Sämtliche Werke: Band 1/1 Lyrik I. Erster Teil 9783110841558, 9783110081336


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German Pages 466 [484] Year 1980

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Table of contents :
Melpomene (Titelblatt)
Melpomene (faksimiliertes Titelblatt)
Melpomene
Glückwunsch gedicht (Gueintzius)
Himmlische Kleio (Titelblatt)
Himmlische Kleio (faksimiliertes Titelblatt)
Zueignung
Himmlische Kleio
FrühlingsLust (Titelblatt)
FrühlingsLust (Titelkupfer)
Zueignung
Günstiger Leser (Vorrede)
Glückwunschgedicht (D. E. V. R.)
Glückwunsch gedicht (D. Petersohn)
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Erstes Dutzend
An sein Büchlein
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Anderes Dutzend
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Drittes Dutzend
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Vierdes Dutzend
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Fünfftes Dutzend
Lob= Lust= und Liebes=Lieder Sechstes Dutzend
Anzeiger der Lieder
Dem Leser
Gebundene Lob=Rede (Titelblatt)
Gebundene Lob=Rede (faksimiliertes Titelblatt)
Zueignung
Gebundene Lob=Rede
Oedipus
Lustinne (Titelblatt)
Lustinne (faksimiliertes Titelblatt)
Zueignung
Lustinne
Oedipus
Jugend=Flammen (Titelblatt)
Jugend=Flammen (Titelkupfer)
Jugend=Flammen (faksimiliertes Titelblatt)
Motto
Zueignungsgedicht
Brief der Adelmund
Jugend=Flammen
Zesens Erratum (Liefe Leser)
Blat-weiser
Variantenverzeichnis
Nachwort des Herausgebers
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Sämtliche Werke: Band 1/1 Lyrik I. Erster Teil
 9783110841558, 9783110081336

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P H I L I P P V O N ZESEN, SÄMTLICHE WERKE 1/1

A U S G A B E N D E U T S C H E R LITERATUR DES XV. BIS X V I I I . J A H R H U N D E R T S

unter Mitwirkung von Käthe Kahlenberg herausgegeben von Hans-Gert Roloff

PHILIPP VON ZESEN SÄMTLICHE WERKE

WALTER D E G R U Y T E R · B E R L I N · N E W Y O R K 1980

PHILIPP VON Z E S E N SÄMTLICHE WERKE unter Mitwirkung von

U L R I C H MACHÉ U N D VOLKER MEID herausgegeben von

F E R D I N A N D VAN I N G E N ERSTER BAND, E R S T E R T E I L LYRIK I

bearbeitet von F E R D I N A N D VAN I N G E N

WALTER DE GRUYTER · B E R L I N · NEW Y O R K 1980

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen Bibliothek

Zesen, Philipp von: [Sammlung] Sämtliche Werke / Philipp von Zesen. Unter Mitw. von Ulrich Maché u. Volker Meid hrsg. von Ferdinand van Ingen. — Berlin, New York : de Gruyter. Bd. 1. Lyrik / bearb. von Ferdinand van Ingen. Teil 1: Lyrik 1. - 1980. (Ausgaben deutscher Literatur des XV. [fünfzehnten] bis XVIII. [achtzehnten] Jahrhunderts ; 90) ISBN 3-11-008133-4 NE: Ingen, Ferdinand van [Bearb.]

© Copyright 1980 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung, J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung — Georg Reimer — Karl J. Trübner - Veit & Comp. Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

MELPOMENE ODER T R A U E R - VND K L A G G E D I C H T E

/

V B E R DAS V N S C H U L D I G S T E V N D B I T T E R S T E L E I D E N VND STERBEN JESV

CHRISTI.

P. C.

B.

G E D R U C K T ZU H A L L BEY P E T E R S C H M I E D E N / IM JAHR

1638.

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S e e s P. C. B. ÖcDruiftju £ a l l b t p V t t t t & Q m i t t W l 3m 3«fcr ftfjs.

(Aijr) A c h / A c h / ist diß der Tag? Sein das die trüben Zeiten / Da Frewd und Trawrigkeit hart mit einander streiten? Ist diß die Stunde / da mein Heyland ward gekrönt Mit einer DornenKron und schmahlich außgehohnt? Ach schlaget an die Brust! Ach last den Mund verblassen! Ach last das Angesicht mit ThranenFluten nassen! Brich / brich / Melpomene / die ungebrochne Bahn / Bring Harff= und Seiten mit / und kom mit auff den Plan. Komt nahet Euch herbey / und last die heissen Zähren / Die SchmertzenTóchter die / das Trawren recht gewahren / Salanen mercket auff / hört mir geneiget zu / Ihr / die Ihr her versetzt der weisen Fusse Schu; Ihr grossen Väter / Ihr / Ihr Musen selbst Erhalter / Die Phôbus liebet selbst / des Helicons Verwalter. Kom / kom / Melpomene / und setze dich zu mir / Bring Harff= und Seiten mit und laß uns trawren hier. Ihr denen Helicon zuwâht ein susses sausen / In derer Augen sich die Gratien zu hausen Erkiesen Ihr Losier: Auß derer Lippen lacht Die Hold=Sinn-rauberin Suadela Tag und Nacht / Euch Sprech ich trawrig zu: Ich kan es kaum erwähnen Vor Langmut / helffet mir vermehren meine Thränen: Kom / kom Melpomene / und setze dich zu mir / Bring Harff= und Seiten mit / und laß uns trauren hier.

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Philipp von

Zesen

Diß ist der Trawer Tag / mit kohlpechschwartzen Steinen Zu zeichnen fur und fur: An dem man billich Weinen Und Schwermuth tragen sol: An dem auß Frewden Leid / Auß Schertzen Schmertzen wird / auß Lachen Trawrigkeit. Drumb weichet weg von hier / weicht / weicht ihr schnöden Sachen / Die Ihr bey Trawren Lust / bey Weinen regt das Lachen. Kom / kom Melpomene / und laß uns trauren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. ( A i j v ) Denckt nicht auff ewren Leib / wie Ihr Ihn wollet zieren / Denckt nur wie Ihr das Hertz wolt sauber außpolieren. Ist daß die Trawrigkeit / Ihr Jungfern wenn Ihr steht / Wie eine Braut / wann Sie Ihr HochzeitFest begeht? Ach seht den Himmel an / Ach seht ihn an von ferne / Wie ist er so vermischt / wie trawrig stehn die Sterne! Kom / kom Melpomene / und laß uns trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Wie ist es daß man Euch siht durch die Thrânen lachen / Mit Lippen angeschminckt? Was sein die schnöden Sachen? Was sol der gûldne Glantz? Wie oder wist ihrs nicht / Daß ewrem Bräutigam der Athem selbst gebricht / Der doch Euch Athem gab? Ach stellt die Freundligkeiten Mit dem Xenocrate und Crasso auf die Seiten Fang an Melpomene / und laß uns trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Bereitet ewer Hertz dem Heilgen Geist zum Tempel / Die Frawen zeigen Euch ein lebendes Exempel So Jesu folgeten : Es war da keine Pracht Noch Hochmuth nicht gespürt: Die Hoffart war veracht / Zusampt der Üppigkeit: Bey diesen drey Marillen / Bey diesem WeibesVolck / bey diesen Sionillen. Fang an Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

Melpomene

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Ach seht! Wie angstig thut doch ewer Heil und Leben / Er zieht gantz Juda durch / wil zu verstehen geben / Daß diß sein letzter Gang und AbschiedsReise sey / Und übet WunderWerck / wie Lucas lehret frey: Erwecket Lazarum: Und zeigt von seinem Leiden: Besuchet Solyme / eh Er wil von uns scheiden. Fang an Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier Auch Kidron spüret noch der weisen Fusse Tritte / Der Bach / der susse Bach / in dem Er druber schritte Gab einen süssen Klang: Doch war die Seele noch Betrübt biß in den Todt: Hier fing das schwere Joch (Auf) Des bittern Leidens an; Der gantze Leib erhitzte / So daß Er rothen Schweiß auß seinen Länden schwitzte. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ein thewres Pfand lest Er uns Menschen noch zurücke / Das grosse Sacrament / ein wunderbahres Stücke Da GOtt im Brodt und Wein von uns genossen wird / Nicht wie Calvinus lehr / nicht wie dort Beza irrt; Nun geht das Leiden an / nun muß Jehova schwitzen Bey annoch frischer Lufft / Er kan vor Angst nicht sitzen. Fahr fort Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ach Peter kanstu nicht ein wenig mit mir wachen? Ach Jacob dencke doch an deines Meisters Sachen! Johannes schlummerstu? Wil Morpheus bey Euch seyn? Ach betet / wachet / rufft / Anfechtung fallt herrein. Ischarioth der kômt! Ach Vater ist es müglich / So laß mich diesen Kelch außtrincken / sprach Er klüglich: Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

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Philipp von

Zesen

Der freche Judas kômt mit einem grossen Hauffen / Und giebt Ihm einen Kuß: O wiltu so verkauffen Den HERREN deinen GOtt? Ich bins / Ich bins sprach Er / So fiel zu Boden stracks das gantze KriegesHeer / Als Hesse Jupiter die Donnerkeilen fliegen / Als musten sie vor Blitz und Schwefel niederliegen. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Nun fallt man grimmig zu und nimmet GOtt gefangen / Der raue Caiphas erwartet mit Verlangen: Hier geht die Marter an / man fuhrt Ihn vor Gericht / Das Volck das rennet zu und hört / was Jesus spricht. Ein schilfin Rohr muß Er vor einen Scepter führen / Ein PurpurRock muß Ihn zu Hohn und Spotte zieren. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. ( A u f ) Sein Haupt mit Dornen wird fast gleichsam gantz durchmeisselt / Sein Rücke gleichfalls auch Blutrünstig wird gegeisselt. Er hanget an der Seul im Vorhoff angeknupfft / Der rothe Schweiß dringt durch und auff das Pflaster trupfft. Man löset Barrabam und Jesus wird behalten: O Urtheil ohne Recht! Die Warheit wil eralten. Fahr fort Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ach seht der wahre GOtt / der rechte SundenBusser / Ach seht der Christen Heil / der trewe Himmelsschliesser / Wird durch Pilatus Wort verurtheilt zum Gericht! Geht / geht und fuhrt Ihn hin / der Juden Richter spricht. So wird Er hingeführt und an das Creutz geschlagen / Und muß es selbsten auch auff seinen Rücken tragen; Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

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Melpomene

Judaea bistu blind? Pilatus bistu willig Verblándt und Sinneloß? Herodes ist es billich Daß du so hônisch lachst? Wer hat denn dir zuvor O Malchus angesetzt dein halb verlohrnes Ohr? Warstu es Jesu nicht? Und dennoch mustu leiden / U m b solches Wunderwerck und so von hinnen scheiden? Fahr fort Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. So so gelüstet Euch denselben zu verdammen / Der Euch das Leben gab und seine LiebesFlammen Entzündet hat in Euch? den hasset Ihr nun auch / Und wolt Ihn sturtzen gar in Plutons Schwefelrauch Wanns Euch nur möglich wer: Die Freyheit liegt in Ketten / Auff daß wir dermaleins auch Fried und Freyheit hetten. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier. Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ach ist das ewer G O t t ? Geht / geht und fragt die Blinden / Die Er hieß wieder sehn: Ists der / der alles binden Und alles losen kunt / und dem auff sein Gebot Fluht / Wind und Teuffei wich? Ach ist das ewer G O t t ? Ach ist das ewer G O t t ? Ists dieser den Sibylle Augustus zeigete / dem Phóbus schwiege stille? Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

(Aiv )

Wie kranck! wie matt! wie blaß! wie wund ist Er geschlagen! Ach hör ich nicht mit mir Melpomene dort klagen? J a / ja sie ist es auch; Ach! Ach ist nicht auch hier Die niemand gleiche Fraw? Ach! Ach wie ist doch dir O nie erkantes Weib? Wie ist dir doch zu Hertzen Wann du dein Kind beschaust? Ach solte das nicht schmertzen! Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

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Philipp von Zesen

Ach Schmertz! ach Weh! ach Leid! wo sein die frechen Worte So Petrus von sich gab? Wo und an welchem Orte Sol man Ihn finden nun? Ach hört wie röchelt GOtt / Wie schnaubt Er und verblast der grosse Zebaoth? Ach nun / nun ist Er hin! Der Atlas jetzt erzittert / Das grosse Firmament auff seinem Halß erschüttert. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. GOtt stirbet als ein Mensch damit Er uberwinde Den frechen Satanas und Ihn mit Ketten binde. Er steiget in die Grufft / zerstört den schwartzen Schlauch / Und stürmet kecklich zu auff Plutons holen Bauch. Erwartet Jonas Zeit: Drey Tage muß Er streiten Mit allen Furien eh Er bekömt die Beuten. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ost / Norden / Sud und West / die rissen auß den Kläfften / Und trieben auff die zu die auff dem Meere schifften. Es hört die Seufftzer selbst biß an Cocytus Schlund / Der freche Cerberus der dreygeschnautzte Hund: Und reist sich dreymal loß von seiner stahlern Ketten / Und lest die Pforte stehn und wil sich auch erretten. Fahr fort Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. (Aivv) Der brennende Morast bey Styx wil uberlauffen / Und speyt vor weissen Schaum rot Feuer auß mit hauffen. Ein Schwefelgelbe Fluht des Phlegetans KriegsSchaum / Dem Pluto wird zu klein der grosse HellenRaum: Tisiphone verwirrt noch siebenmal die Schlangen / Der Nebelrauch und Dampff kömpt in die Lufft gegangen. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

Melpomene

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185

Der Furhang reist entzwey: Der grosse Tempel zittert! Das Wunderwerck der Welt / der Mittelpunct erschüttert. Ja Ethna wütet auch / speyt Flocken Fewer auß / Die Todten hören es / stehn auff und gehn herrauß / Und zeigen Solyme / daß Belial bezwungen / IM Ermordet / umbgebracht / zubrochen und verschlungen. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Natura lebet selbst / weil jetzt Ihr Schôpffer zaget / Der sonst die Leute speist / mich durst / mich dürst Er klaget: 195 Der EssigGallentranck sol Ihm ein Laabsal seyn. Je pfuy dich / sprach das Volck / brich doch den Tempel ein / Und bau Ihn wieder auff. Ach seht der Artzt der kruncket / Und hilfft Ihm selbsten nicht! seht wie der König funcket. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / 200 Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Ach seht diß ist der Ort / da man hat können schauen Zuvor den ApfelBaum in jenen MyrtenAuen / Wo sonsten jener Baum des Lebens hingesetzt / Wo sonsten Schlangenlist das kluge Weib verhetzt: 205 Da muß der rechte Baum des Lebens Christus büssen / Und uns den sauren Biß auch wiederumb versussen: Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Hier hangt der WunderBaum an dem verfluchten Stamme. 210 Wie lieblich zeigt Er doch der Seiten tieffe Schramme / Wie neigt Er doch das Haupt so sehnlich zu uns her? Verfluchet sey der Ort / verfluchet sey der Speer (Bjr) Der dich geritzet hat / geliefert Blut und Eyter / Muß dir ein Balsam seyn / du grosser SchlangenStreiter. 215 Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trauren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier.

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Philipp von Zesen

Ach seht die Augen an! Last das Gesichte schauen Auff den erblasten Mund! ach seht der Glieder Auen Wie sie verwelcket seyn! War nicht das Angesicht 220 Ein rechtes Rosenthal? Wie ist es zugericht? Es haben Ihm durchwühlt Cocytus wilde Schweine Das haaselbraune Haar / die unzerbrochnen Beine. Fahr fort Melpomene / mit mir zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. 225

Ach seht wie welck / wie welck / wie blaß sind seine Hände! Ach seht der Nagelritz! Er ist / Er ist ohn Ende Gepresst / gedrückt / verspeyt / veracht / verlacht / verspott / Verlassen von der Welt und wegen Ihr von G O t t . Von G O t t sich reisset G O t t . Sein Leib ist sehr zerfleischet / 230 Geädert / Striemen voll / zerstochen / außgekreischet. Fahr fort Melpomene / fahr fort zu trawren hier / Und Titan decke zu der Wangen rothe Zier. Doch Todt / du süsser Todt / du uns hast so das Leben / Das rechte HimmelBrot / den GótterTranck gegeben. 235 O Todt / O süsser Todt! Durch den der Himmel ist Geöffnet angelweit: Olympus ist gerust Die Frommen auffzuziehn / da sie mit Frewd und Wonne Ersehn den SeelenArtzt / die rechte LiebesSonne. H ö r auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / 240 Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. Jehova sey gepreist'die Cherubinen singen: Erlöser sey gegrust / hört man bey Ihnen klingen: Den Heilgen Geist sey Lob / das durch die Wolcken wallt / O Heilig schallet hier / dort Heilig wiederprallt: 245 O Schiloh sey gegrust / der du hast auffgerügelt Den Eden wiederumb / und Pitho todt geprügelt. H ö r auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. ( B j v )

Melpomene

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O rechter Isaac! Der du selbselbst getragen 250 Das Holtz zum Opffer hast. Ach solte man nicht klagen? O rechter Pelican / der durch sein Blut belebt Der Jungen todte Zucht so in dem Neste klebt Durch Schlangen so erwürgt. O Priester! O Levite! O mehr als Jonatan! O Simson! O Japhite! 255 Hör auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. O mehr als der / dem GOtt die Handschrifft auffgeschrieben Hin in die weite Lufft mit Farben schön durchrieben / So wir noch offte sehn zum Zeugnüß seiner Trew / 260 Daß Er nicht uberschwemm hinfür das Weltgebâu. O Phönix sey gegrust O Adler sey gepreiset! Der du das Grab besucht und wieder rauff gereiset! Hör auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. 265

O ewigfreyer Printz! Von Ewigkeit erkohren / Von Ewigkeit erkiest / von Ewigkeit gebohren! Gesalbter sey gegrust / Messias sey gepreist / Der man dich Warheit nennt / Liecht / Heil und Leben heist. Friedmacher sey gegrust: Vor dessen Krafft verbleichet 270 Der Printz der guldnen Zahl; Ja dem der Himmel weichet. Hör auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. O Creutze sey geehrt! O Creutze sey gegrusset / An den der Schöpffer hat / der dich gemacht / gebusset. 275 O heilige Figur! Wie weicht der Hellsehe Beer / O mehr als Agetstein! O wûrcklicher als Er / Den rauen Satanas und Pluto zuverscheichen: Des Levi Sohn muß jetzt mit seinem Fluche weichen. Hör auff Melpomene / hör auff zu trawren hier / Entdecke Titan auch der Wangen rothe Zier. 2 Zesen 1/1

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Philipp von Zeseti

Allhier nimt auch jetzund die Endschafft das Gesetze Der Juden groß Geplerr / und reissen das Geschwätze. Hier ist das LebensBuch / das newe Testament: Jehova selbst ist hier / den noch kein Jude kent. (Bij r ) 285 Das Leid / der Schmertz ist weg; Jetzt nimt man Ihn herunder / Versenckt Ihn in das Grab / erwartet seiner Wunder. Kom nun Terpsichore / und setze dich zu mir / Bring Harff und Lauten mit und laß uns spielen hier. Jetzt naht herzu der Tag der offte wird gegrusset / 290 Da Trübsal / Angst und Noth / mit Frewde wird durchsusset. O Tag / O schöner Tag! Dem nichts als Frewd und Lust / Dem nichts als Frôligkeit / als Frewde werden must. Lescht bald die Kohlen auß / schreibt bald mit weisser Kreiden / Der liebe Tag komt an / die Stunde voller Freuden. 295 Kom / kom Terpsichore / und setze dich zu mir / Bring Harff und Lauten mit und laß uns spielen hier. Wie endert sich doch schon Natur und Ihr Geschopffe! Seht / seht / wie recken auff die Blumen ihre Kopffe! Seht / seht wie lacht das Feld / wie die Aurora sich 300 Mit Tafelwerck bemahlt / der Sonnen Fenderich Erschwingt die gelbe Fahn: Eous und die andern / So Phôbus bey sich hat / am hohen Himmel wandern. Kom / kom Terpsichore / und setze dich zu mir / Heb an ein FrewdenLied / jetzt bricht die Lust herfur.

Melpomene

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305

Ach hör ich nicht schon dort vier Nachtigalen singen! Ach hört wie lieblich sie die Tagesweise schwingen! Die eine summt den Baß; die ander den Tenor; Die dritte ziht den Alt / den Alt sehr hoch empor: Ach hört wie lieblich kan die vierde doch formieren 310 Das Zünglein zum Discant und artlich solmesieren. Kom / kom Terpsichore / und setze dich zu mir / Heb an ein FrewdenLied / jetzt bricht die Lust herfür. Jehova nim vorlieb / Messias nim vorwillen / Wie könt ich sterblicher dein Gnügen anerfüllen? 315 Indem die Menschheit mir den rechten Paß verhieb Die Gottheit anzuziehn; Jehova nim vorlieb / Jehova nim vorlieb; Es ist wol da das wollen / Es mangelt aber viel / wann wirs vollbringen sollen. Hör auff Terpsichore / die Schmertzenwenderin 320 Die kühle Nacht geht an / die ArbeitsTrösterin. ( Bijv ) Ach hett ich auch gelebt damals zu Josephs zeiten / Ich hette dir mein G O T T auch wollen zubereiten Ein Büschlein Aloen / Granaten / Cinamen / Die hetten stets bey dir im Grabe sollen stehn: 325 Der Narden starcke Krafft / die blaulechten Violen / Das frembde Bezoe hett ich auch wollen holen. Hör auff Terpsichore / die Schmertzenwenderin Die kühle Nacht entspringt / die Ruhgebehrerin. Ach hette doch der Wind von Myrrhen so entstehet! 330 Ach hette doch die Lufft so von den Rosen gehet Dich lieblich angehaucht! Ach hette man doch dich Mit Balsam angefrischt / und deiner Seiten Stich Mit Balsam außgefüllt! Der hette sollen bringen Die Unverweßligkeit / und den Gestanck bezwingen. 335 Hör auff Terpsichore / verstopffe deinen Quell / Die Nacht dringt starck herrein / der Monde scheinet hell. 2*

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Philipp von Tesen

O JEsu nim vorlieb / gieb daß wir dich erkennen / Daß wir von deiner Lieb entzündet mögen brennen! Ach were doch der Noth / die uns jetzund betrifft / 340 Der Grimmigkeit des Mars / der Schwefelblauen Gifft. Sey noch zu letzt gegrüst / O Alpha außerlesen. Blutbürge sey gelobt / Omega groß von Wesen. O Liebe sey gelobt / O Gnade sey gegrust / O Sohns und Vaters Huld zu preisen sey erkiest! 345

Philipp Côsius von Bitterfeld.

M e i n Còsi fahr so fort! Mit Klagen und mit Singen Von J E S U bittern Todt! Er wird dir auch denn bringen Was selbst Er sich gebracht. Daß dir nach Angst und Pein / Bald hier und auch denn dort die FrewdenOstern seyn. 350

Wundschet Gueintzius.

M . P H I L . CAESIENS V. F . H I M M L I S C H E KLEIO ODER FREUDEN-GEDICHTE A U F F DIE HOCH=ERFREULICHE UND VERWUNDERLICHE G E B U R T H S - N A C H T UNSERS NEUGEBOHRNEN JESULEINS. HAMBURG GEDRUCKT DURCH H E I N R I C H WERNERN IM J A H R M D C X L I .

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8£fttkm, ZDamburg (3blauen Gezelte des Himmels; die anmuthige Blöße der Lufft / die schöne Tapezereyen der Wiesen und Garte / die Kristall=hellen Bache / so durch die schattichten Walder dahin rieseln / und bey denen das verzuckerte 2.wit-(Aiijv)schern der Vogel / so sich mit dem lieblichem Gereusche der Bache vereinbahret. Dieses alles erwecket eine unaussprechliche Lust. O b aber diese geringschätzige Lieder dergleichen Ergötzung wûrcken können / zweifelt ihr eigner Meister gar sehr; In dem Er in Betrachtung zihet / die geringen Erfindungen / die anmuthigkeit der Wort und schlecht=sinnige Reden. Weil aber offt einem Meister seine eigne Sachen ein Mißfallen und (Aiiij r ) Eckel gebáhren / in dem er Ihm selbige allzugemeine gemacht / da sie doch anderen höchlich belieben; So wil ich auch meinen eignen Gedancken auff dißmahl nicht zu viel gleuben / sondern vielmehr frembder urtheil nachhängen und diese meine zusammen gelesene Lieder in diesem kleinen Format der Straaff=suchtigen Lufft darstellen / weil ich sonderlich einer solchen Lobwurdigen Person hiermit wilfahren sol / welcher ich dann deßhalben und (Aiiij v ) hierinnen zuförderst alleine gefallen wil. Daß ich aber meiner hochgeehrten Herren und trafflichen Freunde beliebte Nahmen dieser meiner Fruhlings=Lust vorsetze / geschiehet aus besonderer Freundschafft und Zuneigung gegen Sie; dann auch / weil mich sonderlich ihre gutthätige und freundseelige Naturen darzu gelocket und angetrieben / lebe ich der wahren Hoffnung / Sie werden dieses mein unterfangen / wie gut es gemeinet und ausgegeben wird / so gut auch an- {Avr) nehmen und im besten vermercken. Ein mehres lasset weder mein Vermögen / noch meine wenige Geschickligkeit zu. Mein Herr Reichbrodt / wird hierbey unschwer erkennen / wie daß ich seine mir fast vor einem Jahr erwiesene

FrâhlingsLust

41

Gutthatigkeit gerne erwiedern wolte: da Er mich (zwar unwürdigen) sampt Herrn Brehmen in sein überaus schönes Zimmer zur Taafel geladen / an köstlichen Trachten nichts ermangeln lassen / und mir mit solcher Ehr=Bezeugung begeg-(y4v i ')net / daß ich bald sagen dôrffte / es sey mir solches noch nie unnd an keinem Orte widerfahren. Es ist mir auch noch in frischer Gedachtnüß das wunderschone Jungfer* Bild so an einer Thuren des Zimmers entworffen / darauff ich dann dazumahl heimlich bey mir also spielete: Wie lebstu? oder nicht? du wunderschönes Bild? Es macht mich gar verzückt der blancken Brüste Schild: So offt ich wil die Thür auffmachen / So offt pflegstu mich anzulachen: Kan diß der Schatten thun? Was würde wol geschehn / Wann ich dein ursprungs=Werck lebendig solte sehn? ( A v j r ) Ich kan mir fast nicht bilden ein / Daß du solst ohne Seele seyn. Ja aller Lust und Ergótzligkeit zu geschweigen / belustigte mich auch sonderlich die Darzwischen=kunfft unsers H { e r r n ) Hertzogs / daß ich bißher offt und vielmahls mein wider=sinniches Glücke (welches mich allzuzeitlich von Ihnen nach Norden zu gerissen) schmertzlich betauret. Der Himmel sey Ihnen allen geneuget und günstig! und helffe uns in kurtzen glücklich wider zusammen! Sie Beyde belangend / H {err) Dietrich und H (err) Johann ( A v j v ) Petersohn / so werden Sie auch hierbey verspüren / daß Ich die angefangene treue Freundschafft hiedurch zu bekräftigen und fest zu machen gesonnen / auch des einen tapfferes Gemuthe zu unserer Edlen Poesie mehr zu reitzen als zu erwecken / Weil Er ohne diß von Natur darzu geschickt und mit außerlesenen Erfindungen und zierlicher Fügung der Worte seinen Liedern eine rechte Anmuth zu geben weiß.

42

Philipp von

Zesen

Befehle sie hiermit in-(/lw; r )gesampt der treuen Auffsicht des gütigen Himmels / Mich aber in Ihre fernere Gunst-gewogenheit und treue Freundschafft; Der Ich gleichesfals bin und verharre Meiner Hoch» und Viel= geehrten Herren und treu= geflissenen Freunde Hamburg xxvii. Tag des Mertzmonats im io MDCXLII Jahre. Dienst=williger Philipp Caesius von Fürstenau.

{Avif)

Günstiger Leser

GEgenwartige Lieder hetten zwar in eine bâssere O r d nung können gebracht werden / weil man aber in Verfartigung derselben (theils Ich im zusammen ordnen / theils der Drucker im drucken) so sehr hat eylen müssen / hat es die Enge der Zeit nicht zulaßen wollen. Die Lieder seyn zwar meistentheils Weltliche und voller verliebten Gedancken; Doch wil ich nicht hoffen / daß etwas darinnen den Satzungen der Erbarkeit und guten Sitten zuwider vorlauffen solte / Oder daß ich diese Nachrede davon tra-(j4î>«) r )gen werde / daß ich / wie Ausonius / der Virgilianischen Keuschheit eine Gewalt zugefuget. Ich spiele / doch bey gutem Verstände. Ich schertze / doch so / daß es zu verantworten. Die Worte seyn schlecht / die Reden deutlich / daß sie jederman verstehen sol. Denn so die Reden allzusehr verfunstert / daß mancher kaum den halben Verstand daraus erzwingen kan / wozu dienet es? Im übrigen bin Ich zwar auch gestandig / daß noch viel darinnen zu andern und zu verbassern / sonderlich weil sie alle mit flüchtiger Feder fast ohne einiges nachsinnen geschrieben worden / habe es aber in Wahrheit so eylend nicht thun können. Wird mirs al-(^4í'¿í)' l ')so der geneigte Leser nicht vor übel halten / sondern vielmehr mein treues Hertze gegen mein liebes Vaterland und desselben Edle Sprache erkennen / wie ich nun dieselbe fortzupflantzen und belobt zu machen gesinnet und embsig bemühet sey. Gott befohlen!

Auff die Fruhlings=Lust Herrn Philipp=Caesius von Fürstenau etc. Ihres besonderen Freundes. H E r r / was sol ich von Euch sagen? Eure schöne Lieder machen / Daß Cupido selbst muß klagen / Daß Saturnus bricht ins lachen und von Liebe diese zwey / Wann ihr singt / nicht leben frey. Laßt den Honig Eurer Lieder Fort und fort so süße fliessen / Weil sie niemand seyn zu wieder / Laßt den Nectar sich ergiessen / Dann so Sprech' ich: Der ist hier: Der uns zeigt Hymettus Zier. D.E.V.R.

FrûblingsLust

(Ajxv)

Trochäisches Wechsel=Lied über Die Des Wohl-Ehrnvesten und Hochgelahrten 5

H e r r n Philipp Caesius v o n Fürstenau Deutsche Lieder. HOCHHALT u n d ADELWEHRT h ö -

ren in ihrem spatziren / eine furtráff10 liehe Stimme / wissen erstlich nicht / was / oder wer es sey / fahen darüber mit einander an zu singen / und zwar folgendes.

is

H O C H H A L T bebt an. Hör' Ich doch den Flaccus singen! A D E L W E H R T antwortet Nein: Es ist solch singen nicht. HOCHHALT.

Mir doch wil es gantz so klingen. 2O

ADELWEHRT.

unrecht dich dein Ohr bericht. (Axr)

HOCHHALT.

Was denn ist es für ein Schall. ADELWEHRT.

25 4 Zesen 1/1

Ey! es ist die Nachtigall.

45

Philipp

von

Zesen

HOCHHALT.

Auch noch unrecht seyn wir Bey de / Gib nur achtung auff den Thon; Caesius / der Musen Freude / Phobus und der Pallas Sohn / ist es / der so lieblich singt / Daß es in den Lufften klingt. ADELWEHRT.

Du bist recht! Ich sol ihn kennen / und Ich bin ihm auch bekant; Buchner pflegt ihn Sohn zu nennen / und der Große Ferdinandt hat / nach dem Er Ihn gehört / einen Lorbeer=Krantz verehrt. HOCHHALT.

Ja das große Welt=Gewolbe liebet diesen edlen Schwan / und der Delphin in der Elbe / strandt nach seinen Liedern an; Auch der Wind legt sich zur Ruh wann er singt / und hört Ihm zu. ADELWEHRT.

Ach! was wiltu darvon sagen / Noch ein größers ist geschehn / Hab' ich doch für wenig Tagen Hier die Elbe selbst gesehn / Daß sie wieder rückwärts kam / stund / und wie Er sang vernam.

FrúhlingsLust

47

Merck: Die Elbe fleusst bey Hamburg vor sich und zu rucke: Wird genennt Ebbe und Fluth / wann sie dann ihre hôheste Fluht hat / und sich zum Abfall schicket / stehet sie ein 5 wenig still. Ist dannenhero in diesen letzten Versen auff diese / der Elbe Eigenschafft gesehn worden. Dieses ist bey der Ehrenburg an der Elbe den iij. Tag des Ostermonats angehöret / und seinen großen Freunde zu Ehren hieher gesetzt 10

von D. P e t e r s o h n .

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(ΑχΓ)

An sein Büchlein. I s t es dann nun lauter eylen? Kanstu Büchlein nicht verweilen? Ziht dann ein Magnet dich fort? 5 Ja ich mercke deine Possen / Dier beliebt ein solcher Ort / "Wo du wirst aus Lieb' umbschlossen. Du wilt in den edlen Zimmern Bey den schönen Jungfern schimmern; 10 Ihr Gethôn hat dich entzückt / Daß du nun von ihren Zungen Auch wilt werden angeschmückt und mit Freuden hergesungen. Wie? wann aber nicht gefiele / is Was ich hier ohn Anmuth spiele? Wer es dann viel bässer nicht / Daß du werest bey mier blieben und gescheut das Tagelicht / Als daß du Dich wilt betrüben?

Das Erste Lied. An seine Gedancken bey herzunahendem Fruhlinge. Von lauter Anapastischen Versen / Auff folgende Melodey gebracht.

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uff meine gcbanctè firçb (Hfîig

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Pf erneueri (ϊφ nun/feteOrrfcewil tijre

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Philipp von Tesen

di)

j. A u f f ! meine Gedancken seyd lustig von Hertzen / In diesem angehendem frôlichem Mertzen; Ach sehet der Frühling erneuert sich nun / Die Erde wil ihre Schatzkammer auffthun. ij· Bald werden die lieblichen Blumen auffschiessen / Bald werden Zeitlosen und Rosen entspriessen. Bald werden wir holen die blaue Viol / Die jeden ergötzet und riechet sehr wohl.

Bald werden die Tulpen und Liljen ausblühen / Die manchen zu ihrer Anmuhtigkeit ziehen / D a könnet ihr / meine Gedancken und Sinn / Euch völlig ergötzen und letzen forthinn.

)v· Man höret die lieblichen Kinder der Lûffte Schon singen / daß wider erklingen die Klüffte / Frau Nachtigal ruffet daß Hügel und Wald / Daß Thaler und Berge / daß alles erschallt, (iij) V.

Sie loben den Schöpffer / der ihnen das Leben / Die fertige Zunge zu singen gegeben / Die Lerche trieriret ihr tiretielier / Es bincken die Fincken dem Buhlen auch hier. vj. Die Auen stehn lustig mit Perlen betauet / Es werden die Hirsche mit Freuden geschauet. Wie fartig sie springen durch kreuter und klee / Wie lustig sich machet das flüchtige Reh.

FrûhlingsLust

53

vij\

Was unsre Poeten muß zieren und schmücken / Das edele Lorberlaub sihet man blicken / und machet uns einen recht=frólichen Muth; Auff! meine Gedancken / mein Leben und Bluth! viij. Auff! meine Gedancken / seyd lustig von Hertzen / In diesem angehenden frôlichem Mertzen / Auff! sehet der Frühling erlustigt Euch recht / Auff! meine gedancken / mein gantzes geschlecht!

Das ander Lied. Auff eine ungluckseelige Nacht. Von Jambischen Versen / Auff die Melodey: Wohl dem der weit von hohen Dingen. E s bricht herfur der Nachte Schatten / Doch scheint mir noch der Liebsten Licht / Der Himmel wil es kaum gestatten / Drumb scheint und glantzt es ferner nicht. Weil sich die Liebste von mir macht / Empfind' ich ungluck diese Nacht.

Philipp von Tesen

i)· Die Nacht das Schrecken=Kind entspringet / Da Leid auff Freude folgen muß / Die Dunckelheit mich gantz umbringet / O harter harter Himmels=Schluß! Weil sich die Liebste von mir macht / Empfind' ich Unglück diese Nacht. iij. Muß dann der rothe Mund verblassen / Dem noch die schönste Rose weicht? Muß denn das dopple Licht mich hassen / Vor dem die Sonne selbst verbleicht? Weil sich die Liebste von mir macht / Empfind' ich unglück diese Nacht. jv. Ach mein! wie hab ich das verdienet? Was hab ich ewig nur verschuldt? Wie bin ich dann noch nicht versühnet Zu leben in der Liebsten Huld? Weil sich die Liebste von mir macht / Empfind' ich ungluck diese Nacht. V.

Doch muß ich mich nur drein ergeben / und weil es anders nicht kan seyn / Des trüben Himmels Gnade leben / Der auff mich zornig ist allein, (v) Weil sich die Liebste von mir macht / Empfind' ich ungluck diese Nacht.

FrûhlingsLust

Das dritte Lied. Daß Weißheit der beste Schatz sey. Auff ebenselbige Melodey. W ü h l dem! der in den Schrancken bleibet / und nicht nach großem Reichthum strebt / Wohl dem / der so die Zeit vertreibet und stets in stoltzer stille lebt; Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth. ij· Wer stets nach großen Gütern trachtet und ist auff Reichthum nur erpicht / Ist wilden Thieren gleich geachtet / Die ihre Stunde wissen nicht. Ein ander suche Geld und Guth Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth. Wie große Thurne nicht bestehen / Die ohne Grund seyn auffgeführt; So muß auch das zu Grunde gehen / Wobey man keine Weißheit spurt. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth.

Philipp von Zesen

jv· Wie keine Frucht nicht wird erkiesen Die nicht ein wenig schmaghafft ist / 25 So wird auch keiner je gepriesen / Bey dem man weise-seyn vermisst. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth V.

Gleich wie die Rose ziert den Garten / 3o So ziert ein weiser Mann das Hauß / Mann hatt was gutes zu gewarten / Weil alles glücklich geht hinaus. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth vj. 35 Wer seine Sachen weißlich führet und redet alles mit Bedacht / Ist wie ein schöner Quell gezieret / So taglich quillt in voller Pracht. Ein ander suche Geld und Guth / 40 Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth vi)

-

Wie bey den Quellen schópfft ein Müder / sich labet / letzet und lustiert; So suchet weisen Rath ein jeder Bey dem / der weise Reden fuhrt. 45 Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth

FrùhlingsLust vii). Die Herrschafft muß bald untergehen / Wo keine weise Ráthe seyn / Kein Anschlag kan und mag bestehen / (vij) Wann ungelehrter Mund wascht drein. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth. jx· Wenn einer wil zum Himmel führen / und fangt es nicht recht weißlich an / Macht eher das Verderben spüren und fehlt der gûldnen Himmels=Bahn. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth. χ.

Wer wil mag immer toll sich krancken / Nach Reichthum trachten fur und fur / Ich wil an dieses nicht gedencken / Ein höhers such ich mit Begier. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth. x



Ein fromm Gemûth pflegt mehr zu ringen Nach stiller und gewundschter Ruh / Als nach viel Sorgen / die es zwingen und bringen nach der Höllen zu. Ein ander suche Geld und Guth / Nach Weißheit steht mein Hertz und Muth.

Philipp von Zesen

58

xijN u n weicht von mir Ihr schnöden Sachen / D i e ihr uns A n g s t und Sorgen bringt / Ich muß der eiteln Welt nur lachen / D i e willig nach dem T o d e ringt. 75 Ein ander suche G e l d und G u t h / N a c h Weißheit steht mein H e r t z und M u t h .

(viij)

Das Vierde Lied. unter eines andern Nahmen Wird eben so wie vorige beyde ge5 sungen. jpq an jemand wohl seyn so geschmucket > lß der / so treuer Liebe voll? rifft an ein H e r t z / das unverrucket 53 inwider liebet wie es soll? io > ch! wohl demselben dessen H e r t z pe echt treulich liebet ohne Schmertz.

i-i Ζ >· is τι > C

ij· st man gleich noch so schön formieret ach euserlichen Schmuck und Schein / cht aber nicht / was schöner zieret / uhlt innerlich kein Treulich=seyn: ch! ist man nicht gantz ungestalt nd in dem jüngsten Alter alt.

FrúhlingsLust

"j. c/5 ol man mich einen Menschen nennen / ι-ί ilg' ich die Falschheit billich aus; M st jemand falsch / wie soll wol können Ζ och schöne seyn des Hertzens Haus? Ach wol demselben / dessen Hertz Recht treulich liebet ohne Schmertz. ( j x )

Das Funffte Lied. Eben so: i H r Wiesen / Thaler / Büsch' und Felder / Die Ihr der Liebligkeiten voll / Sagt mir / Ihr Schattenreichsten Wälder / Was meiner Schönsten fehlen soll? Mein' allerschônste Halb=Góttin Ist meine Lust / mein ander Sinn. ij· Gleich wje der kühle Tau im Meyen Die Hügel / Thaler Berg' und Busch' Durch seiner Kraffte kan verneuen / und macht die welcken Rosen frisch; Also verneut auch meinen Sinn Mein' allerschônste Halb=Góttin.

Philipp von Zesert

i'jGleich wie die matten Wanders-Leuthe Erfrischt und stârckt das Reben-Bluth / Gleich wie dem Kriegesmann die Beuthe Erfreuet Hertze / Sinn und Muth; Also erfreut und starckt den Sinn Mein' allerschónste Halb-Góttin.

e

Gleich wie auff ducke fünstre Wälder Sich freut bey Sommers-Zeit ein Thier / und wie die bunt-geschmückten Felder Sich freuen auff der Sonnen Zier: So freut sich auch auff dich mein Sinn / O allerschónste Halb-Góttin. ( χ ) v.

Gleich wie an frischen Wasserflüssen Ein Hirsch sich labet mit Begier / Die Ihm ein Laabsaal geben müssen / Wenn E r durch Durst getódtet schier; So kühlt und labet meinen Sinn Mein' allerschónste Halb-Góttin. vj. Mit kurtzen will ich diß beschließen: Mein Schatz ist mir noch mehr als Tau / Kan mich noch mehr / als Wein / versüßen / Sie ist die Beut' / auff die ich schau / Sie ist mein Schatten / meine Sonn; Mein einig Laabsaal / Lust und Wonn.

FrâhlingsLust

Das Sechste Lied. Von Jambischen Versen. A c h weh! Ich muß vergehen und stets in Trauren stehen / Weil du so fliehst fur mir / Du meine Freuden-Sonne / Du meine Lust und Wonne / Sol ich dann nun von dir? ij· Wiltu mich so verschmähen? Du must es ja gestehen / O Venus meiner Zeit / Daß ich dir hab' ergeben Mein Hertz / Muth / Sinn und Leben / und schafft mir itzt nur Leid, (xj) O andre deine Sinnen / Dein thôrichtes Beginnen / Du meiner Freuden Pein / Weil dein so lieblichs blicken Mein Hertze wil verzucken / Laß mich der Deine seyn. jv· Wann Cynthia stoltzieren und Titan wird aufffûhren Den Wagen voll Rubien; So wil ich an dich dencken / Dier manche Wündsche schencken / Die durch die Luffte zihn.

62

Philipp von Zesen

V. Diß laß dir so gefallen und liebe mich vor allen; So sol dein hoher Preiß 30 Durch Lufft und Wolcken steigen und dir nach Willen schweigen Der Neid=gewohnte Kreiß.

Das Siebende Lied. Von Trochaischen Versen.

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(.xlviij)

Das Erste Lied. Der Salanen An Ihre Furstl. Durchl.

H. Augustus Hertzog zu Sachsen / etc. Als Sie zu Halle glücklich angelanget und daselbsten die Ertzbischoffliche Huldigung empfing. E ü l e r Printz von Sachsen-Stamme / Zweig der Rauten / so itzund Zeigt den angenehmen Mund und die heisse Liebes=Flamme / Dir O Halle / (derer Thor Gantz verlaßen war zuvor / und sehr traurig sich befunden) Sey gegrüßt zu diesen Stunden und Ihr Stunden auch zugleich / Stunden / die Ihr freuden=reich. Gluck zu dem Rauten=Zweig / hört ! wie die Pleisse schreyet / Hört! wie die Saale rafft und sich / O Furste freuet (xljx) Auff eure Gegenwart; Die Stande raffen zu / Gott geb' Euch Gluck und Heil! Gott geb' Euch Fried und Ruh! Gantz Sachsen wundschet noch Gluck auff / Gluck auff die O edles Fursten=Bluth und singt die Freuden=weise / ^ e i s e die Sonne schaut herfur aus ihrem blauen Zelt / und schickt Dier / Halle / zu den lang=gewundschten Held.

102

Philipp von Zesen

ij· Halle / schicke dich zu grüßen Deinen neuen Breutigam / Den dir schickt der Sachsen=Stamm; Er wil in den Arm dich schließen / Neige deinen zahlten Mund Ihm entgegen auch itzund. Sihstu deinen Fürsten reiten? Sihstu kommen Ihn von weiten? Steig auff deine Thurne Du / Schaue wie Er naht herzu! Ach seht! wie blinckt das Feld mit Rossen fast bedecket / seht! wie die Traurigkeit sich allgemach verstecket / Itzt kommt der Printz heran / itzt neiget sich die Stadt / Die Er zu schützen ihm itzund erwählet hat. Wie lieblich lacht Er doch! wie redet Er so freundlich! Er meinet alles guth / und stellet sich nicht feindlich / (/) Wie jener Boreas. Der süße Zephyr weht Den Frieden mildiglich wo dieser Furste steht.

Frühlings

Lust

103

üj· Weißheit / Kunst / Verstand und Ehre Ihn begleiten jederzeit / Sanfftmuth und Gelindigkeit Leuchten aus Ihm: Ey ich höre / Wie das Volck ihn lobt und liebt und sich Ihm zu eigen giebt. Hort die angenehmen Worte / Die Ihr seyd an diesem Orte / Edlen Burger / seht die Zier / Die ihn hat umbfangen hier. Wer? oder welcher Fürst kan solche Reden führen / Die so nachdencklich seyn und ihn zum meisten zieren? Wie wie bedachtsam doch redt Er die seinen an / Als je ein weiser Fürst erwiesen und gethan? Augustus ist durch Sieg ein großer Keyser worden / August der Rauten=Zweig aus großer Sachsen Orden / Erhielt die reine Lehr: Auff daß ihr bey des thut / O Held / so geb' Euch Gott Gedeyen / Gluck und Muth!

Das Ander Lied. Auff Echonische Art D i c h Lustkind Echo wil ich fragen / Echo, diß dein klagen? Ja klagen: Wo fühl' ich die Schmertzen? E. In dem Hertzen. Wer macht die Gluth / die mich entzündet? E. die dich bindet.

(Ij)

Philipp von Zeseti

ij· Wer macht die Angst / die mich betrübet? E. die dich liebet. Was kan doch lindern solch betrüben? E. Treulich lieben. Wie sol mich dann mein Schatz ûmbfangen? E. Mit den Wangen. Wenn wird die Last von mir genommen? E. Sie wird kommen. Wird Sie dann balde mich befreyen? E. Gantz verneuen. Wie lange wird es sich verzihen? E. Zeit muß flihen. jv. Wovor wird doch geschickt die Krohne? E. Dir zu Lohne. Was macht der Krantz von Gold und Seiden? E. Lauter Freuden. Ach môcht ich nur Sie selbsten haben! E. Dich zu laben. V.

Wird sie bald kommen mich zu küssen? E. Sie wird müssen. Ach! sih der Tag leufit schon zum Ende E. Gar behände. Nun kömmt Sie / meine Freuden=Sonne / E. Deine Wonne.

(lij)

FrúhlingsLust

105

vj. Nun wil ich Kuß um Kuß Ihr geben. E. und dein Leben. Sie wird mir Lust und Freude machen. E. Dich anlachen. Sie wird mir alles seyn zu willen / E. Dich zu stillen. vij. Wo seyn doch hin die langen Stunden? E. Gantz verschwunden. Sol ich nun fort in Freuden schweben? E. Lustig leben. Nun wil ich ruhen in den Armen: E. Zu erwarmen. viij. Nun fühl ich weder Angst noch Schmertzen: E. in dem Hertzen. Der Schmertz ist itzo gantz verschwunden: E. mit den Stunden. Nun kan ich meine Liebste hertzen: E. mit Ihr schertzen. )χ·

Ihr Zucker=Mund muß mich erquicken! E. und dich drücken. Was soll ich itzo thun und üben? E. lauter lieben. So lange biß die Nacht verstiebet: E. Sie dich liebet. (Inj)

Philipp von

Zesen

Χ. Ey nun wil ich den Schmertzen meiden E. Angst und Leiden. Nun mag ein ander Leide tragen: E. Weh und klagen. Ich kan nun fur und für mich üben / E. völlig lieben.

Das Dritte Lied. Auff eben vorige Art und Melodey. O Echo / wo sol man dich finden? Echo. In den Gründen. Wer wird uns Ihren Nahmen sagen? E. du must fragen. Wo sol ich dann auff Antwort warten? E. In dem Garten. ij· Wer fuhrt dahin uns arme Blöden? E. wiltu reden? Wohl! wenn uns dieses ist vergönnet? E. Ja Ihr könnet. Ey nun wohlan! So wil ich fragen: E. und Ich sagen.

FrühlingsLust

"J· Was thut so weh in meinem Hertzen? E. Liebes=Schmertzen. Wer kan dieselben Schmertzen machen? E. Liebes=Sachen. Ist dann der Venus Sohn so mächtig? E. Ja / verdächtig.

107

( Ijv )

jv. Wann werd' ich seyn in Fried' und Freuden? E. Nach dem Leiden. Das weiß ich wohl / wann soils geschehen? E. Du wirsts sehen. Ja sehen: Soll ich noch verziehen? E. Schmertz muß fluhen. V.

Wer ist der mir soll Freude geben? E. Selbst dein Leben. Soll mich mein liebster Schatz erfreuen? E. Gantz verneuen. Ach ja! mein Liebhold wirds verrichten? E. Dein Leid schlichten. vj. Wie daß er sich so lang verweilet? E. Schau / Er eylet. Nun freuet Euch Ihr schwachen Glieder! E. Er kommt wider. Nun wil ich etwas frischer singen / E. Gar in springen.

Philipp von Zesen V1)

·. Gehabt Euch wohl ihr bittern Schmertzen / E. Weicht vom Hertzen. Ich lebe nun in Freuden=Tagen ; E. Andre klagen. Laß andre klagen / wie sie wollen / E. Ja sie sollen. vii j. Laß fremder Hertzen immer hitzen: E. immer schwitzen. Ein ander mag sich nun bemühen / E. Liebe fluhen. Ich wil nun alle Lust verüben; E. Allzeit lieben.

D a s Vierde Lied. A u c h auff Echonische

Art / In seiner sonderlichen M e l o d e y .

5 E c h o zeige mir mein Leben! E{cho:) Ja dir eben. Weistu meine Liebste nicht? E. Die dein Licht? Ja sie ist mein Licht und Sonne / io E. Freud und Wonne? Ja sie ist mein Freuden=Schein / E. Sie ist dein.

(h

FrûhlingsLust

i)· e Sol ich mich noch langer mühen? E. Laß verzihen: is Ach verzihen macht mir Leid / E. Nein. Die Zeit. Was kann lindern meine Schmertzen? E. Jungfern schertzen. Ist nun balde da die Zeit? 20 E. nicht mehr weit. "J· Wird mir bald das Leid benommen? E. Sie wird kommen. Soll sie kommen meine Zier? E. Ja zu Dier. 25 Ach! der Tag wil schon verfließen / E. Laß sie grüßen. E y ! so bring Ihr meinen Gruß; E. Wenn ich muß. jv· Ach! wo seyn die langen Stunden? E. Gantz verschwunden. Ist dann schier der Schmertz vorbey? E. Du bist frey. Ach! wenn kommet mein Verlangen? E. Sih die Wangen. 35 Ist dann diß mein Wunder=Licht? E. Sihst es nicht? 30

8 Zesen I/l

109

110

Philipp von Zesen

Wohl! ich will sie auch empfangen / E. dein Verlangen? Wil Sie küssen unverwandt / 40 E. Mund und Hand? Ey! nun lieg ich in den Armen / E. Zu erwarmen. Biß der Nächte Liecht verbleicht / E. und entweicht. vj45 Nun wil ich die nacht verjagen / E. Schmertz und klagen. Nun bring' ich in Frôligkeit: E. Zu die Zeit. Wil mich in dem süßen lieben: so E. Stetig üben. Drûmb Ade! du Schmertz und Leid E. Weiche weit. vij. Hiermit wil ich dieses schlußen: E. Dich zu grüßen / 55 Edles Bild voll Freundligkeit: E. Dieser Zeit. Echo / leb' in grünen Heyden. E. Ihr in Freuden. Wir seyn nur auff Lust bedacht: 60 E. Diese Nacht.

{Ivij)

FrâhlingsLust

111

Das Funffte Lied. Von allerley Versen. In unterredung gestellet. ER. Höchster Schatz / Freuden=Platz / Komm her zu mier / Ich wincke Dier. SIE. Ach was sol ich bey dir thun? ER. Deine Geberden / dein reden und lachen 10 können mich schweigend und rede=loß machen. 5

ij· SIE. Ach mein Licht / Laß mich nicht verwarten hier / Ich muß von Dier. IS ER. Eine Viertheil=Stunde nur! SIE. Liebster / Er solte wohl meiner genießen / Aber es möchte der Mutter verdrießen. (Iviij)

iij.

ER. Ach! mein Licht Es kan nicht 20 verdrüßen Ihr / Ach! bleib bey mir. SIE. Nein: Ich kan nicht warten hier. ER. Ist doch die Mutter zu Gaste gegangen / Bleibe doch immer mein bestes Verlangen.

Philipp von

Zesen

jv. Sie. Nein ich muß Kuß ûmb Kuß vergelten nicht / mein schönes Licht. Er. Kann es denn so gar nicht seyn? Sie. Ich scheide zwar itzo doch ist dir ergeben / Liebster zu eygen mein Leben und Schweben. V.

Er. Soll ich nun Dieses thun und bleiben hier Ohn alle Zier! Sie. Liebster / nun gehab dich wohl! Er. Scheiden zwar schmertzet / doch muß ichs ertragen / Hoffen des besten / verschmertzen das klagen.

Das Sechste Lied. Nach dem Toone: Du Beherrscher unsrer Sinnen. W E r kan deinem Pfeil entfluhen / O du starcker Bogen-Gott? Jupiter muß vor dir kniehen und verrichten dein Gebot. Ihm entfällt der Donner-Keil / Wann Ihn rührt dein Liebes-Pfeil.

{Ijx)

FrûblingsLust

ijMars der starcke Gott im kriegen / Er mag donnern wie Er wil / Er mag blitzen / Er mag siegen / Muß Er dir doch halten still: Du bezwingest seinen Muth Durch die starcke Liebes=Gluth. ii] · Daß Vulcan in Ketten führet Sammt der Venus diesen Held / Daß Er Muth und Sinn verliehret und verlasst sein Krieges=Zelt. Daß Vulcan so zornig ist / Das verursacht deine List. jv· Schone deiner Mutter / schone / Wiltu sonsten schonen nicht; Soll die Mutter Ihrem Sohne / Dier / du kleiner Bösewicht / Auch zugleich seyn unterthan und dich kniehend beten an? V.

Aber nein! Es hilfft kein flehen / Alle Götter fürchten dich; Die Gelehrten selbst gestehen / Daß du seyst ein Wutherich. Feuer / Erde / Lufft und Meer und was drinnen / furcht dich sehr.

Philipp von Tesen

Das Siebende Lied. Auff vorige Melodey. A c h ! was sol ich erst anfangen? Sol ich klagen oder nicht? Meine vormahls glatte Wangen Seyn so übel zugericht: Bluthroth ist derselben Zier / Weil mein Lieb sich macht von mier. ij· Ach! wie kanstu andre lieben / Weil du mir geschenckt dein Hertz? Bistu nun so standthafft blieben? Ist die Treue nur ein Schertz? Ach! dein schnöder Wanckelmuth Macht die Augen roth wie Bluth. iij. Hastu denn so bald vergessen Das so starcke Liebes=Pfand? Bistu denn so gar vermessen / Daß du lösest unser Band? Sol die treue Liebes=Pflicht Fórder bey uns gelten nicht?

jv-

Hab ich damals dir gefallen / Da ich frey und ledig war / Da du liebtest mich vor allen / E y ! so schwer ich dir / Furwar! Brichstu solche Liebes=Treu / Wisse / daß ein Recher sey /

FrúhlingsLust V.

Ich wil dir doch treu verbleiben Biß der bleiche Todt uns trennt / Dich dem Hertzen einverleiben / Das von deiner Liebe brennt; Das dich ehret / das dich liebt / O b du mich schon hast betrübt.

Das Achte Lied. Auff eine vornehme Hochzeit. W o ist Euer Schönster nur / Schöne Braut / itzt hingewichen? Folget balde seiner Spur / Eh Er gar zu sehr verblichen; Sucht den Liebsten / Er ist hin / Es vergeht ihm Muth und Sinn. ij· Seht! wie sehr Er ist verwundt / Nichtes ist an Ihm als Liebe / Wie sein Nähme machet kunt / Denn der Liebe Feder schriebe Vor der Zeit in euer Hertz: Dencket nicht es sey mein Schertz.

116 (Ixij)

Philipp von Zesen

•ij· Wann ein Held mit frischem Muth An den Feind so gierig setzet / Wird ihm offte Leib und Bluth Durch das grimme Schwert verletzet / 20 Daß Er bald muß halten inn und verlieret Muth und Sinn. jvSo ist Euer Liebster auch / Der Euch wollen abgewinnen und itzund nach Liebes-Brauch 25 Erstlich wird das schiessen innen / Das aus euren Augen dringt und sein gantzes Hertz umbringt. V.

Eylt und gebt ihm einen Kuß / Daß Er mit dem Munde zihen 3o Euren süßen Athem muß / Daß die Lippen wieder blühen und den Rosen werden gleich / Die anitzt erblasst und bleich. vj. Ist es / Schone / nun geschehn? 35 Ist er nicht schon so erquicket? Ey nun könnt ihr scheinbar sehn / Wie Er vor in Lieb' entzücket Gegen Eure schöne Zier / Daß Er sich geschämt dafür.

FrühlingsLust νί

117



40 Nun so sprecht Ihm kuhnlich zu / Hertzet / schertzet / weil Ihr könnet. und begebet euch zur Ruh / Weil Ihr gar vor Liebe brennet / Geht! o geht! weil Gott und Gluck 45 Euch nicht wieder rufft zurück.

Das Neunde Lied. Ein Gespräche zweyer verliebten Personen. ER.

5 S E y d willkommen / seyd willkommen Meiner Sinnen Meisterin / Nun ist mir das Leyd benommen / Nun ist wieder frey mein Sinn / Weil ich nun kan wieder schauen io Der beblühmten Glieder Auen. SIE.

Großen Danck und seyd gegrußet Höchster Schatz / mein guldnes Licht / Mein Gemûth wird auch durchsüßet / is Weil ich nun sein Angesicht / Dem die Rosen weichen müssen / Kann in gutem Friede küssen.

(Ixiij)

Philipp von Zesen

118

Er.

Schönste / wil sie mit spatzieren 20 In den Garten vor das Haus / Ich wil bey den Händen führen Sie hinein und wider raus / Da sich die Natur bemühet und die schöne Rose blühet. 25

Sie.

Ich wil folgen / wo Er gehet / W o der weissen Liljen Schnee Auff den bunten Beeten stehet / Wil mich setzen in den Klee 3o und in seinen zarten Armen / Liebster Schatz / mit Lust erwarmen. Er.

Schönste seht! wie schön nur blincken Die Violen gelb und blau / 35 Wie die bunten Nelcken wincken Durch den weissen Silber=Tau / Allhier reiffen die Melonen Pommerantzen und Citronen. Sie.

« Meine Hand ist schon bemühet Ihm zu winden einen Krantz / Weil die schöne Rose blühet / Weil noch völlig ist der Glantz / Weil die Tulpen und Narcissen 45 N o c h zu Krántzen dienen müssen.

{Ixjv)

FrâhlingsLust

119

ER.

Hier kann ich mich zwar ergötzen Mit der schönen Garten=Lust / Besser aber kann mich letzen so Ihre Liljen=weisse Brust / Ihre Lippen / Ihre Wangen / Die mit schönern Sachen prangen. SIE.

Ach! was solten meine Wangen 55 und ich arme Creatur / mit noch schönem Sachen prangen! Es beliebt dem Liebsten nur So zu reden / so zu schertzen / Geht es Ihm doch nicht von Hertzen. 60

ER.

Ach! was mag sie / Liebste / sprechen / Es ist Ihre Hóffligkeit / Die sich kann herausser brechen und die Hand der Schöne beut / 65 Wie sol ich mit bloßem Schertzen brechen aus dem treuen Hertzen? SIE.

Ach! ich möchte gerne wissen / Was nur schönes an mir sey? 70 Was auff Höffligkeit geflissen und der Tugend falle bey? Das Ihm hat gelüst zu loben und mich also sehr erhoben.

(Ixv)

120

Philipp von Tesen ER.

75 Es beschämen Ihre Wangen Das bebluhmte Garten=Beet / Da die Tausendschonen prangen und die weisse Rose steht; Ich kan sagen / daß Narcissen so Ihrer Stirne weichen müssen. SIE.

Seht! der Abend kömmt geschlichen / unsre Freude wird zertrennt und die Sonn' ist fast entwichen / 85 Die mit vollem Zügel rennt / Die sich nach dem Meere lencket und die muden Pferde tráncket. ER.

Soll und muß ich von Ihr scheiden / 9o Schone / meine Lust und Zier / Ey so lebe Sie in Freuden und verbleibe günstig mier / Weil die schöne Rose blühet und die Sonne Wasser zihet.

Das Zehende Lied. Auff vorige Melodey. W A S mag ich mich unterfangen? Ach was untersteh ich mich s Deine Rosen-rothe Wangen Anzuschauen und auch Dich / Schönes Bild / herfur zu streichen / Dem die Sterne selbsten weichen.

(Ixvj}

FrûhlingsLust

Kônte gleich Apelles mahlen io Dich / O wunderschönes Bild / und der Augen helle Strahlen / Dieser blancken Brüste Schild / Kan doch nicht entworffen werden Deine Tugend und Geberden. ")·

is Solche Liebligkeit im sprechen / Das so milde freundlich=seyn Kann mir Muth und Sinnen brechen; Wenn dein Antlitz bricht herein / Wenn die braunen Augen funckein 20 Kann mich keine Nacht verdunckeln. !v-

Deiner hohen Stirne prangen schon und braunlecht anzusehn Ist mein Hoffen und Verlangen / Ach! wenn wird es wohl geschehn / 25 Daß da wird in meinen Armen Dein so schlancker Leib erwarmen. V.

Ich wil mich mit Macht bemühen Zu erlangen deine Gunst / Wil mit meinem singen zihen so Dich / zu leschen meine Brunst: Wenn ich dieses werd' erlangen / Wil ich gerne seyn gefangen.

121

(Ixvij)

122

Philipp von

Zesen

Das Eilffte Lied. CYnthia du guldnes Licht / Das nun durch den Abend bricht / Scheine meiner Liebsten doch / 5 Blinckt ihr Sterne her von ferne / helfft uns tragen dieses Joch. {]

' e

Weil wir schon in süßer Ruh Diesen Abend bringen zu / 10 Weil mich itzt mein Auffenthalt In den Armen Lasst erwarmen / Mag es immer werden kalt. Nach der Kalte frag ich nicht / is Wenn ich diß mein Sonnen=Licht Annoch bey mir haben mag / das mich quieket und anblicket / Biß sich zeigt der hohe Tag. jv. e 20 Sie ist flüchtig wie ein Reh / Ihren Haaren weicht der Klee / Ihrer rothen Lippen Zier von Korallen mier gefallen / 25 Wann Sie neigt Ihr Heupt zu mier.

(Ixviij)

FrâhlingsLust

123

v. Lieblich klingt es / wann die Bach Durch die Steine rauscht gemach / Dieser aber geht sie vor / Wenn sie singet / 3o Wenn sich schwinget Ihre Stimme hoch empor. vj. O wie seelig ist die Nacht / Da mich dieses Licht anlacht / Da ich Ihren rothen Mund 35 bin geflissen stets zu küssen / Da mir alles ist vergunt vij. Ihre Liebe schenckt sie mir und ich schencke wider Ihr 40 Meine Liebe biß die Nacht von uns weichet / wenn verbleichet dieser guldnen Sterne Pracht. viij. Nun du guldnes Feder=Zelt / 45 Das vor andern uns gefallt / Laß verschwiegen seyn die Lust / die wir üben in dem lieben / die nur dier und uns bewust.

(Ixjx)

Philipp von

Zesen

Das Zwôlffte Lied. Als Er von der Seinen einen geschälten Apffel empfing. Schönste / sol der Apffel hier / den sie mier gegeben Ihrer Liebe Zeichen seyn Nur allein? Oder wil sie opffern mir in Beständigkeit ihr Leben? Ist der Apffel rund? Ey! so wird die Treue kunt; Denn was rund ist hat kein Ende. (Ixx)

Ihr Gemûth ist ohne falsch / drümm ist er geschalet / Aller Trug= und Gleißnerey Ist Sie frey / Darum ich zur Freundin Sie schon vorlängst erwählet / Daß der Apffel steht Auff der Spitzen und sich dreht; Ist die Lieb' im Tod' und Leiden.

Auff die Seine / da Sie verschieden. D u warst vorhin verwundt durch einen Pfeil der Liebe / und nun hat gar gefällt der Pfeil des Todes dich / O Adelheit mein Schatz; Die Sterne stehen trübe: weil du verletzet bist / so bin Ich nicht mehr Ich. Ich steh' im Zweifel noch / weiß nicht / ob Liebe sey Noch stlrcker als der Todt / weil er das reisst entzwey Was treue Liebe bindet / Daß Sie den Todt empfindet.

(Ixxj)

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(Ixxij)

Das Erste Lied. Daß die Poeten oben / Neidhard aber unten schwebe. S E y t die schöne Kunst entsprossen / 5 Die den Göttern gleich geacht und die Sterbligkeit verlacht / Die sich vormahls hielt verschlossen und verschwiegen in der Zeit; Findt sich auch und sticht der Neid / 10 Die vergällten Laster=Meuler Schießen gantz=vergiffte Pfeiler. ij· Aber doch jemehr beschweret Eine Palme sich befindt / Desto mehr sie Krafft gewinnt is und sich weit / als vor empöret / So wird unterdrücket nie Die geehrte Poesie / Sondern pfleget sich zu rechen / Wenn der Neid sie gleich wil schwachen,



128

Philipp von Zesen

iij· 20 Hört ein Adler in den Lüfften unter sich der Hunde Heer / Acht ihr bellen gar nicht mehr / Weil kein Biß ihn kan vergifften; Also achten wir es nicht / 25 Wenn gleich Neidhard auff uns sticht / Kann Er uns doch nicht verletzen / Noch in Noth und Schaden setzen. jv· Wie der Adler pflegt zu schwingen Sich zur rothen Sonnen hin / 30 So bemüht sich unser Sinn Nach dem hohen Ziel zu ringen und verlacht den schwachen Neid / Welcher schwindet mit der Zeit / Weil Er nicht versteht die Sachen / 35 Die Ihn können Göttlich machen. V.

Wie das klare Wasser steiget über sich und quillt herfür / Wie Kristall in voller Zier; Dahingegen unten schweiget 40 Der Morast und liebt den Grund; Also steigt auch unser Mund / Will dem Himmel ähnlich werden / Da der Neidhart bleibt auff Erden.

(Ixxiij )

FrûhlingsLust

vj. Wo die guldne Saat der Sterne 45 An dem blauen Himmel steht / Phobus auff und nieder geht / Wo sein Licht uns scheint von ferne; Da sol unser Name stehn und den Sternen gleich auffgehn: so Wann die Neider kleben werden An dem schnöden Koth der Erden.

Das Ander Lied. U N s e r Augen stumme Reden Geben offters an den Tag / Was vor Angst uns arme Blöden 5 In dem Hertzen quälen mag: Kônt in unsern Augen lesen Der verschwiegnen Liebe Wesen unsers Hertzens Freuden=Ziel: Ach! das wer ein süßes Spiel. ijio Niemand kônte recht aussprechen Solche Freude / solche Lust / Alsdann wurde bald ausbrechen / Was das Hertz nur hat gewust. Wil manns aber nicht verstehen / is Müssen wir zu Grunde gehen / Werden vor dem Alter alt / Ja wohl gar in kurtzen kalt.

129

(Ixxjv)

130

Philipp von Zesen

Hj. D o c h w e r um der Liebe willen Seinen Leib auffopffern muß / 20 D e r kann anders nicht erfüllen D e s ergrimmten Himmels=Schluß : D r u m nur willig dran gegangen / Weil kein flehen wil verfangen E t w a s v o r des Liebsten Thier / 25 Bleibt man sonst doch auch nicht hier. jv. M u ß mann nicht der Zeit erwarten Biß die schone Rose blüht? und biß Flora selbst den Garten mit Tapeten überziht? 3o Dulde dich doch unterdessen / Deiner ist noch unvergessen: W a n n die L i n d ' am stóltzten grunt / Recht sie denn zur Lauten dient. V.

W a n n die schöne Rose pranget 35 und in voller Bluthe steht / Jedermann nach Ihr verlanget / E h der klare T a u vergeht / Bricht man sie mit zarten Händen / unsrem Buhlen zu zusenden: 40 A l s o eh die Jugend schwindt / Manchen doch die Liebe bindt.

( Ixxv )

FrúhlingsLust

131

Das Dritte Lied. Adelheit lobet den Ihrigen. H E r f u r du Laute / meine Lust / itzt soltu dessen Lob vermehren / 5 Der meinem Hertzen ist bewust / Itzt wil ich singen dem zu Ehren / Der meine Wonn' und Freude bleibt / So lange man von lieben schreibt. > Er ist mein Schönster nur allein / 10 Sein Antlitz kann mich so entzücken / Daß ich Ihm gantz muß dienstbar seyn. ( I x x v j ) Wenn seine beyden Sonnen blicken Auff mein verfunstert Angesicht. So darff ich / Sonne / deiner nicht. üj. is Gleich wie die schönen Rosen hier Bey früher Morgenröthe prangen und blühen recht in voller Zier; So blühen auch die schönen Wangen / Die voll Magneten und Rubien / 2o Mich so zum Liebes=Feuer zihn. jv. Wann sich nur regt der schöne Mund / Hört mann die Redners=worte fließen / Die mich so mannichmahl verwundt / Er kan mit Anmuth sie versüßen / 25 Bald wieder Ernst im Reden seyn / Wann Zeit und Stunde bricht herein.

132

Philipp von Zesen

V. Ich weiß / daß Er mich treulich liebt / Drüm hab ich ihm mich auch ergeben / Ich weiß / daß Er sein Hertz mier giebt / Drumm geb' ich Ihm mein gantzes Leben. So bin ich sein und Er ist mein / Nichts treuers kann auff Erden seyn.

Das Vierde Lied. Eine Klage über die Liebe. KJ Liebe / wie magstu mit mier so grausam spielen / (Ixxvij) Ach! welche starcke Gluth machstu mein Hertze fühlen; O schrecklicher Tyrann / O ungeheures Wesen / Das nichts als ángsten kan; Wie sol ich nur genesen? ijWer kann mir doch mein Hertz so unvermercket stehlen? Sol mier noch endlich auch mein eignes Hertze fehlen? Des Lebens bin ich satt / Die Kraffte von mir weichen / Die Glieder werden matt / Bald wil ich gar verbleichen. iijSol Liebe Liebe seyn / so sol mann auch genießen / Sonst ist die Liebe nichts als nur ein bloß Verdrüßen: Wo einer andre liebt Ohn alle Gegen=Liebe und sich aus Zwang Ihr giebt / Da siht der Himmel trübe.

FrúhlingsLust

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Das Funffte Lied. Als Er seinen Allertreuesten Freund gesegnen muste. Allhier in diesen Wusteneyen / 5 Da nichts als schwartze Beume stehn / (Ixxviij) Muß ich vor großem Wehmuth schreyen / Muß weinen und betrübet gehn / Weil nun mein Hertz mein ander Ich Absondert sich / 10 Nun seh ich / wie dem ist üms Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit uberfluß.

Ihr tieffen Thâler und ihr Busche / is Ihr die ihr in den Gründen seyd / Hört meinen Seufftzen zu / Ihr Fische / und helfft beklagen dieses Leid: Weil ich den Bruder missen muß / doch mit Verdruß. 20 Nun seh ich / wie dem ist ums Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit überfluß.

Philipp von

Zesen

Ihr Berge / Felsen / Klufft' und Steine / Du Lust=Kind / Echo / spring mir bey Sih wie den Abschied ich beweine / Stimm ein in meine Melodey / Die nichts als Wind und Seufftzen ist Zu dieser frist. Nun seh ich / wie dem ist ums Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit uberfluß. jv. Ihr Kreuter die ihr stets auffgehet / Wo Wald und feuchte Bruche seyn / ( I x x j x ) Das Laub / das auff den Espen stehet / Stimmt schon in meine Seufftzen ein; Mein Auffenthalt / mein Schatz ist hin / Das krânckt den Sinn. Nun seh' ich / wie dem ist ums Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit uberfluß. V.

Ihr Wasser / Brunnen / Quell und Bache / Steht still und schaut diß Trubnuß an! Ach! hört was ich in ängsten spreche / In dem ich diese Trauer=Bahn / Den Weg des Abschieds zihen soll Des Kummers voll. Nun seh ich / wie dem ist ums Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit uberfluß.

FrâhlingsLust vj· Ihr Himmels=Fackeln und ihr Sterne / So in den blauen Wolcken stehn / Schaut auff mich Armen doch von ferne / Der ich so einsam her muß gehn / und meines Liebsten Angesicht Kann schauen nicht. Nun seh ich / wie dem ist ums Hertze / Der seinen Freund verlaßen muß / Diß lehret mich mein eigner Schmertze mit uberfluß. (Ixxx)

vij. Nun komm du süßes Spiel der Winde / Du weisser West und nimm diß Wort und bring' es eylend und geschwinde Zu dem / der mein gewundschter Port / und zeug' Ihm / daß ich meiner Pflicht vergessen nicht: Sein Bluth / so auff Papier geschrieben / Das sol der Treue Zeuge seyn / Daß Er mich ewiglich wil lieben In Noth und Pein.

Das Sechste Lied. A i s Adelhold auff eine Wiesen Sehr traurig ausspazieren gieng / Da lauter sanffte Winde bliesen und Ihn das trübe Leid umbfing / setzt Er sich auff den grünen Plan und rührt die guldnen Seiten an.

Philipp von Zeseti

ij· Er sang von seiner Liebsten Tugend / Von ihrer Zucht und Freundligkeit Wie er im Anfang seiner Jugend Sie hochgeliebet allbereit; Neid tobe / wie du immer wilt / Sein wundschen ist doch wohl erfüllt. Hj. Seit daß ich bin von Dier wegkommen / Du Nymfen=Sitz und Musen=Stadt / Hat dreymahl ab=und zugenommen ( I x x x j ) Des schier erblassten Mondes Blat / So lange bin ich allbereit von dir entfernt / O Adelheit. jv· Es konte niemand mich bereden / Daß auch so scharff und rauh der Nord / Ich eylte fort gleich einem Blöden An meiner Sinnen Freuden=Port / Die Muid' und Elbe nam mich an und hat mier alles guths gethan. V.

Den Krantz / den mier im kühlen Meyen Zuletzte noch die Liebste schenckt / Den wird mein Phobus auch verneuen / An den mein Hertze stets gedenckt / Mein Phóbus der berühmte Mann / Der so vortrefflich spielen kann.

Frühlings

Lust

137

ν ί· Ein Freuden=Lied solt' ich wohl singen / Ach! aber welche bóse Post / Welch ein Geschrey hör' ich erklingen? Was kömmt vor Bothschafft her von Ost? Ist unsre Lieb' und Freundschafft todt? Ach! O der übergroßen Noth!

vi)· Doch muß ich mich nur drein ergeben / Die Liebe stirbet nimmermehr / Ob gleich der Leib ist ohne Leben / Bleibt doch der Liebe Ruhm und Ehr; Ich muß gedencken / daß ich auch nichts bin / als lauter Schnee und Rauch. ( I x x x i j ) viij. Mein Freund ist Gott der mich auch liebet / und ohne falsch / des trôst ich mich / Dem sich mein Sinn und Hertz ergiebet und fürchtet keinen Wütherich / Neid / tob' und wuthe / wie du wilt / Der Höchste Gott ist doch mein Schild. jxEy nun Ade! Ich wil bald scheiden und sehn / wo schöne Busche stehn / Da mier den bunten Krantz mit Freuden Wird geben und entgegen gehn Mein' außerwehlte N y m f und Braut Die Ich von fernen schon geschaut.

Philipp von Zesen

Χ. Also sang Adelheid zu letzte / Daß Wald / Berg / Thal und Feld erschallt / Als Er sich nun zu Schiffe setzte / Zu segnen diesen Musen» Wald / Trennt uns der Wind / und dieses Licht / Das nach der Abendrôth' anbricht.

Das Siebende Lied. Als Er verreisete. i H r Bûcher / meine Freude / Du leichte Feder du / Die ich zum schreiben schneide / Hort meinen seufftzen zu. ( I x x x i i j ) ij· Ich soll Euch nun verlaßen / Wie fang' ichs doch nur an / Soll zihen meine Straßen / Ein' ungebahnte Bahn? ijj· Der Weg wird mier zu lange / Das scheiden ist zu schwer / Es ist mier Angst und bange und bin bekümmert sehr. jv. Wer wil die Zeit vertreiben / Die allzu lange Zeit / Wann ich nicht mehr kann schreiben von meiner Adelheit.

FrählingsLust V.

Wenn ich nicht mehr kann lesen / Den Edlen Opitz da / Wie ihm sey lieb gewesen Die braune Flavia. vj. Wann Flaccus schöne Lieder / Wenn Maro nicht bey mier / So ist mier nur zu wieder Die schönste Lust und Zier. vij. Die Zeit wil nicht verflußen / Wenn Sappho schweigen muß / Wenn mich nicht kann durchsüßen Der schwere Pindarus. (Ixxxjv) viij. Doch weil ich ja soll scheiden und Euch nicht langer sehn / So hoff' ich sol mit Freuden Mein wundschen auch geschehn. jx· In kurtzen komm ich wieder und dessen tróst' ich mich / Da sollen dann die Lieder Erst recht anheben sich.

Philipp von Zeseti

Das Achte Lied. Z u m Anbinden. Seinem Martin Segern der Rechten Geflissenen gestellet 5

A u f f die M e l o d e y :

F r a u N a c h t i g a l mit ihrem Schall:

W o h l a u f f / mein Sinn / Wirff alles hin / Was traurig ist / 10 Her / Lautenist / Greiff an das süße Seiten=Spiel; Was wiltu noch verziehen viel?

ijDer müde Tag Nicht warten mag/ is Es fliht die Zeit / Die uns erfreut / ( Ixxxv ) Der Tag / an dem ich spielen muß Den süßen Toon mit uberfluß. iij. Wohlauff! mein Freund / 2o Biß Luna scheint; Wann Wein und Nacht uns lustig macht / Soll recht begehn dein Nahmens-Fest Der angeflammten Sinnen Rest.

FruhlingsLust

141

jv. 25 Heut ist Martin / Nehmt Wintergrün / Macht Krántze draus / Er giebt den Schmaus; Hey! frôlich durch die gantze Nacht jo und seyd auff nichts als Lust bedacht. V.

Diß sing' ich dier / Mein Freund / allhier: Sey Freuden voll / Der Himmel soll 35 Dier fristen deine Lebens=Zeit / Nun leb' in lauter Fróligkeit!

Das Neunde Lied. Fast nach eines andern Erfindung. W E S ist der rothe Mund / das guldne Licht? Das durch den spaten Abend bricht? (Ixxxvj) 5 Wes seyn die Rosen-Wangen? Wes ist das lachen doch / Das mich nun führt gefangen Ans süße Liebes-Joch. ij· Hastu gezeuget dann / O schöner Berg / io Ein solches Licht und süßes Werck? So kann ich warlich! sprechen / Die Freundligkeit ist hier / Den Spiegel mustu brechen / O Venus selbsten Dier. 10

Zesen 1/1

Philipp von Zesen

"j. is Hier hat sich Tugend selbst gepflantzet ein / Hier ist das milde freundlich=seyn / Was soll ich dann nun schließen Aus ihrer Liebligkeit? Die Gratien selbst fließen 20 und brechen durch den Neid. )ν· Das urtheil sprach Ich nun / O schöne Zier / Den gûldnen Apffel geb' ich Dier / Die Tugend / die ich kaum gesehen / Hat mich schon so entzückt / 25 Was wird dann wohl geschehen / Wann ich dich recht erblickt.

Früh lings Lust

143

Das Zehende Lied. A u f f Pindarische A r t V o n lauter Jambischen Versen.

(Ixxxvij)

Satz. W A S Liebe sey und was sie kann / Weiß itzund fast ein jedermann / Kein Ding ist ja von lieben leer / Die Erde liebt das wilde Meer / Der Weinstock pfleget umzufassen 10 Des ulmenbaums begrünte Zier; Die Nachtigal so für und für Die grünen Wälder nicht kann hassen / Der schnöden Welt giebt gute Nacht / Wann sich Ihr Lieb von hinnen macht; is Nichts anders als die Lieb' es machet / Daß sich der Sternen Schaar anlachet / Ja daß die Lufft das Feuer tregt; Wer hatt doch Gott nur angetrieben Sein Allmacht gegen uns zu üben? 2o Die Lieb' hatt Ihn allein erregt. 5

10»

Philipp von Zesen

Gegen=Satz. Drum recht! Ihr nunmehr Liebes=Paar / Laßt Euer Leid nun schwinden gar! Es wündscht Euch Gluck ein jedermann / 25 Ich wil die Seiten / wie ich kann / Anstimmen und odarisieren Zu Ehren diesem Hochzeit=Schein ; Ach solt' ich auff den Wiesen seyn / Da stets die Vogel modulieren / 30 (mein Fürstenau / ich meine dich Da schone Blumen heuffiglich und edle Früchte seyn zu schauen /) Ich wolte laßen Blumen hauen (Ixxxviij) und zieren aus das Braut=Gemach; 35 Doch wil ein Hochzeit-Lied ich singen / Das soll erschallen und erklingen Biß an das blaue Wolcken=Tach. Nachklang. Nun gehet hin und braucht der Liebe; 40 Des Glückes Neid Euch nicht versehr; Kein unfall niemahls Euch betrübe / Daß ubers Jahr Euch Gott verehr / Was Euch anlacht Zu Tag und Nacht / 45 Was nach dem Tod' Euch lebend macht.

FrúhlingsLust

145

Das Eilffte Lied. Als Erdmuth ihren Nahmens=Tag beging. O N y m f e / der ich diß zu Ehren singe / O Erdmuth / schicke dich zur Fróligkeit und deinen süßen Toon zugleich erschwinge / Zu loben deinen Gott zu dieser Zeit. ij· Laß deine Nadel stehn und Faden liegen / Weil itzo bricht herfur dein Nahmens=Licht / Ich seh schon kommen an mit tieffem Bugen Die Diener deines Herrn der Dier verpflicht. iij. W a s tragen sie doch nur vor schone Sachen? W a s ist das fur ein Wundsch in guldner Schrifft? Ich der ich dieses seh / was sol ich machen / Weil mich itzund nun auch die Ordnung trifft?

(Ixxxjx)

jv. N u r einen bloßen Wundsch wil ich dier geben und was es mehr w i r d seyn / das ich verehr; Der H i m m e l gebe Dier ein langes Leben / Damit ich anderwerts den Wundsch vermehr. V.

Also bistu nun auch von mier gebunden / Du Tugendhafftes Bild voll Lieb und Treu / Diß Band / das deinen A r m und H a n d ü m b w u n d e n / erfodert Traubenbluth / das macht dich f r e y !

Philipp von

Zesen

Das Zwôlffte Lied. Nach der Melodey Das Gluck gantz wanckelmuthig ist: W A nn schon die Sonne scheint einmahl 5 und durch die Wolcken blicket / Graß Laub und Thier erquicket / Macht lustig Feld und Tahl: Kömmt doch das ungewitter / und macht die Freude bitter / 10 Wann sich der Sturm erhebt / Das Meer und Erd' erbôbt / Der Vogel Zahl schweigt allzumahl / (xc) kein Tierelier is schwingt sich herfur; Der Sonnen Licht Kann zeigen nicht Den güldnen Glantz / das liebliche Gesicht.

Frühlings Lust

i)· Also / wenn schon das Gluck sich zeigt 20 und uns einmahl anlachet / Viel Lust und Freude machet / Wenn Sturm und Wetter schweigt; Bald aber kommt mit Hauffen Das ungelück gelauffen 25 Wie Schnee und Eiß zergeht / Die Blume nicht besteht / So eylt zurück das schnöde Gluck und weicht mit Macht 30 Zu Tag und Nacht; Es eylt und fluht / So bald es blüht / Ist nur allein auff Flüchtigkeit bemüht.

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(xeij)

Das Erste Lied. SOph ia komm / du edles Bild / Mein Trost und Schild / Ich fühle deiner Liebe Schmertzen 5 In meinem Hertzen; Ach eyle / meine Sonn und Zier und komm zu mier / Ach laß der Augen helles strahlen mich auch bemahlen; 10 Laß seyn in deinen Armen mich / damit ich dich / Mein Lieb / erkennen kann / Die ich vorlängsten liebgewann. 1)

·

Sophia komm und trâncke mich / is So lieb' ich Dich / Laß deine weisen Strôhme fließen und mich durchsüßen / Damit ich von dir reden mag Zu Nacht und Tag; 20 Ach! laß mein Heupt nun auch bekrântzen In diesem Lentzen / und schleuß mich nun in deine Gunst / du Bild der Kunst; Dein braunes Angesicht / 25 Das sey in Dunckelheit mein Licht. (xciij)

Philipp von Zesen

Laß deinen Zucker=süßen Mund / Der mich verwundt / mit meinen dürren Lippen rühren / Den Tau zu spüren / Der auff den deinen sich befindt / Du weises Kind / Wie Perlen-Tau auff Rosen stehet / Wenn einher gehet Die Himmels=Braut bey früher Zeit in roth bekleidt: Wohlan! Ich komm zu Dier / wil bey dier wohnen für und für.

Komm / liebe Braut / und kröne mich / Lieb* ich doch dich; Komm / lege deinen Scepter nieder / Damit ein jeder von Dier / O Fürstin / wird geehrt / Der dich nur hört; Ich wil mein Antlitz zu Dier kehren und dich nur hören / Damit ich deine weise Kunst / Dein' Ehr und Gunst Allzeit genießen mag / O schöne Braut / zu Nacht und Tag.

Frühlings Lust

153

Das Ander Lied. W E i ß h e i t / sage wo du bist / w o dein reicher Quell aufsteiget und sich zeiget / (xcjv ) Trancke mich mit deiner Fluth / 5 Höchstes Guth / Laß mich deinen Most versüßen und genießen Deinen Zucker=sußen Wein / Laß mich immer bey dier seyn / 10 Daß mein Mund mit Weißheit blühe und in Tugend sich bemühe / ijO du Fürstin aller Kunst / die mich kann mit Liebes=blicken So entzücken / Ach wie herrlich ist dein Glantz is und der Krantz / Der den gûldnen Helm umringet und mich zwinget / Der auff deinem Heupte steht / Da der Sonnen Blitz ausgeht / 2o Da die guldnen Engels=Flammen Sich entzünden allzusammen.

154

Philipp von Zesen

Hj. Deine Brust mit Perlen gantz um und um geschmucket / Mich entzücket: Ja der hellen Augen Zier 25 Funckein Dier / W i e des Adlers hohe Strahlen / W e n n sie praalen: Deine Wangen wachsen Dier / W i e der Tausendschönen Zier 30 von dem Tau die Lippen nassen / D e r entspringt auff Hermons Gassen.

jv. Du o werthe Creatur / du hast mir das Hertz geruhret und entführet / ( x c v ) Deine Zucker=süße W o r t 35 Seyn mein Port / Ja das Hertze wil mir brechen / Kann nichts sprechen / W e n n dein Mund sich reget nur; Ich muß laßen Ziel und Spur 40 und mich zu denselben Enden / Da du redest / willig wenden. V.

Du solt meine Liebste seyn / meine Freude / meine Sonne / Lust und W o n n e / Wann mich ja die dunckle Nacht 45 irrig macht / Soll der Augen helles blicken Mich erquicken; Meine Schöne / meine Braut / Die der Himmel mier vertraut / so Du machst / das Mich lieben werden Die Gewaltigen auff Erden.

FrúhlingsLust

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vjDu solt meines Nahmens Lob in die hohen Wolcken bauen Stets zu schauen / Mein Gedachtnüß wird bestehn / W o die Sterne gehn und unsterblich auch verbleiben und bekleiben / N u r dier / Neid / zu Trotz und H o h n : Wohl demselben! der den Lohn / Der da trotzt die hohen Sinnen / Kann mit Ehr und Ruhm gewinnen. (xcvj)

Das Dritte Lied. Auff den Alexandrinischen Seiten. D E r Abend bricht herein / die kühle Nacht entspringet / da mann der Liebe Lied mit vollen Freuden singet / die kinder kühler Lufft seyn auch in stoltzer Ruh / nur Echo wachet noch und rufft mier immerzu die letzten Sylben nach; ich sehe wie den Sternen der schier erblasste Mond zu wincken kan von fernen; N u r ich bin ohne Trost und wache gantz allein und seufftze fort fur fort / wenn andre schlaaffen ein. ij· Du ruhest / Hedewig / und liegst im stoltzen Frieden in deinem Feder-Zelt / ich aber muß ermüden und schlaaff=loß bringen zu die gantze liebe Nacht / Da ich allein auff dich / O Hedewig bedacht; Des Hertzens Vorhoff liegt / dein Rosen=Mund / gestillet / dein edles Heupt ist auch mit küssen eingehullet; Nur ich bin ohne Trost und wache gantz allein / und seufftze fort für fort / wenn andre schlaaffen ein.

156

Philipp von Zesen

iij·. Ich bin in Angst und Furcht / die Eul' erbärmlich schreyet / Ich höre / wie sie mier den bittern Todt schon dreuet. (xcvij) Ach Schmertz ! Ach weh ! ach Leid ! ich achtze durch die Nacht und liege schlaafloß da biß Cynthius erwacht; Es schiäfft der Arbeitsmann / der Drescher ruhet süße / Das stoltze Pferd ruht aus / fühlt nicht die muden Fuße; Nur ich bin ohne Trost und wache gantz allein und seufftze fort fur fort / wenn andre schlaaffen ein. jv. Ey nun gehab dich wohl! Ade! du stoltze Dirne / dich ruff ich Zeugen an / du güldenes Gestirne / Euch ruff ich / zeuget mir / ihr Thller / meine Zier / Ihr Wiesen / Berg' und Büsch' und das auch wohnet hier / Das Lust-kind ruff ich an / und kann es mehr nicht zeugen / so wird es dennoch nicht mein letztes Wort verschweigen; Daß ich war ohne Trost und wachte gantz allein und seufftzte fort für fort / wenn andre schlieffen ein.

Frühlings Lust

157

Das Vierde Lied. V o n Jambischen und Trochäischen Versen / N a c h Pindarischer A r t . 5

Satz.

W e r in seiner Lebens-Zeit Nur ist auff Einsamkeit beflissen / (xcviij) Solcher hasset Freundligkeit und achtet gântzlich nicht / was weise Leute wissen / 10 Wil auch kein weiser Mensche seyn; Verwirfft der Schrifften hellen Schein / So ein anders bringen fur / Wanns schon befihlt der Römer Jupiter / So muß doch diß / was uns gebeut der Herr / is Den Vorgang haben hier. Gegensatz. Alles / was mann findet hier / Auff diesem weiten Rund der Erden / Das muß lieben für und fur: 20 Die Sternen wincken sich mit lieblichen Geberden; Der fetten Erlen grüne Zier / So liebt die Flüsse für und für / Giebt dem grünen gute Nacht / Wenn sich verliert der Flüsse Feuchtigkeit; 25 Das Volck der Lufft kann auch nicht allezeit Vermeiden Liebes-Macht.

11

Zesen 1/1

158

Philipp von Zesen

Nach=klang. Drum seyd / Herr Breutgam / dran / Laßt schwinden Einsamkeit / greifft nun mit Freuden an / 30 Der Ehe Zuckersüßen Streit / So Juno hatt bereit: Dann Weißheit wil nun auch durch Liebes=band verbunden seyn mit Euch in diesen Stand: Gott gebe Gluck und Heil dazu 35 und stille Friedens=Ruh! (xcjx)

Das Fünffte Lied. Auff die Heimbohl= und Riccische Hochzeit. D I E J . BRAUT

5

io

an Ihren

Liebsten.

E s bricht herfür der Nachte Licht / Ach! Liebster / kommt / Sein Angesicht Soll meine Sonne werden: Die Nacht das sehr verschwiegne Kind Erweckt den kühlen Suden=Wind Der fast erhitzten Erden: Es wehn und gehn alle Winde sanfft und linde / Mond und Sterne wincken durch die Lufft von ferne.

FrûhlingsLust

Ja Venus ziht zum ersten auff und will durch seinen sanfften Lauff uns beyde selbst begleiten / Dem folgt das andre Sternen=Heer und hangt das Gold je mehr und mehr am Himmel auff von weiten. Ja ich wil mich / O mein Leben / Dier nun eben Gantz ergeben / Nun will ich nach Freuden streben.

D E R H . BREUTGAM.

Ach! schöne Braut / mein ander Ich / O mein Rubien / Ihr geb' ich mich anitzt auch gantz zu eigen: Es zwinget mich Ihr Rosen-Mund / Das lieblich-sehn das macht mich wund / Ich kann es nicht verschweigen. Es soll kein Groll / Noch was feindlich und nicht freundlich uns betrüben; Ich wil Sie von Hertzen lieben. Vom Himmel kommt diß schöne Bild / Der Trost / die Lust / das Freuden=Schild / Nun kann ich mich erquicken; Wenn mich der Krieg ja traurig macht / So kan sie doch zu Tag und Nacht mit Trost mich recht anblicken. Ach mein Schatzlein / Laßt erwarmen in den Armen meine Glieder / Legt den Nahmen bey mir nieder.

Philipp von DER COHR

Zesen

an

beyde.

So recht! Ihr wohlgetrautes Paar / Es wûndscht Euch Gluck der Musen Schaar. Gantz Bitterfeld erschallet / Die Muida fleusst zum Elben-Fluß / Daß man sich druber wundern muß / Wie sie vor Freuden wallet; Ihr schön Gethôn Cherubienen / Seraphinen Hoch erschwingen und dem HErrn ein Danck>lied singen. Gleich wie der Perlen Tau verjüngt / Her aus der Morgenrôth entspringt / Graß Laub und Kreuter zieret / So wird auch zieren euren Tisch Die kleine Schaar gesund und irisch / Wenn Gott die Lust duplieret; Ehlich / frôlich / lebt und schertzet / liebt und hertzet Euch in Ehren / Daß wir diesen Wundsch vermehren. Nun gute Nacht und schlaafft Euch satt / Weil Ihr vielleicht von Liebe matt und lescht die heissen Schmertzen; Der Himmel gibt Euch seine Gunst und hatt die keusche Liebes-Brunst Entzundt in euren Hertzen. liebt Euch zugleich / lebt in Freuden ohne Leiden / Wie wir alle Wûndschen ingesammt mit Schalle!

(cj)

FrúhlingsLust

Das Sechste Lied. H Alt! du schöner Morgenstern / Bleibe fern / und du guldne Nacht=Laterne / Halt der weissen Pferde Lauff itzund auff; Steht ein wenig still Ihr Sterne. >l· Gönne mier die süße Ruh / Sonne / Du / Laß uns doch der Liebe pflegen / Laß den kühlen Reiff und Tau Auff der Au Noch ein wenig unsert wegen, üj.

Ist doch meine Liebste mier Sonn' und Zier / Die mich itzund in den Armen / In den zarten Armen weiß / Die mein Preiß /jvβ und du mich also lasst erwarmen. und wunderschönes Licht Die ich nicht Nach der gnuge kan beschreiben / Laß der hellen Augen schein bey mier seyn / Biß der Tag die Nacht wird treiben.

Philipp von

Zesen

V.

Wie hat mich dein rother Mund Doch verwundt? Das zweyfache Schild mich zwinget / Das vor deinem Hertzen steht Wie ein Beet / Da der Liljen Pracht auffspringet. vj. Ach! entschlage dich ja nicht Schönes Licht / Dieser Lust in deiner Jugend / Brauche deiner Liebligkeit und der Zeit / Schadt es doch nicht deiner Tugend, vij. Laßt uns immer freudig seyn; Nacht und Wein Reitzen uns itzund zum lieben; Dann wann Liebe Nacht und Wein bey uns seyn / Kann uns Langmuth nicht betrüben.

FrùhlingsLust

Das Siebende Lied.

A c h ! wie eitel seyn die Sachen / Die uns sollen lustig machen! Dieses Lachen und das bittre Zucker»Wort Das uns an ein solches Ort Zihet fort / Da die schnöden Lüste stehen / Das muß mit der Zeit vergehen für und für. ij· Mein? Wo bleiben die Geberden Die so weit geholet werden / Hier auff Erden? Wird nicht blaß der rothe Mund / Der so manches Hertz verwundt auff den Grund / Dem die schönsten Rosen wichen und vor Ihm so gar verblichen? Er muß fort. iij ·

Alle Lust und Freud' ist flüchtig / Alles / was wir thun / ist nichtig / gantz untüchtig; Selbst der Leib / ob er gleich schön / Kann die länge nicht bestehn / muß vergehn. Ja der gantze Kreiß der Erden Muß durch Gluth zu nichte werden Mit der Zeit.

Philipp von Zeseti

jv. Wohl! was wollen wir noch prangen 30 und der eiteln Ehr' anhangen mit Verlangen? Da doch alles nur verschwindt / Was man hier auff Erden findt / Wie der Wind; 35 Drum wil ich nach jenem trachten und das Weltliche verachten: Welt Ade! Das Achte Lied. A u f f einen schönen Lust=Platz. N a c h der M e l o d e y : I t z u n d k o m m t die N a c h t herran: 5

dem der sich fur und fur Letzen kann und laben hier / Wo die schönen Blumen stehn und die glatten Hirsche gehn.

ij· Hier ergießet sich ein Fluß / io Der das Feld befeuchten muß / Von den Alben nimmet Er Seinen Gang und leufft anher. üjHier ist ja die güldne Spur / Hier bekleidt sich die Natur is Mit Tapeten überall untermanget mit Korall.

FrúhlingsLust jv. Das verbuhlte Lufft-volck

singt.

M i t d e m Staar die L e r c h e ringt / unsre

Vogel-Meisterin

20 N i m m e t d o c h d e n P a l m e n

hin.

V. Dich du schönste Nachtigall / lobet selbst der Widerschall E c h o das verliebte

/

Kind

N a c h zu ruffen dier beginnt.

V



25 H a t t A t h e n w o h l s o l c h e L u s t / als d i e r i t z u n d ist b e w u s t ? Hat Adonis und

Lucan

Solche Lust geschauet

an?

vij. N e i n . H i e r ist d e r G ö t t e r s e y n

/

30 H i e r i s t P a l l a s S i t z a l l e i n / H i e r ist V e n u s u n d i h r S o h n / H i e r ist P h ó b u s u n d sein

Thron.

viij. Alle Götter w o h n e n hier / und genießen deiner Zier; 35 D e i n e L i e b l i g k e i t u n d Ist uns N y m p h e n w o h l

Lust bewust.

)χ· D r u m sey fruchtbar fort fur fort / D u O wunder-schóner Ort

/

grüne / blühe / weil auffsteht 40 P h ó b u s / u n d z u B e t t e

geht.

166

Philipp von Zesen

Χ. und ihr Vogel tiereliert / Weil das Gold die Sonne fuhrt; Macht Euch lustig / euer Schall Soll erklingen überall.

Das Neunde Lied. Von Sapphischen Versen.

5

Fast nach dem Griechischen der Edlen Poetin Sappho. Φαίνεται μοι κείνος 'ίσος θεοΐσιν.

W E r stets mag sitzen neben Dir / o Schone / Schauet dein lachen / höret dein Gethóne / Der kan den Göttern gleich geschátzet werden / 10 billich auff Erden,

(cvij)

ijDiß macht mein Hertze gantz und gar verzucket; Da ich nur einmahl dein Gesicht erblicket / bin ich verstummet; vor den süßen Reden muß ich erblöden. üj. is Es steht die Zunge / kann auch nicht mehr sprechen / Weil mier die Stimme schone wil gebrechen / Ich bin entzündet / die verliebten Flammen schießen zusammen. jv. Das Ohr erklinget / beyde Lichter weichen / 20 Der Schweiß durchdringet mein Gebeine ingleichen / Schauern und zittern fallen hin und wider über die Glieder.

167

FrùhlingsLust

v. Ich bin verblasset wie die dürren Kreuter / Fast gantz entseelet / kann auch gar nicht weiter / 25 Der Athem schwindet / daß ich nun muß werden schieinig zur Erden.

Das Zehende Lied. An Seinen H. H. Kellnern / von Lüneburg. W E i c h t ihr Lateiner / weichet auch ihr Griechen / Ihr müsst Euch itzund ingesammt verkriechen / Eure Gelehrten / Weisen und Poeten müssen erróthen.

(cviij)

ij· Es kann dich Maro unser Deutschland zwingen / Weil Opitz / Buchner / und mein Flemming singen / Flemming / den selbsten Phôbus pflag zu hören lieben und ehren.

15

üjSeht! wie die Deutschen Erd' und Staub verachten und nach dem Himmel unauffhórlich trachten; Hier seyn Poeten / die mit ihrem singen Eure bezwingen. jv. Was von Poeten / unsre Poetinnen Euch auch zu fällen allgemach beginnen; Lisabeth Westhons wohlgefugte Sachen Eure verlachen.

168

Philipp von

Tesen

V.

Hier seyn der Schwartzin Deutsche Pierinnen / Die leicht beschämen alle drey Corinnen / Ob gleich die Eine drückte fünffmahl nieder Pindarus Lieder. v

)· Sollen Praxillens lachens-werthe Sachen Itzt schaamroth unsre Rosenthalin machen? Nein / nein. Erinne / du auch Telesille / schweige nur stille. vi i· O wohl demselben! der sich hier bemühet und hilfft mit Krafften / daß sie ferner blühet unsre Poesie wie sie dann erklinget / Kellner und singet. viij. Wohl! wohl! fahrt immer also fort zu spielen / Mein Freund / weil Pallas Liebes-Euglein schielen / nauff! nauff zum Himmel! wer nur kann der singe / daß es erklinge.

Das Eilffte Lied. W E r hat der Venus solche Macht gegeben? Es muß ja alles Ihr zu Willen leben; Wirfft nicht Cupido über alle Lande Ketten und Bande? ijAlle Gewalten legt Er Ihm zu Füßen: Er als ein Blinder kann so grade schießen / Willig und gerne muß Ihm dienstbar werden Himmel und Erden.

FrúhlingsLust

Hj.. Mars weicht ihm selbsten / Jupiter auch fühlet / Der sonst mit Donner / Blitz und Hagel spielet / Den Pfeil der Liebe: muß vor Ihm sich schmiegen neigen und bügen. jv. Kann Er doch selbsten seine Mutter zwingen / und sie ins schwere Joch der Liebe bringen; Wie solt' es kommen / daß Er dich nicht finden kónte zu binden. V.

Wenn du gleich wohntest / wo sich Phóbus leget / und wo Er wieder seinen Wagen reget / Wurde dich dennoch mit den süßen Pfeilen Dieser ereilen. vj. Drum gib dich willig / Du o mein Verlangen / Du wirst doch sonsten anderwerts gefangen / Bleib / wiltu bleiben / diß mein Hertz und Leben wil ich Dier geben. Das Zwôlffte Lied. SOnne / laß scheinen deine Rosen=wangen / Die mit Rubienen völlig einher prangen / Komm / ach du Fürstin der Gestirnten Felder / ziere die Wälder. ij· Schmücke dich herrlich mit geflammten Haaren / Laß durch den Himmel deine Rosse fahren / Eyle / die Vogel hör ich schon erschwingen / Singen und klingen.

170

Philipp von Zesen

"i Nun seyd willkommen / ihr geehrten Stunden / Die mich dem trauren gantz und gar entbunden / Nun seyd gegrußet; Weil wir können meiden Trauren und Leiden. jv. Diß ist die Stunde / Lieber / laß uns schreiben / Laß uns mit Liedern diese Zeit vertreiben. Meine Geliebte wil die süßen Schmertzen tilgen im Hertzen. V.

Ach hört! die Pferde / die geschwinden Pferde / Schnauben und rennen frólich auff der Erde / Sie bricht mit Freuden durch die schone Wälder Wiesen und Felder. vj. Lachet ihr Tháler / ihr begrünten Auen / Lasset uns wider diese Freude schauen: Die uns der Ostwind vormahls hat entführet / Kommet gezieret.

vi l·

Sey uns willkommen / du o Zier der Zeiten / Liljen und Rosen müssen wir ausbreiten / Wo du / mein Leben itzo pflegst zu gehen / sitzen und stehen. viij. Dein Abseyn machte / daß die grünen Wiesen Müsten verwelcken und die Winde bliesen Nicht mehr so sanffte / da der Wind aus Norden stürmisch war worden.

FrâhlingsLust

171

,Χ·

Ey nun so leb' ich stets in vollen Freuden / 35 Es soll uns niemand von einander scheiden / Kein Neid / kein Trauren / keine Noth und Leiden Sollen uns scheiden.

(cxij)

In ein Stam=Buch Seinem Freunde. H i e r laß ich dier / mein Freund / das Hertz den Mund / die Hand; Ob gleich der Leib sich trennt und eylet in ein Land / 5 Wo kein Bekandter ist: Das Hertz verbleibt getreu; Der Mund verspricht sich dier; Die Hand ohn Heucheley. Ein Anders. Der Todt / die Hell und Lieb' / ins Grab / Quaal / süße Schmertzen; Versetzet / bringt / erregt; Den Leib / die Seel' / im Hertzen. io

Wider ein Anders. Das Hertz / der Leib / die Seel; brennt / schwindet / fürchtet auch; Vor Liebe / Todt / die ΗδΙΙ; wie Gluth / wie Schnee / wie Rauch.

(cxiij)

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Bicbct'

ftebern ItefyteQébtaá)t. 3n Hamburg

im

( A2V)

Der Himmels=flammende

Flamming in seinen dichterischen Wäldern am 174 blate. D e r Sinnen seind so viel / als färben mögen sein, ein jeder liebet das / was er ihm bildet ein.

{A3r)

Meinen Herren /

Herrn Eberhard Möllern / des hohen Stifts zu Hamburg DuhmHerrn und ältesten daselbst: wie auch

Herrn Johansen Jakob Morianen / uam. Ν im / Edles Paar / nim hin die Flammen meiner Jugend / das blitzlen meiner blüht / den sporen hoher tugend / der mich trieb Himmel-an / und riß den muntern Muht aus staub und asche fort nach jener klaren glüht selbst aus und über uns. Frau Fräue spielt hierinnen / die feine Vene die / die stärkste der Göttinnen / der frohen frauerei und liebe stifterin / die Rohm von uns geraubt. Die Vene / die den sinn natürlich rege macht / wil so ihr ziel erreichen. Drauf sol die Geistliche durch=hin ein kreutze streichen und támmen die natur. Wann dieses wird geschehn / wird Vene selbsten sich durch sich gekreutzigt sehn.(v4 3V) So steigt durch staffeln auf ein Geist / der feuer fühlet / und trift das augen-mark / darnach er klüglich zielet / zur wahren Himmels-burg. So steig' ich auch gemach nach meinem zwekke zu / ans klahre sternen-dach. So schlagt in heisser brunst die keusche liebes-flamme gespitzigt über sich / als jener glühten Amme; und wil von Eurer gunst indes sein angeblikt /

264

JO

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40

45

Philipp von Zesen

bis sie inkunftig mehr / ja himmels-strahlen schikt / die über=weltlich seind. H e r r M ö l l e r / dem zu ehren / zu preiß und rühm sich lasst so mancher Dichter hören / weil ihre süße kunst Er unvergleichlich liebt / und aller Wissenschaft so milde gunste giebt; geruhet doch auch hier ein wenig gunst zu schenken und ein geneugtes aug' auf diese Glüht zu lenken / die dan viel glühender wird flammen / als sie pflagt / wan sich durch eure gunst ihr himmels-blitz bewágt. {A 4r) H e r r M o r i a n / der sich mit spiel= und singe=künsten bei seiner muß' ergetzt / und halt in milden gunsten der hohen Geister witz / der wolle dieser Glüht durch süßes seiten=spiel auch geben seel und muht / wie er dan löblich pflegt. Dis sol mir sein ein zeuchen der höchsten Freundesgunst, und dafür wil ich reichen so manchen trauen dank / so manches süße lied / so manches zukker=wort / das hin zur Nach=welt zieht / und ewig bleiben sol mit ihrem hohen rühme; so lang in keuscher schahm die rohte rosen=bluhme im liljen=bette glüht; so lang ein Sommer glantzt; so lang es herbsten wird; so lang es wintert / lentzt: ja so lange ich lebe meiner Herren dienstwilligster Filip von Zesen.

(A 4V)

Ihrem einigen / geliebten Herrn Bruder

Filip von Zesen / uam. Hoch=edler / Gestrenger / Vielgeehrter Herr Bruder / die liebseelige Adelinde begehret von ihm nebenst gnadiger begrußung zu wissen / ob sie nicht einer sang=weise zu meinem liedlein: B l i t z e t ihr H i m m e l / usf. von dem Herrn Bruder habhaftig werden kónte. Auch wundschet das guhtige Fraulein / die Hoch= wohl=gebohrne Schäferin Schatz=wahrt / daß doch endlich einmahl seine liederlein möchten getrukt werden / deren etliche Sie neulich von der ubermenschlich=schónen Roselinde bekommen; ja es wundschen es alle hiesige Schäferinnen / die von Hochdeutschem {A 5r) Blühte entsprossen / und alle / die so nur ein wenig der hochdeutschen spräche fähig seind. Ich mus auch in Wahrheit bekennen / daß er in seinen letzten gantz entzûkkend / und viel süßer / sin-reicher ist / als in den ersten. Drum were es schade / daß solche liebe lieder der motten speise werden solten / oder ungesungen verwesen. Viel / derer gedanken zu schwach und noch an der erde kleben / können sie dannenher auch nicht so bald begreiffen. Doch was schadets; und sie werdens wohl lernen. Inmittels tragen sie gefallen daran. Die sang= weise so M ( a l a c h i a s ) Sibenhaar gesetzet / gefallet uns überaus wohl; ich möchte von ihm noch wohl mehr sehen. Fur allen aber gehet das tantz=lied / so Johann Langen gesetzet / seiner künstlichen ahrt wegen / weit fur. Im fall mein Bruder noch mehr sang=wei(yl 5^)sen im vorrahte hat / so über-

266

Philipp von

Zesen

schikke er sie mit diesem bohten / damit wier um so viel besser unsere zeit verkurtzen können. Inmittels lebe er wohl; und ich bleibe / so lange ich lebe des H ( errn ) Brüdern _ e . . , Brüssel den 4 Meiens des 1649 jahres.

trâu-bestandiee Schwester Adelmund.

iri /unititi tat prang« lβ (lit (In n)n untai KwífRn Wiifl (lu^td jto nniirrl)« (|ΐο6ίφηΐ)Γ(ΚΙ