137 15 2MB
English, French, German Pages 190 [194] Year 2017
Stadt – Macht – Korruption Herausgegeben von Jens Ivo Engels, Andreas Fahrmeir, Cesare Mattina und Frédéric Monier Stadtgeschichte Franz Steiner Verlag
Beiträge zur Stadtgeschichte und Urbanisierungsforschung – 20
Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Cesare Mattina / Frédéric Monier (Hg.) Stadt – Macht – Korruption
beiträge zur stadtgeschichte und urbanisierungsforschung Herausgegeben von Christoph Bernhardt (geschäftsführend) Harald Bodenschatz | Christine Hannemann | Tilman Harlander | Martina Heßler | Wolfgang Kaschuba | Friedrich Lenger | Dieter Schott | Clemens Zimmermann Band 20
Stadt – Macht – Korruption Herausgegeben von Jens Ivo Engels, Andreas Fahrmeir, Cesare Mattina und Frédéric Monier
Franz Steiner Verlag
Umschlagabbildung: „Hier ruht der Berliner Filz“. Karikatur von Walter Hanel aus dem Jahr 1984 zur Verstrickung Westberliner Politiker in einen Bauskandal © Walter Hanel (Künstler), Haus der Geschichte, Bonn Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017 Druck: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany ISBN 978-3-515-11738-8 (Print) ISBN 978-3-515-11741-8 (E-Book)
IN MEMORIAM RALF KÖNIG 1987–2017 Wir Herausgeber widmen diesen Band unserem verstorbenen Kollegen Ralf König. Er war seit 2014 Mitglied der Arbeitsgruppe zur Korruptionsgeschichte. Die Tagung, aus der dieser Band hervorgegangen ist, war nicht zuletzt dank seiner Mitarbeit und seines Organisationstalents ein großer Erfolg. Wir haben einen inspirierenden, zugewandten, lieben Kollegen verloren, die Geschichtswissenschaft einen vielversprechenden Historiker. Ralf König ist viel zu früh von uns gegangen. Nous dédions ce livre collectif à notre défunt collègue Ralf König. Il faisait depuis 2014 partie de notre groupe de travail sur l’histoire de la corruption. Si le colloque – dont ce livre est le fruit – a été un vrai succès, c’est à son énergie et à son talent d’organisateur que nous le devons. Nous avons perdu un collègue qui nous était cher, une source d’inspiration, et la communauté des historiens a perdu, elle, un jeune chercheur talentueux et prometteur. Ralf König nous a quitté trop tôt.
INHALTSVERZEICHNIS In memoriam Ralf König 1987–2017..............................................................
5
EINLEITUNG Jens Ivo Engels / Frédéric Monier Moderne Stadtgeschichte und Korruption. Einführende Überlegungen ..........
11
PRAKTIKEN Thomas M. Bohn Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste. Korruptionspraxis in der poststalinistischen Sowjetunion ............................................................
31
Daniel Kück Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben. Polizeikorruption in urbanen Räumen im frühen 20. Jahrhundert ...............................................
43
Marco Bar Le maire « intègre » et les autres. Genèse des scandales de corruption urbaine à Marseille (années 1880 – années 1910) ........................................................ 55 Cesare Mattina Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire. Considérations à partir de l’affaire des fausses factures de 1982 à la mairie de Marseille ......
63
Italo Pardo / Sergio Marotta Criminal and Moral Corruption Enmesh in Ischia ..........................................
77
REAKTIONEN Jorge Luengo Defining Corruption in Modern Spain. Political Scandals and Republicanism in 1910 Barcelona ........................................................................................... 87 Gemma Rubí The Fight Against Corruption and the New Politics in Urban Spain (1890–1923) ...................................................................................................
99
James Moore Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914 ................................................................................................... 109
8
Inhaltsverzeichnis
Bettina Tüffers Der parlamentarische Streit um Korruptionsfälle in der Frankfurter Stadtverwaltung (1987–1989) ................................................................................. 121 Anja Senz Hongkong: Vom „Hort der Korruption“ zur „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“. Imagewandel dank Eindämmung der Korruption .................... 131 IMAGES Alan Lessoff The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore..................... 143 Peter Jones Boss men, Grafters and Parvenus. Images of Corruption in Liverpool, Glasgow, and Newcastle c. 1890–2000 ........................................................... 155 Ronald Kroeze “Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History ........................................ 163 Mathieu Lapointe “Montreal, Open City”. Cultural Conflict and the Making of its Reputation for Corruption, 1890–1960 .............................................................................. 175 Kurzbiographien der Autoren .......................................................................... 187
EINLEITUNG
MODERNE STADTGESCHICHTE UND KORRUPTION Einführende Überlegungen Jens Ivo Engels / Frédéric Monier In Rom begann 2015 ein mit Spannung erwarteter Prozess gegen die „Mafia Capitale“. Die Anklage basierte auf einem Notizbuch, das die systematische Bestechung von Lokalpolitikern und Verwaltungsbeamten in der italienischen Hauptstadt dokumentiert. Die Bewohner konnten nun Schwarz auf Weiß lesen, was viele wussten und alle ahnten, nämlich dass Rom von korrupten Netzwerken regiert wurde. Auf der Liste der Korrumpierten fand sich auch kein Geringerer als der ehemalige Bürgermeister der „ewigen Stadt“, Giovanni Alemanno.1 Bei den Kommunalwahlen 2016 erhielten deshalb die etablierten Parteien einen Denkzettel, als die weithin unbekannte und politisch unerfahrene, aber eben auch unbelastete Rechtsanwältin Virginia Raggi von der Bewegung „Cinque Stelle“ („Fünf Sterne“) zum neuen Stadtoberhaupt gewählt wurde. Ob damit allerdings die lokalen Netzwerke wirklich entmachtet wurden, ist mehr als zweifelhaft. In ihren ersten Regierungsmonaten ist es der neuen Bürgermeisterin nämlich vielfach nicht gelungen, bestehende Strukturen zu zerschlagen.2 Schon ihr unmittelbarer Vorgänger Ignazio Marino war mit dem Versprechen angetreten, den Sumpf aus Mafia und Korruption trockenzulegen. Doch auch er stürzte schließlich über mehrere private Restaurantbesuche, die er mit einer Kreditkarte der Kommune bezahlt hatte.3 Allein dieses einfache Beispiel zeigt, dass es stets einen engen Zusammenhang zwischen Machtfragen und Korruption gibt, wenn letztere die politische Agenda bestimmen. So sind die Machtverhältnisse in einer Stadt einerseits häufig von Netzwerken, Patronage und Begünstigungssystemen geprägt – nicht selten werden sie auf diese Weise zementiert. Zum anderen sorgt deren Skandalisierung in vielen Fällen für eine Veränderung der Machtverhältnisse. Diesem Zusammenspiel von politischen Praktiken auf der einen Seite und Reden über Korruption auf der anderen widmet sich der vorliegende Band. Dabei rückt er einen dritten Aspekt ins Licht der Aufmerksamkeit: Das Sprechen über Korruption führt nicht nur zur Verände-
1 2 3
Vgl. z. B. Mafia a Roma, sequestrati beni per 204 milioni. Renzi: „Orfini commissario del Pd della capitale“. Alemanno: ho sbagliato, in: La Repubblica, 3.12.2014; Giulio De Santis, Mafia Capitale, Alemanno a giudizio per tangenti da 125 mila euro, in: Corriere della Sera, 18.12.2015. Vgl. z. B. Jörg Bremer, „Bewegung Fünf Sterne“: Die neuen Wilden bekommen Rom nicht in den Griff, in: FAZ, 9.9.2016. Vgl. z. B. Hans-Jürgen Schlamp, Roms Bürgermeister tritt ab. Das 20.000-Euro-Spesen-Debakel, in: Spiegel Online, 9.10.2015, http://www.spiegel.de/politik/ausland/rom-buergermeistermarino-aus-dem-amt-gejagt-a-1057098.html (letzter Zugriff am 31.10.2016).
12
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
rung von Machtverhältnissen oder zur Entwicklung von Gegenmaßnahmen. Es kann außerdem das Image einer Stadt auf Dauer prägen. 1. KORRUPTION IN DER STADTGESCHICHTSSCHREIBUNG Rom ist nur ein jüngeres und besonders spektakuläres Beispiel unter den ungezählten Skandalen um Klientelismus und Bereicherung auf kommunaler Ebene, die seit dem 19. Jahrhundert aufkamen. Häufig waren und sind solche Strukturen über längere Zeit öffentlich bekannt, ohne dass sie systematisch bekämpft werden. Gelingt jedoch eine Skandalisierung, sorgt diese für großes Aufsehen, für politischen Wechsel, für Reformschübe – deren Erfolgsaussichten allerdings ungewiss sind. Zugleich wird mit Vorwürfen der Vorteilsnahme auch Politik gemacht. Und schließlich stützen sich solche Debatten nicht selten auf das Image bestimmter Städte. So gehört in Deutschland die Stadt Köln heute geradezu sprichwörtlich zu jenen Kommunen, in denen Bewohner und auswärtige Beobachter die Herrschaft sinistrer Netzwerke vermuten – und das nicht erst seit dem Müll-Skandal um die Firma Trienekens. Für alle möglichen Probleme und Pannen, wie etwa den spektakulären Einsturz des Stadtarchivs 2009, werden die korruptiven Strukturen des „Kölschen Klüngel“ verantwortlich gemacht. Auch Berlin oder München werden gelegentlich so beschrieben, wenn auch seltener.4 Die Liste der Städte mit Korruptions-Image ist lang und häufig reichen die damit verbundenen Vorstellungen viele Jahrzehnte in die Vergangenheit zurück. Das gilt etwa für Marseille in Frankreich, Montreal in Kanada, Chicago in den Vereinigten Staaten, Manchester in Großbritannien. Seltener finden sich dagegen erfolgreiche Bemühungen, eine Stadt explizit als unkorrupt hinzustellen – so wie es der Mailänder Bürgermeister Gaetano Negri Ende des 19. Jahrhunderts versuchte.5 Noch außergewöhnlicher ist der Fall der Stadt Hongkong, welche sich vom angeblichen „Hort der Korruption“ ab den 1970er Jahren zur sauberen Stadt mauserte, wie Anja Senz in ihrem Beitrag für diesen Band schildert. Allerdings ist zu beachten, dass in der Diskussion über kommunale Machenschaften häufig nicht differenziert wird zwischen Korruption, Verbrechen, mafiösen Strukturen und informellen Netzwerken. Schon diese wenigen Zeilen zeigen, wie viel Material die Geschichte der letzten rund 150 Jahre über den Zusammenhang von Korruption und Kommune liefert. Umso bemerkenswerter, dass es hierzu noch kaum systematischen Forschungen 4
5
Werner Rügemer, Colonia Corrupta. Globalisierung, Privatisierung und Korruption im Schatten des Kölner Klüngels, Münster 82015; Erwin K. Scheuch / Ute Scheuch, Cliquen, Klüngel und Karrieren. Über den Verfall der politischen Parteien. Eine Studie, Reinbek bei Hamburg 1992; Cornelia Rauh, „Verhältnisse wie in Kolumbien“? Der Münchner „Klärwerks-Skandal“ 1991 bis 2001 und die Siemens AG, in: Hartmut Berghoff u. a. (Hrsg.), Tatort Unternehmen. Zur Geschichte der Wirtschaftskriminalität im 20. und 21. Jahrhundert, Berlin 2016, S. 151–171; Matthew Rose, Berlin. Hauptstadt von Filz und Korruption, München 1997. Jens Ivo Engels, Die Geschichte der Korruption. Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, Frankfurt/Main 2014, S. 203.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
13
gibt.6 Zu den Ausnahmen von dieser Regel gehört allerdings ein Sammelband von James Moore und John Smith, der das Thema vor allem für Großbritannien seit der Frühindustrialisierung erstmals vermaß.7 Daneben gibt es zwar eine ganze Reihe von Einzelstudien zu Korruption in Städten, jedoch schaffen sie keinen Diskussionszusammenhang zu „Korruption und Stadt“. Hier seien nur einige illustrative Beispiele aufgeführt, etwa eine Studie über die Auflösung von Stadträten als Teil einer Antikorruptionskampagne im Italien des frühen 20. Jahrhunderts8, die weiter unten noch zitierten Studien zu Marseille und zu Montreal sowie Peter Jones’ Arbeit zu Glasgow.9 Historisch weiter zurück reichen Studien zum Diskurs über die politische und moralische Korruption der Stadt Venedig im 18. Jahrhundert, über die vielfältigen Vorkehrungen im Stadtregiment oberitalienischer Städte des hohen und späten Mittelalters, die man als institutionalisierte Antikorruptionsmaßnahmen deuten kann, Valentin Groebners Arbeiten über die Geschenk- und Bestechungspraktiken in den eidgenössischen Städten des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit sowie die Forschungen von Jean-Claude Waquet über die Korruption in Florenz im 17. und 18. Jahrhundert.10 Recht etabliert in der politischen wie auch der Stadtgeschichte ist dagegen das Thema Bossismus bzw. „machine politics“, also jene politischen Klientelsysteme in den nordamerikanischen Großstädten seit dem „Gilded Age“, die sich zu einem guten Teil auf eingebürgerte Einwanderer stützten und zur Entstehung des professionellen Kommunalpolitikers beitrugen. Von ihren historischen und wissenschaftlichen Kritikern (seit der Bewegung der Progressives) wurde und wird der Bossismus als Form systematisierter Korruption bewertet. Ein anderer Teil der Literatur verweist dagegen auf die sozial integrativen und demokratisierenden Effekte dieser Politikform. Insofern kann dieser Forschungszweig nicht umstandslos der Korruptionsforschung zugeordnet werden. Zweifellos kann der Bossismus aber als eine
6 7 8 9 10
Ein Überblick zum Stand historischer Stadtforschung findet sich bei Dieter Schott, Stadt in der Geschichtswissenschaft, in: Christoph Heyl / Harald Mieg (Hrsg.), Stadt. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart etc. 2013, S. 120–147. James Moore / John Smith (Hrsg.), Corruption in Urban Politics and Society, Britain 1780– 1950, Aldershot 2007. Giovanni Schininà, Politica e amministrazione nel Mezzogiorno: Lo scioglimento dei consigli communali (1901–1914), in: Studi Storici 40, 1999, S. 799–843. Peter Jones, From Virtue to Venality: Corruption in the City, Manchester 2013. Alexander Nützenadel, „Serenissima corrupta“. Geld, Politik und Klientelismus in der späten venezianischen Adelsrepublik, in: Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Alexander Nützenadel (Hrsg.), Geld – Geschenke – Politik. Korruption im neuzeitlichen Europa, München 2009, S. 121–139; Moritz Isenmann, „Rector est raptor“. Korruption und ihre Bekämpfung in den italienischen Kommunen des späten Mittelalters, in: Arne Karsten / Hillard von Thiessen (Hrsg.), Nützliche Netzwerke und korrupte Seilschaften, Göttingen 2006, S. 208–230; Valentin Groebner, Gefährliche Geschenke. Ritual, Politik und die Sprache der Korruption in der Eidgenossenschaft im späten Mittelalter und am Beginn der Neuzeit, Konstanz 2000; Jean-Claude Waquet, De la corruption: morale et pouvoir à Florence aux XVIIe et XVIIIe siècles, Paris 1984.
14
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
stadtspezifische Form der politischen Vernetzung und systematischen Begünstigung charakterisiert werden.11 Eine weitere Debatte aus der Stadtgeschichtsforschung, die für das hier vorgestellte Thema einschlägig erscheint, ist die Hinwendung zum Thema Stadtbilder oder städtische Images seit der Jahrtausendwende.12 Das Interesse der Stadtgeschichte an dieser Thematik dürfte auf die Rezeption kulturgeschichtlicher Methoden und Fragestellungen zurückgehen. Hierzu gehört ein besonderes Interesse an der Repräsentation von bürgerlichen Eliten, der Inszenierung politischer Macht von und in Städten sowie der Entwicklung von kultureller Identität (in) einer Stadt – beispielsweise durch Großveranstaltungen.13 Hinzu trat das wissenschaftliche Interesse an Stadtmarketing und Imagepolitik, das wiederum auf entsprechende Impulse aus aktuellen Diskussionen zurückgeht.14 Diese Studien beschäftigen sich schwerpunktmäßig mit der ‚hellen‘ Seite von Städten, also mit den Bemühungen um positive kulturelle Bezüge. Bei alledem blieb die ‚dunkle‘ Seite, also negative Bilder von Städten, eher unterbelichtet – auch wenn einzelne ‚problematische‘ Fälle wie Recklinghausen untersucht wurden.15 Auf diese ‚dunklen‘ Seiten aber stößt notwendigerweise, wer sich mit der kulturellen und medialen Verarbeitung von Korruption beschäftigt. 2. ZUM BEGRIFF DER KORRUPTION Auch wenn Korruption auf den ersten Blick ein selbsterklärendes Phänomen zu sein scheint, stellt man bei näherem Hinsehen fest, dass hierunter je nach Kontext sehr unterschiedliche Dinge verstanden werden können und historisch auch verstanden wurden. Schon beim eingangs erwähnten Thema „Mafia“ wird rasch deutlich, dass hier genau zu differenzieren ist. Es gehört zu den spannendsten Herausforderungen der (historischen) Korruptionsforschung, ein brauchbares und wissenschaftlich tragbares Konzept hierfür zu finden. Hier ist nicht der Ort, die Debatte über den Korruptionsbegriff ausführlich vorzutragen.16 Die Forschergruppe, der die 11
12 13 14 15 16
Unter den unzähligen Studien zum Bossismus seien hier nur genannt: Alan Lessoff / James J. Connolly, From Insult to Political Theory: The Boss, the Machine, and the Pluralist City, in: The Journal of Policy History 25, 2013, S. 139–172; James J. Connolly, An Elusive Unity. Urban Democracy and Machine Politics in Industrializing America, Ithaca etc. 2010; John Allswang, Bosses, Machines, and Urban Voters, Baltimore 1986. Vgl. Themenheft 1, 2005 der Informationen zur modernen Stadtgeschichte (IMS) über „Stadtbilder und Stadtrepräsentationen“. Adelheid von Saldern (Hrsg.), Inszenierter Stolz. Stadtrepräsentationen in drei deutschen Gesellschaften (1935–1975), Stuttgart 2005. Marc Schalenberg / Thomas Biskup (Hrsg.), Selling Berlin: Imagebildung und Stadtmarketing von der preußischen Residenz bis zur Bundeshauptstadt, Stuttgart 2008. Sandra Schürmann, Dornröschen und König Bergbau. Kulturelle Urbanisierung und bürgerliche Repräsentationen am Beispiel der Stadt Recklinghausen (1930–1960), Paderborn 2005. Zur Orientierung vgl. Arnold J. Heidenheimer / Michael Johnston / Victor T. LeVine, Terms, Concepts, and Definitions. Introduction, in: Dies. (Hrsg.), Political Corruption. A Handbook, New Brunswick 1990, S. 3–14; Niels Grüne, „Und sie wissen nicht, was es ist.“ Ansätze und
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
15
Herausgeber dieses Bandes angehört, hat sich im Laufe ihrer Arbeit auf eine Reihe von pragmatischen Festlegungen geeinigt. Die wohl wichtigste Setzung besteht in der analytischen Trennung zwischen Praktiken auf der einen und Bewertungen auf der anderen Seite.17 Wir untersuchen also zum einen Formen der personalen Begünstigung, von Patronage, Netzwerkbildung, ‚Klüngel‘, aber auch Bereicherung auf der einen Seite.18 Auf der anderen Seite wird die Kritik bzw. Skandalisierung dieser Praktiken als „Korruption“ analysiert – im vorliegenden Band erweitert um das Interesse an dem korrupten Image bestimmter Städte. Dieser Ansatz geht von der Beobachtung aus, dass Korruption keine wertneutrale oder gar objektivierbare wissenschaftliche Kategorie ist, sondern ein historisch wandelbares und zeitgebundenes Phänomen der Bewertung bestimmter Vorgänge. Mit dieser Differenzierung von Praktiken und Debatten wird die wissenschaftliche Analyse vor allem von dem Zwang befreit, die untersuchten Praktiken als korrupt bzw. nicht-korrupt zu bewerten. Dieser in gewisser Hinsicht relativistische Ansatz beruft sich auf die sogenannte ‚neoklassische‘ Korruptionsforschung, die Korruption als an gesellschaftliche Normen gebundenes Phänomen versteht.19 Freilich sind die Praktiken zeitgebunden und wandelbar – auch Patronage und Netzwerkbildung sind keine anthropologischen Konstanten, sondern verändern sich je nach Gesellschaft und Epoche. Tatsächlich lässt sich argumentieren, dass politische Gemeinschaften je spezifische Begünstigungsformen hervorbringen – das haben die beiden Autoren dieses Textes unter anderem am Beispiel der Französischen Dritten Republik zu zeigen versucht.20 Ähnliches gilt auch für einzelne Städte. Schließlich haben viele der aktuellen Korruptionsstudien einen engen Zusammenhang zwischen Korruptionskonzepten und -auffassungen mit allgemeinen Tendenzen der Modernisierung seit der Sattelzeit hervorgehoben. Man kann sogar so weit gehen, das Nachdenken über Korruption, so wie wir es heute kennen, als genuin modernes Phänomen anzusehen. Korruptionskritik stellt ein zentrales politi-
17
18 19 20
Blickpunkte historischer Korruptionsforschung, in: Ders. / Simona Slanička (Hrsg.), Korruption. Historische Annäherungen, Göttingen 2010, S. 11–34. Jens Ivo Engels / Frédéric Monier, Pour une histoire comparée des faveurs et de la corruption: France et Allemagne (XIXe–XXe siècles), in: Dies. / Natalie Petiteau (Hrsg.), La politique vue d’en bas. Pratiques privées et débats publics 19e–20e siècles, Paris 2011, S. 127–148. Vgl. dazu auch die zwei unterschiedlich konturierten Bände Frédéric Monier / Olivier Dard / Jens Ivo Engels (Hrsg.), Patronage et corruption politiques dans l’Europe contemporaine, Paris 2014 sowie Frédéric Monier / Olivier Dard / Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir (Hrsg.), Scandales et corruption à l’époque contemporaine, Paris 2014. Wolfgang Reinhard prägte hierfür den Begriff Mikropolitik, vgl. Wolfgang Reinhard, Die Nase der Kleopatra. Geschichte im Licht mikropolitischer Forschung. Ein Versuch, in: Historische Zeitschrift 293, 2011, S. 631–666. Michael Johnston, The Search for Definitions. The Vitality of Politics and the Issue of Corruption, in: International Social Science Journal 48, 1996, S. 321–335, insb. S. 333. Frédéric Monier, La politique des plaintes. Clientélisme et demandes sociales dans le Vaucluse d’Édouard Daladier (1890–1940), Paris 2007; Jens Ivo Engels, La modernisation du clientélisme politique dans l’Europe du XIXe siècle et du XXe siècle. L’impact du capitalisme et des nouvelles formes d’organisation politique, in: Monier/Dard/Engels, Patronage et corruption politiques, S. 33–50.
16
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
sches Ordnungsmuster der europäischen Moderne dar, etwa indem Korruptionskritik als Artikulation der normativen Trennung der privaten von der öffentlichen Sphäre auftritt. Zugleich transportieren Korruptionsdebatten häufig Abgrenzungen zwischen traditionellen und sich selbst als fortschrittlich-modern beschreibenden Gesellschaften.21 Dieser Umstand ist für den hier interessierenden Kontext deshalb spannend, weil Stadtgeschichte nun einmal ganz wesentlich von den Prozessen der Urbanisierung an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gekennzeichnet ist.22 Und Urbanisierung gilt wiederum als eines der konstituierenden Merkmale der sogenannten Hochmoderne zwischen etwa 1880 und 1980. Folglich beziehen sich beide, Korruptionsgeschichte wie Stadtgeschichte, ausgesprochen stark auf das Konzept der Moderne. Dieser Umstand sollte eine solide Grundlage für gemeinsame Fragestellungen bieten. Wir werden weiter unten sehen, dass die Hochphase der Urbanisierung zeitlich mit der Entfaltung städtischer Korruptionsaffären zusammenfällt. Auch die erwähnte Vorstellung, dass vormoderne oder rückständige Gesellschaften als korrupt dargestellt werden, finden sich im Bereich städtischer Korruption – allerdings auch die umgekehrte Zuschreibung, der zufolge insbesondere die moderne, kapitalistisch geprägte Welt durch Korruption geprägt sei. Wir werden außerdem sehen, dass Modernisierungskrisen häufig Korruptionsdebatten generieren – etwa mit Blick auf die tektonischen Verschiebungen innerstädtischer Machtverhältnisse um 1900. 3. DER TOPOS DER „KORRUPTEN STADT“ Korruption gilt nicht selten als Phänomen der Großstadt. Der französische Romancier Marcel Aymé formulierte es 1938 folgendermaßen: „À la campagne, le scandale public est extrêmement rare.“23 In der Kleinstadt, so Aymé weiter, gebe es eigentlich nur Beziehungs-Skandale. Einer solchen Sichtweise folgend vermuteten die Zeitgenossen die Korruption vor allem in der Hauptstadt Paris und in der großen Hafenstadt Marseille (von der in diesem Band mehrfach die Rede ist). Wie kommt es zur Entstehung des Stereotyps der „korrupten Stadt“? Welche historischen Prozesse liegen ihr zugrunde? Diese Fragen zu stellen erscheint wichtig, da derartige Stereotypen in der aktuellen öffentlichen Diskussion nur selten infrage gestellt und als Teil angeblich anthropologischer Konstanten gehandelt werden. So heißt es etwa in einem amerikanischen Blog über Rechtsfragen in einem Beitrag zu den „sechs korruptesten Städten Amerikas“ über Chicago: „It is a city with a long and in-your-face tradition of rampant corruption, which has changed 21
22 23
Ausführlich in Engels: Geschichte der Korruption; Toon Kerkhoff / Ronald Kroeze / Pieter Wagenaar, Corruption and the Rise of Modern Politics in Europe in the Eighteenth and Nineteenth Centuries: A Comparison between France, the Netherlands, Germany and England – Introduction, in: Journal of Modern European History 11, 2013, S. 19–30. Vgl. z. B. Clemens Zimmermann, Die Zeit der Metropolen. Urbanisierung und Großstadtentwicklung, Frankfurt/Main 1996. Marcel Aymé, Silhouette du scandale, Paris 1938, S. 74.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
17
little since the mobster days of the early 20th century.“24 In solchen Kommentaren wird denn auch kaum darüber reflektiert, dass solche Annahmen sich auf dem Weg des Kulturtransfers verbreiten. So hat Laurence Montel gezeigt, wie das zweifelhafte Image Chicagos ab Ende der 1920er Jahre in Frankreich auf Marseille projiziert wurde25 – mit langfristigen Folgen: Das Klischee vom „französischen Chicago“ an der Mittelmeerküste teilten 2015 noch rund 62 Prozent der Befragten in einer Umfrage der Zeitschrift Le Point.26 Wir wollen hier drei Hypothesen zur Entwicklung des Topos der korrupten Stadt zur Diskussion stellen – basierend auf der Analyse von Images konkreter Städte. Es geht also darum, wie eine bestimmte Stadt in den Geruch der Korruption kommt. Folgende Elemente haben wir ausgemacht: 1. Skandalisierung von Korruption in einer Stadt durch die Medien, 2. Verbreitete Alltagswahrnehmung von Korruption und Kriminalität, 3. Korruptionsdebatten und Angriff auf die städtische Autonomie. 3.1 Der Einfluss der Skandalisierung Eine notwendige Voraussetzung für die Etablierung des Bildes einer korrupten Stadt ist die Skandalisierung in den modernen Massenmedien. Folglich sind die Anfänge solcher Zuschreibungen in der Regel nicht vor dem späten 19. Jahrhundert zu finden. Freilich gibt es einige Ausnahmen: Venedig hatte schon im 18. Jahrhundert den Ruf als „serenissima corrupta“.27 Bestimmten kommunalen Institutionen haftete in dieser Zeit durchaus der Geruch der Korruption an.28 Der städtische Korruptionsskandal verbreitete sich jedoch später, und zwar zeitgleich mit dem modernen Medienskandal, dessen Entstehung Frank Bösch im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts lokalisiert.29 Alan Lessoff und James Connolly haben einen der ersten Korruptionsskandale mit städtischem Bezug in der Geschichte der USA im „Tweed Ring Scandal“ von 1871 in New York ausgemacht.30 Nach aktuellem Stand der ja noch recht lückenhaften Forschung gab es in Europa nach 1880 vermehrt kommu24 25 26 27 28
29 30
Laurie Junkins, The 6 Most Corrupt Cities in America, in: The Avvo NakedLaw Blog, http:// nakedlaw.avvo.com/crime/the-6-most-corrupt-cities-in-america.html#ixzz3XOgO0Dqb, (letzter Zugriff am 14.09.2016). Laurence Montel, Marseille-Chicago. Naissance d’une représentation, in: Faire savoirs 11, 2014, S. 9–18. Vgl. „La question – Est-il abusif de dire que Marseille est le Chicago français?“, in: Le Point, 26.04.2015, unter: http://www.lepoint.fr/sondages-oui-non/est-il-abusif-de-dire-que-marseilleest-le-chicago-francais-26-04-2015-1924290_1923.php (letzter Zugriff am 25.04.2016). Nützenadel, Serenissima corrupta. Andreas Fahrmeir, Ehrbare Spekulanten: Stadtverfassung, Wirtschaft und Politik in der City of London (1688–1900), München 2003; Rosemary Sweet, Corrupt and Corporate Bodies: Attitudes to Corruption in Eighteenth-Century and Early Nineteenth Century Towns, in: Moore/ Smith, Corruption in Urban Politics and Society, S. 41–56. Frank Bösch, Öffentliche Geheimnisse. Skandale, Politik und Medien in Deutschland und Großbritannien 1880–1914, München 2009. Lessoff/Connolly, From Insult, S. 142.
18
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
nale Korruptionsskandale – Marco Bar schildert dies für Marseille in diesem Band. Manche dieser Affären fanden sogar den Weg in die ausländische Presse, etwa die Prozesse rund um den Marseiller „Charavel-Skandal“ mit Echos in der britischen Times und einer Zeitung aus der frankophonen Schweiz.31 In die gleiche Ära fällt der Skandal um die Privatisierung der städtischen Wasserversorgung in Buenos Aires, der, weil britische Unternehmen beteiligt waren, auch in Europa größte Aufmerksamkeit erfuhr.32 Neben der Skandalberichterstattung spielen in einigen Fällen auch die Medien der Populärkultur eine entscheidende Rolle. So spricht vieles dafür, dass Film, Comics und Romane ab den 1920er Jahren zur Verfestigung der Zuschreibung von Korruption und Kriminalität beitrugen und dies bis heute tun. Für Montreal wurde dies bereits beschrieben.33 Ronald Kroeze verweist in seinem Beitrag für diesen Band auf populäre Darstellungen der niederländischen Stadt Oss im Film und, in jüngster Zeit, im Internet. 3.2 Kriminalitätsdebatten und Korruption Es spricht in der Tat sehr viel dafür, dass die Wahrnehmung von Korruption und grassierender ‚allgemeiner‘ Kriminalität vor allem mit Blick auf Städte gekoppelt waren und sind. Dies beschränkt sich nicht auf die medialisierte Populärkultur, sondern umfasst sowohl Alltagswahrnehmungen in der Bevölkerung als auch fachliche Debatten. Bislang leider nur vereinzelt vorliegende Erkenntnisse weisen den Weg hierzu. Im vorliegenden Band analysiert Cesare Mattina derartige Alltagserfahrungen aus der jüngsten Zeit in Marseille. Für die Zeit um 1900 verfügen wir über einige Studien, die auf der Grundlage einer einzigartigen Quelle entstanden sind, der sogenannnten „Inquiesta Saredo“. Es handelt sich dabei um eine im Jahr 1899 vom italienischen Parlament angeforderte Untersuchung über die politischen Verhältnisse in Neapel und Palermo. Darin wurde die Rolle von Mafia und Camorra in der kommunalen Politik und Verwaltung beider Städte detailliert dargestellt. Der Report kam zu dem Ergebnis, dass in beiden Städten strukturelle Korruption herrsche, insbesondere bei kleinen Kommunalbeamten, und malte das Bild eines dramatischen Verfalls der Verwaltungsstandards. Dieser Bericht informiert selbstverständlich nicht nur über Praktiken und Machtverhältnisse in den süditalienischen Städten, sondern trug mit zur Etablierung des Stereotyps der korrupten Mafia-Städte bei, kulturell eingebettet in den zeittypischen Meridionalismo.34 31 32 33 34
The Times, 30.11.1886, S. 5 („The trial of Marseille“); L’Impartial (aus La Chaux de Fonds), 2.12.1886. Stephan Ruderer, „Eine Missachtung der wichtigsten Interessen des Landes“. Der Korruptionsskandal um den Hafenbau in Montevideo 1885, in: Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Frédéric Monier / Olivier Dard, Krumme Touren in der Wirtschaft, Köln etc. 2015, S. 63–82. Mathieu Lapointe, Nettoyer Montréal. Les campagnes de moralité publique 1940–1954, Québec 2014. Sergio Marotta, Corruzione politica e societa napoletana. L’inchiesta Saredo, Napoli 2012, S. 17 f.; Giulio Machetti, La lobby di piazza Municipio. Gli impiegati comunali nella Napoli
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
19
Gelegentlich finden sich auch Erkenntnisse über die Reaktionen – vor allem Beschwerden – der Bevölkerung angesichts von Netzwerken und Bestechlichkeit. Laurence Montel hat für Marseille in der Zwischenkriegszeit eine Flut von Beschwerdebriefen an Politiker und Amtsträger ausgewertet, in denen Prostitution und die Korruption von Lokalbeamten und Polizisten zu den wichtigsten Gravamina gehören.35 Solche Quellen zeigen, wie die breite Bevölkerung ihre Alltagserfahrungen mit den zur Verfügung stehenden Stereotypen gewissermaßen in Abgleich brachte – und damit auch konkrete persönliche Interessen verband. Selbstverständlich haben auch die Reaktionen der Obrigkeit auf solche Beschwerden Einfluss auf die alltägliche Wahrnehmung. In einer vergleichenden Untersuchung zum Umgang mit Kritik an der städtischen Polizei in Berlin und in London zwischen 1880 und 1914 von Anja Johansen wird dies deutlich. Die Autorin kann zeigen, wie der offene Umgang der Londoner Behörden mit Kritik auch an Korruption der „Bobbies“ dazu führte, dass Vertrauen wieder hergestellt wurde – etwa indem der Bericht einer Royal Commission von 1908 das Problem individualisierte und feststellte, dass die Institution Metropolitan Police im Prinzip gut funktioniere. Ganz anders die Attitüde der Berliner Obrigkeit, die Kritik abblockte. In der Folge verfestigte sich der schlechte Ruf der Polizeikräfte in der preußischen Hauptstadt.36 Alle diese Studien legen nahe, dass die Zeitgenossen häufig einen Zusammenhang zwischen Verbrechen, Prostitution und Korruption bei den Behörden herstellten. Insofern ist zu erwarten, dass Städte mit dem Image grassierender Kriminalität auch in den Verdacht der Korruption kommen. Aus der Käuflichkeit von Behördenmitarbeitern oder Ordnungshütern wird schnell die Vorstellung, eine ganze Stadt besitze eine Art ‚korruptiven‘ Charakter. Zu prüfen wäre noch, ob sich diese Feststellung umkehren lässt: Gelten Städte mit (wahrgenommener) geringer Kriminalitätsrate als weniger korruptionsanfällig? 3.3 Korruption im Kontext städtischer Autonomieverluste Man kann die Korruptionsdebatten des mittleren 20. Jahrhunderts auch als Arenen begreifen, in denen um die Zukunft der städtischen Verwaltungsautonomie gekämpft wurde. Für Chris Williams sind Polizeiskandale und Korruptionsaffären in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Begleitmusik, in Teilen auch die Legitimation, für die „historische Niederlage“ der kommunalen Unabhängigkeit in Großbritannien.37
35 36 37
del fine Ottocento, in: Meridiana 38/39, 2000, S. 223–267, hier: S. 225; Marcella Marmo, Passato / presente della camorra. Dimensione sociale e dimensione politica, in: Meridiana 73/74, 2012, S. 37–62, hier: S. 44; Marco de Nicolò, Trasformismo, autoritarismo, meridionalismo. Il ministro dell’interno Giovanni Nicotera, Bologna 2001. Laurence Montel, Proxénétisme et corruption à Marseille dans les années 1920 et 1930; in: Monier/Dard/Engels/Fahrmeir, Scandales et corruption, S. 109–122. Anja Johansen, Keeping up Appearances. Police Rhetoric, Public Trust and Police Scandal in London and Berlin, 1880–1914, in: Crime, History and Societies 15, 2011, S. 59–83. Chris A. Williams, Rotten Boroughs. The Crisis of Urban Policing and the Decline of Municipal Independence 1914–64, in: Moore/Smith, Corruption in Urban Politics and Society, S. 155–176.
20
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
In Frankreich lassen sich ähnliche Zusammenhänge feststellen – wiederum am recht gut untersuchten Fall Marseille. In der späten Dritten Republik verdichteten sich die Vorwürfe und Klagen und schlossen neben den Themen Kriminalität und Prostitution auch Wahlbetrug und Klientelismus bei der Besetzung städtischer Posten ein. Hinzu kam Kritik am engen Umgang führender Kommunalpolitiker mit notorischen Kriminellen – der Stadtverordnete Simon Simiani etwa brüstete sich 1934 auf einem Plakat mit der Freundschaft zu den stadtbekannten Verbrechern Carbone und Spirito. Diese und andere Entwicklungen veranlassten den französischen Innenminister Albert Sarraut im Herbst 1938, in Marseille einen Mangel von Moralität zu vermuten. Er leitete Untersuchungen ein, die im März 1939 zu einem Regierungsdekret führten. Dieses übertrug Paris die Finanzaufsicht über den Kommunalhaushalt von Marseille, eine Regelung, die bis 1944 in Kraft blieb.38 Für das kanadische Montreal hat Mathieu Lapointe ähnliche Zusammenhänge konstatiert, als die Stadt 1940 den finanziellen Bankrott erklären musste.39 Auch in der Stadt Köln kam es um 1930 zu öffentlichen Debatten über die städtische Ausgabenpolitik und vermeintliche Korruption im Umfeld des damaligen Oberbürgermeisters Konrad Adenauer – eine Debatte, die es den Nationalsozialisten leichter machte, den unbequemen Zentrumspolitiker kurz nach der Machtübernahme 1933 durch einen der ihren zu ersetzen.40 Freilich zeigen diese Fälle, dass der Kern des Problems mindestens ebenso im Zustand der Kommunalfinanzen wie in öffentlichen Korruptionsdebatten zu sehen ist. Außerdem wissen wir beim jetzigen Stand der Forschung schlicht noch nicht, ob sich diese Beispiele verallgemeinern lassen. Gleichwohl bleibt die starke Vermutung, dass städtische Skandale wichtige Argumente im Machtverteilungskampf zwischen Kommunen und Staaten lieferten. 4. ERGEBNISSE DES VORLIEGENDEN BANDES Das doppelte Desiderat nach Forschungen über korrupte Praktiken im urbanen Milieu einerseits und von Korruption als Teil öffentlicher Zuschreibung andererseits wurde von einer deutsch-französischen Historikergruppe aufgegriffen, die seit 2010 gemeinsam zur Korruption forscht. Zu den sie tragenden Wissenschaftlern gehören die Herausgeber dieses Bandes. Im April 2016 fand in der Nähe von Darmstadt eine Tagung statt, aus der der vorliegende Band hervorgegangen ist. Gemeinsam ist den Beiträgen der Blick auf den Zusammenhang von Korruption und Kommune in ei38
39 40
Simon Kitson, Police and Politics in Marseille, 1936–1945, Leiden 2014; Laurence Montel, Marseille, capitale du crime. Histoire croisée de l’imaginaire de Marseille et de la criminalité organisée (1820–1940), thèse, Université Paris-X Nanterre 2008; Paul Jankowski, Communism and collaboration. Simon Sabiani and politics in Marseille, 1919–1944, New Haven etc. 1989. Lapointe, Nettoyer. Volker Köhler, Die Mikropolitik der Genossen, Freunde und Junker. Zur Bedeutung personaler Verbindungen im politischen Handeln während der Weimarer Republik, Dissertation Darmstadt 2015.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
21
nem Zeitraum zwischen Mitte des 19. und Ende des 20. Jahrhunderts. Angesichts der noch wenig entwickelten Forschungslandschaft kann der vorliegende Band nur eine Bestandsaufnahme bislang eher disparater Forschung liefern und einige empirische Einzelbeispiele hinzufügen. 4.1 Klientelismus und Gabentausch: Zentrale Elemente der Kommunalpolitik Im Sinne der oben skizzierten Differenzierung wenden sich die Beiträge beidem zu, den Debatten über städtische Korruption und den Praktiken lokaler Netzwerkbildung, städtischen Seilschaften, käuflichen Amtsträgern. Dabei stellt sich das Problem, städtische Spezifika auszumachen. Wie schwierig es ist, das ‚Städtische‘ vom Nationalen zu trennen, zeigt sich etwa in Frankreich, wo ein Großteil des politischen Geschehens auf die Stadt Paris konzentriert war und ist. Im Umfeld der Pariser Börse und der zentralen Behörden waren alle der zwischen ca. 1880 und 1940 stattfindenden und zu Skandalen führenden Insidergeschäfte und dubiosen Anlagemodelle angesiedelt, die in der Regel auf einer engen Vernetzung der handelnden Personen mit einflussreichen Politikern basierten. Gelegentlich fußte das Geschäftsmodell aber auch auf der betrügerischen Kooperation mit Lokalpolitikern und mittel- bis kleinstädtischen Sparkassen, wie etwa im Fall des Alexandre Stavisky. Sein Tod und die Berichte über Geschäfte auf Gegenseitigkeit mit Hauptstadt- wie auch Provinz-Politikern führten 1934 zu einer ernsten Krise in der Dritten Republik. Auslöser war dabei ein Skandal, der in der kleinen südfranzösischen Urlauberstadt Bayonne seinen Ausgangspunkt hatte.41 In solchen Fällen wird man Schwierigkeiten haben, stadtspezifische Merkmale auszumachen, es sei denn, man wertet die offensichtliche Überforderung einiger Vorsitzender von kleinstädtischen Sparkassen angesichts komplexer Finanzprodukte als ein solches Merkmal – allerdings wiese dies eher auf unterschiedliche Geschwindigkeiten von Professionalisierung im Finanzsektor hin, also auf die Organisationsstrukturen von Geldhäusern, weniger die von Städten. Man kann folglich die Entwicklung in den Städten nicht losgelöst betrachten von allgemeinen historischen Trends. Die Ergebnisse der hier versammelten Beiträge legen nahe, dass es weniger „die städtische Korruption“ als vielmehr „Korruption in Städten“ gab. Der Beitrag von Thomas Bohn macht denn auch am Beispiel der weißrussischen Stadt Minsk deutlich, dass die sowjetische Stadt mit ihren vergleichsweise guten Lebensbedingungen vor allem im Hinblick auf Arbeitsmöglichkeiten spezifische Ressourcen bereitstellte und zugleich knappe Güter (Wohnraum) zu verteilen waren. Für das Verständnis der Vernetzungspraktiken unerlässlich ist jedoch die Kenntnis des blat
41
Jacques Chabannes, Les scandales de la ‚Troisième‘. De Panama à Stavisky, Paris 1972; Paul F. Jankowski, Cette vilaine affaire Stavisky. Histoire d’un scandale politique, Paris 2000.
22
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
(etwa mit „Vitamin B“ übersetzbar) als eine kulturelle Praxis, welche im ganzen Land verbreitet war und keine Minsker Besonderheit darstellte.42 Ein zentraler Zugang zur städtischen Korruptionsgeschichte ergibt sich aus der vergleichsweisen Überschaubarkeit des Settings städtischer Akteure. Im Unterschied zur nationalen Ebene der Politik sind die kommunalen Strukturen dadurch gekennzeichnet, dass die sozialen Interaktionen dichter und oft auch dauerhafter sind: Die Betroffenen sehen sich regelmäßig und kommunizieren in erster Linie mündlich. Sie sind häufig sehr gut über die jeweiligen privaten Lebensumstände ihres Gegenübers informiert. Solche Rahmenbedingungen fördern die Entstehung langer „Gabentauschketten“, wie Marcel Mauss sie beschrieben hat.43 Im Grundsatz also erscheint die städtische Vernetzung als eine besonders stabile Angelegenheit.44 Solche Annahmen werden auch im vorliegenden Band bekräftigt, etwa in dem Beitrag von Cesare Mattina (der sich langfristig wirksamen politischen Netzwerken am Ende des 20. Jahrhunderts zuwendet) und der ethnologischen Studie, die Italo Pardo und Sergio Marotta vorlegen. Daniel Kück zeigt in seinem Beitrag über Polizeikorruption aber auch die Prekarität und Situationsabhängigkeit von Face-to-face Beziehungen im urbanen Kontext. In seiner Monographie über Netzwerke, Klientelismus und den Tausch kommunaler Ressourcen konnte Mattina bereits zuvor zeigen, wie präzis zu benennende soziale Gruppen aus der (unteren) Mittelschicht mithilfe solcher Techniken eine recht stabile Herrschaft über den politischen Raum gewannen.45 Künftigen Forschungen bleibt es überlassen zu prüfen, ob die Vertretung von Mittel- und ggf. Unterschichtsinteressen über den Weg eines Massenklientelismus in der Großstadt des mittleren 20. Jahrhundert ein europäisches Phänomen ist oder ob es sich um eine lokale Besonderheit handelt. Auch der Beitrag von Gemma Rubí führt sehr deutlich vor Augen, wie stark die kommunale Politik um 1900 – hier in Spanien – von klientelären Strukturen, Geschäften auf Gegenseitigkeit und dem Austausch öffentlicher Ressourcen geprägt war. Rubí verweist zudem auf die Verwobenheit der kommunalen Begünstigungsstrukturen mit dem nationalen politischen Klientelsystem, das unter dem Namen Caciquismo bereits recht gut untersucht ist. Dies verdeutlicht einmal mehr, dass funktionierende Netzwerke nur selten an Stadtgrenzen enden. Allerdings wird im Einzelfall zu untersuchen sein, wann das Spiel mit Netzwerken auf unterschiedlichen Ebenen (kommunal, national) erfolgreich ist und wann nicht. Volker Köhler hat am Beispiel Konrad Adenauers in den 1920er Jahren feststellen können, dass
42 43 44 45
Vgl. Sheila Fitzpatrick, Russia’s Economy of Favours. Blat, Networking and Informal Exchange, Cambridge 1998. Marcel Mauss, Essai sur le don. Forme et raison de l’échange dans les sociétés archaïques, Paris 2007. Vgl. dazu auch die Studien von Carola Lipp zur politischen Bedeutung von Verwandtschaft in Städten des Vormärz: Carola Lipp, Verwandtschaft – ein negiertes Element in der politischen Kultur des 19. Jahrhunderts, in: Historische Zeitschrift 283, 2006, S. 31–78. Cesare Mattina, Clientélismes urbains. Gouvernement et hégémonie politique à Marseille, Paris 2016.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
23
dessen Kölner lokale Netzwerke in dem Maß litten, in dem er sich der Vernetzung auf Landes- (Preußen) und Reichsebene widmete.46 Daran sieht man bereits: Auch das städtische Milieu ist alles andere als statisch. Entscheidend für die Dynamisierung städtischer Netzwerke war das Doppelphänomen der Industrialisierung und Urbanisierung seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Diese Zusammenhänge finden sich in vielen Beiträgen des vorliegenden Bandes. Viel spricht dafür, dass das industrielle Wachstum und die Bautätigkeit in wachsenden Städten neue Gelegenheiten boten, ja oftmals auch die Notwendigkeit schufen, dass Unternehmer und Investoren engen Kontakt mit Lokalpolitikern und städtischen Verwaltungsangehörigen pflegten. Solche Verflechtungen, der Austausch von Gefälligkeiten oder Geschäften auf Gegenseitigkeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor, galten dann in der öffentlichen Meinung als Korruption par excellence.47 Festzuhalten ist, dass die Ressourcen beider Seiten enorm anwuchsen und es daher immer mehr zu verteilen gab. Das gilt für die hohen Gewinne auf Seiten der Unternehmen, aber auch für die umfangreicher werdende Leistungsverwaltung der Städte und ihre sich ausweitenden Regelungsbefugnisse (Lizenzen, Baugenehmigungen, etc.). Das schloss in vielen Fällen auch die ‚Versorgung‘ von Angehörigen der Mittel- und Unterschichten mit ein. Noch kaum exploriert ist die von Daniel Kück in diesem Band behandelte Frage nach den spezifischen Orten der Vernetzung sowie der Raumproduktion durch Bestechungsbeziehungen: Es ist anzunehmen, dass sich mit den sozialen Gruppen und den Ressourcen auch die räumlichen Strukturen der Patronage veränderten. Politischer Klientelismus, das war gerade seit der Zeit der Urbanisierung eben nicht nur Elitenverflechtung – oder genauer: war immer weniger nur Elitenverflechtung. „Die Städte wurden wichtige Patrone“, so hat es James Moore in einer der Diskussionen während der Konferenz ausgedrückt, und sein Beitrag in diesem Band verweist auf die sich ausweitenden Zuständigkeiten und Aktivitäten der Städte. Zugleich, so könnte man hinzufügen, weitete sich die Zahl der potenziell Beteiligten und Betroffenen deutlich aus. Dadurch reduzierte sich insgesamt die oben beschriebene Interaktionsdichte. Die Ausweitung der städtischen Aufgaben auf der einen Seite – zumindest im Binnenverhältnis mit Einwohnern und hier tätigen Unternehmen – und die oben konstatierten Autonomieverluste nach außen sind gewissermaßen zwei Seiten der korruptionshistorischen Medaille. Völlig offen ist beim gegenwärtigen Stand der Forschung noch, ob es einen idealtypischen Verlauf der Strukturveränderung von städtischer Klientelpolitik gab, so wie ihn Jean-Yves Nevers für Toulouse nachgezeichnet hat.48 Dort sei, so Nevers, die eher traditionelle, auf einzelne Personen fokussierte Patronage bis Anfang des 20. Jahrhunderts in der Zwischenkriegszeit durch anonymisierte „Maschinen-
46 47 48
Köhler, Mikropolitik. Engels, Geschichte der Korruption. Jean-Yves Nevers, Du clientélisme à la technocratie. Cent ans de démocratie communale dans une grande ville, Toulouse, in: Revue française de science politique 33, 1983, S. 428–454.
24
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
politik“ (Parteipatronage) abgelöst worden, bevor in der Nachkriegszeit die Technokratie das Ruder übernommen habe. All diese Erkenntnisse lassen nur einen Schluss zu: Kommunalpolitik (einschließlich der hier nicht explizit behandelten Kultur-, Sozial- und Wirtschaftspolitik) wird in ihrer Funktionsweise nur verständlich, wenn man den Aspekt der Verflechtung und des Klientelismus ernst nimmt und systematisch untersucht. Mit Ausnahme der Bossismus-Forschung ist das bislang noch nicht geschehen – zudem haftet diesem Phänomen auch immer noch der Ruf an, ein ausschließlich amerikanisches Spezifikum zu sein. Das stimmt sicherlich mit Blick auf einige Ausprägungen des politischen Systems (Wahlrecht, Berufspolitiker etc.). Doch gab es auch in europäischen Städten vergleichbare Strukturen – zum Beispiel weil sie wie in Marseille auf ein ähnliches Problem reagierten, nämlich das Integrationsbedürfnis einer großen Zahl an Zuwanderern. Es braucht also in Zukunft endlich vergleichende Studien über kommunale Klientelsysteme europäischer bzw. nicht-amerikanischer Städte. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass man die Realität dieser Herrschaftsund Distributionsstrukturen akzeptiert. 4.2 Debatten über städtische Korruption zwischen Reform und Moralisierung Im 19. und 20. Jahrhundert veränderte sich in vielen städtischen Gesellschaften die politische Kultur. Dazu gehörten die Ausweitung einer städtischen politischen Öffentlichkeit sowie eine Veränderung politischer Machtverhältnisse und Organisationsformen, häufig verbunden mit dem Bedeutungszuwachs der einfachen Bevölkerung bzw. linker oder sozialistischer Parteien. In Marseille etwa wurde 1892 der erste sozialistische Bürgermeister gewählt und in den folgenden Jahren entstanden neue Formen politischer Partizipation in den Stadtvierteln.49 In den 1920er und 1930er Jahren etablierte die sozialistische Partei eine Form von „Maschinenpolitik“ mit Ähnlichkeiten zum amerikanischen Bossismus.50 Bereits an anderer Stelle hat James Moore einen Zusammenhang zwischen Korruptionsvorwürfen, Reformansprüchen und dem Bedeutungszuwachs neuer politischer Akteure im Manchester der 1880er Jahre herausgestellt.51 In diesem Zusammenhang verweist Peter Jones in seinem Beitrag für diesen Band auf die Irritationen, die von Veränderungen in der stadtpolitischen Landschaft häufig ausgingen. So wurde etwa in Glasgow eine dem Bossismus ähnliche Klientelpolitik kritisiert. In die gleiche Zeit fällt auch die erste Welle der Skandalisierung von Korruptionsfällen auf städtischer Ebene. Für die Stadt Marseille zeichnet Marco Bar dies in seinem Beitrag minutiös nach. 49 50 51
Bernard Morel, Marseille, naissance d’une métropole, Paris 1999, S. 60 f. David A. Levy, From Clientelism to Communism. The Marseille Working Class and the Popular Front, in: Martin Alexander / Helen Graham (Hrsg.), The French and Spanish Popular Fronts, Cambridge 1989, S. 201–212. James R. Moore, Municipal Corruption and Political Partisanship in Manchester 1885–95, in: Moore/Smith, Corruption in Urban Politics and Society, S. 95–112.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
25
Neben wachsenden Ressourcen, die es zu verteilen gab, verdichtete sich aber auch die polizeiliche Überwachung des städtischen Raumes, was zu einer Zunahme der Verfolgung beziehungsweise Kriminalisierung der (Klein-)Korruption führen konnte (was implizit der Beitrag von Daniel Kück illustriert). Generell belegen auch andere Beiträge den Zusammenhang zwischen Korruptionsdebatten und den Debatten über allgemeine städtische Kriminalität. Besonders ausgeprägt war dies offenbar im Fall von Marseille, wo um 1900 ein Bild allgemeiner Kriminalität und Korruption der Stadt entstand (Marco Bar) und in Italien bis in die Gegenwart (Italo Pardo / Sergio Marotta). Wie weit dies mit einem verbreiteten Gefühl städtischer Obrigkeiten einherging, die Kontrolle über die Bevölkerung zu verlieren, bedarf weiterer Forschung. In vielen Städten lassen sich Versuche beobachten, mit Reformen auf den Korruptionsvorwurf zu reagieren (Beiträge von Mathieu Lapointe, James Moore, Jorge Luengo, Anja Senz). Nach Lage der Dinge beruhten diese auf unterschiedlichen Methoden und waren unterschiedlich erfolgreich. Generell gewinnt man den Eindruck, dass solche Reformprozesse sowohl Appelle an die Moral der Handelnden einschlossen als auch konkrete rechtliche Regulierungen enthielten. Letzteres lässt erkennen, wie die beteiligten Stadtverwaltungen nach funktionierenden Instrumenten suchten, um der beklagten Probleme Herr zu werden. Darüber hinaus darf man solche Debatten als zentralen Bestandteil städtischer Selbstvergewisserung und Identitätsbildung ansehen. Es bleibt zu hoffen, dass die Forschungen zur Stadtreform künftig derartige Debatten und Ansätze stärker berücksichtigen. In vielen Debatten wurde die herrschende Korruption mit den Folgen des Kapitalismus verknüpft, insbesondere dessen negativen Auswirkungen auf die öffentliche Moral. Dabei ist die Tendenz zu beobachten, die Stadt als Zentrum von Modernisierung, Industrialisierung und Technisierung auch in den Verdacht besonderer Korruptionsneigung zu stellen – nicht nur in Marseille. Insofern gibt es gewisse Parallelen zur Stadtfeindschaft, wie sie von den agrarromantischen und modernekritischen Bewegungen des frühen 20. Jahrhunderts artikuliert worden sind (Alan Lessoff stellt diesen Bezug in seinem Beitrag am Rande her), aber auf ältere Argumente zurückgehen (Peter Jones). Allerdings sind diese Parallelen begrenzt – und das liegt an folgendem Umstand: Die im Band versammelten Beispiele zeigen, dass es neben der antikapitalistischen noch eine andere Richtung der Korruptionskritik gab. Es findet sich nämlich auch die Erzählung von der kleinen, verschlafenen, in traditionellen Strukturen verhafteten Provinzstadt, die deshalb als korrupt gilt, weil sie sich den Anpassungen an die Moderne verweigert. Dies ist besonders im Fall der niederländischen Stadt Oss im Beitrag von Ronald Kroeze, aber auch im meridionalen Diskurs über italienische und spanische Kleinstädte zu finden. Ganz offensichtlich spielt in diesen Kontexten der konfessionelle Gegensatz eine große Rolle. Viele der hier versammelten Texte legen nahe, dass protestantisch geprägte Gesellschaften solchen mit katholischer Hegemonie die Neigung zur Korruption vorwarfen, wie etwa die Beiträge von Mathieu Lapointe und Ronald Kroeze zeigen. Auf die protestantische Grundierung der Debatte in den USA weist sehr pointiert auch Alan Lessoff hin. Diese Beispiele zeigen, welch große Bedeutung konfessionell gebundene Zuschreibungen bei der Ausbildung von Stadtimages haben können.
26
Jens Ivo Engels / Frédéric Monier
Zudem zeigen die Beiträge in diesem Band, dass es sich in jedem Fall lohnt, nach den konkreten (macht-)politischen Interessen und Hintergründen bei dem Kampf gegen Korruption zu fragen. Bereits länger ist bekannt, wie Theodore Roosevelt 1884 in New York mit Hilfe einer Untersuchungskommission gegen den Tammany Hall-Ring nicht nur Korruption, sondern eben auch seine politischen Gegner bekämpfte.52 Verschiedene Beiträge im vorliegenden Band zeigen, dass der Ruf nach Reform einerseits ‚von unten‘ gegen etablierte politische Strukturen oder Eliten gerichtet sein konnte, so in Barcelona um 1900, wie Jorge Luengo berichtet, und im Frankfurt der 1980er Jahre im Beitrag von Bettina Tüffers. Andererseits mochte der Korruptionsdiskurs etablierten Eliten dazu dienen, ihre Position zu festigen. Letzteres trifft sicherlich auf die niederländische Regierungspartei in Ronald Kroezes Beitrag zu. Ähnliches gilt für die Position der Progressives in der nordamerikanischen Korruptionsdebatte, wenn man davon ausgeht, dass diese der sozialen und intellektuellen Elite angehörten, sowie auf die weiter oben erwähnte Übernahme der Finanzhoheit in Marseille 1939 durch eine Staatsregierung, die von der bürgerlich-liberalen Elite Frankreichs getragen wurde. Insofern konnten Korruptionsdebatten in Städten sowohl emanzipatorischen wie affirmativen Zielen dienen. Die in diesem Band versammelten Beiträge stellen keineswegs die Ergebnisse eines etablierten Forschungszweigs dar, sondern sie schlagen allenfalls erste empirische Pflöcke ein. Was nun erforderlich ist, sind systematische, möglichst international vergleichende Studien zu den Praktiken informaler, personengestützter Machttechniken einerseits und zur Thematisierung und Bekämpfung von Korruption in Städten andererseits. Eine spezifisch urbane Form der mikropolitischen Verflechtung zu finden ist dabei nicht ausgemacht, aber durchaus im Bereich des Möglichen. Auch steht zu erwarten, dass die Medialisierung und Skandalisierung von Korruption im Großen und Ganzen den Logiken folgt, welche auch für nationale Skandale gelten. Allerdings dürfte eine vertiefte Erforschung negativer Stadtimages einen wesentlichen Baustein zur Wahrnehmung ‚des Urbanen‘ beitragen, da es in fast jedem Land mindestens ein sprichwörtliches Beispiel der korrupten Stadt zu geben scheint. Auch mögen sich Parallelen finden zur Bewertung ganzer Länder oder Landesteile als Hort der Korruption (wie beispielsweise mit Blick auf Süditalien seit dem mittleren 19. Jahrhundert). Ein weiteres Thema für künftige Forschungen stellt ohne Zweifel der Zusammenhang von städtischer Daseinsvorsorge und Patronage dar – und zwar durch alle Schichten von den unterbürgerlichen Nutznießern bis hin zu den politischen und ökonomischen Eliten der Stadt. Das Thema muss noch exploriert werden. Wenn der vorliegende Band zu neuen Forschungen über ‚korrupte Kommunen‘ ermuntert, hat er seinen Zweck erfüllt.
52
Edward P. Kohn, ‚A most revolting state of affairs‘. Theodore Roosevelt’s aldermanic bill and the New York assembly investigating committee of 1884, in: American nineteenth century history 1, 2009, S. 71–92.
Moderne Stadtgeschichte und Korruption
27
5. AUFBAU UND BEITRÄGE Der Band gliedert sich in drei Abschnitte, die wir mit den Begriffen „Praktiken“, „Reaktionen“ und „Images“ überschrieben haben. Sie kennzeichnen die Schwerpunkte in den Beiträgen. Die ersten fünf Texte wenden sich schwerpunktmäßig der Analyse von Begünstigungspraktiken zu. In dem darauf folgenden Abschnitt stehen Reaktionen zweierlei Art im Mittelpunkt, nämlich die kritische Debatte sowie Versuche, der als solche identifizierten Missstände Herr zu werden. Im letzten Teil des Bandes stehen schließlich die negativen Stadtimages im Fokus. Allerdings behandeln die meisten Beiträge mindestens zwei der drei genannten Aspekte – in sehr vielen Texten geht es sowohl um Praktiken als auch um Debatten und Perzeption des Problems „Korruption“. Insofern sind die Beiträge für sich jeweils vollständiger, als diese Einteilung zunächst vermuten lässt. Thomas Bohn und Daniel Kück blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf städtische ‚Alltagskorruption‘ in der Sowjetunion und im Kaiserreich und heben die Bedeutung informeller Praktiken zur Umgehung bestehender Regeln und Gesetze hervor. Nachfolgend steht Korruption in Marseille im Mittelpunkt: Marco Bar mit einem Fokus auf der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, Cesare Mattina mit Blick auf das späte 20. Jahrhundert. Beide Autoren untersuchen die Praktiken, analysieren aber auch den öffentlichen Umgang, Skandalisierung und Kritik daran und zeigen, dass beide Dimensionen sich unaufhörlich durchdringen. Italo Pardo und Sergio Marotta fokussieren ebenfalls auf einen Mikrokosmos, nämlich die Insel Ischia. Der zweite Abschnitt beginnt mit drei Beiträgen, die sich der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert widmen. Jorge Luengo blickt auf das katalanische Barcelona und analysiert die zu dieser Zeit stattfindenden Skandale über die negativen Folgen bestimmter Praktiken für die Verwaltung der Stadt. Auch Gemma Rubí untersucht die sich wandelnde Wahrnehmung sowie die Bekämpfung von Korruption, allerdings mit einem stärkeren Fokus auf die nationale Ebene und die zeitgenössische Diskussion zum Kazikentum. James Moore zeigt die mitunter sehr unterschiedlichen Reaktionen auf Korruptionsfälle in verschiedenen Städten Großbritanniens und untersucht die jeweiligen Strategien zur Bekämpfung von Korruption. Die zwei folgenden Beiträge nehmen das späte 20. Jahrhundert in den Blick. Bettina Tüffers richtet den Fokus auf die Instrumentalisierung von Korruptionsfällen durch die politischen Parteien am Beispiel der Frankfurter Stadtverwaltung. Anja Senz zeichnet die erfolgreichen Bemühungen in Hongkong nach, Korruption einzudämmen und damit auch das Image der Stadt zu verbessern. Damit leitet dieser Beitrag zugleich zum dritten Abschnitt über. Im letzten Teil des Buches rücken die negativen Images von Städten in den Mittelpunkt. Alan Lessoff arbeitet in seinem Beitrag heraus, wie während des sogenannten Gilded Age im US-amerikanischen Diskurs Stadt und Korruption nahezu gleichgesetzt wurden, insbesondere in Hinblick auf Slums und bestimmte Formen der Stadtplanung. Images konkreter Städte beleuchten schließlich die Beiträge von Peter Jones zu drei britischen Städten, von Ronald Kroeze zur Wahrnehmung der südniederländischen Stadt Oss sowie der Aufsatz von Mathieu Lapointe über Montreal im frankophonen Teil Kanadas.
PRAKTIKEN
AUFENTHALTSGENEHMIGUNG UND WOHNRAUMWARTELISTE Korruptionspraxis in der poststalinistischen Sowjetunion Thomas M. Bohn „In der Sowjetunion gab es weder Sex noch Korruption“, könnte man in Ergänzung eines geflügelten Wortes ironisch behaupten. Wie der Alltag idealiter auszusehen hatte, regelten die „zwölf Gebote“, die der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) im Oktober 1961 auf dem 22. Parteitag offenbart wurden. Kommunistische Moral beruhte demzufolge gleichermaßen auf der Liebe zur Heimat wie auf der Freude an der Arbeit.1 Ungeachtet dessen galt immer noch das Lenin zugeschriebene Diktum „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“. Unter Stalin war daraus die Illusion totalitärer Herrschaft erwachsen, eine Illusion, die sich im Alltag an der Blüte der Schattenwirtschaft und an der Tradierung des Gewohnheitsrechts brach. Zur Wahrung der Parteidisziplin wurde das Verfahren von „Kritik und Selbstkritik“ kultiviert, neben der inneren Läuterung jedoch auch das „Säubern“ von Mitgliedsakten eingefordert und damit der physische Terror impliziert. Im Zeichen der Entstalinisierung wichen Todesurteile und Verbannungen in der Chruschtschow-Ära wieder der moralischen Erziehung und der öffentlichen Kampagne. Unter diesen Bedingungen erblickte schließlich auch der in der utopischen Literatur kreierte „neue Mensch“ das Licht der Welt. Er verkörpert einen Typus, der als Homo Sovieticus zu bezeichnen ist. Bei dieser Spezies handelt es sich um die Väter und Vorväter der heutigen russischen Elite.2 Dazu zählte auch der ehemalige Vorsitzende des Stadtrates der weißrussischen Hauptstadt Minsk, Wassili Scharapow. Das Erscheinen seiner Memoiren im Jahre 2013 lädt dazu ein, die Frage nach Sex und Korruption im urbanen Raum nach Stalin zu stellen. Scharapow war nicht nur überzeugter Kommunist, sondern auch ein verdienter Rotarmist und Held des „Großen Vaterländischen Krieges“. In seiner Autobiographie erwähnt er beiläufig, dass ihn seine selbstlose und anspruchslose Haltung davon abgehalten habe, die ihm wegen seines amputierten Beines eigentlich zustehende Invalidenrente zu beantragen. Weil das bescheidene Gehalt eines Bürgermeisters kaum ausreichte, eine Familie zu ernähren, habe sich seine Ehefrau 1 2
Deborah A. Field, Private Life and Communist Morality in Khrushchev’s Russia, New York 2007, S. 9–25; Edward Cohn, The High Title of a Communist. Postwar Party Discipline and the Values of the Soviet Regime, DeKalb 2015, S. 30. Vgl. Thomas M. Bohn / Rayk Einax / Michel Abeßer, From Stalinist Terror to Collective Constraints. „Homo Sovieticus“ and the „Soviet People“ after Stalin, in: Dies. (Hrsg.), De-Stalinisation Reconsidered. Persistence and Change in the Soviet Union, Frankfurt/Main 2014, S. 11– 27.
32
Thomas M. Bohn
stattdessen als Schreibkraft in der Stadtverwaltung verdingen müssen. In der Hauptsache beschreibt Scharapow in (post)stalinistischer Manier den „großen Sprung“ nach vorn, den seine Amtszeit mit sich gebracht habe.3 Gemeint war die nach 1945 einsetzende Verwandlung der Belorussischen Sozialistischen Sowjetrepublik (BSSR) von einem Agrarland in einen Industriestaat. Bis zur Volkszählung von 1959 führten in Minsk die Gründung des Traktorenwerks und des Lastkraftwagenwerks nämlich zu einer Verdoppelung der Einwohnerzahl auf eine halbe Million. Was die Situation in der Stadt auszeichnete, war zum einen ein enormer Migrationsstrom und zum anderen eine akute Wohnungsnot.4 Im Rahmen der Planwirtschaft und der Fürsorgediktatur sollte auf Scharapow die Aufgabe zukommen, die Landflucht in die Hauptstadt zu unterbinden. Dass er dabei mit Praktiken konfrontiert wurde, die den ambivalenten Prinzipien der Entstalinisierung und der „kommunistischen Moral“ widersprachen, liegt auf der Hand. Auf dem 20. Parteitag der KPdSU hatte Nikita Chruschtschow 1956 in der sogenannten „Geheimrede“ öffentlichkeitswirksam die „Überwindung des Personenkults“ postuliert und im Rechenschaftsbericht des Zentralkomitees eher beiläufig eine Verschärfung der Migrationskontrolle eingefordert. Nominell rückten damit die Verankerung der „kollektiven Führung“ und die Lösung der Wohnungsfrage auf die Tagesordnung. In der Folge wurde durch die Verknüpfung zweier Mechanismen ein latentes System geschlossener Städte geschaffen: Einerseits wurden dauerhafte Aufenthaltsberechtigungen in Städten vom Eintrag eines „Meldestempels“ (propiska) in die Inlandspässe abhängig gemacht, der den Nachweis einer individuellen, der sanitären Norm von 9 m2 entsprechenden Wohnfläche voraussetzte. Andererseits wurde das einigen urbanen Zentren bereits vor dem Zweiten Weltkrieg auferlegte Gebot, eine Ausweitung der industriellen Palette zu unterlassen, auf alle Städte mit über 200.000 Einwohnern übertragen.5 Dadurch ergab sich eine bemerkenswerte Konstellation: Während das kulturpolitische „Tauwetter“ für eine Öffnung der Gesellschaft sprach, erfolgte im Umkehrschluss eine Abschottung der Städte. Der Eigensinn der Bevölkerungsmasse war damit herausgefordert, das sogenannte Passregime zu unterlaufen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Welche Probleme bestimmten den städtischen Alltag und welche Lösungsstrategien entwickelte die Bevölkerung? Welche Rolle spielte dabei die Korruption und welche Varianten kamen dabei zur Anwendung?
3 4
5
Vasilij Šarapov, Nas vremja stavit na svoi mesta [Die Zeit befördert uns auf unseren Platz], Minsk 2013, S. 197, 212. Vgl. Thomas M. Bohn, Minsk – Musterstadt des Sozialismus. Stadtplanung und Urbanisierung in der Sowjetunion nach 1945, Köln 2008; Julian Mühlbauer, Kommunizieren und Partizipieren im „entwickelten Sozialismus“. Die Wohnungsfrage im Eingabewesen der Belorussischen Sowjetrepublik, Wiesbaden 2015, S. 63–182. Vgl. Thomas M. Bohn, Die Abschottung der Städte im Jahre 1956. Sowjetische Geschichte als Urbanisierungsgeschichte, in: Matthias Stadelmann / Lilia Antipow (Hrsg.), Schlüsseljahre. Zentrale Konstellationen der mittel- und osteuropäischen Geschichte. Festschrift für Helmut Altrichter zum 65. Geburtstag, Stuttgart 2011, S. 413–421.
Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste
33
1. AUFENTHALTSERLAUBNIS UND WOHNBERECHTIGUNG AUS KOMMUNALER SICHT Angesichts der Tatsache, dass sich die BSSR in den 1960er und 1970er Jahren in der Rückschau auf den Zweiten Weltkrieg als Partisanenrepublik und im Hinblick auf das aktuelle Wirtschaftswachstum als Musterrepublik präsentieren konnte, sah das ehemalige Minsker Stadtoberhaupt Wassili Scharapow in seinen Memoiren keinen Grund, aus der Migrationskontrolle und der Wohnungsnot eine große Sache zu machen. Ein echtes Problem habe eigentlich nur das mit der sowjetischen Truppenreduzierung 1955 einhergehende und binnen eines Jahres einzulösende Anrecht ehemaliger Militärangehöriger auf Unterbringung in einem frei zu wählendem Wohnort dargestellt. Denn damit seien in Minsk die den Bedarf ohnehin nicht deckenden Kapazitäten des kommunalen Wohnungsfonds blockiert worden. Die Krise habe aber auf dem Dienstweg durch sukzessive Appelle an die jeweils höheren Instanzen entschärft werden können. Offenbar ließ sich der Stellvertretende sowjetische Ministerpräsident Alexei Kossygin durch eine Intervention des weißrussischen Parteivorsitzenden Kirill Masurow zu einer Limitierung des Zuzugs von Militärangehörigen nach Minsk bewegen.6 Obgleich Scharapow eigenen Angaben zufolge an jedem Freitag 70 bis 80 Bittsteller in seinem Büro im Minsker Rathaus empfing, die in der Masse die Wohnungsnot beklagten, schweigt er sich in seinen Memoiren über Unregelmäßigkeiten bei der Wohnungsvergabe weitgehend aus. Einst habe eine Cousine in seinem Empfangszimmer gesessen, die sich darüber beklagt habe, dass ihr als Ehefrau eines demobilisierten Offiziers das Anrecht auf eine Wohnung bereits seit über einem Jahr versagt worden sei. Ansonsten hätten seine Verwandten aber gewusst, dass sie aufgrund seines Amtes keine Gefälligkeiten von ihm zu erwarten hätten.7 Einmal sei er aber dann doch in die Bredouille geraten. Kein Geringerer als der Vorsitzende des Ministerrates der BSSR, Tichon Kissiljow, habe ihn gebeten, seiner Schwiegermutter eine Wohnung in der Hauptstadt zu vermitteln. Einem Befehl von oben habe sich Scharapow trotz begrenzter Handlungsspielräume verständlicherweise nicht entziehen können. Doch sei eine luxuriöse Zweizimmer-Wohnung am repräsentativen Jakub-Kolas-Platz wegen der Lage an der östlichen Peripherie der Innenstadt verschmäht worden. Weil die Sache danach im Sande verlaufen sei, habe Scharapow noch lange den Groll des Ministerpräsidenten auf sich gezogen.8 Was der Vorsitzende des Stadtrats mit der in diesem Zusammenhang geäußerten Floskel, Wohnraum sei mitunter durchaus irregulär (d. h. an den auf der Warteliste Stehenden vorbei) verhökert worden, im Sinne Leopold von Rankes „eigentlich“ mitteilen wollte, bleibt leider im Dunkeln.9 Denn die Brisanz seiner Aussage wird durch den Umstand verschleiert, dass als Probe aufs Exempel ein außergewöhnlicher Fall herhalten musste. Im Dezember 1959 habe der Vorsitzende der 6 7 8 9
Šarapov, Vremja, S. 194 f., 200. Ebd., S. 195. Ebd., S. 193. Ebd., S. 195.
34
Thomas M. Bohn
weißrussischen Kommunisten, Masurow, das Minsker Stadtoberhaupt angewiesen, eine Wohnung für jenen Lee Harvey Oswalt bereitzustellen, der nach seinem vorübergehenden Asyl in der Sowjetunion noch als Kennedy-Attentäter unrühmliche Bekanntheit erlangen sollte.10 Während seiner Rückkehr in die USA verfasste Oswald 1962 einen „Russland“-Report, in dem er den mit Scharapow getroffenen „Deal“ bestätigte. Oswald bekannte einerseits, über die fatale Situation derjenigen in Kenntnis gesetzt worden zu sein, die wegen behördlicherseits getroffener Ausnahmeregelungen für Privilegierte auf der Wohnungswarteliste über Jahre hinweg keine Verbesserung ihrer Position erzielten. Andererseits berichtete er, seine weißrussischen Bekannten hätten ihm zu verstehen gegeben, dass die Warteliste durch Geschenke an Amtsvorsteher umgangen werden könne und dass ein für eine polizeiliche Anmeldung erforderlicher Stempel bei einem Hausverwalter ebenfalls über eine stillschweigende Gebühr zu erlangen sei. In historischer Perspektive stellt sich die Frage, welche Alltagsstrategien sich über diesen Zeitzeugenbericht hinaus aus den Akten noch herausfiltern lassen.11 2. BLAT UND BESTECHUNG IM SOWJETISCHEN ALLTAG „Nichts ist erlaubt, aber alles ist möglich“, lautete eine inoffizielle Redewendung in der Sowjetunion. Angesichts der Tatsache, dass die Mangelwirtschaft auf der Zentralisierung der Ressourcen in den Händen von Partei- und Staatsorganen beruhte, bedurfte es in besonderem Maße der Beziehungen und Gefälligkeiten, um an Güter herankommen oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Die Grenzen zwischen blat – gemeint sind das Knüpfen von informellen Netzwerken und die Pflege von Freundschaften durch persönliche Geschenke, im deutschen „Vitamin B“ genannt – und Korruption – im Sinne einer Kombination von Bestechung und Amtsvergehen zum Zwecke individueller Bereicherung – waren dabei fließend.12 Die Separierung der Parteiöffentlichkeit von den Grauzonen des Alltags oder das Auseinandertreten von Sphären, die den Ansprüchen der totalitären Herrschaft zu genügen hatten, und Bereichen, in dem der Eigensinn und das Gewohnheitsrecht grassierten, provozierten darüber hinaus sowohl bei den privilegierten Parteigenossen als auch bei den gewöhnlichen Sowjetbürgern schizophrene Verhaltensweisen jenseits der kommunistischen Moral.13 Durch die Unterbindung legaler Märkte und die Zwangskollektivierung der Landwirtschaft respektive forcierte Industrialisierung wurden in den 1920er und 10 11 12 13
Ebd., S. 195–197. Diane Holloway (Hrsg.), Autobiography of Lee Harvey Oswald: My Life in My Words, New York/Bloomington 2008, S. 405–437, hier: S. 432–434. Vgl. Alena Ledeneva, Russia’s Economy of Favours. Blat, Networking and Informal Exchange, Cambridge 1998; Stephen Lovell / Alena Ledeneva / Andrei Rogachevskii (Hrsg.), Bribery and Blat in Russia. Negotiating Reciprocity from the Middle Ages to the 1990s, London 2000. Vgl. Gábor T. Rittersporn / Malte Rolf / Jan C. Behrends (Hrsg.), Zwischen partei-staatlicher Selbstinszenierung und kirchlichen Gegenwelten. Sphären von Öffentlichkeit in Gesellschaften sowjetischen Typs, Frankfurt/Main 2003.
Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste
35
1930er Jahren korrupte Praktiken in der Sphäre der Ökonomie geradezu angeregt. De facto konnte die Kommandowirtschaft nur dadurch aufrechterhalten werden, dass die Betriebsdirektoren die Defizite, die die Planwirtschaft mit sich brachte, aus dem Bereich der Schattenwirtschaft kompensierten. Unter den Bedingungen vermeintlich totaler Kontrolle stellten das Knüpfen von Beziehungen und das Ausüben von Bestechungen allgemein akzeptierte Überlebensstrategien dar und wurden keinesfalls als unmittelbare Strafvergehen begriffen. Planerfüllung und Systemstabilität waren – ganz im Sinne Stalins – nur durch gezielte Manipulationen zu erreichen.14 Entstalinisierung bedeutete in dieser Hinsicht, dass der Selbstherrlichkeit der Industriebosse der Kampf angesagt wurde. Zwar wurde über die Reaktivierung des Leninismus eine lichte Zukunft prognostiziert, in der die Korruption als Relikt des Kapitalismus keinen Platz mehr finden würde. Doch führte der Kampagnencharakter der sowjetischen Herrschaft dazu, dass in den Jahren 1961/62 Gesetze gegen „Parasitismus“ (4. Mai 1961), Sabotage (5. Mai 1961) und Bestechung (20. Februar 1962) verabschiedet wurden, deren Umsetzung mehr als 500 Todesurteile nach sich zog. Hierbei handelte es sich weniger um Fälle von Amtsvergehen oder alltäglichem Mitgehenlassen von Mangelwaren als vielmehr um massiven Diebstahl oder um Schädigung der Volkswirtschaft durch Veruntreuung von Ressourcen. Gleichwohl dienten auch Bürokraten hin und wieder als Sündenböcke, um die Dysfunktionalität des Systems zu erklären und das Verhältnis von Parteiführung und Bevölkerungsmasse zu entlasten.15 Im Zusammenhang mit der Propagierung der kommunistischen Moral führte der 22. Parteitag 1961 nicht nur dazu, dass Stalin als Person mit dem Sturz der letzten Denkmäler aus dem öffentlichen Raum verbannt wurde. Vielmehr wurde mit der Verabschiedung eines neuen Parteiprogramms und dem darin enthaltenen Wohlstandsversprechen der Utopie des Kommunismus wieder Kraft verliehen. Binnen eines Jahrzehnts sollte das Bruttosozialprodukt der USA überflügelt und der 14
15
Vgl. Stephan Merl, Die Korruption in Russland heute – ein Vermächtnis Stalins?, in: Carola Söller / Thomas Wünsch (Hrsg.), Korruption in Ost und West. Eine Debatte, Passau 2008, S. 33–78; Ders., Kann der Korruptionsbegriff auf Russland und die Sowjetunion angewandt werden?, in: Nils Grüne / Simona Slanička (Hrsg.), Korruption. Historische Annäherungen an eine Grundfigur politischer Kommunikation, Göttingen 2010, S. 247–279. Vgl. auch Susanne Schattenberg, Die Ehre der Beamten oder: Warum die Staatsdiener nicht korrupt waren. Patronage in der russischen Provinzverwaltung im 19. Jahrhundert, in: Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeier / Alexander Nützenadel (Hrsg.), Geld – Geschenke – Politik. Korruption im neuzeitlichen Europa, München 2009, S. 203–227. Vgl. William A. Clarke, Crime and Punishment in Soviet Officialdom. Combining Corruption in the Political Elite, 1965–1990, London 1993; James Heinzen, The Art of the Bribe. Corruption and Everyday Practice in the Late Stalinist USSR, in: Slavic Review 66, 2007, S. 389–412; Ders., Corruption among Officials and Anticorruption Drives in the USSR, 1945–1964, in: Don Rowney (Hrsg.), Russian Bureaucracy and the State. Officialdom From Alexander III to Vladimir Putin, Basingstoke 2009, S. 169–188; Don Rowney, A „campaign spasm“. Graft and the Limits of the „Campaign“ against Bribery after the Great Patriotic War, in: Juliane Fürst (Hrsg.), Late Stalinist Russia. Society between Reconstruction and Reinvention, London 2009, S. 123–141.
36
Thomas M. Bohn
Wohnraummangel behoben, binnen zweier Dekaden sollte eine Wohlstandsgesellschaft mit einem „Überfluss an materiellen und kulturellen Gütern“ errichtet sein, in der jeder Familie eine komfortable Wohnung zukomme.16 Folglich sollte die Inanspruchnahme der knappen Ressource Wohnraum mindestens zwanzig Jahre lang jenseits der Warteliste noch auf Privilegien oder Beziehungen respektive blat beruhen. In den Grauzonen des Alltags gab es also vielfältige Experimentierfelder für mehr oder minder belanglose Korruptionspraktiken. 3. AUSLOTEN VON GRAUZONEN BEI DER ANMELDUNG Ohne Zweifel wurde das Meldesystem durch die Ignoranz der Betroffenen und die Toleranz der Behörden von Anfang an ausgehöhlt. Fälschungen von Meldestempeln oder ganzen Pässen sind in den Akten der Miliz dagegen nur in Einzelfällen dokumentiert. Das ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil die Überwachung von Verstößen gegen das Meldegesetz zu den Hauptaufgaben der Miliz gehörte. Eine Erklärung dafür erschließt sich aus einem Blick auf das Funktionieren des bestehenden Migrationsregimes. Wanderung regulierte sich in der Nachkriegszeit in erster Linie über die behördlich organisierte Rekrutierung von Arbeitskräften, vor allem von Bauleuten. In der Chruschtschow-Zeit gingen die Industriebetriebe dazu über, für sogenannte „Kontingentarbeiter“ (limitčiki) befristete Aufenthaltsgenehmigungen anzufordern. Auf diese Weise wurden Patronageverhältnisse geschaffen, die individuelle Delikte nicht gerade lohnenswert erschienen ließen. In der Tat konzentrierte sich die Miliz bei ihren umfassenden Razzien in Wohnvierteln oder Betrieben darauf, Delinquenten statistisch zu erfassen und im Falle nicht ordnungsgemäßer Personalpapiere Bußgelder zu verhängen.17 Zwar wurde die Erteilung von Aufenthaltsgenehmigungen für eigenständig Arbeitssuchende gegen Bestechung und aufgrund fiktiver Dokumente erstmals im Januar 1953 registriert.18 Doch blieb das zunächst die Ausnahme, weil Landflüchtige bis zur 1956 erfolgten Wiedergewährung des während des Zweiten Weltkrieges zwischenzeitlich entzogenen Kündigungsrechts an ihren Arbeitgeber gebunden blieben.19 Mit dem Recht der freien Arbeitsplatzwahl bildete dann der einer sanitären Norm zu entsprechende Wohnraum das entscheidende Kriterium für die Gewährung von Aufenthaltsberechtigungen und die Inanspruchnahme von Freizügigkeit. Aus diesem Grund kam es erst im Zuge des 1957 proklamierten Massenwoh16 17 18 19
Boris Meissner, Das Parteiprogramm der KPdSU 1903 bis 1961, Köln 1962, S. 143–244, hier: S. 188, 209. Vgl. Thomas M. Bohn, „Closed Cities“ versus „Open Society“? The Interaction of De-Stalinisation and Urbanisation, in: Bohn/Einax/Abeßer, De-Stalinisation Reconsidered, S. 115–131. Vgl. den Bericht des Leiters der Minsker Miliz vom 23. Januar 1953. Archiv Ministerstva vnutrennich del (Archiv des Innenministeriums, Minsk/AMVD), f. 49, op. 1, d. 5, ll. 196–209, hier l. 200. Thomas M. Bohn, Bevölkerung und Sozialstruktur, in: Stefan Plaggenborg (Hrsg.), Handbuch der Geschichte Rußlands, Bd. 5, 1945–1991. Vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, 2. Hlbbd, Stuttgart 2003, S. 595–657, hier: S. 627.
Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste
37
nungsbaus zu einem Aufblühen von Korruption in den Passämtern. Fälschungen wurden sowohl von mehr oder minder professionell arbeitenden Betrügern als auch von die Gunst der Stunde nutzenden Privatpersonen vorgenommen. Wie aus einem Bericht des Innenministers der BSSR vom Mai 1961 hervorgeht, gab in Minsk eine dreiköpfige Fälschergruppe vor, bei der Bestechung der Miliz behilflich zu sein, ohne jedoch tatsächlich mit Amtspersonen in Verbindung zu treten. Die Fälscher beließen es faktisch dabei, Pässe mit einer Kopie des Meldestempels zu versehen. Für ihre „Dienste“, die eine ordnungsgemäße Registrierung im Meldeamt jedoch nicht umfassten, verlangten die Fälscher 85–120 Rubel pro Person – eine Summe, die in etwa einem Monatseinkommen entsprach. In dem Schreiben des Innenministeriums wird der Betrug an den Meldepflichtigen ironisch hervorgehoben, die damit als die Dummen dastanden. Dass der Trick nur funktionieren konnte, weil die Bestechung von Amtspersonen in der Bevölkerung keinesfalls als illusorisch erachtet wurde, wird hingegen nicht thematisiert.20 Wie der Bericht des Innenministers der BSSR darüber hinaus zeigte, gab es neben kriminellen Fälscherbanden auch Fälle von Veruntreuung durch Dienstpersonen. Ein Bereichsleiter im kommunalen Straßenbau habe seine Stellung im Rat des Stadtteils Frunse dazu missbraucht, Kollegen für eine drei Monatsgehälter entsprechende Summe von 350 Rubeln Anmeldungen auszustellen. Damit nicht genug: Nach seiner Entlassung habe sich herausgestellt, dass er ein Hausbuch der Wohnungsverwaltung sowie An- und Abmeldeformulare der Meldebehörde entwendet habe.21 Überraschend erscheint retrospektiv weniger das Verschweigen einer potentiellen strafrechtlichen Belangung des ersten Delikts oder die Unverfrorenheit beim zweiten Vergehen als vielmehr die Tatsache, dass der Bereichsleiter die Möglichkeit hatte, beliebig an Dokumente heranzukommen. Ein Beispiel für die Beschaffung von Meldebescheinigungen aufgrund fiktiver Zeugnisse findet sich in einem Bericht der Verwaltung für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung vom Januar 1965. Demzufolge hatte die Direktorin der Minsker Handelsschule ihren Absolventen im Jahre 1963 Bescheinigungen über den Studienantritt ausgestellt. – Ob dies aus reiner Menschenliebe geschah, ist zu bezweifeln. Ohne die Beteiligung von Schreibkräften hätte der Deal jedenfalls nicht über die Bühne gehen können. Und ein kleines Zeichen des Dankes gehörte in jedem Fall zu den gesellschaftlichen Konventionen. Anstatt eine Beschäftigung in der Provinz anzutreten, wie üblicherweise vorgesehen, hätten sich die Absolventen daraufhin erneut befristet in Minsk einschreiben lassen und einen Arbeitsplatz in den Handelsorganisationen gesucht.22 Aufgeflogen war die Sache erst ein Jahr später, zu einem Zeitpunkt, an dem möglicherweise eine neuerliche Verlängerung der 20 21 22
Vgl. den Bericht des Innenministers der BSSR, Aleksandr N. Aksenov, an den Sekretär des Zentralkomitees der KPB, Kirill T. Mazurov, vom 6. Mai 1961. AMVD, f. 35, op. 3, d. 46, ll. 157/158. Vgl. ebd. AMVD, f. 35, op. 3, d. 46, ll. 157/158. Vgl. den Bericht des Stellvertretenden Leiters der Verwaltung für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung beim Minsker Stadtrat, P. Žuk, vom 16. Januar 1965. AMVD, f. 49, op. 1, d. 25, ll. 139–148, hier l. 144.
38
Thomas M. Bohn
Aufenthaltserlaubnis eingeholt werden musste. Da die jungen Leute weder ein Anrecht auf eine Wohnung noch auf einen Wohnheimplatz hatten, saßen sie mittlerweile wohl in einem Untermietverhältnis im wahrsten Sinne des Wortes zwischen allen Stühlen. Ob die Direktorin der Handelsschule für ihre Schummelei belangt wurde, ist unbekannt. Einen aus ihrer Sicht besonders krassen Fall der Veruntreuung schilderte die Verwaltung für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung im Juli 1965. Demzufolge sei im Februar zuvor eine Frau in der Passabteilung der Miliz vorstellig geworden, die ungeachtet eines echten Meldestempels weder in einem Hausbuch eingetragen noch mit einem Meldeformular im Adressenbüro registriert war. Im Folgenden habe sich herausgestellt, dass der Stempel von einer Passbearbeiterin in der Wirtschaftsabteilung des Ministeriums für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung gegen Bestechung eingetragen worden war. Bei einer Durchsuchung der Wohnung dieser Mitarbeiterin seien weitere Pässe sichergestellt worden, deren Inhabern eine Einschreibung gegen Bezahlung versprochen worden sei. Da es sich um ein Vergehen im eigenen Haus handelte, machte die Verwaltung für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung mit der Delinquentin kurzen Prozess. Im Juni 1965 wurde sie in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Zur Verhandlung waren alle Passbearbeiter der Stadt Minsk geladen.23 Wie lang die abschreckende Wirkung dieser Maßnahme währte, ist ungewiss. 4. AUSLOTEN VON GRAUZONEN BEI DER WOHNUNGSSUCHE Weil der Wohnungsbau in der Nachkriegszeit in die Verantwortung der Großbetriebe übergeben worden war, verfügten die Stadträte bis in die 1950er Jahre nur über gewisse Kontingente an Neubauwohnungen. Nach dem landesweiten Beginn des Massenwohnungsbauprogramms von 1957 änderten sich die Vorzeichen. Zum einen wurde der staatliche Wohnungsfonds fortan in den Händen der Stadträte zentralisiert. Zum anderen wurden sowohl der private Bau von dörflichen Holzhäusern als auch der betriebliche Bau von modernen Mietshäusern durch den kooperativen Wohnungsbau verdrängt. Die Neubauwohnungen wurden über Wartelisten an kommunale Bedienstete oder Beschäftigte von nicht am Wohnungsbau beteiligten Betrieben vergeben.24 Vor dem Hintergrund knapper Ressourcen mehrten sich in den 1960er Jahren die Untersuchungsberichte von Kontrollkommissionen der Behörden und der Partei über Unregelmäßigkeiten in den Wohnabteilungen des Stadtrats und der Stadtteil-Räte. Die Berichte offenbaren Spielräume der bürokratischen Willkür. Während das Leitungspersonal die Gelegenheit hatte, sich persönlich zu bereichern, ging die Masse der Wohnungssuchenden leer aus.
23 24
Vgl. den Bericht des Stellvertretenden Leiters der Verwaltung für die Bewahrung der öffentlichen Ordnung beim Minsker Stadtsowjet, P. Žuk, vom 16. Juli 1965. Ebd., ll. 261–272, hier: l. 266. Bohn, Minsk, S. 209–227.
Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste
39
Im März 1959 dokumentierten Revisoren der Kommission für Staatskontrolle Ungerechtigkeiten und Unregelmäßigkeiten bei der Wohnungsvergabe in der weißrussischen Hauptstadt. Zum einen wurde dem Stadtoberhaupt Scharapow vorgeworfen, er behalte sich bei der Vergabe von Wohnraum eine Reserve vor, mit der er nach eigenem Gutdünken umgehe. Da er sich von subjektiven Motiven leiten lasse, sei er nicht davor gefeit, mit zweierlei Maß zu messen. Während die vierköpfige Familie eines Arztes eine 30 m2 große Wohnung erhalten habe, obgleich ihr bereits eine 20 m2 große Wohnung zur Verfügung gestanden hätte, sei eine Rentnerin leer ausgegangen, die in einer 4 m2 großen, in den Boden eingelassenen Bretterbude lebe, welche kein elektrisches Licht besitze und deren Decke nicht einmal an Kopfhöhe heranreiche.25 Zum anderen seien im Stadtteil Woroschilow seit Anfang 1958 18 Wohnungen oder 10 Prozent der gesamten frei verfügbaren Wohnfläche an Personen unter Umgehung der Warteliste vergeben worden. Dabei habe das Leitungspersonal seinen Vorteil gesucht, ohne auf die Bedürfnisse Notleidender Rücksicht zu nehmen.26 Beispielsweise deckte eine Kommission der lokalen Parteiorganisation im Juni 1960 eine Groteske um den Leiter der Wohnabteilung im Rat des Stadtteils Woroschilow, I. S. Gubski, auf. Gubski habe danach getrachtet, die von seiner vierköpfigen Familie genutzte Zweizimmerwohnung am Stalinprospekt zu vergrößern, indem er einerseits eine chronische Erkrankung eines seiner Kinder vortäuschte und andererseits einer alleinstehenden Nachbarin in einer angrenzenden Einzimmerwohnung ein neues Quartier besorgte. Auf Kosten der Hausverwaltung habe er dann beide Wohneinheiten verbinden lassen.27 Solange die Verkettung der Umstände zu Tauschgeschäften führte, die alle Beteiligten zufriedenstellten, gab es für niemanden einen Grund sich zu beschweren. Erst eine gegen den Wohnungsabteilungsleiter Gubski in anderem Zusammenhang beim Stadtteil-Rat im Januar 1960 eingereichte Anzeige wegen Bestechlichkeit und eine diesbezüglich im Februar 1960 nachgereichte Erklärung gegenüber der Staatsanwaltschaft führten dazu, dass unangenehme Fragen gestellt wurden. Dabei hatten die Zeugen wohl mehr zu erzählen, als die Untersuchungskommission erwartet hatte. Dass Gubskis Verteilungspolitik bei den zu kurz Gekommenen Anstoß erregte, ist ohne jeden Zweifel. Darüber war bis dato aber offenbar nur hinter vorgehaltener Hand geredet worden. Wodurch veränderte sich die Situation? Aufgrund der Ausweglosigkeit, in die ein Familienverband getrieben worden war, hatte sich eine Kriegerwitwe zu einem unlauteren Kampf gegen den Wohnungsverwaltungsleiter Gubski entschlossen. Ihren Feldzug führte sie zunächst den Regeln der sozialistischen Lebensweise entsprechend mit Eingaben und Petitionen. Während des Krieges hätte sich die aus Minsk stammende Beschwerdeführerin – so das Dossier der Untersuchungskommission 25
26 27
Vgl. den Bericht zweier Revisoren über die Wohnungsvergabe im Minsker Stadtrat und in den einzelnen Stadtteil-Räten an den Vorsitzenden der Kommission für Sowjet-Kontrolle, Fedor A. Baranov, vom 27. März 1959. Nacional’nyj archiv Respubliki Belarus (Nationalarchiv der Republik Belarus, Minsk/NARB), f. 911, op. 1, d. 276, ll. 4–9, hier: l. 5. Ebd., l. 7/8. Ebd., ll. 10/11.
40
Thomas M. Bohn
– den Partisanen angeschlossen und ihren in den Reihen der Roten Armee aktiv gewesenen Gatten verloren. Als sie nach dem Abzug der deutschen Besatzer im Jahre 1944 zusammen mit ihrem Sohn, ihrer Mutter und zwei Schwestern nach Minsk gekommen sei, habe sie ein 8 m2 großes Zimmer in einem bäuerlichen Holzhaus zur Untermiete bezogen. Im Jahre 1951 hätten sowohl die Witwe als auch eine der Schwestern geheiratet und ihre offenbar aus der weißrussischen Provinz stammenden Ehemänner in das kleine Zimmer der fünfköpfigen Familie aufgenommen. Dennoch seien beide Teilfamilien erst im Jahre 1955 auf die Warteliste für eine kommunale Wohnung eingetragen worden, und zwar die Beschwerdeführerin nebst Sohn und Gatten einerseits sowie ihre Schwester nebst Gatten, Kind und Mutter andererseits. Der Stein sei ins Rollen gekommen, nachdem der schulpflichtige Sohn der Beschwerdeführerin in einem Brief an Chruschtschow und sein weißrussisches Pendant, Masurow, beklagt habe, aufgrund der miserablen Wohnbedingungen nicht lernen zu können. Im November 1957 habe der Vorsitzende des Minsker Stadtrats, Scharapow, den Brief mit den Worten kommentiert, der Familie solle außer der Reihe geholfen werden. Laut der Beschwerdeführerin sei es dann aber nur zu einer Zuweisung einer Wohnung gekommen, weil sie dem Abteilungsleiter Gubski bei einem Sprechstundentermin im April 1958 unter der Hand 500 Rubel zukommen ließ – eine Summe, die zwei Monatseinkommen der Familie entsprach. Mit ihrer Denunziation habe sie gewartet, bis ihre Schwester im Januar 1960 eine Zuweisung für eine Gemeinschaftswohnung erhalten hatte. Ob Gubski sich in der Folge mit Rachegedanken trug, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls habe sich die offizielle Registrierung der Schwester und ihres Mannes beim Einwohnermeldeamt noch um ein halbes Jahr verzögert, weil ihr 1959 geborener Sohn noch nicht auf dem Wohnberechtigungsschein verzeichnet war.28 Letzten Endes kam der Abteilungsleiter Gubski mangels Beweisen glimpflich davon. Die sich um seine Aktivitäten rankenden Gerüchte, die sich in den Akten niedergeschlagen haben, bezeugen aber, dass Wohnraum eine Ressource bildete, die aberwitzige Verbindlichkeiten und Abhängigkeiten schuf. Allerdings war diese Ressource so knapp bemessen, dass sich Kapitalverbrechen damit nicht anstellen ließen. Weil viele Personen an den Verteilungskämpfen partizipierten, wurde die Behördenwillkür als alltägliche Normalität erlebt. FAZIT Wenn rare Archivdokumente zu ungeschriebenen Gesetzen herangezogen werden, über die in den Amtsstuben eigentlich nur mündlich verhandelt wurde, kristallisiert sich ein Bild über Korruption im städtischen Alltag heraus, das mit dem blauäugigen Blick wenig gemein hat, der in den Erinnerungen des ehemaligen Minsker Bürgermeisters Scharapow zum Ausdruck kommt. Dennoch bieten die Akten von Kontrollkommissionen der Behörden und der Partei nur Auskünfte zu Vergehen, die über Kavaliersdelikte kaum hinausgehen. Es handelte sich um Gefälligkeiten, 28
Ebd., ll. 32–35.
Aufenthaltsgenehmigung und Wohnraumwarteliste
41
von denen die breite Masse profitierte, oder um Vorteilsnahmen, die niemanden unmittelbar schädigten. Zwar schob das auf Migrationskontrolle beruhende System der geschlossenen Städte in der BSSR dem Zuzug in die urbanen Zentren einen gewissen Riegel vor. Wie das Beispiel Minsk zeigt, wurden die Restriktionen jedoch in der Praxis auf mannigfache Weise unterlaufen, sei es durch Pfusch in den Behörden oder durch Missbräuche auf dem inoffiziellen Wohnungsmarkt. Schlupflöcher in die Stadt resultierten aus dem latenten Dauerkonflikt zwischen den Stadträten und den Betrieben. Während die Industriebosse auf die extensive Nutzung von Arbeitskräften setzten, ging es den Stadtvätern darum, die Bevölkerung mit Wohnraum zu versorgen und die Lebensbedingungen zu verbessern. Eine Integration in die städtische Gesellschaft scheiterte häufig daran, dass der Aufenthalt in der Regel nur auf Zeit oder unter dem Vorzeichen der Illegalität möglich war und weil sich die Wohnverhältnisse in den meisten Fällen miserabel gestalteten. Für die Begrenzung des Stadtwachstums sorgte somit weniger das Meldesystem als vielmehr die Wohnungsnot. Nichtsdestotrotz führten die Kollektivierung der Landwirtschaft und das Entwicklungsgefälle zwischen Stadt und Land dazu, dass die jungen Leute ihre Dörfer zu verlassen trachteten. Sie begriffen die Ausbildung an Universitäten und Fachhochschulen als Chance, dauerhaft vom urbanen Lebensstil profitieren zu können. Korruptionspraktiken wurden dann relevant, wenn es galt, befristete Aufenthaltsgenehmigungen zu verlängern und als Eheleute und Familien eine Unterkunft außerhalb von Wohnheimen zu ergattern. Die Divergenz von Anspruch und Wirklichkeit, von Rechtslage und sozialer Praxis führte im Alltag zu einem latenten Dauerkonflikt zwischen bürokratischer Restriktion und gesellschaftlichem Eigensinn. Zum einen stellten Betriebe und Organisationen Personen ohne Aufenthaltsgenehmigung oder ohne gültigen Pass ein. Zum anderen vergaben Wohnungsverwaltungen und Hausmeister Wohnraum, ohne nach der Aufenthaltsgenehmigung oder nach dem Pass zu fragen. Blat und Bestechung bei der Wohnungsvergabe und bei der Meldebescheinigung öffneten Tore in die geschlossene Stadt.
FREUND UND HELFER? BORDELLE, SPIELKLUBS, GABEN Polizeikorruption in urbanen Räumen im frühen 20. Jahrhundert Daniel Kück Das Kernmerkmal der (Groß-)Stadt ist die verräumlichte Verdichtung und Zerteilung vielfältiger sozialer Kontakte und heterogener sozialer Beziehungsgefüge. Urbane Vergesellschaftung bedeutet, dass Stadtbewohner in der interaktiven Ausgestaltung ihrer Wechselwirkung mit wechselnden Gegenübern die Alternation von Kontakt und Lösung steuern müssen. Ihre Bewegungen bzw. ihr Interagieren sind durch das Nebeneinander, den Wechsel und die Abstufungen ephemerer und personaler Vergesellschaftungsformen1 gekennzeichnet. Im Zusammenspiel von Technisierung, gewandelten wie neuen Konsumstilen und Urbanisierung entstanden seit der Mitte des 19. Jahrhunderts verstärkt Räume temporärer Kontakte und Nähe wie zum Beispiel das Eisenbahnabteil2, das Grandhotel3 oder die Wärmehalle4, in denen permanent einander Unbekannte aufeinandertrafen und sich auf unterschiedliche Weise zueinander verhielten, auf engstem Raum zusammensaßen, Berührungen und Blickkontakt vermieden oder kurzweilig miteinander ins Gespräch kamen, wieder auseinandergingen oder womöglich ihren Kontakt später verstetigten. Nicht zuletzt die Ausdehnung, Ausdifferenzierung und Professionalisierung der Verwaltung trug zur Vermehrung von Interaktionsstellen bei.5 Dichte, Heterogenität und Flüchtigkeit als auffällige Erscheinungen der (Groß-)Stadt verweisen auf die tieferliegende Transformation eines Strukturmerkmals von Sozialität: Mit der Urbanisierung wuchsen die Möglichkeiten und zugleich die Herausforderungen, Nähe und Distanz im interaktiven Umgang mit einem Gegenüber festzulegen, aufrechtzuerhalten oder zu verändern. Die Verschiedenheit sozialer Bindungen geht grundlegend auf die Variationsbreite des Verhältnisses von Nähe und Distanz zurück und formt sich auch in der Differenzierung und unterschiedlichen Aneignung von Räumen aus. 1
2 3 4 5
Vergesellschaftung umschreibt die Art und Weise, wie Akteure die Wechselwirkung zwischen sich in einer Interaktion formen. Allein in Vergesellschaftungsformen ent- und besteht ‚Gesellschaft‘. Der Begriff ist entliehen aus Georg Simmel, Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung, Frankfurt/Main 2013, S. 17–24. Vgl. Wolfgang Schivelbusch, Geschichte der Eisenbahnreise. Zur Industrialisierung von Raum und Zeit im 19. Jahrhundert, München 1977, S. 67–83. Vgl. Habbo Knoch, Grandhotels. Luxusräume und Gesellschaftswandel in New York, London und Berlin um 1900, Göttingen 2016, S. 281–302. Vgl. Siegfried Kracauer, Straßen in Berlin und anderswo, Frankfurt/Main 2013, S. 82–88. Vgl. Joachim Eibach, Der Staat vor Ort. Amtmänner und Bürger im 19. Jahrhundert am Beispiel Badens, Frankfurt/Main 1994, S. 155–161.
44
Daniel Kück
Polizeikorruption bietet einen breiten Zugang zur Untersuchung der Raumgebundenheit des Sozialen. Polizisten verkörperten das obrigkeitliche Bemühen, Raumnutzungen zu kontrollieren und zu reglementieren und nötigenfalls unerwünschte Nutzungsweisen zu unterbinden und zu verfolgen6 – gerade im Falle heterotopischer7 Raumtypen der zeitweisen Alltagsunterbrechung und Vergnügtheit wie etwa dem Bordell oder dem Spielklub. In der Umsetzung dieser Aufgabe traten Polizisten als Street-Level-Beamte8 auf, die face-to-face – und oftmals in wiederholten oder regelmäßigen Begegnungen – mit Verwalteten zu tun und daher ständig die Unumgänglichkeit zu bewältigen hatten, in physisch nahen Kontakten Bindungsfrist wie -grund und Distanz im Sinne der ‚Versachlichung‘ und Vereinheitlichung ihres Tuns zu steuern – und eben nicht von der in fortlaufenden Interaktionen mit wechselnden Akteuren geforderten Selbst-Typisierung als Funktionsakteur abzuweichen. Da Distanz nicht gegeben ist, sondern etwas situativ Gemachtes darstellt, wies ein Kontakt mal mehr Distanz, mal mehr Nähe auf, je nachdem, wie Polizist und Verwalteter in der jeweiligen Interaktion ihre Begegnung gestalteten; gerade dann, wenn ein Polizist sich vom Gesetzeshüter in einen Gabenempfänger oder Tauschpartner verwandelte. In Reziprozitätsbindungen, die nachfolgend in ihrer räumlichen Einbettung umrissen werden, kam es zur Distanzverringerung und in ihnen mischten sich Nähe und Distanz mit variierenden Anteilen. Dies drückte sich zum einen in der spezifischen Nutzung von Räumen, in denen sich solche Bindungen entfalteten, aus, zum anderen zogen diese eventuell die Abschirmung heterotopischer Räume vor polizeilicher Kontrolle und Intervention nach sich. DAS SOZIALE Räume und soziale Beziehungen sind miteinander verschränkt. Der Stellenwert, den man dem Räumlichen in der interaktiven Ausführung von Korruptionspraktiken beimisst, hängt wesentlich davon ab, welchen Begriff des ‚Sozialen‘ man hat. Nachfolgend wird die Perspektive einer (noch systematisch auszuarbeitenden) relationalen Gesellschaftsgeschichte9 eingenommen, die erstens grundsätzlich jedwede Form von Sozialität gleicherweise für eine praktische Herausforderung der Akteure und für ein fragiles Konstrukt hält10, zweitens die Interaktion als Konstitutionsort 6 7 8 9 10
Vgl. Angelika Hoelger, Die Reglementierung öffentlicher Lustbarkeiten in Berlin um 1900, in: Tobias Becker / Anna Littmann / Johanna Niedbalski (Hrsg.), Die tausend Freuden der Metropole. Vergnügungskultur um 1900, Bielefeld 2011, S. 23–42. Zum Begriff Heterotopie vgl. Michel Foucault, Die Heterotopien, in: Ders., Die Heterotopien/ Les hétérotopies. Der utopische Körper / Le corps utopique, Berlin 2013, S. 9–22, hier: S. 10 f. Vgl. Michael Lipsky, Street-Level Bureaucracy. Dilemmas of the Individual in Public Services, New York 1980. Vgl. in der Soziologie Mustafa Emirbayer, Manifesto for a Relational Sociology, in: American Journal of Sociology 103 (1997), S. 281–317. Vgl. Ronald Hitzler, Der Goffmensch. Überlegungen zu einer dramatologischen Anthropologie, in: Anne Honer u. a. (Hrsg.), Fragile Sozialität. Inszenierungen, Sinnwelten, Existenzbastler, Wiesbaden 2010, S. 17–34.
Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben
45
von Gesellschaft beschreibt11, drittens an Interaktionen wie an den daraus hervorgehenden Beziehungen die Unbestimmtheit und Veränderlichkeit, die Möglichkeiten und Grenzen, die Herausforderungen und Störungen sozialer Praxis beobachtet und viertens annimmt, dass das Soziale als interaktiv hergestellte Verknüpfung aus vier untrennbar miteinander vermischten Basiselementen besteht: (a.) dem materiellen Aspekt, also die Dinge, die sich bei Interaktionen zwischen Polizisten und Verwalteten auf zwei Sorten verteilen: Dinge des Ordnens, etwa des Kommunizierens, des Dokumentierens, des Disziplinierens und Drohens – diese Dinge weisen unterschiedliche Gebrauchsweisen auf, gehen aber allesamt auf einen gemeinsamen Zweck zurück: mit ihnen Entwürfe sozialer Ordnung zu verwirklichen und aufrechtzuerhalten – sowie Dinge des Geordnet-Werdens, in deren Nutzungsweisen ein Polizist mittels der Dinge des Ordnens eingreifen soll. Hinzu kommt (b.) der relationale Aspekt, die Art des von den Akteuren definierten sozialen Kontakts bzw. (bei häufigeren oder regelmäßigen Interaktionen) der sozialen Beziehung.12 Als ein Zwitterphänomen erscheint das unmittelbarste Ding des Menschen, sein Körper selbst, der ebenso als (synthetisierendes) Werkzeug wie als Objekt auftritt. Er verweist auf (c.) den instrumentellen Aspekt, nämlich die routinisierten und neuartig-experimentellen Techniken13 des Gebrauchs wie der Verkettung von Dingen. Daneben geschieht das Hantieren mit Dingen stets an einem konkreten Ort und es gehört zur Aufgabe der Polizei, den Gebrauch von Dingen an einem dafür vorgesehenen Ort zu kontrollieren oder diesen an anderen Orten zu unterbinden. Damit ist schließlich (d.) der räumliche Aspekt sozialer Praxis angeschnitten. Im ‚Raum‘ – als variablem Konstrukt – manifestiert und unterscheidet sich der verschiedenartige Dinggebrauch in verschiedenartigen sozialen Bindungen. KORRUPTION ALS REZIPROZITÄT Im Zusammenwirken dieser vier Elemente geben Polizisten und Verwaltete ihrem Verhältnis Bedeutung und formen einen (veränderlichen und vielgestaltigen) institutionellen Handlungszusammenhang. Und das hieß für einen Funktionsakteur in den Verwaltungen des Deutschen Kaiserreiches und der Weimarer Republik: in der Begegnung mit einem Verwalteten die Dinge, die zum jeweiligen institutionellen Handlungszusammenhang gehören, in einer Weise zu behandeln und soziale Räume so herzustellen und zu nutzen, dass er sich einen (emotionalen) Habitus zu eigen macht, in dem er ebenso Beherrschtheit wahrt wie auf Unnahbarkeit achtet14 – um 11 12
13 14
Hierzu anregend Randall Collins, On the Microfoundations of Macrosociology, in: American Journal of Sociology 86 (1981), S. 984–1014. Vgl. Andreas Fahrmeir, Beamte oder Persönlichkeiten? Kommunikation mit den Spitzen der Verwaltung des 19. Jahrhunderts in deutschen Staaten und England, in: Peter Becker (Hrsg.), Sprachvollzug im Amt. Kommunikation und Verwaltung im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts, Bielefeld 2011, S. 209–217. Vgl. zum Körper Marcel Mauss, Die Techniken des Körpers, in: Ders., Soziologie und Anthropologie, Bd. 2, Frankfurt/Main 1989, S. 199–219. Vgl. Eibach, Der Staat vor Ort, S. 106 f.
46
Daniel Kück
eine situative Verschiedenheit des Handelns und gerade jedwedes Aufkommen von Reziprozität zu verhindern. Die Unbestimmtheit sozialer Praxis, und damit des polizeilichen Agierens, zeigt sich in der situationsspezifischen Aneignung vielfältiger Möglichkeiten zur Ding- und Raumnutzung. Zwar ist die Behandlung von Dingen durch formale, schriftlich fixierte Regelwerke als ‚Interaktionsskripte‘ (Gesetze, Verordnungen, Dienstvorschriften u. ä.) mehr oder weniger im Einzelnen vorgezeichnet, die Vielfalt alternativer Gebrauchsweisen ist dadurch aber nicht vollkommen unterbunden. Zudem ist die Begegnung offen für das Hineinnehmen von fremden, nicht zum institutionellen Handlungszusammenhang gehörenden Dingen. Desgleichen können Akteure die Nutzung von Räumen, die ein institutioneller Handlungszusammenhang umfasst, abwandeln oder ihren Kontakt auf Räume ausdehnen, die nichts mit diesem Handlungszusammenhang zu tun haben. Kreative, eigensinnige Aneignungen werden besonders dann sichtbar, wenn Dinge des Ordnens und Geordnet-Werdens in Tauschobjekte verwandelt oder fremde Dinge als solche in eine Interaktion eingebracht werden und sich so zwischen einem Polizisten und einem Verwalteten eine Tauschsphäre aufspannt, sprich: beide binden sich durch das Reziprozitätsprinzip aneinander, lassen Interdependenz entstehen und vermengen, kurzfristig oder dauerhaft, die funktionale Seite ihrer Relation mit einer personalen. Diese Variante der Reziprozität wird hier als allosyndetische Reziprozität bezeichnet.15 Sie unterteilt sich in zwei Typen: (I.) den latentreziproken Gabenakt, der aus dem Geben und Nehmen besteht und bei dem die Erwiderung der Gabe aussteht, und (II.) den balancierend-reziproken Tauschakt, der in zwei Varianten vorkommt, als (a.) Gütertausch, bei dem die Akteure vor dem Vollzug des Tauschaktes die Tauschobjekte und -modalitäten aushandeln und die Objekte unmittelbar oder zeitversetzt übergeben, sowie als (b.) Gabentausch, bei dem Gabe und Äquivalent nicht vorab vereinbart werden und Geben, Nehmen, Erwidern als zeitversetzte Schritte eines triadischen Kreislaufs aufeinanderfolgen.16 Korruption wird hier im Unterschied zu der in der historischen Korruptionsforschung vorherrschenden Begriffsauslegung nicht als diskursiv geformtes zeitgenössisches Bewertungsmuster angesehen17, auch weniger als analytisches Konzept, sondern als Sammelbegriff für ein breites Spektrum verschiedenartiger Formen des abweichenden Dinggebrauchs und der abweichenden Raumaneignung18, welches auch das Konzept der Mikropolitik als vorgeschlagene Alternative zur begrifflichen
15 16 17 18
Allosyndetisch bezeichnet eine bestimmte Variante der Reziprozität, die einen Beamten und einen Verwalteten anders als in ‚Interaktionsskripten‘ vorgesehen und zugleich verschiedenartig zusammenbindet (altgr. allos = anders, verschieden(artig) + syndein = zusammenbinden). Vgl. Marcel Mauss, Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften, Frankfurt/Main 2013, S. 36–39. Vgl. u. a. Ronald G. Asch / Birgit Emich / Jens Ivo Engels, Einleitung, in: Dies. (Hrsg.), Integration, Legitimation, Korruption. Politische Patronage in Früher Neuzeit und Moderne, Frankfurt/Main 2011, S. 7–30, hier: S. 19 f. Zu dieser Breite vgl. am Beispiel der Polizeikorruption Thomas Barker / Julian Roebuck, An Emprical Typology of Police Corruption, Springfield 1973.
Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben
47
Markierung und konzeptionellen Durchdringung von Korruptionspraktiken bei weitem nicht umspannt.19 AUFGABENSTELLUNG Im Folgenden werden zwei Beispiele herangezogen, von denen das erste wiederholte einzelne Gabenakte, das zweite eine feste Gabentausch-Dyade in unterschiedlichen urbanen Räumen abbildet. Es fehlt an dieser Stelle der Platz, um Reziprozitätsbindungen in ihrer ganzen Breite und Tiefe aus der Perspektive einer relationalen Gesellschaftsgeschichte zu beleuchten. Es sollen aber einige Schritte in zwei Richtungen gemacht werden: Erstens geht es darum, die räumliche Gebundenheit allosyndetischer Reziprozität zu umreißen. Dabei wird der ‚Raum‘ nicht als fertig vorhandener, fester Hintergrund, gewissermaßen als ‚Kulisse‘ sozialer Praxis vorausgesetzt, sondern als etwas fortlaufend und vielfältig Gemachtes betrachtet; insofern wird weder schlicht Korruption in der Stadt beschrieben, sondern das Räumliche als Bestandteil in der Formung und Trennung von Reziprozitätsbindungen, noch kommt der Typus ‚der modernen Stadt‘ oder irgendeine einzelne Stadt als Ganzes und deren Eigenlogik20 in den Blick. In urbanen Räumen werden interaktive Aneignungsweisen aufgestöbert, um zu erfahren, wie Akteure aus dem Zusammenwirken von Ding und Raum soziale Bindungen mit unterschiedlicher Intensität formten und zugleich die Weite ihres Handelns absteckten.21 Zweitens soll dementsprechend die Ausdifferenzierung des Sozialen durch den und im Raum sichtbar gemacht werden. Gabenakt ist nicht gleich Gabenakt und Reziprozitätsbindungen bestehen aus weitaus mehr als gegenseitiger Abhängigkeit (die obendrein weder automatisch unterstellt werden kann22 noch ein interaktionsübergreifend einheitliches Gebilde darstellt). Folglich wird nach der vielfältigen Formung von Geschlechterkonstrukten und -beziehungen in allosyndetischen Gaben- und Tauschakten gefragt, um den Blick auf die Kreativität und (Selbst-)Begrenzung interaktiven Handelns zu lenken und die Aufmerksamkeit dafür zu schärfen, welche unterschiedlichen formativen Wirkungen die Auswahl und der Gebrauch von Dingen wie Räumen in der jeweiligen Situation entfalten können.
19 20 21
22
Vgl. Jens Ivo Engels, Die Geschichte der Korruption. Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, Frankfurt/Main 2014, S. 29–33. Vgl. Martina Löw, Soziologie der Städte, Frankfurt/Main 2010, S. 65–115. Diese Fragestellung greift weiter als die Untersuchung von Nicholas R. Fyfe, The Police, Space and Society. The Geography of Policing, in: Progress in Human Geography 15 (1991), S. 249– 267, in der ‚Raum‘ als geografisches Territorium und ‚sozialer Kontext‘ (z. B. die ethnische Zusammensetzung eines Viertels) sich gleichen und die, auch wenn sie Raumdeutungen durch die Polizei anschneidet, nicht auf die interaktive Nutzung und Gestaltung sozialer Räume durch Polizisten und Bürger eingeht; sprich: der Raum erscheint hier eher als Hülle bzw. als Rahmen. Vgl. Egon Flaig, Is Loyalty a Favor? Or: Why Gifts Cannot Oblige an Emperor, in: Gadi Algazi / Valentin Groebner / Bernhard Jussen (Hrsg.): Negotiating the Gift. Pre-modern Figurations of Exchange, Göttingen 2003, S. 29–61.
48
Daniel Kück
EINEN PELZ FÜR DEN HERRN KOMMISSAR Der erste Fall führt in das Rotlichtmilieu Frankfurts am Main. Prostituierte waren dort der Kontrolle durch die Sittenpolizei unterworfen, restriktive und umfassende Kontrollvorschriften engten ihr Leben, zum Beispiel ihren Bewegungskreis und ihr Auftreten in der Öffentlichkeit, spürbar ein.23 Zur Eindämmung der unüberschaubaren Straßenprostitution setzte Frankfurt auf die konzessionierte ‚Verhäuslichung‘ der Prostitution. Ein Bordell, gelegen in der Blauhandgasse in der Altstadt, befand sich im Besitz von Anna Bleschke. Von ihr empfing der Kriminalkommissar Robert Schmidt, der bei der Frankfurter Sittenpolizei tätig war, 1912 und 1913 mehrmals Geld- und Sachgeschenke.24 Aus 200 Mark bestand der erste Gabenakt, den nicht eine direkte, deutlich geäußerte Bitte anstieß, sondern der in einem diffusen Gemisch aus Andeutungen, Wahrnehmungen und Auslegungen aufkam. Schmidt machte Andeutungen, die bei Bleschke den Eindruck erzeugten, dass er Geld gebrauchen könne. Das Ansprechen ist ein prekäres und riskantes Unterfangen, da ein Akteur Vorsicht einerseits, verbale oder nonverbale Verständlichkeit andererseits balancieren muss. Schmidt wagte diesen Schritt, weil Bleschke ihm vertrauenswürdig erschien. Aus den Akten geht nicht hervor, wie er sein Anliegen durchblicken ließ bzw. an welchen Zeichen sich Bleschkes Eindruck festmachte – weder Schmidt noch Bleschke konnten diese Anfangsphase in ihren Einzelheiten genau wiedergeben. Was wie eine Verschwommenheit oder Lückenhaftigkeit des Erinnerns aussieht, lässt mindestens ebenso sehr die zeichenhafte Vielschichtigkeit des Beziehungsaufbaus erkennen, dessen Bedingungen, Bausteine und Ablauf die Akteure nicht vollkommen rational und deutungssicher durchschauen und steuern. Gerade nonverbale Zeichen – etwa Aussehen, Mimik, Gestik, Körperhaltung – weisen in der performativen Erzeugung von Vertrauen eine ausschlaggebende Bedeutung auf25, zumal Vertrauen nur selten als (anfälliger) ‚Kitt‘ einer sozialen Bindung von den Akteuren explizit thematisiert wird.26 Die Übergabe erfolgte am Abend im Ratskeller. Bleschke schlug nicht nur diesen Treffpunkt vor, sie achtete weiterhin auf einen vorsichtigen Ablauf, um Aufmerksamkeit zu vermeiden: Sie kam zuerst in den Ratskeller und suchte eine Nische abseits vom Hauptbetrieb aus. Damit machte sie sich die Gastwirtschaft als Übergangsraum zunutze, der einen halböffentlichen Rahmen absteckte, innerhalb dessen sich Menschen in halbprivaten Kontaktsphären abschlossen sowie die wei-
23 24 25 26
Vgl. Fritz Koch, Verwaltete Lust. Stadtverwaltung und Prostitution in Frankfurt am Main 1866–1968, Frankfurt/Main 2010, S. 27 ff. Die nachfolgende Darstellung dieses Falles stützt sich auf die Aussagen von Anna Bleschke, 24.3.1914, und Robert Schmidt, 24.3.1914, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, Abt. 407, Nr. 972. Vgl. James M. Henslin, Trust and the Cab Driver, in: Marcello Truzzi (Hrsg.), Sociology and Everyday Life, Englewood Cliffs 1968, S. 138–158, hier: S. 150. Vgl. Niklas Luhmann, Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität, Stuttgart 2000, S. 37, 44 f.
Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben
49
tere Entwicklung ihres Kontaktes sondierten und umrissen.27 Dieser Raumtypus ist gut geeignet für die kurzzeitige Nähe zwischen unvertrauten Akteuren, die die Zuverlässigkeit des Gegenübers erst erproben müssen. Die 200 Mark hatte Bleschke in einem Kuvert verschlossen, den Schmidt unbesehen in die Tasche steckte. Beide erledigten nicht bloß die Übergabe, sondern saßen eine Weile zusammen und tranken etwas bei getrennter Bezahlung der Zeche. Vermutlich belegte der erste Gabenakt in Schmidts Wahrnehmung Bleschkes Vertrauenswürdigkeit und Schenkbereitschaft. Denn beim nachfolgenden Gabenakt brachte er nicht mehr nur behutsam Andeutungen hervor, sondern sprach seinen Wunsch ganz offen aus und bat zudem um etwas Teureres: In der Weihnachtszeit 1912 – bei einer dienstlichen Anwesenheit in ihrem Bordell – sagte Schmidt Bleschke, dass er für seine Ehefrau eine Pelzgarnitur wünsche. Um sich seine Wünsche besser vorstellen zu können, zeigte Bleschke Schmidt als Beispiel einen Edelmarter, worauf dieser lediglich erwiderte, dass der Pelz schwarz sein solle. Da Schmidt ausdrücklich von „Garnitur“ sprach, nahm sie an – ohne weiter danach zu fragen –, dass er Stoa und Muff meine. So besorgte Bleschke im Frankfurter Warenhaus Schneider eine Alaska-Fuchs-Garnitur im Wert von 400 Mark. Neben einem gewissen Vertrauen trafen in dem zweiten Gabenakt, aufgrund dieses geschenkten Dings, zwei wichtige Aspekte zusammen: 1.) Dinge weisen geschlechterspezifische Konnotationen auf. Dieser Umstand eröffnet Wege und setzt Schranken hinsichtlich des Umlaufs von Objekten in sozialen Beziehungsgefügen, die wiederum grundlegend durch die Kategorie ‚Geschlecht‘ geformt sind. Welches Ding in einer Interaktion übertragen wird, hängt davon ab, ob sich dessen Konnotationen mit dem Geschlechtsentwurf des Empfängers decken oder der Umkreis des Empfängers eine Person einschließt, bei der sich eine stimmige Subjekt-Objekt-Relation ergibt. Kurzum: Da Schmidt eine Ehefrau hatte, wuchsen die Möglichkeiten für das Schenken bestimmter Dinge, was wiederum eventuell die Verstetigung der Beziehung zwischen Schmidt und Bleschke befördern konnte. 2.) Hinzu kommt, dass die konkrete, stoffliche Beschaffenheit eines Objekts sich auf die Auswahl eines Raums zur Übergabe auswirken kann, gerade um den Gabenakt vor Dritten geheim zu halten. Ein Pelz lässt sich nicht so einfach überreichen wie zwei in einem Umschlag verschlossene Hundertmarkscheine. Die Überreichung der Pelzgarnitur fand folglich nicht wie zuvor in einem halböffentlichen Raum statt, sondern in dem privaten Raum von Schmidts Wohnung. Wieder war Bleschke darauf bedacht, möglichst keine Blicke auf sich zu ziehen. Ihr Auto stellte sie in der Nähe der Wohnung ab, das verbleibende Stück ging sie zu Fuß. An der Wohnung angelangt, wurde sie von Schmidt und dessen Ehefrau im Speisezimmer empfangen. Bleschke war mehrmals in Schmidts Wohnung, blieb jeweils 15 bis 30 Minuten und wurde zuweilen mit einem Glas Likör bewirtet. 27
Vgl. Habbo Knoch, Schwellenräume und Übergangsmenschen. Öffentliche Kommunikation in der modernen Großstadt, 1880–1930, in: Alexander Geppert / Uffa Jensen / Jörn Weinhold (Hrsg.), Ortsgespräche. Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert, Bielefeld 2005, S. 257–284, hier: S. 270 f.
50
Daniel Kück
Auf den zweiten Gabenakt folgten noch drei bis vier weitere Geldgeschenke in Höhe von jeweils 150 bis 200 Mark, bis dann 1914 die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen dies beendeten. KNEIPENBUMMEL AUF DEM KU’DAMM In Berlin hatte im Laufe des Ersten Weltkrieges die Zahl der Spielklubs stark zugenommen: Während deren Höchstzahl 1914 noch zehn betragen hatte, zählte man 1919 – nach der Schließung dutzender Neugründungen – 23 Klubs.28 Darunter befand sich der ‚Allgemeine Deutsche Sportverein‘, den Hermann Blümel als Direktor und Vorstand führte. Es handelte sich hierbei um einen der sogenannten ‚besseren‘, sozial exklusiven Klubs, der in einer Villa im wohlhabenden Westen Berlins ansässig war und dessen Mitglieder dem bürgerlichen Milieu angehörten. Ein Spielklub umspannte eine geschlossene Gesellschaft, in der regelmäßig Glücksspiele abgehalten wurden und zu der nur Mitglieder sowie persönlich von Mitgliedern eingeladene Gäste Zutritt hatten. Der ‚Allgemeine Deutsche Sportverein‘ war ein Zwitterwesen: er besaß die Gestalt eines Vereins, der geselliges Zusammensein pflegen wollte, glich jedoch zugleich einer wirtschaftlichen Unternehmung, die hohe Einnahmen mit den Kartengeldern ihrer bemittelten Mitglieder erzielte: Von 1924 bis 1929 bewegten sich die Jahreseinnahmen zwischen 600.000 und 1,4 Mio. RM.29 Dabei strich der Sportverein auch Kartengelder ein, die aus unerlaubten, regelmäßig veranstalteten Glücksspielen stammten: Baccarat und Poker.30 Die Aufdeckung solcher Vergehen fiel in die Zuständigkeit des Spielerdezernats, das Kriminalkommissar Heinrich Schlosser von Anfang 1920 bis Anfang 1925 leitete. Anders als das ‚wilde‘ Glücksspiel, das, zum Beispiel am Alexanderplatz, auf der Straße abgehalten wurde und so schlecht vor den Augen des Gesetzes verborgen werden konnte, zogen die Spielklubs der Sichtbarkeit deutliche Grenzen. Um sich dennoch einen Einblick in das räumlich abgeschottete Treiben zu verschaffen, tauchten die Polizisten des Spielerdezernats in den Klubs wiederholt zu überraschenden Kontrollen auf31 – indes war Blümel jeweils vorab bekannt, wann eine Kontrolle im Sportverein anstand, sodass er Vorbereitungen traf, um eine Feststellung illegalen Glücksspiels zu durchkreuzen.32 Vermutlich kündigte Kriminalkommissar Schlosser die geplanten Kontrollen an. Zwischen beiden reifte eine persönliche Nähe heran, die sich aus einer dichten Geselligkeit speiste. In bestimmten Abständen kam Schlosser nachmittags oder abends allein in die Villa des Sportvereins und saß mit Blümel ein, zwei Stunden in dessen Büro zusammen, dann speis28 29 30 31 32
Regierungsrat Dr. Weiß: Über Glücksspiel, Spielklubs und öffentliche Spielbanken, Berlin 1919, S. 36 ff., 70 ff. Aussage von Max Sielaff, 1.4.1933, Landesarchiv Berlin (LAB), A Rep. 358–01 Nr. 440, Bd. 1, Bl. 95. Zur gesetzlichen Grundlage dieses Verbots siehe das Gesetz gegen das Glücksspiel vom 23. Dezember 1919, in: Reichsgesetzblatt 1919, Nr. 249, S. 2145 f. Aussage von Jaques Müller, 26.10.1933, LAB, A Rep. 358–01 Nr. 440, Bd. 2, Bl. 73. U. a. Aussage von Otto Schröder, 8.9.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 75 f.
Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben
51
ten und tranken sie und rauchten Zigarre.33 Vereinzelt hatten sich beide regelrecht „festgekneipt“, weshalb Schlosser erst spät abends die Villa verließ.34 Allerdings blieb ihr Umgang nicht auf das Büro begrenzt. Blümel durchstreifte als begeisterter Nachtschwärmer gerne, mitunter bis drei, vier Uhr nachts die Vergnügungslokale in der Bülowstraße und am Kurfürstendamm; dabei öfter begleitet von Schlosser35, der hier auf seine im Dienst erworbenen detaillierten Ortskenntnisse zurückgreifen konnte, denn der Übernahme des Spielerdezernats war die Leitung des Dezernats Luxus- und Nachtlokale vorausgegangen. Nach einem solchen Kneipenbummel ließ Blümel Schlosser von seinem Chauffeur nach Hause fahren. Zudem erhielt Schlosser zu Weihnachten eine Geschenkkiste, die üblicherweise an ausgewählte Mitglieder des Sportvereins ging und mal Wein, mal Lebensmittel, Bücher, Parfüm, Seife und eine Bonbonniere enthielt.36 Ebenfalls wie etwa ein Pelz ist auch Alkohol in geschlechtliche Konnotationen eingefasst, die – durch Praktiken des Trinkens hervorgebracht, verstetigt und verändert – in das Anknüpfen und Fortbestehen einer sozialen Beziehung eingehen und diese mit Sinn ausstatten. Ein Lokal ist dementsprechend mehr als nur ein Ort des reinen Ausschenkens und Trinkens; hier stecken Geschlechterentwürfe in den Arten der Raumnutzung. Das wiederholte Umherziehen von Lokal zu Lokal und der gemeinschaftliche Alkoholkonsum ließen eine männlich-homosoziale Geselligkeit entstehen, aus der sich eine freundschaftliche Geneigtheit herausschälte. Die Ansage der Kontrollen ist wesentlich hierauf zurückzuführen. Schlosser kam folglich wohl nicht einer Vereinbarung nach, die ausdrücklich einen bestimmten Ausgleich festsetzte und wie sie den Gütertausch ausmacht. Zur Sympathie zwischen Blümel und Schlosser passt, dass der Gabentausch über Schlossers Ablösung hinausreichte: Im Sommer 1925 ließ Blümel ihm 500 RM zukommen, als dieser sich annähernd drei Wochen im Kurort Bad Soden aufhielt.37 Die ausgeprägte Intimität dieses Zusammenseins hebt sich unübersehbar von der rudimentären Annäherung zwischen Bleschke und Schmidt ab, bei denen demgegenüber der wiederkehrende und längere Verbleib in einem Lokal fehlt sowie der Alkohol als soziales Bindemittel eher unbedeutend ist: Entweder passte sich ihr Alkoholkonsum den Regeln des Ratskellers an, um dort ein Treffen abhalten zu können, oder er genügte den Konventionen der Gastfreundschaft (einschließlich Begrüßung durch die Hausherrin). Überdies gab es auch kein anderes Ding, das eine annähernd vergleichbare Wirkung entfaltet hätte. Bleschke und Schmidt stülpten die asymmetrische funktionale Relation nicht um. Damit fällt zusammen, dass Bleschkes Gefälligkeit nach eigener Aussage dem Gedanken entsprang, sich „mit ihm halten“ zu müssen. Beide beteuerten auch, dass die Geschenke nicht mit Aus33 34 35 36 37
Aussage von Otto Schröder, 18.10.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 169. Ebd. Aussage von Hermann Heyden, 18.10.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 168. Aussage von Paul Gründler, 31.10.1933, ebd., Bd. 2, Bl. 126; Aussage von Hermann Heyden, 18.10.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 168. Zahlungsanweisung von Hermann Blümel an Maria Schütt, 11.06.1925, LAB, A Rep. 358–01 Nr. 440, Bd. 1, Bl. 67.
52
Daniel Kück
nahmen bei der Beachtung der Kontrollvorschriften aufgewogen werden sollten. Gleichviel ob man darin eine Schutzbehauptung erblickt oder nicht, es bleibt die Frage stehen, ob sich eher aus homosozialen als aus heterosozialen Geschlechterbeziehungen Gabentausch-Dyaden herausbilden, oder andersherum, inwiefern der latent-reziproke Gabenakt oder der (einmalige) Gütertausch womöglich eine geringere Bedeutung heterosozialer Gesellungsformen spiegelt.38 Beim Nebeneinanderhalten beider Fälle sticht sichtbar die schwankende Möglichkeitenbreite interaktiven Handelns hervor, die auch von bestimmten Raumaneignungen bestimmt wird. Im Frankfurter Beispiel ging das Hinüberwechseln vom halböffentlichen Raum der Gaststätte in Schmidts Wohnung nicht mit einem Anwachsen von Verbundenheit einher. Eine Wohnung steckt nicht (zwangsläufig) ein ungeteiltes Ganzes ab, in dem sich der Interaktionszusammenhang eines begrenzten Akteurskreises abschließt, jedoch werden mit der Staffelung von Privatheit und Offenheit zugleich personale Nähe und soziale Distanz abgestuft und im Umgang mit einem Außenstehenden jeweils festgelegt. Bleschke kam während ihrer temporären Aufenthalte im Grunde kaum über die Türschwelle hinaus – nicht einmal bei jedem Besuch erhielt sie einen Begrüßungstrunk und zum Essen etwa wurde sie gar nicht eingeladen. Die Wirksamkeit des Pelzes als Vehikel der räumlichen Ausdehnung bzw. Verlagerung des Verhältnisses blieb gering. Da die Treffen in der Wohnung nicht die Festigung einer persönlichen Bindung herbeiführten – und dies auch in einem anderen Raum nicht geschah –, wandelte sich das Bordell in der Blauhandgasse wohl nicht zum geschützten Abweich- bzw. Sonderraum. Das stellte sich im Berliner Beispiel anders dar. Der Zusammenhang von Tauschakten und Raumproduktion kommt hier gerade im Umbruch zum Vorschein. Der Wechsel an der Spitze des Spielerdezernats Anfang 1925 machte mit Blick auf die Villa des Sportvereins eine Anpassung der Raumformung an eine veränderte Akteurskonstellation erforderlich: Zunächst suchte Blümel Schlossers Nachfolger, Philipp Greiner, mehrfach auf, betonte die Makellosigkeit seines Spielklubs und bot Greiner einmal unverhüllt an, ihm sein Auto für eine Urlaubsreise nach München zu überlassen.39 Da Greiner diese Avancen abwies, ging Blümel dazu über, in der Villa eine Alarmanlage zu installieren: Im Innern hinter der Haustür befand sich eine Alarmklingel, neben der ständig ein Page stand und die mit einer Klingel in der Garderobe sowie zwei weiteren neben den Fenstern der Empfangshalle verkabelt war und nach dem Betätigen Warnzeichen in den Spielsälen auslöste.40 Denn anders als Schlosser führte Greiner kurz nach der Übernahme des Spielerdezernats auch überraschende Kontrollen im ‚Allgemeinen Deutschen Sportverein‘ durch.41
38 39 40 41
Hierzu anregend Randy McBee, ‚He Likes Women More Than He Likes Drink and That Is Quite Unusual‘: Working-Class Social Clubs, Male Culture, and Heterosocial Relations in the United States, 1920s–1930s, in: Gender & History 11 (1999), S. 84–112. Aussage von Philipp Greiner, 17.10.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 160. Aussage von Otto Schröder, 1.6.1933, ebd., Bd. 1, Bl. 45 f. Aussage von Franz Potschin, 30.10.1933, ebd., Bd. 2, Bl. 88.
Freund und Helfer? Bordelle, Spielklubs, Gaben
53
SCHLUSSBETRACHTUNG Allosyndetische Reziprozität vermittelte nicht jedem Akteur die gleichen Möglichkeiten, oder, mehr relational gesprochen, in der Ausführung von Gaben- und Tauschakten legten Akteure die Wege und Grenzen ihrer Wechselwirkung in unterschiedlicher Weise fest, was sich in der unterschiedlichen Verräumlichung sozialer Kontakte und Beziehungen zeigt. Die beiden skizzierten Beispiele bilden zusammen die zwei wichtigen Funktionen von Gaststätten und Vergnügungslokalen bei der Anknüpfung und Verstetigung allosyndetischer Reziprozitätsbindungen ab: sie waren Übergangs- und Geselligkeitsraum. Zum einen ließ sich hier eine erste Annäherung, ein Vorfühlen wagen – was in der Amtsstube gerade vor Dritten nicht ging –, ohne dass das Hineingelangen in bzw. das Hineinlassen in privatere Räume notwendig war. Zum anderen ließ sich hier eine Bindung ‚leben‘, ausbauen und bekräftigen. Allerdings treten durch das Nebeneinanderhalten beider Beispiele zugleich die unterschiedlichen raumgebundenen Ausprägungen von Nähe und Distanz in vergeschlechtlichten Reziprozitätsbindungen hervor. Die soziale Permeabilität halböffentlicher Räume homogenisierte Interaktionen keineswegs. Weder gab es in ihnen eine Gleichförmigkeit der Begegnungen noch eine Gleichheit der Individuen. So wie in den (Groß-)Städten der Zutritt zu bestimmten Räumen oder Konsumgüter und das dahinter stehende materielle Potenzial als Distinktionsmerkmale dienten, um soziale Abstände zu anderen Menschen zu markieren und abzustufen42, so prägte die Differenzkategorie ‚Geschlecht‘ die Abgrenzung, Aneignung und innere Staffelung von Räumen und das Ausbalancieren von Nähe und Distanz. An diesem Punkt liefen die Reziprozitätsbindungen in beiden Beispielen auseinander: Das Ausbleiben einer ausgedehnten wie nachhaltigen Geselligkeit zwischen Bleschke und Schmidt, das sich in den zeitlich wie persönlich sehr begrenzten Aufenthalten in Schmidts Wohnung manifestiert, kontrastiert mit dem Miteinander Blümels und Schlossers, das sich vor allem durch den gehäuften Besuch von Vergnügungslokalen intensivierte. Im letzteren Fall machte der Gabentausch die Villa des ‚Allgemeinen Deutschen Sportvereins‘ zum geschützten Devianzraum. Allerdings ist allosyndetische Reziprozität im Deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik nicht schlichtweg als Ausfluss einer grundlegenden Geschlechterasymmetrie zu deuten. Ebenso wenig wie eine einförmige Raumaneignung in einem bestimmten halböffentlichen Raum gab es eine einförmige Geschlechterdifferenz mit gleichförmigen Geschlechterkonstrukten. Vielmehr verteilten sich gleichermaßen hetero- wie homosoziale Bindungen auf die drei Typen allosyndetischer Reziprozität und ihre Vielfältigkeit drückt sich darin aus, dass sich Akteure mal mehr asymmetrisch, mal mehr symmetrisch gegenüberstanden. Entsprechend variierte das Handlungspotenzial zwischen Frauen ebenso wie zwischen Männern, je nachdem, an welchem Kontakt bzw. an welcher Beziehung ein Akteur jeweils teilhatte. Der Blick ist für die Brechungen der Geschlechterbeziehungen offen zu halten: Denk42
Vgl. Alexa Geisthövel / Uffa Jensen / Habbo Knoch / Daniel Morat, Erlebte Welten. Erfahrungsräume der Moderne, in: Alexa Geisthövel / Habbo Knoch (Hrsg.), Orte der Moderne. Erfahrungswelten des 19. und 20. Jahrhunderts, Frankfurt/Main etc. 2005, S. 355–368, hier: S. 361.
54
Daniel Kück
bar ist, dass in einer bestimmten Situation eine Weiblichkeitskonstruktion das Anknüpfen einer Reziprozitätsbindung beförderte, während in einer anderen Situation Reibungen zwischen abweichenden Männlichkeitskonstruktionen dies blockierten. Ein letzter Punkt ist die Herstellung und die Abstufungen von Nähe und Distanz in Sozialbindungen. Die relationale Gesellschaftsgeschichte bietet ein geeignetes theoretisches Scharnier, um den Zusammenhang von Reziprozität und Geschlecht in seiner räumlichen Gebundenheit mit abstrakten Aspekten der Sozialität zu verknüpfen und so Forschungen in anderen Disziplinen zu erweitern. Nähe und Distanz schließen sich nicht gegenseitig aus43, sondern laufen mit wechselnden Anteilen in Mischformen zusammen; folglich stellen sie keine festen Zustände dar, sondern eine Sozialbindung bewegt sich mehr oder weniger stark zwischen ihnen (hin und her). Wie Nähe und Distanz praktisch gemacht wurden, wie diese Mischformen aussahen, wie eine Sozialbindung von Akteuren zwischen beiden verschoben wurde und welche Rolle Räumlichkeit dabei spielte, gilt es zu näher zu beleuchten.
43
Vgl. Jon A. Hess, Distance regulation in personal relationships: The development of a conceptual model and a test of representational validity, in: Journal of Social and Personal Relationships 19 (2002), S. 663–683, hier: insb. S. 667, 679.
LE MAIRE « INTÈGRE » ET LES AUTRES Genèse des scandales de corruption urbaine à Marseille (années 1880 – années 1910) Marco Bar Cette enquête s’inscrit dans le cadre de l’étude des réseaux politiques locaux et des études de cas dans l’aire méditerranéenne. En effet, nous allons étudier quelques cas parmi les premiers scandales de corruptions, ou de tentative de corruption, politique à Marseille entre la fin du XIXème siècle et le début du XXème siècle. La période entre 1880 et 1910 est une période de fortes évolutions pour la ville de Marseille. Elle est notamment marquée par une grande expansion démographique. On passe en effet d’environ 300 000 habitants en 1870 à plus de 600 000 habitants en 1940. Cette croissance démographique considérable entraîne évidement une croissance urbaine impressionnante avec la construction et le réaménagement de nombreux quartiers autour du centre historique de la ville. Parallèlement, les quartiers du centre de Marseille sont délaissés des plans de modernisation urbaine. Selon Laurence Montel, ce délaissement des vieux quartiers, qui a commencé dès les années 1860, est en partie responsable de la prolifération de comportements déviants et d’activités illégales. En effet, les vieux quartiers en mal de rénovation et exclus des grands travaux de réaménagement urbain deviennent des « bas-fonds » et mettent en place un terreau favorable au développement d’une économie souterraine et d’une criminalité organisée.1 C’est précisément à partir des années 1880, que l’on assiste à Marseille à un essor de nombreuses activités illégales et immorales. De puissants réseaux de proxénétisme se développent. Les actes de délinquance sont en constante progression. Enfin, les clubs de jeux et de paris illégaux abondent dans ces quartiers.2 Cependant, on ne parle pas encore de « milieu marseillais » pour désigner ces réseaux naissants dans les années 1880. Il faudra, pour voir se développer cette terminologie, attendre l’entre-deux guerres et même l’après seconde guerre mondiale pour l’âge d’or du commerce illégal et des trafics de drogues avec la naissance de la French Connection et des premiers liens entre les criminels de Marseille et ceux des Etats-Unis et du Canada autour d’un intense trafic d’héroïne. C’est également à partir des années 1880 et cette évolution de la criminalité marseillaise, que se développe petit à petit, une légende noire de Marseille. La ville 1 2
Laurence Montel, Les vieux quartiers de Marseille au XIXe siècle, Naissance des bas-fonds, dans : Histoire Urbaine 36 (2013), pp. 49–72. Laurence Montel, Le banditisme et la criminalité organisée à Marseille : une histoire ancienne, intervention à l’Observatoire Régionale de la Délinquance et des Contextes Sociaux, 2012.
56
Marco Bar
est perçue comme une ville dangereuse, immorale, insalubre et scandaleuse. Les contemporains n’hésitent d’ailleurs pas à qualifier la cité phocéenne de « Chicago français ». Cette comparaison entre le milieu du crime organisé marseillais et le grand banditisme de la plus grande ville du Midwest américain illustre bien l’imaginaire social collectif en développement à partir des années 1920. Cette légende noire et l’expression de « Chicago français » sont postérieures à notre enquête sur Marseille, mais l’on remarque l’apparition dans les années 1880 des premières accusations portées par la presse sur l’immoralité des hommes politiques marseillais. LUTTES POLITIQUES ET SCANDALES DE CORRUPTION A l’échelle locale, le cas de la ville de Marseille semble être un bon exemple de cet intérêt croissant pour les scandales politiques. Dès 1886, pendant le procès de l’affaire Charavel, le journal Le Loiret dénonçait le manque de morale des hommes politiques marseillais : « Ce procès n’est malheureusement pas un évènement isolé ; les conseillers municipaux de Marseille n’ont que trop largement fourni, ces dernières années, le contingent de consciences élastiques. »3 Cependant, la mauvaise réputation grandissante des hommes politiques marseillais ne semble pas s’appliquer à tout le monde. En effet, un des maires de Marseille Emmanuel Allard4 était surnommé l’intègre, probablement en raison de son comportement irréprochable lors de l’affaire Charavel qui a fortement éclaboussé le conseil municipal en 1886. Mais l’on peut s’interroger sur ce que cela implique de définir un maire comme intègre. Cela veut-il dire que les autres hommes politiques marseillais l’étaient moins ? Ou bien pas du tout ? Dès lors que l’intégrité d’un homme politique est mise en avant et devient une exception, et non une norme, c’est toute la classe politique marseillaise qui apparait comme corrompue. Et pour preuve, si Emmanuel Allard était surnommé l’intègre, il n’en allait pas forcement de même de ses conseillers municipaux. En effet, sous son premier mandat à la municipalité de la cité phocéenne ont eu lieu trois des plus importants scandales de corruption politique de la période étudiée. Ces trois scandales impliquent un ou plusieurs conseillers municipaux accusés de s’être vus proposer et d’avoir accepté des pots-de-vin en échange de services liés à leurs fonctions. Très souvent ces services sont des passe-droits pour l’ouverture d’établissements, pour l’attribution de chantiers ou bien pour obtenir des faveurs. Tout d’abord en 1884, M. Léon Garnier, adjoint républicain (radical) au maire de Marseille est accusé d’avoir reçu des pots-de-vin de la part d’entrepreneurs d’omnibus qui sollicitaient la concession d’une ou plusieurs lignes. Bien qu’informelle et illégale, la procédure pour ce genre de corruption était connue de tous ceux 3 4
Le Loiret, 26.11.1886, p. 3. Emmanuel Allard, républicain, représentant du parti radical (centre gauche avant l’apparition des partis), était maire de Marseille entre 1884 et 1887, puis de 1908 à 1910.
Le maire « intègre » et les autres
57
qui souhaitaient obtenir des concessions.5 Elle était même régulée par des normes informelles. Il fallait passer par plusieurs intermédiaires (MM. Arnoux et Cabaretier, inspecteurs des voitures, fonctionnaires municipaux), payer un premier pot-devin, négocier les prix avec eux, avant que la demande ne parvienne à l’adjoint au maire auquel il fallait payer un second pot-de-vin. Léon Garnier est dénoncé par les héritiers d’un entrepreneur qui souhaitaient le maintien des concessions accordées à leur père et à qui Garnier réclamait la somme de 3 000 francs. Suite à ces accusations, Léon Garnier vole un peu plus de 18 000 francs qui étaient destinés aux familles des Marseillais atteints par le choléra et s’enfuit de la ville.6 Après plusieurs jours de cavale autour de Marseille, l’adjoint au maire rejoint l’Angleterre. Quelques semaines plus tard, il rentre à Marseille et tente dans un premier temps de nier les faits. Il accuse la presse d’être foncièrement contre le pouvoir municipal en place et estime que c’est la seule raison pour laquelle cette affaire connait un tel retentissement médiatique. Il finit par avouer qu’il recevait, et même qu’il demandait, de l’argent contre des faveurs. Il est condamné à deux ans de prison et dix ans de privation de ses droits civiques. Ses complices subissent la même peine.7 Toujours en 1884, un certain M. Donadieu aurait proposé plus de 800 000 francs en pots-de-vin aux conseillers municipaux pour obtenir le droit de créer un abattoir et un marché aux bestiaux à Marseille. Cette affaire ne voit le jour que trois ans plus tard. Lors d’une séance du conseil municipal, M. Catta (impliqué en 1886 dans l’affaire Charavel) accuse M. Donadieu, dont le projet d’abattoir est toujours en discussion, d’avoir tenté de corrompre sept anciens membres du conseil municipal dont lui-même.8 Ces conseillers ne sont pas nommés dans les délibérations du conseil municipal mais ils font l’objet d’une enquête par une commission spéciale. Malgré un dossier fourni et de nombreuses preuves, selon la presse locale, cette affaire ne donne suite à aucune condamnation.9 Enfin, en 1886 éclate l’affaire Charavel. Elle est sans doute celle dont le retentissement est le plus fort dans la période étudiée. L’affaire se déroule sur six mois, entre les premières accusations en juin 1886 et la fin du procès en décembre 1886. M. Charavel est représentant d’un ingénieur parisien à Marseille et, suite à une épidémie de choléra, la tâche lui incombe de présenter un nouveau système de gestion des eaux usées pour assainir la ville.10 Afin d’augmenter ses chances de convaincre le conseil municipal, il propose aux conseillers les plus influents des pots-de-vin sous la forme d’actions libérées.11 Ainsi, l’adjoint au maire, M. La5 6 7 8 9 10 11
F. Ducuing, Le XIXe siècle, 02.06.1884, p. 3. Le XIXe siècle, 18.02.1884, p. 2. Le Loiret, 03.06.1884, p. 2. Délibérations du Conseil Municipal, 1886–1887, p. 364, dans : Archives Municipales de la ville de Marseille, 1 D 136. La Croix, 12.01.1887, p. 3 ; Le Figaro, 20.01.1887, p. 3. Assainissement et eau potable : assainissement et eau potable à Marseille (projet d’assainissement de Marseille par M. Charavel), dans : Archives Départementales des Bouches-du-Rhône (AD13), Marseille, 5 M 236. Délibérations du Conseil Municipal, 1886, p. 265, in : Archives Municipales de la ville de Marseille, 1 D 135.
58
Marco Bar
peyre, et trois conseillers municipaux, MM. Blanc, Catta et Valz acceptent les potsde-vin mais sont dénoncés par un autre conseiller municipal, M. Charve.12 Au terme du procès, la Cour d’Assises d’Aix-en-Provence acquitte les conseillers Blanc et Catta mais reconnait coupable l’ingénieur Charavel, le conseiller Valz et l’adjoint au maire Lapeyre. Ils sont tous les trois condamnés à 200 francs d’amende, à la dégradation civile et politique, et MM. Charavel et Lapeyre sont déchus de l’ordre de la légion d’honneur.13 En 1892, Siméon Flaissières, le premier maire socialiste de Marseille est élu. Selon Pierre-Paul Zalio, cette élection marque la fin de la domination des grandes familles marseillaises sur la politique locale.14 Cela ne signifie pas pour autant qu’il n’y a plus de clientélisme politique après 1892, mais il change de forme et s’exprime plutôt en patronages d’associations et de comités par un encouragement de la vie associative à l’échelle du quartier. Pour Jean-Marie Guillon, l’arrivée du socialisme à la mairie de Marseille semble être fortement favorisée par la critique constante des républicains et radicaux au pouvoir et notamment par les nombreuses accusations de corruption et les multiples scandales qui entachent la réputation de la classe politique marseillaise.15 Cependant, on trouve évidemment de nombreux autres scandales sous d’autres mandats que celui d’Emmanuel Allard. Par exemple en 1911, sous la municipalité de Bernard Cadenat (maire socialiste SFIO de Marseille entre 1910 et 1912, il était adjoint au maire sous le premier mandat de Siméon Flaissières en 1892), un scandale de corruption est venu une nouvelle fois éclabousser la classe politique marseillaise. Les adjoints au maire, MM. Louis Roux et Joseph Mayan ont été accusés d’avoir réclamé 6 000 francs en guise de pot-de-vin à M. Court, directeur de cirque, pour lui donner une autorisation d’ouverture anticipée pour un cirque à Marseille.16 Le maire est intervenu au procès pour défendre ses deux adjoints. Il dénonce de fausses accusations à visée politique, qui portent le discrédit sur son équipe municipale. En octobre, les adjoints sont relaxés.17 Il faut également prendre en compte que les conseillers municipaux et les adjoints au maire ne sont pas les seuls fonctionnaires à faire l’objet de tentatives de corruption. C’est aussi le cas, par exemple, la même année, de M. Jean Rolin, officier de la marine, fonctionnaire de l’administration publique. Au cours de l’année 1911, il accepte de nombreux pots-de-vin en échange de versements de fonds de retraite auxquels les corrupteurs ne pouvaient normalement pas prétendre. L’affaire est jugée en 1917 et tous les accusés sont reconnus coupables.18 12 13 14 15 16 17 18
La Croix, 21.11.1886, p. 3. Bartel Paul, Le Gaulois, Les suites du verdict d’Aix, 01.12.1886, p. 3. Pierre-Paul Zalio, D’impossibles notables ? Les grandes familles de Marseille face à la politique (1860–1970), dans : Politix 65 (2004), p. 93–118. Jean-Marie Guillon, De Flaissières à Defferre. La fin d’un cycle politique en Provence, dans : Parlement HS7 (2011), p. 42–53. La Lanterne, 30.07.1911, p. 4. Le Figaro, 26.10.1911, p. 3. Acte d’accusation de la Cour d’Appel d’Aix-En-Provence, 1917, p. 1, dans : AD13, Aix-EnProvence, 2 U 2 4349.
Le maire « intègre » et les autres
59
C’est également le cas en 1915 de l’officier de l’administration militaire Maurice Parent, principal protagoniste de l’affaire des campements militaires, qui connut un fort retentissement médiatique. Maurice Parent était en charge de l’acquisition de plusieurs fournitures pour le campement militaire de Marseille et notamment des draps et tissus. Il aurait refusé d’acheter des draps à un M. Félix, commerçant, au prix de 7.25 francs le mètre pour acheter des draps identiques le lendemain à un autre commerçant, M. Arnaud, au prix de 7.75 francs le mètre.19 En contrepartie, il aurait reçu de M. Arnaud une grosse somme d’argent. De pareils arrangements frauduleux au détriment des finances de l’Etat sont d’autant plus intolérables qu’ils interviennent pendant la première guerre mondiale. Maurice Parent est condamné à la dégradation militaire et à cinq ans de prison (qu’il effectue en partie).20 Ces deux derniers cas sont légèrement plus éloignés de ce qu’on entend généralement par « corruption politique », mais il nous a semblé important de les présenter tout de même pour deux raisons. D’abord parce que ce sont des scandales de corruption assez médiatisés à l’époque. Ils connaissent un écho dans la presse régionale, voire nationale pour l’affaire du campement militaire. Ensuite parce que ces scandales sont révélateurs du fait que la corruption de fonctionnaire à Marseille est une réalité diffuse. Les scandales de corruption de la classe politique expriment eux aussi une réalité sociale, liée à la modernisation urbaine. MODERNISATION URBAINE ET CORRUPTION POLITIQUE En 1884, une épidémie de choléra frappe la ville de Marseille. Sur les 1777 décès provoqués par cette maladie extrêmement contagieuse, une grande partie se situe dans les vieux quartiers autours du port, dans les « bas-fonds » de la ville, selon un plan dressé par M. Adolf Guérard (ingénieur en chef du port de Marseille).21 Cette épidémie tragique amène la ville à envisager des travaux d’assainissement des eaux dans l’ensemble de la ville. Ces travaux font l’objet, deux ans plus tard, d’un scandale de corruption du conseil municipal par M. Charavel. En laissant de côté les deux dernières affaires présentées, qui concernent moins la classe politique dirigeante marseillaise, on remarque que ces scandales de corruption politique sont fortement liés à des projets d’aménagement urbain. Il s’agit en effet de tentatives de concussion autour de constructions (affaire Donadieu en 1887), de réhabilitation de locaux ou de commerces, d’assainissement (affaire Charavel en 1886) ou encore de gestion des infrastructures et des réseaux de transports (affaire Garnier en 1884). La modernisation urbaine créée de nouvelles offres 19 20 21
Sûreté générale. Dossiers d’enquêtes de police, Correspondance du commissariat spécial et de la préfecture, 19.02.1915, dans : AD13, Marseille, 4 M 2240, n°569 bis. Personnel administratif de la préfecture, Dossier personnel de M. Maurice Raphaël Jules Parent, note de la préfecture, 06.04.1920, dans : AD13, Marseille, 2 M 36. Adolf Guérard, Plan des décès cholériques pendant l’épidémie de juin à octobre 1884, imp. de A. Broise et Courtier, décembre 1884.
60
Marco Bar
(comme les permis de construire) mais aussi de nouveaux problèmes (salubrité, entretien des routes et, plus généralement, des réseaux de transports). Pour ces offres, comme pour ces problèmes, la municipalité fait appel à des entreprises locales ou à des particuliers locaux. Dès lors, les agents municipaux obtiennent un pouvoir décisionnaire de plus et ils peuvent s’en servir pour leurs fins personnelles, quitte à le faire, parfois, au détriment de l’intérêt général. Dans ce cas-là, la notion de corruption renvoie d’abord à un conflit d’intérêt entre le personnel et le collectif. Au cours du XIXe siècle et tout au long du XXe siècle, les partis politiques centrent leurs programmes justement sur la notion d’intérêt collectif en opposition avec les intérêts privés et personnels. Il y a une interaction entre le milieu urbain marseillais et les différents acteurs des multiples scandales de corruption politique que nous avons vu. La ville avec ses possibilités, ses opportunités et ses marchés, influe sur les individus et créé un cadre qui peut favoriser certaines pratiques perçues comme corruption. Cela ne veut pas dire qu’il n’existe pas de corruption dans les villages et les campagnes. Seulement, c’est une forme différente de corruption qui n’est pas motivée par les mêmes facteurs. C’est dans ce contexte que naissent les scandales politiques et plus précisément les scandales de corruption politique. Il y avait déjà auparavant de la corruption mais elle n’était pas encore médiatisée. PERCEPTION DE LA CORRUPTION POLITIQUE Les années 1870 et 1880 marquent les débuts d’un essor international de l’intérêt pour les affaires de corruption politique. On retrouve des scandales de corruption similaires un peu partout dans le monde. En 1887, à Salford en Angleterre, le directeur de la régie du gaz, Samuel Hunter, a été impliqué dans une affaire de corruption qui connut un grand retentissement. Il recevait des pots-de-vin de sociétés de gaz régulièrement et favorisait ainsi un marché inégal.22 En 1899, à Naples, en Italie, le sénateur Saredo et son équipe commencent une vaste enquête sur un pouvoir municipal jugé particulièrement corrompu. Il résulte de cette enquête que beaucoup de fonctionnaires étaient titulaires de travail sans avoir les qualifications requises et que certains percevaient jusqu’à trois salaires différents pour des emplois fictifs.23 C’est également le cas en Argentine lors de la grande crise économique de 1889 où tout le gouvernement a été accusé de corruption et de détournement de fonds publics. En France, en 1887, le scandale dit « des décorations » poussa le président de la République, Jules Grévy à démissionner de ses fonctions. Il s’agissait d’un trafic de décorations honorifiques (notamment la légion d’honneur) initié par Daniel Wilson, gendre du président Grévy. Il aurait revendu plusieurs milliers de décorations avant de se faire prendre.24
22 23 24
John Garrard, Le scandale du gaz à Salford en 1887, dans : Flux 10 (1992), p. 8–24. Sergio Marotta, Corruzione politica e società napoletana. L’inchiesta Saredo, Napoli 2012, p. 85. Le Petit Parisien, 07.11.1926, p. 1.
Le maire « intègre » et les autres
61
A l’échelle locale, la perception de ces scandales de corruption politique évolue également avec la formation de la légende noire autour de Marseille. Au début des années 1880, les scandales connaissent des retentissements médiatiques très variés : le procès de l’affaire Charavel est suivi jour après jour par beaucoup de quotidiens nationaux alors que l’affaire Donadieu n’a de véritables échos que dans la presse régionale et locale. Les plus gros scandales, comme l’affaire Charavel et l’affaire Garnier sont même suivis par des quotidiens régionaux d’autres régions (par exemple le journal Le Loiret). Cependant, il faut bien entendu prendre en compte les différences considérables entre les sommes engagées dans chacune de ces affaires et le nombre de personnalités locales impliquées. Mais dès 1886 avec l’affaire Charavel, la presse locale et nationale considère ce scandale comme une nouvelle preuve de l’immoralité de la classe politique marseillaise. Cela entraine notamment une certaine banalisation de la corruption politique car l’on s’attend désormais à ce que les hommes politiques marseillais soient corrompus. Les nouveaux scandales ne deviennent surprenants pratiquement que dans les sommes qu’ils impliquent et le nombre d’élus compromis. Les premiers scandales de corruption urbaine à Marseille sont à mettre en lien avec les transformations du gouvernement de la ville. La perte d’influence des notables marseillais au sein de la classe politique et l’expansion du socialisme – avec notamment l’élection de Siméon Flaissières à la mairie de Marseille25 – est à voir comme une conséquence des accusations de corruption portées à l’encontre de cette classe établie. Ces accusations, dont l’importance a été exacerbée par les médias, peuvent être considérées comme le résultat de la modernisation urbaine de Marseille et des opportunités qu’elle a fait naître pour la classe politique. Cela nous amène au dernier point que nous voudrions aborder et qui est une question encore ouverte. L’apparente forte corruption de la classe politique est-elle une spécificité de la ville de Marseille ou bien est-ce le produit d’un imaginaire social autour de Marseille et de sa réputation ? Il y a en tout cas beaucoup d’accusations de corruption dans le Marseille des années 1880 et ce jusque bien après les années 1910. Mais dans un bon nombre de cas les accusations ne sont pas fondées ou bien se soldent par des non-lieux. A partir du moment où l’accusation de corruption devient une arme politique et plus seulement un outil juridique, accuser ses adversaires politiques d’être corrompus devient une pratique courante et ces accusations ne se vérifient pas toujours. C’est en lien direct avec la tendance politique grandissante de faire prévaloir l’intérêt collectif sur l’intérêt individuel. L’image de Marseille comme une ville corrompue (politiquement parlant) est donc à nuancer, car malgré de nombreux scandales, il est fort possible que cette image soit influencée par tous les autres éléments de la légende noire de Marseille comme le proxénétisme ou le crime organisé. Selon Jean-Marie Guillon, « le sud [et particulièrement Marseille] semble avoir bon dos » par rapport à la prolifération des scandales de corruption partout en France et dans le monde.26 25 26
Pierre-Paul Zalio, D’impossibles notables ? Les grandes familles de Marseille face à la politique (1860–1970), dans : Politix 65 (2004), p. 93–118. Guillon, De Flaissières à Defferre (cf. n. 15).
62
Marco Bar
En conclusion nous constatons que les affaires de corruption politique à Marseille entre les années 1880 et 1910 sont en beaucoup de points similaires (en tout cas pour celles qui ont été médiatisées et/ou qui ont fait l’objet d’un suivi policier ou judiciaire). Ces affaires impliquent des conseillers municipaux et des adjoints au maire de Marseille. Il est important de noter cependant que, sur la période étudiée, aucun Maire de la ville n’a été inquiété par des accusations de corruption politique. Ce sont donc leurs équipes municipales qui font l’objet de scandales mais jamais le Maire en personne pendant ces quatre décennies. Nous avons également vu que ces affaires étaient toutes liées de plus ou moins loin à l’urbanisation de Marseille pendant ces mêmes années. La corruption politique en milieu urbain prend donc un aspect particulier par rapport à celle que l’on pourrait retrouver dans les campagnes ou les villages. Dans le cas qui nous intéresse, cette corruption se traduit par un échange marchand. L’individu corrompu utilise les pouvoirs liés à ses fonctions pour favoriser un individu (le corrupteur) au détriment de l’intérêt général ou du principe de libre concurrence. En échange de cela, dans tous les cas que nous avons vu, l’individu corrompu reçoit de l’individu corrupteur une somme d’argent (plus ou moins importante selon le service demandé). Aucune affaire étudiée dans cette période historique ne présente de cas d’échange de faveurs contre d’autres faveurs non matérielles. Il y a donc effectivement une dimension économique à prendre en compte dans ces affaires. Il ne s’agit pas pour l’individu corrompu de gagner en prestige, en avancement ou encore d’accroitre son propre réseau. Le but est, en profitant de sa situation, de s’enrichir. Chaque scandale vient renforcer un imaginaire collectif sur de plus grands ensembles que les parties effectivement concernées par la corruption dans les différentes affaires. Ainsi un scandale impliquant un conseiller municipal peut ternir la réputation de la totalité de la classe politique marseillaise. De même, un scandale n’impliquant que très peu d’individus peut faire du tort à la ville de Marseille en tant qu’entité. A une échelle de perception nationale, l’action de quelques individus a donc des répercussions sur toute une ville.
AU-DELÀ DU SCANDALE, UNE CORRUPTION TOUT À FAIT ORDINAIRE Considérations à partir de l’affaire des fausses factures de 1982 à la mairie de Marseille Cesare Mattina Dans un article de 1990, Pierre Bourdieu affirmait que les pratiques illégales et corrompues et, plus généralement, l’écart aux normes bureaucratiques sont davantage la règle que l’exception dans des interrelations qui, au sein des institutions, relèvent toujours des rapports de pouvoir.1 Ces thèses nous poussent à une opération épistémologique et méthodologique fondamentale : celle de considérer les pratiques de corruption – grandes ou petites – comme un fonctionnement ordinaire et routinier des mondes institutionnels et bureaucratiques. S’il nous important nécessaire de travailler sur le scandale, il est d’autant plus nécessaire de se pencher sur les moments de fonctionnement ordinaire de la corruption, afin de mettre en lumière ce qui se passe en dehors des processus du dévoilement et de la médiatisation. De ce point de vue, l’invitation de Michel Dobry (1983) à penser ensemble les moments où les acteurs ne dénoncent pas publiquement les transgressions normatives, et d’autres où ils entreprennent de le faire nous paraît tout à fait pertinente.2 Cette contribution veut donc étudier de façon articulée l’avant, le pendant et l’après scandale, afin d’éclairer ensemble les différents moments du fonctionnement social de la corruption. Nous le montrerons à partir d’une analyse localisée des mécanismes de transgression institutionnelle : celle de l’affaire des fausses factures à la mairie de Marseille en juillet 1982. Elle met en cause plusieurs patrons d’entreprises de travaux publics, un contrôleur des impôts, une quarantaine d’agents municipaux et, plus marginalement, quelques élus locaux. Les « révélations » font émerger un système de gestion du secteur des marchés et travaux publics communaux depuis longtemps illégal et corrompu. Il est piloté par Dominique Venturi, ancien contrebandier et homme de main de la SFIO bénéficiant, depuis les années 1950, de plusieurs marchés publics autour de la rénovation des bâtiments communaux grâce à ses liens très forts avec le pouvoir de Gaston Defferre, député, maire de Marseille de 1953 à 1986 (chapitre 1). La phase du scandale et le jeu des acteurs qui émerge montre que son éclatement est favorisé par les 1 2
Pierre Bourdieu, Droit et passe-droit. Le champ des pouvoirs territoriaux et la mise en œuvre des règlements, dans : Actes de la recherche en sciences sociales, 81 (1990), pp. 86–96. Michel Dobry, Mobilisation multisectorielles et dynamiques des crises politiques : un point de vue heuristique, dans : Revue française de sociologie, 24 (1983), pp. 395–419.
64
Cesare Mattina
acteurs dominants du système municipal afin d’écarter certains entrepreneurs, fonctionnaires et élus de la majorité devenus embarrassants dans la nouvelle configuration politique réformiste des années 1977–1986. En effet, dans le cadre du programme commun de la gauche et en vue de la victoire des socialistes aux présidentielles de 1981, Gaston Defferre est censé accéder aux plus hautes responsabilités ministérielles aux côtés du nouveau président de la République François Mitterrand3 (chapitre 2). Des archives municipales provenant du cabinet du maire et de l’inspection des services municipaux montrent, dans la phase postérieure au scandale (1985–1989), que malgré ce grand scandale des fausses factures, les pratiques illégales d’intérêt, même si portant sur des sommes d’argent inférieures, continuent d’exister. Mais elles sont réglées autrement que par le scandale et le judiciarisation (chapitre 3). 1. QUAND LA TRANSGRESSION DES NORMES DEVIENT UNE NORME Le processus d’éclatement d’un scandale est encore plus intéressant pour ce qu’il nous laisse apercevoir en creux de la phase qui le précède que pour le présent des révélations qui s’y produisent. La lecture des articles de presse, le travail sur les témoignages des procès et des acteurs en présence de l’affaire des fausses factures montre le décalage entre le trop plein de dénonciations et la rareté d’informations sur le fonctionnement ordinaire d’une administration locale. Il s’agit de repérer les éléments permettant d’inscrire le scandale dans des fonctionnements de plus longue durée. On s’aperçoit alors que les protagonistes de ce système de corruption étaient là depuis les années 1950 et la mise en place du defferrisme à Marseille.4 1.1 Le fonctionnement du système corrompu autour des fausses factures mis à jour par la presse C’est à partir de l’enquête de police sur l’affaire Lucet qu’éclate en juillet 1982 le scandale des fausses factures.5 René Lucet, directeur de la Caisse primaire centrale d’assurance maladie (CPCAM) est mort en mars de la même année d’un suicide suspect. Le Service régional de la police judiciaire (SRPJ) trouve une série de fausses facturations. Elles sont faites par des entreprises quasi-fictives pour la réalisation de travaux à la mairie : bâtiments communaux, écoles, bitumage des rues, etc. Les articles se multiplient dans la presse locale et nationale. La phase d’instruc3 4 5
Ce qui va en effet se vérifier avec la nomination de Gaston Defferre comme ministre de l’Intérieur en 1981. Gilbert Rochu, Marseille, les années Defferre, Paris 1983 ; Bernard Morel / Philippe Sanmarco, Marseille. L’endroit du décor, Aix-en-Provence 1985 ; Cesare Mattina, Clientélismes urbains. Gouvernement et hégémonie politique à Marseille, Paris 2016. René Montaldo, 850 jours pour abattre René Lucet. Les secrets d’une exécution politique, Paris 1982.
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
65
tion dure deux ans et au procès qui s’ouvre en septembre 1984, on trouve 84 prévenus, inculpés selon les cas d’escroquerie, de faux et usages de faux et de corruption. Les acteurs impliqués appartiennent au monde des affaires, à celui de la politique et du fonctionnariat public. Parmi les acteurs du monde des affaires, figurent les gérants de société fictive à Nice et des dirigeants d’entreprises de travaux publics. Selon la presse, ces entrepreneurs sont liés à Dominique Venturi. Quelle est la mécanique de ce système selon la presse ? Dans le domaine de l’entretien et des travaux des bâtiments communaux, de la voirie et des espaces verts, la mairie de Marseille commande une forte quantité de travaux. Elle les confie à une société coopérative, la CEGM de Dominique Venturi, et à ses sous-traitantes. Ces entreprises gonflent artificiellement les factures et n’effectuent pas tous les travaux prévus. Elles confient à des sociétés fictives, semi-fictives ou réelles établies entre Marseille et les Alpes Maritimes le soin d’établir des factures (fausses) permettant à la mairie de présenter des budgets conformes. Afin de se garder de tout contrôle fiscal, un inspecteur des Finances basé à Nice garantit que les contrôles fiscaux sur les sociétés ne dévoilent rien des malversations. Ce système peut compter sur le faible contrôle de l’exécution des travaux, grâce à des fonctionnaires de la mairie que la CEGM et Venturi rémunèrent avec des enveloppes et des cadeaux.6 Les fonctionnaires impliqués sont aux différents niveaux de l’échelle hiérarchique : le chef de service de la division architecture de la Ville, le chef comptable, les adjoints techniques et les surveillants de travaux. 1.2 La presse et le secret de Polichinelle. Un scandale « révélant » un système de pouvoir de longue date La lecture de la presse est très instructive car ce qui émerge est que les journalistes font semblant de révéler des phénomènes totalement nouveaux. Ce travail exprime l’ambivalence du secret – telle que Georg Simmel l’a magistralement étudiée – entre dissimulation et dévoilement7, entre exclusion des autres et protection de soimême.8 Beaucoup de ces articles de presse jouent de deux types d’argumentations : dévoilement de faits inconnus afin d’étonner les lecteurs et argumentations mettant en avant de manière désabusée des acteurs politiques, des faits et des mécanismes de pouvoir présentés comme étant largement familiers et connus de tous. En même temps qu’ils révèlent un scandale, les journalistes – de façon apparemment paradoxale – dévitalisent leur révélation et laissent entendre que les faits révélés ne seraient qu’un secret de Polichinelle.9 Huit jours après l’éclatement du 6 7 8 9
Daniel Groussard, Si Marseille était un fromage …, Libération, 9.7.1982. Georg Simmel, Secret et sociétés secrètes, Belval 1996, p.44. Lemieux Cyril et al., Du lit de la tyrannie au droit à l’indifférence. La double signification du secret, dans : Vacarme, 25 (2003), pp. 15–18. Un secret de Polichinelle (du célèbre masque du carnaval napolitain) est un fait su et connu de beaucoup de monde, même si personne ne l’a publiquement énoncé. Polichinelle, lors de plusieurs conversations privées en tête à tête, révélait en effet les méfaits des puissants et des gouvernants tout en recommandant à ses interlocuteurs d’en garder le secret.
66
Cesare Mattina
scandale, la correspondante du Monde titre son article « Des pratiques vieilles de plusieurs années ».10 Une semaine plus tard, le journaliste de l’Express Jacques Dérogy commence ainsi son article intitulé « Le gros poisson » : « Figure légendaire du milieu marseillais de l’après-guerre, Dominique Venturi – prononcez ‹ Nick Ventur › – est retourné l’autre semaine à la prison des Baumettes, menotte aux poignets, pour la première fois depuis quelques trente ans […]. C’est que l’ancien trafiquant de cigarettes blondes, rescapé des règlements de compte du ‹ Combinatie › et soupçonné sans preuve par le F. b. i. américain de trafic d’héroïne s’était en effet recyclé dans les affaires tenant pignon sur rue. Et quel pignon ! Amateur de yachting, élisant résidence dans des villas cossues, Venturi était notoirement à la tête d’une entreprise de travaux publics vivant de commandes de la mairie de Marseille, où il avait ses grandes et ses petites entrées. »11 Alors que l’affaire est encore chaude et que les révélations fusent, la rhétorique de certains journalistes met en avant l’antériorité de faits connus de longue date. Pourtant, aucune enquête journalistique antérieure n’était venue faire de telles révélations ou même simplement décrire le fonctionnement des marchés municipaux de travaux publics. Alors que le travail des journalistes dans les affaires tend, certes de différentes manières selon les orientations politiques, à mettre l’accent sur le présent et la nouveauté de la révélation, beaucoup d’éléments renvoient à l’existence d’un système de pouvoir établi et routinier. Plusieurs faits sont évoqués à propos de Venturi mais sans véritables preuves. Il en va ainsi de sa participation à l’Affaire Combinatie, du nom du navire resté en octobre 1952 en rade au large de Marseille d’où d’énormes quantités de cigarettes sont volées.12 De même, on évoque son fichage comme individu à surveiller par la police le 27 octobre 196113, et son insertion dans le fichier central du banditisme où il est dit que Dominique Venturi « fait partie d’une organisation de trafiquants de stupéfiants se fournissant au Liban, en morphine base. »14 La presse évoque enfin sa dénonciation, en 1964, dans le rapport parlementaire de deux sénateurs américains, Murphy et Steel : Nick Venturi y apparaît comme un des cinq gros bonnets du trafic d’héroïne dans le monde et comme un protagoniste de la « French Connection ». Au sujet de sa proximité avec les socialistes marseillais à qui il prêtait ses services « musclés » d’autres faits sont décrits. Homme de main dans la période de la guerre et de l’immédiat après-guerre, il participe à la Résistance du côté des socialistes et de Gaston Defferre avec la prise, armes à la main en 1944, du quotidien Le Petit Provençal.15 On évoque aussi sa responsabilité à la commission des conflits de la SFIO depuis la Libération16, et sa participation aux services d’ordre de cam10 11 12 13 14 15 16
Michel Bôle-Richard, Des pratiques vieilles de plusieurs années, Le Monde, 9.7.1982. Jacques Dérogy, Les gros poissons, L’Express, 16.7.1982. Jean-Charles Reix, Fausses factures. Enquête au sommet, Le Figaro, 8.7.1982. Ibid. Jean-Marie Pontaut / Roger Arduin, La grosse arnaque, Le Point, 5.7.1982. Malgré les démentis de Gaston Defferre, plusieurs sources journalistiques racontent que l’assaut du Petit Provençal aurait été mené par Gaston Defferre à l’aide de gros bras du banditisme local dont Dominique Venturi. Cf. Georges Marion, Gaston Defferre, Paris 1989, p. 112 f. Paul Teisseire, D’étranges financiers, La Marseillaise, 3.7.1982.
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
67
pagnes électorales socialistes fort conflictuelles dans les années 1950 et 1960. Enfin, on rappelle qu’il a assuré la protection de Gaston Defferre en 1962, lorsqu’il était menacé de mort par l’OAS.17 Les journalistes traitent son activité légale d’entrepreneur de travaux publics : selon plusieurs sources journalistiques, la CEGM a été fondé en septembre 1953, tout de suite après l’élection de Gaston Defferre comme maire de Marseille. Elle aurait profité de l’article 63 du code des marchés publics de l’époque qui stipule que le quart des travaux à faire effectuer par une municipalité doit être réservé à des coopératives. Selon la presse, ces coopératives ont longtemps profité de ce système de marchés quasi-réservés et de la possibilité de vendre de la publicité aux journaux socialistes, voire de financer directement le parti.18 Reprenant le langage indigène, la presse parle de « marchés réservés ». Plusieurs journalistes montrent comment les amitiés politiques de Nick Venturi lui auraient permis d’assurer à son entreprise des marchés réservés et systématiquement reconduits dans le temps : réfection et entretien des bâtiments communaux et des écoles, édification de nouveaux programmes, travaux publics urbains, voirie, etc.19 Vers 1965, le chiffre d’affaires de la CEGM – coopérative travaillant quasi exclusivement avec la mairie – était évalué à un milliard et demi d’anciens francs par an.20 Les liens entre le monde des affaires et de la CEGM d’un côté et certains élus de la municipalité étaient connus depuis longtemps selon la presse. L’ancien assistant parlementaire d’Antoine Andrieux, Roger Salel, était salarié de la CEGM depuis 1973.21 Le rôle politique et la responsabilité des élus par rapport à ces pratiques de fausses factures et de corruption étaient sus de longue date. Le 9 juillet 1982 dans Le Monde, Michèle Bôle-Richard décrit le service architecture de la ville comme un des plus importants en investissements financiers (40 pour cent du total du budget de l’équipement) et dépendant d’Antoine Andrieux, 5° adjoint chargé des bâtiments communaux.22 Ces dénonciations par voie de presse participent du scandale au moment même de son éclatement. Elles révèlent l’existence d’un système de pratiques illégales et corrompues existant depuis les années 1950. Ce que le scandale révèle ne concerne donc pas des pratiques actuelles – celles de 1982 – qu’un ensemble de transgressions des normes juridiques, devenu au fil du temps un véritable système normé, capable d’empêcher toute véritable remise en question par les acteurs.
17 18 19 20 21 22
Art. Le Point, 12.7.1982. Jean-Yves Huchet, Fausses factures : Dominique Venturi interpellé, Le Matin de Paris, 8.7.1982. Jean-Charles Reix, Les marchés réservés de Marseille, Le Figaro, 7.7.1982. Ibid. Yves Gavériaux, interview de Montaldo, Le Méridional, 10.7.1982. Michel Bôle-Richard, Des pratiques vieilles de plusieurs années, Le Monde, 9.7.1982.
68
Cesare Mattina
2. L’ÉCLATEMENT DU SCANDALE, RÉSULTAT DE NOUVELLES CONFIGURATIONS DE POUVOIR Dans ce contexte, où des illégalités et des pratiques corrompues sont devenues une routine, que signifie l’éclatement du scandale? Ses modalités de publicisation et ses développements successifs s’expliquent par les positions de pouvoir et les rôles institutionnels d’acteurs aux ressources fortes inégales qui à la fois coopèrent et s’affrontent dans une configuration qu’il faut situer dans le contexte des transformations politiques – locales et nationales – des années 1977–1986. Le processus de révélation scandaleuse est assez fortement maîtrisé par Gaston Defferre, qui est maire de la ville et ministre de l’Intérieur. À ce titre, il peut largement influer sur le sort de l’enquête de police judiciaire (2.1). La période est marquée par le tournant managérial de Gaston Defferre précédant son arrivée au pouvoir national. Defferre veut prendre ses distances à la fois avec les vieux notables socialistes marseillais, avec l’ancien compagnon de la Résistance Nick Venturi, mais aussi avec les pratiques illégales de ses services municipaux (2.2). 2.1 Un processus de révélation scandaleuse globalement maîtrisé par Gaston Defferre Les archives municipales croisées avec la presse mettent très clairement en évidence le fait que Gaston Defferre, acteur dominant, maîtrise largement les enjeux et les temporalités judiciaires, médiatiques et politiques. C’est Le Provençal, journal de propriété du maire qui, le 1 juillet 1982, publie un article assez discret sur la « découverte d’un important trafic de fausses factures » et l’ouverture d’une information judiciaire confiée à une jeune juge d’instruction.23 Alors que l’affaire n’est pas traitée par la presse locale et nationale avant le 7–8 juillet, Gaston Defferre prend tout de suite les devants en déclarant aux médias : « Je serai sauvage quoi qu’il arrive. Il faut que les Marseillais sachent que tout sera fait pour que la mairie de Marseille soit exemplaire. Je veux que toute la lumière soit faite sera-t-il question de mon frère ou de mon meilleur ami. »24 Le 4 juillet, Le Provençal met en avant la constitution de partie civile de la mairie contre ses employés. Le journal parle de « délinquance en col blanc » et pointe la responsabilité de fonctionnaires aussitôt suspendus. On fait ainsi totalement abstraction d’un fonctionnement corrompu ancré depuis longtemps, et le moins possible référence à l’implication de la famille Venturi ou des élus municipaux.25 Si le journal du maire peut avoir une longueur d’avance dans le rythme des révélations, c’est que Gaston Defferre en qualité de ministre de l’Intérieur reçoit 23 24 25
Alex Panzani / Christian Rodat, Découverte d’un important trafic de fausses factures, Le Provençal, 1.7. 1982. Paul Teisseire, Établir toutes les responsabilités, Le Méridional, 4.7.1982. Alex Panzani, Une dix-huitième inculpation, Le Provençal, 4.7.1982.
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
69
constamment des informations sur l’enquête, soit par le préfet des Bouches-duRhône, soit par la police judiciaire, ses subordonnés. Par courrier « confidentiel » du 26 avril 1982 – trois mois avant l’éclatement du scandale – le préfet des Bouchesdu-Rhône transmet à Jean-Marie Cambacérès, chargé de mission auprès du ministre de l’Intérieur, un dossier de la Direction des affaires sociales et sanitaires (daté du 23 avril). Il informe que l’enquête sur la mort de l’ancien directeur de CPCAM René Lucet fait émerger de fortes présomptions de fraudes aux travaux publics de cette caisse.26 Defferre continue d’être constamment informé de l’enquête. Elle montre au fur et à mesure que certaines entreprises – dont celles de la famille Venturi – étaient impliquées dans des fausses facturations de travaux publics pour la mairie. Dans une note du 29 juin 1982, Jean-Marie Cambacérès informe Gaston Defferre que des dirigeants d’entreprises impliqués ont dénoncé six employés municipaux, bénéficiaires de commissions occultes. Le sous-chef du service régional de police judiciaire, ajoute-t-il, va prendre contact avec le secrétaire général de la mairie.27 Le chef de cabinet du ministre de l’intérieur est donc informé de l’enquête par la police judiciaire et, à son tour, tient en alerte le maire de Marseille et ministre de l’Intérieur. Celui-ci fait en sorte que ses services se montrent le plus coopératifs possible avec les enquêteurs. Il veille à ce que les employés municipaux impliqués soient tout de suite suspendus de leurs fonctions en anticipant les révélations journalistiques. C’est ainsi que l’éclatement du scandale ne prend pas au dépourvu l’équipe Defferre. Avec la constitution de la mairie en partie civile et la mise en avant du préjudice subi, se manifeste la volonté de faire toute la clarté sur l’affaire. 2.2 Tournant gestionnaire et éloignement de la vieille garde defferrienne Dans le contexte de 1982, le scandale conduit à des transformations politiques importantes. Gaston Defferre se débarrasse progressivement de la vieille garde des notables socialistes et de l’ancien contrebandier Venturi. Defferre met en place deux types d’opérations convergentes : l’introduction d’un management plus contraignant des services de la mairie et des marchés publics, et l’éviction progressive des adjoints au maire piliers du système defferrien. Plusieurs observateurs témoignent de la prise de conscience progressive de Gaston Defferre de son entourage, quant à la nécessité de gérer la ville autrement, avec une vision plus stratégique et à long terme.28 Ce virage gestionnaire des politiques urbaines se traduit dans les années 1975–83 par le recrutement, dans le cénacle, d’un personnel politique et technocratique plus jeune, plus diplômé, plus professionnel. Il est aussi plus critique de la gestion existante et des pratiques clientélaires. Un de ces hommes incarne ce renouveau à la mairie : Philippe Sanmarco. 26 27 28
100 II 762, fond Gaston Defferre, Archives municipales de Marseille [AM Marseille]. 911W79, AM Marseille. Jean Viard, Marseille. Une ville impossible, Paris 1995, p. 238.
70
Cesare Mattina
Son entrée en politique et sa trajectoire socio-professionnelle sont davantage liés aux enjeux de « bonne gestion » institutionnelle qu’aux logiques du parti.29 En 1978, Defferre recrute ce jeune diplômé de l’ENA de 31 ans, membre du corps préfectoral de 1974 à 1978. Il le nomme au secrétariat général à l’Expansion, un nouveau poste de supervision créé exprès auprès du secrétaire général de la mairie, où il jouit d’une grande latitude. Defferre confie à Sanmarco la tâche de réorganiser les services, de traquer les dysfonctionnements et de moderniser l’institution. Selon plusieurs témoignages, Philippe Sanmarco s’attaque à l’éradication de certaines illégalités dans la gestion de la mairie, notamment dans l’attribution des marchés publics. Selon Gérard Unger, « […] Sanmarco fait merveille : il s’aperçoit que les marchés municipaux sont très souvent attribués aux mêmes entreprises qui, n’ayant pas toujours les moyens de remplir leurs obligations, s’adressent à des sous-traitants […]. Sanmarco tient le maire régulièrement au courant de ses découvertes, et tous deux décident de la méthode à employer : on met fin aux abus, on rentre dans la légalité des marchés administratifs, mais on ne sanctionne pas ceux qui ont mis le doigt dans la confiture. Ainsi rien ne filtre à l’extérieur et tout rentre dans l’ordre. »30 Entre 1977 et 1982, Sanmarco et Defferre s’engagent donc dans une tentative de régulation des problèmes d’illégalités des marchés, avec l’exclusion de certaines entreprises sous-traitantes liées à la CEGM de Venturi. Dans cette phase, tout est contenu au sein de la machine politico-administrative. En même temps que ce tournant gestionnaire, Gaston Defferre rompt en plusieurs temps avec le groupe des compagnons de la Résistance (Loo, Andrieux, Masse et Rapuzzi) qui l’a accompagné jusque là. La rupture avec Charles-Émile Loo est la plus significative, car ce dernier était le pilier du defferrisme sur le port. Premier adjoint depuis 1965, il contrôlait le Parti Socialiste et les quartiers du sud de la ville. Après les élections municipales de 1977, Defferre avait remplacé Charles-Émile Loo au poste de premier adjoint par Irma Rapuzzi. En 1978, Loo perd son siège de député. Le jeu national et local des courants internes au parti socialiste fait le reste. Le congrès national du PS (Parti Socialiste) à Metz en 1979, voit la victoire de François Mitterrand et de la logique d’unité de la gauche. Or, la majorité du PS des Bouches-du-Rhône, et son premier secrétaire Charles-Émile Loo se sont rangés dans un autre courant, porté par Pierre Mauroy, vaincu. Cette orientation heurtait la volonté de Defferre de se rallier à la majorité nationale du parti, qu’elle qu’en soit la ligne. C’est ainsi qu’en 1979 Loo perd le poste de premier secrétaire de la fédération des Bouches-du-Rhône au profit de Michel Pezet.31 Les changements politiques qui précèdent l’affaire des fausses factures montrent bien que les choses sont préparées progressivement par le pouvoir defferrien qui a toujours une longueur d’avance.
29 30 31
De la rénovation du parti sera chargé Michel Pezet autre jeune cadre socialiste. Gérard Unger, Gaston Defferre, Paris 2011, p. 318. On retrouve un témoignage proche de celui chez d’autres biographes de Defferre. Cf. Marion, Gaston Defferre (cf. n. 15). Morel/Sanmarco, Marseille (cf. n. 4), p. 167 f.
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
71
Le scandale des fausses factures en 1982 vient ainsi compléter le processus d’éloignement des compagnons de Defferre des postes-clef dans l’équipe municipale. La réaction de Gaston Defferre est inflexible : il promet de faire payer tous les responsables et offre sa plus grande disponibilité aux enquêteurs pour fouiller dans les services municipaux concernés.32 Le procès, qui a lieu en 1985 et qui porte sur un système de fraude étendu bien au-delà de Marseille, porte à la condamnation de 27 employés municipaux.33 L’enquête ne va pas jusqu’à inculper les responsables politiques de ces services (sauf pour Jean Masse quelques mois plus tard), mais les responsabilités des élus émergent clairement. Du moins, Defferre considère plusieurs chefs socialistes comme objectivement responsables. Les agents et employés techniques de la mairie impliqués dans l’affaire des fausses factures appartiennent pour leur grande majorité aux services des espaces verts, des bâtiments communaux, des marchés et de la voirie, dont les responsables sont respectivement CharlesÉmile Loo, Antoine Andrieux, Irma Rapuzzi et Jean Masse. Roger Salel, associé de Venturi à la CEGM et ancien secrétaire parlementaire d’Antoine Andrieux, était au centre du système de corruption des employés de la mairie.34 Jean Masse est mis en examen par le juge d’instruction en qualité d’adjoint à la voirie et accusé d’avoir concédé en 1978 un marché de 10 millions de francs à la coopérative de Venturi.35 Au procès, Jean Masse sort blanchi de ces accusations, mais politiquement très affaibli. Il passe la main (et ses mandats) à son fils Marius. La vieille garde du PS des Bouches-du-Rhône, épine dorsale de la gestion du pouvoir defferrien depuis l’après-guerre, paye ainsi les conséquences politiques de l’affaire des fausses factures. Aux élections municipales de 1983, le PS ne présente plus dans ses listes qu’une vingtaine de ses conseillers sortants. Defferre écarte Antoine Andrieux, Charles-Émile Loo et Jean Masse.36 Seule Irma Rapuzzi est maintenue dans l’équipe de la majorité, mais elle perd l’importante délégation aux finances pour prendre celle, plus modeste, du personnel municipal. 3. EN DÉPIT DES SCANDALES, UNE CERTAINE CONTINUITÉ DES PRATIQUES ILLÉGALES ET CORROMPUES L’éclatement du scandale, les phases de révélations journalistiques et le moment du procès sont des moments de mise à l’épreuve. Selon Cyril Lemieux et Damien de Blic, le scandale met en cause l’attachement aux normes, la définition de celles-ci et la qualification de certains comportements.37 Cependant, à l’aune de nos ana32 33 34 35 36 37
Unger, Gaston Defferre (cf. n. 30). Ibid., p. 321. Jacques Follourou / Vincent Nouzille, Les parrains corses : leur histoires, leurs réseaux, leurs protections, Paris 2009. Jacques Dérogy / Jean-Marie Pontaut, Enquête sur les mystères de Marseille, Paris 1984. Cet adjoint à la voirie est impliqué en 1983 dans une affaire d’escroquerie et écarté de la vie politique locale. Il décède la même année. Damien De Blic / Cyril Lemieux, Le scandale comme épreuve. Éléments de sociologie pragmatique, dans : Politix, 71 (2005), pp. 9–38.
72
Cesare Mattina
lyses, le scandale ne semble pas tout redéfinir, et ne met pas un terme aux transgressions. Non seulement les affaires continuent, mais on repère certaines continuités entre les pratiques routinières qui s’imposent dans la phase 1953–1980, et celles, plus discrètes et probablement moins courantes, des années postérieures à la mort de Gaston Defferre.38 Des archives montrent que, même si à une échelle plus réduite, les pratiques illégales de surfacturation voire les pratiques corruptives au sein de la mairie de Marseille continuent d’exister. Elles se règlent à l’intérieur des services municipaux sans donner lieu à scandale (3.1). Elles sont en effet simplement soumises à des tentatives bureaucratiques de régulation probablement semblables à celle exercée avant le scandale (3.2). 3.1 Malgré des changements de normes, la continuité des pratiques illégales Notre recherche aux archives municipales, sur le fonctionnement ordinaire de la mairie dans la période postérieure au scandale et aux procès (années 1985–1989) montre que les pratiques illicites continuent. Mais elles n’émergent pas dans l’espace public ni dans la dernière période Defferre (qui décède en mai 1986), ni pendant le mandat du nouveau maire Robert Vigouroux. On trouve pourtant plusieurs dossiers d’archives concernant la surfacturation des travaux publics. La pratique persiste après l’arrêt de la cour d’appel d’Aix-en-Provence, même si avec une ampleur inférieure à celle de l’époque précédente. Gaston Defferre puis Robert Vigouroux et les nouveaux fonctionnaires de la mairie essayent de réguler le système. Il s’agit là en même temps de réduire les surfacturations et d’éviter que les pratiques illicites soient connues à l’extérieur. Un courrier adressé, le 21 mai 1985, au service architecture et bâtiment de la mairie de Marseille, par le secrétaire général de la mairie exhorte ce service à se doter d’une cellule interne de contrôle des prix.39 Malgré cette note, les procédures de surfacturation continuent d’exister dans la deuxième moitié des années 1980, avec le nouveau maire Robert Vigouroux. Dans une lettre à l’inspecteur général des services municipaux Georges Lacroix le 5 juin 1986, Vigouroux écrit ceci : « Malgré une nette amélioration des modalités d’application et d’exécution des marchés d’entretien et de grosse réparation depuis 1983, il m’a été rapporté que certaines entreprises adjudicataires de ce type de marché persisteraient à surfacturer leurs prestations, notamment à la Direction Générale de l’Architecture et des Constructions Publiques. Je vous demande donc de procéder à une inspection approfondie de ces marchés afin d’éliminer, le cas échéant, de telles pratiques. »40 A la fin de cette inspection, le rapport de Georges Lacroix à Robert Vigouroux ne laisse pas de doutes sur la poursuite de la surfacturation des travaux publics mu38 39 40
Denis Robert, Pendant les « affaires », les affaires continuent, Paris 1996. 890W3, AM Marseille, 1982–89. Ibid.
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
73
nicipaux. Selon un échantillon de 124 factures de mars et avril 1986 émises par 23 entreprises réputées « plus enclines à surfacturer », soit le 1/3 des 72 entreprises présentes, les travaux effectués, gérés par le service bâtiment et architecture, ont coûté 912,000 euros en surfacturation.41 Cela correspond à 27.2 pour cent de différence entre le montant proposé par l’entreprise et le montant facturé après vérification du conducteur des travaux.42 Georges Lacroix estime à 22,1 MF la surfacturation en deux ans. 3.2 Réguler la surfacturation pour réduire les coûts de gestion Dans cette phase postérieure, ces pratiques ne donnent lieu qu’à des tentatives de régulation en interne sans recourir à des sanctions, ni faire éclater des scandales. Le but des différents fonctionnaires qui s’y attèlent n’est pas de combattre la corruption, mais de diminuer la surfacturation et de réduire les gaspillages et les coûts. Dans un rapport interne, l’inspecteur général des services municipaux de la mairie de Marseille confirme l’existence de pratiques illégales au caractère routinier, favorisées par des raisons structurelles. Georges Lacroix signale au maire les cas de surfacturation extrêmes, au-delà des valeurs habituelles. Il cite deux conducteurs travaillant dans le secteur est des bâtiments scolaires : le premier (L.) avec des taux moyens de surfacturation de 20 pour cent et le second (P.) avec un taux de 44 pour cent ; les montants globaux sont respectivement de 224,000 francs et de 343,000 francs. Sans se prononcer explicitement sur la corruption, l’inspecteur général donne le détail des surfacturations demandées par les entreprises inspectées par ces contrôleurs : cela correspond à 25 pour cent pour le contrôleur L. et à 45 pour cent pour P. Voici comment Georges Lacroix évoque, à mots couverts, des cas éventuellement déviants : « L’écart des taux moyens de surfacturation est quelque peu réduit ; il serait même inversé (P : 17 pour cent) si l’on élimine une seule facture importante à la fois par son montant et son taux de surfacturation (en note entreprise R., montant 115 kf, surfacturation 57 pour cent). »43 L’inspecteur général inscrit tous ces écarts à la règle dans un contexte qui limite l’efficacité des contrôles, rend difficile le travail de vérification, voire facilite les abus des entreprises et des fonctionnaires municipaux. Georges Lacroix pointe dans son rapport trois éléments structurels : 1) Alors que l’informatisation des données est encore balbutiante au début des années 1980, il remarque que le processus informatique ne garde pas les pré-fac41
42 43
Selon le convertisseur francs/euros de l’INSEE, 912,000 francs de 1986 correspondent à 233,878 euros de 2015. Cf. http://www.insee.fr/fr/service/reviser/calcul-pouvoir-achat.asp?sommeDepart=912000&deviseDepart=Franc&anneeDepart=1986&deviseArrivee=Euro&anneeArrivee=2015 (7 mars 2017). 890W3, note de l’inspecteur général des services municipaux adressé à la mairie de Marseille, 8.12.1986, AM Marseille, 1982–89. Ibid.
74
Cesare Mattina
tures établies par les conducteurs de travaux. Cela rend difficile et long le processus de vérification. 2) Il constate la difficulté des contrôleurs à s’y retrouver dans la grande variété de prix contenus dans la « série des prix de l’Académie d’Architecture », liste de référence des maîtres d’œuvre pour établir les prix des travaux publics. Il note que l’« abondance des articles de la Série centrale facilite la surfacturation » et qu’il manque en mairie la figure professionnelle d’un comptable rompu à son utilisation. 3) Il note que ces problèmes de surfacturation apparaissent le plus souvent dans des marchés à commande. Durant les années 1980, la procédure des marchés à commandes est souvent préférée à la procédure d’appel d’offre, dont la durée est jugée excessive et écartée pour un souci de rapidité. A ce sujet, l’inspecteur préconise que les chantiers de quelques dizaines de milliers de francs soient soumis à une procédure de mise en compétition simplifiée suivie d’un marché négocié.44 4) Il relève que l’adjoint au maire chargé des travaux intervient à la fois dans la phase du constat et dans la phase de correction des pré-factures. A son sens, cela ne devrait pas se produire. Il préconise que deux agents différents soient en charge, afin d’éviter toute tentation. La recherche de régulation dans un tel système d’attribution des marchés publics municipaux caractérisé par une surfacturation constante ne paraît résoudre les problèmes. Si l’on suit d’autres dossiers de l’inspecteur général des années 1987– 1989, quelques autres cas de surfacturation abusive sont repérés par les services généraux de la mairie. CONCLUSIONS Si, selon la sociologie pragmatique française45, le scandale représente un moment de remise en question de comportements déviants et de leur légitimité, il ne suffit pas à notre sens d’étudier les rhétoriques de dénonciation ou de défense des accusés. Nous avons essayé de montrer ici que le scandale – et l’affaire qui peut en découler – peuvent être, non pas un catalyseur de nouvelles normes, mais un révélateur d’affrontements entre différents acteurs. Ceux-ci tentent de consolider leur légitimité dans une configuration marquée par des relations de pouvoir conflictuelles. L’étude de l’éclatement d’un scandale incite à reconstituer non seulement l’enchaînement des paroles et des actes mais aussi les positions sociales et les rôles institutionnels et politiques des différents acteurs, selon les contextes historiques. En ce sens, les rapports de force dissymétriques influent lourdement sur le déroulement, les modalités et les conséquences de l’affaire. L’analyse du fonctionnement ordinaire après le scandale permet ainsi de relativiser la thèse de la sociologie pragmatique qui voit dans le scandale une épreuve et un « moment de transformation sociale » qui « ne laisse jamais les choses en l’état », conduisant « à des repositionnements, à une redistribution des cartes institutionnelles, voire à des remises en causes 44 45
Ibid. De Blic/Lemieux, Le scandale comme épreuve (cf. n. 37).
Au-delà du scandale, une corruption tout à fait ordinaire
75
brutales des rapports institués » avec la production de nouveaux dispositifs légaux.46 Une approche socio-historique des affaires de corruption qui prend le scandale comme une porte d’entrée pour observer les pratiques ordinaires, nous paraît ainsi fructueuse, si l’on est conscient que ces transgressions de la norme légale deviennent, une fois installées dans le temps, une véritable norme sociale d’action.
46
Ibid. p. 11 f.
CRIMINAL AND MORAL CORRUPTION ENMESH IN ISCHIA Italo Pardo / Sergio Marotta This essay addresses moral and alleged criminal corruption in the province of Naples. As research is continuing, the present discussion is a work in progress. Theoretically, we draw on Pardo’s work (2000, 2004) on corruption and its tension with integrity as a by-product of an anthropological analysis of how dominant groups manage power and relate with the rest of society. Since the early 1990s, the sine qua non of this direction of research has been that to understand management of power we need to penetrate empirically the nature of action and, therefore, the ways in which concepts of ‘right’ and ‘wrong’ are understood and made to operate. Two key issues need to be pointed out. First, Western legislation on corruption is notoriously weak. This is galling, considering that Western Law is informed by three principles that ought to guarantee the certainty of Law and of Judgement. They are: “nullum crimen sine lege” (without law there is no crime); “nulla poena sine lege” (without law there is no punishment) and “nulla poena sine iudicio” (without judgement there is no punishment).1 Yet, as Prato reminds us, difficulty in defining corruption legally has frustrated the EU’s efforts to devise effective legislation.2 Legal definitions remain limited in Criminal Codes across Europe, addressing offences such as bribery, purchase of votes, abuse of power and the exercise of undue influence.3 Such inadequacy stresses the inherently contentious character of the Law4 and the impediments in identifying, investigating and punishing both corruption and the criminal actions that it engenders.5 Breeding further confusion, the definition of culpability of those who take payment (in any form) and of those who offer or are forced to give it often defies the categories of ‘legal’ and ‘illegal’ and raises important problems because the phenomenon of corruption has evolved from one where the dominant role was played by the bribe-taker to one where the bribe-giver is increasingly 1 2
3 4 5
Italo Pardo, Corruption vs Integrity: Comparative Insights on the Problematic of Legitimacy, in: P. Hardy / P. Heywood / D. Torsello (eds.), Debates of Corruption and Integrity: Perspectives from Europe and the US, New York 2015, pp. 184–212, here p. 184. G. B. Prato, ‘The Devil is not as Wicked as People Believe, Neither is the Albanian’:Corruption between Moral Discourses and National Identity, in: Italo Pardo (ed.), Between Morality and the Law: Corruption, Anthropology and Comparative Societies, Farnham 2004, pp. 69–84, here p. 79. H. Nilsson, Substantive Criminal Law: Corruption and Money-laundering, in: D. V. Trang (ed.), Corruption and Democracy, Budapest 1994, pp. 89–104; Pardo, Corruption vs Integrity (cf. n. 1). Max Weber, Economy and Society: An Outline of Interpretive Sociology, Berkeley 1978, Ch. 8. A. Miller, La realtà della corruzione e l’inadeguatezza normativa, in: Italo Pardo (ed.) ,Comportamenti Illegittimi e Corruzione, Rome 2000, pp. 139 ff.
78
Italo Pardo / Sergio Marotta
powerful and plays the role of ‘offerer’. Moreover, in the Italian case, the over-complicated legislative system fosters arbitrariness in the exercise of political and administrative power and in the use of public funds. As a public prosecutor engaged in fighting corruption recently remarked in a newspaper interview, the “foremost task is to deal with the legislative mess, by which the public official has absolute discretion. Fewer laws and simplified procedures are needed. Legislative confusion makes of a man a thief.”6 Second, criminal corruption is difficult (though not impossible) to study empirically.7 Corruption thrives on secrecy but it does very well on publicity too. As Parry aptly noted, a belief in the prevalence of corruption is corrupting in its own right, as it may engender the view, “everyone is at it, why shouldn’t I?”8 However, there are other important reasons why to a social scientist a study of corruption that breaks the law is important but takes second place to the study of corruption that does not break the law; a problematic that is further complicated by ad hoc changes that make legal what was illegal.9 ITALIAN CORRUPTION: MYTH AND REALITY Until the early 1990s, when the tangentopoli scandals started in Milan and then spread throughout Italy, two ‘Questions’ were prominent in the country. Robustly criticised by anthropologists10, they bred unlikely but damaging myths. One was the ‘Moral Question’, pertaining public life and particularly politics, it bred the myth that the Communists were morally superior and immune to corruption. The other was the ‘Southern Question’, a key part of which was the myth that corruption in public life was geographically limited to the South. The first myth was apparently confirmed by the tangentopoli inquiries’ destroying the political system but leaving the large Communist Party untouched (the only other survivor was the tiny Neo-Fascist Party) – only many years later would the ugly reality behind this myth emerge. The second myth heavily drew on the stereotype opposing a backward and ‘corrupt’ South to a ‘virtuous’ North. This second myth was amply disproved throughout tangentopoli. It was, however, perpetuated by some writers11, raising issues of cul-
6 7 8 9 10 11
C. Nordio, Leggi confuse producono tangenti, Interview by Goffredo Pistelli, Italia Oggi, 18.2.2015, p. 5, see: http://www.italiaoggi.it/giornali/dettaglio_giornali.asp?preview=false &accessMode=FA&id=1963131&codiciTestate=1 (last accessed 27 January 2017). Italo Pardo, Introduction: Corruption, Morality and the Law, in: Pardo (ed.), Between Morality (cf. n. 2), pp.1–17, here p. 2 f. J. Parry, The ‘Crisis of Corruption’ and ‘the Idea of India: A Worm’s Eye View’, in: Italo Pardo (ed.), Morals of Legitimacy: Between Agency and System, Oxford 2000, pp. 27–55. As Pardo has shown, these changes often meet the interests of the dominant élite, at the expense of the broader society; see Pardo, Corruption vs Integrity (cf. n. 1). Italo Pardo, Managing Existence in Naples: Morality, Action and Structure, Cambridge 1996; Pardo, Introduction (cf. n. 7). R. D. Putnam, Making Democracy Work: Civic Traditions in Modern Italy, Princeton 1993.
Criminal and Moral Corruption Enmesh in Ischia
79
tural determinism that anthropologists have amply exposed as obnoxious to reason and reality.12 Reminiscent of tangentopoli, several cases of classic political corruption have recently come to light that seem to point to a widespread practice whereby politicians, public administrators, and business people obtain illegal profit through the corrupt use of public resources.13 Current scandals graphically exemplify the weakness of the first belief mentioned above; among them, bribery, abuse of office and manipulation of contract in the Rome City Council, the Milan Expo, the Mose in Venice, municipal employment in Tuscany, and the construction of the Gas network in Ischia, which we will discuss in the next section.14 Italy is ranked 61st in the Transparency International Corruption Perceptions Index of 2014.15 We share Prato’s scathing criticism of the intellectually lazy view that the less wealthy regions are the most corrupt16, recognize the weakness of abstract tables and indexes and are acutely aware that inflating corruption is corrupting.17 In the discussion that follows, we consider the ramifications of such inflating dynamics focusing on the Ischia case as exemplary of a significant interlocking of moral and (alleged) criminal corruption in the context of a distorted relationship between urban governance and business.
12
13
14
15 16 17
Pardo and Prato have deconstructed this Lombrosian view, offering an analysis of the critical literature, see: Italo Pardo / G. B. Prato, Introduction: Disconnected Governance and the Crisis of Legitimacy, in: Italo Pardo / G. B. Prato (eds.), Citizenship and the Legitimacy of Governance: Anthropology in the Mediterranean Region, Farnham 2011, pp. 1–23. A. Heidenheimer / M. Johnston / V. T. LeVine (eds.), Political Corruption: A Handbook, New Brunswick 1989. See Della Porta and Vannucci on corruption in Italian public life and Pardo and Prato on the impact of this issue on the erosion of trust: D. Della Porta / A. Vannucci, The Hidden Order of Corruption: An Institutional Approach, London 2016; Pardo/Prato, Citizenship and the Legitimacy of Governance (cf. n. 12). For example, on the Rome scandal, see G. Semprini / M. Caprara, Mafia capitale. La vera storia dell’ultimo re di Roma e della criminalità romana. Rome 2015; on the Milan affair, see P. Biondani / F. Gatti, Expo, cronaca di uno scandalo annunciato. l’Espresso, 2014, http://espresso. repubblica.it/plus/articoli/2014/05/14/news/expo-cronaca-di-uno-scandalo-annunciato1.165444 (last accessed 27 January 2017); on the Venice Mose, see B. Ganz, Mose, la cricca dei potenti. 35 arresti. Il Sole24Ore. 4.6.2014, http://www.ilsole24ore.com/art/notizie/2014-06-04/ appalti-mose-35-arresti-tangenti-coinvolti-sindaco-venezia-e-politici-074942.shtml?uuid=ABOBDWNB (last accessed 27 January 2017); finally, on alleged corruption in Tuscany, see I. Francese, Pistoia, indagato il sindaco PD insieme a tutti gli assessor, Il Giornale, 4.8.2016, http://www.ilgiornale.it/news/politica/pistoia-indagato-sindaco-pd-insieme-tutti-assessori1293429.html (last accessed 27 January 2017). Transparency International states that this index measures the perceived levels of public sector corruption in 175 countries and territories (https://www.transparency.org/cpi2014). Prato, The Devil is not as Wicked (cf. n. 2), here p. 79. Pardo, Introduction (cf. n. 7), here p. 9 f.
80
Italo Pardo / Sergio Marotta
GAS AND CORRUPTION IN ISCHIA Up to the early 1990s, the South of Italy was the object of central government ‘extraordinary intervention’, including the Cassa del Mezzogiorno (literally, Fund for the South). Established in 1950, the Cassa was intended to stimulate economic growth through the development of the infrastructure – roads, bridges, aqueducts, and so on – and through credit subsidies and tax advantages. However, while large companies (many from the North) benefited, most small and medium enterprises did not. The Cassa was discontinued in 1984. In 1992, all extraordinary intervention in the South ceased with a view to curbing the perverse use of public resources; a result which was not achieved. The alleged corrupt use of ordinary state funding in the construction of a gas pipeline in the island of Ischia highlights this issue. Ischia is a densely populated volcanic island in the gulf of Naples.18 ‘Ischia’ is also the name of the most important town on the island.19 The other five are Serrara Fontana, Barano, Casamicciola Terme, Forio, and Lacco Ameno; almost no solution of urban continuity links the last three. Renowned for its SPA facilities and seaside attractions, the island is a world-wide tourist hotspot. As emphasized by our local informants, throughout the year tourism multiplies exponentially the local population, proportionally increasing the demand for services and pointing to the urgency of updating the urban infrastructure. Centralized gas supply was established in Naples over forty years ago. The work to bring gas to Ischia was started in 2006. Officially, this delay was due to the high cost involved and to technical problems in building a 13 kilometre-long underwater gas pipeline which raises an interesting juxtaposition with the fact that in 1957 the island was the terminal of the first underwater aqueduct built in Europe. In 2003, Giuseppe Brandi, the then Mayor of the Municipality of Ischia (until 2006), applied to the central government for the funds needed to build the gas infrastructure.20 As he told us, he did so ‘believing in the importance of this major project and was unafraid of having to deal with the complicated bureaucratic processes’. The Law 784/1980 established a general programme of gas supply and simplified bureaucratic procedures for the South. 2 Billion Euros were spent between 1980 and 2007.21 In 1998, the government, led by the ‘ex’-Communist D’Alema22,
18 19 20
21 22
Over 60,000 people live permanently on the island. 18,253 people are officially resident there. At the time, the Municipality of Ischia was experiencing judicial procedures as businessmen and administrators were on trial for corruption and bribery linked to the management of the water supply, see I. De Angelis, Ischia. Bufera sul Comune. ‘Processate il sindaco’, in: La Repubblica, 18.9.2003. M. Gerina, Il grande affare del metano a Ischia, 3.4.2015, see http://www.internazionale.it/ opinione/mariagrazia-gerina/2015/04/03/ischia-inchiesta-metano-woodcock (last accessed 27 January 2017). By then, D’Alema’s Communist Party had renamed itself Partito Democratico della Sinistra, while keeping the original structure and the hammer-and-sickle symbol in its logo.
Criminal and Moral Corruption Enmesh in Ischia
81
introduced a ‘project financing’ scheme (Law 415/1998)23 which allowed public works identified and proposed by private bodies to be executed by private companies. The Ischia authorities chose to have the gas supply network built through ‘project financing’. In October 2003, the Ischia municipality drew on a project drafted by CPL Concordia to start a public competition for bids.24 The estimated cost of the project was 22 million Euros. In October 2004, CPL Concordia was awarded a contract worth 18,247,500 Euros for building the gas network and managing distribution.25 The work was finished in 2009. However, as Brandi told us, “the Concordia Company has brought gas to the larger urban areas” while in the rest of the island “private firms continue to sell gas cans or to fill private gas tanks”. Moreover, as all was not right with the described process, there was trouble ahead. In line with the anthropological study of ideological bias and political interest, this choice made by the Ischia rulers meets an established pattern, whereby since the early 1980 rulers in the Naples province have explained their choice to allocate contracts for public works to companies based in the Centre-North drawing on the stereotype that southern companies are unreliable and corrupt. As in the case in point, the favoured ‘virtuous’ northern companies have, then, regularly proceeded to sub-contract the actual work to local firms.26 In Ischia, trouble came to a head on 30 March 2015. Bringing to mind key historical precedents27, that morning Giuseppe Ferrandino, the Mayor of the municipality of Ischia and a leading member of the Democratic Party, was arrested on charges of corruption in his dealings with the Emilian CPL Concordia.28 Ferrandino, who led a consortium of Ischia municipalities, is accused of having granted to CPL Concordia the contract for the supply and distribution of methane in the island in exchange for a 330,000 Euro bribe, which he allegedly used to finance a hotel belonging to his family, and a consul23 24
25
26 27 28
Changes were later introduced (Law 166/2002 and the Decrees 190/2002, 163/2006 and 50/2016). Based in the North (Modena), the cooperative CPL Concordia is one of the large businesses affiliated to the Legacoop, a major contributor to the Communist Party, now Partito Democratico. Over the last 20 years, it has become an industrial giant specializing in natural gas distribution and security. Through its US subsidiary, in 2013, it won the contract for the maintenance of the Empire State building. Lately, it has become prominent in building infrastructure in southern Italy. The capital invested was meant to be recovered over a given period of time through the management of the supply; see G. Iudica, Finanza di progetto: la prospettiva di diritto civile, in: G. F. Ferrari / F. Fracchia (eds.), Project financing e opere pubbliche. Problemi e prospettive alla luce delle recenti riforme, Milano 2004, pp. 3–10; D. Scano, Project Financing: Società e Impresa, Milano 2006. Italo Pardo, Entrepreneurialism in Naples: Formality and Informality, in: Urbanities, 2 (2012), pp. 30–45, see http://www.anthrojournal-urbanities.com/wp-content/uploads/2016/05/4-Pardo. pdf (last accessed 17 February 2017). The 1901 parliamentary inquiry known as Inchiesta Saredo shows the evolution of an unlawful alliance between local notables and government ministers; see S. Marotta, Corruzione politica e società napoletana. L’Inchiesta Saredo, Naples 2012. Between 2002 and 2007, Giuseppe Ferrandino was the Centre-right Mayor of Casamicciola. In 2008, he was elected Mayor of the city of Ischia for the Leftist Democratic Party.
82
Italo Pardo / Sergio Marotta
tancy job for his brother in the Concordia Cooperative. The head and managers of the latter and a local council manager were also arrested. Roberto Casari, the CEO of the CPL Concordia from 1976 to 2014, was knighted by the President of the Republic in 2011 and on 8 April 2014 was made an “honorary citizen” of the City of Ischia. Together with the others, he is now on trial for criminal corruption, rigging the competition for public contracts, false accounting and bribery – including issuing invoices for inexistent transactions in order to pay bribes, and the establishment of fictitious consultancies that, devoid of economic benefit, served to set up similar deals with the other five municipalities in the consortium.29 Allegedly, the financial linchpin in the affair was Francesco Simone, the head of external relations of CPL Concordia. According to the prosecution, he used his Tunisian-based company to set up a black fund, receiving bank transfers from the aforementioned “consulting contracts” to finance bribes on behalf of the Cooperative and bribed some bank officials and Tunisian customs officials, thereby prompting charges of “international corruption.”30 The evidence against the defendants was collected through police work, wiretaps, and search and seizure operations in the headquarters of the CPL Concordia. Apparently, Italian law facilitating the investigation of suspect bank accounts and financial dealings turned out to be useful.31 We shall see that when deemed useful the CPL Concordia allegedly dealt with local camorristi.32 However, the Ischia affair has nothing to do with a ‘mafia’ kind of organized crime. For the prosecution, it involves a different kind of organized crime. The above mentioned people are accused of having associated in committing the listed criminal offences33, thereby distorting the rules of market competition and defrauding the public. This seems sufficiently clear. What seems muddy to common sense is that the alleged bribers – the president and managers of CPL Concordia – should be tried in Modena because they were based there when the crimes were committed in Ischia, while the ‘bribed’ – the Mayor, his brother and the other public servants – should be tried in Naples because they operate in that territorial jurisdiction. That the ‘bribers’ and the ‘bribed’ are to be judged by different courts of law for the same crimes, raises the risk of contradictory judgments and of their impact on justice, corruption statistics and, therefore, policy.
29 30
31 32 33
Ordinanza di custodia cautelare (Arrest warrant) nr. 164/2015 O. C. C.- 5472/14 R. G. G. I. P. of 25 March (Tribunale di Napoli). A. Palladino, Arresto sindaco Ischia, la coop finanziava D’Alema e gli comprava libri e vino, in: Il Fatto Quotidiano, 30.3.2015, see http://www.ilfattoquotidiano.it/2015/03/30/arresto-sindacoischia-coop-finanziava-dalema-gli-comprava-libri-vino/1549223/ (last accessed 27 January 2017). On sub-contracts, see Laws 646/1982 and 663/1986 and their modifications (Law 55/1990). On administrative crimes see Law 86/1990. On money-laundering see Law 356/1992. Camorra is the name given criminal organizations, roughly of a mafia kind, that operate in the Naples region. Camorristi are people belonging to Camorra groups. Ordinanza di Rinvio a Giudizio 26.3.2015 (Naples Public Prosecutor Office). This accusation was later endorsed by the Modena Public Prosecutor’s Office, which has jurisdiction over a section of the judicial process for territorial reasons (cf. n. 24).
Criminal and Moral Corruption Enmesh in Ischia
83
The judicial investigation in Ischia has brought out an affair that centres on a kind of corruption that meets the concept of “extractive institutions” whereby a social group uses public institutions to appropriate the wealth produced by others.34 This observation would appear to be confirmed, comparatively, by CPL Concordia’s implication in a parallel investigation conducted by the Naples office of the National Anti-Mafia Department regarding the construction of the gas network in the province of Caserta. In July 2015, Roberto Casari was arrested, again, together with the former left-wing senator Lorenzo Diana, who had long been viewed as a symbol of the fight against the Camorra.35 According to the prosecution, in this second case the leaders of the CPL Concordia obtained contracts for the construction of gas networks through deals with public administrators and local camorristi who controlled the leaders of municipal administrations, and subsequently subcontracted the work to companies controlled, in this case, by camorristi. In short, it would seem that when the CPL Concordia operated in a contest free of mafia-like organized crime, like Ischia, it bribed public officials; when it operated in a territory marred by the strong presence of mafia-like organized crime, as in the case of Caserta, it also dealt with common criminals – the camorristi. Interestingly, in the latter case local companies controlled by the camorristi were involved in doing the actual work. Alongside wiretaps and police work, the Caserta investigation drew on the testimony of a prominent mafia member who is cooperating with the judicial authorities. Moreover, while the Caserta case could mislead the observer into thinking that the CPL Concordia is ‘weak’ because it has been ‘forced’ to yield to the power of organized crime, it would be difficult to sustain this argument in the light of the Ischia case. One last theoretical consideration needs to be made. These two different affairs involving the CPL Concordia stress both the warning that “superimposing categorical distinctions on the empirical situation may give a neat look to our production but is misleading”36 and the difficulty in defining corruption legally. As Prato would say, the distinction made by the World Bank between ‘administrative corruption’ and ‘state capture’ adds further, perhaps unnecessary, complication to the analysis that we have offered.37 Specifically, if one were to engage in what might well be a useless exercise, one could say that according to such a distinction, the Ischia case could be seen to fall into the category ‘administrative corruption’ because it involves public officials and a cross-section of private individuals and business interests; but it could also be seen to fall into the category ‘state capture’, whereby local governance would have been captured by private interest, leading to the use of public funds for personal benefit. As part of such an exercise, the Caserta case might be seen to invite a reverse categorization.
34 35 36 37
D. Acemoglu / J. Robinson, Why Nations Fail: The Origins of Power, Prosperity, and Poverty, New York 2012. See cf. n. 32. Pardo, Managing Existence in Naples (cf. n. 10), here p. iv. Prato, The Devil is not as Wicked (cf. n. 2).
84
Italo Pardo / Sergio Marotta
CONCLUSIONS The case material briefly discussed here brings out key issues in the current debate on corruption and integrity and on the legitimacy of the Law.38 It belongs to a contest that brings to mind the classic Latin expression corruptio optimi pessima (corruption of the best is the worst), marred as it is by cases of politicians, entrepreneurs, professionals and public officials involved in corruption, bribery, abuse of office and misappropriation of public resources. Sometimes these élite act in alliance with professional criminals and, as these cases make the headlines, the rhetoric of generalized corruption gathers strength, at once further inflating the phenomenon and providing an alibi to the rationale, “everyone is at it; if I don’t do it someone else will”. Legal over-complication, contradictions and ambiguities further muddle this scenario and hinder the enforcement of the law. In Italy, too many judicial inquiries fail to produce convictions; mostly for the reasons given here but in some cases superficiality in starting or carrying out the inquiries plays a role. In this scenario, honest public servants increasingly fear to act, thus strengthening a “cannot be done”-attitude in whose folds corruption breeds, too. That Italians should believe that the level of corruption in their country is high is, in a nutshell, unsurprising, corrupting and highly disruptive.
38
Pardo, Corruption vs Integrity (cf. n. 1).
REAKTIONEN
DEFINING CORRUPTION IN MODERN SPAIN Political Scandals and Republicanism in 1910 Barcelona1 Jorge Luengo 1910 saw the emergence of several political scandals involving the town council of Barcelona. Beginning early that year, Republicans had held control of the city for the first time following a decade of rule by Catalan nationalist parties. Throughout the year, local politicians criticized Republican municipal management, denouncing a number of irregular administrative practices. This criticism focused on issues such as favouritism, recommendations, the use of public funds for personal benefit, and granting administrative concessions to relatives or friends. The public debate that these scandals provoked both in Barcelona’s society and at the national level reveals changing perceptions regarding the uses of political office in early twentieth-century Spain. While the political practices of this period have been extensively studied, scholars have largely ignored the role corruption and its representation played in the construction of mass politics. In this chapter, representations of corruption will be analysed through examination of the political scandals that concerned town council members of the Radical Republican Party during 1910 in Barcelona. Although these scandals did not pass unnoticed by historians focusing on early twentieth-century local republicanism2, their public dimension has not been studied. Indeed, corruption has been analysed from the standpoint of electoral ballot rigging, but scarcely from the angle of administrative practices.3 In my contribution, I approach the issue from the negative reactions to certain administrative practices within public institutions in order to highlight new forms of political representation evolving in early twentieth-century 1 2
3
I would like to thank Pol Dalmau and Gemma Rubí for insightful comments in previous versions of this chapter. Joan B. Culla i Clarà, El republicanisme lerrouxista a Catalunya, 1901–1923, Barcelona 1986; José Álvarez Junco, El Emperador del Paralelo: Lerroux y la demagogia populista, Madrid 1990. There is an English version under the title: The Emergence of Mass Politics in Spain: Populist Demagoguery and Republican Culture, 1890–1910, Brighton 2002; Carlos Seco Serrano, La España de Alfonso XIII. El Estado, la política, los movimientos sociales, Madrid 2002, p. 201. For electoral corruption, see Maria Gemma Rubí i Casals, La representation de la corruption. L’Espagne dans la construction du libéralisme politique, in: Olivier Dard / Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Frédéric Monier (eds.), Scandales et corruption à l’époque contemporaine, Paris, 2014, pp. 165–180. One exception focusing on corruption as administrative practice is Javier Moreno Luzón, Romanones. Caciquismo y política liberal, Madrid 1998, Ch. 2. For later decades, see Borja de Riquer, Cambó en Argentina. Negocios y corrupción política, Barcelona 2016.
88
Jorge Luengo
Spain. While corruption has always been present in one form or another in modern Spain, the number of political scandals increased markedly during this period.4 The phenomenon reflects the process of transformation of political culture that opened up new forms of representation in modern Spanish politics.5 The vigorous debates provoked by the 1910 scandals are useful in illuminating two key issues at the centre of the transformation of the political culture in early twentieth-century Spain. The first is the change in how political practices themselves were perceived following the fin de siècle crisis. The second is the extent to which the responsibilities associated with holding public office reflected the reformed relationship between politics and the public sphere. In the context of this political and cultural transformation, the manner in which political scandals were handled differed markedly from previous historical periods.6 Analysing the representations of political scandals during periods of change is therefore particularly relevant. I argue that reactions to corruption at the local and the national levels differ. Differences existed not only in terms of the costs of corrupt practices and the perpetrators’ explanations, but also in the way the corrupt practices themselves were defined. In showing this, I highlight the links between different administrative spaces – the town council and the city, on the one hand, and the national Parliament and the state on the other – and compare the reactions to political scandals in both environments. For this I look at two scandals in 1910 Barcelona that reverberated beyond local boundaries. The first involved a water supply project and the second the award of a municipal contract for the supply of plaster, cement, and lime to be used in construction. These scandals provide good case studies for the examination of the transformation of the relationship between politics and the public sphere in early twentiethcentury Spain. In the analysis I will focus on coverage from the republican paper El Diluvio, which gave extensive attention to the scandals of the Barcelona town council in 1910. I will also look at accounts from other local papers, such as La Vanguardia and La Veu de Catalunya, as well as the proceedings of the national Parliament. In a first place, I will draw a general framework of the Spanish and Catalan politics of the period in order to contextualize my case studies. Second, I will focus the analysis on the representation of political scandals that hit Barcelona during the
4
5 6
Víctor Pérez Díaz, The Return of Civil Society: The Emergence of Democratic Spain, Cambridge 1993, p. 127; Paul Heywood, Continuity and Change: Analysing Political Corruption in Modern Spain, in: Walter Little / Eduardo Posada-Carbó (eds.), Political Corruption in Europe and Latin America, Basingstoke/New York 1996, p. 118. Pol Dalmau, Fighting Against Corruption. Newspapers and Public Morality in Modern Spain, in: Dard/Engels/Fahrmeir/Monier, Scandales et corruption (cf. n. 2), pp. 42–44. Walter Little / Eduardo Posadá-Carbó, Introduction, in: Little/Posadá-Carbó (eds.), Political Corruption (cf. n. 3), p. 3 f.; Jens Ivo Engels, Die Geschichte der Korruption. Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, Munich 2014, Ch. 8; Frédéric Monier, “Mais la véritable corruption n’existe plus”. Les patronages à l’ère de la critique, in: Frédéric Monier / Olivier Dard / Jens Ivo Engels (eds.), Patronage et corruption politiques dans l’Europe contemporaine, Paris 2014, pp. 13–32.
Defining Corruption in Modern Spain
89
last months of 1910. Lastly, I will reflect on the links between the local and the national spheres. THE POLITICAL SITUATION IN BARCELONA AT THE TURN OF THE CENTURY The transformation of the political system in fin de siècle Spain led to a greater sense of public accountability for holders of public office. The press, politicians from rival parties and even party comrades began to scrutinize the actions of those in political positions of power. Indeed, the turn of the century marked a cornerstone in the development of the Spanish civil society and the mechanics of the liberal system. The system of alternation between the two main political parties – the conservatives and the liberals – that was established in 1885 by the Pardo Pact of Antonio Cánovas del Castillo and Práxedes Mateo Sagasta to minimize political instability started to collapse following the crisis brought about by the 1898 defeat in the Spanish-American War. In addition, it became more difficult to rig elections.7 Political and public debates attracted greater attention and, as a result, political scandals were instrumentalized in order to attack political rivals. Scandals thus played an important role in mobilizing the vote, so much so that they attained the potential to influence political practices. In the Spanish case, debates over corruption and the scandals gathered momentum as mass politics came into being. In the years after the 1890s, once universal masculine suffrage was declared, the relationship between the political elite and the public opinion entered a new phase. On the one hand, the process of nationalization brought more sectors of society into the body politic. This meant the framework in which politics played out grew larger. On the other hand, and in relation to the increased framework for political action, the 1898 crisis involved a deeply cultural element in which the meaning of the nation became central. In the context of growing political participation following the loss of the colonies, criticism of the political system spread throughout the country.8 The movement known as Regenerationism, for example, articulated a discourse that emphasized the weakness of the Spanish nation and the stagnation of its political system. This criticism contributed to the emergence of political alternatives to liberal parties, such as republicanism and socialism. At the same time, the country’s main towns and cities experienced constant anarchist attacks.9 Barcelona represented a particularly bright ‘star’ in this constellation. Barcelona was one of the cities that suffered most from the loss of Spain’s overseas col7 8 9
Javier Moreno Luzón, Political Clientelism, Elites, and Caciquismo in Restoration Spain (1875–1923), in: European History Quarterly 37–3 (2007), pp. 417–441. In this vein, see the various contributions in Juan Pan-Montojo (ed.), Más se perdió en Cuba, Madrid 2006. Sebastian Balfour, The End of the Spanish Empire, 1898–1923, Oxford 1997, Ch. 3; Joaquín Romero Maura, La rosa de fuego. El obrerismo barcelonés de 1899 a 1909, Madrid 1989.
90
Jorge Luengo
onies in 1898, the last remnants of its empire that had spanned the globe. The combination of colonial losses, industrialization, and the emergence of political regionalism led to a remapping of the city’s political geography.10 First, regionalist political parties emerged at the turn of the century, for instance, the Catalan Lliga Regionalista in 1901. It was also in Barcelona that the arrangement for the alternation of liberal parties in power first came apart. The regionalist politician Bartomeu Robert first became the mayor of Barcelona and then an MP, and the Republican politician Alejandro Lerroux obtained his first parliamentary seat in 1901. In the 1906 elections, Catalanists, who competed as part of a broad coalition under the name Solidaritat Catalana, managed to send 41 – out of the 44 representatives that corresponded to Catalonia – to the national Spanish Parliament.11 Moreover, it was in Barcelona that the army broke with a long-standing practice of distancing itself from civilian issues by attacking the offices of Cu-Cut, a newspaper that mocked the military in a satiric cartoon, in 1905. Many major social conflicts, such as the so-called Tragic Week in the summer 1909, occurred during these years.12 This was the situation in which left-wing politicians were able to surpass both liberals and Catalanists in Barcelona’s municipal elections of December 1909. The Radical Republican Party, a new party led by Alejandro Lerroux, obtained an absolute majority in the Barcelona town council.13 Similarly, left-wing political movements were also gaining ground in other Spanish towns. One year later, in 1910, a coalition of Republicans and Socialists – that included Gumersindo de Azcárate, Alejandro Lerroux, and Pablo Iglesias – obtained eight seats in the national Parliament under a coalition called Conjunción Republicano-Socialista.14
10 11 12 13 14
Angel Smith, Anarchism, Revolution, and Reaction. Catalan Labour and the Crisis of the Spanish State, 1898–1923, New York 2007. Borja de Riquer, Escolta, Espanya: la cuestión catalana en la época liberal, Madrid 2001, p. 212; Gemma Rubí / Francesc Espinet (eds.), Solidaritat catalana i Espanya: 1905–1909, Barcelona 2008. A general context in the still useful Joan Connelly Ullman, The Tragic Week: A Study of Anticlericalism in Spain, 1875–1912, Cambridge 1968; see also Antonio Moliner (ed.), La Semana Trágica de Cataluña, Alella 2009. Jesús Pabón, Cambó 1876–1918, Barcelona 1952, p. 367. Antonio Robles Egea, Formación de la Conjuncion Republicano-Socialista de 1909, in: Revista de Estudios Políticos 29 (1982), pp. 145–162; Antonio Robles Egea, La Conjunción Republicano-Socialista: una síntesis de liberalismo y socialismo, in: Ayer 54 (2004), pp. 97–127; Octavio Ruiz Manjón, El Partido Republicano Radical, Madrid 1976, pp. 88–89. For a description of republican parties in Barcelona in that period, see Santiago Izquierdo Ballester / Maria Gemma Rubí i Casals (eds.), Els orígens del republicanisme nacionalista: el Centre Nacionalista Republicà a Catalunya (1906–1910), Barcelona 2009.
Defining Corruption in Modern Spain
91
DEFINING CORRUPTION Regionalists and Republicans completely reshaped the political map of Barcelona during the first decade of the twentieth century.15 In the new political context, once Republicans gained an absolute majority in Barcelona in the 1909 municipal elections, political scandals started to surface. The Republican newspaper El Diluvio (“The Flood”) was especially active in uncovering several scandals regarding public administration by the party in power, the Radical Republican Party, or the Radicals. Among them, two scandals stood out. The first was a water supply project. Barcelona lacked a convenient source of water and every project to remedy the problem had failed for decades. The Radical councilmen proposed a project that would bring water to Barcelona from nearby El Vallès. Part of the plan of these Radical politicians involved paying a significant amount of the projected cost – 63 million pesetas – to a broker previously convicted of fraud in advance and without any guarantee or safeguards to ensure the project would be fully carried out.16 The second scandal arose from the grant of a monopoly of the supply of plaster, cement, and lime for municipal construction. The company that benefited from the exclusive concession had links to the Radicals, but lacked any previous experience in this field of work, which led to protests and complaints from construction workers.17 These two cases of corruption, along with other scandals involving minor awards, incited a press campaign – especially in El Diluvio – decrying irregular administrative practices that benefited Radical councilmen. Political rivals and, in particular, fellow Republicans – who represented different factions of republicanism in Barcelona than the Lerrouxian party – reacted against these irregular administrative practices; yet, there was no normative concept in terms of which the reaction was articulated. The concept of corruption was scarcely used. For instance, in La Vanguardia, one of the most important bourgeois newspapers of Barcelona, the term corruption appeared only three times during December 1910, at the peak of the controversy over these scandals, and in none of these instances was the term used in reference to them. Instead, at the height of the political scandals, the term immorality appeared repeatedly in December 1910. Likewise, the Catalanist newspaper La Veu de Catalunya did not use the term corruption, and immorality was also scarcely used; its journalists preferring to describe the behaviour of the Radicals as abuse. El Diluvio, however, regularly employed an alternative term when covering these affairs. The concept they chose was chanchullo (Spanish for scam or con). The term in Spanish, like its English counterparts, was actually more commonly 15 16 17
Serrano, La España de Alfonso XIII, p. 175 (cf. n. 2); Cèlia Canellas / Rosa Toran, El personal polític de l’ajuntament de Barcelona (1877–1923), Barcelona 1996, p. 72. Manel Martín Pascual, Barcelona: aigua i ciutat. L’abastament d’aigua entre les dues Exposicions (1888–1929), Barcelona 2009, pp. 228–236. Culla i Clarà, El republicanisme lerrouxista a Catalunya, pp. 239.240 (cf. n. 2); Álvarez Junco, El Emperador del Paralelo, pp. 422–423 (cf. n. 2); Ruiz Manjón, El Partido Republicano Radical, pp. 91–92 (cf. n. 14).
92
Jorge Luengo
used in slang than in the formal prose of journalism to refer to deceitful, fraudulent business practices utilized for personal gain. While El Diluvio also defined the Barcelona Radicals’ practices as instances of immorality, chanchullo appeared with more frequency. Likewise, references to ‘business’ (los negocios), were also made to describe in pejorative manner the illicit practices of local Radicals. On 11 November 1910, El Diluvio began its reporting on the water supply affair under the headline, Los negocios del lerrouxismo (“The business of Lerrouxism”) in a series of 23 articles that went on until the end of the year, appearing almost daily. This pejorative reference to administrative practices regarding local issues using the term negocios was strategically combined with the repetitive use of the term chanchullo as another key descriptor in their articles. For instance, in one article of this paper it was said that “Lerrouxism exploits Barcelona through a number of businesses and scams that have no name.”18 The water and cement scandals were defined as an “agreement-swindle,” a “robbery”, and an “administrative piece of mischief”.19 Irregular administrative practices, as can be seen by the lack of lexical consensus among the city’s main newspapers, lacked a clear definition under a normative concept. This newspaper’s aggressive campaign against the Radicals called for a union of all the political forces of the town in the interest of saving local finances. The call from El Diluvio was to end “so much scandal, so much scam, and so much endless tissue of administrative immoralities.”20 “Down with the scams!” they demanded in another article.21 From El Diluvio, the term chanchullo spread, becoming a popular, central term for defining the political activity of the Radicals. A 17 November 1910 article with the headline “The scams continue” evoked a number of administrative scandals in what the paper called “scam week”.22 Furthermore, the way of referring to radical politicians became as interesting as the terms the papers chose for defining bad administrative practices. If Radicals were sometimes referred to in the pages of El Diluvio as “bad administrators of public goods”, they were also often given a nickname, la colla de la gana (“the Hunger Gang”).23 This choice of words likened Radicals to unemployed people without a future beyond the public offices they held, to people “without a penny to one’s name.” For this particular Republican newspaper, the Radicals’ administrative practices were equivalent to the practices that characterized the political system following the Restoration of the Bourbons. These Republicans complained that the taxes were not invested in promoting national wealth, railing that they were spent instead on “staff recruitment and maintenance of parasites and cheaters who supported the very same scheme as that of the
18 19 20 21 22 23
El Diluvio, 7.12.1910, p. 12. El Diluvio, 10.12.1910, p. 12 f. El Diluvio, 18.12.1910, p. 11. El Diluvio, 10.12.1910, p. 12. El Diluvio, 17.11.1910, p. 8. El Diluvio, 11.12.1910, pp. 13, 15.
Defining Corruption in Modern Spain
93
Restoration.”24 Radical councilmen were accused of living off municipal funds and of making a comfortable living by profiting from public offices.25 This informal, local way of describing corruption eventually came into contact with transnational trends. Some of the illicit practices taking place at the Barcelonan town council were picked up by the international press. The local press translated these articles and in so doing incorporated alternative ways of defining corruption.26 For instance, the reference to Panama emerged as a transplant from a French case recalling the famous corruption affair regarding the construction of the Panama Canal. A translation of an article published in the French radical paper L’Humanité, headed by Jean Jaurès, into both Catalan and Spanish in La Veu de Catalunya and El Diluvio showed how concepts and receptions of practices of corruption circulated among countries.27 Indeed, the allusion to Panama appeared on other occasions as well in La Veu de Catalunya.28 LINKING THE TOWN WITH THE PARLIAMENT The international resonance of the Barcelona Radicals’ political scandals was related to the impact the scandals had in Madrid. Worry over state and local finances in Barcelona led this issue to be raised in the Spanish Parliament. From Barcelona, the Radicals’ opponents argued that these businesses would force the city into bankruptcy. Such economic arguments frequently appeared in the pages of El Diluvio: the loan for these projects could “sink Barcelona forever” and would bring the city to ruin and bankruptcy by seriously compromising the city’s ability to obtain credit in the future.29 Opponents even argued that the approval of the municipal budget would “ruin the local community and starve the poor.”30 El Diluvio accused Radicals of “getting rich at the expense of the public fortune of Barcelona.”31 These economic concerns and the consequences of the Radicals’ establishing a new clientelist network mobilized some sectors of the civil society. For instance, the Construction Trade Federation and the Union of plaster, cement, and lime both organized protests and demonstrations and contacted politicians and authorities in Barcelona and beyond. Letters and telegrams were sent out to representatives in the
24 25 26 27 28 29 30 31
El Diluvio, 4.12.1910, p. 12. [orig.:“se gastan en personal y en el mantenimiento de parásitos y tahures que prestan su apoyo a la tramoya restauradora”]. El Diluvio, 7.12.1910, p. 14; 11.12.1910, p. 9. For instance, one article of La Dépêche de Toulouse was translated in El Diluvio, 17.12.1910, p. 12. El Diluvio, 26.12.1910, p. 7; La Veu de Catalunya, 28.12.1910, p. 3; the French original appeared in L’Humanité, 22.12.1910, p. 2. La Veu de Catalunya, 20.12.1910, p. 1; 27.12.1910, p. 1. El Diluvio, 3.12.1910, p. 9; 4.12.1910, p. 10; 11.12.1910, p. 9; 17.12.1910, p. 12. In the same vein, La Veu de Catalunya, 9.12.1910, p. 1. El Diluvio, 16.12.1910, p. 10. El Diluvio, 18.12.1910, p. 9.
94
Jorge Luengo
Spanish Parliament in order to attract attention and request assistance in opposing the municipal policies of the radicals. The mayor of Barcelona constituted the first bridge between the local and national administrations. In 1910, Salvador Samá, marquis of Marianao, had recently been appointed by the government. He alleged illness throughout the discussions on corruption that took place at the town council in order to avoid involvement in the debates, for one of his cousins was benefiting from the water supply project. The accusations in El Diluvio relative to this arrangement began as soon as the paper began looking into the scandals.32 The main link between the local and national spheres, however, were the discussions of these scandals instigated by Catalan nationalists MPs in the national Parliament.33 On 6 December 1910, MP Jaume Carner (Unió Federal Nacionalista Republicana) presented the affair of the construction material concessions to Parliament requesting explanations from the Radicals’ leader, Alejandro Lerroux. A few days later, another Catalan MP, Joan Ventosa (Lliga Regionalista), recorded a parliamentary motion questioning the Barcelona water supply project. These administrative scandals were discussed in Parliament where Lerroux could not ignore them. His first reaction was to say: “I will intervene when deemed appropriate.”34 Carner and Ventosa heartily criticized the irregularities of the town council of Barcelona, energetically demanding further explanation. For Ventosa, the water supply affair was “particularly acute since it is not a municipal issue, but a national one due to the amount of money as well as to the serious, anomalous circumstances that concur […]; it is an issue of extraordinary magnitude and importance.”35 He described the affair as “scandalous immorality” and continued the definition by arguing that “in the dictionary, this has two names […]: ineptitude or immorality.”36 Moreover, Ventosa defined the water supply business as an “inconceivable, unheard subversion of the principles governing the recruitment of public services.”37 Lastly, the MP claimed to have fulfilled his duty by dealing with, as he called it, “this instructive specimen of the Radical administration” and reproaching the Prime Minister Canalejas, who supported Lerroux, for “these winds of immorality which seemed to be banished forever.”38 Ventosa argued that these affairs were an issue of “public decency and national hygiene.”39 Again, the term corruption did not appear in defining these issues. Indeed, Canalejas responded to accusations of immorality by reminding all that “immorality is a moving word for everyone who listens to it” and making it clear that his administration did not tolerate it at all.40 However, it was not Canalejas, but Lerroux who 32 33 34 35 36 37 38 39 40
El Diluvio, 1.12.1910, p. 8. For the water supply affair, see Pascual, Barcelona: aigua I ciutat (cf. n. 15), pp. 236–242. Parliamentary Proceedings, 6.12.1910, p. 2704. Parliamentary Proceedings, 12.12.1910, p. 2850. Parliamentary Proceedings, 15.12.1910, p. 2998. Ibid. Ibid., p. 2999. Parliamentary Proceedings, 19.12.1910, p. 3098 f. Ibid.
Defining Corruption in Modern Spain
95
had to defend himself from the accusations of the Catalanist MPs. Lerroux, however, considered these affairs as little more than a trifle. He argued that “these things, depending on the aspect they are given and the way they are looked at, are more or less criminal.”41 A year earlier, in 1909, affairs regarding the illicit businesses of the Spanish conservative politician Antonio Maura had been splashed across newspapers. As in this case, accusations of immorality and attempts to mobilize the masses were the weapons launched by the press and rival MPs.42 Yet the accusations affected the honour of these actors. The accusation of immorality brought Maura to tears on another occasion.43 Crowds booed Lerroux at the Bilbao train station, at his hotel, and at the subsequent speech he gave in that town.44 Likewise, these scandals provoked conflicts and insults among parliamentary members. The tension between Emiliano Iglesias, a Radical MP, and Laureano Miró, a Catalan nationalist one, went so far that the Parliament’s President prevented them from leaving the building and convened a meeting with four other MPs as representatives for Miró and Iglesias in order to resolve the incident and avoid a duel.45 Behind the dispute were certain words that MP Miró directed towards Lerroux in his parliamentary speech, which Emiliano Iglesias considered to be both improper and an attack on the honour of his party leader. In any case, none of these actors could make Lerroux pay a price for these scandals. Lerroux’s coalition of allies in Parliament, however, the ones with whom he had signed the republican-socialist agreement, were in a position to hold Lerroux responsible for the scandals that occurred within his ranks. Neither Gumersindo de Azcárate nor Pablo Iglesias participated in the parliamentary debates over supply of water and construction materials, but they carefully monitored Lerroux’s explanations. And they did not find these explanations convincing. Azcárate stated that he was not convinced by Lerroux’s declarations regarding the scandals and Pablo Iglesias curtly observed that he had no doubt that the arrangements for water supply and construction materials were “two bad acts of municipal administration.”46 These reactions not only shocked other MPs, they had practical implications. The main consequence was the exclusion of the Radicals from the Republican-Socialist agreement.47 In an article published a few days later in El Socialista, the official newspaper of the Spanish Socialist Party, Pablo Iglesias
41 42 43 44 45 46 47
Ibid., p. 3031 f. In the same vein, see Stephan Ruderer, The Anglo-Argentine Scandal Surrounding the Privatisation of Buenos Aires Sanitary Works between 1888–1891, in: Dard/Engels/Fahrmeir/Monier, Scandales et corruption (cf. n. 2), pp. 66–79. Rafael Pérez Delgado, Antonio Maura, Madrid 1974, pp. 565–567; Duque de Maura / Melchor Fernández Almagro, Por qué cayó Alfonso XIII, Madrid 1948, p. 155. Ibid. Alejando Lerroux, Mis memorias, Madrid 1963, p. 364 f. El Diluvio, 20.12.1910, p. 37 f. Parliamentary Proceedings, 20.12.1910, p. 3142. Lerroux’s version in Lerroux, Memorias, pp. 363 f. and 556 (cf. n. 44). Culla i Clarà, El republicanism lerrouxista, pp. 236–238 (cf. n. 2); Álvarez Junco, Emergence of Mass Politics, p. 164 (cf. n. 2).
96
Jorge Luengo
emphasized the integrity of everyone in the party ranks and the necessity of expelling anyone whose behaviour was not exemplary.48 One thing that is striking about these reactions to the administrative irregularities is the lack of legal action at either the local or national level. These cases of corruption were not brought to court. Such illicit administrative practices were therefore not considered a felony. Criticism remained essentially moral, denouncing unethical behaviour in the administration of public goods, but legal proceedings were never initiated, at least not in these cases. The fact that the two deputies who brought the discussion of these scandals to the Parliament (Carner and Ventosa) were lawyers makes the lack of a legal response to the discussions on water and construction supplies even more relevant. Moral, not legal reproach, hence, lay at the core of the charges. The consequences of these scandals were likewise political, not legal. CONCLUDING REMARKS Those, such as Azcárate and Iglesias, who claimed a leading role in the regeneration of the political system and who became archetypes of integrity in the running of politics could not accept that illicit administrative practices were permitted or promoted within their ranks. Furthermore, because of these corruption cases, Lerroux lost a significant number of votes in Barcelona. In the following municipal elections, power returned to the Catalan nationalist parties. This represents further evidence of what previous studies have already indicated; namely, that the scandals were instrumentalized for political goals.49 The establishment of a moral code for public behaviour set a pattern for the articulation of standards for political practices; indeed, a moralist or moralizing discourse is at the centre of the criticism against corruption. As C. Wright Mills stated, “political corruption is one aspect of a more general immorality.”50 These scandals had local and national dimensions. At both levels, the capacity of scandals for mobilization and impact became apparent. Scandals offered important potential for both mobilizing civil society and compromising politicians’ honour. Moreover, at neither of these levels was the term corruption used for referring to illicit administrative practices. Instead, immoral behaviour became the most accepted concept for them. However, one difference does emerge in the analysis of the two spaces. While references to immorality constantly came up in both the Spanish Parliament and the local press, more informal language was used to describe these practices in the local press. In the Republican newspaper El Diluvio, the media outlet most actively denouncing these scandals, the term chanchullo be48 49 50
El Socialista, 30.12.1910, p. 3. Serrano, La España de Alfonso XIII, pp. 146–149 (cf. n. 2); Dalmau, Fighting Against Corruption; Jens Ivo Engels, Corruption as a Political Issue in Modern Societies: France, Great Britain and the United States in the Long 19th Century, in: Public Voices X-2 (2008), pp. 68–86. C. Wright Mills, The Power Elite, New York 2000, p. 343.
Defining Corruption in Modern Spain
97
came the most common. The use of this word could reflect a strategy aiming to draw support from lower classes in political debates. The risks of such illicit administrative behaviour for the municipal treasury and concomitant disqualification of the Radicals was coupled with references to the moral behaviour required of those holding public office. Indeed, one of the central critiques concerned the Republican profile of the Radicals. Republicanism implied breaking up the old patterns of running liberal politics involving clientelism and caciquismo. Voters, rival politicians, and ideological allies all rejected the quest of personal gain through public goods and institutions as part of the process of transformation of liberal politics that took place in Spain during the first decades of the twentieth century. The changing political and social context of fin de siècle Spain gave the moralist criticism of politics a new dimension. The moralist argument remained at the core of criticism of politics in the public discourse of this period, but the new political and social context transformed the meaning and consequences of practicing political corruption. The implementation of democratic mechanisms and controls, the expansion of the civil society, and the new forms of political culture – with the emergence of mass media and politics at a moment when national identity and self-assertion were being rethought – made new fields of representative politics susceptible to scandals during the early decades of twentieth century Spain.
THE FIGHT AGAINST CORRUPTION AND THE NEW POLITICS IN URBAN SPAIN (1890–1923) Gemma Rubí Discourses in Spain against political corruption helped shake the foundations of Spain’s Bourbon Restoration that existed from 1890 to 1923. Patronage and clientelistic relations – based on shared interests, family or community – had served the political articulation of the Spanish nation state since the origins of the liberal system. The discourses and campaigns against the cacique system did not destroy the regime but did transform urban political life and were behind important changes in political alliances. These are the issues that will be examined in what follows, as we focus on the role of corruption and opposition to it as a catalyst for political change. We look at the local level, appendages of the political game, a social complex that incorporated not only ordinary people but also their relationships with ‘those above that are below’, the social, economic and political leaders that formed part of local political spaces. Our perspective intends to enrich the traditional ‘history from below’ based on a conception of more complex and inclusive political connections and ultimately centres on three case studies: Madrid, Granada, and the Catalan city, Igualada. This was a time of a shift from the old politics, controlled by liberal elites, to a new politics defined by values of plurality and competition proper to mass politics. This process was possible thanks to a substantial transformation of clientelistic politics and an increase in electoral corruption. In the course of this shift the local question ultimately acquired national political importance. All of this took place while the regime timidly developed modernizing policies and acted hesitantly in the face of electoral corruption. All reflections on this nexus between politics and corruption in Spain at this time must start from the turn of the century regenerationist discourse to highlight the deficit in municipal political representation. Logically, this also requires reflection on the importance of studying the conceptual connections between caciquism, clientelism, and corruption in the local sphere. Finally, it involves defining the features of an explanatory model of the local political change and patronage experienced between 1890 and 1923 and in this regard assessing the contribution that the relentless campaign against caciquism made. CACIQUISM, POLITICAL CLIENTELISM, AND CORRUPTION The control exercised by central governments and their regional delegates over municipal governments subordinated clientelistic relations, which were expressed through favours and recommendations, to governmental caciquism. For this reason
100
Gemma Rubí
we cannot automatically identify caciquism with clientelistic politics, because government intervention in the conduct of the elections was systematized from the middle of the 19th century onward, and as a consequence was a primordial element in the functioning of the liberal Spanish state. However, it was during the Restoration when it reached its peak, which we place between 1876 and 1898; in turn, it was during the first decades of the 20th century when the caciquist governing structure entered a crisis.1 As a consequence, studying caciquism means analysing the power relations established between the different levels of central government and local government. Since the 1990s, the historiography of the Restoration has tried to overcome the stereotype of Spanish backwardness in comparison to liberal Europe without sufficiently taking into account singularities of the Spanish process of the transition from liberalism to democracy.2 Studying these singularities obliges us to analyse local government and its insertion in the political framework of the state. The local sphere becomes the privileged vantage point from which to contemplate changes in the wielding of political power, in the uses of clientelistic relations as techniques of power as well as the contribution of perceptions of political corruption as the setting for these changes. However, it must not be forgotten that the local framework constituted the first level of citizens’ political socialization within a very atomized political life.3 Caciquism as a systemic factor was supported by a specific conception of the hegemonic political culture that not only considered the majority of the population as unqualified for political life, but the regions (and their social and political interests) as well. Deficits in representation also affected municipalities. Often, local politicians were simply the puppets of local elites who were in turn subordinate to the interests of the state to which they would either submit passively or with which they would seek to negotiate. To the extent that local elites sought political influence in government ministries, they maintained their social influence in the local community by collecting gifts and favours for the entire local population regardless of membership in their client network, thus enhancing their own private interests. Election periods became the public setting in which the political legitimacy of competing political groups was tested. The Foucauldian metaphor of power not as a singular attribute but as something that flows and is unequally shared is particularly apt in describing this situation. Despite the stigma of accusations of corruption and the appearance of protests the ability to commit acts of corruption was, paradoxically, synonymous with the possession of the resources of power as was the 1 2
3
José Varela, El poder de la influencia. Geografía del caciquismo en España (1875–1923), Madrid 2001. Javier Moreno, Modernizing the Nation. Spain during the Reign of Alfonso XIII, 1902–1931, Brighton 2012; Francisco Romero-Salvadó / Angel Smith (eds.), The Agony of Spanish Liberalism: from revolution to dictatorship, Basingstoke, Hampshire 2010; Sebastian Balfour, The End of the Spanish Empire, Oxford 1997; Angel Smith, The rise and fall of “respectable” Spanish liberalism, 1808–1923, in: Journal of Iberian and Latin American Studies 1 (2016), pp. 55– 73. Particularly suggestive is the dossier by Pedro Carasa, El girolocal, in: Alcores 3 (2007), pp. 13–35.
The Fight Against Corruption and the New Politics in Urban Spain (1890–1923)
101
possibility of procuring a judicial sentence regarding the validity of electoral results. For example, the legal complaints analysed by Josep Noguera regarding electoral fraud in Berga (Barcelona) reveal the desire to not only repair the honour offended by coercion, intimidation and even physical aggression, but also to gain public legitimacy.4 Elections were an authentic symbolic struggle for power and corrupt practices were a technique of power like any other, accepted to an extent as part of the cultural hegemony of the political liberalism of the Restoration. In late nineteenth-century political language, caciquism was literally identified with abuse of power and corruption. It is symptomatic that this word does not appear in the dictionary of Spain’s Royal Language Academy until 1883 even though it had been in use for years.5 Repeated electoral corruption served to integrate local communities within the national political framework, although in a tense and contradictory manner. This was the cost agreed upon by central elites because they benefited when fraud was not extreme, although excessive fraud could be harmful because it generated public criticism from rival politicians.6 In short, we must consider on the one hand, the practices of governmental interference in local politics that began with manipulation of suffrage, and on the other, the benefits that local elites obtained from the monopoly of power they exercised with their control over the public resources that their position as intermediaries with the central government facilitated. These practices included the distribution of public positions among their clients, many of whom did not even carry out the work they were assigned, the granting of lifetime pensions to supporters, exempting political friends from paying taxes or reducing the amounts to be paid in taxes or in compensation for services rendered, and benefiting relations and supporters in the expropriation of property. Much more blatant was the direct award of municipal funds for the benefit of the mayor and his followers, for example, the use of funds for the construction of local roads to improve communication from caciques’ properties. The cacique obtained his influence from his intervention in the encasillado (a process of prearranged designation of candidates to be placed on electoral lists). Despite the reintroduction of universal male suffrage thanks to an 1890 law, the use of this mechanism continued even when difficulties increased with the extension of the vote to men over 25 years of age. Through this mechanism, in which three essential actors intervened – the minister of the central government, the civil governor and local leaders of the dynastic parties –, the government was able to introduce its so-called official or ministerial candidates in the electoral districts. The objective
4 5 6
Josep Noguera, Industrialització i caciquisme al Berguedà, 1868–1907; unpublished doctoral thesis, defended at the University of Barcelona in December 2013. Juan Pro, La cultura du caciquisme espagnol à l’époque de la construction nationale (1833– 1898), in: Mélanges de l’École française de Rome 2 (2004), pp. 605–635. Gemma Rubí, La représentation de la corruption. L’Espagne dans la construction du libéralisme politique (1840–1868), in: Frédéric Monier / Jens Ivo Engels / Olivier Dard / Andreas Farhmeir (eds.), Scandales et corruption à l’époque contemporaine, Paris 2014, pp. 165–180.
102
Gemma Rubí
was to obtain a secure majority in the future parliament that would permit the government to govern comfortably. In all elections the mayor was the president of the municipal census board and therefore had the opportunity to manipulate the list of voters, including friends or even the deceased and non-residents, and excluding opponents. From this position he could monitor polling places, making sure officials were favourable to government candidates. In this way he obtained control over the polling places and with this the vote count including the possibility of introducing previously completed ballots. Electoral corruption was common and ranged from openly purchasing votes at the entrance of polling stations or in a more furtive or clandestine manner at local taverns, to coercion and bribery to impede voting or the participation of an opposition candidate in the elections. The 1907 electoral law removed the mayor from the work of preparing the electoral census and delegated it to a state body, the National Geographic Institute. We know all the details of the manoeuvres carried out to manipulate the will of the voters, including a recent electoral analysis of the Philippines.7 We have confirmed that there was an increase in electoral corruption in the majority of urban areas starting in 1900, an increase that was also accompanied by a decline in governmental fraud although not by its disappearance. What remains to be studied in depth is not the existence and density of these corrupt practices, but their functionality in the liberal political regime, particularly, when it entered into decline during the first decades of the 20th century in all of Europe. In other words, how did the emergence of mass politics change them? In what way were they a part of the strategies of elites or caciques in their adaptation to a scenario characterized by a growing competitiveness and participation in elections? THE RE-CONVERSION OF POLITICAL CLIENTELISM IN AN ERA OF GROWING DENUNCIATIONS OF CACIQUISM Through the examples we provide in what follows we will have the opportunity to show how the fight against caciquism became the main driving force behind the demand for representation among conflicting interests at the municipal level at the turn of the century. Certain interests were defended by segments of local elites controlling municipal public services, while other emerging sectors were demanding representation in local government. Thus, for example, the monopoly in providing electricity in the city of Manresa on the part of the manufacturing sector, an ally of the dynastic conservative party, was disputed by other sectors of the elite who used public invective, comparing the electric company with an ‘electricized cacique’ 7
Juan Antonio Inarejos, La influencia moral en Asia. Práctica política y corrupción electoral en Filipinas durante la dominación colonial española, in: Anuario de estudios americanos 69 (2012), pp. 199–224.
The Fight Against Corruption and the New Politics in Urban Spain (1890–1923)
103
when criticizing its abusive monopoly. In the city of Tarrega, an anti-cacique coalition formed against its ‘natural’ cacique who had controlled the distribution of water and electricity in the city for years.8 While the caciquist mechanism of controlling electoral lists fell apart, clientelistic relations were modernized to serve political parties and their machinery in recruiting votes. This new clientelism rested on new premises that we have established in other studies on Catalonian cities in the period of transition from the old politics to a new politics. In this shift, clientelism not only persisted but changed its nature. It not only attempted to seduce those elites willing to collaborate in the dynastic rotation, but the masses themselves gradually organized in associations that defended their interests. Thus, a new type of clientelism emerged that had to satisfy those agents that had social power, not only rural property owners, manufacturers and clergy, but also those representing working class interests, small manufacturers, merchants, shop clerks, and members of trades among others.9 This was a clientelism that developed alongside of the use of favours and the distribution of public positions among members of the recently created mass parties: Lerrouxist republicans in Barcelona and Blasquist republicans in Valencia.10 This was similar to the existing patronage by the radical party in France.11 There was a shift from the cacique and his friends to the party as mass organization and its members. This clientelistic structure can be compared to what Jens Ivo Engels refers to as organizational clientelism.12 Basically, in the cities we find an intensification of electoral corruption which took the form of the purchase of votes, the fraudulent application of article 29 of the 1907 electoral law, which stifled the representation of districts by proclaiming as deputies candidates who faced no opposition (approximately 25 per cent of deputies between 1910 and 1923), and the relentless persecution of opposition candidates. 8 9
10 11 12
Joaquim Capdevila, Tàrrega, 1898–1923. Societat, polític, cultura i imaginari, Barcelona 2008; Gemma Rubí, El caciquisme i el despertar de la societat de masses. Manresa, 1875–1901, Manresa 2005. Gemma Rubí, El caciquismo político en la Catalunya de la Restauración. El caso de Manresa (1875–1923), in: Spagna Contemporanea 30 (2006), pp. 27–48; Gemma Rubí, Caciquisme et changement politique dans les villes catalanes: le cas de Manresa sous la Restauration (1875– 1923), in: Bulletin d’Histoire contemporaine de l’Espagne 45 (2011), pp. 43–66; Gemma Rubí, Clientélisme, corruption et mobilisation électorale dans l’Espagne contemporaine, in: Siècles. Revue du Centre d’Histoire ‘Espaces et Cultures’ 38 (2013), see http://siecles.revues.org/2362 (last access 03.11.2016). Joan B. Culla, El republicanisme lerrouxista a Catalunya, 1901–1923, Barcelona 1986; Ramir Reig, Blasquistas y clericales: la lucha por la ciudad en la Valencia de 1900, Valencia 1986. Serge Berstein, Histoire du Parti Radical, 2 vol., Paris 1980/1982. Jens Ivo Engels, La modernisation du clientélisme politique dans l’Europe du XIX et XX siècles. L’impact du capitalisme et des nouvelles formes d’organisation politique, in: Frédéric Monier / Olivier Dard / Jens-Ivo Engels (eds.), Patronage et corruption dans l’Europe contemporaine. Les coulisses de la politique à l’époque contemporaine, Paris 2014; Simona Piattoni (ed.), Clientelism, Interests, and Democratic Representation. The European Experience in Historical and Comparative Perspective, Cambridge 2001.
104
Gemma Rubí
Starting in 1900, as the dynastic parties fragmented, the mechanism of ‘encasillado’ – the designation of candidates – was much more difficult to carry out.13 A second factor that advanced the erosion of the dynastic pact was the growing political influence of republican candidates and candidates of the workers’ movements in the major cities. Both these factors led to a trend that could be seen from 1914: the creation of electoral districts with strong local roots tenaciously controlled by the deputies themselves. We must first highlight those regions where opposition parties, based on campaigns of attrition and harassment aimed at dynastic parties and their ties to corruption, managed to supplant them, such as in Catalonia, the Basque Country, Navarre, as well as in certain cities such as Madrid and Valencia. Secondly, there were provincial capitals and urban cores where the use of ‘el encasillado’ in support of alternating between different dynastic factions was limited, although this did not lead to the disappearance of the hegemony of the rotating dynastic parties. And lastly, there were rural areas characterized by a certain political immobility that served the interests of governmental caciquism until 1923. The regions where ‘el encasillado’ completely disappeared were areas of early politicization, mobilized by the regenerationist discourse that developed in response to the crisis of 1898. These changes were consolidated between 1901 and 1907 in the case of Catalonia, and between 1910 – when Republicans and dynastic liberals allied in national politics – and 1913 when the rotation of dynastic parties reached its end. In 1923, just before the dictatorship, only a few regions were completely free of central government political control. These were the most dynamic areas of the country, including Madrid, Catalonia, the Basque Country, and the city of Valencia. As I have explained in other studies, Barcelona forcefully banished the dynastic parties in the 1901 general elections, imposing a process of rotation between the conservative nationalist Lliga Regionalista and radical republicans, a model of political change followed by other Catalonian cities.14 In the rest of the state, the most important capitals were initially conquered by the republicans and later by the socialists. At the same time urban cores that continued to be politically dominated by rotating parties underwent a process of authentic local political representation. THE CHANGING PERCEPTION OF CORRUPTION IN URBAN AREAS How do changing perceptions and denunciations of corruption illuminate the changes in political life and in practices of power in the shift from the old politics to a new politics? We will look at three concrete cases at different moments in the 13 14
Rosa Ana Gutiérrez / Rafael Zurita / Salvador Forner / Mariano García, Modernización social y comportamiento electoral urbano en España, 1910–1923, in: Salvador Forner (ed.), Democracia, elecciones y modernización en Europa: siglos XIX y XX, Madrid 1997, p. 241–294. Gemma Rubí, Coaliciones de turno. Corrupción electoral y política competitiva en la Cataluña de la Restauración (1900–1923), in: Mélanges de la Casa de Velázquez 43 (2013), pp. 273–293.
The Fight Against Corruption and the New Politics in Urban Spain (1890–1923)
105
period we are analysing. They are the capital Madrid, the Catalonian industrial city of Igualada, and the historical capital of eastern Andalusia, Granada. All three saw important movements against caciquist politics. The case of Madrid reveals the precocity of the anti-cacique struggle influenced by dynastic elites; the case of Igualada explains how an agro-industrial district ended traditional caciquism, a type of territorial patronage exercised by the Godó family, manufacturers and owners of the largest newspaper in Catalonia at the beginning of the 20th century called La Vanguardia. The third example, Granada, corresponds to a provincial capital, which, at the late date of 1919, formed an anti-corruption coalition supported by collective action in the form of demonstrations, protests and rioting. During the 1880s, the Madrid city government was hit by various charges of corruption that were never confirmed, the accused being ultimately absolved.15 In the 1892 budgetary debate 1892, criticism was directed at the municipal administration by one of the factions of the conservative party, the Silvelists, ultimately provoking a governmental crisis, and by a new generation of dynastic liberal politicians united against the architect of the Restoration, Antonio Cánovas del Castillo. These criticisms converged with demands of the merchant and industrial classes regarding the misuse of municipal funds. These sectors opted for closing shops and would eventually organize a large protest in support of a moral politics that would unite different interests: economic, social, cultural, and political (in addition to the opposition dynasties it would include republicans and Carlists). In the opinion of Javier Moreno this challenge led to noticeable improvements in municipal administration. The Catalonian county of Anoia and its capital, Igualada, composed the homonymous district. Despite the founders of the La Vanguardia newspaper, Bartolomé and Carlos Godó, fleeing from the industrial crisis that had hit the county in the middle of the 19th century and relocating to Bilbao where they carried out their business, they continued to maintain their family and regional ties (business and family were two sides of the same coin).16 The support of kin and of political friendships in the district served as the basis for their political influence and their parliamentary representation. The members of the family maintained their seat until the 1914 elections, although the owner of the newspaper, Joan Godó Lallana, a member of the family’s second generation, decided to withdraw his candidacy in spite of pressure from his supporters in 1907 when Catalan nationalism obtained 42 of the 44 seats that Catalonia chose in the Congress of Deputies. In this election, the Godó family presented another liberal candidate, Joan Godó Llucià, who suffered a serious defeat in losing the election to a broad anti-caciquist coalition formed of republicans and Catala15 16
Javier Moreno Luzón, La corrupción en Madrid: crisis política y regeneracionismo antes del Desastre (1888–1898), in: Juan P. Fusi / Antonio Niño (eds.), Antes del desastre: orígenes y antecedentes de la crisis del 98, Madrid 1996, pp. 99–110. Pol Dalmau, Clientelism, Politics and the Press in Modern Spain. The case of Godo’s family and the foundation of La Vanguardia. Thesis hold in European Universitary Institute, September 2015.
106
Gemma Rubí
nists. He was the only candidate the dynastic liberal party presented in Catalonia in those elections. The historian Pol Dalmau has shown how the Godó family was ‘theoretically’ against caciquism but not against ‘good caciques’ such as himself, whom he considered to be the ‘natural’ representative of the district. This provided a symbolic capital that contributed to his authority and public image as good elite thanks to the social support that he had in the district and to his newspaper. In Grenada, a political protest took place against the caciquism of the Chica family, members of a faction of the dynastic liberal party, in February 1919.17 In 1917, a delegation of city residents consisting of representatives of all political tendencies travelled to Madrid to request an examination of the city’s financial management. Their petition was ignored by the minister. That same year the mayor, a member of the Chica family, lost the municipal elections but thanks to his political influence succeeded in having the results annulled. After various incidents a riot erupted in the streets and a crowd attempted to assault the home of the cacique and the offices of his newspaper. The protest resulted in two deaths. Further massive protests followed, some led by students. The government declared a state of emergency and a debate occurred in the Congress of Deputies. A professor of administrative law in the University of Granada and militant in the Reformist Party (in the parliamentary opposition), Pablo de Azcárate, alleged during the debate that the city government had spent 40,000 pesetas on printing, and more than 30,000 on the printing of the mayor’s newspaper. In addition, he alleged that the municipal government had spent more than 50,000 pesetas to fix roads that led to the mayor’s property, and that municipal funds had been used to defend the mayor against his adversaries’ attacks. For his part, the mayor defended himself complaining that the ministers were ungrateful and that his services must be weighed against his personal faults and those of his clients. SUMMING UP Analysis of the multifaceted Spanish case reveals that the deep transformations that urban politics experienced around the turn of the past century cannot be explained without taking into account two elements: the struggle against caciquism, synonymous with corruption and the abuse of power, and the mutation of political clientelism as a technique of power and for access to public resources but also as a structure in service to power (party clientelism). As in the France of the Third Republic, the era of the elites resisted disappearing, while modern mass parties were late to emerge. This did not impede the appearance of a democratic opening in local politics, just as in Germany during the first Wilhelmine empire, limited suffrage was not an obstacle to the emergence of timid mass mobilization. Nor did Hispanic 17
They were followers of the liberal democrat leader, Manuel Garcia Prieto, members of one of the factions in which the dynastic liberal party was divided. On the citizen protest movement see Alvaro López Osuna / Antonio Robles Egea, La protesta contra el caciquismo y la contienda política en Granada, 1917–1919, in: Historia Social 83 (2015), pp. 133–156.
The Fight Against Corruption and the New Politics in Urban Spain (1890–1923)
107
caciquism or Portuguese rotativismo as mechanisms to maintain power in the hands of an elite result in a lack of political mobilization.18 The three cases studied reflect the emergence of mass politics as a consequence of the fight against corruption and the abuse of power, that is, against caciquism, in different times and regions. Denouncing the bad management of the Madrid city hall led to the downfall of the government, but this was not a consequence of the mobilisation of anti-dynastic opposition forces but in response to a struggle among factions of the conservative party. The loss of a seat by the Godó family, manufacturers and journalists, in Igualada’s industrial district revealed the rapid decadence of governmental parties and caciquist politics in Catalonia in the face of the growing triumph of conservative Catalan nationalism. Finally, the mass protest that took place in Granada against the hegemony of a cacique family belatedly connected the local and national levels of politics, a phenomenon that had not occurred until then and that would not become widespread until the Second Republic and also exposed the perversity of oligarchic politics. Despite the lack of experience with political pluralism and electoral competition, social and cultural change forced the modernization of political practices. Denunciation of caciquist practices benefited other powerful groups and other elites who sought to conquer the electoral market and reoriented clientelar ties to the logic of a growing number of votes in an incipient mass society. In short, thanks to the pressure exercised by sectors excluded from power and their public campaigns to discredit caciquist politics and its corrupt practices, in the local sphere there was a recalibration, though not a disappearance, of the caciquist phenomenon. The favours and recommendations continued as well as the clientelist distribution of public positions of authority. The republican government of the city of Valencia at the beginning of the 20th century was a number of times accused of misuse of public funds; however, said accusations did not always prosper.19
18
19
Markus Kreuzer, Democratization and Changing Methods of Electoral Corruption in France from 1815 to 1914, in: Walter Little / Eduardo Posada (eds.), Political Corruption in Europe and Latin America, London 1996, pp. 97–112; Pedro Tavares de Almeida, Eleiçoes e Caciquismo no Portugal Oitocentista, Lisboa 1991; Ralph Roth / Robert Beachy, Who Ran the Cities? City Elites and Urban Power Structures in Europe and North America, 1750–1940, Ashgate 2007. Ramir Reig, Blasquistas y clericales (cf. n. 10).
CIVIC REPUTATIONS AND THE MANAGEMENT OF CORRUPTION IN BRITISH CITIES, C. 1880–1914 James Moore During the late 19th century, a significant number of British municipalities faced corruption scandals that threatened to tarnish both the reputation of individual local authorities and the wider reputation of the cities concerned. These corruption revelations came as a surprise to a citizenry that had been reassured that problems of corruption in public life were a thing of the past. The reform of the national civil service, the extension of the franchise and introduction of the secret ballot were all measures intended to remove corruption from British public life. The passing of the Corrupt and Illegal Practices Act in 1883 was hailed as a measure that would remove the last vestiges of corruption from the political process by making the funding of political campaigns much more transparent and restricting all forms of bribery and ‘treating’.1 Yet, despite these reforms, local government administration re mained largely untouched by specific anti-corruption initiatives, perhaps because of a widespread belief that the system of checks and balances inherent in the operation of local government were sufficient to prevent abuse. The legislation that facilitated the creation of elected municipal authorities in 1835 was, for its time, somewhat radical in its attempts to subject local government to public accountability and scrutiny.2 The municipal franchise was a ‘ratepayer franchise’ which, in practice, ensured an extensive municipal electorate that made bribery of electors more difficult. A quarter of each council was appointed rather than elected, a measure designed to encourage experienced supervision of council policies. Municipalities were required to appoint three auditors to monitor municipal accounts, one appointed by the mayor and two elected by the ratepayers themselves.3 Later, under the 1872 Borough Funds Act, municipalities were forced to get a direct mandate from ratepayers, via a public meeting, for certain projects requiring heavy capital expenditure – a mandate that was not always granted. Yet by the end of the century none of these initiatives had provided sufficient to prevent several municipalities becoming involved in corruption scandals.4 As cit1 2 3 4
C. O’Leary, The Elimination of Corrupt Practices in British Elections, 1868–1911, Oxford 1962; K. Rix, The elimination of corrupt practices in British elections? Reassessing the impact of the 1883 Corrupt Practices Act, in: English Historical Review 123 (2008), pp. 65–97. For political background see N. Edsall, Varieties of Radicalism: Attwood, Cobden and the Local Politics of Municipal Incorporation, in: Historical Journal 16 (1973), pp. 93–107. H. Coombs / J. Edwards, The Evolution of the District Audit, in: Financial Accountability and Management 6 (1990), p. 153–176, esp. p. 154 f. J. Moore / J. Smith (eds.), Corruption in Urban Politics and Society 1780–1950, Farnham 2007.
110
James Moore
ies grew, parliament granted increasing powers to local authorities, such that most cities eventually provided almost all local utility services, from gas and water to tramways and electricity, and also major educational and leisure services. Borrowing powers were granted by central government and there was some degree of central supervision through a national body, the Local Government Board.5 Yet most contracting activities were monitored primarily by the corporations themselves, subject to their own managerial structures. The adequacy of this system was increasingly called into question as municipality after municipality faced accusations of corrupt and improper activities. This was partly because the expansion of civic contracting and commercial activity had increased the opportunities for profiting from municipal work and that managerial processes had not kept pace with the increasing complexity of commercial life. However, there is also a suspicion that as the local taxation increased due to the increasing scope of the local state, local political actors and ratepayers became less tolerant of corrupt activities and more willing to expose questionable practices that had previously been left unchallenged. When revelations of civic corruption appeared, local authority leaders were called upon to respond, not only to protect their own reputations, but also the reputation of the wider city. The managerial strategies adapted to respond to corruption allegations varied considerably and the different approaches will be explored in this paper. The responses varied, partly because corruption allegations themselves varied both in content and in their potential to arouse wider criticism. Most municipal corruption in this period fell into five broad categories: 1.) corruption arising from mismanagement and inefficacy, 2.) corruption arising from preferential treatment, 3.) corruption due to bribery or secret commissions, 4.) corruption due to fraud and, finally, 5.) direct theft and embezzlement. Clearly, corruption that involved direct theft or embezzlement was the most serious from a legal point of view but it was not necessarily the form of corruption that generated the most anger from the public or the form that created the greatest political scandal. Much depended on who was alleged to have committed the corrupt act, the scale of the act and what it appeared to reveal about the nature of local political culture. There is also some evidence that careful management of corruption scandals could mitigate their political impact and that political elites that were popular or deeply entrenched could survive even very serious allegations of malpractice. CORRUPTION ARISING FROM MISMANAGEMENT AND INEFFICACY The first category of corruption, namely that which arose from incompetence and poor management, rather than a desire for personal enrichment, would, at first sight, seem the most benign form of corruption. After all, poor policy and project management can be discovered at almost all levels of government and in every country. However, evidence from 19th-century British cities suggests that ratepayers and 5
C. Bellamy, Administering Central-Local Relations, 1871–1919: The Local Government Board in Its Fiscal and Cultural Context, Manchester 1988.
Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914
111
opposition politicians became gradually more critical of the waste that resulted from poor management of public projects.6 One good example of this is what became known as the “Victoria Hotel scandal” in Manchester in the early 1880s.7 Manchester Corporation’s Improvement Committee had undertaken an ambitious project around a hotel-building programme in central Manchester, designed to improve the district but also to generate funds for the corporation. This was not unusual as British municipalities often engaged in municipal commerce – becoming suppliers of key local services – in order to generate profits that would help keep down local taxation. The key difficulty was that Victoria Hotel project was ill-conceived and poorly managed, with the result that the eventual cost of the scheme was double the one estimated, a cost which fell on local tax payers. The Improvement Committee was particularly unfortunate in that the elected citizen’s auditor chose to expose the costs in what was probably the most influential middle-class newspaper in Manchester, the Manchester City News. Facing extensive public criticism, the council were forced to organise an internal inquiry, but only after a central government inquiry revealed the full details of the project overspend.8 If Manchester Corporation’s organisation of an internal inquiry was designed to head off criticism, it failed badly. As the inquiry deliberated, more allegations appeared in the local press about the conduct of the council. Rather than resolving the dispute, it gave newspapers the opportunities to publicise other allegations. The dispute was compounded by political divisions within the council. The elderly chairman of the committee was not popular with some of the more radical members of the council, especially some of the younger members who felt excluded from council decision making. The Aldermanic leadership of the council, supposedly a source of experienced, effective management was exposed as failing to provide proper planning and oversight. The internal inquiry demonstrated that the committee had done little to monitor the actions of the chairman and council officials. Costs had gotten out of control and, most seriously of all, inflated payments had been made to contractors. Whether these payments benefited anyone close to the committee or whether anyone took inducements to accept inflated invoices, could not be proven but that whiff of corruption was enough to bring about the end of the committee’s career. A humiliating session of full council and more revelations in the press brought about the resignation of most of the Improvement Committee in 1886.9 The ongoing inquiry was only wound up after the death of the former committee chairman in summer 1888.10
6 7 8 9 10
E. P. Hennock, Fit and Proper Persons: Ideal and Reality in Nineteenth-Century Urban Government, London 1973. For details see J. Moore, The Transformation of Urban Liberalism, Aldershot 2006. The City Ledger, March 1888. Manchester Guardian, 28.10.1886. Manchester Guardian, 7.6.1888.
112
James Moore
CORRUPTION ARISING FROM PREFERENTIAL TREATMENT The second category of corruption was that associated with ‘preferment’, or insider dealing that allowed a council member or official to gain pecuniary advantage from his public position. This had been recognised as a problem since the dawn of local government. Legislation dating back to the 18th century demonstrated that parliament had been aware of the problem of local officials using their position to gain personally from contracts and insider knowledge. The law was clear: No person in a public office could trade with a municipality with which they were a member. However, by the late 19th century, the rise of the public limited liability company meant that it was now relatively easy for public officials to conceal their shareholdings and investments in local companies.11 Some placed the shareholdings in the names of members of their families, sometimes using different names in a deliberate attempt to conceal their pecuniary interests. There is no doubt that some of this ‘insider dealing’ was of a very petty nature. For example, a councillor in Manchester was accused of persuading his committee to give out a contract worth a few pounds to his family’s picture-framing business.12 Some, however, were much more serious, especially where land speculation was involved. Perhaps the most famous, and the one which had the most wide-ranging political impact, was the “London Pavilion scandal” that involved the Metropolitan Board of Works (MBW) in 1887. The MBW had long been accused of corruption and insider dealing, especially with regard to the way in which tenants were found for building land on newly-constructed London streets. Extensive press reports of preferential treatment forced parliament to appoint a Royal Commission which reported in 1888.13 Two members of the Board, Francis Fowler and James Saunders, both architects, were found to have used their positions for personal financial gain. Several other officials had used inside information to undertake illicit trading. At least one, Thomas Robertson, organised insider deals with his own brothers, who were using different family names to avoid detection.14 Again, there is evidence of a municipal body at first attempting to use internal processes to limit reputational damage, but public reaction making that process very difficult. An internal inquiry by the MBW’s Works and General Purposes Committee merely concluded that Robertson had been “injudicious” in allowing relatives to become MBW tenants without informing the Board.15 There was more than a suggestion that MBW members were worried that if he were to be dismissed he would then, without anything further to lose, expose additional malpractice. Public opinion took a less generous view of Robertson’s action and the scandal helped bring about sig11 12 13 14 15
H. Shannon, The Limited Companies of 1866–83, in: The Economic History Review 4 (1933), pp. 290–316. Manchester City News, 25.10.1884, 27.10.1884. Interim Report of the Royal Commissioners Appointed to Inquire into Certain Matters Connected with the Working of the Metropolitan Board of Works, London 1888. G. Clifton, Professionalism, Patronage and Public Service in Victorian London, London 1992, pp. 143–159. M. Judge, The Working of the Metropolitan Board of Works, London 1888.
Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914
113
nificant political change. In 1889, the MBW was wound up by parliament and replaced by a new, directly-elected body, the London County Council.16 Landlord and tenant deals were probably not, however, the most common forms of insider trading in local authorities. Councillors seem to have frequently used knowledge about future council policy to gain personal advantage in business opportunities. As towns and cities expanded, they frequently sought to expand their boundaries in order to improve public utility services to new suburbs and increase their local fiscal base. Land incorporated into the new boundaries would almost invariably increase in value due to the improved municipal services and the new opportunities for building that were created. In some cities, councillors appear to have openly speculated on land, with one Leicester councillor and developer, Arthur Wakerley, being particularly notorious in using insider knowledge of boundary extension plans for personal enrichment.17 In some cases the profits that could be gained may have even shaped the geographical nature of the city plans that emerged. For instance, it was noticeable that the Manchester’s leafy southern suburbs, the choice residence of many of Manchester’s councillors and aldermen, were incorporated into the city much earlier than some industrial suburbs, such as Gorton, which might have been seen as more of a public health priority. Yet, although these speculative activities were openly criticised by the press and public, they rarely resulted in formal investigation, not only because allegations were difficult to prove, but also because it was not even clear that such actions were illegal under the terms of “municipal trading” legislation. Other forms of preferment also existed, although these rarely attracted public comment, often because local authorities were successful in concealing embarrassing details of the business affairs of their own members. The press and public had a statutory right to attend full council meetings but sub-committee activity and hearings were typically closed. This allowed some statutory surveillance activities to be kept away from the public gaze. By the 1880s, municipal authorities had gained extensive responsibilities to tackle slum housing and enforce housing regulations. Municipal authorities were not, it seems, always even-handed in the way they operated. Much slum property was owned by poor homeowners who had acquired a second house as a form of pension income for their retirement. Many of these individuals resented the heavy-handed actions of the city council in enforcing improvements. Yet when Manchester’s Conservative council group leader, Stephen Chesters Thompson, was called before his own council’s Unhealthy Dwellings Committee about the condition of his rented properties, he was dealt with remarkably lenience. Thompson, dubbed the “King of Ardwick”, due to his extensive property-holding interests in East Manchester, failed to attend formal hearings and faced no official sanction.18 Despite this clear breach of protocol, the private nature of the proceedings made it difficult for Thompson’s neglect to be exposed and other mem16 17 18
D. Owen, The Government of Victorian London, 1855–1889, London 1982, pp. 193–199. J. Farquhar, Arthur Wakerley 1862–1931, Leicester 1984, p. 22. J. Moore, Municipal Corruption and Political Partisanship in Manchester, in: Moore/Smith (eds.), Corruption (cf. n. 4), pp. 95–112.
114
James Moore
bers of the hearing appear to have been unwilling to make the case public. The possibility that other councillors may also have been exposed to similar charges may explain the reluctance of committee members to make political capital out of what was a highly embarrassing position for the Conservative minority leader. It is very unlikely that Thompson was the only one to be protected and that Manchester was alone in having this problem. At almost the same time, a Dudley council member was reported as the owner of unsanitary dwellings, raising questions about why no enforcement action was taken against him.19 CORRUPTION DUE TO BRIBERY OR SECRET COMMISSIONS Secret commissions and bribery were another form of corruption that was exposed as increasingly prevalent. Sometimes this form of corruption contributed to other corrupt processes, such as insider trading, and sometimes it stood on its own. Part of the difficulty in managing this form of corruption was the question of legal definition. Until 1889, bribing a public official was not a specific criminal offence. Local authorities could dismiss paid officials and seek damages but could not seek criminal redress. It was difficult for municipalities to take any action against elected officials without great embarrassment and a civil case which revealed bribery could not in itself compel an elected official to resign. There was also the question of what constituted bribery and what constituted merely a “secret commission”. Commission-taking during the award of contracts was a common part of commercial life in many of the major professions. It was particularly prevalent in architectural practice and the building trade, and many local authorities were dependent on private companies working in these areas in order to successfully implement urban improvement projects. It was not until the Edwardian era that parliament gradually began to address the question of the legality of “secret commissions” in private business. Bribery took two broad forms. Indirect bribery took place when an individual provided resources in order to gain the hope of favourable treatment. Direct bribery was where there was a more straightforward financial transaction in return for a specific good or act. Indirect bribery became an increasing issue, partly because the public expectations of local elected representatives changed. Before the last quarter of the 19th century, most councillors and aldermen were individuals of local wealth and social standing. Many ran businesses and were significant employers of labour. It was common for such individuals to develop their local social status through patronage of local cultural institutions, philanthropic gifts to charities, subscriptions to working men’s clubs or even the donation of land for public purposes. The willingness to generously endow civic organisation was often seen as an essential qualification for public office and to stand as a local councillors. As councillors climbed the municipal ranks, more was expected of them and mayors were expected to give generously to key city causes. As party competition in local authorities increased in the 1870s, gifts were increasingly seen to be political in nature. Andrew Barclay 19
S. Leighton, The Municipalities on their trial, The National Review, May 1887, p. 149.
Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914
115
Walker’s philanthropic strategy in Warrington and Liverpool during the 1870s demonstrated just how closely donations were linked to political goals and personal advancement.20 Walker attempted to gain influence in the town of Warrington by offering funds for an art institution. However, Walker, a successful brewer, was angered at Warrington council’s policy towards the sale of licenses for alcoholic drinks and withdrew his support. He found a much more receptive audience in Liverpool council which accepted his donation, while adopting a more liberal policy towards the sale of drinks licenses.21 Walker then rose remarkably quickly through the Conservative hierarchy in Liverpool, became mayor almost immediately – something previously unheard of in Liverpool or elsewhere. This inevitably attracted criticism from many Liberals who saw Walker’s donations as simply buying influence.22 Even the local Nonconformist religious opinion joined the controversy, furious that a brewer could gain so much social status through patronage and indirect bribery.23 Yet Liverpool council, dominated as it was by the Conservative party, simply ignored the allegations and thanked Walker for his generosity. This was a form of corruption that provoked outrage in the press but one for which there were few forms of public redress. Proving that the gifts were a corrupt inducement for political promotion would have been difficult given the extent of philanthropic giving in the Victorian city. Without effective anti-bribery legislation, it was impossible. CORRUPTION DUE TO FRAUD Direct forms of bribery were slightly easier to pursue through the courts, but successful prosecutions or civil recovery action often depended on the corrupt parties falling out and accusing each other of malpractice. The most obvious case of this was the “Salford Gas scandal” of the 1880s.24 A breakdown in the relationship between council officials and a coal and coke contractor revealed that council officers had regularly accepted bribes in return for key contracts. Ellis Lever, a contractor, accused Samuel Hunter, Salford Corporation gas manager, of regularly taking secret commissions on municipal contracts. Municipal gas committees required vast amounts of coal and coke for gas manufacture and a contractor who could gain large-scale deals that could guarantee substantial profits. In the case of Salford, allegations of corruption resulted in a libel case that produced even more scandalous revelations in court, reported in local newspapers. Lever argued that bribery and commission taking were common in municipal gas contracting and that similar 20 21 22 23 24
J. Moore, The Art of Philanthropy – The Formation and Development of the Walker Art Gallery in Liverpool, in: Museum and Society 2 (2004), pp. 68–83. B. Orchard, Liverpool’s Legion of Honour, Liverpool 1893, p. 687 f. Liberal Review, 6.9.1873. Daily Albion, 22.8.1877. J. Garrard, The Salford Gas Scandal of 1887, in: Manchester Region History Review 2 (1988– 89), pp. 12–20.
116
James Moore
activities took place across northern England. Remarkably, there seemed to be little appetite amongst other local authorities to investigate the allegations, even though Hunter was eventually successfully tried for fraud and perjury. Even more remarkably, senior members of Salford council, including the mayor and the chairman of the gas committee, expressed sympathy for Hunter, even submitting a memorial for the remission or mitigation of his sentence that was raised in a parliamentary question.25 Despite the public scandals surrounding the payments and the damage done to Salford’s reputation, there was a sense that Hunter had simply been unlucky, such was the prevalence of these practices. It was better for the public to view the scandal as an individual failure, rather than a systemic problem that might raise awkward questions about the probity of the council and the political legitimacy of its leadership. Some degree of fraud was often involved in commission-taking activity in order to conceal financial transactions, but there were also direct forms of fraud designed either extort money or simply steal funds from the municipality. In some respects these were the easiest of all forms of corruption for local authorities to manage as they could be explained as individual failings, rather than systemic failings. Problems emerged when there were so many individual failings that questions arose about the wider governance of the authority. The growth of an audit culture in local authorities meant that most corporations had rigorous book-keeping practices that required some creativity to subvert. Smaller urban authorities were subject to a professional district audit. Municipalities had three auditors, two elected directly by ratepayers. While the elected auditors were officially non-partisan figures, the evidence suggests that they often became increasingly aggressive in their pursuit of council malpractice in the closing decades of the 19th century. Joseph Scott, one of Manchester’s elective auditors in 1884, was particularly thorough and especially critical of the way money was spent on councillors’ expenses without apparently any real legal basis. The gas committee came in for particular criticism for spending over £95 on wine and over £20 on cigars for their own personal consumption. What was worse was that the cigars had been bought from another member of the council, meaning that the transaction was clearly illegal.26 At a time when Manchester city council was already reeling from the Victoria Hotel scandal, Scott’s revelations of systemic waste, illegal expenditure and fraudulent use of public money brought about systemic changes in management practices, with less deference towards the senior aldermanic leadership and the emergence of a younger group of councillors more prepared to challenge malpractice. Scott’s revelations seemed to have inspired elective auditors to take a more rigorous view of their duties. New political forces also saw the opportunity to use citizen’s auditors to undermine the old political elites on local authorities. Just as radical Liberals used Scott’s allegations to attack the old Liberal leadership of Manchester, a decade later Socialists were using similar tactics to attack the old Liberal leadership of nearby Salford. Already rocked by the Hunter affair, Salford’s city auditor, John 25 26
Hansard, House of Commons Debates, 16.8.1889, vol. 339, c. 1483. J. Scott, Leaves from the Diary of a Citizens’ Auditor, Manchester 1884, esp. p. 44.
Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914
117
Hempsall, produced a damning report on his city, exposing each department of the council in turn. The report was published by Salford’s Branch of the Social Democratic Federation and was used to challenge the image of paternal benevolence that the Salford Corporation attempted to adopt.27 Thanks to citizens’ auditors and an activist local press, local authorities were finding harder to conceal mistakes and fraud from their electors. Even when there was not a catalogue of abuses, some forms of fraud and extortion could attract particularly strong public interest and censure. Incidents that seemed to highlight a wider moral failing within a community were often reported very prominently in the press and even discussed from the church pulpit. This was, after all, a profoundly religious society in which spiritual and moral questions pressed firmly on the public consciousness. Forms of fraud which fostered a tolerance of sexual immorality were a particular cause for concern. W. T. Stead’s campaigns against child prostitution in 1880s London hinted darkly at a policing establishment that failed to attend to questions of public immorality – perhaps for reasons of complicity.28 Similar concerns were raised in the “Bannister scandals” in Manchester in the 1890s. Revelations by a former police detective suggested that police officers were complicit with publicans in allowing prostitution to take place and for brothels to be run openly in parts of the city. The implication was that the police were fraudulently concealing unruly houses and gangland activity in return for pay-offs for their silence.29 This historic nature of some of the allegations made investigation of the allegations very difficult but it increased the pressure for greater scrutiny of policing by Manchester city council’s Watch Committee. One thing is certain; fraudulent activity was not eliminated by a more vigorous and active system of citizens’ audit. John Smith’s work on the Jesse Varley fraud in Wolverhampton has revealed just how cunning and outrageous some frauds were, although the scale of Varley’s was exceptional.30 In all, Varley, an official in the council’s education department, embezzled £84,335 over twelve years, mainly by creating fraudulent teaching positions and paying the wages directly to himself or his family. The fraud was not uncovered by a professional accountant or a citizens’ auditor but by an office boy who queried why a dead teacher was still being paid his salary. The council’s response to the fraud was very telling. Many found it hard to believe that a man of high social standing had committed such an act. In fact, Varley’s whole public image was a fraud. He claimed to be married to a woman of high society, who had received a large inheritance. In fact, he was married to an Irish peasant girl who had previously worked as a domestic servant. The income from his fraudulent activities had allowed him to buy a substantial manor to which he invited members of the council he was actively defrauding. The reaction of the community demonstrated the degree to which wealth and perceived status influenced judgments 27 28 29 30
J. Hempsall, The Muddle in Salford, Salford 1895. G. Eckley, Maiden Tribute: A Life of W. T. Stead, London 2007. J. Caminada, Twenty-five years of detective life, Manchester 1985. J. Smith, Ingenious and Daring: The Wolverhampton Council Fraud in: Moore/Smith (eds.), Corruption (cf. n. 4), pp. 113–130.
118
James Moore
about character. It was difficult to believe that those of such standing could be guilty of such blatant theft and criminality – precisely the regulatory weakness that Varley exploited ruthlessly. CONCLUSION AND ASSESSMENT There can be little doubt that corruption scandals in municipal authorities tarnished the reputations of many British cities in the late 19th century. London’s “Board of Works scandal” was the most famous example but many urban local authorities also suffered from allegations, often proven, of extensive corrupt practices. Corruption appeared to be a problem for small authorities as well as large municipalities.31 While this could indicate that the growth of local government power, reliance on specialist knowledge, and outdated management practices allowed corruption to flourish, the exposure of corruption could also suggest that the public were becoming increasingly intolerant of waste at a time when local taxation was increasing dramatically to pay for major public infrastructure projects. Practices which had previously been quietly accepted were subject to greater public scrutiny, although the elimination of corrupt practices was not immediate and the reputation of local government did not recover quickly. Some practices, especially secret commissions, remained prevalent in the public and private sectors. The London Chamber of Commerce appointed a special commission to investigate secret commissions and propose new laws, but many felt a cultural change was required.32 In 1910, the Secret Commissions and Bribery Prevention League warned that these scourges were “still rampant and much more prevalent than is generally supposed.”33 The suppression of corruption was an ongoing political problem, but the final third of the 19th century did produce new mechanisms through which urban public life could be scrutinised and old practices challenged. The extension of the parliamentary franchise in 1867 and the creation of the secret ballot in 1872 fostered the growth of local political parties with a wider membership and often a greater determination to contest local municipal elections. This increased the number of contested elections, increased local party competition and encouraged greater scrutiny of local affairs. The rise of a less deferential ‘new press’ at the end of the 1870s was also important in providing a platform for political activists to vent their frustrations against local government elites and publicise questionable practices. Some scandals also revealed the underlying tensions associated with the expansion of the local state. As state patronage grew, some contractors increasingly resented the privileged position of local urban officials while those shut out of municipal contracts had a vested interest in criticising the way municipalities were more and more involved in the economy of the city’s life. Drawing attention to corruption was a way of critiquing the increasing power of the municipality and challenging the sugges31 32 33
Local Government on its Trial, in: The Saturday Review, 15.8.1908, p. 193 f. The Speaker, 15.4.1899, p. 420. T. Hamilton Fox, in: The Observer, 10.4.1910.
Civic Reputations and the Management of Corruption in British Cities, c. 1880–1914
119
tion that civic authorities should use municipal works departments, rather than private contractors, and extend their activities further into the realm of municipal bakehouses and shops.34 In the 1880s and 1890s, the greatest critics of municipal corruption had come from the left, who saw corruption as a way of challenging established political elites in order to offer a radical or socialist alternative. By the Edwardian era, it was often Conservatives who were highlighting abuses, worried that the growth of local state monopolies would shut out private businesses. Corruption had become a universal language for challenging the established municipal order as local citizens became increasingly sceptical about the ethical values and conduct of their elected leaders.
34
The London County Council and its Critics, in: The Speaker, 10.4.1897, p. 401 f.
DER PARLAMENTARISCHE STREIT UM KORRUPTIONSFÄLLE IN DER FRANKFURTER STADTVERWALTUNG (1987–1989) Bettina Tüffers Am 11. Februar 1987 wurde in Frankfurt am Main ein Abteilungsleiter des städtischen Garten- und Friedhofsamts verhaftet. Der Vorwurf der Ermittlungsbehörden lautete auf fortgesetzte Bestechlichkeit und Erpressung: Alfons Weil, von seinen Kollegen „Don Alfonso“ genannt, hatte über Jahre hinweg Bestechungsgelder kassiert, sich unter anderem schottische Hochlandrinder für sein privates Tiergehege, teure Kleidung und auch den Blumenschmuck für das Grab seiner Mutter bezahlen lassen; Gesamtwert: rund 750 000 DM.1 Seine Festnahme war allerdings lediglich der Auftakt zu einem weit größeren Skandal, der die Stadt die folgenden zwei Jahre in Atem halten sollte. Nach späteren Berichten der Staatsanwaltschaft hatte es zwar im Frankfurter Straßenbauamt bereits seit den frühen 1970er, im Gartenbauamt schon seit den frühen 1960er Jahren einzelne Fälle von Bestechlichkeit gegeben. Dieses Mal jedoch waren gleich sieben Ämter betroffen: Neben dem Garten- und Friedhofsamt das Straßenbauamt, das Hochbauamt, das Stadtreinigungsamt, das Amt für Beschaffungs- und Vergabewesen, die Stadtwerke und das Verkehrsamt. Ermittelt wurde wegen des Vorwurfs der Vorteilsnahme, der Bestechlichkeit und des Betrugs. Zeitweilig saßen 41 Mitarbeiter der städtischen Verwaltung in Untersuchungshaft, gegen mehr als 200 Mitarbeiter der Stadtverwaltung wurden Ermittlungsverfahren eröffnet, ebenso wie gegen ungefähr 140 weitere Personen, ihres Zeichens Unternehmer oder Mitarbeiter in den beteiligten Firmen. Der Schaden für die Stadt wurde auf mindestens 5,6 Mio. DM beziffert.2 Der damalige Fraktionschef der Grünen im Hessischen Landtag, Joschka Fischer, beschrieb in der Aktuellen Stunde des Landtags am 23. November 1988 die Frankfurter Verhältnisse so: „In einigen Ämtern herrschte vorübergehend akuter Personalmangel, weil ganze Abteilungen in Haft, zum Verhör oder beurlaubt waren.“3 Auf den folgenden Seiten geht es jedoch nicht um die Bestechungsfälle als solche. Untersucht wird vielmehr die politische Reaktion darauf, also der Umgang von Stadtverordnetenversammlung, Oberbürgermeister und Magistrat mit den Ereignissen. Gerade im Stadtparlament erfüllte der Streit um die Bestechungsfälle 1 2 3
Vgl. Black Lama, in: Der Spiegel 41, 1988, S. 60–65; Frankfurt: Druck von Don Alfonso, in: Der Spiegel 47, 1988, S. 50–53. Vgl. Gottfried Herbig, Korruptionsfälle in der Stadtverwaltung Frankfurt, in: Verwaltungsarchiv 80, 1990, S. 381–393; Hans Rudolf Claussen, Korruption im öffentlichen Dienst. Ein Überblick, Köln 1995, S. 7 f. Plenarprotokoll Hessischer Landtag (HL), 12/61, S. 3236 f.
122
Bettina Tüffers
eine besondere Funktion. Denn im Frühjahr 1989 standen Kommunalwahlen an, sodass vor allem die Opposition von SPD und Grünen hier eine Chance witterte, die regierenden Christdemokraten kurz vor den Wahlen politisch in die Enge zu treiben, weshalb sie mit Anträgen, Anfragen, der Forderung nach Berichterstattung, Sonderausschüssen und Sondersitzungen versuchten, das Interesse an dem Thema wachzuhalten. Von Juni 1987 bis zum Februar 1989 stand es in insgesamt elf Sitzungen, 1988 sogar beinahe jeden Monat, auf der Tagesordnung. Dabei ist wichtig zu erwähnen, dass sich bis auf eine einzige Ausnahme, auf die noch zurückzukommen sein wird, kein Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, also der gewählten Abgeordneten, oder des Magistrats gegen Bestechungsvorwürfe zur Wehr setzen musste. Das wurde bei der teils hitzigen Diskussion von allen Beteiligten auch nie vergessen. Betroffen war die städtische Verwaltung, nicht das politische Personal, und worüber man in Streit geriet, war dessen politische Verantwortung. Frankfurt wurde, als die Bestechungsfälle publik wurden, bereits seit zwölf Jahren von der CDU regiert.4 Traditionell war die Stadt eine Hochburg der Sozialdemokratie (in der Weimarer Republik war sie als das „rote Frankfurt“ bekannt). Von 1946 an hatte die SPD über mehr als drei Jahrzehnte hinweg den Oberbürgermeister gestellt und ihre dominierende Rolle in der Stadtverordnetenversammlung behauptet. Doch 1977 errangen die Christdemokraten mit ihrem Spitzenkandidaten Walter Wallmann völlig unerwartet und aus dem Stand die absolute Mehrheit; ein Ergebnis, das sie in zwei weiteren Wahlen verteidigen konnten. So bildeten sie auch zwischen 1985 und 1989 in der Stadtverordnetenversammlung mit 48 Abgeordneten die stärkste Fraktion, während SPD und Grüne auf 37 bzw. acht Abgeordnete kamen. Seit 1986 stand Wolfram Brück, der Nachfolger Wallmanns nach dessen Weggang als Umweltminister nach Bonn, als Oberbürgermeister an der Spitze der Stadt. Bis in die 1960er Jahre hatte sich die Frankfurter Politik durch eine weitgehend reibungslose Zusammenarbeit von CDU und SPD ausgezeichnet. Ausdruck dieses parteiübergreifenden Konsenses war die sogenannte „Römerkoalition“:5 die Besetzung des haupt- wie ehrenamtlichen Magistrats mit Angehörigen von SPD, CDU und FDP, obwohl die SPD angesichts der Mehrheitsverhältnisse auch alleine hätte regieren können, ohne Bündnisse mit den anderen Parteien eingehen zu müssen. Diese Konstellation führte aber auch zu der ‚schizophrenen‘ Situation, dass die Parteien in der parlamentarischen Auseinandersetzung einander zwar regelmäßig heftig kritisierten, anstehende Projekte später aber dennoch einstimmig oder zumindest einvernehmlich verabschiedeten. Das änderte sich erst 1972. In diesem Jahr kündigte die SPD die „Römerkoalition“ auf, indem sie CDU- und FDP-Dezernenten abwählen ließ und sämtliche Magistratsposten mit eigenen Leuten besetzte. In der Stadt gab es fortan klare politische Fronten. Der Christdemokrat Walter Wallmann beließ 1977 nach seinem Sieg jedoch, anders als die SPD zuvor, drei langjährige hauptamtliche Stadträte der Sozialdemokraten im Amt. Einer davon, der Bau4 5
Vgl. Bettina Tüffers, Von der Römerkoalition zur Parteienkonkurrenz. Geschichte der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, Bd. IV 1946–1989, Frankfurt/Main 2011. Der Name verweist auf das Frankfurter Rathaus, das „Römer“ genannt wird.
Der parlamentarische Streit um Korruptionsfälle in der Frankfurter Stadtverwaltung
123
dezernent Hans-Erhard Haverkampf, sollte in der Auseinandersetzung um die Bestechungsfälle eine Schlüsselrolle spielen. DIE DISKUSSION IN DER STADTVERORDNETENVERSAMMLUNG Am 11. Juni 1987, also vier Monate nach der Verhaftung Weils, befassten sich die Frankfurter Stadtverordneten erstmals mit diesem und weiteren inzwischen bekanntgewordenen Bestechungsfällen. Veranlasst hatte das die SPD, die mit einer Dringenden Anfrage in dieser Angelegenheit Aufklärung vom Magistrat verlangte. Stellvertretend erstattete an jenem Tag der für Personal, Recht und Wirtschaft zuständige Stadtrat Udo Müller den geforderten Bericht: Der Magistrat stufe die Situation als sehr ernst ein, sei aber davon überzeugt, dass die Mehrheit der rund 24.000 Mitarbeiter der Stadt „ihre dienstlichen Aufgaben korrekt und pflichtbewusst“ erfülle.6 Die Stadt sei an einer restlosen Aufklärung der Missstände interessiert und sichere der Staatsanwaltschaft ihre vorbehaltlose Unterstützung zu. Erste Maßnahmen, um Abhilfe zu schaffen und in Zukunft eine ordnungsgemäße Vergabe und Erfüllung städtischer Aufträge zu gewährleisten, waren bereits in Angriff genommen: Seit drei Jahren existierte eine Sonderarbeitsgruppe, die die städtische Vergabepraxis überprüfte und neue Vorschriften erarbeitete. Verhaltensregeln wurden erlassen, um die Verquickung öffentlicher und privater Interessen auszuschließen. Besucher der Ämter sollten in Zukunft registriert werden und man plante, soweit möglich, ein Rotationssystem in der Verwaltung einzuführen, damit nicht dieselben Personen über Jahre hinweg auf den gleichen Posten arbeiteten und so dem Entstehen persönlicher Abhängigkeiten Vorschub leisteten. Diese Haltung des Magistrats, die sich bis zum Ende der Affäre nicht grundlegend ändern sollte, lässt sich zusammengefasst wie folgt beschreiben: Zuerst das Eingeständnis, dass etwas passiert war, was nicht hätte passieren dürfen. Gefolgt von dem Versprechen, umfassend aufzuklären, zu informieren und Transparenz zu schaffen sowie – ein weiterer wichtiger Punkt – in seiner Funktion als oberster Dienstherr die Abgabe einer Ehrenerklärung für die bei der Stadt Beschäftigten. Mit dieser Strategie sollten die Korruptionsfälle nicht als Fehler im System, sondern als Verfehlungen Einzelner dargestellt werden, deren Folgen man Herr werden wollte und auch konnte. Allerdings befand sich der Magistrat in einer Zwickmühle: Die Vorfälle hatten dem Ansehen der Stadt – von Stadtrat Müller als „das zentrale Gut unserer städtischen Verwaltung“7 bezeichnet – massiv geschadet und zu einem Vertrauensverlust in der Bevölkerung geführt. Doch je intensiver der Magistrat und die städtische Sondergruppe die Aufklärung betrieben, umso wahrscheinlicher war es, dass noch mehr rufschädigende Nachrichten an die Öffentlichkeit gelangten. Transparenz und Information erwiesen sich in diesem Sinne als kontraproduktiv. 6 7
Protokoll 26. Plenarsitzung vom 11. Juni 1987, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt (ISG), p 1.968, Bl. 102. Protokoll 35. Plenarsitzung vom 5. Mai 1988, ISG, P 2.100, Bl. 60.
124
Bettina Tüffers
Was hielten die Parteien von dieser Interpretation der Vorgänge? Die CDUFraktion befand sich in der Rolle der ‚Regierungspartei‘ und sah ihre Aufgabe deshalb in erster Linie darin, Magistrat und Oberbürgermeister zu unterstützen und gegen Kritik in Schutz zu nehmen. Deshalb genügten ihr die vom Magistrat erstatteten Berichte vollauf. Die Sozialdemokraten hingegen verhielten sich zwar anfangs noch zurückhaltend und äußerten sich – trotz ihrer Forderung einer besonderen Prüfung der Vorgänge – sogar positiv über die ersten Maßnahmen, doch sehr bald wurde ihr Ton deutlich schärfer. Im August 1987 kritisierten sie, dass Magistrat und Oberbürgermeister die Bereitschaft vermissen ließen, sich an die Spitze der Aufklärung zu setzen. Diese Haltung lasse befürchten, dass nur das bekanntgegeben werde, was ohnehin durch die Staatsanwaltschaft aufgedeckt und durch die Presse veröffentlicht sei. Die Kritik gipfelte in dem Vorwurf, der Oberbürgermeister habe die Verwaltung nicht im Griff.8 Die SPD war spätestens jetzt auf einen Kurs der offenen Konfrontation eingeschwenkt. Seit August votierte sie bei Abstimmungen in dieser Angelegenheit grundsätzlich gegen die Christdemokraten. Die CDU-Fraktion wiederum reagierte auf diese Haltung, indem sie sich ostentativ hinter Magistrat und Oberbürgermeister stellte und ihnen das Vertrauen aussprach. Sie bezichtigte die Sozialdemokraten, eine Verleumdungs- und Diffamierungskampagne gegen OB Brück zu betreiben. Die Grünen hingegen, die anders als CDU oder SPD keinerlei Rücksicht auf einzelne Stadträte oder den Bürgermeister nehmen mussten, weil sie im Magistrat nicht vertreten waren, brachten ein Argument ins Spiel, dessen sich in der Folge dann vor allem auch die CDU bedienen sollte. Sie warfen den Sozialdemokraten nicht nur vor, durch ihre drei hauptamtlichen Stadträte seit 1977 „heimlich mitregiert“ zu haben, sondern machten vor allem geltend, dass die Bestechungsfälle bereits in den frühen 1970er Jahren begonnen hätten, also noch zu Zeiten, in denen die SPD in der Stadt allein das Sagen hatte. Einen Unterschied zwischen CDU- und SPD-Fehlern konnten sie unter diesen Umständen nicht mehr erkennen und wollten deshalb auch die politische Verantwortung nicht eindeutig der einen oder anderen Seite zuweisen. Die Korruptionsanfälligkeit der Verwaltung sei von beiden Parteien hingenommen worden, „was niemanden verwundern kann, bei der fast parteiparitätisch betriebenen Personalpolitik in dieser Stadt“, kritisierte Björn Rahlwes, einer der acht Grünen-Abgeordneten, in der Plenarsitzung am 20. August 1987.9 Nur sie, die Grünen, selbst – die überhaupt erst seit den 1980er Jahren in der städtischen Politik eine Rolle spielten und damit als einzige wirklich unbelastete politische Kraft gelten konnten – seien in der Lage, glaubwürdig für Aufklärung und parlamentarische Kontrolle zu sorgen. Sie verlangten von der SPD, endlich Position zu beziehen. Sie müsse „sich spätestens jetzt entscheiden, ob sie nun wirklich eine Oppositionspartei werden […] oder weiterhin eine heimliche Regierungspartei“ bleiben wolle.10 Die Grünen planten, nach § 76 der Hessischen Gemeindeordnung Baustadtrat Haverkampf – zu dessen Ressort die betroffenen Ämter gehörten – abberufen zu lassen, benötigten 8 9 10
Protokoll 27. Plenarsitzung vom 20. August 1987, ISG, P 1.970, Bl. 46. Ebd., Bl. 80. Ebd.
Der parlamentarische Streit um Korruptionsfälle in der Frankfurter Stadtverwaltung
125
dazu aber die Stimmen von mindestens der Hälfte der 93 Stadtverordneten. Ohne die Unterstützung der SPD-Fraktion wäre das Vorhaben aussichtslos gewesen, eine solche Unterstützung hätte jedoch den endgültigen Bruch zwischen SPD und CDU bedeutet. Doch zu einer Abberufung eines ihrer eigenen Dezernenten wollte die SPD sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchringen. Sie stellte stattdessen im April 1988 den Antrag auf Bildung eines Sonderausschusses mit Akteneinsichtsrecht, um nicht mehr von der Verzögerungstaktik des Magistrats abhängig zu sein, der die Informationen nur häppchenweise herausrückte. Nach eigenen Worten wollte sie kein „Küchenkabinett“, sondern „öffentliche Kontrolle“.11 Doch Magistrat und CDU-Fraktion spielten nicht mit: Weil letztere darauf beharrte, dass die Ermittlungen vertraulich bleiben müssten, um zum Erfolg zu führen, lehnte sie den Antrag kategorisch ab. Sie hielt es für kontraproduktiv, Akteneinsicht zu gewähren, denn das gefährde die Aufklärung. Außerdem stünden einem solchen Ausschuss praktische und verwaltungsrechtliche Fragen entgegen. Die Stadtverordnetenversammlung sei schlicht nicht zuständig für die Kontrolle der laufenden Verwaltung.12 Die CDU versuchte, die Korruptionsfälle allein als SPD-Problem darzustellen, entstanden durch deren Personalpolitik in den 1960er und 1970er Jahren. Und in der Tat hatten die festgenommenen Amtsleiter in der Regel ein SPD-Parteibuch, sodass der Vorsitzende der Christdemokraten im Römer, Gerhard Wenderoth, unter dem Beifall seiner Fraktionskollegen feststellte: „Die einzige Frage, die wir als CDU uns heute im Hinblick auf diese Vergangenheit stellen müssen, ist, ob es richtig war, auf die Loyalität und Korrektheit der Verwaltung zu vertrauen und die SPD an der Führung der Verwaltung zu beteiligen.“13 Dieses offensivere Vorgehen der CDU war vor allem deshalb nötig geworden, weil sie sich auf einmal in der misslichen Lage befand, erklären zu müssen, warum ihr Oberbürgermeister nicht schon viel früher in der Affäre aktiv geworden war. Brück war nämlich bereits 1984, also ein Jahr vor der Kommunalwahl von 1985, von einem der in die Affäre verwickelten Firmeninhaber über die Bestechungsversuche des Gartenamtsleiters Weil informiert worden – Brück war seinerzeit Personaldezernent und die rechte Hand von Oberbürgermeister Wallmann gewesen – hatte aber nichts weiter unternommen. Die Opposition warf Brück nun vor, damals aus wahltaktischen Gründen die Sache unter den Teppich gekehrt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hatte inzwischen sogar ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Strafvereitelung gegen ihn eingeleitet, das sie Mitte Juli 1988 wegen fehlender Verdachtsmomente jedoch wieder einstellte. Brücks Glaubwürdigkeit hatte dennoch stark gelitten und das von ihm gepflegte Image des emsigen und sachlichen Aufklärers war nur noch mit Mühe aufrecht zu erhalten. Eine weitere ausführliche Erörterung dieses Themas im Plenarsaal versuchten die Christdemokraten unter allen Umständen zu verhindern. Am 19. Oktober 1988 hatte der Vorsitzende der CDU-Fraktion in einem Rundfunkinterview sogar die 11 12 13
Protokoll 35. Plenarsitzung vom 5. Mai 1988, ISG, P 2.100, Bl. 74. Ebd. Ebd., Bl. 81.
126
Bettina Tüffers
Möglichkeit erwogen, die kommende Plenarsitzung durch Nichterscheinen der Fraktion platzen zu lassen, um der Opposition nicht die Möglichkeit zu geben, eine Sondersitzung zu diesem Thema zu beantragen. Angesichts dieser Blockadehaltung kam es tags darauf im Plenarsaal zu heftigen Auseinandersetzungen, wegen deren die Sitzung unterbrochen werden und der Ältestenausschuss zusammentreten musste. Schließlich sah die CDU ein, dass ihre Verweigerungshaltung ein Fehler war, weil ihr dies als Vertuschungs- und Verschleppungsversuch ausgelegt wurde, sodass sie am 27. Oktober 1988 ihre Strategie änderte und in die von Grünen und SPD gemeinsam geforderte außerordentliche Sondersitzung am 3. November 1988 einwilligte. Diese Sondersitzung war der Höhepunkt der parlamentarischen Auseinandersetzung. In ihr ging es sieben Stunden lang um nichts anderes als die Bestechungsfälle. Sie begann um 18 Uhr und endete am 4. November morgens um viertel nach eins. Lutz Sikorski, Fraktionsmitglied der Grünen, hatte den Antrag auf ihre Einberufung auf einer Pressekonferenz damit begründet, dass jetzt nicht mehr die Stunde der CDU, sondern die des Parlaments geschlagen habe. Mit der Sondersitzung werde ein klassisches Instrument der Opposition genutzt, zu deren Beantragung sie durch die beharrliche Weigerung der Mitglieder der CDU-Fraktion und des Magistrats, das Thema zu diskutieren, gezwungen worden seien. Denn eigentlich gebe es zwei Skandale in der Stadt. Zum einen die Bestechungsfälle selbst und zum anderen den skandalösen Umgang des Magistrats, allen voran OB Brück, damit. Die Sondersitzung solle eben diesen zweiten Skandal behandeln. In der Sache jedoch brachte sie nichts Neues, die Argumente jeder Seite waren alle bereits bekannt und mehrfach ausgetauscht; abgesehen davon, dass nun doch ein Akteneinsichtsausschuss eingerichtet wurde. DER „FALL KÖNIG“ Doch dann kam der SPD der „Fall König“ in die Quere. Zehn Tage nach der Sondersitzung passierte etwas, was bei den Sozialdemokraten für helles Entsetzen sorgte und der Angelegenheit noch einmal eine unerwartete Wendung gab. Karl König, Mitglied der SPD-Stadtverordnetenfraktion seit 1968, legte am 14. November sein Mandat nieder. Er, dessen Firma beauftragt war, in Liegenschaften der Stadt Tankanlagen zu warten und zu reparieren, hatte für private Zwecke Heizöl abgezweigt und war deshalb bereits 1987 wegen Unterschlagung zu Lasten der Stadt in erster Instanz verurteilt worden, was jedoch erst jetzt publik wurde. Angeblich hatte in der SPD niemand davon gewusst.14 Froh über die Chance, die Aufmerksamkeit vom Oberbürgermeister ablenken zu können, drehte die CDU nun den Spieß um. König sei innerhalb weniger Tage von einem in SPD-Kreisen hochgeschätzten und geachteten Politiker, Handwerks14
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Hans-Günter Dürr, behauptete, erst wenige Tage zuvor von einem Journalisten davon erfahren zu haben, vgl. Protokoll 41. Plenarsitzung vom 17. November 1988, ISG, P 2.111, Bl. 110 f.
Der parlamentarische Streit um Korruptionsfälle in der Frankfurter Stadtverwaltung
127
meister und Inhaber des Bundesverdienstkreuzes zu einer ‚Unperson‘ geworden. Der „Fall König“ habe, so argumentierten die Christdemokraten, der gesamten Stadtverordnetenversammlung geschadet, denn bislang habe sich kein Abgeordneter etwas zuschulden kommen lassen. Nun aber werde durch die Verfehlung eines einzelnen das Ansehen des gesamten Parlaments in Mitleidenschaft gezogen. Um dieses Ansehen wiederherzustellen, reiche eine Mandatsniederlegung jedoch nicht aus. Nach Meinung der CDU beleuchte die „Affäre König“ schlaglichtartig die Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit der SPD-Führung der Stadt. Diese habe aus ihrer Amtszeit Korruptionsstrukturen in Teilen der Verwaltung hinterlassen, die nun der Grund dafür seien, weshalb man sich seit Monaten intensiv mit den Bestechungsfällen beschäftigen müsse. Die sozialdemokratische Personalpolitik sei in den 1970er Jahren ausschließlich über das Parteibuch abgewickelt und in der SPD-Parteizentrale entschieden worden. Verantwortlich für die gesamte Misere seien deshalb „politische Stümperhaftigkeit, die Parteibuchwirtschaft und der Genossenfilz der siebziger Jahre.“15 In der Folge versuchte die SPD alles, um sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Und schließlich hatte sie einen Buhmann in den eigenen Reihen ausgemacht, den sie zu opfern bereit war: Baudezernent Hans-Erhard Haverkampf. Er habe politisch versagt, weil er es versäumt habe, die Fraktion rechtzeitig über den Fall zu informieren. Der SPD-Spitzenkandidat für das Oberbürgermeisteramt, Volker Hauff, kündigte an, dass man Haverkampf nach einer von der SPD gewonnenen Kommunalwahl im März 1989 nicht mehr als Dezernenten zur Wiederwahl aufstellen würde. Die Auseinandersetzung blieb im Übrigen keine rein lokale Angelegenheit – die Grünen eröffneten am 23. November 1988 im Hessischen Landtag einen parlamentarischen Nebenschauplatz.16 In Wiesbaden regierte seit 1987 eine CDU-FDPKoalition unter dem hessischen Ministerpräsidenten Walter Wallmann mit einer äußerst knappen Mehrheit gegen eine Opposition aus Sozialdemokraten und Grünen – eine ähnliche politische Konstellation wie in Frankfurt also. Die LandtagsGrünen sahen kurz vor den hessischen Kommunalwahlen im Frühjahr 1989 eine willkommene Gelegenheit, Wallmann sozusagen auf dem Umweg über Frankfurt in der Landeshauptstadt politisch zu attackieren. Das ließ schon der Titel erkennen, den sie der von ihnen geforderten Aktuellen Stunde am 23. November gegeben hatten: „Verstrickung des ehemaligen Frankfurter Oberbürgermeisters und jetzigen Hessischen Ministerpräsidenten, Dr. Walter Wallmann, in die Bestechungsaffären in der Verwaltung der Stadt Frankfurt am Main.“17 Die Argumentationsmuster in Wiesbaden waren dabei dieselben wie in Frankfurt: Grüne, aber auch die SPD, warfen dem Frankfurter Magistrat vor, die Dinge vertuschen zu wollen. Sie machten sich dabei zunutze, dass die beiden Christdemokraten Brück und Wallmann bereits seit den frühen 1970er Jahren zusammenarbei-
15 16 17
Ebd., Bl. 134. Plenarprotokoll HL, 12/61, S. 3227–3242. Ebd., S. 3229.
128
Bettina Tüffers
teten und befreundet waren18, und unterstellten ihnen dementsprechend, sich gegenseitig „Persilscheine“ auszustellen.19 Der Ministerpräsident wies dies von sich, nach seiner Lesart hatten allein die Sozialdemokraten den „Sumpf“ zu verantworten.20 Dass die Frankfurter Bürger dessen Sicht der Dinge nicht unbedingt teilten, mussten die Christdemokraten am 10. März 1989 erfahren. Auch eine sensationell hohe Wahlbeteiligung von 77,2 Prozent hatte nicht verhindern können, dass die Frankfurter CDU bei den Kommunalwahlen einen massiven Stimmenverlust von 13 Prozentpunkten hinnehmen musste und damit ihr schlechtestes Ergebnis in der Stadt seit 1968 erzielte. Sie landete mit 36,6 Prozent hinter der SPD, die auf 40 Prozent kam, sich damit gegenüber der Wahl vier Jahre zuvor aber lediglich um 1,4 Prozentpunkte gesteigert hatte; die Grünen konnten mit ihrem Ergebnis von 10,2 Prozent der Stimmen mehr als zwei Prozentpunkte Zuwachs verzeichnen. Umfragen hatten das Debakel der CDU bereits ahnen lassen: Der „Spiegel“ hatte am 21. November 1988 eine Forsa-Umfrage zitiert, nach der nur 34 Prozent der Frankfurter Wolfram Brück als Oberbürgermeister unterstützen würden, während sie seinen sozialdemokratischen Herausforderer Volker Hauff bei 44 Prozent sah. Brücks Vertrauensverlust basiere darauf, dass 61 Prozent der Befragten und immerhin 42 Prozent der CDU-Anhänger glaubten, er habe bereits früher von den Bestechungsfällen gewusst.21 Das Wahlergebnis bestätigte diese Prognose. Die Bestechungsaffäre und besonders das wenig glückliche Agieren des Oberbürgermeisters waren sicherlich nicht die einzigen Gründe dafür, dass die CDU nach zwölf Jahren ihre Macht in Frankfurt abgeben musste, trugen aber wesentlich dazu bei. Alfons „Don Alfonso“ Weil wurde 1988 vom Frankfurter Landgericht rechtskräftig zu vier Jahren Gefängnis wegen Bestechlichkeit und Vorteilsnahme verurteilt. Weitere 20 Mitarbeiter der Stadtverwaltung erhielten ebenfalls Freiheitsstrafen zwischen zwei und sieben Jahren oder hohe Geldstrafen. 30 städtische Mitarbeiter hatten sich selbst den Behörden gestellt. Eine Reihe städtischer Firmen wurde von städtischen Aufträgen ausgeschlossen.22 Für den „Spiegel“ waren die „sizilianischen Verhältnisse“ in der Frankfurter Stadtverwaltung symptomatisch für eine in Deutschland um sich greifende Korruption im öffentlichen Dienst.23
18 19 20 21 22 23
Es war Wallmann gewesen, der Brück nach der gewonnenen Kommunalwahl 1977 gegen innerfraktionellen Widerstand als neuen Rechts- und Personaldezernenten an den Main geholt hatte. So die beiden Grünen-Abgeordneten Joschka Fischer und Hans Christoph Boppel in: Plenarprotokoll HL, 12/61, S. 3237 u. 3241. So Walter Wallmann in: ebd., S. 3232 f. Frankfurt: Druck von Don Alfonso, in: Der Spiegel 47, 1988, S. 50–53. Herbig, Korruptionsfälle, S. 381. Wer etwas geschickt ist, fällt nicht auf, in: Der Spiegel 27, 1988, S. 46–57.
Der parlamentarische Streit um Korruptionsfälle in der Frankfurter Stadtverwaltung
129
FAZIT Für die Frankfurter Parteien war die Bestechungsaffäre der Jahre 1987 bis 1989 vor allem ein Mittel zur politischen Profilierung kurz vor den Kommunalwahlen im März 1989. In der intensiven parlamentarischen Auseinandersetzung ging es vor allem um die Glaubwürdigkeit der politischen Akteure. Oberbürgermeister, Magistrat und die sie stützende Fraktion der Christdemokraten waren dabei trotz aller gegenteiligen Bemühungen in einer ungünstigen Situation, lag es doch in ihrer Verantwortung, Licht in die Sache zu bringen und möglichst schnell das Vertrauen der Bürger in eine ordnungsgemäße Verwaltung wiederherzustellen. Doch die CDU hatte durch ihre Hinhaltetaktik und Blockadeversuche zu sehr den Eindruck entstehen lassen, sie wolle etwas vertuschen. Da half es ihr auch nicht, dass sie schließlich den Schuldigen in der verfehlten Personalpolitik der vorangegangenen sozialdemokratischen Stadtregierung ausgemacht hatte. Die SPD hingegen versuchte nach anfänglichem Zögern genau aus dieser Schwäche der CDU Kapital zu schlagen und die Christdemokraten mit einer Flut parlamentarischer Initiativen in die Defensive zu drängen. Was allerdings nur so lange überzeugend funktionierte, wie der Fall ihres eigenen, wegen Unterschlagung verurteilten Fraktionsmitglieds nicht publik wurde. Dementsprechend war sie bei den Kommunalwahlen auch nicht in der Lage, die Stimmung gegen die CDU in ein überzeugendes Ergebnis für die SPD umzusetzen. Einzig die kleine Grünen-Fraktion konnte sich als wirklich unbelastete politische Kraft darstellen, die zudem noch die Rechte des Parlaments gegen die Blockadepolitik des Magistrats verteidigte. Gerade für diese Partei war das eine erstaunliche Entwicklung. Noch in der Wahlperiode zuvor hatte sie an ihrer Verachtung parlamentarischer Verfahren keinen Zweifel gelassen, jetzt bediente sie sich ihrer virtuos. Ihre Wähler scheint das überzeugt zu haben.
HONGKONG: VOM „HORT DER KORRUPTION“ ZUR „HAUPTSTADT DER KORRUPTIONSBEKÄMPFUNG“ Imagewandel dank Eindämmung der Korruption Anja Senz Die sieben Millionen Einwohner zählende Stadt Hongkong – ehemalige britische Kronkolonie und heutige Sonderverwaltungsregion der VR China – gilt als Beispiel erfolgreicher Korruptionsbekämpfung. Zahlreiche Umfragen unabhängiger Organisationen zeigen die im internationalen Vergleich geringe Verbreitung von Korruption. So belegt Hongkong im Korruptionswahrnehmungsindex der Nichtregierungsorganisation „Transparency International“ im Jahr 2016 Platz 15 von 176 untersuchten Ländern und zählt mit einer Bewertungspunktzahl von 77 zu den als „sehr sauber“ kategorisierten Untersuchungsräumen.1 Allerdings waren die Korruptionsraten nicht immer so niedrig. Bis in die Mitte der 1970er Jahre war Korruption in der britischen Kronkolonie weit verbreitet und aufgrund der politischen Struktur Hongkongs insbesondere im Verwaltungs- und Polizeiapparat angesiedelt. Besonders die alltägliche Kleinkorruption hatte ein extremes Ausmaß: Berichten Einheimischer zufolge war zum Beispiel eine Fahrerlaubnis gegen Zahlung eines Schmiergelds zu erwerben und Feuerwehrleute ebenso wie Krankenpfleger erwarteten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit Bestechungszahlungen von den Betroffenen.2 Eine Eindämmung wurde nach zahlreichen erfolglosen Versuchen erst durch eine Anti-Korruptionsoffensive ab den 1970er Jahren erreicht. Den Hintergrund für diese Kampagne bildete unter anderem das zunehmend beschädigte Ansehen Hongkongs, denn die internationale Berichterstattung über Hongkong beispielsweise in den britischen Medien bezog sich in diesem Zeitraum zu 70 Prozent auf die dort grassierende Korruption.3 Wie jedoch konnte die Korruption eingedämmt werden? Wie wandelte sich Hongkong von einer „korrupten Stadt“ in eine „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“? In diesem Beitrag wird argumentiert, dass die erfolgreiche Bekämpfung der Korruption sowohl auf Diskurs- als auch auf praktischer Ebene geschah. Unter Diskursebene wird hier verstanden, wie mit Bezug auf das Thema Korruption 1 2 3
Vgl. Corruption Perception Index von Transparency International, abrufbar unter: http:// www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2016 (letzter Zugriff am 28.01.2017). Vgl. Nigel Cameron, An Illustrated History of Hong Kong, Hong Kong etc. 1991, S. 314–315. Vgl. Ambrose Yeo-Chi King, An Institutional Response to Corruption: The ICAC of Hong Kong, in: Leung Chi-keung / J. W. Cushman / Wang Gungwu (Hrsg.), Hong Kong: Dilemmas of Growth, Canberra 1980, S. 115–128.
132
Anja Senz
gesellschaftlich akzeptiertes Wissen geschaffen wurde, welche Änderungen in der Bedeutungszuschreibung zu Korruption erfolgten und wie über die sprachliche Ebene eine Realität der Korruptionsbekämpfung erzeugt wurde. Der Begriff des Diskurses bezieht sich hierbei also auf eine strukturierende kommunikative Praxis.4 Die praktische Ebene bezieht sich auf die konkreten Akteure und Träger der Korruptionsbekämpfung, ihre Handlungsmöglichkeiten und Ressourcen sowie den langsamen Umbau von „korruptionsanfälligen“ zu transparenten Verwaltungsstrukturen. ZUM VERSTÄNDNIS VON KORRUPTION Unter Korruption als sozialem Phänomen verstehe ich, der Definition von Transparency International folgend, den Missbrauch anvertrauter Macht zu privatem Vorteil.5 Spezifischer sind juristische Definitionen, die länderspezifisch beispielsweise Aspekte von Bestechlichkeit und Vorteilsannahme beinhalten: In Hongkong gehen erste gesetzliche Regelungen zu Korruption bereits auf das Jahr 1898 zurück. Dies ist ein Hinweis darauf, dass sich Korruption als langfristige Fehlfunktion der kolonialen Verwaltung äußerte. Eine eigene lokale, vom englischen Recht abweichende Gesetzgebung datiert jedoch erst aus den 1960er Jahren, als eine zu diesem Zwecke eingerichtete Kommission nach dem Vorbild Singapurs und Ceylons die Prevention of Bribary Ordinance erarbeitete. Diese trat 1971 in Kraft und ist bis heute mit einigen Zusätzen gültig.6 Rechtlich bedeutet Korruption in Hongkong eine Vorteilsannahme. Drei Personenkreise werden dabei unterschieden: Beamte, Angehörige des öffentlichen Dienstes und Angestellte in Privatunternehmen.7 Der Begriff des Vorteils ist definiert als Annahme von Geldbeträgen, Geschenken, Darlehen, Belohnungen, Provisionen, Verträgen, Dienstleistungen, Gefälligkeiten, Anstellungen (Arbeitsplatz), offiziellen Positionen und der Entlastung von Verbindlichkeiten, unabhängig davon, ob sie in einem Teil oder in mehreren Teilen verfügbar werden. Das Hongkonger Gesetz enthält ferner einen Paragraphen zur Erklärungspflicht von Eigentums- bzw. Besitzverhältnissen sowie früheren bzw. aktuellen Einkünften aus öffentlichen Ämtern. „Unexplained property“ kann demnach bestraft werden. Inte4 5 6
7
Vgl. Peter Ullrich, Diskursanalyse, Diskursforschung, Diskurstheorie: Ein- und Überblick, in: Ulrike Freikamp (Hrsg.), Kritik mit Methode? Forschungsmethoden und Gesellschaftskritik, Berlin 2008, S. 19–31. Vgl. Transparency International, How do you define corruption? https://www.transparency. org/what-is-corruption/#define (letzter Zugriff am 29.09.2016). Vgl. Kuan Hsin-chi, Anti-Corruption Legislation in Hong Kong, A History, in: Rance P. L. Lee (Hrsg.), Corruption and Its Control in Hong Kong, Situations Up to the Late Seventies, Hong Kong 1981, S. 15–43 sowie Prevention of Bribery Ordinance, Hong Kong, http://www.legislation.gov.hk/blis_pdf.nsf/6799165D2FEE3FA94825755E0033E532/ 660A25EA15B8C9D6482575EE004C5BF1/$FILE/CAP_201_e_b5.pdf (letzter Zugriff am 29.09.2016). Aufgrund der kolonialen Struktur kam der Legislative nur geringe politisch Bedeutung zu. Die Pflichten von Abgeordneten sind gesondert geregelt.
Hongkong: Vom „Hort der Korruption“ zur „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“ 133
ressant ist auch die Festlegung, dass soziale Gewohnheiten (wie etwa Geschenke zu chinesischen Feiertagen) bei Gesetzesverstößen keinen mildernden Umstand darstellen. Für die Korruptionsermittlung besonders relevant sind zudem Paragraphen, die die Beweislast auf den Angeklagten übertragen und die Verweigerung einer Auskunft über die finanzielle Situation eines Verdächtigen unter Strafe stellen. Der Strafkatalog reicht von Bußgeldern über die Beschlagnahmung von Eigentum bis zu Gefängnisstrafen. ERKLÄRUNG VON KORRUPTION IN DER THEORIE Theoretische Entwürfe der Korruptionsforschung benennen Entstehungshintergründe und Folgen von Korruption. Eine allgemeine Theorie zur Korruption liegt nicht vor. Dies erklärt sich aus der Vielzahl verschiedener politischer Ordnungssysteme, Epochen und Formen, in denen Korruption auftritt.8 Im Weiteren soll Korruption in Hongkong in Anlehnung an soziologische Erklärungsansätze als Resultat einer Divergenz zwischen Regierung und Gesellschaft verstanden werden, beispielsweise insofern, als formale Gesetze nicht mit den sozialen Einstellungen der Bevölkerung übereinstimmen. McMullan erklärt Korruption in diesem Sinne durch „[…] a wide divergence between the attitudes, aims and methods of the government of a country and those of the society in which they operate, in particular of the procedures and aims of the government which put particular groups of the population at a special disadvantage.”9 Korruption kann damit auch als Reaktion auf spezifische Benachteiligungen interpretiert werden. Im Fallbeispiel Hongkong spiegeln sich kulturelle Differenzen etwa zwischen den britischen Kolonialherren und der chinesischen Bevölkerung im Prozess der Gesetzesformulierung und -durchsetzung wider: Der traditionellen chinesischen Geschenkpraxis, die der Beziehungspflege dient10, versuchte man ab den 1960er Jahren mit Hilfe diverser Verwaltungsvorschriften zu begegnen. Diese Vorschriften machte das Annehmen eines Geschenkes abhängig von dem Grad der persönlichen Beziehung zwischen dem Beschenkten und dem Schenkenden, dem Wert und dem Anlass des Geschenkes sowie der Zustimmung durch den Vorgesetzten. Da in der chinesischen Auffassung Freundschaft und Verwandtschaft offensichtlich viel weitläufiger verstanden wurden als nach Ansicht der britischen Kolonialherren, können Versuche der expliziten Definition gesetzlich gültiger Familien- und Freundschaftsbeziehungen als „koloniales Divergenzmanagement“ interpretiert werden. Ein koloniales Gefälle bestand auch bei dem Kenntnisstand von Gesetzen und der Amtssprache, was Teile der einheimischen Bevölkerung viele Jahrzehnte benachteiligte. Zu den Gesetzen, die nur wenig Zustimmung in der Gesellschaft fanden, gehörte auch das Verbot des beliebten und 8 9 10
Vgl. Arnold J. Heidenheimer / Michael Johnston / Victor LeVine (Hrsg.), Political Corruption. A Handbook, London etc. 1997. M. McMullan, A Theory of Corruption, in: The Sociological Review, 9, 1961, S. 184 f. Vgl. Mayfair Mei-hui Yang, Gifts, Favors and Banquets: the Art of Social Relationships in China, Ithaca 1994.
134
Anja Senz
gesellschaftlich anerkannten Glücksspiels, dessen gesetzliche Regelung darüber hinaus inkonsistent war, da das private Glücksspiel untersagt, die staatliche Lotterie jedoch erlaubt war.11 Solche Widersprüchlichkeiten höhlten nicht nur tendenziell das Gesetzessystem aus, sondern brachten auch eine große Anzahl von Personen in die ‚Reichweite‘ korrupter Polizisten, die gegen ein Entgelt über den Verstoß hinwegzusehen bereit waren bzw. Schweigegeld erpressten. Doch während die diversen frühen Maßnahmen der Korruptionsbekämpfung in Hongkong auf eine Verhaltensnormierung der chinesischen Gesellschaft abzielten, blieben die Versuche einer Disziplinierung der kolonialen Verwaltung zunächst halbherzig. ENTWICKLUNG DER KORRUPTION IN HONGKONG: DIE MEILENSTEINE 1974 UND 1997 Die britische Kolonialregierung hatte mit dem 1971 ernannten und als reformwillig bekannten Gouverneur MacLehose an der Spitze versucht, durch die Formulierung eines Korruptionsgesetzes sowie die Einrichtung eines polizeiinternen Anti-Korruptionsbüros das Fehlverhalten in der Verwaltung zu bekämpfen. Die Maßnahmen zeigten tatsächlich mit der Aufdeckung zahlreicher Korruptionsfälle zunächst Wirkung. Im Jahre 1973 kam es jedoch zu einem schweren Korruptionsskandal, in dessen Zusammenhang die enge Anbindung des Anti-Korruptionsbüros an die Polizeikräfte, in deren Reihen die Korruption besonders verbreitet war, von einer aufgebrachten Öffentlichkeit kritisiert wurde. Was war passiert? Der englische Police Chief Superintendent Godber hatte gemäß geltender Rechtslage die Aufforderung erhalten, innerhalb von sieben Tagen eine schriftliche Erklärung zur Herkunft der in seinem Besitz befindlichen Geldbeträge vorzubereiten. Das Anti-Korruptionsbüro hatte in zweijähriger Recherche aufgedeckt, dass er über 4,3 Mio. HK-Dollar auf Bankkonten in sechs verschiedenen Ländern besaß – eine Summe, die sein gesamtes Einkommen aus 20 Jahren Polizeidienst um das Sechsfache überstieg. Vier Tage später aber gelang ihm und seiner Frau die Flucht nach London, wo das zwischen seinem legalen Einkommen und dem realen Besitz festgestellte Missverhältnis keinen Straftatbestand darstellte. Die Hongkonger Öffentlichkeit war schockiert, es kam zu Protesten und Ausschreitungen, eine Initiative namens „Arrest Godber“ gründete sich. Die Presse warf dem Anti-Korruptionsbüro Fluchthilfe vor und thematisierte mit dem Vorwurf der scheinbaren Schonung britischer Kolonialbeamter auch das öffentliche Misstrauen gegen die Behörden.12 Als Folge dieses Skandals beschloss die Regierung im Jahre 1974 die Gründung einer neuen, polizeiunabhängigen Organisation zur Korruptionsbekämpfung, die nur dem Gouverneur berichten sollte. Der englische Name Independent Commission Against Corruption (ICAC) betonte diesen Gedanken der Unabhängigkeit, während der chinesische Name – bestehend aus vier symbolträch11 12
Vgl. Kuan Hsin-chi, Anti-Corruption, S. 15 ff. Vgl. Stephan Davies / Elfed Roberts, Political Dictionary for Hong Kong, Hong Kong 1990, S. 209 ff.
Hongkong: Vom „Hort der Korruption“ zur „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“ 135
tigen Schriftzeichen (lianzheng gongshu) – dem Wortsinn nach Ehrlichkeit, Fairness und saubere Politik bedeutet. Die chinesische Bevölkerung Hongkongs sollte mit diesem Namen somit von Beginn an die Idee der Unbestechlichkeit und Redlichkeit assoziieren. Mit der Gründung dieser Kommission begann auf der praktischen und diskursiven Ebene eine Erfolgsgeschichte in der Bekämpfung der Korruption. Allerdings führte die radikale Aufdeckung von Korruptionsdelikten durch die neue Kommission zu schwerem Protest überführter Täter. Insbesondere in der Polizei regte sich so heftiger Widerstand, dass die Regierung schließlich eine partielle Amnestie erließ, die minderschwere, vor 1977 begangene Delikte straffrei stellte. Damit konnte die von Demonstrationen und Gewalttätigkeiten erschütterte öffentliche Ordnung wieder hergestellt und die übrige Gesetzeslage sowie die grundsätzliche Arbeitsweise der ICAC beibehalten werden.13 STRUKTUR UND AUFGABEN DER INDEPENDENT COMMISSION AGAINST CORRUPTION (ICAC) Die ICAC ist heute eine technisch und personell gut ausgestattete Behörde mit ca. 1.200 Mitarbeitern. In der Gründungsphase jedoch standen zunächst nur wenige Fachkräfte zur Verfügung. Daher wurden ehemalige Polizeibeamte aus England sowie junge, gut gebildete Hongkong-Chinesen rekrutiert, die eingehend überprüft und durch Fortbildungen auf die neue Aufgabe vorbereitet wurden. Zeitverträge, die erst nach genauer Leistungskontrolle verlängert wurden, und eine um 10 Prozent höhere Besoldung gegenüber Beamten gleichen Ranges sollten die Qualität des Mitarbeiterstabes sichern. Ein spezieller Paragraph der Kommissionssatzung gestattete dem Kommissionspräsidenten die Entlassung eines Beamten zu jeder Zeit ohne Angabe von Gründen. Ein strikter interner Verhaltenskodex formulierte die Ansprüche der Kommission an ihre Mitarbeiter.14 Ziel war es, eine nach rationalen Prinzipien arbeitende Organisation frei von Korruption aufzubauen, die für die übrige Verwaltung eine Vorbildfunktion würde übernehmen können. Neben internen Kontrollen wurden außerdem Beratungskomitees eingerichtet, deren meist hochqualifizierte und erfahrene Mitglieder Anregung und Kritik zur Arbeit der Kommission vorbringen konnten. Die ICAC verfolgte seit Gründung einen dreiteiligen Ansatz aus Strafverfolgung, Aufklärung und Prävention, der sich auch in ihrer Struktur widerspiegelt:15 1. Ermittlungsabteilung Die schonungslose Aufdeckung und das harte Durchgreifen gegen Verdächtige sollte von Beginn an unter den Tätern die Angst vor Entdeckung und Bestrafung schüren. Die Kommission nahm den Kampf gegen die Korruption in allen Ebenen von Polizei 13 14 15
Vgl. Nigel Cameron, An Illustrated History of Hong Kong, Hong Kong etc. 1991, S. 314 f. Vgl. Bertrand de Speville, Hong Kong -Policy Initiatives Against Corruption, Paris 1997. Für Details vgl. die Website der Independent Commission Against Corruption, abrufbar unter: http://www.icac.org.hk/en/home/index.html (letzter Zugriff am 29.09.2016).
136
Anja Senz
und Verwaltung auf und verschonte auch hochrangige Beamte nicht. Hiervon ging eine starke Signalwirkung für die Gesellschaft sowie die Polizei- und Verwaltungsangehörigen dahingehend aus, dass die Zeit der gefahrlosen Bereicherung beendet war. Die Ermittlungsarbeit der ICAC konzentrierte sich zunächst auf die stark verbreitete Alltagskorruption, die besonders im Bereich der Polizeikräfte über zahlreiche Syndikate organisiert war. Anzeigen aus der Bevölkerung bildeten eine wichtige Basis für die Aufdeckung. Hotlines und sieben über die Stadt verteilte Regionalbüros dienten und dienen bis heute als öffentliche Anlaufstellen für Korruptionsmeldungen. 2. Abteilung für Öffentlichkeit Zu einem zweiten wichtigen Bereich der Anti-Korruptionsarbeit wurden die Außendarstellung der Kommission, die Dokumentation der Erfolge in der Korruptionsaufdeckung sowie die Aufklärung der Bevölkerung über Korruption. Der damit verbundene Bildungsauftrag erstreckt sich auf alle Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen, die in Schulungen für das Thema Korruption sensibilisiert, über die Gesetzeslage sowie Korruptionsursachen und -folgen informiert und für den Umgang mit Situationen, die in Korruption münden könnten, trainiert werden. Auch Unternehmen können ihre Mitarbeiter schulen lassen. Die ICAC bemüht sich ferner um eine Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung. Die Menschen sollen zum einen wissen, was Korruption ist und an wen sie sich wenden können, falls sie mit Korruption in Berührung kommen; zum anderen sollen sie über die negativen Folgen der Korruption aufgeklärt werden. Auch die Erinnerungen an die bis in die frühen 1970er Jahre grassierende Korruption und alle Schattenseiten sollen wachgehalten werden. Diese Arbeit der ICAC bezieht Schulen und Universitäten ein und so werden zum Beispiel spezielle Unterrichtsmaterialien bereitgestellt, die Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Thema Korruption nahebringen. Mit diesen Maßnahmen wurde der öffentliche Diskurs in Hongkong nachhaltig geprägt und die Perspektive auf Korruption verändert. 3. Präventionsabteilung Die dritte Säule der Hongkonger Korruptionsbekämpfung bildet die Prävention. Dahinter steht die Einsicht, dass strukturelle Defizite in Organisationen Gelegenheiten und Anreize für Korruption bieten, die durch eine Verbesserung der Arbeitsabläufe und mehr Transparenz beseitigt werden können. Demzufolge werden von der Präventionsabteilung Praktiken und Verfahrensweisen sowohl für den öffentlichen als auch den privaten Sektor unter dem Gesichtspunkt des Korruptionsrisikos geprüft. Die von der ICAC durchgeführten Studien schlagen beispielsweise genau definierte Arbeitsplatzbeschreibungen sowie klare Verfahrensabläufe vor, die sich mit den zur Verfügung stehenden Zeitkontingenten im Einklang befinden. Wirtschaftlich oder verfahrenstechnisch unnötige Reglementierungen hingegen sollen abgebaut werden. Während staatliche Einrichtungen gegenüber der ICAC eine Offenlegungs- und Erklärungspflicht haben und vorgeschlagene Maßnahmen der Prä-
Hongkong: Vom „Hort der Korruption“ zur „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“ 137
ventionsabteilung umsetzen müssen, wird die Kommission im privatwirtschaftlichen Bereich nur auf Anfrage beratend tätig. Zusammenfassend trugen zahlreiche Aspekte dazu bei, Korruption in Hongkong nachhaltig zu bekämpfen: – die vorbehaltlose Aufdeckung der Korruption, die auch vor „hohen Tieren“ nicht zurückschreckte und das Risiko der Entdeckung erhöhte, – die Aufklärung der Bevölkerung darüber, dass Korruption kein quasi selbstverständliches und verbreitetes Übel ist, dem man hilflos ausgeliefert ist, – die Reduzierung von Gelegenheiten und Motiven für Korruption durch Umstrukturierungen der Verwaltung sowie Veränderungen der Rekrutierungs- und Besoldungssysteme. Durch die Behandlung der Korruption als Problem (schwacher) staatlicher Organisation wurde das Phänomen „entmystifiziert“ und damit auch die einstige koloniale Sichtweise abgelöst, welche Korruption als durch die chinesische Kultur begründet bzw. als individuelles moralisches Fehlverhalten interpretiert hatte. NEUE HERAUSFORDERUNG: DER SOUVERÄNITÄTSWECHSEL 1997 In den 1980er Jahren konnte die Korruption in Hongkong eingedämmt und auf niedrigem Niveau konsolidiert werden. Doch stellten die Übergabevorbereitungen an die VR China die Stadt vor neue Herausforderungen: Die offizielle Vereinbarung (1984) zwischen Großbritannien und der VR China über die Übergabe Hongkongs im Jahre 1997 verunsicherte die Hongkonger Bürger stark. Unklar war, ob die bisherigen ökonomischen und politischen Strukturen würden fortbestehen können und ob die relativen Freiheiten, die die Hongkonger unter der Kolonialregierung genossen hatten, auch nach 1997 garantiert würden.16 Die schlechte Reputation der VR China im Hinblick auf Korruption löste in der Öffentlichkeit Besorgnis aus, erschien Korruption doch als eine Art ‚infektiöse Krankheit‘, an der sich Hongkong durch die Übergabe ‚anstecken‘ könne.17 Hinzu kam, dass die Hongkonger Verwaltung infolge einer erforderlichen sogenannten „Lokalisierung“ – also der Ersetzung englischer durch einheimische Beamte – starken Veränderungen unterworfen wurde. Dadurch verloren die Behörden zunächst erfahrenes und kompetentes Personal. Um das Korruptionspotenzial zu begrenzen, wurden großzügige Vorruhestands- und Abfindungsregelungen eingeführt, die Besoldungs- und Pensionsverordnung im Einvernehmen mit China gere-
16 17
Vgl. Georg Blume, Eine Stadt duckt sich, in: Die Zeit, 04.07.2002, sowie Lu Jia, Gangren you xin tanwu wenti shenyu zheng zhi [Die Hongkonger sorgen sich mehr um die Korruption als um die Politik], in: Zhongguo Shibao, 27.06.1997, S. 10. Vgl. Anja D. Senz, Korruption in Hongkong. Eine Analyse zum Zusammenhang von Souveränitätswechsel und Korruptionsentwicklung, Hamburg 2003, S. 76 ff.
138
Anja Senz
gelt, das Amt eines Ombudsmannes eingeführt und umfangreiche Personalschulungen für neue Mitarbeiter durchgeführt.18 Ferner prägten starke sozioökonomische Veränderungen die 1990er Jahre. So schuf die wachsende Integration Hongkongs in den südchinesischen Wirtschaftraum durch ansteigenden Grenzverkehr und Warenumschlag neue Gelegenheiten zur Korruption im Kontext des Schmuggels an Hongkongs Grenzen.19 Auch zunehmende Verflechtungen zwischen Hongkong und der VR China sowie chinesische Investitionen in der Sonderwirtschaftsregion erhöhten das Korruptionspotenzial, weil viele chinesische Investoren mit den gesetzlichen Bestimmungen zu Korruption in Hongkong nicht vertraut waren bzw. in der VR China Privilegien genossen, an denen sie sich auch in Hongkong orientierten. Zudem stieg die Zahl der festlandchinesischen Immigranten. Hierzu zählten Menschen, die zu ihren Verwandten in Hongkong übersiedelten, chinesische Arbeitskräfte sowie illegale Einwanderer.20 Als Folge dieses Zuzugs verfügte eine wachsende Zahl von Menschen in Hongkong nicht über den gleichen Erfahrungshorizont und Kenntnisstand bezüglich Korruption. Insgesamt nahmen Gelegenheiten und Anreize für Korruption in dieser Phase zu und schlugen sich auch tatsächlich in einem Anstieg der Korruption nieder. Sie konnten durch Verwaltungsreformen sowie eine aktive Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit der ICAC aber relativ erfolgreich aufgefangen werden.21 DER KORRUPTIONSDISKURS Die öffentliche Wahrnehmung von Korruption in Hongkong wird maßgeblich durch die Arbeit der ICAC beeinflusst. Neben der medialen Berichterstattung zu Korruptionsfällen und deren Aufdeckung wurden seit Gründung beispielsweise originell gestaltete Anti-Korruptionsplakate überall großformatig in der Stadt ausgehängt. Es wurden TV-Spots gegen Korruption geschaltet und seit 1975 wird eine Unterhaltungsserie im Fernsehen („ICAC Investigators“) ausgestrahlt, in der ICAC-Ermittler basierend auf – wie es heißt – echten Korruptionsfällen Delikte aufdecken. Dem Publikum wird damit zum einen die Strafbarkeit bestimmter Handlungen demonstriert, zum anderen wird die Kompetenz der ICAC unter Beweis gestellt und schließlich auch Sympathie für die Ermittler geweckt. Die Serie erfreut sich bis
18 19 20 21
Vgl. John Burns, The Hong Kong Civil Service in Transition, in: Journal of Contemporary China, 20, 1999, S. 67–87. Vgl. Markus Taube, Hongkong und Guangdong: Konkurrenten oder Wachstumspartner?, in: Gunther Bös / Roderich Ptak (Hrsg.), Hongkong, Macau, Südchina: Wandel und Wachstum, Köln 1999, S. 70–92. Vgl. Maureen Pao / Frank Ching, Immigrant Dreams. Newcomers’ Struggle Is Made Harder by Prejudice, in: Far Eastern Economic Review, 162, 1999, S. 13. Vgl. Nicola Ehlermann-Cache, Hong Kong: la lutte contre la corruption porte ses fruits, in: L’Observateur OCDE, 19.07.2000.
Hongkong: Vom „Hort der Korruption“ zur „Hauptstadt der Korruptionsbekämpfung“ 139
heute hoher Einschaltquoten und wird zur besten Sendezeit ausgestrahlt.22 Umfragen belegen, dass ‚Mission‘ sowie die diversen Angebote der Kommission in der Öffentlichkeit bekannt sind. Insgesamt ist damit ab den 1970er Jahren ein Umfeld geschaffen worden, in dem der Begriff Korruption klar definiert ist und die potenziellen negativen ökonomischen und gesellschaftlichen Auswirkungen bekannt sind. Korruption ist in der öffentlichen Bewertung damit kein Kavaliersdelikt, sondern ein schwerer Verstoß gegen die sozialen Spielregeln, über dessen ‚Nebenwirkungen‘ kein Zweifel besteht. Nicht zuletzt wird auch die Erinnerung an das frühere Ausmaß der Korruption zur Mobilisierung der gesellschaftlichen Zustimmung und Unterstützung für die Arbeit der Kommission sowie zur Sensibilität der Bevölkerung für das Thema Korruption genutzt.23 ZUSAMMENFASSUNG Die Ausführungen haben gezeigt, dass die Stadt Hongkong im 20. Jahrhundert zunächst durch ein hohes Maß an Korruption, verbunden mit einem schlechten Image, gekennzeichnet war. Nach mehreren zunächst nur wenig effektiven Versuchen der Eindämmung wurden ab den 1970er Jahren erfolgreiche Maßnahmen eingeleitet. Auf der praktischen Ebene wurde der Weg einer institutionalisierten Korruptionsbekämpfung mit Hilfe einer spezifischen Anti-Korruptionsorganisation beschritten. Aufdeckung, Sanktionierung, Abschreckung sowie Präventions- und Bildungsarbeit sind zentrale Elemente des erfolgreichen Hongkonger Kampfes gegen die Korruption und haben die ICAC weltweit als professionell agierenden ‚Korruptionsjäger‘ bekannt gemacht. Daneben spielen auch administrative Reformen für transparentere Verwaltungsstrukturen, die Interessenskonflikte vermeiden, eine Rolle. Die Gesetzgebung, die die diversen Erscheinungsformen von Korruption in den Blick nimmt und Instrumente zu deren Aufdeckung und Bestrafung bereitstellt, ist ein weiterer wichtiger Faktor. Auf der Diskursebene veränderten sich im Zuge des Kampfes gegen die Korruption Verständnis und Perspektiven auf die Ursachen und Hintergründe des Phänomens. Als gefährliches Übel gebrandmarkt, wird Korruption heute in Hongkong erfolgreich bekämpft. Hierzu gehört auch der Perspektivwechsel im Hinblick auf mögliche Korruptionsgründe weg von einer (kolonialen) Unterstellung ‚kollektiver kultureller Eigenheiten‘ (‚chinesische Geschenkkultur‘) oder ‚individuellen moralischen Versagens‘ (‚Gier‘) hin zu einer Orientierung an und dem Erlernen von Spielregeln, die allerdings nur im Rahmen funktionsfähiger, transparenter Strukturen verbindlich Wirkung entfalten können. Als Korruptionsursachen gelten heute 22 23
Vgl. die Website der Independent Commission Against Corruption, insbesondere: New ICAC drama series to hit screen this month, http://www.icac.org.hk/en/pr/index_uid_1811.html 13.04.2016, (letzter Zugriff am 29.09.2016). Vgl. Anja Senz, Hongkong – Modellfall erfolgreicher Korruptionsbekämpfung?, in: Gottfried Schwitzgebel / Verena von Nell / Matthias Vollet (Hrsg.), Korruption im internationalen Vergleich, Wahrnehmungen, Interpretationen, Reaktionen, Wiesbaden 2006, S. 136 ff.
140
Anja Senz
unklare Prozedere, mangelnde oder unspezifische Regeln, fehlende (administrative) Transparenz und Interessenkonflikte. Anti-Korruptionsarbeit zielt darauf ab, diese sichtbar zu machen und die Rahmenbedingungen positiv im Sinne einer Reduzierung von Korruptionsgelegenheiten und -anreizen zu verändern. Mit ihrem mehrdimensionalen Ansatz der Korruptionsbekämpfung erfährt die Stadt Hongkong heute eine positive Wahrnehmung. Die zuständige Kommission ist Ausrichter internationaler Konferenzen und unterhält viele internationale Kooperationen. Insofern ist Hongkong zum Modell und ‚best-practice-Beispiel‘ für andere Länder geworden.24
24
Vgl. Luís de Sousa, Anti-corruption agencies: between empowerment and irrelevance, in: Crime, Law and Social Change, 53, 2010, S. 5–22.
IMAGES
THE GILDED AGE CITY IN AMERICAN POLITICAL DISCOURSE AND LORE Alan Lessoff “Come let us build ourselves a city” announces the Bible’s origin myth of Babylon, the unholy city.1 In the United States, dichotomies of unholy and holy cities – of the civic righteousness and unrighteousness – pervaded argument and exhortation over urbanization, the urban environment, and urban life, even among non-believers and non-Protestants. “Every city has been a Babylon, and every city has been a New Jerusalem”, proclaimed Social Gospel editor and minister Lyman Abbott around the turn of the century. “The greatest corruption, the greatest vice, the greatest crime are to be found in the great city”, as were, Abbott continued, “the greatest philanthropy, the greatest purity, the most aggressive and noble courage.”2 Forms of expression and judgment rooted in evangelical attitudes and language persisted even in secular and modernist accounts of American cities and urbanization. This essay illustrates that pattern by sketching how the term “Gilded Age” became attached to those decades in the late nineteenth century when rapid urbanization, catalysed by industrial capitalism and peopled by mass immigration, became the defining force in American politics, culture, and life. In both popular and academic parlance, “Gilded Age” connotes an era of gaudy, heedless corruption. The juxtaposition of “Gilded Age” to “Progressive Era” – the term applied to the period of diverse, often contradictory movements for social and governmental reform that followed the “Gilded Age” – offers a well-known example of how Americans are inclined to conceptualize their history as a recurring melodrama in which the nation succumbs to false gods and their temptations but then experiences an awakening and returns to a righteous path. The broad appeal of this mindset has in recent decades made the notion of a “New Gilded Age” or “Second Gilded Age” into a powerful rhetorical device – resorted to by both academic and popular writers – for denouncing seemingly analogous ills in the present-day United States.3 1 2 3
Genesis 11:4 (New Revised Standard Version). Abbott quoted in Josiah Strong, The Challenge of the City, New York 1907, frontispiece. Reference found in Steven Conn, Americans against the City. Anti-Urbanism in the Twentieth Century, New York 2014, p. 16. Standard works on how evangelical attitudes shaped American responses to industrial urbanization, even among secularized intellectuals and activists: Paul Boyer, Urban Masses and Moral Order in America, 1820–1920, Cambridge 1978; Robert M. Crunden, Ministers of Reform. The Progressives’ Achievement in American Civilization, 1889–1920, New York 1982. For a similar critique, James Livingston, The Myth of a “Second Gilded Age”, in: Chronicle of Higher Education 62 (5.2.2016), B4–B5.
144
Alan Lessoff
THE CITY, PROBLEM OF THE AGE These decades in the late nineteenth century represented the turning point in the federal republic’s transformation into a continent-spanning, industrial capitalist empire. The type of industrial capitalist development that the country underwent – based on an enormous, intricate internal market woven together by rail networks and river systems – forced the United States, with its self-image as a small-townbased republic, into a confrontation with the city. The city is “no longer […] an incidental problem”, remarked Frederic Howe, the best-known American urban affairs writer of the early twentieth century. “It has already become the problem of our society and the measure of our civilization.”4 In 1899, American economist Adna Weber gained international attention for The Growth of Cities in the Nineteenth Century: A Study in Statistics, a 475-page compilation of maps, tables, and charts demonstrating “the concentration of population in cities” to have been “the most remarkable social phenomenon of the present century.”5 As in Germany and Britain, American figures were remarkable. In 1860, the United States had nine cities over 100,000 people and 16 over 50,000. The comparable figures for 1900 were 38 and 78. By the end of the century, around 30 million Americans, just under 40 percent of the population, lived in cities and towns, nearly the population of the entire country that fought the Civil War a mere four decades earlier. In keeping with the trans-Atlantic outlook of U. S. social science and public affairs thought in the decades before World War I, Howe, Weber, and their contemporaries emphasized American urbanization as a part of a worldwide phenomenon. These authors, like nearly all major figures during the formative years of professional urban scholarship and planning, had studied or travelled extensively in Germany, France, and Britain and saw their mission as adapting to the United States concepts and policies encountered overseas. Howe introduced Americans to European innovations in town planning and municipal services in books such as The British City: The Beginnings of Democracy (1907), European Cities at Work (1914), and Socialized Germany (1915). A secular social democrat, Howe mostly stayed away from imagery of Babylon and Zion but nonetheless made a case that American cities could transform into democracy’s “hope”, a showcase of an open society’s potential to solve problems when “intelligently organized”. Weber likewise insisted that his data could serve as a tool in the better management of urbanization, a phenomenon that “touches or underlies most of the practical questions of the day.”6
4 5 6
Frederic Howe, The City, The Hope of Democracy, New York 1905, p. 9 f. Adna Weber, The Growth of Cities in the Nineteenth Century: A Study in Statistics, New York 1899, p. 1. Howe, The City (cf. n. 4). pp. 301, 313; Weber, Growth of Cities (cf. n. 5), p. 2. On the transatlantic context of Howe and other American analysts of urbanization, see Axel R. Schäfer, American Progressives and German Social Reform, 1875–1920, Stuttgart 2000, ch. 2; Daniel T. Rodgers, Atlantic Crossings. Social Politics in a Progressive Age, Cambridge 1998, ch. 4–5.
The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore
145
In tones ranging from sermon to science, nearly all American observers soon introduced the concept at the centre of this volume, “corruption.” Whatever their potential, cities at present were corrupt political and social entities that threatened the country’s morals and institutions. Their physical environment was corrupt, a menace to the people who lived there and to the nation’s health. They corrupted the moral sense and respectability of decent people who came to them. For the American city to take its place as a showcase of the innovative and humane potential of democracy, Howe argued, Americans would have to abolish “the big corruption”.7 Historians have at times interpreted this imagery – combined with the negligence with which Americans often treat the physical and human environments of their cities – as evidence that American culture harbours a “powerful tradition of anti-urbanism”, as philosophers Morton and Lucia White claimed.8 In the United States, when one encounters accusations that the society is deplorably “anti-urban”, it usually comes in the course of a plea or polemic on behalf of enhanced urban sensibility. Howe used the label “city sense” to describe this enhanced urbanity. By this, he meant a civic and spatial consciousness appropriate for the dense, collective life of modern cities, “the belief in the city as a home, as an object of public-spirited endeavor.”9 Americans irresponsibly refuse, argues historian Steven Conn in a recent reformulation of this type of attack upon the country’s alleged anti-urbanity, to acknowledge “the shared, public nature of urban life.”10 Specialists in the country’s urban history generally treat the notion of an enduring anti-urbanism as a misunderstanding, albeit a plausible one. For the most part, Americans do not seem to have harboured a more pervasive, intractable anti-urbanism than is apparent elsewhere in the West or the world. The concepts lumps too much together, limiting analysis of how people perceived and imagined the hazards and benefits of cities and city life at different stages of urbanization, what people thought was wrong with cities, and what they thought cities could and ought to become. At times, denunciations of the corrupt city did reveal an underlying aversion to urbanity. More often, they had the goal of inspiring a better American city, one that made creative use of the country’s rural- and small town-based institutions, traditions, and values. “People [flocking] together in great towns”, explained Frederick Law Olmsted in 1868, formed “the most prominent characteristic of the present period of civilization.” The landscape architect, a decisive figure in American urban design and thought, insisted upon urbanization as overwhelmingly a positive trend, one leading to “unprecedented movement of invention, energy, and skill”, while enabling democratic access to the arts, education, and other amenities and opportu-
7 8 9 10
Howe, The City (cf. n. 4), p. 3. Morton White / Lucia White, The Intellectual versus the City. From Thomas Jefferson to Frank Lloyd Wright, New York 31977, p. 3. Howe, The City (cf. n. 4), p. 239. Conn, Americans against the City (cf. n. 2), p. 7.
146
Alan Lessoff
nities formerly accessible only to “people of the greatest wealth.”11 In keeping with his romantic mindset, Olmsted did not intend as negations of the city features of his planning at times interpreted as anti-urban: the elaborate city parks, greenbelts, and parkways, the curvilinear street patterns, and the family-oriented suburbs with open plans and ample lawns. He intended these as devices for injecting into cities elements of nature and the small town so as to offset defects of the modern city while retaining its benefits. Straight lines made people hard, artificial, and domineering; curved lines left them healthy, natural, and humane. Without the softening influence of nature, cities overwhelmed residents, causing “vital exhaustion, nervous irritation and constitutional depression […] excessive materialism […] loss of faith and lowness of spirit.” A balanced urban environment would mitigate what Émile Durkheim later termed anomie.12 Howe identified the “City Beautiful” impulse that Olmsted helped inspire – the “determination to make the city a more beautiful as well as a more wholesome place to live” – as a precondition for his “city sense”. One might write off Olmsted’s strategy as a bourgeois attempt to inculcate Anglo-American behaviour and attitudes into immigrants and the working class, except that such views were expressed with equal fervour by popular-minded activists and commentators. Howe’s generation of progressive urban reformers, for example, repeatedly cited the inspiration they took from the labour radical Henry George, whose so-called single tax on real estate was largely intended to prompt construction of inexpensive single-family housing on the urban periphery. “The vast populations of these great cities are utterly divorced from all the genial influences of nature”, George insisted in 1883. People “must, under such conditions, deteriorate, physically, mentally, and morally.”13 Yet the context of mass immigration and industrial class conflict – against the background of Anglo American evangelicalism and romanticism – did mean that efforts to remake Babylon into Zion regularly reflected an ethnocentric, class-based agenda. Urban affairs professionals and policymakers did seek ways to perpetuate in unprecedented city environments Anglo-American traditions regarding civic responsibility, the public sphere, the family, domestic life, and private morals. Small towns and rural settings seemed to generate and sustain these values much more readily than cities. The career and writings of Social Gospel minister Josiah Strong illustrate the extent to which humanitarian endeavours could hinge upon anti-Catholicism and upon condescension to immigrant cultures. Among Olmsted’s inspirations and friends was child-welfare reformer Charles Loring Brace, whose sense 11 12 13
Olmsted quoted in Robert Fishman, Bourgeois Utopias: The Rise and Fall of Suburbia, New York 1987, p. 127; and in David Schuyler, The New Urban Landscape. The Redefinition of City Form in Nineteenth-Century America, Baltimore 1986, p. 168 f. Olmsted quoted in Thomas Bender, Toward an Urban Vision. Ideas and Institutions in Nineteenth Century America, repr. Baltimore 1982, p. 171. Howe, The City (cf. n. 4), p. 239; Henry George, Social Problems, repr. New York 1961, p. 234 f.; Lawrence M. Lipin, Nature, the City, and the Family Circle. Domesticity and the Urban Home in Henry George’s Thought, in: Journal of the Gilded Age and Progressive Era 13 (2014), pp. 305–335.
The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore
147
of mission to what he called the “dangerous classes” derived explicitly from his Protestant New England background. Brace argued for creating mechanisms to overcome the impersonality and alienation of “our artificial society”, to “bring the two ends of society together in human sympathy.”14 But he and others in the first generation of American urban reformers did imagine those interclass linkages as devices for reconstructing in the metropolis customary, small-town patterns of plebeian deference to patrician community leaders and in terms of the inculcation of Anglo-American influence. THE “GILDED AGE” AS URBAN MODERNITY Americans, in sum, did not recoil against the city per se. Both a professional and popular discourse came to identify a particular form of industrial capitalist urbanization as corrupt and corrupting, the form of development evoked by the notion of a “Gilded Age”. The association between the Gilded Age and the city has had enduring consequences for how the United States has managed its troubled cities and the troubled aspects of all its cities. Some of the reasons for this derive more from political economy than political culture. Almost uniformly, U. S. cities with the most nagging difficulties coalesced in terms of business institutions and practices and labour force structure amid the industrialization of the late 1800s. For a variety of geographic and structural reasons, these most troubled cities have not managed to reorient themselves toward new, increasingly global networks of information, commerce, and finance. More significant for this book’s theme, however, the identity of the era of urbanization as a Gilded Age, an era of corruption and golden calves, has put its mark on urban political culture and practice. The term derives from Mark Twain and his friend Charles Dudley Warner’s lively satire of the political and business scandals of the Ulysses S. Grant years, The Gilded Age: A Tale of Today. The Twain-Warner satire, published as a novel in 1873, achieved great success as a traveling stage production built around a fine comic character, Colonel Sellers, an ineffectual speculator and schemer based on one of Twain’s uncles. While the book and especially the play were well-known and highly regarded, contemporaries did not borrow the term “Gilded Age” as an overall label for their era. Of over 1,000 instances that I have reviewed in which “Gilded Age” appeared in newspapers and periodicals from the 1870s to World War I, only around 20 of these uses were general or generic. The rest amounted to direct or indirect references to the book or play. Before World War I, academic and popular historians attempting what Germans call Zeitgeschichte offered analytical frameworks based not in a label that evokes a melodrama of corruption as the era’s main theme. Instead, they stressed structural or political developments ranging from industrialism, technological change, and urbanization to the troubled legacy of the Civil War or the changing U. S. role in the 14
Brace quoted in Bender, Toward an Urban Vision (cf. n. 12), p. 151.
148
Alan Lessoff
world, all plausible places to begin.15 This alternative approach survived even after the notion of a Gilded Age began to prevail in vivid but overlooked histories such as Arthur Schlesinger Sr., The Rise of the City, first published 1933. Eschewing “Gilded Age” altogether, Schlesinger depicted the era as America’s version of the transnational encounter with “urbanization” as the “controlling factor in national life.”16 The term “Gilded Age” became commonplace in American discourse not in the late 1800s itself but in the aftermath of World War I as part of an intellectually modernist critique of cultural and economic modernity. The cultural critic Van Wyck Brooks gave it currency in his 1920 book, The Ordeal of Mark Twain. In this book, Brooks appropriated the title of the Twain-Warner satire as a motif that evoked how, in Brooks’s view, Twain’s own art became crushed between the contradictions of American Victorian culture: vulgar “lowbrow” commercialism on one side and stifling “highbrow” gentility on the other. The notion that a bifurcation into highbrow and lowbrow elements corrupted American culture came from one of Brooks’s earlier books, America’s Coming of Age (1915). The Gilded Age, Brooks asserted, represented “a vast unconscious conspiracy” against “the creative life”, a “dark jumble of decayed faiths, of unconfessed class distinctions, and repressed desires, of inarticulate misery.”17 As it initially came into wide usage, then, “Gilded Age” shared a great deal with retrospective attacks on pre-war materialism, sentimentality, complacency, and hypocrisy launched after World War I by the self-conscious modernists of Vienna, Weimar Berlin, and the Bloomsbury circle in London. As in Europe, postwar American modernists wove together a socio-political vision of capitalist corruption with an aesthetic and intellectual attack upon cultural aridity and decadence. The ability of “Gilded Age” to sum up such a comprehensive assault on urban industrial capitalism made it attractive to the two figures most responsible for fixing the way that Americans came to periodize the sweep of United States history on one side and modern urbanization on the other: Charles Beard and Lewis Mumford. A protégé and close friend of Brooks, Mumford wove the notion of a Gilded Age into innovative books in the 1920s and 1930s on American literature, art, architecture, urban design, and technology from Sticks and Stones (1924) through The Brown Decades (1931). At the time, magazine writers and book reviewers treated “Gilded Age” as an idea promoted by Mumford, who used it to root in U. S. history his preoccupations with the dehumanizing, alienating tendencies of the capitalist metropolis. Associated with the same New York intellectual circles as Brooks and Mumford, Charles Beard appropriated “Gilded Age” but gave it connotations that reflected his own emphasis on class conflict as progressive, a catalyst for political, social, and intellectual innovation. In a lengthy chapter entitled “The Gilded Age” 15 16 17
H. Wayne Morgan, “The Gilded Age: The First Generation of Historians”, unpublished SHGAPE Distinguished Historian address, Organization of American Historians, San Francisco, 18.4.1997 [copy in author’s possession]. Arthur Meier Schlesinger, The Rise of the City, 1878–1898, Chicago 21961, p. 79. Van Wyck Brooks, The Ordeal of Mark Twain, New York 1920, pp. 69, 71.
The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore
149
in The Rise of American Civilization, the bestselling interpretive synthesis that Beard wrote with his wife Mary, the authors conceded the garish vulgarity of the era’s plutocrats and the sterile gentility of much of the era’s arts. The Beards, however, highlighted the cultural and intellectual infrastructure underwritten by “the economic development of the Gilded Age”, universities, museums, publishing houses, academic associations, and so on. In contrast to Brooks and the early Mumford, the Beards depicted the late 1800s as a fertile era in political and social thought as well as in literature and the arts, the years that gave rise to social democracy and the Social Gospel, pragmatism, realism, naturalism, and much else.18 Given their different perspectives, it makes sense that the Beards would depict the Gilded Age as stormy but fertile, while Mumford would initially denounce it as dreary and dehumanizing, although Mumford later repudiated that assessment as immature and “querulous”.19 Beard and Mumford, however, shared the impulse to treat the Gilded Age as a “usable past”, another concept that entered American discourse through Van Wyck Brooks. Twain and Warner’s 1873 title could function, two generations later, as a device for reinterpreting the past so as to address presentday concerns and inspire action.20 Both authors were strong partisans of such a normative approach to history. As a Columbia professor in the early 1900s, Beard had worked with colleague James Harvey Robinson, to develop what they called, “the New History”, anti-objective in theory and method, explicitly engaged with contemporary issues. Mumford’s main intellectual legacy – embodied in his series of sweepingly ambitious books from Technics and Civilization (1934) through The City in History (1961) – was his creation of an explicitly normative historical scaffolding for a critical approach to mechanization and modern urbanism. The Great Depression provided the context for the shift of “Gilded Age” from modernist intellectual argument into platitude. As it did in the original TwainWarner satire, “Gilded Age” most directly evoked images of a corrupt alliance between unaccountable, manipulative politicians and unscrupulous, scheming businessmen. Popular histories such as Matthew Josephson’s The Robber Barons (1934) and The Politicos (1938) offered conclusions in their titles about by whom and how the country had been plundered and wrecked. “The Gilded Age”, wrote literary historian Vernon Parrington, brought “the political forces of America into harmony with the program of pre-emption and exploitation.” This set the stage for what he called “the great barbecue,” in which the continent’s resources were served in “Gargantuan” portions to “the important persons, leading bankers and promoters and business men.”21 Such depictions of the Gilded Age treated corruption as an explanation in itself rather than as a starting point for reflection and debate about how the 18 19 20 21
Charles Beard / Mary Beard, The Rise of American Civilization, New York 21930, Bd. 2, p. 434 f. Also, Nancy F. Cott, Two Beards: Coauthorship and the Concept of Civilization, in: American Quarterly 42 (1990), pp. 274–300. Lewis Mumford, The Golden Day, Boston 31957, p. xxii. Van Wyck Brooks, On Creating a Usable Past, in: The Dial 64 (11.4.1918), pp. 337–341. Vernon L. Parrington, Main Currents in American Thought, New York, 1927–30, Bd. 2, pp. 19, 23.
150
Alan Lessoff
country in the late 1800s struggled to understand and accommodate corporate industrialization and the modern city. THE GILDED AGE CITY AS CORRUPTION The notion of a Gilded Age took hold in large measure because it conformed to Americans’ providential sense of national time, an aspect of the so-called exceptionalist vision of U. S. history that regularly exasperates historians. Within discourses shared across the political spectrum, secular as well as religious, American history can appear as the unfolding of a story, a revelation of meaning in and to the modern world. The Civil War offered expiation for the sins of slavery and much else, but the nation in the Gilded Age turned to vulgar materialism wrapped in empty sentimentalism. Reformers of the Progressive Era described their enterprise in terms of a popular awakening. But their measures to strangle corruption and return the people to a better path fell short, leading to a more devastating collapse in the Great Depression, which appropriately followed the hedonistic heedlessness imputed to the Jazz Age. The image of the Gilded Age as an era defined by corruption thus amounts an example of how myths about the meaning of national history become projected onto a country’s historical narratives and how such myths then become historical forces on their own account. Basic to understanding corruption’s role in the political discourse of the late 1800s itself and in the subsequent discourse of the Gilded Age is the concept’s malleability, the way that notions of corruption shift and evolve in relation to changing hopes and standards. Research suggests that during the decades after the Civil War, American urban government and American government overall were not especially corrupt or ineffectual by historical standards, though the system did harbour plenty of influence-peddling, pervasive conflicts of interest, and routine, self-serving manipulation by the powerful and wealthy.22 Instead, the charge of corruption became a vehicle for expressing dissatisfaction and rallying people to causes, a pattern inherent in the western concept of corruption. The accusation of corruption served as a catalyst for political and policy innovation. In the drama of history as perceived by Americans, to awaken, the people need to feel that they have strayed. At the urban level, rapid development amid mass immigration and potentially explosive class conflict created unprecedented demands for public works and services, everything from transit, paved streets, clean water, and sewerage to professionalized building and health departments and upgraded schools, police, and fire departments. Administrative mechanisms did not exist for the reliable accounting of increasing public expenditures or for ensuring the effectiveness and durability of projects for which municipalities took on huge debts. If nineteenth-century urban government on both sides of the Atlantic seemed decrepit, jerry-rigged, and unsatisfactory – that is to say, corrupt – the main cause was the unprecedented nature of 22
Jon Teaford, The Unheralded Triumph: City Government in America, 1870–1900, Baltimore 1984; Mark Summers, The Era of Good Stealings, New York 1993.
The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore
151
the modern city, surely the most socially and technically complex environment created by humanity to that time. Meanwhile, the circumstances in which the American urban network coalesced – the fierce competition between cities for migrants, transportation, and public and private investment – fostered an intense version of the long-standing American tendency toward commercial-civic or “booster” local politics, in which the public sector became intertwined with private interests in the name of promoting development. In an era of massive public works contracts, of large-scale municipal entry into financial markets, and of enhanced pressure for effective regulation of housing and working conditions, food safety, and public health, the country’s customary muddying of the line between the public sector and private interests came to seem threatening and corrupting in a way that it never had before. On top of all that, labour, small homeowners and businesspeople, ethnic neighbourhoods, and eventually racial minorities all promoted municipal politicians responsive to and if possible representative of their groups. In Chicago, New York, and elsewhere, working-class and ethnic groups put intense pressure on city governments to rein in the police, who both in times of labour strife and from day-today functioned as agents of order against the urban poor, rather than as a public service for their protection. Ethnic and working-class neighbourhoods experienced abusive, exploitative policing as a blatantly oppressive form of corruption. The terminology that emerged in the late 1800s to describe organized corruption in urban politics – “boss” and “machine” – began as metaphors intended to discredit as vulgar and unrespectable the working-class, ethnic milieu from which the neighbourhood powerbrokers tagged as “bosses” emerged. With the emergence of professional journalism and urban political science around the turn of the century, the aversion associated with such terms partially gave way, and they began to be used as analytical typologies on which a program of cross-class civic reform could be based.23 By the time Howe and Beard began writing about urban government, social democratic-minded experts such as they took pains to deny an intrinsic association between ethnic minorities and political corruption. The charge that corruption emerged from the untutored masses represented, Howe insisted, “class conscious distrust of democracy” manipulated by “vested interests”, especially transit, gas, and electric companies and public works contractors. “Government by special privileges and big business men” caused urban corruption; democracy was a remedy, not the disease.24 The discovery that business did not necessarily represent the progress of the community, that it could corrupt government and society, prompted a 23
24
Sam Mitrani, The Rise of the Chicago Police Department. Class and Conflict, 1850–1894, Urbana 2013; James J. Connolly / Alan Lessoff, Urban Political Bossism in the United States (1870–1920). The Spread of an Idea and the Defence of a Practice, in: Ronald G. Asch / Birgit Emich / Jens Ivo Engels (eds.), Integration, Legitimation, Korruption: Politische Patronage in Früher Neuzeit und Moderne, Frankfurt/Main 2011, pp.187–212. Howe, The City (cf. n. 4), pp. 2, 4; Richard L. McCormick, The Party Period and Public Policy, New York 1986, ch. 9.
152
Alan Lessoff
range of proposals to make city politics more accessible to popular influence and public services more extensive and professional and to improve communication and cooperation across ethnic and class divides. Another line in urban reform – sometimes intertwined with and sometimes tangential or even opposed to this social-democratic strain – emphasized the amateur and ephemeral character of elected and appointed officials and their questionable competence and independence. This strain tended toward better-trained public officials protected from patronage politics by civil service regulations. It also tended toward municipal restructuring to make local government more centralized and accountable, at first through the city commission format, but over time mainly through adoption of either the city manager system or the so-called strong mayor charter, still the two main mechanisms for municipal government in the United States. These structural reforms manifestly failed to abolish bossism and indeed in places seemed to strengthen machine politics. Municipal restructuring could also result in government that was more pro-business as well as more business-like. This in turn prompted further redefinitions of urban corruption and its sources through the mid-twentieth century.25 THE GILDED AGE CITY AS TRANSATLANTIC SYMBOL As Peter Jones and Frédéric Monier detail elsewhere in this volume, the vivid accounts of business manipulation of municipal government collected by journalist Lincoln Steffens in Shame of the Cities (1904) and other writings gained a transatlantic audience and shaped understanding of corruption and reform in the modern city in Europe as well as North America. Another strain in the evolving, transatlantic imagery of urban corruption – a theme which Mumford put at the heart of his analysis – saw corrupt politics as one outcome of a corrupt culture and an unhealthy environment. In the United States, realist authors such as William Dean Howells and Henry Blake Fuller and naturalists such as Frank Norris and Stephen Crane viewed the city in a manner similar to Olmsted. The hard, drab environment closed people off, rendering them shortsighted, self-involved, and self-interested. It inspired no sense of community identity, mutuality, or civic pride and responsibility. It was enough of a challenge to live a respectable life and maintain a nurturing family in middle-class environs. Such a life was impossible in slums and tenements. In How the Other Half Lives (1890) and follow-up books, journalist Jacob Riis used stunning photography combined with occasionally lurid prose to alarm prosperous New Yorkers with the prospect of a menacing underclass degraded by inhuman housing conditions. From dance halls, gambling houses, brothels, and saloons to dime novels and sensationalist newspapers, disreputable entrepreneurs and investors – often from dubious backgrounds
25
Alan Lessoff / James J. Connolly, From Political Insult to Political Theory. The Boss, the Machine, and the Pluralist City, in: Journal of Policy History 25 (2013), pp. 139–172.
The Gilded Age City in American Political Discourse and Lore
153
and under political and police protection – promoted entertainments that supposedly coarsened the mass of people. Running through such imagery were popular discourses about urban modernity that found formal expression in works by Durkheim, Ferdinand Tönnies, or Georg Simmel: the modern city was a psychologically overwhelming place. There were too many sensations. Appearances deceived. No one knew where anyone stood. People developed asocial values and behaviour to protect themselves in an environment of predatory strangers. Appalled that privileged segments of the population used exclusive and, in his view, anti-social suburbs to escape the menacing aspects of the modern city, Mumford famously championed regional planning and the Garden City idea. Advocates perceived these as devices for democratizing a psychologically and physically manageable environment while maintaining broad access to the economic and social advantages of urbanization. An acolyte of Scottish theorist and planner Patrick Geddes as well as an admirer of the English visionary Ebenezer Howard, Mumford understood regional planning and the Garden City as transnational movements to counter the modern city’s degradation and exploitation. These international movements, Mumford recognized, derived through twists and turns from American movements in the late 1800s for working-class suburbanization, such as Henry George’s single-tax scheme. By emphasizing that land monopolies and high rents denied “the solar and chemical and organic basis of life”, Mumford remarked, George gave urban as well as rural reform “political and economic underpinning.”26 The concept of the Gilded Age, therefore, evokes the range of nineteenth- and early twentieth-century misgivings about urban modernity and industrial capitalism. When considered in historical context, it evokes the shock and challenge that the city represented, as well as the breadth and complexity of thought and argument in the United States and internationally about how to create cities that functioned better for people and urban environments that were healthy and decent. Uprooted from context, the Gilded Age becomes a loose signifier of images that Americans as well as Europeans associate with corruption: self-serving, unaccountable politicians; gross inequities of wealth, power, and influence; unscrupulous businesspeople without civic responsibility; vulgar displays of wealth ratified by sensationalism and fashionable dexterity in the arts, literature, and intellectual life; the reduction of all social and public goods to market calculus; the heedless waste of people and resources. These images are what has attracted an enormous range of commentators since the 1980s and especially since the mid-2000s to denounce the present as the Second or New Gilded Age. While never losing their passion for cultural criticism and social reform, Mumford and other early promulgators of “Gilded Age” became wary of the dismissiveness behind the term, its tendency to signify corruption in a way that cuts off anal26
Lewis Mumford, The Brown Decades. A Study of the Arts in America, 1865–1895, repr. New York 1971, p. 20. Among works that connect Henry George and the single tax to the Garden City and Mumford, see Stanley Buder, Visionaries and Planners. The Garden City Movement and the Modern Community, New York 1990.
154
Alan Lessoff
ysis of what corruption meant at different times and how both practice and understanding fit into different eras. In the second half of the twentieth century, academic historians at times attempted to turn Gilded Age into a neutral, analytical term rather than a pejorative one, a term drained of connotations, signifying merely the era of urbanization, industrialization, cultural, technical, and organizational modernization, and mass immigration. But the impulse to give U. S. history a moral career remains strong. Professional scholars as well as journalistic and popular commentators fall back on clichéd imagery that attributes trouble to sin and associates reform with redemption. The American insistence on a cycle of Gilded Ages exemplifies one of this volume’s recurring themes: that unmoored, the imagery of corruption can be as insidious – as politically and socially demoralizing – as documentable corrupt practices.
BOSS MEN, GRAFTERS AND PARVENUS Images of Corruption in Liverpool, Glasgow, and Newcastle c. 1890–2000 Peter Jones Political science has refined definitions of corruption in the public sphere. Many scholars in the field define corruption as a misuse of public office for private gain. But corruption is an elastic term allowing the claim that any abuse of power is evidence of corruption.1 Additionally, political scientists have revealed the transactional dimension of corruption – bribes, gifts, and frauds – as a means of extracting private advantage from the public domain. I will approach the issue of corruption and perceptions of it from a cultural perspective via a range of images – literary, journalistic, visual, and satirical – which have pervaded popular imagination in British urban culture. Portraying corruption as a cultural phenomenon will therefore provide an alternative perspective to that offered by political science.2 THE CITY AS A SITE OF CORRUPTION IN ART AND LITERATURE The city as a site of corruption has a well-known provenance dating back to antiquity.3 Although urban and civic elites in the early phase of industrial urbanism endeavoured to create images of prosperity, civic pride and order cities in Western Europe were noted for their disorder, dirt and disease. Such images took on moral dimensions so cesspools were not just sanitary failures but were metaphors for moral impurity signifying civic failure. By the late eighteenth-century British cities were growing rapidly, presenting debilitating pathologies including disease, high death rates and crime, seemingly beyond control of the urban elites.4 These pathologies were conflated with a growing moral and political crisis. Thus, reformers of the political system of representation in the 1830s used moral language to justify the case for reform calling for a “Purification of Corrupt Boroughs and Corrupt Constituencies.”5 Where then did contemporaries seek precedents of urban failure? 1 2 3 4 5
Bruce Buchan / Lisa Hill, An Intellectual History of Corruption, Basingstoke 2014; Alan Doig, Corruption and Misconduct in Contemporary British Politics, London 1974; Arnold Heidenheimer, Political Corruption: Readings in Comparative Analysis, New York 1970. John Berger, Ways of Seeing, London 1972. Paul Bairoch, Cities and Economic Development: From the Dawn of History to the Present, Chicago 1988, pp. 228–242; Peter Clark, European Cities and Towns: 400–2000, Oxford 2009, pp. 331–358. Buchan/Hill (cf. n. 1), pp. 9–45. Parliamentary Review and Family Magazine, 8 March 1834.
156
Peter Jones
Initially, they looked to religion but also to classical antiquity. Thus, the eighteenth century historian, Edward Gibbon, attributed the fall of Rome to the moral decadence and corruption of the Roman elites who became unable to defend their state.6 The city as a place of danger and sin where the innocent might be corrupted was the leitmotif of evangelical religious discourse. John Wesley’s retrieval from Leviticus concerning physical impurity and religious observance was translated into his famous epithet “cleanliness is next to Godliness.”7 The civic leaders were drawn from the upper middle class – professionals, manufacturers, merchants, and bankers – and their mentality was essentially rationalist but they appropriated the aphorisms of popular non-conformity linking them with their supporters among shopkeepers and tradesmen. Thus, the attack on the “Old Corruption” of rotten boroughs, electoral treating, and purchase of power by aristocrats drew on a popular antipathy towards privilege.8 The artist engraver William Hogarth captured the corruption of the landed aristocracy in numerous images: for instance, Marriage a-la-mode (1743); and An Election Entertainment (1755). It was in the novel, however, that the dual process of industrialisation and urbanisation was most vividly evoked: Charles Dickens’ Bleak House (1852–53) satirised the corruptive power of the city which was the site of the institution of the law where its officers obfuscated for self-gain at the citizen’s expense. Thus, the Jarndyce and Jarndyce case was a metaphor of corruption in which its principals – Mr Tulkinghorn, Lord and Lady Dedlock – and their agents – Mr Krook and Mr Smallweed – purveyed avarice and corruption. Two innocent wards of court find apparent safety in the rural location of Bleak House but their lives are blighted by the lawyers in the Court of Chancery in the city of London.9 The city was also a place for the adventurer and the ambitious. Anthony Trollope captured the ability of the parvenu to corrupt established elements of society in his The Way We Live Now (1875). Augustus Melmotte, a man of dubious credentials, possibly German or Jewish, beguiles a London society of leisured aristocrats with false prospectuses for investments in a Mexican railway scheme and uses the cash advances to buy a country seat and promote a political career as an MP. His schemes were preposterous; but his stock-jobbing was a common feature of the city of London.10 6 7 8
9 10
Edward Gibbon (ed.), The History of the Decline and Fall of the Roman Empire (1776–1788) London 1960, pp. 432–433. Hugh McLeod, Religion and the People of Western Europe 1789–1970, Oxford 1981. The “Old Corruption” refers to the regime of electoral control (c. 1760–1832) exerted by aristocratic magnates via “rotten boroughs” where electorates were often very small and which could be bribed to vote for a particular candidate. Bribery could also be achieved by “treating”, which included the provision of beer, a feast, and general entertainment. The most comprehensive coverage remains Lewis Namier, The Structure of Politics at the Accession of George III, Oxford 1928. The so-called “rotten boroughs” were abolished by the Reform Act 1832. Charles Dickens, Bleak House, 1852–53; Raymond Williams, The Country and the City, 1973, has counter-posed rural idiocy and innocence with urban sophistication, guile, sharp practice, and all manner of social and moral deviance. Geoffrey Searle, Corruption in British Politics 1895–1930, Oxford 1987.
Boss men, Grafters and Parvenus
157
The parvenu became an archetype of the corrupt world of the city. By the later nineteenth and early twentieth centuries, the language of corruption in literature displayed not only repugnance and suspicion of the parvenu but it was embellished with imperial and racial connotations. Joseph Conrad’s Heart of Darkness (1902) was a metaphor whereby imperialism was a force which could illuminate what would otherwise have been darkness and corruption. This discourse suggested that the English were “pure” whereas those that they ruled were corrupt, thus legitimating the “civilising mission”. The subject peoples of the English were described as sly, crafty, and lazy in contrast to English virtues. By the twentieth century, the press seemed to take delight in reporting the corrupt foreigner: the Liverpool Daily Post devoted extraordinary space to a trial of a Chinese shopkeeper having sold alcohol without a licence and attempted to bribe a policeman.11 Even more sensational reporting occurred when a group of Jewish shopkeepers bribed a military recruitment officer in an attempt to avoid military conscription in 1916.12 Interest in the misdemeanours of minorities persisted and so, when a magistrate was charged with handling stolen goods, even the national press ensured identification by revealing his middle name, Leslie Hebron Sanders.13 At the same time that the English imagination took on imperial-racial images of corruption it also appropriated various “Americanisms”. Most notable in this development was the British campaigning journalist W. T. Stead, originally employed by the Northern Echo newspaper. Stead’s journalism displayed the moral certainties of non-conformist religion and inveighed against injustice. His proselytizing suited Gladstonian Liberalism and in 1883, Stead became editor of the Pall Mall Gazette where his investigative articles on the evils of the city – drink, gambling, and child prostitution – caused a sensation. In 1893, Stead visited Chicago. His alarm at the red-light area of the Levee; the corruption of the police as well as the vast fortunes of the city’s wealthiest citizens who, he claimed, had made their fortunes by corruption prompted him to call on the press to expose them by means of a “social pillory”.14 The matter of corruption – moral and political – was taken up by Lincoln Steffens when he published his The Shame of the Cities in 1904. He castigated the citizens of Philadelphia, St. Louis, and Minneapolis. Like an Old Testament Prophet he accused the citizens of failing in their civic responsibilities and allowing big business to capture and manipulate corrupt politicians. He also articulated numerous corrupt practices of American municipal politics including the phenomena of the political boss, graft, boodle, and gerrymandering.15 These terms were added to the British lexicon of corruption. For example, the Bribery and Secret Commissions Prevention League was founded in 1907 and its leading spokesmen – Lord Crewe and Lord Inchcape – were versed in Steffens’ work and Crewe used the terms ‘graft’ 11 12 13 14 15
Liverpool Daily Post, 27. 1.1916. Liverpool Daily Post, 17.3.1917. Guardian, 25.2. 1970. William Stead, If Christ Came to Chicago, in: Review of Reviews 9 (1894), pp. 414–420. Lincoln Steffens, The Shame of the Cities, New York 1904, pp. 19–68.
158
Peter Jones
and ‘boodle’ when he spoke to League members in 1929: “the terms graft and boodle were brought to us from overseas [but] we could trace a perpetual existence of the taking of secret commissions.”16 The writings of novelists, journalists and the sermons of churchmen created images of corruption which were in turn able to generate ideal types of corrupt behaviour and corrupt actors in the city: bosses, grafters and parvenus to name but three. Such language became potent weapons in the political contests of the Trans-Atlantic world.17 THREE CITIES Liverpool, Glasgow, and Newcastle were notable cities of British provincial culture. Liverpool and Glasgow during the high noon of Britain’s great power status vied with each other to be the Second City of Empire.18 Outside London, Glasgow and Liverpool were certainly perceived as centres of great wealth.19 They were imperial and Atlantic ports. Their politics were sharply contested by the sectarian divide consequent upon Irish immigration. I have chosen these three cities because of their importance within the British imperial system. Additionally, because their politics were perceived to be corrupt and more specifically, they displayed the ideal types of boss men, parvenus and grafters. Newcastle, too, was perceived to be corrupt especially after revelations during the Second World War.20 Liverpool Liverpool’s protestant communities rallied to Tory Democracy managed by the political boss Archibald Salvidge. From the 1890s until his death in 1925, Salvidge’s Workingmen’s Conservative Association was regarded by contemporaries as an efficient electoral machine. It appealed to protestant hostility to Irish catholic immigration stoked by the street preacher George Wise.21 On Salvidge’s death, Lloyd George likened him to an American style “city-boss”.22 His unchallenged position was revealed only after his death by J. C. C. Davidson, Conservative Party Chairman, who claimed that Salvidge was “unscrupulous [and] he had also taken [party]funds; and when […] accused […] of this he admitted it and broke down … He was really noth16 17 18 19 20 21 22
Times, 19.12.1929. Daniel Rodgers, Contested Truths: Key Words in American Politics since Independence, Cambridge (MA) 1987, pp. 15–16. Tristram Hunt, Ten Cities that made an Empire, London 2015. William Rubinstein, Men of Property: The Very Wealthy in Britain since the Industrial Revolution, London 2006, pp. 122–123 and pp. 134–135. Newcastle Tribunal Report, 1944, Cmd., 6522. Sutton Salvidge, Salvidge of Liverpool: behind the political scene 1880–1928, Oxford 1934; Philip Waller, Democracy and Sectarianism: a political and social history of Liverpool 1868– 1939, Liverpool 1981. Quoted in Keith Middlemas (ed.), Whitehall Diary, London 1978, p. 80.
Boss men, Grafters and Parvenus
159
ing more than a Tammany Boss in Liverpool, corrupt in operations for his friends and manoeuvring against the government.”23 The protestant-catholic divide in Liverpool was also inflected with imperial-racial imagery. Thus, J. B. Priestley travelled to Liverpool in 1933 and visited its China town. The city was gripped by depression and a collapse of trade causing Priestley to observe: “The Chinese community is dwindling … [and] the Chinese are very fond of gambling, have a weakness for secret societies, and like to smoke opium; and no doubt this makes them liable to be brought before a magistrate…”24 The boss tradition continued in Liverpool in the post-Salvidge era even when Labour secured control of the city under Jack Braddock. After 1955, his control of party membership and his opposition to the adjustment of ward boundaries enabled Labour to control more seats in the council chamber for fewer votes at the ballot box: it was undoubtedly gerrymandering. Although Braddock was likened to an American boss, this was exaggerated as he was “never the undisputed champion even in his own party, but like a prize fighter who always managed to knock down any contender for his title.”25 The Labour Party that Braddock left to his successors was moribund and infiltrated by the Militant Tendency in the 1980s.26 Militant’s front man, Derek Hatton, was not a boss in the Salvidge-Braddock mould but he was powerful until his expulsion from the Labour Party in 1989. Militant’s tactic of entryism intended to change Labour’s direction by stealth. It was not corrupt in the legal sense but others in Labour’s national organisation regarded it so. Tom Sawyer, General Secretary of the National Union of Public Employees and a member of the Labour Party’s National Executive asserted: “Militant built-up a pyramid of lies and deceit by their front organisations in the black community, among further education students … they took control … by threats and intimidation … by the employment practices … using nominating rights to procure jobs for members of the Militant Tendency … Between … breaking the rules it is very difficult to draw the line between malpractice and corruption.”27 According to Sawyer, Militant packed meetings of the District Party with non-members thereby enforcing their will. It had become, after the 1979 General Election, an increasingly common practice; and according to Sawyer their “kamikaze tactics [were] on display in the battle over Liverpool’s municipal budget.” Militant had a “baleful” influence which was tacitly accepted by the broad left.28 But Hatton was also a parvenu who was, after his political demise, charged with corruption for securing corporation land to develop private carparks.29 The case 23 24 25 26 27 28 29
Robert Rhodes James, Memoirs of a Conservative: J. C. Davidson’s Memoirs and Papers, London 1969, p. 58 f. Joseph B. Priestley, English Journey: Being a rambling account of what one man saw and heard and felt and thought during a journey through England during the autumn of the year 1933, London 1934, pp. 230–231. Roy Hattersley, “Skippers of the Scousers”, Guardian, 15.12.1970. Michael Crick, Militant, London 1984, pp. 143–161. Tom Sawyer in a debate with Audrey Wise (Labour MP for Coventry North), Guardian, 2.3. 1986. Ibid. Times, 9.1.1993.
160
Peter Jones
against Hatton and two others was never proved. It was W. T Stead who had highlighted the danger of police corruption with his article on prostitution in Chicago. Both the Glasgow and Liverpool police had been tainted with corruption in the 1920s and 1930s, especially in respect of motoring offences and collusion with illegal betting.30 But as Britain became more ethnically diverse after the dissolution of Empire, the systematic corruption practiced by the police in Liverpool was revealed in a BBC documentary when a Liverpool woman Police Constable stated she had seen instances of “brutality and drug planting and harassing minority groups.”31 She went further claiming that other officers talked of engaging in “agriculture” as a joke because “planting” of evidence was a regular practice. Glasgow Glasgow would display later the characteristics of boss politics. However, it had an older legacy of civic pride. This had been built on non-conformist religion but the expansion of the franchise after 1918 transformed Glasgow’s politics, bringing in new men and the Labour Party. Revelations of corruption in markets, housing, drink licences, and employment caused a furore. The debate within the Labour movement was conducted around quasi-religious notions that the Glasgow Corporation had suffered a fall from grace. Indeed, the chief critique of corruption was articulated by John McGovern who lamented the demise of “[t]he Venerable Corporation of the Clyde.”32 Further, when Glasgow Corporation promoted a parliamentary bill to establish a municipal savings bank in 1935, it failed. The First Secretary to the Treasury, Duff-Cooper, drew on history to deny Glasgow’s case: “Anybody who studies history, not the ancient history but the recent history, of other countries, say France and America, know the awful misfortunes which have befallen great cities owing to bad administration which creeps in more easily to municipal government than into the government of a great state. It is therefore dangerous to rely too much upon the civic spirit of a community … to their elected governors … and to give powers which may not in the long run, be used for people’s good.”33 Duff Cooper’s retort marked an emphatic defeat for a provincial civic pride. After the Second World War, Glasgow’s politics were tainted by boss politics. Leaders such as Bailie David Gibson in the 1970s wielded power with puritanical zeal; and Pat Lally, Lord Provost in the 1990s, like Hatton in Liverpool, was brought down by his own party and suspended from office because of the “junkets for votes” 30 31
32 33
Peter Jones, From Virtue to Venality: Corruption in the City, Manchester 2013, pp. 60–61. Dominic Sandbrook, Seasons in the Sun: The Battle for Britain 1974–1979, London 2012, pp. 399–400. The corruption of the Liverpool Police was also reported in Lord Scarman, Home Office, “The Brixton Disorders” November, 1981, Cmnd. 8427. He also drew attention to police misconduct in Toxteth, Liverpool. Hansard, House of Commons Debates, 10 April 1933, vol. 276, cc. 2336–42. The Scotsman, 27.3.1935; Hansard, HC. Debates, vol. 299, cc. 1820–77.
Boss men, Grafters and Parvenus
161
scandal.34 More obviously, Glasgow was a city of graft. The conservative minded writer and newspaper columnist, John Betjeman, visited Glasgow in 1965, commenting: “Glasgow is a self-sufficient sort of place where money is thought of more than breeding and where, if a man make his way, he is honoured whatever his origins.”35 In the 1920s, the Labour Party was the vehicle for working class men to make their way. By the 1930s, when Labour had achieved its first majority on the Council, Bailie James Strain extorted bribes from stall-holders at Glasgow’s markets. Alexander Ritchie’s membership of the gas committee enabled him to engage in graft to favour particular suppliers of cooking ovens for municipal houses; and Hugh Campbell, also a member of the Gas Committee, attempted to procure a payment of £2,000 from a particular supplier which he then intended to distribute among other members of the Committee in return for their votes. Graft was an ideal means for the parvenu to enjoy conspicuous consumption consistent with his political and social position.36 Those seeking to make their way sought key committees – property, housing, and the licensing bench. Bribes were the essential currency for approving a drink licence. Critics of these acts of corruption used the most trenchant language: those councillors who were in the pay of the “drink interest” were described in 1941 as “touchable” by John McSkimming, a councillor loyal to the leader of the Progressives. McSkimming regarded himself as “untouchable”, a reference to the battle against illegal liquor in Chicago during prohibition.37 Newcastle Newcastle’s wealth was based on coal, shipbuilding, and engineering. It had been especially hard-hit by the depression of the 1930s and there was a sense, after 1945, on the part of the political class that the city had to be remade. Local MPs, Ted Short and Dame Irene Ward, spoke in terms of the need for new housing and improvement to the lives of the poorest citizens. The north-east region of Tyneside, Teeside, and the Durham coalfield displayed a remarkable preference for boss style politics, embodied by figures such as Andrew Cunningham or Joe Symonds. The most notable figure to emerge was undoubtedly T. Dan Smith. He was the “Mr Newcastle”, the boy from Wallsend who had made good, a working class hero. He was the consummate boss, a self-publicist, extravagant. His personalised motor car number plate –“DAN68” – signified a brash confidence. He would remake Newcastle, if not in his own image, then at least capturing the idea that Newcastle’s politicians were not afraid to disregard the authority of central government. Smith collaborated with 34 35 36
37
Labour Councillors took trips (junkets) in exchange for voting for Glasgow’s City of Culture application. John Betjeman, “Belongs to Glasgow”, Daily Telegraph, 7.5.1965. Anthony King, The Rise of the Career Politician and its Consequences, in: British Journal of Political Science 11:3 (1981), pp. 249–285; Lawrence Sharpe, Elected Representatives in Local Government, in: British Journal of Sociology 13:3 (1962), pp. 189–209; Thorstein Veblen, Theory of the Leisure Class, Oxford 1899. The Scotsman, 28 October 1941.
162
Peter Jones
an independent film company, essentially, to make films about himself in which he projected himself as visionary and an old style city father. In 1974, he went to gaol for his part in the John Poulson scandal.38 But although Smith displayed the characteristics of the boss – authoritarian, intimidating – he did not involve himself in the politics of the party machine. His interests lay elsewhere, in making money and living a life style. He was the classic parvenu courting publicity and being photographed with sportsmen and celebrities. His use of consultants (local government councillors who voted for his building schemes without declaring their interests39) enabled him to penetrate some 200 local authorities. This tactic was also classic graft. Smith assembled clusters of willing participants who formed a ring that worked covertly in sub-committees and even in full council meetings. Smith gave evidence to the Royal Commission on Standards in Public Life; and even after he had been sent to gaol he bombarded the Secretary of the Commission with memoranda: “Trade union members who were also local authority employees were shown to have dual interests in the recent … trial at Leeds.”40 The boss and grafter metamorphosed into a penitent and would later work voluntarily for the Howard League, a charity for the rehabilitation of offenders. CONCLUSION Liverpool, Glasgow, and Newcastle displayed many of the key manifestations of corruption. They were ruled by quasi-political bosses. Salvidge and Smith fall into this category although their styles and methods were different. Glasgow’s and Liverpool’s sectarian allegiances were so powerful that they could often override other considerations and the techniques of graft cemented clients to the party machines. At the same time, graft enabled politicians to finance a lifestyle commensurate with their perceived status. Images of filth and danger persisted: Glasgow’s Gorbals district was described as a midden41 of corruption in the 1990s; and political activists compared Glasgow to Chicago. The images of bosses, grafters, and parvenus have persisted in the popular imagination for some eighty to a hundred years, only being edged out in the late 1990s by the new descriptor of sleaze, when municipal corruption took an off-stage role because of revelations of corruption in Parliament over MPs’ expenses. 38
39 40 41
John Poulson was a corrupt architect who procured numerous public building contracts by means of bribes, gifts, holidays, and many other favours to local councillors, civil servants, and local government officials. Poulson filed for bankruptcy in 1972 and it was at his bankruptcy hearing that the scale of his corrupt activity was revealed. He went to gaol for five years and the scandal prompted the establishment of a Royal Commission on Standards of Conduct in Public Life (1976), Cmd 6524. It had been a requirement since 1933 for local councillors to declare their interests in relation to any relevant item on a council agenda. Thomas Dan Smith, to John A. Langdon, Evidence to the Royal Commission on Standards of Conduct in Public Life, 1976, Cmd., 6524, National Archives HO 241/98: C458647. Scots slang word for a rubbish-area at the back of a tenement house.
“DARK OSS”: CORRUPT REPUTATIONS IN DUTCH HISTORY Ronald Kroeze The city of Oss, located in the southern part of the Netherlands, was called “Cité de Crime” (by Paris Soir), “Chicago on the Meuse-river” and nicknamed “Dark Oss” in the 1930s.1 At that time, Oss experienced severe criminality and was the epicentre of a national corruption scandal. After the Second World War, the city’s image resurfaced from time to time. In 2011 De Bende van Oss (The Gang) was released, a dramatized movie that would become a ‘Golden Movie’ (more than 100,000 visitors) and has informed a new generation about the reputation of Oss. Based on recent research on the history of (urban) corruption2, I will make the case that the city’s bad reputation is intertwined with phenomena of modernization, as these have been related to the emergence of new forms and perceptions of urban corruption in earlier studies.3 Moreover, national and local circumstances played an important role in shaping Oss’s reputation. In the 1930s, different parties represented different social groups that were organized around social and religious cleavages. Although this ‘pillarization’ has met with criticism for being a simplification, the debate about Oss was informed by it. Finally, the rediscovery of “Dark Oss” in recent years seems to be an example of the shift of the topic from the realm of history to the field of memory. There, corruption and criminality are attractive narratives.4 However, as memories are not subject to a professional historian’s scrutiny, they contribute to a ‘flexible’ treatment of historical truthfulness that itself reinforces traditional stereotypes. OSS IN AN ERA OF MODERNIZATION The rise of “Dark Oss” can be understood in the context of modernization – but only if we treat modernization as a complex phenomenon. Modernization has been employed as a descriptive term to explain changes that characterize modern history 1 2
3 4
J. de Speurder, Donker Oss: misdaad en gerechtigheid in Brabants Noord-Oosthoek, [No place] 1935. Olivier Dard / Jens Ivo Engels / Andreas Fahrmeir / Frédéric Monier (eds.), Scandales et corruption à l’époque contemporaine, Paris 2014; Jens Ivo Engels, Die Geschichte der Korruption. Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert, Frankfurt/Main 2013; R. Kroeze / T. Kerkhoff / S. Corni (eds.), Corruption and the Rise of Modern Politics, special issue of Journal from Modern European History, München 2013. For example James Moore / John Smith, Corruption in Urban Politics and Society, Britain 1780–1950, Aldershot 2007, p. 4 f. See for example the TV-series of Netflix: “Marseille” (2016).
164
Ronald Kroeze
(roughly the period after 1800). But modernization is also a set of beliefs and assumptions, especially the idea that processes of modernization such as democratization or industrialization would bring progress and societal improvement only. However, by now, we know that processes of modernization have changed societies in more than just a one-dimensional way. Historians working on corruption have highlighted the paradoxes of modernization.5 For example, the extension of suffrage after 1800 gave more people the opportunity to participate, but also went hand in hand with the emergence of new corrupt practices, such as vote-buying. The development of Oss is clearly linked to the start of modern economic growth in the Netherlands in the second half of the nineteenth century. On a national scale the industrial production more than doubled, the number of people working in industry as well as the degree of urbanization quickly rose (from 29 per cent to almost 40 per cent) and the population doubled from 3 million to 6 million.6 Oss was very much an example of and affected by these changes. In the 1870s, it changed from a small village of poor peasants into an industrial centre, when dairies and meat production facilities were founded in Oss. Oss’s population quickly rose: in the 1850s it was populated by 4.000 people, a number that had risen to 8.000 in 1900 and to 18.000 in 1940. Besides growth and economic success, statistics of this period show that many people were arrested and put in jail for a shorter or longer time. The local police in cooperation with a section of the military police were responsible for public safety. The commander of the military police, G. Hoekman, cooperated with the factory owners: citizens that wanted to work in the factories needed a letter of good conduct. Hoekman, however, only provided such a letter in return for information about criminals that he subsequently used to prosecute suspects.7 In 1893, Hoekman was murdered by a local criminal, an event that was covered by the media and led to a bad reputation of the city of Oss. Shortly after the murder, more policemen were transferred to Oss, the investigations were intensified, several people were arrested and finally, peace returned.8 On the initiative of the local priest, a statue of the Virgin Mary, flanked by two angels, was erected to commemorate the victory of the good over the bad. A CONCENTRATION OF CRIMINALITY In the 1920s and 1930s, however, Oss again experienced criminality. Arson was quite common: on request, criminals set houses on fire and the insurance indemnity was shared between the arsonist and the local insurance agent. Of course, the police 5 6 7 8
Kroeze/Kerkhoff/Corni (eds.), Corruption and the Rise of Modern Politics (cf. n. 2); Engels, Die Geschichte der Korruption (cf. n. 2). F. Wielenga, A History of the Netherlands. From the Sixteenth Century to the Present Day, London 2015, pp. 180–183. Andere Tijden, episode Misdaad en Oss; Leo Hoeks / Gerard Rooijakkers, De Bende van Oss. Historische achtergronden bij de film, 2011. J. Smeets, De Affaire-Oss. Van lokaal conflict tot nationale rel, Amsterdam 2001, pp. 21–41.
“Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History
165
and insurance companies started investigations, but it was hard to proof that the fire was started deliberately as long as nobody testified. However, after the robbery and murder of an elderly farmer in front of his brother, the municipal police, headed by inspector G. H. van Kempen, and the military police, commanded by A. R. Mintjes, changed to a new interrogation approach that was more systematic and harsh, with full support of E. L. M. H. Speyart van Woerden, the public attorney of the region Den Bosch. In 1935, a gang was successfully rounded up. In 24 cases more than twenty people, amongst them gang leader “Toon de Soep”, were convicted of theft, the illegal burning of buildings and murder. Many of the sentenced were relatives of the criminals involved in the criminality of the 1890s. The military police was especially applauded for the success. In June 1935, the section was decorated by Queen Wilhelmina.9 The reputation of Oss began to change. Despite not being particularly associated at any time before the cases of the 1890s and 1930s, Oss was now portrayed as a rather sinister place. In 1949, W. H. Nagel wrote in his book De criminaliteit van Oss (The criminality of Oss): “without doubt Oss was a concentration of criminality that was special for the province of Brabant because of its intensity and endurance.”10 In the 1930s sociologists and criminologists such as Nagel had begun to study the city because of its perceived high level of criminality. In his book, Nagel also critically assessed and refuted some stereotypical explanations – for example the claim that Oss’s criminality had to do with the criminals’ gipsy origin11 – and emphasised the consequences of socio-economic change instead. Nagel stressed that Oss used to be a small town within a large rural area. The peasants were poor but also, in a sense, free regarding to their lifestyles. When the area became industrialized, peasants were recruited to work in the factories. Although sometimes housing was provided, they lived in poor circumstances and were confronted with a new strict and disciplined daily routine. They had to work long days with regular hours following the orders of the factory bosses. Some workers protested, others simply failed to show up at the beginning of their shift, which led to growing distrust between workers and factory owners. The military police were distrusted by the peasants as well because it cooperated with the factory owners to maintain order. No less important, the members of the military police were from outside the Oss’ community and, unlike the Catholic majority of the citizens, often of Protestant origin. Another result of the rapid industrialization was the growth of socio-economic inequality. A small group of relatively rich factory owners had emerged from the inhabitants of Oss, that development also supported the rise of a middle class of shopkeepers, bankers and lawyers. This group lived next to a larger group of poor workers. The differences were visible: the factory owners, administrators and providers of services lived in villas in the city centre whereas the workers lived in slums on the outskirts. Additionally, like elsewhere, industrialization proceeded 9 10 11
Ibid., p. 102. W. H. Nagel, De criminaliteit van Oss, Den Haag 1949, p.16 f. Ibid., pp. 405–407.
166
Ronald Kroeze
very uneven: after periods of growth, crises followed, for example in the 1890s and early 1930s. Unemployed workers, of whom many were peasants with little or no education, were active in illegal hunting or smuggling to provide their needs. Others committed more than just petty crimes. The gang of “Toon de Soep”, for example, were mobsters: they were hierarchically organized with a leader at the top of the pyramid, solidarity among members was supported by a pledge of secrecy (the infamous Omertà of Oss), and relatives of the gang members were put under pressure to enforce cooperation and prevent information to be handed over to the police. Only when structural interrogations started after the murder of the elderly farmer, some men talked; finally, the gang solidarity disintegrated.12 Because the Catholic Church was so prominent in Oss, Nagel also shortly discussed the possible link between criminality and Catholicism. Although Nagel refuted the idea that a ‘traditional’ Catholic morale that contrasted with a ‘modern’ rational morale could be held responsible, he felt the necessity to mention the question.13 Already in the 1930s it had been the Catholic professor in criminology W. Pompe, who had provided ammunition for the charge when he addressed the “high criminality of Catholics in the Netherlands”. Although Pompe emphasised his belief that criminality was a problem of Dutch society in general and not of Catholics in particular, he did not want to neglect the influence of church institutions on the behaviour of Catholics beforehand.14 He also supervised the atheist lawyer G. T. Kempe who finished a PhD-thesis titled Criminality and Church (Criminaliteit en Kerkgenootschap) in 1937. Kempe, inspired by Max Weber’s Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, argued that Catholics had not completely accepted ‘Protestant’ values such as sobriety, industriousness and thrift, which explained their relative social-economic backwardness, and accordingly higher crime rates. In addition, he argued that a stricter, Protestant morale was dominant in the Netherlands, while Catholics stuck to a “flexible morality” which was “often responsible for not being too judgemental about human flaws.”15 Due to the hierarchical structure of the Catholic Church the clergy was both powerful and influential, but also prone to distrust from poor people who saw the clergy as part of the elite. Moreover, because the Catholic Church was a very closed organization built on loyalty and obedience, criminality, social misbehaviour, and corruption of high-ranking Catholics were covered-up to prevent a weakening of the position of the Catholic elite. Finally, the Catholic Church made use of its own forms of punishment to deal with criminal offences based on Canon law. As a by-effect the church undermined the authority of the state, the law and the police.16 To sum up, modernization – understood as a set of socio-economic developments with contra12 13 14 15 16
Smeets, De Affaire-Oss, pp. 71–98 (cf. n. 8); Andere Tijden, episode Misdaad in Oss (cf. n. 7). G. Th. Kempe, Criminaliteit en kerkgenootschap, Utrecht 1938; W. Pompe, Voorrede, in: Kempe, Criminaliteit en kerkgenootschap, pp. i–xx; W. A. Bonger, Ras en Misdaad, Haarlem 1939. Pompe, Voorrede (cf. n. 13), pp. vii–xvi. Kempe, Criminaliteit en kerkgenootschap (cf. n. 13), p. 163. Ibid., pp. 160–169 and 171.
“Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History
167
dictory outcomes and a discourse based on a distinction between “traditional” (bad) and “modern” (good) beliefs – influenced how criminality in Oss was discussed. MISUSE OF FORMAL POWERS After the successful round-up of the Oss gang in 1935, the military police headed by a new commander continued its investigations into Oss’s criminal underbelly by examining sexual abuse of several boys and women by Catholic priests and a factory owner, misuse of public money by the local city government and of criminal networks that consisted of and were supported by a local banker-insurance agent. However, on 4 April 1938, the minister of Justice Carel Goseling on advice of public attorney Speyart van Woerden, revoked the powers of criminal investigation from the Oss’ military police. According to Goseling, this was necessary because the military police had misused its formal powers by hearing and arresting several men without evidence and in doing so disrupted social peace in Oss. The six non-commissioned officers of the Oss’ military police were replaced. Political parties and newspapers alike were surprised by the decision to caution the famous Oss’ section. Indeed, Goseling’s action was a rare decision in Dutch legal history. D. Wijnkoop, a communist member of parliament, was the first to question the minister about it. Likewise, A. J. van Vessem, a national socialist member of the Dutch Senate, was concerned that Goseling’s decision had put an end to the prosecution of M. Zwanenburg, the Jewish owner of a meat factory in Oss who was accused of sexual abuse of female employees. For the Dutch national socialists Oss showed that Jews and Catholics did not respect Dutch norms and were no true Dutchmen. Although the national socialists held the most extreme ideas, they were not the only ones to criticise the decision. De Telegraaf, the largest newspaper of the Netherlands and not aligned to one of the political parties, asked if Goseling took his decision to prevent Catholic administrators and priests from prosecution. De Tijd, a Catholic newspaper that had supported Goseling for years already, launched a counterattack with an article titled: “Oss’ military police committed errors. That is why it is ordered to refrain from criminal investigations.” De Tijd also accused De Telegraaf of “anti-Catholicism”.17 The commotion in Oss was the reason for members of the larger parties – the social democrats, the Protestants and the liberals – to raise their concerns in Dutch parliament. The social democratic MP W. Drop asked for a formal reaction from the minister.18 For him the Oss Case was an example of social injustice as only the minor, poor suspects were prosecuted whereas the “big fish” had been released. The social democratic MP M. van der Goes van Naters added that Goseling’s act also raised the question whether Catholic priests were treated a “special category”.19 For 17 18 19
De Tijd, 6.4.1938. Handelingen van de Staten-Generaal der Tweede Kamer (HTK / Minutes of the Second Chamber of Parliament), 7.4.1938, p. 1504. HTK, 7.4.1938, pp. 1504–1506.
168
Ronald Kroeze
the liberals the case showed that the authority of the state seemed to be in danger and they had their doubts about the Catholic stance towards the separation of church and state. The two relatively moderate Protestant parties ARP and CHU were not eager to raise their concerns openly, as they, together with the Catholics, supported the Protestant-Catholic cabinet of prime minister Hendrik Colijn and vice-prime minister Goseling. Minister Goseling responded, in his own words, “objectively, sober-minded and concisely”. His decision did not affect the prosecution of director Zwanenburg because that case had been closed already, but he had indeed stopped other prosecutions because the military police “had made serious mistakes”, as the report from the attorney-general of Den Bosch Speyart van Woerden, under whose jurisdiction the military police operated, made clear.20 To improve the atmosphere in Oss, the six non-commissioned officers were replaced and the previous commander B. Mintjes was ordered to return to Oss. When everything was settled, the formal powers of investigation would be returned to the Oss’ military police, said Goseling. In the meantime, the non-commissioned officers turned to the Civil Service Tribunal (Ambtenarengerecht) for justice. Their lawyer argued that Goseling had acted against the law and had punished them by withdrawing them from Oss and by banning them from speaking in public.21 The Tribunal, however, did not settle the matter because it only ruled on the question if Goseling’s decision was based on a formal law (it was). The court’s ruling did not concern the question if the application of the law was reasonable or necessary. The Court of Appeal, whom the non-commissioned officers turned to afterwards, followed the Tribunal’s reasoning.22 Thus, lawyers left it to parliament to decide. Partly as a result of this fuss, parties in parliament had asked Goseling to provide them with an extensive report to explain his decisions in detail. A parliamentary committee would use this report to prepare an official reply.23 In January 1939, Goseling sent his report to parliament. Shortly thereafter, the parliamentary committee replied. Overall the committee remained very critical and even concluded that Goseling had gone too far: the military police had ample evidence to start prosecution and in many cases had operated with full support of the local officer that represented the public attorney. Both reports were transmitted to parliament.
20 21
22 23
Ibid., pp. 1509–1511. De Telegraaf, 29.4.1938; Bijlagen Handelingen van de Staten-Generaal der Tweede Kamer (Bijlagen HTK/Appendices of the Minutes of the Second Chamber of Parliament), 1938–1939, ‘De nota van den Minister van Justitie’, (303.2), Bijlage IX, Uitspraak van het ambtenarengerecht, p. 49. Bijlagen HTK, 1938–1939, ‘De nota van den Minister van Justitie’, (303.2), Bijlage X, Uitspraak hoger beroep, p. 53 f. HTK, 22.6.1938, p. 1894 f.
“Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History
169
PILLARIZATION AND POLARIZATION To understand the role of the main figures the political context is crucial. The Oss Case took place in a time when the segmentation of Dutch society into different social groups, each with their own media as well as political, social and cultural organizations, became more formalized. Within this so-called “pillarized” system, four socio-political groups were dominant: liberals, social democrats, the Protestants (represented by two parties in parliament) and the Catholics. The Catholic pillar was the largest, best organized and most homogeneous. Catholics lived almost entirely in the two southern provinces of Noord-Brabant and Limburg, they formed 40 per cent of the Dutch population. 90 per cent of all Catholics voted for the Catholic party. Although the Catholics were by far the largest social and political minority, they felt mistreated and threatened by other minorities. Goseling, who had been the leader of the party since 1930, maintained a strong position since he had led the party to an election victory in 1937. He was a member of a new generation of Catholic politicians that wanted to end the Protestant-liberal domination and the backward position of Catholics.24 Because of this policy Goseling was very popular among Catholics, but also distrusted by politicians from other parties. The Catholic party, like the parties that represented the other pillars, had no majority in parliament. Cooperation was necessary, but the options were limited. The radical and small communist party, national socialists and orthodox Calvinists were no option, nor were the atheist social democrats and liberals. Thus, the Catholics did very much depend on the willingness of the two moderate Protestant parties ARP and CHU to form a coalition government. The Protestant parties themselves, however, could (and did) form coalition governments with the liberals as they shared the same ideas about liberal financial and economic policies. The Catholic Church played a crucial role within the Catholic pillar and its influence within the Catholic regions and its close ties with politics should not be underestimated: the church was supported by the party and in return the party leadership promoted obedience to the Catholic Church.25 Hence the Catholic clergy and party leadership, and individual Catholics in high places formed a close coalition of rulers. This explains why Speyart could caution, with implicit support of the party and church leadership, the military police of Oss for disrespecting representatives of the Catholic Church and thus undermining the position of the local elite and harmony in the Catholic area. To put it differently, the Catholic south was part of the Netherlands, but according to Catholic leaders representatives of the state had to respect the Catholic morality and Catholic hierarchy, like the Catholics respected the power and norms of the other minorities in the rest of the Netherlands. This Catholic claim, in combination with the fact that orthodox Calvinists and national 24
25
J. A. Bornewasser, Katholieke Volkspartij 1945–1980. Herkomst en groei, deel 1, Nijmegen 1995, pp. 65–69; J. van Merriënboer, Mr. C. M. J. F. Goseling. Parlementslid, partijvoorzitter, fractievoorzitter van de RKSP en minister van justitie in de jaren dertig, in: Jaarboek van het Katholiek Documentatiecentrum 20 (1990), pp. 97–121, here p. 98. Bornewasser, De KVP (cf. n. 27), p. 76 f.
170
Ronald Kroeze
socialists used the Oss Case to portray the Catholics as disloyal, explains Goseling’s stubbornness to stick to his original viewpoint, based on Speyart’s report whom he blindly trusted because he was a fellow Catholic. Some of the other parties were not indifferent to the Catholic claim. During the final parliamentary debate in June 1939, the local (Catholic) circumstances were taken into consideration, or, as the chairman of the parliamentary committee and member of the Protestant party ARP MP W. Schouten argued: Oss needed to be judged “within the broader context, within the boundaries of what is general practice in certain parts of the country.”26 However, the problem was, as the social democratic MP Van der Goes van Naters made clear, that local norms were inconsistently obeyed: Speyart had been “razor-sharp […] in some instances [during the round up in 1935] but far too tolerant in others [when members of the local elite and Catholic priests were prosecuted]”. Goseling was held responsible for the inconsistencies and lacking the necessary leadership to correct Speyart.27 Goseling, in his final plea, repeated that he had acted correctly and that neither he nor the attorney-general were to blame for anything. Instead, parliament should be blamed for having no idea of what was happening outside The Hague. In the Catholic south, things worked differently and Catholic priests had to be treated tactfully. Parliament showed a “lack of responsibility”, which created “legal injustice”.28 Parliament was not allowed to intervene in individual cases and he stressed to upkeep the hierarchy of the civil service.29 Except for the Catholic press and the Catholic faction in parliament, no one agreed with what Goseling had said. That all parties, except the Catholics and the national socialists – who saw the entire debate as a joke – supported the conclusion of the parliamentary committee, upset Goseling.30 He did not resign officially, but left office a day later, when the complete cabinet-Colijn IV resigned. The official reason was a conflict about financial-economic politics, but for Goseling and the Catholic party the outcome of the debate on Oss certainly had contributed to the fall of the cabinet. The liberal press held the “fatal political atmosphere that the Catholic party brings with it” responsible for this drama. The social democratic Het Volk concluded that this was the end of the Protestant-Catholic cooperation, something De Telegraaf was not exactly disappointed about.31 The Catholic press repeated its mantra: this was an example of the “most narrow-minded form of anti-Catholicism.”32 The Catholic party leadership internally spoke of “that miserable Oss Case”, an attack on the Catholic community that was not an incident.33 To improve the situation, the party leadership detached itself from Goseling and after a while, a 26 27 28 29 30 31 32 33
HTK, 28.6.1939, p. 2153. Ibid., pp. 2165–2167. HTK, 27.6.1939, pp. 2136–2138. HTK, 28.6.1939, pp. 2179–2182. Ibid., p. 2184. See the overview that was presented in Algemeen Handelsblad, 1.7.1939. Nieuwe Tilburgsche Courant, 30.6.1939. Minutes of the board/Notulen van het dagelijks bestuur. 10.3.1937–2.2.1940, 9.6.1939, p. 10, in: Archief RK Staatspartij Nijmegen [hereafter RK Nijmegen], inv. nr. 20.
“Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History
171
majority came to believe that Goseling was part of the problem, instead of being the politician able to improve the position of the Catholics. A former leader of the Catholics, Aalberse, blamed Goseling for his stubbornness and lack of experience: when the parliamentary committee had concluded that Goseling had formally and morally misused his power, he should have had stepped down, regardless of the truth of the allegations.34 Goseling, who was overwrought and had suffered a nervous breakdown, was given a rest, and former minister Deckers was appointed as the new leader of the Catholics.35 After Goseling’s departure, the atmosphere within the Catholic party improved and the external criticism evaporated. All in all, the Oss Case brought an end to Goseling’s Catholic ideological reveille and, in a way, to the Catholic efforts to claim more power to govern ‘their’ regions than the other parties were willing to accept.36 FROM TRAUMA TO MOVIE In July 1939, a new cabinet was formed with Protestants and Catholics, but without prime minister Colijn and vice-prime minister Goseling. In December 1939, after being asked what he would do with the Oss Case, the new minister of Justice Gerbrandy replied: “[The files of the Oss case] formed a pile that was metres high. I had done some research before and we [the minister and his assistant] started reading. After a while the involved civil servant said: Yes, but this is only a small part. Before I went to bed that night, I told to myself: Get rid of Oss!!”37 Some members of parliament complained, but as the Second World War had started in September 1939, a majority agreed that politicians should cooperate and concentrate on other matters. In May 1940, the Netherlands were invaded and occupied by German forces. Leaders of political parties that had not gone to London were imprisoned. After the war, a cooperation between Catholics, social democrats, Protestants and liberals focussed on rebuilding the country. Goseling would never return as leader of the Catholic party; he died in the German concentration camp Buchenwald in 1941. Although the Oss Case was never officially reopened after the war, for many it was not closed. Both on the group and individual level much antagonism remained: between members of the local population, the local police, the military police (that would not be reinstalled in Oss after the war) and the attorney general Speyart van Woerden – who would remain in office until the 1960s, but was largely distrusted 34 35 36 37
G. Puchinger, Colijn en het einde van de coalitie. Deel III. De geschiedenis van de kabinetsformaties 1933–1939, Leiden 1993, pp. 808 and 812. Notulen van het partijbestuur van de RK Nijmegen 15.12.1934–18.11.1939, 18.11.1939, p. 7 f., in: RK Nijmegen, inv. nr. 14. Bornewasser, De KVP (cf. n. 27), p. 105 f. M. E. Verburg, Geschiedenis van het Ministerie van Justitie, deel II 1898–1940, Den Haag 2001, p. 470; HTK, 1938–1939, 13.12.1939, p. 831 f.
172
Ronald Kroeze
because of his role in the Oss Case.38 A majority preferred to remain silent about the violent and corrupt history of Oss. Until the 1980s, many citizens were not willing to talk about it, some even bought up and destroyed a great number of reprints of Nagel’s book De Criminaliteit van Oss and the city government forbade artistic works that referred to the criminality and corruption of past times.39 However, stories about Oss kept being told and published, for example by retired members of the military police of Oss who felt left alone by the Dutch political parties and the leaders of the military police, and mistreated by Goseling and Speyart in particular. On websites that tell the history of the Dutch military police the Oss Case is discussed as a dramatic event for individual policemen.40 Even in the new millennium, “Dark Oss” was still alive. The historian Smeets begins his PhD-thesis about corruption and crime in Oss in 2001 as follows: “The Oss affair took place more than sixty years ago […]. Still, the name Oss does ring a bell for a considerable number of people. Often, this city […] is associated with disproportional criminality, sexual offences or both. […] More than often the big cases were discussed in national newspapers, what has hindered that Oss could free itself from its grave reputation.”41 But the most recent attention for Oss also differs. When the movie De Bende van Oss was released, a reviewer in a Dutch daily summarized how Oss was portrayed: “From the first scene onwards the tone is convincing: the producer […] emphasises that Oss was one big Sodom and Gomorrah in the 1930s. Not one decent person lived in this small city: always someone was bribed, blackmailed, mutilated, abused, tortured or murdered at one dirty place or another.”42 The producer of the movie stated that “88,8 per cent of the movie had really taken place”43, and several historians had advised him, but it cannot be denied that the “convincingness” of the image that Oss was thoroughly corrupt and criminal in the 1930s is the result of the fact that the movie suggests that all crimes and corruptions took place in a very short time span, whereas in reality the murder of Hoekman and the “Oss Case” almost spanned half a century. In fact, at least three different periods should be differentiated: the crimes committed and the murder of Hoekman in the 1890s, the criminal activities and round-up of the gang of “Toon de Soep” between 1924 and 1935, and the “Oss Case” of 1938/1939.
38
39 40 41 42 43
Schouten, De zaak Oss (cf. n. 33), p. 163; J. van Merriënboer, Raspaard met oogkleppen. De Bossche procureur-generaal baron Speyart van Woerden contra de Brabantse illegaliteit in het bevrijde zuiden, 1944–45, in: Noordbrabants Historisch Jaarboek 11 (1994) pp. 155–186; Verburg, Geschiedenis van het Ministerie (cf. n. 44), pp. 391 and 403. See documentary by Eenvandaag, available on https://www.youtube.com/watch?v=Xs0Zx OMl4ZU (last accessed 21.9.2016). http://www.marechausseesporen.nl/pagina_brig_oss.htm (last accessed 22.9.2016). Smeets, De Affaire-Oss (cf. n. 8), p. 16. Kevin Toma, ‘De bende van Oss’: een vreemde, ongenaakbare film, in: De Volkskrant, 22.9.2011. Heleen van Lier, ‘Bende van Oss’ opent NFF: ‘88,8 procent’ waargebeurd, in: De Volkskrant, 21.9.2011.
“Dark Oss”: Corrupt Reputations in Dutch History
173
Due to the movie, “Dark Oss” was rediscovered by a larger public, it even became a popular icon of corruption and crime and was used in different ways. For example, it is now one of the chapters of the “Canon van Oss”, an online history of Oss presented by the Oss municipality that is part of a city-marketing project. Furthermore, a hip hop (gangsta) rap group has been inspired by Oss’s history and proudly calls itself “Dark Oss”.44 The change seems to fit into a broader pattern: the shift from history to memory, in historiography also characterized as the shift from the “modern to the presentist regimes of historicity.”45 This means that in recent decades remembering has become more important and “history” is used for present-day concerns. As a consequence, the historical facts become less important or, to put it differently, can be used with flexibility. Hence, “Dark Oss” has changed from being a traumatic experience that should better be kept secret into something that can be used for drama, history-marketing or just as a spicy label for a group of rappers. EPILOGUE In sum, how should we understand the creation of corrupt cities when we look at the example of Oss? First, “Dark Oss” emerged in a context of modernization. Indeed, it was a relatively criminal place known for brutal murders and organized crime from the end of the nineteenth-century until the 1930s, a fact that should be understood against the background of rapid industrialization. The effect of modernization is also visible in the, more or less subtle, explanations of contemporary commentators and sociologists that stressed the dominance of “traditional”, Catholic, values in the Oss region. Second, Oss’s reputation is the result of the central role it played in a national political corruption scandal in the interwar period that was about much more than what had happened in Oss. Third, the birth and rediscovery of “Dark Oss” was also the result of the fact that the case was never officially closed. The persons involved kept their resentment and their vision alive in books, interviews and online museums. As “Dark Oss” remained alive it could quite easily be used for ‘presentist’ purposes. This current use might give the impression as if “Dark Oss” has changed from a historical drama into a trademark, but images also keep alive current reputations. When Oss is compared to Amsterdam this might become clearer. Like Oss, Amsterdam experienced crime and corruption in its past.46 Moreover, Amsterdam has played a role in many publications about corruption and criminality since the 1980s, when Amsterdam experienced crime and corruption related to drug trafficking (e. g. 44 45 46
https://donkeross.bandcamp.com/ (last accessed 22.9.2016). Chris Lorenz, Unstuck in time. Or: the sudden presence of the past, in: Karin Tilmans / Frank van Vree / Jay Winter (eds.), Performing the Past Memory, History, and Identity in Modern Europe, Amsterdam 2010, pp. 67–102, here pp. 67–69. For the accusations of corruption against the famous social-democratic city-governor M. de Miranda see: Harm Kaal, Het hoofd van de stad. Amsterdam en zijn burgemeester tijdens het interbellum, Amsterdam 2009, p. 168.
174
Ronald Kroeze
the IRT Affair). In addition, cases of serious mistakes, fraud and corruption in public procurement or infrastructure projects, in which lower officials of the Amsterdam local government were involved, have been occasionally recorded.47 Every now and then the question has been raised whether or not Amsterdam has a specific problem because of its large drugs scene, red light district, the inability of the police to end criminality and for being the exponent of the Dutch liberal policy of “gedogen”, tolerating, sexual and drugs behaviour that are criminal offences abroad. Strikingly, neither Amsterdam’s reputation nor that of the province where Amsterdam is located (Noord-Holland), have been seriously affected by crime and corruption. Even the recent “gang war” in Amsterdam between drugs criminals that has caused twenty deaths already did not change the city’s reputation: Amsterdam is consequently ranked in the top 15 of best places to live in the world in publications of international consulting firms such as Mercer.48 Things seem to differ when it comes to discussions about criminality and corruption in “the Netherlands below the rivers [Meuse and Rhine]”, that is a metaphor for deviant, criminal, immoral and corrupt behaviour in the southern provinces of Netherlands. In an article on political scandals in the period between 1983 and 2013, published by the weekly Vrij Nederland, the journalist concluded – based on incomplete datasets – that Limburg and Noord-Brabant were at the top of the list.49 Often the prevalence of a traditional culture of patronage that is sometimes linked to Catholicism, is given a prominent role in explanations. Andere Tijden (a television programme) dedicated an entire episode to corruption in Limburg in the 1990s.50 Joep Dohmen, a journalist who works for the respected daily newspaper NRC Handelsblad, published a book on corruption in Limburg titled De vriendenrepubliek (The republic of friends) in 1996, and has kept publishing about the subject. To sum up, the creation, existence and rediscovery of places (cities, but also regions) with corrupt reputations seem to be the result of much more than only the existence of relatively higher levels of criminality and corruption. Corrupt reputations offer an opportunity to study how modern processes such industrialization, nationalization and centralization have created real as well as imagined differences between the periphery and centre or between Catholicism and Protestantism. Even in such a small country as the Netherlands, were real differences may have become marginal, the images persist.
47 48 49 50
De Telegraaf, Ambtenaren ontslagen om corruptie, 12.7.2016. http://www.iamsterdam.com/en/business/invest/business-news/amsterdam-in-top-15-of-bestplaces-to-live (last accessed 5.9.2016). Bart de Koning, De lijst: politieke affaires van 1983 tot 2013 in: Vrij Nederland, 5.3.2013, https://www.vn.nl/de-lijst-politieke-affaires-van-1983-tot-2013/ (last accessed 15.9.2016). Andere Tijden, episode De jacht op corruptie, in: http://www.npogeschiedenis.nl/andere-tijden/ afleveringen/2013–2014/De-jacht-op-corruptie.html (last accessed 21.9.2016).
“MONTREAL, OPEN CITY” Cultural Conflict and the Making of its Reputation for Corruption, 1890–1960 Mathieu Lapointe In the last decade, the Canadian province of Quebec has been in the midst of an anticorruption turmoil. Starting in Montreal, repeated scandals surrounding the links between engineering firms, the construction industry, organized crime and the political financing of municipal and provincial parties have led to a 4-year high profile public investigation, the “Charbonneau Commission”1, which has shaken the Quebec political world. A permanent anticorruption police unit (UPAC) has recently arrested a former vice-premier of the provincial government, and former mayors of Montreal and other municipalities have been accused of various wrongdoings up to charges of “gangsterism”, in the case of one long-time suburban mayor. This flurry of scandals has led some political commentators in Quebec and other provinces, such as its eternal rival Ontario, to reactivate an old conception which Quebeckers, in their anti-corruption reforms of the last 50 years, had hoped to render obsolete: that Quebec was “the most corrupt province in Canada”.2 In this striking cover story, Canada’s national magazine published in Toronto, Maclean’s, revived the long-standing stereotype that Quebec had a particular penchant for corruption, intrinsic to the culture of its French Canadian majority. It even repeated the idea, expressed in 1968 by the controversial political scientist Samuel Huntington, that Quebec was “perhaps the most corrupt area [in] Australia, Great Britain, United States and Canada.”3 This perception applies most strongly to Quebec’s metropolis, Montreal, which an earlier Maclean’s front page had portrayed as a “corrupt, crumbling, mob-ridden disgrace.”4 1
2 3 4
The Commission of Inquiry on the Awarding and Management of Public Contracts in the Construction Industry (2011–2015) was presided by Justice France Charbonneau. “Royal” commissions of inquiry are a frequent vehicle for nonpartisan public investigation of scandals or public policy issues in Canada and other countries of British heritage. The present author has advised this commission by writing a historical account of previous commissions and anticorruption efforts in Quebec: Mathieu Lapointe, Corruptions et réformes au fil du 20e siècle québécois: regard historique sur les commissions d’enquête ayant porté sur des thèmes reliés au mandat de la Commission Charbonneau (2015), in https://www.ceic.gouv.qc.ca/fileadmin/ Fichiers_client/centre_documentaire/CEIC-R-2896.pdf (last accessed 25 February 2017). Quebec: The most corrupt province, in: Maclean’s, 4.10.2010, see: http://www.macleans.ca/ news/canada/the-most-corrupt-province/ (last accessed 25 February 2017). Samuel Huntington, Modernization and Corruption, reprinted in: Arnold Heidenheimer / Michael Johnston (eds.), Political corruption: concepts & contexts, New Brunswick, N. J., 32002, p. 258. (Quoted in Maclean’s, ibid.) Maclean’s, 9.11. 2009.
176
Mathieu Lapointe
This essay attempts to explain the genesis of this perception by charting the history of anticorruption movements and discourses in Montreal through three periods which have contributed to building the city’s reputation for corruption: 1880s–1910s, 1918–1925, and WW II – 1954. While the influence of American progressive movements and ideas deserves notice, I will mainly emphasize how cultural conflict in a city, often related to tensions at the national level, can thwart reform (as in the first two periods) and then favour it (as in the last), while in every case serving as an amplifier for discourses about corruption, with lasting consequences for the city’s reputation.5 A POLARIZED CITY Today the second largest city in Canada (behind Toronto), Montreal was its metropolis from the 1830s to the middle of the 20th century. A commercial hub since precolonial times, its strategic position at the junction of the St. Lawrence River and Ottawa River made it the country’s most important port city and railway hub, with Western Canada and the booming province of Ontario as its hinterlands. As Canada began to industrialize in the mid-nineteenth century, Montreal also became one of its main manufacturing and financial centres. Socially and culturally, Montreal was a divided city. As historian Paul-André Linteau put it, it was constituted of “two distinct universes, separated by language and religion: that of the Franco-Catholics and that of the Anglo-Protestants. Each with its churches, its school systems up to its universities, its hospitals, its social and cultural associations, its newspapers.”6 These two worlds were not on an equal footing. At the upper end of the social ladder, living in the beautiful mansions of the Golden Square Mile surrounding McGill University, was the British Canadian bourgeoisie which held the financial power in Canada and in the city, although Anglophones constituted a minority in the province. French Canadians, descendants of the former colony of New France (conquered by the British in 1760), who formed the majority in the province but a minority in Canada, occupied the other end of the social spectrum, forming the bulk of the working class along with immigrant groups, though there existed a small francophone bourgeoisie. As late as the 1960’s, the average income of French Canadians in the province amounted to 65 per cent that of citizens of British origin.7 These two worlds were also spatially segregated: Anglophones concentrated in the central and western wards, while Franco5
6 7
Sociologist Harold Kaplan has already pointed out how interethnic rivalry and tensions have often fed patronage and thwarted reform in Montreal’s history; see Harold Kaplan, Reform, planning, and city politics: Montreal, Winnipeg, Toronto, Toronto 1982. What I want to emphasize here is the degree to which such tensions have amplified perceptions of the city’s corruption. Paul-André Linteau, Brève histoire de Montréal, Montreal 2007, p. 86 f. (Translation of quote by Mathieu Lapointe). Rapport de la Commission royale d’enquête sur le bilinguisme et le biculturalisme, livre 3, Ottawa 1969, p. 23.
“Montreal, Open City”
177
phones occupied the eastern part of the city, with immigrants often settling in the centre around boulevard St-Laurent. The “two solitudes”8 nevertheless interacted daily in the economy, in public spaces9, and in politics. At city hall, since incorporation in the 1840s, an informal tradition of alternating between Anglophone and Francophone mayors persisted throughout the nineteenth century. This political equilibrium would be affected by the changing demographics of the city. Still predominantly Anglophone at mid-nineteenth century, Montreal went from English- to French-speaking majority over the next half century due to rapid industrialization, a rural exodus from the Quebec countryside and the amalgamation of several suburbs. REFORMISTS AND POPULISTS, 1880s–1914 As Montreal grew from 107,225 inhabitants in 1871 to a population of nearly 500,000 in 191110, it suffered many of the problems experienced by booming American cities in the same period: insufficient infrastructures, hygiene-related epidemics, social unrest, poverty, joblessness, and crime. As in the USA, these problems attracted the attention of a new breed of social and municipal reformers who blamed ward politicians for their inaction and their exploitation of the people’s misery for political and financial gain.11 Clearly influenced by the anticorruption crusades of American progressive reformers, several waves of reform shook the Montreal municipal world from the mid-1880s to World War I.12 As elsewhere, Montreal reformers promoted the professionalization of public service, the development of a non-partisan bureaucracy, and the adoption of business-like efficiency and practices in the management of city affairs. They fought what they considered as corruption, patronage (“machine politics”), the squandering of public monies, and the power of trusts. There was a local twist to the bosses versus reformers story in Montreal. Whereas in the USA it pit WASP reformers against local politicians supported by immigrant populations, in Montreal most of the newcomers mobilized by political bosses were French Canadians freshly arrived from the countryside and settled in the eastern part of town, while reformers such as George Washington Stephens and Herbert Brown Ames mostly represented richer Anglophone neighbourhoods in the central and western parts of the city. Michael Gauvin, who has closely studied the Reform movement, has interpreted it partly as an expression of the desire by richer wards to control municipal politics. It is indeed true that East end Francophone 8 9 10 11 12
This expression, the title of a novel by Canadian author Hugh MacLennan (Two Solitudes, Toronto etc., 1945), has become the standard phrase to designate this sociological reality. Linteau, Brève histoire de Montréal (cf. n. 6), p. 87. Paul-André Linteau, Histoire de Montréal depuis la Confédération, Montreal 1992, pp. 40, 160. Martin J. Schiesl, The Politics of Efficiency: Municipal Administration and Reform in America, 1880–1920, Berkeley 1977. Michael Gauvin, The Municipal Reform Movement in Montreal, 1886–1914, Ottawa 1972.
178
Mathieu Lapointe
populist politicians – such as “boss” Raymond Préfontaine in the 1890s and those dubbed the “gang of 23” a decade later – used city council commissions overseeing municipal services for patronage and personal gain. However, historians point out that they did also service and boost the underdeveloped eastern part of the city.13 The reformers versus bosses struggle in Montreal thus illustrates how intercommunity rivalry can fuel discourses about municipal corruption. Nevertheless, it would be unfair to reduce the debate between progressives and populists to a conflict strictly between Anglophones and Francophones. With time and the addition of Francophone leaders such as Hormisdas Laporte, reformers did manage to build a wider movement, gain power, and effect political and administrative reforms limiting the capacity for abuse and patronage by ward politicians. This culminated in the Cannon commission of inquiry (1909), which helped the election of a reform team in 1910 and the reorganization of the city’s political system through the creation of a board of commissioners to supervise municipal services. The reign of reformers was short-lived, however, as they seemed to focus too much on administrative changes and too little on the concrete needs of population.14 J. J. E. Guerin, who had been elected with the support of an Anglo-French reform coalition, would be the last Anglophone mayor of Montreal for a century. After he lost power in 1912, he was soon replaced by populist Médéric Martin, a Liberal blamed by the Canon commission, who deftly used the ethnic argument against reformists and would hold on to power for a full decade (1914–1924). Thus, while the reformers’ episode in power did give an impulse to a bureaucratization of Montreal’s administration which would continue in the following decades15, it had visibly failed due to deep intercommunity tensions exacerbated by World War I. Montreal thus appeared impervious to reform, as it had in the early 1900s when an epic struggle against the monopolization of public utilities by energy and transportation trusts had failed. In this episode, according to historians H. V. Nelles and Christopher Armstrong, “Montreal came to symbolize monopoly” in the Canadian debate over these issues, serving as a counterexample of the fight against corruption.16 Fast-growing regional metropolises such as Toronto would boost civic pride by comparing their purported good governance and stricter morality regulations with the seemingly endless corruption in Montreal reverberated in the national press.17
13 14 15 16 17
Michèle Brassard / Jean Hamelin, Préfontaine, Raymond, in: Dictionnaire biographique du Canada, see http://www.biographi.ca/fr/bio/prefontaine_raymond_13F.html (last accessed 3 November 2016). Linteau, Histoire de Montréal depuis la Confédération (cf. n. 10), pp. 258–261. Michèle Dagenais, Des pouvoirs et des hommes: l’administration municipale de Montréal, 1900–1950, Montreal 2000. H. V. Nelles / Christopher Armstrong, Monopoly’s Moment: The organization and regulation of Canadian utilities, 1830–1930, Philadelphia 1986, p. 100, quoted by Mélanie Méthot, Social thinkers, social actors in Winnipeg and Montreal at the turn of the century, Alberta 2001, p. 36 f. Méthot, ibid., p. 37.
“Montreal, Open City”
179
ALIENATED MINORITIES AS AMPLIFIERS OF CORRUPTION At this point, as historian Harold Bérubé has shown, parts of the Anglophone upper and middle classes had begun moving out of the city into bourgeois suburbs which they desired to be models of municipal efficiency. They experimented with American progressive ideas such as the city manager system, away from the corruption, administrative mess, and financial (and social) problems of the central city.18 Retreating somewhat to the sidelines of Montreal politics, yet very much present nevertheless, the Anglophone community would remain ever wary and critical of Francophone populist mayors, often accusing them of squandering and mismanagement.19 From then on to this day, the corruption of the central city would often be used as an argument by suburban mayors to resist metropolitan amalgamation of these sites of local autonomy for the Anglophone community.20 Another force emerged in the same period from the margins of bipartisan politics which would prove an equally relentless denouncer of corruption in 20th century Montreal and Quebec: the French Canadian nationalist movement. Its basic tenets were the affirmation of Francophones’ equality and rights as one of Canada’s two “founding peoples” in the face of Anglo-Canadian British imperialism, and the promotion of an independent Canadian foreign policy which would resist participation in British imperial conflicts such as the Boer war. It also worried about the economic domination of French Canadians intensified by urbanization and monopoly capitalism. Nationalists viewed the urban milieu, especially large cities like Montreal, as often immoral and corrosive to French Canadian society and its traditional values based on Catholicism. Deeply critical of party politicians’ corruptions and compromises of principle, they would be vigilant supporters of reform campaigns throughout the 20th century, later spearheading some of the boldest anticorruption measures in Quebec, such as the regulation of party financing in the 1970s. Since its creation in 1910 by nationalist leader Henri Bourassa, the daily newspaper Le Devoir (“Duty”), known for its combative and independent Catholic journalism, has played an active role in municipal anticorruption crusades at different moments in Montreal’s history. Thus, there were distinctive elements in Montreal’s (and Quebec’s) ideological and discursive environment that would make it particularly fertile to revelations of scandal and accusations of corruption. Aside from the usual mutual denunciations by political parties vying for power, Anglophone newspapers and the nationalist press expressed the voices and suspicions of alienated minorities, acting jointly as amplifiers of discourses on corruption. 18 19 20
Harold Bérubé, Des sociétés distinctes. Gouverner les banlieues bourgeoises de Montréal (1880–1939), Montreal 2015. Nick Auf der Maur, The billion-dollar game: Jean Drapeau and the 1976 Olympics, Toronto 1976. Harold Bérubé, Montréal, ses banlieues et la propagation du “virus de la corruption”: une perspective historique, in: Pascal Brissette / Mathieu Lapointe (eds.), Corruption. Montréal et ses démons, Montreal 2016, pp. 49–66.
180
Mathieu Lapointe
PROGRESSIVES AND PROSTITUTION, 1918–1925 After World War I, discourses about Montreal’s peculiar corruption shifted from issues of municipal governance to questions of “commercialized vice”, again showing the strong influence of American progressive ideas in Canada. Along with its struggles for good governance and social and economic justice, the progressive movement strove to moralize the city through what US historian Paul Boyer has called the “great coercive crusades”.21 Its main victory after the war was the prohibition of alcohol in the USA. It also fought prostitution, “the Social Evil”, and managed to close down red light districts in most North American cities before and during the war. In 1918, a group of reform-minded Montrealers formed a Committee of Sixteen, borrowing their name from similar groups organized in New York City and Chicago in previous decades. Composed mostly of Anglo-Protestants, they campaigned for several years against prostitution, publishing reports and pressuring city authorities to close down the city’s red light district. As in the USA, the widespread presence of “commercialized vice” was assumed to be a symptom of official corruption. Reformers accused city police and politicians such as Mayor Martin of protecting brothel keepers.22 After revelations of police complicity in a major bank robbery, a group of citizens petitioned the Quebec Superior Court for a public inquiry, which was granted and presided over by justice Louis Coderre, a former federal conservative cabinet minister. Coderre’s inquiry (1924–25) was very thorough and he shared the reformers’ view of prostitution as a social problem to be eradicated and an immorality to be firmly repressed. Reformers called in US detectives to testify that Montreal was “the rottenest town” they had ever visited.23 The judge concluded that prostitution in the city was practiced on an “industrial” scale and that police was disorganized, incompetent, and riddled with patronage. However, not all Montrealers shared this point of view. Many saw prostitution as an inevitable phenomenon in such a major port city. Civic authorities who felt wrongly accused by the Coderre commission could also refer to another model for managing prostitution – that of France, a modern country which favoured regulation over repression. During the inquiry, a municipal judge, recorder Amédée Geoffrion, raised quite a stir by publicly declaring that he was the one person responsible for keeping the Red Light district open. A Francophile Liberal, Geoffrion declared he had done so to prevent worse problems such as the rape or seduction of ‘honest’ women and girls, the spread of prostitution to other neighbourhoods, or even a potential homosexuality epidemic.24 Presenting his approach as pragmatic and mod21 22 23 24
Paul Boyer, Urban Masses and Moral Order in America, 1820–1920, Cambridge, Mass., 1978, pp. 191–219. Andrée Lévesque, Éteindre le Red Light: les réformateurs et la prostitution à Montréal entre 1865 et 1925, in: Urban History Review/Revue d’histoire urbaine 17 (1989), pp. 191–201. Ibid., p. 196. Amédée Geoffrion, Voyage rimé; suivi de: Un magistrat doit jouir du respect des justiciables, Montreal 2001.
“Montreal, Open City”
181
ern, he equated the abolitionists’ position with the Anglo-American puritanism responsible for the prohibition of alcohol on the continent a few years earlier, a policy that was very unpopular in Quebec. (In fact, it was mainly Quebec’s staunch refusal of prohibition – and preference for the notion of temperance – which had prevented Canada from following the US example in this matter).25 Many Montrealers were proud of the relative moral freedom of their city, compared to the stiff morality regulations of its strait-laced rival Toronto. Thus, it was relatively easy for Liberal city authorities to shrug off the Coderre report and accuse the conservative judge of having opened his inquiry with a desire to “fish for corruption”. The Liberal party, in power at the provincial level, apparently agreed, as it even amended the law regarding municipal inquiries to make them harder to obtain by citizens (by requiring precise accusations). One of its reasons for doing so was purportedly to protect the reputation of the province’s political class.26 Once again the reform movement had floundered on the shoals of cultural conflict. As a result, Montreal would keep its Red Light district long after most North American cities had shut theirs down, which would have unintended consequences for its reputation. Indeed, as Prohibition lasted in the US until 1933, Canada became a destination of choice for thirsty American tourists.27 Its metropolis Montreal, easily accessible from the great cities of the Eastern Seaboard, with notoriously lax enforcement of morality regulations, was set to profit from the influx of US dollars, a godsend for a city with chronic financial problems. As American cities were being cleaned up by reformers such as Fiorello LaGuardia in New York City, American pleasure-seekers found in Montreal a city where they were free to cavort in an exotic, yet safe and bilingual environment. This favoured the development of tourism and entertainment as industries in Montreal, but also that of illegal enterprises that catered to the forbidden desires of both visitors and locals. The generally low wages and high unemployment rates that characterized the city’s economy made crime an attractive alternative to some Montrealers. Organized crime groups thrived on prostitution as well as various forms of contraband, from illegal bars to drug trafficking. After the repeal of Prohibition, Montreal became a major North American destination for gambling, as US bookmakers used the city to bypass federal laws against interstate betting.28 Montreal police seemed unable or unwilling to stop this. In the North American jargon of the time and in popular imagination, Montreal came to be seen as a “wide open town”. This would form the background to the anticorruption campaigns of the 1940s and 50s.
25 26 27 28
Quebec had instead initiated state regulation of the sale and distribution of alcohol. Le Clairon (St-Hyacinthe), 15.11.1946. Michael Hawrysh, Une ville bien arrosée: Montréal durant l’ère de la prohibition (1920–1933), Montreal 2014. Magaly Brodeur, Vice et corruption à Montréal, 1892–1970, Quebec 2011, p. 29.
182
Mathieu Lapointe
THE POSTWAR CLEANUP, 1944–1954 Starting with World War II, cultural conflict once again led to the amplification of discourses about corruption, but this time the reform movement was successful.29 This wave of agitation began when renewed prosperity brought by war production and the influx of populations coming to work or passing through the city, such as sailors and military personnel, made alcohol consumption, prostitution and gambling more conspicuous than ever. While some tolerated this as a necessary outlet for men risking their lives, many worried about its dissolving effects on society and the nation. Morality issues also fused with debates about the war effort. As during World War I, while English Canadians generally felt strong ties to Great Britain and promoted a total war effort from the outset, French Canadians mostly favoured voluntary participation and opposed conscription for overseas service. Young French Canadian men resisting conscription were treated as cowards and traitors by the Anglo-Canadian majority, and Mayor Camillien Houde was interned for most of the war after he publicly opposed compulsory national registration. After the US had entered the war, some American magazines even portrayed French Canada as a “fifth column” favourable to Nazi Germany. In this context of French Canadian alienation, nationalists criticized the immorality in Montreal and in the military, where young French Canadians who had enlisted in a war to save Christianity were instead being taught an ethos of “sex and drink”. Medical authorities, alarmed by the spread of venereal diseases (VD), called for a “holy war” against syphilis and gonorrhoea. Soon the army realized that VD were endangering the war effort, amidst growing fears of a nationwide postwar epidemic when the soldiers went home. The main culprit, according to the military, was brothel prostitution, which was still unofficially tolerated in Montreal. After trying to educate its men, the army presented civic authorities with an ultimatum in January 1944: either close down the Red Light district or have Montreal declared off-limits for all military personnel, with potentially disastrous effects on both its economy and reputation. A few weeks later, the brothels of the Red Light closed in unison without substantial police intervention, contradicting long-time declarations by city and police authorities that closing down the Red Light was impracticable – thus fuelling the flames of suspicion for years to come. Yet prostitution did not disappear and gambling continued in full swing, as newspapers reports amply showed. During and after the war, citizens and associations organized to demand a cleanup of the city and an inquiry to determine the culprits of all that wartime toleration of “commercialized vice”. The first such group, the “Citizens’ Vigilance League”, aimed to unite every linguistic and religious community in the city in a common struggle, but failed to obtain a public inquiry because of amendments made to the law after the Coderre inquiry. A white knight named Pacifique Plante then took the head of the police’s morality squad, 29
The following section is largely based on Mathieu Lapointe, Nettoyer Montréal: les campagnes de moralité publique, 1940–1954, Quebec 2014.
“Montreal, Open City”
183
and began a thorough cleanup in 1946. After he was sacked two years later, nationalists took the lead in avenging him. Plante published a 60-article exposé in Le Devoir30, which shocked the city and prepared the terrain for a wide-scale public investigation. The Caron inquiry (1950–1953), with its detailed revelations, would lead to the election of one of its attorneys, the young French Canadian nationalist Jean Drapeau, as reform mayor of Montreal (1954). This wave of reform succeeded when representatives of a new French Canadian middle-class, breaking the traditional polarity between Anglophone reformers and Francophone populists, were able to convince the majority of the French-speaking electorate that political reform and the election of “new men” at City Hall were sorely needed, and that they were the instruments of that change. While real issues of police corruption were examined, much of the debate in the 1940s and 1950s revolved around the city’s reputation. French Canadian reformers reacted to the immorality they witnessed or read about in the press, but also to the image it projected of their metropolis, which reflected badly on their national group. With their French and Catholic personality in a majority Anglo-Protestant North America, Montreal and the province of Quebec had long been vulnerable to being constructed as exotic, immoral and corrupt “others”. As early as the 1830s, one of the best-sellers of American popular literature, The Awful Disclosures of Maria Monk, had shocked and titillated Protestant America by “revealing” how nuns at Hôtel-Dieu hospital in Montreal were supposedly sexually enslaved by priests – a false testimony that continued to meet with considerable commercial success well into the 20th century.31 Such constructions of Montreal would only be amplified as it became an “open city” and began to promote itself as the “Paris of North America”, a phrase with sinful undertones in Anglo-American culture. Several documents unearthed by historian Will Straw point in this direction. In 1953, a magazine named Photo published a pictorial on Montreal which announced that “a 400-year old heritage of sin keeps this French Canadian city bogged down in the mud of corruption and vice”; adding a touch of orientalism, a pulp novel published the next year presented Montreal as a city with “as much vice and aberration and corruption as any city this side of Port Said.”32 While these are rather extreme examples, they underline the importance North American magazine features had in the Montreal debate about corruption. Religious authorities, for instance, invoked a pictorial published in Pic magazine in 1950, which included a section featuring Montreal nightlife action such as cancan dancers, gambling, and striptease artist Lili St. Cyr, in calling for a public inquiry on commercialized vice.33 Civic authorities replied that these photos were old news, that Montreal was as clean as any North American city, and that an inquiry 30 31 32 33
Pacifique Roy Plante, Montréal sous le règne de la pègre [Montreal under the rule of the underworld], Montreal 1950. Philippe Sylvain, L’affaire Maria Monk, in: Les Cahiers des dix 43 (1983), pp. 167–184. Quoted and reproduced by Will Straw, Montreal Confidential: Notes on an Imagined City, in: Cine Action 28 (1992), pp. 58–64. Le Canada, 4.2. 1950.
184
Mathieu Lapointe
would harm its reputation. Reformers countered that the only way to salvage Montreal’s awful reputation would be a thorough cleanup, helped and publicized by an inquiry. Their propaganda and their efforts meant to show that Montreal was not to be seen as a woman of ill repute, but as a young lady abused and enslaved by the corruptive forces of organized crime and commercialized vice, which an awakened and active citizenry could gallantly save.34 CONCLUSION Beginning in 1960, Mayor Drapeau’s second mandate coincided with a period of intense social and political change in Quebec, called the Quiet Revolution, during which the provincial state underwent rapid expansion and modernization. The desire to break with an embarrassing tradition of patronage and corrupt electoral practices spurred the adoption of some of the strictest political financing laws in North America, culminating in 1977.35 It also led to three major commissions of inquiry in the 1970s, two of which shed light on different forms of corruption in Montreal, from the infiltration of organized crime in the legal economy to political financing by engineering and construction firms vying for lucrative construction contracts for the 1976 Montreal Olympic Games (see table 1). While Mayor Drapeau’s long reign in power (1954–57, 1960–1986) has mostly left an impression of integrity (Olympics scandal exempted), Montreal has not been able to shake off its longstanding reputation for corruption, as recent examples show. For instance, in an impressionistic sketch that pastiches William Burroughs, one recent history of organized crime in Canada depicts Montreal in the 1950s as “a seasoned whore”, “old and dysfunctional and corrupt”, language not far removed from the words used by Maclean’s to describe Quebec’s metropolis.36 Paradoxically, Montreal may be paying a high price for its efforts at fighting corruption. The city has one of the liveliest traditions of investigative journalism in Canada, and it has apparently produced more wide-ranging commissions of inquiry about corruption than other large cities in Canada, such as Toronto. Montreal public inquiries also seem to be remembered longer and perceived as the expression of a fundamentally corrupt nature of Montreal and Quebec politics. That is, they are symbolically linked to a tradition of – and reputation for – corruption, whereas elsewhere scandals come and go without being seen as the expression of a sociological or cultural pathology. The Montreal case thus illustrates how a city’s reputation for corruption is not only the result of a local history of scandals, but may be amplified by cultural conflict as well as regional and metropolitan competition at the national level. 34 35 36
Lapointe, Nettoyer Montréal (cf. n. 29), pp. 305–309. Jacques Bourgault / Stéphane Dion, Public sector ethics in Quebec: The contrasting society, in: John W. Langford / Allan Tupper (eds.), Corruption, character, and conduct: essays on Canadian government ethics, Toronto 1993, pp. 67–89. Stephen Schneider, Iced: the story of organized crime in Canada, Mississauga 2009, p. 247.
“Montreal, Open City”
185
Table 1: Main public inquiries on corruption, Montreal, 20th century37 Years
Name of inquiry38
Main issues examined
1909
Cannon Commission
Administration of Montreal
1924–25
Coderre Inquiry
Police and prostitution
1944
Cannon Commission II
Provincial police and vice in Montreal
1950–53
Caron Inquiry
Police and prostitution, gambling, organized crime
1967–68
“l’affaire Ville SaintMichel”
Corruption and patronage – suburb
1972–80
Commission d’enquête sur le crime organisé (CECO)
Organized crime (in the province)
1977–80
Malouf Commission
Olympics: cost overruns, corruption, party financing
37
38
Source: Author’s compilation. Adapted and translated from Mathieu Lapointe, La lutte contre la corruption à Montréal au 20e siècle et ses influences américaines – un bref survol, in: Brissette/Lapointe (eds.), Corruption. Montréal et ses démons (cf. n. 20), p. 35. For a more detailed overview of these inquiries, see also Lapointe, Corruptions et réformes au fil du 20e siècle québécois (cf. n. 1). While the terms “commission” and “inquiry” (enquête) were often used interchangeably, here “commission” designates public investigations instituted by the provincial government, while “inquiry” is reserved for those obtained through citizens’ petitions to the Quebec Superior Court.
KURZBIOGRAPHIEN DER AUTOREN Marco Bar is a PhD student in contemporary history at the Université d’Avignon since 2016. His PhD project is entitled: “Political patronage and corruption in Marseille: conflicts and scandals (1880’s–1940’s)”. He holds a research master’s degree, completed under the direction of Frédéric Monier, in the research program: “Politic and Corruption, Immoral Money and Political Influence in Germany and France in the 19th and 20th Centuries”. His previous research focused on the “Rum scandal” after the First World War and on the scandals of political corruption in Marseille between the end of the 19th century and the first half of the 20th century. Thomas M. Bohn ist seit 2009 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Nach der Veröffentlichung seiner Habilitationsschrift „Minsk – Musterstadt des Sozialismus. Stadtplanung und Urbanisierung in der Sowjetunion“, Köln 2008, initiierte er die bei Harrassowitz erscheinende Reihe „Historische Belarus-Studien“. Er ist Leiter der DFG-Projekte „Der BiałowieżaNationalpark“ und „Vlad Ţepeș Dracula“ sowie Teilprojektleiter im Forschungsverbund der Leibniz-Gemeinschaft „Polesien als Interventionslandschaft“ und im LOEWE-Schwerpunkt „Konfliktregionen im östlichen Europa“. Seine aktuelle Monographie ist „Der Vampir. Ein europäischer Mythos“, Köln 2016. Jens Ivo Engels ist seit 2008 Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Technischen Universität Darmstadt. Seit 2016 ist er zudem Sprecher des Graduiertenkollegs „Kritische Infrastrukturen. Konstruktion, Funktionskrisen und Schutz in Städten“. Zu seinen Forschungsgebieten zählen die Geschichte der Monarchie, Umweltgeschichte und Technikgeschichte. Seit 2005 zahlreiche Publikationen und Vorträge zur Geschichte der Korruption in Europa, insbesondere „Die Geschichte der Korruption. Von der Frühen Neuzeit bis ins 20. Jahrhundert“, Stuttgart 2014, sowie mehrere Tagungsbände gemeinsam mit Frédéric Monier, Andreas Fahrmeir und Olivier Dard. Andreas Fahrmeir ist seit 2006 Professor für Neuere Geschichte (Schwerpunkt 19. Jahrhundert) an der Goethe Universität Frankfurt; seit 2014 ist er Sprecher der Forschergruppe „Personalentscheidungen bei gesellschaftlichen Schlüsselpositionen“. Zu seinen Forschungsgebieten zählen die Geschichte der Migrationskontrolle und europäischer Eliten. Seit 2007 auch Publikationen zur Geschichte der Korruption, vor allem mehrere Tagungsbände gemeinsam mit Jens-Ivo Engels, Frédéric Monier und Olivier Dard. Peter Jones has been an Honorary Research Fellow at the Centre for Urban History, University of Leicester, since 2007. He has a particular interest in urban elites in British cities as well as corruption. He has presented papers at the European Social
188
Kurzbiographien der Autoren
Science History Conferences in Glasgow and Seville on corruption and also on the development of civil society in Sicily in the twentieth century. He edited “Leicester in the Twentieth Century”, Stroud 1993, with Richard Rodger, David Nash and David Reeder. He has published student texts on “The 1848 Revolutions”, Harlow 1991. His most recent work is “From Virtue to Venality: Corruption in the City”, Manchester 2013. Ronald Kroeze is Assistant Professor in History at the Vrije Universiteit Amsterdam. His research includes the history of corruption, anticorruption, management, leadership, and good government. He is co-editor of “Anticorruption in History: From Antiquity to the Modern Era”, Oxford, forthcoming, the special issue “Corruption and Modern Politics” of the Journal for Modern European History 11/1 (2013), and the special issue “The History of Twentieth-Century Management” of Management & Organizational History 9/4 (2014). He is a member of the European Research Network “Politics and corruption: current comparative history and sociology”. Daniel Kück ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Historischen Seminar der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen Geschlechtergeschichte, historische Anthropologie, materielle Kultur und Selbstzeugnisforschung. Mathieu Lapointe holds a Ph.D. in history from York University in Toronto. He has authored, co-authored and co-edited several books, articles, and book chapters on corruption and moral and urban reform movements in twentieth-century Montreal, notably “Nettoyer Montréal: les campagnes de moralité publique, 1940–1954”, Montreal 2014, “Corruption: Montréal et ses démons”, edited with Pascal Brissette, Montreal 2016, and “Scandale! Le Montréal illicite, 1940–1960”, edited with Catherine Charlebois, Montreal 2016. He is currently a visiting scholar at McGill University’s Centre for Interdisciplinary Research on Montreal (CIRM/CRIEM). Alan Lessoff is University Professor of History at Illinois State University, Normal, Illinois. A specialist in U. S. and comparative urban history, he is author, co-author, or editor of six books, most recently “Where Texas Meets the Sea: Corpus Christi and Its History”, Austin 2015, and “Fractured Modernity: America Confronts Modern Times, 1890s–1940s”, edited with Thomas Welskopp, München 2012. From 2004 to 2014, he edited the Journal of the Gilded Age and Progressive Era. The author prepared this essay during spring 2016 while serving as Obama Fellow at the Institute for Transnational American Studies, Johannes Gutenberg Universität Mainz, with research sabbatical support from Illinois State University. Jorge Luengo is research fellow at the Pompeu Fabra University in Barcelona. His main fields of research are 19th-century urban elites in Spain in European perspective and the Catalan-Spanish conflict over national identities in the 20th century. He has published a monograph titled “Una sociedad conyugal: las élites de Valladolid
Kurzbiographien der Autoren
189
en el espejo de Magdeburgo en el siglo XIX”, Valencia 2014, as well as several articles and book chapters on these topics. His current research focuses on the role of symbolic politics in the emergence of modern parliaments in Spain and New Granada during the Age of Revolutions. Sergio Marotta is Associate Professor of Sociology of Law at the University of Naples, Suor Orsola Benincasa, where he teaches “Institutions and Social Change”. His main research interests focus on the relationship between law and economy in the context of globalization. He studied political corruption in Naples in the second half of the nineteenth century. The results of this research are published in “Corruzione politica e società napoletana: l’Inchiesta Saredo”, Naples 2012. Sergio Marotta serves as Secretary of the Scientific Board of Sociology of Law Division of the Italian Sociological Association and on the Scientific Board of the Italian Institute for Philosophical Studies. Cesare Mattina ist Soziologe am Laboratoire Méditerranéen de Sociologie (LAMES-CNRS) der Universität Aix-Marseille. Seit einiger Zeit erforscht er den Einfluss stigmatisierter und allgemeiner Verurteilung unterliegender politischer Praktiken (wie Klientelismus und Korruption) auf Gemeinden. Zuletzt publizierte er „Clientélismes urbains. Gouvernement et hégémonie politique à Marseille“, Paris 2016. Im Rahmen des DFG-/ANR-Forschungsprojektes zu politischer Korruption arbeitet er außerdem zu sozialen und politischen Mechanismen von Korruption auf städtischer Ebene sowie zur Sozialgeschichte von deren Skandalisierung. Frédéric Monier ist seit 2008 Professor für Zeitgeschichte an der Université d’Avignon und Mitglied des Centre Norbert Elias (Gruppe HEMOC – Histoire de l’Europe moderne et contemporaine). Zu seinen Forschungsfeldern gehören die historische Klientelismus- und Patronageforschung, die Geschichte der Dritten Französischen Republik sowie die Kultur- und Sozialgeschichte der Politik im Europa der Zwischenkriegszeit. Zahlreiche Veröffentlichungen von Tagungsbänden im Rahmen des DFG-/ANR-Forschungsprojektes zu politischer Korruption gemeinsam mit Olivier Dard, Jens Ivo Engels und Andreas Fahrmeir. Zuletzt erschien seine Biographie über „Léon Blum, la morale et le pouvoir“, Paris 2016. James Moore is a lecturer in modern history at the University of Leicester, England. He previously taught at the British University in Egypt and the Institute of Historical Research, London. He specializes in the urban governance and urban politics of Britain in the late 19th and early 20th century. He is author of the “The Transformation of Urban Liberalism”, Aldershot 2008, and co-editor, with John Smith, of “Corruption in Urban Politics and Society, 1780–1950”, Aldershot 2007. His most recent work, “High Culture and Tall Chimneys”, focuses on the politics of culture in industrial Britain. Italo Pardo (PhD, 1988, London) is Honorary Reader in Social Anthropology at the University of Kent. He presides the International Urban Symposium (IUS), and has
190
Kurzbiographien der Autoren
established and co-edits “Urbanities – Journal of Urban Ethnography” and the “Palgrave Series in Urban Anthropology”. He initiated research in the urban west in British anthropology, “Managing Existence in Naples”, Cambridge 1996, and since the early 1990s he has pioneered anthropological research on legitimacy, corruption, and the western élite. He has done long-term fieldwork in Italy and England and has authored a large body of peer-reviewed articles and books (http://kent.academia.edu/ItaloPardo). He leads a multidisciplinary project on Legitimacy, Morality and Ethics. Gemma Rubí is a lecturer at the Universitat Autònoma de Barcelona (UAB) since 2007 and member of the Grup d’Història del Parlamentarisme. Degree in History and in Political Science and Sociology. PhD in History (UAB) and PhD in Histoire et Civilisations at the École des Hautes Études en Sciences Sociales of Paris. Among her areas of research are: nation-building history, modern social history, and cultural history of politics from Liberalism to Democracy in Spain, especially about caciquism. Her numerous publications include: “Els catalans i la política en temps del caciquisme”, Vic 2006, “Vots, electors i corrupció. Una reflexió sobre l’apatia política a Catalunya (1869–1923)”, Barcelona 2012, and various peer reviewed articles. Anja Senz ist seit 2014 Professorin für Transkulturelle Studien mit Schwerpunkt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft Chinas und Ostasiens am Institut für Sinologie der Universität Heidelberg. Seit vielen Jahren forscht sie anhand verschiedener Politikfelder zu Verwaltungsstrukturen, Entscheidungsprozessen und Institutionenwandel im chinesischsprachigen Raum. Mit Bezug zur Korruption liegt ihr Arbeitsschwerpunkt auf der strukturellen Analyse politik-ökonomischer Verwebungen, die korruptive Prozesse begünstigen, sowie den Möglichkeiten einer dauerhaften Eindämmung von Korruption. Sie ist Autorin zahlreicher Beiträge zu den Hintergründen von Korruption sowie der Anti-Korruptionsarbeit in China und Hongkong. Bettina Tüffers ist seit 2005 wissenschaftliche Projektmitarbeiterin der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien e. V. in Berlin. Neben Publikationen zur deutschen Parlaments- und Parteiengeschichte, u. a. der Edition der Protokolle der SPD-Bundestagsfraktion 1966 bis 1969, Düsseldorf 2009, und einer Studie über „Die 10. Volkskammer der DDR. Ein Parlament im Umbruch“, Düsseldorf 2016, hat sie verschiedene Arbeiten zur Frankfurter Stadtgeschichte veröffentlicht, vor allem „Von der Römerkoalition zur Parteienkonkurrenz. Geschichte der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung Band IV 1946–1989“, Frankfurt/Main 2011.
b e i t r äg e z u r s ta d t g e s c h i c h t e u n d u r b a n i s i e ru ng s f o r s c h u ng
Herausgegeben von Christoph Bernhardt (geschäftsführend), Harald Bodenschatz, Christine Hannemann, Tilman Harlander, Martina Heßler, Wolfgang Kaschuba, Friedrich Lenger, Dieter Schott und Clemens Zimmermann.
Franz Steiner Verlag
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
ISSN 1612–5746
Adelheid von Saldern (Hg.) Inszenierte Einigkeit Herrschaftsrepräsentationen in DDR-Städten Unter Mitarbeit von Alice von Plato, Elfie Rembold, Lu Seegers 2003. 420 S. mit 14 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08301-0 Adelheid von Saldern (Hg.) Inszenierter Stolz Stadtrepräsentationen in drei deutschen Gesellschaften (1935–1975) Unter Mitarbeit von Lu Seegers 2005. 498 S. mit 30 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08300-3 Frank Betker „Einsicht in die Notwendigkeit“ Kommunale Stadtplanung in der DDR und nach der Wende (1945–1994) 2005. 412 S. mit 38 s/w-Fot., 10 Abb., 20 Graph. und Schem., geb. ISBN 978-3-515-08734-6 Clemens Zimmermann (Hg.) Zentralität und Raumgefüge der Großstädte im 20. Jahrhundert 2006. 174 S. mit 35 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08898-5 Christoph Bernhardt / Heinz Reif (Hg.) Sozialistische Städte zwischen Herrschaft und Selbstbehauptung Kommunalpolitik, Stadtplanung und Alltag in der DDR 2009. 324 S. mit 50 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08763-6 Thomas Biskup / Marc Schalenberg (Hg.) Selling Berlin Imagebildung und Stadtmarketing von der preußischen Residenz bis zur Bundeshauptstadt 2008. 376 S. mit 71 Abb. und 8 Farbtaf. mit 17 Abb., geb. ISBN 978-3-515-08952-4 Thomas Höpel Von der Kunst- zur Kulturpolitik
Städtische Kulturpolitik in Deutschland und Frankreich 1918–1939 2007. 516 S. mit 47 Schaubild. und 11 Tab., geb. ISBN 978-3-515-09106-0 8. Ueli Haefeli Verkehrspolitik und urbane Mobilität Deutsche und Schweizer Städte im Vergleich 1950–1990 2008. 380 S. mit 54 Abb. und 12 Farbktn., geb. ISBN 978-3-515-09133-6 9. Ralf Roth (Hg.) Städte im europäischen Raum Verkehr, Kommunikation und Urbanität im 19. und 20. Jahrhundert 2009. 274 S. mit 24 Abb. und 11 Tab., geb. ISBN 978-3-515-09337-8 10. Petra Spona Städtische Ehrungen zwischen Repräsentation und Partizipation NS-Volksgemeinschaftspolitik in Hannover 2010. 349 S. mit 52 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09668-3 11. Astrid Mignon Kirchhof Das Dienstfräulein auf dem Bahnhof Frauen im öffentlichen Raum im Blick der Berliner Bahnhofsmission 1894–1939 2011. 274 S. mit 22 Abb. und 2 Tab., geb. ISBN 978-3-515-09776-5 12. Sebastian Haumann „Schade, daß Beton nicht brennt …“ Planung, Partizipation und Protest in Philadelphia und Köln 1940–1990 2011. 335 S. mit 8 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09889-2 13. Andrea Bergler Von Armenpflegern und Fürsorgeschwestern Kommunale Wohlfahrtspflege und Geschlechterpolitik in Berlin und Charlottenburg 1890 bis 1914 2011. 392 S. mit 23 Abb. und 10 Tab., geb. ISBN 978-3-515-09935-6
14.
15.
16.
Wolfgang Hofmann Bürgerschaftliche Repräsentanz und kommunale Daseinsvorsorge Studien zur neueren Stadtgeschichte 2012. 434 S. mit 39 Abb., geb. ISBN 978-3-515-10120-2 Georg Wagner-Kyora (Hg.) Wiederaufbau europäischer Städte / Rebuilding European Cities Rekonstruktionen, die Moderne und die lokale Identitätspolitik seit 1945 / Reconstructions, Modernity and the Local Politics of Identity Construction since 1945 2014. 485 S. mit 112 Abb., geb. ISBN 978-3-515-10623-8 Martina Heßler / Günter Riederer (Hg.) Autostädte im 20. Jahrhundert Wachstums- und Schrumpfungsprozesse in globaler Perspektive 2014. 227 S. mit 61 Abb. und 5 Tab., geb. ISBN 978-3-515-10692-4
17.
Dirk Schubert Jane Jacobs und die Zukunft der Stadt Diskurse – Perspektiven – Paradigmenwechsel 2014. 355 S. mit 68 Fot. und Abb. sowie 3 Pläne, geb. ISBN 978-3-515-10709-9 18. Christian Rau Stadtverwaltung im Staatssozialismus Kommunalpolitik und Wohnungswesen in der DDR am Beispiel Leipzigs (1957–1989) 2017. 425 S. mit 17 Abb. und 19 Tab., geb. ISBN 978-3-515-11530-8 19. Christoph Bernhardt (Hg.) Städtische öffentliche Räume / Urban public spaces Planungen, Aneignungen, Aufstände 1945–2015 / Planning, appropriation, rebellions 1945–2015 2016. 313 S. mit 27 Abb. und 54 Bild., geb. ISBN 978-3-515-11594-0
Marseille, Köln, Montréal – offensichtlich kennen viele Gesellschaften dieses Phänomen: Eine oder auch mehrere Städte im Land haben den Ruf korrupt zu sein. Ausgehend von diesem Befund gehen die Autorinnen und Autoren dieses Bandes dem Verhältnis von Stadt und Korruption nach. Dabei beschränken sie sich in ihren Beiträgen nicht auf die Images der als korrupt geltenden Städte. Sie untersuchen auch die konkreten Praktiken, die üblicherweise als Korruption bezeichnet werden, und stellen mögliche Gegenmaßnahmen dar. Ziel des Bandes ist es, die Bedeutung
dieser Thematik aufzuzeigen – denn von wenigen Ausnahmen abgesehen hat sich die Stadtgeschichte bisher nicht mit der Geschichte der Korruption beschäftigt. Die Beiträge decken eine breite Palette von Städten in Ländern in und außerhalb Europas ab, darunter Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien, die Niederlande, Russland, Kanada, die USA und China. Zeitliche Schwerpunkte sind die Phase der Urbanisierung um 1900 sowie die Mitte des 20. Jahrhunderts.
www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag
ISBN 978-3-515-11738-8
9
7 83 5 1 5 1 1 7 388