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German Pages 102 Year 1883
wogte .
SORBISCHE
NACHKLÄNGE
IM
REUSSISCHEN
UNTERLANDE.
VERSUCH EINER DEUTUNG SORBISCHER ORTSNAMEN IM LANDESTHEILE GERA.
VON DR. JUR. UTR. EDUARD REICHL LANDES-ADVOKAT IN EGER.
LEIPZIG SELBSTVERLAG.
1883.
DD801
R4R35
DRUCK VON W. DRUGULIN IN LEIPZIG.
SEINER HOCHFÜRSTLICHEN DURCHLAUCHT
HEINRICH
XIV .
JÜNGERER LINIE,
REGIERENDEN FÜRSTEN REUSS , GRAFEN UND HERRN VON PLAUEN, HERRN ZU GREIZ, KRANICHFELD, GERA, SCHLEIZ UND LOBENSTEIN & c. &c. & c.
770938
IN
UNBEGRENZTER VEREHRUNG
GEWIDMET
VOM
VERFASSER.
Euere Hochfürstliche Durchlaucht !
Ich habe Euerer Hochfürstlichen Durchlaucht die devoteste Bitte unterbreitet, huldvollst gestatten zu wollen, diesem Essay den erhabenen Namen Euerer Hochfürstlichen Durchlaucht voranstellen zu dürfen , und dies deshalb ,
weil ich
nicht nur glaubte, dem Schriftchen, das eine bisher noch nicht dargestellte Seite kulturellen Lebens des von Euerer Hochfürstlichen Durchlaucht regierten Geraer Landes zum Gegenstande hat, dadurch eine höhere Weihe zu verleihen , sondern auch ,
weil ich hiemit Euerer Hochfürstlichen Durchlaucht
einen verschwindend kleinen Theil jener Dankesschuld abzustatten vermeinte , zu welcher Höchstdero ruhmvollen Ahnen , den Burggrafen von Meissen, meine engere Heimat Amonsgrün - Königswart (in Böhmen) , welche dieselbe (von
1400
bis 1500) durch ein volles Jahrhundert innehatten , und durch ein segensreiches Regime ,
Aufhebung der Leibeigenschaft ,
Ertheilung von Erbrechten und ausgedehnten Brauprivilegien in den blühendsten Aufschwung versetzten , verpflichtet erscheint. Möge dieser schwache, der Deutung der sorbischen Ortsnamen des Unterlandes gewidmete Versuch , eines Bezirkes ,
mit dessen Kultivirung und Christianisirung Dero erlauchte Dynastie
seit den
Tagen grauester Vorzeit auf's Innigste
verknüpft erscheint , bei Euerer Hochfürstlichen Durchlaucht huldvollste Aufnahme finden , möge er das Interesse und die Liebe der Bewohner der schönen Reussenlande für ihre alte traute Heimat und deren angestammten durchlauchtigsten Repräsentanten auf's Neue anfachen. Das wolle ein freundliches Geschick fügen.
In tiefster Devotion
DR. ED. REICHL.
VORWORT.
Es ist hier der Ort , über Veranlassung und Methode dieses Versuches einige Worte vorauszusenden. Ein Aufenthalt zu Köstritz im Jahre 1880 sowie mit Unterstützung der Hohen Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu Wien in den Jahren 1881 und 1882 im Hochfürstlichen Hausarchive zu Schleiz über die Geschichte meiner engeren Heimat - des ehemaligen Dominiums Königsunternommene Archivstudien , legten es wart in Böhmen mir nahe, dass es bei den vielen, im Reussischen Unterlande auf Schritt und Tritt begegnenden sorbischen Orts- und Flurnamen und bei der totalen Unbekanntheit des Slavischen in Thüringen
ein vielleicht
ebenso
zeitgemässes als dankens-
werthes Unternehmen wäre , die Ortsnamen dieses Bezirkes dessen freundlichen Bewohnern, die auch sonst die Geschichte ihrer Heimat mit grosser Vorliebe kultiviren, in einer gemeinfasslichen Deutung vorzulegen ,
und so
benutzte ich denn
meine oberwähnte Anwesenheit daselbst, um mich mit der vorhandenen historisch - topographischen Litteratur , den Werken eines Limmer und Hahn , Brückner und Alberti *) und den in
*) Karl August Limmer, vormals evang. Pastor zu Saratow: Entwurf einer urkundlichen Geschichte des gesammten Voigtlandes. IV Bde. Gera 1825-1828. Ferdinand Hahn, Archivar und Hofbibliothekar : Geschichte von Gera. Gera 1849.
dieser Richtung etwa bereits gemachten Vorarbeiten bekannt Ich liess es mir angelegen sein , die namentlich bei Brückner und Alberti auf Grund von urkundlichen Forschungen mitgetheilten älteren Formen der Wohnortsnamen ,
zu machen.
die nach den bahnbrechenden Arbeiten des grossen deutschen Ortsnamenforschers Ernst Förstemann für eine grund- und stichhaltige Erklärung derselben unerlässlich schienen, wenigstens zum Theile, soweit dies eben die Kürze der Zeit und die verhältnissmässig kolossale Masse des Materiales gestatteten , auf deren Richtigkeit zu prüfen und mit denen der Originalien zu vergleichen , während ich auf einen ähnlichen Versuch bei den, an Zahl vielleicht ein halbes Tausend überschreitenden , Flurnamen , der eine Durchforschung der alten Kataster und Grundbücher nothwendiger Weise erfordert hätte, im Vorhinein verzichten musste , und mich diesfalls auf die von Brückner bei jeder Ortschaft speziell , und in ihrer jetzigen gang und gäben Form angeführten Flurnamen beschränkte . Das System, das ich bei Explikation der Wohnorts- sowie der mehreren Hundert in diesen Blättern mitgetheilten Flurnamen des Unterlandes anwendete - denn letztere alle in erschöpfender Weise zusammenzufassen schien nicht nur unmöglich, sondern auch unthunlich, wollte ich nicht das Schriftchen zu umfangreich und dadurch dem Erscheinen desselben noch grössere Schwierigkeiten bereiten -- ist zum Theil schon oben angedeutet worden. Zuvörderst wurden nach dem Vorgange Förstemann's * ) die verschiedenartigen Formen und Wandlungen , die ein bestimmter Wohnortsname seit seinem frühesten Erscheinen im
G. Brückner, Hof- und Archivrath in Meiningen : Landes- und Volkskunde des Fürstenthumes Reuss j . L. II Bde. Gera 1870. Dr. Julius Alberti , Oberbürgermeister von Schleiz : Urkunden -Sammlung zur Geschichte der Herrschaft Gera im Mittelalter. IV (?) Hefte . Gera 1881. *) Die deutschen Ortsnamen von Ernst Förstemann. Nordhausen 1863 . Ferd. Förstemann's Verlag.
Laufe der Jahrhunderte durchgemacht, zu dessen Erklärung herangezogen eine Methode , die man füglich die historische nennen könnte — sodann aber an dieser zumeist ältesten urkundlichen Form des betreffenden ON.*) auf Basis der durch die vergleichende Methode des einzig und unübertroffen dastehenden Slavisten Franz Miklosich's erschlossenen Resultate ** ) eine Deutung desselben versucht. Dass hiebei trotz aller angewandten Vorsicht noch manche Irrthümer unterlaufen sind und sein können , wird der entschuldigend finden, der diese schwierigen, mit Arnold zu sprechen ***) geradezu mikroskopischen Untersuchungen aus eigener Erfahrung kennt.
Uebrigens
soll hier ja nur ein
erster und zwar populärer Versuch gemacht werden , die sorbischen Ortsnamen des Unterlandes dem Verständnisse der deutschen Bewohner desselben näher zu bringen , hiebei aber mein eifriges Wollen , dieses gesteckte Ziel möglichst angestrebt zu haben, nachdrücklich betont sein. Auf zweifellose Richtigkeit und Vollkommenheit kann diese Arbeit ebensowenig, wie die anderer und grösserer Forscher auf gleichem Gebiete , Anspruch erheben, und werden mir daher im wahrhaften Interesse der Sache gemachte , wohlwollende Berichtigungen und Beiträge für eine etwaige zweite Ausgabe stets erwünscht sein. Dass ein von dem hervorgehobenen Gesichtspunkte ausgehender Beitrag zur sorbisch- reussischen Onomatologie nicht
*) ON. - Ortsname, Onoma. **) Die slavischen Ortsnamen aus Appellativen. I. Von Dr. Franz Miklosich , wirklichem Mitgliede der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Wien 1872. In den „, Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. 21. Band. " und im Separatabdruck. Die slavischen Ortsnamen aus Appellativen. II. Von Dr. Franz Miklosich. Wien 1874. In den „ Denkschriften der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften . 23. Band." und im Separatabdruck. ***) Wilhelm Arnold : Ansiedelungen und Wanderungen deutscher Stämme. Zumeist nach hessischen Ortsnamen. Zweite Ausgabe. Marburg 1881.
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sprachwissenschaftliche, sondern ur- und kulturgeschichtliche Ziele im Auge hat, braucht wohl nicht erst besonders hervorgehoben zu werden ; ich habe es jedoch für angezeigt erachtet, für die ,
etwa in linguistischer Hinsicht sich näher Inter-
essirenden , zumeist auf Grundlage der Forschungen Miklosich's ,
durch welche , wie ich hier dankbar anzuerkennen
mich gedrungen fühle, dieser Versuch erst ermöglicht wurde, die Wortstämme der Ortsnamen beizufügen . Dem Ganzen ist nebst einer orientirenden historischen Einleitung ein „ Allgemeiner Theil " vorausgesendet , der eine , sowohl die Abstammung als den sachlichen Inhalt der grossen Mehrheit der sorbischen Flur- und Ortsnamen des Unterlandes scharf charakterisirende übersichtliche Skizze darstellt, die vielleicht auch ausserhalb der Reussenlande interessiren dürfte, während den Bewohnern des anmuthigen Geraer Landes selbst in einem „Besonderen Theil" die Deutung sämmtlicher slavisch klingenden Wohnorte ihrer Heimat in alphabetischer Ordnung geboten wird. Schliesslich fühle ich mich verpflichtet , der Hohen Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien , die mir durch Subventionirung den Besuch des reichhaltigen Schleizer Hausarchives ermöglichte, den p. t. Herren Geheimenrath Schlick , Chef des Hochfürstlich geheimen Cabinets etc. in Gera , k. k. Ministerialrath , Geschäftsträger und General - Consul Dr. Karl Ritter von Scherzer in Leipzig , Kirchenrath Julius Sturm in Köstritz , die dieses Schriftchen anderweitig zu fördern so gütig waren , sowie endlich meinen Freunden , dem k. k. Universitäts - Professor Herrn Dr. Ad. Bachmann in Prag und Robert Eisel , Kaufmann in Gera , die mich durch geliehene höchst kostbare Werke in den Stand setzten , diese sonst in einer Provinzialstadt wie Eger Mangels litterarischer Hilfsmittel unausführbare Schrift zusammenzustellen , meinen wärmsten Dank hiemit auszusprechen .
Dr. Ed. Reichl .
EINLEITUNG.
Der Landestheil Gera , zu dessen Kulturgeschichte in ältester Zeit hier ein kleiner onomatologischer Beitrag geliefert werden soll, umfasst ein ebenso freundliches wie liebliches Berggelände am mittleren Laufe des Elsterflusses, das zwei Meilen lang und fast noch etwas breiter,
auf einer
Flächenentwickelung von vier (4.03) geographischen Quadratmeilen über 40,000 Bewohner zählt und den nördlich gelegenen kleineren Theil des Fürstenthumes Reuss j . L. bildet.
Dieser
schöne blühende Landesstrich, gewöhnlich nur das „, Reussische Unterland" genannt , wird von der Elster , die ihn von Süd nach Nord durchströmt ,
in zwei fast
gleich grosse Theile
zerlegt , dessen schönste Zier wohl das von der Natur überaus romantisch ausgestattete fruchtbare Flussthal der Elster bildet.
Die westliche Hälfte dieses Gebietes , von kleineren
und grösseren Bächen durchrieselt ,
entfaltet mehr Thäler
und Thalorte, als die östliche , während diese, einer Gebirgsterrasse nicht unähnlich , wiederum mehr Höhen und hochgelegene Orte aufzuweisen hat.
Im
ersten Jahrhunderte
unserer Zeitrechnung wurden
diese Gegenden von den Hermunduren bewohnt, einem Volksstamme , welcher nach den neuesten Untersuchungen eines Brückner ¹) ,
Posse 2) und
Kirchhoff ³)
das Land vom Erz-
1) G. Brückner, Landes- und Volkskunde des Fürstenthums Reuss j . L. Gera 1870. I. Bd. S. 312.
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gebirge und Thüringerwalde bis zum Harze innehatte ,
und
mit den später in diesen Landesstrichen erscheinenden Thüringern identisch ist ,
d. h.
eine
und dieselbe Völkerschaft
repräsentirt. Als das Königreich Thüringen , welches diese daselbst aufgerichtet hatten, im Jahre 531 n. Chr. den vereinten Angriffen der Franken und Sachsen erlegen , und von ihnen als Nordund Südthüringen ihren Stammesgebieten einverleibt worden war, standen diese Landesstriche den dem Westen zustrebenden slavischen Völkerschaften , insonderheit aber den sorbischen Stämmen, welche nun in dieselben zwischen Elbe, Mulde und Saale eindrangen 1 ) ,
offen , und namentlich letzterer Fluss
bildet von nun an die Grenzscheide zwischen den Germanen und Slaven 2) .
Es ist hier nicht der Ort , ein Bild der drei
Jahrhunderte andauernden , zwischen diesen beiden Hauptstämmen Mitteleuropas geführten Kämpfe, die mit der Unterjochung des
slavischen in diesen Territorien
endeten ,
zu
entrollen ; es sei blos angedeutet, dass während des ersten Säculums ihr Nebeneinanderwohnen ein friedliches gewesen zu sein scheint ,
welches erst in der Mitte des VII. Jahr-
hundertes zum Zwecke der Zurückstauung des kontinuirlich , nach Westen vordringenden Slaventhumes durch einen unglücklichen Zug des merowinger Königs Dagobert unterbrochen wurde , der seinen Gegnern in der Schlacht bei Wogastisburg 3 ) im Jahre 630 erlag. Die Deutschland seitens der 2) Die Markgrafen von Meissen und das Haus Wettin bis zu Conrad dem Grossen von Otto Posse. Leipzig 1882. Einleitung S. 3. 3) Alfred Kirchhoff, Thüringen doch Hermundurenland . Leipzig 1882 . S. 14. „Weit nach Norddeutschland reichte das Hermundurenland ; vom Main zur Elbe ." S. 38. „Das Thüringergebiet deckt sich mit dem früheren Hermundurengebiet." 1) Otto Posse, Die Markgrafen v. M. Einleitung S. 3. 2) Einhard , Vita Caroli II. 450. „Sala Turingos et Sorabos dividit." Vgl. Posse, Einleitung S. 5. 3) Franz Palacký (Gesch . v. Böhmen. Prag 1844. I. Bd . S. 7) behauptet, dass man dieses nirgend zu finden wisse ; muthmasslich aber dürfte es
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slavischen Welt fortwährend im Osten drohende Gefahr zu beseitigen, sandte Karl der Grosse in den Jahren 805 und 806 seinen Sohn König Karl gegen die Sorben und Czechen, dem es auch nach heftigen Kämpfen gelang, diese kriegstüchtigen slavischen Völkerschaften in ein temporäres abhängiges Verzum deutschen Reiche zu bringen . Die Deutschen , von dem Wunsche beseelt, diesem schwanken Zustande ernstlich ein Ende zu bereiten , unternahmen hierauf mehrfache,
hältnis
ununterbrochen fortgesetzte Kriegszüge in die jenseits der Saale und Elbe gelegenen slavischen Gebiete, und aktivirten zum Schutze der bedrohten Ostgrenze eine Reihe , von der Eider bis zum adriatischen Meere reichenden Grenzmarken, unter denen speziell die Fichtelgebirge
thüringische ,
die
sich ) vom
abwärts längs der Saale und Elbe bis etwa
zum Einflusse der Havel in die letztere erstreckte, zum Schutze Nordthüringens gegen die Sorben gerichtet und daher vorzugsweise die Sorbische Mark 2) genannt wurde. Sie erscheint bereits 849 als limes sorabicus , sorbische Grenzmark 3) und aus durch Markgrafen verwaltet 4). Die Saale, wie erwähnt, einst Grenzscheide zwischen Deutsch- und
wurde von Erfurt
Slaventhum, war längst überschritten , während die Deutschen unter fortwährenden Kämpfen mit den wendischen Völkerschaften immer weiter gegen Osten vordrangen. Kaiser Heinrich der Finkler war es (919-936), der nicht nur die gänzliche Unterwerfung der Slaven auf deutschem Reichsboden selbst vollendete, sondern auch die Heveller, Daleminzier und Milzener bekämpfte
und
die
czechischen
und mährischen
Voigtsberg an der Elster im Voigtlande sein. Vgl. Unger's Asch und Fleissen S. 39; Drivok, Geschichte Eger's S. 4, und H. Gradl, Die Urzeit des Egerlandes. Eg. Jahrb. IX. J. S. 143. 1) Otto Posse, Die Markgrafen v. M. Einleitung S. 5. 2) G. Brückner , Landes- und Volkskunde I. Bd . 315. Otto Posse, Einleitung S. 5. 3) G. Brückner, Landes- und Volkskunde I. Bd . S. 315 . 4) Otto Posse, Einleitung S. 6.
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Stämme wiederum zinsbar machte.
Mit Recht bemerkt daher
Knochenhauer, der geschätzte Geschichtsschreiber Thüringens in der karolingischen und sächsischen Zeit¹) , dass das Schweigen der Quellen über etwaige Kämpfe mit den Sorben darauf hindeute , dass die an Thüringen angrenzenden Slaven , also auch in den jetzigen Reussenlanden , den Widerstand gegen die deutsche Herrschaft zu jener Zeit aufgegeben hatten . Als mächtiger Bundesgenosse der kriegerischen Eroberungen der Deutschen auf slavischem Boden bewährte sich die mit diesen Hand in Hand gehende Christianisirung dieser Landesstriche, selbstredend auch in den Fürstenthümern Reuss. Diesem Grunde verdankt vorzugsweise die von Kaiser Otto I. im Jahre 966 auf der Synode zu Ravenna (967) empfohlene Errichtung der Bisthümer Merseburg , Zeitz und Meissen die gewünschte Realisirung 2) , deren Diözesen sich mit den gleichnamigen Marken (Merseburg , Zeitz und Meissen) vollkommen decken 3). Was speziell die uns näher interessirende , den Zeitzer Bisthumssprengel umfassende Markgrafschaft anbelangt ,
so
stand diese nach Posse (I. Bd . S. 24) gegen Westen längs der Saale bis zum Einflusse der Unstrut mit der erzbischöflichen Diözese Mainz, gegen Norden und Nordosten mit Halberstadt und Merseburg , dann weiter östlich mit dem meissner und südlich mit dem prager, regensburger und bamberger Sprengel in Berührung.
Sie umfasste die Gaue 1. Weitao , den Land-
strich längs der Wethau (Weitagau) , 2. Tucherin oder Tucherini , dessen Name sich unverkennbar in dem heutigen Städtchen Teuchern (südwestlich von Leipzig) erhalten hat ; 3. Plisni , das herzoglich altenburgische Gebiet an der Pleisse ; 4. Geraha , ebenfalls durch die Lage der Stadt gleichen Namens bezeichnet ; 5. Zwenkowa oder Zwikowa, Zwicowe (Zwickau) ; 6. Strupenica ,
1) Knochenhauer, Geschichte sächsischen Zeit S. 101 , und Otto 2) Otto Posse, I. Bd. Excurs 3) Otto Posse , I. Bd . Excurs
Thüringens in der karolingischen und Posse, Einleitung S. S mit Anmerk . 13. S. 312 und 313. S. 322 .
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Strupenize, die Gegend um Bürgel ; 7. Dobenawa oder Dobena (nach dem Dorfe Dobenau nördlich von Plauen) und 8. Puonzowa, den Landstrich auf dem rechten Ufer der Elster, nach Alberti ¹) aber richtiger die Zeitzer Gegend. Schafařík , der ebenso wie Posse auf Grund der Forschungen Ledebur's 2) in seinen „ Slawischen Alterthümern" (II. Bd . S. 606 ) die genannten Gaue der Zeitzer Mark aufführt , nennt statt Puonzowa den Brisingau und stellt gleichzeitig durch die in parenthesi beim Gaue Gera aufgeworfene Frage „ Vielleicht ursprünglich Gora ?" die Ableitung dieses ON. von gora , Berg, als zweifelhaft und unsicher hin.
Nach diesem gründlichen slavischen Forscher
wurden die erwähnten „, westlichen , früher dem Zeitzer (Ciza , Cica , Zeitz 968), später dem Naumburger (1029) Bisthume untergebenen Gaue der Sorben ganz eigentlich Serbsko, Serbenland genannt, und nur auf sie bezieht sich, was in dem Hypothekenbuche des Fuldaer Klosters etwa bis zum Jahre 800 vom Lande Sarowe, ferner in Urkunden ( 1040) vom Gaue Zurba, endlich 1136 vom Swurbelant erzählt wird ." Der uns hier vorzugsweise berührende Gau Gera - nach Brückner's Meinung ³) etwas grösser als der jetzige Landestheil Gera , während dies nach Posse's „ Gaukarte von Thüringen und Meissen " eben nicht der Fall gewesen zu sein scheint, indem Letzterer noch einen Theil des heutigen Unterlandes , namentlich die Gegend zwischen Cuba und Grona , also etwa die Flurgebiete von Langenberg und Köstritz, dem benachbarten Gaue Puonzowa (Zeitzer Gelände) zuweist --- war im Herzen des eigentlichen Sorbenlandes (Serbsko) gelegen , und von den Sorben, einer jener zahlreichen slavischen Völkerschaften, bewohnt, welche Schafařík ( Sl. Alterth. II. 548) in die
¹) Dr. Jul. Alberți, Urkundensammlg. z. Gesch. d . Herrschaft Gera im Mittelalter. Gera 1881. I. Heft S. 11 . 2) Schafařík in den Sl. Alterthüm. citirt : Ledebur , Archiv XV . 318 bis 356 ; Posse : Die Markgrafen von Meissen : v. Ledebour , Allgemeines Archiv 5. 318 ff. 3) Landes- und Volkskunde des Fürstenth . Reuss j. L. II. Bd . S. 407.
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Zahl der drei grösseren Hauptstämme der polabischen Slaven einreiht.
In dem mehrhundertjährigen Zeitraume (v. VI. bis
X. Jahrhunderte) ihrer Anwesenheit in diesen Fluren hatten sich selbe mit besonderer Vorliebe die ebenen und fruchtbaren ,
mitunter von Büschen und niederen Hügeln durch-
schnittenen Gegenden zu ihren Siedlungen erwählt , oder, die Wasserfäden der zahlreichen Flüsschen und Bäche des Unterlandes aufwärts verfolgend , in den wiesenreichen gutgründigen Thälern desselben niedergelassen und jene Orte angelegt, die den speziellen Gegenstand dieses Essays bilden, während der rodenden Hacke und dem Spaten des später nachgewanderten deutschen Landmannes der mehr erhabene , gebirgige Theil des Gaues vorbehalten blieb , wie dies ein selbst nur oberflächlicher Blick auf die Karte lehrt ; denn während Thäler und Niederungen mit Ortsnamen slavischen Charakters wie besät erscheinen , haben die der Wald- und Bergpartien des Geraer Landes , offenbar von den auf selbe beschränkten , später angesiedelten Deutschen, ausschliesslich nur deutsches Gepräge aufzuweisen , eine charakteristische Eigenheit , auf welche bereits Brückner in seiner „Landeskunde" (I. Bd . S. 316 ) aufmerksam gemacht hat.
Dass in diesen sorbischen Orts-
namen ein gut Theil Kulturgeschichte einer Periode dieser Landesstriche enthalten sei , über welche schriftliche Dokumente gänzlich ermangeln , ist selbstredend , wurde aber bisher von den Geschichtsschreibern und Topographen der Reussenund angrenzenden Lande mehr vermuthet als gründlich nachgewiesen.
Zwar haben einzelne Forscher, wie Limmer, Cassel ,
Dr. G. Landau, Pastor Bogenhardt und Dr. H. Dunger, einmal auf diesen Umstand aufmerksam geworden , es unternommen , die slavisch- thüringischen Ortsnamen in ihren Schriften theils en passant , theils in eigens zu diesem Zwecke publiziten. Abhandlungen ')
im
Allgemeinen
einer Deutung
zu unter-
1) Karl August Limmer , Entwurf einer urkundlichen Geschichte des gesammten Voigtlandes. Gera 1825. I. Bd. S. 59-66. Limmer fertigt
-
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werfen , allein die Ausbeute , die sich hievon speziell für das Gebiet dieser Untersuchungen, das Unterland , gewinnen liess , war so wenig ergiebig, dass der bekannte Topograph Brückner, als er versuchte ,
die vor ihm erschlossenen Resultate für
seine „ Landes- und Volkskunde des Fürstenthumes Reuss j . L. " in ein Ganzes zusammenzufassen , blos 28 Stämme ungefähr ebensovieler sorbischen Ortsnamen mittheilen konnte ¹). Von
auf diesen wenigen Seiten in höchst oberflächlicher Weise die Ortsnamen des ganzen Voigtlandes ab. Selig Cassel , Thüringische Ortsnamen , in II Abtheilungen. Sind Schreiber dieser Blätter blos aus Citaten bekannt und waren demselben an seinem Wohnsitze (Eger) unerreichbar. Dr. G. Landau, Der Bauernhof in Thüringen und zwischen der Saale und Schlesien (Beilage zum Correspondenzblatte, Januar 1862 ) . Er weist auf Seite 26 bis 38 seiner trefflichen Abhandlung nur im Allgemeinen darauf hin, dass slavische Ortsnamen über Thüringen zerstreut erscheinen, ohne dieselben , mit Ausnahme (S. 27) von Kyffhäuser ao . 1118 Cufese , Cuffiso , sl. Kubitzko = Hügel , (S. 28) Lovia , ( S. 29) Kholm und ( S. 37) Smurden, etymologisch zu deuten . Bogenhardt , Pastor in Kopitsch , veröffentlichte am 17. Juli 1868 I. Ortsnamen in Thüringen , S. 14 bis 29, und II. Zu Rednitz und Regnitz , S. 30 bis 38 , in den „Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländischen alterthumsforsch. Vereins in Hohenleuben". Weida 1871. 40. Jahresbericht. Dr. H. Dunger , Ueber die Ortsnamen des Voigtlandes. Vortrag, gehalten in der Hauptversammlung des Vereins , 7. August 1872 ; in den „Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländ . alterthumsforschenden Vereins in Hohenleuben “ (41. , 42. und 43. Jahresbericht) S. 30 bis 47 ibid . Alle anderen einschlägigen , in den Publikationen des Hohenleubner Vereines etwa enthaltenen Arbeiten sind leider dem Verfasser unbekannt und unzugänglich geblieben. 1 ) Vgl. G. Brückner's Landes- und Volkskunde für das Fürstenthum Reuss j . L. , I. Bd. S. 121 , wo sich folgende , das Unterland betreffende Wurzeln und Deutungen von Ortsnamen finden : gora, hora Berg 1. Gera, 2. Gorlitzsch 3. Kulm kholm Berg 4. Mühlsdorf flach, glatt, eben mjel 2
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dieser Zahl entfallen , wie bereits anderwärts bemerkt, fünfzehn auf den Landestheil Gera, die zudem meist ( 12) unrichtig gedeutet erscheinen , während die grosse Mehrheit der übrigen Orts-, darunter ein halbes Tausend Flurnamen , gänzlich mit Stillschweigen übergangen wurden , nachdem selbst der berühmte Slavist Schleicher in Jena (wie Brückner I. 120 berichtet) die Deutung der ihm zu diesem Behufe eingesandten neunzig sorbischen Ortsnamen aus dem Grunde ablehnte, weil 99 diese oft unsicher oder unmöglich , weshalb er fast völlig auf diese Seite seiner Wissenschaft verzichte". Zweck dieser Blätter ist nun das Wagnis eines Versuches , diese Lücke in der Reussischen Landeskunde auszufüllen und sämmtliche slavischen Orts- und einige Hundert Flurnamen des Geraer Bezirkes, welche selbst die fast zehn Jahrhunderte andauernde Herrschaft des Deutschthums in diesen Gebieten nicht zu verwischen
vermochte ,
einer Deutung
zu
unter-
werfen , um so diese Nachklänge der längst entschwundenen sorbischen Kulturperiode des Reussenlandes Bewohnern desselben verständlich zu machen.
den jetzigen Der Gewinn ,
der aus dieser sehr schwierigen Arbeit resultirt , dürfte vielleicht für den ersten Moment geringfügig und unbedeutend erscheinen , in kulturhistorischer wie ethnographischer Hinroven las, les bor drewo leum lus gleina grob topolina kostriza
flach, glatt, eben waldig waldig waldig Quelle, Spring Sumpf Lehm Weissbuche Pappel Kirche
5. Roben 6. Laasen, 7. Lossen 8. Pörsdorf 9. Trebnitz 10. Leumnitz 11. Lusan 12. Gleina 13. Grobsdorf
14. Töppeln 15. Köstritz
Von diesen sind nach Meinung des Verfassers blos Kulm, Gleina und Töppeln von richtigen , alle übrigen ON. aber von nicht dazu gehörigen Stämmen abgeleitet , wie aus den nachfolgenden Erörterungen hervorgehen wird .
-
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sicht aber gewiss nicht zu unterschätzen sein , da er deutlich vor Augen stellt, dass auch die Sorben zur Kultivirung, dem successive vorschreitenden An- und Ausbaue dieser, vor einem Jahrtausend von ihnen bewohnten Landesstriche ihr redlich Theil beigetragen haben . Der Essay selbst zerfällt in zwei von einander gesonderte, sich jedoch gegenseitig ergänzende Theile, einen allgemeinen und einen besonderen. Im allgemeinen Theile werden die Motive , welche den Sorben zur Benennung der Ortsnamen Veranlassung gegeben haben , in vier , speziell den charakteristischen Eigenschaften derselben im Reussischen Unterlande entsprechenden Abtheilungen vorgeführt ,
wobei jedes
einzelne Motiv mit einem
oder mehreren Wohnorts- oder Flurnamen , welche unter den Begriff desselben fallen, belegt wird, so dass auf diese Weise die meisten Onomata des Unterlandes eine übersichtliche und gemeinverständliche Deutung finden ; beispielsweise wird bei dem Grundworte čech. keř, die Staude, der Busch, das Gebüsch , nicht nur der Name der Landeshauptstadt Gera selbst gedeutet, sondern es werden auch circa dreissig Flurnamen des Unterlandes, die wie Gêr, Gera, Gehren , Kerbe, Quere und Queren zu demselben Wortstamme gehören, hier eingereiht und erläutert. Die Motive selbst sind folgende : 1. solche , welche der Gestaltung des Bodens , der Terrainbeschaffenheit entnommen ; 2. solche, welche der Pflanzen- und Thierwelt entlehnt sind ; 3. Bodenkultur, und endlich
4. Befestigungen andeutende Motive. Der zweite Theil des Schriftchens umfasst ein alphabetisch geordnetes Verzeichnis sämmtlicher sorbischen Wohnorts- (Dorf- , Städte- und Gassen-) Namen des Landestheiles Gera und die mit jedem einzelnen verknüpfte Deutung desselben.
2*
Allgemeiner Theil .
I.
Terrain beschaffenheit. In dieser Abtheilung sind die Motive aufgeführt , welche, wie Bach, Wasser , Fluss , Berg , Thal , Heide , Sumpf, Wiese, Aue , Wald u. s. w. der Beschaffenheit des Bodens entlehnt, zur Benennung von Oertlichkeiten benutzt wurden .
Jedes
Motiv involvirt wiederum einen oder mehrere Stämme , die da namhaft gemacht und mit den im Unterlande vorkommenden Wohnorts- , Flur- und Gassen - Namen , welche von denselben abgeleitet, belegt werden, so dass mit Erklärung der ersteren (der Stämme) gleichzeitig die Deutung der letzteren (der ON.) gegeben erscheint. Diese Methode wurde , wie hier zur Orientirung im Vorhinein bemerkt wird , auch bei den drei übrigen Hauptabtheilungen befolgt. Bach. čech. vříti (vru , vřes etc.) sieden , kochen, wallen , figürl. brausen: Brietengraben, Bach, = Brausebach ; Schmaler (Die slav. Ortsnamen in der oberen Lausitz Bautzen 1867 S. 14) führt Brětnja (ě wie i gesprochen) deutsch Bröthen an ; nach ihm ist die Wurzel dieses ON. unbekannt : Briete , Flur bei Lusan ; Briete obere und untere, bei Zeulsdorf ; Brietengraben und Brietenfelder bei Oberröppisch. — čech. říčka , local říčce
21
am Flüsschen : Ritschig Flur bei Dorna.
M.1) II. 233 (93)
altslov. altbulgar.:
slapы (slapů ) Strömung , neuslov. slap Woge, Wasserfall : Salpenbach, Wogenbach. — M. II . 263 (123) neuslov. žleb Wasserrinne, Kanal : Schleifenbach : Wasserrinne, Wasserriesel. - čech. šmur etwas Trübes : Schmerlbach bei Zwötzen : Trübenbach. — čech. snovati (snuju und snovám se) sich winden : Grosse und kleine Schnauder : Schlängelbach . čech. spryskati , sprýštiti niederspritzen , zusammenspritzen : Sprotte oder Sprese : Spritz- oder Sprudelbach. - čech . stok Abzug des Wassers : Stockgrabenwasser bei Zwötzen : Abzuggraben , Ablaufwasser. M. I. 83 ( 11 ) výspa Insel , Schütt, Werder ; Schafařík Slav. Alterth . II. 571 wispe , wespe (wyspa Insel ?) : Wispenbach : Inselbach . - M. II. 236 (96) altslov. altbulg. sopotь (sopotů) Wasserrinne ,
Kanal , Wasserriesel,
wahrscheinlich eigentlich das Rauschen fliessenden Wassers : Zaufensgraben zwischen Pforten und
Gera : Rauschenbach.
Wasser. M. II. 255 ( 115 ) altsl. neuslov. serb. und čech. voda Wasser : Zwotenau , ein Thal (Thalau) = čech. za-vodou am, jenseits des Wassers (Vgl. Zwodau Fluss und Städtchen bei Eger), oder z-vody vom Wasser (her) : Zwötzen , Dorf, urkdl. 1358 (v. Br. II. 451 ) Czwoczen : am , jenseits des Wassers .
Strömung.
M. II. 233 (93) altslov. altbulg. slapь ( slapů) Strömung, neuslov. slap Woge ; Wasserfall :
Salpe , Flur bei Trebnitz, wahrscheinlich am Salpen- d . i. Wogenbache liegend ; Salpig, Flur bei Schwaara.
1) M. abgekürzt Miklosich : „Die slavischen Ortsnamen aus Appellativen". I. - I. Theil , veröffentlicht in den „Denkschriften der kaiserl . Akademie 21. Band 1872 " ; II. = II. Theil in den „Denkschriften der kaiserl. Akademie 23. Band 1874 " . Die Ziffer in Klammern bedeutet die Seitenzahl des „, Separatabdruckes".
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22
-
Quelle. M. II. 189 ( 49 ) kleinruss . kernyća Quelle , krenyčny Quellengebiet, poln. krynica : Krunitsch, Flur bei Otticha.- čech. zřídlo Quell: Zschirlborn bei Niederndorf : Quellborn ; Zschellbacher Steig bei Seeligenstädt. Brunnen. M. II. 241 (101 ) serb. stublь Grube, Graben, bes. Cysterne, Born , Brunnen , čech. stbel Grube , Graben : Stublach , Dorf, čech. stbel local- pl . stbelách = bei den Gruben , Brunnen , Wasserbehältern.
Klinge. Nach Förstemann (Die deutschen Ortsnamen S. 37) erinnert an den Klang des aus der Erde hervorsprudelnden Wassers das althochd . klinga, klingo Wildbach, Regenbach, Sturzbach , Bach ; im Mittelhochd. ist klinge = Thalbach, ein enges Thal , in
welchem Wasser fliesst ,
eine Felsschlucht.
čech. krně,
krňka Klinge, Wasserrinne : Geeren , Flur bei Pohlitz ; Gehrenstücke , Flur bei Naundorf ; Geringen , čech. krňka , Flur bei Lessen ; Geringen, Flur bei Roben ; Geringen , Flur bei Rusitz ; Körnesberg bei Roschitz, von čech. krně Klingen-berg. - M. II . 263 ( 123) neuslov. žlêb Wasserrinne , Kanal : Grosse und kleine Schleife, Flur bei Grossaga ; Schleife, Flur bei Kleinaga.
Furth. M. II. 147 (7) altslov. altbulgar. brodь (brodů)
seichte
Stelle , Untiefe , Furth , čech. brod Furth , Pferdeschwemme : Pforten, Dorf: Furth . Insel. M. II. 212 (72) altslov.
altbulgar. otokь (otoků) Insel :
Otticha Dorf, urkdl. (n. Br. II. 568) 1359 Ottichaw: inselförmig, Insel. - M. I. 83 ( 11 ) výspa Insel, Schütt, Werder ; Šafař. (Sl. Alterth . II. 571 ) wispe, wespe (wyspa Insel ?) , čech. výspa die
23
Insel, der Schütt (nach Rank) : Wispenbach , Wispenberg und Wispengrund bei Otticha. Sandbank. M. II. 200 (60) serb. mêlь
Sandbank , čech. měl Mull,
Gemülle , Gerölle : Milbitz , Dorf, urkdl. (n . Br. II. 477) 1533 Mylwitz : Sandbankort ; Milchen , Flur . bei Pohlitz (?) ; Millesgraben bei Weissig = Sandgraben.
Berg. M. II. 184 (44) kosa , serbisch , eine Art Berge : Cosse bei Heinrichshall ;
Käseberg bei
Kaltenborn ; Käseschenke
bei
Kaltenborn ; Käsemacher bei Pohlitz ; Kuxberg bei Köstritz ; Cosse bei Mühldorf ; Cossengraben bei Osterstein ; Cossenberg - M. II.
bei Rubitz ; Kosse bei Stublach ; Kosse bei Thieschitz.
[ 163 ( 23) altslov. altbulgar. und serb. gora Berg, Wald : Sorge , Gasse in Gera
za goru hinter dem Berge ; Neue Sorge,
1 Gasse in Thieschitz ; Zuckerberg bei Culm - za-goru (Zagor). čech. hora der Berg : Hörsberg bei Oberröppisch.
Hügel. M. II. 169 (29) altslov. altbulgar. hlыmь (hlůmů ) Hügel , neuslov. holm, nach Schmaler (D. sl . ON. i . d . Oberlausitz S. 12) oberlausitzisch kholm der Hügel : Culm , Dorf , urkdl. (n. Br. II. 546) 1333 Kulmen, Culma : Hügel ; Kolm , Flur bei Otticha ; Kolmberg bei Otticha ; Kulmer Felder bei Söllmnitz ; Kulmberg bei Waaswitz. - Matzenauer „Listy fil. a. pädagog. VII. 3 & 4. H. ( 1880) S. 186 : altslav. gomela Anhöhe, Hügel , Haufen Steine ; slov. Haufen, Masse , Grabhügel ; M. II . 163 ( 23) gomolja , čech. homole, diminutiv. homolka Kegel, kegelförmiger Berg : Gumlichse, Flur bei Bieblach ; Gumlitz, Flur bei Laasen ; Gumlitz Gumlis) , Flur bei Trebnitz ; čech. homole Kegel , Gumlitzberg bei Laasen : Hügelberg ;
(auch Gumlichse ,
Gummeltze ,
kegelförmiger Berg : Hammelsburg bei Ernsee ; Hummelsberg bei Rubitz : Kegelberg ; Thümmelsberg bei Harpersdorf ; Thüm-
24
melsberg bei Rüdersdorf. - čech. kupa Anhöhe, Koppe , Berg : Kuhberg bei Waaswitz.
Kuhberg bei Kulm.
(Dr. G. Landau :
„Der Bauernhof in Thüringen und zwischen der Saale und Schlesien 1862 " S. 27 zählt zu den slavischen Namen sogar den des sagenreichen Kiffhäusers , der urkundlich ( 1118) als Cufese, Cuffiso erscheint, und im Slavischen „ Hügel“ bedeutet ; noch heute soll in Schlesien kubitzko in demselben Sinne gebraucht werden.) — M. II . (202) 62 altslov. altbulgar. mogyla Hügel ,
Anhöhe ,
Grabhügel ,
polnisch :
mohyla
Grabhügel :
Mühlberg bei Gera ? 1 ) Mühlberg bei Kaimberg ? Mühlberg bei Kraftsdorf? Mühlberg bei Milbitz ? Mühlberg bei Waltersdorf?
Mühlberg bei Zschippach ?
Mühldorf ?
Mühlfelder
bei Grossaga? Mühlweg bei Hartmannsdorf? Mühlweg bei Stublach ? - čech. hřbet Rücken, Erhöhung, hřbet hory Bergrücken :
Spitteläcker bei Bieblach ;
Spitteläcker bei Caas-
schwitz ; Spitteläcker bei Gleina. Höhe.
M. II. 258 ( 118) altslov. altbulgar. vysokь (vysoků) , neuslov . serbisch
visok ,
čech.
vysoko
adv.
hoch ,
vysočina Höhe ;
Hochland : Weissig , Dorf, urkdl . (Br. II. 457 ) 1534 Weissigk : Hohdorf. Gipfel . M. II. 180. (40) altslov. altbulgar. kątь (kątů ) Spitze : Katzenhügel bei Gera : Spitzhügel ; Katzenhügel bei Mühldorf ; Katzenkopf bei Steinbrücken (katu-kopec) .
Abhang. M. II. 226 (86) neuslov. reber Hügel , in ON. durch Leiten, Berg (Leiten nach Förstemann Bergabhang) übersetzt, 1) Das Fragezeichen stellt hier wie überall, wo es angebracht erscheint, die Deutung als zweifelhaft hin . Nach Arnold's Ansiedelungen , Marburg 1881 , S. 24 erscheint der Name Mühle hoch in den Bergen , wo niemals eine Mühle im heutigen Sinne , möglich war ; offenbar meint er damit „die einfachen Handmühlen aus der Urzeit". Vgl. u. A. S. 593–595 ibidem.
25
čech.
řebř
altčech.
řebří
die
-
Leiter ,
řebřík
die
Leiter :
Räubersberg, im Volksmunde Rebersberg genannt, bei Pohlitz . čech . spád der Abhang einer Gegend : Speůtewitz , Wustung bei Trebnitz , urkdl. (Br. II . 557) 1533 u. A. auch Spade Abhang, Leiten ; Speutewitz, Flur bei Bieblach.
Fels. čech. klepy herabhängender Felsen (klepěti , klípěti, chlípěti herabhängen) : Klebrig, Flur bei Lusan . - čech. klopý steil : Kloppeln bei Schwaara, muthmasslich steile Felsen („Klippen ") .
Thal. M. I. 80 ( 8) altslov. altbulgar. dolь
( dolů) Thal ,
Grube,
neuslov. dol Thal , čech . dolina Thal, Thalgegend , Niederung : Dielen , Flur bei Schwaara. - M. I. 80 (8) čech. ouval und úval Thal ,
Hohlweg :
Zweiffelbach (z-ouvalu , mit aspirirtem
ou
z-vouvalu im Thale) : Thalbach.
Bodensenkung. čech. hloub die Tiefe : Leube , Flur bei Dorna.
čech.
hlubina , hloubina die Tiefe , Vertiefung : Leumnitz , Dorf = urkdl. (n . Br. II . 559) Lubinitz (hlubenice , hlubnice) ein tiefliegender Ort. čech. hluboký tief: Lübecksgraben bei Windischenbernsdorf: Tiefengraben. -M. I. 81 (9 ) koryto eigentlich Trog , in Ortsnamen scheint es jedoch nach Miklosich dem Begriffe einer ringsum von Bergen umschlossenen Bodensenkung, dem deutschen Kessel , nahe zu stehen ; čech. koryto Trog , Rinne, koryto řeky Flussbett, Wasserbett : Krautgrund , Flur bei Trebnitz = Kesselthal , Thalgrund ; das deutsche , = Vertiefung, Schlucht, resp. mittelhochd . grunt (Müller I. 581 ) = und wäre also geradezu eine Uebersetzung von koryto ; Krautäcker bei
Otticha ; Krautberg bei Pforten ; Krautberg bei
Schöna ; Krautberge bei Waaswitz ; Krautgärten bei Lusan ; Krautgraben bei Naundorf.
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-
Schlucht.
M. II. 167 (27) altslov. altbulgar. grebь (grebů) serb . greb neben grob ursprünglich Graben, hier speziell Schlucht : Krebs bei Langengrobsdorf ; Krebsgrund ; das mittelhochd. grunt Schlucht ist eine Uebersetzung von greb ; -M. II. 167 ( 27) altslov. altbulgar. grob (grobů) bedeutet ursprünglich einen Graben, hier im Unterlande speziell ein grabenartiges, schluchtartiges Thal : Kraftsdorf, urkdl. (Br. II . 487) 1333 Krafs - dorf, in einem engen Thale situirt ; Langengrobsdorf, urkdl. (Br. II. 471 ) 1533 Grobs-torf; ebenfalls tief eingebuchtet. Scheubengrobsdorf, gleichfalls tief eingebuchtet (Br. II. 272) ; Groitschen , Dorf, urkdl . (n. Br. II. 543) 1146 Growithan , vom altslov. altbulgar. grobь Schlucht, Graben , eigentlich Schluchtbewohner , dann Schluchtort.
Groitschen , Flur bei Zschippach ;
Groitschen,
Flur bei Söllmnitz. — M. I. 80 ( 8) grыlo , žrêlo eigentlich Kehle, dann ein engeres Thal. M. II . 168 ( 28) altslov. altbulgar. grúlo (grůlo) : Krellbach = Schluchtbach ; Krellsberg bei Otticha : Schluchtberg, Thalberg ; Krellgründchen bei Otticha, Schluchtgründchen. - M. II . 145 (5) poln. brama Thor, Zugang und auch Engpass.
Brahmbach ; Brahmenbach ; Brahmthal.
Die ange-
führten ON. scheinen die Bedeutung von Zugang , Thal oder Engpass (?) zu besitzen. „ Mit Unrecht wird dieser Name so erklärt ausdrücklich der als Topograph wie als Dialektforscher bedeutende Brückner I. 52 - von den Brahmanen oder Brombeeren abgeleitet" ; bemerken ,
dagegen lässt sich allerdings
dass die Ableitung vom althochd . brâmo , brâma,
mittelhochd. brâme Dornstrauch, nicht ausgeschlossen erscheint. -mährisch : uzké , uzkého eigentlich Enge : Bauschke bei Schwaara = po-uzče durch's Enge.
Höhle. serb. rupa Felsenhöhle (nach Rank 705) ,
Grube (nach
M. I. 81 [ 9 ] ) : Rubitz, Dorf, urkdl . 1121 Rupizan, 1146 Ropizane rupičáné Felsenhöhlenbewohner, dann Felsenhöhlenort .
-
27
-
Haide. M. II. 163 ( 23) altslov. altbulgar. golь (golů) nackt, neuslov. gol ; oberserb . in Ortsnamen durch „Heide" übersetzt : Collis , Dorf,
urkdl. (n. Br. II. 561 ) 1333 Kols ,
1534 Collis
geradeso wie Gohlis bei Leipzig , „ eine Heide ". Collisbach ; Collisberg bei Collis. ― M. II . 163 (23) neuslov. golo genitiv golega nackt, Heide : Golk bei Pohlitz ; Kolk bei Gleina.
Das
niederdeutsche Kolk , ein Loch oder eine Grube , besonders wenn sie mit Wasser gefüllt ist (Förstemann 51 u. 52 ) scheint den altsorbischen Fluren von Gleina und Gohlis ausgeschlossen zu sein. - čech. holý kahl, nackt, glatt, holina kahler Fleck : Hellberg bei Kaimberg = Kahlenberg ; Hölle bei Gera ;
in
Hölle bei Stübnitz ; Hölle bei Schöna ; Hulichen und Huldigung
!
genannt, bei Niederndorf ; Huldigung bei Pörsdorf ; Huldigung bei Töppeln . Dürre. Schafařík Slav. Alterth. II. 617 drewanisch saus = čech. suchý trocken , dürr (dort als Beispiel für die Eigenthümlichnamentlich der Verwandlung des
keiten des Drewanischen ,
ursprüngl . u in au , angeführt) : etwa Dürranger? graben?
Sauanger bei Steinbrücken,
Saugraben bei Langenberg, etwa Trocken-
Saugraben bei Kraftsdorf?
Saugraben bei Pohlitz ?
Sauholz bei Zwötzen, etwa Dürrnholz ?
Saugraben bei Rusitz ? Sauloch bei Kaimberg ,
etwa Dürrnholz ? - M. II. 242 ( 102)
altslov. altbulgar. suhь (suhů) trocken , neuslov. čech. suchý trocken .
serb. suh,
Dialektisch deutsch Zauche Bach , der
nur bei Regenwetter fliesst .
Lexer.
bei Leumnitz ; Zoche bei Trebnitz ,
Zoche bei Laasen ; Zoche ein wüster Ort, urkdl.
(n. Br. II . 557) 1533 Zochendorf, Zachendorf, Zauchendorf.
Ecke. Nach Förstemann 71.
Das Hineinspringen des Waldes
in Feld , oder des Feldes in Wald , des Berges in die Ebene
-
28
oder umgekehrt andeutend.
čech. roh Horn ,
Ecke : Rauch-
felder bei Stübnitz ; Rohwiese bei Reichenbach . Sumpf. M. II. 193 altslov. altbulgar. laka Sumpf , in ON. durch ,,Moos" (mittelhochd . B. Z. M. II. 224 mos = Sumpf) übersetzt : die Lache , nach Brückner (II . 477 ) ein altes Elsterbett bei Milbitz. - M. II. 196 (56) neuslov. lokva Sumpf, serb . lokva : Trollerwiese bei Gera, etwa tří lokvy Dreisümpfe . - M. II . 143 (3) altslov. altbulgar. blato Sumpf , serb . Teich , See , čech. blato Koth : Blute, Flur bei Lusan. — M. II . 198 ( 58) altslov. neusl. oberserb. luža Sumpf : Läuseberg bei Caaschwitz : Sumpfberg ; Liesich bei Waaswitz ; Liesich bei Zschippach . -- čech. mokrý nass, čech. mokř nasse oder feuchte Stelle : Mücker'sches Feld bei Naundorf; Mücker'sches Feld bei Zschippach . — čech. bažina der Sumpf : Waaswitz urkdl. (n . Br. II . 544 ) 1333 Wasenewitz = Sumpfdorf.
Wiese (Vgl. S. 43) . čech . louka , nach M. II . 193 (53) ober- und niederserb . łuka Wiese : Lötschengasse in Weissig ; Loitschke , Flur bei Pohlitz ; Loitschengrund bei Collis = Wiesenschlucht ; Lutzschken , Flur bei Gleina ; Luitzsche (Lutzsch , Loitsche , Loitzschka) = Wiesenbach ; Lützsche, Flur bei Pohlen. Aue. M. II. 203 ( 63) slovakisch morava Au, bulgar. morává (morávů) Rasen, poln. murava Rasenplatz ; als Beleg Moriče Mörtschach in Kärnthen : Märzgraben , Flur bei Frankenthal ; Märzenberg bei Milbitz : Auberg.
M. II. 192 (52) altslov. altbulgar. lagь
(lągŭ) Wald , neuslov. lôg Hain , in ON. durch Au übersetzt , čech. luh feuchter Ort , Waldwiese : Lache , Flur bei Pohlitz : die Aue ; Lachenberg bei Scheubengrobsdorf ; bei Zwötzen.
Lachenfelder
Am süssen Loch bei Dorna (čech. sosna und
luh oder lôg) Tannenwald , Tannenau .
Teufelsloch (čech. topol
29
und lôg) bei Dürrenebersdorf: Pappelwald ; Teufelsloch bei Langengrobsdorf. - čech. lícha Waldflur : Leichen , Flur bei Negis ; Leichenstieg
bei Windischenbernsdorf; Leichenstieg
bei Scheubengrobsdorf; Leichenstieg bei Grossaga ; Lichtenau (líchenov) bei Roben und Steinbrücken ; Zeilichen , Flur bei Kaimberg : za-líchy hinter den Waldfluren .
Wald. čech. les , lesa der Wald : Lesse, Flur bei Ernsee ; Lesse, Flur bei Rubitz; Lessner, Hain bei Lessen ; Lessner, Hain bei Roben. — M. II. 197 (57) neuslov. loza Wald : Lusan , Dorf, urkdl. (n . Br. II. 453) 1240 Losa , Losen = Wald.
Hain. M. II. 160 (20) altslov. altbulgar. gaj Hain , neuslov. gaj : Gacke auch Gaucken, Flur bei Schwaara ; Geiersberg bei Gera? Geiersberg bei Trebnitz ?
Geierskopf bei Kaltenborn ? (gaj
und kopec, letzteres = Hügel). - čech. hajek, hajku kleiner Hain : Hacken bei Waaswitz ; Hackenberg bei Negis : Hainberg . Busch. M. II. 191 (51 ) kúгь (kůrů) , čech. keř männl. , kře , weibl . gen. kří Staude ,
Strauch , Busch ,
Gebüsch :
Gêrberg auch
Geraberg bei Töppeln ; Gerweg bei Zschippach ; Gera ,
die
Landeshauptstadt ,
Im
Busch;
urkdl. (n. Lepsius S. 180) 995 Gera :
Geraberg bei
Frankenthal ;
Geraberg
bei
Rubitz ;
Geraweg bei Rubitz ; Geraerberg bei Roschitz ; Gebrenstücke bei Naundorf; Kerbe bei Schwaara ; Kerb- wasser bei Untermhaus ; Quere bei 1. Dorna, 2. Hartmannsdorf; 3. Grosse Quere bei Köstritz, 4. bei Leumnitz, 5. bei Seeligenstädt und 6. bei Stublach ;
Querbeete
bei
Reichenbach ;
Querschachten
bei
Lusan ; Queren bei 1. Gleina , 2. Waaswitz und 3. bei Zwötzen ; Dolzenqueren bei Otticha ; Drei Queren bei Kleinfalke ; Grundqueren bei Waaswitz ; Mittelqueren bei Waaswitz ; Weidichtqueren bei Otticha ; Quernsweg bei Kaltenborn ; Quirre auch
---
30
Quirle und Hartgraben genannt bei Hundhäupten ; Kirre bei Bieblach ; Kirsche bei Culm ; Kirschgraben bei Thieschitz. — M. II. 245 (105) neuslov. serb. šíba grüner Zweig , das Reis : Scheube bei Scheubengrobsdorf : Reisigflur ; Scheibliche, Flur bei Schwaara ; Scheibliche, Flur bei Trebnitz ; Scheiblichbach bei Schwaara ; Scheubengrobsdorf : Reisigschlucht = Dorf. M. II. 191 (51 ) altslov. altbulgar. kyta, neuslov. kita Ast, Zweig , kitnast, kitast buschig, dicht etc.: Gittersberg bei Langenberg ; Kuhtanz bei Gera , durch Metathesis ist aus kitnast : kitanst entstanden = der Busch, die mit Büschen bewachsene Gegend . Kühtanz bei Döbschwitz . Br. II. 450 spricht dort von den vielen in Deutschland
vorkommenden Kuhtänzen ,
altgermanischen Cult Beziehung hätten ,
die
auf
eine Deutung ,
die
gewiss unbegründet ist. — Kuhtanz bei Köstritz ; Kuhtanz bei Rusitz ; Kuhtanz bei Steinbrücken . - čech. houště Dickicht, hustý dick, dicht, buschig : Hascht, Flur bei Windischenbernsdorf : Dickicht ; Huscht, obere und untere , bei Dürrenebersdorf; Hausgelänge bei Ernsee ? ¹ ) Hausgelänge bei Dürrenebersdorf? M. II. 172 (32) hvrastь (hvrastů)
Hausgelänge bei Geissen ?
Reis , Reisig , neuslov. und serb. Eiche , in Ortsnamen durch Hart (nach Förstem . S. 56 eigentlich Hochwald) übersetzt, čech. chvrast , chrast wilde Hecke , Gesträuch , Gestrüppe : Haferkasten, Flur bei Roben (hvr-astŭ Hafer-kasten) . Stein. M. II . 178 (38) altslov. altbulgar. kamy, čech. kámen und kamen , altböhm . kámeň Stein : Kammethal , Flur bei Schöna ; Kaimberg , Dorf, urkdl . (n. Br. II. 562) 1333 Keime , Keim = Steinberg ; Kämme, Flur bei Söllmnitz - Steinflur.
M. II.
1) Mit Hascht und Huscht hängt muthmasslich das Bestimmungswort Haus- in dem Flurnamen Hausgelänge , welcher (nach Alberti I. H. S. 11 ) den zu einem Hause oder Hofe bis an dessen Flurgrenze gehörigen Grundkomplex bezeichnen soll , zusammen ; muthmasslich dürfte es aber aus čech. housté jedliny dichte Tannen , Tannendickicht, durch Volksetymologie in Haus- gelänge verwandelt , entstanden sein .
31
196 (56) lomы, lom erklärt man als „ Steinbruch", Bruchöffnung (z. B. im Felsen) : Lämmergraben bei Culm ; Lumbe bei Pörsdorf; Lumpe bei Ernsee ; Lumpe bei Zeulsdorf; Söllmnitz , Dorf, urkdl. (n. Br. II . 534 und Alberti I. 25 ) 1121 ; Selmiz = čech. za - lomice, Ort hinterm Steinbruch . Kieselstein. čech. křemel , 2. Fall křemele und ebf. čech. křemen , serb. kremen Kieselstein : Kremel oder Krimel bei Collis ; Kremel bei Dorna ; Krimel oder Kremel bei Kaimberg ; Krimel , auch Kremel , Krümel bei Pforten ; Krummen bei Kretzschwitz ; Krummen bei Trebnitz , čech . křemen, Kieselstein.
Kalk. čechisch jikerec , Pfefferstein , Rogenstein , Oolithenkalk : Gickersberg bei Milbitz ; Gickersberg bei Schwaara ; Kickersberg bei Hirschfeld . Lehm . M. II. (21 ) glina , čech. klína , Lehm , Thon :
Gleina , Dorf,
urkdl. (n. Br. II. 499 ) 1533 Gleine : Thonboden.
Sand (vide S. 23). M. II . 200 (60) serb. mêlь ,
Sandbank , čech. měl , Mull,
Gemülle , Schotter : Milbitz , Dorf, urkdl. ( n . Br. II . 477) 1533 Mylwitz : Sandbankort ; Millesgraben bei Weissig = Sandgraben ; Milchen bei Pohlitz ? -čech. štěrk, Sandgries, Kiessand , Schotter, Gemülle : Sterken , Flur bei Bieblach, am Gries ; Sterkenhöhe bei Bieblach.
Koth. M. II. 16 ( 27) altslov. altbulgar. gręzь (gręzi) , Schmutz, Koth : Kretzschwitz, urkdl. (n . Br. II . 533) 1121 Gresewiz, Kothdorf; — M. II . 178 (38) altslov. altbulg. kalú (kalů) Koth, neusl. kal : Lache , čech. kaliště , Kothlache , Pfütze ; Kaulicht , Flur bei Negis ; Kaltes Feld bei Tinz ? Kaltes Feld bei Scheubengrobsdorf? Kaltes Holz bei Leumnitz?
32 Farben. M. II. 142 (2) altslov. altbulgar. bêl weiss , čech. bělo das Weisse : Bieblach , Dorf, urkdl. (n. Br. II . 427 ) 1322 Weblok, 1533 Wiblach = čech. ve-bělech im Weissen. - M. II. 204 (64) altslov. altbulgar. mrükь ( mrůků), serb . mrk dunkel , schwarz : Mark , Flur bei Bethenhausen ? vgl . Förstem. 55 , marca Grenzscheide ,
altnord . mörk Wald ;
althochd .
Mark , Flur bei
Grossaga? Alte Mark, Flur bei Schöna ? Moorecke, Flur bei Lessen, mгákь Schwarzboden ; Moorecke , Flur bei Grossaga. M. II. 256 (116 ) altslov. altbulgar. vranь (vranů) schwarz (und) Rabe ; Beleg : ẞpávja in Epirus : Prünebaumhölzchen bei Windischenbernsdorf: Schwarzhölzchen, Rabenhölzchen.
II. Pflanzen . Ahorn. M. II. 176 (36) altslov. altbulgar. javorь (javorů) , neus]. javor, serb. javor Ahorn : Gärbersgraben bei Pöppeln ; Gerbersgraben bei Debschwitz ; Gebertsloch bei Tinz : Ahornwald .
Birke. M. II . 146 (6) altslov . altbulgar. brêza Birke, neusl . brêza : Priese, Flur bei Grossaga ; Priesse , Flur bei Lessen .
Bärlappe. čech. plavuň Kolbenmoos , Bärlappe : Plauenhain , Flur bei Niederndorf. Dornstrauch. M. I. 84 trыn
(trůnů) Dorn , Dornstrauch, M. II . 249 ( 109)
altslov. altbulg . trыnь (trůnů) Dornstrauch , čech. trn, trnoví, collect. ein Dornstrauch , Dornbusch , čech . trnovice , trnovka
33 Dornstock , Schlehenstock : Dorna , Dorf, urkdl. 1333 Turnaw ,
1415 Thornau (Br. II. 549), Thornaw = čech . trnoví Dornbusch, Dornstock. Eiche. 4
1
čech. dub , neusl . dôb , nach M. II . 155 (5 ) in ON. durch Eiche übersetzt ,
bulgar. düb , serb. dub :
Debschwitz , Dorf,
urkdl. (n . Br. II . 499 ) 1534 Dobschitz : Eichendorf ; Töpfersberg bei Gleina ; Töpsche, Flur beim Kaimberg. Erdbeere. čech . jahoda Erdbeere : Jauchen , Flur bei Schwaara . Erle. M. II . 208 ( 68 ) neusl. jelša , jolša , serb . jelša , russ. olúcha, čech. olše , slovakisch jelša , olša : Elzig , Flur bei Schwaara : Erlenflur ; Oelschig, Flur bei Collis ; Oelsdorf ; Wolfs , Flur bei Pohlitz, aspirirtes čech. olše (volše) ; Wolscht, Flur bei Kretzschwitz , oliště (voliště) ; Erlicht ; vgl . Schafařík, Sl. Altth. II . 621 , drevan. Wolsiza ( Olšica) ; Wolstieg, im Volksmunde (Br. II. 534 ) Wolscht, eingegangenes Dorf, oliště (voliště) Erlicht. Esche. M. II . 175 (35 ) altslov . altbulg. jaseň
(jaseňů), serb . jasen ,
čech. jasen, jesen, die Esche : Caasen , Dorf, urkdl. (n. Br. II. 542) 1364 Kazin = Eschenbaum ; Geissen, Dorf : Eschendorf.
Föhre. čech. sosna Föhre und Tanne bedeutend :
Am süssen
Loch , Flur bei Dorna , wahrscheinlich Tannen- oder Föhrenhain, mit neuslov. lôg kombinirt. Hafer. M. II. 212 (72) altslov. altbulgar. оvású (ovisů) ,
neuslov.
und čech. oves , ovsa , Hafer ; als Beleg führt Miklosich ibid . Ovesné Haberles in Böhmen und Ovesno Alt - Habirdorf in Schlesien an : Openz , Flur bei Köstritz : Haferflur. 3
34
Hagebuttenstrauch . čechisch merhelec , merhelce, Hagebutte : Mergelberg bei Harpersdorf: Hagebuttenberg ; Morgelbeete bei Schwaara. M. II. 245 ( 105 ) altslovenisch altbulgarisch šipыkь (šipŭků) Rose, neuslovenisch ščipek , slovakisch šíp , čech. šípek Hundsrose , Hagebuttenrose , Hagebutte ; Zschippach , Dorf , urkdl . ( n . Br. II. 547) 1488 Czschippach, 1533 Zschippach , vom slovak. šíp , in oder bei
den Hagebuttensträuchern ;
Zschippern , Dorf:
mit Hagebutten bewachsen ; Schupfstöcke , Flur bei Stübnitz ; Schupfenwiesen, Flur bei Köstritz ?
Hartriegel - Schneeball. čech. kalina , kalinka, der Schneeball ; M. I. 83 ( 11 ) kalina ligustrum Rainweide ,
M. II. 178 (38 )
serb .
kalina ligustrum
vulgare Hartriegel, russ . kalina viburnum opulus , čech . kalina viburnum der Schneeball : Da im Unterlande nicht weniger als 13 Galgenberge (bei Collis , Gera , Kaimberg , Köstritz , Oberröppisch, Pörsdorf, Roschitz , Rubitz , Texdorf, Thieschitz, Tinz , Töppeln und Waltersdorf sowie je ein Galgenstück bei Naundorf und Waaswitz) gezählt werden , so ist es nicht unwahrscheinlich , dass , da nicht überall bei den genannten Orten die peinliche Halsgerichtsbarkeit geübt wurde, der eine oder der
andere
dieser Galgenberge von dem dort wachsenden
Schneeball (Kalinka) seinen Namen empfangen habe.
Haselstrauch. M. II. 194 (54) neuslov. lêska Haselstaude ,
serb . lijeska ,
čech. líska Haselstrauch, léskoví lískoví Haselgestäude : Leske , Löske , Löschke = čech. léskoví Haselstaudenbach ; Lessen , Dorf, urkdl. (n . Br. II . 520) Losczan am Leskenbache = Haselstauden ; Leske , Löske , Flur bei Lessen , Haselstaudenflur ; Löschke , Leschke, Leske, Löske , Ober-Löschke, Unter-Löschke , Fluren bei Grossaga : Haselstauden .
35 Kiefer. M. II. 144 (4) altslov. altbulg. borije Kieferwald, bor in ON. übersetzt durch Föhre, čech . bor Kiefer, Kieferwald und Heide ; dem slav. bor entspricht in den ON.
bemerkt Miklosich-
nicht selten „ Heide" : Bernsdorf, Windischen- Bernsdorf, Dorf, urkundlich (nach Brückner II. 471 )
1333 Börensdorf ; Wen-
disch- Kiefernwalddorf ; Bornacker, Flur bei Frankenthal ; Bornacker , vorderer und hinterer , bei Pforten ; Bornberg 1. bei Lusan, 2. Mühldorf, 3. Waltersdorf und 4. bei Zeulsdorf ; Bornfluss bei Mühldorf und Pörsdorf ; Borngasse bei Rüdersdorf ; Borngrund bei Gleina ; Borngrund bei Osterstein ; Bornicht , Flur bei Pohlen ; Bornthal bei Otticha ; Bornthal bei Pohlitz ; Bornthal bei Steinbrücken ; Borstenberg bei Köstritz ; Bühre bei Zschippach ; Bürenfelder bei Schwaara ; Piere bei Schwaara.
Klette. M. II. 197 (57) neusl. serb . lopuh Klette , čech. lopoučí Klettergestrüppe : Lobichstücke bei Negis. Linde. M. II. 195 (55 ) neuslov. , serb . und čech. lipa, Linde : Liebschwitzer Bächlein : Lindenbächlein. Pappel. M. II. 247 ( 107) serb . topola Silberpappel (populus alba) , čech. topol die Pappel : Töppeln , Dorf, urkdl. (n. Br. II . 479) 1333 Topelin : Pappelwald ; Teufelsberg mit dem Teufelsloch bei Dürrenebersdorf; Teufelsloch , Flur bei Langengrobsdorf (čech. topol und neuslov. lôg Wald : Pappelwald). Roggen. M. II. 229 ( 89) altslov. altbulgar. гúžь (růží ) , neuslov. rž , hrž Roggen, serb . rž , raž : Ernsee , Dorf, urkdl. (n. Br. II. 418 ) 1397 Irnse , ist mit dem von Miklosich (ibid .) angeführten Aržano ( in Dalmatien) und Rzanica zu vergleichen ; Ernsee : Roggendorf.
3*
36 Rohr. Schafařík , Slav..Alterth. II. 623 , drevanisch ritis = čech. rákos, Rohr, Schilf, Schilfrohr : Rusitz , Dorf, urkdl. (n. Br. II. 519) 1121 Ritazne das Röhricht, eine schilfige Stelle .
Schneeball. (Siehe Hartriegel . ) Schwämme. M. II. 160 (20 ) altslov. altbulg. gąba Schwamm , neuslov. gôba Erdschwamm, Pilz, čech. huba : Cuba, Dorf, urkundlich (n. Br. II. 423 ) 1534 Kuba : im Schwammicht , am Schwammfleck ; Cubaweg, Flur bei Tinz. Schlehdorn. M. II . 249 ( 109 ) altslov. altbulg. (tгúnú trůnů) Dornstrauch, neuslov. serb . trn , čech. trn Dorn , čech. trnka die Schlehe, trnkoví Schlehdorn : Türkenäcker bei Dorna : Schlehdornäcker ; Türkenfeld bei Oberröppisch ; Türkenfeld bei Zeulsdorf; Türkengraben bei Dürrenebersdorf; Türkengraben bei Gera ; Türkengraben bei Lusan ; Türkengraben bei Oberröppisch ; Türkengraben bei Zeulsdorf. Tanne. M. II. 176 (36) altslov. altbulg. jela Tanne , neuslov. serb. jela ; altčech. jedl, jedle , čech . jedle Tanne, ebenso auch čech. jedlina Tannenbaum. Die Vermuthung, dass durch Volksetymologie aus jedlina, Tanne, die Ortsbezeichnung „ Gelänge" entstanden sei , wurde bereits anmerkungsweise (S. 30) unter Abtheilung I , Terrainbeschaffenheit , ausgedrückt.
Demnach
könnte man hier unter Gelänge einreihen : Augelänge , Flur bei Schöna ? Hartgelänge bei Grossaga? Hausgelänge bei Ernsee , čech. housté jedliny Tannendickicht? bei Dürrenebersdorf?
Hausgelänge
Hausgelänge bei Geissen ?
Obere Ge-
länge bei Geissen ? Wolfsgraben- Gelänge bei Geissen ? Trebengelänge bei Kraftsdorf?
37 Weissbuche. M. II. 165 (25) altslov. altbulg. graber Weiss- , Hainbuche , serb. grab, russ, grabь: Grauberg bei Kretzschwitz ; Grauberge bei Söllmnitz. Thiere. Amsel. čech. kos kosa Amsel, davon kosovo polje das berühmte Amselfeld (Türkei) , Schlachtfeld 1389 und 1488 : Caaschwitz, Dorf, urkdl . ( n . Br . II. 503) 1191 Kosawatz (n . A. Kohn , Forschungen IX . 603, 604), 1295 Kaswicz : Amseldorf.
Auer. M. II. 250 ( 110) altslov. altbulg. turú (turů) Auer, Auerochs, litthauisch stumbras ; er bemerkt, die Ortsnamen beweisen , wie das Thier einst weit verbreitet war : Theurn , Flur bei Milbitz ; sie erinnert daran , dass auch Auerochsen im Unterlande vorkamen. Gans.
M. II . 161 (21 ) altslov. altbulgar. gąsь (gasi), Gans ; Beleg: poln. Gąsowka : Gasthöfe, Flur bei Schwaara : Gänseflur. Krähe. M. II. 256 ( 116) altslov . altbulgar . vranú (vranů) schwarz, Rabe ; nach Schafařík, Slav. Alterth . II. 616 , bedeutet drevanisch worna = čech . wrána , vrána Krähe , Feldkrähe , Nebelkrähe ; Wornberg bei Rubitz : Krähenberg. Habicht. M. II . 187 (47 ) altslov. altbulg. kraguj Habicht, čech. krahulec Finkenhabicht , Sperber : Kraulgrund bei Bieblach : Habichtschlucht. Wasserstaar. čech. skorec
und škvorec der Wasserstaar : Schwaara,
Dorf, urkdl. (n . Br . II. 553) 1307 Sqwaara, 1371 Squar, Sqwaar : Wasserstaardorf.
38 Thierfang. 1. čech. nátržka , beim Vogelstellen die Rückleine
am
Vogelgarn : Natherstall, Flur bei Harpersdorf, etwa Vogelherd .
2. M. II. 238 (98) altslov. altbulgar. stąpa , poln . stępica , Falle für grössere Thiere , im Gegensatze von pastka , čech . past eine Falle, pasi na myší Mausefalle . Omni genere venandi , per stampice, slopi , jami u. s. w. Court. 17. Belege bei M. Stopno in Krain und das polnische Stepina : Stübnitz , Dorf , urkdl . (n. Br. II. 490) 1364 Stobenize : Fallendorf ; Pastholz bei Kleinfalke : Fangholz . 3. M. II. 241 ( 101 ) serb. stublь Grube , Graben, besonders Cysterne, Born, Brunnen , stublina ein hohler aufrechter Stamm als Wasserbehälter (im egerländischen Dialekte „Ell" genannt) : Stublach , Dorf , urkdl. (n . Br. II . 507) Stobelag, Stoblach : bei den Gruben, Wasserbehältern ( zum Aufbewahren der Fische ?) .
III. Bodenkultur. In allen, über die Reussenlande veröffentlichten Schriften, welche der einst daselbst hausenden Sorben gedenken, werden en passant deren Verdienste um die Bodenkultur hervorgehoben¹ ) , ohne dass bisher die Belege hiefür beigebracht worden wären. In nachstehender Abtheilung sollen nun zum ersten Male die aus grauester Vorzeit in unsere Tage herüberklingenden sorbischen Orts- und Flurnamen nach dieser Rich-
1) Karl August Limmer . Urkundliche Geschichte des gesammten Voigtlandes. Gera 1825. I. Bd . S. 56 und 59. Paul Jos. Schafařík , Slav. Alterthümer , Uebersetzung Leipzig 1844. II. Bd. S. 16. G. Brückner , Landes- und Volkskunde des Fürstenthumes Reuss j . L. Gera 1870. I. Bd . S. 316. Dr. Julius Alberti , Urkundensammlung z. Gesch. der Herrschaft Gera. Gera 1881. 1. Heft S. 12.
39 tung einer Untersuchung unterzogen und auf Grund onomatologischer Feststellungen der Beweis erbracht werden , dass die Sorben nicht nur das Unterland durch Reutungen , Lichtung der Waldungen durch Niederschlagen und Ausbrennen derselben in Kulturboden verwandelten ,
sondern auch diesen
durch einen für damalige Zeiten vorgeschrittenen Ackerbau und regelrechte landwirthschaftliche Bearbeitung ertragsfähig zu machen bestrebt waren. Ausdrücke wie altslov . altbulg. niva , Acker , bebauter Boden , in den Flurnamen Niebse bei Pohlitz, Steinbrücken und Roben, und altslov. altbulgar. prêlogь (prologů) , čech. příloh Brachfeld , im Flurnamen Prehlis bei Langenberg berechtigen zur Annahme , dass hier schon zur Sorbenzeit Dreifelderwirthschaft betrieben wurde , ebenso haben andere Flurbezeichnungen sogar die Erinnerung an die Feldfrüchte bewahrt, die einst auf diesen Fluren abgebaut wurden. Um jedoch dem nicht uninteressanten Inhalte dieser Abtheilung vorzugreifen , Gegenstand selbst über.
gehen wir gleich auf den
Reutungen . M. II. 192 (52) altslov. altbulgar. lazú ( lazů) , neuslov. laz Gereut, in Ortsnamen durch „ Gereut Gehag“ übersetzt, serb . laz Gereut ; čech. soll laz nach Erben einen abschüssigen Ort bedeuten , nach Rank ( S. 319 ) aber einen unbebauten Ort, eine Lehde , Bergfläche , einen ungeackerten Platz im Felde : Laasen, Dorf (n . Br . II . 558) , 1333 Lasan Gereut, die Reuthe, Rodung , Rode ; Lasig , Flur bei Lessen , die Reuthe (mittelhochdeutsch riute), Rode, das Rütli ¹ ) ; Lasig, Flur bei Zeulsdorf: die Reuthe , das Rütli ,
die Rodung ; Lasig , Flur bei
Dürrenebersdorf ; der grosse und kleine Lasig bei Langen-
1) Schiller's Tell, I. Aufzug, 4. Scene : · „Links am See Liegt eine Matte Das Rütli heisst sie bei dem Volk der Hirten, Weil dort die Waldung ausgereutet ward.“
40
-
berg ; der obere , mittlere und untere Lasig bei Grossaga ; Lassen bei Schwaara ; Lasur , Flur bei Pforten ; Lasur , Flur bei Zwötzen ; Lazurberg bei Pforten : Rodenberg ; Lazurberg bei Zwötzen ; Welzebach = ve laze im Gereuth , Rodenbach ; Zeulsdorf, Dorf, urkdl. (n . Br . II. 456) 1533 Seulsdorf = za lazdorf, Dorf im Gereuth. — M. II . 248 (108) altslov. altbulg. trêbiti purgare rein machen , in der Bedeutung von exstirpare ausreuthen, ausroden, neuslov. trêbiti, trebež Gereuth : Trebnitz, Dorf, urkdl. (n . Br. II. 555) 1376 Trebnitz : die Reuth , Rode : Trebengelänge, Flur bei Kraftsdorf : Tannenrode ; Treibe, Flur bei Harpersdorf; Treibe, Flur bei Rüdersdorf; Treibe, Bach ; Rodenbach ; Treiben, Flur bei Waltersdorf ; Treibenstücke bei Grossaga : Rodenstücke. - čech. posekati něco (posekati les ) Alles weghauen (den Wald) , poseka Stumpf eines Baumes , pasek und paseka, das Gehau , Waldhau, Holzschlag, Abholzung : Piesiggrund bei Gera : Waldhauschlucht ; Pinsig (wahrscheinlichst ursprünglich Piesig) bei Langengrobsdorf ; Pösnigwand bei
Lusan :
Häuwand ;
Pösnigwiesen bei
Lusan ; Pösneker,
Bach , Häubach. - čech . tesati něco hauen , abhauen , fällen tes abgehauener Stamm : Desse und Dessenberg , Fluren bei Harpersdorf; grosse und kleine Desse, Fluren bei Kraftsdorf; Desse bei Waltersdorf (Wustung Desse hiess [Br. II. 489] 1189 Deginstete , ist also deutschen Ursprunges) .
Texdorf,
ein-
gegangenes Dorf in der Flur von Rubitz ; Texdorf, Flur bei Ernsee.
M. I. 82 ( 10) goreti, čech. hořeti brennen : Gorlitzsch,
Dorf, urkdl. (n . Br. II. 460) 1533 Gorliz , čech . hořelec Brandstätte , Brand. M. I. 82 ( 10) žešti (požega) , žaгь (požaгú požarů) , čech. žež Feuer , žhavý zündend , brennend , glühend , žici něco brennen ,
sengen , žeha , žehouc , trangress. perfect.
žehv angezündet ; vielleicht hängen mit Letzterem zusammen : Schafäcker bei Zwötzen : Brandäcker? Schafberg 1. bei Bieblach ,
2. Caasen ,
3. Langenberg , 4. Naundorf , 5. Söllmnitz
und 6. Schafberge bei Töppeln ? Schaffeld bei Reichenbach ? Schafgrund 1. bei Döbschwitz , 2. Hartmannsdorf, 3. Langenberg, 4. Pforten und 5. ein Bach? Schafwiese bei Söllmnitz ? —
-
41
M. II. 213 ( 73 ) altslov. altbulgar. pepelí (pepelů), neusl. pepel , čech. popel Asche : Pöppeln , Dorf, urkdl . (n . Br. II. 448) Popelin Asche , mit Asche bedeckt , Grossaga : Aschenfelder.
Aschenrode ;
Piepelsfelder bei
Unkultivirtes Land. M. II. 195 ( 55) altslov. altbulgar. lędina unangebautes Land , neuslov. ledina , čech. lada, lado die Brache, öder Grund, Lehde : Lehde (von Freiesleben'sche)
bei Frankenthal ;
Lehde
bei
Lusan ; Lehde bei Pohlitz ; Lehde bei Seeligenstädt ; Lehden bei Hirschfeld ; Dorna.
Lehdenfelder bei Lessen ; Lehdenstücke bei
• Neubruch. M. II . 205 (65) altslov. altbulgar. nová (novů) neu , poln. nowina , čech. novina Neubruch, Rodeland , Stockgut : Nauwe , Flur bei Köstritz : Neubruch ; Naume bei Pohlitz ? - čech. kopati graben (jamu , hrob ,
eine Grube , ein Grab) ,
Gegrabene , Rodenacker ,
Rodeland ,
kopanina das
Neubruch : Kapphähne ,
Flur bei Collis , čech. kopaně Neuland , Neubruch.
Feld. M. II . 218 (78 ) altslov. altbulgar. neuslov. serb . polje Feld , čech . pole Feld , Acker : Pohlitz, Dorf ; ( n . Br. II. 1364) Politz : Felddorf ; Pöhle , Flur bei Politz ; Pohlen , Dorf , čech. polina das Gefilde, die Ebene ; Bölsdorfer, Flur bei Söllmnitz . - M. II . 231 ( 91) altslov. altbulgar. selo Zelt, Acker, neuslov. selo Sitze , serb. selo Dorf , russ. selo Kirchdorf, čech. selo Acker , nach Rank mährisch selo , selce das Dorf : Selig, Flur bei Kretzschwitz von čech. selo , localis pl. = selích in den Aeckern ; Selig (Seelig , Seligt) , Flur bei Seeligenstädt ; Selig , Flur bei Steinbrücken ; Selig, Flur bei Töppeln ; Seligt, Flur bei Lessen ; Seligt , Flur bei Reichenbach ; Seeligenstädt , im Volksmunde Säälscht
čech. seliště Feldstätte, dürfte, weil in der Nähe
der Selig-Flur gelegen von selo Feld , Dorf abzuleiten sein ;
42 andererseits erscheint nach Förstemann (S. 174) bereits im J. 802 ein Seeligenstadt am Main.
Silke , Flur bei Trebnitz
(ähnlich Siołko in Galiz.) . Bebauter Boden. Der bebaute Boden ist nach M. I. 82 ( 10) :
ralija , njiva,
lanь und polje , poljana ; nach ihm bedeutet ( M. II . 205 [ 65]) altslov. altbulgar. niva Acker ,
neuslov. serb. njiva : Niebse,
Flur bei Pohlitz ; Niebse, Flur bei Steinbrücken ; Niebsgraben bei Roben ; Niebse, ein Bach ; Langen, Flur bei Pohlen, wahrscheinlichst (vgl . M. I. 82 [ 10] ) von lanь ( laní) bebauter Boden , M. II . 191 (51 ) russ . dialekt. lanь Acker , oder von čech. lán Hierüber zu vgl. Dr. G. Landau , Der eine Hufe Landes. Bauernhof in Thüringen 1862, S. 23-26. Die slavische Hufe hatte nur die Hälfte der Grösse der deutschen. Laune, Flur bei Lusan - slov. styk die Pflugscharre , die Raute (Pflugraute, ein Stab, der beim Pflügen zum Säubern des Pflugbrettes von der Erde dient) : Flur bei Collis .
Stiegel , Flur bei Lusan ; Stiegeläcker,
Brachfeld. M. II. 221 ( 81 ) prelogú (prelogů) , neuslov. prêlog Abacker, čech. příloh Brachacker, Brachfeld : Prehlis , Flur bei Langenberg . Feldfrüchte. M. II. 229 (89) altslov. altbulgar. гúžь (růží) , neuslov . rž, hrž Roggen , serb . rž, raž : Ernsee, Dorf, urkdl. (n. Br. II. 418) 1397 Irnse (Rzno , Irsno) : Roggendorf. - M. II. 212 (72) altslov. altbulgar. оvыs
(ovĭsů), neuslov. čech . oves , ovsa Hafer ; Beleg :
Ovesné Haberles in Böhm : Openz , Flur bei Köstritz .
Aufbewahrungsorte. M. II. 218 (78) altslov. altbulgar. ponica Keller , panica Cisterne, bulgar. ponica Keller : Bohnigt, Flur bei Kretzschwitz ; Pönigsberg bei Pohlitz .
43 Wiese (Vgl. S. 28) . čech. louka, ober- und niederserb. łuka Wiese, čech. lučina die Wiese , Wiesung : Lötschengasse in Weissig ;
Loitschke ,
Flur bei Pohlitz ; Loitschengrund bei Collis ; Loitschenmühle bei
Lichtenberg ; Loitscher Weg bei Wüstfalke ; Lützsche,
Flur bei Pohlen ; Flur bei Gleina.
Lützsche , Bach : Wiesenbach ; Lutzschke ,
Heu. M. II. 232 (92) altslov. altbulgar. neuslov. sêno Heu , serb . sijeno , čech. seno ; Beleg : Seník bei Časlau (Böhm.) : Schenkenberg bei Culm ; Schenkenfeld bei Kleinaga ; Schenkgrund bei Lessen : Heuschlucht. Weide. M. II. 262 ( 123 ) altslov. altbulgar. žirь (žirů ) Weide : Scheere bei Caasschwitz ; Scheur, Flur bei Schwaara ; Schörl, Flur bei Dorna ; Scherzengrund , Bach am linken Elsterufer : Weideschlucht . Viehtrift. čech. hony und hona ein Treibeweg, speziell mit Rücksicht auf lith. ganyti = pásti dobytek Vieh weiden , eine Viehtrift : Negis , Dorf, urkdl. (n . Br. II. 552) 1121 Nigaune = čech. na-honě auf der Viehtrift ; Hungerberg bei Rusitz : Triftberg ; Hungerberg bei Reichenbach ; Hungerbirke, Flur bei Grossaga ; Hunnenacker bei Zschippern .
IV. Befestigungen . M. II. 160 (20 ) altslov. altbulgar. gatь (gati) ,
russ . gat
Damm , Erdwall ( Schanze) , nach Ant. Matzenauer (Listy fil. a. päd. VII . Jahrgg. 1880. 3. u. 4. Heft , S. 177) u . A. auch
- 44
Faschinenweg ,
―
čech. hat Faschinenbündel und Faschinen-
damm: Geite, Name einer Gasse im Osten der Landeshauptstadt Gera , vom Weida'schen Thore bis zur Nikolaikirche verlaufend ; er bedeutet einfach Wall , Schanze, und war eine altslavische Umwallung des sorbischen Dorfes Gera , die dasselbe in Gemeinschaft mit einem Pfahlwerke bei Zschochern umschloss.
M. II . 227 ( 87) altslov. altbulgar. гová (rovů) Grube, serb. rov effosio Ausgrabung , das Umgrabene (Umwallte), čech . rov das Grab , der Graben , roviti einen Graben machen : Roben, Dorf, urkdl . (n . Br. II. 516 ) 1209 Rubi , 1364 Robin : das Umgrabene , Umwallte , der „ Wall" , wie heut zu Tage noch ein Hügel dort genannt wird ;
Ropsenberg , jetzt Rosenberg bei
Bieblach-Tinz , der umgrabene , umwallte Berg ; Rosenhof bei Steinbrücken ,
Rosengarten,
auch Schlösschen genannt ,
ein
alter Wehrpunkt ; Röppisch , Oberröppisch, Dorf, urkdl . (n . Br. II. 455) 1239 Rubschitzrovižće eine Anhäufung von Gräben, Erd- oder Schanzwerk , dessen Andenken in der ehemaligen ,,Schwedenschanze" am Hörsberge fortlebt.
Oberlaus. hròd das Schloss , die Burg, čech. hrad die Burg : Roschitz , Dorf , urkdl . (n. Br. II. 423 ) 1146 Rodhacice , 1488 Rodeschitz = oberwend. hro džíšćo , nach Schmaler (S. 13) ein umfriedigter Ort, eine Schanze, Verschanzung.
čech. zahraditi
umschränken, einzäunen, verzäunen , hrazený eingezäunt, verschanzt, daher hrad die Burg ; M. I. 90 ( 18) erklärt das čech . Saras aus zahražás von zahražany : Saara , Klein- und Grosssaara : Pfahlwerk, Verschanzung.
M. II. 239 (99) altslov. altbulgar. stêna Mauer, Wand, čech. stěna Wand, ein Wort, das auf eine Befestigung hindeutend , in einigen ,
deutsches Gepräge tragenden Ortsnamen (siehe
Belege bei Mikl. ibid . ) in der Form „ Stein " erscheint : Schlifstein, eine Verbindung von (M. II . 263 [ 123 ]) altslov. altbulgar.
45
žlebы (žlebů) , neuslov . žleb Wasserriesel , Wasserkanal , serb . žlijeb
mit
stêna Mauer,
Befestigung :
Wasserrieselschanze.
Noch jetzt wird eine Stelle dort „Schloss" genannt.
Stein-
brücken, Dorf, eine Verbindung des altslov. altbulgar. bregь (bregů) neuslov. breg Hügel (M. II. 146 [6 ]) mit stêna Mauer? etwa Mauerhügel ?
Nach Brückner (II. 518 , 519) ist sein Name
nicht mit Steinbrüchen eins, und befand sich ein alter Wohnund Wehrpunkt daselbst ; Steinbrücke, Flur bei Lusan ?
čech. týn týna oder týn týnu eine Umzäunung, Burg, von tyniti něco zäunen , umzäunen .
Palacky Gesch. Böhm. I. 71 .
Anmerk. 17 vergleicht die böhm . Tyne oder Teyne mit altgallischem Dunum (ein altgallisches Schloss) und dem englischen Town (Stadt) , während Miklosich I. 85 ( 13) tуnú (tynů) als aus dem Deutschen entlehnt bezeichnet : Tinz, Dorf, urkdl. (n. Br. II. 425) 1290 Tyncz , jedenfalls Pfahlwerk, Umzäunung bedeutend. M. II. 207 (67) altslov. altbulgar. ograda Zaun, Verzäunung , čech. ohrada Umzäunung , Verzäunung : Zschochern , Vorstadt von Gera , zusammengesetzt aus der Präpos. slovak. čes längs jenseits , und ohrada Verzäunung : Jenseits der Umzäunung des Pfahlwerks (des Sorbendorfes Gera).
Besonderer Theil .
1. Bieblach. Bieblach wird als ein wasserarmes , baumloses , trocken und steinig auf einer Terrasse der Sterkenhöhe
gelegenes
Dörfchen geschildert , das in das Elsterthal hinabschaut (Br. II. 427 sowie nach Mittheilungen Rob. Eisel's) , und urkundlich 1322 Weblok , 1533 Wiblach , 1534 Wiblick , im Volksmunde aber Wiblich genannt wird .
Seine Deutung ist nicht ohne
erhebliche Schwierigkeiten ; wird aber hiebei dessen natürliche Lage
auf der Sterkenhöhe
berücksichtigt ,
so
wirft
dieser
spezielle Umstand helles Licht auf die Abstammung dieses ON. , weshalb die Erklärung der Sterkenhöhe vorausgeschickt wird.
Das Bestimmungswort Sterk entspricht dem čech. štěrk,
Sandgries, Kiessand, Schotter , Gemülle, Mineralien , die dem Boden sowohl eine weisse , helle Färbung verleihen , als auch denselben trocken und steinig erscheinen lassen. Farbe des Bodens der Sterkenhöhe ,
Die weisse
auf der Biblach lagert,
' scheint nun das Motiv zur Benennung dieses Ortes gegeben zu haben ; denn die ältesten Namensformen : ( 1322 ) Weblok, ( 1533 ) Wiblach , ( 1534) Wiblick stellen ein Compositum dar, das aus der čech . Präposition v , vein , das Weisse ,
altslov. altbulgar.
zusammengesetzt erscheint.
bêl weiss
und čech. bělo (M. II. [ 2]
142), = Weblok, Wiblach, Wiblick ve
(čech. mit local . pluralis) bělích , ve bělech, contrahirt veblích, veblech - Weblok, Wiblach, Wiblick, und bedeutet : im Weissen, innerhalb des Weissen, auf weissem Boden (liegend), offenbar vom Kiessande (čech. štěrk), dem also nicht nur die Sterken-
47
höhe , sondern auch nach seiner weissglänzenden Farbe , das , wie bemerkt auf einer Terrasse dieser Höhe situirte Bieblach seinen Namen dankt. 2. Caaschwitz. Die Deutung dieses Ortsnamens ist mehrmals schon versucht worden. Limmer ( Gesch. d. Voigtlandes I. 61 ) schreibt: Kaaschwitz = Grützdorf, sonder Zweifel von dem Buchweizen, der bei
letzterem
Orte
erzielt
wurde ,
desgleichen
leitet
Schmaler (D. sl . ON. in der Oberlausitz, Bautzen 1867 S. 7) das deutsche Kaschwitz, sl . Kašecy von kaša Brei ab , und ebenso erklärt Brückner (Volks- u. Landeskunde 1870, II . 504) diesen Ort für einen sorbischen Anbau , der angeblich bedeute.
Grützdorf
Auch Schreiber dieses , unbekannt sowohl mit den
voraufgehenden Erklärungen
als
den
älteren urkundlichen
Formen dieses ON. dachte irrthümlicher Weise (im Elsterthalboten No. 66 v. 14. Aug. 1880) an das čech . kaše, den breiartigen , weichen Gips- oder Sumpfboden , auf welchem etwa dieses Dorf einst lagerte. unrichtig.
Die
(nach
Doch alle diese Deutungen sind
Brückner II .
503)
urkundlich
erscheinende älteste Namensform Kosawatz ,
1191
sowie die bei
A. Kohn (Forschungen zur deutschen Geschichte IX. S. 603–604) zum 28. Dezember 1295 vorkommende Kaswicz, stammen vom čech. kos Amsel, und erinnern unwillkürlich an das berühmte Schlachtfeld , das Amselfeld kosovo polje , in der Nähe Pristina's an der albanesisch - macedonischen Grenze ¹). Caasschwitz , 1191 Kosawatz = kosovice und bedeutet demnach : Amseldorf. 3. Caasen. Im Jahre 1364 wird Caasen (nach Br. II. 542) urkundlich Kazin genannt.
Offenbar stammt dieser ON. (vgl. M. II . 175 [ 35 ])
¹) 1389 verloren die Serben , trotz heldenmüthigster Tapferkeit die Schlacht am Amselfelde und hiemit ihre Unabhängigkeit , ebenso wurde daselbst 1488 Hunyady von den Türken besiegt.
48
vom serb. jasen Esche, oberserb. jaseń, niederserb . jasen, čech. jasen und jesen , und bezeichnet schlechtweg einen Eschenbaum, der einst an dieser Stelle gestanden und zur Benennung des von den Serben gegründeten Ortes Veranlassung gegeben haben mag . An vorgenannte Bedeutungen knüpfen zudem zahlreiche
slavische Namensbildungen
an ,
die aufzuführen
ausser dem Bereiche dieser Deutung liegt , und von denen nebst dem Caasen ( 1364) Kazin sehr analogen Kasn-au (im Pilsener-) , noch Kasanitz (im Časlauer Kreise) und Gasnitz (im Egerlande) genannt sein mögen . Letzteres ( Gasnitz), im ältesten Steuerbuche der Stadt Eger vom Jahre 1395 als Jesnicz angeführt ¹) , lässt nicht nur deutlich die Abstammung vom čech. jesen Esche ,
erkennen ,
auch in augenfälliger Weise ,
sondern veranschaulicht
wie dieser Ortsname im Laufe
der Jahrhunderte seine Form (Jesnicz in Gasnitz) umgewandelt Zu * demselben Stamme (jesen) gehört auch der Name
hat.
des gleichfalls im Reussischen Unterlande gelegenen Geissen, betreffs dessen Deutung wir auf den einschlägigen Artikel (No. 10) verweisen.
4. Collis. Als ältere urkundliche Bezeichnungen werden (nach Br. II. 561 ) 1333 Kols
und Kolditz
angeführt , während
Volksmunde Cullz und Collz genannt wird .
es im
Collis , das mit
dem bei Leipzig liegenden Gohlis , in welchem 1785 Schiller wohnte , sowohl dem Stamme als Begriffe nach identisch ist, wird (vgl. M. II. 163 [ 23 ] ) vom altslov. altbulgar. golь (golů) nackt bloss
unbedeckt , neuslov . gol . čech. holý kahl nackt
glatt , holina , holizna kahler Fleck , abgeleitet und oberserb. in ON. durch „ Heide" übersetzt ; Collis bedeutet demnach auch hier: Heide .
1 ) Vergl. Egerer , Jahrbuch XI . Band pro 1881. von H. Gradl S. 112.
Das alte Egerland ,
49 5. Cuba. • Für dieses in der Thalsohle der Elster gelegene Dorf erscheint als älteste Namensform (nach Br. II . 423 ) 1534 Kuba, das in der gewöhnlichen Umgangssprache Kube heisst. Cuba = guba (fungus arborum) Baumschwamm (wie beispielsweise die an Bäumen wachsenden Löcherpilze , Boletus igniarius , fomentarius, quercinus, vgl. Fürnrohr S. 345) , ein Wort, dessen Miklosich in seiner Abhandlung „Ueber die slavischen Elemente im Magyarischen" 1) sub No. 213 ausdrücklich erwähnt .
Dort
wird auch (No. 172 ibid.) das altslov. altbulgar. gąba (fungus) Schwamm , Pilz , angeführt ,
desgleichen
in den Apellat. II.
160 ( 20 ) altslov. altbulgar. gąba (spongia) der Schwamm , sowie das neuslov. gôba (fungus) Erdschwamm , Pilz ; čech. huba, houba Schwamm. Cuba bedeutet demnach unzweifelhaft : Schwamm .
Wenn man die im Volksmunde
gebräuchliche
Form Kube als localis singul. (wo etwas befindlich ) auffasst , kann man dieselbe wohl als Ort ,
wo Schwämme sind ,
etwa
mit „im Schwammicht", „am Schwammfleck“ übersetzen , eine Erklärung , für welche auch die Lage des Dorfes in der Thalsohle der Elster, die zur Hervorbringung von Pilzen und Schwämmen geeignet erscheint , spricht.
Man ersieht hieraus,
dass die alte Tradition , Kuba verdanke der am Nordende liegenden Mühle seinen Ursprung , ' wenigstens in onomatologischer Hinsicht, ungegründet ist. 6. Culm . Kulm ist einer jener wenigen Orte, des Unterlandes , für welche bereits Brückner (I. 121 ) eine zutreffende Deutung mitgetheilt hat. Indem er als ältere urkundliche Bezeichnungen desselben (II. Bd . S. 546) 1333 Kulmen , Culma , 1533 Kolma anführt , leitet er diesen Ortsnamen von kholm Berg, ab, ein Begriff, dem (n . M. II . 169 [29] ) altslov. altbulgar. hlыmь
1) Denkschriften der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. XXI. Band, 1872. S. 29. 4
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Osten der Landes
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Vtsalt dar rov rovu) Grube pov 25 az Aze: 149 Umribene Umwallte , čec Das Gr ) , Ter verisen , muti einen Graben machen : E Deri uri
F- 15
19 Rabi , 1364 Robin : das 3
zveze . Uzwilte , der W. wie heut zu Tage nochHazel der zen unnt wird : E.penberg , jetzt Rosenber Beolach- Triz, ler unibene , unwillte Berg; Rosengar Roserie
bei Strabriken . auch Schlösschen genannt .
alter Weirpunkt: I. pusch, Oberrippisch. Dorf, urkdl. L Grä 11 455) 1239 Rabschitz = rvizie eine Anhäufung von Gra Frd- oder Schanzwerk , dessen Andenken in der ehemal Schwedenschanze" am Hirsberge fortlebt.
Oberlaus, hròd das Schloss, die Burg, čech. hrad die B Roschitz , Dorf, urkil. n. Br. II. 423 ) 1146 Rodhacice , 149 Rodeschitz
oberwend. hrodisco, nach Schmaler (S. 13)
umfriedigter Ort, eine Schanze, Verschanzung. čech. zahrad umschranken, einzaunen, verzäunen, hrazený eingezäunt, ve chanzt, daher hrad die Burg; M. L. 90 ( 18) erklärt das čet Muas aus zahralás von zahražany : Saara , Klein- und Gre waard Plihlwerk, Verschanzung.
M II
39 (99) altslov. altbulgar. stêna Mauer, Wand, cec
na Wand, om Wort, das auf eine Befestigung hindeuten in einigen, deutsches Gepräge tragenden Ortsnamen (siel : Hobgo bol Mikl . ibid. ) in der Form „ Stein" erscheint : Schlit slom , clue Verbindung von (M. II. 263 [ 123]) altslov. altbulgar.
45
5 (žlebů) , neuslov . žleb Wasserriesel , Wasserkanal , serb . b mit stêna Mauer , Befestigung : Wasserrieselschanze . a
jetzt wird eine Stelle dort „ Schloss " genannt.
Stein-
ken, Dorf, eine Verbindung des altslov. altbulgar. bregú gů) neuslov. breg Hügel (M. II . 146 [ 6 ]) mit stêna Mauer? Mauerhügel ?
Nach Brückner (II. 518 , 519) ist sein Name
t mit Steinbrüchen eins, und befand sich ein alter WohnWehrpunkt daselbst ; Steinbrücke, Flur bei Lusan ?
čech. týn týna oder týn týnu eine Umzäunung, Burg, von iti
něco zäunen , umzäunen .
Palacky Gesch. Böhm. I. 71 .
nerk. 17 vergleicht die böhm. Tyne oder Teyne mit altlischem Dunum (ein altgallisches Schloss) und dem englien Town (Stadt) , während Miklosich I. 85 ( 13) tуnь (tynů) aus dem Deutschen entlehnt bezeichnet : Tinz, Dorf, urkdl. Br. II. 425) 1290 Tyncz , jedenfalls Pfahlwerk, Umzäunung M. II . 207 (67) altslov. altbulgar. ograda Zaun ,
deutend.
rzäunung , čech. ohrada Umzäunung , Verzäunung : Zschoern , Vorstadt von Gera, zusammengesetzt aus der Präpos . ›vak. čes längs jenseits , und ohrada Verzäunung : Jenseits r Umzäunung des Pfahlwerks (des Sorbendorfes Gera).
50
(hlůmů) Hügel , neuslav. holm , oberlausitzisch (nach Schmaler, Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz 1867 S. 12 ) kholm und das čech. chlum, chluma , Hügel, Berg, entspricht.
Offen-
bar sind hier unter dem Worte Hügel jene Kalk- und Sandsteinhöhen zu verstehen , zwischen welche dieses Dorf eingebettet ist, deren Namen , wie Schenkenberg (vom čech. seno Heu = Heuberg) , Zuckerberg (za - goru = hinterm Berg) und Kuhberg (čech. kúpa Anhöhe), obgleich durch deutsche Volksetymologie entstellt, noch jetzt die Erinnerung an die Sorbenzeit wach erhalten.
Culm ist daher gleich Hügel .
7. Debschwitz. Dieses Dorf scheint zur Sorbenzeit inmitten eines am linken Elsterufer
vom Hainberge
gegen
Süden
sich aus-
dehnenden Waldes , der hier jedenfalls aus Eichen bestand, gelegen zu haben , da dessen urkundlich älteste Namensformen (n. Br. II. 449) Debschitz , Dobschwitz, 1533 Deschizk, 1534 Dobschitz , namentlich aber letztere ( 1534 Dobschitz), auf das čech. dub , neuslov. dôb Eiche , hinweisen , und mit dem Collect. čech. dubičí Eichenwald sowie mit dubice Eichenwäldchen eines Stammes zu sein scheinen .
Auch Miklosich
(II. 255 [ 15 ]) leitet den čech. ON. Dubčice , welcher mit dem hier vorkommenden alturkundlichen Dobschitz zusammenklingt, von dôb dub, Eiche, ab, eine Ortsbezeichnung, die in gleicher Form mehr denn sechsmal in Böhmen wiederkehrt. Debschwitz, Dobschitz kann demnach füglich mit „Eichendorf" wiedergegeben werden .
Es sei jedoch gleichzeitig erwähnt,
dass nach einer Vermuthung Schmaler's 1 ) der deutsch Debschütz , oberlausitzisch Debsecy genannte Ort „ richtiger vielleicht Depsecy
laute und von dem Namen Deps d. i. Lärm
abzuleiten sei , womit übrigens auch die bereits früher von Miklosich (in den Denkschriften der Kaiserl. Akademie der
1) Schmaler , Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz und ihre Bedeutung. Bautzen 1867. S. 13.
51
Wissenschaften XIV. Bd . 1865 S. 30) vorgetragene Meinung , dass die ON. der in Böhmen liegenden Dörfer ( 2) Dobešice , (6) Dobšice und Dobešovice von einem Personennamen (No. 113) herrühren , übereinstimmt. Unserer bescheidenen Anschauung nach dürfte dieser ON. hier, da Debschwitz in der Nähe des sicher Wald bedeutenden Lusan gelegen ist, einfach als Eichendorf zu erklären sein, zumal sich im Reussischen Unterlande bisher noch kein Name vorgefunden , der mit Sicherheit auf einen altslavischen Personennamen zurückgeführt werden. könnte . 8. Dorna. Für diesen Ortsnamen sind bereits zwei , und wie wir gleich voraussenden wollen , unrichtige Erklärungen gegeben worden : die eine, fast unverdauliche, von Limmer, die andere von Brückner in seiner Topographie. Limmer schreibt ( I. Bd . S. 77-78) wörtlich : „Inwiefern sie (die Sorben) den Swantewith auch unter dem Namen Tor oder Dor , d. i . des Allmächtigen verehrten, leitet gewiss von daher seine Benennung das Städtchen Dreuen oder Drewin, wie sonst es geschrieben wurde , und welches völlig gleichlautend mit Traiden in Livland ist und so viel als Thoraide d. i. Tors- oder Dors- Hain bedeuten will. Ebenso wie im Geraischen das Dorf Dorna so viel als Dorsbedeutet."
oder Tors - Feld
oder Aue ,
Thal
Die zweite , von Brückner (II. 551 ) mitgetheilte
Deutung lautet : „Der Ort (Dorna), von Dorna im weimarischen Amte Roda zu unterscheiden, soll , wofür allerdings die Flurstücknamen Kremel und Leube sprechen, ein sorbischer Anbau sein und ", Rasenheim ' bedeuten . Spielender Sinn leitet den . Namen von Dorn ab und macht somit den Ort zu einem deutschen Anbau. nahme ,
dass
Grössere Wahrscheinlichkeit hat die An-
der hiesige Petersberg
ein alter ,
dem Thor
geheiligter Punkt war und ursprünglich Thorsberg (Thorberg) hiess und dass die Sorben ihn mit unverändertem Namen gleichfalls als Kultusstätte gebrauchten.
Bei der Einführung
des Christenthumes , das St. Peter an die Stelle des Thor zu 4*
52
setzen pflegte, errichteten die ersten Sendboten auf dem heidnischen Kultpunkte eine Peterskapelle und verwandelten den Namen Thorsberg in Petersberg.
Unverändert davon blieb
der alte Name des Thales als Au am Thorberg oder Thornau. Ebenso unverändert blieb Thorhain, ein unfern Dorna zwischen Röpsen
und
Negis
gelegener
Hochpunkt."
Dem
entgegen
glauben wir in den alten urkundlichen Formen dieses Ortsnamens (Br. II. 549) : 1333 Turnaw , 1415 Thornaw, Tornaw, 1533 Tornaw , welcher namentlich in Böhmen als Trnaw (bei Chlumetz) ,
Trnawka (bei Přeloutsch) ,
Trno
(bei Sobotka),
Trnau (bei Oppotschna) , dann mehr als fünfmal als Trnowa, Trnowan, Trnowcy wiederkehrt, das čechische trn trnu Dorn , trnoví trní collect. Dornstrauch Dornbusch , trnovice trnovka Dornstock Schlehenstock , zu
erkennen , und speziell ( 1333)
Turnaw und (1415 und 1533) Tornaw als das čech. trnoví Dornstrauch , Dornbusch , deuten zu sollen , eine Erklärung, die namentlich durch die in der Gemarkung Dorna's einst vorkommenden Schlehensträucher (čech . trnka Schlehe, woraus durch Metathesis der Flurname Türken- acker bei Dorna gebildet wurde) auch sachlich begründet erscheint.
9. Ernsee. Als ältere Namensformen erscheinen nach Brückner II. 418 urkundlich 1397 Irnse , 1533 Irnsehe , und in den Kirchenbüchern Irrensehe, Irrenshöhe, Errensehe, Ehrensee, im Volksmunde Ernsee .
Die deutsche Volksetymologie hat sich viele
Mühe gegeben ,
diesen Namen zu deuten , von welchen Er-
klärungsweisen Brückner (II. 419) mehrere erheiternde Versuche mittheilt , wie Erren se ? d. i. Irren Sie ? womit ein Einsiedler ein verirrtes Burgfräulein angesprochen haben soll ; Ehrensee , angeblich von einem heiligen See , Irmenshöh, von einer Irmensäule, Irrenshöhe, von umherirrenden hier angesiedelten Pottendorfern.
Obgleich der Topograph des Reussen-
landes diesen Namen sowie den der umliegenden Flurstücke Lesse und Lumpe für sorbisch erklärt , hat er dennoch eine
53 Deutung derselben zu geben unterlassen. Der Stamm der ältesturkundlichen Form (1397) Irnse ist = neuslov. rž, hrž, serb. rž Roggen (vgl. M. II. 229 [ 89] ) , zu welchem das Adjectiva bildende Suffix ênь (enů) oder inь (inŭ) (vgl . M. I. 95 [23] No. 31 , 32) hinzutritt, so dass das Ganze rž- ênь, гž-inь (ersen, irsen , Irnse) lautet , und die Bedeutung von roggig d. i. Roggen tragend, mit Roggen bewachsen, hat. Die von Miklosich (ibid.) angeführten Belege Ržno Jeschen in Kärnthen Ržanice in Serbien kommen Irnse am nächsten. Der ON. Irnse, Ernsee , welcher demnach füglich mit Roggendorf wiedergegeben werden kann, bezeugt den von den Sorben hier in uralter Zeit kultivirten Roggenbau, bis
und lässt die Gründung des Ortes selbst
ins VIII. Jahrhundert zurückdatiren ,
in
welchem
der
Roggen (nach Dr. Fürnrohr's Naturgeschichte S. 226) durch die Hunnen (? 1) nach Deutschland gekommen ist.
10. Geissen. Während Brückner (II . 470 ) ausdrücklich erklärt , dass dessen älteste Namensform 1121 Gizsan (und nicht Girsan) lautet , dabei es aber unentschieden lässt , ob dieses in einer Urkunde des Klosters Bosan vom Jahre 1121 erscheinende Dorf nicht
etwa das Ronneburg'sche Geissen sei ,
glaubt
Dr. Alberti (Urkundensammlung z. Gesch. d. Herrschaft Gera S. 25) in selbem das Gera'sche Geissen zu erkennen ; er behält aber nach Schöttgen und Kreisig's Diplomatarium die Lesart Girsan bei. Unter sothanen Umständen erachten wir es für das Gerathenste , statt dieser älteren die (nach Br. II. 470) im Jahre 1533 urkundlich vorkommenden Formen Geissingen, Geussingen, Geussen der Namensdeutung zu Grunde zu legen ; sie sind mit den in Böhmen erscheinenden Gessing čech. Jeseň (bei Buchau), Gässing čech. Jeseň (bei Duppau), Geszenik čech. Jeseník (bei Nimburg) sowie Gessen čech. Jesení (bei
1) Soll wohl heissen Avaren , gegen welche Karl der Grosse von 791 bis 799 Krieg führte. Dr. R.
54 Czachrau - Klattau) identisch , und lassen namentlich die angeführten čechischen Ortsnamen den (čech. ) Stamm jesen, die Esche , deutlich erkennen .
Nach Miklosich (II. 175 [ 35])
čech. jesen oder auch jasen
serb. jasen ,
ist
oberserb . jaseň
f. jasla jasník, neuserb . jasen, altslov. altbulgar. jasenú (jasenů), poln. jasion jesion. Aus diesen, Esche bezeichnenden Bedeutungen wurden in den verschiedenen , von Slaven bewohnten Ländergebieten die mannigfaltigsten Ortsbenennungen gebildet, so der uns hier interessirende ON. Geissen, welcher mit Esche, Eschendorf wiedergegeben werden kann, und ebenso der gleichfalls im Unterlande vorkommende ON. Caasen, dessen Deutung bereits an einschlägiger Stelle gegeben wurde .
Sie können
als sprechendes Zeugnis dafür angesehen werden , dass die herrliche Esche, die gegenwärtig nur noch zerstreut im Geraer Landestheile vorkommt , zur Sorbenzeit einer viel grösseren und weiteren Verbreitung daselbst sich erfreute .
11. Gera. Die
älteste
Namensform
der
schönen
Metropole
der
Reussenlande glich vollkommen der noch jetzt allgemein und offiziell gebräuchlichen Schreibweise Gera.
Sie erscheint zum
ersten Male in einer Urkunde Kaisers Otto III. vom Jahre 995, in welcher ¹ ) anlässlich einer Grenzbeschreibung des Bisthumes Zeitz der Grenzlinie des letzteren gegen Gera „terminus gera“ Erwähnung geschieht ; desgleichen in einer von Limmer (Geschichte des Voigtlandes I. Bd . S. 217 und 219) zitirten , in Dr. Julius Alberti's trefflicher „Urkundensammlung zur Geschichte der Herrschaft Gera" (I. Heft S. 5 ) ihrem vollen Wortlaute nach publizirten Schenkungsurkunde desselben Kaisers Otto III. vom 26. April 999 , gemäss welcher die provincia Gera dicta der Aebtissin Adelheid zu Quedlinburg unentgeltlich in's Eigenthum übergeben wird .
Als weitere alte Formen
1) Nach Lepsius, Geschichte der Bischöfe von Naumburg, S. 180, und Dr. Julius Alberti , Urkundensammlung, I. Heft S. 6.
55
---
kommen (nach Alberti , Urk. S. I. 25) am 9. November 1121 und 15. April 1146 der pagus Geraha, sowie die von Brückner (II. 428 )
angeführten Lesearten Geraha ,
Gerawe aus
dem
Jahre 1125 , und Ghera, Gerau , Gera, Cheraw, Jera aus dem Jahre 1145 , vor. Sämmtliche bisher bekannt gewordenen Erklärungen dieses ON. sind unrichtig ; so glaubt irrthümlicher Weise Limmer ( I. 61. [ 1825 ]) , dass die slavischen Ansiedler die Gegend von Gera nach dem slavischen Worte gorà = Berg mit dem Namen Gerawe , Geracha oder Geraha d . i. Berggau oder Bergkanton belegten , eine Ableitung, welche der berühmte Slavist Schafařík ( Slav . Alterth . II . 606 [ 1837]) bei Aufzählung der acht kleinen Gaue, in die das eigentliche Sorbenland zerfiel , durch die in parenthesi bei Gera aufgeworfene Frage : „Vielleicht ursprünglich Gora?" als mindestens zweifelhaft hinstellt, während Ferd . Hahn selbe gleichwohl wiederum in seine ,, Geschichte von Gera " (1849) aufgenommen hat.
Ebenso unrichtig sind die von anderen For-
schern versuchten Deutungen ,
die Brückner (II. Bd . S. 442
seiner Volks- und Landeskunde des Fürstenthumes Reuss j . L.) gesammelt und mitgetheilt hat , nach welchen Gera , je nachdem man diesen ON. von deutscher, sorbischer oder keltischer Zunge ableitet : „ Heeresau , Kriegersau, Haselruthenau, Waldoder Bergort und Stadt" bezeichnen soll .
Unsere Ableitung
ist ebenso einfach als ungesucht und scheint gerade deshalb eher den Stempel der Wahrheit als die früheren Erklärungsversuche an sich zu tragen .
Die älteste aus den Jahren 995 und 999 datirende Form ergibt als Stamm ger, gher, ker = jetzigem čech. ker die Staude , der Strauch , der Busch , der Stock, wobei bemerkt wird , dass das čechische k ohne Aspiration , ähnlich dem deutschen g lautet , ebenso , dass čechisches ř nach Palacký Geschichte von Böhmen (I. Bd . S. 495) vor dem Ende des zwölften Jahrhundertes im Böhmischen gar nicht existirte , mithin in Rede stehendes keř (Busch) in urältester Zeit einfach ker gesprochen wurde. Vgl. Miklosich I. 83 (11) kúгь (kůri) Gebüsch , und II. 191 (51 ) No. 290 altslov.
56
altbulgar. kúrь (kŭri) radix Wurzel, čech. keř männl. gen. kře, weiblich gen. kři frutex Staude coll. kři , křoví, oberserb. und niederserb. keř frutex , nach Schmaler (Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz S. 8) oberlaus. khróst Busch. Provincia Gera dicta bedeutet demnach : 99 der Bezirk oder blos die Gegend genannt Gera " und ON. Gera selbst übersetzt : ,,Der Bezirk genannt der Busch, das Gebüsch", welches wahrscheinlich zur Sorbenzeit üppig am Elsterufer wucherte .
Mit
Gera gleichen Stammes ist eine bedeutende Zahl von ,
im
Reussischen Unterlande vorkommenden, im Allgemeinen Theile namhaft gemachten Flurnamen , auf die wir hier in Kurzem verwiesen haben wollen ( siehe S. 29 und 30). etwa erhobene Einwendung ,
Die hiegegen
dass unter selben erscheinende
Namensformen , wie Quere, Queren, Querns , nicht slavischen , sondern deutschen Ursprunges , und vielleicht (vgl. FörsteS. 92) vom gothischen quairnus =Mühle oder (vgl .
mann
Benecke I. 915 ) vom althochd . quirn Mühle oder gar von Korn abzuleiten seien (vgl. hiemit Förstemann S. 119) , scheint abgesehen davon , dass Wassermühlen erst im XIII. Jahrhunderte in Deutschland allgemeiner wurden , und in
der
Urzeit deren soviele im Unterlande und an solchen Orten, wo sich , wie in Seeligenstädt (vgl. Brückner II. 529) ,
keine
Bäche
durch
finden ,
gar nicht bestanden haben konnten ,
nachstehende Erörterung dreier charakteristischen Flurnamen, der Quirre oder dem Hartgraben , dann des Querschachten und der Weidichtqueren , jeden Halt zu verlieren .
Der Flur-
name Quirre in der Feldmarke bei Hundhäupten , auch in der Form Quirl oder Hartgraben bekannt , enthält in seiner deutschen Benennung (Hartgraben) , da althochd. hart Wald, Hochwald (Förstemann S. 56), Hartgraben,Waldgraben bedeutet, eine Uebersetzung der slavischen ( Quirre) ; denn altslov . altbulgar. kыгь (küri)
Buschholz, Gebüsch und ebenso bezeichnet
im ON. Querschachten (einer Flur bei Lusan ) das Grundwort Schachen noch jetzt in den bairischen und schwäbischen Mundarten Wald oder Gebüsch, besonders einen übrig gebliebenen
57
-
Theil eines grösseren Waldes (Förstemann S. 59).
Da , wie
eben erwähnt , das slavische Bestimmungswort dieses Kompositums genau dasselbe Objekt wie das deutsche Grundwort bezeichnet , so ist offenbar , dass in demselben das später angefügte Schachen nichts anderes , als einfach Uebersetzung des slavischen Quere ist , wofür sachlich noch der weitere Umstand spricht, dass Lusan (im Jahre 1240 Losan = neuslov. loza Wald) , in dessen Gemarkung diese Flur liegt , ebenfalls Wald bedeutet. Von gleich durchschlagender Wirkung erscheint die Bedeutung des ON. Queren (in der zu Otticha gehörigen Flur) Weidichtqueren : offenbar wird hier das slavische Grundwort (ker Busch) durch das deutsche Bestimmungswort ,,Weidicht" (althochd. wîda = Weide [auch wittahe] , mittelhochd. widehe , collectiv. zu wîde) näher präzisirt, und bedeutet das Ganze ,,Weidengebüsche".
Wir glauben somit den slavischen
Ursprung des ON. Quere hinreichend erwiesen zu haben. Muthmasslich dürften sich noch andere Flurnamen des Reussenlandes auf ker Busch zurückführen lassen, sodass die Annahme nicht allzu gewagt erscheint , dass mehr denn dreissig Flurnamen des Unterlandes mit dem Namen der Landeshauptstadt eines Stammes sind , daher auch denselben Begriff „ Busch , Gebüsch" bezeichnen, ebenso auch, dass der ON. Gera zu den über das Fürstenthum Reuss j . L. weitest verbreiteten zählt. Sein Vorkommen in allen Gebieten desselben liefert wohl den untrüglichsten Beweis dafür , dass das jetzige Unterland zur Zeit der Niederlassung der Sorben im VII. Jahrhunderte (nach Br. I. 314) eine triste , allenthalben mit Buschwerk bedeckte Gegend war, die deshalb mit Recht in der ältesten über diese Landesstriche erhaltenen (von Kaiser Otto III. am 26. April 999 ausgestellten) Urkunde als der ,, Bezirk, genannt der Busch“ - provincia Gera dicta bezeichnet wurde, sowie dass dieses seine Urbarmachung zuvörderst der rodenden Pflugschar des mit Vorliebe Ackerbau treibenden Sorben dankt , wie dies auch aus den im Allgemeinen Theile in der III. Abtheilung über Bodenkultur aufgeführten Flurnamen hervorgeht.
58 Geite. Innerhalb des Weichbildes der City von Gera wird der ebenso alte als seltsame Name einer Gasse oder eines Weges, der Geite, erwähnt (vgl. Hahn , Gesch . von Gera, 1849) , welche vom Weidaischen Thore im Süden Alt- Gera's in gerader Richtung nach Norden längs der uralten Stadtmauer bis zur Nikolaikirche verlief und von dort (der Kirche) quer über die Webergasse bergauf nach Osten sich wendend bis an die Altenburger Strasse , südlich von Zschochern als enger, zwischen Feldern und Zäunen sich durchschlängelnder Fussweg führte.
Wir
erblicken in dieser, östlich von Alt- Gera in der eben angedeuteten Richtung markirten Linie einen uralten slavischen Wall , eine Art Schanze, die die sorbische Kolonie Alt- Gera, welche im Westen durch den Pfortner-Bach (Mühlgraben) , im Süden durch eine Schlucht, den Stadtgraben (jetzt Gasse ) , vertheidigt wurde , an der Ostseite gegen feindliche Angriffe schützen sollte ; denn Geite ist unserer Ansicht nach das altslov. altbulgarische gatь (gati).
Miklosich , Appellative II. 160 (20), No. 100 , erklärt : russisches gat f. = agger , Damm , Erdwall, Schanze , neuslov. gat m . canalis Wasserkanal , serb. gat m. Ableitkanal neben dem Wehr , oberserb. hat m. Teich, Gat in Kroatien als Beleg anführend , womit Anton Matzenauer in seinen ,,Beiträgen zur slavischen Wortforschung" 1) im wesentlichen übereinstimmt , nur dass nach ihm russ. rara veraltet
1) Anton Matzenauer , ,, Přispěvky ke slovanskému jazykozpytu" in den , Listy filologické a pædagogické ". Vydávají se nákladem jednoty českých filologů v Praze. Odpovědní redaktoři J. Kvičala , J. Gebauer VII. ročník, sešit III & IV, S. 177. V Praze 1880. Taть f. agger Damm Erdwall Schanze, čech. hráze Damm beim Teiche, russ. f. i rara (obs. ) pons vimineus Faschinenweg , slov. gat m. canalis, čech. průplav Kanal, gata pons vimineus, serb . gat der Ableitkanal neben dem Wehr (stoka vedle jezu). Cellæ genus , druh sklepu , eine Art Keller , polnisch gać- ci f. agger Damm Erdwall, fascis virgultorum ein Bündel Strauchwerk, pons vimineus Faschinenweg, čech. bat' f. gen. = ti, tě fascis virgultorum, agger vimineus Faschinendamm , altčechisch hat Hain , slovak. arbores in pratis, confiniis Bäume auf Wiesen, Grenzbäume.
59
auch pons vimineus , Faschinenweg , bedeutet. Wir ersehen daraus , dass dieses Wort (gat) zuvörderst Damm , Erdwall , Schanze, sodann Faschinendamm bezeichnet, Bedeutungen, die auch unserer Geite zukommen , welch' letztere , wie bemerkt , ursprünglich eine sorbische Umwallung der ältesten Anlage des Dorfes (villa bis 1200) Gera , und zwar auf dessen Ostseite , bildete.
Für diese Anschauung hat sich nebst dem
onomatologischen auch ein diplomatischer Beleg erhalten . Nach Inhalt einer Urkunde der Aebtissin Agnes von Quedlinburg ( 1184-1203) , welche ungefähr aus dem Jahre 1200 datirt , kaufte diese für das Stift mehrere in Gera liegende Grundstücke etc. von einem gewissen Herrn Ludold zurück, unter anderen auch das sogenannte pastiforium¹) .
du Change
(Ducange) in seinem Glossarium (Bas. 1762) erklärt nach Angabe des Herrn Dr. Alberti (I. H. 31 ) dieses Wort (in der Form pastophorium) folgendermassen : „ Pastophorium atrium templi aut sacriarium , vestibulum in circuitu ædis. significare in Chronico Maissonensi p. 633 :
Aliud videtur
,locus enim non
tam naturali munitione firmus , quam humano labore et opere manuali factus , modo aggere terræ, modo pastophorio , interdum ubi opportunum erat , roboratus , non faciles præbens accessus. Videtur esse munimenti genus ex cratibus (Flechtwerk) confectum , quibus pastores includunt oves de nocte, ut a luporum incursibus tutæ sint." Es scheint also eine Art aus Flechtwerk aufgeführten Befestigungsmittels gewesen mit setzt Ducange am Ende erklärend hinzu zu sein welchem die Hirten ihre Heerden vor Angriffen wilder Thiere zu schützen suchten , während unserer bescheidenen Meinung nach unter dem Geraer pastiforium muthmasslich ein Theil des noch um 1200 vorhandenen sorbischen Walls , der Geite, zu verstehen sein dürfte.
Wie sich aus gat , gati, die jetzige
Moles , čech. jez Wehr , oberlaus. hat m. agger Wall , piscina Fischteich , niederlaus . gat piscina , čechisch rybnik Fischteich , rum . getež sarmenta Reisigbündel, virga, čech . proutí Ruthen. 1) Dr. Julius Alberti, Urkundensammlung, I. Heft S. 30.
-
60
Benennung Gäute, Geite entwickelte , ist aus der von Brückner, einem Meister deutscher Dialektforschung, in seiner ,,Landeskunde" über die vokalischen Brechungen des Reussischen Dialektes mitgetheilten Tabelle (vide Br. I. S. 140) , nach welcher u. A. a in äu abgelautet wird , ersichtlich. Zschochern. Da die alte Stadtmauer vom Weidaischen Thore im Süden der Altstadt bis zur Nikolaikirche nach Norden ganz genau in derselben Richtung wie die Geite verlief , so folgt hieraus unzweifelhaft, dass jene (die Mauer) an der Stelle des älteren slavischen Walles (der Geite) aufgeführt , diesem somit ihren Ursprung verdankt ; von der Nikolaikirche-Webergasse jedoch angefangen , scheint der nach Osten quer über die Schulstrasse und südlich von Zschochern verlaufende Theil der Geite nicht aus einem Erd- oder Faschinenwalle , sondern einem Palissadenzaune bestanden zu haben, eine Behauptung , für welche der Beweis durch die Deutung des Ortsnamens Zschochern erbracht werden dürfte.
Obgleich die Erklärung
des Eigennamens dieser uralten slavischen Vorstadt Gera's erhebliche Schwierigkeiten bietet , so gelangt man dennoch zu einem befriedigenden Resultate , wenn man , analog der Vorgangsweise des gelehrten Schafařík (Slavische Alterthümer II. Bd . S. 578) , bei Deutung des Namens der Tschrespjenjaner (welchen dieser in die Präposition črez und Pěna (Fluss) zerlegte) auch Zschochern als zusammengesetztes Wort auffasst und in die Theile zsch und ochrana ,
oder ohrada ograda :
zsch- ochrana oder zsch - ohrada , zsch - ograda zerlegt.
Nach
Schafařík bedeutet die kyrillische Präposition črez , russisch čerez , kärnthnisch čez , črez, slovakisch čes , dem wir zsch gleichsetzen : per durch längshin , sowie trans jenseits , und nach Miklosich (II. 207 No. 387) ograda :
sæpes Zaun , Ver-
zäunung , Vermachung, čech . ohrada Umzäunung, Verzäunung, Gehege , čech. ochrana Zufluchtsstätte , Asyl , Schutz , daher čes - ohrada (Zschohrad) jenseits der Umzäunung , oder čes-
61
ochrana (Zschochran) jenseits der Zufluchtsstätte .
Hieran
reiht sich von selbst die Frage , nachdem die Existenz eines Palissadenzaunes bei Zschochern onomatologisch feststeht, in welcher Richtung derselbe verlief. Bekanntlich war die jetzige Hauptstadt des Reussenlandes ursprünglich und urkundlich bis zum Jahre 1200 ein Dorf (villa ) , das erst von 1224 und 1237 angefangen als Städtchen ( oppidum) genannt erscheint .
(Vgl.
Dr. Jul. Alberti , Urk.-S. I. H. S. 42. ) Dass dieses von den Sorben gegründet wurde, unterliegt wohl nach dem Vorausgeschickten keinem Zweifel. Nach den Untersuchungen des gelehrten Dr. G. Landau (Beilage zum Correspondenzblatte Januar 1862 S. 1 und 4 ) über die Anlage der slavischen Dörfer in Thüringen waren nun diese mehr oder minder von rundlicher Form (Rundlinge ) und mit einem den ganzen Ort umschliessenden undurchdringlichen Hagen (Landau S. 1 ibid .) , der zudem durch einen Graben von beträchtlicher Tiefe ( S. 4 ibid . ) verstärkt wurde , umgeben, eine Befestigungsmethode, die als ausschliesslich slavische bezeichnet werden muss . Auch im Reussischen Unterlande waren die Dörfer und Städte nach dem
ausdrücklichen Zeugnisse
einer aus dem Jahre 1238
datirenden , über die Belehnung Markgrafen Heinrichs von Meissen mit Burg Langenberg ausgestellten Urkunde noch in der Mitte des dreizehnten Jahrhundertes , selbstredend aus der alten Sorbenzeit her , mit Palissaden- oder sogenannten „ Flurzäunen “ umhegt ; denn in dem erwähnten Dokumente wird bezüglich der Gerichtsbarkeit in den Ortschaften zwischen Bischof Engelhard von Naumburg einer- und Markgrafen Heinrich andererseits vereinbart, dass letzterer ,,infra sæpes quæ flurzäune vulgariter appellantur" d . i . innerhalb der Umzäunungen (der Städte, Dörfer etc.), welche gewöhnlich Flurzäune genannt werden , keine Jurisdiction üben solle. Dr. Jul. Alberti , Urk.-S. I. H. S. 45-47 .)
(Vgl.
Unseres Wissens
ist bisher auf diesen streng urkundlichen Beleg für die Umzäunung der sorbisch - reussischen Dörfer noch niemals hingewiesen worden. Zu den hier erwähnten Villen und Flecken
62 gehörte auch Gera , das wie alle sorbischen Ortschaften umwallt und umzäunt war, und wir erblicken in dem ON. Zschochern eine onomatologische Ueberlieferung von dem einstigen Bestande eines sorbischen Pfahlwerkes oder Palissadenzaunes, von welchem Gera in der Richtung gegen Zschochern hin eingeschlossen wurde ; dem innerhalb des Pfahlwerkes situirten Alt- Gera wurde von dessen sorbischen Ureinwohnern die an der Nordostseite ,, ausserhalb seiner Verzäunung “ , d . i. čes- ohrada liegende Umgebung gegenübergestellt , und diese Lokalbezeichnung sodann auf den dort entstandenen Vorort Zschochern selbst übertragen. Wir haben bereits bei Deutung des Namens Geite ausgeführt , dass das sorbische Dorf Gera im Westen durch den Pfortner-Bach (Mühlgraben) , im Süden durch eine Schlucht , den Stadtgraben , im Osten aber durch eine (aus einem Erdwalle oder Faschinendamme bestehende) Schanze, die Geite, eingeschlossen, beziehungsweise befestigt Demnach hätte einzig und allein die Nordseite feind-
war.
lichen Angriffen offen gestanden. Dass dies jedoch nicht der Fall gewesen, dafür spricht im Allgemeinen ausser der bereits charakterisirten slavischen Befestigungsweise insbesondere die Namensdeutung und Lage Zschochern's, als des jenseits und ausserhalb der Umzäunung" im Nordosten von Gera situirten Es musste demnach dieser , um als „jenseits"
Bezirkes .
liegend bezeichnet werden zu können , durch eine Scheidewand von Gera getrennt , es musste ferner diese - das sorbische Pfahlwerk -- zwischen letzterem Orte und Zschochern aufgerichtet gewesen sein.
Daraus folgt , dass auch die Nordseite Alt- Gera's befestigt war , und dass der Schanzzaun etwa in der Richtung des „ Steinweg “ , „ Hinter der Mauer“ gegen den „Brühl “ zu an den „ Mühlgraben " lief. Einen sichern Anhaltspunkt gewährt diesfalls der Gassenname : „ Hinter der Mauer" ,9 weil damit die Richtung der alten Ringmauer gegeben erscheint, die sicherlich an Stelle des noch älteren Pfahlwerkes erbaut worden war. Die so umschriebenen Grenzen lassen das Sorbendorf Gera trotz des Verlaufes vieler Jahrhunderte und
63 trotz der Veränderungen des ursprünglichen Lagerungsplanes, namentlich nach dem grossen Stadtbrande i . J. 1781 heut zu Tage noch als slavischen Rundling erkennen, eine Darlegung, für welche speziell die beiden Ortsnamen Geite und Zschochern , durch deren Deutung Alt- Gera in völlig neuer , bisher unbekannter Perspektive erscheint , unzweifelhafte Belege bilden. Sorge. So heisst eine der schönsten Hauptstrassen des heutigen Gera, ohne dass deren Bewohner vielleicht ahnen , dass dies eine slavische Benennung sei ,
die sich aus alter Sorbenzeit
bis auf unsere Tage erhalten hat.
Eine Deutung dieses auch
in andern germanisirten Gebieten vorkommenden ON . wurde bereits von Pastor Bogenhardt in seiner Abhandlung : „Ueber den Einfluss
deutscher Volksetymologie auf die Gestaltung
slavischer Ortsnamen " ) mitgetheilt : er leitet diese Bezeichnung ganz richtig von za-goru, za-horu, auf, an, hinter dem Berge ab. „ Den Namen für deutsch zu halten ― schreibt er verbietet das Abstrakte der Sorge, zumal alle alten ON. eine konkrete anschauliche Bedeutung haben , weil das naive kindliche Denken des Volksverstandes sich noch nicht zur Abstraktion
erhebt ;
sodann
aber
auch das
durchgängige
Zutreffen der Realprobe auf die Bedeutung des slav. Zahoru , indem in der That sämmtliche Orte dieses Namens auf, an, in der Richtung von Bergen liegen." Mit za - goru = Sorge an oder hinter dem Berge , čech. záhoří Gegend hinter dem Berge, dürften hier die Ausläufer eines benachbarten Berges (etwa des Galgenberges ?) , an dessen Fuss sich diese Gasse ansetzte, gemeint sein ; doch mögen hierüber dortige Lokalforscher mit genaueren Terrainkenntnissen als Verfasser besitzt, endgiltig entscheiden. --- Fassen wir das Ergebnis unserer Deutung des ON. Gera , sowie das der im Weichbilde dieser 1) Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländischen alterthumsforschenden Vereins zu Hohenleuben nebst dem vierzigsten Jahresbericht. Weida 1871 , Seite 19 ibid.
64 Stadt vorkommenden Gassenbenennungen Geite ,
Zschochern
und Sorge zusammen : so resultirt daraus, dass zur Sorbenzeit (vom VII. bis X. Jahrh.) am linken Elsterufer , wo heute die Stadt lagert ,
ungefähr da,
sich ein Busch oder Buschholz
(altslov. altbulgar. kůri , čech . keř , ker local plur. kerech in den Büschen) ausbreitete , welches der ganzen Umgegend dergestalt den Charakter aufprägte ,
dass
diese
schon
in
grauester Vorzeit (urkundlich 26. April 999) als der „ Bezirk genannt der Busch (provincia Gera dicta)" bezeichnet wurde, und dass die Sorbenwenden in diesem Buschwerk eine Ortschaft anlegten, die gleichfalls von selbem ihren Namen : „Im Busch (local. plur. kerech)" empfing.
Den Kern- und Krystallisations-
punkt dieser Ansiedlung bildete unzweifelhaft eine Befestigung oder Burg „das
alte Schloss " ohnweit der Vereinigung des
Pfortner Baches (Mühlgrabens) mit der Stadtgraben - Schlucht, für dessen Bestand zur Sorbenzeit noch andere von diesem Stamme in der Umgebung Gera's angelegte Burgen und Umwallungen wie Roschitz ( 1146 Rodhacice = hrodžišćo Schanze , Verschanzung) , Tinz (čech. tyn Umzäunung, Pfahlwerk) u . s. w . zeugen. In ihrem Umkreise mögen sich, wie dies die Geschichte anderer Burgen lehrt ,
Burgleute , sowie des Schutzes wegen
auch andere Stammesangehörige etc. niedergelassen und dem sich um selbe krystallisirenden Orte den Namen „ Im Busch " (local. pl. kerech, noch jetzt in der dialektischen Form „ Gere" erhalten) , beigelegt haben.
Diese älteste Ansiedlung ,
die
sorbische Dorfanlage Gera , deren ursprüngliche Gestalt , wie oben bemerkt, sich noch jetzt in der Konfiguration der Innenoder Altstadt erkennen lässt, war, wie mehrfach schon hervorgehoben wurde, im Westen durch den Pfortner Bach (Mühlgraben) , im Süden durch einen Thaleinschnitt, den Stadtgraben , den ein vom Geiersberg herabkommendes Wässerchen durchströmte ,
schon von Natur aus geschützt.
Zu ihrer
weitern Sicherheit mag von den Sorben an der Ostseite die Geite , ein vom ehemaligen Weida'schen
Thore bis in
die
Gegend der ehemaligen Niklaskirche , wahrscheinlichst aber
65
―
bis zum Leumnitzer Thore führender Erdwall (altslov. altbulgar. gatь , gati ,
Gäute ,
Geite) an dessen Stelle später die mit
demselben in gleicher Richtung verlaufende alte Stadtmauer trat, und an dessen einstiges Vorhandensein noch jetzt der ON. Geite erinnert , aufgeführt worden sein , da man in der bezeichneten Gegend der Stadt von „ einem Wohnen auf der Geite" sowie einem ,, Wege hinter der Geite" spricht. Westlich, etwa bei der Niklaskapelle , und südlich von Zschochern überging diese Umwallung in ein Palissadenwerk , wofür die Bedeutung des ON. Zschochern zeugt, das im Gegensatze zur sorbischen Siedlung Gera von den Urbewohnern des letzteren ausdrücklich als „jenseits " d. i. ausserhalb des (Geraer) Pfahlwerkes, der Umzäunung (čes-ohrada) liegend bezeichnet wurde. Wir vermuthen aus allgemeinen und speziellen Gründen, dass dieser Schanzzaun etwa den Steinweg, Hinter der Mauer (wohl die ursprüngliche Befestigungslinie) entlang bis an den Mühlgraben laufend, das Sorbendorf auch im Norden gänzlich ab- und eingeschlossen hat, da sonst der Ort auf dieser Seite ohne Schutzwehr gewesen wäre ,
ein Umstand , der der von
den alten Wenden eingehaltenen Befestigungsmethode ihrer Ob die Sorge" noch Dörfer direkt widersprochen hätte. innerhalb des Slavendorfes Gera lag , ist zweifelhaft , sorbischer Name
da ihr
einfach eine „ Gegend hinter einem Berge
(za goru, čech . za [ cum accusat.] horu) “ bezeichnet, keineswegs aber einen weiteren Anhaltspunkt zur näheren Bestimmung Wir haben im Vorstehenden, theils auf ihrer Lage bietet. Basis onomatologischer Deutung theils auf Grund der natürlichen Lage des Ortes die Umgrenzung des alten Sorbendorfes Gera in allgemeinen Umrissen zu skizziren versucht ; mögen sich nun dortige Lokalforscher ,
die eine genauere Kenntnis
der hiezu unbedingt erforderlichen topischen Verhältnisse und des Terrains der City der Reussenlande besitzen , hiedurch veranlasstfinden, diese Untersuchung des Weiteren auszuführen.¹)
1) Es sei hier gestattet, Herrn Geheimenrath Schlick, welcher Verfasser 5
-
66
-
12. Gleina. Urkundlich Glina und 1533 Gleine genannt (Vgl. Br. II. 499) wurde dieser Ortsname bereits unter den wenigen, von Brückner (I. 121 ) mitgetheilten Namensdeutungen als gleino Lehm, und ebenso in dessen II . Bande ( S. 501 ) als Lehmboden erklärt. Auch Verfasser dieses Essays hat in einem ,
im
Elsterthal-
boten" (vom 14. August 1866 , No. 66) veröffentlichten Feuilleton über : Slavische Ortsnamen in Köstritz' Umgebung", obgleich ihm damals weder das treffliche Werk Brückner's noch dessen vorstehende Explikation bekannt waren , diesen ON. in gleicher Weise vom čech. hlína Lehm, Thon (Thonerde) abgeleitet, eine Deutung, welcher die natürliche Beschaffenheit des Bodens um Gleina genau entspricht.
Miklosich II . 161 ( 21 ) erklärt
das altslov. altbulgar. glina als weisse Thonerde, neusl. glin ; Gleina bezeichnet somit : Thonboden. 13. Gorlitzsch. Gorlitzsch (nach Br. II. 460) urkundlich Kurlitzsch , Gurlitzsch, 1533 Gorliz, 1707 Gorlitzsch, Gorlitz , im Volksmunde Gorlitzsch genannt , wird von dem Reussischen Topographen (Brückner II . 460 ) als alter Sorbenbau bezeichnet und unrichtiger Weise im I. Bd. 121 - vom altslov. gora (hora) Berg, abgeleitet.
Dieser ON. stammt jedoch von gorêti (vgl.
M. I. 82 [ 10 ]) gorêti , pogorêti , progorêti , sыgorêti (sugoreti )
dieses Schriftchens persönlich durch Gera zu geleiten beliebte, und demselben bei dieser Gelegenheit durch an Ort und Stelle gemachte werthvolle Mittheilungen über die frühere Bau- und Befestigungsweise dieser Stadt wahre Lichtblicke in deren älteste Configuration eröffnete , den wärmsten Dank hiefür auszudrücken. Namentlich hat der Herr Geheimerath , als er vernahm , dass Geite einen „Wall " bezeichne , zuerst darauf hingewiesen, dass diese (Geite) die alte Stadtmauer an der Ostseite Gera's entlang , mit derselben in einer Richtung , verlief , so dass Verfasser in seiner Anschauung , letztere (Mauer) sei an die Stelle der ursprünglich altsorbischen Umwallung getreten , bestärkt wurde , und eben hiedurch für die Umgrenzung des alten Weichbildes der Hauptstadt der Reussenlande neue Anhaltspunkte gewann .
67 čech. hořeti brennen und deutet auf eine daselbst in grauester Vorzeit stattgefundene Reutung des Waldes durch Ausbrennen desselben hin. Nach den Ergebnissen der Namensdeutung zu schliessen erstreckte sich nämlich in der slavischen Periode dieses Landesstriches vom Hainberge (bei Osterstein) südlich gegen
Gorlitzsch ,
und wahrscheinlich
mächtiger Wald , der
darüber hinaus ,
ein
zur Benennung der innerhalb seines
Bereiches liegenden , von den Sorben gegründeten Orte , wie Pöppeln (Aschenrode) , Debschwitz (Eichendorf), Lusan (Wald) und Zeulsdorf (Rodendorf) das Motiv gegeben hat. An der Stelle nun , wo Gorlitzsch situirt ist , wurde dieser mittelst Niederbrennen
ausgerodet ,
und
Waldesblösse mit Gorliz, gorelec ,
die
dadurch
entstandene
čech. hořelec d. i. Brand-
stätte bezeichnet. Auch Schmaler (Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz und ihre Bedeutung, Bautzen 1867 , S. 11 ) leitet
Zhorjelc ,
Brand, ab .
deutsch
Görlitz vom Namen
zhorjel
d . i.
Einen weiteren Beweis für die Richtigkeit dieser
Ableitung bietet das in unmittelbarer Nähe und südlich von Gorlitzsch belegene Dorf Schafpresskeln , das sich bei näherer Betrachtung als (čech.)
žahavá vřesovka glimmende Heide
oder Heidebrand entpuppt, indem das dort befindliche Heidekraut (vřes) in Folge der Gorlitzscher Ausreutung ebenfalls in Brand gerathen sein , und von diesem Umstande seinen Namen empfangen haben mochte .
Noch jetzt heisst eine Flur
bei Gorlitzsch Heidelberg , ein untrügliches Zeichen dafür, dass der daselbst vorkommende Heideboden (čech. vřesovka = Heideerde) sowohl zu dieser deutschen Benennung , als auch zur slavischen des benachbarten Schafpresskeln Veranlassung gegeben . 14. Groitschen. Dieses freundliche Dörfchen liegt im obern Bramthale am rechten Ufer des Brambaches, von mässigen Höhen (nach Br. II. 543 ) , dem Kirchberge , Stökkicht , dem Vorder- und Hinterberge umrandet, eine Situation , die deshalb hier vorauf 5*
68
gekennzeichnet wird ,
weil sie unzweifelhaft zur Benennung
des Ortes den Anlass gegeben hat. II. 543) urkundlich 1146 Growithan ,
Groitschen hiess (n. Br. 1333 Greuczsch ,
1533
Graitsch, Groitzsch, Groitzschen , Graitschen, Greutschen, im Volksmunde Greetsch.
Dr. Alberti ¹ ) theilt in einer Urkunde
Bischofs Uto I. vom 15. April 1146 als älteste Namensform Growithan mit, welche er mit Groitschen ( S. 26 ibid .) identisch erklärt.
Die Urform ( 1146) Growithan stammt jedenfalls vom
altslov. altbulgar. grobь (grobů) , dessen Originalbedeutung Speziell im die eines Grabens war (vgl. M. II. 167 [ 27 ]) . Reussenlande wurden tiefe Einbuchtungen , und
Schluchten ,
enge Thalgründe
wahrscheinlich ihrer einem Graben nicht
unähnlichen Form wegen mit grobь (grobů) bezeichnet , so die enge wilde Thalschlucht , in welcher Langen- Grobsdorf (urkundlich 1533 Grobstorf) situirt, und ebenso auch die tiefe Einbuchtung, in welche (nach Br. II. 472) Scheuben- Grobsdorf eingebettet ist.
Durch Uebergang des slavischen B in deutsches W ist aus grobь = grow entstanden , während das angefügte Suffix than dem čechischen čan , welch' letzteres ( nach Konečny Gr. 284) einen (männlichen ) Bewohnernamen andeutet, zu entsprechen scheint ,
daher ( 1146)
Thalbewohner bedeutet.
Growithan
Schlucht- oder
Solcher eigentlich und richtig „ Be-
wohner" bezeichnenden Ortsnamen gibt es nach ausdrücklichem Zeugnisse Miklosich's (I. 88 [6 ] ) und zwar in der Pluralform mehrfach, speziell könnte diesfalls das im Unterlande gelegene, 1121 Rupizan, 1146 Ropizane = čech. rupičáné (Felsenhöhlenbewohner) genannte Rubitz als Beleg angeführt werden .
Was
nun insbesondere Growithan (d. i. Thalbewohner) anbelangt, so wurde die an Stelle des jetzigen Groitschen situirte Niederlassung deshalb so von den Sorben genannt ,
weil diese im
Bramthale gelegen und von mässigen Höhen eingeschlossen, alle charakteristischen Eigenschaften einer „Thalansiedlung“
1) Urkundensammlung zur Gesch. der Herrschaft Gera . Seite 26.
Gera 1881
-
69
in sich vereinigte , weshalb dieser ON. auch am besten mit diesem Worte („Thalansiedlung") deutsch wiedergegeben werden kann. Unrichtig ist , wenn Brückner (II. 544) diesen Namen = Burg- oder Wehrplatz deutet , den Ort selbst aber für einen bewehrten Punkt der Sorben erklärt : offenbar hat ihm da die Ableitung von grad, hrad Burg vorgeschwebt, die sich in keiner Weise rechtfertigen lässt.
15. Kaimberg. Die urkundlich (n. Br. II. 562)
erscheinenden Formen :
1333 Keime , Keim, Kaim und Kaym, wie dieses Dorf in ältester Zeit hiess, deuten (vgl. M. II. 178 [38 ]) in augenfälliger Weise auf das altslov. altbulgar. kamy , kamenь (kameni) , kámeň , jetzt čech. kamen , Stein , hin.
altčech .
Erst im XVI. Jahr-
hunderte wurde dem ursprünglich rein sorbischen ON. Kaym ein schlagender Beweis , dass es auch im Unterlande slavisch-deutsche Composita gibt - das deutsche -berg angefügt, und die Ortschaft ( 1533) Keimperg, Kaymberg genannt, während im Volksmunde sowohl die alte als neue Form Kêm, Kêmberg in Uebung ist.
Kaym, Kaimberg ist also = altslov.
altbulgar.kamy und bedeutet Stein , Steinberg, eine Bezeichnung, welche durch die trockene und steinige Hochebene , in deren Einsattelung Kaimberg situirt ist, vollkommen gerechtfertigt erscheint.
16. Köstritz . Als ältere urkundliche Namensformen erscheinen (nach Br. II. 494) 1364 Kostricz, Kostritza, in einer alten, im Pfarrarchive dieses Städtchens verwahrten Kirchenrechnung vom Jahre 1506 Costritz, Kostritz , und 1533 ( ebenfalls n. Br. ibid.) Kosteriz , während es im Volksmunde Kösserz lautet. Die Deutung dieses ON. wurde schon mehrfach versucht, und zwar, soweit bekannt , zum ersten Male von Limmer , welcher sich hierüber in seiner Geschichte des Voigtlandes (I. Bd . S. 80) folgendermassen auslässt : „Ein heiliger, oder zum Gottesdienst
70
geweihter Ort war in jenen (Sorben-)Zeiten auch Köstritz ; als
dessen Name ,
Kostriza ,
vom
eine Kirche ,
den
veralteten Russischen Worte
soviel als Kirchdorf sagen will".
Dieselbe Erklärung findet sich ,
offenbar auf der Limmer's
basirend , in der „ Reussischen Kirchengallerie “,
und ebenso
in Ferd. Hahn's 99 Geschichte von Gera " wieder , obgleich sie als verfehlt bezeichnet werden muss . Der ON. Köstritz stammt von kostra Knochenwerk, Gerippe, Skelett, einem čech. Worte, dem das Patronymsuffix -ic (kostr-ic) angefügt erscheint, und bedeutet Knochen- , Gerippstätte , überhaupt einen Ort, wo Knochen vorhanden sind .
Unwillkürlich drängt sich bei
solcher Bezeichnung die Frage auf , wo denn die Knochen lägen, die hiezu das Motiv gebildet haben.
Schreiber dieses
Essays , der dieselbe zuerst aufwarf , wurde durch den hochberühmten, in Köstritz domicilirenden Lyriker, Herrn Kirchenrath Julius Sturm von dem merkwürdigen Umstand in Kenntnis gesetzt , dass in den nur ein Viertelstündchen von Köstritz entfernten Gipsbrüchen eine solche Menge fossiler Knochen gefunden wurde , dass diese schon seit langer Zeit die Aufmerksamkeit und das intensive Interesse der Gelehrten und Anthropologen Deutschlands
erregt haben.
In den ersten
Jahrzehnten dieses Säculums , berichtet ferner Brückner (II. 499) wurden daselbst Menschenknochen neben Hyäna , Elephas und Rhinozeros , und wie Goethe mittheilt , auch ein prähistorisches Broncegefäss gefunden. die
reichhaltigen
erklärte
eine
fossilen
daselbst
Schon Humboldt kannte
Knochenlager
gefundene
Rippe
bei
Köstritz
solange
für
und eine
antediluvianische Menschenrippe , bis ihn sein Freund Cüvier überzeugte, dass es nur eine Affenrippe sei.
Se. Hochfürstliche
Durchlaucht , der regierende Landesfürst Heinrich XIV. , der diesen diluvialen Thierresten sein hohes Interesse zuwandte, liess eigens in den Jahren 1862 und 1863 durch die Herren Professor Liebe und Kirchenrath Sturm Nachgrabungen vornehmen und die gewonnenen Fundstücke in Gera verwahren, und noch heut zu Tage sind solche vorweltliche Knochen bei
71 Köstritz nichts seltenes.
Mit Recht bemerkt daher Brückner
(II. 499) , dass der Fund von Menschenknochen auf die Thatsache hinweise , dass hier schon vor Ansiedlung der Sorben Menschen ansässig waren. Verfasser dieses Versuches ist nun der Anschauung ,
dass die Sorben ,
als sie sich an der
Stelle des heutigen Köstritz niederliessen , daselbst grössere, entweder frei zu Tage liegende ,
oder erst durch den Pflug
an die Oberfläche geförderte Knochenmassen vorfanden , und dass dieser Umstand zur Benennung des Ortes kostrice d. i. Gerippstätte, Knochenort Anlass gegeben habe .
Die Ableitung
des ON. von (čech . ) kostra bietet eben gar keine Schwierigkeiten , und die damit übereinstimmende Thatsache des Vorhandenseins zahlreicher fossiler Knochen in der Umgebung von Köstritz die sicherste Gewähr für deren Richtigkeit. 1)
17. Kretzschwitz. Brückner (II. 533) führt als ältere urkundliche Formen 1121
Gresewiz ,
1146
Crescuwice ,
1381
Kreskewytz ,
1533
Kretschwitz , Kretzwitz , desgleichen Dr. Alberti (Urkundensammlung zur Gesch. d . Herrschaft Gera S. 25 ) in einer Urkunde vom 9. November 1121 Gresewiz und in einer andern vom 15. April 1146 Crescuwice an.
Dieses freundliche Dörf-
chen scheint gegenwärtig nichts mehr von dem an sich zu haben , was ursprünglich zu seiner Benennung Veranlassung gegeben hat ;
denn die älteste Form Gresewiz stammt (vgl .
M. II. 167 [27 ] ) vom altslov. altbulgar . gręzь (grezi) Schmutz , Koth ab , und bezeichnet einen kothigen Ort , ein Kothdorf, offenbar von der Beschaffenheit des Bodens, auf welchem dies einst lagerte.
1) Vgl. das vom Verfasser zur Zeit seines Badeaufenthaltes in Köstritz (1880) veröffentlichte Feuilleton im „ Elsterthalboten“ No. 66 vom 14. August 1880 : „ Slavische Ortsnamen in Köstritz ' Umgebung “ und in der Fürstl. ,,Reuss. Geraer Zeitung" No. 194 vom 19. August 1880 : „ Slavische Ortsnamen in der Umgebung von Köstritz ".
72
18. Laasen. Als ältere Benennungen dieses Ortes werden (nach Br. II. 558) urkundlich 1333 Lasan, 1363 Lossen und 1647 Laasen angeführt, die (vgl . M. II . 192 [ 52 ] ) vom neuslov. laz , Gereut, in ON. Gereut Gehag, serb. laz Gereut Neubruch, stammend, soviel besagen , dass hier zur Sorbenzeit eine „ Rodung " des wahrscheinlich aus Tannen bestehenden Waldes worauf eben der deutsche, bei Laasen vorkommende Flurname Tännicht hinweist ― vorgenommen wurde , keineswegs aber, dass dieser Ortsname , wie Brückner (I. 121 ) vermeint ,
las , les Wald,
waldig, bedeute. 19. Langengrobsdorf. Ursprünglich hiess dieses in einem engen waldschluchtigen Thale tiefeingebuchtete
Dörfchen
einfach
(1533) Grobstorf,
eine Namensbezeichnung , welche selbst Brückner (II. 471 ), der gewiegte
deutsche
Dialektforscher und
Topograph für
sorbisch erklärt, und (im I. Bd . S. 121 ) vom slavischen grob Weissbuche, ableitet.
Der sorbischen Herkunft beipflichtend,
scheint uns jedoch richtiger dieser ON. (vgl . M. II . 167 [27]) vom altslov. altbulgar. grobь (grobů) ursprünglich Graben, neuslov. und serb. grob herzustammen.
Bei dem vielfach
naturbeschreibenden Charakter der slavischen Ortsbenennungen wird durch das altslov. altbulgar. grobь (grobů) Graben, die obenerwähnte
enge
wilde
Thalschlucht ,
in
welcher
Langengrobsdorf lagert , so prägnant als möglich ,
eben
gekenn-
zeichnet ; Grobsdorf bedeutet demnach Graben- oder Schluchtdorf. Für seine slavische Abstammung sprechen übrigens auch
die
innerhalb
seiner
Feldgemarkung
vorkommenden
sorbischen Flurnamen Krebs (vom serb. greb , neben grobы = Graben) und Piesig oder Pinsig (vom čech. pasek , Waldhau, Holzschlag bedeutend). Nicht unerwähnt darf jedoch bleiben, dass auch in deutschen Ortsnamen seit dem IX. Jahrhundert groba = Grube, vorkommt, allein wie Förstemann ausdrücklich bemerkt (Die deutschen Ortsnamen S. 92) blos für gewerbliche
73
Anlagen zur Metallgewinnung ,
während hier das
slavische
grobь die von Natur aus schluchtartige Beschaffenheit des (Langen-)Grobsdorfer Thalgrundes charakterisirt. Die späteren deutschen Ansiedler haben offenbar dem ursprünglich slavischen grobы -Dorf angehangen , und in noch späterer Zeit das Unterscheidungswort „Langen " vorangesetzt . 20. Lessen. Limmer (Gesch. des Voigtlandes I. Bd . S. 60) leitet Lössen im Geraischen von lassò oder lossò Wald , und ebenso Brückner (Volks- und Landeskunde d . F. R. I. 121 ) Laasen, Lossen und Lossau von las, les waldig, ab, so dass nach letzterem dieser sorbische ON. (Br. II. 521 ) Waldheim bedeutet. das
(vgl. Br. II. 520) urkundlich Losczan,
Allein Lessen , 1364 Leussowe
Lussawe , 1533 Leusten , 1564 Lössen , 1566 Leussen Lössen genannt erscheint, hat sicherlich seinen Namen von dem durch . dieses Dorf fliessenden Lesken- Bächlein, an dessen Bezeichnung sich die älteste Form Losczan sowie der in dessen Gemarkung vorkommende Flurname Leske , Löske , Löschke schliessen , erhalten.
enge an-
Wir glauben hierin als Stamm das čech.
leskoví Haselgestände (vgl. M. II . 194 [54] ) altslov. altbulgar. lêska , neuslov. lêska Haselstaude , serb. lijeska , čech. líska Haselstrauch, Haselstaude zu erkennen , und hiemit die richtige Deutung dieses ON. gegeben zu haben. 21. Leumnitz. Limmer (Gesch. das Voigtlandes I. 60) leitet Leubnitz , im Geraischen , von leuba einem Gebüsche , ab , während der Reussische Topograph diesen Ortsnamen (vgl . Br. I. 121 ) als das slavische leum Quelle Spring, erklärt.
Urkundlich hiess
dasselbe (n. Br. II. 559) Lubinitz , 1407 Leubeniz, 1534 Leubnitz, 1546 Leibenitz und 1647 Leubnitz. Lubinitz stammt vom čech. hlubeň hlubně, hlubina Tiefe, Vertiefung und hlubenice (hlubnice) bezeichnet einen tief liegenden Ort („Tiefendorf“), eine Deutung , der genau die natürliche Lage dieses Dorfes
-
„ am
oberen Ausgange
eines
74
-
kleinen Thales
tiefung) zwischen mässigen Höhen" entspricht .
(hlubina
Ver-
Dass die von
Brückner (II. 560) mitgetheilten Erklärungen , „Tiefenbach oder Waldort" unrichtig sind , braucht wohl nicht erst besonders hervorgehoben zu werden. 22. Lusan.
Dieser Name wurde von Limmer (Gesch. des Voigtlandes I. Bd . S. 60) als „ Sumpfdorf" (offenbar vom čech. louže, altslov. neuslov. und oberserb. luža Sumpf) gedeutet, während Brückner (I. Bd . S. 121 ) denselben von las , les Wald , waldig , ableitet. Seine früheren urkundlichen Formen (n. Br. II. 453 ) sind 1240 Losa Losen , 1348 Lossan , 1534 Losa , die im Volksmunde gebräuchliche Bezeichnung lautet Lus'n. Die älteste Benennung (1240) Losa gleicht vollkommen neuslov. loza Wald (vgl. M. II. 197) čech . les , poln . las , čech. lesina Waldung , Holzung, Waldstrecke. Lusan bedeutet somit Wald , Waldung. Dass dieser ON. nicht von luža, louže Sumpf abzuleiten sei , dafür spricht sachlich auch der Inhalt der Namensdeutung der in der Gemarkung von Lusan vorkommenden Fluren Pösnig-wand und Pösnig-wiesen, Benennungen, die vom čech. pasek , u oder paseka stammend , Gehau Waldhau Holzschlag Hauwald bezeichnen ,
also
nothwendiger Weise den Bestand eines = neuslov. loza) in dieser Gegend,
Waldes (d . i. 1240 Losa
mit nichten aber den eines Sumpfes (luža), zur Voraussetzung haben. 23. Milbitz. Von alten urkundlichen Namensformen werden (bei Br. II. 477) 1533 Mylwitz und Mulbiss angeführt , eine Deutung dieses ON. aber wurde bisher noch nicht versucht. Milbitz ist in der Thalsohle der Elster dergestalt situirt ,
dass sein
Standpunkt, der ebenen Lage wegen, seit uralten Zeiten öfters von den Wassermassen dieses Flusses überfluthet wurde, selbst dann noch , als letzterer sein Bett nicht mehr in der sogen.
75 Lache ―
einem alten Elsterbette ― hatte.
Bei dem häufig
topographischen Charakter slavischer Ortsbenennungen führt die eben geschilderte , Inundationen und Anschwemmungen von Sand und Gerölle ausgesetzte Lage dieses Dorfes fast von selbst auf die Ableitung des ON. Milbitz von serb . mêlь syrtis Sandbank (vgl. M. II . 200 [ 60 ] ) , čech. měl Mull , Gemülle , Gerölle , měly klein gemahlen , měliti něco zerbröckeln , zerreiben, mula der Schlamm vom Regenwasser, slovakisch mouliti überschlämmen .
Und wie Milbitz und Meilitz (an der Süd-
spitze des Unterlandes) ebenso stammen auch Mêlьci (nach Daničić) ,
Milče in Galiz. , Miley in Russland und Mielec in
Galiz. von mêlь Sandbank, ab. demnach
Milbitz (mêlь-ice) bezeichnet
im Allgemeinen eine aus einer angeschwemmten
Sandbank bestehende Oertlichkeit , speziell aber hier einen in nächster Nähe der durch die Elsterwellen angespülten Schotterbank angelegten Wohnort : Sandbankdorf. 24. Mühlsdorf. Brückner (II. 481 ) führt als ältere urkundliche Formen 1330 Milensdorf, 1533 Milstorff auf, indem er den Ursprung des Ortsnamens für sorbisch erklärt, und zngleich hervorhebt, dass
derselbe mit
schaffen habe.
der Ableitung
von " Mühle"
nichts
zu
Unter den wenigen Lokalnamen , für welche
er im I. Bde S. 121 die slavischen Stämme mittheilt, befindet sich auch Mühlsdorf , eben ,
das nach ihm von mjel , flach ,
herstammen soll.
ausdrücklicher Angabe
glatt,
Da aber Mühlsdorff nach dessen auf „einem kahlen waldentblössten
Bergrücken" situirt ist : so liegt auf der Hand , dass diese Deutung schon sachlich unrichtig ist ; im Gegentheile spricht gerade der Standpunkt des Dorfes auf einer Anhöhe :
alt-
bulgar. altslov. mogyla tumulus Hügel , Anhöhe , besonders Grabhügel, poln. mohyla, für die Ableitung von diesem Stamme. Wahrscheinlich wurde dieser Bergrücken zur Sorbenzeit einfach und schlechtweg mohyle = Hügel genannt , später aber von den nachgewanderten Deutschen durch sogen. Volksetymologie
76
in (mohyl ) „Mühl" umgewandelt, und dieser Name bei Anlegung des von ihnen daselbst gegründeten Ortes in Verbindung mit dem Grundworte -dorf als „ Mühlsdorf" beibehalten .
25. Negis. Eine Erklärung dieses Ortsnamens würde kaum möglich sein , wenn sich nicht glücklicher Weise die älteren urkundlichen Namensformen desselben (nach Br. II . 552 und Dr. Alberti Urks. I. 25 u. 26) : 9. November 1121 Nigaune, 15. April 1146 Nigaune, 1333 Nygas, 1364 Negaz, Wenigen- Negaz, Nigis und Negis, erhalten hätten.
Die älteste Benennung (1121 ) Nigaune
ist aus der Präposition ni
oder ne und dem Stamme gan
zusammengesetzt ; erstere (ni , ne) dürfte dem čech. na (cum local.) auf an in ,
entsprechen , während letzterer (gan ,
vgl.
Ant. Matzenauer's Příspěvky in den „ Listy fil . a pædag." Prag 1880, VII. J. 3. u . 4. H. S. 184) mit lith. ganýti Vieh weiden Vieh hüten , ganykla Weideland Trift, verwandt, ein Analogon im čech. hony , hona Treibeweg , findet , und jedenfalls Trift bedeutet. Nigaune ist demnach = (čech. na-honě) auf der Trift.
Noch heut zu Tage wird der durch Negis fliessende
Bach
der Triftbach" genannt , eine Bezeichnung , die selbst-
redend von diesem durchrieseltes Trift- oder Weideland , wie sich solches rings um dies , (n . Br. II . 552) in einer grasigen Hochmulde
gelegene
Dorf findet ,
zur Voraussetzung
hat,
und somit einen Beweis für die Richtigkeit unserer Erklärung liefert.
26. Oberröppisch. Urkundlich wird Oberröppisch (nach Br. II. 455 ) 1239 Robschitz , Robschwitz , 1533 Obernrepschiz , 1534 Ropschitz, 1670 Oberropschitz , im Volksmunde Uberröppsch genannt. Der Ort ist unzweifelhaft ein alter Sorbensitz , und war , wie Brückner (II. 456) berichtet, in altheidnischer Zeit eine Kulthöhe, auf deren Opferfeste ein vordem in Oberröppisch üblicher Brauch hindeutete, darin bestehend , dass man bei Hochzeiten
77
mit einem Fasse Bier auf den Hörsberg zog , dasselbe unter Tanz und Jubel austrank und dann dort verbrannte. Der Deutung die älteste Form ( 1239) Robschitz Robschwitz zu Grunde gelegt ,
dürfte dieser ON. (vgl. M. II . 227 [ 87]) vom
altslov. altbulgar. гová (rovů) eine Grube , serb. rov. die Ausgrabung, das Umgrabene, čech. rov das Grab oder der Graben, roviti einen Graben machen, abzuleiten sein. An die Bedeutung Grab kann aber hier
deshalb
nicht gedacht werden , weil
Röppisch nach Mittheilungen des bekannten Reussischen Sagenund Alterthumsforschers , Herrn Robert Eisel , bis jetzt noch keine Gräber aus der Heidenzeit lieferte ; demnach bleibt nur die andere Bedeutung des Wortes rov der Graben , übrig. Das Suffix iště , das ihm angehängt erscheint ,
wird (nach
M. I. 93 [21 ] ) „meist an Substantiva gefügt, und hat wie isko , aus dem es hervorgegangen, als ursprüngliche Bedeutung die Augmentation... Aus dieser mag sich die in den Ortsnamen geltende Bedeutung des Ortes entwickelt haben ; das Suffix še = šče". Dazu wird von Miklosich rovišće als Beleg angeführt. Röppisch , ( 1239) Robschitz , Rovišće würde demnach eine Vermehrung oder Anhäufung von Gräben = ein Graben- , Erd- oder Schanz-werk bedeuten.
Und in der That finden
wir diese Ableitung durch die ehemals auf der Ostseite des bei diesem Dorfe befindlichen Hörsberges vorhanden gewesenen sogenannten „Schwedenschanzen" bestätigt, von welchen Röppisch sicherlich seinen Namen Grabenort , Schanzdorf oder Schanz erhalten hat. Unter Schwedenschanzen versteht man aber 1 ) im Allgemeinen „prähistorische Wallbauten". Ueber ihre Bedeutung hat in neuester Zeit Dr. Edmund Veckenstedt zu Libau 2) ein ebenso treffliches als erschöpfendes Resume
1) Nach Dr. Födisch : Die alten Wallbauten Böhmens. In den „Mittheilungen d. V. f. Gesch. d. Deutschen i. Böhmen" X. Jahrg. 4 & 5. Heft . S. 187. Prag 1872. 2) Vgl. „Das Ausland " No. 13. Stuttgart 28. März 1881. Die Schwedenschanzen der wendisch-sarmatischen Tiefebene, die via sacra der Wenden. Seite 241-246 ibid .
78
aller darüber bestehenden Ansichten mitgetheilt.
Die deut-
schen
Hussiten- ,
Forscher
nennen
diese
alten
allgemein aber Schwedenschanzen ,
Erdwerke
welch' letzteren Namen
Schuster (Dresden 1869) damit erklärt ,
alten Ausdruck Sueven-Schanzeu in Schweden- Schanzen umgeChodakowski aber gibt dafür den hochwandelt habe. interessanten Namen Swatograd
d . i. „heiliger ,
umfriedigter
Ort" ; darnach sind diese alten Erdwerke als Opferstätten zu betrachten , eine Anschauung ,
halbe S
dass das Volk den er urkun sprüngli rt , wie
a trägt ,
die nicht nur durch Vecken-
seiner
stedt's Ableitung des Wortes Schweden- (schanze) vom wendischen swety (čech. svatý) heilig, bestätigt, sondern auch durch
fundstück Die deut
den von Brückner (II . 456) mitgetheilten oberwähnten, vordem
menden
in Oberröppisch bestandenen Hochzeitsbrauch illustrirt wird .
perta, al
Aus dem wendischen swety entstand durch Volksetymologie das deutsche Schweden-(schanze).
rmen wie hung ar Horten i
27. Otticha.
pern, G len, Co
Otticha ist ein hochgelegenes, inselartig auf einem Bergvorsprunge , zwischen dem Bornthal und dem Wispengrunde belegenes Plateaudörfchen ,
das dieser seiner Situation auch
seinen ortsbeschreibenden Namen dankt.
Als ältere Benen-
nungen desselben werden (n. Br. II. 568 ) 1359 Ottichaw und 1533 Ottigen angeführt.
Sorbisc hauun g
Grup en, und suchen.
Ottichaw stammt vom altböhmischen tschen
oteci umströmen , und hiemit hängt zusammen ,
was Miklos.
ech. br
I. 83 bezüglich
der Bezeichnung des Begriffes „Insel" sagt,
welcher , je nach der Verschiedenheit der Sprache , ostrová, otokь , zatok ,
vуspa u . s. w. lautet.
Nach M. II . 212 (72 )
bedeutet speziell das altslov. altbulgar. otokь (otoků) , neusl
(bro inden,
Fort lerse r
und serb. otok eine Insel (Umströmtes) , das Suffix ava aber arten
scheint (M. I. 96 [ 24] No. 37) ursprünglich adjectivisch zu sein, daher Ottichaw = inselartig , inselförmig , offenbar von der
stred
Lage des Ortes auf dem erwähnten Bergvorsprunge , welcher
htfer
einer Insel gleich über das Born- und Wispenthal hervorragt.
-
79
28. Pforten. Eine halbe Stunde südlich von Gera breitet sich längs des Pfortner Baches das Dorf Pforten aus, das im Laufe der Zeit weder urkundlich noch im Volksmunde eine Veränderung seiner ursprünglichen älteren Namensform erlitten hat . Obwohl wie Brückner (II . 451 ) meint , einen deutschen doch einige Fluren Namen trägt , so deuten - nach ihm
dieser Ort ,
innerhalb seiner Feldgemarkung auf sorbischen , Gräberfundstücke auf altgermanischen Anbau .
Sagen und
Auch Förste-
mann (Die deutschen Ortsnamen S. 92) leitet die in Deutschland vorkommenden Pforten , wie Schulpforte , Himmelpforte , vom latein. porta, althochd . phorta , neuhochd . Pforte, ab, und nimmt in Formen wie Porz, Neuporz , Weissenporz eine weitere Verdeutschung an. Wenn man aber bedenkt , dass sämmtliche um Pforten im Reussischen Unterlande gruppirte Orte , wie Zschippern, Gera, Pöppeln und Debschwitz im Norden , Zwötzen im Süden, Collis im Osten sowie Lusan im Westen unzweifelhaft
sorbischer Abstammung sind : so wird man sich der
Anschauung nicht gut entschlagen können , auch das inmitten dieser Gruppe situirte Pforten für slavischen Ursprunges zu halten , und eine dieser Abstammung entsprechende Wurzel Diese ist , da an Stelle des slavischen B im zu suchen. Deutschen F , seltener und später W tritt (vgl. M. I. 98 [26]) im čech. brod Furth Pferdeschwemme Flussschwemme, altslov. brodь (brodů) vadum eine seichte Stelle , Untiefe , Furth gefunden, aus welchem sodann durch Metathesis Bordů , Fortů und Forten hervorgegangen ist.
M. II. 7 führt als Beleg das
niederserb. Brody Pförten, aus Förden Furten , nach Pfuhl, an. Pforten bedeutet demnach eine seichte Stelle eine Untiefe, selbstredend in Beziehung auf den vorbeifliessenden Pfortner Bach, der diese Deutung durch seine Seichte auch vollkommen rechtfertigt .
80
29. Pohlen. Als ältere Formen dieses Ortsnamens erscheinen urkundlich (nach Br. II. 564) 1308 Polen und 1533 Bolen, vom čech. polina das Gefilde die Ebene ,
stammend ,
eine naturbeschreibende
Bezeichnung, mit welcher die Lage des Ortes „auf einer sanft abdachenden Wand der Hochebene" vollkommen harmonirt. Pohlen bedeutet demnach: Ebene, Gefilde.
30. Pohlitz.
Urkundlich wird Pohlitz (nach Br. II. 505) 1364 Politz, 1394 Palicz , Police , Politz , 1647 Pohlitz und Politz genannt, und bedeutet Feldorf, vom čech. pole das Feld , der Acker, wendisch polo .
31. Pöppeln . Die älteste urkundliche Form lautet Popelin , 1534 Poppeln, im Volksmunde Pöppeln (Br. II. 448) .
Zur Zeit als die
Sorben hier sesshaft waren, bildete die Umgebung dieses am Fusse des Hainberges gelegenen Dorfes einen mächtigen Wald , wofür die Namen der in der Nähe liegenden Orte Debsch
tz
(Dubčica Eichenwäldchen) , Luzan (altslov. altbulgar . loza Wald) und Zeulsdorf (Rodendorf) zeugen . Dieser wurde nun bei Pöppeln durch Niederbrennen gelichtet, in Folge desse die hiedurch entstandene Waldblösse mit Asche bedeckt ward . Es geht dies
aus der Deutung
des
Ortsnamens P
peln
hervor ; denn Popelin stammt offenbar vom čech. popel Asche, welchem Substantivum das Suffix inь (inů) , das (nach Mikl. I. 95 [23] No. 32) ursprünglich Adjectiva bildet , angefügt erscheint, daher Pöppeln , Popelin = popel- inŭ einen Ort, wo Asche ist, einen mit Asche bedeckten Platz, eine Aschenrode, bezeichnet. - M. II. 213 (73) leitet in gleicher Weise vom altslov. altbulgar. pepelь (pepelů) Asche, die Pöppeln & alogen Popielany in Galizien und Пleneλivitoa in Achaja (im Norden des Peloponnesus) ab .
81 32. Roben. Brückner erklärt diesen Ortsnamen für sorbisch (II. 516) und leitet denselben (I. 121 ) von der slavischen Wurzel roven, flach , glatt , eben , ab .
Allein diese Deutung steht in sehr Lage des Ortes im
auffälliger Weise mit der natürlichen
Widerspruche, welche Brückner selbst in ihrem obern Theile als flacher , im untern als steiler schildert und im Ganzen neunzig Fuss ansteigen lässt. Bei dem vielfach naturbeschreibenden Charakter der slavischen Ortsnamen kann daher diese Erklärung nicht als stichhaltig angesehen werden .
Zu einem
andern Resultate gelangt man aber, wenn man die von Brückner (II . 515) angeführten älteren urkundlichen Benennungen, 1209 Rubi Rum, 1364 Robin und 1533 Roben (n . M. II. 227 [ 87]) vom altslov. altbulg. гovь (rovů) , serb. rov = effosio Ausgrabung, Umerabung , Umwallung, ableitet.
Dieses umgrabene oder um-
wallte Objekt findet sich nun innerhalb des Robener Pfarrgartens ein kreisrunder Hügel , dem noch jetzt der Name ,,Wall " beigelegt wird und in welchem Knochen- und Eisenstücke ausgegraben wurden . Es ist gewiss, dass derselbe in der sorbischen Periode nicht nur einen Wehr- oder Kultpunkt bildete, sondern auch zur Benennung des in seiner Nähe entstandenen Dorfes Veranlassung gegeben hat. 33. Roschitz. Im Bramenthale , zwischen dem Geraer Berg, Galgenberg, Weiberg und Körnesberg gelegen und von der Brame durchflossen , ist Roschitz nach Brückner (II. 424 ) ein sorbischer Anbau , für dessen Namen derselbe zwar keine Deutung beibringt , wohl aber dabei die interessante Mittheilung macht, dass sich noch von der früheren uralten Kemenate her ein alter Thurm bei dem bestehenden Rittergute erhalten habe , ein zweiter aber bereits zu Anfang dieses Jahrhundertes abgebrochen worden sei.
An älteren Namensformen werden (nach
Br. II. 423 ) 1146 Rodhacice, 1401 Radeschitz , 1488 Rodeschitz, 1533 Ratschitz und Rodenschütz angeführt, während im Volks6
82 munde die Benennung Ruschtzt und Ruschitzt gang und gäbe ist.
Die erste und älteste urkundliche Bezeichnung Roschitz's
ist in einem Dokumente Bischofs Uto I. von Naumburg (de dato 15. April 1146) enthalten , in welchem dieser Ortsname Rodhacice genannt erscheint (Urk.-S. z. Gesch. d. Herrschaft Gera von Dr. Jul. Alberti , S. 26).
Rodhacice ist gleich dem
oberwendischen hrodžišćo , niederwend . grožižćo d . i. eine alte Schanze , ein Erdwerk , eine Art von Umwallungen , die man in Deutschland allgemein Hussiten- oder Schwedenschanzen zu nennen pflegt, von denen u. A. sich auch eine bei Röppisch am Hörsberge im Unterlande befand , welche nun gänzlich verschwunden ist. Nach Schmaler bedeutet hrodžišćo oder grožižćo, mit welcher Bezeichnung er wobhrodzic umfriedigen, umzäunen , wobhroda die Schranke, zahroda der Garten , hròdz der Stall und hròd das Schloss die Burg in Verbindung bringt, einen irgendwie umfriedigten Ort ¹ ) , kurz eine Schanze, Verschanzung 2) .
Im ON. Roschitz ging der Stamm hròd später
in hrad (čech. hrad Burg) über , 1401
erscheint Radeschitz
(vgl. Hahn , Geschichte Gera's , S. 20) , 1533 Ratschitz und Rodenschitz . Radeschitz und Ratschitz - čech. hradiště Burgstätte ,
Schlossstätte .
Das Suffix iště
(M. II . 93 [ 21 ]) wird
meist an Substantiva gefügt , und hat wie isko , aus dem es hervorgegangen , als ursprüngliche Bedeutung die Augmentation, daher sich der Begriff hròd hrad Burg zu einem Burgen-, Schanz oder (grösseren) Erdwerke erweiterte . Roschitz, Rodhacice bedeutet demnach einen umfriedigten Ort , ein Schanz
oder Erdwerk.
Offenbar hat an der Stelle des heu-
tigen Roschitz zur Sorbenzeit eine Schanze gestanden , an welche später wiederum die von Brückner (II. 424) erwähnte
1) Vgl. Die Schwedenschanzen der wendisch - sarmatischen Tiefebene von Dr. Edm. Veckenstedt zu Libau im „ Ausland " Nr. 13 vom 28. März 1881 , S. 242. 2) Schmaler , Die slavischen Ortsnamen in der Oberlausitz und ihre Bedeutung. Bautzen 1867. S. 13.
83
Kemenate getreten , von der , wie erwähnt , sogar jetzt noch ein Thurm vorhanden ist.
34. Rubitz. Als urkundlich älteste Formen von Rubitz werden (nach Dr. Alberti , Urk.-S. I. 25 , und Brückner II. 478) 1121 Rupizan , 1146 Ropizane , Robicz und 1488 Robitz genannt.
Der ON .
stammt vom serb . rupa , nach Miklosich I. 81 (9) eine Grube , nach
Rank
(Wörterb.
705)
eine
Felsenhöhle
bezeichnend ,
welchem Worte das die Herstammung oder einen Bewohnernamen
charakterisirende
Suffix an
(vgl.
Konečny,
Gramm .
S. 284), und zwar in der Pluralform , angefügt ist. Rupizan, Ropizane ist daher = rupičán , rupičáné und bezeichnet somit Gruben- oder Felsenhöhlenbewohner, kurz Troglodyten. Bezüglich des Numerus sei hier Miklosich's Bemerkung (I. 88 [ 16 ]) eingeschaltet: „ Die Ortsnamen schreibt er - stehen theils im Singular, theils im Plural. durch janin
Der Plural findet sich bei den
gebildeten , eigentlich Bewohner bezeichnenden
Ortsnamen , ferner bei den von Beschäftigungen und Völkernamen hergenommenen."
den
Aus diesen rupičáné ( 1146)
Ropizane, Felsenhöhlenbewohnern, Troglodyten , ist nun durch Metonymie (Ort für das darin Befindliche) der Eigenname des Ortes Rubitz entstanden ,
gerade so wie aus hradčáné
Burgleute , die seit uralten Zeiten im Umkreise der königlichen Burg zu Prag (auf der Kleinseite) wohnten, der Name des Stadttheiles Hradčany, deutsch Hradschin , hervorgegangen ist 1 ). Die spätere Form ( 1488 ) Robicz, Robitz, Rubitz erscheint einfach aus dem Stamme rupa und dem Patronymsuffixe ic zusammengesetzt.
Eine andere Frage ist die, ob die onomato-
logische Deutung auch die Realprobe aushält , mit anderen Worten: ob bei diesem Dorfe thatsächlich Felsenhöhlen (rupy)
1 ) Vgl. Professor W. W. Tomek, „ Die Prager Kleinseite". Abhandlung im Prager Kalender pro 1861 , S. 104. Auch zu Plauen im Voigtlande findet sich ein Hradschin. 6*
84
---
vorhanden, ob diese bewohnt und wer die Bewohner derselben (die rupičáné) waren.
Da Rubitz nur wenige Minuten ( eine
Achtelstunde ) von Thieschitz und dessen Zwerghöhlen, welch' letztere jetzt grossentheils ausgebrochen sind , entfernt liegt : so ist klar , dass unter rupy nur die Thieschitzer Grotten, sowie unter rupičáné (Höhlenbewohner) die nach der bekannten Sage in denselben hausenden Zwerge, die , wie unter ON. Thieschitz gezeigt werden wird , sorbisch djesy oder djasy d. i. Kobolde Dämonen genannt wurden , zu verstehen sind , weshalb wir betreffs der näheren Erörterung dieses Gegenstandes auf den genannten Artikel verweisen. erwähnt ,
Hier sei blos en passant
dass muthmasslich diese Höhlenbewohner als ein
gänzlich unbekanntes, lange vor den Hermunduren und Sorben daselbst hausendes , Troglodytenvolk
auf primitivster Kulturstufe
aufzufassen
seien ,
stehendes
von dem noch in der
slavischen Periode dieser Gegenden mehr oder minder deutliche Spuren seines Lebens und Treibens im Innern dieser Felsklüfte wahrnehmbar sein mochten, welche den Sorben zur Bezeichnung desselben als rupičáné (Felsenhöhlenbewohner) djesy oder djasy (Kobolde ,
Zwerge) Veranlassung gegeben
haben, ebenso, dass als letzte Erinnerung an diesen Urstamm die noch heut zu Tage, nach mehr denn zwei Jahrtausenden, im Munde des Volkes fortlebende Thieschitzer Zwergsage zu betrachten ist. 35. Rusitz. Als
ältere
urkundliche Formen
werden bei Brückner
(II. 519) 1121 Ritazne, 1146 Radhacice , 1533 Rositz, bei Hahn (Geschichte von Gera S. 20) Radeschitz und bei Alberti (Urk.-S. I. H. S. 25 u. 26) 9. November 1121 Ritazne genannt, während eine Urkunde des Bischofs Uto I. von Naumburg vom 15. April 1146 die Benennung Nidazne aufweisen soll (letzteres wahrscheinlich nur ein bei Ausfertigung derselben unterlaufener Schreibfehler) .
Auch Alberti hält Ritazne und Nidazne für
identisch, nämlich für Rusitz in der Herrschaft Gera (S. 29 ibid.) . Die älteste Bezeichnung (Ritazne) dürfte wohl (deutsches Z
85
gleich slavischem S gesetzt [ M. I. 98 ]) vom drewanisch- polabischen rilis, welches Schafařík ( Slav. Alterth. II. 623) als čech. rákos Rohr , Schilf , Schilfrohr , Riedrohr erklärt, abstammen, und (adjektivisch wie brez - no, dub - no vgl. M. I. 95 [ 23] aufgefasst) eine schilfige Stelle, ein Röhricht oder Ried bedeuten. 36. Klein- und Grosssaara. Kleinsaara hiess urkundlich Klein - Serichen , 1640 Särl , 1647 Kleinsaara , Sara ,
Grosssaara aber 1533
im Volksmunde
Saare ,
Sara und Grossen
auch Grosssaare.
Brückner
(II. 469 ) hält dafür , dass der Ort dem Namen nach ebensowohl deutschen als sorbischen Ursprunges sein könne, während Miklosich in seinen Appellativen (I. 90 [ 18] ) das čechische Saras , welches mit unserem Saara identisch scheint , aus zahražás von zahražany erklärt.
Das čech. zahraditi bedeutet :
vermachen, sperren , umschränken, einzäunen, verzäunen , hrazeny eingezäunt, verschanzt, hrad die Burg, Schloss , zahrada der Garten.
Saara könnte demnach ebenso gut einen den
Saarbach - grund (gegen das Debouchiren des Feindes) absperrenden Verhau , als allgemeinhin etwas Verzäuntes , Verschanztes, eine Schanze oder Pfahlwerk bedeuten , wahrscheinlich jedoch letzteres .
Muthmasslich wurde
im Mittelalter,
genau an Stelle der uralten sorbischen Verschanzung , wie dies auch anderwärts im Reussenlande , namentlich bei Tinz , der Fall war, die alte Herrenburg zu Grosssaara erbaut, von welcher noch jetzt ein unterirdischer , zur Kirche auf den Kirchberg führender Gang , sowie ein altes massives Stück der Pächterswohnung , vorhanden ist ; letztere dürfte daher, trotz des Neubaues , als der ursprüngliche Standpunkt des altsorbischen Pfahlwerkes (Saras , Saara) zu betrachten sein . 37. Scheubengrobsdorf.
Urkundlich Scheiblingengrobsdorf und Scheibengrobsdorf genannt, hält Brückner (II . 473 ) diesen Ort für wahrscheinlich sorbischen Ursprunges, und berichtet, dass derselbe von einem Rittergrundstücke , noch jetzt Scheube benannt , seinen Namen
- 86
erhalten haben soll.
Dieser Umstand bietet einen Anhalts-
punkt zur Erklärung des Bestimmungswortes Scheube , welches (vgl. M. II. 245 [ 105]) , vom neuslov.
serb . šiba abgeleitet,
soviel als grüner Zweig , Reis , hier aber Reisig , Gebüsch bedeuten dürfte , das wahrscheinlichst in grauer Vorzeit auf dem
erwähnten Rittergrundstücke wucherte und das Motiv
zu dessen Namensgebung bildete 1 ) .
Das Grundwort Grobs-
dorf, wie bereits unter ON. Langengrobsdorf ausgeführt wurde, vom altsloven. altbulgar. grobь (grobů) Graben stammend, bedeutet Graben- oder Schluchtdorf, und kennzeichnet hier wie dort vermöge seines streng topographischen Charakters die tiefe Einbuchtung, in welche (nach Br. II. 472 ) unser Ort eingebettet ist.
Jedenfalls wurde diesem ON., welcher in seiner
Zusammensetzung etwa Reisig - Schluchtdorf bedeutet, später das
erst
Bestimmungswort Scheube - Scheiblingen- voran-
gesetzt, um ihn von dem in der Nähe liegenden Langengrobsdorf zu unterscheiden . 38. Schwaara. Als ältere Formen dieses ON. erscheinen (n . Br. II. 553) urkundlich 1307 Sqwaara , 1371 Squar , Sqwaar , Zschwaar, Schwaaraw, Swaarau, Schwaarau, und in Urkunden des Schleizer Hausarchives (Inventarium sub Titel X) Schwaare . Namensform ( 1307)
Sqwaara
Der
entspricht das čech. škvorec,
sowie ( 1371 ) Squar das čech. skorec , welche Bedeutungen dasselbe Objekt, den Wasserstaar, bezeichnen. Dieser sperlingsartige Vogel ist höchst wahrscheinlich mit dem von Brückner (I. 84) unter den Reussischen Vogelgattungen erwähnten , im Unterlande angeblich nur zur Winterszeit vorkommenden Wasserschwätzer identisch , und ihm verdankt , gerade wie Caaschwitz (1191 Kosawatz) den
Amseln (čech. kosové) , so
auch Schwaara seine Benennung : Staardorf.
1) Vgl. hiemit das stammverwandte Scheba im Egerlande , ebenfalls Reisig (šiba) bedeutend.
87
39. Seeligenstädt. Brückner (I. 122) erklärt nicht nur den Namen der hinter Seeligenstädt sich ausdehnenden Selig-Flur als einen solchen von historischer Bedeutung , sondern ist auch der Anschauung (a. a. O. II. 530) , dass Seeligenstädt sich von den vielen, in Deutschland vorkommenden gleichnamigen Orten unterscheide, und sicherlich dem von Kretzschwitz über Reichenbach und Lössen westlich bis Steinbrücken sich erstreckenden Hochebenenstriche , der die Bezeichnung Selig führte , seinen Namen verdanke, zumal in allen eben erwähnten Orten noch heut zu Tage der nach Seeligenstädt zugekehrte Flurtheil Selig, Seelig , Seligt heisse .
Was nun zuvörderst den Flurnamen
Selig anbelangt, so stammt dieser (vgl. M. II . 231 [91 ] ) vom altslov. altbulgar. selo Zelt , Acker , ebenso auch čech. selo Acker; hievon lautet local. plural. selích = Selig in den Aeckern.
Unserer Meinung nach war also die Seligflur ein
Gefilde , das den Agrikultur liebenden Sorben nicht nur eine günstige Gelegenheit zum Ackerbau darbot , sondern auch in weiterer Folge zur Anlegung eines Ortes bei dieser Ackerflur ,
Seeligenstädt's nämlich , führte.
Letzteres urkundlich
(n. Br. II. 529 ) 1364 als Selgenstad , später Seligstett erscheinend, wird im Volksmunde Säältztscht genannt, eine Bezeichnung , die wohl der ursprünglich sorbischen am nächsten kommt ; denn Säältztscht, vom čech . selo abgeleitet = seliště Feldstätte , Ackerdorf. Schon Pastor Bogenhardt (vgl . Mittheilungen des Hohenleubener historischen Vereines, 40. Jahresbericht 1871 S. 29) erkannte , dass die in Thüringen häufig vorkommenden , auf - städt sich endigenden Ortsnamen dem altslavischen iště, wie Dollstädt , vulgär Döllscht = doliště etc. , entsprechen , welche Ansicht durch die Erklärung des Ortsnamens Seeligenstädt , mundartlich : Säältztscht aus sel - iště. Ackerdorf, um ein weiteres Beispiel bereichert wird .
88 40. Söllmnitz. Söllmnitz , urkundlich (nach Br. II. 534 und Alberti I. H. S. 25) 9. November 1121 Selmiz, 15. April 1146 Selmice, 1333 Selmenicz , 1533 Selmitz , Selmenitz und Sölmnitz genannt, scheint seinen Namen von der steinigen Beschaffenheit des Bodens, auf dem es lagert und auf welche noch heut zu Tage der in der Gemarkung dieses Dorfes vorkommende Flurname Kämme , altslov. altbulgar. kamy Steine, sowie eine Kiesgrube und mehrere, wahrscheinlichst durch Brechen von Steinen entstandene Wasserlöcher hindeuten , erhalten zu haben ; denn die alte Form ( 1146) Selmice ist = za lomice d . i. im oder hinter dem Steinbruche , woraus durch naturgemässeste Kontraktion Selmiz , Söllmnitz entstanden ist ; Söllmnitz bedeutet demnach : im oder hinterm Steinbruche. 41. Steinbrücken. Nicht nur fast sämmtliche, um Steinbrücken situirte Ortschaften , als Lessen und Silbitz im Norden , Pohlitz , Roben und Rusitz im Süden , Seeligenstädt mit den Selig-Fluren im Osten und Caaschwitz im Westen sind slavischen Ursprunges, sondern auch viele Flurnamen innerhalb seiner Gemarkung tragen wie Niebse, Bornthal, Kuhtanz, Selig, Lichtenau, Sauanger und Katzenkopf slavisches Gepräge an sich, so dass Brückner , nebenbei bemerkt ein gewiegter deutscher Dialektforscher , offen bekannte (Br. II. 518) ,,, sein Name sei nicht eins mit Steinbrüchen ", gleichwohl aber die Ansicht aussprechen zu sollen vermeinte , dass wenigstens die in der Nähe Steinbrückens bei dem ausgegangenen Dorfe (Wustung) Lichtenau vorkommenden Namen (Rosengarten, Schlösschen und Nachtigallengrund) auf deutsche Kultur hindeuten. Sowohl die slavische Umgebung als die sorbischen Flurnamen innerhalb der Feldmarke Steinbrückens lassen es daher nicht als unwahrscheinlich erscheinen , dass dieser Ortsname aus dem Grundworte altslov. altbulgar. breg (brěgů) Hügel Anhöhe , und dem bestimmenden stêna Mauer (daher stêna - bregь =
89
Stein-brück) zusammengesetzt sei und ,,Mauer-Hügel“ bedeute . Sachlich findet diese Ableitung in dem dicht bei SteinbrückenLichtenau situirten sogen . ,, Schlösschen " ihre Begründung, welches aus einem runden, von einem Sumpfgraben umgebenen Erdhügel (bregь) bestehend , einen uralten sorbischen Wohnund Wehrpunkt repräsentirt.
Auf dem Gipfel dieses Hügels
wurden Trümmer von Baustücken (stêna) und Geräthschaften gefunden, so
dass es wohl kaum einem Zweifel unterliegen
dürfte , dass diese alte Umwallung zur Benennung des Ortes Veranlassung gegeben. 42. Stublach . Stublach ist in der oberen Thalsohle der Elster an einem Mühlgraben derselben
situirt , und in Folge dessen öfters
Ueberschwemmungen dieses Flusses ausgesetzt .
Mit dieser
seiner Lage in der Nähe eines fischreichen Gewässers scheint dessen onomatologische Bedeutung im Zusammenhange zu stehen. Als urkundliche Formen desselben in alter Zeit werden (n. Br. II. 507)
1364
Stobelag ,
Stoblagk , Stoblach , Stubligk ,
Stublak ,
Stublagk ,
Stobligk genannt , abzuleiten
(M. II . 241 [ 101 ]) vom serb. stublь Grube , Cysterne , Quelle , Born , Brunnen , stublina ein hohler aufrechter Stamm als Wasserbehälter (letzterer
im
Egerlande
gewöhnlich
„ Ell "
genannt ¹ ) und als Einfassung von Sauerbrunnen und Quellen verwendet) , čech. (n. Mikl. ibid .) stbel Grube , daher Stublach (local. plur. v. čech. stbel : stbelách, stbeléch) : bei den Gruben oder Wasserbehältern . Wozu aber diese Gruben dienten, darauf scheint der bei Stublach vorkommende deutsche Flurname Speckgrube hinzuweisen ,
denn Spaec bedeutet (nach
Förstemann S. 82) Flechtwerk , Weidenruthen , Korb und Reisigbündel, daher Speckgrube etwa Flechtwerkgrube , Korbgrube, wobei wegen der Nähe der Elster wahrscheinlichst an eine zum Fischfang dienende Fischfalle (čech. slup , ein im Fluss 1) Benecke - Müller - Zarncke Mittelhochd . Wörterb. III. 178 : mundartlich ulm, olm, verfaultes Baummark.
-
90
eingeschränkter Ort zum Fischfange , altslov. altbulg. stúp [stlůpů Säule])
zu denken ist.
Wird weiters die Ortssage
berücksichtigt , dass die Elsternixen Denjenigen bestraften, der auf die Fische Jagd machte , so scheint das sorbische Stublach wie das deutsche Speckgrube eine zum Fischfange dienende Grube oder doch einen Wasserbehälter , etwa zum Aufbewahren der Fische, zu bezeichnen.
Der Sinn des Mär-
chens von den Elsternixen dürfte der sein , den Bewohnern Stublachs ausschliesslich und allein den Fischfang zu sichern. 43. Stübnitz. Nach Miklosich I. 87 ( 15) kommen in manchen Ortsnamen Benennungen von Instrumenten und Waffen vor , deren Beziehungen zu den Orten selbst diesem grossen Slavisten dunkel erscheinen , wie kladivo Hammer , kyj Keule u. s. w.; unter diesen Werkzeugen wird auch stępice, eine Art Falle, angeführt. Stübnitz, urkundlich (n. Br. II . 490) 1364 Stobenicze, Stubnitz, stammt nun (vgl. M. II. 238 [98]) vom altslov. altbulgar. stąpa poln . stępica , Falle für grössere Thiere , im Gegensatze von pastka (čech. past eine Falle , z. B. pasť na myší) und bezeichnet somit einen Ort, wo ursprünglich eine grössere Thierfalle (stępica) aufgestellt war , von welchem die später dabei gegründete sorbische Ansiedlung ihren Namen Stubnitz : Fallendorf, erhalten hat. 44. Thieschitz.
Als älteste Namensformen dieses Ortes erscheinen (n. Br. II. 476) urkdl . 1533 Theschitz , Tieschitz, Thischitz und Teschwitz , Bezeichnungen , welche der Reussische Topograph und zwar ohne Angabe des slavischen Stammes (II. 477) mit „,Passdorf" wiedergiebt 1) ; allein Theschitz stammt vom čech. děs děsa (spr. djes djesa) oder das dasa (spr. djas djasa) , auch dasel 1) Wahrscheinlichst hat der von ihm benützten Quelle das čechische těsný, á, é enge, knapp, gedrängt, altslov. altbulgar. têsьnь (têsĭnă), vorgeschwebt; in diesem Falle aber müsste der ON. TesNice (und nicht Teschitz) lauten.
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der Dämon, Kobold .
-
Schafařík (Slavische Alterthümer I. 58)
führt
als überraschendes Beispiel der Gemeinsamkeit der Mythologie der alten Kelten, Germanen, Lithauer und Slaven unter Anderm an, dass die Kelten an die Dusy, die Slaven an die Djesy oder Djasy glaubten. Durch Anhängung der ursprünglich patronymischen Form ici oder owici an das subst. djes, welche nach Palacký (Gesch. Böhmens I. 169) die der meisten böhmischen Ortsnamen
wurde ,
bei
Burg- und
Dorfnamen
vorherrscht, dagegen bei alten Städten so selten ist, und erst seit dem XIII. Jahrhunderte in ice abgeändert wurde , entstand : djes-ici oder djes- ice = (1533) Theschitz , Koboldort, Kobolddorf, eine Erklärung, welche darauf hinauslaufen würde , dass einst dieser Ort von Dämonen oder Kobolden bewohnt gewesen , und die in gar seltsamer Weise mit einer uralten Sage übereinstimmt , nach welcher (vgl. Br. II. 478) die bei Thieschitz zwischen dem Märzen- und Thieschitzer Gipsberge liegenden berühmten Höhlen, die jetzt durch das Ausbrechen der Kalksteinwände fast gänzlich zerstört sind, einem Zwergenvolke unter ihrem weisen Könige Coryllis ¹) zur Wohn- und Zufluchtsstätte dienten. Dieser König soll Jedem , der dreimal den Königsnamen rief und drei Elsterkiesel (als Zeichen der Treue) rückwärts in die Höhe warf, klugen Rath ertheilt haben. Die Zwerge durchstreiften die Gegend , Brot und Lebensmittel heimschaffend. Als man endlich ihrer daselbst wie die Sage weiters berichtet - überdrüssig wurde, und Fenchel , welcher ihnen zuwider war , unter das Brot buk, beschloss das Zwergenvolk auszuwandern , setzte , den Fährmann reichlich belohnend , zu Schiff über die Elster und verliess für immer die Gegend. Bezüglich dieser Kobolde bemerken wir noch, dass (nach Palacký, Gesch. Böhmens , I. 61) die Slaven eine Menge Dämonen , Diasi genannt , verehrten , männliche und weibliche, gute und böse ; die letzteren hiessen
1) Coryllis, von goralec , horalec , Gebirgsbewohner ? was ja eben die Zwerge im eminenten Sinne des Wortes sind.
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-
Biesi. Nicht allein jede Naturerscheinung , sondern auch menschliche Leidenschaften und Gemüthsbewegungen wurden von der Einwirkung dieser Diasen hergeleitet ; auch Schafařík erwähnt (Slavische Alterthümer I. 58) , wie bereits bemerkt, der Djesy oder Djasy insbesondere. Die Deutung Djesice = (1533) Theschitz oder Djasice , Diasice = Thieschitz Koboldort würde sich also
enge an die Zwergsage anschliessen.
Die hier wohnenden Sorben bezeichneten Thieschitz resp. die Thieschitzer Höhlen geradezu als Ort der Djasen (djesy) und bevölkerten letztere mit ihren Dämonen , Kobolden und Zwergen. Unwillkürlich drängt sich da dem Freunde der Vorzeit die Frage auf, was sie wohl zu dieser Benennung veranlasst haben mochte.
Diesfalls erscheint es zuvörderst nicht uninteressant,
die über den Ursprung dieser Sage aufgetauchten Meinungen kennen zu lernen , wickeln.
bevor wir unsere eigene hierüber ent-
Limmer (Gesch. des Voigtlandes I. 187) , der keinen
weiten historischen Gesichtskreis entfaltet , vermuthet blos , dass die Thieschitzer Höhlen im Mittelalter ,
ähnlich dem
Wendelstein (bei Falkenstein im Voigtlande) der Sitz eines Vehmgerichtes waren , und absichtlich durch die Zwergsage in Verruf gebracht wurden, um die Sicherheit des Sitzes der Vehme zu befördern ; Ferdinand Hahn hingegen hält (Gesch . Gera's, 1849 , I. 168) dafür (I. 171) , dass die Zwerge die kleinen Wasser- und Berggeister der Heidenzeit seien , die durch das Christenthum
vertrieben wurden , indem er den Ort selbst
(a. a. O. I. 170) als heidnischen Opferplatz erklärt ; Brückner endlich (Landeskunde II. 478) glaubt (in offenbarem Anschlusse an Hahn) als Kern dieser Sage die Verdrängung der Sorben aus hiesiger Gegend durch das Christenthum zu erkennen. Es ist eine durch prähistorische Forschungen festgestellte Thatsache, dass im Allgemeinen die natürlichen Felsenhöhlen als eine der ältesten Urformen menschlicher Wohnungen aufzufassen seien , und demgemäss dürfte die Vermuthung nicht allzu gewagt erscheinen, dass auch die Thieschitzer Grotten , die sowohl die heutige Sage als Behausung der Zwerge dar-
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stellt, als auch die Tradition der Sorbenwenden, die bekanntlich vom VII. bis X. Säculum, also ungefähr vor einem Jahrtausende , diese Gegenden inne hatten , als Sitz der Kobolde und Dämonen (Diasice oder Djesice) erklärt , in grauester Vorzeit einem auf niedrigster Kulturstufe stehenden Stamme als Heimstätte dienten. Dass dies nicht nur vor den Sorben, sondern auch lange vor den in den ersten Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung (I. bis VI . Jahrhundert) im Reussenlande sesshaften Hermunduren der Fall war , erhellt schon daraus , dass dieser germanische Stamm nach Tacitus ausdrücklichem Zeugnisse Dörfer von aus Holz aufgeschrotenen die
oft mit einem glänzenden Erdanstrich über-
zogen waren ,
Häusern ,
keineswegs aber Höhlen , bewohnte , letztere
vielmehr nur zur Aufbewahrung der Feldfrüchte gegen die Strenge des Winters oder als Versteck vor feindlichen Zugriffen und Verwüstungen benutzte.
(Germania Cap. XVI.)
Die Thieschitzer Zwerghöhlen müssen demnach von einem auf primitivster Stufe stehenden unbekannten Stamme behaust gewesen sein ,
dessen Andenken in der Tradition bei den
später hier angesiedelten Sorben fortlebend ,
zur Sage von
den Djesy oder Djasy (Kobolden) Veranlassung gab , doch in diese gehüllt wurde.
Dass
oder
aber wirklich in vor-
historischer Zeit Troglodyten diese Grotten bewohnten, dafür findet sich in der Erklärung des Ortsnamens des nur wenige Minuten von Thieschitz und seinen Höhlen (eine Achtelstunde) entfernten Dorfes Rubitz ein weiterer onomatologischer Beweis ; denn dieses , urkundlich in ältester Zeit ( 1121 ) Rupizan , (1246 ) Ropizane genannt, ist = čech. rupičáné und bedeutet Felsenhöhlenbewohner ,
spricht also
klar
und deutlich für
unsere Meinung , zumal unter diesen Felsenhöhlenbewohnern doch wohl nur ein in den Thieschitzer Felsklüften hausender Urstamm verstanden werden kann.
Auch die in der Nähe
der Thieschitzer Kirche auf dem sogenannten „,Todtenacker " (Br. II. 476) aus altheidnischer Zeit (?) aufgefundenen Menschenknochen, deren Untersuchung seitens der Anthropologen so
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wünschenswerth wäre , zeugen für die Existenz eines hier in der Vorzeit sesshaften unbekannten Völkchens , dessen Erinnerung kaum die nebelhafte Sage festzuhalten vermochte. 45. Tinz. Als älteste urkundliche Formen desselben werden (nach Dr. Alberti, Urk.-S. z. Gesch . d. Herrschaft Gera I. 64) 1290 Tyncz, (nach Br. II. 425) 1290 Tyncz, 1323 Tintz, 1496 Teintz, 1533 Dintz , 1534 Tyntz, 1540 Thyntz, 1639 Düntz aufgeführt, während es im Volksmunde Tinz genannt wird , und obgleich der Reussische Topograph (Br. II. 426) diesen Ort ausdrücklich als sorbischen Anbau bezeichnet, hat er doch eine Deutung des Namens desselben zu geben unterlassen.
In Böhmen ist
dieser Ortsname sehr verbreitet : nicht weniger denn dreizehn Teinitz , wie Jungfern - Teinitz , Elbe - Teinitz etc. , sechs Teinischt, dann Tinisko, Tinschan und Tinchov finden sich im Ortsverzeichnisse dieses Königreiches.
Tinz stammt vom čech.
týn a , oder týn u (Rank 795) Umzäunung , Burg, týniti něco zäunen , umzäunen .
Palacký (Gesch. von Böhmen I. S. 71 ,
Anmerkung 17) vergleicht die böhmischen Tyne oder Teyne mit dem altgallischen Dunum (keltisches Schloss) und dem englischem Town (d . i . Stadt) , während ihm entgegen Miklosich (Appellative I. 85 [ 13])
dieses Wort nicht für slavisch
hält , sondern ausdrücklich hervorhebt , dass tynь (tynů) aus dem Deutschen entlehnt und dadurch interessant sei, dass es nicht auf der uns erhaltenen deutschen Form zûn beruhe, indem es im Anlaut ein t darbietet. auf Förstemann. schreibt:
Zaun,
Er beruft sich hiebei
Dieser (Die deutschen Ortsnamen niederdeutsch tûn ,
S. 81)
finde sich hochdeutsch
zuerst im X. und XI. Jahrhunderte (in Bobbenzune und Dornzuni) ; er bekennt jedoch offen , es sei ihm nicht ganz sicher, ob Velittunum , Loctuna , Ondertunum oder gar Eritonon, die in denselben Jahrhunderten erscheinen , hieher gehörten ; mitunter mag sich seiner Meinung nach auch keltisches -dunum mit diesem Worte mengen. Wo so gewiegte Forscher
95
über den Ursprung eines Wortes im Zweifel sind , ist Vorsicht gewiss am Platze.
Jedenfalls bedeutet Tyncz ein Pfahl-
werk , eine Umzäunung , ein Gehege , eine Burg, Befestigung , aus Holz höchst wahrscheinlich auf der Anhöhe angelegt, wo gegenwärtig das im Jahre 1748 an Stelle eines alten Herrenhauses erbaute Schloss Tinz steht.
46. Töppeln. Urkundlich erscheint Töppeln : 1333 als Topelin , Tepiln , 1533 Doppiln , während es im Volksmunde Teppeln genannt wird (Br. II. 479) . Unter die äusserst wenigen sorbischen Ortsnamen , die Brückner in seiner Volks- und Landeskunde d . F. R. j . L. einer Deutung unterzieht und überdies richtig erklärt , zählt auch Töppeln , welchen ON. er vom slavischen ableitet (vgl. Br. I. 121 ) , ohne sich vom
topolina , Pappel ,
Volkshumor, der diesen Ort deutsch machen und von „ doppeln “ Miklosich (Appell. I. 84)
herleiten will , beirren zu lassen.
erklärt topola als die Silberpappel, ebenso auch in Appel . II . ( 107) 247 serb. topola als populus alba, Silberpappel. Töppeln, Topelin ist = topolina und bedeutet demnach Silberpappelwald. 47. Trebnitz. Brückner (I. 121) leitet diesen Ortsnamen von der slavischen Wurzel drewo , waldig, ab, während Brenner wiederum (vgl. Geschichte des Klosters Waldsassen S. 313 ) das stammverwandte , im Egerlande belegene Trebendorf als „ Kleindorf", von drobei , klein ,
deutet.
Diese
Erklärungen sind
jedoch unrichtig ; denn Trebnitz , das urkundlich (vgl. Br. II. 555) 1376 als Trebnitz, Dröbnitz erscheint, stammt (vgl. M. II. 248 [ 108]) vom altslov. altbulgar. trêbiti purgare reinmachen, in
der Bedeutung von exstirpare ausrotten , neusl . trêbiti
trêbež Gereuth, und bedeutet demnach die Reuth, die Rodung. Es war inmitten eines Waldes angelegt worden , den die Sorben rodeten , ein Umstand , auf den auch die innerhalb der Trebnitzer Dorfgemarkung gelegene und von den Deutschen später ,,Rodeland" genannte Flur hinweist.
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48. Waaswitz. Im oberen Bramthale, da wo vom Süden her das Mückernsche Gründchen einmündet , liegt Waaswitz , urkundlich (nach Br . II. 544) 1333 Wasenewitz, Waasewitz, Waswitz, Waasswitz und Wasswitz genannt.
Die älteste Form ( 1333) Wasenewitz
deutet , da das deutsche W leicht aus slavischem weichem B hervorgegangen , auf das čechische bažina, Sumpf, bažinný , sumpfig , hin , und wäre demnach Wasenewitz = bažinovice , Sumpfort, Sumpfdorf.
Dass dem sumpfigen Boden das Motiv
zur Bezeichnung dieses Ortes entnommen, dafür spricht weiters auch der Umstand , dass das Mückern'sche Gründchen , wie bereits bemerkt ,
eben dort in's Bramthal einmündet (Br. II.
545) und der ON. Mückern , vom čech. mokřín mokrina stammend , gleichfalls einen „ nassen Ort , einen nassen Fleck im Felde" bezeichnet, so dass einst das ganze Terrain um Waaswitz einen Sumpf boden gebildet zu haben scheint.
49. Weissig. Obgleich Brückner in seiner Volks- und Landeskunde des Fürstenthumes Reuss j . L. (II. 457 ) positiv behauptet, dass dieser Ort sicher ein deutscher und kein sorbischer Anbau sei, so muss dem doch hier ausdrücklich widersprochen werden ; denn das urkundlich 1534 Weissigk, 1647 Weisska, Weisske , Weissig genannte Dorf liegt auf einem Bergrücken , dem das čech. vysoký = hoch , vollkommen entspricht. Weissig bedeutet: Hohdorf und liefert einen neuerlichen Beweis für den meist naturbeschreibenden Charakter der slavischen Ortsnamen.
Nach Schmaler (Die slav. Ortsnamen in der Ober-
lausitz und ihre Bedeutung, Bautzen 1867 S. 13) führt Miklosich Apell. II. ( 118 ) 258 das oserb . Vysoka
Weissig als Beleg
für die Ableitung dieses ON. vom Appellativum vysokú (vysoků) hoch, an. Zum Ueberflusse bestätigen noch zwei Gassennamen in Weissig , die Heilands- und Lätschengasse , die slavischen Ursprunges sind , die Erbauung dieses Ortes durch die Sorben , so dass hierin einen Zweifel zu setzen, nicht gut möglich ist.
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50. Windischenbernsdorf. Windischenbernsdorf erscheint als ein urkundlich ( 1333) Börensdorf, (1534) Winschenbernsdorf genannter, nach Brückner (II . 472 ) von den Sorben gegründeter, später von den Deutschen in Besitz genommener Ort , welcher von den vielen übrigen , auf sächsischem Territorium gelegenen Bernsdorf durch die Bezeichnung „Windisch" unterschieden
wurde.
Für
seinen
slavischen Ursprung sprechen ausser dem vorgesetzten Windisch = wendisch , auch mehrere , in seiner Feldgemarkung vorkommende sorbische Flurnamen , wie Hascht = čech. houště Dickicht, Lübecksgraben, ein ON. der sowohl vom čech. hluboký tief = Tiefengraben, als auch von hlubeč Thalwald , abgeleitet werden kann , und sicherlich auch Prunebaumsholz , vom altslov. altbulgar . vranú (vranů vgl. M. II. 256 [ 116 ] ) schwarz , Vranové in Böhmen ,
etwa Schwarzholz , letzteres nicht von
so augenfällig slavischem Gepräge ,
wie
die
beiden vorge-
nannten (Hascht und Lübecksgraben) , alle insgesammt aber auf einen zur Sorbenzeit daselbst gestandenen Wald hindeutend.
Wir leiten daher mit gutem Grunde ( 1333 ) Börensdorf
vom altslov. altbulgar. borije Kiefernwald , čech. bor Kiefer nicht selten Kiefernwald , Heide , dem - nach Miklosich in ON. „ Heide" entspricht ,
ab (vgl . M. II. 144 [ 4]) .
Offenbar
haben die später hier angesiedelten Deutschen dem, ursprünglich borije oder borina Föhrenwald genannten Orte das Grundwort -dorf angehangen, und diesem zur Unterscheidung von anderen gleichnamigen Ortschaften , wie bereits bemerkt , das charakterische Wendisch" vorangesetzt.
Windischenbernsdorf lässt
sich daher füglich mit „ Windischen -Kiefernwalddorf" wiedergeben. 51. Zeulsdorf. Zeulsdorf hiess urkundlich (n . Br. II . 457)
Zeulssdorf,
Zeilsdorf, 1533 Seulsdorf, im Volksmunde aber wird es „ Zeilsdorf" genannt.
Vor Deutung dieses Ortsnamens ist die Frage 7
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zu erörtern ,
ob derselbe germanischen oder slavischen Ur-
sprunges sei , da der Anschein sehr zu Gunsten des ersteren spricht.
Unter „ Zeile " versteht man nämlich (vgl. Förstemann
S. 205) im Deutschen eine blos an der einen Seite bebaute Strasse ; dem widerstreitet aber die ganze Anlage des Dorfes , das (nach Br. II . 456) krumm und zweizeilig gebaut , eher einem slavischen Rundling als einem deutschen Anbau ähnlich sieht.
Zudem sind die Namen von mehreren , um dasselbe
gruppirten Fluren, wie Briete (Brausebach) , Lumpe (von lom Steinbruch), Lasig, Türkenfeld (von trnkoví Schlehenfeld ) und Türkengraben
sorbisch ,
so
dass man mit Grund gleichen
Ursprung auch für Zeulsdorf annehmen kann , wie dies schon der Reussische Topograph (vgl. Br. II. 457) gethan hat.
Der
Ort liegt am Zusammentreffen des Lasiggrundes und
des
Hinterthales tief eingebuchtet und versteckt. seines
Namens
ist
diese
Situation
Bei Deutung
am Lasiggrunde
von
besonderer Erheblichkeit , zumal eben letzterer das Motiv zur Bezeichnung des ersteren gegeben zu haben scheint. Was nun zuvörderst den Flurnamen Lasig anbelangt , so stammt dieser von lazь und bedeutet (nach M. II . 192 [ 52]) neuslov. Gereuth, überhaupt in ON. Gereuth Gehag, desgleichen serb. laz Gereuth , nach Schmaler oberlaus. łaz Windbruch . (Vgl. dessen Slavische Ortsnamen in der Oberlausitz und ihre Bedeutung , Bautzen 1867 ,
S. 13 ) .
Eine solche Rodung hat
aber immer einen Wald zur Voraussetzung, welcher sich, wie bereits früher nachgewiesen wurde vom Hainberg über Pöppeln (Aschenreuth) Debschwitz (Eichendorf) Lusan (Wald) Zeulsdorf gegen Gorlitzsch (hořeliště Brandstätte , und
so weiterhin nach Süden
erstreckte.
Rodung)
Der Lasiggrund
war also eine ausgerodete Waldschlucht, an ihr lag Zeulsdorf, welche Ortssituation von den Sorben durch den Ausdruck za laz d. i. „in der Rodung" prägnantest gekennzeichnet wurde. Aus za laz ist nun durch Kontraktion Zalz, Sals, 1533 Seulsund Zeils-(dorf) hervorgegangen ,
wobei selbstredend dieser
Ortsname von den später daselbst angesiedelten Deutschen
-
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durch das angehangene -dorf kompletirt wurde .
Zeulsdorf
kann also füglich mit Rodendorf übersetzt werden.
52. Zschippach . Als ältere urkundliche Bezeichnungen finden sich ( nach Br. II. 547) Tippach , 1488 Czschippach, 1533 Zschippach, und ebenso eine Deutung desselben von Pastor Bogenhardt in den n„ Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländischen alterthumsforschenden Vereines in Hohenleuben" (40. Jahresbericht S. 27, Weida 1871 ) , gemäss welcher dieser ON. vom
böhm.
štep -j für štep -je , lausitzisch šćčpje, abgeleitet wird , und Obstpflanzung , Obstbäume bedeuten soll.
Da jedoch nicht anzu-
nehmen, dass die Sorbenwenden in der Kultur schon so weit vorgeschritten waren, dass sie Obstbäume hegten, zudem auch in den Pflanzenmotiven des Unterlandes sich kein Anhaltspunkt hiefür vorfindet (vide „ Allgemeiner Theil II“) : so erregt diese Erklärung mit Recht starke Bedenken .
Unserer Ansicht
nach stammt Zschippach (vgl. M. II . 245 [ 105 ] ) vom neuslov. ščipek, čech. šípek , slovakisch šíp Hundsrose , Hagebutte , und bedeutet (als localis plur. šípkách , slov. šípách) : „ in oder bei den Hundsrosen oder Hagebutten".
53. Zschippern. Zschippern erscheint sowohl in Urkunden als im Volksmunde gleichlautend als Zschippern , und stammt jedenfalls , wie der Ortsname Zschippach vom neuslov . ščipek, čech. šípek, slovakisch šíp Hundsrose , Hagebutte (vgl. M. II. 245 [ 105 ]) , nur dass das angefügte Suffix „-ern “, wie in debrno (vgl . M. I. 95 [23] No. 28) so auch hier ein Adjectivum andeuten dürfte , und
etwa als
mit Hagebuttensträuchern bewachsen“,
oder
„von Hundsrosen bedeckt" wiedergegeben werden könnte. 54. Zwötzen. In alten Urkunden wird dieses Dorf (nach Br. II. 451 ) 1358 Czwoczen , 1410 Zwoizen , 1533 Zweczen , im
Zwecen,
1
100 Volksmunde aber Zwietzen genannt ,
ein Name , der auch in
Meissen (Zwecen) und Thüringen (Zwetzen) vorkommt, und wie Brückner (II. 453) mit Recht bemerkt , sorbischen UrNach ihm nehmen Einige an , dass derselbe
sprunges ist.
einen heiligen Ort , der nahe Zoitsberg einen heiligen , dem Lichtgotte" geweihten Berg und die anstossende Thalau, Zwotenau genannt , angeblich
heilige Au" bedeute , wozu die
Erklärer muthmasslich durch das sehr nahe liegende čechoslavische svěcený geweiht geheiligt , verleitet worden sein mochten. Wahrscheinlicher aber dürfte der alte Name ( 1358) Czwoczen und namentlich Zwotenau aus čech. za (cum instrum.) vodou = am Wasser , jenseits des Wassers , oder aus z-vody (zvody) vom Wasser (her) , zusammengesetzt , und hiemit die Elster ,
an welcher sich Zwötzen ausbreitet ,
anstossende Thalau (Zwotenau) gemeint sein.
oder auch die