Sämtliche Werke: Band 1/Teil 1 Lyrik in Zyklen
 9783110858433, 9783110113167

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C Z E P K O , SÄMTLICHE W E R K E 1/1

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G

AUSGABEN DEUTSCHER LITERATUR DES XV. BIS XVIII. J A H R H U N D E R T S

herausgegeben von Hans-Gert Roloff

D A N I E L CZEPKO SÄMTLICHE WERKE

WALTER DE G R U Y T E R · B E R L I N · NEW YORK 1989

DANIEL CZEPKO SÄMTLICHE WERKE unter Mitarbeit von ULRICH SEELBACH

herausgegeben von

H A N S - G E R T ROLOFF und

MARIAN SZYROCKI

E R S T E R BAND, E R S T E R T E I L L Y R I K IN Z Y K L E N

WALTER DE G R U Y T E R · BERLIN · NEW Y O R K 1989

CI Ρ- Titelauf nähme der Deutschen

Bibliothek

Czepko, Daniel: Sämtliche Werke / Daniel Czepko. Unter Mitarb. von Ulrich Seelbach hrsg. von Hans-Gert Roloff u. Marian Szyrocki. — Berlin ; New York : de Gruyter. ISBN 3-11-004068-9 NE: Czepko, Daniel von: [Sammlung] Bd. 1. Lyrik in Zyklen. Teil 1. - (1989) (Ausgaben deutscher Literatur des XV. [fünfzehnten] bis XVIII. Jahrhunderts ; 130) ISBN 3-11-011316-3 NE: GT

© Copyright 1989 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Printed in Germany — Alle Rechte des Nachdrucks, einschließlich des Rechts der Herstellung von Photokopien — auch auszugsweise — vorbehalten. Satz und Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin 30 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Berlin 61

Epigrammata

EPIGRAMMATA QUAEDAM PARTIM DE

FESTO

SANCTORUM SPIRITUUM

ANGELORUM

ADMINISTRORUM Q U O D EST

SANCTI

MICHAELIS. PARTIM

D E H A C ΤΑΜ MISERA, ΤΑΜ INIQUA, TAMQUE TURBULENTISSIMÄ RERUM CONDITIONE

A D A N I E L E CZEPKIO L I G . S I L E S . ANNO 1621.

Vos laudate Deum, cantando et condite Soles, Virginea tenerum psallite voce melos: Summa Salus magna est simul atque Potentia facta, Victus enim Satanas, Cerberus atque Draco: Ergo vos omnes nunc fundite Gaudia Coeli, Caelicolae aeternae et Turba ministra DEI. AD MICHAELEM. Ο Michael Victor Satanae Stygiique Draconis, Victor ades nobis, mergimur et premimur.

NULLA SALUS MUNDO, V E R A EST ANTE OMNIA IESUS.

Torquemur miseri; toleramus multa, tacemus, Et sedet heu nobis! hostis ad omne latus.

Epigrammata

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lichen, der auf vielfaltige Art tausenderlei gefahrvolle Situationen ersinnt, in weiter Distanz halten möge. Die Kirche vermag in keiner Epoche zu überleben, wenn Gott sie nicht durch seine Engel beschützt. Die Engelschar, die im Himmel Gott dient, sie beschützt auf Erden die Gemeinde der Frommen. Verwendet auch energisch all euer Mühen darauf und strengt euch oftmals an mit Händen und Füßen, daß ihr die zahllosen Jünglinge mit leuchtenden Flügeln, die alles, was euch betrifft, mit ihrer schützenden Hand umgürten, nicht durch eure Leichtfertigkeiten und euren vielfaltigen ruchlosen Frevel aus eurem Haus und aus euch selber verstoßt. Nehmt euch auch in acht, ο Menschen, daß ihr nicht Ärgernis bietet, denn es kann hier niemals etwas Garstigeres geben. Heitert nach dem Vorbild der Himmlischen eure Mienen auf und verbringt den ganzen Tag in heiteren Freuden. Michael stürzt den Satan kopfüber hinab und triumphiert über den Sternen, und es triumphiert auch der starke Zeuge mit dem Blut des Lammes. Ihr aber: lobt Gott und verbringt eure Tage mit Gesang. Singt mit jungfräulicher Stimme eine zärtliche Weise. Das größte Heil und zugleich eine große Macht ist erstanden: Satan nämlich und der Drache Zerberus sind besiegt. Also spendet nun Himmelswonnen, ihr alle, ihr ewigen Himmelsbewohner und Helferschar Gottes! AN

MICHAEL.

Ο Michael, Sieger über Satan und den Drachen des Styx, steh uns siegreich bei: wir werden zugrundegerichtet und verfolgt. IN DER W E L T GIBT ES KEIN H E I L ; DAS W A H R E IST — VOR ALLEM ANDEREN — J E S U S .

Wir Elenden werden gequält. Wir erdulden vieles, schweigen und sind, ach, überall von Feinden umringt.

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Daniel C^epko CARMEN HEROICUM. Ex Evangelio. Math. 18.

Tu quisquis satagis, germanae Ecclesiae adire, Aetherei et Coeli stellata Palatia, Cives, Aeternae ne tu quaeras praeconia famae, Tecum habita contra, celso et sub Pectore Softem Ferto humilem, nemini quoque turpia scandala praebe, Dixit et ut CHRISTUS: „Pueris ni , Possitis nunquam Coelestia Tecta subire. Quis non alta sapit, verum se deiicit ipsum, In coelesti, aliis longe gratissimus Aula est, Nascentes Pueros quiscunque receperit atque, Nomine inextincto et regale meo, exciperet me. Ex istis autem parvis qui offenderit unum, Me Dominum unanimes qui agnoscunt et venerantur, (80 Huic Homini utilius Laqueo foret ut iuguletur Carnificis, Mortem et transverso in Stirpe subiret! Ο vae! vaeque mali spaciosi ob scandala Mundi. Esse etenim in Terris omnino scandala oportet, Sed vae Mortali, mala quisquis scandala praebet. Quod tibi si obstiterit tuus, aut tua, Pesque Manusque, Ense secato atque abs te proiice, proiice statim. Longe etenim est melius tibi Coeli Regna subire Astrigeri mutilum, quam Pesque Manusque et habentem Tartareum contra tu coniiciaris in Antrum, Est ubi viperis accincta et Turba flagellis." Summatim Verbo Christus complectitur uno: „Ex istis aliquem ne tu contemne pusillis; His etenim attribuit Superüm de sede Ministros, Ipse D E U S rerum sator et suprema Potestas." Haec fac, qui satagis cum CHRISTO vivere Vitam Et Patriae superae Coelestia Tecta subire. Ne viola pueros, adstat queis Angelus, atque

Epigrammata

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HEROISCHES GEDICHT.

Nach dem Evangelium des Matthaeus, Kap. 18. Wer immer du auch seist, der du dich befleißigst, in die gestirnten Paläste und zu den Bürgern der wahren Kirche und des luftigen Himmels zu kommen: trachte nicht nach der Verbreitung ewigen Ruhms, lebe vielmehr zurückgezogen für dich und ertrage hohen Mutes ein niederes Geschick, und biete auch niemandem ein schändliches Ärgernis, entsprechend den Worten Christi: „Wenn ihr nicht seid wie die Kinder, könnt ihr niemals in den Palast des Himmels eingehen. Wer keinen hohen Verstand hat, sondern sich selbst erniedrigt, ist am himmlischen Hof vor allen anderen bei weitem am meisten willkommen; und wer heranwachsende Kinder in meinem unauslöschlichen, königlichen Namen aufnimmt, der nimmt m i c h auf. Wer aber einen von diesen Kleinen, die einmütig mich als ihren Herren erkennen und verehren, kränken sollte, für diesen Menschen wäre es besser, vom Strick des Henkers erdrosselt zu werden und am Querbaum zu sterben. Ο weh! Weh über die Ärgernisse der sündigen weiten Welt! Es müssen nämlich durchaus Ärgernisse auf Erden sein; doch wehe dem Sterblichen, der böses Ärgernis bietet! Wenn dir dein Fuß oder deine Hand widerstrebt, so schneide sie ab mit dem Schwert und wirf sie von dir — wirf sie sogleich von dir! Es ist für dich nämlich weitaus besser, verstümmelt ins Reich des gestirnten Himmels einzugehen, als Füße und Hände zu haben und dafür in die Höhle des Tartarus geworfen zu werden, wo eine Rotte haust, die mit Vipern und Geißeln bewehrt ist." Das Wesentliche faßt Christus in einem Wort zusammen: „Verachte nicht einen von diesen Kleinen. Gott selbst, der Schöpfer der Welt und oberste Machthaber, hat ihnen Helfer vom Wohnsitz der Himmlischen beigesellt." Handle du so, der du dich befleißigst, 2

Czcpko I

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Daniel C^epko

VIVENS VIVE PIUS, MORIENS MORIERE ΒΕΑ. Sic poteris Christo cum Aevum traducere vitam.

AD MICHAELEM. Qui Gregis es Ductor Sancti, Invictissime Victor, Ο Victor Satanae, pro Grege bella gere.

IN HOMINES S C A N D A L A PRAEBENTES.

Sunt multi, multis praebent qui scandala multa, Puniat haec quasi non, non videatve DEUS: Ο Gravidi in vitiis homines! ο aspera Corda! Scandala non videat, qui videt omne, DEUS? In Domino mea vera salus, mea Gloria certa est: Petra invicta, vitae Spes mihi sola DEUS: In Dominum spero, terror procul inde facessat, Spes inter Turbas est mihi sola DEUS.

D E PACE.

Ο Pax, Pax ubinam est, ubinam est Pax optima rerum, Qua melius quicquam nil videt Orbis? abiit? Sic, abiit Pax, est quae praestantissima rerum, Qua bene et asseritur Relligionis Opus: Pestiferum contraque sonat lacrymabile bellum, Qua late radios spargit Apollo suos: Flete, dolete Patres Patriae, vos flete, dolete, Finibus e nostris Pax bona abire velit? Ο Pax, Ο bona Pax! ο aurea Tempora Pacis! Gratius haud quicquam qua vagus Orbis habet: Omnia, cum Pax est, rident, florentque vigentque, Quae foris expectant publica, priva domi:

Epigrammata

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Hoffnung und deinen Glauben setzen. Der hat acht auf mich; der hat acht auf dich. Und so ist heute der größte Sieger der Welt auferstanden. Michael führt für seine Herde heftige Kriege. Wirf also deine Traurigkeit ab und hüte dich vor keiner Gefahr! Gott, unser Schöpfer, hat nämlich selbst auf dich acht.

I C H HOFFE A U F G O T T .

Waffen klirren, eine Trompete ertönt heiser, Welt und Unterwelt dröhnen dumpf und stoßen vom grimmen Norden her zornige Drohungen aus. Wie also? Für mich ist Gott das sichere Heil und ein steiler Fels. Ich werde festen Halt haben und keinen schweren Fall tun. Im Herrn ist mein wahres Heil, mein sicherer Ruhm. Gott ist für mich ein unbezwinglicher Fels, meine einzige Hoffnung des Lebens. Ich hoffe auf den Herrn: der Schrecken entschwinde in weite Fernen. In allem Tumult ist Gott meine einzige Hoffnung.

D E R FRIEDE.

Ο Friede! Wo ist der Friede, wo ist der Friede, das Beste, was es nur gibt, das Beste, was jemals der Erdkreis erblickt hat? Ist er entschwunden? Ja, der Friede ist entschwunden: er, das Vorzüglichste, was es nur gibt, der treffliche Schutz für die Ausübung der Religion. Statt dessen lärmt nun der Verderben und Tränen bringende Krieg, wo immer auch die Sonne ihre Strahlen in die Weite verstreut. Weint, betrübt euch, Väter des Vaterlandes, weint, betrübt euch! Will der segensreiche Friede unser Land verlassen? Ο Friede, ο segensreicher Friede! Ο goldene Zeiten des Friedens: nichts Wohltuenderes als den Frieden besitzt die unbeständige Erde! Wenn Friede herrscht, lacht, blüht und lebt alles, was draußen die öffentli-

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Daniel C^epko

Sed mala Turbarum contra omnia Tempora vertunt, Leges atque Greges, Christicolasve Scholas: Ο Pax, ο bona Pax, Patriam nunquamne redibis, Afflictos miseros nonne redire velis? Boema dolet, M O R A vi, S I L E S I , LusATique gemunt te, Austria iam luget, Saltiferique Viri: I. VORSATZ SUCHT P L A T Z .

Wer meinen Vorsatz recht wil wissen, Muß mein Gemüth in seines schliessen. II. D E I N UND M E I N VERHINDERT

EIN.

Wer sich umsieht, wo er geblieben, Gehört nicht unter die, so lieben. III. ERGIB

DICH,

S o H A S T DU M I C H .

Als ich zum ersten mich verlohren, Da war die Lieb in mir gebohren. IV. VERGIB, ES IST UNGEWIß.

Der schlägt die Liebe leicht in Wind, Wer sich nur sonst auf was versinnt.

Daniel C^epko

ν. E s IST EIN B I L D , D A R A U S ES QUILLT.

In dir ist was, das ist nicht du, Draus quilt die Lieb und kommt dir zu. VI. W o H U L D N I C H T ΚΑΝ, B R I C H T G O L D DIE B A H N .

Viel, die der Lieb und Treu entgangen, Hat endlich Geld und Gold gefangen. 07'"} VII. Wo

BRAND,

SELTEN V E R S T A N D .

Das uns auf Erden kan erhöhn, Ist lieben, und dis recht verstehn. VIII. G L A U B ES BLOB, S o BIST DU LOB.

Wer liebt, und spricht, er ist gebunden, Hat nichts davon noch recht empfunden. IX. R E C H T SCHWEIGEN, K A N VIEL ZEIGEN.

Bedenckt doch, was mein Reden sey, Ich schweig und werd erhört dabey.

Drey Rollen verliebter Gedancketi

X. MEIN DU L A S T MIR KEINE R U H .

In mir da redt was immer zu: Was ists? Ich, oder, Göttin, du. XI. I C H FAND D I C H , U N D VERLOHR M I C H .

Ich hab und suche, was mir fehlt, Und bin durch nehmen mehr gequält. XII. A U F TREU FOLGT R E U .

Ach wann ich mich, was ich erkannt, Doch nicht so bald darauf gewand. ( 3 7 ^ XIII. F L A M M UND E Y S H Ä L T EIN G L E I S .

Ach Wunder! mitten in den Flammen, Gefrier und back ich offt zusammen. XIV. LIEBEN MACHT DENCKEN, D E N C K E N M A C H T KRÄNCKEN.

Offt hebt, wenn ich nicht dencke dran, Dich in mir was zu nennen an.

134

Daniel

C^epko

XV. DEMUTH WOL

THUT.

Als ich aufs höchste kam, fiel ich, Drum der (du) nach gehst, hüte dich. XVI. LAB DEN W I L L E N , W I L T DUS S T I L L E N .

Der Willen muß kein Willen seyn, Die Lieb ist sonst nicht Lieb allein. XVII. ANGENEHM M A C H T BEQUEM.

Treu ist zwar gut. Doch der hat mehr gethan, Der sich beliebt vor andern machen kan. XVIII. I C H SUCHTE DICH U N D VERLOHR MICH.

Bin ich in dir, und du in mir dergleichen: Wie kanst du mich, ich dich dann nicht erreichen. 0 8 r y XIX. VIEL LEIDEN UND SCHWEIGEN K A N ZU H E R T Z E N S T E I G E N .

Im Willen wird die Liebe zwar gebohren, Doch läst du ihn, hast du erst Lieb erkohren.

Drey Rollen verliebter

Gedancken

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XX. W I E DAS R o ß , s o DER M A N N , W O L DEM, DER ES REITEN ΚΑΝ.

Gut ist die Lieb: als sie wird gut genommen, Böß ist sie dann: ist sie dir so vor kommen. XXI. VERLOHREN IST HIER ERKOHREN.

Ich such und find, und als ich es erkohren, Hab ich dasselb und mich in dem verlohren. XXII. V I E L SINNEN M A C H T WENIG KÖNNEN.

Wo du mich triffst in meinem Hertzen an, So rede so, daß ich es hören kan. XXIII. N I C H T MICH SONDERN IN MIR D I C H .

Was in mir ist, das hast du nicht erkannt, Drumb ist dein Hertz auch stets von dir gewand. XXIV. VERSTUMMEN H E I S T ÜBEL VERNOMMEN.

Es ist nicht Noth: nichts reden und viel leiden, Ein eintzig Wort, auch kein Wort kan uns scheiden. 0 8 " }

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Daniel C^epko

XXV. N I C H T ICH D u SELBST PLAGEST D I C H .

Wann dich nur nicht selbst die Gedancken plagen, Hast du sonst in der Liebe nichts zu klagen. XXVI. GEDANCKEN WANCKEN.

Du bist zu mir, ich bin zu dir auch gleich gegangen, Wir fehlen beyde so, und sind doch beyd umfangen. XXVII. W A S IN DIR D A S FEHLT MIR.

Die Liebe, die mich plagt, wird anderswo empfangen Und anderswo ernährt, und steckt doch im Verlangen. XXVIII. W E R ALLEIN D A R F F S I C H N I C H T ZWEYN.

Ob mir die höchste Lust dein Antlitz, Göttin, giebt, Doch hab abwesend ich dich allzeit mehr geliebt. XXIX. OHNE HERTZ, OHNE SCHMERTZ.

Wer von der Liebsten geht, und bleibet nicht dahinden, Der kan, ob er verirrt, alsbald nach Hause finden.

Drey Rollen verliebter Gedancken

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XXX. MICH A B E R VIELMEHR DICH.

Du liebst nicht mich, nur dis, was sich dir in mir gleicht, Drumb sich in ihrer Lieb auch deine Lieb erreicht. ( 3 9 r y XXXI. IN EINEM N U L E B ICH UND D U .

Könt uns der Augenblick, wann wir uns sehn, vertreiben: Wo würden, stürben wir, dann die Gemüther bleiben. XXXII. L I E B OHNE PEIN IST EIN P A N C Q U E T OHNE W E I N .

Verlier ich ie die Pein, so ich bisher erlitten, Ich weiß nicht, solt ich viel umb Liebe bey dir bitten. XXXIII. EINERLEY S I N N L E G T ALLES HIN.

Hoch halt ich, daß du schön, und höher, daß ich frey: Wann beyde weg, dann kommt uns rechte Liebe bey. XXXIV. OHNE RATH F O L G T DIE T H A T .

Als ich Rath bey mir hielt, ob ich dich solte lieben, Kam selbst die Liebe drein, fieng an mich zu betrüben.

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Daniel C^epko XXXV. I C H BIN D A , WO MEIN S I N N .

Die Tugend kan zwar viel, doch macht die Lieb allein: Daß ich abwesend auch kan gegenwärtig seyn. XXXVI. BEYDES BRINGT F L E H N , S E H N UND N I C H T SEHN.

Wenn ich dich seh, alsdenn verlier ich Hertz und Sinnen: Seh ich dich nicht, ich weiß nichts sonsten zu beginnen. ( 3 9 " ) XXXVII. E s KOMMT VON DIR, N L H M ES VON MIR.

Weil die Gedancken mich zur Liebe stets vermögen, So find ich allda dich, bist du gleich nicht zugegen. XXXVIII. Ο

NOTH,

W I E NAH IST DER TOD.

Mein Leben seh ich bloß an deiner Liebe kleben, Nihm nur die Liebe hin, bald wird es sein begeben. XXXIX. K E I N GRÖSSER L E I D , A L S DAS IM H E R T Z E N SCHREYT.

Mit euch besprech ich mich gar gern, ο ihr Gedancken, Doch schaut, betriegt mich nicht, ich wil von euch nicht wancken.

Drey Rollen verliebter

Gedancken

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XL. OHNE PEIN Κ Α Ν ES N I C H T SEYN.

Mit Blumen prangt der Lentz: Der Sommer drauf mit Aehren: Mit Wein und Obst der Herbst: Die Liebe mit Beschweren. XLI. GEDULD ERWIRBT HULD.

Ich wünsche mir von hier, und wil auch lieber bleiben, Kan weder hier noch dort die Liebe doch vertreiben. XLII. S C H A U E D I C H FÜR D u DIENST DEINER B E G I E R .

Viel sind, die beten wol gar schöne Nymphen an, Und ehren, sehn sie es, bloß ihren eignen Wahn. XLIII. SAG'S ICH KLAG'S.

Ich seufftz, umb eintzig nur zu wissen, Schönste Zier, Wie diesen Blick es geh' (indem ich seufftze) dir. XLIV. UNVERWAND D E R GRÖSTE B R A N D .

Der steckt in grosser Noth, der seine süsse Pein, Unmöglich und dann auch sieht unverändert seyn.

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Daniel C^epko

XLV. W A N N ES GETHAN, V E R L Ä S T DICH DER W A H N .

Im fall ich von dir komm, erkenn ich sonder Ziel, Daß dis, was mich gequält, dann nicht gewest so viel. XLVI. N I C H T HÖREN Κ Α Ν VERSEHREN.

Erwach ich früh: so rufft das erst Ach Gott! in mir, Das andre, bist du nicht im ersten, Liebste Dir. XLVII. D A S M E I N IN DIR E R W E C K T BEGIER.

Das beste bleibt die Seel, und die war raus getrieben, Itzt schwebt sie um den Punct (du bists) so drinnen blieben. XLVIII. A L L E S DU, W A S ICH THU.

Die Morgenröth erblickt' ich nechst; ich sprang herfür, Und sprach (du kamst mir vor) Willkommen schöne Zier.

AN GELEHRTEN LESER.

Den Ungelehrten mag ich nicht zu Richtern meiner Bücher einladen. Sie pflegen sich ungebeten wol einzustellen: und, weil sie weder die Art der Schrifften, viel weniger die Nachsinnigkeit des Erfinders verstehen, herausgegebene Sachen entweder zu verachten, oder, wann es hoch kommt, über den letzten Sylben, ob sie in ihren Ohren einen angenehmen Wiederschall geben, zu urtheilen. Was aber verständige der reinen deutschen Sprache und des rechten Brunquells solcher Reinigkeit, als der deutschen Reimkunst seyn, die sehen beydes nach den Worten, und denn ob sie nach ihrem rechten Verstände gesetzet, ingleichen, ob die vorgegebene Sachen deutlich beschrieben, und insonderheit mit was unvermerckten Lehren, Aufmunterungen und Wunderreden offte solche kurtze Gedichte geschlossen werden. Der

Unbedachtsame

Einfülle

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letztem Art untergebe ich diese drey Bünde unbedachtsamer Einfalle. Es haben mir aber die ungesuchte Gelegenheiten und geschwinde Beschreibungen einer und der andern Sache diesen Vornahmen an die Hand und Feder gegeben: In welcher Art zu schreiben die Einfalt, so zu sagen, den Reyen führet. Dann die Einfalle, wie sie von den unverhofften Gegenwürffen eylends im Gemüthe empfangen, und in einer 16") Bewegung auf das Papier gebohren worden: also erhalten sie durch nichts als einen einfältigen Schluß und Ausführung ihr Leben. Und werden dadurch vor andern Arten unterschieden, welche mehren Witzes, Lieblichkeit und Aufrückens, das ist, verblümter Weise mehren Saltzes, Honigs und Gallen bedürffende sind. In solcher gelehrten Unbedachtsamkeit sind die Griechen vor andern Meister gewesen: Die Lateiner haben bald an Nägeln zu beissen angefangen, und einer spitzfindigem Art von genauer Sorgfalt angehangen: Der Griechen Nachfolger sind vor unsern Jahren die Welschen, itzo die Frantzosen geworden. Die es ihnen nicht allein an Aufsicht der Gelegenheit, sondern auch an Glückseeligkeit der Aufsatze: wie nicht weniger an scharffen Nachsinnen der Einschrenck- und Beendigung darinnen weit bevor thun. Wiewohl nu an andern so kurtzen Uberschrifften unterschiedliche Muster auf den UrthelsPlatz gestellet: habe ich dennoch diese drey Bünde darzu legen wollen: weil die andern mehrentheils gantzer Wercke Arbeit; dieses hingegen von allerhand Veränderungen der so unterschiedlichen Gegenwürffe verfaßet und zusammen getragen worden. Wie einem von dem Lande beliebet bald in Feldern seine von unterschiedlichem Getrayde hervor grünende Saaten: bald auf der Weiden seine gesonderten Heerden an allerhand Vieh: bald in Wäldern die, wie die gezogene Kertzen, gerade auf

EINFALLE.

EINFALLE OHNE NACHDENCKEN. AN H . W O L F F H E L M H A R D VON

HOCHBERG.

H O H B E R G , den die Musen lieben, Den sie ihnen auserkiest, Weil ihr Berg dein Nahmen ist, Seit sie vom P A R N A S S vertrieben: 5 Hier sind keines Gottfrieds Waffen, Die dein TASSUS aufgelegt, Dis hat kein M A R I N geprägt, Vom A D O N und seinen Schaaffen: Womit ich dich hier ergetze, 10 Weit von deiner schönen Art, Drüber dich M E R C U R verwahrt, Nennt man leider ohn Gesetze.

Daniel C^epko

I. W E R NICHT STERBEN WIL, DER FREYE. A N EINEN UNAUSBEDACHTEN

WEIBERNEHMER.

Sterben muß vor sich der Mann, Doch das Weib, wann Gott im Leben, Ihr und Ihm wil Kinder geben, Macht, daß er nicht sterben kan. 5

Wie der Tod vom Weibe kommen, So vertreibt das Weib den Tod: Es verehrt ihn Mensch und Gott, Wann der Mann ein Weib genommen. ( 1 8

Mensch: so wird die Welt gefüllt, 10 Gott: so bleibt sein Ebenbild: Darum, so du nicht wilt sterben, K o m m mit, umb ein Weib zu werben. II. A N EINEN

STAFFELSETZER.

UNGANGHAFFTE

MÜNTZE.

Deine Glaübger wachen auf, Lieber Tichter, geh und lauff: Was wilt du mit Versen prahlen, Weil du must mit Fersen zahlen. III. N I C H T OHNE D O R N . A U F EINE ROSE, W E L C H E SEINE ROSIMUNDA

ABGEBROCHEN.

Rose, ja du bist zu preisen, Sehet wie die MorgenRöth Auf den weichen Blättern steth, Die des Mayens Brüste speisen.

Unbedacbtsame

Einfalle

167

5

Aber, was wol wilt du machen, Roth und Schönheit jagen ein Diese Rosen, so voll Schein Auf der Schönsten Wangen lachen: Seh ich sie, so kommst du mir 10 Wie ein Dorn am Wege für. IV. D E R KEINES. A N MASTRUPATERN.

Nihm dein KammerMensch zu dir, Wilt du dir ie lesen für, Deines geilen M O S C H U S Sachen: Sonsten, wo ich dich erkannt, 5 Must du eylends von der Hand Ohn' Verlöbnüs Hochzeit machen. V. NIRGENDS R U H . D I E UNGLÜCKSEELIGE D I D O . D I D O schau ich beydes an Deinen Buhler, deinen Mann, Bist du recht des Unglücks Schatten: Der verricht, der ward verrathen, 5 Dieser stirbt, du flohest ihn, Jener fleucht, du starbest hin.

Unbedachtsame

Einfälle

XV. EINER A L L E I N . V O N IHREN ZWEIFELHAFFTEN G E D A N C K E N .

Meinst du, daß ich voller Pflicht Einer andern dienen solte, Könt ich gleich, so wolt ich nicht, Minder könnt' ich, ob ich wolte. 5 Ich bin nicht ich, sondern du, Du bist meiner Seelen Ruh: Du hast mich genommen ein, Daß ich sonst nicht weiß zu leben, Solt ich nu der andern seyn, 10 Must du mich mir wieder geben. (22rS) XVI. N I C H T S OHNE V E R N U N F F T . WUNSCH EINES VERSTÄNDIGEN F R A U E N - Z I M M E R S .

Liebe, wann ich ie sol lieben, Und dir unterworffen seyn, Ey so laß die süsse Pein, Meine Seele nicht betrüben. 5

Zünde, wilt du mit mir schertzen, Noch von kaltem Alter nicht, Noch von leichter Jugend Pflicht Flammen an in meinem Hertzen.

Wo ich ja den Stand erfahre, ίο Gieb ein weises Hertze mir In nicht angefärbter Zier, Graue Lieb, ohn graue Haare.