286 21 36MB
German Pages 148 Year 1976
Linguistische Arbeiten
37
Herausgegeben von Herbert E. Brekle, Hans Jürgen Heringer, Christian Rohrer, Heinz Vater und Otmar Werner
Manfred Muckenhaupt
Spiele lehren und lernen Eine Untersuchung zur Lehrkompetenz und Kompetenzerweiterung bei Kindern im Grundschulalter
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976
CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Muckenhaupt, Manfred Spiele lehren und lernen : e. Unters, zur Lehrkompetenz u. Kompetenzerweiterung bei Kindern im Grundschulalter. — 1. Aufl. — Tübingen : Niemeyer, 1976. (Linguistische Arbeiten ; 37) ISBN 3-484-10252-7
ISBN 3-484-10252-7
Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechaniechem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany
Für Tina
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
IX
1
EINFÜHRUNG
l
2
PRAKTISCHE SEMANTIK
12
3
GRUNDLAGEN DER BESCHREIBUNG VON LEHREN UND LERNEN
23
3.1 3.2 3.3 3.4
Zusammenhänge zwischen Lehren und Lernen Arten des Lehrens und Lernens Können, wissen, sagen können Lehr- und Lernvoraussetzungen
23 27 36 42
3.5 3.6
Lehr- und Lerninteraktionen und gegenseitiges Verstehen Lehr- und Lernsituationen
46 54
4
SPIELKOMPETENZ - LERNZIELKOMPETENZ
58
4.1
Spiele als Paradigma
4.2 4.3 4.4
Regeln eines Spiels. Konstitutive und taktische Kompetenz Konstitutive Spielkompetenz - ein Beispiel Ausblick: Taktische Spielkompetenz
61 65 72
5 5.1 5.2
EIN SPIEL LEHREN Konstitutive Teile des Lehrens Vormachen
74 74 76
5.3
Exemplarisches Beschreiben
82
5.4
Regelformulierung und Regelbeschreibung
88
5.5 5.6
Ein Spiel beschreiben Fazit
95 1OO
6
LEHRFÄHIGKEITEN VON SCHÜLERN
103
6.1 6.2
Untersuchungsgruppe, Unterweisungssituationen Unterweisungsbeispiele
1O3 1O6
6.3 6.4
Diagnose Fazit
111 123
7
KOMPETENZERWEITERUNG
7.1
Konzept
125
7.2
Kataloge
127
LITERATURVERZEICHNIS
131
125
VORWORT
Die erste Fassung dieser Arbeit wurde als Dissertation im Frühjahr 1974 vom Fachbereich Neuphilologie der Universität Tübingen angenommen. In der vorliegenden überarbeiteten Fassung fehlt gegenüber der ersten der unterrichtspraktische Teil. Er wird getrennt veröffentlicht. Die Arbeit wurde angeregt von Prof. Franz Hundsnurscher und weiter betreut von Prof. Hans-Jürgen Heringer. Gutachter waren die Herren Professoren Hans-Jürgen Heringer und Erich Straßner. Mein Dank gilt besonders Hans-Jürgen Heringer für die intensiven Diskussionen, die mir in kritischen Arbeitsphasen weitergeholfen haben. Viele Einzelfragen konnte ich auch mit Wolfram Schenzer besprechen. Dank etwas anderer Art schulde ich den Kindern des Kinderheims Unterriffingen für die Lektionen, die sie mir erteilt haben.
EINFÜHRUNG
In der vorliegenden Arbeit befasse ich mich mit dem Lehren und Lernen von Spielen. Wenn wir ein Spiel lernen, erweitern und verändern wir unsere Kompetenz, und wenn wir ein Spiel lehren, versuchen w i r , die Kompetenz unseres Partners zu verändern. Die Bedeutung der Fähigkeiten, die dabei wichtig werden, wird deutlich, wenn man Spiele als Paradigma für gemeinsames menschliches Handeln, anders ausgedrückt, als Paradigma für Interaktionen allgemein ansieht. Wir verändern in alltäglichen Interaktionen ständig Teile unserer Kompetenz, und wir versuchen auch, die Kompetenz unserer Partner zu verändern, etwa in Frage-Antwort-Kommunikationen, in Vorwurfs-Entgegnungs-Interaktionen, in Argumentationen allgemein usw. Die Notwendigkeit der ständigen Erweiterung ergibt sich schon daraus, daß Interaktionen aufgrund ihres historischen Zusammenhangs nie gleich sind. Wir müssen jeweils das Handeln unseres Partners in dem betreffenden Zusammenhang verstehen, und umgekehrt muß ein Partner unser Handeln verstehen. Die Möglichkeit des gegenseitigen Verstehens ist dadurch gesichert, daß Handlungen lehr- und lernbar sind. Deshalb ist auch die Fähigkeit, ein Spiel, eine Handlung zu lehren, r
grundlegend, wenn ich einem Partner mein Handeln verständlich machen will, denn das Verständlichmachen meiner Handlung gegenüber einem Partner ist o f t , zumindest in Teilen, ein Lehren der betreffenden Handlung, ihrer Teile und ihres Zusammenhangs. Die Fähigkeit, ein Spiel zu lehren, kann man in diesem Sinn als Lernziel für alle Individuen verstehen. Im engeren Sinn kann das Lehren und Lernen von Spielen als Paradigma für die gezielte Förderung und Entwicklung sprachlicher und anderer Fähigkeiten, und das Vermitteln von Einsichten in die Regeln sprachlichen und anderen Handelns im Rahmen eines kommunikativen Unterrichts verstanden werden. Das Lehren und Lernen von Spielen kann wegen des paradigmatischen Charakters von Spielen selbst
einen wichtigen Platz in einem kommunikativen Curriculum einnehmen. Dem liegt die Idee zugrunde, daß auch Schüler bestimmte Fähigkeiten darin haben sollten, einen Partner eine Interaktion oder Teile einer Interaktion zu lehren, und die Idee, daß sie bestimmte Kenntnisse erwerben sollten über das Lehren und Lernen und die Zusammenhänge von Lehren und Lernen. Dieses Programm verlangt eine Methode für die Beschreibung von Zielkompetenzen, einmal für die Beschreibung der Interaktionen, die Gegenstand des Lehrens und Lernens sein sollen, und zum anderen für die Beschreibung des Lehrens selbst, da Lehrfähigkeiten erweitert und bestimmte Grundsätze über das Lehren und Lernen vermittelt werden sollen. Die Fragen, die sich beim Lehren und Lernen eines Spiels stellen, stellen sich in ähnlicher Weise, wenn Lehrfähigkeiten und Kenntnisse über Lehrfähigkeiten zum Gegenstand des Unterrichts gemacht werden. In beiden Fällen ist z . B . wichtig zu wissen, welche Kompetenz bei den Lernenden schon vorausgesetzt werden kann. Ausgangspunkt dieser Arbeit sind Unterweisungen von Schülern, die einen Partner in verschiedenen Situationen ein Spiel zu lehren versuchen. Ich habe mich dabei beschränkt auf Unterweisungsbeispiele von Schülern einer Heimgruppe aus den Grundschulklassen II - IV. Die Wahl der Heimgruppe hängt mit einer ursprünglich anderen Konzeption dieser Arbeit zusammen, in der kontrastiv bei Kindern verschiedener sozialer Gruppen unterschiedliche Arten sprachlicher Fähigkeiten untersucht werden sollten. Der Bereich der Spiele, die ich aufgenommen habe, ist beschränkt auf einfache Brettspiele. Wie die Kinder die Aufgabe, ein solches Spiel zu lehren, bewältigen, illustrieren die folgenden Beispiele: (1)
Guck do muß ma des also do tu mal so a Würfele no tu mal a blau und no muß ma so no do no hem mer des do und Würfel [Das Spiel wird aufgebaut.] paß auf [würfelt] also wema jetzt so an fünfer [würfelt sechs] ah wema jetzt a sechs hat no ko ma's net schmeißa und wema [würfelt] drei no muß ma do no [zieht] und wema zwei kriegt [würfelt zwei] ko ma des schmeißa und no ko ma des irgendwo no do do do irgendwo. Worauf kommt's bei dem Spiel an? Do oba muß ma nei komma und me it und do oba muß ma mit oim nei komma.
Wie macht man das? Ha oifach nauf f a h r a . Wie geht das, schmeißa? Also wema do j e t z t fünf hat no ko ma den do schmeißa und no ko ma den irgendwo no do do do irgendwo. I fang mal a. [Eine Probepartie wird gespielt. Die Partner würfeln und ziehen abwechselnd. Der Partner zieht auf ein von einem Stein besetztes Feld und schmeißt den Stein n i c h t . ] Du darfst den jetzt irgendwo nostella. Ich laß den aber lieber stehen. Noi du musch den wegnemma. Gut dann stell ich ihn da hin. [Stellt den Stein vor das Startfeld des Partners.] Halt des derfscht net i n ' d ersta Reiha net. Wo darf ich den dann hintun? Do oba des isch am besta ko ma net so schnell nei. Aber dann komm ich auch nicht mehr vorbei. Aber schmeißa du kosch an au do no do und do rum und do rum.. (2)
Also du hasch jetzt a Fang den Hut do du hasch vier du hasch blau und i hab rot vier und dann no hasch du an Würfel und i au. Muß i würfla darf i vor dann kommsch du dro musch au vor darfseh so fahra oder so. Wenn do einer steht kriegsch an und wennsch sechs hasch und no a zwoi hasch no hasch da König kosch wieder in dei Haus. Das hab ich noch nicht verstanden. E r k l ä r ' s mal genauer. Du musch würfla und dann mit deine Männer fahra was de hosch wenn da sechs hasch musch laufa sechs woisch do send immer so kloine Kästla do musch laufa und wenn du irgendoin hasch no kosch du in dei Haus geha und dann die wegdo kannsch wieder mit deim raus und wennsch alle hasch no hasch gewonna. Was macht man mit dem König? Wenn a sechs hasch und a zwoi no hasch da König steht ganz in der Mitte guck wenn do dei Ziel isch und do isch der König und du hasch jetzt a sechs eins zwei drei ... sechs zwei eins zwei hasch en kannsch jetzt in dei Haus brauchsch a sechs und a zwoi bisch wieder in deim Haus oder kannsch mit em König romlaufe.
(3)
Heute will ich Dir ein kleines Brieflein schreiben. Ich weiß das Du das Spiel Fandhut nicht kannst. Darum will ich es Dir erklären. Das Spiel geht so. Da hat man 4 Hüten und do braucht man auch ein Würfel zum beispiel wenn ich jetzt 4 hätte und beim 4 Platz, wenn da einer steht und ich und ich an den 4 Platz hin mußte du kentest den schnapen, und schnell in das Ziel gehen.
Die Unterweisung (1) ist anhand einer Spielvorlage mündlich, die Unterweisung (2) ist ohne Spielvorlage mündlich und die Unterweisung (3) ist ohne Spielvorlage schriftlich gemacht worden. Fragen, die sich mir im Zusammenhang mit den Beispielen stellen, sind: (Fl) (F2) (F3)
(F4) (F5) (F6)
Welche Lehrfähigkeiten haben die betreffenden Schüler? Wie können ihre Lehrfähigkeiten beschrieben werden? Welche Fähigkeiten und Kenntnisse braucht man für das Lehren eines Spiels, einer Interaktion, einer Handlung für Partner mit verschiedenen Lernvoraussetzungen und in verschiedenen Situationstypen? Wie werden Fähigkeiten und Kenntnisse erworben? Welche Lehrfähigkeiten müßten die Schüler erwerben oder verbessern? Wie könnten ihre Lehrfähigkeiten erweitert werden?
Im Zusammenhang mit den gestellten Fragen will ich kurz auf die Sprachbarrieren- und Spracherwerbsforschung eingehen, in der in den letzten Jahren das Sprechen von Kindern verstärkt untersucht worden ist. In der Diskussion um das Sprachbarrierenproblem ist deutlich geworden, daß sprachliche Schwierigkeiten für Kinder vor allem dadurch entstehen, daß (i)
(ii)
l
Kinder verschiedener sozialer Gruppen verschieden sprechen und handeln, sie sich also in ihren Kompetenzen unterscheiden. ihr Sprechen und Handeln in der Schule wie in empirischen Untersuchungen und sprachlichen Tests nach einer Sprache beurteilt wird, die oft nicht die Sprache der sozialen Gruppe ist, in der sie aufwachsen.
Die U n t e r w e i s u n g s s i t u a t i o n e n w e r d e n in 3.5 und 6.1 a u s f ü h r l i c h beschrieben.
(iii)
die Normen der Beurteilung des Sprechens und Handelns und die daraus abgeleiteten Lernziele unter dem Aspekt kommunikativer Fähigkeiten meist nicht sinnvoll sind.
Sprachbarrierenuntersuchungen ist im Zusammenhang mit ( i i ) und (iii) zu Recht vorgeworfen worden, daß sie bestehende Normen weitgehend bestätigen, indem sie als besseren Sprachgebrauch den ansehen, der mit den Regeln der normativen Grammatik übereinstimmt. Die Unzulänglichkeit von Sprachbarrieren- und Spracherwerbsuntersuchungen liegt vor allem darin, daß sie von einem Sprachverständnis ausgehen, nach dem unter sprachlicher Kompetenz vor allem grammatische Fähigkeiten verstanden werden, und darin, daß sie das sprachliche Handeln vom übrigen sozialen Handeln trennen. Diese Konzeption ist für die Untersuchung des Sprechens und Handelns nicht sinnvoll: Das Sprechen erschöpft sich nämlich nicht im Äußern von Zeichen und Zeichenketten, vielmehr ist das Sprechen selbst ein Handeln, und das sprachliche Handeln weist einen engen Zusammenhang zu dem übrigen Handeln a u f . Die mangelnde praktische Relevanz der erwähnten Sprachauffassung, bei der von dem Gebrauch sprachlicher Ausdrücke abstrahiert wird, zeigt sich unmittelbar, wenn wir eine Antwort auf (Fl) oder (F5) oder ( F 6 ) geben wollen. Es leuchtet an den Beispielen unmittelbar ein, daß eine sinnvolle Beschreibung von Lehrfähigkeiten und kommunikativen Fähigkeiten allgemein nicht mit Hilfe grammatischer Variablen und der Häufigkeit ihrer Verwendung geleistet werden kann, wie Anzahl der Haupt- und Nebensätze, Anzahl verschiedener Wortarten oder auch Anzahl von S-Einbettungen der und der Art u s w . , und daß es nicht möglich ist, Lehrfähigkeiten oder andere kommunikative Fähigkeiten zu verbessern, indem man grammatische Fähigkeiten verbessert oder ohne Zusammenhang Kenntnisse über syntaktische Eigenschaften der Sprache vermittelt. Zwar enthalten unsere Beispiele eine Reihe grammatischer Abweichungen (gemäß der normativen Grammatik der Standardsprache), aber wir können diese Abweichungen beheben und dann trotzdem noch nicht erkennen, wie man durch diese Äußerungen das Spiel lehren könnte. Die Beispiele l
Das h e i ß t n i c h t , daß ich m i c h gegen die S y n t a x im S p r a c h u n t e r richt wende. Ich vertrete allerdings die A u f f a s s u n g , daß Syntaxu n t e r r i c h t nur soweit betrieben werden sollte, wie er kommunikativ relevant werden kann.
lassen eher vermuten, daß sozialisationsbedingte Unterschiede im Sprechen und Handeln, die zu Verstehensproblernen zwischen Partnern unterschiedlicher Sozialisation führen, und die dazu führen, daß Partner verschiedene Rollen in Interaktionen übernehmen können, weniger syntaktischer Art sind, sondern vielmehr in der unterschiedlichen Beherrschung von sprachlichen und anderen Handlungsmustern bestehen. Weiter machen die Beispiele deutlich, daß es bei der Beschreibung der Lehrfähigkeiten wie des Sprechens und Handelns allgemein ankommt auf die an der Interaktion beteiligten Partner, die Interaktionssituation, die Handlungsmuster dieser Interaktionsart und ihren Zusammenhang, den Zweck der Interaktion bzw. die Absicht, die die Partner verfolgen, und auch die Interessenlage der Partner. Bei der Beschreibung und Beurteilung der Lehrfähigkeiten ist es z . B . nicht sinnvoll, davon abzusehen, in welcher Situation die Schüler das betreffende Spiel lehren, welches Spiel sie lehren, für welchen Partner sie das Spiel lehren und auch nicht davon, wie man das Spiel hätte anders lehren können. Das Dilemma der Spracherwerbs- und Sprachbarrierenuntersuchungen liegt vor allem darin, daß Methoden für die Beschreibung von sprachlichen Äußerungen weitgehend unreflektiert aus der Linguistik entlehnt worden sind und daß dabei oft übersehen worden ist, daß die entlehnten Beschreibungsmittel für besondere Zwecke entwickelt worden sind. In der Linguistik hat man sich mit Fragen der Art, wie ich sie hier gestellt habe, lange Zeit nicht beschäftigt. Das liegt daran, daß 2 die europäischen linguistischen Schulen seit de Saussure und in noch stärkerem Maße der amerikanische Strukturalismus (Bloomfield, Harris) die Sprecher und Aspekte der Sprachverwendung weitgehend ausgeklammert haben. Das gilt auch für die generativ-transformationelle Theorie Chomskys, 3 wenngleich hier eine durch Katz und Fodor 4 begründete semantische Komponente miteinbezogen wird. Gegenstand
1
2 3 4
Ein anderes P r o b l e m ist n a t ü r l i c h , daß a u f g r u n d s o z i a l e r B e d i n gungen bestimmte R o l l e n v o n b e s t i m m t e n P a r t n e r n n i c h t ü b e r n o m m e n werden k ö n n e n , obwohl die P a r t n e r dazu in der Lage w ä r e n . Ein Beispiel h i e r f ü r s i n d H a n d l u n g s m u s t e r w i e d a s B e f e h l e n , d a s L e h ren in b e s t i m m t e n I n s t i t u t i o n e n u s w . Saussure (1931; 1 9 6 7 ) . Chomsky (1957, 1 9 6 5 ) . K a t z / F o d o r 1963.
der Untersuchung sind im engeren Sinn die Teilung von Sätzen in kleinere bedeutungsvolle Einheiten, die Regeln für die Kombination dieser Teile zu neuen Sätzen und teilweise auch die Frage, wie sich die Bedeutung von Sätzen aus der Bedeutung ihrer Teile ergibt. Auf der anderen Seite hat die Wandlung, die in den letzten Jahren durch die generative Semantik und verschiedene Arbeiten zu einer linguistischen Pragmatik eingetreten ist, nicht den Stand erreicht, daß damit systematisch sprachliche und andere Interaktionen beschrieben werden könnten. Man könnte hier einwenden, daß es nicht Aufgabe der Linguistik sei, sich mit Fragen wie (Fl) - ( F 6 ) zu beschäftigen, und daß dies die eigentliche Aufgabe der Pädagogik und Psychologie sei, zumal es nicht nur um sprachliches Handeln geht. Dies hängt natürlich von der Auffassung ab, die man von Linguistik hat. Ich vertrete hier eine Auffassung, die den Zusammenhang von sprachlichem und übrigem sozialen Handeln betont. Der Grund dafür ist, daß alles Handeln auf Verstehen beruht und daß das Verstehen nur im Zusammenhang mit dem sprachlichen Handeln gesichert werden kann. Es ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, eine Auseinandersetzung zu führen mit der Vielzahl von psychologischen und pädagogischen Theorien, die sich mit Lehren und Lernen und auch mit dem Lehren und Lernen von Spielen beschäftigt haben. Es geht mir hier vielmehr darum, zu zeigen, welchen Beitrag eine linguistische Semantik zu den Antworten auf die gestellten Fragen leisten kann, und ich versuche, das zu zeigen, indem ich Antworten auf die gestellten Fragen gebe. Ich glaube, daß dadurch Unterschiede zu anderen Ansätzen deutlich werden und auch deutlich wird, wie weit eine linguistische Semantik reicht. Daß eine besondere semantische Theorie für die Lösung der Fragen (Fl) - (F6) erforderlich ist, erscheint mir selbstverständlich, denn es geht um die Beschreibung sprachlicher und anderer Fähigkeiten, die Lehrende haben, die sie haben sollten und die sie durch einen entsprechenden Unterricht erwerben sollten, und es geht um die Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Arten von Handlungen, sowie um die Begründung der Auswahl und die unterrichtliche
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V g l . e t w a L a k o f f 1970, M c C a w l e y 1968. V g l . etwa W u n d e r l i c h 1 9 7 O , M a a s / W u n d e r l i c h 1 9 7 2 . V g l . d a z u etwa D J I - D o k u m e n t a t i o n 1971, Scheuerl ( 1 9 5 4 , 1 9 7 5 ) , F l i t n e r 1973, P l a g e t 1 9 5 4 .
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Behandlung von sprachlichen und anderen Fähigkeiten. Die Fragen, die ich hier gestellt habe, können nicht unabhängig voneinander beantwortet werden. Dies ist vor allem für ( F l ) und (F5) wichtig. Eine Antwort auf ( F l ) und ( F 5 ) setzt eine Antwort auf (F3) voraus. Wir können erst dann sinnvoll die Fähigkeiten der Schüler beschreiben und bewerten, wenn wir angeben können, welche Fähigkeiten für das Lehren in bestimmten Zusammenhängen erforderlich sind, und wir können erst dann begründete Lernziele für die Erweiterung von Lehrfähigkeiten aufstellen, wenn wir eine Vorstellung davon haben, welche Ziele erreicht werden sollen und welche Ziele schon erreicht oder nicht erreicht sind. Daran zeigt sich, daß die Beschreibung sprachlicher und anderer Fähigkeiten nicht durch eine im engeren Sinn empirische Untersuchung geleistet werden kann und daß es nicht darum gehen kann, eine Theorie aufzustellen, die dann mit empirischen Methoden verifiziert oder falsifiziert wird. Empirische Methoden in engerem Sinn könnten in unserem Zusammenhang u.a. bei der sogenannten Datenerhebung zur Anwendung kommen sowie bei bestimmten Formen der Lernzielüberprüfung. Das heißt nicht, daß Beschreibungen von Handlungen und Handlungsmustern, die wir aufgrund der Kenntnis yon Regeln machen können, nicht überprüfbar und falsifizierbar wären. Sie sind es, nur nicht aufgrund von Beobachtungen, sondern aufgrund weiteren gemeinsamen Handelns, eine Tatsache, die in Sprachbarrierenuntersuchungen oft übersehen 2 worden ist. Das Ziel dieser Arbeit ist, ausgehend von den gestellten Fragen (Fl) bis ( F 6 ) am Beispiel des Lehrens und Lernens von Spielen: Grundlagen der Beschreibung von Lehren und Lernen darzustellen. Zusammenhänge zwischen Lehr-, Lern- und Lernzielkompetenzen übersichtlicher zu machen. In Teilen eine Lehrzielkompetenz zu beschreiben für die Fähigkeit: ein Spiel lehren, indem man das Spiel beschreibt. An Beispielen die Lehrkompetenz von Kindern einer Versuchsgruppe zu beschreiben. Ausgehend von den Fähigkeiten der Kinder, Möglichkeiten aufzu1 2
V g l . Ö h l s c h l ä g e r 1 9 7 4 , 1O8. Vgl. dazu auch Bernstein 197O.
zeigen für die Erweiterung der Kompetenz, Regeln zu beschreiben und zu verändern. Ich stütze mich in der Verfolgung dieser Ziele auf keine der genannten Theorien, sondern auf eine linguistische Semantik, die unabhängig von diesen Theorien entwickelt worden ist. Diese Semantik geht aus von der Spätphilosophie Wittgensteins und der sich daran anschließenden sprachanalytischen Philosophie. Eine Theorie der kommunikativen Kompetenz kann danach einheitlich begründet werden als eine Theorie über die Fähigkeiten zum Sprachhandeln als Teil des sozialen Handelns. Die kommunikative Kompetenz eines Menschen wird in dieser Theorie beschrieben als das System aller sprachlichen Handlungsmuster, nach denen er handeln kann und nach denen er Handlungen verstehen kann. Zur Beschreibung einzelner Fähigkeiten der kommunikativen Kompetenz sind in letzter Zeit in der Linguistik Methoden entwickelt worden in der sogenannten Sprechakttheorie und neuerdings vor 4 allem in der praktischen Semantik. Im Zusammenhang mit dem durch Frage ( F 6 ) angesprochenen Konzept der Erweiterung von Lehrfähigkeiten sehe ich die Aufgabe einer linguistischen Semantik darin, daß sie Beschreibungsmittel bereitstellt für die Beschreibung von Lehrkompetenzen und für die Entwicklung und Begründung von Zielkompetenzen. Als allgemeinere Ziele für die Erweiterung kommunikativer Fähigkeiten sehe ich die Erweiterung der Fähigkeit, sprachliche und andere Handlungen der Partner zu verstehen, und die Fähigkeit, sich die Bedeutung eigener und fremder Handlungen bewußt zu machen. Man 1 2
3 4
Grundlegend d a f ü r ist Heringer 1974a. Es gibt v e r s c h i e d e n e andere A n s ä t z e zu e i n e r T h e o r i e der kommunikativen Kompetenz, vor allem sogenannte Mehrkompetenzen-Mode1le ( H a b e r m a s 1 9 7 1 , B r e k l e 1 9 7 2 , O e v e r m a n n 1 9 7 0 , H a r t i g / K u r z 1 9 7 1 ) . Bei dem V e r s u c h , eine Theorie der k o m m u n i k a t i v e n Kompetenz zu b e g r ü n d e n , w i r d dabei meist ausgegangen von Chomskys Beg r i f f der s p r a c h l i c h e n Kompetenz (Chomsky 1965) . Die U n z u l ä n g l i c h k e i t d i e s e s K o m p e t e n z b e g r i f f e s a u s k o m m u n i k a t i v e r S i c h t versucht man dadurch zu b e h e b e n , daß man z u s ä t z l i c h zu einer Kompetenz im C h o m s k y s c h e n Sinn eine oder mehrere K o m p e t e n z e n a n n i m m t bis hin zu einer P e r f o r m a n z - K o m p e t e n z . Die Modelle legen eine Trennung zwischen sprachlicher und sozialer Kompetenz nahe. Unk l a r ist vor allem der Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n den v e r s c h i e d e n e n Kompetenzen. Vgl. dazu Arbeitsgruppe kommunikativer Unterricht 1974. Austin (1962; 1 9 7 2 ) , Searle (1969; 1 9 7 1 ) . Heringer 1974a.
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kann davon ausgehen, daß die kommunikative Kompetenz umso größer ist, je weiter die aktuellen und potentiellen Zusammenhänge einer Handlung oder Interaktion überblickt werden und nach ihnen gehandelt werden kann. Diese allgemeine Zielsetzung versuche ich im Rahmen dieser Arbeit für das Lehren von Spielen zu spezifizieren. Auf das Lehren eines Spiels per Beschreibung des Spiels lege ich dabei besonderen Wert, obwohl in alltäglichen Lehr- und Lerninteraktionen Spiele oft anders und auch angemessener gelehrt und gelernt werden können als durch eine Beschreibung der Spiele. Die Festlegung hat verschiedene Gründe: Das Beschreiben von Spielen oder Handlungen und Interaktionen allgemein kann dazu beitragen, daß wir den Aufbau und den Zusammenhang des betreffenden Handelns besser verstehen. Normalerweise folgen wir Handlungsregeln unbewußt. Durch das Angeben und Beschreiben der Regeln können wir uns unser Handeln bewußt machen. In den letzten Jahren hat man im Sprachunterricht den Lernbereich schriftlicher und mündlicher Sprachgebrauch häufig getrennt von dem Lernbereich Reflexion über Sprache, vor allem im Zusammenhang mit der meist unreflektierten und vorschnellen Übernahme strukturalistischer und generativ-transformationeller Theorieteile in den Sprachunterricht. Abgesehen von der nicht einleuchtenden Einengung des Reflektierens auf den syntaktischen Bau von Sätzen halte ich diese Trennung für nicht begründet. Reflexion über das Sprechen und Handeln kann auch kein Selbstzweck sein. Ich gehe hier davon aus, daß die Reflexion über das Handeln nur in dem Rahmen sinnvoll ist, wie sie sich auf das praktische Handeln auswirken kann. Das Reflektieren über das Handeln und damit auch die Beschreibung der Handlungsregeln erscheint mir für das gezielte Lehren und Lernen notwendig, weil sich die Kompetenz nicht allein durch Sprechen und Handeln in sozusagen natürlicher Umgebung im Sinne einer Naturmethode erweitern läßt. Ein wichtiger Teil dafür ist das Bewußtmachen eigener und fremder Handlungsregeln. Die Fähigkeiten, die im Unterricht erworben werden sollen, verstehe ich als die Beherrschung bestimmter Handlungsmuster, bestimmter sozialer Regeln. Die Einsicht in die Zusammenhänge von Handlungsregeln zielt dabei immer auch auf eine Erweiterung der entsprechenden Fähigkeiten: Die Schüler sollen bewußt handeln lernen durch besseres Verstehen. Grundlegend hierfür ist, daß die Einsicht in die Regeln, nach denen wir handeln, das Sichtbarmachen der Regeln über Be-
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Schreibungen, zu einer Verbesserung der betreffenden Handlungsfähigkeiten führen kann und auch zu einer Verständigung der Betroffenen darüber, was es für ihre soziale Praxis heißen kann, besser zu kommunizieren. Der Wert der Beschreibung von Handlungsregeln liegt also auch darin, daß die Kenntnis der Beschreibung das Handeln erweitern und verbessern kann. Schließlich halte ich das Beschreiben der Regeln von Interaktionen und Handlungen, die Gegenstand des Unterrichts sein sollen, für eine Vorbedingung des planvollen Lehrens und des planvollen Unterrichts allgemein. Die Beschreibung gibt Hinweise für planvolles Lehren und bietet die Möglichkeit, über die Reihenfolge des Erwerbs von Mustern zu entscheiden. Sie ist die Grundlage für eine begründete Überprüfung des Lehrerfolgs und die Konstruktion und Auswahl von Unterrichtsmaterialien. Der allgemeine Rahmen ist, daß ich die Fähigkeit, ein Spiel beschreiben zu können, als den grundlegenden Teil der Benerrschung einer Kommunikationssprache verstehe, mit der man z . B . die Spielinteraktion analysieren, beschreiben und bewerten kann, Mißverständnisse erkennen und ausräumen kann oder auch das Spiel verändern kann. Diese Kommunikationssprache muß so reich sein, daß man mit ihr die genannten Arten von Handlungen machen kann, oder allgemeiner, daß man mit ihr über das Spiel und die als wichtig erkannten Spielprobleme in ausreichender Weise reden kann. Wichtige Teile dieser Kommunikationsspräche kann man aufzeigen, indem man beschreibt, welche Fähigkeiten man für das Lehren eines Spiels per Beschreibung braucht. Die Kommunikationssprache verstehe ich dabei so weit, daß dazu auch Teile gehören, mit denen man relevante Teile dieser Kommunikationssprache, z . B . eine spielspezifische Terminologie und dergleichen, systematisch einführen kann.
PRAKTISCHE SEMANTIK
Ausgangspunkt für die Entwicklung einer integrativen Theorie der Kompetenz ist in der praktischen Semantik die Spätphilosophie Wittgensteins und die sich daran anschließende sprachanalytische 2 Philosophie. Wittgenstein selbst versteht seine Ausführungen nicht als die Entwicklung einer neuen Theorie. Er versteht die Philosophie vielmehr als eine Tätigkeit der Klärung und Verhinderung von Irreführungen, die entstehen, wenn "die Sprache leerläuft". Die Methode besteht darin, die Verwendung von sprachlichen Ausdrücken in Sprachspielen mit Mitteln der Umgangssprache zu beschreiben. Die grundlegende Einsicht Wittgensteins ist, daß die Bedeutungen sprachlicher Ausdrücke nicht außerhalb der Sprache liegende Entitäten sind, sondern daß sich die Bedeutung eines sprachlichen Zeichens nur in seinem Gebrauch zeigt: "Man kann für eine g r o ß e Klasse von Fällen der Benützung des Wortes 'Bedeutung 1 - wenn auch nicht für a l l e Fälle seiner Benützung - dieses Wort so erklä4 ren: Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache." Mit dieser Auffassung vermeidet Wittgenstein die Schwierigkeiten, in die Bedeutungstheorien kommen, die unter der Bedeutung eines Zeichens den gemeinten Gegenstand verstehen oder Bedeutungen als Ideen oder Vorstellungen auffassen oder Bedeutungen als Reaktionen ansehen. Der Gebrauch von sprachlichen Zeichen ist nicht willkürlich, sondern folgt bestimmten Regeln. Ein sprachliches Zeichen hat dadurch Bedeutung, daß es in einem bestimmten Sprachspiel eine bestimmte Funktion hat, in einer bestimmten Weise und zu einem be1 2 3 4 5
V g l . d a z u das g l e i c h n a m i g e Buch von H e r i n g e r 1 9 7 4 a . Eine gut v e r s t ä n d l i c h e Einführung in die P h i l o s o p h i e Wittgensteins bietet Kenny ( 1 9 7 2 ; 1 9 7 4 ) . W i t t g e n s t e i n 1 9 7 1 § 1 3 2 , v g l . a u c h § 38. W i t t g e n s t e i n 1 9 7 1 § 43. A u s f ü h r l i c h e D i s k u s s i o n e n verschiedener B e d e u t u n g s t h e o r i e n finden sich bei Ryle 1957, A u s t i n 1961, A i s t o n 1964, B l a c k (1968; 1 9 7 3 ) , Kutschera 1971, Heringer 1974a.
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stimmten Zweck verwendet wird, etwa zum Behaupten, Befehlen, Erklären, Benennen usw. Den Gebrauch eines sprachlichen Zeichens kann man als das Handeln selbst verstehen. Die entscheidende Parallele zwischen der Sprache und einem Spiel ist, daß wir beim Sprechen und Spielen Regeln befolgen. Wie bei einem Spiel müssen wir bei einem Sprachspiel unterscheiden zwischen dem Beherrschen eines Sprachspiels und dem Spielen eines Sprachspiels. Wir können ein Sprachspiel·, z . B . ein Frage-Antwortspiel oder ein Befehlsspiel, nur spielen, wenn wir die Regeln gelernt haben, nach denen man dieses Spiel spielen kann. Unsere Verständigung ist überhaupt nur dadurch möglich, daß wir gleiche oder zumindest ähnliche Regeln gelernt haben. Dies gilt gleichermaßen für das sprachliche und andere Handeln. Wittgensteins Analyse der Regeln in Spielen und in der Sprache 2 ist in verschiedenen Arbeiten weiterentwickelt worden. Die Regeln, um die es dabei geht, sind soziale Regeln. Sie müssen unterschieden werden von Regelmäßigkeiten der Natur. Regeln bilden sich heraus durch gemeinsame Praxis, und ihre Gültigkeit ist immer auf die Praxis bezogen. Eine Regel entsteht nicht durch eine einzelne Handlung, sondern nur durch Wiederholung. Die Regel bestimmt, was für eine Handlung relevant ist, damit es eine Handlung nach dieser oder jener Regel ist, und sie bestimmt, welche Handlungen als dieselben Handlungen gelten. Wenn wir uns z . B . darüber streiten, ob unser Partner mit der Äußerung eines bestimmten Satzes nur eine Behauptung oder einen Vorwurf gemacht hat, nehmen wir auf Regeln Bezug, oder wir nehmen auf Regeln Bezug, wenn wir z . B . fragen: 'Meinst du das als Vorwurf oder nur als Behauptung?' usw. Eine notwendige Eigenschaft einer Regel ist, daß man von ihr abweichen kann. Dadurch ist auch die Möglichkeit gegeben, Regeln zu verändern. Diese Eigenschaft beruht darauf, daß Regeln konventionell sind: Verschiedene soziale Gruppen haben und befolgen verschiedene Regeln, und die Regeln einer sozialen Gruppe verändern sich im Laufe der Geschichte dieser Gruppe. Das ist auch ein Beleg d a f ü r , daß Regeln nicht angeboren sein können, sondern erlernt werden. 1 2
V g l . W i t t g e n s t e i n 1 9 7 3 , § 23 Ich fasse hier einige relevante Heringer 1974a, und Ohlschläger w e r d e n . V g l . d a z u auch W a i s m a n n (1962, 1970). Vgl. dazu auch in lierung und Regelbeschreibung'.
§ 35. E i g e n s c h a f t e n z u s a m m e n , die in 1974 e n t w i c k e l t u n d b e g r ü n d e t 1968, Winch ( 1 9 5 8 ; 1 9 6 6 ) , Black dieser Arbeit 5.4 'Regelformu-
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Die gemeinsame Praxis, in der sich Regeln herausbilden und in der die Regeln gelten, nennt Wittgenstein Sprachspiel. Der Vergleich der Sprache mit einem Spiel soll den engen Zusammenhang zwischen 2 sprachlichem und anderem Handeln betonen. Zu einem Sprachspiel gehört das Äußern von Sätzen der Partner, das nichtsprachliche Handeln, der Zusammenhang der Handlungen und auch das Erkennen und Verstehen der Handlungen und Handlungszusammenhänge. Dabei ist auch von Bedeutung das Wissen der Partner, ihre Auffassungen, Vorstellungen usw. und der historische Zusammenhang des Sprachspiels. Im Unterschied zu der Sprechakttheorie der angelsächsischen sprachanalytischen Philosophie greift die praktische Semantik nicht Teile eines Sprachspiels heraus und versucht dafür Beschreibungsmittel zu entwickeln, sondern geht von einem zusammenhängenden Kompetenzbegriff aus und versucht die Position der Kompetenz im Aufbau der Person zu beschreiben. Sie entwickelt dafür Beschreibungsmittel, die geeignet sind, gleichermaßen sprachliches und anderes Handeln, sowie Zusammenhänge zwischen Sprechen und Handeln zu 4 beschreiben. Teile der Kompetenz einer Person P sind danach erstens, was P kann, zweitens, was P sagen und verstehen kann, drittens, was P weiß, glaubt usw., viertens, was P fühlen kann. Mit der ersten V g l . W i t t g e n s t e i n 1 9 7 1 , § 7: " I c h werde auch das G a n z e : der Sprache und der T ä t i g k e i t e n , mit denen sie verwoben ist, das 'Sprachspiel' nennen." Vgl. W i t t g e n s t e i n 1 9 7 1 , § 23: "Das W o r t ' S p r a c h s p i e l ' soll h i e r h e r v o r h e b e n , daß das Sprechen der Sprache ein Teil ist einer Tät i g k e i t , oder e i n e r L e b e n s f o r m . " Für einen Teil eines S p r a c h s p i e l s , n ä m l i c h e i n z e l n e sprachliche H a n d l u n g e n , sind in der S p r e c h a k t t h e o r i e der a n g e l s ä c h s i s c h e n sprachanalytischen Philosophie Austin ( 1 9 6 2 ; 1 9 7 2 ) , Searle (1969; 1 9 7 1 ) Beschreibungsmittel entwickelt worden. Die Beschreibung eines Sprechaktes besteht bei Searle im wesentlichen darin, daß verschiedene Arten von Bedingungen d a f ü r angegeben werden, die notwendig und hinreichend sind, damit ein bestimmter Sprechakt, z . B . das V e r s p r e c h e n , m i t t e l s der Äußerung eines gegebenen Satzes e r f o l g r e i c h und vollständig vollzogen werden kann. Die B e d i n g u n g e n sind aber nur ein Teil der R e g e l . V g l . dazu auch Aiston 1964, 39-49. Da i c h m i c h i n d i e s e r A r b e i t m i t d e r B e s c h r e i b u n g v o n L e h r - , Lern- und S p i e l f ä h i g k e i t e n b e s c h ä f t i g e , reicht eine Beschreibung, die sich auf den Gebrauch von Sätzen b e s c h r ä n k t , nicht aus. Ins o f e r n ist ein solches U n t e r n e h m e n auch ein Argument gegen die Trennung des sprachlichen vom übrigen Handeln. Eine ähnlich weite A u f f a s s u n g von Kompetenz vertritt Ryle (1949; 1969).
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Formulierung wird die Handlungskompetenz, mit der zweiten die sprachliche Kompetenz und mit der dritten das Wissen usw. einer Person umschrieben. Die vierte Komponente, die mit den Emotionen einer Person zu tun hat, wird nicht weiter verfolgt. Die Teile sind nicht unabhängig voneinander. Das Verstehen b e t r i f f t sowohl das sprachliche als auch das übrige Handeln, und das Können und SagenKönnen hängen eng mit dem Wissen zusammen. Wir erwerben ein bestimmtes Wissen durch sprachliches und anderes Handeln, und unser Wissen wirkt sich auf unser sprachliches und anderes Handeln und auf unser Verstehen von Handlungen aus. Entsprechend der Unterscheidung der Teile der Handlungskompetenz und des hier angedeuteten Zusammenhangs zwischen den Teilen, setzt sich die praktische Semantik aus einer Handlungs- und einer Bedeutungstheorie zusammen. Die Handlungstheorie beschreibt in systematischer Weise die Einbettung des sprachlichen Handelns in das übrige Handeln und ver2 deutlicht den Zusammenhang von Regeln durch Regeibeschreibungen. Da zum Handeln allgemein das Verstehen gehört und da das Verstehen nur im Zusammenhang mit dem sprachlichen Handeln gesichert werden kann, ist eine Handlungstheorie angewiesen auf eine Bedeutungstheorie, mit der der Gebrauch der sprachlichen Zeichen in Interaktionen beschrieben werden kann. Die Beschreibung eines sprachlichen Zeichens expliziert dabei grob gesagt, die Regeln, die wir beim Gebrauch dieses Zeichens befolgen. Die Teile der Regelbeschreibung kann man in drei Arten unterscheiden: (i) Die Beschreibung des expliziten Zusammenhangs, also das, was in einer Interaktion vor oder nach einer bestimmten Art von Handlung gemacht werden kann, (ii) Die Beschreibung des impliziten Zusammenhangs, also das, was einer noch gemacht hat, wenn er eine bestimmte Handlung gemacht hat. Dazu gehören Implikationen, Präsuppositionen und Bedingungen, (iii) Die Beschreibung des historischen Zusammenhangs, also das, was vorher oder nachher gemacht wurde. Das bewirkt die Änderung des Verständnisses einer Handlung, spielt eine Rolle bei der Erlernung der Regel usw. 1 2 3
In 3.3 b e s c h r e i b e ich im Z u s a m m e n h a n g mit dem L e h r e n und Lernen einer Handlung grundlegende Zusammenhänge zwischen k ö n n e n , w i s s e n u n d sagen k ö n n e n . V g l . Heringer 1 9 7 4 a , 27. V g l . H e r i n g e r ( 1 9 7 4 a , l O2 , 1 9 7 4 b , 1 2 8 ) .
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Ich zeige im folgenden in Grundzügen Teile der formalen Handlungstheorie a u f , die ich im weiteren Verlauf dieser Arbeit verwende. Es werden darin grundlegende Zusammenhänge zwischen Handlungen und Regeln beschrieben. Die formale Beschreibungssprache soll in erster Linie den Zusammenhang zwischen Handlungen übersichtlicher machen. Die Beispiele, die ich für die einzelnen Relationen gewählt habe, sind jeweils für das Lehren und Lernen eines Spiels relevant. Grundlegend für die Beschreibung menschlichen Handelns ist die Unterscheidung zwischen einem Handlungsmuster und Handlungen nach diesem Muster. Ein Handlungsmuster ist eine Regel, die in einer sozialen Gruppe gilt. Handlungen nach einem Muster sind Befolgungen dieses Musters. Ein bestimmtes Handlungsmuster z . B . das Muster r mit dem König ziehen 1 kann von verschiedenen Personen bei verschiedenen Gelegenheiten befolgt werden. Eine Handlung nach diesem Muster wird immer von einer bestimmten Person in einer bestimmten Situation gemacht. Die Handlung einer Person ist nur durch Zuordnung zu einem Muster identifizierbar. Ein Handlungsmuster können wir wie in unserem Beispiel durch einen infiniten Ausdruck bezeichnen. Andere Beispiele sind: r mit dem König ein Hütchen schnappen 1 , r ein Spiel beschreiben 1 . Mit Hilfe des Operators ' " " ' können wir aus sprachlichen Zeichen Namen für Handlungsmuster machen, über eine Handlung einer Person Pl, die nach dem Muster r mit dem König ziehen 1 handelt, können wir z . B . mit (1) berichten: (1)
Pl zieht mit dem König.
Eine Handlung verstehen heißt, die Handlung einem Muster zuordnen. Voraussetzung für das Verstehen einer Handlung nach einem bestimmten Muster ist die Kenntnis dieses Musters. Ein Muster wird durch Wiederholung und sozial eingeführt. Als Zeichen für Handlungsmuster werden in der formalen Beschreibung Ketten von Großbuchstaben verwendet ( ' L E H R 1 , 'SPIEL' u s w . ) , Variablen für Handlungsmuster sind ' H A 1 , ' H B 1 , ' H C ' usw. Wir müssen unterscheiden, ob z . B . ein Spieler in einem Spiel nur mit dem König zieht oder ob er mit dieser Handlung noch eine andere Handlung macht, z . B . im Fang den Hut ein Hütchen schnappt oder im l
v g l . H e r i n g e r 1 9 7 4 , Kap. 2 . 2 - 2 . 5 .
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Schach einen Bauern schlägt. Im zweiten Fall handelt er nach einer anderen Regel als im ersten Fall. Pl schnappt ein Hütchen, indem er mit dem König zieht. Pl schlägt einen Bauern, indem er mit dem König zieht. Der Spieler macht in diesem Fall nicht zwei zeitlich verschiedene Handlungen oder gleichzeitig zwei verschiedene Handlungen, sondern er macht eine Handlung nach einer komplexen Regel, nämlich nach der Regel r ein Hütchen schnappen, indem man mit dem König zieht" 1 . Diese komplexe Regel enthält als Teil eine Regel, nach der wir auch allein handeln können, nämlich die Regel r mit dem König ziehen 1 . Eine Regel, nach der wir handeln, indem wir nach einer anderen Regel handeln, wird eine Erzeugung genannt. In unserem Beispiel erzeugt das Muster r ein Hütchen schnappen 1 (HA) das Muster r mit dem König ziehen 1 ( H B ) . Das erste Muster wird das erzeugende, das zweite Muster das erzeugte genannt. Der Zusammenhang zwischen den Mustern HA und HB, für die gilt, daß man eine Handlung nach HA macht, indem man eine Handlung nach HB macht, wird mit (2) angegeben: (2)
HA -* HB.
Die Relation, die zwischen den beiden Mustern besteht, heißt 'indem'- oder Pfeilrelation. Ein Muster kann in verschiedenen Erzeugungen vorkommen. Ein Beispiel ist: Wir ziehen mit dem König und beenden dadurch das Spiel, oder wir ziehen mit einem Bauern im Schach und bieten dem König dadurch Schach, oder wir ziehen mit dem Bauern und setzen den König dadurch Matt. Umgekehrt kann ein Muster verschiedene Muster erzeugen. Wir können z . B . dem König auch durch andere Arten von Zügen Schach bieten. Ein anderes Beispiel ist: Wir können einen Partner ein Spiel auf verschiedene Weise lehren, etwa dadurch, daß wir ihm das Spiel beschreiben oder dadurch, daß wir ihm vormachen, wie man das Spiel spielt usw. Dieses Beispiel weist uns auf eine weitere wichtige Eigenschaft der 'indem'-Relation hin, nämlich, daß ein erzeugtes Muster selbst wieder andere Muster erzeugen kann, d . h . , daß mehrere 'indem'-Relationen hintereinandergeschaltet sein können. Wir sprechen in diesem Fall von einer Erzeugungskette. Ein Beispiel ist: Wir lehren einen Partner ein bestimmtes Spiel, indem wir ihm das Spiel beschreiben, indem wir ihm die Regeln des Spiels angeben, indem wir bestimmte Sätze äußern. Handlungen, deren Muster keine weiteren Muster erzeugen können,
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werden Basishandlungen genannt. Ein Beispiel ist
das Vorrücken
einer Figur von einem Feld auf das nächste. Eine Basishandlung muß absichtlich und willentlich gemacht werden können, d.h. nicht, daß sie so gemacht werden muß. In unseren Beispielen ist bereits angedeutet, daß es für das Handeln nach einem Muster alternative Möglichkeiten geben kann, z . B . für das Matt setzen des Königs oder für das Lehren eines Spiels. Unter bestimmten Bedingungen können wir ein Spiel lehren ( H A ) , indem wir vormachen, wie man das Spiel spielt ( H B ) oder indem wir das Spiel beschreiben ( H C ) oder indem wir vormachen, wie man das Spiel spielt und das Spiel beschreiben ( H D ) . Der Zusammenhang zwischen den Mustern HA, HB, HC, HD für die gilt, daß man nach HA handeln kann, indem man nach HB oder HC oder HD handelt, wird mit (3) angegeben: (3)
HA -
Man nennt (3) eine Zerlegung von HA. Die erzeugten Muster werden Glieder der Familie oder Zerlegung genannt. Nicht berücksichtigt habe ich bisher die Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit wir nach einem Muster oder einer Erzeugung oder nach einer Zerlegung handeln können. Wir können z . B . nur dann Fang den Hut spielen, wenn wir einen Partner und eine Spielvorlage haben. Eine andere Art von Bedingung ist, daß wir das Spiel gelernt haben, d . h . , daß wir das Spiel spielen können. Bedingungen werden bei der Beschreibung eines Musters in folgender Weise angegeben : (4)
HA wenn Bl.
Mit den Bedingungen wird eine Situation eines bestimmten Typs verlangt, in der eine Handlung nach dem betreffenden Muster gemacht werden kann. Beim Erlernen eines Musters lernen wir auch die Zuordnung von Situationen zu Situationstypen. Bedingungen können auch für Erzeugungen und Zerlegungen gelten. Die Schreibweise für Erzeugungen (5)
(HA -.
ist: HB) wenn Bl.
Die Bedingung bezieht sich auf die Erzeugung und nicht auf ein
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Glied der Erzeugung. Die Schreibweise für Zerlegungen (6)
HB HA - < HC
ist:
wenn Bl | wenn B2
Jede Bedingung bezieht sich dann auf die Erzeugung in der Zeile der Zerlegung, auf der sie steht. Die Beschreibung einer Handlung kann mehrere Stufen umfassen, da ein erzeugtes Muster selbst wieder andere Muster erzeugen kann. In dem Spiel Fang den Hut kann man unter bestimmten Bedingungen einen Spielzug machen ( H A ) , indem man ein Hütchen schnappt ( H B ) , indem man mit dem König zieht ( H C ) . Einen Spielzug kann man auch machen, indem man mit einem Hütchen zieht ( H D ) . Den Zusammenhang können wir mit (7) beschreiben: wenn B l IDwenn B2 HB
-
HC
wenn B3
Für die Zuordnung der Bedingungen in Erzeugungsketten reicht es für unseren Zusammenhang aus, wenn wir vereinbaren, daß für das letzte Muster in einer Erzeugungskette als Bedingung die Konjunktion aller Bedingungen der einzelnen Muster und Erzeugungen genommen wird. Ein Muster kann ein Sonderfall eines anderen Musters sein. Ein Beispiel dafür sind die Muster r jemand etwas lehren 1 und r jemand ein Spiel lehren 1 . Das zweite Muster ist in dem ersten Muster enthalten. Für die den Musterbeschreibungen entsprechenden Handlungsbeschreibungen (8)
A lehrt jemand etwas.
(9)
A lehrt jemand ein Spiel.
gilt, daß (8) von (9) impliziert wird. Die Implikation besteht nur in dieser Richtung, denn (9) wird nicht von (8) impliziert. Der Zusammenhang zwischen den Mustern HA und HB, für die gilt, daß HB in HA enthalten ist, wird mit (10) angegeben: (10)
HB C
HA.
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HB wird Untermuster von HA genannt. In unserem Beispiel ist der Ausdruck 'ein Spiel' der Operator, der die Veränderung des Musters r etwas lehren1 bewirkt, so daß die erwähnte Implikation gilt. Operatoren wie in unserem Beispiel werden Spezifikatoren oder Spezifizierungen genannt. Spezifizierungen können Angabe- und Ergänzungspositionen in den Bezeichnungen der Muster betreffen. Wenn Ml der Operator ist, der die Veränderung von HA bewirkt, kann HB durch HA folgendermaßen definiert werden: (11)
HB = H A ( M l ) .
HA(Ml) heißt eine Spezifizierung von HA. Die Definition von Basishandlungen wird mit Hilfe der Spezifizierung präzisiert: HX ist ein Basismuster genau dann, wenn (i) HX unter ·» nicht weiter zerlegbar ist, ( i i ) rechts vom Pfeil nur Spezifizierungen von HX stehen, die selbst nicht weiter zerlegbar sind. Die Spezifizierungen von HX sind selbst wieder Basismuster von HX. Eine andere Art der Verknüpfung von Handlungsmustern besteht darin, daß zwei Muster sozusagen durch 'und' verbunden sind, ohne daß die Pfeilrelation gilt. Sehen wir uns dazu folgendes Beispiel an: Ich beschreibe ein bestimmtes Spiel, indem ich die Spielausgangsstellung beschreibe und die Spielhandlungsmuster angebe, die in dem Spiel befolgt werden können usw. Meine Handlung nach dem komplexen Muster r das Spiel beschreiben 1 (HA) besteht in diesem Fall aus zwei Handlungen nach zwei verschiedenen Mustern, nämlich r die Spielausgangsstellung beschreiben 1 (HB) und r die Spielhandlungsmuster angeben1 ( H C ) , die ich beide befolge, indem ich nach dem Muster r ein Spiel beschreiben 1 handle. Dagegen beschreibe ich nicht die Spielausgangsstellung, indem ich die Spielhandlungsmuster angebe oder umgekehrt. In unserem Beispiel müssen wir nicht zuerst nach dem einen und dann nach dem anderen Muster handeln. Wir können auch erst die Spielhandlungsmuster angeben und dann die Spielausgangsstellung beschreiben. Ein Sonderfall dieser Verknüpfung ist, daß wir nach zwei Mustern gleichzeitig handeln. Eine mögliche Erzeugung unseres Beispiels ist danach (13): HB (13) HA - HC
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HB, HC usw. können dabei selbst wieder andere Muster erzeugen. Eine Verknüpfung durch 'und 1 kann auch darin bestehen, daß wir zwei Handlungen nach zwei verschiedenen Mustern in einer bestimmten Reihenfolge machen müssen. Ein Beispiel ist: In dem Spiel Fang den Hut besteht ein Spielzug eines Spielers darin, daß er zuerst würfelt und dann mit einer Spielfigur zieht. Wir können die Reihenfolge nicht wie oben verändern. Der Spielzug setzt sich aus den beiden Mustern zusammen. Er ist das Produkt aus den beiden Mustern. Die beiden Muster werden Sequenzmuster genannt. Wir können nach den beiden Mustern nur in der angegebenen Reihenfolge (Sequenz) handeln. Der Zusammenhang zwischen den beiden Mustern wird mit (14) angegeben: (14)
HA
HB.
Für die Beschreibung menschlichen Handelns reicht es nicht aus, wenn wir uns nur mit dem Handeln einzelner Personen befassen. Wir müssen auch das gemeinsame menschliche Handeln von Partnern, anders ausgedrückt, Interaktionen beschreiben können. Einfache Beispiele für Interaktionen sind Spiele. Sie sind gewöhnlich überschaubarer als unser alltägliches Handeln. An den beiden aufgeführten Beispielen für Spiele, Schach und Fang den Hut, lassen sich einige wichtige Eigenschaften von Interaktionen aufzeigen: Man kann die beiden Spiele nur spielen, wenn man einen Partner hat. Die Partner spielen das Spiel, indem sie abwechselnd Spielzüge machen. Die Handlungen des einen Partners folgen auf die Handlungen des anderen Partners, und die Partner richten sich bei ihren Handlungen nach ihren eigenen vorausgegangenen Handlungen und den Handlungen ihres Partners im Rahmen der Handlungsmöglichkeiten, die sie in dem betreffenden Spiel haben. Eine Interaktion liegt nicht schon vor, wenn z . B . zwei Partner beieinander sind oder wenn beide Partner etwas machen. Eine Bedingung dafür ist, daß die Partner zusammen etwas machen und nicht etwa für sich alleine handeln. Eine Interaktion kann man allgemein als ein Produktmuster HAx HB ... auffassen, mit mindestens zwei Komponenten, wobei folgende Bedingungen erfüllt sein müssen: (i) Mindestens zwei Partner Pl und P2 sind beteiligt, (ii) Jeder der Partner handelt mindestens nach einer der Komponenten.
22 (iii)
Die Handlung(en) des nicht-eröffnenden Partners ist (sind) als Reaktion auf eine Handlung des eröffnenden Partners aufzufassen.
Bei der Beschreibung einer Interaktion müssen wir angeben, welcher Partner nach welchem Muster handelt. Wenn z . B . Pl nach HA handelt, schreiben wir HAj usw. Eine Interaktion der Partner P I , P2 definiert (15) : (15)
I12 = HA-j^
2
...
HN. mit i = l oder 2.
Durcn die Agentenindexe wird die Rolle jedes Partners festgelegt. Die Rolle eines Partners ist die geordnete Menge der Handlungsmuster, nach denen der Partner handeln kann, wobei für das Handeln nach den Mustern jeweils bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen. Eine Interaktion liegt nach (iii) nur vor, wenn der Zusammenhang zwischen den Komponenten HA, HB usw. durch Regeln bestimmt ist. So hat jedes Spiel einen bestimmten Zugaufbau, den wir nicht ändern können, ohne dadurch das Spiel zu ändern. Zusammenfassend können wir festhalten: Die Beschreibung eines Handlungsmusters expliziert nach der praktischen Semantik die Regeln, die wir beim Handeln nach diesem Muster befolgen. Teile der Regelbeschreibung sind: Erstens das Angeben von Bedingungen, unter denen eine Handlung nach einem bestimmten Muster gemacht werden kann, oder auch das Angeben von Normen, nach denen die Handlung gemacht werden muß, darf oder nicht gemacht werden d a r f . Zweitens das Beschreiben von Erzeugungen und Zerlegungen von Mustern mit Angabe der jeweiligen Bedingungen. Drittens das Beschreiben von Handlungen und Handlungsmustern im Zusammenhang von Interaktionen. Mit diesen Teilen ist der allgemeine Rahmen abgesteckt für die Beschreibung von Lehr-, Lern- und Spielfähigkeiten. 1
l
Da in der A r b e i t nur e l e m e n t a r e syntaktische B e s c h r e i b u n g e n vorkommen, f ü h r e ich die v e r w e n d e t e n B e s c h r e i b u n g s m i t t e l n i c h t e i n . Die s y n t a k t i s c h e n B e s c h r e i b u n g e n b a s i e r e n a u f H e r i n g e r 1 9 7 3 .
GRUNDLAGEN DER BESCHREIBUNG
3.1
VON LEHREN UND LERNEN
Zusammenhänge zwischen Lehren und Lernen
In den folgenden Abschnitten befasse ich micht mit Grundlagen der Beschreibung von Lehren und Lernen. Ich zeige allgemeinere Zusammenhänge zwischen Lehren und Lernen a u f , unterscheide verschiedene Arten des Lehrens und Lernens und versuche, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Arten des Lehrens und Lernens in Verbindung mit einer Beschreibung von können, wissen und sagen können zu klären. Sehen wir uns zunächst folgende Beispiele an: (1)
LH lehrt LE X.
(2)
LE lernt X.
(3)
LE lernt von LH X.
(4)
LH hat
LE X gelehrt.
(5)
LE hat
von LH X gelernt.
In den Beispielen (1) - (5) ist LH eine Variable für den Lehrenden, LE ist eine Variable für den Lernenden, und X ist eine Variable für Gegenstände des Lehrens und Lernens. Wir können dafür z . B . einsetzen 'das Spiel Fang den H u t ' , 'das Ziehen mit dem König 1 , 'daß man in dem Spiel ziehen kann 1 usw. Mit (1) kann ich über eine bestimmte Interaktion zwischen LH und LE berichten. Die allgemeine Form dieser Interaktion können wir mit (6) angeben: (6)
LH HA-t mit
LE.
Dabei steht HA für ein Interaktionsmuster, in dem HH die Rolle von LH und HE die Rolle von LE sei, die im speziellen Fall gerade aus einem Muster bestehen können. Ein Beispiel ist: LH macht LE vor, wie man mit dem König zieht, und LE macht das nach. In diesem Beispiel handeln die Partner zusammen. LE kann aber auch etwas lernen,
24
ohne daß er selbst etwas macht. Ein Beispiel ist, daß LH LE etwas sagt und LE dadurch z . B . lernt, wie man mit dem König zieht. Worauf es ankommt ist, daß LE versteht, was LH sagt. LE kann zwar von LH X lernen, ohne daß er selbst etwas macht, wir werden aber nur sagen, LE habe X gelernt, wenn LE zumindest einmal etwas macht, das darauf schließen läßt, daß er X gelernt hat. Den Zusammenhang zwischen (1) und (6) können wir mit (7) angeben: (7)
LH lehrt LE X , indem LH mit LE HA-t.
Ober den Spezialfall der Interaktion (6) können wir auch mit (3) und (8) berichten:
(8)
LE HA-t mit LH.
Der Zusammenhang zwischen (3) und (8) wird mit (9)
(9)
angegeben:
LE lernt von LH X, indem LE mit LH HA-t.
Wenn ich (9) sage, folgt daraus nicht ( 1 ) . Der Lernende kann von seinem Partner etwas lernen auch dann, wenn der Partner in der be-, treffenden Interaktion nicht die Absicht hat, das zu lehren, und der Lernende kann in einer Interaktion etwas anderes lernen, als der Lehrende ihn lehren will. Für das Lernen von X ist nicht Bedingung, daß ein Partner X lehrt. Wir lernen viele Dinge, ohne daß sie uns gelehrt werden. Mit (2) und (3) habe ich zwei alternative Möglichkeiten des Lernens unterschieden: LE lernt X in einer Interaktion nach HA von einem Partner LH oder LE lernt X, indem er allein etwas macht. Den zweiten Fall können wir mit (10) angeben: (10)
LE lernt X, indem LE HB-t.
Dabei steht HB für ein Muster, nach dem LE handelt, z . B . r eine Spielanleitung lesen 1 , r den Grundschwung üben 1 usw. LE kann also auch ohne einen Partner etwas lernen. Dagegen kann LH nur etwas lehren, wenn er einen Partner hat. Daß Lernen ohne Lehren möglich ist, leuchtet unmittelbar ein. Die Frage ist, ob umgekehrt ein Lehren ohne Lernen möglich ist. Bei der Beantwortung dieser Frage müssen wir unterscheiden zwischen (1) und ( 3 ) . Mit (1) können wir nur während einer Interaktion, mit (3) können wir nur nach Abschluß einer Interaktion über das Handeln von LH berichten. Während einer Interaktion kann ich der Meinung sein, daß ich einen Partner X lehre. Ein Beobachter, der meine Meinung teilt, könnte über das, was
25
ich gerade mache, einem anderen berichten, indem er sagt: LH lehrt LE X. Nach der Interaktion kann sich herausstellen, daß LE X gelernt hat oder daß LE X nicht gelernt hat. Im zweiten Fall werde ich nicht sagen, daß ich LE X gelehrt habe, sondern a l l e n f a l l s , daß ich versucht habe, LE X zu lehren. Damit gebe ich zu verstehen, daß LE X nicht gelernt hat. An dem Beispiel zeigt sich, daß wir beim Lehren, ähnlich wie beim Überzeugen, unser Handeln in einer Interaktion anders verstehen können als nach dieser Interaktion. Das liegt daran, daß wir beim Lehren und überzeugen erst nach einer Interaktion sagen können, ob wir ein bestimmtes Ziel erreicht haben,
d . h . , ob wir unseren Partner überzeugt haben oder nicht, b z w .
ob wir unseren Partner X gelehrt haben oder nicht. Eine weitere Eigenschaft von ' l e h r e n 1 können wir am Beispiel von (1) aufzeigen. Mit (1) können wir nicht distanziert über das Handeln von LH berichten.
Wenn ich
(1) sage, dann setze ich voraus,
daß folgende Bedingungen e r f ü l l t sind: (i)
LH will, daß LE X lernt.
(ii)
Es ist
(iii)
LE hat X noch nicht gelernt.
möglich, daß LE X lernt, indem LH mit LE HA-t.
Daß ich diese Voraussetzungen mache, zeigt sich daran, daß ein Partner mich auf diese Voraussetzungen festlegen kann und daß er meinen Bericht widerlegen kann, indem er (i) - (iii)
oder nur eine
der Voraussetzungen widerlegt. Wenn ich annehme, daß eine der Bedingungen (i) - (iii) nicht e r f ü l l t ist, könnte ich z . B . sagen, daß LH glaubt, daß er LE X lehrt oder daß LH versucht, LE X zu lehren. Ich gebe damit zu verstehen, daß ich nicht der Meinung bin, daß LH LE X lehrt. Ich habe schon angedeutet, daß wir
(4) nur im Zusammenhang mit
(5) beschreiben können. Mit (4) können wir uns auf ein mögliches Ergebnis der mit sage, dann ist
(7) angegebenen Interaktion beziehen. Wenn ich (7)
(5) impliziert. Ich sage nur dann, daß LH LE X ge-
Im U n t e r s c h i e d z u ( 1 ) b e r i c h t e i c h ü b e r e i n e n V o r w u r f e i n e s Partners d i s t a n z i e r t , wenn ich sage, daß PI P2 v o r w i r f t , daß er q e m o g e l t h a t . Ich setze dabei n i c h t v o r a u s , daß P2 für die H a n d l u n g , die ihm Pl v o r w i r f t , v e r a n t w o r t l i c h ist oder daß er diese Handlung gemacht hat u s w . Ich setze nur v o r a u s , daß Pl voraussetzt, daß P2 verantwortlich ist und dergleichen.
26 lehrt hat, wenn LE von LH X gelernt hat. wir mit (iv) ausführlicher angeben: (iv)
LH hat hat,
Den Zusammenhang können
dann LE X gelehrt, indem LH zusammen mit LE ge-HA-t
wenn (1) der Fall war
und wenn (5) nicht der Fall wäre,
ohne daß (6) der Fall war. Diese Formulierung macht deutlich, daß der Lehrerfolg nur im Zusammenhang mit dem Lernerfolg ermittelt werden kann und daß es nur sinnvoll ist,
den Lehrerfolg zu bewerten, d.h.
zu bewerten, in wel-
chem Grad der Lehrende seine Lehrabsicht erreicht hat, wenn der Lehrende eine bestimmte Lehrabsicht gehabt hat. Mit (5) kann ich mich, wie mit ( 4 ) , auf ein mögliches Ergebnis der mit (7) angegebenen Interaktion beziehen, ich kann mich aber auch nur auf ein mögliches Ergebnis der mit (9) angegebenen Interaktion beziehen. Das liegt daran, daß erfolgreiches Lernen möglich ist, auch ohne daß ein Partner etwas lehrt. Schließlich kann LE X auch in der mit (10) angegebenen Weise, also ohne Partner, gelernt haben. Den Zusammenhang zwischen dem, was LE macht bzw. dem, was LE mit LH macht, und dem erfolgreichen Lernen kann man mit (v) angeben: (v)
LE hat
dann
fvon LH X gelernt, \^X gelernt,
indem LE
l zusammen mit LH ge-HA-t \jge-HB-t hat,
hat,
wenn
/ L E nicht von LH X gelernt hätte, I L E nicht X gelernt hätte,
ohne daß
(~LE mit LH ge-HA-t
hat.
l LE ge-HB-t hat*.
Eine entscheidende Frage habe ich in der bisherigen Beschreibung von Lehren und Lernen nicht beantwortet, nämlich was es heißt, wenn wir sagen, daß LE X gelernt hat.
Eine Antwort darauf kann man nur
geben, wenn man Näheres über X weiß. Der A u s d r u c k ' L H hat LE X g e l e h r t 1 w i r d ö f t e r auch nur v e r w e n d e t , um über e i n e v e r g a n g e n e Lehr- und L e r n i n t e r a k t i o n zu berichten. Dieser Gebrauch ist hier nicht intendiert.
27
3.2
Arten des Lehrens und Lernens
Wenn einer lehrt oder lernt, dann lehrt oder lernt er immer etwas. Die Frage ist, was man lehren und lernen kann. Ich meine, man kann all das lehren, was man weiß, glaubt und kann. Für das Lernen ist die Frage nicht so einfach zu beantworten, obwohl man annehmen kann, daß man all das lernen kann, was ein Partner glaubt, weiß und kann. Die Schwierigkeit dabei ist, daß diese These nur einen begrenzten praktischen Wert hat, da wir oft feststellen, daß wir vieles nicht lernen, obwohl wir uns darum bemühen, und daß wir vieles nicht lernen können, weil die Umstände es nicht zulassen usw. Ein ähnliches Problem ergibt sich natürlich auch dann, wenn wir vom erfolgreichen Lehren sprechen. Ich will diese Probleme zunächst einmal ausklammern, da sie für die Frage nach möglichen Gegenständen des Lehrens und Lernens nicht von unmittelbarer Bedeutung sind. Sehen wir uns zunächst einige Beispiele an: (1)
LH lehrt LE X.
(2)
LE lernt von LH X.
(3)
LH hat
LE X gelehrt.
(4)
LE hat
von LH X gelernt.
(5)
das HX-en
(6)
wie man HX-t/HX-en kann
(7)
unter welchen Bedingungen man HX-en kann/darf/muß/nicht HX-en darf
(8)
womit man HX-t/HX-en kann
(9)
daß man HX-en kann
(10)
daß man HX-t, indem man HY-t/HY-t oder HZ-t
(11)
daß man HX-en kann, wenn Bl/ d a r f , wenn B2/ muß, wenn B3/ nicht d a r f , wenn B4
(12)
daß man mit a .HX-t/mit a und b HX-en kann
Die Beispiele habe ich bekommen, indem ich.für X in (1) - (4) verschiedene Syntagmen der syntaktischen Kategorie E2 eingesetzt habe. Dabei sind einige relevante Teile variabel. HX, HY, HZ sind Variab-
28 le für Handlungsmuster, also für bestimmte in einer Gesellschaft gültige Regeln, nach denen Handlungen hervorgebracht werden können. Bl - B4 stehen für bestimmte Bedingungen und a und b für bestimmte Gegenstände, mit denen man HX-en kann bzw. HX-t. In unserer Beispielliste können wir verschiedene Arten des Lehrens und Lernens unterschieden, nach den verschiedenen Arten von Ausdrücken, die wir für X eingesetzt haben. Mit (5) habe ich eine Nominalgruppe für X eingesetzt. Gegenstand des Lehrens und Lernens ist
ein Handlungsmuster. Der Bereich von Nominalgruppen ist
einge-
schränkt auf Bezeichnungen für Handlungsmuster und andere Ausdrücke, mit denen wir auf Handlungsmuster referieren können. Wenn wir andere Einsetzungen vornehmen, erhalten wir abweichende Ketten. Über das Lehren und Lernen von Handlungsmustern rede ich mit Ausdrücken der Form 'das HX-en lehren/lernen' oder 'lehren/lernen zu HX-en1. Eine zweite Art des Lehrens und Lernens können wir anhand der Beispiele (5) -
(8) unterscheiden. Wir haben es hier mit Ergänzun-
gen zu tun, die traditionell als indirekte Fragesätze bezeichnet werden. Sie werden durch eine Pro-Form eingeleitet. Mit diesen Sätzen wird kein bestimmter Lehrgegenstand angegeben oder ausgedrückt. Das liegt daran, daß diese Ergänzungssätze unvollständige Propositionsausdrücke sind. Mit ihnen wird unbestimmt auf eine Proposition Bezug genommen. Für unsere Beispiele können wir genauer sagen, daß mit diesen Ausdrücken auf bestimmte Eigenschaften der Regel HX Bezug genommen wird. Ich schreibe für diese Art des Lehrens und Lernens 'lehren/lernen, Pro man HX-en kann/HX-t, oder kürzer 'lehren/lernen, P r o 1 . Wir können in 'lehren/lernen, Pro 1 auch die folgenden Ausdrücke einsetzen: (13)
wozu man HX-t.
(14)
warum man HX-t.
Eine dritte Art des Lehrens und Lernens können wir anhand der Beispiele (9) -
( 1 2 ) unterscheiden. Wir haben es hier mit Ergän-
zungssätzen zu tun, die traditionell Inhaltssätze genannt werden. Mit ihnen wird eine Proposition ausgedrückt. Für unseren Zusammenhang können wir genauer sagen, daß mit (9) eine Regel formuliert werden kann
und mit (10) -
( 1 2 ) bestimmte Eigenschaften der Regel
angegeben werden können. Ich schreibe für diese Art des Lehrens und
29
Lernens "lehren/lernen, daß S ' . S ist
eine Variable für jene Teile
von daß-Sätzen, die Satzformen gleich sind, aber andere illokutionäre K r a f t haben usw. Die Beispielliste ist so angelegt, daß die Eigenschaften, auf die wir in (5) - ( 8 ) unbestimmt Bezug nehmen, in (10) - (12) angegeben werden. Die Gegenstände, auf die wir mit (13) und (14) unbestimmt Bezug nehmen, können wir mit (15) und mit Ausdrücken der Form (16) angeben: (15)
daß man H X - t , um zu HW-en
(16)
daß man HX-t, weil ...
Die Frage, die ich im folgenden zu beantworten versuche, ist,
wel-
che Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Arten des Lehrens und Lernens bestehen. Die Frage kann man beantworten, indem man zeigt, welche Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Arten von Sätzen bestehen, in denen Ausdrücke dieser Art vorkommen. Ich zeige hier Zusammenhänge vor allem am Beispiel des erfolgreichen Lernens auf und gehe aus von (17) und ( 1 8 ) :
zu HX-en (17)
LE hat nicht gelernt
(18)
LE hat gelernt i daß
S
!
\
Ich beschränke mich dabei für lernen, Pro auf lernen, wie man HX-t und für lernen, daß S auf eine mögliche Entsprechung dazu, nämlich auf lernen, daß man HX-t, indem man HY-t. Als weiteres Beispiel für lernen, daß S wähle ich lernen, daß man HX-en kann. In 3.1 hat sich bereits gezeigt, daß wir bei der Beschreibung von lehren und lernen zusätzliche Probleme dadurch bekommen, daß wir uns mit Lehren und Lernen aus der Position des Beschreibenden befassen. Ich behandle die Alternativen zunächst unter diesem Aspekt, um dadurch die Beschreibung des Zusammenhangs fachen.
zwischen den Alternativen zu verein-
30
Wenn ich (19)
(19) behaupte:
LE hat gelernt, daß man HX-en k a n n . ,
dann folgt daraus nicht, daß die Regel gilt, und nicht, daß die Regel befolgt werden kann. Ein extremer Fall wäre, daß LE gelernt hat, daß man viereckige Kreise zeichnen kann. Wenn ich behaupte, daß LE das gelernt hat, dann lasse ich o f f e n , ob LE etwas Falsches gelernt hat und ich lasse offen, ob das, was LE gelernt hat, befolgt oder nicht befolgt werden kann. Anders verhält es sich, wenn wir (2O) behaupten: (20)
LE hat gelernt, wie man HX-t.
Aus (2O) folgt, daß man HX-t, in dem Sinne, daß man HX-en kann, und es folgt daraus grob gesagt, daß LE das Richtige gelernt hat, nämlich, daß man so HX-t, wie es LE angeben oder machen könnte. Ein Beispiel ist: Wenn wir behaupten, daß LE gelernt h a t , wie man in dem Spiel den König schnappt, dann ist impliziert, daß man in dem Spiel den König schnappt, in dem Sinne, daß man nach dieser Regel handeln kann, und in dem Sinne, daß diese Regel gilt. Weiter ist impliziert, daß man so schnappt, wie es LE gelernt hat. Die Position des Beschreibenden müssen wir auch berücksichtigen bei der Beschreibung möglicher Ergebnisse des Lernens mit Hilfe von 'wissen, daß 1 und 'wissen, w i e 1 . Wenn ich (22)
( 2 2 ) behaupte:
LE weiß, daß man HX-en k a n n . ,
dann gebe ich meinem Partner zu verstehen, daß auch ich weiß, daß man HX-en kann und daß ich mit LE darüber einer Meinung bin. Das heißt, ( 2 2 ) impliziert, daß man HX-en kann. Das Wissen eines anderen, daß wir nicht teilen, nennen wir Glauben. Wenn wir in ( 2 2 ) für 'wissen 1 'glauben 1 verwenden, dann geben wir mit ( 2 2 ) zu verstehen, daß wir nicht glauben, was LE glaubt. Wenn ich ( 2 3 ) behaupte : (23)
LE weiß, wie man HX-t.,
dann ist
impliziert, daß man so HX-t, und es ist 1
impliziert, daß
LE für wahr hält, daß man so HX-t. 'Lernen, wie hat also entsprechende Eigenschaften wie "wissen, w i e ' . Unsere Beschreibung macht deutlich, daß wir für (19) nicht ohne weitere Bedingungen ( 2 2 ) annehmen können. Wir sagen nur dann, wenn
31
LE gelernt hat, daß man in dem Spiel HX-en kann, daß LE weiß, daß man in dem Spiel HX-en kann, wenn man in dem Spiel HX-en kann und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, z . B . , daß LE das nicht vergessen hat. Wenn LE gelernt hat, wie man in dem Spiel HX-t, und wenn LE das nicht vergessen hat, sagen w i r , daß LE weiß, wie man in dem Spiel HX-t. Wenn LE HX-en gelernt hat und es nicht verlernt hat, ist impliziert, daß LE HX-en kann. Im folgenden setze ich diese Bedingungen als e r f ü l l t voraus. Sehen wir uns nun die Alternativen in ( 1 7 ) und (18) und Zusammenhänge zwischen den Alternativen ausführlicher an. Wenn ich die Alternativen in ( 1 7 ) oder (18) behaupte, dann können die Behauptungen zugleich wahr sein, d . h . , sie sind miteinander verträglich. Die einander ent~ sprechenden Teile aus ( 1 7 ) und (18) sind dagegen miteinander unverträglich, d . h . , wenn ich z . B . behaupte, daß LE das HX-en gelernt hat, und behaupte, daß LE das HX-en nicht gelernt hat, dann können nicht beide Behauptungen zugleich wahr sein. Die Behauptungen sind in diesem Fall nicht nur unverträglich, sondern sie sind auch das strenge Gegenteil voneinander, d . h . , es muß genau eine der Behauptungen wahr sein. Ich zeige im folgenden exemplarisch weitere Zusammenhänge zwischen den Teilen aus ( 1 7 ) und (18) a u f . Die Alternativen in ( 1 7 ) und (18) sind miteinander nicht nur verträglich. Wenn ich (21)
LE hat HX-en gelernt.,
dann ist (2O)
(21) behaupte:
(2O) impliziert:
LE hat gelernt, wie man HX-t.
Impliziert sind auch all die Einsetzungen für 'LE hat gelernt, Pro man HX-en kann/HX-t 1 , die für HX konstitutiv sind, z . B . , unter welchen Bedingungen man HX-en kann usw. Ich habe hier 'lernen, wie" nur im Zusammenhang mit 'vergessen, 1
wie verwendet, öfter wird 'lernen, wie 1 aber auch im Zusammenhang mit 'verlernen, wie" verwendet. Das heißt, ein mögliches Ergebnis von Lernen, wie man den König schnappt, wäre danach nicht nur wissen, wie man den König schnappt, sondern auch den König schnappen können. Bei der zweiten Verwendung von 'lernen, wie 1 wird oft übersehen, daß aus ( 2 O ) noch nicht folgt, daß LE das Muster vollständig beherrscht. Ein Beispiel ist: Ein Partner kann ein Spiel
32
spielen, in dem man gegnerische Klötzchen aus dem Spiel werfen kann, indem man mit den eigenen Klötzchen auf die Felder zieht, auf denen die Klötzchen des Partners stehen. Ein Partner lehrt ihn nun erfolgreich, die Klötzchen in anderer Weise auszuschalten, nämlich durch das überspringen der Klötzchen. Wir könnten in diesem Fall sagen, LE hat gelernt, wie man in dem betreffenden Spiel Klötzchen ausschalten kann, in dem Sinne, daß er gelernt hat, Klötzchen durch Überspringen auszuschalten. Das ist aber noch nicht alles, was das Klötzchen-Ausschalten in diesem Spiel ausmacht. Dazu gehört auch, daß man Klötzchen unter bestimmten Bedingungen nicht ausschalten kann, und daß man das unter-bestimmten Bedingungen nicht darf usw. Erst wenn der Partner die übrigen relevanten Teile für diesen Zug gelernt hat, sagen wir, daß er diesen Zug vollständig gelernt hat. In unserem Beispiel aber beschränkt sich das Lernen des Musters nur auf das Lernen einer bestimmten Erzeugung. Das heißt, der Lernende beherrscht in unserem Beispiel das Muster nur bis zu einem gewissen Grad. Eine andere Schwierigkeit ist, daß auch "wissen, wie man HX-t 1 oft im Sinne von ' HX-en können 1 verwendet wird. Diese Verwendung hängt vermutlich damit zusammen, daß wir gewöhnlich davon ausgehen, daß einer, der weiß, wie man eine bestimmte Handlung macht, diese Handlung auch machen kann. Streng genommen müssen wir aber trennen zwischen dem Fall, daß LE weiß, wie man eine bestimmte Handlung macht und dem Fall, daß LE diese Handlung auch beherrscht. Für das Können reicht das Wissen, wie noch nicht aus. LE muß auch körperlich in der Lage sein, die betreffende Handlung zu machen. Bei komplizierten Handlungen, vor allem bei Bewegungshandlungen, wissen wir häufig, wie man diese Handlungen macht, z . B . wie man einen Schleuderschwung f ä h r t oder wie ein Schraubensalto geht u s w . , beherrschen aber diese Handlungen nicht. Normalerweise verwenden wir (2O) nicht für alle Arten von Handlungen, z . B . nicht für r den Arm heben"1 , "^Schwimmen1 , r Klötzchen bewegen1 usw. Das scheint für alle nicht spezifizierten Basishandlungen zu gelten. Der Grund dafür ist, daß man diese Handlungen nicht irgendwie bewirken oder herbeiführen kann. Wir sagen daher gewöhnlich auch nicht, daß jemand weiß, wie man den Arm hebt usw., es sei denn -in dem Sinne, daß er weiß, wie das vor sich geht. Ich verwende im folgenden "lernen, wie man HX-t" nur im Sinne von "lernen, wie man das m a c h t " . Ein mögliches Ergebnis von lernen,
33
wie man HX-t ist danach wissen, wie man HX-t. Aus 'wissen, wie man HX-t 1 folgt noch nicht 'HX-en können 1 . Das bedeutet auch, daß aus ( 2 O ) nicht folgt, daß LE HX-en gelernt hat. Dagegen folgt aus ( 2 O ) , daß LE gelernt h a t , daß man HX-t, in dem Sinne, daß man HXen kann. Die Umkehrung dagegen gilt nicht. LE kann gelernt haben, daß man in dem Spiel den König schnappen kann, ohne gelernt zu haben, wie man das macht. Bei allen hier unterschiedenen Arten des Lehrens und Lernens kommt es darauf an, daß LE merkt, daß es das betreffende Muster gibt. Ein Sonderfall ist, daß LE nicht nur gelernt hat, daß man mit dem König schnappen kann, sondern auch gelernt hat, daß man das macht, indem man mit dem König zieht. Wenn man den König in dieser Weise schnappt, folgt daraus, daß LE gelernt hat, wie man mit dem König schnappt. Das heißt, aus ( 2 2 ) : (22)
LE hat gelernt, daß man HX-t, indem man HY-t.
folgt ( 2 0 ) : (20)
LE hat gelernt, wie man HX-t.,
wenn man HX-t, indem man HY-t. Dagegen folgt aus ( 2 2 ) nicht, daß LE HX-en gelernt hat. Umgekehrt folgt aus ( 2 0 ) noch nicht ( 2 2 ) , denn LE könnte auch eine andere Erzeugung gelernt haben. Nach unserer Beschreibung ist (20) : (20)
LE hat gelernt, wie man HX-t.
verträglich mit ( 2 3 ) : (23)
LE hat das HX-en nicht gelernt.
Dagegen ist (21)
(2l) :
LE hat HX-en gelernt,
unverträglich mit ( 2 4 ) : (24)
LE hat nicht gelernt, wie man HX-t.
Weiter ist nach unserer Beschreibung (22)
(22):
LE hat gelernt, daß man HX-t, indem man HY-t.
unverträglich mit ( 2 4 ) : (24)
LE hat nicht gelernt, wie man HX-t.
34
Dagegen ist (20)
(20) :
LE hat gelernt, wie man HX-t.
verträglich mit ( 2 5 ) : (25)
LE hat nicht gelernt, daß man HX-t, indem man HY-t.
Die Überlegungen, die ich hier über den Zusammenhang zwischen den drei Arten des Lehrens und Lernens am Beispiel des erfolgreichen Lernens angestellt habe, sind in dem folgenden Schaubild zusammengefaßt. Dabei ist vorausgesetzt, daß die auf S. 31 angegebenen Bedingungen erfüllt sind. Ich gehe hier davon aus, daß die Sätze jeweils behauptet werden. Das Zeichen ' ' steht für verträgliche Handlungsverbindungen, das Zeichen ' > < ' steht für unverträgliche HandlungsVerbindungen, und das Zeichen ' > ' steht für 'impliziert' .
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LEHRFÄHIGKEITEN VON SCHÜLERN
6.1
Untersuchungsgruppe, Unterweisungssituationen
Auf der Grundlage der Beschreibung verschiedener Möglichkeiten für das Lehren eines Spiels können wir überprüfen, welche Fähigkeiten die Kinder der Heimgruppe darin haben, einen Partner ein Spiel in verschiedenen Situationen zu lehren. Ich gebe zunächst eine Übersicht über die Heimgruppe und zeige a u f , in welchen Situationen die Kinder die Unterweisungen gemacht haben. Die Untersuchungsgruppe bestand aus 3O Heimkindern der Grundschulklassen II, III und IV. Zehn Kinder besuchten die I I . , neun die III. und elf die IV. Grundschulklasse. In der Heimgruppe sind Kinder aus der sogenannten Unterschicht überrepräsentiert. Es gehören 87% der Eltern (des Elternteils) nach Berufs- und Ausbil'dungsstatus der Unterschicht an. Zur Verdeutlichung der gruppenspezifischen Situation seien auch folgende Daten erwähnt: Heimeinweisungsgründe sind: Zerrüttung der Familie, uneheliches Kind, Vollwaise und Erziehungsschwierigkeiten. Freiwillig vereinbarte und angeordnete Erziehungshilfe halten sich etwa die Waage. Im Durchschnitt verbrachten die Kinder der II. Klasse 70% ihres Lebens im Heim, die der III. Klasse 5O%, die der IV. 5 1 % . über die Hälfte der Kinder war in mehr als einem Heim (ohne die zusätzlichen Pflegestellen und rückgängig gemachten Adoptionen) untergebracht. Einige Kinder waren in vier Heimen untergebracht. In dem Heim leben Kinder vom Säuglingsalter bis zu 16 Jahren. Normalerweise muß aber mit Schulabschluß das Heim verlassen werden. Die Betreuung der Heimkinder ist in dem Heim vergleichsweise günstig. Im Durchschnitt Die D a t e n , die ich hier a n f ü h r e , sind mit einem entsprechenden Fragebogen erhoben w o r d e n . Ich gehe auf die S o z i a l d a t e n hier nicht weiter e i n , da sie in der weiteren Arbeit nicht verwendet werden.
1O4
sind zehn Kinder in einer Gruppe zusammengefaßt. Die Gruppen sind altersheterogen. Jungen und Mädchen sind gemischt. Die Gruppen haben familienähnliche Züge. Es handelt sich um sogenannte "Halbwaisen-Familien 1 : Jede Gruppe wird von einer Erzieherin betreut und lebt in einem abgeschlossenen Wohnbereich. Die Kinder besuchen die ö f f e n t l i c h e Grundschule. Die Heimstruktur nach dem Familienprinzip und mit heterogenen kleinen Gruppen entspricht etwa den Forderungen, die in der Sozialpädagogik und Sozialpsychologie für Kinder dieser Altergruppe gestellt werden. Die Wahl der Heimgruppe hängt mit der bereits erwähnten ursprünglich anderen und umfassenderen Konzeption dieser Arbeit zusammen. Sie war ursprünglich als gruppenvergleichende Untersuchung angelegt. Vor dieser Untersuchung hatte ich schon längere Zeit Kontakt zu den Kindern. Sie haben mich daher wohl kaum als 'Tester 1 empfunden. Die Spielunterweisungen, um die es im folgenden geht, waren Teil eines umfassenderen Untersuchungsprogrammes. In einem Zeitraum von etwa drei Wochen haben die Kinder der Heimgruppe Spielunterweisungen in verschiedenen Situationstypen gemacht; Erstens in einer Situation mit Spielvorlage und direktem Partner, zweitens in einer Situation ohne Spielvorlage und mit direktem Partner und drittens in einer Situation ohne Spielvorlage und ohne direkten Partner, in der das Spiel nur schriftlich beschrieben werden konnte. Die drei Situationen stellen an die Partner beim Lehren und Lernen eines Spiels unterschiedliche Anforderungen, da für die Bewältigung der Situationen unterschiedliche Fähigkeiten beherrscht werden müssen. Die Unterweisungen, die in den verschiedenen Situationen gemacht worden sind, können daher Aufschluß über unterschiedliche Lehrfähigkeiten geben. Die Wahl der Spiele habe ich weitgehend den Kindern überlassen. Zwei Spiele sind von allen Kindern gewählt worden, nämlich Fang den Hut und M a l e f i z . Beide Spiele gehören zum gemeinsamen Spielrepertoire der Kinder und werden von allen untersuchten Kindern beherrscht. Bei den schriftlichen Unterweisungen konnten die Kinder eines der beiden Spiele auswählen. Sie sollten das Spiel einem Partner als Antwort auf den folgenden Brief beschreiben: 'Ich habe l
Einen
Überblick gibt MoLlenhauer
1968.
105
ein Spiel geschenkt bekommen. Da steht Fang den Hut ( M a l e f i z ) d r a u f . Es steht aber nirgends, wie das Spiel geht. Wenn du das Spiel spielen kannst, dann schreibe mir bitte ganz genau, wie das Spiel g e h t ' . In den übrigen Situationen habe ich selbst die Rolle des Lernenden übernommen. Es ist offensichtlich, daß diese Lehrund Lerninteraktionen nicht ohne weiteres vergleichbar sind mit entsprechenden Interaktionen zwischen Kindern. Darin sehe ich auch einen Mangel der vorliegenden Unterweisungsbeispiele. Auf der anderen Seite leuchtet unmittelbar e i n , daß es nicht möglich ist, eine Testsituation zu schaffen, die repräsentativ für alle möglichen Lehr- und Lernsituationen ist. Ich gehe daher auf Forderungen dieser A r t , wie sie sich in der Testliteratur finden, nicht ein. Dazu gehört auch die Forderung nach invarianten Einführungsgesprächen, stereotypen Erklärungen, festgelegten Reaktionen des Testers usw. Man glaubt dadurch gleiche Voraussetzungen für die Partner zu s c h a f f e n , was ersichtlich nur sehr vordergründig stimmt, Ich stelle in dieser Arbeit keine Zusammenhänge zwischen Sozialdaten der Heimgruppe und Lehrfähigkeiten der Kinder etwa in Analogie zur Sprachbarrierenforschung her. Für eine sinnvolle Beschreibung von Ursachen, für die in einer Untersuchung festgestellten Fähigkeiten von Kindern müßte man Zusammenhänge aufzeigen können zwischen der sozialen Praxis der Gruppe, in der die Kinder aufwachsen, und entsprechenden Fähigkeiten der Kinder. Das würde aber eine Beschreibung der jeweiligen Praxis voraussetzen, d . h . , eine Beschreibung typischer Interaktionsmuster der betreffenden Gruppe. Ein Beispiel wäre, daß Kinder einer bestimmten sozialen Gruppe bestimmte Entgegnungen auf Vorwürfe nicht oder nur unzureichend lernen, weil auf Vorwürfe in dieser Gruppe nur Entschuldigungen zugelassen sind und z . B . das Infragestellen von Normen bestraft wird. Solche Beschreibungen sind nicht durch korrelationsstatistisch feststellbare Zusammenhänge ersetzbar. Ich kann hier auch nicht in einem Test, der z . B . bestimmte Lehrfähigkeiten mißt, diese Fähigkeiten bezüglich verschiedener sozialer Gruppen diagnostizieren, denn dazu müssen erst einmal bestimmte Fähigkeiten beschrieben und Tests entwickelt werden, die diese Fähigkeiten auch messen. Es leuchtet unmittelbar ein, daß es nicht sehr sinnvoll ist, unter dem Aspekt sozialer Benachteiligung sprachliche Äußerungen von Heimkindern und Kindern einer privilegierten sozialen Gruppe nach
106
irgendwelchen sprachlichen Kategorien auszuzählen, um abschließend festzustellen, daß Heimkinder dabei schlecht abschneiden, weil sie Heimkinder sind, und andere Kinder u . U . besser abschneiden, weil sie keine sind. Etwas anderes ist es, aufzuzeigen, an welchen Normen die Heimkinder etwa in der Schule scheitern und welche Normen hinter sprachlichen Leistungsmessungen stecken. Ich belasse es hier bei diesen Bemerkungen und befasse mich im folgenden mit den Unterweisungen der Kinder. Sehen wir uns zunächst einige Beispiele im Zusammenhang an. 6.2
Unterweisungsbeispiele
(1)
Also des sind die Würfala und die setz i jetzt auf die rote Denger do no [das Spiel wird aufgebaut] also des ist's Ziel da würfelt ma des bin jetzt i des bist du [zeigt jeweils auf Spielgegenstände] [ w ü r f e l t ] drei do ko ma so macha [zieht] [würfelt] zwei no ko der so fahra j e t z t bin wieder i dro [würfelt] K no ko i so do ko i j e t z t do au raus [zieht mit dem ersten Hütchen und zeigt auf ein Hütchen im Ausgangsfeld] [würfelt] fünf j e t z t ko der da König schnappa wenn i jetzt drei hab ko i den schnappa [würfelt] zwoi gang i do no [würfelt] fünf jetzt ko der mi schnappa muß i mit am andera raus. Wer gewinnt denn in dem Spiel? Der wo alle gschnappt hat.
(2)
Guck do muß ma des also do tu mal so a Würfele no tu mal a blau und no muß ma so no do no hem mer des do und Würfel [Das Spiel wird aufgebaut.] paß auf [würfelt] also wema jetzt so an f ü n f e r [würfelt sechs] ah wema jetzt a sechs hat no ko m a ' s net schmeißa und wema [würfelt] drei no muß ma do no [zieht] und wema zwei kriegt [würfelt zwei] ko ma des schmeißa und no ko ma des irgendwo no do do do irgendwo. Worauf kommt's bei dem Spiel an? Do oba muß ma nei komma und me it und do oba muß ma mit oim nei komma. Wie macht man das? Ha oifach nauf
fahra.
Wie geht das, schmeißa?
107
Also wema do j e t z t fünf hat no ko ma den do schmeißa und no ko ma den irgendwo no do do do irgendwo. I fang mal a. [Eine Probepartie wird gespielt. Die Partner würfeln und ziehen abwechselnd. Der Partner zieht auf ein von einem Stein besetztes Feld und schmeißt den Stein nicht, l Du darfst den j e t z t irgendwo nostella. Ich laß den aber lieber stehen. Noi du musch den wegnemma. Gut dann stell ich ihn da h i n . [stellt den Stein vor das Startfeld des Partners.] Halt des derfscht net i n ' d ersta Reiha net. Wo darf ich den dann hintun? Do oba des isch am besta ko ma net so schnell nei. Aber dann komm ich auch nicht mehr vorbei. Aber schmeißa du kosch an au do no do und do rum und do rum.. (3)
Do kriegt ma elf Stoiner und die tut ma anfangs nosetza do no des soll halt verhindere daß die net so schnell rauß kennat und da nauf ins Ziel kennat und die legt ma do no [Das Spiel wird aufgebaut] dann fangt m a n . a n zu würfla jeder hat halt a Färb f ü n f Stück dann fangt ma a zu würfla Beispiel wenn j e t z t oiner fünf hat also drei vier fünf könnt er den wegschmeißa und do jetzt no setza oder do do runter darf ern net neisetza bloß do oba darf ma nohocka a u f ' d ersta Reihe neta oder do oder do ko ma überall sonst bloß do unta net no des ko ma Beispiel jetzt do no setza Beispiel jetzt kommt der Grüne dro jetzt würfelt der jetzt hat der drei fahrt er vielleicht so eins zwei drei kann er halt nix schmeißa kommt der nächste [würfelt] sechs kann er net do nauf weils mehr sind muß er Beispiel so eins zwei ... sechs kann e r ' s net schmeißa no kommt der Blaue [würfelt] kann der halt so kann er au net schmeißa. Gwonna hat der wo z'erschta oba mit alle ah mit alle fünf z'erst da oba nei komma isch.
(4)
Woisch do send so Hüte und wenn ma do ein schnappt und wenn ma do ois hat dahanna isch ma do und neba dranna wenn ma eins hat schwp do darf ma schnappa drauf do und dann wenn ma alle hat da darf ma ins Ziel isch egal oder wenn ma a paar hat ko ma au ins Ziel.
108
E r k l ä r ' s mir mal genauer. Do brauchsch Hüte so kloine woisch und do hasch so Deng oba und do musch romlaufa woisch so oder so rom oder in des so nei ...
(5)
Also du hasch jetzt a Fang den Hut do du hasch vier du hasch blau und i hab rot vier und dann no hasch du an Würfel und i au. Muß i würfla darf i vor dann kommsch du dro musch au vor darfsch so fahra oder so. Wenn do einer steht kriegsch an und wennsch sechs hasch und no a zwoi hasch no hasch da König kosch wieder in dei Haus. Das hab ich noch nicht verstanden. E r k l ä r 1 s mal genauer. Du musch w ü r f l a und dann mit deine Männer fahra was de hosch wenn da sechs hasch musch laufa sechs woisch do send immer so kloine Kästla do musch laufa und wenn du irgendein hasch no kosch du in dei Haus geha und dann die wegdo kannsch wieder mit deim raus und wennsch alle hasch no hasch gewonna. Was macht man mit dem König? Wenn a sechs hasch und a zwoi no hasch da König steht ganz in der Mitte guck wenn do dei Ziel isch und do isch der König und du hasch j e t z t a sechs eins zwei drei ... sechs zwei eins zwei hasch en kannsch jetzt in dei Haus brauchsch a sechs und a zwoi bisch wieder in deim Haus oder kannsch mit em König romlaufe.
(6)
Da muß jeder so vier Hüte haben und dann ein W ü r f e l muß man haben und dann kann man anfangen und der König muß in
der
Mitte sein und den König kann man schnappen.
Wie geht das? Da muß man würfeln und wenn man eine sechs hat, dann kann man ihn schnappen. Kann man den immer schnappen wenn man eine sechs hat? Mm net immer. Wie geht's dann? Der der ist in der Mitte und dann wenn man eine sechs hat dann kann man raufgehen und ihn schnappen dann hat man ihn und die anderen kann man auch schnappen die anderen Hüte. Wie geht das? Wenn zum Beispiel j e t z t einer hier sitzt und dann hat man
1O9
zwei und er sitzt da droben da kann man ihn schnappen. Das hab ich noch nicht ganz verstanden. E r k l ä r ' s mir bitte nochmal. Also wenn er auf zwei sitzt und der andere hat zwei würfelt zwei dann kann man den anderen schnappen. (7)
Also bei uns spielt man des so do isch einer in der Mitte oi so a Deng in der Mitte und do sind überall so vier Denger und dann der wo als erster auf den Denger da nuf gegangen isch der muß halt der wo den gefangen hat der kann auch an anderer kann da auch den fangen kann wo halt den Denger da wo da hinten hat der hat halt gewonnen. Worauf kommt's in dem Spiel an? Daß man keine einser kriegt und keine sechser daß man die schon kriegt. Was muß man kriegen? Eine sechs und dann eine zwei. Warum? Wenn ma sechs und zwei hat no ko ma den fanga den Hut halt in der Mitte. Wie geht fangen? Also der fangt den Hut dann und dann dann geht er zurück und dann kann ein anderer den einkreisen oder die andere au no einkreisa no muß er halt in Boda neiganga kann er halt in Boda neiganga. Boda, was ist denn das? Mir hen do so a Deng do isch so a Boda drinna woisch do ko ma oin net fanga. Das hab ich noch nicht verstanden. Ha no ko ma oin net fanga aber wenn der raus will no no ko mit dem wenn er drinna bleiba will no ko er halt drinna bleiba no ko er von sich mit an andera do nausganga sich no andere Hütla fanga. Wer gewinnt in dem Spiel? Der wo in der Mitte der Hut ist den mit alle zu sich da Heim bringa.
(8)
Du braust vier,Machnchen von der ganze färbe einen Würfel und ein Spiel wo vier färben droben sind.
no (9)
Da hat man einen Worfen und Fichr Hute und wenn man seeks haben dan mus man seeks laufen und dan eine Ainz haben dan mus man eine A i n z .
(10)
Ich möchte dir das Spiel zeigen. Ich mal es dir hin oo
O 0
00
oo
00 00
• 0
oo
Da prauh man 4 Kegel. Und ein W r u f e l . Und ein Blaghat. (11)
Kannst Du Fantenhut? Wenn es Du nicht kannst! Ich zeige es Dir. Da braucht man vier Hüte, hier ist
das Spiel
n Q D D Q DDD D Mit den Hüte Mus man fahren. (12)
Den Könighut muß du in die Mite stehl. Und jeder bekommt Hüte. Dann muß du einen Wirfei haben. Dan kannst du anfangen. Dan mußt du w i r f e i n Und wenn du eine sechst hast dann kannst du schnapen.
(13)
Da krigt jeder 4 Hütchen. Dann muß jeder ein Hütchen heraust u n . Dann kan man den König schnaben. Und dann kan man den anderen Hut heraustun und in auf den König sitzen. Dann kan man in sein Ziel hingehen und dan kan man die Hütchen die man geschnabt hat in sein Ziel hereintun.
(14)
Jeder Spieler hat vier Hütchen. In der Mitte des Felder steht der König. Wenn der Spieler von seinem Häuschen aus eine sechs und eine l w ü r f e l t , kann er sein Hütchen auf den König setzen und mit ihm herumfahren. Wenn ein Spieler ohne den König auf ein Ruhebänkchen sitzt, darf der mit dem König, wenn er die passende Zahl hat ihn schnappen, aber ohne den König nicht. Auf den anderen Feldern darf sich jeder das Hütchen schnappen wenn er die passende Zahl hat. Man darf aber erst die Hütchen in seinem Haus abladen wenn man alle hat. Das war nun alles.
(15)
Es können vier Spieler mitspielen. Der jüngst nimmt den Würfel und fängt an. In der Mitte des Spieles, kommt ein goldener H u t . Wenn man eine sechs hat kann man ihn schnappen.
Ill
Wenn man ihn geschnappt hat, können die anderen Mitspieler dem Jungen oder dem Mädchen den goldenen Hut wieder schnappen. Aber auf der Spielplatte sind noch so schwarz gelbe Plättchen eingezeichnet. Da dürfen die Spieler den goldenen Hut nicht schnappen. Wer zuerst alle vier Männer eines Mitspielers geschnappt hat, hat gewonnen. 6.3
Diagnose
Die Beispiele, die ich hier aufgeführt habe, bilden eine Auswahl aus 140 Unterweisungen der Heimgruppe. Die Unterweisungen (1) - (3) sind in der Situation mit Spielvorlage, die Unterweisungen (4) (7) sind ohne Spielvorlage mit direktem Partner, die Unterweisungen (8) - (15) sind schriftlich gemacht worden. Die Unterweisungen sind als Beispiele gedacht für die Fähigkeiten der Kinder, ein Spiel in verschiedenen Situationen zu lehren. Dabei sind folgende
Aspekte
interessant: 1. Welche Teile des Spiels werden in den Unterweisungen behandelt? 2. Können die Kinder die Voraussetzungen des Partners einschätzen? Woran orientieren sie sich in ihren Unterweisungen? 3. übersehen die Kinder, welche Teile des Spiels für das Lehren 4.
5.
des Spiels besonders relevant sind? Übersehen sie die spezifischen Anforderungen, die die verschiedenen Lehr- und Lernsituationen an sie stellen? Können sie diese Anforderungen bewältigen? Überblicken die Kinder ihr Spielhandeln? Können sie die Regeln ihres Spiels formulieren und beschreiben?
Es geht mir im folgenden darum, auf der Grundlage der vorausgegangenen Beschreibung für die Unterweisungen eine Art Diagnose zu finden. Der Zweck der Beschreibung ist also nicht, generelle Aussagen über die Lehrfähigkeiten der Kinder oder über Heimkinder allgemein zu machen. Dazu reichen die Beispiele nicht aus. Sehen wir uns zunächst an, wie die Kinder den Partner in den verschiedenen Situationstypen unterweisen und auf welche Teile ihres Spiels sie Wert legen. Wir können uns dabei an dem in 5.l angegebenen Katalog orientieren, in dem konstitutive Teile für das Lehren eines
112
Spiels angegeben sind. In der Situation mit Spielvorlage und direktem Partner unterweisen die Kinder den Partner anhand der Spielvorlage. Sie stellen zunächst die Spielausgangsstellung her und weisen den Partner mehr oder weniger ausführlich auf Teile der Ausgangssituation hin. In (1) z . B . identifiziert das Kind bestimmte Inventarteile (aleo dee sind die Würfala, des ist's Ziel), gibt eine Inventarzuordnung an (die setz i jetzt auf die rote Denger do no) und weist sich und dem Partner bestimmte Inventarteile zu (das bin jetzt i des bist du). Nach dem Spielaufbau spielt es dem Partner eine Partie vor. In (2) wird dem Partner nach dem Spielaufbau ein bestimmter Zug vorgeführt. Das Kind spielt anschließend mit dem Partner eine Probepartie. In (3) wird dem Partner ähnlich wie in (1) eine Partie vorgespielt. Im Unterschied zu (1) geht das Kind aber auch auf Alternativen und nicht erlaubte Züge ein 4 Es richtet sich also nicht nur nach dem Partieverlauf. In dieser Unterweisung finden sich Ansätze des exemplarischen Beschreibens. Die Kinder spielen in der Situation mit Spielvorlage ihre Spielkompetenz aus. Sie formulieren und beschreiben nicht die Regeln ihres Spiels, sondern geben im Zusammenhang mit der Ausführung von SpielzUgen die Auswirkungen von Regeln auf bestimmte Spielsituationen an (drei do ko ma so maoka/ wenn jetzt einer fünf hat also drei vier fünf könnt er den wegechmeißa). Nicht erlaubte Züge, verschiedene Verbindlichkeiten und Alternativen werden grob gesagt dann angegeben, wenn ein entsprechender Anlaß dafür vorliegt. Sie werden nicht unabhängig vom faktischen Spielgeschehen eingeführt^ In der Situation ohne Spielvorlage und mit direktem Partner beschreiben die Kinder das Spiel nicht nur, sie versuchen dem Partner wie in (4) - (6) auch Spielzüge vorzuführen und Spielsituationen zu demonstrieren. Ein Beispiel dafür ist ( 5 ) . Das Kind ordnet sich und dem Partner Inventarteile so zu, als ob die Inventarteile faktisch vorliegen würden (also du hasch jetzt a Fang den Hut do du hasch vier du hasch blau und i hab rot vier und dann no hasch du an Würfel und i au), und es beginnt sogar damit, dem Partner eine Art Partie unter fiktiven Bedingungen vorzuspielen. Statt Spielzüge macht es entsprechende Handbewegungen. In seinen Äußerungen bezieht es sich auf die fingierten Züge (muß i würfla darf i vor dann kommsaht du dro musch au vor darfsoh so fahra oder so wenn do einer
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steht kriegsah an). Das Beschreiben der Spielausgangssituation ist in den Unterweisungen weitgehend beschränkt auf das Angeben einzelner Inventarteile. Teilweise werden auch Inventarzuordnungen angegeben. Der Spielplan wird in den Unterweisungen nicht eingeführt. In allen Unterweisungen wird nur ein Teil der Spielzüge des Spiels aufgeführt. Bedingungen und Alternativen werden nur in Einzelfällen angegeben. Auch in dieser Situation formulieren und beschreiben die Kinder nicht die Regeln ihres Spiels. Sie geben vielmehr Auswirkungen bestimmter Untermuster auf bestimmte Spielsituationen an (und wennsah sechs hasah und no zwei no hasch da König). Die SpielSituationen werden vorausgesetzt, teilweise versuchen die Kinder auch die Spielsituationen zu demonstrieren und Spielzüge zu fingieren. In der indirekten Lehr- und Lernsituation machen die Kinder scnriftliche Spielbeschreibungen. In zwei Unterweisungen, (10) und ( 1 1 ) , wird auch der Spielplan gezeichnet. Bis auf die Beispiele (14) und (15) sind die schriftlichen Unterweisungen erheblich kürzer als die übrigen Unterweisungen. Die Kinder sagen in dieser Situation entgegen den kommunikativen Notwendigkeiten weniger über ihr Spiel als in den übrigen Situationen. In (8) ist die Beschreibung auf das Aufzählen bestimmter Inventarteile beschränkt. In (9) wird zusätzlich das Würfeln und Ziehen in Ansätzen thematisiert, in (1O) und (11) wird der Partner auf einen Spielplan verwiesen und auf bestimmte Inventarteile, in (11) zusätzlich auf einen bestimmten Spielzug. In (12) werden InventarzuOrdnungen angegeben und wird ein möglicher Eröffnungszug thematisiert. In (13) werden Spielzüge aufgezählt. Das Kind orientiert sich dabei in etwa an der Abfolge der Züge in einer Partie, ohne den Zugwechsel zu beachten. Im Unterschied zu den Unterweisungen (8) - (11) werden in ( 1 4 ) und (15) die spielspezifischen Züge ausführlicher thematisiert. Die Kinder geben auch an, was man in ihrem Spiel nicht darf und sie geben bestimmte Zusammenhänge zwischen Spielzügen an. Beide Kinder verfügen über Bezeichnungen für Inventarteile und Spielzüge. Aufgrund dieser ersten Bestandaufnahme können wir einen groben Überblick geben über die Teile, die in den Unterweisungen nicht oder nicht ausreichend realisiert werden. In den Unterweisungen anhand der Vorlage sind das folgende Teile:
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(i)
die spielspezifischen Züge
(ii) die Verbindlichkeit der Züge (iii) Alternativen (iv) nicht erlaubte Züge In den Unterweisungen ohne Vorlage mit direktem Partner kommen zu den Teilen (i) - (iv) folgende Teile hinzu: (v) (vi)
die Spielausgangssituation, vor allem der Spielplan die Bedingungen für die Spielzüge
(vii) die Erzeugung der spielspezifischen Züge In einigen schriftlichen Unterweisungen kommt zu den Teilen (i) (vii) folgender Teil hinzu: (viii) die Züge des Spiels. Eine erste Konsequenz wird deutlich, wenn wir die Unterweisungen der Kinder daraufhin überprüfen, ob wir aufgrund der Unterweisungen herausbekommen können, welches Spiel die Kinder lehren. Da die Kinder das Spiel Fang den Hut nach zwei Varianten spielen, können wir in einem zweiten Schritt überprüfen, ob wir aufgrund der Unterweisungen, in denen dieses Spiel Gegenstand des Lehrens ist, eine der beiden Varianten des Spiels identifizieren können. Dabei setze ich voraus, daß wir die Spiele, die die Kinder lehren, und die Varianten des Spiels Fang den Hut kennen. Wir haben es also in diesem Fall nicht mehr mit einer Lehr- und Lernsituation zu tun. Die Ktiterien für das Identifizieren eines Gegenstandes für einen Partner, der den betreffenden Gegenstand kennt, sind schwächer als die Kriterien für das erfolgreiche Lehren des betreffenden Gegenstandes. Ich überprüfe die Unterweisungen der Kinder zunächst unter dem ersten Aspekt, weil sich bereits auf dieser Ebene Schwierigkeiten ergeben. Zwei Möglichkeiten der Identifikation des Spiels und der Varianten schließe ich aus: die Verwendung einer Bezeichnung für das Spiel bzw. für die Varianten des Spiels und die Präsentation der Spielvorlage. Wenn wir diese beiden Möglichkeiten ausschließen, bleibt uns für das Identifizieren des Spiels und der Varianten in den Unterweisungen der Kinder die jeweilige Spielbeschreibung und in zwei Fällen auch die Zeichnung einer Spielvorlage. In den Unterweisungen anhand der Vorlage ist es unter den angegebenen Einschränkungen nur sinnvoll nach der Identifikation der Spielvariante
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zu fragen. Für das Identifizieren einer Variante kommt in diesen Unterweisungen auch das Vormachen in Frage. Beim Identifizieren eines Gegenstandes durch eine Beschreibung des Gegenstandes kommt es darauf an, dem Partner Merkmale des Gegenstandes anzugeben, mit denen der Partner den Gegenstand in dem betreffenden Zusammenhang bestimmen kann. Etwas allgemein gesagt reicht für die Identifikation des Spiels für einen Partner, der das Spiel kennt, eine reduzierte Form der Identifikation der Variante aus. Für die Identifikation der Variante genügt eine reduzierte Form der Unterweisung für einen Partner, der ähnliche Spiele kennt. Das heißt, wenn sich zeigt, daß ein Partner, der das Spiel kennt, aufgrund der Unterweisung nicht erkennen kann, welches Spiel Gegenstand des Lehrens ist, ist offensichtlich, daß der Partner, der nur ähnliche Spiele kennt, aufgrund der Unterweisung das Spiel nicht lernen kann. Auch dann, wenn der kompetente Partner nicht erkennen kann, über welche Variante des Spiels der Lehrende spricht, müssen wir annehmen, daß der Partner, der ähnliche Spiele kennt, aufgrund der Unterweisung das Spiel nicht lernen kann. Das schließt allerdings nicht aus, daß dieser Partner das Spiel zum Teil lernen kann. Die schriftlichen Spielbeschreibungen (8) - (10) sind Beispiele für Unterweisungen, bei denen wir nicht sicher sein können, welches Spiel die Kinder beschreiben. Der Grund dafür ist, daß die Beschreibungen auf mehrere Spiele zutreffen könnten. Die Inventarteile, die die Kinder angeben, kommen in mehreren Spielen vor. Entsprechendes gilt für die Spielzüge. Ausdrücke wie ' Kegel' 'Männchen' t 'Rute' werden von den Kindern nicht nur für Inventarteile eines bestimmten Spiels verwendet, sondern für Inyentarteile verschiedener Spiele. Die Zeichnung in (10) weist im Unterschied zu (11) keine Ähnlichkeit zu einem Spielplan der Spiele a u f , zwischen denen die Kinder bei den schriftlichen Unterweisungen wählen konnten. Aufgrund der Unterweisungen können wir allenfalls herausbekommen, welche Art von Spiel die Kinder lehren. Dabei bleibt z . B . o f f e n , ob das Spiel eine Interaktion ist oder nur von einem Partner gespielt wird. Der Partner könnte nur dann aufgrund der Beschreibungen erkennen, welches Spiel jeweils beschrieben wird, wenn er nur das Spiel kennt, das gerade beschrieben wird. In den übrigen
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Unterweisungen finden sich jeweils mehrere Anhaltspunkte für das Identifizieren des betreffenden Spiels. In ( 1 ) , (4) - (7) und (11) - (15) ist jeweils das Spiel Fang den Hut Gegenstand des Lehrens. In (2) und (3) lehren die Kinder das Spiel Malefiz. Die Kinder zählen in diesen Unterweisungen Inventarteile auf, geben teilweise Inventarzuordnungen an und geben auch spielspezifische Züge an. In (11) weist die Zeichnung der Spielvorlage eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Spielplan von Fang den Hut auf. Für das Identifizieren einer Variante kommen in dem Spiel Fang den Hut nur die Schnapp-Züge in Frage. In (14) können wir die Variante bestimmen, da hier ein variantenspezifischer Zug angegeben wird. In den übrigen Unterweisungen können wir die Variante nicht bestimmen. In (1) kommen beim Vorspielen der Partie nur Züge vor, die in beiden Varianten möglich sind. In den Unterweisungen (8) (11) werden keine spielspezifischen Züge angegeben. In den übrigen Unterweisungen werden zwar spielspezifische Züge angegeben, die Angaben reichen aber für das Identifizieren einer Variante nicht aus. Das liegt in erster Linie daran, daß die Kinder nur einen Teil der spielspezifischen Züge angeben und daß sie die betreffenden Untermuster nicht oder nicht ausreichend unterscheiden. Daß die Fähigkeit, einen Gegenstand durch eine Beschreibung des Gegenstandes für einen Partner zu identifizieren bei den Kindern auch in anderen Kommunikationen nicht vorausgesetzt werden kann, zeigt folgende Interaktion zwischen zwei Kindern der Heimgruppe. Die Ausgangssituation ist, daß ein Kind gefragt worden ist, welche Spiele es kennt. Es fällt ihm die Bezeichnung eines bestimmten Spiels nicht ein und es will von einem anderen Kind den Namen des Spiels wissen. Zu diesem Zweck macht es eine Beschreibung des Spiels: (16)
Wie hoißt des Spiel woisch do wo so Männla send und do isch so a Spiel und do send so Rondela lauter so Rondela und do muß ma romfahra do isch no so a Ziel. Malefiz Noi des isch eckig und do do send Rondela vier Rondela in jedem Eck send vier Rondela und do und do macht ma Rondela so nauf und so rüber lauter Rondela und do an der Seite do send so vier Rondela und wenn ma do neikommt hat m a ' s gwonna.
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Isah doah
Malefis
Noi wart dann hol i 1 s gschwend. Auch hier reicht die Beschreibung nicht aus, um für den Partner das betreffende Spiel zu identifizieren. Das Problem wird dadurch gelöst, daß dem Partner das Spiel gezeigt wird. Die Beschreibung der Beispiele unter dem Aspekt der Identifikation des Spiels und einer Variante des Spiels macht deutlich, daß das Problem in den Unterweisungen nicht nur darin liegen kann, daß die Kinder annehmen, daß der Partner die Dinge, die sie nicht beschreiben, schon kennt, denn nach dieser Auffassung würden sie Voraussetzungen machen, die beim Lehren eines Spiels nicht sinnvoll gemacht werden können, z . B . daß der Partner das Spiel schon kennt, daß er die spielspezifischen Züge schon kennt ( nicht dagegen die anderen Züge, z . B . das Würfeln und Ziehen und dergleichen, Ein anderes Argument ist, daß sich entgegen den kommunikativen Notwendigkeiten zeigt, daß von zwei Ausnahmen abgesehen, die Kinder in der indirekten Lehr- und Lernsituation weniger über ihr Spiel sagen als in den übrigen Situationen. Sehen wir uns nach dieser ersten Beurteilung die Unterweisungen ausführlicher an, vor allem unter dem Aspekt, welche Probleme sich für den Partner ergeben. Ich gehe nur auf die Unterweisungen anhand der Vorlage und die mündlichen Unterweisungen mit direktem Partner ein. In Beispiel (1) spielt das Kind dem Partner eine Partie vor. In der Partie führt es für sich und den Partner abwechselnd Spielzüge aus. Nach dem Würfeln wird das Würfelergebnis angegeben und vor der Ausführung eines Zuges wird jeweils angegeben, daß man/der Partner/das Kind selbst in der betreffenden Situation (do, jetzt, no) diesen Zug machen kann, in einem Fall auch machen muß. Mit dieser Art von Äußerungen werden die Auswirkungen von Untermustern nach bestimmten Regeln auf bestimmte Spielsituationen angegeben. Die Regeln werden dabei nicht formuliert. Das Kind weist auch nicht im Sinn einer exemplarischen Beschreibung über den angegebenen Spezialfall hinaus. Es richtet sich in seiner Unterweisung von zwei Ausnahmen abgesehen nach dem Partieverlauf. Wir haben es also mit einer partiegebundenen Unterweisung zu tun. Beim Vorspielen einer Partie wird natürlich immer nur ein Teil der Zugmöglichkeiten des Spiels realisiert. Das Vorspielen müßte ergänzt werden durch das
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Angeben von Alternativen und die Einführung nicht erlaubter Züge. Der Partner könnte aber aufgrund der partiegebundenen Unterweisung zutreffende Hypothesen über Untermuster nach bestimmten Regeln bilden, etwa in folgender Weise: Drei Augen sind gewürfelt worden. Diese Situation liegt vor. Wenn man drei würfelt und wenn diese Situation vorliegt, kann man so machen. Die Schwierigkeiten dabei sind offensichtlich. Der Partner muß jeweils klären, welchen Zug das Kind macht und welche Teile dafür relevant sind, und er muß klären, von welcher Art die betreffende Situation ist, in der der Zug gemacht wird. Beides ist in der betreffenden Situation möglich, da der Partner den Spielzug und die betreffende Spielsituation sehen kann. Für die Generalisierung der Hypothese gibt es in der Unterweisung keine expliziten Hinweise. Der Partner könnte aber aufgrund von Vorkenntnissen und aufgrund des Partieverlaufs in etwa das Grundmuster der Spielinteraktion erkennen. Die Beschreibungen der Kinder in der Situation mit Spielvorlage sind situationsgebunden. Das liegt daran, daß sie auf Spielfelder, Spielfiguren, Spielsituationen und auch auf Teile von Spielzügen vorwiegend ostensiv referieren. Sie zeigen dabei auf die betreffenden Gegenstände bzw. führen mit diesen Gegenständen Spielzüge aus. In der Situation mit Spielvorlage kann diese Art des Referierens gelingen, weil der Partner die betreffenden Gegenstände sehen kann. Der Partner kann im allgemeinen auch erkennen, über welche Gegenstände die Kinder reden, wenn sie Bezeichnungen wie Würfala, Stoiner usw. verwenden, auch ohne daß die Bezeichnungen explizit eingeführt werden, da die Kinder z . B . dem Partner den betreffenden Gegenstand geben oder ihn auf ein bestimmtes Feld setzen usw. Er kann aufgrund von Handlungen, die mit den betreffenden Gegenständen gemacht werden, die Referenz der Ausdrücke bestimmen. Alternativen, Bedingungen und nicht erlaubte Züge werden in den Unterweisungen stellenweise angegeben. Sehen wir uns an, in welchen Zusammenhängen solche Angaben gemacht werden. In (1) wird die partiegebundene Unterweisung an zwei Stellen unterbrochen. Einmal wird zu einem Zug eine Alternative angegeben (no ko so do ko i jetzt do au raus). Das andere Mal wird eine Bedingung für einen Zug angegeben (wenn i jetzt drei hob ko i den sohnappa). Das besagt nicht schon, daß Alternativen und Bedingungen eingeführt werden. Solche
119
Angaben machen die Kinder eher spontan. In unserem Beispiel wird eine Alternative angegeben, die sich für das Kind in der betreffenden Situation stellt. Dafür spricht, daß nur eine von mehreren möglichen Alternativen angeboten wird und daß sonst keine mehr angegeben werden. Entsprechend werden auch Spielzüge und Bedingungen für Spielzüge nicht besonders eingeführt. In unserem Beispiel macht das Kind den Partner auf einen vorteilhaften Zug aufmerksam, verfolgt diesen Zug aber nicht weiter, nachdem sich beim Würfeln nicht das passende Würfelergebnis einstellt. Das Beispiel macht deutlich, daß das Kind auf das faktische Spielgeschehen fixiert ist und nicht übersieht, daß für das Lehren des Spiels gerade die Einführung des Schnappens besonders relevant gewesen wäre. Die Unterweisung ist in dem Maße vom Zufall abhängig wie es der Spielverlauf ist. Was dem Partner vorgeführt und gesagt wird, hängt wesentlich von der betreffenden Situation und grob gesagt von dem Verlauf der Ereignisse ab. Die Kinder haben Schwierigkeiten darin, kontrafaktisch bestimmte Spielsituationen anzugeben und dem Partner dann zu sagen, was man in dieser Situation kann oder nicht darf usw. Sehen wir uns dazu das Beispiel (2) an. Das Kind will dem Partner, nachdem die Spielausgangsstellung hergestellt ist, einen bestimmten Zug vormachen, nämlich das Rauswerfen eines Klötzchens. Es müßte dazu fünf Augen w ü r f e l n . Der Unterweisungsverlauf ist: Das Kind w ü r f e l t . Der Versuch bringt nicht die erforderlichen fünf Augen. Das Kind übergeht diesen Versuch. Beim zweiten Versuch wird die Bedingung für das Rauswerfen des Klötzchens angegeben (also wema so an fünf er}. Ehe die Bedingung zu Ende formuliert ist, erkennt das Kind, daß es bei seinem zweiten Versuch eine sechs gewürfelt hat und korrigiert sich (also wema jetzt a sechs hat). Auch mit diesem Ergebnis kann die Sperre nicht rausgeworfen werden. Das Kind gibt nun an, daß man in diesem Fall den Zug nicht machen kann (no ko ma's net sahmeißa). Nach dem mißglückten Versuch beginnt das Kind erneut eine Bedingung zu formulieren (und wema), wartet aber das Würfelergebnis ab (drei) und führt nun auch einen Spielzug aus (no muß ma do no). Das Kind müßte nun, um die Sperre wegräumen zu können, zwei Augen w ü r f e l n . Es gibt wieder die entsprechende Bedingung an (und wema zwei kriegt) , d . h . , es beginnt dasselbe Spiel wie am Anfang. Diesmal wird aber das verlangte Würfelergebnis erzielt und die Sperre wird weggeräumt. In dem Beispiel werden zwar kontrafak·^
12O
tisch bestimmte Situation angegeben, der Verlauf der Unterweisung richtet sich aber danach, ob die angenommenen Situationen durch die Ereignisse widerlegt oder bestätigt werden. Das Angeben von Alternativen, Bedingungen und nicht erlaubten Zügen in den Unterweisungen ist also noch kein Indiz dafür, daß die Kinder überblicken, daß es für das Lehren des Spiels wichtig ist, dem Partner solche Angaben zu machen. Angaben dieser Art kommen bei den Kindern auch vor, wenn sie zusammen spielen. Andererseits ist der Verlauf der Ereignisse Anlaß dafür, daß dem Partner bestimmte Dinge gesagt werden, die ihm ohne diesen Verlauf vermutlich nicht gesagt würden. So ist der Anlaß dafür, daß dem Partner in (2) auch ein nicht erlaubter Zug angegeben wird, ein Würfelergebnis, das dem Kind nicht ins Konzept paßt. Solche Anlässe sind auch Fehler des Partners in einer Proberunde wie sie im zweiten Teil der Unterweisung (2) vorkommen. Hier wird deutlich, daß das Kind die entstandenen Probleme nur für die betreffende Situation löst. Die Abweichungen des Partners sind kein Anlaß dafür, die Regel im Zusammenhang einzuführen. Dennoch kann der Partner relevante Eigenschaften der betreffenden Regel lernen. Das Lehren eines Spiels in einer Situation ohne Spielvorlage ist für die Kinder natürlich ungewohnt. Auf der anderen Seite werden sie mit vergleichbaren Anforderungen in der Schule laufend konfrontiert. In den Unterweisungen ohne Spielvorlage beginnen die Schwierigkeiten für die Kinder mit der Beschreibung der Spielausgangssituation. Sie geben bestimmte Inventarteile ihres Spiels an und teilweise auch bestimmte InventarZuordnungen. Sie übersehen dabei aber nicht, daß der Partner die InventarZuordnungen nur nachvollziehen könnte, wenn er schon den Spielplan kennt und wenn er schon weiß, welche Gegenstände mit König, Hüte usw. gemeint sind. In Beispiel (7) verwendet das Kind bei der Beschreibung der Ausgangssituation nicht Bezeichnungen für Inventarteile, sondern Ausdrücke wie oi so a Deng in der Mitte., so vier Denger. Die Schwierigkeit für den Partner ist, daß er nicht erkennen kann, welche Gegenstände damit gemeint sein könnten. Er kann auch nicht erkennen, ob der Partner im folgenden (der wo als erster auf den Denger da nuf gegangen isch ...) über einen der schon angegebenen Gegenstände oder über einen neuen Gegenstand redet. Das Beispiel läßt vermuten, daß das Kind nicht über Ausdrücke verfügt, mit denen die Inventar-
121
teile des Spiels in der betreffenden
Situation ausrei.ch.end unter-^
schieden werden können. Eine generelle Schwierigkeit für den Partner ist, daß die Kinder in der direkten Lehr- und Lernsituation ohne Spielvorlage kontrafaktisch bestimmte Spielsituationen annehmen und auf Gegenstände dieser Situation ostensiv referieren. Ein Beispiel dafür findet sich in ( 4 ) : und wenn ma do ein schnappt und wenn ma do ois hat dahanna isch ma do und neba dranna wenn ma eins hat schwp do darf ma sohnappa drauf do. Das Kind versucht, dem Partner das Schnappen zu beschreiben. Es gibt ein bestimmtes Würfelergebnis an und versucht dann, die betreffende Spielsituation zu demonstrieren, in der man schnappen darf. Ähnliche Beispiele kommen auch in (5) und (7) vor. Der Partner kann hier nicht mehr erkennen, welche Spielsituation gemeint sein könnte, da er die betreffenden Gegenstände nicht sehen kann. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich daraus, daß in unserem Beispiel die relevanten Teile des Spielzugs (wen, womit achnappen) nicht angegeben werden. Da auch auf die Aufforderung des Partners, eine genauere Erklärung zu machen, keine entsprechende Erklärung folgt, liegt die Vermutung nahe, daß das Kind keine genauere Erklärung geben kann. Ich habe schon darauf hingewiesen, daß die Kinder in ihren Unterweisungen nur einen Teil der Spielmuster angeben. Ich beschränke mich im folgenden auf die spielspezifischen Züge. Hier stellt sich allgemein das Problem, daß die Kinder die relevanten Teile der Züge nicht oder nicht ausreichend angeben. Daher ist oft nicht erkennbar, über welches Schnappen sie reden. Beispiele sind (do darf ma sohnappa drauf do, ein anderer kann da auch den fanga). Da die relevanten Teile der Züge nicht oder nicht ausreichend angegeben werden, kann der Partner auch nur zum Teil erkennen, mit welchen Figuren man in dem Spiel welche Züge machen kann. Die Kinder formulieren und beschreiben in ihren Unterweisungen nicht die Regel für das Schnappen. Sie geben vielmehr bestimmte Spezialfälle nach der Regel an. Sehen wir uns dazu das Beispiel (6) an. Das Kind gibt zunächst allgemein an, daß man den König schnappen kann und beantwortet dann die Frage, wie der Zug geht: da muß man würfeln und wenn man eine sechs hat, dann kann man ihn schnappen. Der Partner könnte in unserem Beispiel annehmen, daß eine Re-
122 gel formuliert wird. Daß dies nicht der Fall ist, zeigt der weitere Verlauf der Unterweisung. (Dabei dürfen wir nicht übersehen, daß die Frage Kann man den immer schnappen* wenn man eine sechs hat? nur einer stellen wird, der schon vermutet oder weiß, daß es noch andere Fälle gibt). In dem Beispiel wird die Situation bei Spielbeginn vorausgesetzt. Bei der kleineren Spielplanausführung kann ein Partner im ersten Zug den König schnappen, wenn er eine sechs würfelt. Das Kind gibt also einen Spezialfall nach der Regel an. Das Problem in unserem Beispiel liegt darin, daß der .Spezialfall nicht als solcher gekennzeichnet wird und daß die betreffende Spielsituation nicht mehr sinnvoll vorausgesetzt werden kann. Der weitere Verlauf der Unterweisung zeigt, daß das Kind nicht in der Lage ist, die Regel zu formulieren. Auf die Frage des Partners wird der Spezialfall wiederholt. Er wird weder ausgeweitet noch explizit eingeschränkt, etwa dadurch, daß die fehlende Bedingung nachgetragen wird. Allgemein gesagt beantworten die Kinder Fragen danach, wie das Schnappen geht, entweder dadurch, daß sie die Angabe wiederholen, die die Frage ausgelöst hat, oder sie geben einen Spezialfall für das Schnappen an wie in dem eben beschriebenen Beispiel, oder sie versuchen eine bestimmte Spielsituation zu demonstrieren, in der man schnappen kann. Dagegen wird nicht der Zusammenhang zwischen Schnappen und Ziehen beschrieben, d . h . , im Sinne unserer Beschreibung werden keine Erzeugungen angegeben. Da in den Unterweisungen nur Spezialfälle nach Regeln angegeben werden, kann der Partner auch nicht lernen, wie verbindlich die Züge sind. Das würde voraussetzen, daß die Züge zumindest exemplarisch beschrieben werden können. Alternativen werden in den Unterweisungen nur in Ansätzen angegeben. Das Beschreiben von Alternativen setzt voraus, daß die Zugmöglichkeiten der Spieler beschrieben werden können und daß Spielsituationen kontrafaktisch angegeben werden können. Die Kinder haben aber bereits auf dieser Stufe Schwierigkeiten. Sie müßten zunächst lernen, die verschiedenen Muster des Spiels der Situation angemessen zu identifizieren und die Bedingungen für Spielzüge exemplarisch einzuführen.
123
6.4
Fazit
Unsere Beschreibung zeigt, daß wir nicht davon ausgehen können, daß die Kinder dem Partner Teile ihres Spiels deshalb nicht beschreiben oder vorführen, weil sie annehmen, daß der Partner diese Teile schon kennt. Dagegen spricht, daß sie nach dieser Auffassung Voraussetzungen machen würden, die man beim Lehren eines Spiels nicht sinnvoll machen kann. Solche Voraussetzungen wären: Der Partner kennt die spielspezifischen Züge. Er weiß, wie man diese Züge macht. Er kennt die entsprechenden Bedingungen für diese Züge. Er weiß, daß ein Beispiel nach einer Regel und nicht die Regel formuliert wird. Er kennt den Spielplan usw. Der Partner kennt das Spiel. Daß relevante Teile des Spiels nicht oder nicht ausreichend eingeführt werden, ist vielmehr ein Indiz für die mangelnden Lehrfähigkeiten der Kinder und ein Indiz d a f ü r , daß sie Voraussetzungen des Partners nicht überblicken. Ein Argument für diese Auffassung ist auch, daß die Kinder andere Teile ihres Spiels angeben, die sie eher voraussetzen könnten, als die Teile, die sie nicht behandeln. Wir können auch nicht davon ausgehen, daß die Kinder die spezifischen Anforderungen der verschiedenen Lehr- und Lernsituationen übersehen. Dagegen spricht z . B . , daß sie den Partner in der direkten Lehr- und Lernsituation ohne Spielvorlage streckenweise ähnlich unterweisen wie in der Situation mit Vorlage und daß hier generelle kommunikative Grundsätze beim Referieren auf Gegenstände verletzt werden. Die Kinder bewältigen die Situation mit Spielvorlage eher als die übrigen Situationen. Sie können in dieser Situation im Unterschied zu den übrigen Situationen ihre Spielkompetenz ausspielen. In der Lehr- und Lernsituation ergeben sich spielpraktische Anlässe, auf die die Kinder spontan reagieren. Vergleichbare Anlässe fehlen in den übrigen Situationen. Ein weiterer Aspekt ist,
daß sie
in der Situation mit Spielvorlage mit einer wenig expliziten Beschreibungssprache auskommen. In den Unterweisungen haben wir es mit einem eher intuitiven Lehren zu tun. Die Kinder übersehen ihr Spielhandeln nicht. Ein Indiz dafür ist, daß sie auch in den Situationen ohne Spielvorlage nicht die Regeln ihres Spiels formulieren und beschreiben. Sie' orientieren sich an den für sie
naheliegenden
124
Teilen ihres Spiels und nicht so sehr an den Erfordernissen der jeweiligen Lehr- und Lernsituation.
125 KOMPETENZERWEITERUNG
7.1
Konzept
Die Beschreibung der Unterweisungen der Kinder hat deutlich gemacht, daß bei den Kindern besonders Fähigkeiten für das Handeln nach dem Muster r einen Partner ein Spiel lehren, indem man das Spiel beschreibt" 1 verbessert werden müßten, vor allem auch deshalb, weil die Fähigkeiten, die man beim Lehren eines Spiels per Beschreibung braucht, auch beim Vormachen, Simulieren, Korrigieren, Regelverändern usw. wichtig werden können, z . B . dann, wenn wir eine vorgemachte Handlung verständlich machen wollen oder wenn wir eine Regel verändern und die Veränderung durchsetzen wollen usw. Eine Schwierigkeit, die sich in Bezug auf die Erweiterung der Lehrfähigkeit der Kinder stellt, ist, daß sich die Kinder in ihren Fähigkeiten unterscheiden. Die Frage ist, inwieweit solche Unterschiede, die vermutlich noch in größerem Maße zwischen Heimkindern und Kindern anderer sozialer Gruppen bestehen, in Programmen für die Kompetenzerweiterung berücksichtigt werden können und sollen. Ich will hier zwei Konzepte andeuten. Das eine Konzept sieht vor, daß man ausgehend von den Fähigkeiten einzelner Kinder individuelle Förderungsprogramme entwickelt. Für den Sprachunterricht würde das kaum überwindbare organisatorische Probleme mit sich bringen. Das andere Konzept legt stärkeres Gewicht darauf, daß man zunächst versucht, gleiche bzw. ähnliche Voraussetzungen bei den Kindern zu s c h a f f e n , indem man konstruktiv Zusammenhänge zwischen grundlegenden Fähigkeiten lehrt oder deren Erlernung noch einmal nachvollzieht. Die Idee bei diesem Mittelweg ist, daß ein gewisser Ausgleich zwischen den Kompetenzen der Kinder erreicht wird und zugleich individuelle Fähigkeiten verbessert werden. Für den Unterricht erscheint mir das zweite Konzept naheliegender. Das erste Konzept erscheint mir vorwiegend für Kinder mit besonderen Schwie-
126
rigkeiten geeignet. Ähnlich wie beim Lehren eines Spiels stellt sich beim Lehren bestimmter Lehrfähigkeiten
das Problem, in welcher Weise diese Fähig-
keiten erweitert werden können und sollen. Für den Unterricht können wir davon ausgehen, daß die Kinder grundlegende Fähigkeiten für das Lehren eines Spiels bereits erworben haben. Sie müssen nicht neue, unbekannte Fähigkeiten lernen. Es geht vielmehr um die Ausweitung oder Verbesserung bestimmter Fähigkeiten. Es scheint mir außerdem einleuchtend, daß im Unterricht die Lehrfähigkeiten
der
Kinder nicht durch eine Art Naturmethode erweitert werden können, etwa dadurch, daß Anlässe für das Lehren von Spielen, Handlungen, usw. geschaffen werden, in der H o f f n u n g , die Kinder dazu zu bringen, einen Partner etwas zu lehren, und in der Annahme, sie würden beim Lehren ihre Kompetenz in einer bestimmten Richtung erweitern. Dieses Konzept wird vor allem auch im Zusammenhang mit Rollenspielen vertreten. Ein solches Konzept erscheint mir didaktisch nur sehr bedingt brauchbar,
da sich die Kompetenz nicht allein durch
Sprechen und Handeln in sozusagen natürlicher Umgebung gezielt erweitern läßt. Das Problem entspricht dem beim Lehren eines Spiels. Auch hier ist
der Partner darauf angewiesen, daß wir ihn in unsere
Spielwelt einführen.
In ähnlicher Weise ist
es für eine gezielte
Erweiterung der Lehrkompetenz notwendig, mit den Schülern Grundsätze für das Lehren in bestimmten Situationen zu erarbeiten und einzuüben, wobei das Üben nur sinnvoll wird im Zusammenhang mit der Kenntnis der Grundsätze. Insofern ist
das Beschreiben von Regeln
nicht nur Voraussetzung für einen planvollen Unterricht, Teile der Beschreibung haben auch einen Sinn für den Unterricht selbst. Ihre Kenntnis kann zur Erweiterung und Veränderung von Fähigkeiten
bei-
tragen. Im Unterricht kann so verfahren werden, daß vereinfachte Regelbeschreibungen
für Handlungsmuster mit den Schülern anhand
entsprechender Materialien erarbeitet und als Grundsätze für das Handeln formuliert werden. Ausgehend von den festgestellten Schwierigkeiten, die die untersuchten Kinder beim Lehren eines Spiels haben, können wir etwas allgemein zwei zusammenhängende Lernziele formulieren: (i)
Verbesserung der Fähigkeit, einen Partner ein Spiel zu lehren,
insbesondere Verbesserung der Fähigkeit, einen Partner
127
ein Spiel per Beschreibung (ii)
zu lehren.
Grundsätze für das Beschreiben eines Spiels, für das Lehren und Lernen eines Spiels kennen, insbesondere auch Zusammenhänge zwischen Spielhandeln, Lehrhandeln,
Partnervoraus-
setzungen und Situationstypen kennen. Am Beispiel von Spielinteraktionen können Grundsätze für das Beschreiben von Interaktionen allgemein erarbeitet werden. Diese Beschreibungsgrundsätze sind auch anwendbar auf die von Lehr- und Lerninteraktionen. Es ist
Beschreibung
in dieser Arbeit nicht mög-
lich, ein umfassendes Programm zur Erweiterung von Lehrfähigkeiten vorzulegen. Ich kann hier nur Grundlagen dafür schaffen
und Vor-
schläge machen, die ausgearbeitet und erprobt werden müssen. Dabei bleibe ich im folgenden bei den Spielen als Beispiel für das Lehren eines Musters. Dies darf nicht so verstanden werden, als solle hier die Spiellehrkompetenz im engeren Sinn erweitert werden, obwohl mir auch dieses Ziel sinnvoll erscheint. In dieser Arbeit sind Spiele immer als Paradigma für Interaktionen allgemein verstanden worden. Man kann davon ausgehen,
daß die Kinder beim Lehren anderer Muster
ähnliche Schwierigkeiten haben wie die,
die ich hier aufgezeigt
habe. 7.2
Kataloge
Eine Funktion der Beschreibung des Musters lehren
1
ist
r
einen Partner ein Spiel
das Sichtbarmachen der Regeln, die wir beim Handeln
nach diesem Muster befolgen. Die Beschreibung liefert die Grundlage für den folgenden Lernzielkatalog. Dabei beschränke ich mich gemäß der bei den Kindern festgestellten Schwierigkeiten auf das Lehren eines Spiels per Beschreibung. Andere Muster, wie Vormachen, werden in diesem Katalog nicht berücksichtigt. Grundlegende Fähigkeiten, wie auf ein Handlungsmuster referieren, werden hier nur einmal und nicht an allen relevanten Stellen aufgeführt. Den einzelnen Fähigkeiten werden typische sprachliche Ausdrücke zugeordnet, mit deren Äußern man gewöhnlich nach jenen Mustern handelt. Für das Handeln nach dem Muster
r
ein Spiel per Beschreibung lehren1 müßten bei den
Kindern folgende Fähigkeiten verbessert werden:
128
1.
Bedingungen angeben, unter denen
1.1 1.1.1
man das Spiel spielen kann: Die Ausgangssituation des Spiels angeben, beschreiben oder zeichnen und dergleichen« Die Inventarteile situationsgemäß identifizieren und bezeichnen. Ausdrücke für Inventartei.le in verschiedenen Situationstypen einführen. Anhand der Spielvorlage Bezeichnungen für Inventarteile
1.1.1.1 1.1.1.2 1.1.1.2.1 1.1.1.2.2 1.1.1.2.3 1.1.2 1.2 1.2.1 1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.3
2. 2.1 2.2 2.2.1 2.2.2 2.3 2.4
einführen (Dies ist . . . ) . Anhand der Zeichnung Bezeichnungen für Inventarteile einführen (Das steht für . , . ) . Mit Hilfe einer Beschreibung der Inventarteile diese einführen (Das ist . . . ) . Inventarteile der Ausgangssituation zuordnen (Die Figur A . . . auf das Feld F. Dar Spieler B . . . die Figur C). man gewisse Züge innerhalb des Spiels ausführen kann: Handlungsmuster identifizieren und auf sie referieren (HX-en kann man . , .) . Bedingungen angeben. Anhand von Beispielen (Jetzt darf man nicht HX-en). Generell (Man kann HX-en genau dann, wenn . . . ) . Verbindlichkeiten unterscheiden (Man kann/darf/darf nicht/muß HX-en, wenn . . . ) . Zergliederung des Spiels in Züge und deren Abfolge beschreiben. Die Ausgangssituation beschreiben. Die Zugmöglichkeiten der Spieler (Rollen) beschreiben. Generell (Zuerst ... und dann ... oder . . . J . Nach der Abfolge und den Bedingungen (... und dann ..., wenn , . . ) . Exemplarisch einige Partien beschreiben. Handlungsalternativen beschreiben und bewerten und die Wahl einer Alternative begründen (Da würde man besser HX-en3
weil .. . ) .
129
3.
Erzeugungen der Spielhandlungsmuster beschreiben.
3.1
Möglichkeiten des Handelns mit Inventarteilen beschreiben (Damit kann man . . . ) .
3.2
Einfache Erzeugungen beschreiben (Man HX-t,
3.3
HX-en geht so: . . . ) , Erzeugungsketten beschreiben (Man H X - t }
3.4
HY-tf indem . . . ) . Die Handlungsalternativen
indem ...,
indem man
angeben (Man kann HX-en,
indem man HY-t oder . . . ) . Aus diesem Katalog kann man einen unterrichtsorientierten Katalog entwickeln durch (i)
geeignete nach Schwierigkeit geordnete Spiel- und Materialisierungsbeispiele,
(ii)
Festlegung und Begründung einer Reihenfolge, in der jeweils Vorstufen der einzelnen Fähigkeiten zu lernen w ä r e n ,
(iii)
Instrumente zur Feststellung, welche Fähigkeiten der Lernende schon hat und Angabe über deren Berücksichtigung bei ( i ) .
Die im Katalog genannten Fähigkeiten sind auch für das Handeln in anderen Zusammenhängen von Bedeutung. Das Angeben von Bedingungen ist z . B . wichtig im Zusammenhang mit Normen, z . B . beim Ermitteln, Rechtfertigen oder Angreifen einer Norm. Das Formulieren von Regeln kann wichtig werden bei bestimmten Arten von Begründungen, da dabei Regeln vorausgesetzt werden oder beim Schließen usw. Das Angeben von Handlungsalternativen ist grundlegend, wenn wir uns mit dem Treffen von Entscheidungen, dem Planen oder auch dem Bewerten beschäftigen. Schließlich bietet der Katalog eine Grundlage für die Beschreibung des Musters r eine Regel verändern 1 und die Beschreibung der Fähigkeiten, die man für eine gezielte Veränderung einer Regel braucht. Ich gehe hier nicht davon aus, daß z . B . in einer Unterrichtseinheit die im Katalog aufgeführten Fähigkeiten irgendwie vollständig behandelt werden können. Sinnvoll erscheint mir vielmehr ein spiralförmiger Aufbau, bei dem ein Muster auf höherer Stufe jeweils in neuen Zusammenhängen und mit neuen Spezifizierungen erscheint, die sich daraus ergeben, daß das Muster mit neuen Situationen und Gegenständen in Beziehung gesetzt wird, etwa in der Weise, wie ich es oben angedeutet habe.
130
Eine gezielte Erweiterung der Lehrfähigkeiten können wir nur erreichen, wenn wir auch Kenntnisse für das Lehren eines Spiels, einer Interaktion, einer Handlung vermitteln, bzw. wenn wir Materialien zur Verfügung haben, an denen Grundsätze für das Lehren erarbeitet werden können. Ein Katalog für eine fortgeschrittene Phase des Unterrichts, in der es um systematische Kenntnisse für das Lehren eines Spiels geht, könnte etwa wie folgt aussehen: 1.
Einführung des Lehrgegenstandes:
(a)
Verschiedene Spiele nach bestimmten Kriterien ordnen (mit
(b)
und ohne Partner, kompetitive - kooperative Spiele, Brettspiele, Kartenspiele u s w . ) , Spielfamilien bilden. Spiele einer bestimmten Familie ( z . B . kompetitive BrettWürfel-Zug-Spiele) auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede untersuchen in bezug auf die Inventarteile, die Spielaus-
(c)
gangsstellung, die Spielmuster, die Ziele usw. Den Zusammenhang zwischen Spielfamilien und Spielen einer Familie mit Hilfe eines Strukturbaums darstellen.
2.
Anhand eines bestimmten Spiels einen Partner die Spielaus-
(a) (b) (c)
gangsstellung lehren. Verschiedene Möglichkeiten für das Lehren der Spielausgangsstellung kennenlernen. Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Möglichkeiten, den Situationstypen und Partnervoraussetzungen überblicken. Verschiedene Möglichkeiten für die Einführung von Ausdrücken für die Inventarteile und das Beschreiben von Inventarzuordnungen kennen. (Beispiele: Die Kinder machen eine Zeichnung des Spielbretts. Ausgehend von der Frage, was der Partner wissen muß, damit er das Spiel aufbauen kann, Spielfiguren zeichnen und Namen da" für einführen, die Zahl der Figuren angeben usw., die Farbe, die Form der Figuren zeichnen oder angeben; Inventarzuordnungen beschreiben: Die Felder, auf die Spielfiguren gesetzt werden, kennzeichnen; verschiedene Möglichkeiten für das Angeben von Inventarzuordnungen ausprobieren; Fragen behandeln wie "Was ist übersichtlicher?" "Was ist, wenn der Partner farbenblind ist?" usw.; die Spielausgangsstellung ohne Zeichnung lehren: Die Kinder versuchen eine Beschreibung zu machen. Fragen behandeln wie "Was ist leicht, was ist schwierig zu beschreiben?" "Wie kann man Namen ohne Zeichnung einführen?"; anhand der Zeichnung der Figuren identifizierende Beschreibungen machen usw.)
131
3.
Spielmuster lehren:
(a)
Anleitung für das Nachspielen einer Partie. (Beispiel: Den Kindern wird die Aufgabe gestellt, eine Partie anzuspielen und dabei die gemachten Züge zu notieren, damit ein Partner diese Partie nachspielen kann. Die Partieanleitungen werden gruppenweise ausgetauscht, und die Kinder versuchen nach der Anleitung die Partie zu spielen und dabei Fragen zu beantworten wie "Läßt die Anleitung verschiedene Möglichkeiten zu?" "Fehlt etwas in der Anleitung?" "Was kann man nicht nachmachen?" usw. Bei Würfelspielen kann ausgehend von der letzten Frage über den Z u f a l l gesprochen werden und allgemeiner über Zusammenhänge zwischen Handlung und Handlungsergebnis. Für die Partieanleitung anhand der Zeichnung der Spielausgangsstellung ein Koordinatensystem machen, verschiedene Möglichkeiten einführen und ausprobieren u s w . )
(b)
Handlungsbezeichnende Sätze und Regelsätze. (Für den Übergang von den Sätzen, die Handlungen bezeichnen, zu den Regelsätzen bietet sich folgende Möglichkeit an: Aus verschiedenen Partieanleitungen wird ein vereinfachter Spielbaum gemacht. Die einzelnen Züge werden nach ihrer Verwandtschaft geordnet. Für die Züge des Spielbaums werden schrittweise die Regeln formuliert. In einer fortgeschrittenen Phase können den Schülern auf Bildern Szenen eines Spiels vorgegeben werden. Aufgrund der abgebildeten Spielszenen sollen die Regeln des Spiels ermittelt und formuliert werden.)
(c)
Unterschiede zwischen ' d a r f - , ' m u ß 1 - , 'soll'-Regeln, Regeln, die etwas zulassen, und Regeln, die etwas verbieten; Verwandschaft der Regelsätze zu Befehlen, Verboten usw. Verschiedene Möglichkeiten Regeln anzugeben und zu beschreiben: exemplarisch, generell usw. Unterschiedliche sprachliche Formen, Regeln zu formulieren.
(d) (e) (f)
(g)
(h)
Verschiedene Möglichkeiten, von der Regel abzuweichen und im Zusammenhang damit, Regeln zu verändern; verschiedene Zwecke der Regelveränderung; Operationen an den Regelsätzen. Verschiedene Möglichkeiten, den Partner .zu lehren, wie man nach einem bestimmten Muster handelt oder handeln kann; Unterschiede in Bezug auf die Art des Musters: erzeugendes Muster, Basismuster usw. Was man vormachen und beschreiben kann, was man nur vormachen kann. Was man nicht vormachen kann usw. Situationstypen und Partnervoraussetzungen, z . B . Bedingungen mündlicher und schriftlicher Kommunikation, verschiedene Arten und Formen der Kommunikation usw.
132 In diesem Katalog bleibt weitgehend o f f e n , wie die einzelnen Teile des Katalogs im Unterricht behandelt werden können und sollen, welche Unterrichtsmaterialien verwendet werden, welche Rolle der Lehrer spielen sollte, welche Unterrichtsformen geeignet sind usw. Fragen dieser Art betreffen die Aufbereitung des Katalogs für den Unterricht und müssen gesondert behandelt werden.
133
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