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German Pages 665 [676] Year 1975
S P I E L T E X T E D E R W A N D E R B Ü H N E II
AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR D E S XV. B I S XVIII. J A H R H U N D E R T S
unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roioff
SPIELTEXTE DER W A N D E R B Ü H N E
WALTER DE G R U Y T E R • B E R L I N • NEW YORK 1975
SPIELTEXTE
DER
WANDERBÜHNE Unter Mitwirkung von Hildegard Brauneck herausgegeben von
MANFRED
BRAUNECK
ZWEITER
BAND:
L I E B E S K A M P F F (1630)
WALTER D E G R U Y T E R • B E R L I N • N E W YORK 1975
© ISBN 3 11 005716 6 Library of Congress Catalog Card Number: 73-516682 Copyright 1975 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'schc Verlagshandlung. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise, vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61
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« i n f e t t e g o m œ ^ i c t t mtt> t f r n ¿ti t>cfmDrn/t>nt>èHtwnic in a ^gegangen. 2 l f l m fcer g o m œ f r t m ^Môœtf ii Kleid zerrissen / muß ich lassen ein anders machen.
Actus I
21
FLORETTUS.
Ich glaub du seyst nicht wol klug? HANS WURST.
O ich bin schon genug. FLORETTUS.
Höre / berichte mich / hastu einen Herrn? HANS WURST.
Herrn? Herren sind uberall genug. FLORETTUS.
Das weiß ich ohn das wol / Es hette mir dieses wol mit einem reinem Haupte gesagt / und berichten können. Jch meyn aber solch einen Herrn / dem du mit Diensten behafft? HANS WURST.
Ach nu verstehe ich es recht / der Printz wird wollen mein Juncker werden? FLORETTUS.
Ja / Was deucht dich / hastu Lust darzu? Kanstu auch schreiben / weise es her / wann du was bey dir? HANS WURST.
Lust genug / Juch ho ho / solche Lust hab ich / Und was unsere Exellentz geschrieben / das wird wol vorhanden seyn / dann ich trage meine Cantzeley allzeit bey mir. Darumb PACICICICICIPACICIENTIENTIRICH.
Suchet ein hauffen alte Schreiben vor / m r f f e t sie mg.
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Comadia . . . Cupidinis
Herre / was ich sagen wil / bey meiner hert2allerliebsten Ehre / sie sind alle verschickt worden / ist auch nit eins uberblieben / dann die Bulenbriefflein zu verschicken / laß ich täglich Botten ablauffen. FLORETTUS.
Hastu denn sonsten ein hüpsche hand zu schreiben? HANS
WURST.
Sehet da meine Batzhindichen. FLORETTUS.
E y du bist ein Narr / das sehe ich wol. HANS
WURST.
Wer nicht sihet der ist blind. FLORETTUS.
Wie heistu dann / wann du mein Diener werden wilt muß ich deinen Namen wissen? HANS
WURST.
Ach ein viesirlichen Namen habe ich / Ich heisse wie das Thier / das die Jungfrawen gerne haben / das ist so viel / als Hanß Wurst. FLORETTUS.
Hanß Worst. HANS
WURST.
J a / Worst oder Wurst / wie ihr wolt. Aber meines newen Herrn seinen Namen muß ich billich auch wissen?
Actus I
23
FLORETTUS.
Ich heiß
FLORETTUS Z W A N T I B O L .
HANS WURST.
Ach Florettriep zwantzig Tonnen voll / Ey vereh- JUCUNDA.
Ich glaub ihr denckt und bildet euch ein / ir seydt der Gott der Liebe / und habet die Pfeile deroselben in ewer Handt / außzutheilen / daß ir euch in solchen Sachen so viel zu trawet.
Actus II
33
CORCILLANA.
Wann ich gleich die Liebe nit bin / wisset ir nit Jungfraw das was mit nichts auff dieser Welt kan zu wege gebracht werden / daß dasselbige durch alte Weiber geschieht. JUC.ber (ad MORIERE) gegen was vor eine Person bist denn also verliebet? SCHRÄMGEN.
Es ist eine Jungfraw / eine exelente schöne wackere DAMOSELLE, sie hat alles gedoppelt 2 . Schleyer. 2 . Leinwadkittel. 2. Gürtel von dem besten Eisen. 2. Par Schuh. 2. Brüste. 2. Hinde. 2. Beine. 2. Arschbacken. 2. Augen. 2. Ohren. 2. Katzen. Und 2. halbe halbe Engelthaler / Summa Summarum es ist alles gedoppelt / ja sie ist selbst gedoppelt / denn sie tregt ein Kindt im Leibe.
Actus I
119
AMINTA.
Tregt sie ein Kindt im Leib? Das mag wohl ein wackere Jungfraw sein. SCHRÄMGEN.
Das ist freylich war. AMINTA.
Nun gieb dich zufrieden / ich will dir hierinnen wol behülfflich seyn. SCHRÄMGEN.
Ach Herr wann ihr das thun woltet? Ihr köntet mir auff einen Tag zu Weib und Kindt helffen. AMINTA.
Allein du must hinwiederumb fleissig in meinem Dienste sein / alhier hastu einen Brieff den bring der Dafne / so dir nicht unbekant / unnd grusse sie meinet wegen gantz freundlich / berichtende / daß ich ihr in aller Ehrerbietung auff den Dienst zu warten geflissen. SCHRÄMGEN.
Ich hielte dafür nach meinem geringfügigen (Hvf y Verstandt / es wer am besten / wann ihr den Brieff zu euch nehmet / und uberantwortet ihn der DAFFENT selber / dann ihr wisset wol Herr / solche Sachen verrichtet der jenige gemeiniglich am besten / dem es selber angehet. AMINTA.
Was ich dir befohlen / solstu unwiedersprechlich außrichten / sonsten wirstu ubel tractiret werden.
120
Aminta
und
Silvia
SCHRÄMGEN.
Nu / nu / meinet halben / ich bin wol zu frieden / wil alsobald hingehen / aber hört ihrs / hier hab ich auch ein klein Brieffgen / das hab ich an mein allerliebstes Busekätzgen geschrieben / und zwar mit meinem eigen Blute / denn als ihr mir gestern Ohrfeigen und Sackbrummen gabt / daß mir Maul und Naß davon bluteten / samlete ich alle das Blut mit Fleiß in ein Gläßlein zusammen / und nun hab ich diesen Brieff darmit geschrieben / auff das mein Puthünichen / mein Vogeln&stgen sehen möchte / wie gut ichs mit ihr meine. Weil denn ich und ihr sonsten jetzo einerley HUMORES seyndt / so wollen wir in NOMINE DOMINE auch eynerley Beschwerung tragen. Ewren Brieff wil ich wol zurecht uberantworten / und diesen Brieff nehmet ihr / und bringet ihn meinem Schätzgen / und saget ihr darneben meinet wegen einen guten BONUS DIES, und daß ( i c h ) alle tage uff ihre Gesundtheit unsere Köchin visitire / auch sonst ir mit allen spitzigen Diensten zu Tag und Nacht / unten und oben auffzuwarten bereit / willig und erbötig / hiermit Gott befohlen / DATUM wie oben. Ew Ehrenv^M/ir) Dienstw Alex Schremgen. FLORETTO.
Newe Zeitung / Aminta / ich bringe dir gute Botschafft / so dein abgemattes Hertz wiederumb erquicken wird. AMINTA.
Trawtester Floretto / Was sagstu? Was bringestu? Leben oder todt? FLORETTO.
Ich bringe leben / heil und Wolfahrt / so fern du dich nur etwas unterstehen woltest. Dann numehr ist es zeit / das du als ein Mann deine Mannheit beweisest / und deine hertzhafftigkeit an Tag gebest. AMINTA.
Was für eine Hertzhafftigkeit ist mir dann von nöthen? Und wider wem soll ich dieselbe üben? FLORETTO.
Wenn deine liebste in einem Wald wehre / so umb und umb mit hohen rauhen Felsen umbgeben / darinnen ungeheure Löwen und Leoparden wohneten / woltestu auch wol dazu gehen?
Actus II
129
AMINTA.
Dahin wolte ich gewißlich gehen / und zwar viel frölicher als die so uf die P A T U R N A L I A ZU lauffen pflegen. FLORETTO.
Wie / wann sie dann unter Mördern und Leibes-Gefahr sich befinde / woltestu dich zu ihr wagen? AMINTA.
Ich wolte in warheit viel frewdiger und geschwinder zu ihr eylen / als ein matter und durstiger Hirsch zum Wasserbrunnen. ( l i f y FLORETTO.
Zu grösserer Prob deiner Bestendigkeit / must dich noch viel ein grössers zu unterwinden erbieten. AMINTA.
Ich wolte mitten durch die reissende Wasserflüsse gehen / wann der Schnee auff den Bergen schmiltzet / und die harten Eißschollen mit hauffen schwimmen. Wolte auch wol mitten durch ein Fewer gehen / ja in die Helle mich begeben / wann Silvia darinnen were / aber sage mir doch / was hastu meinetwegen ausgerichtet / verhalte mir es nicht lenger? FLORETTO.
Silvia wartet dein bey einem Brunnen gantz nackent und gantz allein / wilstu dich wol wagen dahin zu gehen? AMINTA.
Was sagestu? Wartet Silvia mein bey einem Brunnen gantz nackent und alleine? 9 Brauneck II
130
Aminta und Silvia FLORETTO.
Gantz alleine / es sey dann das D a f n e bey ihr were / so auff unser Seiten ist. A b e r : AMINTA.
Ach was ist das für ein aber? Rede fort / so du schweigest / ertödtestu mich. FLORETTO.
Aber weistu nicht daß du dahin gehen solst? AMINTA.
Diß ist ein harter Schuß / so allezeit empfundene süsigkeiten wiederumb verbittert. Mit was für einer grawsam Kunst magstu mich doch plagen? Deucht es dich denn ein geringes zu seyn / das ich unglücklich bin / und kömmest noch mein Elend zu vermehren? FLORETTO.
Wenn du mein Willen gehorsamen wirst / so wird dir alle Glückseligkeit begegnen. AMINTA.
Was redestu denn? FLORETTO.
Dis ist der beste Raht / daß / wann du an den orth kommen / du alßdann das jenige unerschrocken ins Werck setzest / so dir das unverhoffte Glück an die Hand geben wird. AMINTA.
Da behüten mich die himlischen Götter für / das ich einmahl etwas thun solte / so ihr zu wider sey / ich habe der-
Actus II
131
gleichen niemals gethan / ausser dem / das ich sie geliebet / und darzu zwang mich ire Schönheit / und nicht meine schult / suche auch (der Himmel sey mein zeuge) noch zur zeit nichts anders / dann nur allein / das ich ihr gefallen möge. FLORETTO.
Sage mir doch diß Aminta / wann es in deiner Gewalt stunde / sie nicht zu lieben / woltestu sie zu lieben unterlassen? AMINTA.
Das gebe mir die liebe nicht zu / daß ich sie jemals zu lieben underlassen könte / ob es gleich in meinen gefallen beruhete. FLORETTO.
So wollestu sie gleichwol ihr zu Verdruß lieben / wann du gleich verschaffen köntest / das du sie sonst nicht liebetest?
AMINTA.
Nicht zwar zu ihrem Verdruß / sondern ich wolt sie doch sonst lieben. FLORETTO.
Aber dennoch wieder ihren willen? AMINTA.
Ja Warlich. FLORETTO.
Warumb wollestu denn nicht wider ihren willen das jenige versuchen / und für die Hand nehmen / so ir zwar anfenglich etwas schwer / hernach aber sehr lieb und angenehm seyn werde? 9*
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Aminta und Silvia AMINTA.
A c h Floretto / die liebe mag vor mich antworten / ich vermag nicht nachzusagen / was mir zwar mein Hertz andeuten thut / du bist also verschlagen / weil du es nun eine geraume 2eit getrieben / v o n der Liebe zu DISCURIREN. FLORETTO.
So wollen wir denn gehen? AMINTA.
Ich wil gehen / allein nicht wohin du meinest. FLORETTO.
W o dann hin? AMINTA.
In den Todt wil und mus ich gehen / weil du anders nichts außgerichtet / als was du mir biß anher erzehlet. FLORETTO.
Heltestu denn dis ein gering Ding zu sein? Glaube mir du närrisch Mensch / das Dafne nicht würde ge-rathen haben dahin zu gehen / wann sie nicht der Silvia Hertz erkennet / und gewiß wüste / das dis also ihr Wille sey. W o ist dann nun deine grosse Begierde ir zu gefallen? Und weil sie dann wil / daß deine Ergetzligkeit mehr in deinem / ir angenehmen Diebstal und Raub / als in ihrem selbst eigenen Willen und CONSENS bestehen solle / was gehet es dich an / ob du sie durch einen oder den andern weg bekömmest. AMINTA.
Wer versichert mich dann / daß dieses ihr wille also sey?
Actus II
133
FLORETTO.
Der sinnen bistu beraubet. Wer versichert dich denn / daß dieses also ihr wille nicht sey? Du hast dirs einmal fürgesetzet / den abschewlichen Todt in deinem Dienst anzunehmen / drumb versuche doch nur dieses zuvor / es ist ja besser als ein behertzter denn als ein verzagter zu sterben. Wie? Kanstu nun schweigen? Ists nicht wahr / du bist uberwunden? Bekenne nur daß du verlohren hast / so wirstu Ursach bekommen / dem Triumph desto höher zu preysen. Lieber kom / laß uns doch gehen. AMINTA.
Warte nur noch ein wenig. FLORETTO.
Was sollen wir lenger warten / die zeit verleufft / und man kan sie nicht wieder zurück treiben. AMINTA.
Halt laß es uns erst bedencken / ob es zu thun / und wie es anzustellen sey. FLORETTO.
Kom / kom / unterwegens können wir auff ( J u i f y alles dencken. Wer aber allzu viel bedenckt / gemeiniglich nichts außzurichten pfleget. Gehen abe. MUSICA.
ACTUS TERTIUS. SCENA I. FLORETTUS, SCHÄFFER.
FLORETTO.
O höchste Grausamkeit / O Undanckbarkeit / O Unbarmhertzigkeit / O du verkehrte Natur! Warumb hastu den Jungfrawen allein in das Gesicht und förder Theil ihres Leibes alles das jenige / so an ihnen lieblich / holdselig / höfflich / freundlich und anmutig ist / eusserlich gesetzet / und dargegen alles das andere / so an inen tyrannisch / falsch / hönisch / neidisch / unbarmhertzig / in ihr innerst Ingeweide vergraben? Ach der unglückselige Aminta! Wann er doch nur sich nicht in ein plötzlich und unwiderbringlich Verderben gestürtzet: Er lest sich nirgend sehen / Ich hab ihn nun drey stunde hin und wieder gesuchet / und zu förderst an dem orth / da ich ihn gelassen / treffe ihn doch nicht an / finde auch keine spur / wo er gegangen were / Sein zaghafftig Gemüt ist mir nicht unbekant / Er hat sich gewiß selber umbs Leben gebracht. Dort sehe ich einen Schiffer / ich wil ihn fragen / ob er etwa Wissenschafft haben möchte: Guter Freund / habt brachte Sprichwort / welches ich als mein SYMBOLUM in alle Stambücher schreibe / und also heisset: Wer alles wil wissen / dem wird gern uffs Maul geschissen: nicht davon abhielte / denn ich besorge mich es möchte euch auch also ergehen.
Actus V
185
DAFNE.
Du grober Alex Schrämgen. S C H R Ä M GEN.
Ehrenveste Fraw Daffent / ich wil Herr Florettrib die Ehre lassen / er mag dieweil vor mich Lex Schrämgen heissen / denn ich habe jetzo keinen APPETIT darzu. FLORETTO.
Er redet als er klug ist. Schrämgen / lieber sag uns doch nur mit einem Wort / was macht Aminta? SCHRÄMGEN.
Nichts. FLORETTO.
Was ist aber das? Hieran haben wir noch nicht genug. SCHRÄMGEN.
Sagt ihr nicht / ich solt euch mit einem Wort sagen was Aminta macht. FLORETTO.
Es ist zwar an dem / wir wollen es aber gerne fein deutlich und eigentlich wissen. SCHRÄMGEN.
Und Aminta macht fein deutlich und eigentlich nichts. SWáeferígWf / Me
«»asfcmunfìnòiB/ \ íi Gn
Lucilia weil ihr es vor gut achtet / so folge ich gerne. Gehen abe. ACTUS TERTIUS. SCENA II. ARCTUS.
Man redet im Sprichwort / welches von den Alten gemacht / und sehr wol gegeben ist / es muste ein geringer Wirth seyn / der einem nicht eine Zeche borgen kündte. Wann ich nun solche wenig Wort betrachte und bewege / befinde ich es gantz war zu seyn / dann es ist kein Mensch nicht so vornehm und mechtig / da ihm ein schlechterer und geringer / als er ist / nicht etwas zu gut / oder doch zu wieder thun köndtc. Also bin ich auch ein geringer Mensch gegen meinen gewesenen König zu achten / Noch denn weis und schwere ich / das ich ihm wol wil so viel zu thun machen / auß der Ursachen / daß er mich unverschuldter weise / ohne Recht (wie ich mir wol einbilden kan) ins Elendt vortrieben / und aller Menschen Beywohnung / hinfüro soll die Zeit meines Lebens beraubet sein / ich weis was ich gelernet / damit ich vor mein Persohn
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Comtzdia und Prob getrewer Liebe
ihm woll so viel Angst und Bekümmemüs hiergegen machen / als er in Angst unnd Noth mich hat thun set2en / dann ich in meiner Jugend mehr als Brodt essen gelernet hab / dann Kese unnd Butter (S v y kan ich auch zu essen / wann es gleich etwas bessers ist / Raphiiner / Kramsvögel und allerley gute schnabelweide. Aber ihr Herrn wie denckt ihr woll / daß ich darff so kühne reden / und mich unterstehen will an dem Könige zu rechnen / so ich doch aller Menschen verbannet / und ein vortriebener sein muß / und in der Wildnis und Einöhte bleiben und wohnen / die zeit so lange mir die Götter mein Leben fristen. Da müst ihr nun wissen / das ich mit der schwartzen Kuhe kan umbgehen / daß sie weisse Milch giebet / darumb hab ich bey mir beschlossen / damit ich meinen Muth wieder den König kühlen kan / eine Stete im Walde also zu verzaubern I das wer auff dieselbe kommen wird / ohn meinen Willen / nicht wiederumb herrunder gehen soll / kan ich nun jemand von des Königs Frawenzimmer / Oder dem König selber / wann er auff die Jagt ziehet bekommen / sollen sie mir wol nach meiner Pfeiffen tantzen / und wie ich es ihnen vorlege mit mir zu frieden sein / das soll hernach dem Könige Schtnertzen genug sein. Damit aber solches mir desto sicherer von statten gehe / wil ich noch erstlich ehe ich in Wald gehe / mich mit einen wilden Mannskleide gefast machen / und solches tragen / damit sie desto grössere Furcht vor mir haben / und wil sie so verblenden / das sie nicht anders meinen sollen / dann ich ein rechter geborner wilder Mann sey. Ich darff nicht lange mehr allhier verwarten /
Kommen erst heraus hernach.
FLORIANA, L U C I L I A , C A M I L L A .
GIRONDE.
GCnädiger'y Yi(err'). Man hat ein Sprichwort / das lautet also / viel dings verdirbt / da man nit drumb wirbd / solches Sprichwort bedencken doch V/jver) Gonaden) jetzundert / hetten sie es mir nicht offenbahret / ihr Hertzliches Anliegen / mit Frewlein Florianen / und ewre Liebe ihr nicht offenbahren lassen / und umb ihre Liebe nicht geworben / so wehr E ( j v e r y Ginadeny in dieser Angst der Liebe verdorben. LOTHARIUS.
Gironde / ich muß es gestehen / ich habe schwere und grosse Angst außgestanden / Frewlein Florianen halben / das ich ihre Liebe nicht hab theilhafftig werden können / und noch biß Dato aller Zusammenkunft beraubt. FLORIANA. Holdselige Princessin / schöne Floriana / Wann ihr wider natürliche Pflicht von jemanden / wanns auch die stercksten und mechtigsten Riesen weren / diesen weg beleidiget werden sollet / daß ewer Gemüth dardurch unlustig wurde / so bemuhe ich mich euch schönes Frewlein unter tausent Rittern / mit verlust meines lebens / Raht zu schaffen / daß sie unmolestiret wiederumb anheim kommen sol / Meine Person halber belangende / bin ich dem Dienst ewer so ergeben / und in demselben so geflissen / daß ich auch biß in das eusserste Indiam mich begeben wolt / die jenigen zu suchen und zu bestreiten / welche ihr boßhafftiger weiß etwas ubels zufügen / und sie beleidigen theten. LUCILIA.
O Printz Lotharius / gedenckt daß das Glück so mechtig / daß es dennoch auch den glückseligen Anschlag zurück treiben / und verhindern kan. ARCTUS.
Redet mit sich selber. Frewe dich / dein gutes vornemen wird nach dei-liebten Gemahlin / ewerer Fraw Mutter meiner Base / ZU OFFERIREN. ARPILIOR.
Alhier von diesem genung / wir müssen fort / dann wir weiter gelegenheit zu einem Gesprech b kommen wollen. SCHAMBITASCHE.
Ey das ist recht / so hab ich es lange gerne gehabt. GALATHEA.
Ich folge willig und gem. A R P I L I O R und GALATHEA nemen einander bej der Hand und gehen abe %uvorher / die %wej von Adel hinter her / die ROSINA und let^t der SCHAMBITASCHE. Hier kan mit Trometen geblasen werden.
ACTUS PRIMUS. SCENA III. PANNUS.
Alle ding eine weile ein Sprichwort ist / welches auch in der P R A X I N alzu wahr / man betrachte solches auff was wege man will / so findet es sich in allem also zu seyn / bedencket man das wesen der Menschen / alles was sie machen ist vorgenglich / es sey auch angefangen / auff was arth es wolle / unnd darzu helffen die Menschen einander selber / und ist einer des anderen Teuffei / Dann sindt unter den Menschen etliche die sich legen auff die ARCHITECTUR unnd Befestigung starcker Städt und Schlösser / so sindt (Xvjry welche die sich
Adusi
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legen auf? Büchsenmeisterey / und dencken wie man solche 6rter widerumb einreissen und ihre Macht schwechen kan / Man bedencke wie ein Königreich nach dem andern ein und zu trümmern gehet / dann sind welche die es vermehren / gewiß finden sich hinwiderumb / die es schwechen / Ist einer ein Sparer / der Zehrer folget gewiß darauff / und bleibt war / wo ein Kirch allda ein Capel / wo Frewde allda Leid / dann keine Frewd ohne Leid das Sprichwort heist / welches mit grossen Schmertz dieses Hauß und Königreich in kurtzem erfahren wird / mit höchster Ungelegenheit / welches ich wol sehe und weiß / aber doch nit gantz abwenden kan / dann an jetzo ist nichts als Frewde an diesem Hofe und Königlichen Trone / aber die Ankunfft der Hochwolgebornen Fräwlein / Fräwlein Galathea glücklichen Ankunfft. Auch irer Schön und Höfligkeit wegen / damit sie vor vielen andern auff dem Umbkreiß des Erdbodens gezieret / und von den Göttern begäbet ist / Aber sehet und mercket darauff / wie bald sich diese Frewd in Leid und Trawrigkeit / dieses Glück in Unglück verkehren / daß dieser Königliche Pallast het wünschen sollen / sie nimmermehr gesehen zu haben / und wann uns nit der alten seligen Weisen Zuchtbücher auch allerley geschriebene Historien lehreten das keine Frewd so groß sein könne / die nicht durch einen plötzlichen unversehenen Fall könne verderbt / und versaltzen werden / so werden wir solches einig und allein an dieser T R A G E C O M C E D I lernen / dieses trawrige Spectacul wird es zeigen unnd an Tag bringen: Aber < X v j v y wird doch sich nach außgestandener langer Pein / durch mein Fürsichtigkeit das Unglück widerumb in Glück verkehren. Darumb lernet hierauß die ihr diese Historiam von Anfang biß zum Ende anschawen werdet / das Frewd und Menschliches Wolergehen ein weil weret / und das Unglück auch ein Ziel hab / wann man es mit Bescheidenheit weiß in acht zu nehmen / welches auch die P R A X I N des wolhergehenden E V E N S haben will. Aber ich bin bereit / darauff zu studiren / wie diesem Unglück mag mit fug abgeholffen 2t
Brauneck II
König Mantalor
322
werden / darumb ich also bald wider umb mich in mein Clausein verfügen / und ein INVENTION erdencken muß. Kompt PANNUS
der K O N I G herauß will abe gehen.
mit ihm
MANNUS
und
VICTOR.
ACTUS PRIMUS. SCENA IV. MANTALOR, MANNUS, V I C T O R , PANNUS,
GALATHEA.
MANTALOR.
Ruffet dem
PANNO
in dem er abgehen
will.
Pannus / Pannus. PANNUS.
Wer ruffet {sihet den
KÖNIG)
Großmichtiger König. < X v i f y
MANTALOR.
Pannus verziehe ein wenig / Mannus und Victor euch befehle ich / daß ihr also bald zum Frlwlein Galatheam gehet / ihr anmeldet / wie wir in Gnaden begehren / daß sie also bald auff ein Gesprech zu uns kommen wolle. MANNUS
und
VICTOR
machen Paselemanis gehen abe. MANTALOR.
Nun hör Pannus mein Freund / was vor tieffsinnige Gedancken / hast du allhie auffgeschüttet weil wir dich so mit dir selber redent gefunden / und was sagst du uns auff unser Begehren / des Glücks oder Unglücks / unserer Regierung betreffende.
323
Actus 1 PANNUS.
Großmächtiger K6n mit dieser Andacht und Sorg Ii (wer') Maj ( e s t e f ) Regiment und Hoffwesen betreffende / gehe ich gleich an jetzo umb / solches zu erfahren / darumb ich auch bedacht / mich in meine Clausel zu begeben / in der Still solchem nachzudencken / darumb nehme ich unterthänig von E(wer*) M a j < e s t e f ) mit Reverentz Abschied. MANTALOR.
Solches vergönne ich dir gerne / zu rechter Zeit wirst du mich solches verständigen. P A N N U S machet Paselmanus gehet abe. Kommet die G A L A T H E A machet t i e f f e Paselman und mit ihr M A N N U S und V I C T O R . < X v i j v y
MANTALOR.
Mannus und Victor ihr könnet uns ein wenig Raum geben / dann wir etwas weniges / doch daran uns in geheim gelegen / mit ihr zu reden haben / nach Verlauff eines wenigen / könt ihr euch widerumb prassentiren / darmit sie widerumb in ihr Zimmer begleitet wird. MANNUS
und
VICTOR
machen Paselman sehr / und weil ich ihm so lieb habe / jucket sie mich noch viel sehr / Ach ich leyde / ach noch viel mehr Pein und Schmertzen umb meines Herren willen / als der stärckeste Esell / wann es noch so ein groß Thier ist / umb seine Bulschafft leiden mag / J a nun hört über diß alles / Als ich nun heut zu meinem Herrn kam / unnd ihm sich so sehr über die Lieb beklagen hört / wolt ich ihm nach meinem wolgeschickten Verstandt / von allerley Reichshändeln was vor schwatzen / daß er das hudeln der Liebe vorgesse / wolte er doch gar nit daran / mir vorgeben / daß es sich nit so thun lassen wolte / weil die Liebe bey ihm zu tieff eingewurtzelt / Nun wer kein ander Mittel ihm zu helffen / als von dem Dimichen ein Gegenliebe / biß letzlich / da ich ihm gar zu sehr einredete / gab er mir eine Ohrfeyge und statliche Maultasche zur Zehrung mit auff die Reise I darmit hinzugehen / und einen Doctor zu suchen / der ihm also von der Scherey abhülffe / nun habe ich die gantze Welt fast außgelauffen / unnd bin uberall gewesen / außgenommen allhier noch nit / darumb wolt ich nun euch Honiggebeutzten Damichen gebeten / und gefragt haben / ob ihr nicht wisset / wo doch ein Doctor zu finden möchte sein / der meinem Herrn helffen könt / ich wolt seinet halber gerne meinen Stab / Taschen / Hut und Mantel und allen Dreck drumb geben / wan im könt geholffen werden / weil ich ihm so lieb habe / und er so schön ist. Kompt
ARPILIOR.
König Mantalor
328
Aber daß dich aller der Teuffei / da kompt er gerade selber her.
ARPILIOR. A M O R , O Gott aller Grawsamkeit wie tormentirestu / Ach leyder G A L A T H E A , wann ihr mir jederzeit so ich euch nenne / und an ewren Namen G A L A T H E A gedencke / tödlichen Schmertzen zufügen thut / wie ich befinde / bedenckt / was Pein und Marter thut seyn / der ich stätigs in den Banden ewrer unvergleichlichen Schönheit behafft bin. SCHAMBITASCHE.
Ad
spectatores.
Ja sagt ichs nicht. ARPILIOR.
Aber ach leyder A R P I L I O R , wie hastu anjetzo dich so weit vergessen / daß du über die G A L A T H E A dich beklagest / weil du die Pein der Liebe derer Schönsten Frdwlein dich uberwinden lassen / darvon sie nichtes weiß / aus Ursach / weil ich ihr solches selbst nicht / noch durch andere eröffnet / auch das Hertz solches zu vorrichten fast nicht mechtig. S C H A M B I T AS CHE.
Ach / ach die Liebe wird meinem Herrn gar auffressen. ARPILIOR.
O du grimmiger A M O R , wie kanst du so schädlich und voller Hochmuth seyn / daß du nicht das Königliche geblüte / von dem ich entsprungen / achten thust? Ja viel weniger auff mein zarte Jugendt / in der du mich ubermessiglich bezwingest / ansehen thust / in massen das zu erachten ist / du wollest deine Macht < Yijvy mich algemach in der Hitze deiner lebendigen Flammen verzehrende / an mir erzeigen.
Actus
I
329
SCHAMBITASCHE.
Das ich ihm nur nicht gar ins Wasser hinnein werften sol / daß doch die Flamme vorleschen möchte. ARPILIOR. G A L A T H E A die du mit der Himlischen Schönheit begäbet / die Götter werden dir solche Höffligkeit auch mitgetheilet haben / darumb ich der ungezweiffelten Hoffnung lebe / so du es wissen soltest / du wurdest dich nicht so streng gegen mir erzeigen / und mich nicht so elendiglich verschmachten lassen / durch was Mittel wird ihr aber solches eröffnet / Mündlich wil es die Scham meiner Jugent nicht zulassen / Dann so mir schon vergönnet mit ihr zu reden / unnd sie heimzusuchen / so sind doch bey ihrer Gegenwart / meine Sinne sie mir anzuschawen alle beladen / die Augen vorsehen ihr Ampt / sie mit grosser Verwunderung anzusehen / das Hertz wird von der Schönheit die ihm die Augen vorstellen / verzuckt / das machet also meinen Munde verstummen / ihr mein Anliegen zu entdecken. SCHAMBITASCHE. redet
ARPILIOR.
Gn(ädiger/ Herr / hab ich es doch allezeit gesagt / ich wil es bey der G A L A T H E A M anbringen. ARPILIOR.
Sihe da / hat mich der Geyger mit Narren beschissen / ich vormein du mich behorchet haben sollest. SCHAMBITASCHE.
O nein / ich habe euch nicht zwar behorchet / doch < Y i i j r y sonst wol verstanden was ihr so geredet / daß euch die Liebe noch vexiret.
330
König Mantalor ARPILIOR.
Hast du dann nun den Doctor gefunden / der mir helffen soll. SCHAMBITASCHE.
Ich hab im zwar wol gesucht / aber ubel gefunden / Sintemal ich noch gantz nichts von ihm weiß. ARPILIOR.
hastu ihm nicht funden / so muß ich
SCHAMBITASCHE
sterben. SCHAMBITASCHE
weinet gar sehr / und stellet sieb sehr
wunderlich.
ARPILIOR. SCHAMBITASCHE hör / darmit ich leben bleibe / so kom mit mir / du solst ein Schreiben Friwlein GALATHEAM von meinet wegen bringen / und sie bitten / daß sie mir helffen wolte an stat eines Doctors. SCHAMBITASCHE.
Das ist so gar böse nicht / Juch ho ho / das ist lustig / der Artzt solt mir selber wol helffen können / von dem uberlehen / daß so von ihr abtriffe / Ich meine so von ihrer M E D I CAMENT. ARPILIOR.
Nun so kom last uns nur hinnein gehen / alles was von ihr abtreifft soll dein zum Bodenlohn seyn. Gehen abe. < Yiijvy
ACTUS SECUNDUS. SCENA I. MANTALOR.
O ich aller unglückseligster Mensch / voller Jammer / Hertzensangst / ja umbgeben mit den Gedancken alles Unglücks und Hertzenleids / ja recht voller Hertzensangst sag ich / dann mein gantzer Leib tregt meines haltes nach / die gröste Last / der sawren Arbeit der liebhabende Unruhe dieser gantzen Welt / dann ist das nit Unruhe / das ich in meinem Alter noch schmertz der Liebe schmecken / und meinem Hertzen fühlen lassen muß / nun nit schmertz der Liebe zwar / die mir rümlich / und ohne Erzürnung der Götter / beneben Schandt und Verkleinerung meiner Ehre und REPUTATION geschehen kan / dann der Jedermann TORMENTIRENDE Knab CUPIDO, uff solche art seine VEXATION mit mir treibet / das er mich vorliebet gemacht / anderweit / da ich doch mein Gemahl / der ich Liebe zu halten geschworen / und schuldig / noch bey Leben / ist das nit schmertz / das ich die Liebe die meinem Sohn ehnlicher / wie ich wol mit meinen unglückseligen Augen iren schertz gesehen / darauß ich vermercken kan / das sie einander mit Liebe gewogen und zugethan seyn müssen. Schmertz sag ich / ist das / das ich solche Liebe trennen / meinen Sohn als mein Fleisch und Blut / seine Lust in Unlust verkehren / und eine T R A G / E D I , mir ihnen spielen muß. Unglück sage ich / ist das / das ich mir Jederman zu Feinden machen werde / durch die Handt vol Bluts meines ROSINA.
Großmlchtigster König / ich bitt umb Gnade. MANTALOR.
Was ich sage / daß will ich erfüllet haben / gehet hin und seyet fruchtbar / so ihr ein Kind bekompt / solt ihr tausent Thaler von mir haben. Gehet der
KÖNIG
abe. SCHAMBITASCHE.
Ich aber muß der Vatter seyn.
Actus II (Hert^et
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die ROSINAM.)
O du Teufflichen. ROSINA.
Nun grober Esel. SCHAMBITASCHE.
Nun du bist mein mit Haut und Haar / darumb stelle dich nur nicht so wilde. ROSINA.
Was wollen wir dann mit einander machen / so ihr nun mein Mann seyd / daß wir uns ernehren. SCHAMBITASCHE,.
He fragt ihr / Kinder / Kinder / dann ich bin ein Mahler / ich will so hüpsche Dingergen machen. ROSINA.
O seyd ihr ein Mahler daß ist mir sehr lieb / mein Vatter sel(ig> war ein Bildhawer / er konte auch gar zu feine Bildergen machen. SCHAMBITASCHE.
J a das sehe ich an euch wol. < Z i f y ROSINA.
Er verdienete viel Gelt darmit / und hatte die Mahler gar zu lieb / so wollen wir nun wol bleiben. SCHAMBITASCHE.
Aber hör du bist nun meine Fraw.
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König Mantaior ROSINA.
JaSCHAMBITASCHE.
Nun Fraw so sag ich dir / daß du mir ein Kind kriegest in 6. Wochen / das so groß ist und lauffen kan / daß wir von Juncker Könige die tausent Thaler bekommen / und ich mit spielen kan. ROSINA.
Ho / ho / ich glaube ihr seyd närrisch / in sechs Wochen ein Kind zu haben und das lauffen soll. SCHAMBITASCHE.
Ich will es so haben. ROSINA.
Das ist unmöglich / was gedenckt ihr. SCHAMBITASCHE.
Das hörest du in sechs Wochen / oder potz schlapper ich schlage dich todt / ja tod schlage ich dich / wann ich in sechs Wochen nicht ein Kind bekomme / gehe nur fort / kom / kom / daß ich das Kind gewiß kriege. Gehen abe.