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German Pages XVII, 267 [279] Year 2020
Familienunternehmen und KMU
Alisa Pfeiffer
Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen Eine Analyse dynamischer Teamzustände und Teamprozesse
Familienunternehmen und KMU Reihe herausgegeben von Andreas Hack, Bern, Schweiz Andrea Calabrò, Witten, Deutschland Thomas Zellweger, St. Gallen, Schweiz Franz W Kellermanns, Charlotte, USA Hermann Frank, Wien, Österreich Marcel Hülsbeck, Witten, Deutschland
Sowohl Familienunternehmen als auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zeichnen sich durch eine Reihe spezifischer Besonderheiten aus, die ihnen im Marktumfeld einen klaren Wettbewerbsvorteil bieten aber auch zu besonderen Risiken führen können. Die vorliegende Schriftenreihe präsentiert wissenschaft liche Arbeiten, die einen empirischen und theoretischen Beitrag zur Erkundung dieser Besonderheiten und deren Auswirkungen auf die betriebswirtschaftliche Praxis leisten. Übergeordnetes Ziel ist es, die Theorieentwicklung des Manage ments von Familienunternehmen und KMU voranzutreiben. Both Family Firms and Small and Medium Sized Enterprises (SME) feature a number of distinct behaviors and characteristics which could provide them with a competitive advantage in the market but could also lead to certain risks. The scientific series at hand presents research which provides an empirical and theo retical contribution to the investigation on these specific characteristics and their impact on business practice. The overall aim of this series is to advance the devel opment of theory in the areas of family firm and SME management.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/11570
Alisa Pfeiffer
Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen Eine Analyse dynamischer Teamzustände und Teamprozesse Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Marcel Hülsbeck
Alisa Pfeiffer Witten, Deutschland Universität Witten/Herdecke, 2019
ISSN 2520-1174 ISSN 2520-1182 (electronic) Familienunternehmen und KMU ISBN 978-3-658-30723-3 (eBook) ISBN 978-3-658-30722-6 https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Geleitwort Die Corporate Governance von Familienunternehmen ist seit gut zwanzig Jahren eine der beherrschenden Fragen dieses Forschungsfeldes. Ausgehend davon, ob und wie Familienunternehmen erfolgreicher sind als andere Unternehmen, stößt man naturgemäß auf die Frage, wodurch ein solcher Erfolg zu erklären ist. Die ökonomisch naheliegende Antwort, dass die hohe Eigentumskonzentration innerhalb einer Familie die Entscheidungsgeschwindigkeit erhöht und gleichzeitig Kommunikations- und Transaktionskosten reduziert, greift dabei zu kurz. Zum einen steht der höheren Entscheidungsgeschwindigkeit, bedingt durch die Beschränkung der Entscheidungen auf wenige, ggf. nicht optimal qualifizierte, Entscheider, eine geringere Entscheidungsqualität entgegen. Zum anderen zeigt die empirische Forschung eindrucksvoll, dass Familieneigentum allein dem Unternehmen keine Vorteile bringt. Es geht bei der Governance von Familienunternehmen also nicht primär um die Frage der Eigentumskonzentration, sondern darum, wie diese Eigentumsrechte ausgeübt werden. Eine solche Ausübung von Eigentumsrechten ist dabei in verschiedenen Ausprägungen möglich. Unserem klassischen Bild von Familienunternehmen entspricht es, dass die Familie das Unternehmen selbst operativ führt und diese Führung von Generation zu Generation weitervererbt wird. Gerade bei großen und komplexen Unternehmen findet man stattdessen (angeblich) ein Top-Management vor, welches aus gut ausgebildeten Experten besteht, durch professionelle Personalberater ausgewählt, und durch ausgeklügelte Verträge mit den entsprechenden Leistungsanreizen versehen wurde. In diesen großen Unternehmen konzentriert sich die Familie dann als aktive Eigentümerin auf die Überwachung der angestellten Manager und ihrer Entscheidungen. So schön diese Ideen einer klaren Trennung von Management vs. Überwachung durch die Familie sind, ebenso gut erforscht sind sie, da sich diese Idealtypen eben auch leicht erkennen, vermessen und erforschen lassen. So wissen wir im Falle des Familien-Managements über die Gefahren des eingeschränkten Humankapitals in der Familie, über Nepotismus und Vetternwirtschaft, über die Nachfolge durch die Willigen statt der Tüchtigen, ziemlich gut Bescheid. Auf der anderen Seite warnt uns die Forschung davor, dass die Familie sich auf die Kontrollfunktion zurückzieht, da mit der familiären Distanzierung familienspezifische Vorteile, wie eine hohe Identifikation und emotionale Bindung von Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten verloren geht, oder etwa mit dem Verlust der Langzeitorientierung das geduldige Investitionskapital der Familie durch kurzfristige Finanzmarktorientierung ersetzt wird. So wird also den Familien, welche selbst das Top-Management ihres Unternehmens stellen, dringend geraten sich ein professionelles Management zuzulegen und sich baldmöglichst aus der operativen Führung zurückzuziehen, während den Familien, welche diesen Schritt vollzogen haben geraten wird, sich doch bitte wieder möglichst nah und operativ am
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Geleitwort
unternehmerischen Geschehen zu beteiligen. Leider werden beide in der Forschung propagierten Idealformen dem tatsächlichen Bild und den Anforderungen des deutschen Mittelstands nicht gerecht. Dieser steht in der Regel vor der Frage, wie erfolgreiche Familienunternehmen, welche in den letzten dreißig Jahren deutliches Wachstum durch Globalisierung und Diversifikation erfahren haben und sich nun fit für Digitalisierung und Klimawandel machen müssen, professionalisieren lassen, ohne ihre Familienvorteile zu verspielen. Die Antwort auf diese Frage aus Corporate Governance-Sicht besteht darin, das bisherige, familieninterne Management durch familienexterne Profis zu ergänzen. Genau an dieser Stelle setzt die Arbeit von Frau Dr. Pfeiffer an. Sie stellt sich die Frage, wie effektive Zusammenarbeit zwischen angestellten Managern und operativ tätigen Eigentümern auf Augenhöhe gelingen kann. Die Arbeit schließt damit eine Lücke in der Forschung zu Familienunternehmen als auch in der Corporate Governance Forschung, welche sich beide bisher fast ausschließlich mit den oben genannten Idealtypen befasst. Auch methodisch geht die Arbeit von Frau Dr. Pfeiffer weiter als die übliche Forschung in diesem Bereich. Durch die konsequente Verwendung eines „Mixed Method“- Ansatzes ist es der Arbeit nicht nur möglich, bisher unbeachtete Zusammenhänge der Selektion, Rollengestaltung, sowie der entstehenden Teamdynamiken aufzudecken, sondern diese auch zu interpretieren und zu erklären. Konzeptionell besticht die Arbeit damit, dass sie ein Konzept aus der psychologischen Teamforschung auf Top-Management-Teams in Familienunternehmen überträgt, welches differenzierte Einblicke auf Ebene des Einzelnen, des Managementteams, aber auch der familiären und unternehmerischen Einbindung ermöglicht. So gelingt es der Arbeit von Frau Dr. Pfeiffer bisherige blinde Flecken der Governance- und Family-BusinessForschung aufzudecken und näher zu beleuchten. Exemplarisch seien hier nur die Fragen der Willensbildung und Erwartungsklärung der Eigentümerfamilie genannt, oder aber die Tabuisierung von Machtgefälle und Konfliktbereitschaft zwischen Eigentümer-Manager und angestelltem Manager. Die Arbeit stellt aber nicht nur einen entscheidenden Beitrag zu diesen Forschungsfeldern dar, sondern liefert auch klare Implikationen für die Praxis hinsichtlich der Teamgestaltung, des Beziehungsmanagements als kontinuierlichem Prozess, oder aber der Rollenüberschneidung zwischen internem und externem Manager. Dementsprechend möchte ich die Lektüre dieser Arbeit nicht nur allen Corporate Governance- und Familienunternehmensforschern an Herz legen, sondern auch Studierenden, Nachfolgern und wissenschaftsorientierten Praktikern. Es war mir eine besondere Freude, die Entstehung dieser Arbeit begleiten zu dürfen. Ich wünsche ihr eine breite und interessierte Leserschaft über das Gebiet der Familienunternehmensforschung hinaus. Witten, im April 2020
Prof. Dr. Marcel Hülsbeck
Danksagung Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. Marcel Hülsbeck, der mich im Forschungsprozess kontinuierlich unterstützt und dazu angeregt hat, in neue Richtungen zu denken. Bedanken möchte ich mich außerdem bei Prof. Dr. Andreas Hack für die Übernahme des Koreferats sowie für die konzeptionelle Unterstützung besonders in der Startphase der Doktorarbeit. Darüber hinaus möchte ich Dr. Maike Gerken meinen Dank für den intensiven und spannenden Austausch über Verknüpfungsmöglichkeiten psychologischer mit wirtschaftlicher Forschung aussprechen. Ein großer Dank gilt auch allen teilnehmenden Familienunternehmern, ohne deren Bereitschaft der empirische Teil der Arbeit nicht in dieser Form möglich gewesen wäre. Während der Interviewphase durfte ich spannende Unternehmerpersönlichkeiten kennenlernen, die für mich eine besondere Quelle der Inspiration gebildet haben. Zuletzt möchte ich mich von ganzem Herzen bei meiner Familie und meinen Freunden bedanken, die mich in diesem herausfordernden und spannenden Lebensabschnitt begleitet und unterstützt haben. Besonders die innerfamiliären Gespräche über die Praxis des Familienunternehmertums haben mir bedeutsame Impulse im Forschungsprozess gegeben.
Inhaltsverzeichnis 1 2
Einleitung ....................................................................................................... 1 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen ................................................................................... 7 2.1 Separation von Eigentum und Kontrolle ......................................................... 9 2.2 Einheit von Eigentum und Kontrolle ............................................................ 12 2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle ....... 13 2.3.1 Gegenseitige Anforderungen an Familien- und Fremdmanagement............. 15 2.3.2 Rollenzuschreibungen und Gruppenspaltung ............................................... 18
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Forschungslücke .......................................................................................... 21 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität .............................................. 25 4.1 Definition von Top Management Teams im Kontext Familienunternehmen 26 4.2 Das IPO-Modell als theoretischer Rahmen für die Teameffektivität ............ 28 4.3 Erweiterungen des klassischen IPO-Modells ................................................ 30 4.4 Forschungsstand zur Effektivität von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens .................................................................................. 33 4.5 Exploration von Konzepten aus der Teamforschung .................................... 38 4.5.1 Kohäsion ....................................................................................................... 42 4.5.2 Vertrauen ....................................................................................................... 46 4.5.3 Konflikt ......................................................................................................... 50
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Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen ................................................ 55 5.1 Mixed-Method-Ansatz .................................................................................. 55 5.2 Forschungsfragen .......................................................................................... 58 5.3 Empirisches Forschungsdesign ..................................................................... 59 5.3.1 Interviewleitfaden ......................................................................................... 59 5.3.2 Datenerhebung sowie -aufbereitung und Auswahl der Stichprobe ............... 61 5.3.3 Beschreibung der Stichprobe ........................................................................ 63 5.3.4 Datenauswertung ........................................................................................... 66 5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie ................................................................ 69 5.4.1 Anforderungen an familienexterne Geschäftsführer im Auswahlprozess ..... 72 5.4.2 Persönlichkeitsprofile familieninterner und familienexterner Geschäftsführer ............................................................................................. 79
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Inhaltsverzeichnis
5.4.3 Vertrauen als Schlüssel zum selbstständigen Agieren im Geschäftsführungsteam ................................................................................. 87 5.4.4 Kohäsion stärkt die Beziehungsebene und eint das Geschäftsführungsteam ................................................................................. 94 5.4.5 Konfliktbewältigung fördert den Teamzusammenhalt und Verbleib im Team ............................................................................................................ 102 5.4.6 Die Rollengestaltung im Geschäftsführungsteam ....................................... 111 5.4.7 Der Umgang mit Machtdifferenzen im Geschäftsführungsteam ................ 120 5.5 6
Diskussion der Ergebnisse .......................................................................... 125 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen ........................................... 135 6.1 Forschungshypothesen ................................................................................ 135 6.1.1 Hypothese 1: Zusammensetzung des Geschäftsführungsteams .................. 136 6.1.2 Hypothese 2: Wirkung von strukturellen Faktoren und dynamischen Zuständen auf die Teameffektivität ............................................................. 141 6.1.3 Hypothese 3: Mediatoreffekte auf die Beziehung Konflikt – Teameffektivität........................................................................................... 142 6.1.4 Hypothese 4: Die Moderatorrolle von Konfliktmanagement ...................... 144 6.2 Empirisches Forschungsdesign ................................................................... 147 6.2.1 Datenerhebung und Konstruktion des Fragebogens ................................... 147 6.2.2 Operationalisierung und Reliabilitätsmessung der Konstrukte ................... 149 6.2.3 Auswahl und Beschreibung der Stichprobe ................................................ 157 6.2.4 Datenauswertung ......................................................................................... 161 6.2.5 Kontrollvariablen ........................................................................................ 162 6.3 Ergebnisse der quantitativen Studie ............................................................ 163 6.3.1 Beantwortung von Hypothese H1a-c .......................................................... 163 6.3.2 Beantwortung von Hypothese H2a-b .......................................................... 172 6.3.3 Beantwortung von Hypothese H3 ............................................................... 179 6.3.4 Beantwortung von Hypothese H4 ............................................................... 182 6.4
7 7.1 7.2
Diskussion der Ergebnisse unter Einbezug von Kapitel 5.5 ....................... 193 Integration ................................................................................................. 201 Schlussfolgerungen, Beitrag zur Wissenschaft und Theorie ....................... 201 Limitationen und Forschungsausblick ........................................................ 207
Inhaltsverzeichnis
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Literaturverzeichnis ................................................................................................. 211 Anhang ..................................................................................................................... 237 Anhang A: Interviewleitfaden ..................................................................................... 237 Anhang B: Fragebogen ............................................................................................... 242 Anhang C: Skalenreliabilität für die Konstrukte ........................................................ 251 Anhang D: Korrelationsmatrix ................................................................................... 256 Anhang E: Bedingungsprüfung Regressionsanalyse, Diagramme ............................. 258 Anhang F: CPR Plot H1b Soziale Kohäsion............................................................... 260 Anhang G: Verteilung der Variable Zufriedenheit ...................................................... 261 Anhang H: Margin-Diagramme zu Hypothese 2b ...................................................... 262 Anhang I: SEM Modell, Aufschlüsselung der Pfade .................................................. 264 Anhang J: Schätzung SGM Hypothese 2a .................................................................. 265 Anhang K: Quadrierte multiple Korrelation des SGMs ............................................. 267
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1. Aufbau der Doktorarbeit ......................................................................... 5 Abbildung 2. Zusammenfassung der Forschungsfelder.............................................. 23 Abbildung 3. Das IPO-Modell als theoretisches Rahmenkonzept der Teameffektivität, aus Mathieu et al. (2008, S. 413) ............................. 29 Abbildung 4. Übertragung des IMOI-Modells auf gemischte Geschäftsführungsteams in FU, eigene Darstellung in Anlehnung an Mathieu et al. (2008) und Rico et al. (2011) .................................... 32 Abbildung 5. IPO-Modell für Familienunternehmen nach Pearson et al. (2014, S. 3), adaptiert von Cohen et al. (1997) .................................................... 35 Abbildung 6. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zur Selektion eines ExtGFs .................................................................................................. 79 Abbildung 7. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse komplementärer Persönlichkeitseigenschaften ................................................................ 87 Abbildung 8. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Vertrauen ...................... 94 Abbildung 9. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Kohäsion .................... 101 Abbildung 10. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Konflikt und Konfliktmanagement .......................................................................... 110 Abbildung 11. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Rollen im Geschäftsführungsteam ...................................................................... 119 Abbildung 12. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Machtorientierung ...... 124 Abbildung 13. Zusammenführung der zentralen Resultate der qualitativen Studie in Anwendung auf das IMO-Modell................................................... 126 Abbildung 14. Visualisierung der angenommenen Zusammenhänge der Konstrukte .......................................................................................... 143 Abbildung 15. Strukturgleichungsmodell für die Teameffektivitätsfaktoren kognitive Performance und Teamzufriedenheit .................................. 179
Tabellenverzeichnis Tabelle 1. Inputfaktoren und Mediatoren aus der Teamforschungsliteratur im Überblick ................................................................................................... 39 Tabelle 2. Schema der Forschungsdesignwahl der vorliegenden Dissertation (eigene Darstellung)................................................................................... 58 Tabelle 3. Überblick über die sechs Themenfelder des Interviewleitfadens............... 60 Tabelle 4. Deskriptive Darstellung der Interviewfälle (N= 16) .................................. 65 Tabelle 5. Struktur des Kategoriensystems ................................................................. 70 Tabelle 6. Eigenschaftszuweisungen familieninterner und -externer Geschäftsführer .......................................................................................... 80 Tabelle 7. Zuordnung der Themenblöcke des Fragebogens zur Hypothesenerstellung .............................................................................. 148 Tabelle 8. Reliabilität und Deskriptivstatistik der literaturbasierten operationalisierten Konstrukte (N= 163) .............................................. 155 Tabelle 9. Reliabilität und Deskriptivstatistik der interviewbasierten operationalisierten Konstrukte (N= 163) ................................................. 156 Tabelle 10. Deskriptivstatistik für die quantitative Stichprobe (N= 163) ................... 159 Tabelle 11. Hypothese 1a, Vertrauen als abhängige Variable ..................................... 165 Tabelle 12. Hypothese 1b, soziale Kohäsion als abhängige Variable ......................... 167 Tabelle 13. Hypothese 1c, Aufgabenkohäsion als abhängige Variable ....................... 171 Tabelle 14. Hypothese 2a, Verbesserungspotenzial kognitiver Performance als abhängige Variable ................................................................................... 174 Tabelle 15. Hypothese 2b, Zufriedenheit als abhängige Variable ............................... 178 Tabelle 16. Zusammenfassung der Modellanpassung und Goodness-of-Fit-Indizes für das aufgestellte Modell ...................................................................... 180 Tabelle 17. Effekte des signifikanten Mediatoreffektes der sozialen Kohäsion für das vermutete Modell ......................................................................... 182 Tabelle 18. Hypothese 4a, Einfluss von Konfliktmanagement, Vertrauen als abhängige Variable ................................................................................... 184 Tabelle 19. Hypothese 4b, Einfluss von Konfliktmanagement, soziale Kohäsion als abhängige Variable ..................................................................... 187 Tabelle 20. Hypothese 4c, Einfluss von Konfliktmanagement, Aufgabenkohäsion als abhängige Variable ....................................................................... 190 Tabelle 21. Einzelwirkung von Konfliktmanagementstrategien als Moderatoren auf dynamische Teamzustände ................................................................ 192
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Tabellenverzeichnis
Tabelle 22. Gegenüberstellende Zusammenfassung der Hypothesentests H1a–c und H2a–b ................................................................................................ 193 Tabelle 23. Mediatoreffekte auf die Beziehung zwischen Konflikten und Teameffektivität ....................................................................................... 198 Tabelle 24. Einfluss von Konflikten auf das Geschäftsführungsteam. Zusammenfassung der Hypothesentests H4a–c....................................... 199
Abkürzungsverzeichnis Abb. CEO CG CFO COO F–A–T ExtGF FU GF IntGF IMO IMOI IPO Kap. NIntGF NExtGF PAT QUAL QUANT R2korr. RBV SEW ST Tab. TMT UET vgl.
Abbildung Chief Executive Officer Corporate Governance Chief Financial Officer Chief Operation Officer Fragebogen zur Arbeit im Team Familienexterne(r) Geschäftsführer Familienunternehmen Geschäftsführer oder Geschäftsführung Familieninterne(r) Geschäftsführer Input Mediator Output Input – Mediator – Output – Input Input – Process – Output Kapitel Anzahl familieninterner Geschäftsführer Anzahl familienexterner Geschäftsführer Prinzipal-Agenten-Theorie Qualitative Forschung Quantitative Forschung Korrigiertes R2 Ressource-based-View Sozio-Emotionales Vermögen Stewardship Theorie Tabelle Top Management Team Upper Echelon Theorie vergleiche
1 Einleitung Problemstellung Die Familienunternehmensforschung verzeichnet eine wachsende Anzahl von empirischen Studien, auch über die eigene akademische Community hinaus, und beweist ihre legitime Berechtigung als angesehenes, eigenständiges Forschungsfeld (Evert, Martin, McLeod & Payne, 2016). Diese Entwicklung ist angesichts der hohen volkswirtschaftlichen Bedeutung und Präsenz von Familienunternehmen weltweit (Anderson & Reeb, 2003; Claessens, Djankov & Lang, 2000; La Porta, López de Silanes & Shleifer, 1999; Sharma, Chrisman & Gersick, 2012) ein logisches Resultat. In Deutschland sind 91 Prozent der deutschen privatwirtschaftlichen Unternehmen familienkontrolliert, d. h. die Unternehmen befinden sich im Mehrheitsbesitz von einigen wenigen natürlichen Personen. Familienkontrollierte Unternehmen, die gleichzeitig eigentümergeführt sind, machen einen Anteil von 87 Prozent aus (Stiftung Familienunternehmen, 2017, S. 2). Eine Konsensbildung zu Schlüsseltheorien erfolgt in der Familienunternehmensforschung zunehmend. Dennoch existieren einige Bereiche, die in Relation zu ihrer Bedeutung zu wenig erforscht sind (Evert et al., 2016; Litz, Pearson & Litchfield, 2012). Dazu zählt unter anderem die Materie der vorliegenden Dissertation: Bislang beschäftigen sich wenige Studien mit der gemeinsamen Besetzung des Geschäftsführungsteams durch familieninterne und -externe Geschäftsführer1. Dies wird eher als Randthema im Rahmen anderer Fragestellungen behandelt (Klein & Bell, 2007). Untersuchungen aus angrenzenden Forschungsbereichen fokussieren die Zusammenarbeit in reinen Familienteams oder fremdgeführten Geschäftsführungsteams hinsichtlich ihrer Wirkung auf die Unternehmensperformance. Dass die Untersuchung gemischter Geschäftsführungsteams eine ebenso hohe praktische Relevanz aufweist, zeigt sich in der Studie von Chua, Chrisman und Sharma (2003a). Die Autoren finden heraus, dass die Beziehung zu familienfremden Managern eines der größten Anliegen von Familienunternehmern darstellt2, gemessen an der zugeschriebenen Bedeutung jedoch wenig Forschung vorhanden ist. Zugleich existiert zum Thema gemischter Geschäftsführungsteams mehr populärwissenschaftliche Literatur von Unternehmensberatungen als wissenschaftliche Forschungsliteratur (Franzoi, 2013; Klein et al., 2007).
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Um dem Rezipienten der vorliegenden Arbeit die Lesbarkeit zu erleichtern, wird bei geschlechtsspezifischen Begriffen der maskuline Plural verwendet. Diese Form versteht sich als geschlechtsneutral. Angesprochen werden dabei beide Geschlechter. 2 Als größte Sorge nannten die befragten Familienunternehmer das Thema Nachfolge, als zweitgrößte Sorge das Fremdmanagement (Chua et al., 2003, S. 95).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_1
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1 Einleitung
Diese Betonung der Relevanz führt zu der Frage, welche Kriterien dafür verantwortlich sind, dass ein gemischtes Geschäftsführungsteam in Familienunternehmen (FU) die Unternehmensperformance in anderer Art und Weise beeinflusst als andere Führungsformen. Um sich dieser Fragestellung anzunähern, bedarf es zunächst einer Herausstellung der Unterschiede dieser Führungsform, die sich über eine definitorische Beschreibung der Andersartigkeit von FU darstellen lässt. Der erhebliche Umfang der Forschungsliteratur mit dem Anliegen, ein FU zu definieren und zu operationalisieren, erschwert die Konsensbildung einer allgemeingültigen Definition von FU (Bird, Welsch, Astrachan & Pistrui, 2002; Chrisman, Chua & Sharma, 2005; Evert et al., 2016). Als Hauptmerkmalskriterium zur Differenzierung ist den meisten Definitionen die Einflussnahme einer oder mehrerer Unternehmerfamilien auf das FU gemein. Deren Operationalisierung ist diffizil und diese Einflussnahme findet sich daher in unterschiedlichen Ausprägungsformen (O’Boyle, Pollack & Rutherford, 2012). Der vorliegenden Dissertation wird die Definition nach dem Komponenten-Ansatz [engl.: Components-of-Involvement] zugrunde gelegt. Hier stellt die Partizipation der Familie am Unternehmen das hinreichende Kriterium für die Klassifikation als FU dar. Die Komponenten bestehen aus drei Aspekten: (1) Eigentümerschaft, also den Anteilen respektive Eigentumsrechten der Eigentümerfamilie am Unternehmen, (2) Governance, also den Kontrollrechten der Unternehmerfamilie, die sie per Unternehmensführung oder Aufsichtsratsbesetzung ausüben und mit denen sie ihren Einfluss auf das FU geltend machen kann, und (3) Generationennachfolge, also der Absicht der Unternehmensfortführung in nachfolgender Generation (Chua, Chrisman & Sharma, 1999). Für die Differenzierung der Führungsform gemischter Geschäftsführungsteams ist die Betrachtung der ersten beiden Kriterien zielführend. In der Familienunternehmensforschung wird meist die Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) für die Untersuchung von Asymmetrien zwischen Eigentümern und Fremdmanagement herangezogen (Chua et al., 2003a; Poutziouris, Savva & Hadjielias, 2015). Im Fokus steht hier die Anwendung auf die nicht operativ tätige Familie, die Punkt (2) der obigen Definition, also die Kontrollrechte über die Besetzung von Funktionen in Kontrollgremien, ausübt. In gemischten Geschäftsführungsteams findet die Partizipation der Familie hingegen statt, indem sie Kontrollrechte per Ausübung einer operativen Tätigkeit in der Unterneh-
1 Einleitung
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mensführung wahrnimmt, sich diese Rolle aber mit familienfremden Personen3 in der Geschäftsführung teilt. Als Punkt (1) der obigen Definition abgebildet, führt eine gleichzeitig vorhandene Eigentümerschaft familieninterner Geschäftsführer zu einer Asymmetrie auf der Beziehungsebene zu familienexternen Geschäftsführern, da dem Familienmanager aufgrund seiner Familienzugehörigkeit Sonderrechte zugeschrieben werden (Carney, 2005). Dies leitet zu der Frage, wie gemischte Geschäftsführungsteams mit diesen Differenzen umgehen und wie die Zusammenarbeit dadurch beeinflusst wird. Für die Untersuchung solcher teaminternen Prozesse fehlt jedoch bislang ein theoretischer Rahmen. Um diese Lücke zu bearbeiten, verfolgt die vorliegende Dissertation für die Untersuchung teaminterner Prozesse in gemischten Geschäftsführungsteams eine alternative Herangehensweise zur PAT. Während vorhandene Studien über reine Fremd- und Familiengeschäftsführung vornehmlich den Familieneinfluss auf die Performance des Unternehmens analysieren, lässt sich eine neue theoretische Konzeptionierung mittels der Logik von Input-Process-Output-Modellen (IPO-Modellen) aus der Psychologie anwenden. Hier steht die Effektivität4 als Output der Teamarbeit im Fokus. Dieses Modell ermöglicht die Analyse von Teamprozessen, die auf die Effektivität eines Geschäftsführungsteams Einfluss nehmen. Gleichzeitig können weitere Wirkzusammenhänge solcher Teamprozesse durch Faktoren der Teamzusammensetzung erfasst werden, was den Einbezug von Asymmetrien in gemischten Geschäftsführungsteams ermöglicht. Zielsetzung und Forschungsfragen Aus der oben dargelegten Problemstellung ergibt sich als Ziel dieser Arbeit, ein Verständnis von teaminternen Prozessen und dynamischen Zuständen in gemischten Geschäftsführungsteams, die zu einer effektiven Zusammenarbeit führen, zu erlangen. In einem ersten Schritt erfordert dies die Prüfung der Übertragbarkeit teampsychologischer Konstrukte auf den Kontext Familienunternehmen. In diesem Rahmen werden dynamische Teamzustände und -prozesse identifiziert, die eine besondere Relevanz für familieninterne und -externe Geschäftsführer aufweisen. Ein weiteres, wesentliches Teilziel bildet die Untersuchung des jeweiligen Rollenverständnisses beider
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Als familienfremde Geschäftsführer werden jene Personen definiert, welche keine Blutsverwandtschaft oder ein Verhältnis zur Eigentümerfamilie per Heirat oder Adoption besitzen und über keine oder nur wenige Anteile verfügen. Per Sitz in der Geschäftsleitung können sie ebenso wie Familienmitglieder in dieser Position das System und seine Subsysteme beeinflussen (Schultzendorff, 1984, S. 1). Die Performance ist eine gängige Form der Operationalisierung des Effektivitätskriteriums (Hackman, 1987).
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1 Einleitung
Gruppen, um die besondere Stellung der Familie im Entscheidungsmanagement und ihre Beeinflussung der Zusammenarbeit mit Fremdmanagern zu berücksichtigen. Darüber hinaus intendiert die vorliegende Arbeit eine ganzheitliche Erfassung der Teamdynamik, welche IPO-modellinhärent abgefragt werden kann. Daher wird als weiteres Ziel der Arbeit die Überprüfung der Wirkzusammenhänge von Faktoren der Teamkomposition und von Teammechanismen formuliert sowie deren Einfluss auf die Teameffektivität. Unter dem Aspekt der Teamkomposition wird zusätzlich der Auswahlprozess familienexterner Geschäftsführer beleuchtet, um die Phase vor Eingehen des Partnerschaftsverhältnisses ebenso zu erfassen, wie die Phase der anschließenden Zusammenarbeit im Geschäftsführungsteam. Aufbau der Arbeit Die vorliegende Dissertation ist in sieben Kapitel gegliedert. Im Anschluss an die Einleitung in die Thematik dieser Arbeit wird in den Kapiteln zwei bis vier eine theoretische Grundlage für die Untersuchung der Führungsform gemischter Geschäftsführungsteams erarbeitet. Dabei findet in Kapitel 2 eine Anknüpfung an die Familienunternehmens- sowie Corporate-Governance-Forschung statt. Dies dient der Herausstellung der Besonderheiten von Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, in denen Eigentum und Kontrolle entweder über die Wahrnehmung einer Managementfunktion vermischt stattfinden oder von dieser entkoppelt werden. Über diese Annäherung lässt sich in Kapitel 2.3 sowie Kapitel 3 aufzeigen, dass gemischte Geschäftsführungsteams als besondere Mischform dieser beiden viel beforschten Führungsformen einer separaten Untersuchung bedürfen und zudem ein neues, theoretisches Rahmenkonzept erforderlich ist, um teaminterne Prozesse zu analysieren. Diese neuartige Herangehensweise mittels des IPO-Modells aus der Psychologie wird in Kapitel 4 vorgestellt. Nach der Erläuterung der definitorischen Besonderheit gemischter Geschäftsführungsteams aus einer kombinierten Perspektive der Psychologie und Managementforschung wird mit Darstellung des Forschungsstandes zur Effektivität von Managementteams die Forschungslücke aus Kapitel 3 erneut aufgegriffen. Um die Disziplinen der Psychologie und Familienunternehmensforschung zu verknüpfen, wird ein Mixed-Method-Ansatz gewählt. In einer ersten qualitativen Studie (vgl. Kapitel 5) wird das Feld gemischter Geschäftsführungsteams hinsichtlich wirkender Teammechanismen offen exploriert. In dieser Erhebung erweisen sich drei psychologische Konzepte als bedeutsam für gemischte Geschäftsführungsteams: Vertrauen, Kohäsion und Konflikt. Daher werden im Theorieteil in Kapitel 4 auch nur diese Konstrukte theoretisch ausgeführt. Die qualitative Studie bildet die Basis für die Konzeption der quantitativen Studie, welche in Kapitel 6 dargestellt wird. Diese baut auf der Diskussion der qualitativen Studienergebnisse auf und überprüft die identifi-
1 Einleitung
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zierten Teamdynamiken in ihrem Wirkzusammenhang zueinander mittels spezifizierter Hypothesen. Als Abschluss des sechsten Kapitels findet eine zusammenführende Diskussion der Resultate aus der qualitativen und der quantitativen Studie statt, um eine erste Ergebnisintegration zu erzielen, bevor diese Ergebnisse in Kapitel 7 in einen übergeordneten Kontext gestellt und in ihrer Relevanz für die Familienunternehmensund für die teampsychologische Forschung dargelegt werden. Zuletzt werden die Limitationen der vorliegenden Forschungsarbeit aufgezeigt und ein Ausblick auf zukünftige Forschungen abgeleitet.
Abbildung 1. Aufbau der Doktorarbeit
2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen Die wissenschaftliche Literatur zum Feld der gemischten Geschäftsführung ist dünn gesät (Klein & Bell, 2007) und im Vergleich zur Bedeutungszuschreibung unterrepräsentiert (Chua et al., 2003a). Die Relevanz der Erforschung gemischter Geschäftsführungsteams kann anhand der prozentualen Verteilung von familienexternen Managern in deutschen Familienunternehmen verdeutlicht werden: 42 Prozent aller Geschäftsleitungen verfügen über ein gemischtes Managementteam (Klein, 2000)5. Aktuellere Studien sind vermehrt in anderen Ländern zu verorten, bestätigen aber ebenso eine ausgeprägte Präsenz von Fremdmanagement in der Geschäftsführung an der Seite des Familienmanagements in FU (für die USA z. B. Sonfield & Lussier, 2009a, 2009b; für Italien z. B. Minichilli, Corbetta & MacMillan, 2010). Trotz der großen Präsenz gemischter Managementteams in Familienunternehmen liegt der Fokus empirischer Studien der Familienunternehmensforschung auf der getrennten Betrachtung von Familien- und Fremdmanagementteams. Dies führt zu einer Wahrnehmung von Familien- und Fremdmanagern als jeweils homogene Gruppe (Binacci, Peruffo, Oriani & Minichilli, 2016). Dem liegt das Interesse an der Frage zugrunde, welche Auswirkung der Familieneinfluss auf die Unternehmensperformance zeitigt. Die Resultate, nach denen ein Familieneinfluss durch die Eigentümerschaft oder die Übernahme von Managementfunktionen durch die Familie positiv oder negativ ausfällt, sind dabei gemischt (Bloom & van Reenen, 2007; Miller & Le BretonMiller, 2005; Salvato, Minichilli & Piccarreta, 2012). Eine gesteigerte Performance wurde nachgewiesen, solange ein Familieneigentümer bzw. der Gründer als Vorsitzender der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrates Kontrolle ausübt (Anderson & Reeb, 2003; Villalonga & Amit, 2006; Fahlenbrach, 2009), wohingegen die unreflektierte Nachfolge durch einen Erben eine negative Wirkung zeigen kann (Bennedsen, Nielsen, Pérez-Gonzáles & Wolfenzon, 2007; Bloom et al., 2007; Pérez-Gonzáles, 2006). Dass der Familieneinfluss generell in einem positiven Zusammenhang steht, findet jedoch breite Unterstützung (Miller & Le Breton-Miller, 2006; O’Boyle, Pollack & Rutherford, 2012; Wagner, Block, Miller, Schwens & Xi, 2015). Im Zuge der Debatte um die Wirkung des Familieneinflusses widmen sich Studien dem jeweiligen Effekt der Besetzung von leitenden Positionen durch ein Familien- oder ein Fremdmanagement. Während Gallo und Vilaseca (1998) keine Performancesteigerung durch einen Fremdmanager als CFO feststellen, finden Caselli und Di Giuli (2010) eine ge5
44 Prozent der Familienunternehmen werden komplett durch Familienmitglieder geführt, 14 Prozent haben ein reines Fremdmanagement. Die Stichprobe besteht aus N= 1158 deutschen Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Million Euro (Klein, 2000, S. 10).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_2
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
steigerte Unternehmensperformance bei gleichzeitiger Besetzung der CEO-Position durch einen familieninternen und der CFO-Position durch einen familienexternen Geschäftsführer. Für das Verhältnis des Familieneinflusses im gesamten Managementteam nehmen Minichilli, Corbetta und Mac Millan (2010) eine u-förmige Beziehung zwischen der Quote an Familienmitgliedern im Geschäftsführungsteam und der Unternehmensperformance an. De Massis, Kotlar, Campopiano und Cassia (2013, 2015) finden eine umgekehrt u-förmige Beziehung zwischen dem Familieneigentum und der Performance. Sie sehen die Bedeutung der Familienquote jedoch erst ab einem höheren Level an Familienbesitz als relevant an und befürworten eine Ausgewogenheit an Familien- und Nichtfamilienmitgliedern im Managementteam, um eine hohe Performance zu erzielen. Die Antwort auf die Frage, welche Form bzw. welches Ausmaß an Kontrollausübung durch die Eigentümerfamilie für das Unternehmen förderlich ist, bleibt letztendlich offen. Um die Gründe für die Vagheit dieser Ergebnisse zu verstehen, bedarf es einer getrennten Betrachtung der definitionsinhärenten Komponenten von Familienunternehmen: der Eigentümerschaft und der Kontrolle bzw. Führung des Unternehmens. So können Familieneigentum und Familienmanagement verschiedene, möglicherweise gegensätzliche Effekte auf die Performance haben (Block, Jaskiewicz & Miller, 2011). Dabei gestaltet sich die genaue Zuweisung von Eigentumseffekten schwierig, da diese häufig mit Variablen der familiären Kontrolle vermischt einfließen (Villalonga et al., 2006). Im Folgenden soll zunächst eine theoretische Basis herausgearbeitet werden, um die Gründe für eine höhere bzw. geringere Performance durch den Einfluss einer Eigentümerfamilie aufzuzeigen. Dies lässt sich anhand der Gliederung in zwei Forschungstraditionen bewerkstelligen: (1) Corporate-Governance-Forschung: Separation von Eigentum und Kontrolle (2) Familienunternehmensforschung: Einheit von Eigentum und Kontrolle Über diese Zweiteilung in benachbarte Forschungsgebiete lässt sich eine wissenschaftlich basierte Annäherung an das Thema der vorliegenden Dissertation zeichnen. In Kapitel 2.1 wird zunächst erläutert, was eine Trennung von Eigentum und Kontrolle beinhaltet. Anschließend werden in den Kapiteln 2.1 und 2.2 die Vorteile und Gefahrenpotenziale der jeweiligen Ausgestaltungsform der beiden Komponenten (Separation vs. Einheit) zusammengetragen. In Kapitel 2.3 wird ein Literaturüberblick der vorhandenen Forschung zu gemischten Geschäftsführungsteams gegeben. Die Vermischung der beiden Ausgestaltungsformen dokumentiert allerdings eine Unklarheit in der Forschung und offenbart zudem eine fehlende theoretische Konzeptionierung (Klein et al., 2007).
2.1 Separation von Eigentum und Kontrolle
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2.1 Separation von Eigentum und Kontrolle Um zu verstehen, was eine Separation von Eigentum und Kontrolle bedeutet, bedarf es eines Rückgriffs auf Fama und Jensen (1983, S. 303), denen zufolge Kontrolle in der Wahrnehmung von Entscheidungsrechten liegt. Dabei besteht ein Entscheidungsprozess aus vier Schritten: (1) Initiierung, d. h. der Entwicklung von Ideen zur Ressourcennutzung und Vertragsgestaltung, (2) Ratifizierung, d. h. der Wahl der umzusetzenden Vorschläge, (3) Implementierung, d. h. der Ausführung der ratifizierten Entscheidungen, und (4) Überwachung, d. h. der Messung der Agentenperformance und Anreizgestaltung. Die Schritte eins und drei werden üblicherweise denselben Agenten zugewiesen und daher als Entscheidungsmanagement [engl.: decision management] bezeichnet. Schritte zwei und vier hingegen bilden die Entscheidungskontrolle [engl.: decision control], welche von internen oder externen Kontrollsystemen ausgeübt wird. Auf dieser Basis bezeichnen Fama et al. (1983) die Trennung von Eigentum und Kontrolle als „separation of decision management from residual risk bearing“ (S. 307). Im Gegensatz zur Einheit von Eigentum und Kontrolle6 wird bei deren Separation also ein Teil des Entscheidungsprozesses, nämlich das Entscheidungsmanagement, vom Eigentümer als Restrisikoträger gelöst (Fama et al., 1983). Anstelle einer ausführenden Tätigkeit können Eigentümer die Entscheidungsagenten durch die Wahrnehmung einer Überwachungsfunktion, z. B. im Aufsichtsrat oder Beirat, kontrollieren. Diese Trennung von Entscheidungskontrolle und Entscheidungsmanagement gewinnt mit steigender Komplexität des Unternehmens und dem damit verbundenen erhöhten Bedarf an spezifischem Wissen an Bedeutung (Audretsch, Hülsbeck & Lehmann, 2010). Um überlebens- und wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Wachstumschancen genutzt und Internationalisierungsstrategien entwickelt werden. Häufig geraten Familienunternehmen dann an ihre Grenzen, da nicht nur die entsprechende Personalstärke fehlt, um das Unternehmen zu führen, sondern vor allem das erforderliche Know-how. Dieser neu entstehende Bedarf an Fachkompetenz wird oftmals zum Startschuss für die Eingliederung von familienexternen Managern, die über die benötigte Erfahrung verfügen. Gleichzeitig entsteht die Chance, durch Externe neue Blickwinkel einzubringen und Routinemuster aufzubrechen (Becker, 2006; Block, 2011; Klein & Bell, 2007; Steward & Hitt, 2012). Kompetenz im Finanzbereich oder eine strategische Kompetenz ist in Familienunternehmen am stärksten gefragt (Hiebl & Feldbauer-Durstmüller, 2013).
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Bedeutend hierbei ist, dass sich alle Entscheidungsrechte auf den/die Eigentümer konzentrieren.
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
Mit der Separation der beiden Komponenten Eigentum und Kontrolle entstehen allerdings Interessenkonflikte zwischen den Entscheidungsagenten (d. h. dem Management) und den Entscheidungsprinzipalen (d. h. den Anteilseignern), was Jensen und Meckling (1976) als Prinzipal-Agenten-Problem betiteln und unter dem theoretischen Konzept der Prinzipal-Agenten-Theorie (PAT) thematisieren. Diese Divergenzen erwachsen beispielsweise aus abweichenden Nutzenfunktionen und Informationsasymmetrien und den damit einhergehenden konträren Sichtweisen auf Wachstum, Investitionshorizonte oder Risikodiversifizierung (Poutziouris et al., 2015). Ein häufiges Problem ist die Abweichung zwischen persönlichen Zielen des Fremdmanagers, der über seine kurzfristige Performance evaluiert und entlohnt wird, und langfristig orientierten Zielen der Eigentümerfamilie (Bertrand & Schoar, 2006; Block, 2011; Chua, Chrisman & Bergiel, 2009; Miller et al., 2006). Die Gefahr liegt also in der Verfolgung eigennütziger Interessen seitens der Agenten. Vor diesem Hintergrund entstehen sogenannte Agentenkosten [engl.: agency costs]. Darunter werden die Kosten aller Aktivitäten verstanden, die darauf abzielen, die Interessen und/oder Handlungen von Managern (Agenten) mit den Interessen der Eigentümer (Prinzipale) in Einklang zu bringen (Chrisman, Chua & Litz, 2004; Jensen et al., 1976). Um eine Interessenangleichung zu erzielen, ist die Herstellung einer Anreizkompatibilität bedeutend (Block, 2011; Chrisman et al., 2004; Chua et al., 2009; Jensen et al., 1976), für familienexterne Manager kann diese neben einer angemessenen Vergütung auch in der Übertragung eines adäquaten Status liegen (Becker, 2007). Neben einer adäquaten Anreizsetzung wird zur Reduzierung von Informationsasymmetrien und zur Beschränkung opportunistischen Verhaltens die Leistungserbringung der Agenten über Kontrollsysteme überwacht (Jensen et al., 1976). Dies gestaltet sich bei der Installation von fremdem Management weniger kompliziert als bei einem Familienmanagement, da Familienmitglieder meist davon Abstand nehmen, ihresgleichen formal zu überwachen (Dyer, 2010; Eddleston, Chrisman, Steier & Chua, 2010). Die Positionierung von Familie in dieser Überwachungsfunktion anstelle des Ausfüllens einer operativen Managementposition kann Vorteile bringen: Nachteilige Charakteristika, die Familienunternehmen typischerweise zugeschrieben werden, können durch ein fremdes Management ausgeglichen werden. Besonders eine mit der Eigentümerschaft einhergehende Risikoaversion kann darüber abgebaut werden (Audretsch, Hülsbeck & Lehmann, 2013). So zeigen viele Studien, dass eine hohe Vermögenskonzentration in einer Firma (die eine nicht diversifizierte Investitionsposition impliziert) auf wenige Personen zu einem Konservatismus und der Vermeidung von risikoreichen Investitionen führen kann (Gedajlovic, Lubatkin, & Schulze, 2004; Huybrechts, Voordeckers & Lybaert, 2012; Naldi, Nordqvist, Sjöberg & Wiklund, 2007; Sharma, Chrisman, & Chua, 1997) sowie mit der Zeit zu einer strategischen Trägheit (Schulze, Lubatkin & Dino, 2002). Eine starke Einbettung im System Familie und ein damit einhergehendes Gefühl familiärer
2.1 Separation von Eigentum und Kontrolle
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Verpflichtung kann das Streben nach Kontinuität und Kontrollerhaltung zusätzlich verstärken und einen Präventionsfokus seitens des Familienmanagements erzeugen (Le Breton-Miller, Miller & Lester, 2011; Jaskiewicz & Luchak, 2013). Für die Erhaltung der Stabilität des Unternehmenszustandes und der Kontrolle durch die Familieneigentümer werden dabei Rentabilitätseinbußen oder eine Stagnation in Kauf genommen (Bertrand et al., 2006; Le Breton-Miller, Miller & Bares, 2015; Miller, Le BretonMiller & Scholnick, 2008). Die Besetzung des Managements mit externen Geschäftsführern kann folglich für das unternehmerische Agieren im Sinne der Risikobereitschaft förderlich wirken. Zum einen können Familienfremde potenzielle Risiken losgelöst von den Konsequenzen für die Familie analysieren, während ein Familieninterner altruistische Bedenken abwägt (Schulze, Lubatkin, Dino & Buchholtz, 2001). Zum anderen tragen Familienfremde in der Regel keine finanzielle Last und können daher unbefangen wachstumsorientierte Projekte und Investitionen für das FU ansteuern (Huybrechts et al., 2012). Dies erfordert allerdings ein Kontrollgremium, welches die familienfremden Geschäftsführer nicht nur überwacht, sondern diesen gleichzeitig unterstützend zur Seite steht und ihnen Machtansprüche zugesteht, um ein freies Agieren zu ermöglichen. Im Umkehrschluss kann dieses Zugeständnis eine emotionale Bindung zum FU und damit ein Handeln im Familieninteresse evozieren (Blumentritt, Keyt & Astrachan, 2007). Dennoch muss sich ein Fremdmanager darüber bewusst sein, dass er mit weniger expliziten oder impliziten Kontrollrechten ausgestattet wird als in einem Nicht-FU (Mullins & Schoar, 2016). Darüber hinaus bietet die Besetzung des Managements mit familienfremden Geschäftsführern den Vorteil, dass aus einem breiteren Talentpool rekrutiert werden kann und somit das benötigte Humankapital ins Unternehmen gelangt (Bennedsen et al., 2007; Burkart, Panunzi & Shleifer, 2003; Schulze et al., 2001; Sirmon & Hitt, 2003; Sonfield & Lussier, 2009a,b). Zusätzlich kann eine Entkopplung des Managements von den mit dem Eigentum verbundenen, emotional behafteten Familienthemen geschaffen werden (Le Breton-Miller, Miller & Steier, 2004; Klein, 2008). Die Berufung von qualifiziertem Fremdmanagement ins Familienunternehmen kann durch dessen Unabhängigkeit zu formaleren Managementstilen und rationaleren Entscheidungsprozessen führen. Durch seine emotionale Unbeteiligtheit kann ein Fremdmanager zudem unliebsame Entscheidungen effizienter durchsetzen und muss auf Empfindlichkeiten seitens der Gesellschafter und Mitarbeiter weniger Rücksicht nehmen (Becker, 2006; Dyer, 1989; Hall & Nordqvist, 2008; Sonfield et al., 2009a,b). Durch die Berufung von Fremdmanagement in Toppositionen können also jene Agentenkosten abgebaut werden, die für Familienunternehmen charakteristisch sind, weil Familienbeziehungen die Lösung von spezifischen Konflikten und unproduktiven Verhaltensweisen erschweren (Chua et al., 2004; Chua et al., 2009; Schulze et al., 2001). Diese erwachsen typischerweise aus elterlichem Altruismus zwischen operativ tätigen Familienmitgliedern (Lubatkin, Schulze, Ling & Dino, 2005),
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
durch das Auftreten von Nepotismus (Burkart, Panunzi & Shleifer, 2003; Bloom et al., 2007; Chrisman, Sharma, Steier & Chua, 2013; Miller et al., 2015; Schulze et al., 2001; Schulze, Lubatkin, Dino & Buchholtz, 2003; Verbeke & Kano, 2012) oder aufgrund eigennütziger Prioritätensetzung zugunsten einer familialen Bevorteilung (Bertrand et al., 2006; Schulze et al., 2001). Zuletzt kann die Berufung von Fremdmanagement ein Mittel zur Konfliktprävention darstellen, wenn sich die Familie nicht auf einen familieninternen Bewerber verständigen kann oder dieser als Vertretung für einen Familienstamm entsendet wird (Chittoor & Das, 2007; Sonfield et al., 2009a,b). 2.2 Einheit von Eigentum und Kontrolle Agenturtheoretisch wird angenommen, dass die Interessenangleichung in einer familiär miteinander verbundenen Gruppe problemloser stattfindet, da sie aufgrund verwandtschaftlicher Bindung natürlicherweise gegeben ist (Ang, Cole, & Lin, 2000; Miller et al., 2006; Stewart, 2003). Zwar können familienspezifische Agentenkosten (aufgrund von asymmetrischem Altruismus, Chrisman et al., 2004; vgl. Kap. 2.1) auftreten, traditionelle Agentenkosten werden jedoch aufgrund kongruenter Ziele reduziert (Chirico & Bau, 2014; Gonzáles-Cruz & Cruz-Ros, 2015). FamilienManagementteams wird nachgesagt, aufgrund einer hohen Familiness7 ein großes gemeinsames Verständnis aufzuweisen. Dazu zählen geteilte Werte, Normen und kognitive Schemata sowie ein strategischer Konsensus, was zu einem hohen Vertrauen und Teamzusammenhalt führt (Arregle, Hitt, Sirmon & Very, 2007; Ensley et al., 2005). Durch dasselbe Zugehörigkeitsgefühl und Commitment fühlen sich Familienmanager als eine Einheit, was zu regem Austausch von Ideen und Informationen führt und Entscheidungsprozesse vereinfacht (Zellweger, Eddleston & Kellermanns, 2010). Darüber hinaus können Familieneigentümer in operativer Tätigkeit durch ihre familiale Prägung firmenspezifisches, idiosynkratisches Wissen einbringen, über das Familienfremde nicht verfügen (Anderson et al., 2003; Bloom et al., 2007). Eine starke Präsenz der Familie in der Unternehmensführung kann zudem ein höheres Vertrauensniveau bei bedeutenden Stakeholdern erzeugen (Anderson et al., 2003; Bennedsen et al., 2007). Durch geringere Agentenkosten können mehr Ressourcen und Vermögenswerte generiert werden, die wiederum für die Finanzierung von langfristigen Investitionen zur Verfügung stehen (Le Breton-Miller & Miller, 2006; Gómez-Mejía, Nuñez-Nickel & Gutierrez, 2001; Sirmon et al., 2003). Über die wertschaffende Nutzung von Ressourcen bestimmen in FU auch die Traditionen, Beziehungen und der Altruismus
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Familiness ist ein Merkmal, das sich in FU aufgrund des Zusammentreffens der beiden Systeme Familie und Unternehmen bildet. Oft wird hierin ein kompetitiver Vorteil für FU gesehen (Habbershorn & Williams, 1999). Ensley und Pearson (2005) messen diese z. B. per Grad an Familienprägung.
2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle
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(Harvey, 1999). Besonders soziale Bindungen zwischen den Familienmitgliedern und deren enge soziale Interaktion können großen Einfluss auf die Führung des Unternehmens ausüben. Darüber bilden sich informelle, selbstverstärkende Kontrollmechanismen. Formale Kontrollmechanismen, wie sie in der Agenturtheorie vorgeschlagen werden, sollten in Familienunternehmen folglich um soziale Kontrollmechanismen ergänzt werden (Mustakallio, Autio & Zahra, 2002). Die Vereinheitlichung von Eigentum und Management kann für Familienunternehmen einen Wettbewerbsvorteil mit sich bringen, da sie besondere Neigungen erzeugt, wie beispielsweise einen Personalismus. Diese Machtkonzentration befreit Familienunternehmen von der Notwendigkeit, ihre Handlungen gegenüber anderen Interessengruppen zu begründen, und ermöglicht somit ein Handeln nach eigenem Ermessen (Carney, 2005). Diese besondere Form der Einflussmöglichkeit leitet Forscher zu der Annahme, dass Eigentümerunternehmer partikularistische Ziele verfolgen könnten, die private Familieninteressen priorisieren (Chrisman, Chua, Pearson & Barnett, 2012) und zur Einflusssicherung Schlüsselpositionen schützen (sog. EntrenchmentVerhalten; Chrisman, Chua & Sharma, 2005; Randolph, Wang & Memili, 2018). Aufgrund der Langzeitorientierung von Eigentümerunternehmern und ihrer Sorge um den Unternehmenserhalt für nachfolgende Generationen ist ein Handeln zum Unternehmenswohle jedoch wahrscheinlicher als ein eigennütziges Agieren (Miller et al., 2005; Le Breton-Miller et al., 2006; Cho, Miller & Lee, 2018). An dieser Stelle setzen auch jene Forscher an, die für die Stewardship Theorie (ST)8 eine natürliche Anwendbarkeit auf Familienunternehmen postulieren, da hier die beiden Systeme Familie und Unternehmen eng miteinander verflochten sind (Blumentritt et al., 2007; Corbetta & Salvato, 2004). Sie sehen einen familieninternen Geschäftsführer als Steward, also einen intrinsisch motivierten Geschäftsführer, der durch seine hohe Identifikation mit dem FU proorganisationales und selbstloses Verhalten zeigt (Corbetta et al., 2004; Eddleston & Kellermanns, 2007; Poutziouris et al., 2015). 2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle Nachdem in den Kapiteln 2.1 und 2.2 die potenziellen Vor- und Nachteile der Trennung bzw. Vereinheitlichung der beiden Komponenten Eigentum und Kontrolle dargestellt wurden, soll in Kapitel 2.3 ein Literaturüberblick über die existenten Studien zu gemischten Geschäftsführungsteams gegeben werden. Im Fokus steht das Interesse daran, wie die gemeinsame Beziehung zwischen Familien- und Fremdmanagement gestaltet wird. Im Gegensatz zu den angrenzenden beiden Forschungsfeldern ist 8
Die ST geht von einer Interessenkongruenz der Beziehungspartner aus. Agenten als Manager stellen Unternehmensinteressen über ihre eigenen Interessen und handeln somit als Stewards des Unternehmens (Davis, Schoorman & Donaldson, 1997).
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
die gemischte Geschäftsführung unter wissenschaftlichen Aspekten betrachtet eine Blackbox, denn im Verhältnis zur Bedeutung, die dem Verhältnis eines Familienunternehmens zu seinen Fremdmanagern beigemessen wird, existieren nur wenige wissenschaftliche Studien zu diesem Thema (Chua et al., 2003a). Dieses Feld ist stark von Praxisstudien geprägt (z. B. Aronoff & Ward, 2000; Hennerkes, 1998, 2004; Jeuschede, 1998, 2004, 2008; May, Redlefsen & Knappe; PwC, 2008), welche in Ermangelung adäquater Forschungsliteratur auch von wissenschaftlichen Studien aufgegriffen werden (z. B. Cravotta, 2013; Klein et al., 2007). Das Hauptaugenmerk solcher Arbeiten liegt auf der Frage, welche Anforderungen Familien- und Fremdmanagement jeweils aneinander stellen. Sowohl der Familieneigentümer als auch der familienexterne Geschäftsführer stellen hohe Erwartungen an die einzugehende Beziehung. Beide Parteien hegen die Hoffnung, dass ihnen ein Vorteil durch die gemeinsame Zusammenarbeit entsteht (Klein et al., 2007). Diese gegenseitigen Anforderungen werden zu Beginn dieses Kapitels dargelegt und es wird erläutert, auf welche Faktoren in der gemeinsamen Beziehungsgestaltung Rücksicht genommen werden sollte. Die Beziehung zwischen Familien- und Fremdmanager sollte demnach ein Geben und Nehmen sowie das gegenseitige Verständnis der jeweiligen Interessen beinhalten (Chua et al., 2003a). Im Anschluss daran werden jene Studien zusammenfassend vorgestellt, die sich im Kontext der PAT und der ST mit der Rollenübernahme von Fremdmanagern befassen. So ist in einem gemischten Geschäftsführungsteam die Beziehung zwischen einem familieninternen Geschäftsführer als Prinzipal und dem familienexternen Geschäftsführer als Agent ebenso wie bei der Trennung von Eigentum und Kontrolle (vgl. Kap. 2.1) durch Informationsasymmetrien und Interessendivergenzen geprägt. Zwischen den beiden Vertragsparteien sind die Informationen hinsichtlich des zu erwartenden Verhaltens, der Beweggründe und des Kontextwissens ungleich verteilt (Klein et al., 2007). Als Ergebnis asymmetrischer Informationen (hinsichtlich der Fähigkeit und Anstrengung des Agenten) und unvollständiger Verträge können Agentenkosten zwei Basiskategorien zugeordnet werden (Chua et al., 2004; Chua et al., 2009): der nachteiligen Selektion und dem moralischen Wagnis. (1) Nachteilige Selektion (engl.: adverse selection). Sie liegt vor, wenn der Prinzipal (unbeabsichtigt) mit einem Agenten einen Vertrag abschließt, der weniger fähig oder engagiert ist oder dessen Interessen weniger kompatibel sind als der Prinzipal vor Vertragsabschluss erwartet hat (Chua et al. 2004; Karra, Tracey & Phillips, 2006). Klein et al. (2007) übertragen dies auf gemischte Geschäftsführungsteams: Der familieninterne Geschäftsführer verfügt zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns über weniger Informationen als der potenzielle Fremdmanager darüber, ob die zuvor abgefragten Qualifikationskriterien des familienexternen Geschäftsführers der tatsächlichen Leistungserbringung ent-
2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle
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sprechen werden [versteckte Charakteristika, engl.: hidden characteristics]. Vor Eingehen des Vertragsverhältnisses sollte neben der Qualifikation auf den kulturellen Fit des Agenten zum Unternehmen geachtet werden, da bei Wertekonformität zwischen Fremdmanager und Eigentümerfamilie ähnliche Zielvorstellungen angenommen und Transaktionskosten somit verringert werden können (Hiebl et al., 2013). (2) Moralisches Wagnis [engl.: moral hazard]. Dieses bezieht sich auf die Zusammenarbeit nach Vertragsabschluss, die von der Unsicherheit im Hinblick auf die Verhaltensweisen der beiden Vertragsparteien geprägt ist. Der Begriff beinhaltet die Annahme, dass kein Verlass darauf ist, dass Agenten sich so verhalten, wie sie es vorgeben (Karra et al., 2006), bzw. das Bemühen eines Agenten nicht direkt beobachtbar und vertraglich vereinbar ist (Chua et al., 2009; Holmstrom, 1982). Handlungen des Agenten, die den Interessen des Prinzipals entgegenlaufen, sind z. B. Trittbrettfahren, Drückebergerei oder das Ausnutzen von Vorteilen (Chua et al., 2004; Karra et al., 2006; Ross, 1973). In Bezug auf eine gemischte Geschäftsführung heben Klein et al. (2007) die Gegenseitigkeit der Asymmetrien hervor: Während ein Fremdmanager weniger Detailwissen über das Familienunternehmen aufweist als ein Familienmanager, gewinnt der Fremdmanager im Verlauf des Verhältnisses durch die Arbeit in unterschiedlichen Unternehmensbereichen operatives Wissen und erlangt Autonomie [versteckte Information, engl.: hidden information and actions]. Zur Kontrolle nachteiliger Selektionsprobleme sollten Prinzipale höhere Suchund Verifizierungskosten in Kauf nehmen (Chua et al., 2004). Alternativ kann eine Selbstselektion helfen, d. h. die Verträge können z. B. per leistungsbasierten Lohn so aufgesetzt werden, dass sie nur für besonders qualifizierte Agenten attraktiv sind (Chua et al., 2009). Im Falle eines moralischen Wagnisses sollte der Prinzipal auf eine Kombination aus entsprechenden Anreizsystemen, Sanktionierungen, Bindungs- und Managementprozessen setzen, um die Interessen aufeinander abzustimmen und das Handeln der Agenten zu überwachen (Chua et al., 2004; Chua et al., 2009; Karra et al., 2006). 2.3.1
Gegenseitige Anforderungen an Familien- und Fremdmanagement
Erwartungen seitens des familienexternen Managers Während des Rekrutierungsprozesses evaluiert der familienexterne Manager die zu besetzende Position nach seinen Erwartungen. Dabei betrachtet er Charakteristika des Familienunternehmens und der Eigentümerfamilie: Wie wird der Familieneinfluss über Corporate-Governance-Organe geltend gemacht, welche Kommunikationsmechanismen wirken im Unternehmen, sind Assimilationsprogramme vorhanden, wie ist
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
der Arbeitsvertrag gestaltet, ist eine Transparenz hinsichtlich des finanziellen Zustandes des Familienunternehmens gegeben und wie sehen die Zukunftspläne des Unternehmens sowie der Eigentümerfamilie aus? Auch die Struktur der Geschäftsleitung fließt in die Entscheidung des Fremdmanagers ein. Eine gemischte Geschäftsführung kann attraktiver wirken, wenn die Rechte anstelle einer Übermacht des Familienmanagers gleichmäßig verteilt sind (Astrachan, Keyt, Lane & Yarmalouk, 2002). Ebenso erwünscht sind klare Regelungen in der Familiensatzung über die Aktivität von Gesellschaftern, das Vorgehen in Konfliktfällen, den Verantwortungsbereich des Fremdgeschäftsführers, die Abstimmung mit etwaigen Kontrollgremien sowie die Öffentlichkeitsarbeit (Becker, 2006). Über die Positionsansprüche hinaus stellt der Fremdmanager Erwartungen an den familieninternen Geschäftsführer als seinen zukünftigen Teampartner. Dazu gehören eine adäquate Qualifikation sowie praktische Erfahrung, eine Vertrautheit mit den Eigenheiten der Branche und des Marktes, ein kooperativer Führungsstil inklusive der Fähigkeit zur Aufgabendelegation sowie unternehmerischer Einsatz. Darüber hinaus sollen soziale Eigenschaften erfüllt werden: Zuverlässigkeit, Menschlichkeit, Bescheidenheit und Kommunikationsfähigkeiten. Zusammenfassend steckt in all diesen Faktoren der Wunsch nach gleichberechtigter Partnerschaft (Becker, Hensoler, Bielstein, Cöllen, Ebel, Knoll & Krumme, 2005; Becker, 2006). Erwartungen seitens des familieninternen Managers und der Eigentümerfamilie Da die Installation von Fremdmanagement im FU häufig der Kompetenzerweiterung respektive der Professionalisierung von Familienunternehmen dient (Chua et al., 2009; Dyer, 1989; Salvato, Minichilli & Piccarreta, 2012; Stewart et al., 2012), steht die Fachkompetenz eines familienexternen Geschäftsführers im Selektionsprozess oft an erster Stelle. Dabei sollte beispielsweise für die CFO-Position das implizite Wissen an Finanzmanagementtechniken sowie die vorherige Arbeitserfahrung in anderen FU relevanter sein als die formale Ausbildung wie ein Universitätsabschluss (Hiebl, 2013). Die Mehrheit der Studien betont jedoch die Bedeutung der Persönlichkeit eines familienexternen Managers, die oftmals stärker gewichtet wird als fachliche Kriterien (Blumentritt et al., 2007; Klein et al., 2007). Die Liste der geforderten Eigenschaften ist lang: Vertrauenswürdigkeit, Courage, Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit, Menschlichkeit, Loyalität, Bescheidenheit, Selbstvertrauen, Respekt, Integrität, Risikobewusstsein, langfristiger Bindungswille und einige mehr (Becker, 2006; Becker et al., 2005; Felden & Hack, 2014; Klein et al., 2007). Dabei stellt diese keine beliebige Liste an Attributen dar, denn für die Eigentümerfamilie ist bei der Auswahl eines familienexternen Geschäftsführers von wesentlicher Bedeutung, dass dieser die Natur der Familie im Unternehmen widerspiegelt. Dies bedarf einer hohen kulturellen Passung des Fremdmanagers zum Familienunternehmen, d. h. einer inneren Übereinstimmung mit den Werten der Familie und, damit verbunden, einer Passung zur existierenden
2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle
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Managementkonstellation, in welcher die Familie vertreten ist (Blumentritt et al., 2007). Hall et al. (2008) heben in diesem Rahmen hervor, dass es für den Erfolg eines familienexternen Geschäftsführers entscheidend ist, die soziokulturellen Muster zu verstehen, die aus dem Einwirken der Familie auf das Unternehmen entstehen. Die Autoren bezeichnen dies als kulturelle Kompetenz. Andere Forscher sprechen von der Bedeutung einer ausgezeichneten zwischenmenschlichen Kompetenz und einer hohen Sensibilität für die Interessen der Eigentümerfamilie. Familienbelange sollten vom Fremdmanager verstanden und gewürdigt werden, ohne sich in politische Angelegenheiten zu verstricken und Unternehmensbelange zu vernachlässigen. Dazu bedarf es guter Kommunikationsfähigkeiten und Einfühlungsvermögens, um eine Konsistenz und Offenheit zwischen den verschiedenen Interessenparteien herzustellen. Darüber hinaus muss sich ein familienexterner Geschäftsführer auch der übergeordneten Stellung der Familienparteien bewusst sein und damit einhergehend bereit sein, die letztgültige Entscheidungsgewalt des familieninternen Geschäftsführers zu akzeptieren und sich unterzuordnen (Becker, 2006; Becker et al., 2005; Blumentritt et al., 2007; Klein et al., 2007; WIFU 2011). Bereits Schultzendorff (1984) schreibt dieser Komponente der familiären Einflussnahme eine hohe Bedeutung zu. Er spannt zur Beschreibung der Beziehungsgestaltung folgende zwei Ebenen auf: (1) die Ebene der persönlichen Beziehung und (2) die Ebene des Handlungsspielraumes. Somit ermöglicht er eine Einordnung der Fremdmanagerrolle in eine Matrix, die abhängig von der Höhe des Eigentümereinflusses auf seine Handlungsfreiheit in Kombination mit der Intensität der gemeinsamen Beziehung ist. Gleichzeitig sollte die Installation von familienfremden Managern durch die Eigentümerfamilie sorgfältig abgewägt werden und mit der Bereitschaft verbunden sein, sich als Eigentümerfamilie formaleren Strukturen zu öffnen und einen Teil der Kontrolle an Familienexterne abzugeben (Chua et al., 2009; Gedajlovic et al., 2004; Sonfield et al., 2009a,b). Familieninterne Geschäftsführer müssen aktiv an Familienexterne delegieren können (Chua et al., 2003; Hall et al., 2008) und diesen Unterstützung bieten (Blumentritt et al., 2007; Dyer, 1989). Über die Beachtung des Familieneinflusses hinaus stellt die Sozialisierung des familienexternen Managers einen zentralen Mechanismus für dessen erfolgreiche Integration in das Familienunternehmen dar. Bei Eintritt in das Unternehmen ist mit seiner Rolle als professioneller Manager verbunden, dass er auch Veränderungen an bestehenden Mustern vornehmen wird (Mullins et al., 2016). Dabei ist es essenziell, durch klare Kommunikation miteinander ein Einvernehmen zwischen Familie und Fremdmanagement darüber herzustellen, welche Unternehmensnormen verändert werden dürfen und welche bestehen bleiben sollen (hierzu zählen z. B. FU-typische Werte der Verpflichtung, Loyalität und Qualität). Im Sozialisationsprozess sollen zudem die Interessen des familienexternen Managers an das Unternehmen gebunden werden, bei-
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
spielsweise durch das Zugestehen von Führungsverantwortung oder sogar eines Anteilsbesitzes. Hierüber soll ein spezielles Verpflichtungsgefühl evoziert und die Denkweise eines Eigentümerunternehmers hervorgerufen werden. Meetings zur Evaluierung der Rollenklarheit, Teambuildingtrainings und eine regelmäßige Kommunikation mit den Mitarbeitern sollen dabei helfen, die anfängliche Unsicherheit zu überwinden (Dyer, 1989; Hall et al., 2008). Generell beeinflusst die Orientierung der Familienmitglieder zum Unternehmen sowie zueinander die Interaktion zwischen Fremdmanagement und Familie. Zuletzt sollte klargestellt sein, dass die Familien- und die Unternehmensebene voneinander getrennte Bereiche sind. Familienthemen, die sich nicht direkt auf das Operative beziehen (d. h. Überzeugungen von Familienmitgliedern, die aus der Überlappung der Systeme Familie und Eigentum entstehen), sollten separat aufgefangen und kontrolliert werden, um Emotionen aus dem Unternehmen auszugliedern. Hierzu eignet sich die Installation eines Familienrates. Dieser kann als Forum dienen, Meinungsströmungen innerhalb der Familie auszudiskutieren, um vor der Geschäftsführung mit einheitlicher Stimme aufzutreten. Ein solches Organ kann einem familienexternen Geschäftsführer zudem helfen, sich mit der Familie auszutauschen und deren Interessen nachzuvollziehen (Blumentritt et al., 2007). 2.3.2 Rollenzuschreibungen und Gruppenspaltung In der homogenen Gruppenbetrachtung von Familien- und Fremdmanagementteams (vgl. Kapitel 2.1 und 2.2) offenbart sich die Auffassung von Fremd- und Familienmanagern als „zwei verschiedene Rassen“ (Schein, {1983} 1995). Diese Perspektive setzt sich in der Literatur zu gemischten Managementteams fort. Während Familienmanager häufig als Stewards gesehen werden (vgl. Kap. 2.2), haftet Fremdmanagern das Stigma des Professionellen an: Ihnen werden meist qualifiziertere bzw. formalere Managementpraktiken attestiert sowie eine hohe Fachexpertise (Burkart et al., 2003; Hall et al., 2008; Mullins et al., 2016; Salvato et al., 2012), eine Bestimmung durch finanzielle Motive und eine geringere emotionale Verbundenheit zum Unternehmen (Minichilli et al., 2010). Gleichzeitig verbindet familienexterne Geschäftsführer untereinander das Gefühl des Ausgeschlossenseins vom System Familie, da ihnen der Familienstatus fehlt und für sie andere Bewertungsmaßstäbe gelten (Kellermanns & Eddlestone, 2007; Binacci et al., 2016). In diesem Kontext lassen sich zwei Herangehensweisen an die Betrachtung der Verhaltensebene von Fremd- und Familienmanagement identifizieren. Zum einen beschäftigen sich Autoren mit der Frage, ob ein familienexterner Manager ebenso als Steward handeln kann wie ein Familienmanager. Durch eine emotionale Verbundenheit des Fremdmanagers zur Eigentümerfamilie und eine kollekti-
2.3 Vermischung der Separation und Einheit von Eigentum und Kontrolle
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vistisch ausgerichtete Unternehmenskultur kann ein Stewardverhalten gefördert werden (Blumentritt et al., 2007; Corbetta et al., 2004; Miller et al., 2006; Vallejo, 2009). Wenn die Familieneigentümer als Stewards auftreten, kann deren Commitment gegenüber dem Wohlergehen und der Langlebigkeit des Familienunternehmens auf Nichtfamilienmitglieder übergreifen (Zahra, Hayton, Neubaum, Dibrell & Craig, 2008). Das Auftreten von Agenten- oder Stewardverhalten ist somit auch abhängig von im Familienunternehmen herrschenden Familiendynamiken (z. B. Altruismus, Vertrauen auf der Beziehungsebene oder Prägung durch Emotionen oder sozio-emotionale Ziele) und dem vertretenen Menschenbild der Eigentümerfamilie (Corbetta et al., 2004) bzw. davon, wie die Familie die Asymmetrie zwischen Familie und Nichtfamilie adressiert (Verbeke et al., 2012). Zu installierende Kontrollmechanismen sollten zudem spezifisch am jeweiligen Management ausgerichtet werden, um das vom Prinzipal erwünschte Verhalten seitens der Agenten zu evozieren, denn Agenten und Stewards benötigen unterschiedliche Instrumente, um kontrolliert respektive motiviert zu werden (James, Jennings, J. E. & Jennings, P. D., 2017; Madison, Holt, Kellermanns & Ranft, 2016). Gleichzeitig prägen zugrunde liegende Motive des Fremdmanagers das entstehende Verhalten und die Beziehung zum Familienmanager. Neben der Erfüllung von Rollenerwartungen, die in seiner Funktion im Unternehmen an den Fremdmanager gestellt werden, kann dieser der Rolle persönliche Interpretationen hinzufügen und entscheiden, wie er seine Rolle leben möchte. Er kann sich beispielsweise eine vorherrschende Stewardkultur zu eigen machen und als Steward des FUs agieren, um somit das Vertrauen in seine Person zu erhöhen und ein Mehr an Gestaltungsfreiheit zu genießen. Im Kontrast dazu könnte er nach egoistischen Interessen als Agent handeln und eine ihm zustehende höhere Vergütung verlangen, um eine Zielangleichung zwischen Prinzipal – der aufgrund seines Anteilsbesitzes mehr verdient – und Agent zu fördern (Hiebl et al., 2013). Die Entscheidung, als Steward zu handeln und hierüber Vertrauen zu fördern, ist besonders für die Ausübung einer CFO-Position relevant, denn der Finanzbereich des FUs bleibt ein sensibles Thema für die Eigentümerfamilie und geht automatisch mit Misstrauen einher (Lutz, Schraml & Achleitner, 2010). Einhergehend mit seiner Expertenrolle fungiert ein familienexterner CFO auch als Finanzberater und Austauschpartner für den familieninternen CEO (Caselli et al., 2010; Göseke, 2008). Er übernimmt eine klassischere CFO-Rolle als in einem Nicht-FU, da das Reporting über die rein ökonomische Performance hier weniger bedeutsam erscheint und auch nichtfinanzielle Ziele fokussiert werden. Der Fremdmanager trägt in der Funktion des CFOs die Verantwortung für den Finanzbereich, wird jedoch mit einer geringeren Macht ausgestattet und muss sich mit der Position des Zweiten zufriedengeben. Die Rolle des strategischen Entscheiders kommt dagegen dem familieninternen Geschäftsführer zu (Hiebl, 2013). Wenn ein familieninterner Geschäftsführer seiner gleichzeitigen Rolle als Gesellschafter und Geschäftsführer nicht gerecht wird,
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2 Theoretischer Rahmen für das Feld des Fremdmanagements in Familienunternehmen
indem er die eine Rolle auf Kosten der anderen auslebt, kann ein familienexterner Geschäftsführer zudem die Neutralität sichern und gegebenenfalls negative Aspekte eines Familieneinflusses ausgleichen (Anderson & Reeb, 2004; Franzoi, 2013). Zum anderen wird mit der Betrachtung von Familien- und Fremdmanagement als jeweils homogene Gruppe eine Ingroup-Outgroup-Perspektive erzeugt (Binacci et al., 2016). Es können sogenannte Faultlines9 auftreten, also eine Spaltung von familieninternen und -externen Managern in Subgruppen entlang gruppenspezifischer Attribute (d. h. anhand der Unterschiede im Status, des sozialen Hintergrunds, der Bildung und der vorangegangenen Erfahrungen). Sie gehen von einer inhärenten Zersplitterung aus, die auf die Existenz respektive Abwesenheit einer Familienzugehörigkeit zurückzuführen ist (vgl. die eingangs erläuterte Zuschreibung von Eigenschaften). Damit weisen die Autoren darauf hin, dass eine Koexistenz von familieninternem und -externem Management auf oberster Führungsebene aufgrund gegenläufiger Zielvorstellungen (entsprechend der Annahmen der PAT) problematisch sein kann. Meinungs- und Verhaltensverschiedenheiten werden dadurch begünstigt sowie Spannungen und Konflikte zwischen Familien- und Fremdmanagement evoziert. Dies beeinträchtigt die Aufgabeneffektivität und Unternehmensperformance (Minichilli et al., 2010). Die Zersplitterung der Geschäftsführungsebene in Familien- und Nichtfamilienmitglieder kann auf ein weiteres Attribut zurückzuführen sein: auf abweichende Meinungen zum Erhalt von sozio-emotionalem Reichtum [engl.: socio-emotional wealth, SEW], was sich negativ auf Entscheidungsprozesse auswirkt. Die Schaffung eines Teamklimas der psychologischen Sicherheit [engl.: psycholocial safety] kann diese Effekte mildern (Vandekerkhof, Steijvers, Hendriks & Voordeckers, 2017; weitere Studien hierzu z. B. Berrone, Cruz & Gomez-Mejia, 2012; Vandekerkhof, Steijvers, Hendriks & Voordeckers, 2015).
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Den Begriff entlehnen Minichilli et al. (2010) bei Lau und Murninghan (1998).
3 Forschungslücke Aufgrund des hohen Anteils an Praxisstudien für das Themenfeld gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen und der damit einhergehenden fehlenden Einbettung in theoretische Rahmenkonzepte (Klein et al., 2007) wurde in den Kapiteln 2.1 und 2.2 eine Annäherung über die angrenzenden Forschungsfelder der familien- und fremdgeführten Geschäftsführungsteams aus dem Blickwinkel der FUKomponenten Eigentum und Kontrolle versucht. Diese Herangehensweise bietet eine wissenschaftlich fundierte Basis, um den Einfluss der Familie auf die Unternehmenssteuerung und die Eingliederung von Fremdmanagement zu untersuchen. Bislang wurde dafür im Rahmen gemischter Managementstudien auf ein Beratermodell von Exner und Hummer (2005) zurückgegriffen, die den Familieneinfluss auf einem Kontinuum über die Ebenen Gesellschafter, Kontrollgremien und Managementbesetzung differenzieren und darüber die Integrationsfähigkeit von Fremdmanagement aufzuzeigen versuchen. Diesem deskriptiven Beschreibungsversuch der Führungsformen fehlt allerdings ein akademisches Verständnis über die Implikationen des Familieneinflusses im Zusammenspiel mit den Komponenten eines Familienunternehmens. Dieser Schwäche kann durch das Anknüpfen an die Forschungsliteratur aus dem Bereich der Familienunternehmen und der Corporate Governance begegnet werden. Welche Chancen und potenzielle Gefahren die Vereinheitlichung bzw. Trennung von Eigentum und Kontrolle im Unternehmen birgt (vgl. Kap. 2.1 und 2.2), wird in Abbildung 2 zusammenfassend dargestellt. Durch diese Aufspaltung wird sichtbar, dass über das vorliegende Dissertationsthema, nämlich über die Mitte beider Komponentenvariationen, d. h. das gemeinsame Ausfüllen der Managementfunktion durch Familien- und Fremdmanagement, wenig bekannt ist. Über den in Kapitel 2.3 dargestellten Forschungsstand ist diese Lücke nicht zu füllen. Das dominierende theoretische Rahmenkonzept zur Erklärung und zum Verständnis der Beziehung zwischen Eigentümern und Managern bildet die PAT (Chua et al., 2003a; Chua, Chrisman & Steier, 2003b; Poutziouris et al., 2015). Besonders für familiengeführte Teams findet eine Ergänzung um die ST statt, da aktuellere Studien für eine ganzheitlichere Betrachtung die simultane Anwendung der beiden Theorien fordern (Madison et al., 2016; James et al., 2017). Weitere theoretische Rahmenkonzepte, die aber vermehrt für reine Familienteams Anwendung finden, bilden der Ressource-based-View (RBV) oder das SEW (Gonzáles-Cruz et al., 2015; Minichilli et al., 2010). Erste Studien zu gemischten Geschäftsführungen nutzen überwiegend die PAT (z. B. Cravotta, 2013; Klein et al., 2007) zur Erklärung des Beziehungsverhältnisses zwischen Familien- und Fremdmanagern im gemischten Geschäftsführungsteam. Resultierend aus der dominierenden Betrachtung von Familien- und Fremdmanagement als jeweils homogene Gruppe werden überwiegend spaltende Gruppenattribute als © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_3
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3 Forschungslücke
Einflussfaktoren der Teamkomposition untersucht (Binacci et al., 2016; Minichilli et al., 2010; Vandekerkhof et al., 2017). Gonzáles-Cruz et al. (2015) nehmen an, dass gemischte Geschäftsführungsteams bei gleichmäßiger Verteilung von Familien- und Fremdmanagement (vgl. auch DeMassis et al., 2013; Chirico et al. 2014) die Vorteile beider Seiten (also der Vereinheitlichung und Separation der Komponenten) genießen. Dies inkludiert geringere Agentenkosten, ein hoch ausgeprägtes, gesundes Stewardverhalten sowie eine hohe Managementkompetenz (S. 1453). Auf Basis der existenten Literatur zu gemischten Geschäftsführungsteams ist jedoch aufgrund jeweils verschiedener Gruppenattribute der Fremd- und Familienmanager (Interessen, Eigenschaften, Erhalt von SEW) eher von höheren Agentenkosten auszugehen (vgl. Kap. 2.3.2). Dies führt zu der Frage, wie eine Angleichung der divergenten Interessen und Asymmetrien zwischen familieninternen und -externen Geschäftsführern evoziert werden kann, um eine positive Wirkung auf die Unternehmensperformance zu erzielen. Dabei greift die bislang vorherrschende, strukturelle Betrachtung der Teams anhand der Abwägung von zu installierenden Kontrollsystemen (PAT) oder der auf Partizipation und Vertrauen beruhenden Managementsysteme (ST) zu kurz. In dieser Perspektive werden lediglich externe Mechanismen untersucht, welche durch nicht operativ tätige Familienmitglieder eingeführt werden, um ein Handeln des Fremdmanagers im Familieninteresse zu begünstigen. Die Beziehungsebene zwischen dem Familien- und dem Fremdgeschäftsführer als Teampartner im Entscheidungsmanagement bleibt unbeachtet. Die Betrachtung der Gestaltung des gemeinsamen Umgangs miteinander bedarf der Untersuchung interner Prozesse im Team, die zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit führen. Vandekerkhof et al. (2017) bieten für die Betrachtung von Teamdynamiken im gemischten Geschäftsführungsteam in Familienunternehmen einen ersten Ansatz, indem sie ein Teamklima der psychologischen Sicherheit als förderlichen Mechanismus zur Interessenangleichung untersuchen. Die Psychologie, welche sich mit den Wirkungsweisen von Prozessen und Dynamiken in Teams beschäftigt, kann also die Basis für eine lohnende theoretische Konzeptionierung bieten, um zu untersuchen, wie die Zusammenarbeit zwischen Familien- und Fremdmanagement effektiv gestaltet werden kann. So kann ermittelt werden, durch welche weiteren psychologischen Mechanismen eine Interessenangleichung und die Überbrückung von Asymmetrien erzielt werden kann. Diese Anknüpfungspunkte der Teampsychologie an die Familienunternehmensforschung zu gemischten Geschäftsführungsteams werden in Kapitel 4.4 weiter ausgeführt, nachdem in den Kapiteln 4.2 und 4.3 ein theoretisches Verständnis der Funktionsweise dieser psychologischen Mechanismen begründet worden ist.
3 Forschungslücke
Abbildung 2. Zusammenfassung der Forschungsfelder
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität In den letzten Jahrzehnten ist ein enormer Zulauf an psychologischer Forschung zu Teams in Organisationen zu verzeichnen. Teams werden zunehmend als zentrales Element für die Funktionsfähigkeit von Organisationen betrachtet. Viele Autoren begründen die hohe Relevanz von Teams mit der Notwendigkeit, die Organisations- und Arbeitsstrukturen den komplexer werdenden Anforderungen der Umwelt anzupassen. Dabei können Teams mehr leisten als das einzelne Individuum. Durch die Bündelung von vielfältigen Kompetenzen, Wissen, Erfahrungen und Einstellungen verfügt ein Team über eine hohe, flexible Reaktionsfähigkeit auf Probleme und Herausforderungen. Somit nehmen Teams einen starken Einfluss auf das Organisationsgeschehen, sodass ihre Effektivität ein Teilkriterium des Organisationserfolges bildet (Cohen & Bailey, 1997; Kozlowski & Bell, 2013; Rico, Hera & Tabernero, 2011; Salas, Stagl & Burke, 2004; Shen & Chen, 2007; Tannenbaum, Mathieu, Salas & Cohen, 2012). Einen solchen Mehrwert erhoffen sich auch Familienunternehmen, die häufig im Zuge einer Professionalisierung des Unternehmens bzw. aufgrund eines Bedarfs an externem Know-how Fremdmanagement installieren und somit zu gemischten Geschäftsführungsteams übergehen (vgl. Kap. 2). Die Untersuchung der Effektivität dieser obersten Führungsteams als bedeutsamste Einflussnehmer auf den Unternehmenserfolg (Hambrick & Mason, 1984) bietet daher ein neues wissenschaftliches Anwendungsfeld. Im folgenden Kapitel 4.1 wird zunächst dargelegt, welchen Definitionskriterien der Terminus Team in der psychologischen Forschung unterliegt. Diese werden mit den Kontexten des Top Management Teams (TMT) und des Familienunternehmens verknüpft, sodass sich Spezifika von gemischten Geschäftsführungsteams ergeben. Anschließend wird in den Kapiteln 4.2 und 4.3 der Bezug zum Rahmenkonzept der Teameffektivität [engl.: team effectiveness] hergestellt, das den Hauptfokus organisationspsychologischer Teamforschung bildet. Es erfolgt eine Einführung in das die Teameffektivität umgrenzende theoretische Rahmenmodell und dessen Erweiterungen. In Kapitel 4.4 werden erste konzeptionelle Versuche der Forschung evaluiert, dieses Rahmenmodell auf Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen anzuwenden. Zuletzt werden in Kapitel 4.5 Konstrukte aus existenten Metaanalysen zur Teameffektivität überblicksweise zusammengefasst und drei relevante Konzepte für den Teamtypus der gemischten Geschäftsführungsteams im Organisationskontext des Familienunternehmens vorgestellt.
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_4
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
4.1 Definition von Top Management Teams im Kontext Familienunternehmen In der gängigen Literatur der Psychologie finden sich zahlreiche Definitionen von Teams im Arbeitskontext, da diese das Herzstück der Organisationsforschung bilden. Top Management Teams, als Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Dissertation, bilden eine Subkategorie dieser Arbeitsteams10. Daher wird zunächst eine allgemeine Definition dieser Teams dargelegt, da deren Kernmerkmale eine relevante Basis für die Beziehung der Teammitglieder untereinander bilden. Daran anschließend werden die Charakteristika von TMTs dargelegt und auf den Kontext von Familienunternehmen übertragen, um den für die Psychologie neuen Teamtypus gemischte Geschäftsführungsteams aufzuspannen. Eine Einteilung in Teamtypen und die damit verbundene Herausstellung von Merkmalen ist bedeutsam, da Teamprozesse und -dynamiken je nach Teamtypus variieren und eine andere Wirkungsweise zeigen können (Barrick, Bradley & Colbert, 2007; Cohen et al., 1997). Die prominenteste Definition eines Arbeitsteams geht auf Kozlowski und Bell (2003, S. 6) zurück. Die Autoren nennen sieben Basismerkmale: Ein Arbeitsteam ist (1) aus zwei oder mehreren Individuen zusammengesetzt, (2) besteht, um für die Organisation relevante Aufgaben zu erfüllen, (3) teilt ein oder mehrere gemeinsame Ziele, (4) ist von gegenseitiger Abhängigkeit der Teammitglieder geprägt (den Arbeitsablauf, die Ziele, das Wissen und die Resultate betreffend), (5) es interagiert sozial miteinander, (6) setzt Grenzen, indem Rollen ausdifferenziert werden, und (7) ist in einen organisationalen Kontext eingebettet, der ihm einen Handlungsrahmen vorgibt, sowie das Ausmaß an Austausch mit anderen Einheiten beeinflusst. Cohen et al. (1997) sowie Sundstrom, De Meuse und Futrell (1990) führen ein weiteres essenzielles Charakteristikum an, um welches sich jene Basisdefinition ergänzen lässt: Ein Arbeitsteam teilt nicht nur gemeinsame Ziele, sondern ist auch für deren Erreichung, ergo die Resultate der Teamleistung, gemeinsam verantwortlich. Je nach Rollenausdifferenzierung (s. Punkt 6) werden Verantwortlichkeiten verteilt (Kozlowski et al., 2006, S. 11). Für den Teamtypus der vorliegenden Dissertation ist zudem eine Erweiterung von Punkt (3) bedeutsam: Übergeordnete Ziele, die das Überleben, das Wachstum sowie den Enderfolg des Unternehmens betreffen, werden mehr oder weniger gemeinsam geteilt. Dennoch besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sich individuelle Ziele und zentrale Organisationsziele voneinander unterscheiden (Chua et al., 2009; Bertrand et al., 2006; Miller et al., 2006; zu den Interessendivergenzen vgl. Kap. 2). Daher lässt sich die Definition von Teams um den folgenden Aspekt erweitern: “Teams are really
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Arbeitsteams werden in der psychologischen Forschung in sechs Kategorien gegliedert untersucht: Managementteams, Produktionsteams, Serviceteams, Projektteams, Action und Performing Groups sowie Beratungs- oder parallele Teams (Sundstrom, McIntyre, Halfhill & Richards, 2000).
4.1 Definition von Top Management Teams im Kontext Familienunternehmen
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groups of individuals who attempt to work together to achieve a set of imperfectly overlapping and negotiated superordinate organizational goals, potentially for different reasons and often in spite of conflicts emerging from their backgrounds, personalities, and individual motives” (Schjoedt, Monsen, Pearson, Barnett & Chrisman, 2013, S. 4). Ein Differenzierungsmerkmal von Managementteams liegt über die genannten Kriterien hinaus in der Verantwortungsübernahme für die Gesamtperformance eines Geschäftsbereiches. Es koordiniert und dirigiert die ihnen untergeordneten Organisationseinheiten. Autorität wird dem Managementteam formal durch die hierarchischen Ränge seiner Mitglieder verliehen. Eine spezifischere Klassifizierung trifft die Literatur zu strategischem Management für das Geschäftsführungsteam an der Spitze eines Unternehmens, dem TMT. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass es die strategische Ausrichtung der Organisation vorgibt und gemeinsam für den Organisationserfolg verantwortlich ist (Cohen et al., 1997). Hambrick et al. (1984) bezeichnen das TMT auch als „powerful actors in an organization“ oder „dominant coalition“ (S. 193), da es eine bedeutsame Rolle im Entscheidungsmanagement einnimmt. Diese Ansicht ist konsistent mit der Annahme von Fama et al. (1983), dass effektive Entscheidungsprozesse stark vom Management abhängen. In hierarchischen Rängen gesprochen zählen zum TMT jene Ebenen, die sich mindestens auf Vizepräsidentschaftsniveau befinden: CEO, CFO, COO (Carmeli & Halevi, 2009). Die Professionalisierungsnotwendigkeit wachsender Familienunternehmen führt dazu, dass die Position des CFO am häufigsten durch familienfremde Manager besetzt wird, besonders wenn das Familienunternehmen noch keine Erfahrung mit einer familienfremden Unternehmensführung besitzt (Caselli et al., 2010; Filbeck & Lee, 2000; Hiebl et al., 2013; Lutz et al., 2010). Die Rolle von TMTs kann folglich auf Familienunternehmen übertragen werden, da diese Organisationsform, ebenso wie Nicht-FU, von einer Gruppe von Individuen geleitet wird, deren gemeinsame Dynamik direkte Auswirkungen auf die Ausrichtung und Performance des Unternehmens hat (Ensley et al., 2005). Allerdings ist die erreichbare Positionshöhe in Familienunternehmen in der Regel auf die zweithöchste Stufe begrenzt, da die oberste Position meist durch ein Mitglied der Eigentümerfamilie eingenommen wird (Becker, 2007; Mullins et al., 2016; Salvato et al., 2012; WIFU, 2011). Mit dem Kriterium der Familienzugehörigkeit eines Geschäftsführers gehen also häufig Statusunterschiede einher, die in der Zusammenarbeit gemischter Geschäftsführungsteams spürbar werden können und ein Ungleichgewicht zwischen familieninternem und -externem Management evozieren. Während Familiengeschäftsführer relativ immun dagegen sind, aus Kompetenzgründen entlassen zu werden (Block et al., 2011), werden Fremdmanager bei schlechter Performance eher gekündigt und verweilen daher unter Umständen weniger lang im Team (Chittoor et al., 2007; Cornelli, Kominek & Ljungqvist, 2010; Hillier & McColgan, 2009). Aufgrund dieser
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
Instabilität fragen familienexterne TMT-Mitglieder häufig den familieninternen Geschäftsführer um Rat oder Zustimmung, bevor sie eine Entscheidung treffen. Zudem werden viele Informationen durch den Familiengeschäftsführer kanalisiert, wodurch dieser den nötigen Zugang und die Autorität hinsichtlich der Entscheidungsprozesse erlangt (Carney, 2005; Kelly, Athanassiou & Crittenden, 2000). Ein Gefälle zwischen TMT-Mitgliedern schafft zudem Machthierarchien, in denen die formale Eigentümerschaft bzw. der familiäre Status die Expertise bei Entscheidungen in TMTs außer Kraft setzen kann (Vandekerkhof et al., 2017). Darüber hinaus ist auch das eingangs beschriebene Definitionselement der möglichen Abweichung individueller Ziele von Organisationszielen ein Thema in gemischten Geschäftsführungsteams, da zwischen Familien- und Fremdmanagement allein aufgrund ihrer Basisattribute und Informationsasymmetrien Differenzen im Team spürbar werden können (vgl. Kap. 2.3). Somit unterliegen gemischte Geschäftsführungsteams im Kontext des FU einer andersartigen Herausforderung und Funktionsweise als die in der Teamforschung bekannten Managementteams. Die aus der Asymmetrie in der Teamzusammensetzung entstehenden Verhaltensdynamiken beeinflussen den Ablauf von Teamprozessen und Teamentscheidungen. Neben den unterschiedlichen Herausforderungen, denen Teams je nach Teamtypus ausgesetzt sind (Mathieu, Maynard, Rapp & Gilson, 2008), gibt es einen wesentlichen Grundbaustein, der für jede Art von Teams gültig ist: die Beziehungen zwischen den Teammitgliedern. Auf dieser Basis lässt sich eine Verhaltenstheorie für Managementteams aufbauen (Schjoedt et al., 2013). 4.2 Das IPO-Modell als theoretischer Rahmen für die Teameffektivität Die Teamforschung der letzten Jahrzehnte hat viele Modelle und Konzeptualisierungen von Teameffektivität hervorgebracht (Salas et al., 2004). Die vorliegende Arbeit stützt sich auf die Logik des Input-Process-Output-Modells (IPO-Modells) von McGrath (1964) (vgl. Abb. 2). Die ursprüngliche Intention dieser Heuristik lag darin, die damals vorherrschende Kleingruppenforschung [engl.: small groups research, Übers. v. Verf.] zu strukturieren. Sie verfolgt also nicht den Anspruch, eine Theorie oder ein kausales Modell zur Erklärung der Effektivität von Teams aufzustellen. Dennoch bildet McGraths heuristisches Verfahren bis zum heutigen Tage die Basis zahlreicher Studien (Kozlowski & Ilgen, 2006). In diesem Rahmenwerk stellen die Inputfaktoren die Zusammensetzung des Teams dar. Dabei können Charakteristika auf der individuellen Ebene (z. B. Persönlichkeitseigenschaften, Fähigkeiten), der Teamebene (z. B. Interdependenzen in den Aufgaben, Diversität im Team, Führungseinflüsse) und der Organisationsebene (z. B. Organisationsstrukturen und -klima) definiert werden, welche die Teamarbeit fördern oder mindern. Die Prozessfaktoren beschreiben dagegen die Interaktionen der Teammitglieder, die auf die Erfüllung der Aufgaben abzie-
4.2 Das IPO-Modell als theoretischer Rahmen für die Teameffektivität
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len. Beispielsweise zählen zu diesen Interaktionen, dass die Teammitglieder untereinander kommunizieren und Informationen austauschen oder die Aufgabenbearbeitung koordinieren und planen. Somit dienen Prozesse als Schlüsselmechanismen, um Inputs in Outputs zu überführen (Mathieu, Maynard, Taylor, Gilson & Ruddy, 2007). Die sogenannten Outputs oder Outcomes stellen die Ergebnisse oder Nebenerzeugnisse von Teamhandlungen dar. Für diese Outcomes gibt es eine Vielzahl von Definitionen und Operationalisierungen. Etabliert hat sich die auf Hackman (1987) beruhende Operationalisierung der Outcomes als Teameffektivität (Kozlowski & Ilgen, 2006; Mathieu et al., 2008). Diese Konzeptionierung folgt einer Untergliederung in drei Elemente: 1. Quantität oder Qualität von Performance = tatsächliches Ergebnis der Gruppe. Der Leistungsoutput des Teams sollte die Performancestandards von Personen, die diesen Output erhalten oder bewerten, treffen oder übersteigen. 2. (Über-)Lebensfähigkeit des Teams = Zustand der Gruppe als Leistungseinheit. Die Teammitglieder sollten dazu bereit sein, im Team zu verbleiben und weiterhin zusammenzuarbeiten. 3. Zufriedenheit des Teams = Einfluss der Gruppenerfahrungen auf die einzelnen Mitglieder. Die Erfahrungen im Team sollten die persönlichen Bedürfnisse der Teammitglieder insgesamt befriedigen (Hackman, 1987, S. 323). Um die Teamperformance adäquat zu messen, sollte die Festsetzung des Kriteriums für jeden Teamtypus spezifisch erfolgen, denn je nach Typus variieren auch die Einflussfaktoren (Beal, Cohen, Burke & McLendon, 2003; Cohen et al., 1997; Kozlowski et al., 2013).
Abbildung 3. Das IPO-Modell als theoretisches Rahmenkonzept der Teameffektivität, aus Mathieu et al. (2008, S. 413)
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
Die empirische Forschung zu Teams im organisationalen Kontext hat sich gewandelt. Zunächst lag das Augenmerk darauf, was manche Teams effektiver oder langlebiger im Vergleich zu anderen Teams macht. In diesem Rahmen werden die Inputfaktoren, insbesondere die Komposition und die Struktur von Teams in ihrer Vorhersagekraft für die Teameffektivität, betont. Dagegen fokussiert die heutige Forschung die vermittelnden Prozesse, welche erklären können, wie bestimmte Inputs die Teameffektivität beeinflussen. Dies ist essenziell für die Suche nach Antworten auf die Frage, warum manche Teams erfolgreicher sind als andere (Ilgen, Hollenbeck, Johnson & Jund, 2005). Ein weiterer Grund für die Wandlung im Forschungsfeld liegt in der aufkeimenden Kritik am ursprünglichen IPO-Modell. Die entsprechenden Forscher behaupten, dass es die Komplexität und Dynamik von Teams im organisationalen Kontext nicht darzustellen vermöge (Kozlowski et al., 2006; Ilgen et al., 2005). Es wird bemängelt, dass viele jener Faktoren, die den Einfluss von Input- auf Outputvariablen leiten, keine Prozesse abbilden, sondern vielmehr affektive oder kognitive Zustände eines Teams charakterisieren. Zudem nimmt das Modell einen einfachen, linearen Zusammenhang zwischen den Input- und Outputvariablen an, obwohl gleichzeitig die Bedeutsamkeit von Rückkopplungsschleifen hervorgehoben wird. Limitierend wirkt auch, dass Interaktionseffekte zwischen den Variablen, beispielsweise zwischen Input- und Prozessfaktoren oder zwischen verschiedenen Prozessen, keine Berücksichtigung finden (Ilgen et al., 2005; Mathieu et al., 2008). Vor diesem Hintergrund haben einige Autoren Anpassungen des klassischen IPO-Modells vorgenommen und dabei besonders die zwischen den Input- und Outputfaktoren vermittelnden Mechanismen differenzierter betrachtet. Die relevantesten Überarbeitungen sollen folgend kurz erläutert werden. 4.3 Erweiterungen des klassischen IPO-Modells Der erste bedeutende Schritt in der Weiterentwicklung des klassischen IPOModells liegt darin, jene Konstrukte, die bislang gleichermaßen als Teamprozesse definiert worden sind, voneinander abzugrenzen. Cohen et al. (1997) differenzieren dabei interne und externe Teamprozesse, wie z. B. Konflikte oder Kommunikation, von psychologischen Merkmalen einer Gruppe [engl.: group psychological traits, Übers. v. Verf.], wie z. B. Normen oder geteilte mentale Modelle. Auch Marks, Mathieu und Zaccaro (2001) ergänzen ihr Modell um diese psychologischen Merkmale und bezeichnen sie als dynamische Zustände [engl.: emergent states, Übers. v. Verf.]. Für die Autoren liegt die Quintessenz der ursprünglichen Teamprozesse in der Interaktion der Teammitglieder, die in unterschiedlicher Form im Verlauf der Zielerreichung stattfindet. Teamprozesse sind also das Mittel, mit dem Teammitglieder in gegenseitiger Abhängigkeit und gemeinsamer Ausschöpfung ver-
4.3 Erweiterungen des klassischen IPO-Modells
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schiedener Ressourcen (z. B. von Know-how, Ausstattung, Geld) auf ein positives Ergebnis (z. B. die Entwicklung eines Produktes, das Arbeitstempo, die Zufriedenheit im Team) hinarbeiten. Demgegenüber definieren die Autoren dynamische Zustände als Konstrukte, die Qualitäten im Team erschließen und die Einstellungen, Werte, Kognitionen sowie die Motivation von Teammitgliedern repräsentieren. Sie können als eine Funktion von Teamkontext, Input-, Prozess- und Outputfaktoren divergieren. Eine klare Unterscheidung zwischen dynamischen Zuständen und Verhaltensprozessen ist für die Modelllogik folglich bedeutsam, da sich die zugrunde liegenden Konstrukte in ihrer Wirkungsweise auf die Teameffektivität unterscheiden. Dynamische Teamzustände können als Resultat von Teamerfahrungen, die auch Teamprozesse inkludieren, bezeichnet werden und so zu neuen Inputfaktoren für nachfolgende Prozesse und Outputs werden. Über diese Modellverfeinerung hinaus betonen diverse Autoren, dass Zeit eine entscheidende Rolle für die Funktionsfähigkeit von Teams spielt, was im klassischen IPO-Modell nicht ausreichend abgebildet ist (Ancona & Chong, 1999; Ilgen et al., 2005; Kozlowski et al., 2013; Marks et al., 2001). Marks et al. (2001) entwerfen ein Phasenmodell zu Teamprozessen, in dem die Performance eines Teams als Abfolge von zusammenhängenden IPO-Episoden betrachtet wird, statt das Team in einem einzigen Lebenszyklus zu sehen. Sie konzipieren zwei Prozessphasen: (1) Handlungsphasen [engl.: action phase], in denen Handlungen ausgeführt werden, die direkt zur Zielerreichung beitragen, und (2) Übergangsphasen [engl.: transition phase], in denen das Team hauptsächlich Beurteilungs- oder Planungstätigkeiten nachgeht. Eine weitere Prozessdimension, die zwischenmenschlichen Prozesse [engl.: interpersonal processes], dient im Team der Bewerkstelligung zwischenmenschlicher Beziehungen: Hierzu zählen die Konfliktbewältigung, der Umgang mit Emotionen sowie die Motivationsund Vertrauensbildung. Diese Mechanismen treten sowohl in den Handlungs- als auch in den Übergangsphasen auf und schaffen die Voraussetzung für die Effektivität von anderen Prozessen. LePine, Piccolo, Jackson, Mathieu und Saul (2008) stützen die Klassifikation von Teamprozessen nach Marks et al. (2001). Sie weisen in ihrer Metaanalyse nach, dass drei Prozessdimensionen existieren, die wiederum auf einem allgemeinen Teamarbeits-Prozessfaktor laden. Zudem können positive Zusammenhänge zwischen Teamarbeitsprozessen und der Teamperformance sowie der Teamzufriedenheit belegt werden.
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
Abbildung 4. Übertragung des IMOI-Modells auf gemischte Geschäftsführungsteams in FU, eigene Darstellung in Anlehnung an Mathieu et al. (2008) und Rico et al. (2011)
Eine weitere grundlegende Modellneuerung (vgl. Abb. 4, Darstellung über Pfeile) kommt von Ilgen et al. (2005), die dem zyklischen Charakter von Teamarbeit durch das Hinzufügen eines weiteren Inputfaktors Rechnung tragen. Damit werden Lernprozesse eines Teams sowie Feedbackkonsequenzen einbezogen, die zwangsläufig die Effektivität rekursiv beeinflussen. Die Autoren geben ihrem Modell den Namen InputMediator-Output-Input-Modell (IMOI-Modell). Außerdem ersetzen sie den Buchstaben P des ursprünglichen IPO-Modells durch ein M, um die Vielfalt an Variableneinflüssen und Mediatoreffekten hervorzuheben. Die Teamentwicklung erfolgt über drei Stadien (Formierungsphase, Stadium des Funktionierens, Abschlussphase), in denen verschiedene Mediatoren (vgl. Abb. 4) einen unterschiedlich starken Einfluss nehmen. Für die vorliegende Arbeit ist das Stadium des Funktionierens von besonderem Belang, denn in diesem tauchen Aspekte auf, die erst dann relevant werden, wenn ein Team bereits Erfahrung durch die gemeinsame Zusammenarbeit gesammelt hat (Relation zwischen M und O). In dieser Phase geht es vor allem darum, wie sich Teammitglieder affektiv aneinander binden, sich aneinander anpassen und gegenseitig bei der Bewältigung des Arbeitspensums unterstützen sowie ihre Wissensbasis erweitern (Ilgen et al., 2005). Die klassische Erfassung der Charakteristika auf den drei Ebenen des Individuums, des Teams und der Organisation (Mathieu et al., 2008) ist in Abbildung 4 auf den Kontext der vorliegenden Dissertation angepasst dargestellt: familieninterner bzw. -externer Geschäftsführer, gemischtes Geschäftsführungsteam, Familienunternehmen.
4.4 Forschungsstand zur Effektivität von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens 33
4.4 Forschungsstand zur Effektivität von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens In der Forschung zu TMTs ist das Verständnis von Teamprozessen noch unzureichend, was eine Integration von bereits validierten Ergebnissen aus der Gruppenforschung in die TMT-Forschung erforderlich macht. So unterscheiden sich Studien zur Effektivität von Teams in den identifizierten Einflussfaktoren, abhängig vom jeweilig untersuchten Teamtypus (Barrick et al., 2007; Cohen et al., 1997; Simsek, Veiga, Lubatkin, & Dino, 2005). Im Gegensatz zu Untersuchungen anderer Teamarten konzentriert sich die Managementteamforschung überwiegend auf Einflüsse von Kompositionsfaktoren dieser Teams, d. h. den Inputfaktoren in den IPO-Modellen. Klassischerweise liegt diesen TMT-Studien die Upper Echelon Theorie (UET) von Hambrick et al. (1984) zugrunde. Damit wird nicht mehr der CEO, sondern das TMT als Verantwortlicher für die Entwicklung und Implementierung von Strategien zur Förderung der organisationalen Performance in den Fokus gerückt (Cohen et al., 1997; Hambrick et al., 1984). Einhergehend mit diesem Analysefokus auf das TMT wird jedoch die Rolle des CEOs als Teamführer ignoriert und somit der Einfluss von Macht- und Statusdifferenzierungen innerhalb des Teams negiert (Jackson, Joshi & Erhardt, 2003). In gemischten Geschäftsführungsteams in FU kann diesen Statusdifferenzen allerdings eine hohe Bedeutung zugesprochen werden, da die Position des CEOs häufig von Familienmanagern ausgefüllt wird und dieser Umstand das Verhältnis zu Fremdmanagern prägt (Bennedsen et al., 2007; Miller et al., 2006; Mullins et al., 2016; Salvato et al., 2012). Mithilfe der Logik von IPO-Modellen aus der Psychologie können diese Mehrfachebenen einbezogen werden (vgl. Kap. 4.2, 4.3). Das Hauptdefizit der TMT-Forschung mit UET-Basis liegt allerdings in der Messweise der Einflussfaktoren auf die Teameffektivität und der Missachtung der Vermittlerrolle von Teamprozessen. Zur Überprüfung von TMT-Einflüssen auf die Performance werden häufig demografische TMT-Variablen als Proxys zur Messung von zugrunde liegenden Kognitionen und Verhaltensweisen eingesetzt, statt tiefer liegende, sozialpsychologische Konstrukte zu verwenden (Barrick et al., 2007; Carpenter, Geletkanycz & Sanders, 2004; Nielsen, 2010; Priem, Lyon & Dess, 1999). Auch dieser Punkt spricht gegen den Einbezug der Managementforschung zu TMTs für das vorliegende Forschungsanliegen und spricht für die Inklusion einer IPO-Logik. So hat die teampsychologische Forschung bereits einen Übergang von der Untersuchung der Inputfaktoren auf Teamprozesse und -zustände vollzogen und kann auch übergreifende Wirkmechanismen erfassen (Ilgen et al., 2005; vgl. auch Kap. 4.2, 4.3). Damit bietet die psychologische Teamforschung einen Mehrwert und legitimiert eine direkte Anwendung ihrer Konstrukte (die diesbezügliche Ausführung folgt in Kap. 4.5) auf den Teamtypus gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen. Darüber hinaus sind
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
jene Führungsteams, die aus Familien- und Fremdmanagement zusammengesetzt sind, als neuer Teamtypus zu betrachten, da sie besonderen Charakteristika und Asymmetrien unterliegen, die in TMTs von Nicht-FU nicht vorkommen (vgl. Kap. 4.1). Dass die beiden Forschungsfelder der Familienunternehmen und der Teamtheorie gut miteinander vereinbar sind, heben auch Ensley et al. (2005) hervor: „Building off the existing organizational research on teams, the family firm can be viewed through the theoretical lens of teams. Indeed, ‘it is within this complex web of social involvement and interactions embedded in the social structure of the family that the advantages of the family firm can be identified’. In short, the family can be viewed through team theory” (S. 268). Es gibt jedoch bislang nur wenige Autoren, die sich damit beschäftigt haben, Theorien aus der Teamforschung auf die Familienunternehmensforschung anzuwenden. Diese sollen im Folgenden dargelegt werden. Bei der Anwendung des IPO-Modells auf die Familienunternehmensforschung bilden solche Geschäftsführungsteams den Untersuchungsgegenstand, die ausschließlich aus Familienmitgliedern zusammengesetzt sind (z. B. Ensley et al., 2005; Pearson, Bergiel & Barnett, 2014). Eine alternative Anwendung bieten New Venture Teams (z. B. Ensley, Pearson & Amason, 2002)11 oder die Installation einer reinen Fremdgeschäftsführung (z. B. Bettinelli, 2011). Eine weitere Studie von Sherlock und Marshall (2019) nutzt das IMOI-Modell von Ilgen et al. (2005), um zum Verständnis der Governance-Gestaltung von Familienunternehmen beizutragen. Allerdings findet hier nur eine Einordnung existenter Theorien der Familienunternehmensforschung zu den verschiedenen IMOI-Entwicklungsphasen eines Managementteams unter Familieneinfluss statt. Für die vorliegende Dissertation steht jedoch die Beziehung zwischen familieninternen und -externen Teammitgliedern im Fokus, die sich besser über eine IMOModellbasis erläutern und empirisch überprüfen lässt. Schließlich interessiert für die vorliegende Dissertation nicht die Aufarbeitung einzelner Entwicklungsstufen eines gemischten Geschäftsführungsteams, sondern die Frage, über welche teampsychologischen Mechanismen eine Interessenangleichung zwischen den Teammitgliedern und folglich eine effektive Zusammenarbeit ermöglicht wird. Als theoretische Basis für ein solches IMO-Modell kann auf Pearson et al. (2014) aufgebaut werden, die das Ursprungsmodell von Cohen et al. (1997) auf Familienmanagementteams übertragen (vgl. Abb. 4). Dieser erste Versuch ist jedoch rein konzeptionell und bleibt empirisch zu überprüfen. Die vorliegende Dissertation intendiert eine solche empirische Überprüfung und Erweiterung dieses Modells für gemischte Geschäftsführungsteams. 11
New Venture Teams sind laut Schjoedt et al. (2013, S. 4) aufgrund ihrer unternehmerischen Orientierung mit Familienunternehmerteams vergleichbar.
4.4 Forschungsstand zur Effektivität von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens 35
Abbildung 5. IPO-Modell für Familienunternehmen nach Pearson et al. (2014, S. 3), adaptiert von Cohen et al. (1997)
Zunächst identifizieren Pearson et al. (2014) Inputfaktoren, d. h. Charakteristika der Teamzusammensetzung, die aufgrund des beständig spürbaren Einflusses einer Eigentümerfamilie auf das Unternehmen speziell für Teams in Familienunternehmen gelten. Hierzu zählen sie folgende vier Faktoren: Größe des Teams, involvierte Generationen, Verhältnis von im TMT eingebundenen Familienmanagern zu Eigentümern – für gemischte TMTs ist stattdessen eine Ratio von familieninternen zu -externen Geschäftsführern sinnvoll – und Art der Eigentümerstruktur. Sie berücksichtigen darüber hinaus den Organisationskontext, den sie als essenziell für die Entstehung eines kollektiven Verständnisses ansehen. Dieses Verständnis, das sich in einer Familienunternehmensidentität sowie in starken, geteilten Visionen und Zielen äußert, soll die Kollaboration der Teammitglieder positiv beeinflussen. Die Ausprägung ist abhängig von der Intensität der Verbindung der Familienmitglieder untereinander. Weitere Indikatoren hierfür sind die Sprache, Geschichten und Kultur im Team, die gemeinsam geteilt werden. Geteilte Visionen fungieren als Bindungsmechanismen und beeinflussen Prozesse im Team, wie beispielsweise die Kommunikation. Sie verleihen dem Familienunternehmen zudem eine Bedeutung. Im Hinblick auf die Beziehung zwischen Familien- und Fremdmanagern sind diese Faktoren anknüpfbar an jene Autoren, die sich mit dem Evozieren eines Steward- anstelle eines Agentenverhaltens bei Familien- und Fremdmanagern befassen (vgl. Kap. 2.3.2), denn das vorherrschende Menschenbild der Eigentümerunternehmer sowie deren Familiendynamik nehmen einen bedeutsa-
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
men Einfluss auf das Verhalten von Fremdmanagern in der Organisation (Corbetta et al., 2004; Miller et al., 2006), ebenso wie der Umgang der Familie mit Asymmetrien (Verbeke et al., 2012). Als für FU relevante Teamprozesse inkludieren Pearson et al. (2014) die folgenden: Kommunikation, Konflikt, konstruktive Konfrontation sowie HumanResource-Prozesse12. Konflikte sehen sie als besonders einflussreich an, da diese speziell in Familienteams das Ergebnis langjährigen Familienverhaltens und familiärer Muster sind und negativ auf die Outcomevariablen wirken können, wenn sie ungelöst bleiben. Die Konfliktforschung wurde vielfach auf FU angewendet (z. B. Cosier & Harvey, 1998; Kellermanns & Eddleston, 2006) und bildet somit eine solide Grundlage, denn Konflikte sollten kontextspezifisch analysiert werden (Davis & Harveston, 2001). Es finden allerdings kaum teamspezifische Analysen der Konfliktvariablen oder Analysen im Kontext anderer Teamprozessvariablen statt. Beispielsweise können Konflikte durch konstruktive Konfrontationspraktiken und -normen gemindert werden (Kellermanns, Floyd, Pearson & Spencer, 2008). Pearson et al. (2014) argumentieren, dass psychosoziale Eigenschaften in Familienunternehmen als spezielle Ressource gesehen werden können, die dazu beitragen kann, die Produktivität anderer Ressourcen zu erhöhen. Als Beispiel führen sie geteilte mentale Modelle an, die von Familienmitgliedern geteilt und auf das Unternehmen übertragen werden können. Als Ressource sind diese insofern zu verstehen, als dass Familien dieselbe Mentalität und dieselben Wissensstrukturen entwickeln und ihre Umwelt so in einer ähnlichen Weise interpretieren können. Diese Annahme ist konsistent mit anderen Forschern von Familienteams (vgl. Kap. 2.2: Arregle et al., 2007; Ensley et al., 2005; Zellweger et al., 2010). Für gemischte Geschäftsführungsteams stellt sich daher die essenzielle Frage, durch welche Faktoren ein ähnlich wirkendes, geteiltes Verständnis zwischen Familien- und Fremdmanager hergestellt werden kann, denn dieser Prozess inkludiert mehr als das reine Überwinden von Interessendivergenzen. Über diese geteilten Modelle hinaus identifizieren Pearson et al. (2014) resilientes Vertrauen als essenzielle Komponente von effektivem, kollaborativem Verhalten. Es basiert auf einer kontinuierlichen sozialen Interaktion und der moralischen Integrität des Teams. Daraus leiten die Autoren ab, dass Vertrauen für die Bindung Einzelner ans Team wesentlich ist. Als weiteren bindungsfördernden psychosozialen Faktor nennen Pearson et al. (2014) die Kohäsion eines Teams, die bereits von Ensley et al. (2005) für Familienteams hervorgehoben wurde. Ein zu hoher Zusammenhalt der Familienmitglieder kann allerdings auch hinderlich auf die Effektivität wirken, da aus 12
Laut Mathieu et al. (2008) zählen HR-Prozesse als Inputfaktor zum Organisationskontext. Folglich ist dies keine Prozessvariable und für das Modell an dieser Stelle unbedeutend.
4.4 Forschungsstand zur Effektivität von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens 37
Wohlwollen den Teammitgliedern gegenüber Meinungen nicht mehr vertreten werden (De Massis et al., 2015; Ensley et al., 2002). Für gemischte Geschäftsführungsteams stellt sich die Frage, ob sich die Gruppe aufgrund unterschiedlich empfundener Nähe und Ansichten spaltet (Minichilli et al., 2010; Vandekerkhof et al., 2017) oder eine Einheit hergestellt werden kann. Zuletzt nennen Pearson et al. (2014) die psychosozialen Eigenschaften Normen und Verpflichtungen. Erstere sind akzeptierte Vereinbarungen über Handlungen im Team. Normen zu Kooperation, Offenheit und Teamwork können Teamprozesse stärken, indem sie andere Normen, wie z. B. die der Reziprozität, etablieren. Letzteren schreiben die Autoren eine besondere Bedeutung in FU zu, da die Familie sich dem Unternehmen in spezieller Form verpflichtet fühlt. Das besondere Commitment von Familienmitgliedern und die Frage, ob Familienfremde ein solches Gefühl ebenso entwickeln können, knüpft wie das Konzept mentaler Modelle an den Organisationskontext der Familie an (Corbetta et al., 2004; vgl. Kap. 2.3). Zusammenfassend kann die FU-Forschung von der Integration psychologischer Konstrukte und der Theorie der IPO-Modelle aus der Kleingruppenforschung enorm profitieren. Pearson et al. (2014) haben einen ersten konzeptionellen Schritt unternommen, Konstrukte und Variablen aus teambasierten Theorien herauszugreifen, welche die Teamarbeit auf oberster Führungsebene in Familienunternehmen möglicherweise beeinflussen. Allerdings beruhen diese konzeptionellen Annahmen auf der Forschung zu reinen Familienteams (vgl. auch Ensley et al., 2002, 2005). Diese Annahmen bedürfen für gemischte Geschäftsführungsteams einer Ergänzung. Zudem muss die Relevanz dieser als einflussreich vermuteten Faktoren für gemischte Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen zunächst empirisch überprüft und bestätigt werden. Die vorliegende Dissertation knüpft an diesen Punkt an und intendiert die empirische Exploration gemischter Geschäftsführungsteams, einerseits zur Erweiterung des Verständnisses zu Teamdynamiken innerhalb gemischter Geschäftsführungsteams für die Familienunternehmensforschung und andererseits zur Untersuchung eines neuartigen Teamtypus für die Teampsychologie. Essenziell ist dabei auch die Analyse der Wirkzusammenhänge dieser Teamdynamiken. Die Übertragung teampsychologischer Konzepte auf den Kontext des FU benötigt als Grundlage gut erforschte Konstrukte aus der Teamforschung. Im folgenden Kapitel wird aus einem Überblick zu psychologischen Konzepten die Auswahl für die vorliegende Forschungsarbeit vorgestellt.
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
4.5 Exploration von Konzepten aus der Teamforschung Metaanalysen aus der Teamforschung (De Church & Mesmer-Magnus, 2010; LePine et al., 2008; Mathieu et al., 2008; Rico et al., 2011) konzentrieren sich im Gegensatz zu den bisher erwähnten Autoren, die sich der Modellerarbeitung und Konzeptionierung von Variablen widmen (vgl. Kapitel 4.3), verstärkt auf die Zusammenführung von Einflussfaktoren für die Teameffektivität. Sie tragen die Input- und Prozessfaktoren sowie die dynamischen Teamzustände zusammen. Dabei werden die Inputfaktoren nach Kontext (Individualebene, Team, Organisation) gegliedert als Set an Ressourcen, über die ein Team verfügt, dargestellt. Demgegenüber werden Prozesse und dynamische Teamzustände meist als Set an psychosozialen Mechanismen unter der Rubrik der Mediatoren zusammengefasst. Eine Unterscheidung zwischen diesen beiden Konzepten ist jedoch wesentlich. Während die Prozessdimension Verhaltensaspekte in Teams nach Marks et al. (2001, vgl. Kap. 4.3) abbildet, ordnet die Forschung zu dynamischen Teamzuständen die Konzepte einer affektiven und einer kognitiven Dimension zu (Kozlowski & Ilgen, 2006; Kozlowski & Bell, 2003 [2013]). In Tabelle 1 wird die soeben erläuterte Aufteilung als Gesamtüberblick dargestellt, basierend auf den Metaanalysen von Decuyper, Dochy und Bossche (2010), Mathieu et al. (2008) sowie Rico et al. (2011). Hier werden diejenigen Konstrukte aus der Teamforschung zusammengetragen, die für den Kontext von gemischten Managementteams in Familienunternehmen relevant sein könnten.
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4.5 Exploration von Konzepten aus der Teamforschung Tabelle 1. Inputfaktoren und Mediatoren aus der Teamforschungsliteratur im Überblick Inputs (Set an Ressourcen, über die ein Team verfügt) Aufgabendesign, Teamkontext
Teamführung
Teamkomposition
Autonomie
externe Führung
Teamgröße
Interdependenz
geteilte Führung
Teambestehen
Coaching
Diversität bzw. Heterogenität
Disparität
Intrateam-Machtverhältnis Zielorientierung Fähigkeiten Persönlichkeitseigenschaften
Mediatoren (Set aus psychosozialen Mechanismen) Prozesse
Dynamische Teamzustände
Vermischte Mediatoren
Verhalten
Affektive/soziale Faktoren
Prozesse und Zustände
Übergangsphase
Kohäsion*
Team Learning Behavior
Group Potency bzw. Team Efficacy
Transactive Memory
Planung Leitlinien Handlungsphase Kommunikation Koordination zwischenmenschliche Prozesse Konflikt* Motivation Feedback Kreativität
Team- bzw. Gerechtigkeitsklima Team Psychological Safety Vertrauen* Kognitive Faktoren kollektive Kognition bzw. geteilte mentale Modelle geteilte Normen strategischer Konsens
Anmerkung. *= für die vorliegende Arbeit auserwählte Konstrukte. Darstellung auf Basis von Decuyper et al. (2010), Mathieu et al. (2008) und Rico et al. (2011).
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
Aus den in Tabelle 1 aufgeführten Konzepten, die für Managementteams potenziell infrage kommen, werden für die vorliegende Forschungsarbeit drei gut erforschte Konstrukte ausgewählt. Dieser Fokus ist notwendig, um eine erste Grundlage für die empirische Anwendung psychologischer Konstrukte auf den Kontext gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen als neuartigen Teamtypus zu schaffen. Da aufgrund mangelnder empirischer Forschung (vgl. Kap. 4.4) im Vorfeld der vorliegenden Untersuchung nicht bekannt ist, welche Konstrukte für gemischte Geschäftsführungsteams besonders relevant sind, findet zunächst eine explorative Erkundung in der qualitativen Studie mittels Interviews statt (vgl. Kap. 5). Die Auswahl der Konstrukte orientiert sich an subjektiven Relevanzsetzungen der Interviewpartner, die sich im Verlauf der Auswertung herauskristallisieren. Diese Relevanzsetzungen lassen sich den folgenden drei Konstrukten zuordnen: Vertrauen, Kohäsion und Konflikt. Die empirische Herausarbeitung der Bedeutung dieser Konzepte findet in Kapitel 5 statt. Allerdings bedarf es zum Verständnis dieser Umlegungen eines vorherigen theoretischen Verständnisses dieser Konstrukte, weshalb in den folgenden Unterkapiteln deren Definitionsweisen vorgestellt werden. Die Auswahl der drei Konstrukte lässt sich zusätzlich mittels der Forschungsliteratur begründen. Da in Familienunternehmen soziale Beziehungen als Resultat beständiger Interaktion und Involvierung der Familie eine hohe Bedeutung haben (Chrisman, Chua & Steier, 2005; Ensley et al., 2005; Mustakallio et al., 2002), ist ein Fokus auf soziale Faktoren der dynamischen Teamzustände sinnvoll. Daher werden in die empirische Untersuchung die beiden Konstrukte Kohäsion und Vertrauen inkludiert, denn diese bilden zentrale Faktoren für die Entwicklung einer Bindung zwischen den Teammitgliedern (Pearson et al., 2014). Das Kohäsionskonzept ist dabei anschlussfähig an die in Kapitel 2.3 dargelegte Forschung der Gruppenspaltung, die Fremd- und Familienmanagement aufgrund gegenläufiger Zielvorstellungen als zwei kohäsive Subgruppen wahrnimmt (Minichilli et al., 2010; Vandekerkhof et al., 2017). Die vorliegende Forschungsarbeit legt den Fokus dagegen auf das gemischte Geschäftsführungsteam als Einheit und analysiert die Entstehung eines positiven, gemeinsamen Zusammenhalts des Gesamtteams. Die Untersuchung von Vertrauen als zweitem dynamischem Teamzustand ist für gemischte Geschäftsführungsteams ebenso zentral, denn Vertrauen ist eine Funktion der Interaktion zwischen Menschen und stellt ein entscheidendes Element in der Kooperationsfähigkeit von Teammitgliedern dar (Costa & Peiró, 2009; Shen et al., 2007). Hohes Vertrauen innerhalb einer Geschäftsführung in Familienunternehmen kann ähnliche Vorteile bieten wie formalisierte Governance-Strukturen. Gleichzeitig ist es aufgrund von Agentenproblemen (opportunistisches Verhalten, Informationsasymmetrien, Altruismus) schwierig, Vertrauen herzustellen (Eddleston, Chrisman, Steier & Chua, 2010). Die Analyse von Vertrauen
4.5 Exploration von Konzepten aus der Teamforschung
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kann dazu beitragen, das Verständnis von Agentenbeziehungen zu verbessern, denn diese sind auch abhängig von der subjektiven Wahrnehmung des familieninternen CEOs als Prinzipal über das Wohlwollen des TMT (Cruz, Gómez-Mejia & Becerra, 2010). Neben den beiden dynamischen Teamzuständen Kohäsion und Vertrauen wird der Konflikt als Teamprozess in die empirische Untersuchung inkludiert. Aus der bisherigen FU-Forschung ist bereits bekannt, dass Konflikte eine hohe Tragweite in Familienunternehmen haben (Davis et al., 2001; vgl. Kap. 4.4). Moderate Konflikte können positiv zur Identifizierung von Perspektiven beitragen und Akzeptanz für Entscheidungen evozieren (Jehn, 1997; Kellermanns & Eddleston, 2004). Jedoch muss eine Eskalation auf ein destruktives Niveau durch eine entsprechende Konfliktbewältigung verhindert werden, damit sich keine Koalitionen bilden und das proorganisationale Verhalten bestehen bleibt (Lester & Cannella, 2006). Bislang fehlt jedoch eine teamspezifische Analyse der Konfliktvariable (Pearson et al., 2014), weshalb die Aufnahme als Prozessvariable in die Untersuchung erfolgt. Bei Kozlowski et al. (2003; 2013) werden Konflikte als affektive Prozesse bezeichnet und implizieren damit eine Nähe zu den affektiv angelegten dynamischen Zustandskonzepten wie z. B. Kohäsion oder Zuversicht. Damit ist eine Passung zu den beiden dynamischen Zustandsvariablen gegeben. Dies bestätigt auch die Forschung von De Church, Mesmer-Magnus und Doty (2013), die eine Differenzierung von Konflikt als Zustandsvariable (Aufgaben- und Beziehungskonflikt) und als Prozessvariable (Umgangsformen mit Konflikten) einführen. Dadurch soll die reine Wahrnehmung der Intensität von Divergenzen um die Betrachtung jener Interaktionen ergänzt werden, die Teammitglieder anwenden, um Differenzen zu überwinden, also den Konflikt zu bewältigen (bislang in der Forschungsliteratur als Konfliktmanagementstrategien bezeichnet). Im qualitativen Erhebungsdesign der vorliegenden Untersuchung bestätigt sich diese Differenzierung ebenfalls (vgl. Kap. 5). In den folgenden Unterkapiteln werden die drei gewählten Konstrukte dargelegt. Aufgrund von verschiedenen Operationalisierungs- und Anwendungsweisen dieser Konzepte auf verschiedene Teamarten in der Forschung ist eine gründliche Darstellung der Definitionen der Konstrukte unabdingbar. Auf dieser Basis lässt sich für den vorliegenden Teamtypus gemischter Geschäftsführungsteams ein inhaltliches Verständnis für die empirische Untersuchung schaffen. Die Definitionsweisen sind dabei insbesondere als Grundlage für die Auswertung der qualitativen Studie relevant (vgl. Kap. 5), wohingegen der Zusammenhang der Konzepte mit Performancevariablen für die quantitative Studie wesentlich ist (vgl. Kap. 6).
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4 Konzeptioneller Rahmen: Teameffektivität
4.5.1 Kohäsion Das Konstrukt Kohäsion gilt in der Teamforschung als gründlich erforscht und als bedeutendes Element für die Funktionsfähigkeit von Teams (Chang & Bordia, 2001; Mullen & Copper, 1994; Bossche, Gijselaers, Segers & Kirschner, 2006). Der Natur dieses Konstruktes ist der Aspekt inhärent, dass sich Kohäsion erst im Laufe der gemeinsamen Arbeit im Team entwickeln kann, nachdem sich die Teammitglieder miteinander vertraut gemacht haben (Beal, Cohen, Burke & McLendon, 2003). Dieses zeitliche Entstehen ist in der Kohäsionsforschung jedoch bislang wenig untersucht, nicht zuletzt aufgrund logistischer Schwierigkeiten (Salas, Grossman, Hughes & Coultas, 2015). Dennoch lässt sich Kohäsion auch als Einfachmessung gut erfassen, Chang et al. (2001) finden beispielsweise keine longitudinalen Veränderungen. Definitionen und Operationalisierung Der Kern des Kohäsionskonzeptes lässt sich als Prozess der Bindung oder Verbundenheit zwischen Mitgliedern einer Gruppe resümieren (Dion, 2000). Die älteste anerkannte Definition des Kohäsionskonstruktes in der Teamforschung stammt von Festinger, Schachter und Back (1950). Sie definieren Kohäsion als „resultant of forces causing members to remain in the group. These forces may depend on the attractiveness or unattractiveness of either the prestige of the group, members in the group, or the activities in which the group engages“ (S. 274). Andere Autoren bezeichnen Kohäsion als einen dynamischen Prozess, der sich in der Tendenz einer Gruppe äußert, zusammenzuhalten und in der Verfolgung ihrer instrumentellen Ziele vereint zu bleiben, oder sich in der Erfüllung von affektiven Bedürfnissen ihrer Mitglieder zeigt (Carron, Brawley & Widmeyer, 1998, S. 213). Eine kohäsive Gruppe verfügt über eine Widerstandsfähigkeit gegen zerstörerische Kräfte (Gross & Martin, 1952, S. 553). Diese Vielfalt an Definitionen leitet die Forscher zu der Annahme einer Multidimensionalität des Konstruktes (Chang et al., 2001; Kozlowski & Bell, 2003). Auf der Forschungsgrundlage von Carron, Widmeyer und Brawley (1985) hat sich die Differenzierung in die beiden Dimensionen Aufgabenkohäsion [engl.: task cohesion] und soziale Kohäsion [engl.: social cohesion] etabliert und zudem der Fokus von Sportteams auf Arbeitsteams verlagert (Carless & DePaola, 2000; Chang et al., 2001; Kozlowski et al., 2013). Die Aufgabenkohäsion wird als das geteilte Verpflichtungsgefühl zwischen den Teammitgliedern gegenüber einer Aufgabe oder einem Ziel definiert. Für das Erreichen dieses Ziels ist das gemeinsame Engagement der Gruppe vonnöten. Demgegenüber bezieht sich die interpersonale oder soziale Kohäsion auf die Natur und Qualität von emotionalen und freundschaftlichen Bindungen innerhalb der Gruppe, wie Zuneigung oder Sympathie, Fürsorge und Vertrautheit. Ergo bezeichnet sie die zwischenmenschliche Anziehung der Teammitglieder der Gruppe untereinander (Kozlowski et al., 2013, S. 39; Bossche, Gijselaers, Segers & Kirschner, 2006, S. 499). Mullen et al.
4.5 Exploration von Konzepten aus der Teamforschung
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(1994, S. 214) ergänzen die beiden Dimensionen um eine weitere Komponente: den Gruppenstolz [engl.: group pride]. Hierbei fühlen sich Teammitglieder aufgrund des Status oder der vertretenen Ideologie der Gruppe nahe, sodass die Gruppenzugehörigkeit mit dem eigenen Selbstwertgefühl verknüpft wird. Diese Kohäsionsdimension findet allerdings, außer bei Beal et al. (2003), in anderen Operationalisierungen kaum Eingang in die Forschung (Salas et al., 2015). Zudem basiert diese Komponente auf einem homogenen Set an Studien aus der Sportteamforschung (Beal et al., 2003) und ist damit für den vorliegenden Kontext der FU weniger geeignet. Viele Studien verkennen die Bedeutung hinter einer klaren Operationalisierung von Kohäsion. Mullen et al. (1994) sowie Bossche et al. (2006) betonen hingegen die Zentralität der Unterteilung des Kohäsionskonstruktes in unterschiedliche Komponenten. Diese Untergliederung lässt eine Schlussfolgerung über die Gründe zu, warum Kohäsion einen Beitrag zu einer gesteigerten Performance leistet. Wenn beispielsweise der Kohäsions-Performance-Effekt hauptsächlich auf interpersonale Anziehung zurückzuführen ist, bemühen sich die Teammitglieder der beliebten Kollegen zuliebe um eine Leistungssteigerung. Bei überwiegender Verpflichtung der Aufgabe gegenüber wird eine hohe Performance eher dem intrinsischen Vergnügen zugeschrieben, welches ein Teammitglied bei der Aufgabenerfüllung verspürt. Diesem Aspekt des Antriebes schreiben Carless et al. (2000) zudem praktische Relevanz zu, um daraus entsprechende Interventionen zur Förderung einer Leistungserbringung abzuleiten. Darüber hinaus sind die beiden der Kohäsion zugrunde liegenden Dimensionen unterschiedlich stark ausgeprägt. Je nach Teamtypus oder nach Zeitpunkt im Lebenszyklus eines Teams können soziale oder Aufgabenfaktoren stärker hervortreten. Bei der Formierung von Arbeitsteams kommt beispielsweise die Aufgabenkohäsion intensiver zum Vorschein. Es liegt jedoch, davon unabhängig, jedem Teamtypus eine instrumentale und eine affektive Dimension von Kohäsion zugrunde. So formieren sich Gruppen immer aus einem spezifischen Grund (= instrumentale Basis) und folgen dem menschlichen Bedürfnis nach sozialer Bindung. Daher erzeugt Kohäsion einen positiven Affekt (Carron & Brawley, 2012). Zusammenhang Kohäsion – Performance Die Verbindung zwischen den Variablen Kohäsion und Performance wird anhand mehrerer Metaanalysen als kleiner, positiver Zusammenhang bestätigt (Beal et al., 2003; Chang et al., 2001; Chiocchio & Essiembre, 2009; Evans & Dion, 1991 [2012 reprinted]; Mullen et al., 1994). Dabei sehen viele Forscher die Aufgabenkohäsion als Hauptkomponente in der Beziehung zwischen Kohäsion und Performance und schreiben der sozialen Kohäsion eine geringere Bedeutung zu (Chang et al., 2001; Mullen et al., 1994; Bossche et al., 2006). Beal et al. (2003) zeigen hingegen für drei Dimensionen von Kohäsion – Aufgabe, soziale Komponente, Stolz – einen unabhängigen, signi-
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fikanten Zusammenhang zu Performance auf. Gully, Devine und Whitney (1995 [2012]) relativieren dieses Ergebnis, da die Menge von empirischen Studien mit realen Gruppen klein ist. Ebenso fordern Salas et al. (2015) eine Priorisierung der sozialen und Aufgabendimension gegenüber der Stolzdimension von Kohäsion. Sie ergänzen, dass die Verbindung zwischen Kohäsion und Performance adäquater aufgeklärt werden kann, wenn Kohäsion aus einer einstellungsbezogenen Komponente (z. B. „Teammitglieder mögen einander“) und einer Verhaltenskomponente (z. B. „Teammitglieder verbringen außerhalb des Büros Zeit miteinander“) zusammengesetzt wird. Die jeweilige Auswirkung von sozialer oder Aufgabenkohäsion auf die Teamperformance hängt zudem stark davon ab, welches Effektivitätskriterium als Outcome untersucht wird (Kozlowski et al., 2013). So wirkt eine ausgeprägte soziale Kohäsion positiv auf Beurteilungen der Lebensfähigkeit des Teams (Barrick, Stewart, Neubert & Mount, 1998) oder der Lebensfähigkeit des Systems (Chang et al., 2001; Chang, Duck & Bordia, 2006). Zu demselben Ergebnis gelangen auch Bossche et al. (2006), die in sozialer Kohäsion gleichzeitig eine Gefahr für eine hohe Performance sehen, da sie Gruppendenken [engl.: groupthink]13 evozieren kann. Beal et al. (2003) deuten auf eine stärkere Beziehung von Kohäsion zu Performanceverhalten (Behaviors) als zu reinen Performanceergebnissen (Outcomes). Zudem können ihrer Forschung zufolge Effizienzmaße die positive Auswirkung von Gruppenkohäsion besser widerspiegeln als Effektivitätsmaße. Auf theoretischer Ebene ist die Relation zwischen Kohäsion und Performance plausibel durch soziale und motivationale Faktoren zwischen den Teammitgliedern erklärbar. Diese kreieren eine spezielle Bindung zwischen den Kollegen und führen folglich zu Kohäsion. Je stärker die Bindung, desto höher ist die Motivation, gute Leistung zu erbringen (Beal et al., 2003). Dennoch gibt es widersprechende empirische Beobachtungen, die älteren Jahrgangs sind (z. B. Stogdill, 1972; Carron, 1982; Tziner, 1982). Einige Autoren (Beal et al., 2003; Chang et al., 2001; Gully et al., 1995 [2012 neu veröffentlicht]; Salas et al., 2015) erklären diese Widersprüche mit der Inkonsistenz in den Definitionen und dem Fehlen einer einheitlichen Messweise für Kohäsion und Performance. Häufig liegt diese Verwirrung an der Diskrepanz zwischen der Konzeption und der Operationalisierung des Konstruktes, an der Messung von Gruppenkohäsion auf individueller Ebene anstatt auf der Analyseebene des Teams oder an Aggregationsfehlern von der individuellen auf die Teamebene. Vor diesem Hintergrund haben sich einige Metaanalysen der Frage angenommen, ob die Relation zwischen
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Das Konzept des Gruppendenkens geht auf Janis (1982) zurück und bezeichnet das Verhalten von Gruppenmitgliedern in einem Entscheidungsprozess, abweichende Meinungen zu unterdrücken, um die Harmonie der Gruppe nicht zu gefährden.
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Kohäsion und Performance durch andere Variablen moderiert wird. Dabei konnten über die Analyseebene hinaus weitere Faktoren identifiziert werden: Gruppengröße, Gruppen- oder Aufgabeninterdependenz, Gruppennormen sowie die Anerkennung von Zielen (z. B. Evans & Dion, 1989; Gully et al., 1995 [2012]; Langfred, 1998). Diese Moderatoren können die Effektstärke des Kohäsion-Performance-Zusammenhangs beeinflussen. Beispielsweise ist dieser stärker, wenn die gegenseitige Abhängigkeit bei der Aufgabenerfüllung hoch ist. Das heißt, dass hoch kohäsive Gruppen bei interdependenten Aufgaben bessere Leistung erbringen, da sie sich besser koordinieren können (Gully et al., 2012). Damit einhergehend wird die Effektstärke auch durch den Workflow des Teams beeinflusst (z. B. Beal et al., 2003) oder durch die Art der Aufgabe, d. h. beispielsweise durch den additiven oder disjunktiven Charakter der Aufgabe (z. B. Zaccaro & Lowe, 1988; Zaccaro & McCoy, 1988). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Kohäsion-PerformanceZusammenhang nicht länger als kontrovers oder dürftig bezeichnet, sondern als kleiner, aber signifikant positiver Effekt anerkannt werden sollte (Mullen et al., 1994). Kohäsion kann als robuster Teamzustand angesehen werden, da er von Forschern unterschiedlicher Disziplinen erprobt und in einer Vielzahl von Kontexten angewendet worden ist (Greer, 2012). Es bedarf allerdings weiterer Forschung, die sich der tatsächlichen Effektstärke des Zusammenhangs widmet. Dazu müsste eine einheitliche Operationalisierung von Kohäsion auf der Gruppenebene vorgenommen werden. Die Metaanalyse von Beal et al. (2003) ist ein erster, sinnvoller Schritt in diese Richtung. Im Gegensatz zu Mullen et al. (1994) schließen sie jene Studien aus, die Kohäsion auf individueller Ebene messen, da der Kohäsion-Performance-Zusammenhang dort geringer ausfällt (Beal et al., 2003). Dieser Fokus auf die Teamebene soll allerdings nicht bedeuten, dass Facetten von Kohäsion, die auf individueller Ebene wirken, aus der Analyse ausgeschlossen werden. Für deren Erfassung bedarf es lediglich anderer Erfassungstechniken, um Kohäsion als Multilevel-Konstrukt zu messen (Salas et al., 2015). Darüber hinaus fehlt es älteren Metaanalysen an der Differenzierung der einzelnen Studienresultate nach Teamtypus und den Settings. Chiocchio et al. (2009) legen diesbezüglich einen Grundstein, indem sie zwischen Projekt-, Produktions- und Serviceteams sowie zwischen organisationalem und akademischem Umfeld unterscheiden. Sie finden heraus, dass sich Projektteams von anderen Teamarten unterscheiden und stärkere Effektgrößen im Kohäsion-Performance-Zusammenhang im Organisationsrahmen hervorrufen. Für Managementteams fehlt es hier allerdings an Grundlagenforschung. Cohen et al. (1997) verweisen für Managementteams auf eine Studie von Smith, K. G., Smith, K. A., Olian, Smis, O’Bannon und Scully (1994) zu Social Integration, die zeigt, dass gut integrierte TMTs bessere Leistung erbringen. Dieses
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Konstrukt ist dem der Kohäsion sehr nahe (Simsek et al., 2005). Auch Hambrick (1995) und Katzenbach und Smith (1993) sehen die Zersplitterung eines TMTs als Haupthindernis für dessen Effektivität an. 4.5.2 Vertrauen Definitionen und Operationalisierung Das Konstrukt Vertrauen stellt zwar ein viel beforschtes Feld der Wissenschaft dar, in der Forschungsliteratur herrscht jedoch wenig Konsens bezüglich einer einheitlichen Arbeitsdefinition und Operationalisierung (Mach, Dolan & Tzafrir, 2010; McEvily & Tortoriello, 2011). Dies hängt mit den diversen Zugängen unterschiedlicher Forschungsdisziplinen zum Vertrauensbegriff zusammen. Vertrauen kann als Variable der Persönlichkeit, von Situationen oder Interaktionsbeziehungen betrachtet werden. Dabei sind die ersten beiden Aspekte vorwiegend in früheren Forschungen zu finden und bilden die Grundlage für aktuellere Ansätze (Colquitt, Scott & LePine, 2007). Für die vorliegende Dissertation sind die Forschungsansätze aus der Managementforschung der 1990er Jahre relevant. Der Vorteil dieser Definitionen liegt darin, dass sich disziplinübergreifend Gemeinsamkeiten identifizieren lassen und so größere Einigkeit hinsichtlich der Konzeptualisierung von Vertrauen herrscht (Rousseau, Sitkin, Burt & Camerer, 1998). Erste Versuche, ein integratives Modell der Perspektiven auf Vertrauen zu erstellen, wurden unternommen. Zudem ist die Akzeptanz verbreitet, die Wurzel von Vertrauen in Beziehungen zu suchen, anstelle von Rotters (1967) herkömmlicher Konzeption von Vertrauen als Eigenschaft (Schoorman, Mayer & Davis, 2007). Rousseau et al. (1998) fassen zwei Kernelemente der meistzitierten Arbeiten zum Vertrauenskonzept wie folgt zusammen: „Trust is a psychological state comprising the intention to accept vulnerability based upon positive expectations of the intentions or behavior of another“ (S. 395). Diese beiden Aspekte werden folgend näher ausgeführt, da sie die Grundlage vieler empirischer Studien bilden (Dietz & Den Hartog, 2006; Lewicki, Tomlinson & Gillespie, 2006; Colquitt et al., 2007), wie auch der vorliegenden. Das erste essenzielle Thema dieser Definition stellt die positive, zuversichtliche Erwartungshaltung an das Verhalten anderer dar (Lewicki, McAllister & Bies, 1998; Das & Teng, 1998), die in der Folge die eigene Bereitschaft determiniert, auf Basis von Worten, Handlungen oder Entscheidungen dieser anderen zu agieren (McAllister, 1995). An dieser Stelle lässt sich auch auf die von Lewis und Weigert (1985) getroffene Differenzierung in eine kognitive und eine affektive Vertrauenskomponente verweisen (diese wurde u. a. von den folgenden Forschern aufgegriffen: McAllister, 1995; Michell, Reast & Lynch, 1998; Erdem & Ozen, 2003). Dem kognitiven Vertrauen liegt
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die beschriebene positive Erwartungshaltung an ein vertrauenswürdiges Verhalten des Gegenübers zugrunde. Die Unterstellung von Vertrauenswürdigkeit versucht das Individuum dabei rational zu begründen, unter anderem durch die Beurteilung der Konditionen der Vertrauenssituation sowie der zu vertrauenden Person, z. B. im Hinblick auf die Konsistenz zwischen ihrem Verhalten und ihren Worten (McKnight et al., 1998). Die affektive Facette von Vertrauen wird dagegen aus den emotionalen Bindungen zwischen Individuen aufgeschlüsselt. Emotionale Investitionen in Vertrauensbeziehungen inkludieren den Glauben an die Tugend solcher Beziehungen und an die Erwiderung dieser Gefühle sowie das Ausdrücken der Sorge um das Wohlergehen der Partner (McAllister, 1995). Diese implizierte Gegenseitigkeit vertrauensbasierter Beziehungen findet sich auch in vielen modernen Vertrauenstheorien der Managementforschung. Ein Gros dieser Ansätze legt die aus der Psychologie stammende soziale Austauschtheorie zugrunde (Fulmer & Gelfand, 2012). Sie basiert auf der Annahme, dass sich Vertrauen aus einem wiederholten Austausch zwischen verschiedenen Parteien bildet (Blau, 1964). Neben der zeitlichen Entwicklung von Vertrauen wird ebenso auf die Norm der Reziprozität (Gouldner, 1960) verwiesen: Wenn das Verhalten eines Individuums seinem Gegenüber signalisiert, dass es diesem vertraut, stimuliert dies reziproke Verhaltensweisen von Vertrauen und begünstigt die gemeinsame Zielerreichung (Mach et al., 2010). So kann ein Vertrauensgeber zum Vertrauensnehmer werden und ein Erleben von Vertrauen – also der Erfüllung des geschenkten Vorschusses an Vertrauen – dazu führen, dass erneutes Vertrauen gegeben wird. Die Entwicklung von Vertrauen unterliegt folglich einer Zirkularität (Sanders & Schyns, 2006; Schweer, 2008). Schoorman et al. (2007) merken jedoch an, dass Vertrauen in einer Beziehung nicht zwangsläufig auf Gegenseitigkeit beruhen und reziprok sein muss, sondern ebenso einseitig existieren kann. Die zweite zentrale Komponente der Vertrauensdefinition von Rousseau et al. (1998) liegt in der Verwundbarkeit des Individuums, die es durch den Glauben an die Vertrauenswürdigkeit der beteiligten Parteien zulässt. Die existente Ungewissheit hinsichtlich der Reaktion des anderen (ergo der Erfüllung der positiven Erwartungshaltung) setzt die Bereitschaft voraus, ein Risiko auf der Beziehungsebene einzugehen (Johnson-George & Swap, 1982; Mayer, Davis & Schoorman, 1995; Michell, Reast & Lynch, 1998; Shen & Chen, 2007). Dabei bildet besonders das integrative Modell von Mayer et al. (1995) die Grundlage vieler Arbeiten (z. B. Colquitt et al., 2007; McKnight, Cummings & Chervany, 1998; Mishra, 1996; Romeike, Nienaber & Schewe, 2016; Schoorman et al., 2007). Die Autoren formulieren: „Trust (...) is the willingness of a party to be vulnerable to the actions of another party based on the expectation that the other will perform a particular action important to the trustor, irrespective of the ability to monitor or confroi that other party” (S. 712). Vertrauen evoziert damit auch
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das Gefühl, von anderen nicht ausgenutzt zu werden (Porter, Lawler & Hackman, 1975, S. 497). Auch in dieser Definitionskomponente findet sich eine Reziprozität auf der Beziehungsebene. Vertrauen, im Sinne des Glaubens an eine positive Interaktion (dass vonseiten der anderen Partei keine Enttäuschung erfolgt), fungiert demnach als Brücke zwischen einem antizipierten Risiko, nämlich der wahrgenommenen Wahrscheinlichkeit eines Verlustes (verbunden mit einer Unsicherheit als Quelle dieses Risikos), und dem tatsächlichen Eingehen dieses Risikos. Eine weitere Bedingung für das Entstehen von Vertrauen wird in der Interdependenz, also der Abhängigkeit der Parteien voneinander, gesehen: Die Interessen einer Partei können nicht erreicht werden, ohne sich auf eine andere zu verlassen (Rousseau et al., 1998). Diese Abhängigkeit von Organisationsmitgliedern ist im organisationalen Arbeitskontext zwangsläufig gegeben und somit für Teams in ihrer gemeinsamen Zielerreichung ein bedeutsames Element (Mayer et al., 1995). Vertrauen ist ein Konzept, das sich über die Zeit hinweg verändert, denn die Entwicklung von Vertrauen basiert auf fortlaufender Interaktion und reift mit der gemeinsamen Begegnung vielfältiger Herausforderungen (Lewicki et al., 2006). Es sei auf Lewicki & Bunker (1995; 1996) verwiesen, die ein Drei-Stufen-Modell konzipiert haben, demnach sich Vertrauen von einem anfänglich kalkülbasierten Vertrauen zu einem wissensbasierten Vertrauen entwickelt und in ein identifikationsbasiertes Vertrauen resultieren kann. In diesem Rahmen wurden vielfältige Faktoren identifiziert, welche die Entwicklung von Vertrauen beeinflussen bzw. eine Änderung im Vertrauenslevel hervorrufen (Colquitt et al., 2007; z. B. bei Butler, 1991; Mishra, 1996; Rempel, Holmes & Zanna, 1985). Auch hier hat sich das Modell von Mayer et al. (1995) durchgesetzt. Zum einen wird diesem Modell zufolge für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit [engl. trustworthiness] des Vertrauensnehmers auf drei zentrale Bestandteile zurückgegriffen: Fähigkeit [engl.: ability; diese umfasst Fachkompetenz, Wissen, interpersonale Skills], Wohlwollen [engl.: benevolence; das Motiv des Wohlwollens] und Integrität [engl.: integrity; das Einhalten von moralischen und ethischen Grundprinzipien]. Zum anderen wird die Vertrauensentwicklung von der Ausprägung der Fähigkeit des Vertrauensgebers, Vertrauen zu schenken [engl.: propensity to trust], beeinflusst. Zusammenhang Vertrauen – Performance Vertrauen als fundamentales Charakteristikum jeglicher Arbeitsbeziehung hat ein hohes Interesse seitens der Organisationsforschung hervorgerufen, welche die Wirkung von Vertrauen auf eine Reihe unterschiedlicher Outcomes untersucht, wie z. B. die individuelle oder die Team-Performance, Zufriedenheit, Organizational Citizenship Behavior oder Führungseffektivität (Costa, Roe & Taillieu, 2001; Dirks & Ferrin, 2001; Fulmer et al., 2012; Lewicki et al., 2006). Allerdings erschweren die un-
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terschiedlichen Konzeptualisierungen von Vertrauen die Messung der Vertrauensvariable und somit die Vergleichbarkeit der Studien, da je nach Vertrauensdimension bzw. Blickwinkel auf Vertrauen (Vertrauen in ein Team oder eine Person vs. zwischen Personen) verschiedenartige Assoziationen zu Outcomes bestehen (Costa, 2003; Dirks & Ferrin, 2002; Lewicki et al., 2006; Yang & Mossholder, 2010). Darüber hinaus bildet Vertrauen in vielen Studien nicht die Kernvariable der Untersuchung, sondern wird als eine von vielen Prädiktoren für die Teamleistung oder als eine Variable modelliert, die den Zusammenhang zwischen der Performance und anderen unabhängigen Variablen näher spezifiziert (De Jong, Dirks & Gillespie, 2016; Dirks, 1999; z. B. Braun, Peus, Weisweiler & Frey, 2013; Schaubroeck, Lam & Peng, 2011; Simons & Peterson, 2000). Trotz gemischter Ergebnisse, dominiert die Annahme, dass Vertrauen innerhalb des Teams einen positiven Einfluss auf den Outcome der Performance aufweist (Braun et al., 2013; Colquitt et al., 2007; Costa, 2003; Costa et al., 2001; Costa, BijlsmaFrankema & De Jong, 2009; De Jong & Elfring, 2010; De Jong et al., 2016; Shen et al., 2007). Wenn der Vertrauensgeber bereit ist, sich gegenüber seinen Teamkollegen verwundbar zu machen – sprich zu vertrauen, indem er seinen Teamkollegen einen Vertrauensvorschuss gibt – kann der Vertrauensgeber seine Ressourcen effektiver nutzen und sich auf die Aufgaben konzentrieren, statt seine Energie für die Überwachung der Teamkollegen aufzuwenden (Colquitt et al., 2007; Dirks, 1999; Langfred, 2004). Vertrauen hilft den Teammitgliedern also, so miteinander zu interagieren, als wäre die bestehende Unsicherheit und Verletzlichkeit positiv gelöst (De Jong et al., 2010). Das Entstehen von reziprokem und sozialem Austauschverhalten kann zudem die individuelle Performance der Teammitglieder steigern (Dirks et al., 2002; Konovsky & Pugh, 1994). Wenn Vertrauen hingegen fehlt, werden die Ziele und Interessen des Teams aus den Augen verloren und dies begünstigt die Verfolgung eigennütziger Interessen (Joshi, Lazarova & Liao, 2009). Moderatoranalysen zeigen, dass die Beziehung zwischen Vertrauen und Performance auch vom Grad der Aufgabeninterdependenz, der Autoritätsdifferenzierung und der Kompetenzdifferenzierung14 in Teams abhängen kann (De Jong et al., 2016). Der Untersuchung von Vertrauen als Moderator liegt die Logik zugrunde, dass Vertrauen die Leistung nicht direkt beeinflussen kann, sondern durch seine Effekte auf andere Gruppenprozesse (wie z. B. den Austausch an Informationen und Wissen) eine positive Wirkung auf die Performance verstärkt (Costa, 2003; Costa et al., 2009; Dirks et al., 2001; Jones & George, 1998). Eine entsprechende Operatio14
Das Konzept der Autoritätsdifferenzierug bezieht sich darauf, wie Entscheidungsverantwortungen im Team verteilt sind; Kompetenzdifferenzierung bezieht sich auf die Verteilung spezialisierten Wissens oder erforderlicher Fähigkeiten auf Teammitglieder, wodurch diese schwer zu ersetzen sind (Hollenbeck, Beersma & Schouten, 2012).
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nalisierung von Vertrauen als mehrdimensionales Konstrukt kann diese Komponenten allerdings aufgreifen, sodass dieses Konstrukt als Haupteffekt untersucht werden kann (Costa, 2003). Darüber hinaus lässt sich annehmen, dass kognitionsbasiertes und affektivbasiertes Vertrauen über verschiedene Mechanismen zur Teamperformance beitragen (De Jong et al., 2016; Yang, Mossholder & Peng, 2009). Ersteres sollte, indem das Team als kompetent wahrgenommen wird, den Glauben der Teammitglieder an die Fähigkeit des Teams stärken, die gesetzten Ziele gemeinsam und aufgabenorientiert zu erreichen. Letzteres sollte über die Wahrnehmung, dass das Team um sein Wohlergehen besorgt ist, dazu führen, dass Teammitglieder sich trauen, sensible Themen anzusprechen und persönliche Informationen offenzulegen. Im Prozess der Zielerreichung sorgt der Fokus auf zwischenmenschliches Verhalten zur Stärkung des Zusammenhalts für eine positive Wirkung (De Jong et al., 2016; Schaubroeck et al., 2011). 4.5.3 Konflikt Definitionen und Operationalisierung Im Gegensatz zu den vorherig diskutierten Zustandsvariablen Kohäsion und Vertrauen herrscht hinsichtlich der Definitions- und Operationalisierungsweise von Konflikt ein hoher Konsens in der Forschung. Die Forschungsarbeiten über den Konflikt als Prozess dominieren dabei das Themenfeld der interpersonalen Prozesse (Mathieu et al., 2008). Das Grundgerüst der heutigen Konfliktforschung besteht aus Studien der 1990er Jahre (Amason, 1996; Amason & Schweiger, 1994; Amason & Sapienza, 1997; Jehn, 1994, 1995; Pinkley, 1990), weshalb diese folgend zur Definition von Konflikt ausgeführt werden. Operationalisierungen werden meist an Jehn (1995) angelehnt. Jehn (1995) baut ihre Definition von Konflikt auf Boulding (1963) auf, welcher Konflikt als das Bewusstsein über Inkompatibilitäten definiert. Die involvierten Parteien erfahren folglich Diskrepanzen miteinander, die sie als unvereinbar empfinden, wie beispielsweise divergierende Anliegen und Wünsche oder interpersonale Differenzen (S. 257f.). Daraus ergeben sich die beiden in der Forschungsliteratur etablierten Konfliktdimensionen Aufgabenkonflikt [engl.: task conflict] und Beziehungskonflikt [engl.: relationship conflict] (Jehn, 1995), respektive kognitiver Konflikt [engl.: cognitive conflict] und affektiver Konflikt [engl.: affective conflict] (Amason & Schweiger, 1994). Jehn (1995, S. 258) spricht dabei von einem Aufgabenkonflikt, wenn sich die Gruppenmitglieder uneins über den Inhalt von auszuführenden Aufgaben sind. Dies inkludiert Differenzen im Hinblick auf Standpunkte, Ideen und Meinungen. Beziehungskonflikte hingegen treten auf, wenn zwischenmenschliche Dissonanzen zwischen Gruppenmitgliedern existieren, die Spannungen, Abneigungen und Ärgernis beinhalten. Amason (1996) setzt diese Untergliederung in den Kontext der strategischen Entscheidungsfindung von Top Management Teams. Sie definiert den
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kognitiven Konflikt als “task oriented and focused on judgmental differences about how best to achieve common objectives” (S. 127). Zudem beschreibt sie ihn als einen funktionalen Konflikt, da Meinungsverschiedenheiten in TMTs unvermeidbar sind. Im Prozess der Entscheidungsfindung werden diese durch das Debattieren und In-Bezugsetzen evaluiert. Ein kognitiver Konflikt soll einerseits den Konsens im Team fördern, da er zum Verständnis der zugrunde liegenden Argumente beiträgt. Gleichzeitig soll er ein Commitment sowie affektive Akzeptanz evozieren, da jedes Teammitglied die finale Entscheidung in der gemeinsamen Diskussion beeinflussen und mitgestalten kann. Der kognitive Konflikt gewinnt über diese Aspekte an Bedeutung für die Entscheidungsqualität, da eine Perspektivenvielfalt einen Mehrwert gegenüber der individuellen Sichtweise schafft (Amason et al., 1994, S. 245f.). Der affektive Konflikt wird demgegenüber als dysfunktional bezeichnet, da er meist durch Emotionen geleitet ist und Uneinigkeiten oder Streitigkeiten auf der persönlichen Ebene ausgetragen werden. Wenn TMTs im Prozess der Entscheidungsfindung in kognitive Konflikte vertieft sind, können leicht zwischenmenschliche Streitigkeiten entstehen, sofern eine kognitive Meinungsverschiedenheit als persönliche Kritik wahrgenommen wird. Solche Fehlinterpretationen können einen affektiven Konflikt auslösen (Amason, 1996; Brehmer 1976; Ensley et al., 2002; Jehn, 1994, 1995). Dies passiert unbeabsichtigt und häufig unbemerkt (Amason et al., 1994). Im Prozess der Entscheidungsfindung können diesbezügliche Auslöser beispielsweise in der Wahrnehmung liegen, dass die eigene Urteilsfähigkeit infrage gestellt wird (Pelled, Eisenhardt & Xin, 1999), oder in dem Empfinden, dass Teammitglieder auf Kosten der anderen ihren Einfluss erweitern wollen (Amason et al., 1994; Eisenhardt & Burgeois, 1988). Letzteres ist besonders in TMTs mit asymmetrischer Machtverteilung zu beobachten (Finkelstein, 1992). Aufbauend auf Jehn (1997) ergänzen Jehn und Mannix (2001) die beiden Dimensionen um eine weitere Konfliktart, den Prozesskonflikt [engl.: process conflict]. Damit definieren sie ein Bewusstsein über Kontroversen bezüglich der Gestaltung der Aufgabenerfüllung. Dieser bezieht sich auf Fragen der Aufgaben- und Ressourcendelegation, also auf die Zuordnung von Aufgaben und die Übertragung von Verantwortung an die einzelnen Teammitglieder. In der empirischen Forschung ist diese Konfliktdimension noch selten anzutreffen, verbreiteter sind die beiden Dimensionen des Aufgaben- und Beziehungskonflikts. In neueren Studien werden jedoch häufiger auch Prozesskonflikte untersucht (De Wit, Greer & Jehn, 2012; z. B. Jehn, Greer, Levine & Suzulanski, 2008). Jehn et al. (2001) kritisieren den Fokus der Forschungsliteratur auf statische Level des Konflikts. Sie fordern eine Untersuchung der Zeitspanne, in welcher der Konflikt auftritt, sowie der zeitlichen Entwicklung, abhängig von der Konfliktdimension. Sie führen beispielsweise an, dass sich die Interaktion in einem frühen Entwicklungsstadium des Teams stark an Höflichkeitsnormen orientiert, um sich miteinander
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vertraut zu machen – folglich ist ein niedriges Level an Beziehungskonflikt existent. Je nachdem, ob ein entsprechendes Fundament in einem Team gelegt wird, findet in einer mittleren Phase der Gruppenetablierung ein Übergang hin zu einem Fokus auf das offene Ausleben von Aufgabenkonflikten statt, ohne dass Beziehungskonflikte erwachsen. Zusammenhang Konflikt – Performance Im Gegensatz zum herrschenden Konsens bezüglich der Definitions- und Operationalisierungsweise des Konfliktkonstruktes sind die empirischen Daten hinsichtlich einer positiven oder negativen Wirkung auf die Teameffektivität nicht konstant. Die anfängliche, definitionsinhärente Auffassung, dass kognitive Konflikte funktional und affektive Konflikte dysfunktional sind, lässt sich nicht durchgängig bestätigen. Es herrscht dennoch die Auffassung vor, dass Konflikte unter bestimmten Umständen von Vorteil für die Effektivität sind. Kognitive Konflikte werden dabei als natürlicher Bestandteil eines gut funktionierenden Teams mit Entscheidungsverantwortung gesehen. Es wird angenommen, dass TMTs mit einer hohen Performance den kognitiven Konflikt aktiv fördern und den affektiven Konflikt unterbinden bzw. unter Kontrolle halten (Amason, 1996; Amason, Thompson, Hochwarter & Harrison, 1995; Amason, Liu & Fu, 2010; Ensley et al., 2002; Tekleab, Quigley & Tesluk, 2009; Yu & Zellmer-Bruhn, 2018). Im Folgenden sollen die zentralen Ergebnisse im Überblick vorgestellt werden. Metaanalysen bestätigen übereinstimmend, dass die Team-Performance und Zufriedenheit unter affektiven bzw. Beziehungskonflikten leiden (De Dreu & Weingart, 2003; De Wit et al., 2012; O’Neill, Allen & Hastings, 2013). Dabei kann ein Beziehungskonflikt die Performance auf verschiedenen Wegen beeinflussen. Beispielsweise führt ein affektiver Konflikt zu einer eingeschränkten Verarbeitung von Informationen, da neue Informationen, die von Teamkollegen bereitgestellt werden, schlechter verarbeitet werden. Zudem sind Teammitglieder weniger empfänglich für Ideen und Vorschläge von Teampartnern. Auch wird viel Zeit und Energie in die Diskussion, das Lösen oder Ignorieren des Konfliktes investiert, die ansonsten der Aufgabenerfüllung zustünde (Pelled, 1996). Ebenso können affektive Konflikte, die durch eine Missinterpretation von Kritik als persönlichen Angriff hervorgerufen werden, den ansonsten positiven Effekt von kognitiven Konflikten überschatten (Amason 1996; Amason et al., 1994). Die Ergebnisse gängiger Metaanalysen weisen darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen kognitivem bzw. Aufgabenkonflikt und Team-Performance weitaus komplexer ist als jener zwischen Team-Performance und affektivem Konflikt (Bradley, Anderson, Baur & Klotz, 2015; De Wit et al., 2012). Entgegen der bis dato herrschenden Auffassung, dass kognitive Konflikte eine positive Beziehung zur Team-
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Performance aufweisen, finden De Dreu et al. (2003) in ihrer Metaanalyse diesen Effekt nicht bestätigt. Sie erhalten auch für den kognitiven Konflikt einen negativen Zusammenhang mit der Team-Performance und -Zufriedenheit (weitere Studien veröffentlichten z. B. Lau & Murningham, 2005). Negative Konsequenzen eines kognitiven Konflikts können in einer daraus erwachsenden Unzufriedenheit der Teammitglieder liegen, wenn sie das Gefühl haben, dass Teamkollegen ihre Fähigkeiten und Kompetenzen infrage stellen, was zu Grübeln und Stress führt (Yang & Mossholder, 2004). Auch kognitive Konflikte evozieren einen Erregungszustand, der vom Fokus auf die eigentliche Aufgabe ablenken und somit Entscheidungsprozesse erschweren kann (De Dreu, 2008). Demgegenüber finden De Wit et al. (2012) Bestätigung dafür, dass Aufgabenkonflikte weniger schädlich und unter bestimmten Bedingungen eine vorteilhafte Wirkung auf die Performance ausüben. Eine positive Beziehung zwischen Aufgabenkonflikt und Performance bestätigt sich für Studien, in denen die Beziehung zwischen Aufgaben- und Beziehungskonflikt nur schwach ausgeprägt war, sowie für Studien, die an TMTs durchgeführt wurden. Der Effekt eines Aufgabenkonflikts war zudem eher positiv in Studien, die Performance als finanzielle Performance oder Entscheidungsqualität anstelle einer Gesamtperformance maßen (De Wit et al., 2012). Für den Aufgabenkonflikt findet sich ebenso ein positiver Effekt auf das Commitment zur Aufgabe und die Zufriedenheit der Teammitglieder (Befahr, Mannix, Peterson & Trochim, 2011). De Dreu (2008) sieht in dem starken Fokus der Studien auf die Entscheidungsqualität als Effektivitätsmaß eine Limitation. Positive Einflüsse lassen sich mit einem besseren Verständnis der Aufgabe und einer kritischeren Auseinandersetzung mit den Ideen der Teampartner (Amason et al., 1995) erklären und darüber, dass den Teammitgliedern ermöglicht wird, ihre eigene Perspektive und ihr Aufgabenverständnis offen darzulegen (Simons et al., 2000). Aufgrund dieser Vielfalt an empirischen Ergebnissen beschäftigen sich viele Studien mit den Bedingungen, die einen vorteilhaften Einfluss auf die Beziehung zwischen Konflikt und Performance haben könnten. Als positiv wirkende Moderatoren finden sich beispielsweise die Aufgabenkomplexität und -bedeutung (De Dreu et al., 2003; Jehn, 1995), Normen der Offenheit bzw. offenen Konfliktdiskussion (Amason et al., 1997; De Dreu & West, 2001; Jehn, 1995; Tjosvold, Law & Sun, 2006), ein Klima der psychologischen Sicherheit (Bradley, Postlethwaite, Klotz, Hamdani & Brown, 2012) und Vertrauen (De Clerq, Thongpapanl & Dimov, 2009; Parayitam & Dooley, 2007). Wenn das Vertrauen hoch ausgeprägt ist, sind Teammitglieder zudem weniger dazu geneigt, Kritik persönlich zu nehmen, was einerseits zu höherer Performance führt (De Clerq et al., 2009) und andererseits die Gefahr verringert, dass sich ein kognitiver in einen affektiven Konflikt wandelt (Peterson & Bahr, 2003; Simons et al.,
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2000). Diese Umwandlung kann zudem durch die Emotionsregulation eingeschränkt werden, sodass Letztere zu einer Performancesteigerung führen kann (Curşeu, Boroş & Oerlemans, 2012; Berg, Curşeu & Meeus, 2014; Yang et al., 2004). Die Teameffektivität operationalisiert als Zufriedenheit kann zudem durch eine Direktheit in der Konfliktexpression positiv beeinflusst werden (Todorova, Bear & Weingart, 2014). Die Forschung weist darüber hinaus darauf hin, dass negative Effekte von Beziehungskonflikten auf die Performance unter bestimmten Bedingungen, wie z. B. einer Nähe auf der Beziehungsebene, gemildert werden können (Rispens, Greer, Jehn & 2011). Abschließend lässt sich festhalten, dass Konfliktmanagementstrategien einen bedeutsamen Einfluss darauf nehmen, ob Konflikte positiv oder negativ wirken (Ayoko, Callan & Härtel, 2008; De Wit et al. 2012). Einen positiven Effekt haben besonders aktive, kooperative Konfliktmanagementstrategien (Bradley et al., 2015; Pluut & Curşeu, 2013), wie z. B. die Konfliktbewältigung bzw. das Problemlösen (Befahr, Peterson, Mannix & Trochim, 2008; De Church & Marks, 2001).
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen Das erste Unterkapitel 5.1 führt in die methodische Herangehensweise der vorliegenden Dissertation ein, die dem Mixed-Method-Ansatz15 folgt. Die daran anschließenden Kapitel legen den Aufbau des qualitativ empirischen Forschungsdesigns dar, das Teil I des Mixed-Method-Ansatzes bildet. Zunächst wird in Kapitel 5.2 das explorativ angelegte Forschungsinteresse der qualitativen Forschung erläutert. Aufgrund der Auswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse und der induktiven Vorgehensweise bei der Kategorienerstellung wird dieses Forschungsinteresse mittels einer übergeordneten Forschungsfrage erfasst, die sich im Anschluss an die Kategorienerstellung in Subfragen aufschlüsselt (Schreier, 2012). In Kapitel 5.3 wird dann der Aufbau des empirischen Forschungsdesigns dargelegt. Dieses umfasst die folgenden Unterpunkte: Interviewleitfaden, Datenerhebung und -aufbereitung, Auswahl und Beschreibung der Stichprobe sowie die Begründung der Datenauswertung mittels qualitativer Inhaltsanalyse. Im Anschluss werden in Kapitel 5.4 die Ergebnisse der qualitativen Studie, in sieben Schlüsselthemen gegliedert, ausgeführt. Zuletzt erfolgt in Kapitel 5.5 ein Zwischenfazit zur qualitativen Studie, indem die Ergebnisse in einen theoretischen Rahmen eingeordnet werden. 5.1 Mixed-Method-Ansatz Die vorliegende Dissertation basiert auf einem Mixed-Method-Ansatz, da dieser eine Verknüpfung von Elementen aus qualitativen mit solchen aus quantitativen Forschungsansätzen im selben Forschungsprojekt in unterschiedlichen Projektphasen ermöglicht. Die daraus entstehende Perspektivenvielfalt auf die Forschungsfrage erlaubt ein ganzheitlicheres Bild und tieferes Verständnis des Forschungsgegenstandes (Johnson, Onwuegbuzie & Turner, 2007; Kuckartz, 2014). Es wird eine Kompatibilität der qualitativen mit der quantitativen Methode angenommen. Diese werden als eine sich ergänzende Herangehensweise an die Forschungsfrage mittels der Einnahme verschiedener Perspektiven gewertet. Um es mit Kuckartz’ (2014) Worten auszudrücken: „Entscheidend ist die Forschungsfrage, sie bestimmt den Fokus, besser gesagt die Fokusse des Forschungsprojekts. Es geht nicht an erster Stelle um philosophische Grundannahmen oder Epistemologie, sondern um die Frage ‚Welche Methoden sind bei der Beantwortung der Forschungsfrage(n) nützlich?’“ (S. 35).
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Davon abzugrenzen ist der Begriff der Methoden-Triangulation. Den beiden Ansätzen liegen trotz ihrer scheinbaren Ähnlichkeit unterschiedliche Diskursstränge zugrunde. Während der MixedMethod-Ansatz konkrete Designvorschläge zur Umsetzung von Forschungsfragen liefert, geht es beim Triangulationsansatz hauptsächlich um eine Perspektivenerweiterung durch Validierungskonzeptionen (Kuckartz, 2014, S. 48ff.).
© Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_5
56
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Die Herangehensweise mittels eines Mixed-Method-Ansatzes ist für das Forschungsvorhaben der vorliegenden Arbeit ein zentrales Grundgerüst. Um die Blackbox der Zusammenarbeit in gemischten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen zu bearbeiten, bedarf es nämlich mehr als einer Forschungsfrage, die sich über eine Kombination der Methoden aus qualitativen und quantitativen Forschungsansätzen beantworten lässt. Der bisherige Fokus der Familienunternehmens- und CorporateGovernance-Forschung liegt auf der Performance familiengeführter im Vergleich zu fremdgeführten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen (vgl. Kap. 2). Über die Installation von Kontrollsystemen werden externe Mechanismen und strukturelle Faktoren für die Interessenangleichung zwischen Familien- und Fremdmanagement untersucht. Dabei fehlt es an einer theoretisch fundierten Betrachtung teaminterner Prozesse und Dynamiken, die zu einer erfolgreichen Zusammenarbeit führen. Diese Lücke lässt sich mithilfe einer Entlehnung von Konstrukten der Teampsychologie (vgl. Kap. 4) füllen. Aufgrund der Neuartigkeit der Herangehensweise in der Untersuchung gemischter Geschäftsführungsteams mittels psychologischer Konzepte braucht es zunächst einen explorativen, qualitativen Feldzugang. Per Interviews sollen die Relevanzen und Wirkmechanismen jener Teamdynamiken herausgefunden werden, welche die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams beeinflussen. In einem zweiten Schritt sollen durch qualitative Resultate geschärfte Forschungshypothesen aufgestellt werden, die mittels einer quantitativen Fragebogenerhebung beantwortet werden können. Der Aufbau dieses Vorgehens wird folgend in seiner theoretischen Legitimation beschrieben. Als Entscheidungshilfe, wie ein solches Mixed-Method-Design im Detail aufgebaut werden soll, hat Creswell (2003) Kriterien ermittelt, anhand derer die verschiedenen Designs systematisiert werden können: Der erste Aspekt bezieht sich auf die Implementation, also ob eine qualitative und quantitative Erhebung zur selben Zeit oder nacheinander durchgeführt werden sollen. Der zweite Aspekt bestimmt die Priorität, das heißt, ob die beiden methodischen Ansätze eine gleichwertige Stellung einnehmen oder einer der beiden priorisiert wird, während der andere als Lieferant für Zusatzinformationen fungiert. Eine dritte Komponente, die Integration, rekurriert auf den Zeitpunkt der Zusammenführung der beiden Ansätze (z. B. während der Erhebung, in der Analyse, bei der Interpretation der Daten oder zu mehreren Zeitpunkten). Zuletzt sollte festgelegt werden, ob die theoretische Perspektive implizit im Forschungsdesign verankert sein oder ob ein theoretischer Rahmen das gesamte Design explizit determinieren soll. Aus diesen Kriterien lassen sich verschiedenartige MixedMethod-Designs ableiten, welche die Abhängigkeit der qualitativen und quantitativen Elemente voneinander festlegen. Je nach Autor existieren unterschiedlich eng definierte Designformen und Kombinationsmöglichkeiten, die auf den obig angeführten Sys-
5.1 Mixed-Method-Ansatz
57
tematisierungskriterien basieren (Kuckartz, 2014). Der Logik des Forschungsinteresses der vorliegenden Dissertation folgend werden die Designvorschläge zweier unterschiedlicher Autoren miteinander kombiniert, da Johnson et al. (2007) empfehlen, sich nicht von einzelnen Designvorschlägen begrenzen zu lassen, wenn das Forschungsvorhaben einer Erweiterung bedarf. Schlussendlich erfolgt die Systematisierung der Forschung nach dem sequenziell explorativen Design [engl.: sequential explanatory design] von Creswell (2003; 2014), ergänzt um Aspekte des vollintegrierten MixedModel-Designs [engl.: fully integrated mixed model design] von Tashakkori und Teddlie (2003; 2009). Ersteres wird dabei zur Festlegung der Reihenfolge der beiden Forschungsstränge (Implementation) verwendet. Im Rahmen des vorliegenden Forschungsvorhabens wird zunächst eine qualitative Teilstudie in Form von Interviews durchgeführt. Dabei steht die explorative Felderkundung des noch wenig erforschten Gebietes der Zusammenarbeit in gemischten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen im Fokus. Im nächsten Schritt erfolgt die Durchführung einer quantitativen Fragebogenerhebung. Die Besonderheit dieses sequenziellen Designs liegt darin, dass die Resultate der qualitativen Studie die Ausgestaltung der nachfolgenden quantitativen Studie beeinflussen dürfen. Somit können die quantitativen Forschungshypothesen auf den qualitativen Resultaten aufbauend formuliert und spezifiziert werden. Zudem können die qualitativ erhobenen Ergebnisse mittels quantitativer Erhebung dank einer größeren Stichprobe verallgemeinert und validiert werden. Bei Creswell ist darüber hinaus die theoretische Perspektive als implizit festgelegt, da ansonsten auf ein transformatives Design gewechselt werden würde. Die beiden verbleibenden Systematisierungskriterien orientieren sich dagegen an Tashakkori et al. (2003; 2009). Beide Methodenansätze werden somit als gleichwertig behandelt (Priorität). Dies bedeutet, dass der qualitative Ansatz nicht – wie es bei Creswell der Fall wäre – in der Zusammenführung bevorzugt behandelt wird. Zudem ist der qualitative mit dem quantitativen Forschungsstrang in jeglicher Phase des Forschungsprozesses verknüpfbar (Integration). Dies ermöglicht eine frühere und gleichzeitig mehrfache Verzahnung, die beim normalerweise später gewählten Zeitpunkt der Dateninterpretation nicht vorliegen würde. Die Vereinbarkeit der beiden Ansätze ist dadurch gegeben, dass auch dem Design von Tashakkori et al. eine Sequenzialität zugrunde liegt (Kuckartz, 2014, S. 94).
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Tabelle 2. Schema der Forschungsdesignwahl der vorliegenden Dissertation (eigene Darstellung) Implementation
Priorität
Integration
Theoretische Perspektive
nacheinander: QUAL à QUANT
gleichwertig
mehrfach
implizit
Creswell
Tashakkori et al.
Tashakkori et al.
Creswell
5.2 Forschungsfragen Das Forschungsinteresse der vorliegenden Dissertation liegt darin, Faktoren zu ergründen, die zu einer effektiven Zusammenarbeit im Team zwischen familieninternen und familienexternen Geschäftsführern beitragen. Dabei soll die Lücke der Familienunternehmensforschung hinsichtlich gemischter Geschäftsführungsteams mithilfe von Forschungsresultaten aus der Teampsychologie bearbeitet werden. Hier interessiert, welche psychologischen Mechanismen eine Interessenangleichung bzw. einen Asymmetrieausgleich zwischen den bislang lediglich homogen betrachteten Gruppen fördern können (vgl. Kap. 3 und 4.4). Um diesen Transfer zu leisten, bedarf es (1) einer explorativen Herausarbeitung bezüglich der Frage, welche Teamzustände und -prozesse in gemischten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen von besonderer Relevanz sind. Diese soll den Hauptfokus des qualitativen Forschungsteils bilden. (2) Eine weitere Lücke, die hier bearbeitet werden soll, liegt in der Selektion geeigneter familienexterner Geschäftsführer. Dieser Aspekt wurde bislang nur unwissenschaftlich im Hinblick auf das Thema der gegenseitigen Anforderungen von Familien- und Fremdmanagement (vgl. Kap. 2.3.1) oder aus dem Blickwinkel der PAT (Thema der nachteiligen Selektion) beleuchtet. (3) Ebenso soll evaluiert werden, welche Rollenzuschreibungen für familienexterne und -interne Geschäftsführer in der gemeinsamen Zusammenarbeit im Geschäftsführungsteam existieren. Bislang wird in diesen keine Ergänzung gesehen, sondern aufgrund von gruppenspezifischen Attributen eine automatische Spaltung in zwei homogene Subgruppen angenommen (vgl. Kap. 2.3.2). Der damit einhergehende negative Blickwinkel auf gemischte Geschäftsführungsteams soll in der vorliegenden Forschungsarbeit in einen positiven gewandelt werden. (4) Zuletzt interessiert, wie diese Rollenzuschreibungen die Dynamiken (vgl. Punkt 1) im Geschäftsführungsteam beeinflussen.
5.3 Empirisches Forschungsdesign
59
Als übergeordnete Forschungsfrage, die für die induktive Kategorienerstellung verwendet wird und im Verlauf der Auswertung durch die obigen Unterfragen ergänzt wird (Schreier, 2012), lässt sich die folgende formulieren: „Welche Faktoren beeinflussen die effektive Zusammenarbeit gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen?“ 5.3 Empirisches Forschungsdesign Zunächst werden die Herangehensweise der Interviewführung per Interviewleitfaden sowie die auf eine Exploration des Feldes ausgelegten Themengebiete vorgestellt (Kap. 5.3.1). Anschließend werden die Erhebung und die Aufbereitung der Daten erläutert sowie die Auswahl der Stichprobe (Kap. 5.3.2). Es folgt die Beschreibung der qualitativen Stichprobe (Kap. 5.3.3). Zuletzt wird im Abschnitt der Datenauswertung die Methodenwahl der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz und Schreier begründet (Kap. 5.3.4). 5.3.1 Interviewleitfaden Zur Erhebung der qualitativen Daten wurden semi-strukturierte Leitfadeninterviews durchgeführt. Das klassische Einsatzfeld von Leitfadeninterviews ist die Exploration eines Themenfeldes. Sie eignen sich besonders zur Gewinnung von Hypothesen oder als Vorstudiendesign zur Erstellung von Fragebogenerhebungen (Stier, 1999). Es wird ein Leitfaden entwickelt, der als Richtlinie für den Interviewer fungiert, um die Gesprächssituation beziehungsweise das Vorgehen der Themenabfragung während des Interviews zu strukturieren. Dabei ist die Ausgestaltung des Umfangs und Detailgrades der Fragestellungen dem Forscher überlassen, ebenso wie die Formulierung von Fragen sowie die Reihenfolge der Themen. Dabei sollten der Gesprächsfluss sowie die subjektive Relevanzsetzung des Interviewpartners berücksichtigt und Fragen entsprechend angepasst werden. Bei der späteren Interviewauswertung können sich so Themen ergeben, die bei der Erstellung des Leitfadens nicht inkludiert waren. Die Orientierung an einem Leitfaden soll die Vergleichbarkeit von Interviews sicherstellen. Diese Form der Interviewführung erlaubt dem Gesprächspartner jedoch gleichzeitig einen Spielraum für eigene Ausführungen (Bortz & Döring, 2006) und ermöglicht es dem Interviewer, detailliertere Fragen zu stellen, um die Geschichten der Befragten weitgreifender zu explorieren. Somit kann der Fokus breiter, auf alle interessierenden Variablen gelegt werden (Qu & Dumay, 2011). Für die semi-strukturierten Interviews wurde ein Interviewleitfaden (Anhang A) entwickelt, der auf der existenten Fremdmanagementliteratur der Familienunternehmensforschung basiert. Da die explorative Felderkundung im Zentrum des Interesses
60
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
steht, ist der Leitfaden in seiner Themenabdeckung breit gefächert. Der Kern der Interviews lässt sich in zwei Teile gliedern: (1) „Selektion von Fremdmanagement“, Anknüpfung an die FU-Forschung (2) „Zusammenarbeit im gemischten Geschäftsführungsteam“, Anknüpfung an die FU-Forschung und die Teampsychologie Tabelle 3. Überblick über die sechs Themenfelder des Interviewleitfadens Themenfeld
Bezug zur Theorie
1. Familienunternehmen des Interviewten – Allgemeines • Wertehaltung, Menschenbild • Prägung durch die Eigentümerfamilie • Bsp.: „Welche Familienmitglieder sind bei Ihnen wie stark in das Unternehmen involviert, welche Rollen übernehmen diese?“
Familieneinfluss und Werteorientierung (Kap. 2.2)
2. Zusammensetzung des gemischten GF-Teams • Ergänzung vs. Substituierung IntGF und ExtGF, in welchen Eigenschaften • Erwartungshaltungen zueinander • Bsp.: „Bitte beschreiben Sie Ihre Teampartner in ihrer jeweiligen Kernkompetenz und einer Fähigkeit, die Ihre Teampartner besonders auszeichnet.“
gegenseitige Anforderungen (Kap. 2.3.1) und Teamkomposition (Kap. 4)
3. Funktionen und Rollen der GF • Aufgabenverteilung, Kommunikation, Koordination • Verantwortungsübernahme, Gestaltung von Entscheidungsprozessen • Bsp.: „Beschreiben Sie mir bitte Ihre eigene Rolle in Abgrenzung zu jener des familienexternen Geschäftsführers.“
Rollen (Kap. 2.3.2), Entscheidungsmanagement und Teammechanismen (Kap. 4)
4. Professionalisierung des Managementteams durch ExtGF • Veränderungen durch die Implementierung im FU • Herstellung eines gemeinsamen Verständnisses im Management, in den Kontrollgremien, im Bezug zur Familienebene • Bsp.: „Beschreiben Sie bitte Ihre Zusammenarbeit. Haben Sie im Verlauf eine Veränderung erlebt, z. B. als ein neues Führungsmitglied eingegliedert wurde?“.
Professionalisierung und Eingliederung (Kap. 2.1 und 2.3.1)
61
5.3 Empirisches Forschungsdesign 5. Selektionsmechanismen für Fremdmanagement • Nachfolgeregelungen, Identifizierung von Führungstalenten • Passungskriterien • Erleben des eigenen Karriereverlaufes des Interviewpartners im FU • Bsp.: „Wie stellen Sie die Passung zum Familienunternehmen sicher? Welche Eigenschaften und Kompetenzen sind Ihnen wichtig?“
Selektion und Passung (Kap. 2.3)
6. Kooperation zwischen IntGF und ExtGF • Erleben der Zusammenarbeit • Umgang mit Meinungsverschiedenheiten und konfliktträchtigen Situationen; Lösungsansätze • Auswirkung von Positions-/Statusunterschieden • Bsp.: „Wie haben Sie bisher Meinungsverschiedenheiten in der Führungsriege gelöst?“
Zusammenarbeit (Kap. 4)
5.3.2 Datenerhebung sowie -aufbereitung und Auswahl der Stichprobe Datenerhebung und -aufbereitung Die Interviewpartner wurden im Vorhinein über die Interviewsituation aufgeklärt. Eine entsprechende Anonymität und Verschwiegenheit sowie das Unterlassen der Datenweitergabe an unbefugte Dritte wurde den Teilnehmern zugesichert. Nach vorherig erteilter Erlaubnis wurden die Interviews mittels eines Diktiergerätes aufgezeichnet. Für einen Fall existiert auf Bitte des Interviewpartners eine Mitschrift anstelle einer Audiodatei mit Transkript. Die gewonnenen Audiodateien wurden nach Abschluss des Interviews zeitnah transkribiert. Es wurden die Transkriptionsregeln „Talk in Qualitative Research“ (TiQ) befolgt (für eine nähere Ausführung s. Przyborski et al., 2010, S. 164ff.). Dialekte wurden eingedeutscht. Parasprachliche Äußerungen, wie beispielswiese der Wortlaut „ähm“ oder ein Räuspern, wurden weggelassen. Gesprächspausen, Lachen sowie die Betonung und Dehnung von Wörtern wurden dagegen vermerkt. Diese Feinheiten wurden inkludiert, um bei der Auswertung ihren zusätzlichen Bedeutungsgehalt einbeziehen zu können. Die Interviews wurden mittels der Software F5, Version 3 transkribiert. Die Gespräche dauerten durchschnittlich 75 Minuten pro Interview. Die Gesamtlänge der 103 Audiodateien beträgt 1125 Minuten (exklusive jenes Interviews, für das keine Audiodatei vorliegt). Es wurde darauf Wert gelegt, die Interviews persönlich, vor Ort im jeweiligen Familienunternehmen zu führen. Aus Termingründen wurde eines der Interviews telefonisch geführt. Die Kodierung der Interviews sowie die Erstellung des Codebuches erfolgte mittels der Software MAXQDA, Versionen 11 und 12.
62
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Auswahl der Stichprobe Um eine adäquate Stichprobe zu erhalten, wurden die folgenden Kriterien zur Auswahl der Interviewpartner festgelegt: Das Basiskriterium wird durch das Setting des Familienunternehmens bestimmt. Hierzu wird die in der Einleitung vorgestellte Definition von Familienunternehmen herangezogen. Da ein Kritikpunkt am Komponenten-Ansatz darin besteht, dass das hinreichende Kriterium des Familieneinflusses in Form von Anteilen in seiner Ausprägung stark variiert – in Studien finden sich Zahlen zwischen 5 und 100 Prozent (Chua et al., 1999) –, wird jene Definition um einen Aspekt der Auslegung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn ergänzt: Mindestens 50 Prozent des Anteilsbesitzes müssen der Familie gehören, die aus mindestens zwei natürlichen Personen oder ihren Anverwandten besteht (IfM Bonn, 2018). Ein weiteres Eingrenzungskriterium liegt im Fokus auf hybride Managementteams. Die Voraussetzung zur Interviewteilnahme bestand folglich darin, dass im jeweiligen Familienunternehmen auf Geschäftsleitungsebene ein oder mehrere familieninterne mit mindestens einem familienexternen Geschäftsführer zusammenarbeiten. Es wurde zudem darauf geachtet, dass die Interviewpartner über eine mehrjährige Erfahrung mit Fremdmanagement verfügen, um auf vielfältige Situationen bei der Erzählung zurückgreifen zu können. Das Gros der Interviewteilnehmer kann für ihr aktuelles Geschäftsführungsteam außerdem als Erfolgsfall der Zusammenarbeit zwischen Familien- und Fremdmanagement bezeichnet (gemessen an Unternehmenskennzahlen und den eigenen Angaben über die Teamzufriedenheit) und somit als Best-PracticeFall untersucht werden. Für in der Vergangenheit liegende negative Erfahrungen mit Fremdmanagement und daraus resultierenden Lerneffekten wurde Raum gelassen. Zuletzt wurde das Kriterium festgelegt, nur deutsche Familienunternehmen zu untersuchen, um eine Vergleichbarkeit der Teams zu gewährleisten (im Hinblick auf die kulturelle Prägung, Werte sowie hinsichtlich der Rahmenbedingung für die Unternehmensstrukturen). Insgesamt wurden 18 Teilnehmer interviewt. Davon wurden 16 für die Interviewauswertung herangezogen. Ein weiteres, persönliches Gespräch mit einem geschäftsführenden Gesellschafter wird zudem als zusätzliche Notiz verwendet. Die Mehrheit der Interviewteilnehmer (11 Teilnehmer) ist durch familieninterne Geschäftsführer repräsentiert, um die Seite der Eigentümerfamilie als Kriterium der Felderkundung einschließen zu können. Vereinzelt wurden auch Interviews mit familienexternen Geschäftsführern (3 Teilnehmer) geführt. Zwei weitere Interviews fanden als Gruppeninterview mit jeweils einem Familienmanager und einem Fremdmanager gleichzeitig statt, um deren Interaktion untereinander evaluieren zu können.
5.3 Empirisches Forschungsdesign
63
Der Rekrutierungsprozess zur Gewinnung von Interviewteilnehmern wurde durch Ansprache von Familienunternehmen per E-Mail und Telefon gestartet. Dies inkludierte das Versenden einer Vorabinformation über das Dissertationsprojekt und die Interviewerin sowie über potenzielle Themeninhalte der anstehenden Interviews. Weitere Interviewpartner wurden per Schneeballverfahren (nähere Ausführung siehe Przyborski & Wohlrab-Sahr, 2010) gewonnen. 5.3.3 Beschreibung der Stichprobe Wie im vorangegangenen Kapitel erwähnt, verteilen sich die 16 Interviews auf familieninterne und familienexterne Geschäftsführer von Familienunternehmen; davon sind 14 männlich und zwei weiblich. Ein weiteres Interview (Interview 17) fließt als Gesprächszusammenfassung in die Auswertung ein. Die Interviewpartner aus den Einzelinterviews haben alle die Funktion des Geschäftsführungs- bzw. Vorstandsvorsitzenden inne. Zwei dieser Interviewpartner sind Senioren, die vormals Geschäftsführungsvorsitzende waren und zum Interviewzeitpunkt Beiratsvorsitzende sind. Sie erzählen über die Zusammenarbeit im Geschäftsführungsteam zu ihrer operativ aktiven Zeit, das nun in die Hand eines Nachfolgers übergeben wurde. In den beiden Gruppeninterviews bekleiden die familieninternen Geschäftsführer die Position des CEO und die familienexternen Geschäftsführer die des CFO. Die interviewten Familienunternehmen befinden sich in Familienhand und haben hinsichtlich des Anteilsbesitzes der Familie eine Streuung zwischen 50 und 100 Prozent. Alle interviewten Familienmanager verfügen über Anteilsbesitz am Familienunternehmen. Demgegenüber halten die Fremdmanager bis auf einen keine Anteile am Unternehmen. Die Familien- und Fremdmanager werden im Folgenden als gemeinsame Stichprobe beschrieben. Die überwiegende Mehrheit der Familienunternehmen trägt die Rechtsform einer GmbH & Co. KG (8 Interviewpartner). Weitere vertretene Unternehmensformen sind die GmbH (3), KG (1), AG (1), SE (1) und SE & Co. KG (2). Davon sind fünf Holdinggesellschaften. Die befragten Familienunternehmen stammen mehrheitlich aus dem produzierenden Gewerbe. Handel und Logistik sind zu einem kleinen Teil ebenfalls vertreten. Die Unternehmenssitze verteilen sich über Deutschland, mit einem Schwerpunkt auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen. Die Familienunternehmen der Interviewstichprobe lassen sich zudem in drei Umsatz-Gruppen einteilen: Acht Interviewpartner führen ein Unternehmen, das zwischen 101 und 500 Millionen Euro Jahresumsatz macht, zwei Interviewpartner verantworten eines zwischen 501 und 1000 Millionen Euro und sechs Interviewpartner sind für einen Umsatz von über einer Milliarde pro Jahr verantwortlich. Die Mitarbeiterstruktur dieser Unternehmen lässt sich ebenfalls in drei Gruppen gliedern: 500 bis 1000 Mitarbeiter (drei Interviewpartner),
64
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
1001 bis 5000 Mitarbeiter (neun Interviewpartner) und über 5000 Mitarbeiter (vier Interviewpartner). Bis auf ein Familienunternehmen zählen alle Unternehmen der qualitativen Stichprobe zu älteren Familienunternehmen: 81-100 Jahre (sechs Interviewpartner), 101-150 Jahre (fünf Interviewpartner) sowie über 150 Jahre (vier Interviewpartner). Somit haben alle FU mindestens eine Nachfolgesituation gestaltet und wurden in diesem Rahmen mit dem Thema des internen versus externen Managements konfrontiert. Die Hauptgründe für das Implementieren von Fremdmanagement waren starkes Wachstum des Unternehmens sowie eine notwendige Professionalisierung und Erweiterung des Finanz-Know-hows. Der Erfahrungsschatz der Interviewpartner respektive der dazugehörigen Familienunternehmen mit Fremdmanagement lässt sich in drei Gruppen klassifizieren. Die erste Gruppe verfügt über wenig Erfahrung, d. h. familienexterne Manager sind erst seit wenigen Jahren im Unternehmen vertreten. Hierunter fallen vier Interviewpartner. Die zweite Gruppe weist einen mittleren Erfahrungsgrad auf, d. h. in vorheriger Generation wurde das Unternehmen überwiegend noch per familieninternem Alleingeschäftsführer geleitet, im Durchschnitt verfügen diese sechs Interviewpartner aber schon über 15 Jahre Erfahrung in der Zusammenarbeit mit Fremdmanagern. Die dritte Gruppe hat einen großen Erfahrungshintergrund mit familienexternem Management, d. h. eine gemischte Managementstruktur existiert hier schon seit vorherigen Generationen. Dieser Gruppe lassen sich sechs Interviewpartner zuordnen. Ein weiteres zu beschreibendes Merkmal bildet die Teamgröße. Vier der Interviewpartner arbeiten in einer Zweier-Geschäftsführung, drei der Interviewpartner arbeiten in einer Dreier-Geschäftsführung, sechs Interviewpartner arbeiten in einer Vierer-Geschäftsführung und drei Interviewpartner arbeiten in einem Team, das aus mehr als vier Personen besteht. Dabei ist das Verhältnis der Anzahl von familieninternen zu familienexternen Geschäftsführern in den Zweierteams ausgewogen, während in den Dreier- und Viererteams ein familieninterner auf zwei bzw. drei familienexterne Geschäftsführer kommt. Unter den größeren Teams (ab vier GF aufwärts) überwiegen entweder die Familienmanager oder die Fremdmanager stark.
65
5.3 Empirisches Forschungsdesign Tabelle 4. Deskriptive Darstellung der Interviewfälle (N= 16) Unternehmensgröße in Mio. € Mitarbeiter
Ratio
Fremd-
4
0,5
3
80–100
4
0,25
2
Rechtsform
Branche
FU Alter
Teamgröße
KG
Automobil
101–150
IntGF/ managementTeamgröße erfahrung
1300
6000
700
4000
500
3500
GmbH
Sensorik & Messtechnik
80–100
2
0,5
2
400
1700
GmbH & Co. KG
Industrie
101–150
2
0,5
3
400
700
GmbH & Co. KG
Handel
200
3
0,33
1
2000
4500
SE & Co. KG
Automobil
101–150
5
0,2
2
2000
11500
GmbH
Automobil
>200
4
0,75
1
350
2200
GmbH
Automobil
101–150
3
0,33
1
GmbH & Maschinenbau Co. KG
SE
Metallindustrie
Anmerkung. Ratio: die Anzahl IntGF wurde durch die Anzahl der Gesamtteamgröße geteilt; Erfahrung mit Fremdmanagement: 1= wenig, 2= mittlere, 3= viel Erfahrung mit Fremdmanagement.
66
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
5.3.4 Datenauswertung Das folgende Kapitel legt zunächst die Gründe für die Wahl der qualitativen Inhaltsanalyse als Auswertungsverfahren für die Interviews dar. Die Erfüllung methodischer Gütekriterien wird in diesem Zusammenhang mitdiskutiert. Anschließend wird die Anwendung der Verfahrensweise auf die vorliegende Arbeit in Kombination mit einer Erläuterung zum Ablaufschema einer strukturierenden Inhaltsanalyse vorgestellt. Begründung der Methodenwahl Die Interviews der vorliegenden Dissertation werden mittels der inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) ausgewertet. Der vorgeschaltete Prozess der Entwicklung des Kategoriensystems orientiert sich an Schreier (2012)16. Eine methodische Differenzierung nach Autor ist unabdingbar, da unzählige Varianten der Methode parallel existieren und folglich keine allgemeingültige Form der qualitativen Inhaltsanalyse existiert (Schreier, 2014). Auch wenn das Gros der qualitativen Inhaltsanalysetechniken auf Mayring zurückgeht, wird in der vorliegenden Arbeit von dessen Vorgehen Abstand genommen, denn Mayring versteht die Inhaltsanalyse als theoriegeleitete Methode und plädiert daher dafür, die Kategorien vorwiegend deduktiv auf Basis theoretischer Annahmen aufzustellen (Schreier, 2014). Die Intention des qualitativen Forschungsteils der vorliegenden Dissertation besteht jedoch darin, das Feld unabhängig von vorherigen theoretischen Annahmen explorativ zu erkunden. Dies erfordert die induktive Bildung von Kategorien, das heißt, diese aus dem Datenmaterial heraus abzuleiten (Schreier, 2012). Dieses Vorgehen ist essenziell, um den für die Teamforschung neuartigen Teamtypus der gemischten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen wertungsfrei zu explorieren bzw., umgekehrt, die bislang in der Familienunternehmensforschung unbekannten Konstrukte aus der psychologischen Forschungstradition umzulegen und auf ihre Relevanz hin zu analysieren. Dabei werden die in Kapitel 4.5 dargelegten psychologischen Konstrukte Kohäsion, Vertrauen und Konflikt nicht als übergeordnete Kategorien inkludiert, da zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt ist, welche dieser Konstrukte für den Kontext der gemischten Geschäftsführungsteams in FU bedeutsam sind – zumal dies auch einem deduktiven Ansatz entspräche. Da bereits in der Interviewführung auf die subjektive Relevanzsetzung der Interviewten Wert gelegt wurde, werden die induktiv aufgestellten Kategorien folglich erst im Schritt der Interpretation relevanten Konstrukten zugeordnet (vgl. Kap. 5.4). Ein weiteres Argument gegen Mayrings Methode ergibt sich aus seinem Fokus auf die Phase der Kategorienbildung sowie der Häufigkeitsberechnung von Kategorien. Er vernachlässigt die relevanteren, an die Ka16
Die Auswertung erfolgt nicht nach Schreier, da sie nur zwischen kategorienbasierter und fallbasierter Ergebnisdarstellung unterscheidet (Kuckartz, 2016).
5.3 Empirisches Forschungsdesign
67
tegorienaufstellung anschließenden Analyseschritte. Für diese Phase finden sich lediglich bei Kuckartz Vorschläge zur weiteren Vorgehensweise. Beispielsweise können dann auch komplexere Zusammenhänge in Form der Relation der Subkategorien zueinander abgebildet werden (Kuckartz, 2016). Kernpunkte der qualitativen Inhaltsanalyse Auch wenn unterschiedliche Auslegungsvarianten der qualitativen Inhaltsanalyse existieren, so kann auf gemeinsame Kernpunkte des Verfahrens verwiesen werden (Kuckartz, 2016). Diese sollen im Folgenden dargelegt werden. Mithilfe der qualitativen Inhaltsanalyse als Analyseverfahren für die Interviews können die Bedeutungsgehalte des Materials systematisch beschrieben werden. Gegenüber anderen qualitativen Verfahrensweisen steht die Entwicklung eines Kategoriensystems [engl.: coding frame] im Mittelpunkt. Es findet eine Klassifizierung des Materials statt, indem für die Forschungsfrage relevante Textstellen in thematische Kategorien eingeteilt werden. Diese Kategorien werden regelgeleitet, in mehreren Schritten zu einem Kategoriensystem mit Haupt- und Subkategorien verdichtet. Dieses stellt das Endprodukt der Kodierphase dar (Schreier, 2012, 2014). Die Hauptkategorien sind dabei als Dimensionen zu verstehen, die alle relevanten Aspekte abbilden, die im Licht der Forschungsfrage stehen. Subkategorien spezifizieren, was über diese Aspekte von wissenschaftlichem Interesse gesagt wurde. Die systematische Natur der Methode spiegelt sich besonders darin wider, dass nicht nur einzelne Passagen, sondern das gesamte Material mehrfach auf seine Passung zum Kategoriensystem hin inspiziert wird. Während des Kodierprozesses werden Textsegmente auf ihre Relevanz für die Forschungsfrage untersucht. Als Kodiereinheit (das ist der Umfang eines Textabschnittes, der ein kontextunabhängiges Verständnis gewährleistet) empfiehlt sich die Orientierung an Sinnabschnitten. Diese müssen aus mindestens einem Satz bestehen, können sich aber auch über mehrere Absätze erstrecken. Nach einem zweiten Kodierprozess wird das vorläufige Kategoriensystem erprobt, Subkategorien werden überarbeitet und zusammengefasst. Nach der Modifizierung des Kategoriensystems wird das gesamte Material mit dem so überarbeiteten Kategoriensystem kodiert. Bis zum fertigen Kategoriensystem müssen folglich mehrere Iterationsschleifen absolviert werden (Kuckartz, 2016). Ein weiteres Kennzeichen der qualitativen Inhaltsanalyse ist die hohe Flexibilität der Methode, denn das Kategoriensystem wird auf das jeweilige Material zugeschnitten, um dessen Spezifika zu beschreiben. In diesem Zusammenhang wird die Validität der Methode diskutiert, das heißt die Frage, ob das zu messende Phänomen auch tatsächlich erfasst wird. Das Verfahren ist also in dem Maße valide, in dem die entwickelten Kategorien die in der Forschungsfrage verankerten Konzepte adäquat
68
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
repräsentieren.17 Als letztes Charakteristikum der qualitativen Inhaltsanalyse ist anzuführen, dass diese Daten reduziert. Die Analyse beschränkt sich auf jene Komponenten des Materials, die sich der Forschungsfrage zuordnen lassen. Zudem findet durch die Kategorisierung des Materials eine höhere Abstraktion statt. Durch das Verringern des Detailgrades wird der Vergleich zwischen den Kategorien ermöglicht (Kuckartz, 2016; Schreier, 2012). Eine weitere, essenzielle Komponente der qualitativen Inhaltsanalyse ist die Einhaltung von methodischen Gütekriterien. Über die bereits angesprochene Validität hinaus spielt die Reliabilität eine große Rolle18. Dieses Kriterium gilt als Indikator für die Zuverlässigkeit einer Methode. Ein Verfahren ist dann reliabel, wenn die Daten unabhängig von dem Messereignis, Instrument oder der Person gewonnen werden (Krippendorf, 2004, S. 214), oder anders formuliert: “an instrument is called reliable to the extent that it yields data that is free of error” (Schreier, 2012, S. 167). Im Rahmen der qualitativen Inhaltsanalyse kann die Reliabilität über die Kriterien der Stabilität und der Reproduzierbarkeit19 gemessen werden. Die Stabilität der Vorgehensweise bezeichnet den Grad der Beständigkeit des Auswertungsprozesses. Diese kann durch ein Test-Retest-Design beurteilt werden. Dazu kodiert ein Kodierer dasselbe Dokument nach einer bestimmten Zeit erneut und vergleicht die Kodierung mit dem ersten Durchgang, um eigene Inkonsistenzen festzustellen. Die Reproduzierbarkeit kann hingegen über ein Test-Test-Design eingeschätzt werden. Zwei oder mehrere Personen überprüfen dabei unabhängig voneinander das Kategoriensystem, indem sie dieselben Kodierinstruktionen auf dieselbe Analyseeinheit anwenden (Krippendorff, 2004; Schreier, 2012). Zur Gewährleistung der Reliabilität des vorliegenden qualitativen Forschungsteils wurde primär ein Test-Retest-Design verwendet, da im Falle einer Doktorarbeit nur ein Forscher für die Auswertung zur Verfügung steht. Die Auswerterin hat die Textdokumente in zwei Kodierprozessen kodiert. Zwischen den jeweiligen Textbearbeitungen lag ein Minimum von 15 Tagen, um Erinnerungen an den Inhalt zu verringern. Aufgrund der hohen Anzahl von Kategorien im Material wurde auf eine Kodierprobe eines Materialausschnittes durch einen weiteren Kodierer verzichtet (da ein Ausschnitt in Relation zu einer zu hohen Gesamtmaterialmenge bewertet worden wäre). Das gesamte, überarbeitete Kategoriensystem wurde daher mit einer weiteren 17
Für weitere Ausführungen siehe Krippendorf (2004). Qualitative Methoden sind in ihrer Validitätsbeurteilung in einem umfassenderen Sinn zu verstehen (d. h. die Fundiertheit der Ergebnisse und Schlussfolgerungen muss über die gesamte Studie hinweg gegeben sein) (Schreier, 2012, S. 27). 18 Das für quantitative Methoden verbreitete Kriterium der Objektivität kann in qualitativen Methoden nicht aufrechterhalten werden und wird daher nicht weiter diskutiert (Schreier, 2012, S. 26f.). Auch wenn Mayring (2012) von der Steigerung der Auswertungsobjektivität durch die Übereinstimmung mehrerer Kodierer spricht, lässt sich dieses Kriterium eher der Reliabilitäsmessung zuordnen. 19 Schreier (2012, S. 167) wählt hierfür die Bezeichnung Intersubjektivität [engl.: intersubjectivity].
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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Person besprochen und so auf Unstimmigkeiten und etwaige Dopplungen geprüft. Das Ziel war die weitere Zusammenfassung der Subkategorien durch beide Personen gemeinsam. Der Vergleich des Kategoriensystems vor der Besprechung mit jenem nach der Besprechung mit der zusätzlichen Person zeigt eine gute Konsistenz. Die Struktur und Komplexität des Kategoriensystems variiert je nach Forscher und Forschungsfrage (Schreier, 2012). Aufgrund des rein induktiven Vorgehens bei der Kategorienentwicklung im Auswertungsprozess der vorliegenden Arbeit sind die Komplexität und der Differenzierungsgrad der Subkategorien enorm hoch20. Schreier (2012) empfiehlt bei der Verwendung von mehr als 40 Kategorien zur selben Zeit eine Unterteilung in Sequenzen. Das Kategoriensystem der vorliegenden Forschungsarbeit wurde daher in vier Einheiten unterteilt, eine nähere Ausführung hierzu erfolgt im folgenden Kapitel 5.4. Dabei wurden die Anforderungen an ein Kategoriensystem beachtet: Die Kategorien sind eindimensional, schließen sich gegenseitig aus, sind erschöpfend und gesättigt (Schreier, 2012). 5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie Es erfolgt eine kurze Einführung in das aus den Interviews erstellte Kategoriensystem, das sich unter der Perspektive der übergeordneten Forschungsfrage induktiv ergab. Die Schlüsselresultate der kategorienübergreifenden Analyse werden anschließend in sieben Unterkapiteln vorgestellt. Leitend hierfür war die Relevanzsetzung der Interviewpartner und die Übertragbarkeit teampsychologischer Konstrukte. Abschließend werden die zentralen Ergebnisse in einem Zwischenfazit resümiert. Für die Auswertung des qualitativen Forschungsteils wurde zunächst ein Kategoriensystem erstellt, das in einem Codebuch mit Definitionsregeln und Beispielen festgehalten ist (Schreier, 2012). Aufgrund des explorativen Charakters der Interviews und der rein induktiven Kategorienbildung ergaben sich insgesamt 1288 Kodierungen. Da eine solch hohe Anzahl die Auswertung komplex werden lässt (Schreier, 2014), sind diese Codes vier Hauptkategorien mit kleinteiliger Subgliederung zugeordnet. Dies ermöglicht einen kategorienübergreifenden Vergleich der Codes zu einem späteren Auswertungszeitpunkt. Um die Nachvollziehbarkeit der Auswertung für den Leser zu erhöhen, wird auf eine einzelgliedrige, deskriptive Darstellung des Gesamtsystems verzichtet. Schließlich sind die ursprünglichen Kategorien induktiv aus dem Material heraus formuliert, ohne über theoretisches Vorwissen zu verfügen. Dadurch ändert sich in der kategorienvergleichenden Auswertung mit ihrer Zuordnung zu theoreti-
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Zwar sind Forschungsdesigns in ihren Extremformen (rein deduktiv oder rein induktiv) selten anzutreffen, aber je nach Forschungskontext durchaus sinnvoll (Kuckartz, 2016, S. 97f.; Schreier, 2012, S. 84ff.).
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
schen Konzepten (z. B. zum Konstrukt ‚soziale Kohäsion‘ aus der Teamforschung) die Bezeichnung der Kategorien. Statt einer Beschreibung des Gesamtsystems wird zunächst ein Kurzüberblick über die essenziellsten Kategorien und deren Inhalte gegeben (vgl. Tab. 5, Nachbildung der Benutzeroberfläche des Computerprogramms MAXQDA). Anschließend erfolgt die Darstellung der Auswertungsergebnisse geordnet nach Schlüsselthemen (Kap. 5.4.1–5.4.7). Dieser Schritt inkludiert bereits die nach Kuckartz (2014) dargelegten Schritte des vergleichenden In-Bezug-setzens der Hauptund Subkategorien. Tabelle 5. Struktur des Kategoriensystems Liste der Codes Kategoriensystem insgesamt Teamkompositionsebene Passung heterogene Faktoren homogene Faktoren Zuständigkeiten Rollen Erwartungen des ExtGFs Nichtfunktionieren des Fremdmanagements Indirekte Ebene – zwischenmenschliche Dynamik Nähe-Distanz-Verhältnis Vertrauensbildung Machtstrukturen Ausbalancieren ungleicher Machtverteilung Direkte Ebene – soziale Interaktion interne Kommunikation innerhalb der GF Entscheidungsverhalten Konfliktverhalten Umgang mit Fehlverhalten: offene Fehlerkultur Teamfähigkeit formales Miteinander: Normen Familienebene Beziehung der GF zur Eigentümerfamilie Beziehung innerhalb der Eigentümerfamilie
Anzahl 1288 2 93 249 31 96 35 24 22 163 103 67 69 56 107 31 50 10 30 49
Die vier Hauptkategorien des Kategoriensystem reflektieren die Hauptthemengebiete der Interviewgespräche. Das erste Themenfeld, die Teamkompositionsebene, betrifft die Zusammensetzung des Teams. Der Schwerpunkt dieser Thematik liegt für die Gesprächspartner in der Passung der Geschäftsführer zueinander, hier sind allein 344 der insgesamt 530 Kodierungen zu verorten. Dabei kommt eine Zweiteilung in heterogene und homogene Faktoren der Passung zustande, das heißt hinsichtlich der
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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Frage, inwiefern sich die Geschäftsführer komplementieren oder substituieren sollten. Diese Thematik soll in Kapitel 5.4.1 vorgestellt werden. Einen kleineren Teil der Teamkomposition bilden dagegen die Oberkategorien der Zuständigkeiten (31 Kodierungen) sowie der Rollen der Familien- und Fremdgeschäftsführer (96 Kodierungen). Diese werden in Kapitel 5.4.6 ausgeführt. Zudem wurden Erwartungen, die ein familienexterner Geschäftsführer an die Familie und das Unternehmen stellt (35 Kodierungen), sowie Gründe für eine misslungene Partnerschaft mit Familienfremden kategorisiert (24 Kodierungen). Diese beiden Punkte fließen in mehrere Kapitel ein, da sie verschiedene Themenfelder umfassen. Die zweite Hauptkategorie bildet die indirekte Ebene (355 Kodierungen) ab. Hier wurden Kategorien subsumiert, welche die zwischenmenschlichen Dynamiken innerhalb des Geschäftsführungsteams erfassen. Dazu zählt mit einem großen Anteil die in Kapitel 5.4.3 erläuterte Vertrauensbildung unter den Teammitgliedern, d. h. die Thematik um die Frage, durch welche Mechanismen Vertrauen ineinander gefasst werden kann und wie sich dieses äußert (163 Kodierungen). Damit einhergehend entsteht ein Kontinuum von Nähe und Distanz zwischen den Geschäftsführern (22 Kodierungen), das in Kapitel 5.4.4 erläutert wird. Als weitere Oberkategorie, die in Kapitel 5.4.7 näher dargestellt wird, werden Machtstrukturen (103 Kodierungen) zusammengefasst, über die ein Machtbestreben seitens der Geschäftsführer ausgeübt werden kann. Da sich die Macht bzw. Einflussnahme in Familienunternehmen meist auf den Familiengeschäftsführer konzentriert und die Interviewpartner die Lösung für diese Ungleichheit in einem adäquaten Führungsverhalten sehen, wird die Kategorie Ausbalancieren ungleicher Machtverteilung durch Führung (67 Kodierungen) inkludiert. Daneben wird als dritte Hauptkategorie eine direkte Ebene (320 Kodierungen) aufgenommen. Im Gegensatz zur indirekten Ebene steht hier die soziale Interaktion im Geschäftsführungsteam im Fokus. Diese Differenzierung wurde auf Basis der Greifbarkeit der Kategorien getroffen, da beispielsweise ein Konfliktverhalten aus Erzählungen besser ersichtlich ist als die Entwicklung von Vertrauen. Die Erzählungen ließen sich zu folgenden Oberkategorien verdichten, die in Kapitel 5.4.4 ausgeführt werden: interne Kommunikation innerhalb der Geschäftsführung (69 Kodierungen), hier geht es allerdings eher um Teamentwicklungsmaßnahmen als um Kommunikationsmuster; Entscheidungsverhalten (56 Kodierungen) der Geschäftsführer im Team; Teamfähigkeit (50 Kodierungen), also die Art, wie das soziale Miteinander gestaltet wird; und das formale Miteinander – Normen (10 Kodierungen). Der letzten Kategorie lassen sich zwar nur wenige Aussagen zuordnen, sie wird allerdings in die Auswertung integriert, da sie für den Prozess der Vertrauensbildung relevant zu sein scheint. Zuletzt sind der Hauptkategorie zwei weitere, miteinander zusammenhängende Oberkategorien zugeordnet: das Konfliktverhalten (105 Kodierungen), das heißt wie in Kon-
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
fliktsituationen miteinander umgegangen wird, sowie der Umgang mit Fehlverhalten: offene Fehlerkultur (30 Kodierungen). Diese beiden Themenfelder werden in Kapitel 5.4.5 vorgestellt. Die vierte Hauptkategorie wird als Familienebene (80 Kodierungen) betitelt. Diese gliedert sich in die Beziehung der Geschäftsführung zur Eigentümerfamilie (30 Kodierungen) und die Beziehung innerhalb der Eigentümerfamilie (49 Kodierungen). Beides hat ebenfalls einen Einfluss auf die Zusammenarbeit des gemischten Geschäftsführungsteams und stellt besondere Aspekte in FU dar, die als solche in anderen Teamarten nicht zu finden ist. Sie fließen besonders in Kapitel 5.4.4 und 5.4.6 in die Auswertung ein. Die breite Themenfächerung ist dem offenen Führen der Interviews geschuldet, da das Feld von den vorhandenen Erfahrungen der Interviewpartner mit Fremdmanagement geleitet ergründet werden sollte. Daher sind in den einzelnen Kategorien nur geringe Kodierungshäufigkeiten zu verorten. Dennoch lassen sich Trends erkennen. An der Verteilung dieser Codehäufigkeiten ist zu erkennen, dass die Relevanzsetzung der Interviewteilnehmer stark auf der Kompositionsebene der Teams zu verzeichnen ist. Den Gesprächspartnern waren die Passung sowie Personenmerkmale der Geschäftsführer ein besonderes Anliegen. Daher begründet dieser Aspekt als erstes Schlüsselresultat den Anfang der folgenden Auswertung. Dieses knüpft insofern an das Theoriekapitel an, als dass zu Auswahlprozessen von Fremdmanagement noch wenig bekannt ist bzw. in diesem Bereich vermehrt nichtwissenschaftliche Literatur angesiedelt ist. Somit beginnt der Auswertungsteil mit jenem Prozess, der der eigentlichen Zusammenarbeit der Geschäftsführer als Team vorgeschaltet ist, nämlich dem Finden geeigneter Teampartner. Im Anschluss werden die Kernelemente der eigentlichen Phase der Zusammenarbeit analysiert. Die Auswertung hierzu wurde darauf ausgelegt, jene Konstrukte herauszuarbeiten, die in Kapitel 4.5 vorgestellt wurden und sich in den Erzählungen der Interviewpartner tatsächlich widerspiegeln. Es wird ersichtlich, dass die Vertrauensbildung und die Ausprägung eines Teamzusammenhaltes jeweils eine besonders hohe Relevanz aufweisen, ebenso wie der Umgang mit Konflikten und Fehlern sowie das (Aus-)Leben von Machtstrukturen. 5.4.1 Anforderungen an familienexterne Geschäftsführer im Auswahlprozess Die Auswahl eines Fremdgeschäftsführers stellt für Familienunternehmen ein großes Thema dar, was an der Kodierhäufigkeit sichtbar wird, wie eingangs in Kapitel 5.4 beschrieben wurde. Eine erfolgreiche Selektion hängt vom Abgleich der Erwartungshaltung des familienexternen Geschäftsführers an sein Arbeitsverhältnis mit dem Familienunternehmen bzw. der Eigentümerfamilie einerseits und der Erwartungshaltung der Eigentümerfamilie an einen potenziellen Fremdgeschäftsführer andererseits
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ab (Klein et al., 2007; vgl. Kap. 2.3). Da die Mehrheit der Interviewpartner aus familieninternen Geschäftsführern besteht, lassen sich in der vorliegenden Dissertation insbesondere die Anforderungen seitens der Eigentümerfamilie darstellen. Dieses Themenfeld bildet den Kern des folgenden Unterkapitels. Beide Betrachtungsblickwinkel werden aber auch im Verlauf der nachfolgenden Kapitel immer wieder thematisiert. Um die Erwartungshaltungen seitens der Eigentümerfamilie erfüllt zu sehen, wird im Auswahlprozess auf eine Passung des familienexternen Geschäftsführers zum Familienunternehmen sowie dem Geschäftsführungsteam geachtet. Die vordergründige Passung eines Familienfremden zum Unternehmen bedeutet zunächst die adäquate Deckung des Kompetenzbedarfes des Unternehmens, angesichts der Forderung nach Wissenserweiterung ein häufig genannter Grund für die Installation von Fremdmanagement im Familienunternehmen: „Zwei der Geschäftsführer kommen aus einem Konzernumfeld, weil wir mittlerweile eine Größe haben, dass wir die Toolbox und Methoden aus einem Konzern brauchen“ (Interview 2, Z. 36). Die Passung der Geschäftsführer ist jedoch weitgreifender, denn bedeutsamer ist für Familienunternehmen eine Passung auf der menschlichen Ebene: Wir achten darauf, dass die Leute menschlich zusammenpassen. Nur mit dieser Basis können sie Probleme fachlicher Natur lösen (...) es geht eben um Menschen. wer das am Ende des Tages nicht wahrhaben will, der trifft eben Personalentscheidungen, durch die nach drei Jahren alle wieder ausgetauscht werden müssen (Interview 2, Z. 130, 131). Für den Umgang der Geschäftsführer miteinander wird also eine Kompatibilität auf persönlicher Ebene benötigt (Interview 2, Z. 131; Interview 3, Z. 3; Interview 6, Z. 127; Interview 7, Z. 232; Interview 8, Z. 85; Interview 9, Z. 147; Interview 14, Z. 24; Interview 16, Z. 244). An dieser Stelle ist die eingangs in Kapitel 5.4 erwähnte Differenzierung in (1) heterogene und (2) homogene Komponenten aufzugreifen, die aus den Gesprächsinhalten der Interviews extrahiert wurde. Diese beiden Komponenten finden sich als wiederkehrendes Muster in den Erzählungen und können in der Frage zusammengefasst werden, ob sich Geschäftsführer stärker komplementieren oder ersetzen sollten. Die Auswertungsergebnisse weisen darauf hin, dass sowohl eine Verschiedenheit als auch eine Ähnlichkeit der Geschäftsführer gleichermaßen erforderlich sind. Folgend wird zunächst darauf eingegangen, in welchen Bereichen eine Heterogenität gefragt ist. Eine Passung aus der Perspektive der Komplementarität (= heterogene Komponente der Passung) bedeutet, dass die Geschäftsführer erfolgreich zusammenarbeiten, wenn sie einander ergänzen. Damit vervollständigen sie sich als Team einerseits in ihren Kernkompetenzen sowie andererseits auf menschlicher Ebene in ihren persönlichen Eigenschaften. Die Interviewpartner sprechen davon, dass sie einen passenden
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
„Mix in Typen“ (Interview 4, Z. 191) oder eine „richtige Kombination an Menschen“ (Interview 16, Z. 244) benötigen. Häufig fällt die Formulierung, dass die Geschäftsführer einander ausgleichen müssen: „Das Thema ist die Kompetenz, über das die Stärken des Einen zur Korrektur des Anderen führen (...) also dass die Stärken und Schwächen des Anderen auch immer zum Ausgleich führen“ (Interview 7, Z. 76, 84). Die Interviewpartner in Interview 2 bezeichnen dies als Teamansatz: „[W]enn wir in der Lage sind dieses eigene Contra durch unsere Kollegen machen zu lassen, die nämlich genau in dem Moment stark sind, dann haben wir zusammen gewonnen“ (Z. 234). An dieser Stelle werden gern Metaphern zur Verbildlichung hinzugezogen. Interviewpartner 2 und 4 vergleichen das Geschäftsführungsteam beispielsweise mit einem Fußballteam, in welchem „Abwehrspieler und Angreifer“ (Z. 234) bzw. „Defensivund Offensivspieler“ (Z. 191) ihr Team nur gemeinsam zum Erfolg führen können. Interviewpartner 6 bezeichnet seine Zweier-Geschäftsführung dagegen als „rechte und linke Gehirnhälfte“ (Z. 19). In beiden Umschreibungen steckt der Gedanke, dass der Erfolg des Teams in der Übernahme von verschiedenen Aufgaben, verteilt nach den Fähigkeiten jedes Einzelnen, wurzelt. Andere Interviewpartner entkräften die Positivität im Heterogenitätsgedanken, indem sie sagen, dass Menschen einander in ihren Kompetenzen zwangsläufig ergänzen. Sie sehen den Ausgleich der Teampartner nicht als gezielte Maßnahme, sondern als logische Konsequenz daraus, dass Menschen nicht deckungsgleich sind und nicht alles allein erfolgreich abdecken können (Interview 16, Z. 71; Interview 8, Z. 121; Interview 9, Z. 72). Essenziell für den Erfolg durch Komplementarität ist aber, dass diese Unterschiedlichkeit der Geschäftsführer bewusst wahrgenommen und gesteuert wird: „[U]nser Vorstandsteam heute ist aus sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten zusammengestellt; vielleicht könnten wir unterschiedlicher gar nicht sein, aber das ist sehr bewusst so gesteuert“ (Interview 1, Z. 42). In der Phase des Auswahlprozesses muss sich der familieninterne Geschäftsführer (folgend: IntGF) bereits seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst sein und sich diese, gegebenenfalls auch vor anderen, eingestehen können. Nur so kann nach einem passenden Partner gesucht und ein entsprechendes Anforderungsprofil erstellt werden: In meiner Familie existieren nur Ingenieure. Jetzt kann man sagen, mit denen ist es schwierig zu kommunizieren, da gibt es bestimmt Leute, die besser darin sind. Dann müssen Sie sich mit diesen Leuten umgeben. Sie müssen dies aber auch erkennen und sagen können: „Ja, da gibt es welche, die können das besser“ (Interview 8, Z. 121). Auch andere Interviewpartner (z. B. Interview 6, Z. 19; Interview 1, Z. 42, 44) bestätigen den hohen Stellenwert des Wissens um die eigenen Defizite sowie persönlichen Neigungen und der Erkenntnis, dass es einer Erweiterung durch familienexterne Geschäftsführer (folgend: ExtGF) bedarf. Gesprächspartner 6 erzählt in diesem Kontext,
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dass die Unternehmensstrukturen keinen Zweitgeschäftsführer erforderten, er aber dennoch gezielt einen Fremdgeschäftsführer zum Ausgleich seiner Schwächen eingestellt hat. Als Vorteile nennen die Interviewpartner die Vermeidung von wiederkehrenden Fehlern (Interview 1, Z. 44) oder das Generieren einer zusätzlichen Perspektiven- und Ideenvielfalt (Interview 1, Z. 42, 83; Interview 2, Z. 63). Auch die Vergrößerung des eigenen Netzwerkes kann eine Rolle spielen (Interview 2, Z. 75), sowie die Erweiterung des kritischen Blickes auf die eigene Person (Interview 4, Z. 86). Eine Öffnung für andere Perspektiven erfolgt in den beobachteten Fällen aufgrund von Persönlichkeitsunterschieden oder verschiedenen Erfahrungshorizonten (Interview 10, Z. 225; Interview 9, Z. 60). Besonders für Familienunternehmen können zusätzliche Blickwinkel gewinnbringend sein, um Familienthemen mit kritischer Distanz überdenken zu können. Somit besteht der Nutzen von Komplementarität in der Geschäftsführung für Familienunternehmen nicht nur hinsichtlich der Kompetenzen und Persönlichkeiten, sondern sie ermöglicht im selben Zuge eine Neutralisation der familienbedingten Subjektivität: Das, was die Geschäftsführung vorgestellt hat, wurde eigentlich auch immer (.) als für gut befunden und dann auch umgesetzt; weil es eben auch eine Geschäftsführung ist, die aus beiden Seiten besteht, Familie und Fremd; dadurch ist eine gewisse Neutralität sichergestellt, auf der anderen Seite wird die Familiensicht eben auch nicht über Bord geworfen, weil eine Familie schon noch mal andere langfristige Interessen hat als vielleicht ein Fremdgeschäftsführer im Unternehmen; von daher ist die Kombination gut (Interview 9, Z. 40; weitere Zitatstellen z. B. in Interview 10, Z. 9, 97; Interview 16, Z. 16, 18). Nachdem die personale Passung der heterogenen Ebene betrachtet wurde, wird nun diejenige der homogenen Ebene beleuchtet. Diese geht über die beteiligten Personen des Geschäftsführungsteams hinaus und involviert die Passung zum Familienunternehmen als solches, da hier Werte eine besondere Rolle spielen, die wiederum durch die Geschäftsführung vorgelebt werden sollen, um in der Unternehmenskultur verankert zu werden. Bei der Selektion eines potenziellen Fremdgeschäftsführers wird daher vor allem darauf geachtet, ob dieser die Werte der Eigentümerfamilie in gleicher Weise zu vertreten und den Umgang mit anderen Personen entsprechend zu gestalten vermag (Interview 4, Z. 190). Der Passungsabgleich erfolgt allerdings zunächst einseitig: Die Anpassung hat vonseiten des Fremdgeschäftsführers an die Gegebenheiten des jeweiligen Familienunternehmens und der Familie zu erfolgen. Die DNA der Familie muss sich irgendwo in den Externen finden. Die Familie gibt natürlich den Ton an, in dem Sinne, dass sie (...) Werte vorlebt, eine bestimmte Art des Umgangs miteinander, und da muss natürlich der von außen kommt ganz stark dazu passen; es wird nicht umgekehrt sein, dass sich die Familie dem anpasst, der von außen kommt, sondern derjenige, der von außen
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kommt, muss dazu passen. Der Externe muss sich weniger dem Strukturellen anpassen, sondern mehr den Befindlichkeiten, den Vorgehensweisen; wie ist der Stil der Familie; (...) die Führung; also bei uns ist die Führung dieses Hauses schon sehr stark geprägt durch uns; durch die Familie (Interview 16, Z. 36, 37). In dem Zitat wird der Einfluss der Familie durch das Instrument der Unternehmensführung deutlich. Damit verknüpft betonen auch andere Gesprächspartner den Stellenwert eines gemeinsamen Führungsverständnisses der Familien- und Fremdgeschäftsführer bzw. der Fähigkeit, die Führungsprinzipien des Familienunternehmens als Vorbild zu vertreten (Interview 1, Z. 36; Interview 4, Z. 189; Interview 5, Z. 39, 164; Interview 11, Z. 81, 91; Interview 15, Z. 114). Essenziell ist dabei auch die Nähe zu den Mitarbeitern im Unternehmen, die sich an diesen Leitlinien orientieren (Interview 15, Z. 26) sowie eine entsprechende Ethik und Fairness in der Personalführung (Interview 7, Z. 168; Interview 11, Z. 35; Interview 16, Z. 94). Es soll eine ähnliche, authentische Begeisterung beim Externen zu spüren sein, wie sie der Interne für sein Unternehmen empfindet, sodass sich darüber die Identifikation mit dem Unternehmen auf die Mitarbeiter überträgt (Interview 1, Z. 91; Interview 3, Z. 97; Interview 5, Z. 16; Interview 8, Z. 69; Interview 16, Z. 58). Denn „Begeisterung ist ja letztlich der Schlüssel, um gemeinsam Ziele zu erreichen“ (Interview 4, Z. 141). Manche der Gesprächspartner vertreten die Meinung, dass die Passung weniger zur Eigentümerfamilie als solcher zu erfolgen hat, als vielmehr zu jenem Familienmitglied, das die informale Führung der Familie innehat: „[D]iese Person ist enorm wichtig, auch wenn sie nicht die Alleinentscheidung hat; wenn es mit diesem Familienoberhaupt nicht passt, dann brauchst du gar nicht erst anfangen; also da muss schon mal ein erstes Matchen sein“ (Interview 4, Z. 197, 216). Nachdem beleuchtet wurde, an welchen Kriterien sich eine Passung festmacht, bleibt zu fragen, wie diese Passung in einem Selektionsprozess prüfbar oder messbar ist. Während die fachliche Qualifikation verhältnismäßig gut sichtbar ist, verbleibt nämlich die Beurteilung der menschlichen Ebene ein schwer greifbares Kriterium (Interview 7, Z. 232–234). Als wesentliche Determinante der homogenen Passungsfacette lässt sich aus den Erzählungen der Gesprächspartner der Grad an Ähnlichkeit zwischen dem familieninternen und -externen Geschäftsführer identifizieren. Eine gleiche Gesinnung zeigt sich laut der Mehrheit der Interviewpartner in der bereits genannten Wertehaltung der jeweiligen Person, welche durch Prägung entsteht. Andere Gesprächspartner verweisen auf eine Manifestierung von Ähnlichkeit in einer Interessenaffinität, wie zum Beispiel der Vorliebe für denselben Fußballverein (Interview 2, Z. 53; FUK Protokoll, 2016). Dabei fällt auf, dass die Interviewpartner eine Interessengleichheit entweder als uneingeschränkt positiv bewerten (z. B. Interview 14, Z. 36) oder als Kriterium für eine Passung ablehnen (z. B. Interview 4). Ein Inter-
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viewpartner erzählt in diesem Kontext, dass nicht dieselben Interessen bezüglich der Freizeitgestaltung vorhanden sein müssen, aber eine Übereinstimmung in den „wichtigsten Dingen“ (Interview 16, Z. 48) existent sein muss. Die Kategorie „Dinge“ spiegelt dabei Lebenseinstellungen oder Werte wider, die durch den Elternhaushalt (Interview 3, Z. 91; Interview 11, Z. 85) oder kulturell durch die Gesellschaft (Interview 10, Z. 83) vermittelt wurden. Angeführt wird zum Beispiel, ungern einen ExtGF im Team aufzunehmen, der bereits seine fünfte Scheidung durchlebt hat (Interview 16, Z. 48). In dieser Aussage zeigt sich der Wunsch nach Wertegleichheit: im Hinblick auf den (konservativen) Wert einer intakten Familie. Es zeigt sich aber ebenso eine Verflechtung mit charakterlichen Eigenschaften, z. B. im Aufgreifen des Themas der Verantwortungsbereitschaft (Ausführung s. Kap. 5.4.2). Ein weiteres Element, in dem sich eine Ähnlichkeit zeigen kann, ist der Humor. Dieser Aspekt tritt auf der Verhaltensebene in Interview 2 hervor, das mit einem familieninternen und einem -externen Geschäftsführer als Gruppendiskussion geführt wurde. In den Reaktionen des familieninternen Geschäftsführers auf Sticheleien des Fremdgeschäftsführers lässt sich eine menschliche Passung erkennen: Statt dessen ironische Bemerkungen als Beleidigung aufzufassen, begegnet jener diesen ebenfalls mit Humor (Interview 2, Z. 29, 48, 77, 104). In einem Auswahlprozess für potenzielle Fremdgeschäftsführer interessieren sich daher viele der Familiengeschäftsführer für die Interessen oder den Lebenshintergrund bzw. die Entwicklung (Lebensgeschichte) des Bewerbers. Manche Gesprächspartner erzählen, dass sie für die Beurteilung der menschlichen Passung zudem das Gespür einer ihnen nahestehenden Person, wie z. B. eines Freundes (Interview 2, Z. 83) oder der eigenen Ehefrau (Interview 6, Z. 127; Interview 12, Z. 109, 113), für einen Meinungsabgleich hinzuziehen. Andere Interviewpartner berichten, dass sie den Kandidaten in einem informelleren Umfeld persönlicher kennenlernen wollen. Bei einem informaleren Zusammentreffen wird neben der Wertehaltung beispielsweise auf Benimmregeln und Etikette geachtet (Interview 4, Z. 174; Interview 11, Z. 85). Ein unternehmensexterner Bewerber wird gern zu einem Abendessen geladen (Interview 9, Z. 47; Interview 10, Z. 217), ein unternehmensinterner Kandidat hingegen bei einer Geschäftsreise beobachtet (Interview 5 Z. 35; Interview 7). Das nähere Umfeld des Kandidaten, das heißt zumeist die Ehefrau und etwaige Kinder, bilden einen weiteren Interessenpunkt im Auswahlverfahren. Bei Einverständnis des ExtGFs werden diese zu einem persönlichen Treffen ebenfalls eingeladen, um die „inneren Werte“ eines Bewerbers anhand der Interaktion mit ihm vertrauten Personen zu erkunden (Interview 7, Z. 297). Gleichzeitig dient dies dem Prüfen der Authentizität des Bewerbers, indem ein Abgleich des Verhaltens im informellen Gespräch mit jenem im formalen Bewerbungsgespräch erfolgt (Interview 9, Z. 47). Ein Interviewpartner führt dazu das Bei-
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spiel an, dass er darauf achtet, ob eine Kontinuität im Verhalten des ExtGFs vorhanden ist oder sich die Verhaltensweisen in der Interaktion mit seiner Ehefrau ändern (sichtbar z. B. am Redeanteil und an der Gesprächsführung, Interview 6, Z. 133). Die Intervierpartner betonen, dass auch eine Offenheit gegenüber „modernen Lebensweisen“ neben den klassischen Familienmodellen vorhanden sein sollte (Interview 9, Z. 155; FUK Protokoll, 2016). Bei der Prüfung des persönlichen Umfeldes geht es folglich nicht um eine negative Bewertung oder Verurteilung der Lebensform (Interview 15, Z. 120). Vielmehr wird auf die Stabilität und Harmonie des Umfeldes und den daraus erwachsenden persönlichen Rückhalt eines potenziellen Geschäftsführungskandidaten geachtet. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass stressbehaftete Situationen im Unternehmen dadurch besser bewältigt werden können (Interview 5, Z. 164, 172, 173, 174; Interview 6, Z. 133; Interview 10, Z. 217). Das interne Rekrutieren von Nachwuchsgeschäftsführern aus dem Familienunternehmen heraus wird von den meisten Interviewpartnern bevorzugt. Der diesbezügliche Vorteil liegt in der Möglichkeit, entsprechende Umgangsformen, besonders auch anderen Mitarbeitern als dem Geschäftsführungsteam gegenüber, über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten zu können (Interview 2, Z. 92; Interview 7, Z. 235). Der tatsächliche Umgangston von externen Bewerbern hingegen offenbart sich erst nach einigen Monaten (Interview 9, Z. 147). Darüber hinaus erfolgt durch eine langjährige Zugehörigkeit zum FU eine Werteübernahme: „[I]ch habe in meine Berufsgene das aufgenommen, was dieses Familienunternehmen ausmacht“ (Interview 1, Z. 8; zu „Beständigkeit“ s. auch Interview 15, Z. 66–68). Schlussendlich übt im Auswahlprozess aber eine nicht artikulierbare Ebene einen erheblichen Einfluss aus: das „Bauchgefühl“ der Interviewpartner (z. B. Interview 1, Z. 42; Interview 10, Z. 83). Weitere Ausdrucksweisen der Interviewpartner dafür sind die folgenden: ein „gutes Gespür für Menschen haben“ (Interview 2, Z. 126; Interview 4, Z. 174), das Gefühl „auf einer Wellenlänge zu sein“ (Interview 6, Z. 87), einen „persönlichen Draht zueinander zu haben“ (FUK Protokoll, 2016) oder dass „die Chemie einfach stimmt“ (Interview 2, Z. 48). Allen Ausdrücken gemein ist das Gefühl eines Familiengeschäftsführers, für den Fremdgeschäftsführer eine grundsätzliche Sympathie zu verspüren, ohne diesen jedoch näher zu kennen und das Gefühl genauer definieren zu können. An einigen Interviewstellen kommen wortverwandte Wörter der Sympathie (Interview 6, Z. 87; Interview 16, Z. 50) vor, wie mögen (Interview 16, Z. 239) oder gefallen (Interview 16, Z. 42). Ob das zugrunde liegende Element, das dieses Sympathiegefühl hervorruft, eine Ähnlichkeit in der Prägung, hinsichtlich der Interessen oder eines ähnlichen Humorverständnisses ist, spielt dabei keine Rolle. Festgehalten werden kann, dass es eine primäre Zuneigung oder Sympathie für den Bewerber braucht (als Beispiel für eine Aversionsaussage s. Interview 16, Z. 239; für Ähnlichkeit s. FUK Protokoll, 2016), die
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durch Ähnlichkeit erzeugt werden kann. Ein Gefühl der Reziprozität kann ebenso förderlich wirken („Sympathie durch Interessenbekundung und Neugierde“: s. Interview 12, Z. 151; Interview 14, Z. 55)21. Schlussendlich kann das Abfragen von Meinungen zu bestimmten werteoffenbarenden Themen offenlegen, ob hier Ähnlichkeiten vorhanden sind. Auch Verhaltensweisen in beispielhaften Situationen können hier aufschlussreich sein, denn Werte sind am besten anhand des Verhaltens zu beobachten (FUK Protokoll, 2016). Analyse der Passung auf zwei Ebenen • Homogenität: Kompatibilität zum FU, dem IntGF und der Eigentümerfamilie in Werten, im Führungsverständnis und im Umgang mit Menschen • Heterogenität: Komplementierung des IntGFs in Fähigkeiten und Persönlichkeit • IntGF muss eigene Stärken und Schwächen sowie die des Gesamt-GF-Teams kennen und ergänzen, bewusste Wahrnehmung von Unterschiedlichkeit, Vorteil u. a. Neutralisation familienbedingter Subjektivität • einseitiger Passungsabgleich: „Anpassung des ExtGFs an Gegebenheiten des FUs“ • Prüfung durch den Grad der Ähnlichkeit, Sympathiegefühle; Überprüfung der Authentizität des Bewerbers mittels eines Abgleichs der Verhaltenskongruenz Bewerbungsgespräch – informelles Gespräch; Stabilität des persönlichen Umfeldes Abbildung 6. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zur Selektion eines ExtGFs
5.4.2 Persönlichkeitsprofile familieninterner und familienexterner Geschäftsführer Wie in Kap. 5.4.1 dargestellt, formulieren die Interviewpartner im Gespräch häufig eine Erwartung, wie ihre „Wunsch“-Teammitglieder aussehen sollten, damit eine menschliche Passung zueinander erzielt wird. Dabei werden viele Persönlichkeitseigenschaften formuliert, die ein Geschäftsführer im Familienunternehmen aufweisen sollte, wobei es insbesondere um Eigenschaften geht, über die eine „Führungspersönlichkeit“ des FU verfügen sollte. Darauf aufbauend wurde für den Fragebogen (vgl. Kap. 6.2) ein Item (Frage 31, Anhang B) entwickelt, das dieses Anliegen widerspiegelt. Aus den Interviews wurden dafür neun Eigenschaften extrahiert, die familieninterne und familienexterne Geschäftsführer sich jeweils besonders (häufig) füreinander vorstellen, um gut zusammenzuarbeiten: (1) unternehmerisches Agieren, (2) soziale Kompetenz, (3) fachliche Expertise, (4) Gestaltungsmotivation, (5) Risikobewusstsein, (6) Veränderungsbereitschaft, (7) Umsetzungsstärke, (8) Loyalität sowie (9) Konfliktbereitschaft. Diese Eigenschaften sollten von den Befragten hinsichtlich der Relevanz für ihr Familienunternehmen mit einer Priorisierung von der wichtigsten bis zur 21
Studien bestätigen diesen Zusammenhang zwischen zwischenmenschlicher Anziehung und Reziprozität sowie der Ähnlichkeit in Werten und Einstellungen (vgl. Aronson, Wilson und Akert, 2008, S. 315; Gerrig und Zimbardo, 2008, S. 661).
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
drittwichtigsten Charakteristik gereiht werden. Um die gegenseitige Erwartungshaltung an die Person des anderen, einem Anforderungsprofil gleichkommend, sichtbar zu machen, wurde die Stichprobe zunächst, nach familieninternen und familienexternen Geschäftsführern sortiert, aufgeteilt. Anschließend wurde für die Eigenschaften eine Rangreihung nach der Nennungshäufigkeit erstellt. Dies geschah gewichtet, in Relation zu der Anzahl der Befragten pro Gruppe, da eine ungleichmäßige Verteilung von NIntGFmax= 131 und NExtGFmax= 21 existiert. Die Resultate sind in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Tabelle 6. Eigenschaftszuweisungen familieninterner und -externer Geschäftsführer Eigenschaften, die der familieninterne GF (IntGF) aufweisen sollte (r1)
Eigenschaften, die der familienexterne GF (ExtGF) aufweisen sollte (r2)
aus Sicht des IntGF aus Sicht des ExtGF
aus Sicht des IntGF aus Sicht des ExtGF
unternehmerisches unternehmerisches Agieren (0,90) Agieren (0,75)
fachliche Expertise fachliche Expertise (0,63) (0,57)
soziale Kompetenz soziale Kompetenz (0,58) (0,60)
unternehmerisches soziale Kompetenz Agieren (0,60) (0,57)
fachliche Expertise Risikobewusstsein (0,30) (0,40) Gestaltungsmotivation fachliche Expertise (0,28) (0,30) Risikobewusstsein Gestaltungsmotivation (0,27) (0,25) Veränderungsbereit- Veränderungsbereitschaft (0,27) schaft (0,20) Umsetzungsstärke Umsetzungsstärke (0,22) (0,20) Loyalität (0,14) Loyalität (0,15) Konfliktbereitschaft Konfliktbereitschaft (0,03) (0,15)
Loyalität (0,55)
unternehmerisches Agieren (0,52)
Umsetzungsstärke Loyalität (0,38) (0,41) soziale Kompetenz Risikobewusstsein (0,31) (0,29) Risikobewusstsein Umsetzungsstärke (0,16) (0,24) Veränderungsbereit- Gestaltungsmotivation schaft (0,15) (0,19) Gestaltungsmotivation Veränderungsbereit(0,14) schaft (0,14) Konfliktbereitschaft Konfliktbereitschaft (0,06) (0,10)
Anmerkung. Die Zahlen sind gewichtet nach den Häufigkeiten der Eigenschaftennennung in Relation zu der Anzahl von Befragten pro Gruppe der familieninternen und -externen Geschäftsführer (NIntGF= 131,129; NExtGF= 20,21).
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
81
Hinsichtlich der wünschenswerten Eigenschaften der Person des familieninternen und familienexternen Geschäftsführers (IntGF und ExtGF) zeichnet sich ein konträres Bild ab. Während sich die Wahrnehmung des IntGFs als Unternehmer manifestiert (r1IntGF= 0,90; r1ExtGF= 0,75), wird dem ExtGF die Rolle des Professionellen zugeschrieben (r2IntGF= 0,63; r2ExtGF= 0,57). Interessant ist, dass sich die Meinungen der befragten Familien- und Fremdgeschäftsführer in dieser Sichtweise decken. Diese Einigkeit besteht allerdings nur hinsichtlich des bedeutsamsten Merkmals (Platz 1) und hinsichtlich der Eigenschaftszuweisung für den IntGF. Uneins sind sich die befragten Familien- und Fremdgeschäftsführer in der Eigenschaftsplatzierung den ExtGF betreffend. Folgend werden zunächst die Vorstellungen der Befragten für die Person des IntGF beschrieben, anschließend jene für den ExtGF. Die quantitativen Rangergebnisse werden nach einer kurzen Erläuterung im Anschluss mit den Erkenntnissen aus den Interviews in Beziehung gesetzt. An dieser Stelle findet die erste Ergebnisinklusion des Methodenmixes statt. Quantitative Resultate Die Homogenität im Antwortverhalten für die Person des IntGFs zeigt sich an der Rangverteilung der gesamten zugewiesenen Eigenschaften: Neben unternehmerischer Stärke sollte er besonders über Sozialkompetenz (r1IntGF= 0,58; r1ExtGF= 0,60), Fachexpertise (r1IntGF= 0,30; r1ExtGF= 0,30) und Gestaltungsmotivation (r1IntGF= 0,28; r1ExtGF= 0,30) verfügen. Ein Risikobewusstsein ist zwar ebenso beiden Befragtengruppen ein Anliegen, doch scheint es für die Fremdgeschäftsführer von höherer Bedeutung zu sein (r1IntGF= 0,27; r1ExtGF= 0,40). Die hinteren Plätze werden übereinstimmend der Veränderungsbereitschaft (r1IntGF= 0,27; r1ExtGF= 0,20), Umsetzungsstärke (r1IntGF= 0,22; r1ExtGF= 0,20), Loyalität (r1IntGF= 0,14; r1ExtGF= 0,15) und Konfliktbereitschaft (r1IntGF= 0,03; r1ExtGF= 0,15) zugeteilt. Bei der Konfliktbereitschaft zeigt sich allerdings eine Abweichung in der Relevanzsetzung: Fremdgeschäftsführer weisen dieser Eigenschaft einen höheren Stellenwert zu. Das Bild der Eigenschaftsplatzierung sieht für die Person des ExtGFs heterogener aus. Zum einen sind erhebliche Abweichungen zwischen den beiden Befragtengruppen erkennbar. Zum anderen fallen die Rangkorrelationswerte geringer aus als bei der Beurteilung des IntGFs (r2IntGF= 0,63 gegenüber r1IntGF= 0,90 für Platz 1). Sie sind zudem weniger differenziert: Die ersten drei Ränge liegen in ihrer Bewertung dicht beieinander (r2IntGF=0,63; 0,60; 0,55 gegenüber r1IntGF= 0,90; 0,58; 0,30), sie fallen folglich nicht so eindeutig wie die Eigenschaftszuweisungen für den IntGF aus. Dies weist auf eine mögliche Unsicherheit hin, welche Eigenschaften eines ExtGFs für den Familienmanager von Bedeutung sind. Während sich der Familienmanager einen ExtGF wünscht, der über eine hohe Fachexpertise (r2IntGF= 0,63) verfügt und gleichzeitig unternehmerisch agiert (r2IntGF= 0,60), ist der Fremdmanager der Auffassung, dass
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
für seine Person neben dem unternehmerischen Handeln (r2ExtGF= 0,52) und der Fachexpertise (r2ExtGF= 0,57) die Sozialkompetenz (r2ExtGF= 0,57) besonders gefragt ist. Die soziale Kompetenz setzt der IntGF dagegen erst an die fünfte Stelle im Ranking (r2IntGF= 0,31). Relevanter ist für ihn, dass der ExtGF loyal (r2IntGF= 0,55) und umsetzungsstark (r2IntGF= 0,41) ist. In der Bewertung durch den ExtGF selbst spielen diese beiden Faktoren eine geringere Rolle (r2ExtGF= 0,38; r2ExtGF= 0,24). Höher bewertet er dagegen das Risikobewusstsein (r2ExtGF= 0,29 zu r2IntGF= 0,16). Die Eigenschaften der letzten drei Plätze erhalten von beiden Befragtengruppen ähnliche Werte: Gestaltungsmotivation (r2ExtGF= 0,19; r2IntGF= 0,14), Veränderungsbereitschaft (r2ExtGF= 0,14; r2IntGF= 0,15) und Konfliktbereitschaft (r2ExtGF= 0,10; r2IntGF= 0,06). Qualitative Resultate – Erwartungen an die Person des IntGFs Aufgrund der geringeren Anzahl von Interviews mit Fremdgeschäftsführern kann der Abgleich mit den Erwartungen an die Person des IntGFs nur bedingt erfolgen. Die Unterschiede zwischen den beiden Befragtengruppen sind nicht so groß wie bei den dargelegten quantitativen Resultaten. Es lassen sich drei Themenbereiche identifizieren, die durch Interviewaussagen ergänzt werden können: die Erfüllung formaler Kriterien sowie die Bedeutung der Eigenschaften Risikobewusstsein und Konfliktbereitschaft. Im Anschluss daran werden die Erwartungen an die Person des ExtGFs im Abgleich von Abweichungen der beiden Methodenergebnisse dargelegt. Trotz der Auffassung, dass dem familieninternen Geschäftsführer die Rolle des Unternehmers zukommt, während ein familienexterner Geschäftsführer stärker als Experte seines Faches fungiert, muss auch ein IntGF ein Mindestmaß an formalen Kriterien erfüllen. Die Hälfte der Interviewpartner (acht von 16) betont, dass sie dieselben Anforderungskriterien für IntGF und ExtGF bezüglich ihrer formalen Eignung ansetzen. Dazu zählen besonders der Nachweis entsprechender (fachlicher) Kompetenz und das Sammeln von Führungserfahrung in fremden Unternehmen (Interview 1, Z. 7; Interview 8, Z. 112; Interview 12, Z. 45; Interview 16, Z. 52, 55). Hier ist ein Umbruch in den Ansprüchen an die neuen Generationen zu verzeichnen, denn die Nachfolge war vormals ohne formale Hindernisse (Interview 5, Z. 282; Interview 12, Z. 45). Der IntGF sollte zudem dasselbe Auswahlverfahren wie der ExtGF durchlaufen, beispielsweise einen Interviewprozess durch den Beirat (Interview 12, Z. 25). Bevor die Situation eintritt, dass ein ungeeignetes Familienmitglied die Unternehmensführung übernimmt, erhöht sich die Bereitschaft, die Firma durch familienexterne Manager führen zu lassen (Interview 4, Z. 210; Interview 7, Z. 91; Interview 8, Z. 107). Ein Interviewpartner erzählt in diesem Kontext, dass diesem Schritt ein emotional schwieriger Erfahrungsprozess vorausging. Bei seinem Sohn zeigte sich erst durch die Nachfolge ins Unternehmen, dass er in der Geschäftsführungsposition – in diesem Fall aufgrund von inakzeptablem Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Kollegen – fehl am Platz
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
83
war. Der Erhalt des Unternehmenswohles stand für den Senior an erster Stelle, sodass der aus der Kündigung resultierende Kontaktabbruch seines Sohnes in Kauf genommen wurde (Interview 11). In diesem Beispiel zeigt sich erneut die in Kapitel 5.4.1 diskutierte Bedeutung der menschlichen Passung auf der Geschäftsführungsebene, die besonders in Familienunternehmen in ihren Konsequenzen spürbar wird. Der bedeutsamste Unterschied in den Eigenschaftszuweisungen für die Person des IntGFs betrifft das Risikobewusstsein. Dieses scheint für die Befragtengruppe der ExtGF an einem IntGF von wesentlich größerer Bedeutung zu sein als für die IntGF selbst. Die Interviews lassen den Rückschluss zu, dass ein Risikobewusstsein für die IntGF eine andere Bedeutung trägt als für ExtGF und die Vergleichbarkeit als Eigenschaft daher eingeschränkt ist. Während die befragten IntGF das Risikobewusstsein eher in dem Sinne verstehen, sich ihrer unternehmerischen Verantwortung bewusst zu sein, spiegelt sich in der Bewertung vonseiten der ExtGF der Wunsch nach Sicherheit hinsichtlich der Abwägungen des IntGFs bei Entscheidungen sowie der Zukunft des Unternehmens (Interview 2, Interview 14). Ein IntGF betont im Gespräch die Relevanz der inneren Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen und damit ein Risiko einzugehen: Eine Risikobegrenzung im Denken ist schlecht; die überträgt sich unbewusst auch auf die Entscheidungsbereitschaft im Unternehmen. Wenn du einen Vollblutunternehmer haben willst, dann muss der auch mit allem, was er hat, in die Verantwortung (Interview 4, Z. 218). Dieses Risikobewusstsein bzw. diese Verantwortungsbereitschaft ist nach Ansicht einiger Interviewpartner aber Teil der Prägung und Persönlichkeitsentwicklung und damit bei ExtGF schwerer zu finden als bei IntGF: Wenn du damit nicht groß wirst und da hingeführt wirst, dass du lernst, mit dieser Verantwortung umzugehen, und ein Bewusstsein dafür entwickelst und auch sagst ‚ok, ich kann halt nicht alles im Leben absichern‘ (...) dann bist du in deiner Persönlichkeit in einem Familienunternehmen gegebenenfalls überfordert“ (Interview 4, Z. 169; s. auch Interview 8, Z. 99, 127). Der familieninterne Geschäftsführer wächst bereits mit einem Verpflichtungsgefühl und Commitment sowie der Tragweite einer Unternehmensteilhabe auf, was einen ExtGF bei einer plötzlichen Konfrontation überfordern kann (Interview 2, Z. 179; Interview 4, Z. 170; Interview 5, Z. 17, 19; Interview 11, Z. 41, 107). Dies lässt die Vermutung zu, dass ein Zusammenhang zwischen dem Grad an Unternehmensbindung und Verantwortungsbereitschaft existiert. So berichten Interviewpartner von misslungenen Partnerschaften mit ExtGF, die eine Verantwortungsübernahme ablehnten (Interview 14, Z. 51), die über eine höhere Wechselbereitschaft verfügten (Interview 2, Z. 177; Interview 11, Z. 107) oder das Commitment allein der Aufgabe statt dem Un-
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
ternehmen gegenüber besaßen (Interview 2, Z. 177). Auch das Motiv des ExtGF, mit dem er die Geschäftsführungsposition übernimmt, kann hier Einfluss nehmen. Schwierig wird es z. B., wenn die Motivation ausschließlich durch persönliche Ziele geprägt ist (Interview 7, Z. 34). Andererseits ist eine geringer ausgeprägte Risikobereitschaft bei ExtGF auch in Zusammenhang mit ihrer Rolle im Unternehmen zu sehen. Denn es ist fremdes Eigentum, das sie zu verwalten haben: „[E]s ist die Familie, die uns einfach die Freiheit gibt; daher sind wir uns dessen sehr bewusst, dass wir mit deren Geld spielen“ (Interview 7, Z. 13). Zudem haben ExtGF eine weniger stabile Position im Unternehmen und sind bei Fehlleistungen leichter kündbar (Interview 4, Z. 186; Interview 9, Z. 129; vgl. folgende Kap. 5.4.6 und 5.4.7). Die bedeutsamste Diskrepanz zwischen der quantitativen und der qualitativen Auswertung zeichnet sich hinsichtlich des Kriteriums Konfliktbereitschaft für die Person des IntGFs ab. Während die Befragtengruppe der IntGF die Konfliktbereitschaft als Fragebogenitem auf den letzten Platz wählen (r1IntGF= 0,03) und sogar der für den IntGF als selbstverständlich geltenden Loyalität einen höheren Stellenwert zuweisen, heben die Interviewpartner die Bedeutung der Konfliktbereitschaft im Gespräch explizit hervor. Die Interviewpartner stellen die Bereitschaft Konflikte auszutragen als wesentliches Element der Führungskompetenz dar, da die Führung eines Unternehmens „in jedem Falle immer Konflikt bedeutet“ (Interview 5, Z. 152): Eine Entscheidung hat immer einen Konflikt zur Folge (...) weil, wenn du dich für etwas entscheidest, entscheidest du dich auch immer gegen etwas; und diese Konfliktbereitschaft, die must du auch wollen; sonst ist man als Führungskraft nicht geeignet“ (Interview 4, Z. 147). Gleichzeitig wird Führung als „Störauftrag“ gesehen: „[D]enn du musst alles hinterfragen, ob das alles noch so richtig ist; Führung ist einfach Konfliktbereitschaft“ (Interview 4, Z. 189). Damit geht auch eine prinzipielle Ehrlichkeit einher sowie die Fähigkeit, Kompromisse einzugehen und eine Frustrationstoleranz auszubilden. Dies soll zu späterem Zeitpunkt in Kapitel 5.4.5 weiter thematisiert werden. Diese Abweichung in den Erhebungsergebnissen kann einerseits bedeuten, dass bezüglich der Relevanz der Konfliktbereitschaft ein blinder Fleck bei den Befragten vorliegt. Andererseits kann die enge Verwobenheit der Konfliktbereitschaft mit unternehmerischem Handeln, „denn unternehmerisch denken heißt ja auch schon, dass man Konflikte zumindest bereit ist einzugehen“ (Interview 16, Z. 90), für die geringe Bedeutungszuschreibung verantwortlich sein. Da andere Eigenschaften, wie z. B. eine Veränderungsbereitschaft, ein Risikobewusstsein oder eine Gestaltungsmotivation, aber ebenso einen Teil von unternehmerischem Agieren darstellen und dennoch häufiger gewählt wurden als die Konfliktbereitschaft, spricht dies wiederum für die Existenz einer unbewussten Bedeutsamkeit. Demgegenüber weist die Befragtengruppe der ExtGF der Eigenschaft
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der Konfliktbereitschaft einen ähnlichen Platz wie der Veränderungsbereitschaft, Loyalität und Umsetzungsstärke zu. Dies kann daran liegen, dass für den ExtGF ein anderes Motiv in seinem Wunsch liegt, dass der IntGF über eine Konfliktfähigkeit verfügen sollte. Für ihn bedeutet es die Chance, verschiedene Lösungsoptionen gemeinsam zu evaluieren, also einbezogen anstatt per Vorab-Aussprache der IntGF untereinander ausgeschlossen zu werden (z. B. Interview 8, Z. 103; Interview 9, Z. 98; Interview 11, Z. 75). Weitere Ausführungen hierzu folgen in Kapitel 5.4.4 und 5.4.5. Qualitative Resultate – Erwartungen an die Person des ExtGFs Dasselbe Muster der Abweichung in den Bewertungen zwischen den Befragtengruppen ist für das Kriterium der sozialen Kompetenz in der Eigenschaftszuweisung für die Person des ExtGFs zu beobachten. Die Befragtengruppe der IntGF wählt die Sozialkompetenz auf Rang fünf der Eigenschaften, obwohl diese Gruppe im Interview erzählt, dass eine soziale Intelligenz bei einem ExtGF bedeutsamer ist als eine hohe Fachkompetenz: Da kann jemand 100 Prozent fachliche Kompetenz haben und kann sich 100 Prozent einsetzen; wenn er sozial inkompetent ist, dann wird das nicht funktionieren. (.) [D]a ist mir jemand deutlich lieber, der 70 Prozent fachliche Qualifikation, 90 Prozent Einsatz und 80 Prozent Sozialkompetenz hat (Interview 2, Z. 131; weitere Beispiele s. Interview 3, Z. 91; Interview 4, Z. 174; Interview 16, Z. 74). Die häufig erwähnte und geforderte Fachkompetenz zählt schlussendlich zur Grundausstattung, da sie häufig der Grund für die Installation von Fremdmanagement ist (Interview 4, Z. 191; Interview 7, Z. 156). Hier können allerdings Abstriche in Kauf genommen werden, da sie im Gegensatz zur Charakterbildung erlernbar bzw. erweiterbar ist (Interview 1, Z. 36; Interview 2, Z. 131; Interview 3, Z. 91; Interview 16, Z. 191). Die Befragtengruppe der ExtGF erkennt dagegen die hohe Relevanz der Sozialkompetenz für ihre eigene Person, wobei auch hier verschiedene Motive für die Bedarfswahrnehmung dieser Eigenschaft zugrunde liegen. Die Bedeutung der Sozialkompetenz liegt für den IntGF darin, dass ExtGF sich ihrer Wirkung auf andere bewusst sind, mit anderen kommunizieren können und Verbindlichkeit in ihren Worten liegt (Interview 4, Z. 174) sowie dass sie empathiefähig sind und auf verschiedene Menschenarten der Mitarbeiter im FU eingehen können (Interview 9, Z. 199; Interview 11, Z. 88– 91). Dagegen sieht der ExtGF in der sozialen Fähigkeit für seine eigene Gruppe deshalb einen hohen Bedarf, weil er mit der Familie kommunizieren und sich arrangieren können muss (Interview 3, Z. 176; Interview 7, Z. 118, 123). Dazu gehört, dass er die Forderungen und Wünsche der Eigentümerfamilie verstehen und sich flexibel an diese anpassen können muss (Interview 1, Z. 19, 69). Diese Eigenschaft enthält also ebenso Elemente der Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit (Interview 13, Z. 89; Inter-
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
view 15, Z. 76), die in den Interviews thematisiert wurde. Resümierend liegt der Nutzen einer hohen Sozialkompetenz des ExtGF für IntGF also eher darin, einen empathiefähigen Umgang mit Mitarbeitern sowie ein gemeinsames Führungsverständnis zu erzielen, während ExtGF damit eher ein verständnisvolles, anpassungsfähiges Verhalten der Eigentümerfamilie gegenüber verbinden (weitere Ausführungen hierzu s. Kap. 5.4.6). Auf der anderen Seite ist die hohe Bewertung der Fachkompetenz eines ExtGFs in der Fragebogenerhebung im Zusammenhang mit der hohen Gewichtung der Faktoren unternehmerisches Verständnis, Loyalität und Umsetzungsstärke im Kontext der Interviewresultate ebenso nachvollziehbar. Denn die Gesprächspartner streben eine langfristige Partnerschaft und Kontinuität auf GF-Ebene an (Interview 5, Z. 111; Interview 7, Z. 215–217; Interview 10, Z. 69–71; Interview 15, Z. 66; Interview 16, Z. 42–44), für welche Loyalität und Commitment essenzielle Faktoren darstellen (Interview 2, Z. 167; Interview 5, Z. 200; Interview 13, Z. 265–267). Eine gute Fachkompetenz ist dabei das Grundgerüst für die Fähigkeit, die Visionen des IntGF umzusetzen: „[U]nser Eigentümerunternehmer ist schnell mit neuen Ideen und die möchte er dann auch zügig umgesetzt sehen“ (Interview 1, Z. 13). Gleichzeitig wollen die Interviewpartner keinen reinen „Umsetzer“, der zu allem nur „Ja und Amen“ sagt, sondern einen starken Charakter, der sich seine Meinung zu vertreten traut und einen Gegenpol zum IntGF bilden kann (Interview 9, Z. 12). „Man muss als Familienoberhaupt auch starke Leute wollen; also starke Leute neben oder unterhalb erdulden können; Leute, die ein Machtbewusstsein und eine starke Persönlichkeit haben“ (Interview 4, Z. 176, 232). Dabei geht es um die Art und Weise der Kanalisation dieses Machtstrebens und die Gestaltung des Miteinanders; Ausführungen hierzu erfolgen in Kapitel 5.4.5 und 5.4.7.
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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Quantitative Resultate • IntGF als „sozialkompetenter Unternehmer“ – Einigkeit und klare Präferenzen in der Bewertung durch befragte IntGF + ExtGF • ExtGF als „loyaler, umsetzungsstarker Professioneller“ vs. „sozialkompetenter Professioneller“ – Uneinigkeit in der Bewertung zwischen befragten IntGF und ExtGF, Unsicherheit, welche Eigenschaften besonders bedeutsam sind Abgleich mit den qualitativen Resultaten • Risikobewusstsein: trägt unterschiedliche Bedeutungen für IntGF und ExtGF (Bewusstsein über unternehmerische Verantwortung vs. Wunsch nach Sicherheit), Motive des ExtGFs für die Übernahme einer GF-Position im FU sind essenziell • Konfliktbereitschaft: blinder Fleck bei den quantitativ Befragten, da als unbedeutend gewertet? Qualitativ Befragte sehen Konfliktbereitschaft nämlich als einen elementaren Bestandteil von Führung und für den Umgang mit Konflikten im Team an (vgl. Kap. 5.4.5) • Sozialkompetenz: qualitativ Befragte schreiben der Sozialkompetenz eines ExtGFs höhere Bedeutung zu als quantitativ Befragte; verschiedene Motive für Bedarfswahrnehmung als Grund? ExtGF wissen um nötige Anpassungsfähigkeit und „Demut“ in ihrer Rolle Abbildung 7. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse komplementärer Persönlichkeitseigenschaften
5.4.3 Vertrauen als Schlüssel zum selbstständigen Agieren im Geschäftsführungsteam Die Bildung von Vertrauen innerhalb des Geschäftsführungsteams kristallisiert sich in der Interviewauswertung als zentrales Element für eine funktionierende Beziehung der Teammitglieder heraus. Im Zentrum der Erzählungen der Interviewpartner steht der familieninterne Geschäftsführer als Vertrauensgeber und die Person des Fremdgeschäftsführers als Vertrauensnehmer. Nach Darlegung der Kernelemente dieser Vertrauensentwicklung soll die Perspektive um die Gegenseitigkeit in der Vertrauensbeziehung im Geschäftsführungsteam erweitert werden. Es resultiert, dass sich Vertrauen über zwei Ebenen ausbilden kann: Es enthält eine kompetenzbasierte Ebene und eine persönliche Ebene. Diese sollen abschließend ausgeführt werden. Vertrauen in eine Person zu setzen bedeutet, dass der Vertrauensgeber dem Vertrauensnehmer einen Vertrauensvorschuss im Hinblick auf die Erfüllung der erwarteten Leistung gewährt (McAllister, 1995; Schweer, 2008). In den Interviews drückt sich dieses Element als die Fähigkeit der familieninternen Geschäftsführer aus, ihren familienexternen Teamkollegen Glauben zu schenken, dass diese das in sie gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen werden: „[O]b sie nachher wirklich unsere Interessen vertreten, ist Vertrauenssache“ (Interview 11, Z. 109). In diesem Zitat zeigt sich auch die Bedeutung des zunächst grundsätzlich positiven Unterstellens (Interview 4, Z. 156) für das Vertrauen in die Person des Fremdgeschäftsführers. Das bedeutet laut dem dritten Interviewpartner nicht, alles unhinterfragt zuzulassen und abzusegnen. Zu vertrauen bedeutet aber, dem Teampartner Aussagen ohne negative Zuschreibung zu glauben
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(Z. 87) und ihn mithilfe dieser Zuversicht allein agieren zu lassen (Interview 6, Z. 75). Dies beinhaltet ein weiteres Element von Vertrauen: Der IntGF muss dazu imstande sein, dem ExtGF seine Verantwortlichkeiten zuzugestehen. Damit ist gemeint, dass sich der IntGF nicht allein aufgrund seiner Familienposition in den Verantwortungsbereich des ExtGFs einmischt. Der ExtGF sollte die Möglichkeit dazu bekommen, sich zu profilieren und den ihm gegebenen Vertrauensvorschuss zu erfüllen, um sich darüber einen eigenen Ruf im Unternehmen zu erarbeiten (Interview 2, Z. 110; Interview 16, Z. 150). Ein IntGF gibt in diesem Kontext ein Beispiel zur Veranschaulichung dazu, was es bedeutet, den Teamkollegen ihre berechtigte Verantwortung zu überlassen: An meinem 17. Geburtstag fuhr ich als Beifahrer in einem Auto mit einem zusammen, der drei Jahre älter war als ich; (...) wir fuhren einen Firmenwagen, der meinem (.) elterlichen Unternehmen gehörte; (.) die Straße war glatt, der Wagen kam aus der Kurve und ich meinte dann, ich hab die Verantwortung, und griff dem Fahrer ins Steuer; wollte ihm noch beim Lenken helfen. Das war natürlich gar nicht gut, sodass wir ins Schleudern kamen und, zack, an einem Baum landeten; das war eine gute Lehre, also, wenn man zwar meint, man hätte noch die Verantwortung, aber andere sitzen am Steuer, dann hat man nicht ans Steuer zu greifen (Interview 6, Z. 95–99). Das Zitat verdeutlicht das zentrale Element der gezielten Verantwortungsübergabe: Vertrauen bedeutet, sich als IntGF trotz der per Eigentum verliehenen Legitimation einzugreifen bewusst zurücknehmen zu können, wenn es die Situation erfordert (Interview 2, Z. 100). Dem ExtGF soll dadurch Raum zum Handeln gelassen werden, ohne seine Autorität, z. B. durch informales Kommunizieren, zu unterwandern. Schließlich sollten sich die Mitarbeiter im Unternehmen dem Kompetenzbereich entsprechend dem jeweilig verantwortlichen Geschäftsführer zuwenden können (Interview 2, Z. 110; Interview 4, Z. 182; Interview 6, Z. 37; Interview 8, Z. 43–47, 165; Interview 10, Z. 126–129; Interview 16, Z. 121). Dieses Verhalten des „Sich-Zurücknehmens“ offenbart sich in den Interviews in Erzählungen über Nachfolgeprozesse innerhalb der eigenen Reihen und über Integrationsprozesse von Fremdmanagement, beispielsweise wenn ein Geschäftsführer gezielt intern aufgebaut werden (z. B. Interview 14, Z. 60; Interview 12, Z. 27) und sich ein neuer Geschäftsführer selbstständig etablieren und „einen Namen erarbeiten“ soll (z. B. Interview 4; Interview 13). Diesen Fällen gemein ist eine existente Positionsungleichheit der Geschäftsführer. Daher ist ein Zurücknehmen des Positionshöheren umso bedeutender, damit sich der rangniedere oder noch neue, unbekannte Geschäftsführer etablieren und lernen kann: Ich [ der IntGF ] setze hier fort, was ich mit Herrn [ Name ehemaliger ExtGF ] begonnen habe; nur dass der zehn Jahre älter als ich war und der neue externe Geschäftsführer jetzt zehn Jahre jünger ist. Jetzt blicke ich auf 20 Jahre zurück und die Dinge, die ich verteidigen muss, da der Neue, Jüngere dynamisch
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ist. Ich musste erkennen, einen Schritt zurück zu treten, um ihm Raum zu lassen (Interview 13, Z. 75–77). Der IntGF gewährt hier einem ExtGF Gestaltungsspielraum, obwohl dieser dasjenige erschüttern könnte, was der IntGF über mehrere Jahre aufgebaut hat. Der IntGF vertraut also darauf, dass sein Vertrauen nicht zum persönlichen Vorteil des ExtGFs ausgenutzt wird, sondern das Unternehmenswohl im Handlungsmittelpunkt steht, folglich der ExtGF genauso handeln wird, wie der IntGF es selbst tun würde. Hierin findet sich das in der Literatur (Kap. 4.5; Rousseau et al., 1998) verankerte Moment von Vertrauen, ein Risiko einzugehen. Allerdings äußert sich dieses hier nicht nur in der Form, dass ein Vertrauensvorschuss durch schlechte Leistung, z. B. das Ausbleiben des Projekterfolges, enttäuscht werden könnte. Gleichermaßen besteht für den IntGF insofern ein Risiko in einem Fehlverhalten des ExtGFs, als dieser nicht im Interesse der Eigentümerfamilie handeln könnte. Somit besteht die Verwundbarkeit des IntGFs nicht nur aus einer reinen Leistungsperspektive im Sinne der Nichterfüllung des Vertrauensvorschusses, sondern ebenso auf einer persönlicheren Ebene, im Sinne einer Missachtung der von der Familie implementierten Unternehmenskultur. In diesem Kontext können Eigenschaften wie eine hohe Loyalität und Verlässlichkeit (vgl. Kap. 5.4.1) für das Vertrauen des IntGFs in den ExtGF förderlich sein (Interview 2, Z. 71–75; Interview 9, Z. 191; Interview 13, Z. 241, 265; Interview 16, Z. 86). Ein Interviewpartner erzählt dazu: „[E]igentlich sind wir austauschbar; ich vertraue meinem Teampartner; wir halten einander auf dem Laufenden, indem wir einander über die Projektfortschritte informieren“ (Interview 6, Z. 21). Kommunikation spielt also für eine Vertrauensebene zwischen den Geschäftsführern auch eine zentrale Rolle. Die Stärken der Teampartner zu nutzen bedeutet zudem, für die Vorschläge der anderen Geschäftsführer offen zu sein und sich für deren Ideen begeistern zu lassen (Interview 9, Z. 82). Das beinhaltet auch, sich gegenseitig aktiv zu überzeugen und eventuell vorhandenes Misstrauen auszuhalten: Es kam ein Flyer mit der Post über neue [ Hauptprodukt des FU ]; ich habe den weggeschmissen, aber er [ Externer GF ] wollte unbedingt zu dieser Produktvorstellung hin und meinte: „Das Ding brauchen wir.“ Ich meinte: „Ok, dann müssen die uns so ein Ding zum Test schicken.“ Das hat Ewigkeiten gedauert, bis es da war; ich habe mich schon gefreut gehabt, dass meine Skepsis bestätigt wurde. Aber das Ding kam und hat funktioniert; heute haben wir damit großen Erfolg und das haben wir ihm zu verdanken (Interview 13, Z. 102– 104). Ein weiteres wesentliches Element der Vertrauensentwicklung im Geschäftsführungsteam ist die wechselseitige Wertschätzung, also eine gegenseitige Anerkennung der Bedeutsamkeit der Einzelpersonen für das Team. Die Komponente der Wertschätzung unterstreicht die Zirkularität im Vertrauenskonstrukt, denn sie sie ist ein
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fördernder und resultierender Faktor zugleich. Den Wert des Teampartners schätzen zu können festigt das gegenseitige Vertrauen. Auf der anderen Seite ist Vertrauen die Basis dafür, einander offen eine Wertschätzung ausdrücken zu können (Interview 6, Z. 75, 79). In den Gesprächsinhalten offenbart sich, über welche Faktoren eine Wertschätzung im Geschäftsführungsteam ausgedrückt werden kann. Die Wertigkeit eines Geschäftsführers ist unmittelbar über seine sichtbaren Erfolge zu messen. Darüber entsteht nicht nur eine Akzeptanz innerhalb der Organisation, sondern auch durch die Gesellschafter, deren Erwartungshaltung bestätigt wird, dass das FU erfolgreich geführt wird (Interview 4, Z. 116–117, Z. 43–44; Interview 9, Z. 227, 233; Interview 13, Z. 92): Die [ Gesellschafter ] sprechen aber durchaus mit anderen; die sehen ja auch die Veränderung und die fragen auch, wer der Treiber dahinter ist oder von wem die Idee kam oder wer das gemacht hat, und die lernen die einzelnen Mitglieder in ihrer Wertigkeit oder ihrem Beitrag für den Organisationserfolg entsprechend einzustufen (Interview 4, Z. 117). Die empfundene Wertschätzung eines Teammitgliedes muss allerdings auch sichtbar gemacht werden, d. h. es muss eine positive Rückmeldung über dessen Leistung erfolgen. Dieses Sichtbarmachen ist elementarer Bestandteil des Vertrauensbildungsprozesses, sowohl für IntGF als auch für ExtGF. Eine Option ist die Anerkennung von guter Leistung, beispielsweise durch die Übertragung von mehr Verantwortung und Freiräumen (Interview 4, Z. 56; Interview 7, Z. 238) oder zusätzlichen Rollen, wie z. B. dem In-Aussicht-Stellen der Unternehmensnachfolge (Interview 1, Z. 8). Eine weitere Option, die stärker auf der menschlichen Ebene liegt, ist die Anerkennung der Person als solcher. Dieses Element ist besonders für den ExtGF in gemischten GF-Teams relevant. Ein Ausdruck von Wertschätzung und Vertrauen für ihn kann durch das Einbeziehen in Familienthemen erfolgen, durch ein Mitwirken oder das Einholen seiner Meinung: „[A]lso, in dem Prozess der Stiftungsgründung der Familie habe ich [ IntGF ] auch voll seine [ ExtGF ] Kapazität genutzt (...) und ihn immer einbezogen. Damit ist es auch eine Wertschätzung, weil er fühlte sich dadurch mit integriert“ (Interview 6, Z. 69). Durch die Einladung zu Gesellschafterversammlungen oder privaten Feiern die Familie kennenzulernen stärkt ebenso das Nähegefühl und das positive Integrationsempfinden (Interview 6, Z. 71). In der täglichen Zusammenarbeit bedeutet Wertschätzung im Sinne der Anerkennung auch, den Teampartner loben zu können. Das heißt, dazu imstande zu sein, dem Partner offen die ihm gegenüber empfundenen, positiven Gefühle auszudrücken. Der sechste Interviewpartner (Z. 79) erzählt in diesem Zusammenhang von einer Situation, in der sich sein ExtGF-Partner trotz hoher Zusatzarbeit in besonderem Maße für ein Herzensanliegen des IntGFs engagiert hat. Er hebt hervor, wie bedeutend es ist, dem Teampartner dafür in einem gesonderten Ge-
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spräch seinen Dank auszusprechen, statt beiläufig während der Bürohektik. Wertschätzung auszudrücken bedeutet eben auch, sich Zeit für sein Gegenüber zu nehmen und sich für dieses persönlich zu interessieren. Darüber kann Reziprozität in der Vertrauensbeziehung erzeugt werden: Dann gab er [ der ExtGF ] mir [ dem IntGF ] eine Wertschätzung zurück. Und dadurch merke ich, wie wichtig es ist, mal nicht zu viert oder (.) Personalgespräche führen wir oft, Herr [ ExtGF ] und ich, gemeinsam, (.) da bleibt man doch relativ oberflächlich. Aber wenn man mal mit jemandem (.) tiefer analysiert, was ihn bewegt, was da Themen für ihn sind; manchmal sind es auch viele private Sachen, die im Hintergrund wirken, die man so gar nicht weiß leider; (.) schon mal da nachzufragen; etwas tiefer zu gehen (Interview 6, Z. 79). Mit der Ausbildung von Vertrauen im Zeitverlauf entsteht eine Vertrautheit zwischen den IntGF und ExtGF. Neben dem Interesse am Teampartner entsteht sie über das gegenseitige Kennenlernen und Auseinandersetzen in verschiedenartigen Situationen. Über den Wunsch, den anderen in seiner Art und seinem Verhalten zu verstehen, findet ein Lernprozess und die Akzeptanz des anderen als Mensch mit seiner Persönlichkeit statt: Einer meiner GF-Kollegen, wenn ich den mal stark anpflaume, da geht der in der Regel zu und der geht auch so schnell nicht mehr auf. Das weiß ich jetzt nach langer Zeit. Und bei dem hab ich auch echt viele Jahre gebraucht, bis wir das Vertrauensverhältnis hatten (Interview 3, Z. 199). Die sich entwickelnde Vertrautheit führt dazu, dass die Teampartner sich ineinander hineinversetzen können und somit ein intuitives Verständnis möglich wird. Die Interviewpartner berichten von einer besonderen Verbindung, die sich darin ausdrückt, dass sie sich nach langjähriger Zusammenarbeit ohne Worte zu verstehen, die Gedanken des Teampartners anhand der Mimik ablesen oder das Verhalten des Partners antizipieren können und spüren, wann sie mit ihrer Einschätzung richtig liegen (Interview 5, Z. 125; Interview 6, Z. 39, 41, 79; Interview 7, Z. 29–31, 35, 46–47). In den dargelegten Bestandteilen von Vertrauen zeigen sich zwei Dimensionen von Vertrauen: eine kompetenzbasierte Komponente und eine persönliche Komponente (vgl. kognitives und affektives Vertrauen nach Lewis et al., 1985). Die kompetenzbasierte Dimension von Vertrauen entsteht über die Maßnahmen des IntGFs, sich zurückzunehmen und dem ExtGF Verantwortung zuzugestehen22, um diesem die Möglichkeit zu geben, seine Fähigkeiten (= Kompetenz) und Eignung für die Position zu 22
Äquivalente beobachtete Fälle des Eignungsbeweises in den Interviews: einem ranghöheren IntGF, z. B. Senior, auf rangniederen IntGF, z. B. Junior (z. B. Interview 12, Z. 23).
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beweisen. In der Regel werden ihm dazu über einen längeren Zeitraum hinweg verschiedenartige Projekte übertragen. Mittels erfolgreicher Absolvierung und anschließender Anerkennung dieser Leistung, in der Regel vonseiten des GF-Vorsitzenden (z. B. wie erwähnt per Zuwachs an Verantwortung), kann sich der ExtGF im FU etablieren, indem er „Themen zu seinem Aushängeschild macht und sich so einen eigenen Namen und Image verschafft“ (Interview 4, Z. 39, 42; Interview 16, Z. 121). Darüber kann er das Vertrauen in ihn durch die Organisationsmitglieder und Gesellschafter als kompetente Führungspersönlichkeit aufbauen (Interview 1, Z. 91; Interview 4, Z. 29, 30, 42, 52; Interview 13, Z. 223, 225; Interview 16, Z. 121, 223). Im Rahmen der Kompetenzprüfung wird darauf geachtet, wie ein potenzieller Neu- (oder Nachwuchs)Geschäftsführer an für ihn neuartige Herausforderungen herangeht, indem er „ins kalte Wasser geschmissen wird“ (Interview 6, Z. 33) oder „gezielt durchs Feuer gejagt wird“ (Interview 4, Z. 29). Diese Metaphern verdeutlichen den Prüfungscharakter der Anfangsphase der kompetenzbasierten Vertrauensentwicklung. Als vertrauensfördernde Faktoren werden hier die folgenden genannt: ein hoher Einsatzwille (Interview 1, Z. 5, 13, 91), Durchsetzungsfähigkeit (Interview 4, Z. 29, 43), Lernwilligkeit (Interview 4, Z. 28, 54) sowie Kooperationsbereitschaft (Interview 4, Z. 54) und eine Kongruenz zum IntGF hinsichtlich einer langfristig orientierten Denkweise (Interview 13, Z. 61–65). Dieser Prozess des Aufbaus von Vertrauen in die Kompetenz eines ExtGFs ist besonders zu Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit ein bedeutender Mechanismus, da ein ExtGF in die GF-Rolle erst hineinwachsen muss. Hierin liegt eine Besonderheit in der Rekrutierung für GF-Teams in FU (vgl. auch das Kapitel 5.4.1 und 5.4.2 zum Thema Passung): Einige der Interviewpartner erzählen, dass sie keinen externen Geschäftsführer in eine GF-Position im Geschäftsführungsteam einstellen, der sich nicht vorher im eigenen Unternehmen bewährt hat (Interview 3, Z. 89; Interview 4, Z. 198, 224; Interview 5, Z. 135; Interview 6, Z. 89; Interview 13, Z. 95–98; Interview 16, Z. 16). Die Erfüllung von Vertrauensvorschüssen bleibt jedoch auch nach Jahren der Zusammenarbeit ein Faktor, der sich wiederholt bestätigen muss (z. B. Interview 4). Dies knüpft an die bereits erwähnte Risiko-Komponente in Vertrauensbeziehungen an und die familienunternehmensspezifische Sorge eines IntGFs, durch das Verhalten eines ExtGFs, der nicht im Familieninteresse handelt, enttäuscht zu werden. Dieses Risiko soll über die Prüfung der Passung im Vorhinein minimiert werden. In den Erzählungen der Interviewpartner zeigt sich folglich eine starke Einseitigkeit in kompetenzbasierten Vertrauensbeziehungen: Das Vertrauen bildet sich vom Vertrauensgeber (IntGF/Senior, Gesellschafter) in den Vertrauensnehmer (ExtGF oder Junior) aus. Das umgekehrte Vertrauen, also vom Vertrauensnehmer in den Vertrauensgeber, wird dabei von den Interviewpartnern nicht thematisiert. Eine Wechselseitigkeit in der Vertrauensbeziehung, d. h. die Involvierung beider Vertrauensparteien,
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findet sich dagegen in der persönlichen Dimension von Vertrauen. Diese bildet sich durch die kontinuierliche Interaktion der Geschäftsführer miteinander aus. Dabei sind besonders zwischenmenschliche Elemente der bereits angesprochenen Wertschätzung bedeutsam: ein Interesse an den Geschäftsführungspartnern zu zeigen und sich Zeit füreinander zu nehmen. Über ein gegenseitiges „tieferes Kennenlernen“ (vgl. Interview 6, Z. 79; Interview 14, Z. 30) entsteht jene Vertrautheit (s. o.) zwischen den Teammitgliedern, die sich über eine berufliche und private Ebene spannt. Das berufliche Feld dieser Vertrautheit beinhaltet, dass unternehmensbezogene Themen miteinander geteilt werden, also ein gemeinsames Verständnis, z. B. der Unternehmensausrichtung und -ziele (Interview 1, Z. 97; Interview 4, Z. 152; Interview 6, Z. 87; Interview 16, Z. 150), des Führungsverhaltens (Interview 5, Z. 65), der Arbeitsweise und vereinbarungen (Interview 5, Z. 61, 65) oder kultureller Normen (Interview 14, Z. 27, 33), ausgebildet wird. Dies begünstigt wiederum die Vergabe von Vertrauensvorschüssen, da die Angst vor Enttäuschung verringert wird, wenn die Partner um ein gemeinsames Verständnis wissen. Das private Feld beinhaltet demgegenüber die Teilhabe der Geschäftsführungskollegen an persönlichen Themen, die zu einer engen Bindung untereinander – und darüber zu einem intuitiven Verständnis – führen kann. Diese Bindung entsteht durch ein bewusstes Pflegen der Beziehung. Dazu gehört, dass der IntGF einen offenen Austausch fördert und dadurch belastende Themen thematisiert werden können (Interview 14, Z. 56; Interview 15, Z. 110). Den familienfremden Teampartnern sollte signalisiert werden, dass eine Ansprache des IntGFs bei Redebedarf jederzeit möglich ist und dieser dafür gern Zeit investiert (Interview 2, Z. 73; Interview 3, Z. 73; Interview 4, Z. 91; Interview 6, Z. 79). Als belastend erlebte Themen finden sich in den Interviews zwei Arten: (1) im Familienunternehmen trägt sich ein krisenartiges Ereignis zu (Interview 2, Z. 177; Interview 14, Z. 22; Interview 15, Z. 116) oder (2) ein Geschäftsführungsmitglied erlebt eine Krise im privaten Bereich (Interview 3, Z. 81; Interview 6, Z. 127; Interview 15, Z. 110, 112). Beide Situationen erfordern eine gemeinsame Bewältigung dieser Krisenzeit, bei Ersterem in Form des Besprechens und Nachdenkens im Team über den Umgang mit dem vorliegenden Problem. Bei letzterem Szenario verbleibt das Thema dagegen im Privaten des Betroffenen. Durch offene Gespräche kann allerdings ein Verständnis für etwaige Verhaltensunstimmigkeiten und eine Rücksichtnahme vonseiten der Geschäftsführungskollegen erreicht werden. Auch hier kann eine Reziprozität durch gegenseitige Wertschätzung hervorgerufen werden. Eine Öffnung des ExtGFs durch Preisgabe von intimeren Themen als Zeichen des Vertrauens kann ein Entgegenkommen des IntGFs oder einen Rückhalt durch das Team bewirken: „Herr [ Name ExtGF ] hat leider vor fünf Jahren seine Frau durch Krebs verloren; das war eine harte Zeit. Er hat mir das nochmal persönlich gesagt, wie
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wichtig es für ihn war, dass wir in dieser Phase dann zu ihm gestanden und uns um ihn gekümmert haben; (...) das sind dann so Elemente, die uns dann nochmal stärker aneinander gebunden haben“ (Interview 6, Z. 127). In diesen vertrauensbildenden Situationen kann auf die Gratwanderung zwischen distanzierter Begegnung und forcierter Nähe (eine diesbezügliche Ausführung erfolgt in Kap. 5.4.4) verwiesen werden: „[D]as sind die Themen, da lässt man schon (.) bewusst oder unbewusst Nähe zu“ (Interview 15, Z. 116). Schlussendlich kann eine zugelassene Nähe aber eben dieses Bonding der Geschäftsführungskollegen stärken: „[W]ir sind in den letzten zwei, drei Jahren durch manche persönliche Krise durch, aber die haben wir wirklich gut gemeistert; weil wir es auch wollten. Und das schweißt am Ende des Tages zusammen“ (Interview 2, Z. 177). Natürlich sind es nicht nur Krisenereignisse, die zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses beitragen. Auch unbedeutend anmutende Gesten wie das „gesunde Interesse“ am Leben des Geschäftsführungskollegen, beispielsweise ein regelmäßiges Erkundigen nach der Familie, wirkt vertrauensfördernd (Interview 6, Z. 127, 129; Interview 12, Z. 151). Erleichtert wird der Vertrauensaufbau auch durch Gespräche in informellerem Kontext. Zwei Gesprächspartner heben die Bedeutung von regelmäßigen Verabredungen zu langen Spaziergängen respektive Wanderungen hervor. Anders als in Meetings, in denen das getaktete Sprechen im Vordergrund steht, wird der Akt des Kommunizierens beim Spazierengehen nebensächlich. Dies erlaubt Zeit zum Nachdenken, was wiederum eine andere Gesprächstiefe evoziert (Interview 5, Z. 125; Interview 6, Z. 79). Basiselemente • Kompetenzebene: Erfüllung von Vertrauensvorschüssen durch Leistung und Erfolg im Sinne des FUs (kompetenzbasiertes Vertrauen) • Beziehungsebene: Wertschätzung der Leistung durch Anerkennung der Person und Zuwendung (persönliches Vertrauen) Schlüsselpunkte • Stärken eines einzelnen GFs zur Geltung kommen lassen und seinen Wert erkennen • persönliche Entwicklung des Individuums im Teamgefüge • ein IntGF muss Verwundbarkeit zulassen, d. h. sich selbst zurücknehmen können – einem ExtGF Verantwortlichkeiten zugestehen und diesen allein agieren lassen • Reziprozität entsteht über die persönliche Dimension: Interesse, Zeit nehmen, Wertschätzung in Form von positiver Bestätigung, Austausch und Rückhalt bei beruflich oder persönlich belastenden Themen Abbildung 8. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Vertrauen
5.4.4 Kohäsion stärkt die Beziehungsebene und eint das Geschäftsführungsteam Im vorherigen Kapitel wurde herausgearbeitet, wie sich Vertrauen im Geschäftsführungsteam entwickelt. Folgend wird die Ausbildung von Kohäsion im Ab-
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gleich mit der Vertrauensentwicklung dargelegt, um die Unterschiedlichkeit der beiden Konzepte herauszuarbeiten. Wie in Kapitel 4.5 erläutert, liegt der sozialen Kohäsion die interpersonelle Anziehung zwischen den Teammitgliedern zugrunde, während bei der Aufgabenkohäsion das Commitment zur Aufgabe die Basis für die erfolgreiche Zusammenarbeit bildet. Die klassische Teamforschung über Arbeitsteams definiert die soziale Kohäsion als dynamischen Zustand, bei dem ein hohes Gemeinschaftsgefühl, ein gutes Auskommen miteinander und gegenseitiges Mögen sowie freundschaftliche Gefühle herrschen. Die Basis dafür bilden Zuneigung und Sympathie füreinander, wodurch das Engagement für das Unternehmen den gemochten Teammitgliedern zuliebe erfolgt (Carless et al., 2000; Kozlowski et al., 2013). In Kapitel 5.4.1 wurde im Rahmen der Selektion von Fremdmanagement bereits thematisiert, dass eine Ähnlichkeit hinsichtlich der Interessen Sympathie erzeugt und somit die Chancen der Auswahl erhöht. Auch zur Eingliederung in der Zusammenarbeitsphase können gefundene Verbindungspunkte zwischen den Teammitgliedern (Interessen, Erfahrungen, Werte, demografische Kriterien, z. B. Alter o. Ä.) förderlich auf die Beziehungsebene wirken. Ein Fremdgeschäftsführer erzählt im Interview: Ich freue mich richtig auf Montagmorgen; wenn ich hier in die Geschäftsführungsrunde reinkomme und die anderen abklatsche und sage: „Na, die [Fußballverein] haben gewonnen“; es herrscht einfach eine lockere offene Atmosphäre (Interview 2, Z. 131). Auch andere Interviewpartner erwähnen die Bedeutung eines positiven, lockeren Klimas im Team, also gemeinsam lachen zu können (Interview 2, Z. 234; Interview 4, Z. 84; Interview 12, Z. 93) und den „Spaß dabei, als Team zu agieren“ zur effektiven Unternehmensführung zu nutzen (Interview 3, Z. 181). Im Kern drückt das Konstrukt der sozialen Kohäsion also ein Wirgefühl aus. Die Interviewpartner sprechen von einer Teamleistung, die erst durch das Miteinander stark wird, sowie durch die Überzeugung, dass gemeinsam mit den anderen Geschäftsführern mehr erreicht werden kann als allein. „Wir rufen uns gezielt ins Bewusstsein, dass wir besser werden; dann bekommt man einen Rückwärtseffekt der Motivation für das Team. Weil der Einzelne kann das nicht schaffen, das hat jeder verstanden“ (Interview 8, Z. 77). Diese Teamfähigkeit inkludiert auch, mehrere Meinungen gelten zu lassen und die Gemeinsamkeit in den Fokus zu stellen (Interview 4, Z. 151). Dabei kann keine Einzelperspektive des Erfolges herrschen23, sondern es wird die Gemeinschaftsleistung betont, nämlich was im Team erreicht wird für das Unternehmen. Dazu zählt auch, diesen Erfolg entspre23
Der Unterschied zum Vertrauen liegt dabei in der Perspektive bzw. dem Fokus: Vertrauen bildet sich in eine Person aus, folglich wird der Erfolg einer Einzelperson gesehen.
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chend im Team zu feiern (Interview 3, Z. 99; Interview 4, Z. 151; Interview 7, Z. 158– 162; Interview 8, Z. 75; Interview 16, Z. 215). Doch welche Faktoren tragen dazu bei, dass sich ein solch ausgeprägtes Gemeinschaftsgefühl im gemischten Geschäftsführungsteam eines FUs entwickeln kann? Vorab sei erneut auf die Erleichterung der Ausbildung sozialer Kohäsion (im Sinne des „get along well with each other“, vgl. Tekleab et al., 2009) verwiesen, wenn eine menschliche Passung gegeben ist: Wir kommen gut miteinander aus, weil wir eben menschlich zusammenpassen. Es hat aber mal einen Dissens auf der menschlichen Seite gegeben, als mein Sohn mit in der Geschäftsleitung war; alles, was seit Jahren Standard und gut war, war aus seiner Sicht von vorneherein nicht in Ordnung und dementsprechend schlecht war sein Umgangston mit den Mitarbeitern (Interview 11, Z. 35). Das Zitat verweist über die Passung hinaus auf eine höfliche Ausgestaltung des Miteinanders und ein grundlegendes Maß bzw. die Akzeptanz gemeinsamer Richtlinien (s. auch Interview 3, Z. 103). Als Umgangsform bedeutsam ist dabei eine gegenseitige Offenheit und Ehrlichkeit, sowohl vonseiten des IntGFs als auch des ExtGFs. Dazu zählt u. a., seine Teampartner über eigene Absichten und Pläne zu informieren und sich miteinander abzustimmen (z. B. Interview 7, Z. 194, 198). Interviewpartner 13 nennt hierzu das Beispiel: Letztlich war das von ihm [ ExtGF ] ein Vertrauensbeweis, mir zwei Jahre vorher zu sagen: „Hör mal überleg mal wie geht es denn weiter; ich beabsichtige zu gehen und stehe dann nicht mehr zur Verfügung“; der hätte ja auch viel später sagen können, dass er das tut; denn so lang ist seine Kündigungsfrist nicht (Z. 255, 257). Eine Abstimmung der Geschäftsführer beinhaltet nicht nur die Offenlegung von Absichten, sondern auch eine Einbindung der Teamkollegen, wenn es die Situation erfordert. Eigene Eitelkeiten sowie der Wunsch nach Profilierung müssen dabei zurückgestellt werden (Interview 2, Z. 218, 222). Um eine Offenheit im Team zu fördern, ist es entscheidend, aufkeimendes Konkurrenzstreben von vorneherein zu unterbinden, indem Positionen klar besetzt sind: „[K]einer möchte meinen Job machen und ich möchte nicht den Job von irgendwem anderen machen; also das ist eine ganz wichtige Voraussetzung. Wenn man im Team immer Angst haben müsste, irgendeiner möchte meinen Job machen (.), dann wäre das nicht gut“ (Interview 12, Z. 104; s. auch Interview 11, Z. 95; Interview 16, Z. 150). Hilfreich ist auch, Themen nicht in „mein“ und „dein“, sondern als „unsere“ nach Verantwortlichkeit ‚X‘ aufzugliedern, um Neid zu unterbinden (Interview 7, Z. 31–34). Interviewpartner fünf (Z. 101) erklärt zudem, dass es eine Besonderheit in Familienunternehmen ist, den ExtGF zu kommunizieren,
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dass der Karriereaufstieg bis zur Position des IntGF als Vorsitzender begrenzt ist24. Ebenso wenig wird die Profilierung eines Geschäftsführers als Einzelperson über öffentliche Kanäle gelebt, sodass ein kollegialer Führungsstil praktikabler wird (Interview 5, Z. 101). Hiervon zu differenzieren ist die in Kapitel 5.4.3 diskutierte Form des „Sich-Beweisens“ im Rahmen von vertrauensbildenden Prozessen, die für die Verfestigung von Vertrauen in die Kompetenz des Geschäftsführers notwendig ist. Kollegialität anstelle von Alleingängen im Geschäftsführungsteam bedeutet also im Kontext der sozialen Kohäsion, einander zu helfen und an einem Strang zu ziehen, wenn Not am Mann ist (Interview 5, Z. 97; Interview 13, Z. 47–48): Teamwork, Zusammenarbeiten, an einem Strang ziehen, genau wissen, in welche Richtung es geht? (.) [A]ber andersherum auch, wenn irgendetwas nicht läuft und man sieht (.), sowas wird häufig an den Schnittstellen zu einem anderen Geschäftsbereich sichtbar; ja, (.) dass die dann auch den Mut haben auch zu sagen: „Du, pass auf, das geht so nicht, da müssen wir gemeinsam dran arbeiten; ich helf dir; (.) packen wirs an“ (Interview 15, Z. 94). Dazu gehört auch, die angebotene Hilfe zuzulassen und einander nachgeben zu können, also den in der Situation „stärkeren“ Geschäftsführer übernehmen zu lassen. Dabei sei erneut auf den Verzicht auf Eitelkeiten verwiesen (z. B. auf eigenmächtiges Handeln, legitimiert durch die Familienzugehörigkeit, zu pochen oder auf die Überschreitung der eigentlichen Verantwortungsbereiche) und die Einsicht, die Teampartner ihren jeweiligen Stärken entsprechend frei agieren zu lassen (Interview 2, Z. 232): Es gab da schon einen gewissen Wettkampf zwischen uns, wenn es um wichtige Themen ging. Vielleicht hat er mich da auch laufen lassen, weil es ein Vertriebsthema war. Wäre es um Kostenstrukturen gegangen, hätte er sich vielleicht durchgesetzt (Interview 13). „Wer welches Projekt übernimmt, wird auch nach Neigung entschieden, da tritt dann ein Geschäftsführer stärker in den Vordergrund und koordiniert das Thema stärker“ (Interview 6, Z. 21, 37: „wir sind austauschbar“). In Kapitel 5.4.1 wurde bereits eine Kategorie „sich in den jeweiligen Stärken anzuerkennen“ als komplementäre Passung thematisiert. Diese bildet die Grundlage für die Ausbildung sozialer Kohäsion, denn ein gegenseitiges, aufrichtiges Helfen im Sinne des Teamwohls (d. h. ohne Konkurrenzdenken) inkludiert, sich mit Respekt und Akzeptanz gegenüberzutreten (Interview 3, Z. 51; Interview 12, Z. 147). Die Geschäftsführer sollen sich in ihrer Unterschiedlichkeit akzeptieren, denn eben diese Diversität ist die Wurzel der gegenseitigen, erfolgreichen Ergänzung im Team. 24
Ausgenommen hiervon ist eine Nachfolgesituation.
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In Abgrenzung zu der in Kapitel 5.4.3 dargelegten Kategorie „sich bewusst zurücknehmen, um den anderen in seiner Verantwortung zu lassen“ bedeutet die Kategorie „nach Stärken orientiert handeln lassen“, dass der Geschäftsführer mit der stärksten Kompetenz auf einem Gebiet einspringt. Ein bewusstes Zurücknehmen bedeutet dagegen, einen anderen Geschäftsführer agieren zu lassen, auch wenn dieser möglicherweise „schwächer“ ist, um das Vertrauen in diese Person aufzubauen. Das Nachgeben gegenüber dem Stärkeren hingegen heißt für das Gemeinwohl der Entscheidung des Teampartners Vorrang zu geben, wenn dieser sich in einem Thema besser auskennt (Interview 13, Z. 51), oder Entscheidungen nicht verbittert allein zu verfolgen, wenn sich ein gleichberechtigter Teampartner eindeutig dagegenstellt (Interview 11, Z. 75). Ausnahmen hiervon können durch rollenbedingtes Agieren entstehen (vgl. Kap. 5.4.6). Die eingangs erwähnte Definition der sozialen Kohäsion für Arbeitsteams (Tekleab et al., 2009) impliziert eine sehr intime, freundschaftliche Ebene im Team. Für den Teamtypus der vorliegenden Dissertation, gemischte Managementteams in FU, sollte allerdings eine professionellere Arbeitsebene gewahrt werden. In den Gesprächen mit den Interviewpartnern findet sich häufig das Thema des Gleichgewichts zwischen einer angemessenen Nähe und einer professionellen Distanz. Hierfür sollte in der Geschäftsführung zwischen IntGF und ExtGF ein „gesunder Mittelweg“ (Interview 6, Interview 15) gefunden werden. Ein Nähegefühl im Geschäftsführungsteam kann nicht nur über jährlich stattfindende, mehrtägige Teambuilding-Maßnahmen hergestellt werden (Interview 3, Z. 105; Interview 5, Z. 178; Interview 14, Z. 75). Vielmehr wird das Verbundenheitsgefühl über unerwartet stattfindende Ereignisse im informelleren Kontext gestärkt. Interviewpartner berichten davon, dass Geschäftsreisen ohne eine entprechende Notwendigkeit zu zweit unternommen wurden (Interview 14, Z. 22), eine Geschäftsreise um einen Tag verlängert wurde, um gemeinsam etwas zu erleben (Interview 7, Z. 297–301), oder eine Einladung in das eigene Ferienhaus ausgesprochen wurde, um bei einem gemeinsamen Kochabend und Strandspaziergang den Kollegen besser kennenzulernen (Interview 5, Z. 135). Besonders geschätzt werden auch offene, intensive Diskussionen im Zweiergespräch zwischen IntGF und ExtGF, in denen die Meinung und Bewertung des ExtGFs zu einem bestimmten Thema abgerufen wird (Interview 3, Z. 73; Interview 5, Z. 107, 137; Interview 6, Z. 81; Interview 8, Z. 147–149). Ein Interviewpartner beschreibt die Besonderheit von Familienunternehmen, eine Bindung der ExtGF an das Unternehmen über Emotionen in besonderer Art aufzubauen, u. a. durch eine familiäre Atmosphäre im Unternehmen (Interview 15, Z. 66–68), die sich auch auf das gesamte Geschäftsführungsteam auswirken kann (Interview 1, Z. 5). Spezieller ist jedoch die Konsequenz eines starken Nähegefühls, dass sich eine besondere Verbundenheit des ExtGFs zur Person des IntGFs ausprägt:
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In einem tieferen Gespräch hat er mir deutlich gemacht, wenn ich persönlich nicht da gewesen wäre, wäre er heute in einem anderen Unternehmen. Die Wellenlänge zu mir war stärker als zu Herrn [ 2. ExtGF ] und er sagt, wenn er nur mit Herrn [ 2. ExtGF ] zu tun gehabt hätte, dann hätte ihm da was gefehlt (Interview 6, Z. 77). Diese Personenbindung kann zu einer speziellen, persönlichen Ebene führen: Ich würde auch sagen, er ist mehr als nur der externe Geschäftsführer; (.) er hat es auch andersherum mal deutlich gemacht bei seiner Ansprache (.), wir sind auch freundschaftlich verbunden. Sonst kann man das gar nicht so lange miteinander aushalten, (.) diese private Sphäre ist da noch mal wichtig, auf der anderen Seite eine gewisse Distanz; auch keine zu große Nähe (Interview 6, Z. 119). Denn trotz einem in FU stärker ausgeprägten Gefühl der Nähe kann eine „zu persönliche Achse auch hinderlich sein“ (Interview 6, Z. 127; Interview 15, Z. 96). „Obwohl man sich gut versteht, muss man sich gegenseitig auch mal in den Hintern treten dürfen“ (Interview 15, Z. 90), sprich Kritik äußern oder Unangenehmes ansprechen können. Dies fällt in einer professionellen Arbeitsbeziehung leichter als in einer freundschaftlich verbundenen, da persönliche Gefühle ein Hinterfragen erschweren (Interview 17, Zitat 1). In der Literatur zu Kohäsion wird dieses Phänomen des Gruppendenkens häufig beobachtet (Ensley et al., 2002; vgl. Kap. 4.5). Ein Interviewpartner erzählt in diesem Kontext, dass die Geschäftsführung nach einer Phase des „kumpelhaften Dus“ gezielt das gegenseitige Siezen als Mittel zur Distanzwahrung wieder eingeführt hat. Neben einer Botschaft an das Team und die Organisation wird so eine professionelle Außenwirkung und Seriosität erzielt (Interview 6, Z. 117, 119). Eine Verbrüderung innerhalb des Teams ist erwünscht, aber in der Wirkung nach außen hin ist eine professionelle Distanz zu wahren. Gleichzeitig sollte das Geschäftsführungsteam dafür sorgen, von den Mitarbeitern als geschlossene Einheit wahrgenommen zu werden, die „in dieselbe Richtung läuft“ (Interview 7, Z. 315). Dies wird erzielt, indem derselbe Standpunkt kommuniziert wird, ohne sich dabei von Mitarbeitern auseinanderdividieren zu lassen, sowie indem eine Rückdelegation durch Offenheit im Team unterbunden wird: Die versuchen dann auch manche Leute gegenseitig auszubooten, indem sie den einen Geschäftsführer nach einer Genehmigung fragen und bei Nichterteilung zum anderen gehen. Das klappt bei uns nicht, weil wir miteinander reden; und einander fragen: „War der auch schon bei dir?“ (Interview 7, Z. 60–62; weitere Bsp.: Interview 2, Z. 234; Interview 5, Z. 196; Interview 6, Z. 37; Interview 10, Z. 151; Interview 13, Z. 99).
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Als Geschäftsführungseinheit wahrgenommen zu werden inkludiert zudem, dass alle Geschäftsführer nach teaminternen Diskussionen nach außen hin eine einheitliche Entscheidung vertreten: „[W]ir haben den Mitarbeitern gegenüber nie unterschiedliche Entscheidungsmodelle vertreten. Wir haben uns über richtige Schritte respektvoll im Büro gestritten, hinter verschlossener Türe“ (Interview 13, Z. 39). In der Phase der Entscheidungsfindung sollen also verschiedene Meinungen mit dem Ziel, zu einer gemeinsamen Entscheidung zu gelangen und eine Zielkongruenz zu erzeugen, eingebracht werden (Interview 2, Z. 110; Interview 3, Z. 75; Interview 7, Z. 51; Interview 8, Z. 145; Interview 9, Z. 30; Interview 12, Z. 96; Interview 13, Z. 39; Interview 15, Z. 100). Darüber hinaus werden regelmäßig Meetings mit dem gesamten Geschäftsführungsteam angesetzt, um gezielt Raum zu bieten, essenzielle Themen aufzuwerfen und anzusprechen, die ansonsten im täglichen Geschäft untergehen oder sich „verselbstständigt“ haben (Interview 2, Z. 131, 205; Interview 3, Z. 105, 207; Interview 6, Z. 83; Interview 11, Z. 73; Interview 13, Z. 175). Dabei zeichnet sich die Kohäsion im gemischten Geschäftsführungsteam auch darüber aus, dass sich ein ExtGF trauen kann, Themen anzusprechen, auch wenn sie durch den IntGF emotional besetzt sind. Ein offener Meinungsaustausch zwischen IntGF und ExtGF sollte aktiv eingefordert werden: Hinzugehen; gegenüber dem Inhaber, der das vielleicht noch emotional vertritt, impulsiv, ja; (.) dann aufzustehen und zu sagen: „Nein, ich sehe das immer noch anders“ (.) so, und dann wird in der Regel eingeschwenkt oder es wird geschwiegen; (.) Schweigen ist Zustimmung in dem Sinne „am besten sag ich nichts mehr“; und das ist eben so ein Thema, was ich mit offener Kommunikation meine; das beginnt viel schneller und häufiger, als man denkt; und dass ein Fremdgeschäftsführer ganz offen sagen kann, was er denkt; das ist ein (.), in meinen Augen, Gut, das man hegen und pflegen sollte (Interview 9, Z. 209). Die soziale Kohäsion kann zwischen Familienmitgliedern im Geschäftsführungsteam aufgrund der genetischen Nähe und häufigeren Treffen auch außerhalb der Arbeitszeit bereits höher ausgeprägt sein (vgl. Interview 17). Damit einhergehend erfolgt die Kommunikation und Abstimmung innerhalb der Eigentümerfamilie (d. h. innerhalb des Geschäftsführungsteams zwischen zwei IntGF oder zwischen einem IntGF und Gesellschaftern) häufig auf informellem, direktem Wege, beispielsweise am Wochenende oder bei Familienzusammenkünften (Interview 5, Z. 23–25; Interview 16, Z. 123). Für die Aufgabenkohäsion im gesamten Geschäftsführungsteam (d. h. für die gemeinsame Verantwortungs- und Zielübernahme) ist es daher unerlässlich, eine Transparenz in den Informationsfluss und in Entscheidungsprozesse zu bringen. Transparenz bedeutet hier, dass der Weg, wie Entscheidungen zustande kommen, offengelegt ist und Entscheidungen nicht heimlich und unabgesprochen gefällt werden:
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Das ist das Allerwichtigste; gemeinsame Entscheidungen herbeiführen; diskutieren; entscheiden. Nicht im Familienverbund zusammen nachmittags, wenn man sich trifft, Dinge absprechen und das am Montag hinknallen und sagen: „Das haben wir als Familie beschlossen“. Das ist das Wichtigste. Transparenz. Offenheit (Interview 16, Z. 119), in den Geschäftsführungskreis hinein delegieren (Interview 11, Z. 75; weitere Zitatstellen: Interview 4, Z. 80, 147, 152; Interview 14, Z. 29, 52; Interview 16, Z. 114). Besonders kritische Themen sollten mit dem gesamten Vorstandsteam besprochen werden (Interview 2, Z. 110; Interview 4, Z. 133; Interview 9, Z. 75), denn nur, wenn Arbeitsergebnisse und Entscheidungen Einzelner, die für das Team getroffen wurden, transparent gemacht werden, kann das Team diese mittragen und auch für Misserfolge gemeinsam geradestehen, denn „nachher fällt es ja auf alle zurück“ (Interview 4, Z. 152). Neben dem Erzielen einer gemeinsamen Verantwortungsübernahme durch eine transparente Kommunikation, erleichtert eine Sachorientierung im Entscheidungsprozess zudem die gemeinsame Zielorientierung und Konsensbildung. Damit ist gemeint, dass eine getroffene Entscheidung logisch begründet und anhand von „Zahlen, Daten, Fakten“ (Interview 9, Z. 84, 86) nachvollziehbar gemacht und konkretisiert werden kann. Die jeweiligen Beiträge können so auch von Teampartnern sachlich eingefordert werden. Diese Sachorientierung hilft besonders bei der Zusammenführung gegenläufiger Meinungen (Interview 2, Z. 232; interview 4, Z. 78; Interview 5, Z. 242; Interview 9, Z. 60, 84, 109) und der Vorbeugung politisch orientierter oder emotional besetzter Subgruppenbildungen (Interview 4, Z. 25, 41; Interview 5, Z. 240; Interview 6, Z. 119; Interview 9, Z. 30). Basiselemente • interpersonelle Ebene: Zuneigung und Sympathie, Entwicklung eines „Wirgefühls“ (soziale Kohäsion) • Aufgabenebene: Commitment zur Aufgabe, gemeinsame Entscheidungsfindung (Aufgabenkohäsion) Schlüsselpunkte • Schwächen eines GFs durch Stärken der Teamkollegen ausgleichen, gegenseitige Hilfe statt Konkurrenzgefühle • gemeinsame Zielerreichung im Team für die Organisation, Zielkongruenz • nach außen hin einheitliche Entscheidungen vertreten: Team als Einheit • nach innen offener Meinungsaustausch, um Akzeptanz für Entscheidungen und Mitverantwortung zu evozieren • Transparenz und Sachorientierung essenziell für Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz von Entscheidungen Abbildung 9. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Kohäsion
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
5.4.5 Konfliktbewältigung fördert den Teamzusammenhalt und Verbleib im Team Konflikte können die Konsequenz oder ein Ausdruck von Meinungsverschiedenheiten oder Spannungen auf der persönlichen Beziehungsebene sein (vgl. Kap. 4.5). In den Gesprächen mit den Interviewpartnern zeigt sich, dass ein lösungsorientierter Umgang mit Divergenzen essenziell für die langfristige Zusammenarbeit ist. Folgend sollen zunächst Konfliktfelder dargelegt werden, die sich in den Erzählungen der Interviewpartner zeigen. Anschließend soll auf den Umgang mit Konfliktsituationen eingegangen sowie das Verhalten bei Fehlern diskutiert werden. Aufgabenkonflikte Als Konfliktfelder in gemischten Geschäftsführungsteams nennen die Interviewten mehrheitlich solche, die sich unter die Dimension der Aufgabenkonflikte subsumieren lassen. Dazu zählen Differenzen in Auffassungen oder Beurteilungen von „Sachthemen“ (Interview 9, Z. 107; Interview 16, Z. 164) oder hinsichtlich der Auslegung einer visionären Unternehmensentwicklung zwischen Familie und Fremdmanagement („Festhalten an Gewohnheiten vs. Neues wagen“, Interview 4, Z. 65) sowie Uneinigkeiten die Ausführung von Aufgaben oder die Ausübungsweise der eigenen Funktion betreffend (Interview 4, Z. 160). Die Wahrnehmung von fehlender Objektivität in Entscheidungen und eine damit einhergehende empfundene Ungerechtigkeit kann ebenso zu Konflikten in der Umsetzung der getroffenen Entscheidungen führen (Interview 4, Z. 147). Beziehungskonflikte Der Dimension des Beziehungskonflikts lassen sich aus den Erzählungen der Interviewpartner dagegen zwei Hauptgründe zuordnen: eine Extremausprägung im Teamzustand der Kohäsion (vgl. Kap. 5.4.4) sowie eine fehlende menschliche Passung der Geschäftsführer, wobei hier die Beziehungsebene zum IntGF im Fokus steht (vgl. Kap. 5.4.1), oder eine Kombination dieser beiden Ausprägungen. Aus den Erzählungen der Interviewpartner geht hervor, dass eine hohe Ausprägung der sozialen Kohäsion zu einer Subgruppenbildung führen kann, die in einen Beziehungskonflikt mündet. Das bedeutet, dass der Konflikt nicht zwischen zwei Geschäftsführern entsteht, sondern zwischen zwei hoch kohäsiven Subgruppen innerhalb der Geschäftsführung, die auf Basis einer hohen Interessenähnlichkeit (Interview 6, Z. 119–121) oder derselben machtorientierten Ziele entstehen können (Interview 13, Z. 167–169). Dies führt dazu, dass Informationen nicht mit dem gesamten Geschäftsführungsteam geteilt werden. Auch eine Lagerbildung innerhalb der Eigentümerfamilie kann sich bis in die Geschäftsführung auswirken und diese spalten, beispielsweise durch ein ausgeprägtes Stämmebewusstsein, das sich über das Entsenden eines gewählten Geschäftsführers pro Familienstamm in die operative Ebene fortsetzt (Inter-
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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view 10, Z. 5–7, 11; Interview 13, Z. 5–9, 135–139), oder durch ungelöste, emotionale Themen, die in der Geschäftsführung als scheinbare Sachkonflikte ausgefochten werden (Interview 16, Z. 173, 176). Dagegen geht eine geringe Ausprägung der Kohäsion meist mit einer fehlenden Passung der Geschäftsführer zueinander einher, da es zur Entwicklung der sozialen Kohäsion beiträgt, wenn sich die GF ähnlich sind. Durch eine entsprechende Vorselektion kann darauf geachtet werden, dass ähnliche Zielvorstellungen vorherrschen und eine Passung nach charakterlichen Kriterien gegeben ist (Interview 1, Z. 85; ebenso Kap. 5.4.1). Als negative Erfahrung hinsichtlich der Passung und eines daraus resultierenden Beziehungskonflikts führen die Gesprächspartner unpassende Persönlichkeitseigenschaften an. Als Beispiele nennen sie Eigenschaften der Arroganz im Umgang mit den Mitarbeitern (Interview 11, Z. 35, 39–41; Interview 15, Z. 66), eine fehlende Konfliktlösungsbereitschaft (Interview 2, Z. 69) sowie die fehlende Bereitschaft, in die volle Verantwortung zu gehen (Interview 4, Z. 166, 169; Interview 14, Z. 51). Ein wiederkehrendes Thema bildet auch das Feld der Machtauslebung im Rahmen einer ausgeprägten Egozentrik. Diese äußert sich in einem starken Geltungsdrang: die Geschäftsführungskollegen neben sich aus Eitelkeit nicht zulassen zu können (Interview 2, Z. 131; Interview 13, Z. 13, 135, 163) oder aufgrund gegenläufiger politischer Interessen bewusst nicht zulassen zu wollen (Interview 3, Z. 207; Interview 4, Z. 25, 38; Interview 13, Z. 6–9; 12). Dieser Egozentrismus erschwert die Ausbildung einer sozialen Kohäsion – sowie auch der Aufgabenkohäsion (vgl. „Konkurrenzstreben“ Kap. 5.4.4). Für diese ist ein Arbeiten miteinander statt gegeneinander vonnöten: das Teilen von Erfolgen, die Ausprägung eines Wirgefühls, indem die Geschäftsführer einander, sich in ihren Stärken ergänzend, arbeiten lassen (Interview 2, Z. 232), sowie Absprachen über getroffene Entscheidungen, wenn sie zur Voraussetzung der Arbeit der Teamkollegen werden („Querschnittsfunktionen“, Interview 5, Z. 178–180, 188). Eine Besonderheit in gemischten Geschäftsführungsteams ist auch der Fall, dass ein Verhalten des ExtGFs von einem IntGF als unangemessen empfunden wird. Die Besonderheit liegt darin, dass die Bewertung hier nur einseitig durch den IntGF oder die Eigentümerfamilie erfolgt. Diese Verhaltensbeurteilung kann in einem Beziehungskonflikt münden, wenn durch eine längere Zusammenarbeit und mehrfaches Fehlverhalten unpassende Persönlichkeitseigenschaften sichtbar werden. Ein familieninterner Geschäftsführer erzählt, dass sich das Geschäftsführungsteam nach Jahren der guten Zusammenarbeit von einem der zwei ExtGF trennten, da dieser wiederholt gravierende Entscheidungen im Alleingang getroffen hatte. Per Offenheit und gemeinsamer Abstimmung konnten Unstimmigkeiten aufgedeckt werden (z. B. in den Bilanzen bei einem Sanierungsfall, die dem ExtGF nicht aufgefallen waren). Das Ausarten von einem Sach- in einen Beziehungskonflikt entstand durch die fehlende Einsicht des be-
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
troffenen ExtGFs, einen Fehler begangen zu haben, und der Sturheit, sich nicht vor den Gesellschaftern entschuldigen zu wollen. Das Einfühlungsvermögen in die Familie, das fehlt einfach; wenn man einen Fehler begangen hat, muss man auch eine gewisse Betroffenheit zeigen und sich entschuldigen können (.) ein Externer muss in seinem Auftreten hoch flexibel sein, um sich an die unberechenbare Familie anzupassen und eine hohe Frustrationstoleranz aufweisen (Interview 17). Dieser Fall zeigt, dass eine anfänglich existierende soziale Kohäsion im Geschäftsführungsteam durch kontinuierliche Erschütterung von Vertrauensvorschüssen einer Partei gegenüber aufgelöst werden kann. Essenziell für den Verbleib im Team und die Vermeidung von Beziehungskonflikten ist folglich eine Sensibilität für den Kontext des FUs (= Kontextsensitivität) und die Erwartungen der Eigentümerfamilie sowie ein damit verbundenes Rollenverständnis. Unabhängig von der Ursache der beschriebenen Beziehungskonflikte ist allen Fällen die Konsequenz gemein: Eine der Konfliktparteien musste das Geschäftsführungsteam verlassen, d. h. es folgt eine (Teil-)Auflösung der aktuellen Teamzusammensetzung. Somit lässt sich schlussfolgern, dass im Falle eines wiederholten Verhaltens eines ExtGFs, das vonseiten der IntGF oder der Eigentümerfamilie als unangemessen empfunden wird (dies entspricht dem Ausreifen eines Beziehungskonflikts eines ExtGFs mit dem – meist vorsitzenden – IntGF oder einem weiteren IntGF), der Verbleib des ExtGFs im Team unwahrscheinlich ist. An dieser Stelle kann auch auf die Kapitel 5.4.1 und 5.4.2 verwiesen werden, denn meist ist die Passung des ExtGFs zum IntGF, nicht andersherum, oder zum Gesamtteam maßgeblich. Ob ein Beziehungskonflikt entsteht, ist also stark von der Wahrnehmung einer Verhaltensangemessenheit seitens des IntGFs und der Eigentümerfamilie geleitet. Entsprechend wird in den Interviewerzählungen eher der Umgang mit Situationen thematisiert, die der Dimension des Aufgabenkonflikts zuzuschreiben sind. Diese Umgangsformen sollen im Folgenden dargelegt werden. Umgang mit Konflikten: offene, konstruktive Streitkultur In Kapitel 5.4.1 wurde bereits das Vorhandensein einer Konfliktbereitschaft als zentrales Merkmal, das gleichermaßen für einen familieninternen als auch für einen externen Geschäftsführers gilt, thematisiert, denn „Führung bedeutet, Konflikte einzugehen“ (Interview 4; Interview 5). „Sich für etwas zu entscheiden, bedeutet gleichzeitig, sich gegen etwas anderes zu entscheiden; somit verliert immer eine Partei“ (Interview 4). Um durch das Treffen von Entscheidungen keinen Beziehungskonflikt im Geschäftsführungsteam zu evozieren, muss ein Klima geschaffen werden, welches das Austragen von Konflikten durch offene Diskussionen zwischen den Geschäftsführungskollegen ermöglicht. Förderlich wirkt ein partnerschaftliches Vertrauensverhältnis zwischen den Teammitgliedern, das Kritik zulässt, sowie das offene Thematisieren
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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von Problemen (vgl. auch Kap. 5.4.3). Ein Interviewpartner bezeichnet dieses Klima als „vertrauensvolle Streitkultur“, in der „positives Schwarzsehen betrieben wird“ (Interview 15, Z. 157). Ein anderer Gesprächspartner spricht von dem Implizieren einer „konstruktiven Streitkultur“ (Interview 4). Dabei soll, geleitet durch den IntGF (vgl. Kap. 5.4.6), „das Team zusammengeführt und eine, der Sache gerechten Entscheidung getroffen werden; im Miteinander mit den Kollegen, im fruchtbaren Streit“ (Interview 4, Z. 78). Diese Sachorientierung benötigt das von „Fakten“ geleitete Vortragen von Informationen (Interview 9, Z. 86; vgl. Kap. 5.4.4). Auf dieser Basis kann die Frage geschärft werden, worum es im Kern geht. Dieser Fokus auf den Sachverhalt sollte im Verlauf der Diskussionen nicht aus den Augen verloren werden. Gleichzeitig sollte zur Einigung ins Bewusstsein gerufen werden, dass alle Teammitglieder an derselben Angelegenheit arbeiten und das Vorankommen sowie positive Entwickeln der Gruppe von Interesse ist (Interview 6, Z. 53; Interview 10, Z. 21). Für das Funktionieren dieser offenen, partizipativ angelegten Streitkultur ist es essenziell, dass sich der Teamleiter, in den Interviewfällen der IntGF (als informell oder formell legitimierter Leiter des GF-Teams des FUs), nicht einseitig überzeugen lässt. Er sollte verschiedenartige Perspektiven gemeinsam wertschätzend evaluieren bzw., im konstruktiven Streit, alle beteiligten „Streitparteien“ anhören (Interview 4, Z. 80; Interview 15, Z. 90–94). Ein offenes miteinander Reden inkludiert auch, eine schlechte Leistung oder begangene Fehler des Geschäftsführungskollegen offen anzusprechen, indem die Hintergründe und Motive des Verhaltens erfragt werden, statt den Kollegen schlecht aussehen zu lassen (Interview 1, Z. 50; Interview 4, Z. 74–76, 86; Interview 7, Z. 55, 63; Interview 8, Z. 145). Gleichfalls sollten Konfliktsituationen evaluiert werden, um ein erneutes Auftreten in ähnlichen Situationen frühzeitig erkennen zu können und eine Lösung(sfindung) einzuleiten (Interview 5, Z. 178; Interview 15, Z. 94; weitere Ausführungen in Kap. 5.4.6). Um solch eine konstruktive Konflikt-Kultur zu etablieren, müssen alle Geschäftsführer ihren Beitrag zum Umgang miteinander leisten, wenn Konfliktsituationen vorliegen. Eine Lösung zu finden, die von allen getragen wird, kann ein zeitintensives Unterfangen sein. Durchhaltevermögen und das Bemühen um eine Lösung sind dafür unerlässlich (Interview 5, Z. 152–156; Interview 6, Z. 53; Interview 9, Z. 98). Damit einhergehende Frustrationen müssen toleriert und verarbeitet werden (Interview 5, Z. 152; Interview 9, Z. 68). Dabei sollte es erlaubt sein, im Konflikt aufkeimende Emotionen (z. B. durch ein Anheben der Lautstärke) zu zeigen, aber nicht, diese persönlich werden zu lassen. Am Ende sollte das Austragen oder „Leben“ des Konflikts (sowie ein „Aussprechen“, Interview 9, Z. 131) als richtiger Weg für die weitere Zusammenarbeit beurteilt werden (Interview 1, Z. 42, 50, 56; Interview 4, Z. 79; Interview 9, Z. 173). In hitzigen Diskussionen kann es hilfreich sein, die Sitzung zu unterbrechen, um mithilfe von Abstand einen klaren Kopf wiederzuerlangen (Interview 9, Z. 107; Interview 15, Z. 94), ebenso wie das Hinzuziehen eines neutralen
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Moderators (Interview 2, Z. 131). „Es geht eben darum, sich zusammenzuraufen wie in einer guten Ehe“ (Interview 1, Z. 50). Dazu gehört auch, „die Größe zu haben, um zu sagen: ‚Sorry, Leute, ich bin da gestern ein bisschen emotional geworden‘“ (Interview 4, Z. 79; s. auch Interview 7, Z. 55). Eine gemeinsame Lösung zu finden, bedeutet zudem, „fünfe gerade sein zu lassen“ (Interview 9, Z. 98). Damit ist gemeint, von der eigenen Meinung abrücken und dem Teampartner Recht zusprechen zu können (Interview 4, Z. 60; Interview 6, Z. 53). Darüber hinaus ist die Bereitschaft der Geschäftsführer hilfreich, sich auf Kompromisse einzulassen (Interview 6, Z. 53; Interview 9, Z. 98, 109, 221; Negativfall: Interview 13, Z. 129–131). Ein Interviewpartner hebt zu divergierenden Positionen in seinem Team die Möglichkeit hervor, Mittelwege durch kreatives, weitreichenderes Denken (Interview 6, Z. 55) und die Neuanordnung von Zielen zu schaffen: „Ziel ist es, sich davon zu lösen und zu fragen: ‚Gibt es nicht übergeordnet ein ganz anderes Ziel, auf das man noch zusteuern kann‘, dass sich nicht beide um 180°, sondern nur um 90° drehen müssen“ (Interview 6, Z. 53). Eine weitere Metapher bedient der neunte Interviewpartner: „[M]an kann nicht eben schwarz oder weiß fahren, sondern man muss halt auch mal grau zulassen und muss Möglichkeiten austarieren“ (Z. 98). Kompromisse können auf Dauer auch nervenaufreibend sein, wenn dadurch die Freiheit zu gestalten fehlt (Interview 4, Z. 96). Von wesentlicher Bedeutung ist, dass die Kompromisse so ausfallen, dass sie durch alle mitgestaltet und infolgedessen mitgetragen werden (Interview 5, Z. 242), also eine Mitverantwortung für gemeinsam getroffene Entscheidungen besteht („‘du hast ja gemacht‘ verhindern“, Interview 4, Z. 83). Ob alleinig oder gemeinsam, die Geschäftsführer sollten zu getroffenen Entscheidungen mitsamt den auftretenden Konsequenzen stehen und diese nicht auf andere abwälzen (Interview 2, Z. 222; Interview 4, Z. 82). Ein Interviewpartner schlägt für die Situation, selbst zurückstecken zu müssen, vor, die Beurteilung dieser Situation ins Positive zu kehren: „[I]ch kann daraus auch von meinen Kollegen lernen, wie man auf anderem Wege das Ziel erreicht“ (Interview 9, Z. 98). Den Konfliktumgang als Lernprozess zu betrachten erfordert, die beidseitige Wahrnehmung der Situation zu reflektieren, um das Handeln des Teampartners nachzuvollziehen und dessen Motive zu verstehen (Interview 4, Z. 86; Interview 8, Z. 145). Auf dieser Basis können sich beide Parteien aufeinander zu bewegen. Hierzu kann die Situation eines Interviewpartners angeführt werden, der vonseiten seines Geschäftsführungskollegen den Vorwurf bekam, er habe Informationen unterschlagen, um die Entscheidung allein zu treffen. Dabei war anstelle der unterstellten Absicht die Notwendigkeit eines schnellen Handelns sowie die Fülle an Parallelprojekten die Ursache für die fehlende Informationsweitergabe (Interview 17). In einem anderen Fall fühlte sich ein ExtGF von der Entscheidungsfindung zweier IntGF ausgeschlossen und führte dies auf die Familienzugehörigkeit beider Parteien zurück. Der Grund war jedoch ein
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Austausch auf Basis von spezifischem Fachwissen als gezielte Stärkennutzung (Interview 4, Z. 147). Diese Beispiele veranschaulichen, dass Ehrlichkeit bzw. Aufrichtigkeit und Souveränität unter den Teamkollegen notwendig sind, um jene Themen offen anzusprechen, die als störend empfunden werden (im Beispiel: das Empfinden, übergangen zu werden). Probleme „in der Schublade schwelen zu lassen“ (Interview 3, Z. 85), kann hingegen eine Zuspitzung des Konfliktes evozieren (Interview 9, Z. 197). Zur Konfliktlösung tragen im Rahmen der Situationsklärung das Zeigen von Toleranz („ich kenne jetzt die Gründe, es ist okay, dass du so gehandelt hast“, vgl. Interview 17) und die Fähigkeit zu vergeben bei. Umgang mit Fehlern: tolerante Fehlerkultur In den dargelegten Umgangsformen in Konfliktsituationen finden sich bereits erste Hinweise darauf, wie mit dem Fehlverhalten von Geschäftsführungskollegen verfahren werden sollte. Die Basis bildet das (Vor-)Leben einer auf Offenheit und Toleranz beruhenden Fehlerkultur (Interview 4, Z. 149). Dem liegt die Erkenntnis zugrunde, dass dem Eingehen eines unternehmerischen Risikos automatisch das Scheitern als möglicher Ausgang inhärent ist (Interview 1, Z. 11; Interview 8, Z. 99; Interview 10, Z. 249). „Die Kunst besteht darin, dass Sie rechtzeitig damit aufhören und erkennen, dass dieser Weg ein Irrweg ist“ (Interview 8, Z. 99). Diese Erkenntnis, sich geirrt zu haben, muss den Geschäftsführungskollegen im Folgeschritt offen und vor allem aus eigenem Antrieb kommuniziert werden (Interview 7, Z. 26; Interview 10, Z. 249). Dazu braucht es ein ehrliches Verhältnis der Geschäftsführer zueinander: „Ein Teamkollege muss zu mir kommen und sagen: ‚Fehler X ist passiert‘. Oder: ‚Es gibt Problem Y‘. Das funktioniert aber nur, wenn derjenige keine Sorge haben muss, den Kopf abgerissen zu bekommen“ (Interview 15, Z. 104, s. auch Interview 1, Z. 11, Interview 7, Z. 26). Ein IntGF sollte sich in der Position als Vorsitzender der GF von der klassischen FU-Struktur mit erhabener Eigentümerposition lösen können (in dem Sinne von „der Eigentümer hat Recht, Regel Nummer eins“) und dem ExtGF-Kollegen auf Augenhöhe Gehör verschaffen und darüber Sicherheit geben (Interview 2, Z. 100). Ein solches Verhältnis benötigt andererseits auch das Signalisieren einer Lernwilligkeit seitens des ExtGFs. Diese ist zentral für die Prävention einer Wiederholung desselben Fehlers (Interview 4, Z. 149; Interview 15, Z. 104). Gleichzeitig evoziert der Wille, aus Fehlern zu lernen, ein Gefühl der Sicherheit beim IntGF, nicht erneut enttäuscht zu werden, und aktiviert dadurch seine Fähigkeit, erneutes Vertrauen in die Person des ExtGFs fassen zu können (Interview 2, Z. 112; Interview 7, Z. 26). Die Etablierung einer toleranten Fehlerkultur benötigt das Vorleben von Toleranz einerseits, von Rückgrat andererseits. Somit sollte das Zugeben von Fehlern keine Einbahnstraße für ExtGF sein: Auch ein IntGF sollte eigene Fehler vor seinen Teampartnern zugeben können (Interview 2, Z. 112; Interview 16, Z. 251):
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Das ist nicht einfach, Fehler einzugestehen, gerade als Familienunternehmer; aber wenn ich feststelle, dass es nicht seine Schuld [ ExtGF ] war, sondern ich [ IntGF ] das falsch interpretiert habe (.), da muss ich auch einfach mal sagen (.): „Es tut mir leid, war mein Fehler“ (Interview 9, Z. 203). Wenn ein Fehler oder Problem nicht aus eigenem Antrieb angesprochen wird, dann ist es die Aufgabe des IntGFs, das Gespräch aufzunehmen (Interview 2, Z. 222). Dabei sollte der Verantwortliche nicht vor dem gesamten GF-Team bloßgestellt werden, sondern es sollte in einem Vieraugengespräch ergründet werden, was in der jeweiligen Situation schief gelaufen ist (Interview 3, Z. 81; Interview 4, Z. 89–91; Interview 7, Z. 56–58; Interview 16, Z. 251). Fehlertoleranz und Lernwilligkeit sind zwar bedeutende Schlüsselwörter zur Konfliktbewältigung, wenn sich allerdings dieselben Fehler häufen, sollten zum Wohl der Teameffektivität entsprechende Konsequenzen gezogen werden (Interview 2, Z. 222; Interview 4, Z. 149; Interview 9, Z. 197; Interview 16, Z. 251). Das kann eine Kündigung des Verursachers dieser Fehler bedeuten, um eine Stringenz im Handeln zu signalisieren (Interview 3, Z. 181; Interview 15, Z. 104). Einmal entschieden und kommuniziert, sollte kein Rückzieher gemacht werden, um die eigene Glaubwürdigkeit zu erhalten (Interview 4, Z. 149; Interview 9, Z. 197; Interview 13, Z. 211). Reflexion und Feedbackverhalten Sowohl im Hinblick auf den Umgang mit Fehlern als auch mit einem daraus oder aus Meinungsverschiedenheiten erwachsenden Konflikt wirkt eine regelmäßige Reflexion von Arbeitsprozessen im Team förderlich. Im Geschäftsführungsteam sollte bewusst Raum für Gespräche geschaffen werden, um sich über positive und negative Entwicklungen in den jeweiligen Verantwortungsbereichen auszutauschen (Interview 6, Z. 77). In diesem Zuge sollte eine regelmäßige Überprüfung stattfinden, ob der eingeschlagene Kurs nach wie vor richtig ist oder nachjustiert werden sollte (Interview 8, Z. 145, 151; Interview 15, Z. 100). Dabei sollten IntGF und ExtGF gleichermaßen auf mögliche Fehlentwicklungen hinweisen können (Interview 8, Z. 147–149). Überdies sollten nicht nur Unternehmensinhalte besprochen werden, sondern ebenso das Team in seiner Zusammenarbeitsweise hinterfragt und Optimierungspotenziale diskutiert werden (Interview 4, Z. 151). Die Initiierung solcher Reviewgespräche geht dabei, nach Erzählungen der Interviewpartner, vom IntGF aus (Interview 2, Z. 226; Interview 3, Z. 73; Interview 5, Z. 107, 127)25. Zu unterscheiden ist das Zusammenkommen im gesamten Team zur Evaluierung der Teamperformance und -entwicklung von den
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An dieser Stelle ist kritisch anzumerken, dass diese IntGF ausnahmslos die Rolle des Vorsitzenden innehatten.
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Treffen zwischen zwei Geschäftsführern, die stärker als persönliche Feedbackgespräche konzipiert werden: Wir haben heute Abend zu zweit ein Kollegengespräch [ IntGF Vorstandsvorsitzender und ExtGF Personalvorstand ]; bei einem netten Abendessen mit einem Glas Wein. Darauf sind wir beide sehr gut vorbereitet mit langen Listen, was uns an dem anderen aufgefallen ist, beispielsweise über Reaktionsweisen des anderen (Interview 16, Z. 251). Für solche beidseitig ausgerichteten Feedbackgespräche bedarf es einer gut ausgeprägten Kritikfähigkeit der Geschäftsführer (vgl. in Kap. 5.4.1 angesprochen: Kritikfähigkeit & Passung; und Kap. 5.4.4 soziale Kohäsion: Kritik äußern zu dürfen, verhindert Groupthink). Diese beinhaltet zum einen, sich selbst hinterfragen zu können (Interview 2, Z. 110; Interview 4, Z. 87, 93), sowie zum anderen, gewillt zu sein, den Geschäftsführungskollegen zuzuhören und deren Kritik zum Anlass für Veränderung zu nehmen (Interview 3, Z. 105, 199; Interview 13, Z. 56). Feedback sollte von den Teampartnern aktiv eingefordert werden (Interview 3, Z. 191) und als Feedbackkultur implementiert werden (Interview 3, Z. 199). Dies impliziert das Vorleben selbstkritischen Verhaltens seitens des IntGFs (Interview 4, Z. 88, 93; Interview 9, Z. 60; Interview 10, Z. 251). Die per Familienzugehörigkeit verliehene Sonderstellung sollte hier nicht ausgespielt werden, sondern es sollte gezielt eine starke Geschäftsführung aufgestellt werden, in der die ExtGF ihre Meinung offen vertreten (Interview 5, Z. 164; Interview 9, Z. 12, 60; Interview 15, Z. 90, 96; vgl. auch Passungskapitel: „starke Persönlichkeiten suchen und wollen“, Interview 4, Z. 176, 232; „starke Charaktere als Gegenpol“, Interview 9, Z. 12) und dem IntGF einen „Spiegel vorhalten“ können (Interview 1, Z. 119). Diese gemeinsame Feedbackkultur führt auch zu dem Willen, voneinander zu lernen – d. h. nicht nur aus Fehlern lernen zu wollen, sondern auch gemeinsam lernen zu wollen. „Damit ist nicht gemeint, den Kollegen reinzureden; aber wir wollen uns eng miteinander abstimmen und wir wollen voneinander lernen und gemeinsam neue Inhalte finden; da haben alle Spaß dran“ (Interview 4, Z. 96; „gegenseitig befruchten“, Interview 9, Z. 12; „gemeinsam voneinander lernen aus Erfahrung“, Z. 60). An dieser Stelle ist auf die in Kap. 5.4.1 erläuterte komplementäre Passung hinzuweisen, die den Prozess des gegenseitigen Lernens auf der Basis von unterschiedlichen Persönlichkeiten (Interview 2, Z. 232; Interview 7, Z. 72–74; Interview 9, Z. 80–82; Interview 13, Z. 48–50), Erfahrungshintergründen (Interview 4, Z. 86; Interview 9, Z. 60; Interview 10, Z. 225–227) oder Kompetenzen (Interview 1, Z. 42, 44; Interview 2, Z. 63; Interview 6, Z. 21, 25, 41; Interview 12, Z. 140–143; Interview 14) anregt. Ebenso kann an dieser Stelle die Brücke zu den Kapiteln 5.4.3, Vertrauen, und 5.4.4, Kohäsion, geschlagen werden, da diese beiden Teamzustände durch das Implementieren einer toleranten Fehler- und Feedbackkultur positiv beeinflusst werden können. Im Rahmen von
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persönlichem Vertrauen findet eher Wertschätzung in Form von Lob, also positiver Bestätigung (entspricht positivem Feedback in kleinem Kreis), statt. Vertrauen steigert die Offenheit, um emotional besetzte Themen zulassen zu können. Im Kontext der Kohäsion kann durch eine entprechende Fehler- und Feedbackkultur ein offenerer Meinungsaustausch gefördert werden (im großen Kreis) und die Bereitschaft, die Stärken und Schwächen der einzelnen Teammitglieder zu evaluieren, um sich für das Team als Gemeinschaft bestmöglich zu ergänzen und die Aufgabenkohäsion zu steigern. Basiselemente des Konflikts • Differenzen in Perspektiven, z. B. in Meinungen bezüglich der Umsetzung von Entscheidungen oder der Auslebung der eigenen Funktion (Aufgabenkonflikt) • zwischenmenschliche Inkompatibilität aufgrund von Dissens in Interessen, Machtorientierung, Persönlichkeitseigenschaften (Beziehungskonflikt) Schlüsselpunkte von Konflikten • Entstehung von Beziehungskonflikten ist abhängig vom Bewertungsmaßstab bzw. von der Wahrnehmung eines IntGFs oder der Eigentümerfamilie: Evaluation der Frage „war das Verhalten des ExtGFs angemessen?“ • Inkompatibilität in Persönlichkeitseigenschaften erschwert die Ausbildung von Kohäsion, da kein Miteinander entsteht • kontinuierliches Fehlverhalten eines ExtGFs führt zur Erschütterung von geschenktem Vertrauen(svorschuss), Konsequenz: kein Verbleib im Team Schlüsselpunkte zum Umgang mit Konflikten • offene, konstruktive Streitkultur implementieren; Bereitschaft zu Kompromissen • bei begangenen Fehlern Motive ergründen und Toleranz zeigen, Lernwilligkeit signalisieren • regelmäßiges Reflektieren über Arbeitsprozesse im Team und Feedback in Einzelgesprächen fördert die gegenseitige Offenheit; Kritikfähigkeit ist erwünscht (selbstkritisches Hinterfragen und Zuhören) • Vorleben obiger Punkte durch den IntGF essenziell für ein Gefühl der „Sicherheit“ eines ExtGFs, offen mit begangenen Fehlern oder Kritik umgehen zu dürfen Abbildung 10. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Konflikt und Konfliktmanagement
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5.4.6 Die Rollengestaltung im Geschäftsführungsteam Die betriebswirtschaftliche Betrachtung von Rollen legt den Fokus auf die Ausfüllung von Funktionen und die Übertragung von Verantwortungsbereichen (Hiebl, 2013). Die Interviewpartner erzählen konform mit der Literatur, dass diese der Kompetenz entsprechend klar abgegrenzt und angepasst sein sollten (Interview 2, Z. 222; Interview 5, Z. 75; Interview 11, Z. 73: „dem anderen nicht rein regieren“; Interview 13, Z. 272–274). Zudem findet sich die Rolle des Finanzexperten bei den befragten Unternehmen häufig in der Hand des ExtGFs (z. B. Interview 3, Z. 71; Interview 6; Interview 13, Z. 44). Der IntGF übernimmt dagegen über sein eigentliches Aufgabenfeld hinausgehende Verantwortungen: besonders für die Unternehmenskultur und entwicklung (Interview 2, Z. 110, 222; Interview 5, Z. 121; Interview 7, Z. 13; Interview 8, Z. 63 u. a. m.), die Unternehmensrepräsentation (Interview 8, Z. 37; Interview 5, Z. 115; Interview 15, Z. 130) sowie die Nachfolgeplanung (Interview 2, Z. 164). Der Fokus der vorliegenden Forschungsarbeit soll aber auf einer soziologischen Betrachtung von Rollen liegen, die durch die Erwartungen aus der Umwelt entstehen (vgl. Kap. 4.1.3). Durch aufeinandertreffende Erwartungshaltungen der Eigentümerfamilie, des operativ tätigen IntGFs und des ExtGFs erlangt diese Art des produzierten Rollenverständnisses eine besondere Relevanz für die entstehenden Teamdynamiken. Zunächst werden die in den Erzählungen gefundenen Rollen eines ExtGFs dargelegt und im Anschluss daran jene des IntGFs. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass aufgrund der hohen Anzahl von IntGF als Interviewpartner ein stärkerer Fokus auf dessen Rollen liegt. Diese werden in ihrem Zusammenwirken mit dynamischen Teamzuständen parallel zu diesen erläutert. Rollen des ExtGFs In der vorliegenden Stichprobe findet sich für den Fremdgeschäftsführer überwiegend die Rolle des Fachexperten und Beraters. Da ein häufiger Grund für die Implementierung von Fremdmanagement in Familienunternehmen in der Wissenserweiterung liegt (vgl. Kap. 2), wird vom ExtGF in seiner Expertenfunktion erwartet, dass er als objektive, neutrale Instanz zum Unternehmenswohl handelt. Seine Kompetenz verleiht seiner Meinung das nötige Gewicht, um Gehör zu finden. Dabei muss die beratende Rolle des ExtGFs nach den beiden Umwelten der Familie und des Geschäftsführungsteams differenziert werden. Vor der Eigentümerfamilie nimmt er die Position des rein betriebswirtschaftlichen Beraters ein. Ein wesentliches Attribut liegt in seiner Exklusion aus dem System Familie. Somit unterliegt er nicht, wie der IntGF, einer emotionalen Verantwortung Familienthemen gegenüber (Interview 2, Z. 184; Interview 7, Z. 9–11) und fungiert als unbefangenener Ansprechpartner, der die Rechte aller gleichermaßen vertreten sollte (Interview 4, Z. 187; Interview 16, Z. 235). Der ExtGF kann mithilfe seiner Neutralität und seines Expertenwissens heikle Themen
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sachlicher vor der Familie darlegen als der IntGF, beispielsweise das Zustandekommen der Festlegung auf einen bestimmten Ausschüttungsbetrag aus Unternehmenssicht (Interview 1, Z. 101; Interview 3, Z. 69). Die Geschäftsführung sollte bei zustimmungspflichtigen Geschäften der Familie gemeinsam ein schlüssiges Konzept vorlegen, um als Team mit Einheit zu überzeugen (Interview 9, Z. 30–32, 38). Hier macht sich ein Team mit hoher Kohäsion bezahlt, um ein Vertrauen in das Geschäftsführungsteam durch die Gesellschafter zu erzeugen (vgl. Kap. 5.4.3). Ein Berater der Eigentümerfamilie zu sein beinhaltet auch, das Anrecht eines Anteilseigners auf regelmäßigen Austausch/auf sein Informationsrecht zu akzeptieren und darüber die Beziehung zur Familie herzustellen (Interview 7, Z. 123, 127). Das bedeutet, über ein Standard-Reporting hinaus, freiwillig Frage und Antwort zu stehen und miteinander zu reden (Interview 7, Z. 117, 131). Dies fördert wiederum das Vertrauen der Gesellschafter in die Führungsriege (Interview 7, Z. 13). Eine Erweiterung dieser Rolle findet sich auf der Beziehungsebene zum IntGF. Im Geschäftsführungsteam fungiert der ExtGF als partnerschaftlicher Berater. Zwar bildet auch für diese Rolle das Expertenwissen des ExtGFs zunächst die Basis. Die intensive Interaktion miteinander hebt die Beraterrolle jedoch auf eine höhere Ebene: Es wird ein verlässlicher Sparringspartner gesucht, mit dem ein Austausch auf Augenhöhe (Interview 3, Z. 187; Interview 6, Z. 21; Interview 8, Z. 101) sowie ein Lernen voneinander (Interview 9, Z. 100) möglich ist und der dem IntGF „den Spiegel vorhalten kann“ (Interview 6, Z. 69) (vgl. auch Kap. 5.4.5 und 5.4.4). Ein ExtGF kann zudem bei fehlender Ansprache innerhalb der Familie ein bedeutender Partner für die Unternehmensentwicklung sein: Herr [ Name IntGF ] hatte unter den Gesellschaftern nicht den richtigen Gesprächspartner; auch nicht unter den Prokuristen im Unternehmen. Von daher war ich die Brücke und der Partner, den er lange suchte; der Partner, der sich für die Strategiefrage Internationalisierung an seiner Seite engagiert (Interview 14, Z. 58). Die Ausgestaltung der Rolle des ExtGFs kann sich im Verlauf der gemeinsamen Zusammenarbeit verändern. Durch eine Intensivierung der Beziehung und die Ausprägung einer großen Nähe zum Senior kann ein ExtGF auch in die Rolle des Unternehmensfortführers hineinwachsen. Bei den Interviews der Stichprobe ist diese Rollentransformation im Falle von fehlendem (Interview 1; Interview 14) oder ungeeignetem (Interview 11) Nachwuchs aus der Familie beobachtbar. Das partnerschaftliche Verhältnis zum IntGF bleibt dabei auch im Ruhestand des Letzteren erhalten und wirkt in die neue Zusammensetzung des Geschäftsführungsteams hinein. Da der Fokus der vorliegenden Arbeit auf gemischten GF-Teams in FU liegt, wird dieser Fall nicht weiter ausgeführt. Festzuhalten bleibt, dass aus anfänglich stärker nutzenorientierten Überle-
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gungen des ExtGFs, die GF-Position anzutreten (Interview 14: Anteilsforderungen und eine „Win-win-Situation“ im Arbeitsverhältnis), durch den Aufbau von gegenseitigem Vertrauen und einer hohen sozialen Kohäsion mit dem IntGF, eine partizipativ orientierte Zusammenarbeit entstehen kann. Erzählungen der Interviewpartner sieben und 13 unterstreichen die Bedeutung davon, der Entwicklung von Vertrauen Zeit zu geben (s. auch Interview 6, Z. 39, 43; Interview 7, Z. 36). Der IntGF sollte sich dabei nicht rein von einem überzeugenden Auftreten des ExtGFs und daraus resultierenden Emotionen der Begeisterung leiten lassen (Interview 7, Z. 219–225), denn „Vertrauen muss man sich über die Zeit erarbeiten“ (Interview 11, Z. 109), ebenso wie mit der Zeit gelernt werden kann, was dem Teampartner wichtig ist (= Ausprägung einer Kontextsensitivität). Zudem sollte auf die Erwiderung von Zuneigungsgefühlen geachtet werden, denn eine vorgespielte Aufrichtigkeit kann zu Illoyalität führen (Interview 13, Z. 24, 31, 197–203). Die Rollengestaltung seitens des ExtGFs als Partner der Eigentümerfamilie ist gegenüber jener im Geschäftsführungsteam stärker kompetenz- und leistungsorientiert. Vor den Gesellschaftern tragen die Erfolge als sichtbarstes Kriterium der Leistung des ExtGFs besonders dazu bei, dass sich ein Vertrauen in seine Person ausprägt. Allerdings ist die Beständigkeit dieser Vertrauensdimension u. U. geringer, denn solange ein GF Erfolg hat, indem „es sich bewährt, was er tut“ (Interview 13, Z. 92), fällt es leicht zu vertrauen, da der Glaube an die Person noch nie enttäuscht wurde (Interview 2, Z. 47; Interview 4, Z. 44; Interview 6, Z. 43). Innerhalb des Geschäftsführungsteams ist daher die persönliche Komponente von Vertrauen ein bedeutender Faktor für die Stabilität der Beziehungsebene. Sie führt dazu, dass dem Menschen des ExtGFs vertraut wird („er ist verlässlich“) und nicht allein seiner Leistung (Interview 3; Interview 6, Z. 21). Die persönliche Vertrauensdimension ermöglicht durch die Etablierung einer verständnisvollen Umgangsform/-kultur miteinander das Zulassen von emotionalen Schwächen (z. B. durch schwierige Lebensphasen, vgl. Kap. 5.4.3), die eine Erklärung für eine schwächelnde Leistung liefern können. Gleichzeitig sind die Geschäftsführer als Teamkollegen im Gemeinschaftsgedanken miteinander verbunden und können einander durch den Ansatz der Komplementarität ausgleichen (soziale Kohäsion, vgl. Kap. 5.4.4). Somit bietet das Geschäftsführungsteam einen geschützteren Rahmen, in dem eine Akzeptanz für „Schwächen“ oder Misserfolge geschaffen wird, gegenüber der stärkeren Leistungsforcierung durch die Gesellschafter. „Verhaltensverstöße“ des ExtGFs werden eher auf einer persönlichen Ebene bewertet (vgl. Interview 4; Interview 17) als das Fehlverhalten eines IntGFs, denn „Blut ist einfach dicker als Wasser“ (Interview 4, Z. 147; Interview 9, Z. 123). Der ExtGF kann sich allerdings neben der Geschäftsordnung (Interview 11, Z. 71) und Führungsleitlinien (Interview 8, Z. 69) gut an gemeinsam vereinbarten Richtlinien und Vorgaben (Interview 3, Z. 103; Interview
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11) orientieren. Er sollte eine grundlegende Kontextsensitivität für das Familienunternehmen entwickeln. Ein ExtGF spricht von „Erfahrungswerten und Verhaltensregeln“, die ihm dabei helfen, sich im Familienunternehmen korrekt zu verhalten (Interview 14, Z. 35). Ein IntGF erzählt, dass sein Zurücknehmen und ein freies Agierenlassen nur funktioniert, wenn ExtGF von sich aus Themen zur Sprache bringen und regelmäßig Informationen liefern (Interview 8, Z. 165). Eine weiterer familieninterner Interviewpartner erwartet, dass ein ExtGF ihn auch im Hinblick auf solche Themen selbstständig informiert, die rein formal gesehen keiner Abstimmung bedürfen, wie beispielsweise das Annehmen von Kundeneinladungen (Interview 5, Z. 202) oder Spendengeldverwendungen (Interview 5, Z. 206–208): „[W]enn dieser Anruf nicht erfolgen würde, obwohl es nirgendwo ((Stimme hebt sich)) geregelt ist, wäre das Vertrauensverhältnis für mich kaputt“ (Interview 5, Z. 206). Rollen des IntGFs Für die Person eines familieninternen Geschäftsführers finden sich in den Interviews mehrere, miteinander verknüpfte Rollenzuschreibungen. Seine Hauptaufgabe liegt darin, zwischen den und innerhalb der Systemlogiken des Unternehmens (GF, inkludiert das gesamte Team mit den ExtGF) und der Familie (Gesellschafter) zu vermitteln, um einen Zusammenhalt zu fördern. Ein Interviewpartner, der zunächst Fremdgeschäftsführer im Unternehmen war und schließlich per Heirat die Familienzugehörigkeit erlangte, beschreibt diesen Rollenwechsel als „das Anziehen von Hüten“ (Interview 12, Z. 11). Er hebt hervor, wie bedeutend es ist, diese Hüte zur Konfliktvermeidung sauber voneinander getrennt und auf die Situation abgestimmt einzusetzen: „[D]en Familienhut trage ich, wenn ich die vorteilhaften Attribute eines Familienunternehmens ausspielen möchte, um z. B. eine hohe Kontinuität und Verlässlichkeit vor dem Kunden oder eine Sicherheit gegenüber den Mitarbeitern zu signalisieren“ (Interview 12, Z. 87, 226). „Den Fremdenhut trage ich dagegen bei unangenehmen, heikleren Themen, die einer sachlichen Begründung bedürfen; wie z. B. Kündigungen oder Preisverhandlungen“ (Interview 12, Z. 87). Dabei kommt dem IntGF eine Moderatorfunktion innerhalb der Eigentümerfamilie sowie innerhalb des Geschäftsführungsteams zu. Er ist das Bindeglied zwischen der Geschäftsführungsebene und der Eigentümerfamilie und somit für den Zusammenhalt beider Systeme verantwortlich. 1) Moderation innerhalb der Eigentümerfamilie Da gibt es die Firma und dann gibt es die Familie; das ist dann natürlich ganz klar meine Aufgabe; (.) eine Familienfirma heißt auch die Familie zu führen; (.) wenn die nämlich nachher auseinanderläuft und jeder in eine andere Richtung, dann ist das auch tödlich für ein Familienunternehmen (Interview 7, Z. 79),
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so beschreibt ein familienzugehöriger Geschäftsführer die Relevanz der Moderation von Gesellschaftern. Als Themenfelder der Familienführung lassen sich bei den Interviewpartnern die folgenden identifizieren: den Dialog bei anstehenden Gesellschafterentscheidungen führen (Interview 9, Z. 46, 49), als „väterlicher Ratgeber und Regeltreiber“ fungieren (Interview 7, Z. 100, 103; Interview 12, Z. 17), Informationsvermittlung sowie eine kontinuierliche Ansprechbarkeit (Interview 4, Z. 130; Interview 9, Z. 46, 231; Interview 12, Z. 98; Interview 13, Z. 185–187). Dabei können innere Strömungen in der Familie wirken, die einem Nichtfamilienmitglied meist verborgen bleiben und dadurch mit Emotionen besetzten Themen die Sachlichkeit nehmen. Auf der einen Seite wollen die Gesellschafter unabhängig von ihrer formalen Kompetenz ernst genommen werden und Ideen einbringen, auf der anderen Seite sollte hier ein Weg gefunden werden, Regeln zu installieren, um das operative Geschäft nicht negativ zu beeinflussen (Interview 17). Damit einhergehend wird von einem operativ tätigen Gesellschafter eine Neutralität gegenüber den Familienstämmen gefordert (Interview 9, Z. 129, 229, 231). Diese kann leichter erzielt werden, wenn innerhalb der Eigentümerfamilie klare Regelungen aufgestellt werden, die per Vertrag festgehalten und zeitgemäß angepasst werden (Interview 4, Z. 122; Interview 7, Z. 116; Interview 8, Z. 23; Interview 11, Z. 19). Dazu gehören besonders Richtlinien zu der Frage, unter welchen Bedingungen ein Familienmitglied im Unternehmen arbeiten darf (Interview 5, Z. 260; Interview 6, Z. 15, 17; Interview 8, Z. 21, 105; Interview 9, Z. 141; Interview 10, Z. 45; Interview 16, Z. 183), denen auch durch informales Agieren nicht gegengesteuert werden sollte (Interview 11, Z. 131). Zudem sollten sich die Gesellschafter intern wertschätzend besprechen, um eine Einigkeit zu erzielen und der Geschäftsführung gegenüber mit einer Sprache zu sprechen (Interview 3, Z. 154; Interview 6, Z. 75; Interview 9, Z. 30; Interview 10, Z. 183, 179; aus einer Negativsituation gelernt: Interview 13, Z. 5, 14, 25, 115, 179). Hilfreich ist dabei eine Organisation der Familie, z. B. durch das Bilden von Gesellschafterausschüssen, da Entscheidungen in kleineren, kompetenten Entscheiderkreisen leichter abzustimmen sind (Interview 4, Z. 148; Interview 17). Diese Einigkeit ist von besonderer Bedeutsamkeit für die erfolgreiche Integration von Fremdmanagement in das Familienunternehmen: Die Integration sollte als bewusster und aktiv gewollter Schritt entschieden werden (Interview 4, Z. 224; Interview 6, Z. 19, 85; Interview 7, Z. 13; Interview 9, Z. 14, 60; Interview 10, Z. 45; Interview 14, Z. 50). 2) Die Schnittstelle zur Geschäftsführung – der IntGF als Mediator Wenn zwischen den Gesellschaftern keine Einigkeit erzielt werden kann und Konflikte die Konsequenz sind, fällt deren Lösung ebenso in den Aufgabenbereich des IntGFs:
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Deswegen bin ich ja auch der Auserkorene in der Kommunikation: (.) aus der Geschäftsführung der in die Gesellschafterebene hinein spricht (.); Blut ist nunmal dicker als Wasser (.); wenn ich dann Nachrichten überbringe, die die vielleicht nicht hören wollen, kann ich anders mit meinem Onkel oder mit meinem Vater streiten als es ein Fremder könnte (Interview 9, Z. 123). Zu Beginn des Kapitels wurde im Rahmen der Rolle des ExtGFs als betriebswirtschaftlicher Partner zur Eigentümerfamilie angeführt, dass dieser „heiklere Themen“ per Legitimierung durch seine Fachkompetenz vor den Gesellschaftern sachlicher (neutraler) darlegen kann als ein IntGF: „[I]ch kann als Prellbock anderen Familienmitgliedern gegenüber auftreten; es ist immer leichter, den externen Geschäftsführer vorzuschieben und zu sagen: ‚Mach dich mal unbeliebt‘“ (familienfremder Geschäftsführer, Protokoll FUK 2016). Ein ExtGF sollte bei anfänglichen Reibungen zwischen Gesellschaftern zunächst zu der gefällten Entscheidung stehen, da er die gesamte Geschäftsführung vertritt. Wenn die angesprochenen Themen jedoch zum Meinungskonflikt eskalieren, ist es ratsam, an den IntGF zu übergeben: „[M]an kann als Familienmitglied noch mal anders agieren; man hat immer einen Ansatzpunkt mehr, dem hinterher zu gehen; (.) das ist eben der Unterschied zwischen Familie und Nichtfamilie“ (Interview 9, Z. 127). Dabei ist die bereits angesprochene Wahrung der Neutralität seitens des IntGFs bei der Diskussion divergierender Meinungsbilder essenziell, um den Gesellschaftern die Wertschätzung entgegenzubringen, dass alle Interessen gleichermaßen abgewogen werden (Interview 9, Z. 129). Ein Interviewpartner beschreibt diese Verhaltensart als das Ausführen einer „Schiedsrichterrolle“ (Interview 15, Z. 94). Im Ernstfall kann ein IntGF härter durchgreifen als ein ExtGF: „Familie ist eben Familie. Man sollte in der Lage sein, innerhalb der Familie stärker in den Diskurs zu gehen (...) bei einem Fremden ist die Grenze, die man vielleicht überschreiten will, früher erreicht ist als bei einem Familienmitglied“ (Interview 9, Z. 127, 131). Ein ExtGF muss dann taktisch überlegen, ob es an dieser Stelle Sinn macht, nachzuhaken und damit einen Streit zu riskieren, bei dem er als Fremder im Zweifelsfall immer der Verlierer sein kann (Interview 9, Z. 129). Die Möglichkeiten des ExtGFs, die Familie zu überzeugen, sind also endlich. Der IntGF kann dagegen in einem geschützteren Rahmen und mit stärkerer Unnachgiebigkeit agieren (Interview 4; Interview 9, Z. 125). Dies wird in Kapitel 5.4.7 näher ausgeführt. Neben der Rolle als Mediator kann der IntGF zudem als Konfliktmoderator in Meinungskonflikten fungieren, bei denen der IntGF die Diskussion über die voneinander abweichenden Standpunkte der Gesellschafter leitet. Ein Interviewpartner bezeichnet diesen Moderationsvorgang als „Sozialmanagement zwischen den Parteien“ (Interview 2, Z. 157). Bei einer Ausartung auf die persönliche Ebene ist es ratsam, für dieses Sozialmanagement externe Vertraute hinzuzuziehen, die aufgrund ihrer Kompetenz als Mediatoren akzeptiert werden, um zwischen den Gesellschaftern zu vermitteln. In schweren Fällen kann die-
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se Option Vorwürfe entschärfen („du bist doch mein Sohn“, Interview 9, Z. 52, 54, 60; Interview 10, Z. 23–29). 3) Moderation innerhalb des Geschäftsführungsteams Äquivalent zur Rolle des ExtGFs kann der IntGF ebenfalls eine partnerschaftliche Beraterrolle für den ExtGF einnehmen. Allerdings wirkt diese Rolle nicht wie beim ExtGF durch den Vorteil spezifischen Expertenwissens, sondern auf Basis der Familienzugehörigkeit und der damit verbundenen Sonderstellung des IntGFs. „Ich bin als Familiengeschäftsführer nur dafür zuständig, dass die Kommunikation zwischen meinen lieben Kollegen im Vorstand funktioniert“ (Interview 5, Z. 101, 103; s. auch Interview 3, Z. 133). Ein Interviewpartner grenzt die Rolle des IntGFs von einer Vorstandsrolle in Nicht-FU ab, indem er die FU typischerweise zugeschriebenen Kriterien der Bindung, Beständigkeit und Langfristigkeit (vgl. Kap. 2) anführt: Die Einigkeit muss Familienmitgliedern in der Geschäftsleitung wichtiger sein, weil sie ja bleiben wollen. Also muss ihnen daran gelegen sein, dass sie von der Qualität des Teams überzeugt sind und sie die auch wieder zusammenführen. Ein Vorstand, der nicht die Bindung zum Unternehmen hat, der denkt eher daran zu gehen, wenn sie nicht machen, was er will (Interview 16, Z. 201; s. auch WIFU, 2011, S. 16: „Rollenverständnis“). Als Familie will man keine ständigen Wechsel in der Geschäftsleitung; (.) als Familie hat man ja auch was Bewahrendes. Und man hat den langen Atem; man weiß, Konflikte wird es immer wieder geben, aber da findet man eine Lösung für die Themen. Für die sachlichen Themen (Interview 16, Z. 207). Auf dieser Basis nimmt der IntGF eine Mentoren- und Coachingfunktion ein oder greift als korrigierendes Stativ ein. In dieser Rolle blickt der IntGF aus einer übergeordneten Perspektive auf die Arbeitsleistung des Geschäftsführungsteams. Er bespricht Themen mit seinem Team, die ihn beschäftigen, gibt Hinweise zu Punkten, in denen er Optimierungsbedarf sieht, und gibt Impulse, um in eine bestimmte Richtung zu laufen: „[I]ch schiebe Dinge dann schon an, indem ich hinterfrage; die Umsetzung wird dann eben ab und zu mal controllt“ (Interview 15, Z. 148; s. auch als Bsp. Interview 5, Z. 188). Der Fokus liegt dabei dennoch auf dem „Wir“ im Team sowie auf einem Lernen voneinander (vgl. Kap. 5.4.5: Einfluss von Feedback- & Fehlerkultur). In Kap. 5.4.4 wurde ausgeführt, dass eine Kohäsion des GF-Teams beinhaltet, die anderen für ihre Stärken zu schätzen und sich durch diese bedarfsorientiert zu ergänzen („auszugleichen“). In den Erzählungen der Gesprächspartner finden sich allerdings auch Beispiele, die darauf hinweisen, dass der Komplementaritätsgedanke der sozialen Kohäsion durch die Rolle des IntGFs ausgehebelt werden kann. In diesen Fällen arbeiten die Geschäftsführer im Team nicht so, dass jeder das tut, was er am besten kann. So kann der Einsatz der GF einerseits von der Wahrnehmung des IntGFs abhän-
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gen, der die Zuständigkeiten und Prioritäten im GF-Team bedarfsorientiert flexibel umverteilen bzw. neu zuordnen kann (Interview 5, Z. 107, 109, 111; Interview 13, Z. 276). Andererseits kann der IntGF jederzeit selbst übernehmen oder einspringen, wenn er das Wirken seiner eigenen Person als zielführender empfindet: Wenn ich der Meinung bin, ich bin in einem bestimmten Kundenkontakt wirksam, dann setz ich mich natürlich auch aktiv ein. Oder wenn ich der Meinung bin, dass ein Thema bei meinem Kollegen nicht richtig aufgebhoben ist, dass sich da einer mal richtig drum kümmern muss, dann übernehme ich das auch eine Zeit lang (Interview 5). Dieses Verhalten zeigt sich besonders, wenn es um imagerelevante Themen (mit Innen- oder Außenwirkung) geht, in denen sich der IntGF lieber persönlich als Ansprechpartner oder Korrektiv einschaltet (z. B. Interview 4, Z. 181; Interview 8, Z. 37– 39; Interview 15, Z. 130; vgl. auch Protokoll FUK 2016: „Machtausgleich durch Erfahrung“), ebenso wie bei essenziellen Entscheidungen, in denen er bei Bedarf als Regulativ fungiert (Interview 4, Z. 158). In diesen Fällen nimmt er sich selbst aus dem Prozess des Teamlernens heraus, da er ausschließlich in der Funktion agiert, seinen Geschäftsführungskollegen etwas beizubringen. Dieses Szenario greift auch in Situationen, in denen der IntGF das Gefühl verspürt, dass sie aus dem Ruder laufen. Infolgedessen nimmt er die Rolle des „lehrenden Vaters“ ein (Interview 5, Z. 188). Alternativ kann er als „Advocatus Diaboli“ eine „lehrende Lektion“ erteilen (vom Interviewpartner positiv gemeint), indem er bewusst die Gegenposition einnimmt, nur um diese dann doch zu widerlegen (Interview 5). Einhergehend mit dem stärkeren Standing des IntGFs vor der Eigentümerfamilie, liegt eine weitere seiner Funktionen für die Beziehungsdimension Geschäftsführungsteam – Familie darin, die Konsequenzen von Fehlentscheidungen oder handlungen vor der Familie zu vertreten und dafür gerade zu stehen, „denn letztlich trägt er die Gesamtverantwortung“ (Interview 4). Während den Mitarbeitern gegenüber immer eine gemeinsame Schuld der Geschäftsführung kommuniziert wird (vgl. Kap. 5.4.4), kann es vor der Eigentümerfamilie Ausnahmen geben. Hier wird bei schwerwiegenden Fällen vom IntGF erwartet, dass sich der „Verursacher“ vor der Familie aufrichtig für den begangenen Fehler entschuldigend äußert (Interview 17), denn „auch die Familie erwartet letztendlich, dass die Geschäftsführer den Ball von sich selber aufnehmen“ (Interview 7, S. 26). An dieser Stelle lässt sich erneut auf die Forderung nach Kontextsensitivität und einer generellen Anpassungsfähigkeit seitens der ExtGF verweisen. Rolleninhärent ist der Position des IntGFs ebenso wie in (a) die Rolle des Konfliktmediators, wenn ein Konflikt zwischen zwei ExtGF vorliegt. Einig sind sich die Interviewpartner darin, dass der IntGF besonders konfliktfähig sein sollte (vgl.
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Kap. 5.4.1 und 5.4.5) und einen vertrauensvollen Zugang zu seinen Geschäftsführungskollegen finden muss, um auch schwierige Themen ansprechen zu können (vgl. Kap. 5.4.3) und gleichzeitig nicht den Zusammenhalt des Teams zu beeinträchtigen (vgl. Kap. 5.4.4) (für ein vereinendes Verhalten s. Interview 16, Z. 197). Um Konflikte lösen zu können, benötigt er zudem eine hohe Empathiefähigkeit. Er sollte sich mit Fingerspitzengefühl in unterschiedliche Menschentypen einfühlen können (Interview 3, Z. 81, 83) und wissen, welcher Typus welche Ansprache benötigt (Interview 12, Z. 147). Allerdings divergieren die Auffassungen über das Ausmaß, in welchem er sich als Mediator einmischen sollte. Einer der Interviewpartner meint, dass ein IntGF nur als letzte Eskalationsstufe zwischen zwei Streitparteien vermitteln sollte (Interview 15, Z. 98–100). Andere sehen die Konfliktmoderation hingegen als rolleninhärent an (Interview 2, Z. 131; Interview 4, Z. 39; Interview 5, Z. 178, 190). Einer der Gesprächspartner ergänzt, dass er je nach Situation einen Dialog zwischen den Streitparteien führt oder in Einzelgesprächen per Perspektivenübernahme zur Besinnung auf einen Kompromiss mahnt (Interview 5, Z. 178). Für die Ebene von Sachkonflikten s. Kap. 5.4.5: „die anderen konstruktiv streiten lassen und zur Lösung führen“ (Interview 4). Rollen des ExtGFs • betriebswirtschaftlicher Berater der Familie: sein Expertenwissen legitimiert die Beraterfunktion, er fungiert als neutrale Instanz und Ansprechpartner • partnerschaftlicher Berater in der GF: verlässlicher Sparringspartner, Austausch auf Augenhöhe, voneinander Lernen erwünscht, Meinungs- und Feedbackabfrage • Rolle hinsichtlich der Familie stärker von erbrachter Leistung (Erfolgen) und Kompetenz abhängig, Beständigkeit hier u. U. geringer, denn im GF-Team stabilisiert die persönliche Vertrauensebene das Beziehungsverhältnis Rollen des IntGFs • Moderation in der Eigentümerfamilie: Zusammenhalt in der Familie fördern, denn „Familie sollte in einer Sprache zur GF sprechen“ • Mediation an der Schnittstelle Eigentümerfamilie – GF: IntGF als Sprachrohr und Vermittler zwischen GF und Familie; ExtGF sollten ihre objektiven Einschätzungen zwar vor der Familie vertreten, aber IntGF können aufgrund ihrer Familienzugehörigkeit eher Grenzen übertreten (stärker durchgreifen) und Meinungskonflikte moderieren • Moderation innerhalb der GF: seine Familienzugehörigkeit legitimiert ihn als Moderator und Mentor, da er im Unternehmensinteresse eine langfristige Teambindung anstrebt; „väterlicher Freund statt Kontrolleur“ – kann Zuständigkeiten im Team bedarfsorientiert umverteilen und Impulse geben, Reviewgespräche initiieren, Team im „fruchtbaren Streit“ zusammenführen Abbildung 11. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Rollen im Geschäftsführungsteam
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5.4.7 Der Umgang mit Machtdifferenzen im Geschäftsführungsteam Die Machtkonzentration26 in gemischten Geschäftsführungsteams unterscheidet sich von jener in Konzernen, da sich die Entscheidungsgewalt (z. T. informal) meist auf ein Familienmitglied als Schlüsselperson verlagert (Interview 4, Z. 158, 217; Interview 5, Z. 79–81, 83, 85; Interview 13, Z. 187). Das Entscheidungsrecht ist durch eine Stimmhoheit per Anteilen gesichert (Interview 1, Z. 109; Interview 3, Z. 21), kann aber auch eine Anpassung der Strukturen bedeuten („Änderung aufgrund von Negativerfahrung“, Interviewpartner 13, Z. 174–177 und 189–193). Ein Gesprächspartner erklärt sein Recht, „überall hineinzusehen“, als der CEO-Position inhärent (Interview 16, Z. 103–105), andere sind der Auffassung, dass die Geschäftsführer für ihren jeweiligen Bereich die Verantwortung tragen müssen, die letztgültige Entscheidung jedoch beim IntGF liegt (Interview 4, Z. 179–180). In Erzählungen der Gesprächspartner zeigt sich, dass ein IntGF in der entsprechenden Position formale Hierarchien übergehen kann, ohne dafür Rechenschaft ablegen zu müssen (Interview 1, Z. 36; Interview 5, Z. 133; Interview 9, Z. 105–107). Ein Einmischen des IntGFs in Themenbereiche der Geschäftsführungskollegen kann eine Begrenzung der Entscheidungs- oder Gestaltungsfreiheit familienexterner Geschäftsführungskollegen zur Folge haben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der ExtGF in eine vom IntGF als falsch bewertete Richtung läuft (Interview 2, Z. 104; Interview 4, Z. 156), meist dann, wenn es um substanzielle Unternehmensthemen geht (Interview 2, Z. 100, 110). Interviewpartner 13 beschreibt sein Eingreifen als Mittel zur Konfliktprävention: „[I]ch bremse den in eine andere Richtung gehenden externen Geschäftsführer ein; denn, wenn ich das nicht tue, dann geht er seinen Weg; (.) oder dann gehen beide vielleicht getrennte Wege“ (Z. 149). Dieses Bedürfnis nach Korrektur (vgl. auch Kap. 5.4.5) kann teilweise auf eine Angst vor einer Enttäuschung der gegebenen Vertrauensvorschüsse zurückgeführt werden, insofern, als der ExtGF-Kollege nicht im Sinne der Organisation und Unternehmenskultur handelt (Interview 1, Z. 113; Interview 5). Die Sensibilität dieses Themas wird an den Aussagen der Gesprächspartner zum Vorgehen bei der Einstellung neuer Geschäftsführer oder bei der Besetzung zentraler Positionen sichtbar. Sie erzählen, dass sie vorzugsweise Personen intern aus dem Unternehmen oder dem eigenen Bekanntenkreis rekrutieren, da durch die bereits erwiesene Loyalität und Verlässlichkeit ein Gefühl der Sicherheit und somit ein Vertrauensvorsprung gegeben ist (Interview 13, Z. 241, 246–249). Zudem stellt diese Etablierung eines eigenen, selbst ausgewählten Netzwerks oder Stabs eine Maßnahme zur Sicherung der eigenen Macht im Unternehmen dar. Dabei können Leute mit Gefährdungspotenzial oder einer zu hohen Eigenprofilierung ausgetauscht werden (Interview 4, Z. 172, 158, 26
„Macht bedeutet die Möglichkeit, auf das Handeln anderer einzuwirken bzw. dieses zu beeinflussen“ (Walenta & Kirchler, 2011, S. 415).
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
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230; Interview 5, Z. 221–227; Interview 13, Z. 237, 243, 245; Interview 14, Z. 5). Die Etablierung loyaler Mitarbeiter ist aber ebenso eine Maßnahme, die ExtGF ergreifen, wenn sie die Geschäftsführungsposition neu übernehmen (Interview 13, Z. 235). Für die gemeinsame Arbeitsgestaltung von Unternehmerfamilie und Fremdmanagement im Geschäftsführungsteam lassen sich über die bereits aufgezeigten Themen (vgl. Kap. 5.4.1–5.4.6) hinaus weitere Punkte identifizieren, die mit diesen informellen Machtverhältnissen in Familienunternehmen zusammenhängen. Das klassische Patriarchat sollte dabei gelockert werden, um kein „erdrückendes Machtverhältnis“ (Interview 9, Z. 121) zu induzieren und dem „hohen Intellekt der heutigen Führungskräfte gerecht zu werden. Denn wir müssen uns als Familienunternehmen auch fragen, wie wir externe Geschäftsführer halten können“ (Interview 4, Z. 147). Daher sollte nicht allein auf Basis des Kriteriums der Familienzugehörigkeit „an den Leuten vorbei in ihre Bereiche hineingefunkt“ werden (Interview 2 Z. 110; Interview 11, Z. 61). Im FU geltende Machtverhältnisse sollten für ExtGF transparent und klar gemacht werden (Interview 4, Z. 186). Auf der anderen Seite braucht es eine Akzeptanz „anders greifender Gesetzmäßigkeiten“ (Interview 4, Z. 186) vonseiten des ExtGFs. An dieser Stelle kann an Kap. 5.4.6 angeknüpft werden, in dem die vermittelnde Rolle des IntGFs zwischen Eigentümerfamilie und Geschäftsführung thematisiert wurde. Die Familienzugehörigkeit bietet einem IntGF Schutz und verleiht ihm eine stärkere Stellung vor den Gesellschaftern (Interview 4, Z. 234), weshalb er sich „leichter bewegen und Macht leichter leben kann als ein Externer“ (Interview 4, Z. 186). Dagegen muss sich ein ExtGF stets dieses Verhältnisses bewusst sein und seinen Einfluss in anderer Art und Weise geltend machen. Dieses Bewusstsein beinhaltet z. B., vor den Gesellschaftern in seiner Meinung früher einzulenken, um die eigene Stellung nicht zu gefährden und gegebenenfalls das Vertrauensverhältnis nicht zu verspielen (Interview 9, Z. 121, 125; Interview 4, Z. 186, 234). Er sollte zudem sein Verhältnis zum IntGF unter dem Aspekt der in den Kapiteln 5.4.5 und 5.4.6 diskutierten Kontextsensitivität gestalten. Beispielsweise sollte er sachliche Fehlentscheidungen des IntGFs nicht öffentlich ansprechen, sondern im internen Dialog unter vier Augen, sodass „das Gesicht des IntGFs gewahrt wird“, während dieses Verhalten im umgekehrten Beziehungsverhältnis leichter missachtet werden kann (Interview 4, Z. 186). Die Art und Weise der Machtauslebung, der Führungsstil und das Auftreten eines IntGFs beeinflussen folglich stark das Miteinander im Geschäftsführungsteam („harmonische Konstellation ist vom Agieren des IntGFs abhängig“, Interview 9, Z. 147). Auch die Prägung durch die Familie spielt dabei eine Rolle, da sich der Umgang miteinander (z. B. gegenseitiger Respekt) in die Führung des Unternehmens fortsetzt (Interview 4, Z. 140; Interview 16, Z. 38). Diese Führung durch den IntGF sollte auf ein Ausbalancieren von Macht (Interview 4, Z. 41), Partizipation (Interview 2,
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Z. 23) und ein kooperatives, verantwortungsvolles Miteinander (Interview 11, Z. 75– 77) ausgerichtet sein. Der IntGF sollte einem ExtGF das Gefühl geben, mit ihm zusammen auf Augenhöhe zu arbeiten, und darüber die Wahrnehmung eines Gleichgewichtes in der Führungsebene herbeiführen. Maßnahmen, die dazu beitragen, wurden beispielsweise in Kap. 5.4.4 angesprochen: delegieren können sowie gemeinsam Entscheidungen im Team diskutieren und herbeiführen (z. B. Interview 1, Z. 87; Interview 3, Z. 43; Interview 4, Z. 54, 82; Interview 5, Z. 107; Interview 8, Z. 103; Interview 11, Z. 75). Dies bedeutet auch, eine Neubesetzung einer GF-Position mit den Geschäftsführungskollegen abzustimmen, da ein neuer GF zum gesamten Team passen sollte („Passung eines neuen ExtGFs in FU verstärkt zum IntGF“, vgl. Kap. 5.4.1 und 5.4.5) (Interview 16, Z. 27–30, 32; Interview 4, Z. 197). Darüber hinaus sollte die Wahrnehmung einer Gleichrangigkeit induziert werden. Dies erfolgt zum einen über die Gestaltung von formalen Themen, z. B. „einem externen Maßstab der Geschäftsführung durch gleiche Verträge zu genügen“ (Interview 12, Z. 9–11, 19) oder „dieselbe Entwicklung des Gehaltes im Tagesgeschäft“ (Interview 13, Z. 41) zu gewährleisten. Zum anderen sollte das Gefühl einer Gleichberechtigung gegeben sein, indem auch ExtGF „Forderungen stellen dürfen“ (Interview 14, Z. 5, 6) und die Position des Vorsitzes nicht im Übermaße ausgelebt wird (Interview 9, Z. 46). Dabei ist die Ausgestaltung der Intensität dieser Rolle personen- und teamabhängig. Ein Interviewpartner mit geringer Beanspruchung des Vorsitzes erzählt: Ich bin zwar Sprecher der Geschäftsführung, aber wir sind gleichberechtigte Geschäftsführer; also, im Prinzip haben wir keine Hierarchie untereinander; damit unterbinden wir von vorneherein das Durchsetzen irgendwelcher Themen; (...) denn wir informieren uns gegenseitig und tauschen uns über alles aus (Interview 6, Z. 37, 21: „wir sind eigentlich austauschbar“). Ein anderer Interviewpartner gestaltet diesen Aspekt durch die Etablierung einer gleichen Stimmberechtigung: Unabhängig der Tatsache, dass ich Mitgesellschafter bin, haben wir uns immer schon gesagt: „Wir sind ein Dreiergremium“; wir werden immer darauf achten, dass wir eine ungerade Anzahl an Stimmen haben, das heißt, wenn wir irgendwann die Geschäftsführung erweitern, dann müssen es zwei weitere sein, damit wir auf fünf kommen, (.) und dann wird es immer so sein, dass wir sagen: „Jeder hat eine Stimme“; Punkt (Interview 9, Z. 30). Ein weiterer Gesprächspartner plädiert für eine Egalität aller Geschäftsleitungsmitglieder und behält für sich die Rolle des Letztentscheiders vor: Alle Mitglieder der Geschäftsleitung sind im Verhältnis innerhalb der Organisation absolut gleichrangig und um das sicherzustellen, hat jeder, der ein Mitglied der Geschäftsleitung ist, auch einen Bereich zu führen, und hat gleichzei-
5.4 Ergebnisse der qualitativen Studie
123
tig eine Paten- oder Mentorenfunktion gegenüber anderen Bereichen. Da ist er eine Art väterlicher Freund. Und ich bin dann wiederum der väterliche Freund für die Geschäftsleitung (Interview 4, Z. 177; vgl. Mentorenfunktion in Kap. 5.4.6). In gemischten Geschäftsführungsteams kommt ein weiterer Aspekt hinzu, der in besonderem Maße für die Wahrnehmung einer Ausgeglichenheit im Machtverhältnis sorgt: IntGF sollten die „Familienfaktoren kontrollieren“. Ein Interviewpartner umschreibt dies mit den folgenden Worten: „Das Wichtigste ist die Offenheit. Also so zu tun, als wäre man eigentlich gar nicht von der Familie“ (Interview 16, Z. 121). Das heißt, „die Rolle im Führungsgremium als normale Führungskraft wahrnehmen, statt sich auf den Sonderbonus Familienmitglied zu berufen“ (Interview 3, Z. 177). Dieser Aspekt ist hervorzuheben, „denn im Normalfall leben wir Familienunternehmer diesen Unterschied zwischen mein und dein schon sehr intensiv“ (Interview 5, Z. 200). Diese Aussagen implizieren, dass ein IntGF in der Zusammenarbeit mit einem Fremdmanagement seine Sonderstellung nicht kontinuierlich spürbar machen sollte. Folglich kann er den Grad der empfundenen Handlungsfreiheit eines ExtGFs sowie der wahrgenommenen Gleichrangigkeit durch sein eigenes Auftreten steuern. Ein Interviewpartner gibt dazu folgendes Beispiel: „Ich habe ihn [ den ExtGF ] das nie spüren lassen (.) ich habe ihn vor den Mitarbeitern immer ‚Chef‘ genannt; er hat mitgespielt und mich vor den Mitarbeitern ‚Boss‘ genannt“ (Interview 13, Z. 34–38). In diesem spielerischen Umgang mit dem eigenen Rollenverständnis zeigt sich die Bedeutung der Außenwirkung vor den Mitarbeitern: IntGF und ExtGF werden hier auf eine Ebene gehoben. Auch wenn in komplexen Situationen dennoch eher der IntGF angesprochen wird, wird zumindest das Signal einer Gleichrangigkeit gesendet (Interview 6, Z. 37). Aber auch im internen Verhältnis sollte ein IntGF einen ExtGF nicht zurechtweisen, indem er auf seinen Besitz nach dem Motto „mir gehört das Unternehmen“ aufmerksam macht (Interview 3, Z. 177; Interview 9, Z. 30; Interview 14, Z. 45). Es wird sehr wohl wahrgenommen, dass der Eigentümerfamilie in ihrer verwaltenden Funktion Rechte zustehen (Interview 6, Z. 65). Es sollte allerdings auch geklärt sein, dass die Geschäftsführung im Operativen das Unternehmenswohl in den Mittelpunkt stellt und das „Unternehmen mit innerer Kraft und Unternehmertum vorantreibt“ (Interview 4, Z. 218; s. auch Interview 3, Z. 69). Dazu braucht es fürs gemeinsame Vorantreiben ein fachliches Überzeugen durch den IntGF anstelle des Ausspielens seiner Namenskarte (Interview 9, Z. 221) oder einer Begründung für Fehlverhalten mit dem Satz „Entschuldigung, der gehört zur Familie“ (Z. 167 Interview 8). Ein familienfremder Gesprächspartner schätzt eben diesen gleichbehandelnden und dadurch als wertschätzend empfundenen Umgang von Familienseite:
124
5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Dass die Familie uns [ den ExtGF ] die Freiheit gibt, unternehmerisch zu handeln und gestalten zu lassen, ist ein wesentlicher Punkt, um Leistungsträger eben auch ans Unternehmen zu binden; umgekehrt sind wir uns bewusst, dass wir mit deren Geld spielen; (.) das Thema sollten sie uns aber nicht jedes mal aufs Butterbrot schmieren, sondern im Rahmen von Vertrauen und enger Zusammenarbeit mit dem Führungskreis eine Familienprägung spürbar wird (Interview 7, Z. 13). Dieses Herstellen einer Gleichrangigkeit knüpft an Kapitel 5.4.4 an, in dem die Komplementierung per Stärken der Geschäftsführer zur Ausbildung von Kohäsion erläutert wurde, ebenso wie die Fokussierung eines gemeinsamen Arbeitens (z. B. statt „meins und deins“ „unsere Aufgaben nach Verantwortlichkeit X“ definieren). Damit einhergehend sollte ein durch die Familienzugehörigkeit entstandender Wissensvorsprung nicht ausgenutzt werden (Interview 16, Z. 123; vgl. auch Kap. 5.4.4, Kohäsion, zu „Transparenz in Entscheidungsprozessen“). Zuletzt sollte auch die Eigentümerfamilie „unternehmerisch“ betrachtet werden, das heißt, die familieninterne Geschäftsführung sollte „die Familie nicht zum Maß der Dinge erheben und, ebenso wie in der Geschäftsführung Stärken und Schwächen reflektiert werden, dieselben Maßstäbe auch für die Familie ansetzen“ (Interview 14, Z. 41). • •
Machtkonzentration auf den IntGF, dieser verfügt aufgrund seiner Familienzugehörigkeit über eine geschütztere Position als ein ExtGF, seine Macht kann er leichter leben Führung durch den IntGF: Ausbalancieren des Machtungleichgewichtes – die Sonderstellung nicht als Trumpf ausspielen („Familienfaktoren kontrollieren“) sowie ein kooperatives und gleichwertiges Miteinander auf Augenhöhe herstellen
Abbildung 12. Zusammenfassung der Haupterkenntnisse zu Machtorientierung
5.5 Diskussion der Ergebnisse
125
5.5 Diskussion der Ergebnisse Das Ziel der qualitativen Studie lag in der Exploration des Feldes zu dem Aspekt, welche Faktoren zu einer effektiven Zusammenarbeit in gemischten Geschäftsführungsteams führen. Unter Gesichtspunkten der PAT kann ein solches Team dann effektiv werden, wenn eine Angleichung der Interessen bzw. ein Abbau der Asymmetrien zwischen Familien- und Fremdgeschäftsführer zustande kommen kann. Hierzu lässt sich die Beziehung zwischen den beiden Parteien in zwei Phasen teilen: vor Eingehen einer gemeinsamen Arbeitsbeziehung und nach Vertragsabschluss, also der eigentlichen Phase der Zusammenarbeit (Klein et al., 2007). Erstere wurde dabei als Selektionsprozess (vgl. das Screening in der PAT) untersucht. Letztere hingegen wurde mithilfe des theoretischen Rahmens der Teampsychologie analysiert. Es wurde untersucht, welche Dynamiken und Prozesse in den gemischten Geschäftsführungsteams der Interviewpartner wirken und für ein effektives Zusammenarbeiten besonders relevant sind. Als psychologische Mechanismen für diesen spezifischen Teamtypus ließen sich Vertrauen und Kohäsion sowie der Umgang mit Konflikten identifizieren. In welcher Weise sich diese Dynamiken im Team ausbilden, hing dabei auch von dem Erfolg der Selektion familienfremder Geschäftsführer ab, denn eine Passung der Geschäftsführer zueinander (d. h. es können ähnliche Zielvorstellungen angenommen werden) erleichterte den Umgang miteinander. Beeinflusst wurden die Teamzustände zudem durch die Machtauslebung des Familiengeschäftsführers und durch Rolleninterpretationen der Familien- und Fremdgeschäftsführer. Eine Zusammenfassung dieser Konzepte inklusive vermuteter Wirkzusammenhänge ist in Abbildung 13 dargestellt, in der die qualitativen Resultate anhand eines IMO-Modells veranschaulicht werden.
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126 5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
5.5 Diskussion der Ergebnisse
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Selektion In den Kapiteln 5.4.1 und 5.4.2 konnte herausgearbeitet werden, dass eine sorgfältige Prüfung der Passung des Fremdgeschäftsführers zur Person des Familiengeschäftsführers und zum Familienunternehmen unerlässlich ist. Nachteilige Selektionsprobleme, die in der Unwissenheit der Eigentümerfamilie als Prinzipale hinsichtlich der tatsächlichen Eignung eines potenziellen Fremdgeschäftsführers als Agent liegen (Chua et al., 2004; Chua et al., 2009; Karra et al., 2006; Klein et al., 2007), können über diesen Abgleich gemindert werden. In der Literatur wird vielfach angeführt, dass familienexterne Geschäftsführer in das Management aufgenommen werden, um das in Familienunternehmen limitierte Humankapital zu erweitern (Bennedsen et al., 2007; Burkart et al., 2003; Sonfield et al., 2009b). Auch das Entstehen von gemischten Geschäftsführungsteams ist meist auf einen Bedarf nach einer Professionalisierung des Unternehmens und einer Know-howErweiterung zurückzuführen (Salvato et al., 2012; Stewart et al. 2012). Damit liegt bei der Selektion das Augenmerk auf einer hohen fachlichen Qualifikation der familienexternen Geschäftsführungskandidaten. Für die Interviewpartner der qualitativen Studie stand die Prüfung der formalen Qualifikation im Auswahlprozess allerdings im Hintergrund. Bedeutender war für sie eine Kompatibilität und Ähnlichkeit eines Fremdmanagers mit den Vorstellungen des im Geschäftsführungsteam installierten Familienmanagers hinsichtlich seiner Werte, des Führungsverständnisses und eines adäquaten Umgangs mit den Mitarbeitern. Ein solcher durch Wertekonformität geprägter kultureller Fit kann helfen, Opportunitätskosten zu vermeiden, da ähnliche Zielvorstellungen zwischen Familien- und Fremdmanagement angenommen werden können (Blumentritt et al., 2007; Hiebl et al., 2013). Die Bewertung der Interviewpartner erfolgte meist indirekt anhand der Reflexion empfundener Sympathiegefühle oder eines Abgleichens der Verhaltenskongruenz eines Fremdgeschäftsführers zwischen formalen Bewerbungsgesprächen und informalen Gesprächssituationen. Neben der Werteorientierung ist auch die Persönlichkeit eines familienexternen Geschäftsführungskandidaten bedeutsam (Blumentritt et al., 2007). Die Prüfung seiner Eignung erfolgte bei den Interviewpartnern dabei einseitig als Passungsabgleich zum familieninternen Geschäftsführer. So sollte in gemischten Geschäftsführungsteams eine GF-Position nicht durch den Fähigsten besetzt und somit ein familieninterner durch einen familienexternen Geschäftsführer ersetzt werden. Vielmehr stand für die Interviewten die Komplementierung ihrer eigenen Fähigkeiten und Persönlichkeitsmerkmale durch einen weiteren Geschäftsführer im Fokus. Da sich die Familienmanager als Unternehmer sahen, nahmen für den Fremdmanager weiche Fähigkeiten, wie z. B. eine Sozialkompetenz und Umsetzungsstärke, an Bedeutung zu. Besonders relevant war auch dessen Einfühlungsvermögen, um Familienbelange nachvollziehen und respektieren zu können. In
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
der Literatur wird dies als soziokulturelle Kompetenz bezeichnet (Hall et al., 2008). Dieses Screening nach Komplementarität erforderte eine bewusste Reflexion durch den familieninternen Geschäftsführer bezüglich seiner eigenen Stärken und Schwächen, da die Passung spezifisch zu seiner Person geprüft wird. Mitunter liegt dies daran, dass der Familiengeschäftsführer als Vertreter der Familie meist die CEO-Position innehat (Mullins et al., 2016; Salvato et al., 2012). Klassischerweise wird in der PAT der Prinzipal als risikoneutral und der Agent als risikoavers bezeichnet (Chua et al., 2009; Holmstrom, 1982). In gemischten Geschäftsführungsteams ist die Risikoaversion mit der leichteren Kündbarkeit familienexterner Manager begründbar (Chittoor et al., 2007; Hillier et al, 2009). Die Interviewpartner der qualitativen Studie sahen allerdings in der Risikoaversion von Fremdgeschäftsführern einen Grund für misslungene Partnerschaften im gemischten Geschäftsführungsteam. Die interviewten Familiengeschäftsführer suchten als familienexterne Teampartner starke Charaktere, die risikobereit sind und damit auch unternehmerische Verantwortung tragen wollen. Dies steht im Gegensatz zur Forschung zu reinen Fremdgeschäftsführungen in einer Managementfunktion, die zur besseren Überwachung von Fremdmanagern eine weniger starke Ausprägung in der mit hoher Qualifizierung einhergehenden Machtorientierung favorisiert (Blumentritt et al., 2007; Hiebl et al., 2013). Andere Forschung hingegen schreibt den Familieneigentümern aufgrund ihres großen Finanzvermögens eine Risikoaversion zu. Sie sehen in der finanziellen Unbefangenheit von Fremdmanagern eine Chance, diese auszugleichen (Gedajlovic et al., 2004; Huybrechts et al., 2012). Allerdings bestätigte sich dies für die vorliegende Studie nicht. Die befragten Familienmanager beschrieben sich trotz großem Anteilsbesitz nicht als risikovermeidend, sondern sahen eine Risikobereitschaft als Notwendigkeit für unternehmerisches Agieren an. Sie wünschten sich im gemischten Geschäftsführungsteam, dass ein Fremdmanager Risikoabwägungen unterstützend evaluiert und objektiv beratend zur Seite steht (dies entspricht auch Hiebl, 2013, der Fremdmanager in der Rolle der betriebswirtschaftlichen Berater sieht). Ein solcher Wunsch nach einem loyalen, unternehmerisch agierenden Professionellen zeigte sich auch in den Anforderungsbeschreibungen der Befragten. Durch eine Passung familienfremder Geschäftsführer zum Geschäftsführungsteam und besonders zum familieninternen Geschäftsführer kann die Ausbildung der Teamzustände des Vertrauens und der Kohäsion erleichtert werden. Gleichzeitig ist zur Förderung eines entsprechenden Verhaltens die Übertragung von Verantwortung nötig, die aber auch vom Rollenverständnis eines familieninternen Geschäftsführers abhängig ist. Dieser Punkt wird in den folgenden Abschnitten mitdiskutiert.
5.5 Diskussion der Ergebnisse
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Teamdynamiken und Teamprozesse Neben dem Versuch, die Interessendivergenzen mittels einer Vorabprüfung gering zu halten, können Asymmetrien auch während des gemeinsamen Arbeitsverhältnisses abgebaut werden. Aus der agenturtheoretischen Perspektive auf gemischte Geschäftsführungsteams sollte dies per Leistungsüberwachung der Agenten mittels entsprechender Kontrollsysteme erfolgen (Chua et al., 2004, 2009; Klein et al., 2007; Madison et al., 2016). Allerdings kann ein hohes Vertrauensniveau in der Geschäftsführung von Familienunternehmen ähnliche Vorteile bieten wie formalisierte Governance-Strukturen (Eddleston et al., 2010). Der Überwachungsbedarf kann durch die Förderung von Vertrauen gering gehalten werden (Costa et al., 2009), relevant wird dieses besonders im Zusammenhang mit einer großen individuellen Autonomie im Team (Langfred, 2004). In der qualitativen Studie der vorliegenden Arbeit zeigte sich, dass für die Geschäftsführungsposition ein langer Prozess des Vertrauensaufbaus notwendig ist, in dem ein Fremdmanager seine Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit mehrfach unter Beweis stellt27. Dies wurde als kompetenzbasiertes Vertrauen eingeführt, das dem kognitiven Vertrauen der Literatur nahe ist (McAllister, 1995). Das Vertrauen festigt sich dabei durch dessen Erfolge einseitig in die Person des Fremdgeschäftsführers. Besonders ist hierbei, dass nicht nur die Leistungserfüllung durch den Fremdgeschäftsführer in die Beurteilung einfließt, sondern auch, ob dieser im Sinne der Unternehmenswerte und -normen gehandelt hat. Dieser Vertrauensaufbau erfordert eine zusätzliche Form der Risikobereitschaft (vgl. Selektionskriterium Kap. 5.4.2) des Familiengeschäftsführers, nämlich einer Risikobereitschaft auf der Beziehungsebene. Diese bedeutet für den familieninternen Geschäftsführer, eine Verwundbarkeit zuzulassen, indem er dem Familienexternen Vertrauensvorschüsse gewährt und die Ungewissheit über dessen Reaktion aushält (Mayer et al., 1995; Rousseau et al., 1998; Shen et al., 2007). Für den Familiengeschäftsführer heißt das auch, sich trotz seines Wunsches nach Kontrollerhalt (Le Breton-Miller et al., 2011, 2015) selbst zurücknehmen zu können und dem familienexternen Teampartner Verantwortung und Gestaltungsspielräume zuzugestehen (d. h. „aktiv Kontrolle abgeben“, vgl. Chua et al., 2003; Hall et al., 2008). Agenturtheoretisch formuliert, können z. B. Verfügungsrechte übertragen werden. Zu vertrauen bedeutet dann aber, den familienexternen Geschäftsführungskollegen nicht zu überwachen, sondern in einer positiven Erwartungshaltung eigenständig agieren zu lassen (Lewicki et al., 1998; McAllister, 1995). Dies kann vom Familienex-
27
Dies ist dem Signalling in der PAT vergleichbar (vgl. Kap. 2), nur dass dieses Sichbewähren nicht im Vorhinein erfolgt, sondern während der Zusammenarbeit als Beobachtung. Intern rekrutierte Fremdgeschäftsführer haben dabei einen Vorteil, da sie gezielt per Mentoring aufgebaut werden. Die Verifikation der Passung kann also erst über einen längeren Zeitraum der Zusammenarbeit erfolgen.
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
ternen als Form der Wertschätzung beurteilt werden und seine Bindung an das Familienunternehmen fördern. Zwar kann Vertrauen einseitig existieren (Schoorman et al., 2007), wenn der familieninterne Geschäftsführer durch sein Verhalten dem Familienexternen jedoch Vertrauen in seine Person signalisiert, können reziproke Verhaltensweisen stimuliert und die gemeinsame Zielerreichung begünstigt werden (Fulmer et al., 2012; Mach et al., 2010). Dies könnte sich äquivalent hinsichtlich der Stimulation proorganisationalen Verhaltens verhalten, wenn ein Familiengeschäftsführer dieses vorlebt (Zahra et al., 2008). Durch den Aufbau zwischenmenschlicher Nähe und eine direkte Involvierung im Management kann also eine Form der sozialen Kontrolle durch den familieninternen Geschäftsführer erfolgen. In der Literatur werden verschiedene Perspektiven von Vertrauen untersucht, allerdings einzeln und nicht vermischt (Costa, 2003; Lewicki et al., 2006; Yang et al., 2010). In der vorliegenden qualitativen Studie ist aber neben der Vertrauensentwicklung in die Person des Fremdgeschäftsführers, um eine Zusammenarbeit ohne Überwachung zu fördern, ein Vertrauen innerhalb des Teams essenziell für die effektive Zusammenarbeit von Familien- und Fremdmanagern. In der Interviewauswertung wurde diese Vertrauensebene (anknüpfend an die affektive Komponente nach Lewis et al., 1985) als persönliches Vertrauen herausgearbeitet, da es im Gegensatz zur kompetenzbasierten Dimension durch eine Reziprozität der Teammitglieder geprägt ist. Zum Entstehen tragen das Interesse an den Teampartnern, Zuwendung sowie ein Rückhalt in persönlich belastenden Situationen bei. Förderliche Mechanismen liegen in der Wertschätzung durch Lob und die Anerkennung als Person. Ein Fremdgeschäftsführer fühlt sich z. B. geschätzt, wenn er in seiner Rolle als partnerschaftlicher Berater des Familiengeschäftsführers in Familienthemen eingebunden wird. Eine solche Partizipation kann einen Beitrag zur – ansonsten häufig ungleichen – Verteilung von Informationen zwischen Familien- und Fremdgeschäftsführer leisten (z. B. im Hinblick auf das idiosynkratische Wissen eines IntGFs: Anderson et al., 2003; Bloom et al., 2007). Zur Reduktion von Informationsasymmetrien kann zudem eine Aufgabenkohäsion im Geschäftsführungsteam beitragen. Aufgrund des Fokus auf eine gemeinsame Entscheidungsfindung und des Commitments zur Aufgabe (Carless et al., 2000; Kozlowski et al., 2013) sollten Meinungen im Team offen ausgetauscht werden. Ein Familiengeschäftsführer, der durch die anteilsgebundene Machtkonzentration auf seine Person eigene Handlungen normalerweise nicht vor anderen Interessengruppen begründen muss (Carney, 2005), sollte die Fremdgeschäftsführer im gemischten Geschäftsführungsteam aktiv in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Das bedeutet, dass ein familieninterner Geschäftsführer seinen Informationsvorteil (Kelly et al., 2000) nicht ausnutzt, d. h. keine informellen Absprachen mit der Familie trifft, ohne die Fremdgeschäftsführer darüber zu informieren. Der Weg, wie Entscheidungen getroffen werden,
5.5 Diskussion der Ergebnisse
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sollte also transparent gemacht und es sollte am Sachverhalt orientiert im Team diskutiert werden. Diese Teilhabe schafft eine Akzeptanz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, sodass Entscheidungen auch nach außen hin einheitlich durch Familienund Fremdgeschäftsführer vertreten werden können. Ein familieninterner Geschäftsführer kann jedoch die Entscheidungsfindung stärker beeinflussen als ein Familienexterner, indem er eine Rolle als Moderator einnimmt und Meinungsdivergenzen zielorientiert zusammenführt. Die Forschung bestätigt, dass Teamführer – in diesem Fall der Familiengeschäftsführer – einen kognitiven Konflikt aktiv forcieren müssen, um eine Norm der (affektiven) Akzeptanz zu schaffen (Amason et al., 1994, 1997; Ensley et al., 2002; Jehn, 1995, 1997). Meinungsverschiedenheiten sollten also, durch den Familiengeschäftsführer moderiert, als „fruchtbarer Dissens“ gelebt werden. Eine Kohäsion hilft dem Familiengeschäftsführer dabei, auf die gemeinschaftliche Stärke des Teams zu verweisen und darauf, dass alle an demselben Sachverhalt arbeiten. Teammitglieder werden dadurch in eine (Mit-)Verantwortung genommen. Das gezielte Forcieren der Kohäsionsentwicklung durch die Partizipation der Fremdgeschäftsführer am Entscheidungsprozess kann zudem einer häufig beobachteten Zersplitterung (Katzenbach et al., 1993) bzw. Spaltung des Geschäftsführungsteams in zwei homogene Subgruppen familieninterner und -externer Geschäftsführer (Minichilli et al., 2010; Vandekerkhof et al., 2017) vorbeugen, da gegenläufige Zielvorstellungen so offen thematisiert und geeint werden. Durch die Bildung von meinungsbasierten Interessengruppen können zudem wechselnde Gruppenkonstellationen unabhängig von der Familienzugehörigkeit entstehen. Gleichzeitig können durch den Familiengeschäftsführer in seiner Moderatorrolle klare Normen und Ziele kommuniziert werden, die eine Kohäsionsentwicklung begünstigen (Kozlowski et al., 2013) und die Sozialisierung familienexterner Geschäftsführer unterstützen. Ein Fremdgeschäftsführer kann so lernen, die soziokulturellen Muster des Familienunternehmens zu verstehen (Hall et al., 2008) und eine Sensibilität für die Belange der Eigentümer (Blumentritt et al., 2007), d. h. eine sogenannte Kontextsensitivität (WIFU, 2011), zu entwickeln. Dies inkludiert aber auch, dass der Fremdgeschäftsführer die letztgültige Entscheidungskompetenz familieninterner Geschäftsführer akzeptiert (Becker, 2006; Klein et al., 2007). Ebenso sollte er im Sinne dieser Empathiefähigkeit in die Familie eigenes Fehlverhalten reflektieren und Einsicht zeigen können. Konfliktsituationen können andernfalls von der Aufgabenebene schnell auf eine Beziehungsebene übergehen. Laut der Forschung entsteht ein Beziehungskonflikt, wenn eine Aussage oder ein Verhalten als persönliche Kritik oder Angriff aufgefasst wird (Amason et al., 1994, 1997; Jehn, 1995). Bei den befragten Familienunternehmen entschied die Wahrnehmung des Familiengeschäftsführers hinsichtlich der Verhaltensangemessenheit eines Fremdgeschäftsführers in der jeweiligen Streitsituation über die Wandlung in einen Beziehungskonflikt. Die Wertung von Verhaltensweisen Familienexterner als „persönlicher Affront“ geschieht hierbei indirekt:
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
Eine Missachtung der Unternehmenskultur durch ein Zuwiderhandeln vonseiten des Fremdgeschäftsführers wird als eine Verletzung von Vertrauen und den eigenen, verinnerlichten Werten des Familiengeschäftsführers empfunden. Unlösbare Beziehungskonflikte zwischen Familien- und Fremdmanagement münden in einem Ausscheiden des Externen aus dem Geschäftsführungsteam. Förderlich für das Handeln von Fremdmanagement im Sinne der Eigentümerfamilie wirkt eine ausgeprägte soziale Kohäsion, da Teammitglieder auf der Basis einer interpersonellen Anziehung der Gruppe zuliebe agieren (Carless et al., 2000). Ensley et al. (2005) beobachteten für Familienteams bei hoher Kohäsion das Problem des Gruppendenkens, also einen geringeren Ideenaustausch aufgrund der Rücksichtnahme auf das Empfinden anderer Teammitglieder aus der Familie. In den Interviews war diesbezüglich ein Fokus der familienexternen auf einen familieninternen Geschäftsführer als Referenzperson sichtbar. Ein Zusammenhang besteht vermutlich aufgrund der beschriebenen, erforderlichen Beachtung von Familienbelangen und Status. Um ein solches auf den familieninternen Geschäftsführer fixiertes Gruppendenken zu verhindern und ein Wirgefühl im gesamten Geschäftsführungsteam zu entwickeln, kann eine aktive Einforderung von Meinungen und Feedback in gleichberechtigter Weise (also beidseitig) helfen. Ebenso förderlich ist das Verhalten der Teammitglieder, sich in Projekten stärkenorientiert zu helfen bzw. ohne Konkurrenzbestreben Hilfe zuzulassen. So können Schwächen durch die Stärken eines Teampartners gezielt ausgeglichen werden. Die im Selektionsprozess bewusst forcierte Komplementarität der Geschäftsführer kann dieses Verhalten begünstigen, ebenso wie ein im Team herrschendes Vertrauen, sich auf die Teamkollegen verlassen zu können (Rousseau et al., 1998). Inhaltlich liegt die soziale Kohäsion der vorliegenden Studie auf einer distanzierteren Beziehungsebene als die auf Seashore (1954) basierenden Literaturdefinitionen, die ein freundschaftliches „einander Mögen“ vorgeben. Im gemischten Geschäftsführungsteam ist allerdings eine Gratwanderung zwischen interpersoneller Nähe (vgl. persönliches Vertrauen) und professioneller Distanz zu sehen, da als oberstes Organ des FUs eine angemessene Außenwirkung erzielt werden soll. Rollen, Machtauslebung und Konfliktmanagement In der Literatur wird die Auffassung vertreten, dass die Eigentümerfamilie durch das vorherrschende Menschenbild (Corbetta et al., 2004; Le Breton-Miller & Miller, 2009) und das Implementieren entsprechender Governance-Strukturen (Madison et al., 2016) das Verhalten eines Fremdgeschäftsführers im Sinne der Eigentümerfamilie wesentlich beeinflusst. Der Organisationskontext spielt auch in IPO-Modellen eine entscheidende Rolle für die Entstehung eines kollektiven Verständnisses über die Identität und Werte des Familienunternehmens (Pearson et al., 2014). In gemischten Geschäftsführungsteams wird die Beeinflussung von Fremdmanagern jedoch, anstelle
5.5 Diskussion der Ergebnisse
133
einer expliziten Organisationskontextvariable, vielmehr durch die Positionierung eines Familienmitglieds im Management übernommen. Über eine aktive Involvierung der Familie im Management können Werte situations- und verhaltensbezogen vermittelt und korrigiert werden. Bislang wurde für den Kontext gemischter Geschäftsführungsteams in der Literatur nur die Rolle von Fremdmanagern als „Professionelle“ oder „Berater“ beschrieben (vgl. Hiebl, 2013; Hiebl et al., 2013). Da die Stichprobe der vorliegenden qualitativen Studie überwiegend aus Familiengeschäftsführern bestand, wurde deutlich, dass diesen Familiengeschäftsführern eine besondere Bedeutung und spezielle Funktion zukommt. Formale Überwachung ist dabei von geringerer Bedeutung, da ein familieninterner Geschäftsführer das Verhalten von Familienexternen in der gemeinsamen Zusammenarbeit durch sein eigenes Agieren beeinflussen und sensibilisieren kann. Wie bereits dargelegt, übernimmt ein Familiengeschäftsführer die Rolle als Moderator in Entscheidungsprozessen oder als Mediator bei Konflikten innerhalb der Eigentümerfamilie und Geschäftsführung. Er kann in seiner parallelen Rollenverkörperung als Geschäftsführer und Gesellschafter zwischen diesen beiden Parteien ebenso vermitteln. Das Zusammenhalten des Geschäftsführungsteams steht aufgrund der Verinnerlichung der familienunternehmens-spezifischen Ressourcenorientierung im Hinblick auf Langfristigkeit und Beständigkeit (Sirmon et al., 2003) an oberster Stelle. Während ein reines Fremdmanagement bei heiklen Entscheidungen Unterstützung durch Kontrollgremien erhält, um nicht an der Kritik der Familie zu scheitern (Blumentritt et al., 2007), nehmen in der gemischten Gechäftsführung familieninterne Geschäftsführer eine unterstützende Funktion ein. Ein familieninterner sollte familienfremden Geschäftsführern Rückhalt geben, wenn diese vor den Gesellschaftern für ihre fachliche Meinung eintreten, und deren Neutralität unterstreichen. Ein Familiengeschäftsführer verfügt nämlich aufgrund seiner Familienzugehörigkeit über eine geschütztere Position (Block et al., 2011; Cornelli et al., 2009; Hillier et al., 2009) und kann in schwierigen Situationen einer höheren Reibung standhalten. Gleichzeitig stellt er die Erwartung, dass Fremdgeschäftsführer für begangene Fehler eigenständig geradestehen. Demgegenüber sollte ein Familiengeschäftsführer innerhalb des Geschäftsführungsteams darauf achten, die Wahrnehmung zu erzeugen, eine gleichberechtigte Partnerschaft mit den Fremdmanagern zu führen. Eine größere Gleichheit hinsichtlich struktureller Macht zwischen Familie und Nichtfamilie kann die Performance steigern (Patel et al., 2014) und die Vertrauensbeziehung stabilisieren (Ensley et al., 2005). Dabei geht es allerdings weniger um die tatsächliche formale bzw. hierarchische Symmetrie, sondern um eine gefühlte Gleichwertigkeit, die durch das Verhalten des familieninternen dem familienexternen Geschäftsführer gegenüber evoziert werden kann. Das bedeutet, auf Augenhöhe kooperativ zu arbeiten und seine Sonderstellung
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5 Studie 1: Qualitativer Forschungsrahmen
als Familienzugehöriger nicht als Trumpf auszuspielen, sondern sachorientiert und transparent zu arbeiten (vgl. Kohäsionsbildung) sowie einem Fremdgeschäftsführer Verantwortung zuzugestehen (vgl. Vertrauensbildung). Eine Harmonie im Team hängt zudem von einer Gegenseitigkeit in der Beziehung ab (Amason et al., 1997; Ensley et al., 2005). Der familieninterne Geschäftsführer vermittelt in seiner Rolle indirekt Verhaltenserwartungen an einen Fremdgeschäftsführer durch sein eigenes Verhalten, das besonders im Umgang mit Konflikten bedeutsam ist. So sollte ein Familiengeschäftsführer vorleben, Verantwortung für Fehlverhalten zu übernehmen, Lernwilligkeit und Fehlertoleranz zu zeigen, selbstkritisch zu reflektieren und bereit zu sein, Kompromisse einzugehen. Welche Auswirkung Konflikte für das Geschäftsführungsteam in seiner Ausbildung von Vertrauen und Kohäsion haben, wird folglich stark von dem Umgang mit Konflikten beeinflusst (Tekleab et al., 2009). Dabei ist das Implementieren einer offenen Diskussionskultur wesentlich für die Teameffektivität (Bradley et al., 2015). Bestandteile hiervon sind ein direktes Äußern von Konfliktperspektiven (Todorova et al., 2014; Tjosvold, Law & Sun, 2006), eine Offenheitsnorm und Toleranz für Kritik und Dissens (Amason et al., 1994, 1997; Jehn, 1995; DeDreu & West, 2001) sowie eine positive Fehler- und Feedbackkultur (Edmondson, 1999). Reziprokes Vertrauen und Kohäsion erleichtern zudem die Ansprache belastender Themen, das Zulassen von Kritik und einen offenen Meinungsaustausch. Anhand dieser sozialen Mechanismen, die aktiv durch einen Familiengeschäftsführer forciert werden können, wird also eine indirekte Steuerung eines Verhaltens im Sinne der Eigentümerfamilie bzw. Unternehmenskultur möglich. Dies sorgt gleichzeitig für ein gutes Klima im Geschäftsführungsteam.
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen Nachdem sich in den Resultaten der qualitativen Studie neben den Anforderungen an die Person eines Fremdmanagers die hohe Bedeutung der Beziehungsgestaltung zwischen familieninternen und -externen Geschäftsführern gezeigt hat, liegt der Fokus der quantitativen Studie auf den affektiven Teamzuständen des Vertrauens und der Kohäsion. Die Intention der quantitativen Studie besteht darin, die Wirkzusammenhänge zwischen strukturellen Faktoren der Teamkomposition und dynamischen Teamzuständen gemischter Geschäftsführungsteams weiter zu analysieren und auf eine größere Stichprobe auszuweiten. Da sich in den Interviews zudem herausstellte, dass nicht allein die Existenz von Konflikten bedeutsam für die Effektivität gemischter Geschäftsführungteams ist, sondern besonders die Umgangsform, soll ebenso der diesbezügliche Zusammenhang mit dynamischen Teamzuständen analysiert werden. Die Ableitung von Forschungshypothesen zu den obigen Aspekten wird in Kapitel 6.1 erläutert. Anschließend wird in Kapitel 6.2 das empirische Forschungsdesign mit den folgenden Punkten dargelegt: Datenerhebung und Konstruktion des Fragebogens, Operationalisierung und Reliabilitätsmessung der verwendeten Konstrukte, Auswahl und Beschreibung der Stichprobe (konform mit dem qualitativen Erhebungsteil) und abschließend die gewählten Methoden zur Auswertung sowie die Aufnahme der Kontrollvariablen. Die in Kapitel 6.1 aufgestellten Hypothesen werden in Kapitel 6.3 beantwortet. Abschließend werden diese quantitativen Resultate in Kapitel 6.4 im Abgleich mit den qualitativen Ergebnissen aus Kapitel 5.5 zusammenführend diskutiert. 6.1 Forschungshypothesen Die Forschungshypothesen des quantitativen Forschungsteils werden auf Basis theoretischer Grundlagen und der Ergebnisse des qualitativen Forschungsteils aufgestellt. Insgesamt resultieren vier Forschungshypothesen, die sich in Anlehnung an die in Kapitel 4 erläuterte IPO-Forschung mit dem Zusammenwirken von Inputfaktoren, Prozessen und Dynamiken im Team hinsichtlich der Teameffektivität befassen. Dabei ist die Stichprobe selbst das Neuartige: der Teamtypus gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen. Zunächst soll die Wirkung struktureller Faktoren der Teamzusammensetzung auf dynamische Teamzustände überprüft werden (Hypothese 1), um anschließend deren gemeinsame Wirkung auf die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in FU zu untersuchen (Hypothese 2). Danach soll der Einfluss von Konflikten als Teamprozess auf die Teameffektivität, unter Mediatorwirkung der Zustandsvariablen Vertrauen und Kohäsion, geprüft werden (Hypothese 3). Abschließend soll untersucht werden, inwiefern der Einsatz von Konfliktmanagementstrategien die Wirkung von Konflikten auf die Teamzustände des Vertrauens und der © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 A. Pfeiffer, Die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen, Familienunternehmen und KMU, https://doi.org/10.1007/978-3-658-30723-3_6
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6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Kohäsion moderiert (Hypothese 4). Im Folgenden wird die Herleitung dieser vier Hypothesen dargelegt. 6.1.1 Hypothese 1: Zusammensetzung des Geschäftsführungsteams Die erste Hypothese greift die Wirkung von strukturellen Faktoren der Teamkomposition auf Faktoren der dynamischen Teamzustände auf. Es soll überprüft werden, wodurch die Ausbildung von Vertrauen und Kohäsion beeinflusst wird, da sich diese beiden Teamzustände in der qualitativen Studie (vgl. Kap. 5) als bedeutsam für eine effektive Zusammenarbeit zwischen Familien- und Fremdmanagement herauskristallisiert haben. In der FU-Forschung zu gemischten GF-Teams existiert hierzu bislang keine empirische Basis, obwohl die Bedeutung der sozialen Interaktion zwischen Teammitgliedern in Familienunternehmen erheblich ist (Schjoedt et al., 2013; Pearson et al., 2014). In der klassischen Managementforschung finden sich dagegen nur Studien zum Einfluss der Teamzusammensetzung auf die Teameffektivität in TMTs, jedoch fehlt dort die Betrachtung von Teamprozessen (vgl. Kap. 4.4); dieser Zusammenhang wird anschließend anhand der zweiten Hypothese untersucht. Aus der Teamforschung sind Resultate bezüglich des Einflusses struktureller Faktoren auf Teamprozesse und zustände vor allem zu anderen Teamarten bekannt (Cohen et al., 1997). Die Übertragbarkeit auf gemischte Geschäftsführungsteams in FU ist allerdings fraglich, da dieser Teamtypus spezifischen Merkmalen unterliegt. Diese entstehen besonders durch die Einflussnahme der Eigentümerfamilie auf das Unternehmen mittels der Besetzung einer Führungsposition im TMT und einer damit verbundenen Sonderstellung eines IntGFs (vgl. Kap. 4.1, 5.5). Es wird zudem ein spezieller Einfluss familienspezifischer Inputfaktoren auf soziale Prozesse vermutet (Ensley et al., 2005; Pearson et al., 2014). Es bedarf daher einer Überprüfung, inwiefern die Resultate existenter Forschung sich auch in gemischten TMTs in FU zeigen. Ein erster Versuch soll anhand der vorliegenden Stichprobe unternommen werden. So lassen sich für Hypothese eins die folgenden Annahmen aufstellen: H1. Strukturelle Faktoren beeinflussen die Teamzustände (a) Vertrauen, (b) soziale Kohäsion und (c) Aufgabenkohäsion. (drei Hypothesen) Dabei werden für die strukturellen Faktoren (i) bis (v) die folgenden Zusammenhänge vermutet:
6.1 Forschungshypothesen
(i)
137
Die Teamgröße wirkt sich negativ auf die Teamzustände (a) bis (c) aus.
In vielen Managementstudien wird die Teamgröße als Kontrollvariable inkludiert, weshalb auch ein Rückgriff auf sozialpsychologische Forschung erfolgen sollte (Haleblian & Finkelstein 1993; z. B. in Vandekerkhof et al., 2017; Schaubroeck, Lam & Peng, 2011). Während mit zunehmender Teamgröße bei TMTs aufgrund der größeren Ressourcenmenge („kognitive Fähigkeiten“, Haleblian et al., 1993) und der größeren Anzahl von Verbindungspunkten zwischen Teammitgliedern (LePine et al., 2008) die Vielfalt an Perspektiven und Informationsverarbeitungsprozessen steigt, nimmt ebenso die Tendenz zu Koordinations- und Kommunikationsproblemen zu, was in der Folge die Aufgabenintegration erschwert (Blau, 1970; Simsek et al., 2005). Ebenso zeigen Studien die Tendenz, dass die interpersonelle Anziehung im Team sowie die Performance mit zunehmender Größe eher abnimmt (Shaw, 1981; Mullen et al., 1994). Diese Aspekte sprechen dafür, dass kleinere Teams kohäsiver sind. Für den Einfluss der Teamgröße auf das Vertrauen innerhalb des Teams ist demgegenüber keine empirische Basis vorhanden. Die Teamgröße wird in relevanten Studien als Kontrollvariable neben Vertrauen als Prädiktor in Modelle eingeführt, z. B. auf Knowledge Sharing (Bakker, Leenders, Gabbay, Kratzer & Engelen, 2006) oder auf Team Creativity (Barczak, Lassk & Mulki, 2010), oder mit Vertrauen als Moderator zwischen Beziehungs- und Aufgabenkonflikt (Simons et al., 2000). Darüber hinaus erschwert die Vielfalt an Operationalisierungen des Vertrauenskonstruktes eine Übertragbarkeit der Ergebnisse (vgl. Kap. 4.5 und 6.2.2). Die Hypothesenformulierung erfolgt daher auf Basis der Interviews der vorliegenden Disseration (vgl. Kap. 5). Diese lassen einen negativen Zusammenhang zwischen Teamgröße und Vertrauen vermuten. Interviewpartner mit Zweier-Geschäftsführungsteams ziehen den Vergleich „wie ein altes Ehepaar zu sein“ (Interview 6, Z. 37–39; s. auch Interview 1 und 7). Auch der Vergleich „austauschbar zu sein“ weist auf ein ausgeprägtes Vertrauen und eine starke Kohäsion hin. Ein Interviewpartner führt in diesem Rahmen an, dass sich „ein tiefes Vertrauen hauptsächlich zwischen zwei Personen bilateral ausbilden kann“ (Interview 17). Die Interviews erzeugen zudem den Eindruck, dass die Beziehung zwischen den Teammitgliedern mit zunehmender Teamgröße professioneller wird (z. B. Interview 4) sowie stärker durch den IntGF gelenkt und in Entscheidungssituationen beeinflusst wird (z. B. Interview 5 als Beispel für eine hohe Kontrolle: Verhaltensregeln, Advocatus Diaboli, stärkere Mentorenrolle und Springer, mehr Gesamtüberblick). Dies weist ebenso auf die Abnahme von sozialer Kohäsion und Vertrauen hin, schließt jedoch eine Steigerung der Aufgabenkohäsion nicht aus. Dennoch kann auf einen negativen Zusammenhang zwischen Teamgröße und Vertrauen geschlossen werden, da bei Entscheidungsprozessen in kleineren Kreisen leichter eine Einigung und ein gemeinsames Verständnis erzielt werden können (Interview 4).
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6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
(ii)
Die Anzahl familieninterner Geschäftsführer im Team wirkt sich negativ auf die Teamzustände (a) bis (c) aus.
Bezüglich der Anzahl familieninterner Geschäftsführer im Team ist nur Literatur im Hinblick auf die Unternehmensperformance existent. Hier wurde ein u-förmiger Zusammenhang zwischen Familienmitgliedern im TMT bzw. dem Familieneinfluss und der Performance festgestellt. Die Performance profitiert von einer ausgeglichenen Verteilung der beiden Gruppen im TMT (DeMassis et al., 2013, 2015; Minichilli et al., 2010; vgl. Kap. 2). Für eine diesbezügliche Wirkung auf die Ausbildung von Kohäsion und Vertrauen ist dagegen keine empirische Basis vorhanden. Lediglich Pearson et al. (2014) weisen in einer Konzeptionsstudie darauf hin, dass die Konzentration von Familienmitgliedern im TMT ein bedeutendes Teamcharakteristikum darstellt und die familiäre Bindung zu dem Teilen einer gemeinsamen Vision und gemeinsamer Ziele beiträgt. Eine zunehmende Anzahl von IntGF im TMT dürfte allerdings die Integration von Fremdmanagement in das Geschäftsführungsteam erschweren, da durch die tendenziell stärkere Bindung der IntGF aneinander, die bereits vor Antritt des GFVerhältnisses aufgrund der Angehörigkeit zur Eigentümerfamilie existiert (Davis, Allen & Hayes, 2010; Ensley et al., 2005; Nicholson, 2008; Stewart, 2003), die Entwicklung von Kohäsion beeinflusst wird. Es besteht die Gefahr, dass zwischen Familienmitgliedern eine zu hohe Kohäsion entsteht und ein Gruppendenken die Ideengenerierung einschränkt (Amason et al., 1997; Ensley et al., 2002; Janis 1982) oder eine Gruppenspaltung zwischen Familien- und Fremdgeschäftsführern zur Folge hat (Minichilli et al., 2010). Dass die Kohäsionsbildung zwischen Familienmitgliedern hoch ist, zeigt sich auch in den Interviews (vgl. z. B. Interview 17). Vonseiten mancher Interviewpartner fällt der Ausspruch „Blut ist dicker als Wasser“ (Interview 4 und 9), was die Annahme einer natürlichen, zwischenmenschlichen Anziehung aufgrund der Genetik stützt (Interview 11, Z. 109). Die Entwicklung von Nähe eines ExtGFs zu einem IntGF fällt daher in kleineren Teams bzw. mit weniger IntGF leichter, da ein ExtGF seine Rolle durch mehr Nähe intensiver leben kann (vgl. Kap. 5.4.6). Ebenso kann das Transparentmachen des Informationsflusses zwischen Familienmitgliedern bei einer höheren Anzahl von IntGF erschwert werden und dadurch der Fokus auf die Gemeinschaft im Gesamtteam verwässert werden (vgl. Kap. 5.4.4). (iii)
Die Selektion eines familienexternen Geschäftsführers per Team, CEO und Beirat (BR)/Aufsichtsrat (AR) wirkt sich positiv auf die Ausbildung der Teamzustände (a) bis (c) aus.
Auch für diese familienunternehmensspezifischen Kriterien existieren keine empirischen Befunde hinsichtlich ihrer Wirkung auf Vertrauen und Kohäsion. In den Interviews wurden diese Kriterien zwar nicht direkt erfragt, auf Basis der qualitativen Resultate aus Kapitel 5.4 lassen sich jedoch Vermutungen aufstellen. Die Selektion
6.1 Forschungshypothesen
139
eines ExtGFs durch das gesamte GF-Team sollte eine positive Auswirkung auf die Ausbildung von Vertrauen und Kohäsion im Team zeitigen, da der neu eingestellte ExtGF von allen Teammitgliedern abgesegnet wurde. Diese gemeinschaftliche Befürwortung als solche ist bereits ein Zeichen einer wahrgenommenen Gleichberechtigung und Integration und sollte die Eingliederung des neuen Teammitgliedes auf selbiger Basis fördern (vgl. Kap. 5.4.7). Die Selektion eines ExtGFs durch den CEO, der in den überwiegenden Fällen der Interviews aus einem IntGF bestand, sollte sich auf die Vertrauensfassung und die Aufgabenkohäsion positiv auswirken. Schließlich nimmt er in seiner Rolle (vgl. Kap. 5.4.6) einen erheblichen Einfluss auf die Verteilung von Zuständigkeiten und das gemeinsame Commitment sowie die Verantwortungsübernahme des gesamten Teams. Auch die kontinuierliche Vertrauensfassung des IntGFs in seine GF-Teammitglieder ist ein wesentliches Kriterium für den Verbleib eines GFs im Team (Bsp.: „negative Konsequenzen von Fehlverhalten“, vgl. Kap. 5.4.5/6; Einfluss auch durch entsprechende „Passung“ zur Person des IntGFs, vgl. Kap. 5.4.1/2). Auf die soziale Kohäsion dagegen kann der CEO einen positiven wie auch einen negativen Einfluss haben, da deren Ausbildung vom Forcieren des Gemeinschaftsgedankens und von der Intensität des Auslebens der Springerrolle beeinflusst wird (vgl. Kap. 5.4.6). Ebenso uneindeutig ist die Auswirkung der Selektion eines ExtGFs durch den BR bzw. AR, da das Ausmaß der Einflussnahme dieses Gremiums je nach FU verschieden hoch ausfällt. Während manche Interviewpartner das AR-Gremium als reine Plattform zum formalen Absegnen aufgrund der Rechtsform des Unternehmens ansehen (z. B. Interview 5), schätzen andere Interviewpartner den BR als Sparringspartner für eine weitere Perspektive auf die Einschätzung der Person des Bewerbers (z. B. Interview 6). Letzterer Fall sollte sich positiv auf die Vertrauensbildung auswirken, da Vertrauen in selbst gewählte Personen leichter gefasst werden kann und der BR durch die regelmäßige Evaluation des GF-Teams (z. B. Interview 3 oder 16) ein gutes Einschätzungsvermögen hinsichtlich der Passung zu den restlichen Teammitgliedern besitzt. (iv)
Die Dauer des Teambestehens wirkt sich positiv auf die Ausbildung der Teamzustände (a) bis (c) aus.
Die Dauer des Teambestehens wird wie die Variable der Teamgröße überwiegend als Kontrollvariable neben Teamprozessvariablen in Modelle eingeführt (z. B. Stewart & Barrick, 2000; Vandekerkhof et al., 2017) und daher selten isoliert untersucht. Viele Studien geben die Dauer des Teambestehens nicht an oder untersuchen Gruppen, die für die Studie neu formiert wurden (Castaño, Watts & Tekleab, 2013). Castaño et al. (2013) führen das Teambestehen als Moderatorvariable auf die Beziehung zwischen Kohäsion und Performance ein. Dem liegt der Hinweis zugrunde, dass die Teammitglieder für den Aufbau einer wechselseitigen Beziehung und eines Zusammenhaltes. Zeit für die Gewöhnung aneinander benötigen. Ein Team benötigt also
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6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Zeit zum Kennenlernen, um sich zu einem gut funktionierenden Team zu entwickeln (Chiocchio et al., 2009; Goodman & Leyden, 1991; s. auch Teamentwicklungsmodelle von Tuckman, 1965 oder Gersick, 1988). Auch laut der Forschungsliteratur zu Vertrauen steigt mit zunehmender Lebensdauer des Teams und häufigerem Kontakt zwischen den Teamkollegen die Wahrnehmung von Vertrauenswürdigkeit (Becerra & Gupta, 2003) und das Wohlwollen gegenüber den Teampartnern (Cruz et al., 2010). Die Interviews (vgl. Kap. 5) lassen ebenso die Annahme eines positiven Zusammenhangs des anhaltenden Teambestehens mit Vertrauen und Kohäsion zu. Die Erzählungen der Interviewpartner bestätigen die Bedeutung der zeitlichen Entwicklung von Vertrauen (z. B. Interview 6) und des Teamzusammenhalts (z. B. Interview 2). (v)
Die Kontrollausübung seitens der Eigentümerfamilie wirkt sich positiv auf den Teamzustand (c), auf (a) und (b) hingegen negativ aus.
Im Rahmen der PAT und ST (vgl. Kap. 2) wurde erläutert, welchen Einfluss eine Kontrollausübung seitens der Familie als Agenten auf die Zusammenarbeit nehmen kann, versus ein auf Partizipation beruhendes Miteinander. Diese Orientierung prägt besonders die Art der Vertrauensbeziehung: Eine auf Involvierung ausgerichtete Philosophie impliziert ein hohes Maß des Glaubens an die guten Absichten der Geschäftsführung, wohingegen einer stärkeren Kontrollorientierung nur ein scheinbares Vertrauen zugrunde liegt. Tatsächlich wurzelt dieses Vertrauen jedoch in einer kalkulativen Natur (Corbetta et al., 2004). Die Vertrauensbildung wird zwar aufgrund von Informationsasymmetrien und der Sorge wegen opportunistischer Verhaltensweisen erschwert, kann aber ähnliche Vorteile bieten wie formalisierte Governance-Strukturen (Eddleston et al., 2010) bzw. durch ihre Wirkung eine Überwachungsnotwendigkeit reduzieren (Costa et al., 2009; Langfred, 2004). Aus den Interviews (vgl. Kap. 5) ergibt sich, dass eine geringe Einflussnahme (Thema des Einmischens in das Operative, Beanspruchung eines „Informationsrechtes“ usw.) der Eigentümerfamilie förderlich auf die Vertrauensbeziehung und die Ausbildung der sozialen Kohäsion wirkt. Einige Interviewpartner verweisen auf die anerkennende Wertschätzung durch die Familie, die der Geschäftsführung und damit den ExtGF die Freiheit zum unternehmerischen Gestalten lässt (vgl. Kap. 5.4.7, z. B. Interview 7). Demgegenüber kann eine Kontrollausübung seitens der Eigentümerfamilie positiv auf die Aufgabenkohäsion wirken, denn sie sollte zu einer klaren Ausrichtung des Teams und zu einem gemeinsamen Verständnis der Ziele führen.
6.1 Forschungshypothesen
141
6.1.2 Hypothese 2: Wirkung von strukturellen Faktoren und dynamischen Zuständen auf die Teameffektivität Die zweite Hypothese überprüft die in der Literatur vorherrschende Auffassung (vgl. Kap. 4), dass die Teamzusammensetzung von TMTs einen erheblichen Einfluss auf die Performance ausübt. Häufig werden in der Managementforschung zur Überprüfung dieser Annahme demografische Proxys verwendet (Carpenter et al. 2004; Hambrick, 2007). Zwar erfolgt in der traditionellen TMT-Forschung eine Erweiterung, z. B. durch die Einführung des Konstruktes der Behavioral Integration28, um durch die Hinzunahme intervenierender Prozesse im Team die Wirkung auf die organisationale Performance besser abbilden zu können (Hambrick, 2007; Simsek et al., 2005). Unter teampsychologischer Betrachtung greift die Verwendung eines einzelnen Konstruktes, das zudem Zustands- und Outputvariablen vermischt (sichtbar anhand der Operationalisierung des Konstruktes; die Einordnung erfolgt als gemischter Mediator, vgl. Mathieu et al., 2008), aber zu kurz. Entscheidend ist jedoch, dass die Bedeutung dynamischer Zustände im Team auch für die Teameffektivität von TMTs erkannt wurde. Diese Teamdynamiken können eine zusätzliche Erklärungskraft für die Beziehung zur Effektivität von Managementteams hinzufügen (Nielsen, 2010). Die zweite Hypothese der vorliegenden Forschungsarbeit soll sich der Überprüfung einer gemeinsamen Wirkung von strukturellen Faktoren und dynamischen Zuständen aus der Teampsychologie in gemischten Geschäftsführungsteams annehmen. So zeigt die bisherige psychologische Forschung, dass starke Verbindungen zwischen Charakteristika, Teamzuständen und Effektivitätskriterien existieren (vgl. zur IPOForschung Kap. 4; Ensley, et al., 2002). Auf dieser Basis werden Kompositionsfaktoren und Teamzustände gleichzeitig in einem Modell inkludiert, um deren gemeinsame Wirkung auf die Effektivität des gemischten Geschäftsführungsteams zu untersuchen. Als Teamkompositionsfaktoren werden die in Hypothese eins diskutierten Charakteristika inkludiert, um spezifische Kompositionsfaktoren gemischter GF-Teams in FU zu überprüfen. Als Teamzustandsvariablen werden jene Konstrukte aufgenommen, die sich in den Interviews als bedeutsam herauskristallisiert haben: Vertrauen, soziale Kohäsion, Aufgabenkohäsion sowie das Machtstreben der Geschäftsführer. Als Effektivitätskriterien werden die kognitive Performance und Zufriedenheit verwendet. So lassen sich für Hypothese zwei die folgenden Annahmen aufstellen:
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Das Konzept der Behavioral Integration besteht aus drei Dimensionen: dem Level an kollaborativem Verhalten, der Quantität und Qualität des Informationsaustauschs und der Betonung der gemeinsamen Entscheidungsfindung (Simsek et al., 2005).
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6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
H2. Strukturelle Faktoren und dynamische Teamzustandsvariablen beeinflussen die Teameffektivitätskriterien (a) kognitive Performance und (b) Teamzufriedenheit gleichermaßen. (zwei Hypothesen) 6.1.3 Hypothese 3: Mediatoreffekte auf die Beziehung Konflikt – Teameffektivität Die Interviewauswertung verdeutlicht, dass die Effektivität des Geschäftsführungsteams von vielfältigen Faktoren abhängig ist. Neben den dynamischen Teamzuständen im Team können auch Konflikte einen bedeutsamen Einfluss nehmen (vgl. Kap. 5.4.5). Der Wirkzusammenhang dieser Faktoren soll in der dritten Hypothese fokussiert werden. Wie in Kapitel 4.5 thematisiert, finden die Studien mehrheitlich einen negativen Zusammenhang zwischen Beziehungskonflikten und Teamperformancekriterien, während für Aufgabenkonflikte ein positiver Zusammenhang besteht (De Wit, Greer & Jehn, 2012). De Dreu et al. (2003) hingegen können entgegen der gängigen akademischen Auffassung keinen positiven Effekt von Aufgabenkonflikten bestätigen, sondern zeigen eine Zunahme der negativen Effektstärke für hoch komplexe Teams (z. B. für Entscheidungsträger). Diese unterschiedlichen Ergebnisse können mit der Wahl des Effektivitätskriteriums zusammenhängen, da die positiven Effekte eher für distale Kriterien wie die finanzielle Performance oder Entscheidungsqualität gefunden wurden, nicht aber für proximale wie die Zufriedenheit im Team (De Wit et al., 2012). In der Forschungsliteratur zu Gruppenkonflikten wird darüber hinaus zunehmend der Schritt weg von der Vorstellung unternommen, dass verschiedene Konflikttypen eine direkte Auswirkung auf die Performance haben. Stattdessen wird angenommen, dass verschiedene Aspekte von Teamprozessen und -dynamiken dazu dienen, die Auswirkungen eines Konflikts auf die Gruppenergebnisse im Allgemeinen zu verbessern oder zu verschärfen (Befahr et al., 2008). Die dominante Logik zur Wechselwirkung von Konflikt mit der Zustandsvariable Vertrauen (diese beiden zeigen gegensätzliche Effekte auf die Performance) liegt in der Sichtweise, dass Vertrauen die Effektivität positiv beeinflusst, indem dieses das Konfliktlevel reduziert (Dirks & Ferrin, 2001; Peterson & Behfar, 2003; Simons et al., 2000) bzw. eine Toleranz für Konflikte schafft (Carmeli, Tishler & Edmondson, 2012). Ein weiterer, weniger beachteter Strang der Forschung nimmt an, dass ein Konflikt die Effektivität reduziert, indem er das Vertrauen im Team zerschlägt (Langfred, 2007). Zu Kohäsion hingegen wurde Konflikt nur anfänglich als Antithese betrachtet, da diese das Teilen einheitlicher Ziele und gegenseitiger Anziehung beinhaltet und Konflikte somit nicht entstehen könnten (Sullivan & Feltz, 2001). Die anschließende Forschung zeigt hingegen, dass eine ausgeprägte Kohäsion im Team durch offene, wechselseitige Interaktionsnormen und Toleranz kognitive Konflikte sowie einen positiveren Umgang mit affektiven Konflikten ermöglicht
6.1 Forschungshypothesen
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und dadurch zu höherer Performance führt (Amason et al., 1997; De Dreu et al., 2001; Ensley et al., 2002; Kozloswki et al., 2013). Kognitive Konflikte können allerdings bei zu hoher Kohäsion und damit entstehendem Gruppendenken unterdrückt werden, um der Meinung der Teamkollegen nicht entgegenzulaufen (Ensley et al., 2002). Die Formulierung der dritten Hyptohese knüpft an einen Vorschlag von Tekleab et al. (2009) an, die Kohäsion als Mediator zwischen Konflikt und Teameffektivität installieren (mit zusätzlichem Moderatoreffekt von Konfliktmanagement, hierzu s. Hypothese 4). So weisen Studien darauf hin, dass eine hohe Beziehungsnähe (die in den Konstrukten der Kohäsion und des Vertrauens verankert ist) als Puffer negativer Konflikteffekte fungiert (Rispens et al., 2011). Auch in den Interviews (vgl. Kap. 5.4) entsteht der Eindruck, dass die Wirkung von Konflikten auf die Effektivität des Geschäftsführungsteams von der Dynamik innerhalb des Teams abhängig ist. Wenn eine soziale Kohäsion im Team vorhanden ist, werden Meinungsverschiedenheiten offen ausdiskutiert und die Zuständigkeiten stärkenorientiert verteilt. Eine Aufgabenkohäsion im Team sorgt gleichzeitig dafür, dass ein gemeinsames Verständnis von Zielen vorhanden ist und Verantwortung gemeinschaftlich übernommen wird (vgl. Kap. 5.4.4). Ein bestehendes Vertrauen im Team ermöglicht zudem, die Teamkollegen in guter Intention allein agieren lassen zu können und eine schlechtere Leistung eines einzelnen Teammitgliedes im Team aufzufangen (vgl. Kap. 5.4.3). Durch das Etablieren einer solchen Dynamik im Team hat ein Konflikt kaum spürbare Auswirkungen auf die Effektivität des Teams, da dieser abgefedert werden kann. So lässt sich für Hypothese drei die folgende Annahme aufstellen: H3. Die Teamzustände Vertrauen, soziale Kohäsion und Aufgabenkohäsion intervenieren in der Beziehung zwischen Konflikt als Teamprozess und den Teameffektivitätskriterien kognitive Performance sowie Zufriedenheit. (eine Hypothese)
Abbildung 14. Visualisierung der angenommenen Zusammenhänge der Konstrukte
144
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
6.1.4 Hypothese 4: Die Moderatorrolle von Konfliktmanagement Die vierte Hypothese soll überprüfen, inwiefern Konfliktmanagementstrategien die Beziehung zwischen einem Konflikt und den Teamzuständen Vertrauen und Kohäsion beeinflussen. Konflikte können durch konstruktive Konfrontationspraktiken nämlich gemindert werden (Bradley et al., 2015; Kellermanns et al., 2008; Pearson et al., 2014). In der Literatur findet sich zu dieser Beziehung eine Studie von Tekleab et al. (2009), die bestätigt, dass die Art der Konfliktbewältigung für die langfristige Entwicklung sowie für den Ausprägungsgrad der Kohäsion im Team bedeutsam ist (Studiendesign: Konfliktmanagement als Moderator der Beziehung Konflikt – Kohäsion). Das Konstrukt des Vertrauens wird in der Literatur hingegen eher als intervenierende Variable thematisiert, beispielsweise in Aufgaben- und Beziehungskonflikten (Langfred, 2007; Simons et al., 2000), oder als Mediator auf die Teamperformance (Curşeu & Schruijer, 2010). Gleichfalls bestätigen Studien eine negative Auswirkung von Konflikten auf die dynamischen Zustände Kohäsion und Vertrauen (De Wit et al., 2012; Langfred, 2007), wobei Aufgabenkonflikte auf die Kohäsion auch einen positiven Effekt erzielen können (Tekleab et al., 2009). Unabhängig von der konfliktdimensionsabhängigen Richtung des Effektes bleibt festzuhalten, dass Konfliktmanagementstrategien eine positive Moderatorrolle zukommen kann (Tekleab et al., 2009). Ein konstruktiver Umgang mit Konflikten ist essenziell für die Herstellung eines vertrauensvollen Klimas und, daraus resultierend, einer guten Teamperformance (Befahr et al., 2008; De Church et al., 2013; De Dreu et al., 2003; Pluut et al., 2013). Auch die Interviewauswertung unterstreicht die Bedeutung einer zielführenden Konfliktbewältigung für die Entwicklung von Vertrauen und Kohäsion im Team. Diese Bedeutung zeigt sich beispielsweise in metaphorischen Vergleichen der Interviewpartner des GFTeams mit einer Paarbeziehung (Interview 1, Z. 52) oder Ehe (Interview 6, Z. 29). Hierin offenbart sich eine starke Ausprägung von sozialer Kohäsion, die durch kontinuierliches Konfliktmanagement bestehen bleibt, „denn man muss sich immer wieder zusammenraufen, wie in einer Paarbeziehung auch“ (Interview 1, Z. 52). Aufgrund der dünn gesäten Literatur in der IPO-Forschung zum Teamtypus des TMTs und zur Bedeutung des jeweiligen Kontextes für die Wirkungsweise der Konstrukte (vgl. Kap. 4, Cohen et al., 1997) werden die Konfliktmanagementstrategien auf Basis der qualitativen Forschungsergebnisse formuliert (vgl. Kap. 5.4). Somit ist sichergestellt, dass die Umgangsformen mit Konflikten auf den Teamtypus der gemischten Geschäftsführungsteams im Kontext von Familienunternehmen anwendbar sind. Konflikt wird zudem als eindimensionales Konstrukt angenommen, da bei Beziehungskonflikten als Wahrnehmung einer zwischenmenschlichen Inkompatibilität (Simons et al., 2000), im Fall von Familienunternehmen zur Person des IntGFs (vgl. Kap. 5.4.1, Pas-
6.1 Forschungshypothesen
145
sung, und 5.4.5, Konflikt), der Ausschluss des betroffenen ExtGFs aus dem Geschäftsführungsteam erfolgt. So lassen sich für Hypothese vier die folgenden Annahmen aufstellen: H4. Der Einsatz von Konfliktmanagementstrategien moderiert den Effekt von Konflikten auf die Teamzustände (a) Vertrauen, (b) soziale Kohäsion und (c) Aufgabenkohäsion. Der Einfluss von Konflikten auf die Kriteriumsvariablen (a) bis (c) wird durch Konfliktmanagementstrategien geschwächt. (drei Hypothesen) Dabei werden folgende Konfliktumgangsstrategien gemeinsam in einem Regressionsmodell geprüft: Konflikte haben einen (umso) schwächeren Einfluss auf (a) bis (c), ... (i)
... je stärker ein familieninterner Geschäftsführer die Bindegliedsfunktion im GF-Team einnimmt.
In Kap. 5.4.6 wurde erörtert, dass dem IntGF die besondere Rolle zukommt, den Teamzusammenhalt zu fördern. Er dient als Bindeglied zwischen den Geschäftsführern, ebenso wie als Brücke zur Eigentümerfamilie. Im Falle des Auftretens von Konflikten kann er zu diesem Zwecke als Konfliktmediator wirksam werden. Bei Bedarf kann er Zuständigkeiten neu verteilen (vgl. zu stärkenorientiertem Agieren sowie Kohäsion Kap. 5.4.4 und zur Rolle des IntGFs Kap. 5.4.6). (ii)
... je stärker eine offene und konstruktive Streitkultur im GF-Team gelebt wird.
Die Resultate aus Kap. 5.4.5 zeigen, dass eine Plattform für offene Diskussionen zwischen den Geschäftsführern geschaffen werden sollte. Die Relevanz einer offenen Konfliktdiskussion stützt auch die etablierte Forschung (Amason et al., 1997; De Dreu et al., 2001; Tjosvold et al., 2006). Für eine effektive, auf Gemeinsamkeit bauende Zusammenarbeit sollten Konflikte sachorientiert gelebt und positiv bewertet werden. Als störend empfundene Themen sollten ebenso wie Kritik eigenständig angesprochen werden. (iii)
... je stärker sich die Zusammenarbeit an klaren Leitlinien orientiert.
Die qualitativen Forschungsergebnisse zeigen, dass Konflikte aufgrund von Fehlverhalten eines ExtGFs (z. B. durch Missachtung von informell geltenden Regeln) entstehen können. Der Verweis auf im Unternehmen geltende Leitlinien kann in Konfliktsituationen hilfreich sein, um eine Orientierung für adäquates Verhalten zu geben und ein gemeinsames Verständnis herzustellen (s. auch Kap. 5.4.1 zur Passung: ein gemeinsames Führungsverständnis und die Übernahme einer Vorbildfunktion in FU sind von großer Bedeutung). Normen können Klarheit über die Erwartungen verschaf-
146
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
fen und für die Bildung eines gemeinsamen Verständnisses förderlich sein (Kozlowski et al., 2013; Pearson et al., 2014). (iv)
... wenn Meinungsverschiedenheiten vermehrt in Vieraugengesprächen diskutiert werden.
In Kapitel 5.4.5 wurden verschiedene Formen angesprochen, um Feedback oder Kritik im Gesamtteam versus im persönlichen Gespräch zu äußern. Divergierende Meinungen sollten zwar offen im Gesamt-GF-Team diskutiert werden, um eine einheitliche Entscheidung herbeizuführen. Wenn sich diese allerdings zum Konflikt verhärten, sollte eine Ansprache unter vier Augen erfolgen, um den Teamzusammenhalt durch eine Zuspitzung des Konfliktes nicht zu gefährden. Auch Studien zeigen, dass Reflexivitätsprozesse die Wirkung von Vertrauen im Team auf die Performance verstärken (Decuyper et al., 2010). (v)
... wenn nach Fehlentscheidungen eines Geschäftsführers das Vertrauen erneut leicht gefasst wird.
In Kapitel 5.4.5 wurde thematisiert, dass eine tolerante Fehlerkultur im GFTeam gelebt werden sollte. Das bedeutet ein Klima zu schaffen, in dem Fehler offen zugegeben werden können, weil ein Ansatz der positiven Unterstellung herrscht (anstelle einer Verurteilung ohne Hinterfragen der Motive des Fehlerverursachers) und dadurch eine Lernwilligkeit evoziert wird. Die „schädliche“ Wirkung von Konflikten auf den Zusammenhalt und das Vertrauen im Team kann folglich durch die Schenkung neuer Vertrauensvorschüsse gemindert werden („vertrauensgenerierende Interventionen“, s. dazu auch Rousseau et al., 1998; Langfred, 2007). (vi)
... je stärker eine gegenseitige Anpassungsbereitschaft seitens der Familie und der externen Geschäftsführung ausgeprägt ist.
In Kapitel 5.4.5 und 5.4.6 wird ersichtlich, dass es der positive Umgang mit Konflikten erfordert, sich aufeinander zubewegen zu können. Besonders in Familienunternehmen ist eine Beidseitigkeit zwischen IntGF und ExtGF im GF-Team entscheidend. Auf der einen Seite sollte ein ExtGF über eine ausreichende Kontextsensitivität verfügen und Familieninteressen beachten. Auf der anderen Seite sollte die Eigentümerfamilie den ExtGF eine entsprechende Wertschätzung entgegenbringen, indem sie die ExtGF einbezieht. Ein IntGF sollte die ExtGF zudem nicht ständig seine Sonderstellung spüren lassen (d. h. Partizipation auf Augenhöhe, Gleichwertigkeit).
6.2 Empirisches Forschungsdesign
147
6.2 Empirisches Forschungsdesign Zunächst werden die Datenerhebung und die Konstruktion des Fragebogens erläutert (Kap. 6.2.1). Anschließend wird die Operationalisierung der aus der qualitativen Studie herausgefilterten Konstrukte inklusive ihrer Skalenreliabilität dargelegt (Kap. 6.2.2). Es folgen die Auswahl und Beschreibung der quantitativen Stichprobe (Kap. 6.2.3). Zuletzt werden die gewählten Auswertungsverfahren zur Hypothesenprüfung (Kap. 6.2.4) und die Wahl der inkludierten Kontrollvariablen vorgestellt (Kap. 6.2.5). 6.2.1 Datenerhebung und Konstruktion des Fragebogens Für die Erhebung der quantitativen Daten wurde das Format der schriftlichen Befragung mittels Fragebögen gewählt. Durch diese soll das Verhalten der Mitglieder des Geschäftsführungsteams in ihrem geschäftlichen Alltag im Hinblick auf ihre Zusammenarbeit erfasst werden. Im Vorhinein wurde überprüft, inwiefern für die Zusammenarbeit von Geschäftsführungsteams im Kontext des Familienunternehmens bereits entwickelte Fragebögen vorliegen. Für dieses Themengebiet sind allerdings keine validierten Items vorhanden. Aus diesem Grund wurden drei etablierte Konstrukte aus der Teamforschung herausgegriffen, die sich auch in den Interviews als relevant erwiesen haben. Diese wurden entsprechend dem Teamtypus sowie dem Kontext des FUs hinsichtlich des Wordings und Inhaltes angepasst. Die restlichen Items des Fragebogens wurden im Sinne des Mixed-Method-Ansatzes aus den Resultaten der geführten Interviews entwickelt. Dadurch sollen die für die Interviewpartner relevantesten Themenfelder in den Fragebogen eingebracht sowie die Spezifika von Managementteams im Kontext des Familienunternehmens eingearbeitet werden. Im Rahmen der Formulierung der Items wurden die Regeln nach Porst (2000) befolgt. Abschließend wurden diese mit zwei Experten (familieninternen Geschäftsführern) diskutiert. Die Mehrheit der Items besteht aus 6-stufigen Likert-Skalen. Diese können als quasimetrisch angenommen werden. Auf neutrale Mittelkategorien wurde verzichtet, um eine Indifferenz in der Meinung zu vermeiden (Bortz et al., 2006, S. 180). Zu Beginn der Fragebogenerhebung wurde über die Gewährleistung der Anonymität aufgeklärt sowie eine klare Instruktion zur Beantwortung des Fragebogens erteilt. Der Fragebogen wurde auf einer Onlineplattform erstellt und als Link in einem personalisierten Aufruf zur Studienteilnahme per E-Mail versendet. Ein Äquivalent des Fragebogens wurde in Printform entworfen, um den Studienteilnehmern die Möglichkeit zu bieten, den ausgefüllten Fragebogen per Fax zurückzusenden. Die Antworten der Studienteilnehmer wurden von der Internetpattform, über welche die Umfrage konstruiert wurde und stattfindet, im Excel-Format zur Verfügung gestellt. In dieses Dokument wurden die gefaxten Antworten händisch übertragen. Die Ansprache der Fragebogenteilneh-
148
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
mer erfolgte per Nutzung eines Netzwerk-Verteilers, in dem die Adressen von circa 3000 Familienunternehmen gespeichert sind. Die Fragebögen wurden von 163 Teilnehmern beantwortet und in15 Fällen per Fax übermittelt. Das entspricht einer Rücklaufquote von 5,4 Prozent. Im Vorhinein fand keine Vorselektion der Unternehmen nach den obig dargelegten Stichprobenkriterien statt. Dies muss bei der Beurteilung der Rücklaufquote bedacht werden, denn viele der im Verteiler gespeicherten FU haben kein gemischtes Geschäftsführungsteam installiert und entfallen somit als potenzielle Teilnehmer. Der Fragebogen (Anhang B) enthält insgesamt 33 Fragen (exklusive der Subfragen) und besteht aus sechs Themenblöcken. Die Unterteilung lässt für die Befragten keine Rückschlüsse auf das Forschungsinteresse zu, daher erfolgt in Tabelle 7 eine Zuordnung der Themenblöcke zu den Hypotheseninhalten. Tabelle 7. Zuordnung der Themenblöcke des Fragebogens zur Hypothesenerstellung Themenblöcke des Fragebogens
Relevanz für die Auswertung
soziodemografische Hintergrundinformationen (befragte Person, Familienunternehmen, Gesellschafterfamilie, GF-Team)
Kontrollvariablen,
Selektion des GF-Teams
strukturelle Faktoren, zu Hypothesen 1 und 2
strukturelle Faktoren, zu Hypothesen 1 und 2
Konfliktumgang, zu Hypothese 4 Entscheidungsbildung
Konfliktumgang, zu Hypothese 4; Konstrukt Machtstreben, zu Hypothese 2
Faktoren der Zusammenarbeit
Konstrukte Konflikt, Kohäsion, Vertrauen zu Hypothesen 2, 3 und 4
Eigentümerfamilie
struktureller Faktor, zu Hypothesen 1 und 2
Persönlichkeiten in der GF, Teamkomposition
Mixed-Method-Auswertung (Kap. 5.4.2)
Die mittlere Bearbeitungszeit für den Fragebogen betrug 16 Minuten (Median) beziehungsweise 22 Minuten (arithmetisches Mittel). Einige Teilnehmer sind aufgrund der üblicherweise empfohlenen Voranstellung der soziodemografischen Variablen (Bortz et al., 2006, S. 256) verloren gegangen. Dies zeigt sich in der hohen Abbruchquote nach dieser Seite (29 %).
6.2 Empirisches Forschungsdesign
149
6.2.2 Operationalisierung und Reliabilitätsmessung der Konstrukte In diesem Kapitel soll die Operationalisierung jener Konstrukte aus der Teamforschung dargelegt werden, die für die Hypothesenbeantwortung relevant sind. Dazu zählen die Teamzustände Kohäsion und Vertrauen sowie der Teamprozess Konflikt. Das Outcomekriterium der Teameffektivität wird für das vorliegende Forschungsvorhaben als kognitive Performance und Teamzufriedenheit operationalisiert. Englischsprachige Items der Originalversionen werden dabei in die deutsche Sprache übersetzt. Bei der (Um-)Formulierung wird explizit darauf geachtet, dass das Wording dem Kontext des Familienunternehmens und der Teamart des TMTs entspricht. Auf Basis der Interviews wurden ferner die Konzepte Machtstreben und Konfliktmanagement inkludiert. Für alle operationalisierten Konzepte wird im Anschluss an die Begründung der Itemwahl jeweils ihre Reliabilitätsprüfung dargelegt. Für die Verdichtung von Items zu dahinter liegenden Konstrukten wurden Faktorenanalysen per Extraktionsmethode der Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation durchgeführt. Anschließend wurden Mittelwertscores aus jenen Skalen gebildet, die auf einem gemeinsamen Faktor laden. Dieses Vorgehen ermöglicht bei der späteren Beantwortung der Forschungshypothesen eine bessere Prädiktorleistung für die Vorhersage der Teameffektivität, da das Modell sparsamer aufgestellt werden kann. Kohäsion Zur Operationalisierung der Kohäsionsvariable folgt die vorliegende Dissertation der in der einschlägigen Literatur etablierten Unterteilung in die beiden Dimensionen der Aufgabenkohäsion und der sozialen Kohäsion (vgl. Kap. 4.5). Zugrunde gelegt wird die Definition von Tekleab, Quigley und Tesluk (2009), die Kohäsion als „tendency for a group to stick together and remain united in the pursuit of its instrumental objectives” (S. 174) bezeichnen. Die Operationalisierung der Dimension der Aufgabenkohäsion orientiert sich an Tekleab et al. (2009), die das Konstrukt auf Carron et al. (1985) aufbauen. Der Reliabilitätskoeffizient dieser Skala beträgt α = .93. Von der Operationalisierung der Dimension der sozialen Kohäsion nach Tekleab et al. (2009) wird dagegen Abstand genommen. Deren Skala (nach Seashore, 1954) findet sich zwar in zahlreichen repräsentativen Untersuchungen zur Teameffektivität (z. B. Bossche et al., 2006; Lin & Shih, 2008), ist aber in ihrer Formulierung auf Teamtypen ohne Verantwortlichkeiten (z. B. Studententeams, einfache Arbeitsteams) abgestimmt und auf ein freundschaftliches Verhältnis ausgelegt. Die Anwendbarkeit auf TMTs im Kontext des Familienunternehmens ist eingeschränkt, da diese anderen Hierarchiestrukturen unterliegen und für diese ein professionelleres Arbeitsverhältnis intendiert wird („Distanzwahrung“, vgl. Kap. 5.4.4). Daher wird für die vorliegende Arbeit ein Fragebogen aus der Arbeits- und Organisationspsychologie adaptiert: der Fragebogen zur Arbeit im Team (F–A–T) von Kauffeld und Frieling (2001). Für die Frage-
150
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
bogenerhebung werden drei Items aus der der Personenorientierung zugehörigen Subskala Zusammenhalt entlehnt, die über einen Reliabilitätskoeffizienten von α = .90 verfügt. Diese Subskala „spiegelt die Kohäsion der Gruppe, das vertrauensvolle und offene Umgehen miteinander, die soziale Unterstützung und das Wir-Gefühl im Team wider“ (Kauffeld et al., 2001, S. 29). Mittels der Hauptkomponentenanalyse ergibt sich für das Konstrukt der Kohäsion eine Ein-Faktor-Lösung (Eigenwert= 4,03), die 67,24 Prozent der Varianz aufklären kann. Es zeigt sich also keine Trennschärfe zwischen den in der Empirie verwendeten Dimensionen der sozialen Kohäsion und der Aufgabenkohäsion. Aus theoretischer Sicht ist eine Trennung allerdings unerlässlich (vgl. Kap. 4.5). Daher wurde eine erneute Faktorenanalyse mit der Maximum-Likelihood-Methode gerechnet. Hier zeigt sich eine Zweidimensionalität des Kohäsionskonstruktes (Anhang C). Daher wird das Konstrukt Kohäsion in die beiden Dimensionen soziale Kohäsion (Eigenwert= 2,06; erklärte Varianz= 50,38 %) und Aufgabenkohäsion (Eigenwert= 2,03; erklärte Varianz= 49,62 %) separiert. Die Faktorladungen für die erstgenannte Dimension sind als sehr gut zu bezeichnen, während jene für die zweitgenannte akzeptabel sind. Cronbachs Alpha ist für beide sehr gut mit α = 0,85 für soziale Kohäsion und α = 0,83 für Aufgabenkohäsion. Vertrauen Trotz der in der Forschungsliteratur existenten Vielzahl von Versuchen, das Konstrukt Vertrauen zu operationalisieren, wird für die Fragebogenerhebung der vorliegenden Dissertation ein eigener Ansatz gewählt. Einerseits weisen selbst anerkannte Operationalisierungen, wie die von Mayer et al. (1995), über verschiedene empirische Studien hinweg inkonsistente und meist niedrigere Alphawerte auf (Schoorman et al., 2007). Zudem messen viele Studien unterschiedliche Vertrauensfoki (Mach et al., 2010). Andererseits ermöglicht eine eigene Operationalisierung eine bessere Abstimmung der Inhalte auf den speziellen Teamtypus der gemischten Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen. Die Items der Dimension Vertrauen sollen zudem die Resultate der Interviewauswertung widerspiegeln, die auf eine kompetenzbasierte sowie eine persönliche Ebene von Vertrauen hinweisen und somit an die in der Literatur getroffene Differenzierung in eine kognitive und eine affektive Komponente von Vertrauen anknüpfen (vgl. Kap. 4.5). Auf dieser Grundlage wird zum einen das Element inkludiert, an die Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit der eigenen Teampartner zu glauben und daher sein Gegenüber ohne Kontrolle handeln zu lassen und selbst auf dieser Basis zu agieren (vgl. Mayer et al., 1995; McAllister, 1995; Schweer, 2008). Neben diesem kognitiven Element von Vertrauen soll die affektive Komponente in die Operationalisierung integriert werden. Problematisch ist dabei die zeitliche Entwicklung des Vertrauensverhältnisses, das auf der zwischenmenschlichen Ebene
6.2 Empirisches Forschungsdesign
151
im Zeitverlauf intensiviert wird. Vielfach wird kritisiert, dass diese Zeitkomponente unberücksichtigt bleibt, da das Konstrukt nur zu einem Zeitpunkt gemessen wird (Lewicki et al., 2006). Eine Mehrfachmessung kann auch in der vorliegenden Untersuchung nicht geleistet werden. Daher soll als Indikator für die Vertrauenstiefe die Erfassung der zwischenmenschlichen Nähe im Geschäftsführungsteam dienen. Dieses hat sich als Schlüsselthema in den Interviews herauskristallisiert und zeigt sich am Aufbau einer persönlichen Beziehung zwischen den Geschäftsführern u. a. durch das gegenseitige Interesse am Teampartner und das Sprechen über persönliche Themen (vgl. Kap. 5; Shen et al., 2007). Die Reliabilität des Konstruktes Vertrauen (Anhang C) lässt sich mit einem Cronbachs Alpha von α = 0,683 als gut bezeichnen. Die Item-to-Rest-Korrelationen sind bis auf einen Wert akzeptabel (die Werte bewegen sich zwischen 0,428 und 0,525). Es lassen sich zwei Faktoren identifizieren, die zusammen 59 Prozent der Varianz erklären. Der erste Faktor wird als Vertrauen innerhalb des Geschäftsführungsteams benannt (Eigenwert= 2,050) und klärt 34 Prozent der Varianz auf. Demgegenüber erklärt der zweite Faktor weitere 25 Prozent an Varianz. Inhaltlich bezieht sich dieser auf das Einbeziehen des familienexternen Geschäftsführers in Familienangelegenheiten und wird als gegenseitige Anpassungsbereitschaft bezeichnet. Ursprünglich wurden sechs Items in die Faktorenanalyse eingeführt, davon wird einer aufgrund seiner hohen Uniqueness (0,704) und seiner niedrigen Item-to-Rest-Korrelation (0,258) exkludiert. Dieser Faktor wird ebenso wie die Dimension der gegenseitigen Anpassungsbereitschaft als Konfliktmanagementstrategie in die Forschungshypothesen aufgenommen. Dagegen wird der erste Faktor Vertrauen als dynamischer Zustand neben den beiden Kohäsionskonstrukten in die Hypothesen inkludiert. Getrennt betrachtet weist der Faktor Vertrauen ein Cronbachs Alpha von α = 0,722 auf, gegenüber einem Cronbachs Alpha von α = 0,551 für den Faktor gegenseitige Anpassungsbereitschaft. Konflikt Wie in Kapitel 5 dargestellt, wird das Konstrukt Konflikt in die Dimensionen des Beziehungs- und des Aufgabenkonflikts differenziert. Bei einem Gros der Studien findet eine einheitliche Operationalisierung der Variable Anwendung: nach Jehn (1995) oder Amason (1996) respektive Amason & Sapienza (1997), die Jehns Interpersonal Conflict Scale auf sieben Items reduzieren. Der Reliabilitätskoeffizient für die Skala Beziehungskonflikt beträgt α = .94 und für Aufgabenkonflikt α = .89 (Tekleab et al., 2009, S. 184) bzw. α = .88 für erstere und α = .79 für letztere Skala (Amason et al., 1997, S. 505). Aufgrund der hohen Anzahl von Items im Fragebogen und im Hinblick auf die Zumutbarkeit für die Befragten wurde die Konfliktskala auf insgesamt vier Items reduziert. Dabei sollen die ersten zwei Fragen die Dimension des Be-
152
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
ziehungskonflikts aufspannen, die letzten beiden die Dimension des Aufgabenkonflikts. Für das Konstrukt Konflikt (Anhang C) liegen sehr gute Werte hinsichtlich der Item-to-Rest-Korrelationen, die sich zwischen Werten von 0,730 und 0,801 bewegen, sowie der Faktorladung der einzelnen Items vor, die von 0,848 bis 0,894 rangieren. Es resultiert eine Ein-Faktor-Lösung (Eigenwert= 3,02), die insgesamt 75,51 Prozent der Varianz erklären kann. Eine Rotation ist folglich nicht nötig. Das Cronbachs Alpha für die Gesamtskala liegt bei einem sehr guten Wert von α = 0,89. Die in der Literatur erwiesene Spaltung in die zwei Dimensionen Beziehungs- und Aufgabenkonflikt lässt sich mittels Hauptkomponentenanalyse für die vorliegende Stichprobe nicht bestätigen. Auch eine erneute Überprüfung mittels der Maximum-Likelihood-Methode bestätigt die Ladung der Items auf einem einzelnen Faktor (Anhang C). Daher wird das Konstrukt, aus vier Items zusammengesetzt, als Gesamtkonflikt innerhalb des Geschäftsführungsteams verwendet. Diese Eindimensionalität ist kongruent mit den Resultaten der Interviewauswertung, da ein Verbleib im Geschäftsführungsteam für einen ExtGF im Falle der Existenz eines Beziehungskonfliktes unwahrscheinlich wird. Teameffektivität: Kognitive Performance und Zufriedenheit Wie in Kapitel 4 ausgeführt, erfolgt die Operationalisierung der Teameffektivität in der psychologischen Forschung zu Teams auf Basis von Hackman (1987) meist als Performance, Lebensfähigkeit oder Zufriedenheit des Teams. Dabei überwiegt in empirischen Studien die Messung der Effektivität mittels Performanceratings. Für diese Performancemessungen werden allerdings unterschiedliche Arten der Einschätzung angewendet, gängig sind subjektive und objektive Beurteilungen der Leistung eines Teams (Cohen et al., 1997). Während die Managementliteratur für TMTs meist objektive Finanzkriterien („harte Finanzkennzahlen“ des Unternehmens wie z. B. ROI, Turnover, vgl. Barron, Chulkov & Waddell, 2011) als Effektivitätsmaß verwendet, zeigen aktuellere Metaanalysen im Forschungsfeld der Teampsychologie die sinnvolle Anwendung „weicher“ Kriterien durch das Messen einer Verhaltens- oder OutcomePerformance (Beal et al., 2003; Chiocchio et al., 2009), die zur tieferen Distinktion zusätzlich in objektive und subjektive Performancemaße differenziert werden kann (Castaño et al., 2013). Um die Effektivität eines Teams adäquat zu messen, sollte die Festlegung des Effektivitätsmaßes spezifisch nach dem Teamtypus erfolgen (Kozlowski et al., 2013). In der vorliegenden Forschungsarbeit wird die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in FU anhand von subjektiven Einschätzungen der Teammitglieder hinsichtlich ihrer eigenen Performance und der Zufriedenheit mit dem Team gemessen. Die Wahl subjektiver statt objektiver Effektivitätskriterien lässt sich mit dem Fokus auf die Beziehungsebene in der Zusammenarbeit (durch die sozial angelegten Faktoren Kohäsion, Vertrauen und Konflikt) zwischen familieninternen und -
6.2 Empirisches Forschungsdesign
153
externen Geschäftsführern als Team begründen. Hier sollte das Empfinden über die gemeinsame Zusammenarbeit ein aussagekräftigerer Indikator für den Erfolg des gemischten Teams sein als objektive Finanzkennzahlen (Schjoedt et al., 2013). Die Zufriedenheit wird dabei als subjektives Maß der Attitüde inkludiert, da die persönlichen Bedürfnisse der Mitglieder insgesamt durch die Erfahrungen im Team befriedigt werden sollten (Hackman, 1987) und sich dadurch ebenfalls die Ausprägung dynamischer Teamzustände offenbaren kann (Cohen et al., 1997; Kozlowski et al., 2003). Als Operationalisierung der kognitiven Performance wird ein subjektives Maß verwendet, das in Anlehnung an Chowdhury (2005) formuliert wird. Der Autor entwickelt die Variable Team-level Cognitive Comprehensiveness auf Basis der Literatur zur Teameffektivität und beschreibt diese Komponente als zentral für eine komplexe und innovative Entscheidungsbildung. Aufgrund der Verantwortung für essenzielle Unternehmensentscheidungen ist dieser Aspekt besonders für TMTs relevant (Barrick et al., 2007; Cohen et al., 1997). Die Reliabilität des Instrumentes liegt bei α = .82 (Chowdhury, 2005). Für das Konstrukt kognitive Performance zeigt sich eine hohe Reliabilität mit guten Item-to-Rest-Korrelationen mit Werten zwischen 0,600 und 0,670 sowie hohen Faktorladungen, die von 0,775 bis 0,826 reichen (Anhang C). Es resultiert eine EinFaktor-Lösung (Eigenwert= 2,59), die 65 Prozent der Varianz erklären kann. Das Cronbachs Alpha liegt für die Gesamtskala bei α = 0,818. Somit wird das Konstrukt als Teameffektivitätsvariable mit vier Items verwendet. Machtstreben In der Teamforschungsliteratur wird für die (Un-)Abhängigkeit der Teammitglieder stark das Konzept der Interdependenz verwendet, das sich aber eher auf die Aufgabenbearbeitung und Zielerreichung konzentriert und für Arbeitsgruppen ohne Verantwortlichkeit konzipiert ist (Mathieu et al., 2008). In gemischten Geschäftsführungsteams ist die Aufgabenabhängigkeit eher untergeordnet. Für diesen Teamtypus bedarf es eines Konzeptes, das die inhärent höhere Machtorientierung abbildet, da diese Teamform durch starke Charaktere mit Gestaltungswillen geprägt ist (vgl. Kap. 5.4.1 und 5.4.7). Die Aufnahme einer Machtdimension stützen auch Patel und Cooper (2014), die eine Wirkung von Machtgleichheit zwischen Familien- und Nichtfamilienmitgliedern im TMT auf die Performance nachweisen. Für die vorliegende Arbeit wird daher auf Basis der Interviews die Multi-Item-Skala Machtstreben formuliert. Die Dimension Machstreben bestätigt sich als eindimensionales Konstrukt (Eigenwert= 1,690), das aus drei Items zusammengesetzt wird. Die Faktorladungen rangieren im Bereich von 0,719 bis 0,772. Die drei Items erklären zwar nur 56,32 Prozent
154
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
der Varianz, können jedoch mit einem akzeptablen Cronbachs Alpha von α = 0,612 als gemeinsames Konstrukt verwendet werden. Die Reliabilität kann nicht verbessert werden, wenn ein Item exkludiert wird (Anhang C). Konfliktmanagementstrategien Die Konfliktforschung bestätigt eine hohe Bedeutung aktiver, kooperativer Konfliktmanagementstrategien für die Performance in Teams (Befahr et al., 2008; Bradley et al., 2015). Da gemischte Geschäftsführungsteams in Familienunternehmen speziellen Asymmetrien unterliegen (vgl. Kap. 4.1), werden aus den Interviews der qualitativen Erhebung spezifisch für diesen Teamtypus und Kontext passende Umgangsformen mit Konflikten abgeleitet. Die Interviewpartner verweisen gehäuft darauf, dass dem familieninternen Geschäftsführer eine besondere Rolle als Streitschlichter zukommt, ein offener Umgang mit Konflikten essenziell ist und dass ein objektiver Verweis auf klar geregelte Leitlinien in Konfliktsituationen hilfreich sein kann. Im Kontext von Konfliktfeldern kristallisiert sich ebenso ein offener Umgang mit Fehlern als zentrale Lösungsmaßnahme heraus. Auf Basis der qualitativen Auswertung wurden vier Items als Multi-Item-Skalen (vgl. Tab. 9) und drei Items als Einzel-Item-Skalen formuliert. Trotz der Bevorzugung von Mehrfachskalen hat die Forschung gezeigt, dass Einzelskalen ebenso zuverlässige Bewertungen liefern können (Nagy, 2002; Wanous & Hudy, 2001). Aufgrund der Formulierung der vierten Forschungshypothese sowie ähnlicher Untersuchungen werden daher Einzelskalen inkludiert. Für die vier Items der Konfliktmanagementstrategien zeigt sich eine ZweiFaktoren-Lösung, die kumuliert 75,59 Prozent der Varianz erklären kann. Der erste Faktor (Eigenwert= 1,53) erklärt davon 38,25 Prozent, während der zweite Faktor (Eigenwert= 1,49) weitere 37,34 Prozent aufklären kann. Die Faktorladungen bewegen sich bei Werten zwischen 0,862 und 0,879. Das Cronbachs Alpha der Gesamtskala beträgt zwar nur α = 0,566, bei der Verwendung als getrennte Skalen zeigt sich allerdings für den ersten Faktor ein Wert von α = 0,680, gegenüber einem Wert von α = 0,661 für Faktor zwei (Anhang C).
155
6.2 Empirisches Forschungsdesign Tabelle 8. Reliabilität und Deskriptivstatistik der literaturbasierten operationalisierten Konstrukte (N= 163) Soziale Kohäsion α Literatur
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.90
.85
4.7
1.02
1
6
α Literatur
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.93
.83
4.78
0.99
1
6
α Literatur .94/.88 (affekt. K.)
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.89
3.37
1.03
1.5
6
1. Konkurrenz in der GF ist kein Thema. 2. Die GF akzeptieren Stärken und Schwächen der anderen zu 100 %. 3. Die GF reden offen und frei miteinander.
Aufgabenkohäsion
1. Die GF übernehmen gemeinsam Verantwortung für Misserfolge. 2. Die GF versuchen, ihre gesetzten Performance-Ziele nur gemeinsam zu erreichen. 3. Um ein Projekt bestmöglich abzuschließen, fordern die GF sachlich deren jeweiligen persönlichen Beitrag ein.
Konflikt
1. Häufigkeit: Spannungen? 2. Häufigkeit: Aufeinanderprallen von Persönlichkeiten? 3. Häufigkeit: Uneinigkeiten über die Art der Durchführung von Aufgaben? 4. Häufigkeit: Meinungsverschiedenheiten aufgrund verschiedener Vorgehensweisen und Ideen?
.89/.79 (kogn. K.)
Kognitive Performance
1. Verbesserungspotenzial: Umfang von und Vielfalt an Perspektiven auf auftretende Probleme 2. Verbesserungspotenzial: Poolgröße an Lösungen für auftretende Probleme 3. Verbesserungspotenzial: Ausmaß an innovativen Ideen 4. Verbesserungspotenzial: Vielfalt an Kriterien, um mögliche Lösungsoptionen zu evaluieren
α Literatur
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.82
.82
3.18
0.98
1
5.5
156
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Tabelle 9. Reliabilität und Deskriptivstatistik der interviewbasierten operationalisierten Konstrukte (N= 163) Vertrauen α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.72
4.61
0.84
1.6
6
1. Die GF sind sich sicher, dass ihre Kollegen den Vertrauensvorschuss in jeder Entscheidungssituation tatsächlich erfüllen. 2. Die GF informieren sich gegenseitig, wenn sie eine persönliche Krise durchleben. 3. Die GF nehmen sich bewusst Zeit, sich persönlich kennen zu lernen. Machtstreben α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.61
3.37
0.98
1
6
1. Für die Konsequenzen einer Entscheidung ist der jeweils zuständige GF allein verantwortlich. 2. Die GF setzen ihre Ideen auch gegen den Widerstand anderer durch. 3. Die GF greifen jeweils auf ein eigenes Netzwerk von Vertrauten und Verbündeten im Unternehmen zurück. Konfliktmanagement: IntGF als Moderator
1. Ein familieninterner GF kann Meinungsverschiedenheiten zwischen Mgmt. und Eigentümerfamilie am besten schlichten.
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.68
4.11
1.06
1
6
2. Der familieninterne GF hält das GF-Team zusammen. Konfliktmanagement: offene Streitkultur α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.66
4.65
0.89
2
6
1. In der GF herrscht eine offene und konstruktive Streitkultur. 2. Die GF haben eine gute Intuition, wie sie sich gegenseitig von den eigenen Vorhaben überzeugen können.
157
6.2 Empirisches Forschungsdesign Konfliktmanagement: Anpassungsbereitschaft
1. Externe GF werden auch bei Themen um Rat gefragt, die nur die Eigentümerfamilie betreffen.
α Promotion
M
SD
Min.
Max.
.55
4.45
1.14
1
6
2. Die GF versteht sich als Sachwalter der Familieninteressen im operativen Geschäft.
6.2.3 Auswahl und Beschreibung der Stichprobe Die Auswahl der Stichprobe erfolgt ähnlich jener des qualitativen Samples. Auch hier liegen die Eingrenzungskriterien auf dem Setting des Familienunternehmens und der gemischten Geschäftsführungsteams (vgl. Kap. 5.3.2). Das Voraussetzungskriterium einer mehrjährigen Erfahrung mit Fremdmanagement im Familienunternehmen wird für die Fragebogenerhebung fallen gelassen. Zudem erfolgt eine Erweiterung des Samples insofern, als die Studienteilnehmer keine – wie es für die qualitative Studie eine Voraussetzung darstellte – erfolgreichen GF-Teams sein müssen. Allerdings ist es auch hier eine Bedingung, dass der Anteilsbesitz der Familie bei mindestens 50 Prozent liegen muss (IfM Bonn, 2018). Die der quantitativen Auswertung zugrunde liegende Stichprobe besteht aus insgesamt N= 163 Personen. Mit einem Anteil von 82 Prozent (n= 133) männlichen gegenüber 18 Prozent (n= 29) weiblichen Befragten besteht eine klare Überrepräsentation des männlichen Geschlechtes. Die Stichprobe hat ein Durchschnittsalter von 51.4 Jahren (SD= 10.82) und wird von Befragten dominiert, die der Eigentümerfamilie zugehörig sind (85 Prozent gegenüber 15 Prozent an Fremdmanagern). Diese ungleiche Verteilung bleibt kritisch zu reflektieren. Die Studienteilnehmer arbeiten im Durchschnitt seit 13 Jahren in ihrer aktuellen Funktion im Familienunternehmen (SD= 9.89). Dazu zählen die Optionen: Familienmitglied in operativer Führung (mit oder ohne Vorsitz), Familienmitglied im Beirat (mit oder ohne Vorsitz) oder familienexterner Geschäftsführer (mit oder ohne Vorsitz). Die Familienunternehmen der befragten Personen machen einen durchschnittlichen Jahresumsatz von 238 Millionen Euro (SD= 398) und haben 1131 Mitarbeiter (SD= 1722), wobei bei Betrachtung der Standardabweichung und des Medians (Umsatz= 83.3, Mitarbeiter= 400) die ungleichmäßige Verteilung der Stichprobe sichtbar wird. Beide Kenngrößen sind rechtsschief verteilt (Schiefe der Mitarbeiter= 2.92; Schiefe des Umsatzes= 2.98). Daher werden sie für die weitere Verwendung logarithmiert. Die subjektive Einschätzung der Befragten zur Entwicklung wirtschaftlicher Kenngrößen (Umsatz, Mitarbeiterzahl, Bilanzsumme, Eigenkapitalquote, EBIT) über
158
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
die letzten fünf Jahre spricht für ein gesundes Wachstum der Unternehmen (M= 5.38; SD= 1.09). Zum aktuellen Zeitpunkt ist durchschnittlich die dritte Generation in den befragten Familienunternehmen tätig (SD= 1.46). Im Hintergrund stehen im Mittel 5.25 Gesellschafter (SD= 8.95), die über 97 Prozent des Anteilbesitzes verfügen (SD= 9.78). An dieser Stelle muss auf eine mögliche Verfälschung bzw. Homogenität der Stichprobe hingewiesen werden, die durch das Sample verursacht ist, denn es wurden überwiegend Familienunternehmen angesprochen, die über einen hohen Anteilsbesitz verfügen. Somit erfüllen allerdings alle Befragten die in Kapitel 2 aufgeführten Definitionskriterien für Familienunternehmen. Die Anteile sind über die Gesellschafter hinweg mittelmäßig gleich verteilt (M= 3.79; SD= 1.84). 62 Prozent der befragten Familienunternehmen haben ein Kontrollgremium, darunter versteht sich ein Beirat oder Aufsichtsrat, installiert (SD= 0.48). Im Durchschnitt verfügen die Studienteilnehmer über eine 15-jährige Erfahrung mit familienexternen Geschäftsführern im Familienunternehmen (SD= 14.41). Das Geschäftsführungsteam der Befragten besteht im arithmetischen Mittel aus 3.40 Geschäftsleitern (SD= 1.89). Dieses setzt sich aus 1.45 familieninternen Geschäftsführern (SD= 0.72) und 1.95 familienexternen Geschäftsführern (SD= 1.74) zusammen. Daraus ergibt sich eine durchschnittliche Ratio von Familienmanagern zur Gesamtgröße des Teams von 0.48 (SD= 0.23), was für ein relativ ausgeglichenes Verhältnis spricht. Die durchschnittliche Dauer der gemeinsamen Zusammenarbeit in der aktuellen Zusammensetzung des Geschäftsführungsteams liegt bei 6.34 Jahren (SD= 5.72). Die Zufriedenheit der Befragten mit dem Team ist im Durchschnitt hoch (M= 5; SD= 1.09; Md= 5). Die Durchführung von Teamentwicklungsmaßnahmen findet unter den Teilnehmern mehr Zustimmung als Ablehnung (M= 3.75; SD= 1.28; Md= 4). Unter den Gründen für die Installation von Fremdmanagement im Familienunternehmen findet die Erweiterung der fachlichen Expertise durchschnittlich die höchste Zustimmung (M= 4.78; SD= 1.46; Md= 5), gefolgt von der notwendig gewordenen Professionalisierung des Unternehmens (M= 4.20; SD= 1.76; Md= 5), dem Wachstum des Unternehmens (M= 3.99; SD= 1.65; Md= 4) und der anstehenden Nachfolge (M= 3.33; SD= 1.98; Md= 3). Divergierende Gesellschafterinteressen (M= 1.82; SD= 1.34; Md= 1) sowie externe Kapitalgeber (M= 1.18; SD= 0.74; Md= 1) sind für die Studienteilnehmer kaum Gründe für die Eingliederung von familienexternem Management ins Unternehmen. Bei den befragten Personen werden die Entscheidungen auf der Geschäftsführungsebene im Durschnitt häufig per Mehrheitsbeschluss (M= 4.20; SD= 1.59; Md= 5) oder nach dem jeweiligen Verantwortungsbereich (M= 4.44; SD= 1.22; Md= 5) getrof-
159
6.2 Empirisches Forschungsdesign
fen. Entscheidungen nach der Erfahrung einzelner Geschäftsführer (M= 3.75; SD= 1.33; Md= 4), durch den familieninternen Geschäftsführer (M= 3.44; SD= 1.51; Md= 3) oder durch den Geschäftsführungsvorsitzenden (M= 3.16; SD= 1.61; Md= 3) finden im Durchschnitt eine mittlere Zustimmung. Tabelle 10. Deskriptivstatistik für die quantitative Stichprobe (N= 163) Variable Befragte Person Alter
M
SD
Md
Min.
Max.
51.40
10.82
52
28
76
0
1
Geschlecht (weiblich = 1)
0.18
0.38
0
Jobfunktion (Fremdmanager = 1)
0.15
0.35
0
0
1
Tätigkeitsdauer in dieser Funktion
13.32
9.89
11
1
41
Firmengröße (# Mitarbeiter)
1131
1722
400
5
12.000
Firmengröße (Umsatz in Mio. €) Wachstumsrate wirtschaftlicher Kenngrößen aktuelle Generation im FU
238
398
83.3
1
2400
5.36
1.09
5.6
1.4
7
3.15
1.46
3
1
12
# Gesellschafter
5.25
8.95
3
1
75
Anteilsbesitz (in Prozent)
97.13
9.78
100
40
100
gleichmäßige Anteilsverteilung Kontrollgremium vorhanden (Ja = 1) # Jahre an Fremdmanagement im FU Teamcharakteristika
3.79
1.84
4
1
6
0.62
0.48
1
0
1
15.01
14.41
11
0
80
Teamgröße
3.40
1.89
3
1
15
# familieninterner GF im Team
1.45
0.72
1
0
4
# familienexterner GF im Team
1.95
1.74
1
0
12
Ratio interne GF/Gesamt-GF # Jahre Zusammenarbeit im aktuellen GF-Team Teamzufriedenheit
0.48
0.23
.50
0
1
6.34
5.72
4
0
27
5.07
1.09
5
1
6
Teamentwicklungsmaßnahmen
3.75
1.28
4
1
6
FU und Eigentümerfamilie
160
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Gründe für Fremdmanagement Professionalisierung
4.20
1.76
5
1
6
Expertise
4.78
1.46
5
1
6
Wachstum
3.99
1.65
4
1
6
Nachfolge Gesellschafterinteressen
3.33
1.98
3
1
6
1.82
1.34
1
1
6
externe Kapitalgeber
1.18
0.74
1
1
6
Mehrheitsbeschluss
4.20
1.59
5
1
6
Verantwortungsbereich
4.44
1.22
5
1
6
Erfahrung einzelner
3.75
1.33
4
1
6
Familieninterner GF
3.44
1.51
3
1
6
GF-Vorsitz
3.16
1.61
3
1
6
Entscheidungsfindung per
Anmerkung. Wachstumsrate wirtschaftlicher Kenngrößen (Umsatz, Mitarbeiterzahl, Bilanzsumme, Eigenkapitalquote, EBIT): 1= gesunken, 7= gestiegen; Teamentwicklungsmaßnahmen: 1= nie, 6= häufig; Teamzufriedenheit, Gründe für Fremdmanagement sowie Entscheidungsfindung: 1= Ablehnung, 6= Zustimmung.
Im Rahmen der Multikollinearitätsprüfung für alle Hypothesen gleichermaßen geltend, soll kurz auf bedenkliche Werte in der Korrelationsmatrix verwiesen werden (Anhang D). Die Korrelationsmatrix zeigt, dass der Grenzwert für Korrelationen (vgl. Kap. 6.2.4; Field, 2013) von 0,8 nicht überschritten wird. Allerdings beträgt die maximale Korrelation in der vorliegenden Stichprobe 0.781 zwischen den Variablen soziale Kohäsion und Aufgabenkohäsion (Hypothese 1–4). Dies war angesichts ihrer konzeptionellen Nähe zu erwarten (vgl. Kap. 6.2.2, Resultate der Reliabilitätsmessung). Dennoch war eine theoretische Trennung erforderlich. In der Hypothesenauswertung soll sich zeigen, inwiefern Unterschiede zwischen den beiden Dimensionen sichtbar werden. Bei Ansetzen eines Grenzwertes von 0,7 liegt zudem eine auffällige Korrelation zwischen den Variablen Zufriedenheit und soziale Kohäsion (.733) respektive Aufgabenkohäsion (.682) vor (Hypothese 2b). Hinsichtlich der Kontrollvariablen sowie der restlichen Haupteffekte der Forschungshypothesen finden sich untereinander keine relevanten Koeffizienten.
6.2 Empirisches Forschungsdesign
161
6.2.4 Datenauswertung Die Auswertung der Fragebogenerhebung erfolgt mittels des StatistikSoftwareprogramms STATA in der Version 15. Zur Beantwortung der Forschungshypothesen 1a–c und 2a kommen lineare Regressionsanalysen zur Anwendung. Dabei werden zur Beurteilung der Modelle die Teststatistiken ANOVA, R2 und korrigiertes R2 herangezogen. Da lineare Regressionsanalysen auf Ausreißer anfällig reagieren, werden Werte mit kritischer Cook’scher Distanz aus dem Modell entfernt. Als kritisch werden Werte größer 4/N festgelegt (Bollen & Jackman, 1990). Die dadurch verbesserten korrigierten R2-Werte werden angegeben und das Modell erneut gerechnet. Zudem werden die gängigen Voraussetzungen für Regressionen geprüft. Dazu zählt die Annahme der Normalverteilung der Residuen mittels Histogramms (der studentisierten Residuen) sowie die Varianzunabhängigkeit per Streudiagramm. Zudem wird die Erfüllung des Kriteriums der Varianzhomogenität mittels des Breusch-Pagan-Tests geprüft. Um dem Problem der Heteroskedastizität im Vorhinein entgegenzutreten, werden in allen Modellen robuste Standardfehler verwendet. Darüber hinaus wird zur Beurteilung der Frage, ob eine Multikollinearität vorliegt, der Variance Inflation Factor (VIF) berechnet. Dabei sind VIFWerte nahe 1 wünschenswert, größer 10 sind sie ein starker Indikator für Probleme, während ein Wert über 5 auf potenzielle Fehler im Modell hindeutet (Hair, Black, Babin & Anderson, 2010). Im Vorhinein wird zudem die Korrelationsmatrix der Produkt-Moment-Korrelationen betrachtet. Bedenkliche Grenzwerte werden häufig ab einem Wert von 0,7 (Hair et al., 2010) oder 0,8 und größer definiert (Field, 2013). Die in den Hypothesen 4a–c formulierten Moderationseffekte werden ebenfalls in Regressionsanalysen überprüft. Für jede Regression werden die Kontrollvariablen in einem ersten Schritt eingegeben, die Haupteffekte in einem zweiten Schritt und die Interaktionsvariablen in einem dritten Schritt (Cohen & Cohen, 1983; zitiert nach Jehn, 1995, S. 267). Die Prädiktoren werden für die Modellübersichtlichkeit als kontinuierliche Variablen in das Modell aufgenommen. Ebenso werden die obig beschriebenen Bedingungen geprüft, mit Ausnahme der VIF-Werte, da hier eine Erhöhung durch Interaktionseffekte nicht vermeidbar ist. Für die abhängige Variable Zufriedenheit in Hypothese 2b wird aufgrund der Häufigkeitsverteilung ihrer Ausprägungen eine ordinalskalierte Variable mit drei Ausprägungen erzeugt. Für die Hypothesenprüfung wird daher ein Ordered Logit Modell berechnet. Zur Modellbeurteilung werden das Pseudo-R2 sowie die VIF-Werte herangezogen, die aus einem äquivalenten Regressionsmodell entlehnt werden. Zusätzlich werden die Margins für die bedeutsamsten Prädiktorvariablen im Diagramm betrachtet, um eine gehaltvollere Aussage über die Koeffizienten treffen zu können.
162
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Um für die Hypothese 3 die gemeinsame Wirkung der Konstrukte Konflikt, Vertrauen, soziale Kohäsion und Aufgabenkohäsion auf die Teameffektivität zu untersuchen, werden diese in einem Strukturgleichungsmodell abgebildet. Für die Modellanpassung werden die folgenden Indizes interpretiert: der Chi2-Wert im Verhältnis zu den Freiheitsgraden (CMIN/DF), der Comparative Fit Index (CFI) sowie der Standardized Root Mean Squared Residual (SRMR). Erneut wird anhand der quadrierten multiplen Korrelationen die Passung der Items zu den latenten Konstrukten überprüft (quasi eine konfirmatorische Faktorenanalyse; vgl. Reliabilitätstestung in Kap. 6.2.2). 6.2.5 Kontrollvariablen Über die verschiedenen Regressionsmodelle hinweg werden einheitliche Kontrollvariablen inkludiert, die folgend kurz dargelegt werden. Diese bilden allgemeine (soziodemografische) Informationen zu der Person des Befragten, dem Familienunternehmen, zum Geschäftsführungsteam sowie zur Eigentümerfamilie ab. Aufgrund der in der Literatur diskutierten Differenzen zwischen familieninternen und familienexternen Geschäftsführern hinsichtlich spezifischer Attribute und der daraus erwachsenden Gruppenhomogenität bzw. der Spaltung in die beiden Gruppen (Kap. 4), wird die Gruppenzugehörigkeit der Befragten kontrolliert, nachfolgend als Jobfunktion bezeichnet. Diese wird als dichotome Variable aufgenommen, mit 0 = familieninterner und 1 = familienexterner Geschäftsführer. Des Weiteren werden Standardkontrollvariablen in die Modelle inkludiert: Anzahl von Gesellschaftern und Anzahl von Generationen im Familienunternehmen, in anderen Studien häufig auch als Unternehmensalter gemessen. Aufgrund des Fokus auf die Beziehungsebene der Teammitglieder im Geschäftsführungsteam ist jedoch die Generationenanzahl in Kombination mit der Gesellschaftergröße von höherer Relevanz. Damit einhergehend wird auch die Gleichmäßigkeit der Anteilsverteilung kontrolliert, da eine ungleichmäßige Streuung der Eigentumsanteile zu Konflikten und schlechterer Performance führen kann (Morck & Yeung, 2003; De Massis et al., 2015). Ebenso in die Modelle aufgenommen wird die Variable Erfahrung mit Fremdmanagement, gemessen anhand der Anzahl der Jahre, in denen das Familienunternehmen bereits familienfremde Geschäftsführer beschäftigt, da von Lerneffekten im Umgang mit Fremdmanagement ausgegangen werden kann (vgl. Kap. 5.4). Zuletzt wird das Alter (metrisch in Jahren) und das Geschlecht (mit 0 = männlich und 1 = weiblich) kontrolliert sowie die Unternehmensgröße. Letztere wird anhand des Umsatzes im Jahr 2014 gemessen und in Millionen Euro angegeben. Aufgrund von Überlegungen zur Kurtosis werden die Umsatzzahlen logarithmiert in die Regressionsmodelle inkludiert.
6.3 Ergebnisse der quantitativen Studie
163
6.3 Ergebnisse der quantitativen Studie Die in Kapitel 6.1 aufgestellten Forschungshypothesen sollen im folgenden Kapitel beantwortet werden, wobei jede Antwort auf eine Hypothese in einem eigenen Unterkapitel vorgestellt wird. Zur Erinnerung: Zunächst wird die Wirkung struktureller Faktoren der Teamzusammensetzung auf dynamische Teamzustände überprüft (H1 in Kap. 6.1.1), um anschließend deren gemeinsame Wirkung auf die Effektivität gemischter Geschäftsführungsteams in FU zu untersuchen (H2 in Kap. 6.1.2). Danach wird der Einfluss von Konflikten als Teamprozess auf die Teameffektivität geprüft, unter Mediatorwirkung der Zustandsvariablen Vertrauen und Kohäsion (H3 in Kap. 6.1.3). Abschließend wird untersucht, ob der Einsatz von Konfliktumgangsstrategien die Wirkung von Konflikten auf die Teamzustände Vertrauen und Kohäsion moderiert (H4 in Kap. 6.1.4). 6.3.1 Beantwortung von Hypothese H1a-c H1. Strukturelle Faktoren beeinflussen die Teamzustände (a) Vertrauen, (b) soziale Kohäsion und (c) Aufgabenkohäsion. Zur Beantwortung der Hypothese werden zunächst die Kontrollvariablen in ihrer Wirkung auf die jeweilige abhängige Variable geprüft (Modell 1). Im Anschluss werden diese um die Haupteffekte ergänzt (Modell 2). In einem dritten Modellversuch werden zunächst bedeutungslose Kontrollvariablen entfernt, um in einem vierten Schritt zum Finalmodell zu gelangen. Das Kriterium hierfür ist der Zuwachs an Varianzaufklärung, beurteilt anhand des korrigierten R2. H1a: Vertrauen Die Modellgültigkeit kann für alle vorliegenden Regressionsmodelle mit der Kriteriumsvariable Vertrauen bestätigt werden. Dabei zeigt sich keine Erhöhung der Varianzaufklärung von Modell 1 (F(8, 106)= 3.27; p< .01) mit einem R2 von 14,7 % (R2= .147; R2korr.= .082) in Modell 4 (F(5, 123)= 5.95; p< .01) mit einem R2 von 14,5 % (R2= .145; R2korr.= .111). Allerdings ist über die vier Modelle hinweg ein Zuwachs im korrigierten R2 zu verzeichnen, was für ein sparsameres Modell spricht. So kann vermutet werden, dass die Kontrollvariablen und die Haupteffekte einen ähnlich hohen Beitrag zur Erklärung der Kriteriumsvariable Vertrauen leisten. Als bedeutsame Kontrollvariablen erweisen sich modellübergreifend die Anzahl von Generationen (M1: Beta= -.121; p< .01; M4: Beta= -.054; p< .10) sowie das Alter (M1: Beta= -.016; p< .05; M4: Beta= -.014; p< .05). Befragte älterer Familienunternehmen stuften das Vertrauen also tendenziell geringer ein. Gleiches gilt für ältere Studienteilnehmer, wobei der Effekt so gering ausfällt, dass hier lediglich ein Einfluss festgehalten werden kann.
164
6 Studie 2: Quantitativer Forschungsrahmen
Die Analyse des Prädiktorgefüges der Haupteffekte zeigt eine signifikant nützliche Prädiktorleistung für die Variablen Auswahl des familienexternen Geschäftsführers durch den CEO (M4: Beta= .506; p< .01) und Auswahl des familienexternen Geschäftsführers durch den Beirat (M4: Beta= .324; p< .05) sowie für die Kontrollbedeutung seitens der Eigentümerfamilie (M4: Beta= -.093; p< .10). Die beiden letztgenannten Variablen werden allerdings erst im vierten Modell signifikant, während die erste von Beginn an als einflussreiche Variable identifizierbar ist. Inhaltlich bedeuten die beiden Positivprädiktoren, dass bei Auswahl des Fremdgeschäftsführers per CEO oder durch den Beirat die Variable Vertrauen im Mittel steigt. Der Negativprädiktor lässt sich dagegen wie folgt deuten: Je bedeutender es der Eigentümerfamilie ist, Kontrolle auszuüben, desto niedriger fällt im Durchschnitt der Vertrauensindex aus29. Die Prüfung eines Interaktionseffektes zwischen der familiären Kontrollbedeutung und der Anzahl von Generationen (stellvertretend für das Unternehmensalter) ergab eine Nicht-Signifikanz (Beta= -.016; p= .242). Die Bedingung der Normalverteilung der Residuen ist unter Bezugnahme auf das Histogramm als erfüllt anzusehen. Ebenso lässt das Streudiagramm auf eine unsystematische Verteilung der Residuen schließen, weshalb von Homoskedastizität auszugehen ist (Anhang E). Bei Betrachtung des Breusch-Pagan-Tests fallen jedoch Unregelmäßigkeiten auf. Während dieser Test in den Modellen 1 bis 3 nicht signifikant ausfällt, weist er in Modell 4 auf eine Abhängigkeit der Varianzen hin (chi2(1)= 6.33; p= .012). Um diesem Problem im Vorhinein entgegenzutreten, werden in allen Modellen robuste Standardfehler verwendet. Per Cook’scher Distanz wurden sechs Personen identifiziert, die einen Wert > 4/N aufweisen und somit das Modell 4 bedeutsam beeinflussen. Da diese aus dem jeweiligen Modell entfernt wurden, liegt keine Beeinträchtigung durch Ausreißer vor. Hinsichtlich der Multikollinearität liegen sehr gute Wertausprägungen mit einem durchschnittlichen VIF von 1.05 bis 1.32 und einem Maximalwert von 1.59 für die Variable Teamgröße vor. Folglich bildet jeder Prädiktor eine eigene Erklärungsfunktion. Der Linktest bestätigt zudem, dass kein Spezifikationsfehler in der abhängigen Variable besteht und die Modellschätzung passt (hatsq= .590 (.407); p= .147).
29
Die Prüfung eines Interaktionseffektes kann an dieser Stelle aufgrund des gegenseitigen Ausschlusses der Kategorienbesetzung mit der Ausprägung 1 nicht vorgenommen werden.
165
6.3 Ergebnisse der quantitativen Studie Tabelle 11. Hypothese 1a, Vertrauen als abhängige Variable Modell 1
Modell 2
Modell 3
Modell 4
.315 (.243) -.121*** (.033) .016 (.011) .013 (.050) -.016** (.006) -.208 (.224) .001 (.004) -.055 (.035)
.195 (.250) -.114*** (.037) .005 (.005) .007 (.050) -.015* (.008) -.084 (.209) -.001 (.004) -.039 (.034)
-.081** (.033)
-.054* (.030)
-.016*** (.006)
-.014** (.005)
5.953*** (.466)
.022 (.056) -.073 (.110) -.088 (.217) .490*** (.180) .141 (.178) .005 (.012) .015 (.063) 5.741*** (.589)
.005 (.038) -.028 (.108) -.030 (.195) .418** (.181) .230 (.149) -.000 (.011) -.026 (.051) 5.966*** (.458)
-.093* (.047) 5.849*** (.372)
Änderung in R²
.147
.047
-.033
-.016
R²
.147
.194
.161
.145
korrigiertes R²
.082
.069
.087
.111
(8, 106) = 3.27*** 115 (121)
(15, 97) = 2.77*** 113 (121)
(10, 113) = 3.03*** 124 (132)
(5, 123) = 5.95*** 129 (135)
.78 (p = .38) 1.12
.13 (p= .71) 1.32
.34 (p= .56) 1.22
6.33 (p= .012) 1.05
Kontrollvariablen Jobfunktion (ExtGF=1) # Generationen # Gesellschafter Firmengröße (Log. Umsatz) Alter Geschlecht # Jahre Fremdmanagement gleichmäßige Anteilsverteilung
-.030 (.032)
Haupteffekte Teamgröße Anzahl IntGF Auswahl ExtGF perTeam Auswahl ExtGF per CEO Auswahl ExtGF per BR Teambestehen familiäre Kontrollbedeutung _cons
F N, Cook korr. (ohne Korr.) Breusch Pagan chi²(1) = VIF (ø)
Anmerkung. *=p