249 37 19MB
German Pages VIII, 277 [281] Year 2020
Gitta Reuner · Kim Erdmann · Verena Vetter Michaela Schäferling · Silke Hertel
Selbstregulation spielerisch fördern Ein Manual zur Unterstützung von Eltern
Selbstregulation spielerisch fördern
Gitta Reuner · Kim Erdmann · Verena Vetter · Michaela Schäferling · Silke Hertel
Selbstregulation spielerisch fördern Ein Manual zur Unterstützung von Eltern
Gitta Reuner Institut für Bildungswissenschaft Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland
Kim Erdmann Institut für Bildungswissenschaft Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland
Verena Vetter Institut für Bildungswissenschaft Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland
Michaela Schäferling Institut für Bildungswissenschaft Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland
Silke Hertel Institut für Bildungswissenschaft Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Deutschland
ISBN 978-3-658-29917-0 ISBN 978-3-658-29918-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über 7 http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Illustrationen: Katharina Staar Planung/Lektorat: Eva Brechtel-Wahl Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
V
Vorwort Die Entwicklung der Selbstregulation im Kindesalter ist ein wichtiges Thema im Berufsalltag von pädagogischen, psychologischen, therapeutischen und medizinischen Fachpersonen. Es ist vielfach belegt, dass neben bekannten psychosozialen Faktoren, z. B. Stress oder psychische Störungen von Elternteilen, auch biologische Risiken, wie z. B. eine Frühgeburt, häufiger zu Entwicklungsproblemen der Selbstregulation führen. Diese können auch langfristige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit von Kindern und ihren primären Bezugspersonen haben. Fragen danach, wie eine Unterstützung der Entwicklung der Selbstregulation des Kindes gelingen kann, nehmen deshalb einen wichtigen Stellenwert im Alltag von Fachpersonen ein, die mit Kindern aus den oben genannten Risikogruppen arbeiten. Vor diesem Hintergrund entwickelten wir (S. Hertel & G. Reuner) die Idee, ein präventives Programm zu konzipieren, um insbesondere – aber nicht ausschließlich – Familien mit frühgeborenen Kindern Handwerkszeug zu vermitteln, mit dem die Selbstregulationsentwicklung ihrer Kinder unterstützt und gefördert werden kann. Unsere Projektgruppe arbeitete von 2015 bis 2020 intensiv an der Entwicklung und Evaluation des Programms. Dabei verbanden sich unsere psychologischen, psychotherapeutischen und pädagogischen Blickweisen auf das Thema immer wieder aufs Neue. Von den intensiven Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachdisziplinen (Pädagogik, Psychologie, Ergotherapie, Medizin und einige mehr) haben wir sehr profitiert. In dem vorliegenden Manual werden nun die Materialien des Programms „ELKIDS“ sowie umfangreiche Hinweise zu dessen Durchführung veröffentlicht. Die Zielgruppe sind Fachpersonen aus pädagogischen, psychologischen, therapeutischen und medizinischen Berufsgruppen, die mit Familien zusammenarbeiten, bzw. Elternkurse anbieten. Mit diesem Schritt möchten wir das Programm möglichst vielen Familien zugänglich machen. Unser besonderer Dank gilt der Dietmar Hopp Stiftung für ihre langjährige, äußerst großzügige Förderung und Unterstützung in allen Phasen des Projektes, ohne die wir unsere Idee nicht hätten umsetzen können. Für die Illustrationen bedanken wir uns herzlich bei Katharina Staar, die unsere Ideen und Wünsche zur grafischen Gestaltung des Materials mit großem Geschick realisiert hat. Die Zusammenarbeit hat uns große Freude bereitet. Allen Familien, die an den Kursen während der Evaluations-Studie teilnahmen, danken wir herzlich für ihre Unterstützung, Zeit und die vielen Vorschläge und Rückmeldungen. Sie haben ganz wesentlich zur endgültigen Form des Elternprogrammes beigetragen. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und der Tatsache, dass in den Bereichen Psychologie, Therapie und Pädagogik sowie verwandten Arbeitsfeldern überwiegend Frauen praktizieren, wird im vorliegenden Manual die feminine Form verwendet und auf eine geschlechtsspezifische Unterscheidung verzichtet. Die verwendeten Personenbezeichnungen sind jedoch geschlechtsneutral zu betrachten.
VI
Vorwort
Wir wünschen uns, dass das Programm EL-KIDS in vielen Settings zur Anwendung kommt und Familien Hilfen zur Unterstützung der Selbstregulationsentwicklung ihrer noch jungen Kinder vermitteln kann. Gitta Reuner Kim Erdmann Verena Vetter Michaela Schäferling Silke Hertel
Heidelberg im September 2020
VII
Inhaltsverzeichnis 1
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
2 2.1 2.2
Selbstregulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
3
Frühgeburt als Risiko für Entwicklungsstörungen der Selbstregulation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
3.1
Rolle der Frühgeburt für die Entwicklung des Zentralen Nervensystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Besonderheiten in der Entwicklung der Selbstregulation bei Frühgeborenen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
3.2
Entwicklung der Selbstregulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Rolle der Selbstregulation für Entwicklungsprozesse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4 4.1
Elterntrainings in der Präventionsarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7
Konzeption des Elterntrainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Evaluation des Elterntrainings . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
7 7.1 7.2 7.3 7.4
Manual. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Elterliche Feinfühligkeit und Scaffolding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielgruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitumfang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gruppenzusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Materielle Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trainingsleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Studiendesign. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Studienablauf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einordnung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Allgemeine Struktur der Sitzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sitzung für Sitzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Elterntraining. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergänzende Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
18 19 19 19 19 20 21
24 24 25 27 27
30 31 31 262
VIII
Inhaltsverzeichnis
8 8.1 8.2
Hinweise und Tipps zur Kursleitung und -moderation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 Allgemein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 Kritische Trainingssituationen und Handlungsmöglichkeiten aus der praktischen Arbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265
Serviceteil Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270
1
Einleitung
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_1
1
2
1
Kapitel 1 · Einleitung
Gemeinsam spielen, abwarten, zuhören, alleine einschlafen, sich nach Aufregung wieder beruhigen – die Situationen, in denen junge Kinder sich selbstständig regulieren müssen sind vielfältig. Alle, die mit Kindern dieser Altersgruppe in Kontakt kommen, merken schnell, welche Herausforderungen sich dabei stellen können, und zwar für die Kinder ebenso wie für die beteiligten Erwachsenen. Exzessives Schreien, Einschlafprobleme, Angst vor dem Alleinsein oder auch eine sehr eingeschränkte Spielausdauer aufseiten der Kinder und Erschöpfung, Ohnmachts- und Hilflosigkeitsgefühle bis hin zu depressiven Verstimmungen aufseiten der Eltern können die Folge sein. Mit ihren Sorgen wenden sich die Familien an Fachleute aus dem medizinischen, psychotherapeutischen oder pädagogischen System. Dementsprechend sind Erziehungsberatungsstellen, Kindertagesstätten, Tagespflegestellen oder therapeutische Praxen mit Spezialisierung auf junge Kinder ebenso wie kinderärztliche bzw. kinderpsychotherapeutische Ambulanzen oder Praxen häufig mit Fragen zur Selbstregulationsentwicklung bei Kleinkindern konfrontiert. Selbstregulation meint die komplexe Fähigkeit sich selbst zu regulieren, also Handlungen flexibel auf ein Ziel hin auszurichten und Impulse zu kontrollieren. In der neurowissenschaftlichen Literatur wird diese Fähigkeit mit dem Überbegriff der „Exekutiven Funktionen“ belegt (Diamond 2013; Garon et al. 2008; Hartung et al. 2020; Kubesch 2016; Miyake et al. 2000; Röthlisberger et al. 2010; Zelazo und Müller 2007). Vorläuferfähigkeiten sind bereits im ersten Lebensjahr zu beobachten, z. B. in der Art wie Kinder Spielzeuge fixieren und untersuchen (Focused Attention) oder auch daran, wie schnell sie sich an einen Reiz gewöhnen und von neuen Reizen unterscheiden können (Habituations-Dishabituations-Paradigmen) (Geeraerts et al. 2019; Kavšek 2004; Kavsek und Bornstein 2010; Lawson und Ruff 2004; Petrie Thomas et al. 2012). In einem engen Wechselspiel zwischen biologischen Grundvoraussetzungen, neuronalen Reifungsprozessen (insbesondere von präfrontalen Netzwerken) und Umweltfaktoren entwickeln und spezialisieren sich diese Fähigkeiten bis hin ins Erwachsenenalter. Selbst unter typischen Bedingungen ist die Entwicklung der Selbstregulation bzw. der exekutiven Funktionen ein hoch komplexer Vorgang, der für vorübergehende oder langfristige Probleme anfällig ist. Wenn jedoch – wie nach einer Frühgeburt – eine besondere biologische Ausgangsbedingung vorliegt, ist das Risiko für eine problematische Entwicklung der Selbstregulation umso höher (Montagna und Nosarti 2016). Dieser wissenschaftlich vielfach belegte Umstand begegnete uns auch in der langjährigen klinischen Arbeit mit Risikokindern. Spätestens seitdem in Deutschland regelhaft für sehr unreif geborene Kinder im Alter von korrigiert 24 Monaten eine entwicklungsneurologische Nachsorge vorgesehen ist (AWMF 2019), sind Fachpersonen mit den Fragen von Familien konfrontiert, wie sie ihre gerade zweijährigen frühgeborenen Kinder in diesem Bereich gut unterstützen können. Falls bereits deutliche Störungen erkennbar sind, können psychotherapeutische Angebote wie Eltern-Kind-Sprechstunden oder Spezialsprechstunden für Regulationsstörungen empfohlen werden. Eine präventive Intervention, die zudem nicht nur für die einzelne Familie, sondern für eine Gruppe konzipiert ist, lag jedoch für diese Altersgruppe bisher nicht vor. Gleichzeitig sind aus anderen Kontexten der hohe Nutzen und die Wirksamkeit von präventiven Gruppenansätzen bestens bekannt.
3 1 Einleitung
Das vorliegende Manual trägt dazu bei, diese Lücke zu schließen. Es ist das Ergebnis eines mehrjährigen intensiven Prozesses, an dem viele Personen mitgewirkt haben. Als Ausgangspunkt konnten wir an Vorarbeiten der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Silke Hertel zu einem Elterntraining für Kleinkinder (FILU – Feinfühlige Interaktionsgestaltung und Gestaltung von Lernumgebungen im Elternhaus) anknüpfen (Hertel et al. 2014). Die Entwicklung des Programms für Eltern von zwei- bis dreijährigen Kindern mit dem Schwerpunkt Frühgeburt nahm seinen Ursprung in einer gemeinsamen Idee von Prof. Dr. Silke Hertel (Institut für Bildungswissenschaft, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) und Prof. Dr. Gitta Reuner (damals Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinik Heidelberg). Die Arbeitsgruppe, die sich daraus entwickelte, arbeitete mehrere Jahre kooperativ an beiden Standorten intensiv an der Entwicklung und Evaluation des Programms. Von den intensiven Diskussionen mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Fachdisziplinen (Pädagogik, Psychologie, Ergotherapie, Medizin und einige mehr) haben wir sehr profitiert. Allen Familien, die an den Kursen während der Evaluations-Studie teilnahmen, danken wir herzlich für ihre Unterstützung, Zeit und die vielen Vorschläge und Rückmeldungen. Sie haben ganz wesentlich zur Gestalt des Elternprogrammes beigetragen. Für die ansprechende Gestaltung der Illustrationen bedanken wir uns herzlich bei Katharina Staar. Unser besonderer Dank gilt der Dietmar Hopp Stiftung für ihre langjährige, äußerst großzügige Förderung und Unterstützung in allen Phasen des Projektes. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit und der Tatsache, dass in den Bereichen Psychologie, Therapie und Pädagogik sowie verwandten Arbeitsfeldern überwiegend Frauen praktizieren, wird im vorliegenden Manual die feminine Form verwendet und auf eine geschlechtsspezifische Unterscheidung verzichtet. Die verwendeten Personenbezeichnungen sind jedoch geschlechtsneutral zu betrachten. Heidelberg, September 2020. Gitta Reuner, Kim Erdmann, Verena Vetter, Michaela Schäferling und Silke Hertel (das Autorinnen-Team).
1
5
Selbstregulation Inhaltsverzeichnis 2.1 Entwicklung der Selbstregulation – 6 2.2 Rolle der Selbstregulation für Entwicklungsprozesse – 7
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_2
2
6
Kapitel 2 · Selbstregulation
2.1 Entwicklung der Selbstregulation
2
Im Alltag sind wir häufig gefordert, unsere Gefühle zu regulieren, unsere Gedanken zu steuern und unser Handeln zu kontrollieren. So müssen wir in der Lage sein, eigene Ängste oder Aggressionen zu beherrschen, Probleme gründlich zu durchdenken, unsere Bedürfnisse aufzuschieben oder uns zu motivieren, unleidige Aufgaben anzugehen. Vorläuferfähigkeiten dieser komplexen sogenannten Exekutiven Funktionen sind bereits im ersten Lebensjahr zu beobachten und entwickeln sich über die Kindheit und Jugend bis ins Erwachsenenalter in engem Wechselspiel mit der neuronalen Reifung, insbesondere von präfrontalen kortikalen Netzwerken (Anderson et al. 2010; Gao et al. 2017; Gogtay et al. 2004). Zur Regulation von kognitiven und emotionalen Prozessen lassen sich im Verlauf Spezialisierungen von kortikalen Netzwerken ausmachen, je nachdem ob eher kognitive (kalte) oder eher emotionale (heiße) Regulation erforderlich ist. Dementsprechend unterscheiden einige Autoren zwischen „heißer Selbstregulation“, die vorwiegend mit der Aktivierung ventraler präfrontaler Areale verbunden ist, während bei der „kalten Selbstregulation“ von Denkprozessen eher dorso-laterale Areale aktiviert sind (Kubesch 2016; Montroy et al. 2019; O’Toole et al. 2019; Peterson und Welsh 2014; Zelazo und Carlson 2012; Zelazo und Cunningham 2007). Die Fähigkeit zur Selbstregulation hat somit ihre Ursprünge in der frühen Kindheit und entwickelt sich bis in die Adoleszenz und das junge Erwachsenenalter hinein weiter. Die enorme Entwicklung der Selbstregulation in der frühen Kindheit vollzieht sich dabei in engem Wechselspiel mit biologischen Reifungsprozessen neuronaler Strukturen, insbesondere im präfrontalen Kortex, als auch mit Umweltfaktoren, wie dem elterlichen Unterstützungsverhalten (Fay-Stammbach et al. 2014; Langner et al. 2018; Valcan et al. 2017). Aus entwicklungspsychologischer Perspektive wird davon ausgegangen, dass Eltern eine co-regulative Funktion einnehmen und das Kind im Übergang von externaler Regulation durch die Bezugsperson hin zu einer vermehrt internalen Selbstregulation durch das Kind unterstützen. Co-Regulation findet dabei sowohl im emotionalen (z. B. Umgang mit Frustration, Ärger) als auch kognitiven Bereich (z. B. Lenkung der Aufmerksamkeit, Problemlösen) statt. Eine Vielzahl an Forschungsbefunden deuten auf den positiven Einfluss eines feinfühligen Verhaltens der Eltern für die Entwicklung der Selbstregulation in der frühen Kindheit hin. Neuere Studien heben zudem das elterliche Scaffolding-Verhalten (aus dem Englischen = Gerüstbau), d. h. die angemessene Unterstützung bei der Bewältigung herausfordernder Aufgaben, als positiven Prädiktor für Selbstregulationsfähigkeiten in der frühen Kindheit hervor (Bernier et al. 2012; Bernier et al. 2010; Blair et al. 2011; Bridgett et al. 2018; Demetriou 2000; Eisenberg et al. 2011; Hammond et al. 2012; Hughes und Devine 2019; Kopp 1982; Valcan et al. 2017).
7 2.2 · Rolle der Selbstregulation für Entwicklungsprozesse
2.2 Rolle der Selbstregulation für Entwicklungsprozesse
Aktuelle Studien widmen sich vor allem der Bedeutung von selbstregulatorischen Fähigkeiten für unterschiedliche Lebensbereiche und Lernprozesse. So finden sich im akademischen Bereich Zusammenhänge zwischen Selbstregulationsfähigkeiten und Lernleistungen in Mathematik, im Lesen und Schreiben sowie in den Naturwissenschaften und in Sozialkunde (Blair und Razza 2007; Blair et al. 2015; Bull et al. 2008, 2011; Cantin et al. 2016; Clark Caron et al. 2012; Latzman et al. 2010; Neuenschwander et al. 2012; van der Sluis et al. 2007). Selbstregulatorische Fähigkeiten beeinflussen auch die sozial-emotionale Entwicklung. So finden sich enge Zusammenhänge mit dem sozialen Verständnis von Kindern, ihren sozial-emotionalen Kompetenzen und der Beziehungsqualität zu Gleichaltrigen (Brandstätter et al. 2018; Carlson et al. 2004; Carlson und Moses 2001; Eisenberg et al. 2007; Eisenberg et al. 2011; Holmes et al. 2016; Hughes und Ensor 2007; Mähler et al. 2017; Rhoades et al. 2009; Zorza et al. 2019). Bezogen auf die psychische Gesundheit werden geringe Selbstregulationsfähigkeiten in Zusammenhang mit dem Auftreten einer Aufmerksamkeitsdefizit- bzw. Hyperaktivitätsstörung gesehen sowie mit pathologischem externalisierendem und internalisierendem Verhalten (Espy et al. 2011; Johnson et al. 2015; Morgan et al. 2019; Wirth et al. 2015). Eine bemerkenswerte Studie – die „Dunedin Multidisciplinary Health and Development Study“ – zeigt auf, dass selbstregulatorische Fähigkeiten für viele Entwicklungsbereiche von höchster Relevanz sind. Im Rahmen dieser Studie wurden über einen Zeitraum von 32 Jahren ca. 1000 Kinder, die 1972 und 1973 in der Stadt Dunedin in Neuseeland geboren wurden, in ihrer Entwicklung begleitet. Anhand der umfangreichen längsschnittlichen Daten konnte demonstriert werden, dass diejenigen Kinder, die im Alter zwischen drei und elf Jahren besser abwarten konnten, sich nicht so leicht ablenken ließen, ausdauernder bei der Bearbeitung von Aufgaben waren und seltener impulsiv handelten, die Herausforderungen des Erwachsenwerdens besser zu meistern schienen. Sie gingen als Teenager mit größerer Wahrscheinlichkeit noch in die Schule, trafen weniger riskante Entscheidungen und griffen seltener zu Drogen und Zigaretten. Als Erwachsene verfügten sie über eine bessere körperliche wie auch geistige Gesundheit (z. B. seltener übergewichtig und weniger Fälle von Drogenmissbrauch), waren beruflich erfolgreicher, lebten in eher stabilen sozialen Netzen und wurden seltener straffällig. Auch finanziell waren sie bessergestellt als diejenigen, die sich als Kinder schlechter kontrollieren konnten. Hervorzuheben ist, dass die Selbstregulation einen größeren Einfluss auf den weiteren Lebensverlauf ausübte als der IQ, das Geschlecht und der sozio-ökonomische Hintergrund der eigenen Familie (Moffitt et al. 2011; Poulton et al. 2015).
2
9
Frühgeburt als Risiko für Entwicklungsstörungen der Selbstregulation Inhaltsverzeichnis 3.1 Rolle der Frühgeburt für die Entwicklung des Zentralen Nervensystems – 10 3.2 Besonderheiten in der Entwicklung der Selbstregulation bei Frühgeborenen – 11
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_3
3
10
3
Kapitel 3 · Frühgeburt als Risiko für Entwicklungsstörungen der Selbstregulation
Aktuell enden ungefähr 9 % aller Geburten zu früh, das heißt vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche (IQTIG 2015). Die enormen Fortschritte der medizinischen Versorgung frühgeborener Kinder haben zu einer deutlichen Verbesserung der Überlebenschancen und zur Reduktion schwerer Morbidität nach Frühgeburt geführt. Dennoch haben frühgeborene Kinder im Vergleich zu Termingeborenen ein deutlich erhöhtes Risiko für spezifische und globale Entwicklungsstörungen (Aarnoudse-Moens et al. 2009; Anderson 2014; Johnson und Marlow 2017; Matheson et al. 2017; Mendonça et al. 2019; Montagna und Nosarti 2016; Pascal et al. 2018; Wolke und Jaekel 2016). 3.1 Rolle der Frühgeburt für die Entwicklung des Zentralen
Nervensystems Abgesehen von manifesten Hirnschädigungen (z. B. Hirnblutung), die im Kontext der Frühgeburt auftreten, gilt die abrupte Unterbrechung der normalen Hirnreifung durch die zu frühe Geburt als eine Hauptursache für Entwicklungsstörungen. Im zweiten und dritten Drittel der Schwangerschaft, also in dem Zeitraum, in welchem Frühgeborene auf die Welt kommen, finden wichtige zytoarchitektonische Entwicklungen statt. Durch Migration bilden sich Neuronenschichten, welche später die graue Substanz des Kortex bilden. Die Organisation des Kortex findet in verschiedenen Schritten statt und umfasst die Ausbildung und Differenzierung von Neuronen, dendritischen und axonalen Verzweigungen, Synaptogenese, selektive Rückbildung von Neuronen und Synapsen sowie die Proliferation und Differenzierung von Gliazellen (weiße Substanz). Bildgebungsstudien belegen Veränderungen in der Hirnreifung nach Frühgeburt, die wiederum in Zusammenhang mit verschiedenen Beeinträchtigungen kognitiver Prozesse stehen (Ball et al. 2015; de Graaf-Peters und Hadders-Algra 2006; Miller und Ferriero 2009; Montagna und Nosarti 2016; Thayyil et al. 2010; Tusor et al. 2014). Frühgeburt macht häufig eine langwierige und umfangreiche intensivmedizinische Versorgung in spezialisierten Perinatalzentren und FrühgeborenenIntensivstationen erforderlich. Schmerz- und Stresserfahrungen, die mit den medizinisch erforderlichen Prozeduren verbunden sind, wirken bei frühgeborenen Kindern auf ein sich in Entwicklung befindliches und vulnerables zentrales Nervensystem ein. Die Reize, die Frühgeborene in dieser Zeit verarbeiten müssen, unterscheiden sich nicht nur in der Quantität, sondern auch in der Qualität des sensorischen Inputs, den ein ungeborenes Kind in diesem Gestationsalter normalerweise im Uterus erfährt. Inzwischen widmen sich zahlreiche Studien den kurz- und langfristigen Auswirkungen der Schmerz- und Stresserfahrungen bei Frühgeborenen. Empirisch belegt sind gesteigerte affektive Antworten auf Schmerz, Einschränkungen in kognitiver und Verhaltensentwicklung mit vermehrter Hyperaktivität, erhöhte Vulnerabilität für Stress und eine verminderte Schmerzempfindlichkeit (Blackburn 1998; Grunau 2013; Provenzi et al. 2015; Ranger et al. 2014; Santos et al. 2015; Walker 2019).
11 3.2 · Besonderheiten in der Entwicklung der Selbstregulation bei Frühgeborenen
3.2 Besonderheiten in der Entwicklung der Selbstregulation bei
Frühgeborenen Vom Säuglingsalter an lassen sich Unterschiede in der Entwicklung der Selbstregulation zwischen Früh- und Reifgeborenen finden. Bereits im ersten Lebensjahr zeigen frühgeborene Säuglinge geringere Aufmerksamkeitsleistungen als Reifgeborene, wenn man ihre Aufmerksamkeitsfokussierung z. B. mithilfe von Blickanalysen untersucht. In solchen Untersuchungen fokussieren frühgeborene Säuglinge Spielzeuge weniger intensiv und mit unreiferen Verhaltensweisen als altersgleiche reifgeborene Säuglinge (de Jong et al. 2015; Reuner et al. 2014). Es ist anzunehmen, dass diese frühen spezifischen Aufmerksamkeitsfunktionen, die unter dem Begriff der fokussierten Aufmerksamkeit als wichtige Vorläufer späterer exekutiver Funktionen diskutiert werden, den Zusammenhang zwischen Unreife bei Geburt und späteren kognitiven Fähigkeiten vermitteln. Unterschiede in selbstregulatorischen Kompetenzen zwischen Früh- und Reifgeborenen zeigen sich auch im Kleinkindalter. In Untersuchungen mit Verhaltensbatterien zur sogenannten Effortful Control zeigen extrem Frühgeborene z. B. deutlich geringere Selbstregulationskompetenzen als eine reifgeborene Kontrollgruppe. Studien zur Selbstregulation im Kleinkindalter unterstützen Annahmen, dass diese neonatalen Stress- und Schmerzerfahrungen zusätzlich zu Elternstress und zu sozio-ökonomischen Aspekten einen Einfluss auf die Entwicklung selbstregulatorischer Kompetenzen haben. Die wichtige vermittelnde Funktion von Selbstregulationskompetenzen für den Zusammenhang von Frühgeburt und kognitiver Leistung konnte auch in diesem Alter dargelegt werden (Voigt et al. 2012, 2013). Elterliche Belastung in Erziehungssituationen (Parenting Stress) gilt generell als wichtiger Risikofaktor für ein dysfunktionales Erziehungsverhalten. Andererseits wurden sowohl im Tiermodell als auch in Studien an Frühgeborenen Hinweise gefunden, dass ein positives Erziehungsverhalten die negativen Auswirkungen von Stress und Schmerz evtl. abmildern kann. Mit Hinblick auf die kognitive Entwicklung zeigen verschiedene Studien mit frühgeborenen Kindern einen puffernden Effekt von positiver Eltern-Kind-Interaktion und geringem Erziehungsstress auf die negativen Auswirkungen von Frühgeburtlichkeit. Auch in eigenen Untersuchungen erwies sich hoher Elternstress im ersten Lebensjahr als Prädiktor der kindlichen Selbstregulation im Alter von zwei Jahren (Camerota et al. 2015; Filippa et al. 2019; Grunau et al. 2009; Kommers et al. 2016; Treyvaud et al. 2016; Tu et al. 2007; Voigt et al. 2013; Walker et al. 2008; Witting et al. 2019). Alle Eltern stehen vor der Herausforderung, ihrem Kind Freiräume zu geben, aber auch feinfühlig Grenzen zu setzen und die kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes zu fördern. Dies kann für Eltern von Frühgeborenen eine besondere Schwierigkeit darstellen. Sie sind bereits von Geburt starkem Stress und einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt und berichten selbst Jahre später bedeutsam mehr klinisch signifikante psychische Beschwerden als Eltern reifgeborener Kinder. Die psychische Belastung der Eltern weist einen negativen Zusammenhang mit der Selbstregulationsfähigkeit ihres Kindes auf. Zurückzuführen ist dieser Zusammenhang möglicherweise auf das Verhalten der Eltern: Es ist anzunehmen, dass psychisch belastete oder starkem Stress ausgesetzte Eltern weniger effektives Scaffolding-Verhalten zeigen und in der Interaktion mit dem
3
12
3
Kapitel 3 · Frühgeburt als Risiko für Entwicklungsstörungen der Selbstregulation
Kind weniger feinfühlig sind (Choe et al. 2013; Hoffman et al. 2006; Treyvaud et al. 2010, 2014). Bei Familien mit frühgeborenen Kindern wirken also vermutlich verschiedene psychologische und biologische Faktoren auf Seiten der Eltern und Kinder zusammen: Stark kontrollierende Verhaltensmuster der Eltern, die aus besonderen Erfahrungen in der Neugeborenenperiode resultieren können, sind zusammen mit biologischen Faktoren, wie der Unreife des Gehirns der Frühgeborenen, Prädiktoren für die selbstregulatorischen Probleme frühgeborener Kinder (Clark et al. 2008; Zvara et al. 2019). Angesichts der hohen Prävalenz von Frühgeburtlichkeit erscheint es folglich nicht nur grundlagenwissenschaftlich, sondern auch gesellschafts- und gesundheitspolitisch von hoher Relevanz, Ansätze zur Unterstützung der Selbstregulation für diese Risikogruppe zu etablieren.
13
Elterntrainings in der Präventionsarbeit Inhaltsverzeichnis 4.1 Elterliche Feinfühligkeit und Scaffolding – 14
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_4
4
14
4
Kapitel 4 · Elterntrainings in der Präventionsarbeit
Angesichts der hohen Kosten, die mit den Entwicklungsrisiken Frühgeborener zusammenhängen, und den deutlich erhöhten elterlichen Belastungen wurden verschiedene präventive Ansätze verfolgt, um die Entwicklungschancen von Frühgeborenen zu unterstützen (Frey und Klebanoff 2016; Petrou et al. 2011). Elternzentrierten Interventionen kommt dabei eine entscheidende Rolle zu, gerade unter der Annahme, dass diese Unterstützungsangebote sich günstig auf die Interaktion zwischen Eltern und Kind auswirken und eine günstige Interaktion (im Sinne einer förderlichen Umgebung) wiederum die kindliche Entwicklung unterstützt (Bronfenbrenner und Morris 2006; Colditz et al. 2015; Herd et al. 2014; Kaiser 2020; Welch und Myers 2016). Einige dieser Programme adressieren die Eltern bereits während des Aufenthaltes auf einer perinatalen Intensivstation und unmittelbar nach der Entlassung (Spittle et al. 2009; Spittle et al. 2015; Welch et al. 2015). Mehrere Programme richten sich an Eltern mit Kindern im ersten Lebensjahr (für einen Überblick siehe Benzies et al. 2013). Übergeordnet zielen elternzentrierte Interventionen auf eine psychosoziale Unterstützung der Eltern, d. h. auf die Reduktion von Stress-, Angst- und Depressionssymptomen, ab. Gleichzeitig sollen Selbstwirksamkeitserleben, Sensitivität und Responsivität in der Interaktion mit dem Kind gefördert werden. Diese Ziele werden zum Teil mit unterschiedlichen Strategien verfolgt, in der Regel jedoch in einer Kombination aus psychosozialer Unterstützung und aus psychoedukativen Elementen für die Eltern und ggf. ergänzt um konkrete Entwicklungsförderung für das Kind. Hinsichtlich der Förderung der exekutiven Funktionen und Selbstregulation wurden in den letzten Jahren vor allem im angloamerikanischen Raum mehrere Programme für Kindergärten und Schulen entwickelt, z. B. Tools of the Mind (Bodrova und Leong 2007) oder MindUP™ (Thierry et al. 2016). In Deutschland existiert für Kindergärten z. B. das Programm EMIL – Emotionen regulieren lernen, welches die Förderung der Emotionsregulation fokussiert und somit eine Stärkung sozial-emotionaler Kompetenzen von Kindergartenkindern beabsichtigt (Baden-Württemberg Stiftung 2016). Für eine detaillierte Übersicht bestehender Programme siehe Eberhard (2016). Elternzentrierte Interventionen für Eltern frühgeborener Kinder, besonders mit Fokus auf die Förderung der Selbstregulation für Kinder im U3-Bereich, existieren in Deutschland jedoch noch nicht, so dass das Programm EL-KIDS eine wichtige Ergänzung für diese Zielgruppe darstellt. 4.1 Elterliche Feinfühligkeit und Scaffolding
Feinfühliges Elternverhalten, welches sich durch die unbedingte Wertschätzung und Akzeptanz der kindlichen Bedürfnisse und Interessen, sowie die angemessene Reaktion auf kindliche Signale auszeichnet, wird als protektiver Faktor für die Entwicklung frühgeborener Kinder angesehen. Es wird angenommen, dass feinfühliges Verhalten insbesondere die kindliche Emotionsregulation und den Umgang mit Stress begünstigt, da die Kinder die Erfahrung machen, ihre soziale Umgebung beeinflussen zu können. Hierdurch wird ihr Selbstvertrauen in die eigenen regulatorischen Fähigkeiten gestärkt (Bernier et al. 2012; Frick et al. 2018; Jaekel et al. 2015; Landry et al. 2006; Merz et al. 2016; Ravn et al. 2011; Treyvaud et al. 2016; Wolke et al. 2013).
15 4.1 · Elterliche Feinfühligkeit und Scaffolding
Neuere Studien weisen darauf hin, dass frühgeborene Kinder bei wenig feinfühligem Elternverhalten eher mit Problemverhalten reagieren, gleichzeitig jedoch auch stärker von einem positiven und feinfühligen Elternverhalten profitieren (Camerota et al. 2015; Jaekel et al. 2012; Landry et al. 1997; Shah et al. 2013). Neben einem feinfühligen Umgang hat auch das elterliche Unterstützungsverhalten, „Scaffolding“ genannt, einen positiven Einfluss auf die kindliche Entwicklung. Elterliches Scaffolding ist gekennzeichnet durch die altersangemessene und kontingente Anpassung der Hilfestellung, das Ausblenden der Unterstützung und das Übertragen von Verantwortung, um so den Lernprozess des Kindes zu fördern. So können Eltern Fragen stellen, Hinweise, Anleitungen oder Rückmeldungen geben, und auch Transfer anregen, um das Kind bei der Bearbeitung einer herausfordernden Aufgabe zu unterstützen (Mermelshtine 2017; Pino-Pasternak und Whitebread 2010; van de Pol et al. 2010). Im Einklang mit sozio-kulturellen Entwicklungstheorien (z. B. Vygotsky 1978) wird davon ausgegangen, dass das elterliche Scaffolding das Kind befähigt, die von den Eltern vermittelten Strategien zu internalisieren und hierdurch Probleme zu lösen, Aufgaben zu bearbeiten oder Ziele zu erreichen, die es ohne diese Hilfestellung nicht hätte bewerkstelligen können (Wood et al. 1976, S. 90). Dass sich das elterliche Scaffolding günstig auf die Selbstregulationsfähigkeit vom Kleinkind- bis ins Schulalter auswirkt, ist bestens belegt. Bemerkenswert starke Zusammenhänge zeigen sich in der frühen Kindheit, weshalb dieser Zeitraum für Präventionsprogramme besonders günstig erscheint (Bernier et al. 2010; Hammond et al. 2012; Hughes und Ensor 2009; Lowe et al. 2014; Marciszko et al. 2019; Neale und Whitebread 2019; Valcan et al. 2017). Auch in der Gruppe der frühgeborenen Kinder lässt sich der Einfluss des elterlichen Scaffoldings auf die verbale Arbeitsgedächtnisleistung, auf die kognitiven Fähigkeiten und Emotionsregulation im Kleinkindalter, auf die verbalen und nonverbalen kognitiven Fähigkeiten bei Vorschulkindern und auf die Lese-Verständnis-Fähigkeiten im Schulalter nachweisen (Dilworth-Bart et al. 2010; Erickson et al. 2013; Lowe et al. 2014; Lowe et al. 2013; Murray und Hornbaker 1997; Smith et al. 2000). Der Zusammenhang zwischen elterlichem Scaffolding und kindlicher Selbstregulation wird einigen Studien zufolge insbesondere durch sprachliche Fähigkeiten und durch Problemlösefähigkeiten vermittelt (Dieterich et al. 2006; Landry et al. 2002). Angesichts der bedeutsamen Zusammenhänge eines feinfühligen Elternverhaltens sowie elterlichen Scaffoldings mit der Entwicklung der kindlichen Selbstregulation, erscheinen präventive Programme, die auf die Förderung dieser Elternkompetenzen abzielen, vielversprechend, um einer ungünstigen Entwicklung der Selbstregulation frühzeitig entgegenzuwirken.
4
17
Konzeption des Elterntrainings Inhaltsverzeichnis 5.1 Ziele – 18 5.2 Zielgruppe – 19 5.3 Zeitumfang – 19 5.4 Gruppenzusammensetzung – 19 5.5 Materielle Voraussetzungen – 19 5.6 Trainingsleitung – 20 5.7 Vorbereitung – 21
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_5
5
18
5
Kapitel 5 · Konzeption des Elterntrainings
Das vorliegende Elterntraining stellt eine Weiterentwicklung des Programms „FILU – Feinfühlige Interaktionsgestaltung und Gestaltung von Lernumgebungen im Elternhaus“ dar und wurde mit Hinblick auf die speziellen Bedürfnisse von Eltern mit frühgeborenen Kindern weiterentwickelt (FILU-F) und evaluiert1. Im Mittelpunkt stehen die Förderung einer feinfühligen Eltern-Kind-Interaktion und die Vermittlung von Unterstützungsstrategien im Elternhaus. Es handelt sich um ein präventives, psychoedukatives Programm, mit dem Eltern bei der Förderung der Selbstregulation ihrer Kinder unterstützt werden können. Da das Risiko für Störungen der Selbstregulation bei frühgeborenen Kindern deutlich erhöht ist, ist ein entsprechendes Angebot für Eltern dieser Kindergruppe von besonderer Relevanz. 5.1 Ziele
Das Elterntraining zielt auf die Vermittlung von Unterstützungsstrategien ab, die Eltern zu einem feinfühligen, kognitiv-anregenden und stressfreien Umgang mit dem Kind in alltäglichen Situationen anregen. Ein besonderes Anliegen ist es, die Entwicklung selbstregulatorischer Fähigkeiten von früh- und reifgeborenen Kindern zu unterstützen und etwaigen Schwierigkeiten frühzeitig entgegenzuwirken. Konkret stehen folgende Ziele auf Elternebene im Fokus: 5 Stärkung der (selbst wahrgenommenen) co-regulatorischen Kompetenz der Eltern 5 Reflexion des bisherigen Unterstützungsverhaltens („Co-Regulation“, „Feinfühligkeit“, „Scaffolding“) 5 Anregung einer feinfühligen, unterstützenden und stressfreien Umgebung im Familienalltag 5 Sensibilisierung für die Signale und Fähigkeiten des Kindes 5 Sensible Anpassung des Unterstützungsangebots an die selbstregulatorischen, kognitiven und emotionalen Fähigkeiten des Kindes 5 Einsatz von Unterstützungsstrategien 5 Abbau stressfördernder Gedanken und Verhaltensweisen 5 Transfer der Strategien in den Alltag mit dem Kind Die Teilnahme an dem Elterntraining kann Eltern dazu bewegen, ihr eigenes Co-Regulationsverhalten zu reflektieren (u. a. durch den regelmäßigen Austausch in der Gruppe) und fördert die Motivation, die erlernten Strategien in ihren Alltag zu integrieren und dort umzusetzen (u. a. durch regelmäßige Übungsaufträge). Durch das Elterntraining werden die Eltern zudem angeregt, den individuellen Entwicklungsstand des eigenen Kindes genauer zu betrachten sowie ggf. übersteigerte Erwartungen an das Kind zu korrigieren, wodurch eine positive Eltern-Kind-Beziehung gestärkt und Konfliktsituationen im Alltag reduziert werden können.
1 Das Programm FILU-F („F“ für Frühgeborenen-Modul) wurde von 2015 bis 2018 in einem gemeinsamen Projekt des Instituts für Bildungswissenschaft, Universität Heidelberg und des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Heidenberg konzipiert und evaluiert. Detaillierte Informationen zur Studie und Ergebnisse finden Sie in 7 Kap. 6 Evaluation.
19 5.5 · Materielle Voraussetzungen
5.2 Zielgruppe
Als primäre Zielgruppe für das Elterntraining EL-KIDS gelten Eltern, bzw. die primären Bezugspersonen von Kindern im Altersbereich von zwei bis drei Jahren. Eltern von früh- und reifgeborenen Kindern können gemeinsam in einer Trainingsgruppe teilnehmen. Das Elterntraining ist ebenso für Familien geeignet, deren Kinder erste Ansätze von Regulationsschwierigkeiten zeigen, wie auch für Familien, deren Kinder ein erhöhtes Risiko aufweisen, Regulationsprobleme zu entwickeln (z. B. ADHS in der Familie). Weniger geeignet ist es für Eltern, deren Kinder kongenitale Syndrome, schwere neurologische oder bedeutsame Hör- bzw. Sehstörungen aufweisen, da die speziellen Bedürfnisse dieser Familien in diesem Elterntraining nicht aufgegriffen werden können. Der Altersbereich von zwei bis drei Jahren ergibt sich aus der Tatsache, dass dies ein Zeitraum ist, in dem sich die Selbstregulation der Kinder rasant entwickelt und das Co-Regulationsverhalten der Eltern eine bedeutsame Rolle spielt. Bislang existierte kein präventives Angebot zur elternzentrierten Förderung der Selbstregulation für diesen Altersbereich. 5.3 Zeitumfang
Das Elterntraining besteht aus insgesamt acht Sitzungen von je 120 min Dauer. Während die Durchführung der ersten sechs Sitzungen zu den Themen Entwicklung der Selbstregulation, sowie kognitive und emotionale Unterstützungsstrategien obligatorisch ist, stellen die letzten zwei Sitzungen zum Thema „Stress im Erziehungsalltag“ ein optionales Angebot dar. Die Sitzungen sollten optimalerweise im wöchentlichen Rhythmus stattfinden, sodass die Teilnehmerinnen zwischen den Sitzungen genügend Zeit zum Ausprobieren der neu erlernten Strategien haben. 5.4 Gruppenzusammensetzung
Das Elterntraining EL-KIDS ist für eine Gruppengröße von maximal 12 Teilnehmerinnen konzipiert. Es können sowohl Elternpaare als auch Einzelpersonen daran teilnehmen. Eltern von früh- und reifgeborenen Kindern können gemeinsam in einer Gruppe angeleitet werden. 5.5 Materielle Voraussetzungen
Das Elterntraining EL-KIDS kann in verschiedenen Settings durchgeführt werden und an die gegebenen Bedingungen vor Ort in nahezu jeder Einrichtung problemlos angepasst werden. Es wird davon ausgegangen, dass die benötigte allgemeine Ausstattung (siehe Aufzählung) heutzutage in den meisten Institutionen vor Ort vorzufinden ist.
5
20
Kapitel 5 · Konzeption des Elterntrainings
Allgemein benötigt werden: 5 ein Flipchart 5 eine Metaplanwand oder Whiteboard 5 ein Laptop/PC mit Präsentationsprogramm PowerPoint 5 ein Beamer 5 ausreichend Tische und Stühle
5
Zudem werden folgende Arbeitsmaterialien für die Trainingsdurchführung benötigt: 5 Manual für die einzelnen Sitzungen mit Instruktionen für die Trainerin (ab 7 Abschn. 7.2) 5 PPT-Folien (bei Manual-Erwerb online erhältlich) 5 Arbeitsblätter für die Eltern (Kopiervorlagen im Anhang sowie als PDF-Datei zum Download verfügbar) Folgende Materialien haben sich zusätzlich als besonders nützlich erwiesen: 5 Namensschilder 5 Flipchart-Papier 5 Büromaterialien: Reißzwecken oder Klebeband, Flipchart-Marker, ausreichend dicke Filzstifte und Kugelschreiber für die Teilnehmerinnen 5 Farbige Moderationskärtchen 5 Große Auswahl an Spielen, die für Kinder im Alter von zwei bis fünf Jahren geeignet sind (z. B. Puzzle, Holzbausteine, Memory, Stofftiere, Holzeisenbahn, Bücher) 5.6 Trainingsleitung
Das Elterntraining kann von Pädagoginnen und Pädagogen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, von Ärztinnen und Ärzten sowie von Fachleuten aus verwandten Berufsgruppen durchgeführt werden, sofern sie über Erfahrung in der Diagnostik, Beratung und/oder Therapie bei Kindern dieser Altersgruppe verfügen und sich mit dem Trainingsprogramm intensiv vertraut gemacht haben. Neben dem Eigenstudium gibt es die Möglichkeit, eine Train-the-Trainer Fortbildung zur Erarbeitung des Trainingsprogramms zu besuchen (Kontaktdaten hierzu finden Sie am Ende des Buches). Optimaler Weise wird das Elterntraining von zwei Trainerinnen durchgeführt, die sich in Anlehnung an die Sequenzpläne (siehe Anhang) die unterschiedlichen Aufgaben der Durchführung als Team aufteilen sollten (z. B. Moderation, Zeitmanagement, Flipchart-Notizen, etc.). Sollten keine zwei Trainerinnen zur Verfügung stehen oder besitzt eine Trainerin langjährige Erfahrung mit der Zielgruppe und der Moderation von Gruppen, kann das Elterntraining auch von einer Person durchgeführt werden.
21 5.7 · Vorbereitung
5.7 Vorbereitung
Eine gute Vorbereitung leistet einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Elterntrainings. Diese beinhaltet auch, die Eltern im Vorfeld umfassend über das Elterntraining zu informieren und Rahmenbedingungen und Inhalte transparent zu machen, beispielsweise anhand eines Informationsblattes, eines Flyers oder eines Vorgesprächs. Es hat sich bewährt, vorab folgende Punkte mit den Eltern zu besprechen: 5 Rahmenbedingungen und Trainingsinhalte Teilen Sie den Eltern vorab die Anzahl, Länge und Termine der Sitzungen, sowie die Gruppengröße mit. Zudem sollten die Eltern einen kurzen Einblick in die Inhalte des Elterntrainings erhalten (Entwicklung der Selbstregulation; Kennenlernen und Reflektieren von Strategien zur Unterstützung der Selbstregulation des Kindes und zur Stressbewältigung im Alltag; Umgang mit Gefühlen des Kindes; Grenzen setzen; Anpassung der Unterstützung). Sie können auch das methodische Vorgehen (Üben in Kleingruppen, Fallbeispiele, Rollenspiele, Diskussion, Hausaufgaben) kurz erläutern. 5 Regelmäßige Teilnahme Besprechen Sie mit den Eltern, dass eine regelmäßige Teilnahme wichtig und wünschenswert ist. In der praktischen Durchführung hat sich diesbezüglich als hilfreich erwiesen, eine Kinderbetreuung (wenn auch nur an vereinzelten Terminen z. B. durch eine Praktikantin) während der Kurszeiten anzubieten. Dadurch konnte in vielen Fällen den Eltern eine vollständige Teilnahme ermöglicht werden. Jüngere Geschwisterkinder (unter einem Jahr) konnten oftmals auch in den Sitzungen mit dabei sein, der Ablauf wurde dadurch nicht gestört. Ausführliche Informationen zur Durchführung finden Sie in 7 Kap. 7.
5
23
Evaluation des Elterntrainings Inhaltsverzeichnis 6.1 Studiendesign – 24 6.2 Stichprobe – 24 6.3 Studienablauf – 25 6.4 Ergebnisse – 27 6.5 Einordnung der Ergebnisse – 27
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_6
6
24
Kapitel 6 · Evaluation des Elterntrainings
6.1 Studiendesign
6
Im Rahmen einer quasi-experimentellen Interventionsstudie mit einem Prä-PostTest-Design und einer Folgeerhebung nach 3 Monaten wurden die Wirksamkeit und Akzeptanz der Elternkurse auf Eltern- und Kind-Ebene anhand eines multi-methodalen Ansatzes überprüft. Die Datenerhebung erfolgte von Oktober 2015 bis September 2018 in Heidelberg. Es wurden drei verschiedene Kurse angeboten, die unterschiedliche Schwerpunkte setzten: In der Basisversion des Kursangebotes wurde mit den Eltern die Rolle der Selbstregulation sowie verschiedene Unterstützungsstrategien erarbeitet, mit deren Hilfe sie die Selbstregulation ihres Kindes unterstützen können (Fragen stellen, Hinweise geben, Anleiten, Rückmelden, Erklären, Transfer anregen). Eine erweiterte Fassung des Kursangebotes setzte darüber hinaus einen Schwerpunkt auf den feinfühligen Umgang mit kindlichen Gefühlen (Signale wahrnehmen, Gefühle benennen, Umgang mit Angst). In der dritten Kursvariante standen Strategien zur Stressbewältigung im Erziehungsalltag im Mittelpunkt (Stress- und Zeitmanagement, förderliche Gedanken), da aktuelle Forschungsbefunde darauf hinweisen, dass elterlicher Stress sich ungünstig auf die kindliche Entwicklung der Selbstregulation auswirken kann. Die Zuteilung der Eltern zu den Varianten der Elternkurse erfolgte zufällig. Alle drei Kursversionen umfassten vier Sitzungen á drei Stunden, die in einem wöchentlichen Rhythmus durchgeführt wurden. Die Gruppengröße betrug maximal 12 Personen pro Kurs. Die Ergebnisse der Trainingsevaluation wurden bereits in mehreren Fachartikeln publiziert und werden im Folgenden kurz zusammengefasst (Gärtner et al. 2018a, b; Stern et al. 2018). 6.2 Stichprobe
An der Studie nahmen insgesamt 148 Eltern mit ihren Kindern aus dem Großraum Rhein-Neckar teil (83.8 % Mütter). Von den teilnehmenden Kindern waren 58 Kinder frühgeboren und 99 Kinder reifgeboren1. Die frühgeborenen Kinder waren im Durchschnitt 27.44 Monate alt (SD = 3.51; korrigiertes Alter) und ihr Geschlecht ausgeglichen verteilt (53.4 % Jungen). Das mittlere Gestationsalter betrug 30.36 Schwangerschaftswochen (SD = 3.65) und das durchschnittliche Geburtsgewicht 1454 g (SD = 659.67). Die reifgeborenen Kinder waren im Durchschnitt 27.43 Monate alt (SD = 3.25) und zu 60.6 % Jungen. Sie wurden um die 39. Schwangerschaftswoche (M = 39.4, SD = 1.30) mit einem mittleren Geburtsgewicht von 3378 g (SD = 484.56) geboren.
1 Manche Eltern hatten Zwillinge und nahmen mit beiden Kindern an der Studie teil. Daher weicht die Anzahl der Eltern und Kindern leicht voneinander ab.
25 6.3 ·Studienablauf
Der durchschnittliche kognitive Entwicklungsstand der Kinder (erfasst mit der kognitiven Skala der Bayley-III; Reuner und Rosenkranz, 2014) lag im Normbereich, wobei die Gruppe der Reifgeborenen im Durchschnitt höhere Werte erzielte (M = 99.75, SD = 13.60), als die Gruppe der frühgeborenen Kinder (M = 95.10, SD = 16.40). Kinder mit kongenitalen, schweren neurologischen oder bedeutsamen Hör- bzw. Sehstörungen wurden von der Studienteilnahme ausgeschlossen. Die Eltern waren zum Zeitpunkte der Studie im Mittel 36.36 Jahre alt (SD = 4.95), wobei die Eltern der frühgeborenen Kinder im Durchschnitt älter waren (M = 37.92, SD = 5.42) als die Eltern der reifgeborenen Kinder (M = 35.56, SD = 4.52). Der sozioökonomische Status der teilnehmenden Familien war im Durchschnitt hoch: ca. 78 % der Familien mit früh- und reifgeborenen Kindern wurden nach dem Winkler-Index der Oberschicht zugeordnet (Winkler und Stolzenberg 2009). 6.3 Studienablauf
Im Vorfeld der Elternkurse wurden zahlreiche Informationen zu Verhalten und Selbstregulation der Kinder sowie Elternstress, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Vorwissen der teilnehmenden Elternteile mithilfe von standardisierten und selbstkonstruierten qualitativen Fragebögen erhoben. Zwei Wochen vor Beginn der ersten Kurssitzung fand eine umfangreiche Vorerhebung statt. Hier wurde der Entwicklungsstand des Kindes mithilfe eines Entwicklungstests untersucht. Zudem wurde die Eltern-Kind-Interaktion im freien Spiel und während der Bearbeitung von zwei Problemlöseaufgaben mit unterschiedlicher Schwierigkeit videografiert und analysiert. Die Selbstregulationsfähigkeiten der Kinder wurden schlussendlich mit einer Belohnungsaufschub-Aufgabe („Snack Delay“) und einer Go-NoGo-Aufgabe („Sun Moon“) untersucht. Im Anschluss an die letzte Kurssitzung füllten die Eltern erneut einige Fragebögen aus und beantworteten Fragen bezüglich ihrer Selbstwirksamkeitserwartungen und Überzeugungen, sowie zur Bewertung des Kurses. In . Tab. 6.1 werden alle verwendeten Instrumente ausführlich dargestellt. Zwei bis drei Wochen nach der letzten Kurssitzung fand eine Nachuntersuchung gemeinsam mit dem Kind statt. Hier wurde erneut die Eltern-Kind-Interaktion im freien Spiel und während der Bearbeitung von zwei Problemlöseaufgaben (moderate und schwierige Aufgabe) beobachtet und per Videokamera aufgezeichnet. Außerdem bearbeiteten die Kinder die beiden Aufgaben zur Erfassung der Selbstregulation („Snack Delay“ und „Sun Moon“). Drei Monate nach der letzten Kurssitzung wurden den Eltern erneut einige Fragebögen zur Beantwortung zugeschickt.
6
26
Kapitel 6 · Evaluation des Elterntrainings
. Tab. 6.1 Übersicht der in der FILU-F Studie verwendeten Instrumente mit Angabe der Messzeitpunkte Instrumente
Messzeitpunkte Prä
Elternkurs T1
6
Information & Einverständnis
X
SESa + Anamnese
X
Bayley-III (kognitive Skala)b
X
EBIc
X
Selbstwirksamkeit + Überzeugungend
T2
T3
X
Post
Follow-up
T4
X
X
SBE-2-KTe
X
X
X
CBCL 1.5–5f
X
X
X
BRIEF-Pg
X
X
X
ECBQh
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
X
IMMA
1-6i
VABS-IIj Verhaltensbatterie
Selbstregulationk
Eltern-Kind-Interaktionl Evaluation
Trainingssitzungenm
Trainingsevaluation
Gesamtm
X
X
X
X X
X
Anmerkungen: T1–T4: Elternkurstermine 1 bis 4 aSES: Sozioökonomischer Status (Winkler und Stolzenberg 2009) bBayley-III: Bayley Scales of Infant and Toddler Development III (Reuner und Rosenkranz 2014) cEBI: Eltern-Belastungs-Inventar (Tröster 2011) dSelbstwirksamkeit und Überzeugungen: eigens entwickelte Fragebogenskalen (siehe auch Gärtner et al. 2018b) eSBE-2-KT: Sprachbeurteilung durch Eltern – Kurztest für die U7 (von Suchodoletz und Sachse 2011) fCBCL 1.5–5: Child Behavior Checklist for Ages 1 ½ – 5 (Achenbach und Rescorla 2000) gBRIEF-P: Verhaltensinventar zur Beurteilung exekutiver Funktionen für das Kindergartenalter (Daseking und Petermann 2013) hECBQ: Early Childhood Behavior Questionnaire (Putnam et al. 2006) iIMMA 1-6: IMpuls-MAnagement vom Kleinkind- bis zum Vorschulalter (Pauen et al. 2014, 2019) jVABS-II: Vineland-II Adaptive Behaviour Scales (Sparrow et al. 2005) kVerhaltensbatterie Selbstregulation: Sun-Moon und Snack-Delay-Task (Voigt et al. 2012) lEltern-Kind-Interaktion: elterliches Scaffolding-Verhalten bei Problemlöseaufgaben (siehe auch Erdmann et al. 2019) mEvaluation und Kompetenzzuwachs: eigens entwickelte Fragebogenskalen
27 6.5 · Einordnung der Ergebnisse
6.4 Ergebnisse
Bewertung der Elterntrainings (Elternbericht) Um den Nutzen und die Wirksamkeit der Elternkurse zu untersuchen, wurden die Eltern nach einem Gesamturteil, dem Nutzen des Kurses, ihrer Motivation zur Umsetzung der Strategien sowie nach ihrem wahrgenommenen Kompetenzzuwachs bezüglich der Unterstützung der Selbstregulation ihres Kindes gefragt. Diese Einschätzungen wurden zwischen den drei verschiedenen Kursbedingungen verglichen. Alle drei Kursvarianten wurden von den teilnehmenden Eltern insgesamt sehr positiv bewertet. Dabei berichteten diejenigen Eltern, die an der erweiterten Variante teilgenommen hatten, den größten wahrgenommenen Nutzen des Kurses, den stärksten Kompetenzgewinn hinsichtlich der Unterstützung der kindlichen Selbstregulation und die höchste Motivation zur Umsetzung der erlernten Strategien verglichen mit den Eltern, die an der Basisvariante oder der Variante mit dem Schwerpunkt Stressbewältigung teilnahmen. Veränderungen in elterlichen Überzeugungen und Selbstwirksamkeitserwartungen Des Weiteren untersuchten wir, wie sich die Einstellungen und Überzeugungen der Eltern durch den Kurs veränderten. Hierfür fragten wir die Teilnehmerinnen vor und nach dem Kurs, in welchem Ausmaß die kindliche Selbstregulation unterstützt werden könne und welche Rolle sie als Eltern dabei einnähmen. In allen drei Kursbedingungen wurde ein Anstieg in der Selbstwirksamkeitserwartung berichtet. Unter Selbstwirksamkeitserwartung versteht man das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, bestimmte Handlungen oder Anforderungen erfolgreich bewältigen zu können. Nach dem Elternkurs waren die Eltern also stärker davon überzeugt, ihr Kind in verschiedenen Situationen angemessen unterstützen zu können als vor dem Kurs. Eltern aus der erweiterten Kursvariante schätzten nach der Teilnahme ihre eigene Rolle und Einflussmöglichkeiten für die Selbstregulationsentwicklung ihres Kindes für wichtiger ein, als Eltern, die an der Basisvariante oder der Variante mit Stressbewältigungsschwerpunkt teilgenommen hatten. Diese Ergebnisse wurden gleichermaßen für Eltern früh- und reifgeborener Kinder gefunden, sodass davon ausgegangen werden kann, dass beide Elterngruppen gleichermaßen von dem Kursangebot profitierten (Gärtner et al. 2018b). 6.5 Einordnung der Ergebnisse
Die Wirksamkeit der Elternkurse auf elterliche Einstellungen und Überzeugungen wurde durch die Ergebnisse der Elterntrainings-Evaluation umfangreich belegt. Zukünftige Analysen sollen untersuchen, ob die Elternkurse auch auf konkrete Verhaltensweisen in Spiel-Situationen wirken und das veränderte Eltern-Verhalten in Zusammenhang mit veränderten Selbstregulations-Kompetenzen der Kinder
6
28
Kapitel 6 · Evaluation des Elterntrainings
steht. Fachleuten aus Pädagogik, Psychologie, Psychotherapie und assoziierten Berufsfeldern steht mit dem vorliegenden Elterntraining ein präventives, psychoedukatives Programm zur Verfügung, mit dem Eltern bei der Förderung der Selbstregulation ihrer Kinder unterstützt werden können. Für Eltern frühgeborener Kinder ist ein solches Unterstützungsangebot besonders wichtig, da in dieser Kindergruppe das Risiko für Störungen der Selbstregulation enorm ist.
6
29
Manual Inhaltsverzeichnis 7.1 Allgemeine Struktur der Sitzungen – 30 7.2 Sitzung für Sitzung – 31 7.3 Das Elterntraining – 31
Sequenzplan – 33
7.4 Ergänzende Materialien – 262
Elektronisches Zusatzmaterial Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, das berechtigten Benutzern zur Verfügung steht. 7 https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_7 © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 G. Reuner et al., Selbstregulation spielerisch fördern, https://doi.org/10.1007/978-3-658-29918-7_7
7
30
7
Kapitel 7 · Manual
Das Elterntraining EL-KIDS ist ein präventives, psychoedukatives Programm, mit dem Eltern bei der Förderung der Selbstregulation ihrer Kinder unterstützt werden können. Die inhaltlichen Schwerpunkte des Elterntrainings liegen auf der Sensibilisierung der engsten Bezugspersonen für Möglichkeiten zur Förderung der kindlichen Selbstregulation im Alltag. Im Mittelpunkt stehen die Vermittlung von kognitiv-anregenden Unterstützungsstrategien, die Anregung zu einer feinfühligen Eltern-Kind-Interaktion, sowie die Reflexion und der Umgang mit Stress im Familienalltag. Somit gliedert sich das vorliegende Manual in vier große Themengebiete. Im ersten Modul werden die kindliche Selbstregulation sowie die zentrale co-regulatorische Funktion der Eltern für diese Entwicklung erläutert (Sitzung 1 und 2). Im zweiten Modul (Sitzung 3 und 4) liegt der Schwerpunkt auf Unterstützungsstrategien (sog. „Scaffolding“). Das dritte Modul (Sitzung 5 und 6) behandelt die emotionale Entwicklung und Emotionsregulation in der frühen Kindheit, sowie ein feinfühliges Verhalten der Eltern. Als optionales Zusatzangebot wird im vierten Modul (Sitzung 7 und 8) auf elterlichen Stress im Familienalltag sowie förderliche Strategien zur Stressreduktion eingegangen. 7.1 Allgemeine Struktur der Sitzungen
Die jeweiligen Sitzungen weisen eine einheitliche Struktur auf: Begonnen wird mit einer Wiederholung der letzten Sitzung und der Besprechung der Übungsaufträge, welche die Eltern in der letzten Sitzung erhalten haben. Die Trainerin benennt den Übungsauftrag und erkundigt sich bei den Eltern, wie die Woche hinsichtlich des Übungsauftrages verlaufen ist (Hinweis: Es kann dabei durchaus vorkommen, dass manche Eltern nichts schriftlich notiert haben, aber dennoch die Woche hinsichtlich der Aufgabenstellung reflektieren und wertvolle Beiträge mit der Gruppe teilen möchten). Im Anschluss werden die Themen/Inhalte der jeweiligen Sitzung vorgestellt. Jedes neue Thema wird durch eine praktische Übung (v.a. in Kleingruppen) zur Veranschaulichung eingeführt, gefolgt von einem theoretischen Input durch die Trainerin (anhand der Folien) und ggf. einem Erfahrungsaustausch zum Thema in der Gruppe. Weitere, vertiefende Inhalte werden u.a. anhand von Rollenspielen, Fallbeispielen und Arbeitsaufträgen in Kleingruppen erarbeitet. Um den Transfer in den Alltag zu erleichtern, werden den teilnehmenden Eltern zum Abschluss eines Themengebietes sogenannte „Strategiekärtchen“ ausgehändigt. Darauf sind die in der jeweiligen Sitzung erarbeiteten Strategien und Inhalte kurz und knapp zusammengefasst, damit diese in entsprechenden Situationen im Alltag zum Einsatz kommen können. Gegen Ende der Sitzung werden den Eltern Übungsaufträge für die Woche ausgehändigt. Diese sollen ebenfalls helfen, die erlernten Inhalte in den Alltag zu übertragen und neue Verhaltensweisen im Umgang mit dem Kind zu etablieren bzw. bestehende Verhaltensweisen zu reflektieren. Am Ende der Sitzung erhalten die Eltern zudem die Gelegenheit ein Feedback abzugeben und offen gebliebene Fragen zu stellen. Die Sitzung endet mit einer kurzen Zusammenfassung der Trainerin zu den wichtigsten Punkten bzw. Erkenntnissen aus der Sitzung und gibt einen kurzen Ausblick auf die folgende Sitzung.
31 7.3 · Das Elterntraining
7.2 Sitzung für Sitzung
Dieses Kapitel beschreibt jede Sitzung des Elterntrainings im Detail. Zu Beginn wird ein Überblick über die jeweilige Sitzung und die Ziele gegeben. Anschließend folgen eine Auflistung der für die jeweilige Sitzung benötigten Materialien, die Beschreibung der einzelnen Sitzungsinhalte sowie die Instruktionen für die Trainerin. Da im Elterntraining durchweg interaktiv mit den Eltern gearbeitet wird, sind für den Erfolg klar formulierte Arbeitsanweisungen entscheidend. Aus diesem Grund wurde für die theoretischen Einführungen und Übungen in den Instruktionen bereits ein möglicher Wortlaut formuliert. Die Formulierungen geben eine Richtung vor und dürfen von der Trainerin selbstverständlich an die jeweilige Elterngruppe angepasst werden. Die jeweiligen Sitzungen und Trainingsinhalte bauen aufeinander auf. In ihrer Summe stärken sie die Eltern in der angestrebten Handlungskompetenz, um die Selbstregulation ihrer Kinder aktiv zu unterstützen. Die Zeitangaben zu jeder Einheit sind ebenfalls als Richtwert zu verstehen. In Abhängigkeit von der Gruppengröße, Gruppenzusammensetzung und der Motivation der Teilnehmerinnen können sich kleine Abweichungen ergeben. Die Erfahrung aus den bisher durchgeführten Elternkursen zeigte jedoch, dass die Gesamtlänge der einzelnen Sitzungen (120 min) gut eingehalten werden kann. 7.3 Das Elterntraining
Materialübersicht EL-KIDS Allgemein (jede Sitzung)
Beamer Flipchart bunte Karteikarten Stifte (Kugelschreiber und dicke Filzstifte)
Termin 1
Stoppuhr AB 1.1 Der Selbstregulationsbaum AB 1.2 Zusammenfassung: Selbstregulation
Termin 2
Sortierspiel, z. B. Colorama (ca. 3x) Verschiedene Spiele und Spielzeuge Jenga oder vergleichbares Spiel (ca. 3x) Schal/Tücher (zum Augen verbinden) (ca. 3x) AB 2.1 Beobachtungsauftrag für die Beobachterin AB 2.2 Fragen an die „Blinde“ AB 2.3 Fragen an die Unterstützerin AB 2.4 Anwendung in Alltag und Zuhause
Termin 3
Sortierspiel, z. B. Colorama (ca. 3x) Notizpapier Metaplanwand oder doppeltes Flipchart-Papier buntes Papier (für Origami) S3.1 Strategiekarte Fragen + Hinweise S3.2 Strategiekarte Anleitungen S3.3 Strategiekarte Rückmeldungen AB 3.1 Origami und Anleitung AB 3.2 Fallbeispiel Fragen, Hinweise, Anleitungen, Rückmeldungen AB 3.3 Anwendung im Alltag und Zuhause
7
32
Kapitel 7 · Manual
Termin 4
Metaplanwand oder doppeltes Flipchart-Papier S4.1 Strategiekarte Erklärungen S4.2 Strategiekarte Transfer anregen Sortierspiel, z. B. Colorama (ca. 3x) AB 4.1 Fallbeispiel Erklären und Transfer anregen Lose (für Rollenspiel) Strategiekarte Unterstützungswerkzeuge AB 4.2 Unterstützungsstrategien im Alltag AB 4.3 Anwendung im Alltag und Zuhause
Termin 5
AB 5.1 Fallbeispiel S5.1 Strategiekarte Signale wahrnehmen S5.2 Strategiekarte Spiegeln und Gefühle benennen AB 5.2 Gefühle benennen AB 5.3 Anwendung im Alltag und Zuhause
Termin 6
AB 6.1 Fallbeispiel Grenzen S6.1 Strategiekarte Grenzen setzen Rote und grüne Karteikarten AB 6.2 „Das nehme ich mit“
7 Zusatzmodul Stress Termin 7
Streichhölzer AB 7.1 Anleitung Streichholzübung AB 7.2 Stressoren unter der Lupe S7.1 Strategiekarte Massagegeschichten AB 7.3 Wunsch und Wirklichkeit AB 7.4 Soziales Netz (optional) AB 7.5 Anwendung im Alltag und Zuhause
Termin 8
AB 8.1 Wie man eine neue Perspektive gewinnt S8.1 Strategiekarte Neue Perspektive AB 8.2 Strategie für den Akutfall S8.2 Strategiekarte 4-A-Methode AB 8.3 Meine persönliche Anti-Stress-Formel AB 8.4 Stress im Erziehungsalltag
Sitzung 1 Inhalt
- Einführung und gegenseitiges Kennenlernen - Der Selbstregulationsbaum
Ziele der Sitzung
- Die Teilnehmerinnen erhalten einen Überblick über die Inhalte und den Aufbau des Elterntrainings - Im Fokus dieser Sitzung steht die Vermittlung von Wissen über die Entwicklung der Selbstregulation in der frühen Kindheit
Material
- Moderationskärtchen - Stifte - Flipchart - Stoppuhr
Arbeitsblätter
- AB 1.1 Der Selbstregulationsbaum - AB 1.2 Zusammenfassung: Selbstregulation
Übungen
- „Enten“-Spiel - Stroop-Test
33 7.3 · Das Elterntraining
Sequenzplan Zeit
Inhalte
Material
5 min
Begrüßung und Vorstellung der Trainerin/innen
PP-Folien
5 min
Vorstellung des Elterntrainings
PP-Folien
30 min
Gegenseitiges Kennenlernen und Erwartungen bzgl. des Kurses
PP-Folien, Karteikarten, Stifte, Flipchart
10 min
Gruppenregeln, Ziele und Grenzen des Trainings
PP-Folien
5 min
Ablauf der ersten Sitzung/Fragen
PP-Folien
5 min
Einstieg: Entenspiel
PP-Folien
5 min
Ergebnisse sammeln: Entenspiel
Flipchart
5 min
Brainstorming: Selbstregulation im Alltag
PP-Folien
5 min
Brainstorming: Selbstregulation bei Kindern
PP-Folien, Flipchart
30 min
Selbstregulations (SR)-Baum -E xkurs: Aufmerksamkeitslenkung/-fokussierung (Suchbilder) - Exkurs: Hemmung (Stroop-Test) - Exkurs: Flexibilität (Kippbild)
PP-Folien.
5 min
SR-Baum: Sonne (Feinfühligkeit), Gießkanne (Scaffolding) und Wolke (Stress)
PP-Folien, AB 1.1, AB 1.2
5 min
Abschlussrunde
Gesamt: ca. 115 min
7
34
Kapitel 7 · Manual
7
Instruktion Allgemeines 1 Trainerin moderiert Elterntraining 1 Trainerin schreibt und ergänzt
Material
35 7.3 · Das Elterntraining
7
36
Kapitel 7 · Manual
7
Instruktion Einstieg: In Deutschland enden jedes Jahr ca. 50.000 Geburten zu früh (d. h.