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German Pages 630 [636] Year 1977
P H I L I P P VON Z E S E N , SÄMTLICHE W E R K E V/1
AUSGABEN D E U T S C H E R LITERATUR D E S XV. B I S XVIII. J A H R H U N D E R T S
unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roloff
PHILIPP VON ZESEN SÄMTLICHE WERKE
WALTER D E G R U Y T E R · B E R L I N · N E W YORK 1977
PHILIPP VON ZESEN SÄMTLICHE W E R K E unter Mitwirkung von
ULRICH MACHÉ U N D V O L K E R M E I D herausgegeben von
F E R D I N A N D VAN I N G E N
FÜNFTER BAND, ERSTER TEIL IBRAHIM
bearbeitet von
VOLKER M E I D
WALTER D E G R U Y T E R · B E R L I N · NEW YORK 1977
CIP-Kur^titelaufnahme
der Deutschen
Bibliothek
Zesen, Philipp von [Sammlung] Sämtliche Werke / unter Mitw. von Ulrich Maché u. Volker Meid hrsg. von Ferdinand van Ingen. — Berlin, New York : de Gruyter. Bd. 5. Ibrahim / bearb. von Volker Meid. Teil 1. — 1. Aufl. — 1977. (Ausgaben deutscher Literatur des XV. [fünfzehnten] bis XVIII. [achtzehnten] Jahrhunderts) ISBN 3-11-007081-2 NE: Meid, Volker [Bearb.]
© Copyright 1977 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner — Veit & Comp. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Bindearbeiten : Lüderitz & Bauer, Berlin 61
IBRAHIMS ODER D E S DURCHLEUCHTIGEN B A S S A UND D E R BESTÄNDIGEN ISABELLEN WUNDERSGESCHICHTE : DURCH F I L . ZAESIEN VON FÜRSTENAU. AMSTELDAM BEY L U D W I G ELZEVIEREN.
1645.
Auf'traags'schrift An die Hôchst4ôbliche Fruchtbringende GESELSCHAFT.
Höchst« und Hoochsgeehrte Herren / von Frucht und Zucht Aedele Helden;
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W A n ein unwürdiger Reichs«sasse der Groos^mâchtigsten Deutschinnen Gnade fuhr ihren äugen gefunden / und sich erkühnen darf / Ihrer Hooch^ansähnlichen vieWrûchtenden Gesellschaft seine unermüdete Dienste in untertâhnigkeit auf 10 zu tragen; so wurd sich (4*~) meine Wenigkeit nicht scháuen dürfen / den Wâlt*wallenden Ibrahim / dehr nuhn»mehr aus einem Franzosen ein Deutscher worden / zu Ihren fußen
6 zu lägen; mit beigefügter Bitte / daß Sie Ihm die Gnaden* hand zu bûten und günstig auf zu nähmen geruhen wollen. Dafuhr ich mich dan / wie schohn vohrlângst in geheim / also auch hinfuhr ôffendlich erweisen wärde / wie daß ich sey und 5 zu verbleiben wündsche Der hoochspreis^wûrdigen Frucht* bringenden Geselschaft untertáhnigster alzeifc» Utrecht / den 1. taag fártiger Knácht des Christ«mandes Filip Zesius von io 1644. Fürstenau.
Schuz=râde An die unüberwindlichste Deutschinne. E S ist wahr / aller=groos*màchtigste Fürstin / daß ich zwahr dein Untertahner und von deinen groos^mühtigen Helden gezeuget bin; iedán«noch aber von meiner Geschlâchts«ahrt und den Gebräuchen deines ernsthaften Volkes etlicher maßen abgewichchen. Ich mus auch bekánnen / daß ich mich vergriffen / und deinen Ruhm / dem ehrsten Ansähen naach / gleichsam verdunkelt; indehm ich nicht nuhr den Durchleûchtigsten Ibrahim und die stand=fáste Isabelle / als zwey verliebte Menschenbilder / in deiner Helden*sprache von ihren LiebeSifâllen zu râden gelâhrt; sondern auch / welches noch unverantwortlicher scheinet / Dehn von Schudery / als uhrsverfassern dás Französischen / da ich doch wohl selbst was eignes hätte schreiben können / deiner Sprache gleichsam zur schädlichen Naachrâde / zum Vohr= und Lâhr^schreiber gebraucht. Dan / was diesen ehrsten Fáhler betrûfft / wan ich meiner uhr^áltern Verrichtung betrachte / so befund' ich / daß sie nichts als lauter ritterliche Tahten getahn / daß sie nichts / als gekrieget und gesieget; und den Himmel / das ist / die heidnischen Höhen der Chamiten / ihrer Brüder / gestürmet / daß auch Rohm / die Erz^fûrstin der Wilt / welche so unzâhlich viel Völker bezwungen / fuhr Ihnen selbst erzittern müssen. Schlag' ich noch ediche hundert Jahr über / so wârd' ich gewahr / daß die Faust deines tapferen Volkes / die bis^hähr durch das führen seines wilden Dâgens gekrümmet / sich gahr zu^gethan / und die gelâhrte Fâder auch zu fassen gewohnet / daß es nuhn=mehr den andern /
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Schuz»râde an die
die uns ehmahls fuhr ein (6* s ) verwildetes und dahrzu untaugliches Volk gehalten / zum Hohn und Spot / so wohl mit der Fäder als mit den Waffen zugleich obgesieget. Auch waar die Wurkung der Fäder nicht weniger tapfer und mânlich als des Degens; dan es befündet sich / daß sie von nichts als von ernsthaften Sachchen geschrieben. Etliche begaben sich auf die Haubtwûssenschaften / und erforscheten die Geheimnüsse Gottes / lagen den Rechten ob / und beflissen sich der Arzney« und Entglieder«kunst; die andern / dahrunter sich meistenteils Aedele befunden / erkundigten die Verborgenheit der himlischen und irdischen Kräfte: bemûheten sich durch die Scheideskunst das Gold«machchen zu erfunden; übten sich in den Seltsamkeiten der großen Kunst«Láhre; verfasseten die Begäbnüsse ihrer und der forigen zeit; beschrieben die Reisen die sie in fremden Ländern verrichtet / und zeuchneten auf / was bey einem iedwedern fuhr Gewohnheiten / Sitten und Ordnungen im Geist« Wâlt und Häuslichem Stand' im schwänge gingen. Dehr gestalt / daß keiner gefunden ward / keiner / sag' ich / dehr sich von Liebes4iândlen / Buhlereyen / oder andern dehrgleichen weich» und weiblichen Sachchen zu schreiben bemuhete ; so gahr waar ihre Gebuhrts« ahrt davon abgeneuget / daß sie es auch führ eine schände hielten / ihren wâlfc=beruhffenen Nahmen und ernsthaftigen Wohlstand mit dehrgleichen lüderlichen Dingen zu beflâkken. Naachdehm ich aber / aller=unüberwündlichste Heldin / diese Gewohnheit nicht aus Frâfâl oder eitelem Küzzel / sondern aus erhôblichen / führnähmen uhrsachchen überträten / so würd mich Ihre Hoheit / Die ich dáshalben mit einem Demühtigen Fuhsifalle verehre / aller^gnâdigster verzeuhung würdigen / und mein Unterfangen im Bâsten vermârken. Dan / gesâzt I daß sich unser Ibrahim / mit der Isabellen in Liebes« Lust einlâsset / daß Lustinne bolzen dráhe / und Liebreiz verschüße / daß die anmuhtigen Holdinnen bisweilen mit unter spielen / ja daß die Deutsche Freye / so bishâhr in allen Landen deines Reichs gleichsam râde4oos und fast
unûberwûndlichste Deutschinne.
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verjagt gewásen / den Zwâk dieser ganzen Geschichte wirke; so wûrd doch auch keiner lâugnen können / daß sich die Vernunft an solchen lieblichen dingen wezze / und daß man deine prächtige Helden«sprache / die bishâhr gahr verdunkelt / unausgeûbet / und wägen so vieler stâts«anhaltenden Kriege / versäumet geblieben / durch kein bässer Mittel / als durch dieses / nicht allein berühmet / sondern auch folkômlichen machchen könne. Dan es ist einmahl gewus / daß uns die überirdische Rosemund / die Adriatische Mánsch=Góttin / durch ihre sûhsse verzûkkungen oftermahls solche sun*reiche Gedanken erwâkket / daß wier auch in Verfassung dehrselben uns selbst an zierlichen Ráden und ahrtigen Erfundungen ûbertrâffen. Der Deutschen Alkman / der hooch^flûgende Opiz / welcher allerehrst ohn gefähr vohr etlichen zwanzig jähren den Deutschen Liebreiz ráden geláhret; und der Gôtliche und Himmels«flammende Flâmming / haben auch in Wahrheit / wan jenen seine braune Flavie / und diesen seine Beständige Anemone entzukket / keinen andern zwák gehabt / als ihre Muttersprache berühmt zu machchen. Wehr wolte mich dan nuhn verdânken / wan ich solchen großen Männern naachfolge / und nicht allein dieses / sondern auch noch viel ein anderes von der Liebe geschrieben ! wehr wûl mier dieses verargen / wan ich in Des von Schudery liebliche Fuhsstapfen trâhte / und sein ahrtiges Wirk nicht allein mit Lust läse / sondern auch mit Begier verdeutsche I Man glâube mier / hätten mich die Kunst* und Lâhr^reichen Erfûnd= und Verfassungen / darinnen er den alten Griechen nicht allein gefolget / sondern auch in vielen zuvohr kommen / nicht so triflich belustiget; hätten mich seine zier« und allezeit wohl« füglich' erzählende Vermischungen und rächtmäßige Ahrten zu râden / nicht so höchlich gefallen; so wâr' Ihm diese Ehre nimmermehr wiederfahren; nimmermehr hâtt' ich seinen Ibrahim unsern