 16; Obrist 2001, S. 3ff., fig. 12; Blume 2009, S. 541f.; Codices Electronici Ecclesiae Coloniensis: http://www.ceec.uni-koeln.de. Siehe S. 72–73, Abb. 253–261, Taf. 6–8

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Laon, Bibliothèque municipale, Ms. 422 Naturkundlich-komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Frankreich, vor 830 Kodikologische Angaben 292 × 191 mm, 94 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel, Hervorhebungen in Capitalis rustica und Unziale und durch Rubrizierung.

Art der Bilder Neben zwei Schemata zu Texten des Isidor von Sevilla auf fol. 5v und 6v sowie drei weiteren Kreisschemata mit den Büsten von Sol und Luna im Zentrum auf fol. 53r finden sich zum Text des Sternkatalogs insgesamt 40 einfache, in Gelb, verschiedenen Rottönen und Graublau lavierte Zeichnungen der Konstellationen, die stets zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt wurden, Position der Sterne durch Punkte angegeben.

Inhalt fol. 1r–22v: Isidor von Sevilla, De natura rerum (Fontaine ed. 1960) fol. 22v–70v: Komputus; Exzerpte aus Isidor von Sevilla, Ethymologiae, Lib. III, 25ff. (Linhart ed. 1997) fol. 26v–30v: Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III) fol. 71r–72r: Segensspruch (Ritus benedictionis campanae) fol. 72r–73r: Exzerpte aus Kirchenkonzilsakten fol. 73v–91r: Isidor von Sevilla, Liber Sententiarum fol. 91r–93v: Missa propria sacerdotis

Kommentar Die Handschrift in Laon, Ms. 422 gehört zu jener dem Komputus gewidmeten Gruppe von Sammelhandschriften, deren Tradition vom nordfranzösischen Kloster Corbie ausgegangen war. Im Unterschied zu vergleichbaren Manuskripten etwa Paris lat. 12957 oder Dresden Dc. 183 enthält der Laoner Codex vorwiegend Texte Isidors von Sevilla. Zwischen dessen naturkundlichem Kompendium De natura rerum einerseits und seinem Liber Sententiarum andererseits befindet sich eine ausgedehnte komputistische Textsammlung, die ihrerseits aus einem verbreiteten frühen Lehrbuch, den Lectiones seu regula von 760 schöpft. Inmitten zahlreicher kleinerer komputistischer Abhandlungen begegnet darin auch der in Nordfrankreich, vielleicht in Corbie oder Fleury aus dem Aratus Latinus entwickelte Text des Sternkatalogs De signis coeli. Dieser informiert in knappen, gleichsam standardisierten Abschnitten zu den einzelnen Sternbildern über astrothetische Daten wie Zahl oder Position der Sterne und schildert in einem eigenen Kapitel die fünf Planeten.

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In den von Corbie ausgehenden Recensio interpolata Handschriften wird die Sternbilderbeschreibung gewöhnlich von einem umfangreichen Bildzyklus begleitet. Für die Gestaltung des Katalogs De signis coeli in Laon 422 entnahm man lediglich die Einzelbilder der Konstellationen, alle übrigen Bilder fehlen. Ähnlich wie bei den Handschriften der Aachener Libri computi beschränkte man sich hier also auf jene für den Komputus wichtigen Miniaturen. Daneben finden sich zu Isidors Werk De natura rerum zwei Kreisschemata mit figürlichen Elementen, so eine Windrose mit vier Gruppen zu je drei nackten Windgöttern auf fol. 5v und ein ähnliches Schema mit den vier Jahreszeiten auf fol. 6v. Darüber hinaus folgen den Konstellationen auf fol. 53r drei weitere, nebeneinander angeordnete Kreisschemata, in deren Zentrum jeweils die Büsten von Sol und Luna zu sehen sind. Der Text des Sternkatalogs wird von insgesamt 40 einfachen, zart in Gelb, verschiedenen Rottönen und Graublau lavierten Zeichnungen der Konstellationen begleitet, in die man die Sterne als Punkte eingetragen hat. Die ungerahmten und hintergrundlosen Darstellungen der einzelnen Sternbilder wurden dabei stets zu Mehreren in ähnlicher Weise wie in der aus Corbie stammenden Handschrift Paris lat. 12957 in den einspaltig geschriebenen Text jeweils vom linken Seitenrand her in die Textspalte eingeschoben. Es lässt sich nicht entscheiden, ob die Bilder vor oder nach dem Text ausgeführt wurden, allerdings weicht der Text den Zeichnungen nirgends aus. Der Illustrator verlieh den kleinen Figuren der Himmelswesen füllige, schwellende Körperformen mit runden Brüsten, herabhängenden Bäuchen sowie Wülsten an den Hüften. Diese stilistischen Eigenheiten sind auch an den Darstellungen der Winde und Jahreszeiten in den Kreisschemata, die die Isidor Texte begleiten, zu beobachten. Darüber hinaus weisen alle Gestalten relativ große Köpfe und Hände auf, und die Tierfiguren zeigen durchweg dasselbe halbgeöffnete und aufgebogene schnabelartige Maul. Alle menschlichen Himmelswesen erscheinen in die Vorderansicht gedreht. Die meisten von ihnen sind ebenso wie die überwiegend in Seitenansicht gezeigten Tiergestalten nach rechts in Leserichtung gewandt. Diese Vereinheitlichung, die zugleich von einer gewissen Eigenständigkeit des Illustrators zeugt, erschwert die Zuordnung der Bilder zu einer bestimmten ikonographischen Tradition. Sieht man von den Positionen und Ansichten der Gestalten ab, sind die Zeichnungen am ehesten den Illustrationen zur Recensio interpolata verwandt. Dafür sprechen einerseits die als Krieger dargestellten, von ihren aufgestellten Lanzen flankierten Zwillinge, der ohne Wagen abgebildete Fuhrmann und Sirius mit Strahlensonne, aber auch der im Profil gegebene, sein Gefäß mit beiden Händen nach rechts ausleerende Wassermann. Darüber hinaus ist Eridanus wie in den Zyklen zur Recensio interpolata als aus dem Wasser herausragende Büste mit flammenartigem Haar dargestellt, und die Argo besitzt das typische Häuschen auf dem Deck. Im Vergleich zu den Illustrationen zur Recensio interpolata wurde aber nicht nur die Richtung der Gestalten verändert, sondern man nahm auch Vereinfachungen hinsichtlich der Attribute vor. So interpretierte man das Löwenfell des Hercules als Tuch, und der Hesperidenbaum mit der sich darin windenden Schlange wurde einfach weggelassen. Ferner fehlen die Waage der Jungfrau, die Tiara bei Cepheus und Andromeda sowie die Hörner des Schützen. Damit lassen sich in der Laoner Handschrift ähnliche Vereinfachungen feststellen, wie sie auch in den Bildern der Aachener Version der Libri computi, etwa in der Madrider Handschrift Ms. 3307, begegnen. Als ganz eigene Interpretation des Laoner Zeichners kann dagegen das zu einem palmenartigen Wedel umgedeutete Pedum des Orion auf fol. 29v bewertet werden. Auffällig ist wei-

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terhin die Umstellung der Miniaturenreihenfolge zu Beginn des Zyklus, der im Laoner Codex zunächst den Großen Bären, dann den Drachen und zuletzt den Kleinen Bären zeigt. Vielleicht lassen sich die zahlreichen Freiheiten bei der Gestaltung von Positionen und Ansichten sowie die Sparsamkeit an Attributen mit einer nur unvollständig illustrierten Vorlage erklären, die den Miniator dazu veranlasste, die fehlenden Bilder nach einer Himmelskarte zu ergänzen. Ein solches Vorgehen könnte auch die Umstellung der ersten Illustrationen bewirkt haben, denn Himmelskarten fassten die drei ersten Sternbilder immer zusammen. Die Laoner Zeichnungen zum Sternkatalog De signis coeli zeigen zahlreiche Übereinstimmungen mit den Illustrationen zum gleichen Text in der später entstandenen Handschrift Rouen 26. Da dieses Manuskript aber in manchen Einzelheiten, etwa bei der Gestaltung von Andromedas Gewand, korrekter ist, kann man davon ausgehen, dass es nicht direkt von der Handschrift in Laon kopiert worden sein dürfte. Es ist jedoch möglich, dass die Handschriften Laon 422, und Rouen 26 eine gemeinsame Vorlage teilen. Die Vorlage des Laoner Codex und seiner Illustrationen muss von einem Zentrum stammen, das bereits zu Beginn des 9. Jahrhunderts zwar keine ausführlich illustrierte Beschreibung besaß, aber vielleicht über Corbie Zugang zum Text des Sternkatalogs De signis coeli hatte. Außerdem müssen dort auch sowohl die Werke Isidors als auch der Komputus vorgelegen haben. Diese Voraussetzungen werden eigentlich nur in Nordfrankreich erfüllt, so dass sich die Anzahl der möglichen Herkunftsorte auf wenige Stätten, Corbie, Saint-Denis bzw. Saint-Germain-desPrès bzw. auf Tours, Orleans oder Fleury, reduziert. Ungewiß bleiben auch die Datierung und die Herkunft des Laoner Manuskripts 422 selbst. Während sich die Schrift mit einiger Sicherheit in das frühe 9. Jahrhundert datieren lässt – Dell’ Era 1979/III, der den Codex für seine Edition des Sternkatalogs De signis coeli verwandte, gab als Entstehungszeit den Zeitraum zwischen 800 und 830 an, jedoch ohne dies näher zu begründen-, erweist sich deren Lokalisierung als problematisch. Mit Sicherheit weiß man, dass der Codex nicht an seinem heutigen Auf bewahrungsort Laon entstand. Denn er zeigt nach Contreni keine Spuren einer Nutzung an der Kathedralschule im 9. und 10. Jahrhundert. Die auch geäußerte Vermutung einer Herkunft aus Lyon ist von den Zeichnungen her unwahrscheinlich, denn von dort sind keine figürlichen Zeichnungen aus der fraglichen Zeit überliefert. Die einfachen kolorierten Illustrationen weisen eher in den Norden Frankreichs und ähneln den Bildern der in Tours oder Fleury entstandenen Trierer Apokalypse oder denen des aus Saint-Germain-des-Près oder Saint-Denis stammenden Stuttgarter Psalters, dessen Figuren etwa bei der Kreuzigungsszene auf fol. 2r eine ähnliche Behandlung des Brustkorbs wie die Laoner Himmelsgestalten aufweisen. Die Farbpalette mit einer gewissen Vorliebe für Rotbraun und Graublau würde dagegen eher auf Fleury verweisen. Verzeichnis der Bilder fol. 26v: Ursa maior (Großer Bär), mit geschlossenen krallenbesetzten Vorder- und Hinterbeinen nach rechts in Seitenansicht stehend; Draco (Drache), mit aufgerichtetem, hundartigem Kopf und mit herausgestreckter Zunge in flachen Windungen nach rechts kriechend; Ursa mi­ nor (Kleiner Bär), in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnlich, jedoch viel größer und mit voreinandergestellten Beinen sowie gesenktem Kopf und buckligem Rücken dargestellt; Hercules, mit einem großen Schritt nach rechts gewandte, jugendliche Gestalt in Frontalansicht, den Kopf mit der eng anliegenden Frisur und dem Lockenkranz nach rechts ins Profil

20 Laon, Bibliothèque municipale, Ms. 422 gedreht, vollständig nackt bis auf ein über der linken Schulter und den linken Arm drapiertes Manteltuch, die vorgestreckte Linke vom Tuch bedeckt, mit einer blattartigen Keule in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand zum Schlag ausholend; Corona borealis (Nördliche Krone), ein wenig gedrückt erscheinender Kranz der Ariadne, gebildet aus einem schlangenförmigen Band, dessen Enden oben in der Mitte tropfenartig nach innen gebogen sind, zwischen beiden Enden ein mit der Spitze nach unten zeigendes, tropfenförmiges Gebilde. fol. 27r: Ser­ pentarius (Schlangenträger), nackte, jugendliche Gestalt in Frontalansicht mit von der Seite gezeigten Beinen und nach rechts ins Profil gedrehtem Lockenkopf, die mit hoch aufgerichtetem Kopf einfach um seinen Körper gewundene, geschnabelte Schlange mit der Nase am Maul berührend und zugleich deren waagerechten Körper mit beiden Händen am Kopf und Schwanz gepackt haltend; Scorpius (Skorpion), mit seinen dicken Scheren nach rechts gerichtet mit sechs Beinen und stachelbesetztem Schwanz, in Aufsicht; Bootes (Bärenhüter), mit erhobenem, angewinkeltem rechten Bein im Schrittmotiv gezeigte, jugendliche Gestalt in Vorderansicht mit zur Seite gebreiteten Armen sowie nach rechts ins Profil gedrehtem Kopf, vollständig nackt bis auf ein über die rechte Schulter fallendes Pallium, die erhobene Rechte vom Tuch bedeckt, in der erhobenen Linken eine blattartige Keule haltend; Virgo (Jungfrau), in ein bodenlanges, gegürtetes, mit Ziersäumen besetztes Kleid gehüllt, von vorn gezeigt, geflügelt, mit zur Seite ausgebreiteten Armen, ihr rechtes Knie beugend, in ihrer rechten Hand einen blattartigen Gegenstand haltend. fol. 27v: Gemini (Zwillinge), in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinander stehende Gestalten in Frontalansicht, jeweils mit einem knielangen Ärmelgewand sowie einem über der linken Schulter fallenden Manteltuch bekleidet, sich mit dem nach außen zeigenden Arm auf eine aufgestellte Lanze stützend, den freien Arm mit abgespreizter Hand jeweils leicht zur Seite ausgestreckt; Cancer (Krebs), mit dicken Scheren nach rechts kriechend, sechsbeinig, in Aufsicht; Leo (Löwe), mit vorgestreckter linker Vordertatze, geöffnetem Maul und hängender Zunge nach rechts in Seitenansicht stehend; Auriga (Fuhrmann), jugendliche, in ein bodenlanges, gegürtetes Gewand mit Ziersäumen, kurzen Ärmeln und eckigem Kragen gekleidete Gestalt, frontal mit zur Seite gebreiteten Armen und leicht nach rechts geneigtem Kopf im Schrittmotiv stehend, in der rechten Hand eine dreischwänzige Peitsche haltend, auf dem linken Arm die einander zugewandten Böckchen präsentierend, ohne Ziege; Taurus (Stier), mit vorgestrecktem linken und eingeknicktem rechten Vorderbein sowie gestreiftem Fell nach rechts lagernde Halbfigur in Seitenansicht. fol. 28r: Cepheus, mit ausgebreiteten Armen in Vorderansicht stehend, bekleidet mit einem knielangen, gegürteten Gewand mit kurzen Ärmeln, Zierborten und eckigem Kragen; Cassiopeia, mit weit ausgebreiteten Armem frontal auf einem Kastenthron mit Rückenlehne, Fußbank und dickem Polster sitzend, mit lockigem Haar, gekleidet in ein langärmeliges Untergewand, ein gegürtetes Oberkleid sowie Schuhe; Androme­ da, zwischen zwei perlenschnurartigen Felsblöcken stehende und diese mit den Händen umfassende Frontalgestalt, bekleidet mit einem nur bis zur Hüfte reichenden, beide Brüste freilassenden Gewand; Pegasus, mit übereinandergestellten Vorderhufen nach rechts in Seitenansicht lagernde, geflügelte Halbfigur mit halbrund abgeschlossenem Körperende, auf dem Fell zwei breite Streifen. fol. 28v: Aries (Widder), nach rechts stehend, einen Reif um die Körpermitte tragend; Triangulum (Dreieck), aus einem schmalen Streifen gebildet, mit farbig gefüllter Innenfläche und je einem punktförmigen Stern an den Spitzen; Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, jedoch in unterschiedliche Richtungen schwimmend, von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden, links am Rand zwischen der Unterkante des Dreiecks und dem oberen Fisch der grob gezeichnete Umriss eines nach links schwimmenden Fisches sowie der Ansatz zu einer weiteren Zeichnung; Perseus, in weitem Ausfallschritt nach rechts stürmend, in Vorderansicht mit seitlich gezeigten Beinen und zur Seite ausgebreiteten Armen, vollständig nackt bis auf ein den Oberkörper bis über die Brust bedeckendes, kurzes Gewand mit langen Ärmeln, das hinter dem Rücken in einer langen Bahn nach hinten fällt, mit einem

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 blanken Schwert in seiner rechten Hand zum Schlag ausholend, in der ausgestreckten linken Hand ein abgeschlagenes kleines Medusenhaupt am Schopf empor haltend; Lyra (Leier), kelchförmig, zusammengesetzt aus einer zweistufigen Basis, einem dreieckigen kleinen Schallkörper sowie neun fächerartig aufgespannten Saiten mit kugelförmigem Abschluss; Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und erhobenem Kopf nach rechts fliegend. fol. 29r: Aquarius (Was­ sermann), frontal stehende, jugendliche Gestalt mit nach rechts gerichteten, in Seitenansicht gezeigten Beinen, bekleidet mit einem knielangen, transparenten Gewand, Hosen sowie einem breiten, perlenschnurartigen Gürtel, mit beiden nach rechts zur Seite gestreckten Händen ein schmales, henkelloses Gefäß neben sich ausgießend, aus dem in mehreren Strahlen Wasser austritt; Capricornus (Steinbock), mit übereinandergestellten Vorderbeinen nach rechts in Seitenansicht lagerndes hybrides Wesen aus Ziegenbock und zweifach verschlungenem, langgestrecktem Fischkörper mit sich gabelnder Schwanzflosse; Sagittarius (Schütze), jugendliche Gestalt als in Seitenansicht nach rechts stehender, bogenspannender Kentaur, sein Oberkörper bekleidet mit einem längsgestreiften Gewand; Aquila (Adler), mit ausgebreiteten Flügeln und langgestrecktem Körper auf dem mit der Spitze nach rechts zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Delphinus (Delfin), im Profil gezeigter, nach rechts schwimmender Fisch mit schnabelartigem Maul, langer, nach vorn zeigender und aufwärts gebogener Maulspitze, mehreren steilen Kopfund Brustflossen, einer unter dem Kopf nach unten ragenden langen, gegabelten Flosse sowie länglichem Körper mit sich hinten palmettenartig teilendem Schwanz. fol. 29v: Orion, mit angewinkeltem linken Beim im Schrittmotiv gezeigte, jugendliche Gestalt in Vorderansicht mit ins Profil nach rechts gewandtem Haupt und zur Seite gebreiteten Armen, bekleidet mit einem knielangen, gegürteten Gewand sowie einem diagonal um den Oberkörper gewundenen Tuch, dessen Stoff bahn den linken Arm vollständig bedeckt und am Ende der Hand nach unten hängt, in seiner rechten Hand einen palmenartigen Wedel schwingend; Canis maior (Großer Hund), mit Strahlennimbus, übereinandergestellten Vorderbeinen und geöffnetem Maul nach rechts springend; Lepus (Hase), gedrungen proportioniert und von links nach rechts springend; Argo Navis (Schiff), Ansicht eines halben Schiffes vom gebogenen Heck mit palmettenbekrönter Spitze und zwei Steuerrudern bis hin zum Mast, an dessen Spitze ein zur Seite wehendes Bündel von Stoffstreifen befestigt ist, auf Deck ein einstöckiges Gebäude mit Fenstern und Satteldach. fol. 30r: Cetus (Seeungeheuer), in Seitenansicht nach rechts lagernd, mit Drachenkopf, riesigen karierten Vorderflossen sowie einem zweifach verschlungenen Fischkörper; Eridanus, aus einem streifenförmigen, in Abschnitte gegliederten Gewässer ragende, frontale Büste mit flammenförmig abstehendem Haar, im Halsbereich Teile eines Gewandkragens sichtbar; Piscis mag­ nus (Südlicher Fisch), mit langgestrecktem schuppigem Körper, steiler Kopf- und Brustflosse sowie vierfach geteilter Schwanzflosse, in Seitenansicht nach rechts schwimmend; Ara (Altar), auf einer zweistufigen Basis errichtetes, kubusförmiges Gebäude mit Spitzdach. fol. 30v: Cen­ taurus, nach rechts schreitender, vollständig nackter, jugendlicher Kentaur in Seitenansicht, im linken Arm einen Stab haltend, an dessen Spitze ein hasenartiges Beutetier an den Hinterläufen befestigt ist, auf der vor dem Körper ausgestreckten rechten Hand ein weiteres Beutetier mit Hörnern und ornamental geteiltem Schwanz präsentierend; Hydra, Crater, Corvus (Schlange, Mischkrug, Rabe), in flachen Windungen nach rechts kriechende Wasserschlange mit erhobenem Drachenkopf und vorgestreckter Zunge in Seitenansicht, den henkellosen Becher sowie den einwärts gewandten, pickenden Raben in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf ihren Windungen tragend; Anticanis (Vorhund), mit gedrungenem Körper, offenem Maul und vorgestreckter Zunge von links nach rechts springend. fol. 53r: Sol, Luna, drei in Dreiecksform angeordnete, farbig gerahmte Kreisschemata mit gerahmtem Zentralmedaillon, die beiden oberen, nebeneinandergestellten Diagramme zeigen in ihrem zentralen Bild links die frontale Büste der mit einer Sichel bekrönten, in ein gewickeltes Gewand gehüllten sowie ein Sichelszepter haltenden Luna sowie rechts die ebenfalls frontal dargestellte Büste des von einem stacheligen

20 Laon, Bibliothèque municipale, Ms. 422 Strahlenkranz umgebenen, in ein Kragengewand gekleideten, ein Sonnenszepter haltenden Sol, das darunter befindliche, nur bis zur Hälfte sichtbare dritte Schema zeigt in einem kleineren Rundbild ebenfalls eine Büste des Sol mit sternförmig abstehendem Haarkranz.

Provenienz Die frühe Provenienz der Handschrift ist nicht geklärt. In den Katalogen des 18. Jahrhunderts von Bugniâtre sowie von Montfaucon erscheint der Codex unter Laon, NôtreDame, Nr. 118 bzw. Nr. 210. Im Katalog von Ravaisson aus dem Jahre 1849 ist das Buch ebenda unter der Nr. 422 aufgeführt.

Literatur Handzettel in der Photomappe des Warburg Institutes; Ravaisson 1846, S. 168f.; Fleury 1863, I, S. 28, Pl. 3ff.; Mss. a peintures 1954, S. 41, Nr. 95; Dell’Era ed. 1979/III, S. 271, 273, 282; Contreni 1978, S. 31, Anm. 4, S. 47f., 73, Appendix: Nr. 105; Martinet 1980, S. 11, Nr. 12; Munk Olsen 1982, I, S. 336; Borst 1994, S. 117, Anm. 94, S. 144, Anm. 53; Obrist 2000, S. 78–79, 99–100, fig. 5, 16; Obrist 2001, S. 3ff.; Blume, Körper 2006, S. 228ff.; Blume 2009, S. 543f. Siehe S. 78, Abb. 262–272

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Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Cod. Gronovius 21 Zusammengesetzte Handschrift mit Klassikertexten Sieben rudimentäre Sternbilderdarstellungen zu Hyginus, De astronomia. Frankreich, spätes 12. bis frühes 13. Jahrhundert Kodikologische Angaben 227 × 140 mm, 77 Folia, Pergament, Zwei Spalten, im Hyginus-Teil 45 Zeilen, in später Karolingischer Minuskel Die Handschrift wurde wohl in Frankreich, vermutlich schon im 13. Jahrhundert, aus insgesamt 6 unabhängigen Faszikeln des 12. bis frühen 13. Jahrhunderts zusammengefügt, wobei die beiden ersten Faszikel auch ursprünglich eng zusammengehörig sind (Munk Olsen 1982).

Art der Bilder Sieben äußerst einfache Skizzen am Seitenrand, mit Angabe der Sterne als Punkte.

Inhalt fol. 1r–22v: M.T. Cicero, De finibus bonorum et malorum (Reynolds ed. 1998) fol. 23r–24v: M.T. Cicero, Timaios lat. (M. Tulli Ciceronis opera omnia quae exstant …; vgl. M. Puelma, Cicero als Platon-Übersetzer, in: Museum Helveticum 37 (1980), S. 137–178) fol. 25r–40v: Aulus Gellius, Noctes atticae (Marshall ed. 1969). Endet Buch VII, cap. 20 mit den Worten »calices amariores« fol. 41r–45v: Gerbert von Aurillac (?), Geometria (Bubnov ed. 1899, S. 48–97, u. a. nach dieser Handschrift) fol. 46r–54r: Hugo von s. Victor, Practica geometriae (Curtze ed. 1897/1898). Vgl. BL, Arundel 339, fol. 59r–68r. Am Schluss spätere Einträge De sphaera und zum Kalender. fol. 55r–59v: Hyginus, De Astronomia. Ausschnitte, nur Buch 3, Buch 4, 1–8 und Buch 2, 1–3 (Viré ed. 1992) fol. 59v–60r: Gerbert von Aurillac, Epistola ad Constantinum Aureliensem de sphaera (Bubnov ed. 1899, S. 25–28, u. a. nach dieser Handschrift) fol. 60r–75v: Kommentar zu Boethius’ De consolatione philosophiae. Vgl. Geel 1852, S. 137. Der Prolog weist Ähnlichkeiten mit dem Kommentar Wilhelms von Conches auf, weicht im Einzelnen jedoch ab (vgl. Guillelmi de Conchis, Glosae super Boetium, Nauta ed. 1999).

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Kommentar Die Auswahl der zu Cod. Gronov. 21 zusammengeführten Texte orientiert sich an den Themen des Trivium und Quadrivium. Bei den Klassikertexten fallen drei recht seltene Schriften ins Auge: Ciceros De finibus, seine Timaiosübersetzung und die Noctes Atticae des Aulus Gellius. Der verbreitetere Hyginustext findet sich hier nur als kurzes Exzerpt der Abschnitte zu Gestalt und Lage der Sternbilder. Die Geometrie des Hugo von St. Victor sowie der Brief Gerberts und der Boethiuskommentar gehören ebenfalls in den Bereich der Schulwissenschaften. Die Practica Geometriae Hugos von St. Victor (fol. 41r–54r) entstand nachweislich um 1125–30 (Baron 1955). Entsprechend ist dieses Faszikel wohl nicht wesentlich vor der Mitte des Jahrhunderts zu datieren. Viré (1981 S. 250) setzte aus diesem Grund die ganze Handschrift ins »zweite oder dritte Drittel des 12. Jahrhunderts«. Die kleine, unaufwendige Schrift spricht für eine Handschrift aus einem wissenschaftlich-pädagogischen Umfeld. Als Textzeuge von Ciceros De finibus bonorum et malorum ging der Codex in die entsprechenden Editionen ein (Magnaldi 1987). Jacobus Gronovius hatte die in seinem Besitz befindliche Handschrift für seine verbesserte Ausgabe der Cicero-Edition Jan Gruters und Wilhelmis benutzt (M. T. Ciceronis opera quae extant omnia, ex manuscriptis codicibus emandata studio atque industria J. Gulielmi et J. Gruteri … nunc denuo recognita ab Jacobo Gronovio …, Leiden 1692). Auch die Ausgabe der Bibliotheca Teubneriana von Schiche (Leipzig 1915) berücksichtigt den Codex. Der vorliegende Text der Noctes Atticae findet sich ebenfalls in den Editionen gewürdigt (Marshall 1968, S. Xf., XXXIII). Die Textredaktion in Gronov. 21 übergeht hier alle Stellen mit griechischem Text, der lateinische Text wurde zum Teil durch den Austausch von Wörtern durch gebräuchlichere Synonyme verändert. Ein Abschnitt wird beispielsweise mit den Worten »multa dimitto dicta a Macrobio« übergangen – Macrobius wird somit als bekannt bzw. verfügbar vorausgesetzt. Die Bücher I–VII der Noctes Atticae treten erst im 12. Jahrhundert wieder auf, sind also zum Entstehungszeitpunkt relativ kurz erst verfügbar. Das 12. Jahrhundert und die Folgezeit zeigte vor allem an den zahlreichen Grammatikerzitaten Interesse, dazu exzerpierte man Realien, historische Nachrichten und Anekdoten. Insgesamt ist die Textqualität der Handschrift jedoch nicht sehr hoch. Ciceros Schrift über die Ziele des menschlichen Handelns ist gleichzeitig eine Einführung in die ethischen Standpunkte der drei wichtigsten philosophischen Schulen seiner Zeit (Stoa, Peripathetiker, Epicuräer). Seine Übersetzung aus dem Timaios gehört ebenfalls in den Kontext seiner philosophischen Schriften und sollte Teil einer unvollendeten Abhandlung zur Physik werden. Der Gedanke zur Entsprechung zwischen der kosmischen Ordnung und der anzustrebenden geistigen Ordnung des Menschen (Makrokosmos – Mikrokosmos) mag hier auch in den Bereich des Quadriviums spielen. Beide Texte sind nur in wenigen Handschriften überliefert, waren also eher seltene Zeugnisse antiker Sprache und antiken Denkens (vgl. Richard Rouse/ Mary Rouse: The medieval circulation of Ciceros Posterior Academics and the De finibus bonorum et malorum, in: Melanges Neil Ripley Ker (1978), S. 345). Der zeitgenössischen Einteilung der Wissenschaften zufolge könnte man beide Texte als Zeugnisse der vorbildlichen Sprache Ciceros jedoch auch dem Trivium zuordnen. Der Timaios Platos wird zwar relativ häufig als Titel genannt, dürfte aber zumeist allenfalls durch Kommentare oder Erwähnungen bei anderen Autoren bekannt gewesen sein (verfügbar in der Calcidius-Übersetzung?). Die Noctes Atticae sind eine unsystematische Einführung in den literarischen Kanon und die gehobene Bildung am Ende des 2. nachchristlichen Jahrhunderts. Die drei ersten Texte der Handschrift sind somit

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wohl eher Zeugnisse eines philologisch orientierten Interesses an den literarischen Zeugnissen des Altertums im 12. Jahrhundert. Die Ausschnitte aus Hyginus’ De astronomia umfassen Buch 3, Buch 4, 1-8 (bis »… quae perveniant ad occasum«; Viré 1992, S. 135, Zeile 208) und Buch 2, 1-3, 1 (bis »… ut Erastosthenes demonstrat«; Viré 1992, S. 15, Zeile 24). Sie beschränken sich auf die Informationen zu Lage und Gestalt der Konstellationen, zu den Himmelskreisen sowie – am Schluss – einem kurzen mythologischen Exzerpt zu den Bären und Draco. Im dritten Buch wird der Absatz zu Perseus nur zur Hälfte (3.11.1) wiedergegeben. Die folgenden Erläuterungen zur Namenserklärung bei Aratus (3.11.2) werden übergangen. In der Wahl des exzerpierten Auszuges und der Redaktion zeigt sich somit schon ein auf die reine Beschreibung der Sternbilder sowie die Aufteilung des Himmels beschränktes Interesse. Das kurze Exzerpt aus dem mythologischen zweiten Buch füllt wohl lediglich den übriggebliebenen Platz des Faszikels. Die Art der am Seitenrand angebrachten Skizzen einiger weniger Sternbilder und »Sternanordnungen« bestätigt ebenfalls das Hauptinteresse an den wesentlichen Informationen zur Orientierung am Himmel. Die graphischen Notizen sind eher geeignet, sich die Anordnung der hellsten Sterne einer (bereits bekannten) Konstellation am Himmel zu vergegenwärtigen und sich die prinzipielle Disposition der Figur (vor allem Hercules) zu merken, als etwa dazu, die genaue Ikonographie der mythologischen Gestalten zu überliefern. Die auch von Wilhelm von Conches – etwa im Dragmaticon – vertretene Meinung, nachdem der Nutzen der Astronomia des Hyginus vor allem in deren Angaben zu den Sternen in den Konstellationen und zu deren Lage und Anordnung am Himmel bestehe (Burnett 1984, S. 154f.), scheint hier ebenfalls die Auswahl der Textausschnitte motiviert zu haben. Die wenigen graphischen Randnotizen stammen von ungeübter Hand und dürften gleichzeitig oder nicht sehr viel später entstanden sein. Ihre Beischriften stammen nicht von der Texthand. Die Schriftmerkmale mögen auf die Zeit um 1200 deuten. Offenbar wurde eine entsprechende Illustration des Textes, wie sie auch bei den erhaltenen Hyginus-Handschriften häufig zu finden ist, hier vermißt. Die sehr kleine Schrift und das offensichtliche Bemühen, Platz zu sparen und so das Pergament optimal auszunützen, weisen auf eine »Gebrauchshandschrift« aus dem Bereich der Schule, ohne repräsentativen Anspruch (vgl. Magnaldi 1985). Auch die Randzeichnungen zu den Sternbildern von etwa 3 cm Höhe sind sehr schlicht gehalten Im Rahmen der Sternbilderdarstellungen der Epoche belegt die Handschrift einmal mehr die grundlegende Bedeutung des Hyginustextes sowie das Bedürfnis nach visueller Vergegenwärtigung der dort gegebenen Informationen. Verzeichnis der Bilder Sieben einfachste Skizzen bzw. graphische Notizen zu den Sternbildern Bootes, Corona, Hercules, Lyra und Cygnus. Die Figuren auf fol. 55r im folgenden von links nach rechts: fol. 55r (unterer Seitenrand): Bootes (Bärenhüter), völlig schematisch aufgefasste anspruchslose Skizze (»Strichmännchen«) um das Punktmuster der wichtigsten Sterne; Corona bo­ realis (Nördliche Krone), Punktmuster des Sternbildes mit eingeschriebenem kleinem Kreis; Bootes (Bärenhüter), hier nur die Sterne als kleine Kringel in einer schematisierten, aber durchaus wiedererkennbaren Anordnung; Corona borealis (Nördliche Krone), schematisiertes Sternmuster; Hercules, schematisiertes Sternmuster mit laienhafter Umrisszeichnung einer knieenden Gestalt (nach rechts), den linken Arm nach vorn gestreckt, mit

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den rechten zum Schlag ausholend; Lyra (Leier), schematisiertes Sternmuster mit angedeutetem Umriss des Instruments. fol. 55v: Cygnus (Schwan), zwei Sterne mit schematisch angedeutetem Schwanenhals (stark vereinfacht).

Provenienz fol. 1r (unten): »Liber Bern[ardi] Rottendorff S[pectabilis] D[octor]«. Im 17. Jahrhundert im Besitz von Johannes Fridericus Gronovius und dessen Sohn Jacobus Gronovius. Wohl ab 1785 (Auktion der Gronovius-Handschriften) in der Universitätsbibliothek.

Literatur Bibliothecae Gronovianae pars reliqua 1785, S. 26, Nr. 22; Geel 1852, S. 136f., Nr. 448; Bubnov 1899, S. XXXIV; Marcus Tullius Cicero (Schiche ed., 1915), S. V–VII (zur Handschrift); Catalogus Compendiarius 1932, S. 71; Byvanck 1949, S. 231, Nr. 120; Viré, La transmission 1981, Nr. 32, S. 168, 242f., 249–251; Munk Olsen 1982, S. 197, 399, 528; Gumbert 1984/85, S. 76; Magnaldi 1987, S. 134–136; Hygini de astronomia (Viré ed., 1992), S. XXVI Siehe S. 120, Abb. 273

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Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. oct. 15 Sammelhandschrift mit verschiedenartigen Exzerpten des Ademar von Chabannes Sternbilderdarstellungen zu Hyginus’ De Astronomia Kloster Saint-Martial, Limoges, um 1020 Kodikologische Angaben Format: maximal 210 × 250 mm, 212 Folia, Pergament, 14 unterschiedlich große Lagen, Text in unterschiedlicher Spalten- und Zeilenzahl von verschiedenen Händen in Karolingischer Minuskel, teilweise Hervorhebung durch Rubrizierung.

Art der Bilder Neben zahlreichen Zeichnungen unterschiedlicher Thematik auf fol. 2r–4r, 210v und fol. 211r–211v finden sich Illustrationen zur Psychomachia des Prudentius auf fol. 37r–43v, zu den Fabeln des Romulus auf fol. 195r–203v, sowie zu den Rechenübungen auf fol. 120v–121r und fol. 203v–205v, den Text des Hyginus begleiten zwischen fol. 172v und fol. 181r insgesamt 39, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Miniaturen der Konstellationen, die ohne Rahmen und Hintergrund teils einzeln, teils zu mehreren auf das Pergament gesetzt wurden, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt [I] fol. 1r–1v: [II] fol. 2r–4r: fol. 4v–11v:

[III] fol. 12r–13v: [IV] fol. 14r–19v: [V] fol. 20r–21v/ 30r–31v:

Index (des Isaak Vossius?), Bernardus Iterius, Adnotatio ad historiam Lemovicensem spectans (um 1200) (D’Alverny 1962) Ademar de Chabannes, biblische und allegorische Musterzeichnungen Romuli Epistula de Aesopo ad Tiberinum (Thiele ed. 1910, S. 2); Exzerpt aus Paulus Diaconus, Historia Langobardorum, lib. I (MGH Script. rer. Langobard. 1878, 64, 6-67, 26); Sententiae septem sapientium (Bischoff 1967, 2, S. 263, Anm. 94); Caelius Firmianus Symphosius, Aenigmata (Ohl ed. 1928); anonyme Aenigmata; Avianus, Fabulae (Ellis ed. 1966); Ausonius, De laboribus Herculis (Riese ed. 1896, Nr. 641); G. Marius Victorinus (?), Carmen de SS. Maccabeis; Remmius Favinus, Carmen de ponderibus et mensuris (Riese ed. 1896, Nr. 486); Priscian, Periegesis Accessus ad Donatum; Ael. Donatus, Ars Minor (Keil ed. 1864, 4, 355, 1–17); Glossen zum Griechischen und zum Alten Testament Scholia in Persium; Glossen zum Alten Testament Odo Cluniacensis, Sermo 3 (Migne PL 133, 721–723); Beda Venerabilis, Martyrologium poeticum (Riese ed. 1896, Nr. 680); Ps-Ovid, Versus de cuculo (Riese ed. 1896, Nr. 687); Epitaphia Virgilii (Riese ed. 1896,

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Nr. 507–518, 555–566), Nomina tonorum; Ps-Priscianus, De est et non (Riese ed. 1896, Nr. 645); Astronomische und astrologische Notizen, Varia [VI] fol. 22r–29v: fol. 32r–36v: [VIII] fol. 37r–43v: fol. 44r–44v: fol. 45r–60v: fol. 61r–62v: [IX] fol. 63r–82v: [X] fol. 83r–106v:

Glossen zum Alten Testament (vgl. fol. 13v, 15v–19v); Glossen zu Persius, Iuvenal, Prudentius[VII] Astronomica (vgl. Fasc. 5, fol. 30r–30v); Augustinus, Sermo 245 Zeichnungen des Ademar zum Alten Testament in vier Registern sowie zur Psychomachia des Prudentius Carmen in Christi honorem; Scholium 25 ad Optatiani Porphyrii Carmen 25 Prudentius, Psychomachia Versus de spera caeli (Riese ed. 1896, Nr. 679); Versus Prisciani de signis caeli, Ps.-Catonis, Prologus tantum Beda Venerabilis, Expositio Apocalypsis; Expositio anonyma in Canticum Canticorum Prosper Aquitanus, Epigrammata (Migne PL 51, 497–531); Ps.-Prosper (oder Ps.-Paulinus Nolanus), Carmen ad uxorem

[XI] fol. 107r–114v: Griechisch-lateinische Glossen; Priscian, Praeexercitamina (Keil ed. 1864, 3, 430–440); Priscian, De figuris numerorum (Lindemann ed. 1818) [XII] fol. 115r–154v: Nomenclator universalis, Lege Marium Victorinum, Res mathematicae (dazu Zeichnungen); Exzerpte aus Isidor von Sevilla, Ethymologiae, Lib. IX, Lib. X, Lib. V (Linhart ed. 1997); Glossen; Metrisches; Grammatisches; Rhetorisches; Praecepta de coloribus; Gauzbertus Monachus, De scholis artium in gallia libellus; Adhelmi opuscula duo Aenigmata; De metrica arte; Ademar de Chabannes, Adnotationes historicas de monasterio suo S. Cibardi Engolismensi [XIII] fol. 155r–188r: Hyginus, De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983) fol. 188r–190r: Exzerpt aus Plinius NH, Lib. II, 15–16 sowie Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia Arati (Maass ed. 1898, S. 309–312; Manitius 1898, S. 393–398) fol. 190v: leer fol. 191r–194v: Kalendarium; Ademar de Chabannes, Nomina episcoporum Lemovicensium et Turonensium; Adnotationes [XIV] fol. 195r–203v: Romulus, Fabulae ex Phaedro (Thiele ed. 1910) (dazu Zeichnungen) sowie Anmerkung des P. Petavius fol. 203v–205v: Alcuin, Propositiones (Folkerts ed. 1978) fol. 206r: Formula osculum quae dicitur (MGH Legum Sectio 1886, 5, S. 538) fol. 206v–210r: Alcuin, Propositiones (Folkerts ed. 1978) fol. 210v–212: Formula nuptiarum mit beigefügter kufischer Schrift fol. 211r–211v: Zwei ornamentale sowie verschiedene biblische Gestalten, Tierfiguren etc. fol. 212r–212v: Mensura crucis, hominis etc.; Federproben

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Kommentar Die heute in 14 einzelne Faszikel zerlegte Sammelhandschrift Leiden Voss. lat. oct. 15 teilt die im elften Jahrhundert auftretende Vorliebe, bebilderte Himmelsbeschreibungen in umfangreiche, auch zeitgenössische Beiträge enthaltende Kompendien zu integrieren. Der sorgfältig in sehr kleiner Schrift geschriebene Codex präsentiert sich nicht nur von seinem Äußeren, sondern auch von seinem Inhalt her äußerst heterogen. So weisen alle Faszikel unterschiedliche Maße, Schriftspiegel, Zeilenanzahl und Lagenstärken auf. Ähnlich uneinheitlich ist auch der Inhalt des Buches mit seinem thematisch breit gefächerten Spektrum. Neben wenigen theologischen Abschnitten, etwa den Sermones des Odo von Cluny, des Augustinus oder Bedas Kommentar zur Apokalypse, finden sich Rechenbeispiele, Fabeln, Glossen sowie eine Grammatik und Texte zur Geschichtsschreibung. Für ein besonderes Interesse an Klassikertexten sprechen die zahlreichen Exzerpte aus Avianus, Donatus, Prudentius und vielen anderen Autoren. Zu ihnen zählt auch der im 13. Faszikel enthaltene Traktat De Astronomia des Hyginus. Er teilt zahlreiche Lesarten mit dem etwa drei Jahrzehnte später im spanischen Ripoll entstandenen Codex in Rom, Ms. Vat. Reg. lat. 123, und geht sehr wahrscheinlich mit diesem auf eine gemeinsame, wohl aus Fleury stammende Vorlage zurück. Die Besonderheiten sowohl der äußeren Erscheinung, wie auch des Inhalts erklären sich aus der Tatsache, dass das Buch für den persönlichen Gebrauch des Autors geschrieben wurde, wie eine Notiz auf fol. 141v, »hic est liber sanctissimi domini nostri Marcialis Lemouicensis ex libris bone memorie ademari grammatici …«, verrät. Nach ihr wurde der größte Teil der Handschrift über einen längeren Zeitraum hinweg von Ademar de Chabannes (988–1034) aus dem Kloster Saint-Martial in Limoges als persönliche Exzerptsammlung angefertigt. Außer Abschnitten von seiner Hand sind darin aber auch eine ganze Reihe Exzerpte anderer Schreiber aufgenommen. Wie die zahlreichen Illustrationen beweisen, legte Ademar nicht nur großen Wert auf die Texte, sondern auch auf deren Bebilderung, die er vermutlich größtenteils eigenhändig kopiert hat. Der Codex enthält auf fol. 2r–4r, fol. 37rff., 210v und fol. 211r–211v eine ganze Reihe von Zeichnungen in der für Musterbücher typischen Art. Zu ihnen gehören christliche Szenen ebenso wie Ornamente oder kufische Schriftzeichen. Ferner finden sich Abbildungen zu Rechenbeispielen auf fol. 120v–121r sowie auf fol. 203v–205v. Darüber hinaus weist das Buch drei weitere umfangreichere Bildzyklen auf. Der erste illustriert zwischen fol. 37r und fol. 43v Szenen der Psychomachia des Prudentius. Die kleinen, durch Federstriche voneinander getrennten Darstellungen sind auf wenigen Seiten zusammengedrängt wiedergegeben. Sie werden von knappen Exzerpten begleitet, während ihnen der eigentliche Text erst nachfolgt. Offenbar bewusst, und um sich ganz auf die Bilder konzentrieren zu können, wurde so die Konzeption der Vorlage zerstört. Nach Gaborit-Chopin gehen die antikisierenden Tendenzen dieser Zeichnungen auf eine verschollene Vorlage des 5. Jahrhunderts zurück. Ein weiterer Illustrationszyklus, den Gaborit-Chopin auf frühromanische Vorlagen zurückführt, findet sich zu den Fabeln des Romulus zwischen fol. 195r und fol. 203v. Hier wurden die Szenen locker über die Seiten verteilt und nachträglich durch den in die Zwischenräume gefüllten Text ergänzt. Da dieser aber ohne klare Linierung eingetragen wurde, ist er kaum zu lesen. Zwischen diesen beiden Bilderreihen begegnet zum Text von De Astronomia des Hyginus zwischen fol. 155r und fol. 190r ein dritter Bildzyklus aus insgesamt 39 einfachen Federzeichnungen der Konstellationen. Die Illustrationen wurden ohne Rahmen und Hintergrund auf das

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Pergament gesetzt, ohne die Sternpositionen einzutragen. Es handelt sich bei diesen Bildern um die frühesten, zu einem Hyginustext überlieferten Illustrationen. Entgegen der Mehrzahl vergleichbarer, jedoch späterer Handschriften begleiten die Zeichnungen in der Leidener Handschrift Ms. Voss. lat. oct. 15 aber nicht das die Sternsagen behandelnde zweite, sondern das den Sternkatalog enthaltende dritte Buch, was für eine Herkunft der Bilder aus einem komputistischen Kontext spricht. Daraus, dass die Schrift wie etwa beim Kleinen Bären auf fol. 172v häufig um die Zeichnung herumgeführt wurde, lässt sich schließen, dass die Illustrationen noch vor dem Text angefertigt worden sind. Die bewegten Himmelsgestalten wurden von Ademar versiert auf das Pergament gebracht. Charakteristisch, dabei durchaus dem Zeitstil entsprechend, sind ihre dreieckigen Gesichtsumrisse mit dem spitzen Kinn, der Mittelscheitel sowie die eng beieinander liegenden Augen. Auffällig ist ein Detail der Gewandgestaltung, denn die wehenden Säume werden meist so in Untersicht wiedergegeben, dass der hintere Saum tiefer hängt als der vordere. Bezüglich der Leidener Handschrift Voss. lat. oct. 15 stellt sich insbesondere die Frage nach den Bildquellen, denn der Text des Hyginus stand davor nur in unbebilderten Exemplaren zur Verfügung. Einem um 1000 in Fleury kopierten Hygintext hatte man noch den illustrierten Sternkatalog der Karolingischen Libri computi angehängt (vgl. Paris lat. 8663). In der Leidener Handschrift erscheint der Bildteil jedoch nicht isoliert. Stattdessen zeichnete Ademar die Sternbilder entweder einzeln, meist jedoch übereinander an den jeweils linken Rand der Seite und füllte den freien Raum anschließend mit dem Hyginustext auf. Nur die Miniaturen der Cassiopeia auf fol. 174v und der Andromeda auf fol. 175r bilden in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Offenbar diente als Vorbild der Bilder ein in Limoges vorhandenes, ebenda um die Mitte des 10. Jahrhunderts großzügig angelegtes und den illustrierten Sternkatalog De signis coeli enthaltendes Komputus-Handbuch, die Pariser Handschrift Ms. lat. 5239. Dass Ademar diesen Codex persönlich gekannt und benutzt hat, belegt ein Eintrag von seiner Hand auf fol. 19r. Allerdings fällt im Vergleich beider Bildzyklen eine Anzahl von Veränderungen auf. Zunächst ist die Reihenfolge der Sternbilder im Leidensis gemäß der Beschreibung des Hyginustextes verändert worden. Darüber hinaus ergeben sich auch Unterschiede im Detail. So zeigen die Gewänder des Cepheus, der Cassiopeia und der Andromeda im Leidensis mehr Schmuckformen und Ornamente. Auch sind die Bewegungen, etwa beim Wassermann auf fol. 179r oder der Jungfrau auf fol. 178r deutlich harmonischer. Ferner unterscheiden sich die Schuhe der Zwillinge und die Gestaltung des Stiers. Andromeda ist in der Leidener Handschrift nicht mehr nackt, sondern in ein Kleid gehüllt wiedergegeben. Die Zwillinge und der Krebs sind im Gegensatz zur entsprechenden Pariser Miniatur im Leidensis in einer Darstellung zusammengefasst, darüber hinaus fehlt das Bild des Großen Fisches. Gemeinsamkeiten ergeben sich ferner zwischen dem Leidener Codex und zwei weiteren Handschriften. Hier ist zum einen die im 9. Jahrhundert in Fleury hergestellte Handschrift Paris lat. 5543, die vermutliche Vorlage von Paris lat. 5239, anzuführen. Eine ganze Reihe von Einzelheiten des Leidensis stimmt mit der älteren Bilderfolge aus Fleury überein. Hier wie dort ist am Heck der Argo der Kopf des Hundes knapp über der Wasserlinie zu sehen, ist der in Halbfigur gezeigte Stier mit einem Halfter dargestellt und schwimmen die einander mit dem Rücken zugewandten Fische in unterschiedliche Richtungen. Ferner sind in beiden Zyklen die Brautgeschenke der Andromeda zu ihren Seiten auf dem Felsen abgebildet. Der Reif, den sie im Haar trägt begegnet auch in der späteren Handschrift aus Ripoll, Rom Vat. Reg. lat. 123, wieder.

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Zum anderen zeigt sich mindestens eine Parallele zu dem im frühen 11. Jahrhundert in Fleury verfassten, die Aratea des Germanicus mit den Scholia Basileensia enthaltenden Codex in Aberystwyth, Ms. 735C, dessen Sternbilderillustrationen bis in Einzelheiten den Bildern der Floriacensischen Handschrift in Paris, Ms. lat. 5543 gleichen. Vielleicht wurde die in der Leidener Handschrift auf fol. 177v wiedergegebene Komposition des aufrechten Krebses zwischen den Zwillingen dem Codex in Aberystwyth entlehnt. Möglich ist aber auch, dass dieses Bild einer verwandten Handschrift aus Fleury entnommen wurde. Auf jeden Fall scheint diese charakteristische Miniatur in Anlehnung an eine Germanicusvorlage dort vorgeprägt gewesen zu sein. Offenbar benutze Ademar bei der Gestaltung des Leidensis einen Zyklus als Vorbild, der mit dem der Floriacensischen Handschrift Ms. lat. 5543 weitgehend übereinstimmte und welcher der ursprünglichen Vorlage näher stand als die Zeichnungen des ebenfalls von ihm herangezogenen Komputus-Handbuches, Paris lat. 5239. Die Exzerptsammlung macht deutlich, dass Ademar einerseits gezielt alle profanen Bildzyklen kopierte, die er in der Klosterbibliothek von Limoges, aber auch Fleury finden konnte. Andererseits griff er die jüngsten chronologischen Forschungen seines Zeitgenossen Abbo von Fleury auf. Als Historiker war er zwangsläufig auch an Fragen der Zeitrechnung interessiert. Spuren dieses Interesses finden sich, wie Landes 1983 gezeigt hat, auch in seinem Libellus in Paris lat. 5240. Das Zusammentreffen beider Interessen hat dazu geführt, dass Ademar in der Leidener Handschrift Voss. lat. oct. 15 die älteste bekannte Fassung eines Hygintextes mit IIlustrationen geschaffen hat.

Verzeichnis der Bilder fol. 172v: Oben: Die mit offenem Maul und erhobenem Kopf nach links springende, gedrungen wirkende Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Unten: Die gleichsam mit erhobenen Vorderpfoten auf den Hinterbeinen nach links in Seitenansicht stehende Ursa minor (Kleiner Bär) mit geöffnetem Maul. fol. 173r: Oben: Die nach rechts gewandte, in drei großen Windungen aufrecht stehende Serpens (Drache) mit Drachenkopf und vor-

gestreckter Zunge in Seitenansicht, die einander mit dem Rücken zugewandten, jeweils in verschiedene Richtungen springenden Bären zwischen ihren Windungen; Unten links: Der dynamisch nach rechts ausschreitende, in Rückenansicht gezeigte, jugendliche Bootes (Bärenhüter), den Kopf mit dem wehenden Haar nach links ins Profil gedreht, nackt bis auf eine knielange, gegürtete Tunika exomis mit langem, fransigem Saum, in der erhobenen Rechten ein astiges Lagobolon schwingend, über dem ausgestreckten linken Arm ein zottiges Fell tragend; Unten rechts: Die aus einem mit gleichmäßigem Muster verzierten Streifen gebildete, kreisrunde Corona borealis (Nördliche Krone), unten in der Mitte von einem Band mit zur Seiten flatternden Enden zusammengehalten. fol. 173v: Oben: Der nach links kniend dargestellte, vollständig nackte Hercules in Rückenansicht mit nach links ins Profil gedrehtem, bärtigem Kopf, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Schlange, mit einer in der zurückgestreckten Rechten gehaltenen Keule zum Schlag ausholend, über dem vorgestreckten rechten Arm ein zottiges Löwenfell tragend; Unten: Die ornamental gestaltete sechssaitige Lyra (Leier), zusammengesetzt aus einem rechteckigen Schallkörper mit Palmettenornament, einem geraden, mit Blattornament versehenen Rahmen, Querstück und seitlich angebrachtem Haltegriff. fol. 174r: Oben: Der mit erhobenem rechten Bein und ausgebreiteten Flügeln nach rechts stehende Cygnus (Schwan) in Seitenansicht; Unten: Der bärtige Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen

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und gespreizten Beinen stehende Frontalgestalt, mit knielanger, gegürteter, ziersaum- und bortenbesetzter Ärmeltunika, einem ähnlichen, jedoch kürzeren Obergewand, Beinkleidern, Schnürschuhen sowie einem hinter dem Rücken herabfallenden Schultermantel mit Fibel prachtvoll bekleidet, auf dem langhaarigen Haupt eine bortenbesetzte Phrygiermütze mit zur Seite flatternden Bändern tragend. fol. 174v: Die mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem Kastenthron mit lünettenförmig abgeschlossener Rückenlehne, dickem Polster und Fußbank sitzende Cassiopeia, in ein bodenlanges Untergewand mit Ärmeln und Zierborte sowie ein ähnliches, knielanges, gegürtetes Obergewand mit breiter Zierborte bekleidet, auf dem langhaarigen, leicht nach links orientierten Haupt eine mit Streifen verzierte Phrygiermütze tragend. fol. 175r: Die mit beiden Händen an den Stein gefesselte Andromeda frontal zwischen zwei schroffen Felsen auf angedeutetem Boden stehend und dabei die ausgebreiteten Hände auf die Spitzen der Berge legend, auf diesen sind hintereinander jeweils drei Brautgeschenke zu sehen, sie ist bekleidet mit einem bodenlangen, transparenten, mit verschlungenem Knoten gegürteten Kleid, das hinter ihren Schultern in zwei Zipfeln herabfällt, auf dem leicht nach links orientierten lockigen Haupt trägt sie ein steinbesetztes Diadem, zu ihren Füßen die sich windende Schlange mit Drachenkopf und Schwanzflosse. fol. 175v: Der an den Füßen geflügelte Perseus als nach links eilende, jugendliche Gestalt in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf ein über die linke Schulter drapiertes, nach hinten wehendes, schmales Tuch und eine Phrygiermütze, in der nach hinten ausgestreckten Linken die Harpe schwingend, in der vorgestreckten Rechten das kranzförmig vom Haar umgebene Medusenhaupt am Schopf gepackt empor haltend. fol. 176r: Oben: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in ein bodenlanges Untergewand sowie ein knielanges Obergewand mit Ärmeln und Zierborten gekleidet, um die Hüfte einen breiten, ornamental gestalteten Gürtel und auf dem lockigen Haupt eine Art Tiara mit kugelförmigem Abschluss tragend, in seiner zurückgestreckten rechten Hand die Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden einander zugewandten Böckchen präsentierend, rechts vor ihm die zottige Ziege; Unten: Der auf dem nach links gewandten Skorpion stehende, vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, die einfach um seinen Körper gewundene und hinter seinem Rücken kreuzförmig verlaufende, sich mit dem Kopf aufrichtende Schlange anblickend und dabei mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 176v: Oben: Der mit der Spitze nach rechts zeigende (Sagitta) Pfeil ; Mitte: Der mit nach links gewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln frontal dargestellte Aquila (Adler) ; Unten: Delphinus (Delfin) mit schnabelförmigem Maul, steiler Kopfflosse, kleineren Brust- und Rückenflossen sowie einem geteilten Schwanz, in Seitenansicht nach links schwimmend. fol. 177r: Oben: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen, zottiger Mähne und ausgebreiteten Flügeln nach rechts in Seitenansicht dargestellte Pegasus als Halbfigur; Mitte: Das aus einem breiten, ornamental gestalteten mittleren sowie zwei schmalen Streifen zusammengesetzte Dreieck mit kugelbesetzten Spitzen; Unten: Der kleinformatige Aries (Widder) mit zottigem Fell und ohne Reif eher lagernd als stehend nach rechts in Seitenansicht wiedergegeben. fol. 177v: Oben: Der nach rechts im Profil gezeigte Taurus (Stier) als mit vorgestrecktem linken und eingeknicktem rechten Bein lagernde, monumental wirkende Halbfigur mit lockigem Fell zwischen den Hörnern sowie einem kreuzförmigen Halfter über der Stirn; Unten: Die in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinander stehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandten lockigen Häuptern, jeweils in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika, vorn offene Schuhe sowie einen die linke Schulter bedeckenden Mantel mit Fibel gekleidet, sich mit dem jeweils nach außen zeigenden Arm auf eine aufgestellte Lanze stützend, wobei die des rechten Zwillings mit der Spitze zum Boden

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zeigt, die andere, freie Hand jeweils in die Hüfte stemmend, zwischen ihnen der nach oben gerichtete Cancer (Krebs) in Aufsicht. fol. 178r: Oben: Der mit geöffnetem Maul, übereinandergestellten Vorderpranken, aufgerichtetem Schwanz und wehender Mähne nach links springende Leo (Löwe) im Profil; Unten: Die gleichsam zum Seitenrand schwebende Virgo (Jungfrau) als mit Blick und Bewegung nach links orientierte Frontalgestalt mit nach vorn über die Arme hängenden Flügeln, gekleidet in ein prachtvolles knöchellanges Unterkleid mit Ärmeln und Ziersaum sowie ein breites, von der Hüfte bis zu den Knien reichendes Tuch mit Zierborten, in den zur Seite ausgestreckten Händen rechts eine Ähre und links eine Waage haltend. fol. 178v: Der mit sehr langen Scheren und vier Beinpaaren in Aufsicht dargestellte längliche Scorpius (Skorpion) ; Unten: Der nach links galoppierende bärtige Sagittarius (Schütze) als bogenspannender Kentaur in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf ein über seiner Schulter flammenartig nach hinten flatterndes Fell, um die Hüfte des Menschen und den Bauch des Pferdes jeweils ein enger, bandförmiger Reifen. fol. 179r: Oben: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagernde, seitlich gezeigte Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach gewundenem, flossenbesetztem Fischschwanz, das zottige Fell des Ziegenkörpers durch flammenartige Zeichnung betont, um die Körpermitte einen flammenartigen Reif tragend; Unten: Der mit leicht gebeugten Knien und geschwungenem Körper gleichsam nach links schwebende jugendliche Aquarius (Wassermann) in Seitenansicht, bekleidet mit Hosen, Schuhen sowie einem über der linken Schulter nach hinten in faltiger Bahn wehenden Paludamentum, auf dem im Dreiviertelprofil gezeigten Haupt eine Phrygiermütze tragend, mit beiden Händen ein vor dem Körper gehaltenes henkelloses Gefäß ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrahl austritt. fol. 179v: Oben: Die übereinander wiedergegebenen, mit dem Rücken einander zugewandten, in unterschiedliche Richtungen schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein breites Band miteinander verbunden; Mitte: Das nach rechts in Seitenansicht gezeigte Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit Hundekopf, steiler Kopfflosse, hängender Zunge und übereinandergestellten, dreifach geteilten Klauen sowie einfach verschlungenem, flossenbesetztem Fischkörper mit kleiner, palmettenartig geteilter Schwanzflosse; Unten: Der leicht nach links orientierte, jugendliche Eridanus als aus einem streifenförmigen Gewässer herausragende Büste mit zottigem Haarschopf, die rechte, ebenfalls aus dem Wasser ragende Hand erhoben, zu seiner Linken ein nur im oberen Teil sichtbares Füllhorn. fol. 180r: Oben: Lepus (Hase), von rechts nach links springend; Mitte: Der im Laufschritt nach links eilende, jugendliche Orion in Seitenansicht, bekleidet mit einer knielangen, gegürteten Ärmeltunika mit Zierstreifen, Stiefeln sowie einem über der linken Schulter drapierten Schultermantel, zu seiner Linken die an einem Band befestigte Schwerthülle tragend, mit einem blanken Schwert in der erhobenen Rechten zum Schlag ausholend, mit der vorgestreckten Linken einen Zipfel des Mantels umfassend; Unten: Der von einem Strahlennimbus umgebene Canis maior (Großer Hund) mit steinbesetztem Halsband und geöffnetem Maul nach links jagend, dabei in seinem Maul einen runden Gegenstand tragend. fol. 180v: Oben: Der in Seitenansicht dargestellte Anticanis (Vor­ hund), mit geöffnetem Maul nach links springend; Mitte: Argo Navis (Schiff), Ansicht der auf dem Wasser wiedergegebenen Schiffshälfte vom gebogenen, lilienbekrönten Heck mit Ruderpaar bis hin zum lilienbekrönten Mast mit schmalem Segelstreifen, auf Deck zwei aufgestellte Schilde, vorn am Heck ragt über dem Wasser ein Hundekopf hervor; Unten: Der nach links in Seitenansicht gezeigte bärtige Centaurus mit in Rückenansicht gedrehtem Oberkörper und im Profil gezeigtem Kopf, in seiner vorgestreckten Rechten ein großes Beutetier an den Hinterläufen empor haltend, über seinem zur Seite gestreckten rechten Arm ein flammenförmig wehendes Fell tragend. fol. 181r: Oben: Der auf angedeutetem Boden stehende, dreifüßige, sich oben konisch verjüngende Ara (Altar), aus

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dessen ornamental gestalteter Öffnung in dichtem Bündel Flammen schlagen; Unten: Die mit leicht erhobenem Kopf nach links kriechende, geschuppte Hydra (Schlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Raben) in der Mitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend.

Provenienz Die Handschrift verblieb mit dem Nachlass des Ademar zunächst im Kloster Saint-Martial in Limoges. Wahrscheinlich wurde sie im 13. Jahrhundert von Raimond de Bégonac gestohlen. Ein Eintrag von einer Hand des 13. Jahrhunderts auf fol. 212v, »Raimundus de Bugonac me furatus fuit«, könnte darauf verweisen. Der Codex gelangte dann in den Besitz des P. Petavius, dessen Signatur, H. 13, heute verloren ist. Später gehörte das Buch A. Petavius sowie der Königin Christina von Schweden (1626–1689). Nach deren Abdankung (1654) wurde die Handschrift mit anderen Büchern nach Antwerpen zur Inventarisierung, u. a. durch Isaac Vossius, überführt. Dieser erhielt das Buch als Dank für seine Verdienste. Nach dem Tod von Vossius wurde der Codex mit anderen Büchern aus seiner Sammlung durch G. Vossius an die Leidener Bibliothek verkauft (1690). Im Jahr 1900 hat man das Manuskript in vierzehn einzeln numerierte Faszikel zerlegt, die heute getrennt in zwei Papierboxen auf bewahrt werden.

Literatur Bethmann 1843, S. 574–577; Bunte ed. 1875; Stettiner 1895–1905; Delisle 1896; Thiele 1898, S. 153–154, fig. 66; Thiele 1905; Thiele ed. 1910; Manitius 1923, 2, S. 285, 291; Woodruff 1929, S. 33–79; Byvanck 1931, S. 69–72; Goldschmidt 1947, S. 35ff.; Weitzmann 1947, S. 95ff.; Byvanck 1949, S. 230, Nr. 111; Kat. Limoges 1950, Nr. 26–29; Saxl/Meier 1953, S. XXV, Anm. 18; Weitzmann 1959, S. 113; D’Alverny 1962; Scheller 1963, S. 53– 63, Abb. 9–11, 14–16; McGurk 1966, S. XXII; Gaborit-Chopin 1967, S. 186–225; Evans 1969, Taf. 86–87; Gaborit-Chopin 1969, S. 213ff.; Bergmann 1973, S. 48, Nr. 373; Meyier 1977, III, S. 31–42; Viré 1981, S. 159ff.; Landes 1983, S. 178–204; Le Boeuffle ed. 1983; Kat. Köln 1985, I, S. 314–316, Abb. fol. 3v, 4r, 43v, 44r, 173v, 174r; Scheller 1995, S. 109– 117; Borst 1994, S. 210, Anm. 5; Landes 1995, S. 91ff., 346ff., Blume 2004; Blume 2009, S. 529f. Siehe S. 99–101, 118, Abb. 274–293

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Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 79 Aratea des Germanicus mit Interpolationen aus Avienus Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Aachen, 1. Viertel 9. Jahrhundert (um 816) Kodikologische Angaben 225 × 204 mm, beschnitten (ursprünglich ca. 270 × 250 mm), 99 Folia, Pergament, Text einspaltig in Capitalis rustica, nur fol. 93v sowie einige Beischriften und Glossen in Karolingischer Minuskel, Text bis fol. 81v in Gotischer Minuskel nachgeschrieben, Incipit und Hervorhebungen ursprünglich in Gold, heute in Rot.

Art der Bilder Den Text begleiten insgesamt 39 ganzseitige, in Deckfarbentechnik ausgeführte Miniaturen der Sternbilder, Planeten und Jahreszeiten sowie des Zodiakus mit Planetarium, die mit Rahmen und farbigem Hintergrund versehen wurden und in denen die Positionen der Sterne durch goldene Quadrate angegeben sind (Ausnahme: fol. 93v: Federzeichnung und Deckfarbe), ursprünglich waren mindestens 44 ganzseitige Illustrationen vorhanden, davon gingen 5 verloren.

Inhalt fol. 2r–92r: fol. 92v–93r: fol. 93v: fol. 94r–96v: fol. 97r–97v: fol. 97v: fol. 98r–99v:

Phainomena des Claudius Germanicus (Le Boeuffle ed. 1975, Gain ed. 1976) mit Interpolationen aus Avienus (Soubiran ed. 1981) leer Planetarium mit Beischriften aus Plinius, NH und Martianus Capella Fragmenta III, V. 1–28 und II, V. 1–16, des Germanicus (Le Boeuffle ed. 1975, Gain ed. 1976) Exzerpte aus Avienus (Soubiran ed. 1981) sowie Prognostica, V. 1740–1878 Kolophon, Vale fidens in Domino Christi vestitus amore leer

Kommentar Die repräsentative Leidener Handschrift Vossianus lat. Q. 79 enthält die Verse des Aratos in der lateinischen Fassung des Claudius Germanicus sowie zwei der zugehörigen ebenfalls Germanicus zugeschriebenen Fragmente. Der Text wurde sorgfältig redigiert und an vier Stellen durch Passagen der ausführlicheren Aratea-Version des Avienus ergänzt. Die Avienus-Interpolationen scheinen jedoch nicht nur inhaltlich, sondern auch ästhetisch motiviert, da sie als Einschübe dafür sorgen, dass jeweils gleich viele Zeilen auf Vorder- und Rückseite eines Blattes verteilt sind. Dennoch enthält eine Seite meist nur wenige Zeilen, so dass insgesamt viel freier Platz bleibt. Der Text ist in der Auszeichnungsschrift Capitalis rustica geschrieben und dient als Kom-

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mentar zu den ihm vorangestellten Bildern, die das Buch beherrschen.Das ungewöhnliche, an spätantike Codices erinnernde, annähernd quadratische Format, die Beschränkung auf einen einzigen astronomischen Text, die gleichmäßige Verteilung des Textes, das Verhältnis von Text und Bild sowie die Art der Bildausführung verdeutlichen den elitären, luxuriösen Charakter der Leidener Handschrift. Einen solch demonstrativen Pergamentaufwand sowie die Deckfarbenmalerei unter Verwendung von Gold konnte sich mit Sicherheit nur ein besonders wohlhabender Auftraggeber leisten, der wohl im Umfeld des Hofes zu suchen ist. Die in leuchtenden Deckfarben ausgeführten, einheitlich gestalteten Miniaturen bestimmen die Anlage der Handschrift. Sie nehmen jeweils die Rückseite eines Blattes ein, dessen Vorderseite leer belassen wurde. Das heißt, die stets auf der linken Seite angeordneten Bilder korrespondieren mit dem Text rechts gegenüber, wobei jedem Sternbild ein ganzes Blatt zur Verfügung steht. Entsprechend den Blättern weisen auch die Bildfelder, die von einer hellroten, mit einem dunkelblauen Streifen an der Innenkante versehenen Rahmenleiste eingefasst sind, ein nahezu quadratisches Format auf. Die Himmelsgestalten erscheinen vor einem nachtblauen Hintergrund. Ihre Körper sind wohlproportioniert, schlank und durch feine, zum Teil weiße, zum Teil farbige Schraffuren kontinuierlich modelliert. Diese dicht untereinander und meist schräg gesetzten Schraffurstriche sind unterschiedlich lang ausgezogen, was den Effekt einer gleichsam schillernden Oberfläche hervorruft. Daneben tragen die meist in den Winkeln der schräggestellten Augen wiedergegebenen dunklen Pupillen sowie die Akzentuierung der Blicke durch eine leichte Verschattung der Augenpartie viel zur malerischen Qualität der Miniaturen bei. Die Farbwirkung der Bilder beruht unter anderem auf der kontrastiven Gegenüberstellung von tiefem Hintergrundsblau und rötlichbraunem Inkarnat bzw. Rot- und Purpurtönen der Gewänder. Daneben findet man häufig blaugraue und rosafarbene Töne. Insgesamt bestechen die Illustrationen durch ihre perfekte Nachahmung antiker illusionistischer Malerei, weshalb sie in der Literatur immer wieder mit pompejanischer Wandmalerei verglichen wurden. Bei der Anlage der Bilder bevorzugte der Maler klare Achsen. Seine Vorliebe galt besonders den Diagonalen, wie man beispielsweise an der Schrägstellung des Throns der Cassiopeia auf fol. 28v erkennen kann. Auffällig ist die Vielzahl der strengen Profilansichten. Auch sieht man die Schnittflächen der nur in Halbfigur wiedergegebenen Sternbilder Stier und Pegasus nicht. Der Stil der Miniaturen wurde von Koehler und Mütherich mit dem um 842 entstandenen Lotharpsalter verglichen, jedoch ein ganzes Jahrzehnt früher, also um 830, angesetzt. Ein jüngerer Datierungsvorschlag geht dagegen davon aus, dass das Planetarium auf fol. 93v eine bestimmte Konstellation wiedergibt, die im Jahr 816 aufgetreten ist. (Mostert/Mostert 1990, Dekker 2008 und 2010) Die Handschrift – und damit auch der Bildzyklus – ist heute nicht mehr vollständig erhalten. Der Inhalt der insgesamt fünf bzw. sechs verlorenen Darstellungen kann aber mit Hilfe der vom Leidener Codex angefertigten Kopie, Boulogne-sur-Mer 188, sowie deren Abschrift, Bern 88, rekonstruiert werden. Von den eigentlichen Sternbildern fehlen heute die Illustrationen von Jungfrau und Centaurus. Auch die Planisphäre, das Bild des Jupiters auf dem Adler und die Darstellungen von Sol und Luna haben sich nicht erhalten. Der Miniaturenzyklus umfasste also ursprünglich außer den Sternbildern und der Planisphäre noch die Wiedergabe des Jupiter als Kosmoslenker, eine zusammenfassende Darstellung der fünf Planeten und der vier Jahreszeiten, das sogenannte Planetarium, welches die Bahnen der Planeten im Rund des Tierkreises zeigt, sowie Einzelbilder von Sonne und Mond.

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Dass auch eine Himmelskarte oder Planissphäre zum ursprünglichen Konzept des Codex gehörte, ist nicht sicher, doch hat es eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Die Bildfolge in der genauen Kopie Boulogne-sur-Mer 188 wird durch eine solche Darstellung eröffnet. Das verlorene Jupiterbild befand sich auf fol. 1v (vgl. den Lagenspiegel bei Obbema in: Aratea 1989, S. 20). Die Himmelskarte könnte sich auf der Recto-Seite befunden haben, obwohl die Rückseiten der Miniaturen ansonsten immer leer belassen wurden, oder auf einem vorangestellten Einzelblatt. Denkbar ist auch, dass auf der leeren ersten Seite nachträglich die Himmelskarte ergänzt wurde, was dann aber wohl bald nach der Fertigstellung erfolgte. Eine identische Himmelskarte wurde vermutlich gleichfalls noch im 9. Jahrhundert in der ebenfalls aus Aachen stammenden CiceroHandschrift nachgetragen. (London, Harley 647, fol. 21v) Auch die Regensburger Handschrift weist eine verwandte Himmelskarte auf, die allerdings sehr viel gröber ausgeführt ist. (München clm 210, fol. 113v) Der Fuldaer Abschrift des Germanicus ist auf einem Einzelblatt gleichfalls eine Planisphäre beigefügt, die allerdings gegenüber den genannten Beispielen spiegelverkehrt angelegt ist. (Basel AN IV 18, nach fol. 42) Von daher ist deutlich, dass eine derartige Himmelskarte in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts mehrfach gezeichnet wurde. Auffällig ist innerhalb des Zyklus die weitgehende Übereinstimmung der Figuren von Hercules und Bootes. Die Verse zum Knienden (V. 65–70), der in den Scholien als Hercules identifiziert wird, sind im Zuge der Textredaktion durch die vorgezogenen Zeilen zu Bootes/Arctophylax ersetzt worden (V. 90–95). Die Maler haben allerdings die Gestalt des Bootes durch das über den linken Arm gelegte Löwenfell der Figur des Hercules angeglichen. (fol. 6v) Das Bild des Bootes haben sie dann an der ursprünglichen Stelle ohne die zugehörigen Verse wiederholt. (fol. 12v) Wegen der gelungenen Nachahmung des antiken Stils geht die Forschung bis heute davon aus, dass es sich beim Leidener Codex – auch in ikonographischer Hinsicht – um eine äußerst präzise Kopie einer spätantiken Vorlage handele. Bei genauerer Betrachtung erweist sich der Bilderzyklus allerdings als eine Kompilation verschiedener Quellen. Wie an Details, etwa dem Kringel der Schlange bei der rechten Hand des Schlangenträgers, zu erkennen ist, schließen sich die Leidener Miniaturen unverkennbar mit den anderen überlieferten Germanicusillustrationen, zum Beispiel in Basel AN IV 18, oder Madrid 19, zusammen. Doch sind im Vergleich auch Unterschiede zwischen den beiden Bilderreihen zu verzeichnen. Hier wäre zunächst die im Leidener Manuskript durchgeführte Auflösung der in Basel/Madrid in einer Miniatur zusammengefassten Konstellationen von Zwillingen und Krebs sowie von Wassermann und Steinbock in Einzelbilder zu nennen. Diese Abweichung entspricht der großzügig geplanten Anlage des Codex. Sie könnte aber ebenso gut auf den Einfluss einer anderen Tradition der Aratosillustrationen, etwa den Aratus Latinus (Recensio interpolata)-Illustrationen, zurückzuführen sein. Auf die Recensio interpolata-Bilder verweisen weitere Details des Leidensis wie die Anordnung der Bären, die Wiedergabe des Fuhrmanns ohne einen Wagen, die Trennung der Zwillinge und ihre Bewaffnung sowie die kreisförmige Anordnung der Plejaden. Aufgrund einer Reihe von Unterschieden zwischen den Leidener Bildern und den übrigen Germanicus-Illustrationen (Basel AN IV 18, Madrid 19) hat man immer wieder an eine weitere spätantike Vorlage gedacht, welche alle Merkmale des Leidener Codex aufwies. (zuletzt Dekker 2010) Doch sind diese Differenzen keineswegs so schwerwiegend, um einen solchen Schluss zu rechtfertigen. Vieles lässt sich, wie gesagt, als Interpolation aus den Illustrationen in der Tradition des Aratus latinus verstehen. Anderes ist durch die sorgfältige Kompilationsarbeit der Karo-

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lingischen Gelehrten einfacher erklärt. Dass die Fische (fol. 38v) am Schwanz und nicht am Maul miteinander verbunden sind, ist in den Versen des Germanicus erwähnt. (Vers 244/245, Gain ed., 1976, S. 28) Bei Orion (fol. 58v) ist das über den Arm geworfene Pallium leicht mit einem Fell zu verwechseln. Die Kielfigur am Heck der Argo (fol. 64v) ist ein antikes Motiv, das gut in der Vorlage vorhanden gewesen sein kann, aber in den einfacheren Kopien in Basel und Madrid nicht übernommen wurde. Von besonderer Bedeutung für die Leidener Miniaturen und ihre Stellung ist auch der Zusammenhang mit dem sogenannten Filocaluskalender. Seinen Bildern entnahm man unter anderen die Anregung zu den Frisuren der Jungfrau und der Plejaden. Vor allem erinnern aber die in kleine Medaillons zwischen den Tierkreiszeichen eingepassten Monatsdarstellungen im Planetarium an die Illustrationen des Kalenders. Auch die Pfauenfeder als seltenes Attribut der Venus sowie die weitgehende Nacktheit von Andromeda und Wassermann finden ihre Erklärung in diesem Zusammenhang. Dabei ist interessant, dass die wahrscheinlich direkt nach dem Leidener Manuskript kopierte Handschrift Boulogne-sur-Mer 188 mit Exzerpten aus dem Filocaluskalender beginnt. Vielleicht bezieht sich auch das Kolophon des Leidener Manuskripts, Vale fidens in Domino Christi vestitus amore, auf die Widmung des Kalenders, deren Text Valentine floreas in Deo, Valentine lege feliciter, Valentine vivas floreas sowie Valentine vivas gaudeas lautet. Die in den Leidener Miniaturen in Form von goldenen Quadraten angegebenen Sternpositionen richten sich weder in ihrer Anzahl noch hinsichtlich ihrer Verteilung nach den Angaben der Germanicusscholien, sondern zeigen eine Kombination mit dem beschreibenden Teil des Sternenkatalog von Ptolemaios, der aber damals im Westen nicht bekannt war. Es ist unklar, wie der Illustrator des Leidensis zu seinen Kenntnissen kam. Insgesamt sind 874 Sterne eingetragen, von denen sich heute noch 518 idenitfizieren lassen. (Dekker 2010) Das sogenannte Planetarium am Schluss der Handschrift wurde unter Verwendung einer aus den Libri computi übernommen Grundstruktur so sorgfältig konzipiert, dass es Rückschlüsse auf eine bestimmte Konstellation und damit auf ein konkretes Datum erlaubt – den 16.4.816. (Dekker 2008) Die Miniaturen des Codex Leidensis besitzen trotz mancher Ungenauigkeiten einen beachtlichen wissenschaftlichen Wert. Hier war offenbar ein astronomisch geschulter und gezielt Quellen auswählender Gelehrter am Werk – war es vielleicht Dicuil oder der sogenannte Astronomus? Die Leidener Aratoshandschrift präsentiert sich als eine meisterhafte Verschmelzung verschiedener Bild- und Textvorlagen und muss deshalb als eine eigenständige und bemerkenswerte Leistung der Karolingischen Künstler bewertet werden. Verzeichnis der Bilder fol. 1v: Jupiter, auf dem fliegenden Adler (verloren). fol. 3v: Serpens, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), aufwärts kriechende Schlange, die mit den Bäuchen einander zugewandten Bären zwischen ihren Windungen. fol. 6v: Hercules, als

jugendliche, leicht nach links orientierte Frontalgestalt, eine mit Zierstreifen besetzte Tunika und Stiefel tragend, das Pedum in der Rechten und ein großes Löwenfell über dem ausgestreckten linken Arm haltend. fol. 8v: Corona borealis (Nördliche Krone), der aus goldenen Lorbeerblättern gebundene Kranz der Ariadne, mit drei blauen Steinen besetzt und unten von einem roten Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten. fol. 10v: Serpentarius (Schlangenträger), der nackte, jugendliche Schlangenträger in Rückenansicht, mit beiden Füßen auf dem Skorpion stehend, eine sich bei seiner rechten Hand

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schlaufenförmig windende, sonst hoch aufgerichtete Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt vor seinem Körper haltend. fol. 12v: Bootes (Bärenhü­ ter), jugendliche, mit einer Tunika bekleidete, leicht nach rechts orientierte Frontalgestalt, das Lagobolon in der erhobenen Rechten schwingend, die Linke wie zum Gruß erhoben haltend. fol. 13v: Virgo (Jungfrau), geflügelte Gestalt mit Ähren und Thyrsos-Stab (verloren). fol. 16v: Gemini (Zwillinge), leicht einander zugewandte, im klassischen Kontrapost nebeneinander stehende Gestalten, vollständig nackt bis auf geschnürte Sandalen und je einen Mantel über der Schulter, auf dem Haupt die Kappen der Dioskuren mit Kreuzen auf dem Scheitel tragend, der linke Zwilling ist mit der Rechten auf eine Keule gestützt und umfasst mit der Linken eine neben sich gestellte Lanze, der rechte Zwilling trägt auf seiner Linken eine Lyra und hält in seiner Rechten ein Plektron. fol. 18v: Cancer (Krebs), nach oben gerichtet, in Aufsicht. fol. 20v: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul, geschlossenen Hinterbeinen und übereinandergestellten Vordertatzen nach links springend. fol. 22v: Auriga (Fuhrmann), im Ausfallschritt leicht nach rechts gewandt, ohne Wagen, als Frontalfigur in klassischer, doppelt gegürteter und mit breiten goldenen Borten besetzter Gewandung, von den Schultern ein nach hinten wehendes Pallium, auf dem Haupt eine Strahlenkrone tragend, in der Rechten eine Peitsche haltend, auf der linken Schulter die Ziege sowie auf der linken Hand die beiden Böckchen präsentierend. fol. 24v: Taurus (Stier), mit eingeknicktem linken Bein nach links lagernde monumentale Halbfigur. fol. 26v: Cepheus, mit ausgebreiteten Armen und ausgreifendem Schritt frontal stehende Himmelsgestalt mit nach links orientiertem Blick, grauhaarig, bärtig und in Beinkleider, Tiara sowie doppelt gegürtete Tunika gekleidet, von seiner Schulter weht ein purpurnes Paludamentum, auf dem Haupt trägt er die phrygische Mütze. fol. 28v: Cassiopeia, mit w-förmig ausgebreiteten Armen frontal auf einem goldenen Thron mit Fußbank und Rückenlehne sitzend, mit Ohrringen und Halskette geschmückt, in eine ärmellose, hochgegürtete Tunika exomis gekleidet, Schoß und Beine in ein Tuch gehüllt, die rechte Brust entblößt und das lange Haar von einem spitz zulaufenden, goldenen Kopfputz bedeckt. fol. 30v: Andromeda, an beiden Händen gefesselte, nur bis zur Hüfte in ein Tuch gehüllte, zwischen den Felsen stehende Frontalgestalt mit von langem Haar bedecktem, gesenkten Kopf. fol. 32v: Pegasus, nach rechts gewandte, geflügelte Halbfigur. fol. 34v: Aries (Widder), mit zurückgewandtem Kopf nach rechts durch einen Reifen springend. fol. 36v: Triangulum (Dreieck). fol. 38v: Pisces (Fische), übereinander wiedergegeben, in unterschiedliche Richtungen schwimmend und von Schwanz zu Schwanz durch ein Band miteinander verbunden. fol. 40v: Perseus, an den Füßen geflügelte, jugendliche, nach links eilende Rückenfigur, das Medusenhaupt in der vorgestreckten Linken, die Harpe in der erhobenen Rechten haltend, nackt bis auf ein flatterndes Paludamentum und eine Phrygiermütze. fol. 42v: Plejaden, gleichsam aus den Wolken herausragende, individualisierte, mit Schmuck und differenzierter Haartracht versehene Frauenbüsten, sechs Büsten ohne Kopf bedeckung sind dabei kreisförmig um eine siebte, in der Mitte angeordnete, verschleierte Büste gestellt. fol. 44v: Lyra (Leier), aus einem Schildkrötenpanzer, Hörnern sowie einem vergoldeten Querstück zusammengesetzt. fol. 46v: Cygnus (Schwan), in Seitenansicht, mit ausgebreiteten Flügeln und vorgestrecktem Kopf nach rechts stehend. fol. 48v: Aquarius (Wassermann), frontal stehender Jüngling in Beinkleidern, geschwungenem Manteltuch und Phrygiermütze, mit beiden Händen eine Amphora leerend, aus der Wasser austritt. fol. 50v: Capricornus (Steinbock), mit aufgestelltem linken und eingeknicktem rechten Vorderbein nach rechts lagerndes, zweifarbig koloriertes Mischwesen aus Ziegenbock und Fisch. fol. 52v: Sagittarius (Schütze), bärtiger nach rechts springender, bogenspannender Kentaur, vollständig nackt bis auf ein von seiner linken Schulter nach hinten wehendes Fell. fol. 54v: Aquila (Adler), nach rechts, mit zurückgewandtem Kopf und aus-

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gebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze in die gleiche Richtung zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend. fol. 56v: Delphinus (Delfin), mit aufgerichtetem Schwanz nach links schwimmend. fol. 58v: Orion, im Ausfallschritt wiedergegebene, mit Tunika und Stiefeln bekleidete jugendliche Gestalt in Rückenansicht, ein Lagobolon in der erhobenen Rechten schwingend, über dem ausgestreckten linken Arm ein geflecktes Löwenfell, zu seiner linken Seite am Gürtel ein Schwert tragend, zwischen den Beinen der springende Hase. fol. 60v: Canis maior (Großer Hund), mit nimbusartiger Strahlensonne und hängender Zunge nach links springend. fol. 62v: Lepus (Hase), mit zurückgewandtem Kopf nach links springend. fol. 64v: Argo Navis (Schiff), Ansicht einer Schiffshälfte mit Tauen, Rudern und Mast, das geschwungene Heck mit einer stehenden Gestalt geschmückt. fol. 66v: Cetus (Seeungeheuer), mit zurückgewandtem hundeartigen Kopf nach links lagerndes Seeungeheuer mit verschlungenem Fischschwanz. fol. 68v: Eridanus, klassischer, bärtiger Flussgott, auf eine Urne gestützt nach links lagernd, vollständig nackt bis auf ein seine Beine bedeckendes Tuch, in seiner Linken ein Schilfrohr haltend, seine Rechte weisend erhoben. fol. 70v: Piscis magnus (Südlicher Fisch), auf dem Rücken liegender Fisch, von rechts unten nach links oben schwimmend. fol. 72v: Ara (Altar), auf drei Füßen stehend und in Form eines brennenden Räuchergefäßes. fol. 74v: Centaurus, (verloren). fol. 76v: Hydra, Crater, Corvus (Schlange, Mischkrug, Rabe), mit aufgerichtetem Kopf nach rechts kriechende, langgestreckte Schlange in Seitenansicht, den kleinen Becher und den auswärts gewandten, pickenden Raben in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf ihren Windungen tragend. fol. 78v: Anticanis (Vorhund), mit Halsband, nach links springend. fol. 80v: Planeten, fünf Planeten als nimbierte, aus Wolkenbänken auftauchende und im Quincunx-Schema angeordnete Büsten, links oben der bärtige Jupiter mit Diadem und Szepter, rechts oben Merkur mit Chlamys, Kopfflügeln und Caduceus, im Zentrum der grauhaarige und bärtige Saturn mit Manteltuch und Harpe, links unten Venus mit goldenem Diadem, Ohrringen sowie Pfauenfeder, rechts unten Mars mit Helm, Panzer und Lanze. fol. 82v: Jahreszeiten, in den Ecken des Bildfeldes platzierte Jünglingsbüsten mit Attributen, drei tragen Kränze auf dem Kopf, links oben der Frühling mit Blumenkranz und rosa Pallium, links unten der mit Weinlaub bekränzte Herbst in dunkelrotem Pallium, rechts unten der Sommer mit Ährenkranz und hellrotem Pallium, rechts oben der Winter mit über den Kopf gezogenem, dunklem Pallium. fol. 93v: Tierkreis mit Planetarium, Tierkreis mit Planetarium im Inneren, begleitet von kommentierenden Beischriften, im Zentrum grüngrundiges Medaillon mit Darstellung der liegenden Erde, es folgt die von den sieben Planetenbahnen durchzogene Himmelssphäre, die Planeten in goldenen Medaillons und bestimmten Konstellationen angeordnet, der äußere Streifen zeigt auf rotem Grund den oben in der Mitte mit dem Wassermann beginnenden, entgegen dem Uhrzeigersinn verlaufenden Tierkreis, zwischen den Tierkreiszeichen die im Uhrzeigersinn angeordneten Darstellungen der Monate in goldgrundigen Medaillons; die Monatsbilder sind radial zum Kreismittelpunkt hin orientiert und folgen ikonographisch der Tradition des Filocaluskalenders, wurden jedoch vereinfacht und gelegentlich verändert, so ist Mars mit einer Lanze und der Isispriester nicht kahlköpfig wiedergegeben. fol. 95v: Sol, (verloren). fol. 96v: Luna, (verloren).

Provenienz Wie die Kopien in Boulogne-sur-Mer, Ms. 188, und deren Abschrift in Bern, Ms. 88, zeigen, muss sich die Leidener Handschrift um das Jahr 1000 in Nordfrankreich, vielleicht im Kloster Saint-Bertin, befunden haben. Wohl im 13. Jahrhundert wurden Teile des Textes in gotischer Minuskel nachgeschrieben. Kenntnisse über Ort, Anlass und Schreiber hat man nicht. Auf unbekannte Weise gelangte das Manuskript später nach Flandern, wo

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es sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Besitz eines unbekannten Malers befand. Von diesem stammen wohl auch die groben Zeichnungen. Dem Eintrag auf dem Vorsatzblatt, »Sum Iacobi D(anielis) F(ilius) P(atris) N(icolai) Susii. E pictoris pergola emptus mihi Gandavi Anno a Christo corporato MDLXXI – II, Mense Januario. Machilina bis capta carenti, kai paroik«, kann man entnehmen, dass das Buch 1573 in Gent durch Jakob Susius oder Suys (gest. 1596) erworben wurde. Später gelangte es in den Besitz des Hugo Grotius (1583–1645), der die Illustrationen als Vorlage für sein Werk Syntagma Arateorum (1600) benutzte. Zu dieser Ausgabe fertigte Jacob de Gheyn die zugehörigen Kupferstiche, indem er die Umrisse direkt aus dem Leidensis pauste und das Material zum Teil durch Hyginus-Illustrationen ergänzte. Nach dem Tod des Grotius kam der Codex in den Besitz der Königin Christina von Schweden (1626–1689). Nach deren Abdankung (1654) wurde er mit anderen Büchern nach Antwerpen zur Inventarisierung, u. a. durch Isaac Vossius, überführt. Dieser erhielt die Germanicushandschrift 1655 als Dank für seine Verdienste, und nach seinem Tod wurde sie mit anderen Büchern aus seinem Besitz an die Leidener Bibliothek verkauft (1690)

Literatur Grotius 1600; Breysig ed. 1867; Riegl 1889, S. 61–62; Bethe 1893, S. 94, Nr. 3, S. 101; Thiele 1898, 77–142, fig. 18–57, pl. I und VII; Swarzenski 1902, S. 81–90; Byvanck 1931, S. 65–67, pl. XIX; Panofsy/Saxl 1933, S. 236, Nr. 9; Nordenfalk 1936, S. 28–30, fig. 22– 26; Schapiro 1940, S. 270–72; Byvanck 1949, S. 214 und passim; Stern 1953, S. 27–31 und passim sowie Taf. 22, 4, 34, 4, 37, 1–2; Nordenfalk 1965, S. 300–301; Bischoff 1967, II, S. 44; Swarzenski 1967, fig. 167; Webster 1970, S. 13f.; Koehler/Mütherich 1971, IV, S. 79– 83, S. 108–116, Taf. 75–96; De Meyier 1975, S. 186–189; Le Boeuffle ed. 1975; North 1975, S. 381–398; Gain ed. 1976; Mütherich/Gaehde 1976, Nr. IX, S. 68–71, pl. 18, 19; Verkerk 1980, S. 245–287; Bischoff 1981, III, S. 170–181; Lott 1981/II, S. 147–158; Munk Olsen 1982, I, S. 407; Eastwood 1983, S. 1–40; Kat. Köln 1987; Kat. Leiden 1987, Nr. 59; Autenrieth 1988, S. 30–32; Katzenstein/Savage-Smith 1988; Kat. München 1989; Aratea Faksimile 1989; Mostert/Mostert 1990, S. 248–261; Mütherich 1990, S. 593–604, Abb. 33; Stückelberger 1990, S. 71–81; Ernst 1991, S. 584; Euw 1993, S. 263ff.; Kat. Utrecht 1996, S. 8, S. 200–201, fig. 13a, 13b; Borst 1994, S. 169f.; Haffner 1997, passim, Abb. 24, 36, 39, 49, 57, 60, 67, 76, 82; Stevens 1997, S. 454–456, Taf. II, III; Blume 2000, S. 11ff., 237, 242; Blume 2002, S. 251ff.; Obrist 2001, S. 23, Anm. 56; Eastwood 2007, S. 146ff.; Dekker 2008; Blume 2009, S. 524f., 536f.; Dekker 2010. Siehe S. 53–67, Abb. 294–334, Taf. 9–14

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Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 92 Sammelhandschrift zu den Artes liberales Sternbilderdarstellungen zu Hyginus’ De astronomia Frankreich, Mitte 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 236 × 160 mm, 117 Folia, davon 115 gezählt, fol. 13a u. 25a nachträglich eingefügt, Pergament, Text einspaltig in frühgotischer Minuskel.

Art der Bilder Auf fol. 1r und fol. 2r: Randzeichnungen geometrischer Schemata, fol. 3r: P-Initiale, fol. 14r: Tierinitiale M; auf fol. 76r-112v: Zeichnungen der Sternbilder als Illustrationen zum dritten Buch des Hyginus

Inhalt fol. 1-2:

Fragmente aus Euklid, Elementa, vermischt mit Stellen aus Boethius, De Geometria; die Boethius-Stellen rot durchgestrichen. (Die ersten beiden Blätter sind vermutlich jünger und wurden erst später mit dem restlichen Codex verbunden; sie befinden sich in der falschen Reihenfolge.) fol. 3-74r: Jul. Firmicus Maternus, Mathesis libri IV fol. 75: leer fol. 76r-112v: Hyginus, De astronomia fol. 112v-113v: Excerptum de astrologia Arati fol. 114-115: leer

Kommentar Die vorliegende Handschrift deckt die zu den Artes liberales zählenden Bereiche der Arithmetik, der Astronomie und - heute nur noch fragmentarisch – der Geometrie ab. Dies bestätigt, dass im nordwesteuropäischen Bereich der illustrierte Hyginus gerne in weitere Kontexte integriert wurde, während er im süddeutschen Raum öfter als selbständiges Buch überliefert ist. Das astrothetisch ausgerichtete dritte Buch von Hygins Werk wird von ungerahmten Federzeichnungen der Konstellationen ohne eingetragene Sternpositionen illustriert. Dabei bemüht man sich in keiner Weise um astronomische Genauigkeit. Die Umrisse der Figuren entsprechen vor allem dem Formempfinden des Zeichners. Ungewöhnlich im Rahmen der Hyginusüberlieferung ist das einspaltige Layout mit den relativ flachen Textlücken, in die sich die Bilder nur mit Mühe einfügen oder aus denen sie wegen ihrer Größe oft in die Seitenränder hin ausweichen. Eigenartig ist auch, dass bis fol. 101r die Bilder vor dem betreffenden Abschnitt stehen, ab fol. 101v aber danach. Bei fol. 104v wird auf die Gelegenheit, diese Reihenfolge wieder umzukehren, vermutlich bewusst verzichtet. Da

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der Zeichner den Centaurus auf fol. 104r in den unteren Seitenrand gesetzt hatte, bleibt auf dem Verso eine Lücke vor dem Text zum Altar frei, die jedoch nicht genutzt wurde. Ikonographisch stehen die Zeichnungen jenen in der ehemaligen Phillipps-Handschrift 26235 (heute Pariser Privatbesitz) deutlich am nächsten. Die Verwandtschaft ist gut feststellbar, wenn auch der Buchmaler der Leidener Handschrift seine Figuren und Realien bis zur Unerkennbarkeit ornamental durchgeformt und auch gelegentlich durch seine eigene Phantasie verändert hat. Gut vergleichen lassen sich unter anderem Bootes, die ornamental gestaltete Krone, vor allem aber Hercules, der von einem Löwenkopf in den Schenkel gebissen wird, die trapezförmige Leier, die Armhaltung des Cepheus und der Cassiopeia, der Fuhrmann, die speiende Schlange des Schlangenträgers, der frontal gezeigte Adler, die Umarmung der Zwillinge, der Skorpion, der Eridanus-Fluss, die Argo und die Wasserschlange. Allerdings gibt es auch einige Unterschiede, so dass ein direkter Zusammenhang der beiden Codices nicht anzunehmen ist. Der Schütze tritt hier als Kentaur auf, bei Lyra gibt es eine zweite Variante in Form einer Harfe. Der Zeichner vermeidet Halbfiguren und gibt von Kassiopeia und Andromeda eine sehr eigenwillige Interpretation. Sie werden über bzw. vor Wolkenbänken gezeigt und derart als Himmelswesen gekennzeichnet. Der Fehmantel, den Andromeda ausgebreitet hält, soll wohl auf ihren hohen sozialen Rang als Königstochter verweisen. Die Zeichnungen sind in einem vereinfachenden und unplastischen Stil ausgeführt. Die im Profil wiedergegebenen Tiere erinnern einheitlich an Schweine. Bei den menschlichen Figuren ist der Ober- klar vom Unterkörper abgetrennt, nach oben gebogene Doppellinien laufen in rhythmischen Abständen über Bauch und Brust. Der überlängte Oberkörper verjüngt sich gewöhnlich zu einer schmalen Taille hin. Die Oberschenkel werden durch weitgehend ungegliederte Längsovale gebildet, indem nur vom Umriss her zwei kurze Doppellinien Falten andeuten. Die Haare sitzen mit einem auffällig betonten Mittelscheitel wie Perücken über den sehr einfach gestalteten Gesichtern. Bei der Frauenmode begegnen mehrfach Gewänder, die an den Armen eng anliegen, über den Handgelenken jedoch extrem weit ausgeschnitten sind und streifenartig herabhängen. All dies verweist auf eine Entstehung in Frankreich in der Mitte des 12. Jahrhunderts, doch ergeben sich wegen der geringen Qualität der Zeichnungen und der Verbreitung des hochromanischen Stiles Schwierigkeiten bei einem genaueren Zuordnungsversuch. Le Bœuffle möchte den Vossianus in das Skriptorium von Auxerre lokalisieren, doch wissen wir sehr wenig über romanische Buchmalerei in dieser Stadt. Virés und de Meyiers vorsichtiges Eintreten für Südfrankreich ließe sich durch den Vergleich mit dem Terenz Vat. lat. 3305 oder dem Flavius Josephus aus Moissac Paris lat. 5058 untermauern. Andere Buchmalereizentren, die stilistisch in Frage kommen, sind aber auch Tours und das übrige Loiregebiet, in das auch der Text weist. Dieser ist nahe verwandt mit dem in Fleury abgeschriebenen Hygintext der Handschrift Harley 2506, fol. 1r–30r. Auch die Provenienz schließt die Herkunft Fleury nicht aus, da Paul Petau bekanntlich am Beginn des 17. Jahrhunderts bei Pierre Daniel von diesem aus der Bibliothek von St-Benoît entwendete Codices einkaufte. Die traditionell guten Verbindungen Fleurys nach England würden auch erklären, wieso der Text der in Rochester entstandenen Handschrift British Library Royal 12 C. IV die Leidener Handschrift als direkte oder indirekte Vorlage hat.

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Verzeichnis der Bilder fol. 95r: Ursa maior (Großer Bär). fol. 95r: Ursa minor (Kleiner Bär). fol. 96r: Serpens (Drache), mit Ringelschwanz; Bootes (Bärenhüter), in langem Gewand. fol. 96v: Coro­ na borealis (Nördliche Krone), mit eingeschriebenem Kreuzornament; Hercules, mit Löwenfell als Lendentuch. fol. 97r: Lyra (Leier), zweimal dargestellt, einmal als Trapez und einmal in Form einer modernen Harfe; Cygnus (Schwan), nach rechts. fol. 97v: Cepheus, mit gesenkten Armen; Cassiopeia, Halbfigur, aus einer Wolke herausragend. fol. 98r: An­ dromeda, mit ausgebreitetetem Mantel; Perseus. fol. 98v: Auriga (Fuhrmann), ohne Wagen. fol. 99r: Serpentarius (Schlangenträger) ; Sagitta (Pfeil) ; Aquila (Adler), frontal. fol. 99v: Delphinus (Delfin) ; Pegasus, als gewöhnliches Pferd. fol. 100r: Triangulum (Dreieck) ; Aries (Widder), ohne Reif. fol. 100v: Taurus (Stier) ; Gemini (Zwillinge), im Ringkampf. fol. 101r: Cancer (Krebs) ; Leo (Löwe). fol. 101v: Virgo (Jungfrau), mit Waage; Scorpius (Skorpion). fol. 102r: Sagittarius (Schütze), Kentaur; Capricornus (Stein­ bock), Ziegenfisch. fol. 102v: Aquarius (Wassermann), bekleidet und kniend, die Wasserreste aus einer Urne ausleerend; Pisces (Fische). fol. 103r: Cetus (Seeungeheuer) ; Eridanus, als wurmartiger Wasserlauf. fol. 103v: Lepus (Hase) ; Orion, mit Pedum und Schwert in Scheide, stehend; Canis maior (Großer Hund). fol. 104r: Anticanis (Vorhund) ; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte; Centaurus, mit einem Beutetier. fol. 104v: Ara (Altar), blockhaft mit Schüssel; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe). fol. 105r: Piscis magnus (Südlicher Fisch).

Provenienz Paul Petau (Signatur seiner Bibliothek: A. 8), Alexandre Petau, Isaac Vossius, Gerhard Vossius, Universitätsbibliothek Leiden seit 1716.

Literatur Meyier 1947, S. 126; Byvanck 1949, Nr. 119; Meyier 1975, S. 210–213; Munk-Olsen, Bd. 1, 1982, S. 528; Viré 1981 Nr. 33, S. 219–223 ; Le Boeuffle 1983, Sigel L, bes. S. LIII; Viré 1992, S. XXVI, XL–XLI. Siehe S. 122, Abb. 335–339

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25.

London, British Library, Arundel Ms. 339 Sammelhandschrift mit Texten zu Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik. Sternbilderdarstellungen zu Hyginus, De astronomia Kastl (Oberpfalz), um 1200, vor 1222. Kodikologische Angaben 198 × 140 mm, 153 Folia, Pergament, 42–47 Zeilen, einspaltig (fol. 31v, fol. 69v–71r, fol. 152v zweispaltig) in früher Gotischer Minuskel einer Hand. Große, 13–15zeilige Rankeninitialen zu den Textanfängen sowie ein- und zweizeilige Lombarden in Rot zu den Abschnitten.

Art der Bilder Zahlreiche Zeichnungen zu den mathematischen und geometrischen Texten. Zu Hyginus fol. 71v–89v: 37 in blasser, rotbrauner Tinte gezeichnete Sternbilder als Illustrationen zu

Hyginus, jeweils auf dem Außenrand der Seite neben den Textblock gezeichnet. Die Figuren werden abwechselnd in Hellbraun, Hellgrün und/oder Hellblau gegen den Pergamentgrund abgesetzt. Es sind keine Sternpositionen markiert. Zwischen den Figuren wurde zum Teil weiterer Text (Kommentar, s. o. zum Text) in kleinerer Schrift eingetragen, wohl nicht lange nach dem Haupttext (von derselben Hand). Da der Textblock an einigen Stellen Platz für die Bilder lässt (z. B. fol. 76v), können diese nicht nachträglich zugefügt worden sein, wie man aufgrund der Anordnung am Seitenrand vermuten könnte. Auf fol. 76v werden die vier auch mythologisch zusammengehörigen Bilder Cepheus, Cassiopeia, Andromeda und Perseus vereinigt.

Inhalt fol. 1r:

fol. 1r:

fol. 1v–31r:

fol. 31v–33v: fol. 34rv: fol. 34v:

fol. 34v–36r:

Arbor artium et scientiarum. Das Baumschema der Wissenschaften und Künste zeigt eine auffällige Querverbindung zwischen Astronomia und Musica instrumentalis. Excerpta ex Chalcidii commentario in Platonis Timaeum (Waszink ed. 1962; Wrobel ed. 1876, XC, S. 160, Z. 28–S. 161, Z. 10, zu den Zeichnungen ebd. S. XVIIff.) Boethius, De institutione arithmetica libri duo (Friedlein ed. 1876). Mit Interlinear und Marginalglossen sowie am Schluss zwei geometrischen Schemata Leopoldus de Austria, De arithmetica libelli tres metrice. Vgl. Glorieux 1971, S. 247, Nr. 292b Propositiones arithmeticae. Vgl. Saxl/Meier 1953, S. 94 Versus de computo. Die folgenden vier Verse über das Verhältnis von Sonnen- und Mondzyklus gehören thematisch zum anschließenden Computus. Computus. Merkverse zum Computus (Glorieux 1971, S. 456, Nr. 2097)

25 London, British Library, Arundel Ms. 339

fol. 36v–40v: Proportiones competentes in astrorum industria (Messahalae liber iudiciorum). Vgl. Thorndike, History 1, S. 259, 714f., Millás Vallicrosa 1931, S. 257f.; Van de Vyver 1936, S. 678f.; Carmody S. 180; Juste 2000, S. 280f. (umfangreiche Angaben zur Parallelüberlieferung). Darunter von einer Hand des 15. Jh.: Notizen zum Aderlass. fol. 41r–48v: Gerbert von Aurillac, Geometria (Bubnov ed. 1899, S. 48–97) fol. 49r–58v: Boethii de geometria libri duo (Friedlein ed. 1867, S. 372–428; 11) (Menso Folkerts ed. 1970) fol. 59r–68r: Hugo de sancto Victore, Practica geometriae (Curtze ed. 1897). Vgl. auch Leiden, Gronovius 21, fol. 41r–54r fol. 68r: Versus. Epitaph des Schreibers auf einen Heimo, der in Reims verstarb, in griechischen und lateinischen Buchstaben (Nachtrag) fol. 68r–69r: Spera Pitagore. Reimregel um aus den Namen der Kämpfenden den Sieger vorherzusagen (Burnett ed., 1988, S. 155f, 166f.). Parallelüberlieferung: Arundel 319, fol. 2r. Es folgt eine Tabelle zur Stundenwahl mit Hilfe der Spera Pitagore, vgl. BL, Cotton Tib. C. I. fol. 7v; Royal 13 A XI, fol. 28r–30r fol. 69v–71r: Excerpta ex Chalcidii commentario in Platonis Timaeum (Waszink ed. 1962) fol. 71v–89v: Hyginus, De Astronomia libri quattuor (Viré ed. 1992). Die Bücher II und III sind zu einem zusammengezogen. Marginalglossen aus Wilhelm von Conches, Philosophia mundi (Maurach ed. 1980), vgl. fol. 110v–120 fol. 89v: Zeichnungen einer rechten und einer linken Hand, mit geöffneter Handfläche fol. 90r–97v: Liber de Wazalchora. Vgl. Steinschneider, Moritz: Die hebraeischen Uebersetzungen des Mittelalters und die Juden als Dolmetscher, Berlin 1893, S. 635. Vgl. auch PL 143, Sp. 381fol. (mit deutlichen Abweichungen). Es folgt eine Tabelle fol. 98r–104r: Guido de Arezzo, Micrologus (Smits van Waesberghe ed. 1955) fol. 104r–106r: Guido de Arezzo, Regulae rhytmicae (Pesce ed. 1999) fol. 106r–107r: Guido de Arezzo, Regulae de ignoto cantu (PL 141, Sp. 413–416) fol. 107r–109v: Guido de Arezzo, Epistola ad Michaelem Monachum (PL 141, Sp. 423–432) fol. 109v–110r: De mensura fistularum. Vgl. Hughes-Hughes 3 1909, S. 361 fol. 110r: De organistro. Vgl. Hughes-Hughes 3, 1909, S. 367. Acht Verse und Prosa fol. 110v–120r: Platon, Timaeus. Übersetzung des Calcidius (Waszink ed. 1962). Die Randglossen sind zum Teil stark von Wilhelm von Conches Glosae super Platonem geprägt, zum Teil sind es Auszüge aus dessen Philosophia mundi (vgl. Jeanneau 1965, S. 319) fol. 120r: Signa leprae (Nachtrag). Symptome der Lepra fol. 120v: Zwei Schemata der Seelenkräfte und Elemente fol. 121r–151r: Macrobius, Commentarius in Somnium Scipionis (Willis ed. 1970). fol. 124v Randzeichnung einer Frau, in der Linken eine Blume haltend, die Rechte sprechend erhoben (zum Kapitel De septenarii plenitudine) fol. 151v: Catalogus abbatum Castellensium. Abtliste des Klosters Kastl (MGH, SS XIII, S. 337). – 152r leer fol. 152v: De pluviis. Zu den Ursachen des Regens. Notiz über eine Mondfinsternis im Jahr [12]42 fol. 153r: Schema planetarum. Kreisschema mit Monatsnamen (ohne Mai), Tierkreiszeichen, im Zentrum Terra, darum die sieben Planetenbahnen fol. 153v: Begonnenes, nicht fertiggestelltes Kreisschema

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Kommentar Die Sammelhandschrift mit grundlegenden Texten zu Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik deckt das gesamte Fächerspektrum des Quadriviums ab. Neben den verbreiteten Texten von Hyginus, Boethius und Guido von Arezzo finden sich auch Werke des 12. Jahrhunderts, wie die Practica geometriae des Hugo von St. Victor (entstanden um 1125–30, vgl. Viré 1981, S. 250) und ein Astrolabtraktat, der Liber de Wazalchora. Der Text von Hyginus, De astronomia liegt hier in einer Redaktion vor, die die einzelnen Sternbildabschnitte aus Buch II und III jeweils zusammenführt, jedoch als eigenständige Abschnitte erhält. Insgesamt zeigt sich die Handschrift sehr homogen, sie wurde von einer Hand geschrieben und weist nur wenige spätere Nachträge auf. Der von Saxl/Meier (S. 93) genannte Heimo kommt als Schreiber jedoch nicht in Frage (s. o. zu fol. 68r). Die Abtliste von Kastl fol. 151v bis zum Tod Gebhards VII. am 12. September 1222 wurde in einem Zug geschrieben. Die Schrift ist völlig einheitlich und wurde wohl beim Ableben Gebhards als Nachtrag eingefügt. Ein Nachfolger wird nicht mehr genannt. 1222 kann somit als terminus ante quem der Handschrift gelten. Vom Ansatz her – wenn auch keineswegs hinsichtlich Umfang und Aufwand – lässt sich die Sammlung mit den entsprechenden Teilen von Chartres 498 (Thierry von Chartres, Heptateuchon) und ähnlichen Sammelhandschriften des 12. Jahrhunderts vergleichen. Auch die Redaktion von Hyginus, De astronomia mit der Kompilation der einzelnen Sternbildabschnitte aus Buch II und III zu einem Buch unterstreicht den »Handbuchcharakter« des Werkes und rückt den Text in die Nähe von Kompilationen des späteren 12. Jahrhunderts wie in Bodley 614 oder – noch weitergehend umgearbeitet und ergänzt – im vierten Buch des Opusculum de ratione spere (s. Oxford, Digby 83, fol. 44r–67r). Während dort die aus Buch II und III zusammengeführten Abschnitte zu den einzelnen Sternbilder jedoch zu neuen Einheiten verschmolzen und schließlich das Ganze durch Einfügung weiterer Exzerpte zu einem neuen, umfassenderen Text umgebaut wurde, folgen hier die zusammengeführten Hyginus-Abschnitte unverbunden hintereinander. Der Kompilator bemerkt hierzu am Ende von Buch II (fol. 85v): »hic erat deformationum corporum recapitulatio quam suo cuique loco apposui, ut Draco inter duas et cetera, ubi deest, hoc post Ophiulcum [!]« (Es folgen die auf fol. 78r ausgelassenen Stellen). Da der Text des dritten Buches jeweils durch eine Farbinitiale vom vorhergehenden mythographischen Abschnitt abgesetzt wird, behalten die Abschnitte eine gewisse Eigenständigkeit. Dies lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen: fol. 73v–74r folgt der Text genau Hyginus II, 2–3 (Arctus minor bis Draco). Nach dem mythographischen Abschnitt zu Draco (hier »Serpens«, fol. 74r, Z. 6) wird jedoch vor II, 4 zu »Arctophylax« (Bootes) der kurze Abschnitt des dritten Buches zu »Draco« (III, 2) als weiterer Absatz eingeschoben und mit einem roten, einzeiligen Initialbuchstaben gekennzeichnet (sonst markieren 2zeilige rote Initialen die Abschnitte). Ebenso folgt dem Abschnitt des zweiten Buches zu »Arctophylax« Hyginus III, 3 zum selben Sternbild (fol. 74v Z. 32, ebenfalls mit Kennzeichnung durch eine einzeilige Farbinitiale). Auch auf Corona (II, 5) folgt der entsprechende astrothetische Abschnitt (III, 4), entsprechend ist der Befund bei den restlichen Sternbildern. Ausgehend vom Bildzyklus sahen Saxl/Meier (1953) in der Handschrift eine Kopie nach Wolfenbüttel Cod. 18.16 Aug. 4°. Dies lehnt Virè (1981) aufgrund des Textes ab, der eine zu große Anzahl von Abweichungen aufweise. Anhand der Textvarianten im Einzelnen sieht sie in beiden Handschriften jedoch eine gemeinsame Untergruppe des Zweiges ε. Zu diesem gehören

25 London, British Library, Arundel Ms. 339

auch Florenz Plut. 29.30, Wien, ÖNB, Cod. 51, St. Paul im Lanvanttal XXV.4.20 und Leiden, Gronov. 21. Arundel 339 ist jedoch der einzige Textzeuge dieser Gruppe, der in der oben beschriebenen Weise umgearbeitet wurde. Vergleicht man diese von Viré angeführten, textlich verwandten, Handschriften hinsichtlich ihrer Illustrationen so ergibt sich ein etwas anderes Bild. So zeigt der Zyklus in Florenz (Laurentiana, Plut. 29.30) nur oberflächliche Ähnlichkeiten mit der Arundel-Handschrift, die Unterschiede im Einzelnen sind dagegen augenfällig. So findet sich dort Draco mit den beiden Bären in einem Bild, Virgo mit Flügeln, Aquarius lagernd (vgl. Eridanus), Eridanus dagegen nur als Wasserlauf, Centaurus ist nach rechts gewandt und mit einem Speer bewaffnet anstatt eines Dreizacks. Auch Wien, ÖNB, Cod. 51 zeigt deutliche Unterschiede: Draco in waagrechter Position, Bootes mit abweichender Arm- und Beinhaltung, ebenso Hercules, Cepheus ist ebenfalls stehend dargestellt, aber als Rückenfigur, Cassiopeia seitlich sitzend, Andromeda mit entblößtem Oberkörper, Perseus mit Flügeln an den Füßen (das Medusenhaupt hängt – im Gegensatz zu Arundel 339 – wie üblich nach unten), Auriga erscheint ohne Wagen (die Körperhaltung mag Anklänge an die Variante in Arundel 339 verraten), Serpentarius erscheint als Rückenfigur, Taurus als Stierhälfte, Virgo ohne »Blumen« sonst jedoch in vergleichbarer Form, Capricornus schaut nach links, Wassermann nach rechts, letzterer ist unbekleidet, sonst jedoch nicht unähnlich, Eridanus erscheint nur als Wasserlauf, Centaurus trabt nach rechts und hält das Beutetier nach oben. Ähnlicher der Arundel-Handschrift ist Cetus (»hundeähnlich«, aber ohne Flügel). Ebenfalls deutliche Unterschiede zu Arundel 339 zeigt St. Paul im Lavanttal XXV.4.20, so erscheint Draco zwar ebenfalls senkrecht, aber mit den Bären zusammen in einem Bild. Bootes weist eine vergleichbare Grundhaltung auf wird aber bewegter und mit Bart dargestellt. Hercules kniet ganz, das Löwenfell erscheint hinter dem aufgestellten Knie statt der Keule hält er ein Blatt. Die Abfolge von Cepheus, Cassiopeia und Andromeda zeigt ein eng verwandtes Grundmuster, die Vorlage ist jedoch stark verderbt, ebenso bei Perseus. Byvanck (1949) zählte die Illustrationen zur Gruppe um Madrid 3307 (Gruppe VIII C). Obwohl die letztendliche Abstammung aus dieser Linie wahrscheinlich gemacht werden kann, sind doch auch erhebliche Unterschiede festzustellen, so dass hier allenfalls von einem mittelbaren Zusammenhang die Rede sein kann. Für die Sternbilddarstellungen der Arundel-Handschrift lässt sich als engste Parallele Wolfenbüttel, HAB, Cod. Guelf. 18.16. Aug. 4° benennen, die weitgehende Übereinstimmungen aufweist. Die Abweichungen sind in der Tat nur geringfügig: Taurus trägt den Schwanz nach unten statt nach oben, die Beine des Schützen (als Satyr) sind ganz behaart, Capricornus ist nach links gewendet. Ein ungewöhnliches Detail ist, dass der von Aquarius ausgegossene Wasserstrahl zu den Fischen weitergeführt wird, wo ihn der untere Fisch verschluckt (auch in der Wolfenbütteler Handschrift). Der Wasserstrom vom Wassermann zum Südfisch findet sich gemäß der entsprechenden Aussage des Hyginus (III, 28) verschiedentlich in Illustrationen dieses Textes (Paris, ehem. Phillipps 26235, London, BL, Royal 13 A XI). Eine Darstellung dieses Details, wohl auf einer Himmelskarte, dürfte die (astronomisch unzutreffende) Darstellung hier angeregt haben. Gemeinsam ist beiden Bildfolgen auch die Verwandschaft mit den Illustrationen zu De ordine ac positione (vgl. unten zu Wolfenbüttel 18.16. Aug. 4°). Der Text der Wolfenbüttler Handschrift weist die Umarbeitungen des Arundel Codex jedoch nicht auf und gehört einem anderen Zweig der Überlieferung an. Die Bilder der Wolfenbüttler Handschrift scheinen denen der Arundel-Handschrift zugrunde zu liegen, wobei wegen der Textdifferenzen wohl eher von einer gemeinsamen Vorlage auszugehen ist.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Auch der Sternbildzyklus in Cod. Vindob. 12600 zu De ordine ac positione (vgl. Saxl/Meier 1953, S. 96) steht dem in Arundel 339 nahe. Übereinstimmend ist hier etwa der Typus der Schlange (Draco): senkrecht, mit Bart und Kamm. Hercules ist gut vergleichbar, Lyra erscheint umgedreht aber in der Form recht ähnlich, Andromeda steht mit einer Hand erhoben und ohne weiteren Kontext (aber hier von hinten zu sehen). Bootes erscheint »schulterfrei«, Auriga im Wagen ist der Ausprägung in Arundel 339 eng verwandt, ebenso Argo Navis. Hier sind gemeinsame Vorstufen vorauszusetzen jedoch keine direkte Abhängigkeit. Centaurus erscheint ebenfalls mit Dreizack, ist aber nach rechts gewandt. Die Bilder der Wiener Handschrift Cod. 12600, um 1200 in Prüfening entstanden, dürften letztlich auf ein Vorbild aus dem selben Umkreis zurückgehen, wie das von Arundel 339 und Wolfenbüttel Cod. 18.16. Aug. 4°. Die Heimat dieser Gruppe im Regensburger Raum erscheint weitgehend gesichert. Auffällig ist hierbei die Zugehörigkeit eines Illustrationszyklus zu De ordine ac positione stellarum in signis und zweier Bildfolgen zu Hyginus-Texten in unterschiedlichen Redaktionen zu einem gemeinsamen, recht homogenen Strang der Bildüberlieferung. Zumindest für diese im Regensburger Raum angesiedelte Gruppe von Sternbilderhandschriften des 12. und früheren 13. Jahrhunderts deutet sich somit eine eigene Tradition der Bildzyklen an, die mit verschiedenen Texten verbunden werden konnten.

Verzeichnis der Bilder fol. 73v: Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts laufend; Serpens (Drache), senkrecht sich windende, kurze, dicke Schlange, nach links blickend. fol. 74r: Bootes (Bärenhüter), nach

links schreitend, bartlos, nur mit einem Umhang bekleidet, der Brust und rechte Schulter frei lässt, den rechten Arm waagrecht ausgestreckt, den linken nach oben gereckt. fol. 74v: Corona borealis (Nördliche Krone), kreisrunder Ring, im Innenraum ein großer grüner Stern, offenbar nicht als Kreis von Sternen verstanden. fol. 75r: Hercules, nach links ausschreitend, unbekleidet mit Bart, in der linken Hand ein Löwenfell, den rechten Arm mit Keule zum Schlag erhoben. fol. 75v: Lyra (Leier), auf einem Fuß stehendes Saiteninstrument mit rundem Schallkörper und Schallöchern, der »Hals« hat die Form eines auf der Spitze stehenden Dreiecks. fol. 76r: Cygnus (Schwan), stehend mit ausgebreiteten Flügeln. fol. 76v: Cepheus, en face stehend, bärtig, ohne Kopf bedeckung, einfaches Gewand, Arme zur Seite ausgestreckt; Cassiopeia, auf einer Bank thronend, im langen, relativ schlichten Gewand, Arme nach der Seite ausgestreckt; Andromeda, leicht nach links gewandt mit offenen Haaren, in einem Gewand mit Schmuckborten, die linke Hand erhoben (ohne Fessel), die rechte herabhängend; Perseus, nach links ausschreitend, das schmucklose Gewand ist in der Hüfte gegürtet, die linke Hand hält einen abgetrennten Frauenkopf mit dem Hals nach oben (!) vor sich, die rechte holt mit einer Sichel zum Schlag aus. fol. 77r: Auriga (Fuhrmann), in einem zweirädrigen Wagen stehend, den zwei Pferde nach rechts ziehen, über dem linken Arm, der die Zügel hält, zwei Zicklein, die rechte Hand deutet mit dem Zeigefinger nach links oben, der nach hinten wehende Mantel knickt ab um sich in den schmalen Raum zu fügen, den der Schreiber gelassen hatte. fol. 78r: Serpentarius (Schlangenträger), unbekleidete, nur leicht nach links gewandte wandte Frau (!) mit langen offenen Haaren, die Schlange ist einmal um den Leib gewunden; Sagitta (Pfeil), waagrecht, Spitze nach links. fol. 79r: Aquila (Adler), stehend; Delphinus (Delfin), nach rechts oben aufgerichtet, mit Horn. fol. 79v: Pegasus. fol. 80r: Triangulum (Dreieck), schlicht; Aries (Widder). fol. 81r: Taurus (Stier), seitlich lagernd nach rechts blickend, den Schwanz zwi-

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schen den Hinterbeinen nach vorn gelegt; Gemini (Zwillinge), eng nebeneinender stehend, lange Mäntel, jeweils den Arm um die Schulter des anderen gelegt (keine weiteren Attribute), drei kleine »Kringel« im Bereich der Mantelschließen und auf der Stirn des linken könnten Reste der in einer Vorlage markierten Sterne sein. fol. 81v: Cancer (Krebs) ; Leo (Löwe). fol. 82r: Virgo (Jungfrau), frontal stehend in einem langen, schlichten Kleid, in der erhobenen rechten Hand ein Blumenstrauß; Scorpius (Skorpion), nach links blickender, relativ naturnah erfaßter Krebs (vgl. Cancer); Sagittarius (Schütze), nach links gewendeter, bogenspannender Satyr mit fellbedecktem Unterleib und Mütze, in halber Rückenansicht (menschliche Füße). fol. 82v: Capricornus (Steinbock), nach rechts gewandt mit sich ringelndem Schlangenschwanz, das rechte Bein stehend, das linke wie im Paradeschritt erhoben, Steinbockhörner; Aquarius (Wassermann), nach links ausschreitend, nur mit einem langen Mantel und einer Mütze bekleidet, vor sich eine Vase, aus der er nach links Wasser gießt, der Strahl ergießt sich zu den Fischen unter ihm; Pisces (Fische), gegenläufig gewandt, an den Mäulern mit einer Linie verbunden (ein dort eingebundener kleiner »Kringel« dürfte auf die in einer Vorlage noch enthaltenen, eingezeichneten Sterne zurückgehen, vgl. Gemini). fol. 83r: Pegasus, nicht als Pferd zu erkennendes Tier mit Flügeln, nach links galoppierend, möglicherweise fiel der hintere Teil erst dem Beschnitt der Handschrift zum Opfer; Eridanus, nach links blickender, lagernder Flußgott mit Hörnern, die Urne mit dem ausströmenden Wasser vor sich; Lepus (Hase), nach links springend, fol. 83v: Orion ; Canis maior (Großer Hund). fol. 84r: Anticanis (Kleiner Hund), nach links laufender Hund; Argo Navis (Schiff), stark entstellte Schiffshälfte mit zwei Heckrudern, das Segel ähnelt einer auf einem Kreuz hängenden Casel (!); Centaurus, nach links schreitender Kentaur, einen riesigen geschulterten Dreizack in der Linken, in der Rechten ein erlegter Hase. fol. 84v: Ara (Altar), runder Block mit Sockel; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe). fol. 85r: Piscis austrinus (Südlicher Fisch).

Provenienz Aufgrund der auf fol. 151v eingetragenen Äbteliste kann auf eine Entstehung im Benediktinerkloster St. Peter in Kastl (Oberpfalz) geschlossen werden. Das 1103 gegründete Kloster wurde 1563 aufgehoben (Hemmerle 1970, S.125–129). Später im Besitz von Thomas Howard, 2nd Earl of Arundel († 1646). 1666 durch dessen Enkel Henry Howard der Royal Society geschenkt (auf fol. 2r deren Stempel »… ex dono Henrici Howard Norfolciensis«). Exlibris der Royal Society London auf dem Vorderspiegel. 1831 vom British Museum erworben.

Literatur Byvanck 1949, Nr. 121; Saxl/Meier 1953, S. L, 39; Borchers 1975, S. 68–69, 73, 76–77; Viré, La transmission, 1981, Nr. 39, S. 169, 176–177, 195–199, 242-248; Burnett 1988, S. 145– 150, 152, 155f., 166f.; Viré 1992, S. XXVI; Sniezynska-Stolot 1994, S. 66. Siehe S. 125, Abb. 340–348

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London, British Library, Cotton Ms. Tiberius B. V., Teil 1 Geographisch-komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Cicero England (Canterbury?), 2. Viertel 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben ca. 260 × 218 mm, 88 Folia, Pergament auf Papier aufgezogen, Text überwiegend einspaltig in Karolingischer Minuskel geschrieben.

Art der Bilder Zu den Aratea des Cicero zwischen fol. 32v und fol. 49v insgesamt 27, in kolorierter Federzeichnung ausgeführte Miniaturen der Sternbilder (beginnend mit dem Widder), Planeten, der vier Winde und Jahreszeiten sowie von Sol und Luna, Position der Sterne durch rote Punkte angegeben. Außerdem auf fol. 3r–8v eine komplette Reihe in Deckfarben ausgeführter Kalenderbilder (Monatsbilder); auf fol. 56v eine Weltkarte und auf fol. 78v–87v zahlreiche gerahmte Deckfarbenbilder, meist Fabelwesen, zu den Wundern des Ostens.

Inhalt Teil I: fol. 1r–1v: fol. 2r: fol. 2v–24r:

Index Drei Schemata, nur die von Sonnen- und Mondlauf vollständig ausgeführt Kalender; Ostertafeln; komputistische und historische Tabellen etc. (darin zu fol. 3r–8v, Kalendarium metricum, farbig gerahmte Miniaturen der Monatsbilder und Tierkreiszeichen (fol. 2–19, vgl. Leofric Missale, Bodl. Ms. 579 (Warren 1883)) fol. 24r–28v: Angelsächsische Auszüge aus Beda Venerabilis, De natura rerum (Cockayne ed. 1866, III) fol. 29r: Zonenkarte (Miller 1895, 3, S. 30, 124, Abb. 58) fol. 29v: leer fol. 30r–32r: Zwei Gebete Oratio ad sanctam trinitatem (Vogels ed. 1884, S. 150) sowie die astronomischen Texte De sole et luna und De nominibus stellarum (Vogels ed. 1884) (vgl. London Harley 647) fol. 32v–49v: Text der Aratea des Cicero (Soubiran ed. 1972), kommentiert durch Exzerpte aus Hyginus’ De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983; Vitobello 1988) sowie durch die Scholia Sangermanensia (Recensio interpolata, 11) (Maass ed. 1898) (vgl. London Harley 647) fol. 49v–54v: Exzerpte aus Plinius, Macrobius, Martianus Capella (vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 16r–20r) fol. 55v–56r: Fragmentum rhythmicum de Sancti Nicholai gestis fol. 56v: Weltkarte (Miller 1895, 3, S. 29–37) Teil II: fol. 57r–73r: Incipit liber pergesis id est de situ terrae Prisciani grammatici urbis Rome fol. 73r–73v: Fragmentum rhythmicum de Sancti Nicholai gestis fol. 74r–76v: Evangelienfragmente und Dokumente in angelsächsischer Sprache

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fol. 77v: fol. 77r: fol. 78r: fol. 78v–87v: fol. 88r–88v:

leer Fragmentum rhythmicum de Sancti Nicholai gestis leer De rebus in Oriente mirabilibus, lateinisch mit altenglischer Übersetzung ( James 1929); dazu 38 Illustrationen. Hec est annotatio ecclesiarum dotalium ecclesie de Bello a Waltario abbate facta

Kommentar Der Codex Cotton Tiberius B. V. enthält eine reich bebilderte Textsammlung, die in dieser Zusammenstellung auf eine umfassende Weltbeschreibung abzielt. Die heutige Reihenfolge der Texte geht auf eine Neubindung im 18. Jahrhundert zurück, dürfte aber im Wesentlichen dem Zustand des 11. Jahrhunderts entsprechen (vgl. auch Gibbs 1977, S. 6ff ). Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die modernisierte Kopie des 12. Jahrhunderts (Oxford, Bodl. 614) die gleiche Reihenfolge der Themen bietet. Auffälliger Weise werden hier eine ganze Reihe von Bildzyklen aufgegriffen, die erst kurz zuvor im angelsächsischen Bereich entwickelt worden waren. Dazu zählen insbesondere die Monatsdarstellungen, die sogenannten Wunder des Ostens sowie die Wiedergabe der Hölle. Nach einem Kalender mit Ostertafeln, die aber zum Zeitpunkt der Niederschrift bereits veraltet waren, folgt ein umfangreicher astronomischer Teil. Eine Weltkarte (fol. 56v) und die geographische Weltbeschreibung des Priscian schließen sich an. Den Abschluß bildet der reich illustrierte Traktat De rebus in oriente mirabilibus, von dem auch die altenglische Übersetzung aufgeschrieben wurde. Der Abschnitt zur Astronomie wird durch zwei Gebete und ein astronomisches Gedicht eingeleitet. Er umfasst vor allem den durch Exzerpte aus Hyginus’ De Astronomia sowie durch die Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) erläuterten Text der Phainomena des Aratos in der fragmentarisch überlieferten, lateinischen Übertragung des Cicero sowie eine Sammlung von vorwiegend aus der Naturgeschichte des Plinius stammenden Exzerpten. Die Zusammenstellung dieses Teils überschneidet sich auffallend mit dem Inhalt der Karolingischen Handschrift London Harley 647, die um das Jahr 1000, wohl vom Kloster Fleury aus, nach Canterbury gelangte. Die Folia 30r bis 54v des Cotton Tiberius B. V. entsprechen weitgehend fol. 1r bis 20r des Harleianus 647. Allerdings wurden die den Aratea vorangestellten Texte in eine andere Reihenfolge gebracht, und die Scholien nach Hyginus zu großen Teilen durch Exzerpte aus dem Sternkatalog der Recensio interpolata ersetzt. Zugleich entspricht der astronomische Abschnitt von Cotton Tib. B. V. zwei weiteren vom Harleianus 647 abgeleiteten Handschriften, London Harley 2506, fol. 33r bis 55r, und London Cotton Tib. C. 1, fol. 18r bis 41v. Die Textuntersuchung der Pliniusexzerpte (King 1969) und der Cicero Verse (Soubiran 1972) führten zu dem Schluss, dass für alle drei Ableitungen eine gemeinsame Zwischenstufe h anzunehmen ist, von der Cotton Tib. B. V. und Harley 2506 noch über eine weitere Stufe h’ abgeleitet sind. Da weder bei Cotton Tib. B. V. noch bei Harley 2506 die Erläuterungen zu den Sternbildern in diese eingetragen sind wie im Karolingischen Manuskript und in Cotton Tib. C. I., hatte möglicherweise bereits die vermittelnde Handschrift h’ die Form der Scholia figurata aufgegeben. Die Folia 2r bis 19r von Cotton Tib. B. V. sind dem komputistischen Teil des Leofric Missale, Bodl. Ms. 579, verwandt.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Die Bebilderung der Handschrift Cotton Tiberius B. V. umfasst gleich drei umfangreiche Illustrationszyklen. Eine Bildfolge zum Kalender auf fol. 3r bis fol. 8v zeigt in Deckfarben ausgeführte, gerahmte Miniaturen der Monatsarbeiten und Tierkreiszeichen. Die Bildstreifen sind den Tabellen wie ein Prolog vorangestellt und besitzen dadurch auch eine gewisse gliedernde Funktion. Ihre Vorlage war wohl eine im Stil dem Ms. Harley 2506 verwandte, allerdings weniger monumental gestaltete Handschrift in London, British Library, Ms. Julius A. VI, die ohne große Veränderungen getreu kopiert wurde. Eine zweite Bildfolge illustriert die Beschreibung der Wunder des Ostens, De rebus in Oriente mirabilibus auf fol. 78v bis fol. 87v mit insgesamt 38 Deckfarbenminiaturen, die meist Fabelwesen darstellen. Am Schluss steht heute eine ganzseitige Darstellung, in der ein Mann mit einem aufgeschlagenen Buch in den Händen in den geöffneten Schlund der als Ungeheuer personifizierten Hölle blickt, wo die Seelen der Verstorbenen grausam gequält werden. Sie illustriert eine nur in diesem Codex überlieferte alttestamentliche Apokryphe, nach der ein ägyptischer Magier namens Mambres die Seele seines toten Bruders Jamnes beschwört und von ihr über die Qualen der Unterwelt erfährt. Daneben wurden auch die Aratea des Cicero illustriert. Insgesamt 27, wohl von einer Hand ausgeführte, in kräftigem blaugrün, grau und orange kolorierte Federzeichnungen führen dem Betrachter nicht nur die Sternbilder, sondern auch die Planeten, Winde und Jahreszeiten ebenso wie Sol und Luna vor Augen, die in dem Harleianus 647 heute nicht mehr erhalten sind. Die Illustrationen wurden in einem Arbeitsgang noch vor dem Schreiben des Textes ausgeführt. Die Sternbildertypen stimmen mit denen der Handschrift London Harley 647, überein. Im Vergleich zu diesem Codex behält der Cotton Tiberius B. V. zwar die großzügige Seitengestaltung bei, gibt aber die komplizierte Illustrations- und Kommentarform der Scholia figurata auf und stellt den Scholientext neben den Himmelsgestalten an den Rand. Vermutlich aus Platzmangel wurde ein Teil der Hyginustexte durch die knappere Version der Recensio interpolata ersetzt. Ikonographisch fügen sich die Gestalten der Sternbilder wie gesagt im Wesentlichen in die von Harley 647 ausgehende Tradition. Einige im Vergleich zum Harleianus 647 auffällige Ergänzungen erklären sich daher, dass die in der Vorlage vorgegebene Füllung der Bilder durch den Scholientext wegfiel und notwendigerweise ersetzt werden musste. Dabei wurde unter anderem, wie an den Gamaschen des Wassermanns oder Perseus deutlich zu sehen ist, die Kleidung der zeitgenössischen Mode angepasst. Auch das Sternbild des Schiffes wurde nach aktuellen Modellen ausgestaltet. So erinnert der Drachenkopf am Heck der Argo an Schiffsdarstellungen auf dem Teppich von Bayeux, an die Arche Noah im Old English Hexateuch oder an die Schiffe der Caedmon Genesis. Das Haus auf dem Deck wurde dagegen eher durch eine Illustration der Recensio interpolata angeregt. Deren Einfluss ist gut möglich, da zur Erläuterung des Cicerotextes auch eine Recensio interpolata verwendet wurde. Das lange Haar des Centaurus könnte dagegen auf das Missverständnis eines flatternden Fells in der Vorlage zurückzuführen sein. Nach McGurk 1983 weist der Stil der Zeichnungen mit ihren regelmäßigen und stark betonten Zickzackfalten der Gewänder, mit der auffallend dramatischen und abstrakten Farbwahl und den lebhaft expressiven Gesten die typischen Merkmale der insularen Buchmalerei aus der Zeit der Klosterreform auf. Stilistische Parallelen finden sich in den Werken der Schule von Winchester. Allerdings sind die von Homburger durch einen Vergleich der Kalenderbilder des Cotton Tiberius B. V. mit der Kalenderszene des aus Winchester stammenden Psalters, Cotton Ms. Tiberius C. VI., aufgezeigten Parallelen für eine Lokalisierung des Cotton Tiberius B. V. nach Winchester allein nicht ausreichend. Stattdessen weisen die in den chronologischen Teilen

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enthaltenen Herrscher- und Bischofslisten eher darauf hin, dass die Handschrift in Christ Church in Canterbury zusammengestellt wurde. Ein Teil des Inhaltes dieser Texte basiert auf Material, das in der Zeit des zwischen 990 und 994 amtierenden Erzbischof Sigerich von Canterbury gesammelt worden ist. Hierzu gehört unter anderem der auf fol. 23v bis fol. 24r aufgezeichnete Bericht über Sigerichs Programm anlässlich seines Aufenthaltes in Rom im Jahre 990, in dem auch alle 80 Stationen der Heimreise aufgezählt werden. Eine Entstehung in Canterbury ist schon wegen des nachweislichen Aufenthaltes des Harleianus 647 in Canterbury nicht ausgeschlossen. Verzeichnis der Bilder fol. 32v: Aries (Widder), der mit zurückgewandtem Kopf und lockigem Fell nach links springende Widder ohne Reifen. fol. 33r: Triangulum (Dreieck), der schmale streifenförmige Körper mit Flechtbandornamentik ausgefüllt. fol. 33v: Pisces (Fische), von Schwanzflosse zu Schwanzflosse miteinander verbunden. fol. 34r: Perseus, an Kopf und Füßen

geflügelte, jugendliche, nach links gewandte Frontalfigur, mit kurzer Tunika, Pallium und Stiefeln bekleidet, in der erhobenen Rechten die Harpe, in der seitlich weggestreckten linken Hand das abgeschlagene, blutige Medusenhaupt haltend. fol. 34v: Plejaden, sieben, innerhalb eines farbigen Kreises wiedergegebene, trotz unterschiedlicher Frisuren einander sehr ähnliche Frauenköpfe in Medaillons, aus denen je zwei Blattranken emporwachsen, sechs Köpfe sind kreisförmig um einen in der Mitte angeordneten Kopf gruppiert. fol. 35r: Lyra (Leier), aus einem hohen, wellig begrenzten Körper mit zwei augenähnlichen Öffnungen sowie aus Hörnern und Querstück zusammengesetztes achtsaitiges Instrument. fol. 35v: Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und gesenktem Kopf nach links gewandt. fol. 36r: Aquarius (Wassermann), jugendliche, leicht nach links orientierte Frontalfigur, mit kurzer, faltenreicher Tunika, Pallium und Phrygiermütze bekleidet, mit der Linken einen Zipfel des Gewandes umfassend, mit der seitlich weggestreckten Rechten eine Amphora ausgießend, aus der ein gerader Wasserstrahl austritt. fol. 36v: Capricornus (Steinbock), nach links gewandtes, in Seitenansicht liegendes Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz. fol. 37r: Sagittarius (Schütze), bärtiger, nach links gewandter, bogenspannender Kentaur, den Oberkörper in die Front gedreht, bis zum Bauch in ein grünes Gewand mit langen Ärmeln gekleidet, über den Schultern ein nach hinten flatterndes, helles Manteltuch tragend. fol. 37v: Sagitta (Pfeil), mit der Spitze schräg nach links oben zeigend, rechts neben ihm ein ebenfalls schräg nach links oben gerichteter, ornamental gestalteter Bogen. fol. 38r: Aquila (Adler), nach links gerichtet und mit ausgebreiteten Flügeln und zurückgewandtem Kopf in Seitenansicht dargestellt. fol. 38v: Delphinus (Del­ fin), in Seitenansicht, von links oben nach rechts unten schwimmend. fol. 39r: Orion, frontal zwischen vier gedrehten Säulen stehende, jugendliche Gestalt im Eingang eines Tempels mit Dreiecksgiebel und Lilienakroter, mit kurzer Ärmeltunika, Schultermantel und Schnürstiefeln bekleidet, die Linke gleichsam im Zeigegestus erhoben, das gezogene Schwert in der erhobenem Rechten. fol. 39v: Canis maior (Großer Hund), mit offenem Maul und hängender Zunge nach links springend, ein breites Halsband mit rundem Anhänger tragend. fol. 40r: Lepus (Hase), mit krallenbesetzten Pfoten nach links springend. fol. 40v: Argo Navis (Schiff), nach links, Ansicht des Hecks mit gebogener Spitze in Form eines Drachenkopfes, mit Ruderpaar, Mast und breitem, um den Mast geknotetem Segel, auf Deck ein zweistöckiges Gebäude. fol. 41r: Cetus (Seeungeheuer), nach links lagerndes Seeungeheuer mit nach vorn gerichtetem Kopf, krallenbesetzten, kurzen Vorderbeinen und verschlungenem, gegabeltem Schwanz; Eridanus, bärtiger, langhaariger klassischer

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Flussgott nach links lagernd, die Beine von einem grünen Tuch bedeckt, in der rechten Hand drei Schilfrohre haltend, mit dem linken Arm auf eine liegende Urne gestützt, aus der ein sich teilender Wasserstrom austritt. fol. 42r: Piscis magnus (Südlicher Fisch) : nach links schwimmend, das aus der Urne des gegenüber abgebildeten Eridanus ausströmende Wasser trinkend. fol. 42v: Ara (Altar), frontal dargestellter, kubusförmiger Altar auf zweistufiger Basis, die Vorderseite mit Ornamenten verziert, die brennende Glut auf der dreifach profilierten Abschlussplatte. fol. 43r: Centaurus, nach links gewandter, bärtiger Kentaur in Seitenansicht mit frontal eingedrehtem Oberkörper, auf Kopf und Schultern ein langes, nach hinten wehendes Tierfell tragend, in der vorgestreckten Rechten einen erbeuteten Hasen an den Hinterbeinen haltend, in seinem linken Arm den Thyrsos-Stab. fol. 43v: Hydra, Crater, Corvus (Schlange, Mischkrug, Rabe), nach links kriechende, langgestreckte Schlange in Aufsicht, den Becher auf der zweiten Windung, den nach links gewandten, pickenden Raben am Schwanzende tragend. fol. 44r: Anticanis (Vorhund), nach links springend. fol. 45v: Planeten, als gerahmte Medaillonbildnisse der Planetengötter innerhalb eines aus Flechtwerk gebildeten rautenförmigen Gitters, angeordnet nach dem Quincunx-Schema, links oben der bärtige Jupiter, rechts oben Saturn, in der Mitte der bärtige Mars mit Helm, links unten Venus mit Kopfschmuck und Ohrringen, rechts unten der jugendliche Merkur mit Kopfflügeln, die gesamte Miniatur ist von einem breiten, ornamental geschmückten Rahmen umgeben. fol. 46v: Winde, Jahreszeiten, in vier Registern sind übereinander insgesamt acht Büsten paarweise angeordnet, vier im Profil wiedergegebene männliche Büsten, die über die geflügelten Helme als Winde identifiziert werden können, stehen vier weiblichen, frontal gegebenen Büsten gegenüber, diese können auf Grund der Attribute als Jahreszeiten gedeutet werden, eine der weiblichen Figuren trägt ein Füllhorn, eine weitere erscheint mit einem über den Kopf gezogenen dunklen Mantel. fol. 47r: Oben: Sol, als Frontalgestalt mit Strahlennimbus, den von vier Pferden gezogenen, in Seitenansicht gezeigten Sonnenwagen von der Seitenmitte links nach rechts oben lenkend, mit Ärmeltunika, wehendem Schultermantel und Schnürstiefeln bekleidet, in der Rechten eine Peitsche haltend, mit der angewinkelten Linken die Pferde zügelnd; Unten: Luna, auf dem von der Seitenmitte rechts nach links unten fahrenden Ochsengespann stehend, mit einem knöchellangen hellen Kleid und einem sich um ihr Haupt nimbusartig blähenden Mantel bekleidet, mit beiden Händen zugleich das Gespann zügelnd und jeweils eine brennende Fackel haltend.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist nicht sicher geklärt. Wilhelm der Eroberer vermachte das Buch nach dem Sieg in der Schlacht von Hastings seiner eigenen Klostergründung, dem Benediktinerkloster S. Martin auf dem Schlachtfeld von Hastings (Battle Abbey). Eine Notiz des 12. Jahrhunderts auf fol. 88r sowie die heute separat als Ms. Cotton Nero D. II. gebundenen Blätter mit den nach 1119 verfassten und bis 1206 weitergeführten Annalen der Abtei bezeugen den Aufenthalt der Handschrift ebenda. Die Blätter 2–73 und 77–88 des Cotton Tiberius B. V. gehörten laut einem Eintrag des 16. Jahrhunderts zusammen mit den Handschriften Ms. Cotton Nero D. II, fol. 238–241 und Ms. Royal 8 D XVIII, zum Besitz von Lord Lumley (1534–1607), in dessen Katalog der Codex unter der Nummer 1295 erscheint. Ein Besitzereintrag auf fol. 2r, »Robertus Cotton Bruceus 1598«, nennt Robert Cotton (gest. 1631) als Eigentümer. Mit Sicherheit war das Buch 1621, vielleicht auch schon eher, in dessen Besitz. Sein Enkel vermachte im Jahre 1700 die gesamte Bibliothek dem Staat. Die Handschrift wurde 1731 bei einem Brand schwer beschädigt, der innere Aufbau ist seither gestört. Seit 1753 gehört das Manuskript zum Bestand des British Museum.

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Literatur Hickes 1705, S. 215–217; Catalogue of mss. Cotton Library 1802, S. 35–36; Planta 1802, S. 36–37; Ottley 1836, S. 55, 155; Wright 1841, S. 1ff.; Maunde Thompson 1884, II, S. 70; Vogels 1884, S. 9–13; Kauffmann ed. 1888, S. 80–90; Miller 1895, 3, S. 29–37; Homburger 1912, S. 68–69; James 1929, S. 2–6, pl. 51–61; Henel 1934; Van de Vyver 1935, S. 150–154; Wittkower 1942, S. 172–173, pl. 43a; Weitzmann 1947, S. 85, fig. 65; Saxl/Wittkower 1948, pl. 30, 7; Byvanck 1949, S. 213, Nr. 34; Saxl/Meier 1953, III, S. XXII–XXIII, S. 119–128, Taf. LVII, Abb. 146, Taf. LX, Abb. 153, Taf. LXI, Abb. 155, Taf. LXV, Abb. 164, Taf. LXVI, Abb. 165, Taf. LXVIII, Abb. 170; Ker 1957, S. 255–256, Nr. 193; Saxl 1957, I, S. 103, pl. 58 c, d, 59b; Weitzmann 1959, S. 18, fig. 21; Leonardi 1960, S. 70–71; Soubiran ed. 1972, S. 111–112; Euw 1975, S. 89–103, bes. S. 102; Temple 1976, II, Nr. 87, Abb. 273–276; Gibbs 1977; Watson 1979, S. 106, Nr. 556; Searle 1980; Friedmann 1981, S. 144ff.; McGurk 1981, S. 317–332; Munk Olsen 1982, I, S. 332–333; McGurk 1983; Kat. London 1984, Nr. 164; Friedmann 1986; Ernst 1991, S. 599; Kat. Utrecht 1996, S. 246; Harvey 1991, S. 21 sowie passim, Taf. 19; Austin 2002; Blume 2002, S. 265ff.; Blume, Tiere 2004; Blume, Weite Welt 2006. Siehe S. 108–112, Abb. 349–374, Taf. 15–20

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London, British Library, Cotton Ms. Tiberius C. I Teil einer umfangreichen komputistischen und annalistischen Sammlung Sternbilderdarstellungen zu den Aratea Ciceros Peterborough (Ostengland), erstes Viertel des 12. Jahrhunderts (um 1122) Kodikologische Angaben Zu den Aratea des Cicero zwischen fol. 21r und fol. 34v zahlreiche Sternbilder darstellungen (von Aries bis zu den Winden, Sol und Luna) als Umrisszeichnungen, in die Exzerpte aus Hyginus‘ De astronomia als Figurentexte eingepasst sind. Die Sternpunkte sind in unterschiedlich hellem Rot eingetragen. 290 × 199 mm, 203 Folia (davon 42 der ursprünglichen Sammelhandschrift aus Peterborough), Pergament, Karolingische Minuskel, Text mit Ausnahme von fol. 2v einspaltig bei variierender Zeilenzahl geschrieben.

Art der Bilder Die Sternbilder sind durchgehend als reine Umrisszeichnungen ausgeführt. Die ohne Unterbrechung durchgezogene Kontur umgrenzt den Text sowie, gegebenenfalls, die Binnenzeichnung (vor allem der Köpfe). Die Sternpunkte sind in hellem Rot eingetragen, einige erscheinen jedoch dunkler, fast schwarz. Die locker skizzierte Unterzeichnung mit einem Metallstift mit Markierungen für die farbig zu markierenden Sternpunkte ist größtenteils gut zu erkennen. Viele Darstellungen wurden mit ihrem Binnentext um 90 Grad gedreht (gestürzt), um sie besser in das Format einpassen zu können (s. u.). Offenbar wurde dabei jeweils die Unterseite zum Falz hin gedreht.

Inhalt fol. 1r: fol. 1v: fol. 2r:

fol. 2v:

fol. 3r–3v:

fol. 4r: fol. 4v: fol. 5rv:

Inhaltsverzeichnis (16. Jh.). leer Tabula. Fünfspaltige Tabelle zu den Termini der beweglichen Feste Quadragesima, Ostern, Rogate, Pfingsten und Septuagesima in den 19 Jahren. Vier Merksätze zu den betreffenden Termini (der erste zu Septuagesima gedruckt bei Henel, Heinrich: Studien zum altenglischen Computus, Leipzig 1934, S. 44f.) Excerpta. Beda Venerabilis, De temporibus ( Jones ed. 1943), cap. 13: Continentia circuli paschalis; cap. 11: De circulo decennouenali; Eugenius Toletanus, Heptametron de primordio mundi (MGH, Auct. Antiquissimi XIV, S. 256); De VIII tramitibus cycli decennouenalis (PL 139, 578) Zwei Ostertafeln mit dem 53. und 54. cyclus decennovenalis des Dionysius (988–1025); Chronikalische Notizen (988–1005); 3v: Argumentum inueniendi regulares minores in martio Kreisschema mit acht verschiedenen Jahreszählungen (»annus decemnnalis, annus communis, annus solaris …«) leer Kreisschemata

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fol. 5r:

fol. 6r:

fol. 6v–7r:

fol. 7v:

fol. 8r–9v: fol. 10r–12v:

fol. 13r:

fol. 13v–14r: fol. 14v–17v:

fol. 18r: fol. 18v: fol. 19r–21r: fol. 21v–36r:

fol. 36r–36v: fol. 36v–38r:

Ecclesiastica rota, Kreisschema mit den Elementen und Weltgegenden, den 12 Monaten, Tierkreiszeichen und diesen zugeordneten biblischen Gestalten (von Adam bis Aaron und David bis Zacharias); fol. 5v De duodenario numero, Kreisschema der jeweils 12 Propheten, Patriarchen und Apostel De intervallo. De supputatione ebdomadarum dierumque que inter carnationem Domini et XL existunt. Zur Berechnung des Intervalls zwischen Weihnachten und Quadragesima (vgl. Henel 1934, S. 28) Excerpta. fol. 6v–7r Isidor von Sevilla, De natura rerum (Excerptum): De partibus mundi (XI, Fontaine ed. 1960, S. 213–217) sowie Schema mit den vier Elementen und Kreisschema der Elemente, Säfte und Jahreszeiten (vgl. ebd. S. 216); Dies aegyptiaci, mit Tabelle; fol. 7r Macrobius, Commentum in somnium Scipionis: Ratio Macrobii de situ orbis (1, 22, 11–13, Willis ed. 1963) Spera Pitagore. Wahrsageregeln für die Vorhersage der Überlebensaussichten Kranker, zwei Kreisschemata und 4 Zeilen Text, vgl. BL Arundel 339, fol. 68r–69r; Royal 13 A XI, fol. 28r–30r Ostertafeln; Schemata zu Festkalender, Sonnenlauf und Mondphasen (vgl. Cotton Tiberius B. V., fol. 2r) Isidor von Sevilla, De natura rerum (Excerpta): Lectio de mensibus secundum antiquos (Fontaine ed. 1960, S. 187f.); fol. 11r: De nominibus ventorum (Fontaine, S. 295–298); fol. 11v: De quinque circulis mundi (Fontaine, S. 209–211); De circulis caeli, De quinque zonis caeli (Fontaine, S. 221– 223); fol. 12r: De concordia mensium (Fontaine, S. 191) mit Zeichnung zum Horologium viatorum (Zylindersonnenuhr); fol. 12v: De positione septem stellarum errantium (Fontaine, S. 257–261) mit Schema der Planetenbahnen mit den jeweiligen Umlaufzeiten. Mehrere Schemata (Becker ed. 1857, Fig. III, VI, VII) De computo. Argumentum ad nanciscendum feriam secundum antiquos (PL 90, 702); Ad inveniendum feriam secundum Dionysium abbatem (PL 90, 706); item secundum Victorium vel secundum Bedam (PL 90, 706) Tabulae. Kalendarische Tabellen: Epakten, Sonnen- und Mondzyklen Computus vulgaris sive ephemerida Abbonis (PL 90, 727–729); fol. 15v–17v: Abbo Floriacensis, Computus. Tabellen (Thorndike/Kibre Sp. 1265, Nr. 3, mit Parallelüberlieferung), zur Verfasserfrage: Van de Wyver 1935, S. 152. Vgl. Durham, Hunter 100, fol. 13v–14r sowie Los Angeles, Ludwig XII 5. leer Divisionstabelle De duodecim signis (Vogels ed. 1884), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 1r–2r, dort als Nachtrag Cicero, Aratea (Soubiran ed. 1972) kommentiert durch Exzerpte aus Hyginus, De Astronomia (Viré ed. 1992), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 2v–15v De concordia solaris cursus et lunaris; De concordia maris et lune (PL 90, 605–606), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 16r–20 De presagiis tempestatum presagia solis (Plinius, Naturalis historia l. XXVII, Mayhoff ed. 1906). Vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 16r–20. Vorzeichen, besonders zur Wettervorhersage

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

fol. 38r–39r:

fol. 39r–39v:

fol. 39v–41v:

fol. 41v: fol. 42r–42v:

Macrobius, Commentum in somnium Scipionis (Excerptum): De mensura et magnitudine terre (I, 20, 14–32, Willis ed. 1963), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 16r–20. Zu den Abmessungen von Erde, Sonne und Sonnenbahn Martianus Capella (Excerpta). De mensura lunae; Argumentum quo magnitudo terre deprehensa est (Eyssenhardt ed., 1866), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 16r–20r Plinius, Naturalis historia (Excerpta). De positione et cursu septem planetarum (Naturalis historia II, 8–9, Mayhoff ed. 1909), vgl. London, Ms. Harley 647, fol. 18v–20r; fol. 40r: De intervallis earum (Naturalis historia II, 20–22, 83–84); fol. 40v–41r: De absidibus earum (Naturalis historia II, 15–16, 59–64). Zu den musikalischen Intervallen zwischen den Planetenbahnen (»tonus«, »semitonus«, …); fol. 41r–41v: De cursu earum per zodiacum circulum (Naturalis historia II, 16, 66–67) Dimensio celestium spatiorum secundum quosdamm. De mundano anno. De mundano anno, qui quindecim milibus solarium conficitur annorum Tullii Ciceronis, Somnium Scipionis dictantis et Macrobii idem exponentis ac Senece philosophorum auctoritas, vgl. Harley 647, fol. 20r

Kommentar Die heute in Cotton Tiberius C. I. vorliegende zusammengesetzte Handschrift besteht aus einer astronomisch-komputistischen Sammelhandschrift die ursprünglich Teil einer im Kloster Peterborough entstandenen umfangreichen komputistischen und annalistischen Sammlung war. Der zweite, annalistische Teil dieser ursprünglichen Handschrift ist in London, BL, Harley Ms. 3667 erhalten. Er enthält die Annalen von Peterborough Abbey, geschrieben von einer Hand bis zum Jahr 1122. Um diese Zeit etwa dürfte auch der erste Teil der Handschrift – vom selben Schreiber – entstanden sein. Der heutige Band Cotton Tib. C.I. wurde für den Besitzer Robert Cotton aus diesen ersten 42 Folia der Handschrift aus Peterborough und einem Pontifikale aus Salisbury von 160 Folia Umfang zusammengefügt. Im folgenden soll lediglich vom ersten Teil der heutigen Handschrift Cotton Tib. C. I. die Rede sein. Die Folia 19r–42v mit den Sternbilderdarstellungen zu den Aratea Ciceros erläutert durch Exzerpte aus Hyginus, De Astronomia sowie weiteren kurzen Texten und Exzerpten entsprechen recht genau London, BL, Harley Ms. 647, fol. 1r–20r mit den entsprechenden Darstellungen. In den Textfiguren wurden die Hyginuszitate möglichst genau übernommen, es finden sich keine Kürzungen oder Zufügungen aus anderer Quelle. Allerdings haben sich durch die Besonderheiten der Textgestaltung der Vorlage zuweilen Fehler einschlichen, etwa Verschiebung von Textzeilen durch Irrtümer des Schreibers. Auch der Edition von Vogels zufolge, stammt Cotton Tiberius C. I. von Harley 647 ab, ohne Vermittlung über die zeitlich dazwischen liegenden Ableitungen in Harley 2506 oder Cotton Tiberius B. V. Eine, heute nicht mehr erhaltene, Zwischenstufe ist wohl dennoch anzunehmen, wie die Untersuchungen von King (1969) wie auch die Edition der ciceronischen Aratea durch Soubiran (1972) belegen. Die Textgestalt der Pliniusexzerpte (fol. 39v–41v) weist die Abkunft von Harley 647 klar auf, da jedoch alle drei späteren Handschriften hier eine ganze Reihe identischer Abweichungen von Harley 647 aufweisen, aber nicht voneinander abhängig sind, muss die Vermittlung über eine Zwischenstufe angenommen werden (King 1969, S. 90f.). Analog liegen die Dinge beim Text der Aratea. Während hier Buescu

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das Verhältnis der Handschriften (Harley 647, Harley 2506, Cotton Tib. B. V. und C. 1 sowie Cambridge, Trinity College, 945) ebenfalls in diesem Sinne beschreibt, zieht erst Soubiran daraus die entsprechenden Schlüsse (1972, S. 129–132). Die mittelbare Abkunft der genannten Handschriften von Harley 647 kann dabei zweifelsfrei nachgewiesen werden, die Zwischenstufe bekommt die Sigle h. Aufgrund von charakteristischen Unterschieden bei den Versen 258–59, die in Cott. Tib. C. I Harley 647 entsprechen, in den anderen drei Handschriften jedoch abweichen, schließt Soubiran eine weitere Zwischenstufe h‘, in der die genannten Verse unleserlich waren, so dass die Schreiber der hierauf basierenden Handschriften auf Konjekturen zurückgriffen oder, im Falle von Cott. Tib. B. V., die unleserliche Stelle frei ließen. Bezieht man die Bildausstattung in die Überlegungen mit ein, so muss man wohl zu dem Schluss kommen, dass h den Hyginustext ebenfalls als scholia figurata enthielt und diese Form an Cotton Tib. C. I weitervermittelte, h‘ aber wahrscheinlich schon von dieser ungewöhnlichen Form der Illustration/Kommentierung abgewichen war. In der Reihe der auf Harley 647 zurückgehenden Sternbilderzyklen ist der von Cotton Tiberius C. I. der einzige Codex, der die ursprüngliche Konzeption der Figurentexte übernommen hat. Allerdings wurde die Absetzung der Verse Ciceros nicht kopiert, sondern der Text in fortlaufenden Langzeilen abgeschrieben. Wie auch in Cotton Tib. B. V. und Harley 2506 wird der Kern astronomischer Texte, wie ihn schon die Karolingische Handschrift bietet, durch spätere Werke zum Computus ergänzt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Zeitrechnung, die auch die Verbindung mit dem ehemals folgenden annalistischen Text darstellt. Kauffmann (1984) ordnete die Texte und Diagramme zum Teil einer Tradition zu, die sich auch in Oxford, St. John’s College, Ms. 17 (1109/10) greifen lässt. Angesichts der Abkunft des Bildzyklus von Harley 647 ist das Verhältnis der beiden Handschriften im Einzelnen zu untersuchen, zumal der frühere Codex einige Bilder verloren hat. Im Gegensatz zu den Figuren dort wurden sie in der Cotton-Handschrift mit durchgehender Kontur versehen und stark vereinfacht. Allerdings unterzog man sich der Mühe, die grundsätzliche Anlage des Textes der Aratea des Cicero, kommentiert durch Hyginusexzerpte, die als Binnentext in die Figuren der Sternbilder eingetragen wurden, zu erhalten. Die Binnentexte sind hier in einer späten Karolingischen Minuskel eingetragen, statt der mittlerweile außer Gebrauch gekommenen Capitalis rustica. Da der Schreiber der Binnentexte bemüht war, die jeweils gleichen Textstellen in bestimmten Bildpartien unterzubringen, diese jedoch in ihren Proportionen nicht immer genau übertragen worden waren, musste er gelegentlich die Schrift verkleinern. Welche Abweichungen gegenüber der Karolingischen Handschrift sich aus der zu postulierenden und wohl leider nicht überlieferten Zwischenstufe (Soubiran 1972, Sigle h) herleiten ist dabei mangels Indizien kaum mehr zu bestimmen. Im Gegensatz zu der fast quadratischen Handschrift Harley 647 weist Cotton Tiberius C. I ein etwas kleineres und vor allem hochrechteckiges Format auf, wie es für Handschriften der Zeit weitaus gebräuchlicher war. Der etwa um ein Drittel schmalere Buchblock hätte den Raum für die Darstellungen, die überwiegend einen querrechteckigen bis quadratischen Umriss aufweisen, drastisch verkleinert und somit auch den Platz für die in die Figuren eingepassten Texte knapp werden lassen. Vermutlich aus diesem Grund wurden etliche Figuren mit ihrem Text um 90 Grad gedreht, sozusagen gestürzt. So konnten sie etwa die Größe ihrer Vorbilder beibehalten. Allerdings handelt es sich um eine ausgesprochen unelegante Lösung, die so wohl auch keine Nachfolge gefunden hat. Allerdings findet sich in zwei weiteren Handschriften, die Sternbilder

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aus der Tradition von Harley 647 aufweisen, jeweils eine gestürzte Darstellung. Anticanis wurde sowohl in Oxford, Bodley 614 (fol. 32r) als auch in Digby 83 (fol. 63v) um 90 Grad gekippt. Gerade dieses Sternbild jedoch ist in Cotton Tib. C. I nicht gestürzt. In keiner der beiden Oxforder Codices ist ein besonderer Grund zu erkennen, der die Drehung des Bildes erfordert hätte. Es ist lediglich zu vermuten, dass eine nicht erhaltene Zwischenstufe, also eine nach Harley 647 gestaltete Sternbilderserie, etliche gestürzte Darstellungen enthielt und diese Lösung an ihre verschiedenen Derivate weitervermittelte (möglicherweise Soubirans Handschrift h). Auffällig ist die Figur des Aquarius in Cotton Tib. C. I, dessen Bild in Harley 647 ebenso verloren ist wie die des Capricornus, die Jahreszeiten, die Winde sowie Sol und Luna. Die Darstellung des Aquarius ist die einzige der Handschrift, die offenbar entstellte Elemente enthält (Wasserstrahl, Gießgefäß). Gegenüber den beiden – ebenfalls auf die von Harley 647 ausgehende Traditionslinie zurückgehend – Oxforder Handschriften des 12. Jahrhunderts Bodley 614 und Digby 83 fällt auf, dass diese unverkennbar nach einem anderen Vorbild gestaltet wurden. Dort ist der ausgegossene Wasserstrahl rechts der Figur zu sehen, das Gefäß wird mit beiden Händen vor dem Körper gehalten, die Mündung nach rechts. Aquarius wendet sich halb nach rechts und steht in »bewegterer« Pose, die von einer Sitzfigur abgeleitet sein mag. Der etwa ein Jahrhundert früher von Harley 647 abgeleiteten Sternbilderzyklus in Cotton Tib. B. V. zeigt jedoch denselben Typus des Wassermanns. Dort ist das Wassergefäß als Henkelkanne ausgebildet, ohne dass mißverständliche Verzeichnungen festzustellen wären. Man kann annehmen, dass die Illustrationen zu den Sternbildern des Wassermannes und des Steinbocks in Harley 647 noch vorhanden war, als das unmittelbare Vorbild für Cotton Tib. C. I wie für die späteren Abkömmlinge nach diesem Vorbild illustriert wurden. Sie entspricht der Traditionslinie der Illustrationen zu De ordine ac positione stellarum in signis (vgl. besonders Berlin, Phillips 1832, fol. 84v; Freiburg, Ms. 35, fol. 6v; Monza, Ms. fol. [176], fol. 66v; Rom, Vat. lat. 645, fol. 62r). Die Winde, sowie Sol und Luna finden sich in Cotton Tib. C. I und Cotton Tib. B. V., nicht jedoch in Harley 2506. Von den beiden Oxforder Handschriften des 12. Jahrhunderts hat nur Bodley 614 solche Darstellungen, die sich jedoch formal stark von den beiden Cotton-Handschriften unterscheiden. Anders als in den beiden späteren, Oxforder Handschriften wurden jedoch in Cotton Tib. C. I die aufgrund des fragmentarischen Zustandes der Übersetzung Ciceros fehlenden Sternbilder, etwa Hercules, nicht aus anderen Quellen ergänzt. Der Kontext von Schriften zur Zeitrechnung weist unmißverständlich darauf hin, dass wohl weder die antiken Texte, noch die artifizielle Form der scholia figurata der wesentliche Grund für die Kopie der Sternbilderdarstellungen in der Nachfolge von Harley 647 waren. Ein besonderes formales Interesse an den Texten ist auch angesichts der zuweilen auffällig gestörten Hyginusexzerpte unwahrscheinlich. Dass die außergewöhnliche Konzeption der Vorlage dennoch sehr direkt übertragen wurde, spricht dafür, dass ihr ein ganz besonderer Stellenwert beigemessen wurde. Der Nachweis (mindestens) einer heute nicht mehr vorhandenen Zwischenstufe zwischen der Karolingischen Handschrift und ihren Nachfolgern Cotton Tib. C. I sowie Harley 2506 und Cotton Tib. B. V. zwingt auch dazu, die Schlussfolgerungen zu den Überlieferungswegen neu zu überdenken.

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Verzeichnis der Bilder fol. 21r: Aries (Widder), (gestürzt), nach links springend, den Kopf zurückgewandt. fol. 21v: Triangulum (Dreieck), Dreieck mit Text. fol. 22r: Pisces (Fische), (gestürzt), gegenläufig angeordnet, an den Schwanzflossen verbunden. fol. 22v: Perseus, nach links

schreitend, Flügel an den Fußknöcheln und auf der Stirn (klein), »Falx« stark verkümmert, Medusenhaupt mit kurzen zottigen Haaren und Bart. fol. 23r: Plejaden, sieben Frauenköpfe mit unbedecktem Haar, Namen als Beischriften (Mitte: Electra), keine Sterne markiert, kein Intext. fol. 23v: Lyra (Leier), aufrecht stehendes Instrument mit Hörnern, acht Saiten und Wirbelbrett, keine Schalllöcher. fol. 24r: Cygnus (Schwan), (gestürzt) nach links gewandt, beide Flügel nach hinten über den Körper ausgestreckt. fol. 24v: Aquarius (Was­ sermann), en face stehend, mit phrygischer Mütze, die Figur scheint den ausgegossenen Wasserstrahl wie eine Keule mit der Rechten aufzustützen, das Gefäß ist zu einem unverständlichen Anhängsel mutiert. fol. 25r: Capricornus (Steinbock), (gestürzt) Ziegenfisch, nach links gewandt. fol. 25v: Sagittarius (Schütze), Kentaur nach links schreitend mit Umhang und Bogen. fol. 26r: Sagitta (Pfeil), schräg stehender Bogen mit Intext, ohne Pfeil. fol. 26v: Aquila (Adler), stehender Adler mit ausgebreiteten Schwingen, Kopf nach rechts gewandt, darüber waagrecht Sagitta (Pfeil), die Spitze nach links weisend. fol. 27r: Delphinus (Delphin), Fisch mit spitzer Schnauze, schräg nach unten tauchend. fol. 27v: Orion, en face stehend in einem aus dem Text gebildeten Rundtempel, bekleidet, das Schwert in der Rechten, die Linke erhoben, leere Schwertscheide rechts am Gürtel. fol. 28r: Canis mai­ or (Großer Hund), nach links laufend. fol. 28v: Lepus (Hase), nach links laufend. fol. 29r: Argo Navis (Schiff), halbes Schiff mit Steuerrudern und Mast, kein Segel. fol. 29v: Cetus (Seeungeheuer), drachenartig, spitze Schnauze, Hörner, geringelter Schlangenschwanz, nach links gewandt. fol. 30r: Eridanus, nach links gewandt sitzend (aufrechter als in Harley 647), in der Rechten ein Pflanzenspross (unspezifisch), die Linke auf die Urne gestützt, ausfließendes Wasser. fol. 30v: Piscis austrinus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend, aus dem Maul ragt das Ende des Wasserstromes wie eine lange geflammte Zunge, unter der Schnauze der Stern Canopus. fol. 31r: Ara (Altar), Blockaltar aus übereinanderliegenden Quadern, mit Feuer. fol. 31v: Centaurus, nach links trabend, in der Rechten ein Hase, in der Linken den Speer, Umhang als Tierfell mit Kopf gestaltet. fol. 32r: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), (gestürzt), die Schlange als ornamental aufgefasstes Wellenband mit Intext, darauf der Becher als Henkelvase und der Rabe, nach links gewandt. fol. 32v: Anticanis (Vorhund), nach links schreitend. fol. 33r: Planeten, fünf Planetengötterbüsten im Quincunx-Muster, in rautenförmigen Textfeldern, Merkur durch Kopfflügel gekennzeichnet. fol. 34v: Winde, Sol, Luna, oben links vier Winde als übereinandergestaffelte, geflügelte und blasende Männerköpfe, gegenüber vier Frauenbüsten; darunter Sol in der Quadriga nach rechts fahrend mit Strahlennimbus (rot); rechts unten Luna in der Ochsenbiga, nach links fahrend, in den Händen brennende Fackeln, um den Kopf ein nimbusartiges rundes Feld, Darstellung der Wagen bis zur Unkenntlichkeit verkürzt.

Provenienz Die in England, wohl Peterborough, entstandene Handschrift gelangte zwischen dem Ende des 16. Jahrhunderts und 1631 in den Besitz Sir Robert Cottons (1571–1631). Sein Enkel Thomas Cotton vermachte die Bibliothek im Jahre 1700 dem Staat. Seit 1753 gehört das Manuskript zum Bestand des British Museum. Der Einband trägt vorn und hinten ein Supralibros mit dem Cotton-Wappen.

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Literatur Smith 1696, S. 24–25; Wanley/Hickes 1705, S. 220–221; Planta 1802, S. 37; A Catalogue of the Harleian manuscripts, Bd. 3, S. 50; Kauffmann 1888; Henel 1934; Van de Vyver 1935, S. 150–154; Ker 1937/38, S. 132; Saxl/Wittkower 1948, S. 1–3, Pl. 30; Byvanck 1949, S. 212, Nr. 33; Saxl/Meier 1953, Bd. 3, S. XVII, S. 128–134; Saxl 1957, S. 88, 99f., 102, 108, Abb. 55a; Ker 1957, S. 259–269; Ker 1959, S. 262–279; Leonardi 1960, S. 71–72; King 1969, S. 83, 89–91; Koehler/Mütherich 1971, Abb. 1–2; Kauffmann 1975, pl. 105f.; Morton 1975, 362–382; Ker 1976, S. 23–49; Watson 1979, Bd. I, S. 259–260, Nr. 559; McGurk 1981, S. 317–332; Munk Olsen 1982, S. 333; Kauffmann 1984, S. 106, Nr. 38; Mütherich 1989, S. 47; Kerscher 1988, S. 1–76; Ernst 1991, S. 596; Borst 1994, S. 237 Anm. 70; · Twomey 1997, S. 329–362; Sniezynska-Stolot 1997, S. 91. Siehe S. 138, Abb. 375–398

28.

London, British Library, Harley Ms. 647 Aratea des Cicero Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Cicero Aachen, um 830–840 Kodikologische Angaben 327 × 283 mm, 21 Folia, Pergament, Text einspaltig bei unterschiedlicher Zeilenzahl in Karolingischer Minuskel von verschiedenen Händen geschrieben, Initialen in Unziale, z. T. rubriziert, Scholia figurata in Capitalis rustica mit farblich changierender Tinte.

Art der Bilder Zum Text der Phainomena insgesamt 24, vor allem in grün, graublau und blau gehaltene, z. T. als Miniaturen in Deckfarbenmalerei, z. T. als Scholia figurata in Tinte ausgeführte Miniaturen der mit dem Widder beginnenden Sternbilder sowie der Planeten, Position der Sterne durch rote bzw. dunkle Punkte angegeben, Bildzyklus unvollständig, später eine Planisphäre ergänzt.

Inhalt fol. 1r–2r:

fol. 2v–15v:

fol. 16r–16v:

fol. 17v–18r: fol. 18r–18v: fol. 18v–20r:

fol. 20r: fol. 20v–21r: fol. 21v:

De XII signis; nachgetragene kurze Abschnitte über die Tierkreiszeichen, beginnend mit dem Skorpion, sowie ein Gebet und ein Satz zur Erschaffung von Sol und Luna am vierten Tag, auf fol. 1r–1v in einer um 1000 datierten, englischen Schrift, auf fol. 2r in einer französischen Schrift der 2. Hälfte des 9. Jh. (Vogels ed. 1884, S. 10ff ) Aratea des Cicero (Soubiran ed. 1972), kommentiert und illustriert durch Exzerpte aus Hyginus’ De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983; Vitobello 1988) Nachtrag zu den Aratea des Cicero (2. Viertel 9. Jh), begleitet von Glossen des 10. Jahrhunderts Excerpta de presagiis tempestatum ex Plinii hist. nat. l. XVIII c. XXXV Macrobius De mensura et magnitudine terrae et circuli per quem solis iter est (Comm. in somn. Scip. I, 20, 14–32) (Willis ed. 1963) (3. Viertel 9. Jh.) Martianus Capella, De mensura lunae sowie Argumentum quo magnitudo terrae depraehaensa est (Eyssenhardt ed. 1866) Exzerpte aus Plinius NH II, De positione et cursu septem planetarum; De intervallis earum; De absidibus earum (dazu Kreisschema der Planeten); De cursu earum; Dimensio caelestium spatiorum Macrobius, Commentarius in Somnium Scipionis II, 11, 5–17 (Willis ed. 1963) leer Planisphäre des Nord- und Südhimmels mit Beischrift: »Ista proprio sudore nomina« uno quoque propria ego indignus sacerdos et monachus nomine Gervvigus repperi ac scripsi: Pax legentibus

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Kommentar Die Londoner Handschrift Harley 647 enthält in ihrem originalen Kern (fol. 2–15) die als Fragment überlieferte Übertragung der Phainomena des Aratos durch Cicero, erläutert und zugleich illustriert durch die in die Umrisse der Sternbilder geschriebenen mythologischen und astrothetischen Erläuterungen aus dem Traktat De Astronomia des Hyginus. Soweit es der derzeitige Zustand erkennen lässt, besteht dieser Teil des Codex aus vier, heute unvollständigen Binionen. Von der zweiten Lage fehlt ein Blatt vor fol. 6 und von der vierten Lage ein Blatt nach fol. 13. Die übrigen, in jüngerer Schrift beschriebenen Blätter des Harleianus (fol. 16–21) setzen sich aus einem weiteren Binio sowie einem Doppelblatt zusammen und wurden, ebenso wie das erste Blatt, erst später zum ursprünglichen Manuskript dazugebunden. Der Londoner Codex Harl. 647 ist der älteste unter den zwölf heute noch erhaltenen Textzeugen der Aratea des Cicero. Zudem finden sich nur in ihm die Schlussverse der Aratea überliefert. Sowohl durch die Beschränkung auf die Aratea als Haupttext als auch durch deren besonders bibliophile Präsentation erinnert der Harleianus stark an die am Hof des Karolingischen Kaisers Ludwig des Frommen entstandene Aratos-Handschrift in Leiden, Voss. lat. Q. 79. Wie der Leidener Arat besitzt auch der Londoner Codex ein annähernd quadratisches Format. Daneben ist die Londoner Handschrift ebenso auf die dem Text vorangestellten Bilder ausgerichtet wie der Leidensis, wobei jeder Darstellung eine volle Seite gewidmet ist. Auch stilistisch ist die Art der Kolorierung im Harleianus der im Leidener Codex verwandt. So zeigen etwa die Miniaturen der Fische in beiden Handschriften Weißhöhungen auf Graublau sowie dunkelgraue Schattierungen, und die Haargestaltung des Schützen im Harleianus 647 stimmt mit der des Bootes im Leidensis überein. Allerdings sind auch Abweichungen der Londoner von der Leidener Handschrift zu beobachten. Dies betrifft vor allem die wohl auf eine Steigerung des Illusionismus abzielenden breiten Gesichter mit den eng beieinander liegenden Augen und die bis in die äußersten Winkel gedrehten Pupillen der Londoner Figuren, die in ähnlicher Form auch in der Madrider Handschrift Ms. 3307 beobachtet werden können. Insgesamt lässt sich eine im Vergleich zum Vossianus deutlich mindere Qualität des Harleianus, die wohl auf einen anderen Miniator zurückzuführen ist, nicht leugnen. Aufgrund der auffälligen Parallelen der Londoner Handschrift zum Gestaltungskonzept des Leidener Germanicus kann man wohl von einer Entstehung des Ms. Harley 647 im selben Skriptorium am Hof Ludwigs des Frommen ausgehen. Für einen Ursprung am Hof spricht auch das Vorhandensein der verschiedenen Textquellen. Die Gestaltung der Londoner Handschrift ist einheitlich und großzügig. Die obere Hälfte der Seite nimmt jeweils die Wiedergabe des Sternbildes ein, darunter schließt sich der in Karolingischer Minuskel geschriebene Text des Cicero an, wobei der erste Buchstabe jeder Zeile durch Majuskelschrift besonders hervorgehoben wird. Zuletzt benennt ein in Unziale geschriebener Titel das Thema der jeweiligen Seite. Die stets in der antiken Auszeichnungsschrift Capitalis rustica geschriebenen Hyginustexte wurden in Wellenlinien und changierenden Farben in die Umrisse der Sternbilder so eingeschrieben, dass das Bild durch den Text in Art eines Figurengedichts (carmen figuratum) ausgefüllt wird. Die besondere Tönung der Tinte verursacht eine äußerst lebendige Wirkung der Bilder. Nur Kopf und Extremitäten der Figuren sind im Harleianus in illusionistischer Deckfarbenmalerei ausgeführt; ihre Körper werden von den Buchstaben des Textes gebildet. Die Lage der Sterne ist, ihrer Position am Himmel entsprechend, durch rote bzw. dunkle Punkte angegeben.

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Die spätantike Form des carmen figuratum erfreute sich am Hof Ludwigs des Frommen großer Beliebtheit und war seit Alcuin und vor allem seit Hrabanus Maurus Beweis höchster und modernster Buchkunst. Durch die Übertragung dieser ausgefallenen Gestaltungsform auf die Sternbilder im Ms. Harley 647 ließen sich in geschickter Art und Weise zwei unterschiedliche Texte klassischen Ursprungs in einer Synopse mit der Bildgestalt präsentieren. Die für den mythologischen Text verwendete Capitalis rustica stand in der Hierarchie der Schriften über der Minuskel als der gewöhnlichen Textschrift. Die ikonographische Einordnung der Sternbilder fällt insofern schwer, als vor dem Harleianus kein Cicerotext mit Illustrationen überliefert ist. Man muss also mit Neuschöpfungen rechnen. Dazu kommt, dass der Zyklus des Harleianus unvollständig ist. Wenn man von den beiden verlorenen Blättern sowie den Kopien des Harleianus in London, British Library, Cotton Tiberius B. V (2. V. 11. Jh.) sowie in London, British Library, Cotton Tiberius C. I (1. V. 12. Jh.) ausgeht, sind zu den erhaltenen Bildern nach fol. 5 die Miniaturen von Wassermann und Steinbock sowie am Schluss die Bilder der vier Jahreszeiten, der vier Winde sowie von Sol und Luna zu ergänzen. Die meisten Darstellungen stehen den Germanicusillustrationen der Handschriften in Basel AN IV 18, und Madrid 19, nahe, die auf eine spätantike Vorlage zurückgehen. Bei der kreisförmigen Anordnung der Plejaden könnte sich der Miniator ebenso am Leidener Codex Voss. lat. Q. 79 wie an der Illustrationstradition des Aratus latinus orientiert haben. Die Miniaturen des jeweils frontal dargestellten Perseus und Orion sowie des kubusförmigen Altars decken sich mit den Bildern zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum wie sie etwa in der Madrider Handschrift Ms. 3307 enthalten sind. Ohne vergleichbare Beispiele bleiben dagegen die Kopfflügel des Perseus und der Rundtempel um Orion. Bei Eridanus finden sich die Sternpositionen korrekt im Wasserlauf und sind nicht wie im Leidener Sternenatlas (Leiden, Voss. lat. Q. 79) über den Körper verteilt. Da diese Sternpositionen wohl zumeist nach den Beschreibungen in den Sternkatalogen eingetragen wurden, liegt hier eine Korrektur vor. Es handelt sich keinesfalls um ein tragfähiges Indiz, von dem man aus auf eine andere Vorlage schließen könnte (so Lippincott 2009, S. 56). Ikonographisch wurden für die Bilder des Harleianus 647 also verschiedene Elemente aus den vorangehenden Zyklen aufgegriffen und weiterentwickelt, so dass die Bilderreihe wohl nicht, wie bisher angenommen, auf eine spätantike Vorlage zurückgeht. Es ist verlockend, eine Verbindung der Londoner Cicero Handschrift zu dem »Humanisten« Lupus Servatus anzunehmen. Der in Ferrières aufgewachsene Mönch war zwischen 828 und 836 Schüler des Hrabanus Maurus in Fulda, weilte anschließend von 836 bis 840 am Hof Ludwigs des Frommen in Aachen und wurde schließlich im Jahre 840 von Karl dem Kahlen zum Abt von Ferrières ernannt. Lupus, der schon früh ein leidenschaftlicher Bücherbesteller war, bemühte sich stets, durch Kollation der Handschriften einen korrekten Text zu erstellen. Er zeichnete sich darüber hinaus durch eine auffallende Vorliebe für die Werke Ciceros aus. Das große Interesse an astronomischen Sachverhalten sowie die Faszination durch Figurengedichte könnte von seinem Lehrer Hrabanus Maurus geweckt worden sein. Am Aachener Hof konnte Lupus dann auf verschiedenste Text- und Bildquellen, so auf den Traktat des Hyginus oder die Illustrationen des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum, zugreifen. Nicht zuletzt könnte Lupus dort auch die Leidener Aratoshandschrift gesehen haben. Falls Lupus für das Konzept der Handschrift verantwortlich war, wäre das Manuskript auf den Zeitraum seines Aufenthaltes am Hof zwischen 836 und 840 datierbar, da ein solcher Codex kaum außerhalb des Hofes geschaffen wurde. Dagegen ist anzunehmen, dass Lupus, wenn er

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nicht direkt mit der Entstehung des Harleianus in Zusammenhang stand, die Handschrift jedenfalls kannte und sie auch benutzte, selbst wenn sich die eingetragenen Korrekturen wohl nicht seiner Hand zuschreiben lassen. Vermutlich stammte der Harleianus aus seiner Bibliothek. Aus einem Briefzitat an Abt Ansbald von Prüm vom September 847 weiß man, dass Lupus eine Cicero-Handschrift besaß, denn Ansbald sollte dem Brief boten eine Ciceroübersetzung des Aratos mitgeben, damit Lupus sein eigenes, von einem gewissen Mönch Eigil als unvollständig befundenes Exemplar aus diesem ergänzen könne – »Tu autem huic nostro cursori Tullium in Arato trade, ut ex eo, quem me impetraturum credo, quae deesse illi Eigil noster aparuit, suppleantur« (MGH, Epp., VI, 1, S. 67, Nr. 69). Ein weiteres Indiz ist, dass mehrere Autographen von Lupus aus der Bibliothek von Fleury, dem späteren Aufenthaltsort des Harleianus stammen. Schwierig ist die Rekonstruktion des Schicksals der Handschrift: Mehrere Nachträge und Korrekturen von verschiedenen Händen zeigen, dass der Codex rege benutzt wurde. Eine interessante Benutzerspur sind die zahlreichen, neben den Text ebenso wie neben die Miniaturen gesetzten Christusmonogramme (XP). Ihre Bedeutung ist ungeklärt, vielleicht sollten sie den Leser vor dem profanen Inhalt des Buches schützen. In eine ähnliche Richtung weist auch ein in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts hinzu gefügter Text, welcher der Cicero-Übertragung vorangestellt wurde. Die zu den Tierkreiszeichen überlieferten Mythen werden hier als häßliche Lügen verdammt, die von Christen im Grunde zu ignorieren seien, da sie nur den teuflischen Irrtum verstärken. Daran schließt sich ein Gebet an, in dem der Verfasser Gott um Beistand bittet, damit er die Bewegung des Himmels und den Lauf der Sterne erlerne (Vogels ed., 1884, S. 12f ). Der erste Teil dieses Textes wurde um 1000 auf einem neu eingefügten Blatt ergänzt, da der Anfang verloren gegangen war. Die Schlusspassagen auf fol. 2r stammen von einer französichen Hand der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts. Von seinem zeitweiligen Aufenthaltsort Fleury gelangte das Karolingische Manuskript um die Jahrtausendwende nach England, wo es mehrfach kopiert wurde (London, Cotton Tiberius B. V und Cotton Tiberius C. I). Hier enstanden um 1000 wohl auch die verschiedenen Nachträge. Auf fol. 21v gibt es den Eintrag eines Priesters und Mönches Gerwigus, der berichtet, die Handschrift gefunden und beschrieben zu haben. Die Notiz befindet sich am unteren Rand einer Himmelskarte, die in allen Einzelheiten jenem Planisphaerium entspricht, das einstmals im Leidener Germanicus (Leiden, Voss. lat. Q. 79) vorhanden gewesen ist, wie die Kopie in der Handschrift Boulogne 188 belegt. So wird hier eine Vorlage reproduziert, die letztlich auch aus Aachen stammt. Alle Blätter, mit Ausnahme des englischen Folio zu Beginn der Handschrift, weisen in der Mitte einen auffälligen Falz auf. Vielleicht wurden die großformatigen Lagen ohne Deckel vor ihrer Ankunft in England längere Zeit so auf bewahrt oder derart gefaltet nach England transportiert. Eine frühe, heute verschollene Kopie des Harleianus 647 gelangte nach Vercelli in Italien, wie man aus einer Kopie der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Göttweig, Ms. 146, schließen kann. (s. Bd. II)

28 London, British Library, Harley Ms. 647

Verzeichnis der Bilder fol. 2v: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links aufwärts springende Aries (Widder), Kopf, Hufe und Schwanzspitze in Malerei, Körper aus Schrift. fol. 3r: Das aus einem Schriftstreifen gebildete Triangulum (Dreieck), nach außen von Linien begrenzt. fol. 3v: Die übereinander wiedergegebenen, in entgegengesetzte Richtung schwimmenden, an den Schwänzen aneinandergebundenen Pisces (Fische), Maul und Flossen in Malerei, Körper aus Schrift gebildet. fol. 4r: Der an Kopf und Füßen geflügelte, jugendliche Perseus als nach links gewandte Frontalfigur, nackt bis auf ein vom Rücken wehendes Manteltuch, in seiner erhobenen Rechten die Harpe, in seiner seitlich weggestreckten Linken das abgeschlagene, blutige Medusenhaupt haltend, Kopf, Füße, Hände und Attribute in Malerei, Körper aus Schrift. fol. 4v: Die sieben Plejaden ohne piktorale Scholien als innerhalb eines Kreises wiedergegebene, kaum individualisierte, einander sehr ähnliche Frauenköpfe, sechs Köpfe sind kreisförmig um einen in der Mitte angeordneten siebten Kopf gruppiert, darüber jeweils eine identifizierende Namensbeischrift. fol. 5r: Die aus einem langen, aus Schrift bestehenden Körper sowie in Schrift ausgeführten Hörnern und Querstück zusammengesetzte achtsaitige Lyra (Leier), Enden des Querstücks, Hörnerspitzen und Saiten in Malerei. fol. 5v: Der mit ausgebreiteten Flügeln und kurzem, nach unten gesenkten Hals nach links gewandte Cygnus (Schwan), Kopf, Füße und Teile des Gefieders in Malerei, Körper aus Schrift. fol. 6r: Der bärtige Sagittarius (Schütze) als nach links gewandter, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, von seiner linken Schulter ein flatterndes Manteltuch, Kopf, Hände, Hufe und Mantel in Malerei, Körper in Schrift. fol. 6v: Sagitta (Pfeil), fast völlig zerstört. fol. 7r: Aquila (Adler) mit nach rechts gewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln in Frontalansicht stehend, über ihm der mit der Spitze nach links zeigende Pfeil, Kopf, Füße, Federspitzen und Pfeil in Malerei, Körper in Schrift. fol. 7v: Der nach rechts unten schwimmende Delphinus (Delfin), nur Flossenspitzen und Maul in Malerei, Körper in Schrift. fol. 8r: Der vollständig in Deckfarbenmalerei wiedergegebene, frontal stehende, jugendliche Orion innerhalb eines aus Schrift gebildeten Rundtempels mit vier Säulen, mit kurzer ärmelloser Tunika, Pallium und Schnürstiefeln bekleidet, das gezogene Schwert in der erhobenen Rechten, die Linke mit gespreizten Fingern zur Seite gestreckt, an langem Band die Schwerthülle zu seiner linken Seite hängend. fol. 8v: Canis maior (Großer Hund), den Kopf vom Strahlenkranz umgeben, mit geöffnetem Maul und herausgestreckter Zunge nach links springend, Kopf und Pfoten in Malerei, Körper in Schrift. fol. 9r: Lepus (Hase), nach links springend, Kopf und Pfoten in Malerei, Körper in Schrift. fol. 9v: Argo Navis (Schiff), nach links, Ansicht des gesamten Schiffs mit gebogener Heckspitze, Steuerrudern und Mast, von dem ein schmales Tuch flattert, Mast, Ruder, Tuch und Heckspitze in Malerei, Körper in Schrift. fol. 10r: Cetus (Seeungeheuer), als nach links lagerndes Mischwesen mit nach vorn gerichtetem schmalem Kopf, verschlungenem Schwanz und krallenbesetzten Vorderbeinen, Kopf, hintere Schwanzhälfte und Krallen in Malerei, Körper in Schrift. fol. 10v: Der bärtige, langhaarige Eridanus als klassischer Flussgott mit übereinandergeschlagenen Beinen nach links gestreckt lagernd, die Beine von Tuch bedeckt, den bloßen, einschließlich der Arme aus Schrift gebildeten Oberkörper in die Front gedreht, in der Rechten ein Schilfrohr haltend, mit dem linken Arm auf eine liegende Urne gestützt, aus der Wasser austritt, Kopf, Hände, Unterkörper, Urne und Schilf in Malerei. fol. 11r: Piscis nothius (Südlicher Fisch), nach links schwimmend, das aus der Urne des gegenüber abgebildeten Eridanus strömende Wasser trinkend, vor seinem Maul der als dicker roter Punkt angegebene »Stella Canopus«, Kopf und Flossen in Malerei, Körper in Schrift. fol. 11v: Der bis auf die Glut in Schrift ausgeführte kubusförmige Ara (Altar) mit zweistufiger Basis und ebenfalls zweistufig vorspringender Abschlussplatte. fol. 12r: Der nach links gewandte bärtige

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 Centaurus in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, einen in mehreren Zipfeln flatternden Umhang über der Schulter, in der vorgestreckten Rechten einen erbeuteten Hasen an den Füßen empor hebend, in seinem linken Arm eine Lanze haltend, Kopf, Hände, Hufe, Mantel und Attribute in Malerei, Körper in Schrift. fol. 12v: Die nach links kriechende langgestreckte Hydra (Wasserschlange), den Crater (Mischkrug) auf der zweiten, den nach links gewandten, pickenden Corvus (Rabe) auf der letzten Windung tragend, bis auf Kopf, Krug und Rabe in Schrift ausgeführt. fol. 13r: Anticanis (Vorhund), nach links springend. fol. 13v: Die fünf Planeten als Medaillonbildnisse innerhalb von in der Mitte gespaltenen Rhomben aus Scholientext, angeordnet nach dem Quincunx-Schema, links oben der grauhaarige Jupiter, rechts oben Sol mit Strahlenkranz, in der Mitte der bärtige Mars mit Helm, links unten Venus mit Diadem und Ohrringen, rechts unten der jugendliche Merkur mit Kopfflügeln. fol. 21v: Planisphäre.

Provenienz Das Karolingische Harley-Manuskript gelangte nach Frankreich, wanderte vermutlich zunächst nach Ferrières und dann weiter nach Fleury. Von dort aus wurde die Handschrift um die Jahrtausendwende nach England verschickt, wo sie in einem Skriptorium (Peterborough) im ersten Viertel des 12. Jahrhunderts sehr genau kopiert wurde (Ms. Cotton Tib. C. 1). Noch Ende des 15. Jahrhunderts befand sich der Codex in St. Augustine’s Abbey zu Canterbury. Das Manuskript ist identisch mit der bei James 1903 unter der Katalognummer 1164 aufgeführten Handschrift mit dem Vermerk »4 Gerwicus de astronomia 2° fol. octavam D. 13. G. 5«. Ein Besitzervermerk des 16. Jahrhunderts auf fol. 2v nennt als Eigentümer den Oxforder Theologen Francis Babyngton, dem auch der Cod. Vat. Urb. lat. 694 gehörte. Im 18. Jahrhundert befand sich das Buch im Besitz E. Harleys; das genaue Datum des Erwerbs ist unbekannt. 1753 wurde die gesamte Harley-Sammlung, darunter auch Ms. 647, für das British Museum angekauft.

Literatur Catalogue of the Harleian Mss. 1808, 1, S. 397; Ottley 1836, S. 47–214, pl. IV–XXIV; Bunte ed. 1875; Maunde Thompson 1884, II, S. 69–71, pl. 61; Cat. of ancient Mss. 1884, II, S. 69–71, Abb. fol. 11v–12r; Vogels 1884, S. 9–13; Kauffmann ed. 1888; Bethe 1893, S. 93, 102; Thiele 1898, S. 152–154; Winterfeld 1900, S. 398; James 1903, S. 330, Nr. 1164; Rand 1929, S. 203; Beeson 1930, S. 8ff.; Panofsky/Saxl 1932/33, S. 236, 238, fig. 11; Van de Vyver 1935, S. 150–154; Nordenfalk 1936, S. 91; Saxl/Wittkower 1948, pl. 30, 1–3; Byvanck 1949, S. 212–213, Nr. 32; Saxl/Meier 1953, III, S. XIII–XVIII, S. 149–151, Abb. 146–173; Bishop 1953, S. 323–336; Pellegrin 1959, S. 5ff.; Martin 1956, S. 50; Leonardi 1960, S. 72–73, Nr. 97; Nordenfalk 1965, S. 306–307, Nr. 496; Buescu ed. 1966; Braunfels 1968, S. 290; Koehler/Mütherich 1971, IV, S. 101–107, Taf. 62–74; Soubiran ed. 1972, S. 106–109; McGurk 1973, S. 197ff., bes. S. 201–202; Massin 1973, S. 170, Abb. S. 170–173; Koehler/Mütherich 1971, 4, S. 102–103, pl. 62–74; Nusbaum 1977, S. 102, 119; Evans 1979, S. 88–89; Bischoff 1981, III, S. 181; Munk Olsen 1982, I, S. 333–334; Le Boeuffle ed. 1983; McGurk 1983; Kerscher 1988, S. 18f., 36ff.; Vitobello 1988; Mütherich 1989, S. 34ff., 44– 52, 66, Abb. 28; Mütherich 1990, S. 597ff., Abb. 30; Ernst 1991, S. 583–601; Noel 1995, S. 174ff.; Kat. Utrecht 1996, S. 151; Blume 2009, S. 525, 539f.; Lippincott 2009, S. 56. Siehe S. 68–69, Abb. 399–419, Taf. 21–27

29.

London, British Library, Harley Ms. 2506 Astronomische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Cicero Fleury, nach 988, vermutlich 994 Kodikologische Angaben 296 × 217 mm, 93 Folia, Pergament, Text überwiegend in zwei Spalten unterschiedlicher Größe zu je 33 Zeilen von mehreren Händen in Karolingischer Minuskel geschrieben, Haupttext in brauner Tinte, Scholien in roter Tinte, Initialen in Rot oder Grün hervorgehoben, Auszeichnungen, In- und Beischriften in Rot oder Schwarz, Diagramme in Rot, Braun oder Blau.

Art der Bilder Zum Text der Phainomena insgesamt 18, in Federzeichnung ausgeführte Miniaturen der Sternbilder von einer angelsächsischen Hand (Winchester-Schule), beginnend mit dem Widder, mehrere Miniaturen nicht ausgeführt, die nicht kolorierten und rahmenlosen Bilder wurden entweder einzeln oder zu je zweien zwischen die einzelnen Passagen des Cicero-Textes auf den blanken Pergamentgrund gesetzt, Position der Sterne durch rote Punkte angegeben.

Inhalt fol. 1r: fol. 1r–30r: fol. 30r: fol. 30r–30v: fol. 30v–32r: fol. 32v: fol. 33r–35r:

fol. 35v: fol. 36r–48v:

fol. 49r–51r:

fol. 51r–52v:

Abbo von Fleury, Gebet In patris natique sui sed flaminis almi (Lapidge/ Baker 1997) Hyginus, De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983) Abbo von Fleury, Gebet Terminat Higinus volumen doctus moderans (Lapidge/Baker 1997) Priscian, De duodecim signis (Riese ed. 1896, I, 2, Nr. 679) Abbo von Fleury, De differentia circuli et spere; De cursu septem planetarum per zodiacum circulum leer Zwei Gebete Oratio ad sanctam trinitatem (Vogels ed. 1884, S. 150) sowie die astronomischen Texte De sole et luna und De nominibus stellarum (Vogels ed. 1884) (vgl. London Harley 647, fol. 1r–2r) leer Text der Aratea des Cicero (Soubiran ed. 1972), am Rand kommentiert durch Scholien aus dem Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III). De concordia solaris cursus et lunaris; De concordia maris et lune; De presagiis tempestatum presagia solis XXVII ex Plinii hist. nat. l. XVIII–XXXV (vgl. London Harley 647, fol. 16r–20) Macrobius, De mensura et magnitudine terre et circuli per quem solis iter est (Comm. in somn. Scip. I, 20, 14–32) (Willis ed. 1963) sowie De mensura lunae (Eyssenhardt ed. 1866) und Quo magnitudo terrae depraeensa est (Eyssenhardt ed. 1866) (vgl. London Harley 647, fol. 16r–20)

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fol. 52v–55r:

Exzerpte aus Plinius NH II, 8–9 De positione et cursu septem planetarum; De interuallis earum; De absidibus earum; De cursu earum per zodiacum circulum; Dimensio caelestium spatiorum secundum quosdam; De mundano anno qui quindecim milibus solarium conficitur annorum Tullii Ciceronis somnium Scipionis dictantis et Macrobii idem exponentis ac senece philosophorum auctoritas (vgl. London Harley 647, fol. 16r–20) fol. 55v: Aratos, Prognostica (Maass ed. 1893; Martin ed. 1956) fol. 55v–69r: Preceptum ingrediendi canonis Tholemei (Van de Vyver 1936, S. 658–691, Pingree 1997) fol. 70r–73v: Tabellen zum Preceptum ingrediendi canonis Tholemei fol. 74r–83v: Martianus Capella, De astrologia liber VIII (Eyssenhardt ed. 1866) fol. 84v–85v: Gerbert von Aurillac?, Rationes abaci fol. 86r–93v: Remiguus Autissiodorensis, Commentum Martiani (Manitius ed. 1913, S. 61ff.; Lutz ed. 1962–1965)

Kommentar Die ganz auf das Studium der Astronomie ausgerichtete Sammelhandschrift Ms. Harley 2506 enthält neben einer Anzahl astronomischer Texte, die von antiken Klassikern bis hin zu zeitgenössischen Schriften, etwa den Abhandlungen des Abbo von Fleury, reichen, auch die Phainomena des Aratos in der Übertragung des Cicero mit abschnittweiser Erläuterung des Textes durch Passagen aus dem Sternkatalog De signis coeli. Der Cicerotext des Harleianus 2506 ist mit dem der Londoner Handschriften Harley 647, Cotton Tiberius B. V und Cotton Tiberius C. I verwandt, ohne dass man nach dem derzeitigen Stand der Forschung das genaue Abhängigkeitsverhältnis der vier Handschriften klären könnte. Während der Cicero-Text die Position der Sternbilder einzeln und zueinander beschreibt und dabei auch einige astronomische Detailinformationen gibt, informiert der an den Rand geschriebene Sternenkatalog De signis coeli in knapper Form über die Sternanzahl und deren Position innerhalb einzelner Konstellationen. Im Harleianus 2506 werden die Aratea von denselben größtenteils Plinius entnommenen Texten begleitet, wie sie, einschließlich der Nachträge des 10. Jahrhunderts, bereits im Londoner Harley-Manuskript 647 anzutreffen sind. Wegen der geänderten Reihenfolge der Begleittexte sowie gemeinsamer abweichender Lesarten kommen die jüngeren Textuntersuchungen (King, Soubiran) zu dem Ergebnis, dass der Harleianus 2506 ebenso wie Cotton Tib. B. V nicht direkt, sondern über zwei Zwischenglieder von der Karolingischen Handschrift abhängen. Diese Annahme lässt sich allerdings mit der überwiegend akzeptierten Provenienz der Handschrift aus Fleury und weiteren Beobachtungen kaum vereinbaren. Es würde bedeuten, dass das Karolingische Cicero-Manuskript Harl. 647 bereits in Fleury zweimal kopiert worden wäre, und nach der zweiten Ableitung dort der Harl. 2506 erstellt worden wäre. Der Harl. 2506 wäre anschließend in Fleury verblieben, während der Harleianus 647 und seine heute verschollenen Kopien nach England gelangten und dort weiterverbreitet worden wären. Ein aus der Umgebung von Fleury stammendes Fragment mit den Ciceroversen aus dem 12. Jahrhundert (Leiden, Ms. Voss. lat. fol. 121), das laut Buescu (S. 64–68) direkt von Harl. 2506 abgeschrieben worden sein soll, spricht für den Verbleib des Harleianus 2506 in Fleury. Auf das Kloster Fleury verweist auch die Schrift des Harleianus 2506. Das Entstehungsdatum dieser Handschrift lässt sich jedoch noch weiter präzisieren. In einem der Texte Abbos (De

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cursu septem planetarum) ersetzt auf fol. 31r der Name Bern den des Verfassers Abbo. Es handelt sich dabei um einen anschaulichen Vergleich, der die Stellung des Neumondes zur Sonne erläutert. »Wenn du hörst, dass der Neumond immer zwölf Grad von der Sonne entfernt ist, dann denke Dir das so, wie wenn Abbo zwölf Brüder weit von seinem Abt stünde, als dreizehnter in der Reihe« (Übersetzung nach Borst 1989, S. 60). Als 988 Abbo selbst zum Abt von Fleury gewählt wurde, machte dieser Vergleich keinen Sinn mehr. Deswegen hat der Schreiber den Text hier verändert und vermutlich seinen eigenen Namen eingefügt. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Bern von Prüm, der 994 in Fleury studierte und später Abt auf der Reichenau wurde (1008–1048) (Van de Vyver 1935, S. 143; Borst 1989, S. 60). Die Handschrift muss deshalb in jedem Fall nach der Abtwahl Abbos 988 entstanden sein und lässt sich sogar, wenn diese Überlegungen zutreffen, präzise auf das Jahr 994 datieren. Der Sternkatalog De signis coeli in Harley 2506 begegnet unter anderem in der ebenfalls aus Fleury stammenden Komputus-Handschrift in Paris, Ms. lat. 5543, aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts. Die Auswahl der Texte überschneidet sich mit dem aus Winchester stammenden Manuskript in Cambridge, Trinity College Ms. 945. Der Auf bau des illustrierten Teils im Harleianus ist einheitlich gehalten: Die das Blatt dominierende, knapp 2/3 der Seite einnehmende breitere Spalte mit dem Cicero-Text und den dazwischen eingefügten Sternbilder-Zeichnungen ist jeweils zur Buchmitte gerückt. Die schmalere, rund 1/3 der Seite umfassende Spalte mit dem Scholientext ist an den äußeren Rand gestellt. Die Texte wurden in unterschiedlicher Tinte geschrieben, der Haupttext in Braun, die Scholien in Rot. Die Anfangsbuchstaben einer jeden Zeile des Cicero-Textes sind zudem farblich abgesetzt und dadurch besonders herausgestellt. Da der Text verschiedentlich den Illustrationen ausweicht, müssen diese noch vor der Niederschrift des Textes angefertigt worden sein. Die Darstellungen der Konstellationen stammen von einer angelsächsischen Hand und zeichnen sich durch ihre hohe Qualität aus. Der charakteristische Zeichenstil des unbekannten Künstlers ermöglicht die Zuweisung zahlreicher weiterer Arbeiten zu seiner Hand. Die gekräuselten, leicht zittrigen Umrisse oder auch die durchgebogenen Haltungen der Himmelsgestalten stehen noch deutlich unter dem unmittelbaren Einfluss des Karolingischen Utrechtpsalters, der gegen Ende des zehnten Jahrhunderts in der Christ Church zu Canterbury vorlag, und von dem der Zeichner des Harleianus 2506 eine Reihe motivischer Details übernahm. Offenbar scheint er sich vor seinem Aufenthalt in Frankreich am Original geschult zu haben; möglicherweise gehörte er zu den frühen Kopisten des Psalters. In der Auseinandersetzung mit diesem Werk hat er seinen eigenen sehr lebendigen Zeichenstil geformt, der auch in einer Kreuzigungsszene des aus Winchester stammenden Ramsey-Psalters in London, Ms. Harley 2904, begegnet. In Fleury lassen sich seiner Hand noch weitere Zeichnungen zuschreiben. So versah er eine heute in Orleans, Bibl. Municipale, Ms. 175, auf bewahrte Abschrift der Homilien Gregors des Großen zu Hesekiel auf fol. 149r mit einem ganzseitigen Titelbild, das Christus zwischen den Heiligen Gregor und Benedict zeigt. Anschließend hat sich derselbe Künstler in Arras und im Kloster Saint-Bertin aufgehalten und dort im Auftrag von Abt Odbert eine Reihe von Evangeliaren illustriert, die heute in Boulogne-sur-Mer, Ms. 20, Ms. 11, sowie in New York, Pierpont Morgan Library, Ms. 827, auf bewahrt werden. Der Sternbilderzyklus des Harleianus 2506 verbindet verschiedene ikonographische Traditionen. Auch wenn die Bilder die spezielle Form des Carmen figuratum, wie sie im Harleianus 647 begegnet, ignorieren belegen sie doch die Wirkung der bibliophilen Karolingischen Hand-

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schrift. So folgen die meisten Himmelsgestalten der Tradition der Karolingischen Cicero-Handschrift, wie insbesondere die Miniatur des Eridanus als klassischer Flussgott verdeutlicht, dessen Wasserstrom dem großen Fisch auf der gegenüberliegenden Seite ins Maul fließt. Perseus ist jedoch im Vergleich zur Vorlage dynamisch bewegt, bärtig und ins Profil gedreht wiedergegeben. In seinem Bild verschmelzen die Illustrationstradition zum Sternkatalog De signis coeli wie sie auch in der Pariser Handschrift, Ms. lat. 5543, begegnet, mit der der Karolingischen CiceroHandschrift. Auch das Bild des Wassermanns, der jetzt in Profilansicht, den Krug weit von sich streckend und mit gestikulierender Hand wiedergegeben ist, wurde im Vergleich zur Vorlage verändert. Seinem Kopf entwachsen die gleichen Flügel der Windgötter wie Perseus. Beide Gestalten werden durch dieses Attribut als Luftgeister ausgewiesen. Weitere Veränderungen lassen sich bei den Miniaturen des Orion, der heftig bewegt in Kampf haltung und Rückenansicht mit ins Profil gedrehtem Kopf dargestellt ist, oder beim Sternbild des Schützen beobachten. Dieser ist, analog zur Bildtradition des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis, der in Fleury vorhanden war, nicht als bogenspannender Kentaur, sondern als Satyr dargestellt. Offensichtlich kannte der Miniator einen weiteren, in der Nachfolge der Libri computi stehenden Bildzyklus wie ihn etwa die Madrider Handschrift, Ms. 3307, überliefert. Auch der Schütze des Harleianus besitzt dieselben, vermutlich zur Charakterisierung der Sternbilder als Himmelswesen gedachten Kopfflügel, wie sie auch die kopfgeflügelten Winde im Utrechtpsalter und dessen Kopien besitzen. Die Darstellungen des Harleianus 2506 verdeutlichen das Bemühen des Zeichners aus den verschiedenen Traditionen ein eigenständiges Bild zu entwickeln. Durch die Betonung der Bewegung und die Hinzufügung der Kopfflügel in Anlehnung an Darstellungen der Winde ordnet er die Wesen innerhalb des Kosmos der Himmelsregion zu und setzt sie von der irdischen Realität der Menschen als fremdartig ab. Vielleicht stammte der Zeichner aus Ramsey, das mit Fleury unmittelbar im Austausch stand. Auch Abbo von Fleury, dessen Texte der Harleianus unter anderem tradiert, unterrichtete zwei Jahre lang in dem englischen Kloster, bevor er 988 Abt von Fleury wurde. Die Wanderung des Buchmalers über Saint-Bertin in Richtung England und die zeitliche Übereinstimmung mit der Abwanderung des Ms. Harley 647 geben Anlass zu der These, dass der Zeichner des Harleianus 2506 selbst die Karolingische Handschrift nach England mitnahm, nachdem er gleichsam als Ersatz für das Kloster Fleury eine verbesserte und aktualisierte Kopie, die heutige Handschrift Harley 2506, angefertigt hatte. Verzeichnis der Bilder fol. 36r: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) mit lockigem Fell, der steinbesetzte Reifen eng am Körper anliegend. fol. 36v: Oben: Das vorgeritzte, aber nicht ausgeführt Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiederge-

gebenen, in entgegengesetzte Richtung schwimmenden, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbundenen Pisces (Fische) mit schuppigem Körper. fol. 37r: Der vollständig nackte, an Kopf und Füßen geflügelte, bärtige Perseus in Rückenansicht mit ins Profil gedrehtem Kopf, in schnellem Lauf nach links eilend, in der vorgestreckten Linken die Harpe haltend, dabei Zeige- und Mittelfinger wie zu einem Segensgestus abgespreizt, in der Rechten das abgeschlagene Medusenhaupt am Schopf empor haltend. fol. 37v: Lücke für Plejaden. fol. 38r: Oben: Lücke für Lyra (Leier); Unten: Der mit ausge-

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breiteten Flügeln und kurzem, nach unten gesenkten Kopf nach links gewandte Cygnus (Schwan). fol. 38v: Der mit großen Kopfflügeln versehene, schlanke Aquarius (Wasser­ mann), nach rechts, gleichsam auf Zehenspitzen in Seitenansicht wiedergegeben, nackt bis auf ein lose über Rücken und Schulter geschlungenes Tuch, die erhobene Linke mit einer beredten Geste zum Himmel erhoben, mit seiner weit vorgestreckten Rechten ein Gefäß ausgießend, aus dem in langem Bogen ein dicker, gewundener Wasserstrahl austritt. fol. 39r: Der mit seinem mächtigen Körper und kleinem Kopf nach links lagernde Capri­ cornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und gleichsam ornamental gestaltetem Fischschwanz, einen engen, steinbesetzten Reifen um die Körpermitte tragend. fol. 39v: Der mit großen roten Kopfflügeln versehene, nach rechts gewandte Sagittarius (Schütze) als bogenspannender Satyr in komplizierter Bewegung. fol. 40r: Oben: Der mit seiner Spitze nach rechts zeigende Sagitta (Pfeil) ; Unten: Aquila (Adler), mit zurückgewandtem Kopf nach vorn gestrecktem linken Flügel nach rechts in Seitenansicht stehend. fol. 40v: Delphinus (Delfin), nach rechts abwärts schwimmend. fol. 41r: Oben: Der in Rückenansicht mit ins Profil gedrehtem Kopf nach links ausschreitende Orion, in kurze Tunika, Schultermantel und Stiefel gekleidet, mit dem Schwert in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand schwungvoll zum Schlag ausholend, in der vorgestreckten Linken einen Gewandzipfel haltend; Unten: Canis maior (Großer Hund) mit offenem Maul und hängender Zunge nach links springend, ein Halsband tragend. fol. 41v: Lepus (Hase), mit ausgestreckten Beinen nach links springend. fol. 42r: Oben: Argo Navis (Schiff) auf bewegter See nach links, Ansicht des Hecks mit Ruderpaar, Mast und fahnenartigem, um den Mast geschlungenem Segel; Unten: Cetus (Seeungeheuer) als nach links lagerndes Mischwesen mit nach vorn gerichtetem zottigen Kopf, hängender Zunge, verschlungenem, am Ende gegabeltem Fischschwanz und kurzen, krallenbesetzten Vorderbeinen. fol. 42v: Der bärtige, langhaarige Eridanus als nach links lagernder klassischer Flussgott, vollständig nackt, die Beine von einem Tuch bedeckt, das rechte Bein ausgestreckt, das Linke eingeknickt, in der rechten Hand ein Schilfrohr haltend, mit dem linken Arm auf eine liegende Urne gestützt, aus der in dickem Strahl Wasser austritt. fol. 43r: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend und dabei das aus der Urne des gegenüber abgebildeten Eridanus strömende Wasser trinkend. fol. 43v: Der kubusförmige Ara (Altar) auf dreistufiger Basis, mit Blendarkaden und Verzierungen auf der Vorderseite, die brennende Glut auf der oberen Platte. fol. 44r: Oben: Der nach links gewandt stehende, jugendliche Cen­ taurus in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, auf der vorgestreckten Rechten ein auf dem Rücken liegendes geflecktes Beutetier präsentierend, in seinem linken Arm eine Lanze mit zwei flatternden Bändern haltend; Unten: Die mehrfach gewundene, nach links oben kriechende, langgestreckte Hydra (Wasserschlange) in Aufsicht, den Crater (Mischkrug) in der Körpermitte, den nach links gewandten, pickenden Corvus (Rabe) am Schwanzende auf ihren Windungen tragend. fol. 44v: Anticanis (Vorhund). fol. 45r: Lücke für die fünf Planeten.

Provenienz Die Handschrift gelangte von Frankreich nach England. Im 18. Jahrhundert befand sie sich im Besitz E. Harleys; das genaue Datum des Erwerbs ist unbekannt. Auf dem Rücken trägt der Codex mehrere alte Signaturen sowie das Harley-Wappen. 1753 wurde die gesamte Harley-Sammlung, darunter auch Ms. 2506, für das British Museum angekauft.

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Literatur Catalogue of the Harleian Mss. 1808, 2, S. 697; Ottley 1836, S. 47–214; Maunde Thompson 1884, II; Vogels 1884, S. 9–13; Kauffmann ed. 1888; Thiele 1898, S. 152–154; Maass ed. 1898; Homburger 1912, S. 5; Van de Vyver 1935, S. 141–143, 149; Niver 1939, S. 681, Nr. 66; Saxl/Wittkower 1948, pl. 30, 4–6; Byvanck 1949, S. 213, Nr. 36; Swarzenski 1949, S. 77–78, Nr. 9; Wormald 1952, Nr. 35; Saxl/Meier 1953, III, S. XVII–XXII, S. 157–160, Taf. LXII, Abb. 157, LVIII, Abb. 150, LXVII, 168, LXV, 163 sowie fig. 2, 3, 4; Boutemy 1958, S. 182; Leonardi 1960, S. 73–75, Nr. 98; Buescu ed. 1966; Scheller 1963, S. 57–61; Gaborit-Chopin 1967, S. 186–191; Gaborit-Chopin 1969, S. 204; Soubiran ed. 1972; Kat. Brüssel 1973, S. 25; Temple 1976, II, S. 65, Nr. 42; Voigts 1977, S. 3–16; Dell’Era ed. 1979/ III; Evans 1979, S. 71–89; Munk Olsen 1982, I, S. 334; McGurk 1983; Kat. Golden age of Anglo-Saxon art 1984, Nr. 43; Ohlgren 1986, S. 105–107; Borst 1989, S. 60ff.; Lapidge 1992, S. 111f.; Dodwell 1993, S. 116, Abb. 185, 188; Noel 1995, S. 148, 174–183, Abb. 79, 80; Kat. Utrecht 1996, S. 151, 244; Pingree 1997, S. 8ff.; Lapidge/Baker 1997, S. 8f, 24ff.; Blume 2002, S. 258ff.; Obrist 2004, S. 160ff.; Blume 2009, S. 531f. Siehe S. 91–95, Abb. 420–434, Taf. 28–29

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London, British Library, Royal Ms. 13 A XI Sammelband zum Computus Sternbilderdarstellungen zur Excerptio Abbonis ex Hygino de figuratione signorum England, erste Hälfte 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 236 × 156 mm, 149 Folia, Pergament, Späte Karolingische Minuskel in 30 Zeilen, überwiegend einspaltig, fol. 139va–141vb und fol. 145rab zweispaltig, von mehreren recht ähnlichen Händen. Große (bis zu halbseitige) aufwendige Initialen überwiegend nach dem Vorbild der Capitalis quadrata mit unzialen (E, M) und Karolingischen (A) Formen (1r, 14v 30v, 32v, 104r, 120r), kurze Rubriken zu den Textanfängen.

Art der Bilder 44 Zeichnungen der Sternbilder in brauner und roter Tinte, meist am Innenrand der Seite; Sterne sind nicht markiert.

Inhalt fol. 1r–12v: fol. 12v–13r:

fol. 13r–14r:

fol. 14r–22r: fol. 22r–27v: fol. 28r–30r: fol. 30v–103v: fol. 104r–105r: fol. 105r–113r:

fol. 113r–115v:

Computus helperici (PL 137, 17–48). Die Textredaktion gehört dem Hauptstrom der Überlieferung an (McGurk 1974). Vgl. Van de Vyver 1935, S. 149 Ps-Beda, Carmen De diebus Aegyptiacis. (ed. Riese, Anthologia latina, 736, vgl. 680a; PL 90, 955–56). 22 Hexameter über die gefährlichen Tage beim Aderlaß, gefolgt von kurzen Instruktionen. Vgl. auch Dijon, BM, ms. 448, fol. 87v De horis. Darin: Ciclus annali, Concordia XII mensium (PL 90, 954f.). Kurze Texte zur Einteilung des Jahres und der Tage sowie zur Zeitmessung nach Plinius, hier wohl aus den Libri computi. Im Anschluss folgt die Zeichnung des Zifferblattes einer Sonnenuhr (PL 90, 953) Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975). Vgl. Jones 1943, S. 153; Jones 1937, S. 433 Beda Venerabilis, De temporibus ( Jones ed. 1943). Der Textbeginn stammt jedoch aus der Vorrede von De temporum ratione ( Jones 1937, S. 433) Ps-Beda, De divinatione mortis et vitae (PL 90, 963–66). Spera Pitagore, zwei Kreisschemata, vgl. BL, Arundel 339, fol. 68r–69r; Cotton Tib. C. I., fol. 7v Beda Venerabilis, De ratione temporum. ( Jones ed. 1977). Textlücken nach fol. 33v und 79v, vgl. auch Warner/Gilson 1921, S. 80 Excerptum de astrologia Arati (Maass ed., 1898, Anonymus III, S. 309–312) Excerptio Abbonis ex Hygino de figuratione signorum (Hasper ed. 1861, S. 15–32). Vgl. Van de Vyver 1935, S. 141 (dort zu Cambridge, Trinity Coll., Ms. 945). Der Text stützt sich vor allem auf Hyginus, De astronomia III Sententia Abbonis de differentia circuli et spere. Vgl. Van de Vyver 1935, S. 140 (dort zu Cambridge, Trinity Coll. ms. 945). S. auch: London, BL, Ms. Harley 2506, fol. 30v; Durham, Cathedral Library, Ms. Hunter 100, fol. 65r–68r.

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fol. 115v–118r: De duodecim signis (Vogels ed. 1884), vgl. London, Harley 647, fol. 1r–2r (Nachtrag), Cotton Tib. C. I., fol. 19r–21r etc. Daran anschließend Kreisschema der Sonnenbewegung im Jahreslauf fol. 118v–119v: De spera. Zur Aufteilung des Himmels und der Verteilung der Sternbilder fol. 120r–126r: Dungali epistola ad Carolum Magnum de duplici solis eclipsi (MGH, Ep. 4, S. 570). Der Text von Dungals Brief wurde hier in vier Teile geteilt und mit Exzerpten aus Macrobius und Isidor (Etym.) angereichert. Die Redaktion hat ihre Vorlage mit Berlin, Phillipps 1784, fol. 1r–13v gemeinsam (Stansfield 1994, S. 133f.) fol. 126v: Isidorus Hispaliensis, De eclipsi (Etym. 3, 58–59, Lindsay ed. 1911). Das Exzerpt findet sich auch in: Vatikan, BAV, Cod. Reg. lat. 123 und 309 sowie Vat. lat. 645. fol. 127r–132r: Macrobius, Commentarii in Somnium Scipionis (Excerpta, Willis ed. 1963) fol. 132v–139r: Argumenta Paschalia. Vgl. PL 67, 497 (als Werk des Dionysius Exiguus). fol. 132v wird als »annus praesens« das Jahr 793 genannt, fol. 134v erscheint es dagegen als 776. Parallelüberlieferung u. a.: Vatikan, BAV, Cod. Pal. lat. 1448, fol. 72v; Cod. Reg. lat. 309, fol. 66v. Der Text bricht fol. 137v oben ab, der Rest der Seite blieb leer (Lagenende, s. u.), die Fortsetzung folgt jedoch fol. 138r fol. 139v–140r: Dionysius Exiguus (?), Versus de annis domini nostri Iesu Christi (MGH, Poet. lat. 4, 3, S. 674–682). S. auch: Schaller/Könsgen 1977, Nr. 814. Cordoliani 1966 fol. 140v–141r: Bridfertus Ramesiensis, Commentarius in Bedae de computo vel loquela digitorum ( Jones ed. 1939, S. 54). Auszug den Libri computi. Vgl. u. a.: Vatikan, BAV, Cod. Reg. lat. 309, fol. 75r; Dijon, BM, ms. 448, fol. 189v fol. 141v–143r: De mensuris et ponderibus (Hultsch ed. 1866, S. 135–142), vgl. Isidor, Etym. 16, 26, 3. Auszug aus den Libri computi. Vgl. u. a.: Dijon, BM, ms. 448, fol. 187rv; Vatikan, BAV, Cod. Reg. lat. 309, fol. 118v fol. 143v: Schema. Rechteckdiagramm der Planetenbahnen fol. 144rv: Cyclus magnus Pasche. Zum 532jährigen großen Osterzyklus, den Osterterminen und anderen beweglichen Festen, mit zugehöriger Tafel (vgl. Könsgen 1979, S. 68 fol. 145r: Agius von Corvey, Versus de cyclo Paschae (MGH Poet. lat. 4, 3, S. 939 sowie Könsgen 1979, S. 70–75) fol. 145v: Tabula. Tafel zur Auffindung der Epakten. Altes Inhaltsverzeichnis und Besitzeintrag fol. 146r: Beda Venerabilis, Epistola ad Wicredum presbiterum ( Jones ed., 1943, S. 319–325; PL 94, 676). Am Anfang unvollständig fol. 149r: Versus de artibus. Verse über die freien Künste. Fünf Hexameter zur Philosophia und jeweils vier Hexameter zu Arithmetica, Dialectica und Grammatica (ed. PL 105, 333; vgl. MGH, Poet. lat. 1, S. 629), Musica, Rhetorica (hier deutlich von den edierten Versen abweichend) und Astrologia. Astrologie und Philosophie finden sich in den genannten Editionen nicht.

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Kommentar Der Sammelband zum Computus um die Bedatexte De natura rerum, De temporibus und De temporum ratione sowie den Computus Helperici überliefert Auszüge der Karolingischen Libri computi (fol. 13v–14r, 104r–105r und 140v–143v; Borst 1994, S. 237, Anm. 70) sowie eine Reihe von eng zusammengehörigen Traktaten zur Astronomie, die seit dem 11. Jahrhundert fassbar sind und deren Redaktion Abbo von Fleury zugeschrieben werden (fol. 104r–118r). Könsgen vermutet, dass die Handschrift im Kloster Ramsey entstand und die entsprechenden Textteile letztlich auf die Lehrtätigkeit Abbos in diesem Kloster (985–987) »direkt oder indirekt« zurückgehen. Textparallelen weisen jedoch auch nach Winchester (s. u.). Die Bildausstattung zeigt ausgesprochen individuelle Züge. Die Handschrift lässt fünf klar trennbare Teile erkennen, deren Entstehungszeit und -raum jedoch eng beieinander liegen dürften. Die Grenzen der Einzelteile spiegeln sich nicht nur im jeweiligen Erscheinungsbild sondern auch im relativ unregelmäßigen Lagenauf bau. Die Zäsuren liegen nach fol. 79, 103, 119 und 137. Vor allem aber weisen die Teile unterschiedliche Lagenzählungen der Kustoden auf. Während fol. 1–79 die Lagen von a bis h durchgezählt wurden, fehlen solche Bezeichnungen fol. 80–103 (vier Lagen). Die Folia 104 bis 119 bilden zwei Lagen, bezeichnet I und II, nur hier finden sich Texte und Zeichnungen zu den Sternbildern. fol. 120– 137 bilden drei Lagen, bezeichnet o bis q, die beiden letzten Lagen wurden wiederum römisch nummeriert (I–II). Der zunächst verwirrende Befund legt folgende, einfache Erklärung nahe: die vier unbezeichneten Lagen in De ratione temporum heben sich deutlich ab, sie stammen von anderer Hand und blieben schmucklos, gehören aber eindeutig zum Vorausgehenden. Sie wären also i–n zu zählen. Die o–q gezählten Lagen schließen sich somit zwanglos an. Die beiden Lagen fol. 104–119 mit den astronomischen Texten und ihren Illustrationen dagegen wurden wohl nachträglich vor dem Brief Dungals (fol. 120r–126r, Lage o) eingefügt, ihre ursprüngliche Zugehörigkeit zum Rest der Handschrift ist somit zumindest in Frage zu stellen. Die zwei letzten, römisch bezeichneten Lagen sind durch den durchlaufenden Text der Argumenta paschalia mit dem Vorausgehenden verbunden. Die große Lücke am Lagenende (fol. 137v, s. o.) spricht jedoch dafür, dass es sich um nachträgliche Ergänzungen handelt, auch hier findet sich kaum farbiger oder ornamentaler Buchschmuck. Allerdings spricht vieles dafür, dass die hier vereinigten Teile einem gemeinsamen Entstehungsort zuzuschreiben sind. Der Datierungsspielraum dürfte von den letzten Jahren des 11. Jahrhunderts bis gegen die Mitte des 12. Jahrhunderts reichen. Denkbar wäre eine sukzessive Entstehung. Bald dürften die unvollständigen Texte ergänzt worden sein sowie die kurzen Texte am Ende der Handschrift. Diese Ergänzungen blieben schmucklos. Schließlich wären fol. 104–119 mit den Texten zur Astronomie und den Zeichnungen der Sternbilder eingefügt worden. Die große Initiale fol. 104r unterscheidet sich geringfügig von den anderen großen Initialen der Handschrift und stammt von anderer Hand als etwa die Initiale fol. 120r. Dennoch fügen sich die beiden Lagen recht gut ein, es ist also durchaus wahrscheinlich, dass sie ebenfalls als Ergänzung für diese Handschrift konzipiert wurden. Physisch wie inhaltlich sind sie völlig in sich geschlossen (s. u.). Die letzte Lage (zwei Doppelblätter, fol. 146–149) muss sich zeitweilig an anderer Stelle befunden haben, denn eine Inhaltsübersicht und ein Besitzeintrag des 14. Jahrhunderts auf fol. 145v legen die Vermutung nahe, dass diese Seite damals die letzte der Handschrift war. Als Inhalt wurde folgendes aufgelistet: »Item compotum bede [=Computus Helperici]; item cronice bede [=De natura rerum, De temporibus,

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De temporum ratione]; item astrologia bede [=Excerptum de astrologia Arati (mit den beiden Traktaten Abbos?)]; item de signis [zodiaci]«. Der Codex wurde somit primär als Beda-Sammelband betrachtet, kürzere Stücke wurden nicht explizit genannt. Spätestens im 14. Jahrhundert hatte die Handschrift somit ihren heutigen Zustand (Abfolge der Teile) erreicht. Die Abfolge der Texte fol. 104r–118r, d.h. vom Excerptum Arati bis zu De duodecim signis zodiaci, bildet eine geschlossene Einheit, die auch in anderen Handschriften anzutreffen ist. Vor allem in Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 2194-5, einem Codex, der aufgrund des Kalenders sicher nach Winchester zu lokalisieren ist. Die dort fol. 49r–56r einnehmenden Stücke stimmen auch in der Abfolge exakt mit Royal 13 A XI, fol. 104r–118r überein (vgl. Boutemy 1939, S. 135). Eine weitere Handschrift aus Winchester, Cambridge, Trinity College, Ms. 945 (um 1100), enthält die Textstücke in anderer Reihenfolge. Vermutlich ist nicht nur die Zusammenstellung der einzelnen kurzen Texte in der hier gegebenen Reihenfolge, sondern zum Teil auch die Autorschaft letztlich Abbo von Fleury zuzuschreiben (Van de Vyver 1935). Wie schon das Fehlen jeder Untergliederung und die Verknüpfung mit »denique« zeigt, ist die nahtlose Verbindung der Excerptio Abbonis ex Hygino mit dem Excerptum Arati im Text vollzogen, auch die folgenden beiden Textstücke bis fol. 18r schließen sich nahtlos an. Durch die Gestaltung ohne jede Zäsur werden die vier Einzeltexte zu einer durchgehenden Einheit verbunden. In der Verfestigung der Textabfolge wie in der Verknüpfung von Einzelstücken zu durchgehenden Traktaten zeigt sich auch hier die grundlegende Tendenz zur umfassenderen Kompilation von thematisch abgerundeten Werken (vgl. Oxford, Digby 83). Die Zeichnungen der Sternbilder wurden vor dem Text ausgeführt, wie beispielsweise an der Figur des Bootes oder dem überschriebenen Fuß des Hercules deutlich wird. Die Illustrationen kennzeichnen eine sorgfältige Ausführung und eine extrem phantasievolle Ausgestaltung. Auf die Eintragung von Sternpositionen wurde verzichtet. Die Ikonographie folgt im wesentlichen der aus Fleury stammende Bilderreihe zu De signis coeli (vgl. Paris, BN 5543). So finden wir Cepheus mit Mantel und Priesterhut, Cassiopeia mit breiten Schmuckborten am Gewand und Hut, Serpentarius auf dem Skorpion, die bekleideten Zwillinge mit Speeren, den bewegten Wassermann, Canopus als Büste, Orion mit verhüllter Hand und ausholendem Schwert, Centaurus mit Speer und zwei Beutetieren sowie Hydra mit zwei Hörnern. Zu jedem Abschnitt des auf Hyginus fußenden Textes wird offensichtlich ein passendes Bild gesucht, auch wenn es in der Vorlage nicht vorhanden war. So illustriert der sich im Baum windende Drachen aus der Konstellation des Hercules/Engonasin jetzt die gesondert aufgeführte Schlange des Serpentarius. Das Beutetier des Kentauren wird hier als Panther bezeichnet (nach Martianus Cappella 8, 832) und ebenfalls einer eigenen Darstellung gewürdigt. Auch die Hyaden und die Waage erhalten ein separates Bild. Während der gewundene Flusslauf des Eridanus zu einer Wasserschlange umgedeutet wird, ist anschließend noch die Büste des Canopus nach der Vorlage von De signis coeli eingefügt. Verschiedene Details verraten zusätzlich den Einfluss der auf die Karolingische Cicero-Handschrift (London Harl. 647) zurückgehenden Kopien. Dies gilt insbesondere für die in Kreisform angeordneten Plejaden bzw. Hyaden und die großen Kopfflügel bei Perseus. Mehrere Bilder weisen ausgesprochen ungewöhnliche Momente auf. So wurde das Gorgonenhaupt in der Hand des Perseus zu einer vollständigen männlichen Figur ergänzt. Die szenische Ausgestaltung orientiert sich wohl an der Formulierung des Textes: »… in manu dextera …, qua facem tenet unde caput Gorgonis amputavit (… in der rechten Hand, mit der er das Gesicht hält, dort wo er den Kopf der Gorgo abgeschnitten hat …)«. Möglicherweise konnte

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sich der Zeichner (bzw. der Schöpfer der Vorlage) unter »Gorgo« nur einen männlichen Vornamen vorstellen. Die Überschneidung mit der Darstellung des Fuhrmannes hat ebenfalls eine Entsprechung im Text zu diesem Sternbild (»et totus subjectus est pedibus Persei«). Insgesamt ist an vielen Stellen ein Hang zu bewegten Figuren festzustellen, etwa bei Bootes, Hercules, Pegasus, Aquarius und Orion. Die eingefügte Figur eines Atlanten im Dreieck ist ebenso wie die Maske im Ring der Nördlichen Krone einer Tendenz zur lebendigen Ausgestaltung verpflichtet. Als anekdotisches Detail fällt auch der lebhaft flatternde und die Hydra in den Rücken kneifende Corvus ins Auge. Bei Germanicus etwa (Aratea, v. 430) wird explizit beschrieben, dass der Rabe die Schlange in den Schwanz pickt, daher findet sich das Detail verschiedentlich in den Illustrationen zu diesem Text (z. B. Boulogne, Ms. 188; Basel, AN IV 18, fol. 59r). In den Illustrationen zu De signis coeli, so etwa in Paris, BN, Ms. lat. 5543 (fol. 171r), ist das Detail ebenfalls zu sehen. In Royal Ms. 13 A XI wird es zu einer lebendig gestalteten Anekdote am Rande. Anstelle der meist wenig bewegten Pegasushälfte erscheint hier ein sich wild auf bäumendes Pferd mit aufgerissenem Rachen (fol. 108r). Auch an anderen Stellen fällt der Hang zur Ausschmückung (vgl. Corona borealis) oder Ergänzung ins Auge. Zu Aquarius tritt der den Wasserstrahl verschluckende Südliche Fisch, da Hyginus (III, 28) dieses Detail erwähnt. Entsprechende Darstellungen finden sich häufig in den Hyginus-Handschriften (Paris, ehem. Phillipps 26235, London, Arundel 339 und Wolfenbüttel, HAB, Cod. 18.16 Aug. 4°). Zur Figur der Jungfrau kommt die Trägerin der Waage als Pendant. Auch das Beutetier des Centaurus erscheint noch einmal als eigenständige Darstellung. Eridanus findet sich als wasserspeiende Schlange. Möglicherweise lag hier die Darstellung als sich windender Wasserlauf ohne Figur zugrunde. Der Zeichner liefert in seinen Illustrationen eine eindrucksvolle Vision all jener Gestalten, die als Sternbilder über den Nachthimmel ziehen und die er in starkem Maße dämonisiert. Tiere verwandelt er in gefährliche Monster mit aufgerissenen Rachen (Löwe, Pegasus, Delfin). Mehrfach sucht er die Einzelfiguren zu szenischen Handlungen zu ergänzen (Perseus, Hercules, Wassermann). Die Hyaden geraten ihm zu einer fast exemplarischen Versammlung von Frauenbildnissen mit expressiven Trauergesten und erotischen Elementen. So ist dieser Zyklus ein spätes, aber herausragendes Beispiel jener seit dem 10. Jahrhundert immer wieder zu beobachtenden Tendenz, die Konstellationen als machtvolle Himmelsdämonen zu verstehen, deren fremdartige Erscheinung die Bildgestalt prägt. Verzeichnis der Bilder fol. 105r: Draco, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), der Drache als Schlange zwischen den beiden Bären mit flammenartigem Haarschopf, die Bären sind gegeneinander gewandt, der große Bär auf dem Rücken liegend und nach rechts blickend. fol. 105v: Bootes (Bärenhüter), en face, leicht nach links gewandt in angedeutetem Ausfallschritt, in einem kurzärmligen Gewand mit Umhang und Stiefeln, kurzer Vollbart, rechter Arm erhoben, die linke Hand hält eine Blume mit langem Stengel; Corona borealis (Nördliche Krone), aus geflochtenen Ranken, unmittelbar zu Füßen des Bootes, im Zentrum ein menschliches Gesicht. fol. 106r: Hercules, halb knieend in einer Art Ausfallschritt nach links, den Kopf nach rechts zurückgewandt; unbekleidet, bärtig, das Löwenfell wie eine Katze am Nackenfell tragend (erinnert etwas an Berlin, SBPK, Phillips 1832, fol. 82r unten), in der Rechten ein erhobenes Schwert; Lyra (Leier), stark entstelltes Gebilde ohne Resonanzkörper; Cygnus (Schwan), nach

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 links laufend mit erhobenen Flügeln, trotz bescheidener Zeichnung eindeutig charakterisiert (Hals, Schwimmhäute); Cepheus, en face stehend, bärtig, mit erhobenen Armen in reicher Kleidung und Umhang, die phrygische Mütze erinnert an eine Mitra. fol. 106v: Cassiopeia, auf einer Bank sitzend, reiche Kleidung, beide Arme erhoben, Kopf bedeckung wie bei Cepheus; Andromeda, en face stehend, in reicher Kleidung mit offenem Haar, beide Arme erhoben, die Handgelenke an die zu beiden Seiten aufwachsenden Pflanzen gebunden. fol. 107r: Perseus, frontal stehend, bärtig, in einfacher Kleidung, das kurze Gewand an den Seiten hochgerafft, zwei große Flügel seitlich am Kopf und zwei kleine an den Schuhen, das Gorgonenhaupt wurde zu einem Mann ergänzt, den Perseus mit der rechten Hand beim Haar packt, um ihm mit dem Schwert in der Linken den Kopf abzuschlagen (»… in manu dextera … qua facem tenet unde caput gorgonis amputavit«), Punkte an den Stiefeln möglicherweise Reste der in einer Vorlage eingezeichneten Sterne; Auriga (Fuhrmann), stehend, barfuß trotz reicher Kleidung, leicht nach rechts gewandt, in der Rechten eine Geißel, der linke Arm unter dem weiten Manteltuch, im Bereich der Schulter zwei Zicklein, Punkte im Bereich der Schultern und der Zicklein deuten Sterne an (vgl. Perseus); Serpentarius (Schlangenträger), die Figur am äußeren, rechten Seitenrand wurde von der selben Hand nachträglich eingefügt, nach rechts gewandt, die Schlange zweimal um den Leib gewunden, stehend auf Scorpius (Skorpion), (schabenartig, mit nach vorne gebogenem Schwanz), in beiden Bildern sind die Sterne markiert (vgl. Perseus und Auriga). fol. 107v: Serpens (Schlange), kleiner stilisierter Baum mit der um den Stamm gewundenen Schlange; Sagitta (Pfeil), fast senkrecht stehend, die Spitze berührt die Schnauze eines wildschweinartigen Tieres, das im Text nicht erwähnt wird; Aquila (Adler), große Greifvogelfüße, leicht nach links gedreht mit ausgebreiteten Schwingen, Kopf zurückgewandt. fol. 108r: Delphinus (Delfin) wurde offenbar mit Capricornus verwechselt, dessen Erscheinungsbild die Darstellung folgt, nach links orientiert, der Kopf ähnelt durch das menschenähnliche Gesicht einer Faunsmaske, der Fischschwanz läuft in eine florale Ornamentform aus; Pegasus, auf den Hinterbeinen aufgebäumt, nach links, das Maul weit aufgerissen, Mähne, Zunge, Flügel, ein ornamentierter Ring um den Leib (vielleicht nach dem Vorbild des Aries oder als Relikt der Darstellung als halbe Figur?) und der Schwanz rot gezeichnet; Triangulum (Dreieck), direkt unter den Hufen des Pegasus, im Innenraum eine Atlantenfigur, die den waagrechten oberen Schenkel trägt. fol. 108v: Aries (Widder), nach rechts schreitend, den Kopf zurückgewandt, mit Reif um den Leib (vgl. Pegasus); Taurus (Stier), liegend mit vorgestrecktem rechten Vorderbein (nachträglich ergänzt), nach links blickend; Hyaden, sieben Frauenbüsten, die oberste und unterste jeweils mit offenen Haaren und bloßem Oberkörper eingefügt in eine hochovale Rahmung, davor die restlichen fünf Büsten in sich überlagernden Rundmedaillons. fol. 109r: Gemini (Zwillinge), en face nebeneinander stehend, in reicher Kleidung, die jeweils abgewandte Hand hält eine kurze Lanze; Cancer (Krebs), nach rechts gewandt, lanzettförmiger Körper, sechs Beine, abgesetzte Zangen; Leo (Löwe), nach rechts schreitend, die linke Tatze erhoben, das Maul geöffnet. fol. 109v: Virgo (Jungfrau), frontal stehend mit offenen Haaren, reich gekleidet, die linke Hand hält eine große Ähre (Palmwedel?) vor dem Leib, die rechte ist wie abwehrend erhoben; Libra (Waage), stehende, nach links geneigte Frau in reicher Kleidung, ohne Kopf bedeckung, in der rechten Hand eine kleine Waage haltend, die Linke wie abwehrend erhoben (vgl. Virgo); Scorpius (Skorpion), nach rechts gewandt, bis auf den hochgebogenen Schwanz mit dem Krebs übereinstimmend. fol. 110r: Sagittarius (Schütze), nach rechts trabender Kentaur mit angelegtem Bogen; Capricornus (Steinbock), nach rechts gewandter »Ziegenfisch«; Aquarius (Wassermann), nach links gewandt, scheint über eine Pflanze steigen zu wollen und gießt mit beiden Händen Wasser aus einer Vase, der Strahl wird vom Piscis austrinus (Südlicher Fisch) verschluckt. fol. 110v: Pisces (Fische), gegenläufig angeordnet, an den Mäulern verbunden; Cetus (Seeungeheuer), nach links gewandt, den Kopf zurückgedreht, in der Grundstruktur wie Capricornus, der Vorderkörper vereint Tatzen, Adler-

30 London, British Library, Royal Ms. 13 A XI schwingen und einen schnabelbewehrten Kopf (d.h. Merkmale des Greifen) mit Hasenohren und einem Schlangenschwanz; Eridanus, sich nach links windende Seeschlange, aus deren Maul sich ein Wasserstrahl ergießt. fol. 111r: Canopus, wasserspeiende Maske mit Beischrift; Lepus (Hase), nach rechts springend; Orion, breitbeinig, in einer Art Ausfallschritt nach rechts, stehend, in reicher Kleidung, die rechte Hand hält ein Schwert erhoben, am Schwertgurt die Scheide, die vorgestreckte linke Hand hält einen Zipfel des Paludamentums; Canis maior (Großer Hund), nach links springend, ein Strahlennimbus verdeutlicht die Helligkeit des Sirius, herausgestreckte Zunge. fol. 111v: Anticanis (Vorhund), groß, nach rechts springend; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte mit vier Rudern, fahnenartigem Segel und einem Auf bau in Form eines aus Stein gebauten Hauses, Heck endet in einem Blattknospenornament; Centaurus, nach rechts galoppierender Kentaur, ein Beutetier an einem Stab über der Schulter tragend, ein weiteres in der rechten Hand. fol. 112r: Lupus (Wolf), Beutetier des Centaurus, in Form eines nach links springenden Hundes mit rückgewandtem Kopf; Ara (Altar), mehrstöckiger Leuchtturm mit blockartigem Untergeschoß und kugelförmigem Leuchtfeuer. fol. 112v: Hydra, Crater, Corvus (Seeschlange, Mischkrug, Rabe), Schlange mit zwei Bechern und einem Raben, der Drachenkopf der Schlange mit Zähnen, Bocksbart und Hörnern; Piscis austrinus (Südlicher Fisch), nach links gewandt.

Provenienz Besitzeinträge fol. 145v: »Ja. Bonin« (14. Jh.); fol. 149v: »De libris J. de Longolio« (15. Jh.). Die sekundäre Verwendung eines Blattes aus einem Briefregister König Edwards I. aus dem Jahr 1301 als hinteres Vorsatz (fol. 150, vgl. Warner/Gilson, S. 81) mag darauf hinweisen, dass die Handschrift sich zur Zeit des betreffenden Einbandes bereits in London befand, wahrscheinlich im unmittelbaren Umfeld der königlichen Kanzlei.

Literatur Traube 1893, S. 83f.; Warner 1921, S. 80f.; Van de Vyver 1935, S. 145, 149; Jones 1937, S. 433; Boutemy 1939, S. 128–137; Saxl/Wittkower 1948, S. 30, 8–9; Saxl/Meier 1953, S. 197f.; McGurk 1974, S. 1–5; Könsgen 1979, S. 66–75; Stones 1992, S. 137–184; Borst · ´ zynska-Sto· ´ zynska-Stolot 1994, S. 236f.; Snie 1994, S. 66; Stansfield 1994, S. 117–134; Snie lot 1997, S. 91. Siehe S. 134–137, 176, Abb. 435–450

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Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5 Komputistische Sammelhandschrift mit weiteren Texten zum Quadrivium Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis England, frühes 12. Jahrhundert, frühes 13. Jahrhundert (Sternbilderfolge) Kodikologische Angaben 240×152 mm, 219 Folia, Pergament, überwiegend einspaltig, fol. 149v (Mitte)–151v zweispaltig, 33–50 Zeilen zahlreicher Hände, Karolingische Minuskel, frühe gotische Minuskel sowie Kursive (fol. 142r–151v zwei Hände, frühe gotische Minuskel), Die ersten 18 Lagen (fol. 1–141) gehören dem frühen 12. Jh. an, Lage 19 ist eine Ergänzung (möglicherweise Erneuerung beschädigter Teile) des frühen 13. Jhs., hier finden sich die Sternbilder, die folgende, 20., Lage entstand im 14. Jh. ebenso die etwas später zugefügten Lagen 21–26 (fol. 152–219). Da die alte – nur teilweise erhaltene – Foliierung dieses letzten Teils mit »162« beginnt, scheint die Hs. damals eine Quinio mehr besessen zu haben. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelte es sich um die ehemalige 20. Lage, die mit dem heute verlorenen Schluss von De ordine ac positione begann und zur Ergänzung des 13. Jhs. gehörte. Da auch die auf fol. 151 folgenden Blätter beschädigt sind, wurde möglicherweise die vorausgehende, stärker beschädigte Lage anläßlich der Neubindung im 17. Jh. entfernt.

Art der Bilder Diagramme zu den Prognostica. 32 einfache, ungerahmte Federzeichnungen der Sternbilder, die Sternpositionen durch rote Sternchen markiert. Gemini und Andromeda durch Beschädigung des Blattes verstümmelt. Argo Navis bis Auticania heute durch Blattverlust verloren.

Inhalt fol. 1rv:

fol. 2r–4v: fol. 5rv: fol. 6r: fol. 6v–7r:

fol. 7v:

Index. Inhaltsverzeichnis des 15. Jhs. mit Ergänzungen sowie Notizen, u. a. zum Erscheinen eines Kometen im Jahr 1066 (Schlacht bei Hastings). fol. 1v Ludus Clementis Scoti (Schaller/Könsgen 1977, Nr. 13123) Excerpta. Kurze Texte und Auszüge zu Zeitrechnung und Medizin (vgl. von Euw 1982, S. 158f.) Pardulus von Laon, Rezept, u. a. gegen Schwitzen und unerwünschten Haarwuchs (siehe von Euw 1982, S. 159) Excerpta geographica et historica. Zur Geschichte Babylons und Karthagos (siehe von Euw 1982, S. 159) De gradibus eclesiasticis. Zu den kirchlichen Weihegraden, 7r: gekürzter Brief Isidors an Bischof Leudefred (Clavis Patrum latinorum 1223, PL 83, Sp. 893–896; siehe von Euw 1982, S. 159) Atticus Episcopus, Ars epistolandi. Brieflehre (PL 129, Sp. 1387f., 130, Sp. 319f.)

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fol. 8r:

De mensuris. Zu den Maßen nach Boethius, Isidor und den Agrimensoren (siehe von Euw 1982, S. 159) fol. 9v–11v: De prognosticis tempestatum. (Thorndike-Kibre 1963, Sp. 1515). Nach Plinius, Hist. nat. XVIII, 78–80 (siehe von Euw 1982, S. 159) fol. 12r–33r: De abaco. Praeambula ad abacum (Thorndike-Kibre 1963, Sp. 1445); Tabellen der Rechenarten und Zahlen; Versus de nominibus caracterum abaci (Thorndike-Kibre 1963, Sp. 1019); Bernelli iunior Parisiensis, Liber abaci (Thorndike-Kibre 1963, Sp. 7; Bubnov 1899, S. LXXI); Regulae Gerberti super abacum (PL 90, Sp. 681–684; Thorndike-Kibre 1963, Sp. 1454 und 1702) fol. 33r: De distinctione horarum: Quattuor sunt plagae mundi; Verse zur Monatslänge: Bifrontis iani pariter fol. 33r: Ps.-Priscian, De duodecim signis (Riese ed. 1896, I, 2, Nr. 679). Ad boree partes fol. 33v: De ponderibus. Aevo aba cistas quodlibet pondus integrum fol. 33v: De mensuris et ponderibus (Thorndike-Kibre 1963, Sp. 824), hier Robert Grosseteste zugeschrieben (Nachtrag des 14. Jhs.). Libra vel as ex unciolis constat duodecim fol. 34r: Nota. Nachtrag, wohl des 16. Jhs. (siehe von Euw 1982, S. 159) fol. 34v–35r: Bona trufa, alchemistische Notiz, Nachtrag des 15. Jhs. (siehe von Euw 1982, S. 159) fol. 35v–42v: De musica. fol. 35v neumierter Hymnus »Ut queant laxis« mit den Tonbezeichnungen Guidos von Arezzo; 36r–42v: De divisione monochordi: fol. 36r–40r: Secundum Boethium (vgl. PL 63, Sp. 1167–1300; Sp. 1253– 1272); fol. 40rv: Secundum Enchiriadem (vgl. Musica enchiriadis ed. Gerbert 1784, S. 156); fol. 40v–42v: Secundum Guidonem (ed. Smits van Waesberghe 1955, S. 96–102) fol. 42v–45v: Epistola Guidonis ad Michaelem (ed. Smits van Waesberghe 1955, S. 37f.); »Noenoeane-Formel« (vgl. Smits van Waesberghe 1969, S. 10, 92 und passim). Siehe auch von Euw 1982, S. 159 fol. 46r–50r: Prognostica. fol. 46r–47v Todesprognostiken: Spera Pithagore (ThorndikeKibre 1963, Sp. 435, 1522; vgl. London, BL, Cotton Tib. C. I, fol. 7v etc.), Epistola Petosiris (PL 90, Sp. 963–966) und Spera Apulei (Thorndike/ Kibre 1963, Sp. 1315; vgl. Wickersheimer 1914); fol. 48r–50r Sortes Apostolorum, zur Wahrsagerei mit Hilfe von Würfeln (Bolte 1903, S. 282f.); weitere Lossprüche fol. 50v: Ps.-Priscian, Versus de anno et mensibus (PL 94, Sp. 603; Schaller/ Könsgen 1977, Nr. 1716) fol. 50v: Versus de feriis (Schaller/Könsgen 1977, Nr. 1249; Cordoliani 1961, S. 207) fol. 51r: De diebus aegyptiacis (PL 90, Sp. 956; Cordoliani 1961, S. 206) fol. 51r–55v: Kalendarium metricum (PL 94, Sp. 603–606; Schaller/Könsgen 1977, Nr. 12488; Wilmart 1934). Im Gegensatz zu dem von Wilmart edierten Verskalender fehlen die für York spezifischen Heiligen (vgl. von Euw 1982, S. 162) fol. 55v–64v: Computus (Bestandteile detailliert aufgelistet bei von Euw 1982, S. 162–164) fol. 65r–79r: Abbo Floriacensis, Computus. Ephemerida Abbonis (PL 90, Sp. 729–730; Van de Wyver 1935, S. 152f.; Thorndike/Kibre 1963, Sp. 127); Si qualis luna per singulos dies queris (PL 90, Sp. 810f.; Thorndike/Kibre 1963, Sp. 1457); fol. 65v Quoniam brevitati semper obscuritas comitatur (Thorndike/ Kibre 1963, Sp. 1265; van de Wyver 1935, S. 152); fol. 66r Quadratus

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

equilateris qui dicit tetragonus (PL 90, Sp. 727–730; Cordoliani 1942, S. 52; van de Wyver 1935, S. 150, 152f.); fol. 67v–79r Computusregeln und Argumenta. Vgl. Cotton Tiberius C. I. fol. 14v–17v; Durham, Hunter 100, fol. 13v–14r fol. 79r–91v: Makrobius, Commentarii in somnium Scipionis (Auszüge aus, I, 20, 14–32; I, 21, 12–14), weitere Exzerpte aus: Martianus Capella (De nuptiis VI, 598), Isidor (Etym. III, 24–71, ed. Lindsay 1911) und dem Computus von Fleury (Thorndike/Kibre 1963, Sp. 1104; van de Wyver 1935, S. 151) sowie: fol. 85v–87r Bedae epistola ad Wicredum Presbiterum (ed. Jones 1943, S. 319–325; PL 94, 676) und weitere Texte zum Computus (vgl. von Euw 1982, S. 164) fol. 91v–98v: Vitruvius, De architectura epitome. Der von Faventinus interpolierte Text der Epitome des Vitruv (Thorndike/Kibre 1963, Sp. 885; vgl. Grandsen 1957) fol. 98v–99r: Zum Ackerbau. Qualiter fructum venturorum experimenta sumantur mense Iunio; Macrobius, Saturnalia (Excerptum, VII, 16, 17–31, ed. Willis 1963, 459, 18–461, 32) fol. 99rv: De cyclo paschali (Isidor, Etym. VI, 17), sowie Tabelle für fünf 19jährige Mondzyklen fol. 100r–101v: Excerpta. Zu: Incrementum luminis, Atomus, Minutum, Punktus, Eclypsis solis fol. 101v–102r: Hermannus Contractus, De utilitate astrolabii (I, 1–2; PL 143, Sp. 389–394) fol. 103rv: Abbo Floriacensis, Sententia Abbonis de differentia circuli et spere (Van de Vyver 1935, S. 140 dort zur Parallelüberliferung in Cambridge, Trinity College, Ms. 945). Vgl. auch Durham, Hunter 100, fol. 65r–68r. fol. 103v–107v: Excerptum de astrologia Arati (ed. Dell’Era 1974; Maass 1898, S. 309–312), s. u. fol. 148v–149v. – fol. 107v–108r: leer fol. 108v: Ps-Columban, De saltu lunae (ed. Meier, G.: Die sieben freien Künste im Mittelalter, Einsiedeln 1886, S. 30; sowie Jones, Bedae opera, S. 376; vgl. Thorndike-Kibre Sp. 378; Cordoliani 1943, Les traités, S. 58); Vgl. München, BSB, clm 10270, fol. 12v–13r fol. 108v–112r: Excerpta. Astronomisch-komputistische Exzerpte über Zodiakus und Planeten, vor allem Sonne und Mond fol. 112v–125v: Makrobius, Commentarii in somnium Scipionis (Excerpta). Zahlreiche Diagramme, zu den Auszügen im Einzelnen siehe: von Euw 1982, S. 165 fol. 126v–148v: Hyginus, De Astronomia (ed. Viré 1992). Zur Textgestalt siehe von Euw 1982, S. 165 fol. 148v–149v: Excerptum de astrologia Arati (ed. Dell’Era 1974; Maass 1898, S. 309–312) fol. 149v–151v: De ordine ac positione stellarum in signis (ed. Dell’Era 1974). Bei von Euw 1982 wurde der einspaltig geschriebene Textanfang (»Est quidem hic ordo et positio siderum … – … descriptionem proferatur«) zum vorigen geschlagen. fol. 152r–157v: Quid sit sentiendum de tribus sectis Christianorum, Iudeorum et Saracenorum. Dicit Alfarabius modus probandi sectam … – … quia clamoroso insultu verborum vexas eius. Nachtrag des 14. Jhs. fol. 158r–219r: Questiones super 19 libros Aristotelis de animalibus. Das Lemma zur ersten quaestio ist gleichzeitig das Incipit von De historiis animalium in der Übersetzung von Michael Scotus (Thorndike-Kibre, Sp. 1188). Nachtrag des 14. Jhs. fol. 219v: Text unleserlich

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Kommentar Das Kompendium zum Quadrivium weist einen Schwerpunkt auf astronomisch-komputistischen Texten auf. Neben Älterem stehen dabei auch Textteile, die Abbo von Fleury zuzuschreiben sind und die auch in anderen englischen Handschriften begegnen (London, BL, Cotton Tib. C. I; Royal 13 A XI). Die späteren Ergänzungen des Codex sind deutlich von den früheren Teilen zu unterscheiden. Eine Entstehung in England ist vorauszusetzen, leider bietet das Kalendarium keine Indizien, die für eine genauere Lokalisierung nutzbar wären (vgl. von Euw 1982, S. 162). Der ursprüngliche Codex des frühen 12. Jhs. enthielt eine unvollständige Abschrift des Hyginus-Textes ohne Raum für Illustrationen. Rund ein Jahrhundert später wurde nicht nur das Ende dieses Textes ergänzt, sondern auch das Excerptum de astrologia Arati zugefügt sowie der Sternbilderkatalog De ordine ac positione mit den entsprechenden Illustrationen. Die eigentlich veraltete Bilderreihe ergänzte somit den Hyginus in jener noch auf das frühe 12. Jh. zurückgehenden Sammlung von Quadriviumstexten zur Astronomie. Zu einer Zeit als Hyginusabschriften recht häufig mit Sternbilderdarstellungen versehen wurden, mag deren Fehlen als Defizit empfunden worden sein und zur Integration des älteren Sternbilderkataloges geführt haben. Cepheus ohne Schwert und Scheide, Cassiopeia auf einer bloßen Bank ohne Lehne findet sich in Reg. lat. 309; Hercules im Laufschritt mit rudimentärem Löwenfell und Keule ist näher bei St. Petersburg Q.V.IX.2. Mit Paris lat. 8663 verbindet die Handschrift der Schütze als Satyr mit Bocksbeinen und Schwanz (dort allerdings nach rechts, dito in Freiburg Ms. 35 und Vat. lat. 645 – Satyr nach links in Florenz Plut 29.30 (sehr laienhaft) und Arundel 339) sowie Orion nach links schreitend mit verhülltem Arm und Schwert. Paris Nouv acq. 1614 hat die beiden Bären einzeln und den Drachen mit Bären (fol. 85r), Andromeda ohne Felsen oder sonstige Fesseln. Im Rahmen der späteren Texte erinnert Ludwig XII5 allerdings auch an den Liber Nimroth in Paris, ms. lat 14754 und Venedig, Marciana Cod. 2670 (Anfang 13. Jh.). Auch zeitlich liegt die Getty-Handschrift im Rahmen der Pariser und Venezianer Nimroth-Texte. Entsprechend dieser Verwandschaft wäre auch Oxford, Bodleian Library, Laud. misc. 644 als Vergeich heranzuziehen. Diese Handschriften bieten jedoch hinsichtlich der Bildtypen kaum konkrete Parallelen (allenfalls: Bootes, Serpentarius). Das auffälligste Merkmal des Sternbilderzyklus ist die Darstellung des Schützen als bocksbeiniger Satyr mit langem Schwanz und gesträubten Haaren. Der Hase wurde offensichtlich nach dem Vorbild eines Löwen mit angedeuteter Mähne, kleinen runden Ohren und langem Schwanz mit Quaste gestaltet. Denkbar wäre hier auch ein Lesefehler, der aus »lep« und einem »us-Kürzel« leicht »leo« machen konnte. Offenbar bemerkte schon der Rubrikator, der die Sterne einsetzen wollte, den Irrtum, denn der Hase blieb als einziges Sternbild ohne eingezeichnete Sterne. Verzeichnis der Bilder fol. 149va: Ursa maior (Großer Bär), nach links schreitend mit Halfter. Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts schreitend. Draco (Drache), Drache als Schlange mit langen Ohren

und lilienförmiger »Zunge«, in Form eines liegenden ›S‹, Kopf rechts oben, darauf die Bären Rücken an Rücken, gegenläufig. fol. 149vb: Hercules, im Laufschritt nach links

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eilend (Umdeutung des »Knielaufs«), in der Rechten ein Stück Fell mit Pfoten und kurzem Schwanzansatz, in der Linken eine kleine Keule, Bartansatz; Corona borealis (Nördliche Krone), schlicht ornamentierter Reif mit eingepasstem Kreuz; fol. 150ra: Serpentarius (Schlangenträger), Rückenfigur mit verdrehtem Bein nach links, die Schlange, um die Taille geschlungen, biegt sich zurück zum Gesicht des Trägers, Schlaufe im Vorderteil; Scorpius (Skorpion), lurchähnliches Wesen nach links mit sechs Beinen und hirschkäferartigen Zangen; Gemini (Zwillinge), durch Ausriss fragmentiert, nur die rechte Figur als Soldat in kurzer Tunika mit Rundschild und Lanze erhalten, phrygische Mütze. fol. 150rb: Bootes (Bärenhüter), nach links schreitend, mit einer knielangen Unterhose bekleidet, die rechte Schulter von einem Mantel bedeckt, in der ausgestreckten Linken ein Büschel ornamental gestalteter Blätter haltend (vgl. Venedig, Marc. Cod. lat. VIII, 22, fol. 32rb); Virgo (Jungfrau), en face stehend, in der Rechten eine stilisierte Lilie emporhaltend, in der Linken die Waage, Flügel, langer Zopf; Cancer (Krebs), sehr entstelltes Wesen von krabbenartiger Gestalt, ein Gesicht und das Vorderteil eines Tieres (einer der im Text genannten »asini«) auf dem Rücken. fol. 150va: Leo (Löwe), nach links schreitend; Auriga (Fuhrmann), auf einer Bank mit Kissen sitzender Mann in kurzer Tunika, beide Arme weit ausgebreitet, in der Rechten ein molchartiges Tier haltend, auf der Linken ein Hase (?), auf der Schulter ein weiteres solches Tier, Haartracht mit rollenartiger Locke im Nacken; Taurus (Stier), Stierhälfte nach rechts. fol. 150vb: Cepheus, en face stehend, beide Arme seitlich leicht angehoben, halblanges Haar, keine Kopf bedeckung, Mantel; Cassiopeia, en face auf einer kissenbedeckten Bank sitzend, die Arme ausgebreitet, Schleier, Mantel und reich fallendes Kleid; Andromeda, größtenteils verloren (vgl. Gemini), lediglich rechts ein ausgestreckter Unterarm erhalten (keine Felsen oder Bäumchen, keine Fessel erkennbar). fol. 151ra: Pegasus, Pferdehälfte ohne Flügel nach rechts; Aries (Widder). in gestrecktem Galopp nach links, Kopf zurückgewandt; Triangulum (Dreieck), gleichseitig, auf der Spitze stehend; Pisces (Fische), waagrecht gegenläufig, Mäuler durch Band verbunden. fol. 151rb: Perseus, nach rechts laufend, nur mit einem »coif« bekleidet, in der Rechten einen Knüppel schwingend, in der Linken ein Gesicht mit flammenartigen Haarlocken vor sich haltend; Lyra (Leier), zeitgenössische Harfe mit zwei Schalllöchern; Cygnus (Schwan), nach links gewandter Vogel, den Kopf nach vorn gebeugt. fol. 151r: Aquarius (Wassermann), nach links gewandt, unbekleidet, den rechten Arm nach oben gestreckt, in der linken Hand hinter sich die Urne ausgießend. fol. 151va: Capricornus (Steinbock), Ziegenfisch nach links; Sagittarius (Schütze), nach links gewandte Rückenfigur, stehender Satyr, mit dem gespannten Bogen zielend, gesträubtes Haar, langer Schwanz; Aquila (Adler), auf dem Sagitta (Pfeil) stehender Adler nach links, Flügel angehoben; Delphinus (Delfin), dicker Fisch nach links, den Kopf nach unten gebogen, mit menschlichem Gesicht in Draufsicht, kurzes Horn am Hinterhaupt. fol. 151vb: Orion, nach links gewandt, mit dem Schwert in der Linken ausholend, die Rechte unter dem Mantel verborgen, vorn am Gürtel eine lange Schwertscheide, langes Haar, Bart; Canis maior (Großer Hund), nach links laufend, ausgestreckte Zunge; Lepus (Hase), als nach links laufender Löwe (sic! s. o.).

Provenienz fol. 157v: »John Huntly de Bal[yol?]« (Schreiberkolophon oder Besitzeintrag?); Auktion bei English and Son, Bath, 26. Oktober 1846, lot 251 (Kat.); Bibliothek Thomas Phillipps; Nr. 76 im Katalog 81 (1950) des Auktionshauses W. H. Robinson, London; The Honeyman Collection; Auktion bei Sotheby’s, London 1979; Sammlung Ludwig, Köln; mit den Handschriften der Sammlung Ludwig erworben für das Getty Museum, Los Angeles.

31 Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5

Literatur Sotheby Catalogue, London 2 Mai 1979, The Honeyman collection of scientific books and manuscripts, lot 1088; Anton von Euw: XII.5, in: Euw/Plotzek 1983, Bd. 3, S. 158–169 (mit sehr detaillierter Inhaltsbeschreibung). Siehe S. 140, Abb. 451–452

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Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu den Aratea des Germanicus Süditalien, 2. Drittel 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben ca. 394 × 262 mm, 203 Folia, Pergament, sowie 5 Blätter Papier, Text zweispaltig zu je 47 Zeilen in Karolingischer Minuskel, eine Initiale mit Flechtbandornamentik, Tituli, Beischriften und Überschriften in rubrizierter Unziale und Capitalis.

Art der Bilder fol. 3r–4v: farbige Darstellungen von Zahlenwerten durch in Dreiergruppen angeordnete Männer nach Beda (Fingerzahlen); fol. 55r–73r: insgesamt 43 Miniaturen zum Text der Phainomena, in leuchtender Deckfarbentechnik: Sternbilder, Autor und Muse, Zeus und Adler, fünf Planeten, Milchstraße, Sol, Luna und Austronothus-Thetis; alle Bilder sind farbig gerahmt und mit blauem Hintergrund versehen; die Position der Sterne ist durch helle Kreuze mit rotem Punkt sowie zwischen die Kreuze gesetzten, hellen Punkten angegeben (auch bei Austronothus!); Bilder zum Teil stark abgerieben. fol. 120r: gezeichnete Rota mit Personifikationen der 12 Winde, im Zentrum Terra und Mare, fol. 120v: Zeichnung von Abraham als Lehrer der Astronomie, fol. 121r: gezeichnetes Kreisschema des Jahres, im Zentrum die vier Jahreszeiten als sich an den Händen haltende Halbfiguren, darüber die Figuren von Nimrod und Ioanthon vor der Rota der 24 Tagesstunden zu dem in der Rubrik fol. 121rb unten angekündigten Text (spera celi).

Inhalt fol. 1r–48r: fol. 48r–49v: fol. 50r–53v:

fol. 53v–54v: fol. 55r–74v:

fol. 75r–87v: fol. 88r: fol. 88r–94v: fol. 95r–99r:

Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) Ps-Beda (Erchembert aus Montecassino?), Martyrologium Insgesamt 19 Computus-Verse; Verse des Paulus Diaconus, De annis a principio (Dümmler ed. 1881, I, S. 35); Anni Domini notantur in presenti linea cum misertus; Annus solis continetur quattuor temporibus; Paraphrase auf Bedas De temporum ratione (vor 1069)?: Pama sexcentum annis … A principio saeculorum … Deus a quo facta fuit; huius mundo machina … Versus cycli anniversalis leer Vita Arati (Maass ed. 1898, S. 146–150); Phainomena (V 18–581) sowie Fragmentum IV des Claudius Germanicus mit Scholia Strozziana (Le Boeuffle ed. 1975, Dell’Era ed. 1979/II) Computus argumenta sowie Diverses De divinando exitu morgorum e positionibus lune et de sphera Pythagore Isidor von Sevilla, De corpore humano eiusque morbis de elementis et de humoribus Isidor von Sevilla, De homine et partibus eius (Migne PL 82, 397)

32 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19

fol. 99r–103r: fol. 103v–113v: fol. 113v–114r: fol. 114v: fol. 115r–133v: fol. 133v–203v:

Scarpsum ex chronica Origenis; De gentibus et uocabulis earum ex libro Ysidori episcopi Lapidarium Ex libro eiusdem de lapidibus insignioribus; De natura primi lapidis et thitis ad quid ualeat Nachtrag leer Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234), mit Auszügen aus dem Liber Nemroth Konzilsakten; Exzerpte aus Kirchenvätern; Alchimistisches; Farbrezepte

Kommentar Das umfangreiche Kompendium Madrid 19 (ehemals A 16) enthält unter anderem die Aratea des Germanicus, die hier mit farbigen, gerahmten Illustrationen versehen sind. Der Inhalt des Codex ist ansonsten gemischt, lässt jedoch eine Ausrichtung auf Zeitrechnung, Astronomie und Kosmographie erkennen. Vereinigt werden zahlreiche klassische Texte zu diesen Themen, so von Origenes, Isidor oder Apuleios. Den umfangreichsten Anteil haben jedoch die Werke des Beda Venerabilis, die um einige, wohl in Montecassino entstandene, zeitgenössische Texte zum Thema Komputus bereichert wurden. Im Kontext von Bedas De natura rerum finden sich einige Zeichnungen, die dem sogenannten Liber Nemroth entnommen sind. Sie zeigen ein Diagramm der zwölf Winde (fol. 120r), ein Kreisschema zu den Jahreszeiten, dessen Beschriftung aber unterblieben ist (fol. 121r) sowie die Figuren von Nimrod und seinem Schüler Ioanthon vor der Rota der 24 Stunden (fol. 121r). Hinzu kommt eine sehr sorgfältig ausgeführte, halbseitige Darstellung, die einem Text zur Geschichte der Astronomie vorangestellt ist und den thronenden Abraham präsentiert, der die Gelehrten Ägyptens in Astronomie unterrichtet (fol. 120v). Die Schüler diskutieren erregt über einen von ihnen gehaltenen Rotulus und deuten auf ein Himmelssegment, in das die Büsten von Sol und Luna sowie eine Reihe verschieden geformter Sterne eingetragen sind. Möglicherweise ist bei diesen Zeichnungen im hinteren Teil des Codex die farbige Ausführung auch einfach unterblieben. Die Wiedergabe der Fingerzahlen zu Beginn der Handschrift ist jedenfalls ungewöhnlich aufwendig gestaltet (fol. 3r–4v). Vier Seiten sind vollständig mit der in Deckfarben ausgemalten, ganzfigurigen Reihe spärlich bekleideter Männer gefüllt, welche die entsprechenden Gesten ausführen. Innerhalb der Überlieferung der Aratea des Germanicus begründet der Madrider Codex 19 mit der karolingischen Baseler Handschrift Ms. AN IV 18 eine von insgesamt zwei Gruppen illustrierter Germanicus-Handschriften. Dabei bildet der prachtvoll ausgestattete Codex der Biblioteca Nacional den Ausgangspunkt des jüngeren, in Italien einsetzenden Überlieferungszweiges, dessen ältester erhaltener Textzeuge er zugleich ist. Die beiden Handschriften in Basel und Madrid gehen, trotz einzelner Unterschiede, wohl auf eine gemeinsame spätantike Vorlage zurück. Die Madrider Handschrift ist allerdings in der Wiedergabe des Vorbilds nicht nur getreuer, sondern auch vollständiger als der Basilensis. Eine ähnliche Textzusammenstellung wie der Madrider Codex – allerdings ohne die Aratea – überliefern ein bereits in der Mitte des 11. Jahrhunderts entstandener Codex in Cava dei Tirreni (Bibl. della Badia della SS. Trinità, Ms. Membr. 3) sowie zwei weitere italienische Handschriften (London, Brit. Lib. Ms. Arundel 268 (1. Hälfte 13. Jahrhundert) und Paris, Bibl. Nat.,

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Ms. lat. 7418 (14. Jahrhundert)). Diese Handschriften leiten sich alle wohl von einem heute verlorenen, höchstwahrscheinlich in Süditalien zwischen Anfang und Mitte des 11. Jahrhunderts kompilierten Florilegium ab. Auf Grund einiger Texte aus Montecassino, etwa von Paulus Diaconus oder Erchembert, sowie einer vor 1069 verfassten Zusammenfassung von Bedas De tempo­ rum ratione kann man vermuten, dass die Kompilation in der ersten Hälfte des 11. Jhs. in Montecassino zusammengestellt wurde. Noch um die Mitte des 11. Jahrhunderts hat man sie dann im benachbarten Kloster Cava dei Tirreni kopiert. Bemerkenswerter Weise ersetzte man aber bei der Zusammenstellung dieses Florilegiums die Scholia Basileensia der Vorlage durch einen neuen Kommentar, die sogenannten Scholia Strozziana. Hierbei handelt es sich um eine Neubearbeitung der Scholien, welche die ausführlicheren Angaben des Aratus latinus und der Recensio Interpolata mit Exzerpten aus Plinius, Martianus Capella, Fulgentius und Isidor verknüpft. Insbesondere die Informationen zur mythologischen Bedeutung der Sternbilder sind hier maßgeblich erweitert worden Die Entstehungszeit der Madrider Handschrift lässt sich der Aktualisierung eines auf fol. 75v angegebenen annus präsens von 904 auf 1134 entnehmen. Das nachträglich im 13. oder 14. Jahrhundert auf fol. 1r eingetragene Exlibris Liber Sancte Marie … kann nicht ohne weiteres zu Liber monasterii Sancte Marie rivipullensis ergänzt und auf eine Herkunft aus dem spanischen Kloster Ripoll bezogen werden (zuletzt Castineiras Gonzalez 1999, S. 797). Klöster, deren Hauptkirche der Gottesmutter geweiht war, gab es häufiger! Der Verbleib der Vorlage in Süditalien, der sich aus der Abschrift Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 7418 und dem heute verlorenen Ausgangspunkt einer Reihe humanistischer Kopien des 15. Jahrhunderts – darunter Rom, Bibl. Vat., Barb. lat. 76 – erschließen lässt, spricht eher für eine Entstehung in Süditalien. Im 13. Jahrhundert hat Michael Scotus für die Erarbeitung der Himmelsbeschreibung seines Liber Introductorius die Madrider Handschrift Ms. 19 – oder eine weitgehend identische, heute verlorene Schwesterhandschrift – als Vorlage benutzt. Dies geht aus zahlreichen Textbezügen ebenso wie aus der Rezeption der Miniaturen eindeutig hervor. Da Michael Scotus dieses Werk am Hof Kaiser Friedrich II. verfasste, muss auch die entsprechende Vorlage ca. 1228 – 34 in Süditalien verfügbar gewesen sein. Dennoch ist für den Madrider Codex immer wieder auch eine spanische Entstehung vorgeschlagen worden (zusammenfassend zuletzt Ackermann 2008). Die stilisitschen Vergleiche zur spanischen Buchmalerei können allerdings nicht überzeugen (Castineiras Gonzalez 1999). Gewichtiger wiegt das paläographische Argument, dass die Handschrift in Karolinigischer Minuskel geschrieben ist und nicht in der in Montecassino bis ins 13. Jahrhundert gebräuchlichen Beneventana. Doch gibt es bereits im 12. Jahrhundert auch Beispiele für den Gebrauch der Minuskel in Süditalien (Haffner 1997, S. 93, Anm. 195). Zu berücksichtigen wäre hier auch das Umfeld des normanischen Königshofes Roger II. in Palermo, in dessen Umfeld eine Reihe aufwendig illustrierter Handschriften entstanden sind (Pace 1979, Orofino/Pace 1994), zu denen sich auch durchaus stilistische Bezüge herstellen lassen. Man denke dabei beispielsweise an die Figur Abrahams auf fol. 120v. Auch wenn diese Frage der Provenienz von Madrid 19 beim gegenwärtigen Kenntnisstand nicht eindeutig zu entscheiden ist, halten wir eine Entstehung in Süditalien gegenüber einer Herkunft aus Spanien für sehr viel wahrscheinlicher. Trotz der Vermittlung über wenigstens eine Zwischenstufe haben die Illustrationen der Madrider Handschrift viele Züge des spätantiken Vorbildes bewahrt. So folgen sie nicht nur den entsprechenden Bildtypen bis in zahlreiche Details, sondern es kennzeichnet sie auch eine

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großflächige, farbenbetonte Malweise, die noch auf jenes Vorbild zurückzugehen scheint. Die insgesamt 43, in leuchtenden Deckfarben ausgeführten und rot oder gelb gerahmten Miniaturen zum Germanicustext wurden zwischen den Scholien auf ausgesparten Flächen in den zweispaltig geschriebenen Text hineingesetzt, was sich gelegentlich auf das Format der Bilder auswirkt. Die im Allgemeinen wohlproportionierten Himmelsgestalten mit ihren oft großen, dunklen Augen stehen durchweg vor einem nachtblauen Hintergrund. Die Farbwirkung der Bilder beruht nicht zuletzt auf der kontrastiven Wirkung von tiefem Blau und rötlichbraunen Inkarnat- bzw. Gewandtönen. Wohl aufgrund der engen Anlehnung an seine unmittelbare Vorlage erinnert der Stil der Madrider Sternbilder an Werke der Cassineser Buchmalerei aus der Zeit des Abtes Desiderius, etwa an die Exultetrolle in Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Barb. lat. 592, oder den sogenannten Codex Benedictus, ebenfalls in Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. lat. 1202. Allerdings ist die Verwendung von Deckfarben, noch dazu in leuchtenden Tönen, für die sonst vorwiegend Federzeichnungen hervorbringende Buchmalerei Montecassinos ungewöhnlich und dürfte sich dem spätantiken Vorbild verdanken. Doch zeigen die farbenprächtigen und großformatigen Initialen eines um 1153 zu datierenden Brevariums aus Montecassino, dass man auch hier zuweilen den Buchschmuck farbig ausgestaltete (Los Angeles, Getty Museum, Sammlung Ludwig Cod. IX 1, von Euw/Plotzek 1982, Bd. 2, S. 49ff.). Ikonographisch zeigen sich die Miniaturen des Codex 19 am ehesten denen des Baseler Germanicus, Ms. AN IV 18, verwandt, wenngleich die Ausstattung der Bilder in der Madrider Handschrift nicht nur durch die andere Technik, sondern auch auf Grund der durchgängig farbigen Umrandung von vorneherein einen höheren Anspruch erhebt. In beiden Handschriften wurden dieselben Illustrationen zusammengefasst. So sind jeweils gemeinsam in einem Bild die einander umarmenden Zwillinge links neben dem Krebs sowie der Wassermann mit dem Steinbock zu sehen. Der sich dem querrechteckigen Bildrahmen anpassende Drache mit den Bären begegnet in beiden Handschriften ebenso wie der mit steifen Armen die Amphora neben sich haltende Wassermann, die mit einer doppelt gegürteten Tunika bekleidete, geflügelte Jungfrau mit entblößter rechter Brust oder der Fuhrmann auf dem Pferdegespann. Allerdings sind die Bilder des Madrider Codex im Vergleich zum Basler Germanicus häufig genauer im Detail. So ist im Matritensis die Quadriga des Fuhrmanns komplett und die aus phrygischer Mütze, kurzem Mantel und Hosen bestehende Orientalentracht des Cepheus als solche eindeutig zu erkennen. Auch die Ziege und die Böckchen des Fuhrmanns sind im Ms. 19 an die richtige Stelle gesetzt. Das leuchtend rote Band, das über Kassiopeias Hand hängt und oft als Blutstrom interpretiert wird, ist nur in der Madrider Handschrift zu sehen. Große Sorgfalt verraten auch die Angaben der Sternpositionen, die durch helle Kreuze mit rotem Punkt sowie zwischen die Kreuze gesetzten hellen Punkten wiedergegeben sind und den Angaben in den neu zusammengestellten Scholia Strozziana entsprechen. Viele Gemeinsamkeiten mit den farbigen Miniaturen der bedeutenden Germanicushandschrift in Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79 weisen einerseits auf eine gemeinsame Vorlage. Doch setzen sich die Miniaturen der Madrider und Basler Handschrift andererseits auch durch gemeinsame Abweichungen vom Vossianus ab. Dies betrifft vor allem die oben erwähnte Zusammenfassung mancher Bilder. Außerdem sind das Autor-Muse-Bild, die Milchstraße und Thetis im Leidensis nicht vorhanden; dieser bietet dagegen die Jahreszeiten und ein Planetarium. Schließlich zeigt der Madrider Codex die Schlange, der Schilderung des Textes entsprechend, richtig um den Körper ihres Trägers gewunden. Dieser hält sie mit der Rechten aber ebenso in

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einer ringförmigen Schlaufe wie im Leidensis. Die Darstellung des Eridanus ist offenbar nicht als Flußgott, sondern als stürzender Phaeton verstanden worden. Von daher zeigt die Miniatur eine Figur in freiem Fall, die vielleicht auch von einem antiken Sarkophagrelief inspiriert ist (Lippincott 2009). Mit dem Codex Aberystwyth 735 C teilt die Madrider Germanicushandschrift einige Lesarten. Außerdem besitzt neben dem Matritensis nur diese Handschrift noch die zum Proöm gehörige seltene Darstellung von Autor und Muse. Im Unterschied zu der im Detail genaueren Miniatur in Aberystwyth ist im Madrider Manuskript die Muse Urania als solche nicht eindeutig attribuiert und der Globus nicht klar als Himmelsglobus zu erkennen. Darüber hinaus ist die Raumsituation durch Abbreviaturen von Innenraum und Außenraumarchitektur widersprüchlich. Von den übrigen mittelalterlichen Sternbilderzyklen hebt sich sich die Bildfolge der Madrider Handschrift Ms. 19 durch zusätzliche Bilder ab, die für die eigentliche Himmelsbeschreibung überflüssig waren und daher meist weggelassen wurden. Dies gilt nicht nur für die Darstellungen des Autors mit der Muse sowie Jupiters auf dem Adler zum Proöm, sondern auch für die auf fol. 68v enthaltene Wiedergabe der Milchstraße, die nur in dieser Handschrift überliefert ist. Die Milchstraße wird als Gruppe von zwei weiblichen Figuren veranschaulicht. Die vordere Gestalt, deren Oberkörper halb entblößt ist, scheint zu schweben und ist in ein blaues Gewand gekleidet; sie hält einen hellen Reifen vor sich. In vielen Punkten entspricht sie der römischen Personifikation einer Straße. Links hinter ihr, gleichsam auf der vorderen sitzend, befindet sich eine zweite, fast vollständig von einem dunklen Tuch verhüllte Figur, die der römischen Personifikation der Nacht gleicht. Die Darstellung übersetzt offensichtlich den Wortlaut des Germanicustextes (V. 457) in die römische Bildsprache: »lactis ei color et mediis via lucet in umbris;« ( Jener Kreis) ist von der Farbe der Milch und leuchtet als Straße inmitten der Dunkelheit). Hinzu kommt noch ein Bildentwurf, der offenbar erst für diese Zusammenstellung im 11. Jahrhundert entstand. Er zeigt den für die Europäer unsichtbaren südlichen Himmelspol in Gestalt der Thetis (fol. 73v), die nach Ovid, (Metamorphosen XI, 243ff.) als kentaurenartiges Mischwesen aus einer Frau, den Vorderbeinen eines Pferdes und den zottig-gestreiften Hinterbeinen einer Tigerin gestaltet ist. Dieses eigentümliche Sternbild wird weder bei Aratos noch bei Germanicus erwähnt, sondern allein in den Scholien (Kap. LIV) beschrieben, wobei die Deutung als Thetis Hyginus (II, 1, 5) entnommen ist. Die Titanin Tethys, auf die Hyginus verweist, ist hier mit der Meeresgöttin Thetis in eins gesetzt, deren Verführung durch Peleus bei Ovid geschildert wird. Die Entstehung jenes neu zusammengstellten Florilegiums mit seinem reichen Bilderschmuck, dessen Aussehen uns die Madrider Handschrift überliefert, lässt sich als späte Folge der Reformbestrebungen in Montecassino verstehen. Der im 11. Jahrhundert greif bare Aufschwung der Abtei unter den Äbten Theobald (1022–1037) und Desiderius (1059–1087) war eng mit dem Reformstreben Papst Leos IX. verbunden. Insbesondere Abt Desiderius sorgte in Montecassino für eine hohe Buchkultur, wobei dies im Zusammenhang mit der gregorianischen Kirchenreform zu sehen ist und sich auch in einer Neigung zu römisch-antiken Vorlagen äußert. Aus dieser Entwicklung resultierte wohl auch eine Art Vorbildrolle des Klosters Montecassino, in dem Mustersammlungen von Texten – wie das Florilegium zur Zeitrechnung – zusammengestellt und dann durch Kopien in den umliegenden Klöstern verbreitet wurden.

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Verzeichnis der Bilder fol. 55r: Oben: Autor und Muse ; der auf einem Faltstuhl links sitzende, in Seitenansicht

gegebene Aratos und die frontal stehende Muse Urania weisen beide mit ihrer rechten Hand auf einen zwischen ihnen aufgestellten Globus, seitlich rechts ein mit Ringen befestigter, geraffter heller Vorhang mit roten Zierstreifen, im Hintergrund links eine Architekturabbreviatur mit Säulen, Schmuckkapitellen, Fenstern und einer Art Porticus. fol. 55r: Der bärtige Jupiter auf dem fliegenden Adler, in seiner Rechten das Blitzbündel, in seiner Linken ein langes Szepter haltend, um seinen Kopf einen Nimbus, der durch die sich bauschende Mantelbahn noch vergrößert wird, der Adler fasst ein kreisförmig verschlungenes Tuch. fol. 56r: Die in den hochrechteckigen Rahmen eingepasste, zweifach gewundene Serpens (Drache) in Form eines liegenden S, die mit den Rücken gegeneinandergestellten, mit offenem Maul auswärts springenden Ursa maior und Ursa minor (Großer und kleiner Bär) in den beiden Windungen; Der muskulöse Hercules mit Bart und welligem Haar im Kampf gegen die um den mit goldenen Äpfeln behangenen Baum der Hesperiden gewundene Hydra, als kniend nach links gewandte, nackte Gestalt in Seitenansicht, mit einer Keule in Ährenform in seiner Linken zum Schlag ausholend, über dem vorgestreckten rechten Arm das Löwenfell tragend. fol. 56v: Corona borealis (Nördliche Krone), aus goldenen Lorbeerblättern gebunden, oben mit einem quadratischen Edelstein besetzt und unten von einem goldenen Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten. fol. 57r: Der nackte, bärtige Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht mit beiden Füßen auf dem Scorpius (Skorpion) stehend, das Gesicht im Profil, die um seinen Körper gewundene, sich bei seiner rechten Hand schlaufenförmig windende Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend; Der frontal wiedergegebene, im Schritt nach rechts gewandte bärtige Bootes (Bärenhüter), den grauhaarigen Kopf im Profil, gekleidet in eine kurze Tunika exomis, zu seiner Linken ein Schwert an weißem Band hängend, in seiner erhobenen Rechten einen Stab haltend. fol. 57v: Die prächtig gewandete, geflügelte Virgo (Jungfrau) in langer, ärmelloser, doppelt gegürteter und sich am Saum glockenartig auf blähender Tunika, mit entblößter rechter Brust frontal stehend, das rechte Bein nackt hervortretend, auf dem Haupt ein schmales Diadem, in der erhobenen Rechten drei Ähren, in der Linken den Caduceus tragend. fol. 58r: Die nur mit einem roten Pallium bekleideten, einander umarmenden Gemini (Zwillinge) links neben dem ihnen mit seinen Scheren zugewandten Cancer (Krebs), der linke Zwilling hält ein Pedum in seiner rechten Hand, der rechte Zwilling hält eine Lyra an seiner linken Seite. fol. 58v: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul nach links springend, die Hinterbeine geschlossen, die Vordertatzen leicht übereinandergestellt. fol. 59r: Der frontal in einer seitlich gezeigten Quadriga stehende Auriga (Fuhrmann), mit einem Helm mit hoher Zier, Schnürsandalen und langem, lose geschlungenem Pallium bekleidet sowie einen Schild tragend, das Haupt von hellem Strahlennimbus umgeben, in seiner Rechten eine Lanze haltend, die Ziege auf der linken Schulter, die beiden Böckchen auf dem vorgestreckten linken Arm tragend. fol. 59v: Der in Halbfigur nach links lagernde Taurus (Stier) mit eingeknicktem linkem Vorderbein; Der bärtige Cepheus als mit ausgebreiteten Armen frontal stehende Gestalt, in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika und Hosen gekleidet, auf dem Haupt eine spitz zulaufende Mütze und zu seiner Linken an rotem Schulterband ein Schwert tragend. fol. 60r: Die mit langem offenem Haar frontal mit w-förmig zur Seite gebreiteten Armen auf einem Thron mit Lehne, gitterartigem Unterbau, dickem Sitzpolster sowie Fußbank sitzende Cassiopeia mit entblößter rechter Brust, in eine ärmellose Tunika gekleidet, eine orangefarbige Stoff bahn über die Knie gebreitet; über ihrer rechten Hand hängt ein wellenförmig nach unten fallendes, sich unten teilendes rotes Band, das oft auch als herabrieselnder Blutstrom interpretiert wird; Die mit beiden Händen an den Stein gefesselte

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 Andromeda als mit leicht geneigtem Haupt und gelöstem langen Haar frontal zwischen

den hügeligen Felsen stehende Himmelsgestalt, in eine ärmellose, gegürtete Tunika sowie ein um die Oberschenkel geknotetes Tuch gekleidet. fol. 60v: Der geflügelte Pegasus als Halbfigur nach rechts gewandt. fol. 61r: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) mit schmalem, eng um den Leib gelegtem Reifen; Das farbig gestreifte Triangulum (Dreieck). fol. 61v: Die bauchseitig einander zugewandten, übereinander liegenden, durch eine Schnur von Maul zu Maul verbundenen Pisces (Fische) ; Der in Dreiviertelansicht vom Rücken gesehene, an den Füßen geflügelte, jugendliche Perseus nach links schreitend, das zottige Medusenhaupt in der vorgestreckten Linken, die Harpe in seiner zurückgestreckten Rechten, nackt bis auf ein über seiner Linken und seiner Schulter flatterndes Paludamentum sowie eine Phrygiermütze. fol. 62r: Die sieben Plejaden als nimbierte Halbfiguren in zwei Registern zu vieren bzw. zu dreien aufgereiht. fol. 62v: Die aus einem vielhöckrigen Körper, Hörnern sowie einem Querstück zusammengesetzte, mit fünfzehn Saiten bespannte Lyra (Leier) ; Cygnus (Schwan), mit ausgebreiteten Flügeln und langem, gerecktem Hals nach rechts gewandt. fol. 63r: Der nach rechts schreitende, mit in die Front gedrehtem Oberkörper und nach links gewandtem Kopf wiedergegebene jugendliche Aquarius (Wassermann), mit Beinkleidern, Schultermantel und Phrygiermütze bekleidet, mit beiden Händen eine rechts neben sich gehaltene Amphora ausgießend, aus der Wasser austritt, rechts daneben der nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz. fol. 63v: Der bärtige Sagittarius (Schütze) als nach links springender, gehörnter, bogenspannender Kentaur, einen Fellumhang über seiner linken Schulter tragend. fol. 64r: Aquila (Adler), mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf Sagitta (Pfeil) stehend; Delphinus (Delfin), nach links gerichtet. fol. 64v: Der frontal stehende bärtige Orion, mit kurzer Tunika exomis, Schultermantel und Schnürstiefeln bekleidet, die Rechte vom Gewand verhüllt, in der erhobenen Linken ein Schwert. fol. 65r: Canis maior (Großer Hund), mit nimbusartiger Strahlensonne, Halsband und offenem Maul nach links springend. fol. 65v: Lepus (Hase), nach links springend; Mitte: Argo Navis (Schiff), nach links, Ansicht des Hecks mit Rudern, Mast und Aplustre; Cetus (Seeungeheuer) als nach rechts liegendes Mischwesen mit dreifach gegabeltem Fischschwanz und ausgestreckten Vorderbeinen. fol. 66r: Die nach links kriechende, langgestreckte Hydra (Wasserschlange) mit aufgerichtetem Kopf, den prachtvollen Crater (Mischkrug) in der Mitte sowie den nach links gewandten, hackenden Corvus (Rabe) am Schwanzende auf einer Windung tragend. fol. 66v: Anticanis (Vorhund) mit Halsband, nach links springend; Der nach rechts gewandte Centaurus in Seitenansicht, ein Beutetier an einem über die linke, fellbedeckte Schulter ragenden Stab tragend, auf der offenen Rechten ein weiteres, mit dem Rücken auf einem Tuch liegendes geschecktes Beutetier präsentierend. fol. 67r: Eridanus als nackter, nach rechts schwimmender, bärtiger Mann, den Kopf gleichsam wie auf der linken Hand aufgestützt, die Rechte in fließender Bewegung nach oben weggestreckt; Piscis magnus (Südlicher Fisch), auf dem Rücken liegend. fol. 67v: Ara (Altar), in Form eines brennenden, dreifüßigen Räuchergefäßes mit drei Flammen. fol. 68r: Die auf rot-weißen Wellenbändern in drei Registern im Quincunx-Schema angeordneten fünf Planeten als Halbfiguren, oben links der bärtige Jupiter mit Globus und Szepter, oben rechts Mars mit Flügelhelm und Panzer, in der Mitte die bekrönte Venus, unten links der bärtige Saturn im Kapuzenmantel mit Harpe, unten rechts Merkur mit Caduceus. fol. 68v: Milchstraße als Gruppe von zwei weiblichen Figuren, die vordere, blaugewandete Gestalt mit halb entblößtem Oberkörper in schwebender Lage, einen hellen Reifen vor sich haltend, links hinter ihr sitzend die zweite, fast vollständig verhüllte Figur. fol. 71r: Sol als nimbierte Frontalgestalt auf dem von vier Pferden gezogenen Sonnenwagen, in der erhobenen Rech-

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ten eine brennende Fackel haltend, auf seiner erhobenen Linken einen Globus tragend. fol. 72r: Luna auf dem nach rechts gewandten Ochsengespann stehend, das sichelgekrönte

Haupt von einem blaugrauen Nimbus umgeben, in jeder Hand eine brennende Fackel haltend, von beiden Schultern weht eine Mantelbahn zur Seite. fol. 73v: AustronothusThetis als nach links springender Kentaur mit dem Oberkörper einer Frau, den Vorderbeinen eines Pferdes und den zottig-gestreiften Hinterbeinen einer Wildkatze, in den erhobenen Händen je ein flammenförmiges Grasbüschel haltend.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist weitgehend unklar. Wenn es dieser Codex war, der als Quelle für die Illustrationen des Liber Introductorius des Michael Scotus gedient hat, befand er sich wahrscheinlich um 1228–1234 am Hof Friedrichs II. in Sizilien. Von dort könnte das Buch wie andere Handschriften im 17. Jahrhundert durch den Herzog von Uceda, der von 1687 bis 1696 Vizekönig von Sizilien war, nach Madrid gelangt sein. 1769 berichtet Iriarte, dass er den Codex vor mehr als 25 Jahren bei Francisco Rodriguez für die Biblioteca Nacional erworben habe.

Literatur Iriarte 1769, I, S. 203–212; Breysig ed. 1867, S. XVII; Bethe 1893, S. 91–109, pl. S. 91; Thiele 1898, S. 143–151, fig. 62, 64; von Winterfeld 1900, S. 396 f; Bordona 1933, I, S. 234, Nr. 411, fig. 219; Bethe 1945, S. 52–54; Byvanck 1949, S. 48–49, Nr. 44; Cordoliani 1951, S. 5–35; Paz Remolar/Lopez de Toro 1953, I, S. 20–23, Abb. fol. 2v, 4v, 55, 71; Pellegrin 1953, S. 8; Millas Vallicrosa 1959, S. 119–126; Kat. Miniatures espagnoles et flammandes 1964, S. 13; McGurk 1966, S. XVI f; Weitzmann 1971, S. 116–117, fig. 93–94; McGurk 1973, S. 198, 209; Le Boeuffle ed. 1975; Gain ed. 1976, S. 2–8; Dell’Era ed. 1979/II; Lott 1981/I, S. 307–309; Lott 1981/II, S. 147–158; Munk Olsen 1982, I, S. 408; McGurk 1983, S. 73f.; Fernandez 1984, S. 307ff.; Bischoff 1989, S. 90; Mütherich 1989, S. 32, 34, 36–58, 61–63, Abb. 14–16; Haffner 1997, passim, bes. 91–101, 125–129, Abb. 1, 11, 16, 20, 25, 29, 34, 40, 43, 45, 47, 55, 58, 62, 66, 71, 68, 79, 83, 85, 86; Aviles 1996; Castineiras Gonzàlez 1999, S. 791–801; Blume 2000, S. 54ff., 62, 248f.; Clarke 2001; Ackermann 2008, S. 278ff., Lippincott 2009, S. 57f. Siehe S. 102–106, Taf. 30–41, Abb. 453–499

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Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307 Libri Computi von 809 (Aachener Enzyklopädie von 809) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Aachen, um 820 Kodikologische Angaben 300 × 238 mm, Pergament, 76 Folia, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel.

Art der Bilder Neben vier Kreisdiagrammen finden sich zum Text des Sternkatalogs insgesamt 42, in Deckfarbentechnik ausgeführte Miniaturen der Sternbilder, die zu je zweien oder dreien zwischen die einzelnen Textpassagen ohne Rahmen auf den blanken Pergamentgrund gesetzt wurden, die Position der Sterne war ursprünglich mit goldenen Punkten angegeben.

Inhalt fol. 5r–25v: fol. 5r–6v: fol. 7r–20v: fol. 21r: fol. 21v–22r: fol. 22v: fol. 23r: fol. 23v–25r: fol. 26r–31r: fol. 31v–39v: fol. 40r–52v: fol. 53r–71v: fol. 53r–54r: fol. 54r–62v: fol. 63r–63v: fol. 63v–64r: fol. 64v–65r: fol. 65v–67r: fol. 67r: fol. 68v–69r: fol. 69r–71v: fol. 72r–76v: fol. 74r–76v:

Libri Computi, Buch I Ganzseitige Tabellen, Mai bis August (Kalender von Prüm) Circuli decemnovenales leer Konkurrententabelle leer Gewichte 19-jährige Osterzyklen Libri Computi, Buch II, 1–22 Libri Computi, Buch III, 1–14 Libri Computi, Buch IV, 1–27 Libri Computi, Buch V Excerptum de astrologia (Dell’Era ed. 1974) Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) De positione et cursu VII planetarum (dazu auf fol. 63v Kreisdiagramm) De intervallis earum (dazu auf fol. 64r Kreisdiagramm) De absidibus earum (dazu auf fol. 65v Kreisdiagramm) De cursu earum per zodiacum circulum (dazu auf fol. 66r Kreisdiagramm) De interlunio; De eclypsi lunae; De eclypsi solis De solis eclipsi quando visa sit (760 – 812), Dimensium caelestium spatiorum De presagiis tempestatum Libri Computi, Buch VII: Auszüge aus Beda Venerabilis De natura rerum( Jones ed. 1975, S. 173–234) De mensuris et ponderibus; De ponderibus; De mensuris in liquidis

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Kommentar Der Madrider Codex 3307 wird als die authentischste Kopie jener Textsammlung erachtet, die auf Anweisung Karls des Großen im Jahr 809 wohl unter der Regie Adalhards von Corbie erarbeitet wurde und den vorausgegangenen Kontroversen hinsichtlich komputistischer Fragen ein Ende setzen sollte (vgl. Borst 1994, S. 121ff.). Die karolingische Kompilation war ein umfassendes Werk zur Zeitkunde mit dem Charakter einer naturkundlichen Enzyklopädie, das erstmals wieder die Beschreibung der Fixsterne in der Tradition des Aratos aufgriff, Plinius zitierte, die Maße der antiken Agrimensoren übernahm und der christlichen Kosmologie von Bedas De natura rerum zur Seite stellte. Sie wird als Libri Computi oder auch als Aachener Enzyklopädie von 809 bezeichnet und ist in sieben Bücher gegliedert: Das erste Buch enthält Kalender mit Heiligenfesten sowie eine Kurzchronik von Beda Venerabilis, wogegen das zweite Buch Formeln und Rechenbeispiele zur Zeitrechnung bietet. Das dritte Buch widmet sich dem Sonnenjahr, das vierte dem Mondmonat und der Osterberechnung. Im fünften Buch werden im Katalog De ordine ac positione stellarum in signis die Fixsterne beschrieben. Wichtigste Textquelle dieses Verzeichnisses waren die in der Spätantike zum Germanicustext verfassten Scholia Basileensia. Das sechste Buch gibt eine Maßlehre und das siebte schließlich Bedas Kosmologie De natura rerum. Das aus sieben Büchern bestehende Originalwerk ist in der Madrider Handschrift Ms. 3307 jedoch nicht vollständig überliefert; es fehlen Teile des ersten, das gesamte sechste sowie der Anfang des siebten Buches. Der im fünften Buch enthaltene Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis ist äußerst knapp und zählt nach einheitlichem Muster ausschließlich Position und Zahl der Sterne auf. Er wurde mit insgesamt 42 Illustrationen der Sternbilder versehen. Die kleinen, sehr sorgfältig in Deckfarbentechnik ausgeführten Bilder wurden dabei stets unterhalb des jeweils die Sternbilder beschreibenden, einspaltigen Textblocks eingefügt. Den gleichen Bilderzyklus enthalten die Handschriften in Monza fol. 9 (176), Rom Vat. lat. 654, Berlin Phillipps 1832 und leicht variiert Freiburg 35. Die Miniaturen der Madrider Handschrift sind heute stark verblasst und abgerieben. Bei einer ganzen Reihe an Darstellungen wurden später von einer ungeübten Hand die Umrisse mit dunkler Farbe nachgezogen, was den Eindruck der Bilder stark verfälscht. Verschiedentlich wurden auch »Korrekturen« vorgenommen, unter anderem hat man den männlichen Figuren das Geschlechtsteil entfernt. Bei den Sternbildern des Großen und Kleinen Bären ist die Spur einer Pause zurückgeblieben. Diese Einzelheiten deuten auf eine starke Benutzung der Handschrift sowie auf eine intensive Auseinandersetzung mit dem Bildschmuck hin. Die Farbpalette der Sternbilder war ursprünglich sehr viel kräftiger. Die Illustrationen wurden allein mit dem Pinsel in durchscheinenden, bevorzugt hellen und weißhaltigen, aber auch wässrig-blauen und kupfergrünen Deckfarben ausgeführt. Bei den besser erhaltenen Figuren, wie z. B. beim Schützen auf fol. 60r, zeigt sich deutlich die nuancierte und fein abgestimmte Abschattierung bzw. Kolorierung der Miniaturen, deren Lichter in Weiß schraffierend aufgesetzt wurden. Hervorzuheben ist daneben auch die ausgesprochen lebendige Darstellung der verschiedenen Tiere, die in ihren charakteristischen Bewegungen sehr gut getroffen sind. Ikonographisch weisen die Illustrationen einerseits Züge auf, die sonst nur im Aratus Latinus (De signis coeli) wiederkehren, wie etwa der Schlangenträger mit waagerechter Schlange, das Eselpaar seitlich der Krippe oder der Schütze als Satyr. Andererseits begegnen auch Merkmale aus der Tradition der Germanicusillustration, etwa die aus Blättern gewundene Nördliche Krone,

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die Jungfrau ohne Waage, die Zwillinge mit Lyra und Lanze, der Fuhrmann mit einem Wagen oder die Lyra in U-Form. Einige wenige Details erinnern an die Illustrationen des Leidener Germanicus, so der frontal gezeigte Schwan, der in der Pose des klassischen Flussgottes lagernde Eridanus oder der abgewandte Rabe auf der Wasserschlange. Diese Beobachtungen lassen darauf schließen, dass der Maler der Madrider Handschrift bei der Kompilation des Bildzyklus einerseits Quellen herangezogen hat, die bereits für den Leidener Germanicus benutzt wurden, und dass gleichzeitig aber auch die neugeschaffenen Germanicusillustrationen ausgewertet wurden. Abgesehen von den Übernahmen tendierte der Schöpfer der Madrider Sternbilder jedoch dazu, die Darstellungen in die Front auszurichten oder sich in Leserichtung bewegen zu lassen. Vielfach vereinfachte er seine Vorlage, verzichtete auf Details oder zeigte sonst in Halbfigur wiedergegebene Sternbilder wie den Stier auf fol. 57v oder die Argo auf fol. 61r als Ganzfigur. Diese, aus ästhetischen Gründen vorgenommenen Veränderungen nehmen keine Rücksicht auf astronomische Vorgaben. Beim Krebs auf fol. 56v stellte der Maler jedoch zwei wichtige Einzelsterne, die als nördlicher und südlicher Esel bezeichnet werden und im Text benannt sind, gesondert als zwei kleinformatige Esel an einem Futtertrog dar. Zuweilen hat er die Bilder einer Doppelseite auch suggestiv miteinander verknüpft, so scheint der Große Hund auf fol. 60v den Hasen auf fol. 61r wirklich zu verfolgen und das Seeungeheuer Cetus auf fol. 61r ganz auf das Schiff Argo orientiert zu sein. Entgegen den bisherigen Beschreibungen der Madrider Handschrift lassen sich bei genauer Betrachtung auf den besser erhaltenen Miniaturen geringe Spuren von goldenen Lichtpunkten erkennen. Sie waren genau an den Stellen angebracht, die der Text als Sternpositionen beschreibt. Offenbar wurde das Gold ohne Untermalung direkt auf die Farbfläche aufgetragen und hat dann dem starken Gebrauch der Handschrift nicht standgehalten. Da die Goldspuren auch auf guten Abbildungen nicht zu erkennen sind, seien die verifizierbaren Reste hier in einer kurzen Aufzählung zusammengefasst: Jungfrau – in den Haaren oberhalb der Stirnmitte; Krebs – am Ende der beiden mittleren oberen Beine; Pegasus – an drei Stellen auf der Stirn und in der Mähne; Fische – in der Mitte des Rückens beim oberen Fisch; Perseus – an der linken Schulter; Wassermann – auf der rechten Hand; Adler – auf der Brust; Orion – an drei Stellen in den Haaren und an der rechten Hand; Hase – in der Mitte des Rückens; Altar – an zwei Stellen in den Flammen des Feuers; Centaurus – an zwei Stellen in den Haaren, an der linken Schulter und an den Hinterläufen des empor gehaltenen Hasen; Wasserschlange – an drei Stellen am Schwanz in der letzten Windung und im Mischkrug; Mischkrug – an zwei Stellen der Ausgussöffnung, drei an der Wölbung des Gefäßes, einer seitlich am Fuß; Vorhund – an vier Stellen entlang des Rückens. Sorgfältige künstlerische Gestaltung und wissenschaftliche Genauigkeit bestimmten demnach den Charakter der Malereien, welche die einförmige Aufzählung der Sternpositionen ergänzten. Die Bilder besaßen somit auch einen wissenschaftlich/didaktischen Wert. Die eher kleinformatigen Darstellungen beeindruckten ursprünglich nicht nur durch die illusionistische Wiedergabe der Sternbilder in kräftigen Farben, sondern auch durch das auf die Miniaturen gelegte abstrakte Muster der Goldpunkte, welches sich auch am Nachthimmel wiederfinden ließ. Für die Datierung gibt eine auf fol. 68v nachgetragene Liste von Sonnenfinsternissen, die bis zum Jahre 812 reicht, einen sicheren terminus post quem. (Boschen 1972, S. 22) Einhellig geht

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die Forschung von einer Entstehung um 820 aus. Für eine füher angenommene Entstehung in Metz gibt es keine wirklichen Argumente. Eine neuerdings von Borst vorgenommene Lokalisierung des Codex nach Murbach fußt auf einem paläograpischen Urteil von B. Bischoff, ist aber von der Buchmalerei her kaum vorstellbar. Die Farbpalette sowie die an antiken Vorbildern orientierte illusionistische Malweise verweisen dagegen auf den Hof in Aachen und erinnern an die Miniaturen der sogenannten Gruppe des Wiener Krönungsevangeliars, die etwa um 820 anzusetzen ist und unter dem Kaiser Ludwig dem Frommen entstand (vgl. Aachen, Domschatz-Handschrift sowie den Agrimensorencodex in Rom. Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Pal. lat. 1564). Aber nicht nur die stilistischen Merkmale, sondern auch die Kombination der verschiedenen Vorlagen lassen eigentlich keine Alternative zu einer Entstehung der Madrider Handschrift in Aachen nach dem Leidener Aratos und damit eine Datierung nach 816 zu. Verzeichnis der Bilder fol. 54v: Oben: Die nach rechts gewandte Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Mitte: Die nach links gewandte Ursa minor (Kleiner Bär) in Seitenansicht; Unten: Die leicht schräg in vier Windungen nach oben kriechende Serpens (Drache) in Seitenansicht. fol. 55r: Oben: Der nackte, bärtige Hercules als kniende, leicht nach links gewandte Fron-

talfigur, in der erhobenen Rechten die Keule schwingend und ein großes Löwenfell in der seitlich ausgestreckten Linken haltend; Unten: Die ein wenig gedrückt erscheinende Corona borealis (Nördliche Krone), aus Lorbeerblättern gebunden, oben in der Mitte mit einem großen Juwel besetzt und unten von einem schmalen Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten. fol. 55v: Oben: Der nach links blickende, nackte Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht, die zweifach um seinen Körper gewundene Schlange mit beiden Händen am waagerecht ausgestreckten Kopf- und Schwanzende gepackt haltend; Unten: Der nach rechts gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 56r: Oben: Der in eine blaue, unten wie zerrissene Tunika gekleidete bärtige Bootes (Bärenhüter) als leicht nach links orientierte Frontalfigur, in seiner Rechten das nach unten gehaltene Pedum, die Linke nach oben ausgestreckt; Unten: Die in prächtige Ober- und Unterkleider gewandete, geflügelte Virgo (Jungfrau) als Frontalgestalt mit vorgestrecktem rechten Bein, in ihrer Linken eine große Ähre haltend. fol. 56v: Oben: Die bis auf einen Schultermantel über ihrem linken Arm vollständig nackten, in angedeutetem Kontrapost nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) als jeweils zum Seitenrand blickende Frontalfiguren, der linke Zwilling trägt in seiner Linken eine Lyra und hat die Rechte zeigend erhoben, der rechte Zwilling hat die verhüllte Linke leicht erhoben und hält in seiner Rechten eine Lanze; Unten: Der mit quadratischem Körper und dicken Scheren wiedergegebene, nach rechts gerichtete Cancer (Krebs) in Aufsicht, rechts neben ihm die links und rechts neben der kubusförmigen Futterkrippe stehenden beiden Esel in Seitenansicht. fol. 57r: Oben: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul und herausgestreckter Zunge nach links springend; Unten: Auriga (Fuhrmann) als nach rechts gewandte Frontalfigur auf dem in Seitenansicht gezeigten, nach rechts fahrenden, zweispännigen Wagen, mit Ärmelchiton und einem darüber geschlungenen Tuch sowie Schuhen bekleidet, mit der in der erhobenen Rechten gehaltenen Peitsche die galoppierenden Pferde antreibend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden zueinander gewandten Böckchen tragend, mit der Linken die Pferde zügelnd, hinter dem Wagen die Ziege. fol. 57v: Oben: Taurus (Stier) als nach links gewandte, liegende Ganzfigur; Mitte: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und

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gespreizten Beinen stehende Frontalfigur, den Kopf leicht nach links gewandt, mit Hosen, Ärmelchiton, Schuhen und Phrygiermütze bekleidet, zu seiner linken Seite an kurzem Band ein Schwert hängend; Unten: Die mit ausgebreiteten Armen auf einem wuchtigen Kastenthron mit Rückenlehne und Fußbank sitzende Cassiopeia in Frontalansicht, den Kopf leicht nach rechts geneigt, mit langärmeligem langen Unterkleid sowie einem Obergewand bekleidet. fol. 58r: Oben: Die mit beiden Händen an den Stein gekettete, in ein langes, gegürtetes Kleid gehüllte, langhaarige Andromeda als zwischen den hügeligen Felsen stehende, leicht nach rechts orientierte Frontalfigur mit nach rechts geneigtem Kopf; Unten: Der geflügelte Pegasus als Halbfigur nach rechts gewandt. fol. 58v: Oben: Der nach rechts gewandte, stehende Aries (Widder) in Seitenansicht mit eng um die Körpermitte anliegendem Reifen; Mitte: Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiedergegebenen, in entgegengesetzte Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 59r: Oben: Der nach rechts eilende, an den Füßen geflügelte, nackte, jugendliche Perseus, die Phrygiermütze auf dem Haupt, in der Rechten ein kurzes und schmales Schwert haltend, in seiner Linken das abgeschlagene Medusenhaupt; Mitte: Die aus einem zweifach gewölbten Unterkörper, Hörnern und Querstück zusammengesetzte fünfsaitige Lyra (Leier) ; Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln und nach rechts gewandtem Kopf frontal stehende Cygnus (Schwan). fol. 59v: Oben: Der mit gebogenem Körper in einer dynamischen Haltung stehende, jugendliche Aquarius (Wassermann) als nach links blickende Frontalgestalt, bis auf Schultermantel und Phrygiermütze vollständig nackt, die Linke von dem zur Seite wehenden Mantel verhüllt, mit der weit ausgestreckten Rechten eine Urne ausgießend, aus der ein breiter Wasserstrahl austritt; Unten: Der in Seitenansicht gezeigte, nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz. fol. 60r: Oben: Der bärtige Sagittarius (Schütze) als nach rechts eilender, kräftiger, bogenspannender Satyr mit zottigen Bocksbeinen und langem Schwanz; Mitte: Aquila (Adler) nach links, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Der mit aufgerichtetem, dreifach gefächertem Schwanz und langen Kopfflossen dargestellte Delphinus (Delfin), nach rechts schwimmend. fol. 60v: Oben: Der jugendliche Orion als im klassischen Kontrapost stehende Frontalfigur, in kurze Ärmeltunika, Beinkleider und langen, den linken Arm bedeckenden Schultermantel gekleidet, zu seiner linken Seite ein Schwert hängend, sich mit der Rechten an seine Schulter fassend, die linke Hand am Schwertgriff; Unten: Canis maior (Großer Hund) mit Halsband und geöffnetem Maul, nach rechts springend. fol. 61r: Oben: Lepus (Hase), nach rechts springend; Mitte: Argo Navis (Schiff), Ansicht des ganzen Schiffs mit einem Ruderpaar sowie einem breiten Segel über dem Kreuzmast mit kugelförmigem Abschluss und flatternden Bändern, der gebogene Bug mit wehendem Tuchstreifen sowie das dreifach gegabelte Heck jeweils mit kugeliger Spitze als Abschluss; Unten: Cetus (Seeungeheuer) als nach links lagerndes Mischwesen mit vorgestrecktem, leicht nach oben gewandtem Kopf, mehrfach verschlungenem Hinterkörper und langen, gefächerten Flossen. fol. 61v: Oben: Der bärtige Eridanus als klassischer Flussgott, mit dem rechten Arm auf eine Urne gestützt auf einem Gewässer lagernd, die Beine von einem Tuch bedeckt, in seinem linken Arm einen langen Schilfstengel haltend; Mitte: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend; Unten: Der einfache, kubusförmige, seitlich gezeigte, zweistufige Ara (Altar) mit brennender Glut. fol. 62r: Oben: Der nach rechts schreitende, bärtige Centaurus in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, in der vorgestreckten Linken einen erbeuteten Hasen an den Hinterläufen haltend, in seinem rechten Arm ein doppelspitziger Speer; Unten: Die mehrfach gewundene, dünne, mit erhobenem Kopf nach rechts kriechende Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) in der Körpermitte, den auswärts gewandten Cor-

33 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307 vus (Rabe) am Schwanzende auf einer Windung tragend. fol. 62v: Oben: Corvus (Rabe), nach links gewandt; Mitte: Crater (Mischkrug) in Form einer schlanken Amphora; Unten: Anticanis (Vorhund), nach rechts springend.

Provenienz Ein später nachgetragener Kalender beweist, dass sich die Handschrift im späteren 9. Jahrhundert in der Abtei Prüm (Eifelkloster) befand. Um 922 war der Codex in der Diözese Liège; vielleicht wurde er durch Abt Richerius von Prüm, Bischof von Liège, dorthin verbracht. Später gelangte das Manuskript ins spanische Sizilien. Wie eine Notiz auf fol. 17r, »Anno 1543 ego Fr. Franciscus Monachi, minorita, hunc librum dono accepi«, berichtet, wurde das Buch im Jahre 1543 durch den Minoriten Franciscus Monachi erworben. Später gelangte es in den Besitz des Herzogs von Uceda, der von 1687 bis 1696 Vizekönig von Sizilien war. In dessen Bibliothekskatalog von 1692 wird die Handschrift erwähnt. Gemeinsam mit anderen Büchern Ucedas könnte der Codex nach Madrid gelangt sein.

Literatur Hartel/Loewes 1886, I, S. 412–415; Bordona 1933, Nr. 568, fig. 240; Neuss 1940, S. 37–64; Neuss 1941, S. 113–140, fig. 3, 4, 5, 11, 12, 15, 18, 19; Byvanck 1949, S. 58, Nr. 87; Mütherich/Gaehde 1976, Nr. XIII, pl. 27; Koehler 1960, III, S. 119–127, Taf. 53–60; Nordenfalk 1965, S. 296–297; Vieillard-Troiekouroff 1966, S. 77ff.; King 1969, S. 46ff.; Boschen 1972, S. 13–26; Dell’Era ed. 1974; Jones ed. 1975; Bischoff 1981, 3, S. 97; Munk Olsen 1985, II, S. 258ff., Nr. B 37, 5; Mütherich 1989, S. 58, 62, Abb. 19; Codice de Metz 1993; Eastwood 1993, S. 164, Anm. 15; Engelen 1993, S. 70; Euw 1993, S. 261; Borst 1994, S. 162–163, Anm. 97; Kat. Utrecht 1996, S. 198–199, fig. 12 a, 12 b; Borst 1998; Borst 1999; Blume 2002, S. 255f.; Blume 2009, S. 525, 537f. Siehe S. 65–66, Taf. 42–45, Abb. 500–522

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Montecassino, Archivio della Badia, Ms. 3 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Süditalien (Benevent oder Montecassino?), zwischen 874–892 (879?) Kodikologische Angaben 314 × 210 mm, 194 Folia, Pergament, Beneventana, Auszeichnungen, Titel, Überschriften in Capitalis oder Unziale, Ornamentinitialen, Text vorwiegend zweispaltig zu 29 Zeilen von einer Hand geschrieben.

Art der Bilder Zum Text des Sternkatalogs finden sich zwischen fol. 177r und fol. 192v insgesamt 40 in lavierter Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Sternbilder, die ohne Rahmen und Hintergrund zu mehreren auf das Pergament gesetzt wurden, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1–11: fol. 12–83: fol. 83–90: fol. 90–109: fol. 109–114: fol. 114–130:

fol. 131–171: fol. 131–140: fol. 140–148:

fol. 148–165: fol. 166–167: fol. 168–171:

fol. 172–176:

Astronomisches (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 57–65) Alcuin, De fide S. Trinitatis lib. I–III (Migne PL 101, 11–58) Alcuin, Quaestiones I–XXVIII de Trinitate (Migne PL 101, 59–64) Alcuin, Liber de animae ratione (Migne PL 101, 639–650) De sex aetatibus mundi (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 69–76) Astronomisches (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 69–76); Lectiones computi (von 760); Alcuin, De saltu lunae problema secundum (Migne PL 101, 989–990), Ps-Beda, De diversis argumentis (Migne PL 90, 724–725) Ostertabellen; Komputus; Varia Ps-Beda, Decennovenales circuli (Migne PL 90, 825–844) Ps-Beda, Tabulae quae in computo de embolismorum ratione inveniuntur (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 77–79); De ratione calculi (Migne PL 90, 677–680), (Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 80) sowie Astronomisches Oratio Dominica carmine; Astronomisches De computo vel loquella digitorum (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 83–89, 90–91) (Migne PL 90, 689, 708) Ausonius, Versus de singulis mensibus (Peiper ed. 1886; Riese ed. 1896, II, Nr. 639); Item versus de numero dierum mensium singulorum (Riese ed. 1896, I, Nr. 394); Detrastikon autenticum de singulis mensibus (Riese ed. 1896, I, Nr. 395); Versus de duodecim signis (Migne PL 94, 637); Item versus de duodecim signis (Migne PL 90, 358); Versus ciclus anniversalis (Migne PL 90, 860); Jane kalendas De ortu et obitu Patrum (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 93–96; Migne PL 29, 915; 94, 1173)

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fol. 177–192: fol. 193: fol. 194:

Sternkatalog De signis coeli (Migne PL 90, 945–948; Maass ed. 1898, S. 582–601; Dell’Era 1979, S. 268–301) De quinque stellis que dicuntur planete (vgl. Florilegium Casinense ed. 1873, I, S. 96) Exzerpte aus Plinius NH III, lib. XVIII; Astronomisches (vgl. Rom Vat. lat. 645, fol. 38r–39r, 45v, 54v, 55r, 69r, 72r–72v, 77v); Namen

Kommentar Der Codex aus Montecassino Ms. 3 gehört jener dem Komputus gewidmeten Gruppe von Sammelhandschriften an, die in den Klöstern unabhängig von höfischen Bestrebungen gebildet wurden. Auffällig ist eine bis hin zu grammatikalischen Fehlern reichende Übereinstimmung des Ms. 3 mit einer zwischen 811–812 in Montecassino entstandenen, als Florilegium Casinense bezeichneten und spätestens 875 nach Benevent gelangten Handschrift in Rom, Bibl. Casanatense, Ms. 641. Vielleicht ist die Cassinenser Handschrift 3 eine Kopie des Florilegiums; allerdings geht der bebilderte Text zum Pseudo-Bedanischen Sternkatalog nicht auf diese Vorlage zurück. Möglich ist aber auch, dass beide Bücher Filiationen eines gemeinsamen Archetypus sind. Gewöhnlich wurde die Handschrift mit Verweis auf den paläographischen, historischen und kunsthistorischen Befund nach Montecassino lokalisiert. Wegen der Anwesenheit des als Textvorlage möglichen Florilegiums sowie wegen eines sich auf die Weihe des Beneventer Bischofs Aio im Jahr 875 beziehenden Eintrags auf fol. 79v und weiteren, im Kalender enthaltenen Benutzungsspuren sowie auf Grund stilistischer Bezüge zur regionalen Monumentalmalerei (etwa zu den Fresken von San Vincenzo und Santa Sofia in Benevent sowie zur Dekoration von Castellamare di Stabia) plädierte man daneben für eine Entstehung des Ms. 3 in Benevent. Wesentliches Argument hierfür war ein auf diesen Ort verweisendes, in Wirklichkeit jedoch gar nicht vorhandenes Exlibris auf fol. 1r mit der vermeintlichen Inschrift Liber maioris ecclesie Beneventane. Dabei handelt es sich jedoch um einen bereits in der frühen Forschung fassbaren und wiederholt aufgegriffenen Irrtum, denn der einzige Besitzervermerk des Manuskripts verweist auf das Kloster Montecassino. Die Frage der Lokalisierung war heftig umstritten; nach einer längeren Diskussion geht die neuere Forschung jetzt allerdings von einer Entstehung des Ms. 3 in Montecassino aus. Weniger problematisch erwies sich hingegen die Frage nach der Datierung des Manuskripts, denn basierend auf den Angaben der Ostertafeln auf fol. 131 lässt sich die Handschrift in den Zeitraum zwischen 874 und 892 einordnen. Eine genauere zeitliche Bestimmung aufgrund eines innerhalb des ersten Osterzyklus beim Jahr 879 gesetzten roten Punktes ist unsicher, da es sich bei weiteren roten Punkten auf derselben Seite um Flecken handelt. Die Handschrift Montecassino 3 ist ein umfangreiches Kompendium zur Kalender- und Zeitberechung, das neben den für diese Thematik wichtigen Werken des Beda Venerabilis und Beispielen zur Datumsberechnung auch die 19-jährigen Zyklen sowie den Text des Sternkatalogs De signis coeli enthält. Dieser informiert in knappen, gleichsam standardisierten Abschnitten zu den einzelnen Sternbildern über astrothetische Daten wie Zahl oder Position der Sterne und schildert in einem eigenen Kapitel die fünf Planeten. Dabei zeichnet sich der Text zu den einzelnen Sternbildern durch zum Teil recht eigentümliche Passagen aus, die in der herkömmlichen literarischen Tradition nicht zu finden sind. In den von Corbie ausgehenden, mit Montecassino 3 vergleichbaren Recensio interpolata-Handschriften wie Paris lat. 12957 oder Dresden Dc 183

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wird der Text des Sternkatalogs gewöhnlich von einem umfangreichen Illustrationszyklus begleitet, der neben Darstellungen der Hemisphären und eines Himmelsglobus die Wiedergabe der Sternbilder sowie der Planeten und Luminaria umfasst. Im Unterschied zu jenen Codices entnahm man bei der Gestaltung der Cassinenser Handschrift der Illustrationstradition allein die Einzelbilder der Konstellationen; alle weiten Bilder fehlen. Ähnlich wie bei den Handschriften der Aachener Libri computi beschränkte man sich also auf jene für den Komputus wichtigen Miniaturen. Den Text des Sternkatalogs begleiten insgesamt 40, in lavierter Federzeichnung ausgeführte Miniaturen. Sie wurden jeweils unterhalb des entsprechenden, einspaltig in der ortsüblichen Beneventana geschrieben Abschnitts in den für sie freigelassenen Raum eingefügt. Auf diese Weise entstand ein enger Zusammenhang zwischen dem Text und seinen erläuternden Bildern. Alle Miniaturen sind einfarbig und ungerahmt; auf die Angabe der Sternpositionen hat man verzichtet. Die Himmelswesen erscheinen wohlproportioniert und erhalten vor allem durch ihre Gewänder plastische Modulation. Zum Teil werden einzelne Gewandteile durch Füllung mit der gleichen Farbe als Schattenpartien akzentuiert. Die Binnenzeichnung weist lange, geradlinige Faltenbündel sowie dicht übereinander gestaffelte spitze Winkel auf. Teilweise wurden ornamentale symmetrische Flächenmuster auf die vom Körper gelösten Gewandteile übertragen. Eine besondere graphische Wirkung bieten vor allem die zickzackgemusterten Säume. Die Miniaturen stehen ikonographisch im Zusammenhang mit der Bildtradition der Recen­ sio interpolata-Illustration und können mit denen der Handschriften in Sankt Gallen, Ms. 250 und 902, und Paris, Ms. lat. 12957, zu einer Gruppe zusammengefasst werden. Von Bedeutung ist vor allem der Zusammenhang mit den Sankt Galler Bildern, die dort allerdings nicht den Sternkatalog De signis coeli, sondern die als Scholia Sangermanensia bezeichnete überarbeitete Version des Aratus latinus begleiten. So hat man die Jungfrau jeweils mit einer Waage und die Zwillinge mit Lanzen dargestellt. Charakteristisch ist hier wie dort auch das Bild des Eridanus als aus dem Wasser herausragende Büste mit flammenartig abstehenden Haaren, die sich nicht an der von der Antike ausgehenden Bildtradition des lagernden Flussgottes, sondern eher an jener der Oceanosdarstellungen orientiert. Der Codex aus Montecassino, Ms. 3, ist eines der wenigen Zeugnisse cassinensischer Buchmalerei des 9. Jahrhunderts und darüber hinaus ein beredtes Dokument des intellektuellen Lebens im süditalienischen Raum vor der sarazenischen Zerstörung im Jahr 883. Verzeichnis der Bilder fol. 177r: Oben: Die mit geöffnetem Maul nach links stehende Ursa maior (Großer Bär)

in Seitenansicht; Mitte: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, mit geöffnetem Maul nach links stehende struppige Ursa minor (Kleiner Bär) ; Unten: Der nach rechts in vier großen Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) in Seitenansicht, die einander mit den Rücken zugewandten, jeweils in verschiedene Richtungen stehenden Bären zwischen den Windungen, rechts daneben am Seitenrand ein weiteres, den Bären ähnelndes Tier. fol. 178v: Oben: Der im Knielauf nach links eilende, nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht im Kampf gegen die um den blütenbesetzten Baum der Hesperiden gewundene Hydra; die Keule in der erhobenen Rechten, ein großes zottiges Löwenfell über der Linken holt er mit Schwung zum Schlag aus; Unten: Die aus neun ovalen Gliedern sowie einem doppelten Verbindungsstück zusammengesetzte hufeisenförmige

34 Montecassino, Archivio della Badia, Ms. 3 Corona borealis (Nördliche Krone). fol. 179r: Oben: Der mit Blick und Bewegung nach links orientierte, nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht auf dem Skorpion stehend, die nur den geschnabelten Kopf aufrichtende, sonst waagerecht gestreckte Schlange hinter seinem Körper am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend; Mitte: Der mit schlanken Scheren, dünnen Beinchen sowie einem aus vier Ringen gebildeten Schwanz mit Stachel gezeigte, nach links gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht; Unten: Der bis auf ein um die Hüfte geknotetes Tuch vollständig nackte, jugendliche Bootes (Bärenhüter) als voluminöse Frontalfigur mit ins Profil gedrehtem Kopf, in der erhobenen Linken das Lagobolon haltend, über dem ausgestreckten rechten Arm ein großes Löwenfell tragend. fol. 180v: Oben: Die in prächtige fußlange Ober- und Unterkleider gewandete, geflügelte Virgo (Jungfrau) als mit vorgestrecktem linken Bein schreitende Frontalgestalt, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine große Ähre und links eine Waage haltend; Unten: Die wie gespiegelt in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge), mit knielanger Ärmeltunika, Schultermantel und Schuhen bekleidet, sich mit dem jeweils zum Seitenrand zeigenden Arm auf eine Lanze stützend, die freie Hand entweder im Zeigegestus vor der Brust haltend oder die Lanze berührend. fol. 181r: Oben: Der mit verhältnismäßig langen Scheren und rudimentären Beinen nach rechts wiedergegebene, rundliche Cancer (Krebs) in Aufsicht; Mitte: Leo (Löwe) in Seitenansicht, mit flammenartiger Mähne, geöffnetem Maul und übereinandergestellten Beinen nach links springend; Unten: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebend wiedergegebene jugendliche Auriga (Fuhrmann), in ein bodenlanges, faltenreiches Gewand sowie Manteltuch gekleidet, in der zur Seite erhobenen rechten Hand eine Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm in Schulternähe sowie auf der Hand die zwei Böckchen präsentierend, rechts danebenstehend die Ziege. fol. 182v: Der nach rechts im Profil wiedergegebene Taurus (Stier) mit kleinen Hörnern als mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Bein liegende Halbfigur, die Falten des Fells im Halsbereich durch vier wellenartige Linien betont; Unten: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen frontal stehende Gestalt, mit knielangem Ärmelgewand, Stiefeln sowie einem nach beiden Seiten wehenden Schultermantel bekleidet, auf dem lockigen Haupt die Phrygiermütze. fol. 183r: Oben: Die mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Fußbank und dickem, gewickelten Kissen frontal sitzende Cassiopeia, in ein langes Untergewand mit Ärmeln, Tunika und Schultermantel kostbar gekleidet, auf dem gescheitelten Haupt eine Tiara tragend; Unten: Die mit übergroßen ausgebreiteten Armen zwischen zwei hügeligen Felsen frontal stehende Andromeda, in ein bodenlanges, gegürtetes Kleid gewandet, das hinter den Schultern in zwei eigenartigen, gewickelten, zylindrischen Streifen endet, auf dem gescheitelten Haar eine Palmettenkrone tragend. fol. 184v: Oben: Der als Halbfigur nach rechts in Seitenansicht gezeigte Pegasus mit Flügeln, zottiger Mähne und übereinandergestellten, an den Gelenken gepunkteten Vorderbeinen; Mitte: Der pferdeartige, gleichsam geschoren wirkende, hörnerlose Aries (Widder) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf nach links schreitend, einen ornamental gestalteten Kranz um die Körpermitte tragend, nur an der Schwanzspitze Reste des dichten Fells; Unten: Das aus einem ornamental gestalteten Streifen bestehende Triangulum (Dreieck), in den Ecken jeweils ein Sternmotiv. fol. 185r: Oben: Die übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtungen schwimmenden, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden Pisces (Fische) ; Unten: Der nach links stehende, ungeflügelte und bärtige Perseus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, vollständig nackt bis auf einen über der rechten Schulter wehenden Mantel sowie einer auf dem im Profil gezeigten Kopf getragenen, spitz zulaufenden Kappe, mit einer Keule in der erhobenen Linken zum Schlag ausholend, während er in der

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erhobenen Rechten ein von Haaren flammenförmig umgebenes Medusenhaupt am Schopf empor hält. fol. 186v: Oben: Die neunsaitige Lyra (Leier), zusammengesetzt aus einem rechteckigem Schallkörper und einem aus zwei gebogenen Hörnern gebildeten Aufsatz mit Querstück; Unten: Der nach rechts in Seitenansicht stehende Cygnus (Schwan), links daneben ein weiterer, flüchtig auf das Pergament geworfener Schwan. fol. 187r: Oben: Der in Dreiviertelansicht nach rechts gewandt stehende, jugendliche Aquarius (Wassermann), bekleidet mit einem transparenten, von der Hüfte bis zum Boden herabreichenden Tuch sowie mit einem hinter dem Rücken in steifen Falten abstehenden Schultermantel, mit beiden Händen eine schlanke Amphora vor sich ausgießend, aus der fünf kurze Wasserstrahlen austreten; Mitte: Der mit ausgestreckten Vorderbeinen nach links lagernde, im Profil gezeigte Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus gehörntem Ziegenbock und einfach gewundenem Fischschwanz mit palmettenartig geteilter Schwanzflosse, am Seitenrand eine jüngere Kopie in Bleistiftzeichnung; Unten: Der nach links galoppierende, jugendliche Sagittarius (Schütze) als bogenspannender Kentaur in Seitenansicht, nackt bis auf ein von den Schultern nach hinten in zackigen Falten wehendes, gestreiftes Manteltuch und eine spitze Skythenmütze. fol. 188v: Oben: Der mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach rechts stehende Aquila (Adler) in Seitenansicht; Mitte: Delphinus (Delfin) mit Hundekopf, kurzen gestreiften Flossen sowie breiter, mehrfach geteilter Schwanzflosse, nach links schwimmend; Unten: Der jugendliche Orion als mit Blick und Bewegung leicht nach links oben orientierte Frontalgestalt in einem knielangen Ärmelchiton mit Dekorsaum und einem Schultermantel, in der erhobenen Linken ein blankes Schwert haltend, die vorgestreckte Rechte vom Mantel vollständig verhüllt. fol. 189r: Oben: Der mit geöffnetem Maul nach links springende Canis maior (Großer Hund) mit Strahlennimbus; Mitte: Lepus (Hase), von rechts nach links springend, dieses Tier wurde später zweimal, am rechten Seitenrand sowie in der rechten unteren Seitenecke, in Bleistift kopiert; Unten: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffes vom gebogenen Heck mit einem Ruderpaar bis hin zum Mast, von dem ein in steifen Falten abstehendes Segeltuch nach hinten weht, auf Deck ein gemauertes, ziegelgedecktes Haus mit Dreiecksgiebel und Satteldach. fol. 190v: Oben: Das nach rechts in Seitenansicht gezeigte Seeungeheuer Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit Hundekopf, übereinandergestellten Vorderbeinen und einfach verschlungenem, sich hinten palmettenartig teilendem Fischschwanz; Unten: Der bärtige Eridanus als flammenförmig von Haar umgebene, maskenartige Büste, die rechte Hand im Segensgestus aus einer vierkantigen Manschette wie aus dem Nichts herausragend, links neben dem Kopf, gleichsam die Schulter des Himmelswesens bildend, ein flügelförmiges, halbes Akanthusblatt. fol. 191r: Oben: Der voluminöse Piscis magnus (Südlicher Fisch) in Seitenansicht, auf dem Rücken liegend; Unten: Der in Form eines dreistufigen Turms dargestellte, brennende Ara (Altar), links davon eine jüngere Kopie des Cetus. fol. 192v: Oben: Der nach rechts galoppierende, nackte, jugendliche Centaurus in Seitenansicht, im linken Arm einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier, in der vorgestreckten Rechten eine runde Flasche sowie ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend; Mitte: Die mit erhobenem Kopf nach links kriechende Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) mit Henkel sowie den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Ende des Körpers auf den Windungen tragend; Unten: Anticanis (Vorhund), nach links empor springend.

34 Montecassino, Archivio della Badia, Ms. 3

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist unsicher. Auf fol. 1r befindet sich ein Exlibris mit der Inschrift »Iste liber est Sacri Monasterii Casinensis N. 644«. Es verweist auf das Kloster Montecassino, zu dessen Buchbestand der Codex noch heute gehört.

Literatur Caravita 1869, I, S. 29ff.; Caravita 1869, II, S. 17ff.; Bibl. Casinensis 1873, I, S. 86–96, Taf. I, 2; Riegl 1889, S. 73; Thiele 1898, S. 161, fig. 70; Lowe 1908, S. 8ff.; Inguanez 1915, I, S. 6–8; Lowe 1929, I, pl. 24; Boeckler 1930, S. 72; Avery 1936, Taf. CXCIV–CXCV; Byvanck 1949, Nr. 92; Degenhart 1950, S. 140, fig. 85; Kat. Florenz 1953, S. 43, Nr. 60; Martin 1956, S. 46; Pantoni 1959, S. 137; Wettstein 1960, S. 109; Bologna 1962, S. 40–41; McGurk 1966, IV, S. XIII–XVI, XXVI, 51, 72, 84; Belting 1968, S. 127–129, fig. 151–157; Philips 1968, S. 18–19; De Francovich 1969–70, S. 51–60; Weitzmann 1973, S. 14; Bertelli 1975, S. 899–926, S. 899–903; Pantoni 1977, S. 27–45, Abb. fol. 183, 187; Boschen 1972, S. 244ff.; Belting 1978, S. 187; Orofino 1983, S. 131–142 sowie passim, fig. 1–11; De Maffei 1985, S. 331–334, 340, 346–348, fig. 30–32, 38; Orofino 1987, S. 571–595; Speciale 1991, S. 52; Bologna 1992, S. 209; Brenk 1992, S. 284; Zanardi 1993, S. 40; Borst 1994, S. 143, Anm. 49; Orofino 1994, S. 21–23, 41–47, Taf. II–XVIII; Lippincott 2009, S. 66. Siehe S. 75, Abb. 523–532

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Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B-117 (ehemals fol. 9. (176)) Libri computi von 809 (Aachener Enzyklopädie von 809) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Niederrhein, um 850 Kodikologische Angaben 351 × 262 mm, 98 Folia, Pergament, Text einspaltig zu 30 bzw. 31 Zeilen in karolingischer Minuskel, Initialen in Unziale oder Capitalis, teilweise in Braun oder Rot rubriziert.

Art der Bilder Neben einigen astronomischen Schemata finden sich zum Text des Sternkatalogs zwischen fol. 61v und fol. 69v insgesamt 43, in einfacher blauer Federzeichnung ausgeführte Miniaturen der Konstellationen, die ohne Rahmen und Hintergrund zu mehreren auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, Position der Sterne ist nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r: fol. 1v:

fol. 2r–4v: fol. 5r–5v: fol. 6r–6v:

fol. 7r: fol. 7r–8v: fol. 9r–17v: fol. 18r–31r:

fol. 32r–41r:

fol. 36v: fol. 41v–45v:

Federproben und kurze Inhaltsangabe (neuzeitlich) Exzerpt aus einem Nekrologium (Bischofsliste, letzter Grundstockeintrag Vvandilmodis, Nachtrag: Hunibrudis (?); 10. Jh.), Gedicht über Friedrich Barbarossa (12. Jh.) (Cipolla ed. 1896, S. 287–288) Annales Alamannici von 709 (Pertz ed. MGH SS I, S. 6–15) Diagramm mit Jahreszeiten sowie Zahlen und Buchstaben; darin: fol. 5v Buchstaben als Zahleichen Verse zu den Monaten und Tierkreiszeichen fol. 6ra-6va De duodecim signis. Primus ade … Aries obscuro lumine labens / infelixque genu proiecto corpore Taurus … – … ludere pisces; anschließend: bissena mensium vertigine volvitur annus … – … silvestrem pridie celebramus ab orbe colendum Libri Computi, Buch I Kapitelübersicht der Aachener Enzyklopädie in sieben Büchern (vgl. Rom, Vat. Reg. lat. 309, fol. 4v–6r) Rota sanctorum; Komputistisches; Kalendarisches Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit den fol. 27r–30r am Rand notierten Annales Laubacenses von 707–912, letztes datiertes Jahr 1064 Adbreviatio Chronicae ubi mittenda sit, Adam cum esset centum triginta annorum; fol. 34r–35v; De ortu et orbitu patrum; fol. 35v De generi numerorum – fol. 36r leer; Ostertafeln; Tabellen Libri Computi, Buch II Argumentum ad annos ab inicio mundi inveniendos. Si scire cupis annos abicio[!] mundi [Tabelle]

35 Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B-117 (ehemals fol. 9. (176))

fol. 46r–50v: fol. 51r–57v: fol. 58r: fol. 58v: fol. 59r–59v: fol. 60r–61r:

fol. 61r–69v: fol. 69v–77r:

fol. 77r–79v: fol. 79v–82r: fol. 82v: fol. 83r–92v: fol. 93v–98r:

fol. 98v: fol. 99r:

Libri Computi, Buch III (Beginn lückenhaft: Cum dicis XX summitatem pollicis … – … Ihu Xpi quot fuerint et tune dili / … Rest fehlt) Libri Computi, Buch IV (Beginnt ebenfalls lückenhaft: remanserit ipsa est aetas lune … ) Kreisschema der Mondphasen leer Libri Computi, Buch V: fol. 59r De horologio; fol. 59v Argumentum quot horas; fol. 59v Expositio de eadem re Ps-Hyginus Excerptum de astrologia. Duo sunt extremi … – … Hydra quoque iacet in circulo / (Maass ed. 1898, S. 309–312; Dell’Era ed. 1974) – nach fol. 60 fehlt ein Blatt (letztes der Lage); fol. 61r … aequinoctiali nimialongitudine protenta capite cancro … – … usque decurrit accipiens. Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) Exzerpte aus Plinius NH II, 32–41, 57–70, De positione et cursu septem planetarum. Inter celum et terram … – nulla minus illis / / quorum summum saturni sidus … (unvollständig durch Blattverlust nach fol. 69); De interuallis earum; De cursu earum per zodiacum (dazu insgesamt 4 Kreisschemata); De interlunio; De eclypsi lunae; De eclypsi solis; De solis eclypsi solis quando visa sit; Dimensio celestium; De praesagiis tempestatum Libri Computi, Buch VI Exzerpte aus Martianus Capella De nuptiis Philologiae et Mercurii (Eyssenhardt ed. 1866) leer Libri Computi, Buch VII: Beda Venerabilis De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234); fol. 93r: leer Tabellen; Notae Laterculae; fol. 96v Dies egipiaci; fol. 98r Paraphrase zu Matthäus XV, 26–28 mit Neumen; Nachträge des 10. und 12. Jahrhunderts leer Federproben (war Spiegel)

Kommentar Bei der heute in Monza auf bewahrten Handschrift Ms. fol. 9. (176) handelt es sich um eine weitere Abschrift der am Hof Karls des Großen zusammengestellten astronomisch-komputistischen Libri computi in sieben Büchern. Neben der Madrider Handschrift Ms. 3307 und dem römischen Codex Ms. Vat. lat. 645 gehört das Manuskript aus Monza zur Gruppe der fünf am vollständigsten erhaltenen Kopien. Die Handschrift stimmt mit der Madrider Abschrift des Originals sowohl hinsichtlich der Texteinteilung als auch der Ikonographie im Wesentlichen überein. Stellenweise ist der Text sogar vollständiger als jener in Madrid, zeigt jedoch im Vergleich eine ganze Reihe an Abschreibfehlern. Die Provenienz der Handschrift ist nicht sicher geklärt. Zunächst wurde der Codex nach Lorsch lokalisiert und seine Entstehung im 2. Viertel des 9. Jahrhunderts angenommen (Nordenfalk 1965, vgl. dagegen Bischoff ). Borst (1994) geht von einer Entstehung um 850 im niederrheinischen Gebiet aus. Der Stil der Zeichnungen weist in den Einflussbereich von Reims. Wie für die Libri computi üblich, hat man auch hier den im fünften Buch enthaltenen Text des Sternkatalogs De ordine ac positione de signis mit einer Reihe von Illustrationen versehen. Die

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

insgesamt 43 kleinformatigen und in einfacher Federzeichnung mit blauer Tinte ausgeführten Miniaturen wurden dabei stets unterhalb des jeweils die Sternbilder beschreibenden einspaltigen Textabschnitts in das entsprechend freigelassene Spatium eingefügt. Auf eine Angabe der Sternpositionen hat man dabei verzichtet. Die Miniaturen wurden in nervösen, raschen Strichen mit spitzer Feder auf das Pergament gebracht, wobei die lavierten Zeichnungen deutlich sorgfältiger angefertigt wurden als in der vergleichbaren, ebenfalls mit Zeichnungen ausgestatteten und aus Reims stammenden Handschrift in Rom Vat. lat. 645. Charakteristisch für die Miniaturen in Monza sind die etwa bei Bootes oder Kassiopeia gut sichtbaren, spitz ausgezogenen Finger sowie eine vergleichsweise starke Dynamisierung der Figuren, die sich in einer c-förmigen Gestaltung der Körperlinie einiger Himmelsgestalten ausdrückt. Deutlich wird dies nicht nur beim Bild der Andromeda auf fol. 65r oder beim Wassermann auf fol. 66v, sondern in gewisser Weise auch bei einigen der Tierfiguren, etwa beim Steinbock auf fol. 66v. Darüber hinaus hat man in den Zeichnungen der Zwillinge auf fol. 63v sowie beim Stier auf fol. 64v den Bodengrund mittels einer dünnen Linie angedeutet. Die verwendete bläuliche Tinte erinnert an die in violetter Farbe ausgeführten Zeichnungen in Berlin Phill. 1832. Auffällig ist die exakt mit den Seiten des Madrider Codex 3307 übereinstimmende Seiteneinteilung. Auch die Ikonographie der Sternbilder ist in beiden Handschriften nahezu identisch, und es lassen sich im Vergleich nur einige wenige Abweichungen feststellen. So ist Hercules auf fol. 62r aufrechter gegeben als sein Pendant in Madrid. Damit entfernt sich das Bild weiter vom Wortlaut des Textes, der diese Himmelsgestalt als kniend beschreibt. Ferner wurde das auf dem Boden zu einer Pfütze angestaute, sich aus der Urne des Wassermanns ergießende Wasser fälschlicherweise als Manschette aufgefasst. Und der auf fol. 63v dargestellte linke Zwilling trägt keine Lyra, sondern umfasst mit seiner Linken einen Zipfel seines Palliums. Die Tatsache, dass die Geschlechtsteile der männlichen Figuren in der Handschrift aus Monza sichtbar sind, spricht nicht gegen ein Abhängigkeitsverhältnis von Madrid 3307, sondern bedeutet lediglich, dass die Madrider Handschrift zum Zeitpunkt der Kopie in dieser Hinsicht noch nicht verändert worden war. Demnach reflektiert das Manuskript in Monza das am Hof entstandene Vorbild sowohl in seiner Gesamtanlage wie in ikonographischen Einzelheiten, wenngleich durch den Verzicht auf Farbe die Ausstattung einfacher gehalten ist und durch das Fehlen der Angabe der Sternpositionen dessen astronomischer Informationsgehalt nicht erreicht wird.

Verzeichnis der Bilder fol. 61v: Oben: Die nach rechts gewandte Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Mitte: Die nach links gewandte Ursa minor (Kleiner Bär) in Seitenansicht; Unten: Die leicht schräg in vier Windungen nach oben kriechende Draco (Drache) mit Drachenkopf in Seitenansicht. fol. 62r: Oben: Der nackte, bärtige Hercules als mit leicht gebeugtem linken

Knie sowie mit Blick und Bewegung nach links orientierte Frontalfigur, in der erhobenen Rechten die Keule, ein großes Löwenfell in der seitlich ausgestreckten Linken haltend; Unten: Die aus Lorbeerblättern gebundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben in der Mitte mit einem großen Juwel besetzt und unten von einem schmalen Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten. fol. 62v: Oben: Der nach links blickende, nackte Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht, die um seinen Körper gewundene

35 Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B-117 (ehemals fol. 9. (176))

Schlange mit beiden Händen am waagerecht ausgestreckten Kopf- und Schwanzende gepackt haltend; Unten: Der nach rechts gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 63r: Oben: Der in eine unten wie zerrissen aussehende Tunika gekleidete, bärtige Bootes (Bärenhüter) als Frontalfigur, in seiner Rechten ein nach unten gehaltenes Pedum tragend, die Linke nach oben ausgestreckt; Unten: Die in prächtige lange Ober- und Unterkleider gewandete, geflügelte Virgo (Jungfrau) als leicht zum Seitenrand orientierte Frontalgestalt mit vorgestrecktem rechten Bein, in der Linken eine große Ähre haltend. fol. 63v: Oben: Die auf einem angedeuteten Bodenstück stehenden, bis auf einen Schultermantel über ihrem linken Arm vollständig nackten, in angedeutetem Kontrapost nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) als jeweils zum Seitenrand blickende Frontalfiguren mit unterschiedlicher Körpergröße, der linke Zwilling hält den verhüllten linken Arm erhoben, umschließt mit seiner linken Hand einen Zipfel des Palliums und hat die Rechte mit gespreizten Fingern gleichsam zeigend auf Brusthöhe erhoben, der rechte Zwilling hat die verhüllte Linke leicht erhoben und hält in seiner Rechten eine aufgestellte Lanze; Unten: Der mit quadratischem Körper und dicken Scheren wiedergegebene, nach rechts gerichtete Cancer (Krebs) in Aufsicht, rechts neben ihm die links und rechts neben der kubusförmigen Futterkrippe stehenden beiden Esel in Seitenansicht. fol. 64r: Oben: Leo (Löwe), mit geöffnetem Maul nach links springend; Unten: Auriga (Fuhrmann) als mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte Frontalfigur auf dem in Seitenansicht gezeigten, nach rechts fahrenden zweispännigen Wagen, mit Ärmelchiton und einem darüber geschlungenen Tuch bekleidet, mit der in der erhobenen Rechten gehaltenen Peitsche die galoppierenden Pferde antreibend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden zueinander gewandten Böckchen tragend und zugleich mit der Linken die Pferde zügelnd, hinter dem Wagen die Ziege. fol. 64v: Oben: Taurus (Stier) als auf einem angedeuteten Bodenstück nach links lagernde Ganzfigur; Mitte: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehende Frontalfigur, den Kopf leicht nach links gewandt, mit Hosen, Ärmelchiton, Schuhen und Phrygiermütze bekleidet, zu seiner linken Seite an kurzem Band ein Schwert hängend; Unten: Die mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Rückenlehne und Fußbank sitzende Cassiopeia in Frontalansicht, den Kopf leicht nach rechts geneigt, mit langärmeligem langen Unterkleid sowie einem weiten Obergewand bekleidet. fol. 65r: Oben: Die mit beiden Händen an den Stein gekettete, in ein langes, gegürtetes Kleid gehüllte Andromeda als zwischen den hügeligen Felsen stehende, leicht nach rechts orientierte Frontalfigur mit nach rechts gewandtem Kopf; Unten: Der nach rechts in Seitenansicht gezeigte, geflügelte Pegasus als Halbfigur. fol. 65v: Oben: Der mit verhältnismäßig kleinem Kopf nach rechts stehende Aries (Widder) in Seitenansicht mit einem eng um die Körpermitte anliegenden, aus Blättern gewundenen Reifen; Mitte: Das aus zwei Streifen zusammengesetzte Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiedergegebenen, in entgegengesetzte Richtungen schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 66r: Oben: Der mit großem Schritt nach rechts eilende, nackte, jugendliche Perseus, die Phrygiermütze auf dem Haupt, in der Rechten eine Harpe, in seiner Linken das abgeschlagene Medusenhaupt am Schopf gepackt haltend; Mitte: Die aus einem gewölbten Unterkörper sowie einem aus Hörnern gebildeten Aufsatz mit Palmettenornament und Querstück zusammengesetzte fünfsaitige Lyra (Leier) ; Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln und nach rechts gewandtem Kopf frontal stehende Cygnus (Schwan). fol. 66v: Oben: Der mit ausgestrecktem rechten Bein und dynamisch gebogener Figur gleichsam tänzerisch wiedergegebene Aquarius (Wassermann) als nach links blickende, bis auf einen Schultermantel vollständig nackte, jugendliche Gestalt mit Phrygiermütze, die Linke vom Mantel verhüllt, mit der weit ausgestreckten Rechten eine Urne ausgießend, aus der ein breiter Wasserstrahl austritt; Unten: Der in

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Seitenansicht gezeigte, nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und Fischschwanz. fol. 67r: Oben: Sagittarius (Schütze) als nach rechts stehender bogenspannender Satyr mit zottigen Bocksbeinen und flügelartigem Schwanz, rechts neben ihm am Seitenrand ein bärtiger Männerkopf im Profil; Mitte: Aquila (Adler) nach links, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Der mit aufgerichtetem Schwanz und langer Kopfflosse dargestellte Delphinus (Delfin), nach rechts schwimmend. fol. 67v: Oben: Der jugendliche Orion als mit gespreizten Beinen stehende Frontalfigur, in eine kurze Ärmeltunika sowie einen langen, den linken Arm bedeckenden Schultermantel gekleidet, zu seiner linken Seite ein Schwert hängend, sich mit der Rechten an seine Schulter fassend, die linke Hand am Schwertgriff; Unten: Canis maior (Großer Hund) als große schlanke Figur mit Halsband, mit geöffnetem Maul und hängender Zunge nach rechts springend. fol. 68r: Oben: Lepus (Hase), nach rechts springend; Mitte: Argo Navis (Schiff), Ansicht des ganzen Schiffs mit einem Ruderpaar sowie einem breiten Segel über dem Kreuzmast mit kugelförmigem Abschluss und flatternden Bändern, der gebogene Bug mit wehendem Tuchstreifen sowie das dreifach gegabelte Heck jeweils mit kugeliger Spitze als Abschluss; Unten: Cetus (Seeungeheuer) als nach links lagerndes Mischwesen mit vorgestrecktem, leicht nach oben gewandtem Schnabelkopf, mehrfach verschlungenem Hinterkörper sowie breiten, gefächerten Flossen. fol. 68v: Oben: Eridanus als klassischer Flussgott, mit dem rechten Arm auf eine Urne gestützt nach rechts lagernd, vollständig nackt bis auf ein die Beine bedeckendes Tuch, in seinem linken Arm einen langen Schilfstengel haltend; Mitte: Piscis magnus (Großer Fisch), nach links schwimmend; Unten: Der kubusförmige, zweistufige Ara (Altar) mit brennender Glut. fol. 69r: Oben: Der nach rechts schreitende, bärtige Centaurus in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, in der vorgestreckten Linken einen kleinen erbeuteten Hasen an den Hinterläufen haltend, in seinem rechten Arm ein doppelspitziger Speer; Unten: Die mehrfach gewundene, dünne, mit erhobenem Kopf nach rechts kriechende Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) in der Körpermitte, den auswärts gewandten Corvus (Rabe) am Schwanzende auf einer Windung tragend. fol. 69v: Oben: Corvus (Rabe), nach links gewandt; Mitte: Crater (Mischkrug) in Form einer Amphora; Unten: Anticanis (Vorhund) mit Halsband, mit geöffnetem Maul und hängender Zunge nach rechts springend.

Astronomische Schemata fol. 58r: farbige Rota mit Mondphasen außen Tierkreiszeichen (Namen). 58v: leer. fol. 70v: Planetenbahnen mit Planetengöttern als Köpfe, Sol mit Strahlen, Luna mit Sichel. fol. 71r: Schema der Planetenbahnen. fol. 72v: Planetenbahnen mit Rückläufen als Zacken. fol. 73r: Planetenlauf durch die Ekliptik (Schlangenlinie und Exzenter).

Provenienz Wie die Annalen auf den ersten Folia anzeigen, kam der Codex um 850, also nicht lange nach seiner Entstehung, nach Lobbes. Später lässt sich die Handschrift in Basel nachweisen. Spätestens 1762 gehörte das Buch unter der Signatur CLXXI (158) zum Bestand der Biblioteca Capitolare von Verona. Während der Napoleonischen Kriege wurde der Codex im Jahre 1797 von französischen Truppen nach Paris gebracht. Auf diesen Aufenthalt verweisen auch die Stempel der Bibliothèque Nationale auf den ersten und letzten Folia sowie die Aufschrift »N«(apoleon) auf dem Buchrücken. 1816 wurde der Codex nach Italien zurückgeführt, gelangte aber irrtümlich in die Bibliothek der Stadt Monza, wo er bis heute verblieb. Lange Zeit galt die Handschrift daher als verloren.

35 Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B-117 (ehemals fol. 9. (176))

Literatur Zaccaria 1762, S. 220–226; Pertz 1824, S. 473–474; Giuliari 1888, I, S. 62, 103–104; Spagnolo 1896; Jones ed. 1943, S. 120; Laistner/King 1943, S. 149; Koehler 1960, 3/2, S. 121, Taf. 53–60; Leonardi 1960, S. 87, Nr. 115; Peebles 1962, S. 8ff.; Merati 1963, S. 45; Nordenfalk 1965, S. 297, Nr. 480; McGurk 1966, IV, S. 52–61; Mütherich 1966, S. 50; Vieillard-Troiekouroff 1966, S. 81; Lazzarini 1969, S. 25; King 1969, S. 48; Boschen 1972, S. 17ff.; McGurk 1973, S. 197ff.; Belloni/Ferrari 1974, S. 106ff.; McGurk 1981, S. 321ff.; Munk Olsen 1985/II, S. 260, Nr. B. 42; Borst 1994, S. 163, Anm. 98; Blume 2009, S. 543. Siehe S. 72, Abb. 533–549

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München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210 Sog. Liber calculationis (Bearbeitung der Aachener Libri computi) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Salzburg oder Umkreis, 818 Kodikologische Angaben 315 × 240 mm, 163 Folia, Pergament, Text überwiegend einspaltig, teils zweispaltig zu meist 25 Zeilen von verschiedenen Händen in Karolingischer Minuskel, Auszeichnungen in roter Rustica und Unziale.

Art der Bilder Neben ganzseitigen Darstellungen der Monatsarbeiten auf fol. 91v, der nördlichen Hemisphäre auf fol. 113v, der Winde auf fol. 139r und des Laufs von Sonne und Mond durch die Tierkreiszeichen auf fol. 163v finden sich insgesamt 6 weitere, komputistisch-astronomische Schemata auf fol. 123r, 123v, 132r, 132v, 136r und 137r sowie zum Text des Sternkatalogs zwischen fol. 115v und fol. 121r insgesamt 42 in farbig lavierter Federzeichnung ausgeführte Miniaturen der Konstellationen, die ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt worden sind; Position der Sterne wurde durch kleine Sternchen eingezeichnet.

Inhalt fol. 1r–3v: fol. 4r–7r: fol. 7r–8r:

Kapitular Adbreviatio chronicae De anno mundi; De concurrentibus; De cursu lunae per XII signa cyclo decemnovennali fol. 8v–16v: Beda Venerabilis, Martyrologium excarpsatum cum alphabetis ad lunam inveniendam (McCulloh ed. 1979, S. 197–237) fol. 17r–59r: Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit den seit dem 11. Jahrhundert am Rand notierten Annalen des Klosters St. Emmeram (MGH SS XIII, S. 47) fol. 59v–84v: Komputistisches; Exzerpte aus Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 85r–112v: fehlen heute fol. 91v: Darstellung der 12 Monate fol. 113r: leer fol. 113v: Himmelskarte der Nördlichen Hemisphäre fol. 114r–115r: Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312) fol. 115v–121r: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) sowie Exzerpte aus Plinius NH II, 32–41, 83, 59–70 De positione et cursu septem planetarum fol. 122r–129r: De caelestibus spatiis secundum quosdam; De mensuris et ponderibus; Diverses (dazu mehrere Schemata) fol. 129v: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) (dazu mehrere Schemata)

36 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210

fol. 139r: fol. 139v: fol. 145v–162r: fol. 163r:

Windschema leer Argumentum ad inveniendam horam incensionis lunae; Tabellen Schema des Sonnen- und Mondlaufs

Kommentar Der Münchner Codex Clm 210 entspricht in seiner Anlage, seinen Texten, Tabellen und Illustrationen genau der an der Domschule zu Salzburg geschriebenen Handschrift Wien lat. 387, dem sogenannten Liber calculationis. Trotz der großen Ähnlichkeit der beiden Handschriften ist nicht sicher, ob es sich bei der Münchner Handschrift um eine unmittelbare Kopie oder um eine Schwesterhandschrift derjenigen in Wien handelt. Der Liber calculationis ist eine veränderte Version der Aachener Libri computi von 809, deren Verbreitung auf die beiden Handschriften in Wien und München sowie ein heute verschollenes, für den Hof angenommenes Exemplar, von dem einige Teilkopien abgeleitet werden können, beschränkt ist. Der in zahlreiche Kapitel eingeteilte Liber calculationis enthält neben Texten zum Komputus auch Rechenbeispiele, Zahlentabellen sowie Abhandlungen zur Astronomie, darunter auch den illustrierten Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Die Münchner Handschrift Clm 210 ist reich illustriert. Zunächst begegnet auf fol. 91v die auch im Wiener Codex enthaltene, ganzseitige Miniatur der zwölf Monate als auf vier Registern übereinander wiedergegebene Gruppen von je drei, bevorzugt in Hell- und Dunkelrot, Grün, Graublau und Ocker kolorierten Figuren. Sie werden von den in roter Capitalis rustica geschriebenen, abgekürzten Monatsnamen bezeichnet. Wie Bischoff und Bierbrauer feststellten, lassen sich in diesem Bild deutliche Pausspuren erkennen. Sie verweisen darauf, dass die Miniatur von einer Vorlage abgenommen wurde. Auf fol. 113v befindet sich eine weitere ganzseitige, in Deckfarben ausgeführte Illustration. Sie zeigt auf einem die gesamte Seite bedeckenden grünblauen Hintergrund die von einem breiten orangefarbenen Rahmen umgebene kreisrunde Darstellung des Nachthimmels mit dem Drachen und den Bären im Zentrum sowie mit den zwischen in Rot und Weiß gezeichneten Himmelskreisen angeordneten, über den Himmel verteilten und teilweise in roter Rustica bezeichneten personifizierten weiteren Konstellationen und Tierkreiszeichen. Darüber hinaus werden noch weitere Texte von in Federzeichnung angefertigten Diagrammen und Schemata begleitet. Hierzu gehören das Kreisschema mit den von Sol und Luna begleiteten Planetenpositionen und Sphärenharmonien auf fol. 123r ebenso wie die Illustration zum Text De ordo ventorum auf fol. 139r. In ihr sind wie in der Wiener Handschrift innerhalb einer Mandorla in halbkreisförmigen Feldern die zwölf Brustbilder der mit ihren Namen bezeichneten Winde zu sehen. Weitere Schemata finden sich auf fol. 123v, 132r, 132v, 136r und 137r. Der Bildschmuck des Münchner Codex wird durch eine Miniatur des Laufes von Sonne und Mond durch die Tierkreiszeichen auf fol. 163v abgeschlossen. Innerhalb eines breiten Rechteckrahmens sind dort die konzentrisch um die Erde angeordneten Mondphasen sowie der Tierkreis zu sehen. Nach Borst 1994 trägt die Mondaltertafel eine am linken Rand in senkrechten Spalten auf die Zeilen verteilte und ständig wiederholte Widmung mit dem Text Leodgardae Augustae, Deo dignae, Dei famulae, Dominae almae.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Auch der zwischen fol. 115v und fol. 121r zweispaltig aufgezeichnete Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis wurde mit einer Reihe von Illustrationen versehen. Insgesamt 42, bevorzugt in Graublau und Graugrün, Hell- und Dunkelrot, Ocker, Braun, Grün und Gelb kolorierte Federzeichnungen der meist auf einem schmalen Bodenstreifen wiedergegeben Konstellationen begleiten den Katalog. Die Bilder wurden wie die der Wiener Handschrift entgegen der üblichen Illustrationspraxis jeweils vor die entsprechende Textstelle in den für sie freigelassenen Raum ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gestellt. Um ihren Körperumriss herum hat man mit Hilfe kleiner, entweder weißer, orangeroter oder roter Sterne mit kreis- oder punktförmigem Zentrum die Position der Himmelskörper innerhalb der entsprechenden Konstellation wiedergegeben. Ein genaues System lässt sich dabei nicht erkennen, jedoch bezeichnen bei der Schlange auf fol. 115v die unterschiedlich dargestellten Sterne die im Text benannten verschiedenen Helligkeitsgrade dieser Konstellation. Oft wurden bei der Verteilung der Sterne jedoch die Angaben des Textes nicht berücksichtigt. Die Sternbilderdarstellungen der Münchner Handschrift decken sich zum großen Teil mit denen der Wiener Handschrift Ms. lat. 387. Durch einen Blattverlust fehlen dem Wiener Manuskript aber sowohl die Himmelskarte als auch eine Reihe Sternbilder von Bootes bis zu Andromeda. Die Illustrationen sind in beiden Handschriften in gleicher Weise verteilt; allerdings setzt die Bilderreihe in München im Gegensatz zur Wiener auf einer Verso- und nicht auf einer Rectoseite ein. Während der Sternkatalog auf fol. 115r noch einspaltig begonnen wurde, wechselt die Seiteneinteilung mit Einsatz der Bilder zur Zweispaltigkeit. Ein Vergleich der Münchner Illustrationen mit den entsprechenden Wiener Darstellungen offenbart die ungleich geringere Qualität der eher graphisch wirkenden Münchner Bilder, bei deren Anfertigung dem Maler einige Missverständnisse, insbesondere innerhalb der dicken Konturlinien, unterlaufen sind. So werden die illusionistischen Schatten der Wiener Figuren als »Pfützen« wiedergegeben und häufig Gewänder falsch verstanden. Der eigentlich nackte Oberkörper des Eridanus wird als braunes Gewand interpretiert. Irritierend ist, dass nicht alle Miniaturen schwächer sind als ihre Pendants in Wien. Vor allem die in Wien verlorene Himmelskarte sowie die Darstellung vom Sonnen- und Mondlauf beherrschen durchaus die in der karolingischen Buchmalerei angestrebte spätantik-illusionistische Malweise. Gerade diese Darstellungen weisen eine Vielzahl von Pausspuren auf. Bezüglich des Verhältnisses der Münchner zur Wiener Handschrift fällt auf, dass die Pausspuren an den beiden Handschriften geradezu komplementär verteilt sind: so weisen z. B. die Sternbilderdarstellungen in München im Gegensatz zu Wien lat. 387 keine Pausspuren auf. Im Vergleich der beiden Tag- und Nachtuhren ist in der Münchner Darstellung der Tierkreis richtig eingefügt, in Wien steht er auf dem Kopf. In Wien sind die Mondphasen fehlerhaft eingetragen und nachträglich korrigiert. Zudem sind in Wien einige Details wie die Auf hängung der Waage oder das rechte Bein des Wassermanns nicht fertig ausgeführt. Zusammengenommen weisen diese Beobachtungen darauf hin, dass die Münchner Handschrift nicht unmittelbar von der Wiener, sondern eher von einem gemeinsamen Muster kopiert wurde. Die Sternbilder der Münchner Handschrift stehen in der Tradition der zum Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis üblichen Illustrationen wie sie einerseits in Madrid 3307, Rom Vat. lat. 645, oder Monza fol. 9 (176) andererseits aber auch in Rom, Vat. Reg. lat. 309 begegnen. Anders als in Madrid 3307 sind die menschlichen Figuren bekleidet worden. Ferner fehlt den Illustrationen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis in der

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Regel die in München vorhandene Himmelskarte, die allerdings auch in der Handschrift in Berlin, Ms. Phill. 1830 und 1832, begegnet. Wie im Wiener Codex hat man auch in der Münchner Handschrift das annus praesens verändert, indem das beim Text der Adbreviatio chronicae auf fol. 7r angegebene Jahr 810 von einer Texthand um eine VIII ergänzt wurde. Hieraus ergibt sich eine Datierung des Codex ins Jahr 818. Da sich die von Händen des 9. bis 12. Jahrhunderts hinzugefügten Einträge auf Salzburg, Passau und Regensburg beziehen, ist die Entstehung der Handschrift an einem dieser Orte oder in deren Einflussbereich wahrscheinlich. Nach Bischoff 1980 verweist die Schrift aber nicht nach Salzburg, sondern ist eher einer oberösterreichischen Schreibschule, möglicherweise dem Kloster Mondsee, zuzuordnen. Zwar entspreche der Schreibstil nicht dem des Mondseer Skriptoriums, doch lasse sich eine Verbindung zwischen diesem und der Münchner Handschrift über ein Wiener Homiliar, Ms. Vind. 1014, herstellen. Sollte sich bestätigen, dass die Münchner- und die Wiener Sternbilder nicht voneinander sondern von einer gemeinsamen Vorlage abgepaust wurden, wäre folgende Entstehungsgeschichte denkbar. Eine in Salzburg verfasste Version der Libri computi wurde in Aachen mit Illustrationen ausgestattet und nach Salzburg zurückgesandt. Dort wurde das Muster vervielfältigt oder zur Kopie an ein nahegelegenes Kloster verliehen.

Verzeichnis der Bilder fol. 113v: Ganzseitige, auf grünem Untergrund wiedergegebene, von einem breiten orangefarbenen Rahmen umgebene, kreisrunde Miniatur der nördlichen Hemisphäre mit der Schlange und den Bären im Zentrum sowie mit den zwischen in Rot und Weiß gezeichneten Himmelskreisen angeordneten, über den Himmel verteilten und teilweise bezeichneten personifizierten Konstellationen und Tierkreiszeichen. fol. 115v: Oben links: Die auf einem Bodenstück nach links in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär) ; Unten links: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, jedoch kleiner und nach rechts gewandt dargestellte Ursa minor (Kleiner Bär) ; Oben rechts: Der auf angedeutetem Grund in drei großen Windungen aufrecht stehende, grüne Draco (Drache) mit geschnabeltem Kopf in Seitenansicht; Unten rechts: Hercules als nach rechts laufende, zu drei Vierteln gezeigte Himmelsgestalt, gekleidet in einen den ganzen Körper bedeckenden Anzug, den linken Arm im Lauf nach vorn gestreckt, über seiner rechten Schulter ein überdimensionales, nach hinten abstehendes Fell tragend, in der rechten Hand eine schlanke, oben verästelte Keule haltend. fol. 116r: Oben links: Die aus einem hellen Ring mit nach außen zeigenden, zweifarbig gestalteten Bändern gewundene Corona borealis (Nördliche Krone), innen farbig gefüllt; Unten links: Der mit seinem Blick nach rechts orientierte jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) als auf einem welligen Bodenstück stehende, mit einem den ganzen Körper bedeckenden Anzug bekleidete Frontalfigur, die vor dem Körper waagerechte, sich neben seinem linken Arm hoch aufrichtende Schlange mit beiden Händen vor sich haltend; Rechts: Der nach rechts kriechende Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 116v: Oben links: Der auf einem welligen Bodenstück stehende, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit zur Seite ausgebreiteten Armen in Vorderansicht, bekleidet mit einem knielangen, gegürteten Ärmelgewand, Beinkleidern und Schuhen, in seiner Rechten einen buschigen Zweig haltend; Oben Mitte: Die geflügelte Virgo (Jungfrau) als auf angedeutetem Grund stehende Frontalgestalt, bekleidet mit einem knöchellangen, gegür-

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teten Kleid mit Ärmeln sowie Schuhen, in den zur Seite gestreckten Händen links eine Waage und rechts eine buschige Ähre haltend; Unten rechts: Die auf welligem Boden wie gespiegelt nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) in Frontalansicht, beide in eine kurze Ärmeltunika, Schultermantel, Beinkleider und Schuhe gekleidet, sich mit der jeweils nach innen zeigenden Hand auf eine Lanze stützend, die freie äußere Hand zur Seite ausgestreckt. fol. 117r: Links: Der mit seinen langen Scheren nach links gewandte Cancer (Krebs) mit Fühlern und drei Beinpaaren; Rechts: Leo (Löwe), mit voreinandergestellten Vorder- und Hinterbeinen, offenem Maul und herausgestreckter Zunge nach rechts im Profil auf einem Bodenstück stehend. fol. 117v: Links: Der frontal auf einer seitlich gezeigten, nach rechts rollenden Biga stehende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), mit einem knielangen Ärmelgewand, Beinkleidern, Schuhen sowie einem über der rechten Schulter nach hinten wehenden Pallium mit Fibel bekleidet, in seiner nach vorn gestreckten linken Hand eine dreischwänzige Peitsche haltend, über diesem Arm die beiden einander zugewandten Böckchen, mit der rechten Hand die Pferde zügelnd, unter dem Wagen auf einem Bodenstück die mit zurückgewandtem Kopf nach oben blickende Ziege; Rechts: Der mit aufgestelltem linken und eingeknicktem rechten Vorderbein nach rechts auf flachem Boden lagernde Taurus (Stier) als Ganzfigur in Seitenansicht. fol. 118r: Oben links: Der mit ausgebreiteten Amen und gespreizten Beinen auf angedeutetem Boden stehende Kepheus in Vorderansicht, bekleidet mit einem knielangen, gegürteten Ärmelgewand und Stiefeln, auf dem leicht nach rechts gewandten Haupt eine gewickelte Kopf bedeckung tragend; Unten links: Die mit weit ausgebreiteten Armen frontal auf einem durchbrochenen Thron mit Fußbank und dickem Polster sitzende Cassiopeia, gekleidet in ein langärmeliges Untergewand sowie ein knöchellanges, gegürtetes Obergewand und Schuhe, auf dem Haupt eine turbanartige Kopf bedeckung tragend; Rechts: Die mit beiden Händen in spiralförmigen Fesseln an den Stein gekettete Andromeda, mit leicht nach links gewandtem Haupt auf flachem Boden frontal zwischen den Felstürmen stehend, in eine bodenlange, gegürtete Ärmeltunika und Schuhe gekleidet, Kopfschleier hängt auf ihre linke Schulter herab. fol. 118v: Oben links: Der als flügellose Ganzfigur dargestellte Pegasus als auf flachem Grund nach links in Seitenansicht stehendes Pferd; Unten links: Der mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springende Aries (Widder) auf einem Bodenstreifen, mit leicht gestreiftem Fell und betonter Bauchunterseite; Oben rechts: Das auf der Spitze stehende Triangulum (Dreieck), im Inneren farbig gefüllt; Unten rechts: Die übereinander wiedergegebenen, in die gleiche Richtung schwimmenden sowie von Maul zu Maul durch ein m-förmiges Band miteinander verbundenen Pisces (Fische). fol. 119r: Oben links: Der im Knielauf nach rechts gewandte, bis auf eine Chlamys mit Fibel vollständig nackte, jugendliche Perseus als Frontalfigur auf einem Bodenstück, im rechten Arm eine federartig gezackte Keule haltend, auf der erhobenen Linken das Medusenhaupt präsentierend; Unten links: Die aus einem streifenförmigen Unterkörper sowie einem uförmigen Rahmen zusammengesetzte dreisaitige Lyra (Leier); Oben rechts: Der mit ausgebreiteten Flügeln nach links gewandte Cygnus (Schwan) in Seitenansicht, innerhalb eines quadratischen Bildfeldes vor farbigem Hintergrund stehend; Unten rechts: Der leicht gebückt frontal stehende, etwas nach rechts orientierte jugendliche Aquarius (Wassermann) auf angedeutetem Boden, mit einem knielangen Ärmelgewand, Hosen sowie einem nach links flatternden Pallium bekleidet, mit beiden Händen ein Gefäß neben sich ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrom austritt. fol. 119v: Oben links: Der in Seitenansicht nach rechts gezeigte, mit den dünnen Vorderbeinen einen Bodenstreifen berührende Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und gewundenem Fischschwanz; Unten links: Der auf angedeutetem Boden nach rechts springende, jugendliche Sagittarius (Schütze) als bogenschießender Kentaur in Seitenansicht mit in die Front ge-

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drehtem Oberkörper; Oben rechts: Aquila (Adler) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach links auf angedeutetem Grund stehend; Unten rechts: Der über einer blauen Wasserfläche mit langen Kopfflossen dargestellte Delphinus (Delfin), leicht nach rechts oben schwimmend. fol. 120r: Oben links: Der mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal auf einem Bodenstück stehende, jugendliche Orion, in eine die seitwärts ausgestreckte Linke verhüllende, gegürtete Tunika gekleidet, in der seitlich weggestreckten Rechten ein Pedum haltend; Unten links: Canis maior (Großer Hund), mit geöffnetem Maul, hängender Zunge und übereinandergestellten Pfoten auf einem Bodenstreifen nach rechts springend; Oben rechts: Lepus (Hase), über einem Bodenstück von links nach rechts springend; Unten rechts: Argo Navis (Schiff) nach rechts, Ansicht des gebogenen Vorderteils mit kugelförmigem Abschluss, nach links gitterartig in drei Sporne auslaufend. fol. 120v: Oben rechts: Der den Kopf zurückwendende Cetus (Seeungeheuer) als mit den dünnen Vorderbeinen auf einem Bodenstück liegendes Mischwesen mit Hundekörper und gewundenem Fischschwanz; Unten links: Der langhaarige Eridanus als klassischer Flussgott nach links lagernd, bekleidet mit einem Ärmelgewand, beide Beine von einem Tuch bedeckt, die geöffnete Linke zur Seite hin ausgestreckt, den aufgestützten rechten Arm oberhalb eines kugelförmiges Gefäßes, aus dem ein breiter Wasserstrom heraustritt, über ihm ein großer, sich nach links neigender Pflanzenstengel; Oben rechts: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach rechts schwimmend; Mitte rechts: Der sich über einem flachen Bodenstück erhebende, zweistufige, kubusförmige Ara (Altar) mit brennendem Feuer auf der Deckplatte; Unten rechts: Der über den Boden nach links laufende Centaurus in Dreiviertelansicht mit in die Front eingedrehtem Oberkörper, in der vorgestreckten Rechten einen erbeuteten Hasen an den Hinterläufen tragend, in der seitwärts weggestreckten Linken ein flatterndes Löwenfell sowie einen oben kugelförmig abschließenden Stab mit Bändern haltend. fol. 121r: Oben links: Die in Seitenansicht gezeigte, in mehreren Windungen über einem schmalen Bodenstreifen nach rechts kriechende Hydra (Wasserschlange) mit schnabelartigem Maul und herausgestreckter Zunge; Unten links: Corvus (Rabe) in Seitenansicht, nach links auf angedeutetem Boden stehend; Oben rechts: Der zweifarbige Crater (Mischkrug) mit Henkeln; Unten rechts; Anticanis (Vorhund), mit geöffnetem Maul und herausgestreckter Zunge über angedeutetem Grund nach rechts springend.

Provenienz Wie die Einträge auf fol. 45v, 47v sowie fol. 48v belegen, befand sich die Handschrift bereits im 9. Jahrhundert im Regensburger Kloster Sankt Emmeram. Nach einem der zahlreichen Einträge auf dem Verso des Vorsatzblattes gelangte sie vermutlich später aus dem Kloster Prüll (Prühl) bei Regensburg in den Besitz des Humanisten und Mediziners Hermann Schedel (1410–1485). Über die Fuggerbibliothek kam der Codex in den Besitz der bayerischen Herzöge. Im Vorderdeckel befindet sich ein Exlibris der Hof bibliothek München von 1619. Im Rückendeckel finden sich darüber hinaus eine Notiz von 1488 sowie ein weiteres Exlibris der Hof bibliothek von 1630.

Literatur Cat. cod. lat. 1842, I, 1, S. 45–46; Cat. cod. lat. 1868, I, 1, S. 33ff.; Rück 1888, S. 5–10; Thiele 1898, S. 158, 163; Swarzenski 1901, S. 12, S. 19, Nr. 2; Chroust 1902, I, 1, Pl. I–II; Swarzenski 1908, S. 12–22; Leidinger 1912, S. 5, Nr. 3; Saxl 1927, 2, S. 79; Van de Vyver 1935, S. 151; Neuss 1941, S. 113–142; Weitzmann 1947, S. 72, 84, fig. 58; Byvanck 1949, S. 224, Nr. 81; Bullough 1966, S. 144; Vieillard-Troiekouroff 1966, S. 77ff.; Cimelia 1970,

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Nr. 8; Webster 1970; Boschen 1972; McGurk 1973, S. 197ff.; Dell’Era ed. 1974; Jones ed. 1975; Jones ed. 1977; McCullogh ed. 1979; Stevens 1979, S. 27–65; Bischoff 1980, 2, S. 11, 13, 34; Comet 1983, S. 7–18; Eastwood 1989, S. 85; Bierbrauer 1990, S. 73–75, Nr. 135, Abb. II, 270–279; Comet 1992, S. 35–98; Gundel 1992; Engelen 1993; Borst 1993, S. 53– 78; Euw 1993, S. 251–269; Borst 1994, S. 145, Anm. 55, S. 170–175; Stückelberger 1994, S. 41, Anm. 34; Cohen 1995, S. XVIII; Henisch 1995; Holter 1996, S. 1262; Hammer 1997; Obrist 1997, S. 33–84; Borst 1998; Blume 2009, S. 541. Siehe S. 70, Abb. 550–557

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München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 560 Dreiteilige astronomisch-geometrische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata im II. Teil Teil I: Fleury oder Micy?, 11. Jahrhundert Teil II: Reichenau, 9. Jahrhundert, illustriert im 11. und 14. Jahrhundert? Teil III: Reichenau, 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben ca. 208 × 143 mm, 150 Folia aus Pergament, sowie eine Papierlage zu Beginn, Text einspaltig bei unterschiedlicher Zeilenzahl von verschiedenen Händen in karolingischer Minuskel, Auszeichnungen in Capitalis rustica, ornamentierte O-Initiale auf fol. 1v, Rubrizierungen.

Art der Bilder Zum Text der Recensio Interpolata lassen sich auf den noch erhaltenen Blättern in 18 der vom Schreiber freigelassenen Lücken in geritzter Vorzeichnung ausgeführte Darstellungen der Konstellationen erkennen; ein Teil dieser Vorzeichnungen wurde von späterer Hand durch eine lavierte Federzeichnung verstärkt oder ersetzt. Die Position der Sterne ist nicht eingetragen.

Inhalt Teil I fol. I–VII: Teil I: fol. 1r: fol. 1v: fol. 1v–14v: fol. 14v: fol. 14v–16r: fol. 16r: fol. 16r–19r: fol. 19v: fol. 20r–57r: fol. 57r–60v: fol. 61r–86v: fol. 87r–88v: Teil II fol. 89r–97r:

Papierlage mit Exzerpten Hartmann Schedels Astrologische Tabelle (Kunitzsch 1966, S. 20ff.) Kapitelverzeichnis von De utilitatibus astrolabii (Migne PL 143, 389ff.) De utilitatibus astrolabii De alio horologio De orologio secundum Alchoram (Millás Vallicrosa ed. 1931/II, S. 288–290) Ut scias quando quelibet stella fixa sit in sole (Millás Vallicrosa ed. 1931/II, S. 324) Ad intimas summe philosophie disciplinas (Millás Vallicrosa ed. 1931/II, S. 271–275) Tabelle zu De utilitatibus astrolabii, Kap. III (Bubnov ed. 1914, S. 125) Julius Firmicus Maternus, Mathesis I–II De diametris trigonis et quadratis exagonis de victis sive ablectis Astronomischer Traktat des Alhandrus, Sequentia ad opus Iulii Firmici ut arbitros non pertinent (Thorndike 1923, S. 710–718) Nachtrag: Hymnen mit Neumen

Text des Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) fol. 98r–101r: De caeli positione

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fol. 101v: leer fol. 102r–121v: Scholia Sangermanensia in Arati Phaenomena Teil III: fol. 122–128: Ps-Boethius, Liber artis geometricae primus fol. 129–149: Boethius, Geometricorum elementorum ab Euclide translatorum libri fol. 149v–150r: Descriptio civitatum et regionum et septentrionalem plagam Danubii

Kommentar Bei der Münchner Handschrift Clm 560 handelt es sich um eine aus drei Teilen unterschiedlichen Alters zusammengesetzte astronomisch-geometrische Sammelhandschrift. Der erste Teil umfaßt neben der astrologischen Schrift des Firmicus Maternus auch eine De utilitatibus astroloabii überschriebene Abhandlung über das Astrolabium und dessen Gebrauch. Dieser Text entstammt einem in Fleury um 995 zusammengestellten Lehrbuch. Daraus folgt die Datierung dieses Textabschnittes frühestens in das Ende des 10. bzw. in das 11. Jahrhundert. Vielleicht wurde dieser Teil aus Fleury mitgebracht und diente Hermann dem Lahmen von der Reichenau als Quelle für seinen Traktat De mensura astrolabii. Der dritte Teil enthält das erste Buch der Geometrie des Pseudo-Boethius. Eine eigene, auf fol. 135v und fol. 143v erhaltene Lagenzählung weist ihn als ursprünglich unabhängig konzipiertes Manuskript aus. Nach Bischoff wurde dieser Abschnitt in der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts auf der Reichenau geschrieben. Zwischen diesen beiden Teilen findet sich zwischen fol. 89r und fol. 97r der Münchner Handschrift Clm 560 neben wenigen kleineren Abhandlungen der mit einer eigenen Lagenzählung versehene, illustrierte Text des Aratus Latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia). Nach Bischoff entstand dieser Teil des Buches in der ersten Hälfte oder in der Mitte des 9. Jahrhunderts ebenfalls auf der Reichenau. Die ältere Forschung (Thiele, Bethe, Manitius und Maass) datiert ihn dagegen – wohl geleitet vom Stil der Zeichnungen- erst ins 12. Jahrhundert. Den Text des Sternkatalogs begleitet ein unvollständiger in geritzten Vorzeichnungen angelegter Zyklus der Konstellationen, wobei über einem Teil der Vorzeichnungen später lavierte Federzeichnungen ausgeführt wurden. Für die Bilder hat man bei der Gestaltung der Handschrift meist von rechts in den Text hineinragende Lücken freigelassen. In diesen wurden dann, wahrscheinlich im ausgehenden 11. Jahrhundert, die einzelnen Sternbilder vorgezeichnet. In diese Zeit weist die Figur des Orion auf fol. 113v mit ihren gelängten Proportionen und den spitz auslaufenden Schuhen, ebenso wie die ornamenthaft gestalteten Füße des Schwans und der Schwanz des Steinbocks. Vielleicht entstanden die Ritzzeichnungen als die drei Teile des Codex zusammengefügt wurden. Auf Grund der Lückenhaftigkeit des Zyklus sind die Illustrationen ikonographisch kaum einzuordnen. Der in voller Gestalt gezeigte, sitzende Eridanus ist für einen RI-Zyklus unüblich und entspricht eher der Tradition der De ordine ac positione-Illustrationen. Dies trifft auch auf die Darstellung des Schützen zu, wenn die heute fast völlig getilgte Vorzeichnung ihn wie die jüngere Zeichnung als Satyr gegeben hat. Zwei Jahrhunderte später hat man einige Darstellungen, so die des Canis maior und des Hasen auf fol. 114r oder die des Seeungeheuers Cetus auf fol. 114v in lavierter Federzeichnung fertiggestellt. Der Stil vom Ende des 13. Jahrhunderts oder Anfang des 14. Jahrhunderts offen-

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bart sich beispielsweise deutlich in der Frisur des Wassermanns auf fol. 111v. Auffällig ist die Angleichung der Nördlichen Krone an ein reales Muster, ohne Rücksicht auf die ringförmige Anordnung der Sterne. Auch das Seeungeheuer Cetus wurde als Hecht, einem gefährlichen Fisch aus dem Erfahrungsbereich des Malers dargestellt. Ansonsten verrät der Satyr-Schütze die Zugehörigkeit zur Tradition der De ordine ac positione-Bilder. Davon einen konkreten Bezug zu Regensburg und den De ordine ac positione Illustrationen in der Handschrift Wien ÖNB 12600 abzuleiten, ginge aber zu weit. Einige Miniaturen, darunter die des Stiers, des Pegasus und der Fische zwischen fol. 107 und fol. 109 sind nur zum Teil ausgeführt worden. Ein anderer Teil der Illustrationen, unter anderem die Bilder zwischen fol. 103 und fol. 106 wurden herausgeschnitten oder gingen durch den Verlust ganzer Blätter verloren. Verzeichnis der Bilder fol. 102v: Ursa maior (Großer Bär), Lücke. fol. 103r: Ursa minor (Kleiner Bär), Blatthälfte fehlt. fol. 103v: Draco (Drache), Blatthälfte fehlt. fol. 103v: Hercules, beschnitten; nur nach links schreitende Beine sind erhalten. fol. 104v: Corona borealis (Nördliche Krone),

beschnitten; lavierte Zeichnung einer mit Gemmen besetzten Krone, deren Zacken als Blätter geformt sind. fol. 105r: Serpentarius (Schlangenträger), herausgeschnitten. fol. 105r: Scorpius (Skorpion), Lücke. fol. 105v: Bootes (Bärenhüter), beschnitten; nur Zeichnung der nach links schreitenden Beine erhalten. fol. 105a: herausgetrennt. fol. 106: beschnitten. fol. 107r: Taurus (Stier), Zeichnung, ganzfigurig, in Seitenansicht, nach rechts schreitend; Cepheus, Lücke. fol. 107v: Cassiopeia, geritzte Vorzeichnung; mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem Thron mit zweibogiger Rücklehne sitzend. fol. 108r: Andromeda, Lücke. fol. 108v: Pegasus, Zeichnung über geritzter Vorzeichnung, nach rechts in Seitenansicht gezeigte, geflügelte Halbfigur mit eingerolltem Leibesabschluss. fol. 109r: Aries (Widder), lavierte Zeichnung über geritzter Vorzeichnung; nach rechts stehend. fol. 109v: Triangulum (Dreieck), Lücke. fol. 109v: Pisces (Fische), Zeichnung über Ritzzeichnung, übereinander dargestellt, jedoch in unterschiedliche Richtungen schwimmend. fol. 110r: Perseus, Lücke. fol. 110v: Plejaden, Lücke. fol. 111r: Cygnus (Schwan), Vorzeichnung, mit zurückgewandtem Kopf nach links stehend. fol. 111v: Aquarius (Wassermann), Zeichnung des im Profil nach rechts stehend gezeigten, unterhalb der Knie beschnittenen Jünglings, bekleidet mit einem Rock, mit beiden vorgestreckten Armen ein Gefäß ausleerend. fol. 111v: Capricornus (Steinbock), Vorzeichnung, nach links lagernd, mit lilienförmiger Schwanzspitze. fol. 112r: Sagittarius (Schütze), Zeichnung über Vorzeichnung, als mit zurückgelegtem Kopf nach rechts gewandter, bogenspannender Satyr. fol. 112v: Sagitta (Pfeil), spaltenbreite Lücke. fol. 112v: Aquila (Adler), Zeichnung über Vorzeichnung?, mit zurückgewandtem Kopf nach rechts stehend. fol. 113r: Delphinus (Delfin), Vorzeichnung, großer, nach rechts schwimmender Fisch mit einem Sporn über dem schnabelartigen Maul. fol. 113v: Orion, geritzte Vorzeichnung, aufrecht stehend, von vorn, bekleidet mit einem langen, eng anliegenden Gewand und einen, den rechten Oberarm bedeckenden Schultermantel, in seiner zur Seite gestreckten rechten Hand ein Schwert nach oben haltend. fol. 114r: Canis maior (Großer Hund), Zeichnung über Vorzeichnung, von rechts nach links springend. fol. 114r: Lepus (Hase), Zeichnung über Vorzeichnung, von rechts nach links springend. fol.114v: Cetus (Seungeheuer), lavierte Zeichnung über Vorzeichnung?, als nach rechts schwimmender Hecht. fol. 115r: Eridanus, teilweise ausgeführte Zeichnung über Vorzeichnung; als nach links sitzende nackte Figur, von der sich in Vorzeichnung auch die Lockenfrisur, eine Staude in den angewinkelten Armen sowie eine umgekippte Urne mit austretendem Wasserstrahl erhalten haben. fol. 115r: Piscis

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 magnus (Großer Fisch), Zeichnung über abweichender Vorzeichnung, nach links schwimmend. fol. 115v: Centaurus, Vorzeichnung, nach rechts springend, in seiner angewinkelten rechten Hand eine lange, seinen Körper überragende Lanze tragend, in der vorgestreckten Linken ein Beutetier an den Hinterläufen empor haltend. fol. 116r: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Zeichnung über geritzter Vorzeichnung; nach links kriechende Wasserschlange, den nur in Vorzeichnung erhaltenen Mischkrug sowie den nach links gewandten Raben in der Mitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend. fol. 116v: Anticanis (Vorhund).

Provenienz Vermutlich gelangte der Codex von der Reichenau (?) in das Kloster Prüll (Prühl) bei Regensburg. Später befand er sich im Besitz des Humanisten und Mediziners Hermann Schedel (1410–1485). Auf fol. 9 hat sich ein Besitzervermerk des Hartmann Schedel aus Nürnberg (1440–1514) erhalten, und von dessen Hand stammen wahrscheinlich auch die Notizen auf der Papierlage zu Beginn des Buches. Über die Fuggerbibliothek gelangte die Handschrift in den Besitz der bayerischen Herzöge, deren Exlibris, Ex Bibliotheca sereniss. utriusque Bavariae Ducum 1618, sich auf dem Spiegel erhalten hat. Weitere Notizen von modernen Händen, darunter auch die Signaturen Ms. lat. 560, Clm 560 und Clm 31 befinden sich auf der Rectoseite des Vorsatzblattes.

Literatur Cat. cod. lat. 1868, I, 1, S. 115–116; Thiele 1898, S. 158, fig. 68; Bethe 1900, S. 414, 420; Boll 1903, S. 194; Leidinger 1912, Nr. 77; Bubnov 1914, S. XLV; Thorndike 1923, S. 710– 718; Van de Vyver 1936, S. 667ff.; Byvanck 1949, S. 223, Nr. 75; Bischoff 1960, 1, S. 262, Anm. 3; Kunitzsch 1966, S. 20ff.; Bergmann 1985, S. 72ff., 236–237; Le Bourdellès 1985, S. 78; Borst 1987, passim, bes. S. 68ff. Siehe S. 75

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München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 10270 Komputistische Sammelhandschrift Selbständige Sternbilderfolge, kommentiert durch Hyginusexzerpte Vermutlich Oberrhein (Diözese Straßburg), 1. Viertel 12. Jh. Kodikologische Angaben 270 × 195 mm, 21 Bl. Pergament + 4 Bl. Papier. Blattverluste: nach fol. 2, zwischen Perseus und Libra/ Scorpius und nach fol. 10 (es fehlt ein Doppelblatt aus der Lagenmitte mit der zweiten Hälfte des Kalenders), ursprünglich drei Quaternionen, die verlorenen Texte füllten wohl ebenfalls rund drei Quaternionen.

Art der Bilder Selbständige Folge von 29 Federzeichnungen der Sternbilder mit erläuternden Exzerpten aus Hyginus, Buch 3. Die Figuren stehen zumeist einzeln unter Arkaden, auf denen jeweils ein kurzer Titulus steht, die Sterne wurden in Rot eingezeichnet, wohl vom Rubrikator.

Inhalt fol. 1r–4r:

fol. 4v–5v: fol. 6r–7v: fol. 8r: fol. 8v: fol. 8v:

fol. 9r–10v:

fol. 11rv:

Sternbilderdarstellungen mit Versbeischriften. fol. 1r Prooemium: Pagina gentilis nec firma nec undique vilis … (Walther, Initia 13570; Thorndike/ Kibre, Sp. 1025, Nr. 1). Einleitung zu den folgenden Darstellungen und Arkadeninschriften (s. u.). Die Arkadeninschriften fungieren als Merkverse zu den Figuren der Sternbilder und ihrem mythologischen Hintergrund. Wahrscheinlich nachträglich eingefügt (bis auf fol. 3r) wurden erläuternde Beischriften aus Hyginus, De astronomia Buch 3 ( jeweils die rein astrothetischen Abschnitte; Viré ed. 1992). Eine Inschrift am oberen Rand von fol. 1v verweist auf den Bezug der Bilder zum Kalender: iste figure usque ad manus (d. h. bis zu den Fingerzahlen) pertinent ad kalendarium. Finger- und Figurenzahlen (PL 90, Sp. 693; vgl. Jones 1939, S. 54). Darstellungen mit erläuterndem Text (Thorndike/Kibre, Sp. 1583, Nr. 14). Schemata. Stammbäume zu Rhetorik und Philosophie (vgl. Remak-Honnef, S. 145) Ps-Galen, De signis mortis et vitae (Thorndike/Kibre, Sp. 1250, Nr. 6) Horologium viatorum. Zifferblatt einer Zylindersonnenuhr Versindex. Multiplices usus sub corde voluminis huius … Verse zum Inhalt des Kodex. Die Aufzählung lässt die ursprüngliche, weitaus umfänglichere Textzusammenstellung erkennen (s. u.). Kalendar mit Auszügen des Aratus latinus in der Recensio interpolata; fol. 9r (Außenrand oben) Aquarius habet stellas in capite obscuras, in humeris … (Maass ed. 1898, S. 236); fol. 9r De figuris signorum (Randglosse, Außenrand unten; vgl. Saxl 1915, S. 54) Komputistische Texte: De concurrentibus (Thorndike/Kibre, Sp. 771, Nr. 1); Unde procedant XI dies epactarum mit Tabelle; Istis pagine summitas per X et VIII annos epactas continet

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

fol. 11v–12r:

fol. 12v: fol. 12v–13r:

fol. 13r–19v:

fol. 19v–20r: fol. 20v–21r: fol. 21v:

Abbo von Fleury, Computistica (Ad feriam cuiusque diei inveniendam hec est facta figura …, fol. 12r: komputistische Tabelle; PL 90, Sp. 734, 803–804, 820) »Sol est ubique altissimus in meridie quando altum facit solstitium …«, darunter Erddiagramm Ps-Columban, De saltu lunae (ed. G. Meier: Die sieben freien Künste im Mittelalter, Einsiedeln 1886, S. 30, Hs. zitiert sowie Jones, Bedae opera, S. 376; vgl. Thorndike/ Kibre Sp. 378; Cordoliani, Les traités 1943, S. 58) Abbo von Fleury, Computistica mit Tabellen und Tafeln (13r: Hec figura que sequitur …, PL 90, Sp. 806; 13r–15r: Tafeln, Tabellen und Anweisungen, PL 90, verstreut Sp. 728ff.) Tabula cum commento. Argumentum sequentis pagine. Ab epactis presentis anni … (Thorndike/Kibre, Sp. 6, Nr. 13), komputistische Tafel mit Erläuterung Epistula Petosiris de sphaera vitae et mortis. Erläuterung zum Schema fol. 21v Sphaera Apulei. Kreisschema mit integriertem Kreuz (vgl. Kühnel 2003, S. 158 und Abb. 96)

Kommentar Die Handschrift in ihrem heutigen Zustand ist offensichtlich unvollständig. Der ursprüngliche Textbestand geht aus einem Gedicht auf fol. 8v hervor. Dieses beschreibt wie ein Inhaltsverzeichnis die enthaltenen Texte, beginnend mit der Sternbilderfolge und den Darstellungen der Fingerzahlen. Darauf wird der Computus Helperici aufgeführt, der heute ebensowenig vorhanden ist, wie die weiteren Texte. Dass es sich bei dem genannten »Beda« um De temporibus handelt, belegt auch eine nachgetragene Inschrift fol. 4v, die darauf hinweist, dass die Fingerzahlen zu diesem Text gehören und ihn verstehen helfen (Iste manus et ymagines humane sequentes ad librum venerabili Bede presbyteri de temporibus infra scriptum requiruntur intelligendum). Der Text folgte entweder unmittelbar am Ende der Lage (d. h. nach fol. 7) oder – wahrscheinlicher – am heutigen Ende des Codex, d. h. nach fol. 21. Schließlich werden fünf Texte zur Osterberechnung angeführt, die als verbindlich galten, so der Brieftraktat des Dionysius Exiguus (Krusch ed. 1938). Die Textzusammenstellung erinnert an Handschriften wie London, Brit. Lib., Royal 13 A XI. Kürzere Texte und der Kalender werden nicht mit aufgeführt – wie oft in mittelalterlichen Inhaltsverzeichnissen von Handschriften. Man bekommt den Eindruck, dass die (heute erste) Lage mit den Darstellungen fol. 1–7 den Texten vor allen aus didaktischen Gründen zugefügt wurde. Bis fol. 7v ist der Codex heute fast ein reines Bilderbuch, in dem den Texten höchstens eine erläuternde Rolle zukommt. Die besondere Wertschätzung der Bilder verdeutlichen auch die Arkaden, welche als Auszeichnungsformeln die Sternbilderdarstellungen überwölben. Die Arkadenbögen sind zudem mit metrischen Tituli beschriftet, die aller Wahrscheinlichkeit nach eigens hierfür verfasst wurden. Auf dem Seitenrand ist noch ein knapper Sternkatalog hinzugefügt, der aus dem dritten Buch von Hyginus De astronomia exzerpiert ist. Auf fol. 3r ist die Ausführung dieses Textes unterblieben. Während sich die gedichteten Tituli auf die Mythologie beziehen, finden sich die astronomischen Angaben in den Marginalien. Weiter hinten im Codex fügte man im Kalendar den Darstellungen der Tierkreiszeichen noch Auschnitte aus dem Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis hinzu. Offenbar empfand man die Bilder ohne die Auflistung der Einzelsterne als unvollständig.

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Bei den Sternbilderdarstellungen auf fol. 1r–4r sind die Positionen der Einzelsterne mit großer Sorgfalt markiert. Allerdings blieben diese Eintragungen unvollständig. Die Verteilung der Sterne in den Bildern hat jedoch kaum etwas mit der Verteilung am Himmel gemein. Sie folgt ganz offensichtlich den Angaben des Textes der beigeschriebenen Textblöcke. Die jeweils als heller bezeichneten Sterne wurden größer dargestellt, bei Bootes etwa wurden drei Größen differenziert. Im Grunde sind die Bilder vor allem dazu geeignet, die Texte zu erlernen, weniger die Konstellationen am Himmel. Dies setzt nicht voraus, dass die Hyginustexte vor dem Eintragen der Sterne beigeschrieben wurden, denn die Textblöcke fehlen fol. 3r, die Sterne wurden dennoch eingesetzt (die Angaben stimmen auch mit den Exzerpten aus De ordine ac posi­ tione im Kalender überein). Bei Aquarius wird besonders deutlich, dass die Sterne nach den Angaben des Textes in die vorhandenen Bilder eingesetzt wurden. Die »effusio aque« ist hier flächig angelegt statt in Form eines Wasserstroms, folglich werden die Sterne, die Hyginus nur pauschal nennt, willkürlich in dieser Fläche verteilt. Das Problem spitzt sich bei Eridanus noch zu. Der Text des Hyginus gibt hier an, in welcher Biegung des Flusslaufs Sterngruppen zu finden sind. Das Bild ließ den Rubrikator wohl etwas ratlos darüber, wo er jeweils die im Text angesprochene erste, zweite und dritte »curvatura« des Wasserstroms zu sehen habe. Die Vorlagen der Bilderreihe sind vermutlich nicht aus einer anderen Hyginus-Handschrift übernommen worden. Der Vergleich mit den untereinander verwandten süddeutschen Handschriften (Wien 51, Wolfenbüttel Guelf. 18.16 Aug., St. Paul im Lavanttal 16/1) zeigt, dass die Münchner Zeichnungen mit diesen Bilderfolgen offensichtlich nur noch sehr indirekt verbunden sind. Auch kennzeichnet sie eine ungleich qualitätvollere Ausführung. Mit Lavierungen gelingt es dem Zeichner auf eindrucksvolle Weise die Körper zu modellieren; die Gesichter sind abwechslungsreich, ausdrucksstark und sogar antikennah. Faltenformeln werden an den Gewändern nie über Gebühr strapaziert. Damit ist der Zeichner zwar stilistisch ganz auf der Höhe seiner Zeit, dennoch bereitet eine stilkritische Lokalisierung Schwierigkeiten. Geht man von der Zuordnung des Kalendars in die Diözese Straßburg aus (vgl. Klemm), könnte man höchstens versuchen, in Handschriften wie dem Guta-Sintram-Codex (Straßburg, Bibliothèque du Grand Séminaire, Cod. 78) einen erstarrten späten Reflex des Stiles zu entdecken. Die Sternbilderreihe ist heute fragmentiert, denn zwischen fol. 2 und 3 fehlt ein Blatt. Vielleicht ist aber die Bilderreihe niemals ganz vollständig gewesen, da wahrscheinlich bei der Übertragung eines textintegrierten Illustrationszyklus in die Arkadenflächen Fehler unterlaufen sind. So ist der Bootes-Arctophylax doch wohl eher ein Cepheus, der Eridanus eher ein zweiter Aquarius. Auch sind die Sternbilder der südlichen Hemisphäre nach den Tierkreiszeichen in der Reihenfolge durcheinander geraten. Denkbar wäre aber auch die Vermittlung über nicht textgebundene Darstellungen der Sternbilder. Der Zeichner hat nach Ausweis der Tinte zugleich auch die Tituli auf die Arkadenbögen geschrieben. Die Hyginus-Auszüge sind dann auf den Seitenrändern nachgetragen worden. In einer gereimten Vorrede auf fol. 1r äußert sich der Kompilator gleich zu Beginn zum heidnischen Inhalt jener Sternbilderdarstellungen: »Pagina gentilis nec firma nec undique vilis / Sydera staturis disterminat atque figuris, / Sicut constat eas veteres finxisse poetas. / Quis hic depictis Christi de nomine dictis / Inde nequit nasci nisi velle per ethera pasci / Astrorumque rotas per formas discere notas. / Sed vice communi versus datur unicus uni / quo breviter discas merito quibus inscius hiscas.« (Die heidnische Buchseite – weder ganz zuverlässig noch völlig wertlos – / umgrenzt die Sterne durch Gestalten und Figuren, / so wie es feststeht, dass die

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

antiken Dichter sie erfunden haben. / Du kannst durch das in Christi Namen hier Dargestellte und Genannte – von dort / kann es nämlich nicht kommen, es sei denn man wollte (selbst) sich am Himmel nähren – / den Lauf der Sterne durch bekannte Formen lernen. / Aber anstatt gemeinsam, wird jedem einzelnen jeweils ein Vers zugeteilt, / wodurch du schnell lernen magst, wonach du als Unwissender zurecht strebst.) Rechtfertigend erläutert er hier den Wert der antiken Darstellungen und verweist auch auf die wohl von ihm selbst verfassten Verse, die ja gerade die verwerflichen Mythen erklären. Auf dem unteren Außenrand von fol. 9r in einer Randglosse zum Kalender geht der Verfasser auf dieses Thema noch einmal ein: »Signa XII vel a causis annalibus vel a gentilium fabulis nomina sumpserunt, quas ideo strictim ac breviter hic annotare curavimus, non quo eorum ineptissimis opinionibus assensum prebeamus, sed ut lectoris animus his cognitis melius carmina poetarum intelligant que plerumque his sunt compaginata mendaciis. Idcirco igitur et figuris ea depingere studuimus, ut stellarum ordo vel numerus quasi quibusdam membris infixus evidentius a discente cernatur.« (Die zwölf Tierkreiszeichen haben ihren Namen entweder von den entsprechenden Jahreszeiten oder von den Fabeln der Heiden genommen. Wir haben sie deshalb in aller Kürze hier anführen lassen, nicht um unsere Zustimmung zu ihren sehr unangemessenen Meinungen auszudrücken, sondern damit der Geist des Lesers, nachdem er sie kennengelernt hat, besser die Gedichte der Poeten verstehen kann, die meist aus solchen Lügen zusammengesetzt sind. Darum haben wir uns auch bemüht, sie durch Zeichnungen darzustellen, damit die Ordnung und Anzahl der Sterne dadurch, dass sie sozusagen in die jeweiligen Körperteile eingefügt wurden, augenfälliger vom Lernenden wahrgenommen werden.) Der didaktische Nutzen der Bilder wird hier herausgestrichen; interessanter Weise wird dabei auf das bessere Verständnis der antiken Dichter eingegangen.

Verzeichnis der Bilder fol. 1v: Ursa maior, Ursa minor, Draco (Großer Bär, Kleiner Bär, Drache), unter einer gemeinsamen Arkade die zwei Bären, gegenläufig gewendet, in der s-förmig gewundenen Schlange, Arkadeninschrift: »Hortus hesperidum vulnus necat herculis hydrum. Scemate stas isto quia sis violata calisto. At iovis ob curam super astra locant cinosuram.« Beischriften zu den Bären: »cynosura«, »calisto«; fol. 2r: Bootes (Bärenhüter), links oben der stehende, mit einer Tunika bekleidete Bärenhüter in Orantenhaltung, Bogeninschrift: »Ut iacula parcas matri fis stelliger archas«; rechts gemeinsam unter einer Arkade Corona borealis (Nördliche Krone), oben offen bleibender Ring, an den Enden zwei Schlangenköpfe, erinnert an eine Lyra; darunter der nach links kniende nackte Hercules in Rückenansicht mit einer kurzen, dicken Keule in der Rechten, das übers Knie gelegte Löwenfell ähnelt einem toten Löwen; Arkadeninschrift: »Facta corona fabris lemni en ariadnis«, Bildinschrift: »Herculis in genibus notat inclita praelia sydus«; links unten Lyra (Leier), geschwungen, auf einem dreistufigen Sockel, Bogeninschrift: »Hec lyra cognovit quibus Orpheus omnia movit«; Cygnus (Schwan), frontal, den Hals nach links gebogen, Arkadeninschrift: »Dant in olore iovum. Nemesis rapuisse pudorem«; fol. 2v: links oben Cepheus, frontal in Orantenhaltung mit geschürzter Tunika, Phrygiermütze und umgehängtem Schwert, Arkadeninschrift: »Ob meritum nate Cepheus consistit in axe«; rechts Cassiopeia, mit erhobenen Armen und Kopfschleier auf einem Thronsessel sitzend; Arkadeninschrift: »Casiepia luis quod nymphas pulchiror uris«; links unten Auriga (Fuhrmann), mit

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leicht gebeugten Knien auf dem Wagen stehend, auf seinem Arm eine kleine Ziegen, Arkadeninschrift: »Iunxit erictonius currum certamine primus«; rechts Perseus in inkonsequent umgedeuteter Rückenansicht nach links gewandt, den Kopf aber nach rechts ins Profil gedreht; in kurzer Tunika, Flügelschuhen und Mütze, mit der Rechten eine Sichel haltend, mit der Linken vor sich ein flammenhaariges Haupt; Arkadeninschrift: »Perseus eluse caput addit ad astra medusae«; fol. 3r: oben links Libra (Waage), darunter der achtbeinige und mit Scheren und einem geknoteten Schwanz versehene Scorpius (Skorpion), Arkadeninschrift: »Libram porrectis moderatur scorpio chelis«, Beischrift: »Ipsemet informis fastus monet absit ut omnis«; rechts Sagittarius (Schütze), als Satyr mit gespanntem Bogen nach links, darunter Capricornus (Steinbock) mit zweifach geringeltem Schwanz, Arkadeninschrift: »Per sua membra croti claret distantia voti«, Beischrift: »Concrevisse iovi merces et ego ceroti«; fol. 3r: unten links Aquarius (Wassermann), der sich nach rechts oben streckt, aber nach links unten Wasser ausschüttet, der nackte Körper umwickelt mit einer Stoff bahn, mit runder Mütze, Arkadeninschrift: »Miscet aqua potum largus pincerna deorum«; rechts Pisces (Fische) gegenläufig mit verbundenen Mäulern, diagonal ins Bildfeld eingepasst, Arkadeninschrift: »Fugit pisce suo citherea cupidine iuncto«; fol. 3v: oben links Orion, mit gezücktem Schwert und Paludamentum nach links schreitend, Arkadeninschrift: »Fortis ob insigne pugnans ostenditur iste«; rechts stehender Anticanis (Vorhund) nach links gewandt, darunter Argo Navis (Schiff) als halbes Schiff mit Segel und Rudern nach rechts, Arkadeninschrift: »Huic amor extat heri venandi causa sequendi«, Beischrift: »Ornat navigium quia prosciderit mare primum«; unten links Canis (Hund) nach rechts springend, darunter Hydra (Seeschlange) nach rechts, auf dem Rücken amphorenartiger Crater (Mischkrug) und Corvus (Rabe), Arkadeninschrift: »Velocis cursus cephali canis hoc cape munus«, Beischrift: »Hoc te corve modo remorantem punit apollo«; rechts Lepus (Hase) nach rechts springend, darunter Ara (Altar) quaderförmig mit Flamme, Arkadeninschrift: »Huius ob omne genus pulsum sacrat insula lerus«, Beischrift: »Gentem titanam contra iuratur ad aram«; fol. 4r: oben links, der bärtige Centaurus (Kentaur) nach links gewandt, mit der Rechten vor sich einen Hasen haltend, mit der Linken einen Speer geschultert, Arkadeninschrift: »Mores semifero celo meruere videri«; rechts Piscis magnus (Südlicher Fisch) nach links, Arkadeninschrift: »Sic nothium sisto quia iuta sit ysis ab isto«; unten links Cetus (Seeungeheuer) mit zweifach gewundenem Schwanz und zwei Vorderflossen nach links, Arkadeninschrift: »Missus ad andromedam cetus datur hic comedendam«; rechts Eridanus (Fluss) wie tanzend, große Wassermengen aus zwei Amphoren ausschüttend, Arkadeninschrift: »Moles sola padum locat inter sydera magnum«. fol. 4v–5v: Finger- und Figurenzahlen fol. 4v: Handzeichen, fol. 5r: Dreiviertelfiguren in zwölf miteinander verbundenen Medaillons, z. T. mit Gegenständen in der Hand, fol. 5v: in der oberen Bildhälfte sechs solcher Medaillons, darunter ein Mann unter einer Arkade, der mit den Händen über dem Kopf das Zeichen für Tausend macht; fol. 6r–7v: Schemata mit Begriffen der Rhetorik und Philosophie; fol. 8v: Zeichnung einer Sonnenuhr (Horologium viatorum); fol. 12v: Diagramm der Erde; fol. 21v: Sphaera Apulei.

Provenienz Remak-Honef (1991) wies auf die »bemerkenswerte Ähnlichkeit« des Kalendars mit dem von Gengenbach hin (überliefert in Würzburg UB, M.p.h.f.1). Borst (2006) stellte dagegen fest, es handele sich um einen »späten Ableger« des Reichskalenders in der ostfränkischen Fassung. Da keine lediglich regional verehrten Heiligen oder später dazugekommenen Feste enthalten sind, ergeben sich keine Hinweise zu Lokalisierung oder Datierung. Auf fol. 1r getilgter Besitzeintrag des 15. Jhs.: »Iste liber pertinet … [ad m]o[na]st[er]i[um] …

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

te..h..« (mehr nicht lesbar). 1779 durch den Nürnberger Gelehrten C. G. v. Murr an die Mannheimer Bibliotheca Palatina verkauft; 1803–04 nach München überführt; in die Königliche-, später Staatsbibliothek, übergegangen.

Literatur Boll 1903, S. 111, Anm. 2, S. 131, 137, 145, 194; Bethe 1945, S. 124, Anm. 13, Abb. 21; Byvanck 1949, Nr. 112; Klemm 1988, Nr. 316, S. 212–214, Taf. VII, Abb. 680–685; Remak-Honnef/ Haucke 1991, S. 143–147 (Remak-Honnef ); Kastner 1994, Nr. 2; Wirth 1987, Sp. 1225–1310; Kühnel 2003, S. 158, Abb. 96; Borst 2006, Bd. 1, S. 258– 260; Bolton 2010, S. 29. Siehe S. 135–138, Abb. 558–565

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Oxford, Bodleian Library, Bodley 614 (Summary Catalogue 2144) Kosmographische Textsammlung Sternbilderdarstellungen zu De involutione spere auf der Grundlage von Hyginus Südengland?, um 1120–40 Kodikologische Angaben 144 × 101 mm, 51 Folia, Pergament, einspaltig, 25–28 Zeilen, protogotische Minuskel

Art der Bilder In der Regel breit gerahmte, teilkolorierte Federzeichnungen, zumeist vor farbigem Grund. Bei den Sternbildern bleiben lediglich Aries, Bootes, Lyra, Sagitta und Argo Navis ungerahmt. Alle Sternpunkte und viele weitere Details wurden in Gold angelegt.

Inhalt fol. 1r: fol. 1v–2v:

fol. 2v–14r: –14r: 14r: fol. 14v–16r: fol. 17r:

fol. 17r: fol. 18r–22r: fol. 22r–22v:

fol. 23v–34r:

fol. 34v–35v:

leer Tabulae. Tabellen der Konkurrenten, Sonnen- und Mondregularen, Solaren, Epakten und Claves terminorum, vgl. Cotton Tib. B. V., fol. 14r; fol. 1v: De singulis mensibus. Vgl. Cotton Tib. B. V., fol. 2v; fol. 1v: Ratio calculandi (zur Berechnung des Mondalters an den Kalenden) Kalendarium. Der freigelassene Raum für Darstellungen der Monatsarbeiten wurde nur fol. 3r, 4r und 5r genutzt ( Januar–März) Tabulae. fol. 14v Magnus ciclus paschalis; fol. 15r Intervalltafel; fol. 15v–16r: Tabelle der Osterbuchstaben (?) – fol. 16v: leer De sole. Überwiegend nach Isidor, Etym. 3, 49; Sol/Apoll als Jüngling nach Mythographus Vaticanus 1, 112; endet mit dem Bericht vom Sturz Phaetons (vgl. Calcidius, Timaeus lat., Waszink ed. 1975, S. 14), vgl. Digby 83, 23v De luna. Unter anderem nach Isidor, Etym. 3, 71, 2 (Lindsay ed. 1911); u. a. zur Darstellung als Frau in der Ochsenbiga – 17v Bildseite (s. u.) De signis zodiaci. Kompilation aus Hyginus, De astronomia II, Scholia Sangermanensia und Isidor, De natura rerum, vgl. Digby 83, fol. 59r–60r De VII planetis. Nach den Umlaufzeiten geordnet von Saturn bis Luna, erwähnt werden die Benennungen der Venus als Hesperus und Lucifer sowie Stilbon für Merkur; im Anschluss (fol. 22v) De intervallis planetarum, zu den (musikalischen) Intervallen zwischen den Planeten, vgl. Digby 83, fol. 34r–fol. 23r Bildseite (s. u.) De involutione spere. Kompilation aus: De signis coeli, Hyginus‘ De astronomia II, Scholia Sangermanensia und Isidors De natura rerum; zum Teil übereinstimmend mit Digby 83, fol. 42v–67r, s. u. Guilelmus de Conchis, De philosophia mundi III (Excerpta; Maurach ed. 1980). Kurze Texte zu den Kometen, Winden (de climatibus celi), zur Entstehung des Regenbogens und den Meteoren, nach William von Conches und Isidor, Etymologiae

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

fol. 36r–51v:

De rebus in Oriente mirabilibus ( James ed. 1929), mit alttestamentlicher Apokryphe zu Mambres und Jamnes sowie Ergänzungen zu exotischen Tieren und antiken Mischwesen nach Isidor, De natura rerum

Kommentar Die Textzusammenstellung, die neben einem bebilderten Kalendarium und der Himmelsbeschreibung auch die so genannten »Wunder des Ostens« enthält, steht unmittelbar in der Tradition von Cotton Tiberius B. V (um 1025–1050), doch handelt es sich um keine Kopie. Die oft zusammenfassend verkürzende Textredaktion, der viel geringere Umfang und das kleine Format machen aus dem Codex geradezu ein »kosmographisches Handbüchlein«. Er erhielt eine sorgfältige Ausstattung mit zahlreichen Illustrationen, auch zu kurzen Texten naturkundlichen Inhalts. Gliederung und Seitengestaltung sind übersichtlich, wenngleich das Erscheinungsbild durch wiederholten Beschnitt beeinträchtigt wurde. Man möchte dieser kleinformatigen, schön gestalteten Handschrift einen privaten, geradezu intimen Charakter zusprechen. Die dem Codex zugewiesene Datierung schwankte in der Vergangenheit zwischen dem Beginn und der Mitte des 12. Jahrhunderts. Der paläographische Vergleich der typisch englischen Protogothica mit anderen, datierten Handschriften stützt die Annahme einer Entstehung im 2. Viertel des Jahrhunderts. Nicht zuletzt aufgrund der Exzerpte aus der Philosophia mundi des Wilhelm von Conches (ca. 1080–1145) sollte ein allzu frühes Datum jedoch mit Skepsis betrachtet werden. Andererseits mag die relativ schlichte Gewandbehandlung des Zeichners ohne erkennbare Tendenz zu den charakteristischen, wie nass am Körper klebenden Faltenbildungen der Folgezeit (vgl. etwa Digby 83) für eine Datierung vor der Jahrhundertmitte sprechen. Vor allem die Textabschnitte zu den Sternbildern (fol. 18r–34r) jedoch auch weitere Teile zu Astronomie und Himmelskunde sind eng verwandt mit dem Opusculum de ratione spere, wie es in Oxford, Bodl. Lib., Ms. Digby 83 (mit Sternbilderdarstellungen, s. u.) und drei weiteren Codices des 12. Jahrhunderts in Erfurt, Hannover und Breslau (Wroclaw) überliefert ist (vgl. Digby 83). Allerdings bietet Bodley 614 durchgehend einen wesentlich knapperen Text als die genannten Handschriften. Auch findet sich fast durchgängig eine andere Abfolge der Sätze oder Abschnitte innerhalb der Texte. Der Text zu Cancer (fol. 19r) etwa entspricht einer nur wenig kürzeren Fassung der zweiten Hälfte des betreffenden Abschnittes in Digby 83 (fol. 54v). Bei Virgo bildet der Text in Bodley 614 (fol. 20r) das letzte Drittel des Abschnittes in Digby 83 (fol. 55v–56r), bei Libra dagegen die erste Hälfte. Beim Skorpion stimmen nur die aus Hyginus genommenen Bestandteile in beiden Codices grob überein, ein erheblicher Anteil der Texte ist jeweils unterschiedlich. Während in Bodley 614 die Bilder des Zodiakus getrennt behandelt werden (in der Folge des Jahreslaufs), darauf die Planeten und erst dann die übrigen Sternbilder, werden in der Digby-Handschrift alle Sternbilder in einer Abfolge behandelt. Bis auf wenige Abweichungen entspricht diese auch hier (fol. 23v–34r) der bei Hyginus – ohne die schon zuvor behandelten Zodiakzeichen. Allerdings wurden nach Perseus die Plejaden und Hyaden eingefügt, Fuhrmann und Schlangenträger haben den Platz getauscht, auch Eridanus und Orion wurden anders eingeordnet. Ara sowie Hydra mit Crater und Corvus fehlen, sie befanden sich sehr wahrscheinlich auf der heute nicht mehr vorhandenen Seite (nach fol. 33) dieser Lage. Die unvollständige Lage zu ursprünglich sechs Doppelblättern endet mit fol. 35, d. h. mit dem Abschnitt zur Astronomie.

39 Oxford, Bodleian Library, Bodley 614

Abweichend von Digby 83 endet jeder Sternbildabsatz in Bodley 614 mit einer Angabe der jeweiligen Gesamtzahl der Sterne und dem Verweis auf das folgende Bild, dem ihre Anordnung zu entnehmen sei (z. B. fol. 28v: »… stellas … ita per corpus distinctas«). Offenbar gehört die Ausstattung mit entsprechenden Bildern zum Grundkonzept der hier belegten Textredaktion des – wie in Digby 83 – De involutione spere überschriebenen Abschnittes zu den Himmelskörpern. Ob diese besondere Bearbeitung für Bodley 614 entstand, ist nicht zu entscheiden, da weitere Belege fehlen. Allzuviel früher kann sie aber aufgrund ihrer Textbestandteile nicht entstanden sein (s. o.). Die außergewöhnliche Bedeutung, die in diesem Codex den Bildern zukommt, zeigt sich auch daran, dass kaum ein Textabschnitt ohne begleitende Illustration geblieben ist. Zu verweisen wäre hier insbesondere auf die Erläuterungen zum Regenbogen (fol. 35r) nach Wilhelm von Conches, zu den Kometen (fol. 34r) oder Winden (fol. 34v). Während die meisten Sternbilddarstellungen in der Gestaltung prinzipiell denselben Mustern wie Cotton Tib. B V folgen, zeigen einige auch abweichende Vorbilder. So weisen die Darstellungen des Aquarius zum Beispiel keine wesentlichen Gemeinsamkeiten auf. Aquarius in einer frontalen Ansicht in etwas breitbeiniger Haltung sowie mit der vor dem Körper gehaltenen Vase mit nach rechts ausgegossenem Wasserstrahl findet sich selten, in wenig abweichender Form kann man ihn jedoch in Padua Ms. 27, Scaf. 1 sehen (fol. 132vb). Die Darstellungen der Sternbilder gehen wie die in Cotton Tib. B V. und Cotton Tib. C I letztlich auf Harley 647 zurück, sind unmittelbar jedoch über Vorlagen vermittelt, die auch Bodl. Lib., Digby 83 zugrunde liegen. Die architektonische Rahmung des Orion zeigt vielleicht am deutlichsten die Abkunft von Harley 647. Die Texte zu den einzelnen Konstellationen der beiden Oxforder Handschriften haben gegenüber diesem Codex neue Elemente aus Hyginus aufgenommen, wurden also offenbar zusätzlich aus einer anderen, vollständigeren Hyginusüberlieferung gespeist. Etliche Umformungen der Illustrationen gegenüber Harley 647 und den beiden Cotton-Handschriften sind Bodley 614 und Digby 83 gemeinsam, so etwa der Pflanzenstengel anstelle eines Speeres in der Hand des Kentauren. Auch das Bild des Eridanus weicht in beiden Fällen völlig von den früheren Handschriften ab und wurde hier stärker dem Typus des Wassermannes angeglichen. Dabei ist das Wassergefäß in Bodley 614 eindeutig als hölzernes Daubengefäß zu erkennen, während es in der Digby-Handschrift entstellt erscheint. Orion holt in Bodley 614 mit einer Keule in der erhobenen Rechten zum Schlag aus, während er in Digby 83 sein Schwert schwingt und eine Art Pflanzenstengel hält. Auch die Architekturrahmung findet sich nur in Bodley 614. Erhebliche Abweichungen im Text machen es unmöglich, die etwas jüngere Digby-Handschrift auf Bodley 614 zurückzuführen. Aber die einzigen signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Bildzyklen sind – abgesehen von der gesonderten Behandlung der Tierkreiszeichen, die nur in Bodley 614 erfolgt – allein der Baldachin, unter dem die Figur der Ariadne bei dem Sternbild der Krone steht, und die besprochenen Differenzen bei Orion. So spricht viel dafür, dass die beiden Oxforder Codices auf ein gemeinsames Vorbild zurückgehen. Diese Bilderreihe besaß ursprüngliche eine größere Verbreitung, wie die Reliefs an der Porta dell’ Zodiaco in der Sagra di San Michele bei Turin belegen, die Meister Nicolaus um 1130 schuf. (S. Kap. VI, 3) In der Figur des Orion folgen die Skulpturen der Fassung des Digby-Codex, in der Aussonderung des Zodiakus und der Gestaltung des Spornes der Argo als Tierkopf aber der Bodley-Handschrift.

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Die in der Tradition der Bilder zu Ciceros Aratea stehenden Handschriften boten jedoch nicht für alle (von Hyginus behandelten) Sternbilder passende Vorlagen. Skorpion und Waage etwa fehlen in Harley 647, Cotton Tib. B V. und Tib. C I. ebenso wie Hercules. Jedoch auch dort wo die karolingische Handschrift ein passendes Muster geboten hätte, folgt der Zyklus des 12. Jahrhunderts ihm nicht immer, so bei Cetus, der hier als fischähnliches Wesen mit Schweineschnauze begegnet sowie bei Eridanus, wo eine dem Aquarius angenäherte Variante gewählt wurde. Großer Hund und Hase sowie Delphinus sind nun in die entgegengesetzte Richtung gewandt (wie auch in Digby 83), während sonst die Ausrichtung der Figuren wie in Harley 647 beibehalten wurde. Die Darstellung von Skorpion und Waage in Bodley 614 versucht wohl der Angabe Rechnung zu tragen, dass die Zangen des Tieres auch der Waage zugehören. Die Form des senkrecht stehenden und in Draufsicht dargestellten Skorpions lässt sich gut mit den Darstellungen in Vat. Reg. lat. 309 und Paris, BN, ms. lat. 12117 vergleichen, wo die Waage jedoch nur im Text genannt wird (De ordine ac positione). Der Schritt jedoch zur Integration einer Waage in die Darstellung des Skorpions scheint nicht sehr ferne zu liegen. Die wenig überzeugende Zeichnung der Waage in Bodley 614 (und Digby 83) dürfte auf den verderbten Zustand einer Vorlage zurückzuführen sein – war das Instrument selbst und seine Funktion doch jedermann wohlbekannt. Der Text der Bodley-Handschrift erwähnt sehr lapidar, dass Skorpion und Waage zusammengehören, geht auf die konkrete Form jedoch nicht ein. Die Möglichkeit einer direkten Umsetzung des Textes fällt somit als mögliche Erklärung weg (vgl. jedoch hierzu Digby 83). Bei Hercules fällt in dieser Hinsicht auf, dass das Löwenfell im Text ausdrücklich genannt (»In sinistra vero quattuor [stellas] quas pellem leonis nonnulli esse dixerunt«) aber im Bild nicht als solches gezeigt wird. Hercules schickt sich hier an, mit der Keule auf einen kleinen geflügelten Drachen einzuschlagen, den er mit der linken Hand vor sich trägt, da im Text von dem Drachen im Garten der Hesperiden die Rede ist. Die kombinierte Darstellung der Bären mit dem Drachen finden sich in Zyklen der Recensio interpolata. Den seine Hand in den Polarkreis ausstreckenden Bootes findet man auch in der späteren Hyginushandschrift Baltimore, W. 734 (fol. 5v). Ohne Parallele ist die Darstellung der Corona borealis als reich gekleidete, stehende Frau, die den Reif mit den Sternen in der Hand hält. Der Text referiert im wesentlichen Hyginus (De astronomia II, 5, 1) und erwähnt Ariadne, die mit der Frauengestalt wohl gemeint ist. Die Handschrift lässt sehr eindrücklich erkennen, wie hier im 12. Jahrhundert mit den überlieferten Texten und Bildern gearbeitet wurde, um neue, thematisch abgerundete Zyklen zu handbuchartigen Texten zu schaffen. Dabei fällt ein verstärktes Interesse am antiken Mythos ins Auge, das sowohl in der Textauswahl wie in der Bildgestalt seine Spuren hinterlassen hat. Im Vergleich zu vielen komputistisch ausgelegten Zyklen der vorausgehenden Epoche ist auch die sorgfältige Austtattung mit hochwertigen Zeichnungen, oft mit Farbe und Gold auffällig. Bemerkenswert ist die integrale Rolle der Bilder, auf die eine Bemerkung im Text auf fol. 34r explizit verweist. Dort wird auch die deutliche Warnung ausgesprochen, die Bilder keinesfalls ohne die nötige Sorgfalt zu kopieren, da sie sonst ihre Genauigkeit und somit ihren Nutzen verlören. (fol. 34r: »Caveat itaque omnis, cui forte huius opusculi de syderum ratione figurati modum transformare placuerit, ne quicquam horum signorum aliter quam hic continetur depingat, nec punctos stellarum extra pernotata loca disponat, quia in singulis notis figurarumque distinctionibus et formis subtilis continetur intellectus. Sola vero brevitatis causa eorundem signorum formatura stellarumque determinata loca hic scriptis nominatim non distinguntur.« (Es solle sich also jeder hüten, dem es vielleicht gefallen würde, die Art und Weise dieses bebilderten kleinen

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Werkes über die Ordnung der Sterne zu verändern, dass er auch nicht das Geringste an diesen Sternbildern anders darstellt, als sie hier enthalten sind, und auch nicht die Punkte der Sterne außerhalb der genau bezeichneten Stellen anordnet, da ja in jedem einzelnen Merkmal sowie in der Anordnung und Gestalt der Figuren genaueste Überlegung enthalten ist. Allein wegen der Kürze aber werden die Gestalt eben dieser Sternbilder und die genauen Orte der Sterne hier nicht ausdrücklich im Text beschrieben.)

Verzeichnis der Bilder fol. 1v–2r: vier sitzende Gelehrte ; Monatstätigkeiten (fol. 3r, 4r, 5r, die weiteren nicht ausgeführt). fol. 17v: Sol, gekrönt mit Fahnenlanze, im vierspännigen Sonnenwagen nach rechts oben fahrend; Luna, mit der Mondsichel bekrönt, in der Ochsenbiga nach links

fahrend, in der Rechten eine Kugel haltend (Sol und Luna in gemeinsamem, horizontal schräg geteiltem Rahmen). fol. 18r–34r: 41 Sternbilderdarstellungen zu De signis zodiaci, De VII planetis und De involu­ tione spere. fol. 18r: Aries (Widder), nach links springend, den Kopf nach rückwärts gewandt, die Sterne hier nicht in Gold ausgelegt. fol. 18v: Taurus (Stier), ganzes Tier, nach links gewandt, das linke Vorderbein abgewinkelt, der Stier scheint vorne zu knien. fol. 19r: Gemini (Zwillinge), zwei eng aneinandergeschmiegte junge Männer in knielanger Tunika, bartlos und mit langen Haaren; Cancer (Krebs), nach rechts gewandt, in Draufsicht, zehn gleichartige Beine (keine Zangen), »Gesicht« als Tiermaske ausgebildet. fol. 19v: Leo (Löwe), nach links schreitend, Schwanz zwischen den Hinterbeinen nach vorne gelegt, Quaste ragt über dem Rücken nach vorn. fol. 20r: Virgo (Jungfrau), en face stehend in aufwendiger Kleidung mit weit herabhängenden Tütenärmeln, in der Linken eine Art Pflanzensproß (Palmwedel?); Libra, Scorpio (Waage, Skorpion), von oben gesehen, senkrecht ausgerichtet, acht Beine, die beiden menschlichen Arme halten den Waagbalken über sich, auch Gesicht menschenähnlich mit ausgestreckter Zunge, Rahmen unten in der Mitte zur Spitze ausgebogen (dem Echsenschwanz des Skorpions ausweichend). fol. 20v: Sagittarius (Schütze), nach links trabender Kentaur mit Pfeil und Bogen, Oberkörper bekleidet, bärtig. fol. 21r: Capricornus (Steinbock), nach links gewandten Ziegenfisch, vorwärts schreitend. fol. 21v: Aquarius (Wassermann), en face mit leichter Rechtswendung, in einer Art Sitzhaltung stehend, den langen Wasserstrom aus einer Vase nach rechts gießend; fol. 22r: Pisces (Fische), gegeneinander gewandt an den Mäulern verbunden. fol. 23r: Planeten, sieben Planetengötter als Büsten in kreisrunden Medaillons, in der Mitte (größer), Sol mit goldener Krone und zwei brennenden Fackeln, oben: Mars, Saturn, Iupiter, unten: Venus, Luna und Merkur (durch Beischriften bezeichnet). fol. 24r: Draco, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), in kreisförmig, gerahmtem Bildfeld (Rahmen markiert gleichzeitig den Polarkreis) die Schlange, in den Windungen der Große (mittig, auf dem Rücken liegend) und der Kleine Bär; Bootes (Bärenhüter), mit erhobenem Pedum, knielanges Gewand, bärtig, lange Haare, den linken Unterarm in den Polarkreis ausstreckend; Corona borealis (Nördliche Krone), en face stehende Frau, in der rechten ein Zepter, in der linken Hand die »Corona« als kreisförmige Scheibe haltend, lang hängende Tütenärmel in wellenförmig geschwungenen Enden auslaufend. fol. 24v: Hercules, nach rechts gewandt, bartlos, im Profil, zeitgenössische Kleidung, mit der Linken einen kleinen Drachen vor sich haltend, die Rechte holt mit der Keule aus. fol. 25r: Lyra (Leier), Instrument mit Saitenhalter, Stimmwirbeln und Schallöchern; Cygnus (Schwan), nach links gewandt, wandt,, ausgebreitete Schwingen, gebogener Hals, sehr kräfti-

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ge Füße. fol. 25v: Cepheus, en face thronend, große, goldene Krone, ein Zepter in der Linken. fol. 26r: Cassiopeia, en face thronend, goldene Krone, Arme ausgebreitet. fol. 26v: Andromeda, en face stehend, nackter Oberkörper, langer an der Hüfte gegürteter Rock, lange, offen fallende Haare, die Handgelenke an einen Stab hinter dem Rücken gefesselt; Perseus, nur leicht nach links gewandt, bartlos, vollständig bekleidet, in der rechten Hand einen kurzen, mit Spitze und Hacken bewehrten Spieß vor sich (falx), mit der Linken das Haupt der Gorgo (mit »Schlangenhaaren«), Flügelsandalen als flache Schuhe gestaltet, sehr große Kopfflügel verdecken die Haare. fol. 27r: Plejaden, kreisrund gerahmtes Bildfeld mit sieben eingefügten Bildmedaillons mit Frauenbüsten (Namen in Beischriften genannt), nur die mittlere ohne Schleier (Electra). fol. 27v: Hyades, wie die Pleiaden gestaltet, alle Frauenbüsten mit Schleier und Beischriften. fol. 28r: Serpentarius (Schlangenträger), nackt, bartlos, leicht nach links gewandt, wandt,, Schlange windet sich zwischen den Beinen hindurch von hinten um die Hüften, der Träger hält sie mit beiden Händen vor sich, und deutet mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand auf sein Gesicht. fol. 28v: Auriga (Fuhrmann), nackt, bartlos, mit lang fallendem Paludamentum, leicht nach rechts gewandt, auf der rechten Handfläche die Zicklein haltend, in der Linken die dreiriemige Geißel, über der linken Schulter ein Ziegenkopf. fol. 29r: Sagitta (Pfeil), detailliert wiedergegeben, Spitze nach rechts; Aquila (Adler), leicht nach links gewandt, ausgebreitete Schwingen. fol. 29v: Delphinus (Delfin), nach links schwimmender Fisch. fol. 30r: Pegasus, nach rechts galoppierend, die Flügel am Ansatz der Vorderbeine angesetzt. fol. 30v: Triangulum (Dreieck), in Gold mit Rankenfüllung. fol. 31r: Orion, prächtig gekleidet, bartlos, in der Rechten eine Keule, das Schwert am Hüftgurt, Figur unter rahmender Bogenarchitektur mit flankierenden Türmen. fol. 31v: Lepus (Hase), steil nach rechts hochspringend; Canis maior (Großer Hund), nach rechts hochspringend, parallelogrammförmiger Rahmen; fol. 32r: Anticanis (Vorhund), ins Hochformat gekippte (»gestürzte«) Darstellung; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte, Heck mit Tierkopf, nach rechts fahrend, zwei seitliche Steuerruder, und Rahsegel (hier ohne Mast), die Plankenenden der Schiffshälfte sehen wie abgeschnittene Röhren aus (Digby 83, fol. 64r entsprechend, aber ohne Mißverständnisse). fol. 32v: Eridanus, bartloser junger Mann mit bloßem Oberkörper und langem Rock, nach rechts gewandt wandt in beinahe hockender Stellung, gießt den Wasserstrom aus einem Daubengefäß mit Reifen, darunter im selben Rahmen: Canopus, achtstrahliger goldener Stern. fol. 33r: Centaurus, nach links schreitender Kentaur mit langem Vollbart, ein Opfertier an den Hinterläufen haltend, in der Linken ein Pflanzenstengel, ein Tierfell mit Kopf und Pfoten weht über den Pferderücken. fol. 33v: Cetus (Seeungeheuer), nach rechts schwimmender Fisch mit Wildschweinschnauze und langen Hauern, im Kiemenbereich eine runde Ohrmuschel, dahinter ein strähniger Haarkranz, der Schwanz eher vogelartig; Piscis austrinus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend. Die ursprünglich hier folgenden Bilder von Ara (Altar) und Hydra (Wasserschlange) mit Crater (Mischkrug) und Corvus (Rabe) gingen wahrscheinlich durch das Ausschneiden eines Blattes verloren (nach fol. 33). fol. 34v: Winde, Rota. fol. 34r: Cometes (Komet), mittig in den Textblock eingefügter goldener Stern, wie eine stilisierte Sonne, in kreisrundem, rotem Bildfeld. fol. 35r: Regenbogen. fol. 35v: Astronom, bei der Beobachtung mit einem Astrolabium, oben ein farbloser Himmelsstreifen mit Sonne, Mond und Sternen, darunter sitzende Figur, die Linke hält das Instrument, die Rechte bedient die Visiereinrichtung. Das Bild markiert das Ende des astronomischen Teils der Handschrift. Weitere Darstellungen zu den »Wundern des Ostens«.

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Provenienz Im 16. Jh. Ralph Hopwood (Eintrag fol. 1v). Zwischen 1605 und 1611 für die Bodleian Library erworben.

Literatur Waagen 1854, S. 68f.; Gunther 1923, S. 4, 28, 221; James 1929; Panovsky/Saxl 1933, S. 238, 240f., Abb. 15; Webster 1938, S. 173, Tafel LXIII; Wittkower 1942, S. 172, Abb. 47a; Byvanck 1949, Nr. 122; English Romanesque Illumination 1951, Tafel 8, 10; Boase 1953, S. 86f, 240, Abb. 28b; Saxl/Meier 1953, S. XXVI, XXVIII, 313-316, Abb. 142, 151, 158, 173, 187f.; Saxl 1957, S. 99, 108f., Tafel 60a, 60c; Malone 1963, S. 115; King 1969, S. 124; Pächt/Alexander 1973, S. 18, Nr. 156, Tafel 16; Kauffmann 1975, S. 77, Nr. 38; Friedman · ´ zynska-Stolot 1981, S. 144, 247 Anm. 32; Kauffmann 1984, S. 106, Nr. 39; Snie 1994, S. 66. Siehe S. 126–130, Taf. 47–51, Abb. 566–593

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Oxford, Bodleian Library, Ms. Digby 83 (Summary Catalogue 1684) Opusculum de ratione spere Sternbilderdarstellungen zum vierten Buch (Textgrundlage: Hyginus) England, Mitte des 12. Jahrhunderts Kodikologische Angaben 209 × 155 mm, 76 Folia, Pergament, einspaltig, 28 Zeilen in später Karolingischer Minuskel mit protogotischer Tendenz, wohl von einer Hand geschrieben. Insgesamt vier Blatt mit Text wurden vor der Eintragung der neuzeitlichen Foliierung ausgeschnitten (sechste Lage: nach fol. 42 und 45; achte Lage: nach fol. 60 und 63), Bilder gingen nicht verloren.

Art der Bilder Zwischen fol. 44r und 67r finden sich 40 Sternbilderdarstellungen. Bis auf Serpentarius und Auriga sind es ohne Rahmung in die vorbereiteten (meist rechtwinkligen) Aussparungen des Textblockes eingepasste Federzeichnungen in brauner Tinte mit den Sternen als goldene Punkte.

Inhalt fol. 1r–76v:

Opusculum de ratione sphaerae. Vgl. Thorndike/Kibre Sp. 1237, Nr. 7; Zinner 10387–89 sowie Thorndike 1923, S. 705–709). Astronomischastrologische Kompilation in vier Büchern auf der Basis antiker und mittelalterlicher Texte. Der Prolog (fol. 1rv) ist eine Adaption des Traktats Quicumque nosse desiderat legem astrorum, vermutlich die Übersetzung eines arabischen Textes (Van de Vyver 1936, S. 676f. und Anm. 86, vgl. Bischoff 1984, S. 184). Zahlreiche Schemata, v. a. fol. 2v–39r. Nach der grundlegenden Einführung der Themen im Prolog (fol. 1rv) folgen die Autoren zur Astronomie und die Konstruktion der Himmelssphären. Buch II bringt die Erörterung der Geographie, Buch III die Grundlagen von Astronomie und Astrologie (fol. 21r–42r.) u. a. nach den Traktaten Abbos von Fleury. fol. 21rv Aufzählung der sieben Himmel als: oleth, lothen, ethat, edim, eliyd, hachim, atarpha, griechische, hebräische und »sarazenische« Namen für die Planeten, jeweils das korrespondierende Metall, und Qualitäten wie: »obscurus«, »clarus«, »igneus« (Thorndike 1923, S. 709). fol. 24r–26r Epistola Adelboldi ad Silvestrum II papam (Bubnov ed. 302–309; vgl. Van de Vyver 1936, S. 689). fol. 32v Auszüge aus Plinius, Hist. Nat. II, die sich auch in komputistischen Kompilationen finden, hier jedoch in einer veränderten Redaktion vorliegen (Van de Vyver 1936, S. 689, Anm. 160; King 1969, S. 123 und pass.). Buch IV behandelt die Sternbilder und Planeten (fol. 42v–76r), beginnend mit dem Excerptum de astrologia Arati (Maas 1898, Anonymus III, S. 309–312) und einer Umarbeitung von Hyginus, Buch II und III, wobei die Textstellen zu den

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einzelnen Sternbildern jeweils zu einem Abschnitt kombiniert wurden. Der Text endet abrupt und offenbar unvollständig, verwiesen wird auf ein Schema zur Harmonie der Elemente und zur Entsprechung zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos, das jedoch fehlt.

Kommentar Bei Digby 83 handelt es sich um eine sehr einheitlich gestaltete Handschrift, die nur einen Text enthält, eine didaktisch ausgerichtete Kompilation in vier Büchern aus Hyginus, Isidor, Plinius und einer Reihe anderer Autoren zur Astronomie und Astrologie. Die jeweiligen Exzerpte stehen zum Teil als eigene Abschnitte relativ unverändert nebeneinander, zuweilen wurden sie jedoch auch stark überarbeitet, ergänzt und ineinander verwoben, so dass ein neuer Text entstand (zum Verfahren siehe u. a.: Fitzgerald 1974, S. 196f.). Die sehr sorgfältig geschriebene und mit qualitätvollen Zeichnungen versehene Handschrift enthält keine Einträge, die Rückschlüsse auf Ort und Zeit der Entstehung erlauben würden. Vor allem aufgrund einer stilistischen Einordnung der Zeichnungen datiert Kauffmann (1975 und 1984) in die Mitte des 12. Jahrhunderts. Die relativ große und sorgfältig ausgeführte Schrift zeigt nur wenige protogotische Tendenzen, was eher gegen eine Datierung in die zweite Jahrhunderthälfte sprechen mag, wie sie Pächt und Alexander vorschlugen (1973). Vergleichsbeispiele finden sich vor allem für die Zeit von etwa 1140 bis 1160. Recht nahe kommt hinsichtlich der Schriftformen Oxford, Lincoln College Lat. 63, entstanden in Worksop vor 1161 (vgl. Watson 1984, Abb. 66). Fitzgerald (1974, S. 197) wies nach, dass die Hyginusstellen sehr eng mit Cambridge, Trinity College, ms. 945 (R.15.32) übereinstimmen, einer in Winchester entstandenen Handschrift. Sie geht davon aus, dass diese Handschrift als Vorbild für den Hyginustext diente. Allerdings wäre in diesem Zusammenhang auch das Verhältnis der vier Textzeugen des Opusculum de ratione spe­ re untereinander zu klären (s. u.). Innerhalb der Hyginusüberlieferung eng verwand sind ferner Harley 2506 (und die Handschriften in der Filiation von Harley 647) und Chartres 498 (siehe dort). Auf stilkritischer Grundlage gelangte Saxl (1957) ebenfalls zur Annahme einer Beziehung der Handschrift zu Winchester. Hinsichtlich der Sternbilderdarstellungen wie auch der zugehörigen Textpartien ist Oxford, Bodl. Lib., Bodley 614 eng verwandt. Die direkte Abstammung von der dortigen Textredaktion ist jedoch auszuschließen (hierzu auch King 1969), auch bei den Bildern ist ein gemeinsames Vorbild vorauszusetzen (s. u.). Die Textkompilation ist in vier Handschriften überliefert, neben Digby 83: Wroclaw (Breslau), Biblioteka Universitecka, ms. IV 8° 11, fol. 17r–91v (Frankreich, 12. Jh., Viré 1981, Nr. 9); Erfurt, Amploniana, Ms. Q. 23, fol. 98r–125v (England, 12. Jh., ohne Buch IV); Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek, Hs. IV, 394 (13. Jh., Viré 1981, Nr. 28). Oxford, Bodl. Lib., Bodley 614, fol. 17r–34r entspricht teilweise dem vierten Buch des Opusculum. Die Sternbilderdarstellungen im vierten Buch finden sich nur in den Oxforder Handschriften (vgl. auch: Van de Vyver 1936, S. 690). Während in Digby 83 die Abschnitte zu den einzelnen Sternbildern aus dem 2. und 3. Buch des Hyginus vereint wurden – ähnlich wie in Bodley 614 – fehlt nach Viré (1981, S. 164–167 und S. 214) das 2. Buch in den Handschriften von Breslau und Hannover ganz. Im Breslauer Codex wurde das Excerptum de astrologia Arati an den Schluss des Opusculums versetzt. Digby 83 scheint somit den reichsten Text aufzuweisen. Wahrscheinlich haben die beiden Oxforder Handschriften ein gemeinsames Vorbild, während jedoch Bodley 614 wohl eher

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einen Ausschnitt in einer gekürzten Variante enthält, scheint Digby 83 eher weiter ergänzt worden zu sein. Buch I behandelt die Autoren zur Astronomie, Buch II die Geographie, schließlich Buch III vor allem Astronomie und Grundsätzliches zur Astrologie. Der Kompilator verarbeitete unter anderem Auszüge aus Hyginus, Plinius, Isidor von Sevilla, Beda und Abbo von Fleury. Im 4. Buch werden die Sternbilder in den Textabschnitten jeweils zunächst beschrieben, wobei zumeist als erstes ihre Lage am Himmel im Verhältnis zu den anderen Konstellationen bestimmt wird. Dann werden die Sterne und ihre Lage im Bild erläutert. Zum Schluss wird die fabula referiert, zumeist jedoch nur in einer Version, eventuell noch mit einer Abwandlung. Ein vergleichbares Verfahren ist in London, Arundel 339, fol. 71v–89v angewandt worden, wo ebenfalls die entsprechenden Auszüge aus Buch II und III des Hyginustextes kombiniert wurden (siehe dort), allerdings blieben dort die Abschnitte in ihrer Reihenfolge bei Hyginus und wurden klar voneinander abgesetzt. Sie weisen vor allem keine Umarbeitungen, Paraphrasen und Ergänzungen auf. Den Textteilen aus dem 3. Buch von Hyginus folgt in Digby 83 jeweils eine gekürzte Version des entsprechenden Abschnittes aus Buch 2. Nach Kauffmann (1975, S. 103) soll der Text von Buch IV mit dem in Bodley 614 übereinstimmen, doch finden sich deutliche Abweichungen, beispielsweise im Orion-Abschnitt, der in Digby 83 nicht nur wesentlich länger ist sondern auch einen ganz anderen Auf bau zeigt und im folgenden kurz als Beispiel skizziert werden soll. Dabei beginnt der Abschnitt mit einer Paraphrase von Hyginus 3. 33, d. h. der Lage des Sternbildes Orion, seiner Form und der Anordnung der Sterne. Dann kommt ein Verweis auf Hieronymus (fabulae gentilium) und die Etymologie des Namens von Urina als Überschwemmung, passend zu einem Wintersternbild. Darauf folgt der Verweis auf Hesiod und die Gabe Neptuns, auf dem Wasser zu wandeln (im Wesentlichen nun nach Hyginus 2.34), die Blendung Orions (ohne Nennung des Grundes). Schließlich folgt die fabula mit Neptun und Euryale, die Jagd mit Diana und der Tod durch den Skorpion, dann die Blendung als Strafe (d.h. mit Angabe des Grundes). Abschließend wird Aristomachus referiert und die Geschichte des Besuchs Jupiters und Merkurs bei Neptun sowie der Zeugung aus Urin und der Ochsenhaut, abermals die Herleitung des Namens aus Urina. Die Erläuterung des römischen Namens iugulus mit Hinweis auf die Keule fehlt im Gegensatz zu Bodley 614 (fol. 31r). Ob der Text hier dem Bild angepasst wurde (Schwert statt Keule) kann nur vermutet werden. Immer wieder löste sich der Redaktor vom Wortlaut bei Hyginus und formuliert eigenständige Paraphrasen (auch die Erklärung zu Draco ist eine Nacherzählung von Hyginus 2. 3, 1ff., kein Exzerpt). In Bodley 614 beginnt der Abschnitt (ebenfalls nach Hyginus 2.34) mit Hesiod, dem Wandeln auf dem Wasser, der Blendung (ohne Angabe des Grundes). Es folgt die Jagd mit Diana, Tod durch den Skorpion und Versetzung an den Himmel, dann erst der Grund für die Blendung, Aristomachus und die Geschichte mit der Ochsenhaut mit der Erläuterung des Namens Orion (ohne konkrete Herleitung aus Urina). Schließlich findet sich die Erklärung des lateinischen Namens iugulus wegen Keule und Schwert am Gürtel. Zur Form und den einzelnen Sternen heißt es am Schluss jedoch lediglich: »habet autem stellas XVII ita distinctas.« Der Text verweist also direkt und explizit auf das an dieser Stelle folgende Bild. Entsprechend fehlt im Bodleianus gegenüber Digby 83 vor allem der Teil nach Hyginus 3.33 mit der formalen Beschreibung, dessen Stelle dort die Bilder einnehmen. Ansonsten finden sich zahlreiche Abweichungen im Detail, der Digby-Codex bietet deutlich mehr Einzelheiten, referiert mehr Quellen

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und integriert Informationen aus anderen Quellen. Hinsichtlich des Textes ist eine Abhängigkeit der späteren Digby-Handschrift von Bodley 614 – auch wenn man die Ergänzung aus anderen Vorlagen annimmt – mit Sicherheit auszuschließen. Die Abfolge der Sternbilder entspricht in weiten Teilen der bei Hyginus. Die Tierkreiszeichen werden nicht getrennt behandelt wie in Bodley 614 (siehe dort), auffällig ist jedoch die Vertauschung von Jungfrau und Löwe, auch entgegen der Abfolge am Himmel bzw. im Jahreslauf. Offenbar macht sich hier der Einfluss der Bildvorlage nach Ciceros Aratea bemerkbar, denn dort kommt der Löwe erst nach der Jungfrau zur Sprache. Auch die Einordnung der Plejaden nach Perseus und des Südlichen Fisches vor dem Altar, anstatt danach wie bei Hyginus, findet sich bei Cicero. Serpentarius vor Auriga könnte ebenfalls von dort her inspiriert sein. Gewänder und Körper sind linear sorgfältig durchgestaltet. Die Rippen der unbekleideten Figuren werden stark betont, die Falten der Gewänder »kleben« am Körper und bilden fischblasenförmige Felder. Die Säume fallen oft in harten, gezackten Falten. Die Hände sind zumeist überdimensioniert, oft auch die Füße. Auffallend sind die prächtigen Haarschöpfe und häufig auftretenden Vollbärte der Männer. Der Schlangenträger etwa mit seiner in der Mitte gescheitelten, voluminösen Haarpracht, der hageren, gebogenen Nase, betonten Wangenlinien und dem in Löckchen gelegten Bart lässt an byzantinische Kopftypen denken. Saxl (1957, S. 109) vergleicht die Handschrift stilistisch mit London, BL, Ms. Cotton Nero C IV aus St. Swithun’s in Winchester. Auch die stilistische Nähe spräche demnach für eine Entstehung in der Umgebung von Winchester. Die Darstellung der Sternbilder im Einzelnen unterscheidet sich nur wenig von Bodley 614 (siehe dort), daher sind hier vor allem die Unterschiede zu betrachten. Eridanus gießt seinen Wasserstrom aus einem Gefäß merkwürdiger Struktur. In Bodley 614 findet sich prinzipiell die gleiche Form, das Gefäß ist hier jedoch als kleines Fass zu erkennen, d. h. es ist aus Dauben und Fassreifen aufgebaut. In Digby 83 wird die Struktur rätselhaft, weil die Längsfugen verdoppelt wurden und wie Stäbe aussehen. Während Orion im Digby-Manuskript ein Schwert in der Rechten schwingt und in der linken Hand nur eine Art Pflanzenstängel hält – die Schwertscheide ist dementsprechend leer und hängt an einem Schultergurt –, hat er im Bodley-Codex in der erhobenen Rechten eine Keule, wie im Text beschrieben, das Schwert hängt an einem Hüftgürtel, die Linke ist leer. Bodley 614 zeigt Orion unter einer Art Stadttor, d. h. in einer sehr auffälligen architektonischen Rahmung nach Vorbild von Harley 647, in Digby 83 dagegen steht Orion frei. Die Körperhaltung und das erhobene Schwert sowie der Schultergurt für die Schwertscheide sind in Digby 83 und Harley 647 sehr ähnlich (dort blieb die Linke leer). Bodley 614 ist näher am Text (Keule in der Hand, Schwert am Gürtel), Digby 83 ist hinsichtlich der Figur deutlich näher an Harley 647, verzichtet jedoch auf die auffällige und in der Bildtradition der Konstellation – mit Ausnahme der vom Harley-Codex abgeleiteten Beispiele – sonst nicht nachweisbare Architekturrahmung. Die beiden in Bodley 614 verlorenen Darstellungen des Altars und der Wasserschlange weichen ebenfalls deutlich von Harley 647 ab. Der Altar dort ist nur undeutlich zu erkennen, er wurde hier offenbar nach einem realen, zeitgenössischen Altar gestaltet. Die drei von der Seite dargestellten Säulchen mögen zu einem von der Seite gesehenen Altar mit fünf Stützen gehören, wie er sich etwa im Marienaltar von St. Blasius in Braunschweig erhalten hat. Die Hydra wurde als siebenköpfiger Drache ausgestaltet, wo Harley 647 eine einfache Schlange zeigt. Von beiden Bildern sind wohl Rückschlüsse auf die Gestalt der verlorenen Darstellungen in Bodley 614 möglich.

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Digby 83 wird immer wieder als frühes Beispiel für die Rezeption der arabischen Astronomie angeführt. So findet sich fol. 21rv die Aufzählung der sieben Himmel (oleth, lothen, ethat, edim, eliyd, hachim, atarpha), griechische, hebräische und »sarazenische« Namen für die Planeten, jeweils das korrespondierende Metall, und Qualitäten wie: »obscurus«, »clarus«, »igneus« (vgl. Thorndike 1923, S. 709). Auch die expliziten Erläuterungen zur Astrologie und ihren Vorhersagen in diesem Codex werden genannt. Allerdings werden ausführlichere Angaben zur Horoskopie dort zwar angekündigt im vorliegenden Text aber nicht ausgeführt: fol. 22r wird die Meinung der Horoskopsteller (genethliaci) referiert, wonach Wohlstand und Not der Menschen von den Sternen abhängen (nach Isidor, Etym.). Der Autor teilt diese Ansicht, will jedoch erst an späterer Stelle über die Prognostik schreiben – was wohl unterblieb. Schon auf fol. 2r wird nach Isidor, Etym. III, xxvii kurz der Unterschied zwischen Astronomie und Astrologie referiert und dabei auch die Wahrsagerei aus den Sternen erwähnt, eingefügt wurde jedoch der Hinweis, dass sich die astrologia naturalis zuweilen irre, die astrologia superstitialis aber nie. Auch bei der Erörterung der Geographie der Erde geht es, dem Text zufolge, nicht zuletzt darum, zu wissen, welche Himmelskörper in den verschiedenen Regionen an welchem Ort am Himmel stehen und damit, welche Einflüsse sie auf das Geschehen auf der Erde ausüben. Die Geographie zielt somit ebenfalls auf astrologische Fragestellungen (vgl. Thorndike 1923, S. 708 und Anm. 1). Die Handschrift zeigt den vorläufigen Schlusspunkt einer Entwicklung hin zu handbuchartigen Textkompositionen, in denen die konstituierenden Einzeltexte und Exzerpte zu einem neuen und an vielen Stellen veränderten und ergänzten Ganzen verschmolzen wurden. Vor allem die Zusätze, Paraphrasen und Umarbeitungen demonstrieren den selbstbewussten und eigenständigen Umgang mit dem überkommenen Wissen. Auch im Bilderzyklus lassen sich Elemente ganz unterschiedlicher Bildtraditionen nachweisen, die jedoch ebenfalls zu einem stringenten Ganzen von großer Kohärenz zusammengeführt wurden. Schon die in vielen Fällen aufwendigen Gewänder von zeitgenössischem Zuschnitt – so beim Königspaar Cepheus und Cassiopeia – lassen auch hier die selbstbewusste Überarbeitung und Aktualisierung erkennen. Alle Figuren wurden zunächst mit verdünnter Tinte und spitzer Feder gezeichnet. Die Goldpunkte wurden jeweils mit einem Fleckchen Bolus grundiert. Danach wurden die Figuren in dunklerer Tinte und mit stärkerem Strich ausgezogen. Die Sternbilder des Zodiak wurden zudem koloriert, eine spätere Hand hat jeweils die Symbole der Tierkreiszeichen in schwarzer Tinte ergänzt. Die Farbe wurde teils lavierend aufgetragen, teils relativ trocken in feiner Strichelung. Verzeichnis der Bilder fol. 44r: halbseitige Zeichnung, links Bootes (Bärenhüter), rechts der Circulus arcticus (Polarkreis) mit Draco, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), Bä-

renhüter in einfacher zeitgenössischer Kleidung, nur wenig nach rechts gewandt, in der erhobenen Rechten das Pedum (hier als Keule), die Linke ragt in den Polarkreis hinein, der als goldener Reif hervorgehoben ist; der Kleine Bär auf dem Rücken liegend, schaut zum Bärenhüter, das Muster der Sterne ist in etwa erkennbar, der Polarstern nahe dem Kreiszentrum; der Große Bär gegenläufig und aufrecht stehend. fol. 44v: Corona borealis (Nördliche Krone), links neben dem Sternbild (einfacher Kreis von Sternen in goldenem Reif und kreisförmiger Rahmung) »Corona« en face stehend, reich gekleidet in einer Aedicula, sie hält die Stern-Krone in ihrer ausgestreckten linken Hand, die Rechte hält eine

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Pflanzenranke wie ein Zepter, die Tütenärmel des Kleides hängen bis zu den Knien, das Schleiertuch fällt weit über die Schultern herab. fol. 45r: Hercules, im Profil, in einem Ausfallschritt nach rechts schreitend, zeitgenössisch Kleidung, in der Linken ein kleiner Drache, rechts mit einem Knüppel ausholend. fol. 45v: Lyra (Leier), realitätsnah wirkendes Instrument. fol. 46r: Cygnus (Schwan), seitlich nach links gewandt, die Flügel über sich ausgebreitet, sehr kräftige Füße mit Krallen, am Hinterkopf zwei kleine »Ohren«. fol. 46v: Cepheus, als hochmittelalterlicher Herrscher thronend, die Arme seitlich ausgebreitet, in der Linken ein Pflanzenspross, üppiges, wenig differenziertes Haupthaar, dunkler, lockiger Vollbart. fol. 47r: Cassiopeia, als Königin thronend mit Krone und entsprechender Kleidung, die Arme ausgebreitet, die Handflächen weisen zum Betrachter. fol. 47v: Andromeda, en face stehend, im langen an der Taille gegürteten Kleid, mit nacktem Oberkörper und lang fallendem Haar, die Handgelenke hinter ihrem Rücken an einen jochartigen Stab gefesselt, Figur und Sternverteilung streng achsensymmetrisch. fol. 48r: Perseus, leicht nach links gewandt bartlos, in der rechten Hand einen kurzen, mit Spitze und Haken bewehrten Spieß (falx), in der Linken das Medusenhaupt, Flügelsandalen in Form von halbhohen Stiefeln, Lockenfrisur geht in zwei große Vogelschwingen über. fol. 48v: Plejaden, kreisrunde goldgerandete Medaillons mit Frauenbüsten, eingepasst in einen doppelten Kreis, bis auf die mittlere alle mit Schleier (Maphorion); Hyades, wie die Plejaden gestaltet, alle Frauen mit Schleier. fol. 49r: Serpentarius (Schlangenträger), leicht nach links gewendet, nackt mit vollem Haupthaar und Vollbart. fol. 50v: Auriga (Fuhrmann), nach rechts schreitend, bis auf das prächtige Paludamentum unbekleidet, in der Rechten zwei Zicklein, in der Linken eine nach unten gekehrte Geißel mit drei Riemen (»… una manu tenens lora figuratus«), hinter der linken Schulter erscheint der Kopf einer Ziege mit kräftigen Hörnern. fol. 50v: Sagitta (Pfeil), senkrecht am linken Seitenrand neben dem Text, detailliert gezeichnet. fol. 51r: Aquila (Adler), halb nach links gewandt, ausgebreitete Schwingen, geöffneter Schnabel. fol. 51v: Delphinus (Delfin), nach links gewandter Fisch. fol. 52r: Pegasus, nach rechts galoppierend, mit gelockter Mähne und Schweif. fol. 52v: Triangulum (Dreieck), goldene Kontur, üppige Rankenfüllung. fol. 53r: Aries (Widder), nach links springend, sich umwendend. fol. 53v: Taurus (Stier), nach links schreitend, das rechte Vorderbein angehoben. fol. 54r: Gemini (Zwillinge), junge Männer in kurzen Gewändern, leicht zueinander gewandt, sich umarmend. fol. 54v: Cancer (Krebs), nach rechts gewandtes, achtbeiniges Tier in Draufsicht, maskenartiges Gesicht. fol. 55v: Virgo (Jungfrau), en face stehend, prächtig gekleidet, in der Linken eine Blattranke, die Rechte zum Betrachter erhoben. fol. 55v: Leo (Löwe), nach links gewandt, den Schweif zwischen den Hinterbeinen hindurch nach vorn bis über die Mähne geführt. fol. 56r: Libra, Scorpio (Waage, Skorpion), Skorpion senkrecht in Draufsicht gezeigt, mit Echsenschwanz, acht Beine sowie Arme von menschlicher Form, die die Waage halten. fol. 57r: Sagittarius (Schütze), als Kentaur mit Pfeil und Bogen, nach links galoppierend, Oberkörper bekleidet, das Paludamentum weht unter dem linken Arm durch waagrecht nach hinten. fol. 57v: Capricornus (Steinbock), nach links springender Ziegenfisch. fol. 58r: Aquarius (Wassermann), bartloser Jüngling mit Lendentuch und nacktem Oberkörper, en face in tänzelnder Haltung, den Kopf nur wenig nach rechts gedreht, das Wassergefäß als bauchige Vase mit Füllöffnung und seitlicher Gießtülle, entlässt zwei Wasserstrahlen. fol. 58v: Pisces (Fische), gegeneinander gewandt, der untere auf dem Rücken liegend, an den Mäulern verbunden. fol. 62r: Canis maior (Großer Hund), nach rechts springend, das locker sitzende Halsband trägt ein Anhängsel. fol. 62v: Orion, en face stehend mit erhobenem Schwert in der Rechten, in der Linken ein Pflanzenstängel, nur wenig nach rechts gewandt, prächtig gekleidet, langes Haar, Vollbart. fol. 63r: Lepus (Hase), nach rechts in die Höhe springend; Canicula, mit Halsband, nach rechts. fol. 63v: Anticanis (Vorhund), um 90 Grad gedreht (entspre-

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chend in Bodley 614, fol. 32r) daher nach oben laufend. fol. 64r: Argo Navis (Schiff), Heck eines nach rechts fahrenden Schiffes, zwei seitliche Steuerruder, leicht geblähtes Rahsegel. fol. 64v: Eridanus, große jünglingshafte Gestalt mit langem Rock und bloßem Oberkörper, nach rechts schreitend, den Fluß aus einer großen Vase gießend, deren (Flecht-) Muster an eine Fischreuse erinnert (vgl. Bodley 614, fol. 32v), unter dem linken Fuß Canopus als goldener, achtzackiger Stern. fol. 65r: Centaurus, nach links schreitender Kentaur mit nacktem Oberkörper, langen Haaren und Vollbart, in der Rechten einen Hasen an den Hinterläufen haltend, in der Linken einen Pflanzenstängel mit einer Art Fruchtdolde, umgehängtes Tierfell mit Kopf und Pfoten. fol. 65v: Cetus (Seeungeheuer), nach rechts schwimmender Fisch mit Hauern im Maul und großen Schuppen. fol. 66r: Piscis austrinus (Südlicher Fisch), nach links gewandter Fisch; Ara (Altar), romanischer Tischaltar mit Grundplatte und lang herabhängender Decke. fol. 67r: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), nach links blickender Drache mit einem großen und sechs kleinen Hundeköpfen und zwei Vorderbeinen, auf dem recht dicken Leib steht der Mischkrug als dickbauchiger Henkeltopf und der nach links gewandte Rabe. fol. 67r: Cometes (Kometen), großer goldener Stern mit acht Zacken. fol. 76r: die vorgesehene Schemazeichnung wurde nicht mehr ausgeführt (»hec figura significat concordia elementorum, climatum, celi temporum quoque anni, humorumque humani corporis …«)

Provenienz Die Handschrift trägt die Spuren einer Inventarisation des 15. oder frühen 16. Jahrhunderts: der Eintrag fol. Vv »secundo folio: greci vero etc.« entspricht auch heute dem Anfang von fol. 2r. Ein getilgter Besitz(?)eintrag dieser Zeit auf fol. 1r ist auch unter ultraviolettem Licht nicht vollständig lesbar (»… pater …«?), darüber liegt ein Eintrag Kenelm Digbys (s. u.). Einträge des 16. Jahrhunderts auf fol. ivr (zeitweilig die mit dem Vorderdeckel verklebte Seite des früheren Spiegels) nennen mehrfach »Roberte Colshill« mit der Devise »qui ne ay ne peult« und der Inhaltsangabe »a boks of astronomy« – wahrscheinlich Sir Robert Digby of Coleshill († 1618). Im früheren 17. Jahrhundert (nach dem Tod Roberts?) gelangte die Handschrift in den Besitz von dessen Verwandten Sir Kenelm Digby (1603– 1665), für den auch der aktuelle Einband gefertigt wurde (Wappensupralibros auf Vorderund Hinterdeckel). Vorderspiegel: »KD 83« (sowie moderne Signatureinträge). Digby schenkte seine Bibliothek 1634 der Bodleian Library.

Literatur Macray 1883, Sp. 89f.; Thorndike 1923, S. 705–709; Millàs Vallicrosa 1931, S. 259f., 267, Tafel 20; Van de Vyver 1936, S. 689–691; Byvanck 1949, S. 231, Nr. 123; Saxl/Meier 1953, S. XXVI, XXVIII, 314, 345 f, Abb. 152, 171f.; English Romanesque Illumination 1951, Tafel 11; Saxl 1957, S. 99f., S. 108f., Tafel 61; Romanesque Art 1959, Nr. 24; Destombes 1964, Nr. 25.7; Evans 1969, Tafel 65; King 1969, S. 123f., 127; Pächt/Alexander 1973, S. 22, Nr. 196, Tafel 19; Fitzgerald 1974, S. 196f.; Kaufmann 1975; Aurigemma 1976, S. 219 und öfter; Kauffmann 1984, S. 106, Nr. 40; Bischoff 1984, S. 184; Eastwood 1986, S. 197–251, ´ zynska-Stolot · ´ zynska-Stolot · S. 211f.; Borst 1994, S. 237, Anm. 71; Snie 1994, S. 66; Snie 1997, S. 92; Hunt/Watson 1999, S. 76. Siehe S. 125–127, Abb. 594–631

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Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud. misc. 644 (Summary Catalogue 1487) Astronomisch-astrologische Kompilation Sternbilderdarstellungen zu De signis coeli Nordfrankreich, letztes Drittel 13. Jahrhundert Kodikologische Angaben 320 × 210 mm, 228 Folia, Pergament, frühe gotische Textura, 47–50 Zeilen, Textseiten zweispaltig, umfangreiche Tabellen, Textabschnitte durch Lombarden (rot-blau alternierend) mit Fleuronnée in der Gegenfarbe hervorgehoben

Art der Bilder Den Katalog »De signis coeli« illustrieren überwiegend in die Textspalten integrierte, farbig lavierte Federzeichnungen in brauner Tinte. Die Sterne wurden in blassroter Farbe eingetragen.

Inhalt fol. 2r–7v:

Kalendarium cum interpretatione (Thorndike/Kibre Sp. 55, Nr. 6; Glorieux 1971, S. 408f.; Thomson 1940, S. 106) fol. 7v: Canon super chilindrum (Thorndike/Kibre Sp. 14, Nr. 11). 10 Zeilen fol. 8ra–10vb: De signis coeli (Dell’ Era ed. 1979, S. 283–296) fol. 11r–13v: Tabulae sex in quo signo et in quoto gradu signi sit sol in quolibet die anni. fol. 13r »in civitate Parisius«. Tabellen zum jährlichen Sonnenlauf durch den Zodiak fol. 14ra–15rb: Tabula Gerlandi. – 15v leer fol. 16ra–101vb: Canones Azarchelis (Gerardus Cremonensis interprete) (Thorndike/ Kibre Sp. 1268, Nr. 9; Carmody 1956, S. 184; J.D. North, Richard of Wallingford: An edition of his writings, Oxford 1976, III, S. 128; Pedersen ed. 1987) fol. 102ra–115vb: Demonstrationes canonum tabellarum (Thorndike/Kibre Sp. 806, Nr. 5), in: Erfurt, CA 2° 394, fol. 142r–144v: (14.Jh.) als Tractatus de demonstra­ tione operis quadrantis fol. 115vb–119vb: Gerhard von Cremona oder Robert Grosseteste, Theorica planetarum (Carmody ed.1942; Thorndike/Kibre Sp. 223, Nr. 10; zur Zuschreibung: Thomson 1940, S. 238f.; Glorieux, Repertoire des maitres de theologie, Paris 1933, notice 316d; Glorieux 1971, S. 117d). Übersetzung nach Alfraganus (Al-Fergani) fol. 119vb–120va: De latitudinibus quinque planetarum (Thorndike/Kibre Sp. 1017, Nr. 8). fol. 120va–123vb: Tractatus de proportionibus et fractionibus (Thorndike/Kibre Sp. 1448, Nr. 14). Daran anschließend ein Versrätsel: »Hic situle pendent patule, quarum vice versa retrogradas facit una, gradus redit altera mersa.« fol. 124ra–125ra: Algorismus minutiarum (Thorndike/Kibre Sp. 320, Nr. 6; vgl.: Thorndike, Lynn: The spere of Sacrobosco, Chicago 1949, S. 3)

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fol. 125ra–127rb: Ars faciendi Almanach (Thorndike/Kibre Sp. 1238, Nr. 7) fol. 127va–131ra: De Algorismo. Der Text beginnt mit einem Verweis auf die folgende Arithmetik des Boethius fol. 131rb–139ra: Boethius, De arithmetica cum commento (Oosthout ed. 1999). Der Kommentar (fol. 138r) zitiert Nicolaus Oresme, de proportionibus. Parallelüberlieferung: Hildesheim, Domschatz, Ms. 31, p. 1; Forschungsbibliothek Gotha, Memb. I 103, fol. 3r; Pisa, Biblioteca Caterina, Cod. 27; vgl. London, BL, Arundel 339 fol. 139ra–142rb: Commentum in Boethii libros de Musica (Thorndike/Kibre Sp. 36, Nr. 13), 142v leer. fol. 143ra–147va: Robert Grosseteste, Compendium de sphaera (Thorndike/Kibre Sp. 763, Nr. 3; ed. Baur, Ludwig: Die philosophischen Werke des Robert Grosseteste, 1912, S. 10–32) fol. 147vb–162va: Robert Grosseteste, computus (Thorndike/Kibre Sp. 243, Nr. 7; ed. Robert Steele, Compotus Fratris Rogeri accedunt Computus Roberti Grossecapitis, Massa Compoti Alexandri de Villa Dei, Oxford 1926 (Opera hactenus inedita Rogeri Baconi 6), S. 212–267), darin fol. 155r Umrechnungstabelle von christlicher auf arabische Jahreszählung. – 162v–163r leer fol. 163v–164r: Tabula ad inveniendum festa mobilia. – 164v leer. fol. 165ra–175ra: Abumasar, Flores ( Johannes Hispaliensis interprete). (Thorndike/Kibre Sp.1013, Nr. 11) fol. 175ra–190v: Canones super tabulas Humenuz ( Johannes de Pavia interprete). (Thorndike/Kibre Sp. 1397, Nr. 8). Endet mit einer Tabelle fol. 191ra–207rb: Alfraganus, Differentiae scientiae astrorum ( Johannes Hispaliensis interprete, ed. Francis J. Carmody, Al-Farghani: Differentie scientie astrorum, Berkeley (Calif.) 1943; vgl. Thorndike/Kibre Sp. 960, Nr. 3) fol. 207va–210rb: Robert Grosseteste, Liber de lineis physicis (Thorndike/Kibre Sp. 1627, Nr. 4) fol. 210rb–210vb: Ptolemaeus, Prooemium in Almagesti (Gerardus Cremonensis interprete, Thorndike/Kibre Sp. 1245, Nr. 14) fol. 211ra–213rb: Johannes Campanus (?), Practica quadrantis (Thorndike/Kibre Sp. 396, Nr. 4) fol. 213ra–216vb: Tractatus de fractionibus astronomicis (Thorndike/Kibre Sp. 1189, Nr. 2). Auch unter dem Titel Canones fratris Rogeri de Cotum überliefert (vgl. Cambridge, University Library, Ii. I. 13, fol. 77r) fol. 216vb–218vb: De aequatione planetarum et eclipsium investigatione (Thorndike/Kibre Sp. 1210, Nr. 5) fol. 219ra–220vb: De compositione chilindri (Chilinder Oxoniensis) (Thorndike/Kibre, Sp. 776, Nr. 1 und 1536, Nr. 11). Zuweilen Robert Grosseteste zugeschrieben, vgl. Thomson 1940, S. 246; Thorndike, History 3, S. 211, Anm. 34 fol. 221ra–224ra: Libellus de explanatione regularum iudicandi (Thorndike/Kibre Sp. 1299, Nr. 2, vgl. auch Nr. 1 und 3–4) fol. 224ra–226ra: Libellus de fructibus planetarum (Thorndike/Kibre Sp. 359, Nr. 14 und Sp. 360, Nr. 1). Am Ende wohl unvollständig (Blattverlust?); vgl. Vatikan, BAV, Cod. Pal. lat. 1414 fol. 226vab: De coniunctionibus planetarum. Von der Konjunktion der Planeten. Cum planeta est sub alterius radiis, dicitur … – … planeta alicui planete qui comburitur, scilicet qui fuerit.

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Kommentar Die astronomisch-komputistische Kompilation entstand Pächt/Alexander und Watson zufolge zwischen 1268 und 1277. Die zeitliche Obergrenze geht dabei auf eine ergänzende Randnotiz zu den Canones Humenuz zurück, die für einige Planeten und Sternbilder die radices als Zahlenangaben für das Jahr 1277 festhält (7 kurze Zeilen fol. 176va, siehe Watson 1984, S. 102). Die Ca­ nones selbst sind für das Jahr 1239 berechnet. In der Tabula Gerlandi (fol. 14r) ist die Spalte für die Jahre 1268–95 markiert, wahrscheinlich dort auch die Jahre 1273–74. Das Erscheinungsbild der Handschrift wie die spätesten enthaltenen Texte lassen jedoch auch eine etwas spätere Datierung zu. Die Markierungen in der Tabula Gerlandi stammen nicht von der Texthand und müssen sich nicht zwingend auf die genaue Entstehungszeit der Handschrift beziehen. Die letzten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts scheinen als Entstehungszeitraum jedoch plausibel. Der Kalender spricht für eine Entstehung in Bayeux. Der Auf bau des Codex ist bis fol. 123 sehr einheitlich (bis auf die letzte Lage durchweg Quaternionen). Die zweite Hälfte der Handschrift lässt kleinere Einheiten von je ein bis zwei Lagen unterschiedlichen Umfangs erkennen, bei denen jeweils Lagen- und Textgrenzen zusammenfallen (fol. 124–142, fol. 143–164, fol. 165– 190, fol. 191–210, fol. 211–220, fol. 221–226). Die ersten beiden Quaternionen mit dem Kalender (fol. 1–7, das erste Blatt wurde mit dem Vorsatz verklebt und folglich nicht foliiert) sowie mit dem Sternkatalog und den beiden nachfolgenden Tafeln sind strukturell ebenfalls in sich abgeschlossen. Die Tatsache, dass die Handschrift im Inventar von Karl von Orleans (vgl. Provenienz) mit dem Beginn »Quoniam cuiusque …« der Canones Azarchelis, heute auf fol. 16ra, dem ersten Blatt der dritten Lage, angeführt wird, weist darauf hin, dass die beiden ersten Lagen mit Kalender und Sternkatalog um 1442 wahrscheinlich an anderer Stelle eingebunden waren. Die anderen oben genannten Einheiten können ebenfalls ihren Ort gewechselt haben, denkbar ist auch, dass fol. 1–123 durch sukzessive Nachträge ergänzt wurde. Angesichts des kohärenten Erscheinungsbildes und des einheitlichen Layouts kann dies jedoch nur innerhalb eines relativ kurzen Zeitraumes in der ursprünglichen Werkstatt geschehen sein. Der Sternkatalog De signis coeli ist mit einer Folge von Sternbilderdarstellungen illustriert, die im wesentlichen dem Muster der karolingischen Libri computi folgen. Stilistisch lassen sie jedoch zumindest eine Zwischenstufe des 11. oder 12. Jahrhunderts erkennen. Der überwiegende Teil der Texte entstammt der Zeit ab der Mitte des 13. Jahrhunderts. Stark vertreten sind Arbeiten von Robert Grosseteste. Dazu treten Übersetzungen des 12. und 13. Jahrhunderts aus dem Arabischen (Canones Azarchelis; Albumasar, Flores; Alfraganus, Rudimenta astronomica). Für den Chilin­ der Oxoniensis, einen wohl in England entstandenen Traktat über die zylindrische Sonnenuhr (horologium viatorum), konnte Thomson keinen Beleg anführen, der sicher vor 1275 zu datieren wäre (Thomson 1940, S. 246). Bei einer Datierung vor 1277 böte die Handschrift somit einen der frühesten bekannten Belege für diesen Text. Die Johannes Campanus zugeschriebene Prac­ tica quadrantis (fol. 211ra–213rb) wäre hier noch zur Lebenszeit des Autors († 1296) belegt. Der Sternkatalog De signis coeli fällt insofern aus dem Rahmen dieser Sammelhandschrift, als er nicht nur der mit Abstand älteste Text ist, sondern auch in seinem Bildbestand letztlich auf eine wesentlich frühere Vorlage, wahrscheinlich des späteren 11. oder des 12. Jahrhunderts zurückgeht. Die Sternbilderdarstellungen folgen dabei ikonographisch überwiegend den in karolingischer Zeit herausgebildeten Mustern der Illustrationen zu den Libri computi, doch finden sich auch Merkmale aus der Tradition der Arateaillustrationen in der Tradition der Leidener

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Germanicus-Handschrift (Voss. Lat. Q. 79). Der Charakter der Figuren und die oft ornamental umgeformte Zeichnung von Haarsträhnen, Fellstrukturen und Wasserströmen lässt vermuten, dass die karolingischen Grundmuster durch eine oder mehrere Zwischenstufen vermittelt wurden. Eine unmittelbare Vorlage aus romanischer Zeit könnte die zu beobachtenden Stilmerkmale erklären. In diesem Sinne dürfte auch die bei Pächt/Alexander (1966, S. 41) gegebene Charakterisierung der kolorierten Federzeichnungen als »nach dem Vorbild einer Handschrift des 9. oder 11. Jahrhunderts«, zu verstehen sein. Der Vergleich der Bildzyklen zeigt, dass in Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. 2760 ein eng verwandter Codex des frühen 13. Jahrhunderts vorliegt. Wie die Edition von Dell’Era aufweist, zeigen auch die Textvarianten viele Gemeinsamkeiten, als weitere Parallele wird dort Paris, BN, ms. lat. 14754 aus dem letzten Viertel des 12. Jahrhunderts angeführt (siehe dort). Auch Padua, Bibl. Antoniana, Cod. 27 Scaffol. I vom Anfang des 10. Jahrhunderts (siehe dort) ist hinsichtlich des Textes wie der Bilder verwandt, kommt jedoch wohl nicht als direktes Vorbild in Frage. Der Vergleich mit Venedig 2760, zu Beginn des 13. Jahrhunderts in Italien entstanden, zeigt weitergehende Übereinstimmungen. Die geflügelte Jungfrau im langen, gegürteten Kleid doch barfuß, die Zwillinge mit der Lyra, Orion mit Schwert und Schwertscheide, Eridanus neben der ausfließenden Urne in »umgedeuteter Sitzhaltung« stehend sowie die Form von Ara als nicht mehr erkennbares Liniengerüst und Centaurus mit einem »Lockenkranz« um die Taille zeigen die Verwandschaft der beiden Zyklen deutlich. Offenbar stand im Norden Frankreichs im späteren 13. Jahrhundert eine Vorlage zur Verfügung, die demselben Überlieferungsstrang zuzuordnen ist wie Padua Cod. 27 Scaffol. I und Venedig 2760. Dabei steht die späte Handschrift der Bodleian Library dem Paduaner Codex des 10. Jahrhunderts in manchen Details deutlich näher ( Jungfrau mit »palmwedelartiger« Ähre, Eridanus mit Schilfrohr, Schütze als Rückenfigur mit Haarkranz an der Taille). Motivisch steht die Mehrzahl der Figuren den Bildern im wohl authentischsten Zeugnis der karolingischen Libri computi nahe, der Madrider Handschrift Ms. 3307 aus der Zeit um 830. Virgo mit großen Flügeln, deren Enden weit herabreichen und einer großen Kornähre in der Hand findet sich dort (fol. 56r), ebenso die Zwillinge in lang fallenden Mänteln und mit einer Lyra in der Hand eines der beiden Jünglinge. Allerdings sind hier unter den Mänteln lange Gewänder zu sehen, wo die karolingische Handschrift die Zwillinge nackt zeigt, die Lyra gehört dort zur linken Figur, die rechte hält eine Lanze. Der springende Löwe mit lockiger Mähne und nach oben gelegtem Schweif findet ebenso seine Entsprechung wie der frontal stehende Cepheus mit ausgebreiteten Armen und leerer, umgegürteter Schwertscheide (vgl. Madrid Cod. 3307, fol. 57v; die leere Scheide zeigen auch Basel, AN IV 18 und Berlin, SMBK, Phillips 1832, fol. 83v). Auch die am Maul verbundenen Fische, der Adler auf dem nach links weisenden Pfeil und der Delfin mit großem Horn und auffälliger Brustflosse weisen in diese Richtung. Orion in Laud misc. 644 unterscheidet sich auf den ersten Blick deutlich vom karolingischen Urbild, ein charakteristisches Detail dürfte sich jedoch von dort herleiten lassen: die breite Schwertscheide in der linken Hand findet ihre direkte Entsprechung im schräg abstehenden Schwert, auf das Orion die linke Hand gelegt hat (fol. 60v). Schon die Madrider Handschrift zeigt Schwertgriff und Gurt nicht sehr deutlich. Dass schließlich das in der leeren, in der Hand gehaltenen Scheide fehlende Schwert der Figur in die rechte, erhobene Hand gegeben wurde, mag durch Kontamination mit anderen Darstellungen erklärbar sein, oder als sachlogische Ergän-

41 Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud. misc. 644

zung. Vom langen Mantel blieb offenbar in der späten Handschrift nur der Rest von der linken Schulter bis zur Armbeuge. Eine vergleichbare Darstellung bietet Dijon 448 (fol. 70r, mit Schwert und Scheide). Auch die Darstellung des Eridanus weicht zunächst stark vom Urbild ab, lässt dieses jedoch durchaus noch erkennen. Die merkwürdig unförmige, stehende Gestalt mit dem unverbunden neben ihr ausgeschütteten Gefäß geht offenbar auf den lagernden, auf eine Urne gestützten Flußgott zurück (Madrid, Ms. 3307, fol. 61v). Die Umdeutung der quer lagernden »Sitzfigur« in eine en face gezeigte, stehende Figur dürfte mindestens eine, vielleicht jedoch mehrere Zwischenstufen voraussetzen. Dabei wanderte das Schilfrohr von der linken Hand, wo nach der Aufrichtung für den auf der Schulter aufliegenden Stängel kein Platz mehr war, in die rechte Hand, die sich von der Urne gelöst hatte. Das Bild des Altars (Ara) der Oxforder Handschrift lässt kaum noch die räumliche Darstellung eines blockförmigen Altars erahnen. Die Zwischenstufe dürfte für die Reduktion des räumlichen Kantengerüstes einer quaderförmigen Struktur zum reinen Flächenmuster verantwortlich sein. Die seltsam »zu Berge« stehenden Haarsträhnen des Sagittarius (fol. 9v) mögen auf die Hörner in einer Darstellung wie in Madrid, Cod. 19 (fol. 63v) zurückzuführen sein. Dort findet sich auch der vierspännig fahrende Fuhrmann mit einer Lanze statt der Geißel. Dieser dürfte in Laud misc. 644 letztlich auf dieselbe Quelle zurückgehen wie die Darstellung in Dijon 448 (fol. 67v, 11. Jh.), die den Fuhrmann stehend und zurückgewandt im zweirädrigen Wagen zeigt. In beiden Handschriften findet sich die nach links geneigte Lanze und ein Schild, der den Wagenlenker nach vorne deckt. Die stark verderbten Zeichnungen des Dijoner Codex geben auch Cepheus mit leerer Schwertscheide wieder (fol. 67v; dort wohl nicht als solche verstanden). Obgleich die Handschrift dem späten 13. Jahrhundert angehört, weist der Sternbildzyklus somit unmißverständlich auf die Bildtradition des 9. bis 12. Jahrhunderts zurück. Dagegen ist keine Kontamination durch die im 13. Jahrhundert zunehmend präsenten Darstellungen aus dem Kontext der arabischen Überlieferung festzustellen. Während die Zusammenstellung der Texte durchaus die neuen Errungenschaften des 13. Jahrhunderts spiegelt, folgt der illustrierte Sternbildkatalog einer Traditionslinie, die größtenteils im 12. Jahrhundert auslief. Die Ausführung der Bilder ist dabei relativ unaufwendig gehalten und zeugt von einer routinierten Hand. Der Gesamtcharakter der Handschrift deutet auf einen Auftraggeber von vorwiegend wissenschaftlichen Interessen im Bereich von Astronomie, Astrologie und Zeitrechnung. Dem altertümlichen Sternbilderzyklus mag dabei eine eher sekundäre Rolle zugefallen sein. Als Gedächtnisstütze und Orientierungshilfe dürften Text und Illustration aber wie in den vorhergehenden Jahrhunderten ihren Zweck erfüllt haben.

Verzeichnis der Bilder fol. 8r: Scorpius (Skorpion), nach rechts gewandt in Draufsicht, lanzettförmiger Körper, acht Beinen, aufgebogener Schwanz; Bootes (Bärenhüter). fol. 8va: Virgo (Jungfrau), frontal stehend mit Flügeln, barfuß im einfachen langen Gewand, ohne Kopf bedeckung, in der rechten Hand ein Palmwedel, Flügel mit spiralförmigem Ornament; Gemini (Zwillinge), en face nebeneinander stehend, barfuß, einfache Gewänder und weiße Umhänge, der rechte legt den Arm um den Bruder, in der Linken eine Leier; Cancer (Krebs), in Draufsicht, nach rechts, fast kreisrundes Wesen mit zehn Beinen, ohne differenzierte Zangen. fol. 8vb: Leo (Löwe), nach links springend mit über dem Rücken nach vorne geschlage-

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nem Schwanz; Auriga (Fuhrmann), im zweirädrigen, vierspännigen Wagen in Kastenform nach rechts fahrend (vier eng hintereinander gestaffelte Pferde, hoch aufgebäumt), den Kopf zurückgewandt, mit Helm und Paludamentum, in der rechten Hand eine Lanze, in der Linken ein Schild; Taurus (Stier), liegende Stierhälfte, nach links blickend, das rechte Bein ausgestreckt, das linke angewinkelt, die ovale Schnittfläche verdeutlicht das Körpervolumen; Cepheus, frontal stehend mit ausgebreiteten Armen, im einfachen Gewand und spitzen Schuhen, ohne Kopf bedeckung, an der linken Seite eine leere Schwertscheide am Schultergurt. fol. 9rb: Aries (Widder), nach rechts gewandt, zurück blickend mit spiralförmig zueinender gedrehten Hörnern. fol. 9rb: Pisces (Fische), gegeneinander gewandt, an den Mäulern verbunden. fol. 9vb: Aquarius (Wassermann), leicht nach rechts gewandt stehende Frau (!), barfuß, mit Schleier und einfachem Gewand, eine Vase nach rechts auschüttend; Capricornus (Steinbock), nach links schreitender Ziegenfisch, der Schwanz endet in einem aufragenden, palmettenartigen Ornament; Sagittarius (Schütze), nach links trabender Kentaur mit angelegtem Bogen, Mischung aus Rücken- und Vorderansicht (Rückgrat und Schulterblätter angedeutet). fol. 10ra: Aquila, Sagitta (Adler, Pfeil), auf dem Pfeil nach rechts schreitender Adler mit ausgebreiteten Schwingen, den Kopf nach links wendend, Delphinus (Delfin), nach links gewandter Fisch mit stumpfer Schnauze und hornartigem Kopffortsatz; Orion, frontal stehend, bartlos, mit bloßem Oberkörper und knappem Paludamentum, barfuß, das erhobene Schwert in der Rechten, in der Linken die breite Schwertscheide. fol. 10rb: Canis maior (Großer Hund), nach links schreitend mit heraushängender Zunge, Kopf zurückgewandt, Strahlennimbus; Lepus (Hase), nach links laufend; Argo Navis (Schiff), vollständig mit Antriebs- und Steuerruder sowie fahnenartigem Segel, Bug nach rechts. fol. 10va: Cetus (Seeungeheuer), nach links gewandt mit Fuchskopf, zwei Insektenbeinen und geflecktem Rücken, der gewundene Schlangenschwanz endet in einer palmettenartigen Ornamentform; Eridanus, stehender, leicht nach rechts gewendeter, bärtiger Mann, in der Rechten ein Schilfrohr, daneben unverbunden eine umgekehrte Vase aus der Wasser strömt; Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links gewandt; Ara (Altar), kaum verständliche Form, wohl als zweistufiger Blockaltar zu deuten. fol. 10vb: Centaurus, nach rechts galoppierend, bloßer Oberkörper, sich leicht zurückwendend, in der Rechten ein Schilfrohr (vgl. Eridanus), in der ausgestreckten Linken ein auf dem Rücken liegendes Beutetier; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), dicke, nach links kriechende Schlange, bauchige Vase, der Rabe als heller, nach rechts blickender Vogel; Anticanis (Vorhund), nach rechts springender Hund mit kleinem Nimbus (vgl. Canis maior).

Provenienz Die in Bayeux entstandene Handschrift trägt fol. 226v den Besitzeintrag »iste liber constat Karolo duci Aurelianensis etc.«, darunter »xL. Karolus [Monogramm]. 40«. Es handelt sich um den Herzog und Dichter Charles d‘Orléans (1391–1465), der als Geisel im Hundertjährigen Krieg von 1415 bis 1440 in englischer Gefangenschaft lebte. Nachdem er am 28. Oktober 1440 formell aus der Geiselhaft entlassen wurde, nam er die Devise »XL … 40« an, für das Jahr seiner Freilassung (Champion 1910, einen sehr ähnlichen Eintrag zeigt dort Tafel VI, Abb. 17). Die Handschrift erscheint in den Inventaren der Bücher Charles d‘Orleans von 1440 (aus England mitgebrachte Bücher) und 1442 (Champion 1910, S. 28, Nr. 1). Der Vorderspiegel trägt den Besitzeintrag Erzbischof William Lauds (1573–1645), der zwischen 1635 und 1640 der Bodleian Library umfangreiche Handschriftenbestände stiftete, die er zum Teil auch auf dem Kontinent erworben hatte. Der Großteil des Buchbesitzes von Charles d’Orléans gelangte über Ludwig XII. von Frankreich in die königliche Bibliothek (heute Paris, Bibliothèque Nationale), auf welchem Weg Laud. misc. 644 in

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den Besitz William Lauds gelangte ist unklar, ebenso, wann der Band wieder nach England kam.

Literatur Coxe 1858, Sp. 465–468; Champion 1910; Thomson 1940, S. 95f., 106–108, 110, 115f., 234, 246, 285; Byvanck 1949, Nr. 105; Latin Liturgical Mansucripts 1952, Nr. 92; Saxl/ Meier 1953, S. 386, Abb. 184; Carmody 1956, S. 158; Pächt/Alexander 1966, S. 41, Nr. 529; · ´ zynsGlorieux 1971; Dell’Era 1979/III, (dort als Handschrift O), S. 282; Watson 1984; Snie · ´ ka-Stolot 1994, S. 66; Whitfield 1995; Snie zynska-Stolot 1997, S. 92; Knox 1997, S. 23–67. Siehe S. 140–141, Abb. 632–636

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Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. I Astronomisch-komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Verona, 10./11. Jh. Kodikologische Angaben 270 × 210 mm, 133 Folia aus Pergament, Text zweispaltig in Karolingischer Minuskel, rechts oben in arabischen Ziffern foliiert.

Art der Bilder Am Schluss des Codex (fol. 130v–133r) als Illustration zum Sternkatalog De signis coeli ein unvollständiger, in Federzeichnung ausgeführter Zyklus der Konstellationen Großer Bär bis Argo. In die Zeichnungen sind keine Sterne eingetragen. Ansonsten auf fol. 95v eine drehbare Karte (Durchmesser 168 mm) mit im Kreis entgegen dem Uhrzeigersinn angeordneten Medaillons mit den Namen der Tierkreiszeichen. Auf fol. 116r–118r: Illustrationen zum Fingercalculus, die Million von einem stehenden Mönch als ganzfigurige lavierte Federzeichnung in einer Mandorla (fol. 118r). Auf fol. 125r–126v, 127v: Kreisdiagramme. Auf fol. 128r: Tierkreiszeichen in Medaillons gegen den Uhrzeigersinn als Ring um ein nicht fertig ausgeführtes Planetarium.

Inhalt fol. 1r–40v: Hrabanus Maurus De Computo fol. 40v–43v: De VI aetatibus mundi (Balzio ed., Abweichungen bei Abate, Luisetto 1975) fol. 43v–46v: Exzerpte zur Zeiteinteilung aus Isidor Etymologiae (lib. XIII, II–III, lib. V, XXIX, lib. V, XXX, lib. XI, I, lib. V, XXXIII) fol. 46v–54r : Argumentum ad septuagesimum et quadragesimum et pasca et rogationes in summa velocitate inveniendum. Ianuarius habet regulares XXXII fol. 54r–56r: Item versus metrici Bede quo inveni in alio loco. Si quis scire velit annum mundi ab origine .cccc.v. que ampliet per .xii. addat .vii. … – … annus explet cursum circuli. fol. 56rv : Item versus heroici de XII signis mensium. Spera celi duodenis signis circulum volvitur exornata miretantis candidis syderibus quibus nomina dederunt fabule gentilium … – … christi edidit hyeronimus. fol. 56v–57r : Versus de nominibus ventorum. Quattuor a quadro surgunt limine venti … – … agrestem quem gragi vocant ore camoeno. fol. 57rv : Versus metrici de regula lunarum. September semper quinis que octo abenis … – … currit lumine celi. fol. 57v : Versus metrici de regula kalendarum. Ianuarius atque maius trinis regulant abenis … – … sex diebus condita. fol. 58r–59r: Alkuin, Epist. 148 (Dümmler ed., MGH Epistolae 4, 1895, S. 18–481) Qvur [Cur] septuagesima et sexagesima nec non et quinquagesima in ordine per dies dominicos ante quadragesimam dicitur vel scribitur. Exiente igitur inquisitione et consideratione

42 Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. I

fol. 59r–63r:

Isidor, De corpore humano (ohne Titel, Inc.: Rationem autem humani corporis singulorumque membrorum … – … et liquorum que animalis censentur alimenta.) 63rv: De ponderibus. Talentum est pondo LXII quos faciunt … – … concula habet dragmam unam. fol. 63r–64v: De mensuris. Chorus est modiorum xxx … fol. 64r–66r: De cursu quo cantatur in ecclesia dei. Pro quibus virtutibus cantatur omnis cursus … fol. 66r–71v: Macrobius Saturnalia. [scheint mit einem Accessus zu beginnen]. Deinde idem p[ri?] plura infert ideo saturnalibus talium comerciorum cepta celebratis … Romani auctore romulo decem habuisset … – … idem kalendas huic de et consecravit. Feliciter. fol. 71v–75v: Anatholius Alexandrinus, De ratione ordinationis temporum. fol. 78v–85r: Cyclus decemnovennalis weitere Texte u. a. zu den Tierkreiszeichen, vgl. McGurk fol. 95r: leer fol. 95v: Quo ordine duodecim signa in caelo consistant (Undique gyrum caeli rotundissimum per lineam zodiaci circuli quasi per zonam quandam amplissime spere circumdatam distincti ordines gemmarum XII …) (Annalis libellus Cap. 67–68) fol. 96r: Pacificus Veronensis, Spera celi quater senis … fol. 97r–99v: Mondtabellen fol. 102v: leer fol. 103r–108v: Kalendar (Morin ed. 1902) fol. 109r–114r: unter Arkaden angeordnete komputistische Tabellen aus dem Jahr 855 fol. 115v: De nominibus digitorum fol. 116r: Darstellungen der Fingerzahlen von 1 – 9000 fol. 116v–117v: Kreismedaillons für die folgenden Zahlen, Darstellungen nicht ausgeführt fol. 118r: Darstellung der Million als stehender Mann in einer Mandorla mit beigeschriebener Anweisung. Federzeichnung in brauner Tinte mit zurückhaltender Lavierung in Grün (Grünspan) und Hellrot (Mennige) fol. 123v–124r: Chronik anno autem incarnationis (Muratori ed.) fol. 124r: Fragmente aus Ambrosius, Gregor der Gr. und Quaestiones Alcuini magistri fol. 124v: Fragmente u. a. aus Beda In Marco fol. 125r–127v: Erläuterungen zu den Kreisdiagrammen fol. 128v: leer fol. 130v–133r: Ps-Beda, De signis coeli (ed. Dell’Era 1979/III)

Kommentar Der in Padua auf bewahrte Codex kann als Gebrauchs- und Sammelcodex zum Thema Zeitrechnung, insbesondere der Osterterminberechnung bezeichnet werden, da er im Verlauf eines längeren Zeitraums immer wieder erweitert wurde. Insgesamt acht Schreiber unterscheiden Abate und Luisetto und verweisen auch auf die vielen Randeinträge. Aus der Abänderung einiger Jahresangaben ergibt sich das letzte Viertel des 9. Jahrhunderts als terminus post quem für die Entstehung der Handschrift. So wurde im Hrabanus-Text das aktuelle Jahr vom Schreiber auf fol. 20r und 23r zu 878 verändert. Die vor allem Beda entnommenen Canones lunarium decennovalium circulorum sind weitgehend auf das Jahr 881 umgestellt

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worden, auf fol. 87r wird diese Jahreszahl eigens erwähnt. Der Stil der Zeichnungen spricht für eine Entstehung im 10. oder 11. Jahrhundert. Als Entstehungsort kommt am ehesten Verona in Betracht, da das Kalendar die Dedicatio Ecclesiae Sancti Zenonis Veronensis Episcopis vermeldet. Zusätzlich weisen Exzerpte aus dem Annalis libellus von 793, die Chronik fol. 123v–124r und eine gewisse Vorliebe für Alcuin auf Verona. In seinem heutigen Zustand schließt der Codex mit dem bebilderten Sternkatalog De signis coeli. Die vorangehenden Texte werden durch Kreisdiagramme illustriert, unter denen eines als Uhr zu drehen ist. Außerdem zeigt der Codex die durch Hände veranschaulichten Fingerzahlen, die auch in der jüngeren, auf das Florileg von Montecassino zurückgehenden Handschrift Madrid 19 begegnen sowie in einer späteren Hs. dieser Filiation, Paris, BN, ms. lat. 7418. Sie stammen von einem anderen, ungleich fähigeren Zeichner. Die Sternbilder wurden mit brauner Tinte ausgeführt, nur auf fol. 133r fügte der Rubrikator (noch vor dem Schreiber) orangerote Linien hinzu, die aber keine konstruktive Funktion besitzen. Das orangerote S für serpens blieb alleine stehen, da der Text fehlt. Insgesamt wurde der Text immer nach den Zeichnungen geschrieben, und wurde wie im Fall von Cepheus um sie herumgeführt. Bei Centaurus reagiert der Text auf das Bild, indem er es beschreibt. Die Texte sind den Darstellungen jeweils vorangestellt. Die Position der Sterne wurde nicht eingezeichnet. Kennzeichnend für den Stil der Zeichnungen sind die Parzellierung der Glieder und Körperteile, wie auch unorganisch zusammengesetzte Ansichten (vgl. Schlangenträger auf fol. 131r), wie sie beispielsweise auch in der im 11. Jahrhundert entstandenen Handschrift Dijon 448 zu finden sind. Für eine Lokalisierung sind diese Merkmale zu unspezifisch. Auch zeigen sich innerhalb der Handschrift deutliche Stilunterschiede. So stammen die Sternbilder kaum von derselben Hand wie die Zeichnung des stehenden Mönches auf fol. 118r. Ikonographisch entsprechen die Bilder weder dem in Frankreich kursierenden Zyklus zu De signis coeli (vgl. Paris lat. 5543), noch der italienischen Version in Montecassino 3, sondern am ehesten einer Variante der De ordine ac positione stellarum in signis Illustrationen, wo die Bilder in einzelne Darstellungen aufgelöst sind. So wird der Drache ohne die Bären in seinen Windungen gezeigt oder der Schlangenträger ohne den Skorpion. Die Jungfrau hält keine Waage. Anders als in Madrid 3307, jedoch wie in Vat. Reg. lat. 309 ist der Schütze als Centaur wiedergegeben. Dem Wiener Manuskript 387 entspricht die Zweispaltigkeit des Textes. Wie in der jüngeren Hs. Madrid 19 ist Cassiopeias Thron aus Holzstangen oder -brettern gezimmert. Schließlich erinnert die Ikonographie auch an die Sternbilderdarstellungen in Dijon 448 (11. Jh.) im Zusammenhang des Katalogtextes De ordine ac positione. Verzeichnis der Bilder fol. 128r: Tierkreiszeichen, in Medaillons gegen den Uhrzeigersinn als Ring um ein nicht

fertig ausgeführtes Planetarium (194 mm Durchmesser), einfache Federzeichnung in Orangerot, ohne Beischriften: Widder mit Reif nach rechts, den Kopf zurückgewandt; Stier ganzfigurig stehend, Zwillinge mit Tunika und Mantel in Umarmung, Jungfrau ungeflügelt, ohne Waage mit einem Palmzweig; Waage von Jungfrau gehalten; SchützeKentaur; Wassermann als nackter stehender Mann, beidhändig vor sich aus Vase nach rechts gießend, Fische in Gegenrichtung und am Maul verbunden.

42 Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. I De signis coeli ab fol. 130v oben: der Große Bär wurde auf eine Rasur gezeichnet, die

noch ganz gut die ursprüngliche Zeichnung erahnen lässt, sie scheint qualitativ besser gewesen zu sein. Auffällig ist, dass bis Draco ein sehr großzügiges und einspaltiges Layout gewählt wurde, während ab Hercules/Corona, konsequent aber ab der folgenden Seite ein zweispaltiges und eher gedrängtes Schema herrscht, bei dem mit Sicherheit die Bilder zuerst gezeichnet wurden und der Text in die verbleibenden Freiräume eingesetzt wird und oft Teile der Bilder eng umfließt. fol. 130v: Ursa maior (Großer Bär), nach links stehend, mit geöffnetem Maul; Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts, Kopf zwischen den Pfoten und zurückgewandt; Draco (Drache), nach rechts kriechende Schlange; Hercules, in Rückansicht, das Fell mit einem menschlichen Gesicht und flammenartig gesträubten Haaren vor sich (»… in dextra manu .i. et in ropblo quem tenet, in eadem manu .i., sunt omnis . xii.«), die Keule hinter sich haltend, ohne Baum; Corona borealis (Nördliche Krone), als Kranz. fol. 131r: Serpentarius (Schlangenträger), in Rückansicht, eine Zunge verbindet seinen Mund mit dem Maul der Schlange; Scorpius (Skorpion) ; Bootes (Bärenhüter), ausgebreitete Arme, mit Zweig, in Tunica exomis; Virgo (Jungfrau), nur mit Zweig, die Flügel hinter dem Rücken, über der Stirn drei »flammenartig« hochstehende Haarlocken. fol. 131v: Gemini (Zwillinge) ; Cancer (Krebs) ; Leo (Löwe) ; Auriga (Fuhrmann) ; Taurus (Stier) ; Cepheus. fol. 132r: Cassiopeia, mit nacktem Oberkörper auf einem von Stangen gebildeten Thron; Andromeda, mit halbnacktem Oberkörper zwischen sich schlängelnden Felsen, nur noch ornamentale Spuren der Hochzeitgeschenke; Pegasus, Pferdehälfte nach links, den Kopf zurückgeworfen; Aries (Widder), mit Reif nach rechts, den Kopf zurückgedreht; Triangulum (Dreieck) ; Pisces (Fische), in Gegenrichtung, am Maul verbunden. fol. 132v: Perseus mit Knöchelflügeln, das sehr menschliche Medusenhaupt vor sich haltend; Lyra (Leier); Cygnus (Schwan) nach links; Aquarius (Wassermann), stehend in Hosen; Capricornus (Steinbock), nach links; Sagittarius (Schütze), nach links. fol. 133r: Cetus (Seeungeheuer) ; Eridanus, als lagernder Flußgott mit Urne, einen Zweig haltend; Piscis magnus (Südlicher Fisch), Fisch nach links; Ara (Altar), zweistufiger Blocktypus; Centaurus, nach rechts, mit einzelnem Beutetier auf der Linken und Zweig in der Rechten; Serpens, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Wasserschlange nach links, flaschenartiger Mischkrug und Rabe darauf; Anticanis (Vorhund), Hund mit Nimbus nach rechts. fol. 133v: Aquila (Adler), auf Pfeil, halb nach rechts, den Kopf zurückgewandt; Delphinus (Delfin) nach links; Orion, mit gezücktem Schwert nach rechts; Canis maior (Großer Hund), Hund mit Strahlennimbus nach links; Lepus (Hase), nach links springend; Argo Navis (Schiff), zu drei Vierteln, nach rechts, mit aufgespanntem Segel.

Provenienz Abgesehen von der vermutlichen Entstehung in Verona im 10. oder 11. Jh. ist über die Provenienz des Codex nichts bekannt. Die vier Makulaturblätter am Schluss des Codex weisen einen Besitzeintrag auf; fol. 135r*: »Liber Francisci filii magistri Petri de Facilo [Sacilo?] cuius carte sunt 184«. Die Blätter stammen ganz offensichtlich aus einer anderen Hs. und dürften dem 14. Jh. entstammen. Außerdem folgt ein Inhaltsverzeichnis. Der Besitzeintrag sowie ein weiterer auf der folgenden Rectoseite stehen gestürzt auf dem inneren Seitenrand.

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Literatur Muratori (Ed.) 1741, IV, Sp. 940; Minciotti 1842; Mercati 1895, S. 337–349; Morin 1902, S. 337–356; Guidaldi 1930; Pagnin 1958, I, S. 29–41; McGurk 1966, S. 64–72; Abate, Luisetto 1975; Dell’Era (Ed.), Una rielaborazione dell’ Arato latino 1979, S. 268–301; Wirth in RDK, VIII, 1987, Sp. 1225–1310; McCarthy, O’Croinin 1987/1988, S. 228–229; Borst 1994, Anm. IV 42, 59, V 71; Borst 1998, Nr. b 3 (S. XX), S. 458. Siehe S. 140, Abb. 637–639

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5239 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Limoges, Kloster Saint-Martial, um 950 (vor 983). Kodikologische Angaben 322 × 235 mm, 239 Folia aus Pergament, moderner Ledereinband mit Aufschrift und Signatur, Text einspaltig zu 30 Zeilen von verschiedenen Händen in Karolingischer Minuskel geschrieben, Schmuckinitialen.

Art der Bilder Neben mehreren Diagrammen und Schemata zu den Planeten, zum Planetenlauf und zu den Winden begleiten den Text des Sternkatalogs insgesamt 40, in einfacher Federzeichnung ausgeführte sowie in brauner und roter Tinte modellierte Illustrationen der Sternbilder, die überwiegend paarweise ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, die Position der Sterne wurde nur in den drei ersten Bildern zum Teil durch Punkte eingetragen.

Inhalt fol. 1r–2v:

Griechische Fragmente zu Wind, Klima, Wetter mit lateinischen Glossen; Dies aegyptiaci; Aderlassbestimmungen fol. 3r–3v: Nachtrag: Schenkungen an Saint-Martial fol. 4r–6r: Dionysius Exiguus, Libellus de cyclo magno paschae (De ratione paschae) fol. 6r–21r: Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit den am Rand notierten Annalen des Klosters Saint-Martial für 830 bis 930, von späterer Hand von 1025 bis 1520 sowie der Chronik bis 952 fol. 19r: eigenhändige Notiz des Ademar de Chabannes (gest. 1034) fol. 21v: leer fol. 22r: De differentia cometarum fol. 22v–23v: leer fol. 24r–32r: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) fol. 32r–39r: Beda Venerabilis, De temporibus ( Jones ed. 1943) (dazu Diagramm zum Planetenlauf ) fol. 39v: leer fol. 40r–95v: Beda Venerabilis De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 96r–125v: Ratio calculandi; Astronomisches; Komputistisches; Beda Venerabilis Epistola ad Wictheda de paschae celebratione; Hieronymus Prologus paschalis (dazu Kreisschema mit Planetenbahnen) fol. 126r: leer fol. 126v–138r: Komputistische Tabellen zu den Tierkreiszeichen sowie Tabellen mit Buchstaben; Kalendarium; Nachträge; Diagramm zu den Äquinoktien fol. 138v–144v: De nominibus ventorum, Versus de ventorum nominibus ac speris subpositis mit Tabellen (dazu zahlreiche Kreisdiagramme)

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fol. 145r–167r: Isidor von Sevilla, De temporibus (Etymol. V, XXVIIIff.; III, XXIVff.; XIII, Iff.; IX, Vff.) (Linhart ed. 1997); Dies aegyptiaci; Aderlassbestimmungen; Diverses fol. 167v–168v: leer fol. 169r–193r: Beda Venerabilis, Chronicon sive de sex huius saeculi aetatibus fol. 193v–196r: Adbreviatio Chronicae fol. 196r–214r: Argumentum ad annum mundi inveniendum, Computacio circuli magni pasche (532 Jahr-Zyklus); Cursus lunaris sowie Cursus lunae mit Tabellen; Versus de singulis mensibus; Versus de duodecim signis; Komputistisches fol. 214v: leer fol. 215r–224v: Text des Sternkatalogs De signis coeli (Maass ed. 1898, Dell’Era ed. 1979/ III) fol. 225r: Windschema fol. 225v–226r: Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312) fol. 226v–231v: Phainomena des Germanicus mit Scholia Basileensia V 1-149 (Sternbild Löwe) (Breysig ed. 1867, Le Boeuffle ed. 1975, Dell’Era ed. 1979/I) fol. 231v–232r: Nachtrag: Urkunden von Saint-Martial fol. 232v–233r: leer fol. 233v–236r: Komputistisches mit Tabellen; Texte zum hebräischen, griechischen, lateinischen sowie zum Runenalphabet mit Buchstaben und Zahlen fol. 237r: leer fol. 237v: Nachtrag: Urkunde fol. 238v–239v: Dies aegyptiaci; Nachtrag: Veteris questionis nova solutio (Geburtsdatum Christi) sowie Schlusskapitel aus Beda Venerabilis De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544)

Kommentar Die großformatige Pariser Handschrift lat. 5239 enthält ein umfangreiches und großzügig angelegtes komputistisches Kompendium, das neben kleineren Traktaten zur Zeit- und Kalenderberechnung auch die für dieses Thema wichtigen Abhandlungen des Dionysius oder Isidor umfasst. Zu den ebenfalls enthaltenen Texten des Beda Venerabilis existiert eine im 10. Jahrhundert in Angoulême oder Limoges geschriebene Schwesterhandschrift in Straßburg, Bibliothèque Nationale et Universitaire, Ms. 326. Zwar wurde die aus 32 numerierten Lagen bestehende und sehr sorgfältig geschriebene Handschrift Ms. lat. 5239 von verschiedenen Händen aufgezeichnet, nach Derolez scheint sie aber trotzdem in einem Zug kompiliert worden zu sein. Auffällig sind neben der ungewöhnlichen Größe auch die breiten Randstreifen sowie die vielen Leerseiten des Buches. Sie deuten einerseits auf einen großzügigen Umgang mit dem Beschreibstoff, verweisen andererseits aber auch darauf, dass man von vornherein viel Platz für Nachträge einkalkulierte. Die unter anderem auf fol. 17v und fol. 21r aufgezeichneten annalistischen Notizen zeigen, dass die Handschrift nach 950 geschrieben worden sein dürfte. Eine Datierung ergibt sich auch daraus, dass die sorgfältig zusammengestellte Kompilation die im floriacensischen Manuskript Paris lat. 5543 nachgetragenen komputistischen Innovationen des Abbo von Fleury noch nicht enthält. Daher muss der Pariser Codex vor 983 entstanden sein. Die ebenfalls in der Textsammlung enthaltene Chronik stellt einen direkten Bezug zu dem als Herstellungsort angenommenen

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Kloster Saint-Martial in Limoges her, wobei die von der ersten Hand geschriebenen Notizen zur Chronik bis zum Jahr 952, die Annalen jedoch nur bis zum Jahr 930 reichen. Neben den für ein komputistisches Handbuch typischen Abhandlungen führt der Pariser Codex eine Reihe seltener Texte, die auch in der aus Fleury stammenden Handschrift Paris lat. 5543 enthalten sind. Ein Vergleich von Textauswahl und allgemeinem Auf bau beider Manuskripte spricht dafür, dass eine Vorlage des Ms. lat. 5239 mit Sicherheit eben jener prächtige Pariser Codex lat. 5543 gewesen ist. In beiden Büchern folgt der illustrierte Sternenkatalog De signis coeli den Werken Bedas und Isidors. Im Anschluss fügte man dem für Limoges angefertigten Codex jedoch noch ein Windschema sowie eine unbebilderte Abschrift der von den Scholia Basileensia begleiteten Aratea des Germanicus hinzu. Am Ende des Pariser Manuskripts lat. 5239 ergänzte man zudem das vom Geburtsdatum Christi und dem Alter der Welt handelnde Schlusskapitel aus Bedas De ratione temporum, welches in der älteren Pariser Handschrift aus Fleury fehlt. Die Abhängigkeit beider Codices bestätigen auch die im Ms. lat. 5239 im Gegensatz zur farbigen Bilderfolge der Vorlage Paris lat. 5543 nur in einfacher Federzeichnung ausgeführten Illustrationen zum Sternenkatalog De signis coeli. Die insgesamt 40, in brauner und roter Tinte gezeichneten Konstellationen, folgen jeweils dem sie betreffenden Textabschnitt, wobei bis auf wenige Ausnahmen, etwa die in der Seitenmitte plazierte Cassiopeia auf fol. 219r, jeweils zwei Darstellungen auf einer Seite übereinander zu sehen sind. Nur bei den ersten drei Bildern sind die Sterne teilweise durch Punkte eingetragen worden. Da bei einigen Illustrationen, etwa beim Seeungeheuer Cetus auf fol. 223r, der Text der nachfolgenden Zeichnung ausweicht, kann man davon ausgehen, dass diese bereits vor der Niederschrift ausgeführt wurden. Dass man die Abbildungen auf den noch ungebundenen Blättern erstellt hat, belegen die auf fol. 223v kreuz und quer über die Seite verteilten und von fol. 224r bzw. fol. 224v her durchgedrückten Ritzungen. Die Bezüge der Zeichnungen des Ms. lat. 5239 zu den Deckfarbenbildern in Paris lat. 5543 reichen soweit, dass eine direkte Abhängigkeit anzunehmen ist. So begegnet hier wie dort die Jungfrau mit nach vorn über die Arme fallenden Flügeln, der Stier mit einem kreuzförmigen Halfter über der Stirn oder das mit einem Flügel vor seiner Schnauze dargestellte Himmelspferd Pegasus. Darüber hinaus stimmen in beiden Zyklen zahlreiche Einzelheiten der Kleidung, beispielsweise die Kopf bedeckungen von Cepheus und Cassiopeia, oder die Haltung des Schwans überein. Die unmittelbare Abhängigkeit wird im Vergleich der beiden Darstellungen des Centaurus besonders deutlich, denn in beiden Versionen verdeckt das vierzipflige Fell gleichermaßen flügelartig den linken Unterarm, und es ähnelt sich in auffälliger Weise das in seiner Rechten an den Hinterläufen empor gehaltene Beutetier. In der floriacensischen Handschrift Paris lat. 5543 besitzt dieses hundeartige Wesen am Hals eine auffällige Schattenzone, die wohl dazu beitrug, dass der Kopist aus Limoges das Geschöpf für einen Löwen hielt und auch als solchen darstellte. Neben den zahlreichen Übereinstimmungen gibt es aber auch einige geringfügige Abweichungen. So trägt Bootes in der Pariser Handschrift lat. 5239 statt einem Fell ein Stück Tuch über seinem Arm, ist die vorgestreckte linke Hand des Orion ist nicht völlig in den Mantel eingehüllt, und der Pfeil unter den Hufen des Schützen fehlt. Ferner hat der Zeichner neben der Büste des Eridanus ein stilisiertes Füllhorn ergänzt, das sich nicht zuletzt durch den übergroßen Abstand zur Figur des Flusses als Zusatz verrät. Unterschiede zeigen sich auch beim Vergleich der beiden Andromedabilder. Wie im Ms. lat. 5543 ist auch im Ms. lat. 5239 diese Himmelsgestalt triumphierend über einer Schlange zwischen den mit ihren Brautgeschenken bedeckten Felsen wiedergegeben. Allerdings hat der Zeichner hier aus Symmetriegründen den Handspiegel

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auf dem linken Felsen verdoppelt. Darüber hinaus zeigt er die weibliche Figur vollständig entblößt, denn ihr Gewand hängt, einem Umhang gleich, hinter ihrem Rücken zum Boden herab. Möglicherweise ist diese Variation der Bildvorlage in Anlehnung an eine, die Figur der Andromeda mit freiem Oberkörper und mit bis zur Hüfte herabgeglittenem Gewand zeigende Germanicusillustration erfolgt (vgl. Leiden, Voss. lat. Q. 79). Da manche der Veränderungen auch in späteren, ebenfalls von Fleury abhängigen Bildzyklen erscheinen, kann man annehmen, dass in Fleury möglicherweise die vermutlich nur gezeichnete Vorlage der Handschrift Paris lat. 5543 den Ausgangspunkt für weitere Kopien gebildet hat. Insgesamt zeugen die engen Beziehungen der Pariser Codices lat. 5239 und 5543 von den im 10. Jahrhundert bestehenden engen Beziehungen der Klöster Saint-Martial und Fleury, die auch in einer 942 begründeten Betgemeinschaft verbunden waren. Verzeichnis der Bilder fol. 215r: Oben: Die nach links in Seitenansicht stehende, pferdeartige Ursa maior (Großer Bär) ; Unten: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche Ursa minor (Klei­ ner Bär). fol. 215v: Der in drei Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) mit hunde-

artigem Kopf in Seitenansicht, die beiden mit den Rücken einander zugewandten, mit erhobenem Haupt in verschiedene Richtung stehenden Bären in seinen Windungen. fol. 216r: Oben: Der im Knielauf nach links mit seitlich gezeigten Beinen und ins Profil gedrehtem, bärtigem Kopf dargestellte, vollständig nackte Hercules in Rückenansicht, mit seinem linken Bein auf der Schlange stehend, über seinem vorgestreckten linken Arm ein großes Fell mit nach vorn zeigendem Löwenkopf tragend, mit einer verästelten Keule in seiner nach hinten gestreckten Rechten zum Schlag gegen die sich um den Baum der Hesperiden windende Schlange ausholend; Unten: Die kreisrunde Corona borealis (Nördliche Kro­ ne) als durch Bänder in zehn Abschnitte unterteilter Reif, unten in der Mitte mit zwei nach beiden Seiten flatternden Bändern besetzt, bis auf das unten in der Mitte befindliche Feld die einzelnen Glieder mit kleinen, sternchenartigen Zierelementen besetzt. fol. 216v: Oben: Der nach links gewandte, vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlan­ genträger) als Rückenfigur, mit beiden von der Seite gezeigten Beinen auf dem nach links orientierten Skorpion stehend, den Kopf nach links ins Profil gedreht, die einfach um seinen Körper gewundene, schuppige Schlange mit Drachenkopf anblickend und dabei ihren waagerechten Körper am Kopf- und Schwanzende mit beiden Händen haltend; Unten: Der in Aufsicht dargestellte, nach links gewandte Scorpius (Skorpion) mit vier Beinpaaren und einem von sieben kreisrunden Gliedern gebildeten, stachelbesetzten Schwanz. fol. 217r: Oben: Der mit im Dreiviertelprofil nach links gewandten Kopf und ausgebreiteten Armen in dynamischem Schrittmotiv wiedergegebene, jugendliche Bootes (Bärenhüter) in Rückenansicht, vollständig nackt bis auf eine faltenreiche Tunica exomis, über dem ausgestreckten linken Arm ein faltiges Tuch tragend, mit einem verzweigten Pedum in seiner Rechten zum Schlag ausholend; Unten: Die mit nach vorn hängenden Flügeln und nach links orientiertem Blick dargestellte Virgo (Jungfrau) als leicht nach rechts gekippte, frontal wiedergegebene Himmelsgestalt, in ein bodenlanges, gegürtetes Ärmelgewand sowie ein vom Kopf auf Brust und Rücken herabhängendes Schleiertuch gekleidet, auf dem bedeckten Haupt ein großes sternförmiges Diadem tragend, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine Ähre und links eine Waage haltend. fol. 217v: Oben: Die in einigem Abstand gleichsam gespiegelt nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandten Köpfen, beide tragen eine knielange, gegürtete Ärmeltunika

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sowie ein über der linken Schulter drapiertes Manteltuch mit Fibel sowie Stiefel und stützen sich mit dem nach außen zeigenden Arm jeweils auf eine aufgestellte Lanze, der andere Arm ist in die Seite gestemmt; Unten: Der nach oben gerichtete, rundliche Cancer (Krebs) mit drei Beinpaaren und länglichen, aus einzelnen Gliedern gebildeten Scheren. fol. 218r: Oben: Der mit zottiger Mähne, offenem Maul und herausgestreckter Zunge nach links stehende Leo (Löwe) in Seitenansicht, zwischen seinen Hinterbeinen ist deutlich das männliche Geschlechtsteil zu erkennen; Unten: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in ein bodenlanges Untergewand sowie ein bis zur Hüfte reichendes Obergewand mit Ärmeln, Zierborten und breitem Kragen gekleidet, auf dem Haupt eine Art Tiara mit kugelförmigem Abschluss tragend, in seiner zurückgestreckten rechten Hand die Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden einander zugewandten Böckchen präsentierend, rechts vor ihm die zottige Ziege. fol. 218v: Oben: Der nach rechts im Profil gezeigte Taurus (Stier) als mit vorgestrecktem linken und eingeknicktem rechten Bein sowie mit zum Betrachter gewandten Kopf lagernde Halbfigur mit kreuzförmigem Halfter über der Stirn, die hintere Körperhälfte wurde nachträglich ergänzt; Unten: Der mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehende, bärtige Cepheus, in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika mit Zierborten sowie ein über beide Schultern nach hinten fallendes Pallium mit breitem Saum und Fibel sowie Schuhe gekleidet, auf dem Haupt eine zweihöckrige flache Kopf bedeckung mit rundem Stein und zur Seite wehenden Bändern tragend. fol. 219r: Die mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem Kastenthron mit lünettenbekrönter Rückenlehne, durchbrochener Fußbank und dickem Polster sitzende Cassiopeia, in ein bodenlanges, langärmeliges Untergewand mit Ziersäumen sowie ein etwas kürzeres, ärmelloses Obergewand gehüllt, auf dem leicht nach links orientierten Haupt eine vorn mit einem runden Stein besetzte Phrygiermütze tragend. fol. 219v: Oben: Die mit beiden Händen an den Stein gefesselte Andromeda frontal zwischen zwei Felsen auf der sich zu ihren Füßen windenden Schlange mit hundeartigem Kopf und ornamental geteilter Schwanzflosse stehend, dabei die ausgebreiteten Hände auf die Spitzen der Berge legend, auf denen hintereinander jeweils drei Brautgegenstände zu sehen sind, die Himmelsgestalt ist vollständig nackt mit deutlich sichtbarer Scham wiedergegeben, denn ihr Gewand fällt, einem Umhang gleich, hinter ihrem Rücken zum Boden herab und ist nur mit den Ärmeln von vorn nach hinten über ihre Arme gehängt; Unten: Der nach rechts gewandte, an den Schultern geflügelte Pegasus als Halbfigur mit übereinandergestellten Vorderbeinen, vorgestreckter Zunge und vor dem offenem Maul gezeigtem linken Flügel. fol. 220r: Oben: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen Reif um die Körpermitte tragend; Mitte: Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die mit den Rücken gegeneinandergestellten, übereinander wiedergegebenen und in unterschiedliche Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden. fol. 220v: Oben: Der an den Füßen geflügelte, nach links eilende, jugendliche Perseus in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf ein von seiner linken Schulter nach hinten wehendes, schmales Manteltuch und eine Phrygiermütze, in seiner vorgestreckten linken Hand ein vollständig von flammenförmigem Haar umgebenes Medusenhaupt haltend, in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand eine kleine Harpe schwingend; Unten: Die aus einem rechteckigen, oben abgeschrägten Unterbau mit Mittelstück und Ornament, zwei verästelten Seitenteilen mit kugelförmigem Abschluss und einem verästelten Querstück zusammengesetzte Lyra (Leier) ohne Saiten mit bogenförmigem Griff. fol. 221r: Oben: Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln und erhobenem rechten Bein in Seitenansicht nach rechts stehende Cygnus (Schwan); Unten: Der mit angewinkelten Beinen gleichsam nach links schwebende, jugendliche Aquarius (Wassermann) in Seitenansicht mit zum Betrach-

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ter gewandten Gesicht, vollständig nackt bis auf transparent wirkende Beinkleider sowie ein von der linken Schulter in weitem Bogen nach hinten wehendes Manteltuch, auf dem Haupt eine vorn mit einem runden Stein besetzte Phrygiermütze tragend, mit beiden Händen ein vor dem Körper gehaltenes, henkelloses Gefäß ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrahl austritt. fol. 221v: Oben: Der Capricornus (Steinbock) als hybrides Wesen aus Ziegenbock und verschlungenem Fischschwanz; Unten: Der von rechts nach links galoppierende Sagittarius (Schütze) als in Seitenansicht gezeigter, bogenspannender Kentaur, vollständig nackt bis auf ein in mehreren Zipfeln von der linken Schulter nach hinten wehendes Fell. fol. 222r: Oben: Aquila (Adler) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem Pfeil stehend; Unten: Delphinus (Delfin). fol. 222v: Oben: Der mit nach vorn gedrehten Beinen und ausgebreiteten Armen in Rückenansicht dargestellte, jugendliche Orion mit nach links ins Profil gewandtem Kopf, gekleidet in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika, Beinkleider und Stiefel sowie in ein den linken Arm vollständig bedeckendes Manteltuch, mit einem Schwert in der erhobenen rechten Hand zum Schlag ausholend, zu seiner linken Seite die Schwerthülle an einem Band umgehängt tragend; Unten: Canis maior (Großer Hund) mit Strahlennimbus und Halsband, mit offenem Maul und herausgestreckter Zunge von rechts nach links springend. fol. 223r: Oben: Lepus (Hase), nach links springend; Mitte: Argo Navis (Schiff), Ansicht der auf dem Wasser wiedergegebenen Schiffshälfte vom gebogenen Heck mit Lilienbekrönung, hundeartigem Tierkopf und Ruder bis hin zum Mast mit schmalem Segelstreifen, auf Deck zwei aufgestellte Schilde; Unten: Das mit aufgerissenem Maul, krallenbesetzten Vorderpfoten, Flügeln und Fischschwanz dargestellte, nach rechts in Seitenansicht lagernde Cetus (Seeungeheuer). fol. 223v: Oben: Der aus einem rechteckigen Wasserstreifen auftauchende Eridanus als frontal gezeigte Büste mit wirrem, zackenförmig gestaltetem Haarschopf und weisend aus dem Wasser herausragender rechter Hand, über der Stirn einen großen Stern tragend, in einigem Abstand neben ihm ein im Wasser nur teilweise sichtbares Füllhorn; Unten: Der mit offenem Maul und herausgestreckter Zunge auf dem Rücken liegende Piscis magnus (Südlicher Fisch) in Seitenansicht. fol. 224r: Oben: Der auf einer dreifüßigen Basis stehende, aus mehreren Elementen zusammengesetzte, sich oben konisch verjüngende Ara (Altar), aus dessen runder Öffnung lilienförmig stilisierte Flammen schlagen; Unten: Der nach rechts schreitende, vollständig nackte, bärtige Centaurus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Rücken und nach rechts ins Profil gewandtem Kopf, in den zur Seite ausgebreiteten Händen links ein in vier großen Zipfeln wehendes, flügelartiges Fell und rechts ein löwenartiges Beutetier an den Hinterläufen gepackt empor haltend. fol. 224v: Oben: Die mit aufgerichtetem, bärtigen Kopf nach links kriechende Hydra (Wasser­ schlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) und den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend; Unten: Der mit Halsband, aufgerissenem Maul und hängender Zunge dargestellte, nach links jagende Anticanis (Vorhund).

Provenienz Die Handschrift wird nach Duples-Agier 1874 wahrscheinlich in einem der mittelalterlichen Kataloge von Saint-Martial erwähnt. Neben der eigenhändigen Notiz des Ademar de Chabannes auf fol. 19v haben sich auf fol. 3r–v auch Anmerkungen des Bibliothekars von Saint-Martial, Bernard Itier (1163–1225), erhalten. Auf der Rückseite des Einbandes befindet sich die Aufschrift »DIONYSII/EXIGUI/CYCLUS/PASCHALIS/ETC«. sowie die Signatur »LAT. 5239«. Darüber hinaus begegnen auf fol. 2r Notizen und Stempel früherer Eigentümer, so »Cod. Colb. 1020« und »Regius 3823/4«, und auf fol. 11v sowie fol. 239v weitere Signaturen.

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Literatur Mellot 1744, 4, S. 59; Breysig ed. 1867; Delisle 1868, 1, S. 387–397; Duples-Agier 1874, S. 328, 334, 346; Maass ed. 1898; Van de Vyver 1935, S. 125ff., bes. S. 140–154; Byvanck 1949, S. 228, Nr. 97; Kat. Limoges 1950, S. 50–51, 58; Derolez 1954, S. 329–332; Scheller 1963, S. 57–61; Gaborit-Chopin 1967, S. 186–191; Gaborit-Chopin 1969, S. 204; King 1969, S. 110f.; McGurk 1973, 197ff., bes. S. 214, Anm. 19; Le Boeuffle ed. 1975; Gain ed. 1976, S. 2; Dell’Era ed. 1979/I; Dell’Era ed. 1979/III; Munk Olsen 1982, I, S. 337, 408– 409; Eastwood 1989, S. 80, Abb. 35; Landes 1995, S. 95 f, 346ff.; Noel 1995, S. 175ff.; Borst 1994, S. 118, Anm. 95, S. 137, Anm. 31, S. 169, Anm. 9, S. 194, Anm. 69; Blume 2002, S. 262f.; Blume 2009, S. 531. Siehe S. 96–97, Abb. 640–656

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5543 Komputistische Sammelhandschrift in zwei Teilen Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Fleury, Kloster Saint-Benoit-sur-Loire, 2. Viertel 10. Jahrhundert Kodikologische Angaben 217 × 153 mm, 172 Folia, Pergament, Text einspaltig zu 34 bzw. 35 Zeilen von verschiedenen Händen in Karolingischer Minuskel geschrieben.

Art der Bilder Zum Text des Sternkatalogs insgesamt 40, in Deckfarbentechnik über einfacher Zeichnung ausgeführte, großformatige Miniaturen der Sternbilder, die ohne kolorierten Hintergrund, jedoch von mehrfarbigen Rahmen umgeben, auf den Pergamentgrund gesetzt wurden; Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt Teil I: fol. 1r–3r: fol. 3v: fol. 4r: fol. 4v–5v: fol. 6r: fol. 6v: fol. 7r–9r: fol. 9r–24r:

Nachtrag: Medizinisches Nachtrag: Decemnovenalis dici firma constat ratio per annos embolismorum leer De cursu solis per menses et signa qualiter bissextilem diem quarto suo compleat leer In libris antiquitatum et descriptione grecie refertur Dionysius Exiguus, De ratione paschae Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit den am Rand notierten Annales Floriacenses, zwei nachgetragenen Zyklen sowie Anmerkungen des 10./11. Jhs. fol. 24v: leer fol. 25r–76r: Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 76v–85r: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) fol. 85r–90v: Beda Venerabilis, Liber de temporibus ( Jones ed. 1943) fol. 91r–93v: Adbreviatio Chronicae fol. 93v–102v: Tabellen; Nachtrag: Abbo von Fleury Computus (10./11. Jh.); Dritte Version des Lorscher Reichskalenders; Tabellen fol. 103r–139r: Komputus von 847; Exzerpte aus den Lectiones seu regula conpoti [sic!] von 760; Exzerpte aus Plinius Ebor. IV–V, III: De absidibus earum, II: Item de septem planetarum interuallis; Diagramme fol. 139v: Nachtrag eines Diagramms fol. 140r: Gedicht Quattuor a quadro consurgunt limitem venti fol. 140v–141r: Diagramme fol. 141v: leer fol. 142r: De cursu solis et lunae; De solistitiis et aequinoctiis fol. 142v–144v: Zahlentabellen

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fol. 144r–146r: De cyclo paschali mit zwei Tabellen fol. 146v–147r: Merkverse (vgl. London, Harl. 647) fol. 147v–148r: Incipiunt numeri per quos potest qui volverit alterius cogitationes de numero quolibet quem animo conceperit explorare fol. 148v–153v: Isidor von Sevilla, De temporibus fol. 153v–157v: Isidor von Sevilla, Ethymologiae? (Linhart ed. 1997) Teil II: fol. 158r–171r: Text des Sternkatalogs De signis coeli (Maass ed. 1898, Dell’Era ed.1979/III) fol. 171v–172v: leer

Kommentar Die in Paris auf bewahrte Sammelhandschrift lat. 5543 ist der Zeitrechnung gewidmet. Sie setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Der erste Teil enthält neben kürzeren komputistischen Abhandlungen die Werke des Beda Venerabilis und des Isidor von Sevilla sowie die Annales Floriacenses und den nachgetragenen Komputus des Abbo von Fleury, wobei die vollständig enthaltenen Werke des Beda den Kern der Sammlung bilden. Eine ganz ähnliche Textzusammenstellung bieten auch die jüngeren Handschriften Paris lat. 5239, und Straßburg 326. Den zweiten Teil am Schluss des Codex bildet der in Corbie oder Fleury aus dem Aratus Latinus entwickelte Text des Sternkatalogs De signis coeli, der in knappen Abschnitten nach gleichem Muster astrothetische Daten zu den Sternbildern auflistet und über die Planeten informiert. Dieser nimmt zwei ganze, aus stärkerem Pergament bestehende Lagen ein, deren Blätter sich heute nicht mehr in ihrer ursprünglichen Reihenfolge befinden. Da die Schrift im zweiten Teil kaum von der im ersten Teil abweicht, kann wohl von einer einheitlichen Konzeption des Manuskripts ausgegangen werden. Nach Samaran/Marichal 1962 ist das Jahr 847 als annus praesens des ersten Teils innerhalb eines komputistischen Traktates auf fol. 120v vermerkt. Doch scheint die Jahresangabe von der Vorlage übernommen worden zu sein. Denn die Einträge zu den Annalen bis zum Jahre 911 auf fol. 19r sind in einer einheitlichen Schrift und in klaren Textblöcken, bzw. ab fol. 14r auf der unteren Seitenhälfte, offensichtlich in einem Zuge niedergeschrieben. Von anderer Hand stammen die ebenfalls gleichmäßig aufgezeichneten und klar gegliederten Angaben bis zum Jahre 949 auf fol. 20r. Erst ab dem Jahr 950 auf fol. 20v erscheinen die Nachrichten in unterschiedlichen Schriften und Größen, offenbar hat man sie von da an sukzessive nachgetragen. Dies spricht für eine Entstehung der Pariser Handschrift lat. 5543 am Ende des zweiten Viertels des 10. Jahrhunderts. Die dem Ms. lat. 5543 hinzugefügten Ergänzungen, etwa die Annales Floriacenses zu Beginn oder der nachgetragene Komputus des zwischen 988 und 1004 als Abt amtierenden Abbo von Fleury, verweisen auf das Kloster Saint-Benoit-sur-Loire zu Fleury als Entstehungs- bzw. Aufbewahrungsort der Handschrift. Der Sternkatalog De signis coeli wird von insgesamt 40 Miniaturen der Sternbilder in kräftigen Deckfarben begleitet. Die Darstellungen nehmen zumeist den Großteil der Seiten ein und folgen in der Regel dem sie betreffenden Textabschnitt. Allerdings finden sich die Bilder oft nicht auf derselben Seite, und auch ihre Plazierung mal oben mal unten auf der Seite variiert. Darüber hinaus ist das Format der Miniaturen nicht einheitlich. Möglicherweise hängen diese Unregelmäßigkeiten hinsichtlich der Seitengestaltung und der Text-Bildverteilung mit einer

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Formatvergrößerung der Bilder im Vergleich zu ihrer Vorlage zusammen. Da der Text mehrfach, wie etwa beim Bild der Nördlichen Krone auf fol. 161r, um die nachfolgende Illustration herumgeschrieben worden ist, kann man davon ausgehen, dass die Darstellungen noch vor dem Text ausgeführt wurden. Diese Vermutung wird auch durch den fehlenden Text zu den letzten drei Bildern auf fol. 170v und fol. 171r bestätigt. Die Miniaturen wurden in Deckfarben über einfachen Zeichnungen ausgeführt. Die Lage der Sterne wurde nicht angegeben. Offenbar wurden zunächst die Bilder in einem vergleichsweise großen Format mit bräunlicher Tinte auf das Pergament gebracht, ohne dass man dabei auf eine einheitliche Disposition der Seiten geachtet hat. Dabei fällt auf, dass die Figuren im Verlauf der Handschrift an Größe zunehmen. Da Schrift und Illustrationen in der gleichen Tinte ausgeführt wurden, könnte es sich beim Zeichner und Schreiber um ein- und dieselbe Person gehandelt haben. In einem zweiten Schritt wurden die Zeichnungen mit kräftigen Deckfarben in eher kühlen Tönen koloriert, wobei der Maler graublaue, rotbraune und blaugrüne sowie mit hellem Gelb vermischte Farben und Purpurabstufungen bevorzugte. Wie die Bilder der Nördlichen Krone auf fol. 161r oder der Andromeda auf fol. 163v belegen, wurden die Miniaturen erst im Nachhinein vom gleichen Maler mit breiten, mehrfarbigen Rahmen umgeben, ohne jedoch den Bildhintergrund wie bei den Germanicusillustrationen zu kolorieren. Dass die in der Zeichnung noch nicht angelegten Rahmen erst später um die Sternbilder gelegt wurden, lässt vielleicht darauf schließen, dass sie in der Vorlage nicht vorgegeben waren und man sie eigens für die Pariser Handschrift als Auszeichnungsmotiv eingeführt hat. Die Ikonographie der Illustrationen geht auf jene griechische Aratos-Ausgabe zurück, deren Text im 8. Jahrhundert in Corbie ins Lateinische übertragen wurde (Aratus latinus), und deren Bildzyklus sich einerseits in einer griechischen Kopie des 14. Jahrhunderts, Vat. gr. 1087, und andererseits in den Handschriften der Recensio interpolata, etwa in Paris lat. 12957, fassen lässt. Offenbar stand die antike Vorlage nach wie vor in Corbie zur Verfügung und wurde, wie die Handschrift in Amiens, Ms. 222, belegt, weiterhin benutzt. Auch die Bilder des floriacensischen Codex Paris lat. 5543 dürften von ihr ausgegangen sein, und repräsentieren sie authentischer als andere Zyklen. Gemeinsam mit dem Sternenkatalog De signis coeli wurden die Bilder erfolgreich exportiert und avancierten zu der für das 10. und 11. Jahrhundert maßgeblichen Fassung. So ist die Bilderreihe der Pariser Handschrift den Sternbildern der ausnahmslos jüngeren Handschriften in Aberystwyth 735C, Paris lat. 5239, Leiden Voss. lat. oct. 15, Vat. Reg. lat. 123 und Vat. lat. 643 sowie Klosterneuburg, 685, und Zwettl 296, verwandt. Zum Teil zeigen sich auch Verbindungen zur römischen Handschrift Vat. gr. 1087. Die Gemeinsamkeit all dieser Codices zeigt sich am deutlichsten beim Bild der Andromeda mit ihren auf den Felstürmen angeordneten Brautgeschenken. Während die Brautgeschenke auch in Vat. gr. 1087 und Amiens 222 zu erkennen sind, und daher wohl zur antiken Vorlage gehörten, scheint das zu Andromedas Füßen abgebildete Ungeheuer vom mittelalterlichen Maler von Paris lat. 5543 eingeführt worden zu sein, wodurch das Bild an Darstellungen des über Schlange und Basilisk triumphierenden Christus erinnert. Ob der Maler auf diese Weise ein Gegenbild zu der im Sündenfall der Schlange erlegenen Eva schaffen wollte, oder im moralischen Sinn durch das Triumphmotiv die Keuschheit Andromedas hervorheben wollte, bleibt Spekulation. Darüber hinaus weisen all diese Handschriften die große, nach vorn blickende Fratze des Löwenfells über dem Arm des Hercules, das Fell über dem ausgestreckten Arm des Bootes und die gleichsam schwebende Haltung der Jungfrau mit ihren nach vorn über die Arme fallenden Flügeln auf. Ausnahmslos erscheint ferner der

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nach oben gerichtete Krebs, der mit einem kreuzförmigen Halfter über der Stirn dargestellte Stier sowie der hundeartige Tierkopf am Heck der Argo. Auch die Form des auf drei Füßen ruhenden, sich oben konisch verjüngenden Altares mit seinem ausladenden Flammenstrauß und die Gestalt des Throns der Cassiopeia mit Lünettenlehne ist überall gleich. Überdies wird die Tiara des Cepheus immer mit zur Seite wehenden Bändern gezeigt, während der Schwan stets mit angehobenem Bein und Pegasus mit dem Flügel vor der Schnauze erscheint. Die zahlreichen verwandten, in mehr oder weniger engem Bezug zum Kloster Fleury stehenden Handschriften belegen die weit ausstrahlende Wirkung des Bilderzyklus von Paris lat. 5543. In den meisten Fällen ist allerdings unklar, auf welchen Wegen sich die Vermittlung vollzogen hat. Nur selten kann man wohl von direkten Kopien ausgehen; stattdessen dürften Zwischenglieder und die Vorlage der Pariser Handschrift selbst eine große Rolle gespielt haben. Darüber hinaus ist mit dem Einfluss weiterer Codices und Bildzyklen zu rechnen. Im Vergleich zu allen aufgeführten Handschriften stehen die Pariser Sternbilder jedoch den Miniaturen des um 1000 vermutlich in der Umgebung von Limoges oder Fleury verfassten Codex in Aberystwyth lat. 735C-I, motivisch besonders nahe. Nur in diesen beiden Handschriften trägt der vielleicht als Dämon verstandene Bootes mit wildem, flammenartigem Haar ein zottiges Fellgewand, begegnet die gleichsam tanzend ihre Beine überkreuzende Jungfrau mit schürzenartig drapiertem Gewand, und nur hier fehlt im Bild der Andromeda ein Brautgeschenk auf dem linken Felsen. Diese Besonderheiten im Detail sprechen dafür, dass der Codex Paris lat. 5543 als unmittelbare Vorlage des Aberystwyther Manuskripts gedient hat. Wahrscheinlich hat man bei der Gestaltung dieses Buches den eindrucksvollen Pariser Bildzyklus auf den Germanicustext übertragen und dann um einige weitere Bilder, etwa die zum Proöm oder die der Hemisphären, ergänzt. Daneben ist der Pariser Codex mit einer für das Kloster Saint-Martial in Limoges vor 983 angefertigten, großformatigen und sehr sorgfältig geschriebenen Komputus-Handschrift, dem heute in Paris auf bewahrten Ms. lat. 5239, eng verbunden. Sowohl deren Textauswahl und Auf bau als auch die allerdings nur in einfacher Zeichnung kopierten Illustrationen zum Sternenkatalog sprechen dafür, dass eine wesentliche Vorlage die hier besprochene Pariser Handschrift gewesen ist. Stilistisch haben die Miniaturen wenig gemein mit den aus Fleury überlieferten karolingischen Miniaturen wie sie unter anderem in einer Handschrift in Bern, Burgerbibliothek, Ms. 348, erhalten sind (vgl. Mütherich/Gaehde 1976, Taf. 11). Im Unterschied zu den malerisch aufgesetzten Lichtern und Schatten der Berner Bilder sind die als kräftige, dunkle Linien wiedergegebenen Faltentäler der Gewänder des Bootes, des Fuhrmanns oder der Zwillinge im Pariser Manuskript formelhaft erstarrt. Diese Details lassen eine deutlich spätere Entstehungszeit des Pariser Codex annehmen und unterstützen dessen Datierung ins 10. Jahrhundert. Nimmt man eine Entstehung der Handschrift gegen Ende des zweiten Jahrhundertviertels an, würde sie sich fast unmittelbar an die vor 938 erfolgte Reformierung des Klosters Fleury durch den Abt Odo von Cluny anschließen. Das Kloster Saint-Benoit-sur-Loire entwickelte sich in jenen Jahren nicht nur zu einem wichtigen Zentrum der Reformbewegung, sondern wurde darüber hinaus auch zu einer der bedeutendsten Ausbildungsstätten Europas, zur Hochschule für Mönche (Arno Borst). Möglicherweise löste die Klosterreform einerseits eine Rückbesinnung auf die eigene Vergangenheit aus, die mit dem Kopieren und Verschönern der verfügbaren karolingischen Handschriften einherging. – In dieser Zeit befanden sich allen Anzeichen nach vier Sternbilderzyklen unterschiedlicher Herkunft in Fleury: Zu ihnen gehörten nicht nur

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die Kopie des griechischen Codex aus Corbie, sondern auch ein illustrierter Germanicustext sowie eine Ausgabe der Libri computi. Darüber hinaus besaß man eine aus Aachen stammende karolingische Cicero-Handschrift, den heute in London auf bewahrten Codex Harley 647, an dessen Bilder sowohl die Farbwahl als auch die raue Oberfläche der Pariser Miniaturen erinnern. Andererseits erzeugte sie offenbar eine Art Sendungsbewusstsein, das zu wissenschaftlichen Studien anregte, die anderen Klöstern als Vorbild dienen sollten. In der Pariser Handschrift Ms. lat. 5543 manifestiert sich ein neuer, mit dem Rückgriff auf antike Traditionen verbundener Umgang mit der Bildüberlieferung, auch wenn nicht geklärt ist, ob die Vorlage erst nach Fleury gelangte oder aus karolingischer Zeit dort bereits vorhanden war. Vermutlich besaß man aber nur einen gezeichneten Zyklus, den man dann bei Kenntnis der eindrucksvollen Bilderhandschriften zu einer farbigen Illustrationsfolge ausarbeitete. Ähnlich wie bei den zurzeit Ludwig des Frommen am Aachener Hof entstandenen Prunkhandschriften in London, Ms. Harley 647, oder Leiden, Ms. Voss. lat. Q. 79, war es das Anliegen der Handschrift, dem Betrachter die fremdartigen Himmelsgestalten in illusionistischer Anschaulichkeit vor Augen zu führen. Offenbar nahm man sich dabei die Ästhetik der über ein Jahrhundert älteren bibliophilen höfischen Codices zum Vorbild. Im Vergleich zu diesen blieb der astronomische Gehalt der Pariser Handschrift auf Grund der fehlenden Angabe der Sternpositionen aber allein auf den Text beschränkt. Darüber hinaus zeigen die Seitengestaltung, die Text-BildAnordnung oder die unterschiedlichen Bildformate keine wirklich planerische Konsequenz; stattdessen ist die mangelnde Erfahrung mit großzügig illuminierten Handschriften in der Pariser Handschrift lat. 5543 deutlich zu spüren. Verzeichnis der Bilder fol. 160r: Oben: Die mit offenem Maul und großen, krallenbesetzten Beinen nach links in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär) ; Unten: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, jedoch mit langem Schwanz dargestellte Ursa minor (Kleiner Bär). fol. 160v: Draco (Drache) mit den Bären zwischen seinen Windungen. fol. 161r:

Oben: Der im Knielauf nach links in Rückenansicht mit seitlich gezeigten Beinen und ins Profil gedrehtem, bärtigem Kopf dargestellte, vollständig nackte Hercules, über seinem vorgestreckten linken Arm ein großes Fell mit nach vorn zeigendem Löwenkopf tragend, mit einer Keule in seiner nach hinten gestreckten Rechten zum Schlag gegen die sich um den Baum der Hesperiden windende Schlange ausholend; Unten: Die kreisrunde Corona borealis (Nördliche Krone) als durch Bänder in neun Abschnitte unterteilter Reif, unten in der Mitte mit zwei nach beiden Seiten flatternden Bändern besetzt. fol. 161v: Der nach links gewandte, vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) als Rückenfigur, mit beiden von der Seite gezeigten Beinen auf dem nach links orientierten Skorpion stehend, den Kopf nach links ins Profil gedreht, die einfach um seinen Körper gewundene Schlange mit Drachenkopf anblickend und dabei ihren waagerechten Körper am Kopf- und Schwanzende mit beiden Händen gepackt haltend. fol. 162r: Oben: Der in Aufsicht dargestellte, nach links gewandte Scorpius (Skorpion) mit geknickten Scheren, vier Beinpaaren und einem stachelbesetzten Schwanz; Unten: Der mit dem Blick nach links orientierte, jugendliche Bootes (Bärenhüter) als im dynamischen Schrittmotiv mit ausgebreiteten Armen stehende Rückenfigur, die beiden Füße nach außen kehrend, den Kopf mit dem flammenförmig gestalteten Haar ins Profil gedreht, vollständig nackt bis auf eine am unteren Rand fransige, fellartige Tunica exomis, über dem ausgestreckten linken

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Arm ein Fell tragend, mit einem verzweigten Pedum in seiner Rechten zum Schlag ausholend. fol.162v: Die mit nach vorn hängenden Flügeln und überkreuzten Beinen tanzende Virgo (Jungfrau) in Vorderansicht mit nach links orientiertem Blick, in ein langes, glockenförmig abschließendes Gewand mit Ziersäumen sowie ein um die Hüfte geschlungenes, doppelt gegürtetes Tuch gekleidet, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine buschige Ähre und links eine Waage haltend. fol. 158r: Die in einigem Abstand wie gespiegelt nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandten Köpfen, beide sind in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika sowie ein über der linken Schulter drapiertes Manteltuch und Stiefel mit offener Spitze bekleidet, sich mit dem nach außen zeigenden Arm jeweils auf eine aufgestellte Lanze stützend, den anderen Arm in die Seite gestemmt. fol. 158v: Oben: Der nach oben gerichtete, rundliche Cancer (Krebs) mit vier Beinpaaren und kurzen, im Winkel abgeknickten Scheren in Aufsicht; Unten: Leo (Löwe), mit offenem Maul, übereinandergestellten Tatzen und aufgerichtetem Schwanz von rechts nach links springend. fol. 159r: Oben: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in ein bodenlanges Untergewand sowie ein knielanges Obergewand mit Ärmeln und Zierborten gekleidet, um die Hüfte einen breiten, ornamental gestalteten Gürtel und auf dem lockigen Haupt eine Art Tiara mit kugelförmigem Abschluss tragend, in seiner zurückgestreckten rechten Hand die Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden einander zugewandten Böckchen präsentierend, rechts vor ihm die zottige Ziege; Unten: Der nach rechts im Profil gezeigte Taurus (Stier) als mit vorgestrecktem linken und eingeknicktem rechten Bein sowie zum Betrachter gewandten Kopf lagernde Halbfigur mit kreuzförmigem Halfter über der Stirn. fol. 159v: Der mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehende, bärtige Cepheus, in Beinkleider mit doppelter Knopfreihe, eine kurze Tunika mit langen Ärmeln sowie ein darüber getragenes, kurzärmeliges Gewand gehüllt, über beiden Schultern ein nach hinten fallendes Pallium mit Fibel tragend, auf dem langhaarigen Haupt eine Tiara mit zur Seite wehenden Bändern. fol. 163r: Die mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem durchbrochenen Kastenthron mit lünettenbekrönter Rückenlehne, Fußbank und dickem Polster sitzende Cassiopeia, in ein langärmeliges Untergewand sowie ein knöchellanges ärmelloses, doppelt gegürtetes Obergewand mit Ziersäumen gehüllt, auf dem leicht nach links orientierten, langhaarigen Haupt eine Phrygiermütze tragend. fol. 163v: Die an beiden Händen gefesselte Andromeda als zwischen zwei Felsen auf dem schlangenartigen Ungeheuer mit Hundekopf stehende Frontalfigur, in ein langes, gegürtetes Kleid gehüllt, das einen Teil der Brust freilässt und dessen Ärmel in zwei Zipfeln hinter die Schultern fallen, neben ihr sind auf dem Felsen je zwei bzw. drei ihrer Brautgeschenke hintereinander aufgestellt. fol. 164r: Oben: Der nach rechts gewandte, an den Schultern geflügelte Pegasus als Halbfigur mit wehender Mähne und vor dem offenem Maul gezeigtem linken Flügel; Unten: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen Reif um die Körpermitte tragend. fol. 164v: Oben: Das aus einem breiten, ornamental gestalteten inneren Streifen sowie zwei schmalen äußeren Streifen gebildete Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die mit den Rücken gegeneinandergestellten, übereinander wiedergegebenen und in unterschiedliche Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden. fol. 165r: Der an den Füßen geflügelte, nach links eilende, jugendliche Perseus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Rücken, vollständig nackt bis auf ein von seiner linken Schulter nach hinten wehendes, schmales Manteltuch und eine Phrygiermütze, in seiner vorgestreckten linken Hand ein vollständig von flammenförmigem Haar umgebenes Medusenhaupt haltend, in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand eine kleine Harpe schwingend. fol. 165v: Oben: Die aus einem schachbrettartig gemusterten, rechteckigen Unterbau mit Lilienornament,

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zwei geraden Seitenteilen mit Lilienornamentbekrönung und einem Querstück zusammengesetzte, fünfsaitige Lyra (Leier) mit bogenförmigem Seitengriff; Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln und erhobenem rechten Bein in Seitenansicht nach rechts stehende Cygnus (Schwan). fol. 166r: Der mit leicht gebeugten Knien und geschwungenem Körper gleichsam nach links schwebende, jugendliche Aquarius (Wassermann) in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf transparent wirkende Beinkleider sowie ein von der linken Schulter nach hinten wehendes Manteltuch, auf dem im Dreiviertelprofil gezeigten lockigen Haupt eine Phrygiermütze tragend, mit beiden Händen ein vor dem Körper gehaltenes, henkelloses Gefäß ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrahl austritt. fol. 166v: Der nach links in Seitenansicht dargestellte Capricornus (Steinbock) als hybrides Wesen aus Ziegenbock mit schlanken Hörnern und verschlungenem Fischschwanz, Farbe stark abgerieben. fol. 167r: Der von rechts nach links galoppierende Sagittarius (Schütze) als in Seitenansicht gezeigter, bogenspannender Kentaur mit bärtigem Gesicht, vollständig nackt bis auf ein in mehreren Zipfeln von der linken Schulter nach hinten wehendes Fell, unter seinen Hufen der mit seiner Spitze nach rechts zeigende Pfeil. fol. 167v: Oben: Aquila (Adler) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze nach rechts gerichteten Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Der voluminöse Del­ phinus (Delfin) mit schnabelartigem Maul, steiler Kopfflosse und palmettenartig geteilter Schwanzflosse, von rechts nach links schwimmend. fol. 168r: Der mit gespreizten Beinen und ausgebreiteten Armen in Rückenansicht dargestellte jugendliche Orion mit nach links ins Profil gewandtem Kopf, gekleidet in eine knielange Ärmeltunika mit Zierborten, ein kurzärmeliges, gegürtetes Obergewand, Stiefel sowie ein den linken Arm vollständig bedeckendes Manteltuch, mit einem blanken Schwert in der rechten Hand zum Schlag ausholend, zu seiner linken Seite die Schwerthülle an einem Band umgehängt tragend. fol. 168v: Oben: Canis maior (Großer Hund) ; Unten: Lepus (Hase). fol. 169r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht der auf dem Wasser wiedergegebenen Schiffshälfte vom gebogenen Heck mit Lilienbekrönung, hundeartigem Tierkopf und Ruder bis hin zum Mast mit schmalem Segelstreifen, auf Deck zwei aufgestellte Schilde; Unten: Das mit offenem Maul, spitzen Zähnen und heraushängender Zunge dargestellte, nach rechts in Seitenansicht lagernde Cetus (Seeungeheuer) mit krallenbesetzten Vorderbeinen, einem fellartigen Reif um die Körpermitte sowie verschlungenem Fischschwanz. fol. 169v: Oben: Der aus einem rechteckigen Wasserstreifen auftauchende Eridanus als frontal gezeigte Büste mit dichtem, aufgetürmtem, flammenförmig gestaltetem Haar und weisend aus dem Wasser herausragender rechter Hand; Unten: Der mit offenem Maul und herausgestreckter Zunge auf dem Rücken liegende Piscis magnus (Großer Fisch) in Seitenansicht. fol. 170r: Der dreifüßige, sich oben konisch verjüngende Ara (Altar), aus dessen runder Öffnung in dichtem Bündel Flammen schlagen. fol. 170v: Der nach rechts schreitende, vollständig nackte, bärtige Cen­ taurus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Rücken und nach rechts ins Profil gewandtem Kopf, in den zur Seite ausgebreiteten Händen links ein in vier großen Zipfeln wehendes, flügelartiges Fell und rechts ein Beutetier an den Hinterläufen gepackt empor haltend. fol. 171r: Oben: Die mit vorgestrecktem Kopf nach links kriechende Hydra (Was­ serschlange), den kleinen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend; Unten: Anticanis (Vorhund), mit offenem Maul nach links jagend.

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Provenienz Neben den auf Fleury verweisenden Ergänzungen des 10. und 11. Jahrhunderts enthält die Handschrift auf mehreren Seiten auch Hinweise auf das Kloster Sainte-Colombe in Sens. Im Bibliothekskatalog von Fleury erscheint der Codex im Jahre 1552 unter der Nr. 61. Auf fol. 14v findet sich die alte Signatur II sowie auf fol. 157v als weitere Signatur die Zahl XXII.

Literatur Mellot 1744, IV, S. 129–130; Delisle 1868, 2, S. 364; Delisle 1881, 3, S. 255–256, Nr. 4, Pl. XXVI; Swarzenski 1902, S. 89; Vidier 1911, S. 312; Van de Vyver 1935, S. 151; Jones ed. 1939; Byvanck 1949, S. 227, Nr. 93; Stern 1953, S. 233–234, 268, 287; Mss. a peintures 1954, S. 44, Nr. 105; Bober 1956/57, S. 64ff., Abb. 13; Samaran/Marichal 1962, 2, S. 275; Scheller 1963, S. 57–61; Vidier 1965, S. 51; King 1969, S. 103–106; McGurk 1973, S. 197ff.; Gaborit-Chopin 1967, S. 186–191; Munk Olsen 1982, I, S. 337, Nr. B 643; Munk Olsen 1985, II, S. 264, Nr. B 56; Mostert 1989, S. 207–208; Eastwood 1993, S. 167; Borst 1994, S. 117, Anm. 94, S. 137, Anm. 31, S. 144, Anm. 52, S. 169, Anm. 9, S. 185, Anm. 47; Noel 1995, S. 175f.; Blume 2002, S. 257ff.; Blume 2009, S. 530f., 547. Siehe S. 85–87, Taf. 52–58, Abb. 657–680

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663 Dreiteilige Sammelhandschrift zu den Artes liberales Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Fleury oder St. Benoit sur Loire, um 1000 Kodikologische Angaben 270/273 × 179 mm, 58 Folia, Pergament, Text teils ein-, teils zweispaltig bei unterschiedlicher Zeilenzahl (40–45 Zeilen) in Karolingischer Minuskel geschrieben; aufwendig, teils mit Tiermotiven, ornamentierte Initialen.

Art der Bilder Neben der Zeichnung eines Kentauren auf fol. 11v und einer weiteren Abbildung zur Ratio sphaerae des Apuleios auf fol. 57v begleiten den Text des Sternkatalogs zwischen fol. 19v und fol. 24v insgesamt 43, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Sternbilder sowie der Planeten und der Luna, Miniatur des Sol nicht ausgeführt, alle Bilder wurden zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt, wobei man die Position der Sterne nicht angegeben hat.

Inhalt Teil I: fol. 1r–19v: fol. 19v–24v:

Teil II: fol. 25r–44v: fol. 45r–46r: fol. 46v: Teil III: fol. 47r–47v: fol. 47v–48r: fol. 48r–49r: fol. 49r: fol. 49v: fol. 50r: fol. 50r–57r: fol. 57v: fol. 58r: fol. 58v:

Hyginus, De Astronomia (Le Boeuffle ed. 1983); Zeichnung des Kentauren auf fol. 11v Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) sowie Exzerpte aus Plinius NH II De positione et cursu septem planetarum; De absidibus earum Macrobius, Commentarius in Ciceronis Somnium Scipionis (Willis ed. 1963) Exzerpte aus Commentarius in Somnium Scipionis (Willis ed. 1963) leer Brief des Gerbert an Constantin Herigerus Lobiensis, Regulae de numerorum abaci rationibus Kommentar zu Gerbert von Aurillac Regulae Gerbert von Aurillac, Regulae de numerorum abaci rationibus Diagramm eines Abacus Gerbert von Aurillac, Epistola ad fratrem Adam Designatio mono[co]rdi; Dulce ingenium musice; Tonarium; Diagramme zu Akkorden Apuleios, Ratio sphaerae (dazu Zeichnung), Definitionen zu alten Maßen Responsorium aus Totenmesse mit Neumen Verse auf Fleury sowie Verse mit Neumen (Loiregegend)

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Kommentar Die aus drei Teilen zusammengesetzte Sammelhandschrift Paris lat. 8663 ist auf das Studium der Artes liberales ausgerichtet. Außer Klassikertexten wie Hygins De astronomia zu Beginn oder dem vollständigen Text der Commentarii in Somnium Scipionis des Macrobius in dem vom Schreiber Gira(l)dus aufgezeichneten zweiten Teil umfasst der Codex auch zeitgenössische Abhandlungen, etwa von Gerbert von Aurillac zur Arithmetik und von Herigerus von Lobbes am Ende des Buches. Der erste Text gilt der Astronomie mit der ausführlichen, in ein Vorwort und vier Bücher gegliederten Abhandlung De astronomia des Hyginus. Mehrere Handschriften, etwa Rom Vat. Reg. lat. 1260, London Harley 2506, oder Leiden Voss. lat. oct. 84, belegen, dass gerade dieses Prosawerk im 10. Jahrhundert besonderes Interesse im Kloster Fleury und in dessen Einflussbereich fand. Erst im Zusammenhang mit dort angefertigten Kopien entstanden im Kloster SaintMartial zu Limoges die frühesten selbständigen, im Leidener Codex Voss. lat. oct. 15 überlieferten Hyginus-Illustrationen. Der Traktat De astronomia stand ursprünglich nur in unbebilderten Exemplaren zur Verfügung. Vielleicht aus diesem Grund fügte man der Pariser Handschrift lat. 8663 den aus den Libri Computi entnommenen illustrierten Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis hinzu. Auf fünf Blätter (fol. 20r–24v) verteilt, enthält er insgesamt 43 einfache Federzeichnungen der Konstellationen, der Planeten und von Luna, wobei auf eine Angabe der Sternpositionen verzichtet wurde. Der Zyklus ist nicht ganz vollständig, denn die auf fol. 24r vorgesehene Zeichnung des Sol wurde nicht ausgeführt. Die Zeichnungen wurden noch vor dem Text angefertigt. Neben den Illustrationen zum Sternkatalog findet sich innerhalb des Hygintextes auf fol. 11v eine einzelne Zeichnung eines Kentauren. Sie entspricht im Wesentlichen dem Centaurus auf fol. 23v, allerdings hat man das Mischwesen mit nur einem Beutetier sowie mit Geschlechtsteil dargestellt. Da der entsprechende Hyginustext auf das Bild Rücksicht nimmt, kann man annehmen, dass auch diese Zeichnung noch vor der Niederschrift entstand. Die stets zu mehreren großzügig über die Seiten gestreuten Sternbilder der Pariser Handschrift Ms. lat. 8663 werden von den knappen Texten des Sternenkatalogs der Libri computi abschnittweise in der Art von Tituli kommentiert. Den Beginn eines jeden, oft in Dreiecksform niedergeschriebenen Abschnittes markiert eine einfache Initiale; darüber hinaus hat man auch den Namen des Sternbildes entweder ganz oder aber teilweise durch Majuskelschrift besonders hervorgehoben. Die Darstellungen der Himmelsgestalten weisen einerseits eine Reihe von Übereinstimmungen mit den Illustrationen zum Sternkatalog De signis coeli auf. So windet sich die Schlange um die beiden Bären, steht der Schlangenträger mit beiden Füßen auf dem in dieselbe Richtung gewandten Skorpion, und ist der Fuhrmann ohne seinen Wagen wiedergegeben. Darüber hinaus begegnet Andromeda mit bloßem Oberkörper und um die Hüfte geschlungenem Tuch, die Lyra mit einem ornamental gestalteten Querstück, der Große Fisch auf dem Rücken liegend, und auf dem Deck der Argo erscheint ein gemauertes Haus mit ziegelgedecktem Satteldach. Ferner finden sich die Figuren der fünf Planeten sowie der Luna. Besonders auffällig ist jedoch die an eine Darstellung in der Planisphäre des Aberystwyther Manuskripts 735C erinnernde Zeichnung des nach oben gewandten, mit zwei Eselsköpfen auf dem Panzer versehenen Krebses auf fol. 21r.

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Andere Details verweisen dagegen auf die Illustrationstradition zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis, wie sie unter anderem in der aus Saint-Denis stammenden vatikanischen Handschrift Vat. Reg. lat. 309 überliefert ist. So wurde Hercules nackt und ohne den Baum der Hesperiden oder die Jungfrau mit Kopfschleier und Waage, aber ohne ihre Flügel dargestellt. Ferner hat man Cassiopeia mit einem Kopfschleier, die unbekleideten Zwillinge getrennt nebeneinanderstehend und den Stier als Ganzfigur wiedergegeben. Daneben hat der Zeichner der Pariser Sternbilder das Schiff Argo mit einem gehörnten Tierkopf an der Heckspitze dargestellt. Der Tradition des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis entspricht auch die auf fol. 22r gezeichnete Figur des nach rechts schreitenden Wassermanns, der mit der linken Hand ein vor sich gehaltenes Gefäß ausleert. Orion erscheint dagegen auf fol. 22v als gehörntes Himmelswesen, und auch die Haltung des Eridanus, der in dem seiner Urne entströmenden Wasser kniet, auf fol. 23r weicht von allen sonst üblichen Illustrationen ab. Charakteristisch für den Zeichner der Pariser Bilder sind sowohl die Gewänder, die oft aus nicht mehr als einem mit zackigen Falten versehenen Hüfttuch bestehen, als auch die wirren, hochgetürmten Haarschöpfe, die augenförmig gestalteten Brustwarzen sowie die spiralförmigen Bauchnabel der Himmelsfiguren. Die flammenartige Frisuren könnten durchaus von den Bildern der in Fleury entstandenen Pariser Handschrift lat. 5543 oder von denen des in Limoges oder Fleury hergestellten Aberystwyther Manuskripts 735C angeregt worden sein. Einige Details, etwa die Nacktheit der Zwillinge, der Krebs mit den Eselsköpfen auf seinem Panzer oder der Schütze als Satyr, könnten ihr Vorbild vielleicht auch in einer Himmelskarte wie jener im Aberystwyther Codex 735C haben. Anhand des Initialschmucks, der Schrift sowie der Nachträge auf fol. 58v lokalisiert Mostert den Codex nach Fleury und datiert ihn um die Jahrtausendwende, obwohl die etwa zeitgleiche Handschrift Aberystwyth 735C einen unterschiedlichen Stil aufweist. Saxl und Meier vermuten Tours als Ursprungsort. Für Mosterts Vermutung spricht, dass in Fleury um das Jahr 1000 eine ganze Reihe ikonographischer Vorlagen zur Verfügung stand, darunter die heute in Paris aufbewahrte Handschrift lat. 5543 und vielleicht auch deren Vorbild. Außerdem war mit der um 850 entstandenen Handschrift Paris, Bibl. Nat., Ms. nouv. acqu. lat. 1615 mindestens ein Textexemplar der Libri computi in Fleury zugänglich, ansonsten könnten die Illustrationen über Abbo nach Fleury gelangt sein. Denn Abbo studierte in Paris, wo er Text und Illustrationen der karolingischen Handschrift Rom Vat. Reg. lat. 309 kennengelernt und kopiert haben könnte. In jedem Fall kombinieren die Darstellungen der Pariser Handschrift lat. 8663 in recht freier Weise die ikonographischen Merkmale der verschiedenen Bildzyklen. Sie dürften von daher eine eigenständige Auseinandersetzung mit dem in Fleury reichlich vorhandenen Vorlagenmaterial wiederspiegeln. Verzeichnis der Bilder fol. 11v: Darstellung des nach rechts schreitenden, vollständig nackten, jugendlichen Cen­ taurus in Seitenansicht mit zu drei Vierteln in die Front gedrehtem Oberkörper, über

seiner rechten Schulter eine doppelspitzige Lanze tragend, in seiner vorgestreckten linken Hand ein Beutetier an den Hinterläufen empor haltend. fol. 20r: Oben links: Die mit offenem Maul und großen, krallenbesetzten Tatzen dargestellte, nach links stehende Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Oben rechts: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären

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ähnliche, jedoch mit gebeugtem Rücken und gesenktem, zwischen den Vorderbeinen in die Front gedrehtem Kopf nach rechts stehende Ursa minor (Kleiner Bär); Mitte links: Der in drei großen Windungen nach rechts kriechende Draco (Drache) mit Drachenkopf in Seitenansicht, die mit dem Rücken einander zugewandten, in unterschiedliche Richtung stehenden Bären zwischen ihren Windungen; Mitte rechts: Der nach links eilende, vollständig nackte, jugendliche Hercules in Rückenansicht mit von der Seite gezeigten Beinen und nach links ins Profil gedrehtem Kopf, über der nach vorn gestreckten linken Hand ein Tuch tragend, mit einer Keule in seiner zurückgestreckten Rechten zum Schlag ausholend; Unten links: Die aus einem schmalen Reif gebildete Corona borealis (Nördliche Krone), oben in der Mitte mit einem großen, blütenartigen Gegenstand besetzt; Unten rechts: Der mit beiden Füßen auf dem nach links gewandten Skorpion mit langen Scheren in Form von Menschenhänden stehende, mit nach links von der Seite gezeigten Beinen sowie ebenfalls nach links ins Profil gedrehtem Kopf dargestellte, vollständig nackte Serpentarius (Schlan­ genträger) als bärtige Frontalfigur, die einfach um seinen Körper gewundene und sich vor seinem Bauch kreuzende, waagerechte Schlange mit Hundekopf am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 20v: Oben: Der in Aufsicht gezeigte, nach links gewandte Scor­ pius (Skorpion) mit langen Scheren in Form von Menschenhänden sowie zwei Beinpaaren; Mitte rechts: Der jugendliche Bootes (Bärenhüter) als mit Blick und Bewegung nach links orientierte Frontalfigur mit in Seitenansicht dargestellten Beinen und nach links ins Profil gedrehtem Lockenkopf, gekleidet in ein über den Schultern drapiertes, seinen rechten Arm bedeckendes und um seine Hüfte geschlungenes Manteltuch, mit einer Keule in seiner zurückgestreckten rechten Hand zum Schlag ausholend; Mitte links: Die in eine die linke Schulter freilassende, bodenlange, geschlitzte Tunika gekleidete Virgo (Jungfrau) als mit unter dem Tuch hervortretendem linken Bein frontal stehende Gestalt, auf dem nach rechts gewandten Haupt einen Schleier tragend, in ihren Händen rechts eine Waage und links eine blattartige Ähre haltend; Unten: Die in einigem Abstand nebeneinander stehenden, vollständig nackten, einander zugewandten Gemini (Zwillinge) als jugendliche Frontalgestalten mit lockigem bzw. flammenartigem Haar, der linke Zwilling hat seine Rechte hinter den Rücken gelegt und seine Linke weisend erhoben während der rechte Zwilling mit der Rechten auf sein Gegenüber zeigt und die Linke auf den rechten Oberschenkel gelegt hat. fol. 21r: Oben links: Der in Aufsicht gezeigte, nach oben gerichtete Cancer (Krebs) mit spitzen Scheren, vier Beinpaaren sowie zwei Eselsköpfen auf seinem Panzer; Oben rechts: Der mit offenem Maul und flammenartig abstehender Mähne nach links in Seitenansicht stehende Leo (Löwe); Mitte links: Der im Knielauf nach rechts eilende, jugendliche Auriga (Fuhrmann) mit in die Front gedrehtem Oberkörper und im Dreiviertelprofil gezeigtem lockigen Haupt, gekleidet in ein knielanges, gegürtetes Ärmelgewand sowie Stiefel, in der zur Seite gebreiteten linken Hand eine Peitsche haltend, auf der seitlich ausgestreckten rechten Hand die beiden Böckchen präsentierend, auf der rechten Schulter die Ziege tragend; Mitte rechts: Der nach links in Seitenansicht lagernde Taurus (Stier) als Ganzfigur mit zum Betrachter gewandten Gesicht, aufgestelltem linken und eingeknicktem rechten Vorderbein sowie zwischen den Hinterbeinen eingeklemmtem Schwanz; Unten links: Cepheus als mit zur Seite ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehende, jugendliche Gestalt, mit einem knielangen, gegürteten Ärmelgewand sowie einem über der linken Schulter drapierten Mantel mit Fibel und Schuhen bekleidet; Unten rechts: Die mit w-förmig ausgebreiteten Armen frontal auf einem Kastenthron mit Fußbank sitzende Cassiopeia, in ein voluminöses, bodenlanges Kleid mit Ärmeln und Zierborten sowie ein den Kopf bedeckendes, auf beide Schultern herabfallendes Schleiertuch und Schuhe gekleidet. fol. 21v: Oben links: Die mit waagerecht ausgebreiteten Armen frontal zwischen zwei niedrigen, säulenartigen Felstürmen stehende Andromeda, dabei

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beide Hände auf die runden Spitzen der Berge legend, vollständig nackt bis auf ein um die Hüfte gewundenes Tuch, das sorgfältig frisierte, langhaarige Haupt nach links geneigt; Oben rechts: Der in Seitenansicht nach rechts lagernde Pegasus als gleichsam aus einem Ring herausfliegende Halbfigur mit Flügeln, offenem Maul und übereinandergestellten Vorderbeinen; Mitte links: Der mit zurückgewandtem Kopf nach rechts stehende Aries (Widder), einen Reif um seine Körpermitte tragend; Mitte rechts: Triangulum (Dreieck), aus einem schmalen Streifen gebildet; Unten: Die übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden. fol. 22r: Oben links: Der nach links eilende, an den Füßen geflügelte Perseus als jugendliche Frontalgestalt mit seitlich gezeigten Beinen sowie in Dreiviertelprofil dargestelltem Haupt, vollständig nackt bis auf ein um die Hüfte geschlungenes Tuch, mit seiner rechten Hand ein kleines Medusenhaupt am Haarschopf gepackt haltend, in der erhobenen linken Hand ein sichelartig gebogenes Schwert schwingend; Oben rechts: Die aus einem flachen Standfuß, geradem Körper sowie ornamental eingerolltem Querstück zusammengesetzte Lyra (Leier); Mitte links: Der mit ausgebreiteten Flügeln und wellenartig nach links gerichtetem Kopf dargestellte Cygnus (Schwan) in Vorderansicht; Mitte rechts: Der ein breites Gewässer durchquerende, jugendliche Aquarius (Wasser­ mann) als mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte Frontalgestalt, vollständig nackt bis auf ein um die Hüfte geschlungenes Tuch und eine Phrygiermütze, mit seiner rechten Hand ein umgedrehtes Gefäß ausleerend, aus dem sich ein Wasserstrom ergießt, die freie Rechte vor dem Körper haltend; Unten: Der in Seitenansicht gezeigte, nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als hybrides Wesen aus bärtigem Ziegenbock und zweifach gewundenem, sich hinten palmettenartig teilendem Fischschwanz. fol. 22v: Oben links: Der mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte Sagittarius (Schütze) als bogenspannender Satyr in Dreiviertelansicht; Oben rechts: Aquila (Adler) nach rechts, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze nach rechts zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Mitte links: Der gehörnte Orion als nach links schreitende, jugendliche Dreiviertelgestalt, gekleidet in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika, Stiefel sowie ein den rechten Arm verdeckendes Manteltuch, die verhüllte Rechte vor dem Körper erhoben haltend, mit einem blanken Schwert in der zurückgestreckten Linken zum Schlag ausholend, vor seinem Körper ein zweites, an einem Gürtel befestigtes Schwert tragend; Mitte rechts: Der nach rechts schwimmende Delphinus (Delfin) mit langen, ohrenartigen Kopfflossen sowie vier weiteren steilen Brustflossen; Unten links: Lepus (Hase), mit angelegten Ohren von rechts nach links springend; Unten rechts: Der mit offenem Maul und Halsband dargestellte Canis maior (Großer Hund), von rechts nach links jagend, dabei mit seinen Vorderbeinen die Hinterläufe des Hasen berührend. fol. 23r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffes mit vom gebogenen Heck mit gehörntem, ziegenartigen Tierkopf als Heckspitze bis zu Ruder, Mast und Segel, auf Deck ein gemauertes Haus mit Fenstern und ziegelgedecktem Satteldach; Mitte: Cetus (Seeungeheuer) als monumentales, nach rechts lagerndes Seeungeheuer mit zurückgewandtem Kopf, geöffnetem Maul und langen Ohren, an Kopf und Brust mehrere spitze Flossen, der sich hinten palmettenartig teilende Fischschwanz ist zweifach verschlungen; Unten: Eridanus als nach links in einem Gewässer kniende, jugendliche Dreiviertelgestalt mit lockigem Haupt und nach oben gerichtetem Blick, vollständig nackt bis auf ein kleines, über der rechten Schulter drapiertes Tuch, die rechte Hand auf dem Knie aufgestützt, mit der hinter dem Körper sichtbaren Linken ein henkelloses Gefäß ausleerend, aus dem sich das Gewässer ergießt. fol. 23v: Bild 1: Der in Seitenansicht gezeigte, auf dem Rücken liegende Piscis magnus (Südlicher Fisch), mit offenem Maul das über ihm fließende Wasser trinkend; Bild 2: Der schmucklose, kubusförmige Ara (Altar) mit Flammen auf der Deckplatte; Bild 3: Der nach

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rechts galoppierende, jugendliche Centaurus in Seitenansicht mit zu drei Vierteln in die Front gedrehtem Oberkörper, vollständig nackt bis auf ein von seiner linken Schulter nach hinten wehendes Tuch, an einer über seine rechte Schulter gelegten, doppelspitzigen Lanze ein an den Hinterläufen befestigtes, ziegenähnliches Beutetier tragend, in seiner vorgestreckten linken Hand ein weiteres Beutetier an den Beinen empor haltend; Bild 4: Die in flachen Windungen nach links kriechende Hydra (Wasserschlange) mit hundeartigem, erhobenem Kopf, den kelchartigen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend; Bild 5: Illustration des aus dem kelchartigen Crater (Mischkrug) trinkenden Corvus (Rabe) ; Bild 6: Der mit offenem Maul und herausgestreckter Zunge von rechts nach links springende Anticanis (Vorhund) mit Halsband. fol. 24r: Oben: Die in zwei Reihen zu je drei bzw. zwei Figuren angeordneten Planeten als fünf kaum individualisierte, gleich gekleidete und einander sehr ähnliche nimbierte Büsten, die in den Nimben durch Beischrift namentlich bezeichnet wurden, in der oberen Reihe links: Venus mit langem Haar und Diadem, Mitte: Jupiter als bärtige Frontalgestalt, rechts: Der jugendliche Mars; in der unteren Reihe: Die einander zugewandten jugendlichen Gestalten von Merkur und Saturn; Unten links: Darstellung der bis zur Hüfte sichtbaren, frontal aus einem Wolkenband ragenden Büste der schleierbedeckten Luna mit einer großen Mondsichel über der Stirn, in ihrer linken Hand mit spitzen Fingern einen kleinen, blütenartigen Gegenstand haltend, im rechten Arm eine Fackel; Unten rechts: Lücke für Sol.

Provenienz Nach Mostert 1989, S. 225 befand sich die Handschrift, den Einträgen auf fol. 58v entsprechend, in Fleury. Später gehörte der Codex unter der auf fol. 1r verzeichneten Signatur 432 zum Bibliotheksbestand des Dijoner Gelehrten Philibert de la Mare (1615–1687). Dessen Bücher blieben bis 1719 in Dijon, dann wurden sie an holländische Bibliothekare verkauft. Danach war das Manuskript unter der Signatur Regius 5462 im Besitz Charles IX., dessen Wappen sich auf dem Einbanddeckel der Handschrift erhalten hat.

Literatur Mellot 1744, IV, S. 481; Rück 1888, Saxl/Meier, III, 1953, S. XX; S. 22–23; Vernet 1959, S. 40–46; King 1969, S. 106f.; Dell’Era ed. 1974; Viré 1981, S. 233–237, Nr. 58; Munk Olsen 1982, I, S. 532, Nr. B 27; Le Boeuffle ed. 1983; Mostert 1989, S. 225, Nr. 1155; Borst 1994, S. 210, Anm. 4. Siehe S. 113, 118, Abb. 681–690

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Saint-Germain-des-Prés, um 1060 Kodikologische Angaben 342 × 255 mm, 186 Folia, Pergament, Text teils ein-, teils zweispaltig in Karolingischer Minuskel geschrieben, ornamentierte Initialen.

Art der Bilder Neben einer Reihe von Zeichnungen auf fol. 104r, 106r, 107r, 108r und 108v sowie zahlreichen, aufwendig ausgeführten Schmuckinitialen begleiten den Text des Sternkatalogs zwischen fol. 131r und fol. 137v insgesamt 40, in kräftig kolorierter Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Sternbilder, die stets zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt wurden, wobei die Position der Sterne durch kleine Sternchen mit punktförmigem Zentrum angegeben wurde.

Inhalt fol. 1r–2v:

Rhemnius Fannius, Carmen de ponderibus et mensuris (dazu Zeichnung auf fol. 104v) fol. 2v: Sciendum est quam sol moretur in uno quoque fol. 3r–3v: Kalenderverse Procedunt februe quinta sub sorte kalendae fol. 4r–104v: Sancti Clementis Libri Decem cum epistola (dazu Schmuckinitialen) fol. 105v–108r: Chronik der sechs Zeitalter von Adam bis Karl dem Großen (dazu Zeichnungen) fol. 108v: Römische Könige und Kaiser bis zu Ludwig dem Frommen (dazu Zeichnung) fol. 109r–110r: Isidor von Sevilla, Chronica (MGH AA 11, S. 424–481) fol. 110v: Fränkische Kaiser bis Heinrich I fol. 111r–126v: Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit den Annalen von SaintGermain-des-Prés sowie Tabellen nach Hucbald de Saint-Amand und Exzerpte nach Abbo von Fleury fol. 127r: Annum sol duodena mens(ibus?) per signa rotundat fol. 127r–127v: Fortsetzung der Annalen von Saint-Germain bis 1196 fol. 128r–128v: Versus ad terminum septuagesimi inveniendum fol. 129r: leer fol. 129v–130r: Ps-Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312) fol. 130v: Horologium viatatorum fol. 131r–137v: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) fol. 138r–138v: Hrabanus Maurus?, Primo igitur anno praeparationis bissexti fol. 139r–146v: Helpericus von Auxerre, Computus fol. 147r–147v: Versus Domini Bedae ad componendum orologium

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fol. 148r–160r: Beda Venerabilis?, Computus vulgaris fol. 160v–179r: Astronomisches fol. 171v: Priscian, De sideribus (Riese ed. 1896, I, 2, Nr. 679) fol. 174v–176v: Kurze komputistische Regeln Anni domini notantur in presenti linea fol. 177r–179r: Isidor von Sevilla?, Cronica graece dicitur quae latine temporum series appellatur fol. 179v: leer fol. 180r–183v: Exzerpte aus Plinius NH II De positione et cursu septem planetarum; De intervallis earum

Kommentar Der aufwendig ausgestattete, großformatige Pariser Codex lat. 12117 gehört wie die Handschriften St. Gallen 250 oder Dijon 448 zur Gruppe der im 11. Jahrhundert neu zusammengestellten, dem Komputus gewidmeten Sammelhandschriften, die vielfach das alte Material nicht nur um bebilderte Himmelsbeschreibungen, sondern auch um zeitgenössische Beiträge erweitern. Beim Pariser Codex handelt es sich um ein umfangreiches Handbuch, das mit großer Sorgfalt um 1060 in Saint-Germain-des-Prés nach einer aus Saint-Denis stammenden karolingischen Ausgabe der Libri computi, dem heutigen Ms. Vat. Reg. lat. 309, zusammengestellt und mit aufwendigen Illustrationen und reichem Initialschmuck versehen wurde. Die engen Beziehungen der beiden Klöster Saint-Denis und Saint-Germain-des-Prés, die auch den Bücheraustausch begünstigten, hatten eine lange Tradition; gelegentlich teilten sich beide Klöster sogar einen gemeinsamen Abt. Neben einer größeren Sammlung von Briefen, die angeblich Papst Clemens (91–100) verfasst haben soll, kopiert das Pariser Manuskript unter anderem die Kurzchronik und den Sternkatalog der vatikanischen Vorlage. Schon das Vorbild aus Saint-Denis wurde im 11. Jahrhundert um weitere komputistische Texte und Tabellen ergänzt, und auch die Pariser Kopie hat man ihrerseits um neuere Abhandlungen erweitert. Hierzu gehören die vielleicht nach einem bereits von Abbo von Fleury verwendeten Manuskript verfassten Texte des Helpericus von Auxerre ebenso wie die Schriften des Hucbald von Saint-Amand, des Abbo von Fleury oder die Annalen des Kloster Saint-Germain-des-Prés. Die Pariser Handschrift lat. 12117 wurde reich illustriert. Außergewöhnlich sind die Zeichnungen zur Kurzchronik des ersten Buches der Libri computi zwischen fol. 105v und fol. 108r. Der zweispaltig geschriebene Text wird hier von einer Doppelarkade eingefasst, in deren Lünetten jene Patriarchen erscheinen, deren Biographie der Text schildert. Darüber hinaus findet man neben einer zu den Texten des Rhemnius Fannius gehörigen Illustration auf fol. 104v, auf fol. 106r die Darstellung dreier nimbierter Gestalten, wobei die mittlere und größte Figur – vermutlich Abraham – mit einem Astrolabium hantiert. Es schließt sich auf fol. 107r eine ChristusVita an, deren knapp eine halbe Seite einnehmende Anbetungsszene auf fol. 108r besonders hervorgehoben ist. Abschließend findet sich auf fol. 108v die Reise der dem Stern folgenden Magier abgebildet. Wie schon die Aufzählung der Bilder deutlich macht, bestand bei der Ausschmückung des Pariser Manuskripts offenbar ein gewisses Interesse für die astronomische Thematik. Neben diesen Darstellungen enthält die Pariser Handschrift auch einen umfangreichen Bildzyklus zum Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Insgesamt 40 Stern-

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bilder, in kräftig kolorierter Federzeichnung, folgen dem eingangs von Initialen markierten, in knapper Form über die jeweilige Sternzahl und Position einer Konstellation informierenden Text. Da der Text auf die Bilder Rücksicht nimmt, kann man davon ausgehen, dass dieser erst nach der Fertigstellung der Illustrationen aufgezeichnet worden ist. Um die Zeichnungen herum, die in der Seitenmitte ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt wurden, sind jeweils spaltenbreite Lücken freigelassen. Die Position der Sterne hat man durch eine Vielzahl in und neben den Figuren eingetragener Sterne genau angegeben. Sowohl die Darstellungen zum Sternkatalog als auch die zahlreichen aufwendig ausgeführten Initialen zu den Texten des Rhemnius Fannius und zur Kurzchronik, die sich mit jenen in den Pariser Handschriften lat. 11749, 11750, 11751, 11752 und 12610 vergleichen lassen, werden dem unter Abt Adraldus (1030–1060) als Buchmaler tätigen und durch Handschriftenkolophone nachgewiesenen Mönch Ingelardus zugeschrieben. Abt Adraldus selbst stand nach Morardus (990–1014), Ingon (1014–1025) und Guillaume de Volpiano (1025–1030) in der Folge einer ganzen Reihe von Reformäbten, und auch die Studien der Artes liberales an der Kathedralschule von Paris, an der sich auch Abbo von Fleury eine Zeit lang auf hielt, waren zur Zeit der Entstehung der Pariser Handschrift von größter Bedeutung. Die Zeichnungen der Sternbilder folgen im Wesentlichen ihrer karolingischen Vorlage (Rom, Vat. Reg. lat. 309). Dennoch lassen sich im Vergleich beider Illustrationszyklen einige Unterschiede feststellen. So nehmen Text und Bilder des Sternkatalogs im Pariser Codex nur 14 statt 16 Seiten ein. Darüber hinaus kommen die Zeichnungen der Kopie sowohl auf Grund des größeren Formates als auch wegen der starken Kolorierung sehr viel mehr zur Geltung als in der karolingischen Vorlage. Weitere Abweichungen betreffen vor allem die Frisuren und die Physiognomie der Himmelsgestalten, denn der Buchmaler des 11. Jahrhunderts bevorzugte, etwa bei Fuhrmann, Jungfrau, Andromeda oder Schützen, die Darstellung von langem, zum Teil wehendem Haar und setzte den Kopf stets ohne Hals direkt am Körper an. Diese Veränderung im Detail führte zu einer Belebung der Figuren, vielleicht mit der Absicht die Himmelsgestalten durch ihr wildes Aussehen als heidnische Dämonen zu charakterisieren. Daneben ergänzte der Maler die Zeichnungen der Vorlage in einigen Punkten. Deutlich wird diese Tendenz beim Bild der Argo auf fol. 136r. Deren mit einem Tierkopf versehenen Hecksporn hat der Mönch als Kopf eines drachenartigen Wesens mit einer Glocke im Maul verstanden, dem er in seinem Bild überdies Arme hinzufügte, die das Ruder halten. Desweiteren stellte er Orion auf fol. 135v mit einem Schwert in der rechten Hand sowie mit einer Schwerthülle dar. Auf dem hinzugefügten und dadurch besonders betonten Schwert ist »Vvalandus« zu lesen. Der Name könnte das Schwert bezeichnen; er könnte aber auch eine Signatur des Malers oder Rubikators bedeuten. Im Falle einer Malersignatur wäre die bisherige Zuschreibung der Zeichnungen an Ingelard hinfällig. Durch die Zufügung des Schwerts erhält jedoch auch Orions Gestik und dessen seitliche Körperdrehung eine größere Plausibilität. Daneben finden sich weitere kleine Unterschiede. So trägt die Jungfrau im Pariser Codex keinen Kopfschleier, der Wassermann ist in ein kompliziert gewickeltes Tuch gehüllt, der Kastenthron der Kassiopeia wurde ornamental gestaltet, und der bärtige Fuhrmann präsentiert auf seinem linken Arm die beiden Böckchen. Neben solchen motivischen Veränderungen lassen sich auch deutliche stilistische Unterschiede feststellen. So verzichtete der Maler der Pariser Handschrift auf die illusionistischen Farbtupfer seines Vorbildes. Stattdessen bevorzugte er eine eher graphische Darstellungsweise, die einerseits mit einer Betonung der Linie und Zweidimensionalität, andererseits – wie beim

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Bild des Löwen auf fol. 132v – aber auch mit einer Steigerung mancher Gesten und Bewegungen einhergeht. Insgesamt ist jedoch anhand all dieser Einzelheiten ganz deutlich zu spüren, dass der Zeichner die Illustrationen seiner Vorlage nicht mechanisch und routinemäßig kopiert hat, sondern dass er bei seiner Arbeit offenbar von einer besonderen Faszination für die fremdartigen Himmelsgestalten geleitet wurde. Anscheinend ging von diesen in den Büchern dargestellten Wesen eine so große Anziehungskraft aus, dass sie auch an anderen Orten abgebildet wurden. Nach Vieillard-Troiekouroff gab es eine Reihe motivischer Übernahmen von den Handschriften in die lokale Bauplastik. So seien einige Kapitelle im Schiff von Saint-Germaindes-Prés, etwa jenes mit dem Sternbild der Fische oder die dem Bild des Eridanus ähnelnde Darstellung von zwei Sirenen mit einem Fisch in der Hand, von den Illustrationen des Pariser Ms. lat. 12117 oder eines ähnlichen Codex beeinflusst. Darüber hinaus, so Vieillard-Troiekouroff, folgten auch die Tierkreiszeichen auf den Anfang des 12. Jahrhunderts datierten Kapitellen der Pfeiler von Sainte-Geneviève in Paris den Zeichnungen der Pariser Handschrift Ms. lat. 12117. Verzeichnis der Bilder fol. 131r: Darstellung des in zwei großen Windungen s-förmig nach unten kriechenden Draco (Drache) mit erhobenem, hundeartigem Kopf, die sich in Ansicht und Position

ähnelnden, jeweils in verschiedene Richtungen gewandten, mit zottigem Fell und großen Tatzen dargestellten Ursa maior (Großer Bär) und Ursa minor (Kleiner Bär) mit ihren Windungen umschließend. fol. 131v: Oben: Der nach links eilende, vollständig nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht, über dem nach vorn gestreckten linken Arm ein Löwenfell tragend, mit einem langen, astförmigen Gegenstand in seiner zurückgestreckten Rechten zum Schlang ausholend; Mitte: Die aus acht Blüten gewundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben und unten in der Mitte von einem runden Stein besetzt sowie unten von einem schmalen Band mit nach links und rechts zur Seite wehenden, ornamental gestalteten Enden zusammengehalten; Unten: Der mit in Seitenansicht nach links gerichteten Beinen und nach rechts ins Profil gewandtem Kopf wiedergegebene, vollständig nackte Serpentarius (Schlangenträger) als jugendliche Rückenfigur, die einfach um seinen Körper gewundene, waagerechte Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 132r: Oben: Der mit seinen Scheren nach oben gerichtete Scor­ pius (Skorpion) mit drei Beinpaaren; Mitte: Der mit ausgebreiteten Armen in dynamischer Schrittstellung bei vorgestrecktem linken und angewinkeltem rechten Bein frontal stehende, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit leicht nach rechts orientiertem Haupt, in ein knielanges, gegürtetes Obergewand mit Ärmeln sowie Stiefel gekleidet, mit der zur Seite erhobenen Linken gleichsam zum Seitenrand zeigend, in der erhobenen Rechten einen sichelförmigen Gegenstand haltend; Unten: Die in ein Unterkleid mit Ärmeln sowie ein faltenreiches, gegürtetes, bodenlanges Obergewand mit weiten, tütenartig fallenden Ärmeln und Fibel gekleidete Virgo (Jungfrau) als mit dem Blick nach links orientierte Frontalgestalt mit langem, nach hinten wehendem Haar, in den zur Seite gebreiteten Armen links eine Waage und rechts eine Ähre haltend und zugleich mit dem rechten Zeigefinger nach oben weisend. fol. 132v: Oben: Die einander anblickenden, sich umarmenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) als Frontalfiguren in kurzer Ärmeltunika, Beinkleidern und Stiefeln, sich jeweils mit der äußeren Hand auf eine aufgestellte Lanze stützend; Mitte: Der nach oben gerichtete Cancer (Krebs) in Aufsicht; Unten: Leo (Löwe), nach rechts in Seitenansicht stehend. fol. 133r: Oben: Der bärtige Auriga (Fuhrmann) als bis zur Hüfte sichtbare,

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auf einer in Seitenansicht gezeigten Biga nach rechts fahrende, dem Betrachter frontal zugewandte Gestalt in langärmeligem Gewand mit Ziersäumen, das mit wirrem, langem Haar dargestellte Haupt zum Seitenrand orientiert, in der erhobenen Rechten eine dreischwänzige Peitsche schwingend, mit der Linken die galoppierenden Pferde zügelnd, auf der linken Hand und dem linken Unterarm die beiden einander zugewandten Böckchen präsentierend; Mitte: Der in Seitenansicht gezeigte, mit zurückgewandtem Kopf, aufgestelltem rechten und eingeknicktem linken Vorderbein nach links lagernde Taurus (Stier) als Halbfigur, das hintere Körperende gleichsam umgeschlagen; Unten: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehende, jugendliche Frontalfigur mit nach links orientiertem lockigen Kopf, bekleidet mit einem knielangen, gegürteten Ärmelgewand und Schuhen. fol. 133v: Oben: Die mit weit ausgebreiteten Armen frontal auf einem ornamental gestalteten Kastenthron mit Fußbank sitzende Cassiopeia, in faltenreiche lange Ober- und Untergewänder sowie Kopfschleier gekleidet, das verhüllte Haupt nach links gewandt; Mitte: Die mit beiden Händen an den Stein gefesselte Andromeda als frontal zwischen den hügeligen Felsen stehende Himmelsgestalt, in ein Untergewand mit Ärmeln sowie ein bodenlanges Oberkleid gehüllt, auf dem nach rechts orientierten, gescheitelten und langhaarigen Haupt einen schmalen Reif tragend; Unten: Der in Seitenansicht gezeigte, geflügelte Pegasus als nach rechts lagernde Halbfigur mit geöffnetem Maul und übereinandergestellten Vorderbeinen, das hintere Körperende gleichsam umgeschlagen. fol. 134r: Oben: Aries (Widder) ohne Reif, nach rechts in Seitenansicht stehend; Mitte: Das aus einem schmalen Streifen gebildete Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 134v: Oben: Der nach rechts stürmende, bis auf ein von den Schultern nach hinten flatterndes Paludamentum vollständig nackte, bärtige Perseus in Rückenansicht mit von der Seite wiedergegebenen Beinen und nach rechts im Dreiviertelprofil gezeigtem Kopf, in der hinter dem Körper seitlich weggestreckten, angewinkelten linken Hand ein abgeschlagenes, langhaariges Medusenhaupt am Schopf gepackt haltend, in der erhobenen Rechten ein großes Schwert tragend; Mitte: Die aus einem schmalen Standfuß sowie einem aus zwei Hörnern gebildeten Körper mit Palmettenschmuck sowie einem Querstück zusammengesetzte, neunsaitige Lyra (Leier) ; Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln und s-förmig gebogenem, vorgestrecktem Kopf nach rechts fliegende Cygnus (Schwan) in Seitenansicht. fol. 135r: Oben: Der jugendliche Aquarius (Wassermann) als nach rechts orientierte, mit dem Kopf nach vorn gebeugte Dreiviertelgestalt, vollständig nackt bis auf ein schmales, über seiner rechten Schulter drapiertes und kompliziert mehrfach um Hüfte und Oberschenkel gewundenes Tuch, mit der hinter dem Körper gehaltenen rechten Hand den Tuchstreifen umfassend, mit der vor dem Körper gesenkten Linken eine umgedrehte, henkellose Amphora ausleerend, aus der ein welliger Wasserstrahl austritt; Mitte: Der in Seitenansicht gezeigte, nach rechts lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus bärtigem Ziegenbock und dreifach gewundenem Fischschwanz; Unten: Der jugendliche Sagittarius (Schütze) als nach rechts oben zielender, in dieselbe Richtung galoppierender, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem, nackten Oberkörper, den langhaarigen Kopf mit dreigeteiltem Schopf leicht nach rechts oben gerichtet. fol. 135v: Oben: Aquila (Adler) nach rechts, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze nach rechts zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Mitte: Delphinus (Delfin), nach rechts schwimmend; Unten: Der jugendliche Orion als mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte, frontal stehende Gestalt, in eine knielange Ärmeltunika mit Gürtel, Schultermantel mit Fibel sowie Stiefel gekleidet, die seitlich erhobene Linke gleichsam zum Seitenrand weisend, in der vor der Brust gehaltenen rechten Hand mit gespreizten

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Fingern ein blankes Schwert umfassend, zu seiner linken Seite die Schwerthülle. fol. 136r: Oben: Der mit vorgestreckter Zunge nach rechts springende, schlanke Canis maior (Gro­ ßer Hund) mit steinbesetztem Halsband; Mitte: Der mit erhobenem Kopf und voluminöser Brust dargestellte Lepus (Hase), von links nach rechts springend; Unten: Argo Navis (Schiff), Ansicht der Schiffshälfte mit gebogenem Heck, Ruderpaar, Mast und Segel, Schiffskörper nach rechts in fünf kleinen Bögen auslaufend, an der Heckspitze ein drachenartiger Tierkopf mit Glocke im Maul sowie mit Armen, die das Ruder halten. fol. 136v: Oben: Cetus (Seeungeheuer) als nach rechts lagerndes, echsenähnliches Seeungeheuer mit Vorderflossen und zweifach gewundenem Fischschwanz; Mitte: Der vollständig nackte, jugendliche Eridanus als nach rechts neben einem Gewässer lagernder klassischer Flussgott, den gehörnten Kopf mit dem langen Haar nach links gewandt, mit der Rechten eine waagerecht liegende Vase am Henkel fassend, aus der sich der breite Wasserstrom ergießt, in seiner Linken einen Fisch haltend; Unten: Piscis magnus (Südli­ cher Fisch), nach rechts schwimmend. fol. 137r: Oben: Der auf einem Fuß ruhende, vorn durchbrochene, kubusförmige Ara (Altar) mit Feuer auf der oberen Platte; Mitte: Der nach rechts galoppierende, jugendliche Centaurus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, vollständig nackt bis auf ein von der rechten Schulter nach hinten wehendes Manteltuch, in der linken Hand ein erbeutetes Tier an den Hinterläufen haltend, die Rechte vor dem Körper weisend erhoben; Unten: Die mit aufgerichtetem Kopf nach rechts kriechende, züngelnde Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den kelchartigen, henkellosen Crater (Mischkrug) sowie den auswärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend. fol. 137v: Oben: Corvus (Rabe), in Seitenansicht nach rechts stehend; Mitte: Der mit zwei Henkeln und Fuß dargestellte Crater (Mischkrug) ; Unten: Anticanis (Vorhund), mit offenem Maul und erhobenem linken Vorderbein nach rechts gewandt stehend.

Provenienz Nach einem Vermerk auf fol. 1r stammt die Handschrift aus Saint-Germain-des-Prés, wo sie die Signatur Sangermanensis 434 (olim 347) erhielt, und gelangte von dort in den Bestand der Pariser Nationalbibliothek.

Literatur Delisle 1863–71, S. 37; Delisle 1868; Lauer 1927; Niver 1928, S. 398–401; Van de Vyver 1935, S. 147, 153; Vieillard-Troiekouroff 1966, S. 77ff.; King 1969, S. 113f.; Dell’Era ed. 1974; Munk Olsen 1985, II, S. 268, Nr. C 67; Borst 1994, S. 210, Anm. 4. Siehe S. 111–112, Abb. 691–703

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12957 Sammelhandschrift zum Studium der Artes liberales Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) Corbie, 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben 257 × 172 mm, 100 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel, Tituli in Unziale.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata insgesamt 49 Federzeichnungen der nördlichen und südlichen Hemisphäre, des Himmelsglobus und der Konstellationen sowie der Planeten und Milchstraße, des Zodiakus und der Luminaria, Zeichnungen ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt, Position der Sterne zum Teil durch schwarze Punkte angegeben.

Inhalt fol. 1r–1v: fol. 2r–25v:

Schutzblatt Johannes Scotus? oder Remigius von Auxerre?, Kommentar zu Boethius Opuscula sacra fol. 26r–56v: Traktat zur Grammatik fol. 57r–74v: Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) fol. 60v–62v: Descriptio duorum hemispheriorum fol. 62v–63v: Involutio spherae fol. 63v–74v: Text der Scholia Sangermanensia fol. 75r–95r: Boethius, Commenta in Isagogas fol. 95v: leer fol. 96r–99r: religiöser Text zum Alten Testament fol. 99v–100v: Federproben und Notizen

Kommentar Der Pariser Codex lat. 12957 (ehem. Sangermanensis 778) verbindet den lateinischen AratosText mit Abhandlungen zum Studium der freien Künste und Schriften zur Theologie. Ähnlich wie einige weitere karolingische Sternbilderhandschriften, die sich vor allem aus Versionen der Aratea zusammensetzen (vgl. Basel, Ms. AN IV 18; Dresden, Ms. Dc. 183), bekennt er sich somit zur antiken Einteilung der Wissenschaften und rückt weniger den komputistischen Aspekt des Textes als die Lehre der Astronomie ins Zentrum seiner Betrachtung. Die Pariser Handschrift lat. 12957 enthält neben einer zeitgenössischen Boethiusauslegung, einem Traktat zur Grammatik sowie einem den Fragen der Logik gewidmeten Kommentar des Boethius zur Isagoge des Porphyrius, auch die, als Recensio interpolata bezeichnete Bearbeitung der lateinischen Phainomena-Version Aratus latinus. Wie die Verteilung der Texte auf die einzelnen

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Lagen, der jeweils eigene Schriftduktus sowie die unterschiedliche Linienverteilung und Pergamentqualität belegen, sind alle Teile der Pariser Handschrift unabhängig voneinander entstanden. Sie wurden einspaltig in Karolingischer Minuskel auf unregelmäßigem, unterschiedlich großem und zum Teil löchrigem Pergament aufgezeichnet. Dem Pariser Manuskript kommt besondere Bedeutung zu, da es sich bei ihm um die am besten erhaltene Texthandschrift der Recensio interpolata handelt, jener in frühkarolingischer Zeit überarbeiteten astronomischen Textsammlung. Außerdem weist der Codex auch den vollständigen dazugehörigen Bildzyklus mit seinen 49 Darstellungen auf. Er beginnt auf fol. 60v–61r mit einer kartographischen Darstellung des Himmels. Diese begegnet jedoch nicht in Gestalt einer Planisphäre, sondern in Form einer getrennten Wiedergabe der nördlichen und südlichen Hemisphäre. Eine solche Darstellung war vorteilhaft, ermöglichte sie doch eine viel genauere Angabe der Sternbilderposition als die polzentrierte Planisphäre. Hieran schließt sich auf fol. 63v die Zeichnung eines schräg und offenbar beweglich in einem von Säulen getragenen Gestell aufgehängten Himmelsglobus an. Erst jetzt, zwischen fol. 63v und fol. 70v, folgt die Reihe der Konstellationen in insgesamt 41 Einzelbildern. Für sie wurden im Anschluss an die Beschreibung des jeweiligen Sternbildes entweder auf der rechten Seite neben der Textspalte oder am Kopf bzw. Schluss einer Seite verschieden große Lücken freigehalten. In diese hat man dann die in Federzeichnung ausgeführten, rahmen- und hintergrundslosen, meist die Hälfte des Schriftspiegels einnehmenden Bilder auf den Pergamentgrund gesetzt. Abschließend wurden die Illustrationen mit Tituli in Unziale versehen, wobei die Abfolge von Zeichnung und Titulus gelegentlich wechselt. Die Sternposition ist nur zum Teil und ungenau durch kleine Punkte angegeben. Den Personifikationen der Sternbilder folgt auf fol. 71v die Darstellung der im QuincunxSchema angeordneten Planetenbüsten. Es schließt sich eine schematische Wiedergabe der Milchstraße auf fol. 71v sowie des konzentrisch ein Medaillon mit den Dreiviertelgestalten der Luminaria umgebenden Zodiakus auf fol. 72r an. Den Abschluss der Illustrationsreihe bilden zwei großformatige Medaillons auf fol. 73r und fol. 74r, die Sol und Luna in Frontalansicht auf ihren Gespannen zeigen. Auffällig ist eine besondere Betonung der Luminaria, welche dem Betrachter zum einen innerhalb ihrer Bahn, dem Tierkreis, und zum anderen in eindrucksvollen Einzelbildern vor Augen geführt werden. Alle Zeichnungen sind einfach, doch von geübter Hand. Den Stil kennzeichnen bewegte Figuren mit riesigen Extremitäten. Die in Vorderansicht gezeigten Gestalten besitzen einen verhältnismäßig kleinen Kopf und die Profilfiguren eine markant gebogene Nase. Typisch sind ferner die in Häkchenform aufgelösten Frisuren sowie dunkel gefüllte Faltenpartien. Die Bilder der Pariser Handschrift schließen sich durch gemeinsame Merkmale zusammen mit den Illustrationen anderer Recensio interpolata-Handschriften, wie Dresden Dc. 183, Köln 83 II, und St. Gallen 902. Typisch für sie sind unter anderem die Einzeldarstellungen der Bären vor dem Bild des Drachen zwischen den mit dem Rücken einander zugewandten und unterschiedliche Richtung gesetzten Bären. Kennzeichnend sind ferner der in Frontalansicht vor dem Hesperidenbaum gezeigte Hercules, der in einzelne Glieder zerlegte Kranz der Ariadne oder die Wiedergabe des Skorpions als Einzelbild. Charakteristisch sind daneben auch die Sternbilder der Jungfrau mit Waage, der Zwillinge als Krieger, der Plejaden, des Schützen mit Hörnern oder des Eridanus als Oceanus-Büste. Hinzu kommen die Illustrationen der Planetengötter und der Milchstraße, des Tierkreises und der Luminaria.

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Im Vergleich der Recensio interpolata-Handschriften untereinander bewahren die Zeichnungen in der Pariser Handschrift lat. 12957 die meisten der auf den Textangaben beruhenden Einzelheiten. So findet man nur hier die Strahlenkrone des Fuhrmanns, die Andeutung von Fersenflügeln bei Perseus oder die Nimben der fünf Planetengötter. Nicht zuletzt wegen dieser Detailgenauigkeit kann angenommen werden, dass die Pariser Handschrift die originale Fassung der Recensio interpolata-Illustrationen am genauesten wiedergibt. Der Bildzyklus des Ms. lat. 12957 kommt jenem des ebenfalls aus dem Aratus latinus entwickelten Sternkatalogs De signis caeli überraschend nahe, doch vereinfacht er im Vergleich zu diesem eine ganze Anzahl an Bildern. So zeigen die Miniaturen zu De signis coeli im Gegensatz zu jenen der Recensio interpolata Hercules stets in Rückenansicht, den Kranz der Ariadne als einen geschlossenen Reif und die Jungfrau mit Flügeln. Daneben erscheint der Stier des Sternkatalogs mit Halfter, Andromeda zwischen ihren Brautgeschenken sowie die Argo ohne Häuschen. Außerdem ist der Altar nicht turmähnlich gestaltet, sondern steht auf drei Füßen, und von der Tiara des Cepheus flattern die Mützenbänder. Auf Grund des auf das Kloster Corbie verweisenden Eintrags am Ende der Handschrift auf fol. 100r »Dilecti in Christo fratribus fratres ex coenobio Corbeiae in Domino salutem. Notum sit almitatis vestre obisse quosdam fratres nomine Ansgerus morbe …« sowie durch die Nennung einer Anzahl mit dem Kloster in Verbindung stehender Namen auf fol. 99v, Tribudas, Ansgerus / Motbertus, Agilmarus / Ratbertus abba, Hildevulfus / VVala abba, Maginerus / Teutbertus, Adalradus, wurde der Pariser Codex lat. 12957 nach Corbie lokalisiert. Unterstützt wird dies auch durch einen Vergleich der Sternbilder des Ms. lat. 12957 mit den ebenda entstandenen Terenzillustrationen der Handschrift Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 7900, wenngleich diese auch ungeschickter ausgeführt sind, die Körperform nur wenig solide umfahren wurde, und die Schrift des Textes deutlich von jener des Ms. lat. 12957 abweicht. Eine Datierung des Pariser Codex Ende des 8. Jahrhunderts erscheint als zu früh angesetzt; wahrscheinlicher ist eine Entstehung im frühen 9. Jahrhundert.

Verzeichnis der Bilder fol. 60v: Kreisschema der südlichen Hemisphäre mit der Darstellung der Personifikatio-

nen der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie den innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen von der Waage bis zu den Fischen. fol. 61r: Kreisschema der nördlichen Hemisphäre mit der Darstellung der Personifikationen der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau. fol. 63v: Der in einem von sieben ornamental gestalteten Säulen mit Schmuckkapitellen gestützten Gestell mit dreieckigem Giebel hängende, bewegliche Himmelsglobus mit Griff, auf seiner Oberfläche Personifikationen der Sternbilder sowie ein Zodiakalband mit Tierkreiszeichen. fol. 64r: Die mit übereinandergestellten Vorderbeinen, geschlossenen Hinterbeinen und geöffnetem Maul nach links springende, zottige Ursa maior (Großer Bär) im Profil. fol. 64v: Oben: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, mit geöffnetem Maul und übereinandergestellten Vorder- und Hinterbeinen nach links springende Ursa minor (Kleiner Bär); Unten: Die nach rechts gewandte, in drei großen Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) in Seitenansicht, die einander mit den Rücken zugewandten, jeweils in verschiedene Richtungen springen-

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den Bären zwischen den Windungen. fol. 65r: Oben: Der nach links kniende, nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene Hydra, die Keule in der erhobenen Linken, ein großes zottiges Löwenfell über der Rechten holt er mit Schwung zum Schlag aus; Mitte: Die aus zehn einzelnen, ovalen Gliedern mit zur Seite zeigenden kurzen Strichen sowie einem separaten, mit Bändern umwundenen Verschlussstück gebildete runde Corona borealis (Nördliche Krone), rechts daneben am Blattrand eine nur noch teilweise sichtbare Kopie des Schlangenträgers; Unten: Der mit Blick und Bewegung nach links orientierte, nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht auf dem nach links gewandten Skorpion stehend, den Kopf im Profil, die einfach um seinen Körper gewundene, mit zurückgewandtem Kopf züngelnde Schlange anblickend und zugleich deren waagerechten Körper mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 65v: Oben: Der mit langen Scheren, dünnen Insektenbeinchen sowie einem aus fünf Ringen gebildeten Schwanz mit Stachel gezeigte, nach links gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht; Mitte: Der im dynamischen Schrittmotiv frontal stehende, bis auf ein um die Hüfte geschlungenes knielanges Tuch vollständig nackte, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, in der erhobenen Linken das Lagobolon haltend, über dem ausgestreckten rechten Arm ein gleichsam flügelartiges Fell tragend; Unten: Die in prächtige fußlange Ober- und Untergewänder sowie ein Manteltuch gekleidete Virgo (Jungfrau) als mit betontem rechten Bein stehende, voluminöse Frontalgestalt, das lockige Haar des sehr kleinen Kopfes gescheitelt, in den zur Seite gestreckten übergroßen Händen rechts eine nach unten zeigende buschige Ähre und links eine Waage haltend. fol. 66r: Oben: Die wie gespiegelt in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zugeneigten lockigen Köpfen, jeweils in eine knielange Ärmeltunika mit Ziersaum sowie einen Schultermantel gekleidet, sich mit dem zum Seitenrand zeigenden Arm auf eine Lanze stützend, die freie Hand in Brusthöhe erhoben; Mitte: Der mit verhältnismäßig langen, dicken Scheren sowie dünnen Insektenbeinchen nach rechts wiedergegebene, rundliche Cancer (Krebs) in Aufsicht; Unten: Der auf dem unregelmäßigen unteren Blattrand mit übereinandergestellten Beinen nach links stehende, mit geöffnetem Maul, zottigem Fell und nach oben geschwungenem Schwanz dargestellte Leo (Löwe) in Seitenansicht. fol. 66v: Oben: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in ein bodenlanges, faltenreiches Unterkleid, ein gegürtetes Obergewand mit breiten Zierborten und Ärmeln sowie ein nach hinten in scharfen Falten abstehendes Manteltuch gekleidet, auf dem Haupt eine Strahlenkrone, in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand eine Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die zwei Böckchen präsentierend, schräg rechts danebenstehend die zottige Ziege; Unten: Der nach rechts im Profil wiedergegebene, monumental wirkende Taurus (Stier) mit kleinem Kopf als mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Bein liegende Halbfigur, die Falten des Fells im Halsbereich durch vier wellige Linien wiedergegeben. fol. 67r: Oben: Der bärtige Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen frontal stehende Gestalt, mit knielangem, doppelt gegürtetem und bortenbesetztem Ärmelgewand, Beinkleidern sowie einem nach beiden Seiten in zackigen Falten wehenden Schultermantel bekleidet, auf dem lockigen Haupt eine spitz zulaufende Kappe mit kugeligem Abschluss tragend; Mitte: Die mit überlangen, ausgebreiteten Armen auf einem mächtigen, an der Vorderseite ornamental gestalteten Kastenthron mit stoff behängter Rückenlehne, Fußbank und Kissen frontal sitzende Cassiopeia, in ein langes Untergewand mit Ärmeln sowie Tunika und Schultermantel gekleidet, auf dem gescheitelten Haupt eine spitz zulaufende Kappe mit kugeligem Abschluss tragend; Unten: Die mit ausgebreiteten

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Armen auf einer Grundlinie vor einem Gewässer zwischen zwei hügeligen Felsen frontal stehende Andromeda, in ein bodenlanges transparentes Kleid gewandet, durch welches man die Brüste hindurch sehen kann, und dessen Ärmel in zwei zylindrischen Zipfeln hinter die Schultern fallen, auf dem viel zu kleinen Kopf eine Palmettenkrone tragend. fol. 67v: Oben: Der als Halbfigur nach rechts in Seitenansicht gezeigte Pegasus mit geöffnetem Maul, Flügeln, zottiger Mähne sowie übereinandergestellten Vorderbeinen; Mitte: Der mit zurückgewandtem Kopf, hochgestelltem rechten Vorderbein und dichtem, lockigen Fellschwanz nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen transparenten, gewellten Kranz um die Körpermitte tragend; Unten: Das aus mehreren, zum Teil ornamental gestalteten Streifen zusammengesetzte Triangulum (Dreieck). fol. 68r: Oben: Die am Blattrand übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtung schwimmenden, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbundenen Pisces (Fische) ; Mitte: Der im Knielauf nach links eilende, jugendliche, am linken Fuß geflügelte Perseus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, vollständig nackt bis auf ein über der rechten Schulter drapiertes kurzes Manteltuch, Schnürsandalen sowie eine Phrygiermütze, mit einer Harpe in der nach hinten gestreckten Rechten, während er in der vorgehaltenen Linken ein mit dichten Haaren besetztes Medusenhaupt am Schopf gepackt empor hält; Unten: Die in drei Reihen traubenförmig übereinander angeordneten, verschleierten Pleja­ den als sieben kaum individualisierte, einander sehr ähnliche Medaillonbildnisse. fol. 68v: Bild 1: Die neunsaitige Lyra (Leier), zusammengesetzt aus einem rechteckigem Schallkörper sowie einem aus zwei gebogenen Hörnern gebildeten Aufsatz mit Querstück und Palmettenornament; Bild 2: Der mit voluminösem Körper und kleinem Kopf nach rechts in Seitenansicht dargestellte Cygnus (Schwan), die beiden Flügen ausgebreitet, das rechte Bein nach oben einziehend; Bild 3: Der in Dreiviertelansicht nach rechts schreitende, jugendliche Aquarius (Wassermann), bekleidet mit einem transparenten, von der Hüfte bis zum Boden herabreichenden Tuch, einem hinter dem Rücken in steifen Falten abstehenden Schultermantel sowie einer auf dem Haupt getragenen Kappe mit kugelförmigem Abschluss, mit beiden Händen eine übergroße schlanke Amphora vor sich ausgießend, aus der sich ein Wasserstrom ergießt; Bild 4: Der mit ausgestreckten, übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagernde, im Profil gezeigte Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus gehörntem Ziegenbock mit zottigem Fell und einfach gewundenem, sich hinten palmettenartig teilenden Fischschwanz. fol. 69r: Oben: Der nach links galoppierende, bärtige Sagittarius (Schütze) als bogenspannender, gehörnter Kentaur in Seitenansicht, bekleidet mit einem von den Schultern nach hinten in zackigen Falten wehenden Manteltuch mit Zierborten, unter seinen Füßen der mit der Spitze nach links zeigende Pfeil; Mitte: Aquila (Adler) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf, ausgebreiteten Flügeln und übergroßen Füßen nach rechts auf dem mit der Spitze nach links zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Delphinus (Delfin) mit schnabelartigem Maul, gestreiften Flossen sowie breiter, palmettenartig geteilter Schwanzflosse nach links schwimmend. fol. 69v: Bild 1: Der auf angedeutetem Grund stehende bärtige Orion als mit Blick und Bewegung leicht nach links orientierte Frontalgestalt, mit einem knielangen, saumbesetzten Ärmelchiton sowie Schultermantel und Schnürsandalen bekleidet, mit dem blanken Schwert in der erhobenen Linken zum Schlag ausholend, die vorgestreckte Rechte vom Mantel vollständig verhüllt, ein zweites Schwert vor dem Körper an einem Gürtel hängend; Bild 2: Der mit geöffnetem Maul und hängender Zunge nach links springende Canis maior (Großer Hund) mit Strahlennimbus; Bild 3: Lepus (Hase), von rechts nach links springend, Bild 4: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffes vom gebogenen Heck mit Palmettenornament und Ruderpaar bis hin zum kurzen Mast mit schmalem Segelstreifen, auf Deck ein zweigeschossiges, ziegelgedecktes Haus mit Satteldach. fol. 70r: Oben: Der nach rechts in

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Seitenansicht gezeigte, flossenbesetzte Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit borstigem Hundekopf, übereinandergestellten zottigen Vorderflossen und einem einfach verschlungenen, teilweise geschuppten, sich hinten palmettenartig teilenden Fischschwanz; Mitte: Der bärtige Eridanus als aus dem Wasser herausragende Büste mit langem, flammenförmig abstehenden Haar und weiblichem Oberkörper, rechts neben ihm ein zylindrisches Füllhorn, aus dem fünf Flammen schlagen; Unten: Der mit breitem Maul dargestellte voluminöse Piscis magnus (Südlicher Fisch) in Seitenansicht, auf dem geschuppten Rücken liegend. fol. 70v: Bild 1: Der brennende Ara (Altar) als ein auf vier Füßen ruhendes, dreigeschossiges, durchfenstertes, turmartiges Gebäude; Bild 2: Der nach rechts schreitende, nackte, bärtige Centaurus in Seitenansicht mit zum Betrachter gekehrten Rücken, im linken Arm einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorgestreckten Rechten ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend; Bild 3: Die mit erhobenem, struppigen Schnabelkopf nach links kriechende, geschuppte Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den pokalartigen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Ende des Körpers auf den Windungen tragend; Bild 4: Anticanis (Vorhund), nach links springend. fol. 71v: Oben: Die fünf Planeten als innerhalb von Medaillons gezeigte, nimbierte, im QuincunxSchema angeordnete Büsten: links oben der bärtige Jupiter mit Pallium, rechts oben Mars mit Helm, Schultermantel, Panzer und Lanze, im Zentrum Venus mit Diadem im offenen Haar, links unten Merkur mit Schultermantel, Kopfflügeln und Caduceus, rechts unten der bärtige Saturn mit einem kapuzenartig über den Kopf gezogenen Manteltuch und Harpe; Unten: Darstellung der Milchstraße in Form zweier Ringe. fol. 72r: Kreisförmige Darstellung des Zodiakus (Tierkreis) in Form eines um ein zentrales, doppelt gerahmtes Medaillon mit den Dreiviertelgestalten von Sol und Luna gelegten, in zwölf Abschnitte unterteilten, doppelt gerahmten Ringes, innerhalb der zwölf einzelnen Bildfelder erscheinen entgegen dem Uhrzeigersinn die Personifikationen der Tierkreiszeichen, im zentralen Medaillon links Sol als dominante, bis zur Hüfte sichtbare Frontalfigur mit Krone und Nimbus, in Ärmeltunika und Schultermantel gekleidet, in seiner Linken einen Globus haltend, die Rechte weisend in Brusthöhe erhoben, rechts daneben, aber stärker in den Hintergrund gerückt, die kleinere Gestalt der Luna als Frontalfigur in langem Gewand, eine große Mondsichel im offenen, langen Haar tragend. fol. 73r: Luna als monumentale, bis zur Hüfte sichtbare Frontalgestalt, auf dem von einem nach links gewandten, in Seitenansicht wiedergegebenen Ochsenpaar ins Meer gezogenen, frontal gezeigten Wagen stehend, mit einem saumbesetzten Ärmelgewand bekleidet und eine große Mondsichel im offenen, langen Haar tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, mit den Fingern der gesenkten Linken die Hörner des einen Ochsen berührend. fol. 74r: Der innerhalb eines gerahmten Medaillons gezeigte Sol als bekrönte Frontalgestalt auf dem von vier galoppierenden Pferden gezogenen Sonnenwagen, in ein saumbesetztes Ärmelgewand und ein nach hinten in zackigen Falten wehendes Pallium gekleidet, in der Linken einen Globus sowie eine Peitsche haltend, die Rechte im Grußgestus erhoben.

Provenienz Eine Notiz auf fol. 100r, »Dilecti in Christo fratribus fratres ex coenobio Corbeiae in Domino salutem. Notum sit almitatis vestre obisse quosdam fratres nomine Ansgerus morbe …«, verweist auf das Kloster Corbie. Ebenda erscheint der Codex in zwei Katalogen als Nr. 79 bzw. als Nr. 136. Später gelangte das Buch nach Saint-Germain-des-Prés, wo es die Signatur Sangermanensis 778 erhielt, und von da in den Bestand der Pariser Nationalbibliothek.

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Literatur Delisle 1863–71, S. 82; Delisle 1867, S. 546; Breysig ed. 1867; Maass ed. 1898; Manitius 1911, I, S. 35–36; Byvanck 1949, S. 53, Nr. 67, S. 65, Nr. 76; McGurk 1973, S. 197ff.; O’Connor 1984, S. 64ff. und passim; Le Bourdellès 1985, S. 75; Mütherich 1989, S. 35, 37, 39–42, 44–47, 58; Ganz 1990, S. 49, 159, Taf. 12; Ernst 1991, S. 585; Haffner 1997, S. 28; Obrist 2001, S. 3ff., bes. S. 23 f, 25, 26, fig. 15, 17, 21; Blume 2009, S. 546. Siehe S. 74–75, Abb. 704–723

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 14754 Martianus Capella mit Kommentar; Ps-Nimrod, Liber de astronomia; De signis coeli; Canones Ptolemaei; Tabellen Sternbilderdarstellungen zum Katalog De signis coeli 4. Viertel 12. Jahrhundert (bis um 1200), Frankreich (Nordfrankreich? Paris?) Kodikologische Angaben 268 × 180 mm, IV + 256 + II Folia; Pergament, Teil I zweispaltig, 50 Zeilen, frühe gotische Minuskel, Teil II einspaltig, 32 Zeilen, frühe gotische Minuskel, Teil III einspaltig, 35 Zeilen, protogotische Minuskel. Teil I und II mit einfachen Initialen, z. T. mit Silhouettenornamenten und Konturbegleitstrichen sowie frühen Fleuronnéformen.

Art der Bilder Einfache Zeichnungen der Sternbilder zum Sternkatalog De signis coeli (fol. 229v–232v), jeweils ohne Rahmung zwischen die Textblöcke eingefügt. Die Zeichnungen in hellbrauner Tinte wurden mit gelblicher Farbe laviert und die Sterne als große rote Punkte eingetragen. Bei Draco, Hercules (Haare), Aquila und Argo Navis (»Schildkröte«) wurde etwas Rot verwendet. An einigen Stellen wurden von späterer Hand einfache, z. T. geometrische Figuren nachgetragen (158r, 170rv). 188r einfache Schemata zu den Planetenbahnen, 189v Schema einer Mondfinsternis.

Inhalt Teil I: fol. 1rv fol. Bv fol. 1r–92ra

Teil II: fol. 95r fol. 95ra–c

Besitzeintrag, Bücherfluch und Wappen des Klosters S. Victor (1. Hälfte 15. Jh.) Inhaltsverzeichnis des 15. Jhs., die Seitenzahlen beziehen sich auf die alte Zählung. Kommentar zu Martianus Capella, De nuptiis Mercurii et Philologiae. Partes id est circumstantias que constant in initio cuiusque libri … - … Titulus iste quatuor nomina dat auctori nam martianus est … fol. 92rb–94vb leer.

Besitzeintrag (1. Hälfte 15. Jh.) (oberer Teil der Seite) Accessus in librum Martiani Capellae de nuptiis philologiae. Titulus iste quatuor nomina dat suo auctori et marcianus quidem … - … tuque pars secundus [?] verba patris marciani. fol. 95r–202v Martianus Capella, De nuptiis Mercurii et Philologiae. Text mit anfangs sehr umfangreicher Rand- und Interlinearglosse, später ausdünnend. Ab fol. 117r nur noch sehr wenige, kurze Randglossen, später jedoch wieder zunehmend. Im Bereich der Astronomie wieder sehr viel dichtere Glossierung.

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fol. 203r–232v Ps-Nimrod, Liber de astronomia. Darüber eine Rota mit zwölf Teilen, darin Namen der Tierkreiszeichen und Angaben in welchen Stunden des Tages und der Nacht sie »laufen«. Im Zentrum ein schwarzer Kreis darin ein bärtiger Kopf. Text: Qua via circumdant circuitum stellarum loca ubi currunt XII signa in medio celi … etc. Zahlreiche Schemata und Rotae, der Liber Nimroth scheint hier in einer umfangreicheren und reicher ausgestatteten Version vorzuliegen (vgl. Venedig, Bibl. Marciana, Cod. 2760). fol. 229v–232v Ps-Beda, De signis coeli (Dell’Era ed. 1979, S. 283–296). Helix arcturus malor habe (!) autem in capite stellas obscuras VII … - … Anticanis … vocatur eo quod contraria sit cani. Vergleiche v.a. mit Venedig, Marciana 2760, Padua, Cod. 27 (Anfang 10. Jahrhundert, vermutlich Verona) und Oxford, Bodl. Lib., Ms. Laud misc. 644 Teil III: fol. 233r–244r Canones Ptolemaei. Intellectus climatum polli sepissime requires si inveneris platos civitatis tibi date esse intra partes … . fol. 244v–255r Tabulae astronomicae, Tabellen bis 250r einschließlich unter Arkadenbögen wie bei Kanontafeln (rundbogig, nur fol. 247rv breite Spitzbögen), trennende Säulchen mit Kapitell und Basis, danach nur noch schlichte rechteckige Tabellenumrahmung

Kommentar Alle drei Teile des heutigen Codex gehören dem 12. Jahrhundert an und tragen Besitzeinträge des Klosters St. Victor in Paris aus dem späten 13. Jahrhundert (Livesey/Rouse 1981). Ob diese anlässlich der Erwerbung durch das Kloster, anlässlich der Zusammenfügung der Teile oder aber bei einer Inventarisierung der Bibliothek eingetragen wurden, ist nicht ohne weiteres zu entscheiden. Alle Darstellungen in Teil II sind dem selben Zeichner zuzuschreiben. Vergleicht man den männlichen Kopf in der Rota fol. 203r mit dem des Eridanus etwa (fol. 232v), so kann kaum Zweifel bestehen, dass hier dieselbe Hand am Werk war. Auch die Binnenkonturen im Gesicht von Cepheus oder auch Andromeda weisen in diese Richtung. Der »Liber de astronomia« des Pseudo-Nimrod liegt hier in einem Textzeugen vor, der deutlich jünger als die von Haskins genutzte Hs. Vat. Pal. lat. 1417 ist und einen etwas umfangreicheren Text bietet. In der Zusammenschau mit der späteren Handschrift Venedig, Marciana, Cod. 2760 zeigt sich eindeutig, dass der Sternkatalog »de signis coeli« als Sternbilderkapitel in den astronomischen Lehrdialog mit didaktischen Schemata integriert wurde (vgl. Livesey/ Rouse 1981). Die Untersuchung der vatikanischen Palatina-Handschrift zeigt im übrigen nicht nur deren fragmentarischen Charakter auf, sondern gibt auch konkrete Hinweise auf verlorene Teile. So findet sich auf f. 1r unten ein nachgetragenes Inhaltsverzeichnis, das als erstes einen »libellus pulcer Besde de situ et dispositione stellarum et signorum celi« nennt, das »schöne Büchlein des Beda zu den Sternbildern«. Dabei dürfte es sich zweifellos um eine illustrierte Abschrift von »de signis coeli« handeln, das in der Regel Beda zugeschrieben wird. Somit wären alle drei umfassenderen Textzeugen der Astronomie des Pseudo-Nimrod mit dem illustrierten Sternbilderkatalog verbunden gewesen, wobei aller Wahrscheinlichkeit nach auch in Pal. lat. 1417 der Sternbilderabschnitt als weiteres Kapitel an den Lehrdialog angehängt war. In Paris 14754 beginnt der »Liber Nimrod« unvollständig, die Annahme von Livesey/Rouse, dass hier vier Blatt verloren

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gegangen seien ist angesichts der Struktur der Lagen sehr unwahrscheinlich. Die Grenze zwischen dem Martianus Capella-Text und dem Liber Nimrod fällt genau auf die Lagenmitte einer Quaternio, der entsprechende Teil der Hs. ist aber völlig regelmäßig aus 16 Quaternionen aufgebaut, lediglich die letzte Lage ist ein Quinio (Platzbedarf ). Der Sternbilderzyklus zeigt sehr weitgehende Übereinstimmungen mit dem in Oxford, Bodl., Laud. misc. 644 aus dem späteren 13. Jh. Die Parallele ist so eng, dass ein direkter Zusammenhang der beiden Sternbildreihen anzunehmen ist. Allerdings überliefert die Oxforder Hs. »de signis coeli« wiederum ohne den Liber Nimrod. Eine weitere, wenn auch nicht ganz so nahe Verwandtschaft besteht zweifellos zu den Sternbildern in Venedig, Marciana, Cod. 2760 wohl aus dem beginnenden 13. Jh. Beide Exemplare von »de signis coeli« gehören dem selben Zweig der Textüberlieferung an. Die Darstellungen sind Beispiele eines Zweiges der Bildtradition von »de signis coeli«, der auch in die Redaktion des Illustrationszyklus des Michael Scotus zu dessen Himmelsbeschreibung im Rahmen des »Liber introductorius« einfloss. Zu nennen sind hier die seltsame Blattform an der Schnittstelle des Schiffes Argo, die zusammen mit anderen Anregungen zu den Vorläufern der Schildkröte Michaels gerechnet werden kann sowie die Darstellung der Andromeda zwischen Baumstämme gefesselt, mit kurz abgeschnittenem Röckchen und lang von den Schultern fallendem Mantel (vgl. Wien, ÖNB, Cod. 2352, fol. 15r). Schließlich ist das zusätzlich zur Schwertscheide vom Gürtel hängende »Etwas« zu nennen, das dem Vorbild der Geldbörse am Gürtel des Cepheus bei Michael Scotus entsprechen dürfte. Da sich diese Merkmale in den anderen Bildzyklen zu »de signis coeli« so nicht finden, kann wohl vermutet werden, dass Michael ein Codex von der Art der Pariser Handschrift, Marciana 2760 und vielleicht auch Pal. lat. 1417 (s. o.) vorgelegen hat, zumal sich Hinweise auf die Rezeption des »Ps.-Nimrod de astronomia« finden lassen (Grebner 2008). Motivisch steht die Mehrzahl der Figuren den Bildern im wohl authentischsten Zeugnis der karolingischen »libri computi« nahe, der Madrider Handschrift Ms. 3307 aus der Zeit um 830. Virgo mit großen Flügeln, deren Enden weit herabreichen und einer großen Kornähre in der Hand findet sich dort (fol. 56r), ebenso die Zwillinge in lang fallenden Mänteln und mit der Lyra in der Hand eines der beiden Jünglinge. Allerdings sind hier unter den Mänteln lange Gewänder zu sehen, wo die karolingische Handschrift die Zwillinge nackt zeigt, die Lyra gehört dort zur linken Figur, die rechte hält eine Lanze. Der springende Löwe mit lockiger Mähne und nach oben gelegtem Schweif findet ebenso seine Entsprechung wie der frontal stehende Cepheus mit ausgebreiteten Armen und leerer, umgegürteter Schwertscheide (vgl. Madrid Cod. 19, fol. 57v; die leere Scheide zeigen auch Basel, AN IV 18 und Berlin, SMBK, Phillips 1832, fol. 83v). Auch die am Maul verbundenen Fische, der Adler auf dem nach links weisenden Pfeil und der Delphin mit großem Horn und auffälliger Brustflosse weisen in diese Richtung. Orion in BN. lat. 14754 (und Laud misc. 644) unterscheidet sich auf den ersten Blick deutlich vom karolingischen Urbild, ein charakteristisches Detail dürfte sich jedoch von dort herleiten lassen: die breite Schwertscheide in der linken Hand findet ihre direkte Entsprechung im schräg abstehenden Schwert, auf das Orion die linke Hand gelegt hat (fol. 60v). Schon die Madrider Handschrift zeigt Schwertgriff und Gurt nicht sehr deutlich. Dass schließlich das in der leeren, in der Hand gehaltenen Scheide fehlende Schwert der Figur in die rechte, erhobene Hand gegeben wurde mag durch Kontamination mit anderen Darstellungen erklärbar sein, oder als sachlogische Ergänzung. Vom langen Mantel blieb offenbar in der Pariser Handschrift nur der Rest von der linken Schulter bis zur Armbeuge sowie ein »Lendenschurz«. Eine vergleichbare Dar-

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stellung bietet Dijon 448 (fol. 70r, mit Schwert und Scheide). Auch die Darstellung des Eridanus weicht zunächst stark vom Urbild ab, lässt dieses jedoch durchaus noch erkennen. Die merkwürdig unförmig wirkende, stehende Gestalt mit dem unverbunden neben ihr ausgeschütteten Gefäß geht offenbar auf den lagernden, auf eine Urne gestützten Flussgott zurück (Madrid, Ms. 3307, fol. 61v). Die Umdeutung der quer lagernden »Sitzfigur« in eine en-face gezeigte, stehende Figur dürfte eine Reihe von Zwischenstufen voraussetzen. Dabei wanderte das Schilfrohr von der linken Hand, wo nach der Aufrichtung für den auf der Schulter aufliegenden Stängel kein Platz mehr war, in die rechte Hand, die sich von der Urne gelöst hatte. Oxford Laud misc. 644 (fol. 10v) und Venedig 2760 (fol. 35v) zeigen den Flussgott in analoger Ausformung. Das Bild des Rauchaltars (»Ara«) der Pariser Handschrift lässt kaum noch die räumliche Darstellung eines blockförmigen Altars erahnen. Die Zwischenstufen dürften für die Reduktion des räumlichen Kantengerüstes einer quaderförmigen Struktur zum reinen Flächenmuster verantwortlich sein. Die wie drei Flammen hochstehenden Haarsträhnen des Sagittarius (fol. 231vb) könnten auf die Hörner in einer Darstellung wie in Madrid, Cod. 19 (fol. 63v) zurückzuführen sein. Dort findet sich auch der vierspännig fahrende Fuhrmann mit einer Lanze statt der Geißel. Dieser dürfte in ms. lat. 14754 letztlich auf dieselbe Quelle zurückgehen wie die Darstellung in Dijon 448 (fol. 67v, 11. Jh.), die den Fuhrmann stehend und zurückgewandt im zweirädrigen Wagen zeigt. In beiden Handschriften findet sich die nach links geneigte Lanze und ein Schild, der den Wagenlenker nach vorne deckt. Die stark verderbten Zeichnungen des Dijoner Codex geben auch Cepheus mit leerer Schwertscheide wieder (fol. 67v; dort wohl nicht als solche verstanden). Verzeichnis der Bilder fol. 229va: Ursa maior (Großer Bär), nach links gewandt, Ursa minor (Kleiner Bär) nach rechts gewandt, Kopf zurückwendend, Maul drohend geöffnet, Draco (Drache), Schlange mit hochstehenden Borsten, nach rechts blickend. fol. 229vb: Hercules, nackter, bartloser

Mann nach links schreitend, Rückenfigur, Knüppel in der Rechten erhoben, Fell über den linken Arm gelegt; Corona borealis (Nördliche Krone), einfacher Kranz mit »bewimperten« Sternen. fol. 230ra: Serpentarius (Schlangenträger), Rückenfigur nach links ausschreitend, Schlange nach links, vor dem Rücken des Trägers gekreuzt; Scorpius (Skor­ pion), Draufsicht, waagrecht nach rechts, relativ naturnah. fol. 230rb: Bootes (Bärenhü­ ter), en-face stehend, in der Linken reich beblätterter Pflanzenspross, unklar geschlungenes antikisches Gewand, rechter Arm seitlich weggestreckt. fol. 230rb: Virgo (Jungfrau), en-face, in der Rechten eine Art Palmwedel, große Flügel mit »Volutenmuster«, reich fallendes Gewand, hoch gegürtet. fol. 230va: Gemini (Zwillinge), nebeneinander en-face, jeweils ein Arm auf der Schulter des anderen, weite Gewänder, barhäuptig und barfuß, der Rechte trägt eine Lyra. fol. 230va: Cancer (Krebs), kreisrunde Form mit 10 Beinen, Draufsicht, nach rechts. fol. 230va: Leo (Löwe), in weitem Satz nach links springend. fol. 230vb: Auriga (Fuhrmann), Mann ohne Unterleib in zweirädrigem Kastenwagen sich umwendend, nach rechts fahrend, vier sich auf bäumende Pferde. fol. 230vb: Taurus (Stier), Stierhälfte, nach links orientiert, rechtes Bein vorgestreckt, linkes angewinkelt. fol. 230vb: Cepheus, en-face, ausgebreitete Arme, barhäuptig, bartlos, knöchellanges Gewand, leere Schwertscheide am Schultergurt, daran eine Art Schreibzeug. fol. 231ra: Cassiopeia, en-face auf einem Stangenthron sitzend, die Arme ausgebreitet, die rechte Brust entblößt. fol. 231ra: Andromeda, en-face zwischen zwei Baumstümpfen stehend , die Arme ausgebreitet (nicht gefesselt), trotz Mantel und »Rock« die rechte Brust entblößt, über der Stirn drei hochste-

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hende Haarbüschel. fol. 231rb: Pegasus, halb nach links, Kopf stark zurückwendend, ovale Schnittfläche. fol. 231rb: Aries (Widder), nach rechts, Kopf zurückwendend. fol. 231rb: Triangulum (Dreieck), Dreieck mit halbierten Winkeln. fol. 231rb: Pisces (Fische), gegenläufig, waagrecht, Mäuler verbunden. fol. 231va: Perseus, nach links als Rückenfigur, wehender Mantel, Falx als Rebmesser, Fußflügel. fol. 231va: Lyra (Leier), Instrument mit ornamentiertem Korpus. fol. 231va: Cygnus (Schwan), nach links auffliegend. fol. 231vb: Aquarius (Wassermann), leicht nach rechts gewendet, die Urne vor sich mit beiden Händen nach rechts gießend. fol. 231vb: Capricornus (Steinbock), Mischwesen, nach links gewandt. fol. 231vb: Sagittarius (Schütze), bogenspannender Zentaur in Rückansicht, Haarsträhnen wie drei Flammen über der Stirn. fol. 232ra: Aquila (Adler) , leicht nach rechts gedreht, Kopf zurückgewandt, Flügel ausgebreitet, auf einem Pfeil stehend. fol. 232ra: Delphinus (Delphin), nach links orientiert, mit Hundekopf und Horn am Hinterhaupt. fol. 232ra: Orion, en face, als aus dem Bild schreitender Krieger mit erhobenem Schwert, in der Linken die Schwertscheide. fol. 232rb: Canis (Großer Hund), nach links orientiert, den Kopf zurückwendend, Strahlennimbus. fol. 232rb: Lepus (Hase), nach links rennend. fol. 232rb: Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte, nach rechts orientiert, nur Antriebsruder, gerafftes Rahsegel, an der Schnittfläche ein muschelförmiges Ornament (als Rest einer Schildkröte?). fol. 232va: Cetus (Walfisch), nach links orientiert, monströs, Hundeohren. fol. 232va: Eridanus (Fluss), rechts neben der ausfließenden Urne stehend, ein Schilfrohr rechts geschultert. fol. 232va: Piscis austrinus (Südlicher Fisch), Fisch, nach links schwimmend. fol. 232va: Ara (Altar), Liniengerüst eines Blockaltars. fol. 232vb: Centaurus (Zen­ taur), nach rechts galoppierend, von vorn, Schilfrohr über die rechte Schulter gelegt, Tier in Rückenlage auf linker Hand. fol. 232vb: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), Schlange nach links orientiert, Rabe nach rechts, den Schnabel geöffnet. fol. 232vb Anticanis (Kleiner Hund), nach rechts springender Hund, Nimbus ohne Strahlen.

Provenienz Livesey/Rouse 1981 gehen von einer Entstehung in Chartres aus. fol. Ar Signet; fol. Av Hic liber est sancti victoris Parisiensis quicumque eum furatur fuerit vel celeraverit vel titulum istum deleverit anathema sit (ebenso fol. 1r unten und von späterer Hand fol. 255v). Besitzeintrag und Bücherfluch des Klosters St. Victor in Paris. fol. Bv alte Signatur der Bibliothek von St. Victor: fff.4.. fol. 1v unten Wappen von St. Victor.

Literatur Delisle 1869, S. 46; Dell’ Era 1979/III, S. 271, 282; Eastwood 1983, S. 22f., Anm. 86 und fig. 9 (fol. 188r); Eastwood, Images 2000, S. 17, 29, Anm. 44. Siehe S. 140–141, Abb. 724–730

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Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1614 Arithmetisch-komputistische Sammelhandschrift in zwei Teilen Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata und zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis in Teil II Tours?, 9. Jahrhundert Kodikologische Angaben 328 × 232 mm, 99 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel, Majuskel-Initialen.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata zwischen fol. 81v und fol. 94v insgesamt 34, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der nördlichen und südlichen Hemisphäre sowie der Sternbilder, mindestens neun Zeichnungen sind verloren, für weitere Bilder sind Lücken vorgesehen, die Illustrationen wurden stets zu mehreren ohne Rahmen und Hintergrund übereinander auf das Pergament gesetzt, Position der Sterne nicht angegeben, weiterhin finden sich zum Text des Sternkatalogs De ordine ac positione zwischen fol. 95r und fol. 99v insgesamt 27, ebenfalls in einfacher Federzeichnung angefertigte Darstellungen der Sternbilder, mindestens dreizehn Bilder sind verloren, die Zeichnungen wurden ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt, wobei man die Position der Sterne durch kleine Kreuze sorgfältig eingetragen hat.

Inhalt Teil I fol. 1r–2r: fol. 2v–4v: fol. 5r–33v: fol. 34r–76v: fol. 76v: Teil II fol. 77r–93v: fol. 93v–94r: fol. 94v: fol. 95r–99v:

Boethius, Institutio arithmetica (Oosthout ed. 1999, 2) Kapitular Boethius, Institutio arithmetica, Buch 1 (Oosthout ed. 1999, 2) Boethius, Institutio arithmetica, Buch 2 (Oosthout ed. 1999, 2) Tabellen Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) Ps-Hyginus, Excerptum de Astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312) ausgeschnitten (Himmelskarte?) Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974)

Kommentar Der großformatige Pariser Codex nouv. acqu. lat. 1614 ist aus zwei Teilen zusammengebunden. Ursprünglich gehörten dem Codex wohl noch weitere Teile – die heutigen Handschriften Paris nouv. acq. lat. 1612, Paris nouv. acq. lat. 1613 und Tours 334 – an. Da sich der eine Teil in Tours befindet und sich die Handschrift Paris nouv. acq. lat. 1614 mit der Nummer 42 eines Biblio-

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thekskatalogs von Tours identifizieren lässt, wird ihre Entstehung dort vermutet. Die Schrift weist auf das 9. Jahrhundert. Neben Texten des Boethius zur Arithmetik im umfangreicheren ersten Teil enthält der Codex Paris nouv. acqu. lat. 1614 einen zweiten, der Astronomie gewidmeten Teil. Er setzt auf fol. 77r mit einer neuen Lage sowie einer eigener Lagenzählung ein, was nicht zuletzt darauf verweist, dass dieser Abschnitt ein ehemals unabhängiger Codex gewesen ist. Dieser umfasst neben dem kurzen Excerptum de Astrologia des Pseudo-Hyginus die beiden illustrierten Texte des Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) sowie des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Damit gehört der zweite Teil des Pariser Manuskripts zu jener, sich ausschließlich aus Aratea-Versionen zusammensetzenden Gruppe karolingischer Sternbilderhandschriften mit Schwerpunkt auf der Wissenschaft der Astronomie. Den Text der Recensio interpolata begleiten insgesamt 34 Federzeichnungen der nördlichen und südlichen Hemisphäre sowie der Konstellationen. Die Bilder wurden meist am linken Seitenrand neben dem einspaltig geschriebenen Text ohne Rahmen und Hintergrund auf das Pergament gesetzt, wobei man auf eine Angabe der Sternpositionen verzichtet hat. Mitunter, besonders bei den letzen Zeichnungen, ragen die Lücken aber auch von links in die Textspalte hinein. Der Bildzyklus zur Recensio interpolata hat sich jedoch nicht vollständig erhalten, da das Folium 88 am Rand so beschnitten wurde, dass auf der Rectoseite die Darstellungen der Plejaden, von Lyra, Schwan, Wassermann und Steinbock sowie auf der Versoseite die Bilder von Schütze mit Pfeil (?), Adler und Orion verloren sind. Darüber hinaus wurden für weitere Illustrationen, wie für den Zodiakus, für Luna und Sol, Lücken freigelassen. Die Sternbilder weisen einerseits ikonographische Merkmale von Recensio interpolata-Illustrationen auf wie die beiden übereinandergestellten Hemisphären, die beiden Bären zwischen den Windungen des Drachen, den Baum neben Hercules, die aus getrennten Gliedern wiedergegebene Nördliche Krone, oder die Zwillinge als Krieger mit Lanzen, andererseits zeigen die Illustrationen aber auch Züge eines De ordine ac positione-Zyklus wie den Fuhrmann mit einem Zweigespann, das Schiff mit drei Heckspornen und ohne Häuschen an Bord, oder Eridanus, der in voller Größe ausgebreitet lagert. Auch zum Text des aus den Libri computi stammenden Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis finden sich zwischen fol. 95r und 99v eine Reihe von Illustrationen. Die ebenfalls in einfacher Zeichnung ausgeführten, insgesamt 27 Darstellungen der Sternbilder wurden traditionsgemäß in die für sie zwischen den entsprechenden Textabschnitten freigelassenen Lücken eingefügt. Sie folgen jeweils den eingangs von Initialen markierten, in knapper Form nach einheitlichem Muster ausschließlich Daten wie Sternzahl und Position der Sterne wiedergebenden Erläuterungen zu den einzelnen Sternbildern. Da der Text gelegentlich auf die Zeichnungen Rücksicht nimmt, kann man davon ausgehen, dass dieser zumindestens teilweise nach Fertigstellung der Bilder oder im Wechsel mit diesen aufgezeichnet worden ist. Auch die Zeichnungen zum Sternkatalog wurden ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt; man hat jedoch die Position der Sterne im zweiten Zyklus durch kleine Kreuze sorgfältig gekennzeichnet. Auch die zweite Bilderreihe ist nur fragmentarisch erhalten, da Folio 97 derart beschnitten wurde, dass die ursprünglich auf Recto- und Versoseite verteilten Zeichnungen von Fuhrmann, Stier und Cepheus sowie von Cassiopeia, Andromeda und Pegasus verloren sind. Am Ende des Codex fehlen darüber hinaus die Illustrationen von Cetus, Eridanus, Südlichem Fisch, Altar, Kentaur, Schlange mit Mischkrug und Raben sowie Vorhund. Dieser Zyklus hält sich an die ikonographische Tradition der De ordine ac positione-Illustrationen:

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Hercules ist ohne den Hesperidenbaum abgebildet, der Widder mit einem Reif um die Mitte, die Nördliche Krone ist als Lorbeerkranz gezeigt, der Fuhrmann lenkt ein seitlich gezeigtes Zweigespann und das Schiff Argo weist am Heck drei Sporne auf. Die Darstellung der Zwillinge als Krieger oder der Schützen als Centauren unterscheidet sich zwar von den Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione in Madrid 3307, begegnet aber unter den De ordine ac positione-Illustrationen von Wien 387 oder Rom Vat. Reg. lat. 309. Vergleicht man die beiden Zyklen innerhalb des Codex, so fallen einige motivische Übereinstimmungen ins Auge, wie das eigentümlich dargestellte Pedum des Bootes, die doppelt um den Schlangenträger gewundene Schlange und dessen langer Zeigefinger oder die zipfelartige Kopf bedeckung der Jungfrau. Darüber hinaus stimmen zum Beispiel die Darstellungen der Zwillinge oder der Argo vollständig überein. Stilistisch ist ein deutlicher Unterschied zwischen den beiden Bilderreihen zu bemerken. Die Augenformen beispielsweise verraten, dass zwei unterschiedliche Zeichner am Werk waren. Charakteristisch für den Zeichner der ersten Bildfolge sind die oft als kleine Kreise mit punktförmigem Zentrum dargestellten Gelenke der Himmelswesen. Der Zeichner des zweiten Zyklus arbeitete insgesamt souveräner, traf die Ansichten der Figuren stimmiger und vermochte auch die Gewand-Körperbezüge bei Bootes, der Jungfrau oder Perseus logischer wiederzugeben. Vergleicht man beispielsweise die beiden Perseusbilder, so integrierte der Zeichner des ersten Zyklus die Phrygiermütze in das Gesichtprofil. Möglicherweise sind die Beobachtungen so auszuwerten, dass der zweite Zyklus zuerst ausgeführt wurde. Später füllte ein anderer Zeichner die Lücken zur Recensio interpolata, wobei er sich am zweiten Zyklus orientierte, zusätzlich aber in einzelnen Fällen einen RI-Zyklus zu Rate zog. Somit wird an der Pariser Handschrift nouv. acq. lat. 1614 nachvollziehbar, wie sich im Laufe des neunten Jahrhunderts die ikonographischen Merkmale zweier bis dahin unabhängig tradierter Bilderreihen mischten. Auch die Handschriften Rom Vat. Reg. lat. 309 und Freiburg 35 verbanden die Illustrationen von Recensio interpolata mit denen des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis.

Verzeichnis der Bilder Zyklus I: fol. 81v: Ganzseitige Miniatur mit der Darstellung der übereinander wiedergegebenen Hemisphären ; Oben: Kreisschema der nördlichen Hemisphäre mit der Darstellung der

über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau; Unten: Kreisschema der südlichen Hemisphäre mit der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen von der Waage bis zu den Fischen. fol. 84r: Die mit großen, krallenbesetzten Tatzen und zottigem Fell nach links in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär). fol. 84v: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, jedoch nach rechts stehende und mit viel zu kleinem Kopf wiedergegebene Ursa minor (Kleiner Bär). fol. 85r: Bild 1: Der sich in drei großen Windungen schräg nach rechts aufwärts bewegende Draco (Drache) mit Drachenkopf in Seitenansicht, die beiden einander mit dem Bauch zugewandten Bären zwischen ihren Windungen; Bild

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2: Der im Knielauf nach links eilende, vollständig nackte, bärtige Hercules in Seitenansicht mit zum Betrachter gekehrtem Rücken, im Kampf gegen die um den Baum der Hesperiden gewundene, feuerspeiende Schlange mit schnabelartigem Maul, die Keule in der erhobenen Rechten, ein großes zottiges Löwenfell über der vorgestreckten Linken holt er mit Schwung zum Schlag aus; Bild 3: Die aus neun einzelnen, kreisrunden und viergeteilten Gliedern zusammengesetzte Corona borealis (Nördliche Krone) ; Bild 4: Der vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht auf dem nach links gewandten Skorpion stehend, den Kopf nach links ins Profil gedreht, die zweifach um seinen Körper gewundene, mit aufgerichtetem Kopf züngelnde Schlange anblickend und zugleich deren waagerechten Körper mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 85v: Oben: Der mit vier zackigen Beinpaaren und kurzem stachelförmigen Schwanz dargestellte, nach rechts gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht; Mitte: Der mit weit gespreizten Beinen frontal stehende, in eine knielange Ärmeltunika gekleidete, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, in der erhobenen Linken ein eigentümliches keulenartiges Pedum haltend, die Rechte zur Seite ausgestreckt; Unten: Die in voluminöse, langärmelige, teils knöchellange Ober- und Untergewänder sowie ein Manteltuch gekleidete Virgo (Jungfrau) mit Flügeln als mit vorgesetztem linken Bein und zur Seite gebreiteten Armen stehende Frontalgestalt, auf dem Haupt eine zipfelartige Kopf bedeckung tragend, in ihrer Linken eine Waage haltend, Ähre. fol. 86r: Bild 1: Die in Vorderansicht gezeigten, nebeneinanderstehenden Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandten Köpfen, der Linke mit lockigem Haar und Bart, der Rechte jugendlich mit gescheitelter Frisur, jeweils mit einer Tunika und einem Pallium bekleidet, in der nach außen zeigenden Hand halten beide eine Lanze, die freie Hand ist gestikulierend erhoben; Bild 2: Der nach links gerichtete, mit geknickten Scheren und vier zackigen Beinpaaren dargestellte Cancer (Krebs) in Aufsicht; Bild 3: Leo (Löwe), mit erhobenen krallenbesetzten Vordertatzen, offenem Maul und herausgestreckter Zunge nach links springend; Bild 4: Der auf einer seitlich gezeigten, nach rechts rollenden Biga stehende, jugendliche Auriga (Fuhrmann) als bis zu den Knien sichtbare Frontalgestalt, mit einem gegürteten Ärmelgewand sowie einem von den Schultern nach hinten wehenden Pallium bekleidet, mit seiner nach vorn gestreckten linken Hand die Pferde zügelnd, mit der rechten Hand eine große zweischwänzige Peitsche schwingend, ohne Böckchen und Ziege. fol. 86v: Oben: Der nach links in Seitenansicht dargestellte Taurus (Stier) als Ganzfigur mit zum Betrachter gewandten Kopf und quer über den Körper gelegtem Schwanz, die Falten des Fells im Halsbereich durch eine Reihe einzelner Linien besonders betont; Mitte: Der jugendliche Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehende Gestalt mit gescheitelter Frisur, mit einem knöchellangen, faltenreichen und gegürteten Ärmelgewand bekleidet; Unten: Die mit weit ausgebreiteten Armen frontal auf einem breiten Kastenthron mit niedriger Lehne und Fußbank sitzende Cassiopeia, in lange Gewänder mit Ärmeln gekleidet, über den Schultern ein faltenreiches, in zwei Bögen weich fallendes Tuch tragend. fol. 87r: Oben: Andromeda als mit weit ausgebreiteten Beinen frontal stehende Gestalt mit langem, gescheitelten Haar, gekleidet in ein knöchellanges Gewand mit Gürtel und Ärmeln, ohne Kopfschmuck und Felsen; Mitte: Der als Halbfigur nach rechts lagernde, geflügelte Pegasus mit aufgestellten Vorderbeinen, kurzer Mähne und halbrund abgeschlossenem Körperende; Unten: Der nach rechts in Seitenansicht dargestellte Aries (Widder) mit zum Betrachter gewandtem Kopf und zottigem Fell, ohne Reif. fol. 87v: Oben: Triangulum (Dreieck), aus einem schmalen Streifen gebildet; Mitte: Die schräg zueinander geneigt wiedergegebenen, hintereinander schwimmenden, unterschiedlich groß gestalteten Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden; Unten: Der mit nach rechts ins Profil gedrehtem, bärtigem Kopf

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frontal stehende Perseus, in ein langes, gegürtetes Gewand sowie ein von den Schultern in großem Bogen nach hinten wehendes Manteltuch gekleidet, in der erhobenen Rechten ein blankes Schwert schwingend, in seiner Linken das abgeschlagene Medusenhaupt am Schopf empor haltend. fol. 88r: Beschnitten, es fehlen die Zeichnungen der Plejaden (?), von Lyra, Schwan, Wassermann und Steinbock. fol. 88v: Beschnitten, es fehlen die Zeichnungen von Schütze, Pfeil (?), Adler und Orion. fol. 89r: Oben: Canis maior (Großer Hund), mit Halsband, mit offenem Maul und herausgestreckter Zunge von links nach rechts springend; Mitte: Lepus (Hase), in Seitenansicht nach links stehend; Unten: Argo Navis (Schiff), nach links, Ansicht des halben Schiffs vom gebogenen Heck mit kugelförmigem Abschluss und Ruderpaar bis hin zum Mast mit geblähtem Segel und Takelage, Schiffsleib rechts in drei kugelbesetzte Sporne mündend. fol. 89v: Bild 1: Der nach links in Seitenansicht gezeigte Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit geschnabeltem Drachenkopf, kurzen Vorderflossen und mehrfach verschlungenem, sich hinten palmettenartig teilenden Fischschwanz; Bild 2: Der jugendliche, langhaarige Eridanus in der Pose des klassischen Flussgottes nach rechts auf einem Gewässer lagernd, die Beine von einem Tuch bedeckt (?) oder mit langem Unterkleid sowie knielangem Ärmelgewand und Schultermantel bekleidet (?), mit seiner rechten Hand ein waagerecht gehaltenes Gefäß ohne Henkel nach links ausleerend, aus dem ein breiter Wasserstrahl austritt, in seiner Linken eine Lanze haltend; Bild 3: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach rechts auf dem Rücken liegend; Bild 4: Frontale Ansicht des dreistufigen, durchbrochenen Ara (Altar) mit brennendem Feuer auf der oberen Platte. fol. 90r: Oben: Der nach rechts schreitende, jugendliche Centaurus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem, in ein Ärmelgewand gehülltem Oberkörper, über der linken Schulter ein langes, nach hinten wehendes Tierfell, das Fell im Brustbereich durch einzelne Zotteln besonders betont, über der rechten Schulter eine Lanze mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorgestreckten Linken ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend; Unten: Die nach rechts kriechende, feuerspeiende, zweifach verschlungene Hydra (Wasserschlange) mit hundeartigem Kopf in Seitenansicht, den kelchartigen Crater (Mischkrug) sowie den auswärts gewandten Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Ende auf ihren Windungen tragend. fol. 90v: Oben: Anticanis (Vorhund) mit Halsband, mit geöffnetem Maul, herausgestreckter Zunge und aufgerichtetem Schwanz nach links in Seitenansicht dargestellt; Unten: Lücke für eine Zeichnung, vermutlich Tierkreis. fol. 92v und fol. 93r: Lücken für Illustrationen. fol. 94v: Kreisrund ausgeschnitten (ehemals Himmelskarte?). Zyklus II: fol. 95r: Oben: Die mit krallenbesetzten Tatzen, zottigem Fell und kleinem Kopf nach rechts in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär); Mitte: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, jedoch nach links stehende, viel kleiner und mit dichterem Fell wiedergegebene Ursa minor (Kleiner Bär) ; Unten: Der in drei großen Windungen aufrecht stehende, feuerspeiende Draco (Drache) mit Drachenkopf in Seitenansicht. fol. 95v: Oben: Der nach links kniende, vollständig nackte, bärtige Hercules als Rückenfigur mit nach links von der Seite gezeigten Beinen und ins Profil gewandtem, nach oben gerichtetem Lockenkopf, in der erhobenen Linken eine Keule schwingend, über der vorgestreckten Rechten ein zottiges Löwenfall tragend; Mitte: Die aus Lorbeerblättern gewundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben in der Mitte mit einem großen Juwel besetzt und unten von einem Verschlussstück sowie einem schmalen Band mit wehenden Enden zusammengehalten; Unten: Der nach links blickende, vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht, die zweifach um den Körper gewundene, waagerechte Schlange mit aufgerichtetem Kopf und herausgestreckter Zunge

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anblickend und zugleich mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende gepackt haltend. fol. 96r: Oben: Der in Aufsicht gezeigte, mit seinem länglichen Körper nach rechts gewandte Scorpius (Skorpion) mit geteilten Fühlern, vier Beinpaaren und stachelförmigem Schwanz; Mitte: Der im dynamischen Schrittmotiv in Rückenansicht (?) dargestellte Boo­ tes (Bärenhüter) mit nach links ins Profil gedrehtem bärtigen Haupt, bekleidet mit einer knielangen Tunica exomis, die Linke zur Seite gestreckt, in der angewinkelten Rechten ein Pedum haltend; Unten: Die in prächtige, lange, gegürtete Ober- und Untergewänder sowie ein Manteltuch gekleidete Virgo (Jungfrau) mit Flügeln als mit zur Seite gebreiteten Armen frontal stehende Himmelsgestalt, auf dem schleierbedeckten Haupt eine zipfelartige Kopf bedeckung tragend, in ihrer Linken eine Waage, in der Rechten eine buschige Ähre haltend. fol. 96v: Oben: Die in Vorderansicht gezeigten, in einigem Abstand nebeneinanderstehenden Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandten Köpfen, der Linke mit lockigem Haar und Bart, der Rechte jugendlich mit gescheitelter Frisur, jeweils mit einem langen, gegürteten Gewand und einem Pallium bekleidet, mit der nach außen zeigenden Hand sind beide auf eine Lanze gestützt, die freie Hand ist gleichermaßen gestikulierend erhoben; Mitte: Der nach links gerichtete, mit langen geknickten Scheren und drei zackigen Beinpaaren dargestellte rundliche Cancer (Krebs) in Aufsicht; Unten: Der zottige Leo (Löwe), mit erhobener rechter Vordertatze, offenem Maul, herausgestreckter Zunge und aufgerichtetem Schwanz nach links laufend. fol. 97r: Beschnitten, es fehlen die Zeichnungen von Fuhrmann, Stier und Cepheus. fol. 97v: Beschnitten, es fehlen die Zeichnungen von Cassiopeia, Andromeda und Pegasus. fol. 98r: Bild 1: Der nach rechts in Seitenansicht dargestellte Aries (Widder) mit zum Betrachter gewandtem Kopf, viel zu kurzen Vorderbeinen und zottigem Fell, einen Reif um die Körpermitte tragend; Bild 2: Triangu­ lum (Dreieck), aus einem schmalen Streifen gebildet; Bild 3: Die T-förmig schräg zueinander geneigt wiedergegebenen, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbundenen Pisces (Fische), der linke Fisch von links unten nach rechts oben schwimmend, unter seinem Bauch der rechte Fisch, nach rechts unten schwimmend; Bild 4: Der nach rechts eilende, jugendliche Perseus in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf ein von den Schultern nach hinten wehendes Manteltuch und eine Phrygiermütze, in der erhobenen Rechten ein blankes Schwert schwingend, in seiner vorgestreckten Linken das abgeschlagene, kurzhaarige Medusenhaupt empor haltend. fol. 98v: Bild 1: Die aus einem flachen Schallkörper mit Ornament, geschwungenem Rahmen und Querstück zusammengesetzte, neunsaitige Lyra (Leier); Bild 2: Cygnus (Schwan) in Seitenansicht, mit vorgestrecktem Kopf, ausgebreiteten Flügeln und nach hinten angezogenen Beinen nach links fliegend; Bild 3: Der nach rechts schreitende, jugendliche Aquarius (Wassermann) in Seitenansicht mit zum Betrachter gewandten Gesicht, bekleidet mit einem knöchellangen, gegürteten Ärmelgewand mit Ziersäumen und Ornamenten sowie einem über der linken Schulter drapierten, nach hinten wehenden Manteltuch, auf dem Haupt eine kegelförmige Kopfbedeckung tragend, mit beiden Händen ein großes, henkelloses Gefäß vor sich ausgießend, aus dem in mehreren Strömen das Wasser austritt; Bild 4: Der in Seitenansicht gezeigte, nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und dreifach verschlungenem Fischschwanz mit sich hinten ornamental teilender Schwanzflosse. fol. 99r: Oben: Der gehörnte und bärtige Sagittarius (Schütze) als nach rechts in Seitenansicht stehender, bogenspannender Kentaur mit abstehendem Schweif, der Oberkörper mit einem Ärmelgewand bekleidet, von seinen Schultern weht ein Manteltuch in flacher Bahn nach hinten, dicht unter seinen Hufen der mit der Spitze nach rechts zeigende Sagit­ ta (Pfeil) ; Mitte: Der mit zurückgewandtem Kopf, ausgebreiteten Schwingen und übergroßen Klauen dargestellte Aquila (Adler), nach rechts in Seitenansicht stehend; Unten: Der mit leicht gebogenem Körper, steiler Kopf- und Brustflosse sowie einem sich hinten

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ornamental teilendem Schwanz dargestellte Delphinus (Delfin), von rechts nach links schwimmend. fol. 99v: Bild 1: Der in ein faltenreiches, langes Obergewand mit Ärmeln und Gürtel sowie ein die linke Schulter bedeckendes, nach hinten fallendes Pallium gekleidete Orion als jugendliche Frontalgestalt, vor seinem Körper ein mit der Spitze nach links zeigendes, an einem breiten Band befestigtes Schwert tragend, mit seiner Linken den Knauf des Schwertgriffes umfassend, die angewinkelte Rechte in Schulterhöhe erhoben; Bild 2: Der mit übereinandergestellten Vorder- und Hinterbeinen sowie offenem Maul von links nach rechts jagende Canis maior (Großer Hund) ohne Halsband; Bild 3: Der mit leicht eingeknickten Vorder- und Hinterläufen in Seitenansicht nach links gezeigte Lepus (Hase) ; Bild 4: Argo Navis (Schiff), nach links, Ansicht des halben, ornamental verzierten Schiffskörpers vom gebogenen Heck mit kugelförmigem Abschluss und Ruderpaar bis hin zum Mast mit geblähtem Segel und Takelage, Schiffsleib rechts in drei kugelbesetzte Sporne mündend. Es fehlen die Zeichnungen von Cetus, Eridanus, Großem Fisch, Altar, Centaurus, Wasserschlange mit Mischkrug und Rabe sowie Vorhund (?).

Provenienz Der in Tours unter der Nummer 42 registrierte Codex war, nach Le Bourdellès 1985 und Delisle 1888, mit den Handschriften in Tours, Ms. 334, und Paris, Bibl. Nat., Ms. nouv. acqu. lat. 1612 und 1613, zusammengebunden. Ebenfalls nach Le Bourdellès 1985 soll von der Handschrift Ms. nouv. acqu. lat. 1614 im 12. Jahrhundert eine Kopie, die heutige Handschrift in Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 16361, angefertigt worden sein; für diese Behauptung gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Der auf fol. 77 notierte Verweis »Monasterii Sancti Zenonis majoris Veronae«, ist falsch und diente, nach Delisle 1888, zur Verschleierung der Herkunft des Codex.

Literatur Delisle 1884, S. 269–275; Delisle 1888, S. 68–69; Delisle 1900, S. 37, Nr. 334 (Tours); Cumont 1916, S. 11–16, Nr. 3 und 4, fig. 4; Rand 1929, S. 185–186, Nr. 172; Byvanck 1949, S. 222–223, Nr. 74, S. 224, Nr. 80; McGurk 1973, S. 203; McGurk 1981, S. 317ff.; O’Connor 1984, S. 65; Le Bourdellès 1985, S. 76, 101; Mütherich 1989, S. 35, 39, 42, 44, 49f.; Borst 1994, S. 119, Anm. 101, S. 185, Anm. 48; Ernst 1994, S. 585; Obrist 2001, S. 24, fig. 18. Siehe S. 77, Abb. 731–739

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Paris, Privatsammlung, o. S. (ehemals Phillipps Coll. 26235) Hyginus De astronomia (Rest einer Sammelhandschrift?) Sternbilderdarstellungen zu Hyginus De astronomia St-Amand?, Ende 11. oder Anfang 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 292 × 222 mm, I + 25 Folia, Pergament, Text zweispaltig zu 38–40 Zeilen in Karolingischer Minuskel

Art der Bilder Neben 39 ungerahmten Zeichnungen von Sternbildern zum Hyginus-Text (3. Buch) auf fol. 15–20v findet sich auf fol. 1v ein Diagramm mit den 4 Elementen, 4 Jahreszeiten und 12 Winden.

Inhalt fol. 2r–25v:

Hyginus, De astronomia

Kommentar Heute stellt sich der einstige Phillippicus als eine reine Hyginus-Handschrift dar, doch zeigt ein früher Eintrag auf fol. 1r, dass zu ihm ursprünglich auch Makrobius‘ Somnium Scipionis, Platos Timeus und der Timeuskommentar des Calcidius gehörten. Diese Texte hat Fitzroy Fenwick in einer Notiz auf demselben Blatt mit der ehemaligen Phillipps-Handschrift 2948 identifziert, obwohl dort ein anderer Schreiber am Werk war, der Calcidius-Kommentar dort fehlt und im übrigen auch Cod. 26235 vom Lagenauf bau her in sich abgeschlossen ist. Selbst wenn die Zuordnung nicht zutreffen sollte, bleibt festzuhalten, dass De astronomia von Anfang an oder bald nach seiner Entstehung in ein kosmologisches Handbuch integriert war. Wie es scheint, sind Hyginus-Texte in der nordwesteuropäischen Tradition öfter mit anderen Schriften kombiniert worden als im süddeutschen Raum, wo sie gern einen eigenen Band bilden. Interessanterweise steht der Hyginus-Text des Phillippicus mit seiner Textgestalt, die als einzige viele Stellen unververderbt überliefert, innerhalb der illustrierten Hyginus-Texte relativ allein. Zwar existieren weitläufige Verbindungen zu einigen romanischen Hyginus-Handschriften mit Illustrationen aus Süddeutschland (St. Paul im Lavanttal 16/1; Florenz Plut. XXIX, 30, Wien lat. 51 und Wolfenbüttel Guelf. 18.16 Aug. 4°), doch bietet allein die Handschrift Glasgow Hunter T. 4.2, entstanden im 12. Jahrhundert in Durham, eine näher verwandte Textredaktion (Viré 1992). Die Illustrationen zum dritten, astrothetischen Buch wurden vor dem Text ausgeführt, was man nicht nur an den angepassten Formen der Textlücken sieht, sondern auch daran, dass der Fuß des Orion überschrieben ist. Der Text ist in zwei Spalten geschrieben, die Platzausnutzung

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ist sparsam. Die Illustration erfolgt immer seitlich der betreffenden Textstelle und ohne Angabe von Sternpositionen. Die Ausführung als einfache braune Federzeichnungen mit im Einzelfall zugefügten Lavierungen, verrät eine geübte Hand, was beispielsweise an den Gewändern von Cepheus und Cassiopeia ins Auge tritt (fol. 16r). Der Zeichner neigt zu Ornamentalisierungen, so stilisiert er den Krebs und Skorpion (fol. 18v) zu Blattmasken. Die Ikonographie folgt im wesentlichen der älteren Überlieferung der Libri computi, einige Elemente lassen sich jedoch eher mit den Zyklen zu De signis coeli verbinden – insbesondere Bootes mit erhobenem Pedum, wie zum Schlag ausholend, Fuhrmann ohne Wagen, Serpentarius mit zugewandter Schlange, die ihn hier sogar bespuckt. Eine Reihe von spezifischen Merkmalen finden sich auch in weiteren Hyginus-Handschriften, vor allem in dem Codex Leiden Voss. Lat. Q. 92, der einen nahezu identischen Zyklus aufweist. Zu nennen wären hier das rechte Bein des Herkules, das völlig widersinnig aus dem Maul des vor dem Körper gehaltenen Löwenfells hervortritt, sowie Cepheus mit herabhängenden Armen, Cassiopeia als verschleierte Frau in der Art einer Marienfigur mit einem Weisegestus nach links, Andromeda ohne seitliche Felsen, schreitend, die nackten Zwillinge in enger Umarmung, die trapezförmige Leier, Eridanus als bloßer Flusslauf und ein Fisch zu Füßen des Wassermanns, der das ausgegossene Wasser trinkt. Einige dieser Spezifika sind auch in der süddeutschen Hyginusüberlieferung anzutreffen, so in St. Paul im Lavanthal Ms. 16/1 oder Florenz, Bibl. Laur. Plut. 29.30. Da diese Besonderheiten sonst nicht auftreten, deutet dies auf eine gemeinsame Wurzel hin, die vermutlich in einer Himmelskarte bestand, aus der die einzelnen Figuren herausgelöst wurden. Dies könnte im 10. Jahrhundert in Fleury geschehen sein. (siehe S. 123) Bernhard Bischoff nahm aufgrund der Schrift an, dass der Codex in Nordfrankreich in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts entstanden sei. Darüberhinaus gibt es aber stilistische Bezüge der Bilder zu einigen historisierten Initialen aus dem frankoflämischen Kloster St-Amand (Elnone) in der dreibändigen Alardus-Bibel Ms. 9–11 und der Augustinus-Handschrift Ms. 39 der Bibliothèque municipale von Valenciennes. Die Entstehung der letzteren lässt sich auf den Zeitraum kurz nach 1087 eingrenzen, so dass auch ein zeitlicher Anhaltspunkt gegeben ist (vgl. die Abbildung von Ms. 39, fol. 77r bei Grabar/ Nordenfalk, S. 152 mit Orion). Offensichtlich stehen der oder die beteiligten Buchmaler erst an der Schwelle zum romanischen Stil und rezipieren hauptsächlich den Stil karolingischer oder ottonischer Vorlagen, wie sich an den agilen und untersetzten Figuren mit ihren wulstigen Gewandrändern erkennen lässt. Es ist wichtig festzuhalten, dass dieser Stil auch in den historisierten Initialen verwandt wird und sich somit nicht vorbehaltlos auf die Vorlage der Sternbilderreihe zurückführen lässt.

Verzeichnis der Bilder fol. 15r: Ursa maior und Ursa minor (Großer und Kleiner Bär) in Gegenrichtung übereinander in einer Textlücke; Draco (Drache) mit einem rundlichen Drachenkopf und dreifach geringeltem Schwanz; Bootes (Bärenhüter) im Profil nach links. fol. 15v: Corona borealis (Nördliche Krone), geometrisch ornamental gefüllt; Hercules, aus seinem Bein »wächst« der Löwenkopf; Lyra (Leier), in Form eines Trapezes aus dessen oberem Querbalken Tierköpfe herauswachsen. fol. 16r: Aquila (Adler) mit ausgebreiteten Flügeln schräg nach links; Cepheus, mit angelegten Armen; Andromeda mit der Rechten zur Seite ge-

50 Paris, Privatsammlung, o. S. (ehemals Phillipps Coll. 26235)

streckt, der Linken auf der Brust; Cassiopeia, mit den Armen nach rechts weisend. fol. 16v: Andromeda, bis auf Mantel nackt, hebt das rechte Bein in die Höhe; Perseus, mit Flügeln an den Fußgelenken. fol. 17r: Auriga (Fuhrmann), ohne Wagen, in der Linken messerartiger Gegenstand; Serpentarius (Schlangenträger) von vorn. fol. 17v: Sagitta (Pfeil), nach rechts; Aquila (Adler), frontal; Delphinus (Delfin), als eigentümliches zweilagiges Wesen; Pegasus, als Pferdehälfte nach links; Triangulum (Dreieck). fol. 18r: Aries (Widder), springt zurückblickend nach links; Taurus (Stier), Stierhälfte nach rechts; Gemini (Zwillin­ ge), nackt u. sich umarmend (?). fol. 18v: Cancer (Krebs), blattmaskenartig; Leo (Löwe), ruhend; Virgo (Jungfrau), mit Zweig und Waage; Scorpius (Skorpion), gewächsartig. fol. 19r: Sagittarius (Schütze), Satyr, nach links; Capricornus (Steinbock) ; Aquarius (Wassermann) kniend, schüttet Amphore vertikal vor sich aus. fol. 19v: Pisces (Fische) in Gegenrichtung, am Maul verbunden; Cetus (Seeungeheuer) ; Eridanus, nur als gewundenes Band. fol. 20r: Anticanis (Vorhund), nach links; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte mit rundem Deckhaus und Segel. fol. 20v: Centaurus, gehörnt und mit Beutetier auf der Keule; Ara (Altar) ; Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe).

Provenienz Eine fragmentierte Papsturkunde aus der Zeit um 1400, betreffend die Ansprüche eines »Vicarius maioris ecclesiae« Johannes de Hakeginnes gegenüber einem Hospital, ist als Vorsatzblatt eingebunden. Randbemerkung auf fol. 16r von einem Philipp de Ghoy, dass er das Buch 1567 gelesen habe. In der Sammlung des Sir Thomas Phillipps erhielt die Handschrift zunächst die Signatur 2608, die jedoch bereits vergeben war. Nach Phillipps‘ eigenem Katalog (S. 27) müßte er sie dieser Nummer nach von Thorpe erworben haben. Von der Handschrift 2948, die vielleicht einmal mit Nr. 26235 einen Band gebildet hat, bezeichnet Phillipps hingegen die Provenienz als unsicher. – Zusammen mit anderen Phillipps-Handschriften auf der Versteigerung bei Sotheby London 28. 11. 1973.

Literatur Munby 1968, S. 31, 33; »Hyginus. De Astronomia«, in: Sotheby’s & Co (Hrsg.): Catalogue of Manuscripts on Vellum, Paper and Papyrus of the 4th to the 17th Century from the Celebrated Collection Formed by Sir Thomas Phillipps (1792–1872) –1872) 1872) (Bibliotheca Phillippica. Medieval Manuscripts. New Series 8, Auktionskatalog London 28. 11. 1973), London 1973, Lot 581, S. 31–33; Viré 1981 Nr. 61, S. 172; Munk-Olsen, Bd. 3, 2, 1989, S. 80, Hyg. C. 29.5; Viré 1992, Sigel Z, S. XXI, L–LI; Bolton 2010. Siehe S. 120, Abb. 740–745

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Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6 Sammelhandschrift zum Quadrivium Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) Frankreich, 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 295 × 220 mm, 154 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel geschrieben.

Art der Bilder Den Text der Recensio interpolata begleiten insgesamt 44, in einfacher Federzeichnung mit Tinte ausgeführte Illustrationen der Sternbilder, der Planeten und Luminaria, die ohne Rahmen und Hintergrund meist zu mehreren auf das Pergament gesetzt, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r–46v: fol. 47r–55v: fol. 55v–63v: fol. 64r–135v: fol. 136r–153v:

Boethius, Institutio arithmetica (Oosthout ed. 1999, 2) Ps-Boethius, Geometria Euclidis Geometria a Boethio translata Boethius, Musica Text des Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata(Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.)

Kommentar Der Prager Codex Ms. IX. C. 6 (ehem. X, 1) gehört wie die Handschriften in Bern, Ms. 88, oder Aberystwyth, Ms. 735C, zur Gruppe der im 11. Jahrhundert mit Blick auf das Studium der Artes liberales bzw. auf deren naturwissenschaftlichen Bereich, das Quadrivium, zusammengestellten Textsammlungen. Diese für den Unterricht gedachten Kompendien zeichneten sich durch eine Verbindung von Klassikertexten und zeitgenössischen Schriften aus. Die schlichte Aufmachung der Prager Handschrift spricht dafür, dass auch dieses Buch für den Schulzusammenhang hergestellt wurde. Zahlreiche Notizen unterschiedlicher Hände an den Rändern zeugen von dessen regem Gebrauch. Der Codex enthält zunächst eine Reihe grundlegender Abhandlungen des Boethius zur Wissenschaft der Arithmetik, Musik bzw. Geometrie, die von in Rot ausgeführten, mit schwarz eingeschriebenen Bezeichnungen und Aufschriften versehenen Schemata begleitet werden. Sie dienten zur Einführung in das Quadrivium, haben sich jedoch nicht vollständig erhalten, denn die Prager Handschrift setzt auf fol. 1r erst mit der Überschrift zum elften Kapitel ein. An diese Ausführungen schließt sich die Himmelsbeschreibung Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) an. Sie wird von insgesamt 44 rahmenlosen und in der gleichen dunklen Tinte wie die Schrift in einfacher Federzeichnung ausgeführten Illustratio-

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nen der Sternbilder, der Planeten und Luminaria begleitet. Der für die Bilder vorgesehene Platz wurde anscheinend bereits vom Schreiber gemäß der Vorlage frei gelassenen. Er erstreckt sich zumeist über die halbe Breite des Textspiegels sowie über eine Höhe von sechs Zeilen. Auf diese Weise konnten bis zu drei Himmelsgestalten auf einer Seite dargestellt werden. Die Sternbilder der Prager Handschrift stehen ganz in der Bildtradition zur Recensio interpolata. Im Vergleich mit anderen illustrierten Handschriften der Recensio interpolata, etwa Paris lat. 12957, Köln 83 II, oder St. Gallen, Ms. 902 und Ms. 250, fehlen dem Bildzyklus des Prager Codex jedoch die Darstellungen der Hemisphären, des Globus, der Milchstrasse und des Zodiakus. Die hundeähnlichen Köpfe der beiden abgebildeten Skorpione oder der käferartige Kopf des Krebses erinnern an Fabelwesen. Die als Blattkelche gestalteten Schwanzenden des Delphins und des Steinbocks sind dagegen wohl Zugeständnisse an den Zeitstil. Die Tierbilder der Prager Handschrift sind durchweg eher unbeholfen gezeichnet und nutzen nicht immer den ihnen zur Verfügung stehenden Raum. Auffällig ist auch eine unterschiedliche zeichnerische Behandlung der menschlichen Sternbilder. Während die nackten Gestalten nur mit der Kontur umrissen wurden, zeigt sich bei den Gewandfiguren eine geübte Hand, die zeittypische Formeln beherrscht. Nicht nur das Faltenschema, sondern auch die Vorliebe für gleichmäßig gezackte Säume verweisen in das 11. Jahrhundert. Ein typisches Detail des Zeichners sind die im Nacken spitz auslaufenden, und dabei sich schlängelnden oder einrollenden Haarschöpfe wie bei Bootes oder der Jungfrau. Außergewöhnlich ist die Darstellung des Hercules im Garten der Hesperiden auf fol. 143r. Mit großer Sorgfalt und ungewöhnlich detailliert hat der Zeichner dort den Baum der Hesperiden mit der sich um die Äste windenden Schlange wiedergegeben. Für dieses Bild verbrauchte er den gesamten, ihm zur Verfügung stehenden Bildraum. Da der Baum im Vergleich zu anderen Herculesdarstellungen über die Maßen groß geriet, muss der Held, der entgegen der Bildtradition klein und schmächtig wirkt, das Tier gleichsam mit einem Luftsprung angreifen. Ganz offensichtlich hat der Zeichner hier seine Vorlage abgewandelt. Möglicherweise inspiriert von Darstellungen des Paradiesbaumes, hat er der Pflanze in seiner Illustration ein viel größeres Gewicht als üblich zugestanden.

Verzeichnis der Bilder fol. 142r: Die mit krallenbesetzten Beinen, geschlossenem Maul sowie dichtem Fell wiedergegebene, nach links stehende Ursa minor (Kleiner Bär) in Seitenansicht. fol. 142v: Die in Ansicht und Position dem Kleinen Bären ähnliche, jedoch mit kürzerem Fell, ohne Krallen und längerem Hals dargestellte Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht. fol. 143r: Oben: Der nach rechts gewandte, in drei großen Windungen aufrecht stehende, geschuppte Draco (Drache) in Seitenansicht, die beiden übereinander wiedergegebenen, jedoch in unterschiedliche Richtung stehenden Bären zwischen den Windungen; Unten: Der im Knielauf gleichsam nach links oben springende, vollständig nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, das im Dreiviertelprofil gezeigte langhaarige Haupt leicht erhoben, im Kampf gegen die sich um den aus einem grasbewachsenen Bodenstück ragenden, übergroßen, blätterbesetzten Baum der Hesperiden windende Schlange mit Drachenkopf, dabei ein blankes Schwert in der erhobenen Linken schwingend und ein zottiges Löwenfell über der ausgestreckten Rechten tragend. fol. 143v: Oben: Die aus 14 tropfenförmigen, an den Seiten mit kurzen Haaren versehenen Gliedern zu-

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sammengesetzte, kreisrunde Corona borealis (Nördliche Krone); Mitte: Der vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Seitenansicht nach links auf dem in die gleiche Richtung gewandten Skorpion stehend, die einfach um seinen Körper gewundene, hinter seinem Rücken kreuzförmig verlaufende, sich mit geöffnetem Maul aufrichtende Schlange anblickend und zugleich mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende haltend; Unten: Der nach links gerichtete Scorpius (Skorpion) mit Hundekopf, dreifach gespaltener Zunge, vier Beinpaaren sowie einem aus kreisrunden Gliedern zusammengesetzten Schwanz mit Stachel in Aufsicht, jedoch mit ins Profil gedrehtem Kopf. fol. 144r: Oben: Der nach links eilende, vollständig nackte, bärtige (?) Bootes (Bärenhüter) in Seitenansicht, ein in mehreren Falten wehendes Tuch über der Linken sowie ein blankes Schwert in der erhobenen Rechten tragend; Unten: Die in prächtige, bodenlange Ober- und Untergewänder mit Ärmeln und Zierborten gekleidete, ungeflügelte Virgo (Jungfrau) als nach links blickende Frontalgestalt mit leicht gebogenem Körper und schleierbedecktem Haupt, in den weit zur Seite ausgebreiteten Händen rechts eine Ähre und links eine Waage haltend. fol. 144v: Oben: Die in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinanderstehenden, einander anblickenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) in Frontalansicht, jeweils in eine knielange Tunika sowie ein über der linken Schulter fallendes Pallium mit Fibel und Ziersaum sowie Schnürschuhe gekleidet, sich jeweils mit dem nach außen zeigenden Arm auf eine Lanze stützend, der linke Zwilling trägt in seiner freien Hand ein Musikinstrument, der rechte Zwilling hält seine freie Rechte weisend in Bauchhöhe erhoben; Mitte: Der nach rechts gewandte, mit beinartigen kurzen Scheren, sechs Beinen und haarbesetztem Hinterleib dargestellte Cancer (Krebs) in Aufsicht; Unten: Der mit übereinandergestellten, krallenbesetzten Vorder- und Hinterbeinen nach links in Seitenansicht stehende, grazil wirkende Leo (Löwe), dessen Mähne sowie Teile des Fells im Brust- und Rückenbereich durch kleine Kreise wiedergegeben werden. fol. 145r: Oben: Der mit leicht gebeugten Beinen gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), das im Dreiviertelprofil gezeigte langhaarige Haupt leicht erhoben, in lange Ober- und Untergewänder mit Ärmeln gekleidet sowie mit einem über den Schultern drapierten und über der linken Seite in faltiger Bahn nach hinten fallenden Tuchstreifen versehen, in seiner zur Seite gestreckten rechten Hand eine dreischwänzige Peitsche schwingend, auf dem ausgestreckten linken Arm die einander zugewandten Böckchen präsentierend; Unten: Der nach rechts im Profil gezeigte Taurus (Stier) als mit eingeknicktem rechten und vorgestrecktem linken Vorderbein lagernde Ganzfigur, das Fell im Halsbereich durch einige parallele Linien besonders betont. fol. 145v: Oben: Der jugendliche Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehende, nach rechts blickende Frontalfigur, mit knielanger gegürteter Ärmeltunika, Schnürschuhen, Phrygiermütze sowie einem hinter den Armen nach beiden Seiten in faltigen Bahnen wehenden Schultermantel bekleidet; Unten: Die mit weit ausgebreiteten Armen frontal auf einem mehrstufigen Thron mit Rückenlehne sitzende, nach rechts blickende Cassiopeia, in ein langes Untergewand mit Ärmeln, ein darüber fallendes langes, gegürtetes Obergewand sowie ein über den Schultern drapiertes Tuch gekleidet, auf dem im Dreiviertelprofil gezeigten Kopf eine spitz zulaufende Kappe tragend. fol. 146r: Oben: Die mit waagerecht ausgebreiteten Armen frontal zwischen zwei niedrigen Felstürmen stehende Andromeda, dabei beide Hände auf die säulenartigen Spitzen der Berge legend, in ein knöchellanges Untergewand sowie ein bis zur Hüfte reichendes, seitlich geschlitztes Obergewand gekleidet, dessen Ärmel in zwei zylindrischen Zipfeln hinter die Schultern fallen, das lockige Haupt leicht nach links gewandt, so dass ein Blickkontakt zu ihren Eltern auf der gegenüberliegenden Seite entsteht; Unten: Pegasus als nach rechts in Seitenansicht gezeigte, geflügelte Halbfigur. fol. 146v: Oben: Der mit zurückgewandtem Kopf in Seitenansicht nach links stehende Aries (Wid­

51 Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6 der), einen doppelten kranzartigen Reifen um die Körpermitte tragend; Mitte: Das aus einem breiten mittleren sowie zwei schmaleren Außenstreifen zusammengesetzte Triangu­ lum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiedergegeben, in unterschiedliche Richtungen schwimmenden schuppigen Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine gedrehte Schnur miteinander verbunden. fol. 147r: Oben: Der nach links eilende, ungeflügelte, jugendliche Perseus in Seitenansicht, vollständig nackt bis auf einen über den Schultern drapierten

Tuchstreifen sowie eine Phrygiermütze, in der nach hinten gestreckten Rechten ein gedrungenes, einer Harpe ähnelndes Schwert tragend, in der vorgestreckten Linken ein kleines Medusenhaupt am langhaarigen Schopf empor haltend; Unten: Die schleierbedeckten Plejaden als sieben kaum individualisierte, einander sehr ähnliche Medaillonbildnisse in rosettenförmiger Anordnung, sechs teilweise durch einfache Striche miteinander verbundene Medaillons sind dabei kreisförmig um ein in der Mitte befindliches, durch kleine Striche besonders ausgezeichnetes Rundbild angeordnet. fol. 147v: Oben: Die aus einem rechteckigen ornamentierten Schallkörper, geradem Rahmen mit Querstück in Form eines Tierkörpers sowie einem rundbogigen Abschluss zusammengesetzte, zehnsaitige Lyra (Lei­ er) ; Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln sowie mit nach rechts ins Profil gedrehtem Hals frontal stehende Cygnus (Schwan), mit eigenem Bildtitel, cignus voluceris, versehen. fol. 148r: Oben: Die aus Platzmangel am rechten Rand neben dem Text ausgeführte kleine Miniatur des mit zurückgewandtem Kopf nach rechts schreitenden Aquarius (Wassermann) in Seitenansicht, gekleidet in eine kurze, gegürtete Ärmeltunika, ein über der linken Schulter fallendes Pallium sowie eine flache Kopf bedeckung, mit seinen vor dem Körper erhobenen Händen ein Gefäß ausgießend; Mitte: Der mit ausgestreckten Vorderbeinen nach links lagernde, in Seitenansicht gezeigte Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach gewundenem, schlanken Fischschwanz mit sehr breiter, ornamental gestalteter Schwanzflosse; Unten: Der nach links springende bärtige Sagittarius (Schütze) als bogenspannender, gehörnter Kentaur in Seitenansicht, bekleidet mit einem in breiter, faltiger Bahn nach hinten wehendem Manteltuch. fol. 148v: Oben links: Der mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach rechts in Seitenansicht gezeigte Aquila (Adler), mit beiden Beinen auf dem mit der Spitze nach links weisenden Sagitta (Pfeil) stehend; Oben rechts: Der dem Adler zugewandte Delphinus (Delfin) mit Hundekopf, langer spitzer Kopfflosse, je zwei bzw. drei spitzen Rücken- und Brustflossen sowie einer zweifach geteilten, fein gefächerten Schwanzflosse; Unten: Der mit großem Schritt dynamisch nach links stürmende Orion als jugendliche Gestalt in Seitenansicht mit im Dreiviertelprofil gezeigtem Kopf, bekleidet mit einer knielangen, gegürteten Ärmeltunika sowie einem über der linken Schulter drapierten Manteltuch, die vor dem Körper erhobene Linke vollständig vom Tuch verhüllt, mit einem blanken Schwert in der nach hinten gestreckten Rechten zum Schlag ausholend. fol. 149r: Oben: Der mit geöffnetem Maul und hängender Zunge in Seitenansicht dargestellte, nach links jagende Canis maior (Großer Hund) mit steinbesetztem Halsband; Unten: Lepus (Hase) in Seitenansicht, mit vorgestrecktem Kopf von rechts nach links springend. fol. 149v: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffes vom gebogenen Heck mit verzierter Spitze und Ruderpaar bis hin zum einfachen Mast mit übereinander gehissten kleinen Segeln, auf Deck ein ziegelgedecktes Haus mit Satteldach; Mitte: Das nach rechts von der Seite gezeigte Cetus (Seeun­ geheuer) als hybrides Wesen mit vorgestrecktem Hundekopf, geflügelten Greifenklauen sowie mehrfach verschlungenem, flossenbesetztem Fischkörper mit zweifach geteilter Schwanzflosse; Unten: Der frontal aus einem kreisrunden, wellig bewegten Gewässer auftauchende, bärtige Eridanus als aus dem Wasser herausragende, vollständig nackte Büste mit kurzem und sehr dichtem Haar sowie einer vor seinem Körper gehaltenen, brennenden Fackel. fol. 150r: Oben: Der mit dem stacheligen Rücken nach unten in Seitenansicht ge-

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zeigte Piscis magnus (Südlicher Fisch) mit großem, schnabelähnlich gebogenem Maul, schuppigem Hals sowie wellenförmig geteilter Schwanzflosse; Mitte: Der brennende Ara (Altar) als mehrstufiges, ziegelgedecktes Gebäude mit Fenstern, aus dessen höchstem, zylindrischen Teil Flammen schlagen; Unten: Der nach rechts schreitende, nackte, bärtige (?) Centaurus in Seitenansicht, über der Linken einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorgestreckten Rechten ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend. fol. 150v: Oben: Die mit erhobenem Kopf und schuppigem Bauch gezeigte, nach links kriechende Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den kelchförmigen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten, kleinen Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Körperende auf ihren Windungen tragend; Unten: Der mit geöffnetem Maul in Seitenansicht gezeigte, nach links jagende Anticanis (Vorhund) mit steinbesetztem Halsband. fol. 151v: Die schleierbedeckten fünf Planeten als rahmenlose, im Quincunx-Schema angeordnete, einander sehr ähnliche Büsten ohne Nimbus, bis auf die nach links blickende zentrale Büste mit Caduceus sind alle ohne Attribute dargestellt. fol. 152r: Die innerhalb eines doppelt gerahmten Kreismedaillons dargestellte Luna als bis zur Hüfte sichtbare, auf dem in Seitenansicht gezeigten, von zwei Ochsen nach links gezogenen Mondwagen stehende Frontalfigur, in ein langes Untergewand mit Ärmeln sowie ein mit etwas kürzeren Ärmeln versehenes Obergewand sowie einen Kopfschleier gekleidet, eine große Mondsichel auf dem leicht nach links gewandten Haupt tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, im linken Arm eine brennende Fackel haltend und zugleich mit der Linken die Tiere zügelnd. fol. 153r: Der innerhalb eines doppelt gerahmten Kreismedaillons dargestellte Sol ohne Sonnenwagen als bis zu den Knien hinter vier Pferden sichtbare Frontalgestalt mit Strahlennimbus, bekleidet mit einem langen Untergewand, gegürtetem kurzen Ärmelgewand sowie einem über der linken Schulter drapierten Manteltuch mit Fibel, die Rechte im Grußgestus erhoben, in der Linken ein flaches brennendes Gefäß haltend.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist unbekannt.

Literatur Hanslik 1851, S. 603; Truhlar 1906, II, Nr. 1717; Le Bourdellès 1985, S. 78. Siehe S. 113, Abb. 746–753

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Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. gr. 1291 Die Handlichen Tafeln (Prócheiroi kanónes) des Ptolemaios Konstantinopel, 8. Jahrhundert (um 753/4) Kodikologische Angaben 281 × 204 mm, 95 Folia, Pergament, Text überwiegend einspaltig in griechischer Unziale, Nachträge zum Teil in griechischer Minuskel, geschrieben.

Art der Bilder Neben in Deckfarbentechnik und Gold ausgeführten Darstellungen der südlichen und nördlichen Hemisphäre auf fol. 2v und fol. 4v findet sich auf fol. 9r die in der gleichen Technik ausgeführte Kreisminiatur des Sol sowie den auf drei Streifen angeordneten Stunden- und Monatspersonifikationen sowie den Tierkreiszeichen; es folgen ab fol. 22r insgesamt 96, in Deckfarbentechnik angefertigte, sich achtmal wiederholende Serien mit Miniaturen der zwölf Tierkreiszeichen, deren erste Folge mit Rahmen und Hintergrund, deren zweite bis achte Folge ohne Hintergrund allein mit einem Rahmen versehen wurde; hieran schließt sich eine Reihe von Tabellen mit den Personifikationen der Windgötter, der Luna sowie von Tag- und Nacht an, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r–2r:

fol. 2v: fol. 3r: fol. 3v: fol. 4r: fol. 4v: fol. 5r–94v: fol. 8v: fol. 95r: fol. 95v:

Nachträge: kurze astrologische Texte zum Tierkreis (Semeia toon zoodioon) und zur Position der Sonne (Poos dei heurein ten tu heliu) (Mogenet ed. 1969) Abbildung der nördlichen Hemisphäre Nachtrag (Mogenet ed. 1969) Nachtrag aus Ptolemaios‘ Tetrabiblos I, 21 (Robbins ed. 1998) ursprünglich leer, Nachtrag: zweizeilige astrologische Notiz Abbildung der südlichen Hemisphäre Ptolemaios, Handliche Tafeln (Prócheiroi kanónes), byz. (Heiberg ed. 1907, II), dazu verschiedene Diagramme leer Nachtrag des 14. Jh. (?) Nachtrag: astronomische Kalkulationen (vor 812–815) und Epakten (Mogenet ed. 1969)

Kommentar Neben einigen erst später aufgezeichneten Nachträgen in Form kurzer astrologischer Texte zum Tierkreis und zur Position der Sonne sowie den Darstellungen der nördlichen und südlichen Hemisphäre auf einer eigenen, vielleicht erst später hinzugefügten Lage bilden die zwischen fol. 5r–94v in griechischer Unziale geschriebenen sogenannten Handlichen Tafeln (Prócheiroi kanónes) des Ptolemaios den Hauptteil des Codex Vaticanus gr. 1291. Sie enthalten verschiedene, von Ptolemaios in der Mitte des 2. Jahrhunderts n. C. erstellte, geographische, chronologische

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und astronomische Tabellen. Zwar haben sich byzantinische Handschriften dieses Textes seit dem 8. Jahrhundert erhalten, bis auf die Handschrift in Rom, Ms. Vat. gr. 1291, wurden diese jedoch nicht mit Bildern versehen. Die Angaben der ersten Tabellen des vatikanischen Manuskripts treffen nicht auf den Herkunftsort des Ptolemaios, die Stadt Alexandria, zu. Stattdessen wurden sie auf die Metropole Byzanz abgestimmt. Aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass es sich bei der Handschrift um eine frühe, wahrscheinlich um die älteste noch erhaltene byzantinische Bearbeitung des Werkes handelt. Die Ausstattung des Buches ist exklusiv. Der Text wurde auf sehr feinem und hellem Pergament in einer gleichmäßigen Unziale geschrieben. Darüber hinaus hat man die zahlreichen Tabellen sorgfältig in roter Tinte angelegt. Zu dieser aufwendigen Gestaltung passt auch die Ausschmückung der Seiten mit figürlichen Deckfarbenillustrationen unter reichlicher Verwendung von Gold. Vom Hauptteil des Codex müssen schon früh jeweils ein Folio zu Beginn und am Schluss abhanden gekommen sein. Wie sich anhand der nachgetragenen Texte auf diesen Blättern bestimmen lässt, wurden sie wohl vor 815 durch die heutigen Blätter 3 und 95 ersetzt. Daneben hat man dem Codex entweder bereits während oder kurz nach seiner Entstehung eine weitere Lage vorgebunden. Sie bestand einstmals aus zwei Bögen, deren erstes Blatt heute verloren ist. Diese Lage enthält auf fol. 2v und fol. 4v die getrennten Abbildungen der südlichen und nördlichen Hemisphäre. Auf nachtblauem Hintergrund sind dort die Konstellationen in einer an Grisaillen erinnernden, in hellenistischer Tradition stehenden Technik in zarten weißen und schwarzen Linien zwischen die golden markierten Himmelskreise ohne die Angabe der einzelnen Sternpositionen eingezeichnet. Darüber hinaus sind innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes jeweils die Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau bzw. von der Waage bis zu den Fischen zu sehen. Die Farbgebung dieser Miniaturen folgt ganz der im Almagest des Ptolemaios, Buch 3, 8 enthaltenen Beschreibung von Himmelsgloben. Das Voranstellen einer eigenen Bilderlage wie hier im Vat. gr. 1291 ist kein Einzelfall, sondern begegnet unter anderem bei der am byzantinischen Hof im 6. Jahrhundert entstandenen Wiener Dioskurides-Handschrift (Wien, ÖNB, Ms. Vind. Med. gr. 1) die, wie Weitzmann bemerkt, darüber hinaus in den das Widmungsblatt umrahmenden Puttenspielen eine ähnliche grisailleartige Malerei aufweist. Darstellungen von Hemisphären finden sich in der karolingischen Buchmalerei insbesondere am Anfang von Bildzyklen zum Text des Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata, wie sie unter anderem in den Handschriften in Paris lat. 12957, und St. Gallen 902, begegnen. Dieser Text entstand nach einer illustrierten griechischen Vorlage und wurde im 8. Jahrhundert, also etwa zeitgleich mit der Entstehung des Hauptteils des Vat. gr. 1291 in Frankreich rezipiert. Allerdings hat man die Illustrationen zur Recensio interpolata im Vergleich zu denen des Codex Vaticanus nicht in Deckfarbentechnik, sondern als einfache Zeichnungen ausgeführt. Ein enger Zusammenhang zeigt sich etwa zwischen dem Vat. gr. 1291 und der im 9. Jahrhundert entstandenen St. Galler Handschrift, Ms. 902. Nach Weitzmann sind die einzelnen Bildtypen, etwa Widder, Stier oder Zwillinge, so gleichartig angelegt, dass er eine gemeinsame Quelle für beide Codices annimmt. Die Ikonographie der Sternbilder der auf fol. 2v dargestellten nördlichen Hemisphäre weist darüber hinaus Parallelen zu einer auf fol. 310r befindlichen Zeichnung in der griechischen Handschrift, Rom Vat. gr. 1087, auf. Die Darstellung der Südhalbkugel unterscheidet sich jedoch von anderen vergleichbaren Beispielen. Denn hier erstreckt sich, dem

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Text des Aratos folgend, der Skorpion über zwei Abschnitte des Tierkreises, und die Waage wird nicht gesondert dargestellt. Auffälligerweise ist die Miniatur der südlichen Hemisphäre an der Oberfläche sehr stark abgerieben. Dies spricht dafür, dass die Lage zeitweise lose oder unabhängig gewesen sein muss. Ganz ähnliche Bilder der Hemisphären begegnen noch einmal, jedoch sehr viel später in den Malereien der Alten Sakristei von San Lorenzo in Florenz. Erstaunlich ist nicht nur, dass für die Kuppelausmalung dort die gleiche Farbigkeit gewählt wurde wie im byzantinischen Codex, sondern auch, dass man die Himmelskreise ebenfalls als goldene Linien wiedergegeben hat. Es ist gut möglich, dass man im Florenz des 15. Jahrhunderts die byzantinischen Miniaturen des Vat. gr. 1291 kannte, denn das Manuskript befand sich spätestens seit 1465 in Italien. An die ganzseitigen Illustrationen der Hemisphären schließt sich als erstes Bild des Hauptteils die von einem schmalen roten Rahmen umgebene kreisrunde Miniatur auf fol. 9r an. Sie zeigt auf goldenem Grund die rund um die zentrale Darstellung von Sol auf dem Sonnenwagen auf drei Streifen konzentrisch angeordneten Stunden- und Monatspersonifikationen sowie die Tierkreiszeichen. Die einzelnen Bildfelder werden dabei durch zwei schmale, mit Schrift versehene Bänder voneinander getrennt. Möglicherweise handelt es sich bei dieser Miniatur um die Verkleinerung einer monumentalen Komposition wie sie in ähnlicher Form auch in den Fußbodenmosaiken in Palästina, etwa der Synagoge von Beth-Alpha oder Beth-Shean, begegnet, auch wenn dort gerade die Stunden- und Monatsgestalten fehlen. Rätselhaft sind die Gesten der im Codex Vaticanus gr. 1291 auf dem ersten Streifen dargestellten Personifikationen der zwölf Stunden. Vielleicht geben diese mit ihren Händen bestimmte Zahlen an. Ein Vergleich mit den farbigen Darstellungen von Zahlen durch in Dreiergruppen angeordnete Männer der Madrider Handschrift 19 ergab jedoch keine Übereinstimmung der Gebärden. Weitere 96 Miniaturen mit der Darstellung der zwölf Tierkreiszeichen finden sich ab fol. 22r oberhalb der dreiteilig angelegten Tabellen in den die Spalten bekrönenden Bogenfeldern. Es handelt sich dabei um Serien von je 12 Bildern, die sich insgesamt achtmal wiederholen. Die erste Folge beginnt auf fol. 22r mit dem Steinbock und endet auf fol. 23v mit dem Schützen. Die Tierkreiszeichen wurden dort als Ganzfiguren vor einen nachtblauen Hintergrund gestellt und von einem roten Rahmen umgeben. Hier begegnet der sein Gefäß zur Seite ausgießende Wassermann ebenso wie die jeweils durch einen Reifen springenden Himmelsgestalten Widder und Stier, die von ihren Lanzen flankierten Zwillinge oder die geflügelte Jungfrau mit einem Zweig in ihrer rechten und einem Füllhorn in ihrer gesenkten linken Hand. Die zweite und alle übrigen Serien beginnen mit Sternzeichen Widder und enden jeweils mit den Fischen. Hier wurden die ebenfalls von einem roten Rahmen umgebenen Bilder der Tierkreiszeichen aber ohne den Hintergrund auf das blanke Pergament gesetzt. Darüber hinaus sind alle in Menschengestalt gezeigten Himmelswesen nur bis zu den Beinen sichtbar wiedergegeben. Im Vergleich zur ersten Bildserie lassen sich einige Unterschiede in der Gestaltung der einzelnen Figuren feststellen, denn nun ist sowohl beim Widder als auch beim Stier der Reifen um die Körpermitte weggelassen worden. Ferner begegnet die Jungfrau ohne ihre Flügel und Attribute, und der Wassermann entleert ein auf der rechten Schulter getragenes Gefäß seitlich vor sich. An die acht Bildfolgen schließt sich auf fol. 45v eine vierspaltige Tabelle mit vier Darstellungen vollständig nackter, bis zur Hüfte sichtbarer, hornblasender Windgötter mit Kopfflügeln an. Es folgt auf fol. 46r eine weitere, dreispaltige Tabelle mit drei Lünettenfeldern, in denen zwei

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Windgötter sowie die Personifikation der Luna vorgestellt werden. Die Windgestalten sind dort ebenfalls als hornblasende, jedoch mit einem Schultermantel bekleidete Jünglinge mit Kopfflügeln wiedergegeben. Es folgt dann auf fol. 46v ein innerhalb eines rechteckigen Rahmens wiedergegebenes Kreisschema, das von vier mit Schultermänteln bekleideten, hornblasenden Windgöttern mit Kopfflügeln in den Zwickeln begleitet wird. Die Reihe wird durch ein Diagramm zu den Epakten mit der paarweise von Tages- und Nachtpersonifikationen begleiteten Luna auf ihrem Ochsengespann auf fol. 47r sowie einem weiteren, von einem rechteckigen Rahmen umgebenen Kreisschema mit Windgöttern in den Zwickeln auf fol. 47v abgeschlossen. Der Codex Vaticanus gr. 1291 ist die einzige zeitlich ungefähr bestimmbare Handschrift mit figürlichem Schmuck aus der Zeit des Ikonoklasmus. Jedoch weichen die von der Forschung bisher festgestellten Datierungen voneinander ab. Grundlage für die Berechung der Entstehungszeit waren zum einen die in der Kreisminiatur auf fol. 9r in den beiden Schriftleisten enthaltenen exakten Angaben über den Zeitpunkt des Sonneneintritts in das jeweilige Tierkreiszeichen. Sie lauten: Widder: 20. März, Nacht: 5 h ¹/³; Stier: 21. April, Nacht: 11 h; Zwillinge: 22. Mai, Nacht: 1 h ½ ¹/6 ; Krebs: 23. Juni, Tag: 6 h ½ ¹/60 ; Löwe: 24. Juli, Nacht: 3 h, Jungfrau: 24. August, Nacht: ½ h; Waage: 23. September, Tag: 12 h; Skorpion: 23. Oktober, Tag: 3 h ½, Schütze: 21. November, Tag: 10 h ½; Steinbock: 20. Dezember, Nacht: 3 h ¹/³ h; Wassermann: 19 Januar, Tag: 2 h /³; Fische: 18. Februar, Tag: 2 h ¹/³. Aus der Tatsache, dass diese Zeitpunkte im Laufe der Jahre variieren, schloss man, dass die Angaben möglicherweise ein ganz konkretes Datum enthalten könnten. Boll errechnete unter Verwendung moderner astronomischer Tabellen den Zeitraum zwischen 813 und 820. Schnabel, der sich auf die Angaben des Ptolemaios stützte, kam auf das Jahr 672 (richtiger 682). Van der Waerden, der seinen Berechnungen ebenfalls die Daten des Ptolemaios zugrundelegte, stellte die Jahre um 753/4 bzw. um 830/1 zur Auswahl. Tihon versuchte hingegen nachzuvollziehen, wie man solche Angaben errechnet hat. In ihren Überlegungen kam sie zu dem Schluss, dass man die Darstellung nicht exakter als zwischen 680 und 830 festlegen könne. Auch Wright gelangte in seiner Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Codex vor 830 hergestellt sein müsse. Einen anderen Anhaltspunkt zur Datierung der Handschrift bot die auf fol. 17r verzeichnete Kaiserliste. Während diese von Nolhac unter Kaiser Leo V. (813–820), von Spatharakis 1978 jedoch unter Kaiser Theophilus (829–42) angesetzt wurde, erkannte erst Wright, dass die betreffende Liste bis zu Kaiser Konstantin V. (741–775) von einer Hand geschrieben worden ist. Als außergewöhnlich wurde darüber hinaus die kontinuierliche Aktualisierung der Kaiserliste bis mindestens zu Kaiser Leo VI (886) festgestellt. Verzeichnis der Bilder Hemisphären fol. 2v: Kreisminiatur der nördlichen Hemisphäre mit golden markierten Himmelskrei-

sen sowie der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder und der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau. fol. 4v: Kreisminiatur der südlichen Hemisphäre mit golden markierten Himmelskreisen sowie der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder und der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen von der Waage bis zu den Fischen.

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Sonnentafel fol. 9r: Innerhalb eines rechteckigen Rahmens wiedergegebene kreisförmige, konzentrische Miniatur mit den rund um ein zentrales Medaillon mit der Darstellung von Sol auf dem Sonnenwagen auf drei Streifen angeordneten Stunden­ und Monatspersonifikatio­ nen sowie den Tierkreiszeichen, deren einzelne Bildfelder durch zwei schmale, mit Schrift versehene Bänder voneinander getrennt werden; im Zentrum das von einem Rahmen umgebene, vor farbigem Hintergrund wiedergegebene Medaillon mit dem frontal auf dem von vier Schimmeln gezogenen Sonnenwagen stehenden Sol, bekleidet mit einem roten, hochgegürteten Ärmelgewand und rotem Mantel, auf dem Haupt eine Krone tragend, in seiner verhüllten linken Hand einen Globus und eine Peitsche haltend, die Rechte im Grußgestus erhoben; auf dem ersten Band die innerhalb von zwölf gleich großen Abschnitten vor Goldgrund wiedergegebenen, als nackte Dreiviertelfiguren dargestellten Personifikationen der hellhäutigen Tages- bzw. dunkelhäutigen Nachtstunden mit gestikulierenden Armbewegungen; nach einem Schriftstreifen folgen auf dem zweiten Band die entgegen dem Uhrzeigersinn innerhalb von zwölf gleich großen Abschnitten vor Goldgrund wiedergegebenen, als Dreiviertelfiguren dargestellten Monatspersonifikationen, März: bewaffnet mit Helm, Schild und Lanze, April: Mann mit Zweig und Schale in seinem rechtem Arm, Mai: Jüngling mit Blütenkorb und einer Blume, Juni: Mann mit Korb, Juli: leicht bekleideter, bekränzter Jüngling mit Pflanze in seiner rechten Hand und Korb in seinem linken Arm, August: leicht bekleidete Gestalt mit Früchten im Arm, September: Gestalt, die mit beiden Händen die Enden eines sich bauschenden Tuches hält, Oktober. Flötenspieler, November: Mann mit Vogel auf der rechten Hand und einem Gewandzipfel in der Linken, Dezember: Mann mit einer geschulterten Schleuder, Januar: Mann mit Szepter und Mappa (?), Februar: tief verschleierte Gestalt. Nach dem zweiten Schriftstreifen folgen auf dem dritten Band die entgegen dem Uhrzeigersinn innerhalb von zwölf gleich großen Abschnitten vor Goldgrund wiedergegebenen, als Ganzfiguren dargestellten Tierkreiszeichen, Widder: mit zurückgewandtem Kopf nach rechts springend, einen Reif um den Bauch (?), Stier: nach links springende Ganzfigur, Zwillinge: vollständig nackte, nebeneinander stehende und sich einen Arm gegenseitig um die Schulter legende Gestalten, sich mit der jeweils nach außen zeigenden Hand auf einen aufgestellten Stab mit kugeligem Ende stützend, Krebs: in Aufsicht nach links kriechend, Löwe: mit aufgerissenem Maul nach rechts springend, Jungfrau: nach links schreitend, in lange, hochgegürtete Tunika gekleidet, mit vor den Armen hängenden Flügeln, Waage: als nackter, allein mit einem über der linken Schulter drapierten Manteltuch bekleideter Jüngling, eine Waage in seiner gesenkten rechten Hand haltend, Skorpion: in Aufsicht, Schütze: als im Uhrzeigersinn laufender, bogenspannender Kentaur, Steinbock: im Uhrzeigersinn lagerndes Mischwesen aus Ziegenbock und verschlungenem Fischschwanz, Wassermann: als nur mit einem Schultermantel, Phrygiermütze und Sandalen bekleidete Frontalgestalt, mit beiden Händen zu seiner linken Seite eine schmale Amphora ausgießend, aus der ein Wasserstrahl austritt, Fische: übereinander wiedergegeben, jedoch in entgegengesetzte Richtung schwimmend, durch ein Band von Maul zu Maul verbunden. Tierkreiszeichen fol. 22r–37v: Insgesamt 96 Miniaturen in sich achtmal wiederholenden Bildserien zu je 12 Illustrationen mit der Darstellung der zwölf Tierkreiszeichen oberhalb der dreiteilig angelegten Tabellen in den die Spalten bekrönenden Bogenfeldern. fol. 22r–23v: Erste Bildserie, beginnend mit dem Steinbock und endend mit dem Schützen, Himmelsgestalten als Ganzfiguren vor nachtblauem Hintergrund, Miniaturen von einem roten Rahmen umgeben. fol. 22r: Links: Der mit übereinandergestellten Beinen

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nach links in Seitenansicht lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach verschlungenem Fischschwanz mit sich hinten dreifach teilender Schwanzflosse; Mitte: Der in Schrittstellung frontal stehende, bis auf einen von seiner linken Schulter nach hinten wehenden Mantel und eine Phrygiermütze vollständig nackte, jugendliche Aquarius (Wassermann), mit beiden Händen ein großes Gefäß zu seiner linken Seite ausgießend, aus dem ein Wasserstrahl austritt; Rechts: Die übereinander wiedergegebenen, jedoch in unterschiedliche Richtungen schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden. fol. 22v: Links: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen Reif um die Körpermitte tragend; Mitte: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen nach links galoppierende Taurus (Stier) als Ganzfigur in Seitenansicht, einen Reif um die Körpermitte tragend; Rechts: Die Gemini (Zwillinge) als bis auf jeweils einen von der Schulter nach hinten wehenden Mantel vollständig nackte, nebeneinander stehende und sich einen Arm gegenseitig um die Schulter legende Frontalgestalten, sich mit der jeweils nach außen zeigenden Hand auf eine Lanze stützend. fol. 23r: Links: Der mit seinen langen Scheren nach links zeigende Cancer (Krebs) mit sechs Beinen in Aufsicht; Mitte: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen, geöffnetem Maul, dichter Mähne und aufgerichtetem Schwanz nach links springende Leo (Löwe) im Profil; Rechts: Die mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte Virgo (Jungfrau) als geflügelte Frontalgestalt, gekleidet in ein bodenlanges, ärmelloses, hochgegürtetes Gewand, einem Zweig in ihrer rechten und ein Füllhorn in ihrer gesenkten linken Hand haltend. fol. 23v: Links: Libra (Waage) als nackter, allein mit einem über der linken Schulter drapierten Manteltuch bekleideter Jüngling in Vorderansicht, die Linke vom Tuch verhüllt, in der erhobenen Rechten eine Waage haltend; Mitte: Der mit seinen gegliederten Scheren nach links gewandte Scorpius (Skorpion) mit sechs Beinen in Aufsicht; Rechts: Der jugendliche Sagittarius (Schütze) als nackter, nach rechts galoppierender, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht. fol. 24r–25v: Zweite Bildserie, beginnend mit dem Widder und endend mit den Fischen, menschliche Himmelsgestalten als nur bis zu den Knien sichtbare Figuren, Bilder ohne farbigen Hintergrund, Miniaturen von einem roten Rahmen umgeben. fol. 24r: Links: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links springende Aries (Widder) ohne Reif um die Körpermitte; Mitte: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen nach links galoppierende Taurus (Stier) als Ganzfigur in Seitenansicht, ohne Reif um die Körpermitte; Rechts: Die bis zu den Knien sichtbaren Gemini (Zwillinge) als bis auf jeweils einen Schultermantel vollständig nackte, eng nebeneinander stehende und sich einen Arm gegenseitig um die Schulter legende Frontalgestalten, sich mit der jeweils nach außen zeigenden Hand auf eine Lanze stützend. fol. 24r: Links: Der mit seinen Scheren nach links zeigende Cancer (Krebs) mit sechs Beinen in Aufsicht; Mitte: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen, geöffnetem Maul, dichter Mähne und aufgerichtetem Schwanz nach links springende Leo (Löwe) im Profil; Rechts: Die mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte, bis zu den Knien sichtbare Virgo (Jungfrau) ohne Flügel und Attribute in Vorderansicht, gekleidet in ein langes, ärmelloses, hochgegürtetes Gewand und eine Art Tuch, die Rechte weisend erhoben haltend, die Linke vom Tuch verhüllt. fol. 25r: Links: Libra (Waage) als bis zu den Knien sichtbarer, bis auf ein über der linken Schulter drapiertes Manteltuch vollständig nackter Jüngling in Vorderansicht, die Linke vom Tuch verhüllt, in der erhobenen Rechten eine Waage haltend; Mitte: Der mit seinen gegliederten Scheren nach links gewandte Scorpius (Skorpion) mit sechs Beinen in Aufsicht; Rechts: Der jugendliche Sagittarius (Schütze) als nach rechts galoppierender, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht. fol. 25v: Der mit übereinandergestellten Beinen nach links in Seitenansicht lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach verschlungenem Fischschwanz mit abgeknickter,

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sich hinten dreifach teilender Schwanzflosse; Mitte: Der bis zu den Knien sichtbare, frontal wiedergegebene, jugendliche Aquarius (Wassermann), bekleidet mit einem um linke Schulter und Hüfte drapiertem Tuch, ein auf seiner rechten Schulter getragenes großes Gefäß nach vorn ausgießend, aus dem ein Wasserstrahl austritt; Rechts: Die übereinander wiedergegebenen, jedoch in unterschiedliche Richtungen schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch ein Band miteinander verbunden. Diagramme und Tabellen fol. 45r: Kosmologisches Diagramm. fol. 45v: Vierspaltige Tabelle mit vier Darstellungen vollständig nackter, bis zur Hüfte sichtbarer, zum Teil hornblasender Windgötter mit Kopfflügeln in den Lünetten. fol. 46r: Dreispaltige Tabelle mit drei Lünettenfeldern, in diesen

die Darstellung zweier bis zur Hüfte sichtbarer, hornblasender, bis auf einen nach hinten wehenden Schultermantel vollständig nackter Windgötter mit Kopfflügeln sowie die Personifikation der in ein die rechte Brust freilassendes Gewand gekleideten, bis zur Hüfte sichtbaren Luna, auf dem gescheitelten, langhaarigen Haupt eine Mondsichel tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, in der Linken eine Fackel haltend. fol. 46v: Innerhalb eines rechteckigen Rahmens wiedergegebenes Kreisschema, das von vier Rundmedaillons mit lebendig wirkenden, bis zu den Knien in unterschiedlichen Posen sichtbaren, nur mit Schultermänteln bekleideten, hornblasenden Windgöttern mit Kopfflügeln in den Zwickeln begleitet wird. fol. 47r: Innerhalb eines doppelten rechteckigen Rahmens wiedergegebenes Kreisschema um das zentrale Medaillon der frontal in dem von zwei Stieren gezogenen Wagen stehenden Luna, bekleidet mit einem ärmellosen, gegürteten Obergewand sowie einem langärmeligen Unterkleid, auf dem lockigen Haupt eine Mondsichel tragend, die Rechte zum Gruß erhoben, die Linke in die Seite gestemmt, um sie herum ein langes zweifarbiges Tuch in der Luft schwebend und dabei gleichsam einen Nimbus bildend, in den Zwickeln zwischen Schema und Rahmen vier goldgrundige Medaillons mit vier in Dreiviertelansicht gezeigten verschleierten Paaren aus rotem Tag und blauer/grüner Nacht. fol. 47v: Innerhalb eines rechteckigen Rahmens wiedergegebenes und zugleich diesen überschneidendes Kreisschema, in den goldgrundigen Zwickeln zwischen Schema und Rahmen vier Darstellungen zum Teil vollständig nackter, zum Teil mit einem Manteltuch bekleideter, zu drei Vierteln sichtbarer hornblasender Windgötter mit Kopfflügeln.

Provenienz Die in Konstantinopel hergestellte Handschrift befand sich spätestens seit 1465 in Italien und gehörte zum Besitz der beiden Bischöfe von Brescia, Bartolomeo Malipiero und Domenico Domenici. Auf fol. 4v befindet sich ein Exlibris »Hic liber est mei Dominici de Dominicis Veneti episcopi Brixiensis, et fuit ex libris bone memorie domini Bartolomij episcopi predecessoris mei, et allatus est mihi ex Brixia Romam 1465 de mense septembris. 1465.« Im Jahre 1582 gelangte der Codex in die Bibliothek des Fulvio Orsini und nach dessen Tod im Jahre 1600 in die vatikanische Bibliothek.

Literatur Nolhac 1887, S. 168–169, 421–422; Riegl 1889, S. 70; Strzygowski 1890, S. 261; Boll 1899, S. 110–140; Heiberg ed. 1907, II; Schnabel 1930, S. 222–223, 244–250; Nordenfalk 1938, S. 117–118, Abb. 6; Bethe 1945, S. 54–55, fig. 33; Byvanck 1949, S. 206, Nr. 2; Weitzmann 1947, S. 158, Abb. 149; Van der Waerden 1954, S. 159–168; Wellesz 1959, S. 6–7; Mogenet ed. 1969, S. 68–91; Canart/Peri 1970, S. 566–567; Webster 1970, S. 22ff., 29, 87, 96, 127– 128 Nr. 20, Pl. IX; McGurk 1973, S. 197ff.; Spatharakis 1978, S. 41–49, Taf. 1–8; Spathara-

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kis 1981, Nr. 3, 6, Abb. 8–9; Wright 1985, S. 355–362; Stickler/De Salvia 1986, S. 50, Taf. VII, VII A; Gundel 1992, pl. 6; Kat. Washington 1993, pl. 119; Tihon 1993, S. 181–203; Stückelberger 1994, Taf. 4; Weitzmann 1996, 1, S. 1–2, Taf. 1, Abb. 1–5; Kat. Mus. Vat. 1996, S. 162–163, Nr. 5; Blume 2000, S. 126, S. 264, Anm. 4; Obrist 2001, S. 3ff., bes. S. 20f., 28, fig. 13, 19. Siehe Taf. 59–61, Abb. 754–764

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Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 643 Komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zu Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli Süddeutschland/Österreich (Melk?), 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 276 × 210 mm, 101 Folia (fol. 71a und fol. 41a ungezählt, Ziffer 81 übersprungen), Pergament, Text einspaltig in einer späten Karolingischen Minuskel.

Art der Bilder Am Schluss des Codex, auf fol. 82v–95r, illustrieren ungerahmte Zeichnungen der Sternbilder eine Redaktion des Sternbildkatalogs De signis coeli; die Position der einzelnen Sterne im Bild ist entweder durch eine punktgerandete Kreuzblüte oder nur durch eine punktgerandete rote Scheibe gekennzeichnet.

Inhalt fol. 1r–9r: fol. 9r–15r: fol. 15r–v: fol. 15v: fol. 15v–70r: fol. 70v: fol. 70v: fol. 70v–71r: fol. 71r:

Beda, De natura rerum Beda, De temporibus liber Planetengedicht De stella Veneris et Mercurii, Saturni, Iovis et Martis; De absidibus planetarum Beda, De temporum ratione (einschließlich der »Glossen von Auxerre«) De duodecim signis De ortu duodecim signorum De solis et lunae defectus Argumentum ad inveniendum in quo signo versentur Mars, Iupiter, Venus et Mercurius fol. 71r–v: De incremento saltus lunae fol. 71v: De concordia soli et lunae fol. 71v–71av: De quibus embolismi menses et bissextiles dies adimplentur fol. 71av–75r: Commentarioli fragmentum in opus ven. Bedae De temporum ratione fol. 75r: Quid est (!) epacta solis et regulares solis fol. 75r: Versus de cursu planetarum per duodecim signa (Walther, 2200; Schaller 1977, 1725); fol. 75v–80r: Rezepte (in Melk 412 Nachträge des 11. Jh., hier durchgehend geschrieben; nicht in den anderen beiden Handschriften Zwettl und Klosterneuburg 685) fol. 80v–82r: Sternzeichen- und Monatsgedicht, Incipit: (N)omina signorum quis clauditur astriger orbis (zweispaltig) fol. 82v–95v: Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli (Dell’Era ed., Rielaborazione 1979) mit folgenden Einschüben fol. 82v: Aratus latinus (AL) (Maass, S. 179, Z. 23–180, Z. 9 oben) fol. 85r: Involutio sphaerae (IS) (Maass, S. 165, Z. 116–S. 167, Z. 128) fol. 85v: IS (MAASS, S. 165, Z. 102–106); Isidor, Etymologiae (Etym.) III, 71, 25 (PL 82, Sp. 181C); anstelle von De signis coeli cap. XI: IS (Maass, S. 165, Z. 107–110); AL (Maass, S. 204, Z. 18–S. 205, Z. 8 oben)

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fol. 86r: fol. 87r: fol. 90v: fol. 95v: fol. 96r–99v:

AL (Maass, S. 205, Z. 15–S. 206, Z. 11 oben); Etym. III, 71, 27 (PL 82, Sp. 181CD) IS (Maass, S. 163, Z. 95–S. 165, Z. 101) AL (Maass, S. 228, Z. 6–S. 230, Z. 2 oben) anstelle von De signis coeli cap. XLI: AL (Maass, S. 272, Z. 10–S. 275, Z. 10 oben) Exzerpte aus dem Aratus latinus: fol. 96r–97v: Circulus signalis (Maass, S. 279–286 oben; ausgelassen S. 284v, Z. 2–285, Z. 10); fol. 99r–v: Lunae signa (Maass, S. 287–291 oben); fol. 99v: Solis signa (Maass, S. 291–292 oben)

Kommentar Der Vaticanus 643 kann als komputistische Sammelhandschrift mit astronomischem Einschlag bezeichnet werden, deren Textauswahl an die Tradition der hoch- und spätkarolingischen Klöster anschließt. So wird ihr Inhalt fast vollständig von den einschlägigen echten und falschen Werken Bedas gebildet. Tatsächlich existiert mit dem Codex 412 (olim 370, G 32) in der Stiftsbibliothek Melk eine karolingische Handschrift, die diesselben Werke Bedas in derselben Redaktion, mit denselben Glossen und in ursprünglich der exakt gleichen Reihenfolge enthält. Sie wurde im ersten Viertel des 9. Jhs. in Auxerre geschrieben und dort im darauffolgenden Jahrhundertviertel um einen Teil ergänzt (p. 29–59). Dieser Teil wurde im Umkreis von Heiric von Auxerre (841–876) und vermutlich von ihm selbst mit Einträgen versehen. Die Melker Handschrift gilt als Textvorlage der vatikanischen. Haidinger wies darauf hin, dass im 11. Jahrhundert Rezepte auf freigebliebenen Zeilen und auf Blatträndern nachgetragen sind (p. 191–192 und, ursprünglich in Folge, p. 29–34, p. 38), die im Vaticanus einen integralen Bestandteil des Schreibtextes bilden (fol. 75v–76v). Da die Rezepte an einer Stelle vom Schreiber deutsch glossiert sind, muss sich die Handschrift schon damals im deutschen Raum (wenn auch nicht unbedingt in Melk) befunden haben. Auch wenn der Melker Codex aus den genannten Gründen als Vorlage des vatikanischen angenommen werden kann, bleibt zu fragen, ob es sich um ein direktes Abhängigkeitsverhältnis handelt. So fehlt der Handschrift aus Auxerre der Sternkatalog De signis coeli. Dieser kann in dem neugebundenen Melker Codex als letzter Text leicht verlorengegangen sein (ebenso wie der letzte Teil der Rezepte). Auffällig ist es hingegen, dass bestimmte andere Abschnitte in Vat. lat. 643 nicht mitkopiert wurden, außer den veralteten Ostertafeln (p. 39–42) auch das Kalendar sowie komputistisch-astronomische Grafiken und Texte (p. 38, 44–58). Die ausgelassenen Teile stehen in Melk zusammenhängend in dem karolingischen Nachtrag, wenn sie ihn auch nicht ganz ausmachen. Für Vat. lat. 643 wählte man eine einspaltige Seitenaufteilung, wie sie in Melk 412 nur die älteren Teile besitzen. Weiterhin ist der Bildzyklus in Vat. lat. 643 so vor der Mitte des 10. Jahrhunderts nicht zu erwarten, er müßte dem karolingischen Codex nachträglich hinzugefügt worden sein. Schließlich scheinen die inhaltlich weitgehend übereinstimmenden Handschriften Zwettl Cod. 296 und Klosterneuburg Cod. 685 keine unmittelbaren Kopien einer der beiden Codices zu sein. Die Überlieferung ist eher dahingehend zu rekonstruieren, dass die Melker Handschrift aus Auxerre und weitere jüngere Quellen aus Frankreich geholt wurden, um im 11. Jh. in Deutschland (vielleicht in Melk) ein komputistisches Kompendium zu erstellen, das dann als Vorlage des Vaticanus und der beiden österreichischen Handschriften diente.

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Eine Besonderheit der vatikanischen Handschrift und ihrer österreichischen Verwandten ist die Textkompilation des Sternkatalogs. Dem pseudobedanischen Katalog De signis coeli wurden hier Abschnitte aus der frühmittelalterlichen lateinischen Version der Phainomena Arats, dem Gedicht Involutio sphaerae sowie dem 3. Buch von Isidors Etymologiae eingefügt. Involutio sphaerae beschreibt einen Himmelsglobus und war schon früh dem griechischen Phainomena-Text vorangestellt, mit dem es zusammen am Ende des 8. Jahrhunderts in Corbie übersetzt wurde und darauf hin im Aratus latinus eine Einheit bildete. Zum Teil füllen die eingefügten Abschnitte störende Lücken in De signis coeli. So muss die Einleitung, die das Thema der Pole, und die angehängten Abschnitte, die den Tierkreis, die Sonne und den Mond behandeln, aus dem Aratus latinus genommen werden. Ebenfalls ohne eigenen Kommentar in De signis coeli sind die Waage und die Plejaden, der nun aus Involutio sphaerae genommen wird. Dagegen ersetzt der Text des Aratus latinus zu den Planeten und zum Krebs nur vergleichbare Abschnitte aus dem Sternkatalog. Drei Tierkreiszeichen, die Zwillinge, Löwe und Stier, erhalten zusätzlich zu De signis coeli noch einen Kommentar aus Involutio sphaerae und die beiden ersten auch noch eine Erläuterung aus der großen Enzyklopädie Isidors. Die kurzen Abschnitte aus den Etymologiae sind mythographisch und meteorologisch ausgerichtet. Während somit ein Teil der Redaktion als Verbesserung nachvollziehbar ist, lassen sich andere Eingriffe nur noch mit den Interessen des Kompilators erklären. Schriftheimat und Bibliotheksprovenienz von Vat. lat. 643 konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Durch die in Melk überlieferte mutmaßliche Vorlage kommt dieses niederösterreichische Kloster primär in Betracht. Die dürftige Qualität der Sternbilderzeichnungen erschwert eine stilkritische Datierung oder Lokaliserung. So gesehen kann auch das Fehlen hochromanischer Motive nicht als Beleg einer frühen Datierung im 12. Jahrhundert genommen werden. Vermutlich wurden die Zeichnungen nicht vom Schreiber ausgeführt, da für sie andersfarbige Tinten wie für den Text verwendet wurde, nämlich Braun, Rot, gelbes Ocker, sowie ein Lilaton, der das Pergament stark angreift. Zum anderen sind die Zeichnungen eindeutig vor dem Text angelegt worden, immer wieder muss der Schreiber ihnen ausweichen. Der Zeichner arbeitete häufig mit dünnen Vorzeichnungen. An einigen Stellen sind Pentimenti zu bemerken, wie bei den Mänteln der Zwillinge, bei der Arkade der Andromeda oder beim Schiff. Das Bild des Hercules unterscheidet sich etwas von den übrigen Bildern, da hier der Zeichner am ausgiebigsten die lilafarbene Tinte eingesetzt hat. In einigen Bildern versuchte der Zeichner beim Eintrag der Sterne die Helligkeitsgrade zu verdeutlichen, jedoch ohne übergreifendes System. So werden manchmal helle Sterne durch umpunktete rote Kreise mit eingezeichneten Kreuzzwickeln markiert (Schlangenträger, Zwillinge), ein andermal sehen alle Sterne so aus (Bootes, Löwe). Wahrscheinlich wurden die eingezeichneten Sterne über die Bildvorlage vermittelt, denn beim Krebs entsprechen die eingezeichneten Stern fast genau den Angaben in De signis coeli während der begleitende Text hier aus dem Aratus latinus stammt. Beeindruckend ist die großzügige, fast seitenfüllende Anlage der Darstellungen der Sternbilder, Planeten und Himmelslichter. Obwohl es sich um Zeichnungen handelt und obwohl der illustrierte Teil an das Ende des Codex gestellt ist, dominieren die Bilder. Sie verbieten eine regelmäßige Anlage der Schriftzeilen. Vermutlich kennzeichnete bereits die Vorlage solch ein großzügiges Layout. Es findet sich so auch in der Zwettler und der Klosterneuburger Handschrift.

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Ikonographisch schließt die Bildreihe an die Illustrationen zum Sternkatalog De signis coeli an, wie sie in der Mitte und am Ende des 10. Jahrhunderts im Umkreis von Fleury auftreten. Es lässt sich keine einzelne Handschrift als Vorlage benennen, doch zeigen gerade die Querverbindungen zu verschiedenen Ausführungen, dass nur hier die Vorlage entstanden sein kann. Sehr bezeichnend ist das Bild der Andromeda: Sie ist in Vat. lat. 643 mit den Brautgeschenken versehen und steht auf dem Drachen, wie wir es erst aus den floriacensischen Handschriften Paris lat. 5543 und Aberystwyth 735 C kennen. Dass aber die Felsen zu ihrer Seite zu Holzpfählen geworden sind und die Brautgeschenke symmetrisch erweitert wurden, lässt sich nur in der spanischen Handschrift Vat. Reg. lat. 123 belegen, die ihrerseits auf floriacensische Vorbilder zurückgehen dürfte. Weitere Merkmale lassen sich wieder mit Paris lat. 5543 vergleichen: Der durch seinen Kopf teilweise verdeckte Flügel des Pegasus wird als Futtersack interpretiert, die Flügel der Jungfrau hängen vor ihre Arme, am Bug des Schiffes befindet sich auf Höhe des Wasserspiegels ein Hundekopf (ein Mißverständnis, dass vielleicht einmal seinen Ursprung von der Überlagerung durch die Umrisslinien des Sternbildes Großer Hund genommen hat). Dass die Zwillinge den Krebs flankieren, wie nur der Germanicustext nahelegt, könnte darauf hinweisen, dass die Vorlage vielleicht erst nach der Handschrift in Aberystwyth entstanden ist, da dort die floriacensische Bilderreihe ebendiesen Text begleitet. Dann wäre die Vorlage erst gegen 1000 entstanden. An zwei weiteren Stellen weicht Vat. lat. 643 von den beiden direkt aus Fleury stammenden Bilderhandschriften ab und hält sich an die Redaktion, wie sie die indirekt von Fleury abhängige Handschrift Vat. Reg. lat. 123 zeigt: Im Hercules-Bild besitzt der Baum der Hesperiden keine Wurzel und windet sich beinah achssymmetrisch zum Körper der Schlange. Die beiden Kentauren sind jeweils mit einem Bauchring versehen, wie sie wiederum nur der Kentaur in Vat. Reg. lat. 123 kennt. Diese beiden Eigenarten sind für das Verhältnis zu den beiden österreichischen Handschriften in Zwettl und Klosterneuburg von Bedeutung, da dort stattdessen der Tradition von Paris lat. 5543 gefolgt wird.

Verzeichnis der Bilder fol. 82v: Ursa maior (Großer Bär) nach links; Ursa minor (Kleiner Bär) nach links. fol. 83r: Serpens (Drache) in dreifachem Bogen, Flossen unter dem Kopf, die Bären abermals in den Windungen, der obere mit dem Kopf nach unten. fol. 83v: Hercules in Rückenansicht dem Baum zugewandt, vor sich ein Haupt haltend. fol. 84r: Serpentarius (Schlan­ genträger) in halber Rückenansicht auf dem Skorpion stehend; Corona borealis (Nördliche Krone), zehnfach unterteilt, mit zwei Bändern; nochmals Scorpius (Skorpion). fol. 84v: Bootes (Bärenhüter) in Tunica exomis in Rückenansicht, über dem vorgestreckten Arm ein zipfeliges Fell, schwingt ein verzweigtes Pedum. fol. 85r: Virgo (Jungfrau) von vorne

mit über die Arme hängenden Flügeln, der Pelops von Schulterträgern gehalten, sie trägt einen Zapfen und die Waage (Beischrift »LIBRA«). fol. 85v: Gemini (Zwillinge) in Tunika und Paludamentum, die Speere bei den Spitzen haltend; runder Cancer (Krebs) zwischen den Zwillingen. fol. 86r: Leo (Löwe) nach links. fol. 86v: Auriga (Fuhrmann) ohne Wagen nach rechts, auf dem vorgestreckten linken Arm zwei Böcklein darunter die Ziege, die Peitsche in der Rechten ist ein Stab mit darin verbissener Schlange. fol. 87r: Taurus (Stier), als Stierhälfte nach rechts, Kreuzbänder über das Vorderhaupt. fol. 87v: Cepheus mit spitzer Mitra und pluvialeartigem Mantel. fol. 88r: Cassiopeia, thronend vor Arkade. fol. 88v: Andromeda, bekleidet zwischen »Baumstämmen«, daran sechs Hochzeitsge-

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schenke, um ihre Füße der Drache. fol. 89r: Pegasus als geflügelte Pferdehälfte nach rechts, frißt aus einem Trog; Aries (Widder) mit Reif nach links, den Kopf rückwendend. fol. 89v: Triangulum (Dreieck) ; Pisces (Fische), am Maul verbunden, der obere auf dem Rücken. fol. 90r: Perseus mit dem Medusenhaupt vor sich nach links eilend, an den Fußgelenken Flügel. fol. 90v: Plejaden in sieben Medaillonbildern, Anordnung verjüngt sich nach unten zu. fol. 91r: Lyra (Leier), rechteckig; Cygnus (Schwan), nach rechts schreitend. fol. 91v: Aquarius (Wassermann), mit Mantel, unverstandener Hose und Mitra, hält Amphore, um die das Wasser herumfließt; Capricornus (Steinbock) nach links. fol. 92r: Sagit­ tarius (Schütze) als Kentaur nach links; Sagitta (Pfeil) ; Aquila (Adler) über weiterem Pfeil. fol. 92v: Delphinus (Delfin) ; Orion in Rückenansicht, nach links eilend. fol. 93r: Canis maior (Großer Hund) mit Strahlenkranz um den Kopf; Lepus (Hase) nach links. fol. 93v: Argo Navis (Schiff), halbes Schiff mit Mast und Hundekopf unter dem Heck; Cetus (Seeungeheuer) nach rechts. fol. 94r: Eridanus als Büste hinter einer Leiste, aufgetürmte Frisur mit Stern darin, neben ihm eine Pflanze; Piscis magnus (Südlicher Fisch) auf dem Rücken; tonnenförmiger Ara (Altar) mit spitzem Dach. fol. 94v: Centaurus, mit Beutetieren, Eimer und Schwert, vor ihm nochmals der Altar. fol. 95r: Hydra (Wasser­ schlange) nach links, mit Crater (Mischkrug) und pickendem Corvus (Rabe) ; Anticanis (Vorhund) nach links. fol. 95v: Büsten der fünf Planeten im Quicunx-Schema. fol. 98r: Sol und Luna als Büsten im Tierkreis. fol. 98v: Medaillon mit der nimbierten Luna in einer Ochsenquadriga (Beischrift: »LUNA MARIS«), hält mit der Rechten eine Fackel und mit der anderen einen Wedel. fol. 100r: Sol mit Strahlennimbus auf vier Pferden sitzend in Medaillon, hält Sphaira mit Wimpel (Beischrift: »AURORA LUCIS«). fol. 100v: Schema der Erdzonen (vgl. Zwettl 296, fol. 85r und Klosterneuburg 685, fol. 70v).

Provenienz Mindestens seit dem späten 18. Jh. in der vatikanischen Bibliothek, da sich auf dem Ledereinband die Wappen Pius‘ VI. und des Kardinalbibliothekars F. X. de Zelada befinden. Ältere Provenienz ungeklärt.

Literatur Sickel 1861; Sickel 1862, S. 161–162; Riegl 1889 S. 73; Vatasso/Franchi de’ Cavallieri 1902, S. 493–494; Jones 1939, S. 30, 32, 95–102, 138; Jones 1943, S. 159, 167; Winkler 1923, S. 11–12; Byvank 1949, Nr. 99; Bischoff, Bd. 2, 1980, S. 45f.; Haidinger 1981, S. 235–238; Haidinger 1985, Bd. 1, S. 331, B* 2; Glassner/Haidinger 1996, S. 74–78. Siehe S. 138–139, Abb. 765–772

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Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 645 Libri computi von 809 (Aachener Enzyklopädie von 809) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Reimser Gegend, um 830–860 (nach 827) Kodikologische Angaben 193 × 157 mm, Pergament, 103 Folia, Pergament, Text einspaltig von verschiedenen Händen in karolingischer Minuskel geschrieben.

Art der Bilder Neben einer Windrose mit Adam im Zentrum sowie weiteren Figuren auf fol. 66r, einem Schema der Sphärenharmonie auf fol. 66v sowie einem Schema der Sphären mit Darstellungen der Planeten und Terra finden sich zum Text des Sternkatalogs zwischen fol. 56r und fol. 65v insgesamt 42, in Federzeichnung mit brauner Tinte ausgeführte Illustrationen der Sternbilder, die ohne Rahmen und Hintergrund in unterschiedlicher Anzahl auf das Pergament gesetzt wurde Position der Sterne nicht angegeben. Inhalt

fol. 1r–2v: fol. 3r–4v: fol. 5r–41r: fol. 5r–11v: fol. 12r–34v: fol. 35r: fol. 35r–36v: fol. 36v–38r: fol. 38r–38v: fol. 39r–41r: fol. 41r–47r: fol. 47r–55v: fol. 47r–48v: fol. 48v:

unvollständiges Kapitular Ausonius, Eclogarum liber; Monosticha de mensibus (Peiper ed. 1886, S. 98; Riese ed. 1896, Nr. 394, 395) Libri Computi, Buch I Calendarium

Ps-Beda Venerabilis, Cycli decemnovennales (Migne PL 90, 825–844) sowie Annalen von Saint-Quentin De generibus numerorum in ratiocinatione (vgl. Rom Vat. Reg. lat. 309, fol. 53) Alcuin, Conflictus veris et hiemis (Dümmler ed. 1881, I, S. 270–272) Nachtrag: Tabulae II concurrentium cum regulis (vgl. Rom Vat. Reg. lat. 309, fol. 63v–64v) Ratio quomodo feria qua dominus passus est invenitur (vgl. Rom Vat. Reg. lat. 309, fol. 64v–65r) Exzerpte aus Beda Venerabilis De temporum ratione, Kap. 9 ( Jones ed. 1977, S. 263–544) Libri Computi, Buch II mit Argumentum de paschali luna, Terminumseptvagesimalis; Argumenta computi Libri Computi, Buch III

Exzerpte aus Beda Venerabilis, De temporum ratione, Kap. 1 ( Jones ed. 1977, S. 263–544) De anno et partibus eius (vgl. Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Reg. lat. 309, fol. 76r)

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fol. 49r–50v: Exzerpte aus Macrobius, Commentarius in Somnium Scipionis (Willis ed. 1963, S. 155–63) fol. 50v–51r: Exzerpte aus Beda Venerabilis, De temporum ratione, Kap. 38–39 ( Jones ed. 1977, S. 263–544) fol. 51r–55v: Computus (vgl. Rom Vat. Reg. lat. 309, fol. 78r–80v) fol. 56r–77r: Libri computi, Buch V fol. 56r–65v: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974; Migne PL 90, Sp. 945–948) mit Medicamenta fol. 66r: Windrose mit Adam im Zentrum und Figuren fol. 66v: Schema der Sphärenharmonie (vgl. München Clm 210, fol. 123r) fol. 67r: ursprünglich leer, von späterer Hand Argumenta computi fol. 67v: Schema der Sphären mit Darstellungen der Planeten als Köpfe und der Terra fol. 68r–76v: Exzerpte aus Plinius NH II, 32–41, 57–70 De positione et cursu septem planetarum; De intervallis earvm; De absidibus earvm; De cvrsv earum; De interlvnio;

fol. fol. fol. fol.

De eclypsi lunae; De eclypsi solis; De solis eclypsi; Dimensio caelestivm spatiorum; De praesagiis tempestatvm 76v–77r: Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) 77r–78v: De ratione vnicarum; De probatione auri et argenti; De mensura cerae et metalli in operibus fusilibus 78v–81r: Libri computi, Buch VI 78v–80v: Exzerpte aus Macrobius, Commentarius in somnium Scipionis (Willis ed. 1963,

S. 155–163) fol. 81r–81v: Exzerpte aus Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii (Eyssenhardt ed. 1866) fol. 81v–92v: Libri computi, Buch VII Exzerpte aus Beda Venerabilis De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234), bis Kap. LI sowie Hymnus paschalis fol. 93r–103v: Isidor von Sevilla Chronica maiora

Kommentar Die in der Vatikanbibliothek auf bewahrte Handschrift Rom Vat. lat. 645 gehört zur Gruppe der karolingischen Kopien der Aachener Libri computi in sieben Büchern. Neben der stellenweise noch zuverlässigeren Handschrift in Madrid, Ms. 3307, handelt es sich bei der vatikanischen Handschrift zugleich um eine der vollständigsten Abschriften überhaupt. Laut Arno Borst wurde die Handschrift im zweiten Drittel des neunten Jahrhunderts, vermutlich nach einer knapperen Vorlage von 827, angefertigt. Dabei diente vermutlich eine knappere Ausgabe der Libri computi, die auf 827 datiert werden kann, als Vorlage. Schrift- und Zeichenstil weisen auf ein Skriptorium unter Reimser Einfluss, vielleicht auf Saint-Quentin, da dieser Ort in den Annalen hervorgehoben wird. Nicht nur die Beschränkung auf einen Text, sondern auch das an die prächtigen Bücher des Aachener Hofes erinnernde, annähernd quadratische Format zeugen von einem gewissen Luxus der Ausführung. Allerdings sind die Lagen uneinheitlich und das am Rand ungleichmäßig beschnittene Pergament besitzt unterschiedliche Qualität und weist daneben eine ganze Reihe an Löchern auf. Der Text wurde einspaltig in Minuskelschrift und ohne ornamentierte Initialen von vielen verschiedenen Schreibern aufgezeichnet. Nicht selten lässt sich mit einem Lagen-

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

wechsel zugleich auch ein Schreiberwechsel feststellen. Daneben zeigt der Codex Spuren reger Benutzung. So wurden etwa zwischen fol. 56r und fol. 65v im freien Raum um die Abbildungen der Sternbilder von späterer Hand zahlreiche medizinische Notizen, aber auch geflochtene Ornamente eingetragen. Ferner wurde der Text wohl zu Beginn und am Ende um die Ausoniusgedichte und die Isidorchronik ergänzt. Die Handschrift ist heute nicht mehr vollständig erhalten. Nach fol. 55v fehlen das gesamte vierte und das erste Kapitel des fünften Buches. Im Vergleich zu den Handschriften Rom Vat. Reg. lat 309 und München Clm 210 sind unter anderem das Excerptum de astrologia und die Überschrift des zweiten Kapitels vom fünften Buch verloren gegangen. Vermutlich sind diese Lücken auf den Verlust eines Quaternios zurückzuführen. Wie in den Handschriften Madrid 3307 oder Monza fol. 9. (176) hat man auch im vatikanischen Manuskript den Text des Sternkatalogs De positione ordine ac stellarum in signis mit Illustrationen versehen. Zwischen fol. 56r und fol. 65v finden sich insgesamt 42, in brauner Tinte mit Feder gezeichnete Sternbilder. Es handelt sich durchweg um kleinformatige, aber qualitätvolle und lebendige Zeichnungen, die man ohne Rahmung zwischen die einzelnen Textblöcke gesetzt hat. Die Bilder wurden ohne Abweichungen von ihrer Vorlage kopiert; allerdings hat man auf eine farbige Ausmalung ebenso verzichtet wie auf eine Eintragung der Sternpositionen. Die astronomische Präzision stand bei diesen Darstellungen also nicht im Vordergrund; offenbar dienten die Bilder eher als Anhaltspunkt für die figürliche Gestalt der Sternbilder. Wenngleich die Verteilung der Bilder auf die Seiten in den einzelnen Handschriften nicht übereinstimmt, weisen die Darstellungen der Konstellationen bis in die Details dieselbe Ikonographie wie die Illustrationen der Madrider Handschrift 3307. So findet man in beiden Manuskripten neben dem Sternbild Krebs die gesonderte Darstellung zweier, als nördlicher und südlicher Esel bezeichneter Einzelsterne in Gestalt kleinformatiger Esel an einer Krippe. Daneben begegnet hier wie dort der Schütze als bogenspannender Satyr oder der die Pferde antreibende, in eine eigenartig drapierte Tunika gehüllte Fuhrmann auf seinem Zweigespann. Neben diesen Gemeinsamkeiten lassen sich auch einige wenige, wohl unbeabsichtigte Abweichungen feststellen. So werden in der vatikanischen Handschrift die phrygischen Mützen regelmäßig in turbanartige Hauben oder die Stiefel in Schnürstiefel umgewandelt. Darüber hinaus wurden die Böckchen auf dem linken Arm des Fuhrmanns weggelassen, und die Jungfrau erscheint nicht nur ohne Flügel, sondern auch ohne die im Text erwähnte Ähre. Dass die männlichen, nackten Figuren nicht als geschlechtslose Wesen dargestellt sind, entspricht wohl dem originalen Zustand der Madrider Sternbilder. In wenigen Fällen, so bei der Nördlichen Krone, bei Pegasus oder dem Schwan, hat man die Bewegungsrichtung der Bilder geändert. Im Vergleich zu den Madrider Miniaturen neigen die ersten Zeichnungen in Rom Vat. lat. 645 dazu, die Bewegungen zu steigern und die Modellierung der Himmelsgestalten sehr bewegt zu gestalten. So besitzen die vatikanischen Figuren vergleichsweise längere und spitzere Finger oder ein durch hervortretende Muskeln unruhigeres Körperrelief als die der Madrider Darstellungen. Auffallend ist die Angabe einer Bodenlinie beim Bild des Schlangenträgers, die möglicherweise ein Indiz für die Herstellung der Bilder in Reims darstellt. Ebenso augenfällig ist ein klarer Stilbruch der Miniaturen ab dem Sternbild der Zwillinge. Hierfür sind zwei Erklärungen denkbar: Entweder die ersten Bilder bis zu den Zwillingen wurden später als die anderen ausgeführt, oder es handelt sich bei ihnen vielleicht um eine jüngere Ausbesserung von verblichenen karolingischen Zeichnungen.

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Neben den figürlichen Darstellungen der Konstellationen enthält die Handschrift Rom Vat. lat. 645, auf fol. 66r eine Darstellung der Winde, welche in einer Art Reigen um die Erde mit dem thronenden Adam angeordnet sind. Wie für die Libri computi üblich folgen zum fünften Buch, zum fünften Buch zwei weitere abstrakte Schemazeichnungen in derselben Tinte wie die Illustrationen der Sternbilder. Die eine Zeichnung zeigt auf fol. 66v ein Schema der Sphärenharmonie (Vgl. München Clm 210, fol. 123r), die andere auf fol. 67v ein weiteres Schema mit den Umlauf bahnen der als Büsten um die Terra gruppierten Planeten.

Verzeichnis der Bilder fol. 56r: Oben: Die nach rechts gewandte Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Unten: Die nach links gewandte Ursa minor (Kleiner Bär) in Seitenansicht. fol. 56v: Oben: Der in drei Windungen nach oben kriechende Draco (Drache) mit Fischkopf in Seitenansicht; Unten: Der nackte, bärtige Hercules als kniende, leicht nach links orientierte Fron-

talfigur, in der erhobenen Rechten die Keule, über dem linken Unterarm das Löwenfell tragend. fol. 57r: Oben: Die zur Seite gekippte, aus spitzem Laub gewundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben in der Mitte mit einem runden Juwel besetzt und unten in der Mitte von einem schmalen Band mit herabhängenden Ende zusammengehalten; Unten: Der nach links blickende, nackte Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht auf einem welligen Bodenstück stehend, die vielfach um seinen Körper und seinen linken Arm gewundene Schlange mit beiden Händen am Kopf- und Schwanzende packend. fol. 57v: Der mit seinen Scheren nach rechts gerichtete Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 58r: Oben: Der nur mit einer zipfeligen Tunika bekleidete, bärtige (?) Boo­ tes (Bärenhüter) als leicht nach links orientierte Frontalfigur, in seiner gesenkten Rechten das nach unten gehaltene Pedum, die Linke nach oben ausgestreckt; Unten: Die in prächtige Kleider gewandete, ungeflügelte Virgo (Jungfrau) als Frontalgestalt mit weisend nach oben erhobener rechter Hand, die Linke vom Gewand verdeckt, ohne Attribute. fol. 58v: Oben: Die bis auf einen über der linken Schulter drapierten Mantel mit Fibel vollständig nackten, jugendlichen Gemini (Zwillinge) als im angedeuteten Kontrapost nebeneinander stehende, jeweils zum Seitenrand blickende Frontalfiguren, der linke Zwilling hält mit der seiner Linken eine Lyra und hat die Rechte zeigend vor der Brust erhoben, der rechte Zwilling hat die verhüllte Linke leicht erhoben und hält in seiner rechten Hand eine Lanze; Unten: Der nach rechts kriechende, mit einem Lamellenkörper, acht dünnen Beinen und kurzen Scheren dargestellte Cancer (Krebs) in Aufsicht, rechts neben ihm die beiden einander zugewandten, links und rechts neben der kubusförmigen Futterkrippe stehenden Esel in Seitenansicht. fol. 59r: Oben: Der mit wehender Mähne und offenem Maul nach links springende Leo (Löwe) ; Unten: Der Auriga (Fuhrmann) als nach rechts orientierte Frontalfigur auf dem in Seitenansicht gezeigten, nach rechts fahrenden, zweispännigen Wagen, in eine kreuzweise über dem Oberkörper drapierte Tunika gekleidet, mit der erhobenen Rechten die galoppierenden Pferde antreibend, mit der Linken die Pferde zügelnd, hinter dem Wagen die Ziege. fol. 59v: Oben: Der mit eingeknicktem rechten Vorderbein als nach links lagernde Taurus (Stier) als Ganzfigur; Unten: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen stehende Frontalfigur, den Kopf leicht nach links gewandt, mit einem faltenreichen Ärmelchiton, Schnürschuhen und einer turbanähnlichen Kopf bedeckung bekleidet, zu seiner Linken am Band ein Schwert hängend. fol. 60r: Oben: Die mit ausgebreiteten Armen auf einem wuchtigen Kastenthron mit Rückenlehne und Fußbank sitzende Cassiopeia in Frontalansicht, den Kopf leicht nach rechts geneigt, mit langärmeligem

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Unterkleid sowie einem Obergewand und Schuhen bekleidet; Unten: Die mit beiden Händen an den hügeligen Stein gekettete Andromeda als zwischen den hoch aufragenden Felsen stehende, leicht nach rechts orientierte Frontalgestalt, das linke Bein ein wenig vorgestellt, in ein langärmeliges Unterkleid sowie ein gegürtetes Obergewand und Schuhe gekleidet, auf dem Kopf eine spitz zulaufende, turbanähnliche Haube tragend. fol. 60v: Oben: Der mit übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagernde, geflügelte Pega­ sus als Halbfigur mit halbrundem Körperabschluss; Unten: Der mit seinem voluminösen Körper nach rechts stehende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen eng anliegenden Reifen um die Körpermitte tragend. fol. 61r: Oben: Das aus einem schmalen Streifen gebildete Triangulum (Dreieck) ; Unten: Die übereinander wiedergegebenen, in entgegengesetzte Richtung schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 61v: Oben: Der im Laufschritt nach rechts eilende, nackte, jugendliche Perseus, auf dem Haupt eine turbanartige Kopf bedeckung tragend, in der Rechten die Harpe haltend, das ursprünglich in seiner Linken sichtbare Medusenhaupt wurde später ausradiert; Unten: Die aus einem mehrstufigen Unterkörper, hornförmig gebogenem Seitenteil mit Lilienornament und einem Querstück zusammengesetzte, achtsaitige Lyra (Leier). fol. 62r: Oben: Der in Seitenansicht nach links gezeigte Cygnus (Schwan), das Ornament von einer fremden Hand später hinzugefügt; Unten: Der bis auf ein über der linken Schulter getragenes Paludamentum vollständig nackte Aquarius (Wassermann) als nach rechts blickende, jugendliche Frontalgestalt, mit seiner zur Seite gehaltenen rechten Hand eine Urne ausgießend, aus der ein Wasserstrahl austritt, die linke Seite vom Tuch bedeckt. fol. 62v: Oben: Der in Seitenansicht gezeigte, nach links lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und zweifach gewundenem Fischschwanz; Mitte: Der mit in die Front gedrehtem Oberkörper nach rechts gewandt stehende, bärtige Sagittarius (Schütze) als bogenspannender Satyr mit zottigen Bocksbeinen und langem Schwanz; Unten: Der nach links orientierte, mit ausgebreiteten Flügeln auf dem Sagitta (Pfeil) stehende Aquila (Adler). fol. 63r: Oben: Delphinus (Delfin) mit steiler Kopf- und Brustflosse sowie aufgerichtetem Schwanz, nach rechts schwimmend; Unten: Der jugendliche, mit Tunica exomis und Pallium bekleidete Orion in Frontalansicht, mit seiner linken Hand an den Griff des umgegürteten Schwertes fassend, die Rechte gleichsam weisend erhoben. fol. 63v: Oben: Canis maior (Großer Hund), mit geöffnetem Maul nach links springend; Mitte: Lepus (Hase), nach links springend; Unten: Ansicht des Argo Navis (Schiff) als ganzes Schiff mit einem Ruderpaar sowie einem breiten Segel über dem Kreuzmast mit kugelförmigen Abschluss und flatternden Bändern, der gebogene Bug mit wehendem Tuchstreifen sowie das dreifach gegabelte Heck jeweils mit kugeliger Spitze als Abschluss. fol. 64r: Oben: Cetus (Seeungeheuer) als nach links lagerndes Seeungeheuer mit langen, gefächerten Flossen, spitzen Ohren und breitem, schnabelförmigem Maul sowie einem mehrfach gewundenen Fischschwanz, das Ornament wurde von einer späteren Hand hinzugefügt; Unten: Der bärtige Eridanus als klassischer Flussgott nach rechts auf einem Gewässer lagernd, den nackten Oberkörper in die Front gedreht, die linke Schulter und der Unterkörper von einem Tuch verhüllt, mit dem rechten Arm auf eine Urne gestützt, aus der im breiten Strom das Wasser herausfließt, in seinem linken Arm einen langen Schilfstängel haltend. fol. 64v: Oben: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend; Unten: Der einfache, kubusförmige Ara (Altar) mit brennender Glut auf der Deckplatte. fol. 65r: Oben: Der nach rechts schreitende Centaurus in Seitenansicht, den Oberkörper in die Front gedreht, mit wegradiertem Gesicht; Unten: Hydra (Wasserschlange), Crater (Mischkrug) und Corvus (Rabe) auf ihren Windung tragend. fol. 65v: Oben: Corvus (Rabe) ; Mitte: Crater (Mischkrug) ; Unten: Anticanis (Vorhund) nach rechts/links springend.

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Der Codex gelangte später in den Besitz der Abtei Saint-Quentin en Vermandois (Aisne) und wurde zu Beginn des Pontifikats von Papst Sixtus IV (gest. 1484) erworben. Im Inventar der Vatikanischen Bibliothek von 1475 erscheint die Handschrift auf Seite 213 unter [Opera varia] Kalendarium Bedae. Ex membranis in rubeo. Das Manuskript wurde in der Folge auch in den Katalogen von 1481, 1533 und schließlich, im Jahre 1550, als Nummer 2584 aufgeführt. Literatur

Eyssenhardt ed. 1866; Riegl 1889, S. 73; Vattasso/Franchi di Cavalieri 1902, I, S. 496–500; Saxl 1915, I, S. 71–76, Taf. I, XXI; Jones 1937, S. 434; Jones ed. 1939, S. 54, 87, 109, 138; Neuss 1941, S. 113–140, fig. 2, 6, 9, 13, 16; Laistner/King 1943, S. 144, 151, 155; Byvanck 1949, S. 226, Nr. 89; Leonardi 1960, S. 475ff., Nr. 215; Willis ed. 1963; Finch 1965, S. 110–117; Vieillard-Troiekouroff 1966, S. 79ff.; King 1969, S. 51ff.; Mancinelli 1969, S. 133, fig. 7; Boschen 1972, S. 16–18; Dell’Era ed. 1974; Jones ed. 1975; Jones ed. 1977; Munk Olsen 1985, II, S. 271, B 80; Pellegrin 1991, III,1, S. 44–47; Borst 1994, S. 162, Anm. 96, 99; Borst 1998, (D 5): S. XXII, 166, 342, 391, 408f., 457, 465, 475, 484, 515; Blume, Körper 2006, S. 228; Blume 2009, S. 543. Siehe S. 73, 77, Abb. 773–782

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Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 123 Vierteiliges komputistisches Kompendium Sternbilderdarstellungen zu Buch IV, De astronomia Spanien (S. Maria de Ripoll?), 11. Jahrhundert (1056) Kodikologische Angaben 365 × 279 mm, 223 Folia, Pergament, Text einspaltig zu 34 bzw. 35 Zeilen in Karolin­ gischer Minuskel geschrieben, rubrizierte Initialen, Hervorhebungen in Majuskelschrift.

Art der Bilder Neben einer Weltkarte auf fol. 143v–144r und einer ganzseitigen Miniatur der Planisphäre zum Text des Macrobius auf fol. 205r finden sich zum Liber quartus die in Deckfarbentech­ nik ausgeführten, mit Rahmen und Hintergrund versehenen Medaillonbilder der sieben Planeten, denen sich die vorwiegend in Blau oder Grün getönten, in Deckfarbentechnik ausgeführten, ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzten 12 Mi­ niaturen des Tierkreises sowie die mit dem Pinsel in Blau gezeichneten und zum großen Teil nachträglich mit einem Rahmen sowie einem blauen oder hellen gelblichgrünen Grund versehenen insgesamt 31 Miniaturen der Sternbilder anschließen, Position der Ster­ ne durch rote Sterne angegeben.

Inhalt fol. 1r–74r: fol. 74r–74v: fol. 74v–110v: fol. 110v:

Liber primus, De sole ab Kap. XIV Jncipiunt capitula libri secundi de luna Liber secundus, De luna zwei Verse (Baehrens ed. 1879–83, V, LVIII, 1) Me legat annales uult qvi cognoscere cyclos fol. 111r–125v: Cycli decemnovennales (Migne PL 90, 835ff.) mit den am Rand notierten Annales Barcinonensis und Annales S. Victoris Massiliensis (MGH SS XXIII, S. 1–7) fol. 118v: Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977), Kap. 65 sowie Wiederholung der Verse von fol. 110v fol. 126r–126v: Mönch Oliva, Epistulae Incipit epistula Oliue monachi ad domnum Oliuam episcopum de feria diei natiuitatis Christi. Cvm omnibus per uniuersum clareat latissime fol. 126v: Mönch Oliva, Epistula epistula Oliue monachi ad Dalmacium monachum de feria diei natiuitatis Christi. De domini et saluatoris nostri Ihesu Christi natiuitatis feria fol. 127r–127v: Incipiunt capitula libri. III. De natura rerum fol. 127r–150v: Liber tertius, Beda Venerabilis De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) (dazu Weltkarte) sowie Auszüge aus Plinius NH fol. 151r: ursprünglich leer; Nachtrag: chronologische Tabelle (12. Jh.) fol. 151v: leer

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fol. 152r–153r: Incipiunt capitula libri quarti de astranomia [!] fol. 153r–233v: Liber quartus, Exzerpte aus Isidor von Sevilla De astronomia (Becker ed. 1857, Fontaine ed. 1960), Beda Venerabilis, Macrobius, Hyginus, Plinius, Fulgentius und Calcidius (dazu Gesamtbild der Sphära) fol. 219v–223v: Kalendarium; Martyrologium

Kommentar Die vatikanische Handschrift Vat. Reg. lat. 123 enthält ein umfangreiches Kompendium zu Na­ turkunde, Chronologie und Kosmos, das ohne Vorgänger neu zusammengestellt wurde und das den Rahmen eines bis dahin üblichen Komputus­Handbuches weit übersteigt. Die Handschrift schöpft, wie bereits die Überschrift »De natura rerum et de ratione temporum libri quattuor e diversorum scriptorum operibus compilati …« angibt, aus zahlreichen Quellen, die von den Werken des Beda Venerabilis, Hyginus, Calcidius oder Macrobius bis hin zu den mythogra­ phischen Texten des Isidor oder Fulgentius reichen. Neuartig an dieser Kompilation war die eigenständige Organisation des umfangreichen und vielgestaltigen Materials. Wegen des innerhalb der Cycli decemnovennales zum Jahr 1056 eingetragenen Vermerks auf fol. 118r, »Eodem anno factus est liber iste«, gilt dieses als Entstehungsjahr der Handschrift. Auf Grund zweier, auf fol. 126r–126v aufgezeichneter Briefe wird die Kompilation dem Mönch Oli­ va aus dem katalonischen Kloster Santa Maria de Ripoll zugeschrieben. Der Codex ist heute nicht mehr vollständig erhalten. Ihm fehlen am Anfang ein ganzer Quaternio und, darüber hinaus, Teile des Schlusses. Ferner wurden die Blätter 118v–125v von einer späteren Hand des 11. Jahrhunderts beschrieben, die Blätter 126r–126v erst im 12. oder 13. Jahrhundert eingefügt, und bei fol. 121–126 handelt es sich um eine interpolierte Lage. Das Werk gliedert sich in insgesamt vier große Abschnitte. Die ersten drei, De sole (fol. 1r– 74r), De luna (fol. 74r–110v) sowie De natura rerum (fol. 127r–150v) benannten Teile behandeln hauptsächlich komputistische und naturkundliche Fragen. Der vierte, De astronomia überschrie­ bene Abschnitt (fol. 152r–218v), beschäftigt sich ausschließlich mit der Wissenschaft von den Sternen. Wie im gesamten Buch ist auch hier ein gewissenhaftes und auf Vollständigkeit be­ dachtes Zusammenstellen der zahlreichen Vorlagentexte zu bemerken. Der einspaltig geschrie­ bene Text wird dabei von einer ganzen Anzahl unterschiedlich gestalteter Illustrationen beglei­ tet. Sie waren wohl bereits vor der Niederschrift des Text fertiggestellt, denn dieser wurde, zum Beispiel bei den Zwillingen auf fol. 177r oder beim Fuhrmann auf fol. 190v, oftmals um eine nachfolgende Illustration herumgeschrieben. Interessant und neuartig ist vor allem, dass der Illustrationszyklus die einzelnen Sterntypen in klar unterscheidbaren Bildern vorstellt. Am Anfang des vierten Buches erscheinen textbeglei­ tend noch vor den Fixsternen die Darstellungen der Planeten, die keine weiteren Nachfolger gefunden haben und anscheinend eigens für diese vatikanische Handschrift entwickelt worden sind. Die Anordnung der Wandelsterne erfolgt aber nicht in dem sonst üblichen Quincunx­ Schema. Stattdessen werden die Planeten in der astrologischen Folge der Wochentagsgötter an­ geordnet. Die Reihe beginnt mit Sonne und Mond, deren klassische Gestalten dem Betrachter als gerahmte, in Deckfarbentechnik ausgeführte Medaillonbilder mit farbigem Hintergrund vor Augen geführt werden. Die übrigen, den Luminaria folgenden Planeten erhielten nun erstmals ein eigenes Bild und sind als bewegte, ebenfalls in Deckfarben ausgeführte Ganzfiguren inner­

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halb kleinerer Kreismedaillons vor farbigem Hintergrund zu sehen. Zusätzlich hat man diese Himmelsgestalten mit einem Strahlenkranz umgeben, der das astronomische Kennzeichen der Planeten, das Wandeln und helle Leuchten, sichtbar ins Bild umsetzt. Zur Identifizierung wurden den Bildern jeweils Namensbeischriften sowie die aus den mythographischen Texten erschließba­ ren Attribute hinzugefügt. Den Planetenbildern schließt sich, ebenfalls textbegleitend, zwischen fol. 175v und fol. 182v die Darstellung des Tierkreises, beginnend mit dem Widder und endend mit den Fischen, an. Seiner größeren Bedeutung gemäß, wird er von den übrigen Sternbildern gesondert abgehan­ delt. Die ihm zugehörigen Miniaturen wurden in relativ großem Format bevorzugt einfarbig, in Blau oder Grün getönten Deckfarben ausgeführt und ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt. Zuletzt folgen dann ab fol. 184v die mit dem Pinsel in Blau ge­ zeichneten und größtenteils nachträglich mit einem Rahmen sowie einem blauen oder hellen gelbgrünen Grund versehenen 31 Miniaturen der Sternbilder in der für sie üblichen Reihenfol­ ge. Meist wurde nur ein Bild pro Seite wiedergegeben, ab fol. 200v finden sich allerdings zu­ nehmend zwei Darstellungen pro Seite, und auch die ungerahmten, hintergrundslosen Bilder erscheinen nun in größerer Anzahl. Oftmals ist das Bildfeld und der Bildrahmen so knapp ge­ halten, dass die Sternbilderfiguren über die Begrenzung hinausragen. Die Bilder der Handschrift Vat. Reg. lat. 123 kennzeichnet eine kräftige Zeichnung sowie farbige Höhungen, z. B. in Rot auf Grün oder in Gelb auf Grün zu erkennen. Auffällig sind die extrem gelängten Gliedmaßen, die länglichen Köpfe und die übertriebenen Bewegungen der Figuren. Charakteristische Einzelheiten des Malers sind darüber hinaus die Gestaltung des Kinns und eine gewisse Freude am Ornament, die vor allem in den zahlreichen Schmuckbor­ ten, aber auch in der Gestaltung der Körperoberflächen ihren Ausdruck findet. Der Erläuterung der Himmelsgestalten dienen die zugehörigen, bis zu zwei Seiten umfas­ senden Texte. Als Folge der Verteilungsverhältnisse von Text und Bild sowie auf Grund des ungewöhnlich großen Formates der Handschrift kann im Schnitt auf jeder Doppelseite ein Bild erscheinen, so dass die Illustrationen sehr wohl als Zyklus erfahrbar sind. Die Bilder werden dabei von einem Text erklärt, der durch die systematische Kompilation astronomischer Anga­ ben und mythographischer Passagen aus den Werken verschiedenster Autoren erheblich erwei­ tert wurde. So findet man in der vatikanischen Handschrift alle Angaben zu einem Planeten oder Sternbild auf einer Seite zusammengestellt, wobei über jedem Abschnitt die jeweils zi­ tierten Autoren gewissenhaft aufgeführt werden. Den Wandelsternen wurde auf diese Art und Weise der gleiche Rang wie den ihnen nachfolgenden Fixsternen eingeräumt. Die gewählten mythographischen Quellen, etwa die Passagen aus Fulgentius oder Isidor, eigneten sich zudem besonders für eine Umsetzung ins Bild; aus ihnen wurde die Ikonographie der Miniaturen ent­ wickelt. Aber nicht nur für die Gestaltung der Texte, sondern auch für die Miniaturen griff der Kompilator auf verschiedene, vermutlich auf zwei, wenn nicht gar auf drei Vorlagen zurück, die in neuartiger Weise organisiert wurden. Ikonographisch schließen sich sowohl die Darstel­ lungen der Tierkreiszeichen als auch die Sternbilder den Illustrationen zum Sternkatalog De signis coeli, wie er auch in der aus Fleury stammenden Handschrift Paris lat. 5543 begegnet, an. So erscheinen in beiden Codices die gleichsam schwebenden Figuren des Wassermanns oder der Jungfrau. Ferner begegnet der Fuhrmann jeweils kniend und mit einer helmartigen Mütze, ju­ welenbesetztem Kragen und Gürtel, Cepheus mit einer Tiara, deren Mützenbänder nach beiden

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Seiten flattern, und Cassiopeia auf einem Kastenthron mit lünettenbekrönter Rückenlehne. Beide Handschriften zeigen darüber hinaus gleichermaßen die von ihren Brautgeschenken um­ gebene und auf der Schlange stehende Andromeda, den nur auf einem Bein stehenden Schwan oder den sich konisch verjüngenden, auf Stützen wiedergegebenen Altar. Trotz der zahlreichen Übereinstimmungen zwischen dem Manuskript Vat. Reg. lat. 123 und dem Pariser Manuskript lat. 5543, handelt es sich beim vatikanischen Codex aber nicht um eine direkte Kopie der Pariser Handschrift, da Vat. Reg. lat. 123 außer den Planetenbildern auch die Plejaden zeigt und in den Einzelbildern insgesamt ausführlicher ist. So sieht man dort auf fol. 192v sechs anstatt fünf Brautgaben der Andromeda oder auf fol. 202r das Füllhorn des Eridanus. Die Aufnahme der Plejaden, die Wiedergabe des Centaurus mit zwei Beutetieren sowie die Planisphäre verweisen auf Germanicus­Illustrationen, wie sie auch in der Baseler Handschrift AN IV 18 begegnen. Die großen Medaillonbilder von Sol und Luna stammen hingegen aus der Tradition der Recensio interpolata­Zyklen, wie sie unter anderem in der Handschrift St. Gallen 250 überliefert sind. Einige Details, etwa die mit Hosen anstatt mit Stiefeln bekleideten Zwillinge oder vielleicht auch die Umwandlung der Felsen zu Seiten der Andromeda in Baumstämme, lassen vermuten, dass die direkte Vorlage der vatikanischen Handschrift gezeichnet war. Vielleicht handelte es sich bei ihr um eine aus Fleury stammende, ausführliche und gezeichnete Version eines Illustra­ tionszyklus zum Sternkatalog De signis coeli wie er auch in der Handschrift Dijon 448 begegnet. Von einer solchen Vorlage könnte auch die Anregung zur Unterscheidung der verschiedenen Himmelskörper ausgegangen sein. Auch der Text untermauert die Verbindung zu Fleury, in­ dem der für die Kompilation verwendete Hygintext derselben Textfamilie wie die beiden mit Fleury zusammenhängenden Hyginhandschriften Bern, Burgerbibliothek, Cod. 45 und Leiden, Voss. lat. oct. 15 zugeordnet wird. Darüber hinaus ist auch ein Kontakt zwischen den Klöstern Fleury und Ripoll sowie der damit verbundene Austausch von Wissen belegt. So besuchte unter Abt Gauzlinus (1004–1030) eine spanische Delegation das französische Kloster, um dort zu stu­ dieren. Die vatikanische Handschrift Vat. Reg. lat. 123 zeugt von einem sehr bewussten, reflek­ tierten Umgang mit den Bildern. So wird ein tradierter Sternbilderzyklus mit einer neuartigen Systematik versehen, die der unterschiedlichen Bedeutung der Konstellationen gerecht wird. Die Scheidung in verschiedene Himmelskörper, in die beweglichen Luminaria und die hellen Planeten, in die wichtigeren Tierkreiszeichen und die Sternbilder zog auch eine unterschied­ liche Gestaltung der Miniaturen nach sich. Der Charakter der Himmelserscheinungen fand auf diese Weise sein Pendant in der eigens für die Handschrift entwickelten, differenzierten Bild­ form. Sowohl die didaktische Anlage als auch die Präsentation der Miniaturen in einer neuar­ tigen Rangfolge lässt dabei auf ein außerordentliches und tieferes Verständnis der Astronomie schließen. Dies scheint gekoppelt mit einem neuen Interesse am gesamten Kosmos, wie es sich auch in der doppelseitigen Darstellung einer Weltkarte auf fol. 143v/144r abzeichnet. Basierend auf den mythographischen Beschreibungen wurden die neuartigen Planetenbilder geschaffen, die diese Sterne zwar nicht ausreichend astronomisch charakterisieren, aber dennoch astrologische Relevanz besitzen. Daneben erfolgte die offenbar im Zusammenhang mit dem komputistischen Kontext entwickelte Anordnung der Wandelsterne in der astrologischen Folge der ihnen zugehörigen Wochentage. Hier manifestiert sich ein Interessenwandel. Die Verbin­ dung von tradierter Himmelskunde und Mythographie, wie sie in der vatikanischen Hand­

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schrift begegnet, ist für ihre Zeit außergewöhnlich. Sie lässt auf eine gesteigerte Beschäftigung nicht nur mit astronomischen und kosmologischen, sondern auch mit astrologischen Fragen schließen.

Verzeichnis der Bilder Luminaria und Planeten: fol. 164r: Sol innerhalb eines von Wellen gesäumten, gerahmten Medaillons auf dem von

vier Pferden gezogenen, von vorn gezeigten Sonnenwagen als nimbierte Frontalgestalt mit Strahlenkrone, in kostbare langärmelige Ober­ und Untergewänder mit Bortenbesatz und einen Schultermantel gekleidet, in der verhüllten Linken den Globus und einen stabförmi­ gen Gegenstand haltend, die Rechte erhoben. fol. 167r: Luna innerhalb eines farblich ge­ stuft gerahmten Medaillons auf dem von zwei Ochsen gezogenen, nach links in Seiten­ ansicht gezeigten Wagen als nimbierte Frontalgestalt, in kostbare langärmelige Gewänder mit Zierborten und ein Manteltuch gekleidet, mit der Peitsche in der Rechten die galop­ pierenden Ochsen antreibend, in der Linken eine brennende Fackel haltend, auf dem Haupt eine Mondsichel tragend. fol. 170r: Der nach rechts blickende, jugendliche Mars als innerhalb eines von Strahlen umgebenen Rundmedaillons stehende Frontalfigur, in ein knielanges Ärmelgewand und Hosen gekleidet, in der erhobenen Rechten das gezogene Schwert, mit der Linken den über der Schulter an einem Gurt befestigten Schild nach rechts vor sich haltend. fol. 171r: Der an Kopf und Füßen geflügelte, nach rechts blickende, bärtige Merkur als innerhalb eines von Strahlen umgebenen Rundmedaillons mit ge­ spreizten Beinen stehende Frontalfigur, in ein knielanges Ärmelgewand, Hosen und Schu­ he gekleidet, die Linke hinter dem Körper verborgen, in der zur Seite gestreckten Rechten einen Krummstab haltend. fol. 171v: Der nach rechts blickende, jugendliche Jupiter-Phaeton als stehende Frontalfigur innerhalb eines von Strahlen umgebenen Rundmedaillons mit wellig ornamentiertem Hintergrund, in ein knielanges Ärmelgewand, Hosen und Schuhe gekleidet, die beiden Arme seitwärts ausgestreckt. fol. 173r: Die nach rechts oben bli­ ckende Venus als innerhalb eines von Strahlen umgebenen Rundmedaillons stehende Frontalfigur, mit langem, faltenreichen Ärmelgewand und Schuhen bekleidet, auf dem Haupt einen Kopfschleier tragend, die beiden Arme seitwärts ausgestreckt. fol. 174r: Der nach rechts blickende, bärtige Saturn als innerhalb eines von Strahlen umgebenen Rund­ medaillons stehende Frontalfigur, in ein knielanges Ärmelgewand, Hosen und Schuhe gekleidet, ein graues Schleiertuch über dem Kopf, in der zur Seite gestreckten Rechten eine Sense haltend, die Linke zur Seite gestreckt. Tierkreis: fol. 175v: Der nach links springende Aries (Widder), den mit vier Hörnern versehenen Kopf zurückgewandt. fol. 176v: Der als Halbfigur in Seitenansicht wiedergegebene Taurus (Stier), mit eingeknicktem rechten Vorderbein nach rechts lagernd. fol. 177r: Die frontal nebeneinander stehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zugewandtem Blick, in Ärmeltunika, Beinkleider und einen über der rechten Schulter drapierten Mantel mit Fibel gekleidet, die jeweils der Mitte zugewandte Hand in die Hüfte stemmend, in der zum Seitenrand zeigenden Hand jeweils eine aufgestellte Lanze haltend. fol. 178r: Cancer (Krebs) in Aufsicht, mit länglichem, wellenartig geschupptem Körper, gegabeltem Fisch­ schwanz und fünf Beinpaaren. fol. 178v: Der fauchende Leo (Löwe) in Seitenansicht, den schlanken Körper mit aufgerichtetem Schweif und übereinandergestellten Vorderbeinen nach links gewandt. fol. 179r: Die mit angewinkelten Beinen gleichsam nach links schwe­

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bende, geflügelte, langhaarige Virgo (Jungfrau) mit in die Front eingedrehtem Oberkör­ per, in ein langärmeliges Unterkleid und kürzeren Ärmeltunika gekleidet, in den zur Seite gestreckten Händen rechts einen ovalen Gegenstand und links eine Waage haltend. fol. 180r: Der nach links in Aufsicht gezeigte Scorpius (Skorpion) mit ovalem, wellenför­ mig gemustertem Körper, gebogenem und stachelbesetztem Schwanz sowie zwei langen, hinter dem Kopf ansetzenden, gegabelten Fühlern. fol. 180v: Der Sagittarius (Schütze) als nach links springender, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht mit in die Front einge­ drehtem Oberkörper, nackt bis auf ein quer über den Oberkörper geschlungenes, nach hinten wehendes, schmales Tuch. fol. 181r: Der als Mischwesen aus Ziegenbock und gewun­ denem Fischschwanz wiedergegebene Capricornus (Steinbock), mit vorgestreckten Vor­ derbeinen nach links lagernd. fol. 181v: Der gleichsam nach links schwebende, in Seiten­ ansicht dargestellte Aquarius (Wassermann), nackt bis auf die Phrygiermütze sowie ein langes, um Taille und Hals geschlungenes Tuch, dessen sich verbreiternde, faltenreiche Bahn nach hinten flattert, mit beiden vorgestreckten Armen eine Urne vor sich ausgie­ ßend, aus der ein Wasserstrahl austritt. fol. 182r: Die beiden Rücken an Rücken übereinan­ der gezeigten, in unterschiedliche Richtungen schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch einen breiten Wasserstrom verbunden. Sternbilder: fol. 184v: Ursa maior (Großer Bär), nach links springend. fol. 185r: Ursa minor (Kleiner Bär), nach links springend. fol. 186r: Der innerhalb des Rahmens aufgerichtete Draco (Drache) mit Drachenkopf in Seitenansicht, die einander mit dem Rücken zugewandten,

jeweils in verschiedene Richtungen springenden Bären zwischen den Windungen, auf dem Rahmen nach innen mehrere geteilte Blattornamente. fol. 186v: Der in Rückenan­ sicht gegebene, im Knielauf nach links gewandte, vollständig nackte, bärtige Hercules im Kampf gegen die mehrfach um den Baum der Hesperiden gewundene, dicke Hydra mit Drachenkopf, den Kopf in den Nacken gelegt, eine zottige Maske über der emporgehobenen Linken, mit der in der Rechten gehaltenen Keule schwungvoll zum Schlag ausholend, auf dem Rahmen nach innen zwei Blattornamente. fol. 187r: Corona borealis (Nördliche Krone). fol. 188v: Der vollständig nackte, nach links gewandte jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Rückenansicht, mit dem linken Bein auf dem Scorpius (Skorpion) stehend, die einfach um den Körper gewundene Schlange anblickend und mit beiden Hän­ den am Kopf­ und Schwanzende gepackt haltend. fol. 189v: Der nur mit einer Tunika bekleidete Bootes (Bärenhüter) in Rückenansicht, den Kopf nach links ins Profil gedreht, mit breitem Schritt, schräg ausgestrecktem linken und angewinkeltem rechten Bein sowie seitlich ausgebreiteten Armen stehend, oberhalb des linken Handgelenks ein in mehreren Zipfeln hängender Stoffstreifen, in der Rechten ein kurzes Pedum haltend. fol. 190v: Der gleichsam nach rechts schwebende, innerhalb des Rahmens kniend wiedergegebene Auriga (Fuhrmann), in ein langes, faltenreich abschließendes Untergewand, eine kurze Ärmel­ tunika, geschmückten Brustpanzer und Helm mit Lilienzier gekleidet, in der zur Seite erhobenen rechten Hand eine Peitsche haltend, auf dem linken, seitwärts gestreckten Arm die Ziege und die zwei Böckchen präsentierend. fol. 191r: Der in prächtige Ober­ und Untergewänder, einen über der Brust geschlossenen Schultermantel sowie eine spitz zulau­ fende Kappe mit flatternden Bändern gekleidete, bärtige Cepheus, in frontaler Stellung mit weit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen stehend. fol. 191v: Cassiopeia als mit w­förmig ausgebreiteten Armen frontal auf einem Kastenthron mit bogenförmig abschlie­ ßender Rückenlehne, Fußbank und riesigem, mandelförmigen Polster sitzende Gestalt, in langärmelige Ober­ und Unterkleider mit Knöpfen und Ziersaum sowie Schuhe gehüllt, auf dem nach links gewandten Kopf eine hohe, helmartige Mütze tragend. fol. 192v: Die

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nach links blickende Andromeda als mit ausgebreiteten Armen auf einem flachen Hügel zwischen zwei stilisierten Baumstämmen stehende Frontalgestalt, in ein eng anliegendes, langärmeliges Kleid gehüllt, einen hinter dem Rücken fallenden Schal über beide Arme nach hinten drapiert tragend, auf dem Haupt ein schmales Diadem, zu ihren Seiten die sorgsam aufgereihten Brautgeschenke und zu ihren Füße die Schlange mit Drachen­ kopf. fol. 193r: Der in Seitenansicht gezeigte, geflügelte Pegasus als nach rechts lagernde Halbfigur, am Flügelansatz einen ornamentierten Streifen, im Maul einen kugelförmigen Gegenstand haltend, auf dem Rahmen nach innen zwei Blattornamente. fol. 193v: Triangulum (Dreieck). fol. 194v: Der nach links eilende, an den Füßen große Flügel tragende, jugendliche Perseus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, nackt bis auf einen schmalen, nach hinten in schroffen Falten wehenden Tuchstreifen und eine spitz zulaufende Kappe, in der vorgestreckten Rechten ein bärtiges Medusenhaupt am Schopf packend, in seiner Linken einen schmalen, gegabelten Gegenstand haltend. fol. 195r: Die traubenförmig gruppierten sieben Plejaden als jeweils innerhalb eines zweifach gerahmten Rundmedaillons wiedergegebene, kaum individualisierte und einander sehr ähnliche schleierbedeckte Frauenköpfe. fol. 196r: Die aus einem rechteckigen Körper, Querstück und einem mit zwei Palmetten verzierten Aufsatz zusammengesetzte, mit fünfzehn Saiten bespannte Lyra (Leier). fol. 196v: Der nach rechts gewandte, mit ausgebreiteten Flügeln und nach vorn geneigtem Kopf auf dem linken Bein stehende Cygnus (Schwan) in Seiten­ ansicht. fol. 198r: Aquila (Adler) nach rechts, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebrei­ teten Flügeln über dem auf der unteren Rahmenleiste liegenden, mit der Spitze aus dem Rahmen herausragenden Sagitta (Pfeil) stehend. fol. 199r: Delphinus (Delfin), nach links schwimmend, ohne Rahmen und Hintergrund. fol. 199v: Der nach links eilende, jugend­ liche Orion in kurzer Ärmeltunika und Paludamentum, der vorgestreckte linke Arm vom Tuch bedeckt, in der von hinten ausholenden Rechten ein Schwert haltend, zu seiner linken Seite am Gürtel ein weiteres Schwert hängend. fol. 200v: Oben: Der nimbierte Canis maior (Großer Hund) mit Halsband, geöffnetem Maul und glühender Zunge nach links springend, ohne Rahmen und Hintergrund; Unten: Cometes stella als innerhalb eines Rundmedaillons wiedergegebener Kopf mit Strahlennimbus. fol. 201r: Lepus (Hase), nach links springend. fol. 201v: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffs mit gebogener, lilienbekrönter Heckspitze, Ruderpaar, Mast und schmalem Segeltuchstreifen, auf dem Deck zwei hintereinanderstehende Schilde; Unten: Cetus (Seeungeheuer) als nach rechts in Seitenansicht lagerndes Mischwesen mit großem vogelartigem Kopf, geflü­ gelten krallenbesetzten Vorderbeinen und gewundenem Fischschwanz. fol. 202r: Der ju­ gendliche Eridanus als aus dem Wasser herausragende Büste mit Strahlennimbus, die Rechte weisend aus dem Wasser erhoben, zu seiner Linken ein halb vom Strom bedecktes Füllhorn, Miniatur ohne Rahmen und Hintergrund. fol. 202v: Oben: Der auf dem Rü­ cken liegende Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links schwimmend, ohne Rahmen und Hintergrund; Unten: Der sich nach oben konisch verjüngende, auf Stützen wiederge­ gebene Ara (Altar) mit lilienförmigem Abschluss, ohne Rahmen und Hintergrund. fol. 203v: Der in Seitenansicht mit frontal eingedrehtem Oberkörper gezeigte, nach rechts schreitende, bärtige, langhaarige Centaurus, in seiner Linken einen erbeuteten Hasen an den Hinterläufen tragend, in der Rechten einen weiteren Hasen und zugleich ein blankes Schwert haltend. fol. 204v: Oben: Die nach links oben kriechende, leicht gewundene Hydra (Wasserschlange) mit Drachenkopf in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) in der Körpermitte, den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) am Schwanzende auf den Windungen tragend, Miniatur ohne Rahmen und Hintergrund; Unten: Anticanis (Vorhund) mit Halsband, nach links springend, Miniatur ohne Rahmen und Hintergrund. fol. 205r: Planisphäre.

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Provenienz Wie man aus den Einträgen der Chronik auf fol. 111v–125v schließen kann, befand sich der Codex vom Ende des 11. bzw. Anfang des 12. Jahrhunderts bis in das 16. Jahrhundert hinein in der Bibliothek der Abtei Saint­Victor in Marseille. Möglicherweise war die Handschrift eine Zeit lang im Besitz von Nicolas Claude Fabri de Peiresc (gest. 1637), von dessen Hand mehrere Einträge auf fol. 2r, 45v, 48v, 112r, 120r und 223v stammen. Später gelangte das Buch in den Besitz der Königin Christina von Schweden (1626–1689). Im Katalog von Montfaucon erscheint es als Nr. 484. Auf dem Rücken der Handschrift befinden sich die Wappen von Pius IX. und des Kardinal Angelo Mai.

Literatur Pijoán 1912; Saxl 1915, I, S. IX, S. 45–59, pl. IV, fig. 7, pl. V, fig. 10, 11, pl. VI, fig. 12, 13, pl. VII, fig. 14, pl. VIII, fig. 16; Haskins 1924, S. 8, Anm. 18, S. 83ff.; Albareda 1927, S. 24–69; Millas Vallicrosa 1931, S. 233–237; Wilmart 1937, I, S. 289–292; Byvanck 1949, S. 228, Nr. 98; Saxl/Meier 1953, III, S. LXVIII; McGurk 1973, S. 197ff.; Euw 1975, S. 89– 103, bes. S. 102; Pellegrin 1978, II, 1, S. 35–38; Viré 1981, S. 174ff.; Kat. Köln 1985, I, S. 332ff.; Borst 1994, S. 219ff.; Puigvert 1998; Aviles 1999; Blume 2000, S. 15–17, 264; Somfai 2002, S. 13–15. Siehe S. 100–102, Taf. 62–66, Abb. 783–824

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Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 309 Libri computi von 809 (Aachener Enzyklopädie) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Saint­Denis, zweite Hälfte des 9. Jahrhunderts (859/860?) Kodikologische Angaben 290 × 270 mm, 157 Folia, Pergament, Text einspaltig von zahlreichen Händen in Karolingischer Minuskel geschrieben, rubrizierte Initialen.

Art der Bilder Zum Text des Sternkatalogs insgesamt 40, in lavierter Federzeichnung ausgeführte, ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzte Zeichnungen der Sternbilder, Position der Sterne durch kleine Sternchen mit punktförmigem Zentrum angegeben, ei­ nige der Figuren erscheinen als Kopie noch einmal zwischen fol. 130r–136v.

Inhalt fol. 1r–2r:

Federproben; verschiedene Verse; Ps­Beda Venerabilis, De arithmeticis propositionibus (Migne PL 90, 665–676) fol. 2v–69r: Libri computi, Buch I fol. 4v–6r: Kapitular fol. 17r–58r: Cycli decemnovennales (Migne PL 90, 835ff.) mit Chronicon Sancti Dionysii (Waitz ed. MGH SS XIII, S. 718–721) fol. 69v–74v: Libri computi, Buch II fol. 75r–80v: Libri computi, Buch III fol. 77–77v: Exzerpte aus Macrobius, Commentarii in somnium Scipionis (Willis ed. 1963, S. 155–63) fol. 80v–90r: Libri computi, Buch IV fol. 90r–104v: Libri computi, Buch V fol. 90r–91r: Ps­Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312) fol. 91r–99r: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974; Migne PL 90, 945–948) fol. 99v–104v: Exzerpte aus Plinius NH II De positione et cvrsv septem planetarum, De intervallis earum, De absidibus earum, De cursu earum per cotidianum circulum; De interlunio; De eclypsi lunae; De eclypsi solis; De solis eclypsi quando visa sit; Demensio caelestium spatiorum secundum quosdam; De praesagiis tempestatum fol. 104v–107r: Libri computi, Buch VI fol. 105v–107r: Exzerpte aus Macrobius, Commentarii in somnium Scipionis (Willis ed. 1963, S. 155–63) fol. 107v–117r: Libri computi, Buch VII Beda Venerabilis De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) fol. 107r–107v: Exzerpte aus Martianus Capella, De nuptiis Philologiae et Mercurii

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fol. 117r–119r: Exzerpte aus Isidor von Sevilla, Tria capitula Metrologica fol. 119v–120r: De ventis fol. 120v: Tabelle De cursu lunae fol. 121r–121v: Tabelle Cursus lunae per XII signa fol. 122r–125r: Chronologica, Tabellen, Argumenta fol. 125v: Versus ad terminum septuagesime repperiendum: Procedunt februe quinta sub sorte kalende fol. 126r: Versus W. Ad inveniendum Terminum Xlme: Terminus octonas Martis fert quinque kalendas fol. 126v–156r: Ergänzungen des 11. Jhs. (?) fol. 126v–128v: Chronologische Schemata fol. 128v–140r: Kalendar mit Text zu den einzelnen Monaten (dazu Zeichnungen, Kopien der Miniaturen von fol. 95v, 94v, 93v, 94r) fol. 140r–149r: Chronologische Tabellen; Sterngedicht mit Neumen (Baehrens ed. V.N.LVIIII. 4, S. 351) Ad boreae partes fol. 149v–156r: Beda Venerabilis, Ludus compoti; Chronologische Tabellen; Monatsverse Incipit Ludus compoti Venerabilis Bedae Presbiteri fol. 157r–157v: Fragment der Historia gloriosi regis Ludovici VII (13. Jh.)

Kommentar Die Handschrift Vat. Reg. lat. 309 gehört zur Gruppe der im 9. Jahrhundert angefertigten Ko­ pien der Libri computi, welche sich hauptsächlich der Zeit­ und Kalenderberechnung widmen. Wie die Handschriften in München, Clm 210, oder in Rom, Vat. lat. 645 enthält der vatika­ nische Codex Vat. Reg. lat. 309 alle sieben, zur sogenannten Aachener Enzyklopädie gehörigen Bücher, wurde aber darüber hinaus in späterer Zeit noch mehrfach erweitert. So hat man dem Buch im 11. Jahrhundert mit den Folia 126v–156r zusätzliche komputistische Texte und Ta­ bellen hinzugefügt. Daneben wurden im 13. Jahrhundert die Blätter 37r–58r sowie 157r–157v ergänzt. Ein Eintrag auf fol. 70r korrigiert das annus praesens 859 in das Jahr 860; diese Daten gelten als Entstehungszeit der Handschrift. Zahlreiche Notizen wie »Liber sancti Dionjsi in Francia« (fol. 1r) oder »Liber sancti Dionisii« (fol. 2r) verweisen auf Saint­Denis als Entstehungsort des Buches. Der vatikanische Codex diente später als Vorlage für eine in Saint­Germain entstan­ dene Kopie des 11. Jahrhunderts (Paris lat. 12117). Wie in anderen Exemplaren der Libri computi hat man auch in der vatikanischen Handschrift den im fünften Buch enthaltenen Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis, der knapp und nach einheitlichem Muster ausschließlich Daten wie Bewegung, Position und Zahl der Sterne aufzählt, mit Illustrationen versehen. Für sie wurde der einspaltig geschriebene Text zwischen fol. 91r–99r nach jedem Abschnitt zu einem Sternbild unterbrochen. Die klei­ nen, sehr sorgfältig ausgeführten Bilder der Konstellationen wurden in grün und braun lavierter Federzeichnung ausgeführt und ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund ge­ setzt. Die Position der Sterne wurde jeweils gewissenhaft durch kleine Sternchen mit punktför­ migem Zentrum markiert. Einige der Himmelsgestalten wurden noch einmal in dem aus dem 11. Jahrhundert stam­ menden Teil der Handschrift kopiert. So erscheinen in dem später verfassten Kalender zwischen fol. 130r und fol. 136v zu den einzelnen Monaten die in einfacher Zeichnung ausgeführten

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Tierkreiszeichen Fische, Widder, Stier, Zwillinge, Krebs und Löwe, deren Stil mit seiner Nei­ gung zum Ornament sich deutlich von dem der Vorlage unterscheidet. Obwohl sich der Text des vatikanischen Manuskripts weitgehend mit dem der Madrider Handschrift 3307 deckt und sich die Bilder auch an diesem Vorbild orientieren, zeigt der Codex Vat. Reg. lat. 309 im Vergleich überwiegend andere Bildtypen. So sind Hercules und Perseus in Rückenansicht, die Jungfrau mit Ähre und Waage, jedoch ohne Flügel, und die Zwillinge in Umarmung als Krieger in kurzer Tunika dargestellt. Ferner wird der Schwan im Profil gezeigt, und der Wassermann gießt sein Gefäß mit der nach unten gesenkten linken Hand aus. Auch der Schütze ist nicht, wie im Madrider Manuskript, als bogenspannender Satyr, sondern als Kentaur mit einem Tierfell über der Schulter wiedergegeben. Darüber hinaus hat man auf eine geson­ derte Darstellung der zum Sternbild Krebs gehörigen, als nördlicher und südlicher Esel bezeichne­ ten und auch im Text beschriebenen Einzelsterne verzichtet. Außerdem fehlen dem Fuhrmann Ziege und Böckchen, Cepheus die Mütze und das Schwert, und Cassiopeias Thron hat keine Rückenlehne. Auch die Bewegungsrichtung zahlreicher Figuren, etwa bei Skorpion, Krebs oder Löwe, ist im Vergleich zum Madrider Codex 3307 verändert worden. Übereinstimmungen mit den Bildern der Madrider Handschrift zeigen die Bilder des auf einer Biga stehenden Fuhr­ manns oder der Argo mit ihrem dreifach gegabelten Körper. Wegen der zahlreichen Abwei­ chungen kann man davon ausgehen, dass die Madrider Handschrift nicht als direkte Vorlage der vatikanischen Handschrift Vat. Reg. lat. 309 gedient hat. Dennoch ist die Kenntnis der von ihr ausgehenden Bilderfolge wahrscheinlich. Darstellungen wie die des Drachen zwischen den Bären, der Zwillinge als Krieger oder des Schützen als Kentaur verweisen hingegen auf einen gewissen Einfluss der im 9. Jahrhundert von Corbie ausgehenden, mit dem Text der Recensio interpolata verbreiteten Bildtradition ausschließlich gezeichneter und auf die Angabe der Sternpositionen verzichtender Illustrationen. So zeigt die vatikanische Handschrift sowohl Anklänge an die Tradition der in Aachen initi­ ierten und von dem verbindlichen Hofexemplar kopierten Zyklen, wie sie die Madrider Hand­ schrift 3307 repräsentiert, als auch an die von dieser Bilderfolge unabhängige, vom nordfranzö­ sischen Kloster Corbie ausgehende und ausschließlich im westfränkischen Reich verbreitete Illustrationstradition. Denn einerseits entspricht das Layout des vatikanischen Codex ganz dem der Madrider Handschrift; auch wurde hier wie dort die Position der Sterne angegeben. Die Aus­ führung der Sternbilder in einfacher Zeichnung könnte dagegen ebenso wie die bereits er­ wähnte Abweichung der Bildtypen auf den zweiten Traditionsstrang verweisen. So scheint es, als versuche die vatikanische Handschrift 309 in ihrem Bildzyklus Merkmale der beiden, bis dahin unabhängig voneinander tradierten Reihen miteinander zu verbinden. Voraussetzung für eine solche Synthese war die Kenntnis beider Varianten. Diese waren zur Entstehungszeit von Vat. Reg. lat. 309 über Kopien offenbar schon so weit verbreitet, dass man sich im Streben nach einem genaueren und verbesserten Zyklus zunehmend um eine Verbindung der verschiedenen Überlieferungsstränge bemühte.

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Verzeichnis der Bilder fol. 91v: Darstellung des zunächst am unteren Rand gezeichneten, später ausradierten und um die Ursa maior und Ursa minor (Großer und Kleiner Bär) gelegten, gestreiften Draco (Drache), diese in zwei großen Windungen s­förmig nach unten kriechend, dabei die je­ weils in verschiedene Richtungen gewandten Bären umschließend. fol. 92r: Oben: Der nackte Hercules als nach links schreitende Rückenfigur, über dem nach vorn gestreckten

linken Arm ein Löwenfell tragend, mit einem langen, astförmigen Gegenstand in seiner zurückgestreckten rechten Hand zum Schlag ausholend; Unten: Die aus acht Blüten ge­ wundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben und unten in der Mitte mit einem runden Stein besetzt sowie unten von einem schmalen Band mit herabhängenden Enden zusammengehalten. fol. 92v: Oben: Der mit gespreizten Beinen in Rückenansicht wie­ dergegebene, nach rechts blickende, nackte Serpentarius (Schlangenträger), die einfach um seinen Körper gewundene Schlange mit beiden Händen unterhalb des Kopfes sowie am waagerecht ausgestreckten Schwanzende gepackt haltend; Unten: Der nach oben gerichte­ te Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 93r: Oben: Der in ein knielanges Ärmelgewand und Stiefel gekleidete Bootes (Bärenhüter) als mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal stehende, jugendliche Figur, den lockigen Kopf nach rechts gerichtet, die erhobene Linke gleichsam zum Seitenrand zeigend, in der Rechten eine Sichel haltend; Unten: Die in ein langes Kleid mit Ärmeln, Schuhe und Kopfschleier gehüllte, ungeflügel­ te Virgo (Jungfrau) als nach links orientierte Frontalgestalt, in der erhobenen Rechten eine Ähre und in der Linken eine Waage haltend. fol. 93v: Oben: Die einander anblickenden, sich umarmenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) als Frontalfiguren in kurzer Ärmeltu­ nika und Stiefeln, sich jeweils mit der äußeren Hand auf eine aufgestellte Lanze stützend; Unten: Der nach oben gerichtete, rundliche Cancer (Krebs) mit kurzen Scheren und vier Beinpaaren. fol. 94r: Oben: Der mit zottiger Mähne und aufgestelltem Schwanz nach rechts stehende Leo (Löwe) in Seitenansicht; Unten: Der jugendliche Auriga (Fuhrmann) als bis zur Hüfte sichtbare, auf einem in Seitenansicht gezeigten Zweigespann nach rechts fahrende, dem Betrachter frontal zugewandte Gestalt in langärmeligem Gewand, den Blick zum Seitenrand gerichtet, in der erhobenen Rechten eine zweischwänzige Peitsche hal­ tend, mit der Linken die galoppierenden Pferde zügelnd. fol. 94v: Oben: Der mit zurück­ gewandtem Kopf nach links lagernde Taurus (Stier) als Halbfigur, die Vorderbeine über­ einandergestellt, das hintere Körperende gleichsam umgeschlagen; Mitte: Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen stehende Frontalfigur, den Kopf leicht nach links gerichtet, mit knielangem Ärmelgewand und Stiefeln bekleidet; Unten: Cassiopeia mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Fußbank sitzend, in faltenreiche lange Gewänder und Kopfschleier gehüllt, das Haupt leicht nach links geneigt. fol. 95r: Oben: Die mit beiden Händen an den Stein gefesselte Andromeda frontal zwischen zwei hügeligen Felsen stehend, in ein langes, zweifach gegürtetes Kleid mit Ärmeln gehüllt, auf dem nach rechts gewandten Haupt ein Diadem mit Stein tragend; Unten: Der in Sei­ tenansicht gezeigte, geflügelte Pegasus als nach rechts lagernde Halbfigur mit geöffnetem Maul und übereinandergestellten Vorderbeinen, das hintere Körperende gleichsam umge­ schlagen. fol. 95v: Oben: Aries (Widder) mit blattartig gelapptem Reif um die Körper­ mitte; Mitte: Triangulum (Dreieck) ; Unten: Pisces (Fische). fol. 96r: Oben: Der nach rechts eilende, bis auf ein flatterndes Paludamentum vollständig nackte, jugendliche Perseus in Rückenansicht, in der hinter dem Körper seitlich weggestreckten, angewinkelten Linken das abgeschlagene, langhaarige Medusenhaupt haltend, in der erhobenen Rechten ein blankes Schwert; Mitte: Die aus einem schmalen Standfuß sowie einem aus zwei ge­ drungenen Hörnern gebildeten Körper mit Palmettenschmuck und einem Querstück zu­ sammengesetzte, achtsaitige Lyra (Leier); Unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln, angezo­

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genen Beinen und vorgestrecktem Kopf nach rechts fliegende Cygnus (Schwan) in Seitenansicht. fol. 96v: Oben: Auriga (Wassermann) als mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte Frontalgestalt mit gespreizten Beinen, nackt bis auf ein schmales, vorn über der Brust in einer spitzen Schlaufe hängendes und über die Schultern nach hinten drapiertes, schmales Tuch, mit beiden Händen je einen Zipfel des Stoffstreifens haltend, mit der Linken zugleich eine schlanke, waagerecht gehaltene Kanne vor sich ausgießend, aus der ein dünner Wasserstrahl austritt; Unten: Der in Seitenansicht gezeigte, nach rechts lagernde Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und dreifach gewunde­ nem Fischschwanz. fol. 97r: Der Sagittarius (Schütze) als nach rechts galoppierender, bogenspannender Kentaur in Seitenansicht, den kräftigen nackten Oberkörper in die Front gedreht, den lockigen Kopf leicht erhoben; Mitte: Aquila (Adler) nach rechts, mit zurück­ gewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln auf dem mit der Spitze nach rechts zeigenden Sagitta (Pfeil) stehend; Unten: Delphinus (Delfin) als schlanker Fisch, mit steil aufgerich­ teter Kopfflosse nach rechts schwimmend. fol. 97v: Oben: Der jugendliche Orion als mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte, frontal stehende Gestalt, in eine knielange, gegürtete Ärmeltunika, Schultermantel mit Fibel und Stiefel gekleidet, die seitlich erhobe­ ne Linke gleichsam weisend zur Seite erhoben, die Rechte mit gespreizten Fingern vor der Brust haltend; Mitte: Der mit geschlossenem Maul langgestreckt nach rechts springende, schlanke Canis maior (Großer Hund) mit steinbesetztem Halsband; Unten: Der gedrun­ gen wirkende Lepus (Hase), nach rechts springend. fol. 98r: Oben: Argo Navis (Schiff), Ansicht der Schiffshälfte mit einem Ruder, Mast und Dreieckssegeln, die gebogene Heck­ spitze mit einem Tierkopf verziert, die Schnittstelle rechts dreifach gegabelt mit kugeliger Spitze als Abschluss; Mitte: Cetus (Seeungeheuer) als nach rechts lagerndes, echsenähn­ liches Seeungeheuer mit Vorderflossen und zweifach gewundenem Fischschwanz; Unten: Der vollständig nackte, jugendliche Eridanus als nach rechts neben einem Gewässer lagern­ der klassischer Flussgott, den gehörnten Kopf mit langem Haar nach links gewandt, mit der Rechten eine am Hals gefasste, waagerechte gehaltene, schlanke Vase ausgießend, aus der sich ein breiter Wasserstrom ergießt, in seiner Linken einen Fisch haltend. fol. 98v: Bild 1: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach rechts schwimmend; Bild 2: Ara (Altar) ; Bild 3: Centaurus in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, von der Schulter ein wehendes Tierfell, in der linken Hand ein Beutetier an den Hinterläufen haltend; Bild 4: Hydra (Wasserschlange) mit Crater (Mischkrug) und Corvus (Rabe). fol. 99r: Oben: Corvus (Rabe) ; Mitte: Crater (Mischkrug) ; Unten: Anticanis (Vorhund), nach rechts springend.

Provenienz Die in der Handschrift enthaltenen Notizen »Liber sancti Dyonisii« (fol. 2r, 11. Jh.), »Liber sancti Dionisii« (fol. 2r, 13. Jh.) sowie »Liber sancti Dionjsi in Francia« (fol. 1r, 14. Jh.) ver­ weisen auf Saint­Denis als Auf bewahrungsort. Daneben trägt der Codex auf fol. 2r meh­ rere Signaturen von Saint Denis. Später gelangte das Buch in den Besitz der Königin Christina von Schweden (1626–1689). Im Katalog von Montfaucon 1739 erscheint es unter der Signatur Regin. 499. Auf dem Rücken der Handschrift befinden sich die Wappen von Papst Pius IX. und des Kardinals Angelo Mai.

Literatur Berger 1879, S. 261–295; Rück 1888; Riegl 1889, S. 79; Thiele 1898, S. 161; Saxl 1915, S. X, S. 59–66, Abb II, III, fig. 2, 44; Panofsky/Saxl 1932/33, S. 237, fig. 12; Neuss 1941, S. 113–140, fig. 1, 7, 10, 14; Wilmart 1945, S. 160–174; Byvanck 1949, S. 225–226, Nr. 86;

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Leonardi 1960, S. 466ff., Nr. 204; Finch 1965, S. 107–117; Viellard­Troiekouroff 1966, S. 77ff.; King 1969, S. 49–51; Mancinelli 1969, S. 134, fig. 8–9; Boschen 1972, S. 17ff.; Kat. Vatikan 1975, S. 80, Nr. 209, pl. XLI; Pellegrin 1978, II, 1, S. 59–61; Vezin 1980, S. 181ff.; Munk Olsen 1985, II, S. 270, Nr. B 77; Borst 1994, S. 162, Anm. 95; Borst 1998, S. XXIIf, 146f, 166, 303, 308, 312, 342, 391, 457, 498, 500, 505, 510, 514. Siehe S. 73, 77, Taf. 67–68, Abb. 825–838

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Rouen, Bibliothèque municipale, Ms. 26 Theologisch­komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De signis coeli Nordfrankrich, 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts (853–867) Kodikologische Angaben 272 × 185 mm, 203 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel geschrieben, ornamentierte Initialen.

Art der Bilder Neben einer Kreuzigungsszene auf fol. 48r sowie den Darstellungen der zwölf Winde auf fol. 193v und der vier Jahreszeiten auf fol. 194v finden sich zum Text des Sternkatalogs ins­ gesamt 27, in kolorierter Federzeichnung ausgeführte Illustrationen der Konstellationen, die ohne Rahmen und Hintergrund zu mehreren auf das Pergament gesetzt wurden, Po­ sition der Sterne durch Punkte angegeben. Der Bildzyklus ist unvollständig, ein Teil der Miniaturen hat sich nur fragmentarisch erhalten, es fehlen die Darstellungen von Schlan­ genträger, Cepheus und Zwillingen sowie neun weitere Zeichnungen vom Dreieck bis zum Adler.

Inhalt fol. 1r: fol. 1v: fol. 1r–34v:

Hymnus Mariae Magdalenae; Exlibris leer bis auf Inhaltsverzeichnis Liber Sancti Petri g Exzerpte aus dem Alten Testament; Liber Proverbiorum; Ecclesiastes; Canticum canticorum cum capitulis et duplici prologo fol. 34v–47v: Anonymi tractatus de cantico canticorum fol. 47v: Fragment eines Officiums mit Neumen fol. 48r–48v: Nachtrag (dazu Federzeichnung mit Christus am Kreuz) fol. 49r–62v: Liber Sapientiae fol. 62v: Fragment eines Officiums mit Neumen fol. 63r–110r: Augustinus Enchiridion de fide fol. 110v–111r: Gebete und Segen fol. 111v–139v: Isidor von Sevilla, Liber de homine et partibus eius (Etymol. IX, 1–2) fol. 140r–146v: Cycli decemnovenales von 532–1063 (Migne PL 90, 835ff.) fol. 147r–148v: Komputistische Tabellen; Diagramme; Horologium fol. 149r–164r: Version des Computus Grecorum et Latinorum; Opusculum de computo fol. 162r–163r: Ps­Beda Venerabils, De loquela per gesta digitorum libellus fol. 164r–173v: Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) fol. 173v–181v: Beda Venerabilis, De temporibus ( Jones ed. 1943) fol. 181v–190v: Codex annalis (vgl. Cycli decemnovenales) fol. 191r–192v: Komputistische Abhandlung: Ad nocturnas de sancto Iohanni fol. 193r–196v: Exzerpte aus Isidor von Sevilla, De natura rerum (Fontaine ed. 1960) (dazu figürliche Diagramme mit Darstellungen der zwölf Winde und der vier Jahreszeiten (vgl. Laon 422))

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fol. 197r–201v: Sternkatalog De signis coeli (Maass ed. 1898; Dell’Era ed. 1979/III) fol. 202r–202v: De sphaera caelesti fragmentum fol. 203r: Zwei medizinische Rezepte fol. 203v: Federproben

Kommentar Der Codex in Rouen, Ms. 26 (ehem. A 292) gehört zur Gruppe der im neunten Jahrhundert mit Blick auf die Zeitrechnung zusammengestellten Sammelhandschriften. Der Inhalt gliedert sich im Wesentlichen in zwei große Teile. An primär theologische Abhandlungen schließt sich ein medizinisch­komputistischer Abschnitt an. Dieser umfasst neben Auszügen aus den Etymo­ logien des Isidor von Sevilla und aus den Werken des Beda Venerabilis zur Naturkunde auch Tabellen und Beispiele zur Datumsberechnung sowie den illustrierten Text des Sternkatalogs De signis coeli. Zum Teil überschneiden sich die Inhalte des Rouener Manuskripts mit dem Text der Lao­ ner Handschrift 422. Im Gegensatz zu diesem Codex ist derjenige in Rouen jedoch um einen eigenen, zwischen fol. 149r und fol. 164r aufgezeichneten Komputus erweitert. Darüber hinaus lässt sich im Vergleich auch eine Verlagerung des inhaltlichen Schwerpunktes von den Werken des Isidor von Sevilla auf die Werke des Beda Venerabilis feststellen. Die Rouener Handschrift 26 befindet sich heute in einem schlechten Erhaltungszustand. Die meisten Blätter sind an den Ecken und an den Seitenrändern beschädigt, und nach fol. 198 fehlt ein ganzes Blatt. Darüber hinaus wurde das heutige Folium 200 versetzt; es müsste sich ei­ gentlich an fol. 197 anschließen. Der zwischen fol. 197r und fol. 201v einspaltig aufgezeichnete Text des Sternkatalogs De signis coeli wird von insgesamt 27, in einfacher Federzeichnung ausgeführten, in kupfergrün und rotbraun durchscheinend kolorierten Darstellungen der Konstellationen begleitet, in denen die Position der Sterne durch Punkte eingetragen worden ist. Die ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzten Illustrationen befinden sich zum Teil vor, zum Teil nach dem jeweils in knapper Form über das einzelne Sternbild informierenden Abschnitt des Kata­ logs. Allerdings hat man gerade die menschlichen Figuren oft nicht in die für sie vorgesehenen Zwischenräume zwischen den Textblöcken, sondern an den Rand der Seite gesetzt. Offenbar geschah dies, damit sich die Darstellungen der Himmelsgestalten in der Höhe besser ausdehnen konnten. Die Bildfolge der Rouener Handschrift ist nicht vollständig erhalten. Zum Teil sind die Illustrationen durch die Schadstellen des Pergaments beschnitten, außerdem fehlen neben den Bildern von Schlangenträger, Cepheus und Zwillingen neun weitere Darstellungen vom Dreieck bis zum Adler. Wie besonders beim Bild der Andromeda auf fol. 198v deutlich wird, wurden die Stern­ bilder erst nach der Niederschrift des Textes ausgeführt, wobei die Zeichnungen zum Teil um die entsprechenden Schriftblöcke herum gelegt wurden. Beim nachträglichen Einfügen der Illus­ trationen unterliefen dem Maler einige Fehler. So hat er gleich in der ersten Lücke auf fol. 197r die beiden Bären hintereinander, jedoch vor der zugehörigen Textstelle dargestellt. Im nächsten Zwischenraum folgt dann bereits die Schlange, deren Bild so dem entsprechenden Textabschnitt vorangeht. Auf der Rückseite desselben Folios folgen die Zeichnungen dann aber wieder den knappen Beschreibungen.

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In ikonographischer Hinsicht schließen sich die Sternbilder der Rouener Handschrift am ehesten der Tradition der Recensio interpolata­Illustratioenen an, jenes unabhängig vom Aachener Hof in Corbie entwickelten, und ausschließlich im westfränkischen Bereich beheimateten Bild­ zyklus, wie er unter anderem im Pariser Codex lat. 12957 begegnet. In der Regel handelt es sich dabei um eine umfangreiche Bildfolge, die neben den Konstellationen auch Abbildungen der Hemisphären, des Himmelsglobus sowie der Planeten und Luminaria enthält. Der allein die Darstellungen der Sternbilder umfassende Illustrationszyklus der Rouener Handschrift 26 hängt offensichtlich mit der Bilderfolge des Laoner Manuskripts 422 zusammen. Hier wie dort hat man die menschlichen Himmelsgestalten durchgehend in Frontalansicht wie­ dergegeben und ebenso wie die Tiere oder Gegenstände in Leserichtung nach rechts orientiert. Darüber hinaus weisen die Bilder in beiden Büchern dieselbe Sparsamkeit bei der Verwendung der Attribute auf, und auch im Detail stimmen die Bildzyklen miteinander überein. So umfasst Andromeda hier wie da die sie flankierenden Felsen, und Orion schwingt in seiner Hand jeweils einen pflanzenartig gestalteten Wedel. Neben diesen Gemeinsamkeiten finden sich aber auch einige Unterschiede, so ist etwa der Rouener Hercules wie üblich im Knielauf wiedergegeben, während man ihn im Laoner Manu­ skript in extremem Ausfallschritt dargestellt hat. Darüber hinaus weichen auch die Bilder der als geschlossener Reif dargestellten Nördlichen Krone, der mit einer anliegenden Tunika beklei­ deten Andromeda oder des Schiffes Argo mit einem Segel von den Laoner Illustrationen ab. Teilweise war der Rouener Zeichner aber auch ungenauer bzw. in gewisser Weise freier als der Laoner Illustrator. So gab er die Schlange als geflügelten Drachen mit einem Krönchen auf dem Haupt und Hercules als Krieger mit einem Schwert wieder. Ferner stellte er den Löwen nur als Halbfigur, den Stier dagegen in seiner ganzen Größe dar, und ließ daneben den Nimbus von Sirius weg. Diese Beobachtungen bestärken die Annahme, dass die Zeichnungen in Rouen eher nach derselben Vorlage als direkt nach den Illustrationen im Laoner Manuskript 422 kopiert wurden. Ein solches Verwandtschaftsverhältnis legt auch der Stil der Zeichnungen nahe, da sowohl Hal­ tungen und Proportionen der Figuren als auch einzelne Gegenstände in der Rouener Hand­ schrift sicherer als im Laoner Codex getroffen sind. Die im Ms. 26 greif bare Verwirrung bei der Zuordnung der Bilder zum Text lässt ferner darauf schließen, dass in der entsprechenden Vorla­ ge die Illustrationen wohl ähnlich wie im Laoner Manuskript am Rand der Seite zu finden waren. In ikonographischer Hinsicht kommen die Darstellungen in Rouen trotz ihres jüngeren Entstehungsdatums gelegentlich der Vorlage näher als die vergleichbaren Bilder in Laon. Beide Handschriften sind aber gleichermaßen Zeugen dafür, dass man den in Corbie entwickelten Bildzyklus in den westfränkischen Klöstern nicht nur getreu kopierte, sondern auch abwandelte, um ihn weiter zu verbessern. So wurden zahlreiche Sternbilder nicht nur in die Vorderansicht gedreht oder stärker in Leserichtung ausgerichtet, sondern man hat bei den Figuren nicht selten auch eine Reihe von Attributen fortgelassen. Ein Beispiel dafür ist der hier wie dort nach rechts eilende Hercules, bei dessen Gestaltung man auf eine Wiedergabe des Baumes der Hesperiden mit der sich darin windenden Schlange verzichtet hat. Insgesamt lassen sich in den beiden west­ fränkischen Sternbilderhandschriften somit ähnliche Vereinfachungen feststellen, wie sie auch die Bilder in der Aachener Version der Libri computi charakterisieren. Cordolianis Datierung des Rouener Codex Ms. 26 in die 2. Hälfte des 9. Jahrhunderts re­ sultiert aus einem auf fol. 150v aufgezeichneten komputistischen Rechenexempel, das auf die

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Indiktion zwischen 853 und 867 angelegt ist. Das mehrfach auftretende Jahr 831 als annus praesens habe man, so Cordoliani, dagegen von der Vorlage übernommen. Problematisch gestaltet sich die Lokalisierung der Rouener Handschrift, denn wie viele Codices der Bibliothèque mu­ nicipale zu Rouen stammt auch dieses Buch aus der Klosterbibliothek von Jumièges. Doch kann der Sternbildercodex nicht dort entstanden sein, denn das Kloster wurde in den Jahren 841 und 851 von den Normannen vollständig zerstört und erst im zweiten Viertel des 10. Jahrhunderts wiedererrichtet und neu bezogen. So bleibt die Frage offen, von wo die Mönche den Codex bei der Wiedereinrichtung des Klosters mitbrachten. Die Rouener Zeichnungen lassen sich durchaus mit anderen, für Karl den Kahlen angefertigten Miniaturen, etwa denen der aus Tours stammenden sogenannten Vivian­ Bibel in Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 1, vergleichen. So entspricht unter anderem Hercules mit sei­ ner Barttracht der unter Karl dem Kahlen üblichen Mode. Vielleicht sind diese Ähnlichkeiten ein Indiz für die Herkunft des Ms. 26 aus Tours oder Saint­Denis. Für das weitere Schicksal bzw. die Rezeption der Rouener Handschrift Ms. 26 ist vor allem das Folio 48 von Bedeutung. Auf dessen Vorderseite hat sich die von einer englischen Hand der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts ausgeführte Zeichnung einer Kreuzigung erhalten. Vielleicht gelangte das Blatt – ganz ähnlich wie eine Handschrift, die Robert von Jumièges seinem Hei­ matkloster aus London schickte – aus England in das französische Kloster und wurde dort in den Codex eingefügt. Möglich ist aber auch, dass sich die Rouener Handschrift zeitweilig in Eng­ land befand und das Folium dort eingebunden wurde. Verzeichnis der Bilder fol. 197r: Oben: Die mit offenem Maul nach rechts in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär) hinter der nach rechts trabenden, ihr in Ansicht und Position ähnlichen, je­

doch viel größer und mit voreinandergestellten Beinen, geringeltem Schwanz, gesenktem Kopf und hängender Zunge dargestellten Ursa minor (Kleiner Bär) ; Unten: Der mit vo­ gelartigem Kopf und einem kleinen Krönchen dargestellte, geflügelte Draco (Drache) im Profil, in flachen Windungen nach rechts kriechend. fol. 197v: Oben: Der nach rechts eilende, vollständig nackte, jugendliche Hercules in Frontalansicht mit seitlich gezeigten Beinen, den Kopf mit der eng anliegenden Frisur nach rechts ins Profil gedreht, in der vorgestreck­ ten Linken ein Tuch haltend, mit einer Keule (?) in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand zum Schlag ausholend; Mitte: Die als liegender Reif von oben verkürzt gezeigte, an einer Stelle von einem Ring umschlossene Corona borealis (Nördliche Krone) ; unten Lücke für Serpentarius (Schlangenträger). fol. 198r: Oben: Der mit vorgestrecktem linken und eingeknicktem rechten Vorderbein nach rechts lagernde Taurus (Stier) als Ganzfigur in Seitenansicht; Mitte: Lücke für Cepheus ; Unten: Fragment der mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem Kastenthron mit Fußbank sitzenden Cassiopeia, von der sich nur die aus­ gestreckte rechte Hand sowie Reste der Lehne und der einen Seite des Throns erhalten haben. fol. 198v: Die am linken Blattrand teilweise um die Textspalte herum gelegte, fron­ tal mit ausgebreiteten Armen zwischen zwei schlanken Pflanzenstängeln stehende und diese mit den Händen umfassende Andromeda, bekleidet mit einem bodenlangen Ärmel­ gewand sowie Schuhen, das langhaarige Haupt leicht nach links orientiert; Mitte: Frag­ ment des nach rechts in Seitenansicht dargestellten Pegasus, von dem sich nur ein Stern und ein Huf erhalten haben; Unten: Fragment des nach rechts stehenden Widders, von dem nur der Kopf, ein Teil des Rückens und die beiden voreinandergestellten Vorderbeine zu erkennen sind.

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[es fehlen neun Sternbilder vom Dreieck bis zum Adler] fol. 199r: Oben: Der im Profil gezeigte, nach rechts schwimmende Delphinus (Delfin) mit schnabelartigem Maul, steiler Kopfflosse, einer unter dem Kopf nach unten ragenden, mehr­ fach geteilten Flosse sowie länglichem Körper mit sich hinten palmettenartig teilendem Schwanz; Mitte: Fragment des am Seitenrand ausgeführten, mit einem knielangen Gewand bekleideten, frontal stehenden Orion, von dem sich nur der zur Seite gebreitete rechte Arm mit einem blütenartigen Gegenstand in der rechten Hand sowie Teile des Körpers erhalten haben; Unten: Canis maior (Großer Hund) mit gestreiftem Fell in Seitenansicht, mit geöff­ netem Maul und hängender Zunge nach rechts springend. fol. 199v: Bild 1: Fragment des von rechts nach links springenden Lepus (Hase) ; Bild 2: Argo Navis (Schiff), Ansicht des halben Schiffes vom gebogenen Heck mit palmettenartig geteilter Spitze und zwei Steuer­ rudern bis hin zum Mast mit geblähtem Segel, auf Deck ein seitlich gezeigtes einstöckiges Gebäude mit Fenstern und Satteldach; Bild 3: Das in Seitenansicht nach rechts lagernde Cetus (Seeungeheuer) mit Drachenkopf, riesigen fächerartigen Vorderflossen sowie einem zweifach verschlungenen Fischkörper mit sich hinten pinselartig teilender Schwanzflosse; Bild 4: Der in ein Gewand gekleidete, jugendliche Eridanus als aus einem streifenförmigen Gewässer ragende, frontale Büste mit nach links orientiertem Blick und flammenförmig abstehendem dichten Haar. fol. 200r: Oben: Der nach rechts kriechende Scorpius (Skorpion) mit gedrungenen Scheren, drei Beinpaaren sowie eingerollter Schwanzspitze; Mitte: Die am beschnittenen rechten Blattrand sichtbare Frontalgestalt des im Schritt nach links geneigten jugendlichen Bootes (Bärenhüter) mit zur Seite gebreiteten Armen und nach rechts ins Profil gewandtem Kopf, vollständig nackt bis auf einen über die Brust drapierten, den rechtem Arm vollständig bedeckenden Tuchstreifen; Unten: Das am beschnittenen rechten Blattrand sichtbare Fragment der mit zur Seite ausgebreiteten Armen frontal stehen­ den Virgo (Jungfrau) mit Flügeln, in ihrer seitlich ausgestreckten rechten Hand ein Blatt haltend. fol. 200v: Bild 1: Lücke für Gemini (Zwillinge) ; Bild 2: Der nach rechts gewand­ te Cancer (Krebs) in Aufsicht; Bild 3: Der am linken Blattrand sichtbare vordere Teil des mit erhobener linker Vorderpfote nach rechts stehenden Leo (Löwe) mit zottiger Mähne; Bild 4: Stark beschädigte Miniatur des Auriga (Fuhrmann), von dem sich nur die seitlich ausgestreckte linke Hand mit den beiden darauf präsentierten hasenartigen Böckchen er­ halten hat. fol. 201r: Oben: Der im Profil gezeigte, nach rechts schwimmende Piscis magnus (Südlicher Fisch) mit hundeartigem Kopf, Ohren sowie spitzer, unter dem Kinn nach vorn ragender Kopfflosse, mehreren Bauch­ und Brustflossen und einem sich hinten pin­ selartig teilenden Schwanz; Mitte: Ara (Altar) in Form eines auf zweistufiger Basis er­ richteten kleinen Hauses mit spitzem Dreiecksdach und einem Fenster, rechts daneben eine unvollendete und grobe Kopie des Altars; Unten: Die zum Teil in den rechten Blattrand ragende Miniatur des nach rechts schreitenden, nackten, jugendlichen Centaurus in Sei­ tenansicht, über der linken Schulter einen Stab tragend, an dessen Ende ein kleines Beute­ tier an den Hinterläufen befestigt ist. fol. 201v: Die in mehreren Windungen nach rechts kriechende Hydra (Wasserschlange) mit herausgestreckter, gespaltener Zunge und einem Krönchen auf dem Kopf, den henkellosen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewand­ ten, pickenden Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf ihren Win­ dungen tragend; Unten: Anticanis (Vorhund), mit offenem Maul und vorgestreckter Zunge von links nach rechts springend.

Provenienz Die Provenienz der Handschrift ist unklar. Der Codex befand sich in Jumièges. Auf fol. 1r ist unten der bis heute nicht gedeutete Eintrag »ex monasterio … cong(regationis) … Marci« zu lesen.

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Literatur Omont 1886, I, S. 8–10; Jones ed. 1939, S. 131; Byvanck 1949, S. 227–228, Nr. 95; Cordo­ liani 1955, S. 691–702; Nortier 1971; Munk Olsen 1982, I, S. 337; Borst 1994, S. 97, Anm. 48, S. 144, Anm. 50, S. 185, Anm. 48. Siehe S. 76, Abb. 839–842

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Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 250 Astronomisch­komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) St. Gallen, Ende des 10. Jahrhunderts

Kodikologische Angaben 245 × 180 mm, 644 Paginae, Pergament, Text einspaltig zu 23 Zeilen von einer Hand in Karolingischer Minuskel geschrieben, Titel in Capitalis rustica oder Unziale, Rubrizie­ rungen.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata insgesamt 45, in einfacher Federzeichnung mit brauner Tinte ausgeführte Illustrationen der nördlichen und südlichen Hemisphäre, des Himmels­ globus, der Konstellationen, Planeten und Milchstraße sowie des Zodiakus und der Lumi­ naria, die ohne Rahmen und Hintergrund vorwiegend einzeln auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, Position der Sterne zum Teil durch rote Punkte oder strahlenförmige Sternchen mit punktförmigem Zentrum angegeben.

Inhalt P. 2–23:

P. 26–27: P. 28–65: P. 67–120: P. 121–145: P. 146–163: P. 164–425: P. 426–446: P. 447–522: P. 523–526: P. 526–538: P. 532–538: P. 540–639: P. 639–642:

Cycli decemnovenales (Migne PL 90, 835ff.) mit einer Reihe von Diagram­ men sowie Annales Sangallenses brevissimi von 768 bis 889 (MGH SS I, S. 69) Fragment aus Aldhelm von Malmsbury, De laude virginum: Passio Babile episcopi Wandalbert von Prüm, Martyrologium (841); Hymnus Bedae De anno Incipit martyrologium Wandalperti Diaconus Komputus mit einer Reihe von Merkversen (z. T. Riese ed. 1896, Nr. 688) Beda Venerabilis, De natura rerum ( Jones ed. 1975, S. 173–234) Beda Venerabilis, De temporibus ( Jones ed. 1943) Beda Venerabilis, De temporum ratione ( Jones ed. 1977, S. 263–544) Exzerpte aus Augustinus und Hieronymus, De ratione paschae Text der Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) Ps­Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1898, S. 309–312; Dell’Era ed. 1974) Astronomisches »Zod. m« (Hübner ed. 1983, s. 203) Hyginus, De astronomia (Le Boeuffle ed. 1983) Astronomisches

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Kommentar Die umfangreiche St. Galler Handschrift 250 gehört zu den um die Jahrtausendwende aus älterem Textmaterial neu zusammengestellten, der Zeitrechnung gewidmeten Sammelhandschriften. Der sorgfältig von einer Hand geschriebene Codex enthält neben einer ganzen Reihe kleinerer Texte mit verschiedenen Themen zu Beginn die für den Komputus wichtigen Werke des Beda Venerabilis. Hieran schließt sich gegen Ende des Buches astronomische Grundlagenliteratur an. Zu dieser gehört neben dem Text des Aratus latinus in der Bearbeitung der Recensio interpolata auch der mit vier Büchern vollständige Text De Astronomia des Hyginus. So halten sich in der Zusammenstellung des Kompendiums Komputus und Astronomie die Waage. Zu den Quellen des Sangallensis 250 zählt unter anderem die im Kloster vorhandene und mit großformatigen Zeichnungen illustrierte St. Galler Handschrift 902. Vom Inhalt des Vor­ bildes hat man aber allein die Aratea in der Version der Recensio interpolata mit den ihr zugehö­ rigen Bildern übernommen, während alle übrigen Texte ausgetauscht wurden. Den Text der Recensio interpolata begleiten zwischen P. 462 und P. 521 insgesamt 45, sehr sorgfältig in einfacher brauner Federzeichnung ausgeführte Illustrationen, die den Codex 250 zu einer der künstlerisch anspruchsvollsten Bilderhandschriften des Klosters machen. Dargestellt werden neben der nördlichen und südlichen Hemisphäre auch der Himmelsglobus, die Konstel­ lationen und Planeten, die Milchstraße, der Zodiakus sowie Sol und Luna. Die Bilder wurden ohne Rahmen und Hintergrund in eigens für sie freigelassene Lücken zwischen die einspaltig geschriebenen Abschnitte des Sternkataloges eingefügt. Eine Ausnahme bilden allein die gerahm­ ten Medaillons der Luminaria. Wie an der Verteilung der Bilder sowie an zahlreichen Einzelheiten, etwa dem kleeblattför­ migen Diadem der Jungfrau auf P. 481 oder der Umstellung von Wassermann und Schwan deutlich wird, kopieren die Zeichnungen sehr genau den in der karolingischen Vorlage, St. Gal­ len 902, zum Text der Recensio interpolata enthaltenen Illustrationszyklus. Die wenigen im Ver­ gleich feststellbaren Abweichungen, etwa die im Ms. 250 mit Flügeln dargestellte Jungfrau oder der Große Hund ohne Strahlennimbus, sprechen weder gegen eine direkte Abhängigkeit beider Handschriften noch für die Annahme einer zusätzlichen Vorlage. Im Vergleich lässt die St. Gal­ ler Handschrift 250 nicht nur eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die antiken Texte, sondern auch ein anhaltend hohes Interesse an den Bildern erkennen. So wurde die Bilderfolge in mehr­ facher Hinsicht verbessert und den Illustrationen auf diese Weise ein größeres Gewicht verliehen. Denn im Vergleich zur Vorlage wurden zum überwiegenden Teil die Sternpositionen mit Hilfe roter Punkte oder Sternchen eingetragen. Darüber hinaus hat man einzelne Angaben präzisiert. So glich man etwa bei der Himmelskarte die Ikonographie der in der Vorlage im Unterschied zur Zeichnung des Zyklus nackt wiedergegeben Zwillinge den übrigen Darstellungen an. Insgesamt lässt sich eine deutliche Stildifferenz zwischen den Zeichnungen des Sangallensis 250 und jenen seines Vorbilds feststellen. Der Zeichner vom Ms. 250 liebte nicht nur dichte Folgen paralleler Linien, wie sie etwa bei den Frisuren zu finden sind, sondern auch Falten und Spiralen. Charakteristisch ist das schneckenförmig gedrehte Faltenmotiv im Schulterbereich. Die Gewänder sind mit breiten, fein gemusterten, an byzantinischen Dekor erinnernde Borten versehen. In diese Richtung weisen auch die Pendilien des Ohrschmucks der Jungfrau oder die Fibeln der Zwillinge. All diese Gestaltungsmittel tragen zum Eindruck einer gewissen orna­ mentalen Erstarrung der Bilder bei. Verstärkt wird dies zusätzlich durch das Fehlen jeglicher

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Spontaneität der Posen und Bewegungen der Gestalten, die zwar elegant und tänzerisch­grazi­ ös, aber dennoch gestellt wirken. Die Himmelsgestalten besitzen vielfach kleine zierliche Füße und Hände. Typisch ist auch die Modellierung sowie das Anlegen kleiner schattierter Partien mit dem Pinsel, wie sie unter anderem zur Darstellung des faltigen Fells im Halsbereich des Stiers auf P. 485 begegnen. Merton beobachtete dieses Verfahren vor allem in jüngeren St. Galler Handschriften und wertete dieses Indiz neben paläographischen Eigenheiten als Hinweis für eine nicht vor der Mitte des 10. Jahrhunderts anzusetzende Datierung der St. Galler Handschrift 250. Nahe Verwandtschaft zeigen die Illustrationen des Sangallensis 250 zu den wohl kurz vor 969 auf der Reichenau geschaffen Miniaturen des Gero­Codex (Darmstadt, Hessische Landes­ und Hochschulbibliothek, Ms. 1948). Der dort auf fol. 5v gezeigte Christus der Majestas Domini weist nicht nur eine ähnliche Gestaltung des hochgezogenen Hinterkopfes und der von vorn gezeigten Nase wie die Figuren des Sangallensis auf, sondern besitzt auch eine ähnliche Frisur mit Mittelscheitel und feinen, parallel gelegten Haarsträhnen, wie sie im Ms. 250 unter anderem bei Cepheus oder Cassiopeia begegnet. Die unter anderem von Thiele und Bruckner vertretene Datierung des St. Galler Codex ins 9. Jahrhundert basiert auf den zwischen P. 3 und 23 aufgezeichneten, bis in das Jahr 889 reichen­ den annalistischen Notizen. Auch von Euw plädierte kürzlich in dieser Tradition für das letzte Viertel des 9. Jahrhunderts. Boeckler setzte die Zeichnungen mit der Begründung, sie stünden in der Nachfolge der Reimser und Touroner karolingischen Buchmalerei, ebenfalls noch ins 9. Jahrhundert. Dagegen scheint jedoch, mit Merton, eine Entstehung der Illustrationen im letz­ ten Viertel des 10. Jahrhunderts eher zuzutreffen. In jenen Jahren nach dem Ungarneinfall und dem Brand begann sich das Kloster Sankt Gallen allmählich zu erholen. In den 960er Jahren wurde es reformiert, und im Jahr 972 waren über Himmelfahrt Otto der Große, Adelheid, Otto II und Kaiserin Theophanu zu Gast. Mit diesem allgemeinen Aufschwung der Abtei in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts könnte auch die Herstellung des neuen komputistischen Handbuches zusammenhängen.

Verzeichnis der Bilder P. 462: Miniaturenseite der beiden übereinander wiedergegebenen Hemisphären ; Oben:

Kreisschema der nördlichen Hemisphäre mit der Darstellung der über den Himmel ver­ teilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau; Unten: Kreisschema der südlichen Hemisphäre mit der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen von der Waage bis zu den Fischen. P. 472: Der in einem von sieben schlanken, ornamental gestalteten Säulen mit kugeligen Schmuckkapitellen gestützten Ge­ stell hängende, bewegliche Himmelsglobus ohne Griff, auf seiner Oberfläche Darstellun­ gen der Sternbilder sowie ein Zodiakalband mit den Tierkreiszeichen vom Widder bis zu den Zwillingen. P. 474: Die mit kurzem, dichten Fell und geschlossenen, krallenbesetzten Vorder­ und Hinterbeinen sowie geschlossenem Maul nach links stehende Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht. P. 475: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähn­ liche, jedoch mit struppigerem Fell wiedergegebene, nach links stehende Ursa minor (Kleiner Bär). P. 476: Der in Seitenansicht gezeigte, nach rechts zum Seitenrand gewandte, in drei großen Windungen aufrecht stehende, dicke Draco (Drache) mit Drachenkopf und

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dreifach gespaltener Zunge, die einander mit dem Rücken zugewandten, jeweils in ver­ schiedene Richtung stehenden Bären zwischen den Windungen. P. 477: Der im Knielauf nach links eilende, nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht mit in die Front gedreh­ tem Oberkörper und im Profil gezeigten Lockenkopf, im Kampf gegen die um den mit kleinen Blättern besetzten Baum der Hesperiden gewundene feuerspuckende Schlange mit Drachenkopf, einen großen belaubten Ast in der Linken, ein großes, zottiges Löwenfell über der ausgestreckten Rechten holt er mit Schwung zum Schlag aus. P. 478: Die aus sieben einzelnen, ovalen Gliedern mit zur Seite zeigenden kurzen Strichen sowie einem separaten, mit Bändern umwundenen und mit zwei weiteren Gliedern fest verbundenen Verschlussstück gebildete hufeisenförmige Corona borealis (Nördliche Krone). P. 479: Der mit Blick und Bewegung nach links orientierte, vollständig nackte, kräftige, jugend­ liche Serpentarius (Schlangenträger) in Frontalansicht, den kleinen Kopf ins Profil ge­ dreht, mit beiden Beinen auf dem nach links gerichteten, in Aufsicht gezeigten Skorpion stehend, die waagerecht vor dem Körper gezeigte Schlange mit aufgerichtetem Drachen­ kopf anblickend und dabei mit beiden Händen am Kopf­ und Schwanzende gepackt hal­ tend. P. 480: Oben: Der mit ovalem Körper und sechs dünnen Insektenbeinchen darge­ stellte, scherenlose Scorpius (Skorpion) in Aufsicht nach Links; Unten: Der mit gebeugten Knien frontal stehende, bis auf ein um die Hüfte geschlungenes, knielanges Tuch vollstän­ dig nackte, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, in der erhobenen Linken ein Lagobolon haltend, über dem ausgestreckten rechten Arm das Löwenfell. P. 481: Die in prächtige fußlange Ober­ und Untergewänder mit Ärmel und Zierborten, Schuhe und ein Manteltuch gekleidete, geflügelte Virgo (Jungfrau) mit Ohr­ schmuck in Frontalansicht stehend, den Kopf von einem Turban bedeckt, dessen Stoffstrei­ fen über der rechten Schulter nach hinten fällt, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine Ähre und links eine Waage haltend. P. 482: Die in einigem Abstand auf welligem Boden nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) mit einander zuge­ wandten Köpfen, der linke Zwilling steht mit überkreuzten Beinen, der rechte in leicht gespreitzter Schrittstellung, jeweils in eine knielange Ärmeltunika mit Zierstreifen, einen die Schulter bedeckenden Mantel mit Fibel und Schnürstiefel gekleidet, beide stützen sich mit dem nach außen zeigenden Arm in Hirtenart mit ihrer Achsel auf einen Stock, die freie Hand halten beide in Bauchhöhe erhoben. P. 483: Oben: Der mit kurzen, eingeknickten Scheren und acht dünnen Insektenbeinchen nach rechts gewandte Cancer (Krebs) in Auf­ sicht; Unten: Der mit in Falten gelegter Stirn, übereinandergestellten Vorderbeinen, geöff­ netem Maul und hängender Zunge sowie aufgestelltem Schwanz nach links springende Leo (Löwe) in Seitenansicht. P. 484: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts oben schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in eine kurze gegürtete Ärmeltunika mit Zierstreifen, Beinkleider, Schnürstiefel und einen die linke Schulter bedeckenden, nach hinten in zackigen Falten flatternden Mantel gekleidet, in seiner nach hinten gestreckten rechten Hand die Peitsche schwingend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden Böckchen präsentierend, rechts danebenstehend die Ziege. P. 485: Der nach rechts im Pro­ fil gezeigte Taurus (Stier) als mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Bein liegende monumentale Halbfigur, eine Locke über der Stirn, die Falten des Fells im Hals­ bereich durch zwei schattierte Linien betont. P. 486: Der jugendliche Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen auf einem Bodenstück stehende Fron­ talgestalt, mit knielanger, gegürteter, saum­ und bortenbesetzter Ärmeltunika sowie ei­ nem hinter den Armen nach beiden Seiten in zackigen Falten wehenden Schultermantel sowie Schnürschuhen bekleidet, auf dem lockigen, gescheitelten Haupt eine spitz zulaufen­ de Kappe mit kugeligem Abschluss tragend. P. 487: Die mit weit ausgebreiteten Armen frontal auf einem zweistufigen Kastenthron ohne Lehne mit säulenverziertem Unterbau,

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Sitzkissen und Fußbank thronende Cassiopeia, in ein langes Untergewand mit Ärmeln und Zierborten sowie ein kürzeres Obergewand mit Bortenschmuck gekleidet, auf dem gescheitelten, langhaarigen Haupt eine spitz zulaufende Kappe mit kugelförmigem Ab­ schluss tragend. P. 488: Die mit ausgebreiteten Armen frontal zwischen zwei niedrigen, hügeligen Felsen stehende Andromeda, die zur Seite gebreiteten Hände auf die Spitzen der sie flankierenden Felstürme legend, in ein bodenlanges, gegürtetes Kleid gewandet, dessen Ärmel in zwei zylindrischen Zipfeln hinter die Schultern fallen, das gescheitelte, langhaa­ rige Haupt von einem großen kleeblattförmigen Diadem bekrönt. P. 489: Der als Halbfi­ gur nach rechts in Seitenansicht gezeigte Pegasus mit ornamentierten Flügeln, mehrfach geteilter Mähne, geradem Stirnhaar sowie übereinandergestellten Vorderbeinen. P. 490: Der mit zurückgewandtem Kopf und übereinandergestellten Vorderbeinen nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen gewellten Reif um die Körpermitte tragend. P. 491: Das aus einem breiten, dekorativ gestalteten äußeren sowie einem einfa­ chen, schmalen, inneren Streifen zusammengesetzte Triangulum (Dreieck). P. 492: Die übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtungen schwimmenden, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbundenen Pisces (Fische). P. 493: Der nach links in Seitenansicht stehende Perseus ohne Flügel, mit in die Front gedrehtem Oberkörper und nach links im Profil gezeigtem Kopf, vollständig nackt bis auf ein die rechte Schulter bedeckendes, nach hinten wehendes und sich dabei unten glockenartig verbreiterndes, faltiges und gestreiftes Manteltuch, Schuhe sowie eine Art Phrygiermütze, mit einem spitzen Schwert in der nach hinten ausgestreckten Linken zum Schlag ausho­ lend, in der vorgestreckten Rechten ein Medusenhaupt am Haarschopf haltend. P. 494: Die schleierbedeckten Plejaden als sieben über Schleierform und Gesichtsausdruck individua­ lisierte Medaillonbildnisse in rosettenförmiger Anordnung, sechs Medaillons sind dabei kreisförmig um ein in der Mitte befindliches Rundbild angeordnet. P. 495: Die mit 15 Saiten bespannte Lyra (Leier), zusammengesetzt aus einem rechteckigen, nach links abge­ schrägten Schallkörper sowie einem aus zwei gebogenen Hörnern gebildeten, ornamental gestalteten Aufsatz mit Querstück. P. 496: Der in Schrittstellung nach rechts orientierte, in Dreiviertelansicht gezeigte Aquarius (Wassermann), bekleidet mit einer kurzen, gegürte­ ten, faltenreichen Ärmeltunika, einem in großen zackigen Falten nach hinten flatternden Manteltuch, Schnürstiefeln sowie Phrygiermütze, mit beiden Händen eine schlanke Am­ phora ohne Henkel vor sich ausgießend, aus der in dichten Strahlen Wasser austritt. P. 497: Oben: Der mit ausgebreiteten Flügeln nach rechts schreitende Cygnus (Schwan) in Seiten­ ansicht; Unten: Der mit ausgestreckten, übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagernde, seitlich gezeigte Capricornus (Steinbock) mit zackigen Hörnern als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach gewundenem, flossenbesetztem Fischschwanz. P. 498: Der nach links galoppierende jugendliche Sagittarius (Schütze) als bogenspannender, gehörn­ ter Kentaur in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, bekleidet von einem gestreiften Ärmelgewand sowie einem in langer Bahn und zackigen Falten nach hinten wehendem Manteltuch. P. 499: Der mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flü­ geln nach rechts in Seitenansicht gezeigte Aquila (Adler) mit gewölbter Brust. P. 500: Der in Seitenansicht als Raubfisch dargestellte Delphinus (Delfin) mit Hundekopf, kurzen spit­ zen Brust­ und Rückenflossen sowie einer pinselartig gefächerten Schwanzflosse. P. 501: Der mit großem Schritt dynamisch nach links stürmende Orion als jugendliche Frontalge­ stalt, bekleidet mit einer knielangen, gegürteten Ärmeltunika mit Zierstreifen, Schnür­ schuhen sowie einem großen, die rechte Körperhälfte bedeckenden Manteltuch, zu seiner Linken die am Gürtel befestigte Schwerthülle, mit dem blanken Schwert in der erhobenen Linken zum Schlag ausholend, die vorgestreckte Rechte vom Mantel vollständig verhüllt. P. 502: Oben: Der mit geöffnetem Maul und hängender Zunge nach links springende

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schlanke Canis maior (Großer Hund) ohne Strahlennimbus; Unten: Der rehartige Lepus (Hase) in Seitenansicht, von rechts nach links springend. P. 503: Argo Navis (Schiff), An­ sicht des auf dem mit Fischen belebten Wasser befindlichen halben Schiffes vom gebogenen Heck mit Aplustre und Ruderpaar bis hin zum einfach verschlungenem Mast mit dünnem Segelstreifen, auf Deck ein ziegelgedecktes zweistöckiges Haus mit Satteldach. P. 504: Der nach rechts in Seitenansicht gezeigte Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit Hun­ dekopf und Vorderpfoten sowie einem einfach verschlungenen Fischkörper mit sich pinsel­ artig teilender Schwanzflosse. P. 505: Oben: Der nach rechts blickende, bärtige Eridanus als aus dem Wasser herausragende Büste mit langem, flammenförmig abstehenden Haar, rechts neben ihm eine aus dem Wasser herausragende, im Segensgestus dargestellte Hand sowie ein Stück Ärmelmanschette; Unten: Piscis magnus (Südlicher Fisch) mit schnabel­ artigem Maul, in Seitenansicht auf dem Rücken liegend. P. 506: Ara (Altar) als ein auf drei Füßen ruhender, dreigeschossiger Turm mit Fenstern, aus dessen höchstem, zylindrischen Teil Flammen schlagen. P. 507: Der nach rechts schreitende, nackte, jugendliche Centaurus in Seitenansicht mit zum Betrachter gekehrtem Rücken, über der linken Schulter einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorge­ streckten Rechten ein weiteres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend. P. 508: Die mit erhobenem züngelnden Drachenkopf nach links kriechende, schuppige Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den kelchförmigen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Körperende auf den Windungen tragend; Der nach links jagende Anticanis (Vorhund), den Kopf mit Halsband nach oben gerichtet. P. 512: Oben: Die fünf Planeten als innerhalb von Medaillons gezeig­ te, nimbierte, im Quincunx­Schema angeordnete Büsten: links oben der jugendliche Mer­ kur mit Kopfflügeln und Schultermantel, rechts oben der jugendliche Mars mit Helm und Pallium, im Zentrum Venus mit Turban und ziersaumbesetztem Gewand, links unten der bärtige Jupiter mit Schultermantel, rechts unten der bärtige Saturn mit Schultermantel; Unten: Darstellung der Milchstraße in Form zweier konzentrischer Kreise. P. 515: Kreis­ förmige Darstellung des Tierkreis in Form eines um ein zentrales, doppelt gerahmtes Me­ daillon mit den Gestalten von Sol und Luna gelegten, in zwölf Abschnitte unterteilten Ringes, innerhalb der zwölf einzelnen Bildfelder erscheinen entgegen dem Uhrzeigersinn die Personifikationen der Tierkreiszeichen, im zentralen Medaillon links Sol als zu drei Vierteln sichtbare Frontalgestalt mit langem Haar und Strahlennimbus, in Ärmeltunika und faltenreichen Schultermantel gekleidet, die vorgestreckte Linke vom Manteltuch ver­ hüllt, die Rechte in Bauchhöhe erhoben haltend, rechts daneben, gleichsam stärker im Vor­ dergrund, die bis zur Hüfte sichtbare frontale Gestalt der Luna im langärmeligen, ziersaum­ besetzten Kleid, auf dem gescheitelten, langhaarigen Haupt eine große Mondsichel tragend, die Rechte in Bauchhöhe erhoben, die Linke nach unten gesenkt. P. 518: Die innerhalb eines großen, doppelt gerahmten Medaillons dargestellte Luna als monumentale, auf dem in Seitenansicht gegebenen, von zwei Ochsen nach links gezogenen Mondwagen stehende Frontalfigur, in ein langes, zierbortenbesetztes Gewand mit kurzen Ärmeln sowie einen von der linken Schulter nach hinten wehenden Schultermantel gekleidet und eine große Mondsichel auf dem gescheitelten langhaarigen Haupt tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, im linken Arm eine brennende Fackel haltend. P. 521: Der innerhalb eines dop­ pelt gerahmten Medaillons dargestellte Sol als monumentale, bis zu den Knien sichtbare, auf dem von vier Pferden gezogenen Sonnenwagen stehende Frontalfigur mit Strahlennimbus, in ein langes Ärmelgewand mit Zierstreifen sowie einen von der linken Schulter nach hinten in zackigen Falten flatternden Schultermantel gekleidet, die Rechte im Grußgestus erho­ ben, auf der verhüllten Linken einen Globus und zugleich eine brennende Fackel tragend.

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Provenienz Der seit seiner Herstellung in der Stiftsbibliothek befindliche Codex enthält auf dem hin­ teren Spiegelblatt eine Federprobe des 13. Jahrhunderts sowie verschiedene Anmerkungen des 15. und 19. Jahrhunderts. Im 18. Jahrhundert erhielt die Handschrift von Kolb ein In­ haltsverzeichnis. In einem Registereintrag des 19. Jahrhunderts erscheint das Buch unter der Signatur 250.

Literatur Breysig ed. 1867, S. XXVII; Scherrer 1875, S. 92–94; Rahn 1878, Abb. S. 34, 44, 55, 56; Thiele 1898, S. 160–162; Maass ed. 1898, S. XXII; Merton 1911, S. 66–67, Abb. 49–51, 62–64; Bruckner 1938, 3, S. 86–87; Weitzmann 1947, S. 72, 84ff.; Byvanck 1949, S. 222, Nr. 71, S. 224, Nr. 78, S. 229, Nr. 109; Boeckler 1951, S. 37ff.; Cordoliani 1955, S. 184–187; Belting 1968, S. 129; Kraus/Gihr/Pilleri 1977, S. 305ff.; Viré 1981, S. 200–203; Hübner 1983, S. 203; O’Connor 1984, S. 65, Anm. 3; Kaczynski 1988; Kerscher 1988, S. 1ff.; Mü­ therich 1989, S. 50, 58, 61; Ernst 1991, S. 585; Eastwood 1993, S. 167; Borst 1994, S. 117, Anm. 94, S. 189, Anm. 57; Stückelberger 1994; Cimelia 1998, S. 218, Nr. 43, Abb. fol. 515; Obrist 2001, S. 24, Anm. 63, 77; Euw 2008, Nr. 120, S. 449–53; Blume 2009, S. 549; Lippincott 2009, S. 66. Siehe S. 111, Abb. 843–863

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Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902 Astronomisch­komputistische Sammelhandschrift Sternbilderdarstellungen zur Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) Bodenseeraum, Mitte des 9. Jahrhunderts Kodikologische Angaben 320 × 255 mm, 180 Paginae, Pergament, Text in griechischer Unziale und Karolingischer Minuskel geschrieben, zum Teil Rubrizierungen, zweites Buches zweispaltig zu je 35 Zeilen.

Art der Bilder Zum Text der Recensio interpolata finden sich insgesamt 49, in einfacher Federzeichnung ausgeführte Abbildungen der nördlichen und südlichen Hemisphäre, des Himmelsglobus, der Konstellationen sowie der Planeten und Milchstraße, des Zodiakus und der Luminaria, die überwiegend ohne Rahmen und Hintergrund zu mehreren auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt P. 7: P. 8–68:

P. 69–104: P. 106–152: P. 153–179:

Griechisches Fragment eines Textes zu Lazarus Buch 1, Griechische Sprachlehre des Dositheus (Keil ed. 1869–1871); Phrasen; Paradigmen; Griechisch­lateinisches Glossar; Sententiae Adriani; Fragmente aus Fabeln des Äsop sowie griechisch lateinische Deklinations­ und Konjugationsbeispiele Buch 2, Recensio interpolata (Scholia Sangermanensia) (Maass ed. 1898, S. 172ff.) Buch 3, Hrabanus Maurus, De computo (Stevens ed. 1979) Buch 4, Komputistisches; Varia

Kommentar Die St. Galler Handschrift 902 gehört wie die Handschriften Köln 83 II, Laon 422, und Mon­ tecassino 3, zu einer Reihe dem Komputus gewidmeter Sammelhandschriften mit einer latei­ nischen Arat­Version, deren Tradition vom nordfranzösischen Kloster Corbie ausgegangen war. Der aus vier einzelnen Büchern bestehende Codex enthält neben einer erst später hinzugebun­ denen griechischen Grammatik des Dositheus, die heute den Anfang der Handschrift bildet, im dritten Buch die der Zeitrechung gewidmete Abhandlung des Hrabanus Maurus De computo so­ wie eine Anzahl weiterer, im vierten Buch versammelter, astronomisch­komputistischer Texte. Bei dem heute an zweiter Stelle stehenden, einstmals jedoch die Handschrift eröffnenden Buch handelt es sich um jene als Recensio interpolata bezeichnete Bearbeitung der lateinischen Aratos­ Ausgabe.

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Paläographische Besonderheiten, wie etwa die auffällige Dehnung der Buchstaben in die Breite oder die zum Teil spitz umgebogenen Schlussvertikalen, erinnern an die im Kloster Sankt Gallen unter Abt Grimalt (841–872) entstandenen Prachthandschriften. Den Sternkatalog der Recensio interpolata begleiten zwischen P. 76 und P. 103 insgesamt 49, in einfacher Federzeichnung ohne Rahmen und Hintergrund ausgeführte Illustrationen. Sie wurden ohne die Angabe der Sternposition in eigens für sie freigehaltene Lücken in den zwei­ spaltig geschriebenen Text eingefügt. Der umfangreiche Zyklus der Illustrationen in St. Gallen 902 umfaßt neben Darstellungen der Hemisphären und eines Himmelsglobus die Wiedergabe der Sternbilder, der Planeten und Milchstraße sowie des Zodiakus und der Luminaria. Er steht dabei ganz in der Tradition der im 9. Jahrhundert mit dem Text der Recensio interpolata verbrei­ teten, ausschließlich gezeichneten und auf die Angabe der Sternpositionen verzichtenden Bilder, wie sie sich auch in den Handschriften in Paris lat. 12957 oder Dresden Dc. 183 finden. So be­ gegnen auch im St. Galler Codex 902 die in einzelne Glieder zerlegte Nördliche Krone, die Zwillinge als Krieger, der gehörnte Schütze oder Eridanus als Oceanus­Büste. Im Vergleich zu anderen Bildzyklen zur Recensio interpolata wurden jedoch einige Bilder variiert. So sind der Schlangenträger sowie der mit einem Schwert statt mit der Harpe ausgestattete Perseus in Sei­ tenansicht zu sehen. Andromeda trägt ein Diadem in Kleeblattform über dem Scheitel, das Dreieck wurde mit einem komplizierten Rankenmuster ausgefüllt und die Anordnung der Ple­ jaden in eine Rosettenform verändert. Außerdem erscheint die Darstellung des Wassermanns vor der des Schwans sowie der Adler getrennt vom Pfeil. Ferner hat man die Flossen des Seeun­ geheuers durch Beine mit Pfoten ersetzt und statt dem Füllhorn ist neben Eridanus die aus einer Manschette herausragende Hand zu sehen. Auch die Planetengötter begegnen in veränderter Ordnung, denn im Sangallensis 902 wird die Reihe der Wandelsterne von Merkur angeführt. Diese, im Detail bemerkbaren Einzelheiten lassen auf ein Zwischenglied schließen, welches den aus Frankreich stammenden Zyklus in den Bodenseeraum vermittelte. Nicht nur die Schrift des Sangallensis 902, sondern auch der Stil der Illustrationen, die ohne Vorzeichnungen mit freier Hand in langen, elastischen Zügen zu Pergament gebracht wurden, zeigen Parallelen zur Buchmalerei der Zeit unter Grimalt. Zwar lassen die Himmelsgestalten nach Merton (1923) ein differenziertes Gefühl für Körperstruktur vermissen, seien jedoch ver­ siert in energischen Bewegungen und mit bewegten Umrisslinien wiedergegeben. Auffallend sind die übergroßen Hände und Füße der Figuren. Die im Profil oder en face gezeigten Köpfe zeichnen sich durch runde Formen aus und weisen neben einem fülligen Kinn und einer flachen Stirn oft dichtes, perückenhaftes Haar mit einem Lockenring auf. Typisch für die Gesichter sind die wie kleine Säckchen herabhängenden Ohren, die zusammengewachsenen Brauen mit der daran hängenden, seitlich gezeigten Nase, der durch zwei Striche angegebene Mund oder die niedrig liegenden großen, mandelförmigen Augen mit ihren punktförmigen schwarzen Pupil­ len, durch deren veränderte Position der Ausdruck der Figuren variiert wird. Die Frisuren lie­ gen glatt am Schädel an, sind aber nicht selten im Nacken und an der Stirn gekräuselt. Gerade an diesem Detail wird eine gewisse Vorliebe des Zeichner für Formelhaftes besonders deutlich. Charakteristisch sind ferner eine Schweifung der Linie zwischen dem Kinn und dem hinteren Kieferende sowie eine eigentümliche Mundbildung. Diese beiden Merkmale finden sich in Sankt Galler Handschriften häufig und gelten als typisch für den Stil des dort ansässigen Skrip­ toriums. Zum Vergleich lassen sich etwa die Miniaturen eines aus St. Gallen stammenden und sich heute in der Württembergischen Landesbibliothek zu Stuttgart befindlichen Epistolars

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(Cod. HB II 54) heranziehen. Übereinstimmungen ergeben sich hier nicht nur in Bezug auf Linienführung und Gewandgestaltung, sondern auch im Detail. Andererseits erinnern die Fi­ guren des Sangallensis 902 sowohl hinsichtlich ihrer Proportionen als auch ihrer Gesichtsbil­ dung und nicht zuletzt auch wegen der gelegentlich im Hüftbereich überhängenden Falten der Tunika an die Bilder des von der Reichenau stammenden Martyrologiums des Wandalbert von Prüm aus dem dritten Viertel des 9. Jahrhunderts, welches jedoch mit Sicherheit nicht von der­ selben Hand gestaltet wurde. Der in Sankt Gallen tätige Abt Grimalt stammte von der Reichenau und holte nachweislich von dort Künstler zur Ausmalung seiner Wohnung sowie der Klosterkirche. Während seines Dienstes am Hof Ludwigs des Deutschen in Regensburg ließ sich Grimalt bereits ab 849 durch Hartmut aus Fulda vertreten, der ihm später als Abt folgte. Sowohl Grimalt als auch Hartmut könnten die Quellen bzw. Vorlagen für den Sangallensis 902 übermittelt haben, zumal wohl auch der Text des Hrabanus Maurus aus Fulda mitgebracht wurde. Während die St. Galler Handschrift 902 von der Forschung einheitlich um die Mitte des 9. Jahrhunderts datiert wurde, erscheint die Frage der Herkunft des Codex viel problematischer. Wenn man sich mit der Lokalisierung auch nicht auf Sankt Gallen oder die Reichenau festlegen möchte, so kann der Entstehungsort des Sangallensis 902 doch auf die Bodenseegegend einge­ grenzt werden.

Verzeichnis der Bilder P. 76v: Die beiden übereinander wiedergegebenen Hemisphären ; Oben: Kreisschema der

nördlichen Hemisphäre mit der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der innerhalb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszeichen vom Widder bis zur Jungfrau; Unten: Kreisschema der südlichen He­ misphäre mit der Darstellung der über den Himmel verteilten Sternbilder sowie der inner­ halb eines schmalen Zodiakusbandes wiedergegebenen Personifikationen der Tierkreiszei­ chen von der Waage bis zu den Fischen. P. 81r: Der in einem von sieben ornamental gestalteten Säulen mit Schmuckkapitellen gestützten Gestell hängende, bewegliche Himmelsglobus mit Griff, auf seiner Oberfläche Personifikationen der Sternbilder sowie ein Zodiakalband mit den Tierkreiszeichen vom Widder bis zu den Zwillingen. P. 82v: Die mit geschlossenen krallenbesetzten Vorder­ und Hinterbeinen, geöffnetem Maul und hängen­ der Zunge nach links stehende Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht. P. 83r: Links: Die in Ansicht und Position dem Großen Bären ähnliche, jedoch mit dichterem Fell wie­ dergegebene, nach links stehende Ursa minor (Kleiner Bär); Rechts: Der nach rechts zum Seitenrand gewandte, in drei großen Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) in Seitenansicht, die einander mit dem Rücken zugewandten, jeweils in verschiedene Rich­ tung stehenden Bären zwischen den Windungen. P. 84v: Links: Der nach links kniende, nackte, jugendliche Hercules in Seitenansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper und im Profil gezeigten Kopf mit eng anliegender Frisur und Lockenkranz, im Kampf gegen die um den mit sternförmigen Blättern besetzten Baum der Hesperiden gewundene Schlange mit Drachenkopf, einen großen belaubten Ast in der Linken, ein großes Löwen­ fell über der ausgestreckten Rechten holt er mit Schwung zum Schlag aus; Rechts: Die aus sieben einzelnen, ovalen Gliedern mit zur Seite zeigenden kurzen Strichen sowie einem separaten, mit Bändern umwundenen und mit zwei weiteren Gliedern fest verbundenen Verschlussstück gebildete hufeisenförmige Corona borealis (Nördliche Krone). P. 85r:

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Links oben: Der mit Blick und Bewegung nach links orientierte, nackte jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) in Frontalansicht, den Kopf mit der typischen eng anliegen­ den Frisur mit Lockenkranz im Profil, mit beiden Beinen auf dem nach links gerichteten, in Aufsicht gezeigten Skorpion stehend, die waagerecht vor dem Körper gezeigte Schlange mit zurückgewandtem, aufgerichtetem Drachenkopf anblickend und dabei mit beiden Händen am Kopf­ und Schwanzende gepackt haltend; Links unten: Der längliche, mit kurzen eingeknickten Scheren, dünnen Beinchen sowie einem aus vier Ringen gebildeten Schwanz mit Stachel wiedergegebene, nach links gerichtete Scorpius (Skorpion) in Auf­ sicht; Rechts: Der im dynamischer Schrittstellung frontal stehende, bis auf ein um die Hüfte geschlungenes, knielanges Tuch vollständig nackte, jugendliche Bootes (Bärenhüter) mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, in der erhobenen Linken ein langes Lago­ bolon und über dem ausgestreckten rechten Arm das Löwenfell haltend. P. 86v: Links: Die in prächtige fußlange Ober­ und Untergewänder mit Ärmel und Ziersaum sowie ein Man­ teltuch gekleidete Virgo (Jungfrau) in Frontalansicht, den Kopf von einem Turban mit kleeblattförmigem Abschluss bedeckt, in den zur Seite gestreckten Händen rechts eine Ähre und links eine Waage haltend; Rechts oben: Die wie gespiegelt in einigem Abstand mit gespreizten Beinen nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge), die mit der typischen Frisur gezeigten Köpfe einander zugewandt, jeweils in eine knielange Ärmeltunika mit Zierstreifen, einen die linke Schulter bedeckenden Mantel mit Fibel und Stiefel mit Schmuckbesatz gekleidet, sich mit dem jeweils nach außen zeigenden Arm auf eine Lanze stützend, die freie Hand in Bauchhöhe erhoben; Rechts unten: Der mit kurzen eingeknickten Scheren und dünnen Beinchen nach rechts gewandte, rundliche Cancer (Krebs) in Aufsicht. P. 87r: Links: Der mit übereinandergestellten Beinen, geöffnetem Maul, hängender Zunge sowie aufgestelltem Schwanz nach links springende Leo (Löwe); Rechts oben: Der mit gebeugten Knien gleichsam nach rechts schwebende, jugendliche Auriga (Fuhrmann), in eine kurze Ärmeltunika mit Zierstreifen, Stiefel mit Schmuckbesatz und einen die linke Schulter bedeckenden, nach hinten in zackigen Falten flatternden Mantel gekleidet, in seiner zur Seite gestreckten rechten Hand eine Peitsche haltend, auf dem ausgestreckten linken Arm die beiden Böckchen präsentierend, rechts danebensteh­ end die Ziege; Rechts unten: Der nach rechts im Profil gezeigte Taurus (Stier) als mit eingeknicktem rechten und aufgestelltem linken Bein lagernde Halbfigur, die wulstigen Falten des Fells im Halsbereich durch eine Reihe von Linien betont. P. 88v: Links: Der jugendliche Cepheus als mit weit ausgebreiteten Armen und leicht gespreizten Beinen stehende Frontalgestalt, mit knielanger, gegürteter, saum­ und bortenbesetzter Ärmeltuni­ ka sowie einem hinter den Armen nach beiden Seiten in zackigen Falten wehenden Schul­ termantel bekleidet, auf dem lockigen, gescheitelten Haupt eine spitz zulaufende Kappe mit kugeligem Abschluss tragend; Rechts: Die mit ausgebreiteten Armen frontal auf einem zweistufigen, verzierten Kastenthron ohne Lehne, aber mit Sitzkissen und Fußbank sitzen­ de Cassiopeia, in ein langes Untergewand mit Ärmeln und Ziersaum, ein kürzeres Ober­ gewand mit Bortenschmuck sowie einen Schultermantel gekleidet, auf dem gescheitelten Haupt eine spitz zulaufende, am unteren Rand dekorativ gestaltete Kappe mit kugelförmi­ gem Abschluss tragend. P. 89r: Links: Die mit ausgebreiteten Armen und leicht vorgestell­ tem rechten Bein frontal zwischen zwei niedrigen, hügeligen Felsen stehende Andromeda, die zur Seite gebreiteten Hände auf die Spitzen der sie flankierenden Felstürme legend, in ein bodenlanges, gegürtetes Kleid gewandet, dessen Ärmel in zwei zylindrischen Zipfeln hinter die Schultern fallen, das gescheitelte, langhaarige Haupt von einem kleeblattförmi­ gen Diadem bekrönt; Rechts: Der als Halbfigur nach rechts in Seitenansicht gezeigte Pegasus mit Flügeln, dreigeteilter Mähne sowie übereinandergestellten Vorderbeinen. P. 90v: Links oben: Der mit zurückgewandtem Kopf, übereinandergestellten Vorderbeinen

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und dichtem, lockigen Fellschwanz nach links springende Aries (Widder) in Seitenansicht, einen gewellten Reif um die Körpermitte tragend; Links unten: Das aus einem breiten, dekorativ gestalteten äußeren sowie einem einfachen, schmalen, inneren Streifen zusam­ mengesetzte Triangulum (Dreieck) mit kugelbekrönter Spitze; Rechts: Die übereinander wiedergegebenen, in unterschiedliche Richtung schwimmenden, von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbundenen Pisces (Fische). P. 91r: Links: Der nach links in Seitenansicht stehende, bärtige Perseus ohne Flügel, mit in die Front gedrehtem Oberkör­ per und nach links im Profil gezeigtem Kopf, vollständig nackt bis auf ein die rechte Schulter bedeckendes, nach hinten wehendes und sich dabei unten glockenartig verbrei­ terndes, faltiges und gestreiftes Manteltuch, Schuhe sowie eine Art Phrygiermütze, mit einem spitzen Schwert in der nach hinten ausgestreckten Linken zum Schlag ausholend, in der vorgestreckten Rechten ein kleines Medusenhaupt am mächtigen Haarschopf gepackt haltend; Links: Die schleierbedeckten Plejaden als sieben kaum individualisierte, einander sehr ähnliche Medaillonbildnisse in rosettenförmiger Anordnung, sechs Medaillons sind dabei kreisförmig um ein in der Mitte befindliches Rundbild angeordnet. P. 92v: Links: Die elfsaitige Lyra (Leier), zusammengesetzt aus einem rechteckigen, nach links abgeschräg­ ten Schallkörper sowie einem aus zwei gebogenen Hörnern gebildeten, ornamental ge­ stalteten Aufsatz mit Querstück; Links oben: Der im dynamischen Schrittmotiv nach rechts orientierte, in Dreiviertelansicht gezeigte, jugendliche Aquarius (Wassermann), bekleidet mit einer kurzen, gegürteten Ärmeltunika, einem in großen Falten nach hinten flatternden Manteltuch, Stiefeln sowie Phrygiermütze, mit beiden Händen eine schlanke Amphora vor sich ausgießend, aus der in welligen Strahlen Wasser austritt; Rechts unten: Der mit ausgebreiteten Flügeln nach rechts schreitende Cygnus (Schwan) in Seitenansicht. P. 93r: Links: Der mit ausgestreckten, übereinandergestellten Vorderbeinen nach links lagernde, seitlich gezeigte Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und einfach gewundenem flossenbesetzten Fischschwanz; Rechts oben: Der nach links laufende, bärti­ ge, langhaarige Sagittarius (Schütze) als bogenspannender, gehörnter Kentaur in Seiten­ ansicht mit in die Front gedrehtem Oberkörper, bekleidet mit einem gestreiften Ärmelge­ wand sowie einem in langer Bahn nach hinten wehenden Manteltuch; Rechts unten: Der mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach rechts in Seitenansicht ge­ zeigte Aquila (Adler). P. 94v: Links: Der in Seitenansicht dargestellte, als Raubfisch ge­ staltete Delphinus (Delfin) mit Hundekopf, je drei spitzen Rücken­ und Brustflossen sowie einer pinselartig gefächerten Schwanzflosse; Rechts oben: Der mit großem Schritt dyna­ misch nach links stürmende Orion als jugendliche Gestalt in Vorderansicht, den Kopf mit der typischen Frisur nach links ins Profil gedreht, bekleidet mit einer knielangen, gegürte­ ten Ärmeltunika mit Zierstreifen, Schuhen sowie einem großen, die rechte Körperhälfte bedeckenden Manteltuch, mit dem blanken Schwert in der erhobenen Linken zum Schlag ausholend, die vorgestreckte Rechte vom Mantel vollständig verhüllt; Rechts unten: Der mit geöffnetem Maul und hängender Zunge nach links springende Canis maior (Großer Hund) mit Strahlennimbus. P. 95r: Links oben: Der mit überlangem Hals und vorgewölb­ ter Brust wiedergegebene Lepus (Hase), in Seitenansicht von rechts nach links springend; Links unten: Argo Navis (Schiff), Ansicht des auf dem Wasser befindlichen halben Schiffes vom gebogenen Heck mit verzierter Spitze und Ruderpaar bis hin zum einfach verschlun­ genem Mast, auf Deck ein ziegelgedecktes Haus mit Satteldach; Rechts: Das nach rechts in Seitenansicht gezeigte Cetus (Seeungeheuer) als hybrides Wesen mit Hundekopf, hän­ gender Zunge, Vorderpfoten sowie einem einfach verschlungenen, flossenbesetzten Fisch­ körper und mit pinselartig geteilter Schwanzflosse. P. 96v: Links oben: Der nach rechts blickende, bärtige Eridanus als aus dem Wasser herausragende Büste mit langem, flammen­ förmig abstehenden Haar, rechts neben ihm eine aus dem Wasser herausragende, im Segens­

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gestus dargestellte Hand sowie ein Stück Ärmelmanschette; Links unten: Der mit gleich­ sam behaartem Rücken, Schuppen sowie zwei Bauchflossen dargestellte Piscis magnus (Südlicher Fisch), in Seitenansicht auf dem Rücken liegend; Rechts: Ara (Altar) als ein auf drei Füßen ruhender, dreigeschossiger Turm mit Fenstern, aus dessen höchstem, zylindri­ schen Teil Flammen schlagen. P. 97r: Links oben: Der nach rechts schreitende, nackte, bärtige Centaurus in Seitenansicht, über der linken Schulter einen Stab mit einem daran an den Hinterläufen befestigten Beutetier tragend, in der vorgestreckten Rechten ein wei­ teres Beutetier an den Beinen gepackt empor haltend; Links unten: Die mit erhobenem Drachenkopf nach links kriechende, gestreifte Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den kelchförmigen Crater (Mischkrug) sowie den einwärts gewandten, pickenden Corvus (Rabe) in der Mitte bzw. am Körperende auf den Windungen tragend; Rechts: Der nach links jagende Anticanis (Vorhund), den Kopf mit Halsband leicht nach oben gerichtet. P. 99r: Links oben: Die fünf Planeten als innerhalb von Medaillons gezeigte, nimbierte, im Quincunx­Schema angeordnete Büsten: links oben der jugendliche Merkur mit Kopf­ flügeln, Tunika und Schultermantel, rechts oben der jugendliche Mars mit Helm, Tunika und Buch, im Zentrum Venus mit turbanartige Haube und ziersaumbesetztem Gewand, links unten der bärtige Jupiter mit Tunika, rechts unten der bärtige Saturn mit Tunika und Harpe; Links unten: Darstellung der Milchstraße in Form zweier Ringe. P. 100v: Kreis­ förmige Miniatur des Zodiakus (Tierkreis) in Form eines um ein zentrales, doppelt ge­ rahmtes Medaillon mit den Gestalten von Sol und Luna gelegten, in zwölf Abschnitte unterteilten Ringes, innerhalb der zwölf einzelnen Bildfelder erscheinen entgegen dem Uhrzeigersinn die Personifikationen der Tierkreiszeichen, im zentralen Medaillon links Sol als zu drei Vierteln sichtbare Frontalgestalt mit langem Haar und Strahlennimbus, in Ärmeltunika und Schultermantel gekleidet, die vorgestreckte Linke vom Manteltuch ver­ hüllt, die Rechte weisend in Brusthöhe erhoben, rechts daneben, gleichsam weiter vorn, die bis zur Hüfte sichtbare, frontale Gestalt der Luna im langärmeligen, saum­ und bortenbesetzten Kleid, auf dem gescheitelten, langhaarigen Haupt eine Mondsichel tra­ gend, die Rechte in Brusthöhe erhoben, die Linke nach unten gesenkt. P. 102v: Die inner­ halb eines doppelt gerahmten Medaillons dargestellte Luna als monumentale, auf dem in Seitenansicht gegebenen, von zwei Ochsen nach links gezogenen Mondwagen stehende Frontalfigur, in ein langes, bortenbesetztes Gewand mit kurzen Ärmeln sowie einen von der linken Schulter nach hinten flatternden Mantel gekleidet sowie eine große Mondsichel auf dem gescheitelten, langhaarigen Haupt tragend, die Rechte im Grußgestus erhoben, im linken Arm eine brennende Fackel haltend. P. 103r: Der innerhalb eines doppelt gerahm­ ten Medaillons dargestellte Sol als monumentale, bis zu den Knien sichtbare, auf dem von vier Pferden gezogenen Sonnenwagen stehende Frontalfigur mit Strahlennimbus, in ein langes Ärmelgewand mit Zierstreifen sowie einen von der linken Schulter nach hinten in zackigen Falten flatternden Mantel gekleidet, die Rechte im Grußgestus erhoben, auf der verhüllten Linken einen Globus tragend, im linken Arm zugleich eine brennende Fackel haltend.

Provenienz Seit der Mitte des 10. Jahrhunderts ist die Handschrift in Sankt Gallen nachweisbar. Im Katalog Nr. 728 der Stiftsbibliothek ist der Codex auf Seite 18 unter dem Eintrag Liber astrologiae. Et compotus Rabani et alius compotus in volumine 1 erwähnt. Der hier noch fehlende Text des Dositheus wird erst in einer späteren Notiz von 1461 als Grammatica Dosithei mit der Astrologia gemeinsam genannt.

59 Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902

Literatur Breysig ed. 1867, S. XXVII; Scherrer 1875, S. 316–318; Thiele 1898, S. 160; Maass ed. 1898, S. XXII; Merton 1911, S. 56–57, pl. IL–LI; Lehmann 1918, 1, S. 118; Bruckner 1938, 3, II, S. 122, pl. 38; Weitzmann 1947, S. 72, 84ff.; Byvanck 1949, S. 54, Nr. 70, S. 56, Nr. 78, S. 61, Nr. 109; Boeckler 1951, S. 37ff.; Belting 1968, S. 129; Ochsenbein 1983, S. 21; O’Connor 1984, S. 65, Anm. 2; Le Bourdellès 1985, S. 77; Kaczynski 1988, S. 36, 48, 50– 56, 62–64, 66, 72, 120, 122, 124ff.; Kerscher 1988, S. 1ff.; Mütherich 1989, S. 35, 37–44, 47–51, 61, Abb. 17, 18; Ernst 1991, S. 585; Stückelberger 1994; Obrist 2001, S. 24, S. 26, Anm. 77; Euw 2008, Nr. 119, S. 446–49; Blume 2009, S. 546f. Siehe S. 75, Abb. 864–883

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Sankt Paul im Lavanttal, Archiv der Benediktinerabtei, Ms. 16/1 Hyginus De astronomia. Sternbilderdarstellungen zu Hyginus De astronomia Süddeutschland (Konstanz?), 11. Jahrhundert Kodikologische Angaben 257 × 220 mm, 21 Folia, Pergament, Text einspaltig zu 24 bzw. 25 Zeilen in Karolin­ gischer Minuskel, mit Absatzinitialen.

Art der Bilder Den Text (Buch II) begleitet ein unvollständiger Zyklus von Sternbilderdarstellungen be­ stehend aus insgesamt 19 Federzeichnungen, die ohne Rahmen und Hintergrund über­ wiegend einzeln, mitunter auch paarweise auf den Pergamentgrund gesetzt wurden; die Position der Sterne ist nicht angegeben.

Inhalt fol. 1v–21v:

Hyginus, De astronomia Buch 1–4 (Le Boeuffle ed. 1983)

Kommentar Dem Codex St. Paul 16/1 (ehem. XXV. 4.20) kommt Bedeutung zu, da es sich bei ihm um eine der ältesten illustrierten Handschriften des Traktats De astronomia von Hyginus handelt. Die Textfassung des Paulensis gehört zu einer Überlieferungsfamilie, die sich zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert in Süddeutschland ausbreitete. Viré bewertet den Text als den am we­ nigsten verderbten des süddeutschen Raumes, er sei wahrscheinlich sehr früh nach jenem Text kopiert worden, auf den die gesamte süddeutsche Gruppe ε zurückgeht. Zu ihr gehören weiter die Handschriften Wolfenbüttel Cod. Guelf. 18.16. Aug. 4°, London Arundel 339, Wien Cod. 51 und Florenz Plut. XXIX, 30. Vermutlich handelt es sich von Anfang an um eine selbständige Handschrift, die allein das Werk des Hyginus enthielt. Durch den Verlust der letzten Seiten ist dies aber nicht mehr sicher zu überprüfen. Der einspaltig in Karolingischer Minuskel geschriebene, ab dem Sternbild der Nördlichen Krone mit Absatzinitialen versehene Text wurde auf ungleichmäßigem und löch­ rigem Pergament geschrieben und wird von zahlreichen Rand­ und Interlinearkorrekturen be­ gleitet. Die Schrift ist vor allem im hinteren Teil bis zur Unleserlichkeit verwischt oder abgerie­ ben. Der Text des mythographischen zweiten Buches wird von insgesamt 19 einfachen, durch eine ungeübte Hand ausgeführten Federzeichnungen begleitet, welche die Konstellationen zei­ gen. Sie wurden ohne Rahmen und Hintergrund auf den Pergamentgrund gesetzt, ohne die Lage der Sterne anzugeben. Auffällig ist, dass sich die Zeichnungen nicht, wie sonst üblich, vor oder nach den entsprechenden Textabschnitten finden, sondern in diese eingeschoben wurden.

60 Sankt Paul im Lavanttal, Archiv der Benediktinerabtei, Ms. 16/1

Diese Art der Gestaltung spricht dafür, dass dem Schreiber ein ähnlich eingerichtetes Vorbild vorlag. So konnte er die Lücken bereits dem Umriss der Sternbilder anpassen. Ein Teil der Bil­ der wurde offenbar erst nach dem Text in die Felder eingefügt. Ein Beispiel hierfür ist etwa die Illustration des Bootes auf fol. 5r, der für die vorhandene Lücke viel zu groß geriet, und dessen Fuß nun neben dem Textblock zu sehen ist. Anders behalf man sich bei der Zeichnung des Pegasus auf fol. 13r. Dessen Beine finden im Bildfeld zwar ausreichend Platz, seine Schnauze musste je­ doch verkürzt dargestellt werden. Andere Bilder, etwa das des Adlers oder des Delphins, schei­ nen dagegen bereits vor der Niederschrift des Textes angefertigt worden zu sein, denn die Schrift weicht hier den Zeichnungen aus. Aufgrund dieser Beobachtungen kann vermutet werden, dass die Illustrationen vielleicht vom Schreiber selbst angefertigt worden sind. Der Bildzyklus ist nicht vollständig erhalten, sondern bricht in der Mitte ab. Wie ein Vergleich mit der verwandten Bildfolge in Florenz, Bibl. Laur., Ms. Plut. XXXIX. 30, ergibt, fehlen der Handschrift in St. Paul durch den Verlust eines Binio zwischen fol. 14 und fol. 15 heute die letzten zwanzig Bilder. Die Himmelswesen werden nur selten mit ihren Attributen gezeigt. Auffällig ist die ge­ meinsame Darstellung von Cepheus, Cassiopeia und Andromeda, die im Ms. 16/1 auf fol. 8v in einer Zeichnung gleichsam untereinander hängend wiedergegeben worden sind. Dies spricht dafür, dass die Reihe so von einer Himmelskarte oder einem Globus übernommen worden ist, wo diese drei Sternbilder ebenfalls immer eng beieinander stehen. Ikonographisch bilden die Zeichnungen mit den Illustrationen der süddeutschen Hyginus­ Handschriften eine Gruppe. Die meisten Ähnlichkeiten lassen sich mit den Bildern der im 12. Jahr­ hundert angefertigten Handschrift Florenz Plut. XXXIX. 30 feststellen. So begegnet zum Bei­ spiel hier wie dort das Bild des mit einem stark gebogenen Körper dargestellten Delphins und der ungewöhnliche Reiter auf dem Stier, ebenso wie die seitliche Andromeda und Kepheus mit hängenden Armen. Bezüge bestehen auch zu der französischen Hyginusüberlieferung (Paris, ehe­ mals Philipps Coll. 26355 und Leiden Voss. Lat. Q. 92). Als Vorlage dürfte ein französischer Codex gedient haben, der sowohl die spezifische Bilderfolge wie das Layout vermittelte. Einiges spricht für die Vermutung, dass das maßgebliche Vorbild im 10. Jahrhundert in Fleury entstand und die Illustrationen damals einer Himmelskarte entnommen wurden. Die menschlichen Figuren gab der Zeichner meist mit glattem langen Haar und bärtig wie­ der. Die Gesichter gestaltete er zum Teil lebhaft durch hervorspringende Augen und offene Münder. Die Binnenzeichnung ist ornamental stilisiert und zeichnet sich unter anderem durch eine betonte Darstellung der Gelenke aus. Diese sind vor allem an den Beinen häufig durch kleine Kreise oder geschwungene Bögen betont. In ähnlicher Weise wird auch die Brustpartie gestaltet. So wirken die Figuren oft unorganisch zusammengesetzt und erinnern an Glieder­ puppen. Ihre Gewänder werden ohne Rücksicht auf den Körper und den natürlichen Fall der Stoffe durch geometrisch scharfe Formen gegliedert. Nach Eislers Einschätzung der Schrift entstand das St. Pauler Manuskript im 11. Jahrhun­ dert. Holter datiert es hingegen noch ins 10. Jahrhundert. Vermutlich ist der Codex damit der älteste noch erhaltene Zeuge einer eigenständigen Illustration zum Text De astronomia des Hygi­ nus. Denn die noch ältere Leidener Handschrift Voss. lat. oct. 15 bediente sich für ihre Zeichnun­ gen der Illustrationstradition anderer astronomischer Texte, und das Pariser Manuskript lat. 8863 enthält zum Hyginustext nur die isolierte Darstellung des Kentauren. Ein wichtiges Problem bildet die Herkunft des St. Pauler Codex. Vermutlich lässt sich zu­ mindest die Bibliotheksheimat der Handschrift vor ihrer Verbringung nach St. Blasien klären,

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

da bei ihrer Neubindung im 14. Jh. Fragmente eines Unzialkodex der Vetus latina, die sogenann­ ten Konstanz­Weingartner Prophetenfragmente, verwendet wurden. Nach der Argumentation von Spilling kann dies am ehesten für die Konstanzer Dombibliothek geschehen sein. Nach der vorläufigen paläographischen Einschätzung von Hartmut Hoffmann kann die Handschrift nicht in St. Gallen oder auf der Reichenau entstanden sein, eine Entstehung in Konstanz selbst lässt sich jedoch nicht ausschließen. Am Beginn des 11. Jahrhunderts wetteiferte der Konstanzer Ka­ thedralklerus in astronomischen Fragen freundschaftlich mit dem Kloster Reichenau. Weiterhin offen bleibt hingegen die Frage, woher die Vorlage für St. Paul stammt. Mit dem karolingischen St. Galler Hyginus­Text im Cod. 250 der Stiftsbibliothek besitzt die Textgestalt im St. Pauler Codex seltsamerweise keine Berührungspunkte. Nur entfernt ist sie verwandt mit derjenigen, die man im vorausgehenden Jahrhundert im Maas­ und Moselgebiet, aber auch in Süddeutsch­ land (Oxford, Bodleian Lib. D‘Orville 95) antreffen kann. In der ikonographisch verwandten, vollständigeren Handschrift in Florenz ist die Zeichnung eines Astrolabs enthalten, was an die Interessen Hermanns des Lahmen und Abt Berns von Reichenau erinnert.

Verzeichnis der Bilder fol. 3r: Die in Seitenansicht mit leicht gehobenem Kopf nach links stehende Ursa minor (Kleiner Bär) mit langem, durch tropfenartige Zotteln angedeutetem Fell. fol. 4r: Der in

Seitenansicht mit leicht gehobenem Kopf und ebenfalls mit langem zottigen Fell nach rechts stehende Ursa maior (Großer Bär). fol. 4v: Der mit aufgerissenem spitzen Maul in drei großen Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) in Seitenansicht, die beiden einander mit dem Rücken zugewandten, in unterschiedliche Richtungen stehenden, zot­ tigen Bären zwischen ihren Windungen. fol. 5r: Der mit heftig geschwungenen Armen nach links eilende, bärtige Bootes (Bärenhüter) in Frontalansicht mit erhobenem, lang­ haarigen Haupt, vollständig nackt bis auf ein um die Hüfte geschlungenes Tuch. fol. 6v: Die aus Akanthusblättern gebundene kreisrunde Corona borealis (Nördliche Krone). fol. 7v: Hercules als nach links kniender, nackter, bärtiger Mann mit in die Front gedrehtem Oberkörper und nach links im Profil gezeigtem, langhaarigen Kopf, in der erhobenen Lin­ ken eine eichenblattförmige Keule haltend, über dem nach unten gestreckten rechten Arm ein nur zur Hälfte sichtbares Löwenfell mit drei Pranken tragend. fol. 8r: Die aus einem voluminösen Schallkörper, geraden Seitenteilen sowie einem Querstück zusammengesetzte sechssaitige Lyra (Leier). fol. 8v: Oben: Der nach links in Seitenansicht stehende raubvogel­ ähnliche Cygnus (Schwan) mit kurzem Hals, gewölbter Brust, ausgebreiteten Flügeln und geöffnetem Schnabel; Unten: Aus drei Figuren zusammengesetzte Illustration, in deren Zentrum sich die mit ausgebreiteten Armen auf einem Kastenthron mit Fußbank und Lehne sitzende Gestalt der Cassiopeia befindet, diese ist in ein bodenlanges Ärmelkleid sowie ein kürzeres Obergewand gekleidet, ihr Haupt wird von einem Tuch umhüllt; die Rückenleh­ ne des Throns bildet die Basis für die mit ausgebreiteten Armen stehende Figur des mit einem knielangen, gegürteten Ärmelgewand bekleideten, frontal stehenden Cepheus ; unterhalb von Cassiopeia befindet sich die vollständig nackte Gestalt der mit ausgebreiteten Armen wiedergegebenen Andromeda, den Thron der Cassiopeia wie eine Karyatide tra­ gend. fol. 9r: Der im Laufschritt nach links eilende, bärtige Perseus mit in die Front ge­ drehtem Oberkörper und nach links im Profil gezeigtem langhaarigen Kopf, vollständig nackt bis auf ein um die Hüfte geschlungenes Tuch und Schuhe, in der erhobenen Linken ein Schwert in Form einer Harpe haltend, in der vorgestreckten rechten Hand das Medusen­ haupt tragend. fol. 9v: Der mit angewinkeltem rechten Bein gleichsam nach rechts schwe­

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bende, jugendliche Auriga (Fuhrmann) in Rückenansicht mit zum Betrachter gewandtem Kopf, nackt bis auf ein über der rechten Schulter drapiertes Pallium mit Fibel, in den zur Seite gebreiteten Händen links eine zweischwänzige Peitsche und rechts einen dreizipfli­ gen Stoffstreifen haltend, auf der linken Schulter die Ziege und auf dem linken Unterarm die beiden Böckchen präsentierend. fol. 10r: Der vollständig nackte, jugendliche Serpentarius (Schlangenträger) als Rückenfigur mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf und langem Haar, die um seinen Körper gewundene und hinter seinem Rücken kreuzförmig verlaufende, sich mit dem hundeartigen Kopf aufrichtende Schlange mit beiden Händen am Kopf­ und Schwanzende gepackt haltend. fol. 11r: Sagitta (Pfeil), mit der Spitze nach links zeigend. fol. 12r: Oben: Aquila (Adler) nach rechts in Seitenansicht, mit zurückge­ wandtem Kopf, ausgebreiteten Flügeln und gewölbter Brust stehend; Unten: Der mit stark gebogenem Körper dargestellte Delphinus (Delfin), von rechts nach links schwimmend. fol. 13r: Der mit ausgestreckten Vorderbeinen nach links stehende Pegasus als geflügelte Halbfigur mit eingerolltem Hinterleib. fol. 13v: Oben: Triangulum (Dreieck), aus zwei Streifen zusammengesetzt; Unten: Aries (Widder), nach rechts in Seitenansicht stehend mit im Halsbereich durch tropfenartige Zotteln angedeutetem, langen Fell und lockigem Schwanz. fol. 14v: Der in Seitenansicht gezeigte, nach links laufende, ganzfigurige Taurus (Stier) mit zwischen den Hinterbeinen hervorkommendem Schwanz.

Provenienz Der Codex wurde im 14. Jahrhundert unter Verwendung von Pergamentblättern eines im Kloster Weingarten zerstörten Unzialcodex aus dem 5.–7. Jahrhundert, den sogenannten Konstanz­Weingartner Prophetenfragmenten, neu gebunden. Auf fol. 1r befinden sich eine Aufschrift des 14. Jahrhunderts, »Liber astrologiae«, sowie Federproben, »Chuono Chuono in die ti a pueris hominis«. Zusammen mit einigen noch in St. Paul befindlichen Urkunden sowie mit einem ähnlich geschriebenen Liber geometriae könnte die Handschrift ins Kloster Sankt Blasien (Schwarzwald) gelangt sein. Mit dem Konvent gelangten auch dessen Bücher im Jahre 1806 nach Kloster Spital am Pyhrn und von dort 1809 nach Sankt Paul.

Literatur Bunte ed. 1875, S. 21–22, 103; Eisler 1907, III, S. 102–104, Abb. 58, 59; Preisendanz 1917, S. 129, Anh. Nr. 3; Zinner 1925, S. 168; Byvanck 1949, S. 230, Nr. 114; Trende 1952, S. 652; McGurk 1966, S. XXIII, XXVI, 23; Holter 1969, S. 361; Viré 1981, S. 172, Nr. 65; Le Boeuffle ed. 1983, S. LI; Reeve 1983, S. 187–191; Munk Olsen 1987, III/1, S. 553, B 31; Munk Olsen 1989, III/2, S. 80, C 31; Viré ed. 1992; Spilling 1996, S. 85–106. Siehe S. 121–123, Abb. 885–889

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St. Petersburg, Russische Nationalbibliothek, Ms. Q. v. IX. No. 2 Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Saint­Germain­des­Prés (?), Ende des 11. Jahrhunderts Kodikologische Angaben 160 × 123 mm, 8 Folia, Pergament, Text einspaltig in Karolingischer Minuskel, Titel in rot grundierter Capitalis rustica, Initialen zu den Abschnitten in Unziale und rubriziert.

Art der Bilder Den Text des Sternkatalogs begleiten insgesamt 40, in Federzeichnung braun und rot aus­ geführte Darstellungen der Sternbilder sowie die Darstellung eines lesenden Mönches auf fol. 7r, die ohne Rahmen und Hintergrund stets zu mehreren auf den Pergamentgrund gesetzt wurden, Position der Sterne nicht angegeben.

Inhalt fol. 1r–7r: fol. 7v–8r: fol. 8v:

Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974) leer Eintragungen von späterer Hand

Kommentar Der in der Russischen Nationalbibliothek zu St. Petersburg auf bewahrte Codex Q. v. IX. No. 2 enthält eine illustrierte Fassung des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Vermutlich war die Lage ursprünglich Bestandteil eines umfangreicheren Sammelcodex zum Komputus oder Quadrivium. Der Sternkatalog informiert in knappen Abschnitten über Daten wie Sternzahl, Verteilung und Position der Sterne. Er ist einspaltig auf kräftigem Pergament in Karolingischer Minuskel aufgezeichnet. Unzial­Initialen markieren den Anfang der jeweili­ gen Textsequenzen zu den Sternbildern. Der Text wird von insgesamt 40 teils braun und rot lavierten Federzeichnungen der Konstellationen begleitet. Die kleinen, sorgfältig gezeichneten Bilder wurden dabei noch vor der Niederschrift des Textes ausgeführt, da der Text vielfach den Bildern deutlich ausweicht. Die Lücken für die Bilder nehmen die gesamte Spaltenbreite ein. Der zugehörige Textabschnitt geht den Illustrationen jeweils voran. Den Abschluß bildet die Darstellung eines lesenden Mönchs auf fol. 7r. Ikonographisch schließen sich die Zeichnungen unverkennbar der überlieferten Bildtradi­ tion zum Text des Sternkatalogs an. Am ehesten entspricht der Zyklus den Zeichnungen der aus Saint­Denis stammenden vatikanischen Handschrift Vat. Reg. lat. 309. So begegnet hier wie dort die Jungfrau mit der Waage, der nach rechts eilende Perseus als Rückenfigur und Cassio­ peia mit einem schleierbedeckten Haupt. Ferner zeigen sich Gemeinsamkeiten bei der Drapie­

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rung des Manteltuches beim Wassermann, der jeweils mit der rechten Hand einen Gewand­ zipfel umfasst, oder bei der Pose des Flusses Eridanus. Dennoch stimmen die Darstellungen der St. Petersburger und der vatikanischen Handschrift nicht völlig überein. So weichen etwa die Zeichnungen der Zwillinge in beiden Handschriften deutlich voneinander ab, wobei das Bild des St. Petersburger Codex auf fol. 2v in diesem Falle eher an die entsprechende Illustration in Madrid 3307, erinnert. Der nach links gerichtete Krebs auf fol. 3r entspricht dagegen der Zeich­ nung im Wiener Manuskript 387. Auch am Schluss löst sich der Zeichner von den gängigen Vorlagen, indem er auf fol. 7r den ihm reichlich zur Verfügung stehenden Platz souverän nutzt: Anticanis ist im Gegensatz zu den gängigen Vorlagen zu einem großen, wilden Raubtier mit langen Krallen geworden. Die heraus hängende Zunge ist mit roter Farbe deutlich hervorgeho­ ben. Darunter folgt ohne Textbezug das Bild eines über seinen Codex gebeugten, lesenden Mön­ ches. Es ist mit Abstand die am sorgsamsten ausgeführte Darstellung der Handschrift. Die Thronfläche ist in Rot, das Suppedaneum in Gelb abgesetzt. In dem geöffneten Buch sind Buchstaben eingetragen, die sich auf der rechten Seite zu den Worten »Liber noster« fügen. Es handelt sich um eine Art Selbstbildnis, welches gleichsam dem Leser einen Spiegel vorhält. Der hohe Identifikationswert, den derartige Handbücher im Rahmen klösterlicher Studien besaßen, wird in diesem Bildnis sehr deutlich und ist durch die Worte im aufgeschlagenen Buch noch zusätzlich betont. Die Zeichnungen sind von sicherer Hand und sehr sorgfältig ausgeführt. Die zu Beginn teilweise noch etwas ungelenken Tier­ und Menschendarstellungen nehmen in ihrer Qualität im Verlauf der Bildfolge zu (wenn man beispielsweise den Centaurus oder den lesenden Mönch betrachtet). Der Faltenstil dieser Mönchsfigur verweist nach Frankreich ins 11. Jahrhundert.

Verzeichnis der Bilder fol. 1r: Oben: Die mit zottigem Fell und krallenbesetzten Pfoten wiedergegebene, nach rechts gewandte Ursa maior (Großer Bär) in Seitenansicht; Unten: Die mit kürzerem Fell und krallenbesetzten Pfoten dargestellte Ursa minor (Kleiner Bär), im Profil nach links stehend. fol. 1v: Oben: Der in Seitenansicht gezeigte, in wenigen Windungen aufrecht stehende Draco (Drache) mit Drachenkopf; Mitte: Der im Knielauf nach links dargestellte, nackte, jugendliche Hercules in Rückenansicht mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf,

mit einer in der zurückgestreckten Rechten gehaltenen blattbesetzten Keule zum Schlag ausholend, über dem vorgestreckten rechten Arm ein zottiges Löwenfell tragend; Unten: Die aus Blättern gewundene kreisrunde Corona borealis (Nördliche Krone), oben in der Mitte mit einem runden Stein besetzt und unten von einem schmalen, nach beiden Seiten flatternden Band zusammengehalten, im Inneren befindet sich ein großer siebenstrahliger Stern. fol. 2r: Oben: Der nach links blickende nackte Serpentarius (Schlangenträger) in Rückansicht mit nach links ins Profil gedrehtem Kopf, die zweifach um seinen Körper gewundene große Schlange mit schnabelartigem Kopf und hervorgestreckter Zunge mit beiden Händen in der Mitte sowie am Ende des waagerecht ausgestreckten Körpers ge­ packt haltend; Unten: Der nach links gewandte Scorpius (Skorpion) in Aufsicht, mit kreis­ rund angeordneten schlanken Scheren, drei Beinpaaren sowie einem langen, schlangen­ artigen Schwanz. fol. 2v: Oben: Der in eine faltenreiche Tunika exomis gekleidete jugendliche Bootes (Bärenhüter) als Frontalgestalt mit nach links gewandtem Kopf, breit­

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

beinig stehend, das rechte Bein in einem Stiefel, in der erhobenen Linken ein großes, keulenartiges Pedum schwingend, die Rechte zur Seite gestreckt; Mitte: Die in ein boden­ langes, die rechte Brust freilassendes Gewand sowie ein über der linken Schulter drapiertes Tuch gekleidete langhaarige Virgo (Jungfrau) in Frontalansicht, in ihrer Rechten eine Ähre und mit der Linken eine Waage haltend; Unten: Die einander zugewandten, bis auf einen Mantel über der linken Schulter vollständig nackt nebeneinanderstehenden, jugendlichen Gemini (Zwillinge) in Frontalansicht, in der jeweils zum Seitenrand zeigenden Hand eine Lanze haltend, der linke Zwilling hält die noch freie Hand weisend, der rechte Zwilling hat sie grüßend erhoben. fol. 3r: Oben: Der nach links gerichtete, mit dicken langen Sche­ ren, ornamentiertem ovalen Körper und pinselartig geteiltem Schwanz dargestellte, beinlose Cancer (Krebs) in Aufsicht; Mitte: Der mit geöffnetem Maul, hängender Zunge, krallen­ besetzten Pfoten sowie aufgerichtetem Schwanz mit Quaste wiedergegebene, nach links in Seitenansicht stehende Leo (Löwe), die dichte Mähne durch Wellenlinien, das Fell durch flammenförmige Locken betont; Unten: Der jugendliche Auriga (Fuhrmann) als mit dem Blick nach rechts orientierte Frontalgestalt auf dem in Seitenansicht gezeigten, nach rechts fahrenden zweispännigen Wagen, mit Ärmeltunika sowie einem über der Brust kreuzför­ mig gebundenen Tuch bekleidet, in der erhobenen Rechten eine dreischwänzige Peitsche schwingend, mit der Linken die Pferde zügelnd, dabei auf dem ausgestreckten linken Arm die einander zugewandten Böckchen präsentierend, hinter dem Wagen die Ziege. fol. 3v: Oben: Taurus (Stier) als mit offenem Maul sowie eingeknicktem rechten Vorderbein nach links lagernde Ganzfigur mit eingedrehtem, zwischen den Hinterbeinen sichtbaren Schwanz; Mitte: Der in ein bodenlanges, die rechte Brust freilassendes Gewand und eine Phrygier­ mütze gekleidete Cepheus als auf einem welligen Hügel sitzende Frontalgestalt mit wei­ send erhobener linker sowie gesenkter rechter Hand; Unten: Die mit ausgebreiteten Armen auf einem zweistufigen verzierten Kastenthron ohne Lehne sitzende Cassiopeia in Frontal­ ansicht, den schleierbedeckten Kopf leicht nach links geneigt, in ein bodenlanges Gewand sowie ein über die Schultern geschlungenes Tuch mit Zierborten gekleidet. fol. 4r: Bild 1: Die mit langen Ketten an zwei Baumstämme gefesselte Andromeda als zwischen den beiden sich in je drei Äste gabelnden Bäumen stehende Frontalgestalt, in ein transparentes, knöchellanges Ärmelgewand gekleidet, den langhaarigen Kopf nach links geneigt haltend; Bild 2: Der geflügelte Pegasus als mit übereinandergestellten Beinen und ornamental ge­ stalteter Körperfläche nach links liegende Halbfigur; Bild 3: Der mit zurückgewandtem Kopf nach links stehende Aries (Widder) in Seitenansicht, das Fell durch flammenförmige Locken betont; Bild 4: Triangulum (Dreieck), aus mehreren Streifen zusammengesetzt; Bild 5: Die schräg zueinander geneigt wiedergegebenen, hintereinander schwimmenden Pisces (Fische), von Maul zu Maul durch eine Schnur miteinander verbunden. fol. 4v: Bild 1: Der nach rechts eilende, jugendliche Perseus in Rückenansicht mit nach rechts im Pro­ fil gezeigtem Kopf, vollständig nackt bis auf einen die linke Schulter bedeckenden, nach hinten in breiter Bahn wehenden, gemusterten Mantel, in seiner nach hinten gestreckten linken Hand das abgeschlagene Medusenhaupt und in der vorgestreckten Rechten eine Harpe haltend; Bild 2: Die aus einem sehr flachen Unterbau sowie einem mächtigen, aus zwei Hörnern gebildeten Körper mit Kleeblattornament sowie einem Querstück zusam­ mengesetzte Lyra (Leier) ohne Saiten; Bild 3: Der mit ausgebreiteten Flügen sowie nach hinten angelegten Beinen nach links fliegende Cygnus (Schwan) ; Bild 4: Der mit Blick und Bewegung nach rechts orientierte, jugendliche Aquarius (Wassermann) als Frontal­ gestalt, bis auf ein die linke Schulter bedeckendes, nach hinten fallendes Pallium vollstän­ dig nackt, mit seiner Rechten das Manteltuch hinter dem Körper umfassend, mit der Lin­ ken vor seinem Körper eine henkellose Amphora ausleerend, aus der ein breiter Wasserstrahl austritt. fol. 5r: Bild 1: Der in Seitenansicht gezeigte, mit übereinandergestellten Vorder­

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beinen nach rechts lagernde Capricornus (Steinbock) als hybrides Wesen aus Ziegenbock und zweifach gewundenem Fischschwanz; Bild 2: Der nackte, jugendliche Sagittarius (Schütze) als nach rechts springender, bogenspannender Kentaur; Bild 3: Der mit zurück­ gewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach rechts stehende Aquila (Adler) in Sei­ tenansicht; Bild 4: Der geschnabelte Delphinus (Delfin) mit steiler Kopfflosse, langem flossenbesetzten Körper sowie pinselartig geteilter Schwanzflosse, nach links schwimmend. fol. 5v: Oben: Der in eine knielange Tunika sowie ein Pallium gekleidete jugendliche Orion als Frontalgestalt mit nach rechts ins Profil gedrehtem Kopf, ein hinter dem Körper gegürtetes Schwert tragend, mit der Linken den Schwertknauf umfassend, die erhobene Rechte gleichsam grüßend dem Betrachter zukehrend; Mitte: Canis maior (Großer Hund) in Seitenansicht, mit übereinandergestellten Vorderbeinen von links nach rechts springend; Unten: Der mit aufgerichteten Vorderpfoten nach rechts springende Lepus (Hase) in Sei­ tenansicht. fol. 6r: Bild1: Argo Navis (Schiff), Ansicht der Schiffshälfte vom gebogenen Heck mit Ruderpaar bis hin zum breiten Segel über dem Mast, die rechte Seite des Schiffs­ körpers dreifach geteilt mit jeweils kugeliger Spitze als Abschluss; Bild 2: Cetus (Seeungeheuer) als nach links lagerndes Mischwesen mit vorgestrecktem Drachenkopf, langen Vor­ derflossen sowie dreifach verschlungenem Fischschwanz; Bild 3: Der jugendliche Eridanus als nach rechts lagernder klassischer Flussgott, in ein die rechte Brust freilassendes, den linken Arm sowie die Beine vollständig bedeckendes Gewand gehüllt, in der sichtbaren Rechten einen buschigen Schilfstengel haltend, aus einer rechts neben ihm gezeigten, um­ gedrehten, henkellosen Amphora ergießt sich ein breiter, am Ende dreifach geteilter Was­ serstrom; Bild 4: Der mit geöffnetem Maul nach links schwimmende Piscis magnus (Südlicher Fisch) ; Bild 5: Der kubusförmige, seitlich gezeigte, zweistufige Ara (Altar) mit brennender Glut auf der Deckplatte. fol. 6v: Oben: Der mit zurückgewandtem Kopf in Seitenansicht dargestellte, nach rechts galoppierende Centaurus als Mischwesen aus Mann und Pferd, vor seinem Körper mit der ausgestreckten Linken ein großes Beutetier an den Hinterläufen empor hebend, in der angewinkelten Rechten einen langen Zweig haltend; Unten: Die mit aufgerichtetem Kopf und vorgestreckter Zunge in vier Windungen nach links kriechende Hydra (Wasserschlange) in Seitenansicht, den Crater (Mischkrug) mit Henkeln sowie den auswärts gewandten Corvus (Rabe) in der Körpermitte bzw. am Schwanzende auf ihren Windungen tragend. fol. 7r: Oben: Anticanis (Vorhund), mit übereinandergestellten, krallenbesetzten Vorder­ und Hinterpfoten sowie herausgestre­ ckter Zunge nach rechts springend; Unten: Ein in Seitenansicht gezeigter, auf einer ver­ zierten Kastenbank mit Fußbank sitzender Mönch, in einem auf seinen Knien aufgeschla­ genen Buch lesend, mit Kutte und Schuhwerk bekleidet.

Provenienz Wie der Eintrag auf fol. 1r, »Ex Musaeo Petri Dubrovski«, belegt, gelangte die vermutlich aus Saint­Germain­des­Prés stammende Handschrift in den Besitz des in Paris eingesetz­ ten russischen Diplomaten Pjotr Dubrovsky (1754–1816). Dessen umfangreiche Hand­ schriftensammlung wurde im Jahre 1804 nach St. Petersburg verbracht und 1805 als Son­ derabteilung in die Kaiserliche Bibliothek eingegliedert.

Literatur Staerk 1910, I, S. 240–242, II, IX–XX, Pl. 81–87; Byvanck 1949, S. 225, Nr. 85; Vieillard­ Troiekouroff 1966, S. 79ff.; Blume 2002, S. 265. Siehe S. Taf. 69–70, Abb. 890–895

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Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. lat. VIII, 22 (= 2760) Astronomisch­komputistische Textsammlung Sternbilderdarstellungen zu De signis coeli Oberitalien, Venedig (?), frühes 13. Jahrhundert Kodikologische Angaben 244 × 178 mm, 42 Folia, Pergament, 37 Zeilen einspaltig, frühe Textura einer Hand, Lombarden in rot und blau (alternierend), überwiegend mit konturbegleitenden Zier­ linien und einfachem Palmettenfleuronnée in der Gegenfarbe; Initialen (Mischformen aus romanischer Rankeninitiale und Lombarden mit Ansatz zu frühem Fleuronnée (vgl. fol. 4v)). Vorderspiegel: Alte Signatur: »XCVI. 5.«, Eintrag: »Provenienza Farsetti, Tommaso Gius.« und Ex­libris der Marciana. 1 Blatt altes Papiervorsatz: Fragment einer Handschrift aus dem 15. (14.?) Jh., wohl von einem Missale, zweispaltig in großer Textura rotunda, rubriziert, Lombarden. Von den Lagen her gehört De signis coeli unmittelbar zum Liber Nimroth (fol. 35 bis 38 bilden ein Binio).

Art der Bilder Schemata mit figürlichen Elementen (fol. 3r, 4r, 11r, 13r, 13v, 14r) sowie einfache Rotae (fol. 4v, 5r, 6r, 6v, 7r, 7v, 8r, 11v, 12v, 15r, 15v, 21r, 21v, 24v, 26v, 27r, 27v, 28v, 29r, 29v, 30r, 30v) zu Ps­Nimrod, De astronomia sowie 40 Sternbilderdarstellungen zu De signis coeli (fol. 31v–36r). Auf fol. 26v: Darstellung einer Vorrichtung um den Schattenwurf eines auf­ gehängten Zylinders zur Mittagszeit zur Sommersonnwende zu zeigen (Text: fol. 26rv); Teilweise oder ganz kolorierte Federzeichnungen, einige Sternbilder bleiben bis auf die Sternpunkte ohne Farbe (Ursae, Scorpio, Taurus etc.). Eingezeichnete Sterne in Rot (au­ ßer fol. 13r). Überwiegend in den Schriftspiegel des zweispaltigen Textes integriert (fol. 13r einspaltig), zuweilen unter Nutzung der Seitenränder (Virgo, Andromeda, Argo Navis). fol. 1r als Illustration zu den Versen des Pacificus Darstellung der Stundenbestimmung mit dem Nocturnale (vgl. Eastwood 1997, S. 249, Fig. 7).

Inhalt fol. 1r: fol. 1r–36r:

fol. 31v–36r:

fol. 36v:

Pacificus Veronensis(?), Versus de astronomia (MGH, Poet. lat. 4, S. 692, V. 1–3), hier als einleitende Verse zum folgenden Text Ps­Nimrod, Liber de astronomia (Auszüge bei Haskins 1924 und Dronke 1986). Incipit liber de astronomia de forma celi et quomodo decurrit inclinatum. Celum … Vgl. Paris, BN, lat. 14754 (s. o.) und Vatikan, BAV, Cod. Pal. lat. 1417, 1r–19v Ps­Beda, De signis coeli (ed. Dell’Era 1979/III). Am Textbeginn eine einfache Lombarde wie die Abschnitte des Liber Nimroth. De signis coeli ist hier in den Text integriert Excerpta ethica. Sentenzen und Interpretationen zu klassischen Dichtern mit Bezug zur christlichen Ethik. (Nachtrag des 14. Jhs.), winzige Bastarda cursiva (zweispaltig, 76 Zeilen, sehr schwer lesbar, zahlreiche Kürzel)

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fol. 37r–39v:

fol. 38v: fol. 40r–41r: fol. 41v:

Computus, Incipit doctrina compoti. Quoniam, ut Platonis sonat sententia, non solum nobis nati sumus, sed toti mundo [vgl. M.T. Cicero, De officiis 1, 7, 22] … – … totidem quam december. (Nachtrag des 13. Jhs.) – fol. 38v usprünglich leer Notae. Sol in ortu suo maculosus vel sub nube latens pluvium designat … Wetterprognostik. Nachtrag, wohl 15. oder spätes 14. Jh., Notula De Harmonia Planetarum. Schemata zu den Harmonischen Verhältnissen der Planetensphären und der Epizyklen Notae. Verschiedene Eintragungen, stark verblaßt und unleserlich, wohl 14. Jh.

Kommentar Die Form von Schrift und frühem Fleuronnée sprechen ebenso für eine Entstehung in Nord­ italien wie die enge Verwandschaft der Bilder mit Padua, Bibl. Antoniana, Cod. 27. Die sorg­ fältige, trotz eher geringen kalligraphischen Anspruchs relativ aufwendige Schrift weist noch ins ausgehende 12. Jahrhundert, das Palmettenfleuronnée dagegen eher in das erste Viertel des 13. Jahrhunderts. Die Sternbilderdarstellungen zu De signis coeli weisen enge Parallelen zu Padua, Cod. 27 (Anfang 10. Jahrhundert, vermutlich Verona), Paris, BN, ms. lat. 14754 (Ende 12. Jh.) und Ox­ ford, Bodl. Lib., Ms. Laud misc. 644 auf. Dies betrifft nicht nur die Ikonographie der einzelnen Konstellationen sondern vielfach auch die Gesamtdisposition, etwa die Anordnung der Illustra­ tionen in einem zweispaltigen Seitenraster. So stimmen Venedig 2760, fol. 32r und Padua, fol. 131r sowohl in der Form der Einzelbilder von Serpentarius bis Virgo als auch in der Seiten­ disposition völlig überein. Allerdings weist die Venezianer Handschrift Markierungen für die Sterne auf, die in Padua fehlen. Deutlich abweichend zeigt sich auch die Darstellung der Bären mit dem Drachen, die in Venedig 2760 dem kombinierten Bild im Polarkreis nahesteht, wie es vor allem in den Zyklen zu De ordine ac positione vorkommt, während die Paduaner Handschrift jedes Bild einzeln mit seinem Textblock zeigt. Allerdings gehört diese Miniatur nicht unmittel­ bar zum Sternbilderzyklus von De signis coeli (s.u.). Perseus weist eine sehr ähnliche Körperhal­ tung auf, die Darstellung ohne Kopf bedeckung die Form und Lage des Mantels und die Dar­ stellung des Medusenhauptes ohne Zottelhaar und ohne Blut sind übereinstimmende Merkmale. Auch die nach beiden Seiten jeweils abstehenden Fußflügel von mittlerer Größe finden sich so auch im Paduaner Codex. Sehr gut vergleichbar sind ferner Kassiopeia auf einem aus Stäben gefügten Thron mit »Querlatte«, Andromeda schulterfrei mit Lendentuch zwischen säulen­ bzw. baumstammartigen »Felsen«, Eridanus neben der ausfließenden Urne sitzend, Pegasus nach rechts trabend mit Pflanze, den Kopf zurückwendend und weitere. Der von McGurk ange­ führte Vergleich mit Montecassino Ms. 3 fördert dagegen nur relativ unspezifische Parallelen zutage: Cygnus als seitlich stehender Schwan mit angelegten Flügeln, der sich umwendende Adler mit ausgebreiteten Schwingen, die Form des Delfins mit Hundekopf und langem Horn bzw. Ohren, Canis maior mit Strahlennimbus, Cetus mit Hundekopf und Schlangenschwanz sowie die Gestalt des hochspringenden Anticanis mit starkem Hals und sehr kräftiger Brust las­ sen sich anführen. Die Cassinenser Handschrift ist durch die beneventanische Schrift zweifels­ frei dem Süden Italiens zuzuschreiben (siehe dort). Die Paduaner Handschrift entstand in Nord­ italien, wahrscheinlich Verona, sie steht wiederum in der Traditionslinie von Madrid 19 (siehe

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

dort). Somit und in Anbetracht von Schrift und Ausstattung erscheint auch für Ms. 2760 eine italienische Herkunft als sehr wahrscheinlich. Der Vergleich mit Laud. misc. 644, im späteren 13. Jahrhundert in Frankreich, vermutlich in Bayeux entstanden, zeigt noch weitergehendere Übereinstimmungen. Die geflügelte Jungfrau im langen Kleid doch barfuß, die Zwillinge mit der Lyra, Orion mit Schwert und Schwertscheide, Eridanus neben der ausfließenden Urne ste­ hend sowie die Form von Ara und Centaurus zeigen deutlich eine enge Verwandschaft. Offen­ bar stand im Norden Frankreichs im späteren 13. Jahrhundert eine Vorlage zur Verfügung, die dem selben Überlieferungsstrang zuzuordnen ist wie Padua Cod. 27 und Venedig 2760. Dabei steht die späte, heute in Oxford befindliche Handschrift dem Paduaner Codex in manchen De­ tails deutlich näher ( Jungfrau mit »palmwedelartiger« Ähre, Eridanus mit Schilfrohr, Schütze als Rückenfigur mit Haarkranz an der Taille). Einige Zodiakzeichen wurden im Zyklus besonders hervorgehoben, Widder und Krebs etwa erscheinen in kreisrunden Medaillons, entsprechend der jeweiligen Darstellung im Kreis­ schema fol. 4r. Die auffällige Hervorhebung der Zwillinge, die vor blauem Hintergrund unter einer rundbogigen Säulenarkade stehen, mag ebenfalls mit ihrer Eigenschaft als Zeichen des Tierkreises in Zusammenhang stehen. Die Mehrzahl der zwölf Zeichen unterscheidet sich je­ doch nicht von den anderen Sternbildern. Möglicherweise wurden nur die hervorgehobenen Darstellungen aus einem anderen Zyklus ergänzt, etwa aus einer reinen Zodiakfolge. Auch die Quellen der großen Schemadarstellung fol. 4r mag die Illustrationen zu den entsprechenden Zeichen im Sternbilderzyklus beeinflusst haben. Für diese kombinierte Schemadarstellung außerhalb des Sternbilderzyklus aus dem Tierkreis mit figürlichen Darstellungen und den dazwischen eingeschriebenen Monaten und Häusern der Planeten in einem äußeren Ring, mit den sieben Planetenbahnen (mit Angaben zu den Umlauf­ zeiten und abermals zu den jeweiligen Häusern versehen) und im Zentrum den beiden Bären und dem Drachen, bietet Dijon, Ms. 448 (fol. 64r) einen Vergleich. Allerdings finden sich die Planetensphären und die Angaben zu den Häusern dort nicht im selben Schema. Die Planeten­ bahnen mit Umlaufzeiten bilden dort eine eigene Figur mit »Terra« im Zentrum sowie mit den Büsten der Planetengötter (fol. 63v). Das Schema in Venedig 2760 ließe sich somit als Kombina­ tion der beiden Darstellungen in Dijon 448 auffassen, die sich dort im aufgeschlagenen Codex auf einer Doppelseite gegenüberstehen, angereichert nur durch die Nennung der Planetenhäu­ ser. Schemata der Planeten­ und Zodiaksphären finden sich jedoch auch als Illustrationen in einem weiteren Zeugen des Nimrodtextes Vatikan, BAV, Cod. Pal. lat. 1417 (Italien, 12. Jahr­ hundert). Das Kreisschema der Zodiaksternbilder mit den Planetenbahnen ist dort auf fol. 3r zu finden, ebenfalls unter Zuordnung der jeweiligen Häuser, jedoch mit leerem Mittelfeld. Dazu treten weitere Schemata mit dem Bild des Drachen zwischen den Bären, so fol. 9r mit schema­ tisierten Bahnen von Sonne und Mond zu den Sonnenfinsternissen und fol. 10v mit dem Um­ lauf des Mondes (hier ohne stilisierte Phasen). Auf fol. 11r folgen zwei weitere, ähnliche, kreis­ förmige Schemabilder mit Drachen und Bären im Zentrum, oben mit Büsten von Sol und Luna, im Schema darunter mit Sonnen­ und Mondbahn, konzentrisch angeordnet. Aus diesen didaktischen Schemata wurden für die Venezianer Handschrift nur das auf fol. 10v zu den Mondfinsternissen übernommen – wo ebenfalls die Plejaden genannt werden – sowie der Kreis der Tierkreisbilder um das Schema der Planetenbahnen. Die umfangreiche Ausstattung mit Schemata wie auch mit Tabellen in der Vatikanischen Handschrift wie auch in Paris lat. 14754 wurde im Venezianer Codex stark gestrafft. Durch die Kombination mit dem Sternbilderzyklus

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zu De signis coeli jedoch in einer anderen Richtung erweitert. Während die ältere Handschrift einen stärker wissenschaftlich ausgerichteten Charakter aufweist, scheint sich die spätere eher an Adressaten zu wenden, die sich vor allem für die Grundlagen interessierten, ohne zu eigenen Berechnungen schreiten zu wollen (oder die Tabellen und Daten lagen anderweitig ohnehin vor). Der Kreis der schematisierten Mondphasen erinnert stärker an Monza, Bibl. Cap., Cod. fol. 9.176 (fol. 58r), wo das Element jedoch vereinzelt zu stehen scheint. In den beiden Codices in Venedig und Rom beziehen sich die Illustrationen, direkt auf den die Darstellung umflie­ ßenden Text, wie schon die Beischriften »cauda pliadum« und »umbra caude pliadum« – dort wiederholt genannte Begriffe – klar erkennen lassen. Diese beiden Beischriften zum Kreis der Mondphasen beziehen sich offenbar auf die Mondknoten (auch: Drachenkopf/ Drachen­ schwanz) und die dort möglichen Finsternisse. Der illustrierte Textteil befaßt sich hier mit den Mondfinsternissen. Die Sternbilderdarstellungen der Handschrift Marciana 2760 stehen in einer recht homogenen Traditionslinie von Illustrationszyklen zu De signis coeli, die sich von der karo­ lingischen Epoche bis zum späten 13. Jahrhundert belegen lässt. Text und Illustration (fol. 4r) des »Nimrod­Buches« enthalten dabei erste Verweise auf die von nun ab präsente Gedankenwelt der erneuerten Astrologie.

Verzeichnis der Bilder fol. 1r: Astronom, stehender, einfach gewandeter Mann mit angedeuteter Tonsur beim Peilen durch eine »fistula« mit stehender Montierung, um den angepeilten Stern sieht man radiale Strahlen, Stundenbestimmung mit dem Nocturnale. fol. 1v: Himmelssphären, rechts von Atlas getragenes rundes Sphärenschema (hellrot) mit ein paar Sternen, Sonne und Mond. fol. 2r: Vier Winde, um ein kreisrundes, hellrotes Zentrum (celum) radial angeord­ net vier stehende Figuren, den Himmelskreis wie Atlanten tragend, die Füße jeweils nach außen gerichtet. fol. 2v: Zwölf Winde, vier radial stehende Personifikationen, jetzt auf dem hellroten Zentrum stehend, Kopfflügel, jeweils in den ausgestreckten Händen weitere Köpfe mit Flügeln haltend. fol. 3r: Schema De XII fortitudinibus, Zentrum hellrot, Hin­ tergrund hellblauer Himmel mit weißen Punkten in Dreiergruppen (Abb. McGurk 1966, Tafel VIIIc). fol. 3v: Kreisschema Planetenbahnen, Planeten als strahlende Scheibchen. fol. 4r: Kreisschema, acht Himmelssphären mit Monaten und Tierkreiszeichen, im Zen­ trum Draco mit den beiden Bären (wie fol. 13r). fol. 11r: Schema, jeweils kreisförmige, sich überschneidende Bahnen von Sonne und Mond, in der Schnittfläche Draco inter Arctos. fol. 13r: Draco, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer und Kleiner Bär), Draco als S­förmige Schlange, im oberen Bogen Ursa maior nach rechts, im unteren Ursa minor nach links gewandt, eingefügt in die Mondbahn, auf der vereinfacht die rot numerierten 30 Phasen des Mondumlaufs eingezeichnet sind. Über dem Kopf der Schlange erscheint die Beischrift »pliades«, am Schwanzende »umbra caude pliadum«, gemeint sind die beiden Mondknoten. fol. 14r: konzentrische Kreisbahnen von Sonne und Mond und deren Phasen, im Zentrum der in Form einer liegenden 8 verschlungene Drache, in den Schlei­ fen sitzend (!) die beiden Bären. fol. 20v: (in margine) Planeten, die Planeten Merkur, Jupiter, Venus und Saturn als große goldene Sterne. fol. 31va: Ursa maior (Großer Bär), stehend nach links, in dunkler, blauer Farbe mit weißen Sternen; Hercules, im Ausfall­ schritt nach links stürmend, Löwenfell über dem linken Arm, Knüppel in der Rechten erhoben, nackt, Rückenansicht; Corona borealis (Nördliche Krone), kreisrund, Sterne unregelmäßig verteilt. fol. 31vb: Ursa minor (Kleiner Bär), nach rechts stehend, den Kopf

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zurückwendend und sich in das rechte Vorderbein (Schulter) beißend; Draco (Drache), Vogelartig mit Schlangenschwanz, nach rechts schreitend. fol. 32ra: Serpentarius (Schlangenträger), Rückenfigur, nach links ausschreitend, unbekleidet, die Schlange biegt sich zurück zum Gesicht des Trägers und überkreuzt sich vor dessen Hüfte; Scorpius (Skorpion), nach rechts blickender Skorpion. fol. 32rb: Bootes (Bärenhüter), en face stehend, den Kopf nach links ins Profil gewandt, mit dem Rest eines Umhangs bekleidet, beide Arme zur Seite ausgebreitet, in der linken Hand eine große, ornamental gestaltete Blattknospe haltend; Virgo (Jungfrau), en face stehend mit Flügeln, im langen Kleid aber barfuß, of­ fenes, langes Haar, die ausgestreckte rechte Hand hält eine ornamentale Blattform (vgl. Bootes). fol. 32va: Gemini (Zwillinge), bekleidete Jünglinge unter einem runden Arkaden­ bogen mit blauem Grund, jeweils den Arm um die Schulter des anderen gelegt, der rechte hält eine Lyra, eine auffällige Faltenkontur bei der rechten Hand der linken Gestalt dürfte in einer Vorlage ein Lagobolon gewesen sein; Cancer (Krebs), nach rechts orientiertes käferartiges Tier mit acht Beinen und nahezu kreisrundem Körper in Kreismedaillon. fol. 32vb: Leo (Löwe), nach links schreitend in dunklem Grün, den Schweif zwischen den Hinterbeinen nach vorne geschlagen; Auriga (Fuhrmann), in einem großen, zweirädri­ gen, mit (mindestens) drei Pferden bespannten, Karren nach rechts fahrend, in der rechten Hand ein Stab, hinter ihm eine undefinierbare Farbfläche, ursprünglich wohl ein wehender Mantel. fol. 33ra: Taurus (Stier), nach links laufende Stierhälfte, hinten gerade abgeteilt; Cepheus, stehender junger Mann ohne Bart und Kopf bedeckung, die Arme ausgebreitet, ein Schwert in der Scheide rechts am Schultergurt. fol. 33rb: Cassiopeia, en face sitzende Person unbestimmten Geschlechts ohne Kopf bedeckung, die rechte Schulter und Brust (in der Zeichnung stark zurückgenommen) entblößt, sonst in ein mantelartiges Tuch gehüllt, statt eines Thrones ist nur ein Gerüst aus Stangen ohne Sitzfläche zu sehen; Andromeda, zwischen zwei Säulen­ oder Baumstümpfen stehend, auf denen die zur Seite gestreckten Hände ruhen, Kleidung wie bei Cassiopeia, die beiden »Säulen« tragen auf der Innenseite ovale, rote Flecken. fol. 33va: Pegasus, vollständiges geflügeltes Pferd, nach links sprin­ gend, den Kopf zurückgewandt; Aries (Widder), nach rechts orientiert, den Kopf zurück­ gewandt, wie die Medaillons bei fol. 4r in einem kreisrunden Farbfeld (rot) und mit weißen Sternen versehen; Triangulum (Dreieck), leicht konkav eingebogene Seiten. fol. 33vb: Pisces (Fische), gegeneinander gewandt, an den Mäulern verbunden; Perseus, nach links schreitend, in halber Rückenansicht, nackt mit lose fliegendem Manteltuch, in der linken Hand das Medusenhaupt, in der rechten die Falx, Flügel an den Fußgelenken. fol. 34ra: Lyra (Leier), leicht entstelltes, v­förmiges Instrument; Cygnus (Schwan), nach links schreitend mit angelegten Flügeln. fol. 34rb: Aquarius (Wassermann), weit nach links ausschreitend, bekleidet, aus einer großen, bauchigen Urne nach links Wasser gießend; Capricornus (Steinbock), nach links gewandter Ziegenfisch mit Schlangenschwanz, der in eine Art Blattknospe ausläuft. fol. 34va: Sagittarius (Schütze), nach links galoppierender Kentaur mit angelegtem Bogen; Aquila (Adler), nach rechts orientiert, den Kopf zurück­ gewandt auf nach links weisendem Sagitta (Pfeil), ausgebreitete Schwingen, keine Schwanzfedern. fol. 34vb: Delphinus (Delfin), fischartiges Tier mit Hundekopf und Horn am Hinterhaupt, nach links gewandt; Orion, nach rechts ausschreitend mit erhobenem Schwert und großer Schwertscheide in der linken Hand, bekleidet. fol. 35ra: Canis maior (Großer Hund), nach links orientiert, sich umwendend mit nimbusartigem Strahlenkranz und herausgestreckter Zunge; Lepus (Hase), nach links springend, blau. fol. 35rb: Argo Navis (Schiff), nach rechts gewandt Schiffshälfte mit sechs seitlichen Rudern und um den Mast geschlungenem Segel; Cetus (Seeungeheuer), nach rechts blickendes Mischwesen mit langohrigem Hundekopf und geringeltem Schlangenschwanz. fol. 35va: Eridanus, in wohl unverstandener Sitzhaltung frontal stehender Mann mit weitem Gewand und freier

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rechter Schulter, rechts geschulterter Stab mit riesigem Blattornament, links daneben eine umgekehrte, ausfließende Vase mit Wasserstrom; Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach links gewandter Fisch. fol. 35vb: Ara (Altar), bloßes Linienornament, wohl aus dem Kan­ tengerüst eines Blockaltars abgeleitet; Centaurus, nach rechts galoppierend, ein Tier in Rückenlage auf der linken Hand, in der rechten ein Ast mit Blättern. fol. 36ra: Hydra, Crater, Corvus (Wasserschlange, Mischkrug, Rabe), nach links gewandte dickliche Was­ serschlange, darauf eine kleine Vase und der nach rechts blickende Rabe; Anticanis (Vorhund), nach links springender Hund.

Provenienz Hinteres Vorsatzblatt in sekundärer Verwendung mit überwiegend gründlich getilgtem Eintrag, wenige Worte lesbar: »venetiarum … … parati(?) et Johanni … … dictas consig­ net reliquas …« (Blatt mehrfach gefaltet, verso getilgte Adressaufschrift(?), vielleicht ein Brief oder amtliches Schreiben, (Schrift 15. Jh.)). Aus dem Besitz von Tommaso Giuseppe Farsetti in die Marciana gelangt (Eintrag Voderspiegel), weitere Herkunft ungeklärt. fol. 1r zeigt oben einen Verkaufseintrag (Preis), darunter getilgte Schrift (ehemals Besitzein­ trag?). Das Vorsatz fol. iirv weist einen liturgischen Text des 14. Jahrhunderts auf (McGurk 1966).

Literatur Valentinelli 1871, S. 255; Steinschneider 1904–5, S. 43, Nr. 175c; Saxl 1915, S. 31; Haskins 1924, S. 286f., 338–345; Van de Vyver 1936, S. 683–687; Byvanck 1949, Nr. 103; McGurk 1966, S. 84f.; Dell’Era, Antonio: Una rielaborazione dell’Arato latino, in: Studi medievali · ´ zynska­Stolot 20 (1979), S. 269–301, S. 282; Dronke 1986, S. 43f., 118–124; Snie 1994, · ´ zynska­Stolot S. 67; Snie 1997, S. 92; Eastwood 1997, S. 249f., Fig. 7 (fol. 1r), Obrist 1997, S. 78–82. Siehe S. 141, Abb. 896–900

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Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 51 Sammelhandschrift aus dem Bereich der Artes liberales Sternbilderdarstellungen zu Hyginus De astronomia Süddeutschland (Umkreis Weingarten?), Anfang 13. Jahrhundert Kodikologische Angaben 343 × 262 mm, 170 Folia (Blattzählung berücksichtigt nur 166 Blätter, da sie fol. 16a, 42a, 45a, 66a, 76a, 91a auslässt), Pergament, Text zweispaltig in frühgotischer Minuskel; Rankeninitialen.

Art der Bilder Außer einem vollständigen Zyklus gezeichneter Sternbilderdarstellungen zum 2. Buch von Hyginus De astronomia zwischen fol. 147v und fol. 155r enthält die Handschrift auf fol. 1r: drei kreisförmige musiktheoretische Diagramme; auf fol. 1v–2r: 3 rechteckig­hochkante musiktheoretische Schemata, Monochorde Wilhelms von Hirsau, Odos von Cluny („OT­ TONIS«) und Guidos; auf fol. 2v: Guidonische Hand; auf fol. 3v: ganzseitiges Autorenbild des Boethius in der achtförmigen Mandorla; auf fol. 4v: O­Initiale mit der Personifikation der Musik; auf den folgenden Seiten viele musiktheoretische Schemata in den Textspalten. Auf fol. 35v: ganzseitige Miniatur des Guido von Arezzo („Guido monachus«) und seines Förderers Bischof Theodaldus mit dem Monochord gemeinsam auf einer Bank; auf fol. 45av: ganzseitige Miniatur des schreibenden, mit Nimbus und Mantelpallium versehe­ nen Odos von Cluny; auf fol. 48v: Vorzeichnungen für eine bis auf das linke Viertel ganz­ seitige Miniatur in drei Feldern: je eine stehende Figur; auf fol. 62v: kleines ungerahmtes Bild eines Psalterspielers am Ende der letzten Spalte (Autorenbild Johannes Cotto?).

Inhalt fol. 4r–34v: fol. 35r: fol. 36r–41v: fol. 41v–43r: fol. 43r–44r: fol. 46r–48v: fol. 49r–52v: fol. 52v–55r: fol. 55r: fol. 55r–v: fol. 55v: fol. 55v: fol. 56r–62r: fol. 62v–70v: fol. 70v–72v: fol. 73r: fol. 73v–81v:

Boethius De musica Hucbald v. Elnon (v. St­Amand) De harmonica institutione (Fragment) Guido von Arezzo, Micrologus de disciplina artis musicae Guido, Regulae musicae rhythmicae Guido, Regulae de ignoto cantu Odo v. Cluny, Dialogus de musica Bern v. Reichenau, Musica seu prologus in Tonarium Bern, De mensurando monochordo Bern, De mensura fistularum Gerlandus Vesontius, De fistulis (Fragment) De mensura organistri De ponderatione cymbali Bern v. Reichenau, Tonarius (unter dem getilgten Namen Odos v. Cluny) Johannes Cotto Trevirensis, Musica Johannes Cotto, Tonarius leer Wilhelm v. Hirsau, Musica

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fol. 82r–90r: fol. 90r–91ar: fol. 91av: fol. 92r–117v: fol. 118r–135v: fol. 136–145v:

Hermann der Lahme, Musica Heinrich v. Augsburg, Institutio catechetica musices (Musica) leer Cicero, De inventione libri 2 (unvollst.) Cicero, Ad Herennium libri 4 Exzerpte zur Geometrie aus Cassiodor, Martianus Capella, Isidor von Sevilla und den Agrimensoren fol. 146r–162r: Hyginus, De astronomia fol. 162r–166r: Martianus Capella, De Astronomia fol. 166v: leer bis auf zwei Verse von späterer Hand.

Kommentar Der großformatige Codex deckt mit Schriften zu Musik, Rhetorik, Geometrie und Astronomie einen weiten Teil der Artes liberales ab. In der Anzahl der vertretenen Texte und von ihrem Umfang her bildet die Musiktheorie dabei den eindeutigen Schwerpunkt. Interessanterweise gehören alle aus diesem Bereich vertretenen Autoren bis auf Boethius dem Mittelalter, genauer der Zeit zwischen dem 9. und 11. Jahrhundert, an. In der Überlieferungsgeschichte der mittel­ alterlichen Musiktheorie kommt dem Codex deswegen ein hervorragender Platz zu. Dagegen stammen die Schriften zu den übrigen Themen sämtlich aus der Antike oder der Spätantike. Auch die vierteilige Schrift De astronomia des Hyginus, einer von nur zwei enthaltenen Texten zur Astronomie, wurde in der frühen römischen Kaiserzeit verfaßt. Der Wiener Band ist zum Teil aus sehr heterogenen Lagen aufgebaut, es werden sogar mehr­ fach halbe oder viertel Blätter eingebunden. Auch die Seiteneinrichtung, insbesondere die Zei­ lenzahl, variiert zum Teil. Wie das überdurchschnittlich große, zumeist auch eingehaltene Blattformat und vor allem die zwischen fol. 4r und 162r weitgehend erhaltene Lagenzählung am Lagenanfang nahelegen, dürfte der Codex dennoch als Einheit konzipiert worden sein. Einheit­ lich ist auch die Unterteilung des Schriftspiegels in zwei Kolumnen und weitgehend die Schrift selbst. Als ambivalent erweist sich der künstlerische Anspruch der Ausstattung. Zwar wurden die Bilder als einfache und teilkolorierte Federzeichnungen von einer eher provinziellen Hand aus­ geführt, doch nehmen die Autorenbilder im vorderen Teil ein geradezu monumentales Format an. Zum Teil scheinen sie Evangelistenbildern nachempfunden zu sein. Besonders aufwendig und farbenreich ist die Darstellung mit Boethius. Sie ist auf einem Einzelblatt unabhängig vom Text ausgeführt und zu ihrer Herstellung wurden die Umrisslinien mit dem Griffel vorgezeich­ net, möglicherweise auch durchgepaust. In Kontrast zu den ganzseitigen Autorenbildern stehen die kleinformatigen Sternbilderdar­ stellungen zum Hyginus­Text am Ende der Handschrift. Sie sind als Federzeichnungen mit dunklem Lila ausgeführt und am Anfang der einschlägigen Abschnitte ungerahmt in Ausspa­ rungen den Textkolumnen eingefügt. Einige Bilder wurden später mit schwarzer Tinte verän­ dert. Die Illustrationen begleiten nicht das dritte Buch von Hyginus, in dem die Anordnung der Sterne in den Sternbildern beschrieben wird, sondern das zweite, das die Sternsagen berichtet. Dementsprechend sind auch keine Einzelsterne in die Zeichnungen eingetragen, da es in erster Linie um eine bildliche Vorstellung der beschriebenen mythischen Gestalten geht.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Die Bilderreihe des Vinodobonensis 51 fügt sich in die Tradition illustrierter Hyginus­Texte. Sie zeigt Übereinstimmungen mit weiteren romanischen Handschriften aus Süddeutschland, in denen ebenfalls das 2. Buch von Hyginus‘ Werk illustriert wird, nämlich mit Wolfenbüttel Cod. 18.16. Aug. 4° (und deren Kopie London Arundel 339) sowie den einander eng verwandten Handschriften Florenz Plut. XXIX, 30 und St. Paul im Lavanttal Cod. 16/1: Bootes ist mit zur Seite gestecktem abgewinkelten Arm ohne Pedum wiedergegeben, die Iasiden Cepheus, Cassio­ peia, Andromeda und Perseus sind untereinander in einem Bildraum zusammengefasst, der Fuhrmann wird ohne Wagen, die Zwillinge in Umarmung, der Schütze als Satyr, und Eridanus als bloßer Wasserstrom ohne eine Personifikation gezeigt. Der Fuhrmann hält in der Wiener Fassung die Böckchen, die nach dem Sternbild auf seiner Schulter platziert sind, im Arm. Unter den süddeutschen Hyginushandschriften verweist insbesondere die Ikonographie der Wiener Sternbilderreihe auf Himmelskarten wie im Codex Aberystwyth 735 C, fol. 10v oder auf Himmelsgloben wie den antiken Atlas Farnese in Neapel. Dort begegnet die schräg sitzende Cassiopeia, der Fuhrmann ohne Wagen, der pickende Rabe, die Darstellungen von Pferd, Stier und Schiff als Hälften sowie die des Schützen als Satyr. Auf die Übereinstimmungen bei Was­ sermann und den Zwillingen mit dem Globus Farnese hatte bereits Saxl verwiesen. Zudem sind Cepheus, Perseus, der Schlangenträger und der Schütze in Rückansicht gegeben, was auf die Übernahme von einer Übersichtsdarstellung hinweist. Auch die häufigen ins Profil gekehrten Köpfe finden sich auf Himmelskarten oder Globen, da auf diese Weise die Gesichter der Rücken­ figuren nicht ganz verschwinden. Die Illustrationen zu De astronomia müssen in einem längeren Prozess immer wieder umge­ formt und in verschiedene Redaktionsstränge aufgespalten worden sein. So ist die schräg sitzen­ de Cassiopeia nur im Vindobonensis 51 zu finden. Andromeda, die in St. Paul nackt und in Wolfenbüttel bekleidet ist, erscheint in Wien wie in Florenz halb entblößt und hält beide Arme erhoben. Hercules hingegen scheint vom Maler des Cod. 51 oder dem seiner Vorlage so umge­ formt zu sein, dass er sich nur mit dem in Wolfenbüttel und dann auch nur noch weitläufig vergleichen lässt. Der Lokalisierung der Handschrift wurde bisher wenig Aufmerksamkeit zuteil, Hermann sprach von süddeutsch oder österreichisch, die Autoren des Wiener Katalogs von 1975 präzisier­ ten auf süddeutsch. Die Auswahl der mittelalterlichen Autoren ergeben einen leichten südwest­ deutschen Einschlag, der aber nicht beweiskräftig ist. Dagegen verweisen die breiten Rahmungen der Vollbilder auf das Umfeld von Weingarten. Allerdings ist die Streuung dieses Typs im Ver­ lauf des 12. Jhs. recht groß. Auch der romanische Rankentypus der Initialen bietet keine exklu­ siven Vergleichsmöglichkeiten. Der auf fol. 4v historisiert auftretende Typus der Spaltleistenini­ tiale mit Flechtbandfüllung kommt, wie Ayres (Gesta 1985) gezeigt hat, im 12. Jh. vereinzelt in Weingarten, aber auch in Zwiefalten oder Hirsau vor. Die technische Ausführung der Minia­ turen als teilweise kolorierte Federzeichnungen mit zumeist zinnoberroter oder dunkelvioletter Tinte ist sicher kein Argument gegen Weingarten, wenn auch kein ausschließendes dafür. Die Autorenbilder stehen zudem einer wenn auch nicht unumstrittenen Weingartener Mi­ niatur, nämlich dem hl. Martin auf fol. 1r der Stuttgarter Handschrift H. B. XIV 6, nahe. Da sie – wie die des Boethius in Wien – auf einem Einzelblatt steht, wird sie gemeinhin unabhängig von dem sie enthaltenden Codex in die erste Hälfte oder das erste Drittel des 12. Jhs. datiert. Mit dem Kopf des Martin lässt sich in Wien der des Guido von Arezzo auf fol. 35v vergleichen. Bischof Theodaldus neben Guido teilt bei allen Unterschieden mit Martin den blockhaften

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Oberkörper. Mit Boethius verbindet Martin sein breiter, quadratisch unterteilter Ziersaum, der ungestört über die Falten hinwegläuft. Dass auch die Tropfenformen als Ausdruck der Gliedma­ ßen unter den Gewändern im Wiener Codex vorkommen, zeigt die Figur der Musica in der Initiale auf fol. 4v. Gerne setzen die Maler beider Handschriften breitere Faltenlinien in Ab­ wechslung mit schmaleren. Selbstverständlich gibt es auch große Unterschiede, die zum Teil jedoch auf eine unterschiedliche Entstehungszeit zurückzuführen sein könnten. Vor allem die Längsstreckung der meisten Figuren und die langen Faltenzüge sprechen für eine relativ späte Entstehung des Wiener Codex. Die Art, wie bei Boethius das Gewand unter dem Gürtel her­ vorkommt oder am Arm anliegt, entspricht eher dem Anfang des 13. Jhs. (Die Schrift kann Regina Hausmann, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, laut freundlicher Auskunft nicht mit den ihr bekannten Weingartener Handschriften in Verbindung bringen.)

Verzeichnis der Bilder fol. 147v: Ursa maior (Großer Bär) nach links; Ursa minor (Kleiner Bär) nach rechts, das Haupt zwischen die Vorderbeine gesenkt. fol. 148r: Draco (Drache) mit geschuppter Rü­ ckenlinie, aber ohne Flügel; Bootes (Bärenhüter) ohne Pedum in rückgewandter Schritt­ stellung nach links, die Linke in die Hüfte gestemmt, trägt Lendenschurz und Schulter­ mantel. fol. 148v: Corona borealis (Nördliche Krone) als einfacher, mit einer Wellenlinie verzierter Ring; Hercules mit Keule in der vorangestreckten Rechten und Löwenfell über demselben Arm. fol. 149r: Lyra (Leier), mit bauchigem »Klangkörper« und geradem, brei­ tem »Hals«; Cygnus (Schwan) mit ausgebreiteten Flügeln von vorne. fol. 149v: Cepheus als junger Mann in kurzer Tunika, vermutlich in Rückenansicht, mit erhobenen Armen nach links schreitend; Cassiopeia unverschleiert auf einer einfachen Thronbank, hat die Beine zur Seite gedreht; Andromeda mit nacktem Oberkörper im Ausfallschritt; Perseus in Rückenansicht schreitend, hält Frauenhaupt vor sich, an den Fußgelenken Flügel; Auriga (Fuhrmann) springend nach links, hält in der Rechten die Peitsche, im linken Arm zwei Böcklein. fol. 150r: Serpentarius (Schlangenträger) in Rückansicht mit einer um­ wundenen Schlange. fol. 150v: Sagitta (Pfeil), nach links. fol. 151r: Aquila (Adler) nach rechts; Delphinus (Delfin) fischartig nach links. fol. 151v: Pegasus, Pferdehälfte mit Flü­ geln nach rechts; Triangulum (Dreieck) ; Aries (Widder) nach links springend, den Kopf zurückgewandt. fol. 152r: Taurus (Stier), Stierhälfte nach links. fol. 152v: Gemini (Zwillinge) mit unterschiedlichen Gesichtern in schlecht verstandener Umarmung, bekleidet nur mit Mantelpallium; Cancer (Krebs), hummerartig. fol. 153r: Leo (Löwe), nach links; Virgo (Jungfrau) in langer Tunika mit leeren Händen, die Linke aber erhoben; Scorpius (Skorpion), mit Löwenfratze; Sagittarius (Schütze), als Satyr, nach links. fol. 153v: Capricornus (Steinbock), geflügelt und mit vegetabilem Fischschwanz; Aquarius (Wassermann), nackt von vorn, die Urne vor der Brust; Pisces (Fische) in Gegenrichtung, an den Mäulern verbunden. fol. 154r: Cetus (Seeungeheuer), als Hund, endend in Ringelleib, nach links; Eridanus als aus einem Horn fließender Fluß; Lepus (Hase) nach links; Orion mit umgehängtem Schwert und unter dem Mantel versteckter Rechter, schwingt mit der Linken hinter sich eine Keule. fol. 154v: Canis maior (Großer Hund) nach links sprin­ gend; Anticanis (Vorhund) nach rechts; Argo Navis (Schiff), als Schiffshälfte mit Deck­ haus, zwei Rudern und wehendem Tuch am Mast; Centaurus mit Beutetier u. Speer. fol. 155r: Ara (Altar) in Blockform, hinter ihm Flammen; Hydra (Wasserschlange) mit Crater (Mischkrug) u. pickendem Corvus (Rabe).

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Provenienz 1756 aus der alten Universitätsbibliothek in die Hof bibliothek gelangt. Ältere Provenienz unbekannt.

Literatur Hermann 1926, Nr. 177 (S. 260–270); Saxl, Bd. 2, 1927, S. 10–12, 69–75; Byvanck 1949, Nr. 118; Wissenschaft im Mittelalter 1975, Nr. 211; Viré 1981; Munk­Olsen, Bd. 1, 1982, Nr. C. 37, S. 534–535. Siehe S. 123, Abb. 901–910

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Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 387 Sog. Liber calculationis (Bearbeitung der Libri computi von 809) Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Salzburg oder Aachen?, zwischen 809 und 821 Kodikologische Angaben 324 × 256 mm, 166 Folia, Pergment, Text teils in einer, teils in zwei Spalten zu meist 35 Zeilen in Karolingischer Minuskel, Überschriften in roter Unziale bzw. roter Capitalis rustica.

Art der Bilder Neben den ganzseitigen Monatsbildern auf fol. 90r und der ganzseitigen Darstellung der 12 Winde auf fol. 140r enthält die Handschrift sechs astronomische Zeichnungen mit Bei­ schriften aus Hyginus und Aratos sowie zum Text des Sternkatalogs zwischen fol. 116v und 120v insgesamt 32, meist zu viert auf insgesamt 8 Seiten verteilte, flüchtig in Deckfarben ausgeführte Miniaturen der von kleinen roten Sternen umgegeben Konstellationen.

Inhalt fol. 1r–3v:

Kapitelindex sowie chronologische Anweisungen, Zauberspruch gegen Bienen und ein Gebet fol. 4r–7r: Abbreviatio chronicae ab initio mundi ad Karolum Magnum fol. 7r: Argumentum ad annum mundi inveniendum. fol. 7r–8r: Argumentum de cursu lunae per XII signa in cyclo decennovennali mit Tabelle fol. 8v–15v: Beda Venerabilis, Martyrologium excarpsatum cum alphabetis (McCulloh ed. 1979, S. 197–237) fol. 16r–16v: Ratio de lunae discursu per signa quae ad alphabetum pertinet priorem fol. 17r–114v: Beda Venerabilis, Notitiae chronologicae ( Jones ed. 1943) fol. 17r–58r: chronologische Tabellen fol. 58v–114v: Anleitungen zu chronologischen Berechnungen und Astronomisches (darin auf fol. 90r zu Cap. LXXIII: De signis XII mensium Darstellung der 12 Monatsarbeiten) fol. 115r–116v: Ps­Hyginus, Excerptum de astrologia (Maass ed. 1958, S. 309) fol. 116v–130v: Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis (Dell’Era ed. 1974; Migne PL 90, Sp. 945–948) sowie Exzerpte aus Plinius NH II, 32–41, 57–70 De positione et cursu septem planetarum; De intervallis earum, De caelestibus spatiis secundum quosdam; De mensuris ac ponderibus (dazu Schema mit Köpfen von Luna und Venus sowie unvollendetes Schema mit 12 konzentrischen Kreisen) fol. 130v–146v:Beda Venerabilis, De natura rerum lib. VII ( Jones ed. 1975) mit voran­ gestellten Versen, Kapitular sowie Cycli decennovenales (Migne PL 90, 835ff.)

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fol. 133r–133v: VIIII. de circulis mundi; X. de plagis mundi (dazu geometrische Zeichnung der vier Weltrichtungen mit Aufschriften) fol. 136v: XVIIII. De cursu et magnitudine solis (dazu Sonnenschema) fol. 137v: XX. Argumentum de cursu lunae per signa (dazu Mondschema) fol. 139v: XXVII. De ordo ventorum (dazu ganzseitige Darstellung der 12 Winde) fol. 146v–147r: Argumentum ad inueniendam horam incensionis lunae fol. 147v–165r: Beda Venerabilis, Astronomisches und Tabellen Cyclus hic est lunaris, qualiter luna in circulo decennovali singulis annis vel mensibus sive diebus currit fol. 165v: Cursus solis et lunae per signa singula (dazu ganzseitiges Schema mit figuraler Darstellung der Tierkreiszeichen)

Kommentar Die Wiener Handschrift lat. 387 enthält eine als Liber calculationis bezeichnete, veränderte Ver­ sion der Aachener Libri computi von 809. Das Werk basiert nicht nur auf den Libri computi von 809, sondern darüber hinaus auch auf deren Vorstufe, dem sogenannten Annalis libellus aus Ve­ rona. Im Unterschied zu den Aachener Libri computi ist der Liber calculationis aber nicht in sieben Bücher, sondern in zahlreiche Kapitel gegliedert, die in der Wiener Handschrift zu insgesamt drei großen thematischen, aber dennoch heterogenen Abschnitten mit jeweils eigener Zählung zusammengefasst sind. Die ersten 99 Kapitel gelten dem Komputus und richten sich, wie es bereits der Titel des Buches anzeigt, mit komplizierten Rechenbeispielen und Zahlentabellen an den mathematisch kundigen Leser, an den Calculator. Daneben betonen sie die Arithmetik als Grundlagenwissenschaft für die Zeitrechnung. Die sich anschließenden 11 Kapitel sind der Astronomie gewidmet. Zu ihnen gehört auch der Text des illustrierten Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis. Die letzten 51 Kapitel stammen aus Bedas De natura rerum. Insgesamt erreichte der Liber calculationis annähernd den doppelten Umfang der Libri computi. Die Verbreitung des Liber calculationis ist auf die Handschrift in Wien, eine weitgehend mit ihr übereinstimmende Handschrift in München Clm 210, und ein heute verschollenes, für den Hof angenommenes Exemplar beschränkt, das Borst aus einigen Teilkopien erschlossen hat. Bislang galt die Münchner Handschrift als unmittelbare Kopie der Wiener Handschrift. Doch sprechen einige Beobachtungen eher gegen ein direktes Abhängigkeitsverhältnis. Auf Grund verschiedener Randbemerkungen in der bis zum Jahre 809 reichenden Welt­ chronik zwischen fol. 4 und fol. 7, welche die Ernennung des Arn von Salzburg zum Abt und zum Bischof, nicht aber sein Todesjahr (821) verzeichnen, ist es wahrscheinlich, dass der Liber calculationis noch zu Lebzeiten des Erzbischofs Arn (785–821), in Salzburg entstanden ist. Die Abschrift im Wiener Codex 387 könnte später liegen, da an einer Stelle das annus praesens auf 830 korrigiert wurde. Auf eine Entstehung der Wiener Handschrift in der Domschule zu Salz­ burg verweisen außer der Schrift, die Verwendung von dunklem Pergament sowie die in den Kalender zwischen fol. 8v und fol. 15v aufgenommenen Heiligen, die sich zum Teil mit dem Salzburger Martyrologium Hieronymianum vom Jahr 820 decken. Als weiteres Argument wird die Analogie der Monatsdarstellungen auf fol. 90r zu zwei Monatsgedichten der Carmina Salisburgensia (Dümmler ed. 1884, II, Nr. XVI, XVII) aufgeführt; allerdings könnten die Texte auch umgekehrt von den Miniaturen abhängig sein. Die inhaltlichen ­historischen wie liturgischen­ Bezüge zu Salzburg, die gleichermaßen in Wien lat. 387 und München Clm. 210 begegnen, sprechen dafür, dass sowohl das Werk Liber

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calculationis als auch die Wiener Handschrift 387 in Salzburg entstanden. Dennoch ist eine Ent­ stehung des Werkes andernorts – beispielsweise am Hof – nicht völlig auszuschließen. Der Herausgeber des Liber calculationis veränderte nicht nur den Inhalt der als Vorlage die­ nenden Libri computi sondern auch deren äußeres Erscheinungsbild. So legte er den Text des Sternkatalogs in zwei Spalten an. In der Wiener Handschrift lässt eine Lücke zwischen dem in Langzeilen geschriebenen Prolog zum Sternkatalog auf fol. 116v und dem Beginn des zweispal­ tig geschriebenen Sternkatalogs mit fol. 117r darauf schließen, dass sich die Handschrift an einer Vorlage orientierte. Außerdem scheint der Herausgeber des Liber calculationis ein verstärktes In­ teresse an bildlichen Darstellungen gehabt zu haben, indem er zusätzlich zu den sechs astrono­ mischen Schemata zwei neue, ganzseitige Miniaturen entwerfen ließ. Die eine zeigt auf fol. 90r die ältesten, nördlich der Alpen bekannten Monatsbilder des Mittelalters, die andere bietet auf fol. 140r eine Darstellung der zwölf Winde als Brustbilder innerhalb eines in Felder unterteilten mandelförmigen Rahmens. Gemeinsam ergänzen sie mit ihrer Schilderung des Kosmos das karolingische Normexemplar. Die systematische Erweiterung des Bildschmuckes gegenüber Madrid 3307 lässt darauf schließen, dass die Bilder des Liber calculationis zeitlich nach den Minia­ turen der Madrider anzusetzen sind. Bei der Betrachtung dieser Miniaturen wird im Vergleich mit den Darstellungen der Sternbilder ein qualitativer Unterschied deutlich, denn die Neu­ schöpfungen bleiben hinter den anderen Illustrationen des Codex weit zurück. Die Differenzen könnten sowohl auf verschiedene Vorlagen als auch auf unterschiedliche Künstler zurückzufüh­ ren sein. Zwischen fol. 116v und 120v enthält der Wiener Codex zum Text des Sternkatalogs De ordine ac positione stellarum in signis insgesamt 32, auf acht Seiten verteilte, in Deckfarben ausgeführte Miniaturen der von kleinen roten Sternen umgebenen Konstellationen. Entgegen der zur karo­ lingischen Zeit üblichen Illustrationspraxis wurden die Miniaturen im Wiener Manuskript je­ weils vor die entsprechende Textpassage gestellt. Dieser Umstand lässt auf eine gewisse Unab­ hängigkeit der Illustrationen vom Text schließen. Allerdings ist die Wiener Handschrift Ms. 387 heute nicht mehr vollständig erhalten. Ein Vergleich mit ihrem Pendant in München, Clm 210, ergibt einen Blattverlust von insgesamt vier Seiten bzw. zwei Blättern. Somit fehlen dem Stern­ katalog nach fol. 117v sämtliche Textpassagen und Bilder von Bootes bis einschließlich Andro­ meda sowie eine ursprünglich auf fol. 114 aufgezeichnete Himmelskarte, von der noch Farbreste zeugen. Eine ganze Anzahl an Miniaturen weist Pausspuren auf, wobei unklar ist, ob diese zur Vor­ bereitung der Bilder entstanden oder nachträglich bei deren Vervielfältigung. Für ersteres spricht, dass gelegentlich eine Ritzlinie für die Kolorierung nicht genutzt wurde, wie die Kinnlinie auf fol. 140r. Für den Schwan hat sich neben dem Bild eine annähernd identische Ritzzeichnung erhalten. Auch bei der Tag­ und Nachtuhr auf fol. 165v wurden Teile der Vorzeichnung (oder Pause) z. B. am rechten Bein des Tierkreiszeichens Wassermann nicht genutzt. Interessanterwei­ se steht im Vergleich zu München Clm. 210 der Tierkreis auf dem Kopf; die Mond­ und Son­ nenphasen wurden falsch begonnen und erst im Verlauf der Arbeit korrigiert. Da die Münchner Handschrift Clm 210 diese Fehler nicht aufweist, aber ebenfalls Pausspuren zeigt, sind wohl beide Codices unabhängig voneinander nach derselben Vorlage angefertigt worden. Ikonographisch hängen die Miniaturen der Sternbilder mit den anderen überlieferten Illust­ rationszyklen zum Sternkatalog De ordine ac positione zusammen, wie zum Beispiel am Fuhr­ mann mit einer Biga und den drei Spornen am Schiff zu erkennen ist. Doch sind die Wiener

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Bilder weniger den Darstellungen der Madrider Handschrift Ms. 3307 verwandt, als denen der vatikanischen Handschrift Rom Vat. Reg. lat. 309, der Einflüsse aus der Tradition des Aratus latinus zeigt. So wird in diesen beiden Handschriften die Jungfrau mit einer Waage, die Zwil­ linge in mittelalterlichem Rock als Krieger, der Krebs ohne Esel und Krippe gezeigt und der Schütze wird nicht als bogenspannender Satyr, sondern als Kentaur dargestellt. Abweichend vom vatikanischen Manuskript gibt der Wiener Codex Pegasus als Ganzfigur und ohne Flügel, die Fische in die gleiche Richtung schwimmend und durch ein m­förmiges Band verbunden sowie das Dreieck auf der Spitze stehend wieder. Auffällig ist sowohl die farbige Füllung des Inneren der Sternbilder Nördliche Krone und Dreieck, als auch die Darstellung des Schwans in einem annähernd quadratischen, farbigen Bildfeld. Diese Besonderheiten lassen an eine Vorlage mit gerahmten farbigen Miniaturen den­ ken, und auch der schattenartig hingeworfene Himmelsgrund, über dem sich die meisten Stern­ bilder erheben, könnte Relikt solch eines farbigen Hintergrundes sein. Die Position der Sterne stimmt mit den im Text gegebenen Angaben überein. Zum Schlan­ genträger hat man sogar die in der Texttradition überlieferte Sternzahl auf die astronomisch korrekte Zahl korrigiert. Daneben wurde offenbar versucht, mit Hilfe unterschiedlicher Hellig­ keitsgrade der Sterne eine dem Text entsprechende Hierarchie ins Bild umzusetzen. Allerdings ist die Farbbedeutung weder überall gleich, noch kann man von einer systematischen Gestal­ tung ausgehen. Auffällig ist aber, dass man es bevorzugte, die Sterne nicht auf der bemalten Fläche anzubringen, sondern möglichst neben diese zu setzen. An der Ausführung der Sternbilder waren mehrere Buchmaler beteiligt. Von ihnen lassen sich zwei deutlicher voneinander unterscheiden, wobei der weniger versierte durch einen stärker graphischen Gebrauch der Farben und bevorzugte Verwendung von Umrisslinien zu erkennen ist. Ob er tatsächlich jener famulus war, auf den die anweisenden Notizen auf fol. 118v verweisen, bleibt ungewiss. Zur Gestaltung verwendeten die Miniatoren ausschließlich flüssige, durch­ scheinende und vorzugsweise weiß aufgehellte Deckfarben. Die Körper der kleinen, unverkenn­ bar in antiker Tradition stehenden Figuren wurden mittels farbiger gestrichelt aufgetragener Höhungen oder Schatten modelliert. So hat man etwa bei der Figur des Hercules zur Gestal­ tung des Körpers mit dem Pinsel sowohl Schatten und Konturen in vermischtem Braun als auch Weißhöhungen auf das Hellrosa des Inkarnats aufgetragen. Der zum Eindruck von Räumlich­ keit erheblich beitragende Bodenstreifen und das Fell wurden mit schnellem Pinselstrich ge­ malt. Häufig begleitet eine weiße Linie die dunklen Außenkonturen der Gestalten, was den Eindruck von Plastizität und Volumen erzeugt. Die Augen der Figuren sind durch Brauen und dunkle Punkte für die Pupillen angegeben. Typische Einzelheiten sind die perückenhaften, hohen Frisuren mit einer Nackenrolle bei den in Seitenansicht gegebenen Figuren und einem einge­ senkten Mittelscheitel bei den von vorn gezeigten Gesichtern. Auch wenn der Stil der Wiener Miniaturen nicht die Qualität der Madrider Handschrift Ms. 3307 erreicht, erinnert er am ehesten an den Stil der Hofschule Ludwigs des Frommen in Aachen wie er sich etwa in dem um 820 entstandenen sogenannten Agrimensorencodex in Rom, Ms. Vat. Pal. lat. 1564, darbietet. Insgesamt erscheint der die Wiener Miniaturen aus­ zeichnende Illusionismus, wie auch die Ausführung der Sternbilder in Deckfarben für das zur Zeit der Entstehung der Handschrift noch junge klösterliche Skriptorium von Salzburg erstaun­ lich und bislang ohne Vergleich. Wie lässt sich die Diskrepanz von dem wohl in Salzburg ver­ fassten und dort geschriebenen Text und den versiert ausgeführten Bildern erklären? Wie erklärt

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sich weiterhin die Tatsache, dass sowohl die Wiener wie die Münchner Bilder von einem ge­ meinsamen Muster abgepaust wurden? Wurde das Werk doch in Aachen für Salzburg verfasst und illustriert und lag dort bereit zur Kopie für die Salzburger und Mondseer Schreiber? Oder wurde das in Salzburg verfasste Werk nach Aachen zur Illustration geschickt, und das in Aachen angefertigte Musterexemplar dann in Salzburg und anschließend in Mondsee abgeschrieben und abgepaust? Erzbischof Arn, seit 782/3 Abt des französischen Klosters Saint­Amand und seit 785 Bischof von Salzburg, unterhielt enge persönliche Beziehungen zum Hof, war Vertrauter und Königs­ bote und zählte zu den langjährigen Freunden des Gelehrten Alkuin. Er importierte seit 785 zahlreiche Bücher aus Saint­Armand nach Salzburg, um dort die Grundlagen für die Ausbil­ dung in den Artes liberales und der Theologie zu schaffen. Mit dieser Intention dürfte er auch die Libri computi überarbeitet und deren Ausstattung am Hof in Aachen veranlasst haben. Geht man davon aus, dass die Illustrationen des Liber calculationis noch vor 818, dem Entstehungszeit­ punkt der Münchner Schwesterhandschrift Clm 210, entworfen wurden, dann sind dort in dichter Folge mehrere Sternbilderreihen entstanden: 816 der Bildschmuck des Leidener Germa­ nicuscodex Voss. lat. Q. 79, die Miniaturen von Madrid 3307 und um 818 bereits die Bilder des Liber calculationis.

Verzeichnis der Bilder fol. 117r: Oben links: Die auf einem Bodenstück nach links in Seitenansicht stehende Ursa maior (Großer Bär) ; Unten links: Der auf einem Bodenstück nach rechts in Seitenansicht stehende Ursa minor (Kleiner Bär) ; Oben rechts: Die dreifach gewundene grüne Draco (Drache), aufrecht auf dem Boden stehend; Unten rechts: Der vollständig nackte, auf einem Bodenstück im Knielauf nach rechts gezeigte Hercules, den linken Arm im Lauf nach vorn

gestreckt, über seiner rechten Schulter ein überdimensionales, nach hinten abstehendes Löwenfell tragend, in seinem rechten Arm eine mehrfach gezackte Keule tragend. fol. 117v: Oben links: Die aus rankenden Blütenzweigen gewundene Corona borealis (Nördliche Krone), oben von einem schmalen Band mit flatternden Bändern zusammengehalten, innen farbig gefüllt; Unten links: Der nach rechts blickende, nackte Serpentarius (Schlangenträger) als auf einem welligen Bodenstück stehende Frontalfigur, die vor dem Körper waagerechte, sich neben seinem linken Arm hoch aufrichtende Schlange mit beiden Hän­ den vor sich haltend; Mitte rechts: Der nach rechts kriechende Scorpius (Skorpion) in Aufsicht. fol. 118r: Oben links: Der als flügellose Ganzfigur dargestellte Pegasus als auf flachem Grund nach links in Seitenansicht stehendes Pferd; Unten links: Der mit zurück­ gewandtem Kopf nach rechts springende Aries (Widder) auf einem Bodenstreifen, mit leicht gestreiftem Fell und betonter Bauchunterseite; Oben rechts: Das auf der Spitze ste­ hende Triangulum (Dreieck), im Inneren farbig gefüllt; Unten rechts: Die übereinander wiedergegebenen, in die gleiche Richtung schwimmenden sowie von Maul zu Maul durch ein m­förmiges Band miteinander verbundenen Pisces (Fische). fol. 118v: Oben links: Der im Knielauf nach rechts gewandte, bis auf eine Chlamys mit Fibel vollständig nackte, jugend­ liche Perseus als Frontalfigur auf einem Bodenstück, im rechten Arm eine federartig ge­ zackte Keule haltend, auf der erhobenen Linken das Medusenhaupt präsentierend; Unten links: Die aus einem streifenförmigen Unterkörper und einem u­förmigen Rahmen zu­ sammengesetzte, dreisaitige Lyra (Leier); Oben rechts: Der mit ausgebreiteten Flügeln nach links gewandte Cygnus (Schwan) in Seitenansicht, innerhalb eines quadratischem

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Bildfeldes vor farbigem Hintergrund stehend; Unten rechts: Der leicht gebückt frontal stehende, etwas nach rechts orientierte, jugendliche Aquarius (Wassermann) auf einem angedeuteten Bodenstück, mit einem knielangen Ärmelgewand und einem nach links flatterndem Pallium bekleidet, mit beiden Händen ein Gefäß neben sich ausgießend, aus dem ein breiter Wasserstrom austritt. fol. 119r: Oben links: Der in Seitenansicht nach rechts gezeigte, mit den dünnen Vorderbeinen auf einem Bodenstreifen liegende Capricornus (Steinbock) als Mischwesen aus Ziegenbock und gewundenem Fischschwanz; Unten links: Der auf angedeutetem Boden nach rechts springende, jugendliche Sagittarius (Schütze) als bogenschießender Kentaur; Oben rechts: Aquila (Adler) in Seitenansicht, mit zurückgewandtem Kopf und ausgebreiteten Flügeln nach links auf angedeutetem Grund stehend; Unten rechts: Der mit langen Kopfflossen dargestellte Delphinus (Delfin), leicht nach rechts oben schwimmend. fol. 119v: Oben links: Der mit ausgebreiteten Armen und gespreizten Beinen frontal auf einem Bodenstück stehende, jugendliche Orion, in eine die seitwärts ausgestreckte Linke verhüllende, gegürtete Tunika gekleidet, in der seitwärts weggestreckten Rechten ein Pedum haltend; Unten links: Canis maior (Großer Hund), mit geöffnetem Maul, hängender Zunge und leicht übereinandergestellten Pfoten auf ei­ nem Bodenstreifen nach rechts springend; Oben rechts: Lepus (Hase), über einem Boden­ stück von links nach rechts springend; Unten rechts: Argo Navis (Schiff), Ansicht des ge­ bogenen Vorderteils mit kugelförmigem Abschluss und fünf Rudern, nach links gitterartig in drei Sporne auslaufend. fol. 120r: Oben rechts: Der den Kopf zurückwendende Cetus (Seeungeheuer) als mit den dünnen Vorderbeinen auf einem Bodenstück liegendes Mischwesen mit Hundekörper und gewundenem Fischschwanz; Unten links: Der lang­ haarige Eridanus als klassischer Flussgott, mit nacktem Oberkörper nach links lagernd, in der Rechten einen kugelförmigen Gegenstand haltend, die geöffnete Linke ausgestreckt, beide Beine von einem Tuch bedeckt, den rechten Arm auf ein kugelförmiges Gefäß ge­ stützt, aus dem ein breiter Wasserstrom heraustritt, darüber ein Fluss als blauer Streifen; Oben rechts: Piscis magnus (Südlicher Fisch), nach rechts schwimmend; Mitte rechts: Der sich über einem Bodenstück erhebende, zweistufige, kubusförmige Ara (Altar) mit bren­ nendem Feuer auf der Deckplatte; Unten rechts: Der über den Boden nach links laufende Centaurus in Dreiviertelansicht mit in die Front eingedrehtem Oberkörper, in der vor­ gestreckten Rechten einen erbeuteten Hasen an den Hinterläufen haltend, in der seitwärts weggestreckten Linken ein flatterndes Löwenfell sowie einen oben kugelförmig abschlie­ ßenden Stab mit Bändern haltend. fol. 120v: Oben links: Die in Seitenansicht gezeigte, in mehreren Windungen über einem schmalen Bodenstreifen nach rechts kriechende Hydra (Wasserschlange) mit schnabelartigem Maul und herausgestreckter Zunge; Unten links: Corvus (Rabe) in Seitenansicht, nach links auf angedeutetem Boden stehend; Oben rechts: Crater (Mischkrug) mit Henkeln; Unten rechts; Anticanis (Vorhund), mit geöffnetem Maul und herausgestreckter Zunge über angedeutetem Boden nach rechts springend.

Provenienz Die Handschrift befand sich wohl schon im 10. Jahrhundert im Salzburger Domstift und wurde im 15. Jahrhundert in dem von Johannes Holveld angelegten Katalog der Salzburger Dombibliothek von 1433–1435 als Nr. 224 verzeichnet. In Desings Katalog von 1740 ist der Codex als Nr. 3 aufgeführt. Im Jahre 1806 gelangte die Handschrift in die Wiener Hof­ bibliothek.

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Literatur Kollar 1761, S. 602; Rück 1888, S. 10ff.; Thiele 1898, S. 157ff.; Chroust 1902, Taf. V–VI; Swarzenski 1908, S. 13ff.; Hermann 1923, I, S. 145–152, Fig. 101–104; Saxl 1927, II, S. 8–13, 79–81, Taf. 1; Goldschmidt 1928, S. 34, Taf. 13; Jones ed. 1939, S. 139; Neuss 1941, S. 113–142; Weitzmann 1947, S. 72; Byvanck 1949, S. 225, Nr. 82; Beer 1952; Bischoff 1960, I, S. 96ff.; Forstner 1962, S. 54; Nordenfalk 1965, S. 279; Vieillard­Troiekouroff 1966, S. 79 f, S. 81; King 1969, S. 3–27; Unterkircher 1969; Uiblein 1971, S. 84–96; Dell’Era ed. 1974; Irblich 1975, S. 210ff., Nr. 188; Mazal 1977, S. 44–64; Bischoff 1980, II, S. 96ff., Nr. 26; McGurk 1981, S. 321; Flint 1982, S. 7ff.; Munk Olsen 1982, I, S. 272ff., B 82 und S. 260, B 43; Bischoff 1983, 3, S. 213–233; Eastwood 1987, S. 141–172; Eastwood 1989, S. 85; Kat. Wien 1993, S. 14–15, 110, Nr. 38, Abb. fol. 90v; Borst 1993, S. 53–78; Eastwood 1993, S. 163–166; Euw 1993, S. 258ff.; Mazal 1993, S. 76ff., 104ff., 121ff., Abb. fol. 90v, 119r, 123r; Borst 1994, S. 170–175; Borst 1995, S. 172; Borst 1998, S. 551ff.; Fillitz 1998, I, S. 208–211, Nr. 9 (F. Simader); Blume 2009, S. 527, 540. Siehe S. 68–70, Taf. 71–74, Abb. 911–920

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Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12600 Komputistisch­astronomische Sammelhandschrift aus vier Teilen Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis in Teil II Teil I: Prüfening, 1152 Teil II: Prüfening?, um 1200 Teil III: Prüfening, 12. Jahrhundert Teil IV: Prüfening, Mitte 12. Jahrhundert Kodikologische Angaben 300 × 210 mm, 137 Folia, Pergament, einspaltig bis auf den dreispaltigen Sternkatalog fol. 23r–26r, späte Karolingische Minuskel.

Art der Bilder In Teil I: fol. 20v: zwei Zeichnungen für Astrolabscheiben; fol. 21r: Zeichnung eines »rete« für ein Astrolab und Tabelle; In Teil II: fol. 22v–23r: Zahlenangaben mit Handzeichen entweder als einzelne Hände oder als Halbfiguren in Medaillons. Federzeichnungen bis auf die in Deckfarben ausge­ führte Standfigur der Million. fol. 23r–26r: 42 Sternbilderdarstellungen als ungerahmte Deckfarbenbilder zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis; die Sterne sind eingezeichnet, die Bilder folgen den Texten. Schemata: fol. 27r: Planetenbahnen in roter Tinte mit dem Zirkel gezogen. Darin mit brauner Tinte (wie Schrift) eingezeichnet die Köpfe der Planetengottheiten; fol. 27v: Kreisschema mit den Tonintervallen; fol. 28v: Schema mit den Namen der Tierkreiszeichen in zwölf Segmenten; fol. 29r: Mensch als Mikrokosmos zwischen Winden; fol. 30r: Federzeichnung mit den Personifikationen der vier Elemente auf Tieren reitend. In Teil III: fol. 40r: unvollendetes Kreisschema mit Kreuz in der Mitte; In Teil IV: fol. 45: zwei geometrische Randzeichnungen („Horologium«); fol. 49v: Schema der Mondfinsternis. Mehrere Isidorianische Schemata: fol. 51r: Astronomisches Kreisdia­ gramm unterteilt in sieben Planetenbahnen und 12 Segmente der Tierkreiszeichen; fol. 75r: links die fünf Zonen der Erde vom Tierkreis umfangen, rechts fünf Kreise um einen Kreis in der Mitte; fol. 76v: links Annus mit den vier Jahreszeiten und Himmelrichtungen, rechts Mikrokosmos mit »mundus – annus – homo« zwischen tetradrischen Begriffen.

Inhalt Teil I fol. 1r–6v:

fol. 7r: fol. 7v–14r:

Annales Ratisponenses, Chronik von Christi Geburt bis zum Jahr 1167 (ed. Wattenbach MGH. SS. XVII, S. 577–590). fol. 6v ab 1152 als Nachträge wohl von anderer Hand eingetragen bis 1167 Astronomische Tabelle mit einem angefangenen perspektivischen Mäander Cycli decemnovennales mit am Rand nachgetragenen Annales Pruveningenses (ed. Wattenbach MGH. SS. XVII, S. 606–609). Die annalistischen Randglossen gehen bis in die 1220er Jahre.

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fol. 14v–16v: fol. 16v–17v: fol. 18r–v: fol. 19r–21r: fol. 21v: Teil II fol. 22r–23r: fol. 23r–26r: fol. 26v: fol. 27r: fol. 27v–28r: fol. 28v–29v: fol. 30v: fol. 31r: fol. 31v: fol. 31v: Teil III fol. 32r–37v: fol. 38r–40r: fol. 41v: Teil IV fol. 42r–135v:

De anno et partibus eius. Annus solaris habet IIII. tempora … De praesagiis tempestatum De Geometria Hermann der Lahme, De mensura astrolabii (De tribus circulis Astrolabii inveniendis) leer Auszug aus Ps­Beda, De computo vel loquela digitorum De ordine ac positione stellarum in signis De positione et cursu septem planetarum De intervallis earum De absidibus earum De cursu earum per cotidianum circulum Tabelle des Cyclus decemnovennalis De magnitudine terreni orbis per umbram meridiani solis deprehensa Worterklärung zu Efemeris und Compotus Komputistische Tabelle Kalendar mit Prüfeninger Nekrolog Komputistische Tabelle (fol. 40r leer) leer

Beda, De temporum ratione. Zahlreiche frühe Randglossen, z. T. Erläute­ rungen von aus dem Griechischen abgeleiteten Begriffen. Etliche erläu­ ternde Zeichnungen in margine, z. B. fol. 45r, hier wird zu einer Stelle auch angemerkt hec astrolabi ratione probanda sunt. fol. 136r–137r: Excerptum de astrologia Arati (ed. Maaß S. 309–312) fol. 137r: Epitome phenomenon Prisciani Grammatici versibus XII fol. 137r–v: De catasterismis fol. 137v: Quibus diebus et noctibus si vir generatur corpus integrum recipit

Kommentar Der Wiener Codex 12600 (olim: Suppl. 372) ist eine Sammelhandschrift mit komputistisch­ astronomischer Ausrichtung. Abgesehen von einigen über die Handschrift verstreuten Dia­ grammen und Tabellen enthält er eine Reihe aufwendiger gestalteter Bilder, die in einer Lage konzentriert sind. Am Beginn dieses bebilderten Abschnitts stehen die Illustrationen zum soge­ nannten Fingercalculus, an die sich die 42 Sternbilderdarstellungen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis anschließen. Sie sind ohne Rahmen in unregelmäßigen Abständen in den in diesem Bereich (fol. 22r–26r) dreispaltig geschriebenen Text eingefügt. Nach weiteren Textseiten folgt eine Darstellung des Menschen als Mikrokosmos zwischen den Elementen und den zwölf Winden. Während die Zusammenstellung des Fingercalculus mit einem Sternbilder­ zyklus auch in Madrid 19 und München Clm 10270 anzutreffen ist, tritt die figürliche Dar­ stellung des Mikrokosmos in komputistischen Handschriften ansonsten nicht auf. Wir haben es hier mit einer neuen, wohl zu Beginn des 12. Jahrhunderts entstandenen Bildformel zu tun, die zum ersten Mal im Zusammenhang mit Auszügen aus dem Elucidarius des Honorius Au­ gustodunensis zu fassen ist, der um 1100 verfasst wurde. (München Clm 13002, c. 1168) (Blume

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2005) Die Erweiterung durch die Windpersonifikationen ist allerdings eine Besonderheit des Wiener Codex. Ebenfalls ungewöhnlich ist die Darstellung der vier Elemente als auf Tieren sitzenden Personifikationen, welche die abstrakten Bildzeichen des unmittelbar vorangehenden Mikrokosmos­Schemas gewissermaßen allegorisch ausformulieren und die vermutlich ein we­ nig später hinzugefügt wurden. Die Figuren des Fingercalculus sind überwiegend als einfache Federzeichnungen mit violet­ ter Tinte angelegt. Die niedrigen, heute fast sämtlich getilgten Zahlen wurden jeweils durch Hände zwischen den drei Spalten und rechts am Rand vorgeführt; die höheren Zahlen durch Halbfiguren in Medaillons. Nur die abschließende Figur der Million ist als Standfigur ausgebil­ det und in Deckfarben gemalt, wie auch die noch auf derselben Seite einsetzenden Sternbilder­ darstellungen. Die vier Elemente sind dagegen wieder gezeichnet. Elisabeth Klemm hat erkannt, dass sich die Handschrift aus vier, nicht unbedingt gleichzei­ tigen Teilen zusammensetzt. Sie unterscheidet einen vorderen Teil mit den Prüfeninger Anna­ len und mit komputistischen Texten und Tabellen (fol. 1–21), die Lage mit den Bildern (fol. 22– 31), die anschließende um ein Blatt ergänzte Lage, mit einem astronomischen Kalender mit Nekrologeinträgen, sowie den ältesten Teil ab fol. 42, in dem sich vor allem Beda­Texte finden. Dieser Teil lässt sich als das ursprüngliche Corpus identifizieren, da er eine eigene, bei eins be­ ginnende Lagenzählung besitzt. Die in ihm enthaltenen Initialen konnte Klemm mit Regens­ burg­Prüfeninger Zierbuchstaben aus der Mitte des 12. Jahrhunderts vergleichen. Die drei an­ deren Teile müssen dem Corpus nachträglich hinzugebunden worden sein. Während sich auch der vorderste Teil mit einiger Sicherheit in den Zeitraum um die Mitte des 12. Jahrhunderts datieren lässt, da nach der Beobachtung von Klemm auf fol. 6v die Hand, die die Annalen nach einem ersten Wechsel zum Jahr 1130 kontinuierlich schrieb, nach dem Jahr 1152 durch verschie­ dene Hände abgelöst wird, besitzen wir für die beiden mittleren Teile der Handschrift bisher keine sicheren Datierungen. Aufgrund der durch die Texte und den Buchschmuck gesicherten Prüfeninger Herkunft der Teile I, III und IV, wird allgemein (Borchers 1975; Regensburger Buchmalerei 1987) angenommen, dass auch der bebilderte zweite Teil in dem Regensburger Kloster entstanden sei. Einige Nachträge sichern den Verbleib der Sammelhandschrift in Prüfe­ ning bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts. Beim Sternkatalog De ordine ac positione ist zu erkennen, dass der Schreiber vor dem Maler gearbeitet hat, ein Vorgehen, das bei Sternbilderzyklen ab dem 10. Jahrhundert eher die Aus­ nahme darstellt als die Regel. Der Schreiber hat dabei nur ungenügend Platz gelassen, was dem Maler und dem zuletzt wirkenden Rubrikator offensichtliche Schwierigkeiten bereitet hat. An einigen Stellen, so fol. 24r bei der Figur des Bootes, bindet der Maler Schriftzeilen als Orna­ mentbänder mit in die Miniaturen ein. Häufiger jedoch zerteilt er Figuren oder schneidet sie ab, um ihren Größenmaßstab nicht verkleinern zu müssen. Der Rubrikator hingegen, der auch die Sterne in die Miniaturen eingezeichnet hat, unterstreicht auf fol. 22r die seltsamerweise schräg abfallende unterste Schriftzeile mit einer roten Linie. Näher hätte es gelegen, die Zeile zu tilgen und neu zu schreiben. Auf dieser Seite entsteht auch der Eindruck, dass Maler und Schreiber keine gemeinsame Vorlage verwendeten. Bis auf eine wurden nämlich hier alle Figuren des Fingercalculus wieder ausradiert, da sie, wie Borchers gezeigt hat, gegenüber dem Text fehler­ haft waren. Bezüglich der ikonographischen Quellen des Sternbilderzyklus konnte Borchers zeigen, dass nur ein Teil der Bilder auf die Illustrationen zum Sternkatalog De ordine ac positione stellarum

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in signis zurückgeht, ein anderer jedoch Verwandtschaft zeigt mit der Hyginus­Illustration des Cod. Guelf. 18.16. Aug. 4° der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Was den Sternkata­ log betrifft, so hat Borchers vermutlich Recht, dass hier ein karolingisches Vorbild direkt aufge­ griffen wurde. Die Ähnlichkeit der meisten Bilder mit denen in Handschriften wie Madrid 3307 legt diesen Zusammenhang nahe. Im 12. Jahrhundert ist der illustrierte Katalog De ordine ac positione außerdem sonst nur noch in den beiden Handschriften des Liber floridus in Gent und in Wolfenbüttel fassbar, und dort in von Wien abweichenden Redaktionen. Schwieriger ist die Quellenfrage für die Miniaturen, die sich mit der Hyginus­Handschrift in Wolfenbüttel ver­ gleichen lassen. Dies betrifft die Figuren des Hercules, des Schlangenträgers, der sich umarmen­ den Zwillinge in Tunika und Mantelpallium, der ungefesselten Andromeda, die ihren einen Arm an den Körper anschmiegt, des Fuhrmanns, der mit demselben Arm die Peitsche schwingt, mit dem er die Böcklein trägt, des im Profil gezeigten Perseus mit der Sichel und dem Medu­ senhaupt, aus dem Blut trieft, und schließlich des Kentaurs, der mit einem Dreizack ausgestattet ist. Auffällig ist, dass bereits der Wolfenbütteler Hyginus­Codex die beiden Bildtraditionen zu Hyginus und zum Sternkatalog De ordine ac positione vermengt. Da vom Wolfenbüttler Hygin im 13. Jh. eine Kopie für das Kloster Kastl bei Regensburg angefertigt wurde (London Arundel 339), dürfte dies im Regensburger Raum geschehen sein. So scheinen in Regensburg zwei Vor­ lagen greif bar gewesen zu sein, die zu verschiedenen neuen Redaktionen bzw. Kombinationen anregten. Der Maler nimmt auf den wissenschaftlichen Wert der Illustrationen keine Rücksicht, wenn er Füße, auf denen Sterne eingezeichnet werden müßten, einfach nicht ausführt. Weitere Be­ sonderheiten wie die blaue Hautfarbe von Aquarius und Centaurus, der zudem mit Teufelshör­ nern ausgestattet ist, sowie die Veränderung von Cassiopeia in einen Mann sind ebenfalls freizü­ gige Umgestaltungen. Gegenüber den Sternbilderdarstellungen scheint die Federzeichnung der Elemente auf fol. 30r fortschrittlicher. Es fragt sich jedoch, ob diese Darstellung von derselben Hand wie die Sternbilder stammt, zumal der Zeichner eine andere Tinte (eher braun mit violettem Einschlag) als bei den Fingerzahlen verwendete. Während die Gesichter an die Hand des Deckfarbenma­ lers erinnern, ebenso der Haarschopf von Aqua und die V­förmige Falte auf dem Oberschenkel von Terra und die Ösenfalten an selber Stelle, steht die plastische Gewandauffassung im denkbar größten Gegensatz zu den Miniaturen. E. Klemm hat die Federzeichnungen im Regensburger Katalog von 1987 in das erste Viertel des 13. Jahrhunderts gesetzt. Die Art, wie sich die Gewänder der Figuren vom Körper gelöst haben und sich – etwa über der Schulter der Personifikation der Aer – übereinanderschieben, wobei die Faltenzüge spitz aufeinandertreffen, weist auf den faltenbrüchigen Stil voraus. Eine Datierung der Sternbilderdarstellungen in die Zeit um 1200 scheint angemessen.

Verzeichnis der Bilder fol. 23r: Ursa maior (Großer Bär) nach links; fol. 23v: Ursa minor (Kleiner Bär) nach rechts; Draco (Drache) mit Kopfflügeln, sich nach oben windend; Hercules abgekniet nach links, mit Keule in seiner Rechten, rotem Fell über seinem linken Arm; Corona borealis (Nördliche Krone) als Blätterkranz; nackter Serpentarius (Schlangenträger) von von vorn, die Schlange einmal um den Leib gewunden; Scorpius (Skorpion) mit sechs

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Beinen und Scheren nach rechts. fol. 24r: Bootes (Bärenhüter) in eigentümlicher Tunica exomis nach rechts wandernd, mit abgesenktem Pedum in seiner Rechten und erhobener Linken; Virgo (Jungfrau) als Engel, in seiner Linken eine waagrecht ausgestreckte Ähre haltend, in seiner Rechten die Waage; Gemini (Zwillinge) mit Tunika und Pallium, fron­ tal nebeneinderstehend, der linke faßt dem rechten ans Kinn; hummerartiger Cancer (Krebs) nach rechts; Leo (Löwe) nach rechts springend. fol. 24v: Auriga (Fuhrmann), im Zweigespann mit Peitsche nach rechts fahrend, zwei Böckchen auf linkem Arm, mit dem er auch die Peitsche vor sich hält, der rechte Arm nach hinten ausgestreckt, wo hinter dem Wagen die Ziege folgt; Taurus (Stier) nach links liegend, Cepheus frontal als Dreiviertel­ figur, trägt Tunika und Pallium, hält keine Attribute; Cassiopeia als Mann in Pallium und Tunika thronend; bekleidete Andromeda schwebt in Rückenansicht von der Seite her ein, weder gefesselt noch mit Geschenken versehen; Pegasus als geflügelte Pferdehälfte mit Ringelschwanz nach rechts. fol. 25r: Aries (Widder) nach links; Triangulum (Dreieck) ; Pisces (Fische) in schwungvoller Gegenläufigkeit; Perseus von hinten als Halbkörperbüs­ te, mit langen Haaren, Sichel in der Rechten und menschenähnlichem Medusenhaupt, aus dessen Hals noch Blut tropft; Lyra (Leier) auf dem Kopf stehend; Cygnus (Schwan) als nach oben davonfliegender Vogel; Aquarius (Wassermann) als gnomenhafte Gestalt mit blauem Inkarnat, sitzt im Profil, wobei er die Urne mit seiner Rechten vor sich ausleert, während er die Linke nach hinten ausstreckt, trägt nur Paludamentum. fol. 25v: Capricornus (Steinbock), mit zweifach geringeltem Schwanz, nach links; Sagittarius (Schütze), als Satyr in Grün, bogenspannend, nach rechts; Aquila (Adler) auf Sagitta (Pfeil) nach rechts, sich umsehend; Delphinus (Delfin), mit spitz aufsteigendem Hauer, nach rechts; Orion als Halb­ figur, Oberkörper eindeutig in Vorderansicht, die Beine vielleicht von hinten gesehen zu denken, nach links eilend, das Schwert hinter sich in der Linken, die Rechte unter Paluda­ mentum; Canis maior (Großer Hund), nach links springend; Lepus (Hase), nach rechts gewandt; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte mit Deckzelt und schräger Rumpfverzierung; Cetus (Seeungeheuer) nach links. fol. 26r: Eridanus lagert nach links schauend, stützt sich mit seinem linken Arm auf ausfließende Urne, in der Rechten einen Spieß haltend; Piscis magnus (Südlicher Fisch) nach rechts; Ara (Altar) als Blockaltar auf Sockel, mit brennender Flamme; gehörnter, am Oberkörper blauhäutiger Centaurus nach rechts, eine Beute in der Linken haltend, in der Rechten einen Dreizack; Hydra (Wasserschlange) mit pickendem Corvus (Rabe) und Crater (Mischkrug) nach rechts; Corvus (Rabe) nach links; Crater (Mischkrug) ; Anticanis (Vorhund) nach rechts springend.

Provenienz Teil IV, dem Haupttextblock, wurden die anderen Texte erst allmählich vorgefügt. In Teil I Nachträge einschließlich einer Prüfeninger Äbteliste, die fol. 10r bis zu Werner II. (reg. 1271–1279) geht; die späteste Notiz berichtet hier den Tod Adolfs von Nassau (1298). Nachgetragene nekrologische Notizen in Teil III enden mit dem Tod Abt Ulrichs von Prüfening (14. März 1314). Insgesamt wirkt damit ein Verbleib des gesamten Codex in Prüfening bis mindestens ins 14. Jahrhundert wahrscheinlich. Boeckler vermutete, dass die Handschrift zusammen mit den von dem kaiserlichen Rat Kaspar von Nydbruck im Inte­ resse der Reformation am 8. März 1555 und später an die Stadt Regensburg ausgeliehenen Büchern versehentlich mit nach Wien ging. Vielleicht habe allerdings auch v. Nydbruck den Band selbst in Prüfening ausgeliehen. Dem steht die Angabe bei Hermann entgegen, dass die Handschrift erst 1849 von dem Wiener Antiquar Kuppitsch gekauft worden sei.

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Literatur Boeckler 1924, S. 72–76; Hermann 1926, Nr. 46, S. 73ff.; Saxl, Bd. 2, 1927, S. 12–14, 40– 49, 159–163; Byvanck1949, Nr. 91; Saxl 1957, Bd. 1, S. 58–72; Borchers 1975; Trnek 1979, S. 7ff; Munk­Olsen, Bd. III/1, 192, Plin.C.83*; Wirth 1987, Sp. 1225–1310, Sigle z; Re­ gensburger Buchmalerei 1987, Nr. 46 (Elisabeth Klemm); Blume, Körper 2006, S. 234ff. Siehe S. 123–124, Taf. 75–76, Abb. 921–929

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Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2° Lambert von St. Omer, Liber floridus Sternbilderdarstellungen zum integrierten Sternbilderkatalog De ordine ac positione stellarum in signis Flandern oder Hennegau, 3. Viertel des 12. Jahrhunderts Kodikologische Angaben 425 × 298 mm, 104 Folia, Pergament, wechselnde Seitengestaltung mit bis zu 48 Zeilen Text, überwiegend zweispaltig, im Sternbilderabschnitt 2–4spaltig, sehr sorgfältig geschriebene, späte Karolingische Minuskel, etwa 90 Folia am Ende des Codex sind verloren

Art der Bilder Die reiche Bildausstattung kann hier nicht im einzelnen aufgeführt werden. Die Darstel­ lungen wurden in der Regel sehr genau aus dem Genter Autographen übertragen. Auf fol. 62ra–63vc 40 Sternbilderdarstellungen zum Sternenkatalog De ordine ac positione stellarum in signis. Das Seitenlayout variiert, zeigt jedoch eine Tendenz zur Anordnung der Text­ blöcke und Bilder in drei bzw. vier Spalten. In die kleinformatigen, farbigen Darstellungen sind die Einzelsterne (wohl vom Maler) eingetragen.

Inhalt fol. 1r–104v:

Lambert von St. Omer, Liber floridus. Enzyklopädische Kompilation (vgl. zu Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, ms. 92), darin fol. 62r–63v: De ordine ac positione stellarum in signis

Kommentar Die Handschrift bietet die älteste Kopie nach dem Genter Codex 92 und ist vielleicht der Pro­ totyp der Handschriftenfamilie III. Möglicherweise muss eine weitere, heute verlorene, Hand­ schrift des 12. Jahrhunderts als Zwischenstufe angenommen werden (Smeyers 1999). Diese müßte die Illustrationen des Autographen jedoch sehr präzise wiedergegeben haben, denn der Wolfenbüttler Codex weist hier nur sehr geringe Abweichungen von seinem Vorbild auf. Die in der Genter Handschrift fehlende Apokalypse ist hier erhalten geblieben und kann so eine Vor­ stellung von den verlorenen Teilen des Autographen vermitteln. Vom ursprünglichen Bestand der Wolfenbüttler Handschrift sind jedoch am Ende ebenfalls etwa 90 Blatt verloren gegangen (vgl. Gumbert 1973), die entsprechenden Teile sind durch das alte Inhaltsverzeichnis belegt. Nur den ersten 126 Artikeln dort entsprechen heute noch vorhandene Texte und Bilder. Der heutige Buchblock endet mit dem letzten Blatt der 13. Lage. Der Einband des 17. Jahrhunderts, von dem nur noch der rote Farbschnitt zeugt, ist heute abgenommen und wird getrennt auf bewahrt. Er wurde noch für den vollständigen Codex bemessen, der Verlust dürfte somit vor der Erwer­ bung durch Marquard Gude eingetreten sein. Die Angaben, die früher für eine Lokalisierung

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nach St. Bertin und eine Datierung »vor 1243« genutzt wurden, sind nicht relevant, da auch im Genter Codex vorhanden. Delisle stellte starke inhaltliche Übereinstimmungen mit den Exemplaren des 15. Jahrhun­ derts in Den Haag (Koninglijke Bibl. Cod. 72 A 23 und Cod. 128 C 4), Chantilly (Musée Condé, Ms. 714) und der Sammlung Durazzo in Genua fest (Reihenfolge der Kapitel; »De rege inungendo et coronando«, in Wolfenbüttel nachträglich eingefügt, dort jeweils ursprünglich). Die von Swarzenski (1973) aufgrund stilkritischer Vergleiche vorgeschlagene Lokalisierung nach Marchiennes muss mangels hinreichend sicherer Indizien Hypothese bleiben, über die Entstehung im Nordosten Frankreichs oder im angrenzenden Süden Belgiens besteht jedoch Konsens (vgl. Cahn 1996; Derolez 1998). Mit ihrem eindrucksvollen Format übertrifft die Handschrift auch den Genter Codex deut­ lich. Anlage und Ausführung zeigen die mit Überlegung konzipierte, sorgfältig gestaltete »Reinschrift«, im Gegensatz zum Autographen, der den Entstehungsprozess häufig noch deut­ lich erkennen lässt. Die Seitengestaltung ist daher oft übersichtlicher, auch den Bildern und Schemata steht noch mehr Raum zur Verfügung. Die Enzyklopädie Lamberts tritt hier nicht zuletzt als aufwendiges und überaus repräsentatives Werk auf. Im illustrierten Sternkatalog De ordine ac positione sind einige kleinere Änderungen gegen­ über Gent 92 zu verzeichnen. So sind zunächst die Verbindungs­ bzw. Trennlinien, die die Zuordnung von Textblöcken und Bildern erleichtern, weggefallen. Durch die Umordnung der Sternbilder auf der ersten Seite (fol. 62r, s.u.), Layoutveränderungen und das größere Format hat sich auch die Anordnung der Bilder auf den folgenden Seiten verschoben. So konnte der ge­ samte Zyklus auf nunmehr vier, statt ursprünglich fünfeinhalb Seiten untergebracht werden. Der nachfolgende Text »De cursu solis et lunae per signa XII« wandert auf den Kopf der nächs­ ten Seite, auch dies kommt der Übersichtlichkeit zugute. Es fällt dabei besonders auf, dass die Anordnung der Sternbilder auf fol. 62r weder der im Genter Codex entspricht, noch der Abfol­ ge der Sternbilder in De ordine ac positione. Die Anordnung hier ergibt sich vielmehr aus dem Text der Beischriften (Transkription bei Derolez 1968, S. 63–67). Diese treten ergänzend zum Text von De ordine ac positione und wurden dem »Excerptum de astrologia Arati« entnommen. Sie stellen weitere Informationen über die Lage der Sternbilder zueinander bereit. Im Gudeanus wurden diese Beischriften zunächst, d.h. in der ersten Spalte der Sternbilderfolge, an die jewei­ ligen Textblöcke angehängt und sind nicht mehr vom Haupttext abgesetzt. Im weiteren dage­ gen findet man die Textstücke wieder in hellerer, brauner, Tinte und kleinerer Schrift zu den Darstellungen gesetzt. Dies entspricht dann wieder genau dem Genter Codex. Zunächst scheint jedoch der Plan verfolgt worden zu sein, die Anordnung der Sternbilder auf der Seite nach den Angaben der Beischriften zu arrangieren. Dass der Schlangenträger unter Hercules zu finden sei (»sub Hercule positus est«) und auf dem Skorpion stehe (»Scorpionem calcat Serpentarius«) wird dort ebenso unzweideutig festgehalten wie die Lage der Jungfrau un­ terhalb von Bootes (»Virgo sub pedibus Boetis …«). Allerdings konnte es so nicht gelingen, auch noch die Lage von Corona borealis zu Hercules und von Bootes zu Ursa maior entsprechend umzusetzen. So blieb auf den folgenden Seiten die durch den Grundtext vorgegebene Abfolge im wesentlichen erhalten. Lediglich die auf der letzten (halben) Seite des Genter Codex ver­ sammelten Darstellungen wurden umgeordnet, so dass der Wolfenbüttler Zyklus mit Centaurus endet – Corvus, Crater und Anticanis gehen ihm nun voraus. Vermutlich war auch hier die Angabe aus dem »Excerptum« der Auslöser dafür, den Centaurus direkt unter Ara zu plazieren.

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Die Unterbringung des ganzen Zyklus auf nur vier Seiten wurde jedoch nur dadurch möglich, dass auf fol. 63r jeweils vier Bilder nebeneinander gesetzt wurden. Während die Seite hier we­ sentlich breiter ist als im Autographen, blieb die Größe der Einzelbilder praktisch unverändert. Schließlich wurde auch der Versuch, das Seitenlayout nicht nur vertikal in »Register«, sondern auch horizontal konsequent in durchgehende Spalten zu ordnen, nach den ersten zwei Seiten aufgegeben. Die beiden restlichen Seiten wirken weniger klar gegliedert, die Darstellungen wurden dichter »gepackt«. Das Beispiel der Sternbilder lässt somit gut erkennen, wie der Genter Codex (oder ein Zwischenglied?) keineswegs nur kopiert wurde, sondern an vielen Stellen auch sehr überlegt umgestaltet, das Layout »zurechtgerückt«. Das Ziel scheint eine noch kompaktere Darbietung der Information bei verbesserter Übersichtlichkeit gewesen zu sein. Zwei Figuren des Sternbilderzyklus – Hercules und Schlangenträger – zeigen weitere Ab­ weichungen vom Vorbild, die hier wohl dem Maler zuzuschreiben sind. Die Rückenfiguren des Genter Exemplars dürften ihm zumindest unvertraut erschienen sein, so dass er sich bemühte jeweils die Rückansicht zur Vorderansicht umzudeuten. In beiden Fällen geschah dies mit Hilfe der Binnenzeichnung des Oberkörpers mehr schlecht als recht, denn die restliche Körperhal­ tung blieb unverändert. Ob die Veränderung erst beim Auftrag der Farben vorgenommen wur­ de, ist daher nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Die abschließende Konturzeichnung in sattschwarzer Farbe ist sehr exakt angelegt, eine abweichende Unterzeichnung ist nirgends er­ kennbar. Der Rücken der beiden genannten Figuren zeigt nun Brustwarzen und die Andeutung der Rippen. Auch die bekleidete Figur des Bootes und der nur mit Paludamentum ausgestattete Perseus zeigen Unstimmigkeiten, die von einer ähnlichen Umformung zeugen. Die entsprechen­ den Darstellungen in Gent, Ms. 92 (fol. 89r) zeigen Hercules und Schlangenträger jedenfalls eindeutig als Rückenfiguren. Die merkwürdige Haltung des Orion, der die leere Schwert­ scheide in seiner Rechten hinter sich hält (statt vor sich wie in Gent) weist auf Probleme bei der Umsetzung einer reinen Umrissskizze. Ob die Entstellung bei der Ausführung der Unterzeich­ nung oder bei der – vielleicht durch Zeichnungen vermittelten – Übertragung aus dem Vorla­ ge­Codex eintrat, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Im Rahmen der Überlieferung der Sternbilderdarstellungen ist der Codex vor allem als Vermittler des Zyklus zu De ordine ac positione stellarum in signis in der Redaktion des Liber floridus von Bedeutung, auch gerade hinsichtlich der von hier ausgehenden späten Handschriften.

Verzeichnis der Bilder fol. 62ra: Draco, Ursa maior, Ursa minor (Drache, Großer Bär, Kleiner Bär), Schlange und

Großer Bär (stehend) blicken nach rechts, der kleine Bär nach links, Polarstern hervorgeho­ ben, unterhalb der Schwanzspitze der Schlange; Hercules, nackt und bärtig, nach links ge­ wandt, die knieende Haltung gleicht einem tiefen Ausfallschritt (»Knielauf«), in der Linken das Löwenfell (grün, Beischrift: »pellis leonis«), in der Rechten die Keule, obgleich als Rückenfigur gestaltet, deutet die Binnenzeichnung mit Brustwarzen den Oberkörper als Vorderansicht (s. o., vgl. Schlangenträger und Bootes); Serpentarius (Schlangenträger), nackt, nach links schreitend, in »umgedeuteter« Rückansicht (wie Hercules und Bootes), die Schlange zweimal um den Leib gewunden; Scorpius (Skorpion), nach rechts mit hoch­ gebogenem Echsenschwanz und Zangen. fol. 62rc: Corona borealis (Nördliche Krone), Ring von acht Sternen, mit gezacktem Reif, der Text steht überwiegend im Inneren; Bootes (Bärenhüter), bekleidet, trotz klarer Rechtsorientierung der Beine den Kopf nach

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links wendend, über der waagrecht ausgestreckten rechten Hand vier Sterne, die Linke mit Keule zum Schlag erhoben, umgedeutete Rückenfigur (wie Hercules und Schlangenträ­ ger); Virgo (Jungfrau), geflügelt, in Vorderansicht, in der Rechten eine riesige Ähre in der Linken eine Waage, aufwendige Kleidung und Maphorion. fol. 62va: Gemini (Zwillinge), zwei bis auf das Paludamentum unbekleidete Jünglinge, ohne Berührung en face neben­ einander, die jeweils abgewandte Hand hält einen Speer, der Rechte hält in seiner rechten Hand eine Art große Ähre, zwischen den Füßen ein hervorgehobener Stern (Beischrift: »propus«; vgl. Gent, Ms. 92, fol. 89r); Auriga (Fuhrmann), im zweirädrigen Ochsenkar­ ren, die Ochsen nach rechts springend, der Oberkörper des Fuhrmanns erscheint wie abge­ schnitten über der Deichsel, die Rechte schwingt eine Geißel mit drei Riemen (Darstel­ lung von Mißverständnissen entstellt); Cassiopeia, auf einer Bank sitzend, in weitem Gewand und Maphorion, die Arme seitlich ausgebreitet. fol. 62vb: Cancer (Krebs), käfer­ artiges Tier, senkrecht stehend, die Zangen zu großen Hörnern umgeformt; Taurus (Stier), ganzes Tier, nach links gewandt, die Beine unterschiedlich angewinkelt, so dass er auf der Seite zu liegen scheint; Andromeda, frontal stehend mit ausgebreiteten Armen (sehr ähn­ lich gestaltet wie die in der Spalte daneben dargestellte Cassiopeia). fol. 62vc: Leo (Löwe), nach links schreitend, die linke Pranke erhoben, den Schweif ausgestreckt; Cepheus, fron­ tal stehend, barhäuptig, mit ausgebreiteten Armen und knielangem einfachem Gewand (vgl. Cassiopeia und Andromeda); Pegasus, nach rechts gewandtes Vorderteil, stark ver­ einfacht, die Gestaltung der Schnittstelle nicht als Andeutung von Körperlichkeit ver­ standen. fol. 63ra: Aries (Widder), nach rechts gewandt; Lyra (Leier), stehendes Instru­ ment mit geschwungenen »Hörnern« und zahlreichen Saiten; Aquila (Adler), nach rechts gewandt, den Kopf rückwendend, kein Schwanz, nur die nach beiden Seiten ausgestreck­ ten kleinen Flügel scheinen Federn zu tragen. fol. 63rb: Triangulum (Dreieck), einfach, etwa gleichseitig; Cygnus (Schwan), nach links auffliegender weißer Schwan mit nach hinten gestreckten Schwingen; Sagitta (Pfeil), schräg nach rechts unten weisend, obwohl im Textabsatz zu Aquila erwähnt, erscheint der Pfeil hier in der Darstellung des Schwans („sagitta sub cigno«); Sagittarius (Schütze), nach rechts galoppierender Kentaur mit blo­ ßem Oberkörper und gespanntem Bogen. fol. 63rc: Perseus, nach rechts schreitend, bis auf das nach hinten wehende Paludamentum unbekleidet, mit erhobenem Schwert, die Linke hält das Medusenhaupt (menschlicher Kopf ohne spezifische Merkmale), die ursprünglich wohl vorauszusetzende Rückenansicht des Oberkörpers wahrscheinlich mißverstanden; Aquarius (Wassermann), nackt, nach rechts schreitend, mit der linken Hand Wasser aus einer Vase gießend, die rechte hält ein, an den Schultern jedoch nicht in Erscheinung tre­ tendes, Paludamentum; Delphinus (Delfin), nach links schwimmender Fisch mit doppeltem Horn auf dem Maul und langen Flossen. fol. 63rd: Pisces (Fische), gegenläufig gewandte Fische ohne Verbindung; Capricornus (Steinbock), nach links blickender Ziegenfisch; Orion, en face stehend, in der Rechten die Schwertscheide erhoben (hinter dem Rücken!), das Schwert am Gürtel; fol. 63va: Canis maior (Großer Hund), nach rechts springend; darunter Lepus (Hase), gleichfalls nach rechts; Eridanus als Flussgott liegend auf die Urne gestützt, einen Zweig in der linken Hand, unterhalb der Urne Canopus als Stern; Hydra (Wasserschlange) mit Rabe und Mischkrug; Corvus (Rabe) und Crater (Mischkrug) als Einzelbilder wiederholt; Anticanis (Vorhund) nach rechts springend. fol. 63vb: Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte mit Rudern, einem Steuerruder und einfachem Rahsegel am Mast; Cetus (Seeungeheuer) als Mischwesen mit Hundekopf, großen Ohren, Vorder­ beinen, die in Flossen enden und dreifach eingerolltem Fischschwanz, nach links gewandt; Ara (Altar) kastenförmig mit stilisierter Flamme; Centaurus mit Lanze, wehendem Tier­ fell, ein Beutetier an den Hinterläufen in der vorgestreckten Hand haltend, nach rechts gewandt.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Provenienz Aus der Sammlung Marquard Gudes (1635–1689). 1710 von Gottfried Wilhelm Leibniz für die herzogliche Bibliothek in Wolfenbüttel erworben.

Literatur Delisle 1906, S. 577–791; Boekler 1950, Nr. 277; Saxl 1957, S. 234f., Abb. 166b, 168a; Köhler/Milchsack 1913, Nr. 4305; Lieftinck 1965–66, S. 69–82; Milde 1972, S. 92–105; Gumbert 1973, S. 37–50; Lieftinck 1973, S. 31–36; Swarzenski 1973, S. 28; Euw 1975, S. 102, Nr. A 38; Albert Derolez 1989, S. 108–121; Euw/Schreiner 1991, v.a. Bd. 1, S. 385; · ´ zynska–Stolot Snie 1994, S. 67; Braun­Niehr 1995; Zahlten 1995, S. 26–34; Cahn 1996, · ´ zynska­Stolo Nr. 117; Snie 1997, S. 92; Derolez 1998, S. 186, Abb. 13, 15 und öfter; Smey­ ers 1999, S. 81, 83 dort auch Abb. 39; Kline 2001, S. 158f; Austin 2002. Siehe S. 131, Abb. 930–931

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Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 18. 16. Aug. 4° Hyginus De astronomia Sternbilderdarstellungen zu Hyginus De astronomia Südostdeutschland (Umkreis Regensburg?) oder Österreich?, um 1200 Kodikologische Angaben 220 × 155 mm, 35 Folia, dickes, teils löchriges Pergament, Text einspaltig zu jeweils 31 Zeilen von mehreren Händen in protogotischer Minuskel geschrieben; große, rote Spaltleisteninitialen mit reicher Rankenfüllung vor rot laviertem Hintergrund.

Art der Bilder Neben drei besonders hervorgehobenen Initialen (zum Beginn des Abschnittes über die Planeten (Buch II, 42, 1) eine neunzeilige Initiale, zum Beginn des Abschnittes über den Weg des Mondes durch die 12 Zeichen des Zodiak (Buch IV, 14, 2) eine sechszeilige Ini­ tiale; und eine kleinere Initiale zu Hydra auf fol. 20v) enthält die Handschrift einen voll­ ständigen Zyklus von Sternbilderdarstellungen zum II. Buch von De astronomia des Hygi­ nus. Offenbar vom Rubrikator mit der gleichen roten Tinte gezeichnet, in der auch die Rankeninitialen und die zweizeiligen Initialen der Textabschnitte sowie die (seltenen) Rubriken ausgeführt wurden. Sterne sind nicht eingezeichnet. Zum Teil sind skizzenhafte Unterzeichnungen mit weichem Metallstift wie auf fol. 8r bei Hercules oder auf fol. 10v bei Auriga sichtbar.

Inhalt fol. 1v–35r: fol. 35r–35v:

Hyginus, De astronomia (Viré ed. 1992) Preces (Parallelüberlieferung in Hss. aus den österreichischen Klöstern Kremsmünster und Herzogenburg)

Kommentar Die vorliegende Handschrift beschränkt sich weitgehend auf die Abschrift des vierteiligen Werkes von Hyginus zur Astronomie. Auf dem letzten Blatt folgen noch einige Gebete. Der Haupttext schließt sich einer kleinen Gruppe illustrierter Hyginus­Handschriften an, deren überlieferte Mitglieder (St. Paul im Lavanttal 16/1, Florenz Plut. XXIX. 30, Wien 51 und Lon­ don Arundel 339) im süddeutschen Raum zwischen der ersten Hälfte des 11. und der Mitte des 13. Jahrhunderts entstanden sind. Wie in den übrigen Handschriften dieser Gruppe wird das zweite, mythographisch ausge­ richtete Buch von Sternbilderdarstellungen ohne die Angabe der Einzelsterne begleitet. Die Illus­ trationen wurden in roter Federzeichnung in seitliche Textlücken am Beginn der sie betreffen­ den Passagen eingefügt, dem in dieser Gruppe üblichen Platz. Die ikonographische Zugehörigkeit zu den süddeutschen Hyginushandschiften äußert sich unter anderem in der aufrechten Stellung

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des Drachen mit einem Löwenkopf, in der Pose des Bootes, in der Zusammenfassung der Stern­ bilder Cepheus, Cassiopeia, Andromeda und Perseus und deren Haltungen oder in der ge­ krümmten Wiedergabe des Delfins. Etwas abweichend von der Ikonographie der übrigen Grup­ pe sind die Sternbilder des Fuhrmanns, der auf einem Wagen steht, des Stiers als lagerndem ganzen Tier, des Eridanus als auf eine Urne gestütztem Flussgott und der in drei Spornen en­ denden Argo. Offensichtlich sind hier Elemente der Illustration zu De ordine ac positione stellarum eingefügt worden. In eigener Regie wird der Zeichner die Bekleidung einiger Figuren wie von Andromeda, Perseus oder der Zwillinge und ebenso die Abwandlung des Thyrsosstabes des Centauren in einen Dreizack vorgenommen haben. Eng verwandt sind die Illustrationen in dem etwas jüngeren Codex aus St. Peter in Kastl/Oberpfalz. (London Arundel 339, zu Einzelheiten der Ikonographie siehe dort) Stilistisch zählen die Federzeichnungen der Wolfenbüttler Handschrift zu den qualität­ volleren Illustrationen innerhalb der süddeutschen Gruppe und stammen von einer sicheren Hand. Überhaupt wurde die Handschrift mit großer Sorgfalt hergestellt, wie das ordentliche Schriftbild und vor allem die regelmäßig eingesetzten farbig hinterlegten Textinitialen sowie die auffälligen Rankeninitialen (auf fol. 20v oder fol. 21v) beweisen. Andererseits hat der Schrei­ ber, der höchstwahrscheinlich nach dem Maler arbeitete, die ohnehin schon stark an den Rand gedrängten Zeichnungen öfters nicht respektiert und zum Beispiel den Crater auf der Schlange oben ganz überschrieben. Möglicherweise ist die bisherige Einschätzung der Entstehungszeit des Codex gegen Ende des 12. Jahrhunderts etwas zu früh angesetzt. Dass sich in einigen Zeichnungen die Gewänder der Figuren deutlich von den Körpern gelöst haben und romanische Stilisierungen weitgehend vermissen lassen, weist eher in die Zeit um 1200 oder bereits in die ersten Jahre des 13. Jahrhun­ derts. Die Lokalisierung nach Süddeutschland wird schon durch die Einordnung in die Text­ überlieferung nahegelegt und kann durch einige motivische Beobachtungen der Illustrationen untermauert werden. So erinnern Gesichter und Initialen an Regensburger Arbeiten vom Ende des 12. Jahrhunderts. Für dieses Entstehungsgebiet spricht auch, dass die in Kastl im frühen 13. Jahrhundert entstandene Handschrift London British Library Arundel 339 einen ikonogra­ phisch weitgehend identischen und stilistisch verwandten Bildzyklus besitzt. Ein direktes Ab­ hängigkeitsverhältnis zwischen beiden Handschriften ist aus textlichen Gründen allerdings aus­ geschlossen (vgl. Viré 1981). Der Bildzyklus jedoch folgt in beiden Handschriften eng einem gemeinsamen Vorbild. Vermutlich ist mit Cod. Guelf 18.16 eine monastische Handschrift aus einer Phase erhalten, in der Hyginus als handliches Grundlagenwerk zur Astronomie abgeschrieben und illustriert wird, das man nicht zur Klärung komputistischer oder astronomischer Fragen heranzieht. Hin­ weise auf einen praktischen Verwendungszweck – etwa Tabellen, Diagramme oder Einzelsterne – fehlen. Auf ein ähnliches Interesse an Hygin lässt die selektive Aufnahme des Werkes ins Heptateuchon des Thierry von Chartres, Chartres Ms. 498, schließen.

Verzeichnis der Bilder fol. 4v: Ursa maior (Großer Bär), nach links; fol. 5r: Ursa minor (Kleiner Bär), nach links (etwas kleiner als Ursa maior, sonst bemerkenswert exakt übereinstimmend). fol. 6r: Draco (Drache), mit Kopfflügeln; Bootes (Bärenhüter), ohne Waffe. fol. 7v: Corona borealis

67 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 18. 16. Aug. 4° (Nördliche Krone), Ring mit schlichtem floralem Dekor (Feder). fol. 8r: Hercules im Knielauf nach links, einen Holzknüppel über dem Kopf schwingend; fol. 8v: Lyra (Leier) in den Umrissen aus Kreis und aufgesetztem Dreieck; fol. 9v: Cygnus (Schwan) von vorn, leicht nach links gedreht; Cepheus, barhäuptig, bärtig und in langem Gewand; Cassiopeia, frontal thronend. fol. 10r: Andromeda, seitlich, mit nur einem erhobenen Arm; Perseus, im Profil eilend, mit Sichel und nach oben gerichteten Medusenhaupt. fol. 10v: Auriga (Fuhrmann), im Zweispänner, zwei Ziegen auf dem Arm. fol. 11v: Serpentarius (Schlangenträger). fol. 12r: Sagitta (Pfeil), nach links. fol. 13r: Aquila (Adler), nach links. fol. 13v: Delphinus (Delfin), durchgebogen, mit Eckzähnen. fol. 14r: Pegasus, geflügelte Pferde­ hälfte. fol. 14v: Triangulum (Dreieck). fol. 15r: Aries (Widder), sich zurückwendend. fol. 15v: Taurus (Stier), nach rechts lagernd. fol. 16v: Gemini (Zwillinge), in langen Män­ teln, sich umarmend; Cancer (Krebs), hummerartig, fein gezeichnet. fol. 17r: Leo (Löwe), nach links. fol. 17v: Virgo (Jungfrau), mit Zweig, ohne Flügel; Scorpius (Skorpion), wie Krebs, aber mit »Eidechsenschwanz«. fol. 18r: Sagittarius (Schütze), als Satyr (der Pfeil ist schon abgeschossen, während der Satyr noch den Bogen spannt); Capricornus (Steinbock), nach links. fol. 18v: Aquarius (Wassermann), nur mit Mantel bekleidet, eine Urne vor sich nach links ausgießend, der Wasserschwall fließt zum Maul des unteren Fisches; Pisces (Fische), gegenläufig; Cetus (Seeungeheuer), mit Flügeln; Eridanus, gehörnter Flussgott, mit Schilfszepter, neben der Urne sitzend. fol. 19r: Lepus (Hase), nach links laufend; Orion,

nach links gewandt, in der Linken ein großes Schwert erhoben, die Rechte im Mantel verhüllt, vollständig bekleidet, Mütze, bartlos. fol. 19v: Canis maior (Großer Hund), nach links, ausgestreckte Zunge. fol. 20r: Anticanis (Vorhund), nach links laufend; Argo Navis (Schiff), Schiffshälfte mit Deckszelt am Mast, zwei Rudern und Rumpfverzierung; Centaurus, mit Dreizack, ein Beutetier vor sich haltend. fol. 20v: Ara (Altar), rund, mit Op­ ferflammen; Hydra (Wasserschlange) nach links, mit Crater (Mischkrug) und pickendem Corvus (Rabe). fol. 21v: Piscis magnus (Großer Fisch) mit Rüssel und Eckhauern.

Provenienz fol. 1r: großenteils getilgter Eintrag unbekannter Zeit »Iste liber [pertinet ad sanctum Geo­ rium (!) in Pepingen] Livpoldi« (Heinemann) – eckige Klammer=gründlich radiert, Rest könnte durchaus aus der Entstehungszeit stammen. fol. 1rv am oberen Seitenrand Rost­ spuren einer Kettenöse, d.h. der Codex befand sich wohl im späteren Mittelalter in einer Kettenbibliothek. Die Datierung des Einbandes lässt an Säkularisationsgut der früheren Reformationszeit denken (vgl. Geschichte der Wolfenbüttler Augustana). Die Gebetstexte (fol. 35rv) sind in Handschriften aus den österreichischen Klöstern Kremsmünster (OSB) und Herzogenburg (Aug. Chorherren) belegt.

Literatur Bunte, Leipzig 1875, S. 13f; Heinemann, Bd. 4 1900, S. 249–250; Byvanck 1949, Nr. 115; Borchers 1975, S. 66–84; Viré 1981, Nr. 87, S. 176–177, S. 242–248; Munk­Olsen, Bd. 1, 1982, S. 535; Le Boeuffle 1983, S. LV; Götter, Heroen, Herrscher in Lykien 1990, S. 148 Abb. 39b; Viré 1992, S. XXII. Siehe S. 121–123, Abb. 932–940

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Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296 Komputistisch­astronomische Sammelhandschrift und Werke Augustins Sternbilderdarstellungen zu einer Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli Zwettl, Ende des 12. Jahrhunderts oder um 1200 Kodikologische Angaben 265 × 187 mm (beschnitten), I + 216 + I Folia (von moderner Hand unten in der Mitte durchlaufend mit Bleistift foliiert, fol. 96a ausgelassen), Pergament, einspaltig zu ca. 39 Zeilen, in frühgotischer Minuskel.

Art der Bilder fol. 85r: drei Kreisschemata: die Erdzonen, die Eigenschaften der Jahreszeiten und der Erd­ umfang. fol. 85v–102r: ungerahmte Sternbilderdarstellungen zu einer Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli, die Position der einzelnen Sterne im Bild ist entweder durch eine punktgerandete Kreuzblüte oder nur durch eine punktgerandete rote Scheibe gekenn­ zeichnet.

Inhalt Teil I fol. 3r–12v: fol. 12v–19v: fol. 19v–20r: fol. 20r–20v: fol. 20v–78r: fol. 78r–v: fol. 78v: fol. 78v–79r: fol. 79r: fol. 79r–v: fol. 79v: fol. 79v–80r: fol. 80r–84r: fol. 84r: fol. 84v: fol. 85r: fol. 85v–97v: fol. 85v: fol. 88r:

Beda, De natura rerum Beda, De temporibus liber Planetengedicht De stella Veneris et Mercurii, Saturni, Iovis et Martis; De absidibus planetarum Beda, De temporum ratione (einschließlich der Marginal­ und Interlinear­ glossen aus Melk 412) De duodecim signis De ortu duodecim signorum De solis et lunae defectus Argumentum ad inveniendum in quo signo versentur Mars, Iupiter, Venus et Mercurius De incremento saltus lunae De concordia solis et lunae De quibus embolismi menses et bissextiles dies adimplentur Commentarioli fragmentum in opus ven. Bedae De temporum ratione Quid est (!) epacta solis et regulares solis Versus de cursu planetarum per duodecim signa (Walther 2200; Schaller 1977, 1725) zwei Kreisschemata mit Erdzonen bzw. Himmelszonen, kleines Schema (nicht in den Vergleichshandschriften) Redaktion des Sternkatalogs De signis coeli (Ed. Dell’Era, Rielaborazione 1979) mit folgenden Einschüben (vgl. den Kommentar) Aratus latinus (AL) (Maass, S. 179, Z. 23–180, Z. 9 oben) Involutio sphaerae (IS) (Maass, S. 165, Z. 116–S. 167, Z. 128)

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fol. 88v:

IS (Maass, S. 165, Z. 102–106); Isidor, Etymologiae (Etym.) III, 71, 25 (PL 82, Sp. 181C); anstelle von De signis coeli cap. XI: IS (Maass, S. 165, Z. 107–110); AL (MAASS, S. 204, Z. 18–S. 205, Z. 8 oben) fol. 89r: AL (Maass, S. 205, Z. 15–S. 206, Z. 11 oben); Etym. III, 71, 27 (PL 82, Sp. 181CD) fol. 90r: IS (Maass, S. 163, Z. 95–S. 165, Z. 101) fol. 93v: AL (Maass, S. 228, Z. 6–S. 230, Z. 2 oben) fol. 97v: anstelle von De signis coeli cap. XLI: AL (Maass, S. 272, Z. 10–S. 275, Z. 10 oben) fol. 98r–101v: Exzerpte aus dem Aratus latinus: fol. 98r–99v: Circulus signalis (Maass, S. 279–286 oben; ausgelassen S. 284v, Z. 2 – 285, Z. 10); fol. 100r–101r: Lunae signa (Maass, S. 287–291 oben); fol. 101v: Solis signa (Maass, S. 291–292 oben) Teil II fol. 103r–215v: Augustinus, Opera fol. 216r: Ausschnitte aus dem Liber generationis

Kommentar Der Zwettler Codex ist eine astronomisch­komputistische Sammelhandschrift mittleren For­ mats, dessen Inhalt sich weitgehend mit dem Inhalt der Handschriften Rom Vat. lat. 643 und Klosterneuburg lat. 685 deckt. Entsprechend karolingischer Tradition überwiegen die einschlä­ gigen Werke Bedas, doch ist auch eine jüngere Bearbeitung des Sternkatalogs De signis coeli mit einer Bilderreihe vertreten, die erst im 10. Jh. greif bar ist. Die Augustinustexte sind dem Corpus zu einem späteren Zeitpunkt hinzugebunden worden, vermutlich jedoch bereits vor 1400. Im einzelnen sind weder die Zwettler noch die Klosterneuburger Handschrift vom Inhalt her vollständig identisch mit der vatikanischen. Im Vaticanus sind Rezepte und auf fol. 80v–82r ein Tierkreis­ und Monatsgedicht überliefert, die die anderen beiden nicht besitzen. Umgekehrt fehlen der vatikanischen Handschrift die begleitenden Schemata, die Zwettl und Klosterneu­ burg enthalten. Zwettl besitzt fol. 102r sogar zwei Diagramme, die sonst in keiner der anderen Handschriften vorkommen. Es fällt auf, dass in der vatikanischen Handschrift auf fol. 97r, wo gegenüber der sonstigen Überlieferung des Aratus latinus ein größerer Abschnitt fehlt, die un­ teren zwei Drittel der Seite frei bleiben und der Text erst auf fol. 97v fortfährt. Während der Schreiber hier also gewusst zu haben scheint, dass sein Text ergänzungsbedürftig war, lassen die beiden anderen österreichischen Handschriften keinerlei Platz für Nachträge, obwohl sie diesel­ be Textlücke besitzen. Ferner lässt sich zeigen, dass die Klosterneuburger Handschrift keine Kopie der Zwettler sein kann, beide hingegen von einer gemeinsamen Vorlage abstammen. So macht der Kloster­ neuburger Schreiber weniger Fehler als der Zwettler. Aussagekräftig ist vor allem die Seite mit dem Schlangenträger. Im Text zum Skorpion lässt dort der Zwettler Kopist die Passage »in fronte vero tres« irrtümlich fort, während sein Klosterneuburger Kollege (und auch der Schrei­ ber von Vat. lat. 643) sie bringen. Zwettl kann hier nicht die Vorlage gewesen sein. Beim Kom­ mentar zum Schlangenträger selbst löst zudem der Zwettler »sup.« widersinnig als »supra« auf. Demnach gehen Zwettl und Klosterneuburg auf ein gemeinsames Modell zurück, das seiner­ seits nicht direkt sondern über eine gemeinsame Vorlage mit dem Vaticanus lat. 643 verbunden ist.

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Wie in den verwandten Handschriften sind die Sternbilderdarstellungen als ungerahmte teilkolorierte Federzeichnungen ausgeführt und bilden den Abschluß des Buches. Dennoch spielen die Bilder mit ihrer vergleichsweise monumentalen Figurengestaltung in diesem Abschnitt entschieden die Hauptrolle. Dagegen sind die Texte hier auf die Funktion als Legenden redu­ ziert. Dem entsprechend wurden sie auch erst nach den Zeichnungen ausgeführt. Großes Inter­ esse gilt den Einzelsternen, die den Konstellationen auffällig eingezeichnet sind. Hier gilt es wie bei Rom Vat. lat. 643 Ansätze, ihre hierarchische Ordnung darzustellen. So erhalten dunkle Sterne beim Wassermann und der Jungfrau einen schwarzen Punkt auf das Orangerot. Weitere Möglichkeiten der Unterscheidung sind aufgemalte schwarze Zwickel, die eine Kreuzform durchscheinen lassen, und die Umpunktung. Dennoch lässt die Angabe der Sterne kein einheit­ liches System erkennen. Anders als in der vatikanischen Handschrift folgen die Sterne beim Krebs nun dem allein kopierten Aratus latinus. Was zur Ikonographie der Handschrift Vat. lat. 643 gesagt worden ist, trifft weitgehend auch auf die Zwettler Handschrift zu. So muss die Vorlage für die Illustrationen letztlich aus dem Umkreis Fleurys gekommen sein. Die Ikongraphie der Sternbilder bestätigt das Verhältnis der drei Handschriften, wie es sich vom Text her herausgestellt hat. So setzt sich die Zwettler Hand­ schrift durch einige Merkmale gemeisam mit der Klosterneuburger Handschrift von der vatika­ nischen ab: Im Hercules­Bild ist der Baum der Hesperiden gerade gewachsen und mit einer zackigen Wurzel versehen wie in Paris lat. 5543 oder Aberystwyth 735 C, während der Baum in Vat. lat. 643 keine Wurzel besitzt und sich beinah achssymmetrisch zum Körper der Schlange windet (wie in Rom Vat. Reg. lat. 123). Ebenso fehlt in den beiden Handschriften in Zwettl und Klosterneuburg beim Schützen und Centaurus der Reif um den Bauch (wiederum entspre­ chend Paris lat. 5543), wie er in Rom Vat. lat. 643 und Rom Vat. Reg. lat. 123 vorkommt. Außerdem haben Zwettl und Klosterneuburg gegenüber dem Vaticanus gemein, dass der Wid­ der ohne Reif dargestellt, der Skorpion weicher geformt ist, der Krebs einem anderen Typ folgt, Bootes eine Tunika mit Paludamentum trägt und die Schlange am Ende zerstückelt ist. Eine Besonderheit ist die Darstellung des Altars als dreitürmige Schloßanlage. Vermutlich ist damit die im Text angebotene alternative Bezeichnung als Pharus illustriert. Zwar besteht die Mög­ lichkeit, dass erst der Zeichner in Zwettl zu dieser Variante griff, doch bereitet eine Darstellung wie im Vat. lat. 643, die als Rundtempel aufzufassen ist, eine solche Ausgestaltung vor. Andere Einzelheiten zeigen, dass wohl keine direkte Abhängigkeit der Zwettler und der Klosterneuburger Reihe besteht. So ist die Figur des Orion in Klosterneuburg in einer nicht ganz geglückten und auch nicht mehr ganz gewollten Rückansicht zu sehen. Der Kopf im Profil und die Hände lassen jedoch keinen Zweifel daran, dass die Vorlage auf jeden Fall eine Rückenfigur war. Für die Zwettler Zeichnung kann zwar dieselbe Vorlage benutzt worden sein, doch stellen sich Oberkörper und Kopf als Vorderansicht dar, nur die Hände bleiben vertauscht. Das gleiche gilt für die Figur des Perseus, bei der in Zwettl die Drehung in die Vorderansicht auch bei den Händen, zumindest bei der nach hinten ausgestreckten Hand durchgeführt ist. Im Klosterneu­ burger Bild ist hingegen nur die Figur gedreht, die ausholende linke Hand ist noch immer die rechte Hand einer Rückenfigur. Dass umgekehrt die Zwettler Bilderreihe von der Klosterneu­ burger kopiert worden wäre, stand in der Forschung nie ernsthaft zur Diskussion. An bestimmten Punkten, etwa bei den Zwillingen, überliefert Zwettl die Tradition eindeutig genauer als Klos­ terneuburg.

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Gegenüber der vatikanischen Handschrift fällt das künstlerische Niveau der Zwettler auf. Zwar ist der Maler keiner Hauptströmung der Zeit verpflichtet, sondern mischt altertümliche Züge aus der Vorlage und neuere Tendenzen, und schafft dabei eindrucksvolle und eigenwillige Bilder. Für die Spannung zwischen konservativem und modernen Stil kann das Bild des Bootes als Beispiel dienen, da in ihm der eckige Rand, die Bauchfalte und die Parzellierung die Tunika in die Fläche zwingt, während der Mantel einen natürlichen Fall gewonnen hat und die Ärmel beginnen, sich vom darunterliegenden Körper zu lösen. Auch zeigt sich hier die moderne Ten­ denz, die Figuren in die Länge zu strecken. Die Ausdrucksmöglichkeiten des Malers verdeut­ licht Cassiopeia, deren Blick aus dem hier erstmals mit Inkarnat versehenen Gesicht fesselt. Dieser Blick erinnert ebenso wie die Faltenzüge an die etwas altertümlichere Zeichnung in der Salzburger Handschrift in München Clm 935, die um 1180–90 datiert wird. Dennoch wird man den sonst nicht nachgewiesenen Maler nicht nahtlos an die Salzburger Kunstproduktion anschließen wollen. Kennzeichnend sind die von vorn gezeigten Gesichter, mit eng bei der Na­ senwurzel beieinander liegenden Augen, abstehenden Ohren und den in feinen Strähnen paral­ lel geführten Haaren. Auffällig ist auch die farbliche Gestaltung mit ihrem matten Grün über schwarzen Konturlinien. Abgerundet wird die Farbigkeit durch das Orangerot der Sterne. Bei einigen der hinteren Bilder ist auch ein rosa Inkarnat verwendet worden.

Verzeichnis der Bilder fol. 85v: Ursa maior (Großer Bär) mit heraushängender Zunge nach links; Ursa minor (Kleiner Bär), ähnlich dem Großen Bären. fol. 86r: Draco (Drache) als dreifach geschwun­

gene Schlange, nach dem ersten Bogen Flügel u. Beine, in den anderen mit den Füßen nach unten die Bären. fol. 86v: Hercules im Knielauf nach links auf den Baum zu, vor sich hält er ein bärtiges Haupt. fol. 87r: Serpentarius (Schlangenträger) von vorn; auf dem Scorpius (Skorpion) stehend, dieser mit löwenähnlichem Antlitz u. zwei Beinen; Corona borealis (Nördliche Krone) ; nochmals der Skorpion. fol. 87v: Bootes (Bärenhüter) in Tunika und Paludamentum, das Pedum ein halbvegetabiler Stock, über dem rechten Handgelenk ein zipfeliges Tuch (Aufschrift »QASIV«). fol. 88r: Virgo (Jungfrau), frontal stehend, Tunika u. schürzenartiges Tuch, in den ausgestreckten Armen hält sie Zapfen und Waage (Beischrift »LIBRA«). fol. 88v: Gemini (Zwillinge) in Tunika und Paludamentum, die Speere bei den Spitzen haltend; länglicher Cancer (Krebs) zwischen den Zwillingen. fol. 89r: Leo (Löwe) nach links. fol. 89v: Auriga (Fuhrmann) nach rechts, die Peitsche ein Stab mit darin verbissener Schlange. fol. 90r: Taurus (Stier), als Stierhälfte nach rechts, Kreuzband um die Hörner. fol. 90v: Cepheus. fol. 91r: Cassiopeia unter einer Arkade, trägt eine Tiara auf einem Schleier. fol. 91v: Andromeda, bekleidet zwischen »Baumstäm­ men« mit Hochzeitsgeschenken, um ihre Füße der Drache. fol. 92r: Pegasus, als Pferde­ hälfte nach rechts, aus einer Schale fressend; Aries (Widder) nach links, den Kopf zurück­ gewandt. fol. 92v: Triangulum (Dreieck) ; Pisces (Fische). fol. 93r: Perseus nach links, an den Knöcheln Flügel, nackt bis auf wehenden Mantel, vor sich Medusenhaupt mit Mähne haltend. fol. 93v: Plejaden als sieben Medaillonbilder. fol. 94r: Lyra (Leier), rechteckig. fol. 94r: Cygnus (Schwan), nach rechts, sich selbst in die Brust beißend. fol. 94v: Aquarius (Wassermann), nach links, um die Urne herum (!) fließt ein kräftiger Strom, nackt bis auf schmalen Mantel u. mitraartige Mütze; Capricornus (Steinbock), nach links. fol. 95r: Sagittarius (Schütze), als Kentaur, nach links; Sagitta (Pfeil), nach rechts; Aquila (Adler), nach rechts, den Kopf zurückgewandt, unter ihm ein weiterer Pfeil. fol. 95v: Delphinus

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 (Delfin), nach links; Orion, nach links. fol. 96r: Canis maior (Großer Hund), mit Strah­ lennimbus nach links; Lepus (Hase), nach links. fol. 96v: Argo Navis (Schiff), ganzes Schiff mit Mast u. hängendem Segel, unten am Kiel ein Hundekopf; Cetus (Seeungeheuer), nach rechts. fol. 96ar: Eridanus als Büste hinter einer Leiste, aufgetürmte Frisur mit Stern, neben ihm eine Pflanze; Piscis magnus (Südlicher Fisch), rücklings; dreitürmi­ ge Architektur (pharus) anstelle des Ara (Altar). fol. 96av: Centaurus mit Beutetieren, Eimer u. Schwert, vor ihm ein spitz zulaufender Rundaltar. fol. 97r: Hydra (Wasserschlange), nach links mit Crater (Mischkrug) und pickendem Corvus (Rabe) ; Anticanis (Vorhund), nach links. fol. 97v: fünf Planeten als Medaillonbüsten im Quicunx­Schema,

Merkur links unten mit Kopfflügeln. fol. 99v: Sol u. Luna gemeinsam auf einer Bank inmitten des Zodiakus (Tierkreis). fol. 100r: Medaillon mit der nimbierten Luna (Beischrift: »LUNA MARIS«) in einer Ochsenquadriga, hält Fackel u. Wedel. fol. 100v: Medaillon mit Sol auf dem Rücken von vier Pferden (Beischrift: »AURORA LUCIS«), trägt Strahlennimbus, Paludamentum u. Sphaira mit Kreuz. fol. 102r: Planetarium, hochkantes Rechteckschema mit den Planeten­ bahnen innerhalb des Tierkreises.

Provenienz Älteste Provenienz ungesichert, aber wahrscheinlich Zwettl. Auf fol. 1v Eintrag des Zwett­ ler Bibliothekars Nikolaus von Dobersberg, um 1400. Wann die beiden Teile zusammen­ gefügt wurden, ist nicht bekannt, doch nimmt Ziegler an, dass sie schon in den Zwettler Katalogen von um 1400 als Einheit gelten, in dem von 1620/40 sind sie gemeinsam auf­ geführt.

Literatur Winkler 1923, S. 11–12; Byvanck 1949, Nr. 102; Romanische Kunst in Österreich 1964, Nr. 48 (Kurt Holter); Bischoff, Bd. 2, 1980, S. 45–46; Haidinger 1981, S. 235–238; Hai­ dinger 1985, Bd. 1, S. 331; Ornamenta Ecclesiae 1985, Bd. 1, B 107 (Ch. Ziegler); Ziegler, Bd. 3, 1989, S. XXII–XXIII, S. 239–243; Glassner/Haidinger 1996, S. 74–78; Ziegler, Bd. 4, 1997, S. XVIIf. Siehe S. 138–139, Abb. 941–962

Anhang

Verzeichnis der Handschriften

Aufbewahrungsorte der Handschriften Aberystwyth, National Library, Ms. 735C, Limoges/Fleury, um 1000 Amiens, Bibliothèque Municipale, Ms. 222, Nordostfrankreich, Ende 9. Jh. Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029, Tegernsee, erste Hälfte 11. Jh. Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734, zweite Hälfte 12. Jh., Norditalien oder Frankreich. Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 61, Süditalien (Montecassino?), zweite Hälfte 8. Jh. Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18, Fulda, 820–830 Berlin, Staatsbibliothek PK, Ms. Phillipps 1830 & 1832, Reims (?), 9. Jh. Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88, Saint­Bertin?, Ende 10./Anfang 11. Jh. Boulogne­sur­Mer, Bibliothèque Municipale, Ms. 188, Saint­Bertin, Ende 10. Jh. Cambridge, Trinity College, R.15.32 (olim: 945), Winchester, zweites Viertel 11. Jh. Chartres, Bibliothèque municipale, ms. 498 (Kriegsverlust), Chartres, um 1140–50. Dijon, Bibliothèque Municipale, Ms. 448, Loiregegend, erste Hälfte 11. Jh. Dresden, Sächs. Landes­, Staats­ und Univ.bibl., Ms. Dc. 183, westfränkisch, Ende 9. Jh. Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100, Durham, um 1100–1120. Florenz, Biblioteca Laurenziana, Plut. XXIX, 30, Italien oder Südeutschland?, 12. Jh. Freiburg, Archiv d. erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35, Lotharingien, um 850 Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, Ms. 92, St. Omer, 1099–1121. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685, Klosterneuburg, zweite Hälfte 12. Jh. Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II, Köln, zwischen 789 und 805, illustriert um 820 Laon, Bibliothèque Municipale, Ms. 422, Frankreich, vor 830 Leiden, Bibliotheek der Rijksuniversiteit, Cod. Gronovius 21, Frankreich, spätes 12. bis frühes 13. Jh. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. oct. 15, Limoges, um 1020 Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 79, Aachen, um 816 Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 92, Frankreich, Mitte 12. Jh London, British Library, Arundel Ms. 339, Kastl (Oberpfalz), um 1200, vor 1222.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

London, British Library, Cotton Ms. Tib. B. V, England, zweites Viertel 11. Jh. London, British Library, Cotton Ms. Tib. C. I, Teil 1, England, erstes Viertel 12. Jh. London, British Library, Harley Ms. 647, Aachen, um 830 London, British Library, Harley Ms. 2506, Fleury, nach 988, vermutlich 994 London, British Library, Royal Ms. 13 A XI, England, erste Hälfte 12. Jh. Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5, England, frühes 12. Jh., frühes 13. Jh. (Sternbilderfolge) und Ergänzungen des 15.–16. Jhs. Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19, Italien (Montecassino?), zweites Drittel 12. Jh. Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307, Aachen, um 820 Montecassino, Arch. della Badia, Ms. 3, Süditalien (Benevent/Montecassino), 874–892 (879?) Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B­117, Niederrhein, um 850 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210, Salzburg (Umkreis?), 818 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 560, Teil II, Reichenau (?), 9. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 10270, Oberrhein, erstes Viertel 12. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 614, Südengland, um 1120 – 40 Oxford, Bodleian Library, Ms. Digby 83, England, Mitte des 12. Jhs. Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud misc. 644, Nordfrankreich, letztes Drittel 13. Jh. Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. 1, Verona 10. Jh./11. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5239, Limoges, um 950 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5543, Fleury, zweites Viertel 10. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663, Fleury (?), um 1000 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117, Saint­Germain­des Près, um 1060 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12957, Corbie, 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 14754, letztes Viertel 12. Jh. (bis um 1200), Frankreich (Nordfrankreich? Paris?). Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1614, Tours (?), 9. Jh. Paris, Privatsammlung, o. S. (ehemals Phillipps Coll. 26235), St­Amand (?), Ende 11. oder Anfang 12. Jh. Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6, Frankreich (?), 10./11. Jh. Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. gr. 1291, Konstantinopel, 8. Jh. (um 753/4) Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 643, Süddeutschland/ Österreich (Melk?), 12. Jh. Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 645, Reims (?), 830–860 (nach 827) Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 123, Spanien (S. Maria de Ripoll?), 1056 Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 309, Saint­Denis, zweite Hälfte 9. Jh. (859/860) Rouen, Bibliothèque Municipale, Ms. 26, Nordfrankreich, zweite Hälfte 9. Jh. (853–867) Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 250, Sankt Gallen, Ende 10. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902, Bodenseeraum, Mitte 9. Jh. Sankt Paul im Lavanttal, Archiv der Benedikterabtei, Ms. 16/I, Süddeutschland (Konstanz?), 11. Jh. Sankt Petersburg, Russische Nationalbibliothek, Ms. Q. v. IX. No. 2, Saint­Germain­des­Près, Ende 11. Jh. Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. lat. VIII, 22 Oberitalien, Venedig (?), frühes 13. Jh.

Aufbewahrungsorte der Handschriften

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 51 Süddeutschland (Umkreis Weingarten?), Anfang 13. Jh. Wien, Österreichische Nationalbibl. Cod. 387, Salzburg/Aachen?, 809–821 (um 818). Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12600, Teil I: Prüfening, 1152, Teil II: Prüfening (?), um 1200, Teil III: Prüfening, 12. Jh., Teil IV: Prüfening, Mitte 12. Jh. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°, Flandern oder Hennegau, drittes Viertel des 12. Jhs. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 18. 16. Aug. 4°, Südostdeutschland (Umkreis Regensburg) oder Österreich (?), um 1200. Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296, Zwettl, Ende des 12. Jhs oder um 1200.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Entstehungszeit der Handschriften VIII. Jahrhundert

IX. Jahrhundert

X. Jahrhundert

Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. gr. 1291, Konstantinopel, 8. Jh. (um 753/4) Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 61 (olim: HJ. IV. 15), Süditalien (Montecassino ?), 2. Hälfte 8. Jh. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 79, Aachen, um 816 Wien, Österreichische Nationalbibl., Cod. 387, Salzburg/Aachen, 809–821 (um 818) München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210, Salzburg (Umkreis?), 818 Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II, Köln, zwischen 789 und 805, illustriert um 820 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307, Aachen, um 820 Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18, Westdeutschland (Fulda?), 820–830 Laon, Bibliothèque Municipale, Ms. 422, Frankreich, vor 830 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12957, Corbie, 9. Jh. London, British Library, Harley Ms. 647, Aachen, um 830 Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 645, Reims (?), 830–860 (nach 827) Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. fol. 9 (176), Niederrhein, um 850 Freiburg, Archiv d. erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35, Lotharingien, um 850 Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902, Bodenseeraum, Mitte 9. Jh. Berlin, Staatsbibliothek PK, Ms. Phillipps 1830 & 1832, Reims (?), 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1614, Tours (?), 9. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 560, Teil II, Reichenau (?), 9. Jh. Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 309, Saint­Denis, zweite Hälfte 9. Jh. (859/860) Rouen, Bibliothèque Municipale, Ms. 26, Nordfrankreich, zweite Hälfte 9. Jh. (853–867) Montecassino, Arch. della Badia, Ms. 3, Süditalien (Benevent/Montecassino), 874–892 (879?) Amiens, Bibliothèque Municipale, Ms. 222, Nordostfrankreich, Ende 9. Jh. Dresden, Sächs. Landes­, Staats­ und Univ.bibl., Ms. Dc. 183, westfränkisch, Ende 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5543, Fleury, zweites Viertel 10. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5239, Limoges, um 950 Boulogne­sur­Mer, Bibliothèque Municipale, Ms. 188, Saint­Bertin, Ende 10. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 250, Sankt Gallen, Ende 10. Jh. London, British Library, Harley Ms. 2506, Fleury, nach 988, vermutlich 994

Entstehungszeit der Handschriften

Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663, Fleury (?), um 1000 Aberystwyth, National Library, Ms. 735C, Limoges/Fleury, um 1000 Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88, Saint­Bertin (?), Ende 10. Jh./Anfang 11. Jh. Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. 1, Verona 10./11. Jh. Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6, Frankreich (?), 10./11. Jh. XI. Jahrhundert

XII. Jahrhundert

Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. oct. 15, Limoges, um 1020 London, British Library, Ms. Cotton Tib. B. V, England, zweites Viertel 11. Jh. Cambridge, Trinity College, R.15.32 (olim: 945), Winchester, zweites Viertel 11. Jh. Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029, Tegernsee (Süddeutschland), erste Hälfte 11. Jh. Dijon, Bibliothèque Municipale, Ms. 448, Loiregegend, erste Hälfte 11. Jh. Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 123, Spanien (S. Maria de Ripoll?), 1056 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117, Saint­Germain­des Près, um 1060 Sankt Paul im Lavanttal, Arch. der Benediktinerabtei, Ms. 16/1, Süddeutsch­ land (Konstanz [?], 11. Jh. Sankt Petersburg, Russische Nationalbibliothek, Ms. Q. v. IX. No. 2, Saint­ Germain­des­Près, Ende 11. Jh. Paris, Privatsammlung, o. S. (ehemals Phillipps Coll. 26235), St­Amand (?), Ende 11. oder Anfang 12. Jh. Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, ms. 92, St. Omer, 1099–1121 Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100, Durham, um 1100–1120. London, British Library, Cotton Ms. Tib. C. 1., Teil 1, England, erstes Viertel 12. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 10270, vermutlich Oberrhein (Diözese Straßburg), 1. Viertel 12. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 614, Südengland, um 1120–40 London, British Library, Royal Ms. 13 A XI, England, erste Hälfte 12. Jh. Chartres, Bibliothèque municipale, ms. 498 (Kriegsverlust), Chartres, um 1140–50. Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 643, Süddeutschland/ Österreich (Melk?), 12. Jh. Florenz, Biblioteca Laurenziana, Plut. XXIX, 30, Italien oder Südeutschland?, 12. Jh. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 92, Frankreich, Mitte 12. Jh Oxford, Bodleian Library, Ms. Digby 83, England, Mitte des 12. Jhs. Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19, Italien (Montecassino?), zweites Drittel 12. Jh.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685, Klosterneuburg, zweite Hälfte 12. Jh. Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734 (Faye/Bond Nr. 561), zweite Hälfte 12. Jh., Norditalien oder Frankreich. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°, Flandern oder Hennegau, 3. Viertel des 12. Jhs. Paris, Bibliothèque Nationale, ms. lat. 14754, letztes Viertel 12. Jh. (bis um 1200), Frankreich (Nordfrankreich? Paris?). Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 18. 16. Aug. 4°,, Südost­ deutschland (Umkreis Regensburg) oder Österreich?, um 1200. Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296, Zwettl, Ende des 12. Jhs oder um 1200. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Cod. Gronovius 21, Frankreich, spätes 12. bis frühes 13. Jh. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12600 Teil II: Prüfening (?), um 1200 XIII. Jahrhundert

Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 51, Süddeutschland (Umkreis Weingarten ?), Anfang 13. Jh. Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5, England, frühes 13. Jh. (Sternbilderfolge) London, British Library, Arundel Ms. 339, Kastl (Oberpfalz), um 1200, vor 1222. Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. lat. VIII, 22, Oberitalien, Venedig (?), frühes 13. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud misc. 644, Nordfrankreich, letztes Drittel 13. Jh.

Entstehungsorte der Handschriften

Entstehungsorte der Handschriften Byzanz Konstantinopel

Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. gr. 1291, 8. Jh. (um 753/4) Deutschland (mit Österreich und Schweiz)

Aachen

Fulda Kastl (Oberpfalz) Klosterneuburg Konstanz Köln Melk Reichenau Prüfening Salzburg

Sankt Gallen Tegernsee Zwettl Sonstige Orte

Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 79, um 816 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307, um 820 London, British Library, Harley Ms. 647, um 830 Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18, um 820–830 London, British Library, Arundel Ms. 339, um 1200, vor 1222. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685, zweite Hälfte 12. Jh. Sankt Paul im Lavanttal, Arch. der Benediktinerabtei, Ms. 16/1, Konstanz (?), 11. Jh. Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II, zwischen 789 und 805, illustriert um 820 Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 643, Melk (?), 12. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 560, Teil II, Reichenau (?), 9. Jh. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12600, Teil II: Prüfening (?), um 1200 Wien, Österreichische Nationalbibliothek Cod. 387, Salzburg/Aachen, 809–821 (um 818). München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210, datiert 818 Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 250, Ende 10. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902, Bodenseeraum, Mitte 9. Jh. Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029, erste Hälfte 11. Jh. Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296, Zwettl, Ende des 12. Jhs oder um 1200. Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B­117, Niederrhein, um 850 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 10270, Oberrhein, erstes Viertel 12. Jh. Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 18. 16. Aug. 4°, Südostdeutschland (Umkreis Regensburg) oder Österreich ?, um 1200. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 51, Süddeutschland (Umkreis Weingarten?), Anfang 13. Jh. England

Canterbury oder Winchester

London, British Library, Cotton Ms. Tib. B. V, zweites Viertel 11. Jh. Cambridge, Trinity College, R.15.32 (olim: 945), zweites Viertel 11. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Digby 83, England, Mitte des 12. Jhs.

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200 Durham Peterborough Sonstige Orte

Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100, um 1100–1120. London, British Library, Cotton Ms. Tib. C. 1, erstes Viertel 12. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 614, Südengland, um 1120–40 London, British Library, Royal Ms. 13 A XI, erste Hälfte 12. Jh. Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5, frühes 13. Jh. (Sternbilderfolge) Flandern

St. Omer

Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, ms. 92, 1099–1121

Sonstige Orte

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°, Flandern oder Hennegau, 3. Viertel des 12. Jhs. Frankreich

Chartres Corbie Fleury

Limoges Paris

Reims

Saint-Bertin Tours Sonstige Orte

Chartres, Bibliothèque municipale, ms. 498 (Kriegsverlust), um 1140–50 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12957, 9. Jh. Amiens, Bibliothèque Municipale, Ms. 222, Ende 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5543, zweites Viertel 10. Jh. London, British Library, Harley Ms. 2506, Fleury, nach 988, vermutlich 994 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663, Fleury (?), um 1000 Aberystwyth, National Library, Ms. 735C, Limoges oder Fleury, um 1000 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5239, um 950 Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. oct. 15, um 1020 Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 309, Saint Denis, zweite Hälfte 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117, Saint­Germain­des Près, um 1060 Sankt Petersburg, Russische Nationalbibliothek, Ms. Q. v. IX. No. 2, Saint­Germain­des­Près (?), Ende 11. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, ms. lat. 14754, letztes Viertel 12. Jh. (bis um 1200), Nordfrankreich oder Paris (?) Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 645, zwischen 830 und 860 (nach 827) Berlin, Staatsbibliothek PK, Ms. Phillipps 1830 & 1832, 9. Jh. Boulogne­sur­Mer, Bibliothèque Municipale, Ms. 188, Ende 10. Jh. Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88, Saint­Bertin (?), Ende 10./Anfang 11. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1614, Tours (?), 9. Jh. Laon, Bibliothèque Municipale, Ms. 422, vor 830 Freiburg, Archiv d. erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35, Lotharingien, um 850

Entstehungsorte der Handschriften

Rouen, Bibliothèque Municipale, Ms. 26, Nordfrankreich, zweite Hälfte 9. Jh. (853–867) Dresden, Sächs. Landes­, Staats­ und Univ.bibl., Ms. Dc. 183, west­ fränkisch, Ende 9. Jh. Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6, 10./11. Jh. Dijon, Bibliothèque Municipale, Ms. 448, Loiregegend, erste Hälfte 11. Jh. Paris, Privatsammlung, o. S. (ehemals Phillipps Coll. 26235), St­Amand (?), Ende 11. oder Anfang 12. Jh. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. Lat. Q. 92, Mitte 12. Jh. Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Cod. Gronovius 21, spätes 12. bis frühes 13. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud misc. 644, Nordfrankreich, letztes Drittel 13. Jh. Italien Montecassino oder Benevent Venedig Verona Sonstige Orte

Montecassino, Arch. della Badia, Ms. 3, zwischen 874 und 892 (879?) Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19, zweites Drittel 12. Jh. Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. lat. VIII, 22, Venedig (?), frühes 13. Jh. Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. 1, Verona 10. Jh./11. Jh. Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 61 (olim: HJ. IV. 15), Süditalien, 2. Hälfte 8. Jh. Florenz, Biblioteca Laurenziana, Plut. XXIX, 30, Italien oder Süd­ deutschland(?), 12. Jh. Baltimore (Maryland), Walters Art Gallery, W 734, Zweite Hälfte 12. Jh., Norditalien oder Frankreich. Spanien

S. Maria de Ripoll

Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 123, vermutlich 1056

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Texte mit Sternbilderdarstellungen Aratea des Cicero

London, British Library, Harley Ms. 647, Aachen, um 830 London, British Library, Harley Ms. 2506, Fleury, nach 988, vermutlich 994 London, British Library, Cotton Ms. Tib. B. 5, England, zweites Viertel 11. Jh. London, British Library, Cotton Ms. Tib. C. 1., Teil 1, England, erstes Viertel 12. Jh. Aratea des Germanicus

Leiden, Bibl. der Rijksuniversiteit, Ms. Voss. lat. Q. 79, Aachen, um 816 Basel, Universitätsbibliothek, Ms. AN IV 18, Westdeutschland (Fulda?), 820–830 Boulogne­sur­Mer, Bibliothèque Municipale, Ms. 188, Saint­Bertin, Ende 10. Jh. Bern, Burgerbibliothek, Ms. 88, Saint­Bertin (?), Ende 10. Jh./Anfang 11. Jh. Aberystwyth, National Library, Ms. 735C, Limoges/Fleury, um 1000 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 19, Italien (Montecassino?), zweites Drittel 12. Jh. Aratus latinus (De signis coeli)

Laon, Bibliothèque Municipale, Ms. 422, Frankreich, vor 830 Freiburg, Archiv des erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35, Lotharingien, um 850 Rouen, Bibliothèque Municipale, Ms. 26, Nordfrankreich, 2. H. 9. Jh. (853– 867) Montecassino, Arch. della Badia, Ms. 3, Süditalien (Benevent/Montecass.), 874–892 (879?) Amiens, Bibliothèque Municipale, Ms. 222, Nordostfrankreich, Ende 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5543, Fleury, zweites Viertel 10. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 5239, Limoges, um 950 Padua, Biblioteca Antoniana, Cod. 27 Scaff. 1, Verona 10./11. Jh. Dijon, Bibliothèque Municipale, Ms. 448, Loiregegend, erste Hälfte 11. Jh. Durham, Chapter Library of Durham Cathedral, Ms. Hunter 100, Durham, um 1100–1120. Rom, Biblioteca Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 643, Süddeutschland/ Österreich (Melk?), 12. Jh. Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 685, Klosterneuburg, zweite Hälfte 12. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, ms. lat. 14754, 4. Viertel 12. Jh. (bis um 1200), Frankreich (Nordfrankreich? Paris?) Zwettl, Stiftsbibliothek, Cod. 296, Zwettl, Ende des 12. Jhs. oder um 1200

Texte mit Sternbilderdarstellungen

Los Angeles, Getty Museum, Ms. Ludwig XII 5, England, frühes 13. Jh. (Sternbilderfolge) Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. lat. VIII, 22, Oberitalien, Venedig (?), frühes 13. Jh. Oxford, Bodleian Library, Ms. Laud misc. 644, Nordfrankreich, letztes Drittel 13. Jh. Aratus latinus (Recensio interpolata)

Köln, Dombibliothek, Ms. 83 II, Köln, zwischen 789 und 805, illustriert um 820 Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12957, Corbie, 9. Jh. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 560, Teil II, Reichenau (?), 9. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 902, Bodenseeraum, Mitte 9. Jh. Dresden, Sächs. Landes­, Staats­ und Univ.bibl., Ms. Dc. 183, westfränkisch, Ende 9. Jh. Sankt Gallen, Stiftsbibliothek, Ms. 250, Sankt Gallen, Ende 10. Jh. Prag, Universitätsbibliothek, Ms. IX. C. 6, Frankreich (?), 10./11. Jh. Sternkatalog De ordine ac positione stellarum in signis

Wien, Österreichische Nationalbibl., Ms. lat. 387, Salzburg/Aachen, 809–821 (um 818) München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 210, Salzburg (Umkreis?), 818 Madrid, Biblioteca Nacional, Ms. 3307, Aachen, um 820 Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. lat. 645, Reims (?), 830–860 (nach 827) Monza, Biblioteca Capitolare, Ms. 6B­117, Niederrhein, um 850 Freiburg, Archiv d. erzbischöflichen Ordinariats, Ms. 35, Lotharingien, um 850 Rom, Bibl. Apostolica Vaticana, Ms. Vat. Reg. lat. 309, Saint­Denis, 2. H. 9. Jh. (859/860) Berlin, Staatsbibliothek PK, Ms. Phillipps 1830 & 1832, Reims (?), 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. nouv. acqu. lat. 1614, Tours (?), 9. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 8663, Fleury (?), um 1000 Austin (Texas), University of Texas, Harry Ransom Humanities Research Center, HRC 029, Tegernsee (Süddeutschland), Erste Hälfte 11. Jh. Paris, Bibliothèque Nationale, Ms. lat. 12117, Saint­Germain­des Près, um 1060 Sankt Petersburg, Russische Nationalbibliothek, Ms. Q. v. IX. No. 2, Saint­Germain­des­Près (?), Ende 11. Jh. Gent, Centrale Bibliotheek van de Rijksuniversiteit, ms. 92, St. Omer, 1099–1121 Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°, Flandern oder Hennegau, 3. Viertel des 12. Jhs. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 12600, Teil II: Prüfening (?), um 1200

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VIII. Katalog der mittelalterlichen Handschriften mit Sternbilderdarstellungen bis 1200

Hyginus De astronomia

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Register

Personen und Orte Aachen 34, 44, 47, 50–53, 59, 68–70, 73, 75f., 77, 87, 89, 92, 102, 109, 147, 151, 171, 174, 204, 210, 270, 275, 292, 294, 320, 323, 354, 373, 375, 426, 483, 504, 541, 545 Abbo von Fleury 85–87, 91f., 94f., 99, 113, 119f., 127, 134, 158, 165, 173, 183, 223, 228, 241, 315, 327f., 335, 341–343, 384, 398, 416, 423, 432, 436, 438 Abumasar 404 Adalhard von Corbie 34, 44, 76, 355 Adela von Blois (Adela von der Normandie) 111 Adelard von Bath 132, 225 Adelboldus 396 Adelheid, Kaiserin 510 Ademar de Chabannes 99–101, 120, 127, 284–286, 291, 415, 420 Adolf von Nassau, König 552 Adraldus, Abt von Saint-Germain-des-Prés 438 Ælfric Grammaticus 109 Aesop 99, 515 Agius von Corvey 227, 334 Al-Khwarizmi 225 Al-Sufi, Abd al-Rahman 23 Albericus Lingonensis, Bischof 232 Alchandreus 379

Aldhelm von Malmsbury 508 Alexander de Villa Dei 227 Alexander Neckham 112 Alexandria 28, 31, 470 Alfraganus (Al-Fergani) 403 Alkuin 45f., 70, 204, 209, 270, 285, 360, 410, 412, 482, 545 Ambrosius Mediolanensis 242, 411 Anatholius Alexandrinus 411 Angoulême, Kloster S. Cybard 99, 416 Anno von Köln, Erzbischof 157 Ansbald, Abt von Prüm 324 Antigonos II. von Makedonien 23 Antwerpen 291 Apuleios 347, 430 Aratos von Soloi 23–36, 44, 53f., 68, 87, 90, 102, 105, 119, 147, 174, 179–181, 202, 292,309, 322, 328, 350, 355, 424, 471, 515, 541 Aristomachus 398 Aristoteles 174 Arn von Salzburg, Erzbischof 70–73, 270, 542 Arras 94, 329 Arundel, Earl of, siehe: Howard, Thomas, 2nd Earl of Arundel Astronomus 52, 295 Athen 23

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Atticus Episcopus 340 Augustinus 40, 227, 285, 502, 508, 562f. Augsburg 84 Aulus Gellius 280 Ausonius 227, 284, 360, 482 Autun, Kirche St. Lazare 167 Auxerre 33, 140, 300, 478 Avianus 284 Avienus, Postumius Rufius Festus 28f., 54, 214, 219, 292 Babyngton, Francis 326 Baldricus Burgulianus, siehe: Baudri de Bourgueil Bamberg, Dom 154, 201 Bamberg, St. Stephan 152f. Bartolomeo Malipiero, Bischof von Brescia 475 Basel 255, 370 Baudri de Bourgueil 111, 144 Bayeux 408, 532 Beda Venerabilis 33f., 40, 44, 86, 98, 104, 106, 109, 113, 127, 134, 140, 165, 185, 188, 190, 209f., 227f., 235, 240f., 262f., 266–268, 285, 308, 314f., 333–335, 347f., 355, 361, 367, 372, 384, 398, 410, 415– 417, 422, 437, 450, 477, 482, 488, 497, 502, 508, 541, 549, 562 Benevent 359f. Benevent, Santa Sofia 361 Benevent, San Vincenzo 361 Bernardus Iterius 284, 420 Bern, Abt von Reichenau 94, 189f., 329, 524, 535 Bern, Mönch von Prüm, siehe: Bern, Abt von Reichenau Bernellus iunior Parisiensis 341 Beth Shean, Synagoge Beth-Alpha 471 Bèze, Saint-Pierre et Paul 230, 232 Boethius 280, 299, 302–304, 380, 404, 442, 454f., 464, 535–537, 539 Bonifatius 179 Bongars, Jacques 218 Brahe, Tycho 172 Braunschweig, St. Blasius 399

Brauweiler, Kloster St. Nikolaus und Medardus 160 Brauweiler, Kirche St. Nikolaus 160 Bridfertus Ramesiensis 334 Byrhtferth of Ramsey, siehe: Bridfertus Ramesiensis Calbulus Grammaticus 228 Calcidius 35, 53, 83, 121f., 125, 156, 188, 190, 302, 389, 461, 489 Canterbury [abgleichen mit C., Kathedrale] 173 Canterbury, Christ Church 311, 329 Canterbury, Kathedrale 94, 108f., 112, 128, 131f. Canterbury, Kloster S. Augustinus 326 Cassiodor, M. Aurelius 199, 537 Castellamare di Stabia 361 Cava de‘ Tirreni, Kloster 106 Chardin, Auguste 191 Charles IX., König 435 Charles d'Orleans 405, 408 Chartres, Kathedrale 167, 225, 453 Christina, Königin von Schweden 291, 298, 495, 500 Cicero, Gaius Julius 28f., 35, 44, 53, 68f., 83, 89–94, 109, 119, 164, 166, 174, 179, 193f., 223, 234, 280f., 294, 308–310, 314–316, 320, 322, 327f., 399, 426, 537 Clemens I., Papst 437 Clemens Scotus 340 Cluny, Kloster 85 Compiègne, Palastkapelle 151 Corbie, Abtei Saint-Pierre 33f., 41, 43, 57, 75f., 77, 79, 89, 97, 99, 149, 154, 173, 186f., 214, 274–276, 361, 423, 442, 444, 447, 504, 515 Cotton, Robert 312, 316, 319 Cotton, Thomas 319 Cyriacus d’Ancona 90, 235 Daniel, Pierre 300 Darmstadt 272 Desiderius, Abt von Montecassino 104f., 349f., Dicuil 53, 295

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Digby of Coleshill, Kenelm 402 Digby of Coleshill, Robert 402 Dijon 435 Dijon, S. Benigne 230, 232 Diodorus Siculus 30 Dionysius Exiguus 32, 86, 208, 240f., 315, 334, 384, 415, 422 Domenico Domenici, Bischof von Brescia 475 Donatus, Aelius 284 Dositheus 515, 520 Dubrovsky, Pjotr 529 Dupuy, Claude 238 Durham 137, 176, 239, 242, 246, 461 Eigil, Mönch 324 Einhard 45f., 51, Ellinger, Abt von Tegernsee 188–191 Eratosthenes von Kyrene 27 Erchembert Cassinensis 348 Ettenheimmünster, Kloster 255 Euklid 299, 464 Eudoxos von Knidos 23f., 26, 28, 182, Eugenius Toletanus 240, 314 Eugenius Vulgaris 142 Remigius Faesch 206 Farsetti, Tommaso Giuseppe 530 Ferrara, Kathedrale 167 Ferrières, Kloster 69, 326 Festus, Sextus Pompeius 188, 190 Firmicus Maternus, Iulius 120f., 225, 299, 379f. Flavius Mallius Theodorus 199 Fleury, Kloster 50, 83, 85–89, 91, 93–99, 101f., 105, 109, 112–115, 120, 124, 128, 134, 137f., 141, 157–160, 163, 168, 171f., 182, 189, 230, 276, 286–288, 300, 309, 324, 326–328, 330, 379f., 417f., 422f., 425, 429f., 432, 435, 462,480, 490f., 523 Florenz 249 Florenz, San Lorenzo 471 Friedrich I., Kaiser 366 Friedrich II., Kaiser 108, 348, 353 Frómista 162 Fulbert von Chartres 84

Fulda, Kloster 31, 40, 69, 73, 157, 202–204, 294 Fulgentius Mythographus 34, 36, 103f., 489 Gauzbertus Monachus 285 Gauzelin, Abt von Fleury 85, 158, 491 Gebhard VII., Abt von Kastl 304 Gengenbach, Kloster 387 Gent, S. Bavo 261, 554 Gerbert von Aurillac 84, 102, 280, 303, 328, 430 Gerhard von Cremona 403 Gerlandus Vesontius 536 Germanicus Cäsar 28, 30, 36, 44, 54, 56, 88, 104, 112, 129, 164, 174, 179–181, 193, 202, 204, 209f., 214f., 219, 234, 292, 337, 346f., 350, 355, 416, 424 Gervasius von Tilbury 112 Gerwigus 321, 324 Gheyn, Jacob de 298 Ghoy, Philipp de 463 Giraldus, Mönch in Fleury 431 Girardus, F. 232 Goldschmitt, E. P., Kunsthändler 198 Gordienus 28 Gottfried von Boullion 257 Gravisset, Jakob 218 Gregor von Tour 40, 199 Gregor der Große, Papst 329, 411 Grimalt,Abt von Sankt Gallen 516 Gronovius, Jacobus 281, 283 Gronovius, Johannes Fridericus 283 Grotius, Hugo 298 Gruter, Jan 281 Gude, Marquard 558 Guido de Arezzo 241, 303f., 535, 538 Guillaume de Volpiano, Abt von Saint-Germain-des-Prés 438 Hadrian, Kaiser 110 Hadrian, Papst 48f. Harley, Edward, 2nd Earl of Oxford 326, 331 Hartmut, Abt von Reichenau 517 Hastings, Kloster S. Martin (Battle Abbey) 312 Heimo, Mönch von Kastl 304 Heinrich II., Kaiser 152f., 156

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Heinrich von Augsburg 537 Heiricus von Auxerre 478 Helpericus von Auxerre 113, 223, 228, 241, 333, 335, 384, 436 Herigerus Lobiensis 430 Hermann von Karinthia 121 Hermannus Contractus 342, 380, 524, 537, 549 Herzogenburg 561 Hesiod 27, 398 Hieronymus, Sophronius Eusebius 28, 39, 47, 53, 148, 266, 268, 398, 508 Hildebald, Erzbischof von Köln 44, 72f., 78, 267, 270, 272 Hipparchos von Nikaia 24, 28, 30 Hirsau, Kloster 538 Holveld, Johannes 546 Homer 27 Honeyman, Robert B. Jr. 344 Honorius Augustodunensis 112, 125, 549 Hopwood, Ralph 395 Hortinus, Samuel 218 Howard, Henry 307 Howard, Thomas, 2nd Earl of Arundel 307 Hrabanus Maurus 34, 44, 46, 48, 63, 69, 73, 203, 209, 323, 410, 436, 515, 517 Hucbald de Saint-Amand 436, 535 Huber, J. Werner 238 Hugo von St. Viktor 167, 280f., 303f., Hunibrudis 366 Hunter, Christopher 246 Huntly de Balyol, John 344 Husillos 162 Hyginus, Gaius Iulius 31f., 34, 36, 68, 86, 88, 90, 94, 100–105, 109, 113, 115, 119–129, 134f., 137,140, 143, 157, 164f., 174, 179, 182, 192, 194f., 223, 225f., 234, 247f., 258, 280–282, 285–287, 299, 302, 304, 309, 314–316, 327, 343, 383f., 389, 392, 396, 398, 430, 461, 489, 508,522, 535, 537f., 541, 559 Ingelardus, Mönch in Saint-Germain-desPrés 438 Ingon, Abt von Saint-Germain-des-Prés 438

Iriarte, Juan de 353 Isidor von Sevilla 32f., 34, 39f., 44, 47, 98, 104, 127, 132, 165,199, 227, 239, 242, 266–268, 274f., 285, 315, 334, 340, 346f., 389, 397f., 400, 410, 416f., 423, 477, 483, 497, 537 Issoire 125, 168, 502 Issoire, Kirche S. Austremoine 163 Jaca 162 Johannes VIII., Papst 148 Johannes Campanus 404 Johannes Cotto Trevirensis 536 Johannes de Hakeginnes 463 Johannes Hispaliensis 404 Johannes de Pavia 404 Johannes Scotus Eriugena 150–152 John 1st Lord Lumley 312 Jonas von Orleans, Bischof 49 Julianus Toletanus 193–195 Jumièges, Kloster 505f., Karl der Große, Kaiser 34, 43, 45f., 48, 58, 66, 68, 70, 79, 147, 151, 188, 270, 355, 367 Karl der Kahle, Kaiser 147f., 151–153, 157, 220 Kaspar von Nydbruck 552 Kastl, Kloster St. Peter 302, 307, 551, 560 Klosterneuburg, Stift 141, 263–265, 477, 563 Köln 266 Konstantin, Kaiser 49 Konstantin V., Kaiser 472 Konstantinopel 469, 475 Konstanz 522 Kremsmünster 561 Kuppitsch, Wiener Antiquariat 552 Lactantius, Lucius Caecilius Firmianus 31 Lambert von St. Omer 132–134, 256–258, 554f. Laon 210, 213 Latour, Bruno 172 Laud, William, Erzbischof 408 Leibniz, Gottfried Wilhelm 558 Leo V., Kaiser 472 Leo VI., Kaiser 472

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Leo IX., Papst 104 León 125, 162f. León, Kirche S. Isidoro 161, 163, 168 Leopoldus de Austria 302 Leudefred, Bischof 340 Liège 84, 359 Limoges 182 Limoges, Kloster Saint Martial 95, 98–101, 176, 182, 284, 286–291, 415–418, 420, 425 Lingelsheim, Georg Michael 218 Lloyd, Richard 184 Lobbes, Kloster 370 London 184, 339 Lorsch, Kloster 43, 367 Lothar, Zwillingsbruder Kaiser Ludwigs d. Frommen 58 Ludwig XII., König 408 Ludwig der Deutsche, Kaiser 517 Ludwig der Fromme, Kaiser 45, 48, 51f., 58, 63, 65f., 68–70, 73, 87, 99, 105, 115, 124, 131, 147, 152, 171f., 204, 322, 426 Lumley, 1st Lord, siehe: John 1st Lord Lumley Lupitius von Barcelona 84 Lupus Servatus (von Ferrières) 69, 89, 235, 323f. Lüttich, siehe: Liège Luxeuil 216 Lyon 276 Maastricht, S. Servatius 51 Macrobius, Ambrosius Theodosius 35, 64f., 83, 86, 89, 105, 107, 115, 121f., 125, 153, 179f., 182, 281, 303, 308, 315f., 320, 327, 334, 342, 411, 430, 461, 483, 488, 496 Mai, Angelo, Kardinal 495, 500 Manilius 88 Mannheim 388 Martianus Cappella 35f., 45, 62, 64, 83, 86, 92, 104f., 107, 121, 125, 135, 182, 223– 225, 229, 292, 308, 316, 320, 328, 336, 367, 449, 483, 537 Mare, Philibert de la 435 Marseille, Kloster Saint-Victor 495 Martin Scottus 213

Meerman, Gerard 213 Melk, Kloster 477f. Melus von Apulien 154 Metz 355 Metz, Kloster Saint-Vincent 213, Messahala 303 Mesnil 213 Michael Scotus 105, 143, 189, 348, 353, 451 Mico von Saint Riquier 29 Micy, siehe: Saint-Mesmin de Micy Monachi, Franciscus 359 Mondsee, Kloster 270, 375, 545 Montecassino, Abtei 36, 104–106, 112, 142, 154, 173, 199, 347f., 350, 360–362, 365, 412 Morardus, Abt von Saint-Germain-des-Prés 438 München, Hof bibliothek 377 München, Sammlung Hirsch 198 Murbach, Kloster 355 Murr, C. G. von 388 Napoleon I. Bonaparte, Kaiser 370 Nicäa 47 Nicholaus, Bildhauer 164, 166, 391 Nikolaus von Dobersberg 566 Notker der Deutsche 84 Odbert, Abt von Saint Bertin 112, 115, 220, 222, 329 Odo Cluniacensis 284, 425, 535 Odo von Tours 83, 85, 87 Oliva, Mönch von Ripoll 100, 102f., 104, 106, 112, 114, 127, 173, 488 Origenes 347 Orleans 276 Orsini, Fulvio 475 Otto I., Kaiser 510 Otto II., Kaiser 510 Ovidius Naso, Publius 28, 88, 105, 108, 129, 350 Pacificus Veronensis 530 Pandulphus von Capua 104 Pardulus von Laon 340 Paris, St. Geneviève 160, 439 Paris, Jesuitenkolleg 213

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Paris, Kloster Saint Germain-des-Prés 113, 190, 276, 436–439, 441, 447, 497, 526 Paris, Kloster St. Victor 143, 167, 449, 453 Passau 375 Paulus Diaconus 188, 284, 348 Peiresc, Nicolas Claude Fabri de 495 Petau, Alexandre, siehe: Petavius, Alexander Petau, Paul, siehe: Petavius, Paulus Petavius, Alexander 291 Petavius, Paulus 291, 300 Peterborough, Kloster 138, 314, 316, 319, 326 Petri, Heinrich 206 Petrus de Facilo 413 Petrus Diaconus 104 Petrus Pictor 240 Phillipps,Sir Thomas 189f., 213, 344, 463 Piacenza, Dom 164, 168 Pius IX., Papst 495, 500 Platon 35, 53, 83, 121, 125, 174, 188, 281, 302f., 461 Plas Power, Denbighshire 184 Plinius Secundus, Gaius 34–36, 44f., 51, 62, 89, 104f., 127, 165, 193, 225, 292, 308f., 315f., 328, 333, 355, 361, 367, 372, 397f., 422, 437, 483, 488, 496, 541 Poitiers, St. Hilaire 163 Porphyrius 442 Priscian 29, 109, 179, 284, 308f., 437 Prosper Aquitanus 285 Prudentius 99f., 284–286 Prüfening, siehe: Regensburg, Kloster Prüfening Prüm, Kloster 94, 189, 359 Ps-Clement von Alexandrien 64 Ptolemaios, Claudius 23, 135, 404, 469, 472 Quedlinburg, St. Servatius 152, 160 Quintilianus, Marcus Fabius 29 Raimond de Bégonac 291 Ramsey, Kloster 94, 134, 176, 183, 330, 335 Regensburg 125, 154, 375, 517, 550, 559 Regensburg, Kloster St. Emmeran 40, 71, 84, 154, 372, 377

Regensburg, Kloster Prüfening 144, 548, 550, 552 Regensburg, Kloster Prüll 377, 382 Reichenau, Kloster 84, 154, 158, 189f., 379f., 382, 517, 524 Reims 74f., 79, 152, 208, 210, 267, 482f., 510 Remigius von Auxerre 92, 328 Remnius Fannius Palaemon 436, 438 Remmius Favinus 284 Richer de Saint Remi 84 Richerius von Prüm 359 Ripoll, Kloster Santa Maria 100, 102, 106, 114, 161, 173, 286, 348, 488, 491 Robert Grosseteste 341, 403f. Robert von Jumièges 505 Rodriguez, Francisco 353 Roger II., König von Sizilien 108, 348 Rom 148 Romulus 284, 286 Rottendorff, Bernhard 283 Sagra di San Michele 128, 164–167, 391 Saint-Amand-les-Eaux, Kloster Saint-Amand (Elnone) 270, 461, 545 Saint Benoît sur Loire, Kloster, siehe: Fleury Saint Denis, Kloster 70, 75, 79, 113, 167, 190, 276, 432, 437, 496, 500, 505 Saint-Mesmin de Micy 379 Saint Omer, Kloster St. Bertin 94, 112, 115, 155, 214f., 219, 222, 256f., 297, 329f., Saint-Quentin en Vermandois, Kloster 483 Saint Savin-sur-Gartempes 163 Salisbury 316 Salzburg 70, 72, 141, 263, 270, 372f., 375, 541f., 545f. San Michele della Chiusa, siehe: Sagra di San Michele Sankt Blasien, Kloster 523, 525 Sankt Gallen, Kloster 113, 142, 362, 508, 514, 517, 520 Sankt Petersburg, Kaiserliche Bibliothek 529 Sant'Ambrogio di Torino, siehe: Sagra di San Michele Schedel, Hartmann 379, 382

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Schedel, Hermann 377, 382 Schwerzenbeck, Ambrosius 188–190 Sedulius Scottus 251 Sens, Kloster Sainte-Colombe 429 Servius 209 Sigerich, Erzbischof von Canterbury 311 Sigibert, König 200 Simon, Abt von S. Bertin in S. Omer 261 Soloi 23 Seneca, Lucius Annaeus 51 Sirmond, J. 213 Sisebutus 199, 266 Sixtus IV, Papst 487 Souvigny (Allier), Kirche Ste. Pierre et Paul 167 Spital am Pyhrn, Stift 525 Straßburg, Diözese 175, 383, 385 Straßburg, Kathedrale 114f., 155, 216 Susius, Jacobus 298 Suys, Jakob, siehe: Susius, Jacobus Symphosius, Caelius Firmianus 284 Tegernsee, Kloster 188–190 Terenz 52 Thegan 53 Theobald, Abt von Montecassino 104, 350 Theodaldus, Bischof von Arezzo 538 Theodulf von Orleans 47 Theon von Alexandria 28 Theophanu, Kaiserin 510 Theophilus, Kaiser 472 Thierry von Chartres 120f., 225f., 304, 560 Tiberius Caesar 30, 57, Tielsrode, Johann van 261 Toledo 32 Toul, Saint-Evre 227, 230 Tournes, Jean de 238 Tours, Kloster Saint-Martin 148, 276, 300, 454, 505, 510 Turin, siehe: Sagra di San Michele Uceda, Juan Francisco Pacheco, Vizekönig von Sizilien 353, 359 Ulrich, Abt von Prüfening 552 Umbertus, Bildhauer 159 Varro Atacinus 28, 225

Venedig 530 Vercelli, Dombibliothek 90, 324 Verona 142, 410, 412, 531 Verona, S. Zeno 460 Vezelay, St. Madeleine 167 Victorinus, Gaius Marius 284 Virgilius Maro 39, 86 Vitruv 342 Vivarium, Kloster 199 Vossius, Gerhard 301 Vossius, Isaak 284, 291, 298, 301 Walafried Strabo 49 Waltarius, abbas 309 Wandalbert von Prüm 508, 517 Wandilmodis 366 Weingarten, Kloster 525, 535, 538 Werinhar, Bischof von Straßburg 114, 214, 218 Wicfridus 227 Wichram Sangallensis 228 Wien, Kunsth. Mus., Weltliche Schatzkammer, Inv. XIII 18 357 Wilhelm der Eroberer 111, 312 Wilhelm von Conches 120, 130, 132, 280, 389–391 Wilhelm von Hirsau 154, 536 Wilhelm von Volpiano 230 William II. Rufus, König 242 William de S. Carileph, Bischof von Durham 242 Wimpheling, Jakob 218 Winchester, Kathedrale 127, 134, 176, 223f., 310, 335, 397 Winchester, St. Swithun 399 Worksop, Kloster 397 Zwettl, Kloster 141, 263, 477, 562f., 566 Zwiefalten 538

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Zitierte Handschriften Aachen, Domschatz, Schatzkammer-Evangeliar 357 Arras, Bibl. Muncipale, Ms. 559 158 Autun, Bibliothèque municipale, ms. 19bis 148 Baltimore, Walters Art Gallery W.3 157 Bamberg, Staatsbibliothek, Msc. Patr. 91 40 Basel, Universitätsbibliothek, F III 15a 40, 72 Berlin, Staatsbibliothek, Cod. lat. oct. 149 (Phillipp. 16231) 36 Berlin, Staatsbibliothek, Cod. Phill. 1784 334 Berlin, Staatsbibliothek, Cod. Phill. 1833 86 Bern, Burgerbibliothek, Cod. 45 491 Bern, Burgerbibliothek, Cod. 87 214 Boulogne, Bibliothèque Municipale, Ms. 11 94, 220, 329 Boulogne, Bibliothèque Municipale, Ms. 20 94, 220, 329 Boulogne, Bibliothèque Municipale, Ms. 107 220 Brüssel, Bibliothèque Royale, Ms. 2194-5 119, 336 Chantilly, Musée Condé, Ms. 714 555 Chartres, Bibliothèque Municipale, ms. 498 120 Cambridge, Trinity College Library, Ms. R.15.32 (olim 945) 19, 124, 317 Cambridge, Trinity College Library, Ms. 945, siehe: Cambridge, Trinity College, Ms. R.15.32 Cava dei Tirreni, Biblioteca Statale del Monumento Nazionale Badia di Cava, Cod. 3 108 Codex Aureus von St. Emmeran, siehe: München, Bayerische Staatsbibliothek, clm. 14000 Cologny, Bibliotheca Bodmeriana, Cod. 7 36 Darmstadt, Hessische Landes- und Hochschulbibliothek, Hs. 684 42 Darmstadt, Hessische Landes und Hochschulbibliothek, Ms. 1948 510 Den Haag, Koninklijke Bibliotheek, Cod. 72 A 23 555 Den Haag, Koninklijke Bibliotheek, Cod. 128 C 4 555 Erfurt, Bibliotheca Amploniana, CA 4° 23 397 Erfurt, Bibliotheca Amploniana, CA 2° 394 403 Escorial, Bibliotaca del Real Monasterio, Cod. E III 24 Filocaluskalender 55, 58–62, 65, 112, 219 Florenz, Bibliotheca Laurenziana, Cod. Gadd. plut. 89 sup. 43 36 Florenz, Bibliotheca Laurenziana, Cod. Strozz. 46 36 Genf, Bibliothèque Publique et Universitaire, Cod. 22 204 Genua, Sammlung Durazzo, o. S. (Liber floridus) 555 Gero-Codex, siehe: Darmstadt, Hessische Landes und Hochschulbibliothek, Ms. 1948 Glasgow, University Library, Hunter Ms. T. 4.2 461 Göttingen, Niedersächsische Staats- und Univ.-Bibl. 2° Cod. theol. 231 Cim. 157 Göttweig, Stiftsbibliothek, Cod. 146 90, 92 Hannover, Niedersächsische Landesbibliothek, Hs. IV, 394 397 Hildesheim, Dommuseum, Kostbares Bernwardevangeliar 155 Ivrea, Biblioteca Capitolare, cod. LXXXVI, (31) 137 Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 20 263

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Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 39 264 Klosterneuburg, Stiftsbibliothek, Cod. 311 264 Leiden, Universiteitsbibliotheek, Cod., Voss. lat. fol. 121 94 Leiden, Universiteitsbibliotheek, Cod. Voss. lat. Oct. 15 99, 491 Leiden, Universiteitsbibliotheek, Ms. 190 220 Leofric Missale, siehe: Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 579 London, British Library, Add. Ms. 15819 36 London, British Library, Add. Ms. 37768 293 London, British Library, Arundel Ms. 268 36, 347 London, British Library, Cotton Ms. Galba A XVIII 157 London, British Library, Cotton Ms. Julius A.VI 109, 310 London, British Library, Cotton Ms. Nero C IV 399 London, British Library, Cotton Ms. Nero D. II. 312 London, British Library, Cotton Ms. Vitellius A. XV 110 London, British Library, Egerton Ms. 1050 36 London, British Library, Harley Ms. 2904 94, 329 London, British Library, Royal Ms. 8 D XVIII 312 London, British Library, Royal Ms. 12 C. IV 223, 300 Lotharpsalter, siehe: London, British Library, Add. Ms. 37768 Madrid, Biblioteca Nacional de España, Ms. 8282 36 Mailand, Bibliotheca Ambrosiana, Cod. D 52 inf. 36 Mailand, Bibliotheca Ambrosiana, Cod. M sup. 12 124 Melk, Bibliothek des Benediktinerstiftes, Cod. 412 (olim 370, G 32) 141, 478 Montpellier, Biblliothèque de l’École de Medicine, Cod. H. 452 36 Montecassino, Biblioteca Monumento Nazionale, ms. 3 77 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 4454 158 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 13601 155 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14000 151 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14456 40 München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 15902 264 Neapel, Biblioteca Nazionale, Cod. XIV D 37 36 New York, Pierpont Morgan Library, Ms. 333 220 New York, Pierpont Morgan Library, M 827 94, 329 New York, Pierpont Morgan Library, M 389 36 Orleans, Bibliothèque Municipale, ms. 175 94, 329 Oxford, Bodleian Library, Ms. D‘Orville 95 524 Oxford, Bodleian Library, Ms. Bodley 579 309 Oxford, Lincoln College, Ms. Lat. 63 397 Oxford, St. John’s College, Ms. 17 317 Oxford, University College, Ms. 165 243 Palermo, Biblioteca del Senato, Cod. 2 Q. q. E 11 36 Paris, Bibliothèque Nationale de France, Ms. fr. 5301 182 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 1 148f., 505 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 5058 300

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Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 7418 36, 348 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 7886 33 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 7887 33, 42, 47 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. lat. 16361 460 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. nouv. acq. lat. 1203 49 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. nouv. acq. lat. 1612 454 Paris, Bibliothèque Nationale de France, ms. nouv. acq. lat. 1613 454 Phillipps Collection, Cod. 2948 (olim) 461 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Barb. lat. 76 36 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Barb. lat. 77 36 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. gr. 1087 76, 87f., 91, 99 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. lat. 1202 349 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. lat. 1653 36 Rom, Bibl. Apost. Vat, Ms. Vat. lat. 3110 36 Rom, Bibl. Apost. Vat, Ms. Vat. lat. 3293 36 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. lat. 3305 300 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. lat. 3868 52 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Pal. lat. 1414 404 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Pal. lat. 1417 450, 532 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Pal. lat. 1564 52, 58, 357, 544 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Reg. lat. 124 58, 203 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Reg. lat. 1801 36 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Urb. lat. 694 326 Rom, Bibl. Apost. Vat., Ms. Vat. Urb. lat. 1358 36 Siena, Biblioteca comunale degli Intronati, Cod. L.IV. 25 90 Siena, Biblioteca comunale degli Intronati, Cod. L. VI 26 (= Cod. 29) 36 Saint-Omer, Bibliothèque de l'agglomération, ms. 3 220 Saint-Omer, Bibliothèque de l'agglomération, ms. 56, 220 Saint-Omer, Bibliothèque de l'agglomération, ms. 168 220 Saint-Omer, Bibliothèque de l'agglomération, mss. 342–765 220 Straßburg, Bibliothèque du Grand Séminaire, Cod. 78 385 Stuttgart, Württembergische Landesbibliohek, HB II 54 516 Stuttgart, Württembergische Landesbibliohek, HB XIV 6 538 Stuttgart, Württembergische Landesbibliohek, Cod. bib. 2° 23 276 Tours, Bibliothèque Municipale, ms. 334 454 Uta-Codex, siehe: München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 13601 Utrecht Psalter, siehe: Utrecht, Universitätsbibliothek, Ms. 32 Utrecht, Universitätsbibliothek, Ms. 32 (Utrecht Psalter) 94, 109f., 252, 329 Valenciennes, Bibliotheque Municipale, ms. 9–11 462 Valenciennes, Bibliotheque Municipale, ms. 39 462 Venedig, Biblioteca Marciana, Cod. 476 24 Verona, Biblioteca Capitolare, Cod. CLXXI (158) (olim) 370 Vivian-Bibel, siehe: Paris, BN, ms. lat. 1 Warmundus-Sakramentar, siehe: Ivrea, Bibl. Cap., cod. LXXXVI, (31)

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Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. Vindob. 1014 375 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Ms. Vind. Med. gr. 1 470 Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Cod. S. N. 2700 264 Wien, Schottenstift, Stiftsbibliothek, Cod. 521 36 Wiener Dioskurides, siehe: Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Ms. Vind. Med. gr. 1 Windsor, Eton College Library, Cod. 88 36 Wroclaw (Breslau), Biblioteka Universitecka, ms. IV 8° 11 397 Würzburg, Universitätsbibliothek, M.p.h. fol. 1 387 Würzburg, Universitätsbibliothek, M.p.th. fol. 66 203

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Sternbilder des Mittelalters Der gemalte Himmel zwischen Wissenschaft und Phantasie

Dieter Blume / Mechthild Haffner / Wolfgang Metzger

Sternbilder des Mittelalters Der gemalte Himmel zwischen Wissenschaft und Phantasie Band I: 800–1200 Teilband I.2: Abbildungen

Akademie Verlag

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) Einbandmotive: Paris, Ms. lat. 5543, fol. 61r, 162r

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruf bar.

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2012 Ein Wissenschaftsverlag der Oldenbourg Gruppe www.akademie-verlag.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und straf bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gestaltung: Petra Florath, Berlin Druck und Bindung: DZA Druckerei zu Altenburg GmbH, Altenburg Dieses Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. ISBN 978-3-05-005664-7

Vorwort

Dieser Teilband enthält die Abbildungen der Sternbilderdarstellungen von 800–1200. Die Ordnung richtet sich wie im Katalog nach den Auf bewahrungsorten und folgt dem Alphabet. Auf diese Weise sind die Abbildungen zu einer Handschrift leicht zu finden. Ausgewählte Miniaturen sind zu Beginn als Farbtafeln wiedergegeben, doch werden diese Bilder im SchwarzWeiß-Teil wiederholt, damit der Zusammenhang innerhalb der Manuskripte nachvollziehbar bleibt. Wichtige Illustrationsfolgen haben wir nach Möglichkeit vollständig reproduziert. Das genaue Verzeichnis der Bilder im Katalog liefert zusätzlich die erforderliche Übersicht. Am Ende sind zudem einige unverzichtbare Vergleichsabbildungen zusammengestellt. Im zusammenfassenden Auswertungstext verweisen jeweils Ziffern am Seitenrand auf die Abbildungsnummern. Die Verteilung auf zwei getrennte Bände erlaubt es, Abbildungen und Text parallel zu nutzen.

Inhaltsverzeichnis

Farbtafeln 11

Boulogne-sur-Mer, Ms. 188

14 16

Klosterneuburg, Cod. 685 Köln, Ms. 83 II

18 22 28 33

Leiden, Ms. Voss. Lat. Q 79 London, Ms. Cotton Tib. B V London, Ms. Harley 647 London, Ms. Harley 2506

34 40 42

Madrid, Ms. 19 Madrid, Ms. 3307 München, Clm 210

43

Oxford, Ms. Bodl. 614

45

Paris, Ms. lat. 5543

50 53 56

Rom, Ms. gr. 1291 Rom, Ms. Reg. lat. 123 Rom, Ms. Reg. lat. 309

58

St. Petersburg, Ms. Q. v. IX. No. 2

59 63

Wien, Cod. 387 Wien, Cod. 12600

Abbildungen 67 78 79

Aberystwyth, Ms. 735C Amiens, Ms. 222 Austin, HRC 029

81 86 88 96 101 108

Baltimore, Ms. W 734 Bamberg, Msc. Patr. 61 Basel, Ms. AN IV 18 Berlin, Ms. Philipps 1830/1832 Bern, Ms. 88 Boulogne-sur-Mer, Ms. 188

116

Cambridge, Ms. R.15.32

117 124 130

Dijon, Ms. 448 Dresden, Ms. Dc 183 Durham, Ms. Hunter 100

134 137

Florenz, Ms. Plut. XXIX,30 Freiburg, Ms 35

141

Gent, Ms. 92

143 149

Klosterneuburg, Cod. 685 Köln, Ms. 83 II

152 156 157 165

Laon, Ms. 422 Leiden, Cod. Gronovius 21 Leiden, Ms. Voss. Lat. Oct. 15 Leiden, Ms. Voss. Lat. Q 79

176 177 179 187 196 205 211 217

Leiden, Ms. Voss. Lat.Q 92 London, Arundel Ms. 339 London, Ms. Cotton Tib. B V London, Ms. Cotton Tib. C1 London, Ms. Harley 647 London, Ms. Harley 2506 London, Ms. Royal 13 A XI Los Angeles, Ms. Ludwig XII, 5

218 230 236 239 244 247

Madrid, Ms. 19 Madrid, Ms. 3307 Montecassino, Ms. 3 Monza, Ms. 6B-117 München, Clm 210 München, Clm 10270

249 263 271

Oxford, Ms. Bodl. 614 Oxford, Ms. Digby 83 Oxford, Ms. Laud. Misc. 644

273 274 279 286 289 293 300

Padua, Cod. 27 Scaff. I Paris, Ms. lat. 5239 Paris, Ms. lat. 5543 Paris, Ms. lat. 8663 Paris, Ms. lat. 121177 Paris, Ms. lat. 12957 Paris, Ms. lat. 14754

302 305 306

Paris, Ms. nouv. acqu. lat. 1614 Paris, ehemals Philipps Coll. 26235 Prag, Ms. IX. C 6

309 313 315 319 332 336

Rom, Ms. gr. 1291 Rom, Ms. lat. 643 Rom, Ms. lat. 645 Rom, Ms. Reg. lat. 123 Rom, Ms. Reg. lat. 309 Rouen, Ms. 26

337 349 355 356

St. Gallen, Ms. 250 St. Gallen, Ms. 902 St. Paul im Lavanttal, Ms. 16/1 St. Petersburg, Ms. Q. v. IX. No. 2

359

Venedig, Cod. lat. VIII, 22

361 365 368 371 373

Wien, Cod. 51 Wien, Cod. 387 Wien, Cod. 12600 Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2° Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 18.16 Aug. 4°

376

Zwettl, Cod. 296

385

Vergleichsabbildungen

Farbtafeln

Boulogne-sur-Mer 11 Ms. 88

Taf. 1

| 26v,

Steinbock, Schütze

12 Boulogne-sur-Mer Ms. 88

Taf. 2

| 27r,

Adler, Delphin

Boulogne-sur-Mer 13 Ms. 88

Taf. 3

| 32v,

Sol, Luna

14

Klosterneuburg Cod. 685

Taf. 4

| 73r,

Bootes

Klosterneuburg Cod. 685

Taf. 5

| 74r,

Zwillinge

15

16

Köln Ms. 83 II

Taf. 6

| 154v, Luna

17

Köln Ms. 83 II

Taf. 7

| 156v,

Taf. 8

| 157r,

Hercules

Schlangenträger

18

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

Taf. 9

| 16v, Zwillinge

19

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

Taf. 10

| 28v,

Taf. 11

| 30v,

Cassiopeia

Andromeda

20

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

Taf. 12

| 38v,

Taf. 13

| 48v,

Fische

Wassermann

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

Taf. 14

| 93v, Tierkreis mit Planetarium

21

22

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 15

| 8v, Monatsarbeiten Dezember

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 16

| 34r, Perseus

23

24

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 17

| 39r, Orion

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 18

| 47r, Sol und Luna

25

26

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 19

| 81v,

Wunder des Ostens, Menschen mit Löwenköpfen und Menschen fressende Riesen

27

London Ms. Cotton Tib. B V

Taf. 20

| 87v,

Der Magier Mambres am Rand der Unterwelt

28

London Ms. Harley 647

Taf. 21

| 4r,

Taf. 22

| 8r,

Perseus

Orion

29

London Ms. Harley 647

Taf. 23

| 5v,

Schwan

30

London Ms. Harley 647

Taf. 24

| 8v,

Großer Hund

Taf. 25

| 10r,

Cetus

31

London Ms. Harley 647

Taf. 26

| 10v–11r,

Eridanus und großer Fisch

32

London Ms. Harley 647

Taf. 27

| 12r,

Kentaur

33

London Ms. Harley 2506

Taf. 28

| 36r,

Taf. 29

| 38v,

Widder

Wassermann

34

Madrid Ms. 19

Taf. 30

| 55r-1,

Taf. 31

| 55r-2,

Aratos und Muse

Jupiter

35

Madrid Ms. 19

Taf. 32

| 56r-2,

Taf. 33

| 57v,

Hercules

Jungfrau

36

Madrid Ms. 19

Taf. 34

| 58r,

Taf. 35

| 59r,

Zwillinge

Fuhrmann

37

Madrid Ms. 19

Taf. 36

| 60r-1,

Taf. 37

| 60r-2,

Cassiopeia

Andromeda

38

Madrid Ms. 19

Taf. 38

| 63r,

Wassermann und Steinbock

Taf. 39

| 67r-1,

Eridanus

39

Madrid Ms. 19

Taf. 40

| 68v,

Taf. 41

| 73v,

Milchstraße

Austronothus

40

Madrid Ms. 3307

Taf. 42

| 59v,

Taf. 43

| 60r,

Wassermann, Steinbock

Schütze, Adler, Delphin

41

Madrid Ms. 3307

Taf. 44

| 61r,

Taf. 45

| 61v,

Hase, Argo, Cetus

Eridanus, großer Fisch, Altar

42

München Clm. 210

Hintergrund XLII + XLIV Beispiel für XLIII + XLV

Taf. 46

| 113v,

Planisphäre

43

Oxford Bodl. 614

Taf. 47

| 19v-20r,

Taf. 48

| 23r,

Taf. 49

| 24r,

Löwe bis Skorpion

Planeten

Bootes mit den Bären, Ariadne mit der Krone

44

Oxford Bodl. 614

Taf. 50

| 26v–27r,

Andromeda, Perseus, Plejaden

Taf. 51

| 31r,

Orion

45

Paris Ms. lat. 5543

Taf. 52

| 161r,

Hercules, Krone

46

Paris Ms. lat. 5543

Taf. 53

| 162r,

Skorpion, Bootes

47

Paris Ms. lat. 5543

Taf. 54

| 162v,

Taf. 55

| 158r

Jungfrau

einst nach 162v, Zwillinge

48

Paris Ms. lat. 5543

Taf. 56

| 159v,

Taf. 57

| 163v,

Cepheus

Andromeda

49

Paris Ms. lat. 5543

Taf. 58

Perseus

| 165r,

50

Rom Ms. gr. 1291

Taf. 59

| 2v,

Nördliche Hemisphäre

51

Rom Ms. gr. 1291

Taf. 60

| 4v,

Südliche Hemisphäre

52

Rom Ms. gr. 1291

Taf. 61

| 9r,

Sol im Tierkreis mit Stunden- und Monatspersonifikationen

53

Rom Ms. Reg. lat. 123

Taf. 62

| 164r,

Taf. 63

| 167r,

Sol

Luna

54

Rom Ms. Reg. lat. 123

Taf. 64

| 181v,

Taf. 65

| 186v,

Wassermann

Hercules

55

Rom Ms. Reg. lat. 123

Taf. 66

| 188v,

Taf. 67

| 192v,

Schlangenträger

Andromeda

56

Rom Ms. Reg. lat. 309

Taf. 68

| 93r,

Bootes, Jungfrau

57

Rom Ms. Reg. lat. 309

Taf. 69

| 93v,

Zwillinge, Krebs

58

St. Petersburg Ms. Q. v. IX. No. 2

Taf. 70

| 4v–5r,

Perseus bis Delphin

Taf. 71

| 7r,

Vorhund, lesender Mönch

59

Wien Cod. 387

Taf. 72

| 90r,

Monatsarbeiten

60

Wien Cod. 387

Taf. 73

| 140r,

Die zwölf Winde

61

Wien Cod. 387

Taf. 74

| 119r,

Steinbock bis Delphin

62

Wien Cod. 387

Taf. 75

| 120r,

Cetus bis Kentaur

63

Wien Cod. 12600

Taf. 76

| 25r,

Widder bis Wassermann

64

Wien Cod. 12600

Taf. 77

| 25v,

Steinbock bis Cetus

Abbildungen

Aberystwyth Ms. 735C

| 3v, Südliche Hemisphäre 1

2 | 4r,

Nördliche Hemisphäre

3

| 4v,

4

| 5r,

Planeten im Tierkreis Hemisphären

67

68

Aberystwyth Ms. 735C

5 | 10v, Planisphäre

Aberystwyth Ms. 735C

6

| 11v,

7

| 12r,

Aratos und Muse

Jupiter

69

70

Aberystwyth Ms. 735C

8

| 13r,

9

| 13v,

Schlange zwischen den Bären

Hercules

Aberystwyth Ms. 735C

10

| 14r,

11

| 14v,

Krone

Schlangenträger auf dem Skorpion

71

72

Aberystwyth Ms. 735C

12

| 15r,

13

| 16r,

Bootes

Jungfrau

Aberystwyth Ms. 735C

14

| 17r,

15

| 17v,

16

| 18v,

Zwillinge mit Krebs

Löwe Stier

73

74

Aberystwyth Ms. 735C

| 19r, Cepheus

17

18

| 19v,

Cassiopeia und Andromeda

Aberystwyth Ms. 735C

19

| 20r,

20

| 20v,

Pegasus

Widder

75

76

Aberystwyth Ms. 735C

21

| 21r,

Hydra und Vorhund

| 21v, Planeten

22

Aberystwyth Ms. 735C

23

| 25r,

Planisphäre

77

78

Amiens Ms. 222

24

| 18r,

Andromeda bis Schütze

25 | 18v, Delphin bis Vorhund

Austin

79

HRC 029

| 27r, Bären bis Krone

26 27

| 27v,

28

| 28v,

29

| 29r,

Schlangenträger bis Jungfrau

Fuhrmann bis Cassiopeia Andromeda bis Fische

80

Austin HRC 029

30 | 29v, Perseus bis Steinbock 31

| 30r,

Schütze bis Hase

Baltimore Ms. W 734

32

| 5v,

Bären, Bootes und Krone

81

82

Baltimore Ms. W 734

33 | 6r, Herkules

34

| 6r,

Leier

35

| 7rb,

36

| 7ra,

Cassiopeia

Andromeda 37

| 7v,

Perseus

Baltimore Ms. W 734

38

| 8r,

Fuhrmann

| 9v, Widder und Stier

39

40

| 8r,

Schlangenträger

| 8v, Adler 41

83

84

Baltimore Ms. W 734

42

| 10r,

45

| 11v,

43

| 11r,

44

| 12v,

Zwillinge und Krebs Wassermann

Skorpion und Schütze Hase, Orion und Hund

Baltimore Ms. W 734

| 13r, Vorhund bis Kentaur 46

| 20r, Krippe und Esel 47

85

86

Bamberg Msc. Patr. 61

48

| 79r,

Sol und Luna

Bamberg Msc. Patr. 61

49

| 80r

87

88

Basel Ms. AN IV 18

50

| 14r,

51

| 14v,

Schlange zwischen den Bären

Hercules

Basel

89

Ms. AN IV 18

52

| 16r,

53

| 16v,

54

| 15r,

Schlangenträger auf dem Skorpion Bootes

Krone

| 18v, Jungfrau

55

| 20r, Zwillinge mit Krebs 56

90

Basel Ms. AN IV 18

57

| 21r, Löwe

58 | 22r, Fuhrmann

Basel Ms. AN IV 18

59

| 23v,

60

| 24r,

Stier

Cepheus

| 24v, Cassiopeia

61

62

| 25r,

Andromeda

| 26r, Pegasus 63

64

| 26v,

Widder

91

92

Basel Ms. AN IV 18

65

| 27r,

66

| 27v,

67

| 29r,

Dreieck Fische

Leier

| 29v, Schwan

68

69

| 28r,

70

| 33v,

Perseus

Delphin

Basel Ms. AN IV 18

| 31v, Wasserman und Steinbock 71

72

| 32v,

73

| 33r,

74

| 34r,

75

| 35r,

76

| 35v,

Schütze

Adler

Orion

Großer Hund Hase

93

94

Basel Ms. AN IV 18

77

| 36r, Argo

78 | 36v,

Cetus

79

| 37v,

80

| 38r,

Großer Fisch

Altar

| 37r, Eridanus

81 82

| 38v,

83

| 39r,

Kentaur

Hydra

84 | 39v,

Vorhund

Basel Ms. AN IV 18

85

| Einzelblatt, Planisphäre

95

96

Berlin Ms. Philipps 1830/1832

86

| 11v–12r,

Planisphäre mit zwei Astronomen

Berlin Ms. Philipps 1830/1832

87

| 82r,

88

| 82v,

Bären bis Hercules

Krone bis Bootes

97

98

Berlin Ms. Philipps 1830/1832

89

| 83r,

90

| 83v,

Jungfrau bis Löwe

Fuhrmann bis Andromeda

Berlin Ms. Philipps 1830/1832

91

| 84r,

92

| 84v,

Cassiopeia bis Perseus

Lyra bis Adler

99

100

Berlin Ms. Philipps 1830/1832

93

| 85r,

94

| 85v,

Delphin bis Eridanus

Großer Fisch bis Vorhund

Bern

101

Ms. 88

95

| 1v,

96

| 2r,

97

| 2r,

Jupiter, Schlange zwischen den Bären

Hercules

Krone

102

Bern Ms. 88

98 | 2v, Schlangenträger, Bootes 99

| 3r,

100

| 3v,

Jungfrau, Zwillinge

101

Löwe

| 3v,

Krebs

103

Bern Ms. 88

| 4r, Fische, Perseus

102

103

| 4v,

Plejaden, Lyra

104

Bern Ms. 88

104

| 5r,

Schwan, Wassermann

105

Bern Ms. 88

| 5v, Steinbock, Schütze

105

106

| 6r,

107

| 6v,

108

| 7r,

Adler, Delphin

Orion, Großer Hund Argo, Cetus

109 | 7v, Eridanus 110

| 7v,

Großer Fisch

106

Bern Ms. 88

111

| 10v,

Sol, Luna

Bern Ms. 88

112

| 11v,

Planisphäre

107

108 Boulogne-sur-Mer Ms. 188

113

| 20r,

Planisphäre

Boulogne-sur-Mer 109 Ms. 188

| 20v, Jupiter, Schlange zwischen den Bären 114

115

| 21r,

116

| 21v,

117

| 22r,

Hercules, Krone

Schlangenträger, Bootes Jungfrau, Zwillinge

110 Boulogne-sur-Mer Ms. 188

118

| 22v,

Krebs, Löwe

119 | 23r, Fuhrmann, Stier

120

| 23v,

121

| 24r,

Cepheus, Cassiopeia Andromeda, Pegasus

Boulogne-sur-Mer 111 Ms. 188

| 24v, Widder, Dreieck

122 123

| 25r,

124

| 25v,

125

| 26r,

Fische, Perseus

Plejaden, Lyra Schwan, Wassermann

112 Boulogne-sur-Mer Ms. 188

126 | 26v, Steinbock, Schütze 127

| 27r,

128

| 27v,

129

| 28r,

Adler, Delphin

Orion, Großer Hund

Argo, Cetus

Boulogne-sur-Mer 113 Ms. 188

130

| 28v,

131

| 29r,

132

| 29v, Hydra,

Eridanus, großer Fisch Altar, Kentaur

Vorhund, Planeten

114 Boulogne-sur-Mer Ms. 188

| 30r, Tierkreis mit Planetarium

133

Boulogne-sur-Mer 115 Ms. 188

134

| 32v,

Sol, Luna

116

Cambrige Ms. R.15.32

| 102, Pegasus

135

136

| 114,

137

| 104,

Südfisch

Stier

138 | 109,

Fische

Dijon Ms. 448

139

| 63v,

Planeten

117

118

Dijon Ms. 448

140

| 64r,

Schlange zwischen den Bären im Tierkreis

Dijon Ms. 448

| 64v, Schlange zwischen den Bären

141

142

| 65r,

143

| 65v,

Widder, Stier

Zwillinge

119

120

Dijon Ms. 448

144

| 66r,

Krebs, Löwe, Waage und Jungfrau

Dijon

121

Ms. 448

| 66v, Skorpion, Schütze, Pfeil 145

146

| 67r,

147

| 67v,

148

| 68r,

Steinbock, Wassermann, Fische

Bären bis Schlangentäger Skorpion bis Zwillinge

122

Dijon Ms. 448

149 | 68v, Krebs bis Cepheus 150

| 69r,

151

| 69v,

152

| 70r,

Cassiopeia bis Dreieck

Fische bis Wassermann Steinbock bis Orion

Dijon Ms. 448

| 70v, Großer Hund bis Eridanus 153

154

| 71r,

Großer Fisch bis Vorhund

123

124

Dresden Ms. DC 183

155

| 8v,

Nördliche und südliche Hemisphären 156

| 13r,

Himmelsglobus

| 15v, Hercules

157

Dresden

125

Ms. DC 183

158

| 16r,

159

| 16v,

Schlangenträger Bootes

| 17r, Jungfrau, Zwillinge 160

126

Dresden Ms. DC 183

162

161

| 18r,

Stier

| 18r, Fuhrmann

| 18v, Cepheus

163 164

| 18v,

165

| 19r,

Cassiopeia

Andromeda

Dresden

127

Ms. DC 183

| 19v, Pegasus

166 167

| 20v,

168

| 19v-b,

169

| 21r,

Perseus

Widder

Plejaden

| 21v, Lyra, Schwan, Wassermann

170

171

| 22r,

Steinbock, Schütze

128

Dresden Ms. DC 183

172

| 23r,

173

| 23v,

174

| 24r,

175

| 24r,

176

| 24v,

177

| 25r,

178

| 25v,

Orion, Löwe Großer Hund

Argo

Cetus

Eridanus, Großer Fisch Altar

Kentaur

Dresden Ms. DC 183

| 27v, Planeten

179

| 28v, Sol und Luna im Tierkreis 180

181

| 29v,

182

| 31r,

Luna Sol

129

130

Durham Ms. Hunter 100

183

| 2r,

Wassermann

184 | 4r, Zwillinge 185

| 5v,

186

| 6r,

187

| 7r,

Jungfrau

Waage

Schütze

Durham Ms. Hunter 100

188

| 62r,

Andromeda bis Fische

131

132

Durham Ms. Hunter 100

189

| 62v,

190

| 62v,

191

| 62v,

Perseus

Wassermann

Lyra

192 | 63r, Steinbock bis Delphin

Durham Ms. Hunter 100

193

| 63v,

193

| 63v,

195

| 64r,

196

| 64v,

Orion

Argo, Cetus

Eridanus, Altar Kentaur

133

134

Florenz Ms. Plut. XXIX,30

197

| 6v,

Bootes

| 9r, Hercules

198

199

| 10v,

200

| 11r,

Schwan, Cepheus

Cassiopeia, Andromeda, Perseus

Florenz Ms. Plut. XXIX,30

201

| 11v,

Fuhrmann

| 13r, Schlangenträger

202

203

| 18r,

204

| 18v,

205

| 21r,

206

| 24r,

Stier

Zwillinge

Schütze

Kentaur

135

136

Florenz Ms. Plut. XXIX,30

207

| 21v,

208

| 22r,

Steinbock, Wassermann

Fische, Cetus, Eridanus

Freiburg

137

Ms. 35

| 1v, Kleiner Bär, Schlange 209

210

| 2r,

211

| 2v,

212

| 3r,

Hercules, Krone, Schlangenträger

Skorpion, Bootes Jungfrau, Zwillinge, Krebs

138

Freiburg Ms. 35

213

| 3v-4r,

Löwe bis Cassiopeia

214

| 3v,

215

| 4r,

Fuhrmann

Cassiopeia

Freiburg Ms. 35

| 4v, Andromeda 216 217

| 6r,

218

| 6v-7r,

Perseus, Lyra

Schwan, Wassermann, Steinbock

139

140

Freiburg Ms. 35

219 | 7v, Schütze, Adler 220

| 8r,

221

| 9r,

Delphin, Orion

Argo, Cetus

Gent

141

Ms. 92

| 88v, Sol und Planeten

222 223

| 89r,

224

| 89v,

225

| 90r,

Bären bis Skorpion

Jungfrau bis Stier Cepheus bis Fische

142

Gent Ms. 92

226 | 90v, Lyra bis Hase 227

| 91r,

228

| 91v,

Argo bis Hydra

Kentaur bis Vorhund

Klosterneuburg

143

Cod. 685

| 71v, Schlange zwischen den Bären

229

230

| 72r,

231

| 72v,

232

| 73r,

Hercules

Krone, Schlangenträger, Skorpion Bootes

144

Klosterneuburg Cod. 685

| 73v, Jungfrau

233

234

| 74r,

235

| 75r,

236

| 76r,

Zwillinge

Fuhrmann

Cepheus

Klosterneuburg Cod. 685

| 76v, Cassiopeia

237

238

| 77r,

239

| 77v,

240

| 78v,

Andromeda

Pegasus, Widder Perseus

145

146

Klosterneuburg Cod. 685

| 79r, Plejaden

241 242

| 79v,

243

| 80r,

244

| 80v,

Lyra, Schwan

Wassermann, Steinbock Schütze, Adler

Klosterneuburg

147

Cod. 685

| 81r, Delphin, Orion

245

246

| 81v,

247

| 82r,

248

| 82v,

Großer Hund, Hase

Argo, Cetus Eridanus, Großer Fisch, Altar

148

Klosterneuburg Cod. 685

| 83r, Kentaur

249 250

| 86r,

251

| 86v,

Sol und Luna im Tierkreis

Luna

252 | 88r,

Sol

149

Köln Ms. 83 II

253

| 154v,

254

| 155r,

255

| 155v,

Luna

Großer Bär

Kleiner Bär

150

Köln Ms. 83 II

256

| 156r,

257

| 157v,

258

| 156v,

Schlange

Skorpion

Hercules

151

Köln Ms. 83 II

259

| 157r,

260

| 158r,

261

| 159r,

Schlangenträger

Bootes, Jungfrau Fuhrmann

152

Laon Ms. 422

262 | 5v, Die zwölf Winde 263

| 6v,

Die vier Jahreszeiten

264

| 26v,

265

| 27r,

Kleiner Bär bis Krone

Schlangenträger bis Jungfrau

Laon

153

Ms. 422

266

| 27v,

Zwillinge bis Stier

154

Laon Ms. 422

| 28r, Cepheus bis Pegasus 267

268

| 28v,

269

| 29r,

270

| 29v,

Widder bis Schwan

Wassermann bis Delphin Orion bis Argo

Laon Ms. 422

| 30r, Cetus bis Altar

271

272

| 30v,

Kentaur bis Vorhund

155

156

Leiden

Ms. Cod. Gronovius 21

273

| 55r,

Bootes bis Lyra

Leiden

157

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

274

| 2r,

Skizzen des Ademar von Chabannes

158

Leiden

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

275

| 172v,

276

| 173r,

277

| 173v,

278

| 174r,

Bären

Schlange, Bootes, Krone

Hercules, Lyra Schwan, Cepheus

Leiden

159

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

279

| 174r,

280

| 174v,

Cepheus

Cassiopeia

160

Leiden

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

281

| 175r,

Andromeda

Leiden

161

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

| 175v, Perseus 282 283

| 176r,

284

| 176v,

285

| 177r,

Fuhrmann, Schlangenträger

Pfeil, Adler, Delphin Pegasus, Dreiceck, Widder

162

Leiden

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

286

| 177v,

Stier, Zwillinge, Krebs

Leiden

163

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

287

| 178r,

288

| 178v,

289

| 179r,

Löwe, Jungfrau

Skorpion, Schütze

Steinbock, Wassermann

164

Leiden

Ms. Voss. Lat. Oct. 15

290 | 179v, Fische, Cetus, Eridanus 291

| 180r,

292

| 180v,

293

| 181r,

Hase, Orion, Großer Hund

Vorhund, Argo, Kentaur Altar, Hydra

Leiden

165

Ms. Voss. Lat. Q. 79

294

| 3v–4r,

295

| 6v,

Schlange zwischen den Bären

Hercules

166

Leiden

Ms. Voss. Lat. Q. 79

296

| 8v,

Krone

297

| 10v,

298

| 12v,

Schlangenträger

Bootes

| 16v, Zwillinge

299

300

| 18v,

301

| 20v,

Krebs Löwe

Leiden

167

Ms. Voss. Lat. Q. 79

302

| 22v,

303

| 24v,

304

| 26v,

Fuhrmann Stier

Cepheus

| 28v, Cassiopeia

305

306

| 30v,

307

| 32v,

Andromeda Pegasus

168

Leiden

Ms. Voss. Lat. Q. 79

| 34v, Widder

308

309

| 36v,

310

| 38v,

311

| 40v,

312

| 42v,

313

| 44v,

Dreieck

Fische

Perseus

Plejaden

Lyra

Leiden

169

Ms. Voss. Lat. Q. 79

314

| 46v,

315

| 48v,

Schwan

Wassermann

| 50v, Steinbock

316 317

| 52v,

318

| 54v,

319

| 56v,

Schütze

Adler

Delphin

170

Leiden

Ms. Voss. Lat. Q. 79

320

| 58v,

Orion

321 | 60v,

Großer Hund

322

| 62v,

Hase

323 | 64v,

Argo

324

| 66v–67r,

Cetus

Leiden

171

Ms. Voss. Lat. Q. 79

| 68v, Eridanus

325

172

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

326

| 70v,

327

| 72v,

328

| 76v,

Großer Fisch

Altar

Hydra

| 78v, Vorhund

329

Leiden

173

Ms. Voss. Lat. Q 79

330

| 80v,

331

| 82v,

Planeten

Jahreszeiten

174

Leiden Ms. Voss. Lat. Q 79

332

| 93v,

Tierkreis mit Planetarium

Leiden

175

Ms. Voss. Lat. Q 79

333

| 93v-Detail,

334

| 93v-Detail,

Sonne, Venus und Merkur

Jupiter und Zwillinge

176

Leiden Ms. Voss. Lat.Q 92

| 96v, Hercules

335 336

| 98v,

Fuhrmann

337

| 100v,

Zwillinge

338

| 97v,

Cepheus, Cassiopeia

339 | 98r, Andromeda, Perseus

London

177

Arundel Ms. 339

340

| 76v,

341

| 74r,

342

| 75r,

343

| 77r,

Cepheus, Cassiopeia, Andromeda, Perseus Bootes

Hercules

Fuhrmann

178

London Arundel Ms. 339

344 | 78r, Schlangenträger 345

| 84r,

346

| 81r,

347

| 82r,

Vorhund, Argo, Kentaur

Zwillinge

Jungfrau, Scorpion, Schütze

| 83r, Pegasus, Eridanus, Hase 348

London

179

Cotton Ms. Tib. B V

| 32v, Widder

349 350

| 33r,

351

| 34r,

352

| 34v,

Dreieck

Perseus

Plejaden

180

London

Cotton Ms. Tib. B V

353

| 35r,

354

| 36r,

Lyra

Wassermann

| 36v, Steinbock

355

356

| 37r,

Schütze

London

181

Cotton Ms. Tib. B V

357

| 37v,

358

| 38r,

359

| 38v,

360

| 39r,

361

| 39v,

362

| 40r,

Pfeil

Adler

Delphin Orion

Großer Hund Hase

182

London

Cotton Ms. Tib. B V

363

| 40v, Argo

| 41v, Eridanus

364

365

| 42r,

366

| 42v,

Großer Fisch

Altar

London

183

Cotton Ms. Tib. B V

367

| 43r,

368

| 43v,

Kentaur

Hydra

184

London

Cotton Ms. Tib. B V

| 45v, Planeten

369 370

| 46v,

371

| 47r,

Winde und Jahreszeiten

Sol und Luna

London

185

Cotton Ms. Tib. B V

| 56v, Weltkarte

372

186

London

Cotton Ms. Tib. B V

373 | 81v,

Wunder des Ostens, Löwenköpfiger Mensch und Menschenfressender Riese

374

| 87v,

Der Magier Mambres am Rand der Unterwelt

London Cotton Ms. Tib. C1

375 | 21r, Widder 376

| 22r,

377

| 22v,

378

| 23r,

Fische

Perseus

Plejaden

187

188

London Cotton Ms. Tib. C1

379

| 24v,

Wassermann

London Cotton Ms. Tib. C1

380

| 23v,

381

| 24r,

382

| 25r,

Lyra

Schwan

Steinbock

189

190

London Cotton Ms. Tib. C1

| 25v, Schütze

383

384

| 26r,

385

| 26v,

Pfeil

Adler

386 | 27r,

Delphin

London Cotton Ms. Tib. C1

387

| 27v,

388

| 28r,

389

| 28v,

390

| 29r,

Orion

Großer Hund

Hase

Argo

191

192

London Cotton Ms. Tib. C1

391

| 29v,

392

| 30r,

393

| 30v,

394

| 32r,

Cetus

Eridanus

Großer Fisch

Hydra

London Cotton Ms. Tib. C1

395

| 31v,

Kentaur

193

194

London Cotton Ms. Tib. C1

396

| 32v,

397

| 33r,

Vorhund

Planeten

London

195

Cotton Ms. Tib. C1

398

| 34v,

Winde, Jahreszeiten, Sol und Luna

196

London Harley Ms. 647

399

| 2v,

400

| 3r,

Widder

Dreieck

London Harley Ms. 647

401

| 3v,

402

| 4r,

Fische

Perseus

197

198

London Harley Ms. 647

| 4v, Plejaden

403

404

| 5r,

405

| 5v,

406

| 6r,

Lyra

Schwan

Schütze

London Harley Ms. 647

407

| 7r,

Adler

199

200

London Harley Ms. 647

| 7v, Delphin

408

409

| 8r,

410

| 8v,

411

| 9r,

Orion

Großer Hund

Hase

London Harley Ms. 647

412

| 9v,

413

| 10r,

Argo

Cetus

201

202

London Harley Ms. 647

| 10v–11r, Eridanus und großer Fisch

414

415

| 11v,

Altar

416 | 12r,

Kentaur

London Harley Ms. 647

417

| 12v,

418

| 13v,

Hydra

Planeten

203

204

London Harley Ms. 647

419

| 21v,

Planisphäre

London Ms. Harley 2506

| 36r, Widder 420 421

| 36v,

422

| 38r,

423

| 38v,

Fische

Schwan

Wassermann

205

206

London Ms. Harley 2506

424

| 37r,

Perseus

London Ms. Harley 2506

425

| 39r,

426

| 39v,

Steinbock

Schütze

207

208

London Ms. Harley 2506

427 | 40r, Pfeil, Adler 428

| 40v,

429

| 41r,

Delphin

Orion, Großer Hund

London Ms. Harley 2506

430

| 41v,

431

| 42r,

Hase

Argo, Cetus

209

210

London Ms. Harley 2506

432

| 42v–43r,

Eridanus und großer Fisch

433

| 43v,

Altar

434 | 44r,

Kentaur, Hydra

London

211

Royal Ms. 13 A XI

435

| 105r,

Schlange zwischen den Bären

436 | 106r, Hercules bis Cepheus

| 105v, Bootes, Krone 437

212

London Royal Ms. 13 A XI

| 106v, Cassiopeia, Andromeda

438

439

| 107r,

Perseus bis Skorpion

London

213

Royal Ms. 13 A XI

| 107v, Schlange bis Adler

440 441

| 108r,

Delphin, Pegasus, Dreieck

214

London Royal Ms. 13 A XI

442 | 108v, Widder, Stier, Hyaden 443

| 109r,

Zwillinge, Krebs, Löwe

London

215

Royal Ms. 13 A XI

| 109v, Jungfrau, Waage, Skorpion 444

445

| 110r,

446

| 110v,

447

| 111r,

Schütze, Steinbock, Wassermann

Fische, Cetus, Eridanus Canopus, Hase, Orion, großer Hund

216

London Royal Ms. 13 A XI

448 | 111v, Vorhund, Argo, Kentaur 449

| 112r,

450

| 112v,

Wolf, Altar

Hydra, großer Fisch

Los Angeles Ms. Ludwig XII, 5

451

| 150v,

452

| 151r,

Löwe bis Andromeda

Pegasus bis Wassermann

217

218

Madrid Ms. 19

453

| 4v,

Fingerzahlen

Madrid

219

Ms. 19

454

| 55r-1,

455

| 55r-2,

Aratos und Muse Jupiter

456 | 56r-1,

Schlange zwischen den Bären

| 56r-2, Hercules

457

458

| 56v,

459

| 57r-1,

Krone

Schlangenträger

220

Madrid Ms. 19

460

| 57r-2, Bootes

461

| 57v,

462

| 58r,

463

| 58v,

464

| 59r,

Jungfrau

Zwillinge Löwe

Fuhrmann 465

| 59v-1,

Stier

Madrid Ms. 19

466

| 59v-2,

467

| 60r-1,

Cepeus

Cassiopeia

221

222

Madrid Ms. 19

468

| 60r-2,

Andromeda 469

| 60v,

Pegasus

470

| 61r-1,

471

| 61r-2,

472

| 61v-1,

473

| 61v-2,

Widder

Dreieck

Fische

Perseus

Madrid Ms. 19

474

| 62r,

475

| 62v-1,

Plejaden

Lyra

| 62v-2, Schwan

476

223

224

Madrid Ms. 19

477

| 63r,

478

| 63v,

Wassermann und Steinbock

Schütze

Madrid Ms. 19

479

| 64r-1,

Adler

| 64r-2, Delphin 480

481

| 64v,

482

| 65v-2,

483

| 65r,

484

| 65v-1,

Orion Argo

Großer Hund Hase

225

226

Madrid Ms. 19

485

| 65v-3,

Cetus

486 | 66r-1,

Hydra

487

| 66v-2,

488

| 66v-1,

Kentaur

Vorhund

489

| 67v, Altar

Madrid Ms. 19

490

| 67r-1,

491

| 67r-2,

492

| 68r,

493

| 73v,

494

| 68v,

Eridanus

Großer Fisch

Planeten

Austronothus Milchstraße

227

228

Madrid Ms. 19

495

| 71r,

496

| 72r,

Sol

Luna

Madrid

229

Ms. 3307

497

| 120v,

498

| 120r,

499

| 121r,

Abraham als Lehrer der Astronomie

Zwölf Winde Nimrod und Joanthon, Jahreszeiten

230

Madrid Ms. 3307

500 | 54v, Bären, Schlange 501

| 55r,

502

| 55v,

503

| 56r,

Hercules, Krone

Schlangenträger, Skorpion Bootes, Jungfrau

Madrid Ms. 3307

504 | 56v, Zwillinge, Krebs 505

| 57r,

506

| 57v,

507

| 58r,

Löwe, Fuhrmann

Stier, Cepheus. Cassiopeia Andromeda, Pegasus

231

232

Madrid Ms. 3307

508 | 58v, Widder, Dreieck, Fische 509

| 59r,

510

| 59v,

511

| 60r,

Perseus, Lyra, Schwan

Wassermann, Steinbock

Schütze, Adler, Delphin

Madrid

233

Ms. 3307

| 60v, Orion, großer Hund

512

513

| 61r,

514

| 61v,

515

| 62r,

Hase, Argo, Cetus

Eridanus, großer Fisch, Altar Kentaur, Hydra

234

Madrid Ms. 3307

516 | 62v, Rabe, Mischkrug, Vorhund 517

| 60v-Detail,

518

| 62r-Detail,

Orion

Kentaur

Madrid

235

Ms. 3307

| 63v, Die Ordnung der Planeten

519

520

| 64r,

521

| 65v,

522

| 66r,

Die Intervalle der Planeten

Die exzentrischen Bahnen und Apsiden der Planeten

Die Planetenbahnen im Band des Zodiakus

236

Montecassino Ms. 3

523 | 178v, Herkules, Krone 524

| 179r,

525

| 180v,

526

| 181r,

Schlangenträger, Skorpion, Bootes

Jungfrau, Zwillinge

Krebs, Löwe, Fuhrmann

Montecassino

237

Ms. 3

| 182v, Stier, Cepheus

527

528

| 183r,

529

| 185r,

530

| 187r,

Cassiopeia, Andromeda

Fische, Perseus Wassermann, Steinbock, Schütze

238

Montecassino Ms. 3

531 | 188v, Adler, Delphin, Orion 532

| 190v,

Cetus, Eridanus

Monza Ms. 6B-117

| 61v, Bären, Schlange

533

534

| 62r,

535

| 62v,

536

| 63r,

Herkules, Krone

Schlangenträger, Skorpion Bootes, Jungfrau

239

240

Monza Ms. 6B-117

537

| 63v,

538

| 64r,

539

| 64v,

Zwillinge, Krebs Löwe, Fuhrmann

Stier, Cepheus, Cassiopeia 540 | 65r, Andromeda, Pegasus

Monza Ms. 6B-117

541

| 65v,

Widder, Dreieck, Fische 542 | 66r,

Perseus, Lyra, Schwan

543

| 66v,

Wassermann, Steinbock

| 67r, Schütze, Adler, Delphin

544

241

242

Monza Ms. 6B-117

545 | 67v, Orion, großer Hund 546

| 68r.

547

| 68v,

Hase, Argo, Cetus

Eridanus

Monza

243

Ms. 6B-117

| 69r, Kentauer, Hydra

548 549

| 69v,

Rabe, Mischkrug, Vorhund

244

München Clm 210

550

| 113v,

Himmelskarte

München

245

Clm 210

551 | 115v, Bären bis Herkules 552

| 116v,

553

| 117v,

554

| 118r.

Bootes, Jungfrau, Zwillinge

Fuhrmann, Stier Cepheus, Cassiopeia, Andromeda

246

München Clm 210

| 119r, Perseus bis Wassermann 555

556

| 119v,

557

| 120v,

Steinbock bis Delphin

Cetus bis Kentaur

München

247

Clm 10270

| 1v, Schlange zwischen den Bären

558

559

| 2r,

560

| 2v,

561

| 3r,

Bootes bis Schwan

Cepheus bis Perseus Waage bis Fische

248

München Clm 10270

562 | 3v, Orion bis Altar 563

| 4r,

564

| 4v,

565

| 5v,

Kentaur bis Eridanus

Fingerzahlen

Fingerzahlen

Oxford Ms. Bodl. 614

566

| 1v-2r,

Gelehrte und Astronomen

249

250

Oxford Ms. Bodl. 614

| 3r, Januar

567

568

| 4r,

569

| 5r,

Februar

März

Oxford Ms. Bodl. 614

570

| 17v–18r,

571

| 18v–19r,

Sol und Luna, Widder

Stier, Zwillinge, Krebs

251

252

Oxford Ms. Bodl. 614

572

| 19v–20r,

573

| 20v–21r,

Löwe bis Skorpion

Schütze, Steinbock

Oxford Ms. Bodl. 614

574

| 21v–22r,

575

| 23r,

Wassermann, Fische

Planeten

253

254

Oxford Ms. Bodl. 614

576

| 24r,

Bootes mit den Bären, Ariadne mit der Krone

577

| 24v–25r,

Hercules, Lyra, Schwan

Oxford

255

Ms. Bodl. 614

578

| 25v–26r,

579

| 26v–27r,

Cepheus, Cassiopeia

Andromeda, Perseus, Plejaden

256

Oxford Ms. Bodl. 614

580

| 27v–28r,

581

| 28v–29r,

Hyaden, Schlangenträger

Fuhrmann, Pfeil, Adler

Oxford Ms. Bodl. 614

582

| 29v–30r,

583

| 30v–31r,

Delphin, Pegasus

Dreieck, Orion

257

258

Oxford Ms. Bodl. 614

584

| 31v–32r,

585

| 32v–33r,

Hase, Hund, Vorhund, Argo

Eridanus, Kentaur

Oxford

259

Ms. Bodl. 614

586

| 33v–34r,

587

| 34v–35r,

Cetus, großer Fisch, Komet

Winde, Regenbogen

260

Oxford Ms. Bodl. 614

588

| 35v–36r,

589

| 38v–39r,

Astronom, Wunder des Ostens

Cynocephalen, bärtige Fischesser, Riesenameisen

Oxford

261

Ms. Bodl. 614

590

| 47v– 48r,

591

| 48v–49r,

Menschen mit schwarzer Haut, Der Magier Mambres am Rand der Unterwelt

Rhinozeros/ Einhorn, indische Drachen, Chamaeleon

262

Oxford Ms. Bodl. 614

592

| 50v–51r,

Hermaphrodit, Satyr, Papagei

593

| 51v,

Tanzende Frauen und Priester

Oxford

263

Ms. Digby 83

594

| 44r,

595

| 44v,

596

| 45r,

Bootes mit Bären

Ariadne mit Krone Hercules

264

Oxford Ms. Digby 83

597

| 45v,

Lyra

598 | 46r,

Schwan

599

| 46v,

Cepheus

| 47r, Cassiopeia

600 601

| 47v,

Andromeda

Oxford Ms. Digby 83

602

| 48r,

603

| 48v,

Perseus

Plejaden, Hyaden

604 | 49r, Schlanenträger 605

| 50v,

606

| 51r,

Fuhrmann

Adler

| 51v, Delphin

607

265

266

Oxford Ms. Digby 83

608

| 52r,

609

| 52v,

Pegasus

Dreieck

| 53r, Widder

610 611

| 53v,

Stier

| 54r, Zwillinge

612

Oxford Ms. Digby 83

613

| 54v,

614

| 55v-1,

Krebs Löwe

| 55v-2, Jungfrau

615

616

| 56r,

Skorpion mit Waage

267

268

Oxford Ms. Digby 83

| 57r, Schütze

617

618

| 57v,

619

| 58r,

620

| 58v,

Steinbock

Wassermann Fische

621 | 62r, Großer Hund

Oxford Ms. Digby 83

622

| 62v,

623

| 63r,

Orion Hase

| 63v, Vorhund

624

625

| 64r,

626

| 65r,

Argo

Eridanus

269

270

Oxford Ms. Digby 83

627

| 64v,

628

| 66r,

629

| 65v,

Kentaur

Altar

Cetus

630 | 66r, Großer Fisch

631

| 67r,

Hydra

Oxford

271

Ms. Laud Misc. 644

| 8v-1, Jungfrau

632 633

| 8v-2,

634

| 9v,

Zwillinge

Wassermann

272

Oxford

Ms. Laud Misc. 644

635

| 10r,

636

| 10v,

Adler bis Argo

Cetus bis Vorhund

Padua Cod. 27 Scaff. I

637 | 131r, Schlangenträger bis Jungfrau 638

| 132r,

639

| 133r,

Cassiopeia bis Fische

Cetus bis Vorhund

273

274

Paris Ms. lat. 5239

| 215v, Schlange zwischen den Bären

640

641

| 216r,

642

| 216v,

643

| 217r,

Hercules und Krone

Schlangenträger, Skorpion Bootes, Jungfrau

275

Paris Ms. lat. 5239

| 217v, Zwillinge, Krebs

644 645

| 218r,

Löwe, Fuhrmann

646 | 218v,

Stier, Cepheus 647

| 219r,

Cassiopeia

276

Paris Ms. lat. 5239

648

| 219v,

Andromeda, Pegasus

277

Paris Ms. lat. 5239

| 220v, Perseus. Lyra

649 650

| 221r,

651

| 222v,

652

| 223r,

Schwan, Wassermann

Orion, großer Hund Hase, Argo, Cetus

278

Paris Ms. lat. 5239

653 | 223v, Eridanus, großer Fisch 654

| 224r,

655

| 224v,

656

| 225r,

Altar, Kentaur

Hydra, Vorhund Winddiagramm

279

Paris Ms. lat. 5543

657

| 160r,

658

| 161r,

659

| 161v,

660

| 162r,

Bären

Hercules, Krone

Schlangenträger Skorpion, Bootes

280

Paris Ms. lat. 5543

661

| 162v,

Jungfrau

662 | 158r einst

nach 162v, Zwillinge

663

| 158v, Krebs,

664

Löwe

| 159r einst

nach 162v, Fuhrmann, Stier

281

Paris Ms. lat. 5543

665

| 159v,

666

| 163r,

667

| 163v,

Cepheus

Cassiopeia

Andromeda

| 164r, Pegasus, Widder

668

282

Paris Ms. lat. 5543

669 | 164v, Dreieck, Fische 670

| 165r,

Perseus

671

| 165v,

672

| 166r,

Lyra, Schwan Wassermann

283

Paris Ms. lat. 5543

673

| 167r,

674

| 167v,

675

| 168r,

Schütze

Adler, Delphin Orion

284

Paris Ms. lat. 5543

676

| 169r,

Argo, Cetus

285

Paris Ms. lat. 5543

| 169v, Eridanus, großer Fisch

677

678

| 170r,

679

| 170v,

680

| 171r,

Altar

Kentaur

Hydra, Vorhund

286

Paris Ms. lat. 8663

| 11v, Kentaur

681 682

| 20r,

683

| 20v,

684

| 21r,

Bären bis Schlangenräger

Skorpion bis Zwillinge

Krebs bis Cassiopeia

287

Paris Ms. lat. 8663

| 21v, Andromeda bis Fische

685

686

| 22r,

687

| 22v,

688

| 23r,

Perseus bis Steinbock

Schütze bis Hase Argo, Cetus, Eridanus

288

Paris Ms. lat. 8663

689

| 23v,

690

| 24r,

Großer Fisch bis Vorhund

Planeten, Luna

289

Paris Ms. lat. 12117

691

| 131r,

Schlange zwischen den Bären

290

Paris Ms. lat. 12117

692 | 131v, Hercules, Krone, Schlangenträger 693

| 132r,

694

| 132v,

695

| 133r,

Skorpion, Bootes, Jungfrau

Zwillinge

Fuhrmann, Stier, Cepheus

291

Paris Ms. lat. 12117

| 133v, Cassiopeia, Andromeda, Pegasus 696

697

| 134r,

698

| 134v,

699

| 135r,

Widder, Dreieck, Fische

Perseus, Lyra, Schwan Wassermann, Steinbock, Schütze

292

Paris Ms. lat. 12117

700

| 135v,

701

| 136r,

702

| 136v,

703

| 137v,

Orion

Großer Hund, Hase, Argo

Cetus, Eridanus, großer Fisch Altar, Kentaur, Hydra

293

Paris Ms. lat. 12957

704

| 60v,

705

| 61r,

Südliche Hemisphäre

Nördliche Hemisphäre

294

Paris Ms. lat. 12957

706

| 63v,

Himmelsglobus

295

Paris Ms. lat. 12957

| 64v, Kleiner Bär, Schlange

707

708

| 65r,

709

| 65v,

710

| 66r,

Hercules, Krone, Schlangenträger

Skorpion, Bootes, Jungfrau mit Waage Zwillinge, Krebs, Löwe

296

Paris Ms. lat. 12957

711 | 66v, Fuhrmann, Stier 712

| 67r,

713

| 67v,

714

| 68r,

Cepheus, Cassiopeia, Andromeda

Pegasus, Widder, Dreieck Perseus, Plejaden

297

Paris Ms. lat. 12957

| 68v, Schwan bis Steinbock

715

716

| 69r,

717

| 69v,

718

| 70r,

Schütze, Adler, Delphin

Orion bis Argo Cetus, Eridanus, großer Fisch

298

Paris Ms. lat. 12957

719

| 70v,

Altar bis Vorhund

| 71v, Planeten

720

721

| 73r,

722

| 74r,

Luna

Sol

299

Paris Ms. lat. 12957

723

| 72r,

Sol und Luna im Tierkreis

300

Paris Ms. lat. 14754

724 | 229v, Bären bis Krone 725

| 230r,

726

| 230v,

727

| 231r,

Schlangenträger bis Jungfrau

Zwillinge bis Cepheus Cassiopeia bis Fische

301

Paris Ms. lat. 14754

| 231v, Perseus bis Schütze

728 729

| 232r,

730

| 232v,

Adler bis Argo

Cetus bis Vorhund

302

Paris Ms. nouv. acqu. lat. 1614

731

| 81v,

Nördliche und südliche Hemisphäre

303

Paris Ms. nouv. acqu. lat. 1614

| 85r, Schlange bis Schlangenträger

732

733

| 86r,

734

| 86v,

735

| 87r,

Zwillinge bis Fuhrmann

Stier, Cepheus, Cassiopeia Andromeda, Pegasus, Widder

304

Paris Ms. nouv. acqu. lat. 1614

736 | 95v, Hercules, Krone, Schlangenträger 737

| 96r,

738

| 96v,

739

| 98v,

Skorpion, Bootes, Jungfrau

Zwillinge, Krebs, Löwe Lyra bis Seinbock

305

Paris ehemals Philipps Coll. 26235

740

| 15v,

Krone, Hercules, Lyra

| 16r, Adler, Cepheus, Cassiopeia

741

742

| 16v,

743

| 17r,

Andromeda, Perseus Fuhrmann, Schlangenträger

| 18r, Widder, Stier, Zwillinge

744

745

| 19r,

Schütze, Steinbock, Wassermann

306

Prag Ms. IX. C 6

746

| 143r,

Schlange zwischen den Bären, Hercules

307

Prag Ms. IX. C 6

747

| 143v,

748

| 144r,

749

| 149v,

Krone, Schlangenträger, Skorpion Bootes, Jungfrau

Eridanus

308

Prag Ms. IX. C 6

750 | 144v, Zwillinge, Krebs, Löwe 751

| 145r,

752

| 145v,

753

| 146r,

Fuhrmann, Stier

Cepheus, Cassiopeia

Andromeda, Pegasus

309

Rom Ms. gr. 1291

754

| 2v,

755

| 4v,

Nördliche Hemisphäre

Südliche Hemisphäre

310

Rom Ms. gr. 1291

756

| 9r,

Sol im Tierkreis mit Stunden- und Monatspersonifikationen

311

Rom Ms. gr. 1291

757

| 22r,

Steinbock, Wassermann, Fische

312

Rom Ms. gr. 1291

758

| 22r,

759

| 22v,

Steinbock, Wassermann, Fische

Widder, Stier, Zwillinge

760 | 23r, Krebs, Löwe, Jungfrau

761 | 23v, Waage, Skorpion, Schütze

762 | 24r, Widder, Stier, Zwillinge

763

| 24v,

764

| 25v,

Krebs, Löwe, Jungfrau

Steinbock, Wassermann, Fische

313

Rom Ms. lat. 643

| 84r, Krone, Schlangenträger, Skorpion

765

766

| 85v,

767

| 86v,

768

| 88v,

Zwillinge, Krebs

Fuhrmann

Andromeda

314

Rom Ms. lat. 643

769 | 93v, Argo, Cetus 770

| 94r,

771

| 94v,

772

| 98v,

Eridanus, großer Fisch, Altar

Kentaur, Altar

Luna

315

Rom Ms. lat. 645

| 56v, Schlange, Hercules 773

774

| 57r,

775

| 58v,

776

| 59r,

Krone, Schlangenträger

Zwillinge, Krebs

Löwe, Fuhrmann

316

Rom Ms. lat. 645

777

| 62v,

Steinbock, Schütze, Adler

317

Rom Ms. lat. 645

| 59v, Stier, Cepheus

778 779

| 60r,

780

| 63v,

781

| 64r,

Cassiopeia, Andromeda

Großer Hund, Hase, Argo Cetus, Eridanus

318

Rom Ms. lat. 645

782

| 66r,

Adam im Kreis der Winde

319

Rom Ms. Reg. lat. 123

783

| 143v–144r,

784

| 164r,

785

| 167r,

Weltkarte

Sol

Luna

320

Rom Ms. Reg. lat. 123

| 170r,

786

Mars

787 | 171r,

Merkur

788

| 171v,

Jupiter

789 | 173r,

Venus

790

| 174r,

791

| 175v, Widder

792

Saturn

| 176v,

Stier

321

Rom Ms. Reg. lat. 123

793

| 177r,

Zwillinge

322

Rom Ms. Reg. lat. 123

794

| 178r,

Krebs

795 | 178v,

Löwe

796 | 179r, Jungfrau mit Waage

797

| 180v, Schütze

323

Rom Ms. Reg. lat. 123

798

| 180r,

799

| 181r,

800

| 182r,

801

| 181v,

Skorpion

Steinbock

Fische

Wassermann

324

Rom Ms. Reg. lat. 123

802 | 186r, Schlange zwischen den Bären 803

| 186v,

804

| 188v,

805

| 189v,

Hercules

Schlangenträger

Bootes

325

Rom Ms. Reg. lat. 123

806

| 190v,

807

| 191r,

Fuhrmann

Cepheus

326

Rom Ms. Reg. lat. 123

808

| 191v,

809

| 192v,

Cassiopeia

Andromeda

327

Rom Ms. Reg. lat. 123

810

| 193r,

811

| 194v,

Pegasus

Perseus

328

Rom Ms. Reg. lat. 123

812

| 195r,

813

| 196r,

814

| 196v, Schwan

Plejaden Lyra

815

| 198r,

816

| 199r,

817

| 199v,

Adler

Delphin Orion

329

Rom Ms. Reg. lat. 123

818

| 200v,

819

| 201v,

Großer Hund, Komet

Argo, Cetus

330

Rom Ms. Reg. lat. 123

| 202r, Eridanus

820 821

| 203v,

Kentaur

822

| 202v,

823

| 204v,

Großer Fisch, Altar

Hydra, Vorhund

Rom Ms. Reg. lat. 123

824 | 205r,

Himmelskarte/ Planisphäre

331

332

Rom Ms. Reg. lat. 309

| 91v, Schlange zwischen den Bären

825

826

| 92r,

827

| 92v,

828

| 93r,

Herkules, Krone

Schlangenträger, Skorpion Bootes, Jungfrau

333

Rom Ms. Reg. lat. 309

| 93v, Zwillinge, Krebs 829

830

| 94r,

831

| 94v,

832

| 95r,

Löwe, Fuhrmann

Stier, Cepheus, Cassiopeia Andromeda, Pegasus

334

Rom Ms. Reg. lat. 309

833 | 96r, Perseus, Lyra, Schwan

834

| 133r,

Zwillinge

335

Rom Ms. Reg. lat. 309

| 96v, Wassermann, Steinbock

835

836

| 97r,

837

| 97v,

838

| 98r,

Schütze, Adler, Delphin

Orion, großer Hund, Hase Argo, Cetus, Eridanus

336

Rouen Ms. 26

839 | 197v, Hercules, Krone 840

| 198v,

841

| 199v,

842

| 200r,

Andromeda

Argo, Cetus, Eridanus Skorpion, Bootes, Jungfrau

St. Gallen Ms. 250

843

| 462,

Nördliche und südliche Hemisphäre

337

338

St. Gallen Ms. 250

844

| 472,

Himmelsglobus

St. Gallen Ms. 250

845

| 476–477,

846

| 478–479,

Schlange zwischen den Bären, Hercules

Krone, Schlangenträger

339

340

St. Gallen Ms. 250

847

| 480–481,

848

| 482–483,

Skorpion, Bootes, Jungfrau

Zwillinge, Krebs, Löwe

St. Gallen

341

Ms. 250

849

| 484–485,

850

| 486–487,

Fuhrmann, Stier

Cepheus, Cassiopeia

342

St. Gallen Ms. 250

851

| 488–489,

852

| 492–493,

Andromeda, Pegasus

Fische, Perseus

St. Gallen

343

Ms. 250

853

| 494–495,

854

| 496–497,

Plejaden, Lyra

Wassermann, Schwan, Steinbock

344

St. Gallen Ms. 250

855

| 498–499,

856

| 500–501,

Schütze, Adler

Delphin, Orion

St. Gallen

345

Ms. 250

857

| 502–503,

858

| 504–505,

Großer Hund, Hase, Argo

Cetus, Erdianus, großer Fisch

346

St. Gallen Ms. 250

859

| 506–507,

Altar, Kentaur

860

| 512,

Planeten, Milchstraße

347

St. Gallen Ms. 250

861

| 515,

Sol und Luna im Tierkreis

348

St. Gallen Ms. 250

862

| 518,

863

| 521,

Luna

Sol

St. Gallen

349

Ms. 902

864

| 76v,

Nördliche und südliche Hemisphäre

| 81r, Himmelsglobus

865

866

| 83r,

Schlange zwischen den Bären

350

St. Gallen Ms. 902

867 | 84v, Hercules, Krone 868

| 85r,

869

| 86v,

870

| 87r,

Schlangenträger, Skorpion, Bootes

Jungfrau, Zwillinge, Krebs

Löwe, Fuhrmann, Stier

St. Gallen

351

Ms. 902

| 88v, Cepheus, Cassiopeia

871

872

| 89r,

873

| 90v,

874

| 91r,

Andromeda, Pegasus

Widder, Dreieck, Fische

Perseus, Plejaden

352

St. Gallen Ms. 902

875 | 92v, Wassermann, Lyra, Schwan 876

| 93r,

877

| 94v,

878

| 95r,

Steinbock, Schütze, Adler

Delphin, Orion, großer Hund

Hase, Argo, Cetus

St. Gallen

353

Ms. 902

| 96v, Eridanus, großer Fisch, Altar

879

880

| 97r,

881

| 102v,

882

| 103r,

Kentaur, Hydra, Vorhund

Luna Sol

354

St. Gallen Ms. 902

883

| 100,

Sol und Luna im Tierkreis

St. Paul Ms. 16/1

884

| 5r,

Bootes

| 7v, Hercules

885

886

| 9r,

887

| 8v,

888

| 9v,

Perseus

Cepheus, Cassiopeia, Andromeda Fuhrmann

| 10r, Schlangenträger

889

355

356

St. Petersburg Ms. Q. v. IX. No. 2

890

| 1v–2r,

891

| 2v–3r,

Schlange bis Skorpion

Bootes bis Fuhrmann

St. Petersburg Ms. Q. v. IX. No. 2

892

| 3v–4r,

893

| 4v–5r,

Stier bis Fische

Perseus bis Delphin

357

358

St. Petersburg Ms. Q. v. IX. No. 2

894

| 5v–6r,

895

| 6v–7r,

Orion bis Altar

Kentaur bis Vorhund, lesender Mönch

Venedig Cod. lat. VIII, 22

| 32v, Zwillinge bis Fuhrmann

896

897

| 33r,

898

| 33v,

899

| 35v,

Stier bis Andromeda

Pegasus bis Perseus Eridanus bis Kentaur

359

360

Venedig Cod. lat. VIII, 22

900

| 4r,

Tierkreis

Wien

361

Cod. 51

901

| 3v,

902

| 35v,

Boethius

Guido von Arezzo und Bischof Theodaldus

362

Wien Cod. 51

903

| 149v,

Cepheus bis Fuhrmann

Wien Cod. 51

904

| 148r,

905

| 150r,

906

| 152v,

907

| 153r,

Bootes

Schlangenträger

Zwillinge

Jungfrau, Schütze

363

364

Wien Cod. 51

908 | 153v, Wassermann 909

| 154v,

Kentaur

910

| 154r,

Cetus, Eridanus, Orion

Wien

365

Cod. 387

| 90r, Monatsarbeiten 911

912

| 117r,

913

| 117v,

914

| 118r,

Bären bis Hercules

Krone bis Skorpion Pegasus bis Fische

366

Wien Cod. 387

| 118v, Perseus bis Wassermann 915

916

| 119r,

917

| 119v,

918

| 120r,

Steinbock bis Delphin

Orion bis Argo Cetus bis Kentaur

Wien

367

Cod. 387

| 120v, Hydra bis Vorhund

919

920

| 140r,

Die zwölf Winde

368

Wien Cod. 12600

921

| 23r,

Fingerzahlen, großer Bär

Wien Cod. 12600

| 23v, Kleiner Bär bis Skorpion

922

923

| 24r,

924

| 24v,

925

| 25r,

Bootes bis Löwe

Fuhrmann bis Pegasus

Widder bis Wassermann

369

370

Wien Cod. 12600

926 | 25v, Steinbock bis Cetus 927

| 26r,

928

| 29r,

929

| 30r,

Eridanus bis Vorhund

Mensch als Mikrokosmos zwischen den Winden Personifikationen der vier Elemente

Wolfenbüttel

371

Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°

930

| 62r,

Bären bis Jungfrau

372

Wolfenbüttel Cod. Guelf. 1 Gud. lat. 2°

931

| 63r,

Widder bis Orion

Wolfenbüttel

373

Cod. Guelf. 18.16 Aug. 4°

| 6r, Schlange, Bootes

932 933

| 8r,

934

| 9v,

935

| 10r,

Hercules

Schwan, Cepheus, Cassiopeia Andromeda, Perseus

374

Wolfenbüttel Cod. Guelf. 18.16 Aug. 4°

936

| 10v,

937

| 16v,

938

| 17v,

Fuhrmann

Zwillinge

Jungfrau

Wolfenbüttel

375

Cod. Guelf. 18.16 Aug. 4°

| 18r, Schütze, Steinbock

939

940

| 18v,

Wassermann bis Eridanus

376

Zwettl Cod. 296

941 | 86r, Schlange zwischen den Bären 942 | 86v,

Hercules

943

| 87v,

Bootes

944

| 88r,

Jungfrau

Zwettl Cod. 296

945

| 88v,

Zwillinge, Krebs

377

378

Zwettl Cod. 296

| 89v, Fuhrmann

946 947

| 90v,

948

| 91r,

949

| 91v,

Cepheus

Cassiopeia

Andromeda

Zwettl Cod. 296

950

| 93r,

Perseus

379

380

Zwettl Cod. 296

951 | 92r, Pegasus, Widder 952

| 94r,

953

| 94v,

954

| 95r,

Lyra, Schwan

Wassermann, Steinbock Schütze, Adler

Zwettl Cod. 296

| 95v, Delphin, Orion

955

956

| 96v,

957

| 96ar,

958

| 96av,

Argo, Cetus

Eridanus, großer Fisch, Altar

Kentaur, Altar

381

382

Zwettl Cod. 296

959

| 97v,

Planeten

960 | 99v,

Sol und Luna im Tierkreis

Zwettl Cod. 296

961

| 100r,

962

| 100v,

Luna

Sol

383

Vergleichsabbildungen

387 Vergleichsabbildungen

963

| Sigmar Polke,

964

| Thomas Ruff,

965

| Thomas Ruff,

Sternenhimmeltuch, 1968

Sterne, 11h 00m – 75°, 1990

Sterne, 17h 20m – 40°, 1990

388 Vergleichsabbildungen

| Basel, Univ.Bibl., Ms. F III 15a, 23r, Tierkreis

966

967

| Darmstadt,

Hess. Landesbibl. Hs 684, Rückdeckels, Sol im Tierkreis

389 Vergleichsabbildungen

968 | München, Bayr. Staatsbibl., Clm 14456, 73r, Sol im Tierkreis

969

| Vivian-Bibel,

Paris, Bibl. Nat., Ms. Lat. 1, 8r, Sol und Luna im Tierkreis

390 Vergleichsabbildungen

Cathedra Petri, Rom, Vatikan, St. Peter 970

| Vorderansicht

971

| Karl

der Kahle

972

| Sol und

Luna

391 Vergleichsabbildungen

Cathedra Petri, Rom, Vatikan, St. Peter 973

| Steinbock,

Bärenhüter

974 | Zentaur, Perseus 975

| Schlangen-

träger, Herkules

| Schütze 977 | Orion, 976

Bootes

392 Vergleichsabbildungen

Quedlinburg, St. Servatius, Domschatz, Servatiusreliquiar 978

| Vorderseite

979

| Rückseite

393 Vergleichsabbildungen

Bamberg, Diözesanmuseum, Sternenmantel Heinrichs II. 980

| Christus

zwischen Sol und Luna

| Zwillinge 982 | Bären 981

und Herkules

394 Vergleichsabbildungen

983

| Bamberg,

Diözesanmuseum, Sternenmantel Heinrichs II.

395 Vergleichsabbildungen

396 Vergleichsabbildungen

Bamberg, Diözesanmuseum, Sternenmantel Heinrichs II. 984

985

| Detail

| Krebs, Bootes,

Fische

986

| Wassermann,

Skorpion, Bären

397 Vergleichsabbildungen

987

| Arras,

Bibl. Municipale, Ms. 559, 141v, Christus mit Ecclesia im Tierkreis

398 Vergleichsabbildungen

Fleury, St. Benoitsur-Loire, Vorhalle 988

| Gesamtansicht 989 | Nordseite,

Reliefs

990

| Tierkreis-

zeichen Widder und Stier

399 Vergleichsabbildungen

León, San Isidoro, Südportal 991

| Tierkreis-

992

| Tierkreis-

zeichen

zeichen

400 Vergleichsabbildungen

Issoire/Auvergne, St. Austremoine

| Widder 994 | Stier

993

| Jungfrau 996 | Waage

995

| Zwillinge 998 | Schütze

997

401 Vergleichsabbildungen

Issoire/Auvergne, St. Austremoine 999

| Steinbock

1000

| Wassermann

402 Vergleichsabbildungen

Sagra di San Michele bei Turin, Portal an der Scalone dei Morti 1001

| Fisch, Altar, Hydra

1002 | Zentaur,

Cetus

1003

| Skorpion

mit Waage, Jungfrau

403 Vergleichsabbildungen

Sagra di San Michele bei Turin, Portal an der Scalone dei Morti 1004

| Türpfosten,

1005

| Türpfosen,

obere Hälfte, Wassermann bis Zwillinge

untere Hälfte, Krebs bis Steinbock

Abbildungnachweis Aberystwyth, Nat. Lib. of Wales, Abb. 1–23; Amiens, Bibl. Muncipale,Abb. 24–25; Austin, Unv. of Texas, Abb. 26–31; Baltimore, Walters Art Gallery, Abb. 32–47; Bamberg, Diözesanmuseum, Abb. 981–986; Bamberg, Staatsbibl., Abb. 48–49; Basel, Univ.-Bibl., Abb. 50–85, 967; Berlin, Staatsbibl. Abb. 86–94; Bern, Burgerbibl., Abb. 95–112; Boulognesur-Mer, Bibl. Muncipale, Abb. 113–134, Taf. 1–3; Cambridge, Trinity College, Abb. 135–138; Darmstadt, Hess. Landesbibl., Abb. 966; Dijon, Bibl. Muncipale, Abb. 139–154; Durham, Chapter Lib., Abb. 183–196; Florenz, Bibl. Laurenziana, Abb. 197–208; Gent, Centr. Bibl. van de Rijksuniv., Abb. 222–228; Klosterneuburg, Stiftsbibl., Abb. 229–252, Taf. 4–5; Köln, Dombibl., Abb. 253–261, Taf. 6 -8; Laon, Bibl. muncipale, Abb. 262–272; Leiden, Bibl. der Rijksuniv., Abb. 273–339, Taf. 9–14; London, British Lib., Abb. 340–450, Taf. 15 - 29; London, Warburg Institute, Abb. 155–182; Madrid, Bibl. Nac., Abb. 453–522, Taf. 30–45; München, Bayr. Staatsbibl., Abb. 550–565, 968; München, Stefan Hoppe, Abb. 991–992; München, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Abb. 533–549; Oxford, Bodleian Lib., Abb. 566–636, Taf. 46–50; Padua, Bibl. Antoniana, Abb. 637–639; Paris, Bibl. Nat., Abb. 640–739, Taf 51–57; Prag, Univ. Bibl., Abb. 746–753; Rom, Bibl. Vaticana, Abb. 754–838, Taf. 58–67; Rouen, Bibl. Municipal, Abb. 839–842; St. Gallen, Stiftsbibl., Abb. 843–883; St. Paul im Lavanttal, Archiv der Bendiktinerabtei, Abb. 884–889; Venedig, Bibl. Marciana, Abb. 896–900; Wien, Österreich. Nat. Bibl., Abb. 901–929, Taf. 70–75; Wolfenbüttel, Herzog August Bibl., Abb. 930–940; Zwettl, Stiftsbibl., Abb. 941–962. Aus Büchern entnommene Abbildungen: Euw/Plotzek 983, Abb. 451–452; Karolingische Miniaturen I 1930, Abb. 969; Klotz 1997, Abb. 964–965; Kötzsche 1993, Abb. 978–979; Mütherich 1971,Abb. 970–977; Orofino 1994, Abb. 523–532; Pêcheur 1997, Abb. 988–990; Poeschke 1998, Abb. 1001–1003; Polke 1997, Abb. 963; Swiechowsky 1973, Abb. 993–1000; Verzár 1968, Abb. 1004–1005. Alle übrigen Abbildungen stammen aus dem Archiv der Verfasser.