Spieltexte der Wanderbühne: Band 6 Kommentar zu Band I–V 9783110193060, 9783110978742

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Table of contents :
VORWORT
QUELLENLAGE UND FRAGEN DER FORSCHUNG
AUSWAHLBIBLIOGRAPHIE
ILLUSTRATIONEN
KOMMENTAR
BAND I
BAND II
BAND III
BAND IV
BAND V
INHALT DES SECHSTEN BANDES
Recommend Papers

Spieltexte der Wanderbühne: Band 6 Kommentar zu Band I–V
 9783110193060, 9783110978742

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S P I E L T E X T E D E R W A N D E R B Ü H N E VI

AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR D E S XV. BIS X V I I I . J A H R H U N D E R T S

herausgegeben von Hans-Gert Roloff

SPIELTEXTE DER WANDERBÜHNE

W A L T E R DE G R U Y T E R · B E R L I N · NEW Y O R K

SPIELTEXTE DER WANDERBÜHNE herausgegeben von ALFRED NOE

SECHSTER BAND KOMMENTAR

zu Band I—V

WALTER D E GRUYTER · BERLIN · N E W YORK

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.

ISBN 978-3-11-019306-0 Bibliografische Information der Deutschen

Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abruft)ar.

© Copyright 2007 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, AlikroVerfilmungen und die üinspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Fotosatz Voigt, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Strauss GmbH, Mörlenbach

VORWORT Mit diesem Realienband findet die WanderbühnenEdition im Rahmen der Ausgaben Deutscher Literatur nach mehr als 35 Jahren ihren Abschluß. Nachdem Manfred Brauneck 1970-75 die wichtigsten Druckausgaben des 17. Jahrhunderts in den ersten vier Bänden neu zusammengestellt hatte, gab ich 1999 schließlich repräsentative Handschriften ergänzt durch ein Beispiel für die typische Ableitung der Spieltexte aus italienischen Libretti der Hofoper über das deutsche Singspiel heraus. Damit blieb nur noch die Dokumentation aller Texte bezüglich ihrer Herkunft und der Zeilenkommentar zu leisten, was im vorliegenden Band erfolgt ist. Da eine vollständige Dokumentation des literarhistorischen Phänomens Wanderbühne natürlich den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würde, mögen zunächst die wichtigsten Aspekte, über welche in der Torschungsliteratur weitgehend Einverständnis herrscht, in Erinnerung gerufen werden. Das folgende Kapitel enthält einige Anmerkungen zur allgemeinen Quellenlage der Wanderbühnen-Texte und zu Tragen der Eorschung, an welchen sich die Diskussion im Laufe der letzten Jahrzehnte am meisten entzündet hat. Darauf folgt eine thematische und chronologisch geordnete Auswahlbibliographie, mit deren Hilfe die erwähnten Punkte einer tiefer gehenden Nachforschung unterzogen werden können. Die im Anschluß daran gebotenen Illustrationen bieten eine visuelle Ergänzung zu den Ausführungen im Vorwort. Den Hauptteil des Bandes

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Vorwort

bilden dann die kommentierenden Abschnitte zu den jeweiligen Stücken der fünf Bände, wobei nach einer einleitenden Charakteristik des betreffenden Textes die inhaltlichen und sprachlichen Probleme der einzelnen Passagen schließlich im Zeilenkommentar erläutert werden. Die Wanderbühne als Organisationsform des Theaters wirft zunächst einige sozialgeschichtliche Fragen auf welche sich von ökonomischen Aspekten der Zahlungsbilanz der bereisten Gebiete bis zu den von den Behörden immer empfundenen Notwendigkeiten der Zensur der Aufführungen erstrecken. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß die Wandertruppen im deutschen Theaterbetrieb vor der Errichtung der Bühnenhäuser im Zeitalter der Aufklärung die erste überregionale Verbreitung der dramatischen Literatur übernehmen: Die quantitativ dominierende Organisationsform des deutschsprachigen Berufstheaters der Neuzeit ist bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein die Reisende Gesellschaft. Sie ist - als Wandertruppe - zugleich die erste und bis ins letzte Viertel des 18. Jahrhunderts einzige namhafte Form des deutschsprachigen Theaterbetriebs. 1

Die eingewanderten fremdländischen Truppen lösen jedenfalls eine Revolution im deutschen Theaterbetrieb aus: Als gegen Ende des 16. Jahrhunderts englische und italienische Truppen in den deutschsprachigen Raum kamen und vor allem erstere nicht nur an Höfen, sondern auch überall dort spielten, wo sie Publikum fanden, importierten sie Betriebsformen, die nur annähernd mit derjenigen Peter Schmitt: Schauspieler und Theaterbetrieb. Studien zur Sozialgeschichte des Schauspielerstandes im deutschsprachigen Raum (1700-1900). Tübingen 1990, S. 4.

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des zünftischen Handwerksbetriebs vergleichbar waren und in der Gruppe der Fahrenden, zu denen vor allem auch die - aus den englischen hervorgegangenen deutschsprachigen Schauspielergesellschaften von Anfang an gezählt wurden, keine Entsprechung fanden.2

Im Verhältnis zu anderen europäischen Ländern wie Italien, Spanien, England, Frankreich oder den Niederlanden kommt es im deutschsprachigen Raum also erst mit beträchtlicher Verspätung zur Ausbildung eines professionellen Theaterwesens. Die ersten zugewanderten Truppen gelangen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts aus Norditalien nach Österreich und Bayern bzw. aus England nach Nordwestdeutschland. Ohne auf Probleme der Entstehungsgeschichte dieser Truppen einzugehen, läßt sich festhalten, daß sie an einzelnen Höfen bzw. von städtischen Behörden entsprechend den Vorbildern ihrer Herkunftsländer in die sich ausbreitende Festkultur eingegliedert werden. Die erste dokumentierte Aufführung eines Stückes nach Art der italienischen Commedia all'improvviso anläßlich der Fürstenhochzeit 1568 in München erfolgt zwar durch Amateure aus dem höfischen Umfeld, bereitet aber sicher der regelmäßigen Präsenz von professionellen Truppen aus Italien den Weg: Nachweislich spielt die Truppe von Giovanni Tabarino 1568-74 bei höfischen Versammlungen in Linz, Wien und Prag, sowie in der Folge die Comici Gelosi und die Comici Fedeli, die von Francesco Andreini und seiner Tochter Isabella geleitet werden. Weiter nicht identifizierbare italienische Komödianten spielen 1589 in Innsbruck, 1603 in Graz, sowie in Prag und in Dresden. Sittard weist ζ. B. auf die Philopatridae Charitini Wahrhaffte Relation vnd Historischer, Politischer, Höfflicher DisSchmitt: Schauspieler,

S. 6.

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Vorwort

cours vber deß Durchl. &c. Johann Fridrichen Hertzogen zu Würtemberg &c. gelegentlich der Taufe des Prinzen Friedrich im März 1616 stattgefundenen Festlichkeiten (Stuttgart 1616) hin, worin ein Nationenballett ganz in der venezianischen Karnevalstradition geschildert wird: Vnder deß ein newgeborner Venetianischer Pantalon auß dem Kopff, sampt einem Cytharisten sich außgewickelt, vnn die Eitelkeit diser Welt mit Gebärden, Bossen, vnd einer immerwehrenden Welschen Cicaleria vnd Geschwätz, so artlich abgebildet, daß alle vorbesagte, sampt dem Spanier, ein hurtiges Welsches Saltarello mit ihme gethon [.. ,]3

Die italienischen Truppen variieren in der Regel die stereotypen Verwicklungen der Stegreifkomödien mit ihrem feststehendem Handlungsverlauf und vorgegebener Szenenfolge, welche meist die einzige schriftliche Quelle dazu darstellen, und streuen aktuelle Witze und mimische Scherze (sog. lazzi) ein, welche im Augenblick der Darstellung sprachlich je nach Zusammensetzung des Publikums ausgestaltet bzw. erfunden werden. Der Erfolg der Truppe hängt damit weitgehend von der Improvisationskunst der Berufsschauspieler ab. Die in Maske und Kostüm feststehenden Tiguren sind Typen, die psychologisch nicht mehr weiter entwickelt werden und aus den verschiedenen Regionen Italiens stammen, für welche sie in ihrem Verhalten charakteristisch sein wollen: der Zanni aus den Bergen hinter Bergamo staunt über die Stadtkultur; der Magnifico oder Pantalone karikiert den wohlhabenden Kaufmann aus Venedig; der Dottore aus Bologna stellt in seinem 3

Josef Sittard: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe 1458-1793. Stuttgart 1890-91 (Reprint Hildesheim/New York: Olms 1970), S. 180.

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Talar den pedantischen Akademiker dar; die Dienerfiguren wie Arlecchino, Brighella, Pulcinella und Colombina wandeln in regionalen Nuancen das Erscheinungsbild des mehr oder weniger unbedarften Geistes ab; der Capitan Spaventa da Vall'Inferno schließlich verulkt die in Norditalien wohl bekannten spanischen oder deutschen Besatzungssoldaten. Die italienischen Truppen, welche in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowohl an den Höfen als auch auf öffentlichen Plätzen spielen, bleiben aus organisatorischen und dramaturgischen Gründen in ihrem Personal und in ihrem Repertoire geschlossen und nehmen keine Schauspieler aus den von ihnen bereisten Gebieten auf. Eine sozialgeschichtliche Besonderheit stellt dabei die Verbindung der Darbietung einfacher italienischer Improvisationskomödien mit dem Verkauf von Wunderheilmitteln auf den Märkten dar. Im Gegensatz dazu passen sich die englischen Truppen, welche 1586/87 erstmals über Dänemark in den deutschen Sprachraum gelangen, relativ rasch in ihrem Personal und in ihrer Sprache an ihr Wirkungsgebiet an: „Während die italienischen Gesellschaften in der Regel an Höfen spielten, nur selten in Städten auftraten und auch keine deutschsprachigen Schauspieler aufnahmen, stellten sich die englischen Truppen schon bald auf die deutsche Sprache ein."4 Sie nehmen ebenso wie die ab 1640 auftretenden niederländischen Truppen einheimische Schauspieler auf, welche dann dank ihrer in diesem Umfeld gesammelten Erfahrungen ab ungefähr 1660 die ersten deutschen Truppen gründen.

Peter Schmitt: Schauspieler und Theaterbetrieb. Studien zur Sozialgeschichte des Schauspielerstandes im deutschsprachigen Raum (1700-1900). Tübingen: Niemeyer 1990, S. 6 Anm. 3.

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In diesem Sinne kann man festhalten, daß die italienische Improvisationskomödie mit ihren Spaßmacherfiguren und mit ihrer dynamischen Rezitationstechnik sicher einen entscheidenden Einfluß auf die Anfangsphase der deutschen Wanderbühne ausgeübt hat, aber keineswegs im gleichen Ausmaß wie die englischen Truppen als ihr Ausgangspunkt bzw. ihre erste Entwicklungsphase gelten kann. Die Organisationsform der Wandertruppen beruht auf drei wesentlichen Elementen: dem Ensemble, dem Repertoire und dem Prinzipal. Die Notwendigkeit des Ensembles ergibt sich aus den verschiedenen Konstellationen der Rollen, welche das als Spielplan gewählte Repertoire vorsieht, was im Wesentlichen durch die den Schauspielern übergeordnete Leitung der Truppe geregelt wird. Als Prinzipal - gegen Ende des 17. Jahrhunderts auch in bedeutenden Einzelfällen die Prinzipalin und künstlerischer Leiter fungiert in der Regel der bekannteste Schauspieler der Truppe, welcher als Unternehmer nach innen und außen die notwendigen Verträge abschließt. Die Kompanien umfassen selten mehr als zehn Schauspieler, zu welchen noch Musiker und technisches Personal kommen. Diese Schauspieler, die zum Großteil aus studentischem und handwerklichem Milieu stammen, kommen gewöhnlich durch die mit ihrem Leben verbundenen Reisebewegungen in Kontakt mit den Wandertruppen und schließen sich diesen an. Schauspielerinnen treten zunächst nur bei den italienischen Truppen auf, weswegen 1613 eine französische Truppe mit weiblichen Darstellerinnen in Württemberg großes Aufsehen erregt. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts wird die geschlechtsspezifische Zusammensetzung der Truppen offenkundig nur mehr von den Anforderungen des Repertoires bestimmt. Dieses umfaßt bei den meisten Truppen 20 bis 40 Stücke mit

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jeweils 5 bis 10 Rollen. Die häufig wechselnden Titel in den Repertoireverzeichnissen täuschen oft nur Neuerungen vor, um das Publikum in ein kaum überarbeitetes Stück zu locken. Ihre wirtschaftliche Grundlage finden die Wandertruppen während der Sommermonate durch Auftritte im mehr oder weniger öffentlichen Raum der Städte, welche sie bereisen. Die übliche Spielzeit an einem Ort ist auf Grund des Repertoires, des Interesses des Publikums und der zeitlichen Anbindung an Festlichkeiten mit ungefähr zwei Wochen anzusetzen. Während spezifischer Perioden der Lustbarkeit (Karneval z.B.) und während des Winters werden die Truppen von Mäzenen wie etwa Fürsten oder Stadtverwaltungen auch für längere Zeit gebunden und spielen dann ein Auftragsprogramm an dafür vorgesehenen Orten. Zur Ankündigung des Programms zieht eine Gruppe auffällig kostümierter Schauspieler durch die Stadt und bietet eine Art Vorschau auf das Spektakel. Während des 17. Jahrhunderts verbreiten sich außerdem zunehmend die Theaterzettel, welche allerdings nur den lesekundigen Teil des Publikums erreichen. Dazu ein Beispiel aus Bremen 1688: Heute Freytag, den 18. May./Werden die/Sächsischen Hoch=Teutschen / C O M O E D I A N T E N / Auff ihren Schau=Platz das unvergleichliche und Weltbekandte Stück präsentiren, genandt: / Das Leben und Todt des grossen/Ertz=Zauberers,/D. J O H A N N E S F A U S T U S / Mit Vortrefflicher Pickelhärings Lustigkeit von / Anfang biß zum Ende. In dieser Haupt=Action wird mit Verwunderung zu sehen seyn: 1. Pluto auf einem Trachen in der Lufft schwebende. 2. Doct. Faustus Zauberey und Beschwerung der Geister.

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Vorwort 3. Pickelhäring in dem er Gold samlen will, wird von allerhand bezauberten Vögeln in der Lufft vexiret. 4. D o c t . Faustus Panqvet, bey welchen die Schau=Eßen in wunderliche Figuren verwandelt werden. 5. Seltzam wird zu sehen seyn, wie aus einer Pastete Menschen, Hunde, Katzen und andere Thiere hervorkommen und durch die Lufft flügen. 6. Ein Feuerspeyende Rabe kombt durch die Lufft geflogen, und kündigt Fausten den Todt an. 7. Endlich wird Faustus von den Geistern weg geholet. 8. Zuletzt wird die Hölle mit schönen Feuerwercken außgezieret, präsentiret werden. Zum Beschluß sol denen Hochgeneigten Liebhabern diese ganze Haupt=Action durch einen Italiänischen Schatten präsentiret werden, welches vortrefflich Rar, und versichert das Geld doppelt werth ist, worbey auch eine Masqverade von 6. Persohnen, nemlich ein Spanier, zwey Gaudiebe, ein Schulmeister, ein Bauer und Bäuerin, welche alle ihren absonderlichen Tantz haben, und sehr lächerlich wird anzusehen seyn. N a c h diesem sol zum Nach=Spiel agiret werden, die vortreffliche und lustige Action aus den Frantzösischen ins Teutsche übersetzet, genandt: D e r von seiner Frauen wohl vexirte Ehemann, George Dandin. U n d weil es Heute ohnfehlbar zum letzten mahl ist, sol auff den hintersten Platz nicht mehr als 8. Gro. genommen werden, welches zur Nachricht. D e r Schau=Platz ist in Sehl. Capitain Nissen Hause, auff der Langen Straße von der Natel. Wird praecise umb 3. Uhr. angefangen. Einer sage es dem andern.

Die Auftraggeber wachen mit Hilfe von Empfehlungen, über verläßliche Kontaktpersonen bzw. durch geschlossene Probevorstellungen über die moralische Qualität der dargebotenen Stücke und sprechen regelmäßig Verbote über gewisse Stücke bzw. über einzelne Textpassagen aus. So wird ζ. B. in Wien 1642 kurz-

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fristig wegen dargebotener Obszönitäten ein vorübergehendes Aufführungsverbot für alle Wandertruppen ausgesprochen, und die Leitung der Universität Wittenberg macht sich 1728 während eines Gastspiels der Truppe Neuber Sorgen, ihre Studiosi könnten dem Zeit- und Geldverderb ausgesetzt werden und unzüchtige Händel mit allerlei Weibspersonen beginnen. Derartige Protokolle, Chroniken oder private Aufzeichnungen sind häufig die einzigen verfügbaren Dokumente zu den jeweiligen Aufführungen. Die Verwaltungsbehörden der bereisten Gebiete beobachten auch mit Aufmerksamkeit die durch die Schauspiele der Wandertruppen ausgelösten Geldflüsse und schreiben fallweise die Verwendung der eingenommenen Summen präzise vor, um einen Vermögenstransfer in andere Gebiete zu beschränken. Die Eintrittspreise scheinen jedenfalls während des 17. Jahrhunderts von anfangs 2-3 Kreuzer auf später mindestens 6 zu steigen, was natürlich an allgemeine wirtschaftliche Entwicklungen bzw. an die sich rasch etablierende Staffelung der Preiskategorien nach ZüschauergrUppen gebunden ist. Die Besteuerung durch die Städte wird dementsprechend strenger und schreibt die Abführung von bis zu 25% der Einnahmen vor. Bei gut verdienenden Truppen bedeutet das bis zu 50 Gulden pro Vorstellung, was dem durchschnittlichen Jahresgehalt eines Kammerdieners entspricht. Aus all diesen Gründen erfolgen die Reisebewegungen mit einer beachtlichen Geschwindigkeit, d. h. ungefähr 25 bis 50 Kilometer pro Tag, so daß die Wandertruppe innerhalb einer Woche problemlos von einem regionalem Zentrum zum nächsten gelangt. Die Bühnenverhältnisse müssen diesen Bedingungen entsprechend einfach gestaltet sein: In der Regel verwenden die auf freien Plätzen spielenden Kompa-

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Vorwort

nien ein freistehendes Podium, welches als Bühne dient. Diese wird durch einen Mittelvorhang in mindestens zwei Bereiche (Vorder- und Hinterbühne; fallweise auch seitliche Abteilungen) getrennt. Laut den Rekonstruktionen von Kaulfuß-Diesch (Die Inszenierung des deutschen Dramas an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts. Leipzig 1905) schließt an ein freies Vorderpodium eine von zwei Seitengängen mit darüber liegender, halboffener Galerie flankierte Hinterbühne, deren Rückwand zwei Eingangstüren bzw. Vorhangschlitze und in der Höhe der Galerie einen Oberbühnenbalkon aufweist. Also Varianten des folgenden schematischen Aufb aus.

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Die nicht immer durch einen Rampenvorhang geschlossene Bühne wird mit sehr beschränkter und vielseitig verwendbarer Kulissendekoration sowie mit Versenkungen bzw. bei größeren Truppen auch einigen Maschinen ausgestattet. Für die Wanderbühne sind ohne Zweifel die Kostüme ein ungleich bedeutenderer Faktor als die Dekoration, so daß vorhandene Geldmittel vornehmlich in den Kostümbestand investiert werden. Ein wichtiger Maßstab für den Wert einer Truppe sind neben den Darstellern die immer wieder angeführten ,kostbaren theatralischen Kleidungen', die bei den häufig vorkommenden Verpfändungen, Verpachtungen und Ubergaben als wertvollste Objekte genannt werden. Zur Periodisierung der Zeit der Wanderbühne vom Ende des 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts schreibt Heine 1889 in seiner Einleitung zu Das Schauspiel der deutschen Wanderbühne vor Gottsched: Die Geschichte der deutschen Wanderbühne wird durch drei berühmte Schauspielergesellschaften in vier Abschnitte zerlegt, deren jeder eine etwa 50jährige Dauer besaß. Am Schluß der ersten und gleichzeitig am Anfang der zweiten Periode steht Johannes Velthen mit seiner ,berühmten Bande', die dritte Periode wird durch die Neuber'sche Truppe eingeleitet, und mit der Ackermann'sehen Bühne beginnt die letzte Periode.

Diese Einteilung in vier Entwicklungsphasen trifft ohne Zweifel auf Mitteldeutschland zu, sollte aber aus neuerer Sicht im süddeutschen und vor allem österreichischen Raum unter Einbeziehung der vorherrschenden Spaßmachfiguren bzw. der Herkunft der Stücke erweitert werden. Für die gesamte Wanderbühne kann man einen ersten Abschnitt des beinahe ausschließlich englischen Repertoires mit der dominierenden Figur des Pikkelhäring definieren. In der zweiten Periode, welche

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wohl regional unterschiedlich zwischen 1650 und 1670 einsetzt, machen sich die französischen, niederländischen und spanischen Einflüsse direkt oder indirekt bemerkbar und führen zu einer Abwandlung der Spaßmacherfiguren, die nun deutlich südeuropäischen Ursprungs sind. Der dritte Abschnitt, welcher aus den Libretti der Hofoper und deren Bearbeitungen als deutsches Singspiel seine Vorlagen bezieht, beginnt in den letzten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts und wird nun von der Figur des Hanswurst beherrscht. Ab den aufklärerischen Diskussionen über eine Theaterreform und der zunehmenden Etablierung der bürgerlichen Theaterformen ist wohl die vierte und letzte Phase der Wanderbühne regional mit unterschiedlicher Schärfe abzugrenzen. Ihren Höhepunkt erreicht die deutsche Wanderbühne ohne Zweifel während der Aktivität der Truppen von Velten und Neuber, d.h. ungefähr von 1680 bis 1720. Bedingt durch ein zunehmend theaterfeindliches Klima in Großbritannien im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts unternehmen englische Truppen zunehmend Auslandstourneen und dringen - wie bereits erwähnt - 1586/87 über Dänemark nach Norddeutschland vor. Ihre sehr aktionsreiche und effektbetonte Rezitationstechnik in den vorwiegend von Christopher Marlowe stammenden Stücken begeistert das an wesentlich statischere Bühnentechniken gewöhnte deutsche Publikum. Vor allem die weitgehend improvisierten Szenen des Spaßmachers Pickelhering mit seiner lächerlichen Naivität und mit seiner atemberaubenden Verwandlungsakrobatik machen den Erfolg ihrer Singetspiele (= Singkomödien) mit musikalischen Parodieeinlagen aus. Die Truppe des Grafen von Worcester unter der Leitung von Robert Browne spielt in Wolfenbüttel,

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Kassel und Frankfurt a. M. vermutlich noch in englischer Sprache eine Comödia von Abraham und Loth und vom Untergang von Sodom und Gomorrha. Während ein Teil dieser Truppe unter Thomas Sackville in Wolfenbüttel bleibt, geht Browne bis 1599 an den Hof von Kassel, kehrt für einige Jahre nach England zurück und wird 1606 wieder in Kassel engagiert. Diese Truppe, die den typischen Wechsel zwischen Wanderbühne und Hoftruppe praktiziert, tritt zuletzt 1619/20 am kaiserlichen Hof in Prag auf. Charakteristisch für diese erste Phase scheint das Programm einer nicht genannten Truppe 1604 in Nördlingen: „1. Auss dem Buch Danielis 6. Capitel. 2. vonn der keuhschen Susanna. 3. vonn dem verlohrnen Sohn. 4. vonn einem ungehorsammen Khauffmanns Sohn. 5. vonn dem weisen vhrtheil Carolj des hertzogen Auss Burgundt. 6. vonn Thisbes vnndt pyramo. 7. vonn Romeo vnnd Julitha. 8. vonn Annabella eines hertzogen tochter vonn Ferrara. 9. vonn Botzarchio (?) einem Alten Römer. 10. vonn Vincentio Ladislao Satrapa a Mantua." 5 Der aus der Truppe von Browne stammende John Green spielt 1608 in Eggenberg bei Graz Niemand und Jemand, eine deutsche Bearbeitung seines N o b o d y and Somebody (s. Kommentar zu Band 1, Nr. 6), und ist in der Folge mit seinem Ensemble auf zahlreichen Tourneen in Deutschland, England und Polen unterwegs, bevor er 1626 in Dresden die Cursächsisch bestallten Hofcomödianten leitet. Ahnlich die Karrieren von John Spencer, der mit seiner auf moralisier endschaurige Stücke spezialisierten Truppe bis nach Königsberg gelangt, und William Roe, der 1649 am Kaiserhof Josef Sittard: 7.ur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe 1458-1793. Stuttgart 1890-91 (Reprint Hildesheim /New York: Olms 1970), S. 216.

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in Wien spielt. Am Ende des Dreißigjährigen Krieges, während dessen sich die Wandertruppen natürlich nur eingeschränkt bewegen können, kommt als letzter englischer Prinzipal Joris Jolliphus nach Deutschland. In seinem Repertoire zeichnet sich bereits das Ende der englisch dominierten Phase und das zum Teil über niederländische Bearbeitungen erfolgte Vordringen der romanischen Vorlagen ab. Bei Jolliphus treten in adaptierten Pastoralkomödien ab 1654 erstmals Frauen in einer ,deutschenc Truppe auf. Die niederländischen Truppen, ζ. B. die 1649 in Hamburg auftretenden Brüsselischen Comedianten unter Jan Baptista van Fornenbergh, führen vor allem spanische und französische Stücke (ζ. B. Calderon, Corneille und Rotrou) in ihren Adaptationen im deutschen Sprachraum ein. Sie zeichnen sich laut Berichten durch ihr ausgewogenes Repertoire, ihre prächtigen Kostüme, die aufwendige Bühnendekoration und das am Beginn der Vorstellung dargebotene , Lebende Bild' der auftretenden Personen aus. Die Präsenz französischer Truppen beschränkt sich in der Regel auf höfische Verpflichtungen in Westdeutschland. Als erste deutsche Truppe gilt in der Forschungsliteratur6 die Gesellschaft von Heinrich Schmidt, die 1617 gleichzeitig mit jener von John Green in Prag spielt. Das weitere Wirken dieser Truppe und auch der in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts erfolgende Ubergang von den englischen Gesellschaften zu den deutschen ist in den Einzelheiten nicht dokumentiert. Man kann wohl davon ausgehen, daß es ab 1620 Max Wolff: Wander-, Hof- und Schuldrama. In: Robert Franz Arnold (Hg.): Das deutsche Drama. München 1925, S. 239-273, hier S. 240.

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keine ausschließlich englisch sprechenden bzw. spielenden Wanderbühnen mehr gibt. Dieser Assimilationsprozeß dürfte auf zwei Ebenen ablaufen: einerseits nehmen die ursprünglich englischen Truppen immer mehr deutschsprachige Mitglieder auf andererseits spielen vermutlich aus England stammende Schauspieler zunehmend in deutscher Sprache. Mit dem Ende der englischen Phase der Wanderbühne spalten sich kleinere Gruppen von Schauspielern ab und bilden in der Folge deutsche Gesellschaften. Als bekanntestes Beispiel gelten Ernst Hoffmann und Peter Schwarz, die sich 1656 aus der Truppe von Joris Jolliphus lösen und im darauffolgende Jahrzehnt zwischen Mannheim und Heidelberg tätig sind. Möglicherweise gehen auch die Ynsprugerischen bzw. Tyrolerischen Comoedianten, die von 1659 bis 1662 am Hof von Erzherzog Karl angestellt und deren Reste ab 1688 als Badische H o f k o m ö d i a n t e n tätig sind, aus der Truppe von Jolliphus hervor. Die erste eigenständige Gründung einer deutschen Truppe erfolgt durch Michael Daniel Treu (1634-1708), der ab 1666 auf seinen Tourneen von Dänemark bis München vor allem spanische und italienische Barockdramen über Liebe und Eifersucht aufführt. In diesem Wechsel der Vorlagen, zu welchen immer häufiger auch Opernlibretti zählen, dokumentiert sich der oben erwähnte Übergang zur zweiten Periode der Wanderbühne. Die zunehmend nuanciertere Dramatik der Affekte, welche diese Stücke verlangen, wird von Carl Andreas Paulsen (1620-1679?) weiterentwickelt, der mit seiner Truppe von den Hansestädten bis nach Wien unterwegs ist und als erster im deutschen Sprachraum Moliere in sein Repertoire aufnimmt.

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Vorwort

Sein Schwiegersohn Johannes Velten, der ab 1669 als Schauspieler nachweisbar ist, übernimmt von Paulsen die Truppe und leitet damit eine Familientradition ein, welche für die folgenden Generationen der Wanderbühne typisch wird. Der aus einer Kaufmannsfamilie aus Halle stammende und wegen seines Baccalaureats von 1661 immer wieder als Magister titulierte Velten initiiert bei den von ihm gespielten Stücken eine Strukturreform in Richtung klar motivierten Handlungsfortgangs. Den Entwicklungen des Publikumsgeschmacks entsprechend verzichtet er fast gänzlich auf religiöse Dramen und entwickelt eine gewisse Vorliebe für deutsche Bearbeitungen von Thomas Corneille und Shakespeare, spielt aber auch Absurda Comica oder Herr Peter Squentz von Andreas Gryphius. Auf Wanderschaft im gesamten deutschsprachigen Gebiet spielt Veltens Bande 1679 in Worms vor Leopold I und wirkt 1685-91 als Chursächsische Coemodianten. Die Truppe besteht nach seinem Tod 1693 weiter bis 1712 unter seiner Witwe Catharina Elisabeth und tritt z.B. 1697 z.B. in Wien oder 1711 in Frankfurt a. M. während der Krönungsfeierlichkeiten für Karl VI im Wettstreit mit der ehemaligen Truppe von Elenson auf. Catharina Velten setzt sich als erste Schauspielerin mit einer gedruckten Streitschrift gegen die Theaterfeindlichkeit religiöser Kreise zur Wehr: Zeugnis der Warheit | Vor die | Schau=Spiele | oder C o m ö dien / | Wider | H n . Joh. Joseph Wincklers / | Diaconi an der hohen Stiffts=Kirchen | in Magdeburg / | Herausgegeben Schrift / | Worinnen er Dieselbe heftig angegriffen / u m verhaßt | zu machen sich vergeblich bemühet / | Aus vieler Theologoram Zeugnis auch anderer | Gelehrten Schriften zusammen getragen | und auffgesetzt | Von | Frauen C. E. \felthemin / | Prinzipalin der Königl. Polni-

Vorwort

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sehen u n d C h u r = F ü r s t l . | Sächsischen H o f f = C o m ö d i a n ten. | Gedruckt / | A n n o 1701.

Die Hochteutschen Comödianten von Andreas Elenson (1640 / 50—1706) aus Wien setzen die von Veltens Bande begonnene Reform und Einführung französischer Komödien fort. Dieser Truppe, welche ab 1708 von Johann Caspar Haacke und ab 1722 von Karl Ludwig Hoffmann geleitet wird, schließt sich das Ehepaar Johann und Friederike Caroline Neuber an. Die ,Neuberin' (1697-1760) entwickelt sich in der Folge zur wohl bedeutendsten Schauspielerin und Prinzipalin ihrer Zeit und versucht unter Anregung von Gottsched eine tief greifende Reform der Wanderbühne, welche allerdings auch die Phase des Niedergangs dieser Theaterform einleitet bzw. beschleunigt. Die darin propagierte Psychologisierung im Sinne der Aufklärung, die Reinigung des sprachlichen Ausdrucks und die Einschränkung der Spaßmacherfiguren schwächen die auf bühnenwirksame Effekte ausgerichtete Substanz der Wanderbühne und bewirken deren Auseinandertriften in zwei Bereiche der Theaterkultur: das nationale bürgerliche Theater und das regionale Volkstheater. Eben in dieser Generation begründet der Marionettenspieler und ,Zahnarzt' Joseph Anton Stranitzky (1676-1727) die Wiener Form der Volkstheaters, indem er einige der traditionellen Dienerfiguren der Komödien zum Hanswurst kombiniert und damit die Vorherrschaft der Spaßmacher südeuropäischen Ursprungs wieder beendet. Zu diesen österreichischen Spaßmachern zählt auch der als Kilian Brustfleck auftretende Johann Valentin Petzold (-1648-1730). Er kommt von den 1675 unter der Leitung von Johann Karl Samenheimer gegründeten Eggenbergischen Komödianten, welche zuerst in

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Vorwort

Eggenberg bei Graz und in Krumau (Südböhmen) bei Hofj später als Wandertruppe tätig sind. Bei den Umarbeitungen der verschiedenen Vorlagen zu Stücken der Wanderbühne, welche immer für eine bestimmte Truppe, in der Regel durch ein Mitglied, erfolgt, stehen die Gesichtspunkte der effektvollen Dramatik im Mittelpunkt. Während das weitgehend von Amateuren gepflegte deutsch- und lateinisch sprachige Theater des 16. Jahrhunderts mit Themen der Heilsgeschichte, Legenden und Allegorien in einer wenig ereignisreichen Handlung die moralisierende bzw. propagandistische Absicht in den Vordergrund stellt und sich als eine Torm der Verbreitung ethischer oder religiöser Botschaften sieht, macht das Berufstheater der Wanderbühne die auf den Sinnesgenuß hin orientierte Unterhaltung zu seiner Grundlage. Kulturgeschichtlich den Bestrebungen der Gegenreformation verpflichtet, befriedigt die im Zentrum stehende Haupt- und Staatsaktion mit ihrer Fülle von abenteuerlichen Ereignissen voll von Pomp und Aufregung, die meist in den höfischen Kreisen eines fernen Landes abrollen, die Neugierde und Sensationslust des Publikums. Dabei steht die gesamte Skala menschlicher Affekte von Wut über Leidenschaft und Verzweiflung bis hin zum Wahnsinn im Mittelpunkt der Handlung, welche das Rasen der außer die Kontrolle durch die Vernunft (vgl. die Psychologie von Rene Descartes in Traite des passions de l'äme, 1649) geratenen Triebkräfte darstellt. Die beinahe wundersame Auflösung des Schrecklichen führt durch die Bekehrung des Tyrannen oder die Einsicht des Sünders nicht zu einer verständlichen Erklärung der Geschehnisse sondern zu einem Abklingen der Affekte in einem rührend-tröstlichen Ausgang. In diesen Stücken stellt sich nicht ein Leben, worin ein fester Charakter das ihm

geformtes auferlegte

Vorwort

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Schicksal in die Hand nimmt, auf der Bühne dar; vielmehr stürzen unvorhersehbare Ereignisse über den Menschen herein. Göttin Fortuna und ihre Wechselfälle herrschen über die Mächtigen ebenso wie über die Unbedeutenden. Allerdings mit einem tröstlichen Aspekt: das Verhalten des Spaßmachers durchbricht die Tragik immer auf der niedrigen Ebene, mit welcher sich das Publikum identifizieren kann. Aus der Froschperspektive der Trivialität kommentiert und relativiert er die Ereignisse und befreit damit das Publikum von der Furcht vor dem unerfüllbaren idealistischen Anspruch der höheren Ebene. Nicht die Übertragbarkeit des Geschehens auf die eigene Lebenswelt und damit die Katharsis durch den Schrecken vor dem Dargestellten und Mitleid mit dem Schicksal der Mächtigen werden angestrebt, sondern die in der Parallelhandlung unterstrichene Schranke zwischen den zwei Welten herausgearbeitet. Die Trennung der Bühne in Vorder- und Hinterbühne (vorne die niedrige, hinten die hohe ζ. B. mit Thronsaal hinter der Mittelgardine) nach den beiden Handlungsebenen setzt diese Vorstellung räumlich um. Der Zuschauer wird schließlich beruhigt entlassen, weil die schaurige Tragik der höheren Ebene als Preis für die Macht und die resignierende Ruhe der niedrigen Ebene als Trost in der Misere dargestellt werden: Den Großteil der weltlichen Stücke bildet die sogenannte ,Haupt- und Staatsaktion . Das eine bezieht sich auf die Stellung des Stückes im Spielplan und bei der Vorstellung, das andere auf den Inhalt. Die ,Hauptaktion', nur dieser Teil erscheint auf dem Komödienzettel, ist das Hauptstück der Vorstellung, darauf folgt meist ein ,Nachspiel'. Es heißt ,Staatsaktion', weil es um politische Ereignisse, Staatsangelegenheiten geht, um Krieg und Frieden, Landesverrat, um die Gegenüberstellung von ,Staatsraison'

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Vorwort

und menschlichem Empfinden. [...] Die Hauptund Staatsaktion ist idealistisch in ihrer Anlage: gefeiert werden Edelmut, Opferbereitschaft, Charakter, Selbstbeherrschung. Das Gute siegt, das Böse wird verdammt. [...] Das ,Nachspiel' soll den Zuschauer von der Wirkung lösen, der tiefen Erschütterung befreien, die die Tragödie der Hauptaktion auf ihn ausübte. Das ,Nachspiel' ist daher ein Stück leichter Natur, ein Ballett, meist jedoch eine Burleske.7

Diese Parallelhandlung auf höherer und niedriger Ebene wird auch formal betont: der extremen sprachlichen Manieriertheit der galanten Welt des Hofes wird die derbe Ausdrucksweise der ungehemmten Triebwelt des Spaßmachers entgegengestellt. Diese Aufsplitterung in zumindest zwei sprachliche Register bewirkt auch eine neue attraktive Torm der Rezitationstechnik: das stilisierte Vortragen von Versen bzw. stark rhetorisierter Prosa wird unterbrochen von Passagen in sehr lebendiger, kolloquialer Prosa, deren Anspruch auf Realismus durch die Expressivität schockierender Ausdrücke unterstrichen wird. Die Bühnenfigur ist dadurch nicht mehr organisches Instrument eines übergeordneten Sprechers, sondern agiert scheinbar aus der Situation. Ein äußerst effektvolles Spiel in der Kombination von expressiver Prosa, heftiger Gestik und beeindrukkendem Dekor soll also eine sinnlich aufregende, aber nicht seelisch ergreifende Handlung darbieten: grausige Szenen, um die Nerven zu kitzeln, Zweikämpfe, Wahnsinnsszenen, Selbstmord, Polter und Hinrichtungen, Entfaltung von Pracht durch die Kostüme, gravitätische Aufzüge mit dem Chor der Untertanen und Musik sowie Ritualhandlungen fesseln die Aufmerksamkeit des 7

Friedrich Johann Fischer: Wandertruppen des 17. Jahrhunderts in Salzburg. In: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde 100 (1960), S. 431-470, hier S. 445.

Vorwort

XXV

Betrachters. Die gesamte schauspielerische wie szenische Darstellungsweise der Wanderbühne ist ganz auf die heim Zuschauer hervorzurufende, beeindruckende Wirkung ausgerichtet. Dadurch treten natürlich die Mittel der performativen Interpretation in den Vordergrund, so daß das gesprochene Wort primär zum Reizträger wird, der etwas auslösen möchte, das aber als Sinnträger seine Bedeutung weitgehend einbüßt.

QU ELLEN LAGE UND FRAGEN DER

FORSCHUNG

Die Primärtexte der Wanderbühne sind wegen ihrer spezifischen Eigenschaften als literarische Werke am Rande der kanonisierten Schönen Literatur schon in ihrer Entstehungszeit traditionell weniger dokumentiert als die Texte des so genannten literarischen Theaters. Das wandernde Berufstheater zeigt zunächst wegen der begreiflichen Konkurrenzlage kaum Interesse an der Verbreitung seiner Spieltexte, weil dies eine wirtschaftliche Bedrohung durch andere Truppen darstellen würde. Die meisten der zahlenmäßig ohnehin geringen Druckausgaben erscheinen daher in der Regel als eine Art Rückblick auf das Wirken einer Truppe oder eines bedeutenden Schauspielers, wenn die abgedruckten Spieltexte bereits an Aktualität verloren haben. Naturgemäß ist also die Quellenlage auf diesem Gebiet ungünstiger als im Kernbereich des literarischen Theaters, so dass viele Titel der Wanderbühne nur mühsam über Allgemeinbibliographien bzw. die großen Bibliothekskataloge erschlossen werden können. Seit ihrem Entstehen ist die Diskussion über Wert und Bedeutung der Wanderbühne von der durch Gottsched geprägten Einschätzung des 18. Jahrhunderts bestimmt, laut der diese Form des Theaters in primitivere Vorzeiten verwiesen wird: Die Einstellung der Literarhistoriker diesen Dramen der Wandertruppen gegenüber fußt noch immer auf der Ansicht Gottscheds, der von seiner eigenen und unmittelbaren Folgezeit als Reformator, ja als Schöpfer des deutschen

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Quellenlage und Fragen der Forschung

Dramas angesehen wurde. Gottscheds starre Auffassung von der unbedingten Regelmäßigkeit eines Dramas, seine Geringschätzung alles Stegreiftheaters wurde in erster Linie maßgebend für die kritische Beurteilung seiner eigenen Zeit, doch wirkte sie teils bewußt, teils unbewußt auch nach in der literarischen Forschung der Folgezeit.1 Als eine der höheren Kultur unwürdige Form der Unterhaltung wird die Wanderbühne in den Lustspieltheorien der Aufklärung·2 meist der verachtenswerten Kategorie der Volksbelustigung zugewiesen. Sie folgen darin offensichtlich - wie Wolfgang Martens3 in einem Artikel aufzeigt - den Forderungen der deutschen Staatstheoretiker des 17. und 18. Jahrhunderts, die (sicher vergeblich) eine völlige Trennung des höfischen Komödienwesens von dem der Wandertruppen postulieren. Während das eine zur fürstlichen Repräsentation und Recreation dienen soll und damit sowohl einen ideellen als auch einen positiven ökonomischen Zweck im Sinne der aristokratischen Ausgabenwirtschaft erfüllt, sei das andere lediglich »[...] ein etwas anrüchiger Gewerbezweig, der merkantilistisch zu kontrollieren ist und zudem im Sinne der Staatsklugheit zur Lenkung und Besänftigung der Untertanen nützlich sein kann. "4 In einer solchen Vorform der Milieutheorie wird eine direkte Korrelation zwischen der szenischen Barbarei und dem sinnesorientierten Banausentum des Publikums konstruiert. Diese Schichtentheorie wird aber alGrete Goldschmit: Das Repertoire der Wandertruppen in Oesterreich. Diss. Wien 1930, S. 11. Vgl. Walter Hinck: Das deutsche Lustspiel. Stuttgart: Metzler 1965, S. 168-195. Wolfgang Martens: Obrigkeitliche Sicht. Das Bühnenwesen in den Lehrbüchern der Policey und Cameralistik des 18. Jahrhunderts. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 6 (1981), S. 19-51. Martens: Obrigkeitliche Sicht, S. 22.

Quellenlage und Fragen der Forschung

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lein durch die Tatsache in Frage gestellt, dass die Truppen der deutschen Wanderbühne auch Stücke des hochliterarischen ernsten Genres spielen, wie ζ. B. Veltens Berühmte Bande mit ihren Aufführungen von Pierre Corneilles Le Cid oder Polyeucte. Die hartnäckig lange tradierte, letzten Endes aus der Aufklärung resultierende Einschätzung einer Trennung zwischen seriösem, literarischem Theater für sozial höhere Schichten auf der einen Seite, und der lach orientierten Possenreißerei der Wanderbühne für das niedrige Volk auf der anderen Seite, muss wohl endlich korrigiert werden, wie Otto G. Schindler vor kurzem auch in Bezug auf einige Texte des aus der Wanderbühne hervorgegangenen ,Volkstheaters' nachgewiesen hat: Das bemerkenswerte an diesen Komödientexten ist dabei, daß sie also nicht, wie man bisher angenommen hatte, für das Altwiener Volkstheater geschrieben wurden, sondern für das Liebhabertheater der österreichisch-böhmischen Feudalaristokratie. Dieser Umstand ist natürlich für das Verständnis der Fest- und Lachkultur der höfisch-aristokratischen Gesellschaft ebenso von Belang wie für die historische Bewertung^ der von ihr favorisierten theatralischen Spielgattungen.

Eine zentrale Position nehmen in der Diskussion um die Wanderbühne und ihre Entwicklung die Tradition des italienischen Berufstheaters der Commedia dell'arte und die sich herausbildenden Spaßmacherfiguren ein. Günther Hansen6 beschäftigt sich zwar ausführlich in einem Abschnitt seiner Untersuchung mit Darstellun5

6

Otto G. Schindler: Romeo und Julia auf Schloß Krumau, der Basilisco von Kolin und das Armenspital in Kukus. In: Biblos 44.1 (1995), S. 81-103. Hier S. 95. Günther Hansen: Formen der Commedia dell'Arte in Deutschland. Hg. von Helmut G. Asper. Emsdetten: Lechte 1984.

XXX

Quellenlage und Fragen der Forschung

gen des Berufstheaters in der Bildenden Kunst und im Kunsthandwerk, erwähnt aber erstaunlicherweise an keiner Stelle den ersten Bilderzyklus von Commedia dell'arte-Figuren auf deutschem Boden: die Narrentreppe in Schloß Trausnitz. Kurz vor deren Bau ließ der Herzog von Bayern zu der berühmten Fürstenhochzeit von 1568 schon eine italienische Komödie spielen, von deren Aufführung allerdings Orazio Vecchi in seiner Festbeschreibung keine Einzelheiten berichtet. Laut Hansen erfolgt vermutlich die früheste Einführung einer Cοmmediλ-Figur in das Fheater des deutschen Sprachraums 1584 durch Ferdinand II. von Tirol in seinem Drama Speculum vitae humanae, wo eine Person namens Sani (= Gianni, Zani) auftritt. Philipp Waimer läßt in Elisa. Ein Newe vnd lüstige Comoedia. Von Eduardo dem Dritten (Dantzig 1591) das obligate Paar des Herrn Pantalon und seines Dieners Sani auftreten. Aegidius Albertinus nennt in seiner Ubersetzung von Mateo Alemans Roman Guzman de Alfarache 1615 einen Pantaleon, Johann Valentin Andreae in Turbo sive moleste et frustra per cuncta divagans ingenium. In Theatrum produetum (Helicone, Iuxta Parnassum 1616) einen Harlequin. Gerade an der zentralen Figur des Spaßmachers kann man die Rezeptionsvorgänge bzw. Eigenentwicklungen besonders deutlich ablesen: Jack Pudding als Übernahme aus dem englischen Theater, der Pickelhering als norddeutsch-niederländische Figur, der Hanswurst als Vertreter Süddeutschlands, Scaramouche-Varianten als französisch-spanische Komponente, sowie Arlecchino als italienisch-französisches Element. Diese Rezeptionsvorgänge bestimmen sicher das gesamte 17. Jahrhundert und sind keinesfalls auf die Wahrnehmung von Evaristo Gherardis 1714 in London erschienene, achtbändige Sammlung Le theatre italien zu beschränken:

Quellenlage und Fragen der Forschung

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Der hergebrachten und in der Literaturwissenschaft nach wie vor vertretenen Behauptung, die deutsche Burleske nach den Anthologien des Theatre Italien sei erst gegen Ende der dreißiger Jahre verbreitet gewesen, muß entschieden widersprochen werden. Deren Manifestation ist vielmehr um drei Jahrzehnte vorzuverlegen. Unbestreitbar stand Gherardis Textsammlung der deutschen Bühne schon zu Diensten, bevor noch mit der 1711 anonym erschienenen Ollapatrida Des Durchtriebenen Fuchsmundi (Stranitzkys Verfasserschaft kann als endgültig widerlegt gelten) ein bequemes Gherardi-Kompendium für burleske Nach- und Zwischenspiele zur Hand war.7

Leonhard Andreas Demmer, der am 16. Oktober 1707 den Harlekin spielt, ist sicher nur eine Etappe auf dem Rezeptionsweg dieser beherrschenden SpaßmacherFigur des 18. Jahrhunderts: Obschon die Pickelhering- und Hanswurstspieler sich nicht alle sogleich der [italienischen] Reform fügten, teils auch die Geschmeidigkeit des Harlekin nicht finden konnten, wenn sie alt oder korpulent waren, so griff die Italienisierung der [deutschen] Posse doch schnell genug um sich, und von 1700 an ist Harlekin der am allgemeinsten gültige Spaßmacher. "g

Auch die häufige Gleichsetzung der Aufführungspraktiken der Wanderbühne mit dem weitgehend vorstrukturierten Wirken der Spaßmacher ist ein ambivalentes Phänomen: Das Rätsel um die Lebensfähigkeit der rohgefügten, anspruchslosen, nur auf den Handlungsfortgang bedachten Stücke der Wanderbühne, die unbeschadet aller kulturund geistesgeschichtlichen Wandlungen häufig ein volles Hansen: Formen der Commedia dell'Arte, S. 80. Eduard Devrient: Geschichte der deutschen Schauspielkunst. In zwei Bänden neu herausgegeben von Rolf Kabel und Christoph Trilse. München /Wien: Langen Müller 1967 (EA 1848), S. 196.

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Quellenlage und Fragen der Forschung

Jahrhundert unangetastet überstanden (wofür stets der verkümmerte Publikumsgeschmack verantwortlich gemacht wird), ist mißtrauenerweckend einfach zu lösen. Diese fossilen Texte existierten längst nicht mehr um ihrer selbst willen, sondern nur mehr als Folie, in paradoxer Umkehrung nur noch als Rahmenhandlung für das sie verjüngende harlekineske Element komödiantischen Uberschwangs, das sich - vor vornherein suspekt wie alle Neuerungen - im Schatten des Herkömmlichen eine Weile zu tarnen verstand.9 Die Herabminderung der Fahrenden Schauspielertruppen, d.h. einer der charakteristischen Ausformungen des Barocktheaters, dient häufig als ein wichtiges Kriterium in der negativen Zeichnung der gesamten Epoche, die dann meist auch konfessionell zugeordnet wird. So betont ζ. B. in Bezug auf das Ende des Possenspiels Friedrich Nicolai10 in einem Kurzporträt von Joseph Anton Stranitzky den später als falsch nachgewiesenen Ausgangspunkt, daß dieser als Protestant in Breslau aufwächst11 und dann, nachdem er von den Jesuiten zum Glaubenswechsel verführt wurde, schließlich einer der beliebtesten Schauspieler eines katholischen Landes wird. Seine Figur des Hanswurst stilisiert Nicolai dabei zum Symbol eines zurückgebliebenen, in seiner gröbsten Andächtelei gefesselten und an seiner unzeitigen Eitelkeit leidenden Wien. Im Gegensatz dazu unterstreicht Richard Alewyn in seiner Darstellung des Hanswurst, wie viele ge9 10

"

Hansen: Formen der Commedia dell'Arte, S. 82 f . Friedrich Nicolai: Das Ende der Possenspiele in Wien. Auszug Kritik. In: Einladung ins 18. Jahrhundert. Ein Almanach aus Verlag C. H. Beck im 225. Jahr seines Bestehens. Mit 19 drucken von Texten der Goethezeit. München: Beck 1988, S. 297. Nach derzeitigem Wissenstand wird er 1676 in Graz geboren in katholischer Umgebung erzogen.

aus dem Erst292und

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und Fragen

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radezu archetypische Strömungen der Belustigung in dieser komischen Person des späten Barocktheaters zusammenfließen: „ Er ist der Inbegriff des absoluten und universalen Schauspielers. Seine Komik reicht am tiefsten, seine Mimik am weitesten. Seine Zeugungskraft ist schier unerschöpflich. Ungezählt sind seine Namen und Gestalten.a12 Als komischer Urstoff in seiner Rohform besitzt er keinen Charakter und kann daher mühelos jeden annehmen. Sowohl die Wandelbarkeit der Person als auch die Unerschöpflichkeit der Verkleidungen machen ihn zur Leitfigur einer fiktionalen Bühnenwelt, deren Grundtendenz die Entlarvung des Scheins und die Auflösung im befreienden Lachen verfolgt. Wobei allerdings das Publikum nicht immer unbedingt mit ihm lacht, sondern in manchen Possen (vgl. das Pickelherings-Spiel mit einem Stein, Bd. I, S. 557— 580) sich mit seinen Widersachern gemeinsam über ihn lustig macht. So unterstreicht auch Alfred Ziltener13 die von der Gestalt des Hanswurst herbeigeführte Veränderung im Verhältnis von Seria- und Buffa-Ebene, zwischen welchen er wechseln kann. Als permanenter Fiktionsbruch folgt er, herausgehoben aus der tragischen Handlung, nicht nur seinem extemporierenden Spieltrieb, sondern setzt in seinen Kommentaren den ideellen Werten der Seria-Ebene die leibliche Realität der Kreatur entgegen: „Nicht bloss als alter Bekannter steht Hanswurst dem Zuschauer näher als das Seria-Personal. Er ist die einzige alltagsnahe Figur inmitten phantastischer He12

13

Richard Alewyn: Hanswurst. Auszug aus Das große Welttheater. In: Einladung ins 18. Jahrhundert, S. 287-291. Hier S. 287. Alfred Ziltener: Hanswursts lachende Erben. Zum Weiterleben der Lustigen Person im Wiener Vorstadt-Theater von La Roche bis Raimund. (Europäische Hochschulschriften, //1241) Bern: Lang 1989.

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und Fragen der

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roen. Er ist ein Zeitgenosse des Publikums; [.. .]"u Indem er in seinen Seitenbemerkungen den Standpunkt vorgibt, von welchem aus die Ereignisse seiner Ansicht nach unverfälscht und vorurteilsfrei zu beurteilen sind, platziert er sich in ein Niemandsland zwischen Bühnengeschehen und Zuschauerraum. Als karnevaleske Negation der aristotelischen Mimesis durch deren karikaturale Übertreibung (er findet sich ja in jeder möglichen Welt zurecht) muss er dennoch jeder vernunftorientierten Mission einer moralischen Anstalt entgegenstehen: „Er ist die primitivste und niedrigste Figur der Komödie. [...] Er ist der unbeschränkte Herrscher im Reiche der Fäkalien und Sexualien.Im Zentrum seines Interesses steht immer der möglichst freie Zugang zu Frauen, zum Essen und zum Trinken, sowie die Ausbeutung aller möglichen Geldquellen, wobei er eine sehr funktionale Intelligenz entwickelt und selbst geistig überlegene Figuren zu überlisten versteht. In der Aufführungspraxis wird das tragische Stück in jedem Fall durch die Komik aufgelöst, entweder durch die erwähnte Verflechtung von Seria- und BuffaEbene, oder - in der Anfangsphase der Wanderbühne durch den zeitlichen Ablauf des Programms: „Die fahrenden Komödianten spielten gewöhnlich eine Hauptund Staatsaktion und an zweiter Stelle eine lustige Posse, ein Pickelhering- oder ein Hanswurststück, in dem, wie schon der Name sagt, die lustige Person, sei es als Liebhaber, sei es als Ehemann, eins ihrer drolligen Abenteuer bestand."16

14

'5 16

Ziltener: Hanswursts lachende Erben, S. 24. Alewyn: Hanswurst, S. 289. Max Wolff: Wander-, Hof- und Schuldrama. In: Robert Franz Arnold (Hg.): Das deutsche Drama. München 1925, S. 239-273. Hier S. 247.

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Die durchaus unterschiedlichen regionalen Ausformungen der komischen Figur werden von Josef Sittard so zusammengefaßt: „ Was dem Deutschen der Hanswurst, Stockfisch, Hans Knappkäse oder Pickelhäring, das war dem Franzosen der Jean Potage', welchen der Volksmund in ,Schampitasche' umformte; dem Engländer der Jak Pudding', dem Italiener der ,Signor Macaronii'. "17 Hans Wurst agiert ζ. B. in der vorliegenden Sammlung in der Comoedia und Macht des kleinen Knabens Cupidinis und Schamhitasche in der Comoedia von König Mantalors unrechtmessigen Liebe und derselben Straff. Darüber hinaus treten manchmal auch noch Varianten dieser Bezeichnungen auf, wie Jean Bouset bzw. Bouschet (bei Herzog Heinrich Julius in der Comoedia von einem Wirthe und in der Tragedia von einer Ehebrecherinj oder eingedeutscht Hans Supp.18 In den komödiantischen zweiaktigen Possen reicht oft schon der Vorname und die Herkunft aus dem niedrigen Volk, um die Spaßmacher-Figur zu bezeichnen: ζ. B. Hans der Bauer in dem PickelheringsSpiel mit dem Stein (Bd. I, S. 557-580). Auffallend häufig jedenfalls stammen diese Bezeichnungen aus dem Nahrungsbereich (ζ. B. Hans Wurst, ursprünglich aus dem nie dersächsischen Narrenschiff). Es scheint sich dabei oft um deutsche Verformungen zu handeln, denn Potage kommt in französischen Stücken eben gerade nicht vor (dort hingegen sind häufig spanische oder italienische Bezeichnungen zu finden), aber z.B. bei Christian Weise (Der ge17

18

Josef Sittard: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe. Nach Originalquellen. Erster Band. 1458-1793. Stuttgart: Kohlhammer 1890 (Reprint Hildesheim: G. Olms 1970), S. 224. Vgl. Band III, S. 30ί, Z. 22: Adieu done, gaillard. wird als ADIEU dann Hans Supp. übersetzt.

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stürzte Markgraf von Ancre. Leipzig 1681), bei Johannes Sebastianus Mitternacht (Unglückseliger Soldat und Vorwitziger Barbirer. Leipzig 1662), bei Johannes Praetorium (Dulc-Amarus Ancillariolus, das ist der süßwurtzligte und saurampferigte Mägde-Tröster, erzwingend, daß die Mägde bessere Thiere seyn, als die sogenanten Jungfern. Leipzig? 1663) oder in dem anonymen Werk Der Pedantische Irrtum des überwitzigen, doch sehr betrogenen Schulfuchses (Rapperswil 1673). Im Liebeskampff 1630 werden die meisten dieser Namen und außerdem noch Schrämgen (nach Hans Sachs: Wiltbad; hier in der Comedia von den Aminta und Silvia,) und Morohn bereits verwendet. Von allen Bezeichnungen ist zu dieser Zeit sicher Pickelhering die am weitesten verbreitete, wobei in der Forschungsliteratur nach wie vor umstritten ist, ob er von den Niederlanden nach Deutschland gelangt oder umgekehrt. Er findet sich nicht nur auf dem Titelblatt der ersten Sammlung Engelische Comedien vnd Tragedien von 1620, sondern wird sogar als Kurztitel dafür verwendet, und bei einigen komischen Figuren mit anderem Namen wird Pickelhering in der Personenliste dann als eine Art funktionelle Bezeichnung hinzugefügt - eine Metonymie, welche die allgemeine Kenntnis von der Figur noch unterstreicht. Herbert Hohenemser schreibt zu der Entwicklung der deutschen komischen Figuren des 17. Jahrhunderts: Zur endgültigen Formung all dieser komischen Elemente zum alleinherrschenden Typus bedurfte es des Einflusses eines romanischen Formwillens, wie er sich in der italienischen Commedia dell'arte und im französischen Theatre Italien ausgeprägt hatte. [...] Mit Gherardis Sammlung war „ein Steinbruch eröffnet, aus dem Hanswurst-Stranitzky viele Wagenladungen nach Wien karrte, und wo auch der findige junge Lessing Material für burleske Epi-

Quellenlage und Fragen der Forschung

XXXVII

soden gewann" [Zitat aus Erich Schmidt: Lessing. Berlin 1884, Bd. I, S. 105] und die „Ollapotrida", die zeitweise Stranitzky zugeschrieben wurde, kommt einer freien Ubersetzung desselben gleich, die nur unterbrochen ist durch Einschiebsel aus Abraham a Sancta Clara.19

Mit ihrer Form der von Zivilisation kaum gebremsten Vitalität und der unzerstörbaren Überlebenskunst bewahren sich Figuren wie Hanswurst vermutlich ein letztes Stück jener kultischen Triebabfuhr, die am Beginn des europäischen Theaters steht: das Satyrspiel. Was Goethe ζ. B. noch an italienischen Harlekinen als soziale Notwendigkeit erachtet, ist vom Fortschritt im Namen der aufklärerischen Vernunft des 18. Jahrhundert beseitigt worden: „ Was hier an mimischer Genialität ins Leben getreten ist, ist unwiederbringlich dahin. Der Augenblick, der es geboren, hat es wieder verschlungen. "20 Die fortschrittsorientierten Reformer erfüllt dies mit Jubel, wie die Reaktion von Sonnenfels anlässlich des Todes von Gottfried Prehauser (1699— 1769) beweist: „Er ist gestorben, der grosse Pan: verkündiget es den Inseln ihr Wälder und ihr hallet es dem festen Lande wieder zu! Welch ein Vergnügen für mich [.. ,]"21 Nach der Überwindung solch abwertender Haltungen setzt sich in der modernen Forschung des 20. Jahrhunderts schließlich eine indirekte Definition der Wanderbühne durch, die sich in der Regel mit ihrem Funktionieren, selten aber mit dem Wesen der Stücke 19

20 21

Herbert Hohenemser: Pulcinella, Harlekin, Hanswurst. (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte, Bd. 33) Emsdetten: Lechte 1940, S. 43. Alewyn: Hanswurst, S. 291. Joseph von Sonnenfels: Briefe über die Wienerische Schaubühne. Hg. von Hilde Η aider-Pre gier. (Wiener Neudrucke, 9) Graz: ADEVA 1988.

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und Fragen der

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beschäftigt. Erwartungsgemäß konzentrieren sich die in einen sozialgeschichtlichen Uberblick eingeordneten Beiträge von Hans-Wolf Jäger22 und Reinhart Meyer23 hauptsächlich auf die soziale Position der Schauspieler; welchen sowohl Adel als auch Bürgertum jeweils auf seine Weise Respekt und Integration verweigern. Das Schauspielwesen und die Lehensformen der Berufskomödianten werden in den Äußerungen der Zeitgenossen (wie in den oben erwähnten Schriften der Staatstheoretiker) immer als ein bedrohlicher Widerspruch zur angestrebten geordneten Existenz gesehen. In den beiden genannten sozialgeschichtlichen Artikeln wird der Zeitraum für die Wanderbühne allerdings erstaunlich spät angesetzt - sie befinden sich nämlich in Bänden, die das 18. Jahrhundert behandeln - und folglich nach kleinen Abschnitten über die organisatorische Struktur relativ ausführlich das von den aufklärerischen Theoretikern geforderte Ende des Wanderschauspiels und der Ubergang zur Theaterreform mit der Entstehung des Nationaltheaters dargelegt. Bärbel Rudin hingegen beschreibt in ihrem Lexikonartikel24 den noch immer etwas unscharfen Epochalbegriff das Theater als Profession, die Orga22

23

24

Hans-Wolf Jäger: Wanderbühne, Hof- und Nationaltheater. In: Ralph-Rainer Wuthenow (Hg.): Zwischen Absolutismus und Aufklärung: Rationalismus, Empfindsamkeit, Sturm und Drang 1740-1786. (Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte. Hg. von Horst Albert Glaser, Bd. 4) Reinbek: Rowohlt 1980, S. 261-276. Reinhart Meyer: Von der Wanderbühne zum Hof- und Nationaltheater. In: Rolf Grimminger (Hg.): Deutsche Aufklärung bis zur Französischen Revolution 1680-1789. (Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Bd. 3) München: Hanser 1980. S. 186-216. Bärbel Rudin: Wanderbühne. In: Merker/Stammler: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Band 4. Berlin/New York: De Gruyter (2. Aufl.) 1984, S. 808-815.

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nisationsprinzipien (Prinzipal-, Ensemble-, Repertoireprinzip), das Umfeld im profanen Bühnenwesen und die soziale Kontrolle. Daraus geht hervor, dass der Charakter der Stücke von außen bestimmt wurde, weil deren Aufbau sich als streng funktional (Wirksamkeit beim Publikum, Imitation höfischer Muster, Beachtung moralischer Regeln der jeweiligen Behörden) erweist: „Die Stücke waren für alle Kreise des Volkes bestimmt. Sie mußten vor allem auf Massenwirkung, auf ganz allgemeines Verständnis eingestellt sein. Auch ihr höchstes Ziel war die Verbreitung gewisser moralischer Anschauungen, die Belehrung." Dem stimmt auch Meyer zu: „Wichtigstes Prinzip der Wanderbühne ist es, keine Langeweile aufkommen zu lassen, und dies gilt auch für die Truppen, die später angeblich regelmäßige Stücke gespielt haben. "26 Im Mittelpunkt steht eben aus sozialgeschichtlicher Sicht offenkundig die Triebabfuhr: „So lebt Bürger und Kleinbürger sich aus. Was er vor allen Dingen sehen will, sind lustige Stücke mit derben Szenen und Ohrfeigen; Rüpelei und Klamauk finden Anklang, Luftsprünge erfreuen."27 In gewisser Weise eine Umkehrung der aristotelischen Katharsis in das Komische. Unter dem herrschenden Konkurrenzdruck, der ständig scheinbar neue Stücke erforderlich macht, sehen sich viele Truppen laut Eduard Devrient sogar zu einem billigen Etikettenschwindel veranlasst und beschränken ihre angeblichen Bearbeitungen auf einen phantasievollen Titel: „Diese Stücke sind alle sehr platt und langweilig, und aus Gemeinplätzen gemacht, auch sucht

25 26

27

Goldschm.it: Das Repertoire der Wandertruppen, S. 16. Meyer: Von der Wanderbühne zum Hof- und Nationaltheater, S. 198. Jäger: Wanderbühne, Hof- und Nationaltheater, S. 266.

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man oft vergebens nach den Situationen, in welchen Hans Wurst auf dem Titel verkündigt ist; man sieht, diese Herrlichkeiten sind oft eine leere Lockspeise. "28 Rudin geht in ihrem Artikel kaum auf textinterne Merkmale, auf Techniken der Schauspielkunst oder auf eventuelle Unterschiede zwischen höfischen und städtischen Aufführungen ein. Es stellt sich demnach die Frage, ob die Stücke der Wanderbühne tatsächlich nur ein zwar zeitlich sich entwickelndes und aus verschiedenen literarischen Gebieten zusammengesetztes Konglomerat ohne interne strukturelle Regeln sind. Daran müsste in der Folge auch die Diskussion über die Originalität der Werke bzw. ihrer Interpretation anknüpfen, um zu einer neuen Bewertung dieser literatur- und theatergeschichtlichen Phase zu gelangen. Der in neueren Forschungsarbeiten immer wieder beklagte Mangel an verfügbaren authentischen Spieltexten kann nun, nach der Fertigstellung der vorliegenden Ausgabe, wohl nicht mehr als Hinderungsgrund herangezogen werden. Aus literaturge schichtlich er Sicht wird man der Wanderbühne wohl am wenigsten die Tatsache anlasten können, dass sie ihre Stücke vorwiegend vom Import aus fremdsprachlichen Literaturen (in chronologischer Folge vorwiegend englische, niederländische, spanische, französische und italienische Werke) bezieht.29 Sie entspricht darin nur ihrer Zeit: noch 1731 sind, insgesamt im deutschsprachigen Raum, ungefähr 75% der aufgeführten dramatischen Werke (d.h. auch des Hoftheaters) in Italienisch oder italienischen Ursprungs, 15% in Latein, und nur 5% deutsche ,Eigen28 29

Devrient: Geschichte der deutschen Schauspielkunst, S. 209. Vgl. Leokadia Fiirlinger: 14 handschriftliche Dramen der Wanderbühne des 17. Jahrhunderts. Diss. Wien 1948, S. 83.

Quellenlage

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Produktion'.30 Im Laufe der anschließenden drei Jahrzehnte wird dieser Anteil im Sinne der deutschen Theaterreform aber dann rapide auf 20% ansteigen. Die von der Wanderbühne zur Aufführung gebrachten Stücke gehören ohne Zweifel - schon allein wegen der Herkunft der ersten Truppen - zu den importierten Werken bzw. sind als Bearbeitungen direkt oder indirekt weitgehend auf fremdsprachige Originale zurückzuführen. Die Eigenständigkeit mancher regionaler Formen, wie sie ζ. B. bezüglich der Wiener Volkskomödie von Karl Weiß31 oder Otto Rommel32 unterstrichen wird, liegt wohl am ehesten in der ganz spezifischen Art der Adaptationen, welche kurioserweise nach deren Loslösung von der eigentlichen Wanderbühne als Argument für die Abwertung eben dieser eingesetzt wird. In den besonders ausgeprägten Fällen spricht die Kritik vor 1950 sogar den Stücken von Stranitzky jegliche Originalität ab: „Auch die Burlesken, welche Stranitzky als Nachspiele gab, sind denen der norddeutschen Truppen ähnlich. Der italienische Ursprung der Intrigen ist unverkennbar. "33 Max Wolff beschreibt die Haupt- und Staatsaktion als ein gesamteuropäisches Phänomen, das sich im Laufe des 16. Jahrhunderts herausbildet und von den Wandertruppen vor allem wegen seiner Bühnenwirkung aufgegriffen und gepflegt wird: Vgl. Ruth B. Emde: Schaupielerinnen im Europa des 18. Jahrhunderts. Ihr Leben, ihre Schriften und ihr Publikum. (Internationale Forschungen zur Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft, 26) Amsterdam: Rodopi 1997, S. 162. Karl Weiß: Die Wiener Haupt= und Staatsactionen. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters. Wien 1854. Otto Rommel: Die Alt-Wiener Volkskomödie. Ihre Geschichte vom barocken Welt-Theater bis zum Tode Nestroys. Wien: Anton Schroll 1952. Devrient: Geschichte der deutschen Schauspielkunst, S. 209.

XLII

Quellenlage und Fragen der Forschung

Dieser dramatische Typus ist nicht Schöpfung der Komödianten, sondern die Form des volkstümlichen Schauspiels in ganz Europa. In Italien hatte er sich im Kampf gegen den klassizistischen Regelzwang durchgesetzt. Cecchi (gest. 1587) machte ihn unter dem Namen der farsa, der storia oder des spettacolo literarisch und gleichzeitig lebte er in dem englischen chronicle play wieder auf. Ayrer übernahm ihn, und diese drei verschiedenen, aber auf einen Nenner zurückgehenden Vorbilder mögen auf das deutsche Wanderspiel eingewirkt haben.34 Die der Wanderbühne vorgeworfene Stoffülle - in ihrer Regellosigkeit somit geradezu repräsentativ für die Epoche des Barock - bezeichnet Goldschmit jedenfalls als eine der wertvollsten Bereicherungen der deutschen Literatur, welche durch die besondere Form der Rezeption eine kaum vergleichbare Breitenwirkung hat: Weit mehr als gedruckten Ubersetzungen, weit mehr als gelehrten Bestrebungen späterer Zeit gelang es ihnen [den Wandertruppen] eine wirkliche Internationalität ihres Repertoires aufrechtzuerhalten. Und mehr als das! Es gelang ihnen fremde Stücke nicht nur zu bringen, sondern sie auch wirklich einzudeutschen, sei es auch mit Mitteln, die uns heute als verwerflich erscheinen mögen. 35 Man kann heute davon ausgehen, dass die Wanderbühne einen der wirkungsvollsten Rezeptionswege für die Aufnahme des wie der erwachten europäischen Theaters im deutschen Sprachraum darstellt. Durch die Verbreitung der englischen, spanischen, niederländischen, französischen und italienischen Stücke in Form von Bearbeitungen, welche sich natürlich den Publikumserwartungen dieses Berufstheaters anpassen, er34 35

Wolff: Wander-, Hof- und Schuldrama, S. 247. Goldschmit: Das Repertoire der Wandertruppen,

S. 317.

Quellenlage und Fragen der Forschung

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fährt die deutsche Produktion ohne Zweifel eine wertvolle Anregung: Die deutschsprachigen Länder waren im 17. Jahrhundert eine Rezeptionsregion für die in Italien, Frankreich, England und in den Niederlanden entwickelte Bühnenkunst. Dies galt für den in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts einsetzenden Ausbau des Theaterwesens, seine Professionalisierung, den Theaterbau, für die Bühnenästhetik, die Schauspielkunst und das Repertoire, insbesondere für die Rezeption der italienischen Oper.36

Manfred Brauneck: Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters. Zweiter Band. Stuttgart / Weimar: Metzler 1996, S. 335-357. Hier S. 330.

A USWAHLBIBLIO

GRAPHIE

Ausgaben von Primärtexten Tittmann, Julius (Hg.): Die Schauspiele der englischen Komödianten in Deutschland. Deutsche Dichter des XVI. Jh.; Bd. 13) Leipzig: Brockhaus 1880. Werner, R. M. (Hg.): Ollapatrida des durchgetriebenen Fuchsmundi, Der Wiener Hanswurst. Bd. 2 (Wiener Neudrucke 10) Wien 1886. Jenewein, Rudolf (Hg.): Alt-Innsbrucker Hanswurst-Spiele. Nachträge zum Höttinger Peterlspiel. Innsbruck: Wagner 1905. Payer von Thum, Rudolf (Hg.): Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bde. (Schriften des Literar. Vereins in Wien, Bd. 10 u. 13) Wien 1908-10. Flemming, Willi (Hg.): Das Schauspiel der Wanderbühne. (Deutsche Literatur in Lntwicklungsreihen, Reihe Barock - Barockdrama, Bd. 3) Leipzig 1931 (Nachdruck Hildesheim: Olms 1965). Schindler, Otto G. (Hg.): Stegreifburlesken der Wanderbühne. Szenare der Schulz-Menningerschen Schauspieltruppe (nach Handschriften der Osterr. Nationalbibliothek) St. Ingbert: Roehrig 1990. Sonnleitner, Johann (Hg.): Hanswurstiaden. Ein Jahrhundert Wiener Komödie. Salzburg: Residenz 1996; darin: Joseph Anton Stranitzky: Der Großmüthige Uberwinder Seiner selbst mit H. W.: den übl belohnten Liebhaber vieller Weibsbilder oder HW der Meister, böse Weiber gutt zu machen (S. 7-70); Joseph Felix Kurz: Die getreue Prinzeßin Pumphia. Und Hanns-Wurst, Der tyrannische Tartar-Kulikan (S. 71-132); Philipp Hafner: Der von dreyen Schwiegersöhnen geplagte Odoardo, oder Hannswurst und Crispin, die lächerlichen Schwestern von Prag

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Auswahlbibliographie

(S. 133-192); Joachim Perinet: Kaspar, der Fagottist, oder: die Zauberzither (S. 193-260); Adolf Bäuerle: Die Bürger in Wien (S. 261-330).

Bibliographische Hinweise auf Originaltexte Gottsched, Johann Christoph: Die deutsche Schaubühne. 5. Bd. Leipzig 1740-45. Gottsched, Johann Christoph: Nöthiger Vorrath zur Geschichte der deutschen Dramatischen Dichtkunst, oder Verzeichniß aller Deutschen Trauer- Lust- und SingSpiele, die im Druck erschienen, von 1450 bis zur Hälfte des jetzigen Jahrhunderts. Leipzig, bey Johann Michael Teubner, 1757. - Des nöthigen Vorraths zur Geschichte der deutschen Dramatischen Dichtkunst, Zweyter Theil, oder Nachlese aller deutschen Trauer-Lustund Singspiele, die vom 1450sten bis zum 1760sten Jahre im Drucke erschienen. Gesammelt, und ans Licht gestellet von Johann Christoph Gottscheden. Leipzig, bey Joh. Michael Ludwig Teubnern, 1765. (Reprint Hildesheim: G. Olms 1970) Allacci, Lione: Drammaturgia accresciuta e continuata fino all'anno MDCCLV. Venedig (2. Ausg.) 1755. Farsetti, T. G.: Catalogo di commedie italiane. Venedig 1779. Plümicke, C. M.: Entwurft einer Theatergeschichte von Berlin, nebst allgemeinen Bemerkungen über den Geschmack, hiesige Theaterschriftsteller und Behandlung der Kunst, in den verschiedenen Epochen. Mit angehängtem Verzeichnisse aller auf der Kochschen und Döbbelinischen Bühnen erschienenen Stücke und Ballette. Berlin/ Stettin: Nicolai 1781. Goedeke, Carl: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. 2. Neu bearb. Aufl. Dresden: Ehlermann 1884 f f . (besonders Band 2) Dessoff Albert: Uber spanische, italienische und französische Dramen in den Spielverzeichnissen deutscher Wander-

Bibliographische Hinweise auf Originaltexte

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truppen. In: Zeitschrift für Vergleichende Litteraturgeschichte und Renaissance-Litteratur. N. F. Vierter Band, Berlin 1891, S. 1-16. Dessoff Albert: Uber englische, italienische und spanische Dramen in den Spielverzeichnissen der deutschen Wandertruppen. (Studien zur vergl. Lit. Gesch. Hg. von M. Koch, Bd. 1) Berlin 1901, S. 420-444. von Weilen, Alexander: Zur Wiener Theatergeschichte. Die vom Jahre 1629 bis zum Jahre 1740 am Wiener Hofe zur Aufführung gelangten Werke theatralischen Charakters und Oratorien. (Schriften des österr. Vereins für Bibliothekswesen; 2) Wien: Alfred Holder 1901. Olivier, Jean-Jacques: Les Comediens frangais dans les Cours d'Allemagne au XVIIF siecle. Paris 1901-05 (Geneve: Slatkine Reprints 1971). Richter, Werner: Liebeskampf 1630 und Schaubühne 1670. Ein Beitrag zur deutschen Theatergeschichte des siebzehnten Jahrhunderts. (Palaestra, Bd. 78) Berlin: Mayer & Müller 1910. Goldschmit, Grete: Das Repertoire der Wandertruppen in Oesterreich. Diss. Wien 1930. Bolte, Johannes: Unbekannte Schauspiele des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften. Jahrgang 1933, Philosophischhistorische Klasse, Berlin 1933, S. 373-407. Beare, Mary: The German Popular Play Atis and the Venetian Opera. Α Study of the Conversion of Operas into Popular Plays, 1675-1722, with special reference to the play Atis. Cambridge: University Press 1938. Freden, G.: Friedrich Menius und das Repertoire der englischen Komödianten in Deutschland. Stockholm 1939. Fürlinger, Leokadia: 14 handschriftliche Dramen der Wanderbühne des 17. Jahrhunderts. Diss. Wien 1948. Fehr, Max: Die wandernden Theatertruppen in der Schweiz. Verzeichnis der Truppen, Aufführungen und Spieldaten für das XVII. und XVIII. Jahrhundert. (XVIII. Jahrbuch 1948 der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur) Einsiedeln: Waldstatt 1949.

XLVIII

Auswahlbibliographie

Hadamowsky, Franz: Barocktheater am Wiener Kaiserhof. Mit einem Spielplan (1625-1740). (Jahrbuch der Gesellschaft für Wiener Theaterforschung Nr. 7, 1951-52) Wien: A. Sexl 1955, S. 7-117. Brockpähler, Renate: Handbuch zur Geschichte der Barockoper in Deutschland. Emsdetten: Lechte 1964. Thiel, Eberhard: Eibretti. Verzeichnis der bis 1800 erschienenen Textbücher. Zusammengestellt von Ε. T. unter Mitarbeit von Gisela Rohr. (Kataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 14) Frankfurt: Klostermann 1970. Asper, Helmut G.: Spieltexte der Wanderbühne. Ein Verzeichnis der Dramenmanuskripte des 17. und 18. Jahrhunderts in Wiener Bibliotheken. (Quellen zur Theatergeschichte, Bd. 1 = Jb. der Wiener Gesellschaft für Theaterforschung, Bd. 21) Wien 1975. Horch, Hans Otto: Register zu Gottscheds , Versuch einer Critischen Dichtkunst'. Darmstadt: WBG 1978. Krekler, Ingeborg: Katalog der handschriftlichen Theaterbücher des ehemaligen Württembergischen Hoftheaters. Wiesbaden: Harrassowitz 1979. Graff Theodor: Grazer Theaterdrucke. Periochen und Textbücher (16.-18. Jh.). In: Historisches Jahrbuch der Stadt Graz 15 (1984), S. 245-286. Sartori, Claudio: I libretti italiani a stampa dalle origini al 1800. 6 Bände. Cuneo 1990-93. Meyer, Reinhart: Bibliographia Dramatica et Dramaticorum. Kommentierte Bibliographie der im ehemaligen deutschen Reichsgebiet gedruckten und gespielten Dramen des 18. Jahrhunderts nebst deren Bearbeitungen und Ubersetzungen und ihrer Rezeption bis in die Gegenwart. 1. Abteilung - Werkausgaben. Sammlungen. Reihen. Band 1-3. Tübingen: Niemeyer 1986; 2. Abteilung Einzeltitel. Band 1-22. Tübingen: Niemeyer 1993-2004. Martino, Alberto: Die italienische Literatur im deutschen Sprachraum. Ergänzungen und Berichtigungen zu FrankRutger Hausmanns Bibliographie. (Chloe. Beihefte zum Daphnis; 17) Amsterdam: Rodopi 1994.

Überblicksdarstellungen

XLIX

Marx, Hans Joachim / Schröder, Dorothea: Die Hamburger Gänsemarkt-Oper. Katalog der Textbücher (1678-1748). Laaber: Laaber 1995. Noe, Alfred: Italienische Spieltexte der Wanderbühne. In: Hans-Gert Roloff (Hg.): Editionsdesiderate der Frühen Neuzeit. Beiträge zur Tagung der Kommission für die Edition von Texten der Frühen Neuzeit (Wolfenbüttel Oktober 1994). 1. Teil. (Chloe - Beihefte zum Daphnis, 24) Amsterdam: Rodopi 1997, S. 105-117.

Uberblicksdarstellungen Devrient, Eduard: Geschichte der deutschen Schauspielkunst. 1848. In zwei Bänden neu herausgegeben von Rolf Kabel und Christoph Trilse. München / Wien: Langen Müller 1967. Creizenach, Wilhelm: Zur Entstehungsgeschichte des neueren deutschen Lustspiels. Halle: Niemeyer 1879. Goedeke, Carl: Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus den Quellen. 2. Neu bearb. Aufl. Dresden: Ehlermann 1884 f f , Band II. Heine, Carl: Das Schauspiel der deutschen Wanderbühne vor Gottsched. Halle: Niemeyer 1889. Wolff Max: Wander-, Hof- und Schuldrama. In: Robert Franz Arnold (Hg.): Das deutsche Drama. München 1925, S. 239-273. Pies, Eike: Prinzipale: Zur Genealogie des deutschsprachigen Berufstheaters vom 17. bis 19. Jahrhundert. Ratingen 1973. Kindermann, Heinz: Theatergeschichte Europas. III: Das Theater der Barockzeit. Salzburg: Müller 1959. Jäger, Hans-Wolf: Wanderbühne, Hof- und Nationaltheater. In: Ralph-Rainer Wuthenow (Hg.): Zwischen Absolutismus und Aufklärung: Rationalismus, Empfindsamkeit, Sturm und Drang 1740-1786. (Deutsche Literatur. Eine Sozialgeschichte. Hg. von Horst Albert Glaser, Bd. 4) Reinbek: Rowohlt 1980, S. 261-276.

L

Auswahlbibliographie

Meyer, Reinhart: Von der Wanderbühne zum Hof- und Nationaltheater. In: Rolf Grimminger (Hg.): Deutsche Aufklärung bis zur Französischen Revolution 1680-1789. (Hansers Sozialgeschichte der deutschen Literatur vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Bd. 3) München: Hanser 1980. S. 186-216. Zielske, Harald: Die deutschen Höfe und das Wandertruppenwesen im 17. und frühen 18. Jahrhundert - Fragen ihres Verhältnisses. In: A. Buck / G. Kauffmann / B. L. Spahr/ C. Wiedemann (Hg.): Europäische Hofkultur im 16. und 17. Jahrhundert. (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, Bd. 10) Hamburg: Hauswedell 1981, S. 521-532. Alexander, Robert J.: Das deutsche Barockdrama. (Sammlung Metzler 209) Stuttgart: Metzler 1984. Zielske, Harald: Drama und Theater in England, den Niederlanden und Deutschland. In: Propyläen - Geschichte der Literatur. Dritter Band: Renaissance und Barock 1400-1700. Berlin 1984, S. 131-173. Rudin, Bärbel: Wanderbühne. Theaterkunst als fahrendes Gewerbe. Berlin 1988. Rudin, Bärbel: Wanderbühne. In: Merker/Stammler: Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte. Band 4. Berlin/New York (2. Aufl.) 1984, S. 808-815, und in dem von ihr mitherausgegebenen Sammelband: Wanderbühne. Theaterkunst als fahrendes Gewerbe. Berlin 1988. Schmitt, Peter: Schauspieler und Theaterbetrieb. Studien zur Sozialgeschichte des Schauspielerstandes im deutschsprachigen Raum (1700-1900). Tübingen: Niemeyer 1990. Brauneck, Walter: Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters. Zweiter Band. Stuttgart / Weimar: Metzler 1996, S. 335-357. Maler, Anselm: Theater und Publikum im europäischen Barock. Frankfurt a. M. 2002.

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten

LI

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten Schütze, Johann Friedrich: Hamburgische Theater-Geschichte. Hamburg 1794. Blümner, H.: Geschichte des Theaters in Leipzig. Von dessen ersten Spuren bis auf die neueste Zeit. Leipzig: Brockhaus 1818. Bärensprung, H. W.: Versuch einer Geschichte des Theaters in Mecklemburg-Schwerin. Von den ersten Spuren theatralischer Vorstellungen bis zum Jahre 1835. Schwerin 1837. Lappenberg, J. M.: Von den ältesten Schauspielen zu Hamburg. Zeitschrift des Vereins für Hamburger Geschichte I (1841), S. 132-140. Köhler, Wilhelm: Zur Geschichte des Dessauischen Hoftheaters von seinem Entstehen bis zur Gegenwart und der Hof-Kapelle, so weit sie mit Ersterem in Verbindung stand. Dessau: Fritsche 1846. von Reinoehl, Wilhelm: Das Puppenspiel, die fahrenden Schauspieler, Gaukler und Marktschreyer der Vorzeit. Stuttgart / Leipzig 1847 (Nachdruck Frankfurt a.M.: Nold 1990). D'Elvert, Christian: Geschichte des Theaters in Mähren und Oester. Schlesien. Brünn: Roher 1852. Pasque, Ernst: Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Darmstadt, mit Berücksichtigung der bezüglichen Hoffeste, der Biographien betheiligter Künstler, und im Zusammenhange mit der allgemeinen deutschen Musik- und Theatergeschichte. Bd. I: Periode von Georg I. bis Ludwig VI. 1567-1678. Darmstadt: Wittich 1853. Weiß, Karl: Die Wiener Haupt= und Staatsactionen. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters. Wien 1854. Behncken, Johann Heinrich: Geschichte des bremischen Theaters von 1688 bis auf die gegenwärtige Zeit. Bremen: Kaiser 1856. Glaser, Adolf: Geschichte des Theaters zu Braunschweig. Eine kunstgeschichtliche Skizze. Braunschweig: Neuhoff 1861.

LH

Auswahlbibliographie

Hysel, Franz Eduard: Das Theater in Nürnberg von 1612 bis 1863, nebst einem Anhange über das Theater in Fürth. Nürnberg 1863. Cohn, Albert: Shakespeare in Germany in the 16th and 17th Centuries. An Account of English Actors in Germany and the Netherlands and of the Plays Performed by them during the same Period. London/Berlin 1865. Lynker, W.: Geschichte des Theaters und der Musik in Kassel. Kassel: Kay 1865. Ebert, Hermann: Versuch einer Geschichte des Theaters zu Rostock I. Rostock: Hinstorff 1872. von Eye, Α.: Zur Geschichte des Nürnberger Theaters. In: Zeitschrift für deutsche Literaturgeschichte NF II (1873), S. 693-706. Müller, Hermann: Chronik des Könglichen Hoftheaters zu Hannover. Ein Beitrag zur deutschen Theatergeschichte. Hannover: Helwing 1876. Prölss, Robert: Geschichte des Hoftheaters zu Dresden. Von seinen Anfängen bis zum Jahre 1862. Dresden: Baensch 1878. Peth, Jakob: Geschichte des Theaters und der Musik zu Mainz. Ein Beitrag zur deutschen Theatergeschichte, allen Freunden der deutschen Bühne gewidmet. Mainz: Prickarts 1879. von Reden-Esbeck, Friedrich Johann: Caroline Neuber und ihre Zeitgenossen. Ein Beitrag zur deutschen Kultur- und Theatergeschichte. Leipzig: Barth 1881. Mentzel, Elisabeth: Geschichte der Schauspielkunst in Frankfurt a. M. von ihren Anfängen bis zur Eröffnung des städtischen Komödienhauses. Ein Beitrag zur deutschen Kultur- und Theatergeschichte. Frankfurt a.M.: Völcker 1882. Ofterdinger, L. F.: Geschichte des Theaters in Biberach von 1686 bis auf die Gegenwart. In: Württemberg. Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 6 (1883), S. 36-45, 113126, 229-242.

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten

LIII

Teuber, Oscar: Geschichte des Prager Theaters. Von den Anfängen des Schauspielwesens bis auf die neueste Zeit. 2 Bde. Prag: Ηaase 1883. Meißner, Johannes: Die englischen Komödianten in Osterreich. In: Jb. der deutschen Shakespeare-Ges. 19 (1884), S. 113-154. Trautmann, Karl: Englische Komödianten in München (1597, 1600, 1607). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 12 (1884), S. 319-320. Trautmann, Karl: Englische Komödianten in Ulm (15941657). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 13 (1885), S. 315-324. Cohn, Albert: Englische Komödianten in Köln. In: Jb. der deutschen Shakespeare-Ges. 21 (1886), S. 245-276. Trautmann, Karl: Englische Komödianten in Nürnberg bis zum Schlüsse des Dreißigjährigen Krieges (1593-1648). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 14 (1886), S. 113-136. Trautmann, Karl: Tranzösische Komödianten in Augsburg (1613). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 14 (1886), S. 442-444. Crüger, Johannes: Englische Komödianten in Straßburg im Elsaß. In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 15 (1887), S. 113-125. Heine, Carl: Johannes Velthen. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters im XVII. Jahrhundert. Diss. Halle-Wittenberg 1887. Trautmann, Karl: Die Schauspieler des Hotel de Bourgogne in Basel (1604). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 15 (1887), S. 102-108. Trautmann, Karl: Englische Komödianten in Stuttgart (1600, 1609, 1613-14). In: Schnorrs Archiv für Titteraturgeschichte 15 (1887), S. 211-216. Trautmann, Karl: Italienische Schauspieler am bayrischen Hofe. In: Jb. für Münchener Geschichte 1 (1887), S. 193312.

LIV

Auswahlbibliographie

Spengler, Franz: Der verlorene Sohn im Drama des XVI. Jahrhunderts. Zur Geschichte des Dramas. Innsbruck: Wagner 1888. Trautmann, Karl: Französische Schauspieler am bayrischen Hofe. In: Jb. für Münchener Geschichte 2 (1888), S. 185334. Fhrenberg, Hermann: Geschichte des Theaters in Posen, besonders in südpreußischer Zeit. Posen: Merzbach 1889. Trautmann, Karl: Deutsche Schauspieler am bayrischen Hofe. In: Jb. für Münchener Geschichte 3 (1889), S. 259-430. Wustmann, Gustav: Zur Geschichte des Theaters in Leipzig 1665-1800. In: G. W.: Quellen zur Geschichte Leipzigs I. Leipzig: Duncker & Humblot 1889, S. 459-493. Sittard, Josef: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Württembergischen Hofe 1458-1793. Stuttgart 1890-91 (Reprint Hildesheim /New York: Olms 1970). Bischoff, Ferdinand: Zur Geschichte des Theaters in Graz (1574-1775). In: Mittheilungen des histor. Vereins für Steiermark XL (1892), S. 113-134. Glossy, Karl. Theatergeschichtliche Ausstellung der Stadt Wien. Wien 1892. Harms, Paul: Die deutschen Fortunatus-Dramen und ein Kasseler Dichter des 17. Jahrhunderts. Hamburg 1892 (Reprint Nendeln: Kraus 1978). Nehring, Wladislaus: Eine unbekannte Episode aus dem Leben J. Veltens. In: Zeitschrift für vergleichende Litteraturgeschichte NF 6 (1893), S. 1-4. Paludan, J.: Wandertruppen in Dänemark. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 25 (1893), S. 313-343. Heitmüller, Ferdinand: Holländische Komödianten in Hamburg. Hamburg 1894. von Prosky, W.: Das Herzogliche Hoftheater zu Dessau. Von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. Zweite vermehrte Auflage. Dessau: Baumann 1894. Rub, Otto: Die dramatische Kunst in Danzig von 1615 bis 1893. Danzig: Bertling 1894.

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten

LV

Schwartz, Rudolf: Esther im deutschen und neulateinischen Drama des Reformationszeitalters. Oldenburg 1894 (2. Aufl. 1898). Bolte, Johannes: Das Danziger Theater im 16. und 17. Jahrhundert. (Theatergeschichtliche Forschungen, XII) Hamburg/ Leipzig: Leopold Voss 1895. Devrient, Hans: Johann Friedrich Schönemann und seine Schauspielergesellschaft. Ein Beitrag zur Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts. Hamburg/Leipzig: Voß 1895. Schwering, Julius: Zur Geschichte des niederländischen und spanischen Dramas in Deutschland. Münster 1895. Struck, Ferdinand: Die ältesten Zeiten des Theaters zu Stralsund 1697-1834. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters. Stralsund 1895. Schlesinger, Maximilian: Geschichte des Breslauer Theaters. Band I: 1522-1841. Breslau: Fischer 1898. Walter, Friedrich: Geschichte des Theaters und der Musik am kurpfälzischen Hofe. Leipzig: Breitkopf & Härtel 1898. Raab, Ferdinand: Johann Joseph Felix von Kurz genannt Bernardon. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Theaters im 18. Jahrhundert. Frankfurt a. M.: Rütten & Leoning 1899. von Weilen, Alexander: Geschichte des Wiener Theaterwesens von den ältesten Zeiten bis zu den Anfängen der Hoftheater. (Die Theater Wiens, Bd. 1) Wien 1899. Hampe, Theodor: Die Entwicklung des Theaterwesens in Nürnberg von der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts bis 1806. Nürnberg: Schräg 1900. Werstl, Wilhelm: Die Geschichte des Theaters in Göttingen. Göttingen: Wunder 1900. Hampe, Theodor: Fahrende Leute. Leipzig: Diederichs 1902. Moser, Ernst: Königsberger Theatergeschichte. Königsberg: Kang & Mannes 1902. Schmid, Christian Heinrich: Chronologie des deutschen Theaters. Berlin 1902. Stiehl, C.: Geschichte des Theaters in Lübeck. Lübeck: Borchers 1902.

LVI

Auswahlbibliographie

Herz, Emil: Englische Schauspieler und englisches Schauspiel zur Zeit Shakespeares in Deutschland. Hamburg: Voß 1903. Driesen, Otto: Der Ursprung des Harlekin, ein kulturgeschichtliches Problem. Berlin: Duncker 1904. Legband, Paul: Münchener Bühne und Litteratur im 18. Jahrhundert. In: Oberbayerisches Archiv für Vaterland. Geschichte 51 (1904), S. 34-220. Zimmermann, Paul: Herzog Ferdinand Albrechts I. zu Braunschweig und Lüneburg theatralische Aufführungen im Schlosse zu Bevern. In: Jb. des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig 3 (1904), S. 111-156. Kaulfuß-Diesch, Carl Hermann: Die Inszenierung des deutschen Dramas an der Wende des 16. und 17. Jahrhunderts. Leipzig 1905. Litzmann, Berthold: Johannes Velthen. In: Hans Devrient (Hg.): Archiv für Theatergeschichte II. Berlin 1905, S. 56-71. Schiffmann, Konrad: Drama und Theater in Österreich ob der Enns bis zum Jahre 1803. Linz 1905. Brandl, Α.: Englische Hofschauspieler in Berlin. In: Deutsche Rundschau 33.9 (1907), S. 458-463. Krauß, Rudolf: Zur Geschichte des Schauspiels am württembergischen Hofe bis zum Tode Karl Alexanders. In: Württemberg. Vierteljahreshefte für Landesgeschichte NF XV1.2-3 (1907), S. 377-411. Baum, Ernst: Philip Hafners Anfänge. Ein Beitrag zur Geschichte des Wiener Volksstücks. Friedel: Orel 1908. Krauß, Rudolf: Das Stuttgarter Hoftheater von den älteren Zeiten bis zur Gegenwart. Stuttgart: Metzler 1908. von Gersdorff, Wolfgang: Geschichte des Theaters in Kiel unter den Herzogen zu Holstein-Gottorp. Kiel: Lipsius & Tischer 1912. Nadler, Josef: Bairisches Barocktheater und bairische Volksbühne. In: Süddeutsche Monatshefte 1.2 (1914), S. 548565. Νiessen, Carl: Dramatische Darstellungen in Köln von 1526 bis 1700. Köln: Müller 1917.

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten

LVII

Enzinger, Moriz: Die Entwicklung des Wiener Theaters vom 16. zum 19. Jahrhundert. 2 Bde. (Schriften der Ges. für Theatergeschichte 29) Berlin 1919. Gregor, Joseph: Das Wiener Barocktheater. Wien 1922. Truttner, Hans: Neue Forschungen über Stranitzky und seine Werke. In: Euphorion 24 (1922), S. 28-60, 287-331. Bondi, Gustav: Geschichte des Brünner deutschen Theaters 1600-1925. Brünn 1924. Blümml, Emil Karl/Gugitz, Gustav: Alt-Wiener Thespiskarren: Die Frühzeit der Wiener Vorstadtbühnen. Wien 1925. Haas, Robert: Die Musik in der Wiener deutschen Stegreifkomödie. In: Studien zur Musikwissenschaft 12 (1925), S. 364. Speyer, Carl: Magister Johannes Velthen und die sächsischen Hofkomödianten am kurfürstlichen Hof in Heidelberg und Mannheim. In: Neue Heidelberger Jahrbücher 1926, S. 64-77. Tardel, Hermann: Zur bremischen Theatergeschichte 15631763. In: Bremisches Jb. 30 (1926), S. 263-310. Gondulatsch, Max: Beiträge zur Görlitzer Theatergeschichte bis 1800. In: Neues Lausitzisches Magazin 103 (1927), S. 107-164. Gugitz, Gustav: Beiträge zur älteren Geschichte des Theaters in Linz in den Jahren 1722 bis 1802. In: Heimatgaue 8.1 (1927), S. 37-56. Rosendahl, Erich: Geschichte der Hoftheater in Hannover und Braunschweig. Hannover: Helwing 1927. Haller, Edmund: Zur älteren Linzer Theatergeschichte. In: Jb. des oberösterr. Musealvereins 82 (1928), S. 143-176. Dörrer, Anton: Komödianten auf den Bozner Märkten von 1684 bis 1764. In: Der Schiern 10.1 (1929), S. 223-232. Kiesl, Hermann: Die dramatischen Bearbeitungen des Fortunatstoffes unter besonderer Berücksichtigung Ludwig Tiecks. Diss. Wien 1929. Bolte, Johannes: Schauspiele am Heidelberger Hofe 16501687. In: Euphorion 31 (1930), S. 578-591.

LVIII

Auswahlbibliographie

Deneke, Otto: Göttinger Theater im 18. Jahrhundert. Göttingen 1930. Schweckendiek, Adolf: Bühnengeschichte des Verlorenen Sohnes in Deutschland. I. Teil (1527-1627). Leipzig 1930. Bolte, Johannes: Schauspiele am Hofe des Landgrafen Moritz von Hessen. In: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1931. PhilosophischHistorische Klasse. Berlin: Verlag der Akademie der Wissenschaften 1931, S. 6-28. Brodbeck, Albert/Brünker, Thias: Wanderbühnen in Preussen. Berlin 1932. Pukdnsky-Kdddr, Jolantha: Geschichte des deutschen Theaters in Ungarn. Bd. 1. München 1933. Bolte, Johannes: Von Wanderkomödianten und Handwerkerspielen des 17. und 18. Jahrhunderts. In: Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften. Jg. 1934. Philosophisch-historische Klasse. Berlin 1934, S. 446-487. Lederer, Hans: Aus der Geschichte des Innsbrucker Theaters. Innsbruck 1935. Mämpel, Arthur: Das Dortmunder Theater. Materialien zu einer Geschichte des Bühnenlebens in der Stadt Dortmund von seinen Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Teil: Studenten, Fahrende und Schauspielergesellschaften (1600-1837). Dortmund 1936. Rudolf-Hille, Gertrud: Die Bayreuther Hofbühne im 17. und 18. Jahrhundert. In: Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken 33.1 (1936), S. 67-138. Satori-Neumann, Bruno Thomas: 300 Jahre berufsständisches Theater in Elbing. Die Geschichte einer ostdeutschen Provinzialbühne. Danzig 1936. Lürgen, Bernd: Chronik des Theaters in Altenburg. Leipzig: Beck 1937. Jacob, Martin: Kölner Theater im XVIII. Jahrhundert bis zum Ende der reichsstädtischen Zeit (1700-1794). Emsdetten: Lechte 1938. Mämpel, Arthur: Die Anfänge des Osnabrücker Theaters. Materialien zu einer Geschichte des Theaterlebens in der Stadt Osnabrück. Osnabrück: Liesecke 1938.

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten

LIX

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USTRÄTIONEN

Die folgenden Abbildungen wurden in der Absicht ausgewählt, die wichtigsten Aspekte der Wanderbühne, wie sie in den vorangehenden Abschnitten skizziert wurden, durch einige Anhaltspunkte zu visualisieren. Bei der keinerlei Vollständigkeit beanspruchenden Auswahl aus zeitgenössischen Ansichten standen bühnentechnische Gesichtspunkte, Komödienfiguren und Porträts der bedeutendsten Akteure im Mittelpunkt des Interesses. Die Vorlagen zu den Abbildungen stammen alle aus dem Bildarchiv der Osterreichischen Nationalbibliothek in Wien.

Illustration 1 Auf dieser Jan II. Breughel (1602-1678) zugeschriebenen Handzeichnung ist der Einzug fahrender Komödianten in ein niederländisches Dorf zu sehen. Während im Vordergrund die Pferdefuhrwerke noch die Truppe mit ihrer Ausstattung transportieren, preist im Hintergrund bereits ein Ausrufer das zu erwartende Programm vor einer versammelten Menge an.

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Illustration 4 Dieser von Paulus Decker d.J. angefertigte und von Martin Engelbrecht verlegte Stich aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigt die Garderobe einer Schauspielertruppe in höfischem Milieu. Im Vordergrund links wird letzte Hand angelegt an die aufwändigen Kostüme der Hauptdarsteller der Staatsaktion, in der Mitte bereitet ein Schauspieler noch seinen Text vor und rechts wird eine Schauspielerin für die Rolle der jugendlichen Geliebten geschmückt. Während die zweite Figur von links militärischen Charakter haben dürfte, sind die erste und die vierte Figur von links an ihrem Kostüm eindeutig als Spaßmacher zu erkennen.

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Illustration 5 Dieser Stich von Martin Engelbrecht (um 1735) präsentiert einen Heldendarsteller von Haupt- und Staatsaktionen in der vollen Pracht seines Kostüms. Im Hintergrund werden die Höhen und Tiefen einer derartigen Figur gezeigt, welcher Fortuna alles von fürstlichen Hochzeiten bis zu entbehrungsreichen Bußwanderungen beschert. Der beigefügte Kommentar verweist in moralischer Absicht auf die Parallelen zwischen Bühne und- Lebenswelt.

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Illustration 6 Auf diesem Theaterzettel um 1670 kündigen die Hoch=Deutschen Komödianten von Andreas Elenson die Wanderbiihnenfassung einer historischen Tragödie in englischer Tradition (mit Pickelhering als Spaßmacher) an. Bemerkenswert an dieser Ankündigung sind nicht nur die Verweise auf zusätzliche Attraktionen wie Musik und der Hinweis auf die französische Manier, sondern vor allem das Versprechen, daß mit rechten Frauen Zimmer auf der Bühne zu rechnen ist.

Illustration 7 Dieser Theaterzettel kündigt eine Vorstellung der Truppe von Friederike Caroline und Johann Neuber (unter ausführlicher Nennung aller Ehrentitel der Kompanie) in lübeck am 25. April 1736 an. Das angekündigte Stück mit dem Titel D e r übel angebrachte Wechsel=Brief, oder: D e r Ring verräht die tausend Thaler wird als eine Bearbeitung einer französischen Komödie von Florent Carton Dancourt (1661-1725) deklariert; wahrscheinlicher als Vorlage scheint jedoch Le mariage fait par lettre de change (1735) von Philippe Poisson (1682-1743). Sozialgeschichtlich bemerkenswert ist außerdem die genaue Auflistung der drei Preiskategorien, einschließlich des Hinweises auf die Dienstboten, die keine Freiplätze bekommen.

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Illustration 8 In diesem und den folgenden beiden Kupferstichen aus dem Theatermuseum München werden die beiden Zentralfiguren der italienischen Improvisationskomödie, der reiche alte Kaufmann Pantalone und sein bauernschlauer Diener Zanni, in lächerlichen Szenen dargestellt, in welchen sie offenkundig Liebesabenteuer vorbereiten. Bemerkenswert scheint an dieser sehr expressiv gezeichneten Serie, daß der alte Pantalone durch seinen Gesichtsausdruck der Lüsternheit, seinen Buckel und seine Pantoffel den Spott des Betrachters auf sich zieht, während Zanni als plumper, aber hilfsbereiter Diener durchaus Vernunft und Verständigkeit ausstrahlt.

Illustration 9 Pantalone probt mit seinem Diener Zanni eine Serenade, welche offensichtlich nur bei der Eselin wirkliche Aufmerksamkeit hervorruft.

Illustration 10 Hier begibt sich Pantalone als ältere Frau verkleidet und mit einem Spinnrocken bewaffnet in Begleitung seines Dieners Zanni offenkundig zu einem Rendezvous, bei dem er sieb so der Angebeteten unerkannt nähern möchte.

Illustration 11 Pantalone sinniert in diesem Kupferstich über sein Verhältnis zum weiblichen Geschlecht, dem er sich überlegen glaubt. Sein ganzer männlicher Stolz konzentriert sich in seinem zärtlich gestreichelten Bart, der ebenso kunstvoll geschnitten ist wie die im Hintergrund zu sehenden Gartenhecken. Man darf gespannt warten, ob sich die über ihm schwebende Wolke nicht doch zu einem mächtigen Geweih verdichten wird.

Was müjt ick ror ein OTarr und turner fetftljepn. Wofern ick meinem Weih und ihren Worten trautet CD sc weil ich. muh Hierdurch nur baldpeironetfehaute. •Sonst aber trug es mir Mutfchlechten %rtheilein •

Siefihret/ich demnach ηurfelber hinters Zieht Wenn ich ihr. ivujte meint,foil durch ditfingerfehen "^tyein!'großen COanck dafür, das unrd wohl nichtgefche ken CD er gute iPantalonbraticht keine Schwager mehr

Illustration 12 Dieser Kupferstich zeigt eine Bühnenszene mit Pantalone und seiner ihn rücksichtslos dominierenden jüngeren Frau, die hier den programmatischen Namen Pandora trägt. Nach der ganz oben notierten Tanzmelodie im 6 / 8 - T a k t wird er von ihr an seinem Bart hilflos im Kreis gedreht, und weil er für den Tanz schon zu alt ist, schließlich brutal von der Bühne gezerrt.

Illustration 13 Auf diesem Szenenbild von Francesco Valentini werden die tatsächlich maskierten oder zumindest maskiert anmutenden Figuren der Improvisationskomödie in einer Straßenszene vereint. Bemerkenswert ist daran der Kontrast zwischen den autonom handelnden volkstümlichen Personen der linken Hälfte und den vornehmen Figuren der rechten Hälfte, welche in Begleitung ihrer Diener und unter der Regie eines Spielleiters eine zeremonielle Lächerlichkeit zur Schau stellen.

Illustration 14 Dieser Kupferstich des frühen 18. Jahrhunderts zeigt das Wahre Bildnus des artig und lustigen Bauren Hanns Wurst in seiner ländlichen Umgebung. Erstmals in einer niederdeutschen Fassung von Sebastian Brants Narrenschiff (in Kapitel 76) als Name genannt, scheint Hans Wurst bereits für Martin Luther (Wider Hans Worst, 1531) der typische ungebildete Narr zu sein. 1708 taucht er im österreichischen Volkstheater, bei der Truppe von Johann Peter Hilverding, in Gestalt eines Salzburger Sauschneiders auf und wird rasch zum austauschbaren Synonym des volkstümlichen Spaßmachers, der mit seiner einfachen Schlauheit gegen die Ungerechtigkeit der ständischen Ordnungen ankämpft.

Illustration 15 In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wird Hanswurst im deutschen Sprachraum zunehmend zur zentralen Bühnenfigur der Komödie. Auf diesem Kupferstich bewegt er sich als Seiltänzer zwischen typischen Dienerfiguren der Commedia dell'arte. Der als Edelmann gekleidete Herr am linken Bildrand kann in seiner Haltung sowohl die höhere Ebene in der Komödie als auch den wohlwollenden Auftraggeber des Schauspiels darstellen.

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Illustration 16 Auf diesem Kupferstich ans einer Serie von ]. Martin Witt wird in satirischer Weise dargestellt, wie sich die Komödienfiguren wie Pantalone, Pierrot, Scapin, Hanswurst und Arlequin von der in einer lächerlichen Tanzszene dargestellten vornehmen Welt ihre Einlagen für die Bühne abschauen, damit ihre Zuschauer sich später umso mehr in diese Scherze mit einbezogen fühlen können.

Illustration 17 Johann Philipp Reck präsentiert sich hier auf dem Titelblatt eines von ihm herausgegebenen Kalenders (Neu eröffenete denen Blinden nie gesehene denen Tauben unerhört sehr schöne Practica des 1733sten Jahrs/Betreffend in verschiedenen Calendermäßigen Wissenschaften. Pressburg 1732) als Hanswurst mit dem charakteristischen Herzsymbol auf seinem Unterhemd. Seiner akademischen Herkunft entsprechend wird der lächerliche Kurzdegen in einen riesigen Bleistift verwandelt. Vor allem die weite Kleidung mit ihren langen Hosen unterstreicht den niederen Stand der Bühnenfigur.

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ACtcrsb Illustration 18 Gottfried Prehauser (1699-1769) wird in diesem zeitgenössischem Rollenbild als der auserlesene Hanswurst unter den Wiener Komikern bezeichnet. Auffällig sind an seinem Kostüm neben dem spitzen Hut und einigen Elementen vornehmer Kleidung (die Halskrause ζ. B.) vor allem die damit in starkem Kontrast stehenden Hosenträger in Form des Buchstabens Η für ,Hanswurst'.

Illustration 19 Johann Valentin Petzold (-1648-1730) entwickelt bei den 1675 unter der Leitung von Johann Karl Samenheimer gegründeten Eggenbergischen Komödianten, welche zuerst in Eggenberg bei Graz sowie in Krumau (Südböhmen) bei Hof und später als Wandertruppe spielen, seine Bühnenfigur des Kilian Brustfleck, mit der er in Osterreich große Popularität erlangt. Er verköypert in diesem zeitgenössischen Kupferstich den ländlichen Spaßmacher, dessen provinzielle Kleidung in klarem Gegensatz zu seiner durchdringenden Intelligenz steht, welche ihn immer wieder über seine städtischen Rivalen triumphieren läßt.

Illustration 20 In diesem Stahlstich von August Weger nach einem anonymen Stich aus dem Jahr 1744 präsentiert sich Friederike Caroline Neuber (geb. 9. März 1697 in Reichenbach im Vogtland, gest. 29. /30. November 1760 in Laubegast bei Dresden) schon ganz als Mitbegründerin des regelmäßigen deutschen Schauspiels und als geachtete bürgerliche Theaterdirektorin. Das Brustbild in dekolletiertem Kleid mit dem schwebenden Umhang um die linke Schulter zeigt eine auf die Kraft der eigenen Person vertrauende Frau, welche mit ihrem in die Ferne gerichteten Blick nicht mehr auf die Gunst des jeweiligen Betrachters angewiesen scheint.

KOMMENTAR Die folgenden Anmerkungen dienen dem Textverständnis und konzentrieren sich daher auf die Erklärung einzelner Begriffe und Namen, deren Aussage als wenig verständlich eingestuft wurde. Die Erläuterungen beruhen in der Regel auf den Referenzpassagen in den angegebenen Textvorlagen und auf Erklärungen im Deutschen Wörterbuch von Jakob und Wilhelm Grimm (Leipzig: Hirzel 1854-1960) sowie auf Ableitungen aus den fremdsprachlichen Ausdrücken, welche zur Unterstützung jeweils beigefügt werden. Fremdsprachliche Einwürfe bzw. Regieanweisungen werden in der Regel übersetzt. Sofern es sich dabei nur um Vermutungen des Herausgebers handelt, wird dies durch die Abkürzung verm. (= vermutlich) kenntlich gemacht. Diese Hinweise setzen sich einerseits schlicht ein besseres Textverständnis zum Ziel und möchten andererseits die stilistische Anlehnung an fremdsprachliche Ausgangstexte deutlich machen. Die jeweilige Eintragung erfolgt immer nur bei der ersten Verwendung des Ausdruckes innerhalb eines Stückes.

BAND

I:

Die erste Ausgabe dieser anonymen Sammlung erscheint 1620, eine unveränderte Folgeausgabe 1624. Es handelt sich um eine Zusammenstellung verschiedener Stücke der frühen, ausschließlich durch die ,englischen' Truppen dominierten Wanderbühne, deren Auswahl und Niederschrift vermutlich durch den Verleger Gottfried Grosse aus Leipzig selbst oder einen Vermittler, der davor vielleicht Mitglied einer Truppe gewesen war, durchgeführt wurde. Seit Herz (1903, S. 71) plädiert die Literatur fallweise für ein ehemaliges Mitglied der Truppe von John Green (so ζ. B. Albert Ludwig: Von Ayrer bis Lessing. Von Lessing bis zur Romantik. In: Robert Franz Arnold: Das deutsche Drama. München: Beck 1925, S. 167-478, hier S. 182). Insgesamt fünf Texte dieser Sammlung werden 50 Jahre später noch nachgedruckt: drei Stücke (Eine kurtzweilige lustige COMCEDIA von SlDONlA und THEAGENE; Ein ander lustig Pickelherings Spiel / darinnen er mit einem Stein gar lustige Possen machet; CoMGEDIA von Fortunato und seinem Seckel und Wünschhütlein) in dem Schau-Bühnen Englischer und Frantzösischer Comödianten Ander Theil von 1670 und zwei Stücke (Von der Königin Esther und hoffertigen HAMAN; COMCEDIA Von dem verlornen Sohn) in dem Schau-Bühnen Englischer und Frantzösischer Comödianten Dritter Theil von 1670.

4

Band, I

Vorrede: In dieser Anrede an den günstigen Leser wird versucht, den gesellschaftlichen Wert der Schauspieler mit Hilfe historischer Beispiele zu rechtfertigen, und auf das Interesse hingewiesen, das alle sozialen Schichten diesen Stücken entgegenbringen. Abschließend kündigt der Herausgeber einen Folgeband an, welcher weitere Beispiele aus einem anscheinend reichen Feld bringen wird. 1

12 LLVLUS] Titus Livius beschäftigt sich in A b urbe condita VI 1.2 mit dem Theater in Rom und seinen Vorformen bei den italischen Völkern. Die angedeuteten Vorfälle können allerdings dort nicht gefunden werden. 17 SEXTO

ROSCIO

AMERINO]

Zur

schauspielerischen

Kunstfertigkeit von Roscius schreibt Valerius Maximus in den Facta et dicta memorabilia VI 11.10.2: „ constat Aesopum Rosciumque ludicrae artis peritissimos illo causas agente [Q. Hortensius] in corona frequenter adstitisse, ut foro petitos gestus in scaenam referrent." Plutarch erwähnt in Sulla 36.2. ebenso wie Macrobius in Saturnalia 3.14,11-14 den goldenen Ring als Geschenk. 18 LUCIO SILLA] Lucius Cornelius Sulla Felix, der römische Diktator und Gegenspieler von Marius, wird häufig mit dieser Abwandlung seines Namens bezeichnet (vgl. das gleichnamige Libretto von Giovanni de Gamerra 1772 zur Oper von Mozart). 26 TESOPI] Aesopus ist ein ebenso berühmter Schauspieler des antiken Rom wie Roscius (vgl. oben) und wird wegen der seinem Sohn ausgestellten Pension von 200 Sesterzen von Macrobius (Saturnalia 3.14,11 und 3.14,14) erwähnt. 29 MACROBIUS] Ambrosius M. Theodosius (um 400 n. Chr.), hoher römischer Staatsbeamter und lateinischer Philologe aus Nordafrika. In seinen unvollstän-

1. Comcedia von der Königin Esther und Haman

2

5

dig erhaltenen Saturnalia werden in langen Gesprächen während eines Gastmahls zum Saturnalienfest philologische und historische Fragen erörtert. 31 PUBLIUS CIRUS] eigentlich Publilius Syrus, vgl. Macrobius in den Saturnalia 2.7, 6-10, wo auch die Überreichung einer Siegespalme (2.7,8) vorkommt. 4 L A B E R I O ] Macrobius erwähnt Laberius in den Saturnalia 2.3,10 in Zusammenhang mit dem Geschenk eines Rings und in 2.7,8 mit der Auszahlung von 500 Sesterzen für seine schauspielerischen Leistungen.

von der Königin Esther und hoffertigen H A M A N :

1. COMCEDIA

Das Stück stellt eine Bearbeitung des alttestamentarischen Stoffes aus dem Buch Ester dar, welches seinerseits historische Fakten in etwas freier Chronologie aufarbeitet. Die Dramenliteratur des 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts weist im deutschen Sprachraum eine reichhaltige Produktion zu diesem Thema auf, die hier nur in chronologischer Abfolge ohne Rücksicht auf die Filiation wiedergegeben wird: 1. Hans Sachs: Comedia. Die gantze hystori der Hester. 1536. 2. Valten Voith: Ein seer schön, lieblich, nützlich und tröstlich Spiel, aus der heiligen schrifft und dem Buch Esther. 1537. 3. Thomas Naogeorg: Hamanus. 1543, mit den Ubersetzungen von Johannes Chryseus (Haman. 1546) und Joannes Mercurius /Joannes Postius (Hamanus Tragoedia. -1570).

6

Band, I

4. Franciscus Eutrachelius: Amphitragoedia, cui nomen Edessa, sive Hester. 1549. 5. Andreas Pfeilschmidt: Ein hübsch unnd christlich Spiel des gantzen Buchs Esther. 1555. 6. Claudius Roilletus: Aman. Tragoedia. 1556. 7. Hans Sachs: Die comedi der königin Hester. 1559. 8. Cornelius Laurimanus: Esthera Regina Comoedia sacra. 1563. 9. Petrus Philicinus: Tragoedia Esther. 1563. 10. Wolff gang Kuntzel: Die schöne und seer tröstlich Histori Esther. 1564. 11. Jos Murer: Hester. Ein nüw Spyl. 1567. 12. Ein kurtz Spil von der Histori Hester. Bern 156768. 13. Hester. Jesuitendrama, München 1576-79. 14. Hermannus Fabronius: Esthera Historia sacra. 1600. 15. Caspar Wolf: Schulkomoedie. Zürich 1601. 16. Georg Mauricius d.A.: Eine sehr schöne Comoedia von Haman. 1607. 17. Damian Lindtner: Newe Tragoedia von der Königin E s t h e r / v n d Haman. 1607. 18. Marcus Pfeffer: Esther. 1621. 19. Jacobus Zevecotius: Esther Tragicomoedia. 1623. Die vorliegende Fassung der Wanderbühne, welche die einzige Bearbeitung in Prosa darstellt, hat allerdings mit keinem dieser Stücke etwas zu tun: „Die ,Esther' der englischen Komödianten konnte keiner der im Vorstehenden behandelten Dramengruppen eingereiht werden." (Rudolf Schwartz: Esther im deutschen und neulateinischen Drama des Reformationszeitalters. Oldenburg 1894, S. 170 f.) Lediglich eine vermutlich aus der Zeit stammende Puppenkomödie mit dem Titel Haman und Esther (Deutsche Puppenkomödien. Hg.

1. Comcedia, von der Königin Esther und Haman

7

von Carl Engel. Bd. VI. Oldenburg 1877) weist so große Ubereinstimmungen auf, daß Schwartz zu dem Schluß kommt: „Man darf wohl annehmen, dass das Stück der englischen Komödianten ursprünglich unverändert von der Puppenbühne übernommen wurde und durch die langjährige mündliche Ueberlieferung, wie sie bis vor gar nicht langer Zeit in der Puppenspielerzunft noch allgemein üblich war, allmählich die jetzt im Druck vorliegende Gestalt angenommen hat." (S. 180f.) Die Frage, ob das Stück der englischen Komödianten die deutsche Bearbeitung eines englischen Originals darstellt (wie das Tittmann annimmt) oder nicht, konnte von der Forschung bisher nicht beantwortet werden. Die Dialoge der am Königshof spielenden Haupthandlung sind eine Zusammenfassung des biblischen Textes mit der teilweise wörtlichen Übernahme einzelner Formulierungen. Das die politische Handlung beherrschende Thema der Judenverfolgung kann ohne Zweifel als Metapher für die konfessionellen Konflikte der Zeit gesehen werden, die ja schon das reformatorische und gegenreformatorische Theater des 16. Jahrhunderts behandelt hatte. Hier wird dem biblischen Vorbild folgend eine versöhnliche Lösung im Sinne eines respektvollen Zusammenlebens mit der verfolgten konfessionellen Gemeinschaft propagiert. Die Komödie beginnt mit dem Geschlechterkonflikt auf zwei Ebenen: die Königin Vasthi erweist sich dem König Ahasverus gegenüber als ungehorsam, weil sie seiner Aufforderung, zu ihm zu kommen, nicht folgt; die Frau von Hans Knappkäse hingegen ist ihrem Ehemann gegenüber so tyrannisch; daß dieser schließlich im Verlauf des Stückes rebelliert. Während auf der niedrigen Ebene die Frau ihren aufbegehrenden Mann mit List besiegt, wird auf der Ebene der Staatsaktion

8

Band, I

die Königin verstoßen, so daß die Suche nach einer Nachfolgerin einsetzt. Die königlichen Räte treffen schließlich auf die wunderschöne Esther, welche auf Anraten ihres Ziehvaters Mardocheus ihre jüdische Abstammung verheimlicht. Esther deckt später am Hof ein Komplott gegen den König auf und verhilft derart dem Höfling Haman zum Aufstieg zu Kanzlerwürden. Als jedoch Mardocheus dem neuen Kanzler die gottgleiche Verehrung verweigert, beginnt dieser aus Zorn auf Esthers Ziehvater eine Judenverfolgung. Esther deklariert sich daraufhin und tritt für ihr Volk ein. Nach dem glücklichen Ausgang auf der höheren Ebene, welcher durch die Aufdeckung der Machenschaften Hamans und dessen Hinrichtung herbeigeführt wird, versucht der König zuletzt auch den Streit des einfachen Paares zu schlichten - vermutlich vergeblich, wie der Komödienzuschauer weiß. Das Stück wird um die Mitte des 17. Jahrhunderts unter dem Titel Von dem hoffertigen Haman undt der demütigen Ester in einem Repertoire aus Güstrow erwähnt (vgl. Bärensprung: Versuch einer Geschichte des Theaters in Mecklemburg-Schwerin, S. 26-27) und am 14.2.1665 in Dresden unter dem Titel Tragikomödie von König Ahasverus, der Königin Estheer und dem hoffärtigen Hamann gespielt. Außerdem wird in Halle 1677 ein Singe-Spiel: Der ungetreue Getreue, oder der feindselige Staatsdiener Haman aufgeführt, welches ebenfalls das vorliegende Stück sein könnte. 3

6 AHASVERUS] in der Vulgata (Est. 1,1) Asuerus, modern verdeutscht meist als Achaschwerosch. Hebräische Form des persischen Namens Kschajarscha, griechisch Xerxes oder manchmal Artaxerxes. 7 BlGTHAN] in der Vulgata (Est. 1,12) Bagatha, einer der sieben königlichen Eunuchen.

1. Comcedia

9

von der Königin Esther und Haman

8 THERES] in der Vulgata (Est. 1,14) Tharsis, einer der sieben persischen und medischen Herzöge (duces). 9 HAMAN] in der Vulgata (Est. 3,1) Aman. ίο ESTHER] in der Vulgata (Est. 2,7) Hester, oder auch Hadassa (hebräisch für Myrte); der Name ist vermutlich babylonischen Ursprungs (Ischtar) oder auch eine Ableitung des persischen stareh (= Stern). 12 MARDOCHEUS] ebenso in der Vulgata (Est. 2,5); der Name ist vermutlich babylonischen Ursprungs (Marduk). 5

25 VASTHL] ebenso

8

23 Schloß SUSAN] In der Vulgata (Est. 1,1) Susa civitas. 24 HEGE] in der Vulgata (Est. 2,3) Aegaeus, königlicher Frauenaufseher.

9

16 ENTIAN] offensichtlich emotional später im Text auch: Entzian. 21 Holluncken] Halunken.

10

23 Rieben] entweder „Rippen" oder „Rübe" sprachlich für Kopf). 23 zerschmieren] verm. zerschmettern.

11

25 Summer potz Velten] emotional Unbehagens.

12

27 APERUS] Variante für AHASVERUS.

18

12 Hier sind offenkundig 10 Monate vergangen (vgl. 19,30). 16 Die Zeitangaben entsprechen nicht genau dem biblischen Text (Est. 2,12), wo es heißt: „[...] sex menses oleo unguerentur myrtino et aliis sex quibusdam pigmentis et aromatibus uterentur. "

19

11 HAGGAEL] dem biblischen Namen nähere Variante für HEGE (vgl. 8,24). 30 Die gegenüber 18,16 verkürzte Zeitangabe für den vorbereitenden Aufenthalt Esthers geht vermutlich auf eine Verwechslung mit der Zeitangabe des jüdischen Kalenders in Est. 2,16 zurück: „ducta est ita-

in der Vulgata (Est. 1,9).

besetzter

besetzter

Ausruf;

(umgangs-

Ausruf

des

10

22

Band I que ad cubiculum regis Asueri mense decimo qui vocatur tebeth septimo anno regni eius." 13 credentzet sich] verneiget sich oder präsentieret sich, was der geläufigen Bedeutung von ital. credenzare entspräche.

26 8-12 Für die Wanderbühnentexte typische, offenkundig sehr publikumswirksame Aufzählung von schreckerregenden Grausamkeiten. 35 36 46 62

21 Opffel] eigentlich Opfel, ebenso wie Epffel eine oberdeutsche Form für Apfel. 7 Zippel] Zwiebel. 2 kegen] gegen. L wird auffgeblasen] Musikeinlage durch Blasinstrumente, um die Feierlichkeit zu unterstreichen. 13 SERES] In der Vulgata (Est. 5,10) Zares. 16 IN PUNCTO] auf der

Stelle.

68 71 72

5 in CONTINENT] unverzüglich. 16 fahe] von fahen, d.h. fangen. 9 PERSER - MACEDONIER] Auch hier liegt die in den Stücken der Wanderbühne so häufige Vermengung chronologischer oder geographischer Fakten vor.

73

20 BONSOLUS MANUS] Deformation

des

unterwürfigen

Grußes basiamus manus (wir küssen die Hände). 22 Laurentzen] Abwandlung von Lorenz, d.h. Verbeugung.

2. Comcedia von dem verlernen Sohn

11

von dem verlornen Sohn in welcher die Verzweiffelung und Hoffnung gar artig INTRODUCIRET werden:

2. COMCEDIA

Die Quelle des Stückes ist ohne Zweifel der Text des Neuen Testaments in Lukas XV, 11-32, ein Stoff also, welcher schon vor diesem Druck auf eine lange Tradition von Dramenbearbeitungen zurückblicken kann (vgl. Franz Spengler: Der verlorene Sohn im Drama des XVI. Jahrhunderts. Innsbruck 1888; Adolf Schweckendiek: Bühnengeschichte des Verlorenen Sohnes in Deutschland. I. Teil (1527-1627). Leipzig 1930): 1. Burkard Waldis: De parabell vam vorlorn Szohn. 1527. 2. Wilhelm Gnaphaeus: Acolastus De filio Prodigo Comoedia. 1529. 3. Jörg Binder: Acolastus. Ein Comoedia von dem Verlorne Sun. 1535. 4. Johannes Ackermann: Ein Schönes Geistliches vnd fast nutzliches Spiel/vom verlornen Son. 1536. 5. Georgius Macropedius: Asotus Evangelicus, seu euangelica de filio prodigo parabola. 1537. 6. Hans Salat: Eyn parabel oder glichnus [...] von dem Verlornen, oder Güdigen Sun. 1537. 7. Jörg Wickram: Ein schönes vnd Euangelisch Spil von dem verlornen Sun. 1540. 8. Andreas Scharpfenecker: Ein kurtzer außzug der Teutschen Comedien des Acolasti (das ist) vom verlornen Son. 1544. 9. Wolfgang Schmeltzl: Comedia des verlornen Sons. 1545.

12

Band I

10. Ein schön spil vom verlornen son. München -1556. 11. Hans Sachs: Der verlorn sohn. 1556. 12. Nikolaus Risleben: Asotus. Comoedia Vom verloren Son. 1586. 13. Ludwig Holle: Freimut. Das ist. Vom Verlornen Sohn. 1603. 14. Johann Nendorf: Asotus, Das ist: Comoedia Vom Verlohrnen Sohn. 1608. 15. Martin Boehme: Acolastus. Eine Lustige Comoedia vom verlornen Sohne. 1618. 16. Nicolaus Locke: Schaw Spiel/der Freyen vnd vnbendigen Jugend / Oder Comoedia Vom vngerathenen vnd Verlornen Sohn. 1619. Eine Ableitung des Wanderbühnenstückes aus dieser deutschen Tradition wird in der Literatur als wahrscheinlicher angegeben als die Bearbeitung einer englischen Vorlage. Gewisse Ubereinstimmungen mit dem 1608 in Goslar gedruckten Drama von Nendorf stehen chronologischen Tatsachen entgegen: die englischen Komödianten spielen ihre Tassung des verlorenen Sohnes schon 1604 in Nor düngen, 1607 in Passau und 1608 in Graz: „Wir haben vielleicht bei den Englischen Komödianten mehrere Texte anzunehmen, von denen nur der 1620 gedruckte zufällig erhalten wäre, der dann auf Nendorf beruhen könnte." (Schweckendiek: Bühnengeschichte, S. 4) Bemerkenswert ist, daß in der vorliegenden Fassung am Anfang der Handlung der strengen Erziehung durch den Vater zumindest ein Teil der Schuld an den folgenden Ereignissen zugeschrieben wird. Der junge Sohn zieht mit seinem Erbteil in die Welt und wird von den Wirtsleuten betrogen und bestohlen. Die Akte 5 und 6 sind wie ein religiöses Lehrstück mit allegorischen Figuren, hier Verzweiflung und Hoffnung, konzi-

2. Comcedia

von dem verlernen

13

Sohn

piert. Die Verzweiflung will den Jüngling in den Selbstmord treiben, er kehrt aber auf Anraten der Hoffnung endlich doch zu seinem Vater zurück. In ihrer Form auffällig ist die Passage S. 87, 13-16, weil sie mit ziemlicher Sicherheit gesungen vorgetragen wurde: dafür spricht die Reimform und die darauf folgende Musikeinlage. Sozialgeschichtlich von Bedeutung sind die immer wieder eingestreuten Klagen über die zunehmende Teuerung, was auf den Preisanstieg bei Ausbruch des 30jährigen Krieges bezogen werden kann. Das Stück wird am 2.7.1676 in Dresden gespielt, vermutlich auch am 28.11.1718 in Riga, und sicher am 11.1.1760 durch die Hoch-Teutschen Comödianten in Bamberg. 81

17 PATRIMONIUM] das Erbgut gata: substantia.

82

2 wie ein Wolff] verm. Vergleich mit der Natur Wolfes, die sich nicht ändert. 5 MORES] Sitten, Verhaltensweisen. 16 BASELES MANUS] Baise-main, Handkuß.

83

9 MISERIA] Elend. 32 CORNELIUM] Melancholie,

84

8 20 22 25 15

88 90 91

des Sohnes;

in der

Vuldes

Schwermut.

begatet] gejätet, ausgereutet. ungeMOLESTlRET] unbelästigt, ital. molestare. Jecke] Narr. Schloff] dickes Garn, Seil. 6.] Abkürzung für sex im Sinn von mehr oder weiter.

8 LlBERAlischer] großzügiger,

ital. liberale.

ι FORIREN] (ab)lenken,

ital. fuorviare.

verm.

94

18 Gasterey] Gastmahl, 22 Velten] Ausruf, Fluch.

95

15 Italianisch] verm. mit einer lasziven Bedeutung, weil italienisch ebenso wie welsch schon seit der Reforma-

Aufwartung.

14

Band I tion und im 17. Jahrhundert zusätzlich auf Grund der ungeregelten Lebensweise zahlreicher südländischer Künstler als unmoralisch eingestuft wird.

97 98

5 Panckete] Bankette. 10 TaffelLacken] Tischtuch. Ι IN GRATIAM] in

Gnade.

100 12 suhmisse] leise, piano. 101 104

19 ALLEGRAMENT] fröhlich, 2 FORTUN]

13 vexiren] kränken,

107

5 6 108 11 14 15 23 112 6 115 22 119 15 124 28 29

ital. allegramente.

Fortuna.

franz.

vexer.

RESPIRATION] Atem, Luft, franz. respiration. SPINTISIRE] grüble, denke nach. Marcepanen] Marzipan. Reinfall] im Mittelalter hoch geschätzter Südwein. Malvasier] Rebsorte. CORRASIE] laufen wir!, verm. Deformation von ital. correre. Pracher] Bettler. Tapetichten] Vorhänge, Dekoration. Mawrhofe] Meierhof. Harcken] Rechen. Seetuch] Schal.

3. Comcedia von Fortunata und seinem Seckel

15

von Fortunate» und seinem Seckel und Wünschhütlein/ darinnen erstlich drey verstorbenen Seelen als Geister / darnach die Tugendt und Schande eingeführet werden. 3 . COMCEDIA

Der Stoff des vorliegenden Dramas stammt ohne Zweifel aus dem Prosaroman Fortunatus, der 1509 bei Johann Otmar in Augsburg gedruckt und in zahlreichen Folgeausgaben, Bearbeitungen und Ubersetzungen während des 16. Jahrhunderts in ganz Europa Verbreitung fand. Die wichtigsten Aspekte zu Entstehung, Uberlieferung und Bedeutung der literarischen Elemente dieses Ausgangstextes sind in den Materialien der Studienausgabe von H.-G. Roloff (Stuttgart: Reclam 1981, S. 207-350) und bei Myun Kim (Glückssäckel und Gesellschaft: vergleichende Untersuchung zu Bearbeitungen des unversiegbaren Geld-Motivs im Spiegel des Gesellschaftsbewusstseins. Berlin: Köster 1998) nachzulesen. In der Forschungsliteratur (vgl. Paul Harms: Die deutschen Fortunatus-Dramen und ein Kasseler Dichter des 17. Jahrhunderts. Hamburg 1892; Hermann Kiesl: Die dramatischen Bearbeitungen des Fortunatstoffes unter besonderer Berücksichtigung Ludwig Piecks. Diss. Wien 1929) sind zumindest zwei vorangehende dramatische Bearbeitungen bekannt, nämlich die Tragedia mit 22 personen, der Fortunatus mit dem wunschseckel von Hans Sachs (1553) und The Pleasant Comedie of Old Fortunatus von Phomas Dekker (London 1600; nicht erhalten sind Dekkers erste Version von 1599 und eine anonyme Bearbeitung

16

Band I

von 1596). Eine Handschrift aus der Landesbibliothek Kassel enthält eine weitere Bearbeitung des Stoffes (in der Literatur als , Kasseler Fortunatusdrama' bezeichnet), welche nachweislich auf der Tragedia von Hans Sachs basiert. Das vorliegende Wanderbühnenstück dürfte eine Kompilation aus Dekkers Drama bzw. einer vorangehenden, nicht erhaltenen deutschen Bearbeitung davon und Passagen des Prosaromans sein. Als Beispiel für wörtliche Ubernahmen aus dem Prosaroman zitiert Kiesl (S. 21-22) eine Replik von Ampedo aus dem dritten Akt (165, 14-19) im Vergleich mit der folgenden Passage (Studienausgabe, S. 146): Ampedo sprach/»man sagt wer sein gut verlürt der verleürt auch die sinn / das spüre ich an dir wol / so du uns umb das gütt bracht hast / so woltestu uns auch umb das hütlin bringen / zwar mitt meinem gunst unnd willen / so laß ich dich es nit hynweg füren / Ich will dir wol vergunnen kurtzweil darmitt zu haben«.

Kiesl führt ebenso das Gespräch von Fortunatus mit Fortuna (erster Akt), Andolosias Monolog (150, 29-151, 18) und die Verschwörung der beiden Grafen (202, 16203, 17) als Ubernahmen an. Von Dekker hingegen stammen der szenische Aufbau und die einzelnen dramatischen Motive, wie die drei vor den Geschenken der Fortuna warnenden Geister (134, 15-135, 8). In diesem auf Zypern angesiedelten Stück irrt zunächst der Ritter Fortunato drei Tage lang in einem dichten Wald umher. Es erscheint ihm die Göttin Fortuna und gibt ihm einen Säckel, der ständig mit zehn Dukaten gefüllt ist. Bei seinen anschließenden Reisen betrügt Fortunato den Sultan um ein Wunschhütlein, das seinen Träger an jeden gewünschten Ort bringt. Er wird zwar dafür von Fortuna mit dem Tod bestraft,

3. Comcedia von Fortunata und seinem Seckel

17

kann aber seinen Söhnen Ampedo und Andolosia zuvor noch die beiden Gegenstände übergehen. Nach dem Streit der Söhne um die Aufteilung der magischen Gegenstände zieht Andolosia schließlich mit dem Säckel auf Abenteuer. In England soll er wegen seines hochmütigen Auftretens zunächst vom König in die Schranken gewiesen werden, indem dieser verhindern will, daß ihm jemand Brennholz für sein versprochenes Festbankett verkauft. Als diese Intrige scheitert, betört ihn die Prinzessin Agrippina und nimmt ihm den Säckel ab. Andolosia verfällt darauf in Armut und kehrt mit seinem treuen Diener zu seinem Bruder nach Zypern zurück. Der vierte Akt beginnt mit einem allegorischen Spiel von Schande und Tugend, welche beide im Wald einen Baum pflanzen. Andolosia ist inzwischen mit dem seinem Bruder entwendeten Hütlein nach England zurückgekehrt und hat Agrippina in den Wald entführt. Sie entkommt ihm aber mit dem Hütlein, während er einen Apfel vom Baum der Schande pflückt. Als ihm daraufhin Hörner wachsen, erscheint ihm Fortuna und zeigt ihm die Äpfel vom Baum der Tugend, die die Hörner wieder beseitigen. Mit diesen beiden Apfelsorten reist er als Kaufmann nach London und verkauft dort Apfel vom Baum der Schande, worauf den Mitgliedern des Hofes und der Prinzessin Agrippina Hörner wachsen. Als Arzt verkleidet heilt dann Andolosia einen Hofmann und entführt Agrippina wieder mit dem ihr abgenommenen Hütlein in den Wald. Dort nimmt er ihr auch den Säckel ab und geleitet die wegen ihrer Hörner Verzweifelte in ein Kloster. Kurz darauf wird Andolosia, nachdem er die Prinzessin doch noch von den Hörnern befreit hat, von zwei gehörnten Betrogenen umgebracht, welche auch den Säckel an sich nehmen. Sein Bruder Ampedo ver-

18

Band I

brennt das ihm überbrachte Hütlein und stirbt vor Kummer. Der König verurteilt die Mörder und gibt Fortuna schließlich den Säckel zurück. Technisch interessant scheint an diesem ganz der Tradition des allegorischen Theaters verpflichteten Stück die Echo-Technik am Beginn, welche aus der damals sehr beliebten Pastoralkomödie entlehnt ist. Die regelmäßigen Improvisationen von Pickelhering (S. 137, 146, 150, 154 und 159) hingegen gehören zu den bekannten Attraktionen der Wanderbühne. 129

13 Soldan] Sultan. 14-15 A m p e d o und Andolosia] Söhne von

Fortunatus.

131 11 verirreten] weglosen, dichten. 139 22-23 Pigmeer] Pigmäen; laut Uberlieferung seit Homer werden die Pigmäen ständig von Kranichen angegriffen (vgl. Zedlers Großes vollständiges Universal-Lexikon, art. Pygmäer). 141

4 Gallen] Galeere,

Schiff.

142

13 Seiger] Uhr.

143

23 Ebenthewren]

144

28 Brachmonat] Juni.

147

Abenteuer.

7 korasich] laufen wir!, verm. von ital. correre, an anderen Stellen auch corrasie. 7 ALLEGRAMENT] fröhlich, ital. allegramente.

148

26 FAMAGUSTA] Stadt auf

150

25 FAVORABEL] günstig, franz. 29 Lunden] Fondon.

151

14 Schlave] Sklave. 17 Pancket] Bankett.

152

153

Zypern. favorable.

8 Kirschen essen] richtig umgehen; sprichwörtlich: Mit großen Herren ist nicht gut Kirschen essen, denn sie werfen einem die Stiele in die Augen. 26 Negelein] Gewürznelken. 26 Imber] Ingwer.

4. Eine Comcedia von eines Königes 154

14 TRACTIRTE] behandelte,

franz.

Sohne

19

traiter oder ital. trat-

tare.

156

6 COMPLEXION] complexion.

159

2 Poß] Posse,

160 165 168 170

Gemütsart,

Temperament,

Spaß.

10 submisse] leise,

piano.

7 S Velten] Zum Teufel; Ausruf,

Tluch.

12 Jubilirer] Juwelier. 18 Larven] Maske. 26 ) ( ] et cetera; Hinweis auf die Möglichkeit, sierte Passagen einzubauen.

174

21 HIBERNIA]

183 187 190 207 209

2 4 24 7 26

franz.

improvi-

Irland.

Barbarien] Nordafrika. 6.] Abkürzung für sex im Sinn von mehr als. Stete] Stätte. vexiren] kränken, franz. vexer. wie die Lorberbäume] Der Vergleich der Fruchtbarkeit mit dem Lorbeerbaum ist eher ungewöhnlich.

4. Eine schöne lustig triumphirende COMCEDIA von eines Königes Sohne auss Engellandt und des Königes Tochter auss Schottlandt: Das Stück beginnt ganz in der Art der Staatsaktionen mit einem Streitgespräch der Könige über ihren Territorial- und Erbfolgekonflikt. Der Prinz von England fordert nach einer ersten Schlacht den König von Schottland zum Duell, verliebt sich aber bei dem vorbereitenden Treffen in dessen Tochter. Der daraus re-

20

Band I

sultierende Konflikt zwischen Mars und Venus wird ausdrücklich auf S. 218 besprochen. Auf Betreiben der Kinder wird ein Jahr Waffenstillstand zwischen den Königen beschlossen, während dessen sich der Prinz von England heimlich als Narr verkleidet zur Prinzessin an den schottischen Hof begibt. Er läßt aber vorher seinen treuen Diener bei einem Zauberer als Spion zurück. Der dritte Akt beginnt mit einer Szene bei diesem Zauberkünstler, welcher dem König auf die Frage nach dem zukünftigen Gemahl seiner Tochter in seinem Zauberspiegel einen Narren zeigt. Von der Offenbahrung des Zauberers durch seinen Diener informiert, flieht der Prinz nun vom Hof um einer Bedrohung zu entgehen, kommt jedoch als äthiopischer Kaufmann zurück. Der Spiegel des Zauberers zeigt daraufhin dem König ein schwarzes Gesicht, worauf der verkleidete Prinz neuerlich fliehen muß. Während die Väter nach Ablauf des Waffenstillstandes ihren Krieg wieder aufnehmen, suchen die Kinder einander auf der Flucht, werden aber jeweils von der gegnerischen Armee gefangen genommen. Nach einer dramatischen Konfrontation, in welcher der Prinz durch ein ihm vom König von Schottland verabreichtes Gift wie tot zu Boden fällt und der König von England sich als großmütiger als sein Feind erweist, werden die beiden Kinder glücklich vereint. Technisch interessant scheinen in diesem sechsaktigen Stück vor allem die Kommentare zur Seite. Es bestehen allerdings auch einige Unklarheiten im Text, die auf eine nicht vollständig korrigierte Umarbeitung schließen lassen: der Zauberer heißt im Personenverzeichnis Runcifax, im Text Barrabas; auf S. 238 werden zwei Personen (Duglus und Tinax, offenkundig Mitglieder des schottischen Hofes) genannt, die nicht im Personenverzeichnis aufscheinen; auf S. 243 verwendet

21

4. Eine Comcedia von eines Königes Sohne

der König den Namen Runcifax und spricht von zwei möglichen Freiern für seine Tochter, die aber vorher nie erwähnt wurden (möglicherweise sind das Duglus und Tinax). 211 11 Runcifax] Im Barrabas. 214 215

Text trägt der Zauberer

9 OFFERIR] biete an, von franz. 20 Herr] Heer. ι scharmitziren]

217

4 DIGNITED]

Würde,

Namen

offrir oder ital. offrire.

kleine Wortgefechte

216 24 FAVORABILES] günstig, franz.

den

austragen.

favorable.

Deformation

aus

romanischen

Sprachen, ζ. B. ital. dignitä. 218 28 Lunden] 219 221 223 224

London.

10 kegen] gegen. 5 TREBIS] Waffenstillstand, 12 brinnet]

treve.

brennet.

9 PRACTlClschen] praktisch, schen

verm. von franz. Deformation

aus

romani-

ital.

negro-

Sprachen.

2 2 5 π CURIREN] heilen, von ital. curare. 228

3 OBSERVIR] beachte, franz. observer. 5 NlGROMANTlschen] zauberischen, von manzia.

230 231

232

14 MummerKleider] Maske, Narrenkleider. 6 PERTURIBIRET] gestört, ital. pertubare. 6 PROBATA] erprobt, bewiesen, ital. provare. 7 EXPERSEX] Hokuspokus, magische Kunststücke; 410, 9 Experfex. 14 PROBIRET] erprobt, bewiesen, ital. provare. 7 e nige] einige. 16 Soldan] Sultan.

233 22 Jeck] Narr. 2 3 5 13 praver] tapferer, ital. bravo. 13 CABALLIRER] Ritter, von span, caballero.

vgl.

22 238

Band I 5 DUGLUS,

TINAX]

verm. Mitglieder früheren Version wird auf S. 243 hingewiesen; das

nicht

im

Personenverzeichnis,

des schottischen Hofes, die in einer des Stückes eine Rolle spielen. Es auf zwei Werber um die Prinzessin könnten diese beiden sein.

2 3 9 ίο VEXIREN] kränken, franz. 13 weisser] weiser.

vexer.

2 4 3 14 welcher von den beyden] Der Hinweis auf zwei Freier ist völlig unklar, da bisher keiner erwähnt wurde. Möglicherweise handelt es sich um die auf S. 238 genannten Duglus und Tinax. 244 12 Hütlein]

Hütte.

2 4 9 20 Morian] Mohr. 251

3 ^ETHIOPS]

Äthiopier.

2 5 2 17 200.] 2000. 260 13 Lünden]

London.

264 17 VENENO] Gift, von lat. venemim. 2 6 5 16 PER FAS ET NEFAS] im Guten und im Bösen.

5. Eine kurtzweilige lustige COMCEDIA v o n SIDONIA u n d THEAGENE: Dieses Stück ist vermutlich eine Umarbeitung von Gabriel Rollenhagens Komödie Amantes amentes. Das ist Ein sehr Anmutiges Spiel von der blinden Liebe / oder wie mans Deutsch nennet von der Leffeley (Magdeburg 1610). Die Namen der Personen stammen jedenfalls aus dem ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Original und in Ubersetzungen weit verbreiteten hellenistischen Roman Aithiopika von Heliodor von Emessa. Auf die späthumanistische Tradition, aus welcher der

5. Eine Comcedia von Sidonia und

Tbeagene

23

Stoff abzuleiten ist, deuten auch die zahlreichen lateinischen Zitate und Regieanweisungen hin. Die Zeit der Handlung scheint zunächst die Antike zu sein, wohei aber die Hinweise auf die Lebensverhältnisse klar auf die Gegenwart des 17. Jahrhunderts gerichtet sind: Calarisis und Grasilla möchten ihre Tochter Sidonia verheiraten, um sie vor den Gefahren der sinnlichen Begierden der Jugend zu bewahren. Der alte Nausicles hält beim Vater um sie an, als er sich dann aber Sidonia selbst erklären muß, nimmt diese ihn nicht ernst und begegnet ihm mit Hohn. Der Bauer Cnemon verspottet Nausicles deswegen und macht dann selbst Sidonia ziemlich derbe Avancen, welche diese natürlich empört zurückweist und ihn zur Magd Aleke schickt. Im Verhalten der Liebenden besteht also ein deutlicher Kontrast zwischen der Ebene der Diener (Cnemon und Aleke) und jener der edler gesinnten Protagonisten. Theagenes drückt in einem relativ langen Monolog mit stark rhetorisierter Liebesklage seine Zuneigung zu Sidonia aus und schickt ihr einen Brief, über den diese sehr erfreut ist und ihm darauf ein Rendezvous gewährt. Inzwischen versucht Cnemon, Aleke mit leeren Versprechungen herumzukriegen. Das erste Zusammentreffen von Theagenes und Sidonia wird von dem betrunkenen Cnemon in der typischen Manier der Dienerfiguren dem Publikum gegenüber kommentiert. Als die Mutter von Sidonia die Partei von Theagenes ergreift, steht schließlich dem glücklichen Ende nichts mehr im Wege. Sowohl leichte Differenzen bei den Namen zwischen dem Personenverzeichnis und dem Text als auch die Unklarheit bezüglich des Briefes, welchen Nausicles zu Beginn der vierten Szene des ersten Aktes zeigt, lassen auf eine unvollständig korrigierte Version bzw. eine Umarbeitung schließen.

24 269

Band, I 6 CHRASILLA] im Text immer 7 NAUSICLUS] im Text immer

GRASILLA. NAUSICLES.

271 10 ELOSIRET] in einem Haus untergebracht, tion von franz. loger. 11 MORIBUS] Gemüt, Sinn, von lat. mos. 272

7 ELIGIREN] auswählen,

274 14 SUADA] Göttin der

lat.

Deforma-

eligere.

Überredung.

20 AUDACES VENUS ADJUVAT] Venus

hilft

den

Kühnen.

25 Jam adit ostium, et idem pulsat.] Schon geht er zur Eingangstür und klopft daran. 275

L Prospicit postea inquiens.] Er blickt dann herum.

forschend

5 EXPEDIREN] erläutern, lat. e x p e d i r e . 13 MANCIPIRET] überlassen, lat. m a n c i p a r e . 16 LUCRIRET] profitiert, lat. l u c r a r i .

17 FORTUN] die Göttin Fortuna. 6 Vocat filiam.] Erruft die Tochter. 9 Venit et ait.] Sie kommt und sagt. 22 Abiturus est.] Er möchte weggehen. 277 6 Abit.] Er geht. 276

278 10 eckel] ekelig,

unliebsam.

17 GESPONS] Verlobte,

von

lat.

spondere.

279 24 Scoptice.] wohl latein. Sceptice, skeptisch. 28 1 20 Solus secum.] Allein mit sich. 26 Tacitus paululum obambulat.] Schweigend geht er ein wenig auf und ab. 282 9 Jumpffer] Jungfer. 16 Monstrat literas.] Er zeigt den Brief. (Die Herkunft bzw. die Natur dieses Briefes wird allerdings nie geklärt.) 283

3 PARTES] Aussichten. 8 N E BONIS DIES] Kein

Tag der

Freuden.

8 war] wahr. 24 DISPUTIREN] streiten,

lat.

disputare.

25 His dictis abit.] Nach diesen Worten geht er.

5. Eine Comcedia von Sidonia und Tbeagene 284

285

2 Miratur:] Er wundert sich. 2 Jeney] Ausruf. 4 die schnelle Catharinen] Durchfall. 5 Jam ubi circumspicit, et cum SLDONLAM adventare videt, ait.] Er schaut sich zuerst überall um und als er Sidonia kommen sieht, sagt er. 6 Hämlichen] Schätzchen, möglicherweise abgeleitet von Hame. 6 Osculatur.] Er küßt sie. π Osculatur iterum.] Er küßt sie wieder. 16 Reuter] Ritter.

286 18 schnuptiler] verm. Deformation

von subtiler.

2 8 7 14 Bösem] Busen. 16 Tangit pectus.] Er berührt ihre Brust. 22 weissens] verm. im Sinne von Stärke, 288

4 5 13 14

289

26 Ad PUERUM.] Zu dem

290

25

Potenz.

posset] bosselt, stößt. Bosse] bossele, stoße. schmarrutzen] schmeicheln, schön tun. an partiren] heranmachen.

3 Abeunt.]

Knaben.

Sie gehen ab.

292

8 10 11 14

Submisse ad spectatores.~\ Leise zu den Zuschauern. Fuder] Wagenladung. Ad spectat.] Zu den Zuschauern. Defect] Mängel, Fehler.

293

3 12 23 24

Tangit pectus.] Er berührt ihre Brust. Tangit mammillas.] Er berührt ihre Brüste. Harr] harre, warte. Sequitur.:] Er folgt ihr.

294 19 Retrospicit.] Er blickt nach hinten. 21 Ad PUERi\ Zu dem Knaben. 295

9 tractiren] behandeln, franz. traiter oder ital. trattare. 14 PUER abit, ille et pergit.] Der Knabe geht, und Theagenes folgt ihm. 15 Zweg] Ziel, Absicht.

26 296

297 298 301

Band I Ad ancillam.] Zur Magd. Commoratur aliquantum.] Sie verweilt ei pergit.] Sie folgt ihr. vermassn] vermessen, herausnehmen. 1 Inspicit litems.] Sie betrachtet den Brief. 4 Aperit et legit.] Sie öffnet ihn und liest ihi

7 12 14 16

6 Lectis his ait.] Nach der Lektüre 23 schneiden] laut Sprichwort eher

sagt sie. schmiede Die 16 Ancilla abit, THEAGENES, et pergit.] Theagenes , und folgt ihr.

24

302 29 303

13

304

3 Profunde inebriatus.] Stark betrunken. 9 der alte Adam vexirte] die Lust befallen 18 27

ges.

305

sollte.

5 Abit et adit januam.] Er geht weg und geht zur Tür. 8 Incipit lirum lir etc.] Er beginnt einen Sing-

sang. 307

1 Stechgaul] Turnierpferd. 3 verschwachseln] vergehen, 11 Ilia abit interim ipse canit

verkommen. tibia.] Aleke geht, rend Cnemon mit lauter Stimme singt. 20 bladerstu] plauderst du. sammelte. 3 0 8 5 TERMINIRETE] bettelte, Almosen 11 QUALIFICIRET]

309

wäh-

geeignet.

5 Iterum canitur.] Er singt wieder. 17 LUSTRIRET] betrachten, lat. lustrare.

24 NEMESIS] Göttin der strafenden Gerechtigkeit. 25 ERIMENIDES] Auf Zwietracht Gerichtete, Übelgesinnte, wohl als Gegensatz zu den Eumeniden. 28 Hie potest cani, cantio illa.] Hier kann gesungen werden, und zwar jenes Lied.

5. Eine Comcedia 311 313 314

315

6 leichter Haar] 19 Ad virginem.]

von Sidonia und leichtfertig.

Tu der

8 COMMORIREN] verweilen,

Jungfrau. lat.

commorari.

22 Osculatur.] Er küßt sie. 24 Repugnans.] Ihn zurückstoßend. 29 Osculatur iterum.] Er küßt sie wieder.

10 einen Schoß schreiben] eine Steuer vorschreiben. 18 Osculatur iterum.] Er küßt sie wieder. 22 CONTENT] zufrieden, franz. content.

316

7 vexiret] gekränkt,

321

3 Ad ancillam in ostio stantem.] beim Eingang steht. 9 Ad filiam.] 7.u der Tochter.

323

franz.

vexer. Zu der Magd,

12 Forwerck] kleiner (Pacht)Hof gel. von Fuhrwerk.

324

in einem

15 Hart] wartet. 17 THEAGENES discedit.] Theagenes 3 2 6 4 Karngaul] Karrengaul, starkes Pferd. 4 Seiger] Uhr. 8 CORNELIUM] Schwermut. 23 ramlen] raufen, balgen. 329

330

333 335

welche

Landgut,

geht weg. oder auch

ab-

schlechtes

π Alloquitur baculum.] Er spricht zu seinem Stock. 14 Cincuravit se.] wohl Concurvat se. Er krümmt sich zusammen. 16 Baselmänigs] Handküsse, franz. baise-main. 16 greintelpisch] tollpatschig. 21 Staudirsknecht] Staudermannsknecht, einfältiger Bauer. ι geel] gelb. 6 Adit januam.~\ Er geht zum

331

27

Tbeagene

9 Aperit:]

Er

Eingang.

öffnet.

24 Krümgen] Krümlein. 9 Clunten] weibliches Geschlechtsorgan; Anspielung auf Geschlechtsverkehr.

verm.

obszöne

28

Band, I

337

19 Leffelseck] Löffelsäcke, auf Brüste. 25 rültzet] rülpst.

338

2 porrigit poculum] Er hält den Becher hoch. 7 wie Matz von Zeitz] wie ein einfältiger Kerl. 8 Gusche] Gosche, Maul. 18 Fortz] Furz. 22 Amplectitur virginem.] Er umarmt die Jungfrau.

339

18 Excidit ipsi vitrum ex manu.] Das Glas fällt ihm aus der Hand. 19 Punte] Spund.

342

7 Accumbit

verm,

obszöne

Anspielung

et ait.] Er setzt sich und sagt.

6. Eine schöne lustige COMCEDIA/ von Jemand und Niemandt: Es handelt sich hei dem hier abgedruckten Text um eine Variante des in einer Handschrift im Kloster Rein bei Graz (Codex Nr. 128) niedergeschriebenen Stückes Niemand und Jemand, welches 1608 durch die Truppe von John Green vor Erzherzog Ferdinand in Schloß Eggenberg bei Graz aufgeführt wurde. Das englische Original Nobody and Somebody wurde laut Angabe in der Handschrift von Johannes Grün (d.h. dem Autor und Prinzipal der Truppe selbst) übersetzt, worauf auch die mit Studiosissimus Joannes Grün Nob. Anglus gezeichnete Widmung und das Kolophon Johanneß Grüen. m. pr. hinweisen. Diese gegenüber dem englischen Original ein wenig katholisierte deutsche Fassung wurde mit leichten Korrekturen 1931 von Willi Fleming herausgegeben: Das Schauspiel der Wanderbühne. (Deutsche Literatur in Entwicklungsreihen,

6. Eine Comcedia

von Jemand

und

Niemandt

29

Reihe Barock - Barockdrama, Bd. 3) Leipzig 1931 (Nachdruck Hildesheim: Olms 1965). Die Grazer Fassung und die hier abgedruckte scheinen jedoch zwei verschiedenen Generationen der Spieltechnik der Wanderbühne anzugehören. Nicht nur, daß die Handschrift von 1608 noch einen für die Theaterzettel typischen Untertitel aufweist (Ein warhafftige unndt glaubwirdige History unnd Geschieht, wie es sich vor villen Jarrn in Engllandt mit Khünig Artzngall und seinen dreyen Prüdem zu getragen), dieser Text bietet einen wesentlich lineareren Einstieg in die Materie, indem er das Stück mit der Gerichtsszene bei Hof beginnen läßt. Die ausgesprochene Ungerechtigkeit gegen die beiden Grafen, welche ebenso wie die anderen Figuren völlig andere Namen tragen, wird in der hier wiedergegebenen Version nur im Rückblick besprochen, und die Handlung beginnt wesentlich dynamischer, gewissermaßen in medias res. Die beiden Fassungen unterscheiden sich derart voneinander, daß ein Vergleich des Szenenaufbaus daher nicht möglich ist. Der deutlich archaischere Charakter der Grazer Fassung soll hier nur mit zwei Beispielen illustriert werden; für weitere Details muß auf die Notwendigkeit eines ausführlichen Textvergleichs verwiesen werden. Der Beginn des Umsturzes gegen den herrschenden König, d.h. die der Passage S. 352, Z. 11-21 entsprechende Replik, lautet dort (Fleming 91, 9-17) folgendermaßen: H e r c z n g a l : Tiranisch Elidor, waß hat dich verursacht, mih in Mitternacht also zuerschrekhen? du unnatirlicher und unbarmhereziger Prueder, du magst dich billich Schemen vor Gott und vor den Menschen, dan du mih durch Jusurpasche meiner Cron beraubest. Darumb lang mir sie wider her, hahfertiger Elidor.

30

Band, I Ε 1 i d ο r : Van Herzn gern, die Götter sein mein Zeignuß, herzlieber Prueder, wie ungern ich disse Cron regirn thue; dan mit Gewalt bin darzue gezwungen. Hie nimb dein Khran und Scepter, van Herczn gern thue ich solches presentirn; ο ja van Grundt meines Herczen thue ich solches resignirn.

Ebenso unterschiedlich ist die Schlußszene (hier 425, 2-9), welche in der Grazer Handschrift (Fleming 130, 14-26) die sprachliche Verwirrung um Jemand und Niemand nochmals ausführlich thematisiert: Ε 1 i d ο r : Wollan, jeczunder mueß ich bekhenen, daß der Niemantß ist tugentreich und preißwirdig und Niemantß soll mher Ehr und Genaden bei unß erlangen allß er verdienet; Niemantß soll mein Administrator sein und zu hachen Ehrn und Dignitet will ich Niemantß erheben. Ja wen der Niemantß soll mein Cron und Khönigreich begern, van Herczen gern wolt ich ihm solcheß praesentirn, dan ich weiß wall, Niemantß hat mir vill Jar treulich gedienet; darumb sollstu heut bei unserer khöniglicher Taffl siezen und auß unsern khöniglichen Peher solstu trinkhen; dise ganeze Nacht wellen wir zubringen mit allerley Khurzweil; laß unser Musicanten und Comedianten heut fleissig aufwarten und laß sie ihrn miglichen Fleiß anwenden, Niemantß zu erlustigen. Schene Khönigin, heiß den Niemantß willkham, beweist Niemantß Lieb allß mihr allein. Nun fort, ihr Herrn, in Gottsnam laß uns gehen.

Darauf folgen noch eine Regieanweisung und ein letzter Kommentar von Niemand mit einer weiteren Verabschiedung des Publikums. Der Handlungsverlauf der hier abgedruckten Fassung ist daher nur in den Grundzügen mit jener aus Graz zu vergleichen: Die beiden Grafen Marsianus und Carniel schwören einander, das ihnen vom König Arcial angetane Unrecht zu rächen. Seinerseits verlangt

6. Eine Comcedia von Jemand und Niemandt

31

der tyrannische Arcial inzwischen von seinem Bruder Ellidor völlige Unterwerfung. Als die beiden Grafen jedoch Arcial überfallen und seinen Bruder Ellidor zum König machen wollen, weigert sich dieser zwar zuerst, nimmt aber schließlich an. Die Königin Ellidoris nützt ihre eben errungene Position, um sich an ihrer Rivalin, Arcials Gemahlin, zu rächen. In eingestreuten Szenen wird geschildert, daß eine Figur namens Jemand Untaten begeht und in Reichtum lebt, aber alles auf den armen Niemand schiebt. Zahlreiche Wortspiele über Jemand und Niemand erlauben eine herbe Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen, ζ. B. weil sich Niemand die Klagen von betrogenen Bürgern anhören muß. In der Handschrift aus Stift Rein ist ein Bild von Nemo zu finden, welches ihn in einem blauen losen Gewand als Ausdruck der Körperlosigkeit und mit dem Spruch Neminis virtus ubique laudabilis zeigt. In der einen Hand hält er einen Rosenkranz, in der andern ein Gebetbuch, was offenkundig die Aussage illustrieren soll, daß niemand mehr betet. Nach weiteren Verwirrungen um Jemand und Niemand kommt es schließlich am Ende des dritten Aktes zur Konfrontation der beiden. Auf der Jagd trifft mittlerweile Ellidor seinen verarmten Bruder Arcial wieder und bringt die beiden Grafen dazu, diesen wieder als König einzusetzen. Kurz nachdem Arcial als König an den Hof zurückkehrt, stirbt er an einer plötzlichen Krankheit. Als daraufhin Ellidor erneut gekrönt werden soll, erheben nun auch seine beiden Brüder Anspruch auf die Nachfolge. Nach einem tödlichen Zweikampf der Brüder nimmt Ellidor schließlich nach einer Klage über die nur Verderben bringende Hoffart die Krone an. Als Niemand an den Hof kommt, prahlt ein Soldat mit seiner vorgeblichen Tapferkeit und fordert ihn zu einem Schein-

32

Band, I

gefecht, worauf Niemand auf Betreiben von Jemand verhaftet und vor dem König aller erdenklichen Verbrechen beschuldigt wird. Schließlich wird aber Jemand überführt und verurteilt. Technisch interessant scheint der Einstieg in m e d i a s res mit der Diskussion zwischen Marsianus und Carniel. Das Stück wird nachweislich am 10.12.1650 in Dresden gespielt. 345

8 ARCIALS] im

Text

meist

als KÖNIGIN ARCIAL

be-

zeichnet. ίο ELLIDORIS] im Text oft als ELLIDORIA 20 SECRETARius] im Text als PERIDORUS

bezeichnet. bezeichnet.

24 In der Personenliste fehlt der SCHMAROTZER. 347 23 seiner] seines. 348

349

4 minem] meinem. 6 DISGRATIAM] Ungnade. Außerdem ist die Virgel schen seyn und die sinnstörend. 20 genah] genau. 25 MOLESTIRE] belästigen, ital. molestare. ι kegen] gegen. 3 credentzen] verneigen,

präsentieren.

352

9 13 15 15 21

353

ι empfahet] empfanget. 3 Non vult habere.] Er möchte sie nicht haben. 8 ELLIDORIS REGINA accipit coronam.] Die Königin lidoris nimmt die Krone. 11 gubernieren] herrschen, lat. gubernare. 16 wegert sich] er weigert sich.

354

zwi-

Gewehr] Waffe. Kriegsmunition] Kriegsausrüstung. duppelt] doppelt. PCENITIRN] strafen, lat. poena. Parlament] Gerede, Geschwätz.

5 Gemeine] Volk, 24 ihn] Ellidor.

Gemeinde.

El-

6. Eine Comcedia 355

von Jemand

23 uberteuben] überlisten,

und

Niemandt

Überteufeln.

30 W a n n e w a n n e ] Ausruf im Sinne von: 356

20 tichten] schaffen,

8 Schlegt ein Schnippichen]

358

20 unmolestiret] unbelästigt,

4 11 27 360 6 9

Wahrlich!

tun.

357 359

Schnappt

mit den

verlieb] vorlieb. tormentiren] quälen, ital. tormentare. anfähet] anfanget. praven] braven, ital. bravo. CITIREN] rufen, lat. citare.

7 7 14 16

362

21 auf d e n H a l ß gesessen] gefangen war. 26 L u n d e n ] London. 27 P a n c k e r o t ] Bankrott, ital. bancarotta.

bedrewet] bedrohet. schweren] schwören. fahen] fangen. Hechten] leichten.

20 lehnen]

leihen.

26 an d e n Kack] auf 365

15 GRAHAM]

Gnade.

366

2i K l u p p e n ]

Zangen.

3 6 7 29 M a w e r h o f f ] 370 372 373 374 375 376

Fingern.

ital. molestare.

361

364

33

Fäkalien.

Meierhof.

9 SPENDIREN] verbringen,

ital. spendere.

3 CONSENTIREN] zustimmen, ital. consentire. 15 fall] trügen, lat. fallere. 7 PERPONDERIRE] erwäge, lat. ponderare. 9 VINDICIREN] rächen, lat. vindicare. 14 G r u l ] Groll. 19 AFFECTUS] Gefühle,

lat. affectus.

9 CONCEDIRN] zugestehen,

einräumen,

lat. concedere.

4 RESOLVIRET] entschlossen, lat. resolvere. 21 mit IUSTITIA RECOMPENSIREN] mit Gerechtigkeit lohnen.

be-

Band, I

34

377 26 treckete] zog. 29 ehrnveste] respektvolle Anrede wie Euer Gnaden oder Gnädiger Herr. 29 tractiret] behandelt, franz. traiter oder ital. trattare. 378

6 TRACTAMENT] Behandlung, franz. traitement oder ital. trattamento. 10 Schawessen] Schauessen, d.h. nicht zum Verzehr gedachte Zierspeisen auf Festtafeln. 21 Ochsenkopff] großer Krug. 29 geele] gelbe.

379

3 Ungerische Gülden] ungarische 15 beleitet] begleitet. 20 Gülden] Gilden.

380

ι uz] zu. l ageschossen] abgeschossen.

382

7 Harr, harre] Warte, warte! 8 PROPTER CHARITEM] um

Gulden.

Gnade.

385 27 fl.] Gulden, Abk. von florentinus. 388

8 VISITIRN] besuchen, lat. visitare.

391

8 TORMENTIREN] quälen, ital. tormentare.

393

9 Rappier] Degen.

395 ίο CORNELISIREN] schwermütig sein. 398 3 COMMENDIREN] empfehlen, lat. commendare. 401 18 fuchsschwäntzet] schmeichelt, biedert sich unterwürfig an. 24 OBSERVIRE] beachte, lat. observare. 403 2 Jetzt kömpt ELLIDORUS zween Brüder CARNIEL.] Jetzt kommen Ellidorus, seine beiden Brüder und Carniel. 15 PERIDORUS] Im

Personenverzeichnis

als SECRETARIUS

bezeichnet. 4 0 4 π ADVENTIREN] riskieren. 405

ι PER FAS ET NEFAS] im Guten und im Bösen. 4 ziehen beyde von Läder] ziehen beide ihre Waffen.

7. Tragiedia von Julio und Hyppolita

35

406 17 erschiessen sich] erstechen sich. 407 7 ORDINIRET] angeordnet, lat. ordinäre. 409 16 v e r z i e h e n ] warten. 410 9 Experfex] professionellen Kunstgriffe; vgl. 231 7 Expersex. 412 13 EXCUSIRET] entschuldigt, franz. excuser. 413 14 Ungern] Ungarn. 18 ein halb Schock] 30. 415 6 probir dich] beweise dich. 16 nestel dich auff] binde dich auf knöpfe dich auf. 416 26 Stoff] Quantum. 419 9 INJURIRE] attackiere, lat. iniuriare. 21 PROBIREN] beweisen. 25 Paßquillen] Schmähschriften. 422 8 v e x i r e n ] schicken; ungewöhnliche Verwendung von vexiren, das sonst in der Bedeutung kränken gebraucht wird. 15 N.] beliebiger Name einsetzbar. 16 Jubilirer] Juwelier. 32 ABSOLVIREN] lossprechen, lat. a b s o l v e r e . 423 27 Pracher] Bettler. 424 7 Basis manus] Handkuß, franz. Baise-main.

7. T r a G t E D i a v o n und

Julio

Hyppolita:

Das Stück basiert auf der typischen Situation einer Staatsaktion in einem höfischen Milieu des östlichen Mittelmeers, mit Pickelhering als Diener. Vor seiner Hochzeit mit der Fürstentochter muß der vornehme Römer Romulus noch nach Rom zu seinen Eltern rei-

36

Band, I

sen und vertraut seine Braut Hyppolita seinem besten Freund Julius an. Während dieser Abwesenheit intrigiert allerdings Julius mit gefälschten Briefen gegen ihn und überredet schließlich die verzweifelte Hyppolita, die sich verraten glaubt, aus Staatsräson einer Heirat mit ihm zuzustimmen. Nach seiner Rückkehr nimmt der empörte Romulus verkleidet an diesen Hochzeitsfeiern teil, um sich an Julius zu rächen. Hyppolita und Romulus bringen sich am Ende aus Verzweiflung um, und der Fürst wird zum Einsiedler. Zusätzlich zu den Nebenbemerkungen von Julius an das Publikum und die Verkleidungen von Grobianus und Romulus ist auch das dramaturgische Element sehr interessant, welches erlaubt, den von Julius gefälschten Brief an Hyppolita (S. 438) erst wesentlich später von Romulus (S. 455) vorlesen zu lassen und seinen Inhalt damit dem Publikum zur Kenntnis zu bringen. 427

8 GROBIANUS Pickelhering oder JULIJ Diener] Er übernimmt also beide Funktionen.

430

7 inen] ihnen.

4 3 1 22 reissens] reisens. 27 MERCURII Flügeln] Anspielung des Götterboten. 29 VISITIREN] den Kontakt aufrecht 432

7 Hier manifestiert und Verschlagenheit liebt ist und sie für 8 bzw. 26 etc.] Rest der bühne.

an die halten.

sich überraschend die Falschheit von Julius, der in Hyppolita versich gewinnen möchte. Improvisationspraxis der Wander-

433

17 PRACTICA EST MULTIPLEX] Es gibt viele

435

8 anthun] anziehen. 24 fast] faß dir.

436

π v o n der] von

dort.

Flügelschuhe

Wege.

8. Tragxdia von Tito Andronico 437

27 PENUNSE] Trinkgeld,

verm,

von

37

penus.

lat.

439

5 ORDINIRET] angeordnet,

440

8 u. 18 Sie meynen . . . / S o meynen ...] Der von Julius gefälschte Brief spielt offenkundig höhnisch auf eine Redensart des Fürsten an.

441

2 Geck] Spaß.

443 20 gebehre]

ausgedacht.

gebärde.

23 PROCURIREN] Eintreten für die Sache. 444 2i lest] läßt. 445

12 in i h r e n CHORO]

miteinander.

446 10 Zehrpfennig] Geld für die Reise. 447

9 in diesem Gewäsch] zugleich.

451

3 im] ihm.

455

13 RESORS] Empörung,

verm.

von

lat.

resurgere.

456 25 PADUA] Anspielung an die von zahlreichen deutschen Studenten besuchte Universitätsstadt, in der heute noch besondere akademische Bräuche gepflegt werden. 26 CONDECORIREN] ausschmücken. 458

5 ist d i e RECOMPENS] ist das die

459

3 diewil] dieweil. 4 weil] will.

8. T r ä G T E D i a v o n T i t o

Belohnung.

A n d r o n i c o

und der hoffertigen Käyserin: Lange Zeit wurde in der Literatur als Vorlage dieses Stückes fälschlich Titus Andronicus von Shakespeare angenommen, während in Wahrheit diese deutsche Fassung auf der anonymen Very Lamentable Tragedy of Titus Andronicus and the Haughty Empress basiert, in

38

Band I

welcher die (historisch korrekteren) Ostgoten durch die sicher exotischer wirkenden Afrikaner ersetzt werden. Der alte General Titus Andronicus verzichtet zugunsten eines jüngeren Thronprätendenten aus dem Adel auf die römische Kaiserwürde und gibt ihm seine Tochter Andronica zur Frau. Der neue Kaiser verliebt sich aber in die afrikanische Königin Ätiopissa, die mit ihrem heimlichen Liebhaber Morian und zwei Söhnen als Gefangene von Titus Andronicus nach Rom gebracht worden ist. Aus der nun entbrennenden Rivalität zwischen den beiden Frauen geht Ätiopissa als Siegerin hervor und läßt Andronica von ihren beiden Söhnen mißbrauchen. Die hier verwendeten literarischen Motive stammen vermutlich aus zwei Passagen in Ovids Metamorphosen, einerseits in Buch I, wo die in eine Kuh verwandelte Io ihren Namen in den Sand schreibt, und andererseits in Buch VI, wo Tereus Philomela die Zunge abschneidet, um sie daran zu hindern, das an ihr begangene Verbrechen zu erzählen. Außerdem läßt Ätiopissa zwei Söhne von Titus Andronicus ermorden, obwohl dieser seine rechte Hand für die beiden opfert. Nach dem Racheschwur von Vespasianus und einer Serie von Greueltaten rund um Morian, der als Gefangener alle Intrigen aufdeckt, rächt sich Titus Andronicus schließlich, indem er dem Kaiser und der Kaiserin eine Pastete aus den Resten der Opfer vorsetzt und beide letzten Endes ersticht. Das Thema dieser Tragödie ist die korrupte Macht der sinnlichen Liebe, welche Morian, den Kaiser und die beiden Söhne Atiopissas die schrecklichsten Verbrechen begehen läßt. Während die Afrikanerin Ätiopissa von einer weiblichen Machtgier getrieben wird, tritt der alte Römer Titus Andronicus als Modell der philosophischen Weisheit der Antike auf. Das Stück zeichnet sich durch seine ausgesuchten Horrorszenen aus, in

8. Tragxdia von Tito

Andronico

39

welchen abgeschlagene Körperteile auf der Bühne zu sehen sind,, die blutüberströmte Andronica mit einem Stock die Namen der Täter in den Sand schreibt und Titus Andronicus die zwei Söhne der Kaiserin auf offener Bühne buchstäblich abschlachtet. Besonders bühnenwirksam fällt dabei eine Szene des fünften Aktes (S. 488) aus, in welcher Titus Andronicus seine abgeschlagene Hand in einem Monolog anspricht. Etwas archaisch hingegen mutet die fortwährende performative Ankündigung der Handlungen durch die Figuren an. Die wiederholten Angaben etc. (484,8 und 499,22) sind Reste der Improvisationspraxis der Wanderbühne. Bemerkenswert scheinen auch die außergewöhnliche Anzahl von acht Akten und die äußerst grausame Serie von Morden, mit denen das Stück endet. 461

6 u. 15 Vespasianus und Victoriades stellen sich im Text als Söhne von Titus Andronicus bzw. Brüder von Andronica heraus, zusätzlich zu den beiden nur erwähnten Söhnen, welche von der Kaiserin ermordet werden. π M o r i a n . ] Ist eigentlich kein Eigenname, sondern die Bezeichnung für Mohr; vgl. S. 495,26. 17 Weise Wächter] Damit sind verm. weißhäutige Diener von Ätiopissa gemeint, wie ζ. B. die weißhäutige Amme im sechsten Akt.

464

16 DESPENNATION] Streit, verm. von ital. spennare.

465

10 LOSIREN] wohnen,

467

16 die Lauten schlagen] obszöne Anspielung auf den Geschlechtsakt. 17 VENIAM] die gütige Erlaubnis; hier bleibt unklar, ob der König nur betrunken gemacht wurde möglicherweise wurde er vergiftet, und die Angabe sollte

468

13 Glene]

469

20 Blödigkeit] Einfalt,

VENENUM

herrschen.

lauten.

lanze. Beschränktheit.

Band I

40

473

14 beilegen] liegen.

475

19 ANDROVA] ANDRONICtE.

476

Ι jaget]

bläst.

478

12 sex] mehr, weiter. 27 davorn] bevor.

479

12 Hier

fehlt

offenkundig

die

Personenangabe:

GE-

MAHL.

4 8 0 22 RUMOREN] wüten. 485

8 vexiren] kränken, verletzen; 14 tawret mir] dauert mich. 15 vexiret] trennt.

487

25 wor] wo. 4 hausiren] verfahren. 31 sch äget] schlägt.

494

4 9 5 26 nehesten] letzten. 26 mit den Morianern] mit den 497

7 ir im] ihr ihm.

499

16 Kriegsgebruch]

von franz.

vexer.

Mohren.

Kriegsgebrauch.

503

9 die Laute schlagen] obszöne Anspielung auf den Geschlechtsakt. 29 wor] wo. 5 0 4 5 THAURIN] Insofern als die gesamte Handlung des Stückes in Italien situiert ist, könnte damit nur Turin (in der Antike Julia Augusta Taurinorum, im Mittelalter Taurinis) gemeint sein. Die Verbindung mit einem Berg kann aus der umstrittenen Etymologie herrühren, welche der ligurischen Wurzel *tauro- die Bedeutung Berg zuschreibt. Allerdings bleibt unklar, warum der afrikanische Vater von Morian gerade in diesem italienischen Alpengebiet wohnen sollte. 505 506

8 bemandelen]

bemänteln.

ίο Räuter] Reiter. 10 Küriß] Reiterharnisch.

5 1 0 20 Hangelbeeren fressen] aufgehängt

werden.

9. Pickelberings-Spiel 511

19 Flenten]

von der schönen Maria

41

Klagen.

30 vermumschantzet] 512

ι FAVORALES]

518

2 TRACTAMENT]

verkleidet.

günstig. Aufwartung.

9. Pickelherings-Spiel von der schönen Maria und alten Hanrey: Es handelt sich um eine Posse, welche die typischen Charakterdeformationen eines alten Mannes karikiert: der geizige, eitle, wollüstige und starrköpfige Greis wird am Ende darüber belehrt, daß er besser seinen wohlgesinnten Mitmenschen trauen soll als einer verführerischen jungen Frau und einem habgierigen Diener. Der Nachbar kann ihn nämlich durch eine Probe davon überzeugen, daß die Tugend seiner Frau und die Treue von Pickelhering zweifelhaft sind, sein Sohn ihn aber aufrichtig liebt. Zwei der zur Anwendung gebrachten Motive sind weit verbreitet in den Stücken der Wanderbühne: a) als angeblich aufmerksamer Diener läßt Pickelhering den Hausherrn nicht zur Tür herein und kehrt damit die Machtverhältnisse um; b) der alte Mann stellt sich tot, um seine Umgebung auf die Probe zu stellen. Eine bühnentechnische Herausforderung scheint auch die Szene zu sein, in welcher der Soldat hinter einem vorgehaltenen Bettlaken aus dem Haus flieht. Darüber hinaus besteht ein erstaunliches Ungleichgewicht zwischen den beiden Akten der Posse: der erste dient nur der Darlegung der Ausgangssituation (Charakter des alten Mannes und Vermählung mit Maria), während im zweiten alle dramatischen Entwicklungen unterge-

42

Band I

bracht sind. Das führt auch zu einer bemerkenswerten Auflösung der zeitlichen Gliederung: nur wenige Repliken ohne Szenenwechsel stehen für die acht Tage, nach denen der alte Mann - wie zuvor angekündigt - wiederkehrt. 528

4 Stuffe] Maß.

529

12 Monsier] Monsieur.

532

18 reumen] reimen. 30 baar] Paar.

533

9 die Laute geschlagen] obszöne Anspielung Geschlechtsakt. 28 praven Cavelirer] braven Kavalier.

535

6 Interim] Inzwischen. 7 ALT] der Alte. 15 Wor] Wo. 28 Rühting] Dolch.

536

4 Wadsack] Reisetasche. 6 ALT] der Alte.

539

9 traun] wohl.

auf

den

5 4 0 21 H a r r e / h a r r e / ] Warte, warte. 542 543

9 PENUNCE]

9 13 23 5 4 4 13 13

Trinkgeld.

Schantze] Chance. CORASl] schnell, verm. Deformation von ital. correre. ALLEGRAMENT] fröhlich, ital. allegramente. vexiren] grob behandeln. achter] hinter.

545

2 die verlöffelte Schnautzen] den vom wöhnten Mund.

547

3 Nössel] kleines Faß. 22 ins schraw] schräg, quer.

548

9 Monsoir] Monsieur.

550

13 Schlüngels] Schlingels.

552

12 mant] nun, jetzt.

Küssen

ver-

10. Pickelherings-Spiel

mit einem Stein

43

13 fiedeln] obszöne Anspielung auf den Geschlechtsakt. 14 Helt in den hintersten auffs maul.] Drückt ihm sein Hinterteil auf das Gesicht. 15 Stanck] Gestank, Stinker. 554

12 vertrawen]

555

13 vor den Arß] in den Arsch.

verheiraten.

10. Pickelherings-Spiel mit einem Stein: Der erste Akt dieser Posse dient wieder der Beschreibung der Ausgangssituation, nämlich dem Ehestreit zwischen Hans und seiner Frau, dem Verdacht der von dieser Frau mit dem Nachbarn Wilhelm begangenen Untreue, sowie der Absicht von Hans, diesen Verdacht zu klären. Der zweite Akt spielt die entworfene Handlung dann komisch aus, indem Hans auf den als Magier verkleideten Wilhelm hereinfällt und in seiner Naivität an die magische Kraft des ihm präsentierten Steins glaubt. Er macht sich damit - wie eben der klassische betrogene Ehemann - vor allen lächerlich. Diese Posse eröffnet im übrigen dem Publikum die Möglichkeit, nicht immer mit dem Spaßmacher zu lachen, sondern sich manchmal auch mit seinen Widersachern über ihn lustig zu machen. 559

15 Pumpes] Schläge.

561

31 vexiren]

überlisten.

563 25 creutzet]

macht ein

564 567

Kreuz.

12 unmolestiret] in Frieden, 13 Fantesiret] Spricht wirre

ital. molestare. Dinge.

7 den Gecken weiter an ihn scheren] ihn weiter Narren halten.

zum

Band I

44

579 580

16 Schantz] Möglichkeit. 31 leiten] läuten. 2 Lawren] neugierige 7 Wanne] Wahrlich!

Leute.

11.-16. Engelische Auffzüge Intermedien: Es handelt sich hier zum Großteil um gereimte und gesungene Couplets, deren Musikbegleitung auch teilweise im Druck wiedergegeben ist. Nummer 11 behandelt den klassischen Ehebruch mit Pickelhering als Liebhaber der Frau, wobei die Situation um einen rivalisierenden Soldaten erweitert wird, vor dem Pickelhering Angst hat. Der Mann wird zuvor als naiv, aber letzten Endes nur an Geld interessiert dargestellt. Ln Nummer 12 tritt ein Narr (nicht ausdrücklich unter der Bezeichnung Pickelhering) auf, der die Vorspiegelungen der von ihm verehrten Frau durchschaut, jedoch letzten Endes dem Juncker als Rivalen unterlegen bleibt. Nummer 13 zeigt die Bestrafung eines liederlichen Ehemannes, der für seine Frau Wäsche waschen muß. In Nummer 14 plant die Frau einen Ehebruch mit dem Magister, an dessen Stelle sich aber der Studiosus einstellt. Ln Nummer 15 verhilft Pickelhering der Frau zum Ehebruch mit einem Edelmann. Von Nummer 16 ist nur eine Melodie ohne Fext vorhanden. 5 8 4 8-9 Vermutlich nur eine Replik des Jungen, bisher nicht erwähnten Namen Thomas. 13 Küst] Kiste. 585

22 VIR pulsat

ostium.]

Der Mann klopft

mit

seinem

an die Tür.

45

11.-16. Engelische Auffzüge - Intermedien 5 8 6 26 VIR pulsat et aperit.] Der Mann klopft und öffnet Tür. 5 8 7 29 Zeigen] Zeugen.

die

588

auf

7 Ambo genib incumb] Sie fallen die Knie. 8 ich gehe] verm.: so gehe. 16 abit] verm. aperit, er öffnet die Kiste.

17 27 591 2 593 15 594 8 589

beide

vexiren] betrügen. Gevatter] Vater. A L I U D . ] Ein anderes Spiel. Bittel] Büttel, Wachmann. Scholtz] Schulze, Gemeindevorsteher.

5 9 5 27 Habber] Hafer. 5 9 6 17 BON SOUR MONSEUR] Bonjour, mein Herr. 6 0 0 24 Guschen] Maul. 601 17 stippl] stoße. 602 2 Fettl] alte Frau. 15 schweifen] schwemmen. 609 19 Schmatz] Kuß. 611 11 fund] verm. Vorratskammer. 20 CONTENDIRT]

monsieur.

Guten

Tag,

befriedigt.

6 1 4 5 haussen] heraussen. 6 1 6 23 OCULOS] Augen, Blicke. 624 5 Schwertz] Schwärze, Schuhpaste. 23 vexiret] kränkt. 6 2 5 32 mied] müde. 626

5 RUNDA DINELLA] Rondinella,

627

26 MONSOIER DOMINE] mein

630

15 amadisisch] höfisch Gaula.

632

634

8 CURIR]

Rundgesang. Herr.

oder literarisch,

heile.

8 Gauch] Hahnrei, 17 Gsind] Gesinde,

Narr. Dienstboten.

von Amadis de

BAND

II:

Der zweite Teil der Englischen Komödien erscheint 1630 in Leipzig im Verlag des Autors oder Herausgebers unter dem vermutlich im letzten Moment hinzugefügten Titel Liebeskampff. Er wird im Katalog für die Herbstmesse 1629 noch unter Englischer Comoedien Ander Theyl in Verlegung des autoris, Leipzig bey Gottfried Grosse zu finden 8 angekündigt und offenbar in einem Kommissionsverhältnis mit Grosse vertrieben. Eines der zentralen Probleme, um welches sich viele Diskussionen der Forschungsliteratur entwickelt haben, ist die Frage nach diesem Autor, bzw. ob man von einem oder mehreren Autoren der einzelnen Stücke und einem Redaktor oder Herausgeber ausgehen sollte. Werner Richter (Liebeskampf 1630 und Schaubühne 1670. Ein Beitrag zur deutschen Theatergeschichte des siebzehnten Jahrhunderts. Berlin: Mayer & Müller 1910) plädiert auf der Argumentationsbasis von sprachlichen Übereinstimmungen bei den Repliken der komischen Figuren für einen Autor: „Alle diese Wiederholungen zeigen nun schon, daß wir es bei den Stücken des Liebeskampfes nur mit einem Verfasser zu tun haben. Dieser Beweis wird durch die Anlage der Stücke und besonders durch die überall gleichmäßige Technik der Monologe nur bestätigt." (S. 117). Als Beispiel zitiert er unter anderem: der kohlschwartze Teufel (TVIacht des kleinen Knabens Cupidinis S. 19,3-4 und 73,1; Aminta 103,24 und 183,6; Tragi Comedia 516,8). Außerdem wären aus Richters Beispielen zu er-

48

Band, II

wähnen: der in Florettriep verwandelte Name Florett05 in Macht des kleinen Knabens Cupidinis und Aminta, zum Teil wörtliche Übereinstimmungen in den Monologen von Hans Wurst (S. 19) und Schrämgen (S. 104) in den beiden genannten Stücken, sowie die Tatsache, daß als Ort der Handlung immer wieder Dolona (S. 37, 89, 92, 156) genannt wird und Tloretto immer aus Malocco stammt. Andererseits bestehen meines Erachtens durchaus stilistische Unterschiede zwischen den ersten drei Stükken und dem König Mantalor, in welchem eine andere Ausdrucksweise und ein etwas anderer Satzbau zu bemerken sind. Aus diesem Grund ist wohl am ehesten von einer einfachen Überarbeitung und nicht von einer eigenständigen Produktion durch einen einzigen Autor für alle Stücke dieses Bandes auszugehen. Es stellt sich daher die Frage, ob diese mit Recht von Richter erwähnten zahlreichen stilistischen Gemeinsamkeiten nicht vielmehr funktionaler Natur und damit charakteristisch für die Gattung zu dieser Zeit sind, und somit weniger dem persönlichen Stil eines Verfassers zugeordnet werden können. Man kann mit eben solchem Recht darauf verweisen, daß die genannten Merkmale in der Tradition der Dramenliteratur der Zeit liegen, welche bei der Drucklegung gewisse Konventionen in der Ausformulierung vorgibt. Überdies wäre zu bemerken, daß auch bei den in Band 5 veröffentlichten Manuskripten erstaunliche sprachliche Parallelen auftreten, ein einziger Autor aber ausgeschlossen ist. Es scheint sich also bei der Sammlung in Band 2 eher um eine Zusammenstellung von Repertoire-Stücken unter Umständen einer einzigen Wanderbühnen-Truppe zu handeln, wobei in einem solchen Fall mit gewissem Recht als Kompromiß in der Autorenfrage ein einziger Bearbeiter für die verschiedenen

Band II

49

Vorlagen entweder schon für die Aufführungen oder spätestens für die Drucklegung angenommen werden kann. Richter glaubt auch eine regionale Zuordnung treffen zu können: „Das Gesamtbild des Wortschatzes weist nach Thüringen. Mehr läßt sich nicht erschließen. Weit weniger sicher noch geht man, wenn man lautliche Kriterien zu Rate zieht. Nicht allein die Willkürlichkeiten des Druckers, sondern auch die Anpassung des Verfassers an die Schriftsprache sind gar nicht abzuschätzen. " (Richter, S. 132) Das scheint grundsätzlich in keinem Widerspruch zu dem Druckort Leipzig zu stehen, muß allerdings nicht bedeuten, daß die Truppe oder die vorhergehenden Versionen dieser Stücke aus diesem Gebiet stammen. Die Auswahl der Stücke selbst erlaubt keine Rückschlüsse auf den Autor oder Herausgeber, denn die Vorlagen stammen, im Gegensatz zu der ersten, deutlich englisch geprägten Sammlung, aus unterschiedlichen Traditionen und weisen auch keinen inhaltlichen Zusammenhang auf, wie Richter schon feststellt: „ Vergeblich sucht man in der Anordnung der Stücke nach irgend einem Prinzip. Ein innerer Grund der Reihenfolge fehlt ebenso wie in der ersten Sammlung." (S. 12) Der jedoch im Gegensatz zum ersten Band ungewöhnlich programmatische Titel geht vermutlich auf die deutsche Ubersetzung von fünf Novellen Matteo Bandellos (nach einer französischen Vorlage von Trangois de Belleforest) zurück, welche 15 Jahre vorher am selben Ort in einem Sammelband mit dem Titel Glücks und Liebes=Kampff. Gantz klegliche Tragcedi / in fünff LiebesHistorien eingetheilet / Darinnen gleich mit lebendigen Mahlersffarben die eigenschafft/ süsse/bitterkeit/Wollust vnd schmertzen der Liebe/ nebenst vielem N u t z / W a r n u n g vnd Erinnerung zu

50

Band, II

Ehre/Zucht vnd Tugendt reitzend beschrieben wirdt/ nicht ohne seufftzen vnd mitleiden zu lesen / vnd aus warhafftigen gewissen Historien gezogen /Jetzo wiederumb ans Liecht gebracht Durch Aeschacium Majorem. (Leipzig: Nicolaus und Christoph Neriich 1615) erschienen sind. Hinter dem Pseudonym des Ubersetzers verbirgt sich der deutsche Dichter und Philosoph Joachim Caesar (1580-1648), der auch das Hauptwerk von Miguel de Cervantes unter dem Titel Don Kichote de la Mantzscha, Das ist: Juncker Harnisch aus Fleckenland (Frankfurt 1648) in das Deutsche überträgt. Außerdem findet sich der Begriff Liebeskampf schon in der Gedichtsammlung Schönes Blumenfeld von Theobald Höck (1601, Kapitel II: Nach Erfahrenheit kombt ErkentnussJ. Der Titel scheint jedenfalls bei den Zeitgenossen Anklang zu finden, denn er steht in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts für eine Serie von Werken von Tobias Nislen (1636-1710), eines in der Literatur bisher vernachlässigten populären Autors, der unter dem Pseudonym De la Grise vorgibt, seinen eigenen Erlebnisse zu erzählen: - Liebes=Kampfes Erster Theil/Das ist: Eine scheinbahre Geschieht/Deß Unglücklichen Liebhabers Protici, Mit dessen Wunder=beständig=geliebten Meneen. (Frankfurt: Matthäus Wagner 1679); - Liebes=Kampfes Zweyter Theil/Das ist: Eine andere Geschieht / Deß auch Unbeglückten Liebhabers Eliganders, mit der Abermahligen abentheuerlichen Geliebten Meneen. (Ulm: Matthäus Wagner 1679); - Liebes=Kampfes Dritter Theyl/Das ist: Noch eine andere Geschieht/Deß nicht weniger im Lieben unglücklich gewesenen De La Grise, mit der Damah-

51

Band II

lig=beliebten Jtaliänerin Phiosen. (Ulm: Matthäus Wagner 1679); - Liebes=Kampfes Vierter Theil/Das ist: Die beständige Treu: Jn sich haltend/Eine Wunderseltzame Begebenheit/Deß So genanten Salie Und Der überauß beständigen Ligenen (Ulm: Matthäus Wagner 1680); - Liebes=Kampfes Fünffter Theil / Oder: Der getreue Florindo, Das ist: Eine verliebte Geschieht/So sich mit diesem / und der Fräulein Miranden, Jn Franckreich begeben und zugetragen; Auß selbiger Sprache übersetzet. (Ulm: Matthäus Wagner 1680). Richter (S. 107, Anm. 3) erwähnt katalogen: -

auch noch aus

Liebes-Kampffes sechster Theil die wechselte genannt von de la Grise. 1684, und - Liebes-Kampffes siebenter Theil.

MeßLiebe

Von dem selben Autor sind außerdem erwähnenswert: Der unglückselige Misoneur (Frankfurt / Ulm: Matthäus Wagner 1681) und Deß Verkehrt vnd wiederbekehrten Silobins, Mit der Fräulein Vatisten, Artliche Verheyratung (Ulm: Matthäus Wagner 1682). Für weitere Details sei auf die Ausführungen von Richter verwiesen. Drei Texte dieser Sammlung werden 40 Jahre später noch nachgedruckt in Schau-Bühnen Englischer und Frantzösischer Comödianten Dritter Theil von 1670: COMGEDIA von König Mantalors unrechtmessigen Liebe und derselben Straff; CoMEDlAVon den Aminta und Silvia; COMCEDIA und Macht des kleinen Knabens Cupidinis.

52

Band, II

Vorrede: Diese Vorrede ist in manchen Teilen eine beinahe wörtliche Kopie der Einleitung zum deutschen Amadis (Deß Streitbaren Helden/ Amadis auß Franckreich sehr schöne Historien Darinnen fürnemblich gehandelt wird von seinem Ursprung Ritterlichen vnd Ewiggedenckwürdigen Thaten/deßgleichen seines gantzen Stammens (in glück vnd Unglück/auch freud vnd leyd) außbündige vnd vber Menschlichs verstandt Tapfferkeit / sampt außführung trefflicher / seltsamer Abentheuren vnd Zaubereyen/so sich mit jme/seinen Sönen / Enckeln / vnd andern auch Rittermessigen Königen/Fürsten/Herren vnd vom Adel / verloffen und zugetragen haben. [...] Alles auß Frantzösischer in vnser allgemein Teutsche Sprach transferiert. [...] Gedruckt zu Franckfurt am Mayn / In Verlegung Sigmund Feyerabends. M. D. LXXXIII.), ergänzt durch Auszüge aus dem Kapitel XXXIV von Antonio de Guevaras Ander Theil. Der güldenen Sendtschreiben in der Ubersetzung von Agidius Albertinus (München 1615). Die Betrachtungen des Herausgebers enden mit einer Verteidigung des Schauspielerstandes, wie sie im Kapitel 1.28 von Petrarcas De remediis utriusque fortunae zu finden ist. In Frage kommen dafür die beiden deutschen Übersetzungen des so genannten Glücksbuchs.· a) Peter Stahel/Georg Spalatin: Franciscus Petrarcha. Von der Artzney bayder Glück / des guten vnd widerwertigen. Vnnd weß sich ein yeder inn Gelück vnd vnglück halten sol. Auß dem Lateinischen in das Teütsch gezogen. Mit künstlichen fyguren durchauß/ gantz lustig vnd schön gezyeret. Gedruckt zu Augspurg durch Heynrich Steyner. M. D. X X X I I . b) Stephan Wächter Vigilius: Das Glückbüch/ Beydes deß Güten vnd Bösen / darinn leere vnd trost/

1. Comcedia und Macht des kleinen Knabens Cupidinis

53

wesz sich menigklich / hierinn halten soll/Durch Franciscum Petrarcham vor im latein beschriben / vnd y e t z grüntlich verteütscht / mit schönen Figuren / Concordantzen / Register / durchauß gezieret / der gestalt von nie gesehen. Getruckt zü Augspurg durch Heinrich Steyner/Imm Jar. Μ. D. X X X I X . 5 6

3 König Salomon] eigentlich das Buch Prediger (Kohelet oder Ecclesiastes) 3. li GUEVARUS] Antonio de Guevara OFM (1480-1548), spanischer Historiker, Beichtvater von Karl V. und Bischof von Cadiz und Mondonedo; veröffentlicht zahlreiche Werke zur Moralphilosophie (Reloj de Principes, en el cual va encorporado el muy famoso libro del emperador Marco Aurelio, 1529), Kritik am Hofleben (Menosprecio de corte y alabanza de aldea, 1539) und Predigtliteratur.

1. Comoedia und Macht des kleinen Knabens Cupidinis: Auch wenn zahlreiche Motive eine gewisse Anlehnung an Stücke wie die als zweites Werk dieser Sammlung abgedruckte Comedia von den Aminta und Silvia deutlich machen, kann nach bisherigem Wissenstand keine bestimmte Quelle für diese Komödie angegeben werden. Cupido erklärt in einem Prolog, daß er mit diesem Stück wieder einmal seine Macht beweisen möchte. Die zur Vestalin bestimmte Jucunda erklärt, der Liebe entsagen zu wollen, wird aber von Cupido mit einem Pfeil verwundet und entbrennt in Liebe für Floretto. Dieser wohlhabende junge Mann, der von seinen El-

54

Band II

tern auf Reisen geschickt wurde, damit er Erfahrungen mache, schickt seinen Diener Hans Wurst zum Fechtmeister. Der Bettelstudent Balandus, eine AbenteurerFigur, entwendet zuerst Floretto seinen Geldbeutel, betrügt ihn dann noch als angeblicher Fechtlehrer um seine Kleidung und bewirbt sich schließlich aus finanziellen Nöten mit Hilfe der Kupplerin Corcillana um die Gunst von Jucunda, die ihn aber entschieden zurückweist. Daraufhin veranlaßt er Corcillana, ihre Herrin Jucunda unter dem Vorwand eines Treffens mit Floretto in den Wald zu locken, wo er sie zu vergewaltigen beabsichtigt. Jucunda entkommt aber, irrt im Wald umher und schläft schließlich ermattet ein. So findet sie der inzwischen ebenfalls liebeskranke Floretto, erweckt sie durch einen Kuß, und die beiden Liebenden sind am Ende glücklich vereint. Die deutlichsten Anlehnungen an Aminta finden sich in der Vorrede von Cupido, in Jucundas deklarierter Verachtung des anderes Geschlechts, in der drohenden Vergewaltigung, im Echospiel während der Suche im Wald und in der Erweckung der geliebten Person durch einen Kuß. Neben Torquato Tassos Pastoraldrama wären laut Richter noch folgende Werke als Einflußträger anzunehmen: Gabriel Rollenhagens Amantes amentes. Das ist Ein sehr Anmutiges Spiel von der blinden Liebe / oder wie mans Deutsch nennet von der Leffeley (Magdeburg 1610), Jakob Ayr ers Von der schönen Phoenicia und Tugend- und Liebesstreit (1618), sowie Samuel Israel von Straßburgs PyramusThisbe (ca. 1601). Für den langen Monolog Cupidos am Beginn des vierten Aktes (S. 61-63), in welchem er die Eigenschaften seiner Mutter Venus ausführlich beschreibt, hat Richter den Nachweis einer beinahe wörtlichen Ubereinstimmung mit Auszügen aus Heinrich Kornmanns Möns Veneris, Fraw Veneris Berg: das ist,

1. Comcedia und Macht des kleinen Knabens Cupidinis

55

Wunderbare und eigentliche Beschreibung der alten Heydnischen und Newen Skribenten Meynung von der Göttin Venere (Frankfurt: Becker 1614) erbringen können. Bemerkenswert an diesem Stück, das unterschiedlichste Motive effektvoll, wenn auch ohne Anspruch auf Originalität zu verarbeiten sucht, ist die Figur des Spaßmachers Hans Wurst, der in den Drucken der Wanderbühne zum ersten Mal unter diesem Namen auftritt. Fr reiht sich mit seinen Spaßen vollkommen in die Tradition ein, greift bekannte Scherze auf und bedient sich einer fehlerhaften lateinischen Ausdrucksweise, deren komische Wirkung an ein relativ gebildetes Publikum gebunden ist: H A N S WURST.

Ich suche meinen Herren / und kan ihn nicht finden, sintemahl ich ihn hier finden soll und sol zu im sagen/ T U GENERIS FEMININI, MARCUS TULLIUS CLCERO, M A R C O TULLIO CICERONE & TULLIAE, DICIT SALUTEM PLURIMUM FILIIS CLARISSIMIS SALUTEM PLURIMUM DICIT. E s s o l k o m -

men. (S. 37,13-16)

Eine Aufführung dieses Stückes durch die Truppe Hoffmann und Schwarz kann für 1657 in Frankfurt am Main angenommen werden. 11

12 13 16 18

M J E N A L U S ] eigentl. M&nalon; wildes Waldgebirge Arkadien, Aufenthalt der Diana. 26 Schlaffen] Sclav en. 13 BARNASSO] Parnaß. 1 3

7 14 17 18 8 27

ungehöfel-] ungehobelten. Pastant] Genügen, von ital. bastare. Larff] Larve, Schatten. Nigromantische] Magische, Schwarzseherische. scheußt] scheucht, verjagt. Honiggebeitzete] süße.

in

56

Band II 27 jungkutzlichte]

19

23

17 25 27 32

begehrliche.

genatter] Gerede, Streit. gedietzele] Liebschaft, Liebelei. löffelt] verkehrt (sexuell). Matz Schotte] irgendein Krämer.

4 Florettriep] 2« verschiedenen Abwandlungen während des Stückes von Hans Wurst gebrauchte Verformung des Namens von Floretto, möglicherweise mit der Konnotation von Abrieb einer Klinge.

24

20 Thürengel] Prügel. 34 nerlich] kaum.

25

2 CORDISANEN] Courtisane. 4 podograischen weinhelten] von Podagra Trinker. 10 Sparesberdt] ? Sparbärte, Geizhälse. 11 reige] Reihe. 12 LLGURCL] eigentl. Lykurgos, mythischer in Sparta, 9. Jh. v. Chr.

26

22 hilpich] ? hübsch.

27

15 Schäntzel] Chance,

35

2 18 19 27 28

36

2 Mertensganß] Gans des Hl. Martin. 14 verdoppelt] beim Würfelspiel verloren; Würfel spielen.

geplagter

Gesetzgeber

Gewinn.

PRAXIN] Erfahrung, Erlebnis. verstackt] versteckt. CUM PRONUNCIATION] mit deutlichem Ausdruck. Harre] Warte. Paßgängig Rößgen] gefügiges Pferdchen; mit obszöner Konnotation. doppeln

=

Unverständlicher lateinischer Einwurf der vermutlich die Ausdrucksweise von Ärzten und Juristen imitieren soll; vgl. 162, 4-6. 21 begracie] bedanke; von ital. grazie. 25 Β eis] Pelz, Kleidung.

3713-16

38

4 unmolestiret] unbelästigt;

von ital. molestare.

1. Comcedia 39 40 42

43 48 49

und Macht des kleinen Knabens

10 Stockfisch] möglicherweise ein Hinweis Bezeichnung des Spaßmachers. 2 GALGANISIRET] geschertzt; galant.

57

Cupidinis auf die

verm. abgeleitet

ältere

von

franz.

3 den lieben SALUS mit den rothen Hefften schaffen] zu Wohlstand verhelfen. 18 SPERANTZ] Hoffnung; von ital. speranza. 20 RECOMPENS] Belohnung;

von franz.

recompense.

6-7 Fünfffinger Kraut zu handeln] sich mit den das Leben zu verdienen.

Händen

2 Goschen] Maul.

54

5 Fechter] möglicherweise mit der Nebenbedeutung Bettler, weil fechten regional auch betteln bedeutet. 26 das Hasen Pannier] den Schwanz, den der Hase bei der Flucht in die Höhe streckt; die Feigheit. 31 ARGUIREN] debattieren.

55

24 sünloß] empfindungslos,

56

15 MORNEO] verm. Morpheus, Gott der Träume. 18 Deucalion] Sohn des Prometheus, welcher nach der großen Flut gemeinsam mit seiner Gattin Pyrrha neue Menschen aus Steinen erschafft.

57

23 wann man des Wolfes erwehnet] wie Spruch lupus in fabula.

58

3 DAMESEL] Demoiselle, 21 vorstackt] versteckt.

59

61

62

ohne

Wahrnehmung.

der

latein.

Fräulein.

3 wasserley] welche. 6 Tiriacks Kremer] Quacksalber, derheilmittels Theriak.

Verkäufer

21 PHILOMEDEA] nicht nachvollziehbarer Venus. 26 MECHANIDES] nicht nachvollziehbarer Venus. 11 SCHOTIA] nicht nachvollziehbarer nus. 28 DESPECT] Verachtung.

des

Wun-

Beiname

von

Beiname

von

Beiname

von

Ve-

58

63 66

67 71

71 73 85

87

89

90

Band II 31 Adamandischen] diamantenen. 32 Larve] Wurm, Made. 17 verquillet] vergeht, versiegt. 24 C A R I O N E M ] Charon; vgl. 87, 13-14. 8 A M A S A ] Liebhaberin, Geliebte. 21 PASOLMAN] Handkuß; von franz. baisemain oder ital. baciamano. 3 rege] Reihe. 18 Tractamenta] Behandlung. 28 Z W A N T I B O L ] Wohl frei erfundener, lächerlich klingender Ort oder Adelstitel. 9 püpich] krank, schwach. 14 scherhafftig] quälend. 6 Tabeltur] Regeln der Kunst. 24 I N UNTIMIS CAPRIS] eigentl. in ultimis capris; in den letzten Zügen; Capra ist auch ein Stern im Zeichen des Fuhrmanns; vgl. 187,12 und 510,24. 12 P L U D O ] Pluto, Gott der Unterwelt. 4 leffelt] liebkost. 10 Dörens] verm. abschätzige Bezeichnung für Frau oder Mädchen. 14 Schmetzigen] Kuß. 28 PRYEPARASL] Vorbereitungen; von ital. preparare. 4 Klunte] Weib.

2. Comedia von den Aminta und Silvia: Diese Komödie ist keineswegs eine getreue Übersetzung von Torquato Tassos Pastoraldrama Aminta, das erstmals 1573 auf der Insel Belvedere im Po während eines Festes der Familie Este von Mitgliedern des Hofes

2. Comedia von den Aminta

und Silvia

59

von Ferrara uraufgeführt und 1580 in Venedig gedruckt wurde. Die Grundzüge der Handlung stimmen aber durchaus überein: Der Hirte Aminta liebt die Schäferin Silvia, die ihn aus übergroßer Keuschheit und Liebe zur Jagd nicht erhört. Selbst als er sie vor dem Vergewaltigungsversuch eines Satyrs rettet, flieht sie in die Wälder. Nachdem eine Freundin ihren blutigen Schleier gefunden hat, nimmt man ihren Tod an, worauf sich Aminta von einem Felsen stürzt. Als die inzwischen zurückgekehrte Silvia dies erfährt, erkennt sie ihre Liehe, eilt zum Ort des Unglücks und erweckt den nur leicht verletzten Aminta zu einem glücklicheren Lehen. Das vorliegende Stück ist sicher die erste deutsche Version des Stoffes, welche allerdings nicht auf das italienische Original, sondern auf eine französische Vorlage zurückgeht. In Frage kommen dafür: - Aminte, pastorale de Torquato Tasso traduite en francais par Pierre de Brach (Bordeaux 1584); - Aminte, pastorale de Torquato Tasso, traduite en prose frangaise par le sieur de la Brosse (Tours 1591); - L'Aminte, fable boscagere traduite d'italien en frangais par Guillaume Belliard, et imprimee en deux langues pour ceux qui desirent avoir l'intelligence de l'une d'icelles (Rouen 1603; Vorlage der deutschen Ubersetzung von Michael Schneider: Des berühmbten Italiänischen Poeten Torquati Tassi Amintas oder Waldtgedichte, Wittenberg: Finckel 1639 und Hamburg: Paulmann 1642); - Aminte Pastorale du Sieur Torquato Tasso traduite en prose Frangaise par Catherin le Doux [Catharinus Dulcis]. Α Francfort chez Jean Charles Unckel [1618],

60

Band II

Richter (S. 20) weist auf einen signifikanten Fehler in der deutschen Fassung (S. 146, 1: sie mir vorschlagen thuej gegenüber dem italienischen Original (mi rispinge = mich zurückweist,) hin. Nimmt man diesen Fehler als Grundlage für Vergleiche zwischen einigen in der Pariser Nationalbibliothek vorhandenen französischen Versionen, dann kann man mit Sicherheit folgende ausschließen: die zweisprachigen Ausgaben mit der Ubersetzung von Belliard von 1603 (BNF YD5690) und von 1609 (BNF RFS-YF-3786); die Übersetzung von Rayssiguier in den Ausgaben von 1632 (BNF YF-6779) und von 1648 (BNF MICROFILM M-8910); die zweisprachigen Ausgaben von Antoine Torche von 1666 (Übersetzung von, BNF YD-5691) und 1676 (BNF YD-5692), 1679 (BNF YD-5693). Schon allein wegen ihrer Präsenz auf dem deutschen Markt am wahrscheinlichsten scheint daher als Vorlage die in der Forschungsliteratur weitgehend unbeachtete Übersetzung von Dulcis. Dieser Bearbeiter verfaßt auf französisch ein Drama mit dem Titel Tobie (Kassel 1604) und außerdem ein Lehrbuch der italienischen Sprache flnstitutionum linguae italicae libri sex. Tübingen 1600; Schola Italica. Frankfurt 1605 und zahlreiche Folgeausgaben), in dem sich eine Passage aus Aminta als Übungstext findet. Das Wanderbühnenstück verlegt die Handlung aus der pastoral-mythologischen Umgebung Arkadiens in ein provinzadeliges Milieu und verzichtet auf die gebundene Sprache. Dies ist an der ersten Szene (S. 97, 5-19) bereits ersichtlich, deren italienische Entsprechung lautet: DAFNE. Vorrai dunque, pur, Silvia, da i piaceri di Venere lontana menarne tu questa tua giovinezza? N e Ί dolce nome di madre udirai,

2. Comedia von den Aminta und Silvia

61

ne intorno ti vedrai vezzosamente scherzar i figli pargoletti? Ah cangia, cangia, prego, consiglio, pazzarella che sei. SILVIA. Altri segua i diletti de l'amore, se pur v'e ne l'amore alcun diletto: me questa vita giova; e Ί mio trastullo e la cura de l'arco e de gli strali, seguir le fere fugaci, e le forti atterrar combattendo; e se non mancano saette a la faretra ο fere al bosco, non tem'io che a me manchino diporti.

Weiters streicht der deutsche Bearbeiter den Chor der Hirten, ersetzt lange Versmonologe des Originals durch lebendige Dialoge und fügt effektvolle Ausschmückungen in der szenischen Aufführung hinzu. Die Namen der Personen werden nur wenig verändert (einzig Tirsi, der Freund von Aminta, heißt hier Floretto), und die Grundzüge der Handlung werden weitgehend beibehalten, wobei die Dramatik etwas anders aufgebaut ist, denn zwischen dem dritten und vierten Akt vergehen drei Wochen. An Stelle der traditionellen Figur des Satyrs aus dem Pastoraldrama tritt die harmlose Komikerfigur Schrämgen, die nach zwei kurzen Intermezzi im ersten Akt, ab dem Ende des vierten und während des ganzen fünften Aktes mit den für das Genre üblichen Possen präsent ist. Die Vorrede Cupidos stellt eine langatmige Paraphrase des Originals dar, welche durch mythologische Anspielungen rhetorisch ausgeschmückt wird. Nur am Anfang und am Ende des Prologs sind einige Sätze wirklich übersetzt, das übrige ist eine freie und ziemlich willkürliche Zusammenstellung von Motiven. Die eigentliche Aussage von Fassos Prolog, nämlich die Ankündigung der Demonstration von Cupidos Macht,

62

Band II

wird unter oberflächlicher Berücksichtigung des Originals dann am Beginn des dritten Aktes nachgeholt: Als Aminta sich aus Verzweiflung erstechen will, sinkt er in Ohnmacht; Cupido greift aber an dieser Stelle in die Handlung ein, indem er Aminta, der Silvia tot glaubt, beruhigt und ihn vorübergehend nach Dolona entführt. Offenkundig zur Steigerung der Dramatik werden die längeren Berichte am Ende der ersten beiden Szenen des Originals gestrichen, und die Botenberichte nur mehr selten als Monologe beibehalten, da sie in den Dialogen spannender wirken und häufig durch Bemerkungen an das Publikum unterbrochen werden können. Alle ursprünglichen Berichte an den Chor werden hier durch die ebenfalls abgedruckten Prxludia (S. 198-210) mit Musikbegleitung ersetzt. Der fünfte Akt ist schließlich völlig anders aufgebaut: Die Wanderbühnenfassung streicht den Sturz von Aminta und den diesbezüglichen Bericht von Ergasto. Der von Cupido entrückte Aminta wird mit Hilfe des Wahrsagers Elpino in Dolona gefunden, während im Original Aminta überhaupt nicht mehr auftritt. Beibehalten wird nur das Motiv der Binde Amintas, die der Bote Silvia übergibt: Hier ist es Dafne, die am Ende der zweiten Szene des dritten Akts (S. 144, 27-28) dem davoneilenden Aminta diese Binde entreißt, die sie später Silvia übergibt. Drei weitere szenische Ausschmückungen, die über das Original hinausgehen, bleiben zu erwähnen: als Aminta in Ohnmacht fällt, muß ihn Dafne mit Balsam bestreichen (S. 143, 2), die Prophezeiungen Elpinos im fünften Akt bieten Anlaß zu den üblichen lateinischen Einschüben und Amintas Unterweltstraum mit seiner Höllenbeschreibung greift ein zu dieser Zeit sehr beliebtes Motiv auf (vgl. die erste Komödie von Pierre Corneille: Melite ou Les fausses lettres, 1629).

2. Comedia von den Aminta und Silvia

63

Zahlreiche Details zu den Veränderungen und zum Stil der Übersetzung finden sich bei Richter (S. 15-25). Das Stück, das im sogenannten „ Weimarer Verzeichnis" (einer um 1700 aufgezeichneten Liste von Stücken, deren Aufführungen ein Nürnberger Handwerksmeister in seiner Stadt gesehen hat) unter der Nummer 133 aufscheint, wird nachweislich zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt durch die Truppe von Joris Jolliphus, weiters 1687 durch die Truppe von Michael Daniel Treu gespielt. 93 94 95

19 Sabell] Gabel. 26 blüset] bläst. 10 ARDACHNE] Die Lyderin Arachne fordert Pallas zum Wettkampf in der Webkunst heraus und wird zur Strafe in eine Spinne verwandelt; Ovid Metamorphosen VI, 5-145.

97 98 101

17 Leinwadt] Leinwand, Stoff. 17 Beeren] Bären. 13 den wieder für des Schäffelns Feind] den Widder für des Schäfleins Feind. 17 Seyet] Sehet. Π LACHESIS] eine der drei Parzen (jene, die den Lebensfaden spinnt). 19 Sueda] Suada: Beredsamkeit. 4 gedietzele] Liebschaft. 6 löffelt] verkehrt (sexuell). 17 Zerbster Bier] bezieht sich auf die Stadt Zerbst in Sachsen-Anhalt (Lkr. Anhalt-Zerbst, Reg.-Bez. Dessau). 6 baßlich] leidlich.

102

104

107

16-17 IN PUNCTO]

108

pünktlich.

6 PENTHEUS] König von Theben, der von den Bacchantinnen, darunter seine Mutter Agave, zerrissen wird.

64

Band II 8 MCENADES] Mänaden; rasende u. a. Orpheus ermorden. 9 ABSYRTUS] Bruder von Medea.

Bacchantinnen,

110

2 sinloser]

112

3 Hircanischen Thieren] den wildesten Tieren dem Gebiet Hyrcanum am Kaspischen Meer.

115

4 bossen]

116

8 Beschwerung]

118 123 127

verrückter.

136

aus

Schwank. Beschwörung.

18 ad MORIERE] ZU Schrämgen; ren, von griech. μωρός.

eigentl.

2 die Hämel stutzen] die Hammel

zu dem

dieser

3 PATURNALIA] Saturnalia; in Rom fend gefeiertes Saturnusfest. 8 Parderthier]

Nar-

stoßen.

12 Krabelbüßgen] abschätzige Bezeichnung 16 Peterosellen] verm. Petersilie. 16-17 ET ID GENUS ALIA] und anderes

129

die

für

Frauen.

Art.

sehr

ausschwei-

Raubkatze.

138

12 Pegasus] aus dem Blut der Medusa entsprungenes geflügeltes Pferd, das mit seinem Hufschlag die Quelle am Fuß des Parnaß (Hippokrene) eröffnet.

145

15 Vult stringere gladium, sed lipothymia inpeditur.] Möchte das Schwert ergreifen, wird aber von der Ohnmacht gehindert.

149

25 sev] sey.

158

4 Hennebergische Achtgroschen stück] bezieht sich auf Henneberg, ein Dorf in Thüringen (Kr. Schmalkalden-Meiningen) mit der Ruine einer der größten Burgen des Raumes. 5 die sin rene in Dux] den letzten Rest geben. 29 ad MORION] ZU dem Narren, von griech. μωρός.

162

163

4-6 Unverständlicher lateinischer Finwurf lich die Ausdrucksweise von Ärzten imitieren soll; vgl. 37, 13-16. 9 unbaß] unpässlich,

verlegen.

der und

vermutJuristen

2. Comedia

von den Aminta

und

Silvia

65

164

19 K u t z e l j a g t ] Liebesjagd,

165

10 P i ß k u c k e r ] Harnbeschauer. 10 R u m p e l m a c h e r ] verm. Wichtigtuer. 11 Kaltaunenvisitirer] verm. Eingeweidebeschauer.

168

3 Refir] Revier. 24-25 DOMUM SEXTUM] eigentl. griff der Astrologie.

Eroberung.

d o m u m sextam;

25 U N D E VALETUDO YESTLMATUR] wo

beurteilt

die

FachbeGesundheit

wird.

173

27 H e c a t a ] Mondgöttin, Beschützerin der Zauberei. 27 Stygalischen S ü m p f f e n ] die Sümpfe des Flusses der Unterwelt (Styx). 28 der d r e y k ö p f f i g e H u n d ] Cerberus, Wachhund der Unterwelt.

178

21 der Lucretise D o l c h ] Anspielung auf den Selbstmord der von Tarquinius Sextus geschändeten Lucretia; vgl. Livius A b u r b e condita I, 58.

179

21 b r ü v e n ] prüfen. 21 SAPIENTI SAT DICTUM] der Weise versteht schon. 29 HarmGlaß] eigentl. Harnglas,• die folgende Szene ist einer der Standardscherze in der Wanderbühne.

180

17 mit] mir.

184

2-3 D a f f e n t , Taffent] eigentl. Taffet, Taft, Seidenstoff. 9-io SILVIA VOCABULORUM] eigentl. Sylva V o c a b u l o r u m et p h r a s i u m c u m solutae t u m ligatae orationis ex optimis et p r o b a t i s Latinae et Graecae linguae autoris in u s u m et gratiam studiosae iuventutis sed u l o congesta ab H e n r i c o D e c i m a t o r e G i f f h o r n e n s i Scholae Q u e d l i n b u r g i c a e C a n t o r e (1580 bzw. zahlreiche Folgeausgaben davon).

1 8 7 1 1 - 1 2 PROXIMUS AGNATUS] naher Verwandter. 12 in ULTIMIS CAPRIS] in den letzten Zügen; und 510,24. 189

10 C h o r i s ] nicht eindeutig bestimmbare Figur. 27 G a l m ] hier im Sinne von Betäubung,

vgl.

85,24

mythologische Ohnmacht.

66 190

194

Band II 9 den Acheroischen Gründen] die Unterwelt jenseits des Flusses Acheron. 17 Alecto] eine der drei Furien. 17 das Rhadamantische Königreich] Unterwelt, in der Rhadamantus als Richter wirkt. 18 Tisiphone] eine der drei Furien. 19 das Erebeische Gebiethe] wo Frebus, Gott der Finsternis, herrscht. 20 Megera] eigentl. Megära, eine der drei Furien. 23 den Phlegetontischen Bach] Phlegethon, der Feuerstrom der Unterwelt. 32 Pylades und Orestes] Pylades, der Sohn des Königs Strophios, begleitet als vorbildlicher Freund Orestes auf seinen Irrfahrten.

3. Comoedia und Prob getrewer Liebe: Es handelt sich bei dieser romantischen Liebes- und Zauberkomödie in 5 Akten, für welche bis jetzt keine eindeutige Vorlage identifiziert werden konnte, um die Verschmelzung von zwei in der Theaterliteratur beliebten Stoffen: a) die Bewerbung zweier Rivalen um die selbe Frau, und b) die Befreiung einer Jungfrau aus der Gewalt eines Zauberers durch ihren Geliebten. In diese Handlungsstruktur werden zusätzlich einige seit dem Mittelalter bekannte Motive wie die Liebesprobe mittels Suchen eines Objekts und das Verteilen von Kränzen an bevorzugte Personen eingeflochten. Die wahrscheinlichste Inspirationsquelle ist Matteo Bandellos Novelle 1.22 (TSTarra il signor Scipione Attellano come il signor Timbreo di Cardona essendo col re Piero di Ragona in Messina s'innamora di Fenicia

3. Comcedia

und Prob getrewer

Liebe

67

Lionata, e i varii e fortunevoli accidenti che avvennero prima che per moglie la prendessej oder deren französische Version von Frangois de Belieferest 1568, die schon Jacob Ayrers Von der schönen Phoenicia (1618) beeinflußt. Die von Richter gefundenen Übereinstimmungen betreffen weitere Verarbeitungen des Stoffes bei Moritz Brandt (Phoenicia. Eine Liebliche / vnd Gedechtniswirdige History / was massen ein Arragonischer Graffe de Colisan, sich in eine Edle vnd Tugendreiche Sicilianische Jungfraw Phoenicia genannt, verliebete. Magdeburg: Johann Francke 1601; eine in der Literatur zitierte Ausgabe Danzig 1594 konnte ich nicht finden) oder eine spätere Version von Wolf gang Seidel (Tieb: Tugendt vnd Ehrn=Spiegel / Vermittels Herrn TLMBREL von Cardona Lieb / gegen PHCENICIAM LIONATI, Dero wunderbaren Begegnussen vnd endlicher Ehevollstreckung / Von Herrn Francisco Bellefor est in Frantzösischer: Vnd anjetzo aus derselben in Teutscher Sprach vorgestellet / vnd ferner adorniret. Hof: Matthäus Pfeilschmidt 1624 bzw. die anders zusammengestellte Folgeausgabe Lieb Tugend vnd Ehrenspiegel Von Newem in Zweyen Schönen Historien 1. Von der Großmütigen CLORINDA 2 . Liebseeligen Phoenicia Auß dem Frantzösischen in Deutschen Sprach vorgestelt. Coburg: Friedrich Grüner 1627). Eine zur gleichen Zeit entstandene Verskomödie von Matthäeus Krannich kommt auf Grund ihrer Versform und allein wegen ihres Personenaufwandes kaum als Vorlage in Frage: Comoedia Von einem Grafen von Colisan / welcher sich in eine Sicilische Edle Jungfrawen Phonicia mit Nahmen verliebet / was sich mit solcher Liebe begiebt / vnd wie endlichen alles zu einem guten Ende gereichet / Auß einer alten löblichen Historia vnd gar lustig mit 26 Personen zu agiren vnd zu Spielen (Erfurt: Johann Birckner 1621). Wie beliebt

68

Band, II

dieses Thema im deutschen Sprachraum noch bis zum Ende des Jahrhunderts hleiht, beweist die Tragikomödie von Michael Kongehl: Die vom Tode erwekte Phönizia (Königsberg: Reussner. Erben 1690). Zu Beginn des Stückes beklagt der aus Malta stammende Prinz Florisel (vgl. den Namen in der nachfolgenden Komödie von König Mantalor) seine vermutlich vergebliche Liebe zur schönen Prinzessin Floriana, die auch von seinem Freund Lotharius verehrt wird. Dieser Rivale versucht, ihm Jucunda einzureden, um seine eigenen Chancen bei Floriana zu erhöhen. Als Lotharius dieser einen Brief schickt, möchte Florisel den sauflustigen Diener Pickelhering dazu bringen, das Schreiben zu unterschlagen. Obwohl Florianas Gunst zunächst Lotharius zuneigt, beschließt sie, als ihr von einer Freundin die Vorzüge Florisels geschildert werden, die beiden einer Liebesprobe zu unterziehen: sie wird demjenigen gehören, der ihr das Kränzlein getreuer Liebe aus Spanien bringt. Diese Probe auf der Ebene der Herrschaft wird karikiert auf der Dienerebene, wo Pickelhering wettet, die Frau des Bauern Drewes (der Name scheint aus Gabriel Rollenhagens Amantes amentes entlehnt; Drewes spricht teilweise in niederdeutschem Dialekt) verführen zu können, was ihm zur Empörung des Ehemannes auch gelingt. Während sich Florisel auf den Weg nach Spanien macht, lädt der bequemere Lotharius Floriana in das nahe gelegene Rosental ein, wo sie auf den vom Hof verbannten und als wilden Einsiedler herumziehenden Zauberer Arctus treffen. Der schwache Lotharius vermag nicht zu verhindern, daß Arctus in einer Reihe von Zauberszenen, welche eine deutliche Verulkung von heidnisch-religiösen Ritualen darstellen, die Dame gefangen nimmt und in seine Höhle entführt. Florisel, der nach seiner erfolgreichen Rückkehr aus Spanien da-

3. Comcedia

und Prob getrewer

Liebe

69

von erfährt, kommt als alter Pilger verkleidet zum Zauberer, um Floriana schließlich zu befreien und damit seine zweite, größere Liebesprobe zu bestehen. Insgesamt scheint die Dramaturgie des Stückes etwas inkonsequent, weil die letzten beiden Akte den Zauberer Arctus in den Mittelpunkt stellen, während die Figur von Lotharius und auch die Einlagen von Pickelhering vollkommen verschwinden. Die Komödie gehört vermutlich zum Repertoire der Truppe von Michael Daniel Treu, wird für die Truppe von Carl Andreas Paulsen 1674 mit dem Titel Liebesprobe angeführt, und scheint 1688 auch bei Johannes Velten auf. 216

2 Cupidius] Cupidinis. 18 MARTI] Martis.

217

14 BONA DIES] Guten Tag. 20 & c.] Freiraum für Improvisation. 24 Schmeeremmer] verm. Mehrzahl von

Fettammer.

218

2 Malvasier]

221

6 Niobe] Als diese Fochter von Fantalos gegenüber Leto mit ihrem Kinderreichtum prahlt, wird sie mit dem Fod dieser Kinder durch die Pfeile von Apollo und Artemis bestraft. 8 Ero / Leander] Liebespaar der Antike, berühmt dafür, daß Leander den Hellespont durchschwimmt, um zu Hero zu gelangen.

232

7 Ockel]

Rebsorte.

Verdruß.

248

14 Paselmanus] Handkuß; ital. baciamano.

254

3 Ebenthewer] Abenteuer. 26 ESSE] Wohlbehagen. 16 Narcisso] Der schöne Jüngling verschmäht die Liebe der Nymphe Echo und wird daher von Aphrodite mit Selbstliebe bestraft.

263

von franz.

baisemain

oder

70

Band, II 17

Biblis] Byblis, die Tochter von Miletus, tötet sich aus Liebe zu ihrem Bruder Caunus (vgl. Hyginus: Fabulae CCXLIII,6).

269

19

drieste] dreist.

272

24

273

4

274

19

Lunden]

London.

recreiren]

erfreuen.

Simßläuffer] vermutl.

im Sinne von

Akrobaten.

2 7 7 1 4 - -15 Telecaten] delikaten. 21 EVENT] Ziel.

280

20

scharmutzieren]

281

18

Lefftzen]

285

20--22

Obszöne weibliche

fechten,

kämpfen.

Lippen. Anspielungen Scham).

(z.B.

Naschkerben

32

Säwkoben] Saukoben, bossen] Schwanke.

287

21

harr] warte.

292

14

das Hasenpannir aufwerffen] die Flucht

295

24

Pomerantzen] Orangen, Granaten] Granatäpfel.

286

11

25

für

die

Schweinestall.

ergreifen.

Apfelsinen.

306

18 mit dem H a s e n b a n n i e r SALVIRE]

307

16 VAVORABEL]

günstig, von franz.

fliehe. favorable.

4. Comoedia von König Mantalors unrechtmessigen Liebe und derselben Straff: In der Forschungsliteratur des 19. Jahrhunderts wurden zunächst die erstaunlichen Parallelen zu Jean Mairets Silvie (1626) in den Vordergrund gestellt, welche aber Richter bereits relativiert. Er unterstreicht vielmehr die

4. Comcedia

von König Mantalors

unrechtmessigen

Liebe

71

Ähnlichkeiten zum neunten Buch des Amadis-Romans, der ja gerade in Frankreich für mehr als 75 Jahre nach den Übersetzungen des spanischen Originals von Garcia Rodriguez Ordonez de Montalvo vom Ende des 15. Jahrhunderts und den italienischen Fortsetzungen von Mambrino Roseo da Fabriano zu einem großen Serienerfolg geworden war. Im Kern stellt der Amadis de Gaula eine Fortsetzung der mittelalterlichen Matiere de Bretagne, also im weitesten Sinne des Artus-Zyklus, dar und wird zu einem abenteuerlichen Stationenroman über den Lebensweg des jungen Titelhelden ausgebaut, welcher durch die darin vorkommenden Bewährungsproben verschiedenster Art von den Zeitgenossen geradezu als ein Handbuch der höfischen Moral gelesen wird. Die ersten Bände werden 1540 von Nicolas Herberay des Essarts im Auftrag des Königs Frangois Ier übersetzt und dienen mit Sicherheit als Vorlagen für die beiden deutschen Ausgaben: Newe Historia/Vom Amadis auß Frankreich / seer lieblich und kurtzweilig / auch den jungen nuetzlich zu lesen / mit viel angehefften gueten Leeren / newlich auß Frantzösischer / in unser allgemeine / geliebte Ternsche sprach gebracht (Franckfurt am Mayn: Hieronymus Feyrabend 156994; 24 Bücher in 40 Teilbänden in Oktav-Format) und Deß Streitbaren Helden / Amadis auß Franckreich sehr schöne Historien Darinnen fürnemblich gehandelt wird / von seinem Ursprung / Ritterlichen vnd Ewiggedenckwürdigen Thaten / deßgleichen seines gantzen Stammens (in glück vnd Unglück / auch freud vnd leyd) außbündige vnd vber Menschlichs verstandt Tapfferkeit / sampt außführung trefflicher / seltsamer Abentheuren vnd Zaubereyen/so sich mit jme/seinen Sönen / Enckeln / vnd andern auch Rittermessigen Königen / Fürsten / Herren vnd vom Adel / verloffen und zugetragen haben. [...] Alles auß Frantzösischer in

72

Band, II

vnser allgemein Teutsche Sprach transferiert. [...] Mit Rom. Key. Maiest. Freyheit. Gedruckt zu Franckfurt am M a y n / I n Verlegung Sigmund Feyerabends. M. D. L X X X I I I (ein Folio-Band). In der deutschen Ubersetzung des neunten Buches der Newen Historia trägt das Kapitel 18 die Uberschrift: Wie Herr Florisel und Silvia als sie die Prinzessin Alastraxerea suchende umbzohen, sich umbkehreten, das Schloß der grausamkeit, deß Königs Manatales zu Epiro zu besichtigen. Darin wird erzählt, daß der kühne Ritter Florisel an einen Brunnen kommt, an welchem drei Jungfrauen sitzen, die ihm erklären, daß sie zum Schloß des überaus grausamen Königs Manatales in Epiro unterwegs sind. Zur Erläuterung erzählen sie ihm die Geschichte dieses Königs, dessen Sohn Arpilior im Alter von 18 Jahren seine Cousine Galathea, die Nichte seiner Mutter; heiraten sollte. Sein Vater, ebenfalls in Galathea verliebt, beschloß im Wahn seiner Leidenschaft, seine Frau und seinen Sohn aus dem Weg zu räumen, um seinerseits Galathea ehelichen zu können. Nach dem Mord an der Königin gelang es ihm jedoch nicht, auch seinen Sohn heimlich zu töten, so daß er sich damit begnügen mußte, ihn und Galathea einzukerkern. Ein vom König befragter Zauberer wollte daraufhin alle drei für ihre ungezügelte Leidenschaft bestrafen, indem er ihnen eine mit Hilfe von Statuen inszenierte Hinrichtung der jeweils geliebten Person vorspielte und ihnen die angeblich abgeschlagenen Köpfe regelmäßig zur Mahnung zeigte (dieses Motiv der Scheinhinrichtung ist immer wieder auch in den Ende des 16. Jahrhunderts wieder entdeckten hellenistischen Romanen zu finden, z.B. bei Achilles Tatius: Clitophon und Leucippe). Florisel verbarg sich in einer Kammer des Schlosses und hörte die durch die Besichtigung der angeblichen Leichen hervorgerufenen Klagen: morgens Galathea, mit-

4. Comcedia von König Mantalors unrechtmessigen

Liebe

73

tags Arpilior und abends Manatales. Die jungen Liebenden werden schließlich von dem Eindringling über die Täuschung aufgeklärt und zusammengeführt. Der König aber fällt im abschließenden Zweikampf gegen den tapferen Florisel. Wie aus dieser Inhaltsangabe ersichtlich, werden im Wanderbühnenstück die Namen ziemlich getreu übernommen, nur Manatales wird zu Mantalor bzw. Manlior. Die ersten beiden Akte dramatisieren mit kleinen Abweichungen die Erzählung der Jungfrauen aus dem KmzAis-Roman, beginnend mit der Ankunft von Galathea im Schloß. Viele der Monologe werden vom Verfasser ganz oder teilweise aus der Vorlage übernommen (z.B. IV.2, IVA, IV.6 und IV.7). In 1.4 sind Teile der Dialoge hingegen aus Joachim Caesars Ubersetzung einer Novelle von Matteo Bandello (Odoardo terzo, re d'Inghilterra, ama la figliuola d'un suo soggetto e la piglia per mogliej, bzw. noch wahrscheinlicher aus deren französischer Version von Pierre Boaistuau 1559, entlehnt. Diese Übertragung unter dem Pseudonym Aeschacius Major erscheint zuerst 1611 in einer lateinischen Fassung (Rationis et appetitus pugnaj, dann in der bereits in der Einleitung zitierten deutschen Ubersetzung mit dem Titel Glücks und Liebes=Kampff (Leipzig 1615), worin die entsprechende Passage auf Seite 6 f . zu finden ist. Vom dritten Akt an sind die Monologe wörtlich aus der Amudis-Übersetzung übernommen. Obwohl das Stück in dem selben höfischen Milieu in Epirus in einer unbestimmten frühmittelalterlichen Zeit spielt, wird die im Roman vorherrschende höfische Liebeskasuistik hier durch eine zwar dramatischere, aber in der Argumentation wesentlich gröbere Lebenskasuistik ersetzt. Im Auftrag seines Vaters fährt Arpilior mit seinem Gefolge seiner ihm zur Braut zuge-

74

Band, II

dachten Cousine Galathea entgegen. In der dritten Szene des ersten Aktes prophezeit der Zauberer Pannus in einer Art Vorrede unerwartet ein großes Unglück durch die Ankunft Galatheas. Tatsächlich verliebt sich König Mantalor in die seinem Sohn versprochene Galathea und verliert sich in tragischen Liebesklagen, in welchen sich sein unbändiger Charakter und seine schrankenlose Leidenschaft äußern. Um die Hindernisse für seine Verbindung mit Galathea aus dem Weg zu räumen, tötet Mantalor zuerst seine Frau und überfällt dann seinen Sohn in der gleichen Absicht. Als sich Galathea in einer dramatischen Konfrontation für Arpilior entscheidet, läßt Mantalor schließlich beide einsperren und zum Tode verurteilen. Der als Ratgeber fungierende Zauberer läßt aber Statuen an Stelle von Arpilior und Galathea exekutieren und die beiden lebendig im Garten als Skulpturen aufstellen. Der Ritter Florisel möchte seinen Freund Arpilior rächen und stürzt den König Mantalor. Nach Aufdeckung der vom Zauberer inszenierten Täuschung übernehmen Arpilior und Galathea die Macht. Diese äußerst tragische Handlung auf der Ebene der Staatsaktion wird immer wieder unterbrochen durch eine Parallelaktion auf der Ebene der Dienerfiguren Schambitasche und Rosina: als Schambitasche zwei Liebhaber bei seiner Frau überrascht, gibt sie diese als die bei ihr bestellten Statuen aus. 311

13 SCHAMBITASCHE] Einer der gängigen Namen der Spaßmacherfigur, abgeleitet von franz. Jean Potage, d. h. Hans Supp. 14 Das Personenverzeichnis ist unvollständig; es fehlt: 10. SCHARSO, Büttel.

3 13 314

20 VAVORABEL] günstig, von franz. favorable. 22 Adi] Adieu.

4. Comcedia von König Mantalors unrechtmessigen Liebe 75 316

15 Paselemanis] Handküsse; ital. baciamano.

319

11 EPIRON] Epiros, Landschaft land.

320

13 Trometen]

321

6 Zehrer] Verschwender. 34 EVENS] Euenus, König von Atolien, dessen Tochter Marpessa von Ldas geraubt wird. Der Vater verfolgt die beiden bis an den Fluß Lykormas und stürzt sich, als er die Sinnlosigkeit seines Unternehmens erkennt, in das Wasser, das forthin seinen Namen trägt. Als Apollo den Frevler Ldas bestrafen möchte, läßt Zeus Marpessa entscheiden, die sich für den Entführer ausspricht. Richters Hinweis (S. 111) auf den Theologen Evenius, der in Wittenberg, Halle und Magdeburg lehrte, scheint mir nicht überzeugend.

324

19 cassiren]

325 326

von franz.

Nordwestgriechen-

Trompeten.

zerstreuen.

ι außjechen] austreiben. 3 MOLEST] lästig; von ital. molestare. IS VEXATION]

Neckerei.

327

22 Scherey] Schererei,

329

24 Geyger] Geier.

330

23 Bodenlohn]

Ungelegenheit.

Botenlohn.

333

25 CARONE] Charon, Fährmann

335

27 Büttel] Gerichtsdiener,

336

in

baisemain oder

9 SCHARSO] nicht im

der

Unterwelt.

Schergen. Personenverzeichnis.

3 3 7 5-11 Die Liebesklage von Schambitasche ist eine Karikatur des folgenden pathetischen Liebesmonologs von Arpilior. 22 Olissis] Odysseus. 342 7 Schnacken] lustiger, komischer Mann. 346 21 ergribelt] ersonnen. 349 14 gepilper] Trinken, Trinkerei. 16 pilpern] Trinken.

76 350 351 352

353 355

Band II 23 zauwet] beeilet. 6 PENUSCHE] einen Vorteil; verm, von lutein, penus (Mundvorrat). 17 Detry] Es handelt sich um einen Hinweis, der sicher aus den Titeln der im 16. Jahrhundert gängigen Rechenbücher abgeleitet ist, wie ζ. B. Arithmetices Erotemata puerilia, in quibus sex species huius utilissimae artis, et regula, quam vocant, Detri, breviter et perspicue traduntur / collecta, et in lucem iam recens edita, ä Luca Lossio (Frankfurt: Christian Egenolffs Erben 1559) oder Rechenbuch: Erstlich/Von Vortheil vnnd Behendigkeit / nach der Welschen Practica/mit jhren vnterschiedlichen Proportionibus, Grund vnd vrsach der Regel Detri oder proportionum [...] Durch Andream Helmreich von Eißfeldt (Leipzig: Zacharias Berwald 1595). 18 Falsen] ungeklärte Bezeichnung für eine mathematische Operation. 20 eine H e und eine Sye] einen Er und eine Sie; einen Mann und eine Frau. 4 Semlen] Brötchen.

357

12 EXEQUIREN]

358 359 364

π 4 9 13 13 14 9

370

11

372

12 3 16

durchführen.

stocken] sexuell verkehren. anpuchen] anpochen. harre] warte. wir] verm. mir. Schandkütten] Weib. Achse] Axt. Pentheus] König von Theben, der von den Bacchantinnen, darunter seine Mutter Agave, zerrissen wird. Menades] Mänaden; rasende Bacchantinnen, die u. a. Orpheus ermorden. Absyrdus] Bruder von Medea. verleffelte] verliebte. bezircke] Macht.

5. SingeComcedien

77

375

21 nahenden]

376 379

382

π Peter Salomon] verm, eine bekannte Sorte Bier. 20 Piramus und Tißbe] Der junge Babylonier Pyramus tötet sich selbst, als er glauben muß, seine Geliebte Thisbe sei durch seine Schuld von einem Löwen zerrissen worden (vgl. Ovid: Metamorphosen IV, 55-161). 11 chischels und schiessels] verm. schaukelt und wiegt. 25 Cassius] Der römische Patrizier Cassius verurteilt und tötet seinen Sohn Sp. Cassius Vicellinus, als er ihn eines Staatsstreichs verdächtigt. 26 Brudus/Manlius/Torquatus] Lucius Iunius Brutus leitet die Verschwörung gegen die Tarquinier und wird erster Konsul der neuen Republik; T. Manlius Torquatus verurteilt als Richter seinen Sohn Silanus, der sich daraufhin erhängt. 17 estige] astreiche, knorrige, harte.

383

ίο L a m e d i r e n ]

380 38 1

384

nagenden.

lamentieren.

5 Phjebje] Phoebus Apollo, die Sonne.

387

19 Rege]

391 393 395 399 400

3 18 8 22 28

Reihe.

tummeln] behandeln. Ebenthewr] Abenteuer. ATROPES] Atropos, eine der drei Moiren oder Parzen. Event] Zustand. solenniter] feierlich.

5. SingeComcedien: Die zwei SingeComcedien / so zur Lust wol agiret werden können sind mit ihren langen Wechselgesängen zwischen Possen-Figuren als Vor-, Zwischenund Nachspiele bei der Aufführung von Wanderbühnen-

78

Band, II

stücken beliebig einsetzbar. Wie Richter dazu ausführt: „Die Neigung, solche Lieder einzusetzen, war außerordentlich verbreitet. Man begegnet ihnen nicht nur in andern Schauspielen der englischen Komödianten, in des Herzogs Heinrich Julius ,Comoedia von einem Wirthesondern auch im Schuldrama. In Samuel Israels ,Pyramus und Thisbe' wird am Ende des zweiten Aktes ,ein schön Lied von dem Urtheill Paridis' gesungen, das beginnt ,Lieb kann alles überwindenund im vierten Akt ermuntern sich Soldaten zum Trinken durch Gesang." (S. 79 f.) Erstmals sind derartige Zwischenspiele im Theater von Jacob Ayrer zu finden, wobei sich die Tradition vermutlich aus der humanistischen Facetienliteratur und aus den in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den deutschen Sprachraum vordringenden Aufführungen der italienischen Commedia all'improvviso (später Commedia dell'arte) herleitet. Parallelentwicklungen sind im spanischen Entremes zu Komödien nachweisbar. Das erste Singspiel hat 124 fünfzeilige Strophen (nach dem Reimschema aa bb c): Eislein, die Gemahlin des Alten, liebt einen Mönch und wird mit ihm erwischt. Der Ehemann möchte daraufhin den Geistlichen in einen Sack stecken und zur Strafe in einen Brunnen werfen. Der Mönch lockt aber den einfältigen Alten in den Sack und befreit ihn erst nach Abgabe des Versprechens eines freien Zugangs zu seiner Frau und einer Prämie von 300 Kronen. Am Ende überfällt dann ein Soldat den Mönch und nimmt ihm das Geld ab. Das zweite Singspiel hat 73 Strophen zu sechs und fünf Versen mit fünf verschiedenen Melodien: Ein Alter wirbt erfolglos um eine Jungfrau, die ihm einen jüngeren Dandy vorzieht.

6. Tragi Comedia

79

Die beigefügten Melodien sind wohl aus damals bekannten und beliebten Motiven aufgebaut, jedoch bis jetzt keiner bestimmten Herkunft zuzuweisen. 402

8 MÜNCH]

Mönch.

403 406 412 420 424 430 433 442 444

18 duncken] dünken, erahnen. 27 Schmatz] Kuß. L LöffelLiedlein] Liebeslied. 24 geheyen] gestoßen. 4 Rantzion] Lösegeld. 14 Grind] Kopf, Stirn. 4 Trappeliern] betrügen, in die Falle locken. 9 Sterckmorseln] verm. Aphrodisiaka. 17 DEOGRATS] Deo gratias, Danksagung, im Sinne von gemeinsam essen. 446 27 Wer] ich werde. 447 25 Jecken] Narren.

6. Tragi Comedia: Der Stoff dieses Stücks stammt mit Sicherheit aus Boccaccios siebenter Novelle des zweiten Tages im Decameron (Ί1 soldano di Babilonia ne manda una sua figliuola a marito al re del Garbo, la quale per diversi accidenti in ispazio di quattro anni alle mani di nove uomini perviene in diversi luoghi; ultimamente, restituita al padre per pulcella, ne va al re del Garbo, come prima faceva, per mogliej und zwar laut Richter (S. 53 f.) auf Grund der Verwendung des Ortsnamens Waffa (S. 513 f.) mit größter Wahrscheinlichkeit aus der 1610 bei N. Basses Erben in Frankfurt a.M. veröffentlichten deutschen Übersetzung. Es ist das eine späte

80

Band, II

Folgeausgabe der Übersetzung von Arigos Cento Nouella. Das buch der hundert nüwen Historien / so ein lieplich geselschaft von Florentz / fliehende den sterben der Pestilentz vmb ergetzlichkeit / vnd minderung jres schmertzen gesagt vnd erdacht hat/gar kurtzweilig vnder grossen anliegenden geschefften der menschen zu lesen oder zu hören (Straßburg: Johann Grüninger 1509; vgl. Frank-Rutger Hausmann: Bibliographie der deutschen Übersetzungen aus dem Italienischen von den Anfängen bis 1730. Tübingen: Niemeyer 1992, Nr. 0144). In diese Grundhandlung eingestreut werden zusätzlich Motive aus der dritten Novelle des fünften Tages (Pietro Boccamazza si fugge con l'Agnolella; truova ladroni; la giovane fugge per una selva, ed e condotta ad un castello; Pietro e preso, e delle mani de' ladroni fugge, e dopo alcuno accidente capita a quel castello dove l'Agnolella era, e sposatala, con lei se ne torna a Roma), und zwar besonders in der zweiten Szene des vierten Aktes (Ankunft von Rosalina bei dem Einsiedler Morpheus). Die Namen der handelnden Personen stammen ihrerseits aus dem Kmzdis-Roman, diesmal aus dem Buch XVI. 7,u Beginn des Stückes berichten Dardanus und Morohn ihrem Herrn Listanus, daß seine Braut Rosalina auf der Reise Schiffbruch erlitten habe und tot sei. In Wahrheit ist sie auf einer Insel gestrandet und befindet sich nun am Hof von Barquinus, der die schöne Frau bei einem Bankett mit Wein gefügig machen will. Argantes, der Bruder von Barquinus, will diesen aber selbst auf solche Art überlisten, um Rosalina für sich zu bekommen. Argantes läßt Barquinus auf offener Bühne erwürgen und zieht sich schließlich mit Rosalina zurück, während der lustige Diener Orgon das wahrscheinliche Geschehen hinter der Bühne für das Publi-

6. Tragi

Comedia

81

kum kommentiert. Zwischen diese dramatischen Szenen werden einige Monologe des trauernden und mit dem Selbstmord spielenden Listanus eingestreut. Mit Hilfe eines Schiffskapitäns stößt Rosalina Argantes jedoch ins Meer und wehrt sich erfolgreich gegen die Nachstellungen der Schiffsbesatzung. Dardanus findet sie zufällig und entführt sie dem Kapitän, der an diesem Verlust verzweifelt. In den letzten Szenen des Stückes streiten dann noch Soldaten, ein Einsiedler und ein Satyr um die bezaubernde Rosalina. Listanus findet sie schließlich beim Einsiedler und befreit sie. Auch wenn dieses höchst dramatische Geschehen einige anzügliche Vorgänge enthält, ist die Wanderbühnenversion doch insgesamt wesentlich zurückhaltender in ihrer Ausdrucksweise, als das Boccaccios Novelle war. Zum Vergleich sei zuerst die Passage 477,20-26 genannt, in welcher Barquinus seine Absichten klar zu erkennen gibt. Im italienischen Original wird alles wesentlich deutlicher ausgedrückt, vor allem was die Gefühle der Frau gegenüber den sexuellen Erfahrungen betrifft: [...] ed ella, che di cio non si guardava, dalla piacevolezza del beveraggio tirata, piu ne prese che alia sua onestä non si sarebbe richiesto; di che ella, ogni avversitä trapassata dimenticando, divenne lieta, e veggendo alcune femine alla guisa di Maiolica ballare, essa alla maniera alessandrina ballo. [...] Pericone non diede indugio a seguitarla, ma spento ogni lume, prestamente dall'altra parte le si corico allato, ed in braccio recatalasi senza alcuna contraddizione di lei, con lei incomincio amorosamente a sollazzarsi. Ii che poi che ella ebbe sentito, non avendo mai davanti saputo con che corno gli uomini cozzano, quasi pentuta del non avere alle lusinghe di Pericone assentito, senza attendere d'essere a cosi dolci notti invitata, spesse volte se stessa invitava, non con le parole, che non si sapea fare intendere, ma c o ' fatti.

82

Band II

Das gleiche gilt für den Schlußkommentar von Listanus, dessen italienische Vorlage die wahren Verhältnisse nicht nur deutlicher bezeichnet, sondern auch noch mit einem sarkastischen Sprichwort kommentiert: Di cio fece il re del Garbo gran festa, e mandato onorevolmente per lei, lietamente la ricevette; ed essa, che con otto uomini forse diecimilia volte giaciuta era, allato a lui si corico per pulcella, e fecegliele credere che cosi fosse, e reina con lui lietamente poi piu tempo visse. Ε per cio si disse: «Bocca baciata non perde Ventura, anzi rinnuova come fa la hina.» Diese Tendenz zur Moralisierung ergibt sich vermutlich aus der allgemeinen Spiritualisierung in der Frühen Neuzeit und der verstärkten Zensur in Folge der Gegenreformation. Gerade in diesem Stück wird das durch einen überaus pathetischen Einsatz des mythologischen Bildungsgutes noch unterstrichen. 453

6 17 21 454 2 14-16 455

Damesel] Demoiselle, Fräulein. Ebenthewer] Abenteuer. Rege] Reihe. geengstes] beängstigtes. Die Fragezeichen hier und auch häufig in der Folge sind als Rufzeichen zu interpretieren.

7 Deucaleon] Deukalion, Ahnherr des neuen schengeschlechts nach der Sintflut. 25 ΡΗΛΒΟ] Phoebus Apollo. 30 PERTORBIREN] stören;

von

ital.

Men-

perturbare.

456

ίο baß] leicht.

457

6 Pann] Waldgott, den offenkundig von den Inselbewohnern verehrt wird. 24 icht] etwas. 26 gepacht] verstanden. 3 PHYTON] Sohn des Sonnengottes; stürzt mit dem Sonnenwagen und löst einen Weltenbrand aus.

458

6. Tragi

Comedia

10 BARNASSO in BOETIA] Parnaß

83 in

Böotien.

12 MYENALUS] eigentl. Mtenalon; wildes in Arkadien, Aufenthalt der Diana. 18 FLORES] Flora, Frühlingsgöttin. 459

26 weschhafftige Dole] geschwätzige

461

ίο spellet] spaltet.

463

24 Hart hart] Wartet 9 Dammichen]

467

Ι RENUSIN] verm. für 13 BASSU] Lage,

Dohle.

wartet.

464 468

Waldgebirge

Fräulein. Trauben.

Zustand;

von latein.

pando (sich er-

öffnen). 469

8 VAVORABEL] günstig, von franz.

470

12 gebähret]

472

20 SCILICET] denke nur,

474

22 Adju] Adieu. 31 LeichConfect]

476

favorable.

verfährt. freilich.

Leichenschmaus.

4 Paselman] Handkuß; von franz. baisemain ital. baciamano. 9 die Schwarde knackt] der Bauch platzt.

oder

478

14 Phyllis] Auf der Rückfahrt von Troja verspricht Demophon, Sohn des Theseus, der thrakischen Königstochter Phyllis die Ehe. Da er dann aber aus Athen lange nicht zurückkehrt, begeht sie Selbstmord und wird in einen unbelaubten Mandelbaum verwandelt. 14 Adonis] von der Göttin Aphrodite geliebter Jüngling.

480

l Daffne] Die Nymphe Daphne, Tochter des Flußgottes Peneios, flieht vor den Nachstellungen Apollos und wird auf ihr Flehen in einen Lorbeerbaum verwandelt. 2 Syringe] Die Nymphe Syrinx wird auf der Flucht vor dem Waldgott Pan in Schilfrohr verwandelt.

Band II

84 481

482

9 Proserpina] Tochter von Jupiter und Ceres, von Pluto in die Unterwelt entführt. 21 Löffeln] Liebelei. 24-25 sich mit seinem Kammerketzigen nach Federßburg Mäuse zu suchen] sich mit seiner Geliebten im Bett zu amüsieren. 10 Juch] Ausruf der Freude. klappern.

17 k l i p p e r n ]

483

20 Carionem] Charon, Fährmann der Unterwelt. 22 Circa:] Die Zauberin Kirke verwandelt die Gefährten von Odysseus in Schweine. 25 Ascalapho] Ascalaphus, der Sohn von Acheron und Orphne, verrät Proserpina und wird daraufhin in einen Uhu verwandelt.

484

4 Polyphemus - Acin] Der Kyklop Polyphemos zerschmettert in eifersüchtiger Wut Akis (Acis), den jugendlichen Liebhaber der Nereide Galateia. 8 Phocris] Hinter einem Busch versteckt, beobachtet die eifersüchtige Prokris ihren Gatten, den leidenschaftlichen Jäger Kephalos; er vermutet ein Wild und trifft sie mit seinem nie fehlenden Speer.

485

23

487

8

Alcair] Kairo.

34

MOLESTIREN] belästigen; von ital. molestare. VAVORABEL] günstig, von franz. favorable.

489

12

Boßknechte] Schiffsleute,

491

30

495

28

496

5

497

24

burt] als Ausruf oder Fluch zu verstehen.

498

10

volten] gehandelt.

504

25

505

9

Matrosen.

Morpheo] Morpheus, Sohn des Hypnos der Träume, personifiziert den Schlaf. eisten] ältesten. Schiffpatronen] Besitzer des Schiffes.

Curase] Courage, Amasin]

Mut.

Liebhaberin.

und

506 508 510

511

13 Passu] Lage, nen). ι Mensch]

85

6. Tragi

Comedia

Zustand;

von latein.

pando (sich

eröff-

Mädchen.

20 Dyletzen] tändeln, scherzen. 24 in ULTIMUS CAPRIS] eigentl. in ultimis capris; in den letzten Zügen; vgl. 85,24 und 187,12. 27 Prischen] verm. Pritsche, neckisches Mädchen. 29 Hasenpannier] den Schwanz, den der Hase bei der Flucht in die Höhe streckt; die Feigheit. 2 ARGUIREN]

streiten.

512

6 Coronida] Koronis, Tochter von Phlegyas und Schwester von Ixion, empfängt von Apollo Asklepios. Noch während der Schwangerschaft betrügt sie aber den Gott mit einem Sterblichen und wird mit einem tödlichen Pfeil bestraft. Dem weißen Raben, der die Botschaft vom Betrug überbrachte, lässt Apollo schwarze Federn wachsen. Die hier zitierte Version einer Verwandlung in eine Krähe (Krohe) ist wohl eine kleine Abänderung des Mythos. 20-21 Arethusa - Alphei] Der Jäger Alpheios verfolgt mit seiner Liebe die Nymphe Arethusa, welche auf ihre Bitte hin in eine Quelle verwandelt wird.

515

6 TlTljUS] Der Riese Tityos will sich an Leto vergreifen, wird aber von Apollo und Artemis getötet. Nach seinem Tod muß er in der Unterwelt schwer dafür büßen: ein Geierpaar zerhackt ihm die stets nachwachsende Leber. 8 TANTALIJ] Zur Strafe für seine Überheblichkeit wird der kleinasiatische König Tantalos in der Unterwelt verschiedensten Qualen ausgesetzt. 9 IXION] Ixion, Sohn von Phlegyas, rühmt sich der Eroberung von Hera und wird daraufhin von Zeus in der Unterwelt auf ein Feuerrad verdammt. 19 sutteln] besudeln, beschmutzen.

516

Ii Micksgen] Mückschen, kleinen 22 Schmer] Fett, Gewinn.

Laut.

86

Band II

517

14 Schnabelweide] Nahrung. 15 ALL'MODO] modischen; von franz. Ä la mode. 16 dem das gelbe noch nicht von dem Schnabel gewischet war] der unerfahren war.

518 524

24 Bernheuter] Bärenhäuter, 7 Jeyger] Geier.

525 526 527 532

5 7 21 6

534

535

536

Gauner.

Amase] Liebhaberin, Geliebte. fixierest] vexierest, neckst. HEPHETA] Tu dich auf (Mk 7,34). NATiviTET stellen] Horoskop erstellen.

17 MARGIRET]

marschiert.

20 MADESIN] verm. Verformung von Mathematik. 15 OCYRHOE] Ocyrhoe, die Tochter von Chiron und Chariclo, sagt die Zukunft von Äskulap voraus und wird in eine Stute verwandelt (vgl. Ovid: Metamorphosen 11,635-675). 16 FAMA] Personifikation der Gerüchts, deren zwischen Himmel und Erde gelegener Palast von Ovid (^Metamorphosen XI1,39-63) beschrieben wird. 24 Cimmeria] Gebiet im äußersten Westen, wohin kein Sonnenstrahl mehr dringt. 26 ICELON und PLANTASOS] Icelos ist ein Name des Traumgottes Phobetor; der Traumgott Phantasos ist ein Sohn von Somnus. 30 IRIS] geflügelte Götterbotin. 3 MARCISSO] Der schöne Jüngling Narkissos verschmäht die Liebe der Nymphe Echo und wird dafür mit unstillbarer Selbstliebe bestraft. 5 Pyromo] Der junge Babylonier Pyramus tötet sich selbst, als er glauben muß, seine Geliebte Thisbe sei durch seine Schuld von einem Löwen zerrissen worden (vgl. Ovid: Metamorphosen IV, 55-161). 17 gedübelten] verdoppelten. 24 Refier] Revier, Gegend.

544 12-13 vermatten Lefftzen] müden

Lippen.

7. Trageedi Unzeitiger

Vorwitz

87

7. Tragoedi Unzeitiger Vorwitz: Die Quelle dieses Stückes ist ohne Zweifel eine Erzählung von Miguel de Cervantes mit dem Titel El curioso impertinente, welche als eine Art Novelle in den ersten Teil von Don Quijote, Kapitel 33-35, eingeschoben ist. Die unmittelbare Vorlage dürfte eine deutsche Ubersetzung der französischen Fassung von N. Boudouin (Le curieux impertinent - El curioso impertinente. Traduict d'Espagnol en Francois. Paris: Jean Richer 1608) sein: Unzeitiger Fürwitz/Eine Newe vnnd schöne Historia. Dorinnen etlicher Männer vnzeitiger Eifer / vnd der Weiber Schwachheit / auch beyder außgang abgemahlet wird / Nützlich vnd lustig zulesen. Jetzo aus Spanischer Sprach in die Deutsche bracht. Gedruckt im Jahr/1617. Richter weist nämlich nach, daß zahlreiche Dialoge wörtlich übernommen werden. Es gibt darüber hinaus vor 1630 (erstmals gespielt zwischen 1605 und 1608) ein gleichnamiges spanisches Drama von Guillen de Castro, dem Autor von Las mocedades del Cid, sowie eine anonyme englische Version dieses Stoffes mit dem Titel The second maid's tragedy (von Ludwig Tieck in Shakespeares Vorschule unter dem Titel Der Tyrann übersetzt): von zwei unzertrennlichen Jugendfreunden heiratet der eine, worauf der andere sich aus moralischen Gründen etwas zurückzieht. Während bei Cervantes (und den Übersetzungen) die in Florenz angesiedelte Handlung linear erzählt wird, beginnt das Stück - vermutlich in Frankreich (vgl. den Ortsnamen Angiers bzw. Angirs S. 600,7, 610,14 und 611,4) - mit einem Monolog von Amandus nach seiner Hochzeit, in dem er erklärt, er möchte nun die Tugend seiner jungen Frau Juliana auf die Probe

88

Band II

stellen. Diese Passage entspricht ziemlich den wiedergegeben Dialogen im spanischen

wortgetreu Original:

[...] y con esa confianza te hago saber, amigo Lotario, que el deseo que me fatiga es pensar si Camila, mi esposa, es tan buena y tan perfeta c o m o yo pienso, y no puedo enterarme en esta verdad, si no es probandola de manera, que la prueba manifieste los quilates de su bondad, como el fuego muestra los del oro. Porque yo tengo para mi joh amigo!, que no es una mujer mäs buena de cuanto es, ο no es, solicitada, [...]

Die Namen sind allerdings geändert: Anselmo —> Amandus; Camila —> Juliana; Lotario —> Mannus; Leonela —> Alacinna (Verdrehung von Ancilla). Mannus, der Juliana nun verführen soll, warnt aber Amandus und wehrt sich vergeblich gegen das Vorhaben seines Freundes. Als Parallelhandlung auf der komischen Ebene werden heitere Szenen mit dem alten Freier mit dem sprechenden Namen Stultanus (vgl. die Figur des Nausiclus in Sidonia und Theagenes, Bd. 1, S. 269-344, bzw. des Doctor Gratianus in Rollenhagens Amantes amentesj und dem jungem Dandy Monsour Schoßwitz eingestreut. Während der junge Mann Erfolg hat, wird der lächerliche Alte durch das Überreichen eines Korbes (S. 607,15) abgewiesen (vgl. die zweite der SingeComoedien, S. 447,1-5). Amandus möchte die Vorgänge zwischen Juliana und Mannus aus der Distanz mit einem Zauberspiegel beobachten, ein Motiv, das zu dieser Zeit auf der Bühne sehr beliebt gewesen sein dürfte (vgl. L'Illusion comique von Pierre Corneille). Richter kritisiert den Mangel an Originalität in diesem Stück: „Nirgends ist im Liebeskampf der Zauberer so gewaltsam und zwecklos eingeführt wie hier, und man erkennt sofort in ihm eine getreue Nachbildung des Zauberers im ,Königssohn von England' aus

7. Trageedi Unzeitiger Vorwitz

89

der Sammlung von 1620." (S. 31) Der Schwarzkünstler trägt dort den Namen RUNCIFAX DOCTOR, wird aber in einigen Passagen als Barrabas angesprochen. Man gewinnt den Eindruck, daß diese Figuren derart austauschbar sind, daß in den Texten die Namen nicht immer angeglichen werden, denn auch hier wird der Zauberer Hecator bei seinem ersten Auftreten von Stultanus als Pater Florian bezeichnet (562, 33). Juliana wehrt sich zuerst überzeugend gegen die Verführungsversuche von Mannus, worauf Amandus seinen Freund weiter drängt. Als Amandus wieder ankündigt, einige Tage abwesend zu sein, teilt ihm Juliana mit, aus Vorsicht zu ihren Eltern ziehen zu wollen. In Wahrheit hat sie sich aber schon mit Mannus eingelassen, was dieser schließlich auch Amandus anvertraut. Juliana versucht nun, der Lage durch Selbstmord zu entgehen, wird aber gerettet. Bei Cervantes erfolgte nach Aufdeckung des Tatbestandes die gemeinsame Flucht von Camila und Lotario, was Anselmo in den Selbstmord treibt. Als sie Kenntnis vom Abschiedsbrief des Ehemannes bzw. Freundes erlangen, geht Camila ins Kloster und Lotario zieht in den Krieg. Am Ende der Wanderbühnenversion erfolgt noch eine Belehrung von Amandus, der ebenfalls alles verloren hat (Freund und Frau) durch die allegorische Figur der Desperatio, die ihn nach seinem Selbstmord tot von der Bühne trägt. Diese Schlußszene nimmt deutlich Elemente des allegorischen Theaters bzw. der morality plays auf. Die Truppe von Hoffmann und Schwarz spielt dieses Stück 1657 in Frankfurt a. M. 553

8 Stultanus] der Name nennt bereits die Dummheit bei ihrem Namen (abgeleitet von latein. stultus), worauf im Text auch angespielt wird (597,21 und 609,12).

Band II

90

9 MONSOUR SCHOSSWITZ] der

Zusatz

Monsieur

vor

dem typischen Namen des eitlen jungen Mannes deutet seine Ausrichtung auf die französische Mode an; die fallweise in der Literatur zu findende Ableitung des Namens von dem sächsischen Hofnarren Christoph Schaßwitz scheint zweifelhaft. 11 SCHAN] abgeleitet von Jean. 556 13 Sperantz] Hoffnung; von ital. speranza. 18 spötter] später. 27 VAVORABEL] günstig, von franz. favorable. 563

3 MARGIEREN]

5 7 28 564 24 566 14

marschieren.

perturbiret] stört; von ital. perturbare. molestiren] belästigen; von ital. molestare. Damesel] Demoiselle, Fräulein. Vexation] Kränkung; von franz. vexer. PERSCHUATIRET] überzeugt; von franz. persuader.

569 23 PASSO] Zustand, Lage. 570 5 kutzel] Bezeichnung für weibliche Scham, hier: Weib. 7 unigkutzelichten] honigsüßen. 571 572

5 Personasie] Person. 8 Paßgenrichte Kammerkätzigen] gefügiges

Mädchen.

573 18 Kupffler] verm. nur fehlerhaft für Kuppler. 21 Korpff] verm. nur fehlerhaft für Kopf. 577 2 Das Fragezeichen ist hier ebenso wie häufig in der Folge wohl als Rufzeichen zu verstehen. 16 Gesper] Maulsperre. 578 27 gleichsehre] gleichwohl. 579

l liebie] offenkundig ein Druckfehler; das Wort ist vermutlich zu streichen. ι Baßgänriche] gefügige. 58 1 20 Osculatur.:] Er küßt sie. 585 8 Quodlibetischer Zeigkammer] Rumpelkammer. 594 18 Schmätzichen] Kuß. 27 unmolestiret] unbelästigt; von ital. molestare.

7. Trageedi Unzeitiger Vorwitz 603 604 606 609 610 613

615 630

633

637 638 640 641 644

12 14 13 13 26 1-2 6 6 7 11 π 31 23 li

91

zuschieret] das Feuer anfacht. Bettschelmichen] attraktive Mädchen. Sehber] Speichel. begratie] bedanke; von ital. grazie. löffelhafftigen] verliebten. Scheussenpeltze] leichtfertigen Frauen. Creutze] Elend. reidige] ranzige. finniger] unappetitlicher. leffelt] liebt, liebkost. Mullen] verm. Müll, Staub. meine Lauten schlagen] obszöne Anspielung. Pläsier] Freude; von franz. plaisir. Mensch] Mädchen. 15 TLTLUS] Der Riese Tityos will sich an Leto vergreifen, wird aber von Apollo und Artemis getötet. Nach seinem Tod muß er in der Unterwelt schwer dafür büßen: ein Geierpaar zerhackt ihm die stets nachwachsende Leber. 15 D A N D A L U M ] Zur Strafe für seine Überheblichkeit wird der kleinasiatische König Tantalos in der Unterwelt verschiedensten Qualen ausgesetzt. 7 Lucretia] Es handelt sich wohl um eine abweichende Darstellung der Geschehnisse um Lucretia, die sich ja am Tag nach der Schändung durch Tarquinius Sextus das Leben nimmt; vgl. Livius Ab urbe condita I, 58. Die spätere Erwähnung (638,20) scheint korrekter. 15 das Geblüt verstopffet] die Blutung stoppt. 31 EXEQUIRET] ausführt. 12 nechten] gestern. 13 schlumpffshalben] zufällig. 7 Klöterhengßgen] Schätzchen. II in ULTIMIS CAPRIS] zuletzt. 13 Ackerelementisch] sehr, äußerst. 19 Caphäne] Kapaune.

92

Band II

646 13 Favitet] Glut, 18 schliefferigen]

Kraft. schlüpfrigen.

650 10 Brecken] Hündin. 652 16 Event] Vorfall, Ereignis. 27 kollern] wüten, toben. 653

5 Mehren] Metzen, Dirnen. 13 Naschbarten] Umhängtuch, 24 Bäckichen] Päckchen.

654 5-6 Bethziechen]

Bettüberzug.

Serviette.

BAND

III:

Die Schau-Bühne Englischer und Frantzösischer Comcedianten von 1670 erscheint in drei Bänden. Von den neun Stücken des ersten Bandes stammen acht Übersetzungen aus der französischen Komödienliteratur der Zeit; lediglich die ebenfalls aus dem Französischen übersetzte Tragi-Comoedia Antiochus gehört zu einer anderen Gattung. Es ist bereits im Titel offenkundig, daß der Verleger schon im ersten Band - und natürlich noch wesentlich stärker in den Bänden 2 und 3, welche eine Reihe von Neudrucken der Sammlungen von 1620 und 1630 enthalten - an die Engelischen Comedien und Tragedien und an den Liebeskampf anknüpfen möchte. Die teilweise wörtliche Wiedergabe der Vorreden dieser beiden Bände bestätigt seine Absicht. Obwohl der Titel im Gegensatz zu der Sammlung von 1620 den Berufsstand der Komödianten nun in den Vordergrund stellt, liegt bei diesen Bänden das Hauptinteresse des Herausgebers auf den Stücken, welche vorwiegend in Ubersetzungen und nicht in spezifischen Bearbeitungen für die Spieltechniken und Aufführungsbedingungen der Wanderbühne geboten werden. Während man also bei den ersten Sammlungen durchaus schließen konnte, daß sie den Text von Stücken wiedergeben, welche im Großen und Ganzen in dieser Form zur Aufführung gelangt sind, darf man bei der Schau-Bühne wohl eher davon ausgehen, daß ihre Stücke für die Lektüre oder für Laien-Truppen (ζ. B. Schultheater) bestimmt sind. Wie Richter aus-

94

Band, III

führt: „Wenn man im Liebeskampf auf Schritt und Tritt Spuren wahrnimmt, die Beziehungen des Verfassers zum Schauspielerstande wahrscheinlich machen, so bietet die Schaubühne auch nicht ein Merkmal, das auf einen solchen Zusammenhang schließen ließe. Es geht auch schwerlich aus der Anlage und dem Zwecke der Schaubühne hervor, daß der Herausgeber für die Bedürfnisse der Schauspieler arbeitete. Nicht den Schauspielern wollte er Stoffe für ihren Spielplan in die Hand liefern, denn diese wären kaum mit dem Druck so ohne weiteres einverstanden gewesen." (S. 294) Besonders das letzte Stück des dritten Bandes, Damons Triumph-Spiel, unterstreicht für Richter den dilettantischen Charakter der hier abgedruckten Texte: „ Solche Allegorien blieben zu allermeist auf einen ganz kleinen Wirkungskreis beschränkt, es waren Gelegenheits- oder Festdichtungen, womit die Komödianten sich nicht viel abgaben." (S. 300) Die Schau-Bühne ist also in wesentlich geringerem Maße als die beiden vorhergehenden Sammlungen ein Spiegel des Theaterlebens der Zeit, sondern mehr ein Dokument der literarischen Rezeptionsgeschichte. Richter (S. 300, Anm. 1) zitiert als Beweis für die lange anhaltende Wirkung eine Folgeausgabe von 1727.

Vorrede: Es handelt sich um eine in der ersten Hälfte wörtliche, danach etwas umformulierte Wiedergabe der Vorrede aus dem Liebeskampf von 1630. 5

3 König Salomon] eigentlich helet oder Ecclesiastes) 3.

das Buch Prediger

(Ko-

1. Comoedia Amor der Artzt

95

1. Comoedia Amor der Artzt: Dieses Stück ist eine direkte und - wie Meloni festgestellt hat - weitgehend getreue, wenn auch nicht komplette Ubersetzung von L'amour medecin (1665), deren Erscheinungsdatum die oft erstaunlich raschen Rezeptionsvorgänge illustriert. Die französische Vorlage scheint eine in den Meßkatalogen dieser Jahre angebotene Ausgabe aus den Niederlanden zu sein: L'Amour medecin, comedie (Amsterdam: Pierre le Grand 1666). Spätere Ubersetzungen dieser Komödie in das Deutsche (vgl. Thomas A. Keck: Moliere auf Deutsch. Eine Bibliographie deutscher Übersetzungen und Bearbeitungen der Komödien Molieres mit Kurzbeschreibungen. Hannover 1996, und Gabriele Blaikner-Hohenwart: Der deutsche Moliere. Moliere-Ubersetzungen ins Deutsche. Frankfurt a.M. 2001) finden sich als: -

Amor der Artzt im zweiten Teil der ersten deutschen Sammelübersetzung von Molieres Stücken durch Johanna Eleonora Petersen: die erste Ausgabe erscheint unter dem Titel Derer Comedien des Herrn von Moliere Königlich Frantzösischen Comödiantes ohne Hoffnung seines gleichen Erster [ - Dritter] Theil So hohen als niedern Stands= Personen zu erbaulicher Gemüths=Belustigung der Jugend aber welche der Frantzösischen Sprach begierig seyn mag zu desto geschwinder und leichter Begreiffung derselben in das Teutsche durch J. Ε. P. Mit schönen Kupffern und das erstemal also gedruckt Nürnberg zu finden bey Johann Daniel Taubern Buchhändlern 1694. Ab der zweiten Ausgabe 1695 wird der Gesamttitel auf Histrio Gallicus comico-satyricus sine exemplo verändert; 1696 wird ein vierter Teil (Vierdter Theil der Weltberühmten

96

Band

III

Lust=Comödien Des unvergleichlichen Königlich=Frantzösischen Comödianten Herrn von Moliere,) hinzugefügt. Die von Wolfgang Philipp Kilian gestalteten Folgeausgaben 1700-10 und 1721 tragen schließlich den Titel: Des Herrn von Moliere Schertz= und Ernsthaffte Comoedien. Auf vieler Verlangen / Wieder aufs neue zum drittenmal ins Teutsche übersetzt Und mit säubern Kupffern gezieret. Nürnberg und Altdorff Bey Joh. Daniel Taubers sei. Erben. An. 1721. - Die Liebe ein Artzt, Ein Lustspiel mit Tänzen im zweiten Teil der Gesamtübersetzung von Friedrich Samuel Bierling: Des Herrn Moliere Sämmtliche Lustspiele Nach einer freyen und sorgfältigen Uebersetzung Erster [ - Vierter] Theil. Mit Königl. Poln. und Churfürstl. Sächsischer allergnädigster Freyheit. Hamburg, bey Christian Herold 1752. Eine Folgeausgabe davon erscheint 1769. - amor der beste arzt unter der Nummer 91 im sogenannten „Weimarer Verzeichnis" (einer um 1700 aufgezeichneten Liste von Stücken, deren Aufführungen ein Nürnberger Handwerksmeister in seiner Stadt gesehen hat), wobei nicht zu klären ist, um welche Fassung es sich dabei handelt. - Amore medico, oder Die Liebe, ein Arzt auf dem Spielplan des Kärtnertortheaters in Wien 1739. Der Ubersetzer streicht den Prolog des Original, in welchem die Personifikationen der Comedie, der Musique und des Ballet auftreten, obwohl er dann im letzten Auftritt die Szenen mit diesen Figuren beibehält. Das Stück beginnt gleich damit, daß der wohlhabende Bürger Sganarelle über die krankhafte Melancholie seiner Tochter klagt. Einige Personen aus seiner Umgebung geben ihm daraufhin gute Ratschläge, deren Ei-

1. Comoedia Amor der Artzt

97

gennutz Sganarelle aber erkennt und sie daher zurückweist. Lucinda ist in Wirklichkeit verliebt und versucht nur; ihrem Vater mit ihrer vorgetäuschten Krankheit seine Zustimmung zur Heirat abzupressen. Der Vater läßt zunächst Arzte rufen, die durch die bei Moliere üblichen Scherze über ihre Ignoranz lächerlich gemacht werden, wobei das Gespräch der Arzte über ihre Visiten (S. 27) um die komplizierten Wegbeschreibungen innerhalb von Paris gekürzt wurde. Der geliebte Clytandre kommt schließlich als Arzt verkleidet und verspricht, Lucinda zu heilen. Er nennt Sganarelle eine inszenierte Hochzeit als einziges Heilmittel, bei welcher der Vater bereitwillig mitspielt, weil er sich für besonders schlau hält. Natürlich wird er damit von den beiden Liebenden hereingelegt und kann nur mehr die vollendeten Tatsachen akzeptieren. Der Vater wird so für seinen Egoismus bestraft, der ihn dazu veranlaßt hat, die Tochter und natürlich auch ihre Mitgift möglichst lange zu behalten. Insgesamt handelt es sich um eine bemühte, aber doch für die Feinheiten des Textes völlig unempfängliche Übersetzung. Als Beispiel diene der erste Auftritt von Sganarelle im Original: Ah! l'etrange chose que la vie! Et que je ne puis bien dire, avec ce grand philosophe de 1'antiquite, que qui terre a, guerre a, et q u ' u n malheur ne vient jamais sans l'autre! Je n'avois qu'une seule femme, qui est morte. (Moliere: CEuvres completes. Ed. R. Jouanny. Paris: Garnier 1962, S. 783)

Abgesehen von dem ausgelassenen Hinweis auf die Antike wären an der Ubersetzung zwei Dinge zu bemängeln: 1. etrange bedeutet seltsam und nicht elend; 2. die sprichwörtliche Formulierung qui terre a, guerre a, die soviel sagt wie „ Wer Besitz hat, hat auch Arger", wird

98

Band

III

völlig unverstanden übertragen. Daraus muß man wohl schließen, daß der Übersetzer das Original nur mangelhaft versteht. Das bestätigt sich vor allem bei den Redewendungen, wie il court la poste, d.h. er nimmt die Postkutsche, und nicht das unverständliche laufft die Post (31,20). 11

26 Enckelin] Lucretia ist eigentlich die Nichte von Sganarelle. Im Personenverzeichnis fehlen, neben den Figuren Comoedie, Ballet und Music, auch der Marcktschreyer und der Notarius.

12

15 COMPLEXION] Gesichtsfarbe,

13

14 Alamodische] nach franz.

der

Teint.

Neigung

bzw.

Mode;

von

ä la mode.

15 24

24 Vettel] alte oder hässliche Frau. ι Purgier-Tränck] Tränke zur Reinigung säfte.

27

ίο THEOPHRASTI und ARTEMII] verm. eine Bemerkung über grundsätzliche Orientierungen der Medizin. Mit Theophrastos dürfte der gleichnamige Naturphilosoph der Antike (370-287 v. Chr.) gemeint sein, dessen Charakterstudien La Bruyere als Vorlage für sein Hauptwerk verwendet; mit Artemius, dessen Name auch im Original so lautet, könnte Anthimus, Verfasser einer Nahrungsdiät aus dem 6. Jh. n. Chr., gemeint sein.

28

6 die Feige weist] sie verhöhnt, bärde macht.

eine

der

höhnende

Körper-

Ge-

31

29 AFINOS] im Original atmos (d. h. gnech. offensichtlich durch einen Druckfehler formt.

QTUO^J und derart ver-

32

12 Iulep] ein Kühltrank aus destilliertem Wasser, Sirup und eventuell Tinkturen, der zum Kühlen bei Fieber verwendet wurde.

2. Die Comoedie ohne Comoedie 33

99

8 ORVIETAN] ein Wunderheilmittel aus verschiedensten Medikamenten (ähnlich dem Theriack), welche nach der Stadt Orvieto oder seinem aus dieser Stadt stammenden Erfinder (angeblich Hieronymus Ferontes; vgl. Zedlers Großes vollständiges Universal-Lexikon, art. Orvietan) benannt ist. 20 Podagram] Podagra, eine Form von Arthritis, die im Fuß (griech. πούς) ihren Anfang nimmt.

40 18-19 CONSTELLlrte Ringe] Bedeutung.

"Zaubemnge

mit

astrologischer

2. Die Comoedie ohne Comoedie: Dieses für die Wanderbühnen-Tradition äußerst ungewöhnliche Stück basiert auf Philippe Cluinaults La comedie sans comedie (Paris: Guillaume de Luyne 1657) und stellt ein Spiel mit verschiedenen Gattungen der dramatischen Literatur dar. Die in zwei Töchter eines Kaufmanns verliebten Schauspieler Hauteroche und La Roque möchten ihrem erhofften Schwiegervater den wahren Wert ihres in der Öffentlichkeit so verkannten Berufes vorführen, woraus dann der Entwurf eines vom zweiten bis fünften Akt gezeigten Spielplans entsteht. Es werden bekannte Formen der theatralischen Gattungen in vier Aufführungen gezeigt, welche die charakteristischen Figuren und Motive zur Schau stellen sollen: eine italienisch-französische Pastorale (nach dem Vorbild von Tassos Aminta, Guarinis Pastor fido und Mairets Silvanirej thematisiert mit bekannten Techniken (Echospiel) die Liebe unter den Schäfern; die Komödie um den liebeskranken Doktor greift auf vertraute Figuren aus der Improvisationskomödie nach italienischem Vorbild (Isabella - Dottore) zurück; eine

100

Band III

Tragödie verarbeitet das im 17. Jahrhundert weit verbreitete Thema des Kampfes zwischen Tancredi und Clorinda aus Torquato Tassos Gerusalemme liberata; eine Tragikomödie schließlich inszeniert ebenfalls mit Gestalten aus Tassos Epos effektvoll (mit Zaubergeist) die Macht der Liebe, durch die der christliche Ritter Renatus der Rache der Zauberin Armide entrinnt. Die im Gesamtrahmen thematisierte Tätigkeit der Schauspieler wird beispielhaft vorgeführt und spiegelt damit die sich etablierende Mode der Salon-Theater in den Landschlössern des 17. Jahrhunderts wider. Insgesamt unterstreicht die Wahl eines Stückes dieser Art die Annahme, daß die Texte der Schau-Bühne nicht mehr für das Berufstheater, sondern eher für Amateuraufführungen bei gesellschaftlichen Anlässen bestimmt sind. Die deutsche Übersetzung verzichtet auf die gebundene Sprache des Originals und übergeht sprachliche Schwierigkeiten durch kleine Streichungen oder durch unklare Formulierungen (vorwiegend bei den Gesangseinlagen ). 51

5 JODOLET] im Original: Jodelet. 6 HAUTEROCHE] Vermutlich bezieht sich der Name auf Noel Le Breton de Hauteroche (1617-1707), Schauspieler und selbst Autor von Komödien. 8 LA ROQUE.] hier wäre laut Original hinzuzufügen: ein Comödiant. 10 SLLVANLRE.] laut Original ältere Schwester von Aminte. 12 LA FLEUR] Name eines zu dieser Zeit in Paris auftretenden Schauspielers.

53 5-15 Die Übertragung des Gedichtes ist - wie auch die folgenden Gesangseinlagen - gegenüber dem Original sehr frei. 54 13 Ich will dich Schelmen lernen.] Diese Replik ist wesentlich schwächer als das Original, in dem eine Ge-

2. Die Comoedie ohne Comosdie

55 56 63 65

101

walttat gegen den Diener angekündigt wird (A.ssommons ce faquin.^ l den Maulesel hüten] dumm herumstehen.

66

8 flattiren] schmeicheln; von franz. flatter. 24 Fuchsschwäntzer] Schmeichler. 5 quittiren] verlassen, vernachlässigen; von franz. ter. 25 Gesellschaft] im Sinne einer Schauspieltruppe.

72

23 SALVIREN] retten; von ital. salvare.

quit-

80

9 ACTION] Aktaion wird von dem Kentauren Cheiron zu einem tüchtigen Jäger erzogen. Als er Artemis (bzw. Diana) und ihre Nymphen im Bad beobachtet, wird er zur Strafe in einen Hirschen verwandelt und von den eigenen Hunden zerrissen.

87

20 braviret mich] fordert mich heraus; von franz. braver.

89

93

94 95

8 EILENE]

Filene.

6 CUISTRE] Schuldiener, ζ. T. auch lächerlicher Pedant, wie man an der Ausdrucksweise von Ragotin (104, 15-18) sehen kann. 7 RAGOTIN] Dieser sprechende Name bezeichnet einen kleinen, häßlichen Mann. π reispern] räuspern.

13 19 20 97 25 98 26 104 9

VESTALlsche Nonne] keusche Priesterin der Vesta. Greiner] Sonderling. bequemer] geeigneter. Sigill] Siegel; von ital. sigillo. Vettel] alte oder hässliche Frau. Der liebeskranke Doctor, der sich für gläsern hält und um die Zerbrechlichkeit seines Körpers fürchtet, ist aus einer Novelle von Miguel de Cervantes mit dem Titel El Licenciado Vidriera entlehnt. Vor allem die Szene VI spielt dieses Motiv aus. 15 S i c ] So ist es. IS M O N I T O R ]

Bote.

102

Band III

17 26 26 27-28

RATIONIREN] vernünftig zu denken. EXPECTlre] erwarte; von franz. expecter. DOMO] Haus; von latein. domus. deß PHCEBI lebendiger GLOBUS seinen HEMISPH/ERISCHEN Lauff vollbracht] Mittag. 28 PERTURBATION] Störung.

105 π fabuliert] Phantasiert,

Spricht wirres

Zeug.

106 21 METAMORPHOSlrt] verwandelt. 22 SUBLUNARlsches] irdisches. 25 viTRiFicirt] zu Glas geworden. 107

2 HETEROCLYTlsch] abweichend, 7 ACCENT] Ton. 24 HUMIDUM RADICALE]

verwirrt.

Lebenssaft.

108 25 D O M I N E , D O M I N E , PROCRASTiNirt eure Jahr.] Herr, bleibt am Leben! 109

Herr,

7 COCYTUM] Kokytus, Fluß der Unterwelt. 14 Larven] Kadaver, Leichen. 17 TANTALUM] Tantalos setzt den Göttern seinen Sohn Pelops zum Mahl vor, um ihre Allwissenheit auf die Probe zu stellen. Zur Strafe muß er in der Unterwelt ewig Hunger und Durst leiden.

110 14 DOClren] lehren; von ital. und latein. docere. 14 PARLlren] sprechen; von franz. parier bzw. ital. parlare. 22 RHADAMANTUS] Rhadamantys, einer der drei Totenrichter. 23 DEPENDlrt] hängt ab; von franz. dependre bzw. ital. dipendere. 111 27 FLATTlren] Schmeicheln;

von franz.

112 19 CACOCHYMICUS] schwacher χυτος. 113

9 Schnautzhanen] Gecken,

114 26 Elisadschen] Elysischen, keit. 115

ι NlNUS] Gründer

flatter.

Greis; von griech.

κακό-

Stutzer. d.h. der ewigen

und erster König von

GlückseligNinive.

2. Die Comoedie ohne Comosdie

103

3 CAMBYSES] Kambyses II., König von Persien (529522 v. Chr.), berühmt für seine Grausamkeit. 3 XERXES] Xerxes I., König von Persien (486-465 v. Chr.), Erbauer von Persepolis, Widersacher der griechischen Stadtstaaten. 4 CRCESUS] Kroisos, König von Lydien (561-546 v. Chr.), berühmt für seinen Reichtum. 18 ANAXIMANDER] Philosoph der ionischen Schule (610546 v. Chr.). 20 HERILLUS] Philosoph aus Karthago, Schüler Zenos; er lehrt, daß der vornehmste Lebenszweck des Menschen in der Wissenschaft besteht. 21 XENOCRATES] Philosoph der Schule von Elea (6. Jh. v. Chr.). 21 EPICTETUS] Philosoph der stoischen Schule (50-125). 22 SOCRATES] die Bemerkung bezieht sich vermutlich auf Diogenes Laertius, der erzählt, wie Sokrates von seinen beiden Frauen Xanthippe und Amitta gequält wurde.

117 3 CLORINDE] In Lassos Epos eine sarazenische

Kriegerin, hier als Amazonin bezeichnet, die sich nach der Begegnung an einer Quelle in den christlichen Ritter Tancredi verliebt; sie stirbt schließlich in einem dramatischen Zweikampf mit ihrem Geliebten (vgl. die musikalische Umsetzung dieser Stelle aus dem zwölften Buch durch Claudio Monteverdi). TANCREDE] Der christliche Ritter Lancredi wird nach zahlreichen Kämpfen, darunter dem eben erwähnten mit Clorinda, von der ihn liebenden Erminia gesund gepflegt. HERMINE] Erminia, die Lochter des Königs von Antiochia, verliebt sich als Gefangene in Tancredi. 118 s GODOFRID] Goffredo di Buglione ist in Tassos Epos der Kommandant des christlichen Heeres und ein Idealbild des tugendhaften Ritters. 121 2i MACHlNen] Belagerungstürme.

Band III

104

22 ISMENES] Dieser heidnische Zauberer bekämpft in Tassos Epos das christliche Heer mit satanischen Mitteln. 13 0 26 REVERS] Wende,

Umschwung.

134

π C A S Q U E T H e l m ; von franz.

135

22 RELiQUien]

casque.

Überreste.

136

6 Mehr noch als die Verwirrungen um die Verkleidung von Hermine weicht dieser Schluß von der Handlung in Tassos Epos erheblich ab, in welchem Tancredi nach der Taufe der sterbenden Clorinda schließlich zu Erminia findet.

137

3 ARMIDE] Diese heidnische Zauberin verführt bei Tasso mit ihren weiblichen Reizen die christlichen Ritter, um sie auf ihrer Zauberinsel vom Kampf fern zu halten. Nach der Eroberung Jerusalems unterwirft sie sich schließlich Rinaldo. 5 RENATUS] Der christliche Ritter Rinaldo ermöglicht in Tassos Epos nach seiner Befreiung vom Liebeszauber Armidas den Sieg über die Sarazenen.

l Myrthen] Myrtenbaum. 13 STYGIS] Styx, Fluß der Unterwelt. 14 HECATE] Tochter von Perses und Asteria, Herrin der Zauberei und Giftmischerei. 140 23 Malefitzperson] eine Verderben bringende Person; von ital. malefico. 142 20 Wasen] Rasenstück. 24 ZEPHYRUS] lieblicher Westwind. 25 FLORAE] Flora, Göttin der Blumen und Blüten. 138

143 6 CONTERFAIT] Bild, Portrait. 146 4 Halt in] Halt ein. 147 27 fabulirt] phantasiert, spricht wirres Zeug.

3. Comoedia Die köstliche Lächerlichkeit

105

3. Comoedia Die köstliche Lächerlichkeit: Diese Übersetzung von Molieres Les precieuses ridicules (1659) hat vermutlich die Ausgabe Paris: Guillaume de Luynes 1660 zur Grundlage. Spätere Übertragungen betiteln das Stück meist getreuer: im ersten Teil der Gesamtübersetzung von 1694 mit Die laecherlichen Kostbaren oder die laecherliche Beredsamkeit, in den Folgeausgaben von 1695 und 1700 mit Die lächerlichen Einbilderinnen, oder Der verspottete Hochmuth, und schließlich 1721 mit Les Precieuses Ridicules. Oder: Der Lächerliche Hochmuth Zweyer Bürgers=Töchter. Im ersten Teil von Bierlings Übersetzung lautet der Titel: Die lächerlichen Preciösen, oder die romanmäßig witzigen Frauenzimmer. Als weitere Übersetzungstitel sind zu erwähnen: Der Sprödenspiegel (Leipzig 1777) und Die belesnen Jungfern (Leipzig 1787). 1752 wird Molieres Komödie auf französisch von Mitgliedern des Wiener Hofes in Ebergassing gespielt. Ebenfalls im Original wird sie in Wien, im Theater nächst der Burg, von Jean-Louis Hebert mehrere Male zwischen 1752 und 1772 geboten. Vermutlich französische und deutsche Versionen werden 1741 in Frankfurt a. M., 1749 in Göttingen, 1778 in Gotha und 1783 in München aufgeführt. Die Komödie besteht aus 17 Szenen, in welchen zwei Mädchen aus der Provinz, die sich den preziösen Galanterien der Salons verschrieben haben, durch die verkleideten Diener zweier abgewiesener Freier der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Es handelt sich - wie Meloni auch feststellt - um eine weitgehend getreue Übersetzung. Die Mängel liegen wieder im Bereich des mangelnden Verständnisses

106

Band

III

für Subtilitäten: quatrain hat nichts mit Q U A D R A N T E N (171,22) zu tun, sondern ist ein Vierzeiler; le fin des choses bedeutet nicht das Ende aller Sachen (176,20), sondern die Feinheit aller Sachen. 153

8 Enckel] eigentl. Nichte. 12 ALEMANDER] im Stück bleibt nals, Almanzor.

der Name

des

Origi-

156

29 PlQUlrt sich] rühmt sich, ist stolz; von franz. se piquer. Es handelt sich vermutlich um eine der zahlreichen Nachahmungen der preziösen Ausdrucksweise.

158

12 Jungfern LAC] im Original lait virginal, d.h. eine Art Tonikum für Hände und Gesicht, vorwiegend aus Essig und Rosenwasser.

159

26 CYRUS, MANDANE, ARUNTIUS, CLELIA] Figuren

aus

den Romanen Artamene ou le Grand C y r u s (164953) und Clelie, Histoire romaine (1654-60) von Madeleine de Scudery, wo die glückliche Vereinigung der Liebenden über zehn Bände hinausgezögert wird. 1 6 0 2-30 Die hier geschilderten Phasen einer Liebesbeziehung entsprechen den Handlungsabläufen in den Romanen von Madeleine de Scudery, wie auch aus dem folgenden Hinweis auf das Liebes-Papier zu erkennen ist. 161

10 Liebes-Papier] im Original Carte de Tendre, d.h. die in Scuderys Clelie abgedruckte Karte des Königreichs der zarten Empfindungen.

1 6 2 11-12 POLYXENE, AMYNTHE] Die Preziösen wählen Namen von vorbildlichen Figuren für ihre Gesellschaftsspiele. Polyxene, die jüngste Tochter von Priamos, wird von Neoptolemos nach dem Fall von Troja auf dem Grab seines Vaters Achilles geopfert. Die Zeitgenossen kennen die Figur auch aus der Tragödie L a Mort d'Achille (1607) von Alexandre Hardy. Amynthe ist eine Figur aus Honore d'Urfes

107

3. Comoedia Die köstliche Lächerlichkeit

Pastoralroman L'Astree (1607-27): sie ist jene Schäferin, die von Celadon vorgeblich verehrt wird, um der Umgebung seine wahre Liebe zu Astree zu verheimlichen. 16 Gödchen] Taufpatin. 165 167 168

8 Bernhäuter]

Grobiane.

6-7 verziehen] warten. 5 PlC, REPIC u n d CAPOT] Wendung

aus dem

Karten-

spiel Piquet, die dem siegreichen Spieler bei einem bestimmten Stand die Verdoppelung seiner Punkte erlaubt. 169

170

7 AMILCAR] ebenfalls eine Figur aus d'Urfes L'Astree, nämlich ein burgundischer Adeliger, Bruder von Alcander und Verehrer von Palinice. 16 CANONEN] Spitzenbesatz der Hose am Knie; von franz. canons. 4-5 RETRENCHEMENT]

franz. 173 175

Bollwerk,

Verschanzung;

von

retranchement.

5 IMPROMPTU] spontan; von franz.

impromptu.

2-3 auß dem CABALLlNlschen Brunnen] gemeint ist wohl: aus dem Kastalischen Quell. Es handelt sich bei dieser Replik um eine Erweiterung, da im Original an dieser Stelle nur steht: Tout ä fait bien. 3 Hamen] Angelhaken.

182

22 FLATTlrens] Schmeicheins; von franz. flatter.

184

19 Belägerung ARRAS] Arras in den spanischen Niederlanden wird 1640 von Marechal de la Meiller aye erobert.

185

2 Mase] Narbe. 13 Grävelingen] Gravelines in den spanischen Niederlanden wird 1644 und 1658 von Frankreich eingenommen.

186

189

3 COLLATION] kleine

Mahlzeit;

von franz.

collation.

ΊΟ COURANTEN] dreitaktiger Tanz, der in der des 17. Jahrhunderts sehr beliebt ist.

Musik

108 191 192 194

Band 17 CARESSlren] streicheln;

III von franz.

4 bra vieren] Mut, Herausforderung; 17 CONTENTlren] zufrieden ter.

stellen;

caresser. von franz. von franz.

braver. conten-

4. Comoedia Sganarelle, oder der Hanrey in der Einbildung: Diese Übersetzung von Molieres Sganarelle, ou Le Cocu imaginaire (1660) beruht wahrscheinlich auf der Ausgabe Paris: Thomas Joly 1665. Sie wird nicht in den Histrio übernommen, daher ist die nächste Übertragung jene von Bierling: Skanarell, oder Der Hahnrey in der Einbildung. Vermutlich freiere Bearbeitungen stellen Die glückliche Eifersucht, die am 29. Oktober 1671 in Dresden zur Hochzeit von Adolph zu SachsenWeißenfels mit Johanna Magdalena von Altenburg gespielt wird, und Sganarelle: Der eifersüchtige Ehemann (Wien 1768) dar. Im Original wird das Stück am 2.2.1693 von französischen Komödianten in Hannover aufgeführt; in deutschen Fassungen von der Truppe Schönemann 1753 in Hamburg, von Ackermann 1754 in Hamburg, sowie 1755 in Halle. In 24 Szenen geht es um die eingebildete Eifersucht von Sagnarelle. Im Zentrum der Verwechslungen steht ein Portrait von Lelie, welches Celle am Beginn verliert. Sganarelle glaubt, Lelie sei der Liebhaber seiner Frau, während Lelie glaubt, Sganarelle sei der eben angetraute Ehemann seiner Geliebten Celie. Wie Meloni feststellt, ist der vorliegende Text eine weitgehend getreue Übersetzung, in welcher aber zahl-

4. Comoedia Sganarelle

109

reiche Calembours vor allem in den Monologen von Sganarelle entweder nicht verstanden oder als unübersetzbar eingestuft und weggelassen werden. Vor allem der tragische Stil in den Tiraden von Sganarelle, der sich ganz in der Art der großen Helden ausdrückt, wirkt im französischen Original wesentlich komischer als in der deutschen Übersetzung. 195

13 VILLEBREQUIN,

deß

VALERE

Bruder]

im

Original

und später im Text (228, 26) wird er als Vater von Valere bezeichnet. 14 D e r CELIE M a g d ] im Stück

meist

D I E ALTE.

15 Ein Vatter] Vetter. 197 8 Vittel] Vettel, häßliche Frau. 198 4 ] eigentlich Clelie, als Hinweis auf die Protagonistin des gleichnamigen Romans (1654-60) von Madeleine de Scudery. 6 PLBRACS] Guy du Faur de Pibrac (1529-1584), Jurist, Kanzler von Marguerite de Valois, Verfasser von moralischen Lehrsprüchen. 7 MATHIEU] Pierre Matthieu (1563-1621), königl. Historiograph, Verfasser von moralischen Lehrsprüchen. 199 10 verziehen] warten. 202

9 CARESSEN] Zärtlichkeiten;

von franz.

21 geschmeltzte] Email bzw. der Rahmen

caresse.

daraus.

204 26 Vollzapff] Säufer, Besoffene. 205 Ι CORNELIUS] Wortspiel mit dem latein. Adjektiv corniculatus (gehörnt). 209 11 Bernhäuter] Gauner. 2 1 7 25 bravire] herausfordere, provoziere; von franz. braver. 219 12 CABRIOL] Kapriolen, Luftsprünge; von franz. cabriole.

110

Band III

5. Comoedia Die Liebes-Geschicht dess Alcippe, und der Cephise: Oder Die Hanreyin nach der Einbildung: Die französische Vorlage dieses Stückes trägt den Titel La Cocue imaginaire (Paris: Jean Ribou 1660) und stammt von einem gewissen F. Donneau, über den weiter nichts bekannt ist. Das Vorwort ist nur mit F. D. signiert, auf dem Titelblatt des Exemplars in der Pariser Nationalbibliothek findet sich der handschriftliche Zusatz Par F. Donneau. Auf der ersten Seite des Textes steht ein ausführlicherer Titel Les amours d'Alcippe et de Cephise, ou La cocue imaginaire, Comedie. Richter qualifiziert dieses Stück als minderwertig ab: „ Wir haben es mit einer leeren Nachahmung Molieres zu tun, was freilich dem Ubersetzer nicht zu Bewußtsein gekommen sein mag. Er hat wohl beide Stücke gleich bewertet." (S. 335) Zu dieser Vermutung ist anzumerken, daß dieser Übersetzer offensichtlich an einer reizvollen Variante des Stoffes des eingebildeten Ehebruchs interessiert war und deshalb diesen Text unmittelbar anschließend an das bekannte Beispiel bringen wollte. Mit seiner losen Folge von 22 Szenen hat das Stück eher den Charakter einer Posse: Geronte, ein Bürger aus Paris, möchte seinen Sohn Alcippe mit Hippolite verheiraten, obwohl dieser Cephise liebt und daher gegen diese arrangierte Verbindung protestiert. Uberraschend an der Weigerung von Alcippe, einem völlig illusionslosen jungen Mann, scheint vor allem der Umstand, daß er Hippolite für zu schön und daher für eine ständige Gefahr seiner Position als Ehemann hält. Wegen einer Reihe von Mißverständnissen um ein Porträt

5. Comoedia

Die Liebes-Geschicht

dess Alcippe

111

von Cephise, welches Acippe verloren und Spadarille gefunden hat, wird die Eifersucht von Paquette geweckt, weil sie ihren Mann Spadarille zufällig mit Cephise sieht und in ihr die mysteriöse Schöne auf dem Bild erkennt. Paquette hält sie daraufhin für die Geliebte ihres Mannes und sich selbst für betrogen. Cephise glaubt sich, als sie von Paquette als die vermeintliche Geliebte ihres Mannes beschimpft wird, von Alcippe verraten, während dieser sich wegen der auftretenden Komplikationen schlecht behandelt fühlt. Am Schluß ergibt sich eine glückliche Auflösung für alle Beteiligten, die nun die wahren Abläufe begreifen. Alcippe kann Cephise heiraten, da Hippolite ohnehin schon gebunden war, und Spadarille warnt vor dem so weit verbreiteten Laster der eingebildeten Eifersucht. Die an den meisten Stellen peinlich genau am Text des Originals bleibende Ubersetzung verzichtet lediglich auf die gebundene Sprache. Richter lobt im übrigen die Qualität der Übertragung: „Im einzelnen Ausdruck begegnet uns hier eine erstaunliche Treffsicherheit." (S. 337) 236

12 Leiltücher] Leintücher, 24 erlustirt] vergnügt.

241

23 er will sie] er will ihn. 27 das Feld] den Landaufenthalt; pagne. 27 quittirt] verlassen; von franz. 28 Creutz] Leiden, Qual.

Bettlaken.

im Original

la Cam-

quitter.

242

12 Daffet] Taft,

246

20 O b ihr euch schon in diesem DlSCURS nicht gar verständig erweiset / so will ich doch euer böses Vorhaben hindern/] Der Satz ist im Original ebenfalls etwas unklar; vermutlich ist gemeint, daß Lucresse zur Verbesserung der gegenwärtig anscheinend krisenan-

Seidengewebe.

112

250 252 256 257 258

Band, III fälligen Ehe von Paquette beitragen möchte (empescher vostre maimais mesnage^. Das geht auch aus der Folge hervor, weil sie verspricht, auf der Grundlage von Beweisen Spadarille dann zurechtzuweisen. 28 DEFENSION] Verteidigung; von franz. defense. 3 Hanreyschafft] die Tatsache, daß ich betrogen wurde. 25 Lauff] Korso, Promenade; im Original au Cours. 9 SECUNDlren] helfen, unterstützen; von franz. s e c o n der. 9 DEFENDlrt] verteidigt; von franz. d e f e n d r e . 7 TRACTlre] behandle; von franz. t r a i t e r .

6. Comoedia Die Eifernde mit ihr selbst: Die französische Vorlage dieses Stücks, La jalouse d'elle-mesme von Franqois Le Metel de Boisrohert, erstmals 1649 aufgeführt und 1650 bei Augustin Courbe in Paris veröffentlicht, geht ihrerseits zurück auf die spanische Komödie La celosa de si misma von Tirso de Molina (1621). Der aus Paris stammende Leander kommt nach langer Zeit wieder in die Hauptstadt, um dort die ihm versprochene, aber noch unbekannte Angelique aus Lyon zu heiraten. Er trifft auf der Straße zufällig die maskierte Angelique und verliebt sich in sie. In der daraus resultierenden Serie von Verwechslungen und Komplikationen stellt die ,wahre' Angelique dann bei einem ersten Zusammentreffen Leander zur Rede und wird eifersüchtig auf seine Gefühle für die mysteriöse maskierte Dame, von der er spricht, d. h. auf sich selbst. Um die eigene Faszinationskraft auszuprobieren, be-

6. Comoedia

Die Eifernde mit ihr selbst

113

schließt sie, Leanders Gemüt auf die Probe zu stellen. Sie rechnet jedoch nicht damit, daß eine ebenfalls in Leander verliebte Rivalin sich ebenso maskiert in dieses Spiel mischt, wodurch sich ein förmlicher Kampf um Leander entspinnt. In seiner Verzweiflung, weil er nicht mehr weiß, an welche der beiden Maskierten er sich halten soll, möchte Leander sich schon in seine aussichtslose Lage fügen und wieder aus Paris abreisen. Unter ihrem vorgetäuschten Namen bestellt die maskierte Angelique schließlich Leander in ihr Haus und fordert ihn auf, doch ihre angebliche Freundin Angelique zu heiraten, was zum glücklichen Ausgang führt. Die deutsche Ubersetzung verzichtet auf die gebundene Sprache des Originals. Sie bleibt ziemlich getreu am Text der Vorlage und kürzt nur unwesentlich in manchen Dialogen. Als Die Eifernde mit sich selbst, oder die bezügliche Maske wird die Komödie 1679 in Dresden von der Truppe von Carl Andreas Paulsen gespielt. 2636-16 Einige der Namen sind vermutlich aus Honore d'Urfes bekanntem Pastoralroman L'Astree entlehnt. 2 6 5 5 zu Pariß] Leander war seit seiner Schulzeit nicht mehr in seiner Geburtsstadt. 2 6 7 9 PONTNEUF] 1605 unter Henri IV fertiggestellt, war diese Brücke über die Seine einer der belebtesten Plätze von Paris, wo Jahrmarkt und Promenade für vielfältige Unterhaltungsmöglichkeiten sorgten. 9 SAMARITAINE] Die Samaritaine war im 16. und 17. Jahrhundert eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Paris: Das Pumpenhaus im 2. Bogen des nördlichen Teiles des Pont Neuf zierte ein Glockenspiel mit den Figuren von Christus und der Samariterin. 14 der bezauberten Insul] Es ist im Original ebenso unklar, von welcher Insel Leander spricht. Es könnte sich um die unter Louis XIII neu gestaltete lie

114

Band, III Saint-Louis handeln. Aber natürlich auch um die seit den Regulierungsarbeiten des 19. Jahrhunderts verschwundenen Inseln Louviers bzw. Maquerelle, welche unter Louis XIV als lie des Cygnes bezeichnet wurde. 15 U R G A N D A ] Urganda la Desconocida ist eine Wahrsagerin, die in vielen Episoden des Amadis de Gaula eine Rolle spielt. 30 LA H U C H E T T E ] Die Rue de la Huchette war lange Zeit eine der schönsten Straßen des linken SeineUfers, im traditionellen Quartier latin. Im 17. Jahrhundert gab es dort besonders viele Speiselokale.

268

269

2 Maulaffen] Schaulustige, Neugierige. 14 Maulaffen feil haben] besichtigen, anschauen. 22 Schwäher-Vatters] Schwiegervaters. ι ACCOMODlrt] unterbringt, commoder.

versorgt;

von franz.

ac-

270

3 ORIENT] gemeint ist im östlichen Mittelmeer; im Original en Levant. 23 in dem Rahthauß] bei Gericht; im Original au Palais. 23 SOLLlClTANTin] Bittstellerin; von franz. solliciter.

271

28 C U P I D I N I S ]

d.h. des

Liebesgottes.

276 16 Bernhäuter] Flegel. 280

8 Gassentretter] Obdachloser. 12 Losament] Wohnung, Unterkunft.

286 30 FLATTlret] schmeichelt; von franz. 287

288

flatter.

9 TEMPERlrt] mäßigt; von franz. temperer. 12 LIBERAL] großzügig. 22 INVENTION] Idee, Einfall; von franz. invention. 2 OFFENDlrt] beleidigt, gekränkt, entehrt. 5 QUlTlrt] verlassen; von franz. quitter.

289 14 MERlTlren] verdienen; von franz. meriter. 21 COPULlrt] verheiratet; das franz. Original ist lich sanfter im Ausdruck (marie). 291 25 Larve] Maske.

wesent-

6. Comoedia

Die Eifernde mit ihr selbst

27 DlSPUTlrens] Streitens; von franz. 294

11 Durchgang] Schritt, d.h. die

2 9 5 27 RESOLVirt] 296 297 300 302 303

disputer.

Ehe.

entschließt.

2 DEFENDlren] verteidigen; 16 verkappen] 20 Vorhut]

115

von franz.

defendre.

verkleiden. Vorsichtsmaßnahme.

2 TRACTlre] habe es zu tun; von franz.

traiter.

2 PlQUlrt] reizt; von franz. piquer. Dieser Adelstitel klingt im Französischen wie Brennessel (ortie). 27 Nider BRITANNIEN] Basse Bretagne, d.h. im Gebiet um Nantes.

23 O R T Y E ]

3 0 5 23 Hans Supp] Der Ubersetzer wählt hier eine typische Bezeichnung der Spaßmach erfigur an Stelle des neutralen gaillard (lustiger Kerl) im Original. 3 1 0 18 losirt] gegeben, gesetzt; von franz. loger. 313 15 A M I D O R ] Der Name ist vermutlich aus Honore d'Urfes L'Astree entlehnt. 315 316

8 Schindkracke] Mähre,

3 1 7 24 Pistolen] alte wie 322 323

Gaul.

14 Carbunckel] Bergkristall. 22 Hier fehlt die Angabe: PLNABEL. Goldmünzen

vom

gleichen

Gewicht

Louis-d'or.

18 Britannier]

Bretonen.

6 Augustiner-Gasse] gemeint

ist der Quai des

Augu-

stins in Paris. 325 328

11 iMPORTUNlrt] zur Last fällt; von franz.

importuner.

2 verziehe] warte.

3 2 9 26 VEXlrt] beleidigt, kränkt; von franz. vexer. 3 3 7 9 Raben-aaß] Der Ausdruck im Original (coquette) ist wesentlich sanfter. 3 4 0 26 RENUNClre] verzichte, weise zurück; von franz. renoncer.

116 344

Band, III 2 verORDINIrt] a n o r d n e t .

30 TAGO] Fluß in Spanien und

Portugal.

345 15 Nacht-Scherben] Nachttopf. 348

4 PASSlret] gegolten; von franz. passer. 5 SlMULlrt] vorgetäuscht; von franz. simuler.

349

6 REGALlrt] erfreut;

von franz.

regaler.

7. Tragi-Comoedia Antiochus: Dieses Stück geht auf eine französische Vorlage von Thomas Corneille mit dem gleichen Titel zurück, welche aber 1665 unter der Gattungsbezeichnung Tragedi e in Paris erscheint. Die vom Ubersetzer benützte Ausgabe dürfte jene sein, die im Frankfurter Meßkatalog dieser Zeit angeboten wird und auch die bereits geänderte Gattungsbezeichnung aufweist: Antiochus, Tragicomedie par Th. Corneille ä Amsterdam chez Pierre le Grand 1666. Corneilles Stück wird unter anderem fallweise in der Literatur auch als mögliche Vorlage für ein Opernlibretto von Niccolö Minato (Ί1 Seleuco. Venedig 1666) genannt. Dagegen spricht allerdings, daß Minato bereits 1658 ein Libretto mit dem Titel Antioco verfasst hat, und daß der Stoff bei dem von italienischen Librettisten immer wieder herangezogenen Valerius Maximus (Tacta et dicta memorabilia V,7, ext. 1-2) und in einem Roman von Luca Assarino (La Stratonica. Parma: Viotti 1635) nachzulesen ist. Es handelt sich wohl um ein zu dieser Zeit sehr beliebtes Thema, wie ζ. B. eine Tragödie von Johann Christian Hallmann belegt: Die Merckwürdige Vater-Liebe Oder Der vor Liebe sterbende Antiochus Und Die vom Tode errettende Stratonica (Breslau: Jesaias Fellgibl

7. Tragi-Comoedia

Antiochus

117

1684). Trotz der Behauptung des Autors auf dem Titelblatt (Von Johann Christian Hallmann Erfundenes und in Hoch-Teutscher Poesie gesetztes Trauer-FreudenSpiel,) dürfte es sich hei diesem Werk, dem der Druck eines Szenariums für eine Schulaufführung vorangegangen ist (J. C. H. Antiochus, Und Stratonica, Oder Merckwürdige Vater-Liebe. Breslau: Baumannische Erben 1669), wohl eher um eine Übersetzung von Minatos Seleuco handeln. Der Gattung entsprechend ist das Stück wesentlich gravitätischer und statischer als die meisten anderen Texte der Schau-Bühne, was sich vor allem in der hohen Anzahl relativ langer Monologe widerspiegelt. Die Thematik gehört eindeutig in den Bereich der StaatsAktion: Der syrische König Seleucus möchte Stratonica heiraten und zugleich bei dieser Gelegenheit seinem Sohn Antiochus einer Teil der Regierung überlassen. Gleichzeitig soll dieser auch mit seiner Cousine Arsinoe verheiratet werden. Antiochus aber liebt heimlich Stratonica und würde es vorziehen, für sie auf die königliche Würde zu verzichten. Seleucus nimmt schließlich nach einigen Komplikationen, darunter ein vertauschtes Portrait der beiden Frauen, großmütig Abstand von der Heirat mit Stratonica, die ihm inzwischen ihre Zuneigung zu Antiochus gestanden hat. Das Thema des Stückes ist der Verzicht der beiden königlichen Figuren: der junge Antiochus, der sich bereit erklärt, die angebotene Königswürde seiner Liebe zu opfern, und der alte Seleucus, der seine Macht trotz der nochmals aufflammenden Leidenschaft zu zügeln vermag und in einem langen Monolog (V.2) der Jugend ihre Rechte abtritt. Dieses Motiv wird überdies durch die Geschichte von Tigrane unterstrichen, der aus Standesgründen seine Zuneigung zu Arsinoe überwunden hat (357, 29-358, 6).

118

Band

III

Die sehr getreue deutsche Ubersetzung, die selbst das für Thomas Corneille typische Stilmittel der zweigliedrigen Repetition überträgt, verzichtet lediglich auf die gebundene Sprache des Originals. Die im Vergleich zu den anderen Texte völlig andere Stilhöhe wird freilich auch vom französischen Original vorgegeben: „Die Übertragung spiegelt in dem, wie sie sich von den übrigen Ubersetzungen abhebt, auch den Unterschied des Redestils der Vorlage von den Komödien ab." (Richter, S. 325) 353

9 Enckelin] Nichte;

im Original

355

25 REGULlrt] bestimmt,

357

12 CONFUNDlrt] verwirrt;

358

362

niece.

lenkt; von franz.

regier.

confondre.

von franz.

9 HUMOR] Gemüt, Stimmung; im Original humeur. 10 SUSPENDlret] aufschiebt, unterbricht; von franz. suspendre. 13 PRETEXT] Vorwand; von franz. pretexte. 5-6 LAMENTlrt] jammert, klagt; von franz. lamenter. 17 FLATTlret] wohl tut, erfreut; von franz. flatter. 23 FORClret] zwingt, nötigt; von franz. forcer.

366

16 verkappt] vermummt. 21 DlSPONlrt ihn] bringt ihn

367

π ADMlRlret] bewundert; von franz. admirer. 11 jESTlMlren] schätzen, anerkennen; von franz. mer. 31 MANIER] Art, Weise; von franz. maniere.

368

15 SUCCURS] Hilfe,

369

29 FLATTlren] schmeicheln;

371

18 FAVORlSlrn] begünstigen, voriser.

372

20 CONTREFAIT] Bild,

373

20-30

dazu.

Unterstützung;

von franz.

von franz.

esti-

secours.

flatter. von franz.

fa-

Arsinoe tauscht hier offensichtlich das Bild Stratonica gegen eines von ihr selbst aus, ohne dies in einer Regieanweisung gesagt wird.

von daß

nachhelfen;

Portrait.

8. Die Buhlhaftige 376

23 QUlTlren] verlassen;

382

18 übernimmt]

383

24 OFFERlre] schenke;

387

quitter.

von franz.

überrascht. offrir.

von franz.

6 übersteiget] überwindet (kein Herz kann sich die Liebe wehren); im Original surmonte.

389

15 SALVlrt] gerettet;

392

23 REVERS] Umschwung,

394

119

Mutter

von franz.

sauver.

Wandel;

3 PRyETENDlre] Anspruch

gegen

von franz.

erhebe;

revers.

von franz.

preten-

dre. 22-23 RENUNCllren] verzichten; 401

14 EXTREMlTäten] von franz.

404

renoncer.

Ausnahmesituationen;

extremite.

5 sich erhärtet] darauf 6 braviren] heraufordern;

410

5 MERlTlren] verdienen;

424

5 DEClDlren] entscheiden;

431

von franz.

Extremfälle, besteht. von franz. von franz. von franz.

16 DEPENDlrt] hängt ab; von franz.

braver. meriter. decider. dependre.

8. Die Buhlhaftige Mutter: Die unmittelbare Vorlage für dieses Stück ist eine Komödie von Philippe Quinault, La mere coquette ou Les amans brouillez, die vermutlich am 16. Oktober 1665 erstmals in Paris gespielt wurde. Dieses Stück sollte nicht verwechselt werden mit einer vollkommen gleichnamigen und nur wenige Tage später aufgeführten Komödie von fean Donneau de Vise, welcher sich von Quinault um seine dem älteren und berühmteren Kollegen vorgetragene Idee betrogen fühlte, fedenfalls ist nicht nur das Thema der beiden 1666 in Paris veröffentlichten Stücke gleich, auch die Personenkonstella-

120

Band, III

tion (wenn auch mit anderen Namen) und Szenen, ja ganze Dialoge ähneln einander derart, daß man wohl annehmen muß, Cluinault hatte zumindest Teile von Donneaus Text vor Augen. Die Grundidee stammt vermutlich aus dem ersten Buch von Charles Sorels Le Berger extravagant, oü parmi des fantaisies amoureuses on voit les impertinences des Romans et de la Poesie (Rouen: Jean Berthelin 1646). In der inhaltlichen Struktur besteht eine erstaunliche Nähe zu einer unbedeutenden Komödie von Agustin Moreto y Cavana, De fuera vendrä (1654), wobei allerdings in der Forschung sehr umstritten ist, ob die Analogien ausreichen, um das spanische Stück als direkte Vorlage einzustufen. Die beiden konkurrierenden Fassungen von Quinault und Donneau unterscheiden sich nur in 12-13 Szenen, wobei Cluinault allerdings den dramaturgischen Rhythmus ändert, die Komik nuanciert und die Charaktere psychologisiert. Ftienne Gros kommt jedenfalls in der Einleitung seiner kritischen Ausgabe (Paris 1926) zu dem Schluß, daß Cluinault seinem Plagiat zumindest eine gewisse Originalität zu verleihen weiß und damit auch ein Beispiel für den Literaturbetrieb dieser Zeit liefert. Im Gegensatz zu Donneaus Vorlage erfreut sich Cluinaults Stück jedenfalls einer bis 1804 anhaltenden Beliebtheit auf Pariser Bühnen. Acante liebt die junge Isabelle, welcher zu seiner Überraschung auch sein alter Vater Cremante nachzustellen beginnt. Ismene, die Mutter Isabelles, ist auf die Tochter eifersüchtig und möchte deswegen den jungen Acante verführen. Mit diesem Grundkonflikt verbunden sind die Intrigen der lebenslustigen Ismene, welche sich wegen der langen Abwesenheit ihres Mannes zur Witwe erklären lassen und die jungen Liebenden trennen möchte. Mit Hilfe der ihrer Eitelkeit schmeichelnden Dienerin Laurette bringt sie einen prahlsüchtigen

121

8. Die Buhlhaftige Mutter

Marquis ins Spiel und beauftragt den Diener Acantes, einen eben von einer großen Reise zurückgekehrten alten Mann auszuforschen, der den angeblichen Tod ihres Ehemannes bezeugen soll. Am Ende stellt sich in einem überraschenden Bericht von Laurette heraus, daß dieser alte Mann selbst der verschollene Ehemann von Ismene und Vater von Isabelle ist. Damit sind die Hindernisse für Isabelle und Acante beseitigt, die intrigante Dienerin wird gescholten, und Ismene sowie Cremante werden wegen ihrer Eifersucht auf die junge Generation ausgelacht. Die deutsche Ubersetzung verzichtet auf die gebundene Sprache. Gegenüber dem Original sind nur ganz leichte Kürzungen in den Dialogen festzustellen. 433

6 CHAMPAIGNE] Die Dienerfiguren

443

nach der Region ihrer Herkunft 29 Lapp] Laffe.

447

24 DISPUTIren] stYeitevivon

449

450 452 453 458 459 462 463 464 467 477

werden

oft

nur

benannt.

fYdtiz. disputer.

6 DEPUTAT] Geld.

31 Podagram] Podagra, eine Form von Arthritis, die im Fuß (griech. πους) ihren Anfang nimmt. 3i Flüß] Katarrhe. li auffgehüllt] frisiert. 18 bravirt] provoziert; von franz. braver. 8 RETRANCHlren] sich verschanzen; von franz. se r e trancher. 8 deß Hoffs] eigentlich des Korso; im Original du Cours. 25 Greiner] Sonderling. 4 Geschlecht] Herkunft, Familie. 18-19 Schwähervatter] Schwiegervater. 12 flattire] schmeichle. 18 HUMORs] Stimmung; im Original humeur.

122 483

Band

4 TORMENTlrt] quält; von franz.

487

13 gegihnt]

489

24 QUlTTlrt] verläßt;

490

13 den Schwantz] die

491 493 494 501 502

III

2 LIBERAL]

Schleppe.

plaudern.

9 Außbutzer] derber

Verweis.

Gauner.

5 Schweitzer] Portier,

Hausmeister.

505

19 iNCOMMODlren] belästigen;

511

28 näschigt] frisch

5 1 4 31-32 Zeitigung] 516 523 540

quitter.

von franz.

großzügig.

22 CONVERSiren] 15 Lecker]

tourmenter.

gegähnt.

und

von franz.

incommoder.

verführerisch.

Reife.

6 Stege] Stiege. 23 der ersucht] der eingeladen wird. 6 COPULlren] die Ehe sentlich

kräftiger

vollziehen;

als das Original

im Ausdruck

we-

(voir vostre H y -

menee).

9. Comoedia Damons Triumph-Spiel: Wenn auch für die vorliegende Sammlung der SchauBühne das Genre dieses Stückes zweifellos ungewöhnlich erscheint, so handelt es sich doch bei solchen allegorischen Spielen um eine in dieser Zeit durchaus noch präsente Form von dramatischen Texten, wie die Beispiele von Heinrich Tolle (Willbald: Teutsche Schäfferey. Göttingen 1673) und Michael Kongehl (Der Verkehrte und Wiederbekehrte Prinz Tugendhold. Königsberg: Reußner 1691) beweisen. Diese Gattung erfährt

9. Comoedia

Damons Triumph-Spiel

123

darüber hinaus durch ihre Verwandlung in höfische Huldigungsspiele, ζ. B. am Wiener Kaiserhof wie Niccolö Minatos La tirannide abbattuta dalla virtü (Wien 1697, deutsch: Die Durch die Tugend gestürzte Wüterey), eine gewisse Wiederbelebung. Bemerkenswert ist hier der Gegensatz zwischen der einleitenden Gattungsbezeichnung (Comoedia,) und der danach folgenden Paraphrasierung des Haupttitels: Darinnen die Laster verworffen / die Weisheit und Tugenden rühmlichst auff- und angenommen werden. Auch formal unterscheidet sich der Text grundsätzlich vom Rest der Sammlung, weil er in gebundener Sprache (zumeist Alexandrinern) verfaßt ist. In den Rahmen eines Schäferspiels (Anzug und Abzug) werden allegorische Szenen (Handlung) eingefügt, welche die Stoffe vom verlorenen Sohn und von Herkules am Scheideweg abwandelnd miteinander verknüpfen: Der junge Held Inistarchus soll von Epikur und verschiedenen Göttergestalten (darunter natürlich Venus) zur Wollust verführt werden, er widersteht aber und wird am Ende von der Weisheit in der Person von Pallas belohnt. In diesen Handlungsstrang werden einige effektvolle Elemente der Tragikomödie, wie Gespenstererscheinungen (Adonis) und Spielszenen unter den Göttern, eingeflochten. Überliefert ist lediglich eine Aufführung des Stückes mit dem Titel Prinz Inistarchus als ein Uberwinder des Lasters 1723 zum 47. Geburtstag von Herzog Friedrich durch Schüler auf dem Altenburgischen Rathaustheater. 541

9 INISTARCHUS] Man kann bei diesem. Namen des jungen Helden durchaus an eine Ableitung aus dem Griechischen denken, wobei ινις (poetische Bezeichnung für Sohn) und άρχος (poet. Anführer) zusam-

Band, III

124

mengefügt sinngemäß den Anführer das Modell der jungen Generation, 542

543

544

der Söhne, bezeichnen.

also

ι Cimbrische] verm. für nördliche Schäfer. 4 SELADON] Der Name ist sicher abgeleitet von Celadon, der männlichen Hauptfigur in Honore d'Urfes Pastoralroman L'Astree. Die übrigen Namen der Schäferinnen und Schäfer sind typisch für Figuren der Schäferdichtung. 6 daucht] dünkt, scheint. 24 Rocken] Roggen. 25 Habern] Hafer. 4 O d e m ] Atem,

Lufthauch.

5 4 5 16 Charitinnen] Die Chariten sind in der griechischen Uberlieferung drei Töchter von Zeus und Eurynome, welche den Göttern und den Menschen Anmut, Schönheit und Festfreude bringen. Sie entsprechen in der römischen Tradition den drei Grazien. 547

7 heisch] heiser.

549

7 Däubelein] Täublein,

551

9 sauslen]

554 28 Quas]

Schatz.

flüstern. Schlemmerei.

5 5 5 23 hinckender VULCAN] Hephaistos bzw. Vulcanus, lahmer Sohn von Zeus und Hera, wird wegen seiner Verdienste als Kunsthandwerker mit Venus verheiratet, welche ihn mit Mars betrügt. 5 5 8 20 Er geht den Hasengang.] Er flieht. 5 6 1 13 Runda]

Rondeau.

564 20 Picquet, Karnüffel, Trumpff] Piquet ist ein französisches Kartenspiel mit 2-4 Spielern; Karnüffel ist ein nach der Hauptkarte, dem Karnöffel oder Kardinal, benanntes deutsches Kartenspiel; Triomphe ist ein Vorläufer des Piquet mit 4-6 Spielern. 24 Frantzoisch Labet] französisches Kartenspiel, ursprünglich la bete, das sich im 17. Jahrhundert in Deutschland verbreitet.

9. Comoedia 5 6 5 30 Fuchtel] 568

Damons Triumph-Spiel

125

Schlagdegen.

14 Eß] Wert beim Würfelspiel. 21 Six CINQ] Wert beim Würfelspiel. 23 Treß Eß] Wert beim Würfelspiel.

573 20 Elephant] Figur im Schachspiel,

entspricht dem

Turm.

5 7 5 24 Nopel] Diese phantasievolle Bezeichnung für ein unbekanntes Land ist nicht klar. Nöpel ist in Mitteldeutschland eine dialektale Bezeichnung für Most; Nuppel bedeutet kleine Menschen. 5 7 6 21 Schlaudertent] verm. Schleudertand. 34 beschmitzt] beschmutzt. 5 8 0 31 Adohn] Der schöne Jüngling geliebt und verführt. 582

7 Verpichte]

5 8 5 28 geust]

Adonis wird von Venus

Verfluchte.

gießt.

5 8 6 25 Norder]

Nordländer.

590

5 vergunt]

vergönnt.

591

18 erkiesen]

593

8 daffeten]

594

L sammeten]

erwählen. aus Taft, aus Seide. aus Samt,

samten.

5 9 6 27 BUCHIRIS] vermutlich Busiris, der in der Uberlieferung fallweise als Sohn von Neptun und Jus gilt. Als König von Ägypten soll er durch Opferung seiner eigenen Person eine neunjährige Dürreperiode beendet haben. 597

3 Palmen] Symbol des Sieges. 10 Hiobs] Der von Gott durch Leid geprüfte Hiob gilt als Modell der Standhaftigkeit im Glauben; vgl. AT, Buch Hiob.

BAND IV: Im ursprünglich zweiten Band der Schau-Bühne von 1670 finden sich drei Neudrucke aus den Engelischen Comedien und Tragedien von 1620, nämlich: Eine k u r t z w e i l i g e l u s t i g e COMCEDIA v o n SlDONlA u n d THEA-

GENE; COMGEDIA Von Fortunato und seinem Seckel und Wünschhütlein; Ein ander lustig Pickelherings Spiel / darinnen er mit einem Stein gar lustige Possen machet. In dem dritten Band dieser Ausgabe, welcher ohne Vorwort erscheint, werden dann fünf Texte der beiden früheren Sammlungen wieder abgedruckt, nämlich: COMCI.DIA Von der Königin Esther und hoffertigen HAMAN und

COMCEDIA Von dem verlornen Sohn

aus

den Engelischen Comedien und Tragedien von 1620; weiters aus dem Liebeskampff von 1630: COMGEDIA von König Mantalors unrechtmessigen Liebe und derselben Straff; COMEDlAVon den Aminta und Silvia; COMCEDIA und Macht des kleinen Knabens Cupidinis. Der vorliegende Band bietet demnach eine Zusammenstellung jener Stücke, welche in den Bänden 2 und 3 der SchauBühne von 1670 zum ersten Mal veröffentlicht werden.

Vorrede: Es handelt sich wortgetreu um die Vorrede aus den Engelischen Comedien und Tragedien von 1620.

128

Band IV

3

12 Livius] Titus Livius beschäftigt sich in Ab urbe condita VI1.2 mit dem Theater in Rom und seinen Vorformen bei den italischen Völkern. Die angedeuteten Vorfälle können allerdings dort nicht gefunden werden. 16 SEXTO R O S C I O AMERINO] Zur schauspielerischen Kunstfertigkeit von Roscius schreibt Valerius Maximus in den Facta et dicta memorabilia VI 11.10.2: „ constat Aesopum Rosciumque ludicrae artis peritissimos illo causas agente [Q. Hortensius] in corona frequenter adstitisse, ut foro petitos gestus in scaenam referrent." Plutarch erwähnt in Sulla 36.2. ebenso wie Macrobius in Saturnalia 3.14,11-14 den goldenen Ring als Geschenk. 17 Lucio Sylla] Lucius Cornelius Sulla Felix, der römische Diktator und Gegenspieler von Marius, wird häufig mit dieser Abwandlung seines Namens bezeichnet (vgl. das gleichnamige Libretto von Giovanni de Gamerra 1772 zur Oper von Mozart). 25 TESOPI] Aesopus ist ein ebenso berühmter Schauspieler des antiken Rom wie Roscius (vgl. oben) und wird wegen der seinem Sohn ausgestellten Pension von 200 Sesterzen von Macrobius (Saturnalia 3.14,11 und 3.14,14) erwähnt. π MACROBIUS] Ambrosius M. Theodosius (um 400 n. Chr.), hoher römischer Staatsbeamter und lateinischer Philologe aus Nordafrika. In seinen unvollständig erhaltenen Saturnalia werden in langen Gesprächen während eines Gastmahls anläßlich des Saturnalienfests philologische und historische Fragen erörtert. 30 PUBLIUS ClRUS] eigentlich Publilius Syrus, vgl. Macrobius in den Saturnalia 2.7, 6-10, wo auch die Überreichung einer Siegespalme (2.7,8) vorkommt.

4

2 Laberio] Macrobius führt Laberius in den Saturnalia 2.3,10 wegen des Geschenks eines Rings und in 2.7,8 wegen der Auszahlung von 500 Sesterzen für seine schauspielerischen Leistungen an.

1. Der Verliebten Kunstgriffe. Eine Comödia

129

1. Der Verliebten Kunstgriffe. Eine Comödia: Die französische Vorlage dieses Stückes, Les intrigues amoureuses (Paris: Guillaume de Luyne 1667) von Gabriel Gilbert, geht auf eine spanische Komödie von Lope de Vega zurück: Amar sin saber a quien (1620— 22).

Yante, die aus Le Mans stammende Nichte von Damon, möchte die Erbschaft des Onkels an Stelle ihres vor Beginn der Handlung verstorbenen Bruders, der als Erbe eingesetzt war, antreten. Mit Hilfe ihres Geliebten Lysander versucht sie seit einiger Zeit, ihrem in Paris lebenden Onkel vorzutäuschen, sie sei ihr eigener Bruder. In diesem Vorhaben werden die beiden tatkräftig von dem Diener Marot unterstützt, der die Lebenserfahrung und Intelligenz verkörpert. Die Komplikationen ergeben sich, sobald der gutgläubige Onkel sie mit ihrer koketten Cousine Seltne verheiraten möchte, wodurch natürlich das Spiel mit der Verkleidung fallweise einen gefährlich doppeldeutigen Charakter annimmt. Besonders kritisch wird die Lage für Yante, als sie von Timandre, dem Liebhaber Seiines, zum Duell gefordert wird, was sie durch eine spielerische Enttarnung ihrer falschen Identität vorübergehend abwenden kann. Als schließlich dem Onkel vorgemacht wird, daß sein Neffe sich nach Rom abgesetzt habe, können Lysander und Yante mit Damons finanzieller Unterstützung endlich heiraten. Die deutsche Übertragung folgt unter Verzicht auf die gebundene Sprache sehr getreu der französischen Vorlage. Gewisse auf Frankreich bezogene Wendungen werden an die neuen Umstände angepaßt (z.B. ä la franche gauloise wird zu fein gut Teutsch), und einige

130

Band IV

Wendungen wurden offensichtlich vom Übersetzer mißverstanden. 5

8 10 11

12 14

16 21 23 25 27 28 29 30

5 Enckel] Nichte. 8 Tochter] Seline ist eigentlich Clindors Nichte, aus S. 10, Z. 12 hervorgeht; der Fehler stammt der französischen Vorlage.

wie aus

15 INCOGNITO] unerkannt, d.h. ohne daß die Familie davon erfuhr. 12 Enckel - Enckelin] Neffe - Nichte. 27 DONATION] Schenkung; von franz. donation. 22 quittiren] verlassen; von franz. quitter. 25 den Floh im O h r sitzen haben] stets besorgt sein; der Ubersetzer hält sich hier an die franz. Wendung avoir la puce ä l'oreille. 8 Creutzgasse] eigentlich Kreuzung; im Original carrefour. 17 der Mutter der Natur] eigentlich: der Mutter Natur; im Original la mere nature. 26 bübisch] kokett. l galantisire] umschwärme; von franz. galantiser. 20 Dichtzeiten] Zeiten der Dichtung und Erfindung. 23 die TRAMONTANA] den Wind aus den Segeln. 9 INVENTION] Idee, Erfindung. 13 passirt] geltet, gebt euch aus; von franz. passer. 4 Damon] d. h. die als ihr Bruder verkleidete Yante. 18 IN PROMPTU] unvorhergesehen; im Original un impromptu. 25 Staffirer] Greise, Sonderlinge; im Original barbons. 24 ACCIDENTS] Zwischenfalls, Unglücks; von franz. accident. π Daffethaube] Haube aus Taft, aus Seide. 24 Losament] Wohnung, Haus; von franz. logement. π Kammfutter] Etui für Kämme; hier peignoir, also Hausmantel.

im Original

steht

1. Der Verliebten Kunstgriffe. Eine Comödia

131

33

17 Bossen] Scherz. 19 ich kurtzweile und löffele mit ihr] ich scherze und flirte mit ihr; im Original je fais bien le coquet avec cette coquette. 23 ARGUS] Argos ist der mit 100 Augen versehene Wächter über Io.

34

19 PRyETENDlRE] Anspruch dre.

35

13 AFFRONTlRen] gegenüber treten; von franz. affronter. 14 ATTAQUlRen] angreifen; von franz. attaquer.

37

9 Maußkopff] Gauner, Schlingel. 11 Dräuwort] Drohungen.

38

12 tractiren] behandeln; von franz. 23 Bernheuter] Gauner.

39

23 recompensirt] belohnt; von franz.

41

5 verlöffelten] verliebten. 12 Cartel] Forderung zum Duell; von franz. cartel. 17 courtisiren] umwerben; von franz. courtiser.

42

4 DEPENDIREN] abhängen;

erhebe; von franz.

preten-

traiter.

von franz.

recompenses

dependre.

43

20 die Gelbe so wohl als die Braunlechte vexiret] mit der Blonden ebenso wie mit der Dunkelhaarigen gescherzt.

44

2 judiciren] urteilen. 3 PROBlRTEs Stück] offenkundig ein Dekorationselement oder Möbel, wobei unklar bleibt, worum es sich genau handelt.

45 46 49

54

25 Wammes] Wams; hier ist wohl gemeint: Fell. 7 contentiren] zufrieden

stellen; von franz.

über

das

contenter.

10-11 Kopff für Kopff] intim, vertraut; im Original tete ä tete. 17 curios] bestrebt, begierig. 29 Correspondentz] Vertrautheit, Einigkeit; von franz. correspondance; im Original intelligence.

Band

132 55

62

IV

5 verkappet] verkleidet. 22 bei seinen Schlapschuhen] an seinem Gang; im Original wird das Wiedererkennen drückt mit ä lunette et calotte. 19-21 Einige französische Redewendungen Einwohnern der Champagne bzw. diese Eigenschaften zu.

typischen ausge-

schreiben den von Flandern

63

14 Normandiern] Einwohnern der Normandie. 17 eigennützige und zähe Leute] eigentlich lästig und geldgierig; im Original chicaneurs et fort interesses.

64

ίο 13 24 26 28

65

2 ANGEVINER] Einwohner der Provinz Anjou. 6 ToURANGlER] Einwohner der Touraine. 10 PERCHE und MANS] zwei Provinzen zwischen und der Normandie. 15 ALTERIRT] aufgeregt; von franz. altere. 22 GUEPINER] Einwohner von Orleans.

Britannier] Bretonen; im Original Bretons. üppig] freizügig; im Original d'humeur libertine. flattiren] schmeicheln; von franz. flatter. Poictuanern] Einwohner der Provinz Poitou. seltzam und zähe] verschlagen und geizig; im Original trigaux et chiches.

Paris

66

22 von Armagnac] gemeint sind hier eigentlich Einwohner der Auvergne, aber der Ubersetzer von Auvergnacs offenkundig auf das Gebiet Armagnac geschlossen.

67

3 COLONIA FUNDIRT] eine Kolonie gegründet. 4 schönen Nachtigallen / wie man sie auß Arcadia bringt] roussin oder rossignol d'Arcadie bezeichnet auf französisch zu dieser Zeit eigentlich scherzhaft einen Esel, wegen seines lieblichen Gesangs. Daraus ergibt sich die Gegenfrage von Clindor. 11 Provincianern] Einwohnern der Provence. 20 thun ihnen gute Tage an] essen gerne gut; im Original gens de bonne chere.

68

5 Brüderschafft] Bruderschaft

der

Narren.

die hat von

1. Der Verliebten Kunstgriffe. Eine Comödia

69 74 77 80 81 84 85

88

90

133

9 PIQUIRT] angreift, trifft; von franz. piquer. 10 Pancket] Bankett, Festessen. 16 Artickel] die Bestimmungen des Vertrags. 9 bannisirt] verbannt, vertrieben. 7 Geheimnuß] Verschwörung. 23 DISPENSIRT] entbindet, befreit; von franz. dispenser. 8-9 favorisirte] begünstigte; von franz. favoriser. 5 grummen] brummen. 25 ich habe den Plärren nicht] ich sehe keine Gespenster, ich habe keine Einbildungen. 9 MEDOR - ANGELICA] Figuren

aus dem

Orlando

furioso von Ludovico Ariosto: Angelica, die schöne Prinzessin aus Catai, flieht so lange vor ihren berühmten ritterlichen Anbetern, bis sie sich schließlich in den jungen Medoro, der als eher unbedeutender Soldat in einer Schlacht verwundet wird, verliebt und ihn gesund pflegt. 25 Der Herr seye bedeckt] verm. im Sinne von: Nicht der Mühe wert; das Original ist ebenso unklar. 26 MAINE] der Gerichtsbezirk, in dem sich Le Mans befindet. 15 fabuliren] phantasieren.

92

19 reputirlich] artig, anständig.

93

25 Fersengeld gibst]

94

5 abstriegeln] verprügeln. 6 vexiren] beleidigen; von franz. vexer. 25 Hinckel] Huhn. 13 Argos] Wächter, Aufpasser; vgl. 33, 23. 18 PROTHEUS] Der Meergreis Proteus ist bekannt für seine Fähigkeit, sich durch verschiedene Verwandlungen unangenehmen Situationen zu entziehen. 6 salvirt] gerettet; von franz. sauver. 5 dummelt] beeilt. 7 pflickt] ausreißt, zerreißt.

96 97

104 105

verschwindest.

134

106

109 112 114 117 118 119

Band IV 20 inventirt] erfunden, ausgedacht; von franz. inventer. 9 Casaque] Mantel, Uberwurf; von franz. casaque. 9 Melun] Stadt südöstlich von Paris. 9 Eselspost] im verrückten Tempo. 5 begibt sich alsobald auf die Post] nimmt sofort eine Postkutsche. 21 wie ein Götz] ganz starr. 25 temperiren] mäßigen; von franz. temperer. 22 Quartier] Gnade, Nachsicht; von franz. quartier. 24 Felleysen] Reisetasche, Satteltasche. 12 deputirt] beauftragt, abgesandt; von franz. deputer. 14 Zipperlein] Gicht. 23 ein gantzes Rieß] eine Menge Papier. 5 unsere verwirrte Liebes Kunst] Diese Anspielung an den Titel der Komödie (im Original Nostre Intrigue amoureuse^ wird erstaunlicherweise hier vom Ubersetzer nicht aufgegriffen; in Anlehnung an den Titel müßte es etwa heißen: der Kunstgriff unserer Verliebten.

2. Comoedia. Der Unbesonnene Liebhaber: Es handelt sich bei diesem Stück, wie Richter schon festgestellt hat, um eine getreue Übersetzung einer Komödie von Philippe Quinault mit dem Originaltitel L'Amant indiscret ou Le Maistre estourdy (Paris: Toussaint Quinet 1656), die einige bekannte Elemente der Situationskomödie mit Motiven der französischen Tragikomödie mischt. Das Stück beginnt mit Cleanders Suche nach einer Herberge für seine angebetete Lucretia, was Anlaß zu

2. Comoedia.

Der Unbesonnene

Liebhaber

135

komischen Einlagen mit zwei konkurrierenden Wirten gibt. Am Ende des ersten Aktes trifft er dann seinen alten Freund Lisippus, dem er alle seine Pläne anvertraut, ohne zu ahnen, daß dieser sein Rivale ist. Lisippus sagt Lucretia, daß Cleander ihm von ihrer Liebe erzählt habe und daß Cleander spielsüchtig sei. Lucretia ist daraufhin natürlich gegen Cleander aufgebracht, erkennt aber trotz allem die wahren Absichten von Lisippus, der sie nur wegen ihres Vermögens heiraten möchte. Die Dienstboten von Lucretia und Cleander erfinden eine Reihe von Täuschungsmanövern, um ein ungestörtes Treffen der beiden zu ermöglichen. Die lächerliche Naivität von Cleander, dem unbesonnenen Liebhaber, der zwar andauernd unvorsichtig vor sich hin plaudert, sich aber dennoch für klug hält, vereitelt aber alles im letzten Moment. Lucretias Liebe zu Cleander und ihre Abneigung gegen den herrsch süchtigen Lisippus vermag jedoch nach einigen Verwirrungen eine Wende herbeizuführen: Lisippus wird durch die vermeintliche Nachricht vom Tod seines Vaters entfernt; einer der Wirte gibt sich als der 30 Jahre zuvor nach Amerika geflohene Bruder der Mutter Lucretias aus; die Mutter läßt sich schließlich überzeugen, daß Cleander auf Grund seiner Abstammung und seiner Liebe zu Lucretia gar nicht die schlechteste Wahl ist. Die deutsche Fassung, die bis in die kleinsten Repliken die selbe Struktur wie das Original aufweist, verzichtet lediglich auf die gebundene Sprache des französischen Textes, sowie auf lokale Hinweise innerhalb der in Paris angesiedelten Handlung (en bon francais wird zu auf gut Teutsch, u.a.). Die wenigen unbedeutenden Kürzungen in den Dialogen nehmen Rücksicht auf den neuen Kontext, weil ja Bezeichnungen von Weinen und Speisen und so manches Wortspiel kaum im deutschen Sprachgebiet verständlich gewesen wären.

136 121 124

Band IV 8 CURCALLET] im Original: Courcaillet. 9 LUCRETIA] im Original: Lucresse. 6 Courtisan] Spitzbube.

125 5-10 Hier werden im Original bekannte Weine aufgezählt. 130 10 Pistol] alte Goldmünze vom gleichen Gewicht wie ein Louis-d'or. 131 5 Lilienblum] schwere Verbrecher werden in Frankreich zu dieser Zeit an der Schulter mit einem Brandzeichen in Form einer Lilie (Teil des königlichen Wappens) versehen. 132 134

16 FRICASSIREN] als Ragout in einer Sauce kochen; von franz. fricasser. ι tractirt] behandelt, versorgt; von franz. traiter.

1 3 6 10-12 P i q u e t - PIC, REPIC, u n d C A P O T - Q u i n t e n ] In

dem

Kartenspiel Piquet erlaubt die zitierte Wendung dem siegreichen Spieler bei einem bestimmten Stand die Verdoppelung seiner Punkte. Quinte bedeutet in diesem Spiel eine Folge von fünf Karten der selben Farbe. 140

152 155 156

2 potz Velten] der Teufel. 20 viertägiges Fieber] Fieberanfall; im Original: fievre quartaine. ίο Felleysen] Reisetasche.

162

4 geübt] auf die Probe gestellt. 23 renunciiren] verzichten; von franz. renoncer oder ital. rinunciare. 22 Hier befindet sich im Original ein Scherz über den Namen der Krankheit (pleuresie - punaisie). 16 Bärnheuter] Gauner.

163 165 166

24 DLSSLMULLRE] verstelle dich; von franz. dissimuler. 8 losire] wohne; von franz. loger. 4 Vollzapff] Säufer.

160

2. Comoedia. 168

9 quittiren] verlassen;

171

5 bedachtsam] eigentlich: d'un cheval.

173 175

20 offendirt]

von franz.

quitter.

dumm; im Original:

beleidigt.

19 procediren] Vorgehen; von franz.

180

24 verlängern]

198 204

l'esprit

7 ASCENDENT] Fügung (des Schicksals bzw. der Sterne).

178 184

137

Der Unbesonnene Liebhaber

proceder.

verzögern.

6 vexiren] scherzen;

im Original:

24 wäschhafftiges] 2 Enckelin] Neffe

cajoler.

tratschhaftes. oder Nichte; im Original:

neveu.

205

19 ihr habt den Plärren?] seht ihr

208

15 PUDRIRT] gepudert; von franz. poudre. 16 Canonen] Spitzenbesatz der Hose am Knie; von franz. canons. 16 Rondaschen] kleine runde Schilde, die von Wachsoldaten getragen werden; franz. rondache. 25 Vetter] Onkel.

211

π Bubentoll] auf Männer 31 Helffenbeine]

Gespensterf

süchtig.

elfenbeinerne.

2 1 3 9-10 den Maul-Esel gehütet] Wache

gestanden.

214 215

5 unserm] eigentlich: eurem; im Original: votre. 20 Dedalus] Labyrinth; nach Daidalos, dem legendären Konstrukteur des Labyrinths des Minotauros in Kreta.

223

3 Ratz] Ratte. 10 Albertus Magnus] Mittelalterl. Philosoph und Theologe (1206-1280), dem auch volkstümliche Heilbücher und Hexenlehren zugeschrieben wurden.

224 232

2 in dem]

während.

24 neu Franckreich] französische amerika.

Kolonien

in

Nord-

138

Band IV

233 2-4 Es handelt sich hier, wie im Original, um eine Mischung aus authentischen und fiktiven Ortsbezeichnungen. 234 12 Nogen] eigentlich: aus Nogent; es gibt in Frankreich eine Reihe von Städten dieses Namens.

3. Taliclea die Großmütige. Comoedia: Dieses Stück basiert hauptsächlich - wie der Titel ja ankündigt - auf Ferrante Pallavicinos Roman La Taliclea, der 1636 in Venedig bei Giacomo Sarzina erstmals gedruckt, vom Autor selbst wohl während dessen Deutschland-Aufenthalts als Militärkaplan bei den kaiserlichen Truppen 1640 im Original verbreitet, von einem bisher unbekannten Übersetzer in das Deutsche übertragen und in Frankfurt a.M. 1668 bei Johann Georg Schiele veröffentlicht wurde. In diese Grundhandlung mischt der Bearbeiter des Wanderbühnen-Stückes zahlreiche Motive aus Diego de San Pedros Carcel de am or, dem Hauptwerk der spanischen Gattung der novela sentimental, das 1492 erstmals erschienen ist, in zahlreichen Folgeausgaben während des ganzen 16. Jahrhunderts verbreitet, 1493 in das Katalanische, 1515 in das Italienische, 1525 in das Französische, ca. 1549 in das Englische und schließlich durch Hans Ludwig von Kuefstein in das Deutsche übersetzt wurde (Gefängnüß der Lieb. Leipzig: Michael Wachsmann und Georg Ritzsch 1625). Auf Grund derartig langer und vielfach verzweigter Rezeptionswege ist kaum mehr zu klären, wie weit der spanische Einfluß nicht indirekt über Italien in den vorliegenden Text eingegangen ist: „Die bis-

3. Taliclea die Großmütige.

Comoedia

139

herige Betrachtung hat mehrfach angedeutet, wie die italienische Dramatik der Zeit durchaus von der spanischen beeinflußt ist. Sie hat sich vollgesogen mit spanischen Motiven und trägt gerade in der Übertreibung und Häufung erborgter Züge völlig den Charakter des Epigonentums. So kommt es, daß die Stücke der Wanderbühne in ihren Motiven selbst oft genug auf Spanien zurückdeuten, dennoch aber in Aufbau und Anordnung sich vom Drama der Spanier weit entfernen." (Richter: Liebeskampf S. 236) Wie Richter festgestellt hat, weicht der Inhalt des Stückes kaum von dem der italienischen Vorlage ab, wobei weiter ausholende Beschreibungen gekürzt, die Dialoge hingegen größtenteils wörtlich übernommen werden. Die Wanderbühnenfassung spielt ebenso wie der Roman in einem höfischen Milieu in Kleinasien, zu einer unbestimmten Zeit. Ohne Zweifel ungewöhnlich ist die für eine Wandertruppe wohl kaum zu bewältigende Anzahl an handelnden Personen, jedoch kann wie ja schon in der Einleitung zum dritten Band erwähnt - die Schau-Bühne von 1670 nicht mehr als repräsentativ für das tatsächliche Berufstheater angesehen werden. Aus dramaturgischer Sicht eher problematisch erscheinen die endlosen Erklärungen der verschiedenen Personen in Form von Monologen und die wörtlich zitierten, langen Briefe zu den verworrenen politischen und privaten Verhältnissen, die in einer für die Staatsaktion typischen Diktion abgehandelt werden. Besonders zu Beginn des Stückes bedarf es der Hinzufügung eines Orakelmotivs und einer Geisterszene, um der notwendigen Zusammenfassung der Vorgeschichte (vgl. vor allem den langen Bericht des Königs in Pamphilien S. 265-273) wenigstens einige dramatische Züge zu verleihen. Die regelmäßigen, raschen Wechsel des Schauplatzes von einer Szene zur

140

Band IV

anderen machten wohl eine Teilung der Bühne durch Vorhänge notwendig. Prinz Zotireno aus Karien liebt Taliclea, Prinzessin des verfeindeten Nachbarstaates Licien. Als ihn sein Vater aus strategischen Gründen zur Heirat mit der Königin von Cappadocien zwingen will, flieht Zotireno und tritt als Hofdame verkleidet in die Dienste von Taliclea. Deren Bruder verliebt sich aber in diese Hofdame und möchte sich daher dem Befehl seines Vaters zum Kriegsdienst entziehen. Die beiden einander sehr ähnlichen Geschwister tauschen die Rollen: Taliclea zieht in Männerkleidern in den Krieg, während ihr Bruder der Hofdame nachzustellen versucht, was zu einer komischen Szene mit wechselseitiger Liebeserklärung der beiden verkleideten Männer führt. Zotireno entzieht sich schließlich dieser unangenehmen Lage, indem er Taliclea ins Teldlager folgt, während der verkleidete Prinz immer mehr in Bedrängnis gerät, als eine Anzahl von Freiern um die Hand von Taliclea anhält, für welche er ja gehalten wird. Nach einer Reihe von auf diesen Verkleidungen basierenden Verwechslungen und politisch-militärischen Umschwüngen, in welchen die Hauptfiguren einander immer beistehen, dürfen die Geschwister schließlich die Rollen wieder zurücktauschen, Zotireno heiratet Taliclea, und eine dreifache Krönung bringt Stabilität in die verworrenen Verhältnisse. 252 255 260

33 passiren] gelten, angesehen werden. 28 Das innere wird vorgeschoben.] Der innere Vorhang wird zugezogen. 16 Orpheum] Der begnadete Sänger Orpheus überwindet mit der Macht seiner Musik selbst die Gesetze der Unterwelt. 16 Plutone] Pluto, Herrscher der Unterwelt.

3. Taliclea die Großmütige.

Comoedia

141

19 Jupiter] Göttervater, bekannt für seine zahlreichen Liebesabenteuer. 19 Leda] Jupiter in Gestalt eines Schwanes zeugt mit ihr zwei Eier, aus welchen Helena und die Dioskuren Kastor und Polydeukes hervorgehen. 27 DANAE] Jupiter in Gestalt eines Goldregens zeugt mit ihr Perseus. 29 Juno] Gattin Jupiters, Schutzgöttin der Ehe und des Haushalts. 30 GANYMEDIS] Ganymedes, Sohn von Eros, wird wegen seiner außerordentlichen Schönheit von Zeus geraubt und zum olympischen Mundschenk gemacht. 31 CYBELE] Kybele, die Göttermutter, thront unnahbar auf den Bergeshöhen, umringt von Löwen und Panthern. 261

3 Venus] altitalische Göttin der Liebe. 4 Adonis] Aphrodite liebt diesen schönen Jüngling, der auf der Jagd von einem von Mars geschickten Eber getötet wird.

265

14 Parc^e] Die drei Parzen wachen über das Schicksal der Menschen. 20 Atlante] Atlas, der Sohn des Titanen Iapetos, trägt den Himmel auf seinen Schultern.

266

20 Martis] Mars, Gott des Krieges.

275

9 Caressen] Zärtlichkeiten;

von franz.

caresse.

276

4 Reussen] Russland. 7 Carbunckel] Bergkristall. 13 Aurora] Morgenröte.

277

18 Umbschwang] Wendung, Schwenkung. 29 Offerten] Angeboten; von ital. offerta.

278 279 281

8 Correspondentz] Erwiderung; dance. 31 Liechtmücklein] Lichtfliege, 5 Uberdrang]

Zudringlichkeit.

von franz. Motte.

correspon-

142

Band IV

282

9

285

24

288

20

keit. 290

24

293

18

298

24

303

:2-3

27

304

16

305

lo--11

leben

zurückziehen.

12

308

25

312

20

314

7

321

25

326

3

332

9

334

3

336

Port] Ziel,

Auftrag.

Pallas] Göttin der Weisheit.

12 P I L E T E N S I O N E N ] 28

337

3

339 33 -34 355

15

356

5

359

3

361

32

362

14

368

12 25

annoch] noch.

Anmaßungen;

von

ital.

preten-

3. Taliclea die Großmütige.

Comoedia

143

369

6 Correspondentz] Gegenliebe; von franz. correspondance. 18 DESPERATION] Verzweiflung; von ital. disperazione.

370

22 RECOMMENDIREN] empfehlen; von franz. recommander. 27 Cadicia] verm. Cassuta, Cuscuta oder Cadyta, dt. Filzkraut, Seidenkraut oder Range, ein Parasit auf sehr vielen Sträuchern.

375

9 Cypressen] in der griechischen und römischen Tradition Baum der Unterwelt, daher Symbol des Todes.

376 377

378

380 381 383

394

405

26 CONSIDERATION] Bedeutung, franz. consideration.

Wichtigkeit;

von

3-4 Victualien] Nahrungsmittel, Verpflegung. 9 DEFENDIREN] verteidigen; von franz. defendre oder ital. difendere. 25 Consequentz] Bedeutung. 5 weiden] nähren. 32 CONCILIATION] Entscheidung; tion.

von franz.

concilia-

9 RELIQUIEN] Überreste. 7 RELATION] Bericht; von ital. relazione. 7 FACTION] Abteilung; von franz. faction. 32 FORTlFlClren] Befestigen; von franz. fortifier oder ital. fortificare. Ι TANTALUS] Tantalos setzt den Göttern seinen Sohn Pelops zum Mahl vor, um ihre Allwissenheit auf die Probe zu stellen. Zur Strafe muß er in der Unterwelt in Anblick von Speisen und Getränken ewig Hunger und Durst leiden. Die Reproduktion dieser Titelseite ist nicht korrekt. Irrtümlich wurde die Titelseite des zweiten Bandes wiederholt.

144

Band IV

4. Der Geizige. Comoedia: Es handelt sich um eine erstaunlich rasch erfolgte Ubersetzung von Molieres bekannter Komödie L'avare (1668), welche später im dritten Teil des Histrio ebenfalls unter dem Titel Der Geitzige erscheint. An weiteren Ubersetzungen vor 1800 sind zu nennen: Der alte geizige als Nummer 56 im sogenannten „ Weimarer Verzeichnis" (einer um 1700 aufgezeichneten Liste von Stücken, die ein Nürnberger Handwerksmeister in seiner Stadt aufgeführt gesehen hat), wobei nicht zu klären ist, um welche Fassung es sich hier handelt; Der Geitzige von Adam Gottfried Uhlich (Danzig und Leipzig 1746); Der Geizige im dritten Teil der Gesamtübersetzung Molieres von Friedrich Samuel Bierling 1752; Der Geizige eines anonymen Ubersetzers (Wien 1775); Der Geizige im ersten Band des Moliere für Deutsche von August-Gottlieb Meissner und Wilhelm Christoph Sigmund Mylius (Leipzig 1780); Der geitzige Harpagon (ONB Cod. 13.151), eine handschriftliche Ubersetzung von Friedrich Wilhelm Elenson der italienischen Version von Nicolö di Castelli (Leipzig: Gleditsch 1698). Die Aufführungen der verschiedenen Übertragungen sind vor 1800 zahlreich:

deutschen

- durch Karoline Neuber in Hamburg 1735, in Frankfurt a. M. 1736, in Hubertusburg 1737 und in Leipzig 1741; - durch Johann Friedrich Schönemann in Berlin 174243 und 1748-49, in Hamburg 1747 und in Hildburghausen 1751 und 1753-54; - durch Franz Schuck in Frankfurt a. M. 1750 und in Berlin 1754; - durch Gottfried Heinrich Koch in Leipzig 1750,

4. Der Geizige.

-

Comoedia

145

durch Sophie Schröder in Hamburg 1742 und 1744; durch Joseph Felix von Kurz (Bernardon) in Nürnberg 1766; durch Konrad Ernst Ackermann in Braunschweig 1769; Johann Joseph von Brunian in Prag 1771; durch Johann Christian Ilgener in Bayreuth 1773; durch Carl August Dobler in Düsseldorf 1776; durch Hans Großmann in Bonn 1781-82; durch nicht dokumentierte Truppen in Breslau 1785; in Darmstadt 1712-13; in Flensburg 1798; in Frankfurt a. M. 1752; in Gotha 1774; in Gottorf 1750 und 1774; in Halle 1754; in Hamburg in der Saison 1767-68 sechs Mal, dann nochmals 1787; in Innsbruck 1776; in Lübeck 1774; in Mannheim 1780; in München 1783; in Regensburg 1781; in Rostock 1778; in Schwerin 1750-51; in Weimar 1773; in Wien 1775 im Kärtnertortheater, sowie 1776 und 1780 im Burgtheater.

Außerdem findet sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Repertoire der Truppe von Peter Florenz Ilgener: Der Geizige, oder Harpagon der alte Scheibhals. Welche Ubersetzung jeweils gespielt wurde, wäre noch im Detail festzustellen. Von den Aufführungen des französischen Originals im deutschen Sprachraum sei hier nur sein regelmäßige Eingliederung in den Spielplan von Jean-Louis Hebert in Wien, im Theater nächst der Burg, 1752-1777 erwähnt. Molieres Komödie wird im deutschen Sprachraum auch als komische Oper verbreitet: -

nach der Bearbeitung durch Carlo Goldoni wird Ii vecchio avaro zuerst in Venedig, Teatro San Moise,

146

Band IV

1775, in Wien 1776, und dann als Ii sordo e l'avaro in Braunschweig 1782 gespielt; - L'Avaro. Dramma giocoso per musica di Giovanni Bertati wird mit der Musik von Pasquale Anfossi im Fasching 1779 in Graz aufgeführt. Die Handlung der Komödie stützt sich in weiten Teilen auf die Aulularia (Goldtopfkomödie) von Plautus: Der geizige Vater Harpagon, der ständig mit Erhalt und Vergrößerung seines Vermögens beschäftigt ist, möchte seine beiden Kinder möglichst vorteilhaft verheiraten. Durch die Rückgabe einer von Harpagon am Beginn im Garten vergrabenen und später durch einen Diener entwendeten Kassette wird ihm schließlich die Zustimmung zur Heirat abgepreßt. Die Ubersetzung ist wieder - wie aus Melonis ausführlicher Analyse hervorgeht - weitgehend getreu. Einige Repliken werden leicht gekürzt, und gewisse Details an deutsche Verhältnisse angepaßt, ζ. B. die Aufzählung 446, 14-23. Als ausdrückliche Übersetzungsfehler sind anzuführen: 464, 8 Blasbalg für Besen (baiai), und 524, 2 brühstu mich an Stelle von verwirrst du mich (im Original me brouilles-tuj. 409

413 418

4 HARPAGON] Ein sprechender Name für einen Geizigen, abgeleitet von latein. harpago und griech. άρπαξ (Harpune). 6-7 Zeitunge] Nachricht. 22 Bernheuter] Gauner.

420 11-21 Diese Szene entspricht Aulularia IV,4, allerdings hat der deutsche Ubersetzer das komische Verlangen, auch „die dritte Hand" des Dieners zu sehen, weggelassen. 425 5 Zunder] Anreiz. 444 32 den achtzehenden Heller] d.h. 6%.

4. Der Geizige. Comoedia

147

445

10 Interesse] im Original wird als Zinssatz 20% nannt.

447

448

6 Gabeln] Stützen zum Auflegen der Musketen. 8 CURIOS] neugierig, begierig. 15 Gänsspiel] das franz. jeu de l'oie, ein Brettspiel mit Würfel. 3 Panurgus] Hinweis auf Frangois Rabelais, Le tiers livre des faicts et diets hero'iques du bon Pantagruel, Kapitel III: Comment Panurge loue les debteurs et emprunteurs, wo das fröhliche Leben mit Schulden gelobt wird.

454

23 VEXirt]

ge-

scherzt.

10-20 Eine ähnliche Diskussion über das Alter findet sich bei Ludovico Ariosto, I suppositi, 1,2. 456 7-8 den Groß-Türcken mit der Venetianischen REPUBLICQUE] d. h. die größten Feinde. 457

458 460 463 464 465 467 468 469 473 479

484

3I REALS]

Wirkliches.

Ii Landschafft] Gebiet, Ort. 7 grausen] krausen. 7-8 Schabhalß] Geizkragen. 8 Blasbalg] im Original steht was der Situation wesentlich 4 Küttel] Arbeitsmäntel. 13 reverenter] mit Verlaub. 17 TRACTlren] Essen zubereiten; 25 sechs] im Original huit, d. h.

hier balai, also Besen, besser entspricht.

von franz. traiter. acht.

4-6 In den französischen Ausgaben bestehen große Unterschiede in der Aufzählung. 2 Fuchsschwäntzer] Schmeichler. 2 Das Fragezeichen hier und häufig auch in der Folge entspricht einem Rufzeichen. 8 erkläret] erhellt. 17 anderem Confect] im Original confitures. Zitronen und Orangen sind zu dieser Zeit äußerst seltene

148

494

Band IV Früchte, Konfitüren mit Zucker geradezu xus. 27 erkennen] anerkennen.

ein Lu-

495 509

2 einlosiret] eingepflanzt. 15 - 510 18 Dieser Monolog ist stark an Auhilaria IV,9 angelehnt.

517

14 Fahl] hlaßgrau oder blaßgelh. 16 Falchroth] blaßrot. 2 brühstu mich] verwirrst du brouiller.

524 525

mich;

im

Original

9 Ein steinerner Mantel] das Gefängnis. 22 gähe] übereilte.

527 3 VIOLIRT] verletzt; von franz. violer. 529 20-21 den grausamen Unordnungen in Neapolis] die Rebellion von Masaniello 1647.

5. Georg Dandin Oder Der verwirrete Ehemann. Comoedia: Auch diese Übertragung von Molieres George Dandin (1668) kommt erstaunlich rasch zustande. Weitere Ubersetzungen folgen: im dritten Teil des Histrio Titel 1694 unter dem Titel Georg Dandein, oder Der verwirrete Eh=mann; 1695, 1700 und 1721 dann unter Le mari confondu. Georg Dandein. Oder: Der verwirrete Ehe=Mann; im dritten Teil von Bierlings Gesamtübersetzung von Moliere als George Dandin, oder Der beschämte Ehemann, Ein Lustspiel mit Tänzen und Zwischenspielen. Die früheste Aufführung ist in Dresden 1683 dokumentiert. Im Weimarer Verzeichnis erscheint unter der

5. Georg Dandin

Oder Der verwirrete

Ehemann

149

Nummer 87 Der verwirte Ehman geörg Dantin. Weitere Aufführungen: -

durch Johann Ferdinand Beck in Hamburg am 6. Juli 1736 als Georg Tanntain; durch Joseph Ferdinand Müller in Braunschweig 1739; durch Sophie Schröder in Hamburg 1744; durch Franz Schuck in Nürnberg 1749; durch Johann Michael Brenner in Nürnberg 1750; durch Johann Friedrich Schönemann in Hamburg 1750; durch Johann Peter Hilverding in Königsberg 1742 als Le Mari confondu. Georg Dandein, oder der verwirrte Ehemann; in Frankfurt a.M. 1741 (vermutlich französisch und deutsch); in Gottorf 1734 und 1761; in Lübeck 1761.

Eine Bearbeitung für Ballett von Friedrich Ludwig Schröder wird in Hamburg 1770-71 aufgeführt. Die Handlung läßt sich auf eine Reihe von grotesken Situationen reduzieren, in welche der in eine adelige Familie eingeheiratete reiche Bauer George Dandin gerät. Beinahe tragischen Charakter nehmen dabei jene zwei Szenen an, in welchen sich Dandin unter dem Druck des Schwiegervaters gerade bei jenen Personen (seine Frau und deren Liebhaber) entschuldigen muß, welche ihm schweres Unrecht angetan haben. Kleine Kürzungen und unbedeutende Mängel dieser weitgehend getreuen Übersetzung stören den Zusammenhang in keiner Weise.

Band IV

150

537

6 DANDIN] der Name bedeutet auf französisch: etwas alberner, linkischer Mann. 9 SOTENVILLE] der Name bedeutet auf französisch: der Dumme in der Stadt. 9 CHAMPAGNlen] im Original findet sich kein Hinweis auf die Champagne, sondern das Eigenschaftswort campagnard, also ländlich. 543 14 losiret] wohnhaft. 545 3 Naß] Nase. 550 14 vexiren] scherzen. 551

17 mit was vor H o l t z w i r e r w ä r m e n ] wie wir

beschaf-

fen sind. 556 14 Vettel] häßliche, alte Frau. 563

18 Sanct Velten] der

Teufel.

573 19 Schwehrvatter] Schwiegervater. 575 19 Zeitung] Nachricht. 584 15 die nasse Buchstaben] eigentlich: die Druckbuchstaben; im Original

la lettre moulee.

587 21 schnaupfft] schläft. 596 6 den Warmen] wird dir warm werden.

BAND

V

Der überlieferungsgeschichtliche Kontext der hier veröffentlichten Texte wurde von mir bereits in zwei Artikeln 1997 und 1998 skizziert. Aktualisierungen der im Nachwort der Textausgabe von 1999 (S. 1235-1237) abgedruckten Literaturhinweise sind in der Bibliographie enthalten. Es soll bei den folgenden Bemerkungen daher ausschließlich um Besonderheiten des jeweiligen Textes gehen, welche eine Einschätzung der Entwicklungsphasen der Wanderbühne erleichtern.

1. Creso: Dieses im Januar 1678 in Wien mit der Musik von Kaiser Leopold I. aufgeführte Drama per musica von Nicolö Minato (vgl. die Angaben in Band V, S. 12371239, und in Alfred Noe: Nicolo Minato. Werkregister. Tabulae Musicae Austriacae XIV. Wien: ÖAdW 2004, S. 58-60) steht hier als Ausgangspunkt für eine typische Rezeptionslinie von der italienischen Hofoper in Wien über ein deutsches Singspiel in Hamburg (Der Hochmüthige / Gestürtzte / und Wider-Erhobene Croesus,) bis zur Bearbeitung durch die Wanderbühne (Der stumme Printz AtisJ. Als die charakteristischen Elemente der Hofoper, welche bei diesem Werk mit ungewöhnlich langer Spieldauer (die Aufführungen nahmen

152

Band V

zwei Tage in Anspruch; es wurde zwischen den Szenen ILIO und 11.11 unterbrochen und nach der Pause mit einem Ballett, S. 49-51, wieder aufgenommen) besonders schön hervortreten, gelten die zahlreichen, teilweise sehr exotischen Ballett- und Maschineneinlagen, die allegorischen Figuren mit historisch-politischer Bedeutung, die in die Handlung eingeflochtenen Huldigungsszenen im Sinne des Auftraggebers und - vor allem in Wien - die so genannte Licenza, d.h. die Verabschiedung der Akteure von den unter den Zuschauern befindlichen Herrscherpersönlichkeiten, mit ausführlicher Würdigung eben dieser Personen. Die im Auftrag des Hofes gedruckte deutsche Ubersetzung übernimmt naturgemäß alle diese Elemente, im Gegensatz zu der folgenden Singspielversion, die zwar den Handlungsablauf getreu bewahrt, aber den Szenenaufbau und die Dramaturgie durch den Wegfall der spezifisch höfischen Gestaltungsmerkmale verändern und dem neuen, städtischen Publikum anpassen muss. Der zunächst in Venedig tätige spätere Wiener Hoflibrettist Nicolö Minato zeichnet sich durch seine besondere Verarbeitung historischer Stoffe aus. Er entwikkelt als ein spezifisches Charakteristikum seiner Drami per musica eine effektvolle Kombination der historischen Überlieferung aus meist nachweislichen Quellen mit frei erfundenen sentimentalen Handlungen, welche durch die Publikumswirksamkeit der dramatischen Handlung gesteigert wird. Als eines der ersten und letztlich auch bekanntesten Beispiele dieser typisch italienischen Transformation der antiken Gattungsdefinitionen kann das Libretto Xerse gelten, das Minato 1654 in Venedig für Francesco Cavalli geschrieben und das bis zur Vertonung durch Georg Friedrich Händel 1738 eine rege Beachtung bei den Komponisten gefunden hat. Ebenso gelungen scheint dieses Rezept in den

1. Creso

153

zahlreichen später für den Wiener Hof verfaßten Werken, für welche Creso als eines der überzeugendsten Libretti gelten kann. In 1,75-91 berichtet Herodot von den Auseinandersetzungen zwischen Kroisos und Kyros; die in Band V^ S. 1237, zitierte Stelle liegt zwischen dem Fall von Sardes, der Hauptstadt des Reiches von Kroisos, und der Gefangenschaft des Königs. Die erste Erwähnung des stummen Sohnes bezieht sich auf 1,34, wo man allerdings entdeckt, daß nicht - wie hei Minato - dieser, sondern sein Bruder den Namen Atys trägt: „Kroisos hatte zwei Söhne: einer war versehrt, denn er war taubstumm. Der andere aber übertraf seine Altersgenossen in allem; er hieß Atys." (Herodot: Historien, S. 35) Ohne seine Quelle zu nennen, verweist Minato in seinem Argomento ausdrücklich auf die historische Wahrheit der dargestellten Begebenheit, die er jedoch im Hinblick auf die Steigerung dramatischer Effekte leicht modifiziert. In Historien 1,29-33 - der dem Beginn von Minatos Fassung entsprechenden Stelle - wird Solon nicht nur die Schatzkammer zuerst gezeigt, auch das Gespräch über die Glückseligkeit fällt wesentlich länger aus als im Libretto; in 1,87 - der Rettung des Kroisos vor der Verbrennung - wird der Holzstoß auf Flehen des Kyros nach der Begnadigung des Kroisos von Apollo gelöscht, weil die Menschen dazu nicht mehr imstande sind. Minato dramatisiert dieses Geschehen, indem er nach dem wundersamen Eingreifen des Himmels beim ersten Versuch (S. 119: „S'accoglie improuisa Nube sopra l'acceso Foco, e scendendo gran pioggia, l'estingue.") Giro unbeirrbar an seinem Vorhaben festhalten läßt („No, no: si riacenda Tosto il rogo ..."). Als seine Hinzufügung („si finge",) kennzeichnet der Autor im Argomento eine die Spannung steigernde Verschwörung von Orsane, die auf der

154

Band V

Bühne effektvolle Verkleidung von Ati als Bauer und natürlich die diversen Liebesgeschichten. Bei einer weiter gefaßten Definition des historischen Librettos, die auch Stoffe aus mythischer Zeit einschließt (wie das ja auch der Tradition der antiken Geschichtsschreibung bei Herodot oder Livius entspricht), kann man alle großen Libretti Minatos als die hier skizzierte Kombination von Geschichte und Fiktion bezeichnen, worin das historische Element immer dem Prinzip der historia magistra vitae gehorcht und folglich als Vergleichsbasis der panegyrischen Allegorie am Schluß der Stücke herangezogen wird, die sentimentale Fiktion aber lediglich Unterhaltungscharakter hat. Bei der erstaunlich vielfältigen Wahl seiner Themen konzentriert sich Minato vor allem auf vier Gebiete: die orientalisch-antike Überlieferung (z.B. Creso und Xerse; beide aus Herodots Historien), die griechischen Stoffe (ζ. B. Artemisia aus den Noctes Atticae von Aulus Gellius oder La forza dell'amicizia aus den Gesta Romanorum), die römische Geschichte (ζ. B. La caduta di Elio Sejano und La prosperitä di Elio Sejano aus Suetons Vitae Caesarum oder U fuoco eterno custodito dalle Vestali aus den Facta et dicta memorabilia von Valerius Maximus), sowie mittelalterliche Themen (ζ. B. L'Adalberto ovvero La Forza dell'astuzia femminile oder Gundebergaj. Ein wichtiges Auswahlkriterium stellt natürlich die Übertragbarkeit der allegorischen Inhalte auf die zeitgenössische Situation bei Hof und den Anlaß des Stückes dar. Eines der gelungensten Beispiele dafür ist sicher das eben genannte U fuoco eterno custodito dalle Vestali, worin dieses von den Vestalinnen gehütete Feuer mit dem Haus Österreich gleichzusetzen wäre, das Claudia (= Kaiserin Claudia Felicitas) dadurch wieder entfacht, daß sie das Schiff mit dem steinernen Symbol der Madre Idea (= Succes-

1. Creso

155

sione di Leopoldo bzw. Γ Austriaca Discendenza, d.h. die Erbfolge des Kaisers) mit ihrem Gürtel an Land zieht. Wie profund die historiographischen Nachforschungen Minatos gewesen sein müssen und welche Phantasie er bei der Umsetzung der literarischen Vorlagen entwickelt, beweist das von Sebastiano Moratelli vertonte Libretto La gemma Ceraunia d'Ulissipone hora Lisbona, welches Minato anläßlich der Hochzeit des portugiesischen Königs Pedro II. mit Maria Sophia von der Pfalz in Heidelberg 1687 geschrieben hat. Inspiriert an Homers Odyssee und Strabos Überlieferungen entwirft Minato eine Gründungslegende von Lissabon, in der Minerva Odysseus an den Ufern des Tago den Stein Ceraunia zeigt, der ihn vor den Blitzen der anderen Götter schützen soll. Aus Dankbarkeit für die glücklichen Fügungen errichtet er an der Fundstelle des Steines einen Minervatempel und gründet damit die nach ihm (Ulissipone) benannte Hauptstadt von Portugal. Allegorisch wird damit auch ausgedrückt, daß das Brautpaar in seiner glücklichen politischen Verbindung das kleine reiche Land gegen jeden Blitz des Neides und der Mißgunst schützen wird. Inhalt des Creso. Drama per musica: Aus Übermut beschließt Creso gegen Ciro Krieg zu führen und betraut Eliate mit seiner Vertretung. Er beleidigt damit Orsane, der schon durch seine zugunsten von Ati verschmähte Liebe zu Elmira gekränkt ist. Ati rettet seinen in der Schlacht vom Tod bedrohten Vater, weil er seine verlorene Sprache in diesem Moment zurückgewinnt. Als Bauer verkleidet kehrt er an den Hof zurück, entdeckt eine Verschwörung von Orsanes und überzeugt sich von der Treue Elmiras. Ciro möchte sich von keinen Fürbitten davon abhalten lassen, seinen

156

Band V

Gegner auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen. Nur die Intervention des göttlichen Regens und das Auftreten des Weisen Solon bringen ihn zum Einlenken. Nach der Versöhnung von Creso und Giro heiraten Ati und Elmira, sowie Eliate und Clerida; Orsane wird verziehen. Da das italienische Werk nur als Ausgangspunkt bzw. Kontrast zu den folgenden Texten dient, wird auf einen Zeilenkommentar verzichtet.

2. Der Hochmüthige / Gestürtzte / und Wider-Erhobene Croesus: Lucas von Bostel adaptiert Minatos Hofoper unter Verzicht auf die typischen Elemente dieser Gattung zu einem deutschen Singspiel (vgl. die Angaben in Band V, S. 1239-1241). Schon aus dem Personenverzeichnis S. 114 ist zu erkennen, daß hier die auftretenden Figuren auf ein unter den neuen Bedingungen bewältigbares Maß reduziert werden. Es fehlen daher aus wirtschaftlichen Überlegungen zahlreiche dekorative Mitglieder des Hofstaates (z.B. Amiclea, Regina oder Ambasciatori und besonders Corteggio di ...), die nichts zur Handlung beitragen, sondern nur den sinnlichen Eindruck der Repräsentationsaufführungen verstärken. Weiters fehlen die prestigeträchtigen Aufzählungen der Scene, der Attioni, e Machine und der Balli, welche alle den neuen Aufführungsbedingungen zumindest teilweise zum Opfer fallen. Andererseits werden vermutlich unter Einfluß der venezianischen Operntradition (vgl. Mehltretter: Die unmögliche Tragödie) lustige Szenen hinzugefügt (z.B.

2. Der Hochmüthige

Croesus

157

1.11), welche leichtes Amüsement mit Lokalkolorit, also in Hamburg auch Einlagen in regionalem Dialekt (157, 33-158, 1; 169, 21-22; 177, 21-22), versprechen. Diese Spaßmach erszenen, welche offenkundig Themen und Formen zeitgenössischer Satiriker imitieren (ζ. B. erinnert 170, 5-171, 9, an Traiano Boccalinis Ragguagli di ParnasoJ bieten außerdem fallweise Freiraum für Improvisation (z.B. 158, 1), welchen die Wanderbühne entsprechend ausdehnen wird. 114

15 NERILLUS] Im Druck des italienischen Originals (vgl. 5, 16) wird nur Vn Paggio angegeben, der aber im Text (z.B. 14, 25) dann sehr wohl den Namen NERILLO trägt.

116

8 Herodotus] vgl. Band V, S. 1237. 9 ein Italienischer Poet] Nicolo Minato. 22 ein Liebhaber] Lucas von Bostel.

1 1 7 8-13 In diesem ersten Auftritt wählt Bostel einen wesentlich dynamischeren und effektvolleren Einstieg in die Handlung, indem er eine Aria an den Beginn stellt. 118

119

2 Omeisen] Ameisen. 9 Würmlein] Anspielung auf die Seidenraupe, den Rohstoff für die Wandbehänge liefert. 28 geschehen] dem Sinn der Replik entsprechend gesehen. 3 Port]

eher

Hafen.

123

l Titans] hier: der Sonnengott

124

4 Selchen] liebe

125

8 27 32 32

126

15 sah] säe.

129

welche

Helios.

Seele.

Courtesie] Liebeswerben; von franz. Stübchen] Hohlmaß für Wein? bon gargon] franz.: guter Junge. Berenheuter] Gauner.

5 Die gesamte von Bostel

elfte Szene wird als hinzugefügt.

courtoisie.

Spaßmachereinlage

Band V

158

10 Rapier] langer Degen, Stoßdegen. 15 Ertz-Cujon] Oberschurke; von franz. couillons, populäre Bezeichnung für Hoden. 18 tribuliren] quälen; von ital. tribolare. 130

5 Sparren] bildl. für Köpfe,

Leute,

131

15 Sardis] Sardes, Hauptstadt

von

133

135 138

8 Ouy] Ja; von franz. Oui. 8 Haberscheren] Haferschneiden, ernst. 22 Herpaucken] 8 Ut supra] Wie

Menschen. Lydien. d. h. nun

wird

es

Militärpauken. oben.

139

8 Schwitzen] Zwitschert. 15 Voglers] Vogelfängers. 24 Hinden] Hirschkühe.

143

2 gemetamorphosirt] verwandelt. 17 Schaffen] offenen Gefäßen, Trögen.

147

3i Atlas] Atlas, der Sohn den Himmel auf seinen

des Titanen Schultern.

Iapetos,

trägt

148

6 Phoebus] Kultname von Apollo als Sonnengott. 9 Phaeton] Sohn von Helios; als er einen Tag den Sonnenwagen lenken darf, stürzt er damit ab und steckt die Erde in Brand.

153

14 retiriret] zurückgezogen; von franz. se retirer und ital. ritirarsi. 17 disputiren] Streiten, Debattieren; von franz. disputer und ital. disputare.

154

30 wie ein Salamander] Der Salamander geht laut Uberlieferung unbeschädigt durch das Feuer. 28 Taflit-Krahm] Hausiererwaren; die Figur bietet typische Waren eines Straßenhändlers an. 30 Meußfall] Mausefalle. 31 Balsam Sulphuris] Schwefel-Balsam. 32 en poudre] in Pulverform. 33 Hier/Wie ihr das neue Lied/von einem/der Krähen und Rebhühner &c.

157

2. Der Hochmüthige Croesus

159

158

15 16 16 25

Mouches] Schönheitspflästerchen. Tabacks=Puder] Tabakspulver. Büx] Büchsen. peregriniren] herumwandern, herumirren; von ital. peregrinare. 27 echapiren] entkommen; von franz. echapper.

159

6 fortun] Glück; von ital. fortuna. 11 Pracher=Vöigte] Bettel-Gendarmen. 20 pro arrha] Anzahlung; von franz. arrhes und ital. arra. 34 Schmauß] einfältiger Mann.

160

2 Posterianus=Stoß] Stoß von hinten. 11 Bönhasen] Stümper, Pfuscher.

168

10 Rondatschen] runde Infanterieschilde; daccio. 12 Haibarden] Hellebarden.

von ital. ron-

169

5 N o n pus] franz.: Nein, nicht. 12 Svite] Gefolgschaft; von franz. suite. 21-22 Diese Stelle ist äußerst schwer zu verstehen. Ich danke Jörg Meier (Leiden) für den folgenden sinnorientierten Ubersetzungsvorschlag: Das wird er erst ein bisschen kratzen/Und mit einer kleinen Kerze seinen Hintern anwärmen.

170

7 Probatum est] es ist erprobt, es hat sich bewährt. 18 tacendo consentirt] durch Schweigen zustimmt; von latein. tacere und consentire. 25 Recipe] Heilmittel bzw. ein Rezept dafür. 26 Sal fixum contribut] Steuersalz, Abgabenlast. 31 courante] gängige; von franz. courant. 32 appliciren] auflegen, anwenden; von ital. applicare.

171

l Elexir Proprietatis] Wundertrank des Besitzes. 9 Ripsraps] schneller Gewinn, unlauterer Nutzen. 177 21-22 Hier/wie ihr das neue Lied/von der alten Courante Margret. 23 Oublis, oublis.] Vergiß, vergiß; von franz. oublier. 178

2 bespeculiren]

betrachten.

160

Band V 25 Balance] Bilanz. 26 Facit der Negoce] Profit des

179

Geschäfts.

12 C o n Licenza] ital.: Mit Verlaub. 17 Acteons Waffen] Aktaeon, Enkel von Kadmos, der berühmteste Jäger der Antike.

ist

3. Der stumme Printz Atis: Das Verhältnis dieses in einer Handschrift überlieferten Stückes zu dem vorangehenden Libretto von Bostel wurde bereits im Nachwort des Textbandes (S. 1241— 1245) skizziert. Zu den dort aufgezählten Aufführungen dieses Werkes bzw. von späteren Bearbeitungen ist noch hinzuzufügen, daß es vermutlich auch am 8.12. und 15.12.1718 in Riga gespielt wurde. Außerdem gibt die Truppe von Johann Ferdinand Beck am 10. 7.1736 in Hamburg Die wahre Erkäntniß irrdischer Glückseligkeit, in der Persohn des Hochmütigen, gestützten, und wieder erhobenen Croesi, Königes der Lydier, oder: Der stumme Printz Atis. Mit Hans Wursten, und in Frankfurt a. M. spielt eine unbekannte Truppe am 10. 4. 1741 Der stumme Redner, oder Die Unbeständigkeit des Glückes dargestellet in dem erstaunenswürdigen Fall des reichen Croesi. Bei der Fassung für die Wanderbühne wird die gebundene Sprache des Hamburger Librettos weitgehend aufgegeben, lediglich in den Gesangseinlagen wird der Ausgangstext beinahe wortgetreu übernommen. Insgesamt sind hier die Szenen allerdings kürzer gehalten und in ihrem Verlauf dynamischer. Der Text bietet wesentlich mehr Freiräume für die extemporierte Bühnendarstellung, wie Regieanweisungen zu der ,sprachlosen' Schlachtenszene (210, 23-25) oder zum Auftritt der

3. Der stumme Printz Atis

161

Bauern (214, 3-5) illustrieren. Die gesamte Seena III des zweiten Aktes und ein Einschub in die Seena V des ersten Aktes (201, 23) bestehen aus Improvisation, ebenso wie einzelne Teile der Monologe der Spaßmacherfigur Elcius (z.B. 227, 31). 192

193

195

198 200 201 202 206 207

Ι HOFFMANN] Karl Ludwig Hoff mann übernimmt 1722 nach Johann Caspar Haacke die ursprünglich von Andreas Elenson gegründeten Hochteutschen Comödianten; zu dieser Truppe kommt dann das Ehepaar Johann und Friederike Caroline Neuber. 7 H: Trevert] Heine (Das Schauspiel, S. 85) liest: H. Stadel, Asper (Spieltexte, S. 107) hingegen: H. Starck; beide ordnen den Namen irrtümlich der Rolle von Eliates zu. Ein Schauspieler namens Trevert konnte nicht identifiziert werden. 10 Neüberin] Friederike Caroline Neuber, 1697-1760; Schauspielerin, Prinzipalin und Bühnenreformatorin. 11 Asper (Spieltexte, S. 107) gibt hier an: F. Haskarlin; in der Handschrift ist dafür keine Grundlage. 19 Tabullet Krahm] Hausierer Waren. 20 Caloforium] Glutbecken; verm. für die Szenen III. 15-16 mit Croesus auf dem Scheiterhaufen. 10 Omeißen] Ameisen. 16 Würmern] Anspielung auf die Seidenraupen, welche den Rohstoff für die Wandbehänge liefern. 31 Rerum] Sachen. 32 geklenkt] genügt. 13 Titans] hier: der Sonnengott Helios. 23 Hinweis auf einen improvisierten Einschub von Arlequin. 25 Stübchen] Hohlmaß für Wein? 26 bon garijon] franz.: guter Junge. 3 Sparren] bildl. für Köpfe, Leute, Menschen. 5 erliesen] wählen. 18 Sardis] Hauptstadt von Lydien.

162 208 212 213 215 219

224 225 227 228 231 235

236 237 242 245 250 252

Band V 14 27 π 26 18 3

Martis] des Kriegsgottes. tractire] behandle. Schamel] Schemel. bepfählen] einschränken. Habith] Kleidung; von franz. habit. Phoebus Wagen] Kultname von Apollo als Sonnengott. 6 Phaeton] Sohn von Helios; als er einen Tag den Sonnenwagen lenken darf, stürzt er damit ab und steckt die Erde in Brand. 6 disputiren] Streiten, Debattieren; von franz. disputer und ital. disputare. 13 gleich ein Salamander] Der Salamander geht laut Uberlieferung unbeschädigt durch das Feuer. 31 Tafflet Krämer] Hausierer, Wanderhändler. 11 Musches] Schönheitspflästerchen; von franz. mouches. 25 Aurora] Göttin der Morgenröte. 20 Tartschen] Schild. 22 Piquen] lange Spieße. 22 Hellbarten] Hellebarden. 20-21 praetension] Interesse. 2 sal fixum contributionis] Steuersalz, Abgabenlast. 2-3 sudoriferus] schweißtreibend. 29 Balanze] Bilanz. 30 Facit der negotien] Profit des Geschäfts. 9 Von Leder.] Zieht das Schwert. 16 erledigt] befreit. 20 Gewehr] Schwert. 33 Dorscheus] Heine schreibt dazu: „Dieser meist Dorseus genannte Schauspieler soll schon unter Velten seines Amtes als Arlequin gewaltet haben, später aber, wie die ,Chronik des deutschen Theaters' (p. 39) erzählt, in Wien ,den medicinischen Doktor Hut zu wege'gebracht haben. " (Das Schauspiel, S. 84)

4. Tragoedia Von Orbetcha und Orontes

163

4. Tragoedia Von Orbetcha und Orontes: Dieses Stück gehört in die englische Entwicklungslinie der Wanderbühne, wie sowohl die Figur des Pickelhering als auch die Regieanweisungen (z.B. Enter) beweisen. Damit stimmt auch das zentrale Thema der Tragödie, ein besonders schauriges Laster (der Inzest der Mutter mit dem Sohn) verbunden mit außergewöhnlicher Grausamkeit des tyrannischen Vaters, überein, deren Handlungsablauf in den Orient einer ferneren Vergangenheit verlegt wird. Der Text läßt gemäß den Spieltechniken der englischen Komödianten auch noch relativ viel Freiraum für die Improvisation, wie die wiederholten Angaben am Beginn der Szenen (Possenspiel ζ. B. 307, 30) bzw. am Ende des Dramas (323, 29-31) illustrieren. Die wenigen Passagen in gebundener Sprache (z.B. 268, 3-21) wurden bei den Aufführungen vermutlich mit Musikbegleitung vorgetragen. Wie bereits bei den Hinweisen zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage (Band V, S. 1245-1249) erwähnt, ist die Handlung ein wenig unübersichtlich und vor allem die dargestellten Zeitverhältnisse bleiben unklar (zwischen viertem und fünften Akt müssen mindestens drei Jahre vergangen sein). 253

5 J O H A N N CHRISTOPH WERNEGER] In

Westdeutsch-

land tätiger Prinzipal. 254 3 Johan.] Möglicherweise ein Schauspieler oder eine Schauspielerin. 5,14 Capaun.] Möglicherweise ein Schauspieler oder eine Schauspielerin.

259

13 liegen] lügen.

164 263

Band V

26 Mastix] Aromatischer Gummi aus dem Harz des Mastix-Baumes. 26 Myhrn] Harziger, aromatischer Gummi aus dem Saft des Myrrhen-Strauches. 264 18 verziehe] warte. 265 4 Consilia] Beratung, Rat; von latein. consilium. 270 29 Helikon] Berg in Böotien mit Apollotempel und Musenhain; bevorzugter Aufenthaltsort Apollos. 271 9-10 Verschnittene] Eunuchen. 288 21 zuerkiesen] zu wählen. 289 5 Eydam] Schwiegersohn. 291 17-18 Kredentzbrieff] Beglaubigungsschreiben für Botschafter; von franz. lettres de creance. 294 35 Balle und Moga] nicht bestimmbare antike Städte im Orient. 302 8 Susam] Susa, Winterresidenz der Perserkönige. 306 3 Heilas] Oh weh!; Ausruf abgeleitet von franz. helas. 23-24 Gewehr] Schwert. 3 1 6 30 Port] Hafen. 319 15 Praesenten] Geschenke. 32 1 33 Pard] Panther, Raubkatze. 322 22 Charons] Fährmann der Unterwelt. 23 Furjen] Rachegöttinnen. 323 4 Stost sich.] Stößt sich das Messer in den Leib. 8 Eliseisch Feld] in der Antike Aufenthaltsort der Seligen; am Westrand der Erde gelegen.

5. Die wieder Erkante Freundschafft

165

5. Die wieder Erkante Freundschafft Oder, Der Mayestättische schlau aus Assirien: Die Handlung dieses Stückes ist wieder an einem orientalischen Hof der ferneren Vergangenheit angesiedelt. Sie besteht aus einem relativ banalen Verwirrspiel um Liebesbeziehungen zwischen Herrscherpersönlichkeiten, wobei sich herausstellt, daß der politisch-militärisch Überlegene auf diesem Feld der Schwächere sein kann, wenn der Sieger dem Verlierer emotional ausgeliefert ist. Die Ausdrucksweise des Textes scheint deutlich archaischer, was nicht nur auf die ungewöhnlichen Bedingungen der Überlieferung in den Handschriften zurückzuführen ist. Als Charakteristikum des Werkes können die raschen Repliken in den Dialogen mit jeweiliger Abwandlung der Bedeutung des eben Gesagten gelten (ζ. B. 335, 20-336, 19). Bemerkenswert ist auch die Interpunktion, welche offenbar weder syntaktischen noch semantischen Gesichtspunkten, sondern einer prosodischen Ausrichtung folgt. Die mit lateinischen und pseudo-lateinischen Ausdrücken garnierten Monologe von Truffaldinus erlauben Rückschlüsse auf ein Publikum, das für das Verständnis von dieser Art von Scherz eine entsprechende Ausbildung haben mußte. 7.u den Besonderheiten der Überlieferung und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1249-1252. 326

328

LI TRUFFALDINUS] An der Bezeichnung dieser Figur ist die Rezeption der italienischen Commedia all'improvviso (später Commedia dell'arte) nachweisbar; Truffaldino ist dort eine betrügerische Dienerfigur. 6 Tormenten] Qualen; von ital. tormento.

166

Band, V

6 zigel] Zügel. 28-29 Affrica, Britanien] Es handelt es sich offenbar um beliebige geographische Bezeichnungen mit exotischen Assoziationen. 333 10 furien] Rachegöttinnen. 34 Niniue] Ninive, Hauptstadt des assyrischen Reiches. 330

336

13 liegst] lügst.

337

8 Leuo] nicht ermittelbarer 34 defendiren] verteidigen; ital. difendere.

338

Fluß. von franz.

defendre

und

3 Jurament] Schwur. 7 Zähren] Tränen.

339

19 Consolationes] Trostworte, consolatio.

340

26 fauorabel] günstig; von franz. 32 Content] Zufriedenheit.

341

10 Poßes] Besitz, Einnahme; von franz. possession und ital. possesso. 25 motiones] Bewegungen; von latein. motio.

343

9 Importune] aufdringliche, lästige; von franz. importun und ital. importuno. 19 offendirt] beleidigt, gekränkt; von ital. offendere. 31 superlatiuissimo Gradu] in höchstem Grad. 33 Bulbret] Objekt der sexuellen Begierde. 33 Corpus juris] Körper, Eeib.

344

345

4 14 16 22 32-33 34

Tröstungen;

bruntzkägelein] Nachttopf. Cortisiret] umwirbt; von franz. goschen] Maul. Löffel Kunst] Liebeskunst. Galiotten] Galeerensträfling. Bernheüterey] Gaunerei.

von

latein.

favorable.

courtiser.

5 Discrecionasche] Zurückhaltung, Bescheidenheit; von franz. discretion und ital. discrezione. 27 Habit] Kleidung; von franz. habit. 34 Cankero!] Zum Teufel; von ital. canchero.

5. Die wieder Erkante Freundschafft 346

347

167

2 10 14 17

Resoluirt] entschlossen; von ital. risolvere. vexiret] beleidigt, kränkt; von franz. vexer. Mallora] Verdammnis, Ruin; von ital. malora. Ambaßada] Botschaft, Nachricht; von franz. ambassade und ital. ambasciata. 33 Bastant] ausreichend; von ital. bastante. 10 NB Bleibt was.] Bleibt abseits auf der Bühne.

23 24 350 16 20-21 353 8 354 10 349

356 358 364

365 367

368

Mortification] Schande; von ital. mortificazione. Vanitet] Vanität, Eitelkeit. Antekammer] Vorzimmer; von ital. anticamera. Negociosus] Geschäfte, Verhandlungen. infamia] Niederträchtigkeit; von ital. infamia. Caprizia] Eaune, Eigensinn; von franz. caprice oder ital. capriccio. 25 pardoniren] begnadigen, entschuldigen; von franz. pardonner. 3 fortuna] Glück; von Fortuna, der Göttin des wechselhaften Glücks. 2 Importirlichen] verm.: wichtigen; von franz. important oder ital. importante. Es kommt aber auch die Ableitung von franz. importun in Frage, was dann unangenehm heißen müßte. 29 succediren] nachfolgen; von franz. succeder oder ital. succedere. 14 Ο Razza Maladetta!] Ο verfluchte Rasse!; Ausruf aus dem Italienischen: Ο razza maledetta!. 30 Getribulirt, Gestrapucirt] belästigt, gequält; von ital. tribolare und strappare. 4 krieges Gott Pluto] Pluto ist eigentlich der Gott der Unterwelt; der Kriegsgott wäre Mars. 24 Caualliers Parolla] Ehrenwort; von Kavalier und ital. parola. 31 conferierte] verbundene, verschworene; verm. ist confederierte gemeint.

168

Band V

369 16-17 determinirt vnd erkiset] bestimmt und erwählt; ital. determinare. 29 Exerciret] ausgeübt; von franz. exercer. 370

21 Parcen] Parzen,

372

Ii Zeferus] Zephyrus, milder Westwind. 14 gleißerei] Täuschung; verm. gleißnerei.

373

Todes- und

4 Repliciren] erwidern;

von

Schicksalsgöttinnen.

von franz.

repliquer und ital.

replicare.

19 Contition] Beschaffenheit; von franz. und ital. condizione. 379 11-12 salvirte] rettete; von ital. salvare. 21 Achsion] Aktion. 381

8 Correspondenz] Erwiderung franz. correspondance.

389

22 Consulation] Trost; von franz. 29 Purgiere] mache, scheiße.

390

12 disponniren]

393

3-4 sententz]

der

condition

Gefühle;

consolation.

verfügen.

Urteil(sspruch).

394

16 Partialisch] parteiisch, auf einer Seite stehend.

396

13 schlafe]

399

2 Leffzen] Lippe. 24 Hymenei] der Hochzeitsgott

Sklave.

Ehren eine Fackel entzündet 400

von

25 Peculium ad Ventitium] das

Sklaven, um sich freizukaufen;

Hymenäos,

zu

dessen

Sondervermögen

des

wird. von latein. peculium

ad venditionem. 25 Profectitium Castrense] Marschgepäck,

für die

Ver-

legung des Lagers notwendige Dinge; verm. von latein. profectio castrensis. 28-29 Onus Maulschellorum vnd Nasenstiberorum]

die

Last der Maulschellen und Nasenstüber.

30-31 Abcedarius] Grundschüler, auf der Stufe des Abc. 31 cujoniren] betrügen; von franz. couillonner. 401

18 futerage] Verpflegung; und franz. fourrage.

verm.

Mischung

aus Futter

5. Die wieder Erkante Freundschafft

169

19 Victualien] Lebensmittel. 21-22 Patientia deus Providebit] Gott wird mit Geduld vorsehen. 29 Voluntatem fugiendi] die Absicht zu fliehen. 30 Graecum Pi] Galgen, wegen der Form des griechischen Buchstaben Π. 402 403

16 Altitudinem Poli] Höhe

des Polarsterns,

Breiten-

5 scopus] Ziel, Absicht; von ital. scopo. discretionasche] Zurückhaltung, Bescheidenheit; von franz. discretion und ital. discrezione.

27-28

404 406

5 Port] Hafen,

Ziel,

Endpunkt.

27 Intercession] Eingriff, Einmischung; tercession und ital. intercessione.

4 0 7 14-15 Manquement] Mangel, ment.

Fehler;

von franz.

412

32 Jnclination] Neigung, Ausrichtung; nation und ital. inclinazione.

416

11 fulminire] schleudere fulminer.

417

ι Gouerno] Regierung;

blitzartig

von franz.

manque-

von franz.

heraus;

in-

von

inclifranz.

von ital. governo.

418

6 verobligirst] verpflichtest; von franz. obliger. 10 Meridirt] verdient; von franz. meriter und ital. meritare. 25 Majorennis] großjährig, mündig.

421

19 Cruma] mit größter Wahrscheinlichkeit Böhmen, heute Cesky Krumlov.

Krumau in

170

Band, V

6. Der durchlauchtige Schiffadmiral Jason oder Das bezaubert güldene Flüß: Die sagenhafte Eroberung des goldenen Vlieses mit Hilfe der Zauberkräfte Medeas und die darauf folgende Bluttat an ihrem Bruder spielen hier keine Rolle, da sie als Königin des Gebietes das Vorhaben Jasons eindeutig unterstützt. Im Zentrum dieses Stückes, dessen Schauplätze zwei Paläste in Kolchis und in Lemnos sind, steht hingegen die Figur des Argonautenführers Jason, dessen flatterhafter Charakter als Frauenheld von Hercules immer wieder kritisiert wird. Die während der Reise nach Kolchos auf der Insel Lemnos kennengelernte Isifile wurde von Jason mit zwei Kindern und einem Eheversprechen zurückgelassen. Sie erfährt nun durch ihren Diener von Jasons Liebe zu Medea und reklamiert ihr Recht, worauf sie Jason beseitigen möchte. Als dies schief geht, und Medea von der Lage erfährt, verzichtet sie und entscheidet sich für den sie liebenden Egeo. Diese spannungsreiche Verwicklung wird aufgelockert durch die Liebschaften auf der Ebene der Diener, wo die typische alte Amme Delfa durch ihre wieder erwachenden Gelüste sogar zu einem äußerst komischen Versuch der Verführung von Hercules getrieben wird. Bemerkenswert sind weiters die in der Personenliste genannten Gespenster, welche auf einen Einfluß der französischen Tragicomedie hinweisen. Die Schlußszene hingegen ist nach der Manier eines Opernlibrettos gestaltet, mit einer Art Abschlußkommentar aller Personen. Zur Überlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1252-1255.

6. Der durchlauchtige Schiffadmiral Jason

171

424

5 ISIFILE] eigentl. Hypsipyle, Tochter von Thoas, König von Lemnos. 6 P l C C A R l G L l o ] typische Dienerfigur der italienischen Improvisationskomödie bzw. der venezianischen Oper. 8 DELFA] typischer Figur der alten Amme, die von den Eroberungen der jungen Herrin angespornt wird. 10 TRUFFALDINO] An der Bezeichnung dieser Figur ist die Rezeption der italienischen Commedia all'improvviso (später Commedia dell'arte) nachweisbar; Truffaldino ist dort eine betrügerische Dienerfigur.

425 427 430

5 Aurora] Göttin der Morgenröte. is Fluß] Vlies. 4 Abeunt.] Sie treten ab.

431 434 435

439 443 447

450 455 456

5 Englische] engelgleiche. 8 benheuter] Gauner, Halunke, Bärenhäuter. 13 Gewehr] Waffe, Schwert. 14 Piccadiglia] spanische Speise aus Hackfleisch. 19-20 Putana Zesa!] Zum Teufel!; Ausruf, von ital. puttana chiesa. 21 vermaledeien] verfluchen; von ital. maledire. 32 humeur] Stimmung; von franz. humeur. 14 probieret] prüfet. 35 Iberische] sicher ohne Zusammenhang mit der tatsächlichen Region, sondern nur ein Name mit exotischen Assoziationen. ι meriten] Verdiensten; von franz. merite und ital. merito. 21-22 Damnum carnis humanae] eigentlich: Strafe für den menschlichen Leib. 12 Nasone] Mann mit großer Nase; von ital. nasone. 20 Coturni] offenkundig Verwechslung mit Kothurnen, den Sandalen der antiken Schauspieler.

Band, V

172 21 C o r i m b r a ]

457 459

21

460

3

461

9

466

10

4 5

möglicherweise eine Abwandlung des Namen der berühmten portugiesischen Universitätsstadt Coimbra. c o n v o j r e n ] begleiten; von franz. c o n v o y e r . v o n f l a n d e r n ] flatterhaft. l ö f f e l n ] lieben, liebkosen. P u t a n a m i t d e m b e r t o n e ] Hure mit ihrem Liebhaber; von ital. p u t t a n a c o n il b e r t o n e . R o k k e ] Anspielung auf das Spinngerät Rocken, welches Herkules bei Omphale gegen seine Keule tauscht. T h o a n t e ] Thoas, König von Lemnos und Vater von Isifile bzw. Hypsipyle.

4 7 0 13-14 a l ß d i e M e e r k a t z e

n i c h t b e s c h ä t i g e t w a r ] als

Du

noch Jungfrau warst. 30 tragtierest] behandelst,

traktierst; von ital. trattare.

472

beleidigst; von franz. v e x e r . 20 i n j u r i e n ] Beleidigungen, Beschimpfungen. 26 f e t t e l ] alte Frau, Vettel. 22 Äser] Leichen, Kadaver.

474

16 mit Euch partialisch ist] auf Eurer Seite steht,

32 v e x i e r s t ]

471

zu

Euch hält. 476

7 Zephir u n d Flora] der liebliche

Westwind

und

die

Göttin der Blumen. 478

479 485

Anspielung auf die Vergewaltigung und Ermordung von Lucretia durch Sextus Tarquinius (vgl. Livius A b u r b e c o n d i t a 1.58). Dieser Hinweis ist natürlich ein Anachronismus, da die Argonautenfahrt lange vor der Gründung der römischen Republik liegt. 32 Clam.] latein.: heimlich. 7 f o r t u n a ] Glück; von F o r t u n a , der Göttin des wechselhaften Glücks.

17-21 L u c r e t i a , T a r q u i n i u s ]

7. Der Welt Erschröckende Attila 486

ι marquisen] Marquis, Markgrafen; quis.

von franz.

488 496

23 cauda] latein.: Schwanz. 6 Fama] Personifikation des Gerüchtes.

497

22 Furien]

173 mar-

Rachegöttinnen.

7. Der Welt Erschröckende Attila: In diesem Stück zeigen sich noch mehr als in den vorangegangenen Texten die charakteristischen Elemente der teilweise historisch konzipierten Staats-Aktion: die beispiellose Grausamkeit einer Figur der politischen Geschichte dient als zentrales Thema der auf Horror basierenden Moralisierung. Die Hauptfigur mit ihrem erschreckend frenetischen Charakter und ihrer zügellosen Triebhaftigkeit erscheint zusätzlich noch durch ihre geradezu übertrieben poetischen Liebeserklärungen (ζ. B. 580, 19-27) als äußerst ambivalent und unberechenbar. Bemerkenswert ist hier, daß der als Geißel der Menschheit dargestellte Attila schließlich durch die Allianz von drei verschiedenen weiblichen Ausformungen von Mut und Charakterstärke zu Fall gebracht wird. Irene, die vorbildliche Ehefrau, Honoria, die beispielhafte Geliebte, und Lerianna, die scheinbar verwerfliche Konkubine, erreichen mit ihren Täuschungen und Verstellungen letzten Endes mehr als ihre männlichen Verbündeten mit den konventionellen Mitteln der Politik und Waffengewalt. Die wesentliche Triebkraft dieser weiblichen Figuren, welche im Laufe der Verwechslungen auch durchaus miteinander in Rivalität geraten, ist die Eifersucht. Das manifestiert sich in teilweise sehr emotionalen Erklärungen wie 519, 15-22, 560, 34-35 oder 572, 29-31.

174

Band, V

Die zwei kurzen Geisterszenen mit den Erscheinungen der von Attila ermordeten Personen (II 1.19 und II 1.20) entsprechen ganz der ausgesprochen schaurigen Atmosphäre, welche im Anblick der auf einer Schale präsentierten menschlichen Augen und Zungen (582, 29-30), die noch dazu in einem Monolog (585, 111) direkt angesprochen werden, ihren grausigen Höhepunkt findet. Interessant scheint neben kleinen Resten von Improvisation (z.B. 513, 24) auch, daß in diesem Stück sehr viel abseits gesprochen wird, um dem Publikum die wahren Absichten hinter den notwendigen Verstellungen und Verkleidungen mitzuteilen. Die Passagen in gebundener Sprache wurden vermutlich mit Musikbegleitung vorgetragen, ebenso der Schluß des Stückes, der wie das Ende einer Oper gestaltet ist. Die Dienerfigur liso, ein völlig undisziplinierter Soldat aus dem Heer Attilas, stellt eine Vermengung des aus der italienischen Stegreifkomödie bekannten Capitan Spaventa mit der ebenfalls von dort stammenden Spaßmacherfigur des Arlecchino dar. Als besonders wertvoll für die Kenntnis von der Aufführungstechnik kann der Hinweis auf die Bewegungen des Vorhangs, der die Bühne teilt, gelten (544, 1-2). Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1255-1260. 508

3 THEODORICUS] Der Name scheint unter den ersten Königen von Frankreich nicht auf; es dürfte eine Vermengung mit dem bekannten Ostgoten-König oder - wie aus der folgenden Figur hervorgeht ein veränderter Name des Westgoten-Königs Thierry I. sein.

7. Der Welt Erschröckende Attila 4 TORISMONDO] Thierry I. 513 514 516 517

Westgotischer König,

175 Sohn

von

24 etc.] Raum für Improvisation. 29 Pernheiter] Gauner, Halunke, Bärenhäuter. 15 gewähr] Waffe, Schwert. 10 recompens] Belohnung; von franz. recompense. l Prigelsuppen] Prügelsuppe, eine Tracht Prügel. 8 ligen] lügen. 20 fuchs=balg] Der Fuchsbalg ist, wegen der sprichwörtlichen Schlauheit des Tieres, ein Symbol der Verstellung und Falschheit. 31 Vestalischer Altar] Im Tempel der Vesta in Rom wurde von den Priesterinnen das ewige Feuer gehütet.

519

29 Nachtampel] während der Nacht brennendes Licht. 30 Pharos] kleine Insel im Hafen von Alexandria, wegen des darauf befindlichen Leuchtturmes in vielen Sprachen zum Synonym für den Leuchtturm geworden.

522

25 eine schlangen gehörte fury] eine Furie mit Schlangenhaaren. 5 Syrenne] Sirene, bezaubernde Frauengestalt. 2 vexation] Scherz, Spiel. 7-8 Hymenaeus] der Hochzeitsgott. 5 lilgen] Lilien. 30 Phoenix] Der sagenhafte Vogel wird nach seiner Verbrennung aus der Asche wiedergeboren. 30 Hercules] Der antike Held besteigt den Scheiterhaufen, um sich von den durch das ihm von Dejanira geschenkte Kleid ausgelösten brennenden Qualen zu befreien, und wird in den Olymp aufgenommen.

523 528 529 532 53 4

535

17 Salamander] Der Salamander geht laut rung unbeschädigt durch das Feuer.

Uberliefe-

176

Band, V

5 3 6 21-22 Radamantens] Rbadamantes ist einer der drei ter in der griechischen Unterwelt.

Rich-

537

13 larue] Maske.

538

12 Enceladus] einer der Giganten, der von Juppiter mit einem Blitz erschlagen und unter dem Ätna begraben wurde.

539

4 Curtius] Der römische Jüngling Marcus Curtius stürzt sich 362 v. Chr. freiwillig als menschliches Opfer in einen auf dem Forum entstandenen Schlund.

540 544 545 548

553

5-6 Vorwaagt] Vorrang, 31 wälischland]

Ubergewicht.

Italien.

2-3 myrthen] Elemente des Myrten-Strauches, die in Arzneien und Parfüms verwendet werden. 12 Phryne] eine Hetäre, welche das Modell für eine Venus von Praxiteles gewesen sein soll; oft auch Synonym für Hetäre. 2 Adie] Adieu.

554

17 Luens] Pest, Unheil; von latein. lues.

556

32 Theseum] Der athenische Held Theseus dringt auf Kreta in das Labyrinth ein und tötet den Minotaurus.

557

22 sarchen ein] einsargen, in einen Sarg legen. 33 charens] Charon ist der Fährmann in die sche Unterwelt.

560

22 Basilisckhen] Basilisk; sagenhafter kleiner der durch seinen Blick andere Lebewesen nert.

561

20 Goschen] Maul,

562

griechiDrache, verstei-

Mund.

6 diser Haare] von dieser Art. 6-7 Lucretia] Die Römerin Lucretia versucht vergeblich, ihre Keuschheit gegen Sextus Tarquinius zu verteidigen (vgl. Livius Ab urbe condita 1.58).

7. Der Welt Erschröckende 563 564

177

Attila

27 Sibilla] Wahrsagerin der Antike, später unterschiedlicher Herkunft verknüpft.

mit

Texten

18 revangiren] rächen; von franz. revanche. Demant] Diamant. 31 Marcatantorin] Marketenderin, Wanderhändlerin bei den Soldaten.

29-30

5 6 6 13-19 Göttisch bzw. gottisch] heidnisch, barbarisch. 14 Tomiris] Tamyris oder Tomyris, Königin der Skythen, rächt die von Kyros herbeigeführte Niederlage ihres Sohnes durch einen vernichtenden Hinterhalt. 16-17 Paris - Achillem] Paris, der Sohn von Priamos und Entführer von Helena, tötet Achilles mit einem Pfeil. 18-19 Apollo - Pithon] Als Knabe tötet Apollo den Python-Drachen von Delphi und übernimmt das dortige Orakel. 569

7 Ayacis] Dieser Hinweis auf einen der beiden Aias (1. der Große, Sohn von Telamos; 2. der Kleine, Sohn von Oileus), die gegen Troja kämpfen, ist nicht ganz verständlich.

576

17 Trabanten] Leibwächter,

577

32 Astraea] Göttin

der

579

25 Abeunt

Alle treten

580

22 allawaster stürne] alabastergleiche

581

7 morter] Marter. 15 Taza] Tasse, Schale; von ital. tazza.

582

20 Weget]

585

26 defendiren] verteidigen; ital. difendere.

omnes.]

Diener. Gerechtigkeit. ab. Stirne.

Bedenket. von franz.

defendre

594

5 Lais] Diese berühmte Hetäre im antiken land vermochte angeblich sogar ältere zu betören.

596

9 vexiret] gekränkt,

605

2 Spockt] spukt.

beleidigt;

von franz.

und

GriechenPhilosophen

vexer.

178

Band, V

606

16 quinta Essentia] Substanz,

610

19 Judith - Holofernen] Laut Altem Testament (Buch Judith) befreit die heldenhafte Judith die Stadt Betulien von der Belagerung, indem sie den Feldherrn Holofernes in seinem Zelt verführt und dann tötet.

Essenz.

611

23 rumor] Lärm; von ital. rumore.

6 12 32-33 Acherontischen Schwebel=pfuhl] Schwefelpfuhl Flusses Acheron in der Unterwelt. 615

23 drummel]

618

26 stimpler]

des

Trommel. Stümper.

8. Aurelianus, König in Licien: Der mit Giocasta verheiratete König Aurelianus ist seit jeher verliebt in Doriclea, die Frau seines Freundes und Vasallen Alexander; auch Giocasta war allerdings schon vor ihrer Ehe in Alexander verliebt. Die Ausgangssituation wird in zwei langen Monologen (Szenen 1.2-3) von den Figuren selbst erläutert. Am Beginn des Stükkes treffen die vier Hauptfiguren nach längerer Trennung wieder aufeinander, und es entwickelt sich ein kompliziertes Vierecksverhältnis, bei dem die in Serie erfolgenden Betrügereien die Eifersuchts- und Rachegefühle stetig ansteigen lassen. Das erste Fehlverhalten begeht Giocasta, die als Gärtnerin verkleidet Alexander in seinem Zimmer aufsucht, was dieser in naiver Weise danach seinem Freund erzählt. Giocasta und Aurelianus werden als trieb geleitete Charaktere gezeichnet, durch welche Doriclea und Alexander in unterschiedlicher Weise gequält und betrogen werden. Allerdings macht sich auch Alexander schuldig, wenn er aus übertriebener Freundschaft dem liebeskranken

179

8. Aurelianus, König in Licien

Aurelianus schließlich seine Frau in einer grotesken Szene (II. 8; Alexander lenkt das Zusammentreffen der beiden vom Fußende des Bettes aus) zuführt. Nach einigen Verwirrungen bewirkt Alexander eine lösung, indem er in eine Verschwörung von Giocasta eingreift und die Aurelianus in mehrfacher Hinsicht untreue Frau umbringt, um damit - und mit seinem vermutlichen Selbstmord, dessen Durchführung am Ende aber unklar bleibt - den Weg für eine Verbindung zwischen seiner Frau und seinem Freund freizumachen. Unter dem Eindruck des grausigen Endes von Giocasta lehnt Aurelianus dies aber ab. Der Text weist zahlreiche ganze Szenen nach der Art der Improvisationskomödie auf, deren Anweisungen sich auf den schematisierten Handlungsverlauf beschränken (1.16, II.6-8, 11.17-18, 11.21, III.1-2, II 120). Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1260-1261. 623

624

3 discuret] spricht. 17 Ambassiada] Botschaftsreise; 19 Patera] Stadt in Lykien.

von ital. ambasciata.

15 entfrummet] wild geworden. 22 Miracul] Wunder; von ital. miracolo. 33-34 ungeßen] ohne zu essen.

625

6-7 tormenten] Qualen; von ital. tormento. 33 Mira] nicht bestimmbare Stadt im antiken

626

15 Rittrat] Porträts; von ital. ritratto. 16 Ruchbarischen] verm. nachbarlichen; weise ein Abschreibfehler. 28 faveur] Gunst, Wohlbefinden; von franz.

627

14 Contrafei] Porträt,

629

22 resolviren] entschließen;

Orient. möglicherfaveur.

Konterfei. von ital. risolvere.

180 630

632

633 634

Band V 2 Penelope] Die Frau von Odysseus wird wegen ihres geduldigen Wartens auf die Rückkehr ihres Mannes zum Symbol für die vorbildliche Ehefrau. 3 Zenobia] Zenobia gilt wegen ihres Verhaltens im Konflikt zwischen Radamistos und Tiridates als äußerst unverläßliche und wechselhafte Frau. 8 bemeckhlen] beflecken. 8 argementa] Ansichten, Behauptungen. 2-3 nach meiner favor zu disponiren] nach meinen Gunsten zu richten. 3-4 die secunda causa zu Corregiren] die weniger wichtige Sache fallen zu lassen. 15 Contento] Genugtuung, Zufriedenheit. 8 Logiament] Wohnung; von franz. logement. 25 favorisiret mir] steht mir bei; von franz. favoriser. 19 faciolet] Tuch, Taschentuch; von ital. fazzoletto.

635 11-12 14 15 29

forenstier] Fremder; von ital. forestiero. mortificirte] beschämte; von ital. mortificare. tractire] behandle; von ital. trattare. Belsereno] Jagdschloß von Aurelianus, laut Text 20 Meilen von Patera entfernt. 32 licentz] Erlaubnis; von ital. licenza. 32 ein klein rest] eine kleine Erholung, eine kleine Pause.

637

18 offendiret] beleidigt, gekränkt; von ital. offendere.

638 33 639 16-17 21 641 6 643 645 648 652

participirte] Anteil hätte; von ital. partecipare. relaxiren] erholen, vergnügen; von franz. relaxer. lappin] Närrin, einfältige Frau. hirn] entweder: einen verwirrten Kopf, oder ein Schreibfehler für: hitze; vgl. 649, 32. l Conferteyen] Gunst, Geschenke, Freundlichkeiten. 21 zähren] Tränen. 15 perturbirn] stören, belästigen; von ital. perturbare. 16 natura] nach der Natur. 17 Con vero] ital.: wahrhaft.

8. Aurelianus, 653

26 dissimulire] verberge, ier.

verstecke;

655

29 vexiret] zum Narren

hält.

656 659 666

4-5 Molossi] Volk und Region

30 supplicanten] 34 Furia] Wahnsinn,

674

682

Epiros.

von span, per-

Bittstellern. Tollheit.

ι stillet] Stilett, kleiner Dolch. 3 alteriret eüch] regt euch auf. 25 macel] Fleck, 25 tefect] 25-26

678

Gespräch.

3 Zieffern] Code, Verschlüsselung. 13 Anatomia] verm. Verkörperung. 28 perdon] Verzeihung, Entschuldigung; don.

670

673

in

dissimil-

von franz.

9 Sie haben ange räth.] Sie sind im

667 671

181

König in Licien

Makel.

Defekt.

tradiment] Verrat, Untreue;

26 particular] gewisse,

von ital. tradimento.

besondere;

4 humors] Stimmung,

von ital. particolare.

Gemütslage;

von

hu-

franz.

meur. 683 688

16 windfändel]

Windfahne.

ι Aesculapii] Asculapius Heilkunde.

oder

Asklepios,

6 8 9 17-18 obligiret] verpflichtet; von franz. 23-24 scrupuloß] skrupelhaft. 693 696

4-5 Practiciret] erfahren; 29-30

Gott

der

obliger.

von ital. pratico.

malam crucem] am

Kreuz.

30 longam litteram] am

Galgen.

699

31 resentiment] Vorbehalt;

703

34 manutiniren] aufrechterhalten,

706

33 schantze] Möglichkeit,

von franz.

ressentiment.

bewahren;

von

franz.

von franz.

chance.

maintenir und ital. mantenere. 707 709

7 erkießet]

Glück;

erwählt.

12 praeservativen]

Vorsichtsmaßnahmen.

182 711

7 13 717 718 721

Band V 4 judicium] Urteil, Entscheidung. 31 Empyrischen] höchsten und feurigsten; empyrius. 35 parte] Teil, Kenntnis. 21 fettel] Vettel, verachtenswerte Frau. 5 Sentenz] Urteil, Urteilsspruch. 16 Chur] Kur, Heilung. 16 Krebsgang] Rückwärtsgang. 22 Bernheüter] Gauner.

von

latein.

9. Die unvergleichlich=schöne Printzessin Andromeda: Der griechische Held Perseus rettet die äthiopische Prinzessin Andromeda vor dem Seeungeheuer, dem sie als Sühneopfer für den Hochmut ihrer Mutter dargebracht werden soll. Gleichzeitig schlägt er damit seinen Rivalen Phineus, mit dem Andromeda zu Beginn des Stückes verlobt wird, aus dem Feld. Diese Haupthandlung wird aufgelockert durch die Liebesabenteuer von Scaramuza, dem komischen Diener von Perseus, zu welchem Hinck anmerkt: „Schon unmittelbar nach der Veröffentlichung des Horribilicribrifax treffen wir den von Fiorilli umgebildeten Capitano als stehende Figur, als Diener Scaramutza, in einer Reihe von Lustspielen an, die bei verschiedenen festlichen Gelegenheiten zwischen 1665 und 1667 am Rudolstädter Theater oft aufgeführt und in Rudolstadt und fena gedruckt werden. Damit tritt eine Figur der Commedia dell'arte ins deutschen Lustspiel ein, die sich über Stationen wie Christian Weises, foh. Ulrich Königs und Ludwig Tiecks

9. Die unvergleichlich=schöne

Printzessin Andromeda

183

Die verkehrte Welt immerhin bis zu Hofmannsthals Ariadne auf Naxos erhält." (S. 130) In formaler Hinsicht auffällig sind an diesem Text die an emotionalen Höhepunkten eingebauten, relativ langen Passagen in gebundener Sprache, welche vermutlich mit Musikbegleitung vorgetragen wurden. Bemerkenswert scheint auch das Auftreten von Götterfiguren mit Hilfe von Bühnenmaschinen (ζ. B. Perseus auf dem Pegasus), was darauf schließen läßt, daß dieses Stück eher für höfische Aufführungen der Wanderbühne bestimmt war. Auf die Notwendigkeit eines gebildeten Publikums deutet auch der von Scaramuza vorgetragene Liebes-Donat (785, 3-29) hin, der ja nur mit Grundkenntnissen der lateinischen Grammatik wirklich verstanden werden kann. Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1261-1270. 734

6 H. Angott] Hinweis auf einen nicht identifizierbaren Schauspieler. 7 SCARAMUZA] Von Tiberio Fiorilli in Frankreich eingeführte Dienerfigur der Improvisationskomödie, die im französischen Theater als Scaramouche vielfach (z.B. von Moliere) aufgegriffen wird.

738

14 jalousie] franz.:

Eifersucht.

739

20 karten] einrichten, 22 gloir] franz.:

einfädeln. Ruhm.

740

24 Audi] scharfen

741

ι affentheüerliche]

Verweis. abenteuerliche.

742

19 die Vögel in schwartzen Trauerfedern] die

744

32 Phoenix] Der sagenhafte Vogel wird nach Verbrennung aus der Asche wiedergeboren. 18 furios] wild, ungestüm; von franz. furieux. 21 Kaidaune] Ruttel, Eingeweideteil.

747

Raben. seiner

184

Band V 32 verhundaaßen] verderben,

748

34 praesentation] Aufzug,

beschmutzen.

Einmarsch.

749 750

2 facies] Gesicht, Miene. 19 tribuliren] quälen; von ital. tribolare. 19-20 Nova Zembla] Neu-Zembla, Gebiet im Norden Rußlands. 20-21 in summo gradu intoniren] in höchstem Ton anstimmen. 754 7 Syrenen] Sirenen, bezaubernde Frauengestalten. 755

756

18 Driaden und Najaden] Nymphen; Dryaden leben in Bäumen, Naiaden in Quellen. 25-26 Diana, Venus und Pallas] Die römische Göttin der Keuschheit, die römische Göttin der Liebe und die griechische Göttin der Weisheit werden als Idealfiguren der Weiblichkeit hier mit Andromeda verglichen. 4-5 Styx und Acheron] Flüsse in der Unterwelt. 24 Tritons] Sohn von Poseidon, Meeresgott, Mensch und halb Fisch.

757

12 Hammons] Ammon, wird hier mit Jupiter

758

21 qviet gehen] verlieren, 26 Schock] 60 Stück.

759

8 resoluirte] beschloss; von ital. risolvere. 27 luder] eigentlich Köder; hier vermutlich Höhle, Nest. 32 accidens] Spur, Rest.

760

761

766 768

6 22 29 3-4

der ägyptische gleichgesetzt.

halb

Sonnengott,

aufgeben.

Versteck,

Tracktiert] versorgt, verpflegt; von franz. traiter. Port] Hafen. bilance] Waage; von ital. bilancia. Tracktementen] Nahrung, Speisen; von franz. traitement. 9 Flor] Blüte. 23 intrat] tritt ein. l bemackeln] beschmutzen.

9. Die unvergleichlich=schöne 776

Printzessin Andromeda

22 menagiren] vermeiden, franz. menager.

in

Grenzen

halten;

779

18 Mariage] franz.:

780

15 Danae] Tochter von Akrisios und Mutter seus; wird von Zeus in Gestalt eines heimgesucht.

Hochzeit,

185 von

Heirat. von PerGoldregens

7 8 5 3-29 In seinem Liebes-Donat verwendet Scaramuza Fachbegriffe der lateinischen Grammatik, deren bekanntester Schulautor seit der Spätantike Aelius Donatus mit seiner Ars minor ist. Das Zeitwort Arno (lieben) wird im aktiven Modus von ihm und im passiven Modus von der Dame in perfekter und mehr als perfekter Weise abgewandelt. Sie kommen in der körperlichen Konjunktion zur spezifischen Form des Deponens, das gleichzeitig die liegende Position ausdrückt, wodurch natürlich auf alle Zeit der Zustand der Dame verändert ist, worauf sie unbedingt die Hochzeit fordert. Da Scaramuza diesem Verlangen nicht in der Gegenwart sondern erst in der Zukunft nachkommen möchte, soll ihm sein (Körper)Teil elend zugerichtet werden, und der Vertrag dann mit der unpersönlichen und unerbittlichen Notwendigkeit vollzogen werden. 34 Ago gratias, mi Domine] Ich danke sehr, mein Herr. 786

2 perdon] Verzeihung, Entschuldigung; von span, perdon. 23 mortificiren] beschämen; von ital. mortificare.

792

is Aeolus] Gott der

Winde.

799

17 Charon] Fährmann

der

801

22 bastant] ausreichend;

802

2 19 19-20 34

Unterwelt.

von ital. bastare.

Krackel] Lärm, Geschrei. Schenckasen] Geschenke, Gratifikationen. qviet gehen] verlieren. supplicando] ersuchend, fordernd; von ital. supplicare.

186

Band V

803

6 praecavirt] vorgesorgt,

804

2 Gewehr] Schwert, Waffe. 6 Medusen] Die Medusa, als eine der drei Gorgonen, versteinert den Betrachter durch ihren furchterregenden Blick; Perseus überwindet sie und verwendet ihr Haupt in seinem Schild als Waffe.

vorgebaut.

806

17 Dictynna] Beiname der kretischen Jagdgöttin martis und der Artemis.

Brito-

807

10 Cynthia] Beiname von Diana, abgeleitet von Geburtsort, dem Berg Cynthus auf Delos.

ihrem

808

3 Ariadne] Ariadne verhilft Theseus mit ihrem Wollfaden dazu, aus dem Labyrinth des Minotaurus wieder herauszufinden. 5 Oedipus] Oedipus t r i f f t bei seiner Rückkehr nach Theben vor der Stadt auf die Sphinx, löst ihr Rätsel und befreit die Einwohner von dem Ungeheuer. Zum Dank dafür erhält er die Königswürde und die Hand seiner Mutter lokaste. 19 Zieffern] Code, Verschlüsselung, Geheimzeichen.

809

8 D . S. L.] Diese Initialen sind nach wie vor nicht entschlüsselt. 9 D . B.] Diese Initialen sind nach wie vor nicht entschlüsselt.

10. Die getreue Sclavin Doris: Dieses Stück, das den Konflikt zwischen Liebe und Freundschaft thematisiert, ist im höfischen Milieu des Nahen Ostens (in Mesopotamien) in unbestimmter Vorzeit angesiedelt. Seine dramatischen Effekte beruhen hauptsächlich auf den Verwirrungen um das Auftreten von der ehemaligen Prinzessin Doris und ihres Bruders Ptolomaeus in Kleidern des jeweils anderen

187

10. Die getreue Sclavin Doris

Geschlechts, um sich so einer verloren oder untreu geglaubten geliebten Person zu nähern und ihre wahren Gefühle zu sondieren. Die in den Monologen resümierten, durch zahlreiche Gebiete führenden Irrfahrten der Hauptfiguren lassen einen Einfluß der im 17. Jahrhundert in Ubersetzungen weit verbreiteten hellenistischen Romane auf die italienische Vorlage vermuten. Wie in diesen Abenteuergeschichten führen das langsame Erkennen und die Rekonstruktion der Zusammenhänge, sowohl durch die Figuren der Handlung als auch durch das Publikum, zur glücklichen Lösung. Diese besteht in der Vereinigung von Orontes und Doris, deren wahre Identität durch das Auffinden eines Briefes geklärt und deren Selbstmord durch das Vertauschen des Giftes mit einem Schlaftrunk verhindert wird. Die heiteren Szenen sind vor allem geprägt durch die scharf züngigen Wortwechsel zwischen der alten Amme Dirce und dem Eunuchen Bagoas, welche einander ihre jeweiligen körperlichen Defizite vorwerfen. Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1270-1274. 812

15

Trabanten] Diener,

814

28

Iphis] Dieser Cyprier niedriger Herkunft durch den Hohn seiner Geliebten Anaxarete Selbstmord durch Erhängen getrieben.

817

24

Gällerey] Galerie.

818 819

Leibwächter.

1 Aufsticher] Mann, der alles berichtet;

Spion.

19

Nicea] Nicäa, Stadt in

Bithynien.

822

16

Abeunt.]

824

33

Port]

827

8

vexiret] beleidigt, kränkt; von franz.

vexer.

829

6

Fratzen] ungehörige

Menschen.

Sie treten ab.

Hafen. und kindische

wird in den

188 832 837

840 846 856 862 867 869

872 878

Band V 24 Tracischen] Thrazischen, d.h. des Schwarzen Meeres oder des Donaudeltas. 8 Sandichten] sandigen. 2 4 - 2 5 Pflechmatisch] Phlegmatisch; in der Lehre von den vier Körperflüssigkeiten ein Uberschuß an Lymphflüssigkeit, was zu einer gewissen Niedergeschlagenheit veranlaßt. 25 Colerisch] Cholerisch; in der Lehre von den vier Körperflüssigkeiten ein Überschuß an Gallensaft, was zu einer allzu großen Erregbarkeit führt. 14 Verbürget sein Gewehr.] Versteckt seinen Bogen. 18 hündische] kindische. 25 Gewehr] Schwert, Waffe. 23 Eliseischen] des Elysiums, des Jenseits. 13 Aurora] Göttin der Morgenröte. 30 Thais] Drei Hetären dieses Namens sind in der Antike bekannt, die alle als Beispiel für eine schändliche Frau dienen können. 23 Schleiniger] schneller, eiliger. 30 G. F. V.] Diese Initialen entschlüsselt.

sind nach wie vor nicht

11. Die Unglücklich^Verliebte Stieffmutter Ormonda oder der großmüthige Altamiro: Es handelt sich hei diesem Stück um eine typische Staats-Aktion in einer höfischen Umgebung des Orients der Vergangenheit mit der entsprechenden stilistischen Emphase. Altamiro wird am Beginn des Dramas vom Kaiser zum Thronfolger bestimmt, worauf

11. Die Unglücklich=Verliebte Stieffmutter Ormonda

189

Alcontes, sein Rivale in Politik und Liebe, gegen ihn zu intrigieren beginnt. Seine Stiefmutter Ormonda gesteht dem eben wieder an den Hof zurückgekehrten Altamiro ihre Leidenschaft für ihn, wird aber abgewiesen, weil er Tersilla liebt, worauf die Kaiserin ebenfalls den Untergang von Altamiro anstrebt. Alcontes und Ormonda gelingt es vorübergehend, den Kaiser vom angeblich unwürdigen Charakter Altamiros zu überzeugen. Schließlich durchschaut der Kaiser nach einer Intervention von Rosinda die wahren Verhältnisse und erkennt zudem in Altamiro seinen verloren geglaubten Sohn wieder. Diese tragische Handlung wird aufgelockert durch das Gezänk zwischen dem Kammermädchen Rosinda und dem Diener Ceanfrone. 7.ur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V^ S. 1274-1276. Den Angaben dort ist hinzuzufügen, daß die Truppe von Johann Ferdinand Beck am 21.11.1736 in Hamburg Der großmüthige Altamiro, oder: Die in ihrem Sohn jedoch unwissender Weise verliebte StiefMutter, mit Hans Wurst spielt. 879

881 885

Π J. C. HAACKE] Johann Caspar Haacke, Schauspieler und Prinzipal, übernimmt 1708 die ursprünglich von Andreas Elenson gegründeten Hochteutschen Comödianten. 6 Ceter] Zedern. 7 Paldagin] Baldachin. verschweigt. 3 verholet] verhehlet, Mars] Mars ist der römische Kriegsgott, der ein Lie27 besverhältnis mit Venus eingeht. Adonis] Adonis ist ein leidenschaftlicher Jäger und so schöner Jüngling, daß sich sogar Venus in ihn verliebt.

190 890

891

Band V 21 25 31-32 34

Adie] Adieu. Lecker] eitlen Männer. Gepulversirte] gepuderte. Duplonen] Dublonen, Goldstücke.

1 wügtige Ducaten] schwere

Dukaten.

892

33 allen Schlapperment] alle verfluchte

893

23 Vulcanus] Hephaistos bzw. Vulcanus, der hinkende Sohn von Zeus und Hera, wird wegen seiner großen Kunstfertigkeit mit Venus verheiratet, aber von dieser mit Mars betrogen.

894

30 Patianz] Geduld,

895

18 Resolvirt] entschlossen;

896

12 Labirent] Labyrinth. 30 Circum ferens] Umkreis.

897

14 Scilla undt Charibdis] Skylla und Charybdis bedrohen laut antiker Uberlieferung die Meerenge von Messina. Die Skylla ist ein Untier mit sechs Köpfen, das Seefahrer verschlingt; die Charybdis saugt drei Mal am Tag das Meerwasser auf und stößt es brüllend wieder heraus.

Nachsicht;

898

15 Englischen]

900

29 Contarfay] Porträt,

902

Mühe.

von ital. patienza.

von ital. risolvere.

engelgleichen. Konterfei.

9 Dissimuliren] verbergen, similier.

verstecken;

von franz.

dis-

904

27 Negropontische] am Schwarzmeer; tus niger bzw. Pontus.

906

25 Dionisii] Im Gegensatz zu ihren Mitbürgern bittet eine alte Frau aus Syrakus um die Erhaltung des Lebens von Dionysius, weil sie fürchtet, daß ihm ein noch schlimmerer Tyrann nachfolgen könnte (Valerius Maximus: Facta et dicta memorabilia VI.2 ext. 2).

911

8 Galeott] Galeerensträfling; 9 Lappländer] Dummkopf.

von latein. pon-

von ital. galeotto.

912

914 918

11. Die Unglücklich=Verliebte Stieffmutter

Ormonda

191

9 accomodiret] anpaßt, unterordnet; commoder und ital. accomodare. 16 Cipern] Zypern. 22 Bradeiß] verm. Paradies.

von franz.

ac-

l Tessalischen Olimpo] Berg Olymp in

Thessalien.

919

19 Solicitaten] Eingaben,

920

16 Guardi] Vorsicht, Schutz; von ital. guardia.

923

932

Bewerbungen.

2 Scipionen, Chartago] Die nordafrikanische Karthago wird 146 v. Chr. von den römischen pen unter P. Cornelius Scipio zerstört.

Stadt Trup-

21 Promettheis] Prometheus bringt den Menschen das Feuer zurück, um damit die von Zeus verhängte Strafe aufzuheben.

933

ι Apelles] Maler der Antike, dessen Bildnis der Venus im Askulaptempel von Kos als Wunder bestaunt wurde. 20 Podagra] Rheuma, vor allem in den Zehen. 93 4 31-33 Auf den Säulen des Herkules an der Meerenge von Gibraltar stand laut Uberlieferung der Spruch N o n plus ultra, um die Menschen vor der Fahrt auf den offenen Ozean zu warnen. 935 33 Hircanus] Hier ist vermutlich Hyrcanus, das sprichwörtlich wilde Land der Hyrcaner, gemeint. 946 3i Argus] Wächter der Io mit 100 Augen. 950

951

28 vexire] beleidige, kränke; von franz. vexer. 30-31 examiniren] prüfen, untersuchen; von franz. ner. l Complexion] Art,

954

31 Indention] Intention,

956

18 Vorwitzig]

959 962

2-3 19 23 24

Beschaffenheit. Absicht.

neugierig.

Tormenten] Qualen; von ital. tormento. Gewehr] Schwert, Waffe. Receipt] Gunstbezeigung. unbefuchten] unbefleckten.

exami-

192 965

Band V 30 Mercurius] Apollo schenkt Hermes bzw. Merkur einen goldenen Zauberstab, mit dem er Lebewesen verwandeln und einschläfern kann.

9 6 8 30-31 971 16 23 974 30

Gabel Fahrerin] Gabelreiterin, Hexe. Hafen] Häfen, Topf. Port] Hafen. Megara, Tisiphone et Medusa] Megaira und Teisiphone sind zwei der griechischen Erinyen (Rachegöttinnen); Medusa ist eine der drei Gorgonen.

977

25 Verziehe] Warte.

980 983

13 Schnur] Schwiegertochter. 23 accordirt] geeinigt; von franz. accorder.

12. Das Labyrinth der Liebe: Die Handlung dieser Staats-Aktion ist wieder in einem Land des Nahen Ostens in einer unbestimmten Vergangenheit situiert und bedient sich einer entsprechend emphatischen Ausdruckweise, um staatspolitische Überlegungen vorzubringen. Das Stück beginnt mit der Erörterung der Wahl eines Ehemannes für die Königin Rosane, wobei auch die Frage des Adels diskutiert wird. Die wahre Ldentität von Argimondus und Ernelinda, einem Liebespaar unbekannter Herkunft, welches sich unter vorgetäuschten Namen am Hof Rosanes wieder gefunden hat, wird dem Publikum schon in der zweiten Szene durch einen Bericht von Lindo an die Königin bekannt gegeben, ohne daß jedoch die Betroffenen sich dieser Aufdeckung bewußt sind. Da sich Rosane den fremden Prinzen Argimondus zum Gemahl wünscht, muß sie nun gegen das Paar intrigieren. Die beiden Liebenden werden auf ihrer Flucht vom Hof

12. Das Labyrinth

der Liebe

193

durch tragische Zwischenfälle getrennt (vgl. das Motiv des blutigen Kleides am Beginn der Szene III.8), aber schließlich glücklich wieder zusammengeführt. Inzwischen möchte der vorübergehend bei Schäfern untergetauchte Eumenes sein Recht auf den Thron geltend machen und Rosane durch einen Mordanschlag beseitigen. Im letzten Moment erkennt er jedoch in ihr seine frühere Retterin aus dem Kerker und entschließt sich, mit Hilfe eines Volksaufstandes an die Macht zu kommen. Durch seine Heirat mit Rosane am Ende des Stückes wird eine allumfassende Legitimität des Thrones wieder hergestellt. Ein Charakteristikum der Dialoge dieses Stückes sind die rätselhaften Andeutungen auf Personen bzw. deren Funktionen, welche auf dem Spiel der versteckten und heimlich aufgedeckten Identitäten basieren und natürlich beim wissenden Publikum Spannung und Heiterkeit hervorrufen. Auffällig sind außerdem die besonders häufigen und langen Aufzählungen von historischen und mythologischen Beispielen zu den jeweils erörterten Fragen. Weiters scheint bemerkenswert, daß der im Titel genannte Arlequin eigentlich nur verdeckt in der Person des Dieners Lindo aufscheint. Er verwendet in einer Spaßmacher-Szene (1053, 9-1054, 3) zahlreiche Motive der zeitgenössischen Satiriker, insbesondere der Ragguagli di Parnaso von Traiano Boccalini. Die Passagen in gebundener Sprache wurden vermutlich mit Musikbegleitung vorgetragen. Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1276-1277. 987

6 C. L. HOFFMANN] Karl Ludwig Hoffmann, Schauspieler und Truppenleiter, übernimmt 1722 nach Jo-

194

Band, V hann Caspar Haacke die ursprünglich von Andreas Elenson gegründeten Hochteutschen Comödianten. 9 Η . J. D.] Es handelt sich damit um den selben Ubersetzer wie in Alles geben, und doch nichts geben, einer deutschen Fassung von Pedro Calderons Dario todo y no dar nada (Codex 13.124 in der Handschriftensammlung der Osterreichischen Nationalbibliothek ). 12 J. F. G.] Diese Initialen sind nach wie vor nicht entschlüsselt.

9 8 8 2-16 Die Buchstaben am Rande der Personenliste scheinen Kürzel für die Besetzung durch Schauspieler zu sein, obwohl natürlich auch drei Namen ausdrücklich genannt werden. 11 Kohlhardt] Friedrich Kohlhardt, um 1688-1741, Schauspieler. 12 Müller] Nicht identifizierbarer Schauspieler. 13 Grundt] Nicht identifizierbarer Schauspieler. 991

992

19 20 29 31

Mogelt=Stein] Magnet. Angel=Sterne] Polarstern. Tereda] Königin von Sparta, Ehefrau von Agis I. Agis] Agis L, 426-397 v. Chr. König von Sparta, Sohn von Archidamus IL und Bruder von Agesilaus. 31 Alcibiade] Alcibiades, 450-404 v. Chr., Sohn von Kleinias und Dinomache, Neffe von Perikles, Schüler von Sokrates. 34 Ajax] Die Argumentation ist nicht nachvollziehbar, da beide Aias der griechischen Mythologie königlicher Abstammung sind. 35 Dorus] legendärer Stammvater der Dorer. 3 Pericles] -495-429 ν. Chr., Sohn von Xanthippus, athenischer Redner und Staatsmann. 4 Pompejo] Cn. Pompeius d.Gr. stammt aus einer bekannten römischen Gens, daher ist dieser Hinweis nicht nachvollziehbar.

12. Das Labyrinth

der Liebe

195

9 Agathocles] 361-289 v. Chr., Tyrann von Syrakus, Sohn von Eltern niederen Standes. π Lanassa] Diese angebliche Tochter von Agathocles konnte ich nicht zuordnen. 12 Pyrrho] Es dürfte sich um Pyrrhus von Epirus handeln; sein Verhältnis zu Lanassa und ihren Brüdern konnte nicht geklärt werden. 22 Hiero] Welcher der Tyrannen von Syrakus namens Hiero hier gemeint ist, konnte nicht geklärt werden. 999

14 Chimäre] Hirngespinst,

1001

π verziehen]

1002

26 Pore] Lauch,

1003

32 Marmelnes] aus

1004

l Salamander] Der Salamander geht laut Uberlieferung unbeschädigt durch das Feuer. 12 Clytia] Die Oceanide Clytie ist eine Geliebte Apollos und wird nach einem Konflikt mit ihm in die Blume Heliotropum verwandelt. 13 Adonis] Der schöne Jüngling Adonis wird sonst nicht mit Beständigkeit in Zusammenhang gebracht.

1005

17 Phosphorum] 1669 isoliertes Element, welches wegen seiner leichten Entzündbarkeit in der Herstellung von Streichhölzern eingesetzt wurde.

1007 1017

Phantasie.

warten. Porree. Marmor.

5 Löfflen] Liebeswerben,

Flirten.

19 Antipater] Vertrauter von Philipp von Makedonien und Alexander d. Gr., Statthalter und später König von Makedonien. 23 Hecuba] Ehefrau von Priamos und Königin von Troja. 24 Priamum] Priamos, der König von Troja, weigert sich zu Beginn der Belagerung, die von seinem Sohn geraubte Helena herauszugeben. 25 Helenam] Helena, die Ehefrau von Menelaos, dem Königin von Sparta, wird von Paris nach Troja entführt.

196

Band, V 27 Arsinoe] verm. Tochter von Ptolomäus Lagi Berenike, Ehefrau des Königs Lysimachus und ter ihres Bruders Ptolomäus Philadelphus. 28 Parisatis] Unklarer Hinweis auf die Tochter Kyros und Mutter von Artaxerxes. 29 Semiramis] Als Witwe von Ninus Königin von syrien.

und spävon As-

1019 8 erkiesen] wählen. 14-15 Lysimachus - Agathoclem] Lysimachus, König von Thrazien, und sein Sohn Agathocles. 15 Malcus - Certalum] Historisch nicht identifizierbarer Vater und sein Sohn. 16-17 Ptolomaeus Physeon - Menephiclen - Cleopatra] Ptolomäus Physeon heiratete laut Uberlieferung zuerst seine ältere Schwester Cleopatra, dann seine eigene Tochter. Seinen Sohn Memphites schickte er zerstückelt dessen Mutter als Geburtstagsgeschenk (Valerius Maximus: Facta et dicta memorabilia IX.2 ext. 5). 18 Laodice - Ariarathes] Es handelt sich vermutlich um Laodice, die Ehefrau von König Mithridates, dessen Name hier einem Schreibfehler zum Opfer gefallen ist. 1033

7 Thetis] Tochter von Nereus les.

und Mutter von

Achil-

1 0 3 5 20 Aurora] Göttin der Morgenröte. 20 Ariadne] Ariadne hilft Theseus mit ihrem knäuel, den Ausgang aus dem Labyrinth des tauros zu finden.

WollMino-

1042

16 Syrene] verführerischer Frauengestalt. 25 Aethna] Als einer der aktivsten Vulkane dient der Ätna als Symbol der glühenden schaft.

1048

25 Erithia] Meeresnymphe. 27 Pharus] kleine Insel im Hafen von Alexandria, wegen des darauf befindlichen Leuchtturmes in vielen

Europas Leiden-

13. Je schlimmer Sprachen den.

197

es Steht Je besser es Geht

zum Synonym

für den Leuchtturm

gewor-

1049

29 Paris - Helena] Paris flieht mit Helena

1055

6 Sosthenes] König von Makedonien. 9 Brenno] Brennus ist Anführer der Gallier, der in Makedonien Sosthenes stürzt und später die Schatzhäuser von Delphi plündert. π Ticius] Historisch nicht identifizierbare Person. 14 Phileterus] Historisch nicht identifizierbare Person. 30 vacat] geht ab, fehlt; von latein. vacare.

1056

ίο Salva Laurentia] Toilette, 30 schwörige] rebellische,

1057

aus

Sparta.

Abort. aufrührerische.

l Chamaeleon] Das Chamäleon ist bekannt für Wandelbarkeit und Anpassungsfähigkeit seiner ßeren Erscheinung.

die äu-

1058

7 invisibilis] latein. unsichtbar. 27 applicire] anwende; von ital. applicare.

1059

15 Purgantz] Medizin zur Reinigung von Organen. 16 per posteriore] durch den hinteren Ausgang, durch Ausscheidung.

1064

2 boyrischen]

bäuerlichen.

1065

25 Gewehr] Degen,

1066

31-32 lebendige schwartze Reliquien]

1067

Waffe. Flöhe.

ι Per anteriora] Durch das Maul. 1-2 per posteriora] durch den After.

13. Je schlimmer es Steht Je besser es Geht: Es handelt sich bei diesem Stück um eine handlungsreiche Komödie voll von höchst verwirrenden Situationen, deren dramatische Effekte darin bestehen, daß eine

198

Band, V

komplizierte Lage gerade vor der Aussicht auf einen Ausweg in eine noch größere Verwirrung mündet. Der aus Neapel nach Gaeta geflohene Don Caesar trifft dort auf seinen Freund Don Giovani, der eben aus den Niederlanden gekommen ist, um sich an diesem Ort zu verheiraten. Inzwischen hat dort auch Caesars Geliebte Flerida unerkannt bei Lisarda, der Tochter des Stadthalters und Giovanis Braut, Zuflucht gefunden. Die unternehmungslustige Lisarda begibt sich maskiert zu einem Rendez-vous mit dem ihr nur ganz flüchtig bekannten Caesar, der gerade in diesem Moment als Mordverdächtiger in das Haus ihres Vaters abgeführt wird. Die sozialen Verhaltensregeln des Ehrencodex verhindern zunächst, daß der Stadthalter und Don Giovani das wahre Verhalten von Lisarda wahrnehmen, und veranlassen sie dann, ihre Schlüsse vor dem jeweils anderen geheim zu halten. Dieser Zwang, sich selbst und vor allem den anderen etwas vorzumachen, findet seinen Höhepunkt in der Szene II.9, in welcher Giovani seinen Freund und Rivalen in einem Kasten versteckt findet, dies aber dem Stadthalter verschweigt. Die Verhältnisse komplizieren sich noch, als Flerida und Lisarda einander wegen Don Caesar zu mißtrauen beginnen. Nach einigen weiteren Turbulenzen können mit Hilfe einer Nachricht aus Neapel die Verwirrungen um die Verhältnisse der einzelnen Figuren zueinander in einer Aussprache in der letzten Szene aufgeklärt und ein glückliches Ende herbeigeführt werden. Reste der Improvisationstechniken finden sich in der Szene II 1.9, wo Arlequin der dafür notwendige Freiraum geboten wird. Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1277-1279. Die Unterschiede zwischen dem spani-

13. Je schlimmer

199

es Steht Je besser es Geht

sehen Original und den italienischen Bearbeitungen bzw. deren deutscher Fassung konzentrieren sich, abgesehen von formalen Merkmalen (wie ζ. B. der Verschiebung der Aktpausen), auf die Art der Verwicklungen im zweiten und dritten Akt. Unter Verwendung der gleichen Personen und sehr ähnlicher Motive kommen letzten Endes alle Autoren zu dem selben Ende. 1082

8 Eigentlich

ein

Abgesandter

von

Don

Alonso

di

Qviera. 1083

24 Zufalß]

1085

31 Abit.] Tritt ab.

1086 1087

33 Ciceronis Kopffe] Wohlredner. ι meinge] Anzahl. 15 Spanien] d.h. im spanischen Herrschaftsgebiet Süditalien.

1089 1093

Vorfalls.

5 Panqverot gespiehlet] eine Absage 3 tedlich]

in

gegeben.

tödlich.

109 5

28-29

Tractamenten] Behandlungen; ment und ital. trattamento.

1101

23 Scenien] Kulissen. 25 Retirade] Rückzug. 26 Kriegt] Kriecht.

1108

26 Maedo]

Offensichtlich

eine

von franz.

Bezeichnung

traite-

für

die

Gesichtsmaske. 1109

31 ver Troß]

1130

14 leus] leise.

Verdruß.

1 1 3 4 25 Gewehr] Degen. 113 9 28 Qveck=Silber] Wegen seiner physikalischen Eigenschaften wird das Quecksilber oft als Metapher für einen unruhigen und sehr lebhaften Charakter verwendet. 1 1 5 1 27 Flor] Schleier. 1 1 6 9 25 fedet] streitet.

200

Band, V

1171 13 Weissenfeis] Zur Bedeutung dieses Spielortes vgl. Roswitha Jacobsen (Hg.): Weißenfels als Ort literarischer und künstlerischer Kultur im Barockzeitalter. Vorträge eines interdisziplinären Kolloquiums vom 8.-10. Oktober 1992 in Weißenfels, Sachsen/ Anhalt. Amsterdam: Rodopi 1994. 14 Jacob Schumach] Jakob Schumach (Schuhmach, Schümach), Schauspieler und Prinzipal.

14. Basilisco di Bernagasso: Dieses Stück in der typischen Art der Wiener Volkskomödie des 18. Jahrhunderts bietet einen erwartbar einfachen Handlungsablauf, in dessen Zentrum die vom Vormund des Mädchens behinderte Liebe eines jungen Paares steht. Die dramatischen Effekte konzentrieren sich aber auf die Figur von Hanswurst, der hier nicht in seiner tölpelhaften, bäuerlichen Ausformung auftritt, sondern als die Karikatur eines bildungsbürgerlichen Hausbesitzers, der von seinem Personal systematisch hintergangen wird. Der Abenteurer Basilisco, der sich als der ehemalige Liebhaber der Dienstmagd herausstellt, hilft Hanswurst aus einer bedrohlichen Situation, um sich bei ihm einzunisten und dem naiven Herrn schließlich seinen gesamten Besitz abzunehmen. Nur mit Hilfe der Dienstmagd, an welcher sich dieser auch rächen wollte, gelingt es, Basilisco zu überlisten, die fatale Schenkung rückgängig zu machen und ein glückliches Ende herbeizuführen. Dieser Handlungsverlauf wird garniert mit traditionellen Spaßmach erszenen der Improvisationskomödie, in welchen neben Hans Wurst vor allem der Diener Bernardon und der Notarius für Heiterkeit sorgen. Stilistisch bemerkenswert sind dabei

14. Basilisco di

Bernagasso

201

vor allem die endlosen Assoziationsketten, die die Lächerlichkeit einer falsch eingesetzten Schulbildung zeigen sollen. Den Höhepunkt der Spaßmachszenen bildet am Beginn des dritten Aktes Hanswursts teilweise der Improvisation überlassener Lauf durch die Narrengasse, wo er acht unterschiedlichen Ausformungen der geistigen Deformation begegnet. Das anschließende Nachspiel besteht überhaupt nur aus einem Szenar, das Motive aus dem Stück in Improvisation ausspielt: Der Hausherr Odoardo wird von seinem Personal (darunter der schlaue Hanswurst) systematisch betrogen. Nur der zufällig auf der Straße getroffene und als Diener eingestellte, einfältige Bernardon bewahrt ihn davor, daß die anderen Dienstboten mit seinem Vermögen durchgehen. Zur Uberlieferung des Textes und zum Verhältnis des Stückes zu seiner italienischen Vorlage vgl. Band V, S. 1279-1286. Den dortigen Angaben ist hinzuzufügen, daß die Truppe von Biancolelli 1667 im Th6ätre Italien von Paris U Basilisco de Bernagasso ou Le dragon de Moscou und die Truppe von Riccoboni 1716 U Basilisco de Bernagasso. Arlequin persecute aufführt. 1692 spielt Danese Taborino in Wien Ii Basilisco di Bernagasso. Die europaweite Verbreitung des Stückes belegt die Tatsache, daß 1730 eine italienische Truppe am russischen Hof Ii grande Vassilisk di Vernagassa aufführt. Die Truppe von Wallerotty gibt in Frankfurt a. M. zunächst 1741 das Stück unter den Titeln Je närrischer, je besser, oder Hans Wourst le marchand ruine und Der undankbare Gast oder Der rachgierige Bettler, dann 1742 als Ii Basilisco di Bernagasso, oder Der aus Mißverstand rachgierige Bettler und Hanßwurst, der wegen allzugroßer Gutheit ruinirte und ins Narrenspital gebrachte Kaufmann. Weiters führt die Truppe von Sophie Schröder 1742 in Hamburg Ii Basilisco di Berna-

202

Band, V

gasso auf. Zu dieser Zeit spielt Joseph Felix Kurz-Bernardon am Kärtnertortheater in Wien Basilisco di B e r n a g a s s o , o d e r u n d a n c k ist d e r Welt i h r D a n k . 1174

2 Gerhaber]

1175 27 zertragen] 1176

Vormund. zerstritten.

2 servit] Aufwartung. 5 pamphili] Offensichtlich eine Spielkartenfigur. 22 expedirt] losgeschickt, unterwegs.

1177 23 gelegenheitmacher] Kuppler. 1178

5 mensch] Mädchen. 5 Pantalon] Hans Wurst wird durch diesen Hinweis auf eine der bekanntesten Figuren der Commedia dell'arte, den älteren Kaufmann Pantalone, in eine ähnliche soziale Kategorie eingeordnet. 33 grän] Kren, Meerrettich. 34 stänfer] Behälter oder Hohlmaß. 34 knofloch] Knoblauch.

1179

19 klenckhen]

ausreichen.

1181 12 Gött] Faufpate. 14-15 dähmischer Hiesel] 19 blunzn] Blutwürste. 1182

1183

ι 10 16 20

Dummkopf.

braun] bunt. expediren] abfertigen. schlipffei] Halunke. impertinent] unverschämt; und ital. impertinente. 28 ermeltapper] Polizisten.

von franz.

6 Tractirtt] Behandelt; von franz. trattare. 26 malheur] franz. Unglück. 31-32 in die söck steiget] stiehlt.

1184

impertinent

traiter und

ital.

14 recipe] Heilmittel, Rezept. 17 barometer] Mit diesem Hinweis auf das im 17. Jahrhundert erfundene Meßinstrument deklariert sich Hans Wurst wieder als Bildungsbürger.

14. Basilisco di Bernagasso 27 krös] Krause, gefältelter 27 täzln] Spitzenbesatz.

203

Kragen.

2 ohrweschel] Ohr. 2-3 paruquen] Perücken. 16 5fos£.] Stampft auf. 1187 8 turnieren] streiten. 118 8 28 ehnder] eher, lieber. 1189 2 2 - 2 3 handhaben] Griffe. 24 k i f f l e t s ] streitet. 1190 7 pupillin] Mündel; von franz. pupille. 1191 3 exerciren] anwenden. 1192 π Patientia!] Geduld! 13-14 excrementum naturae] latein. Auswurf 19 podex] Hinterteil. 33 einmargenirter] marinierter. 1185

1193 14 arriere garde] Nachhut; von franz. 1194 19 kräschincketer] verdammter. 1195 4 schlenckl] Gauner. 5 rammel] unzüchtiges Weib. 33 betschafft] Petschaft, Siegel. 1196

ι 25 25 1197 6 7 7 30 1199

der Natur.

arriere-garde.

petschiren] versiegeln. Humillimus Servus] Untertänigster Diener. Perillustris Domine] Hochberühmter Herr. notarius bubulcus] Ochsentreiber-Notar. copulations rath] Heiratsvermittler. gelegenheit macher] Kuppler. satisfaction] Genugtuung; von franz. satisfaction.

3 N o n ubi nascor, sed ubi pascor] Nicht wo ich geboren, sondern wo ich ernährt werde. 1200 3 flickher] Verweis, Warnung. 1201 2 contract] Vertrag. 6 in Specie] in seiner Gestalt. 23-24 paares] bares Geld.

204

Band, V

1202 23 heüochx monath] Es handelt sich vermutlich um einen ironischen Hinweis auf die im 18. Jahrhundert häufigen Eindeutschungen der Monatsbezeichnungen. 30 heisrig] heiser. 1203 8 generös] großzügig; von franz. genereux und ital. generoso. 1204 24-25 Dieser Satz bedeutet etwa: In seinem Gaunertum gaunernd, hat der Gauner begaunert, und wer begaunert hat, jener war ein Gauner. 31 bärnheüter] Schurke. 1207 8 hib] Wahnsinn. 12 steckert] Stäbchen. 1208 Ii Pitagoras] Pythagoras, griech. Philosoph und Mathematiker, 6. Jh. v. Chr. 12 Solon] Solon, ~640-558 ν. Chr., Gesetzgeber der Republik Athen. 16 Bias] Bias, griech. Jurist aus Ionien, 6. Jh. v. Chr. 23 Isocrates] Isokrates, 436-338 v. Chr., Redner aus Athen. 23 longa vita brevis] Das lange Leben ist kurz. 35 Für das geozentrische Weltbild fehlt in der Aufzählung die Sonne, für das heliozentrische die Erde! 1209

ι Die vier hier aufgezählten Temperamente (sanguinisch, phlegmatisch, cholerisch und melancholisch) stammen aus der Lehre der vier Körpersäfte (Blut, Lymphflüssigkeit, Gallensaft und Saft der Gallenblase), die den vier charakterlichen Dispositionen entsprechen sollen. 10 hydromanci] Hydromantie, hier verm. erfundene Lehre vom Wasser. 10 piromanci] Pyromantie, hier verm. erfundene Lehre vom Feuer. 10-11 chiromanci] Chiromantie, Lehre des Handlesens. 11 negromanci] Nigromantie, Lehre der schwarzen Magie.

14. Basilisco di

205

Bernagasso

11 koscinomanci] Mit diesem Begriff könnte die Lehre von den Schenkeln (von ital. cosciaj, also eine Art Erotik, gemeint sein. 1210 1212

1215 1216

l goschen raza] 3 9 π 14 18 18

Maul-Rasse.

dalk] Dummkopf. hausen] Fischart. paperl] Papagei. denari] ital. Geld, Münzen. heisel] Toilette, Abtritt. zeisel] Ziesel.

ι bienck] Pinkel, 24 buschen]

Schurke.

Blumenstrauß.

12 1 8 30 contractum laceratum est] Der Vertrag ist 1219

1 2 2 1 18 freylen] Fräulein. 24-25 gerhabschafft] Vormundschaft Vermögen des Mündels. 1222 1223

zerrissen.

5 rumerkerl] Gendarmen. 10 meister heimerl] Tod.

24 miseremini mei] Erbarmet

euch

bzw.

das

verwaltete

meiner.

5 pauper studiosus] ein armer Student. 6 cujus classis] von welchem Fach. 6 Spittelbergium] Der Spittelberg, ein nach einem Bürgerspital benanntes Viertel in einem Wiener Vorort (heute 7. Bezirk), zählt zu den nach der Türkenbelagerung von 1683 verwüsteten Gebieten, wo in der Folge Kriminalität und Prostitution beheimatet sind.

1224

5 leste] letzte. 13 mortificiren] beschämen; von ital. mortificare. 27 excusieren] entschuldigen; von franz. excuser.

1226

24 alraunl]

1227

8 greinet]

1228

13 stonk]

Hexe. schimpft. Geizkragen.

INHALT

DES SECHSTEN

BANDES

Vorwort Quellenlage und Fragen der Forschung Auswahlbibliographie Ausgaben von Primärtexten

V XXVII XLV XLV

Bibliographische Hinweise auf Originaltexte

XLVI

Uberblicksdarstellungen

XIIX

Forschungsliteratur zu spezifischen Aspekten Illustrationen

II IXIX

Kommentar

1

zu Band I

3

zu Band II

47

zu Band III

93

zu Band IV

127

zu Band V

151

Walter de Gruyter Berlin · New York

w G DE

Ausgaben Deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts Herausgegeben von Hans-Gert Roloff

Alk Bände sind in Leinen

A D L

gebunden

148

Johann Christoph Gottsched, Ausgewählte Werke • Band 5, Vierter Teil: Erste Gründe der gesamten Weltweisheit (Kommentar). Hrsg. v. P. M. Mitchell, bearb. v. Istvän Gombocz. VI, 283 S. 1995.

149

Christian Weise, Sämtliche Werke • Band 13: Lustspiele IV. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff unter Mitarb. v. Susanne Kura. IV, 325 S. 1996.

150

Daniel Czepko, Sämtliche Werke · Band 2: Vermischte Gedichte, Erster Teil: Lateinische Gedichte. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff und Marian Szyrocki f . IV, 821 S. 1996.

151

Georg Wickram, Sämtliche Werke · Band 10: Kleine Spiele. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. IV, 391 S. 1997.

152

Daniel Czepko, Sämtliche Werke · Band 2: Vermischte Gedichte, Zweiter Teil: Deutsche Gedichte. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff und Marian Szyrocki f . IV, 611 S. 1997.

153

Philipp von Zesen, Sämtliche Werke • Band 14: Ethische Schriften. Hrsg. u. bearb. v. Ferdinand van Ingen. IV, 693 S. 1997.

154

Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band 17, Erster Teil: Heidnische Gottheiten. Hrsg. u. bearb. v. Ferdinand van Ingen. IV, 697 S. 1998.

155

Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band 17, Zweiter Teil: Heidnische Gottheiten. Hrsg. u. bearb. v. Ferdinand van Ingen. IV, 333 S. 1999.

156

Spieltexte der Wanderbühne · Band 5, Erster Teil: Italienische Spieltexte. Hrsg. v. Alfred Noe. IV, 620 S. 1999.

157

Spieltexte der Wanderbühne • Band 5, Zweiter Teil: Italienische Spieltexte. Hrsg. ν Alfred Noe. IV, S. 621-1295. 1999.

158

Philipp von Zesen, Sämtliche Werke · Band 16: Beschreibung der Stadt Amsterdam. Hrsg. u. bearb. v. Ferdinand van Ingen. IV, 629 S. 2000.

159

Christian Weise, Sämtliche Werke · Band 16: Schauspiele III. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. Bearb. v. Hans-Gert Roloff und Susanne Kura. IV, 379 S. 2002.

160

Philipp von Zesen, Sämtliche Werke • Band 3, Zweiter Teil: Weltliche Lyrik: Cats-Ubersetzungen. Hrsg. v. Ferdinand van Ingen. IV, 429 S. 2003.

161

Georg Wickram, Sämtliche Werke · Band 9: Losbuch. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. IV, 263 S. 2003.

162

Christian Weise, Sämtliche Werke · Band 19: Romane III. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. Bearb. v. Hans-Gert Roloff und Gerd-Hermann Susen. IV, 382 S. 2004.

163

Christian Weise, Sämtliche Werke · Band 18: Romane II. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. Bearb. v. Hans-Gert Roloff und Gerd-Hermann Susen. IV, 229 S. 2005.

164

Christian Weise, Sämtliche Werke • Band 17: Romane I. Hrsg. v. Hans-Gert Roloff. Bearb. v. Hans-Gert Roloff und GerdHermann Susen. IV, 319 S. 2006.

165

Spieltexte der Wänderbühne · Band 6. Kommentar. Hrsg. v. Alfred Noe. LXVIII, L X I X - X C Abbildungen, 296 S. 2007.