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German Pages XII, 180 [184] Year 2020
Jörn Block Peter May André Betzer Dominik von Au Hrsg.
Die Familienstiftung Ein Instrument zur Zukunftssicherung von Familienunternehmen
Die Familienstiftung
Jörn Block · Peter May · André Betzer · Dominik von Au (Hrsg.)
Die Familienstiftung Ein Instrument zur Zukunftssicherung von Familienunternehmen
Hrsg. Jörn Block Universität Trier Trier, Rheinland-Pfalz, Deutschland
Peter May Peter May Family Business Consulting Bonn, Deutschland
André Betzer Bergische Universität Wuppertal Wuppertal, Deutschland
Dominik von Au Partner PwC München, Deutschland
ISBN 978-3-658-30260-3 ISBN 978-3-658-30261-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Ann-Kristin Wiegmann Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort der Herausgeber
Familienunternehmen sind ein besonderes Merkmal und ein tragender Pfeiler der Wirtschaft im deutschsprachigen Raum. Gleichzeitig sind viele Familienunternehmen und Eigentümerfamilien mit dem Thema Nachfolge befasst. Die Lösung der Nachfolgefrage ist von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Weiterentwicklung und Zukunftssicherung unserer Volkswirtschaft und der damit verbundenen Sozialen Marktwirtschaft. Stiftungen und insb. Familienstiftungen sind ein mögliches und bisher in der Öffentlichkeit und in Unternehmerkreisen wenig beachtetes Instrument zur Lösung der Nachfolgefrage. Das erstaunt, da einige erfolgreiche Familienunternehmen wie Fielmann, Würth und Herrenknecht diesen Weg zur Zukunftssicherung ihres Unternehmens gewählt haben. Insbesondere Familienstiftungen sind flexibel gestaltbar und lassen sich gut den Bedürfnissen des Familienunternehmens und der Unternehmerfamilie anpassen. Vorteile sind z. B. der Schutz vor einer Zersplitterung der Anteile und die Reduzierung von Familienkonflikten. Gleichzeitig müssen aber Herausforderungen wie Enteignungsvorbehalten und dem Verlust der Identität als Familienunternehmen entgegengewirkt werden. Das Thema Stiftung zur Lösung der Nachfolgefrage eines Familienunternehmens ist komplex und es lässt sich schnell der Überblick verlieren. Hier setzt unser Ratgeber an und gibt einen praxisnahen Überblick zum Thema Familienstiftungen als Nachfolgelösung für Familienunternehmen. Primäre Zielgruppe sind Familienunternehmer/innen und Eigentümerfamilien sowie Berater/innen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen. Der Ratgeber behandelt alle Aspekte rund um das Thema Familienstiftungen als Instrument für die Unternehmensnachfolge – von der Frage, für wen eine Familienstiftung Sinn ergibt bis hin zu rechtlichen und steuerlichen Aspekten. Ebenfalls enthalten sind eine Übersicht von Familienunternehmen in Stiftungshand sowie Praxisinterviews mit den Eigentümern der Unternehmen Würth und Herrenknecht. Wir danken der Dr. Werner-Jackstädt Stiftung für die großzügige Hilfe und Unterstützung im gesamten Verlauf dieses Projekts. Ohne die Stiftung und ihre offene Haltung gegenüber praxisnahen Forschungsprojekten wäre dieser Ratgeber nicht entstanden. Weiterhin möchten wir uns herzlich bei Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. Ann-Kristin Achleitner bedanken, die im Vorfeld zur Entwicklung des Ratgeberbandes viel beigetragen hat und V
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Vorwort der Herausgeber
mit vielen inhaltlichen Kommentaren und Ratschlägen uns vielfach unterstützend zur Seite stand. Ein ganz besonderer Dank gilt zudem unseren drei Interviewpartnern und erfolgreichen Familienunternehmern Prof. Dr. h.c. mult. Reinhold Würth, Dr.-Ing. E.h. Martin Herrenknecht und Martin-Devid Herrenknecht. Die mit ihnen geführten Interviews brachten spannendende Eindrücke und wertvolle Hinweise aus der Praxis zur konkreten Umsetzung einer Stiftungslösung zur Regelung der Nachfolge eines Familienunternehmens. Wir hoffen, dass insbesondere Familienunternehmer hiervon profitieren und daraus wertvolle Schlüsse für ihr eigenes Unternehmen ziehen. Wir wünschen allen Lesern aus Theorie und Praxis und insbesondere den Vertretern von Familienunternehmen und Eigentümerfamilien viel Freude bei der Lektüre und hoffen, dass der Ratgeber viele konkrete Hinweise für die Nachfolgeplanung im eigenen Familienunternehmen bietet. Wir freuen uns über Ihr Feedback. Sie erreichen die Herausgeber per E-Mail unter [email protected]. Trier und Bonn im Herbst 2020
Prof. Dr. Jörn Block Prof. Dr. Peter May Prof. Dr. André Betzer Dr. Dominik von Au
Inhaltsverzeichnis
Was ist eine Familienstiftung?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Florian Hosseini-Görge und Mirko Hirschmann Pro und Contra Familienstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Peter May und Dieter Jeschke Die Rechtsstellung des Stifters bzw. der Stifterfamilie im Vergleich zur „klassischen“ Gesellschafterstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 Dieter Jeschke Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Jörn Block und Nadine Kammerlander Finanzielle Aspekte im Kontext von Familienstiftungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 André Betzer und Dmitry Bazhutov Nicht ohne meine Familie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Dominik von Au Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation . . . . . . . 79 Thorsten Klinkner, Mattheo Ens und Martin Buß Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 Berthold Theuffel-Werhahn Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 Susanne Thonemann-Micker Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick. . . . . . . . . . 153 Mirko Hirschmann
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Inhaltsverzeichnis
Interview mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 Reinhold Würth und Jörn Block Interview mit Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht und Martin-Devid Herrenknecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 Martin Herrenknecht, Martin-Devid Herrenknecht und Jörn Block
Herausgeber- und Autorenverzeichnis
Über die Herausgeber Prof. Dr. Jörn Block hat von 1999 bis 2005 Betriebswirtschaftslehre an der HU Berlin und der Université Libre de Bruxelles studiert und im Jahr 2009 an der TU München zum Thema „Innovation in Familienunternehmen“ promoviert. Er leitet seit 2012 die Professur für Unternehmensführung an der Universität Trier und seit 2016 das dort angesiedelte Forschungszentrum Mittelstand. Zudem ist er seit 2011 Gastprofessor an der Erasmus Universität Rotterdam und seit Mitte 2019 Gastprofessor am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) an der Universität Witten/Herdecke. Neben seiner Arbeit als Hochschullehrer berät Prof. Block regelmäßig Unternehmen und öffentliche Institutionen zu Fragestellungen aus seinen Themengebieten und hält Praxisvorträge. Prof. Block ist Mitglied des Round Table Mittelstand im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der Kommission für den Governance Kodex für Familienunternehmen sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Plattform für Innovation in Deutschland (PFI-D). Prof. Dr. Peter May ist einer der führenden Experten für Familienunternehmen und ein Pionier der strategischen Beratung ihrer Inhaber. 1998 gründete er mit der INTES das erste auf Beratung und Qualifizierung von Unternehmerfamilien fokussierte Unternehmen in Deutschland und entwickelte es zur führenden Marke in ihrem Segment. Von 2008 bis 2009 war er Inhaber des Wild Group Chair of Family Business am IMD in Lausanne. Aktuell lehrt er als Honorarprofessor an der WHU – Otto Beisheim School of IX
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Management in Vallendar. Darüber hinaus hat er zahlreiche Initiativen für Familienunternehmen ins Leben gerufen u. a. den Governance Kodex für Familienunternehmen, die Auszeichnung „Familienunternehmer des Jahres“ und ist Mitgründer von FBN Deutschland. Heute berät und begleitet der Jurist und Betriebswirt namhafte Unternehmerfamilien zusammen mit dem Team der PETER MAY Family Business Consulting. Univ.-Prof. Dr. André Betzer ist Inhaber der W3 Professur für Finanzwirtschaft und Corporate Governance an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal. 2012 lehnte er einen Ruf auf die Universitätsprofessur für das Fach „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Governance“ an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Gemeinsam mit Professor Rainer Wieland gründete er im Jahr 2017 das Wuppertaler Institut für Unternehmensforschung und Organisationspsychologie (WIFOP). In seiner Forschung und Lehre beschäftigt er sich im Wesentlichen mit Fragen aus den Bereichen Unternehmensfinanzierung, Private Equity, Corporate Governance und Vermögensmanagement. Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Bonn und Toulouse wurde ihm im Jahre 2006 der Grad eines Doktors der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften an der Universität Bonn verliehen. Daraufhin habilitierte er sich im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim im Jahre 2010 und vertrat im Jahr 2009 den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierungslehre an der Universität zu Köln. Im Jahr 2014 war er der 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Finanzwirtschaft (DGF e. V.). Seit 2019 ist er Vorsitzender der Wissenschaftlichen Kommission Bankbetriebslehre/Finanzierung innerhalb des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB). Er sitzt im Beirat bei der K.A. Schmersal GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Wuppertal.
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Dr. Dominik von Au ist Geschäftsführer der INTES Akademie für Familienunternehmen und verantwortet als Partner den Family Governance-Bereich bei PwC. Seine Leidenschaft gilt Unternehmerfamilien, die er bei der Erstellung von Familienverfassungen und der Strukturierung ihrer Nachfolgeplanungen unterstützt. Darüber hinaus ist er vielfach Sparringspartner für Mitglieder der Next Generation. Er ist Mitglied des Präsidiums der Kommission Governance Kodex für Familienunternehmen in Deutschland und wirkt in weiteren bedeutenden Initiativen für Familienunternehmen federführend mit. So z. B. in der Jury zur Wahl des „Familienunternehmers des Jahres“ und in der Jury für den „Berenberg-Preis für unternehmerische Verantwortung“.
Autorenverzeichnis Dr. Dmitry Bazhutov Lehrstuhl für Finanzwirtschaft und Corporate Governance, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal, Deutschland Prof. Dr. André Betzer Lehrstuhl für Finanzwirtschaft und Corporate Governance, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal, Deutschland Prof. Dr. Jörn Block Professur für Unternehmensführung, Universität Trier, Trier, Deutschland; Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU), Universität Witten/ Herdecke, Witten, Deutschland; Department of Applied Economics, Erasmus University Rotterdam, Rotterdam, Niederlande Martin Buß UnternehmerKompositionen GmbH, Meerbusch, Deutschland Mattheo Ens Wirtschaftskanzlei Audalis, Dortmund, Deutschland Martin-Devid Herrenknecht Herrenknecht AG, Schwanau, Deutschland Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht Herrenknecht AG, Schwanau, Deutschland Mirko Hirschmann Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Unternehmensführung, Trier, Deutschland Dr. Florian Hosseini-Görge Kaufmännischer Leiter der Galileo Lebensmittel GmbH & Co. KG, Trierweiler, Deutschland
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Dieter Jeschke Rechtsanwalt und Steuerberater, Leinfelden-Echterdingen, Deutschland Prof. Dr. Nadine Kammerlander Lehrstuhl für Familienunternehmen, Institut für Familienunternehmen und Mittelstand, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar, Deutschland Thorsten Klinkner UnternehmerKompositionen GmbH, Meerbusch, Deutschland Prof. Dr. Peter May PETER MAY Family Business Consulting GmbH & Co. KG, Bonn, Deutschland Berthold Theuffel-Werhahn PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kassel, Deutschland Susanne Thonemann-Micker Partnerin PwC im Bereich Private Clients Solutions, Düsseldorf, Deutschland Dr. Dominik von Au INTES Akademie für Familienunternehmen, PwC, Bonn, Deutschland Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth Würth-Gruppe, Künzelsau, Deutschland
Was ist eine Familienstiftung? Florian Hosseini-Görge und Mirko Hirschmann
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 Die Familienstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 Errichtung einer Familienstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Zusammenfassung
In der Datenbank des Bundesverbands Deutscher Stiftungen existieren aktuell 620 Familienstiftungen und einige dieser Stiftungen halten Anteile an großen Unternehmen in Deutschland, wie bspw. Bertelsmann, Fielmann oder Würth. Familienstiftungen können in zahlreichen Fällen ein geeignetes Instrument für die Unternehmensnachfolge darstellen, sind für viele Unternehmer aufgrund ihrer vielfältigen Erscheinungsformen jedoch eine „Black Box“. In diesem Kapitel werden die wichtigsten Eigenschaften von Familienstiftungen erläutert, die als Grundlage für das Verständnis dieses Buches dienen sollen. Nach einer kurzen definitorischen Abgrenzung von Familienstiftungen bietet das Kapitel einen ersten Einblick in die Errichtung einer Familienstiftung. Innerhalb dieser liegt ein besonderer Fokus auf den drei Wesensmerkmalen: Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Organisation. F. Hosseini-Görge Kaufmännischer Leiter der Galileo Lebensmittel GmbH & Co. KG, Trierweiler, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Hirschmann (*) Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Unternehmensführung, Trier, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_1
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1 Einleitung Die Unternehmensnachfolge ist in einem Familienunternehmen eine sehr komplexe und emotionale Phase, die oftmals auch viele Gefahren für das Unternehmen birgt. Neben einem großen organisatorischen Aufwand steht die Übertragung der Unternehmensanteile sowie der damit verbundenen Stimmrechte auf die Familienmitglieder im Fokus. Es wird mit Argusaugen beobachtet, welcher Nachfahre mit wie vielen Anteilen oder sonstigen Hinterlassenschaften bedacht wird, damit sich niemand benachteiligt fühlt. Dennoch kommt es sehr häufig zu Streitigkeiten, welche nicht nur schädlich für die Familie, sondern auch schädlich für das Unternehmen sein können. In schwerwiegenden Fällen kann sogar die Existenz des Unternehmens bedroht sein. Eine Studie belegt, dass circa 30 % der innerfamiliären Nachfolgeprozesse in Familienunternehmen scheitern [2]. Durch die Übertragung der Unternehmensanteile auf eine Stiftung kann ein Unternehmer dieses explosive Thema zwar nicht umgehen, jedoch abschwächen. Stiftungen sind mittlerweile ein weit verbreitetes Mittel, um die Unternehmensnachfolge zu regeln. Es existieren circa 400 Unternehmen, die eine Stiftung entweder teilweise oder vollständig als Eigentümerin haben [3]. Hierzu zählen auch für die deutsche Wirtschaft essenzielle Unternehmen wie beispielsweise Aldi, Bertelsmann, Bosch, Thyssenkrupp und Zeiss. Doch Stiftung ist nicht gleich Stiftung! Die breite Bevölkerung verbindet Stiftungen generell mit sozialem Engagement und der Förderung von gemeinnützigen Zwecken. Tatsächlich sind neun von zehn Stiftungen gemeinnütziger Natur [8]: Der Gründer will Gutes tun und Projekte fördern, die dem Allgemeinwohl dienen. Auch viele Unternehmer versuchen, mit gemeinnützigen Stiftungen Bekanntheit und Beliebtheit zu steigern oder sich eine Art Denkmal zu errichten. Hierfür ist eine Stiftung ein probates Mittel, da sie für die Ewigkeit errichtet wird und somit einen optimalen Schutz vor feindlichen Übernahmen darstellt. Ein aktuelles Beispiel zeigt, dass diese Beweggründe auch große Unternehmen betreffen können. Nach dem Ableben von Horst Brandstetter, dem Gründer von Playmobil wurden im Jahr 2015 seine gesamten Anteile am Unternehmen Playmobil auf die Geobra Brandstätter Stiftung übertragen, obwohl sein Sohn die Firma gerne übernommen hätte. Herr Brandstetter wollte jedoch, dass das Unternehmen in seinem Sinne fortgeführt wird und befürchtete, dass sein Sohn einen zu großen Wandel in das Unternehmen bringen würde. Zu Lebzeiten begründete er diese Entscheidung in einem Interview mit Focus Money im Jahr 2011 mit der Antwort auf die Frage, ob sein Sohn kein Interesse an der Unternehmensübernahme hätte: „Interesse hat er. Aber er ist eigenwillig und würde einiges ändern, was ich im Management mit Mühe etabliert habe.“ Es kann jedoch auch vorkommen, dass keiner der Nachfahren Interesse daran hat, das Unternehmen zu übernehmen, der Unternehmer seine Familie aber dennoch an der Dividende des Unternehmens teilhaben lassen möchte. Für einen solchen Fall kann die Familienstiftung eine geeignete Lösung sein. Eine Stiftung kann eben nicht nur als gemeinnützige Stiftung, sondern auch als private
Was ist eine Familienstiftung?
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Stiftung, wie im Fall einer Familienstiftung, gegründet werden. Die Familienstiftung als Nachfolgelösung kann das Vermögen in seiner Gesamtheit bewahren und dabei so aufstellen, dass das Unternehmen sicher und professionell fortgeführt werden kann und die Familie langfristig versorgt wird. Im folgenden Abschnitt wird die Familienstiftung näher erläutert.
2 Die Familienstiftung Stiftungen können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, z. B. durch ihre Tätigkeit in Förder- und Betriebsfonds, durch ihren Zweck in gemeinnützigen und privaten Stiftungen oder durch ihre Rechtsfähigkeit. Zur Abgrenzung von Familienstiftungen zu anderen Stiftungsformen eignet sich die Unterscheidung zwischen gemeinnützigen und privaten Stiftungen am besten. Wie der Name schon sagt, muss die gemeinnützige Stiftung dem Gemeinwohl dienen. Sie fördert eine offene, allgemein zugängliche Gruppe von Menschen und fördert das kulturelle, soziale, wissenschaftliche oder wirtschaftliche Wohlergehen der Allgemeinheit. Eine gemeinnützige Stiftung ist dennoch eine privatrechtliche Stiftung, jedoch mit dem Zusatz, dass sie steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der §§ 5254 Abgabenverordnung (AO) verfolgt. Eine Privatstiftung hingegen dient privaten Zwecken und unterstützt eine bestimmte Personengruppe, wie Familie oder Mitarbeiter [6]. Die beliebteste Form einer Privatstiftung ist die Familienstiftung, die sich auf die Unterstützung der Gründerfamilie konzentriert [1]. Familienstiftungen sind in § 15 Abs. 2 AStG definiert als Stiftungen, bei denen mehr als 50 % des Stifters, seiner Angehörigen und deren Nachkommen Anspruch auf Leistungen haben oder Auslagen haben. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hingegen bezeichnet eine Familienstiftung als Stiftung, die im Wesentlichen im Interesse einer oder mehrerer bestimmter Familien errichtet wurde. Dementsprechend gibt es keine einheitliche Definition und die Eingliederung einer Familienstiftung liegt im Ermessen der jeweils zuständigen Instanzen. Wichtig zu wissen: Eine Familienstiftung ist keine eigene Rechtsform, sondern eine von mehreren Anwendungsformen der rechtsfähigen Stiftung des Privatrechts. Als privatnützige Stiftung hat sie keine mit einer gemeinnützigen Stiftung vergleichbaren Steuervorteile. Im Gegensatz zu Personen-, Kapitalgesellschaften oder Vereinen hat eine Familienstiftung außerdem keine Gesellschafter oder Mitglieder [10]. Die Familienstiftung stellt eine seit langem verwendete Form der Unternehmensnachfolge dar. Bereits 1891 grenzte von Scheurl Familienstiftungen von herkömmlichen Stiftungen ab. Somit galt die Übertragung des Unternehmensvermögens an eine näher bestimmte Familie schon damals als das Alleinstellungsmerkmal einer Familienstiftung [7]. Auch das Bürgerliche Gesetzbuch beinhaltete im 19. Jahrhundert schon eine Definition der Familienstiftung, die „… den Vorteil von Angehörigen einer bestimmten Familie bezwecke“. Familienstiftungen sind daher Stiftungen, deren Begünstigte (Destinatäre) in einem familiären verwandtschaftlichen Zusammenhang mit dem Stifter
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stehen. Dabei ist die Familienstiftung ganz oder teilweise auf die Förderung oder Verfolgung des Interesses einer oder mehrerer bestimmter Familien bzw. Familienmitglieder gerichtet. Für die Unternehmensnachfolge bietet die Gründung einer Familienstiftung die Möglichkeit, Eigentum und Management getrennt zu übertragen. Genau diesen Aspekt hat sich auch die Familie Wrede, Inhaberin der Wrede-Industrieholding zunutze gemacht und im Jahr 2014 ihre gesamten Anteile in eine Familienstiftung überführt [12]. Das Hauptargument für Thomas Wrede war der Schutz des Unternehmens vor einer Zersplitterung. In einem Interview mit „Der Westen“ aus dem Jahr 2015 hat er folgendes Argument für die Stiftungslösung vorgetragen: „Die heutigen Familienmitglieder sind nicht mehr am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Sie besitzen keine Anteile, die verkauft oder gekündigt werden können. Unverändert erhalten sie aber bei positivem Geschäftsverlauf Ausschüttungen aus der Stiftung“ [11]. Das Vermögen/Unternehmen wird durch die Stiftung rechtlich selbstständig und ist somit für die Erben nicht mehr erreichbar. Die Stiftungsorgane haben je nach Konstruktion die Verfügungs-, Stimm- und Kontrollrechte inne. Erbstreitigkeiten, die eine Zerschlagung des Unternehmens bedeuten können, werden durch die Stiftung im vornherein verhindert. Auch die Verwendung des Stiftungsvermögens für andere Zwecke als die des Stiftungswillens ist ausgeschlossen. Die Verwendung des Stiftungsvermögens wird gemäß dem Willen des Stifters dafür aufgewendet, laufend Erträge zu erwirtschaften, die der Familie zugutekommen. So kann der Stifter mit der Stiftungssatzung recht genau festlegen, wer aus der Familie wie viel bekommt, was das Unternehmen darf und was nicht. Die besondere Form der Stiftung gewährleistet zudem, dass das Stiftungsvermögen nicht auf andere (Dritte) übertragen werden kann. Häufig gründen Unternehmer, die keinen oder keinen geeigneten Nachfolger in der Familie finden, eine Familienstiftung. Es ist aber auch sinnvoll eine Familienstiftung zu gründen, um das Vermögen oder das Unternehmen vor der eigenen Familie oder einer feindlichen Übernahme zu schützen und gleichzeitig die Angehörigen versorgt zu wissen. So ist die Kontinuität des Unternehmens gewahrt, das Kapital und die Arbeitsplätze werden erhalten. Die Familienstiftung kann zwei verschiedene Funktionen einnehmen. Sie kann eine Art Treuhandfunktion für die Familienanteile übernehmen und die Versorgung der Familie auf Dauer sichern und die Führung und Kontrolle des Unternehmens anderen Institutionen überlassen. Der Stifter kann jedoch auch festlegen, dass die Stiftung mit Stimm- und Kontrollrechten ausgestattet wird und dementsprechend als Kontrollorgan oder in ganz seltenen Fällen sogar als Führungsinstrument eines Unternehmens agiert.
3 Errichtung einer Familienstiftung Für die Gründung einer Stiftung gibt es nur wenige Anforderungen, die erfüllt sein müssen. Voraussetzungen für die Errichtung einer rechtsfähigen Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Genehmigung der Stiftung durch die zuständige Behörde des
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Landes, in dem die Stiftung ihren Sitz haben soll (vgl. § 80 Abs. 1 BGB). Das Stiftungsgeschäft ist eine einseitige empfangsbedürftige Absichtserklärung. Sie muss gemäß 81 Abs. 1 BGB die Stiftungsurkunde und die verbindliche Erklärung des Gründers zur Schenkung von Vermögen an die Stiftung enthalten, um den vom Gründer in der Satzung genannten Zweck zu erfüllen. Das Eigentum am Vermögen geht auf die Stiftung über, der Gründer verliert es. Die Satzung wird vom Gründer ausgestellt (vgl. § 85 BGB). Für die Gründung der Stiftung ist sowohl das Stiftungsgeschäft an sich als auch die Anerkennung durch die Landes-Stiftungsaufsichtsbehörde notwendig. Seit dem Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts von 2002 (§ 80 BGB) können in Deutschland alle Formen der Familienstiftung, die nicht gegen das Gemeinwohl verstoßen, anerkannt werden. Innerhalb Europas erhält das Konstrukt der Familienstiftung jedoch ambivalenten Zuspruch. Während sie in Deutschland frei zulässig ist und als Stiftung ohne Grenzen angesehen wird, begrenzen andere Länder ihre Errichtung oder verbieten sie gänzlich (z. B.: Frankreich, Slowenien oder Ungarn) [4]. In Deutschland kann eine Familienstiftung entweder zu Lebzeiten des Unternehmens oder durch ein Testament errichtet werden. Bei der Errichtung einer Stiftung bildet die Stiftungsurkunde das Herzstück einer Stiftung. Sie muss gemäß § 81 Abs. 1 folgenden Mindestumfang haben: Name, Sitz, Zweck der Stiftung, Stiftungsvermögen und Organisation der Stiftung. In den einzelnen Landesgesetzen gibt es weitere Regelungen für die Errichtung einer Stiftung, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sein können. Insgesamt sollte die Stiftungserrichtung strategisch ablaufen und auf Aspekte eingehen wie die Erbfolge, die Mittel der Stiftung, die Rolle der Stiftung im Unternehmen, die Höhe des Stiftungskapitals, etc. [10]. Im Folgenden wird kurz auf die drei Bestandteile des Mindestumfangs (außer Name und Sitz) eingegangen, da das Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“ diese Aspekte tiefergehender analysiert im weiteren Verlauf des Sammelbandes. Stiftungszweck Der Stiftungszweck kann bei einer Familienstiftung aus der Versorgung der Familie bestehen. Es ist hier sehr wichtig, genau festzulegen welche Familienmitglieder (für die Zukunft welche Familienstämme) als Destinatäre der Familienstiftung gelten und in welchem jeweiligen Umfang sie Zuwendungen erhalten sollen. Weiterhin gibt der Stiftungszweck jeder Stiftung ihre Individualität, da er nach der eigenen Gestaltung des Stifters festgelegt wird [9]. Insgesamt besteht das einzige Ziel einer Stiftungserrichtung darin, den Zweck einer Stiftung langfristig zu erfüllen. Eine Stiftung ohne Zweck würde daher nicht zugelassen werden. Nachdem die Eintragung eines Zwecks erfolgt ist, kann dieser nicht mehr rundweg geändert werden. Die beiden nachfolgenden Wesensmerkmale, Stiftungsvermögen und Organisation, sind dem Stiftungszweck untergeordnet und dienen dazu diesen zu erfüllen [5].
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Stiftungsvermögen Das Stiftungsvermögen ist unerlässlicher Bestandteil der Stiftung. Es dient dazu, den Stiftungszweck der Stiftung zu erfüllen. Die Ausstattung mit Vermögen gehört also bereits zu den Voraussetzungen einer Stiftung, ohne Kapital wird sie von den zuständigen Landesbehörden ohnehin nicht zugelassen. Geht das Vermögen verloren, kann die Satzung nicht mehr eingehalten werden, die Stiftung hört auf zu existieren. Das Kapital ist vergleichbar mit dem Stammkapital einer GmbH bzw. dem Grundkapital einer Aktiengesellschaft. Anders als früher muss inzwischen in der Satzung genau festgelegt werden, wie die Stiftung mit Kapital ausgestattet werden soll. Allerdings hat der Gesetzgeber es auch hier bislang nicht für nötig befunden, klare und eindeutige Regelungen festzulegen. So gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Mindestausstattung mit Vermögen. Eine Nichtanerkennung kann deshalb nur damit begründet werden, dass der Zweck der Satzung nicht erreicht werden kann. In der Regel fordern die Behörden ein Mindestkapital von 50.000 €. Für das Grundstockvermögen gilt die Pflicht zum ungeschmälerten Kapitalerhalt, es darf nicht ausgegeben werden. Die Stiftungsorgane haben jedoch die Pflicht, das Vermögen zu erhalten. Das Stiftungsvermögen kann in Umfang und Art vom Stifter frei definiert werden. Der Stifter kann demnach sein Privatoder Firmenvermögen ganz oder Kapitalanteile mit oder ohne Stimmrechte einbringen, aber auch Kunstwerke, Wertpapiere oder Immobilien. Organisation Voraussetzung für die Errichtung einer Stiftung ist lediglich ein Vorstand, der die Stiftung führt. Dieser muss nicht zwingend aus Familienmitgliedern bestehen, sondern kann auch von vertrauten (besonders fachkompetenten) Personen außerhalb der Familie besetzt werden. Weitere Gremien werden nicht benötigt, sind jedoch empfehlenswert, um ein internes Kontrollsystem zu implementieren. Es bietet sich an ein Kuratorium oder einen Beirat einzurichten, welches(r) die Abläufe der Stiftung kontrolliert. Es bleibt festzuhalten, dass auch Familienunternehmen zunehmend das Thema Stiftungen als sinnvolles Instrument entdecken, um verschiedene Zwecke zu realisieren. Bei der Realisierung von Stiftungslösungen in Familienunternehmen sind jedoch Themen zu klären, die bei anderen Stiftungsanlässen nicht vorkommen. Neben Grundsatzfragen nach der Gemeinnützigkeit sowie rechtlichen und steuerlichen Gestaltungsoptionen sind es in Familienunternehmen vor allem emotionale Aspekte, die ihren Niederschlag in der Satzung und bei der Gestaltung der Gremien finden müssen.
Literatur 1. Brandmüller G, Lindner R (2004) Gewerbliche Stiftungen, 3. überarbeitete Aufl. Duisburg, Schmidt 2. Fleschutz K (2009) Die Stiftung als Nachfolgeinstrument für Familienunternehmen. Gabler, Wiesbaden
Was ist eine Familienstiftung?
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3. Hosseini-Görge F (2018) Foundation-owned firms in Germany: the impact of foundation-ownership on firm performance and corporate governance challenges. Dissertation an der Universität Trier 4. Künzle HR (2007) Familienstiftung-Quo vadis? Festschrift für Hans Michael Riemer zum 65:173 5. Oppel F (2014) Die österreichische Privatstiftung und die deutsche Familienstiftung als Instrumente der Nachfolgegestaltung. Bucerius Law School Press, Hamburg 6. Rösner F (2011) Die Konzernierung der Stiftung und ihr Einfluss auf die Pflichten des Stiftungsvorstands. Dissertation der Rechtswissenschaftlichen Fakultät Universität Münster 7. von Scheurl A (1891) Familienstiftung. Archiv für die civilistische Praxis 77(H. 2/3):243–264
Online-Dokumente 8. Bundesverband Deutscher Stiftungen e. V. (2017) Zahlen, Daten, Fakten zum deutschen Stiftungswesen. https://shop.stiftungen.org/media/mconnect_uploadfiles/z/a/zahlen-datenfakten-2017.pdf. Zugegriffen: 3. Juni 2019 9. Deutsches Stiftungszentrum (o. J.) Satzung. https://www.deutsches-stiftungszentrum.de/ stiftungswissen/satzung. Zugegriffen: 1. Juni 2019 10. Schmallowsky T (2012) Die Familienstiftung als Rechtsform für Familienunternehmen und den Mittelstand. https://www.akademie.de/wissen/familienstiftung-familienunternehmen. Zugegriffen: 3. Juni 2019 11. Schwarz M (2015) Familienstiftung für Wrede-Industrieholding gegründet. https://www. derwesten.de/staedte/neheim-huesten/familienstiftung-fuer-wrede-industrieholdinggegruendet-id10236880.html. Zugegriffen: 3. Juni 2019 12. Wrede (o. J.) Familienstiftung. https://www.wrede.de/de/holding/familienstiftung.html. Zugegriffen: 3. Juni 2019
Dr. Florian Hosseini-Görge ist kaufmännischer Leiter der Galileo Lebensmittel GmbH & Co. KG. Zuvor war er als Consultant der Markenberatung ESCH. The Brand Consultants GmbH tätig. Von 2014 bis 2018 promovierte Florian Hosseini-Görge an der Professur für Unternehmensführung der Universität Trier. Innerhalb seiner Promotion „Foundation-owned firms in Germany: The impact of foundation-ownership on firm performance and corporate governance challenges“ beschäftigte er sich ausführlich mit dem Thema Stiftungsunternehmen. Mirko Hirschmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Professur für Unternehmensführung der Universität Trier. Zuvor studierte er Betriebswirtschaftslehre im Bachelorund Masterstudium ebenfalls an der Universität Trier sowie an der Technischen Universität Lappeenranta in Finnland. Mirko Hirschmann beschäftigt sich in seiner Forschung hauptsächlich mit dem Thema Social Entrepreneurship. Unter anderem untersucht er das Entscheidungsverhalten von Inkubatoren, Impact Investoren und Stiftungen, die Sozialunternehmen in finanzieller oder nicht-finanzieller Form unterstützen.
Pro und Contra Familienstiftung Peter May und Dieter Jeschke
Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 Vorbehalte gegen eine Familienstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3 Motive für die Errichtung einer Familienstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Zusammenfassung
Das Thema Familienstiftung wird häufig sehr emotional diskutiert. Es wird von Enteignung der Unternehmerfamilie oder zumindest Entmachtung der Unternehmerfamilie gesprochen, aber auch von Bevormundung durch familienfremde Stiftungsorgane oder dem staatlichen Einfluss durch die Stiftungsaufsicht. Die vielfältigen Vorteile einer Familienstiftung werden dagegen nicht ausreichend gewürdigt und häufig auf singuläre Aspekte reduziert. In diesem Beitrag werden die Vorbehalte gegen eine Familienstiftung, aber auch die vielfältigen Motive und Vorteile einer Errichtung einer Familienstiftung analysiert. Der Beitrag dient letztlich dazu, einer Unternehmerfamilie einen Überblick zu verschaffen, welche Ziele sie mit einem Stiftungskonzept in Form einer Familienstiftung realisieren kann. Wenngleich der P. May Family Business Consulting GmbH & Co. KG, Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] D. Jeschke (*) Rechtsanwalt und Steuerberater, Leinfelden-Echterdingen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_2
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vorliegende Beitrag keine individuelle Beratung ersetzen kann, lässt sich grundsätzlich die Aussage treffen, dass eine Familienstiftung eine interessante Gestaltungsalternative ist, wenn insbesondere die Themen Verhinderung einer Zersplitterung der Gesellschaftsanteile, Reduzierung von Konfliktpotenzial, Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen, eherechtlichen Ansprüchen oder gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen oder auch die Gewinnung von Handlungsfreiheit bezüglich der Wohnsitzwahl im Rahmen einer Nachfolgeplanung eine wichtige Rolle spielen.
1 Vorbemerkung Familienstiftungen erleben derzeit eine Renaissance. Vor allem bei großen Familienunternehmen bzw. -vermögen ist eine deutliche Zunahme des Interesses zu verzeichnen. Das ist keineswegs selbstverständlich, haftete dem Instrument Stiftung doch lange Zeit der Ruf an, es werde vom Erblasser vor allem genutzt, um sich selbst ein Denkmal zu setzen und die eigenen Nachkommen von der unternehmerischen Nachfolge auszuschließen. Sicher gibt es auch heute noch Unternehmer, die das Instrument Familienstiftung in diesem Sinne einsetzen wollen. Die Renaissance der Familienstiftung hat aber andere Gründe. Wir wollen mit diesem Beitrag und dem gesamten Herausgeberwerk das Thema Familienstiftung einmal genauer – und vor allem unvoreingenommen – betrachten. Welche Gründe sprechen für, welche gegen den Einsatz einer Familienstiftung? Wann ist sie geeignet, wann nicht? Wir beleuchten die wichtigsten Motive und die wichtigsten Vorbehalte näher und überprüfen sie auf ihre sachliche Richtigkeit hin. Auf diese Weise wollen wir interessierten Familienunternehmern eine rationale Abwägung ermöglichen, an deren Ende eine den individuellen Gegebenheiten Rechnung tragende Entscheidung steht.
2 Vorbehalte gegen eine Familienstiftung 2.1 Enteignung der Unternehmerfamilie Bei vielen Unternehmerfamilien besteht die Vorstellung, dass der Unternehmer durch die Übertragung des Familienunternehmens auf eine Stiftung die Enteignung der Unternehmerfamilie herbeiführt. Dies ist allerdings eine falsche Annahme, die vermutlich darauf beruht, dass der größte Teil der Stiftungen zu den steuerbegünstigten Stiftungen (gemeinnützige, mildtätige, kirchliche Stiftungen) gehört. Die Mittel einer steuerbegünstigten Stiftung dürfen, damit das steuerliche Privileg nicht verloren geht, in der Tat nur fast ausschließlich für die begünstigten Zwecke verwendet werden [§§ 51 ff.
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AO]. Nur maximal ein Drittel des Einkommens einer steuerbegünstigten Stiftung1 darf zum Unterhalt für den Stifter und seine Angehörigen verwendet werden [§ 58 Nr. 6 AO]. Auch müssen die Mittel im Fall einer Auflösung der Stiftung steuerbegünstigten Zwecken zugeführt werden [§ 61 AO]. Für die steuerbegünstigten Stiftungen trifft der Vorbehalt der Selbstenteignung also durchaus zu. Anders ist es bei den Familienstiftungen. Das wesentliche Merkmal einer Familienstiftung ist eben gerade, dass sie überwiegend oder sogar ausschließlich den Interessen der Familie dient. Auch kann das Vermögen bei der Auflösung ausschließlich der Unternehmerfamilie zufallen. Entscheidend ist die vom Stifter in der Satzung getroffene Bestimmung. Ob und inwieweit die Familie als solche enteignet wird, liegt allein in seiner Hand.
2.2 Enteignung einzelner Familienmitglieder Zusätzlich wird oft angeführt, die Familienstiftung enteigne zwar nicht die Familie als Ganze, wohl aber die einzelnen Familienmitgesellschafter. Daran ist richtig, dass eine Stiftung zur Ausschaltung von Abfindungs- und Pflichtteilsansprüchen genutzt werden kann (s. Abschn. 2.4). Da sich der Stifter durch die Einbringung des Vermögens in eine Familienstiftung seines Vermögens entäußert, reduzieren sich auch die Pflichtteilsansprüche seiner gesetzlichen Erben. Und da die Begünstigten keine Gesellschafter-, sondern lediglich eine Destinatärsstellung erhalten, stehen ihnen von Gesetzes wegen beim Ausscheiden aus dem Verbund auch keine Abfindungsansprüche zu. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig eine Enteignung der Mitglieder der Unternehmerfamilie. Durch Satzungsgestaltung (Zweck der Stiftung, Gewährung von Ausschüttungsansprüchen usw.) kann eine faire Regelung erarbeitet werden, die auch Individualinteressen im angemessenen Umfang berücksichtigt (s. Kap. „Die Rechtsstellung des Stifters bzw. der Stifterfamilie im Vergleich zur „klassischen“ Gesellschafterstellung“). Sogar die Gewährung von Abfindungen an ausscheidende Destinatäre kann vorgesehen werden. Aber machen wir uns nichts vor. Im Normalfall wird mit einer Familienstiftung das Ziel verfolgt, das Unternehmen mehr oder minder umfassend gegen die Reduzierung des Kapitalstocks durch Abfindungsansprüche ausscheidender Gesellschafter zu schützen. Wir sollten uns aber fragen, ob darin ein Nachteil oder nicht eher ein Vorteil der Familienstiftung zu sehen ist. Wer die Inhaberschaft im Familienunternehmen nicht als Volleigentum, sondern als Treuhänderstellung begreift, für den ist die Familienstiftung ein nahezu ideales Instrument zur Verwirklichung dieses Gedankens (s. Abschn. 2.3 und 2.4).
1Dieses
Drittel wird zusätzlich begrenzt durch das nicht ausreichend klar definierte Merkmal des angemessenen Umfangs.
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2.3 Unumkehrbarkeit Verbreitet ist auch die Vorstellung, dass mit einer Stiftungserrichtung ein Weg für die Ewigkeit beschritten wird, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt. Dies ist eine unzutreffende Vorstellung, denn maßgeblich ist auch hier wieder allein der Stifterwille. Nur wenn dieser eine Ewigkeitslösung ohne Umkehr will, ist eine Auflösung (fast) unmöglich. Der Stifter kann eine Auflösung in der Satzung aber auch ausdrücklich zulassen und/oder von bestimmten Voraussetzungen abhängig machen. Allerdings ist eine Stiftungslösung im Hinblick auf die steuerlichen Folgen bei Auflösung nur dann zu empfehlen, wenn grundsätzlich eine dauerhafte Lösung angestrebt wird. Eine Verbrauchsstiftung ist zwar gesetzlich möglich, bei Einbringung von Unternehmensvermögen in der Regel aber nicht sinnvoll.
2.4 Verlust der Entscheidungsautonomie durch Stiftungsaufsicht Unsicherheit besteht häufig hinsichtlich des möglichen Einflusses der Stiftungsaufsicht. Diese Einflussmöglichkeiten werden aber meist überschätzt. Bundesrechtlich vorgegeben ist lediglich die behördliche Mitwirkung bei der Anerkennung der Stiftung [§ 80 Abs. 1 BGB] sowie unter ganz engen Voraussetzungen2 die Befugnis der Behörde, die Zweckbestimmung zu ändern oder die Stiftung aufzuheben [§ 87 BGB]. Im Übrigen fällt die Intensität der staatlichen Stiftungsaufsicht für Familienstiftungen in den verschiedenen Bundesländern aufgrund der Länderkompetenz zur Gesetzgebung unterschiedlich aus und reicht vom vollständigen Verzicht bis zur Beaufsichtigung ähnlich wie bei öffentlichen Stiftungen (ausführlicher hierzu [1]3). Der Stifter kann damit durch Wahl des Stiftungssitzes den Umfang der Stiftungsaufsicht selbst wählen. Typische Maßnahmen der Stiftungsaufsicht sind die Einforderung eines Jahresberichts, die Überwachung der Zusammensetzung der Stiftungsorgane oder die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit dieser Organe. Diese Maßnahmen bedeuten zwar einen Verwaltungsaufwand, dieser ist aber moderat. Die unternehmerische Handlungsfähigkeit wird durch die Stiftungsaufsicht aber nicht beschränkt.
2.5 Fehlender Einfluss der Familie Nicht selten wird die Gefahr gesehen, dass durch die Errichtung einer Stiftung der Einfluss auf das Familienunternehmen verloren geht und in Folgegenerationen eine Fremd-
2Unmöglichkeit 3[1]
der Erfüllung des Stiftungszwecks oder Gemeinwohlgefährdung. Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, § 13 Rn. 6, 48 f.
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steuerung durch familienfremde Personen erfolgt, die dann nicht mehr kontrolliert oder aus ihren Funktionen entfernt werden können. Diese Gefahr ist in der Tat nicht zu unterschätzen, wie Fehlentwicklungen bei verschiedenen Stiftungen in der Vergangenheit belegen. Sie kann aber ausgeschaltet werden, indem die Stiftungssatzung so ausgestaltet wird, dass letztlich die Unternehmerfamilie auf Dauer ihre dominierende Funktion ausüben kann, auch wenn zur laufenden Verwaltung und Kontrolle familienfremde Personen hinzugezogen werden (s. Kap. „Die Rechtsstellung des Stifters bzw. der Stifterfamilie im Vergleich zur „klassischen“ Gesellschafterstellung“).
2.6 Verlust des Unternehmertums Ungeachtet dessen besteht bei vielen Familienunternehmen die Sorge, dass der für das langfristige Überleben wichtige Unternehmergeist Schaden nehmen kann, wenn das Familienunternehmen in eine Stiftung eingebracht wird. Dies ist sicher für den Fall nicht von der Hand zu weisen, dass die Steuerung von Stiftung und Unternehmen Personen übertragen wird, die lediglich den Erhalt des Status quo im Auge haben. Aber soweit muss es ja nicht kommen. Aktiven Familienmitgliedern können im Governancegefüge von Stiftung und Unternehmen zentrale Positionen eingeräumt werden. Es bestehen keine Bedenken oder rechtliche Restriktionen, dass ein Stiftungsdestinatär Geschäftsführer oder Aufsichtsrat des Unternehmens werden kann, dass der Familienstiftung seiner Familie gehört. Im Gegenteil: Wenn das Unternehmen Familienunternehmen bleiben soll, ist ein Familieneinfluss auf die maßgeblichen Verwaltungsorgane sinnvoll. Denkbar ist auch, nur die Anteile nicht tätiger Gesellschafter in einer Familienstiftung zu bündeln und für die aktiven Unternehmer eine eigene Konstruktion zu wählen, die neben der Beteiligung am laufenden Ertrag auch eine Beteiligung an der Wertentwicklung des Unternehmens vermittelt. Auf diese Weise können eine stabile Kapitalversorgung und Anreize für unternehmerisches Handeln durchaus sinnvoll verknüpft werden.
2.7 Emotionale Distanz zum Familienunternehmen Ist eine Stiftung Gesellschafterin des Familienunternehmens, so findet durch diese Konstruktion eine Mediatisierung der Stellung der Unternehmerfamilie statt. Die Familie ist nicht mehr Gesellschafter, sondern nur noch Destinatär einer Stiftung, die ihrerseits Gesellschafterin des Familienunternehmens ist. Damit findet zweifellos eine gewisse Entfremdung statt. Aber das ist in den Fällen, in denen – meist aus steuerrechtlichen Gründen – sogenannte Beteiligungsgesellschaften zwischengeschaltet werden, auch nicht anders. Und es gibt hier wie dort Instrumente, die Nachteile einer Mediatisierung zumindest teilweise abzufedern. Vergleichbar den Gestaltungsmöglichkeiten für Gesellschafter kann durch Einbindung der Destinatäre (Destinatärsversammlungen, regelmäßige Informationen, Möglich-
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keiten zu Unternehmensbesuchen, Fortbildungsveranstaltungen, ggf. sogar Gastrechte in den Gesellschafterversammlungen des Unternehmens usw.) erreicht werden, dass eine annährend gleiche emotionale Bindung erzeugen wird, wie dies auch für nichttätige Familiengesellschafter gilt, die nur mittelbar beteiligt sind.
2.8 Ausuferung des Kreises der Begünstigten Gelegentlich wird die Gefahr gesehen, dass die Zahl der begünstigten Destinatäre im Zeitablauf ständig steigt. Dies ist aber ein Risiko, welches auch bei direkter Gesellschaftsbeteiligung besteht und damit kein stiftungsspezifisches Problem darstellt. Zudem sind auch bei der Familienstiftung Satzungsbestimmungen möglich, die die Zahl der Destinatäre beschränken, z. B. wenn jeder Destinatär nur einen Nachfolger in der Destinatärsstellung bestimmen kann oder wenn Regelungen die Destinatärsstellung zeitlich begrenzen (z. B. zeitliche Dauer eines Leistungsbezuges, Ende mit bestimmtem Alter usw.).
2.9 Steuerliche Nachteile Ein Nachteil von Familienstiftungen wird oft in der sog. Erbersatzsteuer gesehen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG unterliegt das Vermögen einer Stiftung, sofern sie wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien errichtet ist, der sog. Erbersatzsteuer. Nach dieser wird alle 30 Jahre ein Erbfall fingiert und die Erbschaftsteuerbelastung ausgelöst, wobei bzgl. des Steuersatzes und der Freibeträge eine Vererbung auf zwei Personen unterstellt wird. Diese Belastung ist im Regelfall allerdings keine Benachteiligung gegenüber einer Vererbung an natürliche Personen, da der Zeitraum von 30 Jahren in etwa der natürlichen biologischen Erbfolge entspricht. Zudem ist der Zeitpunkt des „Erbfalls“ im Gegensatz zu natürlicher Erbfolge planbar, sodass rechtzeitig Vorsorge getroffen werden kann. Außerdem gibt es Möglichkeiten zur Optimierung der Steuersituation. Eine besondere Chance zur Steueroptimierung bietet die neue Verschonungsbedarfsprüfung des § 28 a ErbStG, die insbesondere für große Vermögenswerte neue Gestaltungschancen eröffnet. Überschreitet der Erwerb von begünstigtem Vermögen im Sinne des § 13 b Absatz 2 ErbStG die Grenze von 26 Mio. €, ist die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer auf Antrag des Erwerbers zu erlassen, soweit er nachweist, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen im Sinne des § 28 a Abs. 2 ErbStG zu begleichen. Da diese Regelung nicht nur für natürliche Personen gilt, ist einer Stiftung, die nur über begünstigtes Vermögen verfügt, die Erbschaftsteuer zu erlassen. Hat eine Stiftung auch nicht begünstigtes Vermögen, so kann dies zuvor ausgeschüttet werden. Eine gesetzliche Hinzurechnungsmöglichkeit
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besteht nicht. Auch ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten [§ 42 AO] scheidet u. E. jedenfalls dann aus, wenn eine satzungsgemäße Verwendung erfolgt. Weiter bietet sich die Möglichkeit an, das Vermögen auf mehrere Stiftungen zu verteilen, sodass die Grenze, ab der die steuerlichen Privilegierungen für begünstigtes Vermögen abschmelzen, angehoben werden kann. Auch hierin kann kein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gesehen werden, wenn vernünftige außersteuerliche Gründe (z. B. verschiedene Stiftungszwecke, unterschiedliche Personen als Stifter, unterschiedliche Begünstigte usw.) gegeben sind. Schließlich kommt die Gründung einer ausländischen Familienstiftung in Betracht, die keiner Erbersatzsteuer unterliegt. Hier ist allerdings aus mehreren Gründen zur Vorsicht zu raten. Zunächst unterliegt die Zuführung von Vermögen zu einer Auslandsstiftung stets der Steuerklasse III, ein Nachteil, der meistens hinnehmbar ist, wenn das Vermögen ganz oder überwiegend aus steuerbegünstigtem Vermögen besteht. In der Folge ist allerdings darauf zu achten, dass nicht nur der Sitz, sondern auch der Ort der Geschäftsleitung der Stiftung im Ausland liegen muss, um nachteilige Steuerfolgen zu vermeiden. Dies ist aber in der Regel nicht gewollt. Noch nachteiliger ist es aber, wenn die ausländischen Rechtsordnungen (z. B. in Österreich für die österreichische Privatstiftung) vorschreiben, dass die Verwaltungsorgane mehrheitlich mit dort ansässigen Personen besetzt sein müssen. Eine solche Fremdbestimmung ist, wenn nicht ausnahmsweise eine enge persönliche Beziehung (Wohnsitz) zum Land des ausländischen Stiftungssitzes besteht, nicht gewollt und steht Bestrebungen, den Familieneinfluss zu sichern, häufig entgegen. Zusammenfassend würden wir die steuerliche Situation der Familienstiftung eher als Vor-, denn als Nachteil beurteilen.
3 Motive für die Errichtung einer Familienstiftung Womit wir bei den Vorteilen angelangt wären.
3.1 Verhinderung einer Zersplitterung Ein typisches Problem von Familienunternehmen ist die wachsende Zersplitterung des Gesellschafterkreises, d. h. die Zunahme der Gesellschafterzahl von Generation zu Generation. Ursache hierfür ist ein nicht auflösbarer Zielkonflikt zwischen unternehmerischen und familiären Interessen. In familiärer Hinsicht ist vielfach eine Gleichbehandlung aller Nachkommen gewünscht. In unternehmerischer Hinsicht wäre es im Hinblick auf die Unternehmenssicherung (klare Entscheidungsverhältnisse, Konfliktvermeidung, keine Abfindungszahlungen) sinnvoll, das Unternehmen nur an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin zu übertragen. Das Unternehmensvermögen umfasst aber in vielen Fällen mehr als 80 oder 90 % des gesamten Familienvermögens, sodass eine
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aus Familiensicht „gerechte“ Vermögensverteilung nur durch Beteiligung aller Nachkommen erreicht werden kann. Während sog. Thronfolgerlösungen, wonach ein Nachfolger den Löwenanteil des Familienvermögens erhielt, früher gesellschaftlich anerkannt waren, gelten sie heute als verpönt und sind nur noch bei kleinen Unternehmen und im Adelsbereich vorherrschend. Die Übertragung des Unternehmens auf eine Familienstiftung vermeidet das Zersplitterungsproblem. Die Stiftung ist und bleibt auf Dauer einziger Gesellschafter des Familienunternehmens, auch wenn der Kreis der Destinatäre wächst. Auch wenn der Unternehmer eine Entscheidung über den Kreis der Destinatäre und die Verteilung von Ausschüttungen treffen kann, wird eine kritische Situation vermieden: die Zuordnung des Unternehmensvermögens auf einen Hauptnachfolger unter Gefährdung des Familienfriedens oder die Anordnung von Ausgleichszahlungen, die die Unternehmensentwicklung gefährden.
3.2 Reduzierung von Konfliktpotenzial Mehr Gesellschafter bedeuten in der Regel auch mehr Konflikte. Der Kampf um Geld, Macht und Anerkennung, um Bevorzugung und Benachteiligung hat schon viele Familienunternehmen in den Ruin getrieben oder zumindest in Bedrängnis gebracht. Nicht immer übernimmt der oder die „Beste“ aus der Familie die Geschäftsführung. Zudem wird die Bevorzugung eines Nachfolgers oder einer Nachfolgerin in der Vorgeneration in der Folgegeneration nicht selten als ungerecht empfunden. Die Interessengegensätze zwischen tätigen und nicht tätigen Gesellschaftern steigen. Das Risiko für gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzungen, Anfechtungsklagen, Kündigungen, Streit über Abfindungen usw. erhöht sich, auch weil die Beteiligten unterschiedlich aufgewachsen und sozialisiert sind. All diese Probleme können durch eine Familienstiftung als einzige oder zumindest dominante Gesellschafterin abgeschwächt werden. Natürlich können auch auf Ebene einer Familienstiftung Konflikte auftreten. Diese sind aber deutlich weiter vom Unternehmen entfernt und berühren dieses nicht mehr unmittelbar.
3.3 Vermeidung von gesellschaftsrechtlichen Abfindungsansprüchen Mögliche Abfindungsansprüche ausscheidender Gesellschafter stellen eine weitere Gefahr für Familienunternehmen dar. Diese sind im deutschen Gesellschaftsrecht rechtsformabhängig ausgestaltet. Im Aktienrecht gibt es zwar keine Kündigungsmöglichkeit von Aktionären, sodass die Kapitalbasis des Unternehmens optimal geschützt ist, Aktiengesellschaften sind aber aus anderen Gründen (Formstrenge, Unabhängigkeit des Vorstandes, fehlende Weisungsbefugnis, Mitbestimmung usw.) eine von Familienunternehmen
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selten gewählte Rechtsform. Auch die deutlich beliebtere GmbH kennt von Gesetzes wegen kein Kündigungsrecht. Die Rechtsprechung hat aber ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund anerkannt. Ferner sehen viele Satzungen ein Kündigungsrecht vor. Bei den von vielen Familienunternehmen bevorzugten Personengesellschaften (GmbH & Co. KG) schließlich ist es gar nicht möglich, eine Kündigung auf Dauer auszuschließen. Zwar können Kündigungen in vielfacher Weise erschwert werden (Kündigungsfristen, Abfindungsbeschränkungen, Abfindungszahlungen in Raten), ein Kapitalabfluss kann jedoch nicht dauerhaft verhindert werden. Damit ist für die überwiegende Zahl der Familienunternehmen die Kapitalbasis latent gefährdet, zumal Kündigungen nicht selten durch eine Vorphase als „lästiger Gesellschafter“ vorbereitet werden, um eine gesellschaftsvertraglich reduzierte Abfindung in die Höhe zu treiben. Ist hingegen eine Stiftung einziger Gesellschafter, ist die Kapitalbasis dauerhaft gesichert. Ein Destinatär kann zumindest nach der gesetzlichen Ausgangslage keine Abfindungsansprüche geltend machen. Für Inhaberfamilien, deren Mitglieder sich nicht als Volleigentümer, sondern als Treuhänder im Dienste einer Generationenkette verstehen, bietet die Familienstiftung damit (wie in Abschn. 2.2 bereits erwähnt) eine größtmögliche Rechtssicherheit dafür, dass dieses Verständnis von allen Familienmitgliedern getragen und gelebt wird.
3.4 Vermeidung von Pflichtteilsansprüchen und eherechtlichen Ansprüchen Die Kapitalbasis eines Unternehmens ist nicht nur durch Abfindungszahlungen gefährdet, sondern auch durch Ansprüche aus der Unternehmerfamilie gegen die Gesellschafter selbst. Im Grundsatz haben Ehepartner beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft bei Beendigung der Ehe Zugewinnausgleichsansprüche. Kinder und Ehepartner haben im Erbfall Pflichtteilsansprüche. Schuldner dieser Ansprüche ist zwar nicht das Unternehmen. Hat der Gesellschafter jedoch kein ausreichendes Privatvermögen, ist er darauf angewiesen, dass erforderliche Mittel aus dem Unternehmensvermögen bereitgestellt werden (sei es durch Gewährung von Darlehen oder durch ein Ausscheiden gegen Abfindung). Für diese Situationen ist in jeden Fall Vorsorge zu treffen. Im Verhältnis zum Ehepartner geschieht dies in der Regel durch Abschluss eines Ehevertrages. Dabei wird heute in der Regel eine sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft vereinbart, wonach der Zugewinn für den Scheidungsfall entweder generell ausgeschlossen oder auf das persönliche Vermögen begrenzt wird. Ergänzend erfolgt ein genereller oder gegenständlich auf das Unternehmensvermögen beschränkter Pflichtteilsverzicht. Derartige Verträge sind vielfach schon nach den Regelungen in den Gesellschaftsverträgen des Familienunternehmens erforderlich. Sie können zwar nicht erzwungen werden, aber die vertragliche Sanktion eines Zwangsausschlusses übt zumindest
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v orbeugenden Druck aus. Gleichwohl gibt es für den Kapitalschutz keine hundertprozentige Sicherheit. Auch wenn entsprechende Verträge vorgelegt werden müssen, so könnten diese theoretisch am Folgetag wieder geändert werden, ohne dass dies das Unternehmen bzw. die anderen Gesellschafter erfahren. Ebenso sind uns Fälle bekannt, in denen durch den bewussten Verstoß gegen eine gesellschaftsvertragliche Güterstandklausel ein an sich nicht mögliches Ausscheiden erzwungen werden sollte. Noch schwieriger ist der Abschluss von Pflichtteilsverzichtsverträgen mit Kindern. Bei minderjährigen Kindern müsste das Vormundschaftsgericht zustimmen. Bei volljährigen Kindern nehmen die Gerichte zunehmend eine Kontrolle der sog. Umstandssittenwidrigkeit vor. Hierzu ist es unter Anderem erforderlich, dass die pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge über die aktuelle Vermögenssituation des Unternehmers vollständig und wahrheitsgemäß informiert werden. All diese Probleme werden durch eine Stiftung vermieden. Vermögen, das einer Stiftung gehört, ist bei der Berechnung potenzieller Zugewinnausgleichsansprüche bzw. Pflichtteilsansprüche nicht zu berücksichtigen. Zu beachten ist lediglich, dass die Übertragung auf die Stiftung rechtzeitig erfolgt. Übertragungen innerhalb der letzten zehn Jahre erhöhen nämlich das Endvermögen beim Zugewinnausgleich und beim Pflichtteil lösen Schenkungen (Übertragungen an Stiftungen werden insoweit gleichgestellt) sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche aus, die jedes Jahr nach Vollzug der Vermögensübertragung um ein Zehntel abschmelzen. Nach erfolgter Übertragung des Unternehmensvermögens auf die Familienstiftung ergeben sich zusätzlich erhebliche Erleichterungen für die Abkömmlinge. Diese müssen zur Absicherung des Kapitals des Unternehmens keine Ehe- oder Pflichtteilsverzichtsverträge mehr abschließen und können die emotional belastenden Diskussionen im Vorfeld einer Eheschließung vermeiden. Sogar eine Übertragung der Destinatärstellung auf den Ehepartner stehen jetzt keine Vorbehalte mehr entgegen, da die negativen erbschaftsteuerlichen Auswirkungen mit Umwandlung der Gesellschafterin eine Destinatärstellung praktisch weggefallen sind.
3.5 Steuerliche Vorteile Dass Familienstiftungen nicht unbedingt steuerlich nachteilig sein müssen, haben wir bereits gesehen (s. Abschn. 2.9). Mitunter werden Stiftungen aber auch als Steuersparmodell gesehen. Dies ist indessen zumindest für deutsche Familienstiftungen im Grundsatz nicht zutreffend.4 Steuern vermeiden kann man nur mit gemeinnützigen Stiftungen, die allerdings im Hinblick auf diese Privilegierungen umfangreichen Restriktionen [§§ 51 ff. der Abgabenordnung] unterliegen. Die Erträge einer steuerbegünstigten
4Auf
die ausländischen Familien- und Privatstiftungen können wir im Rahmen dieses Beitrages nicht näher eingehen.
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Stiftung dürfen nur in angemessenem Umfang – maximal jedoch zu einem Drittel – dazu verwendet werden, um in angemessener Weise den Stifter und seine nächsten Angehörigen zu unterhalten [§ 58 Nr. 5 AO]. Was unter angemessenem Umfang zu verstehen ist, ist bisher nicht klar definiert, sodass man davon ausgehen muss, dass lediglich die Sicherung einer bescheidenen Versorgung möglich ist, wenn die Gemeinnützigkeit nicht gefährdet werden soll. Damit aber scheidet eine die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung aus, wenn nicht die Entscheidung getroffen wird, die Einkünfte weitgehend familienfremd einzusetzen (Zur Kombination von Familienstiftungen und gemeinnützigen Stiftungen vgl. Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“). Für die Familienstiftung gelten die Privilegien der gemeinnützigen Stiftungen nicht. Sie unterliegt hinsichtlich ihrer Einkünfte der allgemeinen Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz bzw. soweit sie gewerbliche Einkünfte erzielt, auch der Besteuerung nach dem Gewerbesteuergesetz. Allerdings können durch eine Stiftungskonstruktion Vorteile gegenüber einer Familienholding in Form einer Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft erzielt werden (ausführlich hierzu Kap. „Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung“). Diese Steuereffekte sind im Regelfall aber kein ausreichendes Motiv für die Errichtung einer Stiftung. Anders verhält es sich mit den Gestaltungsmöglichkeiten, die sich derzeit im Bereich des Erbschaftsteuerrechts für große Vermögen erreichen lassen (s. dazu Abschn. 2.9). Allein hierauf würden wir die Errichtung einer Familienstiftung allerdings nicht begründen, zumal anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber die eigentlich systemwidrige Lücke früher oder später schließen könnte.
3.6 Handlungsfreiheit bezüglich der Wohnsitzwahl Im Zuge der Internationalisierung der Wirtschaft findet zunehmend auch eine Internationalisierung der Unternehmerfamilien statt. Die Gesellschafter des Familienunternehmens leben vorübergehend oder auch dauerhaft im Ausland, heiraten ausländische Partner und Erbfälle treten ein, während Familienmitglieder ihren Wohnsitz im Ausland haben. Die sich hieraus ergebenden zivilrechtlichen Fragen (anwendbares Eherecht, anwendbares Erbrecht) sollen an dieser Stelle nicht vertieft werden; vertiefenswert erscheinen uns jedoch wichtige – gelegentlich übersehene Steuerfolgen – für die Unternehmerfamilie. Bei einer Kapitalgesellschaft löst ein Wegzug grundsätzlich die sog. Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG aus, d. h. die stillen Reserven in Höhe des Differenzbetrages zwischen Verkehrswert und den Anschaffungskosten müssen beim Wegzug versteuert werden (eine Vertiefung findet sich im Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“). Zwar wird die Steuer beim Wegzug innerhalb der Europäischen Union zinslos gestundet, dies ist aber in der Folge mit jährlichen Erklärungspflichten gegenüber dem Finanzamt verbunden.
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Ein Wegzug erfolgt aber nicht immer innerhalb der EU. Zudem bestehen Unsicherheiten, was gelten soll, wenn ein Land die EU verlässt (Brexit). Bei originär gewerblich tätigen Personengesellschaften gibt es keine Wegzugsbesteuerung, weil das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland nach den jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen in der Regel gesichert ist. Allerdings gilt dies nicht, wenn nur eine gewerblich geprägte Gesellschaft vorliegt, die die Holdingfunktion über Kapitalgesellschaften ausübt. In diesem Fall hat § 50 i EStG eine Besteuerungslücke geschlossen und unterwirft auch in diesem Fall den Wegzug der Besteuerung. Weiter sind etwaige Auswirkungen im Ausland zu beachten. So unterwirft z. B. Kanada den Vermögensübergang von Anteilen an deutschen Personengesellschaften im Erbfall der sog. Capital-Gain-Besteuerung, d. h. eine Übertragung im Erbfall wird nach kanadischem Recht einer Veräußerung gleichgestellt. Erschwerend kommt hinzu, dass die dann in Kanada anfallende Einkommensteuer nicht auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet wird. Unabhängig von dieser Situation ist generell zu bedenken, dass ein ausländischer Wohnsitz zu einer doppelten oder zumindest erhöhten Erbschaftsteuerbelastung führen kann. Die Bundesrepublik Deutschland hat bisher nur mit sechs Staaten Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet der Erbschaftsteuer abgeschlossen. Was nun hat all dies mit einer Stiftung zu tun? Ist das Familienunternehmen in eine Familienstiftung eingebracht, so ist das Vermögen in Deutschland steuerverhaftet, gleichgültig wohin die Gesellschafter ihren Wohnsitz verlagern. Eine Wegzugsbesteuerung findet nicht statt. Zudem wird in der Regel das Risiko einer doppelten Erbschaftsteuerbelastung ausgeschaltet. Ein wesentlicher Vorteil einer Familienstiftung kann also auch darin gesehen werden, dass sie weitgehende persönliche Handlungsfreiheiten bzgl. des Wohnsitzes verschafft.
3.7 Möglichkeit einer Gleichbehandlung künftiger Abkömmlinge Das geltende Erbrechtssystem führt zwangsläufig dazu, dass sich bei Gesellschaften die Beteiligungsquoten der Gesellschafter sehr unterschiedlich entwickeln können. Auf der dem Unternehmer folgenden Generationenebene ist zwar eine Gleichbehandlung möglich. Haben diese Nachfolger aber eine unterschiedliche Zahl von Kindern, so entwickeln sich die Anteilsverhältnisse auseinander mit der Folge, dass sehr unterschiedliche Anteilsquoten entstehen. Eine Gleichbehandlung in der weiteren Generationenfolge ist eher zufällig, aber nicht der Regelfall. So entsteht ein Wohlstands-, aber auch Machtgefälle, welches man als folgerichtig oder ungerecht ansehen mag. Dies ist jedenfalls zwangsläufige Folge von Gesellschaftsbeteiligungen in Verbindung mit dem Erbrecht. Demgegenüber lässt das Konzept einer Familienstiftung die Möglichkeit offen, sämtliche künftigen Abkömmlinge, gleichgültig aus welchem Familienstamm sie kommen und wie viele Geschwister sie haben, gleich zu behandeln. Dies muss nicht das bessere
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oder gerechtere Modell sein, aber die Stiftungskonstruktion lässt die freie Wahl, ob die den Begünstigten zustehenden Leistungen gleichmäßig nach Köpfen oder nach fiktiven Anteilsverhältnissen verteilt werden sollen.
3.8 Asset Protection für Familienvermögen Ein weiteres Motiv des Unternehmers für die Einbringung von Vermögen in eine Familienstiftung ist gelegentlich der Wunsch einer Sicherung des Familienvermögens gegenüber Ansprüchen potenzieller Gläubiger der Inhaberfamilie, die sog. „Asset Protection“. Bestehen Ansprüche gegen einzelne Mitglieder der Unternehmerfamilie, die Gesellschafter sind, so können deren Gesellschaftsanteile von Gläubigern gepfändet werden. Demgegenüber sind die Rechte der Destinatäre auf Stiftungsleistungen nicht pfändbar, wenn hierauf kein rechtlicher Anspruch besteht. Das Familienvermögen kann damit langfristig auch im Interesse weit nachfolgender Generationen zusammengehalten werden. Einzelne „schwarze Schafe“, die mit Vermögen nicht umgehen können oder es aus eigensüchtigen Gründen verschwenden, gefährden weder das Unternehmen noch die Versorgung künftiger Generationen. Im Übrigen kann es gewünscht sein, das Familienvermögen dadurch krisensicherer zu gestalten, dass freie Mittel aus dem Familienunternehmen auf Stiftungsebene sicher geparkt werden, wenn – aus welchen Gründen auch immer – ein Zufluss in die private Gesellschafterebene nicht oder noch nicht gewünscht ist.
3.9 Finanzierungsfunktion Die Stiftung kann für das Familienunternehmen auch eine Finanzierungsfunktion übernehmen. Erfolgen Ausschüttungen an die Gesellschafter des Familienunternehmens direkt, so ist bei späterem Finanzbedarf – insbesondere in Krisenfällen – nicht gesichert, dass alle Gesellschafter das Familienunternehmen durch den Einsatz privater Mittel finanzieren. In Krisenfällen ist es aber zur Sicherstellung der Fremdfinanzierung häufig erforderlich, dass auch die Inhaber einen finanziellen Beitrag leisten, eine schnelle Entscheidung getroffen werden kann und langwierige Diskussionen über Finanzierungsbeiträge und Konditionen der Kapitalerhöhung vermieden werden. Ist Vermögen auf Stiftungsebene geparkt, so ist eine schnelle Entscheidung im Unternehmensinteresse leichter möglich.
3.10 Nachfolgeregelung bei fehlenden Nachfolgern Nicht immer ist die Frage, wer das unternehmerische Vermögen erhalten soll, einfach im Sinne „mein(e) Kind(er)“ zu beantworten. Zunächst ist an kinderlose Unternehmer
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zu denken, die ihr Vermögen nicht an Neffen oder Nichten oder entferntere Verwandte übertragen wollen und auch sonst niemanden haben, dem sie ihr Vermögen übertragen wollen. Ferner gibt es die Unternehmer mit Kindern, die ihr Vermögen wegen persönlicher Konflikte oder bestimmter persönlicher Eigenschaften nicht in vollem Umfang an die Kinder übertragen möchten. Schließlich gibt es in Einzelfällen auch potenzielle Nachfolger, die aus persönlichen Gründen die Verantwortung für große Vermögenswerte nicht übernehmen wollen oder aus sonstigen Gründen eine Einbindung in eine Unternehmerfamilie mit Verantwortung, Rechten und Pflichten vermeiden wollen. In derartigen Fällen kann zwar – wenn es um vorübergehende Lösungen geht – auch an erbrechtliche Gestaltungen wie Testamentsvollstreckung oder Anordnung von Vorund Nacherbfolge gedacht werden. Eine dauerhafte und möglichst abgesicherte Lösung für vorgenannte Fälle wird aber häufig nur dadurch erreicht werden können, dass der Unternehmer sein (Unternehmens-)vermögen auf eine von ihm geschaffene juristische Person (z. B. eine Stiftung) überträgt.
3.11 Sicherung der Förderung gewünschter Aktivitäten Viele Unternehmer fördern auf regionaler oder überregionaler Ebene Aktivitäten im Bereich Sport, Kultur, Politik oder Wissenschaft. Wenn Sie derartige Förderungen auch für künftige Generationen vorgeben wollen, so können sie im Rahmen der Stiftungssatzung erreichen, dass diese Aktivitäten auch nach ihrem Ableben in einem festgelegten Umfang gefördert werden. Eine solche Verpflichtung ist zwingend und damit weitaus stärker als eine erbrechtliche Auflage.
3.12 Vermeidung der Mitbestimmung Zu guter Letzt sei noch auf die Möglichkeiten in Zusammenhang mit der unternehmerischen Mitbestimmung hingewiesen. Die Vermeidung der Mitbestimmung (insbesondere der paritätischen Mitbestimmung nach § 4 MitbestG) ist ein häufig anzutreffendes strategisches Ziel der Unternehmerfamilie, wenn im Konzernverbund mehr als 2000 inländische Arbeitnehmer beschäftigt werden. Hierbei ist im Grundsatz davon auszugehen, dass die Mitbestimmung, wenn nicht anderweitige Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden (z. B. ausländischer Komplementär einer GmbH & Co. KG), immer dann eingreift, wenn im Konzern die vorgenannte Mitarbeiterzahl überschritten wird. Wenn dagegen eine Stiftung Konzernobergesellschaft ist, greift eine paritätische Mitbestimmung rechtsformbedingt auch dann nicht ein, wenn die Stiftung Muttergesellschaft mehrerer Teilkonzerne ist, die ihrerseits auf Teilkonzernebene nicht mehr als 2000 inländische Arbeitnehmer beschäftigen (vgl. auch nachfolgend das Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“). Dieses Modell wird z. B. von Aldi Süd praktiziert.
Pro und Contra Familienstiftung
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Daneben kann eine Mitbestimmung auch dann vermieden werden, wenn eine Stiftung eine Komplementärfunktion in einer Stiftung & Co. KG übernimmt. Allerdings ist hier, anders als beim Holding-Modell, Vorsicht geboten, weil die Stiftung & Co. KG schon im Inland wegen ihrer geringen Verbreitung und der fehlenden Publizität im Rechtsverkehr kritisch gesehen wird. Erst recht gilt dies im Ausland.
4 Fazit Wir hoffen, wir konnten aufzeigen, dass es in der Tat eine Vielzahl von Überlegungen gibt, die für und gegen die Errichtung einer Familienstiftung in Zusammenhang mit der Sicherung der Generationenkontinuität im Familienunternehmen sprechen können. Ebenso wollten wir helfen, unbegründete von begründeten Argumenten zu unterscheiden und damit die individuelle Entscheidung der Unternehmerfamilie erleichtern. Die letztendliche Entscheidung können und wollen wir Ihnen nicht abnehmen. Zur Entscheidungsfindung ist es erforderlich, herauszuarbeiten, welche Ziele der Unternehmer oder die Unternehmerfamilie verfolgen, diese zu gewichten und anschließend die für und gegen eine Familienstiftung sprechenden Gründe gegeneinander abzuwägen. Dabei spricht für die Errichtung einer Stiftung vor allem, dass das Unternehmen durch die Bündelung der Anteile in einer Stiftung unabhängiger von Entwicklungen in der Familie wird. Die Zersplitterung der Anteile oder andere Veränderungen im Kreis der Begünstigten haben keine Auswirkungen mehr, Wegzug eines begünstigten ins Ausland ist unproblematisch und auch persönliche Einschränkungen wie Eheverträge und Pflichtteilsverzichte sind bei Einsatz einer Stiftung nicht mehr erforderlich. Man muss sich indes klar machen, dass eine Stiftung zwar nicht die Familie als solche „enteignet“, wohl aber den einzelnen Begünstigten. Wer dies nicht will, für den ist eine Familienstiftung nicht attraktiv. Und auch steuerliche Gründe sollten nicht der Anlass für eine Familienstiftung sein. Ein Steuersparmodell ist die deutsche Familienstiftung, zumindest im Normallfall, nicht.
Literatur 1. Richter A (2019) Stiftungsrechts-Handbuch, 5. Aufl. Beck Verlag, München
Prof. Dr. Peter May ist einer der führenden Experten für Familienunternehmen und ein Pionier der strategischen Beratung ihrer Inhaber. 1998 gründete er mit der INTES das erste auf Beratung und Qualifizierung von Unternehmerfamilien fokussierte Unternehmen in Deutschland und entwickelte es zur führenden Marke in ihrem Segment. Von 2008 bis 2009 war er Inhaber des Wild Group Chair of Family Business am IMD in Lausanne. Aktuell lehrt er als Honorarprofessor an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar. Darüber hinaus hat er zahlreiche Initiativen für Familienunternehmen ins Leben gerufen u. a. den Governance Kodex für Familien-
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P. May und D. Jeschke
unternehmen, die Auszeichnung „Familienunternehmer des Jahres“ und ist Mitgründer von FBN Deutschland. Heute berät und begleitet der Jurist und Betriebswirt namhafte Unternehmerfamilien zusammen mit dem Team der PETER MAY Family Business Consulting. Dieter Jeschke hat von 1977 bis 1982 Rechtswissenschaften an der Universität Köln sowie von 1979 bis 1984 Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen (Abschluss: Dipl.-Ökonom) studiert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abschluss der Referendarzeit erfolgte die Zulassung als Rechtsanwalt in Stuttgart im Jahr 1987. 1992 absolvierte er das Steuerberaterexamen. Von 2001 bis 2011 war Herr Jeschke Vorstand einer börsennotierten Beteiligungsgesellschaft. Seit 2011 ist er als Rechtsanwalt selbständig in der Beratung von Familienunternehmen tätig und erwarb im Rahmen von Fortbildungsprogrammen zwischenzeitlich weitere Masterabschlüsse in Mediation (Master of Mediation), International Taxation (MBA) Wirtschaftsrecht und Restrukturierung (LL. M.) sowie Erbrecht und Unternehmensnachfolge (LL. M.).
Die Rechtsstellung des Stifters bzw. der Stifterfamilie im Vergleich zur „klassischen“ Gesellschafterstellung Dieter Jeschke
Inhaltsverzeichnis 1 Die wesentlichen Rechte aus einer Gesellschafterstellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2 Die Rechtsstellung des Stifters. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3 Die Rechtsstellung der Stifterfamilie nach der Gesetzlage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4 Die Rechtsstellung der Unternehmerfamilie bei sachgerechter Satzungsgestaltung . . . . . . . 31 5 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Zusammenfassung
Die wesentlichen Rechte aus einer Gesellschafterstellung (Ausschüttungen, Teilnahmerechte an Gesellschafterversammlungen, Informationsrechte usw.) sind den Gesellschaftern eines Familienunternehmens in der Regel aufgrund langjähriger Erfahrungen zumindest im Grundsatz vertraut. Demgegenüber sind die Änderungen, die sich bei einer Übertragung des Unternehmens an eine Stiftung ergeben, oft unbekannt. Unbekannt sind aber insbesondere die Möglichkeiten des Stifters bzw. der Stifterfamilie, sich über eine Satzungsgestaltung den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Möglichkeiten anzunähern, um auf diese Weise den Familieneinfluss und die vermögensrechtlichen Ziele abzusichern.
D. Jeschke (*) Rechtsanwalt und Steuerberater, Leinfelden-Echterdingen, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_3
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D. Jeschke
1 Die wesentlichen Rechte aus einer Gesellschafterstellung Die Rechte eines Gesellschafters sind im deutschen Gesellschaftsrecht rechtsformabhängig ausgestaltet. Allerdings ist allen Gesellschaftsformen gemein, dass es typische Gesellschafterrechte gibt, die abhängig von der konkreten Rechtsform individuell ausgestaltet werden können und – abhängig von der jeweiligen Gesellschafterstruktur – auch entsprechend ausgestaltet werden. Zu nennen sind insbesondere: • • • • •
Das Recht auf Teilhabe am Unternehmensgewinn (Dividende, Ausschüttung usw.), das Recht zur Kündigung und damit verbunden ein Recht auf Abfindung, die Möglichkeit zur Veräußerung und Vererbung, das Recht auf Informationen, Mitwirkungsrechte bei Gesellschafterbeschlüssen.
Im Rahmen dieses Beitrags ist es nicht möglich, im Detail auf die verschiedenen Rechtsformen und Gestaltungsmöglichkeiten einzugehen, sondern es soll nur ein grober Überblick gegeben werden, welcher die grundlegenden Unterschiede eines „typischen“ Gesellschafters eines Familienunternehmens zu der Rechtsstellung des Stifters und der Stifterfamilie deutlich macht.
1.1 Gewinnverwendung Im Recht der Kapitalgesellschaften werden Entscheidungen über die Gewinnverwendung in der Regel durch die Gesellschaftermehrheit getroffen. Der einzelne Gesellschafter hat dann bei entsprechendem Ausschüttungsbeschluss ein Recht auf Teilhabe am Gewinn entsprechend seiner Beteiligungsquote. Mindestausschüttungen gibt es nach der Gesetzeslage nur in sehr beschränktem Umfang. Allerdings enthalten Satzungen von Familienunternehmen vielfach im Hinblick auf die Vermeidung jährlicher Ausschüttungsdiskussionen und zum Zwecke des Minderheitenschutzes Regelungen über Ausschüttungen zumindest eines Teils des erwirtschafteten Jahresüberschusses. Demgegenüber sieht das Gesetz für Personengesellschaften ein dispositives Modell [§§ 121, 168 HGB] vor, welches in der Praxis aber weitgehend bedeutungslos ist und regelmäßig durch ein Modell entsprechend den Regelungen des Kapitalgesellschaftsrechts (Entscheidung durch Gesellschaftermehrheit und Verteilung entsprechend Anteilen am Festkapital) ersetzt wird. Allerdings ist es wegen der steuerlichen Besonderheiten bei Personengesellschaften (Transparenzprinzip, steuerliche Zurechnung des Gewinns an die Gesellschafter unabhängig von der Ausschüttung) in der Regel erforderlich, zumindest eine Mindestausschüttung in Höhe der steuerlichen Belastungen festzusetzen.
Die Rechtsstellung des Stifters bzw. der Stifterfamilie
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1.2 Kündigung und Abfindung Den Gesellschaftern einer Personengesellschaft steht zwingend [§ 723 BGB] ein Kündigungsrecht bezüglich ihrer Beteiligung zu. Dieses Recht kann zwar eingeschränkt werden, insbesondere durch längere Kündigungsfristen, Reduzierung von Abfindungen unter Verkehrswert, gestreckte Zahlungen über längere Zeiträume, jedoch nie völlig ausgeschlossen werden. Das GmbH-Recht kennt zwar kein ausdrückliches gesetzliches Kündigungsrecht, allerdings ist durch die Rechtsprechung ein Recht zum Austritt aus einer GmbH bei Vorliegen eines wichtigen Grundes seit langem anerkannt. Auch enthalten viele GmbH-Satzungen ein Kündigungsrecht. Demgegenüber gibt es bei Aktiengesellschaften – auch im Hinblick auf die leichtere Übertragbarkeit von Aktien – kein Kündigungsrecht.
1.3 Übertragung und Vererbung Im Personengesellschaftsrecht besteht nach dem Gesetz grundsätzlich kein Recht zur freien Übertragung; allerdings kann eine Übertragung gesellschaftsrechtlich vorgesehen werden. Üblich in der Praxis ist vielfach eine Übertragungsmöglichkeit durch qualifizierten Gesellschafterbeschluss (Mehrheit häufig 75 %, aber frei gestaltbar) bzw. eine zustimmungsfreie Übertragung an einen qualifizierten Personenkreis (z. B. Abkömmlinge oder Mitgesellschafter, evtl. Ehepartner). Die Vererbung ist bei Kommanditanteilen frei möglich; allerdings werden in der Vertragspraxis üblicherweise sog. qualifizierte Nachfolgeklauseln vorgesehen, die parallel zu den Übertragungsmöglichkeiten unter Lebenden gestaltet werden. Dies bedeutet, dass eine Vererbung nur an einen bestimmten Kreis von Personen erfolgen kann. Wird erbrechtlich dann anderweitig verfügt, scheidet der Rechtsnachfolger aus der Gesellschaft aus. Demgegenüber bestehen im Kapitalgesellschaftsrecht grundsätzlich freie Übertragungs- und Vererbungsmöglichkeiten. Allerdings finden sich bei Familiengesellschaften üblicherweise Regelungen, die die freie Übertragbarkeit ausschließen bzw. beschränken (sog. Vinkulierungsklauseln). Hierdurch wird zwar nicht die Vererbbarkeit ausgeschlossen; diese wird aber im Ergebnis durch sog. Einziehungsklauseln eingeschränkt, indem eine Einziehung oder Zwangsabtretung angeordnet werden kann, wenn Anteile nicht an einen bestimmten Kreis nachfolgeberechtigter Personen übergehen.
1.4 Informationsrechte Die Informationsrechte von Kommanditisten sowie von Aktionären sind relativ stark eingeschränkt; sie beschränken sich im Wesentlichen auf die Jahresabschlüsse (vgl. § 166 HGB für Kommanditisten) bzw. Geschäftsberichte sowie Informationen im Rahmen
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der jährlichen Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung1. Demgegenüber stehen GmbHGesellschaftern sehr weitgehende Informationsrechte zu, die auch außerhalb von Gesellschafterversammlungen geltend gemacht werden können [§ 51 a GmbHG].
1.5 Mitwirkungsrechte bei Gesellschafterbeschlüssen Den Gesellschaftern steht grundsätzlich ein Teilnahmerecht an Gesellschafterversammlungen sowie ein Stimmrecht im Rahmen der Gesellschafterversammlung zu. Das Stimmrecht kann allerdings bei Kapitalgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen (stimmrechtslose Vorzugsaktien, stimmrechtlose GmbH-Anteile kraft Satzung) entfallen.
2 Die Rechtsstellung des Stifters Anders als im Gesellschaftsrecht, in welchem die Rechtsstellung der Gesellschafter ausführlich geregelt ist, kennt das Stiftungsrecht keine detaillierten Regelungen über die Rechtsstellung des Stifters. Die Rechtsstellung des Stifters lässt sich vielmehr vereinfacht wie folgt beschreiben: Der Stifter entscheidet zunächst autonom darüber, ob und in welchem Umfang er sein Vermögen bzw. einen Teil seines Vermögens zur Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks widmen möchte. Er entscheidet im Rahmen des Stiftungsgeschäftes über die Satzung der Stiftung, wobei es nur wenige gesetzliche Vorgaben für den Satzungsinhalt gibt. Notwendige Inhalte sind Regelungen wie der Name der Stiftung, der Sitz der Stiftung, der Zweck der Stiftung, das Vermögen der Stiftung und die Bildung des Vorstands der Stiftung [§ 81 Abs. 1 Satz 3 BGB]. Der Stifter trifft also bestimmte Grundlagenentscheidungen. Bis zur Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig ist der Stifter zum Widerruf des Stiftungsgeschäfts berechtigt [§ 81 Abs. 2 Satz 1 BGB]. Wird die Stiftung als rechtsfähig anerkannt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen [§ 82 Satz 1 BGB]. Das Vermögen dient ab diesem Zeitpunkt lediglich den vom Stifter festgelegten Zwecken. Sieht die Satzung keine Begünstigung seiner Person bzw. seiner Familie vor (in diesem Fall ist dann gar keine Familienstiftung gegeben) und ist der Stifter kein Organmitglied der Stiftung, so kann man vereinfacht davon sprechen, dass er sein Vermögen weggeben hat und zukünftig keinerlei gesicherten Einflussmöglichkeiten auf die Stiftung hat. Dies würde bedeuten, dass er durch die Stiftungserrichtung alle die Rechte verliert, die zuvor als wesentliche Merkmale einer Gesellschafterstellung behandelt würden. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einen theoretisch möglichen Grenzfall, der sich in dieser Form in der Rechtswirklichkeit kaum wiederfindet.
1Siehe
§ 131 AktG zu Auskunftsansprüchen der Aktionäre in der Hauptversammlung.
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Typischerweise sehen Stiftungssatzungen von Familienstiftungen neben der Begünstigung der Familie und der Förderung eines Unternehmens auch die Begünstigung des Stifters selbst und der von ihm definierten Unternehmerfamilie vor. Der Stifter ist regelmäßig Mitglied des Vorstands oder alleiniger Vorstand. Er entscheidet damit über die Ausübung der Gesellschafterrechte in den eingebrachten Unternehmen sowie über die Mittelverwendung der Stiftung unter Bindung an den von ihm selbst definierten Zweck der Stiftung. Vielfach werden in der Satzung Sonderrechte für den Stifter vorgesehen. Dieser gehört beispielsweise einem Organ auf Lebenszeit an, bestimmt über die Berufung oder Abberufung von Organmitgliedern oder er kann Satzungsänderungen unter erleichterten Voraussetzungen beschließen. Er oder andere Destinatäre können und werden bei einer Familienstiftung als Begünstigte im Fall einer Auflösung der Stiftung vorgesehen. Da gesetzlich auch sog. Verbrauchsstiftungen vorgesehen werden können, kann auch geregelt werden, dass das Vermögen selbst zu Versorgungszwecken des Stifters eingesetzt werden kann. Der Stifter hat es also selbst in der Hand, in welchem Umfang er Vermögens- oder Verwaltungsrechte bezüglich des eingebrachten Vermögens aus der Hand geben möchte. Letztlich ist es eine Frage der Satzungsgestaltung, ob und in welchem Umfang er seine als Gesellschafter vorhandene Rechtsstellung durch eine Stiftungskonstruktion beschränken möchte. Damit ergeben sich aber ähnliche Fragestellungen wie im Rahmen der allgemeinen Nachfolgeplanung wie bei vorweggenommener Erbfolge oder auch nur bei erbrechtlichen Beschränkungen durch Erbverträge oder evtl. durch gemeinschaftliche Testamente, wobei die Einflussmöglichkeiten des Stifters auch unter Berücksichtigung steuerlicher Faktoren m. E. in größerem Umfang als bei einer vorweggenommen Erbfolge gesichert werden können.2 Als Zwischenergebnis lässt sich damit festhalten, dass der Stifter selbst – abhängig von der von ihm selbst gestalteten Satzung – seine Einflussmöglichkeiten durch eine Stiftungskonstruktion nur moderat einschränkt, indem er bezüglich der Mittelverwendung der Stiftung die von ihm selbst festgelegte Zwecksetzung beachten muss.
3 Die Rechtsstellung der Stifterfamilie nach der Gesetzlage Abweichend von der Betrachtung des Stifters selbst, dessen Rechtsstellung nur moderate Beschränkungen erfährt, kann eine Stiftung, und zwar auch eine Familienstiftung, aus Sicht der Unternehmerfamilie gesehen werden. Durch Übertragung des Vermögens auf eine Stiftung verringert sich das im Erbfall vorhandene Endvermögen
2Die
steuerlich gewünschte privilegierte Übertragung von begünstigtem Vermögen wird bei Betriebsvermögen nur dann erreicht, wenn die Mitunternehmerstellung des Rechtsnachfolgers nicht durch übermäßige Beschränkungen in den Bereichen Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko gefährdet wird.
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des Unternehmers, sodass die gesetzlichen Pflichtteilsansprüche pflichtteilsberechtigter Personen (Abkömmlinge, Ehepartner) im Wert gemindert werden. Als Ausgleich gewährt das Gesetz zwar sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche gemäß § 2325 Abs. 1 BGB, wonach der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen kann, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.3 Allerdings mindert sich dieser Anspruch für jedes Jahr nach Vollzug der Schenkung um ein Zehntel [§ 2325 Abs. 3 BGB]. Ähnliche Wirkungen ergeben sich im eherechtlichen Güterrecht gemäß § 1375 Abs. 3 BGB. Danach erhöhen Schenkungen innerhalb von 10 Jahren vor Beendigung des Güterstandes, allerdings ohne Abschmelzung über 10 Jahre wie in § 2325 Abs. 3 BGB, das Endvermögen des ausgleichspflichtigen Ehepartners. Eine Stiftungskonstruktion hat also aus Sicht der Unternehmerfamilie zunächst die vorstehend genannten Nachteile bezüglich potenzieller Individualansprüche. Weiter ist zu bedenken, dass der Stifter den Kreis der Destinatäre4 frei festlegt und damit insbesondere auch die Qualifikation als Familienstiftung [1].5 Auch bei einer Familienstiftung ist es möglich, dass weitere familienfremde Zwecke festgelegt werden, also aus Sicht der Familie eine „Fehlleitung“ eines Teils der Erträge erfolgt. Aber auch wenn ausschließlich die Familie als Begünstigte vorgesehen wird, bedeutet dies nicht, dass das einzelne Familienmitglied überhaupt etwas erhält. Die Frage, ob die dem Kreis der Destinatäre angehörenden Personen einen klagbaren Anspruch auf die Stiftungsleistungen haben oder nicht, entscheidet sich nach dem Willen des Stifters.6 Selbst wenn danach ein Anspruch besteht, kann dieser vielfach gemindert sein. Einerseits wird schon in der Gesellschafterversammlung des Familienunternehmens die Entscheidung getroffen, inwieweit Erträge auf Ebene des Familienunternehmens thesauriert werden. Dann ist weiter denkbar, dass auch auf Ebene der Stiftung Gewinnthesaurierungen erfolgen. Schließlich ist möglich, dass Verteilungen auf Ebene der Stiftung anders als von als „gerecht“ empfundenen Verteilungen erfolgen, z. B. eine Verteilung an die Destinatäre unter Berücksichtigung der Kopfzahl oder vom Vorstand als sachgerecht eingestufter anderer Kriterien. Kündigungsmöglichkeiten des Destinatärs einer Stiftung bestehen nicht. Er ist zwar nicht verpflichtet, Ausschüttungen der Stiftung entgegenzunehmen. Auch kann er auf seine Rechte aus der Destinatärsstellung verzichten. Er hat aber – anders als im Gesellschaftsrecht – keine Möglichkeit im Zuge einer Aufgabe einer Destinatärsstellung irgendwelche Abfindungsansprüche zu realisieren. Auch eine individuelle Übertragungsmöglichkeit unter Lebenden oder im Erbfall besteht nicht.
3Übertragungen
von Vermögen auf eine Stiftung werden im Pflichtteilsrecht Schenkungen gleichgestellt. 4Destinatär ist der Begünstigter der Stiftung. 5[1] auch Hof, in: Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, § 6 Rn. 168. 6So bereits BGH NJW 1957, 708.
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Gesellschaftsrechtliche Mitwirkungsmöglichkeiten bei Beschlüssen auf Ebene des fortgeführten Familienunternehmens bestehen, soweit der Destinatär nicht Mitglied eines Organs der Stiftung ist, nicht. In der Gesellschafterversammlung des Familienunternehmens wird die Stiftung durch den Vorstand der Stiftung vertreten, welcher unter Umständen im Innenverhältnis an die Mitwirkung eines evtl. Aufsichtsorgans (Stiftungsrat, Kuratorium, Beirat) gebunden ist. Eine Mitwirkungsbefugnis der Destinatäre ist gesetzlich nicht vorgesehen. Demzufolge ist es durchaus möglich, dass die Unternehmerfamilie – abhängig von der Organbesetzung – mittel- oder langfristig ihren Einfluss auf die Stiftung und damit auch auf das Familienunternehmen sogar völlig verliert. Informationsansprüche von Destinatären bestehen nur in eingeschränktem Umfang. Hierbei ist zwischen Destinatären ohne Anspruch auf Stiftungsleistungen und solchen mit Stiftungsleistungen zu unterscheiden. Destinatäre ohne Anspruch auf die Stiftungsleistungen haben keine zivilrechtlichen Schutzrechte, also auch keinen Informationsanspruch [2].7 Demgegenüber haben Destinatäre mit Anspruch auf Stiftungsleistungen zwar keine Auskunftsansprüche gegen den Stiftungsvorstand nach den §§ 8, 27 Abs. 3, 666 BGB um den Umfang ihren ertragsabhängigen Ansprüche feststellen zu können, wohl aber einen allgemeinen Auskunftsanspruch gegen die Stiftung, der sich aus § 242 BGB ergibt, wenn eine Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Beteiligte in entschuldbarer Weise über den Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich aber die benötigten Informationen nicht auf zumutbare Weise anderweitig beschaffen und der Verpflichtete sie unschwer erteilen kann [2].8
4 Die Rechtsstellung der Unternehmerfamilie bei sachgerechter Satzungsgestaltung Die zuvor dargestellte Situation eines weitgehend rechtlosen Destinatärs mag zwar im Einzelfall im Interesse des Familienunternehmens oder bei aus bestimmten Gründen gewünschter Beschränkungen der Rechtsposition einzelner Familienmitglieder gewollt sein; im Regelfall ist allerdings davon auszugehen, dass der potenzielle Stifter eine ausgewogene Regelung unter Wahrung des Familieninteresses und im Interesse der Fortführung des Familienunternehmens anstrebt. Hierbei kann sich an dem Leitbild eines häufig anzutreffenden typischen Gesellschafters eines Familienunternehmens orientiert werden, welcher9 das ererbte Vermögen als eine Art Treuhandvermögen ansieht,
7[2]
Weitemeyer in MünchKomm. BGB, 8. Aufl. § 85 Rn. 45. NJW 1986, 1244, 1245; [2] Weitermeyer in MünchKomm. BGB, 8. Aufl. § 85 Rn. 47. 9Dies betrifft nicht den typischen Gründer, sondern Familienunternehmen in mindestens zweiter Generation. 8BGH
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welches er von der Vorgängergenerationen in der Erwartung erhalten hat, dieses Vermögen an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Dieser Treuhandgedanke kann mithilfe einer Stiftungskonstruktion in einer besonders geeigneten Weise umgesetzt werden, wenn einerseits der Familieneinfluss weiterhin gesichert bleibt, andererseits aber auch eine faire Verteilung der erwirtschafteten Ergebnisse erfolgt. Was dies im Einzelfall bedeutet, wird idealerweise mit dem Stifter unter Einbeziehung der Inhaberfamilie erarbeitet und dann im Rahmen des Stiftungsgeschäfts und der Satzung auch entsprechend umgesetzt. Auch wenn natürlich die individuellen Zielsetzungen sehr unterschiedlich sein können, soll nachfolgend der Versuch unternommen werden, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Zunächst geht es darum, den Zweck der Stiftung zu definieren. Dies kann wie bereits erwähnt wegen des Verbots der sog. Unternehmensselbstzweckstiftung nicht ausschließlich die Förderung des eingebrachten Unternehmens sein. Daher wird daneben vorwiegend die Versorgung der Unternehmerfamilie in Betracht kommen, wobei festzulegen ist, ob auch andere Zwecke verwirklicht werden können. In diesem Zusammenhang ist dann zu klären, wer Destinatär sein kann (Abkömmlinge des Stifters, nur leibliche oder auch adoptierte, Erwachsenenadoption, Ehepartner) und wie dann die Verteilung erfolgt. Eine Orientierung an gesetzlicher Erbfolge ist möglich, aber nicht zwingend. Denkbar ist auch eine Verteilung der Ausschüttungen unter Berücksichtigung der Kopfzahl nachfolgeberechtigter Abkömmlinge, wenn dies im Rahmen einer Generationengerechtigkeit bzw. zur Vermeidung von Wohlstandsgefällen aufgrund unterschiedlicher Kinderzahl gewollt ist. Möglich ist auch eine Kombination, z. B. eine Grundversorgung mittels Kopfzahl, Mehrerträge aber unter Anlehnung an Erbrecht. Zweckmäßig erscheint es auch, den Destinatären einen Anspruch auf Teilhabe an Leistungen zu gewähren, um nicht von der „Willkürentscheidung“ zukünftiger Organe abhängig zu sein. Weiter sollte gegebenenfalls durch Vorgabe einer Mindestausschüttung geregelt werden, in welchem Umfang Rücklagenbildungen auf Unternehmensund Stiftungsebene möglich sind. Dies entspricht weitgehend den heute empfohlenen Regelungen auf Ebene von Familienunternehmen, die einerseits das Interesse an dem Unternehmenswachstum und der Unabhängigkeit (Argument für Rücklagenbildung) und dem Interesse insbesondere nichttätiger Gesellschafter (angemessene Mindestausschüttung) austarieren müssen. Die Destinatäre gehören zwar nach der gesetzlichen Konzeption nicht zu den Organen der Stiftung, und zwar weder in ihrer Gesamtheit noch einzeln. Durch die Satzung kann aber ein Organ Destinatärsversammlung vorgesehen werden, welchem Mitbestimmungs- und/oder Kontrollrechte eingeräumt werden. Dies ist im Regelfall zu empfehlen, weil nur hierdurch der gewünschte Familieneinfluss gesichert werden kann. Mit wachsender Zahl der Destinatäre werden immer nur einzelne im Vorstand bzw. Stiftungsrat tätig sein können, sodass es sachgerecht erscheint, die Mitwirkung aller Begünstigten in einem Organ vorzusehen. Hierdurch kann auch verhindert werden, dass
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die Unternehmerfamilie ihren beherrschenden Einfluss verliert, insbesondere wenn die Gestaltungsalternative Kooptationsverfahren10 gewählt würde. Im Zusammenhang mit der Einsetzung eines Organs Destinatärsversammlung, aber erst recht, wenn ein solches Organ nicht eingesetzt wird, sollte in der Satzung geregelt werden, ob und in welcher Weise die Destinatäre über den Geschäftsverlauf der Stiftung bzw. verbundener Unternehmen informiert werden. Dabei ist eine Anlehnung an gesellschaftsrechtliche Modelle durchaus möglich. Zu weitgehend ist sicherlich eine Orientierung an § 51 a GmbHG, aber eine mindestens jährliche Information an KG- oder Aktienrecht erscheint sinnvoll. Selbstverständlich sind auch individuelle Gestaltungen möglich, z. B. vierteljährliche Informationsbriefe. Eine Destinatärsstellung ist grundsätzlich weder übertragbar noch vererbbar; vielmehr regelt die Satzung, wer zum Kreis der Begünstigten gehört. Allerdings können durch die Satzung interessengerechte Lösungen erarbeitet werden. Enthält z. B. eine Satzung die Regelung, dass die Abkömmlinge des Stifters entsprechend den Regeln zur gesetzlichen Erbfolge begünstigt werden, so bedeutet dies, dass die nachfolgende Generation solange nicht zum begünstigten Kreis gehört, so lange die Vorgängergeneration lebt. Dann würde zwingend erst mit dem Erbfall der Destinatärskreis geändert, und zwar entsprechend den gesetzlichen Regeln zur Erbfolge. Hier könnte der Destinatär in der Satzung mittels eines Sonderrechts ermächtigt werden, zu regeln, wie sich seine Destinatärsstellung „vererbt“. Hier geht es zwar nicht um klassische Vererbung von Vermögen bzw. einer Gesellschaftsbeteiligung, sondern nur um ein Bestimmungsrecht bzgl. der Destinatärsposition. Lässt man dies m. E. zu Recht zu, so spricht nichts dagegen, in der Satzung auch zu regeln, dass ein Destinatär zulasten seiner eigenen Rechtsposition bereits zu Lebzeiten seine Nachkommen ganz oder teilweise einsetzt. Auch hier liegt keine Übertragung einer Gesellschafterposition vor, die es bei der Stiftung nicht gibt, sondern ein Bestimmungsrecht bzgl. des Destinatärs. Schließlich erscheint es auch möglich, in der Satzung zu regeln, dass ein Destinatär – in diesem Fall sinnvollerweise auch mit Mitwirkung für Nachfolgegenerationen – auf sein Recht als Destinatär verzichtet und hierfür, eine bescheidene Abfindung erhält, z. B. in Höhe des 5fachen Betrages der durchschnittlichen Ausschüttungen einer vergangenen Periode. Diese Zahl ist allerdings nur als Beispiel zu betrachten und stellt nicht die Abbildung eines anteiligen Unternehmenswertes dar. Die Zuerkennung einer Abfindung auf Basis des Unternehmenswertes ist typischerweise mit der Entscheidung für eine Stiftungslösung nicht gewollt. Andererseits könnte eine moderate Abfindung aber eine Notlösung für den Fall sein, dass Destinatäre – aus welchem Grund auch immer – sich aus dem Familienverbund und dem Destinatärskreis lösen wollen.
10Kooptationsverfahren bedeutet, dass das jeweilige Organ, Vorstand oder Stiftungsrat aus sich heraus den Nachfolger bestimmt.
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5 Fazit Die Mitwirkungsmöglichkeiten sowie die vermögensrechtliche Situation der Unternehmerfamilie sind bei Realisierung eines Stiftungskonzeptes auf Basis der stiftungsrechtlichen Gesetzeslage schwach ausgeprägt. Es besteht allerdings die Möglichkeit, über eine Gestaltung der Stiftungssatzung eine Annäherung an das Gesellschaftsrecht zu erreichen, um den Familieneinfluss aufrechtzuerhalten und die vermögensrechtliche Position abzusichern. Die insoweit bestehenden Möglichkeiten sind aber vielfach unbekannt und bedürfen einer qualifizierten Beratung.
Literatur 1. Richter A (2019) Stiftungsrechts-Handbuch, 5. Aufl. Beck Verlag, München 2. Säcker FJ, Rebmann K (2015) Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Beck Verlag, München
Dieter Jeschke hat von 1977 bis 1982 Rechtswissenschaften an der Universität Köln sowie von 1979 bis 1984 Wirtschaftswissenschaften an der Fernuniversität Hagen (Abschluss: Dipl.-Ökonom) studiert. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Abschluss der Referendarzeit erfolgte die Zulassung als Rechtsanwalt in Stuttgart im Jahr 1987. 1992 absolvierte er das Steuerberaterexamen. Von 2001 bis 2011 war Herr Jeschke Vorstand einer börsennotierten Beteiligungsgesellschaft. Seit 2011 ist er als Rechtsanwalt selbständig in der Beratung von Familienunternehmen tätig und erwarb im Rahmen von Fortbildungsprogrammen zwischenzeitlich weitere Masterabschlüsse in Mediation (Master of Mediation), International Taxation (MBA) Wirtschaftsrecht und Restrukturierung (LL. M.) sowie Erbrecht und Unternehmensnachfolge (LL. M.).
Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen Jörn Block und Nadine Kammerlander
Inhaltsverzeichnis 1 Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2 Welche (formellen und informellen) Organe hat ein Stiftungsunternehmen? . . . . . . . . . . . . 36 3 Welche Rolle hat die Familie in den jeweiligen Organen eines Stiftungsunternehmens? . . . 39 4 Wie sollten die Organe eines Stiftungsunternehmens besetzt werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 5 Inwieweit sollten sich die Organe und deren Zusammensetzung über die Zeit und Unternehmensentwicklung verändern?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 6 Inwieweit ist es erlaubt und wünschenswert, dass es zu personellen Überschneidungen und Verflechtungen zwischen den einzelnen Organen eines Stiftungsunternehmens kommt?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 7 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
J. Block (*) Professur für Unternehmensführung, Universität Trier, Trier, Deutschland E-Mail: [email protected] J. Block Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU), Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland J. Block Department of Applied Economics, Erasmus University Rotterdam, Rotterdam, Niederlande N. Kammerlander Lehrstuhl für Familienunternehmen, Institut für Familienunternehmen und Mittelstand, WHU – Otto Beisheim School of Management, Vallendar, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_4
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J. Block und N. Kammerlander Zusammenfassung
In Stiftungsunternehmen gibt es eine Vielzahl von Organen mit jeweils verschiedenen Funktionen und Aufgaben. Zu unterscheiden sind hier Unternehmens-, Stiftungs- und Familienorgane. Des Weiteren lässt sich nach ausführenden und kontrollierenden sowie gesetzlich vorgeschriebenen und freiwilligen Organen unterscheiden. Dieses Kapitel stellt die Rahmenbedingungen für Organe in Stiftungsorganen dar und diskutiert deren Ausgestaltung unter dem Gesichtspunkt einer effektiven Führung und Kontrolle. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Frage der personellen Zusammensetzung der Organe, der Rolle der Familie hierbei und wie sich die personelle Zusammensetzung der Organe im Laufe der Unternehmensentwicklung verändern sollte. Eine weitere behandelte Frage betrifft die personelle Überschneidung zwischen den einzelnen Organen. Im Verlauf des Kapitels wird regelmäßig auf konkrete Beispiele aus der Unternehmenspraxis von bekannten Stiftungsunternehmen Bezug genommen.
1 Vorbemerkung Führung und Kontrolle sind wichtige Elemente eines funktionierenden Unternehmens. Dies ist bei Stiftungsunternehmen nicht anders. Es gibt bei Stiftungsunternehmen jedoch einige Besonderheiten, die den Kern dieses Kapitels bilden. Im Mittelpunkt der Betrachtung stehen die (formellen und informellen) Organe von Stiftungsunternehmen und deren Zusammenwirken zum Wohle des Unternehmens, der Stiftung und der Familie. Wir gehen in unserer Betrachtung davon aus, dass die Familie sich für eine Stiftungskonstruktion entscheidet, um das Unternehmen langfristig als Familienunternehmen zu erhalten. Die Familie möchte also weiterhin (eng) mit dem Unternehmen verbunden sein. Für andere Konstellationen – u. a. die Familie möchte beispielsweise nach dem Ableben des Gründers nicht mehr mit dem Unternehmen verbunden sein – müssen die folgenden Aussagen entsprechend angepasst werden.
2 Welche (formellen und informellen) Organe hat ein Stiftungsunternehmen? Die Antwort auf diese Frage ist vielfältig und hängt von der Rechtsform des Unternehmens, der rechtlichen Ausgestaltung der Stiftungskonstruktion und dem Willen sowie den Zielen der Familie ab. Grob eingeteilt lassen sich Unternehmens-, Stiftungs-, und Familienorgane unterscheiden. Vorab ist es wichtig zwischen Organen mit Entscheidungs- und Kontrollbefugnis und solchen mit Beratungsfunktion zu unterscheiden. Während es zu ersteren meist vielfältige gesetzliche Regelungen gibt, können letztere oft in eher informeller Art eingerichtet – und auch umstrukturiert – werden.
Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen
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Unternehmens- und Sungsorgane in einem Sungsunternehmen: Minimallösung
Vorstand
Unternehmen
Aufsichtsrat Hauptversammlung
Vorstand Sung
Aufsichtsrat
Ggf. andere Eigentümer
tlw. gesetzl. vorgeschrieben freiwillig
Abb. 1 Unternehmens- und Stiftungsorgane in einem Stiftungsunternehmen: Minimallösung
Neben Entscheidungs- und Beratungsfunktionen gibt es in jedem Unternehmen, an dem eine oder mehrere Familien beteiligt sind, auch noch die Fragestellung, wie Informationsflüsse von Stiftung zur Familie und vice versa und innerhalb der Familie(n) auszugestalten sind, d. h. wer wann von wem über was informiert wird. Diese Frage sollte innerhalb der Familie intensiv diskutiert, aber von der Frage der Ausgestaltung der Kontroll- und Beratungsorgane getrennt behandelt werden. Die meisten Stiftungsunternehmen sind als Kapitalgesellschaften organisiert und haben die Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG) oder Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Die Anzahl und Ausgestaltung der Unternehmensorgane sind somit im AktG bzw. GmbHG geregelt. Im Normalfall (bei AG oder bei GmbH mit entsprechender Größe) gibt es mit Vorstand, Aufsichtsrat und Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung drei Organe. Der Vorstand leitet das Unternehmen, der Aufsichtsrat bestellt den Vorstand und überwacht diesen und die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung trifft grundlegende Entscheidungen für das Unternehmen und entsendet die Aufsichtsratsmitglieder der Kapitalseite. Neben diesen typischen Unternehmensorganen gibt es bei einem Stiftungsunternehmen zusätzlich Stiftungsorgane. Diese leiten sich aus dem Stiftungsrecht ab bzw. sind in der Stiftungssatzung beschrieben und geregelt. Gesetzlich vorgeschrieben ist lediglich ein Stiftungsvorstand. Der Stiftungsvorstand, der aus einer oder mehreren Personen bestehen kann, vertritt die Stiftung nach außen und führt die Geschäfte. Der Stiftungsvorstand ist demnach für die Verwaltung des Vermögens der Stiftung sowie die Erfüllung des Stiftungszwecks verantwortlich. Seine Bestellung ist in der Stiftungssatzung geregelt. Daneben haben Stiftungen häufig aber ein zweites Organ, welches den Vorstand beaufsichtigt. Dieses Organ kann verschiedene Namen tragen, z. B. Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder Stiftungsrat. Abb. 1 zeigt die (mindestens einzurichtenden) Unternehmens- und Stiftungsorgane in einem Stiftungsunternehmen. Neben geschäftsführenden und kontrollierenden Organen gibt es in Stiftungsunternehmen
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J. Block und N. Kammerlander
Unternehmens- und Sungsorgane in einem Sungsunternehmen: erweiterte Lösung mit beratenden Organen
Vorstand
Unternehmen
Aufsichtsrat
Beirat Hauptversammlung
Ggf. andere Eigentümer
Vorstand Sung Aufsichtsrat
Kuratorium
tlw. gesetzl. vorgeschrieben freiwillig
Abb. 2 Unternehmens- und Stiftungsorgane in einem Stiftungsunternehmen: erweiterte Lösung mit beratenden Organen
häufig auch noch beratende Organe in Form von Beiräten bzw. Kuratorien. Diese sind oft eher informell ausgestaltet und nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie haben die Aufgabe das Unternehmen bzw. die Stiftung in ihren jeweiligen operativen Geschäften zu beraten. Trotz ihrer Freiwilligkeit erfüllen diese Organe oftmals eine wichtige Funktion, da sie Schwächen des Unternehmens im Vergleich zu Wettbewerbern und neue strategische Wege thematisieren und aufzeigen können. Man kann sich diese Organe daher auch als eine Art „Sparring-Partner“ für die operativ tätigen Verantwortlichen vorstellen.1 Abb. 2 ergänzt die Unternehmens- und Stiftungsorgane eines Stiftungsunternehmens um die freiwilligen, beratenden Organe. Neben den Unternehmens- und Stiftungsorganen sind Familienorgane wie eine Familienversammlung oder ein Familienrat denkbar und im Einzelfall sinnvoll. Auch die Familienorgane erfüllen eine Vielzahl an Zwecken. Diese reichen vom Informations- und Meinungsaustausch der einzelnen Familienmitglieder, über Konfliktvermeidung, hin zu der „Bündelung“ der Meinungen der Familienmitglieder in einer Stimme. Die Familienorgane können auch die Aufgabe haben, einzelne Familienmitglieder in besonders herausgehobene Stellungen zu berufen. Die Entscheidung über die Einrichtung und Ausgestaltung solcher Organe liegt allein in der Hand der Familie und kann in einer Familienverfassung dezidiert geregelt werden (siehe Kap. „Nicht ohne meine Familie“ in diesem Ratgeber). Abb. 3 gibt einen Überblick über Unternehmens-, Stiftungs- und Familienorgane in einem Stiftungsunternehmen. Die Abbildung zeigt die vergleichsweise hohe Zahl an möglichen Organen und Ebenen in Stiftungsunternehmen. Die Einrichtung und Ausgestaltung von Unternehmens-,
1[7]
diskutiert ausführlich die Funktion und Rolle von Beiräten in Familienunternehmen.
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Unternehmens-, Sungs- und Familienorgane in einem Sungsunternehmen Vorstand
Unternehmen
Aufsichtsrat
Beirat Hauptversammlung
Ggf. andere Eigentümer
Vorstand
Sung Aufsichtsrat
Familie
Kuratorium
z.B. Familienversammlung
tlw. gesetzl. vorgeschrieben freiwillig
Abb. 3 Unternehmens-, Stiftungs- und Familienorgane in einem Stiftungsunternehmen
Stiftungs-, und Familienorganen ist von unterschiedlicher Natur und Flexibilität. Während die Einrichtung und Ausgestaltung der Unternehmensorgane weitestgehend gesetzlich geregelt ist, gibt es bei den Stiftungs- und Familienorganen ein vergleichsweise hohes Maß an Flexibilität.
3 Welche Rolle hat die Familie in den jeweiligen Organen eines Stiftungsunternehmens? Der Unternehmensvorstand hat die Aufgabe das Unternehmen operativ zu leiten und nach außen zu vertreten. Der Vorstand des Unternehmens wird vom Aufsichtsrat bestellt und kann (entgegen mancher Darstellungen) sehr wohl Mitglieder der Unternehmerfamilie enthalten. Die Familie kann weiterhin in der operativen Geschäftsführung eines Stiftungsunternehmens tätig sein und so eng mit dem Unternehmen verbunden bleiben. Es gibt auch zahlreiche Beispiele in der Praxis hierfür. So führen z. B. Günther Fielmann und sein Sohn Marc gemeinsam als Vorstandsvorsitzende das börsennotierte Stiftungsunternehmen Fielmann.2 Eine Untersuchung von [2] zeigt, dass von 142 betrachteten Stiftungsunternehmen in Deutschland in einem Viertel der Fälle ein Mitglied der Familie in der Geschäftsführung des Unternehmens vertreten ist. Im Unterschied zu anderen
2Siehe
https://corporate.fielmann.com/de/investor-relations/unternehmen/vorstand (abgerufen am 26.11.2019).
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J. Block und N. Kammerlander
Familienunternehmenskonstruktionen gibt es jedoch höhere Hürden für die Bestellung von Familienmitgliedern in die Geschäftsführung. Die Familie hat ja ihre Unternehmensanteile zu Teilen oder sogar vollständig an die Stiftung übertragen und ist somit in vielen Fällen nicht mehr direkt am Unternehmen beteiligt. Dies erschwert die Bestellung von Familienmitgliedern in die operative Geschäftsführung des Unternehmens, was aber in vielen Fällen vom Stifter3 auch so beabsichtigt ist bzw. war. Es soll keinen Automatismus geben, dass in der Geschäftsführung des Unternehmens ein Familienmitglied vertreten sein muss. Streitigkeiten innerhalb der Familie über die Nachfolge werden so reduziert. Es kommen im Idealfall nur solche Familienmitglieder zum Zuge, die über ein hohes Maß an Kompetenz verfügen und in der Lage sind, neben der Familie auch die Stiftungs- und Unternehmensorgane zu überzeugen. Mitglieder des Stiftungsvorstandes oder anderer Stiftungsgremien sind im Regelfall nicht in der operativen Geschäftsführung des Unternehmens vertreten. Der Unternehmensaufsichtsrat bestellt, berät und überwacht den Unternehmensvorstand. Er ist selbst nicht operativ tätig. Je nach Rechtsform und Größe des Unternehmens ist der Aufsichtsrat paritätisch mit Mitgliedern der Kapitalseite und Mitgliedern der Arbeitnehmerseite besetzt. Mitglieder der Familie können im Aufsichtsrat (als Vertreter der Kapitalseite) vertreten sein. In vielen Stiftungsunternehmen ist dies wohl auch der Fall. Bekannte Beispiele sind Reinhold und Bettina Würth bei der Würth-Gruppe4 sowie Michael, Benjamin und Alexander Otto bei der Otto-Gruppe5. Reinhold Würth hat die Rolle der Familie in der Struktur des von ihm geschaffenen Stiftungsunternehmens sogar explizit in einem Regelbuch, dem sog. „Kompendium“, geregelt. Er äußert sich hierzu wie folgt: „[…] Die Familie entscheidet nach festgelegten Regeln über drei der fünf Sitze im Stiftungsaufsichtsrat und fünf der neun Sitze im Beirat der Würth-Gruppe. In beide Gremien sind also nicht zur Familie gehörende Mitglieder der Familie einbezogen. Ihre Berufung erfolgt nach den im Kompendium festgelegten Regeln. In den Stiftungsaufsichtsrat kommt je ein Familiensitz vom Stamm meiner Tochter Marion, einer vom Stamm meiner Tochter Bettina, den dritten müssen sie miteinander ernennen. […] Die familienfremden Mitglieder im Stiftungsaufsichtsrat und Beirat sind von mir testamentarisch bestimmt und kooptieren später ihre Nachfolger selbst.“ [3, S. 25]
3Wir
verwenden in diesem Beitrag zur Vereinfachung und besseren Lesbarkeit die männliche Form. Selbstverständlich gibt es auch Stifterinnen (z. B. Friede Springer, die die Friede Springer Stiftung ins Leben gerufen hat, siehe http://www.friedespringerstiftung.de (abgerufen am 26.11.2019). 4Siehe https://www.wuerth.com/web/de/wuerthcom/unternehmen/fhrungsgremien/beirat/beirat.php (abgerufen am 26.11.2019). Bei der Würth-Gruppe wird der Aufsichtsrat des Unternehmens als Beirat bezeichnet. 5Siehe https://www.ottogroup.com/de/die-otto-group/management/Aufsichtsrat.php (abgerufen am 26.11.2019).
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Zuständig für die Entsendung von Mitgliedern in den Aufsichtsrat ist die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung des Unternehmens, wo die Familie durch die Übertragung ihrer Anteile an die Stiftung aber nicht mehr zwangsläufig vertreten ist. Insofern müssen die Stiftungsvertreter, welche deren Stimmrechte in der Versammlung wahrnehmen, davon überzeugt werden, dass Familienmitglieder im Aufsichtsgremium Wert schaffen. Dieses „Wert schaffen“ gelingt dann am besten, wenn die entsandten Familienmitglieder eine gute Ausbildung genossen haben, im Unternehmenskontext wichtige Kompetenzen einbringen können (z. B. im Prüfungsausschuss oder im Bereich Digitalisierung) und sich zugleich durch vielfältige, auch externe, Erfahrungen auszeichnen. Aus unserer Sicht ist es zur Wahrung des Charakters eines Familienunternehmens und zur Identitätsbildung wünschenswert, dass die Familie im Aufsichtsrat des Unternehmens vertreten ist, dort aber nicht notwendigerweise die Mehrheit besitzt. Die Familie bekommt über die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat einen direkten Einblick in die Unternehmensentwicklung, was sicherlich zur Akzeptanz der Stiftungskonstruktion seitens der Familie beiträgt. Sie kann auch besser die Höhe und Angemessenheit der Dividendenausschüttungen beurteilen (vgl. Kap. „Finanzielle Aspekte im Kontext von Familienstiftungen“ in diesem Ratgeber), was insbesondere dann hilfreich ist, wenn das Unternehmen hohe Investitionen tätigen muss um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu sichern und die Dividendenausschüttungen sich dementsprechend reduzieren. Neben der Familie sind oft auch Mitglieder des Stiftungsvorstandes im Aufsichtsrat des Unternehmens vertreten. Dies kann in Personalunion mit Mitgliedern der Familie geschehen (z. B. im Falle von Reinhold Würth, der im Aufsichtsrat bzw. Beirat der Würth-Gruppe vertreten ist und gleichzeitig dem Stiftungsaufsichtsrat vorsitzt6), muss aber nicht der Fall sein. So ist z. B. Lothar Dittmer als Vorstand der (gemeinnützigen) Körber-Stiftung auch Mitglied des Aufsichtsrats der Körber AG. Weitere Mitglieder aus Gremien der Körber-Stiftung im Aufsichtsrat der Körber AG sind Christian Wriedt (Vorsitzender des Kuratoriums und Mitglied des Stiftungsrats der KörberStiftung) sowie Richard Bauer (Mitglied des Kuratoriums der Körber-Stiftung). Letzterer ist sogar Vorsitzender des Aufsichtsrats.7 Die Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung des Unternehmens trifft grundlegende Entscheidungen für das Unternehmen und entsendet die Aufsichtsratsmitglieder der Kapitalseite. Mitglieder der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung sind die Aktionäre bzw. Gesellschafter des Unternehmens. Im Gegensatz zum klassischen Familienunternehmen, in dem die Familie direkt über die Stimmrechte in der Haupt- bzw. Gesellschafterversammlung Einfluss ausüben kann, ist das im Stiftungsunternehmen aufgrund des übertragenen Eigentums komplexer, bzw. der Einfluss der Familie
6Siehe
https://www.wuerth.com/web/de/wuerthcom/unternehmen/fhrungsgremien/stiftungsaufsic htsrat/stiftungsaufsichtsrat_1.php (abgerufen am 26.11.2019). 7Siehe https://www.koerber.com/wir/immer-mit-blick-nach-vorn (abgerufen am 26.11.2019).
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indirekter. Die Interessen der Stiftung als Eigentümer werden in diesem Fall hier durch den Stiftungsvorstand vertreten. Denkbar ist auch, dass ein Mitglied der Familie im Stiftungsvorstand tätig ist und damit die Interessen der Familie indirekt in der Hauptbzw. Gesellschafterversammlung vertreten kann. Ein Beispiel hier ist die Bertelsmann Stiftung, deren Vorsitz in der Vergangenheit lange Liz Mohn innehatte.8 Die Familie kann in diesem Organ aber auch direkt über eine Beteiligung jenseits der Stiftung vertreten sein, wie die Beispiele der Unternehmen Fiege Logistik und Fielmann zeigen. Die Stiftungsorgane nehmen, wie oben beschrieben, unterschiedliche Funktionen wahr, die von operativer Ausführung über Kontrolle hin zu Beratung reichen. Wie die Gremien personell besetzt werden, ist in der Satzung der Stiftung festgeschrieben. Die erste „Garde“ an Mitgliedern der Stiftungsgremien wird typischerweise vom Stifter oder der Stifterin persönlich ausgewählt. Bei dieser ersten Auswahl stehen oft persönliche Beziehungen sowie Vertrauen, neben den wichtigen Kompetenzen, im Vordergrund. Die Familie kann in den Stiftungsgremien diverse Rollen einnehmen – sofern die Familienmitglieder die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen und das laut Satzung auch erwünscht ist. Insofern ist die Beteiligung der Familie in den Stiftungsgremien ein Thema, das im Bestfall vor dem In-Kraft-Treten der Satzung mit dem Stifter diskutiert wird. Eine offene Diskussion innerhalb der Familie über die spätere Beteiligung in Stiftung und Unternehmen, in der es Gelegenheit gibt, sowohl Bedenken als auch Vorteile offen zu äußern, kann helfen, die Satzung optimal auf die Bedürfnisse der jeweiligen Familie zuzuschneiden.9 Sofern die Stiftung gemeinnützig tätig ist (was in begrenztem Rahmen auch Familienstiftungen möglich ist), ist die Einrichtung eines beratenden Beirates oder Kuratoriums sinnvoll. Dieses Gremium wählt z. B. Förderanträge aus und berät die Stiftung über die Ausrichtung ihrer gemeinnützigen Arbeit. Ein Beispiel hierfür ist die Alfred Kärcher Stiftung, welche Forschungsprojekte in den Bereichen Reinigung, Hygiene und Umweltschutz fördert. Die Förderanträge werden hierbei durch einen Gutachterausschuss bewertet und schließlich von Kuratorium und Stiftungsvorstand entschieden.10 In den Familienorganen nimmt die Familie schon definitionsgemäß eine besondere Rolle ein. In vielen Fällen sind die Familiengremien naturgemäß rein mit Familienmitgliedern besetzt. Dennoch lohnt es sich bei der Definition der Mitglieder und Aufgaben der Gremien einen Blick auf die Außenwelt und Best Practices anderer Unternehmerfamilien zu werfen: Welche Aufgaben hat die Familienverfassung? (vgl. hierzu auch Kap. „Nicht ohne meine Familie“ des Ratgeberbandes). Wen wählt die Familienversammlung und auf welche Weise? Wer hat das Recht an der Familienversammlung
8Siehe
https://www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/stiftungsunternehmen-geschichte-der-stif tung/6306178-2.html (abgerufen am 26.11.2019). 9Vgl. auch [5] zur Gestaltung der Satzung einer Familienstiftung. 10Siehe https://www.kaercher-stiftung.de/de/forschungsvorhaben.html (abgerufen am 07.01.2019).
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teilzunehmen? Nur Anteilseigner? Ab welchem Alter? Wie sieht es mit Angeheirateten aus? Auf welche Art und Weise erfolgt die Wahl? Auch macht es hierbei Sinn, sich um die Themen Bestellung der Vertreter in Unternehmens-Aufsichtsgremien, Beratung/ (Familien-)Strategieentwicklung und Informationsflüsse getrennt Gedanken zu machen und gegebenenfalls unterschiedliche Gremien einzusetzen.
4 Wie sollten die Organe eines Stiftungsunternehmens besetzt werden? Die Frage ist nicht trivial und daher auch nicht einfach zu beantworten. Die Antwort hängt von rechtlichen Vorgaben, von der Art und Aufgabe des Organs sowie von der Rolle der Familie im Stiftungsunternehmen ab. Ausführende Organe benötigen andere Kompetenzprofile als kontrollierende und beratende Organe; Unternehmensorgane benötigen andere Kompetenzprofile als Stiftungsorgane. Welche Kompetenzen genau benötigt werden, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Industrie- und Funktionserfahrung, Verständnis der Funktionsweise von Stiftungs- und Familienunternehmen sowie Digitalkompetenz sind mögliche Dimensionen. Eine weitere wesentliche Dimension ist die zeitliche Verfügbarkeit. So müssen sich vor allem Mitglieder von kontrollierenden Gremien immer wieder der Frage stellen, wie viele derartige Mandate gleichzeitig ausgeübt werden können. Natürlich sind erfahrene, hoch erfolgreiche Unternehmer gefragte Mitglieder in Aufsichtsorganen. Dennoch setzt sich immer mehr die Ansicht durch, dass es schwerlich möglich ist, mehr als eine Handvoll Mandate mit Kontrollfunktion sorgfältig und mit dem notwendigen Zeiteinsatz auszuüben. Neben der Kompetenz spielt bei Kontrollorganen das Thema Unabhängigkeit und Interessenskonflikte eine wichtige Rolle. Die Mitglieder des Unternehmensaufsichtsrats sollten unabhängig vom Unternehmensvorstand sein. Gleiches gilt auch für die Beziehung von Stiftungsvorstand und Stiftungsaufsichtsrat. Die Frage, ob die Familie in dem jeweiligen Gremium vertreten sein soll, haben wir im vorherigen Abschn. 3 schon für jedes Gremium ausführlich diskutiert. Grundsätzlich gilt, dass zur Wahrung des Charakters als Familienunternehmen die Familie möglichst in vielen Unternehmens- und Stiftungsorganen vertreten sein sollte, mindestens jedoch in den beiden Aufsichtsorganen Unternehmensaufsichtsrat bzw. Stiftungsaufsichtsrat (sofern er denn existiert). Wie jedoch passt der Einfluss der Familie mit dem soeben benannten Kriterium der „Unabhängigkeit“ zusammen? Die Familie als Eigentümer ist per se nicht unabhängig, die Familienbande macht sie vordergründig sogar zu „abhängigeren“ Mandatsträgern als andere Eigentümer. Dennoch zeigen viele Beispiele aus der Praxis, dass Familienmitglieder trotz ihres Hintergrunds eine sehr wertvolle und eben gerade nicht Selbstnutzen-maximierende Rolle einnehmen können. Um dies zu verstehen, muss man sich die Rolle von Personal Governance genauer ansehen. Die Personal Governance bezieht sich auf den Charakter der Mandatsträger: Mit welcher Einstellung führen diese das Mandat aus? Welche Werte und Zielfunktionen beeinflussen die Entscheidungen? Wie beim Deutschen Aufsichtsrats-
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tag in Düsseldorf im November 2018 ausführlich diskutiert11, besitzen Familienmitglieder vielfältige Vorteile bezüglich der Personal Governance: Sie haben oft eine intrinsische Motivation, haben die Werte der Unternehmerfamilie verinnerlicht und den langfristigen Erfolg des Familienunternehmens vor Augen. Dies macht sie zu unabhängig(er)en Mandatsträgern, die im Auftrag des Unternehmenswohls handeln und damit Wert stiften können. Die Präsenz der Familie sollte jedoch wie in anderen Familienunternehmenskonstruktionen nicht zulasten der Kompetenz des jeweiligen Organs gehen. Von der Familie entsandte Mitglieder müssen also über die nötigen Kompetenzen verfügen bzw. sich diese aneignen. Gleiches gilt auch für die von der Stiftung entsandten familienfremden Mitglieder eines Organs. Oftmals verfügen gerade die familienfremden Mitglieder eines Stiftungsvorstandes nur über wenig Erfahrung in der Unternehmenskontrolle und kennen sich im jeweiligen Geschäftsfeld des Unternehmens nur wenig bis gar nicht aus. Um dieses, insbesondere im Fall von gemeinnützigen Stiftungen auftretende, Dilemma zu reduzieren, kann eine Doppelstiftungslösung (vgl. Kap. „Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation“ in diesem Ratgeber) sinnvoll sein. Dabei gibt die (gemeinnützige) Stiftung als Empfänger der Unternehmensdividenden ihre Stimmrechte und ihren Sitz im Unternehmensaufsichtsrat zugunsten einer anderen Institution ab, die über mehr Industrieerfahrung und Kompetenz in der Unternehmenskontrolle verfügt. Bekanntes Beispiel hierfür ist die Robert Bosch Stiftung GmbH, welche die Stimmrechte ihrer Geschäftsanteile an der Bosch-Gruppe auf die Robert Bosch Industrietreuhand KG übertragen hat.12 Die Geschäftsführung der Robert Bosch Stiftung GmbH ist nicht im Unternehmensaufsichtsrat der Bosch-Gruppe vertreten. Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG Franz Fehrenbach und Dr. Wolfgang Malchow hingegen schon. Franz Fehrenbach ist sogar Vorsitzender des Gremiums. Neben der Frage wie und in welcher Anzahl Familienmitglieder einen Sitz in den entsprechenden Gremien einnehmen dürfen und sollen, stellt sich auch die Frage zu welchem Grad langjährige Vertraute und Geschäftspartner des Unternehmens wie beispielsweise Berater, Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer in die entsprechenden Gremien berufen werden sollten. Auch hier stellt sich die Frage der Kompetenz vs. Unabhängigkeit. Langjährige Vertraute kennen das Unternehmen, seine Akteure, seine Schwächen und Stärken meist besonders gut. Auf der anderen Seite kann es passieren, dass sie eben aufgrund dieser langjährigen Vertrautheit neue Trends nicht oder langsamer erkennen. Auch die personelle Verbundenheit sowie mögliche eigene Geschäftsinteressen können zu verzerrten Wahrnehmungen und objektiv nicht optimalen bzw. sinnvollen Entscheidungen und Empfehlungen führen.
11Siehe
https://www.germanboardnews.de/tops/2018/11/deutscher-aufsichtsratstag-was-macht-gutestiftungsaufsichtsraete-aus (abgerufen am 26.11.2019). 12Siehe https://www.bosch-stiftung.de/de/verfassung-des-hauses-bosch (abgerufen am 26.11.2019).
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5 Inwieweit sollten sich die Organe und deren Zusammensetzung über die Zeit und Unternehmensentwicklung verändern? In den ersten Jahren nach der Gründung des Stiftungsunternehmens sind die Unternehmens- und Stiftungsorgane oftmals noch stark durch den Stifter oder die Stifterin geprägt. Dies ändert sich zwangsläufig im Laufe der Zeit. Die Unternehmen sowie die Stiftungen mit ihren jeweils dazugehörigen Organen emanzipieren sich von ihren Stiftern. Reinhold Würth beschrieb dies in einem (sehr lesenswerten) Interview wie folgt: „[…] ich habe mir schon vor achtundzwanzig Jahren, als wir die Familienstiftungen gründeten, vorgestellt, dass ich eines Tages – sozusagen als Beobachter – sehe, wie sich das Unternehmen nach mir und ohne mich weiterentwickelt. Ich wollte aber trotzdem noch adjustieren können. Also der Wunsch war klar: Das Unternehmen geht von mir weg – besser gesagt, ich gehe aus dem Zentrum des Unternehmens. Ich wollte aber hier und dort noch eingreifen können. Und das ist in der Praxis tatsächlich so geschehen.“ [3, S. 25, 26].
Auch die Rolle der Familie im Stiftungsunternehmen und dessen Gremien verändert sich nach Ableben des Stifters. Oft gewinnen familienfremde Mitglieder an Bedeutung und Einfluss in den Unternehmens- und Stiftungsorganen. Damit die Familie auch weiterhin Einfluss im Stiftungsunternehmen hat und der Familienunternehmenscharakter des Stiftungsunternehmens gewahrt bleibt, ist es sinnvoll, dass sich die Familie in einer Familienversammlung organisiert und so konkreten Einfluss auf die Stiftungsorgane und dessen Wirken nimmt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dies auch in der Stiftungssatzung so vorgesehen ist, was nochmals die Bedeutung der Stiftungssatzung unterstreicht (Vgl. Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“ in diesem Ratgeber). Ein weiterer Grund für Veränderungen in den Organen des Unternehmens und der Stiftung liegt in der Unternehmensentwicklung. Wächst das Unternehmen stark und betritt neue internationale Märkte, können neue Kompetenzen und neue Organisationsformen erforderlich sein. Auch wenn der Vermögenserhalt ursprünglich bei der Stiftungsgründung im Vordergrund steht, so ist zu bedenken, dass sich die Anzahl und die Geschwindigkeit der Veränderungen im letzten Jahrzehnt drastisch erhöht hat: Bislang stabil geglaubte Branchen – wie beispielsweise die Tourismus-Branche, der Einzelhandel, sowie die Taxi-Branche – werden bzw. wurden durch digitale Plattform Start-ups z. T. disruptiert. Um den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern, müssen die Stiftung und ihre Organe die Fähigkeit haben, solche Veränderungen zu erkennen und den Willen besitzen, darauf angemessen zu reagieren. Insofern sollte das Kompetenzprofil der einzelnen Organe regelmäßig neu definiert werden: Welche Kompetenzen sind nötig? Die zu diskutierenden Kompetenzprofile könnten unter anderem die Bereiche Finanzen, Investitionen, Industrie, Funktionen, Strategie und Digitales umfassen sich aber auch auf Erfahrungen im Bereich der Balance zwischen Familien- und Unternehmenszielen beziehen. Ein professionell aufgestelltes Gremium diskutiert die notwendigen Kompetenzen ihrer Mitglieder (SollZustand) regelmäßig, vergleicht diese mit den aktuell vorhandenen Kompetenzen (Ist-
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Zustand) und lässt den Unterschied zwischen Soll- und Ist bei den Überlegungen zur Neubesetzung der Gremien mit einfließen. Die Organe des Unternehmens müssen sich in ihrer Anzahl, ihren Aufgaben und ihren Kompetenzen diesen Entwicklungen anpassen. Neue beratende Gremien wie z. B. ein Beirat können erforderlich sein. Wie bei anderen Familienunternehmenskonstruktionen auch, kann eine solche, an sich positive, Entwicklung die Familie und die mit ihr verbundene Stiftung vor personelle Herausforderungen stellen. Der Pool an interessierten und fachlich kompetenten Familienmitgliedern ist oftmals begrenzt. Allerdings zeigt sich hier auch eine Chance für vor allem junge Mitglieder der Unternehmerfamilie: Diese können sich beispielsweise mit Kompetenzen im Bereich digitale Märkte oder Cybersecurity in die Gremien einbringen. Eventuell verändert sich das Unternehmen auch hin zu einer Unternehmensholding mit zahlreichen Unternehmensbeteiligungen. In einem solchen Fall muss die Familie Prioritäten setzen und entscheiden, in welchen Organen sie vorrangig vertreten sein möchte.
6 Inwieweit ist es erlaubt und wünschenswert, dass es zu personellen Überschneidungen und Verflechtungen zwischen den einzelnen Organen eines Stiftungsunternehmens kommt? Personelle Überschneidungen zwischen Stiftungs- und Unternehmensorganen kommen regelmäßig vor. So ist die Familie Fiege sowohl im Management des Unternehmens Fiege Logistik als auch in der dazugehörigen Stiftung vertreten. Gleiches gilt auch für das Unternehmen Fielmann. Solche personellen Überschneidungen zwischen den Stiftungs- und Unternehmensorganen sind auch gewollt, wenn nicht sogar unvermeidbar. Ansonsten könnte die Stiftung nur schwerlich ihre Interessen als Eigentümer gegenüber dem Unternehmen durchsetzen, wenn sie nicht bspw. durch Vertreter im Unternehmensaufsichtsrat Einblick in dessen Finanzen und Strategien erhält. Die Ausnahme hierzu stellt das Modell der Doppelstiftung dar, welches durchaus erfolgreich bei Stiftungsunternehmen wie der Bosch-und der Mahle-Gruppe praktiziert wird (Vgl. Kap. „Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation“ in diesem Ratgeber und unsere Ausführungen oben). Aber auch hier kann es in gewissem Maße zu personellen Verflechtungen kommen. So ist Christof Bosch als Vertreter der Bosch Familie, die noch 7 % der Anteile an der Bosch-Gruppe hält (Stand: November 2019), gleichzeitig Mitglied im Kuratorium der Robert Bosch Stiftung GmbH, Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand KG und Mitglied im Aufsichtsrat der Bosch-Gruppe.13
13Siehe
https://www.bosch-stiftung.de/de/gesellschafterversammlung-kuratorium, https://www. bosch.com/de/unser-unternehmen/wer-wir-sind/#robert-bosch-industrietreuhand-kg, https://www. bosch.com/de/unser-unternehmen/wer-wir-sind/#aufsichtsrat (jeweils abgerufen am 26.11.2019).
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Interessanterweise ist auch Matthias Madelung sowohl im Kuratorium der Robert Bosch Stiftung GmbH als auch im Aufsichtsrat der Bosch-Gruppe vertreten (Stand: November 2019). Auch eine personelle Überschneidung zwischen Familien- und Stiftungsgremien kann inhaltlich Sinn machen. Auf diese Weise entfernt sich die Familie nicht zu weit von der Stiftung, kann dort ihre Interessen durchsetzen und akzeptiert die unternehmensverbundene Stiftung als Teil ihres Familienunternehmens. Eine Mitwirkung der Familie in den Unternehmensorganen und damit auch eine personelle Überschneidung zwischen Familien- und Unternehmensgremien ist wie oben beschrieben möglich und erwünscht und hilft der Identitätsbildung der Familie und des Familienunternehmens. Einen Anspruch oder gar Automatismus wie er in anderen Familienunternehmenskonstruktionen existiert, gibt es jedoch aufgrund der Rolle der Stiftung als Intermediär nicht mehr. Dies kann durchaus als Vorteil gesehen werden: Wenn Familienmitglieder sich erst beweisen und von Externen in Gremien bestellt werden müssen, senkt sich das Risiko, dass objektiv gesehen nicht kompetente Familienmitglieder aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit in Gremien berufen werden. Personelle Überschneidungen in Stiftungsunternehmen sind jedoch dann kritisch zu sehen, wenn die Unabhängigkeit insbesondere der Aufsichtsorgane gefährdet ist. Wie bei anderen Unternehmenstypen auch, sollte der Unternehmensaufsichtsrat unabhängig vom Vorstand agieren können und es sollten keine Interessenskonflikte vorherrschen. Vor diesem Hintergrund kann man es kritisch sehen, dass bei der Bosch-Gruppe Mitglieder des Unternehmensvorstandes nach Ablaufen ihrer Amtszeit mitunter direkt in die Robert Bosch Industrietreuhand KG und den Unternehmensaufsichtsrat der BoschGruppe wechseln. Das wäre bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft nicht so einfach möglich, wo für Vorstandsmitglieder eines Unternehmens nach AktG eine Coolingoff-Periode von zwei Jahren vorgesehen ist. Solch eine Cooling-off-Periode ist durchaus sinnvoll, da sie den Nachfolgern die Gelegenheit bietet sich „frei zu schwimmen“ und eigene Entscheidungen zu treffen. Das eigene Wissen sollten ehemalige Vorstände daher besser in der Funktion eines Mentors oder Ratgebers denn in der Funktion eines Kontrolleurs weitergeben. Die Governance des Stiftungsunternehmens Bosch scheint allerdings zu funktionieren, was sich nicht zuletzt im nachhaltigen Erfolg des Unternehmens ausdrückt. Für interessierte Leser sei hier auf [1, S. 276 ff.] sowie [6] verwiesen.
7 Fazit In Stiftungsunternehmen gibt es eine Vielzahl von Organen mit einem breiten Aufgabenspektrum, die unterschiedlichen gesetzlichen und organisatorischen Anforderungen und Flexibilitäten unterliegen. Im Sinne der fortgeführten Bindung der Unternehmerfamilie an das Unternehmen und der Identität des Stiftungsunternehmens als Familienunternehmen ist es durchaus wünschenswert, dass die Familie dem Unternehmen und
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der damit verbundenen Stiftung weiterhin in den unterschiedlichsten Funktionen und Organen Dienste leistet. Die Bestellung von Familienmitgliedern in Aufsichts- und Kontrollgremien muss dabei jedoch gut durchdacht sein und sollte objektiven Prozessen folgen. Unser Beitrag hat die Aufgabe, hierfür zu sensibilisieren und entscheidende Denkanstöße zu liefern. Das Lesen des Beitrags ersetzt jedoch keine gründliche Auseinandersetzung mit dem Thema14 und die Hinzuziehung von juristischer und steuerrechtlicher Fachexpertise.
Literatur Zeitschriftenartikel 1. Bähr J, Erkner P (2013) Bosch. Geschichte eines Weltunternehmens. Beck, München 2. Block J, Jarchow S, Kammerlander N, Hosseini F, Achleitner AK (2020) Performance of foundation-owned firms in Germany: The role of foundation purpose, stock market listing, and family involvement. J Fam Bus Strategy:100356 3. Detjen C (2015) Der Patriarch in seiner Verantwortung. Reinhold Würth – Gespräche mit dem Unternehmer und Mäzen. F.A.Z.-Fachverlag, Frankfurt 4. Eulerich M (2015) Stiftungsverbundene Unternehmen in Deutschland. Schmidt, Berlin 5. Klinkner T, Buß M, Ens MD (2018) Checks and Balances einer unternehmensverbundenen Familienstiftung–Die Satzungsgestaltung als Grundstein für den langfristigen Erfolg der Stiftung nach den individuellen Vorstellungen des Stifters. In: Achleitner A-K, Block J, Strachwitz R (Hrsg) Stiftungsunternehmen: Theorie und Praxis. Grundlagen, Perspektiven, Fallbeispiele. Springer Gabler, Wiesbaden, S 141–164 6. Kögel R, Berg D (2011) Die Unternehmensverfassung des Hauses Bosch als Grundmodell der Doppelstiftung. FuS–Fam Stift 1(1):13–19 7. Kormann H (2008) Beiräte in der Verantwortung. Aufsicht und Rat in Familienunternehmen. Springer, Heidelberg
Online-Dokumente 8. https://www.unternehmerkompositionen.com/beratungsangebote/stifter-brief. Zugegriffen: 5. Jan. 2019
Prof. Block hat von 1999 bis 2005 Betriebswirtschaftslehre an der HU Berlin und der Université Libre de Bruxelles studiert und im Jahr 2009 an der TU München zum Thema „Innovation in Familienunternehmen“ promoviert. Er leitet seit 2012 die Professur für Unternehmensführung an der Universität Trier und seit 2016 das dort angesiedelte Forschungszentrum Mittelstand. Zudem
14Vgl.
auch [4] und [8] für eine weitergehende Betrachtung der Thematik Stiftungsunternehmen.
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ist er seit 2011 Gastprofessor an der Erasmus Universität Rotterdam und seit Mitte 2019 Gastprofessor am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) an der Universität Witten/ Herdecke. Neben seiner Arbeit als Hochschullehrer berät Prof. Block regelmäßig Unternehmen und öffentliche Institutionen zu Fragestellungen aus seinen Themengebieten und hält Praxisvorträge. Prof. Block ist Mitglied des Round Table Mittelstand im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, der Kommission für den Governance Kodex für Familienunternehmen sowie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Plattform für Innovation in Deutschland (PFI-D). Prof. Kammerlander arbeitete nach ihrem Diplom-Abschluss in Physik an der TU München im Jahr 2007 zunächst mehrere Jahre als Beraterin bei McKinsey & Company. Im Jahr 2013 promovierte sie an der Otto-Friedrich Universität Bamberg zum Thema „Disruptiver Wandel in Familienunternehmen“, im Jahr 2016 erfolgte die Habilitation an der Universität St. Gallen. Seit 2015 ist Prof. Kammerlander Lehrstuhlinhaberin für Familienunternehmen an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar, wo sie auch das Institut für Familienunternehmen und Mittelstand leitet. Die Forschung von Prof. Kammerlander fokussiert sich auf relevante Fragestellungen für Familienunternehmen, wurde in internationalen Zeitschriften publiziert, mit diversen Forschungspreisen versehen, und in Medienbeiträgen, Praxisvorträgen und Beratungsprojekten zurück in die Wirtschaft gespiegelt. Prof. Kammerlander ist zudem Mitglied des Innovationsbeirats des DESY in Hamburg, Mitglied im Komitee zur Überarbeitung des Governance Kodex für Familienunternehmen und Mitglied des Vorstands der Vereinigung der Aufsichtsräte in Deutschland.
Finanzielle Aspekte im Kontext von Familienstiftungen André Betzer und Dmitry Bazhutov
Inhaltsverzeichnis 1 Implikationen einer langfristigen Zielorientierung auf die finanziellen Aspekte. . . . . . . . . . 52 2 Übertragung von Unternehmensanteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3 Ausscheiden von Familienmitgliedern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 4 Zusammenfassung und Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Zusammenfassung
Bei allen erfolgsorientierten Unternehmen ist die Finanzpolitik ein wichtiger Faktor, der sowohl an den Bedürfnissen des Unternehmens als auch den externen Rahmenbedingungen ausgerichtet werden muss. Dies gilt auch für Stiftungsunternehmen, sodass im ersten Abschnitt dieses Kapitels die Besonderheiten der Finanzierungssowie Ausschüttungspolitik solcher Institutionen thematisiert werden. Die Verbindung zwischen einem Unternehmen und einer Familienstiftung wird dabei typischerweise durch die Übertragung von Eigentumsanteilen geschaffen. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften wird dieser Prozess im zweiten Abschnitt dieses Kapitels näher beleuchtet. Schließlich haben die Familienmitglieder eine besondere Stellung im Rahmen einer Familienstiftungslösung. Deren Ausscheiden hat somit potenziell A. Betzer (*) · D. Bazhutov Lehrstuhl für Finanzwirtschaft und Corporate Governance, Bergische Universität Wuppertal, Wuppertal, Deutschland E-Mail: [email protected] D. Bazhutov E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_5
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sowohl finanzielle als auch organisatorische Folgen, die es im letzten Abschnitt zu diskutieren gilt.
1 Implikationen einer langfristigen Zielorientierung auf die finanziellen Aspekte Die Finanzstrategie eines Unternehmens ist essenziell für dessen Entscheidungen über Mittelverwendung sowie Inanspruchnahme möglicher Finanzierungsquellen. Die strategischen Ziele (bzw. Unternehmensvisionen) können dabei als übergeordnete Konzepte angesehen werden, welche die finanziellen Entscheidungen eines Unternehmens beeinflussen. Ausgehend von der Überlegung, dass ein Unternehmer seine Eigentumsanteile an eine Stiftung überträgt, um die Existenz des von ihm aufgebauten Unternehmens langfristig zu sichern und damit die Verfolgung eines bestimmten Zwecks für die Zukunft zu gewährleisten, können aus diesem strategischen Motiv entsprechende Implikationen für die finanziellen Aspekte von Stiftungsunternehmen abgeleitet werden. Im Falle einer Familienstiftung kann ihre Gründung und die Einbringung entsprechender Anteile der möglichen Gefahr einer Veräußerung bzw. Zerschlagung des Unternehmens über Generationen vorbeugen und zugleich ein Einkommen für die Familie sicherstellen, vorausgesetzt, dass ihre langfristige finanzielle Überlebensfähigkeit und Eigenständigkeit gewährleistet ist. So geben 86 % der Führungskräfte in der von der BDO AG und dem Institut für Demoskopie Allensbach durchgeführten Studie unter Stiftungsunternehmen an, dass die langfristige Sicherstellung der Eigenständigkeit des Unternehmens das wichtigste Motiv für die Gründung der jeweiligen Stiftung darstellt ([18], S. 18).
1.1 Kapitalstruktur und konservative Finanzierungspolitik Welche finanziellen Gesichtspunkte weisen somit Unternehmen im Stiftungsbesitz auf und unterscheiden sich diese von ihren Wettbewerbern? Eine allgemeingültige Antwort auf diese Frage kann natürlich aufgrund der grundsätzlichen Heterogenität der Unternehmen sowie deren Umfeldes nicht gegeben werden. Allerdings wird den Stiftungsunternehmen nicht zuletzt wegen ihrer Langfristorientierung typischerweise eine weniger riskante bzw. konservative Finanzierungspolitik zugeschrieben, die mit einer geringeren Insolvenzwahrscheinlichkeit einhergeht und daher nicht nur im Sinne der Eigentümer sondern auch im Sinne anderer Stakeholder des Unternehmens (u. a. Mitarbeiter, Lieferanten) ist (vgl. hierzu und im Folgenden [9], S. 3, [10], [22], S. 180). Eine konservative Finanzierungspolitik ist dabei durch eine verhaltene Inanspruchnahme von Fremdkapital und somit durch eine geringere Gesamtverschuldung eines Unternehmens gekennzeichnet. Es soll folglich vermieden werden, dass die Zins- und Tilgungslast die Existenz bzw. Eigenständigkeit des Unternehmens bspw. bei schlechter wirtschaftlicher Entwicklung bedrohen könnte. Darüber hinaus soll der Einfluss der beteiligten
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Banken im Unternehmen möglichst klein gehalten werden. Eine stärkere Verwendung von internen Finanzierungsquellen sowie eine höhere Eigenkapitalquote (bzw. geringerer Verschuldungsgrad) sind somit typische Merkmale für Stiftungsunternehmen. Anderseits erfordert eine langfristige Zielorientierung ebenfalls ein hinreichendes Wachstum, um auch in der Zukunft auf dem Markt bestehen zu können. Speziell bei Unternehmen, die im Besitz einer Familienstiftung stehen, welche die Versorgung der Familie gewährleisten soll, erscheint eine hinreichende Wachstumsfinanzierung (ggf. mit externen Finanzierungsmitteln) notwendig zu sein. Da die Aufnahme von zusätzlichem Eigenkapital als weitere Finanzierungsquelle sich aufgrund der Stiftungsbeteiligung häufig als schwierig erweisen kann (entsprechende Liquiditätsreserven bei der Stiftung müssten gegeben sein) ([9], S. 10), ist bei Unternehmen im Besitz von Familienstiftungen, eine weniger verhaltene Inanspruchnahme von Fremdkapital zu Finanzierungszwecken zu erwarten als bei solchen im Besitz von gemeinnützigen Stiftungen. Dies wird auch dadurch begünstigt, dass die Familie grundsätzlich weiterhin Einfluss auf die Geschäftsführung des Unternehmens nehmen und die Interessen der Familie vertreten kann (vgl. Kap. „Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen“). Die Studie von Franke und Draheim (2015) stellt dazu entsprechende empirische Evidenz bereit ([9], S. 16). Aus finanztheoretischer Sicht steht die typische Finanzierungspolitik von Stiftungsunternehmen weitgehend im Einklang mit der sog. Pecking Order Theorie (bzw. Hackordnungstheorie) [4, 19, 20]. Dieser Ansatz erklärt die Rangfolge der Nutzung von verschiedenen Finanzierungsformen, welche den Unternehmen potenziell zur Verfügung stehen. Es besagt, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Finanzierungstätigkeit interne Quellen, wie thesaurierte Gewinne, gegenüber externen Finanzierungsquellen präferieren. Sind diese Mittel nicht ausreichend, um den Finanzierungsbedarf zu decken, weichen Unternehmen auf externe Quellen, nämlich Fremd- bzw. Eigenkapital, aus. Auch an dieser Stelle ergibt sich eine Rangordnung für die möglichen Alternativen. So wird Fremdkapital dem Mezzanine- und schließlich Eigenkapital bevorzugt. Die vorgestellte Reihenfolge der Finanzierungsformen beruht im Rahmen der Pecking Order Theorie auf der Überlegung, dass der Grad der Informationsasymmetrie ausgehend von interner Finanzierung bis hin zum externen Eigenkapital größer wird und somit auch die entsprechenden Kosten zunehmen. Eine übermäßige Nutzung von Fremdkapital soll dabei auch vermieden werden, um keine Notwendigkeit zur Eigenkapitalaufnahme aufkommen zu lassen ([2], S. 40). Im Hinblick auf die Bedeutung der Aufrechterhaltung der Eigenständigkeit (bzw. Existenz) von Stiftungsunternehmen sind auch an dieser Stelle deutliche Parallelen zwischen der Pecking Order Theorie und der Praxis zu erkennen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass insbesondere Unternehmen, die sich im Besitz einer Familienstiftung befinden, einen Kompromiss hinsichtlich der Finanzierung des künftigen Wachstums sowie des bei der Finanzierung eingegangenen Risikos und somit der Wahrung der Eigenständigkeit des Unternehmens finden müssen. Welche Möglichkeiten der Finanzierung letztendlich beansprucht werden sollten, hängt gewiss auch von der aktuellen Unternehmens- und Marktlage ab, wobei die Weichen für
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mehr Flexibilität eines Stiftungsunternehmens bereits im Rahmen der Stiftungssatzung geschaffen werden können. So kann die Satzung bspw. vorsehen, dass die Stiftung sich an Kapitalmaßnahmen des Unternehmens beteiligt ([5], S. 45). Für diese Fragestellung spielt natürlich auch die Rechtsform des Stiftungsunternehmens eine wichtige Rolle [14]. Im Hinblick auf die Fremdkapitalfinanzierung ergibt die Befragung unter den Führungskräften insgesamt ein positives Bild für Stiftungsunternehmen. So geben lediglich 15 % der Befragten an, dass Stiftungsunternehmen es schwieriger haben, Fremdkapital zu beschaffen, als andere nicht stiftungsverbundene Unternehmen ([18], S. 32). An dieser Stelle sei vollständigkeitshalber darauf hingewiesen, dass natürlich auch die Stiftung selbst als Darlehensgeber fungieren kann und somit ggf. vorhandene freie Mittel der Stiftung (verzinslich) angelegt werden können [14]. Die Finanzierungspolitik der Stiftungsunternehmen ist dabei eng mit deren Ausschüttungs- oder Gewinnentnahmepolitik verknüpft. Denn die Gewinne auf der Ebene der Stiftungsunternehmen werden einerseits für die Innenfinanzierung, welche (wie bereits erwähnt) eine wichtige Finanzierungsquelle für solche Unternehmen darstellt, genutzt und anderseits an die (Familien)Stiftung sowie ggf. weitere Anteilsinhaber ausgeschüttet. Welche Politik wird daher typischerweise von Stiftungsunternehmen verfolgt? Welche Möglichkeiten gibt es für die Stiftung, um die Familienmitglieder zu unterstützen? Diese Fragen werden im folgenden Abschnitt diskutiert.
1.2 Konsequenzen für Ausschüttungs- oder Gewinnentnahmepolitik Die konservative Finanzierungspolitik, welche typischerweise auf Stiftungsunternehmen zutrifft, geht gewöhnlich auch mit einer restriktiven Ausschüttungs- bzw. Gewinnentnahmepolitik einher ([2], S. 36). Die Gewinne des Unternehmens werden somit zu einem größeren Teil thesauriert, daher im Stiftungsunternehmen belassen, was folglich die Eigenkapitalquote stärkt und das Unternehmen von externen Finanzierungsquellen unabhängiger macht. Im Ergebnis können weitere Investitionen und damit das künftige Wachstum (zumindest größtenteils) aus dem Unternehmen heraus finanziert werden. Dies hat jedoch i. d. R. zur Folge, dass die Ausschüttungen an die Anteilsinhaber geringer ausfallen als dies bei Vergleichsunternehmen der Fall ist. In der Tat zeigt die Analyse von Franke und Draheim (2015), dass Stiftungsunternehmen im Durchschnitt signifikant weniger ausschütten als die Unternehmen aus der Vergleichsgruppe (vgl. hierzu und im Folgenden [9], S. 21, 27). Dieses Ergebnis trifft dabei sowohl auf Unternehmen, die im Besitz einer gemeinnützigen Stiftung als auch einer Familienstiftung stehen, zu. Die Autoren manifestieren das empirische Ergebnis des Weiteren anhand einiger Praxisbeispiele, die ebenfalls verdeutlichen, dass die Ausschüttungsquoten von Stiftungsunternehmen (im Beispiel zwischen 3 % und 10 %) häufig weit unter dem Durchschnitt großer deutscher börsennotierter Unternehmen (40 %) liegen.
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Während die empirische und anekdotische Evidenz darauf schließen lässt, dass Stiftungsunternehmen typischerweise eine „sparsame“ Ausschüttungspolitik verfolgen, ist dieses Thema keineswegs bei allen Stiftungsunternehmen vom Tisch. So wird von 12 % der Führungskräfte bei im Stiftungsbesitz stehender Unternehmen die Ausschüttungspolitik als ein Konfliktfeld zwischen Stiftungsunternehmen und korrespondierenden Stiftungen genannt (vgl. hierzu und im Folgenden [18], S. 21). Die Ausschüttungspolitik stellt zugleich auch den häufigsten Grund für einen potenziellen Diskussionsbedarf dar. Dabei erscheint das Konfliktpotenzial bei Unternehmen im Besitz von Familienstiftungen etwas größer zu sein als im Fall von gemeinnützigen Stiftungen (zumindest dann, wenn die wirtschaftliche Lage des Unternehmens keine „üblichen“ Ausschüttungen zulässt), da die Familienmitglieder ihr Einkommen aus der Stiftung sicherstellen wollen ([8], S. 81). In diesem Zusammenhang ist es auch nicht verwunderlich, dass 53 % der Führungskräfte angeben, dass der Einfluss einer Stiftung auf die Gewinnausschüttung groß bis sehr groß ist und diese Zahl sogar auf 74 % steigt, wenn die Stiftung insgesamt auch einen sehr (großen) Einfluss auf die Geschäftsstrategie hat (vgl. hierzu und im Folgenden [18], S. 25). In aller Regel übt eine Stiftung indirekt Einfluss sowohl auf die Geschäftsstrategie als auch die Ausschüttungspolitik aus, nämlich durch ihre Vertreter in den Aufsichtsorganen des jeweiligen Unternehmens. Die Studie von BDO AG und Institut für Demoskopie Allensbach stellte fest, dass bei 89 % der befragten Stiftungsunternehmen ein Vertreter der Stiftung einen Sitz in dem Aufsichtsgremium des Stiftungsunternehmens innehat. Im Ergebnis kann konstatiert werden, dass, obwohl gerade bei Unternehmen im Besitz von Familienstiftungen ein verstärktes Interesse der Destinatäre der Stiftung an expansiveren Ausschüttungs- oder Gewinnentnahmepolitik bestehen könnte, die tatsächliche Politik dieser Stiftungsunternehmen eher moderate Ausschüttungsquoten umfasst. Daher scheint die Langfristorientierung, die ebenfalls mit Einbehaltung der Gewinne zur Sicherung künftiger Erträge einhergeht, auch an dieser Stelle die Oberhand zu gewinnen ([5], S. 48, 49). Aus der finanztheoretischen Perspektive wären zunächst höhere Ausschüttungsquoten der Stiftungsunternehmen positiver zu bewerten, da diese das sog. Free Cash Flow Problem, also die eigennützige Verwendung von Liquiditätsüberschüssen durch das Management, mindern würden [16]. Dafür könnten auch die Ergebnisse der Studie von Achleitner et al. (2020) sprechen, welche positive Werteffekte im Zusammenhang mit der Verringerung von Stiftungsbeteiligungen an börsennotierten Stiftungsunternehmen festgestellt hat (vgl. hierzu und im Folgenden [1] S. 1, [18]). Diese empirischen Ergebnisse zeigen somit gewisse Skepsis der Marktteilnehmer ggü. Stiftungsunternehmen auf, welche auf vom Kapitalmarkt wahrgenommenen potenziellen Kontrollund Überwachungsproblemen bei Stiftungsunternehmen beruhen könnte. Im Hinblick auf Familienstiftungen gilt es jedoch anzumerken, dass diese im Vergleich zu gemeinnützigen Stiftungen typischerweise eine höhere Kontrollintensität durch die Familie aufweisen, sodass die Probleme des Fehlverhaltens des Managements reduziert werden sollten. Des Weiteren scheint auch die übliche Finanzierungspolitik und die damit ver-
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folgte Zielsetzung die moderaten Ausschüttungsquoten von Stiftungsunternehmen im Familienbesitz (zumindest stückweit) zu rechtfertigen. Faktisch gesehen stellt eine Gewinnausschüttung des Unternehmens an die Familienstiftung als Anteilsinhaber erst die Vorstufe bei der finanziellen Unterstützung von Familienmitgliedern dar. Denn das Geld muss in einem weiteren Schritt den begünstigten Personen noch tatsächlich durch die Stiftung übertragen werden. Dabei muss beachtet werden, dass die Zuwendungen an die Destinatäre nicht das festgelegte Grundstockvermögen der Stiftung schmälern dürfen und folglich entweder aus den laufenden Erträgen der Stiftung, wie den Ausschüttungen des verbundenen Unternehmens, oder den Zustiftungen, die nicht das Stiftungskapital erhöhen sollen, geleistet werden können [15]. Es gilt folglich, den Grundsatz der Substanzerhaltung zu beachten (mit Ausnahme für sog. Verbrauchsstiftungen) ([8], S. 79). Die laufenden Zuwendungen unterliegen dabei der Kapitalertragssteuer (vgl. hierzu und im Folgenden [16]). Neben den Zuwendungen bestehen aber auch weitere Möglichkeiten der Geldübertragung an die Familienmitglieder. Eine davon stellen Zahlungen für erbrachte Dienstleistungen dar. So sind Familienmitglieder häufig in den Organen der zugehörigen Familienstiftung präsent und werden für diese Tätigkeiten üblicherweise von der Stiftung vergütet. Allerdings muss ebenfalls an dieser Stelle beachtet werden, dass das Stiftungskapital durch Auszahlung einer Vergütung nicht gemindert werden darf. Darüber hinaus sind auch weitere Transaktionen zwischen der Stiftung als juristische Person und den Familienmitgliedern möglich (z. B. eine Darlehnsvergabe).
2 Übertragung von Unternehmensanteilen Die konkreten Motive für die Errichtung einer (Familien)Stiftung sind vielfältig und werden selbstredend auch von der aktuellen Lebenssituation des Stifters mitgeprägt (siehe Kap. „Was ist eine Familienstiftung?“ und „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“. Folglich fließen diese Aspekte auch in die Entscheidung hinsichtlich des Zeitpunkts ihrer Errichtung sowie bezüglich der Überführung der Vermögenswerte in die Stiftung mit ein. Dabei wird allgemein zwischen den zwei folgenden Zeitpunkten unterschieden, nämlich 1) Errichtung der Stiftung bzw. Übertragung der Vermögenswerte unter Lebenden sowie 2) von Todes wegen [7, S. 88]. In diesem Kapitel werden die verschiedenen Zeitpunkte berücksichtigt und die möglichen Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Während eine Stiftung grundsätzlich die Möglichkeit bietet, unterschiedliche Vermögenswerte des Stifters in das Stiftungsvermögen einzubringen, u. a. Barvermögen, Immobilen oder Kunstwerke, wird an dieser Stelle der Fokus auf die Übertragung von Unternehmensanteilen gelegt, welche typischerweise den Kern des Stiftungsvermögens bilden ([21], S. 22).
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2.1 Alternative Übertragungswege Die meisten Stiftungen in Deutschland werden als rechtsfähige Stiftungen nach § 80 BGB gegründet ([7], S. 87, [6], S. 54). Für die Errichtung müssen folgende drei Punkte gewährleistet sein: Stiftungsgeschäft, Satzung und Anerkennung (vgl. hierzu und im Folgenden [6], S. 57, 63, 64). Im Zusammenhang mit der Vermögensübertragung muss das Stiftungsgeschäft vor allem Angaben zum Vermögen beinhalten, das vom Stifter eingebracht wird. Dabei handelt es sich um das Grundstockvermögen, welches sicherstellen muss, dass der Stiftungszweck, d. h. bei Familienstiftungen zumeist die Versorgung der Familie, durch die laufenden Erträge aus diesem Vermögen erfüllt werden kann. Die Beteiligungen an einem oder mehreren Unternehmen stellen gerade ein solches Vermögen dar und zwar unabhängig davon, welche Rechtsform die betroffenen Unternehmen besitzen (d. h. Kapital- oder Personengesellschaften). Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass neben einer Unternehmensbeteiligungsstiftung, die nach ihrer Errichtung vom Stifter mit Eigentumsanteilen ausgestattet wird, auch eine sog. Unternehmensträgerstiftung errichtet werden kann, die das Unternehmen selbst führt ([12], S. 125, [6], S. 54). Allerdings ist die letztere Lösung relativ unüblich für die deutsche Unternehmenslandschaft (aufgrund ihrer steuerlichen Nachteile) und wird daher nicht weiter diskutiert ([7], S. 78). Hinsichtlich einer Unternehmensbeteiligungsstiftung muss sichergestellt werden, dass das Unternehmen sich nicht schlichtweg in der Stiftung institutionalisiert, d. h. die Stiftung darf nicht institutionell an den geschäftlichen Betrieb der Gesellschaft gebunden sein (vgl. hierzu und im Folgenden [17], S. 147). Dies bedeutet jedoch zugleich nicht, dass Personen in den Stiftungsorganen keine Positionen in den Organen des Unternehmens besetzen dürfen, was entsprechenden Gestaltungsspielraum für die Familie bzw. den Stifter bietet. Wie bereits eingangs erwähnt, spielt bei der praktischen Errichtung einer Stiftung die Frage nach dem Zeitpunkt eine wichtige Rolle. Der Stifter kann sich einerseits entscheiden, die Stiftung zu seinen Lebzeiten (Stiftung unter Lebenden) einzurichten. Eine solche Entscheidung, bspw. resultierend aus mangelnder Nachfolge für die Geschäftsleitung, kann einige Vorteile mit sich bringen (vgl. hierzu und im Folgenden [7], S. 279). So könnte der Stifter im Verlauf noch Änderungen an der Satzung vornehmen sowie eine reibungslose Errichtung (u. a. im Hinblick auf die rechtlichen Aspekte) sicherstellen. Die Errichtung einer Unternehmensbeteiligungsstiftung (bzw. Beteiligungsträgerstiftung) ist dabei losgelöst von der Höhe der Beteiligung, welche in die Stiftung eingebracht wird ([17], S. 147). Somit kann der Stifter auch festlegen, wie er seine Anteile auf die Stiftung übertragen möchte, nämlich vollständig bei Stiftungsgründung, in Tranchen zu Lebzeiten, von Todes wegen oder zum Teil zu Lebzeiten und zum Teil von Todes wegen (vgl. hierzu und im Folgenden [7], S. 281–283). Alle genannten Alternativen werden in Deutschland grundsätzlich praktiziert und bieten dem Stifter die Möglichkeit, die gegebene Situation im Unternehmen sowie die eigene Lebenssituation bestmöglich zu berücksichtigen. Da die endgültige Einbringung der Unternehmensanteile in die Stiftung
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eine schwerwiegende Entscheidung sowohl finanzieller als auch emotionaler Natur darstellt, bieten gerade die stufenweise Überführung oder die Übertragung von Todes wegen denkbare Alternativen zur vollständigen Übertragung der Unternehmensanteile bei Stiftungserrichtung. So kann eine teilweise oder vollständige Aufrechterhaltung der Eigentumsrechte des Stifters (spätestens bis zu seinem Tod) es u. a. erlauben, die Ausübung seines direkten Einflusses als Anteilsinhaber auf die Gesellschaft sicherzustellen.1 Im Zusammenhang mit der stufenweisen Übertragung kann des Weiteren angemerkt werden, dass diese vor allem hilfreich sein kann, um das aufgestellte Stiftungskonstrukt über die Zeit zu testen, bspw. im Hinblick auf die zu errichtenden Stiftungsgremien. Bei gänzlicher Überführung der Anteile von Todes wegen in eine Stiftung, welche zu Lebzeiten des Stifters bereits errichtet wurde, sollte, wie vorher erwähnt, sichergestellt werden, dass die Stiftung klare Strukturen und detaillierte Ausgestaltung aufweist, um mögliche Komplikationen bei späterer reiner Übertragung der Beteiligungsrechte zu vermeiden. Die Errichtung der Stiftung selbst kann nicht nur zu Lebzeiten des Stifters erfolgen, sondern auch von Todes wegen. Im Vergleich zu einer Testamentsvollstreckung, welche nach 30 Jahren endet, bietet ein solches Stiftungskonstrukt eine zeitlich unbegrenzte Lösung ([17], S. 142). Dabei bedarf eine Errichtung der Stiftung von Todes wegen einer hinreichend definierten Gründungsveranlassung des Stifters, bei der im Hinblick auf das Stiftungsgeschäft die Stiftung als Erbin fungieren kann (vgl. hierzu und im Folgenden [6], S. 59). Neben dem Erbvertrag können auch eine Auflage im Testament oder ein Vermächtnis als probate Mittel für die Gründung genutzt werden. Eine aufgrund einer solchen Veranlassung zu errichtende Stiftung bringt jedoch potenziell das größte Risiko für das betroffene Unternehmen mit sich, weil sowohl die Errichtung als auch die gesamte Übertragung der Anteile erst nach dem Tod des Stifters erfolgt und somit jegliche Komplikationen bei der Gründung dazu führen könnten, dass das Unternehmen für eine unbestimmte Zeit ohne einen wesentlichen (Mit)Eigentümer verbleiben muss ([7], S. 279, 280). Dies kann letztlich auch negative wirtschaftliche Folgen für die Destinatäre der Stiftung haben. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass bei einer Familienstiftung die Übertragung der Vermögenswerte an die Stiftung entweder von Todes wegen durch eine Vererbung (siehe hierzu auch o. g. Alternativen) oder zu Lebzeiten des Stifters durch eine Schenkung (also eine unentgeltliche Zuwendung) oder einen Verkauf erfolgen kann (vgl. hierzu und im Folgenden [13]). Die Lösung des Verkaufs von Vermögenswerten an die Stiftung kommt allerdings vor allem z. B. für Grundstücke aus steuerrechtlichen Gründen in Betracht. Für die Übertragung von Unternehmensanteilen stellen daher Schenkung und Vererbung die typischen Lösungsansätze dar, welche jedoch aufgrund des privatnützigen Charakters einer Familienstiftung nicht von den Steuerbefreiungen
1Dem
gegenüber kann natürlich auch ein indirekter Einfluss, selbst bei unmittelbarer vollständiger Übertragung der Anteile, bestehen (vgl. Kap. „Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen“).
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wie eine gemeinnützige Stiftung profitieren können (vgl. hierzu und im Folgenden [11]). Solche Übertragungen an eine Familienstiftung lösen folglich Erbschaft- und Schenkungssteuerpflicht aus, sie unterliegen i. d. R. jedoch keiner Ertragssteuerpflicht. Bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften gilt dies für unentgeltliche Übertragungen von mehr als einem Prozent. Allerdings müssen für gewerbliche Personengesellschaften (z. B. GmbH & Co. KG) besondere Regelungen beachtet werden. So sind die Eigentumsanteile an diesen Gesellschaften nur dann von der Einkommenssteuer befreit, wenn sie vollständig auf die Stiftung übertragen werden.2 Somit ist die in diesem Kapitel diskutierte Möglichkeit der stufenweisen Übertragung der Anteile im Rahmen einer Stiftung unter Lebenden für Beteiligungen an gewerblichen Personengesellschaften aus steuerlichen Gründen weniger relevant. Denn nur eine teilweise Übertragung der Beteiligung an einer solchen Gesellschaft würde eine Auflösung von stillen Reserven nach sich ziehen, sodass diese als Veräußerungsgewinn einkommenssteuerpflichtig wären.
2.2 Unternehmensanteile im Besitz der Stiftung Nach der erfolgreichen Übertragung der Unternehmensanteile an die Familienstiftung gehören diese fortan zum Stiftungsvermögen. Können diese Beteiligungsrechte jedoch durch die Familienstiftung unter bestimmten Voraussetzungen wieder veräußert werden oder müssen sie für immer im Stiftungsbesitz bleiben? Die Hintergründe zu dieser Frage sind intensiv in der Literatur und Praxis diskutiert worden und werfen bis heute noch Fragen bei der Errichtung einer Stiftung auf. Zunächst ist im Hinblick auf die spätere Veräußerbarkeit der übertragenen Unternehmensanteile durch die Stiftung festzuhalten, dass entsprechende Vorgaben dazu in der Stiftungssatzung gemacht werden können (vgl. hierzu und im Folgenden [23], S. 54–59). Daher kann der Stifter selbst im Rahmen seiner Willensfassung gewisse Handlungsspielräume oder Grenzen festlegen, wobei diese Gestaltungsfreiheit zumindest zum Teil rechtlich eingeschränkt ist. So darf der definierte Stiftungszweck nicht lediglich darin liegen, das eingebrachte Vermögen und damit auch das verbundene Unternehmen aufrechtzuerhalten. Denn § 80 Abs. 1 S. 2 BGB legt fest, dass das Vermögen nur ein Instrument zur Erfüllung des definierten Zwecks sein darf und somit nicht selbst als Zweck fungieren kann. Daher darf die Stiftung nicht im Dienst des Unternehmens stehen, sondern das Verhältnis muss umgekehrt sein. Es liegt somit ein Verbot einer Selbstzweckstiftung vor. Während eine offene Unternehmensselbstzweckstiftung, welche folglich die Aufrechterhaltung des Unternehmens als Stiftungszweck offenlegt, ausdrücklich verboten ist, gilt es noch, die verdeckte Form einer Selbstzweckstiftung näher zu beleuchten. Eine solche verdeckte Unternehmensselbstzweckstiftung kann dann vorliegen, wenn der Stifter zwar
2Dazu
gehören auch Wirtschaftsgüter in seinem steuerlichen Sonderbetriebsvermögen.
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einen anderen Stiftungszweck als den Unternehmenserhalt definiert hat (sowie im Fall einer Familienstiftung die langfristige Unterstützung der Familie), aber zugleich in der Satzung die Unterlassung des Unternehmensverkaufs bzw. Veräußerung der Anteile (ggf. im Bezug auf bestimmte Schwellenwerte) angeordnet hat. Im Fall einer solchen Ausgestaltung der Stiftungssatzung könnte der Unternehmenserhalt ebenfalls als Hauptzweck der Stiftung angesehen werden (auch wenn nicht ausdrücklich als solcher vorgegeben), da die Stiftung typischerweise von dem Wohl des verbundenen Unternehmens in einem (zu) hohen Maße abhängig wäre. Denn solche starren Regelungen, die unter allen Umständen ein Verbot des Verkaufs von Unternehmensanteilen aussprechen, würden implizieren, dass selbst bei dauerhaft ausbleibenden unternehmerischen Erfolgen (und daher auch Einkünften) das Unternehmen von der Stiftung „unberührt“ zu erhalten ist ([5], S. 49). Während es in der Literatur für die klare Einordnung einer mit o. g. Vorgaben versehenen Stiftung als eine verdeckte Unternehmensselbstzweckstiftung sowohl Für- als auch Gegenstimmen gibt (siehe hierzu [23], S. 55, 56), ist indes unklar, ob solche doktrinären Regelungen überhaupt praxisrelevant sind (vgl. hierzu und im Folgenden [5], S. 50). Sie könnten jedenfalls dazu führen (in Abhängigkeit von der konkreten Ausgestaltung), dass die Stiftung rechtlich unzulässig wäre und somit die Errichtung einer Stiftung behindern, was zugleich schwerwiegende Probleme für das Unternehmen, wie in dem vorhergehenden Kapitel angedeutet, mit sich bringen könnte. Zusammenfassend kann konstatiert werden, dass mögliche Einschränkungen hinsichtlich der Veräußerbarkeit der Unternehmensanteile durch die Stiftung zwar in ihrer Satzung festgehalten werden können, der Stifter jedoch in seiner Gestaltungsfreiheit durch das Verbot der Selbstzweckstiftung eingeengt ist. Sind daher entsprechende Vorgaben vom Stifter gewünscht, erfordert ihre Formulierung im Rahmen der Satzung eine hohe Trennschärfe und Achtsamkeit.
3 Ausscheiden von Familienmitgliedern Sobald der Errichtungsprozess abgeschlossen ist, gilt es für die Stiftung fortan, den Willen des Stifters entsprechend umzusetzen. Im Rahmen einer Familienstiftung sind daher insbesondere, die Ansprüche der Destinatäre (und somit der Familie) zu beachten. Neben den reinen finanziellen Aspekten steht dabei auch die Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen im Vordergrund. Wie in Kap. „Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen“ dieses Ratgebers ausführlich diskutiert, stellt das Zusammenspiel von Unternehmens- und Stiftungsorganen einen Grundpfeiler für die Sicherstellung des Wohls der Familie, der korrespondierenden Stiftung und nicht zuletzt auch des Stiftungsunternehmens selbst dar. Auch die Familie nimmt typischerweise an diesem Prozess durch die Besetzung von gewissen Positionen in den o. g. Organen teil. Was gilt es jedoch zu beachten, wenn Familienmitglieder aus den erwähnten Institutionen oder sogar aus dem Familienverbund ausscheiden? Bei der Beantwortung dieser Frage kann u. a. ein Blick in die Stiftungssatzung helfen.
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Grundsätzlich kann der Stifter bei der Formulierung seines Willens den Kreis der Destinatäre weitgehend frei definieren. Im Rahmen einer Familienstiftung kann er sowohl den Kreis der geförderten Personen auf seine Abkömmlinge beschränken als auch weitere Angehörige berücksichtigen. Des Weiteren steht es dem Stifter offen, auch Vorgaben zu den zu erbringenden Leistungen der Stiftung zu machen (wie bspw. in Form einer gewinnabhängigen Beteiligung) und diese zugleich für verschiedene Gruppen der Destinatäre unterschiedlich auszugestalten ([5], S. 36). Somit sind auch gewisse Regelungen hinsichtlich der Änderung des Status eines Destinatärs im Rahmen des Familienverbunds denkbar. Insbesondere bei Kapitalgesellschaften kann es darüber hinaus vorkommen, dass bestimmte Familienmitglieder neben der Stiftung im Besitz von Unternehmensanteilen sind und somit einen direkten Gesellschafterstatus haben. Sollten sie jedoch aus persönlichen oder finanziellen Gründen ihre Anteile abgeben wollen, kann wiederum die Stiftungssatzung vorsehen, dass diese Beteiligungsrechte von der Stiftung übernommen werden ([7], S. 348). Die Besetzung der Organe einer Stiftung (bzw. Stiftungsgremien) durch Familienmitglieder stellt ein weiteres häufig vorzufindendes Merkmal von Stiftungslösungen dar. So sind die engen Angehörigen des Stifters auch zum Teil im Stiftungsvorstand vertreten, was allerdings bei möglichen Konflikten innerhalb der Familie mit schwerwiegenden Folgen sowohl für die Stiftung als auch für das Unternehmen einhergehen kann (vgl. hierzu und im Folgenden [3]). Im Fall einer Stiftung unter Lebenden in deren Rahmen der Stifter selbst als auch bspw. seine Ehegattin (u. U. als Mitstifterin) im Stiftungsvorstand vertreten sind, kann ein plötzlich auftretender Konflikt zwischen den Parteien (bis hin zur Scheidung) den Vorstand in seiner Funktion massiv einschränken. Vorausschauende Lösungen im Rahmen der Stiftungssatzung (wie z. B. Entbindung der jeweiligen Partei von ihren Aufgaben im Scheidungsfall, was zugleich an eine Abfindungszahlung gekoppelt sein könnte) würden es erlauben, dem Ausscheiden von Familienmitgliedern möglichst effektiv Rechnung zu tragen. Neben den anderen Familienmitgliedern kann auch der Stifter selbst als Destinatär der Familienstiftung fungieren. Dies erscheint, legitim zu sein, da durch die Übertragung der Unternehmensanteile an die Stiftung, der Stifter seine Stellung als Gesellschafter (zumindest teilweise) aufgibt und somit die korrespondierenden finanziellen Ansprüche aus diesen Anteilen verliert (Einräumung eines Nießbrauchsrechts könnte hier Abhilfe schaffen). Es sei des Weiteren darauf verwiesen, dass ungeachtet der Ausgestaltung der Stiftungssatzung, der Stifter sich (bei Stiftung unter Lebenden) im Hinblick auf seine Altersvorsorge nicht alleine auf die Zuwendungen aus der Stiftung verlassen sollte, um einerseits keine finanzielle Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Entwicklung des Stiftungsunternehmens im Alter entstehen zu lassen und anderseits um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass der Kreis der Destinatäre sich mit dem Alter auf weitere Generationen erstrecken könnte. Insbesondere bei Stiftungsunternehmen in Form einer Personengesellschaft erscheint daher eine hinreichende Trennung zwischen Privat- und Betriebsvermögen im Rahmen der Stiftungslösung essenziell zu sein ([7], S. 269). Zusätzlich zum Ausscheiden des Stifters aus dem Unternehmen als
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Gesellschafter ist auch die Beendigung seiner Tätigkeit in den Unternehmensorganen möglich. Typischerweise übernimmt der Stifter stattdessen oder parallel eine Position in einem der Stiftungsorgane. Neben der bereits diskutierten Möglichkeit der Bekleidung einer Position (bzw. des Vorsitzes) im Stiftungsvorstand, kann der Stifter im Fall der Errichtung eines Stiftungsaufsichtsrats auch in dieses Organ wechseln, um vor allem weiterhin über wichtige Entscheidungen zu wachen ([17], S. 158). Spätestens jedoch mit dem Ausscheiden des Stifters auch aus diesen Institutionen, liegt es fortan in der Verantwortung der Familie, den Familienunternehmenscharakter zu wahren und die Verfolgung relevanter Ziele sicherzustellen, bspw. durch die Einrichtung einer Familienversammlung (vgl. Kap. „Führung und Kontrolle von Stiftungsunternehmen“). Wobei an dieser Stelle wiederum die Stiftungssatzung die entsprechenden Rahmenbedingungen (stückweit) vorgibt.
4 Zusammenfassung und Fazit Dieses Kapitel befasste sich mit den finanziellen Aspekten des Konstrukts der Familienstiftung. Dabei wurden relevante Aspekte sowohl in Bezug auf die Stiftungsunternehmen selbst als auch die entsprechenden Familienstiftungen sowie die zugehörigen Familienmitglieder bzw. Stifter und Destinatäre diskutiert. Es kann zunächst festgehalten werden, dass trotz der grundsätzlichen Heterogenität der Unternehmenslandschaft, die Stiftungsunternehmen typischerweise durch einen geringeren Verschuldungsgrad, eine stärkere Inanspruchnahme von internen Finanzierungsquellen und verhaltene Ausschüttungen gekennzeichnet sind. Diese Merkmale einer konservativen bzw. restriktiven Finanzierungs- und Ausschüttungspolitik können insbesondere auf die Langfristorientierung der Stiftungslösungen zurückgeführt werden. Demgegenüber stehen jedoch oftmals die Interessen der Destinatäre an höheren Ausschüttungsquoten sowie das Erfordernis einer hinreichenden Finanzierung des künftigen Unternehmenswachstums gegenüber, sodass angemessene Lösungsansätze gefunden werden müssen, für welche die ersten Impulse bereits im Rahmen der Stiftungssatzung durch den Stifter gesetzt werden können. Der Stifter hat neben den vielfältigen Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Satzung grundsätzlich auch die Wahl zwischen verschiedenen Alternativen bei der Errichtung der Stiftung sowie bei der Einbringung von Unternehmensanteilen in das Stiftungsvermögen. Die Errichtung der Stiftung bzw. ihre Ausgestaltung mit Eigentumsanteilen kann entweder zu Lebzeiten des Stifters oder von Todes wegen erfolgen, wobei die Wahl des geeigneten Zeitpunkts bzw. der zeitlichen Abfolge sich nicht zuletzt nach der Lebenssituation des Stifters sowie nach der Situation im Unternehmen richten sollte. Des Weiteren gilt es hinsichtlich der Gründung der Stiftung, klare Vorgaben bzw. Strukturen zu schaffen, um möglichen (wirtschaftlichen) Komplikationen (insbesondere bei Stiftungen von Todes wegen) vorzubeugen. Die Gestaltungsfreiheit des Stiftungsgründers ist jedoch zugleich nicht grenzenlos und ist teilweise durch rechtliche Vorgaben, wie das Verbot einer Selbstzweckstiftung, eingeschränkt, was
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wiederum geeignete Vorgaben und Formulierungen bei der Stiftungsgründung erfordert. Klare Formulierungen des Stifterwillens sollten dabei auch in Bezug auf den Kreis der Destinatäre getroffen werden. Diese könnten ferner mögliche Änderungen des Status der Mitglieder im Familienverbund einbeziehen, um bspw. bei Stiftungen unter Lebenden Scheidungen möglichst effektiv Rechnung zu tragen. Letztlich sollte auch der Stifter selbst seine persönliche gegenwärtige oder künftige finanzielle Situation im Stiftungskonstrukt mitberücksichtigen, da mit der Zeit bspw. der Kreis der Destinatäre größer werden könnte.
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Univ.-Prof. Dr. André Betzer ist Inhaber der W3 Professur für Finanzwirtschaft und Corporate Governance an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal. 2012 lehnte er einen Ruf auf die Universitätsprofessur für das Fach „Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Corporate Governance“ an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Gemeinsam mit Professor Rainer Wieland gründete er im Jahr 2017 das Wuppertaler Institut für Unternehmensforschung und Organisationspsychologie (WIFOP). In seiner Forschung und Lehre beschäftigt er sich im Wesentlichen mit Fragen aus den Bereichen Unternehmensfinanzierung, Private Equity, Corporate Governance und Vermögensmanagement. Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an den Universitäten Bonn und Toulouse wurde ihm im Jahre 2006 der Grad eines Doktors der Wirtschafts- und Gesellschaftswissenschaften an der Universität Bonn verliehen. Daraufhin habilitierte er sich im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim im Jahre 2010 und vertrat im Jahr 2009 den Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Finanzierungslehre an der Universität zu Köln. Im Jahr 2014 war er der 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Finanzwirtschaft (DGF e. V.). Seit 2019 ist er Vorsitzender
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der Wissenschaftlichen Kommission Bankbetriebslehre/Finanzierung innerhalb des Verbandes der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft (VHB). Er sitzt im Beirat bei der K.A. Schmersal GmbH & Co. KG mit Hauptsitz in Wuppertal. Dr. Dmitry Bazhutov ist Akademischer Rat am Lehrstuhl für Finanzwirtschaft und Corporate Governance an der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann bei der HypoVereinsbank absolvierte er zunächst von 2010 bis 2013 das Bachelorstudium der Wirtschaftswissenschaft (B.Sc.) und von 2013 bis 2015 das Masterstudium der Finanzen, Wirtschaftsprüfung, Controlling und Steuern (M.Sc.) an der Bergischen Universität Wuppertal, wo er auch im Jahr 2018 zum Dr. rer. oec promovierte. Seine aktuellen Lehr- und Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Corporate Finance, Corporate Governance und Accounting.
Nicht ohne meine Familie Der Inhaberstrategieprozess als prozessuales Instrument zur Erstellung einer Familienverfassung im Rahmen einer Stiftungsgründung Dominik von Au
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 2 Die Familienverfassung, ein wirkungsvolles Tool . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3 Die Kernthemen einer Familienverfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 4 Mitgliedschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 5 Das Selbstverständnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 6 Das Inhabergeschäftsmodell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 7 Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 8 Family Governance. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 9 Rollen und Menschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 10 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
Zusammenfassung
Viele Unternehmer tüfteln ihre Stiftungslösung im stillen Kämmerlein, unterstützt von Rechtsanwälten und Steuerberatern aus. Besser wäre es, vorher in einem strukturierten Prozess zur Erstellung einer Familienverfassung die Kernfragen und Interessen in Familie und Unternehmen mit allen Beteiligten zu sortieren und gemeinsam zu besprechen. Je nach Ausgang dieser Diskussion ist eine Stiftungsstruktur genau richtig, oder auch komplett falsch.
D. von Au (*) INTES Akademie für Familienunternehmen, PwC, Bonn, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_6
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1 Einleitung Schraubenhersteller Reinhold Würth hat es getan, Alnatura Gründer Götz Rehn hat es getan. Die Aldi-Brüder ebenso. Und auch der Schweizer Taschenmessermacher Victorinox oder der deutsche Kekshersteller Griesson-Debeukelaer gingen den Schritt. Sie alle haben Stiftungskonstruktionen gewählt, um ihr Unternehmen in die nächste Generation zu überführen. Und nicht etwa, weil es keine geeigneten Nachfolger gegeben hätte. Im Gegenteil: Bei Aldi, Würth und Victorinox arbeiteten vor und nach der Stiftungsgründung Familienmitglieder der nächsten Generation an verantwortungsvoller Stelle im Unternehmen mit. Stiftungslösungen werden für Unternehmer im Rahmen des Generationswechsels immer beliebter. Häufig spielen besonders Familienstiftungen hierbei eine beutende Rolle. Die große Vielfalt der denkbaren (Familien-)Stiftungskonstruktionen, ihre Anwendungsgebiete und deren Vor- und Nachteile werden in diesem Buch ausführlich erläutert. Wenig beachtet wurde in der einschlägigen Stiftungsliteratur bisher aber die Einbindung der Inhaberfamilie in den so bedeutenden vorgeschalteten Prozess zur Entscheidung für oder wider die Gründung einer Familienstiftung. Viele Unternehmer tüfteln ihre Stiftungslösung hinter verschlossenen Türen mit Beratern und Anwälten aus und beziehen Familienmitglieder – auch aus Angst vor Missstimmungen in der Familie – oft nicht oder nur sehr spät ein. Verhindern können sie die dann entstehenden Enttäuschungen, offenen Fragen und innerfamiliäre Konflikte dadurch natürlich nicht. Sie verschieben sie lediglich auf die Phase nach der Stiftungsgründung. Mit der Folge, dass Familienkonflikte und das Ringen um Macht, Einfluss und die Höhe von Zuwendungen dann meist über Rechtsanwälte ausgetragen werden und sich Auseinandersetzung über die Rechtmäßigkeit einzelner Stiftungsregeln jahrelang hinziehen.
2 Die Familienverfassung, ein wirkungsvolles Tool Besser wäre es, alle betroffenen Familienmitglieder in einen strukturierten inhaberstrategischen Prozess einzubinden – mit dem Ziel wesentliche Ergebnisse in einer sogenannten Familienverfassung zu verschriftlichen (oftmals auch Familiencharta oder -kodex genannt). Eine Inhaberstrategie adressiert den dynastischen Willen einer jeden Inhaberfamilie und stellt Ausgangspunkt für viele strategischen Folgeüberlegungen dar. Es gilt dabei festzulegen, wer unter welchen Bedingungen am Familienunternehmen beteiligt wird, welche Werte und Ziele Familie und Unternehmen verfolgen, wie die Grundzüge des Geschäftsmodells aussehen, welche Leitgedanken für die Geschäftsführung und Aufsicht gelten, welches Regelwerk für die Inhaberfamilie gilt und wie die langfristige Rollenplanung aussieht.
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Dabei ist Ergebnisoffenheit besonders wichtig. Am Ende eines solchen Prozesses mag die Familie zu dem Schluss kommen, dass eine Stiftungslösung genau das Richtige ist. Sie verschafft sich Klarheit darüber, bei welchem (Stiftungs-)Organ Führung und Kontrolle des Unternehmens aufgehängt sein sollte und welcher Kompetenzen es dafür bedarf. Es kann aber auch sein, dass sich herausstellt, dass eine Stiftungslösung nicht der ideale Weg zur Erreichung der gemeinsam definierten Ziele für die Inhaberfamilie und das Familienunternehmen ist. In jedem Fall wird die Ausgestaltung der Governance im Stiftungskonstrukt einfacher gelingen, wenn der gemeinsame Wille der Familie im Rahmen der Inhaberstrategie vorab erarbeitet und in einer Familienverfassung formuliert wurde. Wie sieht so ein Inhaberstrategieprozess im Vorfeld einer Stiftungsgründung oder auch im Destinatärskreis einer bestehenden Familienstiftung aus?
3 Die Kernthemen einer Familienverfassung Um die zentralen Handlungsfelder strukturiert anzusprechen, empfiehlt sich eine Adressierung der Themen nach dem von Peter May, dem Gründer der INTES Akademie für Familienunternehmen, entwickelten Inhaberstrategiehaus (siehe Abb. 1). Die auf dieser Grundlage entwickelten Modelle finden sich in den Familienverfassungen und Governance-Strukturen von zahlreichen Familienunternehmen wieder.
Familienstiftung
Business Governance
Family Governance
Rollen
Mitgliedschaft
Selbstverständnis
InhaberGeschäfts -modell
Inhaberstrategie
Abb. 1 Die Inhaberstrategie in der Familienstiftung
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4 Mitgliedschaft Da ist zunächst die Frage nach der Mitgliedschaft. Wie bei jeder Gemeinschaft, die sich zu einem gemeinsamen Projekt verbindet, muss auch beim Familienunternehmen klar definiert sein, wer in welcher Rolle mitmachen darf. Die Frage, wer eigentlich zur Inhaberfamilie gehört, ist oft eine Kernfrage, die nicht selten Grundsätzliches auf den Tisch bringt. Gerade rund um die Gründung einer Familienstiftung ist die Frage, wer Destinatär dieser Stiftung sein wird, entscheidend. Sind es nur die leiblichen Abkömmlinge des Stifters oder gehören auch angeheiratete Familienmitglieder und Adoptiv- oder Stiefkinder dazu? Wenn ja, welche Rechte und Pflichten gehen mit der Gesellschafter- oder auch Destinatärsstellung einher? Zwangsläufig wird an dieser Stelle diskutiert, wie der Gesellschafterkreis des Familienunternehmens oder auch die Gruppe der Destinatäre in einer Familienstiftung in der nächsten Generation aussehen werden. Hier nehmen viele Familien eine zentrale Weichenstellung vor. Sehen sie den Familienbegriff eher weit und lassen in der Folge auch eine beliebig ausgeprägte Zersplitterung der Anteile in den kommenden Generationen bzw. eine im Generationenfortschritt beliebig anwachsende Zahl an Destinatären einer Stiftung zu? Oder wird eher ein Modell präferiert, das die Unternehmensanteile, Destinatärsrechte und/oder die Stimmrechtsmehrheiten bei wenigen Personen bündelt (Beschneidung des Familienbaums [1]). Auch bei der Unternehmerfamilie Wrede, in deren Besitz sich die Wrede Industrieholding im nordrheinwestfälischen Arnsberg befindet, war das Thema Anteilszersplitterung Ausgangspunkt für die Stiftungsdiskussion [2]. In der fünften Generation war die Zahl der Gesellschafter soweit angewachsen, dass sich gewisse Risiken bei Ausschüttungs- und Erbschaftsthemen abzeichneten, die das Unternehmen und das Familienvermögen unter Umständen erheblich schwächen würden. Die vierte und fünfte Generation wollte aber genauso wie die Vorgängergenerationen, das unternehmerische und sonstige Vermögen als gemeinsames Familienvermögen bewahren. Die Familienmitglieder waren von den Vorteilen eines gemeinsamen Vorgehens versus das Verfolgen individueller Ziele überzeugt. So kam die Idee einer Familienstiftung auf. Bei dieser Diskussion des Familienverständnisses kristallisieren sich möglicherweise schon erste Anzeichen für eine spätere Stiftungslösung heraus. Wer ein eher breites Familienbild hat, das möglichst alle einschließt, kommt schneller zur Frage, inwieweit eine großzahlige Inhaberfamilie wirklich die notwendige Handlungsfähigkeit besitzt, um ein guter Eigentümer für ein schnell wachsendes und komplexer werdendes Unternehmen zu sein. Wichtig ist jedoch an dieser Stelle des Prozesses nicht bereits in Lösungsmodellen zu denken. Vor allem sollten nicht zu früh verschiedene Organisationsformen (Holdingmodell, Stiftungslösung, fremdgeführt versus inhabergeführt) miteinander verglichen werden. Es geht zunächst darum, herauszufinden, welches gemeinsame Verständnis die
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Familie als Familie hat und inwieweit dieses Familienverständnis an Anteilsbesitz bzw. an eine Destinatärsstellung gebunden ist. In diesem ersten Teil des Prozesses wird neben der Frage, wer Familienmitglied oder künftig Gesellschafter bzw. Destinatär einer Stiftung werden kann, auch die Frage geklärt, welche Rechte und Pflichten damit einhergehen. Es muss klar werden, dass mit der Gesellschafter-/Destinatärsrolle nicht nur Vermögens- und Mitwirkungsrechte übertragen werden, sondern auch umfangreiche Pflichten und Erwartungen. Nur so kann jeder beurteilen, ob er diese Rolle für sich und seine Nachkommen überhaupt will. Zu den Pflichten gehört der verantwortungsvolle Umgang mit dem anvertrauten Unternehmens-/Stiftungswerten. Insbesondere bei großen Familienunternehmen mit einer bedeutenden Anzahl von Mitarbeitern und nicht unerheblichen Marktrisiken, wird Familienmitgliedern häufig hier erst die ganze Tragweite einer Gesellschafterstellung bewusst. Dabei geht es nicht darum, jemanden von der Aufgabe abzuschrecken. Es sollte bewusst gemacht werden, dass die Begleitung eines Familienunternehmens, selbst wenn es „nur“ in der individuellen Rolle eines Minderheitsgesellschafters ist, mit dem Willen und der Fähigkeit zur Übernahme von Verantwortung (Qualifikation, zeitliches Invest etc.) neben der eigentlichen beruflichen Tätigkeit verbunden ist. Eine Familienstiftung kann hier für relativ unternehmensferne Familienmitglieder eine entlastende Lösung sein. Dann nämlich, wenn wesentliche Verantwortungsbereiche der Gesellschafter auf ein Stiftungsorgan übertragen werden. Die Stellung eines Destinatärs geht in den meisten Fällen mit einer deutlich reduzierten Verantwortung des einzelnen Familienmitglieds für die Entwicklung des Unternehmens einher. An diesem Punkt der Diskussion erörtern besonders Mehrgenerationenfamilienunternehmen die Sinnhaftigkeit von bestehenden Stammesstrukturen. Hat sich ein Stammesdenken einmal in einer Familie/Organisation etabliert, ist es für nachfolgende Generationen oftmals schwer, diese einmal etablierte Logik für zukünftige Generationen aufzulösen, selbst, wenn es für Familienorganisation die bessere Lösung wäre. Bei der erstmaligen Gründung einer Familienstiftung werden bestehende Stammesstrukturen in der Praxis häufig aufgelöst.
5 Das Selbstverständnis Sind die Aspekte der „Mitgliedschaft“ geklärt, sollte die Familie zu einem gemeinsamen Verständnis ihrer Werte und Ziele im Hinblick auf das Unternehmen bzw. die Familienstiftung und im Hinblick auf die Unternehmerfamilie kommen. Werte und Ziele geben der Gemeinschaft Identität und Richtung. Mission Statements haben sich in vielen Organisationsformen durchgesetzt und bieten auch der Unternehmerfamilie eine wertvolle Orientierung. Dabei sollten Werte und Ziele sowohl für die Familie als auch für das Unternehmen bzw. die Stiftung festgelegt werden, wie auch der Governance Kodex für Familienunternehmen fordert [3]. Eine hinreichend klare Formulierung des
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Inhaberwillens hinsichtlich des Verhältnisses von Stabilität, Rentabilität und Wachstum ist essenziell für eine strategische Ausrichtung des Unternehmens im Sinne der Inhaber. Auch für eine Stiftung macht es Sinn, solche Werte und Ziele klar zu formulieren. Am Anfang aller Überlegungen steht der Diskurs, ob die Unternehmerfamilie überhaupt eine sein will und ein Familienunternehmen betreiben möchte. Ist auch die zukünftige Generation hierzu bereit, gilt es des die Frage „Family first oder Business first“ zu beantworten. Dahinter steht letztendlich die Frage, in welchem Ausmaß die einzelnen Mitglieder bereit sind, ihre Individualinteressen dem Gemeinschaftsinteresse unterzuordnen. Hier wird auch die Eigentumsfrage gestellt. Versteht die Familie das Unternehmen als Vermögensgegenstand, der im Zweifel auch aufgezehrt, verbraucht werden kann oder versteht sich die Familie als Treuhänderin eines Unternehmens, dessen Gewinne ihr nur begrenzt zustehen und dessen Unabhängigkeit und Stabilität es zu sichern gilt. Die Diskussion wird auch um die Frage kreisen, ob die Familienmitglieder sich auch zukünftig weiterhin gemeinsam engagieren wollen. Wollen sie auch in der nächsten Generation, bei einem wahrscheinlich wesentlich größeren Inhaberkreis mit fragmentierter Anteilseignerschaft, gemeinsam ein Unternehmen führen oder kontrollieren (direkt oder indirekt über eine Stiftung), Vermögen gemeinsam investieren oder gemeinnützige Tätigkeiten gemeinsam verfolgen? Oder wiegen den Einzelinteressen eines jeden Mitglieds schwerer als das Kollektiv? Schlägt das Pendel eher in Richtung „Kollektiv“ und Erhalt des gemeinsamen identitätsstiftenden (unternehmerischen) Engagements aus, kommen Stiftungskonstruktionen weiterhin infrage.
6 Das Inhabergeschäftsmodell Im nächsten Schritt definiert die Familie ihr Inhabergeschäftsmodell. Wenn das Familienunternehmen (mindestens) in die nächste Generation überführt werden soll, braucht es eine nachhaltige Geschäftspolitik und eine handlungsfähige Unternehmerfamilie. Viele Unternehmen operieren jedoch in Märkten, die sich sehr schnell entwickeln. Was heute noch ein funktionierendes Geschäftsmodell ist, ist in der nächsten Generation vielleicht schon keines mehr. Umso wichtiger ist es, die Frage zu stellen, unter welchen Bedingungen das Festhalten an einem Familienunternehmen für die Beteiligten sinnvoll ist. Welche Mindestrendite erwartet oder benötigt die Inhaberfamilie? Ist sie bereit Verluste zu tragen? Über welchen Zeitraum? Welche Rolle spielt der Vermögenserhalt? Welche Rolle spielt Wachstum? Welche Risiken ist die Inhaberfamilie bereit einzugehen, welche nicht? Soll die Diversifikation innerhalb des Familienunternehmens durch den Aufbau nicht-korrelierender Geschäftsfelder erfolgen, oder bleibt man fokussiert und diversifiziert im Privatvermögen? Gerade die Frage nach dem richtigen Diversifikationsgrad ist weichenstellend für strategische Entscheidungen auf Unternehmensebene.
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Unternehmerfamilien finden sehr unterschiedliche Antworten auf diese Fragen und entwickeln entsprechend unterschiedliche Inhabergeschäftsmodelle. Bei der Familie Oetker erfolgt die Vermögensdiversifikation zum Großteil im Unternehmen. Zum Konzern gehören u. a. Bierhersteller, Nahrungsmittelproduzenten oder ein Bankhaus. Andere Familien bleiben in ihrem Kernunternehmen auf ein Produkt konzentriert wie z. B. die Inhaberfamilie des Getränkeherstellers Jägermeister, achten auf eine diversifizierte Vermögensanlage des Privatvermögens. Wieder andere Familien stellen ihre Beteiligungen grundsätzlich immer wieder zu Disposition und kaufen und verkaufen Unternehmensbeteiligungen entsprechend ihrer vorher festgelegten Familienstrategie. Wieder andere steuern überhaupt nicht mit Blick auf Wachstum oder Vermögensausbau, sondern sind primär am unabhängigen Erhalt des Unternehmens interessiert. Die Antwort auf die Frage, welche ökonomischen Rahmenbedingungen formuliert werden sollten, müssen die Inhaber selbst erarbeiten. Wenn der Erhalt der Unabhängigkeit des Unternehmens und die Sicherung des Fortbestands unabhängig von der Familie ein Kernziel ist, liegt eine Stiftungslösung weiterhin nah.
7 Corporate Governance Im vierten Themenkomplex „Corporate Governance“ geht es darum, die Regeln und Strukturen zu schaffen, die es möglich machen, die strategischen Vorgaben der Inhaber für das Unternehmen oder aber für die angedachte Stiftung umzusetzen. Die Familie setzt gemäß ihrer vorher definierten Werte und Ziele die Richtlinien im Bereich Strategie, Führung und Finanzierung fest. Welche Führungs- und Kontrollstruktur ist entsprechend am besten geeignet, um die zuvor festgelegten Leitplanken zu leben? Konkret geht es um die Frage: Wer sollte das Unternehmen führen? Wie wird diese Führung bestimmt und wer sollte diese Führung kontrollieren? Ist eine Stiftungsstruktur angedacht, geht es darum zu definieren, welche Rolle die Stiftungsorgane im Unternehmensgefüge spielen und welche Rolle wiederum die Familie in den Stiftungsorganen übernehmen soll. Die Familie sollte diskutieren, ob das Unternehmen bzw. die Stiftung zwingend von einem oder gar mehreren Familienmitgliedern geführt werden soll. Ist das der Fall wird sich ein Großteil der Diskussion um die Frage drehen, wie die Bereitschaft und die Qualifizierung von Familienmitgliedern sichergestellt werden kann. Außerdem sind persönliche und fachliche Anforderungen festzulegen, die Kandidaten erfüllen müssen. Eine Familie, für deren Selbstverständnis Führung und Inhaberschaft zwingend zusammenfallen, beginnt idealerweise bereits an dieser Stelle mit der Ausarbeitung eines Qualifizierungsprogrammes. Wenn eine Fremdgeschäftsführung grundsätzlich denkbar ist, bleibt zu klären, ob und unter welchen Umständen Familienmitglieder in welchen Positionen mitarbeiten können oder dürfen. Hier klare Regelungen zu treffen, ist ein Gebot der Fairness gegenüber der nächsten Generation, die unter Umständen ihre Karriereplanung auf diese Möglichkeit ausrichtet.
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Geht die Familie nicht in die Unternehmensführung, muss sie klären, wie genau sie ihrer Kontrollaufgabe nachkommen will. Über einen Beirat oder Aufsichtsrat? Ist die Familie als Familie nicht gewillt oder bereit, diese Aufsichts- und Kontrollfunktion wahrzunehmen, kann sie sie auch an eine Institution wie beispielsweise eine Stiftung delegieren. In dem Fall muss sie dafür Sorge tragen, dass auch in diesem komplett extern besetzten Kontrollgremium die notwendige Fachkompetenz vorhanden ist. Adressiert werden sollten auch die Erwartung der Familie an die Gesamtkapitalrendite, die Dividendenvorstellungen der Gesellschafter sowie der zu erwartende Kapitalbedarf des Unternehmens. Ein kluges, den Prioritäten einer Unternehmerfamilie angepasstes, transparentes Dividendenmodell ist ein Must-Do für jede Familie. Gerade bei Stiftungen kommt es auf ein passendes Ausschüttungsmodell an, das sowohl die Belange des Unternehmens als auch die Interessen der Destinatäre nachhaltig berücksichtigt. Hat die Familie bestimmt, dass eine Mitarbeit in nachgeordneter Funktion von Familienmitgliedern nicht erwünscht ist, muss sich die Familie damit auseinandersetzen, welches System geeignet ist, um die bestmögliche Führung des Unternehmens zu gewährleisten. Gleiches gilt, wenn die Familie das Unternehmen über eine Familienstiftung steuert. Wie soll ein Fremdmanagement ausgewählt werden? Welche Kultur will die Familie beim Umgang mit Fremdgeschäftsführern leben? Und wie soll über entsprechende Regelungen zu Vergütung, Beteiligung und Haftung, ein Gleichklang zwischen den Interessen von Fremdmanager und Familie hergestellt werden. An dieser Stelle im Prozess sollten die verschiedenen dankbaren Governance-Modelle nebeneinandergestellt werden und ihre Vor- und Nachteile diskutiert werden. Familien ist oft nicht klar wie weitreichend die Gestaltungsmöglichkeiten über Familien- oder Doppelstiftungen sind. Familienstiftungen ermöglichen Inhabern beispielsweise, sowohl weiterhin am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu partizipieren als auch ihre Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen weiterhin wahrzunehmen. Anders als häufig angenommen, muss mit einer Familienstiftung keine „Entmachtung“ der Gesellschafter einhergehen (siehe auch Kap. „Pro und Contra Familienstiftung“).
8 Family Governance Je zahlreicher eine Inhaberfamilie und je weniger Familienmitglieder im Unternehmen tätig sind, desto größer ist in jedem Familienunternehmen die Gefahr einer Entfremdung. Wenn Anteile in eine Familienstiftung eingebracht wurden, steigt die Entfremdungsgefahr häufig. Familien, die ein Unternehmen in eine Stiftung einbringen oder eingebracht haben, sind daher gut beraten, sich gemeinsam darüber klar zu werden, was sie weiterhin gemeinsam erreichen wollen? Welche Ziele wollen sie gemeinsam verfolgen? Wo wollen sie weiterhin gemeinsam zusammenarbeiten und in welcher Form? Immer mehr Unternehmerfamilien bemühen sich daher aktiv darum, Anlässe zu schaffen, bei den sich alle Familienmitglieder treffen und gemeinsam an Projekten
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arbeiten. Art, Anzahl und Regelmäßigkeit dieser Treffen sollte die Familie gemeinsam festlegen. Das können Ausflüge, Reisen, zwanglose treffen, aber auch organisierte Weiterbildungen (Family Education), gemeinsame gemeinnützige Aktivitäten (Family Philanthropy) oder auch gemeinsame Investments sein (Family Office). Da die Organisation und Durchführung solcher Familienprogramme zeit- und kostenintensiv sein können, sollte geklärt werden, wer aus der Familie diese Aufgabe übernimmt und welche Ressourcen zur Verfügung stehen. In jedem Fall hat die Familie gemeinsam daran zu arbeiten, die Motivation, den Spirit und den Umsetzungswillen der aktuellen und nachfolgenden Generation zu entwickeln. Es empfiehlt sich insbesondere bislang eher distanzierte und nicht im Familienunternehmen aktive Gesellschafter bzw. -im Falle einer Familienstiftung- Destinatäre „ins Boot zu holen“. Im Rahmen der Family Governance bestimmt die Familie zudem die Regeln für den Umgang miteinander sowie den Auftritt nach außen und setzt sich mit Konfliktpräventions- und Konfliktlösungsmechanismen auseinander. Wenn sich im Laufe des Familienverfassungsprozess die Anzeichen verdichten, dass sich ein Konsens für eine Stiftungslösung innerhalb der Familie finden wird, liegt hier besonders viel Potenzial für gemeinsame Familienaktivitäten. Denn oft werden dann neue gemeinnützige Aktivitäten gestartet, die von der Familie koordiniert werden müssen. Die Themenfindung für gemeinnütziges Engagement ist fast wie eine gemeinsame neue Unternehmensgründung. Sie birgt viele Chancen für die Inhaberfamilie, sich einzubringen. All dies gilt es zu koordinieren. Während die formale Kommunikation zwischen Unternehmen und Gesellschaftergremien oft im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, gibt es für die Familienkommunikation häufig keine Regeln. Um hier Abhilfe zu schaffen, haben einige Familien das Amt des „Familienmanagers“ geschaffen. Diese aus der Familie zu bestimmende Person ist häufig dafür zuständig, dass alle Familienmitglieder über wichtige Fragen rechtzeitig und vor allem gleichberechtigt informiert werden.
9 Rollen und Menschen Es empfiehlt sich, die Frage Wer macht was? erst ganz am Ende des Inhaberstrategieprozesses zu stellen. Zu Anfang wäre das auch gar nicht möglich, da das Haus noch nicht „bestellt“ ist und weder für Unternehmen noch Familie klar ist, wo die Reise hingeht. Wenn klar ist, welche Struktur Familie und Unternehmen zukünftig haben sollen, kann dann auch besprochen werden, wer aus dem Inhaberkreis oder aus der Familie für welches Amt infrage kommt. Auf diese Art trennt man die zu Anfang des Prozesses zu klärenden Grundsatzfragen von den Personalfragen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Familien sich mit der Frage, welche Person ist für welche Rolle am besten geeignet, schwertun. Einfacher wird das, wenn Klarheit über die gemeinsamen Ziele beseht und das definierte Regelwerk von Allen für gut befunden wurde.
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Stiftungen bieten häufig neue interessante gestalterisch aktive Rollen für Familienmitglieder, die in einer klassischen Struktur nicht denkbar gewesen wären. Diese aufzuzeigen ist auch Aufgabe des Inhaberstrategieprozesses.
10 Fazit Wer den beschriebenen Inhaberstrategieprozess durchläuft und am Ende zum Ergebnis kommt, dass die Weiterführung des Unternehmens über eine Familienstiftung sinnvoll ist, kann sich sicher sein, dass diese Lösung tatsächlich von der ganzen Familie getragen wird und nicht wie eine Bevormundung, Entmachtung oder Enteignung von Familienmitgliedern wahrgenommen wird. Denn es macht wenig Sinn, eine Strategie vorzulegen, die zwar rational richtig ist, jedoch emotional von den Mitgliedern der Unternehmerfamilie nicht getragen wird. Da die Familienmitglieder bei einer Stiftungslösung in der Regel einen großen Vermögens- und Machtverzicht zustimmen, ist es umso wichtiger, der Diskussion im Vorfeld möglichst viel Raum zu geben. Natürlich birgt der Prozess auch Risiken. So manchem Familienmitglied wird jetzt erst bewusst, dass es im Falle einer Familienstiftung auf einen ihm rechtlich zustehenden Unternehmensanteil mit allen einhergehenden Vermögensrechten verzichten muss. Wird diese Entscheidung nach einer intensiven Wertediskussion getroffen und fußt sie auf der Überzeugung, dass das Unternehmen eben kein veräußerbares Financial Asset, sondern eine moralische und soziale Verpflichtung ist, ist dieser Familienkonsens wesentlich tragfähiger, als wenn das Familienoberhaupt die Stiftungsentscheidung allein getroffen hätte und die Governance-Konstruktion ohne Beteiligung der Familie aufgesetzt worden wäre. Dann kommen Sätze zustande wie dieser aus der Präambel der WredeFamilienverfassung: Die Mitglieder der Familie Wrede sehen sich als treuhänderische Verwalter des Unternehmensvermögens mit dem generationsübergreifenden Auftrag, sich dafür einzusetzen, dass die Vermögensentwicklung mit dem Wachstum der Familie Schritt hält; aus diesem Grunde soll dieses Vermögen in einer Familienstiftung gebündelt werden [2]. Und auch die Begründung von Unternehmer Heinz Gries, Inhaber von Griesson-Debeukelaer, zur Stiftungsgründung, geht in diese Richtung: „Mit diesem Schritt wird die enge Verbindung zwischen Unternehmen und Familie über die Generationenfolge hinweg noch einmal gestärkt und die Selbstständigkeit von Griesson – de Beukelaer gesichert.“ Ohne Aufwand und Organisation und ohne externe Moderation ist ein Familienverfassungsprozess im Vorfeld einer Stiftungsgründung nicht zu schaffen. Im Ergebnis wird es den Familienzusammenhalt und die Tragfähigkeit der ersonnenen Lösung jedoch substanziell stärken. Inhaberfamilien, die diesen Aufwand betreiben, berichten ausnahmslos positiv. Die Familie erlebt sich in einem bis dahin nicht gekannten Maß als starke Unternehmerfamilie. Der generations- und familienstamm übergreifende Dialog entwickelt eine wertvolle Eigendynamik. Viele Familien sind überrascht von der deutlich
Nicht ohne meine Familie
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positiven Strahlkraft, die eine geschlossen auftretende Inhaberfamilie in der Öffentlichkeit, aber auch bei der Geschäftsleitung, den Mitarbeitern und gegenüber Kunden hat. Die Identifikation der (Inhaber-)Familie mit dem Unternehmen wächst, das Verständnis für das gemeinsame „Mehrgenerationenprojekt“ und füreinander steigt. Familie und Unternehmen profitieren – emotional und ökonomisch.
Literatur 1. INTES Akademie für Familienunternehmen GmbH (2015) Governance Kodex für Familienunternehmen – Leitlinien für die verantwortungsvolle Führung von Familienunternehmen. http:// www.kodex-fuer-familienunternehmen.de/images/Downloads/Kodex_2015.pdf. Zugegriffen: 13. Aug. 2019 2. May P (2012) Erfolgsmodell Familienunternehmen: Das Strategie-Buch. Murmann Publishers GmbH, Hamburg 3. May P, Bartels P (2015) Nachfolge im Familienunternehmen. Bundesanzeiger Verlag GmbH, Köln
Dr. Dominik von Au ist Geschäftsführer der INTES Akademie für Familienunternehmen und verantwortet als Partner den Family Governance-Bereich bei PwC. Seine Leidenschaft gilt Unternehmerfamilien, die er bei der Erstellung von Familienverfassungen und der Strukturierung ihrer Nachfolgeplanungen unterstützt. Darüber hinaus ist er vielfach Sparringspartner für Mitglieder der Next Generation. Er ist Mitglied des Präsidiums der Kommission Governance Kodex für Familienunternehmen in Deutschland und wirkt in weiteren bedeutenden Initiativen für Familienunternehmen federführend mit. So z. B. in der Jury zur Wahl des „Familienunternehmers des Jahres“ und in der Jury für den „Berenberg-Preis für unternehmerische Verantwortung“.
Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation Thorsten Klinkner, Mattheo Ens und Martin Buß
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung – Das klassische Modell der Doppelstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2 Trennung von Eigentum und Unternehmensführung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 3 Stimmige Governance für alle Systeme durch die Stiftungssatzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4 Die Trennung der Systeme für die Familie und das Unternehmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 5 Alternative Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
Zusammenfassung
Die Stiftung hat sich zu einem beliebten unternehmerischen Gestaltungsinstrument entwickelt, die als nutzenbringender Baustein zwischen die Familie und die operative Tätigkeit geschaltet werden kann (Bindeglied der Familie zum Unternehmen). Das Familienvermögen wird bestenfalls durch die Familienstiftung generationsübergreifend für die Stifterfamilie nach einheitlichen Spielregeln für alle Familienmitglieder verwaltet. Sie wird daher von uns malerisch auch gerne als das „weitere Familienmitglied“ verstanden (Siepmann-Stiftung; Aldi Süd). Möchte der Stifter sich mit seinem Unternehmen gleichwohl durch eine altruistische Zielsetzung positionieren und seine Werte auch außerhalb der Familie an die Gesellschaft weiterbzw. zurückgeben, so wird er sich sinnvollerweise einer gemeinnützigen Stiftung T. Klinkner (*) · M. Buß UnternehmerKompositionen GmbH, Meerbusch, Deutschland E-Mail: [email protected] M. Ens Wirtschaftskanzlei Audalis, Dortmund, Deutschland © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_7
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bedienen (Repräsentatives Beispiel: Carl-Zeiss-Stiftung). Die Sinnhaftigkeit einer Kombination beider Zielsetzungen durch den Einsatz „einer“ Doppelstiftung als Holding des Unternehmens werden wir in diesem Beitrag abbilden.
1 Einleitung – Das klassische Modell der Doppelstiftung 1.1 Klassischer Aufbau der Eigentümerstruktur Eine unternehmensverbundene Doppelstiftung kann eine interessante Form einer Stiftungsstruktur darstellen. Sie ist für Familienunternehmen stimmig, wenn die Familie neben den familiären und unternehmerischen Zielen • familiäre Absicherung, • Verhinderung einer Zersplitterung des Vermögens, • rechtlich und steuerlich schonende Vermögensübertragung auf die Nachfolgegeneration • generationsübergreifende Unternehmenskontinuität auch die Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke beabsichtigt. Umgekehrt können die Vorteile der Steuerfreiheit durch eine gemeinnützige Zweckverwirklichung mit der wirtschaftlichen Versorgung der Familie verbunden werden. Die klassische Doppelstiftung besteht aus zwei selbstständigen Stiftungen, die nebeneinander agieren können. Beide Stiftungen sind Gesellschafterinnen des Unternehmens. Der Hauptanteil der Gesellschaftsrechte wird dabei regelmäßig von der gemeinnützigen Stiftung gehalten (in unserem Beispiel 90 %). Die Stimm-, Gewinn- und Bezugsrechte stehen disproportional der Familienstiftung zu (in unserem Beispiel 90 % der Stimmrechte) [7].1 Diese Struktur ist in der Abb. 1 dargestellt: Die Kombination beider Stiftungen wird häufig hergestellt, indem die gemeinnützige Stiftung mehrheitlich an dem Familienunternehmen beteiligt wird, die Familienstiftung das unternehmerische Management führt (Stimmrechte) und langfristig die Aufsichtsfunktion übernimmt.2 Aber auch die umgekehrte Gestaltung ist möglich und in der Unternehmenspraxis etabliert. Es gibt hier kein „richtig“ oder „falsch“. Maßstab ist die Stimmigkeit für die jeweilige Familie und das Unternehmen.
1Vgl.
zur disproportionalen Gewinnverteilung auch [7] Werner in, „Die Doppelstiftung“, ZEV 2012, 244 (244). 2Vgl. dazu auch insgesamt [7] Werner in, „Die Doppelstiftung“, ZEV 2012, 244; [5]TheuffelWehrhahn in, „Renaissance der Doppelstiftung durch die Erbschaftsteuerreform“, ZStV 2015, 169.
Die unternehmensverbundene Doppelstiftung
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Stifterfamilie
Familienrat
Management
Vermögen
Gemeinnützige Stiftung
Familienstiftung Stimmrecht 90%
Beteiligung 90%
Beteiligung 10%
Stimmrecht 10% GmbH
Gewinnausschüttungen 50%
Gewinnausschüttungen 50%
Abb. 1 Die klassische Struktur der Doppelstiftung. (Eigene Darstellung)
1.1.1 Kombination der Vorteile beider Stiftungsmodelle Steuerfreiheit der Gemeinnützigkeit Auf eine gemeinnützige Stiftung kann die Vermögenssubstanz einer Gesellschaft ohne gestalterische Maßnahmen schenkungsteuerfrei übertragen werden.3 Eine schenkungsteuerneutrale Vermögensübertragung an eine Familienstiftung wäre nur für begünstigtes Betriebsvermögen möglich.4 Zwar sind Anteile an einer GmbH grundsätzlich begünstigungsfähig.5 In der Folge wäre jedoch durch einen Verwaltungsvermögenstest zu prüfen, wie viele steuerschädliche Finanzmittel im Betriebsvermögen liegen (Cash GmbHs sollen nicht begünstigt werden).6 Bei einem Unternehmenswert von mehr als EUR 26 Mio. wäre die Vollverschonung ausgeschlossen.7
3§ 13
Absatz 1 Nummer 16 b) ErbStG; i. Ü. steuerfrei nach § 6 Absatz 3 EStG bei Buchwertfortführung. 4§§ 13a, 13b ErbStG. 5§ 13b Absatz 1 Nummer 3 ErbStG; bei einer Beteiligung von mehr als 25 % des Stamm-/Nennkapitals. 6§ 13b Absatz 4 Nummer 5 ErbStG. 7Die Verschonungsbedarfsprüfung ist mit einigen rechtlichen Unsicherheiten verbunden und kann in der Regel nicht zu einer Vollverschonung führen.
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Im Übrigen würde sich ein siebenjähriges steuerliches Controlling anschließen, bei welchem die Behaltensregelungen8 – keine Weiterveräußerung der übertragenen Anteile – und die Lohnsummenregelung9 – Ausgangslohnsumme bei Übertragung darf sich nicht verringern – beachtet werden müssten. Die Vermögensausstattung der gemeinnützigen Stiftung kann dementsprechend kostenschonend ohne komplexen steuergestaltenden Aufwand ausgeführt werden. Die Besteuerung der Familienstiftung wird insgesamt und detailliert im Kap. „Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung“ dieses Sammelbands dargestellt werden. Daneben werden die Erträge auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung von allen Steuerarten freigestellt. Die Erträge aus dem Unternehmen unterliegen auf der Ebene der GmbH einem Steuersatz in Höhe von insgesamt ca. 30 % (Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer). Diese Ertragsbesteuerung der Unternehmensgewinne ist unabhängig davon, ob die Gesellschafterin eine gemeinnützige Stiftung oder eine privatnützige Familienstiftung ist. Ausschüttungen der Gesellschaft an eine Familienstiftung würden effektiv mit einem Steuersatz von ca. 1,5 %10 belastet werden, bei der gemeinnützigen Stiftung wären diese Ausschüttungen steuerfrei. Für die laufende Ertragsbesteuerung auf der Ebene des Unternehmens ist es daher irrelevant, welche Form der Stiftung auf der Gesellschafterebene gewählt wird. Als weiterer steuerlicher Baustein kann die gemeinnützige Stiftung in einem gewissen Umfang als zusätzlicher Liquiditätsmotor des Unternehmens fungieren. Denn die steuerfreien Erträge der gemeinnützigen Stiftung können dem Unternehmen oder der Familienstiftung als Darlehen ausgereicht werden. Da Vermögensumschichtungen gemeinnützigkeitsrechtlich vertretbar sind, solange eine fremdübliche Verzinsung vereinbart wird, ist das eine ernstzunehmende Gestaltungsvariante. Kehrseitig kann das Unternehmen durch die Liquidität stärker am Markt auftreten, was letztlich wiederum die gemeinnützige Sphäre stärken kann. Gleichzeitig ist die Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung nachhaltig jedoch nur sinnvoll, wenn die Unternehmerfamilie bewusst und ernsthaft philanthropische Ziele verwirklichen möchte. Denn kehrseitig zur Steuerfreiheit ist die Stiftung steuerrechtlich dazu verpflichtet, Ihre Erträge ausschließlich und zeitnah für gemeinnützige Zwecke zu verwenden.
8§ 13a Absatz 6
Nummer 4 ErbStG.
9§ 13a Absatz 3 ErbStG. 10Körperschaftsteuer + Gewerbesteuer, je nach Hebesatz der Gemeinde leichte Abweichungen möglich.
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Die Familienstiftung als Instrument der Unternehmensführung und Ertragsquelle der Unternehmerfamilie Die Mehrheit der Stimmrechte werden der Familienstiftung überlassen, bei welcher das unternehmerische und familiäre Management die Geschäftsführung in der Position des Stiftungsvorstands übernehmen kann. Daneben kann beispielsweise die Nachfolgegeneration (oder sonstige Familienmitglieder) über ein relativiertes Mitsprache- oder Einsichtnahmerecht innerhalb eines Familienorgans (Familientag oder -rat) sukzessive an die Unternehmensführung herangeführt werden. In der Folge können wirtschafts- & wachstumsorientiertes Unternehmertum konsequent von dem non-profit Segment der gemeinnützigen Sphäre getrennt werden. Die Gewinnverwendung kann durch den Gesellschaftsvertrag so ausgestaltet werden, dass beispielsweise 50 % der Erträge jeweils in die Familienstiftung und in die gemeinnützige Stiftung fließen. Dies ist rechtlich und steuerlich zulässig. Eine derartige Aufteilung der Gewinnverwendung hat den entscheidenden Vorteil, dass 50 % der Erträge flexibel für die Familie verwendet werden dürfen. Bei einer gemeinnützigen Stiftung könnte lediglich maximal ein Drittel der Erträge der gemeinnützigen Stiftung für den angemessenen Lebensbedarf der Angehörigen des Stifters verwendet werden.11 Diese steuerliche Ausnahmeregelung ist allerdings zur regelmäßigen und flexiblen finanziellen Versorgung der Familienmitglieder ungeeignet. Zum einen ist unklar, was tatsächlich unter den allgemeinen Lebensbedarf fällt. Dabei wird die gemeinnützige Stiftung laufend von der Finanzbehörde überwacht und muss sich im Zweifel rechtfertigen. Zum anderen sind an die Eigenschaft des „Angehörigen“ strenge Anforderungen zu stellen[2].12 Eine flexible Regelung des Stifters zur Begünstigung seines weiteren Familienkreises bleibt damit verwehrt. In der Satzung der Familienstiftung kann der Stifter unabhängig vom Familienrecht flexibel festlegen, welche Personen er als seine Familie ansieht und welches Mitglied in einem vom Stifter selbst bestimmten Umfang begünstigt werden soll. Für die Ausgestaltung der Satzung einer Familienstiftung gibt es keine nennenswerten Regelungen, die den freien Stifter-Willen einschränken. Der Stifter hat, bildlich gesprochen, ein „weißes Blatt Papier“ als Grundlage zur Satzungsgestaltung einer Familienstiftung und kann dabei willkürlich vorgehen.
1.1.2 Die Vorteile auf einen Blick Die Vorteile für Familie und Unternehmen sind in der Tab. 1 zusammengefasst: Die wirtschaftlichen Vorteile sind in der Tab. 2 zusammengefasst:
11§ 58 12[2]
Nummer 6 AO. Gersch in, Klein, Kommentar zur Abgabenordnung, 14. Aufl., 2018, § 58 Rz. 8.
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Tab. 1 Die Vorteile einer Doppelstiftung für Familie und Unternehmen Vorteil
Familienstiftung
Haftungsschutz
Eigentum aus dem Privatvermögen ausgelagert = Haftungsschutz KEINE Anteile an der Stiftung = KEIN Durchgriff der Haftung
Familiäre Absicherung
Begünstigung der Familie aus Erträgen der Stiftung
Unternehmensnachfolge
Die Stiftung stirbt nicht = KEIN Erbfall = KEINE Erbauseinandersetzung, KEINE Testamentsvollstreckung, KEINE Abfindungsansprüche
Unternehmenskontinuität
Grundsätze der Unternehmensführung können in der Satzung generationsübergreifend verbindlich geregelt werden (historischer Stifterwille) Satzung stabiler als Gesellschaftsvertrag, Nachfolge- oder Vinkulierungsklauseln
Gemeinnützige Stiftung
Grundsätzlich KEINE Begünstigung der Familie (Drittel-Regelung keine tragfähige Grundlage für die familiäre Absicherung)
Tab. 2 Die wirtschaftlichen Vorteile einer Doppelstiftung Vorteil
Familienstiftung
Gemeinnützige Stiftung
Stiftungsverbundenes Unternehmen
Stärkung des Ratings (Banken) Stabile generationsübergreifende Unternehmensführung Flexible Gewinnverwendung Stärkung des Eigenkapitals (flexibel Rücklagenbildung)
Steuerfreiheit + Rücklagen bis zu einem Drittel des Überschusses möglich (freie Rücklagen) = Stärkung des Eigenkapitals Gewinnverwendung gebunden an gemeinnützige Zwecke
Erbschaftsteuer
Planbare Erbersatzsteuer im Turnus von Steuerfrei 30 Jahren Begünstigtes Betriebsvermögen steuerfrei
Ertragsteuer
15 % Körperschaftsteuer
Steuerfrei Kann steuermindernde Spenden empfangen
Vermögensausstattung
Verschonung von Erbschaft- & Schenkungsteuer möglich
Grundsätzlich steuerfrei
1.2 Sinn & Zweck eines Familienkodex/Corporate Governance Codex für Stiftungen Corporate Governance umschreibt den rechtlichen und faktischen Ordnungsrahmen für die Leitung und Überwachung eines Unternehmens [6].13 Der deutsche Corporate Governance Kodex enthält in Form von Empfehlungen und Anregungen international
13[6] Veltmann
in, Werner/Sänger, Die Stiftung, 1. Aufl., 2008, Rz. 568.
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und national anerkannte Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung. Insbesondere betrifft dieser Kodex die unternehmensinterne Organisation – also die Kompetenzverteilung zwischen operativer Leitung und Aufsicht –, die Rechnungslegung und die registerrechtliche Publizität. Ursprünglich wurde unter der Corporate Governance die Ausgestaltung des internen Kontrollverhältnisses zwischen Aktionären und dem Management in Aktiengesellschaften verstanden [6].14 Schon seit einiger Zeit gehen die Überlegungen dahin, entsprechende Leitlinien auch für durch Stiftungen geführte (Familien-)Unternehmen zu reglementieren. Insbesondere, weil Stiftungen in Bezug auf ihre innere Organisation durch das schlanke bundeseinheitliche Stiftungsprivatrecht15 erhebliche Freiheiten genießen. So ist die Stiftung lediglich dazu verpflichtet, einen Vorstand zu installieren.16 Weitere Vorgaben zu Stiftungsorganen enthält das Gesetz nicht. Dem Stifter ist es demnach rechtlich und tatsächlich möglich, überhaupt kein Kontrollorgan einzurichten. Alternativ kann er in der Stiftungssatzung sogar mehrere Organe vorsehen (Vorstand, Aufsichtsrat, Familienrat, Kuratorium etc.). Im Übrigen fehlen einheitliche Regelungen zur Kompetenzverteilung innerhalb der Stiftungsorganisation. Der Stifter ist bei der Wahl der Organisation daher sehr flexibel. Kehrseitig steigt damit das Risiko eines unzureichenden Handlungs-, Verantwortungs- und Kontrollmechanismus („checks and balances“). Etwaige Vorgaben hierzu fehlen auch in den einzelnen Landesstiftungsgesetzen. Folglich überprüft auch die staatliche Aufsicht im Rahmen des Anerkennungsverfahrens Mängel der Stiftungssatzung zur Stiftungsorganisation in der Regel lediglich auf Widersprüche, nicht jedoch auf ein sinnhaftes Ineinandergreifen der jeweiligen Organkompetenzen. Dieser Umstand ist umso bedenklicher, als dass die Stiftung kraft ihrer rechtlichen Natur das ihr übertragene Vermögen nachhaltig und auf Dauer verwalten soll.17 Bei einer solchen Tragweite der Stiftungssatzung verwundert es daher, dass der Gesetzgeber bislang einheitliche Regelungen zur Stiftungsorganisation vermissen lässt, sondern sich auf das Pflichtorgan eines Stiftungsvorstands beschränkt. Dies bietet jedoch bei der Satzungsgestaltung den Vorteil, die Organkompetenzen nach der individuellen Situation abzugrenzen, etwa im Hinblick auf die Gewichtung des familiären Einflusses, der von Mitbestimmung bis Letztentscheidungsrecht reichen kann. An dieser Stelle wird bereits deutlich, dass die interne Satzung der Stiftung, soll diese der Unternehmerfamilie nachhaltig und generationsübergreifend Nutzen bringen, bereits ein rechtliches, unternehmerisches und auch familiär-emotionales Regelungswerk enthalten muss.
14[6] Veltmann
in, Werner/Sänger, Die Stiftung, 1. Aufl., 2008, Rz. 568. §§ 80 ff. BGB. 16§ 81 Absatz 1 Nummer 5 BGB; darüber hinaus sind für die Errichtung einer Stiftung nur folgende Dinge erforderlich: Name, Sitz, Zweck und Vermögen. 17§ 80 Absatz 2 BGB. 15Vgl.
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Fazit:Der bislang fehlende einheitliche Kodex für Stiftungen sollte umfassend durch die Stiftungssatzung ersetzt werden können. Nach der bisherigen Rechtslage sind daher insbesondere die Rechtsberater bei der Satzungsgestaltung gefordert und tragen eine weitreichende, in der Regel generationsübergreifende, Verantwortung für ihren Mandanten. Im Übrigen enthalten die Landesstiftungsgesetze nur sehr limitierte Regelungen zur Rechnungslegung von Stiftungen. Insgesamt sind diese darüber hinaus uneinheitlich. So wird eine Stiftung mit Sitz in Hessen eine bloße Vermögensübersicht erstellen müssen,18 eine Stiftung in Bayern unterliegt dem gegenüber den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung.19 Eine Stiftung muss zwar als juristische Person eine Körperschaftsteuererklärung abgeben, ist jedoch auch diesbezüglich frei, ob sie darüber hinaus weitere buchhalterische Maßnahmen ergreift und etwa eine Bilanz erstellt.20 Ein bundeseinheitliches Stiftungsregister mit Publizitätswirkung gibt es bislang nicht. Mit Blick auf die steigenden Stiftungserrichtungen in den letzten Jahren werden auch die Befürworter eines solchen Registers immer zahlreicher (zuletzt der Bundesverband deutscher Stiftung).21 Sinnvoll ist das vor allen Dingen wegen der bislang noch fehlenden Publizitätswirkung. Die zahlenmäßig wachsenden Stiftungen im Wirtschaftsverkehr können nur auf Augenhöhe agieren, wenn der Geschäftspartner auch Kenntnis von dem jeweiligen Insolvenzrisiko nehmen kann. Zur Vertretung der Stiftung im Rechtsverkehr bedarf es nach aktuellem Stand stets der Ausfertigung einer Vertretungsbescheinigung durch die Stiftungsaufsicht.
2 Trennung von Eigentum und Unternehmensführung 2.1 Allgemeine Stiftungsstruktur – Eine Stiftung Bei der Festlegung des Ordnungsrahmens für die Stiftungsorganisation ist maßgeblich zu beachten, dass das Eigentum an dem Unternehmen (Stiftungsvermögen) rechtlich konsequent von der Unternehmensführung durch die Familienmitglieder (Vorstand, Geschäftsführung) getrennt ist. Die Trennung von Eigentum und Unternehmensführung im Zusammenhang mit einer Stiftung ist bereits in der zivilrechtlichen Rechtsfigur veranlagt. Die Stiftung stellt eine
18§ 7
Nummer 2 HessStiftG. Satz 1 BayStiftG. 20Die Stiftung ist, solange sie lediglich vermögensverwaltend tätig ist (bspw. als Holdinggesellschaft), kein Kaufmann und betreibt kein Handelsgewerbe. Sie ist daher weder handels- noch steuerrechtlich buchführungspflichtig. 21https://www.stiftungen.org/de/presse/mitteilung/bundesverband-deutscher-stiftungen-fordertbundeseinheitliches-stiftungsregister.html 19Artikel 16 Absatz 1
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verselbstständigte Vermögensmasse dar. Eine unternehmensverbundene Stiftung ist folglich selbst Anteilseignerin an den von ihr gehaltenen Gesellschaftsanteilen. Anders als bei der Kapitalgesellschaft ist die Stiftung selbst eigentümerlos. Der Stifter überträgt daher sein Eigentum. Folglich sind die Unternehmensanteile auch der privaten Haftung und nach Ablauf von zehn Jahren vollständig der Erbmasse des Stifters entzogen. Die Unternehmensführung leitet er regelmäßig als Vorstand der Stiftung, indem er im Namen der Stiftung die Gesellschafterrechte auf Ebene des gehaltenen Unternehmens ausübt. Darüber hinaus können die unternehmerischen Geschicke der gehaltenen Kapitalgesellschaft operativ von dem Geschäftsführer/Vorstand geleitet werden. Ob der Stifter das Unternehmen über die Ausübung der Gesellschafterrechte der Stiftung und zur Geschäftsführung auf Ebene der Gesellschaft eine andere Person einsetzt oder beides in Personalunion bekleidet, liegt zunächst in seinem Ermessen. Fazit: Die Ausübung der Gesellschafterrechte des Unternehmens erfolgt nunmehr über den Vorstand der Stiftung. Dieser kann selbstverständlich einen Fremdgeschäftsführer (GmbH) oder Fremdvorstand (Aktiengesellschaft) auf Ebene der Kapitalgesellschaft bestellen.
2.2 Die Doppelstiftung Die Ausgangslage der Trennung des Eigentums von der Unternehmensführung ist in gleichem Umfang bei der Struktur mit zwei Stiftungen wichtig. Als zusätzliche Komponente tritt die Aufteilung der Unternehmensanteile auf eben zwei Stiftungen hinzu. Insbesondere ist zu beachten, dass beide Stiftungen für sich betrachtet selbstständige Ziele verfolgen. Die Familienstiftung dient in der Regel der Absicherung der Unternehmerfamilie, insbesondere durch die Aufrechterhaltung des Ertragsmotors (Unternehmen). Deshalb sollte das operative Geschäft, die Aufsicht und die Koordination mit entsprechend qualifiziertem Führungspersonal besetzt sein. Die gemeinnützige Stiftung verwirklicht philanthropische, grundsätzlich22 nicht auf Gewinnmaximierung ausgelegte Ziele. Durch die rechtliche Flexibilität bei der Gestaltung von Stimm-, Gewinn- und Bezugsrechten ist es möglich, dass die unternehmerischen Entscheidungen auf Ebene der Familienstiftung getroffen werden (Mehrheit der Stimmrechte), die Vermögensverwaltung der Anteile auf der Ebene der gemeinnützigen Stiftung (Mehrheit der Anteile). Fazit:Das Eigentum an dem Großteil der Unternehmensanteile liegt bei der gemeinnützigen Stiftung. Die Unternehmensführung wird auf Ebene der Familienstiftung ausgeführt. Die Unternehmerfamilie hat keine Anteile an dem Unternehmen.
22Gleichwohl darf die gemeinnützige Stiftung in einem gewissen Umfang einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb betreiben, der abtrennbar einer Besteuerung unterliegt.
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2.3 Nutzen der Unternehmerfamilie Durch das starke Gewinnbezugsrecht der Familienstiftung (beispielsweise 50 %) fließen die Unternehmenserträge in entsprechender Höhe in den unternehmerischen Bereich. Diese kann die Stiftung für die Stärkung des Unternehmens (Rücklage, Thesaurierung) und insbesondere zur Absicherung der Unternehmerfamilie verwenden. Die Absicherung der Familie ist dabei hinsichtlich der Höhe, Häufigkeit und auch hinsichtlich der Verbindlichkeit gestaltbar. Insbesondere sind die Begünstigten frei auswählbar. Das Vermögen kann mit und für die Familie auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung erhalten werden. Durch die eigentümerlose Struktur sind die Gesellschaftsanteile vor möglichen persönlichen (Erbfall oder Haftung) und familiären (Scheidung) Umständen geschützt. Ziel sollte daher sein, den Ertragsmotor Unternehmen aus der Stiftung heraus für die Familie wachsen zu lassen, um dauerhaft und nachhaltig der Stifterfamilie zu dienen. Durch die konsequente Trennung der Rechte der Begünstigten von der Unternehmensführung wird die Nachfolgegeneration davon entlastet, in die Fußstapfen des stiftenden Unternehmers treten zu müssen. Durch ein dosiertes Zuwendungssystem kann der stiftende Unternehmer gleichzeitig ermutigende Anreize für die junge Generation schaffen, sich mit operativem Management oder überwachender Aufsichtsfunktion sukzessive an die Tätigkeiten heranzuwagen und so einen wertvollen Beitrag für die Unternehmerfamilie zu leisten. Durch die Kopplung beider Stiftungen kann der Grundstein für eine generationenübergreifende Unternehmenskontinuität gelegt werden, da der historische Stifterwille, der bei Stiftungserrichtung in der Satzung konkretisiert und niedergeschrieben wurde, zukünftige Vorstände der Stiftung hinsichtlich der Vermögensverwaltung rechtlich bindet. Gleichwohl kann der Stifter Ermessen für das Management vorsehen, um der operativen Geschäftsführung einen sinnvollen Handlungsspielraum zu geben.
2.4 Konsequenzen Zunächst sollte der Stifter in der Satzung der Familienstiftung klar und eindeutig festlegen, wer überhaupt zur Familie gehört [3].23 An dieser Stelle ist in der Regel hilfreich, wenn er für sich definiert, was – vollkommen losgelöst von familienrechtlichen Definitionen – er unter „Familie“ versteht. Gibt es ein bestimmtes Regelwerk, Einstellungen oder Tugenden, die für ihn mit Blick auf den Zusammenhalt der Gemeinschaft und der finanziellen Förderung aus dem Familienvermögen zwingend sind? Nur ein fundiertes Regelungswerk der Begünstigten kann dauerhaft und nachhaltig zum Familienfrieden und dem Funktionieren der Familienstiftung führen. Da die
23[3]
May/Bartels, Governance im Familienunternehmen (2017), Bundesanzeiger Verlag, Köln, 103.
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Vermögensverwaltung der Stiftung auf den dauerhaften Bestand ausgelegt ist, sind auch generationsübergreifende Regelungen zu beachten. Weil die Familie nunmehr aus den Zuwendungen der Stiftung lebt, ist selbstverständlich ein Sicherungsmechanismus dieser finanziellen Absicherung erforderlich. Insbesondere für den Fall, dass zu einem späteren Zeitpunkt ein Fremdvorstand die Geschicke der Stiftung leitet, sollten Regelungen zur Absicherung der Familie bedacht werden. Wie diese Absicherung ausgestaltet wird, ist gleichfalls frei wählbar. So kann es für die Absicherung der Unternehmer-Familie in Grenzen auch sinnvoll sein, ihnen einklagbare Zuwendungsansprüche gegen die Stiftung in der Satzung einzuräumen, wenngleich dies den Haftungsschutz, der durch die Errichtung der Stiftungsstruktur erreicht wird, konterkariert. Denn sofern einem Destinatär einklagbare Ansprüche gegen die Stiftung eingeräumt werden, so sind diese Ansprüche im Falle der Insolvenz des jeweiligen Destinatärs in der Höhe des einklagbaren Anspruchs pfändbar. Denkbar ist in derartigen Beispielsfällen der Insolvenz, der Drogensucht sowie des Beitritts zu einer Sekte jedoch eine Reduzierung des eingeräumten Anspruchs auf die Höhe der jeweiligen Pfändungsfreigrenze möglich. Das Verhältnis zwischen ausschüttbarem Vermögen und solchem, das zur Erhaltung der Ertragskraft durch Rückstellungsbildung im Unternehmen verbleiben soll, sollte klar festgelegt werden. Grundsätzlich ist es jedoch in der Denkrichtung sinnvoll, die Erträge aus dem unternehmerischen Risiko innerhalb des Unternehmens in den sicheren Hafen der Stiftung zu überführen. Denn die Stiftung haftet für die Insolvenz einer stiftungsverbundenen Kapitalgesellschaft lediglich mit dem von der Stiftung gehaltenen Stammkapital. Benötigt das Unternehmen Liquidität, kann sie diese als Darlehen oder Zuwendung von der Stiftung (zurück)erhalten. Die Gesellschafterrechte werden von dem Vorstand der Familienstiftung ausgeübt. Daher sollte die Satzung auch Regelungen der Vermögensverwaltung enthalten, welche die durch den Vorstand einzuhaltende Unternehmensphilosophie widerspiegelt. Da die Gesellschaftsanteile als Ertragsmotor des Gesamtvermögens fungieren, können diese insbesondere auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung (90 % der Anteile) unveräußerlich gestellt werden. Ein Verkauf oder eine Vermögensumschichtung sollte nur für den Fall vorgesehen werden, dass das Unternehmen nach einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation als Ertragsmotor nachhaltig ausfallen wird. Gegebenenfalls kann auch der Gesellschaftsvertrag an die Satzung der Familienstiftung angepasst werden. Allerdings dient die Stiftungssatzung diesbezüglich als Sicherungsmittel. Zwar ist der Gesellschaftsvertrag durch Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter änderbar (also bspw. durch einen zukünftigen Fremdvorstand der Stiftung). Jedoch ist der Vorstand der Familienstiftung durch klare Regelungen der Vermögensverwaltung in der Stiftungssatzung an diesen historischen Stifterwillen gebunden, sodass die Unternehmenskontinuität insgesamt gefördert werden kann. Folglich sollte ein Governance-System gleichzeitig berücksichtigen, dass der Vorstand der Familienstiftung eigenverantwortliche unternehmerische Entscheidungen treffen können muss, die ein flexibles und an der Marktsituation orientiertes geschäftliches Handeln ermöglichen.
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3 Stimmige Governance für alle Systeme durch die Stiftungssatzungen Diese rechtlichen Rahmenbedingungen stellen folglich hohe Anforderungen an die auszuarbeitende Stiftungssatzung. Sie dient als dauerhafter Grundpfeiler insbesondere für die Vermögensverwaltung (Unternehmensführung), die Stiftungsorganisation, die finanzielle Versorgung der Familie und – bei der gemeinnützigen Stiftung – für die gemeinnützige Zweckverwirklichung.
3.1 System Familie Satzung der Familienstiftung: Entscheidende Kernfrage ist stets, was der Stifter und Unternehmensvater als Familie definiert. Dazu wird er in der Regel sich, seine Ehefrau, seine Kinder, Enkel, Urenkel usw. zählen. Darüber hinaus können Adoptivkinder oder sonstige Personen, wie etwa Patenkinder durch die Stiftungssatzung begünstigt und als Familie wahrgenommen werden. Der Stifter ist in der Gestaltung der Satzung völlig frei. Es sollten allerdings klare Rahmenbedingungen festgelegt werden. Dies dient zum einen der Klarheit für die betroffenen Familienmitglieder. Denn durch die Übertragung des Vermögens an die Stiftung entreichert der Stifter sich im Privatvermögen. Potenzielle Erben werden dadurch faktisch enterbt. Es ist daher klar, dass der Familienfrieden nur aufrechterhalten werden kann, wenn der Stifter ein konsequentes und insbesondere für die einzelnen Mitglieder nachvollziehbares Vermögensverteilungskonzept entwickelt. Bestenfalls werden die nahen Familienmitglieder, die zum späteren Zeitpunkt auch Ämter der Stiftung übernehmen sollen, frühzeitig in die Überlegungen miteinbezogen werden und partizipieren an der Vermögensverwaltung der Stiftung. Entscheidend für einen nachhaltigen Familienfrieden wird sein, dass eine innere Verbundenheit der Gemeinschaft geschaffen wird [3].24 Mit fortschreitender Zeit wird die Familie in natürlicher Weise wachsen. Es sollte daher klare Kriterien zur Familienerweiterung vorgegeben werden. Gehören Ehepartner der leiblichen Abkömmlinge, Adoptivkinder oder Stiefkinder zur Familie? Bedingt die Familienangehörigkeit einen Beitrag im Sinne einer leistungsabhängigen Begünstigung oder reicht es aus, dass sich die Person an dem gemeinschaftlichen Familienleben beteiligt? Ist die Mitgliedschaft der Familienmitgliedschaft oder eine Begünstigung in bestimmten Fällen entziehbar? Fazit: Zur Inhaberfamilie kann jeder gehören, den der Inhaber oder dessen zu bestimmende Kriterien in der Satzung zur Familie zählen. Entscheidend ist der Familien-
24[3] May/Bartels beschreiben dies mit einer dem Regelwerk übergeordneten familiären Identität; May/Bartels, Governance im Familienunternehmen (2017), Bundesanzeiger Verlag, Köln, 105.
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frieden. Hier gilt es, Gemeinschaftsinteressen mit den Individualinteressen der einzelnen Familienmitglieder oder Stämme in ein angemessenes Verhältnis zu setzen.
3.2 System Unternehmen durch solides Management Stimmrecht auf Ebene der Familienstiftung: Das Stimmrecht der Gesellschaft liegt überwiegend bei der Familienstiftung. Auf Ebene der Familienstiftung müssen daher auch Regelungen hinsichtlich der Unternehmensführung festgelegt werden. Die Geschäfte der Familienstiftung werden in erster Linie von dem Vorstand getroffen. Die Vorstandsbesetzung sollte dazu stimmig sein. Folglich bieten sich zunächst betriebswirtschaftlich qualifizierte und in der Unternehmensführung erfahrene Personen, bestenfalls Familienmitglieder an. Der Stifter kann die fachlichen und persönlichen Voraussetzungen, die eine Beteiligung am Organ des Vorstands verlangt, unter allen denkbaren Einschränkungen regeln. Sinnvoll kann die Festlegung eines Mindestalters als Indiz für eine bestimmte Lebenserfahrung oder je nach Organ ein gesteigerter wirtschaftlicher Sachverstand als Zugangsvoraussetzung für die Bestellung als Stiftungsorgan sein. Der Vorstand sollte insbesondere als Kollegialorgan (mindestens zwei Personen, höchstens beispielsweise fünf Personen) eingerichtet sein. Dies gilt insbesondere für Stiftungen, die Anteile an großen mittelständischen Familienbetrieben halten. Das vergrößert die Möglichkeiten zur Fehleranalyse/Selbstreflektion und ermöglicht ein organinternes Kontrollsystem des Vorstands. Mehr als fünf Personen im Vorstand bürgen allerdings die Gefahr, Entscheidungsprozesse aus persönlichen und – weniger sachlichen – Gründen, zu verlangsamen. Generell ist eine getrennte Betrachtung sinnvoll. Die erste Phase ist die Unternehmensführung für die Zeit des Stifters/Unternehmensvaters im Vorstand der Stiftung. Die zweite Phase beginnt mit der Zeit nach seinem Ausscheiden und der Übernahme der Vorstandsfunktion durch andere Familienmitglieder und/oder Fremdvorstandsmitglieder. Häufig wird der Stifter, der das Unternehmen mit langjähriger Erfahrung geführt hat, sich hinsichtlich der Vorstandsposition in der Familienstiftung ein Stimmrecht gewähren, das ihm den starken Einfluss, den er entsprechend im Unternehmen innehatte, weiter zuspricht. Ein Mehrheits- oder Letztentscheidungsstimmrecht (Vetorecht) kann vorgesehen werden. Die Entscheidung des Stifters, sich ein letztbestimmendes Stimmrecht zu geben, will jedoch gut durchdacht sein. Alternativ kann es auch stimmig sein, kein zugunsten des Stifters schwerer gewichtetes Stimmrecht vorzusehen. Dann gelingt es nach der Erfahrung häufig, fruchtbare Diskussionen im Stiftungsorgan anzustoßen, die bei einem gewichteten Stimmrecht in der Tendenz eher unterbleiben, weil sich die mit schwächerem Stimmrecht ausgestatteten Organmitglieder als „beisitzende Marionetten“ fühlen, in deren eigener Wahrnehmung es dann keinen Unterschied bedeutet, ob sie an einer Sitzung teilnehmen, sich (kontrovers) einbringen oder ob sie passiv bleiben. Spätestens ab dem Zeitpunkt des Ausscheidens des Stifters ist die Besetzung des Vorstands mit entsprechend qualifizierten Fachleuten sinnvoll, die ein gleichwertiges
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Stimmrecht innehaben und Entscheidungen nach Köpfen treffen können. In der Satzung kann vorgesehen werden, dass gleichgeeignete Familienmitglieder familienfremden Kandidaten vorzuziehen sind. Solange der Stifter mit weiteren Familienmitgliedern, die von der Satzung begünstigt werden, im Vorstand agiert, wird das wirtschaftliche Interesse an dem Erfolg des Unternehmens bestehen, da die Unternehmensführer durch ausschüttbare Erträge am Erfolg partizipieren. Um das wirtschaftliche Interesse eines Fremdvorstands an einer Gewinnmaximierung auf Ebene des Unternehmens zu aktivieren, sollte dieser nunmehr eine Vergütung erhalten. Diese kann auch teilweise gewinnabhängig ausgestaltet werden (Tantiemen). Sinnvoll ist daneben, dass begünstigte Familienmitglieder entweder im Vorstand mitagieren, sofern sie dies wünschen und geeignet sind oder alternativ – falls keine operativen Qualifikationen bei den Familienmitgliedern vorhanden sind – durch ein weiteres Mitbestimmungsorgan (bspw. Familientag) an dem Prozess der Entscheidungsbildung des Vorstands miteinbezogen werden oder maßgeblich für die Auswahl und Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig sind. Durch die Zusammenarbeit des Vorstands mit den Familienmitgliedern können gleichzeitig gemeinsame Interesse und Ziele abgestimmt werden. Ein sinnvolles Instrument ist zusätzlich, dass die Familienmitglieder den Vorstand über ein Organ (Familientag) auf einen gewissen Zeitraum wählen, sodass dieser im Sinne der wirtschaftlich Berechtigten handeln sollte, um wiedergewählt zu werden. Das Verhältnis zwischen an Begünstigte zugewendeten Erträgen und für das Unternehmen in Rücklagen eingestelltem Vermögen sollte durch die Satzung zumindest im Grunde für die Zeit nach dem Ausscheiden des Stifters aus dem Vorstand geregelt sein. Solange das Unternehmen „inhabergeführt“ ist, reicht in der Regel eine satzungsmäßige Formulierung, dass das Vermögen nach den Prinzipien eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns verwaltet werden soll. Für die Zeit eines Fremdvorstands sollten die Regelungen ein klares Verhältnis, bestenfalls mit einer Rangfolge, aufzeigen, nach denen Rücklagen gebildet und Erträge ausgekehrt werden. Ein bestimmter Prozentsatz sollte die unternehmerische Tätigkeit grundsätzlich absichern (Rücklagen). Darüber hinaus kann der Stifter frei wählen, ob er die nachrangig zu gewährenden Zuwendungen an die Mitglieder der Stifterfamilie nach Köpfen, Stämmen und einem prozentualen Verhältnis aufteilt, Rechtsansprüche schafft oder die Ausschüttung in das Ermessen des Fremdvorstands stellt. Bei der Ausgestaltung vorstehender Regelungen sollte der Stifter stets den Familienfrieden als Leitgedanken im Auge behalten. Die Begünstigungsregelungen bieten ansonsten die größte Tragfläche an familiären Streitigkeiten. Der Familienfrieden lässt sich allerdings tendenziell eher aufrechterhalten, wenn das System zur Familie stimmig ist, sich jedes Familienmitglied ernst genommen und gleichwertig fühlt. Fazit: Eine optimale Stiftungsstruktur mit einem stimmigen aufeinander abgestimmten System „Familie & Unternehmen“ gelingt in der Regel dann, wenn alle Familienmitglieder der Inhaberfamilie frühzeitig an dem Gedanken der Stiftung
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partizipieren, mitgenommen werden und in der Satzungsgestaltung nachvollziehbar eingebunden werden. Vermögensverwaltung auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung: Die gemeinnützige Stiftung ist überwiegende Eigentümerin der Anteile des Unternehmens (90 %). Auf dieser Ebene ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Unternehmensanteile, sollen diese der Familie, dem Unternehmen und der Gemeinnützigkeit als nachhaltiger Ertragsmotor dienen, rechtlich an die Stiftung gebunden werden. Die Bestimmungen hinsichtlich der Vermögensverwaltung können sehr allgemein und abstrakt gehalten werden. Typischerweise bietet sich eine Vermögensverwaltung nach kaufmännischen Prinzipien unter der Prämisse der Instandhaltung der Ertragsquellen der Stiftung an. Es kann die Zulässigkeit von Investments in alle denkbaren Anlageklassen geregelt werden. Für weitere Einzelheiten ist oftmals eine durch den Vorstand zu konkretisierende Anlagerichtlinie sinnvoll. Eine solche Richtlinie erhält dem Vorstand einen gewissen Beurteilungsspielraum zur flexiblen Gestaltung der Geschäftstätigkeit. Für das stiftungsverbundene Unternehmen sollte im Übrigen eine noch stärkere Bindung formuliert werden. Der Grundsatz der Unveräußerlichkeit ist stiftungsrechtlich in dem Umfang zulässig, in welchem die Erfüllung der Stiftungszwecke nicht gefährdet wird (Finanzierung gemeinnütziger Zwecke). Das wäre namentlich dann der Fall, wenn das stiftungsverbundene Unternehmen keine Erträge mehr abwirft. Die Erhaltung des stiftungsverbundenen Unternehmens kann sogar als Nebenzweck in der Satzung vorgesehen werden. Da die Erträge, die durch das Unternehmen in die gemeinnützige Stiftung fließen (10 %), dem Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen25, sind Rücklagen für das Unternehmen nur in einem sehr strengen Rahmen möglich. Rücklagen zur Stärkung des Unternehmens sind daher auf Ebene der Familienstiftung zu bilden. Alternativ kann jedoch auch vorgesehen werden, dass die Gewinne bereits auf Ebene der Gesellschaft thesauriert werden. Da diese Gewinnverwendung allerdings jederzeit durch Gesellschafterbeschluss geändert werden kann, sollte auf Ebene der Familienstiftung eine klare einheitliche Rücklagenpolitik vorgegeben werden. Das Management der gemeinnützigen Stiftung sollte sich, da die Verwirklichung unternehmerischer und familiärer Ziele auf die Ebene der Familienstiftung verlagert ist, primär mit der Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke auseinandersetzen. An den Vorstand und das Management dieser Stiftung sind daher ganz andere Anforderungen zu stellen als an den Vorstand der Familienstiftung. Eine Affinität zur Verwirklichung philanthropischer Ziele ist in jedem Fall förderlich. Gleichzeitig sollten, da die gemeinnützige Stiftung die Unternehmensanteile hält, Mitglieder der Inhaberfamilie zumindest mit einem Einsichtnahme- und Beratungsrecht auf Ebene der gemeinnützigen Stiftung ausgestattet werden, um wenigstens eine geringe Interessensüberschneidung auf
25Nach § 55 AO müssen diese in den nächsten zwei Jahren in gemeinnützige Zwecke investiert werden.
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beiden Ebenen zu installieren. Im Übrigen müssen die beiden Stiftungssatzungen nicht zwingend aufeinander abgestimmt sein. Der Gesellschaftsvertrag ist durch Gesellschafterbeschluss (also Vorstandsbeschluss der Eigentümerstiftungen) änderbar. Dieser muss daher nicht zwingend an die Satzungen der Stiftungen angepasst werden. Die Stiftungssatzungen dienen nunmehr als übergeordnete Leitlinie.
4 Die Trennung der Systeme für die Familie und das Unternehmen 4.1 Freiheit für die Familienmitglieder durch die Trennung der Systeme a) In der Praxis treffen wir in Beratungen häufig diejenigen Unternehmer, die ein Familienunternehmen fortführen oder die ein Unternehmen gegründet und mehrere Kinder haben. Viele dieser Mandanten haben aufgrund persönlicher Erlebnisse in Zeiten der Unternehmensübernahme oder Gedanken über die Zukunft der eigenen Kinder, die Wunschvorstellung, dass ihre Kinder freie Entscheidungen treffen dürfen und rechtlich können. Sie sollen den Lebens- und Berufsweg emotional frei gestalten können. Fällt die Entscheidung der Kinder auf eine Mitwirkung in dem Familienunternehmen und haben sie die entsprechenden Fähigkeiten, ist dies der Idealfall. Die meisten Unternehmer, die uns in der Beratung begegnen, haben jedoch den innigsten Wunsch, dass das von ihnen aufgebaute Unternehmen nicht zur „Lebensblockade“ der eigenen Kinder wird. b) Diesen Wunsch kann die Trennung der Systeme „Familie“ und „Unternehmen“ Wirklichkeit werden lassen. Die Gesamtfamilie kann in der Familienstiftung beispielsweise – ggf. mithilfe von entsprechenden Beratern – die wesentlichen Personalentscheidungen für das Unternehmen treffen, an dem sowohl die Familienstiftung als auch die gemeinnützige Stiftung beteiligt sind. Wollen sich einzelne Familienmitglieder in der Familienstiftung auch mit diesen Entscheidungen nicht auseinandersetzen, ist dies unschädlich. Gegebenenfalls liegen genau deren Stärken in der Ausrichtung auf die Gemeinnützigkeit. Einzelne Familienmitglieder, die sich für ein Mitwirken in dem stiftungsverbundenen Unternehmen entscheiden und dazu fähig sind, können dann in beiden Systemen wirken. Sie können operativ im Unternehmen mitarbeiten und Personalentscheidungen in der Familienstiftung mittreffen. c) Die Möglichkeit, dass die Kinder der Unternehmer nach den eigenen Interessenschwerpunkten entscheiden können, spricht den Fairness-Gedanken der allermeisten Unternehmer an, die zugleich Kinder haben. Denn es liegt ihnen fast allen am Herzen, dass keines der Kinder „auf der Strecke“ bleibt. Das von dem Stifter aufgebaute Unternehmen erwirtschaftet Erträge, die in der Familienstiftung allen Familienmitgliedern zugutekommen. Unabhängig davon, ob eine Mitwirkung im operativen
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Bereich stattfindet oder nicht. Arbeiten einzelne Kinder in dem stiftungsverbundenen Unternehmen mit, erhalten sie neben dieser Zuwendung durch die Familienstiftung auch eine fremdübliche Vergütung auf der Unternehmensebene. d) Die Trennung des unternehmerischen Bereichs von der Unternehmerfamilie kann einen bemerkenswerten Effekt auf die Mitarbeiter des stiftungsverbundenen Unternehmens haben. Die Erfahrung, in der eigenen Arbeit einen höheren Sinn zu sehen, als den eigenen Alltag zu finanzieren und ansonsten in die „Tasche des Unternehmers“ zu wirtschaften, kann auf die Mitarbeiter eines Unternehmens einen sehr positiven Effekt haben. Sie können neben ihrer Arbeit im operativen Bereich auf der Ebene der gemeinnützigen Stiftung an der Umsetzung gemeinnütziger Projekte mitwirken. So entstehen bei jedem Mitarbeiter die Übernahmemöglichkeit von Verantwortung und ein Eigeninteresse an einem möglichst leistungsstarken Unternehmen.
4.2 Erhalt einer familiären Unternehmenskultur auf Ebene der Familienstiftung Die Familienstiftung kann ein idealer Ort sein, Familienmitglieder in die Lage zu versetzen, sich an die Verwaltung des stiftungsverbundenen Unternehmens heranzutasten und infolgedessen eine Entscheidung für oder gegen eine eigene Mitwirkung in der Führung des Unternehmens zu treffen. Organmitglieder müssen zwar volljährig sein, jedoch können minderjährige Familienmitglieder als nicht stimmberechtigter Gast an Sitzungen der Stiftungsorgane teilnehmen. Dort können sie selbst erfahren, ob eine spätere Mitwirkung in Betracht kommt oder der berufliche Lebensweg anders verlaufen soll. Auf diese Weise gelingt nach praktischer Erfahrung eine schonende Heranführung an das Unternehmen am besten, ohne das bereits entscheidende Weichen für das Leben gestellt werden.
5 Alternative Modelle 5.1 Kombination mit einer Familienstiftung & Co. KG Die GmbH & Co. KG ist insbesondere für mittelständische Unternehmen eine stimmige Rechtsform. Sie verbindet die Vorteile einer Personengesellschaft mit der Haftungsbeschränkung einer Kapitalgesellschaft. Keine natürlichen Personen haften für Verbindlichkeiten der KG. Diese leisten lediglich ihre Einlage. Kapital und Management werden konsequent voneinander getrennt. Die GmbH ist in der Regel nicht am Gesamthandsvermögen der KG beteiligt, sodass das Gesellschaftsvermögen abgeschirmt wird. Die personengesellschaftlichen Möglichkeiten der flexiblen Kapitalbeschaffung sind daneben möglich (Gesellschaftereinlagen, Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter).
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Keine Durchbrechung der Haftung
Familienstiftung Haftung
Kommanditisten
Stammkapital Geschäftsführung Komplementärin
KG
Abb. 2 Familienstiftung & Co. KG. (Eigene Darstellung)
Bei der Stiftung und Co. KG übernimmt eine Stiftung die Stellung der Komplementärin [1].26 Sie unterscheidet sich von der klassischen Doppelstiftung darin, dass sie aus nur einer Familienstiftung besteht, die als Komplementärin (einzig haftende Gesellschafterin) der Kommanditgesellschaft fungiert. Eine natürliche oder juristische Person kann nicht gleichzeitig die Stellung eines Komplementärs und eines Kommanditisten innehaben [1].27 Deshalb bleibt die Kommanditbeteiligung und damit das gesamthänderische Vermögen der KG in dieser Struktur außerhalb des Stiftungsvermögens. Der positive Nachfolgeeffekt ergibt sich hier nicht. Es kann darüber nachgedacht werden, eine zweite Familienstiftung als Kommanditistin zu installieren, damit auch der Effekt der „erblosen Unternehmensnachfolge“ eintreten kann. In der Abb. 2 ist diese Struktur zusammengefasst: Hinsichtlich der Geschäftsführung ergeben sich folgende Vorteile: 1. Die Haftungsbeschränkungen auf Ebene der Komplementärin sind umfassender. Bei einer Minderung des Stammkapitals der GmbH (durch Zahlungen an die Gesellschafter oder mittelbar durch Entnahmen bei der KG) sind die Gesellschafter zur Rückzahlung verpflichtet [§§ 30, 31 GmbHG]. Bei der Familienstiftung gibt es keine entsprechende Vorschrift. Eine Durchbrechung der Trennung zwischen der Familienstiftung und der KG ist demnach nur nach dem Anfechtungsgesetz (bei vorsätzlicher
26[1] 27[1]
Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 23 Rz. 1. Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 2 Rz. 12.
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Keine Durchbrechung der Haftung
Familienstiftung Haftung
Kommanditaktionäre
Grundkapital Geschäftsführung Komplementärin
KGaA
Abb. 3 Familienstiftung & Co. KGaA. (Eigene Darstellung)
Gläubigerbenachteiligung höchstens zehn Jahre nach Zahlung) oder den speziellen Regelungen für Gesellschafterdarlehen im Falle der Insolvenz möglich [1].28 2. Da es an der Familienstiftung keine Anteile gibt, kann es in der Insolvenz keinen Durchgriff auf die dahinterstehenden Personen geben. 3. Durch die Festlegung der Grundsätze zur Unternehmensführung nach dem Ausscheiden des Stifters aus dem Vorstand in den stiftungsverbundenen Unternehmen (Unternehmensphilosophie) in der Satzung der Familienstiftung kann die Unternehmenskontinuität gesichert werden[1].29 Die Stiftung kann als Komplementärin der Stiftung & Co. KG die Unternehmensphilosophie nach Maßgabe des Stifterwillens aufrechterhalten und durchsetzen. Dazu ist es notwendig, dass der Stiftung eine starke Stellung in dem Gesellschaftsvertrag eingeräumt wird. So kann beispielsweise geregelt werden, dass Änderungen des Vertrags nur mit Zustimmung der Stiftung möglich sind. Eine starke Stellung wird beispielsweise erreicht, wenn die Familienstiftung als Komplementärin allein zur Geschäftsführung befugt ist. 4. Anders als bei der GmbH & Co. KG führt die alleinige Geschäftsführung durch die Familienstiftung nicht zu einer gewerblichen Prägung. Denn die Familienstiftung ist keine Kapitalgesellschaft und daher kraft Rechtsform nicht gewerblich tätig [1].30 Sie kann alle Einkunftsarten verwirklichen. Sie ist daher auch nicht gewerbesteuerpflichtig, solange sie nicht originär gewerblich tätig ist. Durch die Beteiligung an der
28[1]
Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 23 Rz. 36. Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 23 Rz. 37. 30[1] Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 23 Rz. 47. 29[1]
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KG wird keine gewerbliche Tätigkeit begründet, wenn die KG beispielsweise nur vermögensverwaltend tätig ist (Vermietung & Verpachtung von Immobilien). 5. Im Ergebnis ist die Stiftung & Co. KG die einzige Rechtsform, in welcher die Vorteile einer Personengesellschaft mit der ausgelagerten Haftung kombiniert werden können und eine einheitliche Geschäftsführung auf Ebene der Komplementärin nicht automatisch zur gewerblichen Infizierung führt. Das Immobilienvermögen der KG kann aus der Haftungsmasse herausgehalten werden. 6. Gestaltungsgedanke: Stiftung & Co. KG als Alternative zur Testamentsvollstreckung Die Kommanditgesellschaft wird als Vorerbin eingesetzt, die Erben des Unternehmers als Nacherben. Die Familienstiftung ist Komplementärin und daher nicht am gesamthänderischen Vermögen beteiligt. Sie übernimmt in ihrer Stellung allerdings die Verwaltung des Nachlassvermögens.[4]31 Die Verwaltung des Vorerbschaftsvermögens kann als Zweck in der Stiftungssatzung festgeschrieben werden. Nach Teilungsreife hat die Familienstiftung ihren Zweck erreicht, sodass diese aufzulösen ist. Zwar löst die Auflösung eine erbschaft- und schenkungsteuerliche Folge aus. Aufgrund des hohen Freibetrags und dadurch, dass die Familienstiftung nicht am Gesellschaftsvermögen (KG) beteiligt ist, kann die Steuerlast allerdings vermieden werden. Im Ergebnis eignet sich die Stiftung & Co. KG dazu, das gesellschaftliche Management im Interesse der Unternehmerfamilie zu stabilisieren und auf diese Weise die Unternehmenskontinuität generationsübergreifend zu sichern.
5.2 Kombination mit einer Familienstiftung & Co. KGaA Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit. Sie vereint in sich Elemente einer Kapitalgesellschaft und einer Personengesellschaft. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass einer oder mehrere ihrer Gesellschafter persönlich haften (Komplementäre). Die übrigen Gesellschafter sind die Kommanditaktionäre, die an dem in Aktien zerlegten Grundkapital beteiligt sind, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu haften [1].32 Der Komplementär übernimmt die Geschäftsführung und tritt als Vertretungsorgan in Erscheinung (Unternehmerfunktion). Dieser übernimmt also die Stellung, die bei der klassischen Aktiengesellschaft ein Vorstand innehat. Daneben gibt es einen Aufsichtsrat und eine Hauptversammlung [1].33
31Ähnlicher
Ansatz dazu von Müller-Stüler: https://www.iww.de/sb/archiv/der-praktische-fallstiftung-co-kg-vorteile-bei-vor-und-nacherbschaft-nutzen-f26343. 32[1] Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 28 Rz. 2. 33[1] Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 28 Rz. 2.
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Da für das Rechtsverhältnis zwischen Komplementär, Kommanditaktionären und Dritten die Vorschriften über die Kommanditgesellschaft gelten (NICHT die strengen Vorschriften des Aktiengesetzes)34 und die Satzung im Gegensatz zur Aktiengesellschaft von den Vorschriften des Aktiengesetzes abweichen darf, ist die KGaA auf den ersten Blick insoweit eine Alternative zur klassischen AG, mit welcher die Geschäftsführung (Komplementärstiftung) den Fremdeneinfluss der kapitalgebenden Aktionäre (Kommanditisten) nahezu ausschließen kann.35 Die KGaA kann eine stimmige Rechtsform für Familienunternehmen sein, wenn Ziel die Kapitalmarktfähigkeit (beabsichtigter Börsengang) bei gleichzeitiger Eliminierung von Fremdeinfluss ist. Denn die Komplementäre sind aufgrund der gesetzlichen Freiheit dieser Rechtsform sehr flexibel, ihren beherrschenden Einfluss in der Satzung zu regeln. Ihnen steht ein unentziehbares Recht auf die Geschäftsführung zu. Daneben können Widerspruchsrechte der Kommanditaktionäre in der Hauptversammlung für Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb des Unternehmens hinausgehen, ausgeschlossen werden. Den Kommanditaktionären bleiben dann nur wenige Mitwirkungsund Überwachungsrechte [1].36 Die Stiftung und Co. KGaA unterscheidet sich von Doppelstiftung darin, dass nur eine Familienstiftung als Komplementärin (einzig haftende Gesellschafterin) der KG fungiert. Eine natürliche oder juristische Person kann nicht gleichzeitig die Stellung eines Komplementärs und eines Kommanditisten innehaben. Deshalb bleibt die Kommanditbeteiligung und damit das gesamthänderische Vermögen der KG in dieser Struktur außerhalb des Stiftungsvermögens. Dass die Familienstiftung keine Kommanditbeteiligung hält, kann bei dieser Struktur allerdings durchaus stimmig sein (Kapitalmarktfähigkeit). In Abb. 3 ist diese Struktur zusammengefasst: Es ergeben sich hinsichtlich der Geschäftsführung folgende Vorteile: 1. Durch die Festlegung der Grundsätze in der Stiftungssatzung zur Führung der stiftungsverbundenen Unternehmen nach dem Ausscheiden des Stifters aus dem Stiftungsvorstand (Unternehmensphilosophie) kann die Unternehmenskontinuität gesichert werden. 2. Die Stiftung kann als Komplementärin der Stiftung & Co. KGaA die Unternehmensphilosophie nach Maßgabe des Stifterwillens aufrechterhalten und durchsetzen. Die Satzung der Familienstiftung ist nicht änderbar, sofern eine Änderung gegen den in der Satzung festgelegten grundsätzlichen Stifterwillen verstößt (stabiler als die Satzung der KGaA).
34§ 278 Absatz 2 AktG
i. V. m. § 164 HGB. den Rechten des Aufsichtsrats [1]Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 28 Rz. 15. 36[1] Binz/Sorg, Die GmbH & Co. KG, 12. Aufl., 2018, Beck, München, § 28 Rz. 12–15. 35Zu
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3. Aufgrund der starken Stellung der Stiftung als Komplementärin, wird sie sich in Fragen der Geschäftsführung grundsätzlich gegen die Kommanditaktionäre durchsetzen können. Alternativ kann die Stiftung als Gesellschafterin einer Komplementär-GmbH fungieren. Da die Komplementär-GmbH eine starke Stellung in der Gesellschaft einnimmt und die Geschäftsführung der KGaA kontrolliert, kann durch die nachhaltige Bindung der Komplementär-GmbH an die Familienstiftung die langfristige Aufrechterhaltung der familiären Unternehmensphilosophie gestärkt werden. Die Satzung der Familienstiftung kann die Art und Weise der Geschäftsführung konkretisieren und generationsübergreifend sicherstellen. Effekt: Die Familienstiftung dient als Nachfolgeinstrument hinsichtlich der Unternehmensführung. Gleichzeitig kann sie zur generationsübergreifenden Unternehmenskontinuität beitragen. Daneben kann die Stiftung sich auch an den Kommanditaktien gesamthänderisch beteiligen (Haftungsschutz). Fazit: Neben den strategischen wirtschaftlichen, unternehmerischen und vereinzelt auch steuerlichen Beweggründen der Stiftungserrichtung, sehen wir den klaren Vorteil dieser Rechtsform in der Möglichkeit der Stärkung des familiären Gemeinschaftsgefühls und möglichen Impuls für die einzelnen Mitglieder, ihren individuell angemessenen Beitrag – entsprechend der Satzung – zu leisten. Die altruistische Tätigkeit, wenn sie ernsthaft gewollt und betrieben wird, kann der Authentizität des gesamten Unternehmens dienen. Werden beispielsweise auch die Mitarbeiter des Unternehmens in dem Stiftungsgedanken mitgenommen, lässt sich ggf. sogar deren Zugehörigkeitsgefühl fördern. Die Doppelstiftung ermöglicht, wie der Name bereits verlauten lässt, das Nebeneinander und Miteinander dieser doppelten Zwecksetzung.
Literatur 1. Binz M, Sorg M (2018) Die GmbH & Co. KG. C.H. Beck, München 2. Gersch EM (2018) § 58 Steuerlich unschädliche Betätigungen. In: Klein F (Hrsg) Kommentar Abgabenordnung. Beck, München, C.H, S 380–391 3. May P, Bartels P (2017) Governance im Familienunternehmen – Das Handbuch für die erfolgreiche Führung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien. Bundesanzeiger Verlag, Köln 4. Müller-Stüler F (2010) Stiftung & Co. KG: Vorteile bei Vor- und Nacherbschaft nutzen. https:// www.iww.de/sb/archiv/der-praktische-fall-stiftung-co-kg-vorteile-bei-vor-und-nacherbschaftnutzen-f26343 5. Theuffel-Wehrhahn B (2015) Renaissance der Doppelstiftung durch die Erbschaftsteuerreform. Z Stift Vereinswesen 5:169–177 6. Veltmann T (2008) XII. Corporate Governance und Stiftungen. In: Werner O, Saenger I (Hrsg) Die Stiftung. BMV, Berlin, S 380–391 7. Werner R (2012) Die Doppelstiftung. Z Erbr Vermögensnachfolge 5:244–249
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Thorsten Klinkner, Jahrgang 1975, ist Rechtsanwalt und Steuerberater in Meerbusch bei Düsseldorf, verheiratet, drei Kinder. Die von ihm gegründete UnternehmerKompositionen GmbH ist ausschließlich auf die Begleitung von Stiftern und Stiftungen spezialisiert. Er entwickelt für Unternehmerpersönlichkeiten und vermögende Familien individuelle Stiftungs-Strategien und schafft branchenübergreifend zukunftsorientierte Eigentümerstrukturen. Thorsten Klinkner ist Stiftungsvorstand einer unternehmensverbundenen Familienstiftung sowie einer unternehmensverbundenen gemeinnützigen Stiftung. Er veröffentlicht regelmäßig zu den Möglichkeiten des Stiftungsrechts und ist als Vortragsredner bundesweit aktiv. Mattheo Ens, geboren 1989 in Neuwied am Rhein, ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei Audalis. Sein Erstes juristisches Staatsexamen mit dem Schwerpunkt deutsches, europäisches und internationales Steuerrecht 2015 machte er an der Universität Trier. Das Zweite Staatsexamen absolvierte er im November 2017. Im Januar 2018 nahm Mattheo Ens seine anwaltliche Tätigkeit im Bereich des Stiftungssteuerrechts bei der UnternehmerKompositionen GmbH in Meerbusch auf. Zuvor war er bereits seit 2015 als wissenschaftlicher Mitarbeiter dort tätig. Zu seinen Aufgabenbereichen gehörten die steuerliche Begleitung der Stiftungserrichtung sowie die Begutachtung einer wirtschaftlichen und nachhaltigen Stiftungsstruktur. Seit Juli 2019 ist er in einer mittelständischen Wirtschaftskanzlei im Handels- & Gesellschaftsrechts aktiv. Martin Buß, geboren 1985 in Köln, ist Rechtsanwalt bei der UnternehmerKompositionen GmbH. Martin Buß hat Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln studiert und 2011 sein Erstes Staatsexamen mit dem Schwerpunkt Steuerrecht und Bilanzrecht absolviert. Seine anwaltliche Tätigkeit nahm Martin Buß nach dem Zweiten Staatsexamen in 2014 im Bereich des Steuerstrafrechts auf. Seit Februar 2015 arbeitet er als Rechtsanwalt bei der UnternehmerKompositionen GmbH in Meerbusch mit einer ausschließlichen Spezialisierung auf das Stiftungsrecht. Seit 2015 leitet er dort den Fachbereich des Stiftungszivilrechts und ist für die Satzungsgestaltung sowie gesellschaftsrechtliche Abstimmungen mit den Satzungen stiftungsverbundener Unternehmen zuständig.
Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung? Berthold Theuffel-Werhahn
Inhaltsverzeichnis 1 Die Stiftung als Alternative zur Familiengesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 2 Die Familienstiftung – Beweggründe und was dabei zu beachten ist. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 3 Errichtung einer Stiftung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4 Ausländische Familienstiftungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 5 Steuerbegünstigte Stiftung mit Versorgungscharakter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 6 Die Doppelstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 7 Die geschäftsführende Stiftung (Stiftung & Co. KG). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 8 Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
Zusammenfassung
Mit der Überschrift dieses Kapitels soll zweierlei ausgedrückt werden: 1) Es gibt eine Reihe beachtlicher Vorteile einer Familienstiftung (selbstverständlich nicht ausschließlich), und 2) scheinen sich, gerade in den letzten Jahren und aufbauend auf dieser Erkenntnis, immer mehr Unternehmer für eine Familienstiftung zu entscheiden (z. B. HARTING, Wrede, Deharde, Meyer-Werft, Stiebel-Eltron, Gauselmann). Wie stets kommt es ganz auf den jeweiligen Einzelfall an. Welche Motive sinnvoll für eine Familienstiftung sprechen und welche nicht, soll Gegenstand dieses Kapitels sein. Wie wird eine Familienstiftung errichtet, und was ist dabei zu beachten? Wie lange dauert es, und welches ist der geeignete Zeitpunkt hierfür? Nach welchen Kriterien sollte der Unternehmer den Sitz der Stiftung auswählen? Warum errichten UnterB. Theuffel-Werhahn (*) PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kassel, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_8
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B. Theuffel-Werhahn
nehmer eine Familienstiftung im benachbarten Ausland statt in Deutschland? Warum liest man viel über eine „Doppelstiftung“, obwohl ihre Errichtung in der Mehrzahl der Fälle keinen Sinn mehr macht?
1 Die Stiftung als Alternative zur Familiengesellschaft Über Stiftungen bestehen vielfach unzutreffende oder ergänzungsbedürftige Vorstellungen. Kommt die Rede auf eine Stiftung, denken viele zunächst an eine karitative Einrichtung, zumal etwa 96 % aller Stiftungen in Deutschland dem Gemeinwohl dienen [§§ 51 bis 68 AO]. Mit Vermögens- oder Nachfolgeplanung werden Stiftungen dagegen – im Allgemeinen – nicht zuerst in Verbindung gebracht. Das ist deshalb zu bedauern, weil eine Stiftung wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften eine Reihe von Vorteilen bietet, die sich mit anderen Rechtsformen nicht erreichen lassen (s. Abb. 1). Eine Stiftung ist eine mit Rechtsfähigkeit ausgestattete, nicht verbandsmäßig organisierte Einrichtung, die einen vom Stifter bestimmten Zweck mithilfe eines dazu gewidmeten Vermögens dauernd fördern soll, oder kurz: eine selbstständige Vermögensmasse mit eigener Rechtspersönlichkeit. Rechtsgrundlagen sind die §§ 80 bis 88 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sowie die Bestimmungen der einzelnen Landesstiftungsgesetze. Daher kennt eine Stiftung – im Unterschied zu Kapital- oder Personengesellschaften – weder Inhaber, Eigentümer, Gesellschafter, Aktionäre, Partner noch
Von dem Gedanken, eine Stiftung zu errichten, sollten Sie eher Abstand nehmen, wenn …
Die Errichtung einer Stiftung sollten Sie dagegen ernsthaft in Betracht ziehen, wenn …
… Sie glauben, eine deutsche Stiftung sei eine Art „Steuersparmodell“ zur Optimierung Ihrer Abgabenlast;
… Sie den Bestand Ihres Unternehmens oder/und Ihres Vermögens nachhaltig für die Zukunft gegen einen ungewollten Verkauf und feindliche Übernahmen sichern möchten;
… Ihr „bester Freund“ Ihnen versichert hat, der einzig richtige Sitz für eine Stiftung sei in Liechtenstein oder auf den Cayman-Inseln;
… Sie Gesellschafterrechte, Abfindungen, Entnahmen, Pflichtteilsergänzungsansprüche und den Zugriff von Gläubigern auf Ihr Privatvermögen weitestgehend ausschließen oder reduzieren wollen;
… Sie mit Hilfe einer Stiftung Probleme lösen möchten, die Sie ohne die Stiftung nie bekommen hätten;
… Sie eine Atomisierung Ihres Vermögens über die nächsten Generationen hinweg verhindern wollen;
… es Ihnen extrem schwer fällt, loszulassen und insb. sich von Ihrem Besten (= Ihrem Vermögen) zu trennen.
… Sie und Ihre Familie – unter Beachtung der vorgenannten Motive - aber angemessen finanziell versorgt bleiben sollen.
Abb. 1 Stiftungen und Vorurteile
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jemanden, der damit vergleichbar wäre ([6], § 1 Rdnr. 7). Mit ihrer Anerkennung durch die staatliche Stiftungsbehörde verlieren der Stifter und dessen Erben endgültig die Verfügungsmacht über das gestiftete Vermögen; darin liegt ein wesentlicher Unterschied zu einer „Familiengesellschaft“ ([8], S. 93). Eine Familienstiftung dient ausschließlich oder überwiegend dem Wohl der Mitglieder einer oder mehrerer bestimmter Familien ([9], § 80 Rdnr. 177; [23], (2018) S. 207 ff.). Der Stifterwille darf nicht ausschließlich darin bestehen, nur den Stifter zu versorgen oder/und das Stiftungsvermögen zu erhalten. Denn eine „Stiftung (nur) für den Stifter“ oder eine Stiftung, deren Vermögen ausschließlich sich selbst dient, sind unzulässig ([12], Kap. 2 Rdnr. 50). Die Stiftung muss darüber hinaus der Familie des Stifters oder zumindest einer anderen Person außer dem Stifter selbst zugutekommen. Sehr häufig werden die finanzielle Versorgung der Familie und der Erhalt des Familienunternehmens miteinander kombiniert. Sofern eine Stiftung mit einem Unternehmen verbunden ist, spricht man von einer sog. „unternehmensverbundenen Stiftung“. Die Stiftung betreibt entweder das Unternehmen selbst, was eher selten vorkommt und dann meist im karitativen Bereich (sog. „Unternehmensträgerstiftung“, zum Beispiel als Trägerin eines Krankenhauses). Oder die Stiftung hält die meist vollständige, gelegentlich auch nur mehrheitliche Beteiligung an einer Personen- oder einer Kapitalgesellschaft (sog. „Beteiligungsträgerstiftung“). Diese Personen- oder Kapitalgesellschaft betreibt das Unternehmen oder fungiert ihrerseits als Holding, unter der weitere Beteiligungsgesellschaften angeordnet sind. In Deutschland existieren etwa 500 bis 700 rechtsfähige Familien- oder/und unternehmensverbundene Stiftungen ([15], S. 14), darunter die Markus-Stiftung (Aldi-Nord) und die Siepmann-Stiftung (Aldi-Süd), die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, Bertelsmann, Bosch, die Drogeriekette dm, die Else Kröner-Fresenius-Stiftung, die Hertie-Familienstiftung, die Otto Beisheim-Stiftung, die Peter- und die Ludwig-Eckes-Familienstiftung, Playmobil, Vorwerk, Würth. Dass unternehmensverbundene Familienstiftungen ungebrochene Popularität genießen, zeigen die Beispiele der Wrede-Familienstiftung (Wrede Industrieholding, errichtet im Jahr 2014) und der Harting Familienstiftungen (Harting Technologiegruppe 2016). Häufig werden im Rahmen der Unternehmens- und der Vermögensnachfolgeplanung bewusst steuerbegünstigte Stiftungen neben oder anstelle von nichtsteuerbegünstigten Familienstiftungen eingesetzt, zum Beispiel, weil damit die Erbschaftsteuerbelastung entweder vollständig vermieden oder zumindest erheblich reduziert werden soll. Das vorliegende Kapitel befasst sich nur beiläufig mit diesen Stiftungsoptionen. Dabei ist stets zu beachten, dass Stiftungen steuerlich begünstigt sein können und sich der Einsatz steuerbegünstigter Stiftungen im Einzelfall sogar aus eigennützigen Motiven heraus empfehlen mag [14]. Wenngleich (Familien-)Stiftungen keine „Steuersparmodelle“ darstellen, bestehen aber gerade nach der ErbSt-Reform sehr interessante zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten für unternehmerisches Vermögen ([17]; 2, S. 32 ff.; 6).
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2 Die Familienstiftung – Beweggründe und was dabei zu beachten ist Für die Errichtung einer Familienstiftung kann es eine Reihe guter Gründe geben.
2.1 Konzentration und Erhalt des Vermögens Eine Familienstiftung wird häufig bei der Unternehmens- bzw. Vermögensnachfolgeplanung eingesetzt, denn sie trägt in besonderem Maß dem Wunsch der meisten Unternehmerfamilien Rechnung, das Familienunternehmen langfristig zu erhalten und das Vermögen an die nächste Generation weiterzugeben (Treuhandgedanke). Zudem kann mit einer Familienstiftung verhindert werden, dass durch einen ungeregelten Übergang der Gesellschafterrechte auf die nächste(n) Generation(en) die Stabilität eines Unternehmens in Gefahr gerät. Das ist typischerweise der Fall, wenn Anteile durch Erbgänge oder durch die Veräußerung einzelner Gesellschafterrechte zersplittern, was über die Generationen zu komplexen Gesellschafterstrukturen führt. Mit Ehepartnern, Wiederverheirateten, Kindern, Adoptiv- und Stiefkindern kann über drei Generationen bereits ein Gesellschafterkreis von zwanzig Personen und mehr zusammenkommen – verbunden mit entsprechenden Schwierigkeiten, eine einheitliche Meinung über die Geschäftspolitik zu bilden. Während manche Familienmitglieder Mittel im Unternehmen belassen wollen (aus Vorsorge oder um weiteres Wachstum zu ermöglichen), drängen andere auf hohe Ausschüttungen zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts. Sehen Letztere ihre Interessen nicht hinreichend berücksichtigt, greifen sie ggf. auf eine Kündigung ihrer Beteiligung zurück – was wiederum die Liquidität des Unternehmens belastet. Zersplitterung und Liquiditätsentzug lassen sich verhindern, indem die Geschäftsanteile in eine (Familien-)Stiftung eingebracht werden. Dahinter steht in der Regel der Wunsch, die Selbstständigkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten, die Nachfolge zu sichern und das eigene Lebenswerk – oder gar das der Vorfahren – zu erhalten. Idealerweise kann die Familienstiftung auch Funktionen eines „Family Office“ übernehmen; einer Genehmigung zum Beispiel durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bedarf es für die Verwaltung des Stiftungsvermögens nicht.
2.2 Treuhandfunktion: Bewahrung des Familienunternehmens Dieser Wunsch spiegelt sich häufig auch im Treuhandgedanken vieler Unternehmerfamilien wider: Viele Gesellschafter von Familienunternehmen verstehen ihre Beteiligung am Familienunternehmen als eine Art von Treuhandvermögen, das sie von den Vorgängergenerationen erhalten haben, um es zu bewahren und an die nachfolgenden Generationen weiterzugeben. Diesem Treuhandgedanken kann mit einer
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Stiftung nahezu ideal Rechnung getragen werden: Die Substanz des Unternehmens bzw. der Gesellschaftsanteile steht der Stiftung zu und wird durch Generationswechsel nicht gemindert. Die Erträge können, wenn das Unternehmensinteresse es zulässt, an die aktuelle Unternehmergeneration ausgeschüttet werden.
2.3 Wenn geeignete Nachfolger in der Familie fehlen Darüber hinaus bietet sich die Errichtung einer Stiftung an, wenn die eigenen Kinder oder andere Erben aus fachlichen – oder häufiger: persönlichen – Gründen nicht für die Führung des Unternehmens infrage kommen bzw. die Nachfolge gar nicht antreten wollen. In diesen Fällen wird die Führung im Unternehmen von der Gesellschafterstellung gelöst, während die Kinder/Erben dennoch am wirtschaftlichen Ergebnis des Unternehmens beteiligt werden können. Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn der Inhaber sein Unternehmen – auch mit Blick auf die Belegschaft – erhalten möchte, aber keine weiteren Familienmitglieder existieren. In diesem Fall können die Erträge der Stiftung zum Beispiel ideellen Zwecken zugutekommen. Regeln lassen sich nahezu alle denkbaren Sachverhaltskonstellationen: Der Stifter kann die Familienmitglieder von der Unternehmensleitung völlig abschneiden und ihre Einflussmöglichkeiten auf Aufsichts-, Informations- und Kontrollrechte beschränken. Wenn der Stifter seiner Familie nicht einmal diese Rechte gewähren möchte – was gelegentlich vorkommt –, bedarf es eines Systems partieller Gleichgewichte (sog. „checks and balances“). Denn sonst kann es passieren, dass sich „Vertraute“ des Stifters, denen er in gutem Glauben eine Vorstands- oder Kontrollfunktion angetragen hat, spätestens nach dessen Ableben nur noch darauf konzentrieren, sich selbst oder einander gutdotierte Aufträge zukommen zu lassen – und die Familie dabei tatenlos zusehen muss.
2.4 Familienstiftung als „Aufseherin der Family Governance“ Üblicher ist es, dass der Stifter die Familienmitglieder in die Organe der Stiftung einbezieht und ihnen so Einfluss auf das Unternehmen zuweist. Dies dient mitnichten nur der Erhaltung einer zeitweisen Familienharmonie. Vielmehr geht es darum, die unternehmenspolitischen Parameter verbindlich und im Grunde bis in alle Ewigkeit festlegen zu können. Denn wenn der Stifter dies möchte, wird die von ihm vorgegebene Unternehmensverfassung Bestandteil der Stiftungssatzung und ist von ihren Gremien deren Handeln zugrunde zu legen. Unternehmensverfassung meint in diesem Zusammenhang die innere Ordnung im Unternehmen, die Unternehmensziele und die Regeln, wie diese Unternehmensziele angestrebt werden sollen. So kann die Stiftung etwa bei der Ausübung von Mitgliedschaftsrechten in Beteiligungsgesellschaften darauf verpflichtet werden, die Belange der Belegschaft angemessen zu berücksichtigen oder inländische
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Produktionsstätten nicht ins Ausland zu verlagern. Die Tätigkeit der Familienstiftung kann vom Stifter geradezu unter die Maximen seines unternehmerischen Handelns gestellt werden. Die Familienstiftung wird so zur „Aufseherin der Family Governance“ und „Hüterin der Werte“ des Stifters bzw. späteren Erblassers ([20, 22], S. 450). Werden die Vorstellungen des Unternehmers mithilfe einer Stiftung „zementiert“, müssen sich seine Nachfolger sehr viel stärker daran orientieren, als das ohne Stiftung der Fall wäre. Allerdings bedarf es trotzdem der Akzeptanz in der „Next Generation“. Denn nur, wenn sich die Nachfolger mit den Unternehmenszielen identifizieren, fließen die Vorstellungen auch wirklich ins tagtägliche operative Geschäft ein. Ein besonders gelungenes Beispiel jüngerer Zeit stellt die Wrede-Stiftung dar. Dort konnte sich die nächste Generation frühzeitig mit höchst konstruktiven Ideen in das Stiftungsprojekt einbringen. Das Gleiche gilt für die Harting-Familienstiftungen. Umgekehrt können Familienmitglieder, die vom Stifter für die Nachfolge an der Unternehmensspitze vorgesehen sind, mithilfe einer Stiftung vor einer faktischen Entmachtung durch Familienfremde geschützt werden. Voraussetzung ist, dass die Stiftung entsprechende Einflussmöglichkeiten auf das Unternehmen erhält. Beachte
Eine Stiftung vermag weder einen geeigneten Nachfolger für das Unternehmen zu gebären, noch Defizite in der zwischenmenschlichen Beziehung zwischen dem Stifter und dessen Familie auszugleichen. Es bieten sich aber vielfältige Möglichkeiten, die Familienmitglieder an der Vermögensverwaltung zu beteiligen bzw. junge Familienmitglieder schrittweise an die Unternehmensführung heranzuführen. Manche verbinden mit dem Einsatz einer Stiftung einen Verlust an Flexibilität. Sie meinen deshalb, dass sich eine Stiftung vornehmlich für „konservative Unternehmensund Immobilienvermögen“ empföhle, die „sowohl in ihrer inneren Struktur als auch in ihrer Positionierung im wirtschaftlichen Umfeld gefestigt“ seien ([2], § 1 Rn. 148). Richtig ist, dass sich durch entsprechende Gestaltung ein hohes Maß an verbleibenden Entscheidungsspielräumen erreichen lässt – zum Beispiel für nachträglich notwendig werdende Änderungen in der Organisation. Richtig ist aber auch, dass die Flexibilität bei einer Stiftungskonstruktion geringer ist als bei Personen- oder Kapitalgesellschaften. So sind etwa Änderungen des Stiftungszwecks grundsätzlich ausgeschlossen. In dieser geringeren Flexibilität liegt der Preis für eine generationenübergreifende Bestandssicherung.
Auch deshalb empfiehlt sich die Einbindung der nächsten Generation in die Nachfolgeplanung bis hin zur Gestaltung der Stiftungssatzung.
Ein Vorteil von Stiftungen gegenüber erbrechtlichen Nachfolgelösungen liegt darin, dass die Anordnung der (Dauer-)Testamentsvollstreckung auf maximal dreißig Jahre
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beschränkt ist (§ 2210 BGB). Das kann wichtig werden, wenn der Unternehmer möchte, dass über einen bestimmten Zeitraum der Testamentsvollstrecker (für die Erben) und nicht die Erben selbst den Nachlass verwalten sollen, zum Beispiel, wenn der Erblasser seinen Kindern nicht traut, aber größte Hoffnungen in seine Enkel setzt ([5], S. 838). Hinzu kommt, dass die Erben den erbrechtlichen Anordnungen des Unternehmers ausweichen können, indem sie die Erbschaft ausschlagen. Zudem ist es bei der Übertragung auf eine Kapital- oder Personengesellschaft möglich, zu einem späteren Zeitpunkt die Gesellschaftsanteile zu veräußern oder die Gesellschaft gleich insgesamt aufzulösen. Beides wird mit einer Familienstiftung erfolgreich verhindert.
2.5 Vermögensschutz Stiftungen werden schließlich auch zum Zwecke des Vermögensschutzes eingesetzt. Häufig überträgt ein(e) Unternehmer(in) Vermögen auf den jeweiligen Ehe- oder Lebenspartner, um es dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen. Das funktioniert so lange, wie die Beziehung zwischen beiden frei von nachhaltigen Belastungen ist und ändert sich in dem Moment, wo solche Belastungen eintreten oder ein gewisses Maß erreichen. Schnell entstehen Abhängigkeiten, die den ursprünglichen Vermögensinhaber die Übertragung bereuen lassen. Auch verdeckte Treuhandverträge, die dem entgegenwirken sollen, haben Nachteile, sei es, weil sie gegenüber dem Finanzamt offengelegt werden müssen – was häufig nicht gewollt ist – oder weil ihre Wirksamkeit zum Beispiel wegen Sittenwidrigkeit oder aus anderen Gründen infrage gestellt wird. Diese Schwierigkeiten bestehen bei einer Familienstiftung nicht, und der Vermögensschutz lässt sich dennoch erreichen. Erträge können nach ihrer Anerkennung von der Familienstiftung an die Familie des Stifters und den Stifter selbst (Destinatäre) ausgeschüttet werden, sofern die – entsprechend gestaltete – Stiftungssatzung dies vorsieht, sogar im Falle der Insolvenz des Stifters. Dabei spielt Vermögensschutz nicht nur für den Fall einer Insolvenz eine Rolle, sondern auch, um Pflichtteilsansprüche ungeliebter Verwandter gegen den Erben zu vermeiden. Das Gleiche gilt für Pflichtteilsergänzungsansprüche bei Vermögenszuwendungen innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall ([23], S. 154).
2.6 Vermeidung der Mitbestimmung Ein weiteres Motiv zur Errichtung einer Stiftung aus unternehmerischen Gründen heraus liegt in der Mitbestimmung bzw. genauer: in deren Vermeidung. Denn Unternehmen in der Rechtsform einer AG oder GmbH mit mehr als 500 Arbeitnehmern müssen einen Aufsichtsrat einrichten, der zu einem Drittel aus Arbeitnehmern besteht (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 DrittelbG). Mit einer klassischen GmbH & Co. KG (oder AG & Co. KG) lässt sich diese Folge bis zu 2000 Mitarbeitern vermeiden. Darüber jedoch, bei Unternehmen
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2000
500 - 2000 Mitarbeiter
Mitarbeiter
Mitbestimmung lässt sich mit einer Personengesellschaft, zum Beispiel einer GmbH & Co. KG, vermeiden.
Mitbestimmung lässt sich mithilfe einer Stiftung oder Stiftung & Co. KG vermeiden. Alternativ: • nur natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter: Wer das Risiko mag … • Tendenzunternehmen: Das sind die wenigsten. • ausländische Kapitalgesellschaft: Möglichkeit droht durch den Gesetzgeber beseitigt zu werden. • diametral entgegenstehende Beteiligungsverhältnisse
Abb. 2 Vermeidung der Mitbestimmung mithilfe einer Stiftung
mit mehr als 2000 Mitarbeitern – unabhängig, ob AG, GmbH (§ 1 Abs. 1 MitbestG) oder GmbH & Co. KG (§ 4 Abs. 1 S. 1 MitbestG) – ist der Aufsichtsrat gemäß Mitbestimmungsgesetz zwingend zur Hälfte mit Vertretern der Arbeitnehmerseite zu besetzen. Bei einer Stiftung oder Stiftung Co. KG ist das nicht erforderlich; weswegen Stiftungen als geradezu „ideal“ zur Mitbestimmungsvermeidung bezeichnet werden (s. Abb. 2).
2.7 Ideelle Gründe und/oder Steueroptimierung1 Steuerrechtlich können Stiftungen in steuerbegünstigte und in nichtsteuerbegünstigte, also solche, die keinen privilegierten Zweck erfüllen, unterschieden werden. Prototyp für die nichtsteuerbegünstigte (d. h. privatnützige) Stiftung ist die Familienstiftung, die vorwiegend der Versorgung der Familie dient (s. Abb. 3). Die Zwecke einer steuerbegünstigten Stiftung müssen unmittelbar und ausschließlich gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich sein. Die Stiftung selbst ist weitestgehend von der Besteuerung ausgenommen, sofern sie nicht einen oder mehrere wirtschaftliche Geschäftsbetriebe betreibt und daraus Einnahmen (nicht: Einkünfte!) von mehr als 35.000 € pro Jahr erzielt.
1Zu
den wesentlichen steuerlichen Aspekten der Familienstiftung vgl. die Darstellung von Thonemann-Micker in Kapitel „Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung“.
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Stiftungen
Nicht steuerbegünstigt, z. B.
Steuerbegünstigt
Familienstiftung
gemeinnützig (im engeren Sinne)
Unternehmensstiftung
mildtätig kirchlich
Abb. 3 Stiftungen aus steuerrechtlicher Sicht
Weil das Vermögen mit der Übertragung auf eine steuerbegünstigte Stiftung dauerhaft dem Gemeinwohl verpflichtet bleibt, haben die meisten Unternehmer, die sich nicht von dem häufig über Generationen aufgebauten unternehmerischen Vermögen trennen wollen, an steuerbegünstigten Stiftungen nur unter besonderen Voraussetzungen Interesse. Infrage kommen sie beispielsweise dann, wenn der Unternehmer keine Erben hat oder seine Vermögenswerte nicht an diese übertragen will, ideelle Gründe im Vordergrund stehen oder die Steuerbelastung bei einer Erbschaft an eine natürliche Person das Unternehmenswohl gefährden könnte. Obwohl auch unternehmensverbundene Stiftungen grundsätzlich als steuerbegünstigt anerkannt werden können, sind steuerbegünstigte Stiftungen ohne Gefährdung ihrer Steuerbegünstigungen nur sehr begrenzt im Stande, eine vom Stifter in der Stiftungssatzung vorgegebene Unternehmensstrategie in ihren steuerpflichtigen Beteiligungsunternehmen durchzusetzen.
3 Errichtung einer Stiftung im Inland 3.1 Erfordernisse bei der Stiftungserrichtung Eine rechtsfähige Stiftung entsteht dadurch, dass der oder die Stifter im Stiftungsgeschäft die grundlegenden Merkmale der Stiftung verbindlich anordnen, so etwa den Namen der Stiftung, ihren Sitz, ihren Zweck, das Vermögen und schließlich die Bildung ihres Vorstands (§ 81 Abs. 1 Satz 3 BGB). Das Stiftungsgeschäft im Falle der Stiftungserrichtung zu Lebzeiten kann notariell beurkundet werden (§ 126 Abs. 4 BGB),
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muss es aber nicht (bedenke die Kosten!) – selbst dann nicht, wenn Grundstücke oder GmbH-Geschäftsanteile auf die Stiftung übertragen werden sollen. Das Stiftungsgeschäft von Todes wegen (§ 83 BGB) muss hingegen den strengen Formvorschriften für Testamente und Erbverträge genügen.
Stets empfiehlt es sich, die Entwürfe der Satzung und des Stiftungsgeschäfts sowohl der jeweils zuständigen Stiftungsbehörde als auch der Finanzverwaltung vorzulegen und diese mit ihnen abzustimmen.
Die Unternehmerfamilie muss sich in diesem Zusammenhang entscheiden, ob eine unternehmensverbundene Familienstiftung durch mehrere Stifter (die Familienmitglieder) errichtet werden soll oder für einzelne Familienmitglieder jeweils eine separate. Um eine Anteilszersplitterung zu vermeiden, sollte regelmäßig nur eine Familienstiftung errichtet werden, die sämtliche oder zumindest die Mehrheit der Anteile am Familienunternehmen übernimmt. So kann das Familienunternehmen effektiv und effizient fortgeführt werden [15]. Ferner muss sich der Stifter (oder müssen sich die Stifter) im Zuge der Stiftungserrichtung bewusst entweder für einen starken Stiftungsvorstand bei gleichzeitig schwacher Rechtsstellung der Destinatäre oder – im Gegensatz dazu – für eine stärkere Position der Destinatäre entscheiden. Grundsätzlich sollte die Stiftung sowie ein mit ihr verbundenes Unternehmen nicht durch Leistungsansprüche der Destinatäre „geknebelt“ werden. Zum Schutz der Destinatäre können ausgewogene „Checks and Balances“ implementiert werden [7]. So kann der Stifter den Destinatären in der Satzung weitgehende Vermögens- und Verwaltungsrechte einräumen, angefangen von einem Anspruch auf Destinatärleistungen (regelmäßig nicht sinnvoll, allenfalls als „Mindestausschüttung“, sofern die Ertragssituation des Unternehmens es auch zulässt), über weitergehende Informations- und Kontrollrechte, z. B. einem Recht auf Auskunft und Einsicht in Unterlagen, bis hin zu Mitwirkungsrechten bei der Bestellung und Abberufung von Mitgliedern eines Stiftungsrats, der dadurch zu einem Mitwirkungsorgan der Destinatäre werden kann ([21], S. 1560).
3.2 Rechtsanspruch auf Anerkennung und Pflicht, das Vermögen zu übertragen Die Stiftung ist von der zuständigen Behörde anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den formellen Anforderungen genügt (§ 81 Abs. 1 BGB), die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet ist und das Gemeinwohl nicht gefährdet wird (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BGB). Mit ihrer Anerkennung steht die entstandene Stiftung nicht mehr zur Disposition des Stifters. Damit entsteht zugleich die Verpflichtung des Stifters zur endgültigen Übertragung seines dafür vorgesehenen Vermögens auf die Stiftung (§ 82 BGB). (s. Abb. 4)
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Vermögensübertragung
Stiftungsgeschäft
Staatliche Anerkennung
• Einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung unter Lebenden oder von Todes wegen
• Stiftung ist anzuerkennen, • Verpflichtung des Stifters zur endgültigen Überwenn tragung des Vermögens das Stiftungsgeschäft vom Stifter auf die formellen AnforderStiftung ungen genügt,
• Vermögenshöhe, Zweck, Ertragsverwendung
die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gewährleistet ist und das Gemeinwohl nicht gefährdet wird.
Abb. 4 Die drei Phasen der Errichtung einer Stiftung
Beachte
Die Stiftungserrichtung ist eine „Einbahnstraße“: Ist die Stiftung erst einmal errichtet, verfügt der Stifter über keinerlei gesellschafter- oder mitgliedschaftsähnliche Befugnisse – ebenso wenig wie jedes andere Rechtssubjekt außerhalb der Stiftung. Auch wenn der Stifter selbst Organ der Stiftung wird – was häufig so gewählt wird – oder die Zusammensetzung der Organe bestimmt, vollzieht er nur seinen ursprünglichen Willen, wie er im Stiftungsgeschäft und der -satzung niedergelegt ist, und ist hieran wie jede andere Person, die als Organ der Stiftung fungiert, gebunden. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich die Vorstellungen des Stifters nach der Anerkennung der Stiftung im Laufe der Zeit wandeln. Denn ab der Errichtung gehört die Stiftung (nur) sich selbst. Manchem Stifter fällt es schwer, dies zu akzeptieren. Für bestimmte Konstellationen ermöglicht ein Widerrufsvorbehalt im Stiftungsgeschäft eine teilweise Rückführung des Stiftungsvermögens ([1], S. 1019; [16], S. 206 ff.). Je nach Arbeitsbelastung der jeweiligen Anerkennungsbehörde kann die Anerkennung zwischen drei Wochen und sechs Monaten in Anspruch nehmen.
3.3 Stiftungserrichtung in zwei Schritten Für die Errichtung einer Stiftung empfiehlt sich häufig das sog. „Zweistufenmodell“ ([4], S. 44): Der Stifter errichtet dabei die Stiftung bereits zu Lebzeiten, stattet sie aber zunächst nur mit relativ wenig Vermögen aus – nämlich so viel, wie gerade für die Anerkennung benötigt wird (erste Stufe). Der wesentliche Vermögensteil geht dann im
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Rahmen einer späteren auf den Todesfall bedingten Zustiftung auf die Stiftung über (zweite Stufe). So kann der Stifter das Anerkennungsverfahren bei den Landesbehörden und insbesondere auch bei der Finanzverwaltung begleiten und den Übergang des Vermögens auf die Stiftung fördern. Beachte
Bei Familienstiftungen, auf die im zweiten Schritt unternehmerisches Vermögen übergehen soll, das aber nicht die Voraussetzung der Privilegierung nach §§ 13a, 13b, 28a ErbStG erfüllt, ist Vorsicht geboten. Denn eine spätere Zustiftung unterliegt einer höheren Erbschaftsteuer, da auch für Zuwendungen des Stifters die ErbSt-Klasse III gilt, auch wenn er selbst der einzige Begünstigte ist ([4], S. 45; zu Gestaltungsmöglichkeiten im Falle einer Stiftungserrichtung von Todes wegen: [5]).
3.4 Stiftungsaufsicht und Stiftungsrechtsreform Rechtsfähige Stiftungen unterliegen der Stiftungsaufsicht im Sinne einer Rechtsaufsicht, keiner Fachaufsicht. Rechtsaufsicht bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde prüft, ob die Entscheidungen der Stiftungsorgane mit der Rechtsordnung sowie dem in der Satzung verkörperten Stifterwillen übereinstimmen. Sie darf jedoch nicht die Zweckmäßigkeit dieser Entscheidungen prüfen und eigene Zweckmäßigkeitsentscheidungen treffen. Soweit die handelnden Organe nach der Satzung einen Ermessensspielraum haben und diesen nicht überschreiten, kann die Stiftungsaufsicht die Ausübung des Ermessens nicht kontrollieren. Aber auch diese Rechtsaufsicht wird durch die individuellen Bundesländerregelungen vielfach zusätzlich eingeschränkt: So werden zum Beispiel Familienstiftungen in Bayern vollumfänglich aus der Aufsicht entlassen. Die meisten anderen Bundesländer lassen – mit wenigen Ausnahmen – ebenfalls Zurückhaltung bei der Aufsicht von Familienstiftungen walten. Potenzielle Stifter können sich die jeweiligen Unterschiede in den Bundesländern zunutze machen ([19], S. 132 ff.). Zumindest entspricht dies noch der geltenden Rechtslage. Eine von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder und der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat Reformvorschläge erarbeitet, mit dem Ziel, das Stiftungsrecht in größerem Umfang als bisher abschließend bundesrechtlich zu regeln, um es im Interesse von Stiftern, Stiftungen und anderen Rechtsanwendern stärker zu vereinheitlichen und Streifragen zu klären. Dieser Diskussionsentwurf sieht vor, das Stiftungszivilrecht abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu regeln. Unternehmer, die sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, eine Stiftung zu errichten, sollten diese Entwicklung genau verfolgen. Denn das Schlimmste, was sich der potenzielle Stifter vorzustellen vermag, ist, dass ein Behördenmitarbeiter in unternehmerische Entscheidungen eingreift.
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3.5 Transparenzregisterpflicht Ende Juni 2017 wurde zur Vermeidung der Geldwäsche das sog. Transparenzregister eingeführt, § 18 Abs. 1 GwG. In Umsetzung der Vierten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU dient dieses Register der Erfassung und Zugänglichmachung von Angaben über den sog. „wirtschaftlich Berechtigten“ von Unternehmen, Treuhandgestaltungen und eben auch Stiftungen. Bei rechtsfähigen Stiftungen zählen zu den „wirtschaftlich Berechtigten“ u. a. die Mitglieder des Stiftungsvorstands, die Bezugsberechtigten (Destinatäre) von Familien-, ggfs. auch von steuerbegünstigten Stiftungen, die Anfallberechtigten und schließlich jeder, der auf sonstige Weise unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss auf die Vermögensverwaltung oder Ertragsverteilung ausübt, zum Beispiel der Familienrat oder die Destinatärsversammlung bei Familienstiftungen. Bei steuerbegünstigten Stiftungen könnte dies u. U. auch ein externer Vermögensverwalter sein (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 GwG). Die Angaben umfassen insbesondere Namen, Monat und Jahr der Geburt, die Staatsangehörigkeit und das Wohnsitzland des „wirtschaftlich Berechtigten“ sowie Art und Umfang des „wirtschaftlichen Interesses“. Zugänglich sind diese Angaben für alle Personen oder Organisationen, die ein „berechtigtes Interesse“ nachweisen können. Gerade bei mehrstufigen Strukturen wie Familienstiftungen, die als Allein- oder Mehrheitsgesellschafterin des Unternehmens – wenn es sich nur um ein einzelnes handelt – bzw. der Unternehmensgruppe – was ungleich häufiger vorkommt – fungieren, können sich die Transparenzregisterpflichten von der Stiftung, der Konzernspitze, auf die darunter „hängenden“ Unternehmen ausdehnen. Nicht zu verwechseln ist das Transparenzregister einerseits mit dem Handelsregister und dessen Publizitätswirkungen (negative und positive Publizität), andererseits aber auch nicht mit den Stiftungsregistern der einzelnen Bundesländer, weshalb auch eine Eintragung dort nicht von der Eintragung im Transparenzregister befreit (zu weiteren Einzelheiten: [11]).
4 Ausländische Familienstiftungen Häufig werden Familienstiftungen im benachbarten Ausland, namentlich der Schweiz, Österreich und Liechtenstein, errichtet, um die Ersatzerbschaftsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, von der ausländische Familienstiftungen selbst mit ihrem Inlandsvermögen befreit sind, zu vermeiden. Wenn die Geschäfte der Stiftung aber nicht am Gründungsort der ausländischen Familienstiftung geführt werden, kann es zu einer unbeabsichtigten Sitzverlagerung der Stiftung kommen. Im schlimmsten Fall führt dies zur Desavouierung der Stiftung und damit zum Scheitern der Nachfolgegestaltung. Daneben ist bislang noch nicht abschließend geklärt, wie das Statut ausländischer Stiftungen durch deutsche
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Gerichte bestimmt wird. Schließlich ist bei Gründung und Verwaltung fremdes Recht zu beachten, sodass zwingend zusätzliche ortskundige rechtliche und steuerrechtliche Berater hinzugezogen werden müssen. Entsprechend höher ist der Verwaltungsaufwand. Daneben gibt es viele weitere Aspekte zu beachten [3], unter anderem besteht für Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen das Risiko einer Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer [5, 17, 32]. Errichtet der Stifter, um die Ersatzerbschaftsteuer zu sparen, eine Stiftung im Ausland und geht dafür das Risiko ein, mit den Ausschüttungen der Stiftung doppelt belastet zu werden, hat er nicht wirklich viel gewonnen. Die Ersatzerbschaftsteuer, § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, fällt übrigens bei einer sogenannten „Treuhandstiftung“ – auch „fiduziarische Stiftung“ genannt – ebenfalls nicht an ([15]; a. A.:[13]). Solche Treuhandstiftungen sind dadurch gekennzeichnet, dass einer natürlichen oder juristischen Person ein bestimmtes Vermögen treuhänderisch vom Stifter übertragen wird, welches von diesem Treuhänder („Fiduziar“) abgesondert zu verwalten und bestimmten Zwecken zuzuführen ist. Treuhandstiftungen fehlt die Fähigkeit, selbst Trägerin von Rechten und Pflichten zu sein. Daher eignen sie sich für die hier interessierenden Motive wenig bis kaum. Anders als die rechtsfähige Stiftung ist die Treuhandstiftung zumindest von einer Person abhängig: dem Treuhänder. Dieser mag die unselbstständige Stiftung so professionell wie denkbar verwalten; für die Unternehmensnachfolge, im Besonderen für das Ziel, das Unternehmen „auf ewig“ fortzuführen, kommt der Treuhänder nicht in Betracht. Denn neben der fehlenden Rechtspersönlichkeit treten als weitere Nachteile das Insolvenzrisiko des Treuhänders hinzu sowie die Gefahr, dass die Erben unter Umständen die Anordnungen des Erblassers unterminieren können.
5 Steuerbegünstigte Stiftung mit Versorgungscharakter Auch eine steuerbegünstigte Stiftung kann eine interessante Gestaltungsalternative für einen Unternehmer sein, insbesondere wenn dieser aus ideellen Gründen etwas Gutes für die Allgemeinheit tun und daher sein Vermögen bzw. einen Teil davon diesem Zweck widmen möchte. Für den angemessenen Unterhalt des Stifters und seiner nächsten Angehörigen kann eine steuerbegünstigte Stiftung bis zu einem Drittel ihres Einkommens verwenden, ohne dadurch ihre Steuerbegünstigungen zu verlieren (§ 58 Nr. 6 AO). Bei ihren Empfängern unterliegen diese Zuwendungen allerdings der Einkommensteuer (§ 22 Nr. 1 S. 2, 2. Hlbs. Buchst. a EStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung gehören zu den „nächsten Angehörigen“ Ehegatten, Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel (auch falls durch Adoption verbunden), Geschwister, Pflegeeltern und Pflegekinder. Sinnvollerweise wird der Begriff in Anlehnung an die gesetzliche Erbfolge zudem auf Verwandte und Verschwägerte in
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gerader Linie angewandt. Personen im Sinne des LPartG gehören ebenfalls dazu ([10], § 9 Rdnr. 190). Keineswegs müssen der Stifter und seine Angehörigen wirtschaftlich hilfsbedürftig sein, um in den Genuss der Drittel-Regelung zu kommen. Auch die von der Finanzverwaltung gelegentlich gezogene Grenze für die Angemessenheit des Unterhalts im Jahresgehalt eines Oberregierungsrats oder im Einzelfall auch bei Beträgen zwischen 100.000 € und 150.000 € im Jahr findet keine Stütze im Gesetz. Liegt der Lebensstandard des Stifters oder seiner nächsten Angehörigen über diesen Beträgen, können auch entsprechend höhere Unterhaltsleistungen gezahlt werden. Schließlich hätte der Stifter die Stiftung mit ihrer steuerbegünstigten Zweckbindung möglicherweise erst gar nicht errichtet, bliebe die Versorgung nicht in dem Umfang gewährleistet wie zum Zeitpunkt der Errichtung der Stiftung. Beabsichtigt der Stifter die Versorgung seiner Familie über die Drittel-Regelung hinaus, kommen zwei Möglichkeiten in Betracht – nämlich die Bestellung eines Nießbrauchs an den Unternehmensbeteiligungen oder die Vereinbarung privatnütziger Versorgungsleistungen (Renten oder dauernde Lasten): In beiden Fällen verstößt die Erfüllung derartiger Ansprüche nach Auffassung des BFH und der Literatur nicht gegen die Drittel-Regelung. So kann der Stifter außer den nächsten Angehörigen auch andere Personen begünstigen, ebenso wie er außer dem bloßen Unterhalt auch andere Zwecke unterstützen kann – und dies alles auch in größerem Umfang. Die Finanzverwaltung sieht das allerdings bislang (noch) anders.
Wegen der dargestellten – mitunter erheblichen – Unsicherheiten empfiehlt sich für den Stifter die Einholung einer verbindlichen Auskunft beim zuständigen Finanzamt (§ 89 Abs. 2 AO).
6 Die Doppelstiftung Um die steuerlichen Vorteile der steuerbegünstigten Stiftung mit der Familienstiftung miteinander zu verbinden, wurde früher verstärkt eine sog. Doppelstiftung in Betracht gezogen ([16, 18]). Dabei handelt es sich allerdings um keine eigene Stiftungsart. Bekannte Beispiele sind unter anderem die Robert Bosch Stiftung GmbH, Aldi-Süd und Aldi-Nord, die Drogeriemarktkette dm sowie die Bertelsmann AG. Mit der Einführung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG, wonach Regelungen im Gesellschaftsvertrag mit Auswirkung auf den Wert des Anteils, wie insbesondere eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital (Grund- oder Stammkapital) abweichende Gewinnverteilung, bei der Wertermittlung für erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche
118 Abb. 5 Die geschäftsführende Stiftung
B. Theuffel-Werhahn
Stiftung gem. §§ 80 ff. BGB (haftet unbeschränkt)
Kommanditist (haftet nur mit der Pflichteinlage)
Kommanditgesellschaft, §§ 161 ff. HGB
Zwecke zu berücksichtigen sind, hat der Gesetzgeber der Doppelstiftung den Boden entzogen (vgl. Kap. „Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung“).
7 Die geschäftsführende Stiftung (Stiftung & Co. KG) Bei der Stiftung & Co. KG übernimmt eine rechtsfähige Familienstiftung die Funktion der persönlich haftenden Gesellschafterin (Komplementärin) in einer Kommanditgesellschaft (s. Abb. 5). Gegenwärtig gibt es bundesweit knapp einhundert Stiftung & Co. KGen, darunter Lidl, Kaufland, Vorwerk sowie Diehl, während Eckes nicht mehr dazugehört. Die Stiftung & Co. KG kommt insbesondere in Betracht, wenn der Unternehmer das unternehmerische Vermögen bei seiner Familie belassen möchte, die Familienmitglieder aber keinen Einfluss auf die Unternehmensführung anstreben oder bekommen sollen. Die strategische Geschäftsführung obliegt dem Stiftungsvorstand, zum Beispiel einem angestellten Fremdgeschäftsführer, während die Kommanditanteile nach dem Willen des Unternehmers an die Nachkommen verteilt werden können. Bei einer GmbH & Co. KG stellt sich die Frage, wer verfügungsberechtigt über die Geschäftsanteile an der Komplementärin sein soll. Deshalb hat insoweit die Stiftung & Co. KG auch und gerade im Vergleich zu einer GmbH & Co. KG den Vorteil, dass die Komplementärin dem Einfluss der Kommanditisten entzogen ist, sofern ihnen nicht zugleich die Stellung von Mitgliedern eines Aufsichtsorgans in der Stiftung eingeräumt wird. Gegenüber der typischen GmbH & Co. KG wird also, bezogen auf die Art und Weise der Unternehmensführung, ein Verewigungseffekt erreicht. Flankiert werden kann dies durch die Übertragung eines Teils der Geschäftsanteile mit einem überdimensionalen Mehrfachstimmrecht auf die Stiftung – einschließlich eines Benennungsrechtes für die Geschäftsführer.
Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge
119
Während die Satzung der Familienstiftung nur unter erschwerten Bedingungen an veränderte Umstände angepasst werden kann, ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrags jedenfalls dann unkomplizierter möglich, sofern er nicht selbst Einschränkungen für diesen Fall (zum Beispiel Einstimmigkeitserfordernis) vorsieht. Ein steuerrechtlicher Vorteil der Stiftung & Co. KG besteht darin, dass eine Stiftung & Co. KG, die lediglich Vermögen verwaltet, nicht zu einer (gewerblich geprägten) Mitunternehmerschaft wird. Damit ist sie die einzige Rechtsform, die eine gewerbesteuerfreie Vermögensverwaltung oder Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit unter Ausschluss der unbeschränkten Haftung ermöglicht. Außerdem kann die Stiftung & Co. KG alle Steuervorteile einer Personengesellschaft in Anspruch nehmen. Ein weiterer wesentlicher Vorteil der Stiftung & Co. KG gegenüber einer GmbH & Co. KG liegt darin, dass sich eine Mitbestimmung auch bei Unternehmen mit 2000 Arbeitnehmern und mehr vermeiden lässt. Zum Beispiel ist im Fall von Aldi-Nord und Aldi-Süd mit insgesamt etwa 250.000 inländischen Beschäftigten der Konzern in rechtlich selbstständige Regionalgesellschaften (regelmäßig in der Rechtsform der GmbH & Co. KG und unterhalb der mitbestimmungsrechtlichen Grenzwerte) aufgespalten und wird von der ebenfalls mitbestimmungsfreien Stiftung als Holding geführt. Es ist auch eine Kombination aus Doppelstiftung und Stiftung & Co. KG zu einer Doppelstiftung & Co. KG möglich: Dabei ist eine nicht begünstigte Familienstiftung Komplementärin, die steuerbegünstigte Stiftung übernimmt eine Kommanditbeteiligung. Diese Variante wird regelmäßig nur dann sinnvoll sein, wenn die KG ausschließlich vermögensverwaltend und nicht originär gewerblich tätig ist, denn sonst gilt die Beteiligung an der KG bei der steuerbegünstigten Stiftung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb [§ 14 AO]. Außerdem eröffnet die KG – anders als eine Kapitalgesellschaft – im Zusammenhang mit der inkongruenten Gewinnbeteiligung Angriffsfläche im Hinblick auf § 7 Abs. 6 ErbStG. Die Doppelstiftung & Co. KG kommt deshalb nur in seltenen Einzelfällen in Betracht.
8 Fazit Eine Stiftung ist nicht immer der „Königsweg“ zur Bewältigung aller Herausforderungen. Sie bietet aber wegen ihrer einzigartigen Eigenschaften eine Reihe von Vorteilen, die sich mit anderen Rechtsformen (Kapital- oder Personengesellschaft, Genossenschaft, Verein) nicht erreichen lassen. Zusammenfassend stellen sich die einzelnen Stiftungsmodelle und ihre jeweilige Eignung für die Zielsetzung des Stifters überblicksweise wie in Abb. 6 dar:
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B. Theuffel-Werhahn
(Inländische) Stiftungsmodelle im Überblick Stiftungsmodell
Familienstiftung
Steuerbegünstigte Stiftung mit Versorgungscharakter
Doppelstiftung
Stiftung & Co. KG
Versorgung der Familie & ggfs. Dritter
mit Einschränkungen
Erhalt des Familienunternehmens
mit (erheblichen) Einschränkungen
Vermögensschutz
nur hinsichtlich der Familienstiftung
Erbschaftsteueroptimierung
bei entsprechender Gestaltung
Vermeidung der Mitbestimmung
in der Form der Unternehmensträgerstiftung
in der Form der Unternehmensträgerstiftung
teilweise
teilweise
nur hinsichtlich der steuerbegünstigten Stiftung
Kriterium
Ideelle Gründe Steuerbefreiung
Abb. 6 Die einzelnen Stiftungsmodelle und ihre jeweilige Eignung
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Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung Susanne Thonemann-Micker
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2 Inländische privatnützige Familienstiftung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3 Ausländische privatnützige Familienstiftungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
Zusammenfassung
Auch wenn die Errichtung einer Familienstiftung nicht allzu sehr von steuerlichen Überlegungen getragen werden sollte, spielen diese doch stets eine wichtige Rolle. Dabei ist neben den verschiedenen Steuerarten (insbesondere Erbschaftsteuer, Einkommensteuer) auch die Besteuerung auf den einzelnen Ebenen (Stifter, Stiftung, Destinatär) sowie im Lebenszyklus der Stiftung (Errichtung, laufende Besteuerung, Beendigung) zu beachten. Nicht zuletzt kann eine Abwägung getroffen werden, ob die Familienstiftung im Inland oder aber im Ausland errichtet werden soll. Der Beitrag dient dazu, über die einzelnen steuerlichen Konsequenzen einen Überblick zu geben.
S. Thonemann-Micker (*) Partnerin PwC im Bereich Private Clients Solutions, Düsseldorf, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_9
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S. Thonemann-Micker
1 Einleitung Der Einsatz einer Familienstiftung kommt vor allem bei der Übertragung von Familienvermögen auf die nächsten Generationen in Betracht, da hierin das Vermögen über Generationen gebündelt werden kann. Dabei sollten die steuerlichen Implikationen beachtet werden, die oftmals dazu führen, dass sich die stets privatnützige Familienstiftung bei der Übertragung von unternehmerischem Vermögen (Anteile an Kapitalund Personengesellschaften) im Einzelfall anbieten kann. Grundsätzlich könnte auch eine gemeinnützige Stiftung gemäß § 58 Nr. 6 AO ihr Einkommen bis zu einem Drittel dazu verwenden, den Stifter und seine nächsten Angehörigen in angemessener Weise zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren, ohne die Gemeinnützigkeit zu gefährden. In den meisten Fällen genügt dies unter anderem aufgrund der umstrittenen Auslegung der Angemessenheit sowie des eng begrenzten Personenkreises der Begünstigten nicht, um die Wünsche des Stifters ausreichend zu regeln, sodass regelmäßig nur eine privatnützige Familienstiftung als Alternative zur gesetzlichen oder gewillkürten Erbfolge in Betracht kommt. Nachfolgend wird zwischen der inländischen Familienstiftung (2) und der ausländischen Familienstiftung (3) unterschieden.
2 Inländische privatnützige Familienstiftung Eine inländische privatnützige Stiftung ist in der Regel eine juristische Person und daher eigenes Steuersubjekt. Sie wird nach den für juristische Personen geltenden Vorschriften besteuert. Für die inländische privatnützige Familienstiftung gelten dabei einige Ausnahmeregelungen, bei denen sie einerseits begünstigt, andererseits aber auch benachteiligt wird. Das deutsche Steuerrecht enthält keine eindeutige Definition der Familienstiftung. Sie wird immer wieder in Nuancen unterschiedlich definiert. Familienstiftungen i. S. d. § 15 Abs. 2 AStG sind solche, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind. Für den Begriff der Familienstiftung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG hat der BFH entschieden, dass unter den Begriff der Familienstiftung diejenigen Stiftungen fallen, deren Wesen nach der Satzung und gegebenenfalls dem Stiftungsgeschäft darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen und die Stiftungserträge an sich zu ziehen (BFH, Urteil vom 18. November 2009, II R 46/07, BFH/NV 2010, 898, Tz. 16). Die Finanzverwaltung hingegen lehnt sich an die Definition des § 15 Abs. 2 AStG an und versteht unter Familienstiftungen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG alle Stiftungen, nach deren Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge entweder zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt sind oder zu mehr als einem Viertel bezugsoder anfallsberechtigt sind, soweit zusätzliche Merkmale, wie der wesentliche Einfluss der Familie auf die Geschäftsführung, ein wesentliches Familieninteresse belegen (R E 1.2 Abs. 2 Satz 1, 2, 3 ErbStR 2011).
Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung
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Im Nachfolgenden werden die steuerlichen Konsequenzen im Hinblick auf die Ausstattung (2.1), die laufende Ertragsbesteuerung sowie Erbersatzsteuer (2.2), die Besteuerung der Destinatäre (2.3) sowie der Aufhebung (2.4) dargestellt, ehe näher auf die Einsatzmöglichkeiten (2.5) und eine etwaige Doppelstiftung (2.6) eingegangen wird.
2.1 Besteuerung der Ausstattung Die Ausstattung der Stiftung besteht einerseits aus dem Vermögen, das ihr im Stiftungsgeschäft als Erstausstattung zugewendet wird, sowie andererseits aus den Zuwendungen in den Vermögensstock der bereits bestehenden Stiftung (sogenannte „Zustiftungen“). Ertragsteuer Bei einer unentgeltlichen Übertragung von Vermögen des Stifters aus seinem Privatvermögen fällt auf Ebene der Stiftung keine Ertragsteuer an. Werden jedoch Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen des Stifters übertragen, können insoweit beim Stifter stille Reserven aufgedeckt werden, die der Ertragsbesteuerung unterliegen. Das Buchwertprivileg des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 4 EStG findet auf Zuwendungen an nicht steuerbegünstigte Familienstiftungen keine Anwendung. Folglich ist der Teilwert des Wirtschaftsguts gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG anzusetzen und die Differenz zwischen Buch- und Teilwert als Entnahmegewinn vom Stifter zu versteuern. Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines ganzen Mitunternehmeranteils hingegen löst nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 EStG keine Ertragsbesteuerung aus, soweit die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist. Hiervon sind sowohl Übertragungen im Rahmen der Erstausstattung als auch Zustiftungen erfasst. Ein Teilanteil eines Mitunternehmeranteils wird dagegen nach dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 EStG zum Teilwert auf die Stiftung übertragen, da die Vorschrift nur die Übertragung auf natürliche Personen begünstigt ([8, 31]).1 Insofern ist allerdings eine einschränkende Auslegung zu erwägen, da ein sachlicher Grund für die Benachteiligung einer stufenweisen Nachfolgeregelung im Gegensatz zur direkten Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils auf die nachfolgende Generation nicht ersichtlich ist, sodass eine Übertragung auf die Stiftung zu Buchwerten zuzulassen wäre (so auch [5, 31, 38, 40]).2 Dies wird von der Finanzverwaltung jedoch abgelehnt (BMF, 3. März 2005, BStBl. I, 458, Rn. 1).
1[8]
Feick in Scherer, Münchener Anwaltshandbuch, 5. Auflage 2018, § 39, Rn. 24; [31] Richter/ Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 144. 2[38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 24, Rn. 18; [5] Brandmüller/ Lindner, Gewerbliche Stiftungen, 3. Auflage 2005, S. 54 f.; [31] Richter in von Campenhausen/ Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, 4. Aufl. 2014, § 40, Rn. 48; [40] Wachter, FR 2017, 69 [75].
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Erbschaft- und Schenkungsteuer Die Zuwendungen eines Stifters an die Stiftung sind grundsätzlich unentgeltlich, da der Stifter keine Gegenleistung, insbesondere keine Gesellschaftsanteilen ähnlichen Rechte, erwirbt [38].3 Sie unterliegen daher grundsätzlich der Erbschaft- und Schenkungsteuer. a. Steuerentstehung Eine rechtsfähige Familienstiftung kann sowohl schenkungsteuerpflichtige Zuwendungen unter Lebenden als auch erbschaftsteuerpflichtige Zuwendungen von Todes wegen erhalten. Die Entstehung der Steuer richtet sich dabei nach den Regelungen des § 9 ErbStG. 1. Erwerb von Todes wegen Die erstmalige Ausstattung einer Stiftung unterliegt als Zuwendung von Todes wegen der Besteuerung nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG und entsteht bei Einsetzung der Stiftung als Erbe oder Vermächtnisnehmer gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 c) ErbStG im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung. Diese Rechtsfolge läuft der zivilrechtlichen Regelung in § 84 BGB entgegen, die vorsieht, dass für den Fall, dass die Stiftung erst nach dem Tod des Stifters als rechtsfähig anerkannt wird, sie für die Zuwendung des Stifters als schon vor dessen Tod entstanden gilt. Auch der Erwerb einer Stiftung, die erst durch den Erben oder den Vermächtnisnehmer in Erfüllung einer Auflage des Erblassers gegründet wird, unterliegt der Erbschaftsteuer gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Nr. 2 ErbStG. Die Steuer entsteht hierbei erst mit der Vollziehung der Auflage gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) ErbStG, folglich mit der Übertragung des Vermögens auf die Stiftung durch den mit der Auflage beschwerten Erben oder Vermächtnisnehmer. Zustiftungen unterliegen im Falle des Erwerbs durch Erbeinsetzung oder Vermächtnisanordnung der Besteuerung nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Steuerentstehungszeitpunkt ist hierbei der Todestag des Erblassers gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Bei einem Erwerb von Todes wegen durch Auflage findet der Besteuerungstatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 2 ErbStG Anwendung, und die Steuer entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) ErbStG im Zeitpunkt der Vollziehung der Auflage. 2. Erwerb zu Lebzeiten des Stifters Als Zuwendung unter Lebenden unterliegt die Erstausstattung der Stiftung der Besteuerung nach § 7 Abs. 1 Nr. 8 Satz 1 ErbStG. Dazu zählen auch spätere Zuwendungen, die bereits im Stiftungsgeschäft hinreichend konkret vorgesehen sind (Hessisches FG, Urteil vom 27. März 2008, 1 K 486/05, ZErb 2009, 218 [218].). Lebzeitige Zustiftungen sind grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG schenkungsteuerpflichtig, soweit sie unentgeltlich erfolgen (Hessisches FG, Urteil vom 27. März
3[38]
Von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 24, Rn. 1.
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2008, 1 K 486/05, ZErb 2009, 218 [219]). Steht der Zuwendung eine Gegenleistung gegenüber, beispielsweise eine Versorgungsleistung, die anlässlich der Zustiftung auferlegt oder vereinbart wird, erfolgt sie nicht mehr unentgeltlich und unterliegt insoweit nicht der Schenkungsteuer. Leistungen, die bereits in der Satzung vereinbart wurden, stellen hingegen keine Gegenleistung dar [32].4 Die Schenkungsteuer für den Erwerb sowohl der Erstausstattung als auch der Zustiftung entsteht gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG im Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Wird die Zuwendung als Schenkung unter Lebenden qualifiziert, ist grundsätzlich nicht nur die Stiftung Steuerschuldner gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, sondern auch der Stifter selbst. Bei der Übertragung von Betriebsvermögen verbleibt es nach Auffassung der Finanzverwaltung bei der alleinigen Steuerschuldnerschaft des Beschenkten, hier mithin der Stiftung, soweit der Erwerber gegen die Behaltensregelungen oder die Lohnsummenregelung verstößt oder der Vorwegabschlag rückwirkend entfällt und der Schenker die Steuer nicht ausdrücklich übernommen hat (A 13a. 1 Abs. 3 ErbStR 2011). b. Bemessungsgrundlage Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG ist die Bereicherung des Erwerbers steuerpflichtig, soweit sie nicht steuerfrei ist. Das erworbene Vermögen ist grundsätzlich mit dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Steuerentstehung bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage anzusetzen. Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist von der Bemessungsgrundlage nicht abzugsfähig, sodass sie bei Übernahme durch den Stifter den Wert des Erwerbs der Stiftung erhöht. Für die Übertragung von Betriebsvermögen an eine Familienstiftung finden die Privilegierungen der §§ 13a, 13b, 13c und 28a ErbStG entsprechende Anwendung (§ 13a Abs. 11, § 13c Abs. 3, § 28a Abs. 7 ErbStG). Werden die jeweiligen Voraussetzungen, insbesondere die Lohnsummenregelung und die Behaltensfrist, eingehalten, wird das begünstigte Vermögen i. S. d. § 13b ErbStG zu 85 % bzw. 100 % steuerfrei gestellt. Das Verwaltungsvermögen, das in § 13b Abs. 4 ErbStG definiert ist, ist seit der Neuregelung zum 1. Juli 2016 nur zu 15 % mit wenigen weiteren Ausnahmen begünstigt, wobei dies nie für Verwaltungsvermögen gilt, das erst seit zwei Jahren dem Betrieb zuzuordnen ist (junges Verwaltungsvermögen) sowie für junge Finanzmittel. Übersteigt das begünstigte Vermögen die in § 13a Abs. 1 ErbStG genannte Grenze von 26 Mio. EUR (sogenannter „Großerwerb“), sind die Privilegierungen der §§ 13a, 13b ErbStG nicht anwendbar. Das sogenannte Abschmelzmodell des § 13c ErbStG kann jedoch auf Antrag gewährt werden (§ 13c Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ErbStG), wonach sich der Verschonungsabschlag in Höhe von
4[32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 70, 71.
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85 % bzw. 100 % jeweils um einen Prozentpunkt für jede vollen 750.000 EUR verringert, die die 26 Mio. EUR übersteigen. Wird das Abschmelzmodell nicht in Anspruch genommen, ist einem Erwerber begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG in Höhe von mehr als 26 Mio. EUR die Steuer auf Antrag gemäß § 28a Abs. 1, 2, 7 ErbStG zu erlassen, soweit er nachweist, dass er sie nicht aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann (A 28a.1 Abs. 1 Satz 1, 2 ErbStR 2011; [27]).5 Das verfügbare Vermögen besteht aus der Summe von jeweils 50 % des gleichzeitig übergegangenen und dem Erwerber im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits gehörenden nicht begünstigten Vermögens sowie aus 50 % des nicht begünstigten Betriebsvermögens (nicht begünstigtes Verwaltungsvermögen). Weiterhin liegt verfügbares Vermögen vor, wenn in den folgenden zehn Jahren mit Übertragung nicht begünstigtes Vermögen durch Erbfall oder im Schenkungsweg übergeht. Damit kann die Verschonungsbedarfsprüfung im § 28a ErbStG als Renaissance des Stiftungsrechts bezeichnet werden [36]6 , da neugegründete Stiftungen in der Regel vermögenslos sind, sodass sie aus eigenem bestehenden Vermögen keine Erbschaftsteuer zahlen können. Auch die teilweise Steuerbefreiung des § 13d ErbStG, nach der für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke mit nur 90 % ihres Wertes als Bemessungsgrundlage für die Erbschaft- und Schenkungsteuer anzusetzen sind, ist gemäß § 13d Abs. 4 ErbStG auf Erwerbe von Familienstiftungen entsprechend anwendbar. c. Steuerklassenprivileg Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 ErbStG ist der Besteuerung der Erstausstattung der Stiftung das Verwandtschaftsverhältnis des nach der Stiftungsurkunde entferntest Berechtigten zu dem Erblasser oder Schenker zugrunde zu legen, sofern die Stiftung wesentlich im Interesse einer Familie oder bestimmter Familien im Inland errichtet ist. Inländische Familienstiftungen werden insoweit also ausdrücklich privilegiert. Bei der Bestimmung der Steuerklasse ist nach einstimmiger Auffassung als entferntest Berechtigter derjenige anzusehen, der nach der Satzung der Stiftung Vermögensvorteile erlangen kann. Dazu zählen auch Personen, die zum Zeitpunkt der Errichtung noch nicht unmittelbar bezugsberechtigt sind und keinen klagbaren Anspruch haben (FG Münster, Urteil vom 18. Mai 2017, 3 K 3247/15 Erb, ZEV 2017, 669 [670]; R E 15.2 Abs. 1 Satz 2, 3 ErbStR 2011; [8, 27]).7 Für Zustiftungen, unabhängig davon ob durch Erwerb unter Lebenden oder von Todes wegen, soll das Steuerklassenprivileg gemäß § 15 Abs. 2 ErbStG nicht gelten (R E
5[27] Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Auflage 2017, C. 3.10., Rn. 40. 6[36] Weitere Erläuterungen bei Thonemann-Micker, DB 2016, 2312 [2320]. 7[8] Feick in Scherer, Münchener Anwaltshandbuch, 5. Auflage 2018, § 39, Rn. 26; [27] Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Auflage 2017, C. 3.10., Rn. 37.
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15.2 Abs. 3 ErbStR 2011; [8, 27]).8 Fraglich ist, ob dies richtig ist. Die Norm nimmt ausdrücklich Bezug auf die Tatbestände der §§ 3 Abs. 2 Nr. 1 und 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG. § 3 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 ErbStG regelt den „Übergang von Vermögen auf eine vom Erblasser angeordnete Stiftung“ und § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG den „Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts“. Jeweils in Satz 2 ist die Gleichstellung der „Bildung oder Ausstattung einer Vermögensmasse ausländischen Rechts […]“ geregelt. Zwar kann aus den jeweiligen Sätzen 1 geschlossen werden, dass die Begünstigung nur bei Errichtung gelten soll, der jeweilige Begriff „Ausstattung“ in den Sätzen 2 lässt jedoch ein weiteres Verständnis zu. Ferner spricht auch der Sinn und Zweck der Vorschrift dafür, Zustiftungen das Steuerklassenprivileg zukommen zu lassen, da es keinen sachlichen Grund dafür gibt, eine gestaffelte Ausstattung anders zu behandeln als eine Einmalausstattung. Das Steuerklassenprivileg gemäß § 19a ErbStG für begünstigtes Betriebsvermögen hingegen ist weder auf die Erstausstattung einer Familienstiftung noch auf Zustiftungen an sie anwendbar, da nach dem Wortlaut der Vorschrift nur natürliche Personen als Erwerber begünstigt sein sollen. Sonstige Steuern Grundsätzlich unterliegt die Übertragung von Grundstücken vom Stifter auf die Stiftung der Besteuerung nach dem Grunderwerbsteuergesetz. Gemäß § 3 Nr. 2 GrEStG ist sie jedoch von der Grunderwerbsteuer ausgenommen, soweit sie einen Grundstückserwerb von Todes wegen oder eine Grundstücksschenkung unter Lebenden i. S. d. Erbschaftund Schenkungsteuergesetzes darstellt. Der Stifter muss außerdem die Umsatzsteuer beachten, wenn er Unternehmer i. S. d. § 2 UStG ist ([15, 32, 38]).9 Entnahmen von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen zur Errichtung der Stiftung unterliegen der Umsatzsteuer gemäß § 3 Abs. 1b Satz 1 Nr. 1 UStG, es sei denn, eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt vor (vgl. § 1 Abs. 1a UStG). Anzeigepflicht Gemäß § 137 Abs. 1 AO sind Steuerpflichtige, die nicht natürliche Personen sind, dazu verpflichtet, dem für sie zuständigen Finanzamt sowie der für die Erhebung der Realsteuern zuständigen Gemeinde die Umstände anzuzeigen, die für die steuerliche Erfassung von Bedeutung sind. Die Frist hierfür beträgt gemäß § 137 Abs. 2 AO einen
8[8]
Feick in Scherer, Münchener Anwaltshandbuch, 5. Auflage 2018, § 39, Rn. 25; [27] Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Auflage 2017, C. 3.10., Rn. 38. 9[38] Von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 24, Rn. 3, 40; [32] Richter/ Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 146; [15] Illing in Beck’sches Steuer- und Bilanz- rechtslexikon, Stand: 01.09.2018, Stiftung, Rn. 31.
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Monat seit dem meldepflichtigen Ereignis. Dazu zählen insbesondere die Gründung sowie der Erwerb der Rechtsfähigkeit, die die Familienstiftung mit der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde erlangt. Wenn ein Grundstück auf die Stiftung übertragen wird, wird eine Anzeige der Umstände gegenüber der Belegenheitsgemeinde praktisch relevant [20].10 Ferner ist die selbständige Anzeigepflicht des § 30 ErbStG für den erbschaft-/schenkungsteuerlichen Vorgang der Ausstattung zu beachten. Örtlich zuständig ist bei einer lebzeitigen Übertragung gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG das für die Stiftung örtlich zuständige Finanzamt und bei einer Übertragung von Todes wegen gemäß § 35 Abs. 1 ErbStG das für den Stifter örtlich zuständige Finanzamt.
2.2 Laufende Ertragsbesteuerung und Erbersatzsteuer Die Familienstiftung ist ein selbständiges Steuersubjekt. Ihr Einkommen unterliegt einer laufenden Besteuerung. Außerdem wird als Besonderheit bei Familienstiftungen im Abstand von jeweils 30 Jahren eine Erbersatzsteuer (auch „Ersatzerbschaftsteuer“ genannt) erhoben. Körperschaftsteuer Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG ist eine inländische privatnützige Stiftung mit ihrem Welteinkommen in Deutschland unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Zu beachten ist, dass eine unbeschränkte Steuerpflicht bereits dann besteht, wenn die Stiftung ihre Geschäftsleitung in Deutschland hat, was bei Familienstiftungen mit Sitz im Ausland bereits dann der Fall ist, wenn die Entscheidungen im Inland (Deutschland) getroffen werden. Die Steuerpflicht beginnt nach der Ansicht der Finanzverwaltung mit der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde (R 1.1 Abs. 4 Satz 4 KStR 2015). Die Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung obliegt gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG, § 34 Abs. 1 Satz 1 AO dem gesetzlichen Vertreter der Stiftung als Steuersubjekt, mithin dem Stiftungsvorstand. Der Körperschaftsteuersatz beträgt gemäß § 23 Abs. 1 KStG 15 % des zu versteuernden Einkommens. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag, sodass die Gesamtbelastung bei 15,825 % liegt. Das Einkommen der Stiftung bestimmt sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den Vorschriften des Körperschaftsteuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes. Die privatnützige Stiftung erzielt nicht zwingend gewerbliche Einkünfte (Die Fiktion des § 8 Abs. 2 KStG greift nicht, da er sich nicht auf sonstige juristische Personen i. S. d.). Lediglich wenn sie nach den Vorschriften des HGB zur Führung von Handelsbüchern verpflichtet ist, liegen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. Insbesondere ist eine Stiftung, auf die der Stifter ein gewerbliches Einzelunternehmen oder Anteile an einer gewerblich
10[20]
Kraft, DStR 2016, 2825 [2826].
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tätigen Personengesellschaft überträgt, gewerblich tätig [38].11 Im Übrigen kann eine Stiftung grundsätzlich sämtliche Einkunftsarten i. S. v. § 2 Abs. 1 EStG haben, wobei Einkünften aus nichtselbständiger sowie selbständiger Arbeit oder freiberuflicher Tätigkeit kaum vorstellbar sind. Einkünfte aus Kapitalvermögen einer Stiftung unterliegen ebenso wie die jedes anderen Körperschaftsteuerpflichtigen gemäß § 8 Abs. 10 Satz 1 KStG nicht der Abgeltungssteuer, sondern dem Körperschaftsteuersatz in Höhe von 15 %. Wird die Kapitalertragsteuer trotzdem einbehalten, kann sie auf die Körperschaftsteuerschuld angerechnet und im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung erstattet werden (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) EStG). Die Steuerbefreiungen des § 8b Abs. 1, 2 KStG sind auch auf Familienstiftungen anwendbar [27].12 Dabei sind unter anderem Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 EStG jedoch gemäß § 8b Abs. 1, 3, 4 KStG bei einer mindestens 10-prozentigen Beteiligung steuerfrei, mit Ausnahme eines Betrags in Höhe von 5 % des Einkommens, der als fiktive nicht abzugsfähige Betriebsausgabe zu besteuern ist. Gemäß § 24 Satz 1 KStG kann die Familienstiftung von ihrem Einkommen einen Freibetrag in Höhe von derzeit 5000 EUR abziehen. Hingegen können Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken der Familienstiftung, die durch ihr Stiftungsgeschäft oder ihre Satzung vorgeschrieben sind, gemäß § 10 Nr. 1 KStG nicht von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Dies gilt gemäß § 10 Nr. 2 KStG auch für die zu entrichtende Erbersatzsteuer (vgl. A. II. 3). Zustiftungen an eine bereits bestehende Familienstiftung unterfallen keiner der in § 2 Abs. 1 EStG genannten Einkunftsarten und bleiben somit auf Ebene der Stiftung ertragsteuerfrei. Gewerbesteuer Die privatnützige Familienstiftung erzielt nicht zwingend aufgrund ihrer Rechtsform gemäß § 2 Abs. 2 GewStG gewerbliche Einkünfte, da sie keine Kapitalgesellschaft ist. Unterhält sie allerdings einen Gewerbetrieb gemäß § 2 Abs. 1 GewStG oder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gemäß § 2 Abs. 3 GewStG, ist sie mit ihrem Gewerbeertrag gewerbesteuerpflichtig. Gemäß § 15 Abs. 2 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb ist in § 14 Satz 1, 2 AO legal definiert und ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich. Beispielsweise wäre eine Stiftung,
11[38]
Von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 11. Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Auflage 2017, C. 3.10, Rn. 26. 12[27]
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die unmittelbar ein Einzelunternehmen betreibt oder eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, die nicht rein vermögensverwaltend tätig ist, hält, grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig. Die Höhe der tatsächlich anfallenden Gewerbesteuer hängt von dem Hebesatz der jeweils zuständigen Gemeinde ab. Die Steuerpflicht beginnt bei Vorliegen aller anderen Voraussetzungen mit der Aufnahme des Geschäftsbetriebs. Dies ist bei der Familienstiftung in der Regel der Zeitpunkt der Anerkennung durch die Stiftungsbehörde. Für die Gewerbesteuerbefreiung von ausgeschütteten Gewinnen aus Kapitalgesellschaften gilt abweichend zum Körperschaftsteuergesetz eine Beteiligungshöhe von mindestens 15 % (§ 9 Nr. 2a Satz 1 GewStG). Erbersatzsteuer Die Erbersatzsteuer wurde im Jahr 1974 eingeführt und benachteiligt grundsätzlich die Familienstiftung gegenüber anderen privatnützigen Stiftungen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist das Vermögen einer rechtsfähigen Familienstiftung in Zeitabständen von je 30 Jahren seit dem Zeitpunkt des ersten Übergangs von Vermögen auf die Stiftung zu versteuern, um zu verhindern, dass das Vermögen durch die Einbringung in eine Stiftung auf Dauer der Erbschaftsteuer entzogen wird. Teilweise wird eine Verlängerung des Turnus’ aufgrund der immer längeren Lebenserwartung auf 45 Jahre verlangt, teilweise auf 40 Jahre ([2, 38]).13 Eine Verlängerung erscheint vor allem aus dem Grund sachgerecht, dass sich das durchschnittliche Alter der Eltern im Zeitpunkt der Geburt der Kinder deutlich nach hinten verlagert. Für das Vorliegen der Voraussetzungen stellt die Finanzverwaltung dabei auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ab, das heißt auf den Zeitpunkt bei Ablauf der 30-Jahresfrist (R E 1.2 Abs. 1 Satz 2 ErbStR 2011). Der BFH hingegen legt hierfür eine Gesamtschau des 30-Jahres-Zeitraums zugrunde (BFH Urteil v. 18. November 2009, II R 46/07). Vorteile der Einbringung des zu vererbenden Vermögens in eine Stiftung können sich ergeben, soweit eine schnellere Erbfolge als in Abständen von 30 Jahren erwartet wird. Ferner ist die Erbersatzsteuer insoweit vorteilhaft, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt alle 30 Jahre die Steuer anfällt, sodass im Gegensatz zu Erbfällen der Zeitpunkt berechenbar ist, was nach neuem Erbschaftsteuerrecht vor allem im Hinblick auf Verwaltungsvermögen, junges Verwaltungsvermögen sowie junge Finanzmittel hilfreich ist. Die Steuer erstreckt sich auf das gesamte vorhandene Vermögen der Stiftung im Zeitpunkt der Steuerentstehung einschließlich der Zustiftungen und bemisst sich so, als entfalle das Gesamtvermögen der Stiftung auf zwei Kinder. Ein doppelter Freibetrag in Höhe von je 400.000 EUR, mithin insgesamt 800.000 EUR, wird gewährt. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 Hs. 2 ErbStG ist die Steuer auf den verbleibenden Betrag nach dem in § 19 Abs. 1 ErbStG festgelegten Prozentsatz der Steuerklasse I zu berechnen, der für die Hälfte des steuerpflichtigen Vermögens gelten würde. Soll das vorhandene Vermögen an
13[2]
Binz/Sorg in Die GmbH & Co. KG, 12. Auflage 2018, § 23, Rn. 16; [38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 61.
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Erben einer ungünstigeren Steuerklasse weitergegeben werden oder ist nur ein Abkömmling als Erbe vorhanden, zeigt sich auch hier ein Vorteil der Einbringung des Vermögens in eine Stiftung, da die anzuwendende Steuerklasse sowie der zu gewährende Freibetrag gesetzlich festgelegt und unabhängig von den tatsächlichen Umständen ist [32].14 Die Verschonungsregeln für betriebliches Vermögen gemäß §§ 13a, 13b, 13c und 28a ErbStG finden ebenfalls Anwendung, ebenso wie die Steuerbefreiung für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke gemäß § 13d ErbStG. Die zu zahlende Steuer kann gemäß § 24 Satz 1 ErbStG in 30 gleichen jährlichen Teilbeträgen entrichtet werden. Hierbei fällt eine Verzinsung von 5,5 % an (Vgl. § 24 Satz 2 ErbStG). Gegebenenfalls kommt auch eine Stundung der Steuer gemäß § 28 Abs. 1, 2 ErbStG in Betracht. Ferner kann eine bilanzielle Vorsorge durch Bildung zweckgebundener Rücklagen der zu erwartenden Steuer getroffen werden. Die Erbersatzsteuer entfällt, wenn die Stiftung vor Ablauf der 30 Jahre aufgelöst oder durch Satzungsänderung in eine andere Stiftung umgewandelt wird (R E 1.2 Abs. 1 Satz 3 ErbStR 2011). Die Frist endet auch und beginnt neu, wenn durch Satzungsänderung zusätzliche Familienmitglieder in den Kreis der Destinatäre aufgenommen werden (R E 1.2 Abs. 4 Satz 2 ErbStR 2011). Die Verwaltung geht insoweit von der Errichtung einer neuen Stiftung aus, die das Vermögen der „alten“ Stiftung erwirbt. Die Verwaltung ist der Auffassung, dass die Pflicht der Erwerbsanzeige gemäß § 30 ErbStG und die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung gemäß § 31 ErbStG auch für die Erbersatzsteuer einer Familienstiftung besteht (LfSt Bayern vom 20.03.2018, DStR 2018, 618 [618]; R E 1.2 Abs. 1 Satz 4 ErbStR-E 2018/2019). Dem wird in der Literatur widersprochen unter anderem mit Hinweis darauf, dass es an einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang fehle ([7, 13, 16, 38]).15 So liege kein den anderen Erwerbstatbeständen vergleichbarer Übergang von Vermögen im Rahmen der Erbersatzsteuer vor. Sonstige Steuern Befinden sich im Vermögen der Stiftung Immobilien, ist die privatnützige Familienstiftung verpflichtet, Grundsteuer zu zahlen. Von der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) GrStG vorgesehenen Befreiung für gemeinnützige und mildtätige Stiftungen kann die Familienstiftung keinen Gebrauch machen. Gegebenenfalls könnte lediglich ein Erlass der Grundsteuer gemäß § 32 GrStG für Grundbesitz relevant werden, dessen Erhaltung wegen seiner Bedeutung für Kunst, Geschichte, Wissenschaft oder Naturschutz im öffentlichen Interesse liegt.
14[32]
Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 119. 15[16] Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Stand: Mai 2019, § 30, Rn. 5; [13] Hannes/Holtz in Meincke/ Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Auflage 2018, § 30, Rn. 5; [7] Ebeling, DStR 1999, 665 [665]; [38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 70.
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Auf die Tätigkeit der Stiftung finden die Regelungen des Umsatzsteuergesetzes ebenfalls Anwendung, soweit sie die Eigenschaft einer Unternehmerin i. S. d. § 2 UStG erfüllt. Die satzungsmäßigen Leistungen an die Destinatäre lösen aufgrund einer fehlenden Gegenleistung keine Umsatzsteuer aus [32, 37].16 Der Steuersatz beträgt für die privatnützige Familienstiftung gemäß § 12 Abs. 1 UStG 19 %. Sie kann nicht von dem vergünstigten Steuersatz in Höhe von 7 % profitieren, der auf Umsätze von gemeinnützigen und mildtätigen Stiftungen anwendbar ist gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a) UStG.
2.3 Besteuerung der Destinatäre Auch die Auskehrungen an die Destinatäre (Begünstigten) unterliegt bei ihnen der Besteuerung. Mit Schreiben vom 27. Juni 2006 hat das Bundesministerium der Finanzen hinsichtlich der Ertragsbesteuerung der Auskehrungen von Stiftungen bei den Destinatären Klarheit geschaffen (BMF vom 27. Juni 2006, DStR 2006, 1227 [1227]). Danach fallen alle wiederkehrenden oder einmaligen Leistungen einer Stiftung, die von den beschlussfassenden Gremien aus den Erträgen der Stiftung an den Stifter, seine Angehörigen oder deren Abkömmlinge ausgekehrt werden, unter § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG, soweit sie mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG wirtschaftlich vergleichbar sind. Der BFH hat sich für die Fälle, in denen die Leistungsempfänger Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können, der Ansicht der Finanzverwaltung angeschlossen und entschieden, dass entsprechende Ausschüttungen Einkünfte aus Kapitalvermögen sind (BFH, Urteil vom 3. November 2010, I R 98/09, DStR 2011, 403 [403]). Ertragsteuer Die Destinatäre erzielen grundsätzlich Einkünfte aus Kapitalvermögen. Sie unterliegen damit der Abgeltungsteuer mit einem Steuersatz in Höhe von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer gemäß §§ 20 Abs. 1 Nr. 9, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7a, 43 Abs. 5, 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Gemäß §§ 44 Abs. 1 Satz 3, 45a EStG hat die Stiftung die Steuer für die Destinatäre abzuführen und dem zuständigen Finanzamt zu melden. § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Hs. 2 EStG erklärt unter anderem § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG für entsprechend anwendbar. Dieser schließt Bezüge von den Einkünften aus Kapitalvermögen aus, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge
16[38]
Von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 81; [32] Richter/ Gummert in Münchener Hand-buch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 129.
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aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 27 KStG als verwendet gelten. Nach wohl herrschender Meinung in der Literatur hat die privatnützige Familienstiftung daher auch ein Einlagekonto zu führen ([1, 19, 20, 23, 27, 38]).17 In seinem Urteil vom 14. Juli 2010 erkennt der BFH zumindest an, dass an die Destinatäre rückgewährte Einlagen einem Besteuerungsverbot unterliegen (BFH, Urteil vom 14. Juli 2010, X R 62/08, DStRE 2011, 65 [67]). Ob dies nun durch eine entsprechende Anwendung des § 27 KStG oder andere einfachgesetzliche Regelungen sichergestellt werden soll, hat das Gericht jedoch offengelassen. Zuwendungen an die Destinatäre, die als eine zurückgewährte Einlage zu qualifizieren sind, wären demnach ertragsteuerfrei. Die Finanzverwaltung NRW hingegen will die Regelungen des steuerlichen Einlagenkontos gemäß § 27 KStG nicht auf Stiftungen anwenden (vgl. OFD NRW, Arbeitshilfe „Stiftungen aus steuerlicher Sicht“, Stand: April 2018, S. 27, Abschn. 7.7). Unsicherheit bleibt für Zuwendungen der Stiftung, die nicht mit Gewinnausschüttungen vergleichbar sind. Wären diese Zuwendungen nicht als Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren, wäre eine Ertragsbesteuerung beim Destinatär als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 EStG und die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 lit. i) EStG die Folge. Grundsätzlich kennt eine Stiftung keine Gesellschafter oder Mitglieder (BFH, Urteil vom 12. Oktober 2011, I R 102/10, DStR 2012, 281 [282]; [30]).18 Trotzdem hat der Gesetzgeber gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 Hs. 2 EStG Zuwendungen an die Destinatäre, die einer verdeckten Gewinnausschüttung entsprechen, ausdrücklich in die Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG mit einbezogen. Als solche verdeckten Zuwendungen könnten zum Beispiel überhöhte Vergütungen an die Destinatäre qualifiziert werden, die einem Dritten so nicht gewährt worden wären. Von den satzungsmäßigen Leistungen an die Destinatäre ohne Erhalt einer Gegenleistung sind etwaige Vergütungsleistungen strikt zu trennen. Für sie gelten keine Sonderregelungen, sodass sie beim Destinatär der entsprechenden Einkunftsart zuzurechnen und der Einkommensteuer zu unterwerfen sind. Schenkungsteuer Obwohl die Stiftung an ihre Destinatäre Zuwendungen zahlt, für die sie keine Gegenleistung erhält, fällt grundsätzlich keine Schenkungsteuer an, soweit sie von der Satzung
17[23]
Levedag in Schmidt, EStG, 37. Auflage 2018, § 20, Rn. 113; [27] Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Un-ternehmensnachfolge, 2. Auflage 2017, C. 3.10, Rn. 31; [20] Kraft, DStR 2016, 2825 [2828]; [20] Kraft, DStR 2011, 1837 [1839]; [1] Berninghaus in Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, Stand: Oktober 2018, § 27 KStG, Rn. 145; [38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 26, Rn. 22. 18[30] Rengers in Blümich, KStG, Stand: Oktober 2018, § 1, Rn. 90.
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gedeckt sind ([8, 12, 16, 22, 38, 45]).19 Zweck der Zuwendungen der Stiftung ist nicht die Bereicherung der Destinatäre, sondern die Erfüllung ihres Stiftungszwecks [32].20
2.4 Besteuerung der Aufhebung der Stiftung Wird eine Familienstiftung aufgelöst, geht das Vermögen auf die in der Satzung bezeichnete Person bzw. bezeichneten Personen über. Nach Auffassung der Finanzverwaltung gilt auch die Änderung des Stiftungscharakters als Aufhebung der alten und Errichtung einer neuen Stiftung (R E 1.2 Abs. 4 Satz 1, 2 ErbStR 2011). Ertragsteuer Im Rahmen der Aufhebung der Stiftung liegen auf Ebene der Stiftung nur ertragsteuerbare Einkünfte vor, soweit es durch die Aufhebung zur Aufdeckung stiller Reserven kommt. § 11 KStG, der die Aufhebung und die Abwicklung von unbeschränkt Körperschaftsteuerpflichtigen regelt, ist insoweit mangels Verweises auf § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG nicht auf Stiftungen anwendbar. Unentgeltliche Übertragungen aus dem Privatvermögen der Stiftung decken grundsätzlich keine stillen Reserven auf und unterfallen daher nicht der Körperschaftsteuer auf Ebene der Stiftung. Demgegenüber sind Vermögensübertragungen aus dem Betriebsvermögen der Stiftung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG nach den in §§ 16 und 17 EStG vorgesehenen Regelungen zu besteuern. Überträgt die Stiftung einen Betrieb, Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil unentgeltlich auf die Anfallsberechtigten, ist eine Buchwertfortführung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Hs. 1 EStG möglich. Auch die unentgeltliche Übertragung eines Teilanteils an einer Mitunternehmerschaft ist im Rahmen der Aufhebung der Stiftung zu Buchwerten möglich. Im Unterschied zur Übertragung eines Teilanteils an einer Mitunternehmerschaft im Rahmen der Ausstattung der Stiftung ist hier der Destinatär als Empfänger des Vermögens eine natürliche Person und § 6 Abs. 3 Satz 1 Hs. 2 EStG anwendbar. Werden einzelne Wirtschaftsgüter übertragen, ist jedoch der Teilwert anzusetzen und die Differenz zum Buchwert ertragsteuerpflichtig (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Diese Einkünfte unterliegen allerdings nicht der Gewerbesteuer, da die Steuerpflicht bereits mit der tatsächlichen Einstellung des wirtschaftlichen Betriebs endet (R 2.6 Abs. 3 GewStR).
19[8]
Feick in Scherer, Münchener Anwaltshandbuch, 5. Auflage 2018, § 39, Rn. 33; [16] Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/ Gottschalk, ErbStG, Stand: Mai 2019, § 1, Rn. 24; [12] Haas, DStR 2010, 1011 [1012]; [38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 26, Rn. 24; [45] Werner, ZEV 2016, 133 [135]; [22] Küster, DStR 2018, 2613 [2613]. 20[32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 147.
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Auf Ebene der Destinatäre sind nach Auffassung der Finanzverwaltung auch Leistungen aus den Erträgen einer Stiftung, die anlässlich der Aufhebung der Stiftung erbracht werden, den Einkünften aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zuzuordnen. Der BFH hat in seinem Urteil vom 28. Februar 2018 eine Besteuerung der Auszahlung von Liquidationsendvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf Ebene der Destinatäre im Veranlagungszeitraum 2005 abgelehnt (BFH, Urteil vom 28. Februar 2018, VIII R 30/15, ZEV 2018, 540 [541 f.]). Zentrales Argument war die fehlende wirtschaftliche Vergleichbarkeit von Auszahlungen des Liquidationsvermögens einer Stiftung mit Gewinnausschüttungen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, auf den § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG in der dem Urteil zugrunde liegenden Fassung ausschließlich Bezug nimmt. Da der Gesetzgeber in der Zwischenzeit durch das Jahressteuergesetz 2007 (BGBl. I 2006, 2878 [2881]) in § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 Hs. 2 EStG einen Verweis auf den die Bezüge nach der Aufhebung regelnden § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG aufgenommen und eine entsprechende Anwendung angeordnet hat, müssten die Leistungen der Stiftung anlässlich ihrer Aufhebung wohl nach dem nun vorliegenden Wortlaut als Einkünfte aus Kapitalvermögen auf Ebene des Destinatärs besteuert werden (Vgl. dazu BFH, Urteil vom 28. Februar 2018, VIII R 30/15, ZEV 2018, 540 [541 f.] mit Anmerkung von Oppel; [25]).21 Zur Doppelbesteuerung mit Ertrag- und Schenkungsteuer siehe unten A. IV. 3. Schenkungsteuer Der Vermögensübergang bei der Aufhebung einer Stiftung auf die Anfallsberechtigten stellt eine Schenkung unter Lebenden gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG dar. Auch hier gilt das Steuerklassenprivileg, wonach der Stifter zur Bestimmung der Steuerklasse als Schenker herangezogen wird (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG). Ist die Stiftung von mehreren Stiftern errichtet worden, sind entsprechend den persönlichen Verhältnissen der Anfallsberechtigten zu den Stiftern auch unterschiedliche Steuerklassen anzuwenden. Maßstab für die Aufteilung ist der Anteil des vom jeweiligen Stifter zugewendeten Vermögens im Verhältnis zum Gesamtvermögen der Stiftung. Eine Aufteilung des einheitlichen Erwerbs von der Stiftung in mehrere selbständige Erwerbe kommt nach Ansicht des BFH nicht in Betracht. Zuwendender bleibt die Stiftung. Die Fiktion des § 15 Abs. 2 ErbStG ist nur relevant für die Bestimmung der jeweiligen Steuerklasse (BFH, Urteil vom 25. November 1992, II R 77/90, DStR 1993, 473 [474]; BFH, Urteil vom 30.11.2009, II R 6/07, ZEV 2010, 105 [106]). Daher ist auch der Rückfall des Vermögens an den Stifter selbst nicht steuerfrei und unterliegt der Steuerklasse III. Auch die Vergünstigungen für die Übertragung von Betriebsvermögen gemäß §§ 13a, 13b, 13c sowie 28a ErbStG finden Anwendung. Im Gegensatz zur Berechnung der Erbschaft- und Schenkungsteuerpflicht im Rahmen der Errichtung der Stiftung bekommt
21[25]
Meilicke, DStR 2017, 227 [228].
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das Steuerklassenprivileg des § 19a ErbStG bei der Aufhebung der Stiftung praktische Bedeutung, soweit der Erwerber eine natürliche Person ist. Wird die Familienstiftung innerhalb von vier Jahren nach dem letzten Stichtag der Erbersatzsteuer aufgelöst, kommt eine abgestufte Anrechnung der bei Errichtung der Stiftung gezahlten Erbersatzsteuer gemäß § 26 ErbStG zur Anwendung. Wird das Stiftungsvermögen im Rahmen einer Umwandlung auf eine neue Stiftung übertragen, verzichtet die Finanzverwaltung auf die Besteuerung der insoweit angenommenen Aufhebung der alten Stiftung (R E 1.2 Abs. 4 Satz 3, 4, 5 ErbStR 2011). Die Ausstattung der neu gegründeten Stiftung mit dem Vermögen der alten Stiftung wird gemäß der Steuerprivilegierung des § 15 Abs. 2 ErbStG nach dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Stifter und dem entferntest Berechtigten besteuert (vgl. dazu A. I. 3.). Geht das Vermögen auf eine gemeinnützige Stiftung über, bleibt der Erwerb bei der neuen Stiftung jedoch gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG steuerfrei. Doppelbesteuerung mit Ertrag- und Schenkungsteuer Fraglich ist, ob die Aufhebung der Stiftung mit Ertrag- und Schenkungsteuer belastet sein kann. Der II. des BFH Senat hat in seinem Beschluss vom 21. Juli 2014 ebenfalls ernstliche Zweifel geäußert, ob derselbe Rechtsvorgang mit Einkommen- sowie Schenkungsteuer und damit doppelt belastet werden kann. Er hat die Frage letztendlich jedoch offen gelassen und die Möglichkeit eines Nebeneinanders beider Steuerarten nicht endgültig ausgeschlossen (BFH, Beschluss vom 21. Juli 2014, II B 40/14, ZEV 2014, 504 [506]). Es stellt sich daher weiterhin die Frage, ob eine solche Doppelbesteuerung mit Ertrag- und Schenkungsteuer tatsächlich gewollt sein kann, an dessen Rechtmäßigkeit der BFH bereits ernstliche Zweifel geäußert hat (BFH, Beschluss vom 21. Juli 2014, II B 40/14, ZEV 2014, 504 [506]). Wohl die Mehrheit der Literatur lehnt dies ab ([6, 21, 25, 28, 32, 39]).22 Teilweise wird vertreten, dass unterschieden werden soll zwischen der Übertragung der Vermögenssubstanz und thesaurierter Erträge ([21, 28, 39]).23 Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist vor allem die rechtzeitige Ausschüttung sämtlicher Erträge an die Destinatäre vor der Aufhebung zu empfehlen. Sonstige Steuern Für die Grunderwerbsteuer und die Umsatzsteuer gelten die Ausführungen zur Besteuerung der Ausstattung entsprechend (vgl. A. I. 4.).
22[28]
Oppel, ZEV 2018, 540 [543]; [32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 152; [25] Meilicke, DStR 2017, 227 [232]; [6] Desens/Hummel, DStZ 2011, 710 [710]; [39] von Oertzen/Friz, BB 2014, 87 [90]; [21] Krämer, EStB 2018, 288 [289]. 23[28] Oppel, ZEV 2018, 540 [543]; [39] von Oertzen/Friz, BB 2014, 87 [90]; [21] Krämer, EStB 2018, 288 [289].
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2.5 Einsatzmöglichkeiten der Familienstiftung Der Einsatz einer Familienstiftung im Rahmen der Nachfolgeplanung bietet sich aus verschiedenen Gründen an. Grundsätzlich sollte die Stiftung direkt mit Vermögen ausgestattet werden und nicht erst später im Wege von Zustiftungen, da nach Auffassung der Finanzverwaltung insoweit das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG wegfällt (vgl. A. I. 3.). Dies gilt ausnahmsweise nicht, wenn bereits bei der Ausstattung die ungünstige Steuerklasse III anzuwenden ist oder eine Vergünstigung für Betriebsvermögen in Anspruch genommen werden kann. Vor allem im Rahmen des Großerwerbs von begünstigtem unternehmerischem Vermögen über 26 Mio. EUR kann es sich aufgrund der in § 28a ErbStG geregelten Verschonungsbedarfsprüfung anbieten, eine Familienstiftung neu zu errichten und zunächst mit möglichst wenig Kapital auszustatten. Im Anschluss daran kann unternehmerisches Vermögen auf diese Familienstiftung übertragen werden. Aufgrund fehlenden eigenen Vermögens der Stiftung, mit Ausnahme des zur Errichtung notwendigen Mindestkapitals, entfällt dann eine Steuerpflicht gemäß § 28a ErbStG [36].24 Auch die Gefahr einer Nachversteuerung gemäß § 28a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG innerhalb von 10 Jahren nach der Entstehung der Steuer durch weitere Schenkungen oder Erbschaften kann ausgeschlossen werden ([8, 24, 27, 35]).25 Alternativ dazu kann bei Großerwerben zur Vermeidung der Anwendung des Abschmelzmodells das Vermögen auf mehrere Stiftungen übertragen werden. Die Grenze des § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG in Höhe von 26 Mio. EUR ist nicht erwerbsbezogen, sondern gilt für jeden einzelnen Erwerber. Die Errichtung mehrerer Stiftungen erweitert den Erwerberkreis und erhöht so die Grenze des begünstigt übertragbaren Vermögens. Soll ein weiter Personenkreis begünstigt werden, kann es ebenfalls empfehlenswert sein, mehrere Stiftungen zu errichten, um das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG bei der Errichtung (und einer etwaigen Aufhebung) bestmöglich zu nutzen. Wird beispielsweise eine eigene Stiftung für Begünstigte der Steuerklasse I errichtet, unterliegt das auf diese Stiftung übertragende Vermögen auch einer Besteuerung nach dieser Steuerklasse. Das heißt, nicht nur die anzuwendenden Steuersätze gemäß § 19 ErbStG sind niedriger, sondern auch die anzuwendenden Freibeträge nach § 16 ErbStG sind höher, was beides zu einer Absenkung der Steuerlast führt. Das Verhältnis der durch eine
24[36]
Thonemann-Micker, DB 2016, 2312 [2321]. Lüdicke/Oppel, BB 2017, 2646 [2648]; [35] Theuffel-Werhahn, ZEV 2017, 17 [18]; [8] Feick in Scherer, Münchener An-waltshandbuch, 5. Auflage 2018, § 39, Rn. 25; [27] Müller in Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnach folge, 2. Auflage 2017, C. 3.10, Rn. 40; [8] Feick in Scherer in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 3, Rn. 58. 25[24]
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andere Stiftung entfernteren Begünstigten zum Stifter hat hierauf keinen Einfluss ([11, 38]).26 Durch den Einsatz von Familienstiftungen kann auch die Wegzugsbesteuerung gemäß § 6 AStG vermieden werden. Die Bezugsrechte der Destinatäre sind keine Anteile i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, auf den sich § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG ausdrücklich bezieht. Die Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthalts in Deutschland durch die Destinatäre der Familienstiftung löst folglich keine Besteuerung eines fiktiven Veräußerungsgewinns nach den Regelungen des § 6 AStG aus ([3, 47]).27 Ferner können noch Maßnahmen zur Optimierung der erbschaftsteuerlichen Last nach dem Tod des Erblassers bei einer Übertragung des Vermögens auf eine Familienstiftung von Todes wegen vorgenommen werden. So entsteht die Steuer erst im Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1 lit. c) ErbStG, die damit einhergehende Bewertung des Vermögens erfolgt zu diesem Stichtag gemäß § 11 ErbStG. Zwischen dem Todeszeitpunkt des Erblassers und der staatlichen Anerkennung der Stiftung von Todes wegen sind beispielsweise gestalterische Maßnahmen im Bereich von Verwaltungs- und Finanzmittelvermögen oder eine Lohnsummenoptimierung möglich, soweit die Begünstigungsfähigkeit des Vermögens dem Grunde nach schon vorher gegeben war.
2.6 Exkurs: Doppelstiftung Die Doppelstiftung (Zur Doppelstiftung siehe Kap. „Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation“ in diesem Buch) ist ein rechtliches Konstrukt, das bis zur Einführung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG im Jahr 2015 eine interessante Gestaltungsmöglichkeit bei der Übertragung von Unternehmen darstellte. Hierbei wurde das Unternehmen auf zwei Stiftungen, eine gemeinnützige und eine privatnützige Stiftung, übertragen ([32, 37, 45]).28 Auf die privatnützige Stiftung wurden Anteile mit überproportionalem Stimmrecht und Gewinnbezugsrecht an dem Unternehmen übertragen, um die Stimmrechte und die Versorgung der Familie sicherzustellen. Die restlichen Anteile wurden unter Einschränkung oder vollständigem Ausschluss der Stimmrechte sowie der Gewinn-
26[11]
Gräfe, ZEV 2017, 669 [672]; [38] von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 75. 27[3] Blumers, DStR 2012, 1 [5]; [47] Zensus/Schmitz, NJW 2012, 1323 [1328]. 28[44] Werner, ZEV 2012, 244 [244]; [32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auf-lage 2016, § 80, Rn. 198; [37] Trappe/Plottek in Beckervordersandfort/Beckervordersandfort/Fritsch, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, 1. Auflage 2016, § 10, Rn. 98.
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bezugsrechte auf die gemeinnützige Stiftung übertragen [32].29 Die Reduzierung der Stimmrechte der gemeinnützigen Stiftung sollte vor allem den Einfluss der Familienmitglieder auf das Unternehmen sicher [37].30 Die Vermögenssubstanz des Unternehmens lag somit vor allem in der gemeinnützigen Stiftung. Da sich die Bewertung der Anteile nach der Vermögenssubstanz und nicht nach Stimm- und Gewinnbezugsrecht richtete, war die Bemessungsgrundlage des Anteils der gemeinnützigen Stiftung entsprechend hoch. Auf diese Weise wurde die der gemeinnützigen Stiftung gewährte Steuerfreistellung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 16 lit. b) ErbStG optimal genutzt. Korrespondierend dazu war die Vermögenssubstanz der privatnützigen Stiftung und die daraus resultierende Steuerlast gering. Mit der Einführung des § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG haben sich die erbschaftsteuerlichen Vorteile der Doppelstiftung erheblich gemindert. Nach § 97 Abs. 1b Satz 4 BewG bestimmt sich der Wert der Anteile an einer Kapitalgesellschaft nicht mehr nur nach dem Verhältnis der Anteile zum Nennkapital. Regelungen, die sich auf den Wert des Anteils auswirken, wie insbesondere eine vom Verhältnis des Anteils am Nennkapital abweichende Gewinnverteilung, sind ebenfalls zu berücksichtigen. Dazu zählt auch der Ausschluss von Dividendenbezugsrechten bei einer gemeinnützigen Stiftung zugunsten einer am gleichen Unternehmen beteiligten privatnützigen Stiftung. Folglich würde bei einer wie oben beschriebenen Ausgestaltung der Doppelstiftung die erbschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage hinsichtlich des Vermögens der privatnützigen Stiftung von dem niedrigen Niveau der Vermögensbeteiligung auf das der Gewinnbeteiligung angehoben, sodass die Doppelstiftung dadurch an Attraktivität verloren hat [29].31 Die gemeinnützige Stiftung kann gemäß § 58 Nr. 6 AO ihr Einkommen bis zu einem Drittel dazu verwenden, den Stifter und seine nächsten Angehörigen in angemessener Weise zu unterhalten, ihre Gräber zu pflegen und ihr Andenken zu ehren ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden. Dies reicht jedoch in der Regel nicht aus, um die gewünschten Regelungen hinsichtlich der Versorgung der Familie zu treffen. Zwar unterliegen die nach § 58 Nr. 6 AO möglichen Begünstigungen der Familie nicht der Erbersatzsteuer, jedoch kann die Versorgung nicht in dem Maße gewährleistet werden, wie bei einer Familienstiftung. Zum einen zieht die Finanzverwaltung den Kreis der begünstigungsfähigen Angehörigen sehr eng und erfasst nur Ehegatten und Lebenspartner, Eltern, Großeltern, Kinder, Enkel, Geschwister, Pflegeeltern und Pflegekinder (AEAO zu § 58, Nr. 7). Zum anderen ist die Angemessenheit der Leistungen einzelfallabhängig und nach Maßgabe des Lebensstandards des Begünstigten zu beurteilen
29[32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 13. 30[37] Trappe/Plottek in Beckervordersandfort/Beckervordersandfort/Fritsch, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, 1. Auflage 2016, § 10, Rn. 96. 31[29] Pauli in Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 6. Auflage 2017, § 5, Rn. 308.
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(AEAO zu § 58, Nr. 8 Satz 3). Letztendlich kann die Unterstützung von hilfsbedürftigen Verwandten des Stifters nicht Satzungszweck sein, sodass die Leistungen freiwillig und ausnahmsweise durch Entscheidung der Stiftung selbst erfolgen (AEAO zu § 58, Nr. 9 Satz 2). Im Rahmen der Doppelstiftung kann die Regelung des § 58 Nr. 6 AO jedoch die Begünstigung der Familie in den oben genannten Grenzen erhöhen, ohne weitere steuerliche Konsequenzen auszulösen [37].32
3 Ausländische privatnützige Familienstiftungen Neben inländischen privatnützigen Familienstiftungen können auch ausländische privatnützige Familienstiftungen eine Alternative zur Übertragung von Unternehmensvermögen sein. Dabei sind als Familienstiftungen gemäß § 15 Abs. 2 AStG solche zu verstehen, bei denen der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugsberechtigt oder anfallsberechtigt sind. Sie ist ausländisch, wenn sie weder ihren Sitz noch ihren Ort der Geschäftsleitung im Inland hat. Dabei ist zu beachten, dass bereits dann der Ort der Geschäftsleitung im Inland angenommen wird, wenn die dauerhaft für die Geschäftsführung notwendigen Entscheidungen von einiger Wichtigkeit der Stiftung im Inland (Deutschland) getroffen werden (BFH, Urteil vom 17. Juli 1968, I 121/64, BeckRS 1968, 21000032; [17]). Die folgenden Ausführungen beziehen sich ausschließlich auf die wesentlichen Besteuerungsmerkmale selbständiger ausländischer Stiftungen, da unselbständige ausländische Stiftungen transparent behandelt und ihr Vermögen und ihre Erträge dem Stifter bzw. den Begünstigten zugerechnet werden. Insoweit sind weder schenkungsteuerliche noch ertragsteuerliche Konsequenzen für die unselbständige Stiftung erkennbar. Die Stiftung ist selbständig, wenn der Stiftungsrat allein aus freiem Ermessen handeln kann und der Stifter bzw. die durch die Stiftung Begünstigten kein allgemeines Weisungsrecht gegenüber dem Stiftungsrat besitzen (BFH, Urteil vom 28. Juni 2007, II R 21/05, ZEV 2007, 440 [442] mit Anmerkungen von Schmid und Mutter; [34]).33
3.1 Besteuerung der Ausstattung Ertragsteuer Zwar stellt die Ausstattung der Stiftung grundsätzlich keine Veräußerung dar und ist daher nicht als Ertrag zu besteuern. Ist der Stifter im Zeitpunkt der Ausstattung der
32[37] Trappe/Plottek in Beckervordersandfort/Beckervordersandfort/Fritsch, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, 2016, § 10, Rn. 101. 33[34] Schulze-Borges, ZEV 2017, 190 [191].
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Stiftung Inländer, kann es jedoch in zwei Ausnahmefällen zu einer Ertragsbesteuerung kommen. Einerseits fingiert § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG bei einer Person, die mindestens 10 Jahre in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, eine Veräußerung von Anteilen i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG, soweit sie die Anteile auf eine in Deutschland nicht steuerpflichtige Person, also zum Beispiel eine ausländische Stiftung, überträgt ([24, 41, 43]).34 Dadurch werden die stillen Reserven der übertragenden Anteile aufgedeckt und beim Stifter ertragsteuerlich erfasst. Andererseits werden – entsprechend der Besteuerung inländischer Stiftungen – die stillen Reserven aufgedeckt, soweit das Vermögen aus dem Betriebsvermögen des Stifters entnommen und unentgeltlich auf die Stiftung übertragen wird (vgl. A. I. 2.). Erbschaft- oder Schenkungsteuer Der Übergang von Vermögen zur Erstausstattung einer Stiftung ist grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG unbeschränkt schenkung- oder gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG unbeschränkt erbschaftsteuerpflichtig (vgl. A. I. 3.). Das gilt gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch für die Übertragung von Vermögen auf eine ausländische Stiftung, soweit der Stifter Inländer ist. Grundsätzlich gelten daher die entsprechenden zur Besteuerung der Ausstattung einer inländischen Familienstiftung gemachten Ausführungen (vgl. A. I. 3.) [24].35 Abweichend davon ist jedoch das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG schon seinem Wortlaut nach nicht auf ausländische Familienstiftungen anwendbar, sodass stets die ungünstige Steuerklasse III eingreift [18, 32].36 Ob der dadurch ebenfalls vorgenommene Ausschluss von im EU- oder EWR-Ausland ansässiger Stiftungen europarechtswidrig ist, muss u. E. bejaht werden ([10, 14, 16, 18, 32]) 37, ist jedoch noch nicht richterlich entschieden worden. Knüpft die jeweilige ausländische Rechtsordnung für die Erbschaft- oder Schenkungsteuer an den Erwerber an, wird eine eventuelle Doppelbesteuerung durch ein gegebenenfalls zwischen den jeweiligen Staaten bestehendes Doppelbesteuerungsabkommen oder durch die Anrechnung nach § 21 ErbStG vermieden.
34[24] Lüdicke/Oppel, BB 2017, 2646, [2647]; [41] Wassermeyer, FR 2015, 149 [151]; [43] Werner, IStR 2010, 589 [593]. 35[24] Lüdicke/Oppel, BB 2017, 2646, [2647]. 36[18] Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 40; [32] Richter/Gummert in Mün-chener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 155. 37So auch [16] Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Stand: Mai 2019, § 15, Rn. 110; [18] Kotzenberg in Mün- chener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 40; [32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Ge-sellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 155; [10] Gierhake, ZErb 2016, 163 [165 f.]; [14] Hosp/Langer, BB 2011, 1948 [1952].
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3.2 Laufende Ertragsbesteuerung, keine Erbersatzsteuer Ertragsteuer Die ausländische Stiftung unterliegt grundsätzlich mit ihren laufenden Einkünften der Besteuerung des jeweiligen Ansässigkeitsstaats. Sie ist lediglich mit ihren inländischen Einkünften gemäß §§ 2 Nr. 1, 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 49 EStG in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Werden jedoch die Geschäfte von Deutschland aus geführt, sind ihre Einkünfte trotz Sitz im Ausland gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ([4, 17, 18, 43]).38 Außerdem werden Vermögen und Einkünfte einer ausländischen Familienstiftung dem Stifter, wenn er unbeschränkt steuerpflichtig ist, sonst den unbeschränkt steuerpflichtigen bezugs- oder anfallsberechtigten Personen entsprechend ihrem Anteil und unabhängig von einer tatsächlichen Ausschüttung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG zugerechnet. Dabei kann die Zurechnung durch die Zwischenschaltung einer Gesellschaft nicht umgangen werden, da nach Ansicht des BFH der Stifter diejenige Person ist, für deren Rechnung das Stiftungsgeschäft abgeschlossen worden ist oder die in der Art des Stifters Vermögen auf die Stiftung überträgt bzw. der das Stiftungsgeschäft bei wirtschaftlicher Betrachtung zuzurechnen ist (BFH, Urteil vom 25. April 2001, II R 14/98, ZEV 2001, 495 [496]; [32]).39 Nach dem 2008 eingeführten § 15 Abs. 6 AStG findet die Vorschrift auf Familienstiftungen mit Sitz und Geschäftsleitung in einem Mitgliedsstaat der EU oder des EWR keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass das Stiftungsvermögen den Destinatären rechtlich und tatsächlich entzogen sind und zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat der Familienstiftung die Möglichkeit der Auskunftserteilung (Amtshilfe) zwecks Durchführung der Besteuerung besteht. Dies gilt jedoch nicht für Drittstaaten wie beispielsweise die Schweiz. Ein zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat der Stiftung gegebenenfalls bestehendes Doppelbesteuerungsabkommen steht diesen Regelungen gemäß § 20 Abs. 1 AStG nicht entgegen. Streitig ist, ob die Hinzurechnungsbesteuerung die beschränkte Körperschaftsteuerpflicht der Stiftung verdrängt [38]40 oder ob beide Besteuerungen nebeneinander anwendbar sind ([17, 33, 41–43])41.
38[17]
Kirchhain in Fuhrmann, AStG, 3. Auflage 2017, § 15, Rn. 75; [18] Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 41; [43] Werner, IStR 2010, 589 [593]; [4] Boving, ZErb 2017, 153 [156]. 39[32] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 161. 40[38] Von Löwe in Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 2015, § 25, Rn. 3. 41[17] Kirchhain in Fuhrmann, AStG, 3. Auflage 2017, § 15, Rn. 20; [33] Rundshagen in Strunk/ Kaminski/Köhler, AStG, Stand: Juni 2014, § 15, Rn. 10, 59 ff.; [41] Wassermeyer, FR 2015, 149 [151]; [42] Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff u. a., AStG, Stand: Oktober 2018, § 15, Rn. 43; [43] Werner, IStR 2010, 589 [593].
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Für die Ermittlung der Einkünfte sind gemäß § 15 Abs. 7 AStG die Regelungen des deutschen Steuerrechts maßgeblich. Hierfür wird eine unbeschränkte Steuerpflicht der Stiftung fingiert. Nach § 15 Abs. 8 Satz 1 AStG sind die hinzuzurechnenden Einkünfte bei dem Stifter oder den Destinatären als Gesamtbetrag als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren. Eine etwaige auf die zuzurechnenden Einkünfte durch die Stiftung entrichtete ausländische Steuer kann gemäß §§ 15 Abs. 5 i. V. m. 12 AStG beim Zahlungsempfänger angerechnet werden. Erbersatzsteuer Die ausländische Familienstiftung unterliegt grundsätzlich nicht der Erbersatzsteuer. Die Zurechnung gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 AStG nicht für die Erbschaftsteuer. Werden jedoch ihre Geschäfte aus dem Inland herausgeführt, gilt sie gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. d) ErbStG als Inländer, sodass sie auch Steuersubjekt der Erbersatzsteuer werden kann.
3.3 Besteuerung der Destinatäre Ertragsteuer Die Zuwendungen einer ausländischen Familienstiftung sind grundsätzlich ebenso wie die einer inländischen Familienstiftung auf Ebene des Destinatärs ertragsteuerpflichtig und stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 EStG dar. § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG sieht insoweit eine entsprechende Anwendung der Regelung auf Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, die weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland haben, vor. Wurden die Einkünfte der ausländischen Stiftung dem Destinatär bereits im Rahmen des § 15 Abs. 1 Satz 1 AStG hinzugerechnet, entfällt eine Ertragsbesteuerung der Zuwendungen (vgl. 15.1.5 ASt-Erl. [12, 26, 41, 45]).42 Schenkungsteuer Satzungsmäßige Ausschüttungen einer inländischen Familienstiftung sind keine freigebigen Zuwendungen, sodass sie einer Besteuerung nach dem Schenkungsteuergesetz nicht unterliegen (vgl. A. III. 2.). Hingegen ist fraglich, ob Destinatäre ausländischer Stiftungen Zwischenberechtigte einer ausländischen Vermögensmasse i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG sind. Wäre dies zu bejahen, würden auch die satzungsmäßigen Auskehrungen einer ausländischen Stiftung an ihre Destinatäre im Inland als Erwerbe durch Zwischenberechtigte während des Bestehens einer Vermögensmasse gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG der unbeschränkten deutschen Schenkungsteuer unterliegen.
42[12] Haas, DStR 2010, 1011 [1012]; [26] Milatz/Herbst, BB 2011, 1500 [1503]; [45] Werner, ZEV 2016, 133 [134]; [41] Wassermeyer, FR 2015, 149 [152].
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Es würde insoweit zu einer Doppelbelastung der Auskehrungen kommen. Zwar äußert der II. Senat des BFH in seinem Beschluss vom 21. Juli 2014 ernstliche Zweifel an der Erfassung der ausländischen Stiftungen unter dem Begriff der Vermögensmasse auch mit Blick auf die Doppelbesteuerung nach Ertrag- und Schenkungsteuerrecht, lässt die Frage im Ergebnis jedoch offen (BFH, Beschluss vom 21. Juli 2014, II B 40/14, ZEV 2014, 504 [505 f.]). Sind die Zuwendungen nicht vom Satzungszweck gedeckt, liegen wie bei einer inländischen Stiftung Schenkungen i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor [18, 45, 46].43 Die Ausführungen zur inländischen Stiftung gelten entsprechend (vgl. A. III. 2.). Da der Destinatär als Beschenkter zum Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung ein Inländer ist, unterliegt die Schenkung der unbeschränkten Erbschaft- oder Schenkungsteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
3.4 Besteuerung der Aufhebung der Stiftung Ertragsteuer § 20 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 EStG erklärt die Regelung des Satzes 1 der Vorschrift ausdrücklich auch für ausländische Stiftungen entsprechend anwendbar. Die unter A. IV. 1. gemachten Ausführungen hinsichtlich der Ertragsbesteuerung der Auskehrungen einer ausländischen Stiftung im Rahmen ihrer Aufhebung auf Ebene der Destinatäre gelten daher entsprechend. Schenkungsteuer Auch § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG erstreckt die Besteuerung des Erwerbs im Rahmen der Aufhebung einer Stiftung nach Maßgabe des Satzes 1 auf ausländische Stiftungen. Die unter A. IV. 2. gemachten Angaben gelten entsprechend. Insbesondere das Risiko einer Doppelbesteuerung von bei der Aufhebung ausgeschütteten Erträgen lässt sich auch auf ausländische Stiftungen übertragen. Wird bei inländischen Stiftungen zur Umgehung dieses Risikos empfohlen, die Erträge bereits vor der Aufhebung der Stiftung satzungsgemäß an die Destinatäre auszukehren, kann dadurch dieser möglichen Doppelbelastung bei ausländischen Stiftungen keine Abhilfe geschaffen werden. Vielmehr besteht auch bei satzungsgemäßen laufenden Ausschüttungen vor einer Aufhebung bei ausländischen Stiftungen ein Doppelbesteuerungsrisiko (vgl. B. III. 2.). Nach Ansicht von Geck ist das Steuerklassenprivileg des § 15 Abs. 2 ErbStG bei der Aufhebung der ausländischen Stiftung ebenso wie bei ihrer Errichtung nicht anwendbar.
43[18] Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 45; [46] Winkels, BB 2015, 2589 [2589]; [45] Werner, ZEV 2016, 133 [135].
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Sie soll nicht begünstigt sein, da ausländische Familienstiftungen im Gegensatz zu inländischen nicht der Erbersatzsteuer unterliegen [9].44 Dem tritt wohl die herrschende Meinung in der Literatur entgegen, die das Steuerklassenprivileg bei der vollständigen Aufhebung einer ausländischen Stiftung für anwendbar hält, da die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG ausdrücklich ausländische Vermögensmassen i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 ErbStG einbezieht ([4, 17, 19, 27, 33, 43, 45, 47).45
3.5 Einsatzmöglichkeiten der Stiftung Steuerlich interessant kann der Einsatz einer ausländischen Stiftung sein, soweit ihre Steuerlich interessant kann der Einsatz einer ausländischen Stiftung sein, soweit ihre Errichtung ohne oder mit nur sehr geringen (erbschaft- und schenkung-) steuerlichen Folgen durchgeführt werden kann. Dies wäre insbesondere unter Ausnutzung der Steuerbegünstigungen für die Übertragung von unternehmerischen Vermögen gemäß §§ 13a, 13b, 13c und 28a ErbStG möglich. Auf diese Weise wäre das Substanzvermögen der deutschen Erbschafts- und Schenkungsbesteuerung zunächst entzogen, da die Erbersatzsteuer nicht auf ausländische Familienstiftungen anwendbar ist. Dies gilt zumindest, solange die Familienstiftung bestehen bleibt. Wird die Stiftung aufgelöst, besteht weiterhin das Risiko einer Doppelbesteuerung mit Schenkung- und Einkommensteuer bei einer Auskehrung des Substanzvermögens an inländische Anfallsberechtigte (vgl. B. IV.). Hinzu kommt das Risiko der Doppelbesteuerung bei satzungsgemäßen laufenden Auskehrungen an inländische Begünstigte über den gesamten Zeitraum des Bestehens der Stiftung. Vorteilhaft kann die Errichtung einer ausländischen Stiftung außerdem sein, wenn ein ausländischer Stifter ausschließlich ausländisches Vermögen auf die ausländische Stiftung überträgt. Da weder Zuwendender noch Erwerber des Vermögens Inländer wären, entstünde auch bei gleichzeitiger Einsetzung inländischer Destinatäre keine deutsche Erbschaftsteuer. Im weiteren Verlauf sollte außerdem darauf geachtet werden, eine Hinzurechnungsbesteuerung nach § 15 AStG bei Stiftungen außerhalb der EU bzw. des EWR weitestgehend zu vermeiden, gegebenenfalls indem die Anfalls- und
44[9]
Geck in Kapp/Ebeling, ErbStG, Stand: Oktober 2018, § 15, Rn. 69.1. Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, Stand: Mai 2019, § 1, Rn. 34; a. a. O. § 15, Rn. 117; [18] Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 47; [31] Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Auflage 2016, § 80, Rn. 165; [26] Milatz/Herbst, BB 2011, 1500 [1504]; [45] Werner, ZEV 2016, 133 [137]; [41] Wassermeyer, FR 2015, 149 [154]; [43] Werner, IStR 2010, 589 [595]; [4] Boving, ZErb 2017, 153 [156]. 45[16]
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Bezugsberechtigung der Familienmitglieder bei knapp unter der Hälfte angesiedelt wird. Die Hinzurechnungsbesteuerung könnte auch durch die Errichtung einer Stiftung im oder die Verlegung einer bereits bestehenden Stiftung ins EU- oder EWR-Ausland geschehen [18].46 Weiterhin bietet sich die ausländische Stiftung in bestimmten Konstellationen an, künftig eine Wegzugsbesteuerung zu vermeiden. Ist der Steuerpflichtige bereits mehr als 10 Jahre im Ausland und damit in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtig und hält er Anteile an einer deutschen Kapitalgesellschaft, so bietet es sich vor einem Zuzug nach Deutschland an, die Anteile in eine ausländische privatnützige Familienstiftung zu überführen, damit ein möglicher künftiger Wegzug aus Deutschland keine Wegzugsteuer auslöst.
3.6 Vor- und Nachteile der ausländischen (privatnützigen) Familienstiftung Ob die Errichtung einer ausländischen Stiftung (steuerliche) Vorteile bringt, muss für den Einzelfall entschieden werden. Dies hängt vor allem davon ab, inwieweit Auslandsvermögen involviert ist oder Destinatäre im Ausland ansässig sind. Gegebenenfalls können auch zivilrechtliche Ausgestaltungsmöglichkeiten für eine ausländische Stiftung sprechen. Ein erheblicher Nachteil der Gestaltung der Nachfolge mithilfe einer ausländischen Stiftung ist jedoch die Unsicherheiten bei der Besteuerung der laufenden Erträge sowie bei der Aufhebung der Stiftung im Hinblick auf eine etwaige Doppelbesteuerung mit Ertrag- und Schenkungsteuer. Diesbezüglich bleibt abzuwarten, ob der II. Senat des BFH in einem noch anhängigen Verfahren hinsichtlich der Besteuerung der Zuwendung einer Stiftung schweizerischen Rechts an eine im Inland ansässige Person als Schenkung unter Lebenden Klarheit schafft (Aktenzeichen des BFH: II R 6/16).
3.7 Zusammenfassung Trotz der Benachteiligung der inländischen Familienstiftung gegenüber anderen privatnützigen Stiftungen durch die Erbersatzsteuer kann die Familienstiftung als Gestaltungsmodell der Nachfolge in einigen Fallgestaltungen steuerliche Vorteile bieten. Zwar ist sie nicht in solchem Umfang von der Steuer befreit wie eine gemeinnützige Stiftung. Diese kann jedoch auch nur bis zu einem Drittel ihres Einkommens für angemessene
46[18]
Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Auflage 2018, § 34, Rn. 48.
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149
Unterhaltszahlungen an den Stifter und seine Angehörigen zahlen. Eine privatnützige Familienstiftung hingegen kann die Begünstigen in wesentlich höherem Maße unterstützen und steht einem größeren Kreis von Destinatären offen. Die ausländische Familienstiftung hingegen kommt vor allem bei schon vorhandenem Auslandsbezug des zu regelnden Sachverhalts in Betracht. Ohne einen solchen Bezug in Form von ausländischem Vermögen oder ausländischen Destinatären überwiegen die steuerlichen Vorteile des Entzugs des Vermögens aus dem Anwendungsbereich der Erbersatzsteuer in der Regel nicht die aufgezeigten Risiken einer Doppelbesteuerung.
Literatur 1. Berninghaus H (2018) Kommentar KStG. In: Herrmann/Heuer/Raupach, KStG, 9. Aufl. 2. Binz M, Sorg M (2018) Die GmbH & Co. KG. C.H. Beck, München 3. Blumers W (2012) Die Familienstiftung als Instrument der Nachfolgeregelung. DStR 1:1–6 4. Boving D (2017) Die Stiftung als Instrument der Nachlassgestaltung in Österreich und Deutschland – ein vergleichender Überblick (Teil 2). ZErb 6:153–157 5. Brandmüller G, Lindner R (2015) Gewerbliche Stiftungen. Schmidt, Berlin 6. Desens M, Hummel D (2011) Zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung der Destinäre bei der Auflösung einer Stiftung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. DStZ 19:710–719 7. Ebeling J (1999) Keine Anzeigepflicht bei der Erbersatzbesteuerung von Familienstiftungen. DStR 16:665–666 8. Feick M (2018) Stiftungssteuerrecht. In: Scherer, Münchener Anwaltshandbuch. 5. Aufl. 9. Geck R (2016) Kommentar ErbStG. In: Kapp/Ebeling, ErbStG, 17. Aufl. 10. Gierhake O (2016) Zur Anwendbarkeit des Erbschaftsteuerklassenprivilegs des § 15 Abs. 2 ErbStG auf liechtensteinische Familienstiftungen. ZErb 6:163–166 11. Gräfe M (2017) Bestimmung des entferntest Berechtigten bei Stiftungsgeschäft unter Lebenden. ZEV 11:669–672 12. Haas S (2010) Die Besteuerung der Destinatäre der Familienstiftung. DStR 20:1011–1013 13. Hannes F, Holtz, M (2018) Kommentar ErbStG. In: Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 17. Aufl. 14. Hosp T, Langer M (2011) Die liechtensteinische Familienstiftung: Nischenprodukt oder ernstzunehmende Alternative für den deutschen Investor? BB 32:1948–1954 15. Illing S (2019) Stiftung. In: Alber/Arendt/Faber, Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Edition 48. C.H. Beck, München 16. Jülicher M (2019) Kommentar ErbStG. In: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, 17. Aufl. 17. Kirchhain C (2017) Kommentar AStG. In: Fuhrmann, AStG (Hrsg), 3. Aufl. 2017 18. Kotzenberg in Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht, 5. Aufl. 2018 19. Kraft G (2011) Führung eines steuerlichen Einlagenkontos durch privatnützige Stiftungen. DStR 39:1837–1839 20. Kraft G (2016) Grundprobleme der steuerlichen Behandlung unbeschränkt steuerpflichtiger privatnütziger Familienstiftungen. DStR 49:2825–2831 21. Krämer J (2018) Besteuerung bei Auflösung einer Stiftung. EStB 8:288 22. Küster U (2018) Zuwendungen ausländischer Familienstiftungen im Lichte einer potenziellen Doppelbelastung mit Einkommen- und Schenkungsteuer. DStR 50:2613–2619 23. Levedag C (2018) Kommentar EstG. In: Schmidt, EStG, 37. Aufl. 24. Lüdicke J, Oppel F (2017) Stiftungen in der Nachfolgegestaltung: Neue Einsatzmöglichkeiten aufgrund der Neuregelung des Unternehmenserbschaftsteuerrechts. BB: 2646–2649
150
S. Thonemann-Micker
2 5. Meilicke W (2017) Inkongruente Doppelbesteuerung von Stiftungen. DStR 5:227–233 26. Milatz J, Herbst C (2011) Die Besteuerung der Destinatäre einer ausländischen Familienstiftung. BB 24:1500–1506 27. Müller T (2017) Familienstiftung. In: Hannes, Formularbuch Vermögens- und Unternehmensnachfolge, 2. Aufl. 28. Oppel F (2018) Besteuerung von Liquidationszahlungen nach Auflösung einer Stiftung. ZEV 9:540–543 29. Pauli (2017) Besondere Stiftungsformen. In: Bengel/Reimann, Handbuch der Testamentsvollstreckung, 6. Aufl. 30. Rengers J (2018) Kommentar KStG. In: Blümich, KStG, 9. Aufl. 31. Richter A (2014) Unternehmensstiftung. In: Von Campenhausen A, Richter A (Hrsg) Stiftungsrechts-Handbuch. Beck Verlag, München, S 468–508 32. Richter M, Gummert H (2016) Familienstiftung. In: Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 5, 4. Aufl. 33. Rundshagen H (2019) Kommentar AstG. In: Strunk/Kaminski/Köhler, AstG 34. Schulze-Borges B (2017) Ausländische Familienstiftungen und Trusts: Verletzung von Anzeige- bzw. Erklärungspflichten und ihre Auswirkungen auf die Schenkung- und Erbschaftsteuer. ZEV 4:190–193 35. Theuffel-Werhahn B (2017) Familienstiftungen als Königsinstrument für die Nachfolge planung aufgrund der Erbschaftsteuerreform. ZEV 1:17–22 36. Thonemann-Micker S (2016) ErbSt-Reform: Das Ergebnis des Vermittlungsausschusses. DB: 2312–2322 37. Trappe S, Plottek P (2016) Vermögenserhalt durch Einsatz von Stiftungen. In: Beckervordersandfort/Beckervordersandfort/Fritsch, Gestaltungen zum Erhalt des Familienvermögens, 1. Aufl. 38. von Löwe (2015) Laufende Besteuerung der nicht gemeinnützigen Stiftung, insbesondere der Familienstiftung. In: Feick, Stiftung als Nachfolgeinstrument, 1. Aufl. 39. von Oertzen C, Friz F (2014) Steuerliche Fragen der neuen (Familien-) Verbrauchsstiftung nach dem „Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes”. BB 3:87–91 40. Wachter T (2017) Stiftungen im neuen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht (Teil 1). FR 99(3): 69–84 41. Wassermeyer W (2015) Die Besteuerung ausländischer Familienstiftungen und Trusts aus deutscher Sicht. FR 97(3):149–155 42. Wassermeyer W (2018) Kommentar AStG. In: Flick/Wassermeyer/Baumhoff u. a., AStG 43. Werner R (2010) Die liechtensteinische Familienstiftung. IStR 16:589–596 44. Werner R (2012) Die Doppelstiftung. ZEV 5:244–249 45. Werner R (2016) Schenkungsteuerbarkeit der Zuwendungen ausländischer Stiftungen an ihre inländischen Destinatäre. ZEV 3:133–138 46. Winkels G (2015) Zur steuerlichen Behandlung von gemeinnützigen Stiftungen und Familienstiftungen des Schweizerischen Rechts. BB 43:2589–2591 47. Zensus J, Schmitz B (2012) Die Familienstiftung als Gestaltungsinstrument zur Vermögensübertragung und -sicherung. NJW 19:1323–1329
Wesentliche steuerliche Aspekte bei der Familienstiftung
151
Susanne Thonemann-Micker, LL.M., ist als Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht Partnerin der PwC Legal AG sowie der PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie doziert auf verschiedenen Fachveranstaltungen, u. a. im Fachanwaltslehrgang für Steuerrecht. Daneben ist sie Mitherausgeberin und Autorin des BeckOnline Kommentars Erbschaftsteuerrecht sowie Autorin diverser Fachbeiträge im Bereich der Vermögens- und Unternehmensnachfolgeplanung. Ihre Mandanten sind Familienunternehmer und deren Unternehmen, vermögende Privatpersonen und Family Offices, (gemeinnützige) Stiftungen sowie Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichtsräte und Beiräte. Susanne Thonemann-Micker ist im Steuerausschuss des Deutschen Industrie- und Handelskammertags sowie des Deutschen Anwaltsinstituts, im Letzteren als Berichterstatterin für den Bereich Erbschaftsteuer. Frau Thonemann-Mickers besondere Expertise liegt in der steuerlichen und rechtlichen nationalen und internationalen Nachfolgeberatung für Familienunternehmer und vermögende Privatpersonen. Dabei gestaltet sie Nachfolge- und Erbregelungen einschließlich dazugehöriger Testamente, Vollmachten, Gesellschaftsverträge und Eheverträge. Ferner ist sie in der Errichtung von Stiftungslösungen – sowohl privatnützige als auch gemeinnützige – versiert und berät bei der Errichtung und Strukturierung von Family Offices.
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick Mirko Hirschmann
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2 Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 3 Merkmale deutscher Familienunternehmen in Stiftungshand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 4 Zusammenfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163
Zusammenfassung
Stiftungen werden seit über einem Jahrhundert in Deutschland als Instrument der Unternehmensnachfolge genutzt. Zahlreiche bekannte Beispiele wie ALDI Nord & Süd, die Würth-Gruppe oder Fielmann haben die Gründung einer Stiftung zur Sicherung des langfristigen Fortbestandes des eigenen Familienunternehmens für sich genutzt. Dennoch mangelt es bisher an einer Übersicht zu bestehenden Familienunternehmen in Stiftungshand innerhalb Deutschlands. Dieses Kapitel zeigt daher bekannte Beispiele auf und unterscheidet sie anhand verschiedener Merkmale voneinander. Besonderes Augenmerk wird hierbei auf die Standorte und Größen der Unternehmen, die vertretenen Branchen sowie auf die Rechts- und Beteiligungsstrukturen gerichtet.
M. Hirschmann (*) Professur für Unternehmensführung, Universität Trier, Trier, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_10
153
154
M. Hirschmann
1 Einleitung Stiftungen bieten Unternehmerinnen und Unternehmern seit über 100 Jahren ein Instrument der Unternehmensnachfolge in Deutschland [4]. ALDI Nord & Süd, die Würth-Gruppe, Fielmann sowie zahlreiche weitere Unternehmen haben ihr Vermögen zur Sicherung des langfristigen Fortbestandes in gemeinnützige oder private Stiftungen übertragen. Schätzungen des Bundesverbands Deutscher Stiftungen gehen bspw. von ca. 700 existierenden Familienstiftungen in Deutschland aus [3]. Bisher mangelt es allerdings an einem Überblick über Familienunternehmen in Stiftungshand und ihrer Merkmale. Aus diesem Grunde widmet sich dieses Kapitel erstmals der Betrachtung bekannter Stiftungsunternehmen in Deutschland. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei insbesondere auf den Größen der Stiftungsunternehmen sowie auf den Unterschieden in den vertretenen Branchen und den Standorten.
2 Datenerhebung Die diesem Kapitel zugrunde liegenden Stiftungsunternehmen wurden über die Dissertation zum Thema „Foundation-owned firms in Germany: The impact of foundation-ownership on firm performance and corporate governance challenges“ identifiziert [1]. Die anschließende Auswertung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da auf diesem Weg vorerst nur 59 Familienunternehmen in Stiftungshand ermittelt wurden. Vielmehr zeigt das Kapitel bekannte Beispiele innerhalb Deutschlands auf. Stiftungsunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern wurden aus diesem Grunde nicht mit in die Betrachtung aufgenommen. Um einen deskriptiven Überblick über die Landschaft der Stiftungsunternehmen zu erlangen, wurde die Orbis Datenbank zur Ermittlung der Standorte, Größen und Branchen herangezogen. Weiterhin konnte mittels der Datenbank die Beteiligungsstruktur der Stiftungsunternehmen erneut überprüft werden. Alle im weiteren Verlauf des Kapitels aufgeführten Stiftungsunternehmen sind daher noch am Markt aktiv.
3 Merkmale deutscher Familienunternehmen in Stiftungshand Standort Tab. 1 zeigt die Familienunternehmen in Stiftungshand und ihre Charakteristika innerhalb Deutschlands auf. Die meisten Unternehmen, die als Nachfolgelösung die Gründung einer Stiftung wählten, haben ihren Sitz in Baden-Württemberg (16 Unternehmen), dicht gefolgt von Nordrhein-Westfalen (14 Unternehmen). In den Bundesländern Bremen, Sachsen-Anhalt und Thüringen konnten hingegen keine Unternehmen
Mülheim, NordrheinWestfalen
München, Bayern
Wildeshausen, Nieder- 468 sachsen
Unternehmensgruppe Aldi Süd
Arcus Elektrotechnik Alois Schiffmann GmbH
Atlas Weyhausen GmbH 145
117.220 10.764
Becker & Kries Berlin, Berlin Holding GmbH & CO. KG
Bertelsmann SE & Co. Gütersloh, NordrheinKGaA Westfalen
Bofrost Dienstleistungs Straelen, NordrheinGmbH & Co. KG Westfalen
80
125.977
58.179
Essen, NordrheinWestfalen
Unternehmensgruppe Aldi Nord
Direktvertreiber von Tiefkühlkost und Speiseeis
Medien, Dienstleistungen, Bildung
Immobilien Management
Baumaschinenhersteller
Herstellung von Amaturen, Elektrizitätsverteilungs- und -schalteinrichtungen
Einzelhandel
Einzelhandel
Großhandel mit Produkten der Befestigungs- und Montagetechnik
Mitarbeitera Branche 76.133
Standort des Unternehmens
Adolf Würth GmbH & Künzelsau-Gaisbach, Co. KG Baden-Württemberg
Name des Unternehmens
Tab. 1 Familienunternehmen in Stiftungshand
Siepmann-Stiftung
Lukas-Stiftung Markus-Stiftung Jakobus-Stiftung
Stiftung Würth Carmen WürthFamilienstiftung Bettina WürthFamilienstiftung Marion WürthFamilienstiftung Markus WürthFamilienstiftung
www.bofrost.de
www.bertelsmann.de
www.beckerundkries. de
www.weycor.de
(Fortsetzung)
Bofrost Stiftung
Bertelsmann Stiftung
Familienstiftung Becker & Kries
Dr. Friedrich Weyhausen Stiftung
www.arcus-schiffmann. Alois-Schiffmannde Stiftung
www.aldi-sued.de
www-aldi-nord.de
www.wuerth.de
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick 155
Essen, NordrheinWestfalen
Augsburg, Bayern
Ober-Ramstadt, Hessen
Wangen im Allgäu, Baden-Württembergs
Deichmann SE
Deuter GmbH
DAW SE
Diehl Stiftung & Co. KG
16.538
5688
15
26.900
Blankenfelde-Mahlow, 62 Brandenburg
250
Dassbach Küchen Werksverkauf GmbH & Co. KG
DAL Deutsche Afrika- Hamburg, Hamburg Linien GmbH & Co. KG
Berlin, Berlin
Franz Cornelsen Bildungsholding GMBH & CO. KG
1586
70
München, Bayern
Caliqua Bormann GmbH & Co. KG
Hausgeräteindustriezulieferer, Luftfahrtausrüstung, Wehrtechnik, etc.
Farben- und Lackbranche
Grundstücks- und Wohnungswesen
Einzelhandel mit Schuhen
Hans Martin Wälzholz-Junius Familienstiftung
www.rantzau.de
www.cornelsen.de
www.diehlako.com
www.daw.de
www.deuter.com
www.deichmann.com
(Fortsetzung)
Diehl-Stiftung
Robert Murjahn Stiftung
Familienstiftung Becker & Kries
Deichmann Familienstiftung
Gert Bauknecht Stiftung
Familienstiftung von Rantzau-Essberger
Franz Cornelsen Stiftung
www.caliqua-bormann. Schäfer Familiende stiftung
www.waelzholz.com
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Herstellung von Küchenmöbeln www.dassbachkuechen.de
Seeverkehr
Bildungsmedien
Gebäudetechnik
Grundstücks- und Wohnungswesen
Mitarbeitera Branche 698
Standort des Unternehmens
C. D. Wälzholz GmbH Hagen, NordrheinWestfalen
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
156 M. Hirschmann
93
64
Oberhausen, NordH.K.O. Isolier- und rhein-Westfalen Textiltechnik Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Buchholz, RheinlandPfalz
Wernau, BadenWürttemberg
Hampel GmbH
Hans Bühler & Co. Inh. Kurt-GieslerStiftung
23
315
Düsseldorf, Nordrhein- 888 Westfalen
10.100
Gerhard Geiger GmbH Bietigheim-Bissingen, & Co. KG Baden-Württemberg
Friedhelm Schaffrath GmbH & Co. KG
Friedhelm Loh Stiftung Haiger, Hessen & Co. KG
Hamburg, Hamburg
19.379
17
Fielmann AG
Brandis, Sachsen
Fichtner Intérieur GmbH
1770
3930
Nieder-Olm, Rheinland-Pfalz
Eckes AG
Hersteller von Antriebselementen
Gebäudetechnik
Herstellung von Leder-, Stein-, Ton- und Glaswaren
Antriebslösungen im Bereich Sonnenschutz
Möbel und Raumausstattung
U. a. Elektrotechnik, Stahlhandel und Informatik
Einzelhandel, Optiker
Kontraktlogistik
Baugewerbe
Herstellung von Fruchtsäften
Mitarbeitera Branche
Fiege Logistik Stiftung Greven, Nordrhein& Co. KG Westfalen
Standort des Unternehmens
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
Peter Eckes Familienstiftung
www.hansbuehler.com
www.hampelgebaeudetechnik.de
www.hko.de
www.geiger.de
www.schaffrath.com
www.friedhelm-lohgroup.com
www.fielmann.de
www.fiege.de
(Fortsetzung)
Kurt Giesler Stiftung
Gert Bauknecht Stiftung
Heinrich Kempchen Stiftung
Gerhard Geiger Stiftung
Friedhelm SchaffrathStiftung
Friedhelm Loh Stiftung
Fielmann-Familienstiftung
Fiege Deutschland Stiftung
www.fichtner-interieur. Fichtner Familiende stiftung
www.eckes-ag.de
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick 157
Solingen, NordrheinWestfalen
Dunningen, BadenWürttemberg
Neckarsulm, BadenWürttemberg
Weilheim, Bayern
Saarbrücke, Saarland
Wartenberg, Bayern
Allensbach, BadenWürttemberg
Rendsburg, Schleswig- 200 Holstein
Johann Cuno König Stiftung & Co. KG
Junghans Microtec GmbH
Kaufland Stiftung & Co. KG
K&L GmbH & Co. Handels-KG
Klaus Faber AG
Klinik Wartenberg Prof. Dr. Selmair GmbH & Co. KG
Kliniken Schmieder Stiftung & Co. KG
Lapmaster Wolters GmbH
1779
229
280
1200
132.000
300
176
206
Augsburg, Bayern
Hessingpark-Clinic GMBH
744 547
Rellingen, SchleswigHolstein
Hansa-Heemann AG
Maschinenbau
Gesundheits- und Sozialwesen
Gesundheits- und Sozialwesen
Großhandel für Kabel und Leitungen
Textil-Einzelhandel
Lebensmitteleinzelhandel
Waffenhersteller
Herstellung von Werkzeugen
Gesundheits- und Sozialwesen
www.peter-wolters. com
www.klinikenschmieder.de
www.klinik-wartenberg.de
www.faberkabel.de
www.kl-ruppert.de
www.kaufland.de
www.junghansmicrotec.de
www.jc-koenig.de
www.hessingparkclinic.de
Stahl- und www.heinestahl.de Metallgroßhandelsunternehmen
(Fortsetzung)
Peter Wolters Stiftung
Prof. FriedrichSchmieder- Stiftung
Prof. Dr. med. Hans Selmair Stiftung
Klaus Faber Stiftung
Gebr. Ruppert Familienstiftung
Dieter Schwarz Stiftung GmbH
Diehl VA Systeme Stiftung & Co. KG
Manfred König Stiftung
Hofrat Friedrich Hessing’sche Stiftung
Ferdinand-HeineStiftung
Ursula-Lange Stiftung
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Lebensmittel-/Getränkeindustrie www.hansa-heemann. de
Mitarbeitera Branche
Heine und Beißwenger Fellbach, BadenStiftung & Co. KG Württemberg
Standort des Unternehmens
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
158 M. Hirschmann
Leipzig, Sachsen
Moritzbastei BetriebsGmbH
150
Donaueschingen, Baden-Württemberg
Saarbrücken, Saarland
Bochum, NordrheinWestfalen
Öschberghof GmbH
Otto Zimmermann GmbH
Paul Gothe GmbH
22
40
380
Naber GmbH + Co. KG Lilienthal, Niedersachsen
30
79.564
160.083
Stuttgart, BadenWürttemberg
Neckarsulm, BadenWürttemberg
Lidl Stiftung & Co. KG
5113
Mahle GmbH
Fürth, Bayern
Leonhard Kurz GmbH & Co. KG
1964
503
Nürnberg, Bayern
Leistritz AG
www.mahle.com
www.maerker-gruppe. de
www.lidl.de
www.kurz.de
www.leistritz.com
www.nabertherm.de
Hersteller Staub- und Strömungstechnischer Messgeräte
Herstellung von KFZKomponenten
www.paulgothe.com
www.zimmermann-sb. de
Beherbergung und Gastronomie www.oeschberghof. com
Grundstücks- und Wohnungswesen
(Fortsetzung)
Paul Gothe-Stiftung
Georg Ludwig Rexroth Stiftung GmbH
Siepmann Stiftung
Nabertherm Stiftung
Stiftung Moritzbastei
Mahle-Stiftung GmbH
Märker-Stiftung
Dieter Schwarz Stiftung GmbH
Leonhard Kurz Familienstiftung
Ruth Leistritz Mitarbeiterstiftung e. V.
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Beherbergung und Gastronomie www.moritzbastei.de
Automobilzulieferer
Zement, Beton, Kalk und Umwelttechnik
Lebensmitteleinzelhandel
Herstellung von Prägefolien, Prägemaschinen und Prägewerkzeuge
Maschinen- und Anlagebau
Mitarbeitera Branche
Märker Holding GmbH Harburg, Hamburg
Standort des Unternehmens
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick 159
Mannheim-Rheinau, Baden-Württemberg
Mülheim an der Ruhr, Nordrhein-Westfalen
Hilchenbach, Nordrhein-Westfalen
Sinsheim, BadenWürttemberg
Stuttgart, BadenWürttemberg
Bad Boll, BadenWürttemberg
Geesthacht, Schleswig- 97 Holstein
Fulda, Hessen
SCA Packaging Stiftung & Co. KG
Schauenburg International GmbH
Siemag Weiss GmbH & Co. KG
Sinsheimer Glas- und Baubeschlaghandel GmbH
Vector Informatik GmbH
WALA Heilmittel GmbH
Walter Förster GmbH
W-E-G GmbH & Co. KG
525
982
1354
58
13.842
1494
1632
409.900
Gerlingen, BadenWürttemberg
Robert Bosch GmbH www.dssmith.com
www.bosch.de
SCA Packaging Deutschland Stiftung
Robert Bosch Stiftung GmbH
www.sms-group.com
www.wala.de
www.vector.com
WALA Stiftung
Vector Familienstiftung
Alfred Bohn Mitarbeiter- Stiftung
Familie Weiss Stiftung
Einzelhandel
www.w-e-g.eu
(Fortsetzung)
W-E-G Stiftung
Erstellung und Verarbeitung von www.walter-foerster.de Walter Förster Stiftung Metallarbeiten zu Hamburg
Pharma und Kosmetik
Software, Automobil
Veredlung und Bearbeitung von www.snh-glas.de Flachglas
Anlagenbau
Erbringung von diversen Dienst- www.schauenburg.com Stiftung Hasenberg leistungen (z. B. in der Kunststoffverarbeitung)
Herstellung von Verpackungsmitteln
U. a. Automobilzulieferer, Energie- und Gebäudetechnik
Dr. Lohbeck-CorveyStiftung
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Beherbergung und Gastronomie www.lohbeckprivathotels.de
Mitarbeitera Branche 616
Standort des Unternehmens
Privathotels Dr. Schwelm, NordrheinLohbeck GmbH & Co. Westfalen KG
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
160 M. Hirschmann
Standort des Unternehmens
aMitarbeiterzahl
entnommen aus dem aktuellsten Jahresabschluss
Baugewerbe
Mitarbeitera Branche
Wilhelm Nusser GmbH Hohendubrau, Sachsen 55 Systembau
Name des Unternehmens
Tab. 1 (Fortsetzung)
www.nusser.de
Gretel-Nusser-Stiftung
Homepage des Unter- Name der Stiftung nehmens
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick 161
162
M. Hirschmann
identifiziert werden. Da die Wahl des Stiftungssitzes nicht dem Unternehmenssitz entsprechen muss und individuell frei wählbar ist, kommt es jedoch häufig vor, dass die Stiftung nicht in dem Bundesland gegründet wird, in dem sich der Unternehmenssitz befindet. Nicht zuletzt geschieht dies, weil das Stiftungsrecht sich bspw. in Bezug auf Aufsichtspflichten zwischen den Bundesländern unterscheidet (siehe Kap. „Familienstiftungen – Königsinstrument der Unternehmensnachfolge oder nur vorübergehende Modeerscheinung?“). Größe Die Mitarbeiterzahl stellt einen Indikator für die Größe der Stiftungsunternehmen dar. Insgesamt beschäftigen die in Tab. 1 aufgeführten Stiftungsunternehmen mehr als 1,2 Mio. Mitarbeiter. Im Durchschnitt hat jedes der Unternehmen ca. 21.000 Mitarbeiter. Da allerdings der Median nur bei 616 Mitarbeitern liegt und somit deutlich kleiner ist als die durchschnittliche Mitarbeiteranzahl, liegt eine rechtsschiefe Verteilung aufgrund von einigen Ausreißern vor. Beispiele für derartige Ausreißer sind die drei größten Stiftungsunternehmen: die Robert Bosch GmbH, die Lidl Stiftung & Co. KG und die Unternehmensgruppe Aldi Süd. Alle drei Stiftungsunternehmen beschäftigen jeweils mehr als 100.000 Mitarbeiter. Die Robert Bosch GmbH als größtes Unternehmen in der Erhebung beschäftigt sogar über 400.000 Mitarbeiter, während die Deuter GmbH mit 15 Mitarbeitern das kleinste Stiftungsunternehmen darstellt. Innerhalb der 59 Familienunternehmen in Stiftungshand ist die Fielmann AG das einzige an der Börse gelistete Unternehmen. Branche Bei der Betrachtung der Branchen zeigt sich, dass die Stiftungsunternehmen in den vielfältigsten Branchen vertreten sind. Es gibt zahlreiche Branchen in denen die Stiftungsunternehmen aktiv sind. Die meisten von ihnen (20) stammen aus dem verarbeitenden Gewerbe, bspw. von Fruchtsäften, Küchenmöbeln oder Werkzeugen. Des Weiteren sind viele Stiftungsunternehmen in der Handels- (11) und Dienstleistungsbranche (8) aktiv. Die Beispiele Aldi, Lidl und Kaufland zeigen, dass auch einige der größten deutschen Einzelhändler eine Stiftungslösung gewählt haben. Die übrigen 20 Unternehmen sind über Branchen wie das Baugewerbe, Grundstückwesen oder den Maschinenbau verteilt. Doppelstiftungskonstruktionen Manche Stiftungsunternehmen haben eine Doppelstiftung als Rechtsstruktur gewählt. Typischerweise besteht eine Doppelstiftung aus zwei selbstständigen Stiftungen, die als Gesellschafter des Familienunternehmens agieren (siehe Kap. „Die unternehmensverbundene Doppelstiftung als zukunftsorientierte Eigentümerstruktur für Familienunternehmen – Stiftungsorganisation“). Bekannte Familienunternehmen, die als Nachfolgelösung eine teilweise oder vollständige gesellschaftsrechtliche Doppelkonstruktion nutzen, sind die Schwarz Unternehmensgruppe, die Robert Bosch GmbH oder die Bertelsmann SE & Co. KGaA. Die Stimmrechte und das Stammkapital der
Familienunternehmen in Stiftungshand: Ein deskriptiver Überblick
163
Robert Bosch GmbH werden bspw. zwischen der Robert Bosch Stiftung GmbH, der Robert Bosch Industriehand AG und der Familie Bosch aufgeteilt. Mit 92 % ist die Robert Bosch Stiftung GmbH an dem Großteil des Stammkapitals beteiligt, ohne jedoch auch über Stimmrechte zu verfügen. Diese liegen zu 93 % bei der Robert Bosch Industriehand AG und zu 7 % bei der Familie Bosch, die auch die weiteren 8 % des Stammkapitals besitzt [2].
4 Zusammenfassung Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über vorhandene Familienunternehmen in Stiftungshand innerhalb Deutschlands. Familienunternehmen, die eine Stiftung als Nachfolgelösung für sich gewählt haben, lassen sich anhand verschiedener Merkmale voneinander unterscheiden. Die meisten bekannten Stiftungsunternehmen haben ihren Sitz in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Insgesamt beschäftigen die 59 Firmen mehr als 1,2 Mio. Mitarbeiter und sind in zahlreichen Branchen aktiv. Die am stärksten vertretene Branche ist das verarbeitende Gewerbe. Außerdem haben die Stiftungsunternehmen diverse Rechts- und Beteiligungsstrukturen inne. Eine davon ist die Doppelstiftungskonstruktion, welche von verschiedenen großen Familienunternehmen bereits als Nachfolgelösung gewählt wurde.
Literatur 1. Hosseini-Görge, F (2019) Foundation-owned firms in Germany: the impact of foundation-ownership on firm performance and corporate governance challenges. Dissertation 2. Schuck F (2009) Die Doppelstiftung: Instrument zur Gestaltung der Unternehmensnachfolge. Lang, Frankfurt a. M. 3. von Löwe C (2010) Familienstiftungen: Gründung und Gestaltung – ein Leitfaden für Stifter und Berater. Bundesverband Deutscher Stiftungen, Berlin 4. von Scheurl A (1891) Familienstiftung. Arch civilistische Prax 77:243–264
Mirko Hirschmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Professur für Unternehmensführung der Universität Trier. Zuvor studierte er Betriebswirtschaftslehre im Bachelorund Masterstudium ebenfalls an der Universität Trier sowie an der Technischen Universität Lappeenranta in Finnland. Mirko Hirschmann beschäftigt sich in seiner Forschung hauptsächlich mit dem Thema Social Entrepreneurship. Unter anderem untersucht er das Entscheidungsverhalten von Inkubatoren, Impact Investoren und Stiftungen, die Sozialunternehmen in finanzieller oder nicht-finanzieller Form unterstützen.
Interview mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth Reinhold Würth und Jörn Block
Zusammenfassung
Bereits im Jahre 1987 hat Reinhold Würth das Firmenvermögen seines unternehmerischen Lebenswerks in eine Stiftungsstruktur, bestehend aus mehreren Familienstiftungen, eingebracht. Aus dem von Prof. Dr. Jörn Block mit Prof. Dr. h. c. mult. Würth geführten Interview geht hervor, dass die Familienstiftung als Option der Nachfolgeregelung insbesondere von Familienunternehmen in Betracht gezogen werden sollte, deren Familienmitglieder uneingeschränkt ein solches Vorhaben unterstützen. Ausführliche familieninterne Diskussionen und Prozesse im Vorfeld einer Familienstiftungsgründung als Option zur Unternehmensnachfolge sind somit unabdingbar. Ferner spielen steuerliche Abwägungen im Entscheidungsprozess für oder gegen eine Familienstiftung als Nachfolgelösung eine wichtige Rolle. Auch deshalb sei eine gründliche Beratung durch Wirtschaftsrechtler, Steuerrechtler und Notare unabdingbar.
R. Würth Würth-Gruppe, Künzelsau, Deutschland J. Block (*) Professur für Unternehmensführung, Universität Trier, Trier, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_11
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Die Unternehmensgruppe Würth
Das Unternehmen Würth aus Künzelsau beschäftigt sich mit dem Vertrieb von Produkten der Befestigungs- und Montagetechnik und wurde 1945 durch Adolf Würth gegründet. Nach dem frühen Tod von Adolf Würth im Jahre 1954 übernahm der damals 19-jährige Sohn Reinhold Würth. Im Jahr 2018 erzielte die Würth-Gruppe einen Umsatz von 13,6 Mrd. EUR und beschäftigt mehr als 77.000 Mitarbeiter, davon über 24.000 in Deutschland. Bereits im Jahre 1987 hat Reinhold Würth das Firmenvermögen seines unternehmerischen Lebenswerks in eine Stiftungsstruktur, bestehend aus mehreren Familienstiftungen, eingebracht.
Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth
Reinhold Würth wurde am 20. April 1935 in Öhringen geboren. Bereits mit 14 Jahren begann er als Lehrling und zweiter Mitarbeiter im Großhandelsbetrieb seines Vaters Adolf Würth. Nach dem frühen Tod des Vaters übernahm Reinhold Würth im Alter von 19 Jahren bereits das Unternehmen. In den nachfolgenden Jahrzehnten gelang es ihm aus einem regionalen Handelsunternehmen einen weltweit agierenden Konzern zu formen. Die Unternehmenskultur prägte Reinhold Würth stets auf Grundwerten wie Optimismus, Dynamik und Hochachtung vor den eigenen Mitarbeitern. Reinhold Würth wurde mit mehreren Ehrendoktorwürden ausgezeichnet und erhielt eine Ehrenprofessur an der Universität Karlsruhe (1999–2003) und der Technischen Universität Shenzhen (seit 2019). Innerhalb seiner beruflichen Laufbahn engagierte sich Reinhold Würth auf vielfältige Art und Weise an sozialen und kulturellen Projekten. So gründete er fünf Museen alleine in Deutschland und zeigt seine Sammlung an rund 18.300 Kunstwerken außerdem in zehn weiteren Kunstdependancen an den Unternehmenssitzen der internationalen Gesellschaften. Die im Jahre 1987 mit seiner Frau Carmen gegründete
Interview mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth
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Stiftung Würth dient insbesondere dazu, sein Engagement in den verschiedenen Förderungsbereichen der Kunst und Kultur, Forschung und Wissenschaft sowie Bildung und Erziehung zu bündeln. Unterstützt werden auch soziale Projekte zur Integration von Flüchtlingen und Migranten mit noch nicht geklärtem Flüchtlingsstatus.
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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. h. c. mult. Würth, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview zum Thema „Familienstiftung als Nachfolgelösung für Familienunternehmen“ genommen haben. Das wissen wir sehr zu schätzen. Mit dem Interview würden wir gerne andere Familienunternehmer und Mittelständler dazu anregen, über eine Stiftungslösung als Nachfolgeoption nachzudenken und ggf. Ihrem Beispiel zu folgen.
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Was waren Ihre Beweggründe, Ihre Anteile am Unternehmen in Familienstiftungen einzubringen? Hatten Sie ein Vorbild für Ihre Entscheidung? Welche Vorteile verbinden Sie mit dieser Form der Nachfolge für das Unternehmen und für die Familie? Über mein ganzes Berufsleben konnte ich aus eigener Anschauung oder über die Presse beobachten, wie Familienunternehmen im Erbgang leiden: Oftmals gibt es spätestens in der zweiten Erbengeneration Streit zwischen den Stämmen, über Jahre und Jahrzehnte werden kostbare Kenntnisse und Know-how in Rechthabereien vergeudet, die viel besser eingesetzt wären in die Durchdringung neuer Märkte und dem Gewinn zusätzlicher Marktanteile. Im Extremfall muss ein Stamm ausbezahlt werden, um aus dem Unternehmen auszuscheiden, dann kommen fremde Gesellschafter als Substitut. In manchen Fällen enden solche Streitereien auch in der Insolvenz des Unternehmens. Dies wollte ich meinem Unternehmen und meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ersparen. Obwohl ich mit meiner Familie ein wunderbares Verhältnis pflege, wollte ich Sicherheit. Heute sind vier deutsche Familienstiftungen und eine österreichische Privatstiftung 100 %ige Eigentümer des Betriebsvermögens, kein Familienmitglied hat Zugriff auf die Anteile. Im Gegenzug sind die Familienmitglieder über Destinatärleistungen wohl versorgt.
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Welche Herausforderungen sehen Sie ganz allgemein bei einer Stiftungslösung zur Regelung der Nachfolge? Welchen Herausforderungen sind Sie ganz persönlich begegnet und wie wurden diese überwunden? Gab es vermeintliche Schwierigkeiten und Nachteile, die sich im Nachhinein als unbegründet herausgestellt haben? Bei der Gründung der Familienstiftungen gab es keinerlei Probleme mit den Stiftungsaufsichtsbehörden. Mit meinen lang erwachsenen Töchtern habe ich
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sehr vernünftig gesprochen. Nachdem die Gefahr besteht, dass die Erben eine solche Stiftungsregelung nach dem Ableben der Stifter (meiner lieben Frau und mir) innerhalb von 10 Jahren nach dem Stiftungsakt anfechten, habe ich mit meinen Töchtern Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge abgeschlossen gegen selbstverständlich gute Entschädigung in Form von Destinatärleistungen, sodass die Stiftungsgründungen irreversibel und abgesichert waren. u
In welcher Familienunternehmenskonstellation würden Sie zu einer Stiftungslösung als Nachfolgeoption raten? Wann würden Sie eher abraten? Logischerweise ist die Gründung von Familienstiftungen am einfachsten, wenn ein Unternehmer mit seiner Ehefrau alleiniger Eigentümer ist und das Sagen hat. Sind schon mehrere Stämme an einem Familienunternehmen beteiligt, ist die Gründung von Familienstiftungen natürlich nicht unmöglich, aufgrund der unterschiedlichen Interessen und Meinungen in der ersten oder gar zweiten Erbengeneration wird es aber schwierig werden, alle Unternehmensanteile zu hundert Prozent in den Stiftungstopf einbringen zu können. Immerhin geben ja die Teilhaber ihre persönlichen Eigentumsrechte zugunsten der Zukunftssicherheit des Unternehmens auf.
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Wie haben Sie die Rolle und Arbeit der Stiftungsaufsicht erlebt? Wie komplex war der Prozess der Errichtung der Stiftungen und der Überführung der Anteile? Welche Themen sind besonders komplex und wie hoch schätzen Sie den Beratungsbedarf ein? Gibt es aus Ihrer Sicht Best-Practice Beispiele zur Errichtung eines Stiftungsunternehmens? Natürlich habe ich mir für diesen komplexen Schritt der Errichtung von Familienstiftungen und der Übertragung meiner damaligen Anteile am Unternehmen guten Rat und professionelle Sicherheit geholt: Ein ganzes Team von Wirtschaftsberatern, Wirtschaftsrechtlern, Steuerrechtlern usw. hat in einer großen Zahl von Sitzungen optimale Stiftungssatzungen erarbeitet, die meiner ganzen Familie im Finaltext bekannt waren. Die Genehmigung der Stiftungen durch die Stiftungsaufsichtsbehörden war geradezu Formsache. Meiner Kenntnis nach ist Stiftungsrecht ja Landesrecht und in jedem Bundesland anders geregelt. Die Zusammenarbeit mit den Behörden in Baden-Württemberg war über all die Jahrzehnte hervorragend: Auch, wenn heute irgendwelche Satzungsergänzungen nötig werden, sind die Behörden sehr kooperativ.
u Welche betriebswirtschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen sollte ein Unternehmen vor der Einführung einer Stiftungslösung aus Ihrer Sicht erfüllen? Stiftungen generell sind ja faktisch auf Dauer angelegt. Meiner Ansicht nach macht es deshalb nur Sinn, solche Unternehmen in Familienstiftungen
Interview mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth
einzubringen, die solide finanziert (Würth hat seit 20 Jahren von Standard & Poor’s ein Rating A stabil) und auf lange Zeit angelegt sind, und bei denen sowie aufgrund der Märkte, Produktprogramme und Zukunftsaussichten eine sehr lange Lebensdauer des Unternehmens vorauszusehen ist. u
Welche Vorteile und Nachteile sehen Sie bei Errichtung einer Stiftung zu Lebzeiten des Stifters bzw. von Todes wegen? Der Gedanke, eine Familienstiftung von Todes wegen zu gründen, wäre mir fremd, weil keinerlei Fundament und keinerlei Tradition vorhanden wäre. Ich selbst habe eben 1987 diese Stiftungsgründung durchgeführt und nun 30 Jahre beobachten können, wie das Konstrukt funktioniert: Hier und dort wurden noch Feinheiten verändert, aber ich kann jetzt im Alter von 85 Jahren am Ende meines Lebenswegs sagen, dass ich beruhigt abtreten kann, weil ich weiß, dass das Familienstiftungsmodell auch bei Kindern, Enkeln und Urenkeln gut verankert und akzeptiert ist. Die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung von Todes wegen halte ich für eher unproblematisch, weil es hier ja meist nur darum geht, ein Vermögen zu verwalten und die Erträge gemeinnützig zu verteilen.
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Inwieweit würden Sie Ihr Unternehmen trotz Stiftungslösung immer noch als ein Familienunternehmen bezeichnen? Was hat sich durch die Errichtung der Stiftungen in der Beziehung zwischen Familie und Unternehmen ggf. verändert? Tatsächlich wird die Würth-Gruppe auch heute noch als reines Familienunternehmen gesehen, vor allem bei der Familie und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auch die nächsten Generationen pflegen gute Beziehungen zum Unternehmen. Meine Tochter Bettina ist die Beiratsvorsitzende – wären wir eine Aktiengesellschaft wäre sie die Aufsichtsratsvorsitzende – die Enkelsöhne Benjamin und Sebastian, genauso wie die Enkeltochter Maria, sind durch Leistung schon ins obere Mittelmanagement aufgestiegen, zusätzlich hat Benjamin einen Sitz im fünfköpfigen Stiftungsaufsichtsrat (zusammen mit mir) und Sebastian hat einen Sitz im Beirat der Würth-Gruppe.
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Welche besonderen Aspekte der Stiftungslösung sollten im Rahmen der Stiftungssatzung neben den obligatorischen Vorgaben (Stiftungszweck, Vermögen, Organe und Destinatäre) aus Ihrer Sicht zusätzlich geregelt werden? Mit meinen tüchtigen Beratern habe ich ein Kompendium über die Rechtsstruktur der Würth-Gruppe erarbeitet. Ein etwa 200-Seiten starkes DIN A5-Format. Hier ist genau geregelt, sozusagen in einem Firmenhandbuch, was Sache ist und was nicht geht. Dabei habe ich sehr viel Freiraum gelassen. Beispiel: Wenn alle Gremien einstimmig dafür wären, das Unternehmen in
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eine Aktiengesellschaft umzuwandeln und an die Börse zu bringen, ist auch dies möglich. Die Familienstiftungen hätten dann eben Aktien im Portfolio anstelle des Firmenvermögens. Wohlgemerkt, daran ist in den überschaubaren nächsten 10 Jahren überhaupt nicht zu denken, aber jedenfalls ist vermieden, dass ein Korsett angelegt wurde, das dem Unternehmen irgendwelche Bremsen oder Hindernisse für die Weiterentwicklung in den Weg stellen würde. u
Welche Stiftungsgremien gibt es bei Ihnen und was sind ihre jeweiligen Rollen und Aufgaben? Wir sprechen in diesem Interview zunächst ausschließlich über die Familienstiftungen. Die Familienstiftungen haben einen vom Stiftungsaufsichtsrat gewählten bis zu fünfköpfigen Vorstand. Der Stiftungsaufsichtsrat besteht aus fünf Personen, die, solange ich lebe, von mir ernannt werden, ich selbst führe den Vorsitz. Nach meinem Ableben sind zwei der fünf Stiftungsaufsichtsräte sogenannte familienfremde Aufsichtsräte, die kooptieren und ihre Nachfolge selbst bestimmen. Die drei anderen Mitglieder sind Familienstiftungsaufsichtsräte und werden von den Familienstämmen nach einem im Familienrat festgelegten Verfahren ernannt. Einigt sich die Familie nicht, entscheidet der Präsident eines Oberlandesgerichts.
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Welche Rolle kommt der Familie in Zukunft bei der Besetzung der Stiftungsgremien zu? Wie werden die Unternehmensgremien wie Vorstand und Aufsichtsrat besetzt? Welche Rolle nehmen hier die Stiftungen ein? Kann es zu personellen Verflechtungen zwischen Stiftung und Unternehmen kommen und ist dies sogar gewünscht? Die Familie hat auch weiterhin einen hohen Einfluss auf die Besetzung der Spitzenpositionen. Der Stiftungsaufsichtsrat wird zu dreifünftel von der Familie kontrolliert. Der Firmenbeirat (Aufsichtsrat) besteht aus neun Mitgliedern, vier werden vom Familienrat berufen, fünf werden vom Stiftungsaufsichtsrat bestimmt. Diese Machtverteilung ist lange hin und her diskutiert worden und hat sich so als ein schönes, ausgeglichenes Gewicht zwischen Sicherheit der Familie und Sicherheit des Unternehmens und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwiesen.
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Inwieweit kann/darf und sollen sich die Stiftungen und deren Funktionsträger in die aktive Unternehmenspolitik und –strategie des Unternehmens einmischen? Wie viel Einmischung ist aus Ihrer Sicht wünschenswert? Wo bestehen Grenzen? Diese Frage kann nur von Fall zu Fall beantwortet werden und wird sich in jedem Familienstiftungsunternehmen anders darstellen. Im Fall Würth wird sich die Familie auch in Zukunft ein angemessenes Maß an Strategievorgaben
Interview mit Prof. Dr. h. c. mult. Reinhold Würth
erhalten, schon allein durch die Mehrheitsverhältnisse im Stiftungsaufsichtsrat und im Beirat. Heute habe ich auch nach unserem Kompendium der Rechtsstruktur der Würth-Gruppe als Stiftungsaufsichtsratsvorsitzender das finale Entscheidungsrecht, weil ich theoretisch nicht nur die Beiräte entlassen, sondern mich auch zum alleinigen Vorstand der Familienstiftungen bestellen könnte, die ja als unmittelbare oder mittelbare Anteilseigner sämtlicher Unternehmen der Würth-Gruppe deren Geschäftsführer entlassen können (was natürlich außerhalb jeder Diskussion liegt). Nach meiner Vorstellung ist die Einmischung der Familie in Zukunft vor allem dort wünschenswert, wo es darum geht, dem Unternehmen die Bescheidenheit zu erhalten und vor allem die Arroganz in allen Formen und auf allen Ebenen zu bekämpfen. u
Wie stellen Sie sicher, dass die Stiftungen über hinreichend unternehmerische Kompetenzen zur Begleitung und Kontrolle des Unternehmens und der Unternehmenspolitik verfügen? Stiftungsaufsichtsrat und Stiftungsvorstand gemeinsam sind mit hoch kompetenten Fachleuten besetzt, die zum großen Teil aus dem Unternehmen herausgewachsen sind. Dadurch wird gewährleistet, dass auch der Managementnachwuchs aus dem eigenen Unternehmen nachgezogen wird. Nur in Ausnahmefällen, d. h. um Inzucht zu vermeiden, nehmen wir ab und an einen Quereinsteiger ins Topmanagement auf.
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Wie stellen Sie sicher, dass trotz Stiftungslösung die Familie sich noch hinreichend mit dem Unternehmen identifiziert und als aktiver und unternehmerisch denkende Eigentümer unternehmerische Impulse setzt? Mit meiner Tochter Bettina, die nun schon über viele Jahre im Unternehmen tätig ist und sich von der Auszubildenden im wahrsten Sinn des Wortes durch Leistung in die Position der Beiratsvorsitzenden hochgerackert hat, sind auch die Enkelsöhne Benjamin und Sebastian mit viel Freude dabei, am Unternehmen weiterzubauen. Die Enkeltochter Maria, die ihren Master of Arts an der Universität Tübingen abgeschlossen hat, wirkt in der Administration unserer Kunst und Kulturaktivitäten erfolgreich und mit Freude mit. Die Urenkel zwei und drei sind zurzeit unterwegs – also, um die Bindung der Familie an das Unternehmen ist mir nicht bange und umgekehrt auch ☺.
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Wie funktioniert der Prozess der Ausschüttungen an die Familienmitglieder im Rahmen ihrer Stiftungslösung? Inwieweit können die Stiftungen Einfluss auf die Ausschüttungen des Unternehmens nehmen? Im Kompendium über die Rechtsstruktur der Würth-Gruppe sind gewisse Rahmenrichtlinien für die Ausschüttung von Destinatärleistungen vorgegeben, die Maßrichtung ist der Nettojahresertrag vor Reservenbildung. Allerdings
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besteht nach der Satzung überhaupt kein Rechtsanspruch auf Destinatärleistungen. Beschlossen werden die Ausschüttungen im Stiftungsaufsichtsrat in Anlehnung an das Kompendium. u
Inwieweit würden Sie Stiftungsunternehmen als eine besonders geeignete Unternehmensform für die Soziale Marktwirtschaft bezeichnen? Ob Stiftungsunternehmen die Genetik haben, die Soziale Marktwirtschaft besonders zu unterstützen, bezweifle ich. Meiner Ansicht nach ist die Soziale Marktwirtschaft unabhängig davon realisierbar, ob das Unternehmen in der Rechtsform der Personengesellschaft, der Kapitalgesellschaft oder als Stiftungsunternehmen geführt wird.
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Welche konkreten Ratschläge würden Sie einer Unternehmerfamilie geben, die eine Stiftungslösung zur Regelung der Nachfolge in Betracht zieht? Mein Rat wäre, eine Stiftungslösung nur dann in Betracht zu ziehen, wenn alle Familienmitglieder uneingeschränkt das Vorhaben unterstützen. Es ist notwendig, das Vorhaben vor allem steuerrechtlich auf Vor- und Nachteile ausloten zu lassen. Jedenfalls ist mein Eindruck, dass der Fiskus den Vermögen zur toten Hand gegenüber eher misstrauisch und negativ eingestellt ist. Man muss also sicher mit der Problematik Staat rechnen. Sodann muss der Unterschied zwischen Familienstiftung und gemeinnütziger Stiftung klar herausgearbeitet sein: Bei der gemeinnützigen Stiftung ist das ganze Vermögen komplett verloren und gehört der Öffentlichkeit. Die Beratung durch Wirtschaftsrechtler, Steuerrechtler und Notare ist unabdingbar, um Fußangeln wie z. B. den Pflichtteilsergänzungsanspruch, wenn der Stifter vor Ablauf von 10 Jahren nach Stiftungsgründung verstirbt, zu vermeiden.
Interview mit Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht und Martin-Devid Herrenknecht Martin Herrenknecht, Martin-Devid Herrenknecht und Jörn Block
Zusammenfassung
Im Jahr 2015 überführte Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht seine Unternehmensanteile in eine Familienstiftung. In dem von Prof. Dr. Jörn Block mit ihm und seinem Sohn Martin-Devid Herrenknecht geführten Interview begründet er diesen Schritt insbesondere mit dem Ziel der Sicherung des langfristigen Fortbestands des Familienunternehmens und der verbundenen Arbeitsplätze. Punkte wie die sorgfältige Auswahl des Stiftungsvorstandes bei der Gründung einer Familienstiftung spielen für Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht eine besonders große Rolle. Martin-Devid Herrenknecht, der an der Gründung der Familienstiftung ebenfalls beteiligt war und die Position des stellvertretenden Stiftungsvorstands innehat, betont außerdem den besonderen Fokus, der auf der Erstellung der Stiftungssatzung liegen sollte. Diese sei immerhin die Grundlage für die zukünftige Arbeit der Familienstiftung und der Beziehung zum Unternehmen.
M. Herrenknecht · M.-D. Herrenknecht Herrenknecht AG, Schwanau, Deutschland J. Block (*) Professur für Unternehmensführung, Universität Trier, Trier, Deutschland E-Mail: [email protected] © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Block et al. (Hrsg.), Die Familienstiftung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30261-0_12
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Das Unternehmen Herrenknecht
Das Unternehmen Herrenknecht aus Schwanau stellt Tunnelvortriebsmaschinen her und wurde 1977 durch Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht als Herrenknecht GmbH gegründet und 1998 in eine AG umgewandelt. Im Jahr 2019 betrug der Umsatz 1,223 Mrd. EUR und es wurden 5031 Mitarbeiter beschäftigt, zudem mehr als 200 Auszubildende. Mit mehr als 4800 abgeschlossenen Projekten verfügt der Konzern über eine einzigartige Referenzdichte und ist derzeit an rund 70 Standorten weltweit vertreten. Im Jahr 2015 wurden die Unternehmensanteile von Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht in eine Familienstiftung überführt. Sein Sohn Martin-Devid Herrenknecht ist nach seinem Studium des Maschinenbaus und Bauingenieurwesens sowie verschiedenen Stationen in anderen Unternehmen bei der Herrenknecht AG eingestiegen. In der Familienstiftung hat er die Position des stellvertretenden Stiftungsvorstands inne. Das Unternehmen Herrenknecht wurde mehrfach mit Innovationspreisen ausgezeichnet und gilt als ein Hidden Champion.
Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht
Martin Herrenknecht wurde am 24. Juni 1942 in Lahr/Schwarzwald geboren. Nach Abschluss seines Studiums zum Diplom-Ingenieur an der Fachhochschule Konstanz, begann er seine berufliche Laufbahn als Konstruktionsingenieur in der Schweiz. Zahlreiche Stationen als Projekt- und Konstruktionsleiter im In- und Ausland schlossen daran an. Nach mehrjähriger Tätigkeit als maschinentechnischer Leiter am Seelisbergtunnel, mit der damals weltweit größten Vortriebsmaschine, machte sich Martin Herrenknecht 1975 mit dem Ingenieurbüro Martin Herrenknecht selbstständig. Im Jahr 1977 gründete er die Herrenknecht GmbH, bei der er bis zur Umwandlung in die AG als Geschäftsführer tätig war. Martin Herrenknecht erhielt innerhalb seiner Laufband eine Vielzahl hochkarätiger Auszeichnungen
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und Ehrungen. Unter anderem wurde ihm 1998 die Ehrendoktorwürde (Dr.-Ing. E. h.) durch die Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig verliehen. Sein soziales Engagement zeichnet sich insbesondere durch die Unterstützung mehrerer lokaler Initiativen aus. Weiterhin fördert Martin Herrenknecht schwerpunktmäßig Projekte im Bereich Bildung und Wissenschaft, darunter bspw. seit 2008 eine Stiftungsprofessur für Technische Petrophysik am Karlsruher Institut für Technologie. Privat engagiert er sich unter anderem mit der Finanzierung eines fünfjährigen Fellowships zur ALS-Grundlagenforschung an der Charité Berlin.
Martin-Devid Herrenknecht
Martin-Devid Herrenknecht wurde 1986 in Lahr geboren. Er hat Maschinenbau und Bauingenieurwesen an der TU München, an der HS München sowie am CEFET in Rio de Janeiro/Brasilien studiert. Nach Stationen in anderen Unternehmen wie Bosch Rexroth oder BMW stieg er 2014 als Projektleiter bei der Herrenknecht AG ein. In der 2015 von Martin Herrenknecht gegründeten Familienstiftung hat er die Position des stellvertretenden Stiftungsvorstands inne. Im Herrenknecht Konzern ist er derzeit als General Manager für die Business Area Mining zuständig.
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Sehr geehrter Herr Dr.-Ing. E. h. Martin Herrenknecht, sehr geehrter Herr Martin-Devid Herrenknecht, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für das Interview zum Thema „Familienstiftung als Nachfolgelösung für Familienunternehmen“ genommen haben. Das wissen wir sehr zu schätzen. Mit dem Interview würden wir gerne andere Familienunternehmer und Mittelständler dazu anregen, über eine Stiftungslösung als Nachfolgeoption nachzudenken und ggf. Ihrem Beispiel zu folgen.
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Was waren Ihre Beweggründe, Ihre Anteile am Unternehmen in eine Familienstiftung einzubringen? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Wichtige Gründe für die Errichtung der Familienstiftung waren für uns, dass das Fortbestehen des Unternehmens als Ganzes im Laufe der nächsten Generationen gesichert wird, auch in weiterer Zukunft Familienstreitigkeiten vermieden werden und gleichzeitig die finanzielle Versorgung der Familie sichergestellt wird. Alleine basierend auf dem Aspekt des Fortbestandes des Unternehmens würde ich jedem Familienunternehmer empfehlen, über eine Stiftungsgründung nachzudenken. Dies sichert die Arbeitsplätze der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sorgt damit für wirtschaftliche Stabilität in der Region. Des Weiteren bewog uns im Jahre 2015 die bevorstehende Erbschaftssteuerreform, welche Unternehmerfamilien seit 2016 nochmals erheblich stärker belastet, dazu, Herrenknecht in eine Familienstiftung zu übertragen. Das Ziel war ganz klar Planungssicherheit für die Herrenknecht AG über einen längeren Zeitraum zu schaffen.
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Was war Ihnen bei der Gründung der Stiftung besonders w ichtig? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Für mich war es sehr wichtig, dass nur Familienmitglieder innerhalb der Stiftung agieren und keine außenstehenden Personen. Das schützt eine Familienstiftung vor immensen Kosten durch zu viele Berater, Juristen etc., sodass am Ende nichts mehr von der Stiftung übrig bleibt. Falls keine Mitglieder der Familie im Unternehmen involviert sind, muss jedoch eine individuell zum Familienunternehmen passende Lösung gefunden werden.
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In welchen Familienunternehmenskonstellationen würden Sie zu einer Stiftungslösung als Nachfolgeoption raten? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Wenn der Stifter mehr als zwei Kinder hat, lohnt es sich intensiv über eine Stiftungslösung als Nachfolgeoption nachzudenken. Die Stiftung sichert den Zusammenhalt des Unternehmens durch eine Vermeidung von Familienstreitigkeiten bereits im Vorhinein. Es kann allerdings bereits bei Stiftern mit einem Kind und dessen Ehegatten zu Streitigkeiten kommen, aufgrund Zugewinnausgleichsansprüchen oder ähnlichem. Auch für einen solchen Fall wäre die Stiftungslösung überlegenswert.
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Wie komplex war der Prozess der Errichtung der Stiftung und der Überführung der Anteile? Welche Themen sind besonders komplex und wie hoch schätzen Sie den Beratungsbedarf ein? Martin-Devid Herrenknecht: In der Gestaltung der eigenen Stiftung waren wir als Familienunternehmen sehr frei. Es wird ein Maßanzug gestaltet, in dem der Stifter die Bestimmungen festlegt, die in bestimmten Situationen gelten sollen. Mit einem vernünftigen Steuerberater und Notar ist der Errichtungsprozess der
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Stiftung daher nicht allzu komplex. Mit seriösen, marktkritisch überprüften Beratern ist auch der hohe Bedarf an externem Know-how gut zu stemmen. Ein besonderer Fokus liegt auf jeden Fall auf der Erstellung der Stiftungssatzung, die höchste Gründlichkeit erfordert. u
Wie haben Sie die Rolle und Arbeit der Stiftungsaufsicht erlebt? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Da wir unsere Stiftung in Bayern angemeldet haben, ist die Rolle der Stiftungsaufsicht etwas geringer als in anderen Bundesländern und die Prüfung findet in einem angemessenen Rahmen statt.
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Gibt es aus Ihrer Sicht Best-Practice-Beispiele zur Errichtung eines Stiftungsunternehmens? Martin-Devid Herrenknecht: Bei der Errichtung der Herrenknecht-Stiftung haben wir uns nicht an anderen Stiftungsunternehmen orientiert, weshalb ich auch keine Best-Practice-Beispiele nennen kann.
u Welche betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen sollte ein Unternehmen vor der Einführung einer Stiftungslösung aus Ihrer Sicht erfüllen? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: In dem Moment, in dem ansonsten eine eigene Gesellschaft als Holding gegründet werden würde, also in dem Bereich eines Konzerns, lohnt es sich über eine Stiftung nachzudenken. Die Errichtung einer Stiftung kann schon bei Familienunternehmen mit einem Umsatz von 10, 20 oder 30 Mio. EUR Sinn ergeben, insbesondere dann, wenn sie einen hohen Unternehmenswert haben. Ab dieser Größe sollte man zumindest darüber nachdenken, ob es für das Unternehmen passen könnte. Darunter lohnt es sich wahrscheinlich aufgrund des Aufwands und der mit der Stiftungsgründung einhergehenden Kosten eher nicht. u
Gibt es Unternehmen, die aus Ihrer Sicht nicht geeignet sind für eine Familienstiftungslösung? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Wie gesagt, neben der kritischen Unternehmensgröße fällt mir kein Gegenargument ein. An sich ist es wie eine Verwaltungs GmbH. Aus diesem Grund ist es von der Konstruktion her eigentlich für alle geeignet. Man nimmt einfach nur die eine Körperschaft weg von der Familie und schafft eine neue Körperschaft, die mit einem Sinn und Ziel langfristig orientiert agiert. Dies ist dann zum Wohle des Unternehmens.
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Was hat sich durch die Errichtung der Stiftung in der Beziehung zwischen Familie und Unternehmen ggf. verändert? Martin-Devid Herrenknecht: Die Herrenknecht AG läuft autonom weiter wie zuvor und wird aktuell nicht durch die Stiftung touchiert. Die Beziehung zwischen Familie und Unternehmen ist allerdings durch die Stiftungslösung
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komplexer geworden. Herrenknecht als AG schüttet die Dividenden an die darüberstehende Verwaltungs GmbH aus. Diese wiederum ist im Eigentum der Familienstiftung. u
Inwieweit würden Sie Ihr Unternehmen trotz Stiftungslösung immer noch als ein Familienunternehmen bezeichnen? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Wir sind ganz klar ein Familienunternehmen. Da mein Sohn Martin-Devid Herrenknecht zudem langfristig die Geschäftsführung übernehmen soll, ist die Bezeichnung von Herrenknecht als Familienunternehmen auch weiterhin gerechtfertigt.
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Welche besonderen Aspekte der Stiftungslösung sollten im Rahmen der Stiftungssatzung neben den obligatorischen Vorgaben aus Ihrer Sicht zusätzlich geregelt werden? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Meines Erachtens sollten nicht zu viele Akteure in der Stiftung involviert sein. Bei manchen Stiftungen sind sogar Verbände, wie bspw. die IHK, als agierende Personen in der Satzung verankert und dieser „Maßanzug Stiftungssatzung“ kann dann später womöglich nicht mehr geändert werden. Es sollte daher sehr gut überlegt werden, was quasi in Stein gemeißelt und in die Stiftungssatzung mit aufgenommen wird und ob die Möglichkeit besteht, diese nochmals aufzuheben oder zu verändern. Eine Escape-Klausel ist immer enorm wichtig. Änderungen in der Satzung müssen langfristig möglich bleiben. Eine solche Öffnungsklausel sollte aus diesem Grund am besten auch noch in der 2. Generation, bei Einstimmigkeit unter den Familienmitgliedern, vorhanden sein. Nur so kann die Satzung an eine andere Situation des Unternehmens in der Zukunft angepasst werden und flexibles Wirtschaften gewährleistet bleiben.
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Welche Rolle kommt der Familie in Zukunft bei der Besetzung der Stiftungsgremien zu? Kann es zur personellen Verflechtungen zwischen Stiftung und Unternehmen kommen oder ist dies sogar gewünscht? Martin-Devid Herrenknecht: Vorsitzender der Familienstiftung ist im Moment noch mein Vater und ich bin sein Stellvertreter. Dadurch gibt es eine gewünschte Verflechtung von der Herrenknecht AG und der Familienstiftung. Im Aufsichtsrat des Unternehmens sind uns Experten aus den Bereichen Finanzierung, Globalisierung, Innovationsmanagement und TechnologieStrategie wichtig – somit alle Themenbereiche, die zum nachhaltigen Erfolg von Herrenknecht beitragen und die Substanz des Unternehmens weiter erhärten. Da haben wir auch die richtigen Leute an Bord. Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Außerdem können glaubwürdige und loyale Familienmitglieder mit in die Aufsichtsratsarbeit eingebunden werden. Daher war mein Bruder Dieter langjähriges Mitglied im Aufsichtsrat unseres
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Unternehmens. Die Stiftung stellt im Moment in unserem Fall keine Mitglieder für den Aufsichtsrat. Das könnte sich allerdings in der Zukunft verändern. u
Inwieweit kann/darf und soll sich die Stiftung und deren Funktionsträger in die aktive Unternehmenspolitik und -strategie des Unternehmens einmischen? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Da ich sowohl in der Stiftung als auch in der Herrenknecht AG Vorstandsvorsitzender bin und auch mein Sohn MartinDevid operativ bei beiden beteiligt ist, binden wir die Stiftung aktiv mit in die Unternehmenspolitik und -strategie ein.
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Wie stellen Sie sicher, dass die Stiftung über hinreichend Kompetenz zur Begleitung und Kontrolle des Unternehmensvorstands verfügt? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Die Frage stellt sich mir nicht, da das primär die Aufgabe des Aufsichtsrats ist. Umso wichtiger ist es, dass dieser kompetent besetzt ist und auch die Stiftungsinteressen berücksichtigt werden.
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Wie stellen Sie sicher das trotz Stiftungslösung die Familie sich noch hinreichend mit den Unternehmen identifiziert und als aktiver und unternehmerisch denkender Eigentümer unternehmerische Impulse setzt? Martin-Devid Herrenknecht: Dadurch, dass die Familie noch aktiv im Unternehmen involviert ist, ist die Identifikation mit dem Unternehmen natürlich gegeben. Die tägliche Beteiligung am operativen Geschäft der Herrenknecht AG von meinem Vater und mir bringt stets große aktive Impulse aus der Familie ins Unternehmen und umgekehrt.
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Wie funktioniert der Prozess der Ausschüttungen an die Familienmitglieder im Rahmen Ihrer Stiftungslösung? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Damit meine Kinder und meine Frau finanziell abgesichert sind, sind sie Destinatäre der Familienstiftung. Das entschädigt meine Familie für ihren entgangenen Gewinn, da sie keine Dividendenausschüttungen vom Unternehmen erhält. Die Destinatszahlungen an Familienmitglieder sollte jede Stiftung individuell festlegen. Diese können sowohl fixiert – mit festen Ausschüttungsquoten – als auch frei von Jahr zu Jahr geregelt werden. Bei einer fixen Regelung schränkt sich das Unternehmen im Vorhinein allerdings in gewissem Maße die eigene Handlungsfreiheit ein.
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Inwieweit würden Sie Stiftungsunternehmen als besonders geeignet für unsere Wirtschaftsform der Sozialen Marktwirtschaft b ezeichnen? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Die Frage ist absolut berechtigt. Um langfristig eine mittelständische Firma wie die unsere zusammenzuhalten, bietet sich
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eine Stiftungslösung absolut an. Mir ist es wichtig, dass meine Kinder, Enkel sowie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter langfristig auf unser Unternehmen und einen sicheren Arbeitsplatz bauen können. Diese Sicherung von lokalen Strukturen ist für mich ein Eckpfeiler der Sozialen Marktwirtschaft. Hier im Dorf bin ich aufgewachsen, lebe ich immer noch und kenne daher die Menschen von nebenan. Da entwickelt sich ganz von alleine ein großes Pflichtbewusstsein dem Umfeld gegenüber und eine Stiftungslösung hilft, diese Strukturen zu bewahren. u
Welche konkreten Ratschläge würden Sie einer Unternehmerfamilie geben, die eine Stiftungslösung zur Regelung der Nachfolge in Betracht zieht? Dr.-Ing. E. h. Herrenknecht: Für die Herrenknecht-Stiftung empfand ich es als enorm wichtig, dass nur die eigene Familie im Stiftungsvorstand beteiligt ist. Es sollten nicht zu viele externe Personen beteiligt sein, um den Überblick über die Familienstiftung aufrecht zu halten und nicht in eine Kostenfalle zu geraten. Außerdem sollte man kritisch prüfen, in welchem Bundesland, bei welcher Prüfungsbehörde die Stiftung angemeldet wird. Jedes Bundesland hat seine eigenen Stiftungsgesetze und -regelungen. Deshalb unterscheiden sich die Bundesländer in Bezug auf Kontrollpflichten, Gründungskosten etc. So erschien es uns bspw. sinnvoller die Stiftung in Bayern als in Baden-Württemberg anzumelden. Jeder Stifter ist frei in der Wahl des Bundeslandes und in der Wahl des Notars. Auch der Notar sollte mit großer Sorgfalt gewählt werden, da es zwischen Notaren große Unterschiede in Honorar und Kompetenz gibt und man so schon zur Zeit der Stiftungsgründung einige Zeit und Kosten sparen kann. Zu guter Letzt sollte die Ausgestaltung der Stiftungssatzung äußerst sorgfältig vorgenommen werden, da diese die Grundlage für die Arbeit der Familienstiftung bildet.